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German Pages 1496 [1527] Year 2021
JUS PRIVATUM Beiträge zum Privatrecht Band 246/I + II
Frederick Rieländer
Mehrstufige Belastungen Die wechselseitige Belastbarkeit subjektiver Rechte im deutschen Recht unter selektiver Berücksichtigung europäischer Nachbarrechtsordnungen
Mohr Siebeck
Frederick Rieländer, geboren 1985; 2005–11 Studium der Rechtswissenschaft an der Universität Osnabrück; 2011 Erstes Juristisches Staatsexamen; 2013 Promotion; 2013–15 juristischer Vorbereitungsdienst am OLG Oldenburg; 2015 Zweites Juristisches Staatsexamen; Habilitand und Wissenschaftlicher Mitarbeiter am European Legal Studies Institute der Universität Osnabrück; 2018/19 Masterstudium an der University of Cambridge, Corpus Christi College; 2019 Master of Laws (Cambridge); 2020 Habilitation; seither Professurvertretungen an den Universitäten Gießen und Bremen. orcid.org/0000-0002-8280-9166
ISBN 978-3-16-159528-8 / eISBN 978-3-16-159529-5 DOI 10.1628/978-3-16-159529-5 ISSN 0940-9610 / eISSN 2568-8472 (Jus Privatum) Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen National bibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind über http://dnb.dnb.de abrufbar. © 2021 Mohr Siebeck Tübingen. www.mohrsiebeck.com Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für die Verbreitung, Vervielfältigung, Übersetzung und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Das Buch wurde von epline in Böblingen aus der Stempel Garamond gesetzt, von Gulde Druck in Tübingen auf alterungsbeständiges Werkdruckpapier gedruckt und von der Buchbinderei Spinner in Ottersweier gebunden. Printed in Germany.
Vorwort Rechtsvergleichung, zumal die Vergleichung zwischen kontinentaleuropäischen Rechten und dem Common Law, verspricht für die Analyse und eine ggf. daran anknüpfende Fortentwicklung und Optimierung des geltenden (supra-)nationalen Privatrechts besonderen Ertrag, bedarf freilich gerade auch in den zivilrechtlichen Kerngebieten grundlegender Pionierarbeit. Vor diesem Hintergrund widmet sich die vorliegende Studie einem schon aus „isolierter“ nationaler Perspektive stiefmütterlich behandelten Grundlagenthema des Bürgerlichen Rechts, nämlich der gegenseitigen Belastungsfähigkeit beschränkter dinglicher Rechte an beweglichen Sachen, Grundstücken und Rechten. Sie erhebt den Anspruch, dem Konzept der „Belastung der Belastung“ für das deutsche Recht unter selektiver Berücksichtigung europäischer Nachbarrechtsordnungen erstmalig klare Konturen zu geben und ein System vorzustellen, in dem sich ihre einzelnen Erscheinungsformen grenzüberschreitend präzise erschließen lassen. Die Arbeit, deren Ansatz und Forschungsprogramm in der Einleitung im Detail beschrieben ist, fügt sich in die sich schrittweise entfaltende europäische Sachenrechtsvergleichung ein. Sie ist in einem denkbar geeigneten Rahmen und wissenschaftlichen Klima am European Legal Studies Institute der Universität Osnabrück sowie während meines LL.M.-Studiengangs an der University of Cambridge entstanden. Der beständige Austausch mit jungen Rechtswissenschaftlerinnen und Rechtswissenschaftlern aus zahlreichen (außer-)europäischen Staaten förderte kontinuierlich neues Anschauungsmaterial zutage, das ich allmählich zu meiner eigenen Theorie verdichten konnte. Im April 2020 wurde die vorliegende Arbeit vom Fachbereich Rechtswissenschaften der Universität Osnabrück als Habilitationsschrift angenommen. Mein besonderer Dank gilt meinem verehrten akademischen Lehrer, Herrn Professor Dr. Dr. h. c. mult. Christian von Bar, FBA, MAE, der mich während meines gesamten akademischen Werdegangs in vielerlei Hinsicht gefördert und mir stets den für die wissenschaftliche Arbeit erforderlichen Freiraum gewährt hat. Herrn Professor Dr. Lars Leuschner danke ich für viele fruchtbare gemeinsame Fachgespräche sowie für die rasche Erstellung des Zweitgutachtens. Zu danken habe ich auch der Dekanin der Osnabrücker Fakultät, Frau Professor Dr. Mary-Rose McGuire, M.Jur. (Göttingen), dem Vorsitzenden der Habilitationskommission, Herrn Professor Dr. Marcus Bieder, sowie dem gesamten Fachbereich für die zügige und unproblematische Durchführung des Habilitationsverfahrens. Schließlich danke ich
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Vorwort
meinen Eltern, Andrea Linke-Rieländer und Alfons Rieländer, für ihre liebevolle Unterstützung auch während meiner Post-Doc-Phase. Das Manuskript habe ich im September 2019 abgeschlossen. Osnabrück, im Mai 2020
Frederick Rieländer
Inhaltsübersicht Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V Inhaltsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IX Abkürzungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . X XI
Teil I: Sachenrechtliche Subordinationsverhältnisse § 1 Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 § 2 Außengrenzen und Binnenstrukturierung des Generalthemas . . . . . 27 § 3 Die Belastung der Belastung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 263
Teil II: Innerartliche Belastungskompatibilitäten § 4 Trusts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 359 § 5 Verwertungsrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 625 § 6 Erwerbsrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1081 § 7 Lease und Erbbaurecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1099 § 8 Dienstbarkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1201 § 9 Nießbrauch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1237
Teil III: Zwischenartliche Belastungskompatibilitäten § 10 Zuordnungsänderungsrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1259 § 11 Nutzungsrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1337
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Inhaltsübersicht
Teil IV: Schlussbetrachtung § 12 Allgemeine Lehren der Rechte an Rechten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1371 § 13 Entwicklungsperspektiven . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1441
Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1461 Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1487
Inhaltsverzeichnis Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V Inhaltsübersicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VII Abkürzungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XXI
Teil I: Sachenrechtliche Subordinationsverhältnisse § 1 Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 I. Anlass und Zielsetzung der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 II. Präzisierung des Forschungsgegenstandes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 III. Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 1. Die Belastung – Begriffsmerkmale und Verhältnis zu verwandten Phänomenen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 2. Innerartliche Belastungskompatibilitäten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 3. Zwischenartliche Belastungskompatibilitäten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 4. Schlussbetrachtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24
§ 2 Außengrenzen und Binnenstrukturierung des Generalthemas . . . . 27 I. Die Eigenständigkeit des Sachenrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 1. Die Trennung von Obligationen- und Sachenrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 2. Der Sachbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 a) Das Konzept des „Rechts am Recht“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 b) Die Vervielfältigung der Bezugspunkte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 3. Die subjektiven Sachenrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 a) Das Eigentum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 aa) Der abstrakte Eigentumsbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 bb) Das Konzept des absolute ownership . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54 cc) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 b) Zuordnungsänderungs- und Nutzungsrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 aa) Rechte an Grundstücken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 bb) Rechte an realen Sachen und Rechten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 cc) Schöpfungspotentiale dinglicher Rechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 II. Die innere Ordnung der Belastungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 1. Lasten und Belastungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76
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Inhaltsverzeichnis
2. Echte und unechte Belastungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77 a) Im Grundbuch eingetragene Miteigentümerregelungen . . . . . . . . . . . . . 78 aa) Dogmatische Erklärungsansätze im Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . . 80 bb) Inhaltsgestaltende Wirkung der Grundbucheintragung . . . . . . . . . . 83 (1) Formale Angleichung an Grundstücksrechte . . . . . . . . . . . . . . . 84 (2) Abschlusstatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86 (3) Scheinparallelen zu Grunddienstbarkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87 (4) Petitorischer Schutz? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 (5) Sachenrechtlicher Verkehrsschutz? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 (6) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 b) Im Grundbuch eingetragene Sondernutzungsrechte . . . . . . . . . . . . . . . . 97 c) Die Vormerkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 d) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 3. Inter- und intraspezifische Belastungskompatibilitäten . . . . . . . . . . . . . . . . 106 a) Innerartliche Belastungen dinglicher Rechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 b) Zwischenartliche Belastungen dinglicher Rechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 c) Der Dualismus von Schöpfungspotential und Belastungskompatibilität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 4. Selbstständige und unselbstständige Belastungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 a) Selbstständige Belastungen dinglicher Rechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 b) Unselbstständige Belastungen dinglicher Rechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 aa) Forderungsgebundene Rechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 bb) Subjektiv-dingliche Rechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 (1) Inkongruente Belastungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 (a) Belastungswirkung des Nießbrauchs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 (b) Belastungswirkungen beschränkter Gebrauchsund Herrschaftsrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 (2) Kongruente Belastungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 (a) Belastungswirkungen der Grundpfandrechte . . . . . . . . . . . . . 127 (b) Belastungswirkungen sachenrechtlicher Erwerbsbevorrechtigungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 III. Die begrifflich-systematische Einordnung der Belastung . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 1. Die Teilungslehre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141 2. Die Übertragung der Rechtsausübung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 3. Die Lehre von der Teilung nach dem Interessengehalt . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 4. Das Konzept der Vergemeinschaftung und Zugangseröffnung . . . . . . . . . 150 5. Duldungs-, Schöpfungs- und Vervielfältigungsansätze . . . . . . . . . . . . . . . . 151 6. Die Belastung – ein wechselseitiges Subordinationsverhältnis . . . . . . . . . . 152 a) Konstitutive Rechtsnachfolge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154 b) Herrschaft des lastenden Rechts über das lastende Recht . . . . . . . . . . . . 158 c) (Fiktive) Koexistenz des dienenden und des herrschenden Rechts . . . . 166 d) Schranken der rechtstypischen Schöpfungskompetenz . . . . . . . . . . . . . . 173 e) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 IV. Außengrenzen des Generalthemas . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 1. Sachenrechtliche Beteiligungsverhältnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 a) Die Bruchteilsgemeinschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181
Inhaltsverzeichnis
2. 3. 4. 5.
XI
aa) Verfügungen über Miteigentum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186 (1) Rechte an Bruchteilen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189 (2) Die Belastung des Sondereigentums . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196 (3) Hinkende Belastungsverhältnisse kraft gutgläubigen Erwerbs? 198 (a) Argumentation der h. A. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202 (b) Irrelevanz der konstruktionsjuristischen Analyse . . . . . . . . . 203 (c) Absolute und relative Wirkungen des gutgläubig-lastenfreien Erwerbs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206 (d) Sachliche Rechtfertigung des gutgläubig-lastenfreien Erwerbs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211 bb) Schlussfolgerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 214 b) Mehrheiten von Inhabern begrenzter Rechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221 Sachenrechtliche Konkurrenzverhältnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221 Die kumulative Belastung mehrerer Rechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 230 Mehrstufiger mittelbarer Besitz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237 Mehrstufige Belastungen im Schnittbereich zwischen Schuld- und Sachenrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 246 a) Sub-trusts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 249 b) Lizenzketten im gewerblichen Rechtsschutz und im Urheberrecht . . . 252
§ 3 Die Belastung der Belastung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 263 I. Rechtsgeschichtlicher Abriss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 263 1. Das gemeine subpignus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 267 a) Die Quellenzeugnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 268 b) Weiterverpfändung der Sache oder Verpfändung des Rechts? . . . . . . . . 270 c) Pignus nominis oder eigenständiges Pfandrecht am Pfandrecht? . . . . . . 273 2. Die Verpfändung der Servituten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 277 a) Die Verpfändung seitens des Servitutsverpflichteten . . . . . . . . . . . . . . . . 280 b) Die Verpfändung seitens des Servitutsberechtigten . . . . . . . . . . . . . . . . . 284 II. Bestandsaufnahme der lex lata . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 286 1. Die Taxonomie der Sachenrechte höheren Grades . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 287 2. Mehrstufige Belastungen im Grundstücksrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 290 a) Rechtsgeschäftlicher Erwerb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 293 b) Rangfähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 297 c) Richtigkeits- und Vollständigkeitsvermutung des Grundbuchs . . . . . . 300 d) Tabularersitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 302 e) Tabularversitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 305 3. Das Wesen der mehrstufigen Belastung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 307 a) Autonomer und heteronomer Sukzessionsschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . 309 b) Dingliche Surrogation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 312 c) Zustimmung zu nicht auf Rechtserwerb gerichteten Verfügungen . . . . 318 aa) Tatbestandsstrukturen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 320 (1) Teleologische Extensionen der Zustimmungstatbestände . . . . . 322 (2) Teleologische Reduktion des Zustimmungserfordernisses . . . . 328 bb) Die Zustimmungserklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 334
XII
Inhaltsverzeichnis
cc) Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 341 (1) Gespaltene Auslegung der Zustimmungstatbestände . . . . . . . . . 344 (2) Einheitliche Auslegung der Zustimmungstatbestände . . . . . . . . 346 III. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 353
Teil II: Innerartliche Belastungskompatibilitäten § 4 Trusts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 359 I. Die Grundzüge des trust . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 360 II. Die Rechtsstellung des beneficiary . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 371 1. Surrogationsgestützte Kontinuität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 371 a) Tatbestandsvoraussetzungen und Rechtsfolgen des overreaching . . . . . 374 b) Verfolgungs- und Wertsicherungsmechanismen in Equity . . . . . . . . . . 383 2. Rechtsbehelfe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 393 a) „Dingliche“ Rechtsbehelfe (sog. proprietary remedies) . . . . . . . . . . . . . . 394 b) „Obligatorische“ Rechtsbehelfe (personal remedies) . . . . . . . . . . . . . . . . 396 c) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 401 d) Exkurs: Mehrstufige Belastung qua proprietary restitution? . . . . . . . . . 401 3. Verfügungs- und Vollstreckungsobjekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 410 4. Der beneficial interest – ein begrenztes Sachenrecht? . . . . . . . . . . . . . . . . . . 413 III. Die innerartliche Belastung trust-basierter equitable interests . . . . . . . . . . . . . 422 1. Uses in der Form eines use upon a use . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 423 2. Der „pflichtenentkleidete“ sub-trust – eine verschlüsselte translative Sukzession? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 429 a) Analyse der älteren Judikatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 433 b) Kehrtwende durch Nelson . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 451 c) Dogmatische Einwände gegen den „Wegfall“ des bare sub-trustee . . . . 456 3. Die topisch-tastende Entfaltung der sub-trusts in Rechtsprechung und Lehre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 462 a) Schriftformerfordernis für die Errichtung von sub-trusts? . . . . . . . . . . . 463 aa) Unterscheidung zwischen active sub-trusts und sog. passive sub-trusts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 467 bb) Einheitliche Behandlung jeglicher sub-trusts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 469 cc) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 470 dd) Antizipation des Verfügungserfolgs durch einen constructive sub-trust . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 475 b) Sukzessionsschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 481 c) Wechselwirkungen zwischen principal trust und sub-trust . . . . . . . . . . 499 aa) Rechtsbefehle des sub-beneficiary gegen den principal trustee? . . . . 499 bb) Mehrstufige trusts of land . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 509 cc) Abberufung und Ersetzung der trustees mehrstufiger trusts . . . . . . 528 dd) Intermediäre Wertpapier- und Wertrechtsverwaltung . . . . . . . . . . . 530 (1) Vorzüge des sog. no-look-through-Prinzips . . . . . . . . . . . . . . . . . 534
Inhaltsverzeichnis
XIII
(2) Kritik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 535 4. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 542 IV. Mehrstufige Treuhandverhältnisse und sub-trust-Äquivalente in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 552 1. Die Treuhanddogmatik im deutschen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 553 a) Insolvenz- und Vollstreckungsschutz des Treugebers . . . . . . . . . . . . . . . 557 b) Ausdeutung der Rechtsstellung des Treugebers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 564 2. Erbrechtliche Gestaltungsoptionen im Vergleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 566 a) Organisation der Erbfolge mittels sub-trusts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 566 b) Testamentsvollstreckung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 569 c) Sub-trust-ähnliche Phänomene? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 575 aa) Testamentsvollstreckung für den Vorerben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 576 bb) Nacherbenvollstreckung (§ 2222 BGB) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 583 cc) Mehrfach gestufte Nacherbfolge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 583 dd) Variationen der Testamentsvollstreckung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 587 3. Mehrstufige Treuhandstrukturen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 589 a) Pensionsfonds . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 590 b) Wertpapiersammelverwahrung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 591 aa) Grundzüge der Auslandsverwahrung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 592 bb) Mehrschichtige Treuhandverhältnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 595 cc) Bewertung der Systeme mediatisierter Wertpapierverwahrung . . . 601 V. Schlussfolgerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 607 1. Proleptische Wirkungen der fiduziarischen Obligation . . . . . . . . . . . . . . . . 607 2. Potentielle Introduktion qua Neujustierung der obligationenrechtlichen Dogmatik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 610 3. Fehlender Bedarf eines trust im Kreditsicherungsgeschäft . . . . . . . . . . . . . 610 4. Einzelheiten einer rechtsfortbildenden Introduktion des trust . . . . . . . . . . 612 5. Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 615
§ 5 Verwertungsrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 625 I. Die Taxonomie der Verwertungsrechte „höheren Grades“ . . . . . . . . . . . . . . . . 625 II. Das Afterpfand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 635 1. Die „Erwerbung“ des Afterpfandes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 637 a) (Wieder-)Verpfändung des Pfandes oder des Pfandrechts? . . . . . . . . . . . 637 b) Selbstständige Verpfändung des Pfandrechts? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 640 aa) Die „Einheitslehre“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 646 bb) Die „Trennungslehre“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 647 c) Gutgläubiger Erwerb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 650 aa) Afterpfandrechte an eingetragenen Hypothekarforderungen . . . . . 652 bb) Afterpfandrechte an Pfandrechten in enger Bedeutung . . . . . . . . . . 656 2. Sicherungswirkung und Durchsetzung des Afterpfandrechts . . . . . . . . . . 660 a) Durchsetzung des Afterpfandrechts an einer Hypothek . . . . . . . . . . . . 664 b) Rangverhältnisse zwischen isolierten After- und Forderungspfandrechten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 665
XIV
Inhaltsverzeichnis
3. Kontinuitäts- und Störungsschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 668 a) Wechselwirkungen zwischen Schuldnerschutz und Kontinuitätsschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 668 aa) Leistungen des Personalschuldners . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 668 bb) Leistungen des Pfandschuldners . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 672 b) Sukzessions- und Verfügungsschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 676 c) Sachenrechtliche Rechtsbehelfe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 680 4. Erlöschen des Afterpfandrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 681 5. Schlussfolgerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 686 a) Inkongruente Belastung der Forderung und des Pfandrechts? . . . . . . . 688 b) Das „isolierte“ Afterpfandrecht – ein sinnentleertes Konstrukt . . . . . . 691 c) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 697 III. Sub-securities . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 697 1. Sub-mortgages und sub-charges . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 701 a) Entwicklungslinien in den Regimes der mortgage und der charge . . . . 702 b) Rechtsgeschäftlicher Erwerb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 707 aa) Die mortgage – ein selbständiges Verfügungsobjekt . . . . . . . . . . . . . 708 bb) Erwerb einer legal sub-mortgage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 713 cc) Erwerb einer equitable sub-mortgage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 719 c) Sukzessionsschutzmechanismen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 723 aa) Rangverhältnisse in Equity . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 724 bb) Rangverhältnisse im Common Law . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 729 d) Durchsetzung der sub-mortgage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 735 aa) Der „Vervielfältigungseffekt“ der sub-mortgage . . . . . . . . . . . . . . . . 738 bb) Verwertung der principal mortgage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 751 cc) Verwertung des mortgaged property . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 753 dd) Einziehungs- und Empfangszuständigkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 761 e) Störungsschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 766 2. Die sog. securitisation grundpfandrechtlich gesicherter Kreditforderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 770 3. Die rentcharge (charged) on a rentcharge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 774 a) Strukturprinzipien der rentcharge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 774 b) Wirkungskreis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 778 4. Der sub-pledge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 785 a) Strukturprinzipien des pledge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 787 b) Der leading case Donald v. Suckling . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 793 c) Rechtsgeschäftlicher Erwerb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 798 d) Gutgläubiger Erwerb eines sub-pledge? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 802 aa) Verkehrsschutzprinzipien des personal property law . . . . . . . . . . . . 804 bb) Verkehrsschutz in Bezug auf Verfügungen über special property? . 812 (1) Secs. 2(1), 8, 9 FA 1889, secs. 24, 25 SGA 1979 . . . . . . . . . . . . . . . 813 (2) Sec. 7(1) FA 1889 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 821 (3) Die doctrine of estoppel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 823 (4) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 825 e) Wirkungskreis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 826
Inhaltsverzeichnis
XV
IV. Pfandrechte an Verwertungsrechten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 835 1. Rechtsgeschäftlicher Erwerb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 837 a) Pfändung und Verpfändung von Hypothekenforderungen . . . . . . . . . . 838 b) Pfändung und Verpfändung von Grund- und Rentenschulden und Reallasten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 846 c) Pfändung und Verpfändung pfandrechtsgesicherter Forderungen . . . . 855 2. Gutgläubiger Erwerb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 862 a) Verpfändung einer Hypothek durch einen Nichtberechtigten . . . . . . . . 864 b) Verpfändung einer Scheinhypothek durch einen Nichtberechtigten . . . 876 c) Gutgläubiger Erwerb des Rangvorrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 884 d) Gutgläubiger Erwerb eines Pfandrechts zweiten Grades . . . . . . . . . . . . 890 aa) Unvereinbarkeit mit der sachenrechtlichen Verkehrsschutzsystematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 895 bb) Redlichkeitsschutz gem. § 893 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 899 cc) Auswirkungen des gutgläubigen Forderungserwerbs auf (Schein-)Nebenrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 900 dd) Verpfändung einer scheinbar durch Sachpfand gesicherten Forderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 902 3. Sicherungswirkungen und Durchsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 905 a) Sicherungswirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 906 aa) Verfügungsschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 906 bb) Einschränkung der Einziehungszuständigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . 909 cc) Schuldnerschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 919 dd) Vertrauensschutz ablösungsberechtigter Dritter . . . . . . . . . . . . . . . . 923 ee) Ausschluss des gutgläubig-einredefreien Erwerbs . . . . . . . . . . . . . . . 929 b) Durchsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 933 aa) Durchsetzung des Forderungspfandrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 936 bb) Durchsetzung eines Pfandrechts an einem Sach- oder Rechtspfandrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 938 (1) Berechtigte Pfandverwertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 941 (2) Nichtberechtigte Pfandverwertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 946 cc) Durchsetzung eines Pfandrechts an einem Grundpfandrecht . . . . . 950 dd) Subjektive Rechtskrafterstreckung bei Prozessführung über belastete Rechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 956 4. Rangverhältnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 963 5. Schuldverhältnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 967 6. Sachenrechtliche Rechtsbehelfe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 970 a) Pfandrechte an Hypotheken, Grundschulden und Reallasten . . . . . . . . 972 aa) Sicherheitsgefährdung des belasteten Rechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 973 (1) Reichweite des Verweisungsbefehls der §§ 1227, 1273 Abs. 2 S. 1 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 976 (2) Nexus zwischen § 1133 BGB und § 1134 BGB . . . . . . . . . . . . . . . 982 bb) Unrichtigkeit des Grundbuchs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 990 (1) Aktivlegitimation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 991 (2) Passivlegitimation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 993 b) Pfandrechte an Sach- und Rechtspfandrechten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 998
XVI
Inhaltsverzeichnis
V. Ergebnisse und Entwicklungsperspektiven . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1007 1. Sozioökonomische Bedeutung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1007 a) Refinanzierungsstrategien im Bankengeschäft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1008 b) Verpfändung und Pfändung von Eigentümergrundschulden . . . . . . . . . 1021 2. Arten und Erscheinungsformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1022 3. Erwerb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1023 a) Forderungsbindung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1024 aa) Die „Akzessorietät“ des Verwertungsrechts höheren Grades . . . . . 1024 bb) Die zwischenartliche Forderungsbelastung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1029 (1) Die scheinbar axiomatische Zuständigkeitsakzessorietät . . . . . 1031 (2) Das Verhältnis zwischen Akzessorietäts- und Publizitätsprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1042 b) Vertragliche Verfügungsverbote . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1047 c) Gutgläubiger Erwerb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1048 4. Wirkungskreis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1053 a) Bestandsschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1053 aa) Einschränkung der Einziehungs- und Verfügungszuständigkeit . . 1057 bb) Privatautonome Erweiterungen der Sicherungswirkungen . . . . . . . 1063 b) Realisierungsmodus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1066 c) Störungsschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1071 5. Legislative Handlungsoptionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1075
§ 6 Erwerbsrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1081 I. Das dingliche Vorkaufsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1083 1. „Doppelstöckige“ dingliche Vorkaufsrechte? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1083 2. Sachenrechtliche Bevorrechtigungen auf Erwerb dinglicher Vorkaufsrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1085 II. Die Vormerkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1087 III. Die Anwartschaftsrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1092
§ 7 Lease und Erbbaurecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1099 I. Strukturprinzipien der sub-lease . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1100 1. Die building lease . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1103 2. Voraussetzungen und Rechtsfolgen einer sub-lease . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1106 a) Zeitliches Abstandserfordernis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1108 b) Privity of contract und privity of estate . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1110 c) Wechselwirkungen zwischen lease und sub-lease . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1114 d) Störungsschutz und adverse possession . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1115 II. Strukturprinzipien des Untererbbaurechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1119 1. Prinzipielle Anerkennung des „Untererbbaurechts“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1122 2. Abstandserfordernis zwischen dem belasteten und dem lastenden Erbbaurecht? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1125
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XVII
III. Grund und Grenzen des Kontinuitätsschutzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1138 1. Abstrakt-generelle Abwägung des Beseitigungs- und des Beharrungsinteresses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1141 a) Heimfall des belasteten Erbbaurechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1143 aa) Abbedingung von § 33 Abs. 1 S. 3 ErbbauRG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1143 bb) Gesetzesimmanente Rechtsfortbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1147 cc) Vertragliche Gestaltungsoptionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1160 b) Zeitablauf des belasteten Erbbaurechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1166 2. Konkret-individuelle Abwägung des Beseitigungs- und des Beharrungsinteresses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1171 a) Grundzüge des drittrechtsschützenden relief against forfeiture . . . . . . 1174 b) Persönlicher Anwendungsbereich des relief against forfeiture . . . . . . . . 1182 c) Judizielles Entschließungs- und Auswahlermessen . . . . . . . . . . . . . . . . . 1187 IV. Rechtsvergleichende Bewertung der Belastungskompatibilität des Erbbaurechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1191 1. Vor- und Nachteile des Bestandsschutzsystems des deutschen Erbbaurechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1192 2. Vor- und Nachteile des englischen Regimes des relief against forfeiture . . 1195 3. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1199
§ 8 Dienstbarkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1201 I. Selbstständige (innerartliche) Belastung der Grunddienstbarkeit . . . . . . . . . . 1202 II. Unselbstständige (innerartliche) Belastung der Grunddienstbarkeit . . . . . . . . 1209 1. Vertragliche Ausübungsbeschränkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1218 a) Ausübungsbeschränkung einer Grunddienstbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . 1222 b) Ausübungsbeschränkung einer persönlichen Dienstbarkeit . . . . . . . . . 1225 c) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1227 2. Ausschluss der Ausübung einer Grunddienstbarkeit mittels Verzichtsdienstbarkeit? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1228 III. Innerartliche Belastung der beschränkten persönlichen Dienstbarkeit . . . . . . 1235
§ 9 Nießbrauch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1237 I. Der Grundsatz der Unübertragbarkeit des Nießbrauchs (§ 1059 S. 1 BGB) . . 1239 II. Die Ausübungsüberlassung (§ 1059 S. 2 BGB) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1243 III. Das Unterfruchtgenussrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1246 IV. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1253
XVIII
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Teil III: Zwischenartliche Belastungskompatibilitäten § 10 Zuordnungsänderungsrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1259 I. Intrafamiliäre Belastungskompatibilitäten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1259 1. Sachenrechtliche Bevorrechtigungen zum Erwerb von Verwertungsrechten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1260 a) Sicherung des Zweiterwerbs durch Vormerkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1260 b) Anwartschaften auf Erwerb von Verwertungsrechten . . . . . . . . . . . . . . 1263 2. Verwertungsrechte an sachenrechtlichen Erwerbsbevorrechtigungen . . . . 1266 a) Das Pfandrecht am dinglichen Vorkaufsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1266 aa) Sicherungswirkungen der Pfändung resp. Verpfändung . . . . . . . . . . 1269 bb) Durchsetzung des Pfandrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1275 cc) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1278 b) Pfändung und Verpfändung von Anwartschaftsrechten . . . . . . . . . . . . . 1280 aa) Gutgläubiger Erwerb eines anwartschaftsrechtsbelastenden Pfandrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1281 bb) Sicherungswirkung und Durchsetzung des Pfandrechts . . . . . . . . . 1286 II. Interfamiliäre Belastungskompatibilitäten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1293 1. Der Nießbrauch an Verwertungsrechten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1295 a) Erwerb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1296 b) Wirkungskreis des Nießbrauchs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1301 aa) Der Nießbrauch an verzinslichen Rechten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1301 bb) Der Nießbrauch an unverzinslichen Rechten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1312 cc) Parallelen und Divergenzen zwischen Nießbrauch und Pfandrecht 1315 dd) Kontinuitäts- und Störungsschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1317 ee) Der Vorbehaltsnießbrauch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1324 2. Der Nießbrauch an sachenrechtlichen Erwerbsbevorrechtigungen . . . . . . 1327 a) Selbstständige und/oder unselbstständige Belastung des dinglichen Vorkaufsrechts? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1328 b) Selbstständige Belastungen der Anwartschaftsrechte . . . . . . . . . . . . . . . 1334
§ 11 Nutzungsrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1337 I. Intrafamiliäre Belastungskompatibilitäten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1337 1. Selbstständige intrafamiliäre Belastung des Erbbaurechts und des Dauerwohnrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1338 a) Kompensation des Rangrücktritts durch Erbbaurechtsdienstbarkeit? . 1338 b) Sachenrechtliche Zustimmungserfordernisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1340 c) Hypothetische Belastung des Nießbrauchs und der persönlichen Dienstbarkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1349 2. Unselbstständige intrafamiliäre Belastungen der Grunddienstbarkeiten . 1350 II. Interfamiliäre Belastungskompatibilitäten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1353 1. Selbstständige interfamiliäre Belastung des Erbbaurechts und des Dauerwohnrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1354
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XIX
2. Unselbstständige interfamiliäre Belastung der Grunddienstbarkeiten . . . 1358 3. Selbstständige Belastungen des Nießbrauchs und der persönlichen Dienstbarkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1359 a) Die Pfändung des Nießbrauchs und der persönlichen Dienstbarkeiten 1359 b) Strukturprinzipien eines hypothetische Vertragspfandrechts . . . . . . . . 1362
Teil IV: Schlussbetrachtung § 12 Allgemeine Lehren der Rechte an Rechten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1371 I. Rechtstypische Belastungskompatibilitäten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1371 II. Entstehung und Beendigung mehrstufiger Subordinationsverhältnisse . . . . . . 1375 1. Rechtsgeschäftlicher Erwerb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1376 a) Vollzug der mehrstufigen Belastung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1376 b) Verhältnis zwischen Erwerbsgrund und Vollzug . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1379 c) Rechtsgeschäftliche und gesetzliche Belastungsbeschränkungen . . . . . 1386 2. Gutgläubiger Erwerb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1387 a) Selektiver Redlichkeitsschutz im Liegenschaftsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . 1389 aa) Reichweite des öffentlichen Glaubens des Grundbuchs . . . . . . . . . . 1389 bb) Das schottische realignment principle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1390 b) Rechtsfolgen des gutgläubigen Erwerbs von Rechten an Rechten . . . . . 1398 aa) Abtretung und Belastung unter Vorbehalt eines Nießbrauchs . . . . 1399 bb) Rückerwerb des Scheinberechtigten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1401 c) Kein Redlichkeitsschutz jenseits des Liegenschaftsrechts . . . . . . . . . . . . 1407 3. Die Ersitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1408 III. Wirkungen mehrstufiger Belastungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1412 1. Strukturelle Divergenzen zwischen inner- und zwischenartlichen Belastungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1413 2. Abschirmwirkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1417 3. Persönliche Ausübungsbeschränkungen bei stufenüberspringender Personalunion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1419 4. Subjektive Grenzen der Rechtskraft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1420 IV. Kontinuitätsschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1422 1. Heteronome Kontinuitätsschutzmechanismen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1422 2. Autonome Kontinuitätsschutzmechanismen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1424 3. Beseitigung des belasteten Rechts wegen Vertragsverletzung . . . . . . . . . . . 1427 V. Störungsschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1433 1. Innerartliche Belastungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1434 2. Zwischenartliche Belastungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1436 3. Unselbstständige inner- oder zwischenartliche Belastungen . . . . . . . . . . . 1437
XX
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§ 13 Entwicklungsperspektiven . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1441 I. Der Numerus Clausus der Rechte an Rechten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1441 1. Reformbedarf im Liegenschaftsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1443 a) Revision des Grundsatzes der Unübertragbarkeit persönlicher Dienstbarkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1444 b) Rezeption der lease? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1453 2. Fortentwicklung der Treuhand zum trust? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1454 3. Legislatorische Interventionen im Pfandrechtsregime . . . . . . . . . . . . . . . . . 1455 II. Ein optimaler Komplexitätsgrad der Rechte an Rechten? . . . . . . . . . . . . . . . . . 1458
Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1461 Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1487
Abkürzungsverzeichnis a. A. ABGB Abl
andere Ansicht Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch (Österreich) Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften (bis Februar 2003); seit Februar 2003 Amtsblatt der Europäischen Union Asset Backed Securities ABS Abs. Absatz A. C. The Law Reports, Appeal Cases Archiv für die civilistische Praxis (Zeitschrift) AcP Administration of Estates Act 1925 AEA 1925 AGB Allgemeine Geschäftsbedingungen Allgemeinen Geschäftsbedingungen der privaten Banken zwischen AGB-Banken Kunde und Bank All E. R. All England (Law) Reports All England Law Reports, Reprint All E. R. Rep Australian Law Reports A. L. R. Amtliche Begründung amtl. Begr. Anh. Anhang Anm. Anmerkung Law Reports, Appeal Cases (Second Series) (1875–1890) App. Cas Atkyns’ Chancery Reports (1736–1755) Atk. Baron (Judge of the Court of Exchequer) B. BauGB Baugesetzbuch Baurechtsgesetz (Österreich) BauRG BayObLG Bayerisches Oberstes Landesgericht BayObLGZ Sammlung der Entscheidungen des Bayerischen Obersten Landesgerichts in Zivilsachen BBodSchG Bundesbodenschutzgesetz BBergG Bundesberggesetz B. C. C. British Company Law Cases (1990–) Bd. Band bearb. bearbeitet Beavan’s Rolls Court Reports (1836–1866) Beav. BeckOGK beck-online.Großkommentar zum Zivilrecht, ab 2014 BeckOK Beck’scher Online-Kommentar BeckRS Beck-Rechtsprechung, Rechtsprechungssammlung in beck-online (Internet-Angebot des C. H. Beck-Verlags; Jahr und Nummer) Begr. Begründer Bekl. Beklagte/Beklagter Bürgerliches Gesetzbuch BGB BGBl. Bundesgesetzblatt
XXII
Abkürzungsverzeichnis
BGH Bundesgerichtshof Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen BGHZ BJagdG Bundesjagdgesetz BKleingG Bundeskleingartengesetz BKR Zeitschrift für Bank- und Kapitalmarktrecht (Zeitschrift) bspw. beispielsweise BT-Drs. 8/1315 Drucksache 8/135, Deutscher Bundestag, 8. Wahlperiode, 09.12.1977, Gesetzentwurf der Bundesregierung, Entwurf eines Bundesberg gesetzes (BBergG). BVerfG Bundesverfassungsgericht BVerfGE Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts Zeitschrift für das Notariat in Baden-Württemberg BWNotZ bzgl. bezüglich bzw. beziehungsweise C. A. Court of Appeal CA 2006 Companies Act 2006 Cambrian L Rev Cambrian Law Review Can. Bus. L. J. Canadian Business Law Journal C. B. (1.) Common Bench; (2.) Chief Baron C. B. (N. S.) Common Bench Reports (New Series) (1856–1865) CCA 1974 Consumer Credit Act 1974 County Courts Act 1984 CCA 1984 CDS Credit Default Swaps CFR(S)A 1970 Conveyancing and Feudal Reform (Scotland) Act 1970 (1.) Chancery Division of the High Court; (2.) The Law Reports, Ch. Chancery Division (seit 1891) The Chancery Division Law Reports Ch. D. C. J. Chief Justice CJCCL Canadian Journal of Comparative and Contemporary Law (Zeitschrift) C. & K. Carrington & Kirwan’s Nisi Prius Reports (1843–1853) Company Law Cases, Law Reports C. L. C. C. L. J. Cambridge Law Journal (Zeitschrift) Common Law Procedure Act 1852 CLPA 1852 C. L. R. Commonwealth Law Reports Commercial Mortgage Backed Securities CMBS Co. Company COA 1979 Charging Orders Act 1979 Col. L. Rev. Columbia Law Review (Zeitschrift) Colum. J. L. & Columbia Journal of Law and Social Problems (Zeitschrift) Soc. Probs. Conv. The Conveyancer and Property Lawyer (Zeitschrift) Co. Rep. Coke’s King’s Bench Reports Computer und Recht (Zeitschrift) CR CREST Certificateless Registry for Electronic Share Transfer C(ROTP)A 1999 Contracts (Rights of Third Parties) Act 1999 CSIH Court of Session, Inner House D.; Dig. Digesta Iustiniani
Abkürzungsverzeichnis
DCFR
XXIII
Principles, Definitions and Model Rules of European Private Law, Draft Common Frame of Reference (DCFR), Prepared by the Study Group on a European Civil Code and the Research Group on European Private Law (Acquis Group), von Bar, Christian/Clive, Eric (Hrsg.), München 2009. De G. & J. De Gex & Jones Chancery Reports DepotG Depotgesetz DesignG Gesetz über den rechtlichen Schutz von Design ders./dies. derselbe/dieselbe DLR Directors Law Reporter (1973–1985), Australia DNotI-Report Informationsdienst des Deutschen Notarinstituts (Zeitschrift) Deutsche Notar-Zeitschrift (Zeitschrift) DNotZ Drewry’s Chancery Reports Drew Dyer Dyer’s King’s Bench Reports (1513–1582) East East’s King’s Bench Reports (1800–1812). ebd. ebenda, ebendort Zeitschrift für Wirtschaftsrecht (Österreich) ecolex Eden Eden’s Chancery Reports tempore Northington (1757–1766) Edin. L. R. Edinburgh Law Review (Zeitschrift) E. G. Estates Gazette (Zeitschrift) EGBGB Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch Einl. Einleitung Europäische Konvention zum Schutze der Menschenrechte und EMRK Grundfreiheiten vom 4.11.1950 Einl. Einleitung EO Exekutionsordnung (Österreich) English Reports E. R. ErbbauRG Erbbaurechtsgesetz (früher Verordnung über das Erbbarecht) v. 15. 1. 1919, RGBl 72, FNA 403–406. et al. et alii/et aliae etc. et cetera EU-Bankenauf- Verordnung (EU) Nr. 575/2013 des Europäischen Parlaments und des sichtsverord Rates vom 26. Juni 2013 über Aufsichtsanforderungen an Kredit nung – CRR institute und Wertpapierfirmen und zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 646/2012, ABl. Nr. L 176 S. 1, ber. Nr. L 321 S. 6. EuErbVO Verordnung (EU) Nr. 650/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Juli 2012 über die Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen und die Annahme und Vollstreckung öffentlicher Urkunden in Erbsachen sowie zur Einführung eines Europäischen Nachlasszeugnisses (ABl. Nr. L 201 S. 107, ber. Nr. L 344 S. 3, 2013 Nr. L 41 S. 16, Nr. L 60 S. 140, 2014 Nr. L 363 S. 186) EuZW Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht Court of Appeal England and Wales Decisions (Civil Division) EWCA Civ EWHC High Court of England and Wales EWHC (Comm) High Court of England and Wales Decisions (Commercial Court) Exch. The Law Reports; Exchequer Division (1847–1856) f./ff. folgende FA 1823 Factors Act 1823
XXIV
Abkürzungsverzeichnis
FA 1825 Factors Act 1825 Factors Act 1842 FA 1842 FA 1889 Factors Act 1889 FGPrax Praxis der freiwilligen Gerichtsbarkeit (Zeitschrift) Fn. Fußnote Freem. Reports of Cases argued and determined in The High Court of Chancery, 1. Aufl. hrsg von Richard Freeman (Hrsg.), 2. Aufl. hrsg. von John Eykyn Hovenden, 1823 London. FSA Financial Services Authority FSMA 2000 Financial Services and Markets Act 2000 GBBerG Grundbuchbereinigungsgesetz Allgemeines Grundbuchsgesetz (Österreich) GBG GBO Grundbuchordnung GBVfG Grundbuchverfügung ggf. gegebenenfalls GGV Verordnung (EG) Nr. 6/2002 des Rates vom 12. Dezember 2001 über das Gemeinschaftsgeschmacksmuster, Abl. EG Nr. L 3 vom 5. Januar 2002. GlUNF Neue Folge der Sammlung von Civilrechtlichen Entscheidungen des k. k. Obersten Gerichtshofes, begründet von Julius Glaser und Josef Unger (Wien 1=35.1900 – 18=52.1919) GrStG Grundsteuergesetz Beiträge zur Erläuterung des Deutschen Rechts, begründet von Gruchot J. A. Gruchot (Zeitschrift) Zeitschrift für das Privat- und öffentliche Recht der Gegenwart, GrünhutZ begründet von Grünhut (Zeitschrift) Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht (Zeitschrift) GRUR GRUR Int Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht, Internationaler Teil (Zeitschrift) GRUR-Prax Praxis im Immaterialgüter- und Wettbewerbsrecht (Zeitschrift) h. A. herrschende Ansicht Rev. Harvard Law Review Harv. L. H. C. A. High Court of Australia Hemming & Miller’s Chancery Reports Hem. & M. hins. hinsichtlich Hong Kong Court of Final Appeal HKCFA H. L. House of Lords H. L. C. House of Lords Cases herrschende Lehre h. L. H. & N. Hurlstone and Norman’s Exchequer Reports Hrsg. Herausgeber IA 1986 Insolvency Act 1986 I. C. L. Q. International and Comparative Law Quarterley (Zeitschrift) in der Regel i. d. R. i. E. im Ergebnis i.Ersch. im Erscheinen i. e. S. im engeren Sinne immolex Neues Miet- und Wohnrecht (Zeitschrift Österreich) insbes. insbesondere
Abkürzungsverzeichnis
XXV
InsO Insolvenzordnung Praxis des Internationalen Privat- und Verfahrensrechts (Zeitschrift) IPRax i. R. d. im Rahmen der/des i. R. v. im Rahmen von i. S. d. im Sinne der/des i. S. v. im Sinne von i. V. m. in Verbindung mit i. w. S. im weiteren Sinne i.Zw. im Zweifel J. Judge J. A. Judge of Appeal (Australien) Juristische Blätter (Zeitschrift) JBl The Journal of Business Law (Zeitschrift) J. B. L. JFG Jahrbuch für Entscheidungen in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit und des Grundbuchrechts (bis 1943) JherJb Jherings Jahrbücher für die Dogmatik des heutigen römischen und deutschen Privatrechts (Zeitschrift) Journal of International Banking & Financial Law (Zeitschrift) JIBFL JR Juristische Rundschau (Zeitschrift) JSC Justice of the Supreme Court JJSC Justices of the Supreme Court Juristische Schulung (Zeitschrift) JuS Juristen-Zeitung (Zeitschrift) JZ JW Juristische Wochenschrift (Zeitschrift, bis 1944) The Law Reports, King’s Bench Division K. B. K. C. L. J. King’s College Law Journal (Zeitschrift) KG Kammergericht KGJ Jahrbuch für Entscheidungen des Kammergerichts Kl. Kläger/Klägerin KO Konkursordnung (außer Kraft) KTS Zeitschrift für Insolvenzrecht (Zeitschrift) Gesetz über das Kreditwesen KWG LA 1980 Limitation Act 1980 Law Com Law Commission Law Com No. 227 Updating the Land Registration Act 2002, A Consultation Paper, Consultation Paper Number 228 (31. 3. 2016) Law Com. No. 271 Land Registration for the twenty-first century, A conveyanceancing revolution, Land Registration Bill and Commentary, Report Number 271 (10. 7. 2001) Law Com. No. 303 Report on Termination of Tenancies for Tenant Default, Report Number 303 (31. 10. 2006) Law Com. No. 327 Making Land work: Easements, Covenants and Profits à Prendre, Report Number 327 (8. 6. 2011) Law Com. No. 380 Updating the Land Registration Act 2002 report, Report Number 380 (24. 7. 2018) L. C. Lord Chancellor LCA 1972 Land Charges Act 1972 Ld. Raym. Lord Raymond’s King’s Bench and Common Pleas Reports (1694– 1732)
XXVI
Abkürzungsverzeichnis
lit. littera Lord Justice L. J. L. J. Ch. Law Journal Reports, Chancery Old Series LLC Limited Liability Company LLP Limited Liability Partnership LMK Kommentierte BGB-Rechtsprechung, Lindenmaier-Möhring LPA 1925 Law of Property Act 1925 LP(MP)A 1989 Law of Property (Miscellaneous Provisions) Act 1989 Law Quarterly Review L. Q. R. LRA 1925 Land Registration Act 1925 LRA 1967 Leasehold Reform Act 1967 LRA 2002 Land Registration Act 2002 L. R. [Ziffer] Ch.D. Law Reports, Chancery (1875–1890) L. R. (Exch) Law Reports, Exchequer Cases (1865–1875) L. R. [Ziffer] H. L. Law Reports, English & Irish Appeals (1866–1875) L. R. [Ziffer] Q. B. Law Reports, Queen’s Bench (1st Series) (1865–1875) Land Registration Rules 2003 LRR 2003 LR(S)A 2012 Land Registration (Scotland) Act 2012 L. T. Law Times Reports (London 1859–1947) LTA 1927 Landlord and Tenant Act 1927 LTA 1954 Landlord and Tenant Act 1954 Landlord and Tenant Act 1987 LTA 1987 LT(C)A 1995 Landlord and Tenant (Covenants) Act 1995 Ltd. Limited Land Tenure Reform (Scotland) Act 1974 LTR(S)A 1974 Mac. & G. Macnaghten & Gordon’s Chancery Reports (1848–1851) mit Anmerkung m.Anm. MarkenG Gesetz über den Schutz von Marken und sonstigen Kennzeichen MBS Mortgage Backed Securities MCB Mortgage Covered Bonds MDR Monatsschrift für Deutsches Recht (Zeitschrift) meines Erachtens m. E. Mer. Merivale‘s Chancery Reports (1815–1817) Mitteilungen des Bayerischen Notarvereins, der Notarkasse und der MittBayNot Landesnotarkammer Bayern (Zeitschrift) Mot. III Motive zu dem Entwurfe eines Bürgerlichen Gesetzbuches für das Deutsche Reich, Band 3: Sachenrecht, 1983 Nachdruck der Ausgabe Berlin und Leipzig 1888. M. R. Master of the Rolls MünchKomm Münchener Kommentar M. & W. Meeson and Welsby’s Exchequer Reports (1836–1847) m. w. N. mit weiteren Nachweisen NICh High Court of Justice Northern Ireland: Chancery Division Neue Juristische Online-Zeitschrift (Zeitschrift) NJOZ NJW Neue Juristische Wochenschrift (Zeitschrift) NJW-RR NJW-Rechtsprechungs-Report Zivilrecht (Zeitschrift) NPJ non-permanent judge of the Hong Kong Court of Final Appeal NomosKomm Nomos Kommentar notar Monatsschrift für die gesamte notarielle Praxis (Zeitschrift)
Abkürzungsverzeichnis
NotBZ
XXVII
Zeitschrift für die notarielle Beratungs- und Beurkundungspraxis (Zeitschrift) Nr. Nummer NSW New South Wales N. S. W. L. R. New South Wales Law Reports NZ Österreichische Notariatszeitung, Monatsschrift für Notariat und Verfahren (Zeitschrift) NZG Neue Zeitschrift für Gesellschaftsrecht (Zeitschrift) NZI Neue Zeitschrift für Insolvenz- und Sanierungsrecht (Zeitschrift) NZLR New Zealand Law Reports NZM Neue Zeitschrift für Miet- und Wohnungsrecht (Zeitschrift) Oberster Gerichtshof (Österreich) OGH Oxford Journal of Legal Studies (Zeitschrift) O. J. L. S. OLGE Benno Mugdan (Hrsg.), Die Rechtsprechung der Oberlandesgerichte auf dem Gebiete des Zivilrechts OLGZ Entscheidungen der Oberlandesgerichte in Zivilsachen einschließlich der freiwilligen Gerichtsbarkeit (Jahr und Seite, bis 1995) Owen’s King’s Bench and Common Pleas Reports (1556–1615) Owen P. Law Reports, Probate (1891–1971) PatG Patentgesetz P. C. Judicial Committee of the Privy Council Private Client Business (Zeitschrift) P. C. B. Property, Planning & Compensation Reports (1949 ff.) P. & C. R. PEL Principles of European Law Principles of European Law – Proprietary Security in Movable Assets PEL Prop. Sec. PEL Liab. Dam. Principles of European Law – Non-contractual Liability Arising out of Damage Caused to Another PfandBG Pfandbriefgesetz plc public limited company Plowd. Plowden’s Reports Prot. Protokolle der Kommission für die II. Lesung des Entwurfs des BGB Private Limited Company Pte Ltd. Pty Ltd. Proprietary Limited Company Law Reports, Queen’s Bench Division (1876 ff.) Q. B. Q. C. Queen’s Counsel r. Rule rr. Rules RA 1977 Rentcharges Act 1977 Recht DAS RECHT, Rundschau für den deutschen Juristenstand (Zeit schrift) Red. Redakteur/in resp. respektive RG Reichsgericht Amtliche Sammlung der Entscheidungen des Reichsgerichts in ZivilRGZ sachen RGRK Das Bürgerliche Gesetzbuch mit besonderer Berücksichtigung der Rechtsprechung des Reichsgerichts und des Bundesgerichtshofs, Kommentar, herausgegeben von Mitgliedern des Bundesgerichtshofes
XXVIII RIS-Justiz
Abkürzungsverzeichnis
Rechtsinformationssystem des Bundes, angeboten vom Bundes kanzleramt der Republik Österreich, Ballhausplatz 2, 1014 Wien (https://www.ris.bka.gv.at) R. L. R. Restitution Law Review (Zeitschrift) RMBS Residential Mortgage Backed Securities Rn. Randnummer/Randnummern RNotZ Die rheinische Notar-Zeitschrift (Zeitschrift) Rpfleger Der Deutsche Rechtspfleger (Zeitschrift) RS Rechtssatznummer in RIS-Justiz S. Satz SachenR-DV Verordnung zur Durchführung des Grundbuchbereinigungsgesetzes und anderer Vorschriften auf dem Gebiet des Sachenrechts Singapore Academy of Law Journal (Zeitschrift) SAcLJ SB-WPG Sonderbedingungen der Banken und Sparkassen für Wertpapier geschäfte sec. section secs. sections Sch. Schedule scil. scillicet S. C. Session Cases, Scotland S. C. R. Supreme Court Reports, Canada Sheriff Court (Scotland) Sh Ct Settled Land Act 1925 SLA 1925 S. L. T. Scots Law Times Sale of Goods Act 1979 SGA 1979 sogen. sogenannte/sogenannter Special Purpose Vehicle (Zweckgesellschaft) SPV SSPE Securitisation Special Purpose Entity (Verbriefungszweckgesellschaft) StGB Strafgesetzbuch Str. Strange’s King’s Bench Reports (1716–1749) st. Rspr. ständige Rechtsprechung Entscheidungen des österreichischen Obersten Gerichtshofes om SZ Zivilsachen (1919 ff.) t/a trading as TA 1925 Trustees Act 1925 TA 2000 Trustees Act 2000 T & ELTJ Trusts and Estates Law & Tax Journal (Zeitschrift) T(IW)GA 1977 Torts (Interference with Goods) Act 1977 TLATA 1996 Trusts of Land and Trustees Act 1996 T. L. R. Times Law Reports (1884–1952) T. R. Tijdschrift voor rechtsgeschiedenis = Revue d‘histoire du droit = The legal history review (Zeitschrift) Tru. L. I. Trust law international (Zeitschrift) Trusts and Trustees (Zeitschrift) T&T u. a. unter anderem UKHL United Kingdom House of Lords UKPC United Kingdom Privy Council UKSC United Kingdom Supreme Court UKUT (TCC) Upper Tribunal (Tax and Chancery Chamber)
Abkürzungsverzeichnis
UrhG UCC usw. UVM
XXIX
Gesetz über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte Uniform Commercial Code und so weiter Verordnung (EU) 2017/1001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2017 über die Unionsmarke, ABl. Nr. L 154 S. 1 Var. Variante V. C. Vice Chancellor Vern. Vernon’s Chancery Reports (1681–1719) Verf. Verfasser Ves. Jr. Vesey Junior’s Chancery Reports (1789–1817) Ves. Sen. Vesey Senior’s Chancery Reports (1741–1756) vgl. vergleiche Vol. Volume Vorbem Vorbemerkungen WarnR Warneyer, Die Rechtsprechung des Reichsgerichts, später des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen (bis 1995) Wohnungseigentumsgesetz (Deutschland; Österreich) WEG W. L. R. Weekly Law Reports WM Zeitschrift für Wirtschafts- und Bankrecht, Wertpapiermitteilungen (Zeitschrift) Yale L. J. The Yale Law Journal, University of Yale (Zeitschrift) zum Beispiel z. B. Zeitschrift für Erbrecht und Vermögensnachfolge (Zeitschrift) ZEV ZfBR Zeitschrift für deutsches und internationales Bau- und Vergaberecht (Zeitschrift) ZfIR Zeitschrift für Immobilienrecht (Zeitschrift) Zeitschrift für geistiges Eigentum (Zeitschrift) ZGE ZIP Zeitschrift für Wirtschaftsrecht und Insolvenzpraxis (Zeitschrift) ZP-EMRK Zusatzprotokoll zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 20. März 1952 ZPO Zivilprozessordnung zum Teil z. T. zutr. zutreffend Zeitschrift für Urheber- und Medienrecht (Zeitschrift) ZUM ZVG Zwangsversteigerungsgesetz Zeitschrift für Wohnungseigentumsrecht (Zeitschrift) ZWE
Teil I
Sachenrechtliche Subordinationsverhältnisse
§ 1 Einführung I. Anlass und Zielsetzung der Untersuchung Das Sujet dieser Monographie lädt zu einer personifizierenden-raumsymbolischen Veranschaulichung geradezu ein. Aus einem „Mutterrecht“ werden „Tochterrechte“ erschaffen, aus diesen wiederum „Enkelrechte“ und schließlich unendlich viele „(Ur-)Urenkelrechte“, die sich zu einem pyramidenförmigen Raumgebilde aufeinander getürmter Rechte oder zu einem Verzweigungsbild von Stammund Zweigrechten zusammenfügen.1 Anknüpfend an den etablierten Dualismus von translativer und konstitutiver Sukzession 2 geht es um aufeinander aufbauende mehrstufige Belastungen subjektiver Rechte, also begrenzte Rechte „an“, „auf“ oder „aus“ begrenzten Rechten („limited real rights over limited real rights“).3 In 1 Siehe z. B. Heck, Grundriß des Sachenrechts2 , § 120, 2 (S. 470–471), der die mehrstufige Belastung als wiederholte Teilung des belasteten Rechts klassifiziert und deshalb das Bild von Stammrechten und Zweig- und Teilrechten der „Aufbaufassade“ und der „Belastungsterminologie“ vorzieht; Baur/Stürner, Sachenrecht18 , § 60 Rn. 4 sprechen von „aufeinander aufgebauten“ Teilrechten; die personifizierende Darstellung der belasteten und lastenden Rechte als „Mutter-, Tochter- und Enkelrechte“ ist gleichfalls weit verbreitet (siehe bspw. von Tuhr, Allgemeiner Teil II/1, § 45 II 1–9 [S. 62–83]). Der Vorstellung einer (wiederholten) Rechtsteilung setzt von Bar, Gemeineuropäisches Sachenrecht I, Rn. 349 das Bild einer Pyramide aufeinander geschichteter Rechte entgegen, wobei das Eigentum als das umfassendste Recht als Fundament gedacht wird und das Pfandrecht am Nießbrauch an der Hypothek auf der höchsten und engsten Stufe der Pyramide rangiert. 2 Dieser geht auf die pandektistischen Forschungen des vorvergangenen Jahrhunderts zurück. Leitend war das wissenschaftliche Desiderat, alle Varianten des Übergangs subjektiver Rechte oder umgekehrt betrachtet, der Nachfolge in subjektive Rechte systematisch kohärent darzustellen. Diese Systembildung ist zum einen durch den Gegensatz von Einzel- und Gesamtrechtsnachfolge (Singular- und Universalsukzession) und zum anderen durch die Unterscheidung von translativen und konstitutiven Rechtsübergängen oder Rechtsübertragungen resp. quantitativen und qualitativen Sukzessionen gekennzeichnet (grundlegend Bekker, System des heutigen Pandektenrechts I, §§ 33, 34 (S. 104–114); Regelsberger, Pandekten I, § 120 (S. 442–444); daran anknüpfend von Tuhr, Allgemeiner Teil II/1, § 45 II 1–9 (S. 62–83). Während mit der translativen Sukzession der vollständige oder teilweise Eintritt in das Recht des „Auctors“ durch den „Successor“ beschrieben wird, entstehe mit der konstitutiven Sukzession aus dem „Mutterrecht“ des Urhebers ein „Tochterrecht“ in der Person des Nachfolgers. Die zeitgenössische Literatur hält an der pandektistisch geprägten Darstellungs- und Gliederung der Sukzessionen, vor allem an der Gegenüberstellung von translativer und konstitutiver Rechtsnachfolge fest; hiermit verbindet sich die Deutung der Belastung als Absonderung und Teilübertragung des belasteten Rechts (stellvertretend Lieder, Die rechtsgeschäftliche Sukzession, S. 37–46; aus rechtsvergleichender Sicht siehe auch Enchelmaier, Übertragung und Belastung unkörperlicher Gegenstände im deutschen und englischen Privatrecht, S. 29–30); zur Teilungslehre eingehend § 2 III. 1. 3 Die englische Übersetzung „limited real rights over limited real rights“ stammt von Gretton,
4
Teil I: Sachenrechtliche Subordinationsverhältnisse
den Grenzen des Numerus Clausus dinglicher Rechte sind scheinbar unendlich viele unterschiedliche mehrstufige („vertikale“) und mehrfache („horizontale“) Belastungskonfigurationen möglich. Sieht man einmal von der „unmittelbaren“ Belastung veräußerlicher (dinglicher) Rechte und der weithin anerkannten Pfändbarkeit des Nießbrauchs und der beschränkten persönlichen Dienstbarkeit ab,4 werden forderungsgebundene und subjektiv-dingliche Rechte „mittelbar“ von den an dem jeweils „führenden“ Recht konstituierten Rechten erfasst.5 Als „Endprodukt“ einer vom Grundstückeigentümer in Gang gesetzten mehrstufigen Belastung erscheint z. B. das Pfändungspfandrecht an einem gepfändeten Nießbrauch an einem Pfandrecht an einer Grundschuld an einem mit Grunddienstbarkeiten, dinglichen Vorkaufsrechten und Reallasten verbundenen (Unter-)Wohnungserbbaurecht.6 Durch das (Ober-)Erbbaurecht hindurch scheint sich selbst das Pfändungspfandrecht am Nießbrauch auf das Erbbaurechtsgrundstück einschließlich der mit diesem verbundenen Rechte einschließlich einer sich auf eine Untererbbauzinsreallast erstreckenden Obererbbauzinsreallast in Umkehrung der Rechtspyramide zu beziehen.7 Schon wegen der Pfändbarkeit subjektiver Sachenrechte8 ist die mehrstufige Belastung, wie das konstruierte Beispiel indiziert, ein ubiquitäres Phänomen.9 JenRabelsZ 71 (2007), S. 802, 843 mit Fn. 212; Merrill/Smith (2000–2001) 110 Yale L. J. 1, 55 sprechen im Kontext möglicher Forderungsbelastungen schlicht von „rights over rights“. 4 Siehe hierzu § 11 II. 3. a). 5 Zur Unterscheidung zwischen mittelbaren und unmittelbaren bzw. selbstständigen und unselbstständigen Belastungen siehe § 2 II. 4. 6 Mit ähnlichen Fallbeispielen Heck, Grundriß des Sachenrechts2 , § 120, 1 (S. 470); Baur/Stürner, Sachenrecht18 , § 60 Rn. 4. 7 Zu beachten ist, dass sich der Gläubiger nicht aus dem Nießbrauch, sondern nur aus der Ausübung desselben im Wege der Überweisung zur Einziehung gem. §§ 857 Abs. 3, Abs. 1, 829 Abs. 1 S. 3, 835 Abs. 1 Var. 1 ZPO befriedigen kann, z. B. kraft Anordnung einer Verwaltung über den dem Nießbraucher gem. §§ 1068 Abs. 2, 1030 Abs. 1 BGB zugeordneten Grundschuldzins i. S. v. § 1191 Abs. 2 BGB; die Befugnis zur „Einziehung“ der Grundschuld, z. B. durch Kündigung der Grundschuld und Zwangsversteigerung des belasteten Wohnungserbbaurechts, gem. § 1080 BGB i. V. m. § 1074 S. 1 BGB bzw. § 1080 BGB i. V. m. § 1077 Abs. 1 S. 2 BGB geht hingegen nicht durch den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss auf den Vollstreckungsgläubiger über (siehe hierzu § 11 II. 3. b)). Soll aber z. B. etwa eine mit dem Erbbaurechtsgrundstück verbundene Dienstbarkeit an einem anderen Grundstück oder die Erbbauzinsreallast gem. § 875 Abs. 1 BGB aufgehoben werden, setzt dies die Zustimmung aller sich indirekt auf die Bauverbotsdienstbarkeit erstreckenden Rechte am herrschenden Erbbaurechtsgrundstück in direkter oder entsprechender Anwendung von § 876 S. 2 BGB voraus; erforderlich ist also auch die Zustimmung des auf der Spitze der dargestellten Rechtspyramide rangierenden Pfändungspfandgläubigers, was sich m. E. aber nicht aus einer Analogie zu § 876 S. 2 BGB, sondern aus §§ 136, 135 Abs. 1 S. 1 BGB ergibt (vgl. BGH, Urteil v. 20.2.1974 – VIII ZR 20/73, BGHZ 62, S. 133, 135 ff.; Erman (-Artz), BGB II15, § 876 Rn. 5; MünchKomm (-Kohler), BGB VII7, § 876 Rn. 4; Staudinger (-C. Heinze), BGB (2018), § 876 Rn. 10; zur teleologischen Extension des § 876 S. 2 BGB bei Pfändung eines Rechts an einem mit subjektiv-dinglichen Rechten i. S. v. § 96 BGB verbundenen Grundstück oder grundstücksgleichen Recht siehe § 3 II. 3. c) aa) (1)). 8 Näher zur Pfändung und Verwertung dinglicher Rechte Hintzen, JurBüro 1991, S. 755– 768; MünchKomm (-Smid), ZPO II5, § 857 Rn. 17–23, 28–41, 46–51. Prinzipiell sind alle dinglichen Rechte entweder selbstständig oder unselbstständig als Bestandteil einer Forderung, eines Grundstücks oder grundstücksgleichen Rechts pfändbar. Selbstständig pfändbar sind demgemäß
§ 1 Einführung
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seits des9 deutschen Rechts gilt nichts anderes. Schlägt man bspw. die Brücke zum anglo-amerikanischen Rechtskreis, zeigt sich die rechtstatsächliche Bedeutung des Forschungsgegenstandes z. B. bei der Refinanzierung von Krediten durch sub-charges und anderen sub-securities,10 bei Verbriefungstransaktionen mit (grund-)pfandrechtlich gesicherten Krediten (mortgage securitisation)11 und endlich im gesamten Liegenschaftsrecht bei der zeitlich segmentierten Nutzung von Land.12 Ungeachtet die Grund- und Rentenschuld und die Reallast (§ 857 Abs. 6 ZPO); zur im Einzelnen problematischen Pfändung von (Teil-)Eigentümergrundschulden näher § 5 IV. 1. b). Weiterhin unproblematisch pfändbar sind das Dauerwohnrecht und das subjektiv-persönliche dingliche Vorkaufsrecht (§ 857 Abs. 1 ZPO), sofern dieses abweichend von §§ 1098 Abs. 1 S. 1, 473 S. 1, letzter Hs. BGB als veräußerliches Recht bestellt ist. Die Pfändung der extra legem anerkannten Auflassungsanwartschaft richtet sich nach den Regeln über die Pfändung eines Auflassungsanspruchs (§§ 857 Abs. 2, 848 Abs. 2 ZPO); die Pfändbarkeit des Anwartschaftsrechts an beweglichen ist gleichfalls allgemein anerkannt, nach h. A. bekanntlich in Form der „Doppelpfändung“ (MünchKomm (-Smid), ZPO II5, § 857 Rn. 22). Die Zwangsvollstreckung in das „grundstücksgleiche“ Erbbaurecht erfolgt durch Eintragung einer Zwangshypothek, Zwangsversteigerung oder Zwangsverwaltung (§ 866 Abs. 1 ZPO i. V. m. § 11 Abs. 1 S. 1 ErbbauRG). Das Pfandrecht wird von der Pfändung der gesicherten Forderung erfasst (arg. e § 838 ZPO); nichts anderes gilt für die Vormerkung und für die Hypothek, wobei sich die Pfändung und Einziehung der hypothekarisch gesicherten Forderung nach §§ 830, 837 ZPO richtet. Subjektiv-dingliche Rechte werden als Bestandteile des Grundstücks (bzw. grundstücksgleichen Rechts) gem. §§ 96, 93 BGB von der Beschlagnahme des Grundstücks im Wege der Zwangsvollstreckung oder Zwangsverwaltung erfasst (§ 20 Abs. 2 ZVG i. V. m. § 1120 BGB), wobei hinsichtlich der einzelnen Leistungen aus einer Reallast zwischen Zwangsversteigerung oder Zwangsverwaltung zu unterscheiden ist (vgl. §§ 21 Abs. 2, 148 Abs. 1 S. 1 ZVG). Umstritten ist nach wie vor die Pfändung des Nießbrauchs und der beschränkten persönlichen Dienstbarkeit (§ 857 Abs. 3, 4 ZPO). Die h. A. spricht sich für die Pfändbarkeit des Rechts aus (grundlegend BGH, Urteil v. 20.2.1974 – VIII ZR 20/73, BGHZ 62, S. 133, 135 ff.; Musielak/Voit (-Becker), ZPO16 , § 857 Rn. 14; Staudinger (-C. Heinze), BGB (2017), § 1059 Rn. 26), wohingegen die Gegenansicht daran festhält, dass das Recht nicht selbst, sondern nur der Ausübung nach pfändbar sei, so dass der Vollstreckungsgläubiger nicht gegen Verfügungen über das dingliche Nutzungsrecht geschützt ist (Baur/Stürner, Sachenrecht18 , § 60 Rn. 4 mit Fn. 2; Hauck, Nießbrauch an Rechten, S. 263–264; MünchKomm (-Pohlmann), BGB VII7, § 1059 Rn. 20). 9 Zur praktischen Relevanz von mehrstufigen Belastungen sei nur auf einige ober- und höchstrichterliche Entscheidungen in chronologischer Reihenfolge verwiesen: KG, Beschluss v. 25.1.1906 – 1 A 64/06, KGJ 31, A 315 (Erwerb einer verpfändeten Hypothekenforderung im Wege der öffentlichen Versteigerung der Hypothekenforderung seitens des Pfandgläubigers); RG 19.3.1909 – VII 234/08, Recht 1909 Nr. 1518 (Zwangsversteigerung des Grundstücks aus Pfandrecht an einer Hypothek); RG, Urteil v. 29.6.1910 – V 429/09, RGZ 74, S. 78 (Pfändung des Nießbrauchs an Hypothekenzinsen); BGH, Urteil v. 22.2.1974 – V ZR 67/72, NJW 1974, S. 1137 (grundlegende Anerkennung des Erbbaurechts am Erbbaurecht); BGH, Beschluss v. 6.12.2018 – V ZB 94/16, NZM 2019, S. 438 (Nießbrauch an einem Dauernutzungsrecht an einem Erbbaurecht). Aus der österreichischen Judikatur siehe z. B. OGH 22.10.1991 – 5 Ob 114/91, RIS-Justiz, RS0011838 (Anerkennung eines Unterfruchtgenussrechts an einem Fruchtgenussrecht i. S. v. § 509 ABGB); OGH 13.1.1999 – 3 Ob 228/98w, RIS-Justiz: RS0032278 (Konkurrenz zwischen mehreren Afterpfandrechten an einer Höchstbetragshypothek); OGH 30.1.2007 – 5 Ob 1/07v, JBl. 2007, S. 715 (Hypothek an Fruchtgenussrecht); OGH 4.11.2008 – 5 Ob 214/08v, RIS-Datenbank: RS0016305 (implizite Anerkennung eines vom Fruchtgenussberechtigten abgeleiteten und damit von dessen Lebensdauer abhängigen Wohnrechts an der Liegenschaft). 10 Eingehend hierzu § 5 III. 1. 11 Siehe § 5 III. 2. 12 Vgl. Law Com No. 327 Rn. 6.93: „The structure of English land law lends itself to complex vertical transmission and to the creation of structured relationships that can be – at least in theo-
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Teil I: Sachenrechtliche Subordinationsverhältnisse
ihrer umstrittenen Rechtsnatur sind überdies alle auf einen limited interest, ggf. auf einen equitable interest derivativ zurückzuführenden equitable interests, zuvörderst sub-trust-gestützte (subsidiary) beneficial interests, vom Forschungsgegenstand erfasst; auch hier offenbart sich, wie noch zu zeigen sein wird, die die mehrstufige Belastung kennzeichnende „Verenkelung“ eines „Mutterrechts“.13 Auf die herausragende sozioökonomische Bedeutung pyramidenförmiger trust-Strukturen im Kontext der sub-trust-rechtlich organisierten intermediären Wertpapiersammelverwahrung14 sowie bei der mehrfach gestaffelten Rechtsnachfolge von Todes wegen15 sei hier nur hingewiesen. Aber auch in den kontinentaleuropäischen Rechten, zumal im deutschen Recht, ist die zunehmende Bedeutung von auch mehrseitigen sowie gestuften Treuhandverhältnissen allenthalben spürbar.16 Zumindest sachlich-funktional steht die Treuhand deutschen Rechts trotz der konstruktionsjuristischen Unterschiede im Vergleich zum trust17 einer (mehrstufigen) Belastung nahe, schlägt doch die fiduziarische Zweckbindung anerkanntermaßen auf die insolvenz- und zwangsvollstreckungsrechtliche Zuordnung des Haftungsvermögens durch.18 Zieht man zudem noch – jenseits des „klassischen“ Sachenrechts – das Immaterialgüterrecht in die Betrachtung ein, könnten auch „Lizenzketten“ als ein der mehrstufigen Belastung ganz ähnliches und praktisch allgegenwärtiges Konstrukt ry, and sometimes in practice – almost feudal in their complexity.“ Zu diesen Phänomenen eingehend § 7 I. 2. Aufgrund der Ausgestaltung des estate als zeitlich segmentiertes, inhaltlich umfassendes und veräußerliches Besitz- und Nutzungsrecht an land lassen sich beliebig viele sub-terms aus dem vom freehold estate abgeleiteten term of years absolute „herausschälen“ und somit unbegrenzt viele leasehold-Rechtsverhältnisse hintereinanderschalten (siehe nur K. Gray/S. F. Gray, Elements of Land Law5, Rn. 4.2.19). 13 In diese Richtung auch Gretton, RabelsZ 71 (2007), S. 802, 843 in Fn. 212, der sich aber zu der umstrittenen Frage der Klassifizierung von equitable interests enthält. Zur Wirkungsweise des trust sowie zur sachenrechtlichen Rechtsstellung des beneficiary siehe die eingehende Strukturanalyse in § 4 II. 14 Zur intermediären Wertpapiersammelverwahrung im englischen Recht näher § 4 III. 3. c) dd). 15 Siehe exemplarisch Creasey v. Sole [2013] EWHC 1410 (Ch); [2013] W. T.L. R. 931; Sheffield v. Sheffield [2013] EWHC 3927 (Ch). Die praktischen Anwendungsbereiche von sub-trusts sind freilich unüberschaubar; wie ein Blick auf die Kasuistik demonstriert, dienen raffinierte mehrstufige trust-Strukturen nicht selten auch dazu, steuer- und/oder sozialversicherungsrechtliche Tatbestände zu umgehen (siehe zuletzt Murray Group Holdings Ltd v. Revenue and Customs Commissioners [2017] UKSC 45; [2017] 1 W. L.R. 2767); zum Ganzen siehe § 4 III. 4. 16 Näher zu trust-ähnlichen Rechtsinstituten in den kontinentaleuropäischen Rechtsordnungen von Bar, EuZW 2018, S. 925, 928–931. 17 Wenngleich die rechtsdogmatische Erklärung des Treugeberschutzes in der Insolvenz und Zwangsvollstreckung umstritten ist, wird die Rechtsstellung des Treugebers jedenfalls weder in der Rechtsprechung noch im zeitgenössischen Schrifttum als „beschränktes dingliches Recht sui generis“ gedeutet (siehe Löhnig, Treuhand S. 742 m. w. N. zu den vereinzelt vertretenen Ansätzen im älteren Schrifttum). Zu einem separaten dinglichen Verfügungsobjekt in der Art eines equitable interest oder eines kausalen Anwartschaftsrechts wurde die Rechtsposition des Treugebers niemals ausgewertet (Henssler, AcP 196 (1996), S. 37, 86). Der von Kötz, Trust und Treuhand, S. 169– 174 postulierte gesetzesübersteigende Umbau des deutschen Sachenrechts nach dem Vorbild des anglo-amerikanischen trust ist bislang ausgeblieben. 18 Näher hierzu § 4 IV. 1. a).
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voneinander abgeleiteter, partiell drittwirksamer Rechtspositionen klassifiziert werden.19 Wenngleich sich die Pandektenwissenschaft einem Teilbereich der hier relevanten Materie, der Verpfändung der rezipierten iura in re, intensiv widmete,20 fehlt es überraschenderweise nach wie vor an einer rechtsdogmatischen, historisch-komparativen Aufbereitung aufeinander basierender konstitutiver Sukzessionen.21 In diese Forschungslücke stößt die vorliegende Schrift. Schon wegen der unermesslichen Bedeutung des übergreifenden Themas der Mobilisierung unkörperlicher Vermögensgegenstände für den (inter-)nationalen Geschäftsverkehr22 ist es geradezu geboten, nicht bloß die Übertragbarkeit, sondern auch die Belastbarkeit oder, wenn man so will, das „Schöpfungspotential“ von Sicherungs-, Erwerbs- und Nutzungsrechten an Sachen und Rechten in allen Einzelheiten zu betrachten. Entscheidend kommt aber noch hinzu: Die Thematik der wechselseitigen Belastbarkeit dinglicher Rechte ist, zumal wenn sie auf rechtsvergleichender Grundlage sowie unter Berücksichtigung verfahrensrechtlicher Implikationen ausgeforscht wird, „juristisches Hochreck“. Schon in materiellrechtlicher Hinsicht werfen die schuld- und sachenrechtlichen Wechselwirkungen der einzelnen Belastungskonfigurationen dinglicher Rechte zahlreiche Rechtsfragen auf, die in der Literatur entweder gar nicht identifiziert, ehrfurchtsvoll gemieden oder bestenfalls in Teilen bearbeitet werden.23 Vor diesem 19
Siehe dazu § 2 IV. 5. b). Bremer, Das Pfandrecht und die Pfandobjecte, S. 215–228; Büchel, Über jura in re und deren Verpfändung, passim; Dernburg, Das Pfandrecht nach den Grundsätzen des heutigen römischen Rechts I, § 61 (S. 475–484); Exner, Kritik des Pfandrechtsbegriffs nach römischem Recht, S. 63–99; Gesterding, Die Lehre vom Pfandrecht nach Grundsätzen des Römischen Rechts, S. 68– 84; Glück, Ausführliche Erläuterungen der Pandecten XIV/1, S. 57–63; Hepp, AcP 13 (1830), S. 343–380; ders., AcP 15 (1832), S. 79–88; Lang, AcP 29 (1846), S. 307–352; von der Pfordten, AcP 22 (1839), S. 6, 24–31; Sintenis, Handbuch des gemeinen Pfandrechts, §§ 21, 23 (S. 121–136, 166– 191); Schmid, Grundlagen der Cession, S. 145–162; Sohm, Die Lehre vom subpignus, passim; Vangerow, Lehrbuch der Pandekten I7, §§ 367, 368 (S. 806–816); Windscheid/Kipp, Pandektenrecht I9, § 239 (S. 1218–1221). 21 Das Sinnganze der konstitutiven Sukzessionen, vor allem der wechselseitigen Belastbarkeit begrenzter Rechte, ist, soweit ersichtlich, bislang weder in Deutschland noch in den europäischen Nachbarrechtsordnungen erschlossen worden. Auffällig ist, dass sich die zeitgenössische deutsche Doktrin – in distinktivem Kontrast zur pandektistischen Erschließung des sog. subpignus (näher hierzu § 3 I. 1.) – der Verwendung von „Verwertungsrechten“ als Refinanzierungssicherheiten nur vereinzelt widmet. Soweit im neueren Schrifttum Mobiliar- und Immobiliarsicherheiten auf rechtsvergleichender Grundlage untersucht werden, bleiben Sicherungsrechte an Sicherungsrechten noch weitgehend außer Acht (siehe etwa Rupp, Grundpfandrechte zwischen Flexibilität und Schutz S. 24, die in ihrer ausführlichen rechtsvergleichenden Monographie zu den Grundpfandrechten ausdrücklich „Sicherungsmittel zweiter Potenz“ ausklammert). Blickt man auf den anglo-amerikanischen Rechtskreis, liegt es nicht anders: Während Rechtsprechung und Lehre die rechtlichen Strukturen sog. sub-trusts neuerdings immerhin zaghaft-tastend entfalten (siehe hierzu § 4 III. 3.), fristen sub-securities in der Doktrin immer noch ein Schattendasein (siehe hierzu § 5 III. 1.). 22 Statt vieler siehe nur Lieder, Die rechtsgeschäftliche Sukzession, S. 4–5. 23 Siehe Iro, FS ABGB II, S. 1077, 1078, der in Bezug auf das „Afterpfand“ (§ 454 ABGB) – die österreichische Ausprägung des rezipierten subpignus – bemerkt, dass es „kaum ein anderes 20
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Hintergrund schickt sich diese Arbeit an, die Übertragungs- und Belastungskompatibilitäten inhaltlich, räumlich und/oder zeitlich begrenzter Sachenrechte für das deutsche Recht mit rechtsvergleichendem Anspruch unter Einschluss zivilverfahrensrechtlicher Implikationen im Einzelnen auszuleuchten, nach sogleich aufzuzeigenden Darstellungs- und Ordnungsprinzipien zu kategorisieren und allgemeine Struktur- und Wertungsprinzipien zu destillieren, die in einer widerspruchsfreien System- und Institutionenbildung der „Rechte an Rechten“ münden. Erschlossen wird das Generalthema unter kontextbezogener Betrachtung diverser europäischer Nachbarrechtsordnungen sowie mit Rücksicht auf die pandektistische Erforschung der wechselseitigen Belastbarkeit der römischrechtlichen iura in re aliena. An dieser Stelle sei bereits betont, dass, sofern das anwendbare Recht die Anzahl der Sachenrechtstypen begrenzt sowie deren Kerngehalt einschließlich des Übertragungs- und Belastungspotentials unabänderlich fixiert, auch das Spektrum mehrstufiger Belastungen subjektiver Rechte festlegt. Diese legislatorische Selektionsentscheidung steht in einem inneren Zusammenhang mit den – in den nationalen Rechtsordnungen verschiedenartig ausgeprägten und umstrittenen – Prinzipien des Typenzwangs und der Typenfixierung.24 Soweit das Numerus-Clausus-Prinzip aus rechtsvergleichender Perspektive erforscht wird,25 steht die Belastung des Eigentums mit begrenzten Rechten im Mittelpunkt der Betrachtung; die wiederholte Belastung begrenzter Rechte wird weitgehend ausgespart. Auch in dieser Hinsicht stößt die vorliegende Monographie in eine Forschungslücke. Der breite Forschungsansatz erlaubt es, sich von den dezisionistischen Vorgaben des deutschen Rechts zu befreien, die gesamte Variationsbreite der in den Privatrechtsordnungen etablierten oder zumindest denktheoretisch möglichen mehrstufigen Belastungen subjektiver Rechte zum Vorschein zu bringen und somit wertvolle Erkenntnisse für das Übertragungs- und Belastungspotential dinglicher Rechte de lege lata herauszuarbeiten. Die jurisdiktionsübergreifende Betrachtung fördert darüber hinaus Erkenntnisse zur stringenten und praktisch zweckmäßigen Standardisierung von Rechten an Rechten zutage und zeigt somit etwaige legislatorische privatrechtliches Institut [gibt], das wegen der engen Verflechtung zwischen Schuld- und Sachenrecht in mehreren Ebenen einerseits und wegen der Involvierung von mindestens drei, oft aber auch vier Personen in das Rechtsverhältnis andererseits so viele schwierige, zuweilen unlösbar erscheinende Probleme bereitet.“ Dass zahlreiche Rechtsfragen zum Afterpfand, so Iro, FS ABGB II, S. 1077, 1101, in der Rechtswissenschaft immer noch unzureichend durchdacht seien, sei sowohl der Komplexität der Materie als auch der fragmentarischen gesetzlichen Regelung geschuldet. 24 Akkermans, The Principle of Numerus Clausus in European Property Law, S. 482 ff.; von Bar, Gemeineuropäisches Sachenrecht I, Rn. 58–75; siehe Terré/Simler, Les biens9, Rn. 52, 774 zur äußerst umstrittenen Geltung eines geschlossenen Kreises der droits réels im französischen Recht; instruktiv K. Gray/S . F. Gray, in: Essays in Honour of Edward Burn, S. 204, 210 ff. zur Geltung und Erklärung des sachenrechtlichen Numerus-Clausus-Prinzips im Common Law. 25 Siehe Akkermans, The Principle of Numerus Clausus in European Property Law, passim; ders., in: Graziadei/Smith, Comparative Property Law, S. 100–120; Kern, Typizität als Strukturprinzip des Privatrechts, passim; grundlegend aus US-amerikanischer Sicht Merrill/Smith (2000– 2001) 110 Yale L. J. 1–71.
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Gestaltungsoptionen zwecks behutsamer Verbesserung des nationalen Rechts und darüber hinaus für etwaige künftige Rechtsangleichungsprozesse auf supranationaler Ebene auf. Mit Blick auf den jüngst wieder aufgenommenen Diskurs über die Ausarbeitung einheitlicher europäischer Mobiliarkreditsicherungs- und Grundpfandrechte26 liegt ein besonderer Akzent auf der Ausgestaltung der Belastungskompatibilitäten dinglicher Sicherungsrechte.27 Die Zielsetzung ist nach alldem klar. Auf der Grundlage einer umfassenden Analyse der einzelnen Arten und Erscheinungsformen beschränkter dinglicher Rechte entfaltet die Arbeit eine eigene Theorie der „mehrstufigen Belastungen“ – ein Begriff, der im Folgenden synonym für Rechte an Sachenrechten verwendet werden wird. Freilich ist das hier zu entwickelnde offene System – das Recht der Rechte an Rechten – nicht apriorisch am Reißbrett, sondern auf der Basis eines mit hohem Aufwand und großer Neugier zu betreibenden komparativen Rechtserkenntnisprozesses zu entwerfen. Dadurch soll es nicht nur gelingen, allgemeine Rechtsprinzipien für das deutsche Bürgerliche Recht zu deduzieren, mit denen sich sämtliche mit dem Generalthema verbundenen Sach- und Rechtsfragen in wertungskohärenter, widerspruchsfreier und zweckmäßiger Weise erklären und lösen lassen. Mit der grundlegenden Aufbereitung eines bislang sträflich vernachlässigten Forschungsthemas von herausragender Bedeutung soll zugleich der jurisdiktionsübergreifende Privatrechtsrechtsdiskurs angestoßen und damit der Auftakt für die weitere Ausforschung des Generalthemas gelegt werden. Methodologisch bedarf die Legitimation dieses gleichermaßen rechtsvergleichend als auch rechtsdogmatisch ambitio26 Siehe z. B. Habersack, JZ 1997, S. 857–865; Kieninger, AcP 208 (2008), S. 182–226; dies., in: Kieninger (Hg.), Security Rights in Movable Property in European Private Law, S. 647, 664–673; Nasarre-Aznar, in: van Erp/Salomons/A kkermans, The Future of European Property Law, S. 79– 121; Stadler, Gestaltungsfreiheit und Verkehrsschutz durch Abstraktion, S. 611–617; Stöcker, Die „Eurohypothek“, S. 279–296; Stöcker, in: van Erp/Salomons/A kkermans, The Future of European Property Law, S. 65–77; eingehend zum Ganzen Kircher, Grundpfandrechte in Europa, S. 402–566; Rupp, Grundpfandrechte zwischen Flexibilität und Schutz, S. 588–690. 27 Als Äquivalent einer echten Belastung von Grundpfandrechten mit Pfandrechten oder anderen Sachenrechten bietet sich freilich wiederum der trust zwecks Absicherung der Kreditgeber des Refinanzierungsunternehmens bzw. der Investoren bei der „Verbriefung“ grundpfandrechtlich gesicherter Kredite an. So raten Stürner/Kern, Deutsche Hypothekenpfandbriefe und USamerikanische Deckungswerte, S. 57–86 bei Verbriefungstransaktionen und Pfandbriefgeschäften mit US-amerikanischen Grundpfandrechten das sog. pledge-Modell an, wonach einem trustee ein „security interest“ gem. Art. 9 U. C.C an den ggf. als promissory notes verbrieften Forderungen einschließlich der akzessorischen mortgages zur Sicherung der Ansprüche der Investoren bestellt werden könne. Nasarre-Aznar, in: van Erp/Salomons/A kkermans, The Future of European Property Law, S. 79, 102 ff., spricht sich dafür aus, auf supranationaler Ebene eine einheitliche „Eurohypothec“, d. h. ein (Gesamt-)Grundpfandrecht – das sich auf Grundstücke innerhalb des gesamten Binnenmarktes beziehen können soll – zu introduzieren und mit einem „eurotrust“ zwecks Absicherung der Investoren für die beabsichtigte Verbriefung der Grundpfandrechte zu flankieren; ähnlich Stöcker, Die „Eurohypothek“, S. 279–284, der die Einführung eines nichtakzessorischen europäischen (Brief-)Grundpfandrechts und eines zentralen europäischen Hypothekenregister anregt. Zu den sachenrechtlichen Aspekten des Refinanzierungsgeschäfts der Kreditwirtschaft einschließlich der „securitisation“ grundpfandrechtlich gesicherter Kredite siehe § 5 III. 2., V. 1. a).
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nierten Ansatzes keiner vertieften Erörterung: Während der vergleichende Zugang zu der Materie nicht zuletzt dazu dient, das inländische Recht dem Wettbewerb mit alternativen Lösungsmöglichkeiten auszusetzen,28 sichert überhaupt nur eine dem Ideal einer axiologisch-teleologischen Ordnung verhaftete Rechtsdogmatik die Geltung des allgemeinen Gleichheitssatzes ab.29 Wie die einschlägige privatrechtsvergleichende Forschung demonstriert,30 stehen sachenrechtsvergleichende Forschungsvorhaben angesichts der rechtshistorisch basierten Autonomie der in den jeweiligen nationalen Rechten etablierten Rechtsgrundsätze und Rechtsfiguren vor nicht unerheblichen methodischen Herausforderungen.31 Vertiefte Grundlagenforschung ist deshalb vor allem dann unverzichtbar, wenn das Generalthema, wie hier, um privatrechtssystembildende Kernfragen kreist – das Eigentumskonzept und der Sachbegriff, das Verhältnis zwischen dem Grund und dem Vollzug rechtsgeschäftlicher Verfügungen, das Prinzip des geschlossenen Kreises subjektiver Sachenrechte und endlich das Maß der Akzessorietät der Verwertungsrechte.
II. Präzisierung des Forschungsgegenstandes An dieser Stelle kann der Forschungsgegenstand noch gar nicht abstrakt definiert, sondern allenfalls in der aufgezeigten Weise phänomenologisch umrissen werden. Die Außengrenzen und Binnenstrukturierung des Generalthemas sind auf der Grundlage einer die tradierten Lehrmeinungen herausfordernden Analyse des Sys28 Abgesehen davon, ist der tradierten Methode funktionaler Rechtsvergleichung eine systembildende Funktion wesensimmanent (Zweigert/Kötz, Einführung in die Rechtsvergleichung3, S. 43–44), wenngleich der funktionale Ansatz selbst keinen Maßstab zur Systemevaluation und damit zur Ermittlung des „besseren“ Rechts bietet (Michaels, in: Reimann/Zimmermann, The Oxford Handbook of Comparative Law, S. 339, 372–376). 29 Canaris, Systemdenken und Systembegriff in der Jurisprudenz2 , S. 41 ff. ist es zu verdanken, dass sich die moderne deutsche Rechtsdogmatik dezidiert von formallogischer Begriffsjurisprudenz auf der einen Seite und unverbindlicher Topik auf der anderen Seite absetzt. Die moderne Dogmatik versteht sich als „Wertungsjurisprudenz“, als hermeneutische Wissenschaft, die sich der Aufgabe stellt, die innere Folgerichtigkeit und Einheit der Rechtsordnung auf der Grundlage axiologischer Systematisierung abzusichern. Ähnlich Lieder, Die rechtsgeschäftliche Sukzession, S. 7–10; weiterführend zur pragmatischen Bedeutung der Rechtsdogmatik als Mittlerin zwischen wissenschaftlicher Modellbildung und Praxis Esser, AcP 172 (1972), S. 97–130. 30 Aus der neueren sachenrechtsvergleichenden Literatur siehe – ohne Anspruch auf Vollständigkeit – Akkermans, The Principle of Numerus Clausus in European Property Law; von Bar, Gemeineuropäisches Sachenrecht I; ders., Gemeineuropäisches Sachenrecht II; ders., JZ 2015, S. 845–859; ders., AcP 219 (2019), S. 341–375; Brinkmann, Kreditsicherheiten an beweglichen Sachen und Forderungen; Enchelmaier, Übertragung und Belastung unkörperlicher Gegenstände im deutschen und englischen Privatrecht; Kern, Typizität als Strukturprinzip des Privatrechts; Kieninger (Hg.), Security Rights in Movable Property in European Private Law; Kircher, Grundpfandrechte in Europa; Lieder, Die rechtsgeschäftliche Sukzession; Rupp, Grundpfandrechte zwischen Flexibilität und Schutz; Stadler, Gestaltungsfreiheit und Verkehrsschutz durch Abstraktion; Stöcker, Die „Eurohypothek“. 31 Vgl. van Erp, in: Reimann/Zimmermann, Oxford Handbook of Comparative Law, S. 1043, 1051 ff.
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tembegriffs der „Belastung“ zu explizieren. Dieses kreist um die übergreifende und zeitlose Aufgabe des objektiven Rechts, eine Teilhabe mehrerer Personen an lebensweltlichen Dingen, schöpferischen Leistungen, Forderungen, Mitgliedschaften und sonstigen unkörperlichen Gegenständen in einfacher und sicherer Weise zu organisieren. Mehrstufige („horizontale“) Belastungen sind also nur ein rechtstechnisches Vehikel unter diesen, die allesamt der „Ausdifferenzierung“, „Aufgliederung“ oder „Mobilisierung“ bestimmter von der Rechtsordnung anerkannter Vermögenswerte dienen und die sich jeweils an alternativen Gestaltungsformen der distributiven Zuordnung verkehrsfähiger Gegenstände unter mehreren Rechtssubjekten messen lassen müssen. Die Funktionsverwandtschaft aufeinander aufbauender („vertikaler“) Belastungen mit realen, ideellen oder gemischt real-ideellen Teilungen und mehrfachen („horizontalen“) Belastungen ein und desselben Rechts liegt ungeachtet der Konstruktionsdivergenzen auf der Hand.32 Dem trägt die Untersuchung Rechnung. Sie betrachtet mehrstufige Belastungen nicht isoliert, sondern mit Blick auf (funktions-)äquivalente Rechtsinstitute, um die praktische Kernfrage zu beantworten: Wozu brauchen wir überhaupt ein Recht der Rechte an Rechten? Mit Blick auf die vorstehenden Ausführungen versteht sich von selbst, dass die Untersuchung grob unvollständig wäre, wenn nicht eine Rechtsordnung des angloamerikanischen Rechtskreises in die Betrachtung einbezogen werden würde. Stellvertretend für den Rechtskreis des Common Law liegt es nahe, das englische Recht als Mutterrechtsordnung auszuwählen, zumal das englische Recht die bereits angesprochene intermediäre Wertpapiersammelverwahrung trust-rechtlich organisiert.33 Auch nicht fehlen darf eine vom römischen Recht beeinflusste kontinentaleuropäische Rechtsordnung, wobei sich das österreichische Recht deshalb anbietet, weil das ABGB – im Unterschied z. B. zum code civil und zum BGB34 – das ge32 Siehe hierzu § 2 IV. 1.–3. Zur Sicherungsübertragung von zur Sicherheit transferierten Rechten („Kettensicherungsübertragung“) siehe § 5 V. 4. a). 33 Anmerkungen zum irischen Recht beschränken sich auf das Wesentliche. Abgerundet wird der komparative Ansatz durch kontextbezogene Anmerkungen zum schottischen Recht als Paradebeispiel einer sog. mixed jurisdiction. 34 Wenngleich die hypothèque des französischen Rechts im Kern als akzessorisches Verwertungsrecht ausgestaltet ist, kann die Übertragung nicht etwa ausschließlich im Wege der Forderungszession (transmission de l’hypothèque à titre accessoire), sondern auch durch eine selbstständige „Übertragung“ (transmission de l’hypothèque à titre principal) bewirkt werden (Art. 2424(2) C. civ.). Über die exakte rechtsdogmatische Einordnung der zweiten Variante, der sog. subrogation dans l’hypothèque, besteht dabei keine Einigkeit (näher Simler/Delebecque, Les surêtés – La Publicité foncière7, Rn. 557 f.). Sicher ist nur, dass die Forderung nicht in Umkehrung des Grundsatzes accessorium sequitur principale reflexhaft von der subrogation dans l’hypothèque mitgerissen wird. Praktisch zweckmäßig ist aber eine gesonderte (bedingte) Forderungszession oder Forderungsverpfändung, weil die isoliert „transferierte“ hypothèque vom rechtlichen Schicksal der ursprünglichen Sicherungsforderung abhängig bleibt. Teilweise wird auch nicht von einer vollständigen Sukzession in die Rechtsstellung des Hypothekengläubigers, sondern von einer als convention de croupier beschriebenen treuhänderischen Verwaltung oder Ausübungsüberlassung der hypothèque zugunsten des ungesicherten Gläubigers ausgegangen (vgl. Simler/Delebecque, Les surêtés – La Publicité foncière7, Rn. 559; Rupp, Grundpfandrechte zwischen Flexibilität und Schutz, S. 415). Auch im französischen Recht kann die hypothèque aber ausschließlich im Wege der Verpfändung der gesicherten Forderung verpfändet werden; insbesondere kann eine hypo-
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meine subpignus als eigenständige, vom pignus nominis augenscheinlich zu unterscheidende Rechtsfigur normiert.35 Methodisch geht die hier vorgelegte rechtsvergleichende Untersuchung über übliche Länderberichte weit hinaus. Sie setzt das Wissen über die Grundstrukturen der ausgewählten Privatrechtsordnungen voraus, widmet sich ausschließlich mehrstufigen Belastungen und bearbeitet dabei zahlreiche judiziell und wissenschaftlich kaum erschlossene Rechtsfragen. Selbstverständlich fließen die in den einschlägigen Gesamtdarstellungen vorgelegten sachenrechtsvergleichenden Ergebnisse36 in die hier auszuarbeitenden Allgemeinen Lehren der Rechte an Rechten (limited rights over limited rights) ebenso ein wie die in den PEL bzw. im DCFR verdichteten rechtsvergleichenden Erkenntnisse unter Berücksichtigung aller mitgliedstaatlichen Rechtsordnungen der EU.37 Der Allgemeingültigkeitsanspruch des auszuarbeiten offenen Systems der Belastbarkeit subjektiver (Sachen-)Rechte wird dadurch entscheidend gestärkt. Trotz des materiellrechtlichen Schwerpunkts geraten die zivilprozessrechtlichen Querverbindungen des Generalthemas nicht aus dem Blickfeld; diese werden an diversen Stellen der Untersuchung ausgeleuchtet. Zudem sind materielles Liegenschaftsrecht und formelles Grundbuchrecht auch in Ansehung aufeinander aufbauender Rechte an Grundstücken systemkonform und zweckmäßig miteinander zu verzahnen. Darüber hinaus sind die insolvenz- und zwangsvollstreckungsrechtlichen Implikationen mehrstufiger Belastungen sowie gestufter fiduziarischer Rechtsverhältnisse zu berücksichtigen; eine nähere Betrachtung deckt diverse noch unzureichend erforschte Rechtsfragen auf, die auf dem Boden der hier zu entfaltenden Allgemeinen Lehren lösbar sind.38 Aus rechtsvergleichender Sicht ist thèque – im Gegensatz zum alten Recht – längst nicht mehr mit einer hypothèque belastet werden (Simler/Delebecque, Les surêtés – La Publicité foncière7, Rn. 398). 35 Vgl. §§ 454, 455, 460 ABGB. 36 Siehe z. B. von Bar, Gemeineuropäisches Sachenrecht I; ders., Gemeineuropäisches Sachenrecht II; van Erp/A kkermans (Hrsg.), Cases, Materials and Text on National, Supranational and International Property Law; Faber/Lurger (Hrsg.), National Reports on the Transfer of Movables in Europe I–VI; Kieninger (Hrsg.), Security Rights in Movable Property in European Private Law. 37 von Bar/Clive (Hrsg.), Principles, Definitions, and Model Rules on European Private Law, DCFR, Full Edition V; dies., Principles, Definitions, and Model Rules on European Private Law, DCFR, Full Edition VI. Im Mittelpunkt steht Book IX DCFR (Proprietary security in movable assets); relevant sind zudem Book X DCFR (trusts) und Book VIII (Acquisition and loss of ownership of goods). 38 Auf die bereits in Fn. 8 aufgezeigten Problemstellungen bei der Pfändung und Verwertung dinglicher Rechte wird Bezug genommen; auf diese wird jeweils in Ansehung der einzelnen Rechtstypen gesondert behandelt. Die insolvenz- und zwangsvollstreckungsrechtlichen Implikationen mehrstufiger Treuhandverhältnisse werden näher im Kontext der Sicherungsübertragung sicherungshalber übertragener Sachen und Rechte behandelt (siehe hierzu § 5 V. 4. a)). Hiervon zu unterscheiden sind die um die Sukzessionsdogmatik kreisenden allgemeinen Problemstellungen der Belastung subjektiver Rechte in zivilverfahrensrechtlicher Hinsicht. Abgesehen davon, dass nicht einhellig konsentiert ist, unter welchen Voraussetzungen der Erwerber eines begrenzten Rechts an einer titulierten Forderung sich eine Nachfolgeklausel gem. § 727 Abs. 1 ZPO verschaffen kann, ist strittig, ob der prozessuale Nachfolgebegriff auf die sog. restitutive Sukzession, d. h. auf den Wegfall einer Belastung mit der Folge anzuwenden ist, dass z. B. der Eigentümer den
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besonderes Augenmerk auf das System des relief against forfeiture im Common Law zugunsten von vertragsfremden Drittrechtsinhaber bei Beseitigung einer ggf. mehrstufig belasteten lease zu richten.39 Dieses prozessrechtlich kanalisierte System sachenrechtlichen Bestandsschutzes ist dem rein materiellrechtlich organisierten Schutz dinglicher Rechte im deutschen Recht gegenüberzustellen. Auf kollisionsrechtliche Querverbindungen des Generalthemas kann demgemäß nur in Grundzügen eingegangen werden;40 eine vertiefte Untersuchung derselben würde jeden vertretbaren Umfang sprengen. Nichts anderes würde für eine fraglos gewinnbringende rechtsökonomische Analyse der wechselseitigen Belastbarkeit subjektiver Rechte gelten.41 Eine wissenschaftliche Pionierarbeit, die sich eines vergleichbar stiefmütterlich behandelten Gebiets annimmt, sollte das übergreifend Grundsätzliche in fundierter Weise herausarbeiten, den sachenrechtsvergleichenden Diskurs beflügeln und weitere Forschungen herausfordern. Sollte all dies gelingen, wäre bereits viel gewonnen.
III. Gang der Untersuchung Die Arbeit gliedert sich in vier Teile. Der erste Teil gilt der Grundlegung des Forschungsgegenstandes, genauer der Binnenstrukturierung des Generalthemas unter Betrachtung der Außengrenzen. Die anschließende Einzelbetrachtung der wechselseitigen Belastbarkeit aller subjektiven Rechte im zweiten und dritten Teil beruht auf der noch zu erläuternden summa diviso zwischen „innerfamiliären“ (resp. „intrafamiliären“) und „zwischenfamiliären“ („interfamiliären“) Belastungskompatibilitäten subjektiver Rechte, wobei im Rahmen der intrafamiliären Belastbarkeit nochmals zwischen „innerartlichen“ (resp. „intraspezifischen“) und „zwischenartlichen“ (resp. „interspezifischen“) Belastungen subjektiver Rechte zu unterscheiden vom Nießbraucher geführten Prozess gem. § 239 Abs. 2 S. 1 ZPO übernehmen oder eine Nachfolgeklausel gem. § 727 Abs. 1 ZPO erwirken kann (siehe BGH, Urteil v. 18.12.2015 – V ZR 269/14, NJW 2016, S. 1953; Pohlmann, NJW 2016, 1905–1911; MünchKomm (-Becker-Eberhard), ZPO I5, § 265 Rn. 40–41; BeckOK ZPO (-Ulrici), Stand: 1.7.2019, § 727 Rn. 11). Der Erwerb eines begrenzten Rechts an der in Streit befangenen Sache ist unstreitig dann unter § 239 Abs. 2 S. 1 ZPO zu subsumieren, wenn das beschränkte dingliche Recht der prozessierenden Partei die Sachbefugnis entzieht, was jedenfalls für das (Forderungs-)Pfandrecht unter den Voraussetzungen der §§ 1282 Abs. 1, 1273 Abs. 2 S. 1, 1228 Abs. 2 BGB zu bejahen ist (vgl. BGH, Urteil v. 12.7.1973 – VII ZR 170/71, NJW 1970, S. 1700, 1701; Musielak/Voit (-Foerste), ZPO16 , § 265 Rn. 5). 39 Siehe § 7 III. 2., IV, § 12 IV. 3. 40 Siehe z. B. zur Transposition von sub-trusts im deutschen Sachrecht § 4 IV. 2. a); zur kollisionsrechtlichen Behandlung von Treuhandverträgen über Geschäftsanteile siehe Rieländer, IPRax 2020, i. Ersch. 41 Zur Methode und zu den Erscheinungsformen kombinierter rechtsvergleichend-rechtsökonomischer Forschung näher Faust, in: Reimann/Zimmermann, The Oxford Handbook of Comparative Law, S. 837–865; das Sachenrecht ist bislang nur vereinzelt auf rechtsvergleichendrechtsökonomischer Grundlage erforscht (in deutscher Sprache siehe z. B. Krimphove, Das europäische Sachenrecht – Eine rechtsvergleichende Analyse nach der komparativen Institutionenökonomik; in englischer Sprache siehe z. B. Merrill/Smith (2000–2001) 110 Yale L. J. 1-71).
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ist, die derselben „Rechtsfamilie“ angehören. Die summa divisio folgt aus einem axiomatischen Grundprinzip der Privatrechtsordnung. Diverse Vermögensrechte – u. a. Eigentum, Gesellschaftsanteile, Immaterialgüterrechte und Forderungen – können mit einer (im Einzelnen variierenden) Auswahl standardisierter begrenzter Rechte belastet werden, lassen sich aber nicht selber mittels Belastung eines anderen Rechts konstituieren.42 Bekanntlich sind diese „Grundrechte“ durch eine elastische Komponente gekennzeichnet:43 Sobald die eingeräumten Rechte erlöschen, vermag der Inhaber des Grundrechts vorbehaltlich legislativer Intervention über sein Recht in uneingeschränkter Weise zu disponieren; darüber hinaus kann er selbstverständlich vorbehaltlich der bereits konstituierten Rechte weitere Rechte bestellen oder auch sein Recht vollends übertragen, aufheben oder ändern.44 Alle Grundrechte sind per definitionem ausschließlich zwischenartlichen Belastungen zugänglich. Anders liegt es bei der Belastung begrenzter Sachenrechte. Während unter dem Topos „innerartliche Belastungskompatibilität“ die Kreation jeweils gleichartiger Rechte aus inhaltlich, räumlich und/oder zeitlich im Verhältnis zu dem jeweils eingeschränkten „Grundrecht“ erschaffenen Rechten erforscht wird, bezeichnet die „zwischenartliche Belastungskompatibilität“ die Belastung beschränkter dinglicher Rechte mit jeweils ungleichartigen Rechten.45 Wie noch zu zeigen sein wird, weisen innerartliche Belastungen einige Besonderheiten auf, die eine gesonderte Darstellung im umfassenden zweiten Teil rechtfertigen. Mit Ausnahme innerart42 Grundlegend
von Bar, Gemeineuropäisches Sachenrecht I, Rn. 344, 348. von Tuhr, Allgemeiner Teil II/1, § 45 II 9 (S. 83 in Fn. 132); Lieder, Die rechtsgeschäftliche Sukzession, S. 42. 44 Zum Eigentum als „unverzichtbares Sachenrecht“ von Bar, Gemeineuropäisches Sachenrecht I, Rn. 343–349. 45 Wenn die Belastung eines begrenzten Rechts dadurch gekennzeichnet ist, dass das inhaltliche, räumliche und zeitliche Ausmaß des eingeräumten Rechts mit dem Zuweisungsgehalt des eingeschränkten Rechts korrespondiert, drängt sich die – auf ihre Validität noch zu überprüfende – Hypothese auf, dass jeder zur Verfügung gestellte Typus eines begrenzten Rechts der Belastung mit einem identischen oder verwandten subjektiven Recht zugänglich sein dürfte. Soll das zu bestellende Recht dem Erwerber exakt die dem einzuschränkenden (veräußerlichen) Recht teilhaftigen Befugnisse verleihen, erscheint ein Eingriff in geschützte Rechtspositionen Dritter ausgeschlossen; das zu konstituierende Recht stellt sich dann gleichsam als bloßes Korrelat einer Ausübungsübertragung des belasteten Rechts dar. Das Pfandrecht am Pfandrecht wird durch Verwertung des pfandrechtsbelasteten Gegenstandes verwirklicht, das Erbbaurecht am Erbbaurecht berechtigt zum Haben eines Bauwerks auf dem vom belasteten Erbbaurecht erfassten Grundstück und die sub-lease verschafft dem sub-lessee in ihrem zeitlichen Ausmaß die dem sublessor kraft seines term of years verliehene Besitz- und Nutzungsherrschaft am jeweiligen leasehold land. Zielt die Rechtsgestaltung hingegen darauf ab, dem Erwerber ein ungleichartiges Recht oder eine ganz andere Erscheinungsform desselben Rechtstypus einzuräumen, muss sich jenes jedenfalls innerhalb des Zuweisungsgehalts dieses Rechts halten, ohne dass hierdurch die Integrität des zu konstituierenden Rechtstyps verletzt wird. Konzeptionell möglich erscheint hiernach ein (Pfändungs-)Pfandrecht am Nießbrauch, nicht aber eine Dienstbarkeit an einer Hypothek. Zudem sind bei aufeinander aufbauenden Belastungen subjektiver Rechte „hybride“ Belastungskonfigurationen denktheoretisch konstruierbar und teilweise de lege lata zulässig, z. B. ein (Pfändungs-)Pfandrecht an einem eine hypothekarisch gesicherte Forderung belastenden Nießbrauch, vgl. Baur/Stürner, Sachenrecht18 , § 60 Rn. 4. 43
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licher Belastungskonfigurationen sind daran anknüpfend im dritten Teil mögliche weitere Varianten der intrafamiliären Belastung subjektiver Rechte und endlich auch die interfamiliäre Belastung subjektiver Rechte auszuleuchten. Mit der kategorialen Trennung von Grundrechten und begrenzten Rechten hängt die terminologische Abgrenzung von begrenzten (Sachen-)Rechten ersten Grades und begrenzten (Sachen-)Rechten zweiten resp. höheren Grades zusammen; jene korrespondieren mit der Belastung eines Grundrechts, wohingegen diese aus einem begrenzten Recht resultieren. Aus den Einzeluntersuchungen über die inner- und zwischenartlichen Belastungskompatibilitäten begrenzter Rechte werden im vierten Teil zum einen allgemeine Lehren des Rechts der Rechte an Rechten deduziert und zum anderen das Gestaltungs- und Optimierungspotential des geltenden Rechts reflektiert.46 Im Einzelnen ist die Arbeit wie folgt strukturiert:
1. Die Belastung – Begriffsmerkmale und Verhältnis zu verwandten Phänomenen Der Forschungsgegenstand rührt an den Grundfesten des Bürgerlichen Rechts. Das Sinnganze der „Belastung“ lässt sich nur im Licht der rechtsgeschichtlichen Genese und der judiziellen und wissenschaftlichen Fortbildung des geltenden Rechts erschließen. Auf die Eigenständigkeit des Sachenrechts (§ 2 I.) und die Belastungsterminologie (§ 2 II.) ist näher einzugehen. In Teilen greift die auszubreitende Analyse dabei der im zweiten und dritten Teil dargelegten Einzeluntersuchung des rechtsschöpferischen Potentials subjektiver Sachenrechte notwendigerweise voraus. Ein geschlossenes System der konstitutiven Sukzessionen entwickelt sich nämlich erst durch stetes Hin- und Herwandern des Blickes zwischen den schier unerschöpflichen Konfigurationen von „begrenzten Rechten an begrenzten Rechten“. Wie noch zu zeigen sein wird, ist die „echte“ Belastung nichts anderes als ein wechselseitiges Subordinationsverhältnis zwischen zwei Rechtssubjekten mit jeweils monopolisierten Rechten an derselben „Sache“. Im Näheren ist dabei nicht nur zwischen inner- und zwischenartlichen, sondern auch zwischen selbstständigen und unselbstständigen sowie kongruenten und inkongruenten Subordinationsverhältnissen zu unterscheiden. Weil das Sujet um die in der deutschen Rechtslehre dominierende dualistische Sukzessionsdogmatik47 kreist, ist es insbesondere geboten, 46 In methodischer Hinsicht ist diese systembildende Funktion auch dem wohl dominierenden Ansatz funktionaler Rechtsvergleichung inhärent (vgl. Zweigert/Kötz, Rechtsvergleichung3, S. 43 f.), wenngleich dieser selbst keinen Maßstab zur Systemevaluation und damit zur Ermittlung des „besseren“ Rechts bietet, siehe Michaels, in: Reimann/Zimmermann, The Oxford Handbook of Comparative Law, S. 339, 372–376. 47 Grundlegend Bekker, System des heutigen Pandektenrechts I, §§ 33, 34 (S. 104–114); daran anknüpfend von Tuhr, Allgemeiner Teil II/1, § 45 II 1–9 (S. 62–83). Während mit der translativen Sukzession der vollständige oder teilweise Eintritt in das Recht des „Auctors“ durch den „Successor“ beschrieben wird, entstehe mit der konstitutiven Sukzession aus dem „Mutterrecht“ des Urhebers ein „Tochterrecht“ in der Person des Nachfolgers. Sowohl translative als auch konstitutive Sukzessionen unterlägen, so Bekker, System des heutigen Pandektenrechts I, § 33 (S. 105),
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die überkommenen Erklärungsansätze, vor allem die Teilungslehren in ihren unterschiedlichen Ausformungen unter Berücksichtigung der intra- und interspezifischen Belastungskompatibilitäten subjektiver Rechte auf den Prüfstand zu stellen (§ 2 III.). Schließlich ist die europaweit verbreitete Versinnbildlichung der Belastung als Übertragung verselbstständigter „Splitter“ des Eigentums nirgends über jede Kritik erhaben,48 zumal der hier verfolgte Anspruch, juristische Konstruktionen von Neuem zu durchdenken, ohnedies eine zeitlose Aufgabe der Rechtswissenschaft ist.49 Im Anschluss an die Konzeption der Belastung geht es darum, aufden fundamentalen Rechtssätzen „nemo plus iuris ad alium transferre potest quam ipse habet“ und „accessio cedit principali“; für Dritte ändere sich durch den Zuständigkeitswechsel nichts, das übertragene Recht dauere fort. Allgemein konstatiert Bekker, System des heutigen Pandektenrechts I, § 34 (S. 111) für den konstitutiven Rechtsübergang: „Das Tochterrecht kann folgeweise nur Befugnisse, aber nicht alle Befugnisse enthalten die in dem Mutterrecht liegen, und muss deshalb dem Mutterrecht generell aber nicht speziell gleichsehn und wider dasselbe Objekt gehen. Eigentümlichkeiten der dem Römischen Rechte bekannten konstitutiven Uebergänge: dass dieselben Befugnisse, die in das Tochterrecht aufnahme finden, im Zweifel auch dem Mutterrechtsberechtigten verbleiben, und dass das Tochterrecht gegenüber dem Mutterrecht das stärkere Recht ist.“ Terminologisch unterscheidet Bekker, a. a. O. zwischen dem Oberbegriff „Uebergang“ oder, gleichbedeutend, „Succession“ und der „Uebertragung“ als Hauptanwendungsfall des Uebergangs (sowohl bei der translativen als auch bei der konstitutiven Succession). Eine exakte begriffliche Unterscheidung zwischen konstitutiven Rechtsübertragungen und sonstigen konstitutiven Sukzessionen bleibt Bekker schuldig (unpassend sei der Ausdruck der Übertragung demgegenüber z. B. in Bezug auf kraft Gesetzes entstehende Hypotheken (Bekker, System des heutigen Pandektenrechts I, § 33 (S. 106 mit Anm. n)). Als wichtigste Varianten der konstitutiven Sukzessionen identifiziert Bekker, System des heutigen Pandektenrechts I, § 34 (S. 112) die Kreation von iura in re aliena aus dem Eigentum und aus „größeren“ übertragbaren iura in re aliena, die Verpfändung aller veräußerlichen Rechte, die Bestellung eines Quasiususfructus an einer Forderung und die Einräumung beschränkter Rechte aus Urheberrechten (soweit Bekker, a. a. O., Ersitzungsrechte in Bezug auf iura in re aliena und schließlich auch Obligationen unter den Begriff der konstitutiven Sukzession fasst, bleibt unklar, oder konstitutiven wie diese „Tochterrechte“ im Einzelnen beschaffen sind und woraus sich die Rechtsnachfolge ergibt). Sofern im Zusammenhang einer translativen Rechtsnachfolge ein begrenztes Recht, z. B. ein Nießbrauch bei der Veräußerung eines Grundstücks vorbehalten wird, wird als „deduktiver“ oder „exceptiver Uebergang“ klassifiziert, während der Rückfall der kraft konstitutiver Sukzession ausgesonderten Befugnisse auf den Auctor als „restitutiver Uebergang“ bezeichnet wird (Bekker, System des heutigen Pandektenrechts I, § 34 (S. 113–114)). 48 Verbreitet ist die metaphorische Absonderungs-, Teilungs- oder Zersplitterungsthese freilich nach wie vor z. B. im französischen, niederländischen und im polnischen Schrifttum (siehe Akkermans, The Principle of Numerus Clausus in European Property Law, S. 413–417; von Bar, Gemeineuropäisches Sachenrecht I, Rn. 349 m. w. N. in Fn. 180; Hinteregger/van Vliet, in: van Erp/A kkermans, Property Law, S. 902). 49 Zur zeitlosen Relevanz der Erschließung juristischer Konstruktionen eindrucksvoll Larenz JherJb 83 (1933), S. 108, 110–111: „Die juristische Konstruktion stellt, wenn sie nicht ganz im Aeußerlichen und Formalen hängen bleibt, die Form dar, in der eine Zeit den Inhalt ihres Rechts geistig zu bewältigen weiß. Sie ist die Spiegelung des Rechtslebens einer Zeit im begrifflichen und systematischen Denken, das sich die Herstellung einer durchgängigen Einheit in der Vielheit der Gegenstände zur Aufgabe setzt. So wie aber der Gegenstand der Gegenstand der Rechtswissenschaft, das geltende Recht einer bestimmten Rechtsgemeinschaft, sich wandelt und selbst bei äußerlich unverändertem Fortbestand der Rechtsnormen mit veränderten Zuständen und einer veränderten geistigen Einstellung auch eine veränderte Bedeutung annehmen kann, so ist auch die wissenschaftliche Aufgabe der Zurückführung der besonderen Rechtsbestimmungen
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einander aufbauende Belastungen subjektiver Rechte von verwandten Phänomenen abzugrenzen. Im Einzelnen ist sowohl auf die Berechtigung mehrerer Personen aus einem Sachenrecht, auf die kumulative Belastung eines Rechts mit mehreren Rechten, auf gestufte Besitzverhältnisse sowie auf Vertrags- und Lizenzketten einzugehen. Wie angerissen, war dem römischen Recht das Phänomen doppel- oder gar mehrstöckiger Sachenrechte, wie eine kursorische Quellenbetrachtung lehrt, nicht fremd. Die Strukturen dieser eigentümlichen Rechte lassen sich allein unter Rekurs auf das spärliche Quellenmaterial, wie in § 3 gezeigt wird, nicht herausarbeiten. Obschon die Belastung dinglicher Rechte auch im ius commune niemals ganzheitlich erforscht wurde, erzielten die Pandektistiken immerhin durch vertiefte Auseinandersetzung mit diversen von der römischen Jurisprudenz anerkannten Varianten der Verpfändung dinglicher Rechte einen gewissen Erkenntnisfortschritt. Im Mittelpunkt der Untersuchung stand zum einen die konstruktiv umstrittene Verpfändung noch zu errichtender Servituten und zum anderen die äußerst kontroverse Rechtsfigur des subpignus.50 Darüber hinaus schimmert die Frage nach der wechselseitigen Belastbarkeit dinglicher Rechte im zeitlosen Diskurs über die Rechtsnatur der Rechte an Rechten durch, der eng mit der Klassifizierung subjektiver Rechte und der tradierten summa divisio zwischen obligatorischen und dinglichen Rechten im Ganzen verwoben ist. Mit dieser Arbeit wird kein genuin rechtshistorisches Erkenntnisinteresse verfolgt. Vielmehr geht es in § 3 um eine Bestandsaufnahme des geltenden deutschen Sachenrechts im Spiegel der gemeinrechtlichen Erforschung der römischrechtlichen Erscheinungsformen der auf „größeren“ iura in re aufbauenden „minderen“ iura in re. Dementsprechend werden die auf einen sie beherrschenden einheitlichen Grundgedanken jederzeit neu gestellt und daher zu keiner Zeit abschließend zu lösen. […] Das ist die von ihren Gegnern immer wieder übersehene Aufgabe der juristischen Konstruktion, daß sie das Gesetzeswerk als ein Ganzes ständig neu zu schaffen bemüht ist, indem sie das Einzelne aus einem größeren, zweckbetonten Zusammenhange, den Aufbau, die Struktur eines Rechtsgebildes aus einem einheitlichen, bildenden oder konstruktiven Prinzip zu erfassen sucht, wobei es ihr nicht so sehr darauf ankommt, neue Ergebnisse in einzelnen Fragen durch irgendwelche formalen Argumentationen zu ‚erschleichen‘, als die vorhandenen, in Gesetz und Rechtsprechung ausgesprochenen Gedanken auf bestimmte einheitliche Gesichtspunkte zurückzuführen, um sie dadurch geistig zu beherrschen und in ihrem Zusammenhang aufzufassen.“ Andererseits darf Rechtsdogmatik selbstredend auch nicht dazu missbraucht werden, kritiklos die jeweils herrschenden ideologischen Anschauungen oder gar (rechts-)radikales Ideengut juristisch abzusichern; vor diesem Hintergrund und im Licht des Erscheinungsjahres des Beitrags von Larenz ist einmal mehr einer wertfreien Jurisprudenz eine entschiedene Absage zu erteilen. Mit Rücksicht auf die Bindung der gesamten Rechtsordnung an das Gerechtigkeitsgebot sichert erst die offene System- und Institutionenbildung auf der Grundlage normativer Teleologik das Gleichbehandlungsgebot ab (grundlegend Canaris, Systemdenken und Systembegriff in der Jurisprudenz2, S. 41 ff.). 50 Monographisch Sohm, Die Lehre vom subpignus; Bremer, Das Pfandrecht und die Pfandobjecte, S. 215–228; Dernburg, Das Pfandrecht nach den Grundsätzen des heutigen römischen Rechts I, § 61 (S. 475–484); Glück, Ausführliche Erläuterungen der Pandecten XIV/1, S. 57–63; Hofmann, JherJb 10 (1871), S. 377, 382–386; Schmid, Grundlagen der Cession, S. 145–162; Sintenis, Handbuch des gemeinen Pfandrechts, § 23 (S. 176–184); Vangerow, Lehrbuch der Pandekten I7, § 368 (S. 815–816).
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Entwicklungslinien der wechselseitigen Belastbarkeit der römischen Ausprägungen beschränkter dinglicher Rechte nur skizziert, um die Brücke zur lex lata zu schlagen. Dieser Ansatz erlaubt es, in verständiger Weise einige grundlegende Strukturprinzipien der Belastung dinglicher Rechte für das geltende deutsche Privatrecht zu erschließen, auf die bei der Betrachtung der einzelnen Arten und Erscheinungsformen inner- und zwischenartlichen Belastungen subjektiver Sachenrechte auch unter Vergleich mit dem englischen und dem österreichischen Recht im zweiten und dritten Teil zurückzukommen sein wird.
2. Innerartliche Belastungskompatibilitäten Wie angerissen, bedarf die Einzelanalyse der Belastungskompatibilitäten dinglicher Rechte eines breiten rechtsvergleichenden Ansatzes, um nicht den rechtspolitisch motivierten Besonderheiten des geltenden deutschen Rechts verhaftet zu bleiben. Aufgrund der schwerpunktmäßigen Betrachtung des deutschen Rechts und des Common Law wird hier ein neuer Ansatz der Darstellung subjektiver Sachenrechte oder, wenn man so will, eine eigenständige Taxonomie dinglicher Rechte zugrunde gelegt.51 Während die innerartliche Belastbarkeit typenspezifisch unter Ein51 Während in der deutschen Doktrin dingliche Rechte bekanntlich – mit weiteren Abstufungen im Detail – in Verwertungs-, Nutzungs- und Erwerbsrechte eingeteilt werden (Baur/Stürner, Sachenrecht18 , § 3 Rn. 35–47, die die beschränkten dinglichen Rechte in Nutzungs-, Verwertungsund Erwerbsrechte untergliedern und zudem noch auf Anwartschaftsrechte sowie „verdinglichte“ relative Rechte hinweisen; Müller/G ruber, Sachenrecht, Rn. 6–11; Vieweg/Werner, Sachenrecht7, § 16 Rn. 4–7; Wellenhofer, Sachenrecht 32, § 1 Rn. 6–9), unterscheidet die französische Lehre zwischen den droit réels principaux, die eine „abgespaltene“ Nutzungsbefugnis symbolisieren (démembrement de la valeur d’usage), und den auf den Tauschwert der Sache abzielenden droit réels accessoires (démembrement de la valeur d’échange) (vgl. Dross, Droit civil – Les choses, Rn. 116– 120). Im anglo-amerikanischen Rechtskreis wird grundlegend nach der jurisdiktionellen Herkunft, d. h. zwischen legal interests und equitable interests, unterschieden; die Darstellung oder Gliederung orientiert sich im Weiteren am Funktionszweck des Rechtstyps (siehe Bell, Modern Law of Personal Property in England and Ireland, S. 4 ff., der dem rechtshistorisch gewachsenen Dualismus von legal interests und equitable interests eine funktionale Einteilung der beschränkten dinglichen Rechte (encumbrances) in security rights (pledge, charge, equitable lien, mortgage), beneficial rights (hire of goods, trust-related rights) und remedial rights (rights to rescind, rights of redemption) entgegensetzt). Die Modellregel des VIII.-1:204 Draft Common Frame of Reference (DCFR) teilt sog. limited proprietary rights an corporeal movable property in security rights, rights to use, rights to acquire und trust-related rights ein. Höchst ausgefeilt ist die in von Bar, Gemeineuropäisches Sachenrecht I, Rn. 359 ff., 383 ff. ausgearbeitete paneuropäische Ordnung subjektiver Sachenrechte; sie basiert auf der Grundunterscheidung zwischen primär zeitlich begrenzten und primär dem Umfang nach begrenzten Rechten. Während u. a. der „einfache“ Nießbrauch und die lease des englischen Rechts unter der ersten Kategorie dargestellt werden, untergliedert von Bar, ebd., primär dem Umfang nach begrenzte Sachenrechte in Rechte auf den Gebrauch eines fremden Grundstücks (z. B. positive Dienstbarkeiten, Baurechte und Jagd- und Fischereirechte), Rechte auf Beendigung oder Suspendierung fremder Grundstücksrechte (Hypotheken, Grund- und Rentenschulden, Reallasten), beschränkte Herrschaftsrechte (negative Dienstbarkeiten, restrictive covenants, Vormerkungen und andere Verfügungsbeschränkungen), selbstständige Erwerbsrechte (Vorkaufsrechte und options to purchase und auch das Anwartschaftsrecht aus Kauf unter Eigentumsvorbehalt) sowie Verfügungsrechte (z. B. Pfandrechte und mortgages).
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schluss der zwischen Schuld- und Sachenrecht oszillierenden Rechtsstellungen52 im zweiten Teil jeweils im Einzelnen ausgeleuchtet wird (§§ 4–9), lege ich die daran anknüpfende Studie der zwischenartlichen Belastungskompatibilitäten im dritten Teil unter Zuordnung der einzelnen Arten begrenzter Rechte zu übergreifenden Familien oder Gattungen begrenzter Sachenrechte dar (§§ 10–11). Wiederholungen werden auf diese Weise vermieden und strukturelle Gemeinsamkeiten betont. Zweckmäßigerweise ist im zweiten Teil die innerartliche Belastungskompatibilität trust-gestützter beneficial interests an den Anfang der Untersuchung (§ 4) zu stellen, weil die Rechtsfigur des trust die gesamte Studie durchzieht53 und deshalb von vornherein Klarheit über die dogmatische Einordnung dieses Instituts geschaffen werden soll. Wenngleich diese durchaus sachenrechtliche Qualität erheischen, unterscheiden sich equitable interests doch von allen kontinentaleuropäischen Ausprägungen begrenzter Sachenrechte darin, dass sie sich nicht irgendeiner Unterkategorie eindeutig zuordnen lassen – es handelt sich letztlich um Sachenrechte sui 52 Wie angerissen, zeigen sich bei mehrstufig aufeinander aufbauenden subjektiven Rechten diverse Verschleifungen und Wechselbeziehungen zwischen den im deutschen BGB scharf getrennten Materien des Schuld- und Sachenrechts. Paradigmatisch sind die im Schrifttum häufig betonten Auflockerungen des Numerus Clausus dinglicher Rechte: Selbst wenn das jeweilige nationale Vermögensrecht grundsätzlich dem Modell eines vereinheitlicht vorgegebenen Kreises drittschutzfähiger Vermögensrechte folgt, ist die Auswahl und Konfiguration der betreffenden Rechtstypen keineswegs unveränderlich. Bekanntlich sind im Wege der Rechtsfortbildung, namentlich durch die Treuhanddoktrin und die Anwartschaftslehre quasidingliche, zwischen den etablierten Kategorien oszillierende Rechtsinstitute entstanden. Zur schwierigen Einordnung dieser „Mischrechte“ in das tradierte bürgerlichrechtliche System siehe nur Soergel (-Stadler), BGB XIV13, Einl. Sachenrecht Rn. 46 ff.; Staudinger (-C. Heinze), BGB (2018), Einl. Sachenrecht, Rn. 55, 62–68; Westermann/Gursky/Eickmann (-H. P. Westermann), Sachenrecht8 , § 4 Rn. 10 ff.; Wilhelm, Sachenrecht5, Rn. 79 ff.; grundlegend Canaris, FS Flume I, S. 371 ff.; eingehend zur Anwartschaftsdoktrin Rieländer, Sachenrechtliche Erwerbsrechte, S. 276–301. Aus rechtsvergleichender Sicht ist die (richterrechtliche) Entfaltung zwischen obligatorischen und dinglichen Rechten oszillierender „Hybridrechte“ keine Besonderheit, sondern Ausdruck der Anpassungsfähigkeit des jeweiligen vermögensrechtlichen Systems, das sich dem wirtschaftlichen Wandel ebenso wenig wie geänderten Wertvorstellungen prinzipiell verschließen kann (vgl. van Erp, in: Reimann/Zimmermann, Oxford Handbook of Comparative Law, S. 1044, 1052–1053). Dies offenbart sich nicht zuletzt in dem für das Common Law stilprägenden Institut des trust (vgl. K. Gray/S. F. Gray, Elements of Land Law5, Rn. 1.7.14) sowie in der „experimentellen“ Einführung von scheinbar trust-rechtlichen Instituten in den kontinentaleuropäischen Staaten (näher von Bar, EuZW 2018, S. 925, 928–931; ders., Gemeineuropäisches Sachenrecht II, Rn. 454–461; siehe auch Underhill and Hayton (-Hayton/Matthews/Mitchell), Law Relating to Trusts and Trustees19, Rn. 101.47–101.48). 53 Schließlich können alle veräußerlichen proprietary interests, seien es legal interests, seien es equitable interests, in einen trust eingebracht werden und eignen sich insofern als Bezugspunkt eines zumindest partiell drittwirkenden artidentischen oder artverschienenden (subsidiary) equitable interest; näher Lewin (-Tucker/Le Poidevin/Brightwell), Trusts19, Rn. 2-034. Relevant ist dies nicht zuletzt für die Refinanzierung von Banken am Kapitalmarkt mittels mortgage securitisation (siehe hierzu § 5 III. 2.) sowie allgemein beim Verkauf von mortgages und charges, erzeugt doch bereits das schuldrechtliche Veräußerungsgeschäft einen constructive trust an dem dinglichen Sicherungsrecht, das dem Erwerber eine drittschutzfähige Rechtsstellung in Form einer equitable mortgage bzw. equitable charge verschafft (siehe hierzu Skelwith (Leisure) Ltd v Armstrong [2015] EWHC 2830 (Ch); [2016] 2 W. L.R. 144; näher zur equitable mortgage bzw. equitable charge § 5 III. 1. b) cc)).
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generis. Vertiefter Auseinandersetzung bedürfen dabei sog. sub-trusts, aus denen abermals verkehrsfähige subsidiary equitable interests entstehen, die sich wiederum als Gegenstand daran anknüpfender sub-sub-trusts eignen.54 Aus dem englischen Regime des trust resultiert mithin eine besondere Variante einer theoretisch ad infinitum fortsetzbaren „innerartlichen“ Belastung begrenzter Sachenrechte, die kontinentaleuropäischen Rechtsordnungen, zumal dem deutschen Recht, verschlossen bleibt. Die judizielle und wissenschaftliche Erschließung der praktisch bedeutsamen sub-trusts steht im englischen Recht noch am Anfang; im Einzelnen werfen sub-trusts ungeklärte Detailprobleme auf, die an den Kernprinzipien des law of trusts, namentlich an der „quasi“-dinglichen Rechtsnatur von beneficial interests rühren. Die Strukturanalyse mehrstufiger trusts begibt sich deshalb zwar auf ein in weiten Teilen unbearbeitetes Terrain, verspricht aber wertvolle Erkenntnisse zur allgemeinen Beurteilung der Rezeptionswürdigkeit des englischen trust. Ein besonderer Akzent wird deshalb auf die praktisch relevanten Erscheinungsformen sog. sub-trusts gelegt, was zugleich das Verständnis für die Wirkmächtigkeit des trust im Ganzen schärft. Dem Institut des (sub-)trust werden sodann nicht nur (mehrstufige) Treuhandverhältnisse, sondern auch die Funktionsäquivalente gegenübergestellt, denen sich das deutsche Recht zur Lösung der im Rechtskreis des Common Law mit sub-trusts verfolgten Gestaltungszielen zu bedienen vermag. Daran schließt sich die Untersuchung der wechselseitigen Belastbarkeit von Hypotheken, Grundschulden, Pfandrechte, Reallasten und vergleichbare unter dem Dachbegriff der „Verwertungsrechte“ zusammengefassten subjektiven Sachenrechte an (§ 5). Diesbezüglich ist wiederum ein breiter Ansatz nötig, der sich von den tradierten Modellen der Einordnung subjektiver Rechte im nationalen Recht löst, um strukturelle Zusammenhänge und Divergenzen zwischen dem Belastungskompatibilitäten und Schöpfungspotentialen auf rechtsvergleichender Grundlage herauszuarbeiten. Erfasst sind mithin alle Typen subjektiver Sachenrechte, die zwecks Befriedigung des Gläubigers wegen einer Sach- oder Geldleistung eine einseitige Befugnis zur Zuordnungsänderung an dem jeweils belasteten Recht begründen. Im Blickpunkt steht die wechselseitige Belastbarkeit von Pfandrechten (i. S. v. §§ 1204, 1273 Abs. 1 BGB), Hypotheken, Grund- und Rentenschulden und Reallasten (und reallastähnliche Rechte) sowie (sachenrechtlichen) security interests des englischen Rechts, namentlich fixed charge, floating charge, mortgage, pledge und lien. Wegen der praktischen Relevanz dinglicher Kreditsicherheiten für die Refinanzierung und der nach wie vor unzureichenden akademischen Untersuchung von „Verwertungs54 Praktisch relevant ist dies bei der Wertpapiersammelverwahrung und der fiduziarischen Haltung von entmaterialisierten Effekten; grundlegend Re Lehman Brothers International (Europe) [2010] EWHC 2914 (Ch) [226] (Briggs J.: „[…] a trust may exist not merely between legal owner and ultimate beneficial owner, but at each stage of a chain between them, so that, for example, A may hold on trust for X, X on trust for Y and Y on trust for B. The only true trust of the property itself (i. e., of the legal rights) is that of A for X. At each lower stage in the chain, the intermediate trustee holds on trust only his interest in the property held on trust for him.“); siehe auch Pawlowski/Brown [2015] 170 T & ELTJ 4.
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rechten höheren Grades“ bildet dieser Abschnitt demzufolge in Komplexität und Umfang fast eine eigene „Monographie in der Monographie“.55 Die Studie schließt mit einer Zusammenfassung der rechtsvergleichend gewonnenen Ergebnisse, macht die praktische Bedeutung im Kontext des Refinanzierungsgeschäfts in der Bankwirtschaft sichtbar und weist auf Entwicklungsperspektiven de lege ferenda hin. Verwertungsrechte sind freilich nur eine Art der hier zur Rechtsfamilie der auf Zuordnungsänderung gerichteten Sachenrechte zusammengefassten Rechtstypen. Zu dieser breiten Rechtsfamilie zählen darüber hinaus auch alle nicht auf Verwertung, sondern gleichsam umgekehrt auf Erwerb des belasteten Rechts gerichteten Rechte und Bevorrechtigungen (§ 6). Hierzu zählen Anwartschaftsrechte, (dingliche) Vorkaufsrechte und Vormerkungen, die in der gebotenen Kürze bearbeitet werden; rechtsvergleichende Bezüge sind, da innerartliche Belastungen sachenrechtlicher Erwerbsbevorrechtigungen zumindest praktisch weitgehend bedeutungslos sind, auf ein Minimum zu reduzieren. Sodann ist die Brücke zu einer anderen Rechtsfamilie zu schlagen, den Nutzungsrechten an fremden Sachen, insbesondere Grundstücken, und Rechten. Zum Auftakt ist die englische lease in Form der sub-lease dem deutschen Erbbaurecht gegenüberzustellen (§ 7). Diese sind übereinstimmend dadurch gekennzeichnet, dass sie prinzipiell in „grundrechtsgleicher“ Weise, d. h. wie ein estate in fee simple absolute in possession oder wie Grundstückseigentum zu übertragen und zu belasten sind, wobei vor allem die innerartliche Belastung dies- und jenseits des Kanals erhebliche Probleme verursacht. Eine Sonderstellung nimmt das Untererbbaurecht ein, das – in distinktivem Kontrast zu anderen kontinentaleuropäischen Rechtsordnungen56 – in Deutschland inzwischen nahezu einhellig anerkannt ist.57 Soweit hier vertreten wird, die 55 Den vielschichtigen, noch keineswegs durch die englische, österreichische und deutsche Rechtsprechung und Lehre geklärten Rechtsfragen geht die Untersuchung nicht aus dem Weg. Dies zeigt sich namentlich im Kontext des sachenrechtlichen Verkehrsschutzes beim Erst- und Zweiterwerb von verwertungsrechtsbelastenden Rechten, bei den Erfüllungswirkungen und der Erlöszuordnung nach Verwertung, bei der Frage nach dem Maß der Privatautonomie bei der Gestaltung der Verwertungsbedingungen und endlich beim Störungsschutz. 56 Vgl. von Bar, Gemeineuropäisches Sachenrecht I, Rn. 395. Soweit die Frage nach der Zulässigkeit sog. Unterbaurechte in den europäischen Rechtsordnungen überhaupt erörtert wird, steht man den Unterbaurechten überwiegend ablehnend gegenüber. Nach der höchstrichterlichen österreichischen Judikatur sind Unterbaurechte generell unzulässig (OGH 20.9.2005 – 5 Ob 204/05v, SZ 2005/134). Während in Frankreich die fiktive Rechtsfigur eines droit de sous-superficie kaum diskutiert wird, erachtet die überwiegende belgische Lehre ein droit de sous-superficie in der Form für zulässig, dass der Bauberechtigte einem Dritten das Recht einräumt, auf dem errichteten Bauwerk seinerseits ein selbstständiges Bauwerk zu errichten, das sodann dem Dritten als soussuperficiare für die Dauer seines Rechts zustehen soll (vgl. Sanzot, Les droits réels démembrés, Rn. 125–126 m. w. N.). Keine Schwierigkeiten bereitet die Konstruktion eines Unterbaurechts im Rechtskreis des Common Law, da die dem kontinentaleuropäischen Baurecht entsprechende building lease als bloße Erscheinungsform eines leasehold estate sowohl übertragbar ist als auch mit sub-leases belegt werden kann (statt vieler K. Gray/S. F. Gray, Elements of Land Law5, Rn. 4.2.15). 57 Vgl. BGH, Urteil v. 22.2.1974 – V ZR 67/72, NJW 1974, S. 1137; OLG Celle, Urteil v. 14.3.1972 – 4 U 118/71, DNotZ 1972, S. 538; Erman (-Grziwotz), BGB II15, Vorbem. vor § 1 ErbbauRG Rn. 22; MünchKomm (-Heinemann), BGB VII7, § 1 ErbbauRG Rn. 32–34; Planck (-Stre-
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im Obererbbaurecht angelegten Befugnisse könnten vollumfänglich auf das Untererbbaurecht übergeleitet werden, ohne dass dem Obererbbauberechtigten für die Dauer seines Rechts eine Befugnis zum Haben eines Bauwerks verbleiben müsse,58 läuft diese totale „Synchronisierung“ darauf hinaus, das Obererbbaurecht zur substanzlosen Hülle des Untererbbaurechts zu degradieren. Andererseits entspricht das Untererbbaurecht schon deshalb nicht der legislatorischen Konzeption des Erbbaurechts, weil etwaige das Untererbbaurecht belastende Verwertungsrechte allein gegen den Heimfall des Untererbbaurechts, nicht aber gegen den Heimfall des Obererbbaurechts „immunisiert“ sind, was die Beleihungsfähigkeit des Untererbbaurechts nicht unwesentlich herabsetzen dürfte.59 Der Vergleich mit der englischen sub-lease, zumal mit dem spezifisch prozessrechtlich organisierten Bestandsschutz (relief aginst forfeiture), fördert wichtige Schlussfolgerungen für die Ausgestaltung des Belastungspotentials des Erbbaurechts de lege lata und de lege ferenda zutage. Abschließend ist die innerartliche Belastbarkeit von positiven und negativen Dienstbarkeiten (§ 8) einschließlich des Nießbrauchs zu behandeln (§ 9).60 Während schon wegen des Grundsatzes der Unübertragbarkeit jede Form der inner- oder zwischenartlichen Belastung des Nießbrauchs und der beschränkten persönlichen Dienstbarkeit (§§ 1059 S. 1, 1059b, 1069 Abs. 2, 1274 Abs. 2 BGB) ausscheidet,61 liegt cker), BGB III/15, 1017 Anm. 2 b α; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht15, Rn. 1701; Staudinger (-Rapp), BGB (2017), § 11 ErbbauRG Rn. 11; Wilhelm, Sachenrecht5, Rn. 2119; Wolff/R aiser, Sachenrecht10, § 104 IV (S. 424). 58 So Erman (-Grziwotz), BGB II15, Vorbem. vor § 1 ErbbauRG Rn. 22; Knothe, Das Erbbaurecht, S. 195–196; Staudinger (-Rapp), BGB (2017), § 11 ErbbauRG Rn. 12a. 59 Dies ergibt sich daraus, dass das Untererbbaurecht als Belastung des Obererbbaurechts bei dessen Heimfall als nicht ausdrücklich mit Bestandsschutz versehenes Recht gem. § 33 Abs. 1 S. 3 ErbbauRG ersatzlos erlischt; zur Frage einer teleologischen Extension dieser Norm i. V. m. einer Rechtsanalogie zu §§ 5 Abs. 2, 33 Abs. 1 S. 1 ErbbauRG, § 42 Abs. 2 WEG eingehend § 7 III. 1. a) bb). 60 In Frankreich ist die Rechtsfigur des l’usufruit sur l’usufurit weitgehend anerkannt, vgl. Dross, Droit civil – Les choses, Rn. 91; Terré/Simler, Les biens9, Rn. 788; Zenati-Castaing/Revet, Les choses3, Rn. 319; siehe auch Civ. 1re, 14.1.1997, RTD civ. 1998, S. 414–416 m. Anm. Zenati (zur Zulässigkeit der Belastung des ususfruit mit einem droit d’usage sowie einem droit d’habitation). Auch in Österreich ist die Übertragung und Verpfändung des Fruchtgenussrechts (§ 509 ABGB) der Substanz nach einschließlich der Bestellung eines Unterfruchtgenussrechts anerkannt (vgl. OGH 22.10.1991 – 5 Ob 114/91, RIS-Justiz: RS0011838; Schwimann (-Kiendl-Wendner), ABGB II4, § 485 Rn. 3). 61 Erman (-Bayer), BGB II15, § 1069 Rn. 4; MünchKomm (-Pohlmann), BGB VII7, § 1069 Rn. 14; Staudinger (-C. Heinze), BGB (2017), § 1069 Rn. 24. Auch an der (im Stammrecht enthaltenen) Ausübungsbefugnis vermag der Nießbraucher nach ganz h. A. keinen Nießbrauch einzuräumen; zulässig ist allein die Belastung der einem anderen Rechtssubjekt eingeräumten schuldrechtlichen Ausübungsüberlassung (§ 1059 S. 2 BGB) mit einem Nießbrauchs- oder Pfandrecht. Wie schon die wechselvolle entstehungsgeschichtliche Genese des Nießbrauchs im BGB und ein Blick auf die abweichende Ausgestaltung der einschlägigen Parallelinstitute in den romanischen Rechtsordnungen zeigt, folgt der Ausschluss der Übertragbarkeit und Verpfändbarkeit nicht schon aus der rechtstypischen Struktur. Mit der Aufgabe dieses nicht selten kritisierten Grundsatzes (z. B. Hauck, Nießbrauch an Rechten, S. 28–30, der dafür plädiert, den Nießbrauch de lege ferenda in ein vererbliches und übertragbares, auf eine bestimmte Laufzeit fixiertes Recht
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es bei der Grunddienstbarkeit insofern anders, als diese theoretisch von Dienstbarkeiten und vor allem auch von einem Nießbrauch am herrschenden Grundstück erfasst wird. Eine gesonderte Belastung der Grunddienstbarkeit mit einer Grunddienstbarkeit ist dagegen eine contradictio in adiecto.62 Allein bei den persönlichen Dienstbarkeiten einschließlich des Nießbrauchs stellt sich die hypothetische Frage der (innerartlichen) Belastungskompatibilität bei unterstellter Aufgabe des Grundsatzes der Unübertragbarkeit.63 Wenngleich das dem Numerus-Clausus-Prinzip zugrundeliegende Desiderat optimaler Standardisierung generell für ein Verbot „doppelstöckiger“ Dienstbarkeiten streiten dürfte – diese erscheinen als unzweckmäßige Funktionssubstitute genuiner Nutzungsrechte am Grundstück resp. einer Aufhebung oder inhaltlichen Änderung einer bestehenden Dienstbarkeit64 –, bedarf der Grundsatz der Unübertragbarkeit der Revision.65
3. Zwischenartliche Belastungskompatibilitäten Schon aufgrund der vereinheitlichten Vorgabe durch Typenzwang und Typenfixierung sind der zwischenartlichen Belastungskompatibilität jeweils artverschiedener Sachenrechte wesensimmanente Grenzen gezogen. Diese bedürfen einer Detailanalyse für jedes Sachenrecht, die unter Zusammenfassung der einzelnen Rechtstypen zu den übergreifenden Gattungen der Zuordnungsänderungsrechte (§ 10) und der Nutzungsrechte (§ 11) dargestellt wird. Das übereinstimmende Merkmal aller Zuordnungsänderungsrechte liegt darin, dass sie ein Rechtssubjekt ermächtigen, das belastete Recht mit allseitiger Wirkung aufzuheben, zu übertragen, zu belasten, nach Inhalt oder Rang einzuschränken oder einfach selbst zu erwerben. Es geht, wie angerissen, zum einen um Rechte, bei denen die bestimmungsgemäße Zuordnungsänderung im Wege der Verfügung, Einziehung oder Zwangsvollstreckung erfolgt und der Befriedigung des Berechtigten wegen einer Geldsumme oder sächlicher Leistungen dient, d. h. um Verwertungsrechte, und zum anderen um Anwartschaftsrechte und vergleichbare Erwerbsbevorrechtigungen, bei denen die Befugnis zur Änderung der Sachzuordnung sich im Zweck der Rechtsändeumzugestalten) entfiele das darauf basierende Verbot der Belastung persönlicher Dienstbarkeiten (vgl. §§ 1069 Abs. 2, 1274 Abs. 2, 1090 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 i. V. m. § 1059b BGB), was ceteris paribus auch den Aktstypus eines doppel- oder mehrstöckigen Nießbrauchs ermöglichen würde. 62 Wenngleich eine „doppelstöckige“ Grunddienstbarkeit mit dem geltenden Recht schon wegen der unzertrennlichen Verbindung mit dem herrschenden Grundstück unvereinbar ist (Staudinger (-C. Heinze), BGB (2017), § 1069 Rn. 24), ist es, wie in § 8 II. 1. erörtert wird, je nach rechtstypischer Ausgestaltung immerhin denkbar, dass sich (Grund-)Dienstbarkeiten auf die mit dem dienenden Grundstück verbundenen Rechte an einem dritten Grundstück erstrecken. 63 Mit eingehender Kritik am Grundsatz der Übertragbarkeit Schmolke, AcP 208 (2008), S. 516 ff., der freilich die Auswirkungen der postulierten Aufgabe dieses Grundsatzes in Bezug auf die Belastbarkeit beschränkter persönlicher Dienstbarkeiten nicht erörtert. 64 Nach zutreffender Ansicht scheidet deshalb eine Belastung des Eigentums am herrschenden Grundstück mit einer auf Ausschluss bzw. Verzicht der Rechte aus der Grunddienstbarkeit gerichteten Dienstbarkeit i. S. v. §§ 1018 Var. 3, 1090 Abs. 1 Var. 2 BGB aus (siehe § 8 II. 2.). 65 Schmolke, AcP 208 (2008), S. 516, 525 ff., 549 ff.
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rung erschöpft. Ungeachtet der grundlegenden Funktionsdivergenzen sind diese Rechtstypen jeweils veräußerlich und prinzipiell wechselseitig, d. h. intrafamiliär belastungskompatibel.66 Von der intrafamiliären ist die interfamiliäre Belastungskompatibilität von Zuordnungsänderungsrechten mit sämtlichen nicht auf Zuordnungsänderung des fraglichen Zuordnungsänderungsrechts gerichteten Rechten, namentlich Nießbrauch, Erbbaurecht, Dauerwohn- und Dauernutzungsrecht, Grunddienstbarkeiten und beschränkte persönliche Dienstbarkeiten zu unterscheiden. Mit Rücksicht auf die rechtstypischen Divergenzen sind lediglich bestimmte interfamiliäre Belastungskonfigurationen denktheoretisch möglich, namentlich die Errichtung von Nießbrauchsrechten „auf“ Erwerbs- und Pfandrechten.67 Auf der anderen Seite sind der zwischenartlichen Belastungskompatibilität dieser unter dem tradierten Begriff „Nutzungsrechte“ zusammengefassten Rechte gleichfalls rechtstypische Grenzen gezogen. Dies zeigt sich sowohl bei der wechselseitigen Belastbarkeit von Grunddienstbarkeiten, beschränkten persönlichen Dienstbarkeiten, Dauerwohnund Dauernutzungsrechten, Erbbaurechten und dem Nießbrauch (intrafamiliäre Belastungskompatibilität) als auch bei sachenrechtlichen Erwerbsbevorrechtigungen und Verwertungsrechten an den vorgenannten Rechten (interfamiliäre Belastungskompatibilität).
4. Schlussbetrachtung Die abschließend auf rechtsvergleichender Grundlage zu identifizierenden Allgemeinen Lehren der Belastung subjektiver (Sachen-)Rechte (§ 12) sind in fünf Abschnitte untergliedert. Die zu präsentierende „Theorie“ der wechselseitigen Be66 Dies gilt zunächst einmal in „innerfamiliärer“ Hinsicht. Auf der einen Seite ist es problemlos denkbar, eine Hypothek mit einer Vormerkung zu „belasten“, d. h. die Verfügungsbefugnis des Hypothekengläubigers im Verhältnis zum Vormerkungsgläubiger zugunsten des auf Aufhebung, Änderung, Übertragung oder Belastung der Hypothek resp. der hypothekarisch gesicherten Forderung gerichteten Anspruchs zu beschränken (vgl. § 883 Abs. 1 S. 1 BGB). Auf der anderen Seite dient die gesamte Anwartschaftslehre nicht zuletzt der Kapitalisierung der zum eigenständigen Recht erhobenen „Vorstufe“ des designierten Erwerbers, was die Möglichkeit der Verpfändung einschließt. Überdies sind auch indirekte „innerfamiliäre“ Belastungen, z. B. die Erstreckung von Grundpfandrechten auf ein mit dem belasteten Eigentum verbundenes dingliches Vorkaufsrecht an einem anderen Grundstück möglich. 67 Zudem können sich begrenzte Gebrauchsrechte an Grundstücke auf subjektiv-dingliche Zuordnungsänderungsrechten erstrecken, z. B. ein Nießbrauch auf eine subjektiv-dingliche Reallast i. S. v. §§ 1105 Abs. 2, 1110, 96 BGB. Teilweise wird sogar vertreten, dass sich Dienstbarkeiten auf eine mit dem dienenden Grundstück verbundene Reallast an einem dritten Grundstück erstrecken könne. Dies sei z. B. der Fall, wenn die Reallast bestimmungsgemäß der Unterhaltung der für die Benutzung des dienenden Grundstücks nötigen Anlagen (z. B. eines Zaunes) diene (vgl. Staudinger (-C. Heinze), BGB (2018), § 876 Rn. 23). Wie noch zu zeigen sein wird, ist der letztgenannten Ansicht nicht zu folgen; eine Erstreckung von Dienstbarkeiten auf Reallasten scheidet ebenso aus wie eine Erstreckung von Dienstbarkeiten auf subjektiv-dingliche Vorkaufsrechte. Möglich ist allenfalls, dass eine mit dem dienenden Grundstück verbundene Grunddienstbarkeiten von einer Dienstbarkeit erfasst wird, was praktisch nur bei Benutzungsdienstbarkeiten vorkommen dürfte.
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lastbarkeit subjektiver Rechte entwickelt sich im Laufe der Untersuchung fast von selbst und muss an dieser Stelle nur noch „ausgeschrieben“ werden (I.). Weshalb dieses Recht mit jenem, jenes Recht aber nicht mit diesem belastungstechnisch kombiniert werden kann, liegt nach den ausführlichen Einzeluntersuchungen offen zu tage. Daran anknüpfend sind der Erwerb und das Erlöschen von Rechten höheren Grades zu erläutern, wobei ein besonderer Akzent auf Grund und Grenzen des sachenrechtlichen Verkehrsschutzes im Kontext der Entstehung und Beseitigung mehrstufiger Belastungen gelegt wird (II.). Eine eingehende Auseinandersetzung des Verhältnisses zwischen dem Erwerbsgrund und dem Vollzug des rechtsgeschäftlichen Erwerbs ist – da es sich nicht um eine spezifische Thematik des Erwerbs von Rechten an Sachenrechten handelt – weder geboten noch zielführend. Auf die einschlägigen Studien zu den rechtsvergleichend meistens kontrastiv gegenübergestellten Einheits- und Trennungsprinzipien resp. Kausalitäts- und Abstraktionsprinzipien kann weitgehend Bezug genommen werden.68 Zumindest bei rechtsgeschäftlichen Belastungsketten dürfte die praktische Bedeutung dieser Systemfrage, wie in aller Kürze dargelegt werden wird, gering sein. Die Forderungsbindung von Verwertungsrechten höheren Grades ist gleichfalls kein spezifisches Problem des Erwerbstatbestands; zwecks Vermeidung von Wiederholungen wird auf die vertiefte Diskussion des Akzessorietätsprinzips in § 5 Bezug genommen. Vielmehr gilt es, den Wirkungskreis mehrstufiger Belastungen (III.) herauszuarbeiten und daran anknüpfend die Bestandschutzmechanismen (IV.) sowie endlich das Arsenal der sachenrechtlichen Rechtsbehelfe (V.) darzulegen. Ambitionierte privatrechtliche Grundlagenforschung braucht sich freilich nicht darin erschöpfen, die lex lata im Spiegel ausgewählter benachbarter Rechtsordnungen zu erklären. Sie darf auch den Anspruch erheben, das geltende Recht zu bewerten und auf der Grundlage dieser Evaluation, soweit methodisch vertretbar, richterrechtliche Rechtsfortbildungen anzustoßen und, soweit die gesetzesimmanente Rechtsfortbildung an Grenzen stößt, der Legislative Vorschläge zur Neujustierung und Optimierung des geltenden Rechts an die Hand geben. Zu diesem Zweck ist auf die Entwicklungsperspektiven des Rechts der Rechte an Rechten gesondert einzugehen (§ 13). Weil sich Sachenrechte höheren Grades bloß hinsichtlich des Belastungsgegenstandes von Sachenrechten niedrigeren Grades unterscheiden, steht und fällt die normative Legitimation des Rechts der Rechte an Rechten mit der Anerkennung oder Ablehnung eines Systems subjektiver Sachenrechte im Ganzen. Solange die summa divisio zwischen Obligationen- und Sachenrecht nicht im Wege einer radikalen Umwälzung des Bürgerlichen Rechts vollends eingeebnet wird, bleiben mehrstufige Belastungen ein integraler Bestandteil des geltenden Rechts. Wenngleich eine umfassende Neujustierung des Vermögensrechtsregimes weder geboten noch wünschenswert ist, sind punktuelle Veränderungen im Hinblick auf die Auswahl, den Wirkungskreis und das (Bestands-)Schutzinstrumentarium der 68 Grundlegend Stadler, Gestaltungsfreiheit und Verkehrsschutz durch Abstraktion, passim; siehe auch von Bar, AcP 219 (2019), S. 341, 355–358; ders., Gemeineuropäisches Sachenrecht II, Rn. 244–248.
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Rechte an Rechten unerlässlich, um das Desiderat einer „optimalen“ Standardisierung und Typisierung dinglicher Rechte zu verwirklichen. Die historisch-komparative Analyse schärft nicht nur den Blick für die Vorzüge und Schwachstellen des deutschen Privatrechts. Sie macht auch ein vollkommenes System der Rechte an Rechte sichtbar, das als Modell zur Optimierung des deutschen Rechts, aber auch jedes anderen Vermögensrechtsregimes dienlich sein kann.
§ 2 Außengrenzen und Binnenstrukturierung des Generalthemas I. Die Eigenständigkeit des Sachenrechts Mit der maßgeblich von Savigny geprägten begrifflich-systematischen Einteilung des objektiven Vermögensrechts in Obligationen- und Sachenrecht1 grenzt sich das deutsche BGB von den naturrechtlichen Kodifikationen demonstrativ ab.2 Die 1 An die Definition des Rechtsverhältnisses als „ein Gebiet unabhängiger Herrschaft des individuellen Willens“ anknüpfend unterscheidet Savigny die „eigene Person“ und die „äußere Welt“ – namentlich „die unfreye Natur und fremde Personen“ – als Gegenstände menschlicher Willenseinwirkung (Savigny, System des heutigen römischen Rechts I, §§ 52, 53 (S. 333–335)); aus der Zweiteilung der „äußeren Welt“ folgt die Aufgliederung des (objektiven) Vermögensrechts in Obligationen- und Sachenrecht: „Die unfreye Natur kann von uns beherrscht werden nicht als Ganzes, sondern nur in bestimmter räumlicher Begränzung; ein so begränztes Stück derselben nennen wir Sache, und auf diese bezieht sich daher die erste Art möglicher Rechte: das Recht an einer Sache, welches in seiner reinsten und vollständigsten Gestalt Eigenthum heißt.“ (Savigny, System des heutigen römischen Rechts I, § 53 (S. 338). Weil ein Analogon hierzu, eine Herrschaft an einer fremden Person im Ganzen, ein „Eigenthum an einem Menschen, so wie es das römische Sklavenverhältniß in der That ist“ (Savigny, System des heutigen römischen Rechts I, § 53 (S. 338– 339)), wegen der hiermit verbundenen Aufhebung der „Freyheit und Persönlichkeit“ schlechterdings nicht in Betracht kommt, könne das Rechtsverhältnis zu einer fremden Person nur in einer Obligation bestehen: „[…] wollen wir uns vielmehr ein besonderes Rechtsverhältniß denken, welches in der Herrschaft über eine fremde Person, ohne Zerstörung ihrer Freyheit, besteht, so daß es dem Eigenthum ähnlich, und doch von ihm verschieden ist, so muß die Herrschaft nicht auf die fremde Person im Ganzen, sondern nur auf eine einzelne Handlung derselben bezogen werden; diese Handlung wird dann, als aus der Freyheit des Handelnden ausgeschieden, und unserm Willen unterworfen gedacht. Ein solches Verhältniß der Herrschaft über eine einzelne Handlung der fremden Person nennen wir Obligation. […] Durch beide Arten der Rechte also, das Eigenthum wie die Obligationen, wird die Macht der berechtigten Person nach außen, über die natürlichen Gränzen ihres Wesens hin, erweitert. Die Gesammtheit der Verhältnisse nun, welche auf diese Weise die Macht eines Einzelnen erweitern, nennen wir das Vermögen desselben, und die Gesammtheit der darauf bezüglichen Rechtsinstitute das Vermögensrecht.“ (Savigny, System des heutigen römischen Rechts I, § 53 (S. 338–340)). Dies führt Savigny im Folgenden näher aus und legt damit den Grundstein für die Eigenständigkeit des Sachenrechts: „Für das Vermögensrecht wurden […] zwei Gegenstände angegeben, Sachen und Handlungen. Darauf gründen sich die beyden Haupttheile desselben: Sachenrecht und Obligationenrecht. Das erste hat zum Stoff den Besitz, oder die faktische Herrschaft über Sachen. Als Recht erschein es einfach und vollständig in der Gestalt des Eigenthums, oder der unbeschränkten und ausschließlichen Herrschaft einer Person über eine Sache. […] Das Obligationenrecht hat zum Stoff die partielle Herrschaft über fremde Handlungen, wodurch dasjenige bedingt ist und gebildet wird, was wir im Ganzen zusammen fassend, als den Verkehr bezeichnen. Jedoch eignen sich nicht alle Handlungen zu Gegenständen von Obligationen, sondern nur diejenigen, welche durch ihre materielle Natur als aus der Person
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Gesetzesverfasser2 waren ersichtlich bemüht, zwei Teilmaterien des Bürgerlichen Rechts – Schuld- und Sachenrecht – autonom und widerspruchsfrei auszugestalten. Anknüpfend an die von Savigny herausgearbeitete Dichotomie der vermögensrechtlichen Gegenstände – die „unfreye Natur und fremde Personen“3 – hielt man es schon aus Gründen ästhetisch-systematischer Rechtssetzung für geboten, unerwünschte Vermengungen beider Materien, die der gebotenen reinen Lehre zuwiderliefen, auszuschließen. Die natur- und partikularrechtlichen „Abirrungen“ sollten vermieden werden.4 Die privatrechtsgestaltende Grundentscheidung des Gesetzgebers für einen strikten Dualismus von Schuld- und Sachenrecht steht in einem untrennbaren Zusammenhang mit der dezisionistischen Verengung des Sachbegriffs, der Rückkehr zu einem römischrechtlich inspirierten, von natur- und partikularrechtlichen Modulationen bereinigten Eigentumskonzept und der strikten Vorgabe eines geschlossenen Kreises dinglicher Rechte.5 Schon ein kursorischer Blick auf das geltende Recht verrät, dass die Sphären des Schuld- und des Sachenrechts weitaus weniger exakt voneinander geschieden sind, als es dem von den pandektistischen Lehrsätzen durchdrungenen Verfassern des ersten BGB-Entwurfs vorschwebte.6 Sichtbar wird desgleichen, dass die Unterscheidung von Sachen „im heraustretend und den Sachen ähnlich betrachtet werden können.“ (Savigny, System des heutigen römischen Rechts I, § 56 (S. 367–370)). 2 Mot. III, S. 1. 3 Grundlegend Savigny, System des heutigen römischen Rechts I, § 53 (S. 334–340). 4 Savigny setzte sich kritisch mit den „Abirrungen“ des preußischen und des französischen Recht sowie den Forschungen von Domat auseinander, attestierte demgegenüber dem römischen Recht insoweit Modellcharakter: „Auf den ersten Blick scheint das Verhältniß der angegebenen beiden Theile des Vermögensrechts zu einander schon durch ihren bloßen Gegenstand so unabänderlich bestimmt, daß es überall in derselben Weise gefunden werden müßte. Bey genauerer Betrachtung aber zeigt sich hierin vielmehr ein sehr freyer Spielraum für mannichfaltige Bestimmungen des positiven Rechts verschiedener Völker. Und zwar finden wir diese Verschiedenheit theils in der Gränzscheidung zwischen Sachenrecht und Obligationen, theils in der Beziehung worin beide Rechtstheile zu einander gedacht werden. […] Das Römische Recht hält beide streng aus einander, und behandelt jeden Theil für sich als ganz unabhängig innerhalb seiner Gränzen. So das Eigenthum als selbständige Herrschaft über eine Sache, ohne Rücksicht auf die Obligation die etwa als Vermittlung und Vorbereitung dazu diente; die Obligation als selbständige Herrschaft über eine fremde Handlung, ohne Rücksicht auf das dingliche Recht worauf diese Handlung vielleicht abzweckt. Von dieser, der Natur jener Rechte völlig angemessenen Behandlung ist nun eine zweifache Abirrung möglich: entweder indem die Obligationen allein in’s Auge gefaßt werden, so daß die dinglichen Rechte nur als Folgen oder Entwicklungen derselben erscheinen: oder indem umgekehrt die dinglichen Rechte allein als wahrer Gegenstand der Rechtsbestimmungen erscheinen, da dann die Obligationen nur als Erwerbungsmittel der dinglichen Rechte in Betracht kommen. Jede diese Behandlungsweisen ist schon an sich, als gezwungen und einseitig, der Einsicht in die wahre Natur der Rechtsverhältnisse hinderlich: nicht zu gedenken, daß sie auf manche Rechtsverhältnisse ganz und gar nicht passen, so daß diese bey consequenter Durchführung des Grundgedankens eigentlich ganz wegfallen müßten.“ (Savigny, System des heutigen römischen Rechts I, § 56 (S. 371–375)). 5 Vertiefend Wiegand, FS Kroeschell, S. 623, 626–639. 6 Mit dem postulierten Dinglichkeitsbegriff der Gesetzesverfasser, der angeblich für Rechte an „Sachen im eigentlichen Sinne“ reserviert bleiben müsse, weil es nur an realen Dingen eine Herrschaft geben könne (Mot. III, S. 2), ist weder der Nießbrauch an Rechten noch das Pfandrecht an Rechten vereinbar (eingehend bereits Fuchs, Das Wesen der Dinglichkeit, S. 89 ff.). Gleichwohl
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eigentlichen Sinne“ und Rechten nicht mit der von den Entwurfsverfassern behaupteten Stringenz durchgeführt wird. Dass sich überdies die tradierte summa divisio zwischen absoluten und relativen resp. dinglichen und obligatorischen Rechten schon seit langem durch rechtsfortbildende Prozesse verschleift, die Trennlinie mithin peu à peu zu erodieren scheint, darf gleichfalls als allgemein bekannt vorausgesetzt werden und bedarf hier keiner vertieften Ausführung.7 Dies wirft natürlich die Frage auf, inwieweit an den „Eckpfeilern“ des überkommenen vermögensrechtlichen Systems, namentlich an dem von der tradierten Doktrin akzentuierten Gegensatz von obligatorischen und dinglichen Rechten festzuhalten ist.
1. Die Trennung von Obligationen- und Sachenrecht Die strikte Trennung zwischen Schuld- und Sachenrecht war niemals über jede Kritik erhaben8 und stößt auch im neueren Schrifttum auf Widerspruch.9 Wennnahm der BGB-Gesetzgeber diese Rechtsfiguren in das Sachenrecht auf, wohingegen die Forderungsabtretung systemwidrig im Schuldrecht platziert wurde. Abgesehen davon versieht das Gesetz diverse schuldrechtliche Rechtspositionen unter bestimmten Voraussetzungen mit klassischen Merkmalen dinglicher Rechte, namentlich Insolvenz- und Zwangsvollstreckungsfestigkeit und/oder Sukzessionsschutz (vgl. Canaris, FS Flume I, S. 372, 373–374). So steht z. B. dem abtretungsberechtigten Gläubiger eines „Refinanzierungsunternehmens“ unter den Voraussetzungen von § 22j Abs. 1 S. 1 KWG ein Aussonderungsrecht gem. § 47 InsO an im Refinanzierungsregister eingetragenen Rechten zu; aus dem Bürgerlichen Recht sei auf §§ 566a, 613a Abs. 1, 986 Abs. 2 BGB sowie vor allem auf das Institut der Vormerkung (§§ 883–888 BGB) und aus dem Handelsrecht auf § 392 Abs. 2 HGB verwiesen. 7 Zur rechtsfortbilden Entwicklung des sachenrechtlichen Systems durch die Anerkennung des Sicherungseigentums, die Treuhanddoktrin und die Anwartschaftslehre siehe bereits die Nachweise in § 1 III. 2. Fn. 52. Aus dem Immaterialgüterrecht sei auf die Lizenz verwiesen, deren Rechtsnatur bekanntlich höchst umstritten ist (eingehend zur Rechtsnatur der Lizenz McGuire, Die Lizenz, S. 267–478, 529–559; BeckOGK BGB (-Pahlow), Stand: 1.4.2019, § 581 Rn. 223– 230). Dass die Deutungsfrage nicht bloß ein akademisches Glasperlenspiel ist, zeigt sich nicht zuletzt daran, dass die Behandlung der Lizenz im insolvenzrechtlichen Kontext forthin unsicher ist. Letztlich sind Verschleifungen zwischen Sachen- und Schuldrecht keine Eigenart des deutschen Rechts; Vergleichbares lässt sich auch in anderen europäischen Rechtsordnungen beobachten, siehe z. B. van Erp, in: Reitmann/Zimmermann, Oxford Handbook of Comparative Law, S. 1044, 1052–1053. 8 Schon vor Inkrafttreten des BGB regte sich heftiger Widerstand gegen die Eigenständigkeit des Sachenrechts (siehe etwa Fuchs, Das Wesen der Dinglichkeit, S. 11 ff. mit scharfer Kritik an dem vom BGB introduzierten Dinglichkeitsbegriff und der damit korrespondierenden Verengung des Sachbegriffs). 9 Eingehend Füller, Eigenständiges Sachenrecht?, S. 107 ff., 526 ff., 567 ff., passim; Jansen, AcP 216 (2016), S. 112, 214–217. Auch im englischen Schrifttum wird eine scharfe Abgrenzung zwischen personal rights und property rights für illusorisch erachtet; obligatorische Rechten seien gleichfalls eine „species of property“, zumal die rechtshistorischen Entwicklungsprozesse anerkannter property rights die Nähe zwischen contract und property demonstrierten (Worthington, in: Degeling/Edelman, Equity in Commercial Law, S. 93–117; K. Gray [1991] 50 C. L. J. 252, 302– 303). Die Analyse des property-Konzepts des Common Law wird zum einen durch die Ambivalenz des Systembegriffs „property“ in Rechtssetzung, Rechtsprechung und Lehre erschwert: Dieser steht je nach Kontext für die „Sache“, d. h. für den Bezugspunkt eines Rechts, für ein übertragbares Vermögensrecht oder auch nur für ein subjektives Rechts an einer Sache (right in rem) und endlich auch für eine Entität von Sachen und/oder Rechten (z. B. das in einen trust ein-
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gleich die h. L. am Dualismus zwischen absoluten und relativen Rechten festhält,10 wird dieser in der zeitgenössischen Privatrechtsdogmatik zunehmend in Frage gestellt.11 Die Vorstellung, Gegenstände der empirischen Welt würden mittels absoluter oder gar schrankenloser Herrschaftsrechte bestimmten Personen zugeordnet, sei längst überholt.12 In Wirklichkeit weise das objektive Recht stets einen mehr oder weniger begrenzten Herrschaftsbereich in Gestalt subjektiver Rechtspositionen zu; die konzeptionelle Einteilung subjektiver Rechte in absolute und relative, dingliche und obligatorische Rechte verwische die qualitative Kongruenz aller Rechtspositionen mit Ausschließlichkeitsgewähr.13 Der Herrschaftsbereich aller subjektiven Rechte sei auf einer gleitenden Skala zu verorten; einen abstrakt-strukturellen Unterschied zwischen einer reflexhaft durch eine Verbotsnorm i. S. v. § 823 Abs. 2 BGB geschützten Rechtsposition – z. B. dem Recht, nicht i. S. v. § 263 Abs. 1 StGB betrogen zu werden – und dem Ideal absoluter Herrschaftsrechte, dem Eigentum, gebe es nicht.14 Auch die Forderung sei ein subjektives Recht mit Ausschließlichkeitsgewähr, das sich vom Eigentum und anderen dinglichen Rechten hinsichtlich des Zuordnungsobjekts unterscheide; während dem Eigentümer eine Sache zugeordnet sei, stehe ausschließlich dem Gläubiger die Forderung gebrachte trust property und die auf den trustee in bankruptcy übergehende Insolvenzmasse); vgl. Meagher/Gummow/Lehane (-Heydon/Leeming/Turner), Equity: Doctrine and Remedies5, Rn. 4-015. Zum anderen verschleift sich der Gegensatz zwischen Schuld- und Sachenrecht im Common Law durch die charakteristische Equity-Dogmatik: Abgesehen davon, dass die Forderungsabtretung ursprünglich nur in Equity anerkannt wurde, was Forderungen und zahlreichen anderen Vermögensrechten immerhin ein wesentliches Attribut von „property“ – die Übertragbarkeit – verlieh, entwickelten sich jenseits des Common Law drittschutzfähige Rechtspositionen mit nahezu uneingeschränktem Gestaltungspotential, namentlich trust-related interests und equitable charges (siehe nur Worthington, in: Degeling/Edelman, Equity in Commercial Law, S. 93, 97–98; eingehend zur Rechtsstellung des beneficiary und zur trust-bedingten Verschleifung zwischen Schuld- und Sachenrecht § 4 II., III., V.). 10 Statt vieler Enneccerus/Nipperdey, Allgemeiner Teil I15, § 72 I 2 (S. 431 f.), § 73 I (S. 440 f.); Staudinger (-C. Heinze), BGB (2018), Einl. Sachenrecht, Rn. 5-17; Wilhelm, Sachenrecht 5, Rn. 64 f. Bekanntlich wird das Paradigma des dinglichen Rechts, das Eigentum, als jedermann entgegensetzbares Herrschaftsrecht an einer Sache gedeutet, das als absolutes Recht eine positive Zuweisungsfunktion und eine negative Ausschließungsfunktion erfülle (vgl. § 903 S. 1 BGB). Mit unterschiedlichen Nuancierungen im Detail wird zumeist die drittwirkende Herrschaftsmacht, teilweise auch die unmittelbare Zuordnung der Sache (Harry Westermann, Die Bestimmung des Rechtssubjekts durch Grundeigentum, S. 59) als das wesentliche Definitionsmerkmal der Dinglichkeit hervorgehoben (zur Diskussion näher MünchKomm (-Gaier), BGB VII7, Einl. Sachenrecht Rn. 4; Staudinger (-C. Heinze), BGB (2018), Einl. Sachenrecht, Rn. 2–17; Vieweg/Werner, Sachenrecht8 , § 1 Rn. 6; Westermann/Gursky/Eickmann (-H. P. Westermann), Sachenrecht8 , § 1 Rn. 4, § 2 Rn. 2; Wieling, Sachenrecht I 2, § 1 II 2 (S. 14–17); Wilhelm, Sachenrecht5, Rn. 75–78, 137–140). 11 Siehe die Nachweise in Fn. 9. 12 Jansen, AcP 216 (2016), S. 112, 214. 13 Jansen, AcP 216 (2016), S. 112, 215; mit vergleichbarer Argumentation für das Common Law Worthington, in: Degeling/Edelman, Equity in Commercial Law, S. 93, 99–116, die im Einzelnen nachzuweisen versucht, dass die tradierten Merkmale sog. property rights – z. B. Durchsetzbarkeit gegenüber einer unbeschränkten Vielzahl von Personen, Übertragbarkeit, die unmittelbare Zuweisung von Nutzungen und anderen Surrogaten sowie die Insolvenzfestigkeit – nicht uneingeschränkt verwirklicht seien und schon gar nicht exklusiv nur für property rights gelten. 14 Jansen, AcP 216 (2016), S. 112, 215.
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zu.15 Dies gipfelt in dem Postulat, dass das „eigentumsähnliche Dispositionsrecht“ oder, noch mutiger formuliert, das „Forderungseigentum“ sowohl bereicherungsrechtlich als auch deliktsrechtlich de lege lata geschützt sei.16 In Teilen der Literatur wird denn auch ein radikaler Umbau des Bürgerlichen Rechts de lege ferenda gefordert: Es müsse ein einheitliches Vermögensrechtsregime geschaffen werden, in dem die formal getrennten Materien von Schuld- und Sachenrecht vereinigt werden.17 Tragweite und Implikationen der teilweise geforderten Neujustierung des geltenden Vermögensrechts bedürfen hier keiner vertieften Auseinandersetzung. Schon der Analyse des geltenden Rechts kann nicht gefolgt werden. Ebenso zutreffend wie selbstverständlich ist noch der Befund, dass nicht einmal dem Eigentum ein schrankenloser, in jeder Hinsicht geschützter Zuweisungsgehalt beschieden ist.18 Richtig ist ferner, dass die Forderung, sei sie das Korrelat einer obligation de moyens oder einer obligation de résultat, einem dinglichen Recht gleichsteht, soweit sie ausschließlich einer bestimmten Person zugeordnet und übertragbar ist. Diese Übereinstimmung spiegelt sich in der „dinglichen“ Wirkung der Forderungszession, des Forderungsnießbrauchs und des Forderungspfandrechts.19 Allein der
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Gretton, RabelsZ 71 (2007), 802, 841–842. Jansen, AcP 216 (2016), S. 112, 216–217, der darauf abhebt, dass dem Gläubiger die exklusive Rechtsmacht zugewiesen sei, über die Forderung zu disponieren; dieses Dispositionsrecht begründe ein sonstiges Recht i. S. v. § 823 Abs. 1 BGB. 17 Paradigmatisch ist der von Füller, Eigenständiges Sachenrecht?, S. 526–572 vorgelegte Entwurf. 18 Dies ist freilich nur die rechtslogische Konsequenz des Umstands, dass die sog. positive Funktion des Eigentums – die Totalität der Befugnisse – nur eine scheinbare Konstituante dieses subjektiven Rechts ist; wie sogleich in § 2 I 3. a) gezeigt werden wird, ist Eigentum „einfach“ das die Zirkulationsfähigkeit der Sache garantierende „Residualrecht“, welches nach Fortfall aller Belastungen bestehen bleibt (überzeugend von Bar, Gemeineuropäisches Sachenrecht I, Rn. 343– 353). Die vermeintlich allumfassenden Gebrauchs- und Nutzungsbefugnisse sind hingegen Ausdruck der nichteigentumsspezifischen allgemeinen Handlungsfreiheit des Eigentümers, die allenthalben zahlreichen öffentlich-rechtlichen Schranken unterliegt. Klarzustellen ist, dass das Eigentum ausweislich der einschlägigen Legaldefinitionen der kontinentaleuropäischen Kodifikationen nirgends als in ein jeder Hinsicht, d. h. gegen jeden Eingriff Dritter oder des Staates immunisierter Herrschaftsbereich konzipiert wird. Soweit das Eigentum – mit sprachlichen Variationen im Detail – im Gesetz oder von der Lehre als das umfassendste Recht an einer Sache beschrieben wird, steht doch der „Zuweisungsgehalt“ desselben unstreitig unter dem Vorbehalt gesetzlicher Schranken und entgegenstehender Rechte anderer Personen; die „Totalität“ der Befugnisse darf mithin nicht mit einer „Schrankenlosigkeit“ der Befugnisse gleichgesetzt werden. Siehe Art. 544 c. civ.: „La propriété est le droit de jouir et disposer des choses de la manière la plus absolue, pourvu qu’on n’en fasse pas un usage prohibé par les lois ou par les règlements.“ § 364(1) S. 1 ABGB: „Überhaupt findet die Ausübung des Eigentumsrechtes nur insofern statt, als dadurch weder in die Rechte eines Dritten ein Eingriff geschieht, noch die in den Gesetzen zur Erhaltung und Beförderung des allgemeinen Wohles vorgeschriebenen Einschränkungen übertreten werden.“ Siehe ferner §§ 22–34 des achten Titels („Vom Eigenthum“) des PrALR. 19 Siehe nur Wilhelm, Sachenrecht 5, Rn. 137. Unterlegt wird diese zuordnende Wirkung durch „Schutzrechte“ bei unbefugter Einmischung Dritter, d. h. bei unberechtigter Einziehung der Forderung durch einen Nichtberechtigten (§ 816 Abs. 2 BGB). 16 Vgl.
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Befund, dass jedes subjektive Recht20 dem Rechtssubjekt einen ausschließlichen Herrschaftsbereich verschafft, schließt es freilich nicht aus, subjektive Vermögensrechte nach abstrakt-strukturellen Merkmalen in obligatorische und dingliche resp. relative und absolute Rechte zu untergliedern.21 Auch die (fragwürdige) Feststellung, dass dem Gläubiger die (geschuldete) Leistung, die einzelne Handlung des Schuldners, in vergleichbarer Weise zugeordnet sei wie dem Eigentümer seine Sache, ändert daran nichts. Zunächst einmal liegt hierin keine bahnbrechende oder gar revolutionäre Erkenntnis, sondern einfach nur eine Paraphrasierung der von Savigny grundlegend explizierten Zweiteilung der Gegenstände vermögensrechtlicher Rechtsverhältnisse: „die unfreye Natur und fremde Personen“.22 Soweit man nun aber die summa divisio zwischen Obligationen- und Sachenrecht einzuebnen versucht, indem in Analogie zum dinglichen Recht zwischen dem Gegenstand der Forderung und – mit sprachlichen Nuancierungen – der Forderungszuständigkeit, dem Dispositionsrecht über die Forderung oder gar dem Forderungseigentum unterscheidet, entpuppt sich dies als begriffsjuristische Chimäre.23 Über den elementaren Unterschied zwischen obligatorischen und dinglichen Rechten vermag die Erfindung eines vom Schuldverhältnis i. e. S. abstrahierten „Forderungseigentums“ kaum hinwegzutäuschen: Während das Sachenrecht eine vom subjektiven Recht unterscheidbare „Sache“, sei es eine Sache „im eigentlichen Sinne“, sei es eine „juristische“ Sache, namentlich ein subjektives Recht,24 zuordnet, kann der Bezugspunkt der Forderung ohne das vermeintliche Forderungseigentum gar nicht „gedacht“ werden.25 Weil das (geschuldete) Tun, Dulden oder Unterlassen eines Rechtssubjekts erst durch die Obligation rechtliche Relevanz erheischt und es ohne einen mit dem Schuldner nicht personenidentischen Gläubiger gar kein Schuldverhält20 Zu diesem umstrittenen Systembegriff siehe nur Medicus/Petersen, Allgemeiner Teil des BGB11, Rn. 61–72. 21 Trotz der in Fn. 9 nur angerissenen Verschleifungen zwischen personal rights und property rights resp. rights in personam und rights in rem durch die Equity-Dogmatik gilt dies auch für den anglo-amerikanischen Rechtskreis (vgl. Meagher/Gummow/Lehane (-Heydon/Leeming/ Turner), Equity: Doctrine and Remedies5, Rn. 4-010; Bell, Modern Law of Personal Property in England and Ireland, S. 6; Clarke/Kohler, Property Law, S. 18; Worthington, Personal Property Law, S. 19). 22 Savigny, System des heutigen römischen Rechts I, §§ 52, 53 (S. 333–335). 23 Auch wenn man mit Savigny ebd. die einzelne Handlung als Gegenstand der Obligation deutet und insoweit der unfreyen Natur als Gegenstand des Eigentums gegenüberstellt, bedeutet dies gerade nicht, dass es an jedem Gegenstand ein Eigentum gebe (so aber von Gierke, Deutsches Privatrecht II, § 120 (S. 367); zu Recht dagegen Wolff/R aiser, Sachenrecht10, § 51 IV 1 (S. 177–178)). 24 Grundlegend zur Einteilung der Sachen Windscheid, Lehrbuch des Pandektenrechts I5, § 137 I (S. 416–418); zum Sachbegriff siehe § 2 I. 2. 25 von Bar, Gemeineuropäisches Sachenrecht I, Rn. 228–229, 344. Soweit Jansen, AcP 216 (2016), S. 112, 215 meint, dass die Rechtsordnung auch künftig die Aufgabe habe, bei der Entwicklung neuer Rechte an immateriellen Gütern in maßvoller Weise Propertisierungs- und Zuweisungsentscheidungen treffen müsse, um einen sachgerechten Ausgleich mit konkurrierenden öffentlichen und privaten Interessen Dritter herbeizuführen. Jansen a. a. O. erkennt letztlich auch die abstrakt-begriffliche Unterscheidung von relativen und absoluten Rechten an: Die Zuordnung oder Propertisierung immaterieller Güter ist nichts anderes als ein dingliches Rechtsverhältnis, das sich von einem Schuldverhältnis unterscheidet.
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nis gibt26 , ist der „Gegenstand“ der Forderung mit dem eigentumsähnlichen (Verfügungs-)Recht an der Forderung identisch.27 Sind27 Rechtsobjekt und Verfügungsobjekt aber nur zwei Seiten derselben Medaille, ist mit der artifiziellen Distinktion zwischen Forderungsgegenstand und Forderungsrecht erkenntnistheoretisch nichts gewonnen: Weil die dem Eigentum zugeschriebene „Restrechts“-Funktion der Forderung per definitionem inhärent ist, läuft die Hypothese vom „eigentumsähnlichen Dispositionsrecht“ oder, noch pointierter, vom Eigentum an der Forderung auf eine für die Lösung umstrittener Rechtsfragen unbehelfliche und irrationale Verdoppelung ein und derselben vermögensrechtlichen Zuweisungsentscheidung hinaus.28 Dass die Existenz diverser zwischen Schuld- und Sachenrecht oszillierender Rechtsfiguren nichts an der prinzipiellen Unterscheidbarkeit relativer und absoluter Rechte ändert, ist überflüssig zu erwähnen. Es spielt auch keine Rolle, ob sich die Abgrenzung zwischen Schuldund Sachenrecht im regelungssystematischen Aufbau einer Zivilrechtskodifikation niederschlägt oder nicht. Die abstrakt-strukturelle Unterscheidung zwischen Schuld- und Sachenrecht bricht sich ungeachtet allfälliger Schnittmengen und Verschleifungen in den europäischen Nachbarrechtsordnungen Bahn.29 Letztlich ist auch das Privatrechtssystem des Common Law von dieser summa divisio getragen, 26 Daran ändert sich auch nichts, wenn der Gläubiger, z. B. bei der Auslobung (§ 657 BGB), nicht als reale Person, sondern nur nach allgemeinen Merkmalen bestimmbar ist. Gläubigerlose Forderungen erkennt die Rechtsordnung ebenso wenig wie schuldnerlose Forderungen an; vollständige personale Identität zwischen Schuldner und Gläubiger begründet entweder schon eine rechtshindernde, jedenfalls aber bei nachträglicher Vereinigung von Schuld und Forderung, eine rechtsvernichtende Einwendung (Konfusion); anderes gilt nur dann, wenn einem Dritten ein Nießbrauch oder ein Pfandrecht an der Forderung zusteht (MünchKomm (-Pohlmann), BGB VII7, § 1072 Rn. 4; Staudinger (-Heinze), BGB (2017), § 1072 Rn. 5 jeweils m. w. N.). 27 Soweit im vorvergangenen Jahrhundert vereinzelt dafür plädiert wurde, den Eigentumsbegriff in Anlehnung an die naturrechtliche Lehre auf unkörperliche Gegenstände zu erstrecken, lehnte die überwiegende Ansicht die damit verbundene Vermittlung des subjektiven Rechts durch ein davon zu unterscheidendes „abstrahiertes“ Eigentumsrecht entschieden ab (siehe nur Puchta, Vorlesungen über das heutige römische Recht I4, § 144 (S. 315); Windscheid/Kipp, Lehrbuch des Pandektenrechts I9, § 48 a (S. 218 mit Fn. 5). Zutreffend wurde erkannt, dass die gegenständliche Zuordnung überhaupt Voraussetzung für die Anerkennung eines subjektiven Rechts war und dieses daher unmöglich den Zuordnungsgegenstand für sich selbst bilden konnte, zumal es der Vorstellung eines auf dem – dem berechtigten Subjekt bereits zugeordneten – Recht lastenden Eigentums nicht bedurfte, um die Verkehrsfähigkeit des subjektiven Rechts zu ermöglichen (Windscheid/K ipp, ebd.). 28 von Bar, Gemeineuropäisches Sachenrecht I, Rn. 228–229, 343; Lieder, Die rechtsgeschäftliche Sukzession, S. 45–46. An dieser Stelle nicht weiterzuverfolgen ist die umstrittene Frage des bereicherungs- und deliktsrechtlichen Schutzes der Forderung resp. der Forderungszuständigkeit (näher BeckOGK BGB (-Spindler), Stand: 1.5.2019, § 823 Rn. 192–194; Larenz/Canaris, Schuldrecht II/213, § 76 II 4 g (S. 397–398); MünchKomm (-Wagner), BGB VI7, § 823 Rn. 291–292; Staudinger (-J. Hager), BGB (2017), § 823 Rn. B160-B166). In diesem Kontext ist freilich davor zu warnen, aus der angeblich gleichartigen Struktur absoluter und relativer Rechte falsche Schlüsse zu ziehen, zumal die vielfach geforderte Erstreckung des deliktsrechtlichen Schutzes auf die Forderungszuständigkeit u. a. mit Rücksicht darauf, dass eine Anzeige des (Neu-)Gläubigers an den Schuldner befreiende Leistungen des Schuldners an einen Nichtberechtigten z. B. gem. §§ 407 Abs. 1, 408 Abs. 1 BGB exkludiert, nicht über jede Kritik erhaben ist (Spindler ebd.). 29 von Bar, Gemeineuropäisches Sachenrecht I, Rn. 9.
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wenngleich sich die obligationenrechtliche Dogmatik mit Rücksicht auf die stilprägende equity-basierte Antizipation der Erfüllungswirkung fundamental von der im Civil Law vorherrschenden Trennung zwischen Schuld- und Sachenrecht abhebt.30 Eine selten beobachtete Parallele zwischen obligatorischen Rechten und Eigentum liegt hingegen darin, dass mehrstufig strukturierte Belastungen mit unendlich vielen begrenzten Rechten auf jedweder Stufe sowohl an Sachen als auch an übertragbaren Forderungen stattfinden, andererseits aber aus der Belastung eines subjektiven Rechts weder Eigentum noch eine bloße Forderung entsteht. Selbst soweit ein Nießbrauchs- oder Pfandrecht an einer Forderung bestellt wird – was das deutsche BGB in auffälligem Widerspruch zum stilprägenden engen Sachbegriff des § 90 BGB zulässt –, kann dieses Recht nicht mit einer (widerruflichen) Einziehungsermächtigung gleichgesetzt werden. Vielmehr korrespondiert mit der Belastung der „hypostasierten“ Forderung ein jedermann entgegensetzbares Recht,31 offenbart sich doch die absolute Wirkung des Forderungsnießbrauchs und des Forderungspfandrechts im Sukzessionsschutz, in der Zwangsvollstreckungs- und Insolvenzfestigkeit und in einem der Forderungszuständigkeit deckungsgleichen bereicherungs- und deliktsrechtlichen Klageschutz.32 Das Recht an der Forderung 30
Eingehend hierzu § 4 V. Beschluss v. 20.6.1910, KGJ 40, S. 165, 167 (hinsichtlich des Forderungsnießbrauchs); BayObLG, Beschluss v. 30.8.1967 – BReg. 2 Z 58/67, BayObLGZ 1967, S. 295, 299–300 (zur Verpfändung eines vormerkungsgesicherten Auflassungsanspruchs); BeckOK BGB (-Wegmann/ Reischl), Stand: 1.5.2019, § 1068 Rn. 5; MünchKomm (-Pohlmann), BGB VII7, § 1068 Rn. 11–13; Wolff/R aiser, Sachenrecht10, § 175 I (S. 718). Andererseits wird immer wieder betont, dass sich die Natur des Nießbrauchs bzw. des Pfandrechts nach dem jeweils belasteten Recht richten; Nießbrauchs- und Pfandrechte seien deshalb relative Rechte (Wolff/R aiser, Sachenrecht10, § 120 I (S. 482); Hauck, Nießbrauch an Rechten, S. 201–204). Andere Autoren ordnen Rechte an relativen Rechten weder exklusiv den absoluten noch den relativen Rechten zu, sondern beschränken sich auf die Feststellung, dass der Nießbrauch und das Pfandrecht an einer Forderung ebenso wie die Forderung selbst hinsichtlich der „Objektseite“ (des geschuldeten Gegenstandes) relativer Natur, hinsichtlich der „Subjektseite“ (der Zuständigkeit des Rechtsinhabers) absoluter Natur sei (Wilhelm, Sachenrecht5, Rn. 135–145). 32 Dies sind bekanntlich die typischen Merkmale dinglicher Rechte (statt vieler siehe nur Canaris, FS Flume I, S. 372, 373–374). Der Sukzessionsschutz des Nießbrauchers und des Pfandgläubigers an der Forderung ergibt sich inzident aus der Vorschrift über die Einziehungszuständigkeit im Fall konkurrierender (vertraglicher oder gesetzlicher) Forderungspfandrechte (§ 1290 BGB); diese Vorschrift setzt die Geltung des Prioritätsprinzips zwischen mehreren Rechten an der Forderung voraus. Wird ein älteres Pfandrecht aber nicht durch die erneute Forderungsverpfändung an einen anderen Gläubiger verdrängt, gilt für die Übertragung der belasteten Forderung nichts anderes; das Nießbrauchs- bzw. Pfandrecht an der Forderung ist mithin mit einem droit de suite ausgestattet. Ausdrücklich normiert ist hingegen die Einschränkung der Einziehungs- und Empfangszuständigkeit des Forderungsgläubigers (§§ 1074, 1078, 1281, 1282 BGB); dieser kann dieser die Forderung – vorbehaltlich §§ 406, 407 BGB i. V. m. §§ 1070 Abs. 1, 1275 Var. 1 BGB – nicht mit Wirkung gegen den Nießbraucher/Pfandgläubiger einziehen oder in sonstiger Weise über die Forderung verfügen, z. B. durch Erlass oder Vergleich (1071, 1276 BGB). Abgesehen davon zeigt sich die sachenrechtliche Prägung der Forderungsbelastung in der Existenz eines Numerus Clausus – mit Ausnahme des Pfandrechts und des Nießbrauchs sind den Parteien Forderungsbelastungen verwehrt, wobei die inhaltliche Fixierung freilich gelockert ist (vgl. § 1284 BGB) – sowie in der unmittelbaren Ersetzung der Forderung durch den Leistungsgegenstand kraft Bewirkung der 31 KG,
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erfüllt die klassischen Kriterien eines dinglichen Rechts. Dass es an der obligatorischen Wirkung des betroffenen Rechts partizipiert, mithin ebenso wenig wie die Forderung jedermann zu verpflichten vermag, ändert an der absoluten Wirkung geschuldeten Leistung (§§ 1075, 1287 BGB). Soweit entgegengehalten wird, der Forderungsnießbraucher bzw. Forderungspfandgläubiger könne im Fall der Insolvenz des Forderungsschuldners nur als Insolvenzgläubiger die Forderung geltend machen, ist dieser Befund zwar zutreffend, aber unerheblich, weil es auf das bilaterale Verhältnis zum Schuldner nicht ankommt. Dass das aus dem Nießbrauch/Pfandrecht resultierende Einziehungsrecht (§§ 1074 S. 1, 1077 Abs. 1 S. 2, 1281 S. 2, 1282 Abs. 1 S. 1 BGB) keine über die Insolvenzforderung hinausreichenden Befugnisse gegen den Insolvenzverwalter des Schuldners zu zeitigen vermag, ist selbstverständlich. Maßgeblich ist vielmehr, dass die Bestellung eines begrenzten Rechts die Forderung, anders als eine Rechtsnachfolge auf Gläubigerseite, ein trilaterales Rechtsverhältnis zwischen Schuldner, Gläubiger und Pfandgläubiger/Nießbraucher konstituiert. Dementsprechend bewährt sich das belastende Recht nicht allein gegenüber dem Besteller des Nießbrauchs/Pfandrechts, sondern gegenüber dem jeweiligen Forderungsgläubiger sowie allen weiteren Subjekten, die sich Rechte an der Forderung anmaßen, z. B. Vollstreckungsgläubiger. Im Unterschied zu einem obligatorischen Recht auf die Forderung folgt aus dem Forderungspfandrecht die Klage auf abgesonderte Befriedigung gem. § 805 ZPO, während ein antichretisches Forderungspfandrecht sowie ein Forderungsnießbrauch sogar ein Interventionsrecht i. S. d. § 771 ZPO begründet (für das (Nutzungs-)Pfandrecht an einer Forderung siehe MünchKomm (-Damrau), BGB VII7, § 1290 Rn. 5; NomosKomm (-Bülow), BGB III4, § 1290 Rn. 7; Staudinger (-D. Wiegand), BGB (2019), § 1290 Rn. 6; für den Forderungsnießbrauch siehe MünchKomm (-Pohlmann), BGB VII7, § 1068 Rn. 13). Soweit vorgebracht wird, dass sich daraus kein entscheidender Unterschied zur Forderungsabtretung ergebe, weil auch der Zessionar den Gläubigern des Zedenten entgegenhalten könne, er – der Zessionar – sei Inhaber der gepfändeten Forderung (Soergel (-Habersack), BGB XVI13, § 1273 Rn. 2), ist dies zwar zutreffend: Wird die bereits abgetretene vermeintliche Forderung des Zedenten von dessen Gläubigern gepfändet, ist die Pfändung nicht lediglich (mittels Erinnerung gem. § 766 Abs. 1 S. 1 ZPO) anfechtbar, sondern schlechthin nichtig; eine nachträgliche Konvaleszenz der Pfändung analog § 185 Abs. 2 BGB scheidet mangels wirksamer Verstrickung aus (BGH, Urteil v. 12.12.2001 – IV ZR 47/01, NJW 2002, S. 755, 757; Musielak/Voit (-Becker), ZPO15, § 804 Rn. 8, § 829 Rn. 17; Lackmann, Zwangsvollstreckungsrecht10, Rn. 301). Dessen ungeachtet hat der Zessionar nach allg. Ansicht das Recht, sich mittels Drittwiderspruchsklage gegen den Schein der wirksamen Pfändung zu verteidigen, obschon § 836 Abs. 2 ZPO nicht zugunsten des Schuldners anzuwenden ist (vgl. BGH, Urteil v. 8.12.1976 – VIII ZR 108/75, NJW 1977, S. 384, 385; MünchKomm (-K. Schmidt/Brinkmann), ZPO II5, § 771 Rn. 18, 59; Musielak/Voit (-Lackmann), ZPO15, § 771 Rn. 20). Indes untermauert dies die Richtigkeit der hier vertretenen Ansicht: Sowohl die Forderungsabtretung als auch die Forderungsbelastung entfalten absolute Wirkung, bewirken mit Wirkung erga omnes eine Neuzuordnung der Forderung, die Dritten, seien es bloße Forderungsprätendenten, seien es konkurrierende (Pfändungs-)Pfandgläubiger der belasteten Forderung, entgegensetzbar ist. Zweifelhaft ist jedoch, ob der Nießbrauch und das Pfandrecht an einem (relativen) Recht als „sonstige Rechte“ i. S. d. § 823 Abs. 1 BGB mit deliktsrechtlichem Schutz auszustatten sind (dafür RG, Urteil v. 25.6.1924 – I 282/23, RGZ 108, S. 318, 320, 321 (Verletzung des Forderungspfandrechts durch Einziehung der Forderung entgegen § 1281 BGB); siehe jedoch RG, Urteil v. 28.10.1932 – VII 141/32, RGZ 138, S. 252, 255–257 (Verletzung des Forderungspfandrechts durch Leistung oder Aufrechnung verneint); prinzipiell auch MünchKomm (-Pohlmann), BGB VII7, § 1068 Rn. 14, die freilich den schmalen Anwendungsbereich des deliktsrechtlichen Schutzes des Nießbrauchs wegen des prinzipiellen Ausschlusses eines gutgläubig-lastenfreien Forderungserwerbs akzentuiert; a. A. BeckOGK BGB (-Spindler), Stand: 1.5.2019, § 823 Rn. 161). Richtigerweise ist insoweit ein Gleichlauf mit dem Schutz der Forderungszuständigkeit geboten: Lehnt man diesen mit vertretbarer Argumentation ab, kann für Forderungsnießbrauch und Forderungspfandrecht nicht anders entschieden werden (Spindler a. a. O.; dagegen konsequent für deliktsrechtlichen Schutz der Forderungszuständigkeit und entsprechenden Schutz des Forderungspfandrechts MünchKomm (-Wagner), BGB VI7, § 823 Rn. 271–272; Staudinger (-J. Hager), BGB (2017), § 823 Rn. B127).
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des Rechts an der Forderung nichts. Wenig überraschend ist denn auch das Prinzip der Typenfixierung aufgeweicht: Die den Parteien verliehene Gestaltungsfreiheit im Hinblick auf Empfangs- und Einziehungszuständigkeiten bezieht sich auf das bilaterale Verhältnis zum Schuldner.33 Auf der anderen Seite belegt der Befund, dass dingliche Rechte durch Ansprüche und Klagerechte gegen Dritte durchgesetzt werden, nicht, dass aus der Belastung eines Rechts (dingliche) Forderungen entstehen. Es entstehen vielmehr Sachenrechte, die zur bestimmungsgemäßen Verwirklichung mit Ansprüchen unterlegt sind; die Obligation ist hier nur eine Manifestation des latent jedermann entgegensetzbaren Sachenrechts, zumal die Erfüllung des Rechtsverwirklichungsanspruchs nicht zum Erlöschen des dinglichen Rechts führt. Auch der Umstand, dass aus der Belastung eine Handlungs-, Duldungs- oder Unterlassungspflicht des Eigentümers resp. des Inhabers des belasteten Rechts folgt, bedeutet nicht, dass das dingliche Recht mit einer bloßen Forderung in eins gesetzt werden darf. Soweit die Person des Schuldners zwingend und ggf. auch die des Gläubigers durch eine Sachzuordnung bestimmt wird, kann von einem obligatorischen Recht keine Rede sein; Korrelat der Pflicht des jeweiligen Eigentümers ist das dingliche Recht eines anderen, sei es eine individuell bestimmte Person, sei es der jeweilige Eigentümer einer anderen Sache.34 Auch die früher verbreitete Klassifizierung des Pfandrechts 33 Vgl. § 1284 BGB. Zu beachten ist allerdings, dass z. B. zum Schutz des Pfandgläubigers eines (durch Vormerkung gesicherten) Auflassungsanspruchs eine Auflassung des Grundstücks an den Gläubiger ohne Mitwirkung des Pfandgläubigers nur dann in Betracht kommt, wenn dem Grundbuchamt nachgewiesen wird, dass insoweit die Anwendung der §§ 1281 bis 1283 BGB abbedungen worden ist; ist dies nicht der Fall muss die Zustimmung Pfandgläubigers in der Form des § 29 Abs. 1 Satz 1 GBO nachgewiesen werden (BayObLG, Beschluss v. 30.8.1967 – BReg. 2 Z 58/67, BayObLGZ 1967, S. 295). 34 Dies gilt nicht nur für Grunddienstbarkeiten und beschränkte persönliche Dienstbarkeiten, die dem jeweiligen Eigentümer des dienenden Grundstücks eine Duldungs- oder Unterlassungspflicht auferlegen (§§ 1018, 1090 Abs. 1 BGB), sondern auch für alle anderen dinglichen Rechte. So erschöpft sich die Reallast, das sog. Stammrecht i. S. v. § 1105 Abs. 1 S. 1 BGB, nicht darin, dass der Eigentümer für die einzelnen Leistungen, soweit sie während der Zeit seines Eigentums am Grundstück fällig werden, auch persönlich haftet (§ 1108 Abs. 1 BGB); diese persönliche Haftung flankiert lediglich das dingliche Recht, aus dem der Reallastgläubiger wegen der einzelnen Leistungen die Zwangsvollstreckung in das Grundstück, typischerweise im Wege der Zwangsverwaltung, betreiben und sich dementsprechend mit dem Rang seines Sachenrechts aus dem Erlös befriedigen kann (§§ 1107, 1147 BGB). Aufgrund der in §§ 914 Abs. 3, 917 Abs. 2 S. 2 BGB bestimmten Verweisung auf das Regime der subjektiv-dinglichen Reallast (§§ 1105 Abs. 2, 1110 Abs. 2 BGB) – was auch die charakteristische Befugnis zur Befriedigung aus dem betroffenen Grundstück umfasst (§§ 1107, 1147 BGB) – gilt für Notweg- und Überbaurenten nichts anderes. Diese sind nicht bloße Forderungen, sondern stehen als wesentliche Bestandteile des rentenbegünstigten Grundstücks dem jeweiligen Eigentümer desselben gegen den Eigentümer des durch den Notweg begünstigten Grundstücks bzw. des Grundstücks, von dem übergebaut wurde, zu (§§ 913 Abs. 1, 914 Abs. 3, 917 Abs. 2 S. 2, 1110, 96, 93 BGB); die Besonderheit derselben im Vergleich zu anderen Liegenschaftsrechten liegt darin, dass sie kraft Gesetzes als nicht eintragungsfähige Rechte entstehen und allen anderen Belastungen unter Durchbrechung des Prioritätsprinzips im Rang vorgehen (§§ 914 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1, 917 Abs. 2 S. 2 BGB). Entsprechendes gilt bei Beeinträchtigung einer Dienstbarkeit oder eines Erbbaurechts an dem durch den Überbau bzw. durch das Notwegrecht betroffenen Grundstück; das Rentenrecht steht dem jeweiligen Dienst-
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als obligatio rei darf nicht darüber hinwegtäuschen35, dass sich ein ius in re nicht in einem Schuldverhältnis erschöpft, sondern durch ein Schuldverhältnis mit dem jeweiligen Inhaber des betroffenen Rechts flankiert wird. Anders gewendet: Die Forderung ist „Sache“ i. w. S., niemals aber Recht an einem anderen Recht. Letzteres macht eine funktionale und eine strukturelle Parallele zwischen dem Eigentum und der Forderung sichtbar: Während das Rechtsinstitut des Eigentums primär dem übergreifenden öffentlichen Interesse an der Zuweisung zirkulationsfähiger, monopolisierter Herrschaftsrechte an realen Sachen und Grundstücken dient, wird der gewünschten Zirkulationsfähigkeit obligatorischer Rechte durch das Institut der Abtretung Rechnung getragen. Aus der Veräußerlichkeit ergibt sich die Belastbarkeit und das hieraus folgende ultimative „Restrechts“-Attribut der Forderung und des Eigentums: Erlöschen sämtliche Belastungen, erstarkt das betroffene Recht zu voller Kraft. Während auf die Residualkompetenz noch gesondert einzugehen ist, bedarf es vorab einiger Klarstellungen zum Sachbegriff. Denn mit der belastungsgestützten „Vergegenständlichung“ sämtlicher veräußerlicher Rechte einschließlich obligatorischer Rechte gerät das von den Gesetzesverfassern mit apodiktischer Entschlossenheit verkündete Dogma, dass allein an Sachen „im eigentlichen Sinne“, scil. an körperlichen Gegenstände i. S. v. § 90 BGB, dingliche Rechte bestehen könnten 36 , unter Druck.
2. Der Sachbegriff Die Widersprüchlichkeit des Sachbegriffs des deutschen BGB lässt sich mühelos entlarven.37 Erstens ist die systematische Platzierung des Nießbrauchs und des Pfandrechts an Forderungen und anderen Rechten im vierten bzw. achten Abbarkeits- bzw. Erbbaurechtsberechtigten als wesentlicher Bestandteil des dinglichen Rechts zu (§§ 916, 917 Abs. 2 S. 2, 914 Abs. 3, 1110, 96, 93 BGB). 35 Im vorvergangenen Jahrhundert war die Konzeption des Pfandrechts als obligatio rei bzw. als obligatio pignus noch sehr verbreitet (sympathisierend Exner, Kritik des Pfandrechtsbegriffs nach römischem Recht, S. 49–53, der die Verwandtschaft zwischen Obligation und Pfandrecht in der „Spannung auf den Vermögenswerth“ und dem „Haften für Etwas“ erkennt, gleichwohl aber die unterschiedliche rechtliche Struktur von Obligation und Pfandrecht betont). Auch Grundpfandreche sind keine Obligationen, sondern dingliche Rechte am Grundstück; dabei kommt es auch nicht darauf an, ob man mit der tradierten Ansicht dem Grundpfandrechtsgläubiger einen Anspruch auf Duldung der Zwangsvollstreckung oder mit der vordringenden Ansicht einen Anspruch auf Leistung einer Geldsumme zuspricht (siehe hierzu § 5 I mit Fn. 5). Das dingliche Recht erschöpft sich nicht in einer Forderung, ermöglicht vielmehr eine Befriedigung aus dem belasteten Grundstück mittels Zuordnungsänderungsbefugnis, die sich allerdings – im scharfem Kontrast zu §§ 1228 Abs. 1, 1235 Abs. 1 BGB – nicht in einer Befugnis zur lastenfreien Veräußerung des belasteten Eigentums, sondern in der Befugnis zur Beendigung resp. Suspendierung des belasteten Eigentums durch Zwangsversteigerung resp. Zwangsverwaltung gem. § 866 ZPO offenbart (vertiefend von Bar, Gemeineuropäisches Sachenrecht I, Rn. 415). 36 Mot. III, S. 2. 37 Näher zur Genese des engen Sachbegriffs des dt. BGB und den modifizierten Konzeptionen des Sachbegriffs in der Lehre Rüfner, in: Leible, Unkörperliche Güter im Zivilrecht, S. 33–49; Wiegand, FS H. P. Westermann, S. 731, 732–734. Während der BGB-Gesetzgeber den Sachbegriff in scharfem Kontrast zur überkommenen naturrechtlichen Lehre für körperliche Gegenstände
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schnitt des dritten Buches mit der Legaldefinition der Sache unvereinbar. Entweder ist der regelungssystematische Standort falsch oder der Sachbegriff zu eng – tertium non datur.38 Zweitens ist der Anteil eines Miteigentümers – ungeachtet der umstrittenen Deutung des Bruchteils eines Rechts39 – ein vergeistigtes Produkt der Rechtsordnung, nicht ein lebensweltlicher Gegenstand, was aber eine unmittelbare Anwendung der §§ 1030 ff., 1204 ff. BGB auf die Belastung von Miteigentumsanteilen prinzipiell ausschließen müsste, obschon doch das Gesetz die unmittelbare Anwendung der vorgenannten Vorschriften implizit voraussetzt (arg. e §§ 1066, 1258 BGB).40 Drittens erweist sich der Sachbegriff mit Rücksicht auf die Anerkennung von Rechten an Grundstücken, Miteigentumsanteilen (§§ 1095, 1106, 1114 BGB) und „grundstücksgleichen“ Rechten sowie Rechten an nicht „grundstücksgleichen“ Grundstücksrechten (vgl. §§ 873 Abs. 1 Var. 4, 876, 880 Abs. 3, 883 Abs. 1 S. 1, 892 Abs. 1 S. 1, 894 BGB) als zu eng.41 Viertens: Liegt das Wesen der Dinglichkeit „in der unmittelbaren Macht über die Sache“ und kann es eine solche „reale Macht“ nur an körperlichen Dingen geben,42 wäre auf dem Boden des Dinglichkeitskonzepts der Gesetzesverfasser doch der Besitz, die tatsächliche Gewalt über die Sache (§ 854 Abs. 1 BGB), der Idealtypus, wenn nicht sogar das einzige genuine dingliche Recht.43 Letztlich kam der BGB-Gesetzgeber auch nicht daran vorbei, Rechte in einzelnen Beziehungen, nämlich im Kontext der Belastung als Sachen zu behandeln, hielt aber gleichwohl am engen Sachbegriff fest, ohne sich um die aufgezeigten Widersprüche zu scheren.44 reservierte, erstreckt sich der von der naturrechtlichen Doktrin beeinflusste weite Begriff der biens (Art. 516 C. civ.) auf sämtliche körperlichen und unkörperlichen Gegenstände des Rechtsverkehrs; das Eigentumsrecht (la proprieté) ist deshalb auch nicht auf körperliche Gegenstände beschränkt (vgl. Akkermans, The Principle of Numerus Clausus in European Property Law, S. 90, 409). Mit einem vergleichbar weiten, reine Rechte umschließenden Sachbegriff operiert das österreichische Recht (vgl. §§ 285, 292, 298 ABGB); eigentumsfähig sind konsequenterweise alle körperlichen und unkörperlichen Sachen (§ 353 ABGB). 38 Soergel (-Habersack), BGB XVI13, Vor § 1204 Rn. 2 stellt fest, dass die Belastung der Forderung mit Nießbrauchs- und Pfandrechten systematisch stimmig im Zusammenhang der §§ 398 ff. BGB hätte geregelt werden sollen; daran anknüpfend hätte es sich angeboten, eine § 413 BGB vergleichbare Norm aufzunehmen, die für die Belastung anderer Rechte auf die Vorschriften über die Forderungsbelastung verweist. 39 Siehe hierzu § 2 IV. 1. a). 40 Dies ist allgemein anerkannt (RG, Urteil v. 21.1.1935 – IV 261/34, RGZ 146, S. 334, 335– 336; Erman (-Bayer), BGB II15, § 1066 Rn. 1; Erman (-J. Schmidt), BGB II15, § 1258 Rn. 1; MünchKomm (-Pohlmann), BGB VII7, § 1066 Rn. 2; MünchKomm (-Damrau), BGB VII7, § 1258 Rn. 1). 41 Denn von einem körperlichen Gegenstand kann bei einem Grundstück, erst recht bei einem juristischen Grundstück in Gestalt eines grundstücksgleichen Rechts keine Rede sein (vertiefend von Bar, Gemeineuropäisches Sachenrecht I, Rn. 179–219, der Grundstücke – als normative Sachen mit physischem Substrat – begrifflich-systematisch scharf von realen Sachen, d. h. körperlichen Gegenständen, unterscheidet). 42 Mot. III, S. 2. 43 So auch E. Fuchs, Das Wesen der Dinglichkeit, S. 11. 44 Lakonisch die erste BGB-Kommission zu dem in § 778 des ersten Entwurfs vorgelegten engen Sachbegriff: „Die negative Bedeutung des § 778, daß Rechte keine Sachen sind, schließt die Anwendung der für Sachen geltenden Vorschriften auf Rechte aus. Daß das Gesetz von dieser Regel abweichen kann, versteht sich von selbst, braucht mithin hier nicht hervorgehoben zu wer-
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a) Das Konzept des „Rechts am Recht“ Die im vorvergangenen Jahrhundert geführte Diskussion, ob ein Recht an einem Recht denktheoretisch überhaupt möglich sei,45 hat sich durch die Integration des Nießbrauchs und des Pfandrechts an Rechten in das dritte Buch des BGB nicht vollends erledigt.46 Wenngleich diese Diskussion um die noch gesondert zu erden.“ (Mot. III, S. 33). Auch zu der im vorvergangenen Jahrhundert umstrittenen Deutung der „Rechte am Rechte“ nahmen die Gesetzesverfasser nicht Stellung; „Die Frage, ob man ein Recht in gleicher Weise als Gegenstand eines Rechtes ansehen könne, wie eine Sache, eine Person (oder die Handlungen einer Person), ist theoretischer Natur und kann dahingestellt bleiben.“ (Mot. III, S. 539). 45 Vgl. Exner, Kritik des Pfandrechtsbegriffs nach römischem Recht, S. 11–24; Krückmann, AcP 103 (1908), S. 139, 164–174; weitere Nachweise aus dem älteren Schrifttum bei Westermann/ Gursky/Eickmann (-Gursky), Sachenrecht8 , § 135 Rn. 3. Obschon sich der Begriff „Recht am Recht“ als Analogon zum „Recht an der Sache“ sich im juristischen Sprachgebrauch des vorvergangenen Jahrhunderts allmählich verfestigte, blieb die damit zum Ausdruck gebrachte juristische Vorstellung, ein (dingliches) Recht bilde seinerseits den Gegenstand eines anderen dinglichen Rechts, äußerst umstritten; diese akademische Kontroverse überschnitt sich mit der übergreifenden Kernfrage, wie die Einräumung von iura in re aliena rechtskonstruktiv zu erklären sei. Mit dem pandektistischen Sachbegriff, dem verengten Dinglichkeitskonzept und der sich hervorbildenden Lehre von der konstitutiven Sukzession ließ sich die Vorstellung eines Rechts am Recht offenbar nicht in Einklang bringen. Unter Verweis auf die von ihm maßgeblich geprägten Lehre von der konstitutiven Übertragung meinte Bekker, dass das (vermeintliche) Recht am Recht in Wirklichkeit stets zugleich ein Recht an der dem konstitutiv übertragenen Recht unterworfenen Sache resp. Person sei; das Recht am Recht gehe ausnahmslos aus konstitutiven Übertragung hervor, beziehe sich mithin als Tochterrecht auf das dem Mutterrecht jeweils zugeordnete Objekt (Bekker, Pandektenrecht I, § 20, Beilage II (S. 64–65)). Trotz der vorgebrachten Kritik lehnte Bekker, a. a. O., den Begriff „Recht am Recht“ nicht vollständig ab, fasste hierunter aber nicht nur das pignus nominis und den Quasiususfructus, sondern auch sog. Gegenrechte wie z. B. negative Dienstbarkeiten und Verjährungseinreden. Von einem Großteil der pandektistischen Doktrin wurde die Vorstellung eines Rechts am Recht noch entschiedener abgelehnt (siehe z. B. Exner, Kritik des Pfandrechtsbegriffs nach römischem Recht, S. 11–24; pointiert – zu der Frage, ob die Servitut ein selbstständiges dingliches Recht oder bloß Gegenstand des Eigentumsrechts sei – von Vangerow, Pandekten I7, S. 688: „[…] ein Recht aber, welches kein Recht, sondern der Gegenstand eines Rechts sein soll, [ist] ein logisches und juristisches Unding.“). Weil das subjektive Recht dahin zu deuten sei, dass der Wille des Berechtigten, d. h. die von der Rechtsordnung verliehene Willensmacht, für eine Sache oder eine Person maßgebend sei, lief die Belastung des subjektiven Rechts mit einem anderen Recht nach konventioneller Sichtweise auf die Preisgabe des zu belastenden Rechts selbst hinaus; mit den Gesetzen der Rechtslogik sei es unvereinbar, dass der Wille des Subjekts wiederum für den maßgeblichen Willen eines anderen Subjekts maßgebend sei; mit der Belastung müsse das subjektive Recht aufhören, fremdes Recht zu sein, weshalb man sich die Belastung als (qualitative) Übertragung zu denken habe. 46 So halten die Vertreter der sog. Absonderungslehre daran fest, dass die im BGB gewählten Formulierungen „Nießbrauch an Rechten“ und „Pfandrecht an Rechten“ als sprachliches Kürzel für die Absonderung und Verselbstständigung einzelner Elemente des betroffenen Rechts stehe, weshalb präziser von einem „Recht aus einem Recht“ gesprochen werden müsse (von Tuhr, Allgemeiner Teil II/1, § 45 II 1 (S. 66); Lieder, Die rechtsgeschäftliche Sukzession, S. 46; Wilhelm, Sachenrecht5, Rn. 124: „Ist so einerseits vom Recht am Recht aus darauf zu schließen, dass auch beschränkte Rechte an Sachen in Wirklichkeit Rechte an einem Recht sind und so beide Kategorien von Rechten gleich sind, so ergibt umgekehrt die Kategorie der Rechte an Sachen, dass auch beim sog. Recht am Recht nicht etwa ein Recht Gegenstand eines anderen Rechts, dass es vielmehr Teil aus einem anderen Recht ist. Die Gleichheit von beschränkten Rechten an Sachen und Rechten an
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örternde rechtsdogmatische Erklärung der Belastungswirkungen kreist,47 sind bereits an dieser Stelle einige klarstellende Ausführungen geboten. In rechtslogischer Hinsicht ist gegen die Vorstellung, dass ein subjektives Recht – die Befugnis zu einem „Handeln-Dürfen“ – dem Willen eines anderen Rechtssubjekts unterworfen wird, nichts einzuwenden; Rechte können nicht anders als Sachen (i. S. lebensweltlicher Gegenstände) als Bezugspunkt von Rechten konzipiert werden.48 Wie für die Forderungsbelastung angerissen, erhellt ein Blick auf die Rechtsfolgen der Belastung, dass sämtliche begrenzten Rechten ungeachtet ihres Bezugspunktes die wesentlichen Merkmale dinglicher Rechte, namentlich Sukzessionsschutz, Zwangsvollstreckungs- und Insolvenzfestigkeit und auch absoluten Klageschutz, aufweisen.49 Als Verfügungsgeschäft wirkt die Belastung nicht weniger absolut als die Übertragung des betroffenen Rechts. Sofern aus der Belastung eines qua Belastung entstandenen begrenzten Rechts ein drittes Recht resultiert, gilt nichts anderes; die Natur des „Grundrechts“ ist belanglos. Das begrenzte Recht zweiten Grades, das „herrschende“ Recht, ist ein absolutes Recht am begrenzten Recht ersten Grades, d. h. am dienenden Recht. Entsprechendes gilt für jede Belastung höheren Grades. Der einzige Unterschied zwischen Rechten an Sachen i. S. v. § 90 BGB und Rechten an (reinen) Rechten liegt darin, dass es bei letzteren kein Analogon zur tatsächlichen Sachherrschaft gibt; ein echter Rechtsbesitz ist dem geltenden Recht unbekannt.50 An der dinglichen Qualität des konstituierten Rechts an der Sache (i. w. S.) ändert dies nichts. Legt man die von Larenz entwickelte konzeptionelle Unterscheidung Rechten im Hinblick darauf, dass beides Rechte an Rechten sind, konkretisiert sich dahin, dass beide Rechte an Rechten in der Weise sind, dass sie – wie oben gesehen, iS einer Belastung des anderen Rechts – Teil aus dem anderen Recht, nicht aber Rechte mit dem anderen Recht als Gegenstand sind.“ (Hervorheb. auch im Original); näher zur dogmatischen Erklärung der Belastungswirkungen § 2 III). Folgerichtig sei das eingeräumte Recht, da es diverse „Splitter“ des belasteten Rechts in sich trage, von derselben Beschaffenheit wie das verkürzte Recht (von Tuhr, Allgemeiner Teil II/1, § 45 II 2 (S. 69); Habersack, Sachenrecht8 , Rn. 10–12; Lieder, Die rechtsgeschäftliche Sukzession, S. 46–47; Soergel (-Habersack), BGB XVI13, Vor § 1204 Rn. 2–3; Wolff/R aiser, Sachenrecht10, § 120 I (S. 482); näher Wilhelm, Sachenrecht5, Rn. 124–128, 135–145 der allerdings nicht verhehlt, dass auch dem Nießbrauch und dem Pfandrecht an einer Forderung eine absolute Dimension hinsichtlich der „Subjektseite“ eigentümlich ist). 47 Eingehend § 2 III. 48 Schon Bremer, Das Pfandrecht und die Pfandobjecte, S. 36 ff., wies die Einwände der im pandektistischen Schrifttum verbreiteten Ansicht, dass einzig an körperlichen Gegenständen dingliche Rechte „gedacht“ werden können, überzeugend zurück; aus jüngerer Zeit Westermann/ Gursky/Eickmann (-Gursky), Sachenrecht8 , § 135 Rn. 3; Wolff/R aiser, Sachenrecht10, § 120 I (S. 482); vertiefend zur Konzeption der „Rechte an Rechten“ Hauck, Nießbrauch an Rechten, S. 38–140. 49 Siehe Fn. 32. 50 Im deutschen Recht fungiert allenfalls die tatsächliche Ausübung eines Grundstücksrechts als Substitut des Besitzes, z. B. im Kontext der Tabularersitzung von Grundstücksrechten (§ 900 Abs. 2 S. 1 BGB) und bei der Erstreckung des possessorischen Besitzschutzes auf die Störung der Ausübung von Dienstbarkeiten (§ 1029 BGB). Eingehend zur Thematik des „Rechtsbesitzes“ von Bar, FS Baums I, S. 127–140; ders., Gemeineuropäisches Sachenrecht II, Rn. 44–55, der Besitz an rein normativen Sachen, namentlich Forderungen, generell für eine „hoch problematische Konstruktion“ hält.
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zwischen „Rechtsgegenständen erster Ordnung“ (Rechtsobjekten) und „Rechtsgegenständen zweiter Ordnung“ (Verfügungsobjekten)51 zugrunde, sind kategoriale Überscheidungen natürlich unvermeidbar.52 Prinzipiell sind alle Verfügungsobjekte zugleich Rechtsobjekte; die Anerkennung der Veräußerlichkeit impliziert die Belastbarkeit eines subjektiven Rechts.53 Das bedeutet freilich nicht, dass man das Eigentum und nicht die Sache (i. S. v. § 90 BGB) als „Gegenstand“ eines be51 Grundlegend Larenz, Allgemeiner Teil des deutschen Bürgerlichen Rechts1, § 22 (S. 285– 302); verkürzt fortgeführt in jüngeren Auflagen; siehe z. B. Wolf/Neuner, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts11, § 24 Rn. 1–4. 52 Dies einräumend Wolf/Neuner, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts11, § 24 Rn. 3. Hauck, Nießbrauch an Rechten, S.136–140 setzt der Larenzschen Unterscheidung zwischen Rechts- und Verfügungsobjekt deshalb die These entgegen, dass es überhaupt nur „Rechte an Rechten“ gebe, weil nur Rechte, nicht „rein tatsächlich existierende Phänomene“ für die Rechtsordnung relevant seien. Deshalb erfasse der juristische Gegenstandsbegriff nur Rechte, während tatsächliche Phänomene (körperliche Gegenstände i. S. v. § 90 BGB, Erfindungen, Knowhow, Software, Energie) als „Güter“ zu betrachten seien, an denen jeweils „Gegenstände erster Stufe“ bzw. „Stammrechte“ (Eigentum, Immaterialgüterrechten, Forderungen, Gestaltungsrechte, Mitgliedschaftsrechte, Gegenrechte) bestehen. An diesen „Gegenständen erster Stufe“ können wiederum „Gegenstände zweiter Stufe“ (beschränkte dingliche Rechte) bestehen, die, falls veräußerlich, wiederum mit „Gegenständen dritter Stufe“ usw. belastet werden können. Mit dieser begrifflich-systematischen Neujustierung des Gegenstandsbegriffs verbindet Hauck die noch gesondert zu würdigende These, dass die Belastung zu einer Vergemeinschaftung des betroffenen Rechts mit einer „Zugangseröffnung“ hinsichtlich der im belasteten Recht enthaltenen Befugnisse führe (Hauck, Nießbrauch an Rechten, S. 117–138). Der von Hauck vertretene Gegenstandsbegriff ist zwar in sich schlüssig, widerspricht freilich der dem BGB zugrunde liegenden Begriffs- und Institutionenbildung, weil nun einmal expressis verbis nur körperliche Gegenstände als „Sachen“, d. h. als Bezugspunkte von jedermann entgegensetzbaren Vermögensrechten (§ 90 BGB), gelten. Wenn das Gesetz auf der anderen Seite Rechte als taugliche „Gegenstände“ drittwirkender Vermögensrechte anerkennt (vgl. §§ 1068 Abs. 1, 1273 Abs. 1 BGB), nötigt dies nicht dazu, den privatrechtlichen Gegenstandsbegriff auf unkörperliche Gegenstände, scil. auf veräußerliche Rechte, zu verengen. Vorzugswürdig erscheint es, den Sachbegriff des BGB erweiternd auszulegen und hierunter alle Gegenstände zu fassen, auf die sich drittwirkende Rechte beziehen können (eingehend zur Klassifizierung sachenrechtstauglicher Gegenstände von Bar, Gemeineuropäisches Sachenrecht I, Rn. 164–229, der zwischen realen Sachen, normativen Sachen mit physischem Substrat (Grundstücke) und rein normativen Sachen unterscheidet). Unter diesen erweiterten Sachbegriff fallen dann sowohl körperliche Gegenstände i. S. v. § 90 BGB (Sachen i. w. S.) als auch übertragbare oder zumindest gem. § 857 Abs. 3 ZPO pfändbare Rechte (Sachen i. w. S.). Dass sich die Gesetzesverfasser dezidiert dagegen aussprachen, den Sachbegriff auf Rechte zu extendieren (Mot. III, S. 2), ist sub specie der drittwirkenden Qualität der Rechte an Rechten (Sachen i. w. S.) nicht ausschlaggebend, zumal die Vorschriften über den Nießbrauch an Sachen und das Pfandrecht an Sachen kraft Legalverweisung auf den Nießbrauch an Rechten und das Pfandrecht an Rechten entsprechend anzuwenden sind, soweit nicht ein anderes bestimmt ist (§§ 1068 Abs. 2, 1273 Abs. 2 S. 1 BGB). 53 Nur klarstellend sei erwähnt, dass ein subjektives Recht gar nicht ohne einen Bezugspunkt des jeweils geschützten „Handeln-Dürfens“ konzipiert werden kann. Dies gilt sowohl für dingliche als auch für obligatorische Rechte und Gestaltungsrechte: Ein Anfechtungs-, Kündigungsoder Rücktrittsrecht verleiht eine Beseitigungsbefugnis in Bezug auf eine Willenserklärung, während sich die Forderung per definitionem auf ein (bestimmbares) Tun oder Unterlassen einer anderen Person bezieht. Selbstverständlich begründen weder Forderungen noch Gestaltungsrechte eine sachenrechtsäquivalente Zuordnung; der „Bezugspunkt“ der Forderung bzw. des Gestaltungsrechts wird mithin nicht zu einer Sache im normativen Sinn „hypostasiert“ (in diese Richtung auch Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts9, § 20 Rn. 92–93).
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schränkten dinglichen Rechts zu deuten hat.54 Sieht man einmal davon ab, dass die ultimative Restrechtszuständigkeit an einer Sache nur einem einzigen Recht teilhaftig sein kann, alle „beschränkten dinglichen Rechte“ im Gegensatz zum Eigentum positiv bestimmbare Monopolbefugnisse verleihen, sind beschränkte dingliche Rechte nicht auf den (Fort-)Bestand des Eigentums angewiesen. Anders liegt es aber, wenn ein begrenztes Recht mit einem gleich- oder ungleichartigen Recht belastet wird: Jenes ist, wie noch ausführlich zu begründen sein wird, für die Existenz dieses Rechts konstitutiv und stellt sich demgemäß sowohl als Rechts- als auch als Verfügungsobjekt dar.55 b) Die Vervielfältigung der Bezugspunkte Wenn das kraft Belastung eines begrenzten Rechts entstehende Recht zweiten Grades absolute Wirkung entfaltet, drängt sich die Hypothese auf, dass jenes Recht sich nicht nur auf ein, sondern auf zwei Rechte, oder, wenn das Grundrecht ein Sachenrecht ist, auf zwei Rechte und eine reale Sache bzw. ein Grundstück bezieht.56 Wird z. B. eine Hypothek an einem Grundstück mit einem Pfandrecht belastet, bezieht sich die Verpfändung einheitlich auf die Forderung mitsamt der Hypothek und konstituiert somit ein Recht an beiden Rechten.57 Die Belastungsintensität des Eigentums wird durch Verpfändung einer hypothekarisch gesicherten Forderung prima facie nicht verschärft. Der Pfandgläubiger erlangt – vorbehaltlich eines gutgläubig-einredefreien Erwerbs (§§ 1274 Abs. 1 S. 1, 1138, 1157 S. 2, 892 Abs. 1 S. 1 BGB) – einerseits keine weitergehenden Rechte als der Hypothekengläubiger, andererseits sind seine Ausschließungszuständigkeiten und Verwertungskompetenzen denen des Hypothekengläubigers in Ansehung des hypothekarisch „belasteten“ Grundstücks ebenbürtig.58 Soweit die „hypostasierte“ Hypothek – das „dienende“ Grundpfandrecht – dem Willen des Pfandgläubigers unterworfen ist, steht diesem eine erga omnes geschützte Rechtsstellung am Grundstück zu. Diese offenbart sich nicht nur darin, dass der Forderungspfandgläubiger kraft der ihm verliehenen Einziehungsermächtigung mit dem Rang der belasteten Hypothek, wenn im Übrigen die Voraussetzungen dafür vorliegen, die Zwangsvollstreckung in das Grundstück 54 So aber Hauck, Nießbrauch an Rechten, S. 138; insoweit zutreffend Habersack, Sachenrecht8 , Rn. 12; Soergel (-Habersack), BGB XVI13, Vor § 1204 Rn. 3, der (ausschließlich) die Sache i. S. v. § 90 BGB als Rechtsobjekt eines beschränkten dinglichen Rechts, scil. eines das Eigentum belastenden Rechts, unter m. E. unnötigem Rekurs auf die Lehre von der (qualitativen) Teilübertragung des Eigentums ansieht. 55 Eingehend § 2 III. 6. b). 56 In diese Richtung Wolff/R aiser, Sachenrecht10 , § 120 I (S. 482); von Bar, Gemeineuropäisches Sachenrecht I, Rn. 220. 57 Anders von Tuhr, Allgemeiner Teil II/1, § 45 II 1 (S. 66); Soergel (-Habersack), BGB XVI13, Vor § 1204 Rn. 3–4: Mit der Verpfändung der Forderung, d. h. der Abspaltung der Verwertungsbefugnis, erlange der Pfandgläubiger ein eigenes Forderungsrecht, das neben die Forderung des Gläubigers trete; dem Pfandgläubiger sei daher ebenso wenig wie dem Forderungsgläubiger ein Rechtsobjekt zugeordnet. Anders soll es aber bei der Verpfändung von Rechten an geistigem Eigentum liegen: Das Pfandrecht beziehe sich dann auf das betreffende Werk oder die Erfindung. 58 Näher § 5 IV. 3. b), 6.
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betreiben kann,59 sondern auch darin, dass der Störungsschutz des Pfandgläubigers dem des Hypothekengläubigers, auch soweit es um sicherheitsgefährdende Verschlechterungen des Grundstücks geht (§§ 1133–1135 BGB), richtiger Ansicht nach nicht nachsteht.60 Aus der Herrschaft über das dienende Recht folgt die Herrschaft über die vom dienenden Recht erfasste Sache. Bezieht sich das dienende Recht auf eine reale Sache oder ein Grundstück, weist das kraft Belastung jenes Rechts entstandene begrenzte Recht – das herrschende Recht – alle Merkmale auf, die in der deutschen Doktrin mit dem Begriff des dinglichen Rechts herkömmlich assoziiert werden. Wenngleich im vorgenannten Beispiel das Eigentum nicht zusätzlich belastet wird,61 entspricht es dem Wirkungskreis des das Eigentum belastende Recht beherrschenden Rechts, dieses als Korrelat einer doppel- oder mehrstufigen Belastung des Eigentums zu beschreiben.62 Soweit noch in der zeitgenössischen Doktrin treu am Duktus des BGB festgehalten und die „Sache“, nicht etwa das Eigentum als „belastet“ betrachtet wird, 63 59 Allg. Ansicht; siehe RG 19.3.1909 – VII 234/08, Recht 1909 Nr. 1518; Erman (-J. Schmidt), BGB II15, § 1282 Rn. 4; MünchKomm (-Damrau), BGB VII7, § 1282 Rn. 4; Staudinger (-D. Wiegand), BGB (2019), § 1282 Rn. 5. 60 § 5 IV. 6. a). 61 Verfügungsobjekt ist im vorgenannten Beispiel ja allein die hypothekarisch gesicherte Forderung. 62 Wird das herrschende Recht, das begrenzte Recht zweiten Grades, erneut belastet, gilt nichts anderes. Soweit sich das konstituierte Recht die Befugnisse jenes Rechts zu eigen macht, verschafft es eine Herrschaftsmacht über das begrenzte Recht ersten Grades und der diesem unterworfenen (realen oder normativen) Sache). Wird z. B. eine durch ein Pfandrecht an einer Hypothekenforderung gesicherte Forderung verpfändet, bezieht sich das Forderungspfandrecht sowohl auf die durch das mitbelastete Pfandrecht an der Hypothekenforderung gesicherte Forderung als auch auf deren akzessorische Nebenrechte und verleiht insoweit auch eine Einziehungsermächtigung hinsichtlich des Pfandrechts an der Hypothek (näher § 5 IV. 3. b) cc)). Aus dieser kann mithin auch der Forderungspfandgläubiger der verpfändeten pfandrechtsgesicherten Forderung unter den Voraussetzungen in das Grundstück vollstrecken, unter denen auch der Pfandgläubiger der Hypothek hierzu berechtigt wäre, soweit die Einziehungsermächtigung aus dem belasteten Pfandrecht und die Einziehungsermächtigung des lastenden Pfandrechts reicht (vgl. § 1282 Abs. 1 S. 2 BGB). Wie noch unter § 5 IV. 6. a) aa) zu zeigen sein wird, kann zudem auch der „zweite“ Forderungspfandgläubiger, dem die durch das hypothekenbelastende Pfandrecht gesicherte Forderung verpfändet ist, allen anderen Personen einschließlich des Eigentümers sicherheitsgefährdende Grundstücksverschlechterungen untersagen. Aus der Verpfändung der hypothekarisch gesicherten Forderung und der Verpfändung der durch dieses Pfandrecht gesicherten Forderung folgt somit ein durch die Hypothek mediatisiertes Sachenrechtsverhältnis zwischen dem Eigentümer und dem „zweiten“ Pfandgläubiger, nicht jedoch ein gesetzliches Schuldverhältnis. 63 So verteidigt neuerdings Staudinger (-C. Heinze), BGB (2017), § 1068 Rn. 5 den Sprachgebrauch des Gesetzes als dogmatisch exakte Analyse der Belastung gegen die von Hauck, Nießbrauch an Rechten, S. 87 ff. vertretene Ansicht, dass auch das Eigentum ein Recht i. S. d. §§ 1068 ff., 1273 ff. BGB sei, diese Vorschriften aber in Ansehung des Eigentums nach dem Grundsatz lex specialis derogat legi generali durch die §§ 1030 ff., 1204 ff. BGB verdrängt werden würden. Letzteres sei, so Heinze, a. a. O., mit der Systematik des Gesetzes unvereinbar und könne auch nicht erklären, weshalb der Nießbrauch trotz Eigentumsaufgabe an der Sache fortbestehe; schließlich seien weder § 876 BGB noch § 1071 Abs. 1 BGB auf die Eigentumsaufgabe unmittelbar oder entsprechend anzuwenden.
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ist dem entschieden zu widersprechen.64 Das Gesetz operiert einfach nur mit einer sprachlichen Abbreviatur65: Aus einer realen Sache oder einem Grundstück lässt sich schlechterdings kein reines Recht schöpfen, ein solches kann allenfalls aus der Verfügung über ein Recht resultieren, mit der, sofern es sich um ein Sachenrecht handelt, eine Zuordnungsänderung, nicht jedoch eine Belastung, der realen Sache oder des Grundstücks einhergeht.66 Während bei der „primären“ Belastung, d. h. 64 Richtig insoweit Jauernig (-Berger), BGB17, Vorbem. Sachenrecht Rn. 6; Soergel (-Habersack), BGB XVI13, Vor § 1204 Rn. 2–3. 65 Letztlich dürfte die These von der Sache als Belastungsgegenstand auf die in den Institutiones niedergelegte Einteilung der Gegenstände in res corporales und res incorporales, präziser auf die Gleichsetzung der realen Sache mit dem Recht an der Sache zurückzuführen sein. Prägnant von Jhering, Geist des römischen Rechts II/2, S. 435: „[D]as einzige wirtschaftliche Object, das auf dem Gebiet des älteren Rechts sichtbar wird, ist die Sache und auch dies nur beschränkt, nämlich nur als Gegenstand dauernder, nicht aber vorübergehender Überlassung, als Gegenstand des Kauf- und Tauschcontracts, nicht des Miethcontracts. Der Tauschverkehr, mit juristischem Auge angesehen, ist keine Circulation der Sachen, sondern eine Übertragung von Rechten. Die Sache ohne das Recht ist werthlos, der Werth einer Sache wird nicht lediglich durch ihre ökonomische Brauchbarkeit, Verwendbarkeit bestimmt, sondern wesentlich dadurch, daß und wie ihre Verwendung rechtlich gesichert ist. Das Recht ist ein wesentlicher Factor des Werthbegriffs, darum leiden alle Werthe bei einer Revolution, und darum steigen sie wieder, wenn das Vertrauen zur Rechtssicherheit zurückkehrt. Übertragung einer Sache ist juristisch Übertragung des Rechts, der Güterverkehr juristisch Begründung, Übertragung, Aufhebung von Rechten.“ Dies führt von Jhering, a. a. O. S. 438–439 näher aus: „Eine Spur dieser alten Auffassung, von der sich im übrigen das neuere römische Recht mehr und mehr emancipiert hat, ist noch erhalten in der von Justinian in seinen Institutionen adoptierten und dadurch zu großer Celebrität gelangten Classification der Dinge in res corporales und incorporales. Während alle übrigen Rechte zur letzteren Classe gestellt werden, figurirt hier das Eigenthum als res corporalis. Über die Verkehrtheit der Identificirung des Eigenthums mit seinem Gegenstande sollte man meiner Ansicht nach nicht getheilter Meinung sein können. Das Eigenthum ist ebensowohl eine res incorporalis wie die übrigen dinglichen Rechte, und bei der Übertragung desselben geht juristisch nicht die res corporalis, sondern das Recht, die res incorporalis, über. Nichts desto weniger hat dieser systematische Fehler eine historische Wahrheit, denn er enthält eben den völlig adäquaten Ausdruck der entwickelten älteren Vorstellungsweise, wonach beim Eigentum die Sache das Recht verdecke.“ 66 Die Gegenansicht lässt sich zudem auch nicht mit dem Verfügungsbegriff vereinbaren. Schließlich zählen hierzu bekanntlich alle Rechtsgeschäfte, die unmittelbar darauf gerichtet sind, auf ein bestehendes Recht einzuwirken, es zu verändern, zu übertragen, aufzuheben oder eben auch zu belasten (vgl. RG, Urteil v. 7.7.1917 – V 66/17, RGZ 90, S. 395, 399–400; BGH, Urteil v. 15.3.1951 – IV ZR 9/50, BGHZ 1, S. 294, 304; Palandt (-Ellenberger), BGB78 , Überbl. v. § 104 Rn. 16). Es erscheint zumindest sprachlich missverständlich, darüber hinaus denklogisch fehlerhaft, eine Belastung im Rechtssinne auf eine körperliche Sache bzw. ein Grundstück zu beziehen, zumal das Gesetz die Vorstellung der unmittelbaren Sachbelastung durch die in §§ 1095, 1106, 1114 BGB enthaltene Einschränkung der selbstständigen Belastbarkeit von (ideellen) Bruchteilen an Grundstücken auch noch relativiert. Beschränkt das Gesetz insoweit die Belastbarkeit ideeller Bruchteile an Grundstücken auf Miteigentumsanteile, ist dem zu entnehmen, dass Miteigentumsanteile – ebenso wie ideelle Bruchteile eines Alleineigentümers – als bloßes Produkt der juristischen Kreativität, d. h. als subjektive Vermögensrechte, der Belastung unterliegen; für das Alleineigentum an einem Grundstück kann dann aber nichts anderes gelten. Wäre hingegen die Sache und nicht das abstrakt-strukturelle Recht Belastungsgegenstand, müsste in letzter Konsequenz auch die Übertragung des (Allein-)Eigentums als Übertragung der Sache gedeutet werden, obschon doch § 929 S. 1 BGB die Übergabe der Sache für die Übertragung des Eigentums an der Sache verlangt. Soweit Staudinger (-Heinze), BGB (2017), § 1068 Rn. 5 repliziert, dass nur die Belastung der Sache die Fortwirkung des Nießbrauchs bei der Eigentumsaufgabe erklären
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der Einschränkung des Eigentums, das konstituierte Recht auf die Sache des Eigentümers bezogen ist, bezieht sich das aus der „sekundären“ Belastung, d. h. der Einschränkung des begrenzten Rechts ersten Grades, entstehende begrenzte Recht zweiten Grades auf jenes Recht und – notwendigerweise zugleich – auf dessen Bezugspunkt, das aus „tertiärer“ Belastung folgende Recht auf (mindestens) zwei Rechte und eine Sache (i. e. S.), das aus „quartärer“ Belastung entspringende Recht auf (mindestens) drei Rechte und eine Sache (i. e. S.), usw. Mehrstufigen Belastungen ist mithin eine Kumulierung der Bezugspunkte wesensimmanent, wobei nur klarstellend konstatiert sei, dass die Zahl der Bezugspunkte nicht mit dem Belastungsgrad korreliert. Schon ein aus „primärer“ Belastung des Eigentums entstehendes begrenztes Recht ersten Grades kann sich auf mehrere Sachen beziehen. Wird freilich an mehreren (realen) Sachen oder Grundstücken ein sog. Gesamtrecht bestellt,67 deckt sich wegen des Spezialitätsgrundsatzes die Zahl der Bezugspunkte mit der Zahl der belasteten Eigentumsrechte. Auf die umstrittene Deutung des Gesamtrechts kommt es hier nicht an, 68 entsteht es doch nicht aus einer singulären Verfügung, sondern aus einer Mehrheit koordinierter Einzelverfügungen über die jeweiligen Eigentumsrechte an den einzelnen Sachen.69 Auch bei Belastung des Grundstückseigentums vervielfältigen sich die Bezugspunkte des zu konstituierenden Rechts dann, wenn das Grundstück mit begrenzten Rechten an anderen Grundstücken und/oder sog. grundstücksgleichen Rechten – z. B. Grunddienstbarkeiten, subjektiv-dinglichen Vorkaufsrechten, subjektiv-dinglichen Reallasten – (unzertrennlich) verbunden ist. Je nach Art und inhaltlicher Konfiguration des das Eigentum belastenden Rechts bezieht sich diekönne, verfängt dies nicht. Schon die zugrunde gelegte Prämisse, mit Rechten anderer Personen belastetes Eigentum könne seitens des Eigentümers unter Fortbestand der beschränkten dinglichen Rechte aufgegeben werden (so für die Eigentumsaufgabe nach § 928 BGB Palandt (-Herrler), BGB78 , § 928 Rn. 5; Soergel (-Stürner), BGB XIV13, § 928 Rn. 2); für die Dereliktion gem. § 959 BGB siehe Staudinger (-Gursky/W. Wiegand), BGB (2017), § 959 Rn. 9; Wieling, Sachenrecht I 2, § 11 IV 4 c (S. 487); Wolf/Neuner, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts11, § 24 Rn. 4), ist nicht unbestritten (ablehnend z. B. Hauck, Nießbrauch an Rechten, S. 126–130). Wie noch zu zeigen sein wird, ist diese Prämisse zwar i. E. richtig. Dass die Aufhebung belasteten Eigentums nach dem Gesetz – anders als die Aufhebung aller anderen Rechte, an denen Rechte Dritter bestehen (§§ 876, 1071 Abs. 1, 1178 Abs. 2 S. 2, 1255 Abs. 2, 1276 Abs. 1 BGB) – nicht der Zustimmung der Inhaber der beschränkten dinglichen Rechte an der Sache bedarf, liegt einfach daran, dass der Bezugspunkt des begrenzten Rechts unverändert fortbesteht. Für die Dereliktion des Eigentums gilt daher nichts anderes als für die Übertragung oder Belastung desselben; vorbehaltlich der Sonderregeln des gutgläubigen Erwerbs besteht das belastende Recht in ungeschmälertem Umfang und mit dem bisherigen Rang fort. Indes folgt daraus nicht, dass die Sache selbst belastet ist. 67 Zum Institut des Gesamtrechts § 2 IV. 3. 68 Siehe MünchKomm (-Lieder), BGB VII7, § 1132 Rn. 4–5 m. w. N. zum Streitstand; NomosKomm (-Zimmer), BGB III4, § 1132 Rn. 4–7. 69 Entsprechendes gilt nach MünchKomm (-K. Schmidt), BGB VI7, § 747 Rn. 25 für sog. Gesamtverfügungen über eine im Miteigentum mehrerer Personen stehende Sache i. S. v. § 747 S. 2 BGB: die Gesamtverfügung sei entgegen dem Normwortlaut nichts anderes als die Summe der aufeinander abgestimmten Einzelverfügungen über die Miteigentumsanteile (dagegen Staudinger (-Eickelberg), BGB (2015), § 747 Rn. 72; zum Streitstand siehe BeckOGK BGB (-Fehrenbacher), Stand: 15.2.2019, § 747 Rn. 21).
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ses auch auf ein subjektiv-dingliches Recht oder mehrere dieser (wesentlichen) Bestandteile, schränkt die Befugnisse des Eigentümers qua seiner Rechtsstellung als Inhaber des betreffenden begrenzten Rechts an einem „dienenden“ (juristischen) Grundstück ein, verschafft somit eine Herrschaft über diese Sache und offenbart sich deshalb als Korrelat einer mehrstufigen Eigentumsbelastung.70 Abgesehen davon erhöht sich auf jeder Stufe einer mehrstufigen (Eigentums-) Belastung die Zahl der Bezugspunkte des zu konstituierenden Rechts dann, wenn das zu belastende begrenzte Sachenrecht forderungsakzessorisch ausgestaltet ist. Wie noch zu begründen sein wird, erstreckt sich das Recht am akzessorischen Nebenrecht selbst dann auf die gesicherte Forderung, wenn nicht nur diese, sondern das akzessorische Recht – was nur im deutschen, nicht jedoch im englischen und im österreichischen Recht ausgeschlossen ist71 – als belastbares Verfügungsobjekt konfiguriert ist. Inkongruente Belastungen forderungsgebundener Rechte, z. B. Hypotheken und Pfandrechte, sind rechtslogisch möglich, isolierte Belastungen hingegen nicht; die Einziehungs- und Verfügungsbefugnis über die gesicherte Forderung schränkt sich auch dann ein, wenn der Inhaber des zu konstituierenden Rechts nicht die Forderung einzuziehen, sondern nur das akzessorische Sachenrecht durchzusetzen vermag.72 Wird dagegen an einer Forderung ein Nießbrauch oder ein Pfandrecht bestellt, erstreckt sich dieses Recht grundsätzlich auf alle akzessorischen Rechte, weshalb durch Verpfändung und Pfändung von (forderungspfandrechtsgesicherten) Forderungen theoretisch unendlich lange mehrstufige Belastungen von Rechten aller Art entstehen. Das auf höchster Stufe rangierende Recht erstreckt sich auf alle intermediären forderungssichernden Nebenrechte.73 70
Näher zu „mittelbaren“ Belastungen grundstücksgebundener Rechte § 2 II. 4. b) bb). das deutsche Recht folgt dies aus §§ 1250 Abs. 1 S. 2, 1153 Abs. 2 BGB i. V. m. §§ 1069 Abs. 2, 1274 Abs. 2 BGB; zur (umstrittenen) Rechtslage bei der Afterverpfändung in Österreich siehe § 5 II. 1. b) sowie zur englischen Rechtslage bei der sub-mortgage und dem sub-pledge siehe § 5 III. 1. b), 4. b). 72 Dies gilt nach deutschem Recht richtiger Ansicht nach für den gutgläubigen Erwerb eines Nießbrauchs oder Pfandrechts an einer Hypothek (siehe § 5 IV. 2. d), V. 3. a) bb) (1)). 73 Schon an dieser Stelle sei angemerkt, dass diese Vervielfältigung der Bezugspunkte am sachenrechtlichen Publizitätsprinzip rührt (näher § 5 V. 3. a) bb) (2)). Soweit aus Gründen der gewünschten Offenlegung für die Bestellung und Übertragung begrenzter Rechte ein neben die Einigung tretendes Vollzugserfordernis verlangt wird, stellt sich auf einmal die Frage, auf welche Weise bei einer Vielzahl betroffener „Sachen“ i. w. S. der sachenrechtliche Zuordnungswechsel überhaupt in publizitätswirksamer verlautbart werden kann und soll. Wollte man in Ansehung jeder ggf. nur indirekt betroffenen realen oder fiktiven Sache verlangen, dass die Konstitution des begrenzten Rechts höheren Grades offengelegt wird, käme es offensichtlich irgendwann zu einer gänzlich unbeherrschbaren Häufung der Vollzugserfordernisse. Eine denkbare Lösung liegt darin, ausschließlich in Ansehung der von der mehrstufigen Eigentumsbelastung betroffene Sache, sei es eine reale Sache, sei es ein Grundstück, den Zuordnungswechsel durch eine (physische) Übergabe oder durch eine Registereintragung zu verlautbaren. Während dieser Ansatz in der Tat in England und Österreich praktiziert wird, wählt das deutsche Recht bei der Verpfändung und Pfändung durch Pfandrecht gesicherter Forderungen einen anderen Ansatz. Sichtbar wird zudem, dass zum einen wegen der Grundstücksbindung diverser Sachenrechte, zum anderen wegen des Akzessorietätsgrundsatzes der Sicherungsrechte, mehrstufige Belastungen des Eigentums und anderer Grundrechte allenfalls in begrenztem Ausmaß dadurch 71 Für
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3. Die subjektiven Sachenrechte Wie bereits anhand der absoluten Wirkung der Forderungsbelastung angerissen, ist der geläufige Gegensatz von Eigentum und beschränkten dinglichen Rechten nicht etwa ein spezifisches Phänomen des „klassischen“ Sachenrechts, sondern ein allgemeines Merkmal jedes Vermögensrechtsregimes. Auf einer abstrakteren, systemneutral formulierten Begriffsebene geht es um den das gesamte objektive Vermögensrecht prägenden Dualismus von primary rights und limited rights.74 Hierin offenbart sich ein axiomatischer Grundsatz der Sukzessionsdogmatik. Diverse Vermögensrechte werden mit – je nach anwendbarem Recht im Detail variierenden – inhaltlich, räumlich und/oder zeitlich begrenzten Rechten belastet, ohne selbst aus einem Belastungsvorgang hervorzugehen.75 Sie sind nicht Produkt einer Belastung, sondern dienen bestimmungsgemäß dazu, die von der Rechtsordnung als wertvoll erachteten Gegenstände dem Rechts- und Geschäftsverkehr dadurch zur Verfügung zu halten, dass über das jeweilige „Grundrecht“ im Wege der Übertragung und Belastung disponiert werden kann. Zu diesen Rechten zählen neben ownership oder Eigentum (an realen Sachen, Grundstücken und Wertpapieren)76 auch übertragbare Forderungen, Geschäftsanteile und Immaterialgüterrechte. Soweit es hingegen um die sog. beschränkten dinglichen Rechten geht, ist für diese gerade kennzeichnend, dass sie aus der Belastung des Eigentums an fremder Sache entspringen. Ob dieser Belastungsvorgang auf einem Rechtsgeschäft beruht oder durch das Gesetz oder durch Hoheitsakt begründet wird, spielt keine Rolle. entstehen, dass unmittelbar über ein begrenztes Recht ersten oder zweiten Grades verfügt wird. Unendlich lange Kaskaden subjektiver (Sachen-)Rechte entstehen vielmehr stets nur durch die Belastung von Grundstückseigentum, grundstücksgleichen Rechten und Forderungen. Dies macht es nun aber erforderlich, einen näheren Blick auf den Kreis der subjektiven Sachenrechte zu werden. 74 Gretton, RabelsZ 71 (2007), S. 802, 836–837; vertiefend Akkermans, The Principle of Numerus Clausus in European Property Law, S. 410–436, der zwischen primary property rights und lesser property rights unterscheidet. 75 von Bar, Gemeineuropäisches Sachenrecht I, Rn. 344, 348 sieht das charakteristische Merkmal des Eigentums aus rechtsvergleichender Sicht darin, dass es allenthalben eines Rechts bedürfe, um Übertragungs- und Belastungsvorgänge in Bezug auf reale Sachen und Grundstücke in Gang zu setzen. 76 Dass dem englischen Recht bekanntermaßen Privateigentum an Grundstücken wegen der fortgeltenden doctrine of tenures unbekannt ist – verstirbt der Inhaber des fee simle estate erbenlos, kommt es, weil nach wie vor die Vermutung gilt, dass Land von der Krone gehalten wird, zum Rückfall des Landes an die Krone – spielt in der Praxis längst keine Rolle mehr; der estate in fee simple absolute in possession i. S. v. sec. 1(1)(a) LPA 1925 ist das Analogon des Grundeigentums kontinentaleuropäischer Rechtsordnungen (vgl. Megarry and Wade (-Bridge/Cooke/Dixon), The Law of Real Property9, Rn. 2-001, 2-030, 3-002, 3-005). Der Begriff „ownership“ wird hier als systemneutraler Begriff für Eigentum verwendet; im englischen Recht ist, soweit es um das Eigentum an realen Sachen (goods oder chattels) geht, im Warenkaufrecht vom general property die Rede (vgl. sec. 61(1) SGA 1979), welches dem special property eines bloßen bailee, z. B. eines pledgee, gegenübergestellt wird, im Übrigen wird Eigentum häuftig auch als absolute ownership bezeichnet.
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Obzwar sich der nicht stets klar fixierte Kreis der jeweils anerkannten Rechtstypen schon aufgrund systembedingter Divergenzen je nach anwendbarem Recht unterscheidet, lassen sich bei einer Querschnittsbetrachtung der europäischen Rechtsordnungen doch allenthalben im Wesentlichen gleichartige Typen inhaltlich, räumlich und/oder zeitlich begrenzter Rechte nachweisen. Soweit das objektive Recht Sachenrechte anerkennt, vereinheitlicht und standardisiert es i. d. R. die einschlägigen Rechtstypen, gibt zugleich vor, an welchen Gegenstände und unter welchen Voraussetzungen drittwirksame Positionen bestehen können, legt das Verfügungs- und Belastungspotential fest und schränkt dadurch die Gestaltungsoptionen des Rechtsverkehrs ein.77 Dass die miteinander verknüpften Prinzipien des Typenzwangs und der Typenfixierung vor dem Hintergrund verbesserter registertechnischer Verlautbarungsmöglichkeiten im digitalen Zeitalter allenthalben unter Druck geraten,78 bedarf keiner Erwähnung. Auf die Diskussion über die Legitimation des Numerus Clausus-Prinzips ist an dieser Stelle nicht vertieft einzugehen; es genügt der Befund, dass das deutsche Recht ebenso wie die hier untersuchten Referenzrechtsordnungen jeweils durch standardisierte Regimes dinglicher Rechte gekennzeichnet sind, an deren Spitze das Eigentum als „unverzichtbares Sachenrecht“ steht.79
77 Das Numerus-Clausus-Prinzip ist zumindest im Common Law i. E. S. seit dem leading case Keppell v. Bailey (1834) 2 My. & K. 517; 39 E. R. 1042 grundsätzlich anerkannt (siehe van Erp/A kkermans (-Swadling), Towards a Unified System of Land Burdens, S. 121–122; K. Gray/ S. F. Gray, Elements of Land Law5, Rn. 1.7.12; zum sachenrechtlichen Numerus Clausus im USamerikanischen Recht siehe Merrill/Smith (2000–2001) 110 Yale L. J. 1, 12–23). In dem zugrunde liegenden Fall hatte sich der lessee eines Eisenwerks gegenüber dem Kläger, einem Eisenbahnunternehmer, u. a. dazu verpflichtet, den für die Schmiedearbeiten erforderlichen Kalkstein aus einem Steinbruch des Klägers zu beziehen; die hergestellten Produkte sollten dann dem Kläger übertragen werden. Nach der Entscheidung des Kanzleigerichts wurde der Rechtsnachfolger des Eisenwerksunternehmers nicht aus diesem persönlichen covenant verpflichtet; das covenant entfaltete also nicht etwa Wirkung gegenüber dem jeweiligen Anlagenbetreiber. In einer vielzitierten Passage führte Lord Brougham L. C. (Keppell v. Bailey (1834) 2 My. & K. 517, 535; 39 E. R. 1042, 1049) aus: „(…) it must not (…) be supposed that incidents of a novel kind can be devised and attached to property at the fancy or caprice of any owner. It is clearly inconvenient both to the science of the law and to the public weal that such a latitude should be given.“ Soweit in der Literatur die Geltung eines Numerus Clausus-Prinzips in Equity diskutiert wird (siehe etwa Gardner/ MacKenzie, An Introduction to Land Law4, S. 21; Megarry and Wade (-Bridge/Cooke/Dixon), The Law of Real Property9, Rn. 4-089–4-90), geht es insoweit nur um den Grundsatz des Typenzwangs; eine Typenfixierung ist schon wegen der durch den trust ermöglichten totalen Gestaltungsfreiheit ausgeschlossen. Dessen ungeachtet erscheint es wegen der Vergleichbarkeit der Rechtstypen geradezu angezeigt, bei der Einzeluntersuchung der Belastungskompatibilitäten der vom deutschen Recht vereinheitlicht vorgegebenen Typen beschränkter dinglicher Rechte auf einschlägige Äquivalente europäischer Nachbarrechtsordnungen, vor allem des österreichischen sowie des englischen, irischen und schottischen Rechts, Bezug zu nehmen, soweit es dem Erkenntnisfortschritt dienlich ist. 78 Aus englischer Sicht K. Gray/S. F. Gray, Elements of Land Law5, Rn. 1.7.14. 79 So von Bar, Gemeineuropäisches Sachenrecht I, Rn. 343–344; zum Eigentumsbegriff aus rechtsvergleichender Perspektive siehe auch BeckOGK BGB (-Lakkis), Stand: 1.6.2019, § 903 Rn. 274–280.
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a) Das Eigentum Wenngleich hier nicht der Raum ist, das Eigentumskonzept von neuem in aller Tiefe auszuleuchten, sind doch einige klarstellende Ausführungen geboten, weil der vorstehend zugrunde gelegte Dualismus von Grundrechten und begrenzten Rechten natürlich nicht unbestritten ist. Schließlich wird im Schrifttum immer wieder betont, dass man sich von der anachronistischen Vorstellung schrankenloser Monopolrechte, namentlich des Eigentums, lösen solle: Alle subjektiven Rechte ließen sich gleichsam auf einer Skala verorten, nach der sich die Reichweite des je nach Zuweisungsgehalt des betreffenden Rechts variierenden Herrschaftsbereiches bemesse, dies gelte für dingliche wie obligatorische Rechte gleichermaßen.80 Auf den ersten Blick legen nun zwar die teilweise pompös anmutenden Eigentumsdefinitionen der kontinentaleuropäischen Kodifikationen in der Tat die Vorstellung eines allumfassenden und exklusiven Rechts von einzigartiger Qualität nahe.81 Indes liegt das Wesen des Eigentums nicht in seiner vermeintlichen „Schrankenlosigkeit“. In Wirklichkeit ist Eigentum eine semantische Referenz für die ultimative Dispositionskompetenz, ohne die sich die von der Rechtsordnung zu garantierende Zirkulationsfähigkeit realer Sachen und Grundstücke nicht verwirklichen lässt.82 Es bedarf irgendeines Rechtssubjekts, sei es eines privaten Rechtsträgers, sei es eines Hoheitsträgers, das über das rechtliche Schicksal der Sache zu disponieren vermag, wenn sämtliche anderen Rechte erlöschen.83 Und zu diesem Zweck be80 Jansen, AcP 216 (2016), S. 132, 214–215, der das kraft § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 263 StGB geschützte subjektive Recht, nicht betrogen zu werden, dem Eigentum gegenüberstellt, um seine These exemplarisch zu untermauern; zu der damit eingeebneten Abgrenzung zwischen relativen und absoluten subjektiven Rechten oben § 2 I. 1. 81 Sprachgewaltig vor allem Art. 544 c. civ.: „La propriété est le droit de jouir et disposer des choses de la manière la plus absolue, pourvu qu’on n’en fasse pas un usage prohibé par les lois ou par les règlements.“ Auffällig ist die Gegenüberstellung des Eigentums im objektiven Sinne und des Eigentums im subjektiven Sinne im ABGB. Einleitend bestimmt § 353 ABGB: Alles, was jemanden zugehöret, alle seine körperlichen und unkörperlichen Sachen heißen sein Eigentum.“ Daran anknüpfend erfolgt die Legaldefinition des Eigentums in § 354 ABGB, die sich nach allg. Ansicht auf das Eigentum an körperlichen Sachen, mithin auf Eigentum i. E. S. bezieht (vgl. Koziol/Bydlinski/Bollenberger (-Eccher), ABGB2, § 353 Rn. 1, § 354 Rn. 1): „Als ein Recht betrachtet, ist Eigentum das Befugnis, mit der Substanz und den Nutzungen einer Sache nach Willkür zu schalten, und jeden anderen davon auszuschließen.“ 82 Eingehend von Bar, Gemeineuropäisches Sachenrecht I, Rn. 344, 348, der Eigentum als „unverzichtbares Sachenrecht“ charakterisiert. Alle anderen Sachenrechte mögen für den Rechtsund Wirtschaftsverkehr von erheblicher Bedeutung sein, unverzichtbar für die Funktionsfähigkeit des vermögensrechtlichen Systems sind sie aber im Unterschied zum Eigentum nicht. Erforderlich ist lediglich ein einziges zeitloses Sachenrecht, um die gewünschte Zirkulationsfähigkeit der von der Rechtsordnung als wertvoll eingeschätzten Güter zu garantieren. Sofern das anwendbare Recht mehrere Rechte und/oder eine Mehrheit von Rechtsträgern gestattet, muss es einem dieser Rechte oder allen Rechtsträgern gemeinschaftlich die residuale Dispositionsbefugnis über die Sache zusprechen. Stünden diese mehreren konkurrierenden Rechten zu oder könnten mehrere Träger eines Rechts diese Residualkompetenz aus eigenem Recht ausüben, würden sie sich wechselseitig neutralisieren – es gäbe dann aber kein Monopolrecht an der „Sache“. 83 Dieser These steht nicht entgegen, dass es dem Eigentümer freisteht, sein Recht aufzugeben (vgl. §§ 928, 959 BGB), ohne dass dies – nach zutreffender h. A. (Palandt (-Herrler), BGB78 , § 928
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dient sich das objektive Recht eines subjektiven Rechts, namentlich absolute ownership, proprieté oder Eigentum; die Funktion ist allenthalben identisch.84 Dies sei im Folgenden nur in aller Kürze für den „abstrakten“ Eigentumsbegriff des deutschen Rechts – stellvertretend für die kontinentaleuropäischen Rechte – und auch für das scheinbar gegensätzliche Eigentumskonzept des englischen Rechts – stellvertretend für den kontinentaleuropäischen Rechtskreis – aufgezeigt. aa) Der abstrakte Eigentumsbegriff Auch die in § 903 S. 1 BGB bestimmte Definition akzentuiert, wie Art. 544 c. civ. und § 354 ABGB, die umfassende positive Einwirkungs- und die negative Ausschließungsbefugnis des Eigentümers;85 die „Totalität der Befugnisse“ steht unter dem Vorbehalt, dass nicht das Gesetz oder Rechte Dritter entgegenstehen.86 Wenngleich von Windscheid als „an sich“ schrankenloses Recht konzipiert,87 stand für die Verfasser des BGB außer Frage, dass Eigentum kein gegen jegliche hoheitlichen und privaten Interventionen „immunisiertes“ Monopolrecht sei, sondern durchaus den vom Gesetz zu konkretisierenden sozialen Bindungen unterworfen werden müsse.88 Seinem Charakter als schrankenloses Rechts sollte letzteres aber nicht entgegenstehen. Mit der Rückkehr zum römischrechtlichen dominium plenum, der allseits betonten „Totalität der Befugnisse des Eigentümers“ und der Verengung des Rn. 5; Staudinger (-Gursky/W. Wiegand), BGB (2017), § 959 Rn. 9; Wieling, Sachenrecht I2, § 11 IV 4 c (S. 487)) – begrenzte Rechte an der Sache berührt. Abgesehen davon, dass ein an an einem eigentumslosen Grundstück oder beweglichen Sache bestehendes ausschließliches Aneignungsrecht i. S. v. §§ 927 Abs. 2, 928 Abs. 2, 958 Abs. 2 Var. 2 BGB im Kern ein Funktionssubstitut des Eigentums an der Sache bildet, ist zur Garantie der Verkehrsfähigkeit einer Sache nur erforderlich, dass sie prinzipiell eigentumsfähig ist, also originär neues Eigentum durch (freie) Aneignung (i. S. v. § 958 Abs. 1 BGB) begründet werden kann. 84 Einmal mehr ist klarzustellen, dass es eines Eigentums an Rechten, insbesondere eines Forderungseigentums, nicht bedarf. Sehr deutlich zeigt sich dies im österreichischen Recht: Obschon das ABGB einen weiten Sachbegriff zugrundelegt und konsequenterweise Eigentum „im objektiven Sinne“ sowohl an körperlichen als auch an unkörperlichen Sachen anerkennt (§ 353 ABGB), ist sich die österreichische Doktrin einig, dass es Eigentum im engeren Sinne nur an körperlichen Sachen und Liegenschaften gebe; demgegenüber bezeichne § 353 ABGB das Eigentum im weiteren Sinne, mithin das Vermögen einer Person (statt vieler Koziol/Bydlinski/Bollenberger (-Eccher), ABGB2, § 353 Rn. 1, § 354 Rn. 1). 85 Anknüpfend an die damals vorherrschende Doktrin (siehe Windscheid, Lehrbuch des Pandektenrechts I5, § 167 (S. 518)). 86 Siehe bereits Fn. 18. 87 Windscheid, Lehrbuch des Pandektenrechts I5, § 167 (S. 519–520): „Das Eigenthum ist als solches schrankenlos; aber es verträgt Beschränkungen. Aus der Gesammtheit der Beziehungen, in welchem kraft des Eigenthums die Sache dem Willen des Berechtigten unterworfen ist, kann durch eine besondere That des Rechts eine oder die andere Beziehung herausgenommen und dem Willen des Eigenthümers entzogen werden. Dadurch hört er nicht auf, Eigenthümer zu sein; denn es ist immerhin wahr, daß er ein Recht hat, welches als solches seinen Willen entschedend macht für die Sache in der Gesammtheit ihrer Beziehungen, und welches ihn jeder besonderen Rechtfertigung für irgend eine an der Sache denkbare Befugniß überhebt. Fällt die Eigenthumsbeschränkung weg, so entfaltet das Eigenthum sofort wieder seine ganze Fülle.“ 88 Siehe auch MünchKomm (-Brückner), BGB VII7, § 903 Rn. 10; Staudinger (-Althammer), BGB (2016), Einl. zu §§ 903 ff. Rn. 56.
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Sachbegriffs beabsichtigte die pandektistische Doktrin in erster Linie eine klare Abgrenzung zum feudalistisch geprägten geteilten Eigentum.89 In diesem Geist steht das Eigentumskonzept des BGB.90 Anknüpfend an die grundlegenden Arbeiten von Thibaut 91 ging es um die Überwindung der Dichotomie zwischen domi nium directum und dominium utile, um den klaren Gegensatz zwischen dem ungeteilten und umfassenden Eigentum auf der einen Seite und bloß beschränkten Rechten auf der anderen Seite, den bloßen iura in re aliena.92 Mit der axiomatisch vorausgesetzten „Totalität“ verbindet sich die in den Quellen zum Ausdruck gebrachte93 und von führenden Autoren des vorvergangenen Jahrhunderts, namentlich Thibaut, Puchta und Windscheid, betonte „Ausschließlichkeit“ des Eigentums, in der die ultimative Dispositionskompetenz des Eigentümers verschlüsselt ist. Wenn Eigentum nur durch iura in re aliena, nicht aber durch konkurrierendes Eigentum beschränkt werden könne,94 ja eine Vielheit von Eigentumsrechten notwendigerweise zu einer Aufhebung desselben führen müsse,95 bedeutet dies, dass 89 Schön, Nießbrauch an Sachen, S. 9–13; Wiegand, FS Kroeschell, S. 623, 628. Der deskriptive Ansatz setzt Eigentum schlicht mit der Summe aller Herrschaftsbefugnisse über eine „Sache“ gleich und orientiert sich an der für mittelalterliche und frühneuzeitliche Feudalverfassungen charakteristischen unbegrenzten Aufgliederung der Eigentumsrechte an Grund und Boden. Eigentum ist hiernach geradezu zur Aufteilung in beliebig viele Teilbefugnisse bestimmt; der Dualismus von Verfügungseigentum (dominium directum) und Nutzungseigentum (dominium utile) bringt diese Teilbarkeit sinnfällig zum Ausdruck. Der Eigentumsbegriff des Preußischen Allgemeinen Landrechts (siehe 1. Theil, 8. Titel, § 9) war diesem deskriptiven Verständnis verhaftet: „Zum vollen Eigenthume gehört es, die Sache zu besitzen, zu gebrauchen und sich derselben zu begeben.“ Auf der Grundlage eines rein additiven Verständnisses beliebig aufteilbarer Eigentumsbefugnisse scheint einer qualitativen Unterscheidung zwischen Eigentum und beschränkten dinglichen Rechten die Grundlage entzogen; auf den ersten Blick liegt der einzige Unterschied zwischen Eigentum und beschränkten dinglichen Rechte im Quantum der dem Rechtsinhaber zugewiesenen Befugnisse. 90 Staudinger (-Althammer), BGB (2016), Einl. zu §§ 903 ff. Rn. 57–58 betont hingegen, dass das scheinbar liberalistische Eigentumskonzept des BGB weniger stark von den Anschauungen der Pandektisten als vielmehr vom Vorbild des Eigentums des klassischen römischen Rechts getragen sei; der BGB-Gesetzgeber habe das Eigentum nicht zu einem gänzlich schrankenlosen Recht überhöht, sondern dafür Sorge getragen, dass es – wie im klassischen römischen Recht – zahlreichen sozialen Bindungen, z. B. im Nachbarrecht, unterworfen werden könne. 91 Thibaut, Versuche über einzelne Theile einer Theorie des Rechts II 2 , S. 67–99. 92 Schön, Nießbrauch an Sachen, S. 9–13; Wiegand, FS Kroeschell, S. 623, 628–629. 93 Dig. 13, 6, 5, 15: „et ait duorum quidem in solidum dominium vel possessionem esse non posse.“ 94 Grundlegend Puchta, Vorlesungen über das heutige römische Recht I4, § 144 (S. 316): „In der Totalität des Eigenthums liegt auch die Ausschließlichkeit desselben, nicht gegenüber anderen Rechten, sondern gegenüber anderem Eigenthum. Es können deshalb nicht mehrere Eigenthümer derselben ganzen Sache sein.“ Im Folgenden relativiert Puchta diese apodiktische Aussage, skizziert die mögliche Eigentümermehrheiten bei realer und intellektueller Teilung der Sache sowie mögliche Beschränkungen des Eigentums durch Gesetz oder Rechte Dritter und hebt zusammenfassend in § 146 (S. 320) nochmals zum Wesen des Eigentums Folgendes hervor: „Der Begriff des Eigenthums als der totalen Herrschaft über die Sache schließt ein danebenstehendes gleiches oder höheres Recht aus. Ein Recht an der Sache muß ein ius in re aliena sein. Das ius in re hat 1) nicht die Totalität des Eigenthums, so umfassend es auch sein möge, 2) wenn das ius in re das Eigenthum noch so sehr mindert, so ist es doch dem Eigenthum gegenüber etwas zeitiges, von welchem das Eigenthum befreit werden kann.“ 95 Siehe auch Thibaut, Civilistische Abhandlungen, Ueber die Rechte des Emphyteuta, Hei-
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nur dem einen Eigentümer die Befugnis zukommt, über das rechtliche Schicksal der Sache nach Wegfall sämtlicher Rechtspositionen anderer Rechtssubjekte zu entscheiden. Andererseits ist die mitunter apodiktisch formulierte These, Eigentum könne nicht durch konkurrierendes Eigentum eingeschränkt werden,96 zu präzisieren: Dass sich die Rechte mehrerer gesamthänderisch gebundener oder gemeinschaftlich berechtigter Eigentümer wechselseitig beschränken, lässt sich, ganz gleich wie man die Rechtsfiguren der Gesamthand und der Gemeinschaft deutet97, kaum in Abrede stellen.98 Präzisierend ist klarzustellen, dass es mehrere Eigentümer an einer Sache geben kann, hierdurch aber nicht mehrere voneinander unabhängige Residualzuständigkeiten entstehen: Die ultimative Dispositionskompetenz kommt sowohl bei der Gesamthand als auch bei der Gemeinschaft allen Eigentümern zu, wohingegen der einzelne Eigentümer allenfalls über seinen Anteil ohne Mitwirkung der anderen verfügen kann (vgl. §§ 747 S. 1, 2033 Abs. 1 S. 1 BGB). Anderenfalls gäbe es keine monopolisierte Zuordnung, sondern eine den Rechtsverkehr von Sachenrechten paralysierende Neutralisierung sämtlicher Herrschaftsbefugnisse, insbesondere der Dispositionsbefugnis.99 Aus Sicht der pandektistischen Doktrin war die Lehre vom geteilten Eigentum deshalb gänzlich unhaltbar. Das wahre Eigentum blieb unter den vielfältigen Erscheinungsformen der vermeintlichen Eigentumsteilung in dominium directum und dominium utile stets ungeteilt, wobei sich in den meisten Konstellation das dominium utile als Scheineigentum, nämlich als ius in re aliena entpuppte.100
delberg 1814, S. 263–284, 272, der sich insoweit entschieden gegen die Exegese der Glossatoren wendete, dass dem Inhaber einer emphyteusis das dominium utile und dem Eigentümer des Fundus das dominium directum zustehe: „Diese Ausflucht ist aber augenscheinlich matt und in sich gewaltsam. Eigenthum und Eigenthum heben sich auf, und ein gegen die Strenge wirklich eingeräumtes Eigenthum vernichtet das ihm entgegenstehende directe […].“ 96 Puchta, Vorlesungen über das heutige römische Recht I4, § 144 (S. 316). 97 Siehe hierzu § 2 IV. 1. a). 98 Dies zeigt sich darin, dass der einzelne Eigentümer gerade nicht zulasten der anderen Teilhaber über die Sache zu verfügen vermag (§ 747 S. 2 BGB), sondern nur über seinen individuellen Anteil (§ 747 S. 1 BGB); die umstrittene konstruktionsjuristische Analyse der gemeinschaftlichen Verfügung i. S. v. § 747 S. 2 BGB ist in diesem Zusammenhang belanglos. 99 Thibaut, Versuche über einzelne Theile einer Theorie des Rechts II 2 , S. 86: „Solange der Eigenthümer die wesentlichen Proprietäts-Rechte einem andern nicht gänzlich übertragen hat, und nur bloß erlaubt, daß ein andrer einzelne Rechte an seiner Sache ausübe, ist und bliebt er wahrer Eigenthümer, und die, welchen jene einzelnen Rechte concedirt sind, haben nichts weiter, als ein ius in re aliena. Wenn man nicht in eine platte contradictio in adiecto verfallen will, so muß man dies annehmen. Das wahre Eigenthum kann nur im condominio an einer und derselben Sache mehreren Personen zuständig gedacht werden. Sobald nicht mehrere pro indiviso gleiche Hauptrechte haben, ist Einer wahrer Eigenthümer, und alle, denen sonst Rechte an der Sache zustehen, sind ihm subordinirt, haben also kein Recht an ener eignen Sache, sondern üben nur die Rechte eines Dritten aus.“; siehe auch Windscheid, Lehrbuch des Pandektenrechts I5, § 169a (S. 531): „Aus dem Begriff des Eigenthums folgt, dass an einer und derselben Sache ein mehrfaches Eigenthum nicht stattfinden kann.“ 100 Thibaut, Versuche über einzelne Theile einer Theorie des Rechts II 2 , S. 67–99; siehe auch
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Vergleichbares gilt im Licht der gewohnheitsrechtlichen Anerkennung neuer „Eigentumsformen“, d. h. des treuhänderisch gebundenen (Sicherungs-)Eigentums und des Anwartschaftsrechts als „wesensgleiches Minus“ des Vollrechts. Soweit im Schrifttum vertreten wird, dass der abstrakte Eigentumsbegriff durch die vorgenannten Rechtsentwicklungen und vor allem durch die mit der Sicherungsübereignung einhergehende funktionale Aufspaltung des Eigentums ausgehöhlt worden sei,101 sei nur klargestellt, dass sich die ultimative Dispositionskompetenz sowohl bei jeder fiduziarischen Rechtsübertragung als auch beim Eigentumsvorbehalt problemlos identifizieren lässt. Auch dem bloß „transitorischen“ Sicherungseigentum ist eben diese Eigenschaft ohne Rücksicht auf die fiduziarische Bindung, die ohnehin nicht auf die Verfügungsbefugnis des Eigentümers durchschlägt (§ 137 S. 1 BGB), wesensimmanent, wohingegen der Sicherungsgeber nicht de iure proprio, sondern nur mit entsprechender Ermächtigung („verlängerte“ Sicherungsübereignung) oder als Scheineigentümer über die Sache zu verfügen vermag. Die mit dem Treuhandeigentum und dem Vorbehaltseigentum verbundenen Systembrüche liegen in der Vermengung schuld- und sachenrechtlicher Beziehungen und den zwangsvollstreckungsrechtlichen Implikationen.102 Das Wesen des „Eigentums“ bleibt aber, wie auch eine verständige Würdigung des anglo-amerikanischen Rechtsinstituts des trust lehrt,103 unberührt.104 Wächter, Handbuch des im Königreich Württemberg geltenden Privatrechts II § 75, 4 b (S. 585– 586 in Fn. 16). 101 So vor allem Staudinger (-W. Wiegand), BGB (2017), Anhang zu §§ 929 Rn. 21–22, 59– 63, 236: Der einheitliche Eigentumsbegriff sei durch die Ausgestaltung des Sicherungseigentums, d. h. durch die Zweckgebundenheit desselben und die vollstreckungsrechtliche Sonderbehandlung des Sicherungsgutes, aufgegeben worden. Vorsichtiger BeckOGK BGB (-Lakkis), Stand: 1.6.2019, § 903 Rn. 50–51, 71. 102 Dass sich das kausalabhängige Anwartschaftsrecht des Vorbehaltskäufers mit dem stilprägenden Abstraktionsprinzip des Bürgerlichen Rechts nicht in Einklang bringen lässt, liegt auf der Hand (vgl. von Bar, Gemeineuropäisches Sachenrecht I, Rn. 480). Ebenso selbstverständlich ist, dass die Durchbrechung der dinglichen Sachzuordnung bei der Sicherungsübereignung in der Zwangsvollstreckung und Insolvenz des Sicherungsgebers (siehe § 4 IV. 1. a)) der reinen Lehre widerspricht. Letzteres zeigt sich nicht nur bei der Sicherungsübereignung, sondern bei allen fiduziarisch gebundenen Rechtsübertragungen. Abgesehen davon sind Anwartschaften und Anwartschaftsrechte nicht begriffsnotwendig auf Eigentumserwerb gerichtet; vielmehr erhebt die Rechtsordnung in zahlreichen Konstellationen vorläufige Rechtspositionen in den Rang eines verkehrsfähigen Vermögensrechts (z. B. die Rechtsposition des Nacherben vor Eintritt der Nacherbfolge; siehe nur BGH, Urteil v. 9.6.1983 – IX ZR 41/82, NJW 1983, S. 2244, 2245–2246; BGH, Urteil v. 9.11.1994 – IV ZR 319/93, NJW 1995, S. 456). 103 Eingehend § 4 II. 4. 104 Mehrheitlich wird das Sicherungseigentum zwar als Eigentum und nicht als bloßes Pfandrecht gedeutet; es sei aber eine Sonderform des Eigentums, wobei wahlweise der transitorische Charakter und die funktionale Aufspaltung von Nutzungs- und Sicherungsfunktion betont werden (MünchKomm (-Oechsler), BGB VII7, Anh. §§ 929–936 Rn. 1). Soweit in der Literatur hingegen aus der abweichenden dogmatischen Einordnung des Sicherungseigentums als (besitzloses) Pfandrecht eine unmittelbare oder entsprechende Anwendung der Pfandrechtsvorschriften im Verhältnis zwischen Sicherungsgeber und Sicherungsnehmer gefolgert wird (so BeckOGK BGB (-Klinck), Stand: 1. 3. 2018, § 930 Rn. 62), ändert sich bei Lichte betrachtet nicht das Wesen des dem Sicherungsnehmer eingeräumten (Sicherungs-)Eigentums; in Bezug auf Entstehung, Fort-
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bb) Das Konzept des absolute ownership Ungeachtet der rechtshistorisch fundierten strukturellen Divergenzen der kontinentaleuropäischen Sachenrechtsregimes und des common law offenbart sich auch bei der Eigentumsdogmatik eine auffällige Übereinstimmung.105 Auf den ersten Blick erscheinen die Unterschiede fundamental. Aus rechtsvergleichender Sicht wird vielfach der abstrakte Eigentumsbegriff der kontinentaleuropäischen Sachenrechtsregimes dem vermeintlich diametral abweichenden „Eigentums“-Verständnis im Common Law entgegengesetzt; verwiesen wird diesbezüglich auf die doctrine of relativity of title, die charakteristische Verdoppelung sachenrechtlicher Zuordnungsebenen durch den trust und endlich die das englische Liegenschaftsrecht prägende doctrine of estates.106 Mitunter wird sogar in Abrede gestellt, dass dem englischen Recht ein Institut des ownership bekannt sei, zumal es jedenfalls in der Praxis bedeutungslos sei.107 In der Tat steht absolute property oder, was synonym verwendet wird, ownership in der Common Law-Doktrin seit jeher im Schatten der dominierenden possession.108 Gänzlich unbekannt ist dem Common Law bestand und Übertragung soll das Sicherungseigentum nämlich wie Eigentum behandelt werden ((siehe Klinck, a. a. O.). 105 Auf eine einführende Darstellung der – ohnehin nur in der rechtshistorischen Rückschau verständlichen – Grundstrukturen des englischen property law wird hier verzichtet; deren Kenntnis darf vorausgesetzt werden (zur Einführung instruktiv Burrows (-Swadling), English Private Law3, Rn. 4.01–4.470; Goode (-McKendrick), Commercial Law5, 2.01–2.95; Lawson/Rudden, Law of Property3; Bridge, Personal Property Law4. 106 Vor allem die doctrine of relativity of title wird nicht bloß seitens kontinentaleuropäischer Rechtsvergleicher, sondern auch von der englischen Jurisprudenz selbst gerne als stilprägende Eigenheit ihres Rechtssystems akzentuiert, mit der sich dieses maßgeblich von den „civilistischen“ Systemen abhebe (siehe Swadling (2005) 121 LQR 123, 133). Im Fokus des common law stünde, so eine verbreitete Beobachtung, possession, nicht hingegen ownership, was sich vor allem darin spiegele, dass das law of torts primär possession nicht aber ownership schütze und insbesondere auch kein der rei vindicatio vergleichbarer Herausgabeanspruch gewährt werde (sinnfällig kommt die Prävalenz von possession in der vielzitierten Passage bei Pollock/Wright, An Essay on Possession in the Common Law, S. 5 zum Ausdruck: „The Common Law never had any adequate process in the case of land, or any adequate process at all in the case of goods, for the vindication of ownership pure and simple. So feeble and precarious was property without possession, or rather without possessory remedies, in the eyes of medieval lawyers, that Possession largely usurped not only the substance but the name of property“; aus neuerer Zeit OBG Ltd. v. Allan [2007] UKHL 21; [2008] 1 A. C. 1 [308] (Baroness Hale: „The common law, as is well known, lacked any general proprietary remedy equivalent to the Roman law vindicatio. It provided three separate remedies for wrongfully taking away, keeping, or disposing of another’s goods: trespass, detinue and trover or conversion.“). 107 So vor allem Swadling (2005) 121 LQR 123, 133; ders. (2008) 28 O. J.L. S. 627, 640–641. 108 In der älteren Doktrin und Rechtsprechung wird grundlegend zwischen absolute property, general property, absolute ownership resp. dominion auf der einen Seite und besitzgestützten minderen interests an der Sache, dem sog. special property, auf der anderen Seite unterschieden. Nach der tradierten Ansicht liegt dabei ein absolute ownership nur dann vor, wenn sowohl die possession als auch das immediate right to possession in einer Hand vereinigt sind; grundlegend Blackstone, Commentaries II, S. 389: „Property, in chattels personal, may be either in possession; which is where a man hath not only the right to enjoy, but hath the actual enjoyment of, the thing: or else it is in action; where a man hath only a bare right, without any occupation or enjoyment. And of these the former, or property in possession, is divided into two forts, an absolute and a
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zumindest ein deskriptives Eigentumskonzept freilich nicht.109 Außer Frage steht zudem, dass Eigentum – seine Existenz unterstellt – der Sphäre des law of personal property vorbehalten bleibt.110 Das law of real property ist forthin durch das Allodialrecht der Krone geprägt: An die Stelle des Privateigentums treten inhaltlich umfassende, zeitlich segmentierte Rechte auf possession an einem plot of land, die sog. estates in land.111 Allerdings erfüllt der fee simple estate absolute in possession (i. S. v. qualified property. First then of property in possession absolute; which is where a man hath, solely and exclusively, the right, and also the occupation, of any moveable chattels; so that they cannot be transferred from him, or cease to be his, without his own act or default.“ (Hervorheb. auch im Original). Eine Begriffsdefinition von property sucht man bei Blackstone freilich vergeblich und auch die ältere Judikatur schloss sich, ohne property zu definieren, lediglich der von Blackstone vertretenen Unterscheidung von absolute und special property an; siehe z. B. Webb v. Fox (1797) 7 Term Rep 391, 398; 101 E. R. 1037 (Lawrence: „In order to maintain an action for trover, it is necessary that the plaintiff should have either the absolute or a special property in the goods that are the subject of the action; he need not have both; either the one or the other is sufficient. Absolute property is where one, having the possession of chattels, has also the exclusive right to enjoy them, and which can only be defeated by some act of his own. Special property is where he who has the possession, holds them subject to the claims of other persons. There may be special property in various instances. There may be special property without possession; or there may be special property, arising simply out of a lawful possession, and which ceases when the true owner appears.“). Die neuere Lehre setzte sich über dieses enge besitzgestützte Verständnis des absolute ownership hinweg; mit ownership wurde zunehmend eine „entirety of legal powers of use and diposal“ (Pollock, A First Book of Jurisprudence for Students of the Common Law3, S. 178) assoziiert, die zwar ein right ot possession einschließe, nicht aber notwendigerweise nur einem gegenwärtigen Besitzer der Sache zustehen könne (vgl. Pollock, A First Book of Jurisprudence for Students of the Common Law3, S. 179–180; Bridge, Personal Property Law4, S. 45–46; siehe auch die vielzitierte Definition von „dominion“ oder „property“ von Austin, Lectures on Jurisprudence or the Philosophy of Positive Law II, S. 817–818: „Taken with its strict sense, it denotes a right – indefinite in point of user – unrestricted in point of disposition – and unlimited in point of duration – over a determinate thing.“) Der Terminus des special property wird hingegen nunmehr für die Rechtsstellung eines pledgee oder eines anderen bailee reserviert; der bailor, z. B. ein pledgor, wird gerade nicht als Inhaber eines bloßen special property beschrieben, seine Rechtsstellung als „owner“, als Inhaber des general property bleibt auch bei vorübergehenden Verlust der „unmittelbaren“ possession erhalten (Bridge, Personal Property Law4, S. 46; anders noch Blackstone, Commentaries II, S. 389, 395–396). 109 Grundlegend Honoré, in: Guest, Oxford Essays in Jurisprudence I, S. 106, der Eigentum freilich nicht positiv zu beschreiben versucht, sondern vielmehr elf typische Indizien eines „liberal concept of ownership“ herausarbeitet, namentlich „the right to possess“, „the right to use“, „the right to manage“, „the right to the income of the thing“, „the right to the capital“, „the right to security“, „the incident of transmissibility“, „the incident of absence of term“, „the prohibition of harmful use“, „liability to execution“ und „the incident to residuarity“. Wie Honoré selbst betont, handelt es sich hierbei nicht um Elemente des Eigentums, sondern bloße Indizien zur Ermittlung des Eigentums; nach hier vertretener Ansicht sind aber zumindest zwei konstitutiv: Die Übertragbarkeit (transmissibility) sowie die Restrechtskompetenz (residuarity) des Eigentümers. 110 Siehe bereits Austin, Lectures on Jurisprudence or the Philosophy of Positive Law II, S. 818. 111 Zur Ambivalenz des land-Begriffs siehe nur K. Gray/S. F. Gray, Elements of Land Law5, Rn. 1.2.10–1.2.12. Der Begriff land umfasst sowohl sog. corporeal hereditaments als auch incorporeal hereditaments (siehe sec. 205(1)(ix) LPA 1925: „land“ includes land of any tenure, and mines and minerals, whether or not held apart from the surface, buildings or parts of buildings (whether the division is horizontal, vertical or made in any other way) and other corporeal hereditaments; also a manor, an advowson, and a rent and other incorporeal hereditaments, and an ease-
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sec. 1(1)(a) LPA 1925) fraglos die dem Eigentum wesensimmanente Restrechtsfunktion im Privatrechtsverkehr.112 Als ultimativer „reversionary estate“ sind diesem die nach kontinentaleuropäischen Verständnis dem Grundstückseigentum teilhaftigen Eigenschaften wesensimmanent. Abgesehen davon, dass der sog. fee simple – im Gegensatz zu einem term of years absolute in possession (i. S. v. sec. 1(1)(b) LPA 1925) – unbefristet und unbeschränkt vererblich ist,113 lässt sich ein fee simple mit allen limited rights, seien es zeitlich begrenzte leasehold estates, seien es inhaltlich begrenzte interests in land, die das objektive Recht in Ansehung von land zur Verfügung stellt,114 belasten, ohne selbst aus der Belastung irgendeines anderen estate zu entspringen. Die Restrechtskompetenz über das land liegt – sieht man einmal vom Allodialrecht ab – beim proprietor des fee simple; dieser herrscht über das rechtliche Schicksal seines land bei Fortfall aller encumbrances unter Ausschluss anderer Personen. Dieser Exklusivität steht die stilprägende relativity of title nicht entgegen.115 Angesichts der rechtskonstituierenden Wirkung der possession ist dem englischen ment, right, privilege, or benefit in, over, or derived from land; and „mines and minerals“ include any strata or seam of minerals or substances in or under any land, and powers of working and getting the same; and „manor“ includes a lordship, and reputed manor or lordship; and „hereditament“ means any real property which on an intestacy occurring before the commencement of this Act might have devolved upon an heir); vereinfacht betrachtet gehören zu den corporeal hereditaments die zum Besitz berechtigenden estates in land, wohingegen mit incorporeal hereditaments alle anderen primär inhaltlich begrenzten, nicht mit einem right to possession unterlegten interests in land bezeichnet werden (Burrows (-Swadling), English Private Law3, Rn. 4.19). 112 Vgl. Megarry and Wade (-Bridge/Cooke/D ixon), The Law of Real Property 9, Rn. 2-001, 2-030, 3-002, 3-005. 113 Hierin unterscheidet sich der fee simple estate absolute in possession denn auch maßgeblich von den im alten common law beschränkt vererblichen fee tail; ein fee tail, der nur auf die Abkömmlinge des tenant in fee übergeht, konnte nach Inkrafttreten des LPA 1925 ohnedies nur noch in Equity unter einem settlement errichtet werden und auch diese Möglichkeit ist durch TLATA 1996 inzwischen versperrt (vgl. Megarry and Wade (-Bridge/Cooke/Dixon), The Law of Real Property9, Rn. 3-046, 3-047, 3-054, 3-055). 114 Zu den möglichen Belastungen siehe sogleich unter § 2 I. 3. b). 115 Vgl. Bridge, Personal Property Law4, S. 43–46. Zunächst ist der Systembegriff des title vom teilweise synonym verwendeten Terminus interest abzugrenzen, mit denen jeweils Rechtspositionen in Bezug auf vermögensrelevante Gegenstände aller Art (items of property) bezeichnet werden. Während der Begriff des title vielfach bloß als Variable für irgendein subjektives Recht verwendet wird, bezeichnet title (i. E. S.) den Rang eines Rechts im Verhältnis zu inhaltlich kollidierenden Rechten anderen Personen; der title bestimmt mithin die Durchsetzbarkeit des geltend gemachten Rechts bei einer Koexistenz sich teilweise überschneidender Rechtspositionen (Fox [2006] 65 C. L. J. 330, 336–337, 364), was sich sinnfällig darin zeigt, dass estates in land mit einem absolute title, good title oder possessory title eingetragen werden. Auf der anderen Seite bezeichnet der interest den Zuweisungsgehalt einer Rechtsposition in inhaltlicher und zeitlicher Hinsicht. Der Wirkbereich des englischen Relativitätsdogmas erklärt sich vor dem Hintergrund der unberechtigten Inbesitznahme (adverse possession) von unregistered land (Fox [2006] 65 C. L. J. 330, 331–334). Die relativity of title ist der Konstellation des Prozessrechtsverhältnisses zwischen Prätendenten eines plot of land verhaftet, in der es nicht auf die Sachzuordnung erga omnes, sondern einzig auf die bessere Sachherrschaftslegitimation inter partes ankommt. Zu beachten ist, dass ein squatter kraft seiner possession – und nicht erst durch die Verjährung der Herausgabeklage des entsetzten Besitzers und das damit verbundene Erlöschen des älteren title – ein zumindest partiell
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Liegenschaftsrecht zwar – ungeachtet der inzwischen nahezu umfassenden Dokumentation von legal estates im register of title – die Möglichkeit einer Koexistenz beliebig vieler fee simple estates systemimmanent: Mit Erwerb der possession erlangt der Okkupant eo ipso und uno actu einen fee simple estate absolute in possession – ein umfassendes, veräußerliches, belastbares und im Verhältnis zu nichtberechtigten Personen mit absolutem Klageschutz versehenes Sachenrecht.116 Solange vorrangige titles anderer Personen existieren – z. B. der legal title des entsetzten Besitzers, dessen nicht eingetragener fee simple nicht bereits kraft Ablauf der für die Herausgabeklage bestimmten Verjährungsfrist erloschen ist117 – bleibt der okkupationsdrittschutzfähiges Besitzrecht, einen possessory title, erlangt (Rosenberg v. Cook (1881) 8 Q. B.D. 162, 165 ( Jessel M. R.); K. Gray/S. F. Gray, Elements of Land Law5, Rn. 2.1.29). Bis zum Ablauf der für das Erlöschen der älteren estates maßgeblichen Verjährungsfristen der real actions bleibt die Rechtsstellung des Okkupanten zwar zumindest im Verhältnis zu dem entsetzten Rechtsinhaber prekär; im Verhältnis zu Dritten begründet die Besitzergreifung aber von vornherein und nicht erst mit Ablauf der einschlägigen Verjährungsfrist einen eigentumsvergleichbaren fee simple estate absolute in possession. Die verjährungsbasierte Bereinigung eines hierarchisch überlegenen Besitzrechts wirkt nicht wie eine Rechtsnachfolge; vielmehr erstarkt der originär kraft Besitzergreifung entstandene fee simple zu einem allseitig durchsetzbaren Besitzrecht, sobald alle vorrangigen estates durch Zeitablauf beseitigt worden sind. Im Grundsatz vergleichbar ist der Wirkbereich der doctrine of relativity of title in Bezug auf Rechte auf possession an realen Sachen (chattels personal), wobei jedoch überwiegend vertreten wird, dass der nichtberechtigte Besitzer einer Sache seinen possessory title mit Beendigung der possession verliere; im Verhältnis zu einem nichtberechtigten Dritten kommen ggf. Rechtsfortwirkungsansprüche wegen conversion und trespass in Betracht, wohingegen das Stammrecht erlischt (näher Fox [2006] 65 C. L. J. 330, 340– 351 m. w. N. auch zur Gegenansicht). Außerdem ist zu beachten, dass die exceptio ex iure tertii gerade nicht ausgeschlossen ist; die entgegenstehende ungeschriebene Regel des Common Law ist insoweit unanwendbar (sec. 8(1) T(IWG)A 1977); die vom Beklagten bezeichneten Prätendenten sind dann in den Rechtsstreit auf Klägerseite einzubeziehen (vgl. sec. 8(2)(c) T(IWG)A 1977). Unsicher ist der Geltungsbereich der doctrine of relativity of title zwischen Forderungsprätendenten und, allgemeiner, zwischen konkurrierenden Rechtspositionen in Ansehung unkörperlicher Vermögensgegenstände sowie die Rechtslage in Equity (näher Fox [2006] 65 C. L. J. 330, 351–364). 116 Statt vieler Fox [2006] 65 C. L. J. 330, 331–332; K. Gray/S. F. Gray, Elements of Land Law5, Rn. 2.1.29–2.1.40. Räumt der squatter kraft seines possessory title Dritten Rechte an dem okkupierten Land ein, erfüllt der okkupationsgestützte fee simple insoweit eine eigentumsgleiche Restrechtsfunktion. 117 Fox [2006] 65 C. L. J. 330, 332; K. Gray/S. F. Gray, Elements of Land Law5, Rn. 9.1–9.3. Mit Ablauf der regelmäßigen zwölfjährigen Verjährungsfrist der action for the recovery of land (sec. 15(1) LA 1980) erlischt der nicht eingetragene title der klageberechtigten Person gem. sec. 17 LA 1980. Auf registered land fand das System des verjährungsbedingten Erlöschens dinglicher Besitzrechte adverse possession schon unter dem LRA 1925 nurmehr modifiziert Anwendung; grundlegend reformiert wurde dieses schließlich durch den LRA 2002 (siehe nur Harpum/Bignell, Registered Land, Rn. 29.1–29.3). Die Zielsetzung der Reform ist klar: Nicht der Besitz, sondern die Eintragung im register of title ist Indikator und Quelle dinglicher Rechte. In Bezug auf registered land bewirkt adverse possession rechtstechnisch deshalb nicht mehr einen automatischen Rechtsverlust des eingetragenen Rechtsinhabers, weil die Herausgabeklage des eingetragenen Rechtsinhabers nicht der Verjährung unterliegt (sec. 96(1)((3) LRA 2002). Der „Okkupant“ erwirbt aufgrund zehnjährigen Eigenbesitzes nur ein Recht, einen Antrag bei der registerführenden Stelle auf Eintragung als Inhaber des registrierten estate in land zu stellen (Sch. 6 para. 1(1) LRA 2002), der bei bloßem Einspruch des eingetragenen Rechtsinhabers (sog. counter-notice) zurückzuweisen ist, es sei denn, dass besondere Gründe vorliegen, die ausnahmsweise ein „unbedingtes“ Recht auf Eintragung (indefeasible right to be registered) begründen (vgl. Sch. 6 para.
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gestützte fee simple fragil. Wird der rechtmäßige Besitzzustand wiederhergestellt, verliert der Okkupant seinen possessory title, vermag also nicht ohne Rücksicht auf Rechte Dritter über das rechtliche Schicksal „seines“ land zu disponieren.118 Wer hingegen nicht selbst einen jederzeit möglichen Besitzverlust aufgrund eines „Herausgabeanspruchs“ eines Dritten gewärtigen muss, mithin über ein hierarchisch allen anderen possessory titles überlegenes Recht verfügt, hat nichts anderes als ein eigentumsäquivalentes Restrecht. Nur klarstellend sei betont, dass weder ein possessory title eine „Last“ des hierarchisch überlegenen legal title noch gar dieser eine „Last“ des unterlegenen possessory title begründet; zwischen diesen konkurrierenden Rechten besteht keine Konsolidationslage, sondern – wegen der Anwendbarkeit der action for the recovery of land – eine „Vindikationslage“.119 Dies erhellt, dass die stilprägende doctrine of relativity of title nicht etwa der Existenz eines ausschließlichen Restrechts entgegensteht, sondern vielmehr dazu dient, in verlässlicher Weise die ultimative Dispositionskompetenz über einen plot of land zu identifizieren: Sobald alle vorrangigen älteren Besitzrechte erlöschen, erstarkt das Recht des Okkupanten von selbst zum eigentumsgleichen fee simple. Solange dagegen auch nur ein überlegener legal title existiert, ist die Rechtsstellung des squatter der eines Ersitzungsbesitzers in den kontinentaleuropäischen Sachenrechtsregimes nicht nur ebenbürtig, sondern sogar überlegen.120 In Bezug auf regis2–5 LRA 2002); vgl. Cheshire and Burn (-Burn/Cartwright), Modern Law of Real Property18 , S. 1160–1162; K. Gray/S. F. Gray, Elements of Land Law5, Rn. 9.1.21–9.1.31. 118 Der okkupationsgestützte possessory title wird mithin ausschließlich im Verhältnis zu nichtberechtigten Personen als vollwertiger estate in land behandelt; diese können sich auch nicht im Prozess darauf berufen, dass in Wirklichkeit ein Dritter über einen relativ stärkeren legal title verfügt – in Bezug auf unregistered land das Verbot des Einwands eines „ius tertii“ uneingeschränkt (vgl. Fox [2006] 65 C. L. J. 330, 332). 119 Die Merkmale einer Konsolidationslage sind nicht erfüllt. Diese ist dadurch gekennzeichnet, dass die Ausschließungsbefugnisse und als Kehrseite derselben auch die Handlungsoptionen des Eigentümers im inhaltlichen, räumlichen und zeitlichen Ausmaß des begrenzten Rechts ruhen, während dieses existenziell mit dem Bestand des Eigentums verknüpft ist. Bis zum Ablauf der Verjährungsfrist ist der Okkupant demgegenüber schlicht nichtberechtigter Besitzer, er kann – ebenso wie Dritte, die aus dem possessory title Rechte ableiten – jederzeit vollständig aus seiner Herrschaftsmacht an der Sache seitens des aus dem höherrangigen title berechtigten Rechtsinhabers verdrängt werden. Wenngleich ein nach Maßgabe der relativity of title organisiertes hierarchisches Verhältnis zwischen mehreren fee simples, d. h. eine Mehrheit identischer hintereinander gereihter Rechte auf horizontaler Ebene, geradezu systemimmanent ist, scheidet eine Belastung eines fee simple mit einem anderen fee simple, der sich die Befugnisse jenes Rechts einverleibt und schicksalhaft mit jenem Recht verbunden ist, axiomatisch aus (eingehend hierzu § 7 I. 2. d)). 120 Ein bedeutsamer Unterschied liegt darin, dass der Okkupant nicht lediglich eine gegen unberechtigte Besitzstörungen geschützte „Exspektanz“ auf gesetzlichen Eigentumserwerb, sondern ein – gleichfalls gegen Eingriffe in die adverse possession seitens nichtberechtigter Dritter tort-rechtlich geschütztes – Verfügungsobjekt in Form eines fee simple innehat, das sich selbsttätig durch Zeitablauf, nämlich im Zeitpunkt des verjährungsbedingten Erlöschens aller höherrangigen titles (ss. 15, 17 LA 1980) zum eigentumsgleichen Restrecht vervollkommnet. Außerdem kommt es auf den Bewusstseinszustand des squatter insoweit nicht an, weil die in Equity geltende billigkeitsinduzierte clean-hands-Lehre nicht für das Konkurrenzverhältnis zwischen legal titles gilt (K. Gray/S. F. Gray, Elements of Land Law5, Rn. 9.1.3 mit Fn. 5.
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tered land ist die Gefahr eines Rechtsverlusts durch bloßen Zeitablauf im Kontext der adverse possession ohnedies gebannt, weil es grundsätzlich nur dann zu einem Rechtsverlust kommt,121 wenn der eingetragene proprietor im Rahmen eines vom squatter nach Ablauf einer zehnjährigen Frist der adverse possession angestrengten Eintragungsverfahrens untätig bleibt resp. innerhalb einer zweijährigen Frist keine Maßnahmen zwecks Wiedererlangung der possession ergreift.122 Auch mit Blick auf das in sec. 58(1) LRA 2002 statuierte Prinzip des title by registration123 stärkt dies die Rechtsstellung des eingetragenen Rechtsinhabers eines registered fee simple estate erheblich; das eigentumsgleiche Restrecht ist mithin mit einem – im Vergleich zum altern Regime der registered estates unter dem LRA 1925 – erhöhten Bestandsschutzniveau versehen.124 Auch im law of personal property gilt nichts anderes. Zwar ist sich, wie angerissen, die englische Doktrin keineswegs einig, ob es in Bezug auf nicht vom extensiven Begriff des land (i. S. v. sec. 205(1)(ix) LPA 1925)125 umfasste Gegenstände des Rechtsverkehrs, namentlich chattels, ein dem kontinentaleuropäischen Eigentum vergleichbares dominium gibt.126 So wird in Teilen des Schrifttums die Eigentumsfähigkeit von chattels im Wesentlichen unter Verweis auf zwei Argumentationslinien in Abrede gestellt.127 Einerseits fehle es an einem eigentumsrechtlichen Kla121 In Form einer hoheitlichen Übertragung des eingetragenen legal title auf den squatter, dessen besitzgestützter title zugleich erlischt (para. 9(1) Sch. 6 LRA 2002). 122 Siehe Fn. 117. 123 Sec. 58 LRA 2002: „If on the entry of a person in the register as the proprietor of a legal estate, the legal estate would not otherwise be vested in him, it shall be deemed to be vested in him as a result of the registration.“ Auf den ersten Blick hat das englische Recht mit dieser Vorschrift das australische Torrens-System rezipiert, wonach allein die Eintragung – also ein bloßer Verwaltungsakt ohne Rücksicht auf die Wirksamkeit der rechtsgeschäftlichen conveyance – als solche den Rechtserwerb perfektioniert (title by registration). Wie in § 12 II. 1. näher ausgeführt ist, wird der Wirkbereich von sec. 58 LRA 2002 durch die Rechtsprechung nicht unwesentlich aufgeweicht. Jedenfalls in Zweipersonenverhältnissen sollen Mängel der Verfügung auf die dingliche Ebene durchschlagen; kraft Berichtigung wird die Grundbuchlage an die materiellrechtlich gewünschte Rechtslage doch wieder angepasst, ggf. auch vermöge eines constructive trust (vgl. Fitzwilliam Holdings v Richall Holdings Services Ltd [2013] 1 P&CR 19; kritisch u. a. Goymour [2013] Conv. 617, 630; Dixon (2013) 129 L. Q. R. 320, 323; zum Ganzen Goff and Jones (-C. Mitchell/ P. Mitchell/Watterson), The Law of Unjust Enrichment9, Rn. 8-070–8-072). Äußerst ungewiss ist die Rechtslage bei Dreipersonenverhältnissen, insbesondere ob insoweit Korrekturmechanismen in Equity in Betracht kommen (siehe Barclays Bank Plc v. Guy (No 2) [2010] EWCA Civ 1396 [35]; [2011] 1 W. L.R. 681, 687 (Lord Neuberger M. R.)). 124 Anklänge an das hierarchisierende Konzept der doctrine of relativity of title zeigen sich freilich auch bei der Erst- bzw. Neueintragung eines estate. So wird dieser durch die registerführende Stelle im register of title entweder als absolute title, good title (ausschließlich in Bezug auf leasehold estates) possessory title oder qualified title eingetragen, womit im Kern die Wahrscheinlichkeit ausgedrückt wird, dass sich das eingetragene Recht gegenüber konkurrierenden Prätendenten bewähren wird. 125 Siehe hierzu Fn. 111. 126 Zu dieser Diskussion Bridge/Gullifer/L ow/McNeel, The Law of Personal Property2 , Rn. 2-008–2-2-036. 127 Die Ausführungen von Swadling (2008) 28 O. J.L. S. 627, 640–641 („Some distinguish between ‚ownership‘ and ‚possession‘, though this is unsatisfactory, for, despite what a layperson might think, English law has no notion of ‚ownership‘. Moreover, if it did exist, ownership would
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geschutz, vor allem an einem Analogon der rei vindicatio, da die sachbezogenen torts auf den Schutz von possession, nicht auf den Schutz eines fiktiven dominion abzielen.128 Andererseits schließe die Relativitätsdoktrin ein absolutes Eigentum begriffsnotwendig aus. Es gebe nicht den einen Eigentümer oder das eine Eigentum, sondern eine unbestimmte Vielzahl besitzgebundener Sachenrechte, weil allein possession einen title (scil.: ein Herrschaftsrecht an der in Besitz genommenen Sache) konstituiere.129 Diese Argumentation überzeugt nicht. Soweit die Eigentumsfähigkeit von chattels unter Verweis auf die relativity of title angezweifelt wird, verfängt dies bereits deshalb nicht, weil der Systembegriff des title nichts über den Zuweisungsgehalt einer Rechtsposition aussagt und somit für die Ausgangsfrage, ob ein von mehreren Prätendenten reklamiertes Recht eigentumsrechtliche Züge aufweist oder nicht, unbehelflich ist.130 Die These, die Relativität der Sachzuordnung sei mit der für das Eigentum „römischrechtlicher“ Provenienz charakteristischen Exklusivität unvereinbar, lässt sich gleichfalls leicht widerlegen. Wenn sowohl die vom abstrakten Eigentumsbegriff beherrschten kontinentaleuropäischen Rechtsordnungen als auch das Common Law eine Koexistenz mehrerer gleichartiger Rechte, z. B. sog. security interests, an einer Sache gestatten und Ausübungskollisionen durch eine dem Prioritätsgedanken verhaftete Rangordnung steuern, spricht prima vista nichts dagegen, auf der „untersten Schicht“ des pyramidenförmigen Sachenrechtsaufbaus eine Koexistenz mehrerer nicht primär inhaltlich oder zeitlich begrenzter Rechte anzuerkennen. Soweit Kollisionen gleichartiger Rechte, wie im Common Law, durch eine „absolute“ Rangfolge aufgelöst werden, ist die Leistungsfähigkeit des Systems nicht be nothing more that a right to possession. […] A better word than either ‚ownership‘ or ‚property‘, though far from perfect, is ‚title‘, a term also to be found in the sale of goods legislation. ‚Title‘ is a difficult word with various meanings. […] ‚Title‘ in the context of land law, therefore, means a right to exclusive possession. Not surprisingly, the word has the same content when used in relation to goods. Thus, when a vendor of goods retains ‚title‘, he retains his right to exclusive possession. Though his purchaser obtains a right to exclusive possession, a title, through his act of taking possession, the vendor’s title will always be superior, and can be relied upon in the event of the purchaser’s insolvency, for any insolvency official will commit conversion vis-a-vis the vendor should he deal with the goods in a manner inconsistent with the vendor’s retained title. So long as we understand the word ‚title‘ in this sense, scil as shorthand for a right to exclusive possession of the goods, and remember always that there can be more than one title to goods, it becomes a serviceable alternative to ‚fee simple‘.“) machen sichtbar, dass sich die Kontroverse auf ein terminologisches Problem der englischen Rechtssprache reduziert. Ob das bestmögliche right to exclusive possession als ownership oder auch als title bezeichnet wird, ist, sofern hiermit nur der hierarchisch überlegene title des „true owner“ gemeint ist, spielt keine Rolle. 128 Sinnfällig kommt die Prävalenz der possession in einer vielzitierten Passage bei Pollock/ Wright, An Essay on Possession in the Common Law, S. 5 zum Ausdruck: „The Common Law never had any adequate process in the case of land, or any adequate process at all in the case of goods, for the vindication of ownership pure and simple. So feeble and precarious was property without possession, or rather without possessory remedies, in the eyes of medieval lawyers, that Possession largely usurped not only the substance but the name of property.“ 129 Swadling (2005) 121 LQR 123, 133. 130 Zu den Komplementärbegriffen title und interest siehe bereits Fn. 115.
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gefährdet.131 Wie gezeigt, erfüllt die vom Prinzip des Vorzugs des ältesten possessory title geprägte relativity of title diese rangbestimmende Funktion. Relativ wirken possessory titles, die einem anderen title hierarchisch unterlegen sind, wohingegen derjenige Rechtsinhaber, der selbst nicht einer anderen Person aus conversion haftet, über den optimalen legal title, über das sog. general property oder legal ownership verfügt, d. h. über das einzige erga omnes geschützte Restrecht an der Sache.132 Dass auch ein unterlegener possessory title, ein sog. special property, im Verhältnis zu Dritten tort-rechtlichen Klageschutz genießt, ändert an der dem legal owner verliehenen Residualkompetenz gar nichts.133 Demgegenüber ist der bloße possessory title nichts anderes als das Äquivalent eines Ersitzungsbesitzes: Solange die für die Klage wegen conversion maßgebliche Verjährungsfrist läuft, also ein überlegener legal title existiert, vermag der Inhaber eines possessory title anderen Personen nach Maßgabe des Prinzips „nemo dat …“ (vgl. sec. 21(1) SGA 1979) natürlich nur relativ wirksame Rechte einzuräumen; die hierarchisch überlegene Rechtsstellung des durch conversion geschützten Rechtsinhabers vermag er weder zu vereiteln noch zu beeinträchtigen.134 Dass dieser überlegene legal title nicht durch eine rei vindicatio gegen Besitzentziehung oder Besitzvorenthaltung geschützt ist, ist belanglos, denn mit der Identifizierung einer ultimativen Dispositionskompetenz hat die Reichweite des dem Eigentum teilhaftigen Störungsschutzes nichts zu tun. Im Übrigen erfüllt ja conversion die Funktion eines eigentumsschützenden Störungsrechtsbehelfs; dass dieser im law of torts systematisiert ist und im Übrigen kein unbedingter Anspruch auf Herausgabe geltend gemacht werden kann, steht dem nicht entgegen.135 Wenn statt Herausgabe in Natur (specific restitution) regelmäßig Geld131 Vgl.
Fox [2006] 65 C. L. J. 330, 337, 364. ein Blick auf die einschlägige Rechtsprechung und die ältere Doktrin belegt, dass die Hypothese, dem Common Law sei ein echtes Eigentum (an realen Sachen) unbekannt (Nachweise in Fn. 109), in dieser Allgemeinheit unrichtig ist (grundlegend bereits Armory v. Delamirie (1721) 1 Strange 505; 93 E. R. 664 (Pratt C. J.: „[…] the finder of a jewel, though he does not by such finding acquire an absolute property or ownership, yet he has such a property as will enable him to keep it against all but the rightful owner, and consequently may maintain trover.“); siehe ferner die von Parke B. postulierten Definition der action of trover in Fouldes v. Willoughby (1841) 8 Meeson and Welsby 540, 550; 151 E. R. 1153, 1157; aus der Literatur Blackstone, Commentaries II, S. 389. Zutreffend ist nur, dass possession in der Jurisprudenz des Common Law im Vordergrund steht. 133 Bridge/Gullifer/L ow/McNeel, The Law of Personal Property2 , Rn. 2-009. 134 Insbesondere kommt ein gutgläubiger Eigentumserwerb nicht in Betracht, wenn der Veräußerer als nichtberechtigte Inhaber eines possessory title die possession nicht vom Eigentümer, sondern ohne dessen Willen von einem nichtberechtigten Besitzer ableitet; der Veräußerer hat die possession dann nicht in der nach den einschlägigen Gutglaubenstatbeständen erforderlichen rollenspezifischen Eigenschaft erlangt (siehe nur National Employers’ Mutual General Insurance Association Ltd. v. Jones [1990] 1 A. C. 24, 58–59 (Lord Goff ); zum gutgläubigen Erwerb im Kontext mehrstufiger Belastungen § 5 III. 4. d). 135 Exemplarisch zur eigentumsschützenden Funktion der action wegen conversion OBG Ltd. v. Allan [2007] UKHL 21; [2008] 1 A. C. 1 [308] (Baroness Hale: „The common law, as is well known, lacked any general proprietary remedy equivalent to the Roman law vindicatio. It provided three separate remedies for wrongfully taking away, keeping, or disposing of another’s goods: trespass, detinue and trover or conversion. […] But of one thing there could be no doubt: although 132 Schon
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ersatz wegen conversion zu gewähren ist136 und mit der Liquidation im Umfang des dem Kläger zustehenden interest dessen title erlischt,137 bedeutet dies zwar, dass sich der „Eigentümer“ einen Zwangsverkauf seiner Sache gefallen lassen muss. Die (vermeintliche) Schlechterstellung des Rechtsinhabers im Vergleich zu kontinentaleuropäischen Sachenrechtsregimes ändert aber nichts daran, dass es stets nur einen Rechtsinhaber gibt, dem es freisteht, über die Sache zu disponieren. Und dies ist, sobald der title des ehedem besser berechtigten Rechtsinhabers erlischt, i. Zw. derjenige, der die possession an der betreffenden Sache ausübt.138 Endlich darf nicht verkannt werden, dass die mit der doctrine of relativity of title verbundene Vorstellung, dass die Sachherrschaftslegitimation allein inter partes eine Rolle spiele, seit langem obsolet ist. Weil es dem Beklagten freisteht, die exceptio ex iure tertii zu erheben (sec. 8(1) T(IWG)A 1977), bedarf es im Prozess häufig einer „multilateralen“ und nicht bloß einer auf das relative Prozessrechtsverhältnis bezogenen Beurteilung der Sachzuordnung.139 Schließlich sei nur klarstellend betont, dass die charakteristische Doppelung der Zuordnungssphären – law und equity – und die damit verbundene geläufige Unterscheidung zwischen legal ownership und equitable ownership140 nichts an der Restrechtskompetenz des legal owner einer realen Sache oder des proprietor eines fee simple estate ändert. Wie noch zu zeigen sein wird, sind equitable interests das Korrelat einer Belastung eines anderen Rechts, sei es ein eigentumsäquivalentes, sei es ein minderes Recht.141 nominally tortious, conversion had become the remedy to protect the ownership of goods […]. It follows that fault is irrelevant: […] The remedy is either the value of what has been lost or […] the return of the goods.“); siehe auch Kuwait Airways Corporation v. Iraqi Airways Co) [2002] UKHL 19; [2002] 2 A. C. 883 [77] (Lord Nicholls of Birkenhead); Bridge/Gullifer/Low/McNeel, The Law of Personal Property2, Rn. 2-009–2-010. 136 Sec. 3(2)(a)(3)(b) T(IWG)A 1977. 137 Sec. 5(1) T(IWG)A 1977. 138 Im Übrigen darf nicht übersehen werden, dass im Rahmen eines Klage- oder einstweiligen Rechtsschutzverfahrens eine Herausgabe in Natur als Rechtsfolge einer unrechtmäßigen Vorenthaltung oder Entziehung des Besitzes angeordnet werden kann (sec. 3(2)(a)(3)(b) T(IWG) A 1977); dass es zu einem Zwangsverkauf einer gestohlenen Sache kommt, ist nicht ausgemacht. Abgesehen davon darf nicht verkannt werden, dass die rei vindicatio in kontinentaleuropäischen Regimes erstens nicht allein zum Schutz des Eigentums, sondern gleichermaßen zum Schutz des Nießbrauchs und des Pfandrechts zur Verfügung gestellt wird (§§ 1065, 1227 BGB). Und endlich ist die rechtstatsächliche Bedeutung des Vindikationsanspruchs sowohl für den Eigentümer als auch für den Nießbraucher oder den Pfandgläubiger aufgrund der Eigentumsvermutung bzw. der Rückgabevermutung (§§ 1006, 1253 Abs. 2 BGB) kein besonders scharfes Schwert. 139 Siehe Bridge/Gullifer/L ow/McNeel, The Law of Personal Property2 , Rn. 2-034, die zudem darauf hinweisen, dass eine nicht am Prozess beteiligte Person ihres Eigentums verlustig gehen kann, sofern sie trotz Aufforderung dem Rechtsstreit nicht beitritt (sec. 8(2)(d) T(IWG)A 1977, r. 19.5A(3) CPR). 140 Aus deutscher Sicht paradigmatisch Stürner, DNotZ 2017, S. 904, 926, wonach der trust „zu einer Aufspaltung des Eigentums an der Sache in den equitable und den legal title führt, wobei die Verfügungsbefugnis über die Sache typischerweise an den legal title anknüpft, der equitable title aber dem Beneficiary als wirtschaftlichem Eigentümer zusteht, jedoch jeder vollstreckungsmäßige Zugriff auf die Sache selbst als Teil des Trust Estate weder Gläubigern des Inhabers des legal title noch Gläubigern des Inhabers des equitable title offensteht.“ 141 Demgegenüber ist ein Recht, das durch Verfügung über den beschwerten legal title er-
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cc) Zusammenfassung Nach alldem kommt es nicht darauf an, ob das anwendbare Recht mit einem engen oder weiten Sachbegriff operiert. Unerheblich ist auch, ob zwischen Schuld- und Sachenrecht regelungssystematisch unterschieden wird oder beide Sphären in einem „monistischen“ Vermögensrecht aufgehen. Wenn das anwendbare Recht subjektive Vermögensrechte an realen Sachen und Grundstücken anerkennt, kommt es nicht ohne ein „Universalmutterrecht“142 an der Sache aus.143 Als wahrhaft schrankenloses Monopolrecht ist Eigentum hingegen, obschon teilweise das Gegenteil insinuiert wird, unter dem angeblich so liberalistischen Modell des BGB, nicht konzipiert; schon ein Blick auf die §§ 903–924 BGB belegt das Gegenteil.144 Auf eine manifeste Antinomie liefe es nach dem Vorgesagten hingegen hinaus, würde man dem Eigentümer eine Belastung seines Rechts mit einem artidentischen Recht, d. h. mit Eigentum, gestatten. Ließe sich aus der Rechtsrechtskompetenz eine gleichrangige konkurrierende Restrechtskompetenz schöpfen, wäre die Integrität des Rechtstypus „Eigentum“ beseitigt: Wer über das rechtliche Schicksal der Sache nach Wegfall aller Belastungen zu entscheiden hätte, bliebe ungewiss; die Konkurrenz der kollidierenden Eigentumsrechte ließe sich nur dahin auflösen, dass eine Miteigentümer- oder Gesamthandsgemeinschaft entsteht oder dass sich der „Auctor“ seines Eigentums vollständig entäußert. In jedem Fall entpuppte sich die fiktive innerartliche Belastung als contradictio in adiecto; konstruktionsjuristisch handelt es sich um eine (partielle) Eigentumsübertragung. Auch im Übrigen vermag der Eigentümer nicht willkürlich über seine Sache zu disponieren, insbesondere bleiben bereits bestehende Belastungen – vorbehaltlich der Ausnahmeregeln des lastenfreien Erwerbs – von erneuten Übertragungs- und Belastungsvorgängen unberührt. Außerdem offenbart sich nahezu überall ein mehr oder weniger scharf umrissener Kreis standardisierter Rechtstypen; der Eigentümer kann nicht willkürlich neue monopolisierte Berechtigungen beliebigen Zuschnitts zu begründen, sondern muss sich derjenigen Rechtstypen bedienen, die das objektive Recht zur Verfügung stellt. Dieser Numerus Clausus legt zugleich den Kanon möglicher mehrstufiger Eigentumsbelastungen und anderer Grundrechtsbelastungen fest. b) Zuordnungsänderungs- und Nutzungsrechte Wenngleich sich in den europäischen Rechtsordnungen im Wesentlichen gleichartige Typen inhaltlich, räumlich und/oder zeitlich begrenzter Sachenrechte helischt, mithin der Gefahr eines „lastenfreien“ Erwerbs durch einen bona fide purchaser ausgesetzt ist, sachlogisch kein ultimatives Residualrecht an der Sache; vertiefend § 4 II. 4. 142 Dieses in der deutschen Literatur beliebte Synonym für das Eigentum geht auf Harry Westermann, Die Konstruktion des Rechts an der eigenen Sache im Gebiet des B. G.B., S. 30 zurück. 143 Unterscheidet sich Eigentum strukturell von allen anderen denkbaren Sachenrechten, unterstreicht dies einmal mehr, weshalb es eines Eigentums an Rechten nicht bedarf; das betreffende „Grundrecht“ ist per definitionem das Restrecht, welches nach Untergang sämtlicher Belastungen verbleibt (siehe bereits Windscheid, Lehrbuch des Pandektenrechts I5, § 168 (S. 521–522). 144 Weiterführend Staudinger (-Althammer), BGB (2016), Einl. zu §§ 903 ff. Rn. 57–58.
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rausgebildet haben, unterscheiden sich diese im Näheren aus rechtshistorischen und systembedingten Gründen nicht unwesentlich.145 Dies sei hier in aller Kürze exemplarisch für das deutsche Recht im Vergleich mit dem österreichischen und dem englischen Recht skizziert, wobei es für die Zwecke dieser synoptischen Darstellung genügt, zwischen Zuordnungsänderungsrechten und Nutzungsrechten an Grundstücken auf der einen Seite und den komplementären Rechtstypen an realen Sachen und Rechten auf der anderen Seite zu unterscheiden.146 Auf die im zweiten und dritten Teil dargelegte Binnenstrukturierung des sachenrechtlichen Kanons wird Bezug genommen. aa) Rechte an Grundstücken Allenthalben ist der Kreis inhaltlich oder zeitlich limitierter Rechte im Liegenschaftsrecht vergleichsweise umfangreich, wohingegen das Spektrum monopolisierter Rechte an realen Sachen und reinen Rechten schmal ausfällt. Dienstbarkeiten, Erbbaurechte, Dauerwohn- und Dauernutzungsrechte, dingliche Vorkaufsrechte, Hypotheken, Grund- und Rentenschulden und Reallasten sind Institutionen des partiell römischrechtlich, partiell deutschrechtlich beeinflussten Grundstücksrechts. All diese Rechtstypen reserviert das deutsche Recht für die Belastung von „Grundstücken“, präziser für das Eigentum an Grundstücken und – mit Nuancierungen im Detail – für Miteigentumsanteile, grundstücksgleiche Rechte und ideelle Anteile an grundstücksgleichen Rechten. Nichts anderes gilt für die nicht dem klassischen Kanon dinglicher Grundstücksrechte zugeordneten Sonderformen drittschutzfähiger „Rechte“, d. h. die Vormerkung, die Auflassungsanwartschaft und das Sondernutzungsrecht im Wohnungseigentumsrecht. Mit dem demonstrativen Bekenntnis zum abstrakten Eigentumsbegriff des klassischen römischen Rechts und der vereinheitlichen Vorgabe eines geschlossenen Kreises von iura in re aliena war die „Stärkung“ des Grundeigentums, vor allem die Gewährleistung 145 Stürner, DNotZ 2017, S. 904, 925–927 hebt dagegen unter Verweis auf die Rechtsfiguren des trust und der mortgage hervor, dass sich im anglo-amerikanischen Rechtskreis bis heute kein vergleichbar strenger Kanon dinglicher Rechte herausgebildet habe wie in den romanisch beeinflussten Rechtsordnungen; Stürner, a. a. O. erklärt dies mit dem Primat individueller Freiheit im anglo-amerikanischen Rechtskreis, der Verkehrsschutz sei nur von sekundärer Bedeutung. Diese Beobachtung ist mit Blick auf die vielfältigen Gestaltungsoptionen, die der express trust eröffnet, zwar zutreffend. Allerdings darf nicht verkannt werden, dass mit der in Equity eröffneten Gestaltungsfreiheit eine nicht unwesentliche Absenkung des Sukzessionsschutzes einhergeht; der beneficial interest stellt sich als bloßer „general burden“ dar (vgl. K. Gray/S. F. Gray, Elements of Land Law5, Rn. 1.7.34), der mit Blick auf das charakteristische overreaching im Liegenschaftsrecht weniger bestimmte, dem trust property zugeordnete Sachen, als vielmehr den in trust gehaltenen Vermögenswert ergreift. Auf der anderen Seite darf nicht übersehen werden, dass das deutsche Recht im Grundstücksrecht ein hohes Maß an Gestaltungsfreiheit – z. B. durch die Verdinglichung von Rechtsänderungsansprüchen durch Vormerkungen, bei der Sicherung von wettbewerbsbeschränkenden Abreden durch Dienstbarkeiten und im Wohnungseigentumsrecht – eröffnet. 146 Zur grundlegenden Unterscheidung zwischen Zuordnungsänderungs- und Gebrauchsund Herrschaftsrechten in Hinsicht auf inner- und zwischenartliche Belastungskompatibilitäten siehe §§ 10, 11.
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eines praktisch wirksamen Realkredits durch Bestellung von Grundschulden und Hypotheken beabsichtigt.147 Ein Wiederaufleben spätmittelalterlicher lehensrechtlicher Strukturen, eine Aufspaltung des „Eigentums“ in dominium directum und dominium utile galt es zu verhindern; dem sollte die Ausgestaltung der Dienstbarkeiten Rechnung tragen.148 Für die emphyteusis149 blieb deshalb im BGB von vornherein – anders als z. B. in der ursprünglichen Fassung des ABGB150 – kein Platz; die noch in § 504 ABGB rezipierte Rechtsfigur des usus ging im Institut der beschränkten persönlichen Dienstbarkeiten des BGB auf. Vor diesem Hintergrund verbot sich die Einführung eines dem term of years absolute der englischen estates-Doktrin vergleichbaren Instituts, d. h. einer auf beliebig lange Zeiträume zu bestellenden dinglichen Miete oder Pacht von (Wohn-) räumen und Grundstücken, erst recht.151 Allein der dem Mieter und Pächter garantierte Sukzessionsschutz152 sowie die mögliche vertragliche Absicherung langfristiger Miet- oder Pachtverträge mit beschränkten persönlichen Dienstbarkeiten und anderen Grundstücksrechten kompensieren das Fehlen eines lease schon mit Blick auf die hohe Gestaltungsfreiheit, die dieses Institut dem Rechtsverkehr eröffnet, nur partiell. Vergleichbar lange vertragliche Bindungen, wie sie unter eine lease 147 Vgl. Mot. III, S. 262 f.; Schön, Nießbrauch an Sachen, S. 23–28; Wiegand, FS Kroeschell, S. 623, 638–639; ders., FS H. P. Westermann, S. 731, 732–734. 148 Vgl. Mot. III, S. 262 f.; Schön, Nießbrauch an Sachen, S. 23–28. 149 Anknüpfend an die Exegese der Quellen durch die Glossatoren wurde die emphyteusis häufig als paradigmatische Erscheinungsform einer Eigentumsteilung gedeutet (vgl. Windscheid, Lehrbuch des Pandektenrechts I5, § 218 Fn. 4 (S. 699–700). 150 Wenngleich die Rechtsfigur des geteilten Eigentums auch in Österreich längst obsolet ist, blieben die in der ursprünglichen Textfassung des ABGB enthaltenen Bestimmungen über das Ober- und Untereigentum der §§ 357, 359 ABGB als rechtshistorische Relikte noch bis zum 24.7.2006 erhalten: Während § 357 ABGB die terminologische Unterscheidung zwischen Oberund Untereigentum verankerte, waren in § 359 ABGB drei Erscheinungsformen des sog. geteilten Eigentums geregelt, das Lehen, die Erbpacht und das Erbzinsrecht. 151 Aus rechtshistorischer Sicht steht die emphyteusis dem englischen leasehold estate deutlich näher als der zwingend auf die Lebenszeit des Erstberechtigten begrenzte ususfructus. Bezeichnend ist, dass diverse mittelalterliche Regeln der englischen lease, namentlich das Schriftformerfordernis und das außerordentliche Kündigungsrecht wegen Nichtentrichtung der geschuldeten rent (writ of cessavit per biennium) offenbar vom römisch-kanonischen Recht beeinflusst waren (näher Ibbetson (1986) 4 Law & Hist Rev 71, 81–84; ders. in: Jenks/Rose/W hittick, Studies in Medieval Legal History in Honour of Baul Brand, S. 87–100). Im österreichischen Recht gilt ungeachtet der möglichen Verbücherung von Bestandsverträgen im Grundbuch insoweit nichts anderes als im BGB. Mit der Eintragung des Bestandsvertrages (i. S. v. § 1090 ABGB) im Grundbuch (vgl. § 9 GBG) erwirbt der Bestandnehmer, d. h. der Mieter oder Pächter, zwar nach dem Duktus des Gesetzes ein „dingliches Recht“ (§ 1095 ABGB); die Eintragung ist Voraussetzung dafür, dass das Recht des Bestandnehmers gegenüber jedem Erwerber der Liegenschaft Wirkung entfaltet und in der Exekution wie eine Dienstbarkeit zu behandeln ist (§ 1121 ABGB). Dessen ungeachtet klassifiziert die h. L. das eingetragene Recht des Bestandnehmers nicht als Sachenrecht, weil die Eintragung weder für die Bestellung noch für die Übertragung des Bestandsrechts konstitutiv sei (vgl. Iro, Sachenrecht6 , Rn. 3/22; Koziol/Bydlinski/Bollenberger (-Iro), ABGB2, § 1095 Rn. 2); gleiches gilt für verbücherte Vorkaufs- und Wiederkaufsrechte (Iro a. a. O.; Koziol/Bydlinski/Bollenberger (-Apathy), ABGB2, § 1073 Rn. 2 m. w. N.). 152 Vgl. § 1095 ABGB; §§ 565, 566, 567, 567a, 567b, 578 Abs. 1, Abs. 2 S. 1, 581 Abs. 2, 593b BGB.
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gang und gäbe sind (z. B. eine lease von 999 Jahren), sind im Mietrecht durch das zwingende Kündigungsrecht des § 544 BGB per se ausgeschlossen; eine Art „Erbpacht“ jenseits des sachenrechtlichen Typenzwangs wollte der historische Gesetzgeber schließlich unterbinden.153 Die vom ABGB und vom BGB zur Verfügung gestellten dinglichen „Nutzungsrechte“ sind denn auch inhaltlich weitaus schärfer fixiert als die ausschließlich durch zeitliche Segmentierung gekennzeichneten estates in land. Auf umfassende Nutzung eines fremden Grundstücks ist ohnedies allein der Nießbrauch (§ 1030 Abs. 1 BGB) – das Fruchtgenussrecht des österreichischen Rechts (§ 509 ABGB) – gerichtet, der sich freilich vom uneingeschränkt verkehrsfähigen term of years absolute (i. S. v. sec. 1(1)(b) LPA 1925) elementar unterscheidet. Zum einen kann ein Nießbrauch nicht auf vergleichbar lange Zeiträume bestellt werden; in Übereinstimmung mit dem römischen Vorbild bleibt der Nießbrauch einer natürlichen Person stets auf die Lebenszeit des Rechtsinhabers begrenzt. Zum anderen scheidet prinzipiell eine dingliche Absicherung allfälliger Zahlungspflichten mittels Verpfändung des Nießbrauchs deshalb aus, weil dieser – in auffälligem Gegensatz zur gemeinrechtlichen Doktrin und zum österreichischen Recht – nicht einmal „der Ausübung nach“ übertragbar ist; eine „dingliche Zahlungslast“ lässt sich in den Rechtsinhalt des Nießbrauchs – anders als bei einem lease – ohnedies nicht integrieren.154 153 Vgl. Mot. II, S. 413; RG, Urteil v. 10.5.1910 – III 234/09, RGZ 73, S. 341, 342; BGH, Urteil v. 27.11.2003 – IX ZR 76/00, NJW 2004, S. 1523, 1524; Schmidt-Futterer (-Lammel), Mietrecht14, § 544 Rn. 1. Während im Wohnraummietrecht Zeitmietverträge ohnehin nur unter den Voraussetzungen des § 575 Abs. 1 S. 1 BGB wirksam auf bestimmte Zeit vereinbart werden können (die Vereinbarung eines Kündigungsausschlusses ist allerdings auch in AGB möglich; näher Blank/Börstinghaus (-Blank), Miete5, § 575 Rn. 86–98; siehe auch BGH, Beschluss v. 8.5.2018 – VIII ZR 200/17, BeckRS 2018, 10388: individualvertraglicher Kündigungsausschluss ist auch bei Wohnraummietverhältnissen für sehr lange Zeiträume, z. B. dreißig Jahre, vorbehaltlich § 138 Abs. 1 BGB möglich; der BGH lässt dahinstehen, ob nach Ablauf einer dreißigjährigen Frist in entsprechender Anwendung des § 544 BGB jede Partei mit der gesetzlichen Frist kündigen kann), ist es bei Mietverträgen über Geschäftsräume zwar grundsätzlich zulässig, Zeitmietverträge zu vereinbaren (vgl. § 542 Abs. 2 BGB). Nach höchstrichterlicher Rspr. verstößt auch eine durch AGB eingeführte Laufzeit von mehr als 30 Jahren ausweislich § 544 BGB nicht gegen wesentliche Grundgedanken der gesetzlichen Regelung i. S. v. § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB (vgl. BGH, Urteil v. 24.2.2016 – XII ZR 5/15, NJW 2016, S. 1441, 1444 Rn. 41; BeckOGK BGB (-Mehle), Stand: 1.7.2019, § 542 Rn. 87; differenzierend Schmidt-Futterer (-Lammel), Mietrecht14, § 544 Rn. 11: Laufzeit von mehr als 30 Jahren bei willkürlicher Kündigungsmöglichkeit des Klauselverwenders nach § 307 BGB unwirksam). Wird ein Mietvertrag freilich auf mehr als 30 Jahre abgeschlossen, kann das Mietverhältnis gem. § 544 BGB von jeder Partei nach Ablauf der dreißigjährigen Frist mit der gesetzlichen Frist gekündigt werden; eine vertragliche Bindung von mehr als 30 Jahren, d. h. eine Art „Erbmiete“ jenseits des sachenrechtlichen Typenzwangs soll hierdurch im Interesse der Erhaltung der Verkehrsfähigkeit des Grundeigentums vermieden werden (vgl. RG, Urteil v. 10.5.1910 – III 234/09, RGZ 73, S. 341, 342; BGH, Urteil v. 27.11.2003 – IX ZR 76/00, NJW 2004, S. 1523, 1524). 154 Siehe nur Mot. III, S. 457; RG, Urteil v. 8.4.1903 – V 496/02, RGZ 54, 233, 234–235. Näher Schön, Nießbrauch an Sachen, S. 329–335, der zutreffend betont, dass die Annahme einer mit der Rechtsausübung synallagmatisch verknüpften Entgeltpflicht mit der gesetzlichen Ausgestaltung des Nießbrauchs unvereinbar ist. Weil der Rechtsausübung seitens des Nießbrauchers weder eine Einrede gem. § 320 Abs. 1 BGB noch ein Zurückbehaltungsrecht gem. § 273 Abs. 1 BGB ent-
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Demgegenüber ist eine dem Nießbrauch vergleichbare tenancy for life schon seit den grundlegenden Reformen des englischen real property law im Jahr 1925 nurmehr in equity gestattet; zudem begründet eine solche privatautonome Gestaltung seit den Reformen des englischen Trustrechts im Jahr 1996 nicht mehr ein sog. settlement, sondern einen trust of land (i. S. v. sec. 1(1)(a) TLATA 1996).155 Vor diesem Hintergrund fällt die Binnendifferenzierung des englischen Regimes der sog. servitudes, denen bestimmte incorporeal hereditaments – easements, profits à prendre (kurz profits) und restrictive covenants zugeschlagen werden156 – gänzlich anders aus als das romanisch beeinflusste Regime der Dienstbarkeiten des ABGB und des BGB. Abgesehen davon, dass es kein dem ususfructus vergleichbares Institut at law gibt,157 entsprechen die meisten anerkannten easements – rights of way, rights of water, rights of light und rights of support – den auf Benutzung eines benachbarten fremden Grundstücks gerichteten Grunddienstbarkeiten i. S. v. § 1018 Var. 1 BGB gegensetzt werden könne, sei eine in den Inhalt des Nießbrauchs integrierte Entgeltpflicht – die Zulässigkeit der Konstruktion unterstellt – überflüssig; im Vergleich zu einer schuldrechtlichen Gestaltung eröffne sie keinen Rechtsvorteil für den Eigentümer. Dies gilt mutatis mutandis für Grunddienstbarkeiten und beschränkte persönliche Dienstbarkeiten. Für das Erbbaurecht ist ohnedies positiv normiert, dass der Erbbauzins ausschließlich als Belastung dingliche Wirkung erheischt (§ 1105 Abs. 1 BGB); eine in den Inhalt des Erbbaurechts integrierte Entgeltbestimmung des Erbbaurechts ist den Parteien versagt (arg. e § 2 ErbbauRG). 155 Zum Rechtsinstitut des settled land sowie zur nunmehr relevanten Rechtsfigur des trust of land siehe § 4 III. 2 a), § 4 III. 3. c) bb). 156 Anknüpfend an die gaianische Unterscheidung von res corporales und res incorporales fächert sich der Systembegriff land (i. S. v. sec. sec. 205(1)(ix) LPA 1925) in corporeal hereditaments und incorporeal hereditaments auf, wobei zu den corporeal hereditaments nicht nur Land im deskriptiven Sinne, sondern auch die dem Umfang nach unbeschränkten Rechte auf possession, die estates in land i. S. v. sec. 1(1) LPA 1925 gehören, während der Kategorie der incorporeal hereditaments die interests in or over land i. S. v. sec. 1(2) LPA 1925, zuvörderst easements und profits, unterfallen. Letztere unterscheiden sich von estates in land dadurch, dass sie nicht zur possession des fremden Grundstücks berechtigen (siehe nur Reilly v. Booth (1890) 44 Ch. D. 12, 26 (Lopes L. J.); Gale (-Gaunt/Morgan), Easements20, Rn. 1-03), mithin eine inhaltlich umgrenzte Gebrauchs- oder Herrschaftsrecht begründen. Die dingliche Qualität der incorporeal hereditaments erkennt man darin, dass sie den jeweiligen landowner des dienenden Grundstücks (servient tenement) zur Achtung der Gebrauchs- oder Herrschaftsbefugnis des Berechtigten verpflichten; sie belasten m. a. W. des legal estate an dem servient tenement. Zu den incorporeal hereditaments werden traditionell auch rentcharges (i. S. v. sec. 1(2)(b) LPA 1925) gerechnet. Die Besonderheit der englischen rentcharge liegt darin, dass sie als selbstständig verkehrsfähiges, mit eigenem title im register of title buchungsfähiges incorporeal hereditament behandelt wird; inhaltlich vereinigt die in der Praxis inzwischen weitgehend bedeutungslose rentcharge: zur Rechtsnatur und Belastungskompatibilität der rentcharge siehe § 5 III. 3. Die charge by way of legal mortgage ist genotypisch zwar Verwertungsrecht und damit gleichfalls der Kategorie der interests in or over land gem. sec. 1(2)(c) LPA 1925 zugeordnet, jedoch ist der legal chargee anknüpfend an die traditionelle Erscheinungsform der mortgage in land im Wege der Bestellung eines term of years absolute (vgl. sec. 86 LPA 1925) kraft Gesetzes so gestellt als stünde ihm ein legal estate in Form eines term of years absolute zu (sec. 87(1) LPA 1925). 157 Ein dem Grundstücksnießbrauch äquivalenter life interest kann freilich unproblematisch unter einem trust of land (i. S. v. sec. 1(1) TLATA 1996) errichtet werden, nicht mehr hingegen unter einem sog. strict settlement; zur Rechtsstellung des tenant for life siehe Cheshire and Burn (-Burn/Cartwright), Modern Law of Real Property18 , S. 607–611; Megarry and Wade (-Bridge/ Cooke/Dixon), The Law of Real Property9, Rn. 3-065–3-081).
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mit Ausnahme solcher, die auf die Aneignung von realen Bestandteilen des servient tenement abzielen.158 Letztere fallen unter die Kategorie der profits, welche – in distinktivem Unterschied zu easements159 – nicht zwingend dem Nutzen eines dominant tenement 158 Allerdings verbergen sich unter der Rechtsfigur des easement nicht nur Benutzungsdienstbarkeiten i. S. v. § 1018 Var. 1 BGB, sondern auch diverse „negative“ Dienstbarkeiten (vgl. Cheshire and Burn (-Burn/Cartwright), Modern Law of Real Property18 , S. 635; Gale (-Gaunt/Morgan), Easements20, Rn. 1-77), das reallastähnliche right of fencing (Gale (-Gaunt/Morgan), Easements20, Rn. 1-80–1-87) sowie „Rechtsverzichtsdienstbarkeiten“ i. S. v. § 1018 Var. 3 BGB, unter denen die vom dominant tenenment ausgehenden, prinzipiell als nuisance zu qualifizierenden Emissionen seitens des Inhabers des servient tenenment zu dulden sind (Megarry and Wade (-Bridge/Cooke/ Dixon), The Law of Real Property9, Rn. 29-005). 159 Jedes easement ist durch vier Strukturmerkmale gekennzeichnet (Cheshire and Burn (-Burn/Cartwright), Modern Law of Real Property18 , S. 635–641; Megarry and Wade (-Bridge/ Cooke/Dixon), The Law of Real Property9, Rn. 26-004–26-025): Das easement englischer Provenienz setzt erstens die Existenz eines servient tenement und eines dominant tenement voraus. Zweitens liegt ein easement nur dann vor, wenn es dem dominant tenement, d. h. einem bestimmten Landstück, zum Vorteil gereicht; die Befriedigung rein persönlicher oder wirtschaftlicher Interessen des dominant owner ohne Grundstücksbezug genügt nicht. Drittens bedarf es grundsätzlich einer Personenverschiedenheit zwischen dem servient owner und dem dominant owner; das easement ist ein Recht in alieno solo, kann also im Ausgangspunkt nicht am eigenen Grundstück bestellt werden. Soweit in der Doktrin der ungeschriebene Rechtssatz all easements lie in grant akzentuiert wird, sind hierin zwei unterschiedliche Anforderungen an den Erwerb eines easement verschlüsselt. Einerseits muss der Zuweisungsgehalt des einzuräumenden Rechts sich in den Kanon der anerkannten easements einfügen, wodurch insbesondere solche Gestaltungen exkludiert werden sollen, die eine den Typus des easement überschreitende umfangreiche Herrschaftsmacht am servient tenement verleihen und dem landowner den Besitz bzw. alle sinnvollen Handlungsoptionen in Ansehung des Ausübungsbereichs des easement entziehen (K. Gray/ S. F. Gray, Elements of Land Law5, Rn. 5.1.51–5.1.67). Andererseits müssen der grantor und der grantee jeweils über einen estate in land verfügen, der mit einem easement belegt bzw. verbunden werden kann. Außerdem kommt ein legal easement nur dann wirksam zustande, wenn es entweder unbefristet oder auf bestimmte Zeit bestellt wird; ein bedingtes oder nicht mittels exakter Zeitangabe befristetes easement entfaltet allenfalls in Equity Wirkung (vgl. sec. 1(2)(a), (4) LPA 1925). Schließlich bedarf es zur Vollendung des rechtsgeschäftlichen Erwerbs eines legal easement an einem registered estate der Eintragung im register of title (sec. 27(2)(d) LRA 2002), wobei der Rechtserwerb nach Maßgabe der bekannten Maxime equity treats that as done what ought to be done antizipiert wird, wenn dem designierten Erwerber ein mittels specific performance durchsetzbarer vertraglicher Anspruch auf Einräumung eines easement zusteht. Selbst soweit Equity den noch unvollendeten Abschluss des Erwerbs eines legal easement „prophezeit“ und den Parteien zudem bedingte und befristete Gestaltungen von easements gestattet (K. Gray/S. F. Gray, Elements of Land Law5, Rn. 5.2.17), verzichtet equity aber nicht auf das Erfordernis eines sachenrechtlichen Moments und modifiziert erst recht nicht die Struktur des Rechtstypus. Auch ein equitable easement muss zugunsten eines (bestimmbaren) dominant tenement bestellt werden und ist verfügungsrechtlich unzertrennlich mit dem dominant tenement verbunden. Ein sog. easement in gross ist dem englischen Recht – in distinktivem Kontrast etwa zum US-amerikanischen Servitutenregime – unbekannt: Wird ein Recht auf Benutzung eines fremden Grundstücks ohne Anbindung an ein herrschendes Grundstück eingeräumt, entsteht eine obligatorische, grundsätzlich unübertragbare licence (siehe bereits Weekly v. Wildman (1704) 1 Ld. Raym. 405, 407; 91 E. R. 1169, 1171; Ackroyd v. Smith (1850) 10 C. B. 164, 188; 138 E. R. 68, 77 (Cresswell J.); Dwyer v Westminster City Council [2014] EWCA Civ 153; [2014] 2 P. & C. R. 7 [23] (Briggs L. J.); mit rechtspolitischer Kritik an der zwingenden Verknüpfung des easement mit einem dominant tenement Sturley (1980) 96 L. Q. R. 557, 567–568; K. Gray/S. F. Gray, Elements of Land
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dienen, sondern wahlweise auch als selbstständig veräußerliche (und belastbare) Rechte (profits in gross) bestellt werden und vor allem in Form von Fischerei- und Jagdrechten nicht unwesentliche praktische Bedeutung erheischen.160 Vergleichsweise jüngeren Datums ist das in Equity etablierte restrictive covenant.161 Als der Law5, Rn. 5.1.26). Das easement ist demgemäß nicht selbstständig übertragbar, sondern wird von den Verfügungen über das dominant tenement, präziser den dominant estate in land, von selbst erfasst (Gale (-Gaunt/Morgan), Easements20, Rn. 1-09, 2-01). Dies gilt, wie angedeutet, auch in Equity: Wenn es den Parteien schon nicht freisteht, ein equitable easement ohne Bezug zu einem herrschenden Grundstück zu bestellen, verbietet es sich erst recht, aus einem easement – sei es ein legal easement, sei es ein equitable easement – neue verselbstständige equitable interests ohne das jeweilige dominant tenement „herauszuschälen“. Entsprechendes gilt sowohl im irischen Recht – ein „easement in gross“ ist nach allg. Ansicht unzulässig (siehe nur Lyall/Power, Land Law in Ireland, S. 801) – als auch im schottischen Regime der servitudes (die den easements des R i. S. v. sec. 2(1)(2) TC(S)A 2003, die den jeweiligen Eigentümer des dienenden Grundstücks zu einem positiven Tun oder einem Unterlassen verpflichten. 160 Zu den wichtigsten Erscheinungsformen zählen Weiderechte (profits of pasture), Torfstechrechte (profits of turbary), Holzungsrechte (profits of estovers), Jagd- und Fischereirechte (sporting rights and profits of piscary) sowie Sand- und Kiesausbeutungsrechte und andere Entnahmerechte (profits in the soil); vgl. Megarry and Wade (-Bridge/Cooke/Dixon), The Law of Real Property9, Rn. 29-026–29-036). Der Aneignungsgegenstand muss – nach physischer Trennung vom Grund und Boden – besitz- und eigentumsfähig sein. Bei profits in common oder rights of common – diese überwiegend gewohnheitsrechtlich verfestigten gemeinschaftlichen Nutzungsrechte zählen zu den ältesten Rechtsinstituten des Common Law –, richtet sich die Rechtszuständigkeit nach der Rechtsträgerschaft an dem begünstigten common land. Demgegenüber sind sog. profits sole oder several profits dadurch gekennzeichnet, dass das Stammrecht einem bestimmten Rechtsträger ausschließlich zugeordnet ist, wobei es den Parteien – anders als bei easements und restrictive covenants – freisteht, das Aneignungsrecht mit einem herrschenden Grundstück zu verknüpfen (profit appurtenant) oder als selbstständiges Recht (profit in gross) zu bestellen (vgl. Megarry and Wade (-Bridge/Cooke/Dixon), The Law of Real Property9, Rn. 26-065–26-068). Die damit eröffnete Gestaltungsfreiheit unterscheidet sich vom deutschen Dienstbarkeitsregime wiederum darin, dass ein profit in gross kein höchstpersönliches Recht ist, sondern vielmehr einer selbstständigen Gerechtigkeit gleicht, mithin frei veräußerlich und vererblich ist (vgl. Staffordshire and Worcestershire Canal Navigation v. Bradley [1912] 1 Ch. 91). Damit korrespondierend ist der profit in gross nicht an das persönliche Bedürfnis des Berechtigten geknüpft; das potentielle Ausmaß der Fruchtziehung ist unbeschränkt. Demgegenüber ist ein profit appurtenant grundsätzlich an den Nutzungsbedarf des jeweiligen dominant tenement gebunden und kann auch nicht von diesem mittels isolierter Verfügung abgespalten werden. 161 Wie angerissen, erlegen easements dem jeweiligen servient owner prinzipiell ausschließlich Duldungspflichten auf, schließen aber i. d. R. nicht die Ausübung der dem landowner kraft seines estate in land zugewiesenen Befugnisse aus. In diese Lücke stieß ab Mitte des 19. Jahrhunderts das von der Kanzleigerichtsbarkeit entwickelte restrictive covenant: Im leading case Tulk v. Moxhay (1848) 2 Ph. 774; 41 E. R. 1143 analysierte Lord Cottenham L. C. den postulierten Übergang des vom estate owner als covenantor übernommenen Versprechens auf der „Passivseite“ freilich nicht sachenrechtlich. Ausschlaggebend war – im Einklang mit allgemeinen Grundsätzen der Equity – der Bewusstseinszustand des Rechtsnachfolgers im estate in land. Sukzessive entwickelte die Rechtsprechung das restrictive covenant aber zu einem dinglichen Recht fort, das primär mittels des charakteristischen Rechtsbehelfs der Equity, der injunction, gegenüber dem jeweiligen estate owner des betroffenen Landes durchzusetzen ist. Wenngleich es sich nicht um ein Institut des Common Law (i. E. S.) handelt, steht das restrictive covenant in sachenrechtlicher Hinsicht easements und profits weitgehend gleich. Demgemäß richtet sich die Drittwirksamkeit im geltenden Liegenschaftsrecht nicht nach der doctrine of notice, sondern danach, ob der erforderliche Modus, d. h. die Eintragung als land charge im einschlägigen Register (secs. 2(5), Class D(ii), 4(6),
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negativen Grunddienstbarkeit vergleichbares Recht162 ist das restrictive covenant zwingend einem dominant tenement zugeordnet und somit weder selbstständig übertragbar noch belastbar.163 Nicht unwesentliche Divergenzen zeigen sich im Liegenschaftsrecht sowohl bei der inhaltlichen Konfiguration als auch bei der Verkehrsfähigkeit von Zuordnungsänderungsrechten, namentlich der Verwertungsrechte und security interests. Mit dem eigentümlichen Dualismus von Hypothek und Grundschuld, der Alternative zwischen Brief- oder Buchgrundpfandrechten und dem durch Brief und Grundbuch garantierten hohen Verkehrsschutzniveau hebt sich das deutsche Regime der 17(1) LCA 1972) bei Belastung eines unregistered estate, resp. die Eintragung mittels notice im register of title bei Belastung eines registered estate (secs. 28–30 LRA 2002) beachtet wird (Cheshire and Burn (-Burn/Cartwright), Modern Law of Real Property18 , S. 739–741; K. Gray/S. F. Gray, Elements of Land Law5, Rn. 3.4.71–3.4.72). 162 Allgemein wird das Wesen des restrictive covenant darin gesehen, dass es die Benutzung eines bestimmten Stück land – scil.: das servient tenement des Versprechenden (covenantor) – einschränkt und zugleich einem anderen land – scil.: dem dominant tenement des Versprechensempfängers (covenantee) – zugutekommt; dies wird auf die Formel gebracht, dass das Unterlassungsversprechen „must touch and concern“ das herrschende Grundstück (Cheshire and Burn (-Burn/ Cartwright), Modern Law of Real Property18 , S. 734–736; Megarry and Wade (-Bridge/Cooke/ Dixon), The Law of Real Property9, Rn. 31-041–31-044). Zu den wichtigsten Erscheinungsformen zählen – in Übereinstimmung mit den Verbotsdienstbarkeiten deutscher und österreichischer Ausprägung – Beschränkungen der baulichen Gestaltung und der gewerblichen Betätigung (Megarry and Wade (-Bridge/Cooke/Dixon), The Law of Real Property9, Rn. 31-043). Der Anwendungsbereich der restrictive covenant beschränkt sich freilich nicht darauf, „Unterlassungsansprüche“ zu verdinglichen. Wie die Rechtsprechung zu wettbewerbsbeschränkenden Leistungspflichten erhellt, kann in Equity ein (den jeweiligen servient owner bindendes) restrictive covenant begründet werden, das zum Bezug von Waren eines bestimmten Produzenten verpflichtet; Bezugspflichten lassen sich – anders als im deutschen Recht – also nicht bloß mittels dinglicher Rechte absichern, sondern bilden selbst die Kehrseite eines „verdinglichten“ Forderungsrechts des Gläubigers (vgl. John Brothers Abergarw Brewery Company v. Holmes [1900] 1 Ch. 188; Regent Oil Co Ltd. v. JA Gregory (Hatch End) Ltd. [1966] Ch. 402). Erhebliche praktische Bedeutung kommt restrictive covenants bei der Bestellung von leases zu, wird hierdurch doch gewährleistet, dass Rechtsnachfolger des lessee einschließlich sub-lessees (trotz fehlender privity of estate im Verhältnis zum lessor; vgl. John Brothers Abergarw Brewery Company v. Holmes [1900] 1 Ch. 188; Cheshire and Burn (-Burn/Cartwright), Modern Law of Real Property18 , S. 738) an die vom lessee übernommenen Verpflichtungen gebunden sind; insoweit sind restrictive covenants auch nicht eintragungsbedürftig (sec. 33(c) LRA 2002). 163 Das covenant muss grundsätzlich den Gebrauchs- oder Verkehrswert eines anderen land steigern (Cheshire and Burn (-Burn/Cartwright), Modern Law of Real Property18 , S. 736). Auf der einen Seite werden konkurrierende Rechtsinhaber, die entweder in die Rechtsposition des covenantor als estate owner eintreten oder von dem estate owner Rechte am servient tenement ableiten, aus dem restrictive covenant nur dann verpflichtet, wenn dieses mit einem bestimmten dominant tenement verhaftet ist (sog. transmissbility of burden). Auf der anderen Seite kann ein restrictive covenant ausschließlich von Rechtsnachfolgern des covenantee geltend gemacht werden, die ein dingliches Recht am dominant tenement erwerben, wobei das frühere Erfordernis der express annexation (siehe dazu K. Gray/S. F. Gray, Elements of Land Law5, Rn. 3.4.37–3.4.43) durch sec. 78(1) LPA 1925 gelockert ist. Ohne dominant tenement ist ein restrictive covenant weder nach Common Law noch in Equity übergangsfähig (sog. transmissbility of benefit); ein covenant in gross erkennt das englische Recht als dingliches Recht mithin nicht an; die Vereinbarung wirkt bestenfalls inter partes (vgl. Cheshire and Burn (-Burn/Cartwright), Modern Law of Real Property18 , S. 735; Megarry and Wade (-Bridge/Cooke/Dixon), The Law of Real Property9, Rn. 31-044).
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Grundpfandrechte von seinen Nachbarrechtsordnungen distinktiv ab. Dass das BGB insoweit keine Vorbildfunktion für andere Rechtsordnungen einzunehmen vermochte,164 überrascht nicht. Wegen der wesensimmanenten Benachteiligung des Gläubigers erwies sich die Rentenschuld bereits kurz nach Inkrafttreten des BGB als verunglückt; in der Rechtswirklichkeit spielt sie keine Rolle.165 Mit der viel gescholtenen „Sicherungsgrundschuld“ i. S. v. §§ 1192 Abs. 1a S. 1, 1193 Abs. 2 S. 2 BGB hat der Gesetzgeber im Jahr 2008 ein Institut aus der Taufe gehoben, das sich nur vor dem Hintergrund der grundsätzlichen Geltung des Abstraktionsprinzips und des gutgläubig-einredefreien Grundschulderwerbs im deutschen Recht erklären lässt und im Übrigen wegen der zwingend hoheitlich organisierten Grundstücksverwertung (§§ 1147, 1149 BGB i. V. m. § 1192 Abs. 1 BGB) mit hoher Wahrscheinlichkeit nirgends in dieser Form rezipiert werden wird.166 Wenngleich im österreichischen Recht problemlos wechselnde Kreditforderungen unter einer Höchstbetragshypothek gem. § 14 Abs. 2 GBG sicherungsfähig sind, ist die Akzessorietät derselben allenfalls gelockert, nicht aber beseitigt.167 Auch die mortgage und die charge des englischen Rechts sind, soweit es um den erstmaligen Erwerb und die Durchsetzbarkeit des Rechts geht, akzessorisch ausgestaltet; das Prinzip der Übertragungsakzessorietät ist dagegen im Regime der security interests nicht stringent verwirklicht.168 Nur im Detail changieren Reallasten und reallastähnliche Renten: Obschon nicht ausdrücklich dem Kreis der in § 308 ABGB genannten dinglichen Rechte zugeordnet, erkennt das österreichische Recht ausweislich § 530 ABGB, § 12 Abs. 1 GBG die Reallast an.169 164 Vgl. von Bar, Gemeineuropäisches Sachenrecht I, Rn. 424–426: „Unikat des deutschen Rechts“; deutlich optimistischer wird das Rezeptionspotential der Grundschuld eingeschätzt von BeckOGK BGB (-Kern), Stand: 1.4.2019, § 1113 Rn. 213–214; siehe auch Staudinger (-Wolfsteiner), BGB (2015), § 1192 Rn. 6. 165 MünchKomm (-Lieder), BGB VII7, § 1199 Rn. 1; Staudinger (-Wolfsteiner), BGB (2015), Vorbem. zu §§ 1199 ff. Rn. 2–5. Verwiesen sei nur auf das zwingende Ablösungsrecht des Eigentümers (§§ 1201 Abs. 1, 1202 BGB), das Erfordernis der bestimmten Angabe der Ablösungssumme (§ 1199 Abs. 2 BGB), wobei eine inflationsbedingte automatische Rentenanpassung ausgeschlossen ist und endlich die fehlende persönliche Haftung des Eigentümers. 166 Zumal der mit dem Institut des gutgläubig-einredefreien Erwerbs gem. § 1157 BGB bezweckte Verkehrsschutz seit Einführung des § 1192 Abs. 1a BGB bei der Sicherungsgrundschuld längst erheblich reduziert ist. 167 Zur Natur und Belastungskompatibilität der Höchstbetragshypothek im österreichischen Recht siehe § 5 II. 5. b). 168 Allerdings ist der mortgagee bzw. chargee nicht auf eine zwingend hoheitlich kontrollierte Verwertung des als Sicherheit dienenden interest in land im Wege der traditionellen, aber weitgehend unüblichen foreclosure verwiesen; vielmehr liegt das Wesen der legal mortgage darin, dass der Sicherungsnehmer grundsätzlich ohne staatliche Mitwirkung und Kontrolle die Verwertung des belasteten property durch Verkauf, Inbesitznahme und Nutzung oder Verwaltung seitens eines rechtsgeschäftlich ermächtigten receiver betreiben kann (Megarry and Wade (-Bridge/ Cooke/Dixon), The Law of Real Property9, Rn. 24-004). Nicht abschließend geklärt ist die Realisierung von equitable mortgages und equitable charges; näher zu den besonderen Verwertungsoptionen einer sub-mortgage und einer sub-charge § 5 III. 1. d). 169 Iro, Sachenrecht6 , Rn. 16/1–16/2. Zur rentcharge des englischen Rechts siehe bereits Fn. 157 sowie eingehend § 5 III. 3.
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Ein mehrschichtiges Bild offenbart sich auch bei Ankaufs-, Vorkaufs-, Wiederkaufsrechten und vergleichbaren Bevorrechtigungen zum Erwerb von Grundstücksrechten. Wenngleich weder das ABGB noch der LPA 1925 ausdrücklich ein final auf Rechtserwerb gerichtetes Sachenrecht anerkennen, lassen sich entsprechende schuldrechtliche Gestaltungsrechte immerhin „verdinglichen“. Während dies nach österreichischem Recht durch die Möglichkeit der Eintragung von Vorkaufs- und Wiederkaufsrechten im Grundbuch garantiert ist (§§ 1070, 1073 ABGB i. V. m. § 9 GBG),170 konstituiert der schuldrechtliche estate contract nach englischem Recht eo ipso ein eintragungsfähiges Sachenrecht in Equity, das überdies durch einen „atypischen“ constructive trust unterlegt ist.171 Mittels Eintragung des estate contract resp. eines auf bevorrechtigten Abschluss desselben gerichteten Gestaltungsrechts ist vormerkungsäquivalent sichergestellt, dass der noch ausstehende Verfügungserfolg nicht durch konsekutiv entstandene Rechte Dritter vereitelt oder beeinträchtigt wird; dies gilt auch in der Insolvenz des Veräußerers.172 Mit einer eigentümlichen Kumulierung erwerbssichernder Instrumente wartet das deutsche Liegenschaftsrecht auf. Mit Rücksicht auf den durch die Vormerkungswirkung garantierten Erwerberschutz ist fraglich, ob es zusätzlich noch des Instituts des dinglichen Vorkaufsrechts bedarf – von der fragwürdigen Sicherung des designierten Erwerbers durch eine Auflassungsanwartschaft in der bis zum eintragungsbasierten Vollzug der Verfügung ganz abgesehen.173 170 Wobei die Eintragung im Grundbuch nach h. A. freilich kein vollkommenes dingliches Recht erzeugt, sondern lediglich die Drittwirksamkeit der fraglichen Erwerbsbevorrechtigungen erzeugt (Iro, Sachenrecht6 , Rn. 3/22; Koziol/Bydlinski/Bollenberger (-Apathy), ABGB2, § 1073 Rn. 2 m. w. N.). 171 Dies ist seit Walsh v. Lonsdale (1882) 21 Ch. D. 9 allgemein anerkannt (Cheshire and Burn (-Burn/Cartwright), Modern Law of Real Property18 , S. 978–983; K. Gray/S. F. Gray, Elements of Land Law5, Rn. 8.1.55–8.1.67); eingehend zum vendor-purchaser constructive trust Swadling, in: Degeling/Edelman, Equity in Commercial Law, S. 463, 474–488; zur antizipativen Wirkung des Verpflichtungsvertrags in Equity in deutscher Sprache Rieländer, Sachenrechtliche Erwerbsrechte, S. 69–105. 172 Während die Eintragungsfähigkeit von options to purchase schon unter dem alten Regime der registered estates im LRA 1925 außer Frage stand, ist dies inzwischen auch für die vorhandähnlichen rights of pre-emption durch sec. 115 LRA 2002 definitiv geklärt (vgl. Cheshire and Burn (-Burn/Cartwright), Modern Law of Real Property18 , S. 983–986; K. Gray/S. F. Gray, Elements of Land Law5, Rn. 8.1.73–8.1.82). 173 Zur Belastbarkeit sachenrechtlicher Erwerbsbevorrechtigungen siehe § 6. Praktische Relevanz kommt dem dinglichen Vorkaufsrecht bei der Bestellung von Erbbaurechten und im nachbarschaftlichen Kontext – vorrangig als subjektiv-dingliches Vorkaufsrecht für mehrere oder alle Verkaufsfälle (§§ 1094 Abs. 2, 1097 BGB) – zu. Immerhin fällt die Erwerbssicherung wegen der vormerkungsgleichen Elisionskraft (§ 1098 Abs. 2 BGB) nicht schlechter aus als die einer forderungsakzessorischen Vormerkung. Ganz gleich wie die Beurteilung des dinglichen Vorkaufsrechts – unter dem Gesichtspunkt des legislatorischen Anspruchs zweckmäßiger sachenrechtlicher Standardisierung – ausfällt, ist das Anwartschaftsrecht des Auflassungsempfängers (grundlegend BGH, Beschluss v. 18.12.1967 – V ZB 6/67, BGHZ 49, S. 197, 201 f.; BGH, Urteil v. 30.4.1982 – V ZR 104/81, BGHZ 83, S. 395, 399) nicht nur überflüssig, sondern ein Paradebeispiel einer methodisch bedenklichen richterrechtlichen Rechtsfortbildung, die sich auch nicht unter Verweis auf die gewünschte Ausarbeitung einer als Kreditsicherungsobjekt dienlichen vorläufigen Rechtsposition sachlich nicht legitimieren lässt (mit eingehender Kritik BeckOGK (-J. Weber),
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bb) Rechte an realen Sachen und Rechten Wenngleich auch jenseits des Liegenschaftsrechts zwischen Schuld- und Sachenrecht oszillierende Rechtspositionen im Wege richterlicher Rechtsfortbildung entstanden sind, bleibt der erweiterte Kreis der vereinheitlicht vorgegebenen Rechte an realen Sachen und Rechten überall überschaubar. Aus deutscher Sicht sind neben Nießbrauch und Pfandrecht bestimmte Anwartschaftsrechte, zumindest das des Vorbehaltskäufers aus aufschiebend bedingter Übereignung fest etabliert;174 in Österreich wird die Anwartschaftslehre jedenfalls insoweit rezipiert.175 Während bewegliche Sachen und Rechte auch in Österreich als Gegenstand einer Grunddienstbarkeit unstreitig ausscheiden, liegt es bei den persönlichen Dienstbarkeiten i. S. v. § 478 ABGB, namentlich beim Gebrauch (§ 504 ABGB) und bei der Fruchtnießung (§ 509 ABGB), anders, wenngleich im allgemeinen eher eine (entgeltliche) Gebrauchsüberlassung in Form eines Bestandsverhältnisses als die Einräumung eines dinglichen Rechts vorkommen dürfte.176 Demgegenüber ist im Common Law nicht abschließend geklärt, ob – neben dem Mobiliarpfandrecht (pledge) – auch das Recht des lessee unter einer chattel lease jedenfalls mit Erwerb der possession mehr als nur einen possessory title eine allseits entgegensetzbare Rechtsposition, d. h. einen indefeasible title im Ausmaß des limited interest, begründet.177 Sicher ist jedenfalls, dass Stand: 1.1.2019, § 925 Rn. 221–226; Habersack, JuS 2000, S. 1145–1149; Mülbert, AcP 202 (2002), S. 912, 924 ff.; MünchKomm (-Kohler), BGB VII7, § 873 Rn. 91 f.; Rieländer, Sachenrechtliche Erwerbsrechte, S. 354–359). Abgesehen von dinglichen Erwerbsrechten, Anwartschaften und funktionsäquivalenten Sicherungsmechanismen für schuldrechtliche Verschaffungsansprüche sind vor allem im englischen real property law noch einige eigentümliche Rechtsfiguren (quasi-)dinglicher Art erhalten geblieben, auf die im Rahmen dieser Untersuchung nicht vertieft einzugehen ist. An dieser Stelle sei z. B. auf franchises – von der Krone verliehene Fischerei-, Schatz-, Strandgut- und andere Regalrechte –, auf manors – typischerweise mit franchises und profits à prendre verbundene Grundherrschaften – und auf das advowson – das Recht, einen Kandidaten für eine vakante Pfarrstelle einer Gemeinde vorzuschlagen – verwiesen; all diese sind als incorporeal hereditaments prinzipiell drittschutzfähig (näher Megarry and Wade (-Bridge/Cooke/Dixon), The Law of Real Property9, Rn. 30-001–30-013). Aus deutscher Sicht sei auf landesrechtlich zugelassene und nach Art. 67, 68, 74, 196 EGBGB weiterbestehenden selbstständigen Gerechtigkeiten, die materiell- und verfahrensrechtlich wie Grundstücke behandelt werden und somit dem Grundstückseigentum hinsichtlich der Belastungskompatibilität angeglichen sind, Bezug genommen. 174 BGH, Urteil v. 22.2.1956 – IV ZR 164/55, BGHZ 20, S. 88, 98 ff.; BGH, Urteil v. 10.4.1961 – VIII ZR 68/60, NJW 1961, S. 1349; Palandt (-Herrler), BGB78 , § 929 Rn. 37; Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübertragung I, § 11 II 1 (S. 253 f.). 175 Vgl. OGH 25.8.1999, JBl. 2000, S. 32; Iro, Sachenrecht6 , Rn. 8/7–8/9; eingehend Spielbüchler, JBl. 1981, S. 505–511, der die Anwartschaft des Vorbehaltskäufers als dingliches Gebrauchsrecht, i. d. R. in Form eines Fruchtgenussrechts (§ 509 ABGB), klassifiziert; ablehnend jedoch Klang (-Bydlinski), ABGB IV(2)2, S. 565–566. 176 Vgl. Klang (-Klang), ABGB II 2 , S. 550; Spielbüchler, JBl. 1981, S. 505, 506–507. 177 Die vordringende Ansicht in Rechtsprechung und Lehre schreibt der hire of goods – zumindest unter der Prämisse der Besitzübertragung – sachenrechtliche Qualität zu; der interest des lessee ist mithin (Sonder-)rechtnachfolgern des lessor entgegensetzbar (so u. a. Bridge, Personal Property Law4, S. 41–43; Goode (-McKendrick), Commercial Law5, Rn. 2.73; Lawson/Rudden, Law of Property3, S. 116; Palmer, Bailment 3, Rn. 1-107–1-108, 21-002; Tettenborn (1982) 41 C. L. J. 58, 85–86; tendenziell auch Lord Millett in On Demand Information plc v. Michael Gerson (Finance) plc [2003] 1 A. C. 368 [29]; ablehnend Swadling, in: Palmer/McKendrick, Interests in
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der Grundsatz der Typenfixierung durch Equity gesprengt wird: Neben der equitable charge, die wahlweise als fixed charge oder als floating charge errichtet werden kann, eröffnet Equity nahezu uneingeschränkte Privatautonomie in Ansehung der inhaltlichen und zeitlichen Ausgestaltung der unter einem trust errichteten Rechte der beneficiaries.178 Wenngleich dem deutschen Recht ein dem trust vergleichbares Rechtsinstitut fremd ist, erleidet die sachenrechtliche Zuordnung jenseits des Liegenschaftsrechts aufgrund der vollstreckungsrechtlichen Implikationen der Treuhanddogmatik einen nicht unerheblichen Bedeutungsverlust.179 cc) Schöpfungspotentiale dinglicher Rechte All diesen Rechten, seien sie primär auf Zuordnungsänderung durch Erwerb oder Verwertung, seien sie primär auf Nutzung oder Beherrschung des belasteten Rechts gerichtet, ist eine natürliche „Schöpfungskompetenz“ immanent, die nur dadurch beschränkt ist, dass der Rechtsinhaber mittels Belastung kein Recht zu errichten vermag, das ein konkurrierendes Sachenrecht einer anderen Person beeinträchtigt oder vereitelt oder gegen zwingendes Recht verstößt. Dies ist keine Besonderheit der Belastung des Eigentums, sondern ein allgemeines Strukturprinzip jeder Belastung eines veräußerlichen Vermögensrechts. Bevor das „Schöpfungspotential“ oder, aus umgekehrter Perspektive, die „Belastungskompatibilität“ aller aufgezeigten Arten und Erscheinungsformen dinglicher Rechte im Näheren untersucht wird, bedarf der Begriff der „Belastung“ vertiefter Auseinandersetzung. Die Begriffsdefinition setzt eine konstruktionsjuristische Analyse voraus, die in einem neuen Darstellungs- und Ordnungssystem der „Belastungen“ mündet.
II. Die innere Ordnung der Belastungen Wie die „Belastung“, vor allem der Erwerb der wahlweise als „iura in re aliena“, „limited interests“, „droits réels principaux“ und „droits réels accessoires“ oder „beschränkte dingliche Rechte“ bezeichneten Sachenrechte, konstruktionsjuristisch zu analysieren ist, ist jurisdiktionsübergreifend umstritten.180 Eine allseits konsentierte Theorie der Belastung subjektiver Rechte ist, soweit ersichtlich, nirgends entwickelt worden. Bekanntlich stehen sich zwei – in diversen Spielarten vertretene – Deutungen schier unversöhnlich gegenüber: Während die eine Lehre auf eine „mechanistische“ oder bloß „vergeistigte“ Absonderung und Verselbstständigung einzelner im betroffenen Recht enthaltener Elemente abhebt, betont die GegenGoods, S. 491–526; zum Ganzen Frisby/Jones, in: Faber/Lurger, National Reports on the Transfer of Movables II, S. 41–58; Rieländer, Sachenrechtliche Erwerbsrechte, S. 227–249; Worthington, Proprietary Interests in Commercial Transactions, S. 101–116). 178 Näher zur rechtsdogmatischen Einordnung der Rechtsstellung des beneficiary § 4 II. 4. 179 Siehe hierzu § 4 IV. 1. a). 180 Siehe Akkermans, The Principle of Numerus Clausus in European Property Law, S. 413– 417.
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ansicht die rechtsschöpferische Wirkung der Belastung.181 Bei näherer Betrachtung ist die Frage nach dem Wesen der „Belastung“ aber weitaus komplexer als die antithetische Gegenüberstellung von Abspaltungs- und Schöpfungslehren auf den ersten Blick suggeriert. Das Sinnganze der „Belastung“ lässt sich nur auf der Grundlage eines breiten Ansatzes erschließen, der gestufte Belastungen mit der Figur der mehrfachen Belastung eines Rechts, mit der Kumulativbelastung mehrerer Rechte und endlich auch mit den rechtskonstruktiv gleichfalls umstrittenen Konstellationen der Mehrheiten von Rechtsinhabern sowie mit diversen Formen der Verdinglichung relativer Rechte in Beziehung setzt. Trotz der Typenvielfalt und des je nach Art des einzuräumenden Rechts variierenden inhaltlichen Gestaltungsspielraums zeigen sich einige übergreifende Regeln der Belastung, die zunächst in abstracto entwickelt und anhand der Einzeluntersuchung der reziproken Belastbarkeit begrenzter Rechte auf ihre Validität überprüft werden. Der Belastungsbegriff ist ambivalent. Ausweislich der einschlägigen Legaldefinitionen der im BGB normierten „beschränkten dinglichen Rechte“182 ist mit „Belastung“ erstens ein rechtsgeschäftlicher Abschlusstatbestand bezeichnet, der sich auf eine „bewegliche Sache“, ein „Grundstück“, einen „Miteigentumsanteil“ oder ein (anderes) „Recht“ bezieht.183 Mit „Belastung“ wird zweitens die Rechtsfolge des Abschlusstatbestands, der Zustand der Koexistenz des betroffenen und des geschaffenen Rechts bezeichnet.184 Nur klarstellend sei konstatiert, dass „Belastungen“ auch kraft Gesetzes oder durch Hoheitsakt stattfinden; der Zustand der „Belastung“ i. S. e. Beschränkung des betroffenen Rechts setzt nicht den Abschluss eines Verfügungsgeschäfts voraus.185 Um dem Begriff der Belastung klare Konturen zu verleihen, ist dieser zunächst von dem vereinzelt im BGB verwendeten 181 Siehe an dieser Stelle nur Akkermans, The Principle of Numerus Clausus in European Property Law, S. 413–417; eingehend zum Ganzen § 2 III. 6. 182 Nur klarstellend sei erwähnt, dass der in der Lehre gebräuchliche Begriff „beschränkte dingliche Rechte“ dem Gesetz unbekannt ist; nichts anderes gilt für die verbreitete rechtssystematische Einordnung derselben in „Verwertungsrechte“, „Nutzungsrechte“ und „Erwerbsrechte“ (z. B. Baur/Stürner, Sachenrecht18 , § 3 Rn. 35–47; Müller/G ruber, Sachenrecht, Rn. 6–11; Wellenhofer, Sachenrecht33, § 1 Rn. 6–9). Soweit das Gesetz vereinheitlichte Regelungen für alle oder mehrere Arten „beschränkter dinglicher Rechte“ vorgibt, bezeichnet es diese entweder pauschal als „Rechte Dritter“ und im Liegenschaftsrecht einfach als „Rechte an Grundstücken“ und deren Belastungen wiederum als „Rechte an solchen [scil.: Grundstücks-]Rechten“. 183 Von der dem Gesetz augenscheinlich zugrunde liegenden Vorstellung, eine bewegliche Sache resp. ein Grundstück sei Gegenstand einer Belastung, darf man sich nicht täuschen lassen; belastet ist richtigerweise das das Eigentum – das „Grundstück“ oder die „bewegliche Sache“ fungiert hier nur als unpräzise sprachliche Abbreviatur; im Unterschied zur Belastung anderer Rechte ist bei der Belastung des Eigentums – und konsequenterweise auch bei der Belastung aller das Eigentum belastenden Rechte – zwischen dem Bezugspunkt und dem Verfügungsobjekt zu unterscheiden (siehe § 2 I. 2. a)). 184 Wilhelm, Sachenrecht 5, Rn. 120 in Fn. 284. Dies bestätigt ein Blick auf die amtlichen Überschriften und den Inhalt der §§ 876, 1071: Der Abschlusstatbestand erzeugt einen Zustand der „Belastung“; das betroffene Recht des „Auctors“ ist für die Dauer des Bestehens des geschaffenen Rechts „belastet“; konsequenterweise ist in § 1276 BGB von der Aufhebung oder Änderung des „verpfändeten Rechts“ die Rede. 185 Verwiesen sei nur auf die gesetzlichen Pfandrechte (§ 1257 BGB), auf die unmittelbare Er-
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Begriff der „Lasten“186 zu unterscheiden. Im Näheren ist deshalb zwischen „echten“ (rechtsproduzierenden) und „unechten“ (rechtsmodifizierenden) Belastungen zu trennen. Im Mittelpunkt stehen die „echten“ Belastungen, die nachfolgend in „selbstständige“ und „unselbstständige“ sowie in „innerartliche“ und „zwischenartliche“ Belastungen untergliedert werden. Mit Rücksicht auf den Wirkungskreis mehrstufiger Belastungen ist sodann die Streifrage um die begrifflich-systematische Einordnung der Belastung zu klären.
1. Lasten und Belastungen Der im BGB selbst nicht definierte Begriff der „Lasten“ ist zugleich enger und weiter als der der „Belastungen“. Mit „Lasten“ sind nach allg. Ansicht öffentlichrechtliche und privatrechtliche Leistungspflichten gemeint, die den Eigentümer oder Besitzer einer Sache oder den Inhaber eines Rechts in seiner Eigenschaft als Eigentümer, Besitzer oder Rechtsinhaber treffen.187 Nicht gemeint sind hingegen die eine Leistungspflicht sichernden Stammrechte und erst nicht all diejenigen Sachenrechte, die, wie Dienstbarkeiten, unstreitig nicht zu Leistungen verpflichten.188 Während dem vom BGB zugrunde gelegten Begriff der „Belastungen“ öffentliche Lasten gerade nicht unterfallen, sind umgekehrt begrenzte Sachenrechte das Spiegelbild einer Belastung. Dies mag selbstverständlich erscheinen, verdeutlicht aber doch eines: Während an einem kraft Belastung entstandenen begrenzten Recht prinzipiell ein durch erneute Belastung geschaffenes Recht gedacht werden kann, gibt es kein Analogon zur Rechtsfigur der gestuften Belastung bei den „Lasten“. Abgesehen davon, dass nicht an (öffentlich-rechtlich oder privatrechtlich begründeten) Obligationen, sondern allenfalls an dem Korrelat derselben, an der Forderung bzw. an dem dinglichen Stammrecht, ein allseitig wirksames Recht entsetzung begrenzter Rechte (vgl. §§ 1075 Abs. 1 BGB, 1287 BGB, §§ 28, 29 ErbbauRG, § 848 Abs. 2 S. 2 ZPO, § 128 ZVG) und auf das Pfändungspfandrecht (§ 804 ZPO). 186 Vgl. §§ 103, 436, 446 S. 2, 748, 995, 1047, 2126, 2185, 2379 BGB. 187 BGH, Urteil v. 10.7.1980 – IV a ZR 20/80, NJW 1980, S. 2465, 2466; Erman (-J. Schmidt), BGB I15, § 103 Rn. 2; MünchKomm (-Stresemann), BGB I7, § 103 Rn. 5. Zu den „öffentlichen Lasten“ (vgl. § 1047 BGB) gehören Abgabenverpflichtungen, die auf einer öffentlich-rechtlichen Rechtsnorm basieren, in regelmäßig wiederkehrenden Abständen oder einmalig zu entrichten sind und für die der Abgabenschuldner mit dem Grundstück haftet (MünchKomm (-Stresemann), BGB I7, § 103 Rn. 6; Staudinger (-Heinze), BGB (2017), § 1047 Rn. 8), u. a. Grundsteuern (§ 12 GrStG), Erschließungsbeiträge (§ 134 Abs. 2 BauGB), der Wertausgleich nach dem BBodSchG (§ 25 Abs. 6 BBodSchG) oder auch landesrechtlich begründete öffentliche Abgaben wie z. B. Abfall-, Entsorgungs-, Schmutzwasser- oder Straßenreinigungsgebühren. Zu den privatrechtlichen Lasten eines Grundstücks gehören demnach z. B. Grundschuld- und Hypothekenzinsen, die aufgrund einer Rentenschuld zu entrichtenden Leistungen, die aufgrund einer Reallast zu entrichtenden Leistungen, insbes. der Erbbauzins und die reallastähnlich gesicherten Überbau- und Notwegrenten (näher MünchKomm (-Pohlmann), BGB VII7, § 1047 Rn. 8–13; Staudinger (-Heinze), BGB (2017), § 1047 Rn. 15–30). 188 Zu den privatrechtlichen Lasten zählen jedoch die reallastähnlich gesicherten anlagenbezogenen Unterhaltungspflichten gem. §§ 1021, 1022 BGB (NomosKomm (-Lemke), BGB III4, § 1047 Rn. 29; Staudinger (-Heinze), BGB (2017), § 1047 Rn. 28).
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stehen kann, ist die Vorstellung einer „Forderung an einer Forderung“ eine juristische contradictio in adiecto.189 Wird z. B. ein Reallastgläubiger zu wiederkehrenden Leistungen verpflichtet, ist Gegenstand dieser Last nicht der persönliche Anspruch gegen den jeweiligen Eigentümer aus § 1108 BGB, sondern das dingliche Stammrecht und das Produkt dieser „Last“ ist ein die Zahlungspflicht sicherndes Recht.190
2. Echte und unechte Belastungen Schon ein Blick auf die im vierten bis achten Abschnitt des dritten Buches des BGB normierten Legaldefinitionen der begrenzten Rechte zeigt, dass mit der „Belastung“ des Eigentums oder eines anderen Rechts die spiegelbildliche Neuschaffung eines anderen Rechts korrespondiert.191 Dieses kraft Belastung entstehende Recht entfaltet sachenrechtliche Wirkungen. Es verschafft einem Rechtssubjekt eine spezifische, scil. in inhaltlicher, räumlicher und/oder zeitlicher Hinsicht, bestimmte Rechtsmacht an einer Sache (i. S. v. § 90 BGB) resp. an einem Recht – die allseitige Wirkung offenbart sich im Sukzessionsschutz, im absoluten Klageschutz und in der Zwangsvollstreckungs- und Insolvenzfestigkeit.192 Wird dagegen ein auf Rechtsänderung zielender Anspruch an einem Grundstück durch eine Vormerkung oder durch ein Verfügungsverbot gesichert, zeitigt die hiermit verbundene Einschränkung der Verfügungsbefugnis des Schuldners über das betroffene Recht (§§ 135, 136, 883 Abs. 2 BGB) nach dem Duktus des BGB keine Belastung. Forderungssichernde Instrumente sind nach der Konzeption des BGB nur dann Belastungen, wenn der gesicherte Gläubiger kraft des ihm verliehenen Rechts auf die Sache einzuwirken vermag, sei es im Wege der Nutzung, der Verfügung, des Rechtserwerb oder der Zwangsvollstreckung. Demgemäß ist eine vormerkungsgesicherte Forderung – mag sie auch einem absoluten Recht nahe stehend erscheinen193 – keine Belastung im bürgerlichrechtlichen Sinne.194 189
Siehe bereits § 2 I. 1. ist dies z. B. dann, wenn eine Reallast an einem mit Reallasten oder reallastähnlichen Rechten (z. B. Unterhaltungspflichten des Eigentümers des mit einer Anlagendienstbarkeit „belasteten“ Grundstücks gem. §§ 1021 Abs. 2, 1022 BGB oder Überbau- und Notwegrenten gem. §§ 914 Abs. 3, 917 BGB) verbundenen Grundstück oder grundstücksgleichen Recht bestellt wird. Die auf dem reallastbegünstigten Grundstück ruhende Reallast erstreckt sich insbesondere auf die aufgrund der subjektiv-dinglichen Reallast zu erbringenden bzw. auf die reallastähnlich gesicherten Leistungen. 191 Vgl. §§ 1018, 1030 Abs. 1, 1094 Abs. 1, 1105 Abs. 1 S. 1, 1113 Abs. 1, 1192 Abs. 1, 1204 Abs. 1 BGB; siehe ferner auch § 1 Abs. 1 ErbbauRG, § 31 Abs. 1 WEG. 192 Grundlegend Canaris, FS Flume I, S. 372, 373–374. 193 Vgl. Assmann, Die Vormerkung, S. 323 ff.; Michaels, Sachzuordnung durch Kaufvertrag, S. 309 f., 329 f. 194 Nichts anderes gilt für die vom BGB-Gesetzgeber bekanntermaßen ohnehin nicht rezipierte Rechtsfigur der obligatio (actio) in rem scripta: Eine Realobligation, scil. die Identifizierung des Schuldners durch das Eigentum an einer bestimmten Sache oder eine andere Rechtszuständigkeit, ist wegen der abschließenden vereinheitlichten Vorgabe subjektiver Sachenrechte keine Belastung im bürgerlichrechtlichen Sinne. 190 Möglich
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Indes scheinen die Grenzen zwischen Belastungen, der inhaltlichen Änderung bestehender Sachenrechte und der bloßen „Verdinglichung“ obligatorischer Rechte auch im BGB zu verschwimmen. Schließlich reserviert das Gesetz den Begriff der Belastung nicht für die Neuschaffung dinglicher Rechte i. S. d. vierten bis achten Abschnitts des dritten Buches. Das Gesetz legt, wie sich aus § 1010 Abs. 1 BGB ergibt, einen weiten Belastungsbegriff zugrunde, der sowohl rechtsschöpfende („echte“) als auch rechtsmodifizierende („unechte“) Belastungen erfasst, in denen sich der Rechtskreis eines Sachenrechtsinhabers auf Kosten eines anderen Rechtskreises erweitert, ohne dass spiegelbildlich ein eigenständiges neues Recht entsteht. Verblüffenderweise operiert die Parallelnorm des § 10 Abs. 3 WEG nicht mit dem Institut der Belastung, sondern mit der inhaltlichen Änderung, um die gewünschte Drittwirksamkeit der das Binnenverhältnis der Wohnungseigentümer konkretisierenden Regelungen i. S. d. § 10 Abs. 2 S. 2 WEG herzustellen. Sondernutzungsrechte (i. S. v. § 5 Abs. 4 S. 2 WEG) sind demgemäß keine „Belastungen“ im bürgerlichrechtlichen Sinne, obschon sie einer Dienstbarkeit weitaus näherstehen als die als „Belastung“ getarnten Miteigentümervereinbarungen i. S. d. § 1010 Abs. 1 BGB. a) Im Grundbuch eingetragene Miteigentümerregelungen Als lex specialis zu §§ 746, 751 S. 2 BGB bestimmt § 1010 Abs. 1 BGB, dass eine zwischen den Miteigentümern eines Grundstücks getroffene Benutzungs- oder Verwaltungsregelung, der (befristete) Ausschluss des Aufhebungsanspruchs sowie die Bestimmung einer Kündigungsfrist nur dann gegen einen Sonderrechtsnachfolger eines Teilhabers wirkt, wenn die fragliche Abrede „als Belastung des Anteils im Grundbuch“ eingetragen ist. Folgerichtig werden Sondernachfolger eines ausgleichspflichtigen Teilhabers aus Erstattungs- und Befreiungsansprüchen wegen Gesamt- und Teilhaberschulden gem. § 1010 Abs. 2 BGB – abweichend von §§ 755 Abs. 2, 756 S. 2 BGB – nur dann verpflichtet, wenn die Forderung durch Eintragung im Grundbuch verlautbart ist.195 Während die vorbezeichneten gemeinschaftsinternen Forderungen und Regelungen nach den allgemeinen Bestimmungen des Rechts der Gemeinschaft „Sonderrechtsnachfolger“196 berechtigen und verpflichten (§§ 746, 751 S. 1, 755 Abs. 2, 756 S. 2 BGB), wirken nicht eingetragene Benutzungs- und Verwaltungsvereinbarungen i. S. v. § 745 Abs. 2 BGB nach § 746 BGB 195 Selbstverständlich ist die Haftung des Sonderrechtsnachfolgers auf anderer Rechtsgrundlage, z. B. kraft privativer oder kumulativer Schuldübernahme oder nach § 25 HGB, auch ohne Grundbucheintragung nicht ausgeschlossen (MünchKomm (-K. Schmidt), BGB VII7, § 1010 Rn. 8; Staudinger (-Gursky), BGB (2012), § 1010 Rn. 22). 196 Der Begriff des Sonderrechtsnachfolgers i. S. v. § 1010 BGB deckt sich mit dem in §§ 746, 751 S. 1, 755 Abs. 2 BGB zugrunde gelegten Begriff. Sonderrechtsnachfolger sind demnach der Erwerber eines Miteigentumsanteils sowie eines Bruchteils an einem Anteil, der Pfändungspfandgläubiger eines Anteils (arg. e § 751 S. 2 BGB) und auch der Nießbraucher und der Pfandgläubiger eines Anteils (NomosKomm (-Nusser), BGB III4, § 1010 Rn. 3); nicht erfasst sind demgegenüber der Zessionar/Nießbraucher/(Pfändungs-)Pfandgläubiger eines Anspruchs eines aus dem Miteigentumsanteil fließenden (Zahlungs-)Anspruchs (Palandt (-Herrler), BGB78 , § 1010 Rn. 1).
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lediglich zugunsten, nicht aber zulasten von Sonderrechtsnachfolgern der Parteien.197 Die Eintragung „als Belastung im Grundbuch“198 ist daher nach ganz h. A. für die Drittwirksamkeit aller Regelungen betreffend die Aufhebung der Gemeinschaft und die Benutzung und Verwaltung des Grundstücks sowie für die Drittwirksamkeit von Regressforderungen konstitutiv.199 Andere Vereinbarungen der Miteigentümer eines Grundstücks sind demgegenüber nicht eintragungs- und somit auch nicht drittschutzfähig; dies gilt jedenfalls grundsätzlich auch für Vereinbarungen über die Kosten- und Lastentragung (§ 748 BGB) und generell für Verfügungsverbote (arg. e § 137 S. 1 BGB).200 Wird auf die erforderliche Eintragung bei einem bestimmten Anteil verzichtet, muss sich auch der bösgläubige Erwerber dieses Anteils – vorbehaltlich §§ 226, 826 BGB – an den fraglichen Abreden nicht festhalten lassen; eine gegen seine Rechtsvorgänger gerichtete Regressforderung ist gegenüber dem Erwerber unwirksam.201 Sofern die 197 Vgl. MünchKomm (-K. Schmidt), BGB VII7, § 1010 Rn. 5–7; Soergel (-Stürner), BGB XV/113, § 1010 Rn. 1; Staudinger (-Gursky), BGB (2012), § 1010 Rn. 1. 198 Die „Belastung“ des Anteils ist nach § 10 Abs. 1 a) GBVfG in der zweiten Abteilung des Grundbuchs einzutragen (Soergel (-Stürner), BGB XV/113, § 1010 Rn. 1; Staudinger (-Gursky), BGB (2012), § 1010 Rn. 7). Der Inhalt der eingetragenen Vereinbarung muss dem sachenrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatz genügen; erforderlich ist zumindest eine schlagwortartige Angabe im Grundbuch, sofern wegen des näheren Inhalts auf die Bewilligung gem. § 874 BGB Bezug sowie wegen des räumlichen Ausübungsbereichs einer Nutzungsvereinbarung auf eine Karte Bezug genommen werden kann (vgl. Palandt (-Herrler), BGB78 , § 1010 Rn. 4; Soergel (-Stürner), BGB XV/113, § 1010 Rn. 1). 199 Möglich ist hiernach insbes. eine Aufteilung des Benutzungsrechts nach Stockwerken (MünchKomm (-K. Schmidt), BGB VII7, § 1010 Rn. 9; Palandt (-Herrler), BGB78 , § 1010 Rn. 2). Relevant ist dies nicht zuletzt dann, wenn die Aufteilung des gemeinschaftlichen Grundstücks in Wohnungs- oder Teileigentum nicht in Betracht kommt oder nicht beabsichtigt ist. Weisen sich z. B. die Miteigentümer eines Hausgrundstücks durch Vereinbarung jeweils einzelne Wohnungen zur ausschließlichen Nutzung zu, bietet es sich an, diese Abrede durch Eintragung als Belastung bei allen Miteigentumsanteilen abzusichern; sinnvollerweise ist zugleich ein Ausschluss der Aufhebungsansprüche als Belastung aller Anteile einzutragen. Außerdem können z. B. Abreden über die gemeinsame Benutzung von Geräten, die Benutzung von Stellplätzen und Duplex-Garagen und die Verteilung von Mieterträgen mittels Eintragung im Grundbuch gesichert werden (eingehend Tschon, RNotZ 2006, S. 205, 207–220; MünchKomm (-K. Schmidt), BGB VII7, § 1010 Rn. 9; Palandt (-Herrler), BGB78 , § 1010 Rn. 2). 200 MünchKomm (-K. Schmidt), BGB VII7, § 1010 Rn. 9; NomosKomm (-Nusser), BGB III4, § 1010 Rn. 8; Palandt (-Herrler), BGB78 , § 1010 Rn. 2). 201 NomosKomm (-Nusser), BGB III4, § 1010 Rn. 1; Staudinger (-Gursky), BGB (2012), § 1010 Rn. 2. Weil Vereinbarungen über die Kosten- und Lastentragung (§ 748 BGB) nach den allgemeinen Bestimmungen des Rechts der Bruchteilsgemeinschaft keine Wirkung gegenüber den Sonderrechtsnachfolgern der Teilhaber entfalten, kann für entsprechende Vereinbarungen der Miteigentümer eines Grundstücks über die Kosten- und Lastentragung nichts anderes gelten (Staudinger (-Gursky), BGB (2012), § 1010 Rn. 17; Tschon, RNotZ 2006, S. 205, 220–223); § 1010 Abs. 1 BGB erwähnt derartige Regelungen folgerichtig nicht. Soweit dennoch teilweise die Eintragungsfähigkeit von Vereinbarungen über die Kosten- und Lastentragung bejaht wird, sofern diese in einem inneren sachlichen Konnex zu eintragungsfähigen Benutzungsvereinbarungen stehen (vgl. OLG Hamm, Beschluss v. 20.1.2011 – 15 W 249/10, RNotZ 2011, S. 344, 347–348; MünchKomm (-K. Schmidt), BGB VII7, § 1010 Rn. 9; Palandt (-Herrler), BGB78 , § 1010 Rn. 2), ist diese Ansicht angesichts der unzweideutigen gegenteiligen Entscheidung des Gesetzgebers abzulehnen (Staudinger (-Gursky), BGB (2012), § 1010 Rn. 17; Tschon, RNotZ 2006, S. 205, 221–222). Sollte sich
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Eintragung erfolgt, geht die hierdurch garantierte Drittwirksamkeit der betreffenden Regelung oder Regressforderung zwar nicht durch die ungerechtfertigte Löschung der „Belastung“ eo ipso verloren. Allerdings erstreckt sich die nach § 892 Abs. 1 S. 1 BGB zur Fiktion erhobene Vollständigkeitsvermutung des Grundbuchs (§ 891 Abs. 2 BGB) darauf, dass keine gemeinschaftsinternen Regelungen oder Regressansprüche anderer Miteigentümer an dem scheinbar „unbelasteten“ Anteil bestehen; der gutgläubige Sonderrechtsnachfolger ist mithin nach Maßgabe der §§ 892, 893 BGB geschützt.202 Der Schutzzweck der Norm ist ein doppelter: Zum einen dient § 1010 BGB dem öffentlichen Interesse an der Leichtigkeit und Sicherheit des Rechtsverkehrs mit Miteigentumsanteilen an Grundstücken 203 und zum anderen soll den Teilhabern eine verlässliche und dauerhafte Gestaltung ihres Binnenverhältnisses ermöglicht werden.204 aa) Dogmatische Erklärungsansätze im Schrifttum Auf die im älteren Schrifttum 205 umstrittene dogmatische Analyse der grundbuchlich gestützten Entgegensetzbarkeit von Miteigentümervereinbarungen und Regressansprüchen wird im zeitgenössischen Schrifttum kaum noch vertieft eingegangen. Für die h. A.206 ist die Sache klar: Die Einordnung als „Belastung“ sei durch das Gesetz verbindlich vorgegeben und entspreche den Vorstellungen der ersten BGB-Kommission; hieraus ergebe sich die unmittelbare Anwendbarkeit der für die Bestellung, Aufhebung und Änderung von Rechten an Grundstücken geltenden Vorschriften (§§ 873–878 BGB) auf Aufhebungs-, Benutzungs- und Verder Sonderrechtsnachfolger eines Miteigentümers, der sich auf ihm günstige Benutzungsregelungen beruft, einer freiwillige Übernahme der komplementären Vereinbarungen über Kosten und Lasten verweigern, können sich die übrigen Miteigentümer ggf. auf Ansprüche wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage der Benutzungsvereinbarung gem. § 313 BGB berufen (vgl. Staudinger (-Gursky), BGB (2012), § 1010 Rn. 17; Tschon, RNotZ 2006, S. 205, 221–222). 202 NomosKomm (-Nusser), BGB III4, § 1010 Rn. 14; Staudinger (-Gursky), BGB (2012), § 1010 Rn. 15. 203 Vgl. BeckOGK BGB (-P. Müller), Stand: 1.3.2019, § 1010 Rn. 3.1; Staudinger (-Gursky), BGB (2012), § 1010 Rn. 1. 204 Siehe bereits Mot. III, S. 442 in Bezug auf die Zulassung des dinglichen Teilungsausschlusses; Tschon, RNotZ 2006, S. 205, 209; vgl. auch OLG Hamm, Beschluss v. 20.1.2011 – 15 W 249/10, RNotZ 2011, S. 344, 347. 205 Näher hierzu Planck (-Strecker), BGB III/15, § 1010 Anm. 1 c; siehe auch die Nachweise bei Staudinger (-Gursky), BGB (2012), § 1010 Rn. 6. 206 BayObLG, Beschluss v. 26.3.1973 – BReg. 2 Z 11/73, BayObLGZ 1973, S. 84, 88; OLG München, Beschluss v. 20.2.2018 – 34 Wx 109/17, RNotZ 2018, S. 325 Rn. 47, 58; BeckOGK BGB (-P. Müller), Stand: 1.3.2019, § 1010 Rn. 73; NomosKomm (-Nusser), BGB III4, § 1010 Rn. 9; Staudinger (-Gursky), BGB (2012), § 1010 Rn. 6; Wolff/R aiser, Sachenrecht10, § 88 I 1 (S. 355); differenzierend Reichel, JherJb 46 [1904], S. 59, 77–78: Während eingetragene Miteigentümervereinbarungen nach § 1010 Abs. 1 BGB als abweichend von § 137 S. 1 BGB gestattete Verfügungsbeschränkungen zu qualifizieren seien, handele es sich bei der Eintragung von Ausgleichs- und Erstattungsansprüchen nach § 1010 Abs. 2 BGB um Belastungen des betreffenden Miteigentumsanteils in Form von Sicherungshypotheken i. S. v. § 1184 Abs. 1 BGB; anders auch Larenz, JherJb 83 [1933], S. 108, 161 in Fn. 1: Eintragung einer Miteigentümervereinbarung sei entgegen dem Normwortlaut keine „Belastung“, sondern inhaltliche Modifikation des Anteils.
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waltungsvereinbarungen der Miteigentümer.207 Dementsprechend bedürfe die Bestellung dieser „Belastungen“ der Einigung und der Eintragung im Grundbuch; diese sei nicht bloße Grundbuchberichtigung, sondern konstitutive Voraussetzung der Entgegensetzbarkeit der eintragungsfähigen Ansprüche und Regelungen.208 Soweit überhaupt noch auf die „Rechtsnatur“ dieser atypischen Belastung eingegangen wird, wird meistens nur unter Anschluss an die Ausführungen der ersten Kommission 209 angemerkt, dass es sich um eine Belastung eigener Art mit Nähe zur Dienstbarkeit handele.210 Dies zeige sich nicht nur darin, dass die §§ 873– 878 BGB auf die betreffenden Ansprüche und Regelungen der Miteigentümer anzuwenden sind, sondern vor allem auch in der Rangfähigkeit gem. § 879 BGB.211 Für die Eintragung von Regressansprüchen gelte, wenngleich das Gesetz hier nicht expressis verbis von einer Belastung spreche, nichts anderes; diese Eintragung begründe eine eigentümliche Belastung am Miteigentumsanteil 212 , nicht etwa eine (Sicherungs-)Hypothek.213 207 Vgl. OLG München, Beschluss v. 20.2.2018 – 34 Wx 109/17, RNotZ 2018, S. 325 Rn. 58; Soergel (-Stürner), BGB XV/113, § 1010 Rn. 1; Staudinger (-Gursky), BGB (2012), § 1010 Rn. 7; BeckOGK BGB (-P. Müller), Stand: 1.3.2019, § 1010 Rn. 73. 208 Erman (-Aderhold), BGB II15, § 1010 Rn. 5; Palandt (-Herrler), BGB78 , § 1010 Rn. 4. 209 Mot. III, S. 441–442. 210 Planck (-Strecker), BGB III/15, § 1011 Anm. 1 c; Staudinger (-Gursky), BGB (2012), § 1010 Rn. 6; Tschon, RNotZ 2006, S. 205, 210, der zu Recht feststellt, dass mit der Belastung des Anteils nicht der Erwerb eines dinglichen Rechts korrespondiert; BeckOGK BGB (-P. Müller), Stand: 1.3.2019, § 1010 Rn. 73. 211 Tschon, RNotZ 2006, S. 205, 210; Erman (-Aderhold), BGB II15, § 1010 Rn. 5; MünchKomm (-K. Schmidt), BGB VII7, § 1010 Rn. 10. Demgemäß ist auch der aus einer Vereinbarung über die Eintragung einer Miteigentümervereinbarung oder einer Regressforderung folgende Anspruch nach ganz h. A. vormerkungsfähig (Planck (-Strecker), BGB III/15, § 1010 Anm. 1 c, 2 b; BeckOGK BGB (-P. Müller), Stand: 1.3.2019, § 1010 Rn. 75; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht15, Rn. 1462 mit Rn. 1502; Staudinger (-Gursky), BGB (2012), § 1010 Rn. 7, 22); a. A. Reichel, JherJb 46 (1904), S. 59, 77–78. 212 Erman (-Aderhold), BGB II15, § 1010 Rn. 6; MünchKomm (-K. Schmidt), BGB VII7, § 1010 Rn. 10; Soergel (-Stürner), BGB XV/113, § 1010 Rn. 4; Staudinger (-Gursky), BGB (2012), § 1010 Rn. 22. 213 Auch dies war im älteren Schrifttum, da der Gesetzgeber die Frage, in welcher Weise die Eintragung zu erfolgen habe, bewusst offengelassen hatte, äußerst umstritten (siehe Planck (-Strecker), BGB III/15, § 1010 Anm. 2 b). Letztlich setzte sich aber auch hier die Ansicht durch, dass Befreiungs- und Ausgleichsforderungen zwischen Miteigentümern untereinander als Belastungen bei dem Anteil des Schuldners in Abteilung II des Grundbuchs einzutragen seien (Planck (-Strecker), BGB III/15, § 1010 Anm. 2 b); Staudinger (-Gursky), BGB (2012), § 1010 Rn. 22). Die von einer älteren Ansicht vertretene Ansicht, wonach eine (Sicherungs-)Hypothek oder Grundschuld zur Sicherung der Regressforderung zu bestellen sei (so u. a. Reichel, JherJb 46 (1904), S. 59, 78), vermochte sich nicht durchzusetzen. Abgesehen davon, dass ein Befreiungsanspruch gem. § 755 Abs. 1 BGB schon nicht auf Zahlung gerichtet ist (Staudinger (-Gursky), BGB (2012), § 1010 Rn. 22), wird dieser Ansicht entgegengehalten, dass eine Befriedigung des regressberechtigten Miteigentümers nach § 755 Abs. 1 BGB nur im Rahmen der Aufhebung der Gemeinschaft im Wege des Verkaufs des gemeinschaftlichen Grundstücks gem. §§ 755 Abs. 3, 753 Abs. 1 S. 1 BGB durch Teilungsversteigerung nach §§ 180 ff. ZVG in Betracht komme (Planck (-Strecker), BGB III/15, § 1010 Anm. 2 b)). Dass der von der zweiten Kommission eingebrachte und angenommene Antrag, wonach eine Vormerkung zur Sicherung von Regressforderungen unter Miteigentümern in das Grundbuch eingetragen werde könne (Prot. III, S. 276–277, 279), in der endgültigen Fas-
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Weitaus umstrittener als die rechtsdogmatische Einordnung der Eintragung von Miteigentümerregelungen und Regressforderungen sind demgegenüber mehrere höchstrichterlich nicht geklärte Auslegungsfragen, die sich nahezu ausnahmslos auf den Tatbestand, nicht aber auf die Rechtsfolgen der Eintragung von Miteigentümerregelungen und Regressforderungen beziehen.214 Dabei sind die materiellsung, die die Vorschrift des § 1010 Abs. 2 BGB erhalten hat, nicht übernommen wurde, überrascht hingegen nicht: Dass ein Freistellungs- bzw. Befriedigungsanspruch nicht vormerkungsfähig ist – hierzu zählen bekanntlich nur Forderungen, die den Schuldner zu einer Verfügung über Grundeigentum, über ein Recht an einem Grundstück oder einem Recht an einem solchen Recht verpflichten –, liegt auf der Hand (vgl. Planck (-Strecker), BGB III/15, § 1010 Anm. 2 b; Staudinger (-Gursky), BGB (2012), § 1010 Rn. 22). 214 Die wichtigsten Auslegungsfragen seien hier nur in aller Kürze skizziert. Erstens ist schon strittig, ob ausschließlich Regelungen einer bestehenden Miteigentümergemeinschaft qua Eintragung im Grundbuch nach § 1010 Abs. 1 BGB verdinglicht oder auch einseitig im Voraus getroffene Bestimmungen eines Alleineigentümers eines ungeteilten Grundstücks nach § 1010 Abs. 1 BGB bereits mit der Buchung der Miteigentumsanteile als Belastungen derselben noch vor deren Abveräußerung im Grundbuch eingetragen werden können. Mit dem Wortlaut der Norm erscheint letzteres kam vereinbar; dem BGB ist das Institut einer Vorratsteilung von im Alleineigentum stehenden Grundstücken – im Gegensatz zu § 8 WEG – unbekannt; ohne nähere methodische Begründung wird gleichwohl aber vielfach die Eintragung von einseitig getroffenen Bestimmungen des Alleineigentümers im Rahmen der Buchung von Miteigentumsanteilen nach § 3 Abs. 6 GBO, d. h. bei Erklärung der Teilung des „dienenden“ Grundstücks in Miteigentumsanteile und der Zuordnung derselben zu den herrschenden Grundstücken gegenüber dem Grundbuchamt, bejaht. Zweitens ist unsicher, ob „getroffene Bestimmung“ i. S. v. § 1010 Abs. 1 BGB ausschließlich Vereinbarungen zwischen den Miteigentümer oder, so die wohl überwiegende Ansicht, auch Mehrheitsbeschlüsse der Gemeinschaft i. S. v. § 745 Abs. 1 BGB und/oder durch Urteil getroffene Benutzungs- und Verwaltungsvereinbarungen erfasst (Planck (-Strecker), BGB III/15, § 1011 Anm. 1 a). Drittens ist unsicher, ob § 1010 Abs. 1 BGB ausschließlich Kollektivvereinbarungen oder auch Vereinbarungen zwischen einzelnen Miteigentümern erfasst. Äußerst umstritten ist in diesem Zusammenhang, ob durch Aufteilung und Teilübertragung eines Miteigentumsanteils zustande kommende schuldrechtliche Untergemeinschaften wiederum ihre Vereinbarungen durch Eintragung im Grundbuch mit Bindungswirkung ausschließlich gegenüber den Sondernachfolgern der Miteigentümer der betreffenden Untergemeinschaft versehen können (dafür Schöner/Stöber, Grundbuchrecht15, Rn. 1462; ablehnend BeckOGK BGB (-P. Müller), Stand: 1.3.2019, § 1010 Rn. 22–23: es seien lediglich Kollektivregelungen aller Miteigentümer eintragungsfähig; allerdings hätten die Teilhaber der Miteigentümeruntergemeinschaft einen Anspruch gegen die Teilhaber der Hauptgemeinschaft, dass diese durch eine Änderung der Benutzungs- und Verwaltungsregelungen der Hauptgemeinschaft den Regelungen der Untergemeinschaft Wirksamkeit verleihen). Soweit dies bejaht wird, ist freilich unklar, ob eine Eintragung in der Veränderungsspalte der betroffenen Miteigentumsanteile der Untergemeinschaft genügt oder auch eine Eintragung bei Miteigentumsanteilen der Hauptgemeinschaft stattfinden muss. Viertens ist strittig, ob eine Bestimmung i. S. d. § 1010 Abs. 1 BGB ausschließlich zugunsten von Miteigentümern oder auch zugunsten außenstehender Personen getroffen werden kann: Soweit dies bejaht wird (MünchKomm (-K. Schmidt), BGB VII7, § 1010 Rn. 10 m. w. N.; Soergel (-Stürner), BGB XV13, § 1010 Rn. 1), läuft dies nicht nur auf eine nicht unbedenkliche indirekte Erweiterung des Kreises dinglicher Grundstücksrechte hinaus, sondern erweist sich auch aus praktischer Sicht als unnötig; einem außenstehenden Dritten ist mit der Belastung des ganzen Grundstücks, präziser koordinierter Belastungen aller Anteile mit einer Grunddienstbarkeit oder beschränkten persönlichen Dienstbarkeit weitaus besser gedient als mit einer eingetragenen Miteigentümerbenutzungsabrede, die nur in den allgemeinen Schranken der §§ 749 Abs. 3, 750, 751 S. 2 BGB, § 84 Abs. 2 InsO Sukzessionsschutz (zu Recht ablehnend Staudinger (-Gursky), BGB (2012), § 1010 Rn. 11).
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rechtlichen Wirkungen der Eintragung nicht in allen Einzelheiten durch die vom Gesetz vorgegebene Einordnung als „Belastung“ präjudiziert; im Detail erweist sich die Anwendung der für Grundstücksrechte geltenden Vorschriften auf Belastungen i. S. d. § 1010 Abs. 1 BGB als fragwürdig.215 bb) Inhaltsgestaltende Wirkung der Grundbucheintragung Nähere Analyse erhellt, dass die eintragungsgestützte Belastung des Miteigentumsanteils ein die Zulässigkeit der privatautonomen Ausgestaltung des Inhalts der Miteigentumsanteile verschleiernder konstruktionsjuristischer Deckmantel ist. Mit Blick auf den von den Gesetzesverfassern zugrunde gelegten abstrakten Eigentumsbegriff216 verwundert es nicht, weshalb sich der historische Gesetzgeber des Instituts der „Belastung“ zwecks Gewährleistung der Drittwirksamkeit von Miteigentümervereinbarungen bediente. Das regelungstechnische Dilemma der Verfasser des BGB ist evident. Auf der einen Seite soll Miteigentümern eines Grundstücks eine dauerhafte und rechtssichere Gestaltung ihres Binnenverhältnisses ermöglicht werden, ohne die Verkehrsfähigkeit des Miteigentums zu gefährden.217 Dies setzt voraus, dass vertragliche Regelungen publizitätsstiftend in das Grundbuch eingetragen werden, was – sofern Miteigentümerregelungen nicht eo ipso Drittwirksamkeit erheischen sollen – eine Einigung über die Herbeiführung der eintragungsgestützten Drittwirksamkeit, mithin jeweils gesonderte Verfügungsgeschäfte über die einzelnen Anteile voraussetzt. Auf der anderen Seite ist es mit dem abstrakten Eigentumsbegriff kaum vereinbar, den Miteigentümern expressis verbis ein Recht zur eintragungsgestützten Inhaltsgestaltung des Miteigentums einzuräumen. Um das Dogma von der Änderungsfestigkeit der „Totalität der Befugnisse“ zu wahren, bleibt dann nur der von der ersten BGB-Kommission gewählte Ausweg, inhaltsgestaltende Miteigentümerregelungen als eine „eigenartige dingliche Belastung“ im dritten Abschnitt des dritten Buches einzuordnen.
215 Fragwürdig ist u. a., ob bei der Eintragung einer Miteigentümerregelung eine bestimmte Person als Begünstigter zu bezeichnen (Schöner/Stöber, Grundbuchrecht15, Rn. 1465) oder eine solche Angabe, da alle Miteigentümer aus der betreffenden Regelung wechselseitig berechtigt und verpflichtet werden, entbehrlich ist (Staudinger (-Gursky), BGB (2012), § 1010 Rn. 12). Umstritten ist auch die hiermit eng verbundene Frage, ob Miteigentümervereinbarungen wahlweise als subjektiv-persönliches Recht eines bestimmten Teilhabers und/oder als subjektiv-dingliches Recht des jeweiligen Inhabers eines bestimmten Anteils eintragungsfähig sind (vgl. BayObLG, Beschluss v. 15.05.1981 – 2 Z 25/81, BeckRS 1981, 04600; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht15, Rn. 1463; Staudinger (-Gursky), BGB (2012), § 1010 Rn. 13). Völlig ausgeblendet wird dagegen die Frage, ob und, bejahendenfalls, unter welchen Voraussetzungen die positive Publizität des Grundbuchs auch für eingetragene Miteigentümerregelungen gilt, mithin ein gutgläubig-konstitutiver Erwerb verdinglichter Nutzungsrechte bei der erstmaligen Eintragung von Miteigentümerregelungen und bei der Sonderrechtsnachfolge in einen vermeintlich begünstigten Miteigentumsanteil in Betracht kommt. 216 Siehe hierzu § 2 I. 3. a) aa). 217 Mot. III, S. 440–441.
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(1) Formale Angleichung an Grundstücksrechte In der Tat indiziert die grammatikalische Auslegung, dass es einer – als „Belastung“ deklarierten – Verfügung über den zu „belastenden“ Miteigentumsanteil seitens des jeweiligen Teilhabers bedarf.218 In Ermangelung anderer Anhaltspunkte ist es nur plausibel, die Formulierung „Belastung“ verbaliter zu verstehen, eingetragene Miteigentümervereinbarungen mithin nicht als bloße Realobligationen, sondern als Belastungen sui generis zu deuten.219 Die historische Auslegung unterstützt dies. Die erste BGB-Kommission konstruierte die Verdinglichung des Teilungsausschluss unter Rekurs auf die Nähe zur Grunddienstbarkeit als vertragliche Einschränkung des Anteils des verpflichteten Teilhabers zugunsten eines anderen Anteils mit dinglicher Wirkung, um die Anwendung der für die Bestellung von Grundstücksrechten geltenden Vorschriften zu ermöglichen.220 Ungeachtet der indifferenten Position der zweiten Kommission 221 untermauert die Entstehungsgeschichte der Norm die für die Entgegensetzbarkeit der einschlägigen Miteigentümervereinbarungen allgemein anerkannte konstitutive Wirkung der Grundbucheintragung.222 Weiterhin legt die Bezeichnung „Belastung“ nahe, dass es einer von der Miteigentümervereinbarung zu unterscheidenden Willenseinigung darüber bedarf, der getroffenen Abrede mittels Eintragung bei dem zu „belastenden“ Anteil im Verhältnis zu Sonderrechtsnachfolgern Wirkung zu verleihen. Dies entspricht dem 218
Staudinger (-Gursky), BGB (2012), § 1010 Rn. 7. Vgl. Staudinger (-Gursky), BGB (2012), § 1010 Rn. 6. 220 Mot. III, S. 441. Zwei denkbare Alternativen der „Verdinglichung eines Theilungsausschlusses“ – die Verstärkung der schuldrechtlichen Abrede durch ausnahmsweise Eintragung in das Grundbuch sowie die Absicherung derselben durch ein vertragliches Veräußerungsverbot – wurden seitens der ersten BGB-Kommission ausdrücklich verworfen; vorzugswürdiger sei, so die Entwurfsverfasser a. a. O., die Konstruktion einer eintragungsgestützten Belastung des Miteigentumsanteils: „Hierin liegt eine Beschränkung des einen Antheilsrechtes zu Gunsten eines in Folge dessen erweiterten anderen Antheilsrechtes, welche dem einen Theile eine Unterlassungspflicht gegenüber dem anderen Theile auferlegt. Die auf den Antheil übernommene Last gewinnt Aehnlichkeit mit einer Grunddienstbarkeit. Wie bei dieser das gesetzliche Nachbarrecht durch gewillkürtes Nachbarrecht geändert wird, so wird bei dem dinglichen Theilungsausschlusse das gesetzliche Gemeinschaftsrecht mit dinglicher Wirkung durch gewillkürtes Gemeinschaftsrecht ersetzt. Die Beschränkung der Befugniß, die Theilung zu verlangen, wird somit als eine eigenartige dingliche Belastung zugelassen, welche statt des Grundstückes den Antheil eines Miteigenthümers zum Gegenstande hat und dem Genossen subjektiv dingliche Befugnisse verschafft. Auf das Rechtsgeschäft des dinglichen Theilungsausschlusses werden somit alle Bestimmungen über die Begründung von Rechten an Grundstücken anwendbar.“ 221 Die zweite BGB-Kommission ließ die juristische Konstruktion der Entgegensetzbarkeit von Miteigentümervereinbarungen dahinstehen und beschränkte sich darauf, im zweiten Entwurf die entsprechende Anwendung der Bestimmungen über die Belastungen zu bestimmen, um einen Anhaltspunkt für die Lösung praktischer Fragen zu geben (vgl. Prot. III, S. 276–277, 279). 222 Die Eintragung ist nicht Grundbuchberichtigung, sondern Modus des zweiaktigen liegenschaftsrechtlichen Verfügungstatbestandes gem. § 873 Abs. 1 BGB, mithin konstitutives Erfordernis der Drittwirksamkeit einer eintragungsfähigen Miteigentümervereinbarung i. S. v. § 1010 Abs. 1 BGB; siehe nur MünchKomm (-K. Schmidt), BGB VII7, § 1010 Rn. 10; Staudinger (-Gursky), BGB (2012), § 1010 Rn. 7; Tschon, RNotZ 2006, S. 205, 210. 219
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Normzweck und der auch im Sachenrecht nicht gering zu schätzenden Privatautonomie. Der bloße Abschluss einer Miteigentümerregelung präjudiziert nicht, ob diese Abrede mit Drittwirksamkeit ausgestattet werden soll; dies dürfte regelmäßig, aber nicht ausnahmslos dem übereinstimmenden Parteiwillen entsprechen.223 Soweit die h. A. prinzipiell alle im zweiten Abschnitts des dritten Buches platzierten liegenschaftsrechtlichen Bestimmungen auf diese „eigenartige Belastung“ für anwendbar erklärt,224 ist dies mit Rücksicht auf das Interpretationsergebnis zwar folgerichtig. Indes vermag die formale Angleichung eintragungsfähiger Miteigentümervereinbarungen an Rechte an Grundstücken über die elementaren strukturellen Unterschiede zwischen dem individuell ausgestalteten Schuldverhältnis einer Bruchteilsgemeinschaft und genuinen Belastungen des Grundstückseigentums kaum hinwegzutäuschen. Wie sich im Näheren zeigt, sind die Vorschriften über Rechte an Grundstücke nicht uneingeschränkt, sondern nur mutatis mutandis auf mit Sukzessionsschutz versehene Miteigentümerregelungen anzuwenden; die formale Ausgestaltung als „Belastung“ ändert hieran nichts.225 223 Siehe NomosKomm (-Nusser), BGB III4, § 1010 Rn. 3 mit Hinweis auf Miteigentümervereinbarungen zwischen Ehegatten. 224 Abgesehen davon, dass die Entgegensetzbarkeit einer eintragungsfähigen Miteigentümervereinbarung der Einigung und Eintragung in das Grundbuch bedarf, richtet sich somit auch die Aufhebung nach §§ 875, 876 BGB (Planck (-Strecker), BGB III/15, § 1010 Anm 4), wobei strittig ist, ob die Miteigentümervereinbarung nur im Ganzen oder lediglich die durch die Eintragung begründete Übergangsfähigkeit der Passivlegitimation aufgehoben werden kann (siehe einerseits Staudinger (-Gursky), BGB (2012), § 1010 Rn. 7; andererseits Schnorr, Die Bruchteilsgemeinschaft, S. 339–340). Entsprechendes gilt für die inhaltliche Änderung gem. §§ 877, 873 Abs. 1 BGB; eine einmal zustande gekommene Belastung i. S. v. § 1010 Abs. 1 BGB kann nur durch eine neue wirksame Vereinbarung der Miteigentümer und deren Eintragung im Grundbuch geändert werden (OLG München, Beschluss v. 20.2.2018 – 34 Wx 109/17, RNotZ 2018, S. 325 Rn. 58; Palandt (-Herrler), BGB78 , § 1010 Rn. 4). Außerdem stehen Belastungen i. S. v. § 1010 Abs. 1 BGB in einem Rangverhältnis mit anderen dinglichen Rechten am Miteigentumsanteil gem. § 879 BGB; aus der Rangfähigkeit folgt die Gefahr eines Rechtsverlusts in der Zwangsversteigerung des Anteils, sofern die eingetragene Abrede nicht in das geringste Gebot fällt (§§ 91 Abs. 1, 52 Abs. 1 S. 2 ZVG). Zudem ist die schuldrechtliche Vereinbarung über die Eintragung der Miteigentümerregelung, d. h. die causa der Belastung, nach h. A. vormerkungsfähig (Staudinger (-Gursky), BGB (2012), § 1010 Rn. 7). Wird die eingetragene Abrede zu Unrecht im Grundbuch gelöscht, können alle begünstigten Miteigentümer die Berichtigung des Grundbuchs nach Maßgabe der §§ 894– 899 BGB erwirken. Weiterhin wird die Drittwirksamkeit der Miteigentümerregelung auch nicht durch die Vereinigung des belasteten Miteigentumsanteils mit unbelasteten Miteigentumsanteilen zu einem – entsprechend vergrößerten – Miteigentumsanteil am Grundstück berührt, sofern nicht ein Teilhaber alle Miteigentumsanteile erwirbt (OLG München, Beschluss v. 20.2.2018 – 34 Wx 109/17, RNotZ 2018, S. 325 Rn. 49; Staudinger (-Gursky), BGB (2012), § 1010 Rn. 7). Die unterschiedliche dingliche Bruchteilsbelastung durch die Eintragung von Miteigentümervereinbarungen i. S. v. § 1010 Abs. 1 BGB bei einzelnen Anteilen wird insoweit nicht anders behandelt als eine unterschiedliche dingliche Bruchteilsbelastung mit dinglichen Rechten: Die unterschiedlich belasteten Anteile bestehen als fiktive Anteile im Rahmen der durch den Zuerwerb geschaffenen Rechtslage fort. 225 Von einer „dinglichen“ oder „verdinglichen Pflicht“– als Pendant eines genuinen Sachenrechts oder einer verdinglichten Forderung – (zur Konzeption einer dinglichen Pflicht näher Dimipoulos-Vosikis, AcP 167 (1967), S. 515) sollte auch im hier vorliegenden Zusammenhang belasteter Miteigentumsanteile nicht gesprochen werden (mit grundsätzlicher Kritik an der Be-
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(2) Abschlusstatbestand Dies zeigt sich erstens beim rechtsgeschäftlichen Abschlusstatbestand. In einigungsrechtlicher Hinsicht ist zweifelhaft, ob neben dem Teilhaber des zu belastenden Anteils nur der oder die konkret zu begünstigenden oder auch alle anderen Miteigentümer ohne Rücksicht auf den Inhalt der Benutzungs- oder Verwaltungsregelung mitwirken müssen. Soweit vertreten wird, dass es bei der Eintragung einer Benutzungs- oder Verwaltungsvereinbarung (§ 745 Abs. 2 BGB) als Belastung eines Anteils stets der Angabe eines zu begünstigenden Miteigentümers bedürfe, 226 ist dies, da ausnahmslos alle Miteigentümer aus jeder Benutzungs- und Verwaltungsvereinbarung berechtigt und verpflichtet werden, nicht über jede Kritik erhaben.227 Selbst wenn eine einen bestimmten Teilhaber begünstigende Benutzungs- oder Verwaltungsvereinbarung nur bei einem einzigen Anteil als Belastung ohne Mitwirkung der anderen Miteigentümer eingetragen wird,228 ändert dies nichts daran, dass die nicht nutzungsberechtigten Miteigentümer vom jeweiligen Teilhaber des belasteten Anteils die Einhaltung der betreffenden Nutzungsvereinbarung verlangen können.229 Vor diesem Hintergrund ist die teilweise vertretene Ansicht, dass Benutzungsvereinbarungen dienstbarkeitsähnlich wahlweise als subjektiv-persönliche Rechte für einen bestimmten Teilhaber oder als subjektiv-dingliche Rechte eines bestimmten Miteigentumsanteils eingeräumt werden könnten,230 ebenso griffsbildung von Bar, Gemeineuropäisches Sachenrecht I, Rn. 11). Die Eintragung ist lediglich Voraussetzung des Übergangs der Passivlegitimation aus einer Miteigentümervereinbarung resp. eines Ausgleichs- oder Erstattungsanspruchs auf den Sonderrechtsnachfolger des verpflichteten Teilhabers; selbstredend werden außenstehende Dritte, die nicht in die Rechtsstellung des verpflichteten Miteigentümers eintreten, aus der das Innenverhältnis der Teilhaber regelnden Vereinbarungen weder berechtigt noch verpflichtet. 226 Erman (-Aderhold), BGB II15, § 1010 Rn. 5; Palandt (-Herrler), BGB78 , § 1010 Rn. 4; im Grundsatz auch MünchKomm (-K. Schmidt), BGB VII7, § 1010 Rn. 11, der aber einschränkt, dass der Begünstigte im Wege der Auslegung der Eintragungsbewilligung, auf die gem. § 874 BGB Bezug zu nehmen sei, ermittelt werden könne; einschränkend auch BeckOGK BGB (-P. Müller), Stand: 1.3.2019, § 1010 Rn. 75: fehlende Angabe des Begünstigten führe nicht zur Nichtigkeit der Belastung, vielmehr seien i. Zw. alle Miteigentümer als Begünstigte anzusehen. 227 Richtig m. E. Staudinger (-Gursky), BGB (2012), § 1010 Rn. 12. 228 Die Eintragung gem. § 1010 Abs. 1 BGB wird häufig für die Zuordnung ausschließlicher Nutzungsrechte an einzelnen Wohnungen eines Mehrparteienhauses gewählt (siehe z. B. OLG München, Beschluss v. 20.2.2018 – 34 Wx 109/17, RNotZ 2018, S. 325). 229 Staudinger (-Gursky), BGB (2012), § 1010 Rn. 12. Selbst wenn man annimmt, dass an der Einigung i. S. v. § 873 Abs. 1 BGB wegen § 747 S. 1 BGB nicht notwendig alle Miteigentümer, sondern nur diejenigen, deren Anteile belastet werden, mitwirken müssen, ist die von der Verfügung zu unterscheidende schuldrechtliche Benutzungsvereinbarung eine Organisationsregelung zwischen allen Teilhabern; aus diesem schuldrechtlichen Vertrag werden mithin alle Teilhaber berechtigt und verpflichtet. 230 Tschon, RNotZ 2006, S. 205, 210. Wird hingegen der Aufhebungsanspruch eines einzelnen Miteigentümers nach § 1010 Abs. 1 Var. 2 BGB ausgeschlossen oder beschränkt, wirkt diese Bestimmung nur zu seinen Lasten, während entweder umgekehrt alle oder auch nur wiederum einzelne Miteigentümer (z. B. durch ein Zustimmungserfordernis) begünstigt werden (vgl. Staudinger (-Gursky), BGB (2012), § 1010 Rn. 12). Desgleichen wirkt die Eintragung einer Regressforderung nach § 1010 Abs. 2 BGB selbstredend nur zulasten von Sonderrechtsnachfolgern des oder der regresspflichtigen Miteigentümer, während umgekehrt nur der regressberechtigte Gläubiger
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fragwürdig. Auch ein durch eine Nutzungsregelung konkret-individuell begünstigter Miteigentümer erlangt selbst dann kein dienstbarkeitsäquivalentes Recht am Grundstück, wenn die betreffende Abrede bei allen Miteigentumsanteilen als Belastung im Grundbuch eingetragen ist. Das Nutzungsrecht folgt nicht aus der Verfügung, sondern aus der schuldrechtlichen Vereinbarung der Miteigentümer. Die konstitutive Wirkung der Belastung liegt darin, den Übergang der Passivlegitimation in Ansehung der Anteile der verpflichteten Teilhaber sicherzustellen. Diese Form der Drittwirksamkeit ist nicht Ausdruck der Neuschaffung eines subjektiven Rechts, sondern der Verstärkung schuldrechtlicher Vereinbarungen, die nach allgemeinen Regeln des Rechts der Gemeinschaft ohnedies jeden Sonderrechtsnachfolger eines verpflichteten Teilhabers binden (vgl. §§ 746, 751 S. 1 BGB) und nur in Bezug auf Miteigentum an Grundstücken einer konstitutiven Einigung und Eintragung zwecks Konstituierung des Sukzessionsschutzes bedürfen. (3) Scheinparallelen zu Grunddienstbarkeiten Die von der ersten BGB-Kommission betonte Parallele zwischen im Grundbuch eingetragenen Miteigentümervereinbarungen und Grunddienstbarkeiten 231 verwischt wesentliche Divergenzen. So versagt die „unechte“ Belastung immer dann, wenn sich echte dingliche Rechte an einer Sache bewähren, namentlich in der Zwangsvollstreckung und in der Insolvenz des „beschwerten“ Teilhabers. Schließlich garantiert die Eintragung im Grundbuch nur die Entgegensetzbarkeit der Benutzungsregelung in den Grenzen des zwingenden Rechts der Gemeinschaft.232 Weil eine Aufhebung der Gemeinschaft aus wichtigem Grund (§ 749 Abs. 1 BGB), im Todesfall (§ 750 BGB) sowie in der Insolvenz eines Teilhabers (§ 84 Abs. 2 InsO) und bei der Pfändung eines Miteigentumsanteils bzw. des Aufhebungsanspruchs eines Teilhabers (§ 751 S. 2 BGB)233 durch Vereinbarung der Miteigentümer ohnedies nicht exkludiert werden kann, bleibt der durch die Eintragung einer Nutzungsabrede garantierte Bestandsschutz stets hinter dem einer einem der Miteigentümer eingeräumten Dienstbarkeit am gemeinschaftlichen Grundstück (§ 1009 Abs. 1, Abs. 2 Var. 1 BGB) zurück.234 zur Einziehung seiner Forderung berechtigt ist; der Gläubiger ist bei der Eintragung der Regressforderung als Belastung des Anteils anzugeben. 231 Mot. III, S. 442; Planck (-Strecker), BGB III/15, § 1010 Anm. 1 c. 232 Allg. Ansicht; siehe BeckOGK BGB (-P. Müller), Stand: 1.3.2019, § 1010 Rn. 32–33; MünchKomm (-K. Schmidt), BGB VII7, § 1010 Rn. 5; Staudinger (-Gursky), BGB (2012), § 1010 Rn. 5. 233 Ein dauerhaft oder auf Zeit bestimmter Ausschluss des Aufhebungsanspruchs entfaltet weder gegenüber einem Pfändungspfandgläubiger noch gegenüber dem Insolvenzverwalter eines Miteigentümers Wirkung. Die Belastung ist insoweit wirkungslos, der Pfändungspfandgläubiger kann mithin die Aufhebung der Bruchteilsgemeinschaft im Wege der Teilungsversteigerung gem. §§ 180 ff. ZVG herbeiführen. Nichts anderes gilt in der Insolvenz des belasteten Teilhabers. Der Insolvenzverwalter ist nach § 84 Abs. 2 InsO an die betreffenden Miteigentümervereinbarungen nicht gebunden, kann mithin gleichfalls die Aufhebung der Gemeinschaft mittels Teilungsversteigerung herbeiführen. 234 BeckOGK BGB (-P. Müller), Stand: 1.3.2019, § 1010 Rn. 71 rät wegen des erhöhten Schut-
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Im Gegensatz zu Grunddienstbarkeiten und anderen begrenzten Sachenrechten sind vor allem die allgemeinen Rechtsfolgen der Konsolidation (§ 889 BGB) unanwendbar. Einer im Grundbuch eingetragenen Miteigentümervereinbarung fehlt dasjenige Merkmal, welches für echten Belastungen schlechthin konstituierend ist: die elastische Komponente des belasteten Rechts.235 Wenngleich eine im Grundbuch eingetragene Miteigentümervereinbarung unstreitig vor Beendigung der Gemeinschaft aufgehoben und inhaltlich geändert werden kann (§§ 875 Abs. 1, 877 BGB), ist sie zwangsläufig gegenstandlos, sobald die Gemeinschaft beendet ist.236 Während eine Miteigentümervereinbarung in einer ohnehin unzulässigen „EinMann-Gemeinschaft“ einfach deshalb nicht fortbestehen kann, weil sämtliche Schuldverhältnisse (i. e. S.) kraft Konfusion erlöschen, werden Sachenrechte an einzelnen Miteigentumsanteilen demgegenüber nicht dadurch beeinträchtigt, dass ein Teilhaber oder ein Dritter Alleineigentum an dem Grundstück erwirbt. Dementsprechend ist § 889 BGB nicht auf den Fall anwendbar, in dem sich der „belastete“ Anteil lediglich mit einem anderen Bruchteil oder mehreren Anteile der „begünstigten“ Teilhaber, nicht aber mit allen anderen Miteigentumsanteilen durch Hinzuerwerb in der Person eines Teilhabers vereinigt: Weil die Eintragung einer zes in der Zwangsvollstreckung und Insolvenz die Bestellung Grunddienstbarkeiten und/oder beschränkten persönlichen Dienstbarkeiten zugunsten einzelner Miteigentümer an, sofern nicht ohnehin eine Aufteilung des gemeinschaftlichen Grundstücks in Wohnungs- oder Teileigentum, bei der ohnedies eingetragene Nutzungsvereinbarungen hinsichtlich des gemeinschaftlichen Grundstücks (§ 10 Abs. 3 WEG) mit höherem Bestandsschutz versehen sind als Miteigentümervereinbarungen i. S. v. § 1010 Abs. 1 BGB, in Betracht kommt. 235 Sobald das eingeräumte begrenzte Recht erlischt, entfaltet das ehedem belastete Recht wieder seine volle Wirkung; der Zuweisungsgehalt des betroffenen Rechts ist allenfalls temporär, nicht aber endgültig geschmälert; statt aller siehe nur von Bar, Gemeineuropäisches Sachenrecht I, Rn. 346. 236 Mit Beendigung der Gemeinschaft sind keine sicherungsbedürftigen Gemeinschaftsbelange mehr gegeben. Wird sodann eine Miteigentümergemeinschaft neu begründet, lebt eine noch eingetragene, aber wirkungslose Abrede nicht wieder auf; das Grundbuch ist unrichtig und von Amts wegen zu berichtigen (Erman (-Aderhold), BGB II15, § 1010 Rn. 5; Tschon, RNotZ 2006, S. 205, 213). Die Beendigung der Gemeinschaft tritt mit der Vereinigung aller Miteigentumsanteile in der Hand eines Rechtsträgers ein, sofern sich die Gemeinschaft nicht im Wege der unmittelbaren Ersetzung an einem neuen Gegenstand fortsetzt. Dies ist bei der Teilungsversteigerung nach § 180 Abs. 1 ZVG der Fall, die die Aufhebung der Gemeinschaft (§ 749 Abs. 1 BGB) lediglich vorbereitet: Während das Miteigentum am Grundstück erlischt, setzen sich die Anteile der Teilhaber im Wege unmittelbarer Surrogation am Versteigerungserlös in Form einer Mitberechtigung gem. § 432 BGB fort (BGH, Beschluss v. 22.2.2017 – XII ZB 137/16, NJW 2017, S. 2544 Rn. 24 m. w. N.). Anderes gilt nur dann, wenn trotz Vereinigung aller Anteile in einer Person die einzelnen Miteigentumsanteile forthin als selbstständig zu behandeln sind, z. B. aufgrund einer treuhänderischen Bindung des Alleineigentümers oder bei Hinzuerwerb von Miteigentumsanteilen seitens eines Miteigentümers als (nicht befreiter) Vorerbe. Eine teilweise vertretene Ansicht hält einen Fortbestand der eingetragenen Miteigentümervereinbarung auch dann für möglich, wenn zwar die Bruchteilsgemeinschaft endet, die Bruchteile aber nach Maßgabe von § 3 Abs. 6 GBO forthin als selbstständige Anteile gebucht sind BeckOGK BGB (-P. Müller), Stand: 1.3.2019, § 1010 Rn. 38; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht15, Rn. 1472). Wenn man annimmt, dass ein Alleineigentümer einseitig Miteigentümerregelungen treffen und unter den Voraussetzungen des § 3 Abs. 6 GBO auch bei den zu buchenden Miteigentumsanteilen als Belastungen eintragen lassen kann, ist dies nur konsequent.
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Benutzungs- oder Verwaltungsregelung i. S. d. § 745 Abs. 2 BGB zumindest alle anderen Miteigentümer insoweit begünstigt, als diese vom jeweiligen Teilhaber des belasteten Miteigentumsanteils die Erfüllung der Pflichten aus dem mehrseitigen Vertrag verlangen können,237 liegt eine Konsolidation i. S. d. § 889 BGB nur dann vor, wenn Alleineigentum am Grundstück entsteht. Der Hinzuerwerb einzelner Anteile seitens des belasteten Bruchteilseigentümers macht die Benutzungsvereinbarung nicht gegenstandslos, wenn noch ein anderer Teilhaber Ansprüche gegen den belasteten Bruchteilseigentümer aus der eingetragenen Abrede herleiten kann. Vereinigen sich hingegen alle Bruchteile in der Person eines Teilhabers, ist das Schuldverhältnis kraft Konfusion erloschen; die in § 889 BGB angeordnete Rechtsfolge kommt in Ansehung von im Grundbuch eingetragenen Miteigentümervereinbarungen nicht zum Tragen.238 (4) Petitorischer Schutz? Ein weiterer elementarer Unterschied zu echten Belastungen liegt darin, dass der durch die Belastung begünstigte Anteil eines Miteigentümers nicht wegen der eingetragenen Verwaltungs- und Benutzungsregelung im Verhältnis zu anderen Miteigentümern und außenstehenden Personen sachenrechtlichen Schutz genießt. Insbesondere unterstreicht ein Blick auf den nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruch bei „faktischem Duldungszwang“ in Analogie zu § 906 Abs. 2 S. 2 BGB,239 dass eine zwischen den Bruchteilseigentümern eines Hausgrundstücks vereinbarte raumgegenständliche Aufteilung des Grundstücks zur ausschließlichen Nutzung einzelner Miteigentümer keine neuen dinglichen Rechte oder gar neue Sachen in Form von „Grundstücksenklaven“ konstituiert. Zwar findet ein Nachbarausgleich in entsprechender Anwendung des § 906 Abs. 2 S. 2 BGB bekanntlich auch zwischen Wohnungseigentümern eines in Sondereigentumseinheiten aufgeteilten Grundstücks statt, wenn die Nutzung eines Sondereigentums durch von einem an237
Staudinger (-Gursky), BGB (2012), § 1010 Rn. 12. Selbst wenn man mit einer teilweise vertretenen Gegenansicht annimmt, dass eingetragene Miteigentümerabreden auch bei (vorübergehender) Entstehung von Alleineigentum fortbestehen, sofern die Voraussetzungen des § 3 Abs. 6 GBO in Ansehung der Miteigentumsanteile erfüllt sind, gilt nichts anderes: Zwar endet hier die Bruchteilsgemeinschaft, die Miteigentumsanteile bestehen aber als gebuchte Anteile auch mit materiellrechtlicher Wirkung fort, weshalb trotz personaler Identität das belastete Recht und die jeweils begünstigten anderen Miteigentumsanteile allein aufgrund von § 3 Abs. 6 GBO fortbestehen. Dies ändert an dem Grundsatz, dass § 889 BGB bei der Vereinigung aller Miteigentumsanteile in einer Person hinsichtlich der Belastungen i. S. v. § 1010 Abs. 1 BGB nicht anzuwenden ist, nichts. 239 Nach st. Rspr. des BGH (siehe u. a. BGH, Urteil v. 21.5.2010 – V ZR 10/10, NJW 2010, 2347 Rn. 16 m. w. N.; BGH, Urteil v. 25.10.2013 – V ZR 230/12, NJW 2014, S. 458 Rn. 7) ist bekanntlich ein nachbarrechtlicher Ausgleichsanspruch in Analogie zu § 906 Abs. 2 S. 2 BGB gegeben, wenn von einem Grundstück im Rahmen privatwirtschaftlicher Benutzung rechtswidrige Einwirkungen auf ein anderes Grundstück ausgehen, die der Eigentümer oder Besitzer des betroffenen Grundstücks nicht dulden muss, aus besonderen Gründen jedoch nicht gem. §§ 862 Abs. 1, 1004 Abs. 1 BGB zu verhindern vermag, sofern er hierdurch Nachteile erleidet, die das zumutbare Maß einer entschädigungslos hinzunehmenden Beeinträchtigung übersteigen. 238
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deren Sondereigentum ausgehende nicht zu duldende Einwirkungen beeinträchtigt wird.240 Anders liegt es aber, wenn sich die Bruchteilseigentümer ohne Aufteilung des gemeinschaftlichen Grundstücks in Sonder- oder Teileigentum (§§ 3, 8 WEG) durch schuldrechtliche Gebrauchsregelung einzelne Stockwerke oder sonstige räumlich bestimmte Teile des gemeinschaftlichen Grundstücks zur jeweils ausschließlichen Nutzung wechselseitig zuweisen. Wenn Emissionen von der Nutzungssphäre eines Miteigentümers auf die einem anderen Teilhaber zugeordnete Wohnung ausgehen, fehlt es an der für den Analogieschluss erforderlichen Rechtsähnlichkeit mit dem in § 906 Abs. 2 S. 2 BGB geregelten Fall, nämlich an einer „Grenzüberschreitung“.241 Weil die eintragungsgestützte Übergangsfähigkeit der Passivlegitimation aus einer Benutzungsvereinbarung nichts an der schuldrechtlichen Rechtsnatur der wechselseitigen Zuordnung einzelner Wohnungen oder sonstiger Nutzungsenklaven ändert, sind diese mit Wohnungs- und Teileigentumsrechten an jeweils separaten „juristischen“ Grundstücken nicht gleichzusetzen.242 Scheidet aber ein verschuldensunabhängiger nachbarrechtlicher Ausgleichsanspruch in dieser Fallgestaltung aus, verdeutlicht dies, dass der sachenrechtliche Rechtsschutz im Verhältnis zwischen Miteigentümern aus dem Miteigentum folgt und durch eine Benutzungsvereinbarung i. S. v. § 745 Abs. 1 BGB weder begründet noch erweitert, sondern allenfalls eingeschränkt wird.243 240 BGH, Urteil v. 25.10.2013 – V ZR 230/12, NJW 2014, S. 458. Im Gegensatz zu Beeinträchtigungen des Sondereigentums, die von dem Gemeinschaftseigentum ausgehen, liege bei aus dem Sondereigentum eines anderen Wohnungseigentümers herrührenden Emissionen eine Beeinträchtigung „von außen“ vor; das Sondereigentum sei schließlich „echtes Eigentum“, das sich auf eine Art „Ersatzgrundstück“ beziehe. Es bestehe daher in dieser Fallkonstellation – anders als bei den vom gemeinschaftlichen Eigentum ausgehenden Beeinträchtigungen – weder in formaler noch in teleologischer Hinsicht eine Identität zwischen den dinglich-gegenständlich abgegrenzten Gebäudeteilen (BGH, Urteil v. 25.10.2013 – V ZR 230/12, NJW 2014, S. 458 Rn. 15). Dies soll auch dann gelten, wenn die fragliche Einwirkung sich in einem von einem Sondernutzungsrecht (§§ 5 Abs. 4 S. 2, 10 Abs. 3 WEG) des beeinträchtigten Wohnungseigentümers erfassten Teil des gemeinschaftlichen Grundstücks realisiert, wenn diesem insoweit ein Recht zur Alleinnutzung des gemeinschaftlichen Grundstücks zugewiesen ist (BGH, Urteil v. 25.10.2013 – V ZR 230/12, NJW 2014, S. 458 Rn. 20). Wegen der den Inhalt des Sondereigentums konkretisierenden Wirkung des Sondernutzungsrechts liege ein Eingriff in die ausschließliche Herrschaftssphäre des Wohnungseigentümers und damit die geforderte Grenzüberschreitung zwischen „juristischen“ Grundstücken vor. 241 BGH, Versäumnisurteil v. 10.2.2012 − V ZR 137/11, NJW 2012, S. 2343 Rn. 12; BGH, Urteil v. 25.10.2013 – V ZR 230/12, NJW 2014, S. 458 Rn. 20; kritisch MünchKomm (-Brückner), BGB VII, § 906 Rn. 60, der insoweit zutreffend einen Widerspruch zu BGH, Urteil v. 28.9.2007 – V ZR 276/06, NJW 2007, S. 3636 konstatiert. 242 Vgl. BGH, Versäumnisurteil v. 10.2.2012 − V ZR 137/11, NJW 2012, S. 2343 Rn. 12; BGH, Urteil v. 25.10.2013 – V ZR 230/12, NJW 2014, S. 458 Rn. 20. 243 Vor diesem Hintergrund ist die in BGH, Urteil v. 28.9.2007 – V ZR 276/06, NJW 2007, S. 3636 grundsätzlich bejahte entsprechende Anwendung bundes- und landesrechtlichen Vorschriften des Nachbarrechts auf das Verhältnis zwischen Miteigentümern, die sich jeweils räumlich abgegrenzte Teile des gemeinschaftlichen Grundstücks zur ausschließlichen Nutzung zugewiesen haben, bedenklich. Richtig ist zwar, dass der sachenrechtliche Rechtsschutz im Innenverhältnis der Miteigentümer – im Gegensatz zum possessorischen Schutz (vgl. § 866 BGB) –
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(5) Sachenrechtlicher Verkehrsschutz? Endlich dürfte auch die Richtigkeits- und Vollständigkeitsvermutung des Grundbuchs gem. § 891 BGB weder einen gutgläubig-konstitutiven noch einen gutgläubig-translativen Erwerb einer mit Sukzessionsschutz versehenen Miteigentümervereinbarung gem. §§ 892 Abs. 1 S. 1, 893 Var. 2 BGB tragen. In der Literatur wird der Thematik des Verkehrsschutzes bei „Belastungen“ i. S. d. § 1010 Abs. 1 – im Gegensatz zur Parallelfrage bei der Übertragung von mit scheinbaren Sondernutzungsrechten ausgestatteten Wohnungseigentumsrechten 244 – allenfalls Beachtung geschenkt, soweit es um die umgekehrte Konstellation des (lastenfreien) Erwerbs eines Miteigentumsanteils bei versehentlicher Löschung der Belastung geht.245 Dass insoweit sachenrechtlicher Verkehrsschutz fraglos in Betracht kommt,246 präjudiziert nicht die Antworten auf die anders gelagerten Fragen, ob erstens zugunsten des aus einer Miteigentümervereinbarung begünstigten Teilhabers im Rahmen der für die Begründung der Übergangsfähigkeit der Passivlegitimation erforderlichen Verfügung gem. § 1010 Abs. 1 BGB und zweitens bei Verfügungen über die durch die eingetragene Buchbelastung scheinbar begünstigten Miteigentumsanteile ein gutgläubiger Erwerb möglich ist. Im Unterschied zur Belastung von Miteigentumsanteilen mit begrenzten Rechten erscheint ein gutgläubiger Erwerb der Drittwirksamkeit einer Miteigentümerregelung kraft Belastung eines Anteils durch einen Bucheigentümer schon deshalb systemwidrig, weil es an einem komplementären Redlichkeitsschutz hinsichtlich des Bestehens einer eintragungsfähigen Organisationsregelung der Miteigentümer jedenfalls fehlt.247 Kommt die schuldrechtliche Nutzungsregelung i. S. v. § 745 uneingeschränkt ist; bspw. kann ein Miteigentümer, der nicht durch Vereinbarung oder Beschluss vom Gebrauch ausgeschlossen ist, von den anderen Miteigentümern Einräumung des vorenthaltenen Mitbesitzes gem. § 985 BGB verlangen (MünchKomm (-K. Schmidt), BGB VII7, § 1011 Rn. 1; Planck (-Strecker), BGB III/15, § 1011 Anm 4; Staudinger (-Gursky), BGB (2012), § 1011 Rn. 11). Ist jedoch einem Miteigentümer der Alleingebrauch einer Wohnung oder eines anderen räumlich abgrenzbaren Teils des gemeinschaftlichen Grundstücks durch eine (qua Grundbucheintragung verdinglichte) Benutzungsregelung zugewiesen, kann er nicht deshalb von den anderen Miteigentümern den unrechtmäßig vorenthaltenen Grundstücksteil gem. § 985 BGB vindizieren; der Herausgabeanspruch ergibt sich ausschließlich aus der schuldrechtlichen Benutzungsregelung (Planck (-Strecker), BGB III/15, § 1011 Anm. 4). 244 Näher Timme (-Dötsch), BeckOK, WEG (Stand: 2.4.2018), § 15 Rn. 289–292. 245 NomosKomm (-Nusser), BGB III4, § 1010 Rn. 14; Planck (-Strecker), BGB III/15, § 1010 Anm. 1 c; Staudinger (-Gursky), BGB (2012), § 1010 Rn. 15. 246 Siehe die Nachweise in der vorigen Fn. 247 Demgegenüber liefe es auf eine petitio principii hinaus, die Anwendung sachenrechtlicher Verkehrsschutznormen mit der formalistischen Begründung abzulehnen, dass es nicht um den rechtsgeschäftlichen Erwerb eines Rechts an einem Grundstück oder eines Rechts an einem solchen Recht i. S. v. § 892 Abs. 1 S. 1 BGB, sondern allein um Ausgestaltung des Bruchteilseigentums durch eine Miteigentümerregelung gehe. Denn es steht ja in Frage, ob mit der eintragungsgestützten „Belastung“ eines Anteils die Kreation eines dienstbarkeitsähnlichen Sachenrechts zugunsten eines Miteigentümers oder gar aller anderen Miteigentümer korrespondiert. Zöge man aber die Parallele zu echten beschränkten dinglichen Rechten, käme nach § 892 Abs. 1 S. 1 BGB, auch ein gutgläubiger Erwerb einer einen Miteigentümer begünstigenden drittwirkenden Miteigentümer-
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Abs. 2 BGB nicht wirksam zustande, weil z. B. nicht alle Miteigentümer mitwirken resp. die Voraussetzungen eines Mehrheitsbeschlusses i. S. v. § 745 Abs. 1 BGB nicht erfüllt sind, geht die Belastung des Anteils völlig unabhängig von der Rechtszuständigkeit und Verfügungsbefugnis des im Grundbuch eingetragenen Teilhabers ins Leere.248 Liegt dagegen eine alle Miteigentümer bindende Benutzungs- oder Verwaltungsregelung vor und wirkt bei der nach § 1010 Abs. 1 BGB erforderlichen Einigung ein im Grundbuch zu Unrecht eingetragener Scheinmiteigentümer des zu belastenden Anteils mit, ist fraglich, ob das ungeschriebene Erfordernis eines Verkehrsgeschäfts249 erfüllt ist. Zwar sind die Vorschriften der §§ 892, 893 BGB nach zutreffender Ansicht auf Verfügungsgeschäfte zwischen Miteigentümern grundsätzlich anwendbar,250 wenngleich bei der Bestellung beschränkter dinglicher Rechte am gemeinschaftlichen Grundstück doch wieder unter Rekurs auf die (fragwürdige) Lehre vom Verkehrsgeschäft Ausnahmen gemacht werden.251 Zudem beregelung in Betracht. Aber selbst wenn man die Belastung gem. § 1010 Abs. 1 BGB nicht der Bestellung eines dinglichen Rechts gleichstellt, ist immer noch ein gutgläubiger Erwerb nach Maßgabe des Auffangtatbestands des § 893 Var. 2 BGB denkbar, setzt doch die Belastung i. S. d. § 1010 abs. 1 BGB eine dingliche Einigung zwischen den Miteigentümern über die Konstituierung des Sukzessionsschutzes der schuldrechtlichen Miteigentümerregelung voraus. 248 Zwar wird zum Wohnungseigentumsrecht vertreten, dass ein gutgläubiger Erwerb eines unwirksam vereinbarten, gleichwohl aber im Grundbuch eingetragenen Sondernutzungsrechts von § 892 BGB erfasst werde und deshalb grundsätzlich von dem Erwerber des Miteigentumsanteils, dem das vermeintliche Sondernutzungsrecht zugewiesen wurde, gutgläubig erworben werden könne (LG München, Urteil v. 14.2.2011 – 1 S 15864/10, ZWE 2011, S. 232; MünchKomm (-Commichau), BGB VII7, § 10 WEG Rn. 69). Diese Ansicht bedarf hier keiner vertieften Auseinandersetzung; sie rechtfertigt keine veränderte Beurteilung des hier in Frage stehenden gutgläubigen Erwerbs einer „Belastung“ i. S. v. § 1010 Abs. 1 BGB. Denn diese Eintragung ermöglicht allein die Übergangsfähigkeit der Passivlegitimation aus einer (existenten) Miteigentümerregelung resp. einer (wirksamen) Ausgleichs- oder Erstattungsforderung, wobei § 892 BGB nicht über Mängel beim Abschluss der zu verdinglichenden Miteigentümerregelung hinweghilft. Die Vorschrift des § 893 Var. 2 BGB ermöglicht gleichfalls nur einen gutgläubigen Erwerb aufgrund einer Verfügung eines Nichtberechtigten; schuldrechtliche Vereinbarungen sind von der Norm unstreitig nicht erfasst (Palandt (-Herrler), BGB78 , § 893 Rn. 3). Die hier vorliegende Konstellation unterscheidet sich elementar vom gutgläubigen Zweiterwerb einer Hypothek, bei der Wirksamkeit und Durchsetzbarkeit der Forderung zugunsten des Erwerbers zu fingieren sind, um den gutgläubigen Erwerb einer forderungsentkleideten Hypothek zu ermöglichen (§§ 1138, 1157 S. 2, 892 BGB). 249 Zu dieser nicht unumstrittenen teleologischen Reduktion der Gutglaubenstatbestände im Kontext mehrstufiger Belastungen § 12 II. 2. b). 250 BGH, Urteil v. 29.6.2007 – V ZR 5/07, BGHZ 173, S. 71; MünchKomm (-K. Schmidt), BGB VI7, § 747 Rn. 19; Staudinger (-Picker), BGB (2019), § 892 Rn. 120 m. w. N. 251 Während bei der Belastung einzelner Miteigentumsanteile ein gutgläubiger Erwerb seitens eines anderen Miteigentümers fraglos in Betracht kommt, ist bei Gesamtverfügungen i. S. v. § 747 S. 2 BGB über das gemeinschaftliche Grundstück zugunsten eines Miteigentümers nach wohl h. L. zu differenzieren (vgl. Staudinger (-Picker), BGB (2019), § 892 Rn. 122; NomosKomm (-Krause), BGB III4, § 892 Rn. 50; Palandt (-Herrler), BGB78 , § 892 Rn. 8). Weil der begünstigte Miteigentümer hier zugleich auf Erwerber- und Veräußererseite stehe, könne er kein Recht am Grundstück, sondern nur Rechte an den Miteigentumsanteilen erwerben, sofern das zu konstituierende Recht seiner Natur nach auch isoliert an einem Anteil bestehen könne. Strittig ist freilich, ob dann alle Anteile der nicht auf Erwerberseite stehenden Teilhaber mit einem Gesamtrecht belastet sind (so Staudinger (-Picker), BGB (2019), § 892 Rn. 122) oder ausnahmslos alle Bruch-
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steht bei einer Belastung i. S. v. § 1010 BGB bei formaler Einzelbetrachtung jedes Verfügungsgeschäfts keine Identität zwischen dem Verfügendem und dem „Erwerber“, d. h. den durch die drittwirkende Miteigentümervereinbarung begünstigten anderen Teilhabern. Indes stehen sich die Miteigentümer im Kontext der Einigung über die Begründung des Sukzessionsschutzes einer Regelung ihres Binnenverhältnisses gerade nicht wie beliebige Dritte, sondern in ihrer Eigenschaft als Teilhaber gegenüber. Überdies ist der Sukzessionsschutz der Benutzungsregelung nur dann praktisch wirksam garantiert, wenn alle Anteile jeweils koordiniert zur ersten Rangstelle mit der fraglichen Benutzungs- oder Verwaltungsvereinbarung belastet sind. Würde man nun aber die formale Einzelbetrachtung jedes Verfügungsgeschäfts durch eine Gesamtbetrachtung aller singulären Belastungsverfügungen ersetzen, agieren alle Teilhaber hinsichtlich ihres eigenen Anteils als „Veräußerer“ und werden umgekehrt durch die Verfügungen der jeweils anderen begünstigt. Ein vom Verfügenden unterscheidbarer „Erwerber“ i. S. v. § 892 Abs. 1 S. 1 BGB ist bei dieser Betrachtungsweise nicht auszumachen. Aber selbst wenn nur einzelne und nicht alle Miteigentumsanteile (koordiniert) belastet werden, erscheint ein gutgläubiger Erwerb der „Drittwirksamkeit“ einer mehrseitigen Miteigentümervereinbarung sub specie der verkehrsschützenden Intention der Gutglaubenstatbestände252 nicht angezeigt: Die Verkehrsfähigkeit einzelner Miteigentumsanteile wird tendenziell nicht dadurch erhöht, dass den das Innenverhältnis konstituierenden rechtsgeschäftlichen Regelungen dingliche Wirkung verliehen wird, zumal der Übergang der Aktivlegitimation aus einer (wirksamen) Miteigentümerregelung ohnedies gewährleistet ist. Vielmehr dient die für die Übergangsfähigkeit der Passivlegitimation erforderliche Eintragung als „Belastung“ dazu, im Interesse der Leichtigkeit und Sicherheit des Rechtsverkehrs mit Miteigentumsanteilen an Grundstücken die Bindungswirkung von Miteigentümervereinbarungen abweichend von den allgemeinen Regelungen der §§ 746, 751 S. 1 BGB einzuschränken.253 Vor diesem Hintergrund lässt sich ein gutgläubiger Zweiterwerb eines scheinbar durch eine mit Sukzessionsschutz versehene Gemeinschaftsregelung begünstigten Miteigentumsanteils nicht rechtfertigen. Für einen gutgläubigen Erwerb ließe sich zwar der Vergleich mit der Rechtslage im Wohnungseigentumsrecht anführen: Erkennt man einen gutgläubigen Erwerb teile (so MünchKomm (-K. Schmidt), BGB VI7, § 747 Rn. 27; offenbar auch Soergel (-Stürner), BGB XIV13, § 892 Rn. 24). Demnach sei ein gutgläubiger konstitutiver Erwerb von Hypotheken, Grundschulden, Reallasten, Nießbrauchsrechten, Vormerkungen und dinglichen Vorkaufsrechten (an allen anderen Anteilen) möglich; stehe das Grundstück in Wirklichkeit im Alleineigentum eines nicht eingetragenen Dritten, findet nach Staudinger (-Picker), BGB (2019), § 892 Rn. 122 wiederum eine quotale Belastung des Alleineigentums statt. Demgegenüber soll ein gutgläubiger Erwerb einer Grunddienstbarkeit, einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit, eines Erbbaurechts oder eines Dauerwohnrechts schlechthin ausscheiden, seien diese Rechte doch ihrer Natur nach nur am ideell ungeteilten Grundstück möglich (Staudinger (-Picker), BGB (2019), § 892 Rn. 122). 252 Kritisch zum hohen Verkehrsschutzniveau im Liegenschaftsrecht Staudinger (-Picker), BGB (2019), § 892 Rn. 9. 253 Staudinger (-Gursky), BGB (2012), § 1010 Rn. 1.
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bezüglich des rechtsgeschäftlich vereinbarten Sondereigentumsinhalts (§ 10 Abs. 3 WEG) bei der Veräußerung von Wohnungseigentum an,254 liegt es nicht völlig fern, bei der Übertragung und Belastung von Bruchteilseigentum Redlichkeitsschutz hinsichtlich eingetragener Miteigentümervereinbarungen i. S. v. § 1010 Abs. 1 BGB zu gewähren.255 Indes liegt der Sinn und Zweck des § 1010 Abs. 1 BGB, wie ge254 Freilich ist auch im Wohnungseigentumsrecht weder einhellig noch höchstrichterlich anerkannt, ob, und bejahendenfalls, in welchen Konstellationen ein gutgläubiger Erwerb von Sondernutzungsrechten in Betracht kommt. Mehrheitlich wird vertreten, dass die positive und negative Grundbuchpublizität in Ansehung von mit einem Sondereigentum (scheinbar) verbundenen Sondernutzungsrechten gelte, so dass sowohl ein „lastenfreier“ Erwerb bei ungerechtfertigter Löschung eines Sondernutzungsrechts bei einem vom Mitgebrauch ausgeschlossenen Sondernutzungsrecht als auch ein gutgläubiger Erwerb eines in Wirklichkeit nicht bestehenden, aber mit prinzipiell zulässigem Inhalt eingetragenen Sondernutzungsrechts gem. § 892 Abs. 1 S. 1 BGB in Betracht komme (näher Bärmann (-Suilmann), WEG14, § 10 Rn. 127–128, § 13 Rn. 109– 110; BeckOK WEG (-M. Müller), Stand: 1.7.2019, § 15 Rn. 289–292). Weil der öffentliche Glaube auch in Ansehung des Inhalts eines zu erwerbenden Grundstücksrechts gelte, komme sowohl ein gutgläubiger Ersterwerb eines Sondernutzungsrechts (z. B. vom teilenden Bauträger) als auch ein gutgläubiger Zweiterwerb bei der Übertragung eines scheinbar mit einem Sondernutzungsrecht verbundenen Sondereigentums grundsätzlich in Betracht (BeckOK WEG (-M. Müller), Stand: 1.7.2019, § 15 Rn. 291–292; obiter auch BGH, Urteil v. 21.10.2016 – V ZR 78/16, ZWE 2017, S. 169 Rn. 19). Äußerst strittig ist, ob ein redlicher Erwerb auch bei der isolierten Übertragung von Sondernutzungsrechten ohne Übergang des „führenden“ Sondereigentums zwischen einzelnen Wohnungseigentümern möglich ist (bejahend Bärmann (-Suilmann), WEG14, § 13 Rn. 109; BeckOK WEG (-M. Müller), Stand: 1.7.2019, § 15 Rn. 292). Im Einzelnen ist allerdings zweifelhaft, unter welchen Voraussetzungen ein Vertrauen auf den Grundbuchinhalt in Bezug von Vereinbarungen, die das Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander betreffen (§§ 5 Abs. 4 S. 1, 10 Abs. 2 S. 2 WEG), schutzwürdig ist. Als problematisch erweisen sich Fallkonstellationen, in denen die Eintragungen in den einzelnen Wohnungsgrundbüchern hinsichtlich (scheinbarer) Benutzungsregelungen voneinander abweichen (vgl. Bärmann (-Suilmann), WEG14, § 13 Rn. 109). Auch die umstrittene Rechtsprechung des BGH, wonach die Übertragung eines Miteigentumsanteils nach § 892 Abs. 1 S. 1 BGB zum vollständigen Erlöschen einer an dem gemeinschaftlichen Grundstück bestehenden nicht im Grundbuch eingetragenen Dienstbarkeit führe (BGH, Beschluss v. 23.7.2015 – V ZB 1/14, NJW-RR 2015, S. 1497), soll nach teilweise vertretener Ansicht für Sondernutzungsrechte entsprechend gelten: Weil diese gleichfalls das Mitgebrauchsrecht aller Wohnungseigentümer aus § 13 Abs. 2 WEG einschränke und nicht bloß „relativ“ gegenüber einzelnen Wohnungseigentümern wirken könne, müsse der Erwerb eines Wohnungseigentums durch einen in Ansehung des nicht eingetragenen Sondernutzungsrechts gutgläubigen Erwerber zum vollständigen Erlöschen des Sondernutzungsrechts führen (BeckOK WEG (-M. Müller), Stand: 1.7.2019, § 15 Rn. 291.2). Indes dürfte im letzteren Fall nichts anderes gelten als bei einem niemals eingetragenen Sondernutzungsrecht: Die schuldrechtliche Gebrauchsregelung zwischen den Wohnungseigentümern besteht vorbehaltlich einer einvernehmlichen Aufhebung fort, nur der (gutgläubige) Erwerber des betreffenden Wohnungseigentums ist an diese nicht gebunden; die damit verbundene „Relativität“ der Wirkungsweise des Sondernutzungsrechts ist einfach Ausdruck ihrer genuin schuldrechtlichen Qualität. 255 Der konstruktionsjuristische Gegensatz der eintragungsgestützten Drittwirksamkeit der jeweiligen Vereinbarungen ist in diesem Kontext unerheblich. Schließlich erstreckt sich die Richtigkeits- und Vollständigkeitsvermutung des Grundbuchs (§ 891 BGB) nicht nur auf den vertraglich bestimmten Inhalt dinglicher Rechte, sondern auch auf die mit dem fraglichen Grundstücksrecht verbundenen Rechte i. S. d. § 96 BGB: Wenn ein im Grundbuch des dienenden Grundstücks eingetragenes subjektiv-dingliches Recht nicht besteht oder in Wirklichkeit als subjektiv-persönliches Recht existiert, kommt bei der Übertragung und Belastung des Eigentums am vermeintlich herrschenden Grundstück ein gutgläubiger Erwerb in Ansehung des fraglichen subjektiv-ding-
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zeigt, nicht darin, nichtigen Verträgen inter partes zur Wirksamkeit zu verhelfen. Mit einer lediglich „relativen“ Wirksamkeit der eingetragenen Organisationsregelung, z. B. einer räumlich-zeitlichen Zuweisung einzelner Wohnungen, Stellplätze oder sonstiger Nutzflächen des gemeinschaftlichen Hausgrundstücks, im Verhältnis zum jeweiligen Inhaber des belasteten Miteigentumsanteils wäre dem Erwerber des scheinbar begünstigten Miteigentumsanteils endlich auch gar nicht gedient. Die praktische Wirksamkeit des gutgläubigen Erwerbs wäre in dieser Konstellation nur dann gewährleistet, wenn die Drittwirksamkeit der fraglichen Miteigentümervereinbarung zumindest zugunsten des Erwerbers dieses Miteigentumsanteils im Verhältnis zu allen anderen Miteigentümern fingiert werden würde. Dies stünde jedoch im Widerspruch zur sachenrechtlichen Verkehrsschutzsystematik. Abgesehen davon, dass die liegenschaftsrechtlichen Gutglaubenstatbestände allenfalls relative Rechte fingieren, um dingliche Rechte zu kreieren (arg. e § 1138 BGB), nicht jedoch mit Sukzessionsschutz ausgestattete Forderungen aus der Taufe heben, ist es aus Gründen der Leichtigkeit und Sicherheit des Rechtsverkehrs nicht geboten, den Erwerb von Bruchteilsmiteigentum mit dem Erwerb obligatorischer Rechte zu flankieren, die aus einer im Grundbuch eingetragenen, in Wirklichkeit nichtigen Organisationsregelung der Miteigentümer bei unterstellter Wirksamkeit folgen würden.256 (6) Ergebnis All dies unterstreicht, dass die als „Belastung“ deklarierte eingetragene Miteigentümerregelung das Bruchteilsmiteigentum in Wirklichkeit ausgestaltet.257 Ein dienstlichen Rechts in Betracht (vgl. RG, Urteil v. 10.5.1922 – V 462/21, RGZ 104, S. 316, 319; Planck (-Strecker), BGB III/15, § 892 Anm. II 1 a; Staudinger (-Picker), BGB (2019), § 892 Rn. 80) Wird nun aber eine Miteigentümervereinbarung in Form eines subjektiv-dingliches Rechts zugunsten des jeweiligen Inhabers eines anderen „herrschenden“ Bruchteilseigentums bestellt, erscheint es prima vista konsequent, bei der Übertragung und Belastung desselben die Richtigkeitsfiktion des Grundbuchs in Ansehung der aus der eingetragenen Miteigentümerregelung fließenden Rechte des begünstigten Teilhabers anzuwenden. 256 Auch das Pendant des gutgläubigen Erwerbs, eine Tabularersitzung eingetragener Miteigentümervereinbarungen nach § 900 Abs. 2 S. 1 BGB, dürfte ausscheiden. Wenn genuine forderungsakzessorische Sachenrechte und Sicherungsmittel (Pfandrechte, Hypotheken, Vormerkungen) auch deshalb nicht qua Ersitzung entstehen, weil Forderungen nicht ersitzungsfähig sind, kann für eingetragene Miteigentümervereinbarungen nichts anderes gelten. Abgesehen davon ist eine eingetragene Miteigentümervereinbarung auch deshalb nicht ersitzungsfähig, weil sie per definitionem kein absolutes Recht zum Besitz, sondern dem jeweils begünstigten Teilhaber allenfalls ein Besitzrecht inter partes verleiht. Das erga omnes wirkende Recht zum Besitz des gemeinschaftlichen Grundstücks folgt einfach aus dem Bruchteilsmiteigentum und wird im Verhältnis zu Dritten auch nicht durch eine lediglich das Binnenverhältnis betreffende Nutzungsbeschränkung ausgeschlossen (arg. e § 1011 BGB). Schließlich ist ein etwaiges Nutzungsrecht aus einer eingetragenen Miteigentümervereinbarung auch nicht parallel zur Ausübung einer Dienstbarkeit (§§ 1029, 1090 Abs. 2 BGB) besitzrechtlich geschützt; der possessorische und petitorische Besitzschutz folgt nur aus dem Besitz am Grundstück, nicht aus einer eingetragenen Gebrauchs- und Verwaltungsabrede i. S. d. § 745 Abs. 2 BGB. 257 So auch Larenz, JherJb 83 [1933], S. 108, 161 in Fn. 1. Was für Miteigentümerregelungen
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barkeitsäquivalentes Recht am ideellen Anteil folgt aus der „eigentümlichen Belastung“, scil. aus der Inhaltsgestaltung des belasteten Miteigentumsanteils, weder zugunsten irgendeines anderen Teilhabers noch gar zugunsten eines außenstehenden Dritten.258 Die Eintragung garantiert lediglich innerhalb der allgemeinen Schranken (§§ 749 Abs. 3, 750, 751 S. 2 BGB, § 84 Abs. 2 InsO) die Drittwirksamkeit der eingetragenen Organisationsregelung, ändert am schuldrechtlichen Charakter derselben aber nichts. Mit Ausnahme der allgemein anerkannten Rangfähigkeit eingetragener Miteigentümervereinbarungen 259 ließe sich die Anwendung aller anderen Bestimmungen des zweiten Abschnitts des dritten Buches260 bei einer Neuinterpretation der „Belastung“ als Inhaltsbestimmung des Miteigentumsanteils stimmig erklären.261 Die Aufgabe der Rangfähigkeit hätte, wie ein Blick auf die Parallelnorm des § 10 Abs. 3 WEG zeigt, aus Sicht der Miteigentümer einen nicht unerheblichen Vorteil. Zwar bedürfte die inhaltliche Änderung des Miteigeni. S. d. § 1010 Abs. 1 BGB ausgeführt ist, gilt mutatis mutandis für eingetragene Ausgleichs- und Erstattungsansprüche gem. § 1010 Abs. 2 BGB: Die Eintragung ist wiederum nur für die Übergangsfähigkeit der Passivlegitimation bei Veräußerung des Anteils des verpflichteten Teilhabers maßgeblich, modifiziert insoweit den Miteigentumsanteil, ohne ein dingliches Recht zu konstituieren, wird doch aus der Forderung nicht jedermann, sondern ausschließlich der jeweilige Anteilsinhaber verpflichtet. 258 Ähnlich Tschon, RNotZ 2006, S. 205, 210. 259 Nachweise in Fn. 211. 260 Dies gilt auch für den gutgläubig-lastenfreien“ Erwerb einer zu Unrecht erfolgten Löschung einer drittwirkenden Miteigentümerregelung. Dass der eintragungsgestützte Sukzessionsschutz einem begünstigten Miteigentümer kraft gutgläubigen Erwerbs durch einen Sonderrechtsnachfolger eines anderen Teilhabers verlustig gehen kann, wenn die zunächst eingetragene Miteigentümervereinbarung zu Unrecht gelöscht wird, ist für die rechtsdogmatische Klassifizierung als Belastung oder inhaltliche Änderung des Miteigentumsanteils belanglos. Der Vergleich mit dem eintragungsgestützten Sukzessionsschutz im Wohnungseigentumsrecht unterstreicht dies. Wird eine eingetragene Gemeinschaftsregelung i. S. v. §§ 10 Abs. 2 S. 2, Abs. 3 WEG zu Unrecht in einem oder allen Wohnungsgrundbüchern (§ 7 Abs. 1 WEG) gelöscht, gilt die zur Fiktion erhobene Richtigkeits- und Vollständigkeitsvermutung des Grundbuchs gleichfalls für den Erwerber eines Sondereigentums (Spielbauer/T hen (-Spielbauer), WEG3, § 10 Rn. 30 m. w. N. aus der Rspr.): Dieser erlangt das Sondereigentum, Redlichkeit einmal unterstellt, mit dem durch das maßgebliche Grundbuch dokumentierten Rechtsinhalt, d. h. frei von einem zugunsten eines anderen Wohnungseigentums vereinbarten und ursprünglich durch Eintragung mit Drittwirksamkeit ausgestatteten Sondernutzungsrecht oder sonstigen seine Rechtsstellung verkürzenden Benutzungsvereinbarungen hinsichtlich des gemeinschaftlichen Grundstücks. Wer die Belastung i. S. v. § 1010 BGB als inhaltliche Änderung des das Verfügungsobjekt bildenden Miteigentumsanteils analysiert, kommt daher zu keinem anderen Ergebnis: Sofern der durch ursprünglich eingetragene Miteigentümervereinbarung oder Regressforderung modifizierte Zuweisungsgehalt des Miteigentums nicht mehr aus dem Grundbuch hervorgeht, gilt zugunsten des redlichen Sonderrechtsnachfolgers des verpflichteten Miteigentümers der aus dem Grundbuch ersichtliche Inhalt des Anteils; an eine nicht dokumentierte Vereinbarung ist er nicht gebunden und zur Berichtigung etwaiger Regressforderungen nicht verpflichtet. 261 In grundbuchverfahrensrechtlicher Hinsicht würde sich nicht viel ändern: Miteigentümervereinbarungen und Regressforderungen wären nicht als Belastungen in der zweiten Abteilung (§ 10 Abs. 1 lit. a) GBV), sondern als inhaltliche Änderungen der Miteigentumsanteile in der zweiten Spalte der ersten Abteilung gem. § 9 Abs. 1 lit. b) GBV einzutragen. Zur Eintragung wäre die Bewilligung des von der Änderung betroffenen Miteigentümers erforderlich, nicht aber die der anderen Miteigentümer (§ 19 GBO).
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tumsanteils – im Gegensatz zur Belastung – der Zustimmung der Inhaber anteilsbelastender Rechte, soweit deren Rechtsstellung durch die Eintragung potentiell berührt wird (§§ 877, 876 S. 1 BGB). Andererseits wäre die Gefahr eines Rechtsverlusts durch Zwangsversteigerung in das nicht bloß belastete, sondern inhaltlich modifizierte Bruchteilseigentum gebannt.262 Überdies sind die eingetragenen Vereinbarungen von Wohnungseigentümern angesichts des in § 11 WEG normierten Prinzips der Unauflöslichkeit der Gemeinschaft mit weitaus höherem Bestandsschutz ausgestattet als eingetragene Miteigentümerregelungen. Dass den Verfassern des BGB die konstruktionsjuristische Alternative einer inhaltlichen Änderung des Bruchteilseigentums zur Belastung desselben offenbar gar nicht in den Sinn kam,263 lässt sich auf die axiomatisch vorgegebene Änderungsfestigkeit von Eigentum zurückführen. Indes steht die Anerkennung inhaltsgestaltender Vereinbarungen zwischen Miteigentümern nicht im Widerspruch zum tradierten Eigentumsbegriff. Die vermeintliche „Totalität der Befugnisse“ bleibt der Gesamtheit der Miteigentümer im Außenverhältnis natürlich auch dann erhalten, wenn sie mit dinglicher Wirkung Vereinbarungen über das Binnenverhältnis treffen. Die das Eigentum schlechthin konstituierende Restrechtszuständigkeit bleibt sowohl in Ansehung der gemeinschaftlich zugeordneten Sache als auch in Ansehung der individuellen Anteile unberührt. b) Im Grundbuch eingetragene Sondernutzungsrechte Im Gegensatz zu § 1010 Abs. 1 BGB entfalten die das Verhältnis der Wohnungseigentümer regelnden Vereinbarungen nur dann Wirkung zulasten der Sonderrechtsnachfolger der Wohnungseigentümer, wenn die Vereinbarungen im Grundbuch als Inhalt des Sondereigentums eingetragen sind. Nach h. A. ist die Formulierung des § 10 Abs. 3 WEG verbaliter zu verstehen. Mittels Eintragung im Grundbuch wird die schuldrechtliche Vereinbarung selbst zu einem „Stück“ Sondereigentum transformiert; sie ist nicht Belastung, sondern inhaltliche Modifika262 Die unechten Belastungen i. S. v. § 1010 BGB stehen, wie angerissen, in einem Rangverhältnis mit echten Belastungen von Miteigentumsanteilen, namentlich Nießbrauchsrechten (§ 1066 BGB), dinglichen Vorkaufsrechten (§ 1095 BGB), Reallasten (§ 1106 BGB) Hypotheken (§ 1114 BGB) sowie Grund- und Rentenschulden (§§ 1192 Abs. 1, 1114 BGB). Wird z. B. aus einer Grundschuld an einem Miteigentumsanteil die Zwangsversteigerung des Anteils betrieben, muss sich der Ersteher die eingetragenen Miteigentümervereinbarungen/Regressforderungen nur entgegenhalten lassen, wenn diese in das geringste Gebot fallen; anderenfalls erlöschen sie durch Zuschlag (§§ 91 Abs. 1, 52 Abs. 1 S. 2 ZVG). Die Anforderungen an die „Verdinglichung“ sind mithin bei der Belastungskonzeption geringer als bei einer Inhaltsbestimmung i. S. d. § 10 Abs. 3 WEG und demgemäß auch mit geringerem Bestandsschutz ausgestattet. Allein die Inhaltsänderung garantiert die gewünschte Sicherung der gemeinschaftlichen Belange im Verhältnis zu allen Sonderrechtsnachfolgern der Miteigentümer, während die Eintragung von Miteigentümervereinbarungen und Regressforderungen nach § 1010 BGB bei bestehenden Rechten Dritter an den zu belastenden Anteilen vorbehaltlich eines Rangrücktritts nur zu einer „relativen“ Verdinglichung führt. 263 Siehe die Ausführungen zur Konstruktion der Verdinglichung des Teilungsausschlusses in Mot. III, S. 461–462.
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tion aller Sondereigentumsrechte (§ 877, 873 Abs. 1 BGB).264 Im Besonderen gilt dies für Sondernutzungsrechte (arg. e § 5 Abs. 4 S. 2 WEG), die sich von sonstigen Gebrauchsregelungen nur darin unterscheiden, dass sie das Mitgebrauchsrecht aller anderen Miteigentümer an einem Teil des gemeinschaftlichen Grundstücks zugunsten des alleinzuständigen Wohnungseigentümers ausschließen.265 Auf den 264 Bärmann (-Suilmann), WEG14, § 10 Rn. 118–119; BeckOK WEG (-Müller), Stand: 1.5.2019, § 10 Rn. 162. Demgemäß sind Zustimmungserfordernisse wegen mittelbarer Rechtsbeeinträchtigung (§§ 877, 876 BGB) zu beachten; relevant ist dies vor allem bei Belastung der mit Sondereigentum verbundenen Miteigentumsanteile mit Grundpfandrechten (§ 5 Abs. 4 S. 2 WEG); siehe hierzu § 3 II. 3. c). Nur klarstellend sei erwähnt, dass das Wohnungs- und Teileigentum selbst echtes Eigentum und nicht etwa ein beschränktes dingliches Recht ist; die Besonderheit desselben liegt nur darin, dass mit dem Eigentum an der Wohnung oder sonstigen Raumeinheit (unzertrennlich) mit dem Bruchteilseigentum am gemeinschaftlichen Grundstück aller Wohnungs- oder Teileigentümer verbunden ist (siehe nur BGH, Beschluss v. 17.1.1968 – V ZB 9/67, BGHZ 49, S. 250, 252; NomosKomm (-Heinemann), BGB III4, § 1 WEG Rn. 1). 265 Aus der umfangreichen Literatur zum Sondernutzungsrecht sieh etwa Francastel, RNotZ 2015, S. 385–411; Ott, NZM 2017, S. 1–7; Stöhr, RNotZ 2016, S. 137–160. Eine Legaldefinition des in § 5 Abs. 4 S. 2, 3 WEG inzident anerkannten Sondernutzungsrechts enthält das WEG nicht. Nach allg. Ansicht ist ein Sondernutzungsrecht das Recht eines einzelnen oder mehrerer Wohnungseigentümer, Teile des gemeinschaftlichen Grundstücks unter Ausschluss der anderen Miteigentümer zu gebrauchen; es ist mithin durch eine durch eine das Mitgebrauchsrecht der übrigen Wohnungseigentümer aus § 13 Abs. 2 S. 1 WEG ausschließende Komponente sowie durch eine zuweisende Komponente in Form des alleinigen Nutzungsrechts des begünstigten Wohnungseigentümers charakterisiert (statt vieler Bärmann (-Suilmann), WEG13, § 13 Rn. 73; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht15, Rn. 2910). Zu den typischen Erscheinungsformen zählen alleinige Nutzungsrechte an Gartenflächen, Kellerräumen und Kfz-Stellplätzen; Befugnisse zur baulichen Veränderung gem. § 22 Abs. 1 WEG (z. B. Errichtung von Carports, Gartenhäusern und Zäunen auf der Grundstücksfläche sowie Anbauten, Einbauten und Umbauten am Gebäude, z. B. Markisen, Fenster, Dachgeschossausbau) werden in der Praxis häufig mit Sondernutzungsrechten kombiniert bzw. in diese integriert. Aufgrund der das Mitgebrauchsrecht ausschließenden Komponente wird in der Lehre vielfach eine Vereinbarung aller Wohnungseigentümer (sowie die Zustimmung der an den Sondereigentumsrechten berechtigten Inhaber beschränkter dinglicher Rechte); die Begründung von Sondernutzungsrechten erfolgt deshalb regelmäßig bereits bei der Begründung von Wohnungseigentum durch Vertrag bzw. Teilungserklärung (Ott, NZM 2017, S. 1). Diese schuldrechtliche Gebrauchsregelung i. S. v. § 15 Abs. 1 WEG bewirkt nach h. A. durch entsprechende Einigung und Eintragung im Grundbuch gem. §§ 877, 873 Abs. 1 BGB eine Inhaltsänderung aller Wohnungseigentumsrechte, wobei die Inhaltsänderung darin gesehen wird, dass das Sondernutzungsrecht Wirkung gegenüber den Sonderrechtsnachfolgern der Wohnungseigentümer gem. § 10 Abs. 3 WEG entfalte (BGH, Beschluss v. 13.9.2000 – V ZB 14/00, NJW 2000, S. 3643, 3645; Ott, NZM 2017, S. 1, 2 m. w. N. auch zur Gegenansicht). Nach umstrittener Rechtsprechung des BGH erfolgt die Aufhebung von Sondernutzungsrechten, präziser die Aufhebung des eintragungsgestützten Sukzessionsschutzes gem. § 10 Abs. 3 WEG, als erneute Inhaltsänderung aller Wohnungseigentumsrechte materiellrechtlich durch einseitige Erklärung des sondernutzungsberechtigten Wohnungseigentümers und Eintragung im Grundbuch; hierfür sei nur die Bewilligung des sondernutzungsberechtigten Wohnungseigentümers nach § 19 GBO erforderlich (BGH, Beschluss v. 13.9.2000 – V ZB 14/00, NJW 2000, S. 3643; Palandt (-Wicke), BGB78 , § 13 WEG Rn. 11; zu Recht kritisch Ott, NZM 2017, S. 1, 6). Denn durch die Aufhebung der „dinglichen Wirkung“ des Sondernutzungsrechts werde die sachenrechtliche Rechtsstellung der übrigen Wohnungseigentümer nicht verschlechtert, während die schuldrechtliche Gebrauchsregelung ohnehin nur einvernehmlich aufgehoben werden könne. Dem lässt sich freilich entgegenhalten, dass je nach inhaltlicher Ausgestaltung durchaus auch die „Aufhebung“ des eintragungsgestützten Sukzessionsschutzes die Eigentümerstellung der anderen Wohnungseigentü-
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ersten Blick stehen „verdinglichte“ Sondernutzungsrechte den echten Rechten an Grundstücken in einzelnen Beziehungen sogar näher als die als Belastungen bezeichneten Miteigentümervereinbarungen i. S. d. § 1010 Abs. 1 BGB. Dies zeigt sich erstens im Primat der Unauflöslichkeit der Gemeinschaft (§ 11 WEG). Dieses garantiert den eingetragenen Vereinbarungen der Wohnungseigentümer im Vergleich zu Miteigentümerregelungen deutlich erhöhten Bestandsschutz. Zweitens ist das Sondernutzungsrecht als selbstständiges Verfügungsobjekt anerkannt: Wenngleich es als Inhalt des Sondereigentums von den Verfügungen über das „Stammrecht“ – das Sondereigentum – fraglos stets erfasst wird,266 kann es ohne Übermer zu beeinträchtigen vermag (z. B. Wegfall der Entgegensetzbarkeit von Instandhaltungspflichten gegenüber Einzelrechtsnachfolgern des sondernutzungsberechtigten Wohnungseigentümers). Überdies wird man die „Aufhebung“ der dinglichen Wirkung auf dem Boden der h. A. gleichfalls als inhaltliche Änderung aller Wohnungseigentumsrechte – nämlich als inhaltliche Änderung der inhaltlichen Änderung – einordnen müssen, die wie die sondernutzungsrechtsbegründende Inhaltsänderung einer Einigung aller Miteigentümer gem. §§ 877, 873 Abs. 1 BGB bedarf. Eine hiervon scharf zu unterscheidende und im Einzelnen höchst umstrittene Frage ist, ob die Begründung, inhaltliche Änderung oder Aufhebung von Sondernutzungsrechten gem. §§ 877, 876 BGB der Zustimmung der Inhaber beschränkter dinglicher Rechte bedarf (grundlegend hierzu BGH, Beschluss v. 14.6.1984 – V ZB 32/82, NJW 1984, S. 2409, 2410 m. w. N.). § 5 Abs. 4 S. 2, 3 WEG setzt die materiellrechtlich erforderliche Zustimmung der Inhaber von belastetem Wohnungseigentum nach anderen Rechtsvorschriften, scil. gem. §§ 877, 876 BGB, voraus, und regelt daran anknüpfend nur, welche sondernutzungsrechtsrelevanten Verfügungen zustimmungsfrei sind (BeckOK WEG (-Gerono), Stand: 1.8.2019, § 5 Rn. 70; Palandt (-Wicke), BGB78 , § 5 WEG Rn. 12). Hiernach ist die Zustimmung von Hypotheken, Grund- und Rentenschuldgläubigern sowie Reallastgläubigern zur Aufhebung, Änderung und Übertragung von mit dem belasteten Sondereigentum verbundenen Sondernutzungsrechten generell erforderlich, wohingegen die Begründung eines Sondernutzungsrechts zugunsten eines nichtbelasteten Sondereigentums nicht zustimmungsbedürftig ist, wenn das belastete Sondereigentum gleichfalls mit einem Sondernutzungsrecht verbunden wird. § 5 Abs. 4 S. 3 WEG ist dabei eng auszulegen und nicht auf die einheitliche Aufhebung und Neuverteilung von Sondernutzungsrechten übertragbar (OLG Köln, Beschluss v. 7.2.2018 – 2 Wx 5/18; 2 Wx 10 29/18, FGPrax 2018, S. 62, 63). Die Zustimmungsbedürftigkeit der Begründung von Sondernutzungsrechten zugunsten nicht belasteter Wohnungseigentumsrechte gem. §§ 877, 876 BGB ist nur dann nicht erforderlich, wenn mit dem grundpfandrechtsbelasteten Sondereigentum ein dem zu begründenden Sondernutzungsrecht gleichartiges, wenn auch nicht gleichwertiges Sondernutzungsrecht vereinbart wird (OLG München, Beschluss v. 1.2.2013 – 34 Wx 453/12, NZM 2014, S. 479: einheitliche Begründung von Kellernutzungsrechten zugunsten des belasteten und des unbelasteten Sondereigentums; Bärmann (-Armbrüster), WEG13, § 5 Rn. 148; Palandt (-Wicke), BGB78 , § 5 WEG Rn. 12). Aus § 5 Abs. 4 S. 2 WEG ist e contrario zu schließen, dass die nach anderen Rechtsvorschriften erforderlichen Zustimmungen anderer beschränkt berechtigter Dritter unberührt bleiben (Bärmann (-Armbrüster), WEG13, § 5 Rn. 143; BeckOK WEG (-Gerono), Stand: 1.8.2019, § 5 Rn. 71). Unter Wertungsgesichtspunkten ist allerdings der vormerkungsgesicherte Gläubiger eines Anspruchs auf Einräumung, Belastung oder Übertragung einer Hypothek, Grund- oder Rentenschuld oder Reallast dem dinglichen Rechtsinhaber gleichzustellen, so dass insoweit auch die Zustimmungsbedürftigkeit der Begründung von Sondernutzungsrechten nach § 5 Abs. 4 S. 3 WEG nicht der Zustimmung des Vormerkungsgläubigers bedarf (Bärmann (-Armbrüster), WEG13, § 5 Rn. 144; BeckOK WEG (-Gerono), Stand: 1.8.2019, § 5 Rn. 73). 266 Vgl. Bärmann (-Suilmann), WEG13, § 13 Rn. 125; Palandt (-Wicke), BGB78 , § 13 WEG Rn. 12–13. Dies gilt sowohl bei der Übertragung als auch bei der Belastung des Sondereigentums. Die auf einem mit einem Sondernutzungsrecht verbundenen Wohnungseigentum lastenden Grundpfandrechte erstrecken sich stets auf das Sondernutzungsrecht, weil die Verwertung
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tragung des Sondereigentums von einem Wohnungseigentümer auf einen anderen Wohnungseigentümer ohne Mitwirkung der übrigen Miteigentümer gem. §§ 413, 398 BGB resp. §§ 877, 873 Abs. 1 BGB übertragen werden.267 Wegen der sondereigentumsinhaltsgestaltenden Wirkung lässt sich drittens ein gutgläubiger Erwerb des Sondernutzungsrechts sowohl bei der erstmaligen Begründung als auch bei der unselbstständigen Übertragung des Stammrechts sowie bei der isolierten Veräußerung des eingetragenen Sondernutzungsrechts argumentativ leichter begründen als ein gutgläubiger konstitutiver Erwerb einer eingetragenen Miteigentümervereinbarung i. S. d. § 1010 Abs. 1 BGB.268 All dies verleiht dem eingetragenen Sondernutzungsrecht freilich weder den Status eines dinglichen Rechts noch gar die Qualität eines grundstücksgleichen des Wohnungseigentums im Wege der Zwangsvollstreckung das Sondernutzungsrecht erfasst (Palandt (-Wicke), BGB78 , § 13 WEG Rn. 13a), dieses also für die Verwertungsaussichten dinglich gesicherter Gläubiger nicht weniger relevant ist als ein genuin subjektiv-dingliches Recht i. S. v. § 96 BGB. Desgleichen kann sich die Nutzungsbefugnis eines Dienstbarkeitsberechtigten je nach Ausgestaltung der Dienstbarkeit auf das Sondernutzungsrecht erstrecken; insbesondere dingliche Wohnungsrechte sowie Nießbrauchsrechte dürften stets auch zur Ausübung des Sondernutzungsrechts berechtigen (vgl. BeckOK BGB (-Hügel), Stand: 1.5.2019, § 13 WEG Rn. 21; Schöner/ Stöber, Grundbuchrecht15, Rn. 2952). Ein nicht kraft Eintragung verdinglichtes Sondernutzungsrecht geht nach h. A. ohne gesonderte Abtretung bzw. Vertragsübernahme bei der Übertragung des Sondereigentums auf den Erwerber gem. § 746 BGB über; demgegenüber ist das schuldrechtliche Sondernutzungsrecht einem Rechtsnachfolger eines anderen Wohnungseigentümers vorbehaltlich § 10 Abs. 3 WEG nur bei vertraglicher Schuldübernahme gem. §§ 414 f. BGB entgegensetzbar. 267 Bärmann (-Suilmann), WEG14, § 13 Rn. 103, 105; BeckOK WEG (-M. Müller), Stand: 1.7.2019, § 15 Rn. 317–319. Ein nicht eingetragenes, schuldrechtliches Sondernutzungsrecht kann ohne weiteres formlos gem. §§ 413, 398 BGB von einem Wohnungseigentümer auf einen anderen Wohnungseigentümer übertragen werden; einem außenstehenden Dritten kann demgegenüber allenfalls eine schuldrechtlich Ausübungsermächtigung erteilt werden, ein translativer Übergang des Sondernutzungsrechts scheidet aus. Aufgrund der sondereigentumsgestaltenden Wirkung des eingetragenen Sondernutzungsrechts ist die isolierte Abtretung desselben von einem Wohnungseigentümer auf einen anderen Wohnungseigentümer eine inhaltliche Änderung der jeweiligen Sondereigentumsrechte; erforderlich sind mithin Einigung und Eintragung im Grundbuch gem. §§ 877, 873 Abs. 1 BGB. Erforderlich ist gem. §§ 876, 877 BGB die Zustimmung der Inhaber beschränkter dinglicher Rechte an dem das Sondernutzungsrecht verlierenden Wohnungseigentum, was § 5 Abs. 4 S. 2 WEG in Bezug auf Hypotheken, Grund- und Rentenschulden und Reallasten bestätigt. Denn die „isolierte Übertragung“ ist bei exakter Betrachtungsweise eine inhaltliche Änderung des „verlierenden“ und des „erwerbenden“ Sondereigentums und dieser Rechtsverlust ist für die Inhaber der auf dem verlierenden Sondereigentum lastenden Rechte relevant, wenn die Belastung das Wohnungseigentum sich auf das Sondernutzungsrecht erstreckt, was für Erwerbs- und Verwertungsrechten generell und für Nutzungsrechte am Wohnungseigentum dann zu bejahen ist, wenn sich diese zur Ausübung des Sondernutzungsrechts berechtigten. Richtigerweise ist die Zustimmung der Inhaber beschränkter dinglicher Rechte an dem „erwerbenden“ Wohnungseigentum gem. §§ 877, 876 BGB demgegenüber selbst dann nicht vonnöten, wenn mit dem Sondernutzungsrecht Pflichten zur Kosten- und Lastentragung verbunden sind; denn der Inhaber des beschränkten dinglichen Rechts wird mangels Rechtsinhaberschaft am Wohnungseigentum hierdurch nicht in sachenrechtlich relevanter Hinsicht benachteiligt (so auch Bärmann (-Suilmann), WEG13, § 13 Rn. 124; a. A. BeckOK WEG (-M. Müller), Stand: 1.7.2019, § 15 Rn. 319). 268 Siehe bereits Fn. 254.
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Rechts.269 Auch dieses ist im Kern ein das Binnenverhältnis der Wohnungseigentümer ausgestaltendes obligatorisches Gebrauchsrecht, das freilich ausweislich § 10 Abs. 3 WEG den „Inhalt“ des Sondereigentums modifiziert und konsequenterweise auf das Außenverhältnis zu Dritten durchschlägt.270 Zu unterscheiden ist also zwischen dem schuldrechtlichen Anspruch aus der Benutzungsregelung und dem durch diese eingetragene Vereinbarung „aufgeladenen“ Sondereigentum des berechtigten Wohnungseigentümers. Eine eigenständige dingliche Existenz kommt Sondernutzungsrechten ungeachtet der anerkannten isolierten Übertragbarkeit innerhalb der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer nicht zu. Darüber hinaus unterscheidet sich Sondernutzungsrechte z. B. von einer Dienstbarkeit nicht nur darin, dass sie gemeinschaftsintern übertragen werden können, sondern u. a. auch darin, dass sie ganz andere inhaltliche Gestaltungsspielräume eröffnen. Während eine Benutzungsdienstbarkeit nach allg. Ansicht nicht auf die Ausübung einer mit dem dienenden Grundstück verbundenen Grunddienstbarkeit oder eines anderen Rechtsbestandteils i. S. d. § 96 BGB beschränkt werden kann, 271 liegt es bei einem Sondernutzungsrecht anders. Der Grund dafür, dass sich ein Sondernutzungsrecht auf die Ausübung einer mit dem gemeinschaftlichen Grundstück verbundenen Grunddienstbarkeit an einem anderen Grundstück (ggf. auch an einem Sondereigentum oder einem grundstücksgleichen Recht) beschränken lässt,272 liegt nicht darin, dass im Schuldrecht generell höhere Gestaltungsfreiheit herrscht als im Sachenrecht. Ausschlaggebend ist, dass das Sondernutzungsrecht als unzertrennlich mit einem Miteigentumsanteil am gemeinschaftlichen Grundstück verbundener Bestandteil des Sondereigentums prinzipiell kein „isoliertes“ Gebrauchsrecht an einer mit dem gemeinschaftlichen Grundstück verbundenen Dienstbarkeit begründet. Als Bruchteilseigentümer steht dem sondernutzungs269 So auch die h. A. (BGH, Beschluss v. 13.9.2000 – V ZB 14/00, NJW 2000, S. 3643, 3645; Bärmann (-Suilmann), WEG13, § 13 Rn. 74). 270 Dies gilt nicht nur bei sämtlichen Verfügungsvorgängen und Vollstreckungshandlungen, die sich stets auf das Sondereigentum mitsamt dem integrierten Sondernutzungsrecht erstrecken bzw. nur das um die ausgeschlossene Mitgebrauchsbefugnis verminderte Sondereigentum eines ausgeschlossenen Wohnungseigentümers erfassen. Auch beim Störungsschutz ist die inhaltsbestimmende Wirkung des Sondernutzungsrechts zu beachten: Wird etwa eine von einem Sondernutzungsrecht umfasste Teilfläche des gemeinschaftlichen Grundstücks von einem Nichtberechtigten okkupiert (z. B. ein Stellplatz von einem Falschparker besetzt), ist der sondernutzungsberechtigte Wohnungseigentümer – sofern man annimmt, dass das Sondernutzungsrecht mit dinglicher Wirkung die übrigen Miteigentümer vom Mitgebrauch ausschließt – berechtigt, wegen des Eingriffs in sein Sondereigentum (und nicht etwa wegen des Eingriffs in das Eigentum am gemeinschaftlichen Grundstück) an sich selbst Herausgabe der okkupierten Teilfläche gem. § 985 BGB zu verlangen; die Beschränkung gem. § 1011 BGB ist hier hinsichtlich des Herausgabeanspruchs nicht einschlägig, soweit es um die okkupierte Teilfläche geht. Freilich ist im vorgenannten Beispiel ein Anspruch aus § 985 BGB praktisch gar nicht relevant, weil hier ohnehin tatbestandlich (auch) eine Besitz- bzw. Eigentumsbeeinträchtigung i. S. v. §§ 862 Abs. 1, 1004 Abs. 1 S. 1 BGB vorliegt. 271 OLG Hamm, Beschluss v. 12.2.2008 – 15 W 360/07, NJW-RR 2008, S. 1609; näher § 8 II. 1. 272 OLG Köln, Beschluss v. 13.3.2006 – 16 Wx 20/06, BeckRS 2006, 05621; Bärmann (-Suilmann), WEG14, § 13 Rn. 76; Francastel, RNotZ 2015, S. 385, 387.
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berechtigten Wohnungseigentümer ohnehin der (Mit-)Gebrauch des gemeinschaftlichen Grundstücks einschließlich der Ausübung subjektiv-dinglicher Rechte zu; mit dinglicher Wirkung exkludiert wird nur die Mitgebrauchsbefugnis der übrigen Wohnungseigentümer hinsichtlich der betreffenden Dienstbarkeit (§ 13 Abs. 2 S. 1 WEG).273 Anders als eine Dienstbarkeit kann schließlich ein Sondernutzungsrecht auch nur als Inhalt des Sondereigentums in Bezug auf den Gebrauch des gemeinschaftlichen Grundstücks begründet werden; ein Sondernutzungsrecht am Sondereigentum (einschließlich eines mit diesem verbundenen anderen Sondernutzungsrechts) gibt es nicht. Selbstredend ist das Sondernutzungsrecht als Eigentumsinhalt auch nicht selbstständig belastbar; es wird von allen Belastungen des Sondereigentums kraft Gesetzes erfasst, ohne dass insoweit nach Art oder Erscheinungsform des zu konstituierenden Rechts zu unterscheiden ist. Und auch hier zeigt sich ein wesentlicher Unterschied zu einer Grunddienstbarkeit: Während Rechte am herrschenden Grundstück nicht auf die Ausübung einer Grunddienstbarkeit inhaltlich beschränkt werden können, spricht m. E. nichts dagegen, eine ein Sondereigentum belastende Dienstbarkeit auf die Ausübung eines hiermit verbundenen eingetragenen Sondernutzungsrechts zu beschränken.274 273 Würde dagegen eine inhaltlich auf Ausübung einer Grunddienstbarkeit limitierte Dienstbarkeit anerkannt werden, wäre die Integrität des Rechtstyps der Grunddienstbarkeit verletzt (näher § 8 II. 1.). Diese diente entgegen der gesetzlichen Vorgabe nicht ausschließlich dem Vorteil des herrschenden Grundstücks (§ 1019 BGB); im Ergebnis würde qua Belastung des herrschenden Grundstücks ohne gesetzliche Grundlage eine rangwahrende Umwandlung von Grunddienstbarkeiten in beschränkte persönliche Dienstbarkeiten stattfinden. Aus §§ 1186, 1198, 1203 BGB lässt sich e contrario folgern, dass eine rangwahrende Umwandlung von Grunddienstbarkeiten in beschränkte persönliche Dienstbarkeiten (und umgekehrt) nicht in Betracht kommt; es bedarf mithin der Aufhebung und Neubestellung. 274 Die Frage ist allerdings außerordentlich umstritten. Der BGH hat die Frage bislang offengelassen, in der obergerichtlichen Rechtsprechung und in der Literatur wird dies überwiegend verneint (BayObLG, Beschluss v. 30.11.1989 – BReg. 2 Z 82/89, DNotZ 1990, S. 496 m. Anm. Amann; BayObLG, Beschluss v. 30. 4. 1997 – 2Z BR 5/97, DNotZ 1998, S. 125; OLG Zweibrücken, Beschluss v. 22.12.1998 – 3 W 232–98, NJW-RR 1999, S. 1308; OLG Schleswig, Beschluss v. 3.8.2011 – 2 W 2/11, ZWE 2012, S. 42; Palandt (-Wicke), BGB78 , § 6 WEG Rn. 9; a. A. Ott, DNotZ 1998, S. 125, 130–132; Bärmann (-Suilmann), WEG13, § 13 Rn. 76). Für die h. A. lässt sich anführen, dass hierdurch die dem Sondereigentum zugeschriebene ausschließliche Nutzungsbefugnis hinsichtlich eines Teils des gemeinschaftlichen Grundstücks aus der Gemeinschaft ausgesondert werden würde. Zwar würde das Sondereigentum bei formaljuristischer Betrachtung als Bezugspunkt der Dienstbarkeit eingesetzt werden – die isolierte Belastung nur des Sondernutzungsrechts ist unstreitig unzulässig. In der Sache wäre die Beschränkung der Ausübung auf ein Sondernutzungsrecht aber ein Funktionssubstitut der nicht anerkannten isolierten Übertragung von Sondernutzungsrechten an außenstehende Dritte (Amann DNotZ 1990, S. 498, 502 erachtet deshalb die Bestellung einer Benutzungsdienstbarkeit zugunsten außenstehender Dritte jedenfalls für unzulässig; dagegen Ott, DNotZ 1998, S. 125, 132). Zu replizieren ist, dass sich ein Wohnungseigentümer durch die Bestellung einer auf die Ausübung von Sondernutzungsrechten beschränkten Dienstbarkeit zugunsten einer gemeinschaftsfremden Person nicht seiner in Ansehung des Sondernutzungsrechts übernommenen Pflichten entledigt. Die Belastung ist keine Sondernutzungsrechtsübertragung; der Wohnungseigentümer beschränkt lediglich seine Nutzungsbefugnis gegenüber dem Dienstbarkeitsberechtigten, bleibt aber gegenüber den anderen Miteigentümern nach Maßgabe der §§ 14, 16 WEG verpflichtet (Ott, DNotZ 1998, S. 125, 132). Zudem kommt es nach der Rechtsprechung des BGH nur darauf an, dass sich die Dienstbar-
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c) Die Vormerkung Auch die vom Gesetz nicht als Belastung eines „Grundstücks“ konzipierte Vormerkung steht einem genuinen Recht am Grundstück deutlich näher als die das Gemeinschaftsverhältnis ausgestaltenden Miteigentümervereinbarungen i. S. d. § 1010 Abs. 1 BGB. Ausschlaggebend ist wiederum nicht die vom Gesetz gewählte formale Konstruktion, sondern die Wirkungsweise dieses „Sicherungsmittels sui generis“.275 Mit Rücksicht auf die im Wege richterlicher Rechtsfortbildung etablierte Angleichung an genuine Grundstücksrechte276 bildet die Vormerkung im Verbund mit dem gesicherten Rechtsänderungsanspruch ein dingliches Erwerbsrecht.277 keit im Rahmen der ausschließlichen Herrschaftsmacht des Sondereigentümers hält und nicht in das gemeinschaftliche Eigentum aller Miteigentümer eingreift. Dies setzt nicht voraus, dass sich der räumliche Ausübungsbereich der das Wohnungseigentum belastenden Dienstbarkeit auf die dem Sondereigentum zugehörigen Räume beschränkt (vgl. BGH, Urteil v. 19.5.1989 – V ZR 182/87, NJW 1989, S. 2391: Eine Fensterschließpflicht könne als Inhalt einer Grunddienstbarkeit an einem Wohnungseigentum zugunsten eines anderen Sondereigentums bestellt werden, obschon die Fenster Teil des gemeinschaftlichen Eigentums seien). Eine ausschließliche Nutzungsbefugnis steht dem Wohnungseigentümer auch kraft eines Sondernutzungsrechts zu. Ein Eingriff in das gemeinschaftliche Eigentum der anderen Miteigentümer liegt daher nicht vor, soweit sich die am Sondereigentum bestellte Dienstbarkeit auf das Sondernutzungsrecht des Verfügenden beschränkt; gegen die Beschränkung der Ausübung einer Dienstbarkeit auf ein mit dem belasteten Sondereigentum verbundenes Sondernutzungsrecht dürfte daher nichts einzuwenden ein (so auch Ott, DNotZ 1998, S. 125, 130–132; Bärmann (-Suilmann), WEG13, § 13 Rn. 76). 275 BGH, Urteil v. 10.12.1971 – V ZR 90/69, BGHZ 57, S. 341, 342–343; Baur/Stürner, Sachenrecht18 , § 20 Rn. 10, 61; Canaris, FS Flume I, S. 371, 383; MünchKomm (-Kohler), BGB VII7, § 883 Rn. 5–6; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht15, Rn. 1479; Soergel (-Stürner), BGB XIV13, § 883 Rn. 2; Staudinger (-Gursky), BGB (2013), § 883 Rn. 328. 276 Siehe nur MünchKomm (-Kohler), BGB VII7, § 883 Rn. 7; Schulze et al. (-Staudinger), BGB10, § 883 Rn. 2; vertiefend Rieländer, Sachenrechtliche Erwerbsrechte, S. 115–129. 277 Eingehend Rieländer, Sachenrechtliche Erwerbsrechte, S. 129–136. Für den sachenrechtlichen Charakter der Vormerkung spricht zwar weder die systematische Stellung der Vorschriften über die Vormerkung im zweiten Abschnitt des dritten Buches („Allgemeine Vorschriften über Rechte an Grundstücken“) noch der Umstand, dass die Vormerkung gem. § 883 Abs. 1 S. 1 BGB eintragungsbedürftig ist. Dies gilt auch für den Widerspruch (§ 899 BGB), ohne dass irgendjemand auf die Idee kommt, diesen einem dinglichen Recht qua Rechtsfortbildung anzunähern. Andererseits ist der Einwand, dass die Vormerkung „keine Sachherrschaft“ vermittele (so aber Assmann, Die Vormerkung, S. 291), unbehelflich. Sieht man einmal davon ab, dass es bei dieser Betrachtungsweise ausschließlich besitzgestützte Sachenrechte gäbe, ist die behauptete Diskrepanz zwischen echten dinglichen Rechten und vormerkungsgesicherten Rechtsänderungsansprüchen längst im Wege richterrechtlicher Rechtsfortbildung eingeebnet worden. Der teilweise als „dinglicher“ Anspruch eingeordnete Zustimmungsanspruch aus § 888 Abs. 1 BGB (z. B. Canaris, FS Flume I, S. 371, 390 in Fn. 84) ist (zumindest im Verhältnis zu vormerkungswidrigen Dritterwerbern) durch Ansprüche wegen tatsächlicher Einwirkungen auf das vormerkungsbefangene Grundstück des durch Eigentumsvormerkung gesicherten Gläubigers gem. §§ 823 Abs. 1, 987 ff., 1004 Abs. 1 BGB deliktsrechtlich und quasinegatorisch unterlegt worden (vgl. BGH, Urteil v. 19.5.2000 – V ZR 453/99, BGHZ 144, S. 323, 327; Soergel (-Stürner), BGB XIV13, § 883 Rn. 2, 888 Rn. 4). Die Vormerkung kann nicht anders als ein Recht an einem Grundstück oder ein Recht an einem solchen Recht nach allg. Ansicht in entsprechender Anwendung der §§ 893 Var. 2, 892 BGB vom Nichtberechtigten erworben werden (BGH, Beschluss v. 21.6.1957 – V ZB 6/57, BGHZ 25, S. 16, 23; Canaris, FS Flume I, S. 371, 388–389; Soergel (-Stürner), BGB XIV13, § 893
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d) Zwischenergebnis Soll das Binnenverhältnis einer Mehrheit von Rechtsinhabern mit Wirkung für und gegen die (Einzel-)Rechtsnachfolger der Parteien unter Beachtung der gesetzlichen Grenzen privatautonom ausgestaltet werden, bieten sich sowohl „unechte“ als auch „echte“ Belastungen der einzelnen Bruchteile an. Von einer (echten) inhaltlichen Änderung unterscheiden sich unechte Belastungen rechtskonstruktiv durch ihre Rangfähigkeit. In materieller Hinsicht ist die unechte Belastung aber nichts anderes als eine rechtsmodifizierende Ausgestaltung des bestehenden Rechtsverhältnisses. Mittels echter Belastung wird hingegen einem Teilhaber entweder an dem „gemeinschaftlichen Gegenstand“ oder an einem Anteil ein Recht eingeräumt, das in gleicher Weise einem beliebigen Dritten eingeräumt werden könnte.278 DerjeRn. 7), zumal nach umstrittener höchstrichterlicher Rechtsprechung ungeachtet der akzessorischen Natur auch ein gutgläubiger Zweiterwerb der Vormerkung möglich sein soll (vgl. BGH, Beschluss v. 21.6.1957 – V ZB 6/57, BGHZ 25, S. 16, 23–24; vertiefend Medicus, AcP 163 (164), S. 1, 8 ff.). Abgesehen davon, dass ferner auch § 878 BGB auf den Ersterwerb der Vormerkung entsprechend angewendet wird (Palandt (-Herrler), BGB78 , § 878 Rn. 4; Soergel (-Stürner), BGB XIV13, § 883 Rn. 2), wird der Vormerkung einschließlich der Eigentumsvormerkung mehrheitlich Rangfähigkeit entsprechend § 879 BGB attestiert (Palandt (-Herrler), BGB78 , § 879 Rn. 5; Staudinger (-S. Heinze), BGB (2018), § 879 Rn. 18). Die Vormerkung steht damit in jeder relevanten Hinsicht einem Grundstücksrecht gleich und verschafft damit dem „führenden“ Recht, dem gesicherten Rechtsänderungsanspruch unter Einebnung der Grenzziehung zwischen obligatorischen und dinglichen Rechten den Status eines genuinen sachenrechtlichen Zuordnungsänderungsrechts. Ähnlich BeckOGK BGB (-Assmann), Stand: 1.5.2019, § 883 Rn. 321–324; Michaels, Sachzuordnung durch Kaufvertrag, S. 309–310, 324–325; Schulze et al. (-Staudinger), BGB10, § 883 Rn. 2; Wolff/R aiser, Sachenrecht10, § 48 VII 2 (S. 164) und von Bar, Gemeineuropäisches Sachenrecht I, Rn. 461–462 ordnen die Vormerkung deutschen Rechts als negatives bzw. beschränktes Herrschaftsrecht ein. 278 Was hier für das Miteigentum an Grundstücken exemplarisch für eine Mehrheit von Rechtsinhabern ausgeführt worden ist, gilt für das Verhältnis von Inhabern konkurrierender Sachenrechte an einer Sache gleichermaßen. Vielfach wird das Sachenrechtsverhältnis zwischen dem Inhaber des belasteten und dem Inhaber des geschaffenen Rechts sowohl durch inhaltsmodifizierende Vereinbarungen als auch durch echte Belastungen mit Wirkung für und gegen Sonderrechtsnachfolger ausgestaltet. Abgesehen davon, dass Grunddienstbarkeiten inhaltlicher Gestaltung bedürfen, bietet es sich aus Sicht des Bestellers an, etwaige Gegenleistungspflichten durch eine Reallast am herrschenden Grundstück zu sichern oder aber eine inhaltsgleiche Grunddienstbarkeit an dem herrschenden Grundstück zu erhalten. Auf der anderen Seite kann es sich anbieten, etwaige im Kontext der Bestellung der Dienstbarkeit übernommene Leistungspflichten des Eigentümers des dienenden Grundstücks gleichfalls durch Reallast zu sichern; vereinbarte und gesetzliche Unterhaltungspflichten sind kraft Gesetzes reallastgleich gesichert (§§ 1021 Abs. 2, 1022 S. 2 BGB); reallastgleich gesichert sind zudem Überbau- und Notwegrenten (§§ 914 Abs. 3, 917 Abs. 2 S. 2 BGB). Demgegenüber ist das Institut der unechten Belastung in diesem Kontext unnötig, soweit sich das begrenzte Recht ohnedies in der gewünschten Weise inhaltlich ändern lässt. Demgegenüber ist das Wesen des Nießbrauchs als umfassendes und ausschließliches Nutzungsrecht der Disposition der Parteien entzogen; es können zwar einzelne Nutzungen gem. § 1030 Abs. 2 BGB ausgeklammert werden, ein Nießbrauch kann aber nicht in der Beschränkung auf einzelne Nutzungen einer Sache begründet werden (vgl. RG, Urteil v. 27.6.1940 – V 205/39, RGZ 164, S. 196 199 (Kein Nießbrauch an einem Stockwerk); MünchKomm (-Pohlmann), BGB VII7, § 1030 Rn. 111). Der Nießbrauch lässt sich auch nicht zu einem dienstbarkeitsgleichen Recht herabgestuft werden, indem schuldrechtliche Nutzungsvereinbarungen zwischen Nießbraucher und Alleineigentümer, z. B. eine räumlich-zeitliche Aufteilung der Nutzungsbereiche eines
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nige, zu dessen Gunsten die Belastung erfolgt, erwirbt ein mit sachenrechtlichem Schutzinstrumentarium unterlegtes Recht, das im Verhältnis zum betroffenen Recht in inhaltlicher, räumlicher und/oder zeitlicher Hinsicht begrenzt ist. Dies ist, auch aus rechtsvergleichender Sicht, das Alleinstellungsmerkmal der „charge“, „incumbrance“ oder „Belastung“.279 Mit der Neuschaffung eines drittschutzfähiGrundstücks, als „Belastung des Grundstücks“ in das Grundbuch eingetragen werden (OLG Köln, Beschluss v. 17.8.2016 – 2 Wx 188/16, FGPrax 2016, S. 201). Bezieht sich der Nießbrauch auf einen Miteigentumsanteil, muss sich der Nießbraucher als Sonderrechtsnachfolger Miteigentümerregelungen i. S. v. 1010 Abs. 1 BGB als Sonderrechtsnachfolger entgegenhalten lassen (vgl. NomosKomm (-Lemke), BGB III4, § 1066 Rn. 2); umgekehrt profitiert der Nießbraucher davon, dass er die dem belasteten Miteigentümer zustehenden Befugnisse aus einer eingetragenen Nutzungs- und Verwaltungsvereinbarung geltend machen kann (§ 1066 Abs. 1 BGB). Strittig ist hingegen, ob in unmittelbarer oder entsprechender Anwendung des § 1010 Abs. 1 BGB schuldrechtliche Benutzungs- und Verwaltungsvereinbarungen zwischen Nießbraucher und Eigentümer bei einem Bruchteilsnießbrauch – der sich wahlweise auf einen Miteigentumsanteil oder auf einen Bruchteil eines ungeteilten Grundstücks eines Alleineigentümers beziehen kann – mit dinglicher Wirkung versehen werden können. Zum Teil wird dies bejaht, weil zwischen dem Nießbraucher und dem Eigentümer ein Verhältnis bestehe, auf das § 745 Abs. 2 BGB entsprechend anzuwenden sei; es bestehe mithin ein praktisches Bedürfnis, schuldrechtliche Benutzungsabreden durch Grundbucheintragung abzusichern (BeckOGK BGB (-P. Müller), Stand: 1.3.2019, § 1010 Rn. 8.1; Palandt (-Herrler), BGB78 , § 1066 Rn. 4; Staudinger (-Heinze), BGB (2017), § 1066 Rn. 16). Die Gegenansicht lehnt dies unter Verweis auf die fehlende Gleichstufigkeit des Nießbrauchs und des Eigentums ab und verweist im Übrigen darauf, dass beim Bruchteilseigentum keine weitergehenden Änderungsbefugnisse als bei einem Nießbrauch an der ganzen Sache bestehen dürften (OLG Köln, Beschluss v. 17.8.2016 – 2 Wx 188/16, FGPrax 2016, S. 201, 202; MünchKomm (-Pohlmann), BGB VII7, § 1066 Rn. 4). Desgleichen ist beim Quotennießbrauch, der sich zwar auf das ungeteilte Grundstück bezieht, inhaltlich aber nur auf einen prozentualen Anteil der Nutzungen gerichtet ist, umstritten, ob eine entsprechende Anwendung des § 1010 Abs. 1 BGB besteht; prinzipiell dürfte hier freilich, weil und soweit die Quotenregelung eintragungsfähig ist, überhaupt kein Bedarf für eine Verdinglichung schuldrechtlicher Nutzungsregelungen des Nießbrauchers und des Eigentümers bestehen (Staudinger (-Heinze), BGB (2017), § 1066 Rn. 21; a. A. BeckOGK BGB (-P. Müller), Stand: 1.3.2019, § 1010 Rn. Rn. 8.2). 279 Ein Blick auf die europäischen Nachbarrechtsordnungen macht einige semantische Parallelen und Unterschiede zur Belastungsterminologie des deutschen BGB sichtbar. Das Phänomen der Entstehung eines subjektiven Sachenrechts wird wahlweise aus der Perspektive des Bestellers oder des Erwerbers beschrieben. So wird dem Recht des Bestellers z. B. nach dem Duktus des c. civ. eine „charge“ (vgl. Art. 637 c. civ.: Une servitude est une charge imposée sur un héritage pour l’usage et l’utilité d’un héritage appartenant à un autre propriétaire) und nach dem Duktus des LPA 1925 eine „incumbrance“ (sec. 205(1)(vii) LPA 1925: „Incumbrance“ includes a legal or equitable mortgage and a trust for securing money, and a lien, and a charge of a portion, annuity, or other capital or annual sum; and „incumbrancer“ has a meaning corresponding with that of incumbrance, and includes every person entitled to the benefit of an incumbrance, or to require payment or discharge thereof) auferlegt. Korrelat der Belastung ist der Erwerb eines neuen Rechts. Der code civil verwendet für den Erwerb des usurfruit, der servitudes sowie des droit d’usage und des droit d’habitation nahezu ausschließlich das verb établir (z. B. Art. 579 ff., 625, 649, 686 f. c. civ.). Demgegenüber ist im Kontext des Eigentumserwerbs von acquérir die Rede (siehe die Titelbezeichnung des dritten Buches „des différentes manières dont on acquiert la propriété“ sowie z. B. Art. 711, 712 c. civ.); das proprieté wird also gerade nicht „etabliert“. Im Sprachgebrauch des LPA 1925 verschleifen sich der erstmalige Erwerb und der „Zweiterwerb“. Soweit es um die Übertragung eines legal estate estate oder eines sonstigen interest geht, werden die Verben to convey und to dispose of verwendet, während das Verb to create die Bestellung eines neuen interest in land bezeichnet. Ungeachtet der translativen Konnotation des Substantivs conveyance beschränkt sich
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gen Rechts korrespondiert ein sachenrechtliches (Dauer-)Rechtsverhältnis zwischen dem Erwerber dieses Rechts und dem „Auctor“, scil. dem jeweiligen Inhaber des von der Belastung betroffenen Rechts, das regelmäßig mit einem gesetzlichen Schuldverhältnis (i. w. S.) flankiert wird, solange der Zustand des „Belastetseins“ anhält. Dieses Dauerrechtsverhältnis ändert sich, wie noch zu zeigen sein wird, auch durch eine auf dem einschränkenden Recht aufbauende Belastung nicht.
3. Inter- und intraspezifische Belastungskompatibilitäten Wie einleitend skizziert, unterscheiden sich Grundrechte und begrenzte Rechte im Hinblick auf ihr rechtsschöpferisches Potential. Aus der Definition des Eigentums folgt, dass dieses nicht mit sich selbst, sondern nur den vom Gesetz vorgegebenen begrenzten Rechten belastet werden kann; eine fiktive „innerartliche“ Belastung des Eigentums ist bei präziser Betrachtung nichts anderes als eine Übereignung.280 Entsprechendes gilt für für Immaterialgüterrechte und andere Grundrechte.281 Demgegenüber ist bei allen begrenzten Sachenrechten zwischen „innerartlicher“ („intraspezifischer“) und „zwischenartlicher“ („interspezifischer“) Belastungskompatibilität zu unterscheiden. a) Innerartliche Belastungen dinglicher Rechte Im Unterschied zum Eigentum ist es bei allen anderen Arten dinglicher Rechte möglich, an dem zu belastenden Recht ein gleichartiges Recht zu bestellen, das sich die einschlägige Legaldefinition gerade nicht auf Veräußerungsgeschäft. Vielmehr ähnelt die extensive Legaldefinition dem deutschen Verfügungsbegriff, schließt darüber hinaus aber auch die Genehmigung von sachenrechtsrelevanten Geschäften sowie die urkundliche Einräumung von trusts ein (vgl. sec. 205(1)(ii) LPA 1925: „Conveyance“ includes a mortgage, charge, lease, assent, vesting declaration, vesting instrument, disclaimer, release and every other assurance of property or of an interest therein by any instrument, except a will; „convey“ has a corresponding meaning; and „disposition“ includes a conveyance and also a devise, bequest, or an appointment of property contained in a will; and „dispose of“ has a corresponding meaning). Mit disclaimer ist die Aufgabe einer lease gemeint, die – im Gegensatz zum surrender – auch einseitig erfolgen kann, z. B. durch den Insolvenzverwalter (trustee in bankruptcy) des lessee. Während das ABGB den Begriff der „Lasten“ im gleichen Sinne wie das BGB verwendet (vgl. z. B. §§ 443, 508 ABGB), beschreibt es die „Erwerbung“ von Pfandrechten und Dienstbarkeiten (Servituten) nicht als Belastung einer Sache; der Erwerbsvorgang wird vielmehr aus Sicht des zu begründenden Rechts beschrieben (vgl. §§ 447, 472, 473, 481 ABGB). Parallel zum BGB ist aber im gesamten Pfandrechtsregime des ABGB (sechstes Hauptstück, §§ 447–470 ABGB) durchgängig von der „Verpfändung von Sachen“ die Rede; die Belastungsterminologie des BGB hat der österreichische Gesetzgeber im BauRG übernommen (vgl. § 1 Abs. 1 BauRG). 280 § 2 I. 3. a) cc). 281 Für die Forderung gilt nichts anderes. Zwar kann der Schuldner beliebig viele gleichartige Verpflichtungen eingehen; die ausschließliche Rechtszuständigkeit des Gläubigers hinsichtlich seiner Forderung ändert nichts daran, dass diesem die „einzelne Handlung“ seines Schuldners gerade nicht in einer sachenrechtsäquivalenten Weise zugeordnet ist. Dass eine Forderung nicht innerartlich belastet werden kann, liegt – anders als beim Eigentum – daran, dass jedes Recht an einer Forderung per definitionem mehr ist als eine Forderung, nämlich ein dem jeweiligen Forderungsgläubiger und dessen Gläubigern entgegensetzbares Recht.
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den Zuweisungsgehalt jenes Rechts zu eigen macht. Selbst eine vollständige inhaltliche, räumliche und zeitliche Kongruenz zwischen dem belasteten und dem belastenden Recht ist prima vista denkbar, nähme diese doch dem belasteten Recht zumindest nicht die belastungstypische elastische Komponente: Im Augenblick des Erlöschens der Belastung erstarkt das belastete Recht, vermittelt dem Rechtsträger mithin alle Befugnisse, die sich das konstituierte Recht lediglich vorübergehend einverleibt. Dies wirft freilich die Frage auf, ob eine schematische sachenrechtliche Reproduktion des zu belastenden Rechts in inhaltlicher, räumlicher und zeitlicher Hinsicht, m. a. W. ein „Klonen“ von dinglichen Rechten, die Integrität des zu belastenden Rechts verletzt. Schließlich würde dieses qua innerartlicher Belastung zu einer bloßen Exspektanz auf Rückfall der durch das artidentische Recht usurpierten Befugnisse verkürzt. Vor diesem Hintergrund überrascht es nicht, dass sich in den untersuchten Rechtsordnungen ein je nach Typus changierendes „Abstandserfordernis“ zwischen dem lastenden und dem belasteten Recht Bahn bricht: Wenngleich die Einzelheiten ungewiss und strittig sind, soll offenbar einer vollständigen Auszehrung des zu belastenden Rechts entgegengewirkt werden; zwecks Wahrung der rechtstypischen Integrität soll dem belasteten Recht ein substantieller Wirkbereich verbleiben.282 Die Validität dieses unscharfen Abstandserfordernisses bedarf noch näherer Untersuchung.283 Mit intraspezifischer Belastungskompatibilität sind dabei nicht nur Fälle der genotypischen Identität des belasteten und des konstituierten Rechts erfasst.284 Vielmehr sind auch gattungsinterne Belastungskonfigurationen einzubeziehen, soweit die rechtstypische Zweckrichtung bei abstrakt-genereller Betrachtung übereinstimmt, blieben doch anderenfalls zahlreiche hybride Belastungskonfigurationen außer Acht, die in Wirkungsweise und praktischer Funktion einer „echten“ innerartlichen Belastung gleichstehen.285 Aus diesem Grund ist allein auf die Art- und Gattungszugehörigkeit dinglicher Rechte, nicht auf ihre konkret-individuelle Erscheinungsform abzustellen. Belanglos ist ferner, ob der betreffende Rechtstyp in282 Siehe z. B. zum Abstandserfordernis zwischen lease und sub-lease § 7 I. 2. a), zum Abstandserfordernis zwischen Ober- und Untererbbaurecht § 7 II. 2. 283 Näher § 12 III. 1. 284 Erfasst sind mithin nicht nur die (fiktive) doppelstöckige Hypothek, der (fiktive) Nießbrauch am Nießbrauch, das Pfandrecht am Pfandrecht, das sog. Untererbbaurecht, die Grunddienstbarkeit an einer (mit dem belasteten Eigentum oder grundstücksgleichen Recht verbundenen) Grunddienstbarkeit, (fiktive) doppelstöckige beschränkte persönliche Dienstbarkeiten, das doppelstöckige dingliche Vorkaufsrecht, die doppelstöckige Reallast und das (fiktive) doppelstöckige Dauerwohnrecht. 285 Derselben Rechts-“Gattung“ zugehörig sind z. B. mortgage und charge, Reallast und Hypothek, Grunddienstbarkeit und beschränkte persönliche Dienstbarkeit, dingliches Vorkaufsrecht und Vormerkung. Zu den innerartlichen Belastungen sind demgemäß auch sämtlichen Konstellationen der Verpfändung und Pfändung von (nicht-)akzessorischen Verwertungsrechten, z. B. das Pfändungspfandrecht an einer Grundschuld, und auch solche Konstellationen einer phänotypischen Übereinstimmung zwischen dem belasteten und dem belastenden Recht zu rechnen, die nach der Systematik des Gesetzes gar keine „Belastungen“ darstellen, namentlich die Erstreckung einer Auflassungsvormerkung auf ein mit dem „vormerkungsbetroffenen“ Grundstück verbundenes subjektiv-dingliches Vorkaufsrecht.
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nerhalb des jeweiligen nationalen Systems herkömmlich als genuines dingliches Recht, als zwischen Schuld- und Sachenrecht schwankendes Mischrecht oder gar als Rechtsfigur sui generis klassifiziert wird. Maßgeblich ist allein, dass eine drittschutzfähige Rechtsposition an einer Sache besteht. Die intraspezifische Belastungskompatibilitäten von trust-gestützten beneficial interests, vormerkungsgesicherten Rechtsänderungsansprüchen und anerkannten Anwartschaftsrechten ist daher nicht auszublenden. Während allen veräußerlichen begrenzten Sachenrechten einschließlich akzessorischen Rechten zumindest intraspezifische Belastungskompatibilität teilhaftig ist,286 kommt bei unübertragbaren dinglichen Rechten als Funktionssubstitut einer innerartlichen Belastung lediglich eine schuldrechtliche Ausübungsüberlassung in Betracht.287 b) Zwischenartliche Belastungen dinglicher Rechte Die zwischenartliche Belastungsspektrum ist zugleich weiter und enger als das innerartliche. Zum einen sind nicht nur veräußerliche Rechte mit ungleichartigen Rechten belastbar. Soweit unveräußerliche Sachenrechte der Pfändung unterliegen, sind sie immerhin der Belastung mit kraft Hoheitsaktes geschaffenen Pfändungspfandrechten zugänglich.288 Zum anderen ist die Belastbarkeit jedes Rechts durch dessen Zuweisungsgehalt limitiert. Soweit etwa in Bezug auf die Belastung des Erbbaurechts vertreten wird, dass sich das konstituierte Recht „im Rahmen“ des Erbbaurechts halten müsse, weil niemand mehr Rechte übertragen könne als ihm selbst zustehen,289 ist diese These als allgemeine Regel für sämtliche Belastungen dinglicher Rechte zu unscharf. Sie darf nicht dahin missverstanden werden, dass sich der Zuweisungsgehalt eines zu konstituierenden Sachenrechts in dem des belasteten Rechts widerspiegeln müsse; eine (Teil-)Kongruenz im Rechtsumfang zwischen dem belasteten und dem geschaffenen Recht ist nicht zwingend. Die für das Eigentum aufgezeigte Regel, dass die Restrechtskompetenz nicht kraft Belastung vervielfältigt werden kann, gilt für jede echte Belastung eines Rechts – die elastische Wirkung des betroffenen Rechts ist wesensimmanentes Strukturprinzip der echten Belastung. Demgegenüber brechen Zuordnungs286 Zu selbstständigen und unselbstständigen Belastungen dinglicher Rechte siehe sogleich § 2 II. 4. 287 Dies gilt für den Nießbrauch und die beschränkte persönliche Dienstbarkeit (§§ 1059 S. 2, 1092 Abs. 1 S. 2 BGB); näher § 9 II. 288 Dies gilt für den Nießbrauch und die beschränkte persönliche Dienstbarkeit (§ 857 Abs. 3 ZPO); siehe hierzu § 11 II. 3. a). 289 Vgl. BGH, Urteil v. 22.2.1974 – V ZR 67/72, NJW 1974, S. 1137, 1138 (Untererbbaurecht); BayObLG, Beschluss v. 25.4.1958 – BReg. 2 Z 57/58, BayObLGZ 1958, S. 105 (Unzulässigkeit der Belastung eines Erbbaurechts, das lediglich zum Haben eines Wohngebäudes auf dem Grundstück berechtigt, mit einer Tankstellendienstbarkeit); siehe auch KG, Beschluss v. 16.4.1991 – 1 W 7518/88, NJW-RR 1992, S. 214 (Inhaber eines Erbbaurechts i. d. R. berechtigt, zugunsten eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit zu bestellen, die zur Einrichtung und Betreibung einer Netzstation auch außerhalb des Bauwerks einschließlich der Führung von Kabeln unter der Grundstücksoberfläche berechtigt); MünchKomm (-Heinemann), BGB VII7, § 11 ErbbauRG Rn. 25; Staudinger (-Rapp), BGB (2017), § 11 ErbbauRG Rn. 9.
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änderungsrechte, d. h. Verwertungs- und Erwerbsrechte, notwendigerweise aus dem „Rahmen“ des Belastungsgegenstandes aus: Sowohl Pfandrechte, Hypotheken, Grundschulden und Reallasten als auch Anwartschaftsrechte, dingliche Vorkaufsrechte und Vormerkungen verleihen dem Berechtigten qualitativ andere Befugnisse als dem Eigentümer. Ein entsprechendes „Eigenrecht“ erschöpft sich demgemäß in einer bloßen Rangsicherung: Zur Verwertung im Wege der Zwangsvollstreckung oder zum Erwerb der eigenen Sache ist der Eigentümer schlechterdings nicht berechtigt (vgl. § 1197 Abs. 1 BGB). Daher lautet die allgemeine Regel, dass die rechtsgeschäftliche „Schöpfungskompetenz“ des Rechtsinhabers nur durch die elastische Komponente sowie durch Rechte Dritter und gesetzlichen Verbote beschränkt wird. Soweit diese Grenzen überschritten sind, liegt begrifflich keine Belastung, sondern allenfalls ein gutgläubiger Erwerb eines drittrechtsbelastenden Rechts vor; aus eigenem Recht ist der Besteller zu „überschießenden“ Belastungen nicht berechtigt.290
290 Dies sei in aller Kürze skizziert. Dass an einer nicht mit einer Nutzungs- und Besitzberechtigung ausgestatteten Hypothek, Grund- oder Rentenschuld oder Reallast nicht auf begrenzten oder umfassenden Gebrauch des betroffenen Grundstücks gerichtete Rechte, namentlich Dienstbarkeiten, Dauerwohnrechte oder Erbbaurechte, bestellt werden können, versteht sich – wegen des Eingriffs in das Eigentum, ein vorrangiges Recht am Grundstück und, bei Herrenlosigkeit des Grundstücks, ein Aneignungsrecht aus §§ 927 Abs. 2, 928 Abs. 2 BGB – von selbst. Nichts anderes gilt für die Einräumung sonstiger Grundstücksrechte. Ein Hypotheken- oder Grundschuldgläubiger ist zur Befriedigung aus dem Grundstück im Wege der Zwangsvollstreckung, nicht zur Belastung des Eigentums de iure proprio berechtigt. Zwar vermag er – vorbehaltlich etwaiger Verfügungsbeschränkungen – an der Hypothekenforderung resp. an der Grundschuld einen Nießbrauch oder ein Pfandrecht zu bestellen; dienstbarkeitsäquivalente Sachenrechte stellt das Gesetz indes für bewegliche Sachen und nicht grundstücksgleiche Rechte nicht zur Verfügung. Desgleichen ist weder der Inhaber eines dinglichen Vorkaufsrechts noch ein Vormerkungsgläubiger noch ein designierter Grundstückserwerber, dem allenfalls eine Auflassungsanwartschaft zusteht, de iure proprio berechtigt, Rechte am Grundstück zu errichten. Aufgrund des Grundsatzes der Unübertragbarkeit (§ 1059 S. 1 BGB) fehlt dem Nießbrauch kraft Gesetzes jede Schöpfungskompetenz, wobei dem Nießbraucher nach h. A. auch die Befugnis fehlt, über die nießbrauchsbefangene Sache zu disponieren (eingehend und kritisch Hauck, Nießbrauch an Rechten, S. 217–220). Selbst wenn man einmal das gesetzliche Übertragungsverbot hinwegdenkt, wäre der Nießbraucher eines Grundstücks ceteris paribus nur berechtigt, Nießbrauchs- und Pfandrechte an seinem Recht einzuräumen. Eine fiktive Belastung des Stammrechts mit allen für Grundstücken reservierten Rechten scheidet mangels grundstücksgleicher Natur des Nießbrauchs aus. Ein rechtstypisches Paradoxon ist z. B. das Konstrukt eines Erbbaurechts am (Grundstücks-)Nießbrauch, ist doch der Nießbraucher nicht zum „Haben eines Bauwerks“ unter Durchbrechung der §§ 93, 94 BGB berechtigt, sondern zum Besitz und Gebrauch der dem Grundstückseigentümer zugeordneten Bauwerke (§§ 1030 Abs. 1, 1036 Abs. 1 BGB) berechtigt. Die „überschießende“ Belastung des Nießbrauchs wäre mit einem Eingriff in das Eigentum am Grundstück verbunden, weshalb nur entweder qua Belastung des Eigentums oder qua intraspezifischer Belastung eines Erbbaurechts ein Recht zum Haben eines Bauwerks auf fremden Grund entstehen kann (näher § 7 III.). Wegen der Konfiguration des Erbbaurechts als grundstücksgleiches Recht (§ 11 Abs. 1 S. 1 ErbbauRG) ist der Erbbauberechtigte hingegen berechtigt, Gebrauchs- und Herrschaftsrechte beliebiger Art sowie Erwerbs- und Verwertungsrechte an seinem Recht einzuräumen; die Schöpfungskompetenz des Erbbauberechtigten findet ihre Grenze in Rechten Dritter und zwingenden Bestimmungen des objektiven Rechts.
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c) Der Dualismus von Schöpfungspotential und Belastungskompatibilität „Schöpfungspotential“ und Belastbarkeit eines subjektiven Rechts sind nicht zwei Seiten derselben Medaille. Wie noch auszuführen sein wird, sind „unselbstständige“ inner- und zwischenartlichen Belastungen an akzessorischen Rechten möglich, seien es forderungsgebundene, seien es grundstücksgebundene Rechte. Wird das „führende“ Recht übertragen, geht das unselbstständige Sachenrecht über; wird jenes belastet, erstreckt sich das konstituierte Recht auf das „geführte“ Recht. Das Schöpfungspotential des Hauptrechts steckt dabei den äußeren Rahmen der Belastungskompatibilität des Nebenrechts ab. Als „belastet“ kann das unzertrennlich mit dem Hauptrecht verbundene Recht freilich nur dann gelten, wenn dessen Existenz für das am Hauptrecht gebildete Recht sachenrechtlich relevant ist. Unter dieser Prämisse verkürzt sich die Verfügungsbefugnis des Hauptrechtsinhabers hinsichtlich des Nebenrechts und mit dieser Beschränkung korreliert eine Erweiterung des Rechtskreises des hauptrechtsbelastenden Rechts.291 Die (inner- und zwischenartliche) Belastungskompatibilität eines Rechts ist weder in horizontaler noch in vertikaler Hinsicht beschränkt: Sowohl Grundrechte als auch begrenzte Rechte sind einer Belastung mit unendlich vielen konkurrierenden Rechten zugänglich, die wiederum mit gleich- und ungleichartigen Rechten belastbar sind. Die Abgrenzung zwischen intra- und interspezifischen (mehrstufigen) Belastungen richtet sich ausnahmslos nach dem jeweiligen Belastungsgegenstand, nicht hingegen nach einem gar nicht betroffenen Recht vorgelagerter Belastungsstufe einschließlich des das Fundament einer jeden Rechtspyramide bildenden Grundrechts. Es liegt in der Natur der Sache, dass einer mehrstufigen Belastung keine „überschießende“ Wirkung zukommt: Die Verpfändung der Grundschuld berührt nicht den Wirkungskreis des Eigentums, erweitert insbesondere nicht die der Grundschuld immanente Verwertungsbefugnis; alles andere liefe auf einen Eingriff in das Recht eines Dritten, namentlich das des Eigentümers, hinaus. Während Grundrechte per definitionem einer Belastung mit gleichartigen Rechten unzugänglich sind, sind die Belastungen der auf erster Belastungsstufe rangierenden Rechte notwendigerweise entweder inner- oder zwischenartlicher Natur; die Art des jeweils auf zweiter Stufe bestellten Rechts determiniert die Natur der auf allen nachgelagerten Stufen zu bestellenden Rechte im Verhältnis zu den Belastungen erster Stufe. Auch bei theoretisch unendlichen babylonischen Turmbauten ist mithin eine Einzelbetrachtung der jeweiligen Sachenrechtsverhältnisse geboten. Jede Belastung eines Sachenrechts ist entweder inter- oder intraspezifischer Natur – tertium non datur.292 Wird auf eines der intermediären gleichartigen Rechte auch nur 291
Siehe hierzu § 2 II. 4. b). Wird z. B. an einem Grundstück ein Erbbaurecht (zur ersten Rangstelle), ein Nießbrauch und eine Grundschuld bestellt und räumt der Erbbauberechtigte sodann ein (Unter-)Erbbaurecht, eine Erbbauzinsreallast, eine Grunddienstbarkeit und eine Grundschuld am Erbbaurecht ein, sind mit Ausnahme des Untererbbaurechts alle Belastungen des Obererbbaurechts zwischenartlicher Natur. Nichts anderes gilt für die Belastung des Untererbbaurechts mit einer Untererbbauzinsreallast, einer Grunddienstbarkeit und einer Hypothek. Auf der anderen Seite beziehen 292
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ein ungleichartiges Recht gelegt, liegt auf dieser Belastungsstufe eine zwischenartliche Belastung des betreffenden grundrechtsbelastenden Rechts der ersten Stufe vor. Dies gilt auch dann, wenn auf diesem Recht ein mit dem grundrechtsbelastenden Recht rechtstypisch verwandtes Recht aufbaut; dieses ist zwischenartlicher Natur, weil sich der Zuweisungsgehalt nach dem betreffenden Recht vorgelagerter Belastungsstufe richtet.293 Dessen ungeachtet belastet ein Recht durchaus mehresich Nießbrauchs- und Verwertungsrechte auf die mit dem Belastungsgegenstand verbundenen Rechte (siehe § 2 II. 4. b) bb) (2)), was im vorliegenden Beispiel zu einer raumsymbolischen Umkehrung der Belastungspyramide führt. So erstreckt sich die am Obererbbaurecht zugunsten des jeweiligen Grundstückseigentümers eingeräumte Erbbauzinsreallast auf die mit diesem Erbbaurecht verbundenen Rechtsbestandteile i. S. v. §§ 96, 93 BGB einschließlich der zugunsten des jeweiligen Obererbbauberechtigten bestellten Erbbauzinsreallast am Untererbbaurecht gem. § 1126 S. 1 BGB i. V. m. § 1107 BGB (vgl. Habel, MittBayNot 1998, S. 315, 319; von Oefele/Winkler/Schlögel, Erbbaurecht6 , § 3 Rn. 31). Nichts anderes gilt für die am Grundstück und die am Erbbaurecht bestellten Grundschulden und für den Grundstücksnießbrauch. Wenngleich die Grundschuld im Rang hinter dem Erbbaurecht am Grundstück steht, steht dem Grundschuldgläubiger eine „mediatisierte“ Verwertungsbefugnis bezüglich des Obererbbaurechts wegen der Erstreckung auf die subjektiv-dingliche Reallast des Eigentümers zu. Kraft Anordnung der Zwangsverwaltung über das Grundstück resp. Pfändung der fälligen Erbbauzinsen kann sich der Grundschuldgläubiger wegen des rückständigen und fälligen Erbbauzinses aus dem Obererbbaurecht befriedigen. Weil sich nun aber die „indirekt“ belastete Erbbauzinsreallast auf das Erbbaurecht einschließlich der mit diesem verbundenen Rechtsbestandteile, u. a. der Erbbauzinsreallast am Untererbbaurecht erstreckt, vermag sich der Grundschuldgläubiger überdies auch bei Anordnung der Zwangsverwaltung über das Erbbaurecht resp. Pfändung der „Unter“-Erbbauzinsen zu befriedigen, mithin die aus der mit dem indirekt belasteten Erbbaurecht verbundenen Erbbauzinsreallast am Untererbbaurecht fließende Verwertungsbefugnis auszuüben. Mittels Belastung des Eigentums bezieht sich die auf erster Belastungsstufe rangierende Grundschuld – unter Umkehrung der Belastungspyramide – auf verwertungsfähige Rechte auf zweiter, dritter und vierter Belastungsstufe. Eine vergleichbare umgekehrte Belastungspyramide ergibt sich aus dem Grundstücksnießbrauch in Ansehung der auf Ober- und Untererbbaurecht lastenden subjektiv-dinglichen Reallasten (vgl. § 1073 BGB). 293 Wird z. B. eine Grundschuld gepfändet, die titulierte Forderung vom Vollstreckungsgläubiger sodann verpfändet und die durch dieses Forderungspfandrecht gesicherte verzinsliche Forderung mit einem Nießbrauch belastet, ist der Nießbrauch im Verhältnis zu der intermediär durch das Forderungspfandrecht am Pfändungspfandrecht belasteten Grundschuld ein andersartiges Recht. Der Zweck des Nießbrauchs wird nicht schon durch die bestimmungsgemäße Verwirklichung der Grundschuld im Wege der Zwangsvollstreckung in das Grundstück gem. § 1147 BGB erreicht. Vielmehr ist die Einziehung der durch das Forderungspfandrecht gesicherten Forderung resp. die Ausübung des Forderung verbundenen Nebenrechts, hier des Forderungspfandrechts und vermöge der Einziehungsermächtigung aus § 1282 Abs. 1 S. 1 BGB die Ausübung des Pfändungspfandrechts, d. h. die Verwertung des Grundstücks aus der Grundschuld, eine Vorbereitungsmaßnahme zwecks Bestellung eines Nießbrauchs an dem erzielten Erlös gem. § 1079 BGB. Der Nießbrauch wird hingegen durch die Einziehung der Zinsen der belasteten Forderung und – nach Tilgung der Hauptforderung kraft Ausübung des forderungssichernden Forderungspfandrechts – durch Einziehung der Zinsen aus der vom Nießbraucher bestimmten Kapitalanlage bestimmungsgemäß verwirklicht. Wird der Forderungsnießbrauch wiederum gepfändet und die Ausübung desselben dem Vollstreckungsgläubiger zur Einziehung überwiesen, ggf. unter Anordnung einer Verwaltung, gem. §§ 857 Abs. 1, Abs. 4 S. 2, 829 Abs. 1, 835 Abs. 1 Var. 1 ZPO, ist das Pfändungspfandrecht eine zwischenartliche Belastung des Forderungsnießbrauchs, die freilich mangels Übertragbarkeit des gepfändeten Recht keine Verwertung desselben gestattet (näher hierzu § 11 II. 3. b)). Dieses Pfändungspfandrecht bezieht sich zwar vermöge des gepfändeten Nießbrauchs zugleich auf die nießbrauchsbelastete Forderung einschließlich des hiermit ver-
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re Sachenrechte einheitlich: Ein Sachenrecht ist – je nach Bezugspunkt – entweder inner- oder zwischenartliche Belastung des (grundstücksgleichen) Hauptrechts und inner- oder zwischenartliche Belastung des Nebenrechts.294 Auf die Wirkungen inner- oder zwischenartlichen Belastung ist im Detail für jede Belastungskonfiguration einzugehen. Vorausgeschickt sei nur, dass die Ausschließungs- und Verfügungsbefugnisse des beschwerten Rechtsinhabers zugunsten des Inhabers des lastenden Rechts beschränkt sind. Zum einen vermag der beschwerte Rechtsinhaber grundsätzlich nicht mehr zulasten des konstituierten Drittrechts über sein belastetes begrenztes Sachenrecht zu verfügen. Zum anderen kann er dem Drittberechtigten nicht verbieten, dass dieser im Rahmen des Zuweisungsgehalts seines Rechts auf die dem belasteten Recht unterliegende Sache in rechtlicher oder tatsächlicher Hinsicht einwirkt. Der Modus der zu duldenden „Einwirkung“ des Drittberechtigten richtet sich nach der Art und der konkreten Erscheinungsform des konstituierten Rechts. Nicht nur der innerartlichen Belastung eines Sachenrechts ist eine „parasitäre“ Tendenz teilhaftig. Auch das aus einer zwischenartlichen Belastung entstehende Recht macht sich die spezifischen dinglichen Wirkungen des betroffenen Rechts zu eigen.295 Demgegenüber suspendieren inner- oder zwischenartlichen Belastungen nicht notwendig alle „positiven“ Befugnisse des beschwerten Rechtsinhabers. Möglich ist je nach Art der Belastung eine gemeinschaftliche oder auch eine ausschließliche Befugnis zur Ausübung des selbstständig oder unselbstständig, innerartlich oder zwischenartlich belasteten Rechts seitens des einen oder des anderen Teils.296 Von der innerartlichen unbundenen Pfandrechts an der titulierten Forderung und des Pfändungspfandrechts des Vollstreckungsgläubigers des Grundschuldgläubigers und damit intermediär auch auf die Grundschuld und endlich auf das Grundstück. Dieses auf fünfter Belastungsstufe rangierende Pfändungspfandrecht ist aber nicht die Kehrseite einer „überschießenden“ Belastung der indirekt betroffenen Rechte vorgelagerter Belastungsstufen einschließlich des Eigentums; das Pfändungspfandrecht vermag nicht aus dem Zuweisungsgehalt des belasteten Nießbrauchs auszubrechen. 294 Wenn z. B. ein mit subjektiv-dinglichen Rechten ausgestattetes Erbbaurecht mit einem Untererbbaurecht belastet ist, erstreckt sich diese innerartliche Belastung nur i. d. R. nicht auf die mit dem Obererbbaurecht verbundenen subjektiv-dinglichen Rechte; je nach inhaltlicher Ausgestaltung des Untererbbaurechts kann dies z. B. hinsichtlich einer mit dem belasteten Erbbaurecht verbundenen Grunddienstbarkeit am Erbbaurechtsgrundstück, einem anderen Grundstück oder gar einem anderen Erbbaurecht anders sein. Eine Grundschuld am Erbbaurecht erstreckt sich hingegen auf sämtliche Bestandteile desselben einschließlich der mit dem Erbbaurecht verbundenen Reallasten oder reallastähnlich gesicherten Rechte ((§ 11 Abs. 1 S. 1 ErbbauRG i. V. m. §§ 1120, 1126, 1110, 1021 Abs. 2, 1022 S. 2 BGB; § 916 BGB i. V. m. §§ 914 Abs. 3, 917 Abs. 2 S. 2 BGB). 295 Zum Nießbrauch an Verwertungsrechten siehe § 10 II. 1. Der Nießbrauch an einer Grundschuld oder Reallast ist grundsätzlich wie ein Nießbrauch an einer hypothekarisch gesicherten Forderung zu behandeln. Der Nießbraucher ist, wenn die Forderung bzw. die Grundschuld auf Zinsen ausstehen, zur gemeinschaftlichen „Einziehung“, d. h. auch zur Zwangsvollstreckung in das Grundstück aus der belasteten Hypothek bzw. Grundschuld, berechtigt (vgl. §§ 1076, 1077 Abs. 1 S. 2 BGB ggf. i. V. m. § 1080 BGB). Steht die Forderung bzw. die Grundschuld nicht auf Zinsen aus, steht die Empfangs- und Einziehungszuständigkeit hinsichtlich des Kapitals und damit die Befugnis zur Zwangsvollstreckung aus dem belasteten Recht nur dem Nießbraucher zu (§ 1074 S. 1 BGB ggf. i. V. m. § 1080 BGB). 296 Sowohl der Nießbrauch als auch das Pfandrecht an einem dinglichen Recht berechti-
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terscheidet sich die zwischenartliche Belastung maßgeblich in der Rechtsfolge der Durchsetzung des betroffenen Rechts: Während der Zweck eines artidentischen Rechts allein schon durch bestimmungsgemäße Verwirklichung des belasteten Rechts erreicht werden kann, bereitet die Durchsetzung eines zwischenartlich belasteten Rechts regelmäßig nur die Verwirklichung des auf diesem Recht aufbauenden ungleichartigen Rechts vor.
4. Selbstständige und unselbstständige Belastungen Im Hinblick auf die Belastungskompatibilität ist grundlegend zwischen selbstständig und unselbstständig verkehrsfähigen begrenzten Sachenrechten zu unterscheiden. Mangelnde Übertragbarkeit steht der Belastungskompatibilität eines dinglichen Rechts nicht schlechthin entgegen. Ist ein begrenztes Recht unzertrennlich mit einem anderen Grundrecht oder einem selbstständig verkehrsfähigen Recht verbunden, kann das fragliche Sachenrecht zumindest als Bestandteil des „führengen – mit Nuancierungen im Detail – zur gemeinschaftlichen oder alleinigen Ausübung des belasteten Rechts (vgl. §§ 1074 S. 1, 1077 Abs. 1 S. 2, 1080, 1281 S. 2, 1282 Abs. 1 S. 1, 1291 BGB); die Unterschiede zeigen sich zuvörderst bei der dinglichen Zuordnung von Rechtsfrüchten und Gebrauchsvorteilen sowie in den Rechtsfolgen der Verwirklichung des belasteten Rechts. Der Pfandgläubiger erwirbt jedenfalls bei bestimmungsgemäßer gemeinschaftlicher oder alleiniger Geltendmachung eines belasteten (Grund-)Pfandrechts rechtsgeschäftlich Eigentum an dem erzielten Erlös oder ein Ersatzpfandrecht an der Forderung gegen den Ersteher; demgegenüber zielt der Nießbrauch an einem verzinslichen (Grund-)Pfandrecht gem. §§ 1076, 1079 BGB ggf. i. V. m. § 1080 BGB darauf ab, dass der erzielte Erlös als Kapitalanlage zugunsten des Nießbrauchers eingesetzt wird; im Übrigen stehen dem Nießbraucher die Zinsen gem. §§ 1068 Abs. 2, 1030 Abs. 1, 100, 99 Abs. 2 BGB zu. Wird ein Dauerwohnrecht (i. S. v. § 31 Abs. 1 S. 1 WEG) mit einem Nießbrauch belastet, geht die Nutzungsbefugnis an der Wohnung zwar vollständig auf den Nießbraucher über; der Zweck des Nießbrauchs wird damit scheinbar durch die Ausübung des Dauerwohnrechts erreicht. Gleichwohl unterscheidet sich der Nießbrauch am Dauerwohnrecht von einem artidentischen Recht: Der Nießbraucher ist anders als der Dauerwohnberechtigte (vgl. § 33 Abs. 1 S. 1 WEG) weder zur Übertragung noch zur Belastung seines Rechts oder gar des belasteten Rechts berechtigt (§§ 1068 Abs. 2, 1059 S. 1 BGB) und zudem ist der unvererbliche Nießbrauch notwendigerweise zeitlich beschränkt. Der Zweck eines Pfandrechts am Dauerwohnrecht wird demgegenüber allenfalls dann durch die Nutzung der Wohnung erreicht, wenn ein antichretisches Pfandrecht gem. §§ 1273 Abs. 2 S. 1, 1213 Abs. 1 BGB bestellt wird; anderenfalls bedarf es der Verwertung im Wege der Zwangsvollstreckung oder der rechtsgeschäftlich vereinbarten Veräußerung des Dauerwohnrechts (§ 1277 BGB). Wird ein Anwartschaftsrecht verpfändet oder mit einem Nießbrauch, sind zwar der Nießbraucher und der Pfandgläubiger jeweils berechtigt, die erforderliche Bedingung für den Vollrechtserwerb zu setzen; § 267 Abs. 2 BGB gilt insoweit nicht. Der Nießbrauch bzw. das Pfandrecht setzen sich am Eigentum an der Sache kraft unmittelbarer Ersetzung fort; der Zweck des konstituierten Rechts setzt mithin i. d. R. voraus, dass das Anwartschaftsrecht zum Vollrecht erstarkt. Demgegenüber ist bei der Verpfändung eines übertragbaren subjektiv-persönlichen dinglichen Vorkaufsrechts (§§ 1274 Abs. 1 S. 1, 1098 Abs. 1 S. 1, 473 S. 1, letzter Hs. BGB) oder eines durch Vormerkung gesicherten Ankaufs-, Vorkaufs- oder Wiederkaufsrechts schon fragwürdig, ob der Pfandgläubiger zur Ausübung des Erwerbsrechts berechtigt ist. Jedenfalls ist der Rechtserwerb Vorbereitungsmaßnahme für die Verwirklichung des sich in eine Sicherungshypothek (§ 1287 S. 2, 1. Hs. BGB) verwandelnden Pfandrechts; demgegenüber scheidet ein Nießbrauch an einem Vorkaufsrecht oder an einem sonstigen Recht zum bevorrechtigten Vertragsschluss schlechthin aus.
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den“ Rechts von dessen Belastungen erfasst werden. Zwingend ist der Belastungsgleichlauf freilich nicht; insoweit ist zwischen kongruenten und inkongruenten Belastungen zu unterscheiden. a) Selbstständige Belastungen dinglicher Rechte Wird das fragliche Recht nicht bloß als Nebenrecht eines Grundrechts oder eines anderen (selbstständig verkehrsfähigen) begrenzten Rechts übertragen und belastet, ist im Näheren nach dem jeweils anwendbaren Übertragungsregime zu unterscheiden. Unterliegt das begrenzte Recht als Verfügungsobjekt den Vorschriften, die auf das jeweils betroffene Grundrecht anzuwenden sind, fallen Schöpfungspotential und Belastungskompatibilität grundsätzlich nicht anders aus als bei dem betreffenden Grundrecht. Dies gilt sowohl für den leasehold estate297 als auch für das Baurecht des deutschen und des österreichischen Rechts.298 Anders liegt es beim Bruchteilseigentum an Grundstücken, das zwar mit Nießbrauchsrechten (§ 1066 BGB), Reallasten (§ 1106 BGB), dinglichen Vorkaufsrechten (§ 1095 BGB), Grundpfandrechten (§ 1114 BGB i. V. m. § 1192 Abs. 1 BGB) und – „unecht“ – mit Miteigentümerregelungen und Regressforderungen (§ 1010 BGB), nach allg. Ansicht aber nicht mit Dienstbarkeiten, Baurechten und Dauerwohnrechten belastbar ist.299 Desgleichen entspricht das Schöpfungspotential selbstständig verkehrsfähiger Rechte nicht notwendigerweise dem des belasteten Rechts. Maßgeblich ist der Zuweisungsgehalt des betreffenden Rechtstypus: Soweit die Bestellung eines anderen Rechts in Rechte Dritter eingreifen würde, läge keine Belastung des Rechts des Bestellers vor. Eine „überschießende“ Belastung gibt es nicht. Soweit ein Recht extra commercium gestellt ist, schließt dies nur die Schöpfungskompetenz des Rechtsinhabers, nicht aber – wie ein Blick auf die Pfändbarkeit des Nießbrauchs und der beschränkten persönlichen Dienstbarkeit zeigt – die selbstständige Belastungskompatibilität seines Sachenrechts aus. b) Unselbstständige Belastungen dinglicher Rechte Analytisch schwieriger ist die unselbstständige Belastung subjektiver Rechte, die im Folgenden gesondert für forderungsakzessorische Rechte und Rechtsbestand297 An einem leasehold estate können grundsätzlich all diejenigen begrenzten Rechte, seien es zeitlich begrenzte sub-leases, seien es inhaltlich begrenzte interests in land, bestehen, die zur Belastung des eigentumsäquivalenten fee simple zur Verfügung stehen (näher § 7 I. 1.). 298 Aus der Globalverweisung (§ 11 Abs. 1 S. 1 ErbbauRG) auf die sich auf Grundstück beziehenden Vorschriften mit Ausnahme der §§ 925, 927, 928 BGB folgt, dass alle Rechte an Grundstücken prinzipiell auch an Erbbaurechten bestellt werden können. Zur intraspezifischen Belastungskompatibilität des Baurechts § 7 II; zur interspezifischen Belastungskompatibilität des Baurechts § 11. 299 BGH, Urteil v. 29.11.1961 – V ZR 181/60, NJW 1962, S. 633, 634; BGH, Urteil v. 21.6.1974 – V ZR 164/72, NJW 1974, S. 1552, 1553; BGH, Urteil v. 15.5.1998 – V ZR 163/97, NJW-RR 1998, S. 1387, 1388; BeckOGK (-Fehrenbacher), Stand: 15.2.2019, § 747 Rn. 9, 12; Erman (-Aderhold), BGB I15, § 747 Rn. 3; MünchKomm (-K. Schmidt), BGB VI7, § 747 Rn. 15; Staudinger (-Eickelberg), BGB (2015), § 747 Rn. 11, 13.
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teile i. S. v. § 96 BGB darzustellen ist.300 Im Näheren ist jeweils zwischen kongruenten und inkongruenten Belastungen des jeweiligen Haupt- und des jeweiligen Nebenrechts zu unterscheiden. aa) Forderungsgebundene Rechte Für die Belastung gilt nichts anderes als für die Forderungsübertragung:301 Mit der Forderungsbelastung geht mithin, soweit nicht zulässigerweise etwas anderes vereinbart ist (vgl. §§ 401 Abs. 1, 1250 Abs. 2, 1153 Abs. 1 BGB), eine intra- oder 300 Zu den subjektiv-dinglichen Rechten zählen Überbau- und Notwegrenten (§§ 912 Abs. 2, 914 Abs. 3, 917 Abs. 2 S. 2 BGB), Grunddienstbarkeiten (§ 1018 BGB), subjektiv-dingliche Vorkaufsrechte (§ 1094 Abs. 2 BGB), subjektiv-dingliche Reallasten (§§ 1105 Abs. 2, 1110 BGB), Erbbauzinsreallasten (§ 9 ErbbauRG) und landesrechtliche subjektiv-dingliche Rechte, z. B. Fischereirechte (Art. 69 EGBGB); gleichgestellt sind das Erneuerungsvorrecht des Erbbauberechtigten (§ 2 Nr. 6 ErbbauRG) sowie der Heimfallanspruch des Eigentümers des Erbbaurechtsgrundstücks gem. §§ 2 Nr. 4, 3 ErbbauRG (NomosKomm (-Krause), BGB III4, § 876 Rn. 13) Nicht erfasst sind hingegen nachbarrechtliche Ansprüche auf Mitbenutzung von Grenzanlagen gem. § 922 S. 1 BGB (Erman (-Artz), BGB II15, § 876 Rn. 7; BeckOGK BGB (-Enders), Stand: 1.7.2019, § 876 Rn. 26.1). 301 Sofern eine bürgschaftsgesicherte Forderung verpfändet oder mit einem Nießbrauch belastet wird, folgt der zessionsrechtliche Schuldnerschutz des Bürgen (§§ 404–411 BGB) richtigerweise aus einer Analogie zu §§ 1070 Abs. 1, 1275 Var. 1 BGB (ohne methodische Begründung, aber i. E. auch Düringer/Hachenburg (-Hoeniger), HGB IV3, Vorbem. zu § 368 Anm. 54c). Diese Vorschriften regeln unmittelbar nur das Verhältnis zwischen dem Schuldner der nießbrauchsbelasteten bzw. verpfändeten Forderung und dem Nießbraucher/Pfandgläubiger; demgegenüber fehlt es sowohl im Regime des Forderungsnießbrauchs als auch im Regime des Forderungspfandrechts an einer Vorschrift, die das Verhältnis des Nießbrauchers/Pfandgläubigers der gesicherten Forderung und des Sicherungsgebers als Rechtsinhaber des mitbelasteten akzessorischen Nebenrechts ausgestaltet. Anders liegt es bei der Abtretung einer gesicherten Forderung, weil über § 412 BGB die §§ 404–411 BGB auch beim gesetzlichen Forderungsübergang – und hierzu zählt bekanntlich auch der Übergang einer Bürgschaftsforderung (§ 401 Abs. 1 BGB) – zugunsten des Bürgen eingreifen. Für die kraft Gesetzes erfolgende Erstreckung der Forderungsbelastung auf die mit der Forderung verbundenen Bürgschaften (§§ 1069 Abs. 1, 1274 Abs. 1 S. 1, 401 Abs. 1 BGB) kann aber nichts anderes gelten. Der Bürge ist hier in besonderer Weise schutzwürdig, weil diesem – im Gegensatz zum Schuldner der Hauptforderung – die Verpfändung der Hauptforderung gerade nicht anzuzeigen ist; ein Analogieschluss zu §§ 1070 Abs. 1, 1275 Var. 1 BGB ist deshalb geboten. Leistet der Bürge mithin nach § 407 Abs. 1 BGB (i. V. m. §§ 1070 Abs. 1, 1275 Var. 1 BGB) mit befreiender Wirkung an den Gläubiger, erwirbt er fraglos nach §§ 774 Abs. 1 S. 1, 412 BGB die Hauptforderung in unbelastetem Zustand (Düringer/Hachenburg (-Hoeniger), HGB IV3, Vorbem. zu § 368 Anm. 54c). Fraglich ist jedoch, ob hierdurch der Nießbrauch oder das Pfandrecht ersatzlos erlöschen. Schließt man sich der zutreffenden Ansicht an, die eine Fortsetzung des Pfandrechts am Leistungsgegenstand in entsprechender Anwendung des § 1287 S. 1 BGB bejaht, sofern der Schuldner einer verpfändeten Forderung mit befreiender Wirkung an den Gläubiger leistet, dürfte nichts anderes gelten, wenn der Bürge der verpfändeten Hauptforderung mit befreiender Wirkung an den Gläubiger leistet und demgemäß auch die Hauptforderung lastenfrei erwirbt (anders Düringer/Hachenburg (-Hoeniger), HGB IV3, Vorbem. zu § 368 Anm. 54c, die eine Pfandrechtssurrogation wegen Verstoßes gegen das Traditionsprinzip verneinen; dies überzeugt freilich schon deshalb nicht, weil natürlich auch die Sicherungshypothek gem. § 1287 S. 2 BGB ohne publizitätswirksame Verlautbarung entsteht). Anderenfalls wäre der Pfandgläubiger gegen das Risiko einer befreienden Leistung seitens des nicht von der Verpfändung in Kenntnis gesetzten Bürgen ungesichert, obschon der Pfandgläubiger hier schutzbedürftiger ist als im gesetzlich geregelten Fall, dass dieser gemeinschaftlich mit dem Gläubiger die Hauptforderung oder eine akzessorische Bürgschaft einzieht.
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interspezifische Belastung der forderungsgebundenen (dinglichen) Rechte und Sicherungsmittel einher. Dies gilt nicht nur dann, wenn das betreffende Nebenrecht bereits im Zeitpunkt der Bestellung des die Forderung belastenden Rechts besteht, sondern auch dann, wenn jenes nachträglich eingeräumt wird; der Nießbrauch und das Forderungspfandrecht erstrecken sich, ohne dass es einer entsprechenden Einigung oder gar eines publizitätswirksamen Aktes bedürfte, kraft Gesetzes auf forderungsgebundene Rechte. Dass das betreffende Nebenrecht nicht selbst als Verfügungsobjekt fungiert (accessorium sequitur principale), ändert an der Belastungskompatibilität nichts. Die Schöpfungskompetenz folgt aus dem führenden Recht und diese Schöpfungskompetenz steht gerade wegen des Akzessorietätsprinzips dem Gläubiger der gesicherten Forderung zu. Die inner- oder zwischenartliche Belastung forderungsgebundener Rechte wirkt sich dabei nicht nur dahingehend aus, dass die Ausschließungs- und Verfügungsbefugnis sowohl in Ansehung der Forderung als auch hinsichtlich der forderungsgebundenen Rechte beschränkt ist. Die dem Nießbraucher/Pfandgläubiger verliehene gemeinschaftliche oder ausschließliche Einziehungsermächtigung erstreckt sich kraft Gesetzes auf die Nebenrechte. Desgleichen werden die regulären Rechtsfolgen der Ausübung von mit der belasteten Forderung verbundenen Pfandrechten und Hypotheken in entsprechender Weise durch Surrogationsmechanismen korrigiert wie die der Einziehung der belasteten Forderung selbst.302 Wie freilich ein Blick auf das österreichische und das englische Recht lehrt, ist das im BGB statuierte Mitbelastungsgebot forderungsakzessorischer Rechte nicht alternativlos.303 Prinzipiell ist es unter Wahrung des Prinzips der Forderungsbindung denkbar, eine „inkongruente“ Verpfändung der gesicherten Forderung und des akzessorischen Rechts zu gestatten, zumal dem deutschen Recht Belastungsdivergenzen zwischen dem Haupt- und dem Nebenrecht nicht fremd sind.304 Ob hierin eine sinnvolle Rechtsgestaltung liegt, bedarf vertiefter Untersuchung.305 bb) Subjektiv-dingliche Rechte Ein gemischtes Bild zeigt sich bei der Belastung subjektiv-dinglicher Rechte i. S. v. § 96 BGB. Wegen der zwingenden Verbindung mit dem „führenden“ Recht könnte man geneigt sein, pauschal anzunehmen, dass sich alle Belastungen des Grundstückseigentums, eines Miteigentumsanteils und eines „grundstücksgleichen“ Rechts von selbst auf die mit diesen Rechten verknüpften Rechte (an anderen Grundstücken oder grundstücksgleichen Rechten) beziehen. Indes ist inso302 Vgl. §§ 1075, 1287 BGB. Wird eine durch ein oder mehrere Mobiliarpfandrechte gesicherte Forderung verpfändet, bedarf die Erlöszuordnung bei Verwertung des Sachpfandes einer koordinierten Anwendung der §§ 1247 S. 2, 1287 S. 1, 1288 Abs. 2 BGB; dies wirft einige noch ungelöste Detailfragen auf (§ 5 IV. 3. b) bb)). 303 Siehe § 5 II. 1. b), III. 1. b), III. 4. b). 304 Dies zeigt sich beim gutgläubigen Erwerb von Rechten an „forderungsentkleideten“ Hypotheken (§ 5 IV. 2. a)). 305 Siehe § 5 V. 3. a) bb).
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weit nach Art und Erscheinungsform des Rechtsbestandteils und des betreffenden Grundstücksrechts zu differenzieren. Wenngleich sich dies nicht ausdrücklich aus dem dritten Buch des BGB ergibt, ist bereits aus sachgesetzlichen Gründen zwischen „kongruenten“ und „inkongruenten“ Belastungen des führenden Rechts und seiner Bestandteile zu unterscheiden. Mit Rücksicht auf die rechtstypische Fixierung ist die zwischenartliche Belastungskompatibilität subjektiv-dinglicher Rechte nicht schrankenlos. Dies liegt nicht daran, dass einem grundstücksgebundenen Recht selbst keine „Schöpfungskompetenz“ innewohnt.306 Entscheidend ist, dass eine echte Belastung nach den vorstehenden Ausführungen nur dann vorliegt, wenn das konstituierte Recht in inhaltlicher, räumlicher und/oder zeitlicher Hinsicht an den Wirkungen des belasteten Rechts partizipiert, sich also die dem Belastungsgegenstand immanenten Befugnisse zu eigen macht. Soweit das betreffende Recht vom Zuweisungsgehalt eines mit dem belasteten Recht verbundenen weiteren Rechts gar nicht profitieren kann, schränkt sich folgerichtig weder die Ausschließungs- noch die Dispositionskompetenz des Inhabers des belasteten Hauptrechts ein. Ist dieser trotz der Belastung des Hauptrechts unter Ausschluss des Inhabers des belasteten Grundstücksrechts zur Ausübung des fraglichen subjektiv-dinglichen Rechts berechtigt, ist es nicht gerechtfertigt, seine Verfügungsbefugnis in Ansehung dieses Rechtsbestandteils einzuschränken: Besteht zwischen dem hauptrechtsbelastenden und dem hauptrechtsgebundenen Recht kein Belastungsverhältnis, ist insoweit für sachenrechtlichen Verfügungsschutz kein Raum. Dass der Inhaber eines das Eigentum belastenden Grundstücksrechts nur dann nicht der Aufhebung eines mit dem Grundstück verbundenen Rechte zustimmen muss, wenn die Aufhebung desselben das auf dem Grundstück ruhende Recht nicht „berührt“ (§ 876 S. 2, letzter Hs. BGB), besagt nichts anderes. In dem Tatbestandsmerkmal „berührt“ ist die logisch vorrangige Prüfung der Belastungskompatibilität des Rechtsbestandteils verschlüsselt.307 Denn die Aufhebung des 306 Um einen Eingriff in Rechte Dritter geht es bei der potentiellen Mitbelastung subjektivdinglicher Rechte nicht, weil der Inhaber derselben ja zugleich als Eigentümer (resp. als Inhaber eines grundstücksgleichen Rechts) berechtigt ist, an seinem Grundstück (resp. grundstücksgleichen Recht) die fraglichen Belastungen zu bestellen. Zu den wesensimmanenten Grenzen der rechtsgeschäftlichen Schöpfungskompetenz des Rechtsinhabers siehe § 2 II. 3. 307 In diese Richtung auch Rosenberg, BGB III/1, § 876 Anm. I. 2. a); Wolff/R aiser, Sachenrecht10, § 39 IV (S. 127) mit Fn. 7. Nach h. A. ist das auf dem aufzuhebenden subjektiv-dinglichen Recht lastende Recht nur dann nicht „berührt“ i. S. v. § 876 S. 2, letzter Hs. BGB, wenn jede rechtliche, nicht bloß eine wirtschaftliche Beeinträchtigung ausgeschlossen ist (BGH, Beschluss v. 14.6.1984 – V ZB 32/82, NJW 1984, S. 2409, 2410 m. w. N.; Erman (-Artz), BGB II15, § 876 Rn. 8; MünchKomm (-Kohler), BGB VII7, § 876 Rn. 6; Palandt (-Herrler), BGB78 , § 876 Rn. 3). Nichts anderes gilt für die inhaltliche Änderung eines unmittelbar belasteten oder eines mittelbar belasteten (subjektiv-dinglichen) Grundstücksrechts (vgl. auch §§ 1071 Abs. 2, 1276 Abs. 2 BGB). In entsprechender Weise wird das Tatbestandsmerkmal der „Betroffenheit“ i. S. v. § 19 GBO ausgelegt; maßgeblich ist, ob ein grundbuchmäßiges Recht rechtlich beeinträchtigt wird oder werden kann (BGH, Beschluss v. 14.6.1984 – V ZB 32/82, NJW 1984, S. 2409, 2410 m. w. N.; näher zur Bewilligungsberechtigung des Betroffenen Kuntze/Ertl/Herrmann/Eickmann (-Munzig), Grundbuchrecht6 , § 19 GBO Rn. 54–61). Im Grundsatz herrscht ein Gleichlauf zwischen mate-
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Belastungsgegenstandes „berührt“ das belastende Recht bei Lichte betrachtet maximalinvasiv: Dieses teilt das rechtliche Schicksal des belasteten Rechts, erlischt deshalb eo ipso und uno actu mit der Aufhebung seines Gegenstandes.308 Wäre das belastende Recht nun aber insoweit nicht mit Bestandsschutz ausgestattet, stünde es, was ersichtlich systemwidrig wäre, einer bloßen schuldrechtlichen Ausübungsermächtigung (i. S. v. §§ 1059 S. 2, 1092 Abs. 1 S. 2 BGB) gleich, obschon es doch als Sachenrecht konfiguriert ist.309 Deshalb unterliegt die Aufhebung belasteter Rechte an Grundstücken gem. § 876 S. 1 BGB ausnahmslos der Zustimmung der Inhaber der selbstständig auf dem Verfügungsobjekt lastenden Rechte.310 Anders liegt es nun aber bei der Aufhebung und anderen nicht auf Rechtserwerb gerichteten Verfügungen über subjektiv-dingliche Rechte, weil diese nicht notwendig von den das Eigentum belastenden Rechten am Grundstück erfasst sind.311 Mit Rücksicht riellem Recht und Verfahrensrecht: Sofern das materielle Recht die fragliche Verfügung an die Zustimmung des Drittberechtigten knüpft, bedarf es in grundbuchverfahrensrechtlicher Hinsicht der Eintragungsbewilligung des Drittberechtigten (BGH, Beschluss v. 14.6.1984 – V ZB 32/82, NJW 1984, S. 2409, 2410; Baur/Stürner, Sachenrecht18 , § 20 Rn. 49). Allerdings ist im Fall der Aufhebung subjektiv-dinglicher Rechte die verfahrensrechtliche Bewilligung des Drittberechtigten, dessen Zustimmung materiellrechtlich nach § 876 S. 2 BGB erforderlich ist, nur nach Maßgabe des § 21 GBO erforderlich, d. h. bei Eintragung eines nicht konstitutiven Herrschvermerks auf dem Grundbuchblatt des mit dem Drittrecht belasteten Grundstücks (Kuntze/Ertl/Herrmann/Eickmann (-Munzig), Grundbuchrecht6 , § 21 GBO Rn. 6). 308 Treffend Wolff/R aiser, Sachenrecht10 , § 39 IV (S. 127) in Fn. 7: „Ein Recht, das durch Zerstörung seines Objekts nicht berührt wird, gibt es nicht. Darin liegt das Irreleitende an dem Gedanken des § 876 Satz 2.“ 309 Zum mangelnden Bestandsschutz der Ausübungsermächtigung i. S. v. §§ 1059 S. 2, 1092 Abs. 1 S. 2 BGB siehe BGH, Urteil v. 18.12.1970 – V ZR 31/6, BGHZ 55, S. 111, 115–116; Jauernig (-Berger), BGB17, § 1059 Rn. 6; MünchKomm (-Pohlmann), BGB VII7, § 1059 Rn. 17; zu Zustimmungserfordernissen wegen mittelbarer Rechtsbeeinträchtigung näher § 3 II. 3. 310 Diese Vorschrift ist eine positivrechtliche Ausprägung des die gesamte Sachenrechtsordnung beherrschenden Rechtsgrundsatzes, dass über ein belastetes Recht nicht willkürlich zulasten des konstituierten Rechts verfügt werden kann (Staudinger (-Gursky), BGB (2012), § 876 Rn. 1). Folglich ist eine entsprechende Anwendung der Norm geboten, wenn das auf dem aufzuhebenden Recht ruhende Recht wiederum mit Rechten belastet ist, was zu einer unendlichen Kumulation von Zustimmungserfordernissen führen kann (vgl. BeckOK BGB (-Eckert), Stand: 1.5.2019, § 876 Rn. 8; MünchKomm (-Kohler), BGB VII7, § 876 Rn. 7; Planck (-Strecker), BGB III/1, § 876 Anm. 2 b; Staudinger (-C. Heinze), BGB (2018), § 876 Rn. 13, 18). 311 Wenngleich sich die Norm ausdrücklich nur auf die Aufhebung eines subjektiv-dinglichen Rechts in der „einstufigen“ Belastungskonfiguration, scil. der Belastung des Eigentums mit einem Grundstücksrecht bezieht, ist § 876 S. 2 BGB entsprechend anzuwenden, sofern subjektiv-dingliche Rechte mit einem anderen (grundstücksgleichen oder nicht grundstücksgleichen) Recht verbunden sind (siehe auch Habel, MittBayNot 1998, S. 315, 319; von Oefele/Winkler/Schlögel, Erbbaurecht6 , § 3 Rn. 31). Bspw. ist die auf dem Erbbaurecht lastende, mit dem Erbbaurechtsgrundstück zwingend verbundene Erbbauzinsreallast im Verhältnis zum „grundstücksgleichen“ Erbbaurecht ein dem jeweiligen Eigentümer eines anderen Grundstücks zustehendes Recht i. S. d. § 876 S. 2 BGB. Demgemäß unterliegt die Aufhebung, inhaltliche Änderung oder Rangänderung einer Erbbauzinsreallast gem. §§ 877, 876 S. 2 BGB (i. V. m. § 11 Abs. 1 S. 1 ErbbauRG) der Zustimmung der Grundpfandrechtsgläubiger am Erbbaurechtsgrundstück, erstrecken sich doch Hypotheken, Grund- und Rentenschulden und Reallasten ausweislich der Wertungen der §§ 1120, 1126 BGB (i. V. m. § 1192 Abs. 1 BGB) kraft Gesetzes auf eine mit dem Eigentum verbundene Reallast. Ob Verfügungen über die Erbbauzinsreallast der Zustimmung der Grundpfandrechtsgläubiger
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auf den Schutzzweck der Norm ist ein Analogieschluss zu § 876 S. 2 BGB geboten, wenn das Recht am herrschenden Grundstück wiederum in selbstständiger oder unselbstständiger Weise mit Rechten höheren Grades belastet ist.312 Aus dem einschränkenden letzten Halbsatz des § 876 S. 2 BGB ergibt sich zwar nicht ausam Erbbaurecht bedürfen, ist dagegen eine ganz andere Frage, die von § 876 S. 2 BGB nicht beantwortet wird, weil die Erbbauzinsreallast nicht mit dem Belastungsgegenstand der Rechte jener Gläubiger verknüpft ist. Allerdings werden die Zustimmungstatbestände der §§ 877, 876 BGB analog herangezogen, soweit es darum geht, mit einander auf gleicher Belastungsstufe rangierende Recht gegen inhaltserweiternde Verfügungen über gleich- und vorrangige Rechte zu „immunisieren“ (vgl. BGH, Beschluss v. 9.6.2016 – V ZB 61/15, NJW 2017, S. 728: Änderung einer Vormerkung zur Sicherung eines neuen Anspruchs auf Bestellung einer wertgesicherten Erbbauzinsreallast). 312 So auch Planck (-Strecker), BGB III/15, § 876 Anm. 2 b; Rosenberg, BGB III/1, § 876 Anm.I 5; Staudinger (-C. Heinze), BGB (2018), § 876 Rn. 13; a. A. Meikel (-Böttcher), GBO10, § 21 Rn. 14. Wie angerissen, entstehen kraft Belastung des Grundstückseigentums oder eines diesem verfügungstechnisch angepassten Rechts theoretisch unendlich lange Ketten „miteinander verzahnter“ subjektiv-dinglicher Rechte: Möglich sind Belastungskaskaden sowohl artgleicher als auch artverschiedener subjektiv-dinglicher Rechte; bei nicht selbstständig belastbaren Rechten ist wiederum zwischen innerartlicher und zwischenartlicher Belastungskompatibilität zu unterscheiden. Die möglichen Phänomene mehrstufiger mittelbarer Belastungen artverschiedener (subjektiv-dinglicher) Rechte sind vielfältig. So erstreckt sich z. B. ein dingliches Vorkaufsrecht auf alle Rechtsbestandteile des Grundstücks einschließlich einer dem jeweiligen Eigentümer dieses Grundstücks zustehenden Reallast (vgl. Kuntze/Ertl/Herrmann/Eickmann (-Eickmann), Grundbuchrecht6 , § 9 GBO Rn. 8; Meikel (-Böttcher), GBO10, § 21 Rn. 12; Staudinger (-C. Heinze), BGB (2018), § 876 Rn. 22), die ihrerseits eine mit dem belasteten Grundstück verbundene Reallast an einem dritten Grundstück „mitbelastet“, welche sich auf eine Grunddienstbarkeit, eine Überbau- oder Notwegrente oder ein landesrechtliches Fischereirecht an einem vierten Grundstück bezieht. Mehrstufige mittelbare Belastungen artidentischer Typen subjektiv-dinglicher Rechte sind gleichfalls möglich. Schließt man sich der Ansicht an, dass sich eine Reallast auf mit dem belasteten Grundstückseigentum verbundene Rechte einschließlich subjektiv-dinglicher Reallasten (§ 1105 Abs. 2 BGB) erstreckt (Kuntze/Ertl/Herrmann/Eickmann (-Eickmann), Grundbuchrecht6 , § 9 GBO Rn. 8; Staudinger (-C. Heinze), BGB (2018), § 876 Rn. 21), lässt sich aber nicht bloß eine „doppelstöckige“ Reallast, sondern geradezu ein „babylonischer Turmbau“ subjektiv-dinglicher Reallasten denken. Dieser setzt lediglich voraus, dass die einzelnen Reallasten jeweils einem Grundstück zugeordnet sind und jedes einzelne Grundstück seinerseits mit einer zugunsten eines anderen Grundstücks bestellten Reallast belastet ist. Auf den Inhalt der Reallasten kommt es nicht an, da mit dem belasteten Eigentum verbundene Rechte für die bestimmungsgemäße Verwirklichung der eigentumsbelastenden Reallast im Wege der Zwangsvollstreckung generell förderlich sind. Wenn die wohl h. A. ferner davon ausgeht, dass sich ein dingliches Vorkaufsrecht insbes. auch auf die mit dem belasteten Grundstückseigentum verbundenen Vorkaufsrechte (§§ 1094 Abs. 2, 96 BGB) erstrecke, weil dies dem Vorkaufsberechtigten ja einen „doppelten“ Vorkauf ermögliche (Kuntze/Ertl/Herrmann/Eickmann (-Eickmann), Grundbuchrecht6 , § 9 GBO Rn. 8; Staudinger (-C. Heinze), BGB (2018), § 876 Rn. 22 m. w. N.), muss sich das Vorkaufsrecht folgerichtig auf subjektiv-dingliche Vorkaufsrechte beziehen, die mit Grundstücken verbunden sind, die durch die mit dem „unmittelbar“ belasteten Grundstückseigentum verknüpften Vorkaufsrechte belastet sind. Ebenso wie bei subjektiv-dinglichen Reallasten ist unter der vorangestellten Prämisse eine potenziell unendliche Kette miteinander verzahnter subjektivdinglicher Vorkaufsrechte möglich. Eine sich aus Grunddienstbarkeiten zusammensetzende Belastungspyramide ist gleichfalls konstruktionsjuristisch denkbar, wenn auch, wie noch in § 8 II. zu zeigen sein wird, nur in den Ausnahmsfällen, in denen die mit dem dienenden Grundstück verbundene Dienstbarkeit für die auf dem dienenden Grundstück lastende (Grund-)Dienstbarkeit tatsächlich von Einfluss ist.
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drücklich, dass mit dem Eigentum verbundene subjektiv-dingliche Rechte Belastungs- und/oder Ausübungsgegenstand des eigentumsbelastenden Rechts sind; das Gesetz spricht einmal mehr unscharf von dem mit dem Recht eines Dritten belasteten Grundstück. Andererseits folgt hieraus e contrario, dass sich Grundstücksrechte potentiell auf eigentumsgebundene Rechte erstrecken, wären jene doch anderenfalls niemals durch die Aufhebung subjektiv-dinglicher Rechte „berührt“. Mit Rücksicht auf den Wortlaut und die Entstehungsgeschichte der Norm wird in Rechtsprechung und Lehre eine extensive Auslegung favorisiert; maßgeblich ist eine rechtliche, nicht eine wirtschaftliche Betrachtungsweise. Im Grundsatz herrscht Einigkeit, dass die Aufhebung eines subjektiv-dinglichen Rechts das Recht am Grundstück nur dann nicht „berührt“, wenn jenes Recht für dieses Rechts völlig unerheblich ist,313 was zu nuancierten, teilweise strittigen Differenzierungen je nach Art des lastenden Rechts und des aufzuhebenden subjektiv-dinglichen Rechts führt. Jedenfalls kommt es nach einhelliger Ansicht nicht auf einen allfälligen Ausfall in der Zwangsvollstreckung infolge der mit der Aufhebung subjektiv-dinglicher Rechte verbundenen Wertminderung des Grundstücks an, verbliebe für § 876 S. 2, letzter Hs. BGB doch kein Anwendungsbereich, wenn allein dieses Ausfallrisiko die Zustimmungsbedürftigkeit auslösen würde.314 Dies ist zwar richtig, aber nicht der springende Punkt. Maßgeblich ist, dass ein Recht am Grundstück durch das mit der Aufhebung subjektiv-dinglicher Rechte verbundene Risiko des Ausfalls in der Zwangsversteigerung nur dann „berührt“ ist, wenn jenes Recht bestimmungsgemäß auf Befriedigung aus dem Grundstück einschließlich seiner Bestandteile im Wege der Zwangsvollstreckung abzielt.315 313
Nachweise in Fn. 307. Beschluss v. 14.6.1984 – V ZB 32/82, NJW 1984, S. 2409, 2410 m. w. N.; Meikel (-Böttcher), GBO10, § 21 Rn. 11; Staudinger (-C. Heinze), BGB (2018), § 876 Rn. 20. 315 Anerkannt ist denn auch, dass die Aufhebung subjektiv-dinglicher Rechte jedenfalls „regelmäßig“ der Zustimmung der Hypotheken-, Grundschuld- und Reallastgläubiger bedarf; abgestellt wird insoweit darauf, dass subjektiv-dingliche Rechte als „sonstige Bestandteile“ von Grundpfandrechten gem. § 1120 BGB (i. V. m. §§ 1192 Abs. 1, 1107 BGB) erfasst würden (siehe OLG Jena, Beschluss v. 29.6.2012 – 9 W 263/12, juris Rn. 6; BeckOGK BGB (-Enders), Stand: 1.7.2019, § 876 Rn. 28; Hutzel, ZfIR 2013, S. 402, 403; Kuntze/Ertl/Herrmann/Eickmann (-Eickmann), Grundbuchrecht6 , § 9 GBO Rn. 8; Meikel (-Böttcher), GBO10, § 21 Rn. 10; MünchKomm (-Kohler), BGB VII7, § 876 Rn. 6; BeckOK GBO (-Wilsch), Stand: 1.6.2019, § 9 GBO Rn. 16; Erman (-Artz), BGB II14, § 876 Rn. 8; Palandt (-Herrler), BGB78 , § 876 Rn. 3; Ulbrich, MittRhNotK 1989, S. 289, 294). Demgegenüber „berührt“ die mit der Aufhebung subjektiv-dinglicher Rechte verbundene Gefahr eines Ausfalls in der Zwangsversteigerung sonstige das herrschende Grundstück belastende Rechte nicht. Zunächst hängt der Fortbestand des auf dem Grundstück lastenden Rechts bei etwaiger Zwangsversteigerung davon ab, ob es nach Maßgabe der Versteigerungsbedingungen bestehen bleibt oder durch Zahlung zu decken ist. Dies hat nichts damit zu tun, ob das versteigerte Grundstück mit subjektiv-dinglichen Rechten verbunden ist oder nicht; eine allfällige vorherige Aufhebung subjektiv-dinglicher Rechte ist für das rechtliche Schicksal der auf dem herrschenden Grundstück lastenden Rechte in der Zwangsvollstreckung bedeutungslos. Dies versteht sich für bestehenbleibende Rechte am versteigerten Grundstück von selbst, gilt aber gleichermaßen für kraft Zuschlags gem. § 91 Abs. 1 ZVG erlöschende Rechte. Eine eventuelle vorherige Aufhebung subjektiv-dinglicher Rechte verschlechtert bei Lichte betrachtet nicht die dingliche Rechtsstellung am Grundstück, sondern vermindert allenfalls – infolge des Wertverlusts des Grundstücks – 314 BGH,
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Dies lässt sich generalisieren: Das Zustimmungserfordernis zu nicht auf Rechtserwerb gerichteten Verfügungen über subjektiv-dingliche Rechte gilt immer dann, wenn der rechtstypische Zuweisungsgehalt des fraglichen Grundstücksrechts das subjektiv-dingliche Recht in seiner konkret-individuellen Ausgestaltung einschließt und deshalb dessen Fortbestand für die Verwirklichung des Rechts am Grundstück in sachenrechtlicher Hinsicht irgendwie relevant ist. Aus Gründen systematischer Kohärenz ist es nur unter dieser Prämisse gerechtfertigt, das betreffende Grundstücksrecht in Ansehung des subjektiv-dinglichen Rechts mit bestandsschützenden Mechanismen auszustatten. Mit Blick auf den intrasystematischen Zusammenhang mit § 876 S. 1 BGB hängt die Zustimmungsbedürftigkeit davon ab, dass kraft Belastung des Eigentums das aufzuhebende subjektiv-dingliche Recht dem Willen des Inhabers des das Eigentum belastenden Rechts unterworfen ist, m. a. W. Haupt- und Nebenrecht einheitlich belastet sind, was in wertungskohärenter Auslegung und Fortbildung der lex lata für jede denktheoretisch mögliche Belastungskonfiguration subjektiv-dinglicher Rechte zu überprüfen ist. Auch wegen der Möglichkeit eines Dispenses vom Zustimmungserfordernis (vgl. § 120 Abs. 2 Nr. 2 EGBGB) sind die Anforderungen an die Feststellung der sachenrechtlichen Relevanz des subjektiv-dinglichen Rechts für das Recht am Grundstück niedrig anzusetzen.316 einen kraft unmittelbarer Surrogation entstehenden Geldanspruch am Versteigerungserlös. Letzteres ist ein Recht anderen Inhalts und anderer Qualität als das erloschene Grundstücksrecht. Wollte man nun aber allein das latente Ausfallrisiko in der Zwangsversteigerung genügen lassen, um das Zustimmungserfordernis zu aktivieren, würde sich die Beschränkung der Befugnisse des Eigentümers allein in der durch das Zustimmungserfordernis restringierten Verfügungsbefugnis über subjektiv-dingliche Rechte äußern. Dafür besteht kein sachlich einleuchtender Grund, zumal dies ersichtlich der Intention der Gesetzesverfasser zuwiderliefe. Angesichts dessen ist die allgemein konsentierte Auslegung des Tatbestandsmerkmals „berührt“ i. S. d. § 876 S. 2, letzter Hs. BGB dogmatisch plausibel und darüber hinaus auch aus Gründen der Rechtssicherheit einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise überlegen. 316 Das bundeseinheitlich bestimmte Bestandsschutzsystem der Rechte an Grundstücken und Rechte an Grundstücksrechten wird durch nach Art. 120 EGBGB zulässige landesrechtliche Bestimmungen über die Erteilung sog. Unschädlichkeitszeugnisse eingeschränkt. Zwecks Erleichterung des Rechtsverkehrs soll das belastete Eigentum in den von Art. 120 EGBGB erfassten Fällen von belastenden Rechte unter der Voraussetzung, dass sich dies für die betroffenen Rechtsinhaber unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten als „unschädlich“ erweist, freigestellt werden können (vgl. Staudinger (-Mittelstädt), BGB (2018), Art. 120 EGBGB Rn. 1). Das Unschädlichkeitszeugnis wird auf Antrag von der nach Landesrecht bestimmten Behörde erteilt; die Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs der „Unschädlichkeit“ durch die Behörde ist seitens der Gerichte voll überprüfbar, ein Beurteilungsspielraum wird also nicht anerkannt. Art. 120 Abs. 1 EGBGB regelt den Fall, dass bei Veräußerung eines abzuschreibenden Teiles eines Grundstücks das zu übertragende neue Grundstück kraft Erteilung eines Unschädlichkeitszeugnisses von den Belastungen befreit werden kann, die sich nach allgemeinen Regeln bei der Teilung an allen neu entstehenden Grundstücken in Form von Gesamtrechten fortsetzen. Als unschädlich wird die Veräußerung eines Teils des Grundstücks für die Inhaber der belastenden Grundstücksrechte allgemein dann angesehen, wenn der Wert des Teilgrundstücks 10 % des ehemaligen Gesamtgrundstücks nicht überschreitet; auf den Restwert des nicht veräußerten Teils kommt es grundsätzlich nicht an. Wird das Unschädlichkeitszeugnis erteilt, sind die Aufhebung des belastenden Rechts (§ 875 BGB) und die hierzu ggf. erforderliche Mitwirkung Dritter, denen Rechte an
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Der durch den Zustimmungstatbestand garantierte Bestandsschutz ist mithin das Korrelat einer rechtlich anerkannten Herrschaftsmacht über das subjektiv-dinglichen Recht, die mit einer Einschränkung des Eigentums (Hauptrechts) einhergeht. Ohne sachenrechtlichen Bestandsschutz hinsichtlich des Nebenrechts entbehrte das Recht am Grundstück insoweit dinglicher Qualität und umgekehrt kann es sachenrechtlichen Bestandsschutz nicht ohne eine Einschränkung der Ausschließungskompetenz des Eigentümers (Hauptrechtsinhabers) geben. Ist hingegen der Rechtskreis des Hauptrechtsinhabers qua Belastung des Hauptrechts unter keinem denkbaren Gesichtspunkt hinsichtlich des subjektiv-dinglichen Rechts zugunsten des Inhabers des hauptrechtsbelastenden Rechts eingeschränkt, wäre es widersprüchlich, dem Inhaber eines hauptrechtsbelastenden Rechts gleichwohl Verfügungsschutz zukommen zu lassen. Im Folgenden soll nur querschnittsartig aufgezeigt werden, unter welchen Voraussetzungen sich die jeweiligen eigentumsbzw. hauptrechtsbelastenden Rechte am Grundstück auf dessen Bestandteile i. S. d. § 96 BGB erstrecken, mithin das Hauptrecht und das fragliche subjektiv-dingliche Recht einheitlich belasten (kongruente Belastungen) und in welchen Konstellationen das subjektiv-dingliche Recht von der Belastung ausgenommen bleibt (inkongruente Belastungen).317 Andererseits ist im Gegensatz zu forderungsgebundenen Rechten selbst kraft gutgläubigen Erwerbs eine gespaltene Belastung nur des subjektiv-dinglichen Rechts ohne das Hauptrecht nicht möglich. (1) Inkongruente Belastungen Eine inkongruente Belastung des Eigentums und der mit dem Grundstück verbundenen sonderrechtsunfähigen Rechte i. S. v. § 96 BGB findet richtigerweise allenfalls durch beschränkte Nutzungs- und Herrschaftsrechte an fremden Grundstücken statt.318 Zwischen den einzelnen Arten und Erscheinungsformen derselben und den dem aufzuhebenden Recht zustehen (§§ 876, 1071 Abs. 1, 1276 Abs. 1 BGB), entbehrlich. Nach Art. 120 Abs. 2 Nr. 1 EGBGB kann die Teilung eines mit einer Reallast belasteten Grundstücks ferner dadurch erleichtert werden, dass die Reallast – die sich wiederum als Gesamtreallast an den neu entstehenden Grundstücken unter gesamtschuldnerischer Haftung der Eigentümer hinsichtlich des persönlichen Anspruchs auf die Einzelleistungen (§ 1108 Abs. 2 BGB) fortsetzen würde – auf die einzelnen Grundstücke aufgeteilt wird. Weiter kann die nach § 876 S. 2 BGB erforderliche Zustimmung der Inhaber der das herrschende Grundstück belastenden Rechte im Fall der Aufhebung subjektiv-dinglicher Rechte gem. Art. 120 Abs. 2 Nr. 2 EGBGB ersetzt werden (MünchKomm (-Säcker), BGB XII7, Art. 120 EGBGB Rn. 4; Staudinger (-Mittelstädt), BGB (2018), Art. 120 EGBGB Rn. 27–33). Auch hier kommt es auf eine wirtschaftliche Betrachtungsweise an. Insbesondere kann die aufgrund der Verminderung des Belastungsgegenstandes stets gegebene sachenrechtliche Beeinträchtigung kompensiert werden. Schließlich kann die Erstreckung des Haftungsverbands der Hypothek auf Versicherungsforderungen (§ 1128 BGB) und die in Art. 52 EGBGB genannten Forderungen nach Art. 120 Abs. 2 Nr. 3 EGBGB durch die Erteilung eines Unschädlichkeitszeugnisses aufgehoben werden. 317 Auf die eingehenden Detailanalysen der (wechselseitigen) Belastbarkeit subjektiv-dinglicher Rechte im zweiten und dritten Teil (§§ 4–11) sei Bezug genommen. 318 Mit beschränkten Nutzungs- und Herrschaftsrechte an Grundstücken an Grundstücken sind hier positive und negative Grunddienstbarkeiten, beschränkte persönliche Dienstbarkeiten, Nießbrauch, Erbbaurecht und dingliches Wohnungsrecht gemeint; ähnlich von Bar, Gemein-
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jeweiligen subjektiv-dinglichen Rechten ist allerdings im Detail zu unterscheiden. Allgemein wird angenommen, dass die Aufhebung einer Grunddienstbarkeit nur dann der Zustimmung des Inhabers eines auf dem herrschenden Grundstück ruhenden Nutzungsrechts unterliege, wenn der Bestand der aufzuhebende Grunddienstbarkeit das betreffende Nutzungsrecht „irgendwie fördere“ oder diesem „zugutekomme“.319 (a) Belastungswirkung des Nießbrauchs Weil dem Nießbraucher alle Nutzungen des herrschenden Grundstücks einschließlich der aus einer Grunddienstbarkeit resultierenden Früchte und Gebrauchsvorteile aus eigenem Recht zustehen, ist dessen Rechtsstellung grundsätzlich immer berührt, wenn eine Grunddienstbarkeit aufgehoben wird.320 Nichts anderes soll für subjektiv-dingliche Reallasten gelten; die einzelnen Leistungen gebühren dem Nießbraucher als Rechtsfrüchte i. S. v. § 99 Abs. 3 BGB (vgl. § 1073 BGB).321 Soweit einhellig angenommen wird, ein Nießbrauch werde durch die Aufhebung eines subjektiv-dinglichen Vorkaufsrechts, da dieses keine Nutzungen generiert, nicht berührt,322 überzeugt dies nur im Ergebnis. Dass ein Recht keine Früchte i. S. v. § 99 Abs. 3 BGB generiert, steht der Belastbarkeit mit einem Nießbrauch mit Rücksicht auf die legislatorische Ausgestaltung des Forderungsnießbrauchs (§§ 1074– 1079 BGB) nicht per se entgegen.323 Selbst an einem veräußerlichen Ankaufs-, Vorkaufs- oder Wiederkaufsrecht ließe sich theoretisch ein „uneigentlicher“ Nießbrauch in Analogie zu §§ 1074, 1075 BGB konfigurieren, zumal das dingliche Vorkaufsrecht nicht anders als ein (aufschiebend bedingter) Auflassungsanspruch auf Erwerb einer nießbrauchsfähigen Sache, d. h. eines Grundstücks (resp. eines Miteigentumsanteils oder eines grundstücksgleichen Rechts) gerichtet ist. europäisches Sachenrecht I, Rn. 389–409, 446–466, der der zu den „beschränkten Herrschaftsrechten“ noch verfügungsbeschränkende Rechte einschließlich der Vormerkung rechnet. Demgegenüber wird der Nießbrauch als primär zeitlich begrenztes Recht an allen nutzungsfähigen Sachen aus der Kategorie der Rechte auf Gebrauch eines Grundstücks ausgegrenzt (von Bar, Gemeineuropäisches Sachenrecht I, Rn. 363). 319 Erman (-Artz), BGB II15, § 876 Rn. 8; BeckOK GBO (-Wilsch), Stand: 1.6.2019, § 9 GBO Rn. 16; Staudinger (-C. Heinze), BGB (2018), § 876 Rn. 23 m. w. N. 320 Vgl. Baur/Stürner, Sachenrecht18 , § 33 Rn. 35; BeckOK GBO (-Wilsch), Stand: 1.6.2019, § 9 GBO Rn. 16; Kuntze/Ertl/Herrmann/Eickmann (-Eickmann), Grundbuchrecht6 , § 9 GBO Rn. 8; Meikel (-Böttcher), GBO10, § 21 Rn. 12. Auch in Österreich erstreckt sich ein Fruchtgenussrecht (§ 509 ABGB) unstreitig auf die mit der Liegenschaft verbundenen Grunddienstbarkeiten (vgl. OGH 14.7.2005 – 6 Ob 140/05i, ecolex 2005, S. 836); für das französische Recht ist die Befugnis des usufruitier, die mit dem dienenden Grundstück verbundenen Dienstbarkeiten (servitudes) auszuüben, in Art. 597 c.civ. sogar ausdrücklich normiert. 321 Kuntze/Ertl/Herrmann/Eickmann (-Eickmann), Grundbuchrecht6 , § 9 GBO Rn. 8. 322 So bereits Mot. III, S. 464; Kuntze/Ertl/Herrmann/Eickmann (-Eickmann), Grundbuchrecht6 , § 9 GBO Rn. 8; Meikel (-Böttcher), GBO10, § 21 Rn. 12; Planck (-Brodmann), BGB III/15, § 1030 Anm. I 4; Staudinger (-C. Heinze), BGB (2018), § 876 Rn. 23. 323 Eingehend zur „interfamiliären“ Erstreckung eines Grundstücksnießbrauchs auf ein subjektiv-dingliches Vorkaufsrecht § 10 II. 2. a).
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Maßgeblich ist – was an dieser Stelle nur angerissen werden soll – die rechtstypische Struktur des Grundstücksnießbrauchs: Dieser wird bestimmungsgemäß durch Besitz und Nutzung des Grundstücks verwirklicht (§§ 1030 Abs. 1, 1036 Abs. 1 BGB); der Zweck desselben liegt nicht darin, an einem anderen Grundstück einen Nießbrauch oder gar Eigentum zu erwerben. Weil dieser „eigentliche“ Nießbrauch nicht mit einer „Dispositionsbefugnis“ ausgestattet ist, steht dem Nießbraucher weder eine Einziehungsermächtigung hinsichtlich des subjektiv-dinglichen Vorkaufsrechts noch gar eine Verpflichtungs- oder Erwerbsermächtigung in Analogie zu § 185 Abs. 1 BGB zu, vermöge derer der Nießbraucher als gesetzlicher Vertreter des Eigentümers des herrschenden Grundstücks das Vorkaufsrecht gem. §§ 1098 Abs. 1 S. 1, 464 Abs. 1 BGB ausüben, die Auflassung erklären und den für die Eintragung erforderlichen Antrag gem. § 19 GBO stellen kann. Ist der Nießbraucher an der Nutzung des vorkaufsrechtsbefangenen Grundstücks interessiert, kann er sich an diesem Grundstück obligatorische und/oder dingliche Rechte einräumen lassen. Wird darauf verzichtet, kann der Nießbraucher nicht darauf vertrauen, kraft Ausübung eines mit dem Nießbrauchsgrundstück verbundenen Vorkaufsrechts einen Nießbrauch an einem ganz anderen Grundstück zu erwerben.324 (b) Belastungswirkungen beschränkter Gebrauchs- und Herrschaftsrechte Anders liegt es bei beschränkten Gebrauchs- und Herrschaftsrechten an fremden Grundstücken, d. h. Grunddienstbarkeiten, beschränkten persönlichen Dienstbarkeiten, Erbbaurechten und Dauerwohn- und Dauernutzungsrechten. So ist es zwar nicht per se ausgeschlossen, dass sich diese auf subjektiv-dingliche Rechte des dienenden Grundstücks erstrecken.325 Indes ist dies die Ausnahme; die Aufhebung von mit dem dienenden Grundstück verbundenen Rechten i. S. v. § 96 BGB ist für die Rechtsstellung von Dienstbarkeitsberechtigten im Normalfall belanglos.326 Einschlägige Rechtsprechung ist rar. Auch in der Literatur werden, wenn über324 Soweit vereinzelt angenommen wird, dass das Grundstück als „Entität“ einschließlich des dinglichen Vorkaufsrechts Belastungsgegenstand des Nießbrauchs sei (Staudinger (-C. Heinze), BGB (2017), § 1030 Rn. 10), kann dem nicht gefolgt werden. Wenn der Eigentümer trotz des Sachnießbrauchs nach Belieben das subjektiv-dingliche Vorkaufsrecht auszuüben und aufzuheben vermag, kann von einer Belastung desselben keine Rede sein; es liegt mithin eine Belastung des Grundstückseigentums mit Ausnahme eines Grundstücksbestandteils, d. h. eine inkongruente Belastung vor. 325 BeckOK BGB (-Eckert), Stand: 1.5.2019, § 876 Rn. 21; Kuntze/Ertl/Herrmann/Eickmann (-Eickmann), Grundbuchrecht6 , § 9 GBO Rn. 8; Meikel (-Böttcher), GBO10, § 21 Rn. 11; Rosenberg, BGB III/1, § 876 Anm. 1 2 a); Staudinger (-C. Heinze), BGB (2018), § 876 Rn. 23. 326 Prononciert Mot. III, S. 464: „Im Falle der mittelbaren Belastung, also bei der rechtsgeschäftlichen Aufhebung von subjektiv-dinglichen Vorkaufsrechten, Grunddienstbarkeiten und Reallasten bleibt die Möglichkeit, daß das Grundstück mit Rechten, insbesondere Gebrauchsrechten, belastet ist, für deren Verwirklichung der Fortbestand des aufzuhebenden Rechtes ohne jede Bedeutung ist. In solchen Fällen werden die aufzuhebenden Rechte in Wirklichkeit von der mittelbaren Belastung überall nicht getroffen.“ Siehe auch Rosenberg, BGB III/1, § 876 Anm. 1 2 a); Staudinger (-C. Heinze), BGB (2018), § 876 Rn. 23.
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haupt, nur wenige theoretische Fallbeispiele identifiziert.327 Wie noch zu begründen sein wird, kommt eine unselbstständige Belastung von Grunddienstbarkeiten mittels Grunddienstbarkeiten und beschränkten persönlichen Dienstbarkeiten nur dann in Betracht, wenn eine sachlich-funktionale Kongruenz im Rechtsinhalt gegeben ist und das zulässige Benutzungsmaß nicht durch die Erstreckung der Dienstbarkeit auf die mit dem dienenden Grundstück verbundene Dienstbarkeiten überschritten wird (§ 1019 S. 2 BGB).328 Prinzipiell gilt nichts anderes für Erbbaurechte und Dauerwohn- und Dauernutzungsrechte an dem „berechtigten“ Grundstück. Andererseits werden subjektiv-dingliche Reallasten (§§ 1105 Abs. 2, 1110 BGB) und subjektiv-dingliche Vorkaufsrechte (§ 1094 Abs. 2 BGB) m. E. ebenso wenig wie (reallastähnliche) Notweg- und Überbaurenten (§§ 914, 917 Abs. 2 S. 2 BGB) von Dienstbarkeiten, Erbbaurechten und Dauerwohn- und Dauernutzungsrechten am berechtigten Grundstück erfasst. Auf die konkret-individuelle Ausgestaltung des beschränkten Gebrauchs- und Herrschaftsrechts am berechtigten Grundstück kommt es entgegen einer teilweise vertretenen Ansicht nicht an. Selbst soweit eine mit dem dienenden Grundstück verbundene Reallast eine Pflicht zur Unterhaltung einer für die Dienstbarkeit relevanten Anlage oder Fläche des dienenden Grundstücks sichert,329 folgt aus der reflexhaften Begünstigung des Dienstbarkeitsberechtigten nicht, dass die Verfügungsbefugnis des Reallastgläubigers als Eigentümer des dienenden Grundstücks zugunsten des Dienstbarkeitsberechtigten beschränkt ist.330 Unter Schutzzweckgesichtspunkten ist es nicht veranlasst, nicht auf Rechtserwerb gerichtete Verfügungen über subjektiv-dingliche Rechte der Zustimmung eines Dienstbarkeitsberechtigten am berechtigten Grundstück 327 Es werden meistens nur „negative“ Beispiele aufgezeigt, in denen sich Dienstbarkeiten fraglos nicht auf die mit dem dienenden Grundstück verbundenen Rechte erstrecken, siehe Rosenberg, BGB III/1, § 876 Anm. 1 2 a) mit dem Beispiel, dass die Aufhebung einer Weidegerechtigkeit weder das Erbbaurecht noch ein Aussichtsrecht oder ein Wegerecht noch das Wohnungsrecht gem. § 1093 BGB beeinträchtige; vergleichbares Beispiel bei Staudinger (-C. Heinze), BGB (2018), § 876 Rn. 23. Positive Beispiele für Erstreckung von Dienstbarkeit auf Grunddienstbarkeiten liefern MünchKomm (-Mohr), BGB VII7, § 1027 Rn. 4; NomosKomm (-Otto), BGB III4, § 1027 Rn. 7; Staudinger (-Weber), BGB (2017), § 1027 Rn. 5: Erstreckung von dinglichen Wohnungsrechten, Stellplatznutzungsrechten und anderen Benutzungsdienstbarkeiten auf ein mit dem dienenden Grundstück verbundenen Wegerecht in Form einer Grunddienstbarkeit; aufgrund dieser Mitbelastung ist auch der Inhaber der belastenden Dienstbarkeit berechtigt, bei Beeinträchtigung des Wegerechts die einschlägigen Abwehrbefugnisse gem. §§ 1027, 1004 BGB geltend zu machen. 328 Siehe § 8 II. 329 Bekanntlich kann eine Reallast zur „Unterhaltung“ eines Bauwerks, einer Tiefgarage, eines Wegs, eines Zauns, einer Brücke oder einer anderen (baulichen) Anlage oder der Übernahme der Kosten hierfür bestellt werden, wobei die Unterhaltungsverpflichtung keinen Bezug zum belasteten Grundstück aufweisen muss (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss v. 20.1.2004 – 3 Wx 262/03, NJW-RR 2004 S. 811, 812). 330 So aber Staudinger (-C. Heinze), BGB (2018), § 876 Rn. 23; BeckOK GBO (-Wilsch), Stand: 1.6.2019, § 9 GBO Rn. 16; Rosenberg, BGB III/1, § 876 Anm. 1 2 a) schließt zumindest nicht aus, dass Dienstbarkeiten im Einzelfall durch Aufhebung einer subjektiv-dinglichen Reallast berührt werden; ebenso Meikel (-Böttcher), GBO10, § 21 Rn. 12; zutreffend dagegen Planck (-Strecker), BGB III/15, § 876 Anm. 8.
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zu unterstellen, wenn sich der Bestand des aufzuhebenden bzw. zu modifizierenden Rechts auf die dem Dienstbarkeitsberechtigten zugewiesenen beschränkten Gebrauchs- und/oder Herrschaftsbefugnisse lediglich rechtlich neutral auswirkt. Weil die einzelnen Leistungen aus der Reallast unbeschadet der Rechte des Dienstbarkeitsberechtigten ausschließlich dem Eigentümer gebühren, verbietet es sich aus Gründen systematischer Kohärenz, Verfügungen über das Stammrecht gleichwohl an ein funktionsloses Zustimmungserfordernis zu knüpfen.331 Überdies steht ja dem Dienstbarkeitsberechtigten, soweit sein Recht durch einen Notweg oder einen Überbau auf dem dienenden Grundstück beeinträchtigt ist, de iure proprio eine (reallastähnliche) Notweg- bzw. Überbaurente zu (§§ 916, 914 Abs. 3, 917 Abs. 2 S. 2 BGB), die in Analogie zu § 96 BGB als Bestandteil der Dienstbarkeit gilt. Zumindest in dieser gesetzlich geregelten Konstellation liefe es daher entweder auf eine unnötige Rechtsverdoppelung oder eine ungerechtfertigte Erweiterung des Umfangs der Dienstbarkeit hinaus, wenn sich diese auf die mit dem Eigentum am dienenden Grundstück verbundenen Notweg- und Überbaurenten erstreckt. Wenn nun aber in den expressis verbis geregelten Fallkonstellationen des Nachbarrechts den Inhabern von Dienstbarkeiten, Erbbaurechten und Dauerwohnrechten ein reallastähnliches Rentenrecht zugewiesen wird, streitet dies dafür, dass für die mit dem belasteten Grundstück verbundenen Reallasten nicht anders zu entscheiden ist. Auch diese werden kraft Gesetzes ausschließlich vom Nießbrauch sowie von Zuordnungsänderungsrechten 332 erfasst, nicht hingegen von beschränkten Gebrauchs- und Herrschaftsrechten. Auch eine Dienstbarkeit, deren Ausübung indirekt durch eine mit dem dienenden Grundstück verbundene Reallast an einem anderen Grundstück gefördert wird, weil der Eigentümer dieses Grundstücks zur Unterhaltung der für die Grunddienstbarkeit relevanten Anlagen oder Grundstücksflächen verpflichtet ist, verleiht dem Berechtigten keine Befugnis zur Ausübung der Reallast. Insbesondere ist der Dienstbarkeitsberechtigte nicht berechtigt, den jeweiligen Eigentümer des dritten Grundstücks persönlich in Anspruch zu nehmen (§ 1108 BGB) und/ oder wegen rückständiger Leistungen die Zwangsvollstreckung in das Grundstück zu betreiben (§§ 1107, 1147 BGB). Das Gesetz schützt vielmehr das Unterhaltungsinteresse des Dienstbarkeitsberechtigten dann, wenn eine entsprechende Unterhaltungspflicht des Eigentümers des dienenden Grundstücks vereinbart wird oder kraft Gesetzes besteht: In diesem Fall steht dem Dienstbarkeitsberechtigten denn auch ein mit der Dienstbarkeit verbundenes reallastähnliches Recht am dienenden 331 Allein der Umstand, dass mit dem belasteten Eigentum reallastartige Überbau- oder Notwegrenten verbunden sind, lässt Dienstbarkeiten, Erbbaurechte und Dauerwohnrechte nicht zu Verwertungsrechten mutieren. Aus diesen Rechten kann – im Gegensatz zu Hypotheken, Grundschulden und Reallasten (vgl. §§ 1120, 1126 i. V. m. §§ 1107, 1192 Abs. 1 BGB) – nicht die dem Eigentümer kraft seines Rentenrechts verliehene Befugnis zur Befriedigung aus dem Nachbargrundstück wegen rückständiger Rentenleistungen ausgeübt werden; zur Verwertung desselben ist der Inhaber eines der vorgenannten Nutzungsrechte nur qua seines reallastartigen gesetzlichen Rechts berechtigt. 332 Siehe dazu sogleich in § 3 II. 4. b) bb) (2).
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Grundstück gem. §§ 1021 Abs. 2, 1022 S. 2 BGB zu, welche sich selbstverständlich auf eine mit dem dienenden Grundstück verbundene Reallast zu erstrecken vermag (arg. e §§ 1107, 1120, 1126 BGB).333 (2) Kongruente Belastungen Im Gegensatz zu beschränkten Gebrauchs- und Herrschaftsrechten beziehen sich alle auf Zuordnungsänderung zielenden Rechte, d. h. Hypotheken, Grund- und Rentenschulden, Reallasten auf der einen Seite und vormerkungsgesicherte Rechtsänderungsansprüche, dingliche Vorkaufsrechte, Anwartschafts- und Aneignungsrechte auf der anderen Seite, einheitlich auf das Grundstück und seine Rechtsbestandteile. (a) Belastungswirkungen der Grundpfandrechte Eine inkongruente Belastung kommt insoweit nicht in Betracht. Zutreffend wird überwiegend vertreten, dass die Aufhebung subjektiv-dinglicher Rechte regelmäßig der Zustimmung der Grundpfandgläubiger bedürfe.334 Zwar schränkt die Bestellung einer Hypothek (resp. einer Grundschuld oder Reallast) die Verfügungsbefugnis des Eigentümers über Erzeugnisse, sonstige Bestandteile und Zu333 Wenn eine Unterhaltungspflicht des Eigentümers des dienenden Grundstücks i. S. v. §§ 1021 Abs. 1 S. 1, 1022 S. 1 BGB vereinbart ist, ist die Verfügungsbefugnis des unterhaltungspflichtigen Eigentümers des dienenden Grundstücks als Reallastgläubiger nur deshalb nach Maßgabe der §§ 876 S. 2, 877, 880 Abs. 3 BGB beschränkt, weil sich die reallastähnliche Sicherung (§§ 1021 Abs. 2, 1022 S. 2 BGB) auf die mit dem dienenden Grundstück verbundene Reallast von selbst erstreckt (§§ 1107, 1120, 1126 BGB). Präzise betrachtet folgt die Zustimmungsbedürftigkeit etwaiger Verfügungen über die mit dem dienenden Grundstück verbundene Reallast also nicht aus der Dienstbarkeit selbst, sondern nur aus der mit dieser verbundenen „unselbstständigen Reallast“. Wird hingegen auf die Vereinbarung entsprechender Unterhaltungs- oder sonstiger Leistungspflichten sowie auf eine ggf. erforderliche Bestellung einer Reallast am dienenden Grundstück verzichtet, kann sich der Dienstbarkeitsberechtigte nicht beschweren, wenn der Eigentümer des dienenden Grundstücks seine eigene Reallast an einem dritten Grundstück aufhebt. Wenn der jeweilige Eigentümer schon nicht aufgrund einer prinzipiell zulässigen dienstbarkeitsgestaltenden Vereinbarung zur Unterhaltung des dienenden Grundstücks verpflichtet ist, leuchtet es nicht ein, weshalb er nicht mehr uneingeschränkt über seine Reallast verfügen können soll. Nach alldem „berührt“ die Aufhebung einer subjektiv-dinglichen Reallast generell nicht die Dienstbarkeiten am Grundstück des Reallastgläubigers; demgemäß bedürfen auch inhaltliche Änderungen und Rangänderung unter keinem denkbaren Gesichtspunkt der Zustimmung eines Dienstbarkeitsberechtigten. Anderes gilt nur dann, wenn dem Dienstbarkeitsberechtigten zugleich selbst eine Reallast oder ein kraft Gesetzes reallastähnlich gesichertes Recht am dienenden Grundstück zusteht; die Beschränkung der Verfügungsmacht folgt dann aber allein aus diesem dem Dienstbarkeitsberechtigten als Reallastgläubiger zustehenden Recht. Denkbar ist also allenfalls, dass sich ein mit der Dienstbarkeit verzahntes reallastartig gesichertes Recht am dienenden Grundstück (vgl. §§ 916, 914 Abs. 3, 917 Abs. 2 S. 2, 1021 Abs. 2, 1022 S. 2 BGB) auf die mit diesem Grundstück verbundenen Reallasten oder reallastähnlich gesicherten Rechte erstreckt; die Dienstbarkeit schränkt den Rechtskreis des Eigentümers in Ansehung einer subjektiv-dinglichen Reallast hingegen nicht ein. 334 Nachweise in Fn. 315.
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behörstücke des Grundstücks sowie Miet-, Pacht und Versicherungsforderungen 335 und Ansprüche auf wiederkehrenden Leistungen aus subjektiv-dinglichen Rechten nicht ein.336 Erst die Beschlagnahme begründet ein Verfügungsverbot (§§ 136, 135 335 Aus § 1123 Abs. 1 BGB und § 49 ZVG wird gefolgert, dass der Gläubiger bereits mit Erwerb des Grundpfandrechts ein gegenwärtiges Pfandrecht an den Mietzinsforderungen ohne Rücksicht auf die Beschlagnahme erwerbe, wobei nur eine „potentielle Haftung“ begründet werde, weil die Mieten forthin dem Zugriff anderer Gläubiger unterliegen; erst durch die Anordnung der Zwangsverwaltung „erstarke“ diese potentielle Haftung zu einer voll wirksamen Haftung (vgl. BGH, Urteil v. 17.9.2009 – IX ZR 106/08, NJW 2010, S. 444, 446 Rn. 17–18: eine vom Grundpfandrechtsgläubiger ausgebrachte Pfändung der Mieten während des anfechtungsrelevanten Nutzungszeitraums sei nach Maßgabe der §§ 129 ff. InsO anfechtbar; siehe auch Palandt (-Herrler), BGB78 , § 1123 Rn. 1; Staudinger (-Wolfsteiner), BGB (2015), § 1123 Rn. 11). Anders liegt es bei den vom Grundpfandrecht umfassten Forderungen aus einer Gebäudeversicherung; die pfandrechtliche Sicherungswirkung greift gem. § 1128 Abs. 3 BGB i. V. m. §§ 1276, 1281, 1282 BGB ohne Beschlagnahme mit Wirksamwerden der Hypothek ein (BeckOGK BGB (-Kern), Stand: 1.7.2019, § 1128 Rn. 4; Palandt (-Herrler), BGB78 , § 1128 Rn. 2). 336 Die Verfügungsbefugnis des Eigentümers in Bezug auf die einzelnen Ansprüche aus subjektiv-dinglichen Rechten auf wiederkehrende Leistungen (z. B. Reallasten, Überbau- und Notwegrenten) ist vorbehaltlich der durch § 1126 S. 3 BGB statuierten Unwirksamkeit von Vorausverfügungen bei Beschlagnahme grundsätzlich nicht beschränkt (§§ 1126 S. 2, 1124 Abs. 1, 3 BGB). Aus § 1126 S. 1 BGB ergibt sich nur, dass sich die Hypothek auf die Ansprüche auf die einzelnen Leistungen des mit dem Grundstück verbundenen subjektiv-dinglichen Rechts erstreckt, nicht aber auf das Stammrecht, aus dem die Ansprüche fließen (die Vorschrift des § 1126 BGB gilt entsprechend für Grund- und Rentenschulden (§ 1192 Abs. 1 BGB) sowie für die Einzelleistungen aus einer Reallast (§ 1107 BGB), vgl. BeckOGK BGB (-Kern), Stand: 1.7.2019, § 1126 Rn. 19–20). Sie bestätigt und konkretisiert die bereits durch § 1120 BGB angeordnete Erstreckung der Hypothek auf die Bestandteile des Grundstücks einschließlich der Rechtsbestandteile i. S. d. § 96 BGB. Fällige Ansprüche aus einer subjektiv-dinglichen Reallast unterliegen nach Ablauf eines Jahres, sofern nicht zuvor die Beschlagnahme bewirkt wird, gem. § 1126 S. 2 i. V. m. § 1123 Abs. 2 S. 1 BGB nicht mehr der sog. hypothekarischen Haftung; der Hypothekengläubiger vermag sich aus älteren rückständigen Ansprüchen also nicht im Wege der Zwangsverwaltung oder der Pfändung wegen des dinglichen Duldungsanspruchs zu befriedigen. Verfügungen über die der hypothekarischen Haftung unterliegenden einzelnen Ansprüche aus der Reallast, insbesondere die Einziehung, sind gegenüber dem Hypothekengläubiger vorbehaltlich § 1126 S. 3 BGB wirksam (§ 1126 S. 2 i. V. m. § 1124 Abs. 1, 3 BGB); auch eine Aufrechnung des aus der Reallast verpflichteten Eigentümers ist nach Maßgabe von § 1126 S. 2 i. V. m. § 1125 BGB gegenüber dem Hypothekengläubiger grundsätzlich wirksam. Wird aber die Beschlagnahme im Wege der Zwangsverwaltung oder der Pfändung der Ansprüche aufgrund des hypothekarischen Duldungsanspruchs bewirkt, sind Vorausverfügungen über die einzelnen Leistungen resp. eine Aufrechnung gegen die künftig fällig werdenden Einzelleistungen in den zeitlichen Grenzen des § 1126 S. 3 BGB unwirksam. Nach der Beschlagnahme sind demgegenüber sämtliche Verfügungen über die von der hypothekarischen Haftung erfassten fälligen und künftig fällig werdenden Ansprüche aus der Reallast gem. §§ 136, 135 BGB i. V. m. §§ 146 Abs. 1, 23 Abs. 1 S. 1 ZVG im Verhältnis zu dem Hypothekengläubiger unwirksam. Beschlagnahmewirkung entfaltet nicht nur die Anordnung der Zwangsverwaltung (§ 148 Abs. 1 S. 1 ZVG, sondern nach st. Rspr. auch die Pfändung der einzelnen Forderungen des Reallastgläubigers gem. §§ 829, 830 ZPO wegen des hypothekarischen Anspruchs aus § 1147 BGB (vgl. BGH, Urteil v. 13.3.2008 – IX ZR 119/06, NJW 2008, S. 1599), sowie die Beschlagnahme im Wege einer vom Hypothekar erwirkten einstweiligen Verfügung gem. §§ 935, 938 ZPO (BeckOGK BGB (-Kern), Stand: 1.7.2019, § 1126 Rn. 35). Wird Zwangsverwaltung angeordnet, hat der Zwangsverwalter die von der Beschlagnahmewirkung erfassten einzelnen Ansprüche aus der Reallast einzuziehen; die Leistungen sind ggf. in Geld umzusetzen und sodann (auch an nicht betreibende Hypothekengläubiger) nach § 155 ZVG auszukehren. Mittels Pfändung und Überweisung
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BGB).337 Auch aus der Erstreckung des hoheitlichen Eigentumserwerbs des Erstehers im Wege der Zwangsvollstreckung auf die von der Hypothek erfassten Gegenstände gem. §§ 90 Abs. 2, 50 Abs. 1, 20 Abs. 2 ZVG338 folgt für die hier relevante Fragestellung, ob die Aufhebung eines mit dem Grundstück verbundenen subjektiv-dinglichen Rechts vor Eintritt der Beschlagnahme der Zustimmung des Hypothekengläubigers bedarf, nichts.339 Freilich kommt in § 1120 BGB unzweideutig eine gesetzgeberische Wertentscheidung zum Ausdruck: Die Erstreckung der Hypothek auf Zubehör und Bestandteile des Grundstücks einschließlich subjektiv-dinglicher Rechte soll den wirtschaftlichen Bestand des Grundstücks im Interesse effektiver Zwangsvollstreckung gewährleisten.340 Die Vorschrift des § 1126 S. 1 BGB bestätigt dies für die aus subjektiv-dinglichen Rechten fließenden Ansprüche auf einzelnen Leistungen.341 zur Einziehung gem. §§ 829, 835 Abs. 1 Var. 1 ZPO kann der Hypothekengläubiger auch selbst die gepfändeten Einzelansprüche einziehen. 337 Allerdings erstreckt sich die Beschlagnahme nur bei Anordnung der Zwangsverwaltung, nicht aber bei der Zwangsversteigerung auf die Einzelansprüche der auf wiederkehrende Leistungen gerichteten subjektiv-dinglichen Rechte (vgl. §§ 21 II, 148 I 1 ZVG). 338 Der Ersteher erwirbt kraft Zuschlagsbeschlusses das Grundstück mitsamt den von der Beschlagnahme erfassten Gegenstände einschließlich subjektiv-dinglicher Rechte i. S. d. § 96 BGB; hierzu zählen ungeachtet des Umstands, die Ansprüche auf die einzelnen Leistungen, die von der Beschlagnahme nicht erfasst sind (§ 21 Abs. 2 ZVG), auch Reallasten und reallastähnliche Rechte (vgl. Böttcher (-Böttcher), ZVG6 , § 21 Rn. 26, § 90 Rn. 4; Hutzel, ZfIR 2013, S. 402, 403; Staudinger (-Wolfsteiner), BGB (2015), § 1126 Rn. 4). 339 Welche Gegenstände vom Eigentumserwerb kraft Zuschlags erfasst sind, richtet sich nach dem Umfang der Beschlagnahmewirkung, wobei es gem. § 20 Abs. 2 ZVG auf den „Zustand“ des Grundstücks im Zeitpunkt der Beschlagnahme ankommt. Anders gewendet: Der Gegenstand der Hypothek ist gerade nicht zwangsläufig deckungsgleich mit dem Gegenstand des hoheitlichen Eigentumserwerbs in der Zwangsversteigerung resp. dem der Zwangsverwaltung unterliegenden Gegenstand. Dass die Verfügungsmacht des Eigentümers zur Aufhebung und Inhaltsänderung subjektiv-dinglicher Rechte ab Beschlagnahme gem. §§ 135, 136 BGB beschränkt ist, versteht sich von selbst. Für das Stadium ab Bestellung der Hypothek bis zu einer etwaigen Beschlagnahme des Grundstücks ergibt sich aus dem ZVG aber nichts. Wenn zudem Ansprüche aus Reallasten und aus sonstigen auf wiederkehrende Leistungen gerichteten subjektiv-dinglichen Rechten von der Beschlagnahmewirkung des die Zwangsversteigerung anordnenden Beschlusses ohnehin ausgenommen sind (§ 21 Abs. 2 ZVG), stellt sich die Frage, ob sich das hoheitliche Verfügungsverbot überhaupt auf das Stammrecht erstreckt. Sollte aber nur die Anordnung der Zwangsverwaltung die Verfügungsmacht des Eigentümers hinsichtlich derjenigen Stammrechte beschränken, aus denen wiederkehrende Leistungen i. S. d. § 1126 BGB folgen, dürfte die bloße Bestellung der Hypothek erst recht nicht die Verfügungsmacht des Eigentümers über diese subjektiv-dinglichen Rechte beschränken. 340 Vgl. MünchKomm (-Lieder), BGB VII7, § 1120 Rn. 1. 341 Meikel (-Böttcher), GBO10 , § 21 Rn. 10; MünchKomm (-Lieder), BGB VII7, § 1126 Rn. 1. Dies betrifft insbes. Erbbauzins- und anderen Reallasten sowie Überbau- und Notwegrenten. Soweit als Rechtsinhalt einer Grunddienstbarkeit eine Unterhaltungspflicht des Eigentümers für bauliche Anlagen vereinbart ist, finden auf diese die Vorschriften über die Reallast entsprechende Anwendung (§§ 1021 II, 1022 S. 2 BGB), so dass auch diese Art der Grunddienstbarkeit auf wiederkehrende Leistungen i. S. v. § 1126 BGB gerichtet ist, siehe MünchKomm (-Lieder), BGB VII7, § 1126 Rn. 4. Demgegenüber ist ein subjektiv-dingliches Vorkaufsrecht – selbst wenn es für mehrere oder alle Verkaufsfälle bestellt ist – nicht auf wiederkehrende Leistungen aus dem Grundstück, sondern auf einmalige Ausübung und damit verbundene Perfektionierung des Auflas-
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Mit der stringenten Angleichung an die Bestimmungen über die von der Hypothek erfassten Forderungen aus Miete und Pacht gem. §§ 1126 S. 2 und 3 BGB ist sichergestellt, dass die Einziehungs- und Verfügungszuständigkeit des Eigentümers hinsichtlich der aus dem Stammrecht fließenden Ansprüche ungeachtet der Erstreckung der Hypothek auf alle Bestandteile des Grundstücks erst durch die Beschlagnahme beschränkt wird.342 Sind aber die Ansprüche auf die einzelnen Leistungen grundsätzlich in den Grenzen der entsprechend anzuwendenden Bestimmungen der §§ 1123 Abs. 2 S. 1, 1124 Abs. 1, 3, 1125 BGB von der Hypothek erfasst, liegt es sub specie der §§ 1120, 96 BGB nahe, dass das Stammrecht insgesamt der Hypothek unterliegt. Stünde es dem Eigentümer frei, Reallasten und andere auf wiederkehrende Leistungen gerichtete Rechte willkürlich aufzuheben oder zulasten des Hypothekengläubigers nach Inhalt oder Rang zu ändern, wäre der Hypothekengläubiger ohne sachliche Rechtfertigung in nicht unwesentlicher Hinsicht ungeschützt. Die im Interesse des Hypothekengläubigers bestimmte Unwirksamkeit von Vorausverfügungen über Einzelansprüche aus Rechten auf wiederkehrende Leistungen (§ 1126 S. 3 BGB) ließe sich problemlos dadurch aushebeln, dass das Stammrecht gegen Zahlung einer vereinbarten Ablösungsbetrages aufgehoben wird; der Hypothekengläubiger bliebe auf etwaige (Insolvenz-)Anfechtungsrechte verwiesen. Zwar lässt sich einwenden, dass der Eigentümer bis zur Anordnung der Zwangsverwaltung nicht daran gehindert ist, Miet- und Pachtverhältnisse, aus denen sich die von der Hypothek erfassten Ansprüche auf Miet- und Pachtzins ergeben (§ 1123 BGB), zu kündigen, aufzuheben oder zu ändern (vgl. § 148 Abs. 2 ZVG).343 Zudem ist nach der äußerst umstrittenen Rspr. des BGH bekanntlich die Aufhebung eines Anwartschaftsrechts am Zubehör des Grundstücks ohne Zustimmung des Hypothekengläubigers wirksam.344 Überdies ist der Eigentümer vorbehaltlich §§ 1133– 1135 BGB nicht dazu verpflichtet ist, sein Grundstück gegen tatsächliche Verschlechterungen im Interesse des Hypothekengläubigers zu schützen. All dies streitet aber nicht dafür, den sachenrechtlichen Verfügungsschutz des Hypothekengläubigers entgegen dem Willen des historischen Gesetzgebers einzuschränken.345 Abgesehen davon, dass die Rechtsprechung zur Aufhebung eines der sungsanspruchs gerichtet (MünchKomm (-Lieder), BGB VII7, § 1126 Rn. 6); die Belastung eines subjektiv-dinglichen Vorkaufsrechts kann sich demgemäß nur aus der allgemeinen Vorschrift des § 1120 BGB ergeben. 342 Vgl. MünchKomm (-Lieder), BGB VII7, § 1126 Rn. 2–3. 343 Schließlich ist die Einziehungs- und Verfügungszuständigkeit nur in Ansehung der Ansprüche auf Miete und Pacht nach Maßgabe des § 1124 Abs. 2 BGB beschränkt. 344 BGH, Urteil v. 10.10.1984 – VIII ZR 244/83, NJW 1985, S. 376, 379: Der Senat verneint entgegen einer in der Literatur verbreiten Ansicht (vgl. Marotzke, AcP 186 (1986), S. 490–517; Palandt (-Herrler), BGB78 , § 1276 Rn. 5 m. w. N.) ein Zustimmungserfordernis des Grundpfandrechtsgläubigers zur Aufhebung eines vom Haftungsverband der Hypothek erfassten Anwartschaftsrechts an Zubehör in Analogie zu § 1276 BGB; siehe hierzu im Kontext der „intrafamiliären“ Belastung des Anwartschaftsrechts durch Pfändung und Verpfändung § 10 I. 2. b) bb). 345 Der erste Entwurf sah für die Aufhebung der einzelnen vertypten Grundstücksrechte jeweils spezielle Vorschriften vor, die jeweils ein Zustimmungserfordernis bei Belastung des auf-
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Hypothek unterliegenden Anwartschaftsrechts an Zubehörstücken nicht zu überzeugen vermag,346 wäre es paradox, wenn der Eigentümer zwar alles zu unterlassen hätte, was zu einer die Sicherheit gefährdenden tatsächlichen Verschlechterung des Grundstücks führt (§ 1134 Abs. 1 BGB), hingegen durch rechtliche Verschlechterung des Grundstücks die Sicherheit des Hypothekengläubigers willkürlich aushöhlen dürfte. Ein schutzwürdiges Interesse des Eigentümers, ohne Zustimmung des Hypothekengläubigers über subjektiv-dingliche Rechte zu disponieren, ist – im Gegensatz zu Erzeugnissen, realen Bestandteilen und Zubehörstücken sowie den Ansprüchen auf die einzelnen Leistungen aus subjektiv-dinglichen Rechten sowie Miet-, Pacht- und Versicherungsforderungen – jedenfalls nicht ersichtlich, kommt doch eine Veräußerung ohnedies nicht in Betracht. Auch unter Verkehrsschutzgesichtspunkten besteht kein Anlass, Verfügungen des Eigentümers über die mit seinem Grundstück verbundenen Rechte i. S. d. § 96 BGB ohne konstitutive Zustimmung der Hypotheken-, Grundschuld- oder Reallastgläubiger zu ermöglichen. Von der Aufhebung eines subjektiv-dinglichen Rechts profitieren vor allem der Eigentümer des dienenden Grundstücks sowie die dem Inhaber des aufzuhebenden subjektiv-dinglichen Rechts im Rang gleich- oder nachstehenden Berechtigten. Für diese Personen ist die Aufhebung des subjektiv-dinglichen Rechts aber ohnehin ein windfall.347 Wird das Interesse des Hypothekengläubigers an der Erhaltung des Grundstücks als wirtschaftliche Einheit prinzipiell geschützt, ist diese Wertung für die Auslegung des Zustimmungstatbestandes des § 876 S. 2 BGB leitend: Die Aufhebung eines subjektiv-dinglichen Rechts „berührt“ Hypotheken, Grundschulden und Reallasten deshalb, weil die Effektivität der Verwertung potentiell gefährdet ist.348 zuhebenden Rechts bestimmten; diese Einzeltatbestände wurden zwecks Vereinfachung in der Generalnorm des § 834 E II zusammengefasst, die schließlich in den §§ 875, 876 BGB mündete (vgl. Mugdan, Die gesammten Materialien III, S. 533 ff.). Im Kontext der speziellen Vorschrift über die Aufhebung der Grunddienstbarkeiten (§ 977 E I) rechtfertigte die zweite Kommission insbesondere das Erfordernis der Zustimmung der Hypothekengläubiger (siehe Mugdan, Die gesammten Materialien III, S. 537: Im Unterschied zu tatsächlichen Verschlechterungen, die der Hypothekengläubiger nur in begrenztem Umfang hindern könne, sei es aus praktischen Gründen geboten, rechtliche Verschlechterungen des belasteten Grundstücks auszuschließen; schließlich könne die aufzuhebende Grunddienstbarkeit für die wirtschaftliche Zweckbestimmung des herrschenden Grundstücks von höchster Bedeutung sein). 346 Zur Begründung siehe § 10 I. 2. b) bb). 347 Das Verkehrsschutzargument schlägt daher nicht mit besonderem Gewicht zu Buche, zumal selbst bei Annahme eines Zustimmungserfordernisses nach Maßgabe des § 893 Var. 2 BGB Redlichkeitsschutz zu gewähren ist, wenn das betreffende Grundpfandrecht nicht im Grundbuch verlautbart ist. 348 Während der Ersteher kraft Zuschlagsbeschlusses das Grundstück mitsamt seinen bei Beschlagnahme bestehenden subjektiv-dinglichen Rechten erwirbt (vgl. §§ 90 Abs. 2, 50 Abs. 1, 20 Abs. 2 ZVG), schließt die Zwangsverwaltung die Einziehung der Ansprüche auf die einzelnen Leistungen aus Reallasten und reallastähnlichen Rechten ein (§§ 148 Abs. 1 S. 1, 21 Abs. 2 ZVG) und begründet insoweit ein Verwaltungs- und Verfügungsverbot zulasten des Eigentümers (§§ 23 Abs. 1 S. 1, 148 Abs. 1 S. 2, Abs. 2 ZVG). Soweit demgegenüber in Teilen der Literatur vertreten wird, dass die Aufhebung subjektiv-dinglicher Vorkaufsrechte die Rechtsstellung der Grundpfandrechtsgläubiger am herrschenden Grundstück nicht berühre, weil Vorkaufsrechte keinen
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(b) Belastungswirkungen sachenrechtlicher Erwerbsbevorrechtigungen Schwieriger zu beurteilen ist, ob sich umgekehrt ein (subjektiv-persönliches oder subjektiv-dingliches) Vorkaufsrecht auf die mit dem Grundstück verbundenen Rechtsbestandteile erstreckt. Die überwiegende Ansicht, zur Aufhebung subjektiv-dinglicher Rechte sei stets die Zustimmung des Vorkaufsberechtigten erforderlich,349 ist nicht über jede Kritik erhaben. Zumeist wird die „Berührung“ eines dinglichen Vorkaufsrechts durch Aufhebung der mit dem Grundstück verbundenen Rechte damit begründet, dass der Vorkaufsberechtigte bei Ausübung seines Rechts weniger erhalte als wenn das aufgehobene Recht noch bestünde.350 M. E. ist zu präzisieren. Das Grundstück ist mitsamt seinen subjektiv-dinglichen Rechten und i. Zw. einschließlich des Zubehörs (§ 1096 BGB) Bezugspunkt des dinglichen Vorkaufsrechts.351 Demgemäß erstreckt sich die vormerkungsgleiche Elisionskraft des dinglichen Vorkaufsrechts (§§ 1098 Abs. 2, 883 Abs. 2 BGB) auf das ganze Grundstück einschließlich aller subjektiv-dinglichen Rechte gem. § 96 BGB. Andererseits wird das Grundstück durch die Bestellung eines dinglichen Vorkaufsrechts nicht extra commercium gestellt, weil Verfügungen über das belas„realen Haftungswert“ aufwiesen (Kuntze/ Ertl/ Herrmann/ Eickmann (-Eickmann), Grundbuchrecht6 , § 9 GBO Rn. 8; Meikel (-Böttcher), GBO10, § 21 Rn. 10; NomosKomm (-U. Krause), BGB III4, § 876 Rn. 14; Staudinger (-C. Heinze), BGB (2018), § 876 Rn. 21), kann dem nicht gefolgt werden (so auch BeckOK GBO (-Wilsch), Stand: 1.6.2019, § 9 GBO Rn. 16). Abgesehen davon, dass schon nicht klar ist, weshalb dem dinglichen Vorkaufsrecht per se ein „realer Haftungswert“ – was immer das genau bedeuten soll – abgesprochen wird, ist dies kein systemimmanentes Kriterium. Diesbezüglich kommt es auch nicht darauf an, dass das Vorkaufsrecht nicht zu den auf wiederkehrende Leistungen gerichteten Rechten i. S. d. § 1126 BGB zählt (MünchKomm (-Lieder), BGB VII7, § 1126 Rn. 6; Palandt (-Herrler), BGB78 , § 1126 Rn. 1); Hypotheken, Grundschulden und Reallasten erstrecken sich mit Blick auf die in § 1120 BGB zum Ausdruck gebrachte Wertungsentscheidung auf alle Bestandteile i. S. d. § 96 BGB (BeckOK GBO (-Wilsch), Stand: 1.6.2019, § 9 GBO Rn. 16; Palandt (-Herrler), BGB78 , § 876 Rn. 3; Planck (-Strecker), BGB III/15, § 876 Anm. 8). Weder aus dem Wortlaut noch aus der Gesetzessystematik ergeben sich Anhaltspunkte dafür, dass subjektiv-dingliche Vorkaufsrecht auszunehmen; eine „Enthaftung“ von Vorkaufsrechten ist dem Regime der Hypothek fremd. 349 BeckOK BGB (-Eckert), Stand: 1.5.2019, § 876 Rn. 20; BeckOK GBO (-Wilsch), Stand: 1.6.2019, § 9 GBO Rn. 16; Kuntze/Ertl/Herrmann/Eickmann (-Eickmann), Grundbuchrecht6 , § 9 GBO Rn. 8; Meikel (-Böttcher), GBO10, § 21 Rn. 12; Staudinger (-C. Heinze), BGB (2018), § 876 Rn. 22; a. A. jedoch MünchKomm (-Kohler), BGB VII7, § 876 Rn. 6; Rosenberg, BGB III/1, § 876 Anm. 1 2 a). 350 Dies soll, wie in Fn. 312 ausgeführt, auch für die Aufhebung eines subjektiv-dingliches Vorkaufsrechts gelten, werde doch dem Vorkaufsberechtigten die Chance des doppelten Vorkaufs genommen (Kuntze/Ertl/Herrmann/Eickmann (-Eickmann), Grundbuchrecht6 , § 9 GBO Rn. 8; NomosKomm (-U. Krause), BGB III4, § 876 Rn. 14; Staudinger (-C. Heinze), BGB (2018), § 876 Rn. 22 m. w. N.). 351 Während ein dingliches Vorkaufsrecht auf reale Grundstücksteile – unter der Voraussetzung der Abschreibung gem. § 7 Abs. 1 GBO – des insgesamt belasteten Eigentums beschränkt werden kann, ist es umgekehrt nicht möglich, einen Bruchteil des Alleineigentums am Grundstück mit einem dinglichen Vorkaufsrecht zu belasten (§ 1095 BGB). Abgesehen vom (Allein-)Eigentum sind Miteigentumsanteile, Wohnungs- und Teileigentum und grundstücksgleiche Rechte, namentlich das Erbbaurecht, mit einem dinglichen Vorkaufsrecht belastbar (statt vieler BeckOGK BGB (-Omlor), Stand: 1.5.2019, § 1094 Rn. 39–40; Palandt (-Herrler), BGB78 , § 1094 Rn. 2).
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tete Grundstückseigentum nur im Verhältnis zum Vorkaufsberechtigten unwirksam sind, soweit diese die Erfüllbarkeit des – doppelt aufschiebend bedingten (vgl. §§ 1098 Abs. 1 S. 1, 463, 464 Abs. 1 S. 1 BGB) – Auflassungsanspruchs des Vorkaufsberechtigten vereiteln oder beeinträchtigen. Erstreckt sich der Auflassungsanspruch aber auf die Übertragung des Grundstücks einschließlich aller subjektiv-dinglichen Rechte, müsste die Vormerkungswirkung garantieren, dass schädliche Verfügungen über subjektiv-dinglichen Rechte352 im Verhältnis zum Vorkaufsberechtigten nichtig sind, wenn und sobald der Verkaufsfall eintritt, das Vorkaufsrecht ausgeübt wird und damit der Auflassungsanspruch entsteht (§§ 1098 Abs. 1 S. 1, 464 Abs. 2, 433 Abs. 1 S. 1 BGB). Auf den ersten Blick erscheint es daher wertungswidersprüchlich, eine nicht seitens des Vorkaufsberechtigten gem. § 876 S. 2 BGB konsentierte Aufhebung subjektiv-dinglicher Rechte ohne Rücksicht auf die ungewisse Ausübung des Vorkaufsrechts als absolut unwirksam zu qualifizieren, zumal vor Eintritt des Verkaufsfalles ungewiss ist, in welchem „Zustand“ das Grundstück nach Maßgabe des künftigen Auflassungsanspruchs zu übereignen ist.353 Es stellt sich also die Frage, ob §§ 1098 Abs. 2, 883 Abs. 2 S. 1 BGB als leges speciales die allgemeine Bestimmung des § 876 S. 2 BGB verdrängen. Wirft man jedoch einen vergleichenden Blick auf die Vormerkung, erscheint es vorzugswürdig, die vormerkungsgleiche Elisionskraft des dinglichen Vorkaufsrechts mit einem Zustimmungserfordernis aus § 876 S. 2 BGB zu flankieren. Schließlich nimmt die mehrheitlich vertretene Ansicht im Ergebnis zutreffend an, dass die Aufhebung eines vormerkungsbefangenen Liegenschaftsrechts der Zustimmung des Vormerkungsgläubigers gem. § 876 S. 1 BGB analog bedürfe.354 Folgerichtig ist auf die Aufhebung subjektiv-dinglicher Rechte, die mit dem von der 352 In Betracht kommen Aufhebung (§ 875 BGB), inhaltliche Änderung (§ 877 BGB) und Rangänderung (§ 880 Abs. 2 BGB). 353 So MünchKomm (-Kohler), BGB VII7, § 876 Rn. 6; Rosenberg, BGB III/1, § 876 Anm. 1 2 a). Der Inhalt des durch formlose Ausübung des dinglichen Vorkaufsrechts (BeckOGK BGB (-Omlor), Stand: 1.5.2019, § 1098 Rn. 6) entstehenden Kaufvertrages richtet sich gem. §§ 1098 Abs. 1 S. 1, 464 Abs. 2 BGB zwingend nach den Konditionen des den Verkaufsfall begründenden Kaufvertrages zwischen dem Eigentümer und dem Käufer; es gilt das Prinzip der „Vertragsidentität“ (BeckOGK BGB (-Omlor), Stand: 1.5.2019, § 1098 Rn. 8; Jauernig (-Berger), BGB17, § 1098 Rn. 2). Sofern also nach Maßgabe des Drittkaufvertrages das Grundstück ohne etwaige subjektiv-dingliche Rechte zu übereignen ist, der Verkäufer mithin berechtigt ist, die nicht veräußerten Rechtsbestandteile im Verhältnis zum Käufer aufzuheben, und demgemäß auch dem Vorkaufsberechtigten nur ein Anspruch auf Übertragung des Grundstücks ohne die fraglichen subjektivdingliche Rechte zusteht, schösse es über den Sinn und Zweck der vormerkungsgleichen Wirkung des dinglichen Vorkaufsrechts hinaus, gleichwohl die Aufhebung der nicht verkauften Grundstücksbestandteile an die Zustimmung des Vorkaufsberechtigten zu knüpfen. 354 KG, Beschluss v. 5.11.1931, JFG 9, S. 218, 220–222; BayObLG, Beschluss v. 11.12.1986 – BReg. 2 Z 86/86, MittBayNot 1987, S. 88, 90; Erman (-Artz), BGB II15, § 876 Rn. 4; Meikel (-Böttcher), GBO10, § 21 Rn. 13; MünchKomm (-Kohler), BGB VII7, § 876 Rn. 3; NomosKomm (-U. Krause), BGB III4, § 876 Rn. 4; Staudinger (-Gursky), BGB (2013), § 883 Rn. 258 m. w. N.; Staudinger (-C. Heinze), BGB (2018), § 876 Rn. 7; ablehnend Assmann, Die Vormerkung, S. 81– 83; BeckOGK BGB (-Assmann), Stand: 1.5.2019. § 883 Rn. 123–124; Rosenberg, BGB III/1, § 876 Anm. 1 1.
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Vormerkung „belasteten“ Grundstückseigentum oder grundstücksgleichen Recht verbunden sind, § 876 S. 2 BGB entsprechend anzuwenden.355 Soweit die Gegenansicht repliziert, dass es an der für den Analogieschluss erforderlichen Regelungslücke fehle, da die Aufhebung als vormerkungswidrige Verfügung im Verhältnis zum Vormerkungsgläubiger nichtig sei,356 wird nicht stimmig begründet, wie die Vormerkung die Erfüllbarkeit des Anspruchs unter der Prämisse, dass die Vormerkung lediglich die Verfügungsmacht des Schuldners erhalte, garantieren soll.357 Aber selbst wenn § 883 Abs. 2 S. 1 BGB mit einer teilweise vertretenen Ansicht dahin ausgelegt wird, dass dem Vormerkungsgläubiger ein Gestaltungsrecht zustehe, vermöge dessen er die vormerkungswidrige Verfügung mit Wirkung ex nunc außer Kraft setzen könne,358 hilft dies nicht weiter. Aus konstruktionsjuristischer Sicht bleibt unklar, wie der vormerkungsgesicherte Anspruch in Ansehung des materiell erloschenen Liegenschaftsrechts durchgesetzt werden kann.359 Auf der Hand liegt, dass sich eine „überschießende“ Verfügungsmacht des Vormerkungsschuldners zur Neubestellung des fraglichen Rechts zur ursprünglichen Rangstelle ebenso wenig begründen lässt wie eine Verpflichtung vertragsfremder Dritter, den sachenrechtlichen status quo ante wieder355 Jung, Rpfleger 2000, S. 372, 373; BeckOK GBO (-Wilsch), Stand: 1.6.2019, § 9 GBO Rn. 16 m. w. N. 356 Assmann, Die Vormerkung, S. 81; BeckOGK BGB (-Assmann), Stand: 1.5.2019. § 883 Rn. 123. 357 Ein Fallbeispiel verdeutlicht dies: Wird eine Vormerkung zur Sicherung eines Anspruchs auf Abtretung einer durch erstrangige Hypothek gesicherten Forderung eingetragen und hebt der Vormerkungsschuldner (= Hypothekengläubiger) mit der nach § 1183 BGB erforderlichen Zustimmung des Eigentümers die Hypothek auf, liegt hierin eine Verfügung, die bei unterstellter absoluter Wirksamkeit die Erfüllbarkeit des Abtretungsanspruchs des Vormerkungsgläubigers gem. § 883 Abs. 2 S. 1 BGB vereitelt. Allein die Aufrechterhaltung der Verfügungsmacht über die Hypothek, präziser über die hypothekarisch gesicherte Forderung, genügt nicht, um die Erfüllbarkeit des Anspruchs zu ermöglichen, wenn nicht auch die gelöschte Hypothek wieder zur ursprünglichen Rangstelle Wirksamkeit erheischt. Auf der Hand liegt, dass der Hypothekengläubiger weder aus eigenem Recht befugt ist, eine Hypothek zu bestellen noch gar die erforderlichen Rangrücktrittserklärungen der durch die Aufhebung vortretenden Rechte am Grundstück abzugeben (siehe auch KG, Beschluss v. 5.11.1931, JFG 9, S. 218, 221–222; Staudinger (-Gursky), BGB (2013), § 883 Rn. 258). Wenn man annimmt, dass die Vormerkung lediglich die Verfügungsmacht des Vormerkungsschuldners erhalte, bliebe die vormerkungsgleiche Elisionskraft unvollkommen; es müsste vielmehr systemwidrig unterstellt werden, dass die Vormerkung eine Verfügungsmacht über das Eigentum und über die konkurrierende Rechte am Grundstück konstituiere. Sieht man aber einmal davon ab, dass dem Hypothekengläubiger aus der Vormerkung keine Verfügungsmacht über fremde Rechte erwächst, ist nicht ein Anspruch auf Neubestellung einer erstrangigen Hypothek, sondern der Anspruch auf Abtretung einer existierenden erstrangigen Hypothek gesichert, so dass auch nur insoweit eine Verfügungsmacht erhalten bleiben kann. Selbstredend kann die Vormerkung auch nicht Dritte zur Abgabe materiellrechtlicher Erklärungen verpflichten; vielmehr besteht nach § 888 Abs. 1 BGB eine Pflicht zur Abgabe der verfahrensrechtlich erforderlichen Bewilligungen (§ 19 GBO), damit die vormerkungsgesicherte Rechtsänderung durch Grundbucheintragung vollzogen werden kann. Ein Anspruch auf Neubestellung zur ersten Rangstelle gegen den Eigentümer des Grundstücks besteht nicht und kann daher auch nicht durch Vormerkung gesichert werden. 358 Assmann, Die Vormerkung, S. 137 ff., 323 ff. 359 Staudinger (-Gursky), BGB (2013), § 883 Rn. 258.
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herzustellen.360 Noch weitaus gewichtiger ist der Einwand, dass die Sicherungswirkung der Vormerkung ungeachtet der Auslegung der §§ 883 Abs. 2 S. 1, 888 Abs. 1 BGB in Ansehung der Aufhebung eines vormerkungsbefangenen Grundstücksrechts unvollkommen bleibt, weil sie einen gutgläubig-lastenfreien Erwerb Dritter nicht ausschließt, sofern die Löschung ohne Zustimmung des Vormerkungsgläubigers stattfindet. Auch wenn die Aufhebung relativ unwirksam wäre, ermöglicht die Löschung des aufgehobenen Rechts fraglos einen gutgläubig-lastenfreien Erwerb gem. § 892 BGB, der durch die Vormerkungswirkung nicht unterbunden wird, weil sich diese nicht auf das Verfügungsobjekt, sondern auf die gelöschte Belastung desselben bezieht.361 Dass aufgrund der sachenrechtlichen Verkehrsschutznormen kein einziges Sachenrecht gegen einen Rechtsverlust vollumfänglich immunisiert ist, ist unerheblich. Mit Blick auf die umfängliche Angleichung der Vormerkung an genuine Grundstücksrechte ist es systematisch nur konsequent, die einschlägigen Schutzstandards auch in diesem Zusammenhang zu parallelisieren.
360 Vgl. KG, Beschluss v. 5.11.1931, JFG 9, S. 218, 221–222; Staudinger (-Gursky), BGB (2013), § 883 Rn. 258. 361 Wird z. B. eine mit einem Erbbaurecht verbundene Grunddienstbarkeit an einem anderen Grundstück ohne Zustimmung eines Gläubigers, dessen Anspruch auf Bestellung einer Grundschuld am Erbbaurecht durch Vormerkung gesichert ist, gelöscht, leistet die Vormerkung – selbst unter der Prämisse, dass die Aufhebung des Erbbaurechts gem. § 883 Abs. 2 S. 1 BGB relativ unwirksam ist – keinen Schutz gegen einen gutgläubig-lastenfreien Erwerb am dienenden Grundstück gem. § 892 BGB. Wenn die Grunddienstbarkeit nicht eingetragen ist, kommt nach allgemeinen Grundsätzen ein gutgläubig-lastenfreier Erwerb in Betracht; dass der vormerkungsgesicherte Gläubiger nicht besser stehen kann als der Inhaber eines „perfekten“, zu Unrecht auf dem Grundbuchblatt des dienenden Grundstücks gelöschten Grundstücksrechts, versteht sich von selbst. Nichts anderes gilt, sofern die Vormerkung einen Anspruch auf dingliche Rechtsänderung an einem ein nicht grundstücksgleiches Recht belastendes Recht sichert und zwar der Vormerkungsschuldner, nicht aber der Vormerkungsgläubiger die nach § 876 S. 1 BGB analog erforderliche Zustimmung zur Aufhebung des von dem vormerkungsbefangenen Recht belasteten Rechts erteilt. Wird z. B. eine hypothekarisch gesicherte Forderung gem. §§ 1274 Abs. 1 S. 1, 1154 BGB verpfändet und vor Aufhebung der Hypothek gem. §§ 875, 1183 BGB eine Vormerkung zur Sicherung eines Anspruchs auf (formlos mögliche) Verpfändung der durch das Pfandrecht gesicherten Forderung gem. §§ 1274 Abs. 1 S. 1, 398 BGB bewilligt und im Grundbuch eingetragen (vgl. § 26 Abs. 2 Var. 3 GBO), bedarf die Aufhebung der Hypothek fraglos der Zustimmung des Pfandgläubigers gem. § 1276 Abs. 1 S. 1 BGB sowie der Zustimmung des Eigentümers gem. § 1183 S. 1 BGB. Wird die Hypothek daraufhin gelöscht, ist die Sicherungswirkung der Vormerkung (zur Zulässigkeit einer Vormerkung zur Sicherung eines Anspruchs auf Abtretung oder Belastung einer durch ein Nießbrauchs- oder Pfandrecht an einem Grundpfandrecht gesicherten Forderung siehe Staudinger (-Gursky), BGB (2013), § 883 Rn. 36) unvollkommen, wenn nicht zugunsten des vormerkungsgesicherten Gläubigers ein Zustimmungserfordernis aus § 876 S. 1 BGB analog hergeleitet wird. Es lässt sich nicht begründen, wie der Pfandgläubiger und Vormerkungsschuldner die Wiedereintragung einer zumindest mit relativer Wirkung erloschenen Hypothek wieder im ursprünglichen Rang herbeiführen können soll, sofern man ihm nicht auch eine Verfügungsmacht über das Grundstück zuschreibt. Selbst wenn man über diese Bedenken hinwegsehen will und die Aufhebung bei Geltendmachung des vormerkungsgesicherten Anspruchs als absolut unwirksam einordnet, ändert dies nichts daran, dass in der Schwebezeit der durch § 883 Abs. 2 BGB garantierte Schutz durch gutgläubig-lastenfreien Erwerb des Grundstücks oder eines vorrangigen Grundstücksrechts zunichte gemacht werden kann.
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Nichts anderes gilt aufgrund der Verweisungsanalogie des § 1098 Abs. 2 BGB für die Aufhebung eines von einem dinglichen Vorkaufsrecht erfassten subjektivdinglichen Rechts sowie für sonstige nicht auf Rechtserwerb gerichtete Verfügungen über dasselbe. Aus dem den Inhalt des Kaufvertrages zwischen dem Vorkaufsverpflichteten und dem Vorkaufsberechtigten bestimmenden Drittkaufvertrag (§§ 1098 Abs. 1 S. 1, 464 Abs. 2 BGB) ergibt sich weder ein Anspruch auf Bestellung eines inhaltsgleichen subjektiv-dinglichen Rechts an dem dienenden Grundstück noch Ansprüche gegen die nicht vertragsbeteiligten Inhaber von zwischenzeitlich am dienenden Grundstück entstehenden Rechten auf Vorrangeinräumung gem. § 880 Abs. 2 BGB. Der Verfügungsschutz lässt sich nicht durch die vormerkungsgleiche Wirkung des dinglichen Vorkaufsrechts, sondern allein durch die unmittelbare Anwendung des § 876 S. 2 BGB garantieren. Die Normenkollision zwischen § 883 Abs. 2 BGB (i. V. m. § 1098 Abs. 2 BGB) und § 876 S. 2 BGB ist sowohl beim dinglichen Vorkaufsrecht als auch bei der Vormerkung somit dahingehend aufzulösen, dass § 876 BGB als lex specialis die Vorschrift des § 883 Abs. 2 BGB verdrängt.362 Freilich verbietet es sich mit Rücksicht auf die in der Rspr. vertretene Ansicht, dass sich die vormerkungsgleiche Sicherungswirkung in Hinsicht auf Belastungen des vorkaufsrechtsbelasteten Grundstücks erst mit Eintritt des Verkaufsfalles aktiviere,363 den Vorkaufsberechtigten bereits mit Bestellung des dinglichen Vorkaufsrechts gegen die Aufhebung subjektiv-dinglicher Rechte durch ein Zustimmungserfordernis zu schützen. Zwar ist diese Judikatur bekanntlich nicht unumstritten.364 Aber selbst wenn mit der Gegenansicht angenommen wird, dass die Vormerkungswirkungen bereits mit Entstehung des dinglichen Vorkaufsrechts in Bezug auf alle anspruchsvereitelnden oder -beeinträchtigenden Verfügungen eingreifen und bei Ausübung des Vorkaufsrechts geltend gemacht werden könnten,365 führt dies richtigerweise nicht zur relativen Unwirksamkeit aller Belastungen des Grundstückseigentums, sondern nur solcher, die nach Maßgabe des den Verkaufsfall auslösenden Kaufvertrags vom Käufer nicht zu übernehmen sind.366 Wird dem 362 Die Aufhebung eines vormerkungsbefangenen Grundstücksrechts bzw. eines mit dem belasteten Grundstückseigentum verbundenen subjektiv-dinglichen Rechts ist mithin nicht bloß im Verhältnis zum Vormerkungsgläubiger bzw. Vorkaufsberechtigten, sondern absolut unwirksam, sofern sie ohne die erforderliche Zustimmung des letzteren stattfindet. Nach Maßgabe von § 21 GBO ist demgemäß die Bewilligung des Vormerkungsgläubigers bzw. des Vorkaufsberechtigten zur Löschung eines mit dem belasteten Grundstückseigentum bzw. grundstücksgleichen Rechts verbundenen Rechts i. S. v. § 96 BGB erforderlich. 363 BGH, Urteil v. 26.1.1973 – V ZR 2/71, NJW 1973, S. 1278, 1281; Jauernig (-Berger), BGB17, § 1098 Rn. 3; MünchKomm (-H. P. Westermann), BGB VII7, § 1098 Rn. 7; Staudinger (-Scher maier), BGB (2017), § 1098 Rn. 16. Anders soll es aber nach allg. Ansicht bei der Übertragung des Grundstücks liegen, wenn diese ausnahmsweise dem Abschluss des Kaufvertrages vorausgeht. 364 Mit beachtlichen Gründen dagegen für Eintritt der Vormerkungswirkung ab Entstehung des dinglichen Vorkaufsrechts BeckOGK BGB (-Omlor), Stand: 1.5.2019, § 1098 Rn. 18–22; Immerwahr, JherJb 40 (1899), S. 279 (327 ff.); tendenziell auch Wieling/K linck, AcP 202 (2002), S. 745, 750 ff. 365 BeckOGK BGB (-Omlor), Stand: 1.5.2019, § 1098 Rn. 22. 366 BeckOGK BGB (-Omlor), Stand: 1.5.2019, § 1098 Rn. 21.1; Wieling/K linck, AcP 202 (2002), S. 745, 746.
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jeweiligen Eigentümer des vorkaufsrechtsbefangenen Grundstücks vor Eintritt des Verkaufsfalles grundsätzlich nicht die Befugnis genommen, sein Recht beliebig zu belasten, bedürfte es aber einiger Begründung, weshalb er nicht auf mit dem Grundstück verbundene subjektiv-dingliche Rechte verzichten können soll.367 Im Übrigen legt das Gesetz dem Eigentümer keine Pflicht zur Erhaltung des Grundstücks in seinem wirtschaftlichen Bestand im Interesse des Vorkaufsberechtigten auf. Im Gegensatz zu Hypotheken- und Grundschuldgläubigern (vgl. §§ 1133– 1135, 1192 Abs. 1 BGB) ist der Vorkaufsberechtigte gegen tatsächliche Verschlechterungen des Grundstücks prinzipiell nicht geschützt.368 Umgekehrt ist, wenn das Interesse des Vorkaufsberechtigten am lastenfreien Erwerb des Grundstücks nicht pauschal, sondern erst mit Eintritt des Verkaufsfalles und nur mit Rücksicht auf den Inhalt des durch Vorkaufsrechtsausübung entstehenden Kaufvertrages geschützt wird, das Interesse an der Erhaltung des sachenrechtlichen status quo des Grundstücks nur unter den nämlichen Voraussetzungen schutzwürdig.369 Legt man die Vorschrift des § 876 S. 2 BGB somit dahin aus, dass ein dingliches Vorkaufsrecht nur dann durch die Aufhebung eines subjektiv-dinglichen Rechts „berührt“ ist, wenn nach dem Inhalt des Erstkaufvertrages das Grundstück mitsamt dem von der fraglichen Zwischenverfügung betroffenen Grundstücksrecht zu übertragen ist, sind die Schutzstandards in Bezug auf sämtliche Verfügungen über das dem dinglichen Vorkaufsrecht unterliegenden Grundstück parallelisiert. Dass der Verfügungsschutz in Ansehung subjektiv-dinglicher Rechte damit praktisch 367 Dass die „Anwartschaft“ des Vorkaufsberechtigten durch die Bestellung von wertausschöpfenden Grundpfandrechten oder besonders invasive Nutzungsrechte Dritter stärker beeinträchtigt werden kann als durch die bloße Aufhebung subjektiv-dinglicher Rechte, versteht sich von selbst. 368 Bekanntlich wird diese Regelungslücke nun zwar in Bezug auf tatsächliche Verschlechterungen eines vormerkungs- oder vorkaufsrechtsbefangenen Grundstücks seitens der Rspr. durch entsprechende Anwendung der §§ 987 ff. BGB sowie durch § 823 Abs. 1 BGB geschlossen (BGH, Urteil v. 19.5.2000 – V ZR 453/99, BGHZ 144, S. 323, 327; zustimmend Baur/Stürner, Sachenrecht18 , § 20 Rn. 42 f.; Palandt (-Herrler), BGB78 , § 888 Rn. 9; Wieling, Sachenrecht5, § 22 I 2 (S. 325); zu Recht kritisch Assmann, Die Vormerkung (§ 883 BGB), S. 440 ff.; Füller, Eigenständiges Sachenrecht?, S. 101 ff.; Michaels, Sachzuordnung durch Kaufvertrag, S. 324 f.; MünchKomm (-Wagner), BGB VI7, § 823 Rn. 154; Westermann/Gursky/Eickmann (-Gursky), Sachenrecht8 , § 82 Rn. 47). Selbst wenn man sich dieser Ansicht anschließt, ist aber zu beachten, dass der Eigentümer nicht schon mit Erwerb des Vorkaufsrechts, sondern erst dann einem Grundstückseigentümer im Verhältnis zum Zwischenerwerber gleichzustellen ist, wenn ihm die Nutzungen des Grundstücks auch im Verhältnis zum Eigentümer des Grundstücks gebühren (vgl. § 446 BGB). 369 Sofern es dem Vorkaufsberechtigten darauf ankommt, die Verfügungsbefugnis des Verpflichteten in Ansehung der subjektiv-dinglichen Rechte des betroffenen Grundstücks effektiv zu kontrollieren, kann dem, da den Parteien hinsichtlich der Rechtsfolgen der Ausübung des Vorkaufsrechts nach §§ 1098 Abs. 1 S. 1, 464 Abs. 2 BGB keine Gestaltungsfreiheit eingeräumt ist, nicht durch Inhaltsbestimmung des dinglichen Vorkaufsrechts genügt werden. Möglich ist aber z. B., ein dingliches Vorkaufsrecht mit einem vormerkungsgesicherten schuldrechtlichen Vorkaufsrecht zu flankieren (vgl. BGH, Urteil v. 22.11.2013 – V ZR 161/12, NJW 2014, S. 622, 623 Rn. 10; Palandt (-Herrler), BGB78 , § 1094 Rn. 1) und für das schuldrechtliche Vorkaufsrecht festzulegen, dass sich dieses ohne Rücksicht auf den Inhalt des Drittkaufvertrages auf das Grundstück einschließlich der bei Eintragung der Vormerkung bestehenden subjektiv-dinglichen Rechte erstreckt.
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vor Eintritt des Verkaufsfalles leerläuft, darf nicht irritieren und ändert an der einheitlichen Belastungswirkung des dinglichen Vorkaufsrechts nichts. Die vormerkungsgleiche Sicherung des sachenrechtlichen status quo richtet sich nach dem Inhalt des den Verkaufsfall auslösenden Kaufvertrages; erst mit Eintritt dieser ersten aufschiebenden Bedingung aktiviert sich die vormerkungsgleiche Elisionskraft des dinglichen Vorkaufsrechts und folgerichtig der durch die Zustimmungstatbestände kanalisierte Verfügungsschutz hinsichtlich subjektiv-dinglicher Rechte des dem Vorkaufsrecht unterliegenden Grundstücks.370 Sichtbar wird, dass sich die Belastungswirkung des dinglichen Vorkaufsrechts in Ansehung subjektiv-dinglicher Rechte in der aufgezeigten Elisionskraft erschöpft; positive Befugnisse eröffnet das subjektiv-dingliche Recht vor Ausübung des Vorkaufsrechts und Vollzug des Kaufvertrages nicht; der Charakter des dinglichen Vorkaufsrechts als sachenrechtliches Erwerbsrecht bleibt unverändert.371 Strukturell gilt für den Verfügungsschutz der Vormerkung nichts anderes: Würde das zu übertragende oder zu belastende Grundstücksrecht selbst aufgehoben werden, wäre ohnehin nach überwiegender Ansicht die Vorschrift des § 876 S. 1 BGB entsprechend anzuwenden; konsequenterweise unterliegt die Aufhebung eines subjektiv-dinglichen Rechts der Zustimmung des Vormerkungsgläubigers analog § 876 S. 2 BGB.372 Maßgeblich ist freilich der Anspruchsinhalt: Nur soweit der Rechtsänderungsanspruch durch nicht auf Rechtserwerb gerichtete Verfügungsgeschäfte beeinträchtigt wird, bedarf es insoweit der konstitutiven Zustimmung des Vormerkungsgläubigers.
370 Richtig m. E. OLG München Beschluss v. 1.2.2013 – 34 Wx 453/12, NZM 2014, S. 479 (zustimmend auch MünchKomm (-Kohler), BGB VII7, § 876 Rn. 6). Die inhaltliche Änderung von Sondereigentum bedürfe generell nicht der Zustimmung dinglich gesicherter Vorkaufsberechtigter. Schließlich könne der Vorkaufsberechtigte das Wohnungseigentum nur in dem Zustand und zu den Bedingungen übernehmen, die sich aus dem späteren Verkauf ergeben; ihm stünden ggf. Schadensersatzansprüche bei einer Verschlechterung seiner Rechtsposition durch eine Änderung des vorkaufsrechtsbelasteten Wohnungseigentums zu. 371 Wenngleich sich das dingliche Vorkaufsrecht somit auf alle subjektiv-dinglichen Rechte einschließlich eines subjektiv-dinglichen Vorkaufsrechts erstreckt (Kuntze/Ertl/Herrmann/ Eickmann (-Eickmann), Grundbuchrecht6 , § 9 GBO Rn. 8; NomosKomm (-U. Krause), BGB III4, § 876 Rn. 14; Staudinger (-C. Heinze), BGB (2018), § 876 Rn. 22), ist der sachenrechtliche Bestandsschutz nach hier vertretener Ansicht verhältnismäßig schwach; dies ist aber nur die logische Konsequenz der inhaltlich begrenzten vormerkungsgleichen Elisionskraft. Theoretisch sind daher zwar – ebenso wie bei subjektiv-dinglichen Reallasten – unendlich lange Ketten miteinander verzahnter subjektiv-dinglicher Vorkaufsrechte denkbar. Ist z. B. das Grundstück G1 mit einem Vorkaufsrecht V1 belastet, das dem jeweiligen Eigentümer des Grundstück G2 zusteht, das seinerseits mit einem Vorkaufsrecht V2 belastet ist, das dem jeweiligen Eigentümer eines seinerseits mit dem Vorkaufsrecht V3 belasteten Grundstücks G3 zusteht, erstreckt sich V3 sowohl auf V2 als auch auf V1. Von einer gesicherten Erwerbsaussicht hinsichtlich eines „akzessorisch“ mitbelasteten subjektiv-dinglichen Vorkaufsrechts kann angesichts des gelockerten Aufhebungsschutzes keine Rede sein; der sachenrechtliche status quo wird prinzipiell erst mit Eintritt des Verkaufsfalles gesichert. Die Erwerbsaussicht ist daher umso schwächer, je länger die Kette der aneinander anknüpfenden subjektiv-dinglichen Vorkaufsrechte reicht. 372 Nachweise in Fn. 355.
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III. Die begrifflich-systematische Einordnung der Belastung Wie einleitend dargelegt, wird die Belastung von einer weit verbreiteten Ansicht als Analogon der translativen Sukzession, nämlich als konstitutive Sukzession im Sinne einer „mechanistischen“ oder „vergeistigten“ Absonderung und Teilübertragung des Rechts oder der Befugnisse gedeutet.373 Stellt man die europaweit stark verbreitete374 Teilungs- oder Subtraktionsthese abweichenden Konstruktions373 Siehe bereits Mugdan, Die gesammten Materialien III, S. 302: Der Nießbrauch an einem Recht sei „eine teilweise und eigenthümliche, den Besteller für gewöhnlich nicht ganz verdrängende Succession in das belastete Recht“. Aus der älteren Literatur Heck, Grundriß des Sachenrechts2, § 21 (S. 79–84); von Tuhr, Allgemeiner Teil II/1, § 45 II 1–9 (S. 62–83); Cosack/Mitteis, Lehrbuch des Bürgerlichen Rechts II, § 2 I. 2. a) α) (S. 7); aus der zeitgenössischen Literatur Baur/Stürner, Sachenrecht18 , § 3 Rn. 23, § 60 Rn. 3, 6, 8; § 61 Rn. 4, 7, § 62 Rn. 1; BeckOGK BGB (-Kazele), 1.8.2019, § 1018 Rn. 278; Deutsch, MDR 1988, S. 488, 489; Enchelmaier, Übertragung und Belastung unkörperlicher Gegenstände im deutschen und englischen Privatrecht, S. 29–30; Erman (-Wilhelmi), BGB II15, Vorbem. vor § 903 Rn. 2; Habersack, Die Mitgliedschaft – subjektives und „sonstiges“ Recht, S. 111; ders., Sachenrecht8 , Rn.10; Heß, AcP 198 (1998), S. 489, 491; Jauernig (-Berger), BGB17, Vorbem. Sachenrecht Rn. 6; Lieder, Die rechtsgeschäftliche Sukzession, S. 41–47; Müller/G ruber, Sachenrecht, § 1 Rn. 3; MünchKomm (-Wagner), BGB VI7, § 823 Rn. 270; MünchKomm (-Brückner), BGB VII7, § 903 Rn. 8; Prütting, Sachenrecht 36 , Rn. 21; Schur, KTS 2001, 73, 86 ff.; Soergel (-Stürner), BGB XVI13, § 1018 Rn. 1; Soergel (-Habersack), BGB XVI13, Vor § 1204 Rn. 3–4, § 1273 Rn. 2; Staudinger (-D. Wiegand), BGB (2009), Vorbem. zu §§ 1273 ff. Rn. 8; Wieling, Sachenrecht I, § 1 II 3 a (S. 18); Wilhelm, Sachenrecht4, Rn. 120–130; Wolf/ Neuner, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts11, § 20 Rn. 17; Wellenhofer, Sachenrecht 32, § 1 Rn. 10; Wolff/R aiser, Sachenrecht10, § 51 III (S. 177), § 120 I (S. 482), § 175 I (S. 718); wohl auch Füller, Eigenständiges Sachenrecht, S. 65, 378, 411–412; Westermann/Gursky/Eickmann (-Gursky), Sachenrecht8 , § 135 Rn. 3. Ambivalent hingegen die höchstrichterliche Rechtsprechung des BGH. Siehe einerseits z. B. BGH, Beschluss v. 6.12.2018 – V ZB 94/16, NZM 2019, S. 438 Rn. 27 (in Bezug auf einen Nießbrauch an einem Dauernutzungsrecht i. S. v. § 31 Abs. 3 WEG): „Zwar ist der Nießbrauch eine Teilübertragung von Eigentümer- oder – hier – Dauerrechtsbefugnissen auf den Nießbraucher. Das rechtfertigt es auch, für die Bestellung des Nießbrauchs an übertragbaren Rechten auf die Vorschriften für deren Übertragung zu verweisen.“ Siehe andererseits z. B. BGH, Urteil v. 18.12.2015 – V ZR 269/14, NJW 2016, S. 1954 Rn. 11: „Die Rückübertragung der dinglichen Rechtsposition des Nießbrauchers auf den Eigentümer ist nicht erforderlich, da die Einräumung des Nießbrauchs die dingliche Rechtsposition des Eigentümers unberührt lässt und das im Nießbrauch verdinglichte Sachnutzungsrecht mit Ende des Nießbrauchs dem Eigentümer ohne Weiteres wieder als Inhaltsbestandteil des Vollrechts ‚Eigentum‘ zusteht.“ 374 Allerdings stößt die konventionelle Lehre vom démembrement de la proprieté in der französischen Doktrin vermehrt auf Kritik (siehe z. B. Dross, Droit civil – Les choses, Rn. 115; Terré/ Simler, Les biens9, Rn. 773 m. w. N.; Zenati-Castaing/Revet, Les biens3, Rn. 244 beschreiben beschränkte dingliche Rechte als droits sur la chose d’autrui). Auch im niederländischen Schrifttum gerät die verbreitete Teilungsdoktrin unter Druck (siehe Akkermans, The Principle of Numerus Clausus in European Property Law, S. 413–417; von Bar, Gemeineuropäisches Sachenrecht I, Rn. 349 m. w. N. in Fn. 180; Hinteregger/van Vliet, in: van Erp/A kkermans, Property Law, S. 902). Ein gemischtes Bild offenbart sich in England. Eine übergreifende Form der begrifflichsystematischen Darstellung der wahlweise als rights in rem, proprietary interests oder auch property rights umschriebenen dinglichen Rechte hat sich nicht etabliert; desgleichen fehlt es an einer übergreifenden Ausdeutung der Wirkungsweise inhaltlich oder zeitlich begrenzter Rechte („incumbrances“ oder „limited interests“). Soweit es um Rechte an land (i. S. v. sec. 205(1)(ix) LPA 1925) geht, weist die stilprägende doctrine of estates eine Nähe zu der auf dem Kontinent vertretenen Teilungsthese auf. Der estate in land ist bekanntlich primär zeitlich und nicht inhaltlich de-
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modellen begrenzter Sachenrechte antithetisch gegenüber, zeigt sich, dass nicht ein einziger Ansatz das Sinnganze der „Belastung“ erfasst. In der abschließenden Stellungnahme gilt es daher auch nicht, eine neue „Theorie“ zu erfinden, sondern finiert; der estate owner verfüge über ein „slice of time in the land“ (K. Gray/S. F. Gray, Elements of Land Law5, Rn. 1.3.5). Während der estate in fee simple absolute in possession (i. S. v. sec. 1(1) (a) LPA 1925) dem kontinentaleuropäischen Grundeigentum rechtstypisch und funktional entspricht, wird der term of years absolute (i. S. v. sec. 1(1)(b) LPA 1925) verbreitet als zeitlich segmentierter Teil des sich zu einer Anwartschaft auf Rückfall des right to possession verkürzenden „freehold estate“ begriffen (in diese Richtung etwa Clarke/Kohler, Property Law, S. 310; K. Gray/ S. F. Gray, Elements of Land Law5, Rn. 4.2.9). Desgleichen wird die Bestellung eines sub-term dahin beschrieben, dass aus dem umfassenderen term of years ein zeitlich begrenztes Nutzungsrecht herausgeschält werde („carved out“), wodurch sich das right to possession des sublessor zu einer Anwartschaft auf Rückfall des right to possession reduziere (K. Gray/S. F. Gray, Elements of Land Law5, Rn. 4.2.15 mit Fn. 2; Pawlowski/Brown [2015] 170 T & ELTJ 4, 6). In der Sphäre des law of personal property wird der Teilungsthese nicht gefolgt; ein Analogon zum legal estate gibt es nicht, zeitlich begrenzte Rechte an einer realen Sache entstehen in Equity unter einem trust. Soweit es um legal rights geht, deutet die dominierende Ansicht das Faustpfandrecht (pledge) als ein special property, das allein aus dem Erwerb der possession resultiere und gerade nicht derivativ auf das wahlweise als general property, absolute ownership oder dominion bezeichnete Eigentum an den pledged goods zurückzuführen sei (Beale/Bridge/Gullifer/Lomnicka, The Law of Security and Title-Based Financing, Rn. 5.05; Goode (-McKendrick), Commercial Law5, Rn. 2.27). Für sonstige unter einem bailment entstehende begrenzte Rechte (z. B. hire of goods) gilt nichts anderes. Äußerst strittig ist die begrifflich-systematische Einordnung sämtlicher in Equity anerkannten subjektiven Rechte (siehe hierzu § 4 II. 4.). Soweit der trust in Rechtsprechung und Lehre als Produkt einer funktionalen Aufspaltung des „Eigentums“ in legal ownership und beneficial ownership an dem trust property klassifiziert wird (Shell UK Ltd. v. Total UK Ltd. [2010] EWCA Civ 180; [2011] Q. B. 86 [132], [143]; grundlegend Scott (1917) 17 Col. L. Rev. 269, 275–290; siehe auch Hanbury and Martin (-Glister/Lee), Modern Equity21, Rn. 1-019; Worthington, Equity2, S. 63–67), liegt dem eine „wirtschaftlich“ geprägte, veranschaulichende Sichtweise zugrunde. Als rechtskonstruktives Erklärungsmodell ist die geläufige Dichotomie zwischen legal ownership und beneficial ownership umstritten und stößt nicht zuletzt in der jüngeren Literatur auf Kritik (L. Smith (2004) 40 Can Bus LJ 317, 318–319; Edelman [2013] 29 L. Q. R. 66, 70–75, 85; Swadling, in: Degeling/Edelman, Equity in Commercial Law, S. 463, 482–485; siehe auch McFarlane/Stevens (2010) 4 Journal of Equity 1, 2, 10–27). Auch die begrifflich-systematische Einordnung des equitable assignment – ein Funktionsäquivalent der dem alten Common Law unbekannten Forderungszession – ist immer noch umstritten. Teilweise wird das equitable assignment als genuine Forderungsübertragung („transfer concept“), teilweise wird es als Konstitution eines Treuhandverhältnisses („trust concept“) gedeutet (statt vieler Edelman/Elliott (2015) 131 L. Q. R. 228–251 m. w. N.). Wenngleich die Forderungsabtretung längst normiert ist (sec. 136 LPA 1925), spielt das equitable assignment von Forderungen (debts) und anderen unkörperlichen Gegenständen (things in action) auch im geltenden Recht als „heimliche Zession“ eine bedeutende Rolle. Zum einen bezieht sich das statutory assignment gem. sec. 136(1) LPA 1925 nämlich ausschließlich auf „echte“ Abtretungsvereinbarungen (sog. absolute assignments); die ausdrücklich ausgeklammerte Verpfändung (assignment by way of charge) und die Einrichtung eines trust an einer chose in action sind nicht umfasst. Zum anderen bedarf es neben einer Einigung zwischen assignor und assignee einer schriftlichen Anzeige der Abtretung an den Schuldner. Von einer echten translativen Rechtsnachfolge unterscheidet sich das equitable assignment freilich mit Rücksicht auf die charakteristische Wirkung der Equity-Judikatur (equity acts in personam): Weil der assignee auch in Equity nicht einfach als Neugläubiger behandelt wird, ist er jedenfalls nach h. A. auch nicht berechtigt, im eigenen Namen Leistungsklage gegen den Schuldner zu erheben, wobei allgemein anerkannt ist, dass der assignee aus Gründen der Prozessökonomie in kombinierter objektiv-subjektiver Klagehäufung („joinder of parties“) den assignor auf Zustimmung zur Klageerhebung gegen den Schuldner und zugleich den Schuldner auf Leistung im Namen des as-
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vielmehr – unter Vorgriff auf die Einzeluntersuchungen zur inter- und intraspezifischen Belastungskompatibilitäten dinglicher Rechte – die Belastungswirkungen begrifflich präzise zu umreißen.
1. Die Teilungslehre Das theoretische Fundament der heutigen Absonderungsthese ist der von Wächter und anderen führenden Zivilisten des vorvergangenen Jahrhunderts fortentwickelte römischrechtliche Teilungsbegriff – die Zerlegung eines Rechts in einzelne Rechte, die in ihrer Summe dem Vollrecht entsprechen.375 Während die Rechtslehre ursprünglich allein die reale Spaltung des Gegenstandes (partibus pro diusio) und die Zerlegung des Rechts in intellektuelle Anteile (partibus pro indiusio)376 als Rechtsteilungen klassifiziert hatte, betrachtete die vordringende Ansicht auch iura in re aliena als Korrelate qualitativer Eigentumsteilungen.377 signor verklagen kann (Edelman/Elliott (2015) 131 L. Q. R. 228, 241–242). Angesichts der damit verbundenen Parallele zum Institut des trust erachten Edelman/Elliott (2015) 131 L. Q. R. 228, 231–235, 241–242, 249 das trust concept als dogmatisch vorzugswürdig: Der assignee erwerbe ein neues Recht in Equity, das die Rechtsposition des assignor als trustee der Forderung beschränke (in diese Richtung bereits Blackstone, Commentaries on the Laws of England II, S. 442). Andererseits wird von Teilen der Rechtsprechung inzwischen angenommen, dass der assignee im eigenen Namen ohne notwendige Einbeziehung des assignor in den Rechtsstreit gegen den Schuldner prozessieren könne (National Westminster Bank plc v. Kapoor [2011] EWCA Civ 1083; Skelwith (Leisure) Ltd. v. Armstrong [2015] EWHC 2830 (Ch); [2016] Ch. 345); ob sich diese Ansicht durchsetzen wird, bleibt abzuwarten. 375 Wächter, Handbuch des im Königreich Württemberg geltenden Privatrechts II, § 75, 3 (S. 581); siehe auch Bekker, System des heutigen Pandektenrechts I, § 32 (S. 98). Außer Frage stand, dass Eigentum – ungeachtet der vielfach akzentuierten „Unteilbarkeit“ desselben – intellektuell und tatsächlich durch Realteilung teilbar sei; die Unteilbarkeitsthese bezog sich ausschließlich auf den Rechtsinhalt. Anerkannt war ferner die Teilbarkeit des Nießbrauchs, was jedoch nicht die Übertragbarkeit des Nießbrauchs als abstrakt-strukturelles Recht implizierte (Savigny, Das Obligationenrecht als Theil des heutigen römischen Rechts I, § 30 V (S. 317); Dernburg, Pandekten I5, § 246 (S. 599 f.); Puchta, Pandekten12, § 181 (S. 274); Unger, System des österreichischen allgemeinen Privatrechts I3, § 67 (S. 611); Windscheid, Lehrbuch des Pandektenrechts I5, 205 (S. 652)). Demgegenüber galt der usus nach römischem Recht als unteilbar, weil er als höchstpersönliches Recht dem Unterhalt des Berechtigten zu dienen bestimmt war (Savigny, Das Obligationenrecht als Theil des heutigen römischen Rechts I § 30 VII (S. 319); Unger, System des österreichischen allgemeinen Privatrechts I3 § 67 (S. 611 in Fn. 21). Wenngleich die Teilbarkeit des Pfandrechts mit Blick auf mehrdeutige Angaben in den Quellen nicht unumstritten war, setzte sich doch die Erkenntnis durch, dass auch das Pfandrecht in der Weise „teilbar“ sei, dass es an einer Quote einer real ungeteilten Sache bestehen konnte (Unger, System des österreichischen allgemeinen Privatrechts I3 § 67 (S. 611 in Fn. 18)). Als grundsätzlich unteilbar galten jedoch die Prädialservituten: Der Inhalt der Servituten stünde einer Teilung zwingend entgegen; ein Wegerecht könne nicht lediglich zur Hälfte oder an einem ideellen Teil eines Grundstücks ausgeübt werden (Savigny, Das Obligationenrecht als Theil des heutigen römischen Rechts I, § 30 VI (S. 318); Unger, System des österreichischen allgemeinen Privatrechts I3 § 67 (S. 611 in Fn. 20)). Zur ideellen Teilbarkeit dinglicher Rechte im geltenden Privatrecht sowie zu den möglichen Varianten der geteilten Rechtszuständigkeit siehe Fn. 487. 376 Bekker, System des heutigen Pandektenrechts I, § 32 (S. 98–99). 377 Grundlegend Wächter, AcP 27 (1844), S. 155–197; ders., Handbuch des im Königreich
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Leitend war ein Darstellungs- und Ordnungsinteresse: Sowohl echte Rechtsteilungen als auch die Bestellung von begrenzten Sachenrechten sollten unter einem weit auszulegenden Teilungsbegriff zusammengeführt werden, um allgemeine Rechtsgrundsätze zu entfalten. Die konstruktionsjuristische Divergenz zwischen der (Teil-)Übertragung eines bestehenden Rechts und der Kreation eines neuen Rechts an einer fremden Sache wurde dabei zwar von Wächter in aller Deutlichkeit formuliert.378 Dessen ungeachtet bot die begrifflich-systematische Neujustierung des Teilungsbegriffs die Steilvorlage für die sich in der pandektistischen Doktrin etablierende Unterscheidung zwischen translativen und konstitutiven Sukzessionen und nährte die sich ausbreitende These, dass die Kreation eines dinglichen Rechts nichts anderes als eine „partielle Veräußerung“ des Eigentums sei. Der Erfolg dieser These dürfte nicht zuletzt der Prägnanz der mechanistischen Beschreibung der Neuschaffung eines begrenzten Rechts als Abspaltung und Übertragung verselbstständigter Splitter des Vollrechts geschuldet sein. Als besonders einflussreich erwiesen sich in diesem Zusammenhang die pandektistischen Studien Puchtas. Mit der systematischen Einordnung des ius in re als Produkt einer Aufteilung der im Eigentum inbegriffenen Befugnisse verband Puchta die These, dass prinzipiell alle iura in re aliena – emphyteusis, superficies, Pfandrecht und Servituten – auf einer „partiellen Veräußerung“ kraft Absonderung und Übertragung einzelner Elemente des Eigentums beruhen.379 Württemberg geltenden Privatrechts II, §§ 75, 78 (S. 579–587, 611–614); Bekker, System des heutigen Pandektenrechts, §§ 32, 33 (S. 98–113); Regelsberger, Pandekten I, §§ 119, 120 (S. 440–444). 378 Wächter, Handbuch des im Königreich Württemberg geltenden Privatrechts II, § 75, 4 b (S. 585–586 in Fn. 16: „Wenn ich z. B. das Eigenthum meiner Sache so vertheile, daß ich es Zweien zu gleichen Theilen übertrage: so wird jeder Eigenthümer (der Hälfte); das ursprüngliche zu theilende Recht (das Eigenthum) besteht hier in seiner ungeänderten Natur in jedem Theile fort, nur in gemindertem äußeren Umfange. Theile ich aber so, daß A das Eigenthum, B den Nießbrauch bekommen soll: So ist dieß keine eigentliche Theilung des Eigenthums; denn A bekommt allein das ursprüngliche Recht (nur mit zeitweise geminderten Bestandteilen), B bekommt es gar nicht, auch nicht in gemindertem Umfange, sondern ein ganz anderes Recht. Ebenso ist es, wenn ich das wahre Eigenthum in Obereigenthum und Nutzungseigenthum theile […]; der Obereigenthümer bekommt das wahre Eigenthum (mit geminderten Bestandteilen), der Nutzungseigenthümer bekommt gar kein wahres Eigenthum.“ 379 Puchta, Cursus der Institutionen II, § 243 (S. 672–678); ders., Pandekten12 , § 141 (S. 211): „Da das Eigenthum die volle Macht über die Sache, die Totalität aller dinglichen Rechte ist, so ist jedes ius in re zu denken als gebildet aus Elementen des Eigenthums, die von diesem abgesondert, einem Nichteigenthümer gegeben, und eben dadurch zu besonderen Rechten gebildet sind, während sie mit dem Eigenthum vereinigt zu dem ununterschiedenen Inhalt des Eigenthums gehören, also bey dem Eigenthümer nicht den Charakter eines besonderen Rechts haben.“); siehe auch Arndts, Lehrbuch der Pandekten6 , § 175 (S. 269); Bekker, System des heutigen Pandektenrechts, § 34 (S. 111); Elvers, Die römische Servitutenlehre, S. 40–45. Zu beachten ist freilich, dass Bekker – als einer der führenden Vertreter der Lehre von der qualitativen Teilung – den Begriff der qualitativen Eigentumsteilung nicht auf die Einräumung von iura in re aliena beschränkte. Als qualitativ verschiedene Eigentumsteile ordnete Bekker vor allem auch den Gegensatz zwischen dem quiritarischen und dem bonitarischen Eigentum, die Teilung zwischen dem Recht des „Eigentümers“ und dem des redlichen Ersitzungsbesitzers sowie die emphyteusis und die superficies ein (Bekker, System des heutigen Pandektenrechts I, § 32 (S. 103). Über diese bloße begrifflich-systematische Einordnung hinaus postulierte Bekker zumindest zwei, offenbar für alle Tei-
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Als wesentliche Kennzeichen der iura in re aliena identifizierte Puchta ihren beschränkenden und konservierenden Einfluss auf das Eigentum.380 Auf der einen Seite werde der jeweilige Eigentümer zu einem bestimmten Dulden oder Unterlassen verpflichtet und somit in seiner totalen Herrschaft über die Sache beschränkt; auf der anderen Seite vermindere das Institut des ius in re das Bedürfnis für eine totale Veräußerung und stärke somit das Eigentum. In diesem Sinne seien sämtliche iura in re aliena Beschränkungen und zugleich Surrogate des Eigentums. Mit der Teilungslehre ließ sich die Selbstständigkeit des eingeräumten Rechts schlüssig erklären: Dieses sei ja von der „Dauer“ des Eigentums unabhängig, werde mithin weder von einer (translativen) Veräußerung noch von einer Dereliktion berührt.381 Als axiomatisch erwies sich für Puchta das Verbot eines Eigentümerrechts.382 Weil es sich bei allen Erscheinungsformen begrenzter Sachenrechte um aus dem Eigentum abgesonderte Befugnisse handelte, musste ein ius in re mit Notwendigkeit immer an einer fremden Sache bestehen; sobald die abgesonderte Befugnis sich mit dem Eigentum in einer Person vereinige, gehe sie im ungeteilten Eigentum auf. Wie angerissen, setzte sich auf dem Boden der Teilungsdoktrin in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts der Dualismus von translativen und konstitutiven Rechtsübergängen resp. quantitativen und qualitativen Sukzessionen durch.383 Leitend war Bekkers prägnante Darstellung der Rechtsnachfolge, dem es ersichtlich darum ging, sämtliche Vorgänge des abgeleiteten Erwerbs in einem taxonomischen Ordnungsmodell der Sukzessionen abzubilden. Die Kreation eines neuen Rechts an lungsvorgänge charakteristische axiomatische Prinzipien: Einerseits dürften die Teilhaber nicht mehr Rechte erwerben als dem Inhaber des ungeteilten Rechts zuständen; die Teilung dürfte also Dritte nicht beeinträchtigen. Andererseits aber müssten die einzelnen Teile doch in ihrer Summe das ganze Recht ergeben; den Teilhabern dürften mithin zusammen auch nicht weniger Rechte zustehen als dem Inhaber des ungeteilten Rechts (Bekker, System des heutigen Pandektenrechts I, § 32 (S. 100)). Sämtliche iura in re aliena und darüber hinaus auch die Einräumung „kleinerer“ iura in re aliena aus „größeren“ iura in re aliena sowie die Verpfändung aller übertragbaren Rechts basierten demzufolge auf konstitutiven Übertragungen, während umgekehrt der Vorbehalt von iura in re aliena im Rahmen der Übereignung als deduktiver oder exzeptiver Übergang des Eigentums auf den Sukzessor dargestellt wurde (Bekker, System des heutigen Pandektenrechts I, § 32 (S. 113); ihm folgend von Tuhr, Allgemeiner Teil II/1, § 45 II 3 (S. 72)). 380 Puchta, Cursus der Institutionen II, § 243 (S. 677); ders., Pandekten12 , § 141 (S. 211). 381 Vgl. Puchta, Pandekten12 , § 141 (S. 212). Teilweise wurde auch der römische Rechtsgrundsatz servitus in faciendo consistere nequit darauf zurückgeführt, dass sich eine Servitut als ius in re aus einzelnen im Eigentum enthaltenen Ausschließungs- und Dispositionsbefugnissen zusammensetze und, weil es keine im Eigentum inbegriffene Befugnis, etwas zu unterlassen, gebe, rechtslogisch nur zu einem pati oder einem non facere verpflichten könne (Keller, Pandekten, § 163 (S. 310)). Indes ließ sich das römische Prinzip servitus in faciendo consistere nequit auch ohne Rekurs auf den fragwürdigen Absonderungsgedanken stimmig begründen; siehe nur Dernburg, Pandekten I, § 236 (S. 571); Puchta, Cursus der Institutionen II, § 243 (S. 741–742). 382 Puchta, Cursus der Institutionen II, §§ 232, 252 (S. 675, 739 f.); ders., Pandekten12 , § 141 (S. 211). 383 Siehe etwa Brinz, Pandekten I, § 76 (S. 243–244); Hellwig, Wesen und subjektive Begrenzung der Rechtskraft, §§ 35–37 (S. 253–259): Keller, Pandekten, § 163 (S. 310); Regelsberger, Pandekten I, §§ 119, 120 (S. 440–444). Aus deutschrechtlicher Sicht siehe auch Gierke, Deutsches Privatrecht II, § 120 (S. 366).
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einer fremden Sache sei nicht nur eine Form der qualitativen (Eigentums-)Teilung, sondern zugleich eine Rechtsnachfolge, die Bekker als „konstitutive Uebertragung“ deutete.384 Mit letzter Konsequenz wurde die Lehre von der qualitativen Eigentumsteilung freilich selbst von ihren Verfechtern nicht durchgehalten. Die Antinomie zwischen dem abstrakten Eigentumsbegriff und der Lehre von der Absonderung verselbstständigter Eigentumsbefugnisse versuchte man mit der artifiziellen Distinktion zwischen der rechtslogisch unmöglichen Teilung des Eigentums und der gleichwohl möglichen Absonderung der im Eigentum enthaltenen Befugnisse zu entkräften: Das Eigentum bleibe substantiell unberührt, es würden nur einzelne Elemente aus diesem herausgeschält und auf den Sukzessor übertragen werden.385 Wie sich freilich identifizierbare Einzelbefugnisse aus einem – gerade nicht als Bündel von Befugnissen gedeuteten 386 – Totalrecht extrahieren lassen, ohne die Integrität desselben zu verletzen, erläuterte niemand. Sprachliche Ambiguitäten nahmen die Verfechter der Absonderungslehre billigend in Kauf. Dass die vermeintliche „Absonderung“ und Teilübertragung von Bestandteilen des Eigentums paradoxerweise nicht zu einer Schmälerung gleichartiger Befugnisse des Eigentümers führen müsse, räumte Puchta unter Verweis auf ländliche Servituten freimütig ein: Eine Koexistenz gleichartiger Befugnisse sei mit der Absonderungsthese vereinbar; entscheidend sei, dass der Eigentümer das Recht des Dienstbarkeitsberechtigten nicht beeinträchtigen dürfe.387 Angesichts dessen überrascht es nicht, dass sich die Anhänger der Lehre von der qualitativen Eigentumsteilung im Detail uneins waren, ob alle iura in re oder lediglich Servituten und, bejahendenfalls, welche Erscheinungsformen derselben als Produkte einer Absonderung und Teilung der im Eigentum enthaltenen Befugnisse anzusehen seien.388 Außerdem betonte Puchta, wie gezeigt, 384 Als wesentliche Kennzeichen aller Rechtsteilungen erkannte Bekker, System des heutigen Pandektenrechts, § 32 (S. 100) die folgenden miteinander verknüpften Rechtsprinzipien: Einerseits dürften die Teilhaber nicht mehr Rechte erwerben als dem Inhaber des ungeteilten Rechts zuständen; die Teilung dürfte also Dritte nicht beeinträchtigen. Andererseits müssten die einzelnen Teile in ihrer Summe das ganze Recht ergeben; den Teilhabern dürften zusammen nicht weniger Rechte zustehen als dem Inhaber des ungeteilten Rechts. 385 Puchta, Pandekten12 , § 141 (S. 211); Elvers, Die römische Servitutenlehre, S. 40. 386 Exemplarisch Elvers, Die römische Servitutenlehre, S. 40: „[…] es wird immer eine Differenz bleiben zwischen den entzogenen einzelnen Eigenthumsbefugnissen und den der Zahl nach unendlichen, mit dem Eigenthum verbundenen Berechtigungen und daher, wenigstens dem Rechtsbegriffe nach, das Eigenthum auf diese Weise nie aufgehoben werden können.“ 387 Puchta, Cursus der Institutionen II, § 243 (S. 674 Fn. b): „Man muß sich vor dem Mißverständnis hüten, als enthalte diese ‚Absonderung‘ nothwendig in sich, daß dem Eigenthümer die Handlung oder der Gebrauch der Sache, wozu ein solches Recht befugt macht, schlechterdings versagt sei; dies liegt nicht in jenem Begriff. Es ist denn auch nur so weit der Fall, als die Theilnahme des Eigenthümers den Umfang des Rechts beeinträchtigen würde. Enthält z. B. das Recht den vollen Fruchtbezug, so kann der Eigenthümer allerdings keine Früchte von der Sache ziehen, dagegen verhindert das Recht zu gehen den Eigenthümer nicht, auch über sein Grundstück zu gehen, nur natürlich salvo iure itineris des andern; ferner das Verkaufsrecht des Pfandgläubigers schließt nicht den Verkauf der Sache durch den Eigenthümer aus, nur geschieht er nicht anders als salvo iure pignoris.“ Ähnlich Arndts, Lehrbuch der Pandekten6 , § 175 (S. 269). 388 Während u. a. Büchel, Ueber jura in re und deren Verpfändung, S. 4, 7–9 die Teilungslehre
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die beschränkende Wirkung des ius in re und ordnete demgemäß iura in re aliena als Beschränkungen (und zugleich als Surrogate) des Eigentums ein.389 Überhaupt stieß die Absonderungsthese in der Rechtslehre des 19. Jahrhunderts auf verbreitete Ablehnung.390 Mit fundierter Kritik wandten sich insbesondere Windscheid und Dernburg gegen die These der qualitativen Eigentumsteilung.391 für sämtliche Servitute einschließlich des ususfructus, nicht jedoch in Ansehung von emhyteusis, superficies und Pfandrecht anerkannte, klassifizierte Vangerow, Pandekten I7, § 338 (S. 688– 689) ausschließlich die städtischen Grunddienstbarkeiten (servitutes praediorum urbanorum), vor allem die servitus altius non tollendi als Paradigma einer negativen Dienstbarkeit, als verselbstständige Eigentumsbestandteile. Im Allgemeinen lehnte Vangerow ebd. die Lehre der Teilübertragung aber unter Verweis auf die „Elastizität“ des Eigentums ab; dieses werde durch die Einräumung eines Servituts im Allgemeinen lediglich vorübergehend beschränkt, wobei es einer konstitutiven Rückübertragung des eingeräumten Servituts nicht bedürfe. Eine andere Betrachtungsweise legte Vangerow aber bei den urbanen Servituten zugrunde, weil diese nicht durch bloße Nichtausübung (non usus) erlöschen, sondern ausschließlich im Wege einer erwerbenden Verjährung in Fortfall gerieten. Eine Konsolidation des urbanen Servituts mit dem Eigentum beruhe dagegen stets auf einem konstitutiven Rechtsgeschäft, indem z. B. dem Eigentümer ausdrücklich doch die unbeschränkte Bebauungsbefugnis unter Aufhebung der servitus altius non tollendi, eingeräumt werde. 389 Der Beschreibung dieser Beschränkung als partielle Veräußerung bedient sich Puchta ebd. augenscheinlich deshalb, um den Gegensatz zwischen der totalen Macht über die Sache, dem Eigentum, und der partiellen Macht über die Sache, die bereits durch eine partielle Veräußerung begründet werde, zu betonen. 390 Schon Wächter, Handbuch des im Königreich Württemberg geltenden Privatrechts II, § 75, 4 b (S. 585 mit Fn. 16) betonte exemplarisch in Bezug auf den Nießbrauch, dass die Einräumung von eines ius in re nicht eine „eigentliche Teilung des Rechts“ sei, „weil in diesen Fällen nicht in jedem einzelnen Theile das ursprüngliche Recht in seiner ungeänderten Natur fortbesteht.“ Andererseits nahm Wächter, ebd., dann aber doch an, dass, wenngleich keine echte Teilung des Rechts vorliege, eine „Abtrennung einzelner Bestandtheile“ erfolge; dezidiert gegen die Annahme einer Befugnisabspaltung aus dem Eigentum Baron, Pandekten9, § 156 (S. 286–287); Dernburg, Das Pfandrecht nach den Grundsätzen des heutigen römischen Rechts I, S. 125–129; Hölder, Pandekten I, § 36 (S. 179–182); Regelsberger, Pandekten, § 120 (S. 444). 391 Windscheid, Lehrbuch des Pandektenrechts I5, § 200 (S. 636–638 in Fn. 3) in Bezug auf die Dienstbarkeiten: „Sehr verbreitet ist die […] Ansicht, die Dienstbarkeiten seien Eigentumsbestandtheile, Eigenthumselemente, welche aus dem Eigenthumsrechte dem Rechte oder der Ausübung nach ausgeschieden, losgelöst, in dieser Ausscheidung und Loslösung zu selbständigen Rechten geworden seien […]. Ich muß mich auch gegen diese Auffassung erklären. So wenig wie die Dienstbarkeiten nach ihrer Begründung Eigenthumsbestandtheile sind, so wenig sind sie aus Eigenthumsbestandtheilen gebildet. Die Vertheidiger dieser Ansicht scheinen allein, oder doch vorzugsweise, den Fall im Auge zu haben, wo die Dienstbarkeit von dem Eigenthümer bestellt worden ist. Allein selbst in diesem Fall ist die Dienstbarkeit zwar kraft des Eigenthums begründet, aber immer noch nicht umgebildetes Eigenthumselement; sie ist durch die ununterschiedene im Eigenthumsrecht liegende Macht geschaffen, nicht aber z. B. der Nießbrauch kraft des Gebrauchs- und Fruchtgenußrechts des Eigenthümers, die Wegegerechtigkeit kraft des Rechts des Eigenthümers zu gehen […]. Beruht aber die Dienstbarkeit nicht auf der Bestellung des Eigenthümers, sondern auf Ersitzung, richterlicher Verfügung oder Gesetz, so fehlt selbst für die so gefaßte Zurückführung der Dienstbarkeit auf das Eigenthum jeder Anhalt.“ Prononciert auch Dernburg, Das Pfandrecht nach den Grundsätzen des heutigen römischen Rechts I, S. 127, der der Abspaltungslehre entgegenhält, dass sie „die Vorstellung in uns [wecke], als sei der Eigenthümer berechtigt, mit einzelnen Bestandtheilen seines Eigenthumsrechts einen direkten Commerz zu treiben; hierdurch aber wird der vom römischen Recht eingehaltene Standpunkt verschoben. Die Nutzungsberechtigung, die der Inhaber einer Servitut ausübt, ist in ihrer Art und ihrem Charakter
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Dass sich die Abspaltungsdoktrin überraschenderweise gerade unter der Geltung des BGB zu etablieren vermochte,392 dürfte nicht zuletzt auf von Tuhrs vielbeachtete Darstellung der Sukzessionsdogmatik zurückzuführen sein.393 Im Undurchaus verschieden von der entsprechenden, scheinbar ähnlichen des Proprietars. Jede einzelne Dispositionsbefniß des Eigenthümers ist diesem in unbeschränkter Weise überlassen, er ist bei ihrer Ausübung nicht an das Maß seiner Bedürfnisse, seines Vortheils gebunden, sie steht ihm und seinen Nachfolgern für immer zu. Die Servitut dagegen ist ihrem Wesen nach ein beschränktes Recht, ihr Umfang richtet sich nach dem Bedürfniß des herrschenden Subjects, ihre Dauer nach dessen Existenz. In einfacher Ablösung und Uebertragung einer einzelnen Eigenthumsbefugniß kann daher die Bildung der Servitut nicht gesehen werden, sie erhält ihren specifischen Charakter, ihre juristische Stellung erst durch die Verleihung an einen bestimmten Träger. In ganz ähnlicher Weise verhält es sich mit der Begründung eines Pfandrechts. Sie charakterisirt sich nicht als bloße Absonderung einer Eigenthumsberechtigung, sondern als Neugestaltung mit Rücksicht auf den pfandrechtlichen Zweck. In der Bestellung der Servitut wie des Pfandrechts liegt gleichmäßig Creirung einer bisher noch nicht existirenden Rechtsbefugniß.“ 392 Die tendenzielle Ablehnung der erweiterten Teilungsdoktrin spiegelt sich zumindest auf den ersten Blick in der Ausgestaltung des Sachenrechtsregimes des BGB. Von einer konstitutiven Rechtsübertragung ist nirgends die Rede. Der Gesetzgeber bedient sich stattdessen des – freilich ambivalenten – Begriffs der Belastung und grenzt somit die Bestellung begrenzter Rechte sprachlich von einer „partiellen Veräußerung“ des Rechts bzw. einzelner Elemente eines Rechts ab. Die Gesetzessystematik scheint ebenfalls mit der Lehre von der qualitativen Eigentumsteilung zu brechen: Die Bestellung beschränkter dinglicher Rechte wird nicht im Kontext der Forderungsabtretung oder der Übertragung des Eigentums an beweglichen Sachen oder der Auflassung geregelt; vielmehr sind den einzelnen Arten begrenzter Rechte jeweils eigene Abschnitte gewidmet, in denen die Voraussetzungen des rechtsgeschäftlichen Erwerbs geregelt sind. In deutlichem Kontrast zum römischrechtlichen Grundsatz „nemini res sua servit“ steht die prinzipielle Anerkennung von Eigentümerrechten (vgl. §§ 889, 1009, 1063 Abs. 2, 1196, 1256 Abs. 2 BGB). Gleichwohl machen die Gesetzesmaterialien sichtbar, dass zumindest die erste BGB-Kommission durchaus der Lehre von der qualitativen Eigentumsteilung anhing, wurde doch die Bestellung des Nießbrauchs an einer Forderung als „partieller Rechtsübergang“ beschrieben (Mot. III, S. 540). 393 von Tuhr, Allgemeiner Teil II/1, § 45 II (S. 62 f.): Während mittels translativer Sukzession ein Recht vollständig auf ein anderes Rechtssubjekt übertragen werde und der bisherige Rechtsinhaber einen definitiven Rechtsverlust erleide, bewirke die Belastung eines Rechts eine konstitutive Sukzession, welche sich darin manifestiere, dass Befugnisse des Mutterrechts (scil.: des Primärrechts) von diesem abgetrennt und in verselbstständigter Form auf den Erwerber des Tochterrechts (scil.: des beschränkten Rechts) transferiert würden. Dabei erschöpfe sich eine translative Sukzession nicht in der Veräußerung eines Rechts in vollem Umfang, sondern umschließe als „quantitative Rechtsnachfolge“ die Rechtsteilung, welche durch Teilrechtsübertragungen sowie die Begründung von Bruchteilsgemeinschaften an Rechten gem. §§ 741 ff., 1008 ff. BGB entstünde. Weil hingegen die durch konstitutive Rechtsnachfolge bewirkte Zerlegung des belasteten Rechts nicht in einem Zahlenverhältnis ausgedrückt werden könne und das entstehende Recht nicht zuvor in dieser Gestalt existiert habe, sei diese Art der Rechtszerlegung auch als „qualitative Rechtsnachfolge“ zu bezeichnen. Wenngleich sich die Vertreter der Absonderungslehre vor allem auch auf von Tuhrs grundlegende Aufbereitung der konstitutiven Sukzession berufen, räumte dieser durchaus ein, dass die Subsumtion der konstitutiven Sukzession unter den Teilungsbegriff nicht zwingend sei (von Tuhr, Allgemeiner Teil II/1, § 45 II (S. 63 mit Fn. 21) unter Verweis auf die Kritik von Hirsch, Die Übertragung der Rechtsausübung, S. 204 ff.). Überhaupt distanzierte sich von Tuhr, Allgemeiner Teil II/1, § 45 II 9 (S. 83) mit Rücksicht auf die Elastizität des belasteten Rechts doch wieder von der Teilungsdoktrin: „Dieser Vorgang, den man Konsolidation des Mutterrechts nennen kann, erfolgt mit Rechtsnotwendigkeit, ohne eine Erwerbshandlung seitens des Inhabers des Mutterrechts, und erklärt sich aus dem Wesen der Belastung; während bei der Tei-
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terschied zu namhaften Pandektisten verstehen von Tuhr und seine Anhänger die konstitutive Rechtsübertragung in einem wörtlichen Sinne. Mit Belastung des Eigentums sei in Wirklichkeit gemeint, dass im Eigentum gebündelte Befugnisse als „verselbstständigte Eigentumssplitter“ ausgeschieden und in Form eines Tochterrechts auf den Einzelrechtsnachfolger transferiert werden würden.394 Mit einer bloßen Beschränkung dürfe die Belastung nicht in eins gesetzt werden; von jener unterscheide sich diese dadurch, dass es zu einer Rechtsnachfolge in das Eigentum komme.395 Dass der Inhalt der übertragenen Befugnis nicht notwendigerweise mit der des Eigentums in unbelastetem Zustand identisch sei, sei belanglos; prinzipiell alle Belastungen ließen sich auf den Gesamtinhalt des Eigentums zurückführen.396 Sofern ein beschränktes dingliches Recht belastet werde, würden die jeweils verselbstständigten Eigentumssplitter im Wege konstitutiver Rechtsnachfolge (zweiten Grades) von neuem fragmentiert und weiterübertragen werden.397 Für die Belastungen anderer Rechte gelte nichts anderes.398 Zur Begründung der Zersplitterungsthese verwies auch von Tuhr auf die Selbstständigkeit des „Tochterrechts“. Diese Selbstständigkeit werde nicht etwa durch die Zustimmungserfordernisse der §§ 876, 877, 1255 Abs. 2, 1276 BGB relativiert; auch eine Aufhebung oder inhaltliche Änderung des „Mutterrechts“ berühre die Existenz eines wirksam entstandenen Tochterrechts ebenso wenig wie eine erneute Belastung oder Übertragung des Mutterrechts; die Zustimmungserfordernisse seien schließlich nur deshalb im BGB verankert worden, um anderenfalls drohende gespaltene Rechtsverhältnisse im Interesse der Rechtsklarheit auszuschließen.399 Die Konsolidation des Mutterrechts bei Wegfall des abgezweigten Rechts erfolgte „mit Rechtsnotwendigkeit“ ohne konstitutive Erwerbshandlung; dies erkläre sich aus dem Wesen der Belastung.400 Daran anknüpfend halten weite Teile der zeitgenössischen Literatur an der wahlweise als „Abspaltungs“- oder „Zersplitterungstheorie“ lung ein Stück der im Rechte enthaltenen Befugnisse definitiv losgelöst wird, bleibt bei der Belastung des Mutterrecht in seiner Substanz bestehen und wird nur soweit beschränkt, als es die Ausübung der abgezweigten Befugnisse erfordert […].“ 394 Lieder, Die rechtsgeschäftliche Sukzession, S. 38–39; von Tuhr, Allgemeiner Teil II/1, § 45 II 1 (S. 63 in Fn. 23). 395 Systematisch unterscheide sich die „Beschränkung“ des Eigentums, wozu z. B. die Duldungspflicht gem. § 906 Abs. 1 BGB sowie relative Verfügungsverbote i. S. d. §§ 135, 136 BGB zählten, von der Belastung desselben darin, dass mit der Beschränkung kein dingliches Recht eines anderen korrespondiere (von Tuhr, Allgemeiner Teil II/1, § 45 II (S. 62 in Fn. 17)). 396 von Tuhr, Allgemeiner Teil II/1, § 45 II 1 (S. 64–65), der einräumt, dass negative Dienstbarkeiten nicht aus einer Übertragung von Befugnissen des Eigentümers abgeleitet werden, sondern eine Entziehung von Eigentümerbefugnissen zugunsten des Dienstbarkeitsberechtigten konstituieren. Auch die Verfügungsmacht des Pfandgläubigers gehe über die des Eigentümers hinaus, weil im Fall des rechtmäßigen Pfandverkaufs nach Maßgabe des § 1242 Abs. 2 BGB Pfandrechte und ein nachrangiger Nießbrauch, im Fall der Zwangsversteigerung eines Grundstücks durch Zuschlagsbeschluss nachrangige Rechte gem. § 91 Abs. 1 ZVG erlöschen. 397 von Tuhr, Allgemeiner Teil II/1, § 45 II 1 (S. 68 f.). 398 von Tuhr, Allgemeiner Teil II/1, § 45 II 1 (S. 66 f.). 399 von Tuhr, Allgemeiner Teil II/1, § 45 II 4 (S. 74 f.). 400 von Tuhr, Allgemeiner Teil II/1, § 45 II 9 (S. 82 f.).
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bezeichneten Erklärung des Belastungsvorgangs fest.401 Soweit eine argumentative Auseinandersetzung überhaupt stattfindet – auf eine nähere Überprüfung der Validität der Absonderungslehre wird häufig verzichtet,402 – beruft man sich auf die konsequente Angleichung der Tatbestandsstrukturen der Übertragung und der Belastung des Eigentums und anderer Rechte im BGB.403 Wenig überraschend stößt die Absonderungslehre bis heute auf verbreitete Kritik.404 Von den Kritikern wird u. a. erstens eingewendet, dass die Teilungsthese in einem unauflöslichen Spannungsverhältnis mit dem abstrakten Eigentumsbegriff, weil sie gerade zur Aufgabe desselben zwinge; die Annahme einer Zerlegung und Absonderung der das Eigentum bildenden Bestandteile laufe der apodiktisch postulierten Unteilbarkeit des Eigentums zuwider.405 Zweitens könne die Absonderungslehre nicht erklären, wieso der Eigentümer (und jeder andere Inhaber eines übertragbaren Rechts) beliebig viele beschränkte dingliche Rechte identischen Inhalts, zumal im Gleichrang, einräumen könne.406 Drittens leuchte nicht ein, warum der Inhaber eines beschränkten dinglichen Rechts, der sich gegenüber einem Dritten als Eigentümer der Sache geriere, nicht als Minus zum Eigentum zumindest sein beschränktes dingliches Recht auf den Dritten übertrage, falls ein gutgläubiger Erwerb des Eigentums ausscheide.407 Viertens entäußere sich der Eigentümer nicht notwendig seiner Nutzungs- und/oder Verfügungsbefugnisse durch Bestellung eines beschränkten dinglichen Rechts; eine konkurrierende Ausübung der duplizierten Befugnisse sei denkbar.408 Endlich könne die Absonderungslehre nicht 401 Siehe die Nachweise in Fn. 373. Mit der Absonderungslehre verbindet sich die Ansicht, dass es kein Recht an einem Recht oder einer Sache, sondern immer nur um Befugnisabspaltungen aus dem Eigentum oder aus einem anderen Recht gehe (Nachweise in Fn. 46). 402 Siehe etwa Müller/G ruber, Sachenrecht, § 1 Rn. 3. 403 Vgl. BGH, Beschluss v. 6.12.2018 – V ZB 94/16, NZM 2019, S. 438 Rn. 27; Baur/Stürner, Sachenrecht18 , § 3 Rn. 23, § 60 Rn. 3, 6, 8; § 61 Rn. 4, 7, § 62 Rn. 1; Habersack, Sachenrecht8 , Rn. 10; Soergel (-Habersack), BGB XVI13, Vor § 1204 Rn. 3–4, § 1273 Rn. 2; weiterführend Deutsch, MDR 1988, S. 488, 489. 404 Aus der älteren Literatur Hirsch, Die Übertragung der Rechtsausübung, S. 204–224; Zitelmann, AcP 99 (1906), S. 1, 33; von Lübtow, Schenkungen der Eltern an ihre minderjährigen Kinder und der Vorbehalt dinglicher Rechte, S. 53–55; Grunsky, Rangfragen der dinglichen Rechte, S. 5–20; Dettmar, Materielle und formelle Funktion des Rangs im Grundstückssachenrecht, S. 26 ff.; aus der neueren Literatur von Bar, Gemeineuropäisches Sachenrecht I, Rn. 349; ders., JZ 2015, S. 845, 856; Hauck, Nießbrauch an Rechten, S. 113–117; Klose, Das Eigentum als nudum ius im Bürgerlichen Recht, S. 187–192; NomosKomm (-Lemke), BGB III4, § 1030 Rn. 5; Staudinger (-Althammer), BGB (2016), § 903 Rn. 4; Staudinger (-Heinze), BGB (2017), Vorbem. zu §§ 1030 ff. Rn. 6; Stadler, AcP 189 (1989), S. 425, 428–429. 405 Allerdings relativiert Hauck, Nießbrauch an Rechten, S. 117–118, 120 dieses Argument: Aus einer Teilübertragung von Befugnissen aus dem Recht müsse nicht notwendig auf eine Teilübertragung des Stammrechts als „abstrakt-strukturelles Recht“ selbst geschlossen werden; die Belastung des Eigentums könne mithin durchaus als Teilübertragung der im Eigentum inbegriffenen Befugnisse beschrieben werden. 406 Dettmar, Materielle und formelle Funktion des Rangs im Grundstückssachenrecht, S. 38 ff.; Grunsky, Rangfragen der dinglichen Rechte, S. 5 ff.; Hirsch, Die Übertragung der Rechtsausübung, S. 204 f. 407 Grunsky, Rangfragen der dinglichen Rechte, S. 18. 408 Hirsch, Die Übertragung der Rechtsausübung, S. 208 ff.
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erklären, wie das Eigentum nach Erlöschen des beschränkten dinglichen Rechts wieder zum Vollrecht erstarke.409 Auch unter den Kritikern herrscht aber kein Einvernehmen darüber, wie die Belastung von Sachen oder Rechten zu deuten ist; die wichtigsten Gegenansätze seien in aller Kürze referiert.
2. Die Übertragung der Rechtsausübung Mit seiner fundierten Kritik an der Teilungsdoktrin legte bereits Hirsch kurz nach Inkrafttreten des BGB den Grundstein für eine neue Konzeption der Belastung.410 Hirsch grenzte die Ausübung vom abstrakt-strukturellen Inhalt des subjektiven Rechts theoretisch ab: Bei der Belastung finde keine Rechtsübertragung und auch keine Abspaltung einzelner Befugnisse statt; es werde vielmehr die vom „Mutterrecht“ zu abstrahierende Rechtsausübung vervielfältigt und in Form eines selbstständigen Tochterrechts auf den Sonderrechtsnachfolger übertragen.411 Von einer bloßen Ausübungsermächtigung sei die Ausübungsübertragung scharf zu unterscheiden: Lediglich im Entstehungstatbestand sei das Tochterrecht vom Mutterrecht abhängig, nicht jedoch im Fortbestand; das weitere rechtlichen Schicksal des Mutterrechts beeinflusse das von diesem emanzipierte Tochterrecht nicht.412 In der „geheimnisvollen“ Elastizität des Mutterrechts offenbare sich einfach nur das Rangverhältnis: Das Tochterrecht begründe für nachrangige Tochterrechte und für das Mutterrecht eine von außen kommende „Ausübungsschranke“; mit Fortfall des (rangschlechtesten) Tochterrechts könne das Subjekt des Mutterrechts von der nur temporär beschränkten Erlaubnis wieder vollumfänglich Gebrauch machen.413
3. Die Lehre von der Teilung nach dem Interessengehalt Hiervon zu unterscheiden ist die von Forkel entwickelte Lehre von der gebundenen Rechtsübertragung.414 So hält Forkel im Kern an der Teilungsdoktrin fest, betont jedoch, dass keine Übertragung der im belasteten Recht verkörperten Befugnisse, sondern eine Teilung des belasteten Rechts nach dem mit dem subjektiven Recht bezweckten Interessenschutz stattfinde.415 Die für die Belastung charakteristische 409 Dettmar, Materielle und formelle Funktion des Rangs im Grundstückssachenrecht, S. 46– 47; Hirsch, Die Übertragung der Rechtsausübung, S. 221–223: Auf dem Boden der Teilungslehre müsste das aus dem Eigentum abgeleitete Recht bei Aufgabe desselben herrenlos werden und der Aneignung unterliegen; die automatische Selbstergänzung des Eigentums bedürfte ausdrücklich gesetzlicher Anordnung. Siehe auch NomosKomm (-Lemke), BGB III4, § 1030 Rn. 5. 410 Hirsch, Die Übertragung der Rechtsausübung. 411 Hirsch, Die Übertragung der Rechtsausübung, S. 212–225. 412 Hirsch, Die Übertragung der Rechtsausübung, S. 213 ff. 413 Hirsch, Die Übertragung der Rechtsausübung, S. 217 ff. 414 Grundlegend Forkel, Gebundene Rechtsübertragungen, S. 23–48 (zur Belastung als gebundene Teilübertragung), passim. 415 Forkel, Gebundene Rechtsübertragungen, S. 33–37. Die gebundene Rechtsübertragung („Belastung“) wird dabei der freien Rechtsübertragung („translative Sukzession“) gegenübergestellt: Die freie Rechtsübertragung sei dadurch gekennzeichnet, dass an den Befugnissen des Er-
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Teilung setze am sozialen Sinn- und Interessengehalt des zu belastenden Rechts an; das belastende Recht sei stets ein Ausschnitt derjenigen Interessen, die durch zu belastende Recht geschützt werden. Während z. B. ein Nießbrauch ein im Vergleich zum Nutzungsinteresse des Vollrechtsträgers schmaleres, aus dem Vollrecht abgeleitetes Nutzungsinteresse gewährleiste, übertrage die Verpfändung dem Gläubiger das im Eigentum enthaltene Vermögenswertinteresse, wobei die Veräußerungsbefugnis lediglich ein Hilfsmittel zur Verwirklichung dieses Interesses sei.416 Die Eigentümlichkeit der Belastung sieht Forkel in der Gebundenheit der Rechtsstellung des Erwerbers an die Berechtigung des Verfügenden, die sich in der „Elastizität“ des belasteten Rechts und in der Verpflichtung des Erwerbers, seine Befugnisse unter Respektierung der durch das Vollrecht geschützten allgemeineren Interessen auszuüben, zeige.417
4. Das Konzept der Vergemeinschaftung und Zugangseröffnung Abgelehnt wird die herrschende Konzeption der Belastung als Teilübertragung des betreffenden Rechts auch von Hauck, der im Hinblick auf den Nießbrauch an Rechten eine übergreifende, sämtliche Arten und Erscheinungsformen begrenzter Rechte einfangende Theorie der Belastung als Vergemeinschaftung des betreffenden Rechts in Verbindung mit einer Zugangseröffnung der im belasteten Recht enthaltenen Befugnisse entfaltet.418 Dieses Vergemeinschaftungskonzept verbindet zwei Hypothesen. Erstens wird die Belastung – unter Zurückweisung der Lehre von der Teilübertragung des belasteten (Stamm-)Rechts – als bloße Beschränkung werbers keine schutzwürdigen Interessen des Veräußerers mehr bestünden, wohingegen durch die gebundene Rechtsübertragung speziellere Befugnisse und Interessen aus dem Vollrecht abgesondert und neben die fortbestehenden Befugnisse und allgemeineren Interessen des Veräußerers treten (Forkel, Gebundene Rechtsübertragungen, S. 45–46). Forkel, Gebundene Rechtsübertragungen, S. 41–42 weist den gegen die Teilungsdoktrin vorgebrachten Einwand, dass das geschaffene Recht ein „originäres“, andersartiges Recht als das belastete sei, entschieden zurück: Das belastete und das lastende Recht seien gleichartige Teile, das eine sei ein begrenztes Teilinteresse, das andere der übrige Interessenbereich, der im Vollrecht angelegt sei. Diese Lehre knüpft konsequent an die sog. Interessenjurisprudenz an; siehe bereits Heck, Grundriß des Sachenrechts2, § 21 (S. 79– 84), der auf der Grundlage einer funktionalen Betrachtung die Belastung des Eigentums als Teilung nach dem Interessengehalt deutete. 416 Forkel, Gebundene Rechtsübertragungen, S. 33–37. 417 Forkel, Gebundene Rechtsübertragungen, S. 45–46. Dieser These stehe somit weder die Elastizität des belasteten Rechts entgegen noch der Umstand, dass dem Eigentümer („Mutterrechtsinhaber“) forthin Schutzansprüche bei Beeinträchtigung seines Rechts zustehen und dieser auch weiterhin über die Sache verfügen, insbesondere sie mit weiteren gleichartigen Rechten belasten könne. 418 Hauck, Nießbrauch an Rechten, S. 114–140. In Ansätzen bereits von Tuhr, Allgemeiner Teil II/1, § 45 II 7 (S. 78 f.). Soweit Hauck, a. a. O. an der „Abspaltungslehre“ kritisiert, dass aufgrund des Grundsatzes der Unteilbarkeit nicht das Eigentum, sondern allenfalls die im Eigentum inbegriffenen Befugnisse übertragen werden könnten, verfängt dieser Einwand schon deshalb nicht, weil führende Vertreter der Teilungslehre im 19. Jahrhundert durchaus nicht von einer Teilung des abstrakt-strukturellen Rechts ausgingen, sondern gerade auf die Elemente oder Befugnisse des Eigentümers abstellten (siehe § 2 III. 1.).
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(„Ausübungsschranke“) der Befugnisse des Rechtsinhabers beschrieben, die zugleich eine Beschränkung des Stammrechts bewirke; der Eigentümer resp. der Inhaber des belasteten Rechts verlöre nicht Teile seines Rechts, sondern (zumindest temporär) die im Stammrecht angelegten Befugnisse, soweit die Rechtswirkungen des einschränkenden Rechts reichten.419 Zweitens wird diese Beschränkung als eine Inhaltsänderung des Stammrechts analysiert, die eine der Bruchteilsgemeinschaft (§§ 741–758 BGB) vergleichbare Vergemeinschaftung des Rechts mit einer Zugangseröffnung bezüglich der im eingeschränkten Recht inbegriffenen Befugnisse bewirke.420 Dies entspreche der dominierenden Interpretation der Bruchteilsgemeinschaft, weil kraft Belastung eines Rechts gleichfalls nicht das Recht, sondern die ursprünglich allein dem Rechtsinhaber zugewiesene Rechtszuständigkeit aufgeteilt werde.421
5. Duldungs-, Schöpfungs- und Vervielfältigungsansätze Eine verbreitete Ansicht deutet die Belastung hingegen – wenn auch wiederum mit unterschiedlicher Akzentsetzung im Detail – als eine Beschränkung des betroffenen Rechts.422 Weil mit dieser Suspendierung zugleich der Neuerwerb eines nicht aus Elementen des belasteten Rechts zusammengesetzten Rechts korrespondiert, wird sie wahlweise als Duldungs-, Schöpfungs- oder Vervielfältigungstheorie bezeichnet.423 Dieser Ansatz unterscheidet sich von Hirschs Lehre von der 419
Hauck, Nießbrauch an Rechten, S. 118, 120–121. Hauck, Nießbrauch an Rechten, S. 120. Die Ausübungsschranke modifiziere nämlich den Inhalt des belasteten Rechts, weil dessen Inhaber die vergemeinschafteten Befugnisse für die Dauer der Belastung nicht mehr ausübe. Aufgrund der Inhaltsänderung des belasteten Rechts erkläre sich die Anwendbarkeit der Vorschriften über die Rechtsübertragung, weil die Inhaltsänderung ebenso wie die Übertragung eine Verfügung sei (Hauck, Nießbrauch an Rechten, S. 119–120, 123). Zur Absicherung seiner Hypothese beruft sich Hauck auf die Wortwahl in den Motiven, die die Belastungen allgemein mit einer „Rechtsgemeinschaft“ oder „Vergemeinsamung“ in Beziehung setzten (Hauck, Nießbrauch an Rechten, S. 122 unter Verweis auf Mugdan, Die gesammten Materialien III, S. 539). Dieser Ansatz ist nicht neu. Dass auch im älteren Schrifttum verschiedentlich Parallelen zwischen der konstitutiven Sukzession und der Bruchteilsgemeinschaft gezogen wurden (siehe etwa von Tuhr, Allgemeiner Teil II/1, § 45 II 7 (S. 78–79)), überrascht angesichts der Klassifizierung der konstitutiven Sukzession als eine Form der Rechtsteilung kaum. Allerdings will Hauck diesen konzeptionellen Rekurs nicht im Sinne einer Gleichsetzung der Belastung eines Rechts mit der Bruchteilsgemeinschaft verstanden wissen, weil es im Unterschied zu einer Bruchteilsgemeinschaft an einer Gleichgewichtslage zwischen den „Teilhabern“ fehle (Hauck, Nießbrauch an Rechten, S. 125). 421 Hauck, Nießbrauch an Rechten, S. 123. 422 Grundlegend bereits Dernburg, Das Pfandrecht nach den Grundsätzen des heutigen römischen Rechts I, § 14 (S. 126–129); aus neuerer Zeit Dettmar, Materielle und formelle Funktion des Rangs im Grundstückssachenrecht, S. 26 ff.; Grunsky, Rangfragen der dinglichen Rechte, S. 5–20; Klose, Das Eigentum als nudum ius im Bürgerlichen Recht, S. 192–198; Staudinger (-Althammer), BGB (2016), § 903 Rn. 4; NomosKomm (-Lemke), BGB III4, § 1030 Rn. 5; Staudinger (-Heinze), BGB (2017), Vorbem. zu §§ 1030 ff. Rn. 6. 423 Die Bezeichnung „Duldungstheorie“ ist hingegen schon deshalb irreführend, weil der Inhaber des belasteten Rechts nicht notwendig zur Duldung, sondern ggf. auch zu einem Unterlassen oder einm positiven Tun verpflichtet wird und im Übrigen die sachenrechtliche Relevanz der 420
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Ausübungsübertragung vor allem darin, dass das abstrakt-strukturelle Recht – nicht etwa eine abstrahierte Rechtsausübung – durch das konstituierte Recht eingeschränkt werde; es finde keine Ausübungsübertragung und keine Vergemeinschaftung des betroffenen Rechts, sondern eine Neuschaffung eines irgendwie mit dem belasteten Recht korrespondierenden Rechts statt.424 Worin diese Korrespondenz eigentlich liegt und weshalb es einer solchen bedarf, wenn doch das eingeräumte Recht sich gerade nicht aus Elementen des belasteten Rechts zusammensetze, wird allerdings nirgends in aller Klarheit beantwortet.425 Auf den Zusammenhang zwischen der einem veräußerlichen Recht teilhaftigen „Schöpfungsmacht“ und der wechselseitigen Belastbarkeit beschränkter dinglicher Rechte wird gleichfalls nicht eingegangen.
6. Die Belastung – ein wechselseitiges Subordinationsverhältnis Auf den ersten Blick erscheint diese um die zweckmäßige Begriffsbildung kreisende Diskussion als bloßes akademisches Glasperlenspiel. Soweit sich aber die Frage stellt, ob eine für die „translative Rechtsübertragung“ geltende Vorschrift für den Erwerb eines „abgeleiteten“ Rechts unmittelbar oder entsprechend heranzuziehen ist,426 zeigt sich, dass die privatrechtssystematische Einordnung der Belastung für eine wertungskohärente Auslegung und Fortbildung der lex lata nicht belanglos ist. Auf dem Boden zeitgemäßer Rechtsdogmatik präjudiziert die Begriffsbildung zwar nicht die Lösung umstrittener Einzelfragen, liefert aber zumindest wertvolles argumentatives Rüstzeug, um zu einer stimmigen Lösung zu gelangen. Wer die Belastung nun aber als mechanistische oder vergeistigt-sublimierte Zersplitterung und Übertragung des „Mutterrechts“, der Bestandteile desselben oder der Ausübungsbefugnisse darstellt, weckt damit nur unzutreffende Assoziationen; der Belastung nicht zum Ausdruck kommt (kritisch auch Klose, Das Eigentum als nudum ius im Bürgerlichen Recht, S. 186, der die Bezeichnung „Kreationstheorie“ präferiert). 424 So in Bezug auf den Nießbrauch Staudinger (-Heinze), BGB (2017), Vorbem. zu §§ 1030 ff. Rn. 5. 425 Die spöttische Kritik von Krückmann, AcP 103 (1908), S. 139, 160–174 an der „Schöpfungslehre“ ist freilich in der Form unangemessen und auch sachlich nicht überzeugend (hierzu sogleich § 2 III. 6. b)). 426 Bis zur Grundsatzentscheidung BGH, Beschluss. v. 6.12.2018 – V ZB 94/16, NZM 2019, S. 438 war z. B. äußerst umstritten, ob die Bestellung eines Nießbrauchs an einem Dauerwohnrecht der Zustimmung des Eigentümers in unmittelbarer oder entsprechender Anwendung von § 35 WEG unterliegt, wenn sich der Eigentümer einen Zustimmungsvorbehalt zur Übertragung des Dauerwohnrechts einräumen lässt; die Frage wird bejaht von OLG München, Beschluss v. 29.6.2016 – 34 Wx 27/16, RNotZ 2016, S. 575; zustimmend Staudinger (-Spiegelberger), BGB (2018), § 35 WEG Rn. 7; ablehnend Bärmann (-Schneider), WEG14, § 35 Rn. 5; (-Schulz), MünchKomm (-Engelhardt), BGB VII7, § 35 WEG Rn. 2; NomosKomm (-Heinemann), BGB III4, § 35 WEG Rn. 1; Spielbauer/T hen (-Then), WEG3, § 35 Rn. 2. Desgleichen ist im Einzelnen umstritten, ob und, bejahendenfalls, unter welchen Voraussetzungen der Wegfall einer Belastung – die sog. restitutive Sukzession – als Rechtsnachfolge i. S. d. §§ 265, 266, 325, 727 ZPO anzusehen ist (vgl. BGH, Urteil v. 18.12.2015 – V ZR 269/14, NJW 2016, S. 1953; MünchKomm (-Wolfsteiner), ZPO II5, § 727 Rn. 22; Pohlmann, NJW 2016, 1905–1911; vertiefend Rieländer, ZZP 133 (2020), 163, 183 ff.).
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Wirkungsweise der Belastungen subjektiver Rechte wird die Teilungsdoktrin in keiner der vertretenen Spielarten gerecht.427 Will man das Phänomen des konstitutiven Erwerbs begrenzter Sachenrechte überhaupt veranschaulichen, erscheint es schon passender, das belastete und das lastende Recht als konzentrische Kreise zu beschreiben, die sich um ein und dasselbe Ziel – das Substrat des Grundrechts – bewegen. Das zuletzt konstituierte begrenzte Recht weist im Verhältnis zu allen Rechten vorgelagerter Belastungsstufen einen schmaleren Radius auf, der sich aber innerhalb des umfassenderen Wirkungskreises des dem jeweiligen „Vormann“ verliehenen Rechts hält. Letztlich steuern alle Rechte darauf hinaus, ein und denselben Gegenstand dem Berechtigten zur Verfügung zu halten, wenn auch in einem jeweils schmaleren Umfang.428 Wenn jedoch sowohl die mehrstufige als auch die mehrfache Belastung eines Rechts sowie das charakteristische Subordinationsverhältnis zwischen dem eingeschränkten und dem einschränkenden Recht raumsymbolisch dargestellt werden sollen, liegt nichts näher als der Gedanke eines pyramidenförmigen Aufbaus subjektiver Rechte, die auf einem gemeinsamen Fundament, einer Sache i. S. v. § 90 BGB oder eines Rechts, ruhen.429 Freilich darf nicht verkannt werden, dass die „schlichte“ Pyramide nur die Grundstruktur gestufter Belastungen versinnbildlicht; bei komplexeren mehrstufigen Belastungen versagen einfache raumsymbolische Beschreibungen.430 427 Siehe auch Grunsky, Rangfragen der dinglichen Rechte, S. 5–20; Hirsch, Die Übertragung der Rechtsausübung, S. 204–224; Klose, Das Eigentum als nudum ius im Bürgerlichen Recht, S. 186–192. 428 Angesichts dessen ist, wie in § 2 I. 2. bereits ausgeführt, auch die dem belasteten Sachenrecht erster Belastungsstufe unterliegende Sache zugleich Bezugspunkt jedes auf dem auf erster Belastungsstufe aufbauenden Rechts. So verschafft z. B. die Pfändung eines Forderungsnießbrauchs mit Anordnung der Verwaltung (§ 857 Abs. 3, Abs. 4 S. 2 ZPO) ein jedermann entgegensetzbares Recht, sich wegen der titulierten Forderung auch aus einem mit der nießbrauchsbefangenen Forderung verbundenen Pfandrecht an einer Grundschuld im Wege der Zwangsvollstreckung in das Grundstück gem. §§ 1192 Abs. 1, 1147 BGB zu befriedigen. Soweit der Verwertungserlös dem Schuldner als Nießbraucher der pfandrechtsgesicherten Forderung gebührt, ermöglicht die i. d. R. durch Anordnung einer Verwaltung durchgeführte Verwertung der Ausübung des gepfändeten Nießbrauchs eine Teilhabe an der gemeinschaftlichen oder ausschließlichen Einziehungszuständigkeit des Schuldners als Nießbraucher (§§ 1075 Abs. 1, 1077 Abs. 1 S. 2 BGB) hinsichtlich der pfandrechtsgesicherten Forderung, die sich kraft Gesetzes auf die dem Pfandrecht inhärente Einziehungszuständigkeit hinsichtlich der Grundschuldsumme (§§ 1291, 1282 Abs. 1 S. 1 BGB) erstreckt. Selbstverständlich kann der Pfändungspfandgläubiger sich nicht in weitergehendem Ausmaß aus dem Grundstück befriedigen als es der Nießbraucher selbst könnte. Weil diesem ausschließlich die Zinsen der pfandrechtsgesicherten Forderung aus eigenem Recht zustehen (§§ 1068 Abs. 2, 1030 Abs. 1 BGB), steht der auf das Pfandrecht an der Grundschuld entfallende Teil des Erlöses ebenso wie freiwillige Leistungen des Eigentümers oder eines ablösungsberechtigten Person auf die Grundschuld auch dem Pfändungspfandgläubiger des Nießbrauchs ausschließlich hinsichtlich des Zinsanspruchs seines Schuldners zu; das Kapital ist dagegen zugunsten des Nießbrauchers unter Errichtung eines neuen, wiederum pfändbaren Nießbrauchs zinsbringend gem. § 1079 S. 1 BGB anzulegen. 429 So auch von Bar, JZ 2015, S. 845, 856; ders., Gemeineuropäisches Sachenrecht II, Rn. 449. 430 Zumindest die einfache pyramidenförmige Konstruktion bildet nur selbstständige Belastungen, nicht auch mehrstufige unselbstständige Belastungen, wie in dem Fallbeispiel aus Fn. 292, ab: Wird das Erbbaurecht am Grundstück mit einem Erbbaurecht belastet, das mit einer Unter-
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Löst man sich von der metaphorischen Betrachtungsweise, liegt das Wesen der Belastung bei exakter Analyse aller Arten und Erscheinungsformen dieses juristischen Phänomens offen zutage. Wie sogleich ausgeführt werden wird, handelt es sich um ein wechselseitiges (sachenrechtliches) Subordinationsverhältnis zwischen dem jeweiligen Inhaber des betroffenen und dem Erwerber des neuentstandenen Rechts. Das Subordinationsverhältnis entsteht nicht aus dem Nichts, sondern aufgrund eines rechtsschöpferischen als „Belastung“ bezeichneten Vorgangs, der eine Schöpfungsbefugnis des Inhabers des betreffenden Rechts voraussetzt und deshalb als konstitutive Rechtsnachfolge beschrieben werden darf (a). Mittels der Belastung wird eine zeitlich, inhaltlich und/oder räumlich bestimmte Monopolbefugnis an dem betroffenen Recht begründet; dieses wird weder in seiner Substanz vermindert noch eingeschränkt, sondern von dem geschaffenen Recht „beherrscht“ (b). Mit der Herrschaft über das „dienende“ Recht korrespondiert ein bilaterales Abhängigkeitsverhältnis, das durch ein Begleitschuldverhältnis zwischen den beteiligten Rechtsinhabern unterlegt wird: Das rechtliche Schicksal des dienenden Rechts wirkt sich unmittelbar auf den Wirkungskreis des herrschenden Rechts aus und dies rechtfertigt es auch, von einem „wechselseitigen“ Subordinationsverhältnis zu sprechen (c). Zwischen Übertragungs- und Konstitutionszuständigkeit besteht – trotz der begrifflich-systematischen Abgrenzung – ein sachlicher Zusammenhang, der sich in den Schranken der Verfügungsbefugnisse offenbart (d). a) Konstitutive Rechtsnachfolge In der rechtshistorischen Rückschau ebnete die Lehre von der qualitativen Eigentumsteilung den Weg zu einer systematisch kohärenten Darstellung sämtlicher Ererbbauzinsreallast zugunsten des jeweiligen Inhabers des Obererbbaurechts belastet wird, erstreckt sich die zugunsten des Eigentümers des Erbbaurechtsgrundstücks begründete Obererbbauzinsreallast auf die Untererbbauzinsreallast, die wiederum von den Grundpfandrechten am Grundstück erfasst wird, und damit auch auf das Untererbbaurecht, was sich in der durch §§ 876 S. 2 BGB i. V. m. § 11 Abs. 1 S. 1 ErbbauRG beschränkten Verfügungsbefugnis über das Untererbbaurecht manifestiert (vgl. Habel, MittBayNot 1998, S. 315, 319; von Oefele/Winkler/Schlögel, Erbbaurecht6 , § 3 Rn. 31). Mit dem raumsymbolisch auf dem untersten Pyramidensegment liegenden Eigentum ist mithin ein Recht verbunden, das zugleich ein Recht des vierten Pyramidensegments belastet und insofern zugleich auf einem fünften Pyramidensegment rangiert. Zu einer schlichten Umkehrung der Rechtspyramide kommt es deshalb aber auch nicht, weil nicht jedes grundstücksgebundene Recht i. S. v. § 96 BGB von den Belastungen des Eigentums oder eines grundstücksgleichen Rechts erfasst wird (näher § 2 II. 4. b) bb)). Wenn man sich also der pyramidenförmigen Konstruktion bedient, muss bedacht werden, dass sich bestimmte Recht nicht exklusiv auf einem Pyramidensegment verorten lassen. Noch schwieriger wird es, wenn man sog. Gesamtrechte einbezieht, die sich auf mehrere bewegliche Sachen und/oder „reine“ Rechte oder auch auf mehrere Grundstücke und/oder grundstücksgleiche Rechte beziehen können, z. B. ein Gesamtuntererbbaurecht i. S. v. § 6a Abs. 2 GBO. Jedes innerhalb eines Pyramidensegments aufgestellte Recht kann also noch an anderen Rechtspyramiden beteiligt sein; zwingend ist dies aber nicht. Noch schwieriger ist es, im Bild der Pyramide gleichrangige Rechte (auf einer Schicht) sowie die unterschiedlichen Varianten der geteilten Rechtszuständigkeit (Gesamthandsund Bruchteilsgemeinschaften, sachenrechtliche Gesamt- oder Mitberechtigungen analog §§ 428, 432 BGB) abzubilden.
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scheinungsformen der Rechtsnachfolge.431 In der Tat beruht die echte Belastung regelmäßig, aber nicht zwangsläufig auf einer Einzelrechtsnachfolge432 in die Rechtsstellung des Inhabers des belasteten Rechts.433 Denn der originäre Erwerb setzt, wie die Ersitzung eines Nießbrauchs an einer herrenlosen Sache beweist,434 die Existenz eines zu belastenden Rechts jedenfalls dann nicht voraus, wenn die der begrenzten Herrschaft des zu konstituierenden Rechts unterworfene Sache existiert.435 Anderes 431
Siehe die Nachweise in Fn. 377. klarstellend sei erwähnt, dass ein dingliches Recht nicht im Wege der erbrechtlichen Universalsukzession unmittelbar begründet werden kann (statt vieler MünchKomm (-Leipold), BGB X7, § 1939 Rn. 4); ein Vindikationslegat ist dem deutschen Recht bekanntlich fremd (vgl. §§ 1939, 2147, 2174 BGB) und eine Vormerkung zur Sicherung des auf Bestellung eines Grundstücksrechts gerichteten Vermächtnisanspruchs kann erst mit der Entstehung desselben, d. h. im Erbfall, seitens des Beschwerten bewilligt und im Grundbuch eingetragen werden (BGH, Beschluss v. 19.1.1954 – V ZB 28/53, BGHZ 12, S. 115). Zu beachten ist freilich, dass ein Vindikationslegat auch in Ansehung eines in Deutschland belegenen Grundstücks bei zulässiger Rechtswahl nach Art. 22 EuErbVO dingliche Wirkungen entfalten kann, sofern das einzuräumende Recht an der Immobilie dem deutschen Recht bekannt ist; Art. 1 Abs. 2 lit. l), lit. k) EuErbVO stehen dem nicht entgegen (EuGH, Urteil v. 12.10.2017 – C-218/16, NJW 2017, S. 3767, 3769 Rn. 46–58). 433 Abweichend Hauck, Nießbrauch an Rechten, S. 125, der mit Rücksicht auf das von ihm entwickelte Konzept der Vergemeinschaftung (des belasteten Rechts) in Abrede stellt, dass beim Nießbrauch ein „Rechtserwerb“ vorliege. Entgegen Hauck, Nießbrauch an Rechten, S. 120 kann die Belastung aber auch nicht als Inhaltsänderung des belasteten Rechts klassifiziert werden. Auf die umstrittene Definition des Begriffs der inhaltlichen Änderung i. S. v. § 877, 1071 Abs. 2, 1276 Abs. 2 BGB, insbesondere auf die nicht restlos geklärte Abgrenzung zwischen der Teilaufhebung und Neubestellung und tatbestandsmäßigen Modifikationen bestehender Rechte (zur Kasuistik siehe MünchKomm (-Kohler), BGB VII7, § 877 Rn. 7; Palandt (-Herrler), BGB78 , § 877 Rn. 4), ist hier nicht einzugehen. Einhellig anerkannt ist nämlich, dass unter den Begriff der Inhaltsänderung jedenfalls nicht die Übertragung, Belastung, Neubestellung, (Teil-)Aufhebung oder Rangänderung bestehender (Grundstücks-)Rechte zu subsumieren ist; die inhaltliche Änderung ist mithin von der rechtskonstituierenden Verfügung zu unterscheiden (statt aller Jauernig (-Berger), BGB17, § 877 Rn. 1; Schulze et al. (-Staudinger), BGB10, § 877 Rn. 1). Mittels Einigung und Eintragung wird das betreffende Recht gem. § 877 BGB mit absoluter Wirkung verändert, weshalb auch der actus contrarius einer rechtsgeschäftlichen Verfügung bedarf (vgl. BGH, Beschluss v. 13.9.2000 – V ZB 14/00, NJW 2000, S. 3643, 3645: Aufhebung eines verdinglichten Sondernutzungsrechts i. S. v. §§ 5 Abs. 4 S. 2, 10 Abs. 3 WEG). Dies ist aber gerade bei einer Belastung nicht der Fall. Soweit Hauck, Nießbrauch an Rechten, S. 122 der „Abspaltungstheorie“ entgegenhält, dass sie den automatischen Rückfall der Befugnisse bei Beendigung des beschränkten dinglichen Rechts nicht erklären könne, ist dies einigermaßen widersprüchlich, steht doch dieser Einwand der von ihm vertretenen Konzeption der Belastung als Inhaltsänderung des belasteten Rechts mit einer „Zugangseröffnung“ gleichfalls entgegen. 434 Wenngleich dies im Schrifttum kaum je erörtert wird, spricht nichts dagegen, einen Nießbrauch an einer herrenlosen beweglichen Sache durch Ersitzung gem. § 1033 BGB zu erwerben (richtig Hirsch, Die Übertragung der Rechtsausübung, S. 207); ein Eigentumserwerb durch Aneignung gem. § 958 Abs. 1 BGB scheidet mangels Eigenbesitzwillens (§ 872 BGB) aus, der gutgläubige Putativnießbraucher vermag nur vermöge der Ersitzung einen Nießbrauch zu erwerben. Desgleichen ist der Erwerb eines Nießbrauchs oder eines anderen besitzrechtlich geschützten Liegenschaftsrechts durch Tabularersitzung an einem herrenlosen Grundstück gem. § 900 Abs. 2 S. 1 BGB theoretisch denkbar. 435 Nach h. L. ist deshalb auch gegen die Aufgabe belasteten Eigentums – die Dereliktion wirkt sich schließlich nicht auf die Existenz der Sache aus und steht somit nicht dem Fortbestand begrenzter Rechte entgegen – nichts einzuwenden (Staudinger (-Gursky/W. Wiegand), BGB 432 Nur
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gilt für die unechte Belastung i. S. d. § 1010 Abs. 1 BGB: Diese ist weder eine translative noch eine konstitutive Sukzession, sondern eine inhaltliche Modifikation des Anteils.436 Soll sich das einzuräumende Recht auf ein anderes begrenztes Sachenrecht beziehen, liegt hierin regelmäßig, aber nicht notwendig eine konstitutive Sukzession in das begrenzte Recht.437 Eine wechselbezügliche konstitutive Rechtsnachfolge findet dabei immer dann statt, wenn sich der Eigentümer bzw. der Inhaber des zu belastenden Rechts bei der Bestellung eines begrenzten Sachenrechts ein Recht an dem zu errichtenden Recht vorbehält bzw. einräumen lässt.438 Auf der anderen Seite lädt die systematische Einordnung der Beendigung eines begrenzten Rechts in die Sukzessionsdogmatik (sog. restitutive Sukzession439) nur zu Missverständnissen ein. Das Wesen der Belastung liegt darin, dass es keines rechtsgeschäftlichen actus contrarius bedarf, um das eingeschränkte von dem einschränkenden Recht zu „befreien“; das belastete Recht gleicht einer selbsttätig zum Vollrecht erstarkenden Anwartschaft, weshalb es auch nicht sachgerecht ist, in diesem Kontext von einem „Heimfall“ zu sprechen.440 Selbstverständlich ist zwar, (2017), § 959 Rn. 9; Wieling, Sachenrecht I2, § 11 IV 4 c (S. 487); Wolf/Neuner, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts11, § 24 Rn. 4). 436 § 2 II. 2. a). 437 Mit Rücksicht auf den gutgläubigen eines begrenzten Rechts an einem real nicht existenten Sachenrechts ist es – anders als bei der Ersitzung eines unmittelbaren Rechts an einer herrenlosen Sache – unvermeidlich, dass das zu belastende Recht zumindest im Verhältnis zum Erwerber der Belastung mit Abschluss des Erwerbstatbestandes originär entsteht. Soll das zu errichtende Recht exakt diejenige Wirkungen zeitigen, die es entfalten würde, wenn es vom berechtigten Inhaber des zu belastenden Rechts bestellt worden wäre, ist der Belastungsgegenstand zugunsten des Erwerbers in dem für die Verwirklichung des konstituierten Rechts erforderlichen Umfang zu fingieren. Dies ist nicht nur für den Zweck der Rechtserzeugung, sondern auch zum Schutz Dritter geboten (näher zur Fiktionswirkung des gutgläubigen Erwerbs eines Rechts an einem im Grundbuch eingetragenen nichtigen Liegenschaftsrecht § 5 IV. 2. b)). Nichts anderes gilt für den ersitzungsgestützten Erwerb eines zum Besitz berechtigenden oder besitzrechtlich geschützten Rechts (Nießbrauch, Untererbbaurecht, Grunddienstbarkeit, beschränkte persönliche Dienstbarkeit, Dauerwohnrecht) an einem im Grundbuch eingetragenen nichtigen Erbbaurecht gem. § 11 Abs. 1 S. 1 ErbbauRG i. V. m. § 900 Abs. 2 S. 1 BGB. Anders liegt es beim Erwerb eines eigentumsbelastenden Rechts an einer herrenlosen Sache (§§ 900 Abs. 2 S. 1, 1033 BGB): Weil es keinen Eigentümer gibt, droht auch kein Eingriff in das Recht eines Dritten und das Eigentum muss prinzipiell nicht fingiert werden, um die Ausübung des Nießbrauchs zu ermöglichen. 438 Bekker, System des heutigen Pandektenrechts I, § 34 (S. 113) klassifizierte den Vorbehalt eines beschränkten dinglichen Rechts (z. B. eines Nießbrauchs) an eigener Sache bei der Veräußerung als „deduktiven“ oder „exceptiven Uebergang“. Prinzipiell kommt dies bei sämtlichen rechtsbegründenden und rechtstransportierenden Sukzessionen in Betracht; praktisch relevant ist neben dem Vorbehaltsnießbrauch (an einem Grundstück oder an einem Grundpfandrecht) die Bestellung einer Erbbauzinsreallast (§ 9 ErbbauRG) für des jeweiligen Eigentümer des betreffenden Erbbaurechtsgrundstücks. 439 Bekker, System des heutigen Pandektenrechts I, § 34 (S. 114); von Tuhr, Allgemeiner Teil II/1, § 45 II 8 (S. 82), der allerdings bei Fortbestand des beschränkten dinglichen Rechts als Eigentümerrecht von einer translativen Sukzession spricht, während bei Erlöschen desselben nur der Tatbestand, nicht die Rechtswirkung einer Sukzession vorliege. 440 BGH, Urteil v. 18.12.2015 – V ZR 269/14, NJW 2016, S. 1954 Rn. 11: „Die Rückübertragung der dinglichen Rechtsposition des Nießbrauchers auf den Eigentümer ist nicht erforderlich, da die Einräumung des Nießbrauchs die dingliche Rechtsposition des Eigentümers unberührt
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dass der Inhaber des belasteten Rechts rechtsgeschäftlich oder kraft Gesetzes das belastende Recht als rangsicherndes Eigenrecht ohne notwendigen Rechtsverlust erwerben kann und in diesem Fall dann auch eine translative Rechtsnachfolge vorliegt.441 Erlischt jedoch das belastende Recht, sind die für translative oder konstitutive Erwerbstatbestände geltenden materiellrechtlichen Regeln nicht anwendbar. Eine andere Frage ist hingegen, ob in diesem Fall eine Rechtsnachfolge i. S. d. zivilverfahrensrechtlichen Vorschriften (§§ 239, 265 Abs. 2, 325 Abs. 1 Fall 1, 727 Abs. 1 ZPO) gegeben ist. Wenngleich eine einheitliche Auslegung des materiellrechtlichen und des prozessrechtlichen Begriffs der Rechtsnachfolge mit Rücksicht auf den jeweiligen Zweck der eine „Rechtsnachfolge“ tatbestandlich voraussetzenden Norm nicht zwingend ist – so umfasst der prozessuale Nachfolgebegriff fraglos den originären Rechtserwerb kraft Zuschlagsbeschlusses in der Zwangsversteigerung (§ 91 Abs. 1 ZVG) oder auf andere Weise – richtet sich die Auslegung des Prozessrechts insoweit grundsätzlich nach der materiellrechtlichen Sukzessionslehre. Demgemäß ist richtigerweise zwar die konstitutive Rechtsnachfolge, nicht aber der sog. restitutive Übergang durch Wegfall einer Belastung unter die einschlägigen Normen der ZPO zu subsumieren.442 lässt und das im Nießbrauch verdinglichte Sachnutzungsrecht mit Ende des Nießbrauchs dem Eigentümer ohne Weiteres wieder als Inhaltsbestandteil des Vollrechts ‚Eigentum‘ zusteht.“ 441 §§ 889, 1064 Abs. 2, 1256 Abs. 2 BGB. 442 Näher Rieländer, ZZP 133 (2020), 163, 183 ff.; so i. E. auch BGH, Urteil v. 18.12.2015 – V ZR 269/14, NJW 2016, S. 1953, wonach der Eigentümer eines vormals belasteten Grundstücks nicht Rechtsnachfolger des verstorbenen Nießbrauchers sei; die Erteilung einer mit einer Rechtsnachfolgeklausel versehenen vollstreckbaren Ausfertigung eines vom Nießbraucher erstrittenen Titels (auf Herausgabe und Störungsbeseitigung gem. § 1065 i. V. m. §§ 985, 1004 Abs. 1 S. 1 BGB) gem. § 727 ZPO scheide daher aus (ablehnend Pohlmann, NJW 2016, 1905, 1907–1911; Baumbach/ Lauterbach/A lbers/Hartmann (-Hartmann), ZPO76 , § 727 Rn. 18, BeckOK ZPO (-Ulr ici), Stand: 1.7.2019, § 727 Rn. 11.1; Musielak/Voit (-Foerste), ZPO16 , § 265 Rn. 5 (allerdings ausdrücklich nur für den Fall, dass der Nießbrauch zu Lebzeiten des Nießbrauchers endet, also nicht im Fall des § 1061 BGB); MünchKomm (-Pohlmann), BGB VII7, § 1061 Rn. 12–13; indifferent BeckOK-ZPO (-Jaspersen), Stand: 1.7.2019, § 239 Rn. 32; Musielak/Voit (-Musielak), ZPO16 , § 325 Rn. 9; dem BGH folgend MünchKomm (-Wolfsteiner), ZPO II5, § 727 Rn. 22; Musielak/Voit (-Lackmann), ZPO16 , § 727 Rn. 10; Saenger (-Saenger), ZPO8 , § 265 Rn. 9). Zunächst wendet sich der BGH zutreffend gegen den vom Berufungsgericht vertretenen „Heimfall“ des Nießbrauchs auf den Eigentümer bei Beendigung des Nießbrauchs (BGH, Urteil v. 18.12.2015 – V ZR 269/14, NJW 2016, S. 1953–1954 Rn. 9–11). Wie der Senat ausführt, erlischt der Nießbrauch durch Tod (resp. Auflösung) des Berechtigten mit absoluter Wirkung. Insbesondere lässt sich aus § 889 BGB kein allgemeiner Rechtsgedanke entwickeln, dass sich ein Recht am Grundstück bei Beendigung desselben stets mit dem Eigentum in einer Person vereinige. Denn diese Vorschrift setzt tatbestandlich die Übergangsfähigkeit des fraglichen Rechts und auch den Erwerb desselben durch den Eigentümer voraus, ohne selbst zu bestimmen, unter welchen Voraussetzungen ein Grundstücksrecht auf den Eigentümer übergeht oder gar den allgemeinen Grundsatz der Nichtübertragbarkeit des Nießbrauchs und der beschränkten persönlichen Dienstbarkeit (§§ 1059 S. 1, 1092 Abs. 1 BGB) zu relativieren. Die vom Berufungsgericht vertretene teleologische Reduktion des § 1061 BGB, dass der Nießbrauch nur im Verhältnis zu dem Erben erlösche, im Verhältnis zum Eigentümer aber fortbestehe, entbehrt einer methodischen Grundlage, weil der Normzweck, den Eigentümer davor zu schützen, dass ihm ein Dritter als neuer Nießbraucher ohne seinen Willen aufgedrängt werde, durch die angeordnete Rechtsfolge des absoluten Erlöschens des Nießbrauchs bestmöglich Rechnung getragen wird. Weiter führt der BGH zutreffend aus, dass eine Rechtsnachfolge
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b) Herrschaft des lastenden Rechts über das lastende Recht An der prinzipiellen Einordnung sämtlicher sachenrechtlich relevanter Neuschaffungen subjektiver Rechte in die Systematik der Sukzessionstatbestände mag man festhalten. Dies zwingt aber nicht dazu, jede Form der Rechtsnachfolge unter einen auch nicht aus anderen Gründen in Betracht komme; schließlich erwerbe der Eigentümer nicht gerade durch das Erlöschen des Nießbrauchs eigene Ansprüche auf Herausgabe und Störungsbeseitigung gegen Dritte; vielmehr sei der Eigentümer während des Bestehens des Nießbrauchs berechtigt, die aus seiner Eigentümerstellung folgenden Ansprüchen (gerichtet auf Herausgabe an und Störungsbeseitigung gegenüber dem Nießbraucher) geltend zu machen; Nießbraucher und Eigentümer seien deshalb auch keine notwendigen Streitgenossen, die jeweils geführten Prozesse können demgemäß zu widersprechenden Entscheidungen führen (BGH, Urteil v. 18.12.2015 – V ZR 269/14, NJW 2016, S. 1953, 1954, Rn. 14). Ausnahmsweise jedoch sollen Herausgabe- und Störungsbeseitigungsansprüche auf die Erben des Nießbrauchers gem. §§ 1922, 1967 Abs. 1 BGB übergehen, falls diese als Rechtsnachfolger des ehemalige Nießbrauchers durch die Einwirkung des Dritten an der Erfüllung der gem. §§ 1922 Abs. 1, 1967 BGB übergehenden Pflichten des Nießbrauchers aus dem gesetzlichen Rückabwicklungsschuldverhältnis gegenüber dem Eigentümer aus § 1055 BGB gehindert seien (BGH, Urteil v. 18.12.2015 – V ZR 269/14, NJW 2016, S. 1953, 1955 Rn. 18–20). Dies soll jedenfalls dann gelten, wenn die Ansprüche gegen den Dritten vor der Beendigung des Nießbrauchs bereits rechtshängig geworden oder tituliert worden seien. Wenngleich dem BGH zu folgen ist, soweit dieser eine Nachfolge seitens des Eigentümers bei Beendigung des Nießbrauchs verneint, überzeugt die Ansicht, dass ausnahmsweise die Ansprüche des Nießbrauchers zugunsten seiner Erben erhalten bleiben, weder im Ergebnis noch in der Begründung (insoweit richtig Pohlmann, NJW 2016, 1905, 1907–1909). Scheidet eine isolierte Abtretung der aus dem Eigentum und anderen übertragbaren Sachenrechten folgenden dinglichen Ansprüche angesichts ihrer Rechtsverwirklichungsfunktion unstreitig aus, erlöschen diese nicht nur grundsätzlich, sondern ausnahmslos, sobald das fragliche Stammrecht erlischt. Entgegen der Ansicht des BGH ist ein „postmortaler“ Fortbestand auch nicht ausnahmsweise deshalb geboten, weil der Erbe des Nießbrauchers anderenfalls die ihm gegenüber dem Eigentümer obliegende Herausgabepflicht nicht erfüllen kann. Dies ist unmittelbar ersichtlich, wenn man sich die Rechtsfolgen der Beendigung eines dem Erblasser im Rahmen der Grundstücksveräußerung auf die designierten Erben vorbehaltenen Nießbrauchs vor Augen führt. Wenig einleuchtend ist, wie Pohlmann ebd. ausführt, dass der Erbe die titulierten Ansprüche nur dann erwirbt und demgemäß den vom Nießbraucher erstrittenen Vollstreckungstitel auf sich umschreiben lassen kann, wenn er nicht selbst Eigentümer ist, wohingegen jedenfalls immer dann erneut geklagt werden muss, wenn die Erben selbst Eigentümer des Grundstücks sind und demgemäß die Rückgabepflicht schon gar nicht im Zeitpunkt des Erbfalls entsteht oder jedenfalls wegen Konfusion nach einer logischen Sekunde erlischt. Nicht anders liegt es, wenn zunächst die überlebende Ehefrau als Miterbin, wie im streitgegenständlichen Fall, aufgrund eines Sukzessivnießbrauchs zum Besitz gegenüber den Eigentümern berechtigt ist (§§ 1036 Abs. 1, 986 Abs. 1 BGB) und demgemäß dem Rückgabeverlangen die dolo-agit-Einrede gem. § 242 BGB entgegenhalten kann. Vor allem aber überzeugt das Argument, dass der Erbe gegen mögliche Schadensersatzansprüche wegen Verletzung der Rückgabepflicht geschützt werden müsse, nicht. Sofern man einen Übergang möglicher Herausgabe- und Störungsbeseitigungsansprüche auf die Erben des Nießbrauchers verneint, können sich diese problemlos hinsichtlich der subjektiven Unmöglichkeit der Herausgabe in einem störungsfreien Zustand des Grundstücks bei fortbestehender Einwirkung durch Dritte exkulpieren; Schadensersatzansprüche gegen die Erben wegen einer eigenen Pflichtverletzung gem. §§ 280 Abs. 1, 3, 283 BGB scheiden somit von vornherein aus. Möglich ist zwar ein Eintritt in die Schadensersatzpflicht des Nießbrauchers gem. §§ 1922 Abs, 1, 1967 BGB, sofern diesem mangels Geltendmachung seiner Ansprüche oder nachlässiger Prozessführung die Umstände zurechenbar sind, die zur nicht ordnungsgemäßen Erfüllung der Rückgabepflicht bei Beendigung des Nießbrauchs führen. Indes kann von einer Pflichtverletzung des Nießbrauchers selbstredend dann keine Rede sein, wenn dieser erfolgreich gegen Dritte prozessiert und noch vor seinem Tod
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diffusen Teilungs- oder Übertragungsbegriff zu fassen.443 Die Neuschaffung begrenzter Rechte und die Übertragung bestehender Rechte sind zwei kategorial verschiedene Modelle des Rechtserwerbs.444 Weil sich das Eigentum positiv nicht beschreiben lässt, vielmehr die umfassende zur sachenrechtlichen Neugestaltung befähigende Residualkompetenz für dieses Recht wesensbestimmend ist,445 bricht letztlich jeder Ansatz, der auf eine „mechanistische“ oder „vergeistigt-sublimierte“ Subtraktion der durch das belastete Recht geschützten Interessen oder Einzelbefugnisse abhebt, mit dem totalen Eigentumsbegriff.446 Abgesehen davon trifft die Prämisse, dass sich das zu konstituierende Recht aus identifizierbaren Elementen des zu belastenden Rechts zusammensetze, schon bei kursorischer Betrachtung der einzelnen Rechtstypen nicht zu.447 Wird z. B. ein dingliches Vorkaufseinen Vollstreckungstitel erlangt. Schutzwürdig wären die Erben entgegen der Auffassung des BGH allenfalls in der umgekehrten Konstellation, in der der Nießbraucher nicht oder schuldhaft erfolglos gegen Dritte prozessiert. Freilich muss sich der Eigentümer dann nach § 254 Abs. 2 S. 1 Var. 2 BGB entgegenhalten lassen, dass er den Schaden dadurch hätte abwenden können, dass er während des Bestehens des Nießbrauchs gegen Einwirkungen Dritter hätte vorgehen können und grundsätzlich immer noch aus eigenem Recht von Dritten Herausgabe und Störungsbeseitigung verlangen kann. 443 Richtig m. E. Hirsch, S. 203–204 in Fn. 2. 444 Dies zeigt bereits ein Blick auf § 873 Abs. 1 BGB und überdies auf sämtliche Vorschriften über die Bestellung beschränkter dinglicher Rechte. Das Gesetz differenziert unzweideutig zwischen der Übertragung und der Belastung: Wenn aber das Gesetz zwischen der Übertragung und der Bestellung von Rechten unterscheidet, bedarf es einer schlüssigen Erklärung, weshalb die Belastung als minus und nicht als aliud zur translativen Sukzession gedeutet werden soll; der Umstand, dass die Bestellung dinglicher Rechte an die Übertragung des zu belastenden Rechts angeglichen ist – darauf abhebend u. a. BGH, Beschluss v. 6.12.2018 – V ZB 94/16, NZM 2019, S. 438 Rn. 27 –, ist bestenfalls ein schwaches Indiz für die Teilungslehre. 445 Vgl. von Bar, Gemeineuropäisches Sachenrecht I, Rn. 344. 446 Dies gilt insbesondere auch für die von Forkel, Gebundene Rechtsübertragungen, S. 23–48 vertretene Spielart der Teilungsdoktrin nach dem Interessengehalt; auf die Vereinbarkeit dieser Lehre mit dem abstrakten Eigentumsbegriff geht Forkel ebd. nicht ein. 447 Überzeugend Dernburg, Das Pfandrecht nach den Grundsätzen des heutigen römischen Rechts I, S. 126–129. Soweit Puchta, Cursus der Institutionen II, § 243 (S. 742) den römischen Rechtsgrundsatz „servitus in faciendo consistere nequit“ u. a. damit begründete, dass sich Eigentum aus Dispositionsbefugnissen und Befugnissen zur Ausschließung von der Sache zusammensetze, und auch nur solche unter einer Servitut beschränkt werden könnten, lässt sich daraus – entgegen Keller, Pandekten, § 163 (S. 310) – kein stichhaltiges Argument für die Absonderungsthese herleiten. Zunächst einmal trifft der vorgenannte Rechtsgrundsatz für Dienstbarkeiten im geltenden Recht in dieser Allgemeinheit nicht mehr zu, weil sich aus dem Sachenrechtsverhältnis durchaus Leistungsnebenpflichten – z. B. Unterhaltungspflichten (§§ 1021 Abs. 1 S. 1, 1022 S. 1 BGB) – für den jeweiligen Eigentümer des dienenden Grundstücks ergeben (BeckOGK BGB (-Kazele), Stand: 1.8.2019, § 1018 Rn. 302–306; NomosKomm (-Otto), BGB III4, § 1018 Rn. 62, § 1020 Rn. 4–5). Zudem unterliegt der Eigentümer eines mit einer Reallast belasteten Grundstücks einer persönlichen Haftung hinsichtlich der während seiner Eigentümerstellung fällig werdenden Leistungen (§ 1108 Abs. 1 BGB). Überdies ist bekanntlich umstritten, ob Hypotheken und Grundschulden eine (freilich nur durch Zwangsvollstreckung in das Grundstück durchsetzbare) Pflicht zur Leistung der vereinbarten Geldsumme oder lediglich zur Duldung der Zwangsvollstreckung in das Grundstück begründen (statt vieler MünchKomm (-Lieder), BGB VII7, § 1147 Rn. 4–7 m. w. N. zum Streitstand). Abgesehen davon ließe sich der Grundsatz „servitus in faciendo consistere nequit“ einfach damit begründen, dass eine Pflicht zum Tun nur Ausfluss einer
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recht am Grundstück bestellt, ist nicht ersichtlich, welche eigentumsimmanente Befugnis oder welches dem Eigentümer vorbehaltene Interesse aus dem vermeintlich totalen Recht herausgeschält und verselbstständigt auf den Vorkaufsberechtigten übertragen werden soll, hat doch der Eigentümer sachlogisch kein schutzwürdiges Interesse daran, sein eigenes Grundstück kraft eines Insichgeschäfts zu erwerben.448 Nichts anderes gilt für Pfandrechte, Hypotheken, Grund- und Rentenschulden und Reallasten. Soweit von den Vertretern der Teilungslehre darauf abgestellt wird, dass die im Eigentum inbegriffene Verfügungsbefugnis (unter der auflösenden Bedingung der Tilgung der gesicherten Forderung) übertragen werde,449 lässt sich dem nicht bloß entgegenhalten, dass der Eigentümer forthin zur Verfügung über sein belastetes Recht berechtigt bleibt.450 Auch die eingeräumte Zuordnungsänderungsbefugnis – die ausschließlich beim Mobiliarpfandrecht in Form eines Veräußerungsrechts in Erscheinung tritt – unterscheidet sich qualitativ vom Eigentum. Abgesehen davon, dass der Eigentümer nicht de iure proprio zulasten bestehender Rechte Dritter über seine eigene Sache zu verfügen vermag (vgl. § 1242 Abs. 2 BGB), kann er sich ja nicht einmal als Inhaber einer Eigentümergrundschuld nachrangiger Rechte dadurch entledigen, dass er die Zwangsversteigerung seines eigenen Grundstücks betreibt (§ 1197 Abs. 1 BGB).451 Forderung, nicht aber einer realen Herrschaft über die Sache sei (Dernburg, Pandekten I, § 236 (S. 571); siehe auch Puchta, Cursus der Institutionen II, § 243 (S. 741–742 mit Fn. d), wonach eine servitus in faciendo bei Lichte betrachtet eine Dienstbarkeit an der Person sei). 448 Soweit von Tuhr, Allgemeiner Teil II/1, § 45 II 1 (S. 65) darauf abstellt, dem Eigentümer werde die Befugnis entzogen, das Vorkaufsrecht durch Verfügungen über das Grundstück zu vereiteln oder zu beeinträchtigen, beschreibt er nur die vormerkungsgleiche Elisionskraft des dinglichen Vorkaufsrechts (§ 1098 Abs. 2 BGB). Allein diese Komponente macht aber nach h. L. nicht die sachenrechtliche Qualität des Vorkaufsrechts aus; anderenfalls müsste auch die Vormerkung als dingliches Recht in Form eines aus dem Eigentum abgespaltenen Partikels gedeutet werden. Das Wesen des Vorkaufsrechts liegt vielmehr darin, dass gegenüber dem jeweiligen Eigentümer gem. § 1094 Abs. 1 BGB das Recht zum Vorkauf ausgeübt werden kann; diese Befugnis ist das Produkt der Belastung und nicht eine aus dem Eigentum abgesonderte Befugnis. Überdies ist die vormerkungsgleiche Elisionskraft gleichfalls keine dem Eigentum immanente Befugnis: Wer sein Grundstück übereignet, verliert hierdurch Rechtsinhaberschaft und Verfügungsbefugnis und ist daher nicht mehr imstande, das Grundstück erneut an den Vorkaufsberechtigten zu übereignen. Der Eigentümer ist hierzu abweichend von § 275 Abs. 1 Var. 1 BGB nur wegen eines dinglichen Vorkaufsrechts oder einer Vormerkung imstande und dies auch nur dann, wenn der gesicherte Rechtsänderungsanspruch geltend gemacht wird. 449 So Krückmann, AcP 103 (1908), S. 139, 269–270: Die Veräußerungsbefugnis sei zwischen Pfandgläubiger und Eigentümer ebenso aufgeteilt wie das Eigentum bei einer bedingten Veräußerung; beide könnten nur ihre beschränkte dingliche Rechtsstellung auf einen Dritten übertragen, nicht das unbedingte Eigentum. 450 Bremer, Das Pfandrecht und die Pfandobjecte, S. 20; Hirsch, Die Übertragung der Rechtsausübung, S. 208. 451 Der Rechtsgedanke des § 1197 Abs. 1 BGB ist auf das Pfandrecht an eigener Sache (vgl. § 1256 Abs. 2 BGB) zu übertragen: Auch hier ist der Eigentümer persönlich daran gehindert, zulasten nachrangiger Rechte die Pfandveräußerung zu betreiben; dies einräumend von Tuhr, Allgemeiner Teil II/1, § 45 II 8 (S. 81 in Fn. 123), ohne den Widerspruch zur Teilungsdoktrin auszuräumen.
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Überdies gerät die Teilungslehre bei sämtlichen Dienstbarkeiten in Erklärungsnöte, weil das Eigentum bei exakter Betrachtung nicht um diejenigen Ausschließungskompetenzen oder Handlungsoptionen vermindert ist, die dem Dienstbarkeitsberechtigten konstitutiv eingeräumt werden.452 Während eine sog. Benutzungsdienstbarkeit i. S. v. § 1018 Var. 1 BGB (z. B. ein Wegerecht) lediglich zur Duldung der dem Berechtigten gestatteten Handlung, nicht zwingend zugleich aber zur Unterlassung der gleichen Handlung verpflichtet, entäußert sich der Eigentümer durch Bestellung eines Bebauungsverbots oder einer anderen Verbotsdienstbarkeit gem. § 1018 Var. 2 BGB auch nicht im Inhalt der dem Berechtigten eingeräumten negatorischen Befugnis seiner konkurrierenden Verbotskompetenz.453 Endlich entäußert sich der Eigentümer, indem er seine Abwehrrechte (z. B. in Bezug auf Immissionen) im Verhältnis zum Dienstbarkeitsberechtigten gem. § 1018 Var. 3 BGB einschränkt, nicht seiner negatorischen Befugnis in korrelativem Umfang; es erweitert sich lediglich die allgemeine Handlungsfreiheit des Dienstbarkeitsberechtigten.454 452
Hirsch, Die Übertragung der Rechtsausübung, S. 207–209. Soweit Vertreter der Teilungslehre meinen, dass der Eigentümer bei Bestellung einer Verbotsdienstbarkeit (z. B. Baubeschränkungen, Verbot von Immissionen, Gewerbeverbote oder Ausschließlichkeitsbindungen) die im Eigentum inbegriffene negatorische Befugnis übertrage (so Krückmann, AcP 103 (1908), S. 139, 194; von Tuhr, Allgemeiner Teil II/1, § 45 II 1 (S. 64); Wilhelm, Sachenrecht, Rn. 120 in Fn. 285), repliziert Hirsch, Die Übertragung der Rechtsausübung, S. 207–208 zutreffend, dass der Eigentümer des dienenden Grundstücks seiner negatorischen Befugnis nicht verlustig gehe; siehe auch von Bar, Gemeineuropäisches Sachenrecht I, Rn. 446, der klarstellend ausführt, dass der Dienstbarkeitsberechtigte weder zur Ausübung der verbotenen tatsächlichen Handlung befugt sei noch einem Dritten diese mit Wirkung gegenüber dem Eigentümer gestatten könne. Äußerst gekünstelt wirkt es, die Bestellung mehrerer inhaltsgleicher Verbotsdienstbarkeiten in Analogie zum Bruchteilseigentum dahin zu deuten, dass der Eigentümer seine negatorische Befugnis insoweit quotal zerlege und auf die einzelnen Berechtigten verteile (so Krückmann, AcP 103 (1908), S. 139, 211–212: „Der Eigentümer überträgt an den Erstberechtigten die ideelle Hälfte des Verbotsrechtes genau so, als wenn er den Erstberechtigten als Miteigentümer zur Hälfte aufnähme, nur mit dem Unterschied, daß dem Verbotsberechtigten keine positiven Befugnisse wie beim Miteigentum mitübertragen werden. […] Bei Bestellung eines zweiten Verbotsrechts wird die dem Eigentümer verbliebene ideelle Hälfte mangels einer besonderen Abrede nochmals nach gleichen Teilen geteilt, der Eigentümer behält ein Viertel und vergibt ein Viertel. Ein etwaiger Drittberechtigter erhielte ein Achtel usw., immer aber würde wie bei Bestellung des Miteigentums die Folge sein, daß jeder anteilig Berechtigte seine Befugnis allein und selbstständig ausüben kann, mag sie rechnerisch auch noch so klein sein.“). Diese Auffassung verkennt, dass eine Verbotsdienstbarkeit – mangels Teilbarkeit des Unterlassungsanspruchs – nicht mehreren Personen zu ideellen Anteilen zugeordnet werden kann (vgl. BeckOGK BGB (-Kazele), Stand: 1.8.2019, § 1090 Rn. 35 m. w. N.). Demgemäß führt die Bestellung mehrerer inhaltsgleicher Verbotsdienstbarkeiten ungeachtet der Rangverhältnisse nicht zu einer wechselseitigen Beschränkung der einzelnen Dienstbarkeiten; jedem Berechtigten steht die Ausschließungsbefugnis in vollem Umfang zu, die Erfüllung des einen Unterlassungsanspruchs befriedigt zwangsläufig auch die Ansprüche aller anderen (so auch Hirsch, Die Übertragung der Rechtsausübung, S. 207). 454 Auch die von Deutsch, MDR 1988, S. 488, 489 für die Teilungslehre vorgebrachten Argumente vermögen nicht zu überzeugen. Soweit Deutsch, ebd., darauf verweist, dass bei der Übereignung eines Grundstücks unter Vorbehalt einer Eigentümergrundschuld seitens eines Bucheigentümers an einen redlichen Erwerber der echte Eigentümer die Eigentümergrundschuld erwerbe, weil diese nicht vom Grundstückserwerber gem. §§ 1196, 873 BGB bestellt, sondern aus 453
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Vergleichbares zeigt sich bei der Belastung einer Belastung. Wird ein Nießbrauch oder ein Pfandrecht an einem nicht grundstücksgleichen begrenzten Sachenrecht bestellt, sind der Nießbraucher resp. der Pfandgläubiger und der Inhaber des betroffenen Sachenrechts gemeinschaftlich zur Ausübung desselben berechdem Eigentum gleichsam abgespalten werde, kann dem in dieser Allgemeinheit nicht gefolgt werden. Nur klarstellend sei erwähnt, dass die Bestellung von „Eigenrechten“ am Grundstück seitens eines Scheineigentümers in teleologischer Reduktion des § 892 Abs. 1 S. 1 BGB keinen gutgläubigen Erwerb (einer Fremdgrundschuld) zugunsten des Nichtberechtigten zeitigt, fehlt es doch an der – freilich strittigen – Voraussetzung eines Verkehrsgeschäfts (Baur/Stürner, Sachenrecht18 , § 23 Rn. 25; Staudinger (-Picker), BGB (2019), § 892 Rn. 98 m. w. N.). Aus diesem Befund kann aber nicht gefolgert werden, dass anstelle des Veräußerers der Eigentümer – der an der fraglichen Grundstücksveräußerung unter Vorbehalt der Grundschuld gar nicht beteiligt ist – eine Eigentümergrundschuld erwerben müsse. Zwar drängt sich hier eine Parallele zur umstrittenen Konstellation des Rückerwerbs des Nichtberechtigten auf (statt aller MünchKomm (-Oechsler), BGB VII7, § 932 Rn. 24–26 m. w. N. zum Streitstand). Auch hier spricht sich ja eine verbreitete Ansicht dafür aus, dass jedenfalls unter im Einzelnen strittigen Voraussetzungen der Altberechtigte anstelle des Nichtberechtigten die Sache von selbst erwerbe, wenn der gutgläubige Erwerber das Eigentum auf den Nichtberechtigten zurückübereigne (z. B. Baur/Stürner, Sachenrecht18 , § 52 Rn. 34; Nüßgens, Der Rückerwerb des Nichtberechtigten, passim). Mit der wohl überwiegenden Ansicht (z. B. Jauernig (-Berger), BGB17, § 932 Rn. 2; Schulze et al. (-Schulte-Nölke), BGB10, § 932 Rn. 2; MünchKomm (-Oechsler), BGB VII7, § 932 Rn. 25) ist die Lehre vom automatischen Rückfall des Eigentums an den Altberechtigten indes abzulehnen, da sie sich konstruktiv nicht begründen lässt und zum Schutz des Eigentümers nicht vonnöten ist (eingehend zur wenig beachteten Problematik des „Rückerwerbs des Nichtberechtigten“ im Kontext der Bestellung und Übertragung beschränkter dinglicher Rechte § 12 II. 2. b) bb)). Für die Annahme, dass in der hier relevanten Konstellation der Eigentümer die vom Nichtberechtigten vorbehaltene Eigentümergrundschuld automatisch erwerbe, gilt nichts anderes. Unabhängig davon, ob man annimmt, dass sich der Bucheigentümer zumindest für eine logische Sekunde eine „Eigentümer“-Grundschuld selbst einräumt oder eine Grundschuld (resp. eine Hypothek) durch Verfügung des Grundstückserwerbers für den Veräußerer errichtet wird, besteht kein Anlass, in systemwidriger Weise das Grundpfandrecht dem Altberechtigten zuzuordnen. Dass der gutgläubige Erwerber nach der hier vertretenen Ansicht besser steht als er stünde, wenn er vom Berechtigten erworben hätte, darf nicht irritieren. Erlangt der Erwerber das Grundstück lastenfrei – weil der Vorbehalt der Eigentümergrundschuld in teleologischer Reduktion des § 892 BGB selbst bei unterstellter Unkenntnis von der fehlenden Berechtigung keinen gutgläubigen Erwerb zugunsten des Veräußerers ermöglicht –, dürfte sich aus dem zugrundeliegenden Kaufvertrag im Wege ergänzender Vertragsauslegung gem. §§ 133, 157 BGB oder aus § 313 Abs. 1 BGB ein Anspruch des Veräußerers auf Stellung einer Ersatzsicherheit ergeben. Da der Anpassungs- bzw. Verschaffungsanspruch unter der dominierenden weiten Auslegung des § 816 Abs. 1 S. 1 BGB „aus der Verfügung erlangt ist“, steht dem Alteigentümer ein Anspruch auf Abtretung dieses Anspruchs zu. Zudem kommen Ansprüche gegen den nichtberechtigten Veräußerer aus §§ 823 Abs. 1, 989, 990 Abs. 1, 992 BGB sowie aus § 687 Abs. 2 S. 1 BGB in Betracht. Nicht anders ist bei der Übertragung eines Grundstücks unter Nießbrauchsvorbehalt seitens eines Nichtberechtigten zu entscheiden. Entgegen verbreiteter Ansicht (BeckOGK BGB (-Servatius), Stand: 1.9.2018, § 1032 Rn. 35.1; MünchKomm (-Pohlmann), BGB VII, § 1032 Rn. 11; Staudinger (-C. Heinze), BGB (2017), § 1032 Rn. 9) ist der Nießbrauchsvorbehalt wirkungslos, es entsteht auch nicht zugunsten des Alteigentümers ein Nießbrauch (richtig m. E. BeckOK BGB (-Wegmann/Reischl), Stand: 1.5.2019, § 1032 Rn. 5; siehe auch Staudinger (-Picker), BGB (2019), § 892 Rn. 106). Soweit Deutsch, ebd., ferner argumentiert, dass bei der Übereignung eines Grundstücks an einen Minderjährigen die Bestellung einer Restkaufgeldhypothek nicht der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts (scil. des Familiengerichts) gem. § 1821 Abs. 1 Nr. 1 BGB bedürfe, weil sich auch hier der Veräußerer ein Stück seines Eigentums in Form der Hypothek vorbehalte, verfängt auch dies nicht. Auf die konstruktionsjuristische Alter-
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tigt.455 Angesichts der partiellen Überschneidung des Zuweisungsgehalts kann weder von einer Entäußerung positiver noch von einer Aufgabe der negatorischen Befugnis die Rede sein; letztere wird im Verhältnis zum Nießbraucher/Pfandgläubiger suspendiert, aber nicht aus dem eingeschränkten Recht mit allseitiger Wirkung ausgeschieden. Deshalb kann auch der Hypothese, die aus „konstitutiver Übertragung“ abgeleiteten Rechte hätten im Vergleich zum Mutterrecht einen geringeren Inhalt, aber größere Intensität,456 nicht gefolgt werden. Eine größere Intensität ist dem lastenden Recht zwar in der Hinsicht teilhaftig, als es sich sowohl gegenüber Dritten als auch gegenüber dem jeweiligen Eigentümer bewährt und nur vorrangigen Rechten unterlegen ist. Indes hat es im Vergleich zum Mutterrecht nicht einen geringeren, sondern einen anderen Inhalt. Letzteres erklärt denn auch, weshalb der Eigentümer (resp. der Inhaber eines anderen Grundstücksrechts) an eigener Sache ein Recht erwerben kann, das nicht von selbst in der Totalität der Befugnisse aufgeht.457 Ferner sei nur klarstellend erwähnt, dass native, ob sich der Veräußerer das Grundpfandrecht im Wege des Insichgeschäfts vorbehält oder dieses durch den minderjährigen Erwerber (vertreten durch die Eltern) vertraglich eingeräumt wird, kommt es nicht an: Während die Übertragung eines mit Grundpfandrechten bereits belasteten Grundstücks an einen Minderjährigen als lediglich rechtlich vorteilhaftes Rechtsgeschäft gem. § 107 BGB einzuordnen ist (allg. Ansicht; siehe nur BGH, Beschluss v. 25.11.2004 – V ZB 13/04, NJW 2005, S. 415, 417), ist die Bestellung eines Grundpfandrechts seitens eines minderjährigen Grundstückserwerbers zwecks Beschaffung der für den Grundstückserwerb erforderlichen Mittel in teleologischer Reduktion des § 1821 Abs. 1 Nr. 1 BGB nicht genehmigungsbedürftig, weil die Belastung erst den Grundstückserwerb ermöglicht, also kein Eingriff in vorhandenes Vermögen vorliegt (Erman (-Schulte-Bunert), BGB II15, § 1821 Rn. 3; Palandt (-Götz), BGB78 , § 1821 Rn. 11); die Bereichsausnahme des § 1821 Abs. 2 BGB ist insoweit nicht einschlägig. Unbehelflich ist endlich auch das von Deutsch, a. a. O., vorgebrachte Argument, dass aus der Verletzung des Eigentums vom Stammrecht trennbare Schutzansprüche entstehen, weil es hier um die dogmatische Konstruktion der Entstehung eines dinglichen Rechts, nicht eines schuldrechtlichen Anspruchs geht. Abgesehen davon entstehen auch bei Verletzung unübertragbarer Sachenrechte (Nießbrauch, beschränkte persönliche Dienstbarkeiten) Schutzansprüche des Berechtigten (vgl. §§ 1027, 1090 Abs. 2, 1065 BGB), wobei die sog. dinglichen Ansprüche nach h. A. gerade nicht isoliert abtretbar sind (statt vieler Baur/Stürner, Sachenrecht18 , § 11 Rn. 44; MünchKomm (-Baldus), BGB VII7, Vorbem. zu § 985 Rn. 76 m. w. N. auch zur Gegenansicht). 455 Schließlich finden die Vorschriften über den Forderungsnießbrauch bzw. das Forderungspfandrecht auf Nießbrauchs- bzw. Pfandrechte an durch Pfandrechte oder Hypotheken gesicherte Forderungen sowie Grund- und Rentenschulden unmittelbar Anwendung (vgl. §§ 1074, 1077, 1080, 1281, 1282, 1291 BGB). 456 von Tuhr, Allgemeiner Teil II/1, § 45 II 5 (S. 75). 457 Die Zulässigkeit von Eigenrechten ist dagegen mit der Teilungsdoktrin auch in der von Forkel, Gebundene Rechtsübertragungen, S. 23–48 vertretenen Spielart unvereinbar: Das durch das zu konstituierende Recht geschützte Interesse ist ebenso wenig wie die jeweils zur Verfolgung desselben gewährte Befugnis ein spezielles im Vollrecht des Veräußerers angelegtes Interesse. Exemplarisch zeigt sich dies bei der Hypothek: Während das Rechtsbeharrungsinteresse des Eigentümers durch das Ablösungsrecht (vgl. §§ 1150, 268 BGB) und das Rangerhaltungsinteresse durch die Rechtsfigur der Eigentümergrundschuld geschützt werden, hat der Hypothekengläubiger ein Interesse daran, sich notfalls aus dem Grundstück im Wege der Zwangsvollstreckung zu befriedigen. Letzteres impliziert, dass er nicht nur den dem jeweiligen Eigentümer, sondern auch anderen Rechtsinhaber aus ihren Rechtspositionen durch Zwangsversteigerung zwecks effektiver Verwertung entsetzen kann. Dass das geschützte Interesse nicht als Teilausschnitt des umfassenden Interessenschutzes, der dem Eigentümer zuteilwird, angesehen werden kann, belegt § 1197
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ein Zuordnungsänderungsrecht ggf. durch translative Rechtsnachfolge in das belastete Recht verwirklicht werden kann (vgl. §§ 1239 Abs. 1, 1242 Abs. 1 S. 2, 1282 Abs. 1 S. 3 BGB, § 816 Abs. 4 Hs. 1 ZPO). Durch die rechtsgeschäftliche Bestellung desselben wird aber kein einziges Tatbestandsmerkmal des erforderlichen Rechtsübergangs vorweggenommen.458 Endlich beruht der gutgläubige Erwerb eines ein fiktives Liegenschaftsrecht einschränkenden Rechts offenbar nicht auf einer Absonderung und Teilübertragung der Elemente oder des Interessenschutzes eines „realen“ Rechts; die Absonderungslehre vermag diesen Vorgang allenfalls als fiktive Teilübertragung eines kraft des gutgläubigen Erwerbs mit bloß relativer Wirkung entstehenden „Mutterrechts“ zu konstruieren. Was beim erstmaligen Erwerb eines begrenzten Rechts „übertragen“ wird, ist nach alldem nicht eine im belasteten Recht inbegriffene (Ausübungs-)Befugnis, sondern das kraft der Belastung originär entstehende Recht.459 Wer die Einräumung begrenzter Rechte als Teilübertragung deutet, sollte klarstellen, dass insoweit ein extensives Begriffsverständnis zugrunde liegt. Dieses umschließt dann die Neubildung subjektiver Rechte, die sich auf die Verfügungsbefugnis des Inhabers des belasteten Rechts zurückführen lassen, sich aber nicht aus irgendwelchen Bestandteilen oder Elementen eines „Mutterrechts“ zusammenAbs. 1 BGB; die Rechtsordnung missbilligt unzweideutig das Interesse des Eigentümers an der Verwertung des eigenen Grundstücks mittels Zwangsversteigerung. Dies unterstreicht zugleich, dass der durch das abstrakt-generelle Recht garantierte Interessenschutz nicht ohne Rücksicht auf den Inhalt der jeweils gewährten Befugnisse bestimmt werden kann. 458 Soweit das Anwartschaftsrecht von der Rspr. als „Vorstufe“ oder „wesensgleiches Minus“ des Vollrechts – zwecks Abgrenzung von „echten“ dinglichen Rechten – umschrieben wird (BGH, Urteil v. 24.6.1958 – VIII ZR 205/57, BGHZ 28, S. 16, 21; BGH, Urteil v. 21.9.1959 – III ZR 103/58, BGHZ 30, S. 374, 377; BGH, Urteil v. 5.4.1991 – V ZR 39/90, BGHZ 114, S. 161, 164), lässt sich hieraus für die dogmatische Konstruktion der Belastung ohnedies nichts herleiten, wenn man mit der Rspr. annimmt, dass das Anwartschaftsrecht kein dingliches Recht sei. Abgesehen davon ist der im Schrifttum beliebte Teilungsgedanke im Kontext der Beschreibung der „gesicherten“ Rechtsstellung des designierten Erwerbers (Baur/Stürner, Sachenrecht18 , § 59 Rn. 33; NomosKomm (-Meller-Hannich), BGB III4, § 929 Rn. 13; Raiser, Dingliche Anwartschaften, S. 56; Wieling, Sachenrecht I2, § 17 I b (S. 793)) zurückzuweisen: Dem Anwartschaftsberechtigten stehen allenfalls eigentumsäquivalente Befugnisse in der Schwebezeit bis zum Abschluss oder Ausfall des mehraktigen Erwerbstatbestands zu; diese Befugnisse sind aber nicht definitiv und endgültig zugeordnet, zumal bei Ausfall des Erwerbstatbestandes das Anwartschaftsrecht ohne weiteres erlischt, eine Rückübertragung der vermeintlich aus dem Eigentum abgesonderten Nutzungsbefugnis schon gar nicht an den Veräußerer zurückübertragen werden kann. 459 Selbst wenn die Neuschaffung eines begrenzten Rechts gewillkürte Rechtsfolge ist, also auf einer einseitigen Willenserklärung des resp. einer Einigung mit dem Berechtigten beruht, wohnt ihr sowohl ein derivatives als auch ein originäres Element inne: Die Belastung erzeugt aufgrund eines normierten Tatbestands etwas „Neues“; es ist ein Recht eines bestimmten vereinheitlicht vorgegebenen Typus (in diese Richtung bereits Brinz, Lehrbuch der Pandekten I 2, § 75 (S. 243–244); dezidiert anders Forkel, Gebundene Rechtsübertragungen, S. 44 auf dem Boden der von ihm vertretenen Teilungsdoktrin). Die Leistungsfähigkeit der kategorialen Unterscheidung zwischen derivativen und originären Erwerbstatbeständen erweist sich einmal mehr als begrenzt. Vergleichbares zeigt sich bei der akademischen Diskussion, ob die sachenrechtlichen Verkehrsschutztatbestände dem derivativen oder originären Erwerb zuzuordnen sind oder einen eigenartigen Mischtypus bilden (siehe hierzu Staudinger (-Picker), BGB (2019), § 892 Rn. 11 m. w. N.).
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setzen.460 Indes nimmt dies dem Begriff der Übertragung jegliche Konturen, weil konsequenterweise jedes sachenrechtliche Rechtsgeschäft, scil. jede Verfügung über ein bestehendes Recht als Rechtsübertragung zu klassifizieren wäre;461 der Terminus der Übertragung entspräche dem gleichfalls konturenlosen Begriff der conveyance des englischen Rechts.462 Andererseits ist die Belastung eines nicht grundstücksgleichen begrenzten Rechts nicht mit einer Vergemeinschaftung des betroffenen Rechts kommensurabel, weil zwischen dem Inhaber des eingeschränkten und dem des einschränkenden Rechts ein Verhältnis der Subordination, nicht der Gleichordnung entsteht.463 460 Kritisch hierzu auch Hölder, Pandekten I, § 36 (S. 179–182), der sich prinzipiell gegen die Subsumtion des abgeleiteten Rechtserwerbs unter den Sukzessionsbegriff aussprach. 461 Schließlich sind auch die Aufhebung und der Verzicht auf dem Boden der Teilungslehre als restitutive Sukzession unter den erweiterten Übertragungsbegriff zu subsumieren (vgl. Bekker, System des heutigen Pandektenrechts I, § 34 (S. 114); Hellwig, Wesen und subjektive Begrenzung der Rechtskraft, § 38 (S. 259–260); von Tuhr, Allgemeiner Teil II/1, § 45 II 8 (S. 82)). Und nichts anderes dürfte für die inhaltliche Änderung, die Rangänderung und die Umwandlung bestehender Rechte gelten, welche gleichfalls die dinglichen Befugnisse der beteiligten Rechtsinhaber in bestimmter Weise vermehren oder vermindern. 462 Sec. 205(1)(ii) LPA 1925. 463 Dies konzedierend Hauck, Nießbrauch an Rechten, S. 124–125, der zudem betont, dass das von ihm entwickelte Konzept der „Vergemeinschaftung des Rechts mit einer Zugangseröffnung im Hinblick auf bestimmte in dem belasteten Recht enthaltene Befugnisse“ (eingehend Hauck, Nießbrauch an Rechten, S. 117–138) nicht auf eine vollumfängliche Gleichsetzung des Phänomens der Belastung eines Rechts mit einer echten Bruchteilsgemeinschaft abziele. Richtig ist, dass unverkennbare Parallelen zwischen einer Bruchteilsgemeinschaft und dem Nießbrauch sowie dem Pfandrecht an einer Forderung bestehen; auf die gemeinschaftliche Einziehungs-, Empfangs- und Kündigungszuständigkeit (§§ 1077, 1281 BGB) und die daran anknüpfende wechselseitige Verpflichtung zur Mitwirkung zur Einziehung der Forderung (§§ 1078, 1285 Abs. 1 BGB) sei verwiesen. In die Rechtsstellung des Forderungsgläubigers tritt aber weder der Nießbraucher noch der Pfandgläubiger qua Bestellung des betreffenden forderungsbelastenden Rechts ein. Sowohl der Nießbrauch als auch das Pfandrecht sind im Vergleich zur Forderung jeweils Rechte anderer Qualität, was sich im Sukzessions- und Verfügungsschutz der Belastungen (§§ 1071, 1276 BGB) sowie in den Rechtsfolgen der Einziehung, namentlich in der Surrogation, zeigt (§§ 1075, 1079, 1287, 1288 Abs. 2 BGB). So unterscheidet sich die Forderungsbelastung von der Bruchteilsgemeinschaft mehrerer Forderungsgläubiger darin, dass dem Nießbraucher ausschließlich die Zinsen der belasteten Hauptforderung zustehen (§§ 1068 Abs. 2, 1030 Abs. 1 BGB) und bei unverzinslicher Forderung eine ausschließliche Empfangs- und Einziehungszuständigkeit des Nießbrauchers besteht (§ 1074 S. 1 BGB), wohingegen der Pfandgläubiger ab Pfandreife wahlweise die Einziehung der verpfändeten Forderung betreiben, deren Abtretung an Zahlungs statt verlangen oder auch die Forderung pfänden und sich überweisen lassen kann (§§ 1282, 1277 S. 1 BGB). Überdies basiert die Konzeption der Belastung als Vergemeinschaftung des belasteten Rechts mit Zugangseröffnung – nicht anders als die von Hauck ebd. zurückgewiesene „Abspaltungstheorie“ – auf der unzutreffenden Prämisse, dass das konstituierte Recht überhaupt nur an identifizierbaren, im belasteten Recht enthaltenen Befugnissen partizipiere. Indes stehen doch dem Inhaber des belastenden Rechts de iure proprio Befugnisse zu, die weder ihrer Form noch ihrer Funktion nach notwendigerweise im belasteten Recht „enthalten“ sind, sondern erst qua Belastung konstituiert werden. Überdies ist die Konzeption der Belastung als „Vergemeinschaftung mit Zugangseröffnung“ ersichtlich von der Zielsetzung getragen, das Regime des Nießbrauchs an Rechten dogmatisch neu zu justieren; auf die Belastung anderer Rechte geht Hauck ebd. nur kursorisch ein. Wenngleich die Belastung eine gemeinschaftsähnliche konkurrierende Zuständigkeit zur Ausübung des belasteten Rechts begründen kann, gilt dies erstens nur für bestimmte und nicht
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c) (Fiktive) Koexistenz des dienenden und des herrschenden Rechts Sieht man ferner einmal davon ab, dass weder die Teilungs- noch die Vergemeinschaftungsthese die sog. Elastizität464 des belasteten Rechts widerspruchsfrei erklären,465 lassen beide Lehren die charakteristische Abhängigkeit des eingeräumten Rechts vom rechtlichen Schicksal des belasteten Rechts außer Acht. Die zentrale Prämisse der Teilungsdoktrin – die angebliche Selbstständigkeit und Unabhängigkeit des Tochterrechts vom Mutterrecht466 – ist falsch. Ein allumfassendes, lückenfür alle Belastungskonfigurationen und zweitens erschöpft sich das kraft Belastung entstandene Recht, auch der Nießbrauch an einer Forderung, nicht in einer bloßen Ausübungszuständigkeit. 464 Der Zusammenhang muss es entschuldigen, dass hier klarstellend betont wird, dass nicht bloß dem Eigentum, sondern allen belastbaren Rechte eine elastische Komponente inhärent ist; nicht die „Konsolidation“ des Eigentums macht das Wesen desselben aus, sondern der Umstand, dass es kein dem Eigentum nachrangiges Recht geben kann, das sich mit Erlöschen des Eigentums konsolidiert (siehe auch von Bar, Gemeineuropäisches Sachenrecht I, Rn. 346). 465 Wenn die Belastung rechtskonstruktiv auf der Zerlegung der im belasteten Recht gebündelten Befugnisse und der Übertragung einzelner Bestandteile auf ein anderes Rechtssubjekt beruht, leuchtet nicht ein, dass das Mutterrecht dennoch in seiner „Substanz“ vollständig erhalten bleiben soll. Allein die Umschreibung der selbstergänzenden Wirkung des belasteten Rechts bei Wegfall des konstituierten Rechts als „restitutiver Rechtsübergang“ (Bekker, System des heutigen Pandektenrechts I, § 34 (S. 114); Hellwig, Wesen und subjektive Begrenzung der Rechtskraft, § 38 (S. 259– 260); von Tuhr, Allgemeiner Teil II/1, § 45 II 8 (S. 82)), erklärt nicht, wieso es keines konstitutiven bzw. translativen actus contrarius bedarf (Hirsch, Die Übertragung der Rechtsausübung, S. 223). Soweit sich die Vertreter der Abspaltungslehre zur Begründung des restitutiven Übergangs auf bedingungsrechtliche Prinzipien berufen (in diese Richtung Krückmann, AcP 103 (1908), S. 139, 157– 158, 318–319), überzeugt auch dies nicht. Mittels auflösend bedingter oder befristeter Befugnisabspaltung ließe sich zwar begründen, weswegen es einer erneuten Verfügung nicht bedarf, um die sachenrechtliche Zuordnung ex ante wiederherzustellen. Systemwidrig an dieser Konstruktion ist jedoch, dass die Verfügungsbefugnis des Inhabers des belasteten Rechts gerade nicht während der Pendenz gem. § 161 Abs. 3 BGB beschränkt ist. Vielmehr steht es diesem frei, beliebig viele Rechte identischen Ausmaßes zu bestellen, was bei konsequenter Durchführung des Absonderungsgedankens gar nicht möglich wäre. Räumt z. B. ein Grundstückseigentümer mehrere Hypotheken ein, erwerben alle Hypothekengläubiger jeweils vollkommene Hypotheken und nicht bloß durch den Wegfall der jeweils vorrangigen Hypothek aufschiebend bedingte Hypotheken resp. Hypothekenanwartschaften (richtig Hirsch, Die Übertragung der Rechtsausübung, S. 205–206). Zudem ist die von Krückmann, ebd. vorgebrachte These, dass die Übertragung der Verfügungsbefugnis durch die Erfüllung der gesicherten Forderung auflösend bedingt sei, mit den gesetzlichen Folgen der Forderungstilgung für akzessorische Nebenrechte unvereinbar (vgl. §§ 1163 Abs. 1 S. 1, 1164, 1177, 1252 BGB). Endlich folgt aus §§ 1024, 1060, 1090 Abs. 2 BGB, dass beliebig viele sich inhaltlich überschneidende Rechte mit gleichem Rang bestehen können; es bedarf schuldrechtlicher Ausübungsregelungen zwecks Vermeidung der sachenrechtlich möglichen wechselseitige Neutralisierung der jeweils identischen Rechte. Vollends entlarvend ist, dass von Tuhr, Allgemeiner Teil II/1, § 45 II 9 (S. 83) zur Begründung der behaupteten „Rechtsnotwendigkeit“ einer Selbstergänzung des belasteten Mutterrechts bei Wegfall des Tochterrechts darauf abstellt, dass im Fall der konstitutiven Rechtsnachfolge das Mutterrecht in seiner Substanz erhalten bleibe und nur beschränkt werde, solange und soweit die Ausübung des Tochterrechts dies erfordere (kritisch deshalb auch von Lübtow, Schenkungen der Eltern an ihre minderjährigen Kinder und der Vorbehalt dinglicher Rechte, S. 50 in Fn. 167). An dieser Stelle zeigt sich einmal mehr, dass von Tuhr von der Subsumtion der konstitutiven Sukzession unter den Teilungsbegriff augenscheinlich selbst nicht vollends überzeugt war (siehe auch von Tuhr, Allgemeiner Teil II/1, § 45 II (S. 63 mit Fn. 21)). 466 von Tuhr, Allgemeiner Teil II/1, § 45 II 4 (S. 74–75); Hirsch, Die Übertragung der Rechtsausübung, S. 224.
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loses Sukzessions- und Bestandsschutzsystem gibt es ohnehin nicht. Abgesehen davon, dass die „Unabhängigkeit“ des konstituierten Rechts von rechtsbegründenden und rechtstransportierenden Verfügungen über das belastete Recht unter dem Vorbehalt sachenrechtlichen Verkehrsschutzes steht, zeigt sich die Selektivität des Kontinuitätsschutzes begrenzter Sachenrechte in aller Deutlichkeit beim Heimfall des belasteten Erbbaurechts (§ 33 Abs. 1 ErbbauRG).467 Vor allem sind die für die Aufhebung, inhaltliche Änderung, Rangänderung und vergleichbare Verfügungen normierten Zustimmungstatbestände468 Ausdruck eines genuin sachenrechtlichen Bestandsschutzes, der gleichfalls unter dem Vorbehalt des Redlichkeitsschutzes zugunsten des von der Verfügung begünstigten Rechtsinhabers steht.469 Soweit hervorgehoben wird, dass eine Aufhebung oder inhaltliche Änderung des belasteten Rechts prinzipiell keine Wirkung gegenüber dem Inhaber des kraft qualitativer Teilung entstandenen Rechts entfalten dürfe und nur aus Gründen der Rechtsklarheit Zustimmungstatbestände geschaffen worden seien,470 unterstreicht diese Supposition nur die wesensimmanente Abhängigkeit des lastenden vom belasteten Recht. Wie gezeigt, ist jedes ein anderes Recht als Sacheigentum einschränkende Recht zwingend auf den Fortbestand des belasteten Rechts, sei es ein dingliches, sei es ein obligatorisches Recht, angewiesen. Zwar führt allein der Wegfall eines Sachenrechts nicht dazu, dass auch die dem belasteten Recht unterliegende Sache untergeht, so dass – nicht anders als bei der Dereliktion belasteten Eigen467 Bspw. bewirkt der „Heimfall“ des Erbbaurechts, scil. die Übertragung des Erbbaurechts auf den Eigentümer oder einen Dritten in Erfüllung eines Heimfallanspruchs, das Erlöschen aller am Erbbaurecht bestehenden Rechte, die ohne Zustimmung des Eigentümers wirksam begründet werden können (vgl. §§ 33 Abs. 1 S. 3, 5 Abs. 2 ErbbauRG); siehe hierzu § 7 III. 1. a). 468 §§ 876, 877, 880 Abs. 3, 1071, 1132 Abs. 2 S. 2, 1178 Abs. 2 S. 2, 1180 Abs. 1 S. 2 Hs. 2, Abs. 2 S. 2 Hs. 2, 1255 Abs. 2, 1276 BGB; siehe auch §§ 5, 26 ErbbauRG; § 5 Abs. 4 S. 2, 3 WEG. 469 Selbstverständlich ist, dass der öffentliche Glaube des Grundbuchs auch für die nicht auf Rechtserwerb gerichtete Verfügungen über belastete Rechte an Grundstücken gilt. Wird z. B. eine mit einem nicht eingetragenen Nießbrauch oder Pfandrecht belastete (Brief-)Grundschuld ohne Zustimmung des Nießbrauchers/Pfandgläubigers aufgehoben, ist die Aufhebung bei unterstellter Redlichkeit des verfügungsbegünstigten Eigentümers als Erklärungsadressaten im Verhältnis zum Zustimmungsberechtigten wegen der durch §§ 893 Var. 2, 892 Abs. 1 BGB bewirkten Ersetzung der Zustimmung wirksam; das belastete Grundpfandrecht erlischt mit absoluter Wirkung (MünchKomm (-Kohler), BGB VII7, § 893 Rn. 10; Rosenberg, BGB III/1, § 876 Anm. I 1, § 893 Anm. II 2; Staudinger (-Picker), BGB (2019), § 893 Rn. 27). Darüber hinaus ist die Zustimmung zu einer zustimmungsbedürftigen, nicht auf Rechtserwerb gerichteten Verfügung über ein (belastetes) (Grundstücks-)Recht eine Verfügung, weshalb nach allg. Ansicht die Zustimmung durch einen Nichtberechtigten nach Maßgabe der §§ 893 Var. 2, 892 Abs. 1 S. 1 BGB den gewillkürten Verfügungserfolg zeitigt (Planck (-Strecker), BGB III/15, § 893 Anm. 1 b β; BeckOGK BGB (-Hertel), Stand: 1.12.2017, § 893 Rn. 28; NomosKomm (-U. Krause), BGB III4, § 893 Rn. 19; Rosenberg, BGB III/1, § 893 Anm II 1 a; Staudinger (-Picker), BGB (2019), § 893 Rn. 28). Nicht abschließend geklärt ist dabei, auf wessen Redlichkeit es ankommt, wenn die Zustimmungserklärung an das Grundbuch gerichtet wird (§ 876 S. 3 BGB) und tatsächlich mehrere Rechtssubjekte von der fraglichen Verfügung durch Erweiterung ihrer sachenrechtlichen Rechtsstellungen profitieren (vgl. Staudinger (-Picker), BGB (2013), § 893 Rn. 36; MünchKomm (-Kohler), BGB VII, § 893 Rn. 10; NomosKomm (-Krause), BGB III4, § 893 Rn. 25; siehe dazu § 3 II. 3. c) bb)). 470 von Tuhr, Allgemeiner Teil II/1, § 45 II 4 (S. 74–75).
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tums (§§ 928 Abs. 1, 959 BGB)471 – ein isolierter Fortbestand eines begrenzten Sachenrechte höheren Grades zumindest kraft rechtstypischer Surrogation desselben in ein Recht der jeweiligen Gattung vorgelagerter Belastungsstufe theoretisch vorstellbar wäre. Würde das ehedem auf einem beschränkten dinglichen Recht ruhende Recht raumsymbolisch betrachtet „eine Stufe tiefer rutschen“ und somit vom Schicksal des erlöschenden Rechts entkoppelt, griffe es in unverhältnismäßiger Weise in Rechte Dritter ein.472 Weil sich diese legislative Gestaltungsoption von vornherein wegen Verstoßes gegen das verfassungsrechtliche Übermaßverbot verbietet, bleibt bei allen potentiell rechtsvereitelnden und rechtsbeeinträchtigenden Verfügungen über das eingeschränkte Rechte nur die Alternative zwischen der absoluten Wirksamkeit der Verfügung zulasten des einschränkenden Rechts und dem Fortbestand des sachenrechtlichen status quo ante.473 Grundlegend anders liegt es bei der Aufgabe belasteten Eigentums. Zum einen bedarf es einer rechtstypischen Mutation des „unmittelbaren“ Rechts an einer realen Sache oder einem Grundstück einfach deshalb nicht, weil dieses zu seiner Verwirklichung nicht zwingend voraussetzt, dass die Sache einer Person als Eigentü471 Bekanntlich ist die Aufgabe belasteten Eigentums ohne Zustimmung der Inhaber der Belastungen nach h. L. möglich, weil deren Rechte unberührt bleiben (Nachweise in Fn. 66). 472 Wird z. B. eine verpfändete Grundschuld ohne Zustimmung des Pfandgläubigers und mit Zustimmung des Eigentümers gem. §§ 875, 1183, 1192 Abs. 1 BGB aufgehoben, vermag sich das Pfandrecht deshalb nicht in eine (Sicherungs-)Hypothek am Grundstück zu verwandeln, weil mit einer hypothetischen rechtstypischen Mutation die Belastungsintensität für das Eigentum verschärft und überdies die der erloschenen Grundschuld im Rang nachfolgenden Grundstücksrechte beeinträchtigt werden würden. Würde das zur (Sicherungs-)Hypothek mutierende Pfandrecht von der erloschenen Grundschuld völlig entkoppelt, verlöre der Eigentümer sicherungsvertragliche Einreden, die er dem Sicherungsnehmer und dessen Sonderrechtsnachfolgern (einschließlich des Pfandgläubigers) gem. § 1192 Abs. 1a S. 1 BGB (i. V. m. § 1275 Var. 1 BGB) entgegensetzen könnte. Auf der Hand liegt, dass der Pfandgläubiger nicht davon profitieren kann, dass ohne seinen Willen die Grundschuld aufgehoben wird, während der Eigentümer nicht schlechter stehen darf als er stünde, wenn die Grundschuld mitsamt dem Pfandrecht unverändert fortbestünde. 473 Aus diesem Grund setzt der gutgläubige Erwerb eines Sachenrechts höheren Grades an einem im Grundbuch eingetragenen Scheinrecht gem. § 892 Abs. 1 S. 1 BGB voraus, dass das zu belastende Recht ex lege und ipso iure mit Abschluss des Erwerbstatbestandes zugunsten des Erwerbers mit allseitiger Wirkung als bestehend fingiert wird (siehe dazu § 5 IV. 2. b)). Nichts anderes gilt für den ersitzungsgestützten Erwerb eines Rechts an einem bloßen Scheinrecht, der, wie gezeigt, nur bei besitzgestützten oder besitzrechtlich geschützten Rechten (vgl. §§ 1029, 1090 Abs. 2 BGB) an einem scheinbaren Erbbaurecht in Betracht kommt (§ 11 Abs. 1 S. 1 ErbbauRG i. V. m. § 900 Abs. 2 S. 1 BGB). Hier zeigt sich zugleich ein elementarer Unterschied zwischen mehrstufigen und mehrfachen Eigentumsbelastungen. Auch die rechtsgeschäftliche Aufhebung eines kraft Rangtausch mehrerer Grundstücksrechte zurücktretenden Rechts beeinträchtigt den Rang des vortretenden Rechts nicht (§ 880 Abs. 4 BGB); der Inhaber des vortretenden Rechts ist gegen einen willkürlichen Rangverlust (auch durch andere rechtsgeschäftliche Beendigungsgründe, z. B. Tilgung eines Grundpfandrechts) geschützt. Zwischenrechte Dritter werden hierdurch schon deshalb nicht benachteiligt, weil kein Anspruch darauf besteht, dass ein vorrangiges Recht vorzeitig beseitigt wird; das vortretende Recht tritt deshalb erst dann wieder in seinen alten Rang ein, wenn das zurückgetretene Recht bestimmungsgemäß, sei es durch Eintritt eines Endtermins, einer auflösenden Bedingung oder auf anderer Weise, erlischt (vgl. § 880 Abs. 5 BGB); vgl. BeckOGK BGB (-Kesseler), Stand: 1.1.2019, § 880 Rn. 43–44; MünchKomm (-Kohler), BGB VII7, § 880 Rn. 19–20.
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mer zugeordnet ist. Zum anderen greift die Existenz eines begrenzten Sachenrechts an einer herrenlosen Sache nicht in Rechte Dritter ein, weil ein durch das erloschene Eigentum belastetes Recht an der Sache denknotwendig ausgeschlossen ist und das Rangverhältnis zwischen den bestehenden Rechten an der herrenlosen Sache unverändert bleibt. Deshalb ist es entgegen einer teilweise vertretenen Ansicht474 zumindest nicht aus Gründen des Kontinuitätsschutzes begrenzter Sachenrechte geboten, die Verfügungskompetenzen des Eigentümers im Hinblick auf die Dereliktion ohne gesetzliche Grundlage zu beschränken.475 Methodisch käme allenfalls eine Rechtsanalogie zu §§ 876, 1071 Abs. 1, 1178 Abs. 2 S. 2, 1255 Abs. 2, 1276 Abs. 1 BGB in Betracht, die jedenfalls mangels Rechtsähnlichkeit – ein Zustimmungserfordernis ist weder aus Gründen der Rechtsklarheit noch zum Schutz der Inhaber beschränkter dinglicher Rechte erforderlich – ausscheidet.476 Allein diese 474
Hauck, Nießbrauch an Rechten, S. 126–130. In diese Richtung auch Klose, Das Eigentum als nudum ius im Bürgerlichen Recht, S. 194– 198. Schließt man sich der in der Literatur verbreiteten Ansicht an, dass die Dereliktion einer beweglichen Sache gem. § 959 BGB voraussetze, dass die Sache bereits besitzlos sei oder durch die Besitzaufhabe besitzlos werde (so u. a. Baur/Stürner, Sachenrecht18 , § 53 Rn. 70; Jauernig (-Berger), BGB17, § 959 Rn. 2; Palandt (-Herrler), BGB78 , § 959 Rn. 1), dürfte eine Aufgabe belasteten Eigentums regelmäßig nur dann in Betracht kommen, wenn der Eigentümer seinen Besitzmittler – den Nießbraucher/Pfandgläubiger – erfolgreich zur Aufgabe des unmittelbaren Besitzes veranlasst (Klose, Das Eigentum als nudum ius im Bürgerlichen Recht, S. 195–196). Wenngleich es also an einem rechtsgeschäftlichen Zustimmungserfordernis fehlt, könnte jedenfalls das Vollzugsmoment der Dereliktion hiernach i. d. R. nicht ohne Mitwirkung des Inhabers des begrenzten Rechts verwirklicht werden; anders läge es nur dann, wenn der Eigentümer unter Fortbestand der betreffenden Belastung den unmittelbaren Besitz an der Sache im Zeitpunkt der Dereliktion ausübte (z. B. bei Belastung mit besitzlosen gesetzlichen Pfandrechten). Weitergehend nimmt jedoch der BGH und ein anderer Teil des Schrifttums an, dass eine Eigentumsaufgabe seitens des Eigentümers als mittelbarem Besitzer dadurch vollzogen werden könne, dass der Eigentümer seinen Verzichtswillen erkläre und das Besitzmittlungsverhältnis beende (BGH, Urteil v. 9.3.2017 – IX ZR 177/15, NJW-RR 2017, S. 553, 554 Rn. 11; BeckOGK BGB (-Schermaier), Stand: 1.8.2019, § 959 Rn. 31; Wieling, Sachenrecht I2, § 11 IV 4 a (S. 485)). Im Näheren ist dann umstritten, ob die Verzichtserklärung notwendig oder zumindest regelmäßig gegenüber dem Besitztmittler oder auch gegenüber der Allgemeinheit erfolgen könne; sofern freilich der Besitzmittler vom Verzichtswillen des Eigentümers keine Kenntnis erlangt, dürfte es i. d. R. an der Beendigung des Besitzmittlungsverhältnisses fehlen (BeckOGK BGB (-Schermaier), Stand: 1.8.2019, § 959 Rn. 31.1). 476 Aus dem Gesetz ergibt sich nicht, dass die Aufgabe belasteten Eigentums der Zustimmung der Inhaber beschränkter dinglicher Rechte bedarf. Zudem lässt sich aus §§ 58, 787 ZPO folgern, dass an Grundstücken im Zustand der Herrenlosigkeit begrenzte Rechte bestehen können. Aus dem Umstand, dass es für bewegliche Sache an einer vergleichbaren Regelung fehlt, lässt sich nicht e contrario darauf schließen, dass die Dereliktion des Eigentums an beweglichen Sachen nicht ohne Mitwirkung der Inhaber der beschränkten dinglichen Rechte erfolgen dürfe. Denn §§ 58, 787 ZPO dienen nicht dem Bestandsschutz, sondern dem Schutz des künftigen Eigentümers (scil. des aneignungsberechtigten Fiskus, § 928 Abs. 2 BGB) gegen unzulässige oder unbegründete Klagen und Vollstreckungsversuche die Bestellung eines Pflegers an (der Pfleger ist nicht Partei kraft Amtes, sondern gesetzlicher Vertreter des künftigen Eigentümers; vgl. MünchKommZPO (-Lindacher), ZPO I5, § 58 Rn. 2; Zöller (-Althammer), ZPO32, § 58 Rn. 1). Beim Nießbrauch und beim Pfandrecht an (herrenlosen) beweglichen Sachen ist eine vergleichbare Regelung weder zum Schutz des künftigen Eigentümers noch zum Schutz der Inhaber konkurrierender Rechte an der Sache vonnöten. Die Rechte konkurrierender Rechtsinhaber werden nach allgemeinen Regeln gewahrt. Einen schützenswerten Aneignungsberechtigten gibt es ange475
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„Unabhängigkeit“ vom Eigentum ist aber kein Indiz für die vermeintliche Abspaltung eigentumsimmanenter Befugnisse, sondern Ausdruck der dinglichen Qualität, präziser des Kontinuitätsschutzes des herrschenden Rechts. Dass dieser bei rechtsvereitelnden und rechtsbeeinträchtigenden Verfügungen über andere Rechte als Eigentum durch besondere Zustimmungstatbestände zugunsten der hiervon betroffenen Rechte Dritter verwirklicht wird, liegt einfach daran, dass sich jene Rechte nicht inhaltswahrend an dem Bezugspunkt des Verfügungsobjekts fortzusetzen vermögen. Wie noch zu zeigen sein wird, offenbart sich der Kontinuitätsschutz mehrstufiger Belastungen nicht zuletzt in einem ungeschriebenen Surrogationsgrundsatz.477 Verwandelt sich das durch eine Belastung eingeschränkte Sachenrecht in ein neues Recht an einer anderen Sache oder gar in ein obligatorisches Recht, ergreift das hierauf aufbauende Recht eo ipso und uno actu das veränderte Recht und dessen (neuen) Bezugspunkt.478 sichts des freien Okkupationsrechts (§ 958 Abs. 1 BGB) nicht. Der Zustand der Herrenlosigkeit verschlechtert die Rechtsstellung des Inhabers eines beschränkten dinglichen Rechts nicht in sachenrechtlich relevanter Hinsicht. Der Nießbraucher kann eine herrenlosen Sache besitzen und in jeder denkbaren Weise nutzen; ein Dienstbarkeitsberechtigte kann das herrenlose Grundstück in der jeweils berechtigten Weise benutzen resp. Dritten das fragliche Verhalten verbieten, welches dem Eigentümer untersagt wäre; der Pfandgläubiger kann die herrenlose Pfandsache zwecks Berichtigung der gesicherten Forderung veräußern; der Grundschuld- oder Hypothekengläubiger kann die Zwangsvollstreckung in das Grundstück betreiben. Es ist nicht ersichtlich, dass sich der Eigentümer durch die Eigentumsaufgabe seiner eigenen Pflichten aus dem gesetzlichen Schuldverhältnis einfach entledigen kann: Wird z. B. das mit einem Recht zum Halten von Sende- und Empfangseinrichtungen auf Gebäuden des dienenden Grundstücks belastete Eigentum aufgegeben, führt dies zwar dazu, dass der Anspruch des Dienstbarkeitsberechtigten auf Gebäudeunterhaltung gem. § 1022 S. 1 BGB für die Dauer der Herrenlosigkeit gem. § 275 Abs. 1 BGB – im Zustand der Herrenlosigkeit gibt es nun einmal keinen Schuldner – suspendiert ist. Freilich haftet der ehemalige Eigentümer fort, weil er das die Unmöglichkeit begründende Ereignis zu vertreten hat (§§ 280 Abs. 1, 3, 283 S. 1 BGB). Überdies bleibt die reallastähnliche Sicherung der Dienstbarkeit unberührt (§ 1022 S. 2 BGB). Nichts anderes dürfte für die Aufgabe des mit einer Reallast belasteten Eigentums gelten: Abgesehen davon, dass die persönliche Haftung des Eigentümers für die während der Zeit seines reallastbelasteten Eigentums entstandenen Ansprüche auf einzelne Leistungen (§ 1108 BGB) von der Eigentumsaufgabe völlig unberührt bleibt, kommt ein Anspruch auf Schadensersatz gem. §§ 280 Abs. 1, 3, 283 BGB in Betracht, soweit dem Reallastgläubiger wegen der Eigentumsaufgabe Ansprüche auf die künftigen Leistungen entzogen werden, für die der jeweilige Eigentümer persönlich haftet. Auch für den Vorkaufsberechtigten ändert sich durch die Eigentumsaufgabe am Grundstück nichts. Zwar wird hierdurch vorbehaltlich abweichender landesrechtlicher Regelung dem Fiskus die Aneignung ermöglicht; freilich ist dieser dann als neuer Eigentümer mit dem Vorkaufsrecht beschwert. Auf der anderen Seite verbessert sich z. B. die Rechtsstellung eines Nießbrauchers, eines Dienstbarkeitsberechtigten, eines Erbbauberechtigten oder eines Pfandgläubigers nicht unwesentlich dadurch, dass die aus dem Begleitschuldverhältnis mit dem Eigentümer resultierenden Pflichten während des Zustands der Herrenlosigkeit ruhen. Auch die (freilich theoretische) Möglichkeit einer Ersitzung eines beschränkten dinglichen Rechts an herrenloser Sache gem. §§ 900 Abs. 2, 1033 BGB (vgl. Hirsch, Die Übertragung der Rechtsausübung, S. 207) zeigt, dass die gegen einen isolierten Fortbestand beschränkter dinglicher Rechte an der Sache angeführten Bedenken nicht durchgreifen. 477 Zusammenfassend § 3 II. 3. b), § 12 IV. 478 Exemplarisch sei auf den Sukzessionsschutz des Pfandrechts an einer Afterhypothek in Österreich verwiesen (§ 5 II. 3. b)): Wird dem betreibendem Gläubiger eines bereits mit im Grundbuch eingetragenen Afterpfandrechten belasteten Pfändungspfandrechts die gepfändete Hypo-
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Aus dem Vorgesagten ergibt sich, dass nur solche Verfügungen über ein belastetes Recht der Zustimmung des Inhabers des herrschenden Rechts bedürfen, die dessen sachenrechtliche Rechtsstellung zumindest potentiell verschlechtern. Sofern sich die betreffende Verfügung als lediglich neutrales oder gar vorteilhaftes Rechtsgeschäft für das herrschende Recht darstellt, wirkt sich die Verfügung zwanglos ohne konstitutive Zustimmung des Drittrechtsinhabers von selbst auf die Belastung aus.479 Vergleichbares zeigt sich, soweit sich ein belastetes begrenztes Sachenrecht thekarforderung an Zahlungs statt überwiesen, erlischt die titulierte Forderung mit allseitiger Wirkung. Eine Fiktion der belasteten Vollstreckungsforderung und des (After-)Pfändungspfandrechts zugunsten der durch Afterpfandrechte gesicherten Gläubiger des Vollstreckungsgläubigers scheidet aus; das im Grundbuch gem. § 320 Abs. 1 EO einverleibte Pfändungspfandrecht an der Hypothek ist ohne den Beisatz des § 51 Abs. 1 GBG zu löschen (§ 324 Abs. 2 S. 1 EO). Die dingliche Qualität des afterpfandrechtsbelastenden Afterpfandrechts zeigt sich darin, dass es sich kraft Gesetzes in ein „unmittelbares“ Afterpfandrecht an der dem Vollstreckungsgläubiger an Zahlungs statt überwiesenen Hypothekarforderung verwandelt (§ 324 Abs. 2 S. 2 Hs. 2 EO). Dies wird im Grundbuch von Amts wegen eingetragen (ausführlich zum Kontinuitätsschutz des Afterpfandrechts § 5 II. 3.). Im Ergebnis gilt in Deutschland nichts anderes. Sofern eine verpfändete und/oder gepfändete Hypothekenforderung oder Grundschuld dem Pfändungspfandgläubiger, dessen titulierte Forderung wiederum verpfändet und/oder gepfändet ist, an Zahlungs statt abgetreten bzw. überwiesen wird (§ 1282 Abs. 1 S. 3 BGB bzw. § 835 Abs. 1 Var. 2 ZPO), führt dies nach Maßgabe des § 1287 S. 1 BGB zu einer unmittelbaren Ersetzung des die gesicherte bzw. titulierte Forderung ergreifenden (Pfändungs-)Pfandrechts. Allerdings ist diese ex lege eintretende Surrogation nicht eintragungsbedürftig, sondern nur eintragungsfähig. Ein weiteres Beispiel für Kontinuitätsschutz aufgrund der schicksalhaften Abhängigkeit des lastenden Rechts vom belasteten Recht ist § 29 ErbbauRG (näher § 3 II. 3. b)): Verwandelt sich das mit Grundpfandrechten belastete Erbbaurecht mit Zeitablauf in eine reallastähnlich gesicherte Entschädigungsforderung gem. § 28 ErbbauRG, verwandeln sich zugleich die Grundpfandrechte in Pfandrechte an dieser Entschädigungsforderung; an diesen Forderungspfandrechten setzen sich die auf den ehemaligen Grundpfandrechten lastenden Nießbrauchs- und Pfandrechte nach Maßgabe eines ungeschriebenen Surrogationsprinzips fort. Fragwürdig ist demgegenüber, ob eine reallastähnliche Entschädigungsforderung an einer reallastähnlichen Entscheidungsforderung bei Zeitablauf eines mit einem Untererbbaurecht belasteten Erbbaurechts entsteht oder insoweit jeglicher sachenrechtlicher Bestandsschutz des Untererbbauberechtigten ausscheidet (näher hierzu § 7 III. 1. b)). 479 Wird z. B. ein Grundstück seitens des Alleineigentümers durch Teilungserklärung gem. § 8 Abs. 1 WEG oder durch Vertrag der Bruchteilseigentümer gem. § 3 Abs. 1 WEG in Wohnungseigentum aufgeteilt, bedarf dies nach h. A. nicht der Zustimmung der Inhaber der auf dem ungeteilten Grundstück lastenden Grundpfandrechte, weil sich diese als Einzelgrundpfandrechte an allen mit den Miteigentumsanteilen verbundenen Sondereigentumsrechten sowie am gemeinschaftlichen Restgrundstück als Gesamtrecht gem. § 1132 Abs. 1 S. 1 BGB i. V. m. §§ 1114, 1192 Abs. 1 BGB fortsetzen (BGH, Beschluss v. 9.2.2012 − V ZB 95/11, ZWE 2012, S. 219, 220 m. w. N. auch zur Gegenansicht; MünchKomm (-Commichau), BGB VII7, § 3 WEG Rn. 7). Weil die Summe dieser einzelnen Grundpfandrechte dem ehedem einheitlichen Grundpfandrecht am Grundstück entspreche, verändere sich die Rechtslage nicht zulasten der Grundpfandrechtsgläubiger – dies gelte, so der BGH, auch nach Einführung des Rangklassenprivilegs für Wohngeldansprüche gem. § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG. Anders liege es für Grundpfandrechte, die sich auf einzelne Miteigentumsanteile am ungeteilten Grundstück beziehen, da durch die real-ideelle Teilung der Belastungsgegenstand, der Miteigentumsanteil, durch die Sondereigentumsrechte der anderen Wohnungseigentümer beschränkt werde (BGH, Beschluss v. 9.2.2012 − V ZB 95/11, ZWE 2012, S. 219, 220; MünchKomm (-Commichau), BGB VII7, § 3 WEG Rn. 9); hier sei die Zustimmung der Grundpfandgläubiger in Analogie zu §§ 877, 876 BGB erforderlich. Ein fraglos zustimmungsfreies Rechtsgeschäft liegt z. B. auch dann vor, wenn eine auf einen bestimmten Teil des dienen-
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durch gutgläubigen Erwerb erweitert oder vermindert.480 Angesichts dieser fortgesetzten Abhängigkeit vom belasteten Recht erweist sich die beliebte Umschreibung des herrschenden Rechts als ein aus dem „Mutterrecht“ entstehendes „Tochterrecht“481 als unzweckmäßige Begriffsbildung: Das lastende Recht ist nicht nur in der Errichtungsphase, sondern auf Dauer mit dem rechtlichen Schicksal des belasteten Rechts verknüpft. Auf der anderen Seite ist die dem veräußerlichen Sachenrecht immanente „Schöpfungsmacht“ nicht grenzenlos. Sieht man einmal davon ab, dass die Belastungskompatibilität eines jeden subjektiven Rechts durch einen geschlossenen Kreis nicht beliebig abwandlungsfähiger Rechtstypen bestimmt ist, sind der Schöpfungsmacht des Eigentümers und eines jeden anderen Rechtsinhabers natürliche Grenzen gesetzt. Zwischen dem dienenden und dem herrschenden den Grundstücks beschränkte Grunddienstbarkeit (z. B. ein Wegerecht) durch Vereinbarung der Eigentümer des herrschenden und des dienenden Grundstücks gem. §§ 873, 877 BGB auf weitere Flächen des dienenden Grundstücks extendiert wird; dies bedarf nicht der Zustimmung derjenigen Personen, denen Rechte am herrschenden Grundstück zustehen, weil sie, sofern sich ihre Rechte einheitlich auf das Eigentum und die Grunddienstbarkeit beziehen, von der Ausweitung des Wegerechts allenfalls profitieren. Desgleichen bedarf ein Rangtausch zwischen zwei Grundpfandrechten gem. §§ 880 Abs. 3, 876 S. 1 BGB nur der Zustimmung der Inhaber der auf dem zurücktretenden Recht lastenden Rechte Dritter. 480 Wird z. B. eine verpfändete nachrangige Grundschuld nach ungerechtfertigter Löschung der vorrangigen Grundschuld gem. §§ 1192 Abs. 1, 1154 Abs. 1, 398 BGB abgetreten, wirkt sich der gutgläubige Erwerb des Vorrangs der belasteten Grundschuld gem. § 892 BGB nicht bloß zugunsten des redlichen Zessionars aus. Selbst wenn bei Bestellung des Pfandrechts – wegen Kenntnis des Erwerbers – nicht zugunsten des Pfandgläubigers die zu verpfändende Grundschuld mit dem im Grundbuch ausgewiesenen Rang gem. § 892 Abs. 1 S. 1 BGB fingiert wird, ändert dies nichts daran, dass kraft gutgläubigen Erwerbs eines Zessionars der bereits verpfändeten Grundschuld diese mit allseitiger Wirkung im Rang vortritt (Staudinger (-Picker), BGB (2019), § 892 Rn. 229; näher zum gutgläubigen Erwerb des Rangvorrechts im Kontext der Belastung von Grundpfandrechten § 5 IV. 2. c)). Das Ergebnis darf nicht irritieren. Erstens wäre es sachlich nicht zu rechtfertigen, den Zessionar in der Zwangsversteigerung besser zu stellen als er stünde, wenn die im Grundbuch ausgewiesene Rechtslage zutreffend gewesen wäre. Dies aber wäre der Fall, wenn sich an dem auf die kraft gutgläubigen Erwerbs vortretende Grundschuld entfallenden Versteigerungserlös das Pfandrecht nicht vollständig, sondern nur quotal in dem Umfang fortsetzen würde, der auf die Grundschuld entfiele, wenn die kraft gutgläubigen Erwerbs zurückgetretene Grundschuld ihren früheren besseren Rang behalten hätte. Zweitens würde dies, wie das Beispiel der Zwangsversteigerung lehrt, zu praktischen Friktionen führen. Denkbar wäre z. B., dass die nunmehr vorrangige Grundschuld seitens des Zessionars erneut verpfändet wird, so dass sich das nachrangige Pfandrecht fraglos auf den kraft gutgläubigen Erwerb verbesserten Rang bezieht; es entstünden dann erhebliche Schwierigkeiten bei der Aufteilung des auf die vorrangige Grundschuld entfallenden Erlösanteils. Drittens liefe die mit relativen Rangverhältnissen verbundene Rechtsunsicherheit auch der verkehrsschützenden Intention des gutgläubigen Erwerbs diametral entgegen. Endlich könnte der Pfandgläubiger umgekehrt ohne sein Zutun einen Rechtsverlust erleiden, indem die verpfändete Grundschuld (z. B. wegen unrechtmäßiger Löschung) durch gutgläubigen Erwerb erlischt oder im Rang verdrängt wird. Das Postulat, der gutgläubige Erwerb zeitige nur relative Wirkung zugunsten des Erwerbers (BGH, Urteil v. 31.10.1968 – V ZR 117/67, NJW 1969, S. 93, 95; Wellenhofer, Sachenrecht 33, § 19 Rn. 31), wirke aber nicht auch zugunsten unbeteiligter Dritter, erweist sich in diesem Zusammenhang als falsch (siehe auch Staudinger (-Picker), BGB (2019), § 892 Rn. 229). 481 Siehe z. B. Hirsch, Die Übertragung der Rechtsausübung, S. 194–225; von Tuhr, Allgemeiner Teil II/1, § 45 II 1–9 (S. 62–83).
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Recht muss eine Korrelation im Zuweisungsgehalt zwecks Vermeidung eines etwaigen Eingriffs in die sich auf dieselbe Sache beziehenden Rechte Dritter bestehen.482 Und diese Korrelation ist es, die – unter dem Deckmantel der Parömie nemo plus iuris ad alium transferre potest quam ipse habet483 – die Verwandtschaft zwischen rechtstransportierenden und rechtskonstituierenden Verfügungen belegt. d) Schranken der rechtstypischen Schöpfungskompetenz Soll das gesamte System der Vermögenszuordnung keinen Schaden nehmen, darf eine rechtskonstituierende ebenso wie eine rechtstransportierende Verfügung über ein bestimmtes Recht nicht in den Rechtskreis eines Dritten eingreifen. Dass aus Gründen des Verkehrsschutzes auch ein Nichtberechtigter unter bestimmten Voraussetzungen über ein fremdes Recht zu verfügen vermag und überdies vor- und gleichrangige Rechte sowie Belastungen des Verfügungsobjekts durch gutgläubigen Erwerb erlöschen oder verdrängt werden, ändert an der Richtigkeit dieser Hypothese nichts. Denn auch kraft gutgläubigen Erwerbs entsteht in keiner denkbaren Fallgestaltung ein die inhaltlichen, räumlichen und/oder zeitlichen Dimensionen des als Verfügungsobjekt fungierenden eigenen, fremden oder bloß fingierten Rechts überschreitendes Sachenrecht. Schließlich kann der designierte Erwerber nur darauf vertrauen, dass das geltend gemachte Recht des Veräußerers in dem durch den jeweiligen Rechtsscheinsträger ausgewiesenen Umfang existiert. Wäre nun aber eine „überschießende“ Belastung begrenzter Sachenrechte möglich, könnten über den Kopf des Eigentümers hinweg in beliebiger Weise neue Monopolrechte an fremder Sache produziert werden, wodurch die dem Eigentümer zugewiesene Residualkompetenz zur Bedeutungslosigkeit degradiert werden würde.484 Bereits durch erstmalige Belastung hätte sich der Eigentümer seiner Kon482 Die von Krückmann, AcP 103 (1908), S. 139, 160–174 gegen die sog. Schöpfungslehre vorgebrachten Argumente überzeugen nicht (gegen Krückmann auch Klose, Das Eigentum als nudum ius im Bürgerlichen Recht, S. 193–194). Soweit Krückmann, a. a. O. ausführt, dass eine echte Neuschaffung von Rechten nur an herrenlosen oder neu entstehenden Sachen möglich sei, ist dies nicht mehr als ein begründungsbedürftiges Postulat. Weshalb der Eigentümer nur im Wege der quantitativen Teilung („Teil-Teilung“) oder qualitativen Teilung („Bestandteils-Teilung“) ohne vollständigen Rechtsverlust anderen Personen Rechte an der Sache einräumen können soll, nicht aber durch die angeblich „mystische Neuschaffung“ (Krückmann, AcP 103 (1908), S. 139, 212) eines mit dem Eigentum korrespondieren Rechts, wird nicht erklärt. Auch die Kritik, dass die „Schöpfungslehre“ dem Eigentümer eine legislatorische Funktion zuweise, indem er gleichsam aus dem Nicht neue Rechte erschaffen könne, verfängt mit Rücksicht auf die vereinheitlichte Vorgabe begrenzter Rechtstypen nicht, zumal die Verfügungsbefugnis den allgemeinen Schranken des § 903 S. 1 BGB unterliegt. Das weitere Argument, dass die „Schöpfungslehre“ auf die Annahme eines Rechts am Eigentumsrecht hinauslaufe, diese Vorstellung aber ein unhaltbarer Verstoß gegen die Logik sei (Krückmann, AcP 103 (1908), S. 139, 164–174), verfängt nicht. Die These, dass ausschließlich körperliche Gegenstände, nicht rein normative Sachen menschlicher Willensherrschaft in Form eines monopolisierten Sachenrechts unterworfen sein können, ist, wie bereits in § 2 I. 2. a) ausgeführt, unhaltbar. 483 Ulpian D. 50, 17, 54. 484 Exemplarisch lässt sich dies anhand der „Schöpfungsmacht“ des Erbbauberechtigten nachweisen (eingehend zur inner- und zwischenartlichen Belastungskompatibilität des Erbbaurechts
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troll- und Organisationsgewalt hinsichtlich der Sache begeben, da er auf die Belastungsintensität des Eigentums dauerhaft keinen Einfluss mehr nehmen könnte. Verlöre aber das Eigentum sein sachenrechtliches Profil als ultimative Residualkompetenz, wäre die Funktions- und Leistungsfähigkeit des Sachenrechts – und damit die Basis der kapitalistischen Wirtschaftsordnung – im Ganzen gefährdet. Nichts anderes gälte für die Belastung eines vom Eigentümer eingeräumten Rechts: Auch dieser Schöpfungsvorgang liefe auf eine faktische Selbstaufgabe des belasteten begrenzten Sachenrechts hinaus. Unerlässlich ist daher ein der Sachenrechtsordnung zugrundeliegender Präventions- oder Reduktionsmechanismus, der eine § 7 II., § 11 II. 1.). Aus der Legalverweisung des § 11 Abs. 1 S. 1 ErbbauRG auf die sich auf Grundstücke beziehenden Vorschriften leiten Rechtsprechung und Lehre ab, dass das Erbbaurecht mit allen zur Belastung von Grundstücken zur Verfügung gestellten Rechten belastet werden könne (vgl. BGH, Urteil v. 22.2.1974 – V ZR 67/72, BGHZ 62, S. 179; KG, Beschluss v. 16.4.1991 – 1 W 7518/88, NJW-RR 1992, S. 214; NomosKomm (-Heller), BGB III4, § 11 ErbbauRG Rn. 13– 15; von Oefele/Winkler/Schlögel, Erbbaurecht6 , § 5 Rn. 105; Palandt (-Wicke), BGB78 , § 11 ErbbauRG Rn. 7). Methodisch ist diese Schlussfolgerung nicht zu beanstanden. Soweit das BGB und einschlägige Nebengesetze beschränkte dingliche Rechte sprachlich unscharf als „Belastungen“ von Grundstücken charakterisieren, „beziehen“ sich die betreffenden Normen auf „Grundstücke“ – wenngleich bei exakter Betrachtungsweise selbstredend nicht ein dreidimensionaler Raum, sondern ausschließlich das sich auf diesen beziehende Recht (scil.: das Eigentum) Gegenstand der Belastung (scil.: des Verfügungsgeschäfts) ist. Allerdings steht die Legalverweisung unter dem Vorbehalt, dass sich aus dem ErbbauRG nichts anderes ergibt. Aufgrund des gesetzlich fixierten Zuweisungsgehalts des Erbbaurechts (§ 1 ErbbauRG) stößt der Gleichlauf zwischen Belastungen des Grundstückseigentums und Belastungen des Erbbaurechts an rechtstypische Grenzen. Allenthalben wird einschränkend akzentuiert, der Erbbauberechtigte könne nur im Rahmen der ihm verliehenen Befugnisse beschränkte dingliche Rechte bestellen (BayObLG, Beschluss v. 25.4.1958 – BReg. 2 Z 57/58, BayObLGZ 1958, S. 105; KG, Beschluss v. 16.4.1991 – 1 W 7518/88, NJW-RR 1992, S. 214; von Oefele/Winkler/Schlögel, Erbbaurecht6 , § 5 Rn. 109; Palandt (-Wicke), BGB78 , § 11 ErbbauRG Rn. 7). Präziser: Die dem Erbbaurecht gezogenen inhaltlichen, räumlichen und zeitlichen Grenzen bestimmen den möglichen Umfang der auf dem Erbbaurecht ruhenden Rechte. Das Erbbaurecht kann somit zwar mit allen Arten von Grundstücksrechten, nicht aber mit sämtlichen Erscheinungsformen eigentumsbeschränkender Grundstücksrechte belastet werden. Es besteht insoweit keine Korrelation zwischen der Ausschließungsbefugnis und der Verfügungsbefugnis, sondern zwischen dem positiven Zuweisungsgehalt des Erbbaurechts und der Verfügungsbefugnis. Beispielsweise kann der ausschließlich zur Errichtung von Wohngebäuden legitimierte Erbbauberechtigte gem. § 1004 Abs. 1 S. 2 BGB i. V. m. § 11 Abs. 1 S. 1 BGB jedem anderen Rechtssubjekt, z. B. dem Inhaber einer notwendig nachrangigen Dienstbarkeit, untersagen, den Baugrund für gewerbliche Zwecke im Widerspruch zu den Befugnissen des Erbbauberechtigten zu nutzen, z. B. eine Tankstelle zu errichten. Aus dieser Verbotskompetenz folgt aber natürlich nicht, dass der Erbbauberechtigte selbst eine gewerbliche Anlage errichten und betreiben dürfte und erst recht nicht, dass er einem anderen Rechtssubjekt eine Dienstbarkeit entsprechenden Inhalts ohne Zustimmung des Eigentümers verschaffen könnte (vgl. BayObLG, Beschluss v. 25.4.1958 – BReg. 2 Z 57/58, BayObLGZ 1958, S. 105, 109; Palandt (-Wicke), BGB78 , § 11 ErbbauRG Rn. 7). Korrelierte die Belastungskompetenz mit der Ausschließungsbefugnis und nicht etwa mit dem Inhalt des betroffenen Rechts, wären der Verfügungsbefugnis keine sinnvollen Grenzen im Verhältnis zum Grundstückseigentum gesetzt; der Erbbauberechtigte könnte den jeweiligen Eigentümer an Rechte binden, ohne dass sich dieser hiergegen in effektiver Weise zu schützen vermöchte (vgl. § 5 Abs. 2 ErbbauRG). Als Basis sämtlicher Veräußerungs- und Belastungsvorgänge wäre das Eigentum ruiniert. Sollen „ausbrechende“ Drittrechte gegenüber dem jeweiligen Eigentümer Wirkung entfalten, sind sie begrifflich keine Belastung des Erbbaurechts, sondern des Eigentums und bedürfen deshalb der Zustimmung des Eigentümers.
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unbeschränkte und unkontrollierte Vervielfältigung und Vergrößerung einmal begründeter Monopolbefugnisse effektiv ausschließt, was zwanglos durch die oben genannte Maxime gelingt, die jede Rechtsübertragung, aber vor allem auch jede Belastung an den Umfang des dem „Auctor“ scheinbar zustehenden Rechts bindet. e) Zusammenfassung Mit der vorstehenden Erörterung ist das Wesen der Belastung geklärt. Aus dem herkömmlich als konstitutive Sukzession bezeichneten rechtsproduzierenden Rechtsgeschäft entsteht ein wechselseitiges Subordinationsverhältnis zwischen mindestens zwei Rechtssubjekten mit jeweils monopolisierten Rechtsstellungen an derselben „Sache“. Dies gilt sowohl für die Belastung eines Grundrechts – das hierdurch zu einem „Rechtsgegenstand erster Ordnung“, d. h. zu einer Sache hypostasiert wird – als auch für die Belastung eines jeden aus der Belastung eines anderen Rechts entspringenden begrenzten Sachenrechts. Auf die Rechtsstellung Dritter schlägt das Rechtsgeschäft wie jede Verfügung durch, ohne Art, Inhalt und Ausmaß eines Drittrechts zu modifizieren; Grund und Grenzen des rechtsschöpferische Vorgangs liegen in dem gesetzlichen und ggf. durch Parteivereinbarung modifizierten Zuweisungsgehalt des einzuschränkenden Rechts. „Ausbrechende Rechtsakte“ lässt das objektive Recht nicht zu; das lastende Recht „beherrscht“ nur das belastete Recht, nicht aber irgendein beliebiges Drittrecht. Mit mehrstufigen Belastungen, seien es innerartliche, seien es zwischenartliche Belastungen begrenzter Sachenrechte, sind nach alldem die jeweils scharf zu trennenden bilateralen Subordinationsverhältnisse zwischen den Trägern des eingeschränkten und des geschaffenen Rechts an derselben Sache gemeint, nicht etwa ein multilaterales Verhältnis zwischen allen Inhabern der raumsymbolisch aufeinander gelegten Rechte. Denn in „stufenüberspringender Hinsicht“ ändern sich weder die sachenrechtliche Wirkungskreise noch die aus den Subordinationsverhältnissen resultierenden schuldrechtlichen Beziehungen; das auf höchster Stufe rangierende begrenzte Sachenrecht partizipiert lediglich an der Belastungswirkung der begrenzten Sachenrechte vorgelagerter Stufen, ohne sie zu vertiefen, und erstreckt sich demgemäß in mediatisierter Form auf die der Rechtspyramide zugrundeliegenden Sache.485 Hinter der kontrastiven Gegenüberstellung von selbstständigen und unselbstständigen Belastungen begrenzter Sachenrechte verbirgt sich demgegenüber nur die Frage, ob sich das Subordinationsverhältnis auf die dem jeweiligen Inhaber des eingeschränkten Hauptrechts zustehenden akzessorischen Rechte und Rechtsbestandteile an anderen Sachen erstreckt. Ein auf das un485 Dass z. B. der Eigentümer nicht mehr mit befreiender Wirkung an den Gläubiger einer verpfändeten Grundschuld gem. §§ 1142 Abs. 1, 1192 Abs. 1 BGB allein leisten kann, ist nicht Ausdruck einer (zusätzlichen) Beschränkung des Eigentums, sondern Folge der Verpfändung der Grundschuld gem. §§ 1274 Abs. 1 S. 1, 1154, 1192 Abs. 1 BGB; mangels sachenrechtlichen Subordinationsverhältnisses zwischen Eigentümer und Pfandgläubiger besteht insoweit kein Ablösungsrecht des Eigentümers in Hinsicht auf das Pfandrecht gem. § 1249 S. 1 BGB i. V. m. § 1273 Abs. 2 S. 1 BGB, es verändert sich nur die Einziehungs- und Empfangszuständigkeit hinsichtlich der Grundschuld gem. §§ 1291, 1281–1283 BGB; eingehend § 5 IV. 3. a).
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selbstständige Nebenrecht beschränktes Subordinationsverhältnis gibt es, wie noch im zweiten Teil auszuführen sein wird, nicht.
IV. Außengrenzen des Generalthemas Trotz der konstruktionsjuristischen Unterscheidung der Belastung von der Rechtsteilung darf nicht verkannt werden, dass zahlreiche Regeln für rechtstransportierende und rechtsbegründende Verfügungen entsprechend gelten, zumal eine translative in einer konstitutiven Sukzession münden kann und vice versa.486 Im Schnittbereich zwischen translativer und konstitutiver Sukzession liegen denn auch gemischt räumlich-ideelle Teilungen von Sachen und Rechten, namentlich die vom Gesetz als „Beschränkung“ des Miteigentums beschriebene Kreation von Sondereigentum an Wohnungen und anderen Räumen. Auf die funktionalen und konstruktionsjuristischen Parallelen und Divergenzen zwischen Belastungen und real-ideellen Sach- bzw. Rechtsteilungen ist im Folgenden näher einzugehen. Anschließend ist zwischen sachenrechtlichen Subordinationsverhältnissen und Konkurrenzverhältnissen sowie zwischen der mehrstufigen Belastung eines Rechts und der kumulativen Belastung mehrerer Rechte zu unterscheiden. Endlich ist die mehrstufige Belastung mit dem Phänomen des mehrfach gestuften Besitzes und zwischen Schuld- und Sachenrecht schwankenden Positionen in einer Vertragskette in Beziehung zu setzen.
1. Sachenrechtliche Beteiligungsverhältnisse Auf den ersten Blick unterscheiden sich Belastungsverhältnisse klar von allen rechtlichen Verbindungen mehrerer gleichartig an einer Sache berechtigter Personen. Mittels Belastung eines subjektiven Rechts, sei es ein Grundrecht, sei es ein begrenztes Sachenrecht, entsteht ein wechselseitiges Subordinationsverhältnis. Indem das herrschende Recht die Ausschließungs- und Verfügungskompetenzen des Rechtsinhabers des betroffenen Rechts in einem bestimmten Ausmaß restringiert, macht es sich den Zuweisungsgehalt dieses Rechts zu eigen; es ist qualitativ 486 Letzteres führt ggf. zu einer Vorverlegung der für den gutgläubigen Erwerb erforderlichen Voraussetzungen, erhält also zugunsten des redlichen Erwerbers des eingeräumten Rechts die Möglichkeit eines translativen Erwerbs des belasteten Rechts ungeachtet des Umstands, ob im Zeitpunkt der Rechtsübertragung die Tatbestandsvoraussetzungen des gutgläubigen Erwerbs gegeben sind. Dies zeigt sich nicht nur beim gutgläubigen Erwerb einer Vormerkung, sondern auch beim gutgläubigen Erwerb eines Pfandrechts an einer scheinbaren Hypothek gem. §§ 892, 1138, 1140, 1155, 1157 S. 2 BGB: Wird das Pfandrecht im Wege der Abtretung der zugunsten des Pfandgläubigers fingierten hypothekarisch gesicherten Forderung an Zahlungs statt gem. § 1282 Abs. 1 S. 3 BGB durchgesetzt, erwirbt der Pfandgläubiger ungeachtet zwischenzeitlich erlangter Kenntnis des Mangels der Hypothek, der Forderung oder beider Rechte, zumindest eine forderungsentkleidete Hypothek (vgl. RG, Urteil v. 22.6.1914 – V 88/14, WarnR 1914 Nr. 253; MünchKomm (-Damrau), BGB VII7, § 1282 Rn 13; Rosenberg, BGB III/1, § 892 II 4 e δ a. E.; Staudinger (-Picker), BGB (2019), § 892 Rn. 217; siehe hierzu § 5 IV. 3. b) aa)).
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gleichartig, in zeitlicher oder in inhaltlicher Hinsicht im Vergleich zum betroffenen Recht ein minderes, schicksalhaft mit dem Belastungsgegenstand verbundenes Recht. Anders liegt es bei Gesamthands- und Bruchteilsgemeinschaften sowie dinglichen Gesamt- und Mitberechtigungen (in Analogie zu §§ 428 S. 1, 432 Abs. 1 S. 1 BGB).487 Alle Rechtsinhaber sind zumindest im Außenverhältnis in identischer 487 Eigentum und begrenzte Sachenrechte unterscheiden sich auch bei den möglichen Varianten der Beteiligtenmehrheiten. Einen Numerus Clausus der Beteiligtenmehrheiten gibt es nur beim Eigentum; in Betracht kommen ausschließlich die Bruchteilsgemeinschaft und die Gesamthandsgemeinschaft (Erman (-Böttcher), BGB I15, § 428 Rn. 14; Staudinger (-Looschelders), BGB (2017), § 428 Rn. 104). Dass die einschlägigen Formen der Gläubigermehrheiten des Schuldrechts (§§ 420–432 BGB) auf das Eigentum nicht übertragbar sind, versteht sich von selbst: Eigentum ist weder eine Forderung noch eine Belastung, die gegenüber dem jeweiligen Inhaber eines anderen Rechts Leistungs-, Duldungs- oder Unterlassungspflichten begründet; eine solidarische Berechtigung mehrerer Eigentümer entsprechend § 428 S. 1 BGB oder eine Mitberechtigung entsprechend § 432 Abs. 1 S. 1 BGB ist hinsichtlich der dinglichen Ansprüche (vgl. § 1011 BGB), nicht jedoch hinsichtlich des Stammrechts möglich. Anders liegt es bei beschränkten dinglichen Rechten. Zunächst liegt die Besonderheit begrenzter Rechte darin, dass sie – im Gegensatz zu Eigentum – beliebig reproduzierbar sind: Werden mehrere gleichartige Rechte im Gleichrang bestellt, sind die betreffenden Rechte vollkommen selbstständig (vgl. BGH, Beschluss v. 21.12.1966 – V ZB 24/66, NJW 1967, S. 627, 628), bedürfen aber – um sich nicht gegenseitig zu neutralisieren – einer schuldrechtlichen Ausübungsregelung (vgl. §§ 1024, 1060, 1090 Abs. 2 BGB). Soweit es dagegen um Gemeinschaftsverhältnisse geht, ist grundlegend zwischen der mehrheitlichen Berechtigung an einem ungeteilten Sachenrecht, scil. der gesamthänderischen Bindung oder der Bruchteilsgemeinschaft, und der Bestellung mehrerer miteinander verbundener gleichartiger oder ungleichartiger Rechte zu unterscheiden. Einen Typenzwang der Berechtigungsverhältnisse gibt es nach allg. Ansicht nicht; den Parteien steht es prinzipiell frei, auf die einschlägigen Formen der Gläubigermehrheiten des Schuldrechts zurückzugreifen und diese je nach Art und Erscheinungsform des betreffenden Rechtstypus abzuwandeln oder zu kombinieren (vgl. BGH, Beschluss v. 21.12.1966 – V ZB 24/66, NJW 1967, S. 627, 628; Amann, DNotZ 2008, S. 324, 331–333). Zu beachten ist freilich, dass das Gesetz zwar bei der Miteigentümergemeinschaft gem. § 1010 Abs. 1 BGB eine Verdinglichung der vertraglichen Regelungen mittels Eintragung als Belastung im Grundbuch gestattet, nicht aber bei sonstigen Grundstücksrechten. Vorausgesetzt wird, dass die betreffende Konfiguration der Subjektsseite mit dem Wesen des betreffenden Rechtstypus vereinbar sei (vgl. BGH, Beschluss v. 21.12.1966 – V ZB 24/66, NJW 1967, S. 627, 628). Die Einzelheiten sind strittig. Soweit es um akzessorische Rechte (Pfandrecht, Hypothek, Vormerkung) geht, bestimmt sich das Berechtigungsverhältnis nach der gesicherten Forderung; prinzipiell sind alle Formen der Gläubigergemeinschaft in Ansehung des dinglichen Rechts denkbar; zudem kommen eine gesamthänderische Berechtigung als auch eine Bruchteilsgemeinschaft in Betracht (Staudinger (-von Proff ), BGB (2015), § 741 Rn. 127). Für Grundschulden (einschließlich Eigentümergrundschulden) und Reallasten wird Entsprechendes angenommen (Staudinger (-von Proff ), BGB (2015), § 741 Rn. 128). Umstritten ist, ob Bruchteilsgemeinschaften an beschränkten persönlichen Dienstbarkeiten und Grunddienstbarkeiten möglich sind. Mehrheitlich wird differenziert: Jedenfalls bei Teilbarkeit der Nutzungsgegenstandes sei eine Bruchteilsgemeinschaft möglich; bei Unterlassungsdienstbarkeiten scheide dieses Berechtigungsverhältnis aus (vgl. Staudinger (-von Proff ), BGB (2015), § 741 Rn. 128 m. w. N.; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht15, Rn. 1197; BeckOGK BGB (-Kazele), Stand: 1.8.2019, § 1090 Rn. 33–35). Äußerst strittig ist ferner, ob beim dinglichen Vorkaufsrecht eine andere Form als ein gesamthänderisches Berechtigungsverhältnis mit Blick auf §§ 1098 Abs. 1 S. 1, 472 BGB in Betracht kommt (verneinend BGH, Beschluss v. 13.10.2016 – V ZB 98/15, NJW 2017, S. 1811 m. Anm. Kesseler; Staudinger (-Schermaier), BGB (2017), § 1094 Rn. 14 m. w. N.). Soweit schließlich bei allen dinglichen Rechten die entsprechende Anwendung der Bestimmungen über die Gläubigermehrheiten gem. §§ 428, 432 BGB diskutiert wird (siehe Amann, DNotZ 2008, S. 324–346; Meier, AcP 205 (2005), S. 858, 898–903; Staudinger (-Looschelders),
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Weise an der ungeteilten Sache berechtigt; zwischen den Rechtsinhabern besteht ein Verhältnis der Gleichordnung. Soweit den einzelnen Personen jeweils eigene verkehrsfähige Sachenrechte (ideelle Anteile) zugeordnet sind, besteht weder zwiBGB (2017), § 428 Rn. 104–123), sei nur klarstellend erwähnt, dass es hierbei immer um eine Mehrheit von gleichartigen und gleichrangigen Rechten und nicht um eine bloße Aufteilung oder Aufgliederung der Subjektsseite eines singulären Sachenrechts geht. Die Besonderheit soll darin liegen, dass diese Rechte nicht beziehungslos nebeneinanderstehen, sondern „irgendwie“ miteinander verbunden sind (vgl. BGH, Beschluss v. 21.12.1966 – V ZB 24/66, NJW 1967, S. 627). Zum einen wird eine Mitberechtigung entsprechend § 432 BGB zumindest bei Grundpfandrechten für möglich erachtet; jeder Rechtsinhaber habe dann ein eigenes Recht darauf, dass alle Berechtigten zusammen befriedigt werden; der Eigentümer werde durch Leistung an einen der Mitberechtigten nicht ohne Zustimmung der anderen frei (vgl. BGH, Beschluss v. 21.12.1966 – V ZB 24/66, NJW 1967, S. 627, 628). Zum anderen ist in der Rspr. die umstrittene Rechtsfigur einer Gesamtberechtigung entsprechend § 428 S. 1 BGB bei Hypotheken, Grundschulden, Reallasten, Grunddienstbarkeiten, beschränkten persönlichen Dienstbarkeiten einschließlich Wohnungsrechten sowie Nießbrauchs- und Erbbaurechten anerkannt (BGH, Beschluss v. 21.12.1966 – V ZB 24/66, NJW 1967, S. 627 m. w. N.; MünchKomm (-Heinemeyer), BGB III8 , § 428 Rn. 13; näher Meier, AcP 205 (2005), S. 858, 898–903; Staudinger (-Looschelders), BGB (2017), § 428 Rn. 104–123). Demgegenüber ist es nach höchstrichterlicher Rspr. unzulässig, ein dingliches Vorkaufsrecht für mehrere Gesamtberechtigte analog § 428 BGB zu bestellen; hierin liege eine unzulässige Abweichung von der in § 472 BGB bestimmten ungeteilten Ausübungsberechtigung durch alle Vorkaufsberechtigten (BGH, Beschluss v. 13.10.2016 – V ZB 98/15, NJW 2017, S. 1811 m. Anm. Kesseler; a. A. NomosKomm (-Reetz), BGB III4, § 1094 Rn. 29; Staudinger (-Looschelders), BGB (2017), § 428 Rn. 119). Richtigerweise sind die Vorschriften der §§ 428, 429 BGB allenfalls auf Grundpfandrechte mutatis mutandis anzuwenden (Meier, AcP 205 (2005), S. 858, 898–899; zur Hypothek siehe nur MünchKomm (-Lieder), BGB VII7, § 1113 Rn. 30), während sie bei Grunddienstbarkeiten, Nießbrauchsrechten, beschränkten persönlichen Dienstbarkeiten, Erbbaurechten und Dauerwohnrechten gänzlich unpassend sind (Meier, AcP 205 (2005), S. 858, 900–903; ebenso Amann, DNotZ 2008, S. 324, 326; MünchKomm (-Heinemeyer), BGB III8 , § 428 Rn. 13). Abgesehen davon, dass diese Rechte nach den einschlägigen Legaldefinitionen den Eigentümer nicht zu einer „Leistung“ verpflichten, entspricht die Rechtsfolge des § 428 S. 1 BGB bei einer Mehrheit von gleichrangigen Dienstbarkeitsberechtigten ersichtlich nicht der Interessenlage, weil nicht der Eigentümer darüber bestimmen können soll, wem er den Gebrauch seines Grundstücks gestattet und wem nicht (Amann, DNotZ 2008, S. 324, 337–338; Meier, AcP 205 (2005), S. 858, 900). Auf der anderen Seite lässt sich auch § 432 BGB nicht auf das Verhältnis mehrerer Dienstbarkeitsberechtigter übertragen, weil der Eigentümer des dienenden Grundstücks nicht primär zu einer Leistung verpflichtet ist, sondern vielmehr auch die Benutzung seines Grundstücks durch einen einzelnen „Mitberechtigten“ dulden soll (Staudinger (-J. Weber), BGB (2017), § 1018 Rn. 51a). Widersprüchlich ist deshalb auch BGH, Beschluss v. 21.12.1966 – V ZB 24/66, NJW 1967, S. 627 (lebenslänglichen Wohnungsrechte für Ehegatten als Gesamtberechtigte im Kontext einer Hofübergabe). Zwar räumt der Senat ein, dass jedes Wohnungsrecht nicht auf gemeinschaftliches Wohnen, sondern auf singuläres Wohnen seitens des jeweils Berechtigten gerichtet sei, weshalb der Eigentümer seiner Duldungslast an sich dadurch nachkomme, dass er einem der Gesamtberechtigten die Wohnung herausgebe und ihm das Wohnen gestatte. Um diese Rechtsfolge zu vermeiden, zieht der Senat eine Parallele zur gesamthänderischen Berechtigung sowie zur Mitgläubigerschaft gem. § 432 Abs. 1 S. 1 BGB: Der Eigentümer müsse im Regelfall das Wohnen durch alle Wohnungsberechtigten dulden; er erfülle seine Duldungslast also nicht bereits dadurch, dass nur einer der Wohnungsberechtigten sein Wohnungsrecht ausübe. Freilich wird damit die primäre Rechtsfolge der Gesamtgläubigerschaft – die Gesamtwirkung der Erfüllung – in Bezug auf gleichartige dingliche Rechte außer Kraft gesetzt; das Eigentum ist gerade nicht wahlweise durch das eine oder das andere Recht belastet, sondern durch alle gleichartigen Rechte. Zudem erlösche das Wohnungsrecht des überlebenden Gesamtwohnungsberechtigten, so der BGH, nicht mit dem
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schen diesen Individualrechten ein Belastungsverhältnis noch zwischen den Individualrechten und einem vermeintlich ganzen Recht – scil. der „gemeinschaftliche Gegenstand“, der „Nachlass“ resp. ein einzelnen Nachlassgegenstand – aller Mitberechtigten. Schließlich lässt sich im Verhältnis der Individualrechte kein bestimmtes „eingeschränktes“ oder „begrenztes“ Recht identifizieren und das scheinbar ungeteilte ganze Recht ist, solange eine Bruchteils- oder eine Erbengemeinschaft besteht, allen Teilhabern gemeinschaftlich bzw. allen Miterben gesamthänderisch zugeordnet. Bei näherer Betrachtung verschleifen sich die Gegensätze freilich. Zunächst einmal sei auf die als „Belastungen“ des Bruchteilseigentums deklarierten, im Grundbuch eintragungsfähigen Miteigentümerregelungen (§ 1010 Abs. 1 BGB) verwiesen.488 Zwar wird hierdurch nur das Innenverhältnis der Teilhaber inhaltlich ausgestaltet, ohne dass zugunsten eines bestimmten Teilhabers oder gar eines außenstehenden Dritten ein dienstbarkeitsäquivalentes Recht am ideellen Anteil entsteht; die Eintragung garantiert lediglich innerhalb der gesetzlichen Grenzen (§§ 749 Abs. 3, 750, 751 S. 2 BGB, § 84 Abs. 2 InsO) die Drittwirksamkeit der eingetragenen Organisationsvereinbarung. Dass sich das Gesetz hier der Rechtsfigur der Belastung und nicht der naheliegenden Konstruktion einer inhaltlichen Änderung des Bruchteilseigentums bedient, wirkt sich rechtlich und tatsächlich immerhin bei der Rangfähigkeit eingetragener Miteigentümerregelungen und Regressforderungen (§§ 755, 756 BGB) aus. Abgesehen davon ist die Analyse des „ideellen Anteils“ bekanntermaßen bis heute höchst umstritten.489 Zwar wird der Anteil Ableben des anderen gesamtwohnungsberechtigten Ehegatten; vielmehr sei der überlebende Wohnungsberechtigte nunmehr allein wohnungsberechtigt. Bei diesen „Modifikationen“ kann es freilich nicht bleiben. Auch die jeweils angeordneten Gesamtwirkungen der Erfüllung (§§ 429 Abs. 3, 422 Abs. 1 BGB), des Erlasses (§§ 429 Abs. 3, 423 BGB), scil. der Aufhebung der Dienstbarkeit, und des Verzugs (§ 429 Abs. 1 BGB), sind schlechthin unpassend; die Rechtsfolge der Konfusion (§ 429 Abs. 2 BGB) ist ohnehin wegen § 889 BGB ausgeschlossen. Primär zielt das Institut der dinglichen Gesamtberechtigung analog § 428 BGB darauf, die Kosten der Eintragung mehrerer ranggleicher Rechte zu sparen (vgl. § 55 Abs. 2 GNotKG). Dem kommt die Rspr. dadurch entgehen, dass die als Gesamtberechtigung bestellten Dienstbarkeiten unter derselben laufenden Nummer im Grundbuch einzutragen sind; die „Gesamtberechtigung analog § 428 BGB“ wird grundbuchverfahrensrechtlich einem gemeinschaftlichen Recht i. S. d. § 47 GBO gleichgestellt (BGH, Beschluss v. 21.12.1966 – V ZB 24/66, NJW 1967, S. 627, 629; Staudinger (-Looschelders), BGB (2017), § 428 Rn. 105). Letztlich ist die als „Gesamtberechtigung analog § 428 BGB“ etikettierte mehrheitliche Rechtszuständigkeit somit eine eigenartige Form der Verbindung mehrerer inhalts- und ranggleicher Rechte mit Elementen der §§ 428, 432 BGB (so auch für die Bestellung von Grunddienstbarkeiten zugunsten der Eigentümer mehrerer herrschender Grundstücke als „Gesamtberechtigte“ Staudinger (-Looschelders), BGB (2017), § 428 Rn. 113; Staudinger (-J. Weber), BGB (2017), § 1018 Rn. 51a; siehe auch Amann, DNotZ 2008, S. 324, 331–332). 488 § 2 II. 2. a). 489 Vgl. Madaus, AcP 212 (2012), S. 251, 252–265 mit instruktivem Überblick zu den zur dogmatischen Erklärung der Bruchteilsgemeinschaft und des ideellen Anteils hauptsächlich vertretenen Theorien; siehe auch Schnorr, Die Gemeinschaft nach Bruchteilen (§§ 741–758 BGB), S. 74–91. Sowohl der gesetzessystematische Zusammenhang als auch die positivrechtliche Ausgestaltung der Gemeinschaft nach Bruchteilen, vor allem des Miteigentums, offenbaren ein mehrschichtiges Bild. Das durch ein besonderes (gesetzliches) Schuldverhältnis gem. §§ 741–758 BGB überform-
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eines Miteigentümers oder eines sonstigen Teilhabers von der soweit ersichtlich einhelligen Ansicht gerade nicht als ius in re gedeutet.490 Dies ändert freilich nichts daran, dass der ideelle Anteil eines Miteigentümers in Relation zum Alleineigentum – resp. der Anteil eines Teilhabers im Vergleich zu dem jeweiligen gemeinschaftlich gehaltenen Recht – diverse Charakteristika eines „begrenzten Rechts“, ja eines trust-basierten equitable interest aufweist.491 Vor allem gerät das von der Rechtsprechung viel bemühte Dogma von der „Wesensgleichheit“492 zwischen dem Miteigentumsanteil und dem Eigentum bei näherer te Miteigentum mehrerer nach Bruchteilen scheint angesichts der Normierung der §§ 1008–1011 BGB im fünften Titel des dritten Abschnitts des dritten Buches durch folgende Elemente gekennzeichnetes „echtes“ Eigentum zu sein: Das Eigentum an einer Sache steht hiernach mehreren als „Teilhaber“ und „Miteigentümer“ bezeichneten Rechtssubjekten, denen jeweils (im Zweifel gleiche, § 742 BGB) Anteile zugewiesen sind, über die selbstständig (§ 747 S. 1 BGB) und – mit Modulationen im Detail – in eigentumsidentischer Weise verfügt werden kann (vgl. §§ 1066, 1095, 1106, 1114, 1258 BGB), gemeinschaftlich zu (§§ 1008, 741 BGB). Demgegenüber kann eine Verfügung über die „gemeinschaftliche Sache“ (§ 1009 I BGB) nur gemeinsam mit sämtlichen Miteigentümern bewirkt werden (§ 747 S. 2 BGB) und auch zugunsten eines Miteigentümers erfolgen (§ 1009 BGB). Schuldrechtliche Benutzungs-, Verwaltungs- und Aufhebungsvereinbarungen zwischen den Teilhabern entfalten grundsätzlich per se Wirkung gegenüber Rechtsnachfolgern (§ 746 BGB), in Bezug auf Miteigentum an Grundstücken aber nur, soweit diese als „Belastung des Anteils“ im Grundbuch eingetragen sind (§ 1010 BGB). Schließlich erscheint die „gemeinschaftliche Sache“ ausweislich des Duktus der §§ 1008–1011 BGB als während des Bestands der Gemeinschaft ungeteilte Entität, welche ggf. im Zuge der Aufhebung geteilt wird (§§ 752 f. BGB). Rechtssubjektivität kommt der Gemeinschaft indes gerade nicht zu; darin liegt ein wesentliches Abgrenzungsmerkmal von den (teil-)rechtsfähigen Gesamthandsgemeinschaften, insbesondere der Gesellschaft. 490 Prononciert MünchKomm (-K. Schmidt), BGB VII7, § 1008 Rn. 1: „Der Bruchteil eines Miteigentümers ist weder ein Anteil ‚an der Gemeinschaft‘ noch ein das gemeinschaftliche Eigentum belastendes beschränkt dingliches Recht noch ein bloßes Wertrecht am gemeinschaftlichen Eigentum. Der Bruchteil ist selbst Eigentum im Rechtssinne.“ Siehe auch BGH, Urteil v. 14.2.1962 – IV ZR 156/61, NJW 1962, S. 1109; Jauernig (-Berger), BGB17, § 1008 Rn. 1; Staudinger (-Gursky), BGB (2012), § 1008 Rn. 2. Dies ist nur konsequent. Obschon sich Miteigentumsanteile gegenseitig beschränken und auch schicksalhaft miteinander verbunden sind, fehlt es an der jedem Belastungsverhältnis immanenten „Residualkompetenz“ des belasteten Rechts; es gibt kein Recht, das sich elastisch wieder zum „Vollrecht“ von selbst vervollkommnet, wenn einzelne Bruchteile wegfallen (vgl. Schnorr, Die Gemeinschaft nach Bruchteilen (§§ 741–758 BGB), S. 77– 78), zumal einzelne Anteile nach h. A. nicht durch einseitiges Rechtsgeschäft oder Realakt des Teilhabers erlöschen, sondern nur auf der Grundlage eines gemeinschaftlichen Zusammenwirkens aller Teilhaber im Wege der Aufhebung gem. §§ 749 ff. BGB (vgl. BGH, Urteil v. 7.6.1991 – VZR 175/90, NJW 1991, S. 2488; BGH, Beschluss v. 10.5.2007 – V ZB 6/07, NJW 2007, S. 2254). 491 Zudem werden in der Lehre strukturellen Ähnlichkeiten zwischen der gemeinschaftlichen Berechtigung an einer Sache oder einem Recht nach Bruchteilen und der Belastung von Rechten betont (so namentlich Hauck, Nießbrauch an Rechten, S. 114–140, der den Nießbrauch an Rechten als eine der Bruchteilsgemeinschaft zumindest vergleichbare Vergemeinschaftung des belasteten Rechts deutet; siehe auch von Tuhr, Allgemeiner Teil II/1, § 45 II 7 (S. 78–79)). 492 BGH, Urteil v. 7.6.1991 – V ZR 175/90, NJW 1991, S. 2488; BGH, Beschluss v. 10.5.2007 – V ZB 6/07, NJW 2007, S. 2254, 2255 Rn. 11. Auch in der Literatur wird ganz überwiegend betont, dass jedem Teilhaber ein „ideeller“ Anteil an derselben Sache bzw. an demselben Gegenstand zustehe, welcher teilweise expressis verbis mit Eigentum gleichgesetzt, überwiegend hingegen als dem „Vollrecht wesensgleiches Recht“ beschrieben wird (vgl. BeckOGK BGB (-Fehrenbacher), Stand: 15.2.2019, § 741 Rn. 10; MünchKomm (-K. Schmidt), BGB VI7, § 741 Rn. 2).
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Analyse der Belastungskompatibilität des ideellen Anteils unter Druck. Wer hingegen die Rechtsgemeinschaft unter berichtigender Gesetzesexegese in eine Kollision miteinander konkurrierender gleichartiger „Vollrechte“ umdeutet,493 kommt nicht umhin, jedem Rechtsinhaber eine „Schöpfungsmacht“ zu attestieren. Andererseits ist dem Recht des Miteigentümers im Verhältnis zu dem geschaffenen gleichartigen „Vollrecht“ nicht die dem Eigentum allenthalben zugeschriebene elastische Komponente zu eigen; ein Belastungsverhältnis besteht nach der lex lata nicht.494 Allerdings ließe sich die im Gesetz selbst angelegte Antinomie zwischen einem einheitlichen ungeteilten Recht, über das nur das Kollektiv verfügen kann (§ 747 S. 2 BGB), und einer Mehrheit gleichartiger Rechte, über die alle Teilhaber individuell verfügen, durch Rezeption eines trust-ähnlichen Dualismus dinglicher Zuordnungssphären durchaus überwinden. Wie ein vergleichender Blick auf das englische Institut der tenancy in common sichtbar macht, wäre es bei konsequenter Unterscheidung zwischen einem gesamthänderisch zugeordneten Recht (der trustees) und selbstständigen Anteilsrechten (der mit den trustees identischen beneficiaries) möglich, stringent das jeweilige Belastungspotential zu erklären und zugleich „überschießende“ Wirkungen des gutgläubig-lastenfreien Erwerbs ideeller Anteile zu vermeiden. a) Die Bruchteilsgemeinschaft Die vorherrschende Ansicht begreift die Gemeinschaft nach Bruchteilen als orrelat einer Spaltung der subjektiven Rechtszuständigkeit.495 Die im pandektisK tischen Schrifttum vertretenen konträren Lehren der intellektuellen Teilung des 493 In jüngerer Zeit insbesondere Schnorr, Die Gemeinschaft nach Bruchteilen (§§ 741–758 BGB), S. 74–91, der – anknüpfend an die früher verbreitete Theorie konkurrierender „voller“ Eigentumsrechte, die sich wechselseitig beschränkten (vgl. RG, Urteil v. 28.1.1888 – V 284/87, RGZ 20, S. 270, 272 m. w. N. aus dem älteren Schrifttum) – eine modifizierte Theorie der Rechtsvervielfältigung entwickelt: Hiernach seien die ideellen Anteile der Teilhaber jeweils Erscheinungsformen des Vollrechts, wobei die hierdurch vermittelten Befugnisse im Binnenverhältnis der Mitberechtigten relativiert seien (Schnorr, Die Gemeinschaft nach Bruchteilen (§§ 741–758 BGB), S. 85 ff.); diese Sichtweise steht im Zusammenhang mit der von ihm vertretenen „dinglichen Einheitsmodell“, wonach die in §§ 743 ff., 749 BGB normierten gemeinschaftsrechtlichen Ansprüche und Befugnisse nicht aus einem Schuldverhältnis zwischen den Teilhabern entstünden, sondern der Rechtsverwirklichung dienende „dingliche Befugnisse“ seien (ausführlich Schnorr, Die Gemeinschaft nach Bruchteilen (§§ 741–758 BGB), S. 37–73, 415; kritisch hierzu BeckOGK BGB (-Fehrenbacher), Stand: 15.2.2019, § 741 Rn. 14). Eine geradezu „radikale“ Variante der Vervielfältigungslehre vertritt Madaus, AcP 212 (2012), S. 251, 262–285, der sich zu beweisen anschickt, dass die Bruchteilsgemeinschaft keine Gemeinschaft von Teilhabern sei, sondern jedem das volle unbeschränkte Recht zustehe, was beim Miteigentum konsequenterweise zu einer Vermehrung identischer Eigentumsrechte führe. 494 Konsequenterweise ist die vermeintliche ideelle oder intellektuelle „Teilung“ eines Rechts nach der Lehre konkurrierender Vollrechte sowohl ein aliud im Vergleich zur translativen als auch ein aliud im Vergleich zur konstitutiven Sukzession. 495 BeckOGK BGB (-Fehrenbacher), Stand: 15.2.2019, § 741 Rn. 10–11; Erman (-Aderhold), BGB I15, § 1008 Rn. 2; MünchKomm (-K. Schmidt), BGB VI7, § 741 Rn. 2; Staudinger (-von Proff ), BGB (2015), Vorbem. zu §§ 741–758 Rn. 8, 12.
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gemeinschaftlichen Gegenstandes496 und der quantitativen Rechtsteilung497 gelten inzwischen497 als überholt.498 Auch die Vervielfältigungstheorien, nach denen nicht ein einziges Recht mehreren gemeinschaftlich zustehe, sondern gleichartige Vollrechte der Teilhaber miteinander kollidieren,499 wird mehrheitlich verwor496 Siehe z. B. Wächter, AcP 27 (1844), S. 155, 181–183, der der ideellen Teilung der Sache zwei Varianten der Teilung des Rechts entgegensetzt. Zum einen gebe es eine Rechtsteilung nach der Seite seines Objekts, die mit einer realen oder zumindest ideellen Teilung der Sache einhergehe und zur Entstehung selbstständiger Rechte mit jeweils unterschiedlichen Objekten führe (Wächter, a. a. O., S. 183–195), und zum anderen die Teilung des Rechts nach der Seite seiner inneren Bestandteile und seinem Inhalt, worunter Wächter, a. a. O., S. 195–197 die Errichtung von iura in re aliena fasste. Windscheid, Lehrbuch des Pandektenrechts I5, § 142 mit Fn. 10 (S. 426–427), 169a (S. 532 ff.) vertrat hingegen die Ansicht, das sich der Anteil nicht auf den Körper der Sache, sondern auf die Sache als Wertobjekt beziehe; geteilt sei zwischen den Miteigentümern nicht das Recht, sondern der wirtschaftliche Nutzen der Sache. 497 So u. a. Dernburg, Pandekten I5, § 195, 2 (S. 461–464), wonach das Eigentum nicht seinem Inhalt, sondern seinem Umfang nach geteilt sei. 498 Madaus, AcP 212 (2012), S. 251, 253–256. 499 Wie angerissen, verwirft Madaus, AcP 212 (2012), S. 251, 262–285 das theoretische Konstrukt ideeller Anteile und setzt dem eine Theorie identischer Vollrechte entgegen. Abgesehen von der unscharfen begrifflich-systematischen Einordnung der Rechtsgemeinschaft wird an der h. A., nach der der gemeinschaftliche Gegenstand weder den einzelnen Teilhabern noch der Gemeinschaft gehöre (so MünchKomm (-K. Schmidt), BGB VI7, § 741 Rn. 2) vor allem kritisiert, dass sie zur Antinomie eines Rechts ohne Rechtsträger führe, weil die einzelnen Teilhaber im Fall des Miteigentums nur „wesensgleiche“ Anteile hätten und die Gemeinschaft mangels Rechtssubjektivität nicht als Zuordnungssubjekt in Betracht komme (Madaus, AcP 212 (2012), S. 251, 258–259). In Wirklichkeit erfolge weder eine Aufteilung des Gegenstandes noch eine Aufteilung der subjektiven Rechtszuständigkeit; es komme stattdessen zu einer Konkurrenz von identischen „Vollrechten“. Im Fall des Miteigentums sei das Gesetz daher berichtigend als Vervielfältigung des Eigentums zu interpretieren, worin Madaus, AcP 212 (2012), S. 251, 263–265 zugleich den wesentlichen Unterschied zwischen den im älteren Schrifttum vertretenen Vervielfältigungslehren, die nicht von einer Konkurrenz von mit dem Alleineigentum identischen Vollrechten ausgingen, und seiner Lehre erkennt: „Bei der Bruchteilsgemeinschaft setzt sich die Vielfalt der Personen im Recht fort. Steht also etwa das Eigentum an einem Grundstück oder einer beweglichen Sache nicht mehr nur einer Person, sondern nun mehreren zu, so ist jeder von ihnen Inhaber des ungeteilten Vollrechts. Jeder ist tatsächlich Eigentümer (unter mehreren); jeder ist für das ganze Recht rechtszuständig. […] Das Anteilsrecht ist damit aber mit dem Vollrecht nicht nur irgendwie wesensgleich, sondern identisch. […] Jeder Mitberechtigte hat als ‚Anteil‘ das Vollrecht, bei Miteigentum also Eigentum an der ganzen Sache. Gegenstand der Rechtsträgerschaft wie auch einer Verfügung des einzelnen Miteigentümers über seinen Anteil ist sein Eigentum. […] Der Unterschied zwischen Allein- und Miteigentum liegt damit nicht im Wesen des Rechts des einzelnen Rechtsträgers, sondern nur noch in den sich daraus ergebenden Folgen auf die Ausübung der aus dem Recht folgenden Befugnisse. […] Von außen betrachtet liegt das Wesen der Bruchteilsgemeinschaft demnach in einer Vielfalt und damit in einer Kollision der Vollrechte an einem Gegenstand, wobei die Besonderheit darin liegt, dass keines der kollidierenden Vollrechte gegenüber den anderen einen Vorrang genießt.“ Diese These führe – entgegen Schnorr, Die Gemeinschaft nach Bruchteilen (§§ 741–758 BGB), S. 77 – nicht zu einer totalen „Lähmung“ aller Vollrechte, da einer wechselseitigen „Neutralisierung“ der konkurrierenden Vollrechte durch das in §§ 741 ff. BGB normierte schuldrechtliche Innenverhältnis zwischen den Vollrechtsinhabern entgegengewirkt werde (Madaus, AcP 212 (2012), S. 251, 265: „Anders als in den klassischen Fällen mehrerer belastender Vollrechte an einem Gegenstand, etwa mehrerer Pfandrechte an einer Sache, löst das Gesetz den sich aus der Kollision ergebenden Konflikt […] nicht durch die Vorgabe einer Rangfolge, die sich etwa aus dem Prioritätsprinzip ergibt. Es geht stattdessen – wie
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fen.500 Demgegenüber vermochte sich die von Engländer 501 entwickelte und von Larenz502 modifizierte Lehre von einer (Auf-)Gliederung und inhaltlichen Umgestaltung des Eigentums resp. des Vollrechts in unselbstständige gleichartige Rechtsetwa beim Miteigentum – den Weg einer Koordinierung im Innenverhältnis durch die §§ 742 ff. BGB, wobei die Koordinierung detailreicher vorgegeben ist als bei der Kollision dinglicher Nutzungsrechte in den §§ 1024, 1060, 1090 Abs. 2 BGB, bei der jeder Teilhaber nur eine Regelung im Innenverhältnis verlangen kann. Nach außen aber bleibt in all diesen Fällen jeder Mitberechtigte gleichrangiger Vollrechtsinhaber; jeder Miteigentümer ist Eigentümer.“). Das Exklusivitätsdogma des römischen Rechts („dominium duorum in solidum esse non posse“) stehe dieser Ansicht nicht entgegen (Madaus, AcP 212 (2012), S. 251, 265–268); die in§§ 741 ff., 1008 ff. BGB normierten Einschränkungen der Rechte des Alleineigentümers füllten den Gesetzesvorbehalt des § 903 S. 1 BGB aus; die damit hervortretende Restriktion des „absoluten Eigentumsinhalts“ sei logische Folge der Kollision gleichrangiger Eigentumsrechte. Was exemplarisch anhand des Miteigentums dargelegt wird, soll für sämtliche Gemeinschaften nach Bruchteilen gelten; z. B. sei die Forderungsgemeinschaft nach Bruchteilen in Wirklichkeit Mitgläubigerschaft gem. § 432 BGB (Madaus, AcP 212 (2012), S. 251, 272–274). Mit der lex lata erscheint die These von der Vollrechtsvervielfältigung indes nicht vereinbar. Stünden den Teilhabern in Wirklichkeit jeweils Vollrechte an der Sache zu, wären alle Vorschriften, die auf die quotalen Verhältnisse Bezug nehmen (§§ 742, 743 Abs. 1, 745 Abs. 1 S. 2, 748, 947 Abs. 1 Hs. 2, 948, 963 Hs. 2, 984 BGB), wegen der fehlenden Quantifizierbarkeit des Eigentums resp. des Vollrechts unerklärlich. Es müsste unterstellt werden, dass die Vollrechtsinhaber jeweils schuldrechtliche Regelungen über das Quantum ihrer Berechtigung im Innenverhältnis treffen, die aber indirekt für den Umfang des Vollrechts maßgeblich sind, soweit die internen Vereinbarungen und Beschlüsse Rechtsnachfolgern des jeweiligen Inhabers eines „Vollrechts“ entgegensetzbar sind (§§ 746, 751 S. 1, 1010 BGB). Schon dies wirft die Frage auf, ob ein „Vollrecht“, dessen Inhalt indirekt durch eine schuldrechtliche Anteilsbestimmung geprägt ist, noch als „Vollrecht“ oder – im Fall des Miteigentums – als mit dem Eigentum identisches Recht bezeichnet werden kann. Soweit Madaus dem entgegenhält, dass der Begriff „Vollrecht“ ja nicht mit „Alleinberechtigung“ gleichgesetzt werden dürfe, läuft dies auf ein Spiel mit Worten hinaus: Wenn das „Vollrecht“ des Alleineigentümers nämlich unstreitig eine andere Qualität hat als das „Vollrecht“ des Miteigentümers, stellt sich die Frage, worin eigentlich der Unterschied zwischen dem Konzept des „ideellen Anteils“ und dem nicht minder nebulösen Begriff „Vollrecht“ liegt. Zwar bemüht sich Madaus, AcP 212 (2012), S. 251, 268–283 die strukturellen Unterschiede zwischen dem ideellen Anteil des Miteigentümers und dem (Allein-)Eigentum auf dem Boden seiner Lehre zumindest teilweise einzuebnen. Mit der positivrechtlichen Ausgestaltung der Verfügungstatbestände ist die These kollidierender Eigentumsrechte aber nur schwer vereinbar: Würden mehrere identische „volle“ Eigentumsrechte miteinander kollidieren, wäre zunächst einmal § 747 S. 1 BGB im Kontext des Miteigentums nach Bruchteilen nur von deklaratorischer Bedeutung (so auch Madaus, AcP 212 (2012), S. 251, 288), denn das Wesen des „Eigentums“, ja seine Existenznotwendigkeit liegt darin, den Verkehr mit Sachen qua Veräußerung und Belastung zu eröffnen (siehe § 2 I. 3. a)). Auch die auf das Miteigentum zugeschnittenen Verfügungstatbestände der §§ 1095, 1106, 1114 (i. V. m. § 1192 Abs. 1) BGB wären nach der Lehre von der Vollrechtsvervielfältigung überflüssig, ergibt sich doch die Belastungskompatibilität des einschlägigen „Vollrechts“ bereits aus §§ 1094, 1105, 1113 BGB; jene Vorschriften hätten bestenfalls klarstellende Bedeutung, berührt doch die Bestellung dieser Rechte nicht notwendigerweise, wie Madaus, AcP 212 (2012), S. 251, 281 argumentiert, die Rechtskreise der anderen Eigentümer. Soweit Madaus, AcP 212 (2012), S. 251, 281 meint, dass ein Miteigentümer als Inhaber des Vollrechts aber dennoch nicht auf Gebrauch des ganzen Grundstücks gerichtete Dienstbarkeiten bestellen könne, weil dies die Rechtsstellung der anderen Miteigentümer berühre, bedient er sich im Kern derjenigen Kriterien wie sie die h. A. bei der Frage, ob eine Gesamtverfügung i. S. d. § 747 S. 2 BGB erforderlich ist, anwendet und kommt wenig überraschend zu gleichen Ergebnissen. Einmal mehr zeigt sich, dass auf der Grundlage der Theorie kollidierender „Vollrechte“ keines der kollidierenden Eigentumsrechte alle (Verfügungs-)Befugnisse verleiht, die dem Eigentum „an
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positionen ohne500 quantitative Teilung501 oder Vervielfältigung des Rechts502 zwar nicht vollends durchzusetzen. Letztlich stellt die nunmehr überwiegend vertretene sich“ immanent sind. Vermag ein Miteigentümer unstreitig – ungeachtet des Umstands, ob er einen bloßen „Anteil“ am Eigentum oder ein „Vollrecht“ unter mehreren hat – Dienstbarkeiten nicht de iure proprio zu bestellen, ist das Recht des Miteigentümers, ob man es nun als ideellen Anteil oder als ein mit mehreren identischen Vollrechten kollidierendes Vollrecht bezeichnet, nicht echtes Eigentum. Überdies muss man auf dem Boden der Vollrechtsvervielfältigungsthese annehmen, dass die §§ 741–758 BGB jedenfalls bei einer Koexistenz ranggleicher Dienstbarkeiten und/oder Nießbrauchsrechte an einem Grundstück nach Maßgabe des Grundsatzes lex specialis derogat legi generali von §§ 1024, 1060, 1090 Abs. 2 BGB verdrängt werden; die Kollision ranggleicher Dienstbarkeiten und/oder Nießbrauchsrechte unterliegt gerade nicht dem Recht der Bruchteilsgemeinschaft, was Madaus, AcP 212 (2012), S. 251, 265 in Fn. 56 damit zu erklären versucht, dass bei einer Kollision dinglicher Nutzungsrechte keine so detaillierte gesetzliche Regelung vonnöten sei, sondern Nutzungsvereinbarungen genügten. Im Gegensatz zur „äußeren“ Beschränkung inhaltsgleicher Rechte gleichen Ranges zeigt sich die schicksalhafte Verknüpfung der Rechte der Miteigentümer vor allem darin, dass der einseitige Verzicht auf einen Anteil nach h. A. (Nachweise in Fn. 518) nicht in Betracht kommt. Dass dies mit der These von den kollidierenden Vollrechten unvereinbar ist, liegt auf der Hand, weshalb sich Madaus, AcP 212 (2012), S. 251, 278–279 hier – mit schlüssiger Argumentation – denn auch der Mindermeinung anschließt. Desgleichen verträgt sich die Vervielfältigungslehre nicht damit, dass sich die Pfändung ideeller Miteigentumsanteile an beweglichen Sachen nach h. A. nach den Vorschriften der Rechtspfändung gem. § 857 ZPO richtet (siehe nur BGH, Urteil v. 14.1.1993 – IX ZR 238/91 NJW 1993, S. 935, 937 m. w. N.; Jauernig (-Stürner), BGB17, Anm. zu §§ 743–748 Rn. 17). Soweit Madaus, AcP 212 (2012), S. 251, 282–283 konsequent vertritt, dass die Pfändung des Miteigentumsanteils an beweglichen Sachen sich als Sachpfändung nach §§ 808 ff. ZPO richte, wirkt sich freilich auch nach diesem Ansatz die identische Mitberechtigung der anderen Miteigentümer aus: So könnten diese gegen die Sachpfändung – falls sie nicht bereits an der fehlenden Herausgabebereitschaft der Miteigentümer als Gewahrsamsinhaber scheitere (§ 809 ZPO) – jedenfalls Drittwiderspruchsklage gem. § 771 ZPO erheben (Madaus, AcP 212 (2012), S. 251, 283). Will man die Vollstreckungsfähigkeit des Miteigentumsanteils nicht beseitigen, ist letztlich dann doch eine der Rechtspfändung vergleichbare Ersatzkonstruktion vonnöten, was auch Madaus, a. a. O., nicht bestreitet, soweit er ausführt, dass der Vollstreckungsgläubiger „[…] seinen Zugriff nicht auf die Sache, sondern auf den Aufhebungsanspruch und den Anspruch auf Teilung sowie Auskehr des Erlöses zu richten und dann die Teilungsversteigerung in Ausübung des gepfändeten Anspruchs durchzuführen [hat].“ 500 Grundlegende Kritik bei Engländer, Regelmäßige Rechtsgemeinschaft, S. 137 ff.; Larenz, JherJb 47 (1933), S. 108, 127–128; Schnorr, Die Gemeinschaft nach Bruchteilen (§§ 741–758 BGB), S. 76–78, die der Vervielfältigungslehre insbesondere entgegenhalten, dass die Bruchteilsgemeinschaft nach der gesetzlichen Konzeption eine Gemeinschaft an einem einzigen Recht sei und demgemäß von den gesetzlich geregelten Fällen einer Kollision mehrerer inhaltsgleicher Rechte (§§ 1024, 1060, 1090 Abs. 2 BGB) unterschieden werden müsse. Schnorr, a. a. O., argumentiert zudem, dass die Rechte der Teilhaber nicht – wie bei einer Kollision gleichartiger Rechte – lediglich „äußerlich“ beschränkt, sondern voneinander abhängig seien, zumal z. B. bei der gesetzlichen Entstehung von Miteigentum keiner der Teilhaber erwarten dürfe, die Rechte eines Alleineigentümers an der neuen Sache ausüben zu können. Ferner weist Schnorr, a. a. O. darauf hin, dass die Anteile nur von außen betrachtet als Vollrechte, im Verhältnis zueinander aber jeweils wie beschränkte dingliche Rechte erschienen, ohne dass sich aber sagen lasse, welches Recht denn nun von welchem belastet werde. Ungeachtet dieser Kritik hält Schnorr, a. a. O., S. 85 ff., aber an der von ihm modifizierten Lehre einer Vervielfältigung von im Binnenverhältnis jeweils relativierten Vollrechten fest, die durch die in §§ 743 ff., 749 BGB normierten Ansprüche und Befugnisse verwirklicht werden würden. 501 Engländer, Regelmäßige Rechtsgemeinschaft, S. 156 ff. 502 Larenz, JherJb 47 (1933), S. 108, 128–134.
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These von der geteilten Zuständigkeit an dem (real) ungeteilten Recht aller Teilhaber aber nur eine Modifikation dieses „Gliederungsmodells“ dar.503 Einhellig anerkannt ist, dass der ideelle Anteil nicht mit einer Belastung des gemeinschaftlichen Rechts, mithin mit einer konstitutiven Sukzession in Beziehung zu setzen ist. So ist das Recht des Miteigentümers nach der insoweit übereinstimmenden Rechtsprechung nicht ein neben das Eigentum tretendes oder dieses belastendes (Anteils-)Recht.504 In nahezu autosuggestiver Manier akzentuiert die höchstrichterliche Judikatur, dass das „Miteigentum nach Bruchteilen seinem Wesen nach dem Alleineigentum gleichartig“ und wie das „ganze Recht“ Eigentum sei.505 Folglich seien die Vorschriften über das Eigentum auf das Miteigentum nach Bruchteilen prinzipiell anwendbar; dieser Anwendungsbefehl steht unter dem Vorbehalt, dass sich aus dem Wortlaut oder der Zielrichtung der Norm etwas anderes ergibt.506 Die Gemeinschaft nach Bruchteilen sei also eine „subjektive Vielheit“, wobei die gesetzliche Rahmenregelung der Koordination der subjektiv geteilten Rechtszuständigkeit diene.507 Einer näheren Überprüfung hält das absolut formulierte Dogma von der von der „Gleichartigkeit“ des Eigentums und des Miteigentums nach Bruchteilen freilich nicht stand. Abgesehen davon, dass die kryptische Gegenüberstellung des „we503 Vgl. BeckOGK BGB (-Fehrenbacher), Stand: 15.2.2019, § 741 Rn. 14; Staudinger (-von Proff ), BGB (2015), Vorbem. zu §§ 741–758 Rn. 8. 504 BGH, Urteil v. 14.2.1962 – IV ZR 156/61, NJW 1962, S. 1109 m. w. N. aus der Rspr. des RG; BGH, Beschluss v. 10.5.2007 – V ZB 6/07, NJW 2007, S. 2254, 2255 Rn. 11; ebenso die h. L. (BeckOGK BGB (-P. Müller), Stand: 1.3.2019, § 1008 Rn. 7; Erman (-Aderhold), BGB I15, § 1008 Rn. 2; MünchKomm (-K. Schmidt), BGB VII7, § 1008 Rn. 1). 505 BGH, Urteil v. 7.6.1991 – V ZR 175/90, NJW 1991, S. 2488; BGH, Beschluss v. 10.5.2007 – V ZB 6/07, NJW 2007, S. 2254, 2255 Rn. 11. 506 BGH, Beschluss v. 10. 5. 2007 – V ZB 6/07, NJW 2007, S. 2254, 2255 Rn. 11; Erman (-Aderhold), BGB I15, § 1008 Rn. 2; Palandt (-Herrler), BGB78 , § 1008 Rn. 1; MünchKomm (-K. Schmidt), BGB VII7, § 1008 Rn. 1. Als Erscheinungsform einer mit wechselseitigen Rechten und Pflichten im Innenverhältnis unzertrennlich verknüpften Bruchteilsgemeinschaft unterliegt auch das Miteigentum nach Bruchteilen den allgemeinen Vorschriften der §§ 741–758 BGB sowie den Sondervorschriften der §§ 1008–1011 BGB; zudem sind im Kontext der Belastung die §§ 1066, 1095, 1106, 1114, 1258 BGB zu beachten. 507 BeckOGK BGB (-Fehrenbacher), Stand: 15.2.2019, § 741 Rn. 11; MünchKomm (-K. Schmidt), BGB VI7, § 741 Rn. 2 unter Verweis auf Madaus, AcP 212 (2012) S. 251, der jedoch, die Konzeption einer geteilten Rechtszuständigkeit ablehnend, von einer Vervielfältigung mehrerer Vollrechte ausgeht. Dabei wird die Gemeinschaft scharf von den Gesamthandsgemeinschaften unterschieden: Für die Mitberechtigung zur gesamten Hand sei im Gegensatz zur Gemeinschaft nach Bruchteilen wesensprägend, dass aus einer ungeteilten Mehrheit von Gegenständen ein Gesamthandsvermögen (vgl. §§ 718, 1416 I, 2032 I BGB) gebildet werde, hinsichtlich der einzelnen Anteile an den das Gesamthandsvermögen bildenden Gegenständen das Prinzip der gesamthänderischen Bindung gelte (vgl. § 719 I Hs. 1, 1419 I Hs. 1, 2033 II BGB) und schließlich den Gesellschaften zur gesamten Hand (Teil-)Rechtssubjektivität zukomme; demgegenüber gibt es bei der Gemeinschaft kein ungeteiltes Sondervermögen, die Gemeinschaft beziehe sich nicht auf einen Vermögensinbegriff, sondern auf einen bestimmten Gegenstand des Rechtsverkehrs, die Bruchteilsgemeinschaft sei daher „subjektive Vielheit, nicht Einheit“ (MünchKomm (-K. Schmidt), BGB VI7, § 741 Rn. 2; siehe auch Staudinger (-von Proff ), BGB (2015), Vorbem. zu §§ 741–758 Rn. 9 f., 25, § 741 Rn. 241–245).
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sensgleichen“ und des „ganzen Rechts“ wenig zur gedanklichen Klärung beiträgt, verwischt sie strukturelle Divergenzen zwischen dem Eigentum (bzw. dem „gesamten Recht“) und dem ideellem Anteil des Teilhabers.508 Aus der bloß formalen Angleichung der Verfügungsmodalitäten auf innere Strukturverwandtschaft von Eigentum und ideellem Anteil zu schließen, ginge ohnehin zu weit.509 Offen bleibt zudem, was mit der vagen Bezeichnung „ganzes Recht“ im Verhältnis zum Miteigentum nach Bruchteilen gemeint ist: Ist es ein gesamthänderisch zugeordnetes Recht,510 die Summe oder Synthese aller Teilrechte oder gar ein „vakantes“, ja herrenloses Eigentum, über das die Teilhaber kraft gesetzlicher Verfügungsermächtigung gemeinschaftlich disponieren? Angesichts dessen ist auch die Lehre von der geteilten Rechtszuständigkeit nicht frei von Ambivalenz:511 Einerseits wird negiert, dass das gemeinschaftliche Recht durch die geteilte Zuständigkeit berührt werde, vielmehr soll es neben den angeblich wesensgleichen, durch die korrelative Mitberechtigung der anderen Teilhaber wechselseitig beschränkten Anteilsrechten irgendwie fortbestehen.512 Andererseits gebe es aber gar kein Recht mehr, das nur allen zusammen oder umgekehrt jedem Rechtsinhaber ungeteilt in vollem Umfang zustehe.513 Die im gesetzlichen Modell der Bruchteilsgemeinschaft sowie im abstrakten Eigentumsbegriff angelegten Paradoxien514 zeigen sich besonders deutlich in den nachfolgend untersuchten Dispositionsbefugnissen der Miteigentümer. aa) Verfügungen über Miteigentum Während die für Alleineigentum geltenden Verfügungstatbestände schematisch auf das Miteigentum erstreckt werden,515 unterscheiden sich die Voraussetzungen und 508
Staudinger (-von Proff ), BGB (2015), § 741 Rn. 255. Vgl. Staudinger (-von Proff ), BGB (2015), § 741 Rn. 255, der darauf verweist, dass insoweit eine Umgehung der Publizitätserfordernisse durch Anteilsübertragung und Anteilsbelastungen ausgeschlossen werden soll; für das Anwartschaftsrecht gilt nichts anderes, was aber gleichfalls nicht die These einer „Wesensgleichheit“ von Eigentum und Anwartschaftsrecht zu tragen vermag. 510 Soweit in der älteren deutschen Literatur vereinzelt vertreten wurde, dass die Bruchteilsgemeinschaft eine besondere Form der Gesamthand sei – Rechtsträger des gemeinschaftlichen Rechts sei eine Gesamthandsgemeinschaft, von der die Teilhaber jeweils selbstständig verkehrsfähige Rechte ableiteten (so Fabricius, Relativität der Rechtsfähigkeit, S. 139–145), wird heute einhellig unter Verweis auf die gegensätzlichen Strukturen von Bruchteils- und Gesamthandsgemeinschaften abgelehnt (BeckOGK BGB (-Fehrenbacher), Stand: 15.2.2019, § 741 Rn. 13). 511 Siehe auch Madaus, AcP 212 (2012), S. 251, 258–262. 512 BeckOGK BGB (-Fehrenbacher), Stand: 15.2.2019, § 741 Rn. 11. 513 So BeckOGK BGB (-Fehrenbacher), Stand: 15.2.2019, § 741 Rn. 11. 514 Pointiert Larenz, JherJb 47 (1933), S. 108, 127–128: „[…] das mehreren gemeinschaftlich zustehende Eigentum läßt sich nicht als die Summe der jedem einzelnen zustehenden Rechtsteile oder Teilrechte denken und kann andererseits doch in nichts anderem gefunden werden, als eben in den Anteilen der Miteigentümer. Denn die Befugnisse, dem dem Miteigentümer zustehen und deren Gesamtheit seine als ‚Anteil‘ bezeichnete Rechtsstellung ausmacht, sind doch modifizierte, eingeschränkte oder besonders ausgestaltete Eigentumsbefugnisse, und für ein noch neben dem Anteil bestehendes Eigentum ist kein Raum mehr.“ Ähnlich Schnorr, Die Gemeinschaft nach Bruchteilen (§§ 741–758 BGB), S. 80. 515 Die Übertragung und die Belastung des Miteigentumsbruchteils richten sich nach allg. 509
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Rechtsfolgen des gutgläubigen Erwerbs sowie die Belastungskompatibilitäten von Allein- und Miteigentum wesentlich. So wirken sich die vom rechtsgeschäftlichen Alleineigentumserwerb abweichenden Vollzugserfordernisse der Übertragung von Miteigentum an beweglichen Sachen – Verschaffung des (mittelbaren) Mitbesitzes516 – auf die Anwendung der einschlägigen Gutglaubenstatbestände und damit auf die Zirkulationsfähigkeit von Miteigentumsanteilen aus. Mangels höchstrichterlicher Klärung ist höchst umstritten, ob der bloße Mitbesitz einen Anschein für die Existenz eines behaupteten Miteigentumsanteils im Rahmen der (direkten?) Anwendung der §§ 932–936, 1032, 1207 BGB begründet und, bejahendenfalls, zu wessen Nachteil ein gutgläubiger Erwerb von (Rechten an) Miteigentumsanteilen vom präsumtiven Miteigentümer geht.517 Abgesehen davon verneint die ganz h. A. eine Dereliktion eines ideellen Anteils in Analogie zu § 959 BGB generell.518 Vor Ansicht nach den Vorschriften über die Übertragung und Belastung des Alleineigentums und nicht nach §§ 413, 398, 1069, 1274 BGB richten (arg. e §§ 1066, 1258 BGB); vgl. BGH, Beschluss v. 7.3.2002 – V ZB 24/01, NJW 2002, S. 1647, 1648: Nießbrauch am Wohnungseigentum – als besonders ausgestaltetes Miteigentum nach Bruchteilen (vgl. § 6 WEG) – sei kein Nießbrauch an einem Recht gem. § 1068 Abs. 1 BGB, sondern Nießbrauch an der Sache, der den Vorschriften der §§ 1030 ff. unterliege. 516 Witt, AcP 217 (2017), S. 107, 113–114. 517 Vertiefend Witt, AcP 217 (2017), S. 107, 128–141. Weitgehend anerkannt ist zwar, dass der Alleinbesitzer durch Übertragung von Mitbesitz einem gutgläubigen Erwerber nach Maßgabe der §§ 932–935 BGB sowohl dann Miteigentum verschaffen kann, wenn er sich Alleineigentümer geriert als auch dann, wenn er sich als Miteigentümer ausgibt; der redliche Miteigentumserwerb geht dann zulasten des Alleineigentümers oder des betroffenen nichtbesitzenden Miteigentümers (vgl. BeckOGK BGB (-Klinck), Stand: 1.4.2019, § 932 Rn. 87; MünchKomm (-K. Schmidt), BGB VI7, § 747 Rn. 20; Palandt (-Herrler), BGB78 , § 932 Rn. 1; Staudinger (-Eickelberg), BGB (2015), § 747 Rn. 27). Äußerst umstritten ist in der Literatur aber, ob und unter welchen Voraussetzungen ein redlicher Miteigentumserwerb an einer realen Sache von einem bloßen Mitbesitzer möglich ist; höchstrichterliche Rechtsprechung liegt hierzu nicht vor. Nach verbreiteter Ansicht scheidet ein redlicher Erwerb vom vermeintlichen oder wirklichen Miteigentümer (hinsichtlich einer größerern Miteigentumsquote) grundsätzlich aus, m. a. W. bloßer Mitbesitz begründet keine Vermutung für einen bestimmten Miteigentumsanteil; anderes soll aber gelten, wenn die übrigen Mitbesitzer zustimmen (vgl. Palandt (-Herrler), BGB78 , § 932 Rn. 1). Weshalb nun aber dem Mitbesitz keine Rechtsscheinswirkung für Miteigentum zukommen soll, umgekehrt aber der sich als Miteigentümer gerierende Alleinbesitzer Miteigentum übertragen kann, erschließt sich nicht; auch Alleinbesitz begründet keine Vermutung für irgendeine bestimmte Miteigentumsquote, der Erwerber vertraut insoweit eben nicht auf den Besitz, sondern auf das „Gerede“ des Veräußerers. Wenn dies aber – was keinesfalls über jede Kritik erhaben ist – beim Alleinbesitzer ausreichen soll, muss es auch bei Mitbesitz des Veräußerers genügen. Andere Autoren lassen deswegen auch einen gutgläubigen Miteigentumserwerb vom Mitbesitzer zulasten nicht besitzender Miteigentümer zu; gutgläubiger Erwerb soll also nur zulasten des mitbesitzenden Miteigentümers ausscheiden (so wohl MünchKomm (-K. Schmidt), BGB VI7, § 747 Rn. 20; Witt, AcP 217 (2017), S. 107, 134–135). Teilweise wird schließlich vertreten, dass es hinsichtlich des gutgläubigen Erwerbs einer Miteigentumsquote vom Mitbesitzer auf das objektiv bestimmbare Kriterium der Zahl der Mitbesitzer ankomme; ein gutgläubiger Miteigentumserwerb komme auch (über den Umfang der wirklichen Quote des veräußernden Miteigentümers hinaus) in Betracht, soweit nicht der Mitbesitz der anderen das Vertrauen auf die behauptete Quote zerstöre. Hiernach ist bei drei Mitbesitzern also maximal ein gutgläubiger Erwerb von einem der Mitbesitz i. H. eines Drittels möglich (BeckOGK BGB (-Klinck), Stand: 1.4.2019, § 932 Rn. 87). 518 Grundlegend BGH, Beschluss v. 10.5.2007 – V ZB 6/07, NJW 2007, S. 2254: Verzicht
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allem limitiert die wechselseitige Beschränkung der Miteigentumsanteile aller Teilhaber zwangsläufig das Recht des einzelnen Miteigentümers, Verfügungs- und Belastungsketten zu begründen oder in sonstiger Hinsicht in den Kompetenzbereich der anderen Teilhaber mittels Verfügung über seinen Anteil gem. § 747 S. 1 BGB einzugreifen. Die Belastungskompatibilität eines Miteigentumsanteils an einem Grundstücks ist daher nach einhelliger Ansicht zumindest nicht (allein-)eigentumsidentisch; mit Grunddienstbarkeiten, beschränkten persönlichen Dienstbarkeiten und Erbbaurechten könne das Grundstück nur „im Ganzen“ belastet werden.519 Für diese Belastungen bedarf es mithin ebenso wie für die Veräußerung des Grundstücks einer sog. Gesamtverfügung über das Grundstück i. S. v. § 747 S. 2 BGB. Trotz fehlender Rechtssubjektivität der Gemeinschaft müssen hiernach offenbar alle Teilhaber entweder quasi-gesamthänderisch über das allen zustehende Recht oder kraft gesetzlicher Verfügungsermächtigung über ein „auch-fremdes“ Recht, das eben keinem einzigen Rechtssubjekt (ausschließlich) zugeordnet ist,520 kollektiv verfügen. auf einen Miteigentumsanteil an einem Grundstück sei materiellrechtlich unzulässig und deshalb auch nicht im Grundbuch eintragungsfähig. Zur Begründung führt der Senat an, dass mit dem Verzicht auf einen Miteigentumsanteil notwendigerweise – weil die Mitgliedschaft des verzichtenden Teilhabers erlösche und der subjektlose Anteil auch nicht den anderen Teilhabern anwachse – die Gemeinschaft auseinanderbreche und beendet werden würde. Dadurch würden aber die gesetzlichen Vorschriften über die Aufhebung der Miteigentümergemeinschaft ausgehebelt werden. Der einzelne Teilhaber dürfe seinen Aufhebungsanspruch nicht einseitig durch Verzicht durchsetzen; erforderlich sei vielmehr ein Aufhebungsbeschluss, der bei Grundstücken durch Teilungsversteigerung gem. §§ 180 ff. ZVG vollzogen werde. Wäre hingegen ein einseitiger Verzicht möglich, könnte sich der Teilhaber beliebig der mit dem Miteigentum verbundenen Lasten entziehen; dessen Anteil an den Lasten müssten die übrigen Miteigentümer tragen, ohne dass sich ihre Anteile im Wege der Anwachsung erhöhen. Aus der Lieratur siehe z. B. MünchKomm (-Oechsler), BGB VII7, § 959 Rn. 2; Staudinger (-Gursky/W. Wiegand), BGB (2017), § 959 Rn. 11; kritisch u. a. Kanzleiter, NJW 1996, S. 905–907, der entgegenhält, dass die Aufhebung durch einseitigen Verzicht eine (auch für die anderen Miteigentümer) kostengünstige Alternative zur Teilungsversteigerung darstelle und deshalb beide Möglichkeiten der Aufhebung – Verzicht auf einen Anteil und Teilungsversteigerung – zur Verfügung stehen sollten. 519 BGH, Urteil v. 21.6.1974 – V ZR 164/72, NJW 1974, S. 1552, 1553 (allgemein in Bezug auf Dienstbarkeiten); ebenso BGH, Beschluss v. 23.7.2015 – V ZB 1/14, NJW-RR 2015, S. 1497, 1499 Rn. 19 (allerdings ausdrücklich nur für Leitungsdienstbarkeiten). Entsprechendes gilt für den ideellen Anteil eines Erbbaurechts. Demgegenüber sind zwar Miteigentumsanteile an realen Sachen ebenso wie das Eigentum mit Pfand- und Nießbrauchsrechten (sowie mit Anwartschaftsrechten) belastbar. Letzteres unterstützt aber nicht die These von der Wesensgleichheit von ideellem Anteil und Eigentum, weil sämtliche nutzbaren und übertragbaren Rechten einer Belastung mit Nießbrauchs- und Pfandrechten zugänglich sind; das dem Eigentum an realen Sachen immanente Schöpfungspotential weist – wegen des eng umrissenen Typenzwangs – keine Besonderheiten im Vergleich zu anderen verkehrsfähigen Vermögensrechten auf. 520 Anknüpfend an den Wortlaut des § 747 S. 2 BGB vertreten der BGH und ein Teil der Lehre, dass die Verfügung über den gemeinschaftlichen Gegenstand sich nicht aus einer Synthese gleichgerichteter Verfügungen über alle Miteigentumsanteile gem. § 747 S. 1 BGB vollziehe, sondern durch einheitliche Verfügung über den gemeinschaftlichen Gegenstand (BGH, Urteil v. 4.2.1994 – V ZR 277/92, NJW 1994, S. 1470, 1471; Larenz, JherJb 47 (1933), S. 108, 120–123; Palandt (-Sprau), BGB76 , § 747 Rn. 3–4). Allerdings komme bei Unwirksamkeit der Gesamt-
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Wenngleich der BGH an der verfügungsgegenständlichen Abgrenzung von § 747 S. 1 BGB und § 747 S. 2 BGB unter Ablehnung der im Schrifttum vertretenen berichtigenden Auslegung des § 747 S. 2 BGB521 festhält,522 sind diverse höchstrichterlich anerkannte Wirkungen von Gesamt- und Einzelverfügungen auf den ersten Blick überhaupt nur dann zu erklären, wenn Gesamtverfügungen als aufeinander abgestimmte Verfügungen aller Miteigentümer über ihre jeweiligen Anteilsrechte analysiert werden.523 Sieht man einmal davon ab, dass auch die Rechtsprechung Hypotheken und Grundschulden am Grundstück in Gesamtrechte i. S. v. § 1132 Abs. 1 BGB (i. V. m. § 1192 Abs. 1 BGB) an allen einzelnen Anteilen deutet,524 erscheint besonders fraglich, wie man das Erlöschen der auf dem „gesamten“ Grundstück lastenden Rechte durch Zwangsversteigerung oder gutgläubigen Erwerb eines Miteigentumsanteils begründen will, wenn der Bezugspunkt des erlöschenden Rechts angeblich nicht mit dem Vollstreckungs- bzw. Verfügungsobjekt identisch ist. Auf diese Problematik kann freilich erst im Anschluss an die vorab zu explizierende Belastungskompatibilität des Miteigentumsanteils eingegangen werden. Zwischen der Übertragung und Belastung von Miteigentum und sonstigen ideellen Anteile sowie der echten Belastung von begrenzten Sachenrechten bestehen sowohl auffällige Gemeinsamkeiten als auch strukturelle Divergenzen. (1) Rechte an Bruchteilen Die Bestellung eines Nießbrauchs oder Pfandrechts an einem Miteigentumsanteil ist ebenso wie die Belastung von Miteigentumsanteilen an Grundstücken mit dinglichen Vorkaufsrechten, Reallasten, Hypotheken, Grund- und Rentenschulden gesetzlich angeordnet; die Anteilsbelastung richtet sich jeweils nach den Vorschriften über die Belastung der „Sache“ resp. des „Grundstücks“, d. h. des (Allein-)Eigentums.525 Demgegenüber ist die Belastung mit Dienstbarkeiten und Erbbaurechten verfügung ggf. eine Umdeutung gem. § 140 BGB in Frage; § 139 BGB sei unanwendbar, weil in der (unwirksamen) Verfügung über den gemeinschaftlichen Gegenstand nicht zugleich auch Individualverfügungen über alle ideellen Anteile enthalten seien. Abweichend MünchKomm (-K. Schmidt), BGB VI7, § 747 Rn. 25; Soergel (-Hadding), BGB IX/113, § 747 Rn. 5: die Unwirksamkeit der als Summe von Individualverfügungen einzuordnenden Gesamtverfügung richte sich nach § 139 BGB; ebenso Madaus, AcP 212 (2012), S. 251, 275. Letztlich dürfte sich die Streifrage, ob § 139 BGB oder § 140 BGB auf unwirksame Verfügungen i. S. v. § 747 S. 2 BGB anzuwenden ist, kaum auswirken (ebenso BeckOK BGB (-Gehrlein), Stand: 15.6.2017, § 747 Rn. 7), weil auf vergleichbare Kritierien abgestellt wird; entscheidend ist, ob die Teilhaber bei Kenntnis der Nichtigkeit der Gesamtverfügung gewollt hätten, dass zumindest Individualverfügungen, soweit wirksam, in Geltung treten sollen. 521 Siehe MünchKomm (-K. Schmidt), BGB VI7, § 747 Rn. 25; Soergel (-Hadding), BGB IX/113, § 747 Rn. 4, wonach sich die Gesamtverfügung i. S. v. § 747 S. 2 BGB in Wirklichkeit aus jeweils koordinierten Verfügungen über die Individualrechte gem. § 747 S. 1 BGB zusammensetze. 522 BGH, Urteil v. 4.2.1994 – V ZR 277/92, NJW 1994, S. 1470, 1471. 523 Vgl. Madaus, AcP 212 (2012), S. 251, 274–276. 524 St. Rspr. des BGH, vgl. BGH, Urteil v. 25.9.1963 – V ZR 130/61, NJW 1963, S. 2320, 2321 m. w. N. 525 Siehe statt vieler MünchKomm (-K. Schmidt), BGB VI7, § 747 Rn. 15.
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nach nahezu einhelliger Ansicht in Rechtsprechung526 und Lehre527 grundsätzlich unzulässig, was derart selbstverständlich erscheint, dass auf eine vertiefte Begründung dieser im Vergleich zum „echten“ Grundstückseigentum eingeschränkten Verfügungsbefugnis des Miteigentums verzichtet wird. Anderes soll aber nach teilweise vertretener Ansicht für Rechtsverzichtsdienstbarkeiten gelten: Eine auf einen ideellen Anteil beschränkte Verzichtsdienstbarkeit gem. § 1018 Var. 3 BGB sei in Bezug auf teilbare Forderungen der Miteigentümergemeinschaft zulässig.528 Zudem wird im Licht der neuerdings anerkannten „überschießenden“ Wirkungen des gutgläubig-lastenfreien Erwerbs von Miteigentumsanteilen in Ansehung der am ganzen Grundstück bestehenden Dienstbarkeiten529 generell für eine Relativierung des Verbots isolierter Dienstbarkeiten an (ggf. mit Sondereigentum verbundenen) Miteigentumsanteilen eingetreten.530 Nähere Analyse erhellt indes, dass eine isolierte Bruchteilsbelastung mit der Rechtsnatur der Grunddienstbarkeiten und der beschränkten persönlichen Dienstbarkeiten – ungeachtet der spezifischen Ausgestaltung derselben – schlechthin unvereinbar ist. Dienstbarkeiten können richtiger Ansicht nach weder originär an Miteigentumsanteilen bestellt werden noch lediglich an einzelnen Anteilen infolge Zwangsversteigerung oder gutgläubigen Erwerbs erlöschen. Erst recht scheidet eine gesonderte Belastung von Miteigentumsanteilen mit Erbbaurechten aus. 526 In BGH, Urteil v. 29.11.1961 – V ZR 181/60, NJW 1962, S. 633, 634 führt der Senat obiter aus, dass die Bestellung einer Grunddienstbarkeit das Eigentum als Ganzes berühre und demgemäß durch alle Miteigentümer gem. § 747 S. 2 BGB erfolgen müsse; nichts anderes könne für die Einräumung eines Notwegs am gemeinschaftlichen Grundstück gem. § 917 BGB gelten, die Miteigentümer seien deshalb bei einer Klage auf Einräumung eines Notwegs notwendige Streitgenossen i. S. v. § 62 Var. 2 ZPO. Demgemäß richtet sich nach BGH, Urteil v. 21.6.1974 – V ZR 164/72, NJW 1974, S. 1552, 1553 ein vertraglicher Anspruch auf Aufhebung einer Dienstbarkeit an einem in Wohnungseigentum aufgeteilten Grundstück auch dann auf Löschung der Dienstbarkeit auf den Grundbuchblättern aller Wohnungseigentümer, wenn der Anspruch nur von einzelnen Wohnungseigentümer eingeklagt wird und ggf. andere Wohnungseigentümer zur Duldung der Dienstbarkeit verpflichtet sind; die Dienstbarkeit beziehe sich auf das gemeinschaftliche Grundstück als Ganzes und nicht auf einzelne Wohnungseigentumsrechte; siehe auch OLG Frankfurt, Beschluss v. 11.7.1978 – 20 W 126/78, Rpfleger 1979, S. 149: Das Erlöschen einer auf einem in in Wohnungseigentum aufgeteilten Grundstück lastende Grunddienstbarkeit im Fall der Versteigerung auch nur eines Miteigentumsanteils führe notwendigerweise dazu, dass die Dienstbarkeit im Ganzen erlösche; demzufolge sei die Eintragung der Grunddienstbarkeit auf den nicht versteigerten Miteigentumsanteilen der anderen Wohnungseigentümer als inhaltlich unzulässig zu löschen; siehe auch OLG Hamm, Beschluss v. 2.9.1980 – 15 W 237/79, Rpfleger 1980, S. 468. 527 Staudinger (-Eickelberg), BGB (2015), § 747 Rn. 13 meint, dass sich bestimmte Verfügungen ihrem Inhalt nach nur auf den gemeinschaftlichen Gegenstand beziehen; hierzu zähle insbesondere die Bestellung von Grunddienstbarkeiten, beschränkten persönlichen Dienstbarkeiten und Erbbaurechten, die „das belastete Grundstück im Ganzen [erfassen]; die Belastung eines bloßen ideellen Miteigentumsanteils mit solchen Rechten ist mit ihrem Inhalt unvereinbar.“ Ähnlich Erman (-Aderhold), BGB I15, § 747 Rn. 3; MünchKomm (-Mohr), BGB VII7, § 1018 Rn. 21, MünchKomm (-K. Schmidt), BGB VI7, § 747 Rn. 15. 528 OLG Hamm, Beschluss v. 2.9.1980 – 15 W 237/79, RPfleger 1980, S. 468; Jauernig (-Berger), BGB18 , § 1018 Rn. 3; Staudinger (-J. Weber), BGB (2017), § 1018 Rn. 55. 529 Siehe hierzu § 2 IV. 1. a) aa) (3). 530 So namentlich NomosKomm (-Otto), BGB III4, § 1018 Rn. 118.
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Aus dem Gesetz ergibt sich ein Verbot einer Bruchteilsdienstbarkeit und eines Bruchteilserbbaurechts zwar nicht ausdrücklich.531 Auch verbietet sich das denktheoretische Konstrukt einer auf einen Miteigentumsanteil beschränkten Dienstbarkeit nicht per se. Dabei versteht sich von selbst, dass die „isolierte“ Dienstbarkeit nicht als beschränktes Gebrauchs- oder Herrschaftsrecht unter Ausschluss aller anderen Miteigentümer an einem realen Teil des Grundstücks in Analogie zu einer Dienstbarkeit i. S. d. § 7 Abs. 2 GBO532 zu konfigurieren ist. Mit einem Mit531 Als Belastungsgegenstand von Dienstbarkeiten scheiden Bruchteile an nicht grundstücksgleichen Rechten von vornherein aus. Aus der gesetzgeberischen Wertungsentscheidung, Dienstbarkeiten an realen Sachen und rein normativen Gegenständen generell zu exkludieren – auch eine isolierte Belastung von Grundstückszubehör scheidet aus (vgl. NomosKomm (-Otto), BGB III4, § 1018 Rn. 27) – folgt zwingend, dass Dienstbarkeiten erst recht nicht an anderen Sachen und Rechten bestehen können, die mehreren Personen in Bruchteilsgemeinschaft zugeordnet sind. Diskutabel ist nur die theoretische Belastung von Miteigentumsanteilen an Grundstücken und Bruchteilen grundstücksgleicher Rechte. Aus §§ 1095, 1106, 1114 (i. V. m. § 1192 Abs. 1) BGB im Wege eines argumentum e contrario zu schließen, dass Miteigentumsanteile an Grundstücken nur in den ausdrücklich erwähnten Konstellationen mit Dienstbarkeiten belastet werden könnten (so OLG Dresden, Beschluss v. 25.1.2010 – 3 W 246/09, ZfIR 2010, S. 545, 547), ist nicht zwingend, zumal § 1066 BGB die Zulässigkeit eines Nießbrauchs an einem Miteigentumsanteil eines Grundstücks auch ohne ausdrückliche Anordnung impliziert. Überdies erweitern die §§ 1095, 1106, 1114 (i. V. m. § 1192 Abs. 1) BGB nicht das Belastungspotential von Grundstücksbruchteilen, sondern begrenzen es – vorbehaltlich diverser Gegenausnahmen (siehe hierzu BeckOGK BGB (-Kern), Stand: 1.4.2019, § 1114 Rn. 16–24) – auf (bereits bestehende) Miteigentumsanteile an Grundstücken. Aus der verfahrensrechtlichen Norm des § 7 Abs. 2 S. 1 GBO, die ausschließlich für Dienstbarkeiten die materiellrechtlich wirksame Belastung realer Grundstücksbruchteile (ohne vorherige Abschreibung und Eintragung als neue Grundstücke) voraussetzt, folgt nicht im Umkehrschluss, dass die isolierte Belastung von Miteigentum verfahrens- oder materiellrechtlich unzulässig ist. Endlich lässt sich aus den in § 1009 Abs. 2 BGB verankerten Ausnahmen vom Verbot des Selbstkontrahierens (§ 181 BGB) bei der Bestellung subjektiv-dinglicher Rechte (§ 96 BGB), insbesondere Grunddienstbarkeiten, an oder zugunsten eines gemeinschaftlichen Grundstücks – vgl. MünchKomm (-K. Schmidt), BGB VII7, § 1009 Rn. 1; NomosKomm (-Nusser), BGB III4, § 1009 Rn. 3 – auch nicht im Umkehrschluss folgern, dass weder zugunsten von Miteigentumsanteilen subjektiv-dingliche Rechte an Grundstücken (der Miteigentümer) noch an Miteigentumsanteilen subjektiv-dingliche Rechte (zugunsten einzelner Miteigentümer) konstituiert werden können. Nach §§ 747 S. 1, 1094 Abs. 2, 1095, 1106 BGB ist es durchaus möglich, dass eine subjektiv-dingliche Reallast oder ein subjektiv-dingliches Vorkaufsrecht zugunsten eines Miteigentümers oder aller übrigen Miteigentümer als Eigentümer eines anderen Grundstücks an einem Miteigentumsanteil eines Teilhabers begründet wird, denn § 1009 Abs. 2 BGB bezieht sich tatbestandlich nur auf Belastungen des „gemeinschaftlichen Grundstücks“ mit subjektiv-dinglichen Rechten sowie auf die Bestellung subjektiv-dinglicher Rechte zugunsten des „gemeinschaftlichen Grundstücks“ und schließt daher die zulässigen Varianten der Belastung von Miteigentumsanteilen nach den allgemeinen Vorschriften nicht aus (vgl. NomosKomm (-Nusser), BGB III4, § 1009 Rn. 5). Welche Arten und Erscheinungsformen begrenzter Sachenrechte mit Miteigentumsanteilen zulässig sind, beantwortet das Gesetz freilich nicht. 532 Während die Ausübung einer am ganzen Grundstück eingeräumte Dienstbarkeit inhaltlich durch Einigung und Eintragung auf einen realen Teil des dienenden Grundstücks beschränkt werden kann (§ 1023 S. 1 BGB; MünchKomm (-Mohr), BGB VII7, § 1018 Rn. 21: sog. unechte Teilbelastung), scheidet eine uneinheitliche Belastung eines Grundstücks mit Dienstbarkeiten grundsätzlich aus. Soll nur ein Teil des Grundstücks belastet werden, bedarf es grundsätzlich der Abschreibung des zu belastenden Teils und der Eintragung desselben als selbstständiges Grundstück auf demselben oder einem neuen Grundbuchblatt; Belastungsgegenstand ist das neu entstande-
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eigentumsanteil korrespondiert nicht eine (ausschließliche) Nutzungs- oder Herrschaftsbefugnis über irgendeinen realen Teil eines Grundstücks; der Wirkungskreis jedes vom Miteigentümer selbst eingeräumten Rechts ist durch die identischen Rechte aller anderen Miteigentümer zwangsläufig beschränkt. Präzise betrachtet kann eine „Bruchteilsdienstbarkeit“ nur auf Ausübung oder Ausschluss der dem beschwerten Miteigentümer aus dem Gemeinschaftsverhältnis in Ansehung der Verwaltung und Benutzung des Grundstücks zustehenden Rechte „in einzelnen Beziehungen“ zielen.533 Auf der einen Seite dürften die dem Miteigentümer qua seines Anteils zugeordneten Benutzungs- und Verwaltungsrechte (§§ 743–745 BGB) – soll sich die Dienstbarkeit vom Bruchteilsnießbrauch (§ 1066 BGB) strukturell unterscheiden – nicht vollständig, sondern nur partiell dem Willen des Dienstbarkeitsberechtigten unterworfen sein. Auf der anderen Seite dürfte der betroffene Miteigentümer nicht Vereinbarungen mit den übrigen Miteigentümern treffen oder an Beschlüssen ohne Zustimmung des Dienstbarkeitsberechtigten mitwirken, die sich irgendwie auf die dem Dienstbarkeitsberechtigten im Verhältnis zum belasteten Miteigentümer reservierte gegenständlich beschränkte Gebrauchs- oder Herrschaftsbefugnis auswirken. Während sich der Nießbrauch am Miteigentumsanteil auf alle dem betroffenen Miteigentümer aus dem Gemeinschaftsverhältnis zustehenden Rechte (§ 1066 Abs. 1 BGB) bezieht, ließe sich nun aber aus Sicht des Rechtsverkehrs bei einer fiktiven Bruchteilsdienstbarkeit kaum verlässlich ermitteln, in welchem Umfang der Dienstbarkeitsberechtigte in das Programm der wechselseitigen Rechte und Pflichten der Miteigentümer anstelle oder neben den beschwerten Teilhaber träte. Würde z. B. ein Miteigentümer ein auf seinen Anteil beschränktes Kabelleitungs-, ein Wege- oder ein Parkplatznutzungsrecht bestellen, wäre der Dienstbarkeitsberechtigte gerade nicht zur tatsächlichen Benutzung des Grundstücks, sondern allenfalls zur Mitwirkung an Benutzungs- und Verwaltungsregelungen berechtigt, die sich sachbereichsspezifisch auf die reservierte Gebrauchsbefugnis auszuwirken ne Grundstück (vgl. § 7 Abs. 1 GBO). Das Verbot einer gespaltenen Belastung eines einheitlichen Grundstücks beruht vornehmlich auf praktischen Erwägungen: Angeblich führe die unterschiedliche Belastung eines einheitlichen Grundstücks zur Unübersichtlichkeit des Grundbuchs und zu Verwickelungen in der Zwangsvollstreckung (Maaß, MittBayNot 2012, S. 384, 385). Ausnahmsweise zulässig ist die Belastung realer Grundstücksteile mit Dienstbarkeiten gem. § 7 Abs. 2 GBO: Einer Abschreibung des zu belastenden Teils bedarf es nicht, wenn keine „Verwirrung“ zu besorgen ist. Dies setzt voraus, dass der zu belastende Teil eindeutig bestimmt werden kann und sich im Fall der Zwangsversteigerung keine Schwierigkeiten ergeben (OLG Köln, Beschluss v. 17.2.2012 – 2 Wx 19/12, MittBayNot 2012, S. 384). Zur Kennzeichnung dieses Teils wird die Vorlage eines beglaubigten Auszugs aus der amtlichen Katasterkarte verlangt (§ 7 Abs. 2 S. 2 GBO), es sei denn, dass der zu belastende Grundstücksteil schon eine eigene Flurstückbezeichnung hat und damit eindeutig bestimmt ist (OLG Köln, Beschluss v. 17.2.2012 – 2 Wx 19/12, MittBayNot 2012, S. 384). Die eng auszulegende Ausnahmevorschrift des § 7 Abs. 2 GBO wird damit gerechtfertigt, dass Dienstbarkeiten am Rechtsverkehr nicht in dem Maße teilnehmen wie andere dingliche Rechte und deshalb kein Bedürfnis für eine Abschreibung bestehe (OLG Köln, Beschluss v. 17.2.2012 – 2 Wx 19/12, MittBayNot 2012, S. 384). 533 So wohl NomosKomm (-Otto), BGB III4, § 1018 Rn. 118, der eine Parallele zur Regelung der Rechtskollisionen in §§ 1024, 1060, 1090 Abs. 2 BGB zieht.
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vermögen, was aber bei unzähligen Vereinbarungen und Beschlüssen der Miteigentümer nicht von vornherein auszuschließen sein dürfte. Sollten mehrere Miteigentümer jeweils potentiell unbeschränkt viele (ranggleiche) Bruchteilsdienstbarkeiten in Ansehung der potentiell unendlichen Gebrauchs- und Herrschaftsbefugnisse bestellen, die sich ggf. wechselseitig neutralisieren oder überlappen, bliebe völlig ungewiss, wer jeweils aus eigenem Recht an welcher Vereinbarung oder an welchem Beschluss der formal fortbestehenden Gemeinschaft mitzuwirken berechtigt wäre und, überdies, in welchem Verhältnis die aus dem Gemeinschaftsverhältnis resultierenden Rechte und Pflichten jedes einzelnen beschwerten Miteigentümers zwischen diesem und dem jeweiligen Inhaber der Bruchteilsdienstbarkeit aufzuteilen wären – die Miteigentümergemeinschaft wäre angesichts der kaum lösbaren Kompetenzabgrenzungskonflikte zur Handlungsunfähigkeit verdammt.534 Schon dies indiziert, dass eine Bruchteilsdienstbarkeit der Interessenlage der Beteiligten typischerweise zuwiderliefe.535 Offensichtlich unpassend wäre es denn auch, die auf den Nießbrauch am Miteigentumsanteil zugeschnittene Vorschrift des § 1066 Abs. 2 BGB auf Dienstbarkeiten zu erstrecken. Könnte der belastete Miteigentümer nicht ohne Zustimmung des Dienstbarkeitsberechtigten die Aufhebung der Gemeinschaft gem. § 749 Abs. 1 BGB verlangen, droht eine „Verewigung“ der doch auf Aufhebung gerichteten Bruchteilsgemeinschaft, die aus den aufgezeigten Gründen bei unterstellter Belastung mit Bruchteilsdienstbarkeiten an einer wirtschaftlich zweckmäßigen Nutzung und Verwaltung des Grundstücks 534 Deshalb verfängt das von NomosKomm (-Otto), BGB III4, § 1018 Rn. 118 vorgebrachte Argument, dass nach dem Gesetz auch eine koordinierte Ausübung mehrerer ranggleicher Dienstbarkeiten gem. § 1024 BGB möglich sei, nicht. Bei der Koexistenz mehrerer Dienstbarkeiten ist eine sinnvolle Grundstücksnutzung dadurch möglich, dass sich die Inhaber der ranggleichen Dienstbarkeiten, soweit sich diese inhaltlich überlappen und denselben räumlichen Ausübungsbereich betreffen, nicht anders als mehrere Berechtigte eines gemeinschaftlich zugeordneten Gegenstands im Innenverhältnis auf eine Koordination ihrer Benutzungsbefugnisse einigen müssen. Zwar besteht das Risiko, dass eine sinnvolle Benutzungsvereinbarung nicht gelingt und damit das Grundstück nicht optimal genutzt wird; diese Gefahr nimmt das Gesetz aber hin. Mit der hypothetischen Beschränkung von Dienstbarkeiten auf Miteigentumsanteile ist die gesetzlich geregelte Konstellation nicht vergleichbar, weil unklar bliebe, in welchem Umfang die Miteigentümerrechte exakt zwischen dem jeweiligen Miteigentümer und dem Dienstbarkeitsberechtigten verteilt sind, so dass es an einer verlässlichen Grundlage für eine schuldrechtliche Ausübungsregelung im Innenverhältnis fehlt. 535 Aus Sicht des Erwerbsinteressenten liegt es nahe, mit allen Miteigentümern eine Regelung zu treffen, die ihm ein gegenüber allen Teilhabern durchsetzbares Recht verschafft. Eine „kupierte“ Dienstbarkeit, die nicht allen Miteigentümern einheitlich entgegensetzbar ist, sondern allenfalls dazu berechtigt, mit den nicht gebundenen Miteigentümern schuldrechtliche Nutzungsregelungen an Stelle des beschwerten Teilhabers zu treffen, bleibt auf „halber Strecke“ stehen: Statt der umständlichen „isolierten“ Anteilsbelastung kann gleich eine obligatorische Benutzungs- und Verwaltungsvereinbarung mit allen Miteigentümern getroffen werden; das „dingliche“ Recht auf Abschluss schuldrechtlicher Regelungen bringt keinen nennenswerten Vorteil. Angesichts dessen ist kaum zu erwarten, dass sich ein verständiger Miteigentümer auf derartige sachenrechtliche Rechtsgeschäfte – ihre Zulässigkeit unterstellt – einlässt: Mit der Einräumung einer Bruchteilsdienstbarkeit dürfte ein Miteigentümer seinen Anteil – wegen der Bindung seiner Rechtsnachfolger – wirtschaftlich wohl eher entwerten als verwerten.
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dauerhaft gehindert ist. Lehnt man nun aber aus Gründen der gewünschten Auflösung der Gemeinschaft eine entsprechende Anwendung des § 1066 Abs. 2 BGB auf die Bruchteilsdienstbarkeit ab, wäre diese sinnentleert, weil sie sich wegen des in §§ 1018, 1090 Abs. 1 BGB geforderten Grundstücksbezugs nicht in Analogie zum Nießbrauch an nutzungsfähigen Surrogaten fortzusetzen vermag.536 Würde man gar dem „Dienstbarkeitsberechtigten“ einen seinem beschränktem Gebrauchsrecht entsprechenden Teil der dem beschwerten Miteigentümer zustehenden Früchte und Gebrauchsvorteile eines an die Stelle des Grundstücks tretenden Surrogates in entsprechender Anwendung von § 1066 Abs. 3 BGB unmittelbar zuordnen, hätte das geschaffene Recht mit dem gesetzlich definierten Rechtstypus der Dienstbarkeit nichts mehr zu tun. Die rechtstypische Integrität wäre beseitigt; der dem Numerus-Clausus Prinzip gemeinhin zugeschriebene Zweck einer gesamtwirtschaftlich zweckmäßigen Standardisierung monopolisierter Rechte537 drohte gänzlich verfehlt zu werden. Die Zwecklosigkeit dieser Rechtsfigur demonstriert auch die denktheoretische Möglichkeit einer auf einen Miteigentumsanteil beschränkten Unterlassungsdienstbarkeit i. S. v. §§ 1018 Var. 2 1090 Abs. 1 Var. 2 BGB. Würde eine Dienstbarkeit nur einen Miteigentümer verpflichten, einzelne tatsächliche Handlungen in Ansehung des Grundstücks im Verhältnis zum Dienstbarkeitsberechtigten nicht auszuüben, könnte der unerwünschte Gebrauch des dienenden Grundstücks gerade nicht praktisch wirksam unterbunden werden; ein Bebauungsverbot und vergleichbare „negative“ Dienstbarkeiten machen ersichtlich nur dann Sinn, wenn jedem Rechtssubjekt, insbesondere allen Miteigentümern, die jeweils unerwünschte tatsächliche Benutzung des dienenden Grundstücks untersagt werden kann. Auch für Rechtsausschließungsdienstbarkeiten i. S. v. §§ 1018 Var. 3, 1090 Abs. 1 Var. 2 BGB ist keine veränderte Betrachtungsweise geboten. Soweit mit Blick auf teilbare Forderungen von Miteigentümern eine Ausnahme von dem Rechtsgrundsatz, dass Dienstbarkeiten nur am gemeinschaftlichen Grundstück bestehen können, für Rechtsverzichtsdienstbarkeiten i. S. d. § 1018 Var. 3 BGB postuliert wird,538 536 Der Dienstbarkeitsberechtigte müsste mithin jederzeit damit rechnen, dass sein Recht infolge des Vollzugs des Aufhebungsanspruchs des beschwerten Miteigentümers (oder auch eines anderen Miteigentümers) aus § 749 Abs. 1 BGB durch Teilungsversteigerung gem. §§ 180 ff. ZVG ohne seine Mitwirkung vollständig erlischt, obschon sich die Bruchteilsgemeinschaft an dem durch Versteigerung erzielten Erlös fortsetzt. 537 Grundlegend Merrill/Smith (2000–2001) 110 Yale L. J. 1, 24–42, 68–70; Kern, Typizität als Strukturprinzip des Privatrechts, S. 508–523; zur umstrittenen Legitimation des sachenrechtlichen Numerus Clausus siehe § 13 I. 1. 538 So OLG Hamm, Beschluss v. 2.9.1980 – 15 W 237/79, RPfleger 1980, S. 468; Jauernig (-Berger), BGB17, § 1018 Rn. 3; Staudinger (-J. Weber), BGB (2017), § 1018 Rn. 55; BGH, Urteil v. 19.5.1989 – V ZR 182/87, NJW 1989, S. 2391, 2392 lässt die Frage offen; ebenso lässt OLG Dresden, Beschluss v. 25.1.2010 – 3 W 246/09, ZfIR 2010, S. 545, 547 die Frage dahinstehen; ablehnend Schöner/Stöber (-Schöner/Stöber), Grundbuchrecht15, Rn. 1117. Nach OLG Hamm, Beschluss v. 2.9.1980 – 15 W 237/79, RPfleger 1980, S. 468 kann eine als „Bergschadensminderungsverzicht“ in den einzelnen Wohnungsgrundbüchern eines in Wohnungseigentum geteilten Grundstücks eingetragene Grunddienstbarkeit durch Verfügung seitens der dienstbarkeitsberechtigten Eigentümerin eines Steinkohlebergwerks zugunsten eines einzelnen Wohnungseigentums aufgehoben
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ignoriert diese Ansicht, dass Forderungen, die einer Bruchteilsgemeinschaft zustehen, ungeachtet natürlicher Teilbarkeit des Leistungssubstrats auf eine an alle Miteigentümer zu bewirkende rechtlich unteilbare Leistung gerichtet sind.539 Solange die Gemeinschaft nicht beendet ist, macht es nun aber wenig Sinn, die Einziehungs- und Empfangszuständigkeit eines Teilhabers auszuschließen, wenn die anderen Miteigentümer als Mitgläubiger gem. § 432 Abs. 1 S. 1 BGB die gemeinschaftliche Forderung in voller Höhe geltend machen können. Als Äquivalent „isolierter“ Rechtausschließungsdienstbarkeiten erkennt das Gesetz folgerichtig nur an, dass entsprechende Vereinbarungen, z. B. ein Teilungsausschluss, zwischen den Miteigentümern durch Grundbucheintragung zum Inhalt des Miteigentums gemacht werden können (§ 1010 Abs. 1 BGB).540
werden. Es sei nicht ausgeschlossen, eine Dienstbarkeit i. S. d. § 1018 Var. 3 BGB, mit der die Ausübung eines aus dem Eigentum an dem belasteten Grundstück dem anderen Grundstück gegenüber sich ergebenden Rechts ausgeschlossen werden soll, auf einen Miteigentumsanteil zu beschränken, wenn hierdurch nicht ein tatsächliches Verhalten, sondern z. B. die Geltendmachung einer den Miteigentümern zustehenden teilbaren Geldforderung ausgeschlossen werde. Dies sei bei dem streitgegenständlichen verschuldensunabhängigen Bergschadensersatzanspruch der Fall, weil sich dieser aus dem mit einer Duldungspflicht hinsichtlich des Bergbaus belegten Grundstück gegenüber dem grundstücksgleichen Bergwerkseigentum ergebe. Obschon wegen der Zweckgebundenheit dieser Schadensersatzforderung hinsichtlich des gemeinschaftlichen Grundstücks „an sich“ eine rechtlich unteilbare Leistung gegeben sei, stehe es den Miteigentümern frei, diese Forderung aufzuteilen und damit der gemeinschaftlichen Bindung zu entziehen. Weil indes die Grunddienstbarkeit bereits vom früheren Alleineigentümer des ungeteilten Grundstücks eingeräumt und im Zuge der Aufteilung des Grundstücks in Sondereigentum für jedes einzelne Wohnungseigentum eine entsprechende Grunddienstbarkeit im Grundbuch eingetragen worden war, sollte es auf eine entsprechende rechtsgeschäftliche Teilung der gemeinschaftlichen Forderung der Miteigentümer nicht mehr ankommen: Mit der Aufteilung des Grundstücks sei die Trennung der gemeinschaftlichen Entschädigungsforderung in quotale Einzelforderungen der Miteigentümer vorweggenommen worden. Nach Ansicht des Senats bezog sich der durch Grunddienstbarkeit eingeräumte Verzicht somit nicht auf die ganze teilbare Entschädigungsforderung wegen Bergbaueinwirkungen am gemeinschaftlichen Grundstück, sondern auf die dem jeweiligen Wohnungseigentümer zugeordnete Teilforderung. Weil die Aufhebung der den Schadensersatzanspruch des einzelnen Miteigentümers exkludierenden Dienstbarkeit die Rechtssphäre der anderen Miteigentümer nicht berühre, sei die Löschung der streitgegenständlichen Grunddienstbarkeit in einem Wohnungsgrundbuch qua Bewilligung der Dienstbarkeitsberechtigten zulässig. Dies überzeugt nicht. Es versteht sich von selbst, dass der Miteigentümer qua seiner Rechtsposition als Wohnungseigentümer auf die von der Entschädigung wegen des beschädigten gemeinschaftlichen Grundstücks zu unterscheidende (ungeteilt dem jeweiligen Wohnungseigentümer zustehende) Forderung auf Ersatz der dem Wohnungseigentum zugefügten Schäden verzichten kann. Mit der Aufteilung des Grundstücks in Wohnungseigentumseinheiten und isolierte Belastungen sämtlicher Wohnungseigentumsrechte ist aber entgegen der Ansicht des Senats nicht notwendig eine Aufteilung der auf Ersatz der Schäden am „Restgrundstück“ gerichteten gemeinschaftlichen Forderung aller Miteigentümer verbunden; insoweit steht die Forderung, solange keine Aufhebung der Gemeinschaft erfolgt – und dafür war in casu nichts ersichtlich – weiterhin der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer als Mitgläubiger gem. § 432 BGB zu (i. E. wie hier Schöner/Stöber (-Schöner/Stöber), Grundbuchrecht15, Rn. 1117). 539 St. Rspr. des BGH, vgl. BGH, Urteil v. 14.11.2014 – V ZR 90/13, NJW 2015, S. 1238, 1239 Rn. 13 m. w. N.; Staudinger (-Looschelders), BGB (2017), § 432 Rn. 24 m. w. N. 540 Siehe hierzu § 4 II. 2. a).
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(2) Die Belastung des Sondereigentums Ein stichhaltiges Argument für die Zulässigkeit der Bruchteilsdienstbarkeit folgt auch nicht daraus, dass anerkanntermaßen Wohnungseigentümer Dienstbarkeiten am Sondereigentum einräumen können.541 Die gesetzlich angeordnete Synthese von Sondereigentum und Miteigentumsanteil (§ 6 Abs. 1 WEG)542 ändert nichts daran, dass sich das Sondereigentum an einer als „juristisches“ Grundstück konzipierten Wohnung von einem bloßen Miteigentumsanteil qualitativ unterscheidet: Es steht Alleineigentum an einem nicht real-ideell geteilten Grundstück gleich.543 Soweit sich Dienstbarkeiten auf einzelne Wohnungs- oder Teileigentumsrechte beziehen, resultieren diese zwar aus einer Belastung des aus Sondereigentum und Miteigentumsanteil zusammengesetzten Verfügungsobjekts. Die Dienstbarkeit verleiht aber lediglich beschränkte Gebrauchs- oder Herrschaftsbefugnisse in Ansehung des Sondereigentums: Weder ermöglicht die Dienstbarkeit eine Teilhabe an den mit dem Miteigentumsanteil verbundenen Benutzungs- und Verwaltungsrechten in Ansehung des gemeinschaftlichen Grundstücks gem. §§ 13 Abs. 2, 14–16 WEG noch folgen aus der auf das Sondereigentum bezogenen Dienstbarkeit den Wirkungskreis des Sondereigentums überschreitende Gebrauchs- und Herr541
BGH, Urteil vom 19.5.1989 – V ZR 182/87, NJW 1989, S. 2391. Wohnungs- oder Teileigentum ist nach inzwischen ganz h. A. kein bloßes grundstücksgleiches Recht, sondern „echtes Eigentum“, dessen Besonderheit in der zwingenden gesetzlichen Verbindung zwischen dem Sondereigentum an einer Wohnung oder einem sonstigen Raum mit dem Miteigentum am Restgrundstück liegt (vgl. BGH, Beschluss v. 17.1.1968 – V ZB 9/67, BGHZ 49, S. 250, 252; NomosKomm (-Heinemann), BGB III4, § 1 WEG Rn. 1). Das Sondereigentum kann mithin nicht ohne einen Miteigentumsanteil am Grundstück entstehen; es erlischt notwendigerweise mit der Aufhebung des Miteigentums nach Bruchteilen am gemeinschaftlichen Grundstück; Sondereigentum und Miteigentumsanteil bilden gem. § 6 WEG eine unzertrennliche Verfügungseinheit. 543 Ist das Sondereigentum hingegen in ideelle Anteile aufgeteilt (vgl. BGH, Beschluss vom 17.1.1968 – V ZB 9/67, NJW 1968, S. 499), scheidet eine isolierte Belastung einzelner Sondereigentumsanteile nach den vorstehenden Ausführungen gleichfalls aus. Auch hier gilt der Grundsatz, dass Dienstbarkeiten nur das ganze „Grundstück“, mithin den Bezugspunkt des Sondereigentums und nicht einen bloßen intellektuellen Anteil desselben erfassen. Für das Wohnungs- oder Teileigentum gilt nichts anderes als für Alleineigentum an anderen Grundstücken. Möglich ist zum einen eine Aufteilung des Sondereigentums in Miteigentumsanteile – was dazu führt, dass an dem mit dem ideell aufgeteilten Sondereigentum verbundenen Miteigentumsanteil (am gemeinschaftlichen Restgrundstück) eine sog. Untergemeinschaft entsteht (vgl. NomosKomm (-Heinemann), BGB III4, § 6 WEG Rn. 12) –, und zum anderen eine gemischt ideell-reale Teilung, wodurch an den neu entstehenden Räumen wiederum Sondereigentum entsteht, das zwingend jeweils mit einem Miteigentumsanteil am Restgrundstück verbunden ist (BGH, Beschluss v. 17.1.1968 – V ZB 9/67, NJW 1968, S. 499; Staudinger (-Rapp), BGB (2005), WEG, § 6 Rn. 3–4). Während die gemischt ideell-reale Teilung des Sondereigentums in analoger Anwendung des § 8 WEG durch einseitige Erklärung des Alleineigentümers des Sondereigentums und Eintragung im Grundbuch bewirkt werden kann (statt vieler NomosKomm (-Heinemann), BGB III4, § 6 WEG Rn. 13), ist eine rein ideelle Teilung des Sondereigentums nach allgemeinen Grundsätzen nicht ohne gleichzeitige Veräußerung eines Anteils an eine mit dem bisherigen Alleineigentümer nicht identische Person zulässig; ein Vorratsteilung scheidet ebenso wie beim „normalen“ Grundstückseigentum aus (vgl. BGH, Beschluss v. 17.1.1968 – V ZB 9/67, NJW 1968, S. 499). 542 Das
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schaftsbefugnisse am gemeinschaftlichen „Restgrundstück“ aller Wohnungseigentümer. Daraus folgt freilich nicht, dass sich der räumliche Ausübungsbereich einer ausschließlich an einem Sondereigentum bestehenden Dienstbarkeit zwangsläufig auf die dem Wohnungs- oder Teileigentümer zugeordneten Räume beschränken muss und nicht in die räumliche Sphäre des Restgrundstücks „hineinragen“ kann.544 Ein 544 Nach der Rechtsprechung des BGH ist es unschädlich, wenn das Objekt der Ausübungsberechtigung des Dienstbarkeitsberechtigten nicht ausschließlich dem Wohnungseigentum zuzurechnen ist, sondern sich auch auf gemeinschaftliche Anlagen erstreckt (vgl. BGH, Urteil v. 19.5.1989 – V ZR 182/87, NJW 1989, S. 2391). Zulässig ist hiernach z. B. eine zugunsten des Wohnungseigentums eines anderen Sondereigentümers eingeräumte Grunddienstbarkeit, die den belasteten Wohnungseigentümer verpflichtet, die Fenster des belasteten Wohnungseigentums dauerhaft geschlossen zu halten. So sei es unerheblich, ob die Fenster in vollem Umfang zum gemeinschaftlichen Eigentum oder mit der Innenseite zum Sondereigentum an der Wohnung gehörten. Es komme nur darauf an, dass mit der Bestellung einer Fensterschließdienstbarkeit nicht in das gemeinschaftliche Eigentum eingegriffen werde. Diese Voraussetzung sei hier erfüllt. Das alleinige Nutzungsrecht des Wohnungseigentümers an seiner Wohnung beziehe sich nämlich allgemein auf die zur Wohnung gehörenden Räume und nicht nur auf das Eigentum an den sonderrechtsfähigen Gebäudebestandteilen. Dieses ausschließliche Nutzungsrecht des Wohnungseigentümers umfasse die Befugnis, nach Belieben die Fenster der Wohnung zu öffnen und zu schließen. Eine Belastung des gemeinschaftlichen Eigentums durch Eintragung einer Dienstbarkeit auf allen Wohnungseinheiten ist hiernach also dann nicht erforderlich, wenn dem Ausübungsgegenstand der Dienstbarkeit im Gemeinschaftseigentum stehende Gebäudeteile zuzurechnen sind, die zur Wohnung gehören und deshalb vom alleinigen Nutzungsrecht des Wohnungseigentümers umfasst sind. Wenngleich die Entscheidung im Ergebnis überzeugt, ist die vom Senat zugrunde gelegte Prämisse, dass sich das alleinige Nutzungsrecht gem. § 13 Abs. 1 WEG auf die zur Wohnung gehörenden Fenster beziehe, obschon diese (jedenfalls mit der Außenseite) zum gemeinschaftlichen Eigentum gehören, zweifelhaft. Zwar gehören zum Gegenstand des Sondereigentums nach § 5 Abs. 1 WEG auch die mit den Sondereigentumsräumen tatsächlich verbundenen, außerhalb der Wohnung liegenden (wesentlichen) Gebäudebestandteile. Richtig ist zudem, dass sich das alleinige Nutzungsrecht des Wohnungseigentümers auf nicht zum Gegenstand des Sondereigentums gem. § 5 Abs. 1 WEG gehörende Bestandteile des gemeinschaftlichen Grundstücks erstrecken kann. Letzteres gilt nach der Systematik des WEG aber nur unter der Voraussetzung, dass dem Wohnungseigentümer ein Sondernutzungsrecht zusteht, welches die Mitgebrauchsbefugnis (§ 13 Abs. 2 S. 1 WEG) aller anderen Miteigentümer ausschließt. Methodologisch inkonsistent ist es, aus diesem Befund im Wege eines argumentum a fortiori abzuleiten, dass sich die alleinige Nutzungsbefugnis erst recht auf zum gemeinschaftlichen Eigentum zählende Bestandteile der „Wohnung“ erstrecken müsse, wenn schon „außerhalb der Wohnung“ liegende Flächen des gemeinschaftlichen Grundstücks mittels eines Sondernutzungsrechts von der alleinigen Nutzungsbefugnis umfasst sein könnten. Diese raumgegenständliche Betrachtungsweise wird den sachenrechtlichen Zuordnungsverhältnissen nicht gerecht. Sind die Fenster Bestandteil des gemeinschaftlichen Eigentums, gehören sie de iure ebenso wenig wie ggf. mit Sondernutzungsrechten belegte Garagen, Kellerräume oder Außenflächen zu den „Räumen“ des Wohnungseigentümers. Alles, was nicht dem Gegenstand des Sondereigentums zugehörig ist, gehört zum gemeinschaftlichen Grundstück der Miteigentümer; zwischen „innerhalb“ und „außerhalb“ der Wohnung liegenden Bestandteilen des gemeinschaftlichen Eigentums gibt es keinen sachenrechtlich relevanten Unterschied. Gleichwohl ist der Entscheidung des BGH i. E. zu folgen: So käme niemand auf die Idee, dem Wohnungseigentümer ein Sondernutzungsrecht an den „innerhalb“ seiner Wohnung gelegenen Bestandteilen des gemeinschaftlichen Grundstücks, namentlich den Fenstern, einzuräumen, weil hierfür kein praktisches Bedürfnis besteht. Auf der Hand liegt, dass nur der Wohnungseigentümer über das Öffnen und Schließen der in seiner Wohnung befindlichen Fenster entscheiden kann; ein schutzwürdiges Interesse an einem Mitgebrauchsrecht aller anderen Mit-
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(ungeschriebenes) sachenrechtliches Kongruenzgebot zwischen Nutzungs- und Belastungsgegenstand einer Dienstbarkeit existiert nicht. Wenn es unstreitig möglich ist, den räumlichen Ausübungsbereich einer das ganze Grundstück erfassenden Dienstbarkeit auf reale Grundstücksteile zu beschränken (§ 1023 S. 1 BGB),545 spricht umgekehrt nichts gegen die Zulässigkeit einer die räumlichen Grenzen des Belastungsgegenstandes überschreitenden Dienstbarkeit, soweit sich der Nutzungsgegenstand innerhalb der sondereigentumsvermittelten Ausschließungsbefugnis über den außerhalb der Wohnung liegenden Teil des gemeinschaftlichen Grundstücks hält.546 Denn unter dieser Prämisse ist ein Eingriff in den Zuständigkeitsbereich der übrigen Wohnungseigentümer ausgeschlossen.547 (3) Hinkende Belastungsverhältnisse kraft gutgläubigen Erwerbs? Kann hiernach eine Dienstbarkeit nicht rechtsgeschäftlich an einem einzelnen Miteigentumsanteil eingeräumt werden,548 folgt hieraus der inverse Grundsatz, dass glieder der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer ist nicht ersichtlich, zumal der Mitgebrauch notwendigerweise mit einem empfindlichen Eingriff in das verfassungsrechtlich garantierte Wohnungsrecht des betreffenden Wohnungseigentümers gem. Art. 13 GG verbunden wäre. Einer Gebrauchsregelung nach § 15 WEG bedarf es deshalb aber auch nicht. Wie Ott, DNotZ 1998, S. 125, 130 darlegt, dürfte eine Mitgebrauchsbefugnis der anderen Wohnungseigentümer aus § 13 Abs. 2 S. 1 WEG im Hinblick auf die innerhalb der Wohnung eines Wohnungseigentümers befindlichen Fenster nach § 14 Nr. 1 WEG ausscheiden, weil der Mitgebrauch nur mit erheblichen Beeinträchtigung des betreffenden Wohnungseigentums ausgeübt werden kann; die Interessenkollision ist mithin zugunsten des Wohnungseigentümers aufzulösen. 545 Siehe nur MünchKomm (-Mohr), BGB VII7, § 1018 Rn. 21; NomosKomm (-Otto), BGB III4, § 1018 Rn. 69. 546 Vgl. BGH, Urteil v. 19.5.1989 – V ZR 182/87, NJW 1989, S. 2391. Auch im Hinblick auf die höchst umstrittene inhaltliche Beschränkung einer Dienstbarkeit am Sondereigentum auf die Ausübung eines mit dem Sondereigentum verbundenen Sondernutzungsrechts i. S. v. § 10 Abs. 3 WEG bestehen m. E. keine durchgreifenden Bedenken; siehe bereits § 2 II. 2. b) mit Fn. 274. 547 Aus diesem Grund ist die Belastung des Sondereigentums mit einem Erbbaurecht unzulässig (allg. Ansicht, siehe nur NomosKomm (-Heinemann), BGB III4, § 6 WEG Rn. 21). Das „Haben eines Bauwerks“ i. S. v. § 1 Abs. 1 ErbbauRG – d. h. die Befugnis zur Nutzung des Grundstücks als Baugrund, die Errichtung und Nutzung des Bauwerks sowie die von §§ 93, 94 Abs. 1 BGB abweichende Eigentumszuordnung an dem dem Erbbaurecht gem. § 12 Abs. 1 S. 1 ErbbauRG zugeordneten Bauwerk – griffe notwendigerweise in die Rechtskreise aller Miteigentümer des gemeinschaftlichen Grundstücks ein. Selbst wenn das Sondereigentum mit einem Sondernutzungsrecht an außerhalb des Sondereigentums stehenden Grundstücksbestandteilen verbunden wären, die rein faktisch als physisches Substrat eines Bauwerks dienen könnten, ändert das vertragliche Sondernutzungsrecht an Außenflächen des gemeinschaftlichen Grundstücks nicht die Eigentumszuordnung: Der sondernutzungsberechtigte Wohnungseigentümer würde selbst nicht Alleineigentum, sondern Miteigentum gem. §§ 93, 94 Abs. 1 BGB an dem auf den Außenflächen errichteten Bauwerk erwerben und könnte deshalb auch keinem anderen Rechtssubjekt ohne Mitwirkung der anderen Miteigentümer ein Erbbaurecht durch Belastung seines Sondereigentums nach § 747 S. 1 BGB vermitteln. 548 Ein Blick auf das österreichische Recht untermauert diese Lösung. Die Grundstrukturen des im 16. Hauptstück des ABGB normierten gemeinschaftlichen Eigentums (§§ 825–858 ABGB) decken sich vollständig mit der Ausgestaltung des Gemeinschaftsrechts und des Miteigentums nach Bruchteilen im BGB. Nach der Konzeption des ABGB ist das Eigentum selbst, wie sich aus § 825 S. 1 ABGB ergibt, „ungetheilt“; andererseits geht das ABGB auch nicht von einer Kollision
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eine partielle „Entlastung“ eines dienenden Grundstücks durch rechtsgeschäftlichen oder gesetzlichen Erwerb einzelner Miteigentumsanteile gleichfalls ausscheidet. Im Zusammenhang der Zwangsversteigerung und des gutgläubigen Erwerbs von Miteigentumsanteilen hat dies einschneidende Konsequenzen:549 Während am Grundstück bestehende Hypotheken, Grund- und Rentenschulden, Reallasten, Nießbrauchs- und Vorkaufsrechte allenfalls an dem Erwerbsgegenstand – an konkurrierender „Eigentumsrechte“ an der Sache aus: Im Gegensatz zum Gesamthandseigentum stehen allen Miteigentümern individuelle Anteile zu, über die sie selbstständig verfügen; die Anteile können frei veräußert, verpfändet und nach allg. Ansicht auch mit Fruchtgenussrechten belastet werden (st. Rspr. des OGH, siehe zuletzt OGH 22.11.2016 – 5 Ob 154/16g, JBl 2017, S. 399; Koziol/Bydlinski/Bollenberger (-Koch), ABGB4, § 509 Rn. 3; Rummel (-Hofmann), ABGB I3, § 509 Rn. 1). Zwar ist die Gemeinschaft selbst nicht Zuordnungssubjekt von Rechten und Pflichten (vgl. Iro, Sachenrecht6 , Rn. 5/5); die Miteigentümer „stellen aber Eine Person vor“ (§ 828 Abs. 1 S. 1 ABGB), d. h. im Außenverhältnis stehen allen Miteigentümer zusammen die Herrschaftsbefugnisse eines Alleineigentümers zu. Am Grundstück oder auch nur an seinem ideellen Anteil vermag ein Miteigentümer nach einhelliger Ansicht keine Grunddienstbarkeiten und persönliche Dienstbarkeiten zu bestellen (st. Rspr. des OGH, vgl. zuletzt OGH 21.5.2015 – 1 Ob 87/15y, RISJustiz: RS0049051); die Bestellung einer Servitut oder deren Erweiterung wird von der Judikatur als Verfügung über das Recht der Miteigentümer im Ganzen analysiert, die notwendigerweise der Zustimmung aller Miteigentümer bedürfe (vgl. auch § 828 Abs. 1 S. 2 ABGB). Mithin steht auch die österreichische Konfiguration begrenzter Gebrauchs- und Herrschaftsrechte an Grundstücken einer bloßen Belastung ideeller Anteile entgegen, weil zwangsläufig in die Rechtssphäre der übrigen Teilhaber am Grundstück eingegriffen werden würde (Iro, Sachenrecht6 , Rn. 15/2). Anderes gilt aber für das Fruchtgenussrecht: Wenngleich sowohl ein Miteigentümer seinen ideellen Anteil als auch – in Übereinstimmung mit der allgemeinen Ansicht in Deutschland – ein Alleineigentümer ideelle Anteile seiner Sache mit einem Fruchtgenussrecht belasten kann (vgl. OGH 9.6.1998 – 5 Ob 114/98w, RIS-Justiz: RS0011833), soll es einem Miteigentümer eines Grundstücks selbst dann nicht freistehen, ein Fruchtgenussrecht an einem realen Teil des Grundstücks zu bestellen, wenn dem Miteigentümer kraft einer ggf. nach § 828 Abs. 2 ABGB im Grundbuch angemerkten Gebrauchsregelung zwischen allen Teilhabern die ausschließliche Nutzung eines bestimmten räumlichen Grundstücksteils zusteht; der Bestand des „dinglichen“ Rechts dürfe nicht vom Fortbestand einer bloßen schuldrechtlichen Abrede zwischen den Miteigentümern abhängig sein, die auch ohne Mitwirkung des Fruchtnießers aufgehoben werden könnte (vgl. OGH 9.9.2008 – 5 Ob 89/08m, RIS-Justiz: RS0013602). 549 Im Kontext der Tabularersitzung von Miteigentumsanteilen gem. § 900 Abs. 1 BGB stellt sich die Alternative zwischen einem partiellen Fortbestand bestehender Dienstbarkeiten und einer totalen Entlastung des Grundstücks von vornherein nicht, weil bestehende Belastungen allein durch die Ersitzung nicht berührt werden (NomosKomm (-Krause), BGB III4, § 900 Rn. 11; Staudinger (-Picker), BGB (2019), § 900 Rn. 23). Sind die betreffenden Rechte freilich nicht im Grundbuch eingetragen, erlöschen sie nach Maßgabe von § 901 S. 1 BGB insgesamt am ganzen Grundstück bei Verjährung des Rechtsverwirklichungsanspruchs, z. B. des Anspruchs des Dienstbarkeitsberechtigten aus §§ 1027, 1004 Abs. 1 BGB (Erman (-Grziwotz), BGB II15, Vor § 1018 Rn. 15; Staudinger (-Picker), BGB (2019), § 901 Rn. 8). Ein partielles Erlöschen der am ganzen Grundstück bestehenden Rechte ist zwar in der Konstellation eines in Wohnungs- oder Teileigentum aufgeteilten Grundstücks (sowie bei Wohnungs- oder Teilerbbaurechten) denkbar, wenn die das gemeinschaftliche Grundstück erfassende Rechte nicht in allen Wohnungsgrundbüchern eingetragen sind. Sollten hiernach an einzelnen mit Sondereigentum verbundenen Miteigentumsanteilen bestehende Rechte erlöschen, die nur das Grundstück insgesamt ergreifen (Grunddienstbarkeiten, beschränkte persönliche Dienstbarkeiten, Erbbaurechte, Dauerwohnrechte), dürfte dies, wenn man sich der h. A. zur „überschießenden“ Wirkung des Miteigentumserwerbs in der Zwangsversteigerung und durch gutgläubig-lastenfreien Erwerb anschließt, zum vollständigen Erlöschen dieser Rechte führen.
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dem jeweils versteigerten oder gutgläubig-lastenfrei erworbenen Miteigentumsanteil – erlöschen, besteht bei Grunddienstbarkeiten, beschränkten persönlichen Dienstbarkeiten, Dauerwohnrechten und Erbbaurechten nach ganz überwiegender Auffassung nur die Alternative zwischen einem vollständigen Erlöschen und dem ungeschmälerten Fortbestand derselben am „ganzen“ Grundstück.550 Die Zwangsversteigerung eines Miteigentumsanteils beseitigt hiernach die am ganzen Grundstück bestehenden Rechte, soweit sie nicht nach Maßgabe der Versteigerungsbedingungen fortbestehen (§ 91 Abs. 1 ZVG).551 Desgleichen erlöschen eintragungsbedürftige, aber nicht eingetragene Grundstücksrechte nach Ansicht des BGH552 , einiger Oberlandesgerichte553 und der h. L.554 durch gutgläubig-las550 Palandt (-Herrler), BGB78 , § 1018 Rn. 36; Staudinger (-Picker), BGB (2019), § 892 Rn. 224; BeckOGK BGB (-Hertel), Stand: 1.12.2017, § 892 Rn. 104.1, der aber die Frage aufwirft, ob im Fall des gutgläubig-lastenfreien Miteigentumserwerbs eine relative Fortwirkung der Dienstbarkeit im Verhältnis zu den anderen Miteigentümern mit der Folge „hinkender Rechtsverhältnisse“ möglich sei. 551 KG, Beschluss v. 10.8.1974 – 1 W 955/73, MDR 1975, S. 151; OLG Düsseldorf, Beschluss v. 22.9.2010 – 3 Wx 46/10, RNotZ 2011, S. 40; Erman (-Grziwotz), BGB II15, Vor § 1018 Rn. 15; Palandt (-Herrler), BGB78 , § 1018 Rn. 36. Die damit verbundenen Härten für Dienstbarkeitsberechtigte hat der Gesetzgeber ausschließlich für die Zwangsvollstreckung in Wohnungseigentum teilweise entschärft: Erstrangige Dienstbarkeiten bleiben nach § 52 Abs. 2 S. 2 ZVG bei einer Zwangsversteigerung wegen Hausgeldansprüchen der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer und Rückgriffsansprüchen einzelner Miteigentümer (§ 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG) bestehen. Im Übrigen bleiben am ganzen Grundstück bestehende (erstrangige) Dienstbarkeiten der Gefahr eines vollständigen Rechtsverlusts im Wege einzelner (ggf. mit Sondereigentum verbundener) Miteigentumsanteile ausgesetzt. 552 BGH, Beschluss v. 23.7.2015 – V ZB 1/14, NJW-RR 2015, S. 1497. Das streitgegenständliche Grundstück war in 26 Wohnungs- und Teileigentumseinheiten aufgeteilt. Am gemeinschaftlichen Grundstück entstand kraft Gesetzes eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit (für eine Schmutzwasserleitung) außerhalb des Grundbuchs für den Antragsteller, einen Landkreis, nach § 9 Abs. 1 S. 1 GBBerG i. V. m. § 4 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 lit. b) SachenR-DV. Später wurde eine Wohnungseinheit übertragen. Erst danach stellte der Landkreis einen Antrag auf Eintragung der Dienstbarkeit. Der Antrag wurde zurückgewiesen; auch die Beschwerde und die Rechtsbeschwerde blieben erfolglos. Die Dienstbarkeit war nämlich durch gutgläubig-lastenfreien Erwerb gem. § 9 Abs. 1 S. 2 GBBerG i. V. m. § 892 Abs. 1 S. 1 BGB erloschen. Im Gegensatz zu den bereits vor Inkrafttreten des BGH entstandenen Grunddienstbarkeiten nach Art. 187 Abs. 1 EGBGB sind Anlagen- und Leitungsdienstbarkeiten i. S. d. § 9 Abs. 1 S. 1 GBBerG nicht dauerhaft vom Buchungszwang befreit; die kraft Gesetzes entstandene Dienstbarkeit hätte also, um gegen einen lastenfreien Erwerb des Grundstücks dauerhaft „immun“ zu bleiben, bis zum 31.12.2010 eingetragen werden müssen. Dies war hier nicht der Fall; die aufgrund eines nach dem 31.12.2010 gestellten Umschreibungsantrags erfolgte Eintragung des Eigentumsübergangs an einer Wohnungseinheit führte nach Ansicht des BGH zum vollständigen Untergang der Dienstbarkeit. 553 OLG Jena, Beschluss v. 2.2.2012 – 9 W 390/11, FGPrax 2012, S. 55, 56; OLG Brandenburg, NJW-RR 2015, S. 15. 554 BeckOK, BGB (-Eckert), Stand: 1.5.2019, § 892 Rn. 27; MünchKomm (-Kohler), BGB VII7, § 892 Rn. 70; Palandt (-Herrler), BGB78 , § 1008 Rn. 6, § 1018 Rn. 36; Staudinger (-J. Weber), BGB (2017), § 1018 Rn. 185a; zustimmend, das Ergebnis freilich für „unschön“ erachtend BeckOGK BGB (-Hertel), Stand: 1.12.2017, § 892 Rn. 104.1; grundsätzlich auch NomosKomm (-Otto), BGB III4, § 1018 Rn. 118, der aber für eine Revision des allgemeinen Rechtsgrundsatzes eintritt, dass es an einzelnen Miteigentumsanteile keine Dienstbarkeiten geben könne; aus den o. g. Gründen ist dies de lege lata indes ausgeschlossen. Demgegenüber verneint Staudinger (-Picker), BGB (2019), § 892 Rn. 224 einen gutgläubig-lastenfreien Miteigentumserwerb in Bezug auf Dienstbarkeiten
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tenfreien Erwerb eines Miteigentumsanteils nach Maßgabe des § 892 BGB, es sei denn, dass sie an den übrigen Miteigentumsanteilen gesondert fortbestehen können.555 schlechthin, weil relative Fortgeltung der Dienstbarkeit im Verhältnis zu übrigen Miteigentümern unmöglich sei. 555 Zumindest bis zur richtungsweisenden Entscheidung des 5. Zivilsenats des BGH (Beschluss v. 23.7.2015 – V ZB 1/14, NJW-RR 2015, S. 1497) waren die Auswirkungen des rechtsgeschäftlichen Erwerbs von Miteigentumsanteilen an Grundstücken in Bezug auf nicht eingetragene, dem Erwerber unbekannte Dienstbarkeiten in Rspr. und Lehre umstritten. Einen gutgläubig-lastenfreien Erwerb verneinend OLG Dresden, Beschluss v. 25.1.2010 – 3 W 246/09, ZfIR 2010, S. 545 m. abl. Anm. Heggen; zustimmend Staudinger (-Picker), BGB (2019), § 892 Rn. 224. In dem der Entscheidung des OLG Dresden zugrundeliegenden Fall war die zunächst an einem ungeteilten Grundstück wirksam bestellte Grunddienstbarkeit (zur Wasserableitung) bei der anschließenden Realteilung des Grundstücks in mehrere Teilgrundstücke nicht auch auf dem Grundbuchblatt des streitbefangenen Teilgrundstücks eingetragen worden. Später kam es Zuge der Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft des früheren Alleineigentümers des streitbefangenen Grundstücks zur Übertragung eines hälftigen Miteigentumsanteils an diesem Grundstück auf eine Erbin und deren Ehegatten; das Wasserableitungsrecht war zu diesem Zeitpunkt nicht eingetragen. Die von den neuen Eigentümern des herrschenden Grundstücks beantragte Eintragung eines Amtswiderspruchs gegen die in der Nichtübertragung liegende Löschung des Wasserableitungsrechts hatte in den Tatsacheninstanzen keinen Erfolg; das OLG gab der weiteren Beschwerde statt. Im Gegensatz zum Beschwerdegericht verneinte das OLG einen gutgläubig-lastenfreien Erwerb des hälftigen Miteigentumsanteils durch den Ehegatten der Erbin. Ein gutgläubig-lastenfreier Erwerb seitens der Erbin schied ohnehin deshalb aus, weil die Übertragung von Gesamthandsvermögen auf einen der Eigentümer nach allg. Ansicht kein von den Gutglaubenstatbeständen erfasstes „Verkehrsgeschäft“ ist (siehe nur BGH, Urteil v. 13.12.2000 – IV ZR 239/99, NJW 2001, S. 1069). Methodisch operierte der Senat – ohne dies offenzulegen – mit einer teleologischen Reduktion des § 892 Abs. 1 S. 1 BGB. So beziehe sich „die Reichweite des Gutglaubensschutzes bzw. die Wirkungen vorhandenen guten Glaubens (nur) auf das konkret erworbene ‚Recht an einem Grundstück‘; […] ein gutgläubig-lastenfreier Erwerb [kommt] lediglich in dem Umfang in Betracht, in dem das erworbene Recht auch unmittelbar selbst Gegenstand der fraglichen Belastung sein kann.“ (OLG Dresden, Beschluss v. 25.1.2010 – 3 W 246/09, ZfIR 2010, S. 545, 548). Weil aber ein Anteil nicht einer isolierten Belastung mit einer Dienstbarkeit zugänglich sei, könne er auch nicht lastenfrei erworben werden, weswegen die Dienstbarkeit trotz Unkenntnis des Erwerbers insgesamt fortbestehen müsse (OLG Dresden, Beschluss v. 25.1.2010 – 3 W 246/09, ZfIR 2010, S. 545, 548). Die teleologische Reduktion stützt der Senat auf eine Interessenabwägung: Wenn der Erwerber nur einen Bruchteil am dienenden Grundstück erwerbe, mithin kein vollständiger Eigentumswechsel auf Seiten des dienenden Grundstücks stattfinde, sei es nicht gerechtfertigt, dem Eigentümer des herrschenden Grundstücks die Dienstbarkeit zu nehmen; das Bestandsschutzinteresse müsse sich hier durchsetzen, zumal anderenfalls die nicht auf Erwerberseite stehenden Miteigentümer des dienenden Grundstücks ungerechtfertigt bereichert wären (OLG Dresden, Beschluss v. 25.1.2010 – 3 W 246/09, ZfIR 2010, S. 545, 548). Würde man anders entscheiden, könnte sich ein bösgläubiger Allein- oder Miteigentümer eines dienenden Grundstücks planvoll zu Unrecht nicht eingetragener oder gelöschter Dienstbarkeiten entledigen, indem er anderen Personen Miteigentumsanteile an seinem Grundstück einräume (OLG Dresden, Beschluss vom 25.1.2010 – 3 W 246/09, ZfIR 2010, S. 545, 548). Dass es in der Zwangsversteigerung von Wohnungseigentum zu einem zuschlagsbedingten Erlöschen der auf dem ganzen Grundstück lastenden Dienstbarkeit komme, rechtfertige keine andere Betrachtungsweise. Daraus ergebe sich – weil es für den hoheitlichen Erwerb kraft Zuschlagsbeschlusses nicht auf die Redlichkeit des Erstehers ankomme und der Dienstbarkeitsberechtigte ein zuschlagsbedingtes Erlöschen seines Rechts aktiv verhindern könne – für die Reichweite des gutgläubigen Erwerbs nichts (OLG Dresden, Beschluss v. 25.1.2010 – 3 W 246/09, ZfIR 2010, S. 545, 548). Dennoch drangen die Eigentümer des herrschenden Grundstücks nicht voll mit ihrem Klagebegehren durch. Die Sache war nicht entscheidungs-
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Wenngleich die für die spezielle Konstellation der Zwangsversteigerung aus Rechten der Rangklasse des § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG geschaffene Ausnahmebestimmung des § 52 Abs. 2 S. 2 lit. b) ZVG indiziert, dass der Gesetzgeber die ganz überwiegend vertretene vollständige „Befreiung“ des Grundstücks von Dienstbarkeiten kraft Zuschlagsbeschlusses bei der Zwangsversteigerung von Miteigentumsanteilen stillschweigend toleriert, ist die h. A. nicht über jede Kritik erhaben.556 Sub specie abweichender Lösungen in europäischen Nachbarrechtsordnungen557 ist das Postulat, der „gutgläubig-lastenfreie“ Erwerb eines Miteigentumsanteils am dienenden Grundstück bewirke einen vollständigen Verlust der am ganzen Grundstück bestehenden nicht eingetragenen Rechte, fragwürdig. Auf den ersten Blick handelt es sich um eine geradezu beispiellose Konstellation, in der sowohl der Nichtberechtigte als auch nicht an der Verfügung beteiligte Rechtsinhaber von einem gutgläubigen Erwerb eines Dritten zu profitieren vermögen. Dessen ungeachtet ist die von der h. A. vertretene Lösung, wie sogleich gezeigt werden wird, rechtsdogmatisch im Ergebnis vertretbar. (a) Argumentation der h. A. In dem richtungsweisenden Beschluss des fünften Zivilsenats des BGH vom 23.7.2015 wird die postulierte überschießende Wirkung des gutgläubig-lastenfreien Miteigentumserwerbs am bislang dienenden Grundstück vergleichsweise knapp begründet.558 Mit der in der Literatur umstrittenen Miteigentumsdogmatik setzt sich der Senat nicht vertieft auseinander. Auf die Zielrichtung der Gutglaubenstatbestände geht der Senat lediglich oberflächlich ein. Die zumindest denktheoretische Möglichkeit eines relativen Fortbestands von nicht eingetragenen Dienstbarkeiten im Verhältnis zu den nicht am Erwerbsgeschäft beteiligten Miteigentümern des dienenden Grundstücks mit der Folge der Entstehung hinkender Rechtsverhältnisse559 wird nicht einmal in Erwägung gezogen. Für den gutgläubig-lastenfreien Erwerb des Miteigentumsanteils mit der Folge des absoluten Erlöschens der streitgegenständlichen, nicht im Grundbuch eingetragenen Dienstbarkeit führt der Senat stattdessen Folgendes an: Maßgeblich sei nicht der Inhalt des zu erwerbenden Rechts, sondern der Inhalt des Grundbuchs; der öffentliche Glaube des Grundbuchs gelte ausweislich des Wortlauts des § 892 Abs. 1 S. 1 BGB unabhängig davon, welches Recht an dem Grundstück erworben werde.560 Nicht eingetragene, aber eintragungsbedürftige Dienstbarkeiten müssten daher zugunsten des Erwerbers reif, da ein Erlöschen der Dienstbarkeit durch Buchversitzung gem. § 901 BGB möglich war; das Tatgericht hatte hierzu keine ausreichenden Feststellungen getroffen (OLG Dresden, Beschluss v. 25.1.2010 – 3 W 246/09, ZfIR 2010, S. 545, 549–550). 556 NomosKomm (-Otto), BGB III4, § 1018 Rn. 116, 116a. 557 Zur gegensätzlichen österreichischen Lösung dieser Rechtsfrage siehe Fn. 588. 558 Vgl. BGH, Beschluss v. 23.7.2015 – V ZB 1/14, NJW-RR 2015, S. 1497, 1499 Rn. 18–19. 559 Vgl. BeckOGK BGB (-Hertel), Stand: 1.12.2017, § 892 Rn. 104.1; NomosKomm (-Otto), BGB III4, § 1018 Rn. 118. 560 BGH, Beschluss v. 23.7.2015 – V ZB 1/14, NJW-RR 2015, S. 1497, 1499 Rn. 18.
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auch dann als nicht bestehend gelten, wenn dieser einen Miteigentumsanteil am dienenden Grundstück (ggf. i. V. m. einem auf dem ganzen Grundstück befindlichen Wohnungs- oder Teileigentum) erwerbe; da (Leitungs-)Dienstbarkeiten nicht an den übrigen Miteigentumsanteilen oder Wohnungs- oder Teileigentumseinheiten isoliert fortbestehen könnten, müssen sie eben ganz erlöschen.561 Das Gesetz habe den Konflikt zwischen dem Bestandsschutzinteresse des Dienstbarkeitsberechtigten und dem öffentlichen Interesse an der Verlässlichkeit des Grundbuchinhalts zugunsten eines weitgehenden Verkehrsschutzes entschieden.562 Wenngleich die Entscheidung im Ergebnis vertretbar ist, verfängt die Argumentation des Senats nicht. Zumindest drei Gesichtspunkte hätten vertiefter Untersuchung bedurft. Erstens mangelt es an einer konstruktionsjuristischen Analyse des Belastungsgegenstandes der kraft Miteigentumserwerbs potentiell erlöschenden Rechte, hier der streitgegenständlichen Dienstbarkeit. Zweitens hätte es sich zur Untermauerung des Ergebnisses geradezu angeboten, die Rechtsfolgen des gutgläubigen Erwerbs von begrenzten Rechten an begrenzten Rechten den hier entwickelten Rechtsfolgen des gutgläubigen Miteigentumserwerbs gegenüberzustellen. Dies hätte drittens auch die Grundlage für eine fundierte Interessenabwägung unter Berücksichtigung der verkehrsfördernden Schutzrichtung des § 892 BGB gelegt. (b) Irrelevanz der konstruktionsjuristischen Analyse Erstens ist – entgegen einer teilweise vertretenen Ansicht – die Tragweite des rechtsgeschäftlichen Miteigentumserwerbs am dienenden Grundstück in Ansehung von Dienstbarkeiten – ebenso wie die Rechtsfolge des Zuschlagsbeschlusses in der Zwangsversteigerung eines Miteigentumsbruchteils – nicht durch die konstruktionsjuristische Analyse des Belastungsgegenstandes präjudiziert.563 Wer an561 BGH, Beschluss v. 23.7.2015 – V ZB 1/14, NJW-RR 2015, S. 1497, 1499 Rn. 19; diesbezüglich nimmt der Senat auf seine frühere Rechtsprechung (BGH, Urteil v. 21.6.1974 – V ZR 164/72, NJW 1974, S. 1552, 1553) Bezug, nach der eine Dienstbarkeit an einem in Wohnungseigentum aufgeteilten Grundstück (scil.: eine das gemeinschaftliche Eigentum am Restgrundstück einschließlich der zwingend mit den Miteigentumsanteilen verbundenen Sondereigentumsrechte belastende Dienstbarkeit) insgesamt in den Grundbüchern aller Wohnungseigentümer zu löschen sei, wenn auch nur einer der Wohnungseigentümer gegenüber dem Dienstbarkeitsberechtigten einen Beseitigungsanspruch aus §§ 1004 Abs. 1 S. 1, 1011 BGB habe und diesen durchsetze, weil Dienstbarkeiten „das gemeinschaftliche Grundstück in seiner Gesamtheit und nicht das einzelne Wohnungseigentum als solches belasten“. 562 BGH, Beschluss v. 23.7.2015 – V ZB 1/14, NJW-RR 2015, S. 1497, 1499 Rn. 18. Ergänzend wird aus dem grundbuchverfahrensrechtlichen Erfordernis der Eintragung der Dienstbarkeit in allen Wohnungs- und Teileigentumsgrundbüchern mit wechselseitigen Verweisungen gem. § 4 Abs. 1 WGV ein Argument für die Entlastung des ganzen Grundstücks hergeleitet: Diese aufwendige Regelung sei nur dann sinnvoll, wenn ein gutgläubig-lastenfreier Erwerb in Ansehung solcher Rechte möglich sei, die ihrer Natur nach nicht an einzelnen Wohnungseigentumsrechten bestehen können (so OLG Jena, Beschluss v. 2.2.2012 – 9 W 390/11, FGPrax 2012, S. 55 Rn. 11; vgl. auch Heggen, ZfIR 2010, S. 545, 552). 563 Anders offenbar OLG Dresden, Beschluss v. 25.1.2010 – 3 W 246/09, ZfIR 2010, S. 545, 547: „Ob es möglich oder im Gegenteil kraft Gesetzes ausgeschlossen ist, dass lediglich ein Mit-
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nimmt, dass das „Grundstück im Ganzen“ von Dienstbarkeiten belastet werde,564 muss zwar auf den ersten Blick mangels Kongruenz des Bezugspunkts des lastenden Rechts und des Verfügungsobjekts des Erwerbstatbestandes einen gutgläubiglastenfreien Erwerb resp. einen gutgläubigen Vorrangserwerb in der hier relevanten Fallgestaltung verneinen.565 Führt man diese Ansicht stringent fort, dürfte ein gutgläubig-lastenfreier Erwerb gleichfalls abzulehnen sein, wenn ein Alleineigentümer das dienende Grundstück durch Übertragung von Bruchteilen an mehrere (gutgläubige) Personen veräußert, denn auch hier wäre jeder einzelne Verfügungstatbestand lediglich auf Miteigentumserwerb und nicht auf den Erwerb des „gesamten“ dienenden Grundstücks gerichtet. Folglich wäre ein gutgläubig-lastenfreier (Allein-)Eigentumserwerb sogar dann ausgeschlossen, wenn dieselbe Person alle Miteigentumsanteile im Wege sukzessiver Bruchteilsveräußerung erwirbt. An einem ideell geteilten Grundstück könnte eine Dienstbarkeit kraft gutgläubigen Erwerbs mithin nur durch eine gemeinschaftliche Veräußerung des Grundstücks gem. § 747 S. 2 BGB durch alle Miteigentümer mit der Folge der unmittelbaren Beendigung der Bruchteilsgemeinschaft am Grundstück erlöschen.566 Mutatis mutandis dürfte dies für den gutgläubigen Vorrangserwerb gelten: Nicht eingetragene Dienstbarkeiten würden schlechthin niemals durch Bestellung von (Gesamt-)Hypotheken, (Gesamt-)Grund- und Rentenschulden und (Gesamt-) Reallasten an allen Miteigentumsanteilen im Rang verdrängt werden können, obschon Grundpfandrechte am ganzen Grundstück auch vom BGH als Gesamtrechte an allen Miteigentumsanteilen gedeutet werden,567 fehlt es doch an der erforderlichen Identität zwischen den Bezugspunkten der Dienstbarkeit und des Gesamtrechts. Ein gutgläubiger Erwerb des Vorrangs käme nur kraft Kollektivverfügung über das „gesamte“ Grundstück in Betracht, mithin durch Einräumung derjenigen Rechte, die ihrer Natur nach angeblich immer am ganzen Grundstück bestehen.568 Nichts anderes dürfte gelten, wenn der das Verfügungsobjekt bildende Miteigentumsanteil mit Wohnungs- oder Teileigentum gem. § 6 WEG verbunden wäre:569 eigentumsanteil und nicht das Grundstück als Ganzes belastet wird oder ist, kann im Rahmen der Prüfung des § 892 Abs. 1 Satz 1 BGB entscheidende Bedeutung erlangen.“ 564 So NomosKomm (-Otto), BGB III4, § 1018 Rn. 116a. 565 Widersprüchlich NomosKomm (-Otto), BGB III4, § 1018 Rn. 116a–118, der im Kontext der Zwangsversteigerung eines (ggf. mit Wohnungseigentum verbundenen) Miteigentumsanteils einen lastenfreien Erwerb in Bezug auf (nicht in das geringste Gebot fallende) Dienstbarkeiten kraft Zuschlags gem. §§ 90 Abs. 1, 91 Abs. 1 ZVG mit der Begründung verneint, dass die Dienstbarkeit nicht am Miteigentumsanteil, sondern am gesamten Grundstück – dieses bestehe trotz Schließung des Grundbuchblatts rechtlich fort – laste, andererseits aber mit der h. A. von einem absoluten Erlöschen einer nicht eingetragenen Dienstbarkeit durch gutgläubig-lastenfreien Erwerb eines Miteigentumsanteils ausgeht. 566 So auch Heggen, ZfIR 2010, S. 545, 552. 567 St. Rspr. des BGH, vgl. BGH, Urteil v. 25.9.1963 – V ZR 130/61, NJW 1963, S. 2320, 2321 m. w. N. 568 Eine nicht eingetragene Dienstbarkeit könnte demnach nur durch Bestellung einer Dienstbarkeit, eines Erbbaurechts – das ohnedies zwingend zur ersten Rangstelle einzuräumen ist (§ 10 Abs. 1 S. 1 ErbbauRG) – oder eines Dauerwohnrechts ihres Ranges verlustig gehen. 569 Dies gilt unabhängig davon, in welcher Weise die gemischt real-ideelle Grundstückstei-
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Die zuvor am Grundstück bestehenden und nunmehr die Sondereigentumsrechte und das gemeinschaftliche Restgrundstück insgesamt belastenden Dienstbarkeiten würden durch Individualverfügungen der Wohnungseigentümer auch dann nicht berührt, wenn die nach § 4 Abs. 1 WGV erforderliche Eintragung der Dienstbarkeit in allen Wohnungs- und Teilgrundbüchern unterbleibt.570 Diese doktrinär anmutenden Ergebnisse sind selbst unter der Prämisse, dass das „gesamte“ Grundstück Bezugspunkt der Dienstbarkeit und das „ganze“ Eigentum belastet sei,571 absurd: Niemand kann leugnen, dass die Belastung des „gesamten Grundstücks“ die Rechte aller Miteigentümer einschließlich des dem gutgläubigen Erwerber zugeordneten Anteils einschränkt. Schließlich wird der Wirkungskreis des Miteigentums nicht anders als der des Alleineigentums durch begrenzte Sachenrechte am Grundstück verkürzt.572 Ist das Eigentum per definitionem gegenüber allen Rechten am Grundstück nachrangig, gilt für das Miteigentum nichts anderes, lung erfolgt. Rechte Dritter am Grundstück werden weder durch die Aufteilung in Wohnungsoder Teileigentum mittels einseitiger Erklärung gem. § 8 Abs. 1 WEG noch durch die vertragliche Teilung aller Miteigentümer des gemeinschaftlichen Grundstücks gem. § 3 Abs. 1 WEG berührt; setzen sich vielmehr an den Sondereigentumsrechten der Miteigentümer kraft der zwingenden Verbindung mit den jeweiligen Miteigentumsanteilen (§ 6 Abs. 1 WEG) und an dem „Rest“Grundstück fort. 570 Ebenso Heggen, ZfIR 2010, S. 545, 552. Folgerichtig würden nicht eingetragene Dienstbarkeiten durch Belastung aller Miteigentumsanteile mit Gesamtrechten auch nicht ihres Ranges verlustig gehen. Entsprechendes würde auch für den Erwerb eines Wohnungs- oder Teilerbbaurechts i. S. d. § 30 Abs. 1 WEG sowie eines Rechts an einem Wohnungs- oder Teilerbbaurecht gelten. Die das Erbbaurecht „im Ganzen“ belastenden Dienstbarkeiten würden, auch wenn sie nicht in allen Wohnungs- oder Teilerbbaurechtsgrundbüchern eingetragen sind, durch Übertragung oder Belastung einzelner oder aller (mit Sondereigentum verbundenen) Erbbaurechtsanteile weder erlöschen noch ihres Ranges beraubt werden. 571 Ausführlich Larenz, JherJb 47 (1933), S. 108, 120–123. 572 Soweit NomosKomm (-Otto), BGB III4, § 1018 Rn. 116a in Fn. 555 vertritt, dass die Miteigentümer eines Grundstücks nicht ohne Zustimmung der Rechtsinhaber von beschränkten dinglichen Rechten an einzelnen Anteilen das gemeinschaftliche Grundstück belasten könnten, vielmehr insoweit eine analoge Anwendung der §§ 877, 876 BGB geboten sei, weil die Miteigentümer nicht die Substanz ihrer Rechte auf Kosten der bereits bestehenden Rechte Dritter schmälern dürften, ist dies zwar im Ergebnis nachvollziehbar. Dies ist mit der von Otto, a. a. O. vertretenen These, dass die Miteigentumsanteile und das „Grundstück im Ganzen“ zwei separate Belastungsgegenstände bildeten, jedoch kaum vereinbar; vielmehr entlarvt das Postulat eines Zustimmungserfordernisses, dass zwischen den Rechten am gemeinschaftlichen Grundstück und an einzelnen Bruchteilen der Miteigentümer ein Konkurrenzverhältnis herrscht, das richtigerweise bereits durch die allgemeinen Regeln über den Rang der auf gleicher Stufe rangierenden Rechte an ein und derselben Sache zu lösen ist (§§ 879–882 BGB). Für eine Gesetzesanalogie zu §§ 877, 876 BGB – die sich allein auf aufeinander aufbauende Belastungen von Rechten beziehen und nicht auf Rechte gleicher Stufe – fehlt es aber schon an einer Regelungslücke; alle Rechte am Grundstück vollziehen sich konstruktionsjuristisch durch Verfügungen über Rechte, d. h. bei einer ideellen Teilung des Eigentums über die einzelnen Rechte der Miteigentümer, wobei Dienstbarkeiten aufgrund ihrer inhaltlichen Strukturen an allen Anteilen bestellt werden und demgemäß auch alle Anteile belasten; sie treten damit in ein Konkurrenzverhältnis mit anderen Rechten an jedem Anteil unabhängig davon, ob die konkurrierende Rechte alle oder nur einzelne Anteile betreffen. Wenn aber auch von dem von Otto, a. a. O. vertretenen Standpunkt aus ein Kollisionsverhältnis zwischen Rechten am Grundstück und Rechten an einzelnen Miteigentumsanteilen besteht, ist es letztlich nur ein kleiner Schritt, um auch umgekehrt anzunehmen, dass sich Verfügungen (und
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stünde doch der Miteigentümer bei unterstellter Rangfähigkeit des ideellen Anteils besser als der Alleineigentümer. Müsste der Erwerber eines ideellen Anteils aber – trotz unterstellter Unkenntnis von der nicht eingetragenen Dienstbarkeit – die Ausübung des begrenzten Rechts gegen sich gelten lassen, entstünde eine auffällige Lücke im liegenschaftsrechtlichen Verkehrsschutzsystem.573 Die nachteiligen Auswirkungen für den Verkehr von Miteigentumsanteilen, zumal solchen die mit Wohnungseigentum unzertrennlich verbunden sind, liegen auf der Hand. Die Reichweite des Verkehrsschutzes bei der Miteigentumsübertragung und -belastung ist daher selbst dann primär wertend zu bestimmen, wenn man meint, dass der das Verfügungsobjekt bildende Miteigentumsanteil „unmittelbar“ gar nicht belastet sei.574 Wer hingegen die Ansicht vertritt, dass nicht das Grundstück, sondern – je nach Miteigentumstheorie – alle Miteigentumsanteile in aufeinander abgestimmter Weise575 oder alle miteinander kollidierenden „Vollrechte“576 mit der einen Dienstbarkeit (ggf. als Gesamtrecht) belastet sei/en, muss sich gleichfalls der Frage nach den Rechtsfolgen der Übertragung oder Belastung einzelner Miteigentumsanteilen in Bezug auf nicht eingetragene Dienstbarkeiten stellen. Zwar besteht hiernach immerhin eine Teilkongruenz zwischen dem Belastungsgegenstand der Dienstbarkeit und dem Verfügungsobjekt des Erwerbsvorgangs; die Rechtsfolge eines totalen Erlöschens bzw. der Rangverdrängung ist damit aber auch nicht präjudiziert. Aus teleologischer Sicht liegt es nicht ganz fern, eine vollständige Kongruenz zwischen dem Bezugspunkt des nicht dokumentierten begrenzten Grundstücksrechts und dem Verfügungsobjekt als Voraussetzung eines gutgläubig-lastenfreien Erwerb sowie eines gutgläubigen Erwerbs des Vorrangs zu verlangen. Der Bestandsschutz des Dienstbarkeitsberechtigten würde sich dann aber nur durchsetzen, wenn alle Miteigentumsanteile simultan und koordiniert veräußert resp. belastet werden. (c) Absolute und relative Wirkungen des gutgläubig-lastenfreien Erwerbs Zweitens folgt das Ergebnis des absoluten Erlöschens der Dienstbarkeit mit Rücksicht auf die Reichweite der Fiktionswirkung des gutgläubigen Erwerbs mehrstufiger Eigentumsbelastungen entgegen der Ansicht des BGH nicht unzweideutig aus dem Gesetz. Zwar gilt der „Inhalt des Grundbuchs“ gem. § 892 Abs. 1 S. 1 BGB als Zwangsversteigerungen) über einzelne Miteigentumsanteile auf die bereits bestehenden Rechte an diesem Bruchteil und allen anderen Miteigentumsanteilen auswirken. 573 Vgl. §§ 892, 893, 899, 899a, 1138, 1140, 1155, 1157, 1192 Abs. 1a BGB. 574 Dies demonstriert OLG Dresden, Beschluss v. 25.1.2010 – 3 W 246/09, ZfIR 2010, S. 545, 547–548: Zwar lehnte der Senat einen gutgläubig-lastenfreien Erwerb auch deshalb ab, weil der Miteigentumsanteil nicht „unmittelbar“ selbst belastet sei; ausschlaggebend war aber die bereits referierte Interessenabwägung, die nach Ansicht des Senats zugunsten des Bestandsschutzes des Dienstbarkeitsberechtigten sprach. 575 MünchKomm (-K. Schmidt), BGB VI7, § 747 Rn. 25; Soergel (-Hadding), BGB IX/113, § 747 Rn. 4; sympathisierend auch BeckOK BGB (-Gehrlein), Stand: 1.5.2019, § 747 Rn. 7. 576 Vertiefend Madaus, AcP 212(2012), S. 251, 274–282 zur Abgrenzung der Anwendungsbereiche des § 747 S. 1 BGB und des § 747 S. 2 BGB auf der Grundlage der Lehre von der Vollrechtskollision.
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richtig: Nicht eingetragene Rechte gelten als nicht bestehend, ohne dass es, wie der Senat insoweit zutreffend ausführt, darauf ankommt, welches Recht am Grundstück erworben wird.577 Allein daraus lässt sich aber nicht auf die Rechtsfolgen des Miteigentumserwerbs am Grundstück in Ansehung nicht eingetragener, aber eintragungsbedürftiger Grundstücksrechte schließen, zumal sich den vom BGH angeführten Textstellen aus den Motiven578 insoweit auch nichts entnehmen lässt. Zudem ist dem trivialen Wortlautargument des Senats entgegenzuhalten, dass die Reichweite des Gutglaubensschutzes zwar nicht in rechtstypischer, wohl aber in rechtssubjektsspezifischer Hinsicht beschränkt ist: Die Richtigkeits- und Vollständigkeitsvermutung des Grundbuchs wirkt „zugunsten des Erwerbers“, nicht zugunsten der am Erwerbsvorgang unbeteiligten Miteigentümer, zugunsten sonstiger Berechtigter der mit der erlöschenden Dienstbarkeit konkurrierenden Grundstücksrechte oder gar zugunsten des den Miteigentumsanteil am dienenden Grundstück veräußernden Allein- oder Miteigentümers.579 Mit dem Normwortlaut des § 892 Abs. 1 S. 1 BGB ist die „überschießende“ Wirkung des gutgläubig-lastenfreien Erwerb zugunsten aller Miteigentümer und sonstiger Rechtsinhaber am betroffenen Grundstück zwar vereinbar, weil der gutgläubige Erwerb zumindest auch dem Erwerber zustattenkommt.580 Immerhin wirkt sich der gutgläubige Erwerb in anderen Fallgestaltungen zugunsten von nicht am Erwerbsgeschäft beteiligten Personen aus, vor allem der Inhaber von Rechten, die sich auf das Verfügungsobjekt beziehen, soweit sich das belastete Recht kraft des gutgläubigen Erwerbs in Ansehung seines Inhalts oder seines Ranges verbessert.581 Mit diesen Fallgestaltungen ist die postulierte Rechtsfolge des absoluten 577 Vgl. Mot. III, S. 211: „Sowohl die Eigenthumsübertragung als auch die Begründung eines begrenzten Rechtes an dem Grundstücke steht unter dem Schutze, welchen der öffentliche Glaube des Grundbuches gewährt. Der Schutz darf indessen nicht auf diese Geschäfte beschränkt, sondern muß auf die Verfügungen über eingetragene Rechte Dritter ausgedehnt werden. Das praktische Bedürfnis mag freilich nicht überall mit gleicher Stärke sich geltend machen. Allein innere Gründe für die Beschränkung des Schutzes auf gewisse Rechte sind nicht ersichtlich, und einfacher wird das Gesetz sicherlich, wenn es den rechtsgeschäftlichen Erwerb der Rechte an Grundstücken hier ebenso wie in dem § 828, ohne zwischen den einzelnen Rechten zu unterscheiden, gleichmäßig regelt.“ 578 Mot. III, S. 211, 215. 579 Dies kommt bei Diskussion der Frage, ob der Erwerber das Grundbuch einsehen müsse, um sich auf den öffentlichen Glauben berufen zu können, auch in den Gesetzgebungsmaterialien zum Ausdruck (Mot. III, S. 212: „Der Rechtsschutz, welcher der öffentliche Glaube des Grundbuches gewährt, kann nur demjenigen zu statten kommen, welcher diesem Glauben gefolgt ist.“). 580 Während sich einerseits aus dem Gesetz nichts für eine Restriktion des gutgläubig-lastenfreien Erwerbs gem. § 892 Abs. 1 S. 1 BGB in Bezug auf Dienstbarkeiten oder andere nicht eingetragene Grundstücksrechte ergibt, ist andererseits eine Bereichsausnahme hinsichtlich des gutgläubigen konstitutiven Erwerbs von Dienstbarkeiten bestimmt (§ 1028 Abs. 2 BGB): Längst obsolete, aber noch eingetragene Grunddienstbarkeiten leben hiernach nicht durch rechtsgeschäftlichen Erwerb eines Rechts am (ehemals) herrschenden Grundstück wieder auf (MünchKomm (-Mohr), BGB VII7, § 1028 Rn. 10; siehe auch BGH, 18.7.2014 – V ZR 151/13, NJW 2014, S. 3780 Rn. 20, der allerdings in Rn. 24 offen lässt, ob ein gutgläubiger Erwerb ausnahmsweise stattfindet, wenn die die Verwirklichung der Grunddienstbarkeit hindernde Anlage beseitigt wird). 581 Siehe hierzu bereits Fn. 480. Wird bspw. eine im Verhältnis zu einer zu Unrecht gelöschten
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Erlöschens von Rechten, die sich auf das gesamte Grundstück beziehen, durch Miteigentumserwerb freilich inkommensurabel. Während die reflexhafte Begünstigung der Rechtsnachfolger des redlichen Erwerbers eines (belasteten) Rechts vom verkehrsschützenden Normzweck fraglos gedeckt ist und die enteignende Wirkung des gutgläubigen Erwerbs auch nicht vertieft, ist der Totalverlust von Dienstbarkeiten durch Miteigentumsübertragung alles andere als sachenrechtlich neutral. Mit dem die gesamte Rechtsordnung beherrschenden Verhältnismäßigkeitsprinzip ist das vom BGH und der ihm folgenden h. L. vertretene Ergebnis aber nur dann vereinbar, wenn dem mit dem gutgläubigen Erwerb verfolgten Interesse am leichten und sicheren Transfer von (Mit-)Eigentumsrechten582 nicht auf weniger einschneidende, aber ebenso wirksame Weise genügt werden kann. Auch unter Berücksichtigung der relativen Wirkungsweise des gutgläubigen Erwerbs begrenzter Rechte an (nicht oder mit anderem Inhalt oder Rang bestehenden) begrenzten Sachenrechten ist freilich in der hier vorliegenden Konstellation eine teleologische Reduktion des § 892 Abs. 1 S. 1 BGB nicht geboten. Zwar führt der Erwerb begrenzter Rechte an Grundstücken und begrenzten Grundstücksrechten prinzipiell nicht zum „maximalinvasiven“ Untergang eines nicht oder unrichtig eingetragenen Recht Dritten; vielmehr wird dieses Recht nur hierarchisch gegenüber dem Recht des gutgläubigen Erwerbers zurückversetzt. Im Übrigen verändert sich der Status des nicht oder nicht richtig verlautbarten begrenzten Rechts nicht; dieses büßt Grunddienstbarkeit nachrangige bereits verpfändete Grundschuld an einen gutgläubigen Erwerber gem. §§ 1192 Abs. 1, 1154, 398 BGB abgetreten, büßt die Grunddienstbarkeit ihre Rangstelle insgesamt durch den gutgläubigen Erwerb gem. § 892 Abs. 1 S. 1 BGB ein (vgl. Staudinger (-Picker), BGB (2019), § 892 Rn. 229). Auch der im Zeitpunkt der Grundschuldverpfändung bösgläubige Pfandgläubiger kann bei Pfandreife die nunmehr vorrangige Grundschuld, wenn die Voraussetzungen hierfür im Übrigen vorliegen, durch Zwangsversteigerung des dienenden Grundstücks gem. §§ 1290, 1282 Abs. 1 S. 1 BGB mit der Folge ausüben, dass die nicht in das geringste Gebot fallende Dienstbarkeit kraft Zuschlags gem. § 91 Abs. 1 ZVG erlischt. Entsprechendes gilt für den Fall, dass die das Verfügungsobjekt bildende verpfändete Grundschuld gutgläubig-einredefrei oder unter Verbesserung ihres Inhalts aufgrund unrichtiger Grundbucheintragung gutgläubig erworben wird. Der am Verfügungsgeschäft unbeteiligte Pfandgläubiger vermag sich bei Pfandreife aus der nunmehr einredefreien oder inhaltlich verbesserten Grundschuld ohne Rücksicht auf seinen Kenntnisstand bei Verpfändung der Grundschuld zu befriedigen. Selbstredend profitiert der Inhaber des belastenden Drittrechts (z. B. der Pfandgläubiger) von der durch den gutgläubigen Erwerb bewirkten „Verbesserung“ des belasteten Rechts (z. B. der Grundschuld) nur in dem durch die Belastung des Verfügungsobjekts bestimmten Ausmaß. Für den „Rechtsverlierer“ ergibt sich kein sachenrechtlich relevanter Nachteil: Es macht keinen Unterschied, ob das wohlerworbene Liegenschaftsrecht bereits im Zeitpunkt des gutgläubigen Erwerbs mit dem Recht eines (bösgläubigen) Dritten belastet ist oder nach Abschluss des Erwerbstatbestandes seitens des Ersterwerbers veräußert oder belastet wird. Dass es auf die Redlichkeit eines Rechtsnachfolgers des Erwerbers grundsätzlich nicht ankommt, steht jenseits der umstrittenen Fallgestaltung des „Rückerwerbs des Nichtberechtigten“ (zu dieser Problematik im Kontext der Bestellung und Übertragung beschränkter dinglicher Rechte § 12 II. 2. b)) außer Frage. 582 Zur rechtspolitischen und verfassungsrechtlichen Legitimation der Gutglaubenstatbestände siehe z. B. Leuschner, AcP 205 (2005), S. 205, 226–244, der §§ 932 ff. BGB ausschließlich unter Verweis auf das überindividuelle Verkehrsinteresse für verfassungsrechtlich gerechtfertigt erachtet; Lutter, AcP 164 (1964), S. 122, 123–125; MünchKomm (-Kohler), BGB VII7, § 892 Rn. 2; Staudinger (-Picker), BGB (2019), § 892 Rn. 9; BeckOGK BGB (-Klinck), Stand: 1.7.2019, § 932 Rn. 4–5.
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im Verhältnis zu konkurrierenden Rechten – mit Ausnahme des wohlerworbenen Rechts – seinen Rang nicht ein; dass die hierdurch mögliche Relativität der Rangverhältnisse – nicht anders als „hinkende“ Rangverhältnisse bei der Ausübung von Rangvorbehalten zugunsten nachrangiger Rechte und vorbehaltlos bestehenden Zwischenrechten (§ 881 Abs. 4 BGB) – Komplikationen in der Zwangsvollstreckung auslöst,583 ist hinzunehmen. Andererseits ist ein nicht oder mit anderem Inhalt oder Rang bestehendes begrenztes Recht (z. B. eine Grundschuld oder ein Erbbaurecht) beim redlichen Erwerb eines begrenzten Rechts (z. B. eines Pfandrechts oder einer Hypothek) an diesem (Schein-)Recht nur zugunsten des Erwerbers (einschließlich seiner Rechtsnachfolger) zu fingieren.584 Mit dieser Fiktion ist sichergestellt, dass der redliche Erwerber das am (Schein-)Recht erworbene Recht (z. B. ein Pfandrecht an einer Scheinhypothek) so ausüben kann als ob es in dem durch das Grundbuch ausgewiesenen Umfang bestünde, ohne Rechte Dritter585 mehr als erforderlich zu beeinträchtigen. Würde parallel zur Fiktionswirkung des redlichen Erwerbs eines Rechts an einem Liegenschaftsrecht der Erwerb des Miteigentumsanteils darauf beschränkt werden, dass ausschließlich zugunsten des Erwerbers die am Grundstück bestehende Dienstbarkeit als erloschen gilt, stünde dies nicht bloß mit dem allgemeinen Rechtsgrundsatz, dass Dienstbarkeiten nicht auf einzelne Miteigentumsanteile rechtsgeschäftlich beschränkt werden können, in Widerspruch.586 Auch das fiktive Erlöschen einer Benutzungs-, Unterlassungs- oder Rechtsausschließungsdienstbarkeit ausschließlich im Verhältnis zum neuen Miteigentümer oder gar im Verhältnis zu einem Nießbraucher oder Pfandgläubiger eines Miteigentumsanteils ist nicht durchführbar, zumal dem Dienstbarkeitsberechtigten mit einem bloß relativen Fortbestand seines Rechts nicht gedient ist.587 Der entscheidende Unterschied 583 Eingehend
§ 5 IV. 2. b). Staudinger (-Picker), BGB (2019), § 892 Rn. 222, 229. Erlischt das nach § 892 BGB wohlerworbene Recht, endet somit auch die durch die Richtigkeits- und Vollständigkeitsvermutung des Grundbuchs veranlasste Fiktion des Belastungsgegenstandes; zu den Einzelheiten § 5 IV. 2. b); § 12 II. 2. b). 585 Z. B. das Eigentum oder ein dem fingierten Belastungsgegenstand im Rang folgendes Recht. 586 BeckOGK BGB (-Hertel), Stand: 1.12.2017, § 892 Rn. 104.1; Palandt (-Herrler), BGB78 , § 1008 Rn. 6, § 1018 Rn. 36. 587 Dies übersieht NomosKomm (-Otto), BGB III4, § 1018 Rn. 118. Muss nur einer der Miteigentümer die Dienstbarkeit nicht gegen sich gelten lassen, schlägt das relative Erlöschen der Belastung auf die rechtlichen Beziehungen zwischen dem „Dienstbarkeitsberechtigten“ und den anderen Miteigentümern zwangsläufig durch (siehe bereits § 2 IV. 1. a) aa) (1)). Denn wenn der „Dienstbarkeitsberechtigte“ den durch den gutgläubigen Erwerb geschützten Miteigentümer nicht auf Duldung des Grundstücksgebrauchs resp. auf Unterlassung der jeweils bestimmten Handlungen auf dem dienenden Grundstück gem. §§ 1027, 1004 Abs. 1 BGB in Anspruch nehmen kann, steht es umgekehrt diesem Miteigentümer frei, den Gebrauch seines Grundstücks durch den „Dienstbarkeitsberechtigten“ gem. § 1004 Abs. 1 BGB zu untersagen und/oder von denjenigen Handlungsoptionen Gebrauch zu machen, die den anderen Miteigentümern kraft der relativ fortbestehenden Dienstbarkeit untersagt sind. Ein Kabelleitungs-, ein Wege- ein Parkplatznutzungsrecht und letztlich jede auf beschränkten Gebrauch des dienenden Grundstücks gerichtete Dienstbarkeit ist bei Annahme hinkender Rechtsverhältnisse praktisch zur Bedeutungslosig584 Vgl.
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zwischen dem Miteigentumserwerb und Konstellationen, in denen ausschließlich zugunsten des Inhabers des wohlerworbenen Rechts die Existenz oder der grundbuchlich dokumentierte Umfang des belasteten Rechts unterstellt wird, liegt darin, dass es in den letztgenannten Varianten des gutgläubigen Erwerbs immer zumindest in Form des Eigentums noch ein „Restrecht“ gibt, auf das die aus dem kraft gutgläubigen Erwerbs entstandenen Recht fließenden Befugnisse zurückfallen; die Entstehung hinkender Rechtsverhältnisse hat hier eine essentielle Schutzfunktion für die durch den gutgläubigen Erwerb begrenzten Sachenrechts betroffenen Inhaber des insoweit fiktiv belasteten Rechts. Wenn z. B. der am fingierten Erbbaurecht gutgläubig erworbene Nießbrauch erlischt, leben die vorübergehend suspendierten (Ausschließungs-)Befugnisse des Eigentümers resp. die der Inhaber der dem fingierten Erbbaurecht im Rang nachfolgenden Rechte am Grundstück wieder auf. Auf der Hand liegt, dass für eine vergleichbare Restriktion des gutgläubigen Miteigentumserwerbs kein Raum ist; denn dieses ist selbst im Verbund mit allen anderen Miteigentumsanteilen das ultimative Restrecht, weshalb schlechthin keine Situation vorstellbar ist, in der sich ein durch den Miteigentumserwerb „vorübergehend“ verdrängtes begrenztes Recht am Grundstück wieder bewähren könnte. Obschon Miteigentum nach Bruchteilen – ebenso wie Alleineigentum oder Gesamthandseigentum – jederzeit erlöschen und von neuem gebildet werden kann, ändert dies nichts daran, dass es kein vom unbelasteten Miteigentum unterscheidbares Recht gibt, das sich eo ipso, d. h. ohne rechtsgeschäftliche Übertragung oder Hoheitsakt, zum „Vollrecht“ vervollkommnet. Wird die Bruchteilsgemeinschaft am Grundstück beendet, lebt die qua gutgläubigen Erwerbs verdrängte Dienstbarkeit selbstredend nicht wieder auf. Auch im Kontext des Erwerbs von Miteigentumsanteilen im Wege der Zwangsversteigerung resp. des gutgläubigen Erwerbs ist keit degradiert. Bei Lichte betrachtet ist die relativ fortwirkende Dienstbarkeit nicht mehr wert als eine schuldrechtliche Duldungsverpflichtung der übrigen Miteigentümer mit Ausnahme des geschützten Erwerbers; der „Dienstbarkeitsberechtigte“ steht letztlich nicht besser als ob sein Recht vollständig erloschen wäre. Nichts anderes gilt für Unterlassungs- und Rechtsverzichtsdienstbarkeiten: Ist der gutgläubige Erwerber berechtigt, das zu tun, was den anderen Miteigentümern im Verhältnis zum Dienstbarkeitsberechtigten verboten ist, bringt es dem Dienstbarkeitsberechtigten nichts, dass die belasteten Miteigentümer ihm gegenüber verpflichtet sind, auf entsprechende Einschränkungen der Grundstücksnutzung durch Vereinbarungen mit dem gutgläubigen Erwerber des Miteigentumsanteils hinzuwirken. Die Ausübung aller ungeschmälerten Befugnisse als Miteigentümer käme indirekt den anderen Miteigentümern zustatten, z. B. wenn eine zu Unrecht gelöschte Bauverbotsdienstbarkeit im Verhältnis zum Erwerber des unbelasteten Anteils als nicht bestehend gilt. Wenngleich der Erwerber im Innenverhältnis zu den übrigen Miteigentümer mangels gegenteiliger Abreden auch nicht ohne deren Zustimmung zur Bebauung des gemeinschaftlichen Grundstücks berechtigt ist, ist der Dienstbarkeitsberechtigte gegen die vom Miteigentümer veranlasste Bebauung des dienenden Grundstücks sachenrechtlich ungeschützt. Selbst wenn entsprechende Benutzungsregelungen getroffen und sogar mit Bindungswirkung gegenüber Sonderrechtsnachfolgern gem. § 1010 Abs. 1 Var. 1 BGB ausgestattet werden würden, stünde der Rechtsinhaber letztlich nicht besser als mit einem bloßen schuldrechtlichen Benutzungsverbot gegenüber den betroffenen Miteigentümern. Liegt das Wesen der Dienstbarkeit darin, dem Berechtigten eine monopolisierte Befugnis zum Gebrauch oder zur Herrschaft über ein fremdes Grundstück zu verleihen, kann von einer genuinen Dienstbarkeit keine Rede sein.
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das Konstrukt einer Bruchteilsdienstbarkeit eine juristische Chimäre; es besteht nur die Alternative zwischen einem vollständigen Erlöschen der Dienstbarkeit oder dem Fortbestand derselben auch zulasten des (gutgläubigen) Erwerbers eines Miteigentumsanteils – tertium non datur. (d) Sachliche Rechtfertigung des gutgläubig-lastenfreien Erwerbs Drittens ist die überwiegend postulierte „überschießende“ Wirkung des lastenfreien Erwerbs des Miteigentumsanteils nicht nur dogmatisch vertretbar, sondern auch unter Billigkeitsgesichtspunkten einleuchtend.588 Die Abwägung der widerstrei588 In Österreich fällt die Wertungsentscheidung der Rechtsprechung freilich dezidiert anders aus. So scheidet ein gutgläubig-lastenfreier Miteigentumserwerb aus, wenn nur einer der Teilhaber in Ansehung einer nicht verbücherten, nicht offenkundigen Dienstbarkeit am Grundstück schlechtgläubig ist; letztlich kann ein Erwerber nur durch rechtsgeschäftlichen Erwerb aller Miteigentumsanteile das Grundstück frei von nicht im Grundbuch eingetragenen Servituten erwerben (vgl. OGH 30.10.1995 – 2 Ob 570/95, SZ 68/206 = RIS-Justiz (RS0075145); OGH 22.7.2007 – 4 Ob 74/07x, ecolex 2007/283, S. 672; OGH 4.9.2014 – 5 Ob 27/14b, ecolex 2015/141, S. 376; Schwimann (-Kiendl-Wendner), ABGB II4, § 481 Rn. 5). Allgemein gilt, dass nicht im Grundbuch eingetragene, nicht offenkundige Dienstbarkeiten durch gutgläubig-lastenfreien Erwerb des dienenden Grundstücks erlöschen. Zwischen Alleineigentumserwerb und Miteigentumserwerb wird nicht grundsätzlich unterschieden; demgegenüber sind sog. offenkundigen Dienstbarkeiten unter Durchbrechung des Eintragungsprinzips generell nicht der Gefahr des Rechtsverlusts durch lastenfreien Erwerb des dienenden Grundstücks ausgesetzt. Mit dem lastenfreien Erwerb von Dienstbarkeiten im Kontext des Miteigentumserwerbs hat sich die Rechtsprechung mehrfach auseinandergesetzt; ein lastenfreier Erwerb scheiterte jeweils an der mangelnden Redlichkeit. Der Maßstab der Gutgläubigkeit ist im österreichischen Recht – zumal in Bezug auf den lastenfreien Erwerb – wesentlich strenger ist als nach § 892 Abs. 1 S. 1 BGB; dem Erwerber schadet bereits einfache Fahrlässigkeit, die Berufung auf Gutgläubigkeit im Zeitpunkt des Erwerbs eines Grundstücks hinsichtlich der Freiheit von Servituten kommt nur dann in Betracht, wenn keine Umstände vorliegen, die bei gehöriger Aufmerksamkeit das Bestehen der nicht verbücherten Dienstbarkeiten erkennen lassen (OGH 4.9.2014 – 5 Ob 27/14b, ecolex 2015/141, S. 376; Fenyves/Kerschner/ Vonkilch (-Bittner), ABGB3 (Klang), § 524 Rn. 9). Soweit Anlass zu Nachforschungen hinsichtlich etwaiger Dienstbarkeiten besteht, muss der Erwerber darlegen und erforderlichenfalls beweisen, dass er Nachforschungen angestellt hat und zu welchem Ergebnis diese geführt haben (OGH 4.9.2014 – 5 Ob 27/14b, ecolex 2015/141, S. 376; Fenyves/Kerschner/Vonkilch (-Bittner), ABGB3 (Klang), § 524 Rn. 9). Selbst wenn der Erwerber eines Miteigentumsanteils nach diesem Maßstab als gutgläubig anzusehen ist, schadet ihm nach der Rechtsprechung aber jedenfalls die Schlechtgläubigkeit der Erwerber anderer Miteigentumsanteile im Kontext der sukzessiven Übertragung von Miteigentumsanteilen am dienenden Grundstück (vgl. OGH 4.9.2014 – 5 Ob 27/14b, ecolex 2015, S. 376: Aufteilung des Grundstücks in eine Vielzahl von Wohnungseigentumseinheiten, die zeitlich gestaffelt vom Bauunternehmer auf die einzelnen Käufer veräußert wurden; weil zwei Erwerber schlechtgläubig waren, kam ein lastenfreier Erwerb auch bei den anderen Übertragungsgeschäften nicht in Betracht). Weil nach allgemeiner Ansicht Grunddienstbarkeiten – als unteilbare Sachen i. S. v. § 844 ABGB – nicht an ideellen Anteilen, sondern nur am ganzen Grundstück bestehen (Schwimann (-Kiendl-Wendner), ABGB II4, § 481 Rn. 5), sollen sich die Erwerber von Miteigentumsanteilen, so der OGH, die Tatsachenkenntnis bzw. Bösgläubigkeit einzelner anderer Erwerber zurechnen lassen (vgl. OGH 4.9.2014 – 5 Ob 27/14b, ecolex 2015/141, S. 376); im Ergebnis erlöschen nicht eingetragene, nicht offenkundige Dienstbarkeit daher nur dann, wenn alle Miteigentumsanteile gutgläubig erworben werden (OGH 4.9.2014 – 5Ob27/14b, ecolex 2015/141, S. 376). Aus Wertungsgründen dürfte keine andere Betrachtungsweise gelten, wenn nur ein Miteigentumsanteil vom (schlechtgläubigen) bisherigen Alleineigentümer an eine redliche Person
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tenden Kontinuitäts- und Verkehrsinteressen spricht eher, wenn auch nicht eindeutig für ein vollständiges Erlöschen nicht eingetragener Dienstbarkeiten durch bloßen redlichen Erwerb eines einzigen Miteigentumsanteils. Mit Rücksicht auf die im Vergleich zum Grundstückskauf reduzierten Finanzierungskosten des Anteilserwerbs könnte gewiss argumentiert werden, dass dem Erwerber die Belastung mit eintragungsbedürftigen, nicht verlautbarten Dienstbarkeiten zumutbar sei: Wer sich lediglich einen Anteil am Grundstück verschaffe, müsse das Risiko fortbestehender Dienstbarkeiten tragen. Indes lässt sich ein schutzwürdiges Vertrauen auf die Grundbuchlage nicht per se verneinen, zumal soweit es um die Begründung und Übertragung von Wohnungseigentum geht: Wer sich einen Miteigentumsanteil in Verbindung mit Sondereigentum an Wohnungen oder gewerblichen Räumen einräumen lässt, wird nicht damit rechnen, dass seine Rechtsposition durch „geheime“ Dienstbarkeiten (oder gar durch nicht eingetragene Erbbaurechte!) am gemeinschaftlichen Grundstück ggf. massiv verkürzt wird. Auf der Hand liegt, dass bei unterstellter Unmöglichkeit eines lastenfreien Erwerbs die Verkehrsfähigkeit von Miteigentumsanteilen sowie Wohnungs- und Teileigentum infolge des durch zusätzlich erforderliche Nachforschungen erhöhten Kosten- und Zeitaufwands nicht unwesentlich reduziert werden würde.589 Selbst wenn man aber einmal akzeptiert, dass der Erwerber eines Miteigentumsanteils in Bezug auf Belastungen des ungeteilten Eigentums weniger schutzwürdig ist als der Erwerber von Alleineigentum, erklärt allein dies nicht, weshalb das Integritätsinteresse des Dienstbarkeitsberechtigten das Interesse an der Ververäußert wird. Auch hier dürfte die Dienstbarkeit erst durch einen gutgläubigen Erwerb aller Anteile durch jeweils unterschiedliche Personen oder durch einen Alleineigentumserwerb einer einzigen redlichen Person erlöschen (vgl. OGH 22.7.2007 – 4 Ob 74/07x, ecolex 2007/283 S. 672; in diese Richtung wohl auch OGH 4.9.2014 – 5 Ob 27/14b, ecolex 2015/141, S. 376). Vermittels der Wissenszurechnung genügt der bloße Erwerb eines Miteigentumsanteils somit schlechthin nicht für einen gutgläubig-lastenfreien Erwerb, wobei die angeführte Begründung natürlich nicht zwingend ist: Wenn Dienstbarkeiten auch nach österreichischem Recht nicht gesondert an einzelnen Anteilen bestehen können, wäre es auch möglich, dem gutgläubig-lastenfreien Erwerb eines Miteigentumsanteils die Wirkung beizumessen, dass die Dienstbarkeit insgesamt an allen Anteilen (auch der der schlechtgläubigen Erwerber) erlischt. Letztlich steht die österreichische Lösung in einem klaren Gegensatz zur verkehrsschützenden Rechtsprechung des BGH: Während der OGH dem Erwerber das Wissen der nicht am konkreten Erwerbsgeschäft beteiligten Teilhaber zurechnet, verfährt die deutsche Rechtsprechung gerade umgekehrt, indem sie den gutgläubigen Anteilserwerber gleichsam zum Wissensvertreter der nicht am Erwerbsgeschäft beteiligten Miteigentümer (oder des Veräußerers) macht. Schutzwürdig ist der Erwerber nach der Wertung der österreichischen Judikatur nur dann, wenn er alle Miteigentumsanteile resp. Alleineigentum erwirbt; anderenfalls überwiegt das Kontinuitätsinteresse des Dienstbarkeitsberechtigten. Angesichts des durch die Rechtsprechung etablierten hohe Schutzstandards für nicht verbücherte Dienstbarkeiten – sog. offenkundige Dienstbarkeiten sind hiernach generell gegen einen gutgläubig-lastenfreien Erwerb immunisiert (kritisch hierzu Schwimann (-Kiendl-Wendner), ABGB II4, § 481 Rn. 10) –, verwundert die restriktive Haltung der Judikatur im Kontext des Miteigentumserwerbs freilich kaum. 589 Auch eine Inspektion des Grundstücks wird nicht stets in verlässlicher Weise auf tatsächlich existente Benutzungsdienstbarkeiten und wohl erst recht nicht auf Unterlassungs- und Rechtsverzichtsdienstbarkeiten hindeuten.
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kehrsfähigkeit von Miteigentumsanteilen überwiegen soll. Das Gesetz mutet dem Rechtsinhaber eines zu Unrecht nicht gebuchten oder gelöschten Rechts nun einmal zu, ggf. im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes einen Widerspruch gem. § 899 Abs. 1 BGB zu erwirken oder auf eine Berichtigung des Grundbuchs gem. § 894 BGB hinzuwirken, um einen (totalen) Rechtsverlust präventiv zu unterbinden. Schließlich dürfte sich der Dienstbarkeitsberechtigte nicht beschweren, wenn das dienende Grundstück insgesamt übertragen oder belastet wird; dass zufällig nur ein Anteil oder mehrere Anteile veräußert resp. belastet werden, macht den Dienstbarkeitsberechtigten nicht schutzwürdiger.590 Zwar lässt sich nicht abstreiten, dass die „überschießende“ Rechtsfolge des gutgläubig-lastenfreien Erwerbs dem Alleineigentümer die Möglichkeit verschafft, sich durch Übertragung eines winzigen Bruchteils auf einen nichtsahnenden Erwerber lästiger Dienstbarkeiten zu entledigen.591 Freilich sollte die Gefahr planvoll-manipulativer Miteigentumsübertragungen zwecks Entlastung des ganzen Grundstücks nicht übertrieben werden.592 Vor allem rechtfertigt dies es nicht, 590 Sollte ein gutgläubig-lastenfreier Erwerb stattfinden, steht der Dienstbarkeitsberechtigte ja auch nicht schutzlos dar; auf mögliche Ansprüche Schadensersatz und/oder Gewinnherausgabeansprüche aus Delikt, ungerechtfertigter Bereicherung, Geschäftsführung ohne Auftrag und ggf. auch wegen Vertragsverletzung gegen den Veräußerer sei nur hingewiesen. Aus diesem Grund verfängt auch nicht das weitere von OLG Dresden, Beschluss v. 25.1.2010 – 3 W 246/09, ZfIR 2010, S. 545 gegen den gutgläubig-lastenfreien Erwerb des Miteigentümers vorgebrachte Argument, dass die nicht am Erwerbsgeschäft beteiligten Miteigentümer im Verhältnis zum Dienstbarkeitsberechtigten einen ungerechtfertigten Vorteil erhielten. Soweit der Senat damit insinuiert, dass bei unterstelltem lastenfreien Erwerb bereicherungsrechtliche Ansprüche gegen die Miteigentümer möglich seien, untergräbt er damit sogar seine eigene Argumentation: Außer Frage steht, dass der veräußernden Allein- oder Miteigentümer bei entgeltlicher Miteigentumsübertragung aus § 816 Abs. 1 S. 1 BGB haftet; etwaige Ansprüche gegen die nicht am Erwerbsgeschäft beteiligten Miteigentümer sind hierdurch aber nicht ausgeschlossen, insoweit greift die allgemeine Eingriffskondiktion des § 812 Abs. 1 S. 1 Var. 2 BGB. Aus § 816 Abs. 1 S. 2 BGB ergibt sich insoweit keine Sperrwirkung; aus dieser Norm ergibt sich nur, dass der entgeltliche Erwerber dem Rechtsverlierer nicht zum Ausgleich verpflichtet ist. Soweit schließlich OLG Dresden, Beschluss v. 25.1.2010 – 3 W 246/09, ZfIR 2010, S. 545, 548 anerkennt, dass zumindest in der Zwangsversteigerung eines (unzertrennlich mit einem Miteigentumsanteil am ganzen Grundstück verbundenen) Sondereigentums an Wohnungen oder anderen Räumen nicht eingetragene Dienstbarkeiten durch Zuschlagsbeschluss insgesamt erlöschen, liegt es nahe, hieraus auch auf die Reichweite des gutgläubig-lastenfreien Erwerbs zu schließen: Wenn sogar ohne Rücksicht auf die Kenntnis des Erstehers einer Wohnungseigentumseinheit das gesamte Grundstück von einer nicht in das geringste Gebot fallenden Dienstbarkeit befreit wird, drängt sich sogar ein argumentum a fortiori auf, wenn der Erwerber eines Miteigentumsanteils in Unkenntnis der Belastung des Eigentums am ganzen Grundstück einen (mit Sondereigentum an einer Wohnung oder anderen Räumen verbundenen) Miteigentumsanteil erwirbt. Auch der Hinweis, dass sich der Dienstbarkeitsberechtigte gegen einen Rechtsverlust in der Zwangsversteigerung schützen könne, ist nicht ausschlaggebend; dies gilt außerhalb der Zwangsversteigerung ebenso. 591 OLG Dresden, Beschluss v. 25.1.2010 – 3 W 246/09, ZfIR 2010, S. 545, 548. 592 Wenig realistisch erscheint jedenfalls, dass ein Alleineigentümer sein Grundstück in Miteigentumsanteile zerlegt und sodann auch noch mit Sondereigentum an Wohnungen oder anderen Räumen verbindet, um durch anschließende Miteigentumsübertragung bestehende Dienstbarkeiten loszuwerden; immerhin erkauft er sich diesen Vorteil dadurch, dass er selbst sein Eigentum teilweise endgültig verliert und zudem auch noch sein Grundstück teilt.
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einen lastenfreien Erwerb durch Miteigentumserwerb in Bezug auf Dienstbarkeiten apodiktisch auszuschließen.593 Wenn aber die überschießende dienstbarkeitsbeseitigende Wirkung eines gutgläubig-lastenfreien Erwerbs noch vom Wortlaut des § 892 Abs. 1 S. 1 BGB gedeckt ist, ließe sich eine Gegenausnahme in dieser Fallgestaltung methodisch nur mit einer teleologischen Reduktion begründen. Fehlt es aber an einem eindeutig überwiegenden Integritätsinteresse, ist der h. A. im Ergebnis mit der hier entwickelten Argumentation zu folgen. bb) Schlussfolgerungen Die Strukturunterschiede zwischen der Belastung subjektiver Rechte und der gemeinschaftlichen Rechtszuständigkeit gem. §§ 741–758 BGB (i. V. m. §§ 1008–1011 BGB) liegen nach alldem offen zutage. Während kraft Belastung geschaffene Rechte schicksalhaft an das jeweils belastete Recht geknüpft sind, besteht zwischen Anteilen subjektiver Rechte ein Nexus, der sich darin manifestiert, dass die Befugnisse jedes Teilhabers durch die korrelativen Befugnisse der anderen beschränkt sind, wobei keinem der Teilhaber im Verhältnis zu irgendeinem anderen eine der Belastung eines Rechts wesensimmanente „Rückfallkompetenz“ zugewiesen ist.594 Weder ist irgendein Anteil existenziell an das rechtliche Schicksal eines anderen Anteils oder eines sich aus der inneren Verbundenheit der Anteile ergebenden „Gesamtrechts“ aller Teilhaber geknüpft noch wird der Anteil irgendeines Teilhabers einseitig dem Recht eines anderen Teilhabers oder dem „ganzen Recht“ aller Teilhaber untergeordnet. Weil sich aber der Alleineigentümer bzw. der Alleinberechtigte mit der „Aufgliederung“, „ideellen Teilung“ oder „Vervielfältigung“ seines Rechts in ideelle Anteile der Residualzuständigkeit begibt, existiert präzise betrachtet kein irgendeinem Rechtssubjekt zugeordnetes „ganzes“ Recht, sondern eine Mehrzahl subjektiver Rechte, die kraft Synthese all die (Dispositions-)Befugnisse vermitteln, die dem Alleineigentümer zustehen. Existiert kein (singuläres) „Vollrecht“, ist der ideelle Anteil kein „begrenztes“ Recht, sondern ein Recht unter Gleichen, im Fall des Miteigentums mithin eines von mehreren Eigentumsrechten. Letztlich kommt es – zumal für die schlüssige Erklärung einzelner Rechtsfolgen der Rechtsgemeinschaft – nicht darauf an, ob und welcher der scheinbar konträ593 So erlöschen denn auch nach österreichischen Rechtsprechung nicht verbücherte, nicht offenkundige Dienstbarkeiten immerhin dann, wenn sämtliche Miteigentumsanteile am dienenden Grundstück an gutgläubige Personen übertragen werden (vgl. OGH 30.10.1995 – 2 Ob 570/95, SZ 68/206 = RIS-Justiz (RS0075145); OGH 22.7.2007 – 4 Ob 74/07x, ecolex 2007/283 S. 672; OGH 4.9.2014 – 5Ob27/14b, ecolex 2015/141, S. 376; Schwimann (-Kiendl-Wendner), ABGB II4, § 481 Rn. 5). 594 Sichtbar wird die wechselwirkende Begrenzung der den Teilhabern verliehenen Rechte dann, wenn schuldrechtlicher Kollektivregelungen, aus denen alle Teilhaber gleichermaßen berechtigt und verpflichtet werden, mit Sukzessionsschutz gem. §§ 746, 751 S. 1, 1010 BGB versehen sind. Darüber hinaus zeigt sich die identische wechselseitige Begrenzung aller Anteile darin, dass kein Teilhaber sein Recht einseitig aufzuheben vermag, sondern auf den regulären Weg der Aufhebung der Gemeinschaft durch gemeinschaftlichen Beschluss der Teilhaber verwiesen ist; siehe die Nachweise in Fn. 518.
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ren „Aufgliederungs-“, „Teilungs-“ oder „Vervielfältigungs-Lehren“ man sich anschließt. Denn eines steht fest: Für ein neben den Anteilen fortbestehendes „ganzes“ oder „echtes“, durch Anteile belastetes „Eigentum“ ist nach der lex lata kein Raum.595 Deshalb ist das Miteigentum sowie jedes mehreren Personen in Bruchteilsgemeinschaft zugeordnete Recht in der gedachten Rechtspyramide durch eine horizontale Teilung des auf ein und derselben Stufe stehenden Rechts am besten dargestellt. Nichts anderes gilt, wenn das Recht des Miteigentümers wiederum in ideelle Anteile zerlegt wird.596 Von der Kollision mehrerer gleichartiger und gleich595
Larenz, JherJb 47 (1933), S. 108, 128; vgl. auch Madaus, AcP 212 (2012), S. 251, 275. diesem Grund hat auch die Rechtsfigur der „Untergemeinschaft“ an einem ideellen Bruchteil, sei es ein Miteigentumsanteil, sei es ein Anteil eines anderen Rechts, nichts mit einer mehrstufigen Belastung subjektiver Rechte zu tun. Nur klarstellend sei erwähnt, dass nach ganz h. A. eine „Untergemeinschaft“ grundsätzlich nicht mit dinglicher Wirkung an einem Anteil begründet werden kann, sondern – in Analogie zur erstmaligen Begründung einer Bruchteilsgemeinschaft an einem ungeteilten Recht – zu einer erneuten Zersplitterung des gemeinschaftlichen Gegenstandes, präziser zu einer Vermehrung der Teilhaber des ungeteilten Rechts, führt (vgl. BGH, Urteil v. 23.4.1954 – V ZR 145/52, NJW 1954, S. 1035, 1036; MünchKomm (-K. Schmidt), BGB VI7, § 741 Rn. 16; Tschon, RNotZ 2006, S. 205, 212): Wird z. B. ein hälftiger Miteigentumsanteil zwei (nicht gesamthänderisch gebundenen) Personen übertragen, steht diesen jeweils ein Miteigentumsanteil von ¼ zu; es vergrößert sich die singuläre Eigentümergemeinschaft ohne Entstehung einer separaten Gemeinschaft an einem fortbestehenden Miteigentumsanteil. Selbst soweit vertreten wird, dass schuldrechtliche Vereinbarungen zwischen den (durch Teilung eines ideellen Grundstücksteils) neu hinzutretenden Miteigentümern eines Grundstücks untereinander durch Eintragung im Grundbuch nach § 1010 BGB die Einzelrechtsnachfolger dieser Miteigentümer verpflichte (ablehnend BeckOGK BGB (-P. Müller), Stand: 1.3.2019, § 1010 Rn. 23: § 1010 BGB erfasse ausschließlich Kollektivregelungen zwischen allen Miteigentümern und nicht bloß Vereinbarungen zwischen einzelnen Miteigentümern; wären Vereinbarungen der Miteigentümer einer Untergemeinschaft eintragungsfähig, könnte dies bei größeren Eigentümergemeinschaften mit mehreren Untergemeinschaften die Übersichtlichkeit des Grundbuchs gefährden; die Teilhaber der Untergemeinschaft könnten lediglich auf eine den Vereinbarungen der Untergemeinschaft Geltung verschaffende Änderung der Benutzungsvereinbarungen der Hauptgemeinschaft hinwirken; in Ermangelung einer solcher entfalteten die Vereinbarungen der Untergemeinschaft entgegen §§ 746, 751 S. 2 BGB keine Bindungswirkung gegenüber den Einzelrechtsnachfolgern), ergibt sich daraus für die sachenrechtliche Zuordnung der ideellen Anteile nichts und vor allem entfaltet die Untergemeinschaftsvereinbarung keine belastende Wirkung. Wie gezeigt, wird die Eigentümergemeinschaft lediglich zahlenmäßig vergrößert, was mit einer Vermehrung der subjektiven Rechte der Teilhaber korreliert; weder existiert ein ganzes Recht am Grundstück, was durch die Rechte der Teilhaber belastet wird, noch wird ein völlig fiktiver Miteigentumsanteil, auf den sich eine Untergemeinschaft bezieht, von den Bruchteilen der Teilhaber der Untergemeinschaft belastet. Nun erkennt zwar auch die h. A. ausnahmsweise „dingliche“ Untergemeinschaften an ideellen Anteilen ohne Veränderung des betroffenen Anteils an (vgl. MünchKomm (-K. Schmidt), BGB VI7, § 741 Rn. 16, der exemplarisch auf Untergemeinschaften an Wohnungseigentum sowie an Miteigentumsanteilen bei der Wertpapiersammelverwahrung und im Investmentrecht verweist). Auch diese Erscheinungsformen echter Untergemeinschaften sind von einer gestuften Belastung subjektiver Rechte aber klar zu unterscheiden. Wird z. B. Wohnungseigentum (ausschließlich) ideell geteilt, so dass insoweit eine Bruchteilsgemeinschaft am Sondereigentum entsteht, bleibt hiervon zwar der zwingend mit dem Sondereigentum verbundene Miteigentumsanteil (§ 6 Abs. 1 WEG) am gemeinschaftlichen Restgrundstück unberührt; die Teilhaber dieser Untergemeinschaft bilden also eine Gemeinschaft hinsichtlich des real ungeteilten Miteigentumsanteils. Schon dieses Recht bildet aber, wie vorstehend gezeigt, keine Belastung 596 Aus
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Teil I: Sachenrechtliche Subordinationsverhältnisse
rangiger Rechte unterscheiden sich Bruchteilsgemeinschaften durch den inneren Nexus aller Rechte der Teilhaber.597 Von selbst versteht sich, dass sämtliche Rechtsgeschäfte, die unmittelbar die Zuordnungsverhältnisse an der „Sache“ betreffen, z. B. die Bestellung und die Änderung begrenzter Rechte, koordinierter Verfügungen seitens aller Teilhaber bedürfen. Soweit begrenzte Sachenrechte ihrer Natur nach nur entweder gegenüber allen Miteigentümern oder gegenüber keinem Teilhaber durchsetzbar sind, zeitigen Verfügungen über einzelne Anteile ggf. einen vollständigen Rechtsverlust; Entsprechendes gilt in der Zwangsversteigerung eines Anteils. Diese gesetzliche Rechtsfolge beruht nicht auf der Verfügungsbefugnis des einzelnen Teilhabers über seinen Anteil, sondern einer ihm kraft dogmatisch vertretbarer Wertungsentscheidung der Rechtsprechung zugewiesenen alleineigentümergleichen Verfügungsbefugnis.598 Wenngleich sich der rechtsgeschäftliche Miteigentumserwerb nach tradierter Dogmatik nicht eine konstitutive Sukzession in das Alleineigentum begründet,599 ist diese Analyse einer Bruchteilsgemeinschaft, wie ein Blick auf das englische trust-Modell zeigt, nicht prinzipiell ausgeschlossen. Statt einer Aufgliederung“, „ideellen Teilung“ oder „Vervielfältigung“ eines singulären Vollrechts böte sich als konstruktionsjuristische Alternative eine fiduziarische Belastung eines gesamthänderisch gebundenen oder auch ausschließlich einem Rechtssubjekt zugeordneten Rechts mit einer Mehrheit qualitativ gleichartiger Teilrechte unter einem trust an.600 So ist nach englischem Recht eine ideelle Teilung eines legal estate in land, sei es ein des Restgrundstücks und die ideellen Anteile der Teilhaber der Untergemeinschaft belasten auch nicht das Sondereigentum, weil dieses seinerseits keinem Rechtsträger exklusiv zugeordnet ist. Desgleichen beschränken sich die Befugnisse zur Ausübung der Rechte am gemeinschaftlichen Grundstück als Teilhaber der Untergemeinschaft am Miteigentumsanteil wechselseitig, ohne dass aber irgendeinem der Teilhaber ein „Restrecht“ zugewiesen ist. Anders liegt es hingegen im englischen Recht, kann doch das unter einem trust of land entstandene Recht eines tenant in common ohne weiteres mit dinglicher Wirkung in einen sub-trust eingebracht werden, aus dem wiederum eigenständige Rechte unter einer separaten tenancy in common entstehen können; ausführlich zum sub-trust § 4 III. 597 Demgemäß entsteht in den gesetzlich geregelten Fällen der Kollision artverwandter Rechte gleichen Ranges (vgl. §§ 1024, 1060, 1090 Abs. 2 BGB) nicht ein echtes Gemeinschaftsverhältnis, obschon die Rechtsinhaber zu einer angemessenen Ausübungs- und Ausgleichsregelung kraft Gesetzes verpflichtet sind (vgl. BeckOK BGB (-Wegmann), Stand: 1.2.2017, § 1024 Rn. 8). Allerdings kann sich im Verhältnis zwischen dem Grundeigentümer und dem Inhaber einer Grunddienstbarkeit im Fall einer gleichberechtigten Mitbenutzung ein Anspruch auf eine Ausübungsregelung in Analogie zu § 745 Abs. 2 BGB ergeben, vgl. BGH, Urteil v. 19.9.2008 - V ZR 164/07, NJW 2008, S. 3703, 3704; MünchKomm (-Mohr), BGB VII7, § 1024 Rn. 2). 598 Zur gegensätzlichen Position der österreichischen Judikatur näher Fn. 588; zur Lösung des englischen Rechts siehe Fn. 605. 599 Vgl. BGH, Urteil v. 14.2.1962 – IV ZR 156/61, NJW 1962, S. 1109 m. w. N.; MünchKomm (-K. Schmidt), BGB VII7, § 1008 Rn. 1; BeckOGK BGB (-P. Müller), Stand: 1.3.2019, § 1008 Rn. 7. 600 Siehe bereits die Konzeption der Bruchteilsgemeinschaft von Fabricius, Relativität der Rechtsfähigkeit, S. 144–145: „[D]ie Bruchteilsgemeinschaft [ist] eine nur an einem einzigen Recht mögliche Gemeinschaft zur gesamten Hand mit gegenstandsbezogenen Rechts- und Pflichtfähigkeit und veräußerlichen Anteilen als Zusammenfassung der rechtlich unselbstständigen mitgliedschaftlichen Befugnisse und Pflichten der Mitglieder an dem Recht.“ (Hervorheb. auch im Original).
§ 2 Außengrenzen und Binnenstrukturierung des Generalthemas
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fee simple estate (i. S. v. sec. 1(1)(a) LPA 1925) sei es ein term of years absolute (i. S. v. sec. 1(1)(b) LPA 1925) ausgeschlossen. Mehreren Personen steht ein legal estate in land kraft Gesetzes gesamthänderisch als trustees zu.601 Eine simultane Mitberech601 Sec. 1(6) LPA 1925 schließt – anknüpfend an die frühere Vermutungsregelung des Common Law zugunsten einer joint tenancy – die Möglichkeit, einen legal estate an einem ungeteilten Grundstücksteil zu bestellen, aus; ideelle Anteile sind daher nur in Equity möglich (siehe nur K. Gray/S. F. Gray, Elements of Land Law5, Rn. 7.4.20; von Bar (-Middleton), Sachenrecht in Europa I, S. 125). Auch der equitable estate ist den Mitberechtigten aber im Zweifel gesamthänderisch als joint tenants zugeordnet; zu einer gemeinschaftlichen Zuordnung als tenants in common kommt es nur dann, wenn die auf der Maxime equity follows the law beruhende Vermutungsregel für eine joint tenancy widerlegt ist. Über seinen equitable interest vermag einer der joint tenants problemlos selbstständig zu verfügen, auch im Wege des Verzichts zugunsten des Mitberechtigten; dadurch verliert der joint tenant, dem zugleich als trustee der legal estate gesamthänderisch zugeordnet ist, nicht den legal estate; die Verfügungsobjekte sind scharf zu unterscheiden (vgl. Wallbank v. Price [2007] EWHC 3001 (Ch) [47] (Lewison J.); K. Gray/S. F. Gray, Elements of Land Law5, Rn. 7.4.116). Während die joint tenancy – die strukturell der gesamthänderischen Berechtigung mehrerer Personen entspricht – für die mehrheitliche Zuordnung von legal estates in land in sec. 1(6) LPA 1925 zwingend vorgeschrieben ist, besteht für die mehrheitliche Berechtigung in equity Wahlfreiheit zwischen der gesamthänderischen Zuordnung im Wege einer joint tenancy und einer (der Bruchteilsgemeinschaft vergleichbaren) tenancy in common, vgl. K. Gray/S. F. Gray, Elements of Land Law5, Rn. 7.4.67. Sonstige Formen einer (sachenrechtlichen) Mitberechtigung mehrerer Personen sind ausgeschlossen; die im alten Common Law noch zulässigen Varianten der tenancy in entireties (eine nicht auflösbare Ehegütergemeinschaft) und die coparcenary (eine Gemeinschaft ausschließlich weiblicher Erben, die praktisch der Bruchteilsgemeinschaft entsprach) sind längst obsolet (vgl. K. Gray/S. F. Gray, Elements of Land Law5, Rn. 7.4.109–111). Auch im englischen Recht ist die gesamthänderische Mitberechtigung mithin durch die strukturelle Antinomie gekennzeichnet, dass allen Mitberechtigten das ganze Recht und somit individuell überhaupt nichts gehört – quilibet totum tenet, et nihil tenet; scilicet, totum in communi, et nihil separatim per se (dieses Zitat wird Bracton zugeschrieben; vgl. K. Gray/ S. F. Gray, Elements of Land Law5, Rn. 7.4.4 in Fn. 4). Den joint tenants stehen nach englischer Dogmatik mithin keine individuellen gleichartigen Rechte zu, sie sind vielmehr Inhaber des ungeteilten joint estate, woraus insbesondere das ius accrescendi im Fall des Fortfalls eines joint tenant folgt – im Todesfall fällt das gesamthänderisch gebundene Recht mithin nicht in den Nachlass des verstorbenen joint tenant (grundlegend bereits Blackstone, Commenaries II, S. 183–184). Abgesehen vom wesensimmanenten Anwachsungsprinzip ist die englische joint tenancy durch die sog. four unities gekennzeichnet: unity of interest, unity of title, unity of time, unity of possession (näher Blackstone, Commenaries II, S. 180–182; K. Gray/S. F. Gray, Elements of Land Law5, Rn. 7.4.21–7.4.27): Mit den „four unitites“ wird umschrieben, dass (1.) allen Mitberechtigten ein Recht einheitlichen Ausmaßes (unity of interest) im Gegensatz zu den quotal segmentierten Rechte identischen oder unterschiedlichen Umfangs bei einer tenancy in common zusteht, (2.) die Mitberechtigung auf demselben rechtsgeschäftlichen oder gesetzlichen Erwerbstatbestand (unity of title) zurückzuführen ist, der (3.) gleichzeitig und nicht etwa sukzessiv allen Mitberechtigten das Recht zusteht (unity of time) und (4.) jeder joint tenant zum Besitz des ganzen Landes berechtigt ist und somit keiner Mitberechtigten einen Teilbesitz am Grundstück für sich allein reklamieren kann (unity of possession). Zwar kommt es nach Common Law in diversen Konstellationen zu einer sog. severance, d. h. zur Aufhebung der Gesamthand verbunden mit einer Umwandlung der Mitberechtigung in individuelle Anteile als tenants in common, weshalb denn auch joint tenants mit Rücksicht auf die potenzielle Umwandlung bereits ein gegenwärtiges individuelles Teilrecht attestiert wird. Freilich ist die Möglichkeit einer Umwandlung kraft Gesetzes in Bezug auf legal estates in land ausgeschlossen (sec. 36(2) LPA 1925); eine Aufhebung und Umwandlung kann bestenfalls in equity Wirkung entfalten. Mehrere Berechtigte sind nämlich in equity im Zweifel joint tenants (vgl. Stack v. Dowden [2007] 2 A. C. 432), wobei diese Vermutungsregel oftmals widerlegt ist. Dies liegt z. B. beim gemeinschaftlichen Kauf eines legal estate nahe, wenn die Erwerber je-
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Teil I: Sachenrechtliche Subordinationsverhältnisse
tigung derselben oder anderer Personen zu ideellen Anteilen ist ausschließlich unter einem trust möglich.602 Mit dieser dualistischen Struktur der Rechtszuordnung soll einerseits die Verkehrsfähigkeit von estates in land und andererseits sichergestellt werden, dass die materiellen Vorteile den unter dem trust begünstigten Personen nach Maßgabe des Ausmaßes ihrer Individualrechte zukommt.603 Die Rechtsstellung der fiduziarisch gebundenen joint tenants des legal estate ist von der der materiell begünstigten tenants in common qualitativ und funktional zu unterscheiden. Als eigentumsäquivalentes Verfügungsobjekt fungiert ein gesamthänderisch zugeordnetes Recht, wohingegen den (mit den trustees ggf. personenidentischen) beneficiaries selbstständig verwertbare Anteilsrechte „hinter dem Vorhang“ des trust zustehen, die vermittels overreaching problemlos vom land in monetäre Ersatzgegenstände umgeleitet werden.604 Von einer Konnexität i. S. wechselseitiger Abhängigkeit und qualitativer Gleichartigkeit zwischen dem legal estate der trustees und den Anteilen der beneficiaries kann keine Rede sein; die equitable interests beziehen sich auf den ungeteilten legal estate in land; leiten ihre Existenz aus dem trust of land ab. Umgekehrt ist der legal estate nicht existenziell an das rechtliche Schicksal der Anteile geknüpft. Soweit den beneficiaries die Nutzung und der Wert des Landes (z. B. Besitz, Früchte, Veräußerungserlös) gebühren, suspendiert der trust den Rechtskreis des Rechtsinhabers als trustee des legal estate, solange der trust of land nicht vermittels eines Verfügungsgeschäfts in einen trust an einem Ersatzgegenstand verwandelt wird. Auch wenn dieses subordinative Verhältnis regelmäßig nicht auf Dauer angelegt ist, ändert dies an der zumindest zeitweiligen Belastung des legal estate nichts: Fallen die Anteilsrechte fort, „erstarkt“ der legal estate von selbst, verleiht dem legal owner die suspendierten Gebrauchsund Herrschaftsbefugnisse über das land.605 weils in unterschiedlichem Umfang an der Finanzierung beteiligt sind oder auch Dritte, die selbst nicht als Erwerber auftreten, den Kaufpreis aufbringen; in diesen Fällen entsteht meistens eine tenancy in common, wobei den Erwerbern und den außenstehenden Dritten als beneficiaries jeweils Anteile nach Maßgabe ihrer Erwerbsaufwendungen im Verhältnis zum Kaufpreis zustehen (vgl. K. Gray/S. F. Gray, Elements of Land Law5, Rn. 7.4.59). 602 Die mehrheitliche Berechtigung an einem legal estate in land führt in aller Regel zu einem trust of land, wobei die joint tenants dann entweder ausschließlich für sich selbst oder auch für andere Personen das Grundstück fiduziarisch halten; zu trusts of land näher § 4 III. 3. c) bb). 603 K. Gray/S. F. Gray, Elements of Land Law5, Rn. 7.4.13–7.4.19. Mit der gesamthänderischen Zuordnung eines singulären legal title ist vor allem Rechtssicherheit für den Erwerber bezweckt, der nur ein Recht und nicht eine Vielzahl von fragmentierten Anteilen erwerben muss. Damit korrespondierend verbietet sec. 36(2) LPA 1925 die Aufhebung und Umwandlung (severance) der Gesamthand in eine tenancy in common; zudem ist die gesamthänderische Mitberechtigung auf maximal vier Personen beschränkt (sec. 34(2) LPA 1925). Den beneficiaries gebühren dagegen nach Maßgabe der vom settlor festgelegten Zwecke des trust die possession, d. h. der tatsächliche Gebrauch des Landes (sec. 12 TLATA 1996) – wobei die Koordination der Gebrauchsbefugnisse den trustees vorbehalten ist (vgl. sec. 13 TLATA 1996) –, die aus einem am Grundstück bestellten lease folgenden Rentenleistungen und zudem der Veräußerungserlös im Fall der Verwertung des Landes, vgl. K. Gray/S. F. Gray, Elements of Land Law5, Rn. 7.4.19. 604 § 4 II. 1. a). 605 Auswirkungen hat dies auf den Bestandsschutz von Dienstbarkeiten. Im englischen Recht ist ein automatisches Erlöschen sog. servitudes (scil.: easements, profits à prendre, restrictive cove-
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Mit diesem Konzept vermeidet das englische Recht die dem deutschen Regime der Rechtsgemeinschaft eigentümliche Antinomie eines „an sich“ unteilbaren, sich nants) durch Anteilsübertragung oder sonstige Verfügungen über die allein „hinter dem Vorhang“ des trust bestehenden Rechte der beneficiaries nicht möglich. Auch das englische Recht weicht – ebenso wie das österreichische Recht – insoweit distinktiv von der h. A. in Deutschland ab, nach der der Erwerb eines ideellen Anteils eines Grundstücks bei Unkenntnis von im Grundbuch eintragungsbedürftigen, aber nicht eingetragenen Dienstbarkeiten zum vollständigen Erlöschen der Dienstbarkeit ungeachtet der Schlechtgläubigkeit anderer Teilhaber führt. Zunächst ist es aus englischer Sicht selbstverständlich, dass servitudes stets an einem legal estate in land, typischerweise am freehold estate (sec. 1(1)(a) LPA 1925) eingeräumt werden. Bei den allgemein anerkannten equitable easements (vgl. (vgl. Gale (-Gaunt/Morgan), Easements20, Rn. 2-02) geht es zuvörderst um Konstellationen, in denen nicht sämtliche Voraussetzungen für den Erwerb nach Common Law (i. E. S.) erfüllt sind, z. B. ein durchsetzbarer Anspruch aus einem Vertrag auf Bestellung eines easement besteht, der in Equity so behandelt wird als ob er bereits vollzogen wäre (vgl. Gale (-Gaunt/Morgan), Easements20, Rn. 2-02 mit Fn. 7; dies soll auch dann gelten, wenn zwar kein entgeltlicher Dienstbarkeitsbestellungsvertrag vorliegt, der designierte Erwerber aber im Vertrauen auf die Bestellung der Dienstbarkeit Verwendungen getätigt hat). Abgesehen davon kann nach den Grundsätzen der Lehre vom proprietary estoppel ein legal easement unter Vertrauensschutzgesichtspunkten entstehen, sofern dies unter Abwägung aller Umstände des Einzelfalls nach Auffassung des zur Abhilfe angerufenen Gerichts angemessen ist (vgl. Gale (-Gaunt/Morgan), Easements20, Rn. 2-03). Auf einen durchsetzbaren Anspruch kommt es nach dieser Lehre zwar nicht an; angesichts des weiten Auswahlermessenes des Gerichts hinsichtlich der ggf. zu gewährenden Vertrauensschutzes und der Möglichkeit einer Kompensation in Geld dürfte allerdings nur in Ausnahmefällen die rechtsgeschäftliche Bestellung eines easement angeordnet resp. ein solches kraft Hoheitsaktes begründet werden. Im Allgemeinen ist zwar anerkannt, dass der beneficiary über sein unter dem trust begründetes Recht verfügen, dieses insbesondere veräußern und in einen sub-trust einbringen kann (siehe § 4. II. 3.). Mit Rücksicht auf das Urteil des Supreme Court in Scott v. Southern Pacific Mortgages Ltd. [2014] UKSC 52; [2015] 1 A. C. 385 ist inzwischen aber fragwürdig, in welchen trust-Konstellationen an einem trust interest drittschutzfähige Rechte eingeräumt werden können, soll doch nach dieser Entscheidung eine vom Käufer vor rechtsgeschäftlicher Übertragung des legal estate bestellte lease lediglich Wirkung inter partes erzeugen, obschon der Käufer bereits über einen beneficial interest aus einem constructive trust verfügt (§ 4 II. 4.). Nimmt man diese Entscheidung beim Wort, wäre auch die Bestellung von easements, profits à prendre und restrictive covenants durch einen Käufer vor Vollzug des estate contract (zumindest schwebend) unwirksam; erst mit Erwerb des legal estate würde das betreffende Recht erga omnes entstehen. Wenn hiernach Dienstbarkeiten also in aller Regel am legal estate in land begründet werden, müssten sie zwar nach allgemeinen Grundsätzen in ein Konkurrenzverhältnis mit den Rechten der beneficiaries aus einem trust of land treten. Folglich beschränken die Belastungen des legal estate in land die Anteilsrechte der unter einem trust of land (i. S. v. sec. 1(1) (a)(2) TLATA 1996) begünstigten Personen insoweit, als auch diese die Ausübung der servitudes am Grundstück gegen sich gelten lassen müssen; umgekehrt werden sie aus Dienstbarkeiten berechtigt, die zugunsten des trust-belasteten legal estate in land mit dem Grundstück verbunden sind (vgl. Gale (-Gaunt/Morgan), Easements20, Rn. 2-01). Dementsprechend stellt sich gleichfalls die Frage, wie sich Verfügungen über Bruchteile unter einem trust auf dienstbarkeitsäquivalente und andere begrenzte „Grundstücks“-Rechte (interests in land) auswirken, seien es eingetragene legal easements oder nicht eingetragene equitable easements. Im Unterschied zur herrschenden Position in Deutschland besteht im englischen Recht kein Raum für einen gutgläubig-lastenfreien Erwerb der Anteilsrechte; Dienstbarkeiten bleiben von einer Übertragung oder Belastung der Rechte der beneficiaries völlig unberührt, ohne dass es darauf ankommt, ob sie im register of title ordnungsgemäß verlautbart sind oder nicht. Ein gutgläubig-lastenfreier Erwerb in Bezug auf nicht im register of title verlautbarte estates in land ist zwar bei Verfügungen über den legal estate, nicht jedoch durch Verfügungen über equitable interests in land möglich. Wie im Kontext des Sukzessionsschutzes von sub-trust-basierten Rechten (§ 4 III. 3. b)) näher ausgeführt wird,
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dennoch aber in einer Synthese ideeller Anteile manifestierenden Eigentums.606 Die Rechte der tenants in common (als beneficiaries des trust of land) verbinden sich nicht zu einem gemeinschaftlichen Verfügungsobjekt aller tenants in common; hierfür fehlt jede Notwendigkeit, verfügen doch die mit den tenants in common nicht zwingend personenidentischen joint tenants (als trustees) über das Land, präziser über den legal estate.607 Auf der Grundlage der bürgerlichrechtlichen Dogmatik erscheint es demgegenüber zwar fast schon schizophren, mehreren Personen ein singuläres Recht zugleich gesamthänderisch als auch nach Bruchteilen zuzuordnen.608 Eine an das englische trust-Modell angenäherte dogmatische Neujustiegilt für Verfügungen über equitable interests aus einem trust – vorbehaltlich einiger Ausnahmeregeln – das Prioritätsprinzip; ein allgemeines Prinzip des gutgläubigen Erwerbs von equitable interests hat sich niemals etabliert. Unter dem reformierten Liegenschaftsrecht der registered estates ist für einen gutgläubig-lastenfreien Erwerb erst recht kein Raum. Soweit Verfügungen über einen legal estate in land, um Wirksamkeit at law zu erheischen, dem Intabulationsprinzip unterliegen (vgl. sec. 27(2) LRA 2002), verdrängen diese Verfügungen – sobald durch Eintragung im register of title perfektioniert – automatisch frühere, nicht eingetragene, aber eintragungsbedürftige Rechte, soweit diesen nicht ausnahmsweise Sukzessionsschutz zukommt, ohne Rücksicht auf den guten Glauben des Rechtserwerbers (vgl. sec. 29(1) LRA 2002). In Übereinstimmung mit dem alten Recht sind Rechte, die unter einem trust of land existieren, generell nicht gegen Verfügungen über den legal estate geschützt; der eintragungsunabhängige Sukzessionsschutz, der diesen Rechten teilhaftig ist, bezieht sich prinzipiell nur auf unentgeltliche Verfügungen (vgl. sec. 29(1) LRA 2002: rechtsverdrängende Wirkung kommt nur Verfügungen for valuable consideration (i. S. v. sec. 132(1) LRA 2002) zugute. Der Sinn der gesamten trust-Dogmatik des englischen Liegenschaftsrechts liegt darin, die Rechte der beneficiaries vom land auf ein pekuniäres Surrogat zu transferieren (paradigmatisch ist die Entscheidung des House of Lords in City of London Building Society v. Flegg [1988] A. C. 54). Überträgt dagegen ein beneficiary sein trust-basiertes Recht, entfaltet diese Verfügung selbst zugunsten eines gutgläubigen Erwerbers grundsätzlich keine Verdrängungswirkung in Bezug auf bereits bestehende Belastungen des estate in land, seien es im Register vermerkte legal interests oder „geheime“ equitable interests (näher § 4 III. 3. b)). 606 Vgl. Larenz, JherJb 47 (1933), S. 108, 127–128; Schnorr, Die Gemeinschaft nach Bruchteilen (§§ 741–758 BGB), S. 80, 85. 607 Jenseits des englischen Liegenschaftsrechts herrscht Wahlfreiheit zwischen der joint tenancy und der tenancy in common; mit der Gemeinschaft nach Bruchteilen geht also im personal property law nicht notwendig ein trust einher (Blackstone, Commenaries II, S. 399; Bridge/Gullifer/McNeel/Worthington, The Law of Personal Property, Rn. 4-001). Zwischen den tenants in common entsteht zwar nach Maßgabe der alten Regeln der Equity ein gesetzliches Schuldverhältnis, insbesondere sind tenants in common verpflichtet, gezogene Nutzungen nach Maßgabe ihrer Anteile aufeinander aufzuteilen (näher K. Gray/S. F. Gray, Elements of Land Law5, Rn. 7.4.38– 7.4.42); indes besteht zwischen den tenants in common keine treuhänderische Pflichtenstellung (Kennedy v. De Trafford [1897] A. C. 180; K. Gray/S. F. Gray, Elements of Land Law5, Rn. 7.4.40). Die Rechte der tenants in common sind mithin gleichartig und unterscheiden sich nur hinsichtlich der quotal bestimmten Anspruchsberechtigung auf Nutzungen und Erlös im Innenverhältnis. 608 Allerdings unterscheidet sich die Erbengemeinschaft bekanntlich von den anderen Gesamthandsgemeinschaften dadurch, dass jeder Erbe über seinen Anteil qua Individualverfügung disponieren kann (§ 2033 Abs. 1 S. 1 BGB), während die Nachlassgegenstände der gesamthänderischen Bindung unterliegen (§ 2040 Abs. 1 BGB). Diese Abweichung vom Grundsatz der Gesamthandsbindung wird damit gerechtfertigt, dass der Miterbe anderenfalls erheblich schlechter stünde als ein Alleinerbe, der über die einzelnen Nachlassgegenstände verfügen könne, zumal bei einer auf Auseinandersetzung angelegten Gemeinschaft, die ex lege entstehe, das persönliche Verhältnis der Mitberechtigten – im Gegensatz zur Ehegütegemeinschaft und zur Gesellschaft – es nicht rechtfertige, dem Miterben ein Verfügungsrecht über seinen Anteil zu versagen (Münch-
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rung des Miteigentums nach Bruchteilen ist freilich nicht prinzipiell ausgeschlossen. Dieser Ansatz basiert freilich auf der durch den Dualismus von Common Law und Equity arrangierten Trennung dinglicher Zuordnungssphären und setzt damit die an anderer Stelle noch zu erörternde (Teil-)Rezeption des englischen trust voraus.609 b) Mehrheiten von Inhabern begrenzter Rechte Zwischen der Belastungskompatibilität begrenzter Sachenrechte und den im Einzelnen umstrittenen Gemeinschaftsverhältnissen an beschränkten dinglichen Rechten610 besteht kein innerer Zusammenhang. Weder kann aus der Zulässigkeit einer bestimmten Beteiligungsform an einem Sachenrecht auf die innerartliche Belastbarkeit desselben noch umgekehrt aus der Konstitutionskompetenz des Rechtsinhabers auf die zulässigen Beteiligungsformen geschlossen werden.611
2. Sachenrechtliche Konkurrenzverhältnisse Werden mehrere Rechte an einer Sache bestellt, besteht zwischen diesen ein Konkurrenzverhältnis. Dieses zeigt sich darin, dass jedem Recht eine bestimmte Rangstelle beigelegt wird; zwischen den konkurrierenden Rechten entsteht eine (gleitende) hierarchische Ordnung, die sich, soweit nichts anderes bestimmt ist (§§ 879 Abs. 3, 880 Abs. 1 BGB), nach dem Prioritätsprinzip richtet. Das vorrangige Recht schränkt das nachrangige Recht in seiner Wirkkraft ein, wohingegen gleichrangige deckungsgleiche Rechte sich gegenseitig neutralisieren, solange das Rangverhältnis besteht. Erlischt das konkurrierende vor- oder gleichrangige Recht, endet Komm (-Gergen), BGB X7, § 2033 Rn. 1). Dies gilt umso mehr, als dem Interesse der Miterben, den Eintritt unerwünschter Personen in die Gemeinschaft zu unterbinden, durch das gesetzliche Vorkaufsrecht gem. § 2034 BGB Rechnung getragen wird. 609 Siehe hierzu unter besonderer Berücksichtigung der Dispositionskompetenzen der beneficiaries § 4 V. 5. 610 Siehe Fn. 487. 611 Zwischen der Belastungskompatibilität beschränkter dinglicher Rechte und den Formen mehrheitliche Berechtigung an einem Sachenrecht besteht kein innerer Zusammenhang. Dass z. B. Dienstbarkeiten nach h. A. grundsätzlich zugunsten verschiedener Eigentümer mehrerer Grundstücke bzw. zugunsten mehrerer Personen in Form einer Gesamtberechtigung analog § 428 BGB, einer Mitberechtigung analog § 432 BGB und nach teilweise vertretener Ansicht auch zu Bruchteilen (vgl. BeckOGK BGB (-Kazele), Stand: 1.3.2019, § 1018 Rn. 171; MünchKomm (-Mohr), BGB VII7, § 1018 Rn. 22 f., § 1090 Rn. 38, § 1093 Rn. 16, § 1008 Rn. 1) bestellt werden können, ändert nichts daran, dass diese Rechte zumindest nicht selbstständig kommerzialisierbar sind. Konsequenterweise sind die den Bruchteilsberechtigten zugeordneten ideellen Anteile einer gemeinschaftlichen Dienstbarkeit nicht selbstständig verkehrsfähig. Auf der anderen Seite kann zwar ein dingliches Vorkaufsrecht fraglos als selbstständig verkehrsfähiges – und somit pfändbares und verpfändbares – Recht bestellt werden; eine Abweichung von der gesetzlich fixierten Form der gesamthandähnlichen Berechtigung mehrerer Vorkaufsberechtigter ist aber zumindest nach höchstrichterlicher Rechtsprechung wegen §§ 1098 Abs. 1. S. 1, 472 BGB nicht möglich (BGH, Beschluss v. 13.10.2016 – V ZB 98/15, NJW 2017, S. 1811 m. Anm. Kesseler; Staudinger (-Schermaier), BGB (2017), § 1094 Rn. 14 m. w. N.).
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dessen Sperrwirkung von selbst; diesbezüglich gilt nichts anderes als beim Untergang einer Belastung. Ein wechselseitiges Subordinationsverhältnis besteht zwischen konkurrierenden Rechten nicht. Das vorrangige Recht „herrscht“ nicht über das nachrangige Recht, sondern über das von beiden Rechten jeweils belastete Recht und, sofern dieses ein begrenztes Recht ist, über dasjenige Recht, welches den Gegenstand des belasteten Sachenrechts bildet. Zwecks Vermeidung einer unerwünschten wechselseitigen Neutralisierung besteht deshalb auch nur zwischen den Inhabern gleichrangiger deckungsgleicher Nutzungsrechte ein gesetzliches Schuldverhältnis (§§ 1024, 1060, 1090 Abs. 2 BGB). Zwischen einem vorrangigen und einem nachrangigen Recht besteht dagegen ein hierarchisches Sachenrechtsverhältnis, das rechtstatsächlich zuvörderst bei der Zwangsvollstreckung in mehrfach belastetes Grundstückseigentum Bedeutung hat; die betreffenden Rechte konkurrieren raumsymbolisch mithin auf horizontaler Ebene in einem Segment der Belastungspyramide.612 Wechselseitige Subordinationsverhältnisse, wie sie für die vertikale Belastung kennzeichnend sind, entstehen zwischen diesen auf gleicher Stufe sich treffenden Rechte allenfalls in mediatisierter Weise. Denkbar ist ein Zusammentreffen zwischen einer Rangkollision und einer unselbstständigen Belastung nur im Verhältnis zwischen dem notwendig erstrangigen Erbbaurecht und den Grundpfandrechten des Erbbaurechtsgrundstücks, die sich zugleich auf die mit dem Eigentum verbundenen Rechte am Erbbaurecht, insbesondere auf eine Erbbauzinsreallast, erstrecken.613 Indes wird hierdurch kein Abhängigkeitsverhältnis zwischen den auf gleicher Stufe rangierenden Rechten geschaffen: Eine Hypothek am Erbbaurechtsgrundstück ist nicht mit dem rechtlichen Schicksal der auf dem Erbbaurecht lastenden subjektiv-dinglichen Rechte des Erbbaurechtsgrundstücks, sondern mit dem des Eigentums verhaftet.614 Bei vordergründiger Betrachtung scheinen jedoch die Schutzmechanismen der durch „vertikale“ Belastungen und der durch „horizontale“ Belastungen konstituierten Rechte parallelisiert. Schließlich bedient sich die h. A. – ohne dies methodisch zu begründen – eines Analogieschlusses zu §§ 877, 876 BGB, soweit Verfügungen über bestehende Grundstücksrechte eine sachenrechtlich relevanten Verschlechterung gleich- oder nachrangiger Rechte bewirken.615 Hiernach bedarf die inhaltliche Änderung eines gleich- oder vorrangigen Rechts der Zustimmung 612 Jauernig (-Berger), BGB17, Anm. zu §§ 879–882 Rn. 1; Schulze et al. (-Staudinger), BGB10 , § 879 Rn. 1. 613 Siehe bereits Fn. 311. 614 Allerdings liegt die Belastungswirkung in der Herrschaftsmacht, die die mit dem hypothekarisch belasteten Eigentum verbundene Reallast über das Erbbaurecht verleiht (siehe hierzu § 5 IV. Fn. 620). Abgesehen davon, dass die Anordnung der Zwangsverwaltung des Erbbaurechtsgrundstücks zur Beschlagnahme des Erbbauzinses führt und insoweit eine Befriedigung des Hypothekengläubigers aus dem Erbbaurecht ermöglicht, kann der Hypothekengläubiger das Erbbaurecht dadurch verwerten, dass er die einzelnen Reallastleistungen als dinglich gesicherter Gläubiger des Erbbaurechtsgrundstücks pfänden und sich überweisen lässt (siehe bereits Fn. 336). 615 BGH, Beschluss v. 9.6.2016 – V ZB 61/15, NJW 2017, S. 728; BayObLG, Beschluss v. 18.7.1996 – 2Z BR 73/96, NJW 1997, S. 468, 470; Baur/Stürner, Sachenrecht18 , § 19 Rn. 42; Erman (-Artz), BGB II15, § 877 Rn. 11; MünchKomm (-Kohler), BGB VII7, § 877 Rn. 6; Palandt (-Herr-
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der Inhaber gleich- oder nachrangiger Rechte, es sei denn, dass deren Rechtsstellung durch die fragliche Verfügung nicht berührt wird.616 Dass es insoweit eines Verfügungsschutzes bedarf, ist in der Tat ebenso zutreffend wie selbstverständlich.617 Die Modifikation eines im Rangverhältnis mit anderen Rechten stehenden Rechts darf schon mit Rücksicht auf den – freilich durchlöcherten – Rechtssatz, dass niemand mehr Rechte überragen kann als ihm zustehen, nicht eine indirekte ler), BGB78 , § 877 Rn. 7; Schulze et al. (-Staudinger), BGB10, § 877 Rn. 3; Staudinger (-C. Heinze), BGB (2018), § 877 Rn. 75. 616 Dies soll nach BGH, Beschluss v. 9.6.2016 – V ZB 61/15, NJW 2017, S. 728 auch für die Änderung einer Vormerkung gelten. Die Änderung einer Vormerkung, die einen Anspruch auf Bestellung neuer Reallasten zwecks Anpassung des Erbbauzinses sichert und künftig einen Anspruch auf Bestellung einer wertgesicherten Erbbauzinsreallast gem. § 1105 Abs. 1 S. 2 BGB sichern soll, bedarf hiernach der Zustimmung der Inhaber gleich- oder nachrangiger Rechte an dem vormerkungsbelasteten Erbbaurecht entsprechend §§ 877, 876 BGB, es sei denn, dass sich aus der zu bestellenden (wertgesicherten) Erbbauzinsreallast kein höherer Erbbauzins als derjenige aus der bisherigen Reallast und dem durch eine Vormerkung gesicherten Anspruch auf Anpassung des Erbbauzinses ergeben kann. Dass die eingetragene Vormerkung einen neuen Anspruch auf Eintragung einer „dynamischen“ Reallast sichern kann, ergibt sich nicht bereits aus der (umstrittenen) höchstrichterlichen Judikatur über die „Wiederaufladung“ erloschener Vormerkungen (BGH, Beschluss v. 3.5.2012 – V ZB 258/11, NJW 2012, S. 2032, weil diese voraussetzt, dass das Anspruchsziel des ursprünglichen und des neuen dinglichen Rechtsänderungsanspruchs identisch ist (BGH, Beschluss v. 9.6.2016 – V ZB 61/15, NJW 2017, S. 728, 729 Rn. 16–17). Der Senat wendet in Übereinstimmung mit einer verbreiteten Ansicht in der Literatur § 877 BGB auf die Änderung der Vormerkung – präziser auf die Änderung des Anspruchsziels – entsprechend an (vgl. MünchKomm (-Kohler), BGB VII7, § 885 Rn. 32; Staudinger (-Gursky), BGB (2013), § 885 Rn. 356); die inhaltliche Änderung der Vormerkung soll demnach den Voraussetzungen unterliegen, die auch für die inhaltliche Änderung desjenigen dinglichen Rechts gelten, auf dessen Änderung die Vormerkung abzielt (BGH, Beschluss v. 9.6.2016 – V ZB 61/15, NJW 2017, S. 728, 729 Rn. 18). Weil aber die Eintragung einer Wertsicherung bei einer Erbbauzinsreallast grundsätzlich der Zustimmung der Inhaber gleich- und nachrangiger Rechte am Erbbaurecht nach § 877 BGB i. V. m. § 876 BGB bedürfe, könne für die Änderung der Vormerkung nichts anderes gelten. Etwas anderes gelte nur dann, wenn die Rechtsstellung der Inhaber gleich- und nachrangiger Rechte nicht berührt werde, was aus dem Schutzzweck des Zustimmungserfordernisses und der in § 876 S. 2 BGB enthaltenen Einschränkung zu folgern sei (BGH, Beschluss v. 9.6.2016 – V ZB 61/15, NJW 2017, S. 728, 730 Rn. 24–25). Ein lediglich formelles Betroffensein reiche ebenso wenig wie eine bloß wirtschaftliche Beeinträchtigung aus. Nach diesen Grundsätzen sei die Zustimmung zur Eintragung einer Wertsicherung dann entbehrlich, wenn sich aus der wertgesicherten Reallast kein höherer Erbbauzins ergebe als durch die Summe der sich nicht sukzessive erhöhenden Reallasten und des vormerkungsgesicherten Anpassungsanspruchs (BGH, Beschluss v. 9.6.2016 – V ZB 61/15, NJW 2017, S. 728, 731 Rn. 28–30). Dass sich der Erbbauzins nur dann erhöhe, wenn der nunmehr gesicherte Anspruch auch geltend gemacht werde, rechtfertige keine veränderte Beurteilung; zwischen der automatischen Erhöhung des Erbbauzinses durch Änderung des betroffenen Rechts und der in gleichem Ausmaß zulässigen Erhöhung aufgrund eines vormerkungsgesicherten Änderungsanspruchs bestehe kein rechtlich relevanter Unterschied. Im gegebenen Fall war die Zustimmung aber offensichtlich nicht entbehrlich. Während der ursprünglich gesicherte Anspruch darauf gerichtet war, den Erbbauzins kontinuierlich am Maßstab des Verbraucherindexes zu überprüfen und die Anpassung bei Vorliegen besonderer Gründe geringer ausfallen konnte, sollte sich nach dem neuen Anspruch der geschuldete Erbbauzins ohne Verhandlungs- und Wertungsmöglichkeit automatisch periodisch erhöhen. Auf der Hand liegt, dass die damit verbundene stärkere Belastung des Erbbauberechtigten das Ausfallrisiko für die Inhaber nachrangiger Rechte in der Zwangsvollstreckung in das Erbbaurecht erhöht. 617 Staudinger (-C. Heinze), BGB (2018), § 877 Rn. 75.
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Verschlechterung des Ranges des bestehenden Rechts ohne Zustimmung des Inhabers zeitigen. Äußerst fraglich ist freilich, ob die Voraussetzungen eines Analogieschlusses zu §§ 877, 876 BGB vorliegen. Zweifelhaft ist bereits, ob eine planwidrige Regelungslücke vorliegt. Aus §§ 1119, 1186 S. 2, 1198 S. 2, 1203 Abs. 2 BGB, § 9 Abs. 3 S. 2 ErbbauRG dürfte sich nämlich e contrario ergeben, dass inhaltliche Änderungen, die die Rechtsstellung konkurrierender Rechtsinhaber berühren, grundsätzlich zustimmungsbedürftig sind.618 Dass dem Gesetz ein ungeschriebener allgemeiner Rechtsgrundsatz dieses Inhalts zugrunde liegt, legt ein Blick auf die materiellrechtlichen Rangvorschriften nahe. Eine nachträgliche Verschlechterung des Ranges ist vorbehaltlich eines gutgläubigen Vorrangserwerbs nicht ohne den Willen des Berechtigten möglich (§ 880 Abs. 2 S. 1 BGB), zumal weder eine Rangänderung noch die Einweisung eines Rechts in einen Rangvorbehalt zulasten von Zwischenrechten Dritter gehen.619 Weil nun aber der Rang den „Verdrängungswert“620 und damit zugleich den Inhalt eines dinglichen Rechts determiniert,621 kann für Inhaltsänderungen nichts anderes gelten, soweit sie zugleich die durch den Rang be618 NomosKomm (-Krause), BGB III4, § 877 Rn. 19; Staudinger (-C. Heinze), BGB (2018), § 877 Rn. 75. Durch §§ 1186 S. 1, 1198 S. 1, 1203 S. 1 BGB ist klargestellt, dass es sich bei den jeweils normierten Umwandlungsvarianten um Fälle einer rangwahrenden inhaltlichen Änderung des Grundpfandrechts gem. § 877 BGB handelt; eine Aufhebung und Neubestellung gem. §§ 875 Abs. 1, 873 Abs. 1 BGB ist somit entbehrlich. Soweit §§ 1186 S. 2, 1198 S. 2, 1203 S. 2 BGB die Zustimmung der gleich- oder nachstehenden Rechtsinhaber für entbehrlich erklärt, indiziert dies, dass im Grundsatz die Zustimmung der gleich- oder nachstehenden Rechtsinhaber erforderlich ist, sofern eine inhaltliche Änderung zugleich die durch den Rang bestimmten Rechte Dritter berührt. Entsprechendes wird durch den Umkehrschluss aus § 1119 Abs. 1 und 2 BGB indiziert. Ergänzend kann auf § 9 Abs. 3 S. 2 ErbbauRG abgestellt werden. Wenn das Gesetz hier ausdrücklich die Zustimmung von gleich- oder vorrangigen Rechtsinhaber für die inhaltliche Änderung der Erbbauzinsreallast verlangt – schließlich durchbricht die Vereinbarung eines vollstreckungsfesten Erbbauzinses die regulären Wirkungen des Zuschlagsbeschlusses in der Zwangsversteigerung gem. § 55 Abs. 2 S. 2 lit. a) ZVG und wirkt sich damit auch zulasten der Inhaber gleich- oder vorrangiger Rechte wegen des möglichen Mindererlöses aus (siehe nur Palandt (-Wicke), BGB78 , § 9 ErbbauRG Rn. 16) –, lässt sich daraus e contrario folgern, dass es der Zustimmung der der Erbbauzinsreallast im Rang nachfolgenden Rechte nicht bedarf (KG, Beschluss v. 1.3.2018 – 1 W 98/17, BeckRS 2018, 3159; von Oefele, DNotZ 1995, S. 643, 646; MünchKomm (-Heinemann), BGB VII7, § 9 ErbbauRG Rn. 24). 619 Vgl. § 880 Abs. 5 BGB. Angesichts dessen bedarf denn auch eine Rangänderung von zwei konkurrierenden Rechten nicht der Zustimmung der Inhaber von Zwischenrechten; erforderlich ist allein die Zustimmung der Inhaber der das zurücktretende Recht belastenden Rechte gem. § 880 Abs. 3 BGB i. V. m. § 876 BGB (vgl. Staudinger (-S. Heinze), BGB (2018), § 880 Rn. 30; Erman (-Artz), BGB II15, § 880 Rn. 8). 620 So die Formulierung von MünchKomm (-Kohler), BGB VII7, § 879 Rn. 3; Staudinger (-S. Heinze), BGB (2018), § 879 Rn. 2; Erman (-Artz), BGB II15, § 879 Rn. 1. 621 Das Wesen des Ranges ist bekanntlich nicht unumstritten; zu dieser um die richtige Begriffsbildung kreisenden Diskussion siehe Stadler, AcP 189 (1980), S. 425, 430–431. Mit Nuancierungen im Detail schlägt die h. A. den Rang dem Inhalt des Rechts i. w. S. zu und wendet demgemäß § 877 BGB entsprechend an, soweit die §§ 879–882 BGB keine speziellere Regelung enthalten (Baur/Stürner, Sachenrecht, § 17 Rn. 6; BeckOGK BGB (-Kesseler), Stand: 1.1.2019, § 879 Rn. 2; Müller/G ruber, Sachenrecht, Rn. 3034; MünchKomm (-Kohler), BGB VII7, § 879 Rn. 3).
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stimmte Rechtsstellung konkurrierender Rechtsinhaber verschlechtern.622 Dies ist immer dann der Fall, wenn die Modifikation des betreffenden Rechts dessen Sperrwirkung im Verhältnis zu den konkurrierenden Rechten erhöht, indem es in inhaltlicher, räumlicher oder zeitlicher Hinsicht extendiert wird; die rangwahrende Inhaltsänderung ist eine verdeckte konstitutive Rangänderung i. S. v. § 880 BGB.623 Überdies dürfen die Inhaber gleich- und nachrangiger Rechte bei der inhaltlichen Änderung schon deshalb nicht schlechter stehen als bei der Neubestellung eines dinglichen Rechts, die vorbehaltlich gleichzeitiger Rangänderung bzw. Einweisung in einen Rangvorbehalt nur zur rangbereiten Stelle erfolgt, weil schon die tatbestandsmäßige Abgrenzung der Verfügungsgeschäfte im Einzelfall äußerst schwierig ist.624 Ist aber aus dem Umkehrschluss zu §§ 1119, 1186 S. 2, 1198 S. 2, 622 Zutreffend RG, Beschluss v. 14.3.1931 – V B 2/31, RGZ 132, S. 106, 110, das insoweit nicht auf eine Analogie zu §§ 877, 876 BGB rekurriert, um die Zustimmungsbedürftigkeit einer die 5 %-Grenze überschreitenden Zinssatzerhöhung (§ 1119 Abs. 1 BGB) einer Hypothek zu begründen: „Denn im Verhältnis zu den im Range gleich- und nachstehenden Berechtigten handelt es sich um eine Rangänderung im Sinne des § 880 BGB, die zu ihrem Zustandekommen auch der Eintragung im Grundbuch bedarf.“ Siehe Planck (-Strecker), BGB III/15, § 877 Anm. 3 b. 623 RG, Beschluss v. 14.3.1931 – V B 2/31, RGZ 132, S. 106, 110. So im Ergebnis auch NomosKomm (-Krause), BGB III4, § 877 Rn. 19; Staudinger (-C. Heinze), BGB (2018), § 877 Rn. 75. 624 Zur kasuistischen Abgrenzung näher BeckOGK BGB (-Enders), Stand: 1.7.2019, § 877 Rn. 26–37; Staudinger (-C. Heinze), BGB (2018), § 877 Rn. 22–36. Mit Nuancierungen in der Formulierung wird die inhaltliche Änderung als ein Rechtsgeschäft definiert, durch das unter Aufrechterhaltung der Identität des Rechts einzelne Befugnisse des Inhabers abwandelt werden; negativ wird die inhaltliche Änderung dadurch definiert, das sie nicht die Rechtsinhaberschaft betreffe, also weder Übertragung, Belastung noch Aufhebung eines Rechts sei (Erman (-Artz), BGB II15, § 877 Rn. 2; NomosKomm (-U. Krause), BGB III, § 877 Rn. 6; Schulze et al. (-Staudinger), BGB10, § 877 Rn. 1). Die Begriffsdefinition knüpft also an den Begriff des „Inhalts des Rechts“ an, unter dem die Gesamtheit der dem Rechtsträger verliehenen Befugnisse verstanden wird (NomosKomm (-U. Krause), BGB III, § 877 Rn. 7; Staudinger (-C. Heinze), BGB (2018), § 877 Rn. 2). Die teilweise vertretene Ansicht, jegliche umfangserweiternden oder umfangsreduzierenden Modifikationen aus dem sachlichen Anwendungsbereich des § 877 BGB auszuscheiden und als Teilaufhebungen gem. § 875 Abs. 1 BGB bzw. als Neubestellungen i. S. v. § 873 Abs. 1 BGB einzuordnen (so u. a. Palandt (-Herrler), BGB78 , § 877 Rn. 4), hat sich nicht durchgesetzt. Sie ist schon deshalb unrichtig, weil zahlreiche Erweiterungen eines bestehenden Rechts nicht für sich genommen als eigenständiges dingliches Recht begründbar sind (siehe nur Staudinger (-C. Heinze), BGB (2018), § 877 Rn. 24–25, der beispielhaft auf die nachträgliche Erstreckung eines Erbbaurechts auf nicht als Baugrund erforderliche Teile des Grundstücks gem. § 1 Abs. 2 ErbbauRG verweist). Im Detail ist aber fragwürdig, welche umfangsrelevanten Modifikationen unter § 877 BGB zu subsumieren sind. Weitgehend anerkannt ist jedenfalls, dass Änderungen des Kapitals eines Grundpfandrechts nicht als inhaltliche Änderungen einzuordnen sind; die Herabsetzung des Kapitals ist Teilaufhebung gem. § 875 Abs. 1 BGB, die Erhöhung des Kapitals ist Neubestellung gem. § 873 Abs. 1 BGB (statt vieler Erman (-Artz), BGB II15, § 877 Rn. 9; MünchKomm (-Kohler), BGB VII7, § 877 Rn. 7; Schulze et al. (-Staudinger), BGB10, § 877 Rn. 2; kritisch allerdings Staudinger (-C. Heinze), BGB (2018), § 877 Rn. 27). Strittig ist hingegen, ob die Veränderung der Nebenleistungen eines Grundpfandrechts als inhaltliche Änderung oder als Neubestellung anzusehen ist; Einigkeit besteht jedenfalls darin, dass die Änderung der Hypotheken- oder Grundschuldzinsen grundbuchrechtlich wie eine inhaltliche Änderung zu behandeln, d. h. in der Veränderungsspalte einzutragen ist (zum Streitstand Staudinger (-C. Heinze), BGB (2018), § 877 Rn. 28 m. w. N.). Unter den Voraussetzungen des § 1119 Abs. 1 BGB unterliegen nachträgliche Zinsvereinbarungen jedenfalls nicht der Zustimmung gleich- oder nachrangiger Rechtsinhaber. Man streitet ferner
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1203 S. 2 BGB, § 9 Abs. 3 S. 2 ErbbauRG ein ungeschriebener allgemeiner Rechtsgrundsatz der Zustimmungsbedürftigkeit potentiell rangverschlechternder inhaltlicher Änderungen konkurrierender Grundstücksrechte herzuleiten, ist das Gesetz nicht planwidrig unvollständig. Abgesehen davon ist zweifelhaft, ob die erforderliche Rechtsähnlichkeit zwischen dem hier relevanten Fall und der in § 877 BGB in Bezug genommenen Vorschrift des § 876 BGB gegeben ist. Schließlich dient dieses Zustimmungserfordernis dem Schutz der Inhaber abgeleiteter Rechte gegen potentiell rechtsbeeinträchtigende Schmälerungen des Belastungsgegenstandes, wohingegen sämtliche Erweiterungen desselben die Rechtsstellung dieser Personen nur verbessert und demgemäß in teleologischer Reduktion der Norm auch keine Zustimmungserfordernisse auslösen.625 Vorliegend geht es hingegen um den Schutz derjenigen Rechtsinhaber, die eine sachenrechtlich relevante Rangverschlechterung durch Modifikation des fraglichen konkurrierenden Rechts nur bei einer inhaltlichen, räumlichen und/ oder zeitlichen Erweiterung desselben gewärtigen müssen, weil allein hierdurch die Wirkkraft des eigenen Rechts vermindert wird. Wenn aber auch nach höchstrichterlicher Rechtsprechung „grundsätzlich“ nur umfangserweiternde Inhaltsänderungen der Zustimmung der gleich- oder nachrangigen Rechtsinhaber bedürfen, 626 darüber, ob umfangserweiternde Modifikationen von Dienstbarkeiten (z. B. Erstreckung eines dinglichen Wohnungsrechts auf weitere Räume) als inhaltliche Änderungen des bestehenden Rechts (ggf. mit gespaltenem Rang hinsichtlich der einzelnen Befugnisse) oder als Neubestellungen einzuordnen sind (siehe einerseits BeckOGK BGB (-Enders), Stand: 1.7.2019, § 877 Rn. 33, der die Zuweisung andersartiger Nutzungsbefugnisse am dienenden Grundstück generell als Neubestellung einer zweiten Dienstbarkeit wertet; siehe andererseits MünchKomm (-Kohler), BGB VII7, § 877 Rn. 7 und Staudinger (-C. Heinze), BGB (2018), § 877 Rn. 32, die darauf abstellen, ob von vornherein eine Dienstbarkeit mit inhaltlich verschiedenen Befugnissen hätte eingeräumt werden können). Eine verbreitete Ansicht fordert, dass die rechtliche Identität des betreffenden Rechts gewahrt bleiben müsse; ein vollständiger Austausch der Befugnisse oder eine Umwandlung in einen anderen Typus (z. B. Umwandlung einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit in eine Grunddienstbarkeit, eines Nießbrauchs in ein dingliches Wohnungsrechts, Umwandlung einer Wegedienstbarkeit in Gewerbeverbotsdienstbarkeit etc.) sei keine Inhaltsänderung, sondern Aufhebung des einen und Bestellung eines anderen Rechts (BeckOGK BGB (-Enders), Stand: 1.7.2019, § 877 Rn. 34–35). Unterstützt wird diese Ansicht durch einen Umkehrschluss aus §§ 1186, 1198, 1203 BGB. Zumindest im Ergebnis ist anerkannt, dass die Umwandlung eines bedingten in ein unbedingtes bzw. die Umwandlung eines befristeten in ein unbefristetes Recht als inhaltliche Änderungen zu behandeln sind, wenngleich die Befugnisse des Rechtsinhabers unverändert bleiben (NomosKomm (-U. Krause), BGB III, § 877 Rn. 14; Palandt (-Herrler), BGB, § 877 Rn. 4; Staudinger (-C. Heinze), BGB (2018), § 877 Rn. 30). Zu den unproblematischen Fällen der inhaltlichen Änderung zählen hingegen der Ausschluss der Übertragbarkeit und die Wiederaufhebung eines Verfügungsverbots, die Veränderung der Leistungs- und Zahlungsmodalitäten bei Grundpfandrechten, die Zusammenfassung mehrerer Hypotheken zu einer Gesamthypothek gem. § 1132 BGB zur Sicherung einer aus Teilbeträgen zusammengefassten Forderung oder auch die Erstreckung eines dinglichen Vorkaufsrechts auf mehrere oder alle Verkaufsfälle (zur Kasuistik siehe Erman (-Artz), BGB II15, § 877 Rn. 4; MünchKomm (-Kohler), BGB VII7, § 877 Rn. 6). 625 Näher zu Zustimmungserfordernissen wegen mittelbarer Rechtsbeeinträchtigung § 3 II. 3. c). 626 BGH, Beschluss v. 9.6.2016 – V ZB 61/15, NJW 2017, S. 728, 730 Rn. 28; aus der Literatur Erman (-Artz), BGB II15, § 877 Rn. 11; Baur/Stürner, Sachenrecht18 , § 19 Rn. 42.
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führt dies zwar nicht zwingend, aber doch in aller Regel zu einem Exklusivitätsverhältnis zwischen den Zustimmungserfordernissen.627 627 Wird z. B. der Höchstbetrag des Wertersatzes (§ 92 ZVG) eines verpfändeten Dauerwohnrechts gem. § 882 BGB festgesetzt, der Grundschuldzins (§ 1191 Abs. 2 BGB) einer mit einem Nießbrauch belasteten Grundschuld herabgesetzt, die Laufzeit eines mit Untererbbaurechten, Grundpfandrechten und Dienstbarkeiten belasteten Erbbaurechts verkürzt, eine von einer Reallast am herrschenden Grundstück erfasste unbefristete Grunddienstbarkeit befristet oder ein mit einem grundpfandrechtsbelasteten Wohnungseigentum verbundenes eingetragenes Sondernutzungsrecht aufgehoben (vgl. § 5 Abs. 4 S. 2 WEG), ist die Zustimmung der Inhaber der jeweiligen Belastungen des zu ändernden Rechts gem. §§ 877, 876 BGB bzw. gem. §§ 1071 Abs. 2, 1276 Abs. 2 BGB erforderlich. All diese beispielhaft angeführten Rechtsgeschäfte sind hingegen für gleich- oder nachrangige Rechte lediglich rechtlich neutral, wenn nicht sogar vorteilhaft, weil sich der Verdrängungswert des modifizierten Rechts nicht erhöht. Diesbezüglich kann nichts anderes gelten als bei den gleichfalls als neutral bewerteten Umwandlungen von Grundpfandrechten (§§ 1186 S. 2, 1198 S. 2, 1203 S. 2 BGB), die zwar nicht der Zustimmung der Inhaber gleich- oder nachstehender Rechte, wohl aber der Zustimmung der Inhaber der auf dem umzuwandelnden Grundpfandrecht ruhenden Rechte bedürfen; eine teleologische Reduktion der §§ 877, 876 BGB kommt hier nicht in Betracht (MünchKomm (-Lieder), BGB VII7, § 1186 Rn. 2, § 1198 Rn. 6, § 1203 Rn. 2; NomosKomm (-Th. Krause), BGB III4, § 1186 Rn. 3, 1198 Rn. 3, 1203 Rn. 4; Staudinger (-Wolfsteiner), BGB (2015), § 1186 Rn. 4, § 1198 Rn. 5, § 1203 Rn. 3). Insbesondere bedarf jedenfalls die erstmalige Festsetzung des Höchstbetrages des Wertersatzes (§ 92 ZVG) eines Grundstücksrechts gem. § 882 BGB nicht der Zustimmung der gleich- oder nachrangigen Rechtsinhaber, während umgekehrt die Zustimmung der Inhaber von Nießbrauchs- und Pfandrechten an dem betreffenden Grundstücksrecht wegen der Gefahr einer zu niedrigen Festsetzung unstreitig erforderlich ist (DNotI-Report 2006, S. 55 m. w. N.; BeckOGK BGB (-Kesseler), Stand: 1.1.2019, § 882 Rn. 7; MünchKomm (-Kohler), BGB VII7, § 882 Rn. 4; NomosKomm (-U. Krause), BGB III4, § 882 Rn. 5). Denn auch im Teilungsverfahren verschlechtert sich die Rechtsstellung gleich- oder nachrangiger Rechtsinhaber – ungeachtet der Aufnahme des eingetragenen Höchstbetrages in den Teilungsplan (§ 114 Abs. 1 S. 1 ZVG) – grundsätzlich nicht, bleibt es den konkurrierenden Rechtsinhaber doch unbenommen, die materielle Unrichtigkeit des eingetragenen Höchstbetrages mittels Widerspruchs nach § 115 ZVG zu rügen (BeckOGK BGB (-Kesseler), Stand: 1.1.2019, § 882 Rn. 7; NomosKomm (-U. Krause), BGB III4, § 882 Rn. 5). Sofern sich dagegen die betreffende Verfügung in sachenrechtlich relevanter Hinsicht auf gleich- oder nachrangige Rechte auszuwirken vermag, werden hierdurch i. d. R. die Belastungen des zu ändernden Rechts nicht berührt. Wird z. B. die Laufzeit eines belasteten Rechts verlängert, eine Bedingung oder Befristung aufgehoben oder der Ausübungsumfang einer belasteten Dienstbarkeit erweitert, profitiert hiervon jedes auf dem zu modifizierende Recht ruhende Recht eines Dritten, weshalb insoweit nach §§ 1071 Abs. 2, 1276 Abs. 2 BGB bzw. in teleologischer Reduktion der §§ 877, 876 BGB eine Zustimmung nicht erforderlich ist. Dass aber der Verfügungserfolg nicht ohne Mitwirkung der gleich- und nachrangigen Rechtsinhaber eintreten kann, versteht sich von selbst, erhöht sich doch der Belastungsrahmen zum Nachteil aller gleich- und nachrangigen Rechte. M. E. gilt dies auch in dem Fall, in dem der eingetragene Höchstbetrag des Wertersatzes (§ 882 BGB) eines belasteten Grundstücksrechts nachträglich erhöht wird (zu dieser Konstellation siehe auch DNotI-Report, S. 55, 56; MünchKomm (-Kohler), BGB VII7, § 882 Rn. 4; Staudinger (-S. Heinze), BGB (2018), § 882 Rn. 5). Während es hier nach h. A. der Zustimmung der gleich- oder nachrangigen Rechtsinhaber bedarf – bei ursprünglich zu niedrigerer Festsetzung des Höchstbetrages sei eine potentielle Verschlechterung durch die nachträgliche Erhöhung deshalb gegeben, weil im Teilungsverfahren mittels Widerspruchs ja nur die Herabsetzung auf den „wirklichen“ Wert verlangt werden könne (MünchKomm (-Kohler), BGB VII7, § 882 Rn. 4; BeckOGK BGB (-Kesseler), Stand: 1.1.2019, § 882 Rn. 7) –, ist umgekehrt die Zustimmung der Inhaber der Belastungen des betreffenden Rechts in teleologischer Reduktion der §§ 877, 876 BGB bzw. gem. §§ 1071 Abs. 2, 1276 Abs. 2 BGB entbehrlich. Denn selbst wenn der nachträglich erhöhte Höchstbetrag den objektiven Wert des belasteten Rechts unterschreiten sollte, ist die Erhöhung als solche für die Inhaber
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So indiziert die allseits anerkannte teleologische Reduktion der §§ 877, 876 BGB für lediglich rechtlich neutrale Verfügungen628 zugleich die Zustimmungsbedürftigkeit der Inhaltsänderung wegen ihrer rangverschlechternden Wirkung für konkurrierende Rechtsinhaber. Umgekehrt unterliegt die Inhaltsänderung gerade dann nicht der Zustimmung gleich- oder nachrangigen Rechtsinhaber, wenn sie sich nachteilig für die unmittelbar durch §§ 877, 876 BGB geschützten Drittberechtigten auszuwirken vermag. Daher überrascht es auch nicht, dass sich die Rechtsfolgen diametral unterscheiden. Während eine inhaltliche Änderung eines belasteten Grundstücksrechts ohne Mitwirkung der Drittberechtigten richtigerweise absolut nichtig ist, das betreffende Recht also unverändert fortbesteht,629 besteht kein Grund, einer (umfangserweiternden) Modifikation eines Grundstücksrechts jegliche Wirkung zu versagen, wenn lediglich die Zustimmung der gleich- oder nachrangig Berechtigten fehlt. Anerkannt ist auch, dass eine ohne die erforderliche Zustimmung vorgenommene inhaltliche Änderung nicht absolut unwirksam ist, sondern zur rangbereiten Stelle Wirkung entfaltet.630 von Rechten an dem durch Wertersatz zu deckenden Recht sachenrechtlich vorteilhaft. Im Übrigen steht es den Inhabern von Rechten an dem belasteten Grundstücksrecht, sofern sie Beteiligte i. S. v. § 9 ZVG sind, frei, im Teilungsverfahren mittels Widerspruchs gem. § 115 ZVG eine Heraufsetzung auf den wirklichen Wert zu erwirken (vgl. auch Böttcher (-Böttcher), ZVG6 , § 115 Rn. 13: Widerspruchsbefugnis eines Pfändungspfandgläubigers, zu dessen Gunsten Recht auf Befriedigung aus dem Erlös gepfändet ist). Ein Alternativitätsverhältnis zwischen den Zustimmungserfordernissen zugunsten der Rechte höheren Grades und den Zustimmungserfordernissen zugunsten gleich- oder nachrangiger Rechte besteht aber nicht stets. Sofern sich die Verfügung über das belastete Recht nicht unzweideutig für die Inhaber der abgeleiteten Rechte als neutral erweist und auch die Rangstellung konkurrierender Rechtsinhaber betroffen ist, bedarf es sowohl der Zustimmung der Drittberechtigten i. S. v. §§ 877, 876 BGB als auch der Mitwirkung der gleich- und nachrangigen Rechtsinhaber. Sofern z. B. die Ausübungsstelle einer Grunddienstbarkeit (Wegerecht) ohne Erweiterung des Nutzungsumfangs räumlich verlegt wird (vgl. § 1023 Abs. 1 S. 1 BGB), bedarf dies, da eine rechtliche Beeinträchtigung der Rechte Dritter an der Grunddienstbarkeit – z. B. eines Nießbrauchs am herrschenden Grundstück – nicht kategorisch auszuschließen ist, jedenfalls der Zustimmung gem. §§ 877, 876 S. 2 BGB. Zugleich kann auch das Rangverhältnis der Grunddienstbarkeit im Verhältnis zu nachrangigen Rechten am dienenden Grundstück betroffen sein. Wird z. B. durch die räumliche Verlegung die gleichzeitige Ausübung einer nachrangigen Dienstbarkeit am dienenden Grundstück auf dieser Teilfläche gestört (z. B. das Recht zum Halten einer Netzstation oder einer anderen Anlage), die bislang neben der geänderten Dienstbarkeit ausgeübt werden konnte, liegt darin eine Verschlechterung der vom Rang bestimmten Rechtsstellung des Inhabers dieser Anlagendienstbarkeit. Umgekehrt kann es auch vorkommen, dass eine inhaltliche Änderung eines belasteten Grundstücksrechts weder der Zustimmung der konkurrierenden Rechtsinhaber noch der Zustimmung der Drittberechtigten i. S. v. §§ 877, 876 BGB bedürfen: Dies ist z. B. der Fall bei der Vereinbarung eines vollstreckungsfesten Erbbauzinses gem. § 9 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 ErbbauRG i. V. m. § 52 Abs. 2 S. 2 lit. a ZVG; diese Vereinbarung ist, wie sich aus § 9 Abs. 3 S. 2 ErbbauRG e contrario ergibt, ohne Mitwirkung der Inhaber nachrangiger Rechte wirksam (Nachweise in Fn. 618); desgleichen ist aber auch die Zustimmung der Inhaber von beschränkten dinglichen Rechten am Erbbaurechtsgrundstück, die sich auf die Erbbauzinsreallast erstrecken (z. B. Grundschulden und Hypotheken), gem. §§ 877, 876 S. 2, letzter Hs. BGB entbehrlich, wirkt sich doch das Bestehenbleiben der Reallast in der Zwangsversteigerung in das Erbbaurecht für die Drittberechtigten lediglich rechtlich vorteilhaft aus. 628 Nachweise in Fn. 307. 629 § 3 II. 3. c) cc). 630 RG, Beschluss v. 14.3.1931 – V B 2/31, RGZ 132, S. 106, 112; OLG Frankfurt, Beschluss
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Nach alldem ist es methodisch vorzugswürdig, die Zustimmungsbedürftigkeit inhaltlicher Modifikationen von Rechten an Grundstücken, die sich auf den Wirkungskreis gleich- und nachrangiger Rechte nicht lediglich rechtlich neutral auswirken, aus einem ungeschriebene allgemeinen Rechtsgrundsatz im Umkehrschluss zu §§ 1119, 1186 S. 2, 1198 S. 2, 1203 S. 2 BGB, § 9 Abs. 3 S. 2 ErbbauRG herzuleiten; im praktischen Ergebnis ändert sich freilich nichts. Sachenrechtliche Konkurrenzverhältnisse („horizontale“ Belastungen) sind somit von aneinander anknüpfenden Subordinationsverhältnissen („vertikale“ Belastungen) mehrerer begrenzter Sachenrechte auch hinsichtlich des spezifischen Schutzinstrumentariums klar zu unterscheiden. Selbstredend können bei der Belastung eines dinglichen Rechts auf jeder Ebene Konkurrenzverhältnisse entstehen, die sich nach den entsprechend anzuwendenden (liegenschaftsrechtlichen) Rangvorschriften beurteilen.631 Was demgegenüber das Subordinationsverhältnis anbelangt, ist dem jeweils belasteten Recht im Verhältnis zu den konstituierten Rechten immer der schlechteste „Rang“ beschieden.632 Deshalb besteht auch insofern eine Interdependenz zwischen sachenrechtlichen Konkurrenz- und Subordinationsverhältnissen, als privatautonome Rangveränderungen zwischen mehreren Grundstücksrechtsinhabern durch wechselseitige Belastungen erleichtert werden können. Praktisch relevant ist dies wegen des für die Bestellung eines Erbbaurechts zur ersten Rangstelle (§ 10 Abs. 1 S. 1 ErbbauRG) erforderlichen Rangrücktritts von Dienstbarkeitsberechtigten.633 Soweit sich der räumliche Ausübungsbereich einer (zur Erschließung eines Nachbargrundstücks notwendigen) Dienstbarkeit und der des zu bestellenden Erbbaurechts überschneiden, ist fragwürdig, auf welche Weise effektiv sicherzustellen ist, dass der Dienstbarkeitsberechtigte durch den Rangrücktritt keinen Rechtsnachteil erleidet. Dies korrespondiert mit der Frage, unter welchen Voraussetzungen aus dem gesetzlichen Schuldverhältnis ein Anspruch v. 3.2.1978 – 20 W 758/77, BeckRS 1978, 01319 Rn. 16; Baur/Stürner, Sachenrecht18 , § 19 Rn. 42; BeckOGK BGB (-Enders), Stand: 1.7.2019, § 877 Rn. 43; MünchKomm (-Kohler), BGB VII7, § 877 Rn. 10; Palandt (-Herrler), BGB78 , § 877 Rn. 7; Planck (-Strecker), BGB III/15, § 877 Anm. 1 c. Anders liegt es nur dann, wenn die betreffende Modifikation nicht selbstständig rangfähig ist (NomosKomm (-Krause), BGB III4, § 877 Rn. 20; Planck (-Strecker), BGB III/15, § 877 Anm. 1 c; Staudinger (-C. Heinze), BGB (2018), § 877 Rn. 76). Möglich ist ein gespaltenes Rangverhältnis z. B. bei einer nachträglichen Zinserhöhung eines Grundpfandrechts: Da die Eintragung der Zinserhöhung in der Nebenspalte des Grundpfandrechts zugleich als Eintragung der Rangänderung gegenüber den dem Grundpfandrecht gleich- oder nachstehenden Rechten gilt, bedarf es eines Vermerks, wenn die Zinserhöhung nicht am Rang des Grundpfandrechts partizipiert, sondern im Nachrang Wirkung entfalten soll (RG, Beschluss v. 14.3.1931 – V B 2/31, RGZ 132, S. 106, 112; so auch OLG Frankfurt, Beschluss v. 3.2.1978 – 20 W 758/77, BeckRS 1978, 01319 Rn. 16–18 in Bezug auf die Erhöhung des Erbbauzinses). 631 Näher § 5 IV. 4. 632 Es gilt nichts anderes als für die Belastung des Eigentums (vgl. von Bar, Gemeineuropäisches Sachenrecht I, Rn. 346). 633 OLG Hamm, Urteil v. 27.6.2013 – I 22 U 165/12, MittBayNot 2014, S. 431, 433; Kesseler, ZfIR 2014, S. 414–419; NomosKomm (-Heller), BGB III4, § 10 ErbbauRG Rn. 9; Ott, DNotZ 2015, S. 341–358; Rapp, MittBayNot 2014, S. 412–416; ders., ZfIR 2017, S. 89–96; Staudinger (-Rapp), BGB (2017), § 33 ErbbauRG Rn. 12b–12 f.
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des Eigentümers des dienenden Grundstücks gegen den Dienstbarkeitsberechtigten auf Vorrangeinräumung zwecks Bestellung des Erbbaurechts gem. § 880 Abs. 1 BGB (i. V. m. § 11 Abs. 1 S. 1 ErbbauRG) gerechtfertigt werden kann. Dass allein die Bestellung einer inhaltsidentischen Dienstbarkeit mit erstem Rang am Erbbaurecht nicht ausreichend ist, liegt mit Blick auf das ersatzlose Erlöschen dieser Dienstbarkeit bei Vollzug des Heimfalls (§ 33 Abs. 1 S. 3 ErbbauRG) und Beendigung des Erbbaurechts durch Zeitablauf (arg. e § 29 ErbbauRG) freilich auf der Hand. In Teilen der Rechtsprechung und der Lehre wird deshalb vertreten, dass zusätzlich (1.) gleichrangig mit der Dienstbarkeit am Erbbaurecht eine Vormerkung zur Sicherung eines (aufschiebend bedingten) Anspruchs auf Wiederbestellung der Dienstbarkeit am Erbbaurecht beim Heimfall bewilligt und (2.) die Entschädigungsforderung des Erbbauberechtigten gem. § 27 Abs. 1 S. 2 ErbbauRG ausgeschlossen werden oder zumindest im Rang hinter die am Eigentum bestellte Dienstbarkeit zurücktreten müsse.634 Dies bedarf noch vertiefter Untersuchung.635
3. Die kumulative Belastung mehrerer Rechte Während sich durch mehrstufige Belastungen entstehende Sachenrechte in mediatisierter Form auf die Sachen beziehen, die dem jeweils belasteten Recht unterliegen, sind Gesamtrechte dadurch gekennzeichnet, dass sie mehrere Sachenrechte kumulativ, gleichstufig und unmittelbar belasten. Dies zeigt sich bei den einzigen beiden ausdrücklich gesetzlich geregelten Gesamtrechten – die Gesamthypothek (§ 1132 Abs. 1 S. 1 BGB) und das Gesamtpfandrecht (§ 1222 BGB).636 Die Gesamthypothek ist nach h. A. eine einheitliche Hypothek an mehreren Grundstücken, Miteigentumsanteilen, grundstücksgleichen Rechten oder Bruchteilen an grundstücksgleichen Rechten zur Sicherung derselben Forderung desselben Gläubigers gegen denselben Schuldner.637 Charakteristisch ist die allmächtige Rechtsstellung 634 OLG Hamm, Urteil v. 27.6.2013 – I 22 U 165/12, MittBayNot 2014, S. 431, 433; Staudinger (-Rapp), BGB (2017), § 33 ErbbauRG Rn. 12 f. empfiehlt die „Vormerkungslösung“ wohl aus Gründen der Störfallvorsorge, da es an einer höchstrichterlichen Klärung der Problematik fehle, obschon seines Erachtens eine teleologische Reduktion bzw. vertragliche Abbedingung des § 33 Abs. 1 S. 1 ErbbauRG dahingehend in Betracht komme, dass die Dienstbarkeit bei Vollzug des Heimfalls mit ursprünglichem Rang fortbestehe. 635 Siehe hierzu § 7 III. 1. a) cc). 636 Sieht man einmal von der Gesamtgrundschuld (§§ 1132 Abs. 1 S. 1, 1192 Abs. 1 BGB) ab, ist weitgehend anerkannt, dass eine Gesamtreallast sowohl nachträglich durch Realteilung entstehen als auch anfänglich als einheitliches Recht an mehreren Grundstücken bestellt werden kann (MünchKomm (-Mohr), BGB VII7, § 1105 Rn. 62; NomosKomm (-Reetz), BGB III4, § 1105 Rn. 23; kritisch hingegen Füller, Eigenständiges Sachenrecht?, S. 481–482 unter Verweis auf den Grundsatz der Typenfixierung). Die Zulässigkeit von Gesamtrechten ist implizit durch § 48 GBO anerkannt; zur Bedeutung des Mithaftvermerks gem. § 48 Abs. 1 GBO bei der Gesamtgrundschuld (§§ 1132 Abs. 1 S. 1, 1192 Abs. 1 BGB) siehe DNotI-Report 2015, S. 99–101. Darüber hinaus ist die Zulässigkeit von Gesamterbbaurechten an mehreren Grundstücken oder Erbbaurechten durch § 6a Abs. 1 GBO anerkannt. 637 MünchKomm (-Lieder), BGB VII7, § 1132 Rn. 4–5 m. w. N. zum Streitstand; NomosKomm (-Zimmer), BGB III4, § 1132 Rn. 4–7. Nach der Gegenansicht bestehen mit Rücksicht auf
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des Gläubigers; dieser erscheint bestmöglich zulasten der nachrangigen Gläubiger gegen das Ausfallrisiko gesichert.638 Weil sich der Gläubiger „nach seinem Belieben“ aus allen oder mehreren Grundstücken oder auch nur aus einem dieser Grundstücke teilweise oder voll befriedigen kann (§ 1132 Abs. 1 S. 2 BGB), steht es ihm frei, in der Zwangsvollstreckung festzulegen, in welcher Höhe der aus der Verwertung der einzelnen Grundstücke jeweils erzielte Erlös auf die Gesamthypothek anzurechnen ist.639 Die Wahl des Gläubigers determiniert die Tilgungs- und Regressfolgen für die Gesamthypothek in Ansehung aller Grundstücke; diese erlischt kraft Gesetzes insgesamt (§ 1181 Abs. 2 BGB), so dass nachrangige Rechte an den nicht versteigerten Grundstücken nach dem Prinzip der gleitenden Rangordnung von selbst aufrücken. Außerdem steht es dem Gläubiger frei, ohne Zustimmung der betroffenen Eigentümer mittels Aufteilung der Forderung jeweils Einzelhypotheken durch einseitiges Rechtsgeschäft zu konstituieren (§ 1132 Abs. 2 BGB) 640 resp. auf die Hypothek an allen oder an einzelnen Grundstücken zu verzichten. Im das Vorbild der Gesamtschuld (§ 421 BGB) und den Spezialitätsgrundsatz in Wirklichkeit ebenso viele Hypotheken wie Grundstücke (so z. B. Wolff/R aiser, Sachenrecht10, § 148 I Fn. 3 (S. 612)). Die Streitfrage ist bedeutungslos. Allgemein anerkannt ist jedenfalls, dass eine Forderung nicht durch mehrere Hypotheken an verschiedenen Grundstücken gesichert werden kann (RG, Urteil v. 29.11.1930 – V 394/29, RGZ 131, S. 16, 20; Baur/Stürner, Sachenrecht18 , § 36 Rn. 125). Es bestehe nur die Alternative zwischen der Aufteilung der Forderung in durch Einzelhypotheken gesicherte Teilforderungen oder die Sicherung der ungeteilten Forderung durch eine Gesamthypothek an mehreren Grundstücken. Das Verbot der Mehrfachsicherung soll es zudem ausschließen, dass an einem Grundstück mehrere Hypotheken zur Sicherung derselben Forderung bestellt werden; möglich bleibt freilich eine Mehrfachsicherung durch Hypothek und Grundschuld oder auch durch mehrere Grundschulden (Baur/Stürner, Sachenrecht18 , § 36 Rn. 125; NomosKomm (-Zimmer), BGB III4, § 1132 Rn. 6). Eine Gesamtzwangshypothek kann dagegen nicht begründet werden; fehlt es an der von § 867 Abs. 2 ZPO geforderten Aufteilung der titulierten Forderung auf die einzelnen Grundstücke des Schuldners, begründet dies einen Vollstreckungsmangel (Musielak/ Voit (-Becker), ZPO16 , § 867 Rn. 9). 638 Näher Baur/Stürner, Sachenrecht18 , § 36 Rn. 127, § 43 Rn. 2–7; NomosKomm (-Zimmer), BGB III4, § 1132 Rn. 9; zur wirtschaftlichen Bedeutung der Gesamthypothek Jauernig (-Berger), BGB17, § 1132 Rn. 2; MünchKomm (-Lieder), BGB VII7, § 1132 Rn. 1. Der ungeschriebene Grundsatz der Gleichartigkeit der Gesamthypothek soll eine Vervielfältigung des Gläubigerrechts ausschließen (MünchKomm (-Lieder), BGB VII7, § 1132 Rn. 6–10; NomosKomm (-Zimmer), BGB III4, § 1132 Rn. 10; Palandt (-Herrler), BGB78 , § 1132 Rn. 2). Dies erfordert zwar nach allg. Ansicht keine lückenlose Entsprechung der auf den einzelnen Grundstücken liegenden Gesamthypothek; eine gewisse Inhaltsvarianz (z. B. hinsichtlich Zinsen, Zahlungs- und Fälligkeitsbestimmungen, Vollstreckungsvereinbarungen und Rang) sei unschädlich. Unzulässig sei jedoch eine Verkoppelung von Grundschuld und Hypothek, Brief- und Buchgrundpfandrecht, Verkehrs- und Sicherungshypothek; außerdem müsse die Hypothek dieselbe Forderung oder dieselben Forderungen desselben Gläubigers sichern. 639 Vgl. Baur/Stürner, Sachenrecht18 , § 43 Rn. 6–7. Wird ein Überschuss bei der Verwertung mehrerer Grundstücke erzielt, bestimmt der Gläubiger der vorrangigen Gesamthypothek vermittels seines freien Wahlrechts auch, inwieweit sich die Gläubiger, denen lediglich Einzelgrundpfandrechte an den zur Zwangsversteigerung ausgebrachten Grundstücken zustehen, aus dem Überschuss befriedigen können oder aber leer ausgehen. 640 Eine entsprechende Anwendung des § 1183 BGB scheidet nach allg. Ansicht aus; sofern die gesicherte Forderung mit Rechten Dritter belastet ist, bedarf die Aufteilung ihrer Zustimmung gem. §§ 1132 Abs. 2 S. 2, 876 S. 1 BGB (MünchKomm (-Lieder), BGB VII7, § 1132 Rn. 38–39; BeckOGK BGB (-Volmer), Stand: 15.7.2019, § 1132 Rn. 67).
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letztgenannten Fall erlischt die Gesamthypothek nach h. A. abweichend von § 1168 Abs. 1 BGB an dem betroffenen Grundstück (§ 1175 Abs. 1 S. 2 BGB) selbst dann, wenn dem Eigentümer eines anderen Grundstücks ein Regressanspruch gegen den Eigentümer des vom Verzicht profitierenden Grundstücks zusteht; die nachrangigen Gläubiger rücken mithin auf.641 Die vergleichsweise schwache Position des Eigentümers offenbart sich darin, dass zwischen den Sicherungsgebern nicht schon aus der Gesamthypothek eine wechselseitige Ausgleichspflicht der Eigentümer folgt; die Gesamthypothek ist ausweislich § 1173 Abs. 1 BGB „regresslos“.642 Leistet der persönlich haftende Eigentümer freiwillig zur Abwendung der Zwangsvollstreckung auf die Hypothek, erwirbt er an seinem Grundstück gem. §§ 1143 Abs. 2, 1173 Abs. 1 S. 1 Hs. 2, 1177 Abs. 1 BGB eine Eigentümergrundschuld, während die Gesamthypothek an den anderen Grundstücken gem. § 1173 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 BGB erlischt.643 Anderes gilt nur dann, wenn ihm aus einem anderen Grund ein Regressanspruch gegen den Eigentümer eines anderen Grundstücks zusteht (§ 1173 Abs. 2 BGB).644 Eine vergleichbare Wahlfreiheit des Gläubigers besteht auch beim Gesamtpfandrecht (§§ 1222, 1230 S. 1 BGB), obschon eine Aufteilung der gesicherten Forderung nach dem hergebrachten allgemeinen Rechtsgrundsatz pignoris causa indivisa est ausscheidet.645 641 So BGH, Urteil vom 9.5.1969 – V ZR 26/66, NJW 1969, S. 1425, 1427; Wilhelm, Sachenrecht Rn. 1720; a. A. mit beachtlichen Gründen Baur/Stürner, Sachenrecht18 , § 43 Rn. 33; MünchKomm (-Lieder), BGB VII7, § 1175 Rn. 7. Sofern der regressberechtigte Eigentümer freilich auch persönlich haftet, ist § 1165 BGB zu beachten; demnach kann er vom Gläubiger, der auf die Gesamthypothek an dem Grundstück des regresspflichtigen Eigentümers verzichtet, verlangen, dass er auf die Hypothek auch an seinem Grundstück verzichtet. Verzichtet der Gläubiger auf die Gesamthypothek insgesamt, verwandelt sie sich in eine Gesamteigentümergrundschuld, die allen Eigentümern gemeinschaftlich zusteht (§ 1175 Abs. 1 S. 1 Hs. 1 BGB); jeder Eigentümer hat einen Anspruch auf Aufhebung der Gemeinschaft gem. §§ 1172 Abs. 2, 1175 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 BGB verlangen. 642 BGH, Urteil v. 29.6.1989 – IX ZR 175/88, NJW 1989, S. 2530, 2531–2532; Baur/Stürner, Sachenrecht18 , § 43 Rn. 23; MünchKomm (-Lieder), BGB VII7, § 1132 Rn. 9. Die Vorschrift hat, wie der BGH, a. a. O. betont, Ausnahmecharakter; nach h. A. gelten bekanntlich zwischen mehreren Sicherungsgebern gleicher Stufe in Ermangelung einer ausdrücklichen gesetzlichen Rückgriffsregelung oder einer abweichenden Parteivereinbarung die Regeln über die Gesamtschuld (§ 426 BGB) entsprechend. 643 Sofern der leistende Eigentümer nicht persönlich haftet, erwirbt er die hypothekarisch gesicherte Forderung mitsamt der Gesamthypothek als Fremdhypothek an den anderen Grundstücken gem. §§ 1143 Abs. 1 S. 1, 1153 Abs. 1 BGB, während sich die Gesamthypothek am eigenen Grundstück gem. §§ 1143 Abs. 2, 1173 Abs. 1 S. 1 Hs. 1 BGB in eine Eigentümergrundschuld verwandelt. 644 MünchKomm (-Lieder), BGB VII7, § 1173 Rn. 9. In diesem Fall erwirbt der leistende Eigentümer zur Sicherung des Regressanspruchs die Gesamthypothek kraft Gesetzes gem. § 1173 Abs. 2 BGB, die in Ansehung des eigenen Grundstücks eine Eigentümerhypothek (§ 1177 Abs. 2 BGB) und in Ansehung des Grundstücks des ausgleichspflichtigen Eigentümers eine Fremdhypothek ist. 645 Erman (-J. Schmidt), BGB II15, § 1132 Rn. 4; NomosKomm (-Bülow), BGB III4, § 1222 Rn. 1; Wieling, Sachenrecht I 2, § 15 VIII 3 d (S. 729–730). Das Gesamtpfandrecht ergreift gem. § 1222 BGB ohne Rücksicht auf die Höhe der gesicherten Forderung alle verpfändeten Sachen.
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Die umstrittene Frage, ob und, bejahendenfalls, unter welchen Voraussetzungen andere Rechte an Grundstücken oder gar Rechte an Grundstücksrechten als Gesamtrechte anfänglich bestellt oder nachträglich (durch Realteilung) entstehen können,646 bedarf hier keiner vertieften Auseinandersetzung. Denn es geht nicht Wenngleich der Pfandgläubiger nur so viel Pfandsachen verwerten kann, als zu seiner Befriedigung erforderlich sind, steht ihm ein lediglich durch das Verbot unzulässiger Rechtsausübung gem. § 242 BGB beschränktes Wahlrecht zu, welche und wie viele Pfänder er zum Verkauf bringt (§ 1230 BGB). Auch ist er nach h. A. grundsätzlich nicht verpflichtet, einzelne Pfandsachen freizugeben, solange er nicht vollständig befriedigt ist; schließlich könne der Schuldner durch Zahlung der gesicherten Forderung die Pfandsache einlösen, zumal sich der Pfandgläubiger nicht auf eine Bewertung der einzelnen Pfänder einlassen müsse (BGH, Urteil v. 3.11.1965 – Ib ZR 137/63, BB 1966, S. 179; Erman (-J. Schmidt), BGB II15, § 1132 Rn. 5; MünchKomm (-Damrau), BGB VII7, § 1222 Rn. 2). 646 Hierzu im Einzelnen Böttcher, MittBayNot 1993, S. 129–136; Füller, Eigenständiges Sachenrecht?, S. 481–489; BeckOK GBO (-Reetz), Stand: 1.5.2018, § 48 Rn. 8–28. Auf der Hand liegt jedenfalls, dass Eigentum nicht gesamtrechtsfähig ist. Mit Rücksicht auf den ausdrücklich anerkannten Erscheinungsformen von Gesamtrechten ließe sich zwar ein „Gesamteigentum“ ohne Verstoß gegen den Spezialitätsgrundsatz konfigurieren. Entscheidend ist jedoch, dass die Residualkompetenz an einer Sache nicht dadurch verwirklicht wird, dass sie in Ansehung einer anderen Sache ausgeübt wird; die Restrechtsbefugnis, die das Eigentum an einer Sache kennzeichnet, ist stets individuell. Soweit die ganz h. A. Gesamtdienstbarkeiten, Gesamterbbaurechte und Gesamtreallasten extra legem anerkennt (siehe nur BGH, Urteil v. 21.11.1975 – V ZR 21/74, NJW 1976, S. 519 (Gesamterbbaurecht); BayObLG, Beschluss v. 23.11.1989 – BReg. 2 Z 55/89, NJW-RR 1990, S. 208 (Gesamtdienstbarkeit); MünchKomm (-Mohr), BGB VII7, § 1105 Rn. 62 (Gesamtreallast) m. w. N.; NomosKomm (-Heller), BGB III4, § 1 ErbbauRG Rn. 10; Palandt (-Herrler), BGB, § 1018 Rn. 2 (Gesamtdienstbarkeit), andererseits die Zulässigkeit des Gesamtnießbrauchs und des Gesamtvorkaufsrechts apodiktisch verneint (vgl. BayObLG, Beschluss v. 1.10.1974 – BReg. 2 Z 46/74, BayObLGZ 1974, S. 365, 368 zum Vorkaufsrecht; OLG München, Beschl. v. 11.7.2013 – 34 Wx 271/13, NJOZ 2014, S. 361 zum Nießbrauch), liegt dem eine widersprüchliche Rechtsfortbildung zugrunde, die jedenfalls in methodischer Hinsicht nicht überzeugt (prononciert auch Füller, Eigenständiges Sachenrecht?, S. 489). Allein aus dem Befund, dass kraft Realteilung des belasteten Grundstücks angeblich ohnedies Gesamtdienstbarkeiten und Gesamterbbaurechte entstehen würden (BGH, Urteil v. 21.11.1975 – V ZR 21/74, NJW 1976, S. 519; BayObLG, Beschluss v. 23.11.1989 – BReg. 2 Z 55/89, NJW-RR 1990, S. 208), ergibt sich für die umstrittene Frage der anfänglichen rechtsgeschäftlichen Bestellung als Gesamtrecht nichts, zumal zweifelhaft ist, ob aus §§ 1026, 1090 Abs. 2 BGB e contrario hergeleitet werden kann, dass eine Grunddienstbarkeit bei der Teilung des dienenden Grundstücks als Gesamtrecht fortbesteht und nicht etwa mitsamt dem belasteten Eigentum in zwei oder mehrere Einzeldienstbarkeiten geteilt wird (richtig Füller, Eigenständiges Sachenrecht?, S. 483–484, 486–487). Die Anerkennung von Gesamtrechten, insbesondere Gesamtdienstbarkeiten, dürfte nicht anders als die gleichfalls problematische Anerkennung einer „Gesamtberechtigung“ an Grundstücksrechten analog § 428 BGB auf bloßen Zweckmäßigkeitserwägungen – Kostenersparnis und Vereinfachung der Grundbuchführung – beruhen (entlarvend BayObLG, Beschluss v. 23.11.1989 – BReg. 2 Z 55/89, NJW-RR 1990, S. 208). Selbst mit der von der h. A. postulierten einschränkenden Voraussetzung, dass die Ausübung der Dienstbarkeit sich notwendig auf alle Grundstücke erstrecke und auf die gleiche Nutzung gerichtet sei (BayObLG, Beschluss v. 22.7.1955 – BReg. 2 Z 24/1955, BayObLGZ 1955, S. 170, 174; MünchKomm (-Mohr), BGB VII7, § 1018 Rn. 20; NomosKomm (-Otto), BGB III4, § 1018 Rn. 32), fügt sich die Gesamtdienstbarkeit nicht stringent in die Regelungssystematik des dritten Buches es BGB ein. Es ist geradezu handgreiflich, dass der Zweck einer solchen Gesamtdienstbarkeit – man denke an ein Kabelleitungsrecht, das an mehreren Grundstücken einheitlich existieren soll – durch isolierte Ausübung der jeweiligen Benutzung an einem Grundstück nicht erreicht werden kann. Wenn es aber stets einer einheitlichen Benutzung aller dienenden Grundstücke zur Zweck-
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darum, die Rechtsfigur des Gesamtrechts im Einzelnen auszuleuchten, sondern die strukturellen Gegensätze zwischen gestuften Belastungen begrenzter Sachenrechte und der kumulativen Belastung mehrerer gleichartiger begrenzter Sachenrechte herauszuarbeiten. Sofern durch innerartliche Belastung ein „herrschendes“ Pfandrecht an einem dienenden (Grund-)Pfandrecht, sei es ein Einzelrecht, sei es ein Gesamtrecht, entsteht, eröffnet jenes dem Gläubiger allenfalls auf den ersten Blick eine gesamtrechtsähnliche Wahlfreiheit hinsichtlich der Verwertung des „dienenden“ Pfandrechts und der Sache oder der Sachen, auf die sich dieses Pfandrecht bezieht.647 Wird z. B. eine durch ein Pfandrecht (P1) an einer hypothekarisch gesicherten Forderung (F1) gesicherte Forderung (F2) verpfändet, bezieht sich das zur Sicherung der dritten Forderung (F3) bestellte „herrschende“ Pfandrecht (P2) auf F1 und die zur Sicherung von F1 bestellte Hypothek und somit auf das der Hypothek unterliegende Grundstück. Schließlich steht es dem Gläubiger des herrschenden Pfandrechts (P2) – vorbehaltlich abweichender Parteivereinbarung (§§ 1284, 1277 S. 1, letzter Hs. BGB) – bei Pfandreife (§§ 1273 Abs. 2 S. 1, 1228 Abs. 2 BGB) nicht nur frei, die verpfändete Forderung (F2) einzuziehen, sie sich an Zahlungs statt abtreten zu lassen oder die Zwangsvollstreckung in die verpfändete Forderung zu betreiben (§§ 1282, 1277 S. 1 BGB). Vielmehr kann der Pfandgläubiger kraft seiner Einziehungsermächtigung auch das mit F2 verbundene dienende Pfandrecht (P1) an der Hypothek regulär dadurch ausüben, dass er die Zwangsvollstreckung in das Grundstück mit dem Rang der Hypothek betreibt.648 Ist diese eine Gesamthypothek, kann der Pfandgläubiger folgerichtig das Verwertungswahlrecht aus § 1132 Abs. 1 S. 1 BGB ausüben, d. h. frei bestimmen, ob er die Zwangsvollstreckung in eines der Grundstücke, in mehrere oder in alle Grundstücke betreibt und in welchem Ausmaß der jeweils erzielte Erlös auf die verpfändete Forderung zu verteilen ist, soweit dieser seiner Befriedigung dient.649 erreichung bedarf, hat die Gesamtdienstbarkeit mit den gesetzlich anerkannten Arten von Gesamtrechten (§§ 1132 Abs. 1 S. 1, 1192 Abs. 1, 1222 BGB) substantiell gar nichts zu tun. Denn diese sind ja durch eine der Gesamtschuld ähnliche Verbindung der betroffenen Grundstücke – freilich ohne gesamtschuldähnlichen Regress – gekennzeichnet: Wird der Gläubiger freiwillig seitens des Eigentümers oder im Wege der Zwangsvollstreckung aus einem Grundstück befriedigt, erlischt die Gesamtbelastung (auch) an den anderen Grundstücken (§§ 1173 Abs. 1 S. 1 Hs. 2, 1181 Abs. 2 BGB). Dass aber bloße Aspekte der Kostenersparnis und Verfahrensökonomie die rechtsfortbildende Entfaltung eines dem Gesetz gänzlich unbekannten Typus einer Gesamtbelastung nicht rechtfertigen können, bedarf keiner Begründung. Richtig ist deshalb jedenfalls, sowohl einen Gesamtnießbrauch als auch ein dingliches Gesamtvorkaufsrecht nicht anzuerkennen (allg. Ansicht; siehe zum dinglichen Vorkaufsrecht statt vieler BeckOGK BGB (-Omlor), Stand: 1.5.2019, § 1094 Rn. 41–42; zum Nießbrauch MünchKomm (-Pohlmann), BGB VII7, § 1030 Rn. 99). Für Gesamtdienstbarkeiten ist nicht anders zu entscheiden, wohingegen das Gesamterbbaurecht seitens des Gesetzgebers implizit unter den in § 6a GBO bestimmten Einschränkungen anerkannt ist (so im Ergebnis auch Böttcher, MittBayNot 1993, S. 129, 132–134). 647 Zu intraspezifischen Belastungskompatibilitäten von Pfandrechten, Hypotheken, Grundund Rentenschulden und Reallasten eingehend § 5 IV. 648 Nachweise in Fn. 59. 649 Nichts anderes gilt für den Pfandgläubiger des herrschenden Pfandrechts, dessen Einziehungsermächtigung sich auf die dem dienenden Pfandrecht inhärente Einziehungsermächti-
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All dies ändert aber nichts daran, dass zwischen einer verpfändeten Forderung, den mit der Forderung verbundenen Verwertungsrechten und den jeweils von diesen Verwertungsrechten erfassten Verwertungsrechten eine ungeteilte Pfandhaftung i. S. v. §§ 1132 Abs. 1 S. 1, 1222 BGB entsteht. Wird im referierten Fallbeispiel das Pfandrecht (P2) kraft Ausübung der zur Sicherung von F2 bestellten Hypothek, d. h. durch Zwangsvollstreckung in das Grundstück, ausgeübt, ist dies nur eine Form der notwendig einheitlichen Durchsetzung der verpfändeten Forderung F2, des mit dieser verbundenen Pfandrechts an der hypothekarisch gesicherten Forderung, der Hypothek und des Grundstücks.650 Anders gewendet: Die intermediär mitverpfändete Hypothek kann nicht in selbstständiger Weise realisiert werden, weil sich dies notwendig auf den Bestand des Pfandrechts an der verpfändeten Forderung F2 und des mit dieser verbundenen Forderungspfandrechts auswirkt. Dies ist scharf zu unterscheiden von dem Fall, in dem der Pfandgläubiger eines von mehreren Pfändern i. S. v. § 1230 S. 2 BGB (i. V. m. § 1273 Abs. 2 S. 1 BGB) ohne Rücksicht auf die anderen „zum Verkauf bringt“.651 Wird eine einzige Forderung verpfändet, entsteht also ungeachtet dessen, ob diese mit akzessorischen Sachenrechten verbunden ist oder nicht, nur ein einziges Subordinationsverhältnis, während das Gesamtrecht mehrere Subordinationsverhältnisse miteinander vergung erstreckt; auch dieser vermag bei Pfandreife seines Pfandrechts das Verwertungswahlrecht des Hypothekengläubigers auszuüben, soweit seine eigene Einziehungsermächtigung reicht und sich im Rahmen der Einziehungsermächtigung des dienenden Pfandrechts hält. Freilich tritt der Pfandgläubiger bei Pfandreife nicht eo ipso in die Rechtsstellung des Hypothekengläubigers ein (arg. e § 1282 Abs. 1 S. 3 BGB). Abgesehen davon, dass die gesetzliche Einziehungsermächtigung nicht zum Verzicht auf die Forderung bzw. auf die Gesamthypothek, sei es im Ganzen oder an einzelnen Grundstücken, berechtigt (§ 1282 Abs. 2 Hs. 1 BGB), kann der Pfandgläubiger nicht aus eigenem Recht die Forderung auf die einzelnen Grundstücke verteilen und auf diese Weise die Gesamthypothek in Einzelhypotheken verwandeln. Vielmehr verbleibt diese einseitige Verfügungsbefugnis dem Hypothekengläubiger vorbehalten, der diese aber auch nicht ohne den Willen des Pfandgläubigers wirksam auszuüben vermag (§§ 1132 Abs. 2 S. 2, 876 S. 1 BGB). 650 Sowohl hinsichtlich der Forderungen F1, F2 und F3 als auch hinsichtlich der Nebenrechte greifen demgemäß die regulären Tilgungs- und Regressfolgen. Im einfachen Ausgangsfall – ohne etwaige Regressansprüche wegen Personenverschiedenheiten zwischen den jeweiligen Schuldnern und den Sicherungsnehmern – erlöschen die Hypothek (§ 1181 Abs. 1 BGB), das Pfandrecht P1 gem. §§ 1273 Abs. 2 S. 1, 1252 BGB, soweit der auf die Hypothek zu verteilende Erlös auf dieses Pfandrecht entfällt und somit zur Berichtigung von F2 führt (§ 1288 Abs. 2 BGB), und das Pfandrecht P2 wiederum gem. §§ 1273 Abs. 2 S. 1, 1252 BGB, soweit der zur Berichtigung von F2 erzielte Erlös dem Pfandgläubiger von P2 gebührt und damit auch F3 gem. § 1288 Abs. 2 BGB als berichtigt gilt. 651 Der Gläubiger des herrschenden Pfandrechts kann sich natürlich nicht ohne Rücksicht auf das dienende Pfandrecht wegen seiner Forderung aus der Hypothek befriedigen, sondern nur unter den Voraussetzungen, unter denen dies dem Gläubiger des dienenden Pfandrechts möglich wäre. Dieser kann aber gleichfalls nur vermöge einer Einziehungsermächtigung oder durch Abtretung an Zahlungs statt aus der Hypothek die Zwangsvollstreckung in das Grundstück betreiben. Endlich steht es dem Pfandgläubiger des herrschenden Pfandrechts selbstredend schon wegen des Akzessorietätsprinzips nicht frei, seine Forderung auf das Forderungspfandrecht und die zur Sicherung der verpfändeten Forderung bestellten Bürgschaften, Hypotheken und Pfandrechte des beschwerten Forderungsgläubigers entsprechend § 1132 Abs. 2 S. 1 BGB zu verteilen.
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zahnt. Eine gesamtrechtsartige „Paschastellung“652 begründet die mehrstufige Belastung nach alldem nicht. Soweit demgegenüber vertreten wird, dass Gesamtrechte an Grundstücksrechten materiellrechtlich unzulässig seien,653 ist dies in dieser Allgemeinheit unrichtig. Abgesehen davon, dass an grundstücksgleichen Rechten fraglos die anerkannten Arten von Gesamtrechten entstehen können, erstrecken sich Gesamtrechte an Grundstücken (und grundstücksgleichen Rechten) auch gesamtrechtsartig auf die subjektiv-dinglichen Rechte der betreffenden Grundstücke.654 Soweit es hingegen um die Belastung von nicht grundstücksgleichen Rechten geht, ist zu differenzieren: Während die Rechtsfigur des Gesamtrechts wegen der Individualität jeder Sach- oder Rechtsnutzung mit dem Wesen des Nießbrauchs unvereinbar ist, kann ein Gesamtpfandrecht i. S. v. § 1222 BGB (i. V. m. § 1273 Abs. 2 S. 1 BGB) an mehreren Sachen und/oder Rechten einschließlich übertragbaren (Grundstücks-)Rechten entstehen. Möglich ist daher, mehrere ggf. durch Bürgschaften, Hypotheken oder Pfandrechte gesicherte Forderungen sowie mehrere Grundschulden oder Reallasten zur Sicherung derselben Forderung zu verpfänden.655 Mehrstufige und kumulative Belastungen sind mithin kombinierbar.656 652 So anschaulich Heck, Grundriß des Sachenrechts2 , § 94 I 4 (S. 390); siehe auch Baur/Stürner, Sachenrecht18 , § 36 Rn. 127; Jauernig (-Berger), BGB17, § 1132 Rn. 4. 653 So – ohne jede Begründung – BeckOK GBO (-Reetz), Stand: 1.6.2019, § 48 Rn. 27. 654 So können zweifellos Gesamthypotheken und Gesamtgrundschulden an mehreren Erbbaurechten und darüber hinaus, da eine Gleichartigkeit der Belastungsgegenstände nicht gefordert wird, an einer Mehrheit von Grundstücken, Miteigentumsanteilen, Wohnungseigentumsrechten, Erbbaurechten und/oder Erbbaurechtsanteilen begründet werden (BeckOGK BGB (-Volmer), Stand: 15.7.2019, § 1132 Rn. 8; Palandt (-Herrler), BGB78 , § 1132 Rn. 3). Für die Reallast dürfte mit der h. A. nicht anders zu entscheiden sein. Was hingegen das explizit durch § 6a Abs. 1 S. 1 GBO anerkannte Gesamtuntererbbaurecht anbelangt, so ist dieses grundbuchrechtlich nur an einer Mehrheit von Erbbaurechten bzw. Erbbaurechtsanteilen zulässig; ein Antrag auf Eintragung eines Gesamtrechts an mehreren Erbbaurechten und Grundstücken ist nach § 6a Abs. 2 GBO unzulässig. Etwaige Komplikationen, die durch die Eintragung eines solchen Gesamtrechts bei der beabsichtigten Automation des Grundbuchs verursacht werden könnten, sollten vermieden werden (BT-Drs 12/5553, S. 59; Meikel (-Böttcher), GBO10, § 6a Rn. 11). Eine Verletzung der verfahrensrechtlichen Vorschrift des § 6a GBO ist materiellrechtlich freilich unbeachtlich; das Grundbuch wird hierdurch nicht unrichtig (BeckOK GBO (-Reetz), Stand: 1.6.2019, § 6a Rn. 29; Meikel (-Böttcher), GBO10, § 6a Rn. 12). Problematisch sind demgegenüber wiederum bei grundstücksgleichen Rechten alle anderen Arten von Gesamtbelastungen, insbesondere Gesamtdienstbarkeiten (siehe Fn. 646). 655 Im letzteren Fall scheidet allerdings mangels grundstücksrechtsgleicher Qualität der zu verpfändenden Rechte ein Mithaftvermerk nach § 48 Abs. 1 GBO aus. 656 Soweit sich hingegen mehrere dingliche Rechte auf ein Gesamtrecht beziehen (z. B. mehrfache Verpfändung der durch Gesamthypothek gesicherten Forderung gem. §§ 1274 Abs. 1 S. 1, 398, 1154, 1153 Abs. 1 BGB), ist das Rangverhältnis zwischen diesen Rechten auch in Ansehung der dem belasteten Gesamtrecht unterliegenden Sachen, seien es Grundstücke, seien es bewegliche Sache oder Rechte zwingend einheitlich (KG, Beschluss v. 18.10.1909, KGJ 39, A 248, 253 ff.; Meikel (-Böhringer), GBO, § 48 Rn. 164). Zwar partizipieren die Pfandrechte an dem Rang der belasteten Hypothek in Ansehung der einzelnen Grundstücke. Weil nun aber der Grundsatz der Gleichartigkeit der Gesamthypothek keine lückenlose Entsprechung der Hypothek an allen Grundstücken gebietet, sondern nur eine mehrfache Befriedigung aus der Hypothek ausschließen soll, ist ein einheitlicher Rang an allen Grundstücken nicht erforderlich (BGH, Beschluss
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4. Mehrstufiger mittelbarer Besitz Mehrstufiger mittelbarer Besitz i. S. v. § 871 BGB ist dadurch gekennzeichnet, dass ein mittelbarer Besitzer einer anderen Person im Wege eines Besitzkonstituts den Besitz vermittelt.657 Aufgrund der ausdrücklichen Anerkennung dieser besitzrechtlichen Rechtsfigur steht einer potentiell unendlichen Vervielfältigung des Fremdbesitzes – im Gegensatz zur tatsächlichen Gewalt i. S. v. § 854 Abs. 1 BGB und des Eigenbesitzes i. S. v. § 872 BGB – nichts entgegen.658 Wenngleich in der Liv. 6.3.1981 – V ZB 2/80, NJW 1981, S. 1503, 1504; KG, Beschluss v. 18.10.1909, KGJ 39, A 248, 253; Palandt (-Herrler), BGB78 , § 1132 Rn. 2; MünchKomm (-Lieder), BGB VII7, § 1132 Rn. 6–10). Wären aber gespaltene Rangverhältnisse zwischen den Pfandrechten an der Gesamthypothek in Ansehung der der Hypothek unterworfenen Grundstücke möglich, stünde im Kern gar keinem Pfandgläubiger ein rangmäßig bestimmbares Recht an der Hypothek zu; als verlässlicher Wirtschaftsfaktor taugte keines der Pfandrechte. Auf der Hand liegt nämlich, dass eine hypothetische Relativität der Rangverhältnisse nicht zu einer mehrfachen Befriedigung wegen der verpfändeten und hypothekarisch gesicherten Forderung führt. Schließlich scheidet eine Vervielfältigung des Gläubigerrechts durch gesonderte Übertragung, Pfändung oder Verpfändung der gesamthypothekarisch gesicherten Forderung in Ansehung einzelner Grundstücke ohnedies aus; sowohl die Pfändung als auch die Übertragung oder Verpfändung erfolgt notwendig einheitlich (RG, Urteil v. 16.3.1906 – VII 310/05, RGZ 63 S. 74, 75: Demgemäß vollzieht sich die Übertragung bzw. Belastung auch nicht sukzessive durch Eintragung auf einzelnen Grundbuchblättern der der Buchgesamthypothek unterliegenden Grundstücke; vielmehr ist die Verfügung bzw. die Pfändung erst dann wirksam, wenn sie auf allen Grundbuchblättern eingetragen wird; MünchKomm (-Lieder), BGB VII7, § 1132 Rn. 26; Staudinger (-Wolfsteiner), BGB (2015), § 1132 Rn. 43). Befriedigt sich z. B. der am Grundstück A vorrangig berechtigte Pfandgläubiger P1 im Wege der Zwangsvollstreckung gem. § 1147 BGB i. V. m. § 1282 Abs. 1 BGB aus diesem Grundstück, erlischt die Gesamthypothek gem. § 1181 Abs. 2 BGB auch an den Grundstücken B und C ohne Rücksicht darauf, dass die insoweit bevorrechtigten Pfandgläubiger P2 und P3 leer ausgehen. Vergleichbares gilt bei freiwilliger Leistung des Eigentümers eines Grundstücks, sofern dieser nach Maßgabe der §§ 1281, 1282 BGB mit befreiender Wirkung gegenüber demjenigen Pfandgläubiger leistet, dem in Ansehung des Grundstücks das vorrangige Pfandrecht zusteht (§ 1291 BGB). Die Gesamthypothek verwandelt sich in eine Eigentümerhypothek resp. Eigentümergrundschuld des leistenden Eigentümers und erlischt i. d. R. an den anderen Grundstücken (§ 1173 Abs. 1 S. 1 BGB); die hypothekarisch gesicherte Forderung erlischt gem. §§ 362 Abs. 1, 267 Abs. 1 BGB oder geht auf den ablösenden Eigentümer lastenfrei gem. § 1143 Abs. 1 S. 1 BGB ohne Rücksicht darauf über, dass die nicht befriedigten Pfandgläubiger in Ansehung anderer Grundstücke vorrangig zur Einziehung der gesicherten Forderung berechtigt sind. Steht dem Schuldner ein Regressanspruch gegen einen der jeweiligen Eigentümer zu, müsste der Schuldner jedenfalls dann, wenn er mit befreiender Wirkung an denjenigen Pfandgläubiger, dem in Ansehung des dem regresspflichtigen Eigentümers zustehenden Grundstücks der Vorrang zukommt, in Gemäßheit der §§ 1281, 1282 BGB bzw. nach §§ 1275 Var. 1, 406, 407 Abs. 1 BGB leistet, die Hypothek an diesem Grundstück zur Sicherung seiner Regressforderung erwerben, während sie an den übrigen Grundstücken erlischt (§ 1174 Abs. 1 BGB). Sieht man von der Rechtsunsicherheit für alle Beteiligten einmal ab, wäre die gespaltene Rangordnung somit für alle Pfandgläubiger von Nachteil; die Wirkung der an der Gesamthypothek eingeräumten Pfandrechte wäre aus Sicht der Gläubiger unkalkulierbar. 657 NomosKomm (-Hoeren), BGB III4, § 871 Rn. 1; Staudinger (-Gutzeit), BGB (2018), § 871 Rn. 1. 658 BeckOGK BGB (-Götz), Stand: 1.7.2019, § 871 Rn. 5; NomosKomm (-Hoeren), BGB III4, § 871 Rn. 1. Bekanntlich umstritten ist die Frage, ob es einen „mittelbaren Nebenbesitz“ gibt, Besitz also auf zwei voneinander unabhängige Besitzer „verdoppelt“ werden kann, die, soweit ersichtlich, nur im Kontext des gutgläubigen Erwerbs diskutiert wird (näher BeckOGK BGB (-Klinck), Stand: 1.7.2019, § 934 Rn. 25–28; siehe auch MünchKomm (-Joost), BGB VII7, § 868
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teratur zumeist exemplarisch auf die Untermiete, die Wertpapierhinterlegung und die Pfändung körperlicher Sachen verwiesen wird,659 sei hier nur klargestellt, dass mehrstufige Besitzmittlungsverhältnisse in allen möglichen Fallgestaltungen entstehen, zumal es auf die Wirksamkeit der zugrundeliegenden Rechtsverhältnisse und die rechtliche Befugnis zur Übertragung des jeweiligen Besitzes in besitzrechtlicher Hinsicht nach h. A. bekanntlich nicht ankommt.660 Zur Beschreibung dieses Phänomens rekurriert die Lehre – wie auch bei der mehrstufigen Belastung – häufig auf den Sinnbildgehalt einer räumlichen Anordnung des Besitzes als „Besitzleiter“ oder „Besitzgebäude“ mit potentiell unendlich vielen Sprossen resp. Stockwerken.661 Abstrakt betrachtet sind vier mögliche Varianten der Entstehung mehrstufigen mittelbaren Besitzes zu unterscheiden.662 Sowohl der unmittelbare Rn. 18–20; NomosKomm (-Hoeren), BGB III4, § 868 Rn. 17–18; Staudinger (-Gutzeit), BGB (2018), § 868 Rn. 9; Wilhelm, Sachenrecht5, Rn. 507–512): Zum einen geht darum, ob ein gutgläubiger Erwerb gem. § 934 Var. 2 BGB stattfindet, wenn der Nichtberechtigte, der selbst nicht mittelbarer Besitzer ist, seinen vermeintlichen Herausgabeanspruch an einen Gutgläubigen abtritt und der unmittelbare Besitzer (z. B. ein Lagerhalter) sowohl den Weisungen des Eigentümers als auch den Weisungen des Erwerbers folgt; zum anderen geht es um das Standardbeispiel des gutgläubigen Erwerbs gem. § 934 Var. 1 BGB, in dem der Vorbehaltskäufer die Kaufsache seiner Bank zur Sicherheit übereignet und diese sodann mangels gutgläubigen Erwerbs gem. §§ 930, 933 BGB als Nichtberechtigte die Sache unter Abtretung des Herausgabeanspruchs an einen Vierten überträgt. Es stellt sich hier jeweils die Frage, ob lediglich mittelbarer Nebenbesitz des Erwerbers entstanden ist, der für einen gutgläubigen Erwerb nach teilweise vertretener Ansicht nicht ausreichen soll. 659 Vgl. MünchKomm (-Joost), BGB VII7, § 871 Rn. 4–5; Staudinger (-Gutzeit), BGB (2018), § 871 Rn. 1–2. Mehrstufige Besitzmittlungsverhältnisse entstehen etwa auch bei der Pfändung beweglicher Sachen, ggf. auch bei der Beschlagnahme derselben beim Besitzmittler (BGH, Urteil v. 14.1.1993 – IX ZR 238/91, NJW 1993, S. 935, 936), in zahlreichen mehrstufigen Vertragsverhältnissen, unter denen eine Gebrauchsüberlassung an beweglichen Sachen erfolgt (z. B. bei Einschaltung von Unterfrachtführern, Subunternehmern, Unterverwahrern) und, wie sogleich gezeigt wird, in (mehrstufigen) Sachenrechtsverhältnissen. 660 Baur/Stürner, Sachenrecht18 , § 7 Rn. 45; BeckOGK BGB (-Götz), Stand: 1.7.2019, § 868 Rn. 39–41; Jauernig (-Berger), BGB17, § 868 Rn. 4; Staudinger (-Gutzeit), BGB (2018), § 868 Rn. 16. 661 BeckOGK BGB (-Götz), Stand: 1.7.2019, § 871 Rn. 3 mit Fn. 1; Staudinger (-Gutzeit), BGB (2018), § 871 Rn. 1. Das Besitzgebäude lässt sich somit beliebig durch weitere Ober-, Unter- und Zwischengeschosse vergrößern; dem mittelbaren Eigenbesitzer logiert im obersten Stockwerk, der unmittelbare Fremdbesitzer im tiefsten Kellerraum. 662 Siehe NomosKomm (-Hoeren), BGB III4, § 871 Rn. 6–10; Staudinger (-Gutzeit), BGB (2018), § 871 Rn. 3–7; MünchKomm (-Joost), BGB VII7, § 871 Rn. 2. Erstens kann der unmittelbare Fremdbesitzer einer anderen Person unter einem Besitzmittlungsverhältnis den unmittelbaren Besitz zu verschaffen, z. B. durch Einschaltung eines Unterfrachtführers, Subunternehmers oder Unterverwahrers. In besitzrechtlicher Hinsicht ist es dabei unerheblich, ob dem unmittelbaren Besitzer die Begründung eines neuen Besitzmittlungsverhältnisses vertraglich gestattet ist oder nicht; maßgeblich ist nur, dass der (bisherige) unmittelbare Fremdbesitzer forthin mit Besitzmittlungswillen agiert und sich nicht selbst zum Eigenbesitzer aufschwingt. Zweitens entsteht mehrstufiger mittelbarer Fremdbesitz dadurch, dass der unmittelbare Fremdbesitzer unter Anerkennung und Offenlegung des bestehenden Besitzmittlungsverhältnisses einer anderen Person den Besitz auf Zeit vermittelt und diese dadurch zugleich selbst die Funktion des Besitzmittlers für den mittelbaren Eigenbesitzer zweiter Stufe übernimmt. Das klassische, wenn auch nicht unumstrittene Beispiel ist die Sicherungsübertragung des Anwartschaftsrechts seitens des Vorbehaltskäufers gem. §§ 929 S. 1, 930 BGB analog. Nach der Rechtsprechung und einem Teil der
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als auch der mittelbare Besitzer kann ein neues Besitzmittlungsverhältnis unter Achtung des bisherigen eingehen, unter dem er entweder selbst (un-)mittelbaren Besitz vermittelt oder sich diesen durch einen (un-)mittelbaren Besitzer als mittelbarer Fremd- oder Eigenbesitzer vermitteln lässt. Erforderlich ist eine ununterbrochene Kette von Besitzmittlungsverhältnissen. Es muss jedem mittelbarem Besitzer jeweils ein Herausgabeanspruch aufgrund eines Verhältnisses i. S. v. § 868 BGB gegen seinen Besitzmittler zustehen.663 Mit Ausnahme der an den Eigenbesitz anknüpfenden Vorschriften sind sämtliche für den mittelbaren Besitz geltenden Vorschriften auf den mittelbaren Fremdbesitz anzuwenden; die Regelerstreckung auf den mehrstufigen mittelbaren Besitz bereitet keine Schwierigkeiten.664 Im Kern Literatur vermittelt der Sicherungsnehmer dann als mittelbarer Fremdbesitzer erster Stufe dem Vorbehaltsverkäufer als mittelbarem Eigenbesitzer zweiter Stufe – ohne dass dieser von der Sicherungsübertragung Kenntnis nehmen muss – den Besitz, obschon zwischen diesen Personen kein Schuldverhältnis, sondern ein Sachenrechtsverhältnis besteht (grundlegend BGH, Urteil v. 24.6.1958 – VIII ZR 205/57, BGHZ 28, S. 16, 27; Baur/Stürner, Sachenrecht18 , § 59 Rn. 35; MünchKomm (-Joost), BGB VII7, § 871 Rn. 20; wohl auch BeckOGK BGB (-Götz), Stand: 1.7.2019, § 871 Rn. 11; kritisch Staudinger (-Gutzeit), BGB (2018), § 868 Rn. 10, § 871 Rn. 7; skeptisch auch NomosKomm (-Hoeren), BGB III4, § 868 Rn. 18, § 871 Rn. 10). Drittens kann der mittelbare Besitzer wiederum seinen mittelbaren Eigenbesitz dadurch in Fremdbesitz umwandeln, dass er einer anderen Person, z. B. aufgrund einer Sicherungsübertragung unter einem Besitzkonstitut gem. §§ 929 S. 1, 930 BGB, mittelbaren Eigenbesitz verschafft. Viertens entsteht mehrstufiger mittelbarer Besitz, wenn der mittelbare Eigenbesitzer seinen Herausgabeanspruch einem Dritten gem. §§ 870, 398 BGB unter einem Besitzmittlungsverhältnis, z. B. bei einer Verpfändung gem. § 1205 Abs. 2 BGB, überträgt. Wie meistens exemplarisch anhand der Pfändung einer beweglichen Sache unter Belassung derselben beim Schuldner gem. § 808 Abs. 2 ZPO gezeigt wird, kann einer Person in unterschiedlichen Besitzmittlungsverhältnissen zugleich als Besitzmittler und als mittelbarer Besitzer in Erscheinung treten. So besitzt der Schuldner die gepfändete Sache für den Gerichtsvollzieher, der sie aufgrund des Vollstreckungsauftrags für den Gläubiger besitzt, der wiederum als Pfändungspfandgläubiger mittelbarer Fremdbesitzer zweiter Stufe ist, mithin dem Schuldner als mittelbarem Eigenbesitzer dritter Stufe den Besitz vermittelt (NomosKomm (-Hoeren), BGB III4, § 871 Rn. 3; Staudinger (-Gutzeit), BGB (2012), § 871 Rn. 2; Wieling, Sachenrecht I 2, § 6 II 6 (S. 237)). 663 Unerheblich ist hingegen, ob der Besitzmittler Kenntnis davon hat, dass sein Oberbesitzer wiederum einer anderen Person den Besitz vermittelt (NomosKomm (-Hoeren), BGB III4, § 871 Rn. 3; Staudinger (-Gutzeit), BGB (2018), § 871 Rn. 2; Wieling, Sachenrecht I2, § 6 II 6 (S. 236– 237)). 664 Siehe BeckOGK BGB (-Götz), Stand: 1.7.2019, § 871 Rn. 12–19; NomosKomm (-Hoeren), BGB III4, § 871 Rn. 11; Staudinger (-Gutzeit), BGB (2018), § 871 Rn. 8. Selbstverständlich gilt für den mittelbaren Fremdbesitzer nicht die an den Eigenbesitz anknüpfende Eigentumsvermutung des § 1006 Abs. 3 BGB; diese gilt nur für den mittelbaren Eigenbesitzer höchster Stufe und auch nur dieser vermag die Sache selbst gem. §§ 900 Abs. 1 S. 1, 937 Abs. 1 BGB zu ersitzen. Allerdings bedeutet dies richtigerweise nicht, dass eine Ersitzung seitens eines mittelbaren Fremdbesitzers generell ausscheidet: Soweit es um den Erwerb eines Nießbrauchs an einer beweglichen Sache oder um den Erwerb eines zumindest besitzrechtlich geschützten Rechts an einem Grundstücks geht (§§ 900 Abs. 2 S. 1, 1033 BGB), ist eine Ersitzung durch einen mittelbaren Fremdbesitzer durchaus möglich. Possessorischer Besitzschutz steht aufgrund der Rechtsfolgenerstreckung gem. § 871 BGB sowohl dem mittelbaren Fremd- als auch dem mittelbaren Eigenbesitzer gem. § 869 BGB zu, wobei den Besonderheiten mehrstufigen mittelbaren Besitzes auf Rechtsfolgenseite durch systemkonforme Rechtsfortbildung Rechnung zu tragen ist. So steht dem mittelbaren Eigenbesitzer höchster Stufe richtigerweise bei Besitzentziehung nur dann ein Anspruch auf Herausgabe der Sache an sich selbst gem. §§ 869 S. 2, 861 Abs. 1 BGB zu, wenn weder der
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dient auch diese Rechtsfigur dem übergreifenden Zweck des Besitzrechts, die Funktionsfähigkeit des Systems subjektiver Sachenrechte im Ganzen zu garantieren.665 Dies ist nicht zuletzt bei der intermediären Wertpapiersammelverwahrung evident, bedient sich doch die h. A. eines artifiziellen Konzepts des mehrstufigen mittelbaren Besitzes, um die Übertragung und Verpfändung von sammelverwahrten Wertpapieren irgendwie mit dem Traditionsprinzip in Einklang zu bringen und die Möglichkeit eines gutgläubigen Wertpapiererwerbs zu legitimieren.666 unmittelbare Fremdbesitzer noch irgendein mittelbarer Fremdbesitzer den unmittelbaren Besitz übernehmen kann oder will; der mittelbare Eigenbesitzer muss also „von der untersten Stufe aufsteigend“ zunächst Herausgabe an den bisherigen unmittelbarer Fremdbesitzer und sodann an den mittelbaren Besitzer der jeweils nachgelagerten Stufe verlangen (NomosKomm (-Hoeren), BGB III4, § 868 Rn. 4; Staudinger (-Gutzeit), BGB (2018), § 871 Rn. 8, § 869 Rn. 5; BeckOGK BGB (-Götz), Stand: 1.7.2019, § 871 Rn. 15–16). Entsprechendes gilt für die Ausübung des Verfolgungsrechts aus §§ 869 S. 3, 867 S. 1 BGB durch den mittelbaren Eigenbesitzer höchster Stufe (Staudinger (-Gutzeit), BGB (2018), § 871 Rn. 8; BeckOGK BGB (-Götz), Stand: 1.7.2019, § 871 Rn. 17). 665 Eingehend von Bar, Gemeineuropäisches Sachenrecht II, Rn. 2–3. 666 Sinnfällig BGH, Urteil v. 24.9.2015 − IX ZR 272/13, NZI 2016, S. 21 m. Anm. Mitlehner. In dem zugrundeliegenden Fall hatte der Schuldner den Beklagten, die einen großvolumigen Aktienerwerb des Schuldners finanziert hatten und zugleich als Depotbanken mit der Verwahrung beauftragt waren, ca. 22 Millionen Stück Inhaberaktien an der von ihm selbst gegründeten AG verpfändet. Als die AG wenig später in eine finanzielle „Schieflage“ geriet, einigte sich der Schuldner mit den Beklagten auf einen Sanierungsplan und übertrug seine Aktien auf einen Treuhänder; die Sanierung der AG gelang, der Schuldner musste jedoch Insolvenz anmelden. Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens verwerteten die Beklagten die verpfändeten Aktien. Der Insolvenzverwalter klagte auf Schadensersatz und berief sich darauf, der Masse sei durch die Aktienverwertung ein Schaden i. H. v. mehreren hundert Millionen Euro entstanden. Die Klage blieb in allen Instanzen ohne Erfolg. Der BGH verneinte Schadensersatzansprüche aus § 280 Abs. 1 BGB (wegen schuldhafter Verletzung des gesetzlichen Schuldverhältnisses zwischen dem Insolvenzverwalter und den Beklagten als Insolvenzgläubigern) sowie aus § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 166 InsO. Das Verwertungsrecht des Insolvenzverwalters sei nämlich ausgeschlossen, wenn – wie hier – verpfändete Aktien vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens zwecks Sanierung der AG seitens des Schuldners auf einen Treuhänder so übertragen würden, dass der Schuldner nach der Verpfändung die ihm verbliebenen Mitgliedschaftsrechte nicht mehr ausüben könne. Die Aktien seien dann nicht der für das Verwertungsrecht des Insolvenzverwalters erforderlichen „wirtschaftlichen Einheit des Schuldnerunternehmens“ zuzurechnen. Mit dieser Entscheidung bestätigte der 9. Zivilsenat die überkommene besitzrechtliche Analyse der intermediären Wertpapiersammelverwahrung. Als unmittelbare Fremdbesitzerin aller von ihr verwahrten Sammelurkunden vermittele die Clearstream Banking AG den jeweiligen Depotbanken gleichstufigen mittelbaren Mitbesitz erster Stufe an der Sammelurkunde gem. §§ 871, 868 BGB; das Besitzmittlungsverhältnis sei aus § 8 Abs. 1 der AGB der Clearstream Banking AG abzuleiten, wonach diese zur Besitzverschaffung an die Depotbanken verpflichtet sei. Dass die Auslieferung einzelner Urkunden bei der Sammelverwahrung durch Dauerglobalurkunden nach § 9a Abs. 3 S. 2 DepotG ausgeschlossen sei, rechtfertige keine andere Betrachtungsweise. Die Besitzverschaffung vollziehe sich im modernen Massengeschäft des Effektengiroverkehrs nicht durch eine „effektive“ Besitzübertragung im Sinne einer körperlichen Bewegung der Wertpapiere, sondern durch bloße Umbuchung der Girosammel-Depotgutschriften. Entsprechendes gelte im Verhältnis zwischen der Depotbank und dem Aktionär; die Depotbank verschaffe dem Aktienerwerber wiederum kraft Umbuchung der Girosammel-Depotgutschriften mittelbaren Eigenbesitz zweiter Stufe. Zur Begründung dieses Ergebnisses akzentuiert der Senat einerseits das Interesse des Rechtsverkehrs an der Zirkulationsfähigkeit sammelverwahrter Wertpapiere und verweist andererseits auf
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Strukturelle Gemeinsamkeiten zwischen der mehrstufigen Belastung und dem mehrstufigen mittelbaren Besitz bestehen nicht. Vom mehrstufigen mittelbaren Besitz unterscheidet sich die mehrstufige Belastung dadurch, dass diese ein multilaterales Verhältnis von mindestens drei monopolisierten Rechten an einer Sache bezeichnet, wohingegen der mehrstufige mittelbare Besitz (§§ 871, 868 BGB) zwei die bewusste gesetzgeberische Entscheidung gegen eine Substitution des Wertpapiers durch ein vollständig entmaterialisiertes Wertrecht. Auch im zugrundeliegenden Fall sei mittelbarer Mitbesitz an der von der Clearstream Banking AG als unmittelbare Fremdbesitzerin der verwahrten Dauerglobalurkunde gegeben, wobei die Beklagten mittelbare Fremdbesitzer erster Stufe und der Schuldner mittelbarer Eigenbesitzer zweiter Stufe seien; die Verpfändung an die Depotbank sei nach §§ 1293, 1205 Abs. 1 S. 2 BGB bewirkt worden. Mittels der fiduziarischen Rechtsübertragung habe der Schuldner auch nicht mittelbaren Eigenbesitz zweiter Stufe verloren; vielmehr sei ein Besitzmittlungsverhältnis zwischen dem Treuhänder als mittelbarem Fremdbesitzer zweiter Stufe und dem Schuldner als mittelbarem Eigenbesitzer dritter Stufe entstanden. Mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens sei der mittelbare Eigenbesitz des Schuldners an den „Aktien“ auf den Insolvenzverwalter gem. § 80 InsO übergegangen, was aber für sich genommen das Verwertungsrecht des Insolvenzverwalters aus § 166 Abs. 1 InsO nicht begründe. Erforderlich sei vielmehr, dass die im mittelbaren Besitz befindlichen beweglichen Sachen zur „wirtschaftlichen Einheit des Schuldnervermögens“ gehörten, was grundsätzlich bei einer Verpfändung der Fall sei, weil sich der Aktionär hierdurch nicht seiner Mitgliedschaftsrechte begebe. Im Weiteren betonte der Senat dann aber die Insolvenzfestigkeit der drittschützenden Treuhand: Wenn der Schuldner, wie hier, die verbrieften Mitgliedschaftsrechte wegen der Übertragung auf einen Treuhänder bereits bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht mehr wahrnehmen konnte, zählen die verpfändeten Aktien gerade nicht mehr zur „wirtschaftlichen Einheit des Schuldnervermögens“. Mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens sei der Treuhandvertrag auch nicht nach §§ 115, 116 InsO erloschen, da der Treuhänder als absonderungsberechtigter Sicherungsgläubiger im eigenen Interesse (sowie im Interesse der Gläubiger, die die Restrukturierungsmaßnahmen des Unternehmers von der Aktienübertragung auf den Treuhänder abhängig gemacht hatten) agiere. Die besitzrechtliche Analyse des BGH ist nicht über jede Kritik erhaben (siehe u. a. Habersack/Mayer, WM 2000, S. 1678, 1680; Einsele, Wertpapierrecht als Schuldrecht, S. 65–88; MünchKomm (-Einsele), HGB VI3, Depotgeschäft, Rn. 92–94). So meint Einsele a. a. O., dass der vertragliche Auslieferungsanspruch – als modifizierter Anspruch auf Aufhebung der Bruchteilsgemeinschaft – nicht als „besitzrechtliches Korrelat“ der Miteigentumsanteile gedeutet werden könne; dieser schuldrechtliche Anspruch begründe weder tatsächliche noch vergeistigte Sachherrschaft an dem gegenwärtigen Sammelbestand der Wertpapiere; mangels Besitzes könnten sich Eigentumsübertragungen und -belastungen daher nur durch bloße Einigung vollziehen. In der Tat dürfte sich das anachronistische Traditionsprinzip nur deshalb gehalten haben, weil es die rechtsdogmatische Grundlage eines gutgläubigen Erwerbs bei der Übertragung und Verpfändung von Wertpapieren nach §§ 932 ff., 1207 BGB bildet. Soweit hier dann aber gerade nicht auf den Besitz allein, sondern zusätzlich oder ausschließlich auf die Buchung als Rechtsscheinsträger abgestellt wird, ist zu bezweifeln, dass eine bloße Buchung einen einer realen Besitzverschaffung oder einem staatlich geführten Register wie dem Grundbuch vergleichbar zuverlässigen Rechtsscheinsträger zu begründen vermag (näher Einsele, Wertpapierrecht als Schuldrecht, S. 112 f.; MünchKomm (-Einsele), HGB VI3, Depotgeschäft, Rn. 114–119). Dies gilt, wie Einsele a. a. O. zutreffend ausführt, umso mehr, als die Möglichkeit einer Wertpapierübertragung nach dem Verständnis der Rechtsprechung auch ohne Buchung der Wertpapiersammelbank, nämlich durch Einigung und Übergabe (von auszustellenden Einzelurkunden) möglich bleiben müsste, was wiederum die Zuverlässigkeit der Kontenführung untergraben und damit die Buchung als Rechtsscheinsträger vollständig wertlos machen würde. Abgesehen davon ist völlig ungewiss, auf wessen (Un-)Redlichkeit es im modernen Effektengiroverkehr, der sich rein elektronisch vollziehe, beim gutgläubigen Erwerb ankommen soll.
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aufeinander bezogene Besitzmittlungsverhältnisse miteinander verknüpft und demgemäß mindestens drei Formen des Besitzes begründet.667 Ein innerer Konnex zwischen aufeinander aufbauenden Rechten und mehrfach vermitteltem Besitz besteht nicht. Aus einer mehrstufigen Belastung können zwar durchaus gestufte Besitzmittlungsverhältnisse entstehen, während dieser umgekehrt der Entstehung mehrstufiger Belastungen dient und zugleich possessorischen und petitorischen Besitzschutz zugunsten der jeweils belasteten Rechtsinhaber garantiert.668 Andererseits wird aber nicht jedes mehrstufige Rechtsverhältnis an einer Sache mit mehrstufigen Besitzmittlungsverhältnissen unterlegt, zumal diese nicht notwendig an voneinander abgeleitete rechtliche Positionen an der Sache anknüpfen. Ungeachtet der im Einzelnen umstrittenen Definition des Besitzes ist sich die ganz überwiegende Ansicht zumindest darin einig, dass Besitz nicht als subjektives Recht zu klassifizieren und erst recht nicht dem Kanon der beschränkten dinglichen Rechte 667 An mehrstufigen Besitzmittlungsverhältnissen sind insgesamt mindestens zwei Personen beteiligt: Eine Person kann zwar durch Selbstkontrahieren das Besitzmittlungsverhältnis mit einem Dritten begründen („Insichkonstitut“), sofern dies in hinreichender Weise manifestiert wird (statt vieler NomosKomm (-Hoeren), BGB III4, § 868 Rn. 14); sie kann aber nicht sich selbst den Besitz mitteln, sondern nur einer anderen Person, die wiederum dem unmittelbaren Fremdbesitzer als mittelbarem Besitzer zweiter Stufe den Besitz vermitteln kann (BeckOK BGB (-Fritzsche), Stand: 1.5.2019, § 871 Rn. 3, der exemplarisch auf die Untervermietung an den Eigentümer und Hauptvermieter verweist; MünchKomm (-Joost), BGB VII7, § 871 Rn. 2). Aufgrund der prinzipiellen Anerkennung der Rechtsfigur des Eigenrechts ist es demgegenüber theoretisch denkbar, dass eine Person zugleich Eigentümer als auch Inhaber von Sachenrechten ersten, zweiten und höheren Grades ist. Aufgrund der Personenidentität sind alle stufenweise aufeinander aufbauenden begrenzten Rechte funktionslos, solange kein Zweiter ein Recht an der Sache erlangt. Sofern z. B. der Eigentümer unter Nießbrauchsvorbehalt seinem Gläubiger eine Sicherungsgrundschuld bestellt und diese nach Wegfall des Sicherungszwecks auf den Eigentümer übertragen wird, besteht der Nießbrauch an der Eigentümergrundschuld fort; diese kann ohne notwendige erneute Bestellung eines Nießbrauchs wiederum als Kreditsicherheit verwendet werden. 668 Soweit die durch mehrstufige Belastungen entstehenden Rechten jeweils zeitlich segmentierte Besitzrechte begründen, entstehen hieraus mehrstufige Besitzmittlungsverhältnisse. Exemplarisch zeigt sich dies bei einem Nießbrauch an einem Dauerwohnrecht, das sich auf ein Erbbaurecht bezieht (zu dieser Konstellation OLG München, Beschluss v. 29.6.2016 – 34 Wx 27/16, RNotZ 2016, S. 575). Spiegelbildlich zur gestuften Belastung vermittelt der an der fiktiven Spitze der vertikalen Belastungskette stehende Nießbraucher dem Inhaber des Dauerwohnrechts den Besitz an der Wohnung, welcher als mittelbarer Fremdbesitzer ersten Grades seinerseits dem Erbbauberechtigten (als mittelbarem Eigenbesitzer zweiten Grades) den Besitz an der Wohnung vermittelt, der wiederum dem Eigentümer als mittelbarem Eigenbesitzer dritten Grades den Besitz am Grundstück vermittelt (nach h. A. besteht ohne Rücksicht auf eine zeitliche Beschränkung und ein etwaig vereinbartes Heimfallrecht ein Besitzmittlungsverhältnis zwischen dem Eigentümer und dem Erbbauberechtigten; vgl. BGH Urteil v. 17.4.1970 – V ZR 115/67, BeckRS 1970, 31123454; Staudinger (-Gutzeit), BGB (2018), § 868 Rn. 12; a. A. MünchKomm (-Joost), BGB VII7, § 868 Rn. 46). Auch im Mobiliarsachenrecht können mehrstufige Belastungen mit mehrstufigen Besitzmittlungsverhältnissen zusammentreffen. Dies ist z. B. der Fall, wenn der Vorbehaltskäufer sein Anwartschaftsrecht auflösend bedingt auf einen Sicherungsnehmer überträgt: Nach h. A. entsteht mehrstufiger mittelbarer Besitz, da der Sicherungsnehmer als mittelbarer Fremdbesitzer erster Stufe dem Vorbehaltsverkäufer als mittelbarem Eigenbesitzer zweiter Stufe den Besitz vermittelt; zugleich ist das Anwartschaftsrecht des Sicherungsnehmers wiederum mit einem Anwartschaftsrecht des Sicherungsgebers belastet.
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zuzuordnen ist.669 Dies gilt sowohl für den unmittelbaren als auch für den mittelbaren Besitz.670 Soweit von Teilen der Literatur die Einräumung zeitlich begrenzten Besitzes unter einem Rechtsverhältnis der in § 868 BGB beschriebenen Art als konstitutive Sukzession in die Rechtsposition des (mittelbaren) Eigenbesitzers eingeordnet wird,671 ist zu präzisieren. Richtig ist zwar, dass das Gesetz die Übergangsfähigkeit 669 Zur umstrittenen begrifflich-systematischen Einordnung des Besitzes siehe nur Staudinger (-Gutzeit), BGB (2018), Vorbem. zu §§ 854–872 Rn. 35–42, der selbst den Besitz „als das im Bewußtsein der Rechtsgenossen anerkannte, von einem Recht zum Besitz unabhängige Eingefügtsein einer Sache in die faktische Herrschaftssphäre einer Person“ beschreibt; Besitz sei zwar kein Recht, aber eine Rechtsposition oder Rechtsstellung. „Als vorläufiges, weil schwächeres Recht an einer Sache, das sich im Konfikt mit dem Eigentum und mit anderen Sachenrechten nicht behaupten kann“ wird der Besitz von Wolff/R aiser, Sachenrecht10, § 3 III (S. 19) gedeutet. Für die h. A. spricht indes, dass es Besitz – im Gegensatz zu anerkannten beschränkten dinglichen Rechten – an einer positiven Befugnis zur Wahrnehmung rechtlich geschützter Interessen und damit an der Grundvoraussetzung eines subjektiven Rechts fehlt. Der BGH spricht dem Besitz konsequenterweise jedweden – über den der Nutzung der betreffenden Sache hinausgehenden – Zuweisungsgehalt i. S. d. Bereicherungsrechts ab (BGH, Urteil v. 20.11.2013 – XII ZR 19/11, NJW 2014, S. 1095 m. krit. Anm. Fervers). Das Regime des Besitzschutzes (§§ 858–867, 869, 1007 BGB) steht der h. A. nicht entgegen, weil der Besitzschutz nicht an das Innehaben eines subjektiven Rechts anknüpft, sondern subjektive Rechte, Ansprüche und Selbsthilferechte, zugunsten des früheren Besitzers konstituiert. Während den possessorischen Besitzschutzansprüche und Selbsthilferechte ganz überwiegend eine ausschließlich objektiv-rechtliche Funktion zugeschrieben wird, nämlich Bewahrung der Friedensordnung gegen Selbstjustiz, beruht die Anerkennung petitorischer Besitzschutzansprüche auf einer normativen Abwägung zwischen dem Restitutionsinteresse des früheren Besitzers und dem Kontinuitätsinteresse des aktuellen Besitzers (Staudinger (-Gursky), BGB (2012), § 1007 Rn. 3). Demgegenüber interpretiert Wieling, Sachenrecht I 2, § 13 II–III (S. 664–671), die Ansprüche aus § 1007 Abs. 1, 2 BGB unter Rekurs auf die Entstehungsgeschichte des BGB, das ALR und die Rezeption germanischer Rechtsinstitute als dingliche Ansprüche aus dinglichem Recht. Wieling unterscheidet – in auffälliger Parallele zur englischen doctrine of relativity of title – zwischen dinglichen Rechten, die gegenüber jedermann wirkten (sog. absolute verdinglichte Rechte), und solchen dinglichen Rechten, die gegenüber jedermann mit Ausnahme eines Besserberechtigten durchgesetzt werden könnten (sog. relative verdinglichte Rechte). 670 Zwar bedarf es für die Studie nicht einer vertieften Auseinandersetzung mit den in der Literatur vertretenen Deutungen des „mittelbaren“ Besitzes (siehe nur Staudinger (-Gutzeit), BGB (2018), § 868 Rn. 5 m. w. N.), zumal über die Wirkungen des mittelbaren Besitzes allenfalls in wenigen Detailfragen noch Streit herrscht. Es sei aber betont, dass der sog. mittelbare Besitz nicht anders als der „unmittelbare“ Besitz die Grundvoraussetzungen von Besitz, namentlich factum possessionis und animus possidendi, erfüllt. Wird erkannt, dass auch die für den unmittelbaren Besitz geforderte „tatsächliche Gewalt“ ein normatives Konzept ist, spricht prinzipiell nichts dagegen, dem mittelbaren Besitzer eine auf dem seitens des Besitzmittlers anerkannten Heimfallrecht beruhende „tatsächliche Gewalt“ oder, wenn man so will, eine „vergeistigte“ Sachherrschaft zu attestieren, obschon diese tatsächliche Gewalt nicht mit der des unmittelbaren Besitzers übereinstimmt. Vom unmittelbaren unterscheidet sich mittelbarer Besitz richtigerweise also nicht in fehlender „tatsächlichen Gewalt“, sondern in seiner Entstehungs- und Bestandsakzessorietät: Mittelbarer Besitz kann ohne unmittelbaren Besitz und ohne das spezifische Willenselement der Mittelsperson, d. h. die Anerkennung des Heimfallrechts des mittelbaren Besitzers, nicht existieren. 671 von Tuhr, Allgemeiner Teil II/1, § 45 II 1 (S. 65–66) klassifiziert die Übertragung des unmittelbaren Besitzes an einen Besitzmittler i. S. v. § 868 BGB (z. B. einen Mieter) als eine „konstitutive Sukzession“; der Besitzmittler erwerbe den unmittelbaren Besitz als „Tochterrecht“, der
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des Besitzes ausdrücklich anerkennt (§ 857 BGB), zudem einen Anspruchsübergang zugunsten des Rechtsnachfolgers im Besitz kennt (§ 999 Abs. 1 BGB) und überdies die Besitznachfolge der Rechtsnachfolge im Kontext der subjektiven Rechtskrafterstreckung gleichstellt (§ 325 Abs. 1 ZPO). All dies darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass der mittelbare Besitz vom Fortbestand der tatsächlichen Gewalt und des Besitzmittlungswillens des unmittelbaren Besitzers abhängig ist und nicht umgekehrt. Aber auch der mittelbare (Eigen-)Besitz ähnelt, wenngleich allein dieser das Eigentum indiziert und zur Ersitzung des Eigentums führen kann, nicht einer den unmittelbaren Besitz in besitzrechtlich relevanter Hinsicht einschränkenden Belastung.672 Abgesehen davon, dass dem mittelbaren Besitzer kein Besitzschutz im Verhältnis zum Besitzmittler zusteht, fehlt es an einem sachenrechtsäquivalenten besitzrechtlichen Bestandsschutz: An der Aufgabe des Besitzes gem. § 856 Abs. 1 Var. 1 BGB ist der Besitzmittler nicht gehindert, zumal er sich jederzeit unter Ableugnung des Herausgabeanspruchs selbst zum Eigenbesitzer aufschwingen kann.673 Als besonders „fragil“ erweist sich der mittelbare Eigenbesitz, sofern dieser auf einer (potentiell unendlichen) Kaskade aneinander anknüpfender Besitzmittlungsverhältnisse beruht: Anders als der Inhaber eines kraft mehrstufiger Belastung begründeten Rechts an einer intermediär zugeordneten Sache muss der höchststufige mittelbare Eigenbesitzer stets einen Besitzverlust i. S. v. § 856 Abs. 1 Var. 2 BGB gewärtigen, bricht doch das besitzrechtliche Kartenhaus in sich zusammen, wenn auch nur eines der Besitzmittlungsverhältnisse vorgelagerter Stufe beendet wird. Deshalb ist es dem Fremdbesitzer nicht verwehrt, eine andere Person zwischen sich und den mittelbaren Besitzer als neuen mittelbaren Fremdbesitzer einzuschalten;674 die damit verbundene „Verschlechterung“ der besitzrechtlichen Position hat der Oberbesitzer hinzunehmen.675
mittelbare Besitzer behalte als Inhaber des Mutterrechts insbesondere den Anspruch aus § 869 BGB und die Aussicht auf die Ersitzung der Sache gem. §§ 900, 937 BGB. Umgekehrt werde der mittelbare Besitz aus dem umfassenderen unmittelbaren Eigenbesitz bei Besitzübertragung unter einem Besitzkonstitut abgezweigt. Auch im zeitgenössischen Schrifttum wird der Besitzmittler teilweise als „Rechtsnachfolger“ des mittelbaren Besitzers eingeordnet; die ausdrückliche Klarstellung in § 325 Abs. 1 Var. 2 ZPO, dass das Urteil für und gegen den Besitzer wirke, wenn er Besitzmittler für eine der Parteien oder ihren Rechtsnachfolger geworden ist, sei überflüssig (so MünchKomm (-Gottwald), ZPO I5, § 325 Rn. 31). 672 So i. E. auch von Bar, Gemeineuropäisches Sachenrecht II, Rn. 2 mit Fn. 13. 673 Treffend Wilhelm, Sachenrecht 5, Rn. 506: „Einen Vertrauensschutz dahingehend, dass der Besitz bestehen bleibt, obwohl die tatsächliche Sachherrschaft aufgehört hat, kann es nicht geben.“ 674 So auch die h. A., vgl. BGH, Urteil v. 24.6.1958 – VIII ZR 205/57, BGHZ 28, S. 16, 27; Baur/Stürner, Sachenrecht18 , § 59 Rn. 35. Das bekannteste Beispiel ist, wie gezeigt, die Sicherungsübertragung des Anwartschaftsrechts seitens des Vorbehaltskäufers gem. §§ 929 S. 1, 930 BGB analog, die nach h. A. keinen mittelbaren Nebenbesitz zwischen Sicherungsnehmer und Vorbehaltsverkäufer, sondern erststufigen mittelbaren Fremdbesitz des Sicherungsnehmers und zweitstufigen mittelbaren Eigenbesitz des Vorbehaltsverkäufers begründet (kritisch Staudinger (-Gutzeit), BGB (2018), § 871 Rn. 7). 675 BeckOGK BGB (-Götz), Stand: 1.7.2019, § 871 Rn. 11.
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Im Kontext mehrstufiger Belastungen kommt dem (mehrstufigen mittelbaren) Besitz keine besondere Bedeutung zu. Wird z. B. dem Forderungsnießbraucher bzw. Forderungspfandgläubiger der Besitz an einem mit der belasteten Forderung verbundenen Pfand eingeräumt, entsteht zwar ein gestuftes Besitzmittlungsverhältnis, das aber wegen der konsequenten Durchführung des Akzessorietätsprinzips weder für den rechtsgeschäftlichen Erwerb des Rechts an der Forderung noch für die Erstreckung des dinglichen Rechts auf das Sachpfand konstitutiv ist. Auf der anderen Seite kommt nach h. A. bei der Sicherungsübertragung eines – aus aufschiebend bedingter Übereignung aufgrund Kaufs unter Eigentumsvorbehalt resultierenden – Anwartschaftsrechts ohne Rücksicht darauf, ob die Anwartschaftsrechtsübertragung auflösend bedingt erfolgt, ein mehrstufiges Besitzmittlungsverhältnis zustande; die mehrstufige Belastung kann, muss aber nicht mit einer mehrstufigen Eigentumsbelastung (in Form eines anwartschaftsrechtsbelastenden Anwartschaftsrechts) einhergehen. Außerdem sind weder Anwartschaftsrechte noch forderungsbelastende Nießbrauchs- und Pfandrechte in Ansehung der forderungssichernden Nebenrechte ersitzungsfähig. Eine rechtskonstituierende Wirkung kommt dem mehrstufigen mittelbaren Besitz allenfalls im Liegenschaftsrecht zu, was in der Praxis aber die Ausnahme bilden dürfte.676 Relevant ist der mehrstufige mittelbare Besitz bei der mehrstufigen Belastung nur, soweit es um die Übertragung, Belastung oder Ersitzung des Eigentums geht; im Übrigen steht dem Eigentümer einer mehrstufig belasteten Sache als mittelbarem Eigenbesitzer höchster Stufe und jedem Inhaber eines belasteten begrenzten Sachenrechts als mittelbarer Fremdbesitzer tieferer Stufe possessorischer und petitorischer Besitzschutz nach den allgemeinen Regeln zu. 676 Soweit pauschal vertreten wird, dass eine Tabularersitzung von Rechten an (nicht grundstücksgleichen) Grundstücksrechten gem. § 900 Abs. 2 S. 1 BGB ausscheide (Erman (-Artz), BGB II15, § 900 Rn. 10; NomosKomm (-U. Krause), BGB III4, § 900 Rn. 15; Staudinger (-Picker), BGB (2019), § 900 Rn. 27), ist dies in dieser Allgemeinheit unrichtig. Prinzipiell möglich ist die Ersitzung eines Nießbrauchs an einem Dauerwohnrecht i. S. v. § 31 Abs. 1 WEG auch dann, wenn das Dauerwohnrecht nicht wirksam entstanden oder im ersitzungsrelevanten Zeitpunkt erloschen ist. Hier gilt nichts anderes als beim gutgläubigen Erwerb eines Rechts an einem bloßen Buchrecht: Soweit es für die Zwecke der Ersitzung des Nießbrauchs erforderlich ist, ist die Existenz des Dauerwohnrechts zu fingieren. Mit Rücksicht auf den Sinn und Zweck der Ersitzung – Angleichung der grundstücksrechtlichen Zuordnung an den faktisch gelebten, besitzgestützten und im Grundbuch dokumentierten Rechtsbestand – gibt es keinen sachlich gerechtfertigten Grund, die Tabularersitzung in dieser Konstellation per se auszuschließen, zumal die Ersitzung ohnehin nur eine Auffangfunktion im Vergleich zu dem auch in dieser Konstellation denkbaren gutgläubigen Erwerb des Nießbrauchs gem. § 892 Abs. 1 S. 1 BGB erfüllt. Andererseits verbietet es sich aber, die Rechtsstellung des material betroffenen Eigentümers des dem scheinbaren Dauerwohnrecht unterliegenden Grundstücks in weitergehendem Ausmaß einzuschränken als dies durch den Ersitzungszweck geboten ist. Mit Beendigung des Nießbrauchs erlischt das Dauerwohnrecht eo ipso; außerdem ist und bleibt das Grundbuch, sofern nicht auch das Dauerwohnrecht ersessen wird, unrichtig. Wenn also der vermeintliche Nießbraucher den Besitz am Grundstück, d. h. als Besitzmittler des Dauerwohnberechtigten an dessen Wohnung für den maßgeblichen Zeitpunkt ausübt und der Nießbrauch während des Ersitzungszeitraums im Grundbuch eingetragen ist, erwirbt der Ersitzungsbesitzer mit Ablauf der Frist ohne Rücksicht auf seinen Bewusstseinszustand einen Nießbrauch an dem (ggf. zu fingierenden) Dauerwohnrecht.
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5. Mehrstufige Belastungen im Schnittbereich zwischen Schuld- und Sachenrecht Im Ausgangspunkt sind mehrstufige Belastungen von gestuften obligatorischen Rechtsverhältnissen klar zu unterscheiden. Während jene absolute Rechte höheren Grades konstituieren, wirken diese prinzipiell inter partes. Wenngleich zwischen sachlich und inhaltlich koordinierten Vertragsverhältnissen rechtlich relevante Wechselbeziehungen entstehen können und zudem auch der Grundsatz der Relativität der Schuldverhältnisse bei diversen Vertragsketten durchbrochen wird,677 ändert dies am schuldrechtlichen Charakter der vertraglich begründeten Rechte nichts.678 Paradigmatisch ist die Untermiete. Allein der Umstand, dass dem Haupt677 Dies zeigt sich z. B. bei Haupt- und Subunternehmerverträgen, bei der Untervermietung und bei kaufvertraglichen Lieferketten. Die jeweiligen Vertragsverhältnisse wirken nur relativ. Zwischen dem Besteller und dem Subunternehmer bestehen keine unmittelbaren vertraglichen Beziehungen; der Besteller kann den Subunternehmer grundsätzlich nicht wegen Mängeln des Werkes in Anspruch nehmen (BeckOGK BGB (-Merkle), Stand: 1.7.2019, § 631 Rn. 398.3 zu möglichen Ausnahmen bei enger wirtschaftlicher Verflechtung des Haupt- und Subunternehmers unter Rekurs auf eine ergänzende Vertragsauslegung). Der Hauptunternehmer muss sich freilich ein etwaiges Verschulden des Subunternehmers gem. § 278 S. 1 BGB zurechnen lassen. Die in § 540 Abs. 1 S. 1 BGB ausdrücklich anerkannte Untermiete ist ein Mietverhältnis zwischen dem Mieter als Untervermieter und einem Dritten als Untermieter, dessen Wirksamkeit nicht an die Zustimmung des Hauptvermieters geknüpft is; eine Untermiete liegt dabei nur dann vor, wenn dem Untermieter ein Teil der vom Untervermieter angemieteten Mietsache, z. B. einzelne Räume der angemieteten Wohnung, zum ausschließlichen Gebrauch überlassen werden (Blank/Börstinghaus (-Blank), Miete3, § 540 Rn. 3; Schmidt-Futterer (-Blank), Mietrecht14, § 540 Rn. 3). Zwischen dem Hauptvermieter und dem Untermieter besteht kein Vertragsverhältnis; weil der Untermieter über eigene Ansprüche gegen seinen Untervermieter verfügt, ist er regelmäßig auch nicht in den Schutzbereich des Hauptmietvertrages einbezogen (BGH, Urteil v. 6.11.2012 – VI ZR 174/11, NZM 2013, S. 147; Schmidt-Futterer (-Blank), Mietrecht14, § 540 Rn. 9). Auch in der Lieferkette sind die jeweiligen Vertragsverhältnisse klar zu unterscheiden: Der Endkäufer kann nicht einen Lieferanten seines Verkäufers wegen etwaiger Mängel in Anspruch nehmen, zumal sich der Verkäufer nach der umstrittenen Rspr. des BGH für ein Verschulden des Herstellers nicht gem. § 278 S. 1 BGB einzustehen hat. Sonderbestimmungen gelten freilich für Rückgriff des Verkäufers in der Lieferkette gem. §§ 445a, 478 BGB; insoweit schlagen auch die besonderen Bestimmungen des Verbrauchsgüterkaufrechts auf die Ansprüche des Verkäufers gegenüber seinem Lieferanten durch. Sieht man einmal von dem Direktanspruch des Vermieters auf Rückgabe der Mietsache gegen Dritte, z. B. einem Untermieter, bei Beendigung des (Haupt-)Mietverhältnisses aus § 546 Abs. 2 BGB ab, wird das Prinzip der Relativität der Schuldverhältnisse bspw. bei transportrechtlichen Vertragsketten durchbrochen: Dem Absender steht gegen den ausführenden Frachtführer ein Direktanspruch für Schäden wegen des Verlusts oder der Beschädigung des Gutes oder der Überschreitung der Lieferfrist aus § 437 Abs. 1 S. 1 HGB zu; dies gilt auch dann, wenn keine Samtfrachtführerschaft besteht (vgl. Baumbach/Hopt (-Merkt), HGB38 , § 437 Rn. 1). 678 Soweit Vertragsverhältnisse mit gesetzlichen Pfandrechten unterlegt werden (vgl. §§ 233, 562, 583, 592, 647, 704 BGB, §§ 397, 440. 464, 475b, 495 HGB), beziehen sich diese stets auf Sachen i. E. S. und setzen i. d. R. das Eigentum des Vertragsgegners voraus; gestufte Belastungen in Form von gesetzlichen Pfandrechten an gesetzlichen Pfandrechten entstehen in keiner denkbaren Konstellation einer Vertragskette. So steht z. B. dem Subunternehmer regelmäßig kein gesetzliches Pfandrecht gem. § 647 BGB an der zur Ausbesserung oder Herstellung des Werkes in seinen Besitz gelangten beweglichen Sachen zu, weil sein Besteller, der Hauptunternehmer, nicht Eigentümer derselben ist (Messerschmidt/Voit (-Hildebrandt), Privates Baurecht3, § 647 BGB Rn. 15; MünchKomm (-Busche), BGB V/17, § 647 Rn. 7). An einem gesetzlichen Pfandrecht, präziser an
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vermieter bei Beendigung des Hauptmietverhältnisses vom Untermieter Räumung verlangen kann (§ 546 Abs. 2 BGB),679 verstärkt seine relative Rechtsstellung, ohne sie in den Rang eines dinglichen Rechts zu erheben. Auf der anderen Seite stabilisiert die in § 565 Abs. 1 BGB angeordnete privative Vertragsübernahme680 die relative Rechtsstellung des Untermieters bestenfalls, zumal der Untermieter selbst im sachlichen Anwendungsbereich des Wohnraummietrechts prinzipiell nur bei gewerblicher Weitervermietung gegen die Beendigung des Hauptmietverhältnisses geschützt ist.681 Bei näherer Betrachtung ergibt sich freilich ein mehrschichden gesicherten Forderungen des Hauptunternehmers aus dem Werkvertrag, steht dem Subunternehmer kraft Gesetzes kein Pfandrecht zu, ein solches Forderungspfandrecht bedürfte vertraglicher Vereinbarung. Auch der Hauptvermieter erlangt nur an den in die Mieträume eingebrachten Sachen seines Mieters (und Untervermieters) ein gesetzliches Pfandrecht gem. § 562 Abs. 1 S. 1 BGB, nicht aber an den Sachen des Untermieters und auch nicht an einem etwaigen Pfandrecht des Untervermieters an den vom Untermieter eingebrachten Sachen (vgl. Palandt (-Weidenkaff ), BGB78 , § 562 Rn. 8; Staudinger (-Emmerich), BGB (2018), § 562 Rn. 19). Sofern der Hauptmieter und Untervermieter – z. B. bei gewerblicher Weitervermietung i. S. v. § 565 Abs. 1 S. 1 BGB – selbst keine Sachen in die untervermieteten Räume einbringt, sind die Forderungen des Hauptvermieters mithin nicht pfandrechtlich gesichert; dies gilt auch dann, wenn eine vermögenslose Person als Hauptmieter vorgeschaltet wird (Staudinger (-Emmerich), BGB (2018), § 562 Rn. 19 m. w. N.). Demgegenüber erwirbt der ausführende Frachtführer gem. § 440 Abs. 1 S. 1 HGB ein Pfandrecht an den in seinen Besitz gelangten Gütern ohne Rücksicht darauf, dass der Hauptfrachtführer nicht Eigentümer des zu befördernden Gutes ist. Das gesetzliche Pfandrecht des ausführenden Frachtführers sichert zumindest „konnexe“ Forderungen, d. h. alle mit der Beförderung zusammenhängenden frachtvertraglichen Geldforderungen gegen den Hauptfrachtführer oder Empfänger; die insoweit erforderliche Zustimmung (§ 185 Abs. 1 BGB) des Eigentümers liegt jedenfalls dann vor, wenn dieser mit einer Beförderung durch einen Dritten, mithin durch Unterfrachtführer rechnen musste und das Beförderungsgut gleichwohl aus der Hand gegeben hat (BGH, Urteil v. 10.6.2010 – I ZR 106/08, NJW-RR 2010, S. 1546, 1547 Rn. 27 (zu § 441 Abs. 1 HGB a. F.); MünchKomm (-C. Schmidt), HGB VII3, § 440 Rn. 20). Auch bei der Unterfracht entsteht daher kein Pfandrecht des ausführenden Frachtführers an einem etwaigen gesetzlichen Pfandrecht des Hauptfrachtführers kraft Gesetzes. 679 Der Dritte und der Mieter haften gesamtschuldnerisch; es handelt sich mithin um einen Fall eines gesetzlichen Schuldbeitritts (Schmidt-Futterer (-Streyl), Mietrecht14, § 546 Rn. 87; Staudinger (-Rolfs), BGB (2018), § 546 Rn. 87). 680 Eine mit § 565 BGB vergleichbare Regelung enthält § 10 Abs. 3 BKleingG für die ggf. mehrfach gestufte Zwischenverpachtung von Kleingartengeländen (siehe hierzu BGH, Beschluss v. 5.7.2018 – III ZR 355/17, BeckRS 2018, 16251). Im Fall der Kündigung des Zwischenpachtvertrags durch den Hauptverpächter tritt dieser in die Verträge des Zwischenpächters mit den Kleingärtnern ein; die Kleingärtner, die ihre Pflichten erfüllen, sollen ihre Kleingärten nicht aufgrund Kündigung wegen Pflichtverletzungen des Zwischenpächters verlieren. Anders liegt es, wenn der Zwischenpachtvertrag vom Zwischenpächter gekündigt wird; § 10 Abs. 3 BKleingG ist weder direkt noch analog anzuwenden (BGH, Beschluss v. 5.7.2018 – III ZR 355/17, BeckRS 2018, 16251 Rn. 10–14). Dies gilt auch dann, wenn die Kündigung gem. § 109 Abs. 1 S. 1 InsO durch den Insolvenzverwalter des Zwischenpächters erfolgt. Mangels vergleichbarer Existenzbedrohung ist eine Übertragung des für den Wohnraummieter bei der gewerblichen Zwischenvermietung geschaffenen Schutzstandards auf die Unterpächter bei der Zwischenverpachtung von Kleingartenflächen nicht geboten. 681 Die in § 565 Abs. 1 BGB bestimmte Vertragsübernahme geht auf die Judikatur des BVerfG zum Mieterschutz bei Weitervermietung im Rahmen des sog. Bauherrenmodells zurück (BVerfG, Beschluss v. 11.6.1991 – 1 BvR 538/90, NJW 1991, S. 2272). Hiernach ist es mit dem allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz unvereinbar, wenn ein Untermieter, der von einem ge-
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tiges Bild. Zunächst einmal teilen alle aus einer Forderung abgeleiteten Rechte – unbeschadet der absoluten Wirkung der Forderungsbelastung – die Rechtsnatur der Forderung, begründen mithin ein relatives Recht gegenüber dem jeweiligen Schuldner.682 Sowohl in rechtskonstruktiver Hinsicht als auch unter funktionalen Gesichtspunkten steht die wiederholte Ableitung begrenzter Rechte aus zwischen Schuld- und Sachenrecht oszillierenden Rechten der mehrstufigen Belastung genuin dinglicher Rechte zumindest nahe. Dies zeigt sich anhand der englischen sub-trusts sowie bei Lizenzketten im Urheberrecht und im Recht des gewerblichen Rechtsschutzes. werblichen Zwischenvermieter Wohnraum miete, zwar im Verhältnis zum Zwischenvermieter, nicht aber im Verhältnis zum Wohnungseigentümer und Hauptvermieter sich auf den mietrechtlichen Kündigungsschutz berufen könne. Zum Vergleich wurde einerseits auf die unmittelbare Vermietung seitens des Wohnungseigentümers an den Endmieter und andererseits auf die „typischen Fälle der Untervermietung“ abgestellt, in denen der Untermieter mittelbar an dem im Verhältnis zwischen Hauptvermieter und Hauptmieter geltenden Kündigungsschutz partizipiere. Die frühere Rechtsprechung des BGH, wonach der Herausgabeanspruch des Hauptvermieters gegen den Untermieter unter Rekurs auf Treu und Glauben beschränkt werden könne, wenn dieser den Untermietvertrag in Unkenntnis des Umstands, dass er im Verhältnis zum Eigentümer kein Wohnraumkündigungsschutz genieße, abgeschlossen habe (BGH, Beschluss v. 20.3.1991 – VIII ARZ 6/90, NJW 1991, S. 1815) erachtete das BVerfG als unzureichend. Schutzbedürftig sei der Untermieter auch dann, wenn er in Kenntnis der Sachlage von einem gewerblichen Zwischenmieter Wohnraum anmiete. In direkter Umsetzung dieser verfassungsrechtlichen Judikatur fügte der Gesetzgeber die auf die Fälle der gewerblichen Zwischenvermietung von Wohnraum beschränkte gesetzliche Vertragsübernahme bei Beendigung des Zwischenmietverhältnisses bzw. Austausch des Zwischenvermieters ein. Tendenziell legt der BGH das Tatbestandsmerkmal der gewerblichen Weitervermietung weit aus, lehnt es aber mit Rücksicht auf die Entstehungsgeschichte der Norm ab, § 565 Abs. 1 BGB auf alle Fälle einer entgeltlichen Weitervermietung von Wohnraum auszudehnen (BGH, Urteil v. 20.1.2016 – VIII ZR 311/14, NJW 2016, S. 1086, 1087 Rn. 23–25; BGH, Urteil v. 17.1.2018 – VIII ZR 241/16, NZG 2018, S. 718 m. Anm. Häublein). Eine Gewinnerzielungsabsicht aus der Weitervermietung ist freilich nicht erforderlich; es reiche aus, dass der Zwischenvermieter im eigenen wirtschaftlichen Interesse die Weitervermietung durchführe. Dies sei sei z. B. dann der Fall, wenn der Zwischenvermieter die von ihm angemieteten Wohnungen an die Arbeitnehmer seines Gewerbebetriebes weitervermieten wolle, um diese an sich zu binden und sich Wettbewerbsvorteile gegenüber anderen Unternehmern zu verschaffen (BGH, Urteil v. 17.1.2018 – VIII ZR 241/16, NZG 2018, S. 718 m. Anm. Häublein). Sofern die Weitervermietung durch einen karitativ tätigen gemeinnützigen Verein oder eine Mietergenossenschaft erfolge, sei § 565 BGB demgegenüber jedenfalls nicht unmittelbar anwendbar (BGH, Urteil v. 20.1.2016 – VIII ZR 311/14, NJW 2016, S. 1086). Diesbezüglich könne sich der Endmieter aber ggf. auch gegenüber dem Hauptvermieter unmittelbar auf die Kündigungsschutzbestimmungen des Wohnraummietrechts berufen, sofern eine mit § 565 BGB vergleichbare Interessenlage vorliege; der Eigentümer sei nach Art. 3 Abs. 1 BGB daran gehindert, Herausgabeansprüche aus §§ 546 Abs. 2, 985 BGB geltend zu machen (BGH, Urteil v. 30.4.2003 – VIII ZR 162/02, NJW 2003, S. 3045; siehe auch Schmidt-Futterer (-Blank), Mietrecht14, § 565 Rn. 13–14; Palandt (-Weidenkaff ), BGB78 , § 565 Rn. 2). 682 Vgl. Gretton, RabelsZ 71 (2007), S. 803, 838–840; Soergel (-Stürner), BGB XVI13, § 1068 Rn. 1; Soergel (-Habersack), BGB XVI13, § 1273 Rn. 2; Wilhelm, Sachenrecht5, Rn. 134–145. Für eine konstitutive Sukzession in ein Forderungspfandrecht (scil.: eine Verpfändung der forderungspfandrechtsgesicherten Forderung) gilt nichts anderes; ein Forderungsnießbrauch kann dagegen ohnehin nur gepfändet (vgl. § 857 Abs. 3 ZPO), nicht aber rechtsgeschäftlich belastet werden (vgl. §§ 1069 Abs. 2, 1274 Abs. 2 BGB i. V. m. §§ 1068 Abs. 2, 1059 S. 1, 1059b BGB).
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a) Sub-trusts Während das deutsche Modell der Treuhand eine (unmittelbare) translative Übertragung des Treuguts seitens des Treugebers auf den Treuhänder voraussetzt, jener sich also vollständig seiner dinglichen Rechtsposition entäußert,683 liegt die Besonderheit des englischen trust darin, dass dem beneficiary ein subjektives Recht (sog. equitable interest) zusteht, das – als Korrelat des ursprünglich ausschließlich in der Kanzleigerichtsbarkeit durchsetzbaren Pflichtenprogramms des trustee – schuld- und sachenrechtliche Elemente in sich vereinigt.684 Die exakte dogmatische Klassifizierung dieser unter dem Oberbegriff des trust oder der Treuhand zusammengefassten Rechtsverhältnisse bereitet allenthalben Schwierigkeiten, zumal die Rechtsfortbildungsprozesse nirgendwo abgeschlossen erscheinen: Dass selbst im Mutterland des trust bis heute keine allseits anerkannte Begriffsdefinition gefunden worden ist, überrascht angesichts der stetigen Erweiterungen und Modifikationen des Anwendungs- und Wirkbereichs von trusts kaum. Soweit im englischsprachigen Schrifttum weiterhin um die begrifflich-systematische Klassifizierung der aus dem trust entstehenden Rechte der beneficiaries gerungen wird,685 scheint inzwischen weitgehend konsentiert, dass es sich hierbei um eine Rechtsposition handelt, die sich von einem bloßen obligatorischen Recht (personal right) distinktiv abhebt.686 683 Allein der Umstand, dass dem Treugeber, obwohl diesem nur ein schuldrechtlicher Rückübertragungsanspruch gegen den Treuhänder zusteht, die Drittwiderspruchsklage gem. § 771 ZPO gegen die Gläubiger des Treuhänders bzw. das Aussonderungsrecht gegen den Insolvenzverwalter gem. § 47 InsO gewährt wird, ändert nach ganz h. A. nichts an der sachenrechtlichen Zuordnung des Treuguts (siehe statt vieler Henssler, AcP 196 (1996), S. 37, 48–54). 684 Mit Blick auf die hier zugrunde gelegte Methode funktionaler Rechtsvergleichung ist die in der englischen Doktrin forthin umstrittene rechtsdogmatische Einordnung der Rechtsposition des beneficiary (statt vieler Hanbury and Martin (-Martin), Modern Equity18 , Rn. 1-019) nicht ausschlaggebend, zumal im Schrifttum erkannt wird, dass die Ableitung subsidiärer equitable interests aus equitable interests der Belastung beschränkter dinglicher Rechte im civil law strukturell-funktional gleichartig ist (siehe Gretton, RabelsZ 71 (2007), S. 803, 843 in Fn. 212). Zudem sind sog. trust-related rights im DCFR als beschränkte dingliche Rechte klassifiziert (vgl. VIII.-1:204(d) DCFR). 685 Grundlegend Maitland, Equity, S. 111–155; siehe auch Bell, Modern law of personal property in England and Ireland, S. 154 f.; eingehend Meagher/Gummow/Lehane (-Heydon/Leeming/Turner), Equity: Doctrine and Remedies5, Rn. 4-010–4-055). 686 So ist heute ganz überwiegend anerkannt, dass equitable interests mit Rücksicht auf die kontinuierliche Erweiterung der obligatorischen Rechte des cestui que trust gegen den feoffee que use durch die Judikatur der Kanzleigerichtsbarkeit im 16./17. Jahrhundert zumindest einen quasidinglichen Status erheischen (näher § 4 II.): Da equitable interests jedermann mit Ausnahme des gutgläubigen Erwerbers des trust-befangenen legal estate entgegensetzbar sind, es mithin nicht auf einen Verschuldensvorwurf ankommt, um die Bindungswirkung zu begründen, unterscheiden sie sich nicht qualitativ von legal rights, sondern nur hinsichtlich des Ausmaßes des sachenrechtlichen Schutzes (so auch Bell, Modern Law of Personal Property in England and Ireland, S. 154 f., der demgemäß auch von echten property rights spricht). Dem steht die vor allem von Maitland, Equity, S. 111–155 vertretene Ansicht entgegen, die equitable interests unter Verweis auf die rechtshistorische Genese des trust und die nach wie vor unterschiedlichen Reichweite der Bindungswirkung von legal rights und equitable rights von echten iura in re aliena scharf unterscheidet. Mit der schematischen Parallelisierung der Verfügungsbefugnisse („equity follows the
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Maßgebend ist, dass die durch trusts begründeten Rechte in der sachenrechtlichen Parallelsphäre der Equity partiell drittwirksam sind, mithin durch Verfügungen über die dem trust unterliegenden Vermögensgegenstände seitens der law“) sowie der Erstreckung der Entgegensetzbarkeit auf alle Personen mit Ausnahme des gutgläubig-entgeltlichen Erwerbers des legal estate seien equitable interests echten property rights des Common Law weitgehend angenähert worden, was aber nichts an ihrer „Rechtsnatur“ geändert habe. Soweit auch der legal owner der Gefahr eines Rechtsverlusts durch gutgläubigen Erwerb ausgesetzt sei, rechtfertige dies keine andere Betrachtungsweise, da der gutgläubige Erwerber insoweit gerade nicht ein Recht „vom“ Scheinberechtigten erwerbe, während beim gutgläubig-lastenfreien Erwerb des legal estate ja gerade derivativ das legal right des Erwerbers erlangt werde. Warum diese Unterscheidung ausschlaggebend sein soll, bleibt freilich unklar, zumal es dann konsequenterweise überhaupt kein ius in re aliena im englischen Recht geben würde; schließlich ist die pledge im Common Law der Gefahr eines gutgläubig-lastenfreien bzw. eines Vorrangserwerbs gem. secs. 2, 8, 9 FA 1889, secs. 24, 25 SOGA 1979 ausgesetzt; auch hier verfügt der legal owner, soweit er sich als Inhaber des unbelasteten Rechts geriert, als Scheinberechtigter. Im Weiteren weist Maitland ebd. unter ausführlicher Rechtsprechungsanalyse auf mehrere Fallgestaltungen hin, in denen equitable rights unter Durchbrechung des Prioritätsprinzips durch nachfolgende Verfügungen in Equity verdrängt worden seien; dies soll die Ausgangshypothese untermauern, wonach equitable interests von echten rights in rem abgegrenzt werden müssten. Maitland wies u. a. auf die inzwischen obsolete (sec. 94(3) LPA 1925) Rechtsfigur „tabula in naufragio“ – die vielfach mit dem sog. tacking im Verhältnis mehrerer mortgages in Beziehung gesetzt wird – hin. Tacking bezeichnet eine Variante des (gutgläubigen) Vorrangserwerbs, die ausschließlich im Konkurrenzverhältnis zwischen mehreren legal und equitable mortgages eingreift: Gewährt der vorrangige mortgagee dem mortgagor weiteren Kredit („further advance“) in Unkenntnis einer zwischenzeitlich begründeten zweiten mortgage, sichert die vorrangige mortgage automatisch auch die erst nach Bestellung der zweiten mortgage entstandene Forderung; diese Forderung wird an die vorrangige mortgage unter Durchbrechung des Prioritätsprinzips gleichsam angeheftet („tacked“). Dies ist für legal charges an registered estates inzwischen in sec. 49(1) LRA 2002 bestimmt; bei unregistered land kommt ein Vorrangserwerb durch weitere Kreditvergabe nach Maßgabe von sec. 94 LPA 1925 in Betracht. Außerhalb des Liegenschaftsrechts, d. h. in Bezug auf mortgages an personalty, scheidet ein gutgläubiger Vorrangserwerb des vorrangigen mortgagee hinsichtlich der nach Bestellung einer zweiten mortgage entstandenen Forderungen dagegen aus (vgl. sec. 94(3) LPA 1925). Hiervon scharf zu unterscheiden ist die metaphorisch als tabula in naufragio („plank in a shipwreck“) bezeichnete Konstellation eines Vorrangserwerbs eines nachrangigen equitable mortgagee (C) im Verhältnis zu einem vorrangigen equitable mortgagee (B) durch Ablösung einer erstrangigen legal mortgage des A (grundlegend hierzu Scott, Trusts IV3, § 311.1 (S. 2480–2483)). Wenn C die erstrangige legal mortgage des A ablöst und dadurch kraft seines ius succedendi in die Rechtsposition des A einrückt, sichert die erstrangige legal mortgage nicht bloß die aufrechterhaltene Forderung des A, sondern auch die Forderung des C; B wird mithin mit seiner im Verhältnis zu C an sich vorrangigen equitable mortgage verdrängt; auf den Bewusstseinszustand des C im Zeitpunkt der Ablösung kommt es nicht an. Diese Ausnahme vom Prioritätsprinzip in Equity ist freilich durch sec. 94(3) LPA 1925 im Verhältnis zwischen equitable mortgages ausgeschlossen; denn bei der aufgezeigten Fallgestaltung geht es gerade nicht um einen Vorrangserwerb durch Vergabe eines weiteren Kredits (further advance). Mit der Abschaffung der „tabula in naufragio“ ist auch die Argumentation von Maitland ebd. hinfällig: Kann eine vorrangiger equitable mortgagee nicht mehr durch einen nachrangigen equitable mortgagee durch Ablösung der legal mortgage verdrängt werden, ist die Rechtsposition des equitable mortgagee insoweit nicht schwächer geschützt als die des legal mortgagee. Dass ein „tacking“ im Übrigen im Liegenschaftsrecht noch in Betracht kommt, rechtfertigt keine andere Betrachtungsweise, weil insoweit nicht zwischen legal und equitable mortgages unterschieden wird; diese sind gleichermaßen dem Risiko eines Vorrangserwerbs durch tacking nach Maßgabe von sec. 94 LPA 1925, sec. 49 LRA 2002 ausgesetzt. Sieht man einmal vom praktisch relevanten Konkurrenzver-
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trustees vorbehaltlich lastenfreien Erwerbs grundsätzlich nicht berührt werden.687 Außer Frage steht zudem, dass equitable interests sämtlichen Verfügungsgeschäften (in Equity) zugänglich sind – sie können veräußert, vererbt, verpfändet und auch in einen sog. sub-trust eingebracht werden.688 Aus diesen sub-trusts entstehen ggf. wiederum sog. subsidiary equitable interests, über die in Equity verfügt werden kann.689 Praktisch relevant sind „gestufte Treuhandverhältnisse“ im erbrechtlichen Kontext690 und bei der intermediären Wertpapiersammelverwahrung.691 Wenngleich sub-trusts diverse ungeklärte Detailfragen aufwerfen, eröffnet diese Rechtsfigur Fragmentierungsoptionen, die dem deutschen Treuhandmodell verschlossen bleiben, weil dem Treugeber bzw. Begünstigten ausschließlich Ansprüche aus dem Treuhandvertrag zustehen; eine zum Verfügungsobjekt erhobene dingliche Rechtsposition wird dem Treugeber gerade nicht zugeordnet.692 Mit Blick auf die kraft Equity signifikant erhöhte Variationsbreite konstitutiver Sukzessionen im Common Law (i. w. S.) drängt sich die Frage nach der Rezeptionswürdigkeit equity-basierter Rechtsinstitute auf, auf die noch zurückzukommen sein wird.693 hältnis zwischen mehreren mortgagees ab, ist zwar nicht abschließend geklärt, ob und, bejahendenfalls, in welchen Fallgestaltungen ein vorrangiger equitable interest durch einen nachrangigen equitable interest dadurch verdrängt wird, dass sich dessen Inhaber einen legal interest an der Sache verschafft. Argumentiert wird, dass sich sec. 94(3) LPA 1925 nur auf das Verhältnis von equitable mortgages, nicht auf das Verhältnis sonstiger equitable interests beziehe (vgl. Lewin (-Tucker/Le Poidevin/Brightwell), Trusts19, Rn. 33-027 unter Verweis auf McCarthy & Stone Ltd. v. Julian S. Hodge & Co. Ltd. [1971] 1 W. L.R. 1547). Indes ist der Geltungsbereich der „tabula in naufragio“ ohnedies äußerst schmal. Außer Frage steht, dass trust-basierte Rechte nicht dadurch verdrängt werden, dass sich der Inhaber eines am trust property begründeten equitable interest nachfolgend noch den legal title vom trustee verschafft; ein gutgläubig-lastenfreier Erwerb des legal estate ist nur dann möglich, wenn der Erwerber im maßgeblichen Zeitpunkt der Vollendung des Erwerbs des legal estate in gutem Glauben ist. Diesen Grundsatz hat die Rechtsprechung in Bezug auf Rechte unter einem trust, soweit ersichtlich, niemals unter Verweis auf die fragwürdige Rechtsfigur „tabula in naufragio“ durchbrochen (siehe bereits Saunders v. Dehew (1692) 2 Vern. 271; 23 E. R. 775: „A purchaser or mortgagee shall not protect himself by taking a conveyance from a trustee after notice of the trust, for by taking such conveyance he becomes the trustee himself.“; Lewin (-Tucker/Le Poidevin/Brightwell), Trusts19, Rn. 33-027). Vor allem gilt für die sog. „tabula in naufragio“ nichts anderes als für sonstige Ausnahmen vom Prioritätsprinzip in Equity: Die Ausnahmen verkürzen zwar das Ausmaß des Sukzessionsschutzes von equitable interests, bestätigen damit aber zugleich die Regel: Equitable interests entstehen und erlöschen zwar unter leichteren Voraussetzungen als legal interests, sind aber ebenso wie diese objektsbezogene Rechte, die sich nicht lediglich im bipolaren Rechtsverhältnis zwischen beneficiary und trustee bewähren (näher § 4 II.). 687 Näher § 4 II. 1. 688 Hanbury and Martin (-Martin), Modern Equity18 , Rn. 1-019. 689 Green [1984] M. L.R. 385, 387, 395–396; Hanbury and Martin (-Martin), Modern Equity18 , Rn. 3-011. 690 Exemplarisch Creasey v. Sole [2013] EWHC 1410 (Ch) [120–127] (Morgan J.); Sheffield v. Sheffield [2013] EWHC 3927 (Ch) [154–156] (Pelling Q. C.). 691 Näher § 4 III. 3. c) dd). 692 Vgl. Henssler, AcP 196 (1996), S. 37, 48–54. 693 § 4 V.
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b) Lizenzketten im gewerblichen Rechtsschutz und im Urheberrecht Mangels konsistenter Verzahnung des Lizenzvertragsrechts mit dem allgemeinen Zivilrecht werfen nicht zuletzt Unterlizenzen noch nicht abschließend geklärte Detailfragen auf, die um die strittige „Rechtsnatur“ der Lizenz kreisen.694 Sowohl im gewerblichen Rechtsschutz als auch im Urheberrecht ist grundsätzlich anerkannt, dass zumindest der Lizenznehmer einer ausschließlichen Lizenz anderen Personen Nutzungsrechte in Form von Unterlizenzen erteilen kann, die sich im Rahmen der Hauptlizenz halten.695 Im Mittelpunkt der Diskussion steht dabei der Bestands694 Zur Rechtsnatur der Lizenz eingehend McGuire, Die Lizenz, S. 267–478, 529–559; ferner Hauck AcP 211 (2011), S. 626, 640 ff.; BeckOGK BGB (-Pahlow), Stand: 1.4.2019, § 581 Rn. 223– 230. Die überwiegende Ansicht klassifiziert jedenfalls ausschließliche und einfache Lizenzen im Urheberrecht als (quasi-)dingliche Rechte (vgl. BGH, Urt. v. 26.3.2009 – I ZR 153/06, GRUR 2009, S. 946, 948 Rn. 20 („Reifen Progressiv“); BeckOGK BGB (-Pahlow), Stand: 1.4.2019, § 581 Rn. 223–230: den Parteien stehe es aber frei, einen rechtspachtähnlichen Lizenzvertrag mit rein schuldrechtlicher Wirkung abzuschließen). McGuire, a. a. O., setzt der h. A. das Konzept der Lizenz als „verdinglichte Obligation“ entgegen, das für alle Arten und Erscheinungsformen immaterialgüterrechtlicher Lizenzen gelten solle; die Lizenz sei ein schuldrechtliches Nutzungsrecht, das lediglich in einzelnen Beziehungen, d. h. durch den gesetzlich normierten Sukzessionsschutz (vgl. § 33 UrhG, § 15 Abs. 3 PatG, § 30 Abs. 5 MarkenG) einem dinglichen Recht angenähert sei. Auf dem Boden der mehrheitlich vertretenen Ansicht gilt bei der Einräumung von Lizenzen mit dinglicher Wirkung das Trennungsprinzip; das lizenzbegründende Verfügungsgeschäft, für das die §§ 413, 398 ff. BGB gelten, ist von dem schuldrechtlichen Lizenzvertrag, der causa, zu unterscheiden (statt vieler BeckOGK BGB (-Pahlow), Stand: 1.4.2019, § 581 Rn. 234–235; Wandtke/ Bullinger (-Wandtke/G runert), Urheberrecht5, Vor §§ 31 ff. UrhG Rn. 21–22). Diese „Lehre von der gebundenen Übertragung“ gilt auch im Urheberrecht; Verfügungen über das Urheberrecht, die gebundene Nutzungsrechte konstituieren, sind nach h. A. mit dem Grundsatz der Unübertragbarkeit des Urheberrechts vereinbar (vgl. BGH, Urteil v. 26.11.1954 – I ZR 266/52, GRUR 1955, S. 201, 204; Wandtke/Bullinger (-Wandtke/G runert), Urheberrecht5, Vor §§ 31 ff. UrhG Rn. 38 m. w. N.). Im Unterschied zum allgemeinen Zivilrecht gilt im gewerblichen Rechtsschutz und im Urheberrecht nach h. A. ein Trennungsprinzip in Form eines Abstraktionsprinzips BeckOGK BGB (-Pahlow), Stand: 1.4.2019, § 581 Rn. 241–245). Die Wirksamkeit der Nutzungsrechtseinräumung, die durch bloße Einigung erfolge, sei an den schuldrechtlichen Lizenzvertrag geknüpft; wird dieser beendet, soll die erteilte Lizenz von selbst erlöschen, was u. a. auf die Zweckübertragungslehre sowie auf den Umstand gestützt wird, dass das dingliche Recht mangels gesetzlicher Inhaltsgestaltung erst durch den Lizenzvertrag sein Gepräge erhalte. Außerdem ist die Wirksamkeit des lizenzbegründenden Rechtsgeschäfts an die Verfügungsbefugnis des Lizenzgebers gebunden; einen gutgläubigen konstitutiven oder translativen Erwerb von Nutzungsrechten gibt es Recht des geistigen Eigentums nicht (statt vieler BGH, Beschluss v. 3.2.2011 – I ZR 129/08, GRUR Int 2011, S. 439, 441 Rn. 15; Wandtke/Bullinger (-Wandtke/G runert), Urheberrecht5, Vor §§ 31 ff. UrhG Rn. 47–48 m. w. N.). Eine Parallele zum „traditionellen“ Sachenrecht zeigt sich darin, dass die Parteien in der inhaltlichen Ausgestaltung dinglich wirkender Nutzungsrechte nicht vollends frei sind; das Verfügungsgeschäft entfaltet nur dann Wirkung, wenn sich das konstituierte Nutzungsrecht im Rahmen des gesetzlichen Schutzumfangs hält und auf eine zulässige Nutzungsart gerichtet ist (BeckOGK BGB (-Pahlow), Stand: 1.4.2019, § 581 Rn. 237–240). Der urhebervertragsrechtliche Begriff der „Nutzungsart“ meint dabei jede wirtschaftlich-technisch selbstständige und abgrenzbare Art und Weise der Auswertung des Werkes, die wiederum von der Art des Werkes abhängen; so kommen bspw. bei einem Spielfilm jeweils gesondert lizenzierbare Nutzungsarten durch DVD, BlueRay Disc, Internet, Smartphone, Video oder auch Tablet in Betracht (vgl. Wandtke/Bullinger (-Wandtke/G runert), Urheberrecht5, Vor §§ 31 ff. UrhG Rn. 25–27). 695 Vgl. Benkard (-Ullmann/Deichfuß), PatG11, § 15 Rn. 104–106; Ingerl/ Rohnke (-Ingerl/
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schutz der Unterlizenz bei (vorzeitiger) Beendigung der sie vermittelnden Hauptlizenz. Nach der inzwischen gefestigten Rechtsprechung des für das Urheberrecht zuständigen 1. Zivilsenats des BGH lässt der Fortfall eines Nutzungsrechts „früherer Stufe“ grundsätzlich Nutzungsrechte „späterer Stufe“ unberührt;696 die Unterlizenz ist mithin nur in der Errichtungsphase, nicht aber darüber hinaus an den Fortbestand der Hauptlizenz gebunden. Der Senat beruft sich auf den das gesamte Immaterialgüterrecht beherrschenden Grundsatz des Sukzessionsschutzes sowie auf Billigkeitsgesichtspunkte. Der Gesetzgeber habe die umstrittene Frage, ob Unterlizenzen mit dem Erlöschen der sie vermittelnden Hauptlizenz von selbst erlöschen oder fortbestehen, bewusst nicht entschieden, sondern der Rechtsprechung überlassen.697 Für eine dahingehende Rechtsfortbildung des Sukzessionsschutzes spreche, dass der Übergang eines Schutzrechts abgeleitete Nutzungsrechte grundsätzlich nicht berühre.698 Außerdem lasse die Vorschrift des § 33 S. 2 Var. 2 UrhG auf die allgemeine Vorstellung des Gesetzgebers schließen, dass der Fortfall eines Nutzungsrechts nicht zwangsläufig zum Erlöschen eines daraus abgeleiteten Nutzungsrechts führen müsse.699 Rohnke), MarkenG3, § 30 Rn. 49; BeckOGK BGB (-Pahlow), Stand: 1.4.2019, § 581 Rn. 323–325; McGuire, Die Lizenz, S. 738. Demgegenüber steht dem Inhaber einer einfachen Lizenz das Recht, Dritten Nutzungsrechte einzuräumen, nur zu, wenn dies vertraglich vereinbart ist. Außerdem ist im Urheberrecht das Zustimmungserfordernis des § 35 UrhG zu beachten; für generelle Zustimmungsbedürftigkeit McGuire, Die Lizenz, S. 738. 696 Grundlegend BGH, Urteil v. 26.3.2009 – I ZR 153/06, GRUR 2009, S. 946 („Reifen Progressiv“): Hiernach erlischt ein von einem ausschließlichen Nutzungsrecht abgeleitetes einfaches Nutzungsrecht eines Dritten nicht, wenn das ausschließliche Nutzungsrecht auf Grund eines wirksamen Rückrufs wegen Nichtausübung gem. § 41 Abs. 5 UrhG erlösche. Diese Judikatur wurde bestätigt und fortgeführt durch BGH, Urteil v. 19.7.2012 − I ZR 24/11, GRUR 2012, S. 914 („Take Five“) und BGH, Urteil v. 19.7.2012 − I ZR 70/10, GRUR 2012, S. 916 („M2Trade“). Mit diesen Entscheidungen stellte der 1. Zivilsenat klar, dass eine Unterlizenz auch dann nicht automatisch mit der erloschenen Hauptlizenz erlösche, wenn der Hauptlizenznehmer dem Unterlizenznehmer ein einfaches Nutzungsrecht gegen fortlaufende Zahlung von Lizenzgebühren eingeräumt habe und die Hauptlizenz nicht auf Grund eines Rückrufs wegen Nichtausübung gem. § 41 UrhG, sondern aus anderen Gründen, in „M2Trade“ wegen Kündigung des Hauptlizenzvertrags wegen Zahlungsverzugs, in „Take Five“ wegen einvernehmlicher Aufhebung des Hauptlizenzvertrages, erlösche. Unsicher ist, ob diese Judikatur über das Urheberrecht hinaus für das Recht des geistigen Eigentums im Ganzen Geltung beansprucht (Benkard (-Benkard), PatG11, § 15 Rn. 107 in Bezug auf das Patenrecht). 697 BGH, Urteil v. 26.3.2009 – I ZR 153/06, GRUR 2009, S. 946 Rn. 9 unter Verweis auf die Begründung des Gesetzesentwurfs zur Stärkung der vertraglichen Stellung von Urhebern und ausübenden Künstlern vom 22.3.2002 (BGBl. I, 1155), BT-Dr. 14/6433, S. 16. Hierdurch wurde u. a. durch die eingefügte Vorschrift des § 33 S. 2 UrhG bestimmt, dass der Verzicht des Rechtsinhabers auf das vom Urheber eingeräumte Nutzungsrecht sich nicht auf die Wirksamkeit der abgeleiteten ausschließlichen und einfachen Nutzungsrechte Dritter auswirke. 698 BGH, Urteil v. 19.7.2012 − I ZR 24/11, GRUR 2012, S. 914, 915 Rn. 16; BGH, Urteil v. 19.7.2012 − I ZR 70/10, GRUR 2012, S. 916, 918 Rn. 24. Vgl. § 31 Abs. 5 Var. 1 UrhG, § 30 Abs. 5 Var. 1 MarkenG, § 31 Abs. 5 Var. 1 DesignG (= § 31 Abs. 5 S. 1 Var. 1 GeschmacksMG), § 15 Abs. 3 Var. 1 PatG, § 22 Abs. 3 Var. 1 GebrMG. 699 BGH, Urteil v. 19.7.2012 − I ZR 24/11, GRUR 2012, S. 914, 915 Rn. 16; BGH, Urteil v. 19.7.2012 − I ZR 70/10, GRUR 2012, S. 916, 919 Rn. 30.
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Das hiernach rechtlich anerkannte Interesse des Unterlizenznehmers am Fortbestand des erworbenen Nutzungsrechts überwiege das gegensätzliche Interesse des Urhebers am Fortfall desselben regelmäßig.700 Dies soll jedenfalls immer dann gelten, wenn „die Hauptlizenz auf Grund eines wirksamen Rückrufs des Nutzungsrechts wegen Nichtausübung (§ 41 UrhG) oder aus anderen Gründen, die nicht in der Sphäre des Unterlizenznehmers liegen […]“ erlösche.701 Während der Unterlizenznehmer typischerweise erhebliche wirtschaftliche Nachteile durch den Verlust seines Nutzungsrechts gewärtigen müsse, die seine Existenzgrundlage gefährden könnten, werde der Urheber durch den Fortbestand einfacher Unterlizenzen ohnehin nicht übermäßig in der Nutzung seines Werkes beeinträchtigt, zumal ja die Einräumung von Unterlizenzen seiner Zustimmung bedürfe (§ 35 Abs. 1 S. 1 UrhG).702 Zudem könne der Urheber die vom Hauptlizenznehmer vereinnahmten Unterlizenzgebühren kondizieren und sei somit gegen eine unentgeltliche Weiternutzung seines Werkes hinreichend geschützt.703 Zumindest für das Urheberrecht ist somit geklärt, dass Unterlizenzen i. d. R. vom Wegfall der sie vermittelnden Hauptlizenz nicht berührt werden; ob diese Judikatur auch für den gewerblichen Rechtsschutz gilt, bleibt offen. Zudem ist stets die konkret-individuelle Interessenabwägung ausschlaggebend. Ist das Erlöschen der Hauptlizenz auf Gründe zurückzuführen, die dem Unterlizenznehmer zurechenbar sind, liegt eine abweichende Beurteilung nicht fern.704 Ferner lässt sich aus den Entscheidungsgründen inzidenter entnehmen, dass bei entsprechender Vereinbarung im Hauptlizenzvertrag auch die vom Lizenznehmer eingeräumten Unter700 BGH, Urteil v. 19.7.2012 − I ZR 24/11, GRUR 2012, S. 914, 915 Rn. 18; BGH, Urteil v. 19.7.2012 − I ZR 70/10, GRUR 2012, S. 916, 919 Rn. 30. Auf die „dingliche Rechtsnatur“ der einfachen Lizenz nahm der Senat in diesen Entscheidungen zur Begründung des Fortbestands der Unterlizenz nicht Bezug, wohingegen noch in BGH, Urteil v. 26.3.2009 – I ZR 153/06, GRUR 2009, S. 946, 948 Rn. 20 ausdrücklich unter Verweis auf den dinglichen Charakter der einfachen Lizenz argumentiert wurde, dass dieses „Enkelrecht nach seiner Abspaltung vom Tochterrecht von dessen Fortbestand unabhängig“ sei. 701 BGH, Urteil v. 19.7.2012 − I ZR 24/11, GRUR 2012, S. 914, 915 Rn. 18; BGH, Urteil v. 19.7.2012 − I ZR 70/10, GRUR 2012, S. 916, 919 Rn. 29. 702 BGH, Urteil v. 26.3.2009 – I ZR 153/06, GRUR 2009, S. 946, 948 Rn. 24; BGH, Urteil v. 19.7.2012 − I ZR 24/11, GRUR 2012, S. 914, 915 Rn. 19. Schließlich könne der Urheber unbeschadet der Unterlizenz entsprechende Nutzungsrechte von Neuem vergeben. Zudem stellt der Senat klar, dass der Urheber unmittelbar auch im Verhältnis zum Unterlizenznehmer dessen Lizenz wegen Nichtausübung gem. § 41 Abs. 1 UrhG zurückrufen könne, sofern es sich hierbei um eine ausschließliche Unterlizenz handele (BGH, Urteil v. 26.3.2009 – I ZR 153/06, GRUR 2009, S. 946, 948 Rn. 22–23). 703 BGH, Urteil v. 19.7.2012 − I ZR 70/10, GRUR 2012, S. 916, 918–919 Rn. 26–27: Dem Hauptlizenzgeber stehe ein Anspruch auf Abtretung des Anspruchs auf Zahlung der Lizenzgebühren gem. § 812 Abs. 1 S. 1 Var. 2 BGB zu, der sich gem. § 818 Abs. 1 Var. 2 BGB auf die vereinnahmten Lizenzgebühren erstrecke. Dieser Anspruch sei als Masseverbindlichkeit gem. § 55 Abs. 1 Nr. 3 InsO aus der Insolvenzmasse gem. § 53 InsO vorweg zu berichtigen, wenn in der Insolvenz des Hauptlizenznehmers seitens des Insolvenzverwalters Nichterfüllung des Hauptlizenzvertrages gem. § 103 Abs. 2 S. 1 InsO und zugleich Erfüllung des Unterlizenzvertrages gem. § 103 Abs. 1 InsO gewählt werde. 704 Wandtke/Bullinger (-Wandtke/G runert), Urheberrecht 5, § 35 UrhG Rn. 9.
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lizenzen mit Beendigung der eingeräumten Hauptlizenz eo ipso erlöschen;705 der richterrechtlich fortentwickelte Bestandsschutz des Unterlizenznehmers steht mithin zur Disposition der Parteien des Hauptlizenzvertrages.706 In der Literatur stoßen sowohl die Argumentation als auch das Ergebnis auf verbreitete Kritik.707 Der isolierte Fortbestand der Unterlizenz ohne lizenzvertragliches Rechtsverhältnis zwischen dem Schutzrechtsinhaber und dem Unterlizenznehmer führe zu einer bedenklichen „Schieflage“ in der Lizenzkette.708 Ein bereicherungsrechtlicher Anspruch des Schutzrechtsinhabers gegen den Hauptlizenznehmer auf Herausgabe der Lizenzgebühren sei rechtskonstruktiv kaum zu begründen und ändere an der diagnostizierten Schieflage nichts.709 Zudem leuchte es unter Gerechtigkeitsgesichtspunkten nicht ein, weshalb der Unterlizenz im Verhältnis zur Hauptlizenz erweiterter Sukzessionsschutz zukommen solle.710 705 Siehe BGH, Urteil v. 19.7.2012 − I ZR 70/10, GRUR 2012, S. 916, 919 Rn. 34, wonach allein der Umstand, dass einer Konzerngesellschaft eine Lizenz mit dem Recht der Unterlizenzierung an konzernabhängige Unternehmen eingeräumt werde, nicht die Schlussfolgerung rechtfertige, dass die etwaig erteilte Unterlizenzen mit dem Erlöschen der sie vermittelnden Konzernlizenz automatisch erlöschen. 706 Näher Hoffmann, ZGE 2015, S. 245, 282–285. 707 Siehe u. a. Becker, ZUM 2012, S. 786, 787–788; McGuire/K unzmann, GRUR 2014, S. 28, 30–32; Spindler, CR 2014, S. 557, 559–563; Szalai, ZUM 2012, S. 790, 792–793; Wandtke/Bullinger (-Wandtke/G runert), Urheberrecht5, § 35 UrhG Rn. 9. 708 McGuire/K unzmann, GRUR 2014, S. 28, 30–32; Spindler, CR 2014, S. 557, 559–562. Der Schutzrechtsinhaber sei zur Duldung der Auswertung seines Rechts durch den Unterlizenznehmer verpflichtet, ohne dass ihm vertragliche Rechte gegen den Unterlizenznehmer, u. a. das bei Dauerschuldverhältnissen unabdingbare Recht zur fristlosen Kündigung aus wichtigem Grund (§ 314 BGB) zustehen, während der Unterlizenznehmer sich zwar auf die Unterlizenz, mangels vertraglicher Beziehung aber nicht auf die im Unterlizenzvertrag vereinbarten sonstigen Rechte gegenüber dem Schutzrechtsinhaber berufen könne. So nutze es dem Unterlizenznehmer wenig, wenn zwar seine Unterlizenz trotz des Erlöschens der Hauptlizenz fortbestehe, die übrigen aus dem Unterlizenzvertrag resultierende Rechte jedoch nicht gegenüber dem Hauptlizenzgeber geltend gemacht werden können, etwa eine Verpflichtung zur Lieferung von Updates, zusätzlichen Know-hows oder auch ein im Unterlizenzvertrag vereinbartes Wettbewerbsverbot. Auch könne der Unterlizenznehmer gegen den Hauptlizenzgeber keine Gewährleistungsrechte geltend machen, wenn dieser etwa wegen Interessenfortfalls seine Abwehrrechte gegenüber Dritten nicht ausübe. 709 Becker, ZUM 2012, S. 786, 787–788; in diese Richtung auch McGuire/K unzmann, GRUR 2014, S. 28, 31; Spindler, CR 2014, S. 557, 561; Hoffmann, ZGE 2015, S. 245, 285. So wird entgegengehalten, dass nicht der fortbestehende Erfüllungsanspruch des Hauptlizenznehmers aus dem Unterlizenzvertrag in den Zuweisungsgehalt einer ausschließlich dem Urheber zugeordneten Rechtsposition zur Nutzung und Verwertung des Werkes eingreife, sondern allenfalls die fortbestehende Nutzung desselben. Wenn aber die Unterlizenz fortbestehe, erfolge der Eingriff jedenfalls nicht ohne rechtlichen Grund. Wenn überhaupt, lasse sich ein bereicherungsrechtlicher Anspruch auf Abtretung des Zahlungsanspruchs aus dem Unterlizenzvertrag auf § 816 Abs. 2 BGB stützen. 710 McGuire/K unzmann, GRUR 2014, S. 28, 31; Spindler, CR 2014, S. 557, 560–561. Schließlich führe ja auch das Erlöschen der Hauptlizenz für den Hauptlizenznehmer zu ggf. massiven wirtschaftlichen Nachteilen; der Unterlizenznehmer sei insoweit nicht schutzwürdiger als der Hauptlizenznehmer, zumal er das Risiko der Beendigung der Nutzungsberechtigung seines Lizenzgebers bei Vertragsschluss einkalkulieren könne; der Urheber habe demgegenüber ein legitimes Interesse, nach der Beendigung der Hauptlizenz nicht die fortgesetzte Nutzung seines Wer-
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Schließlich liefere die Judikatur des BGH auch nur vordergründig mehr Schutz für den Unterlizenznehmer, weil sich Schutzrechtsinhaber nicht mehr vorbehaltlos darauf einlassen werden, dem Lizenznehmer das Recht zur Vergabe von die Hauptlizenz überdauernden Nutzungsrechten einzuräumen, was letztlich nur die Vergabe von Unterlizenzen verteuern werde.711 Sowohl aus rechtsdogmatischer Sicht als auch unter Berücksichtigung der Interessenlage ist es nach teilweise vertretener Ansicht vorzugswürdig, den vom BGH angenommenen Sukzessionsschutz als rechtsgeschäftliche Vertragsübernahme seitens des Hauptlizenzgebers aus einer ergänzenden Auslegung des Haupt- und des Unterlizenzvertrages zu konstruieren.712 In der Tat fällt die Bewertung des richterrechtlich fortentwickelten Bestandschutzes mehrfach abgeleiteter immaterialgüterrechtlicher Nutzungsrechte differenziert aus.713 Abgesehen davon, dass schon die typisierte Interessenabwägung kes durch eine Person dulden zu müssen, die er sich selbst nicht als Vertragspartner ausgesucht habe, zumal der Urheber auf die inhaltliche Ausgestaltung des Unterlizenzvertrages keinen Einfluss nehmen könne. 711 McGuire/K unzmann, GRUR 2014, S. 28, 30. Zwecks Absicherung gegen einen isolierten Fortbestand etwaig erteilter Sublizenzen wird in der Literatur teilweise angeraten, die Hauptlizenz unter der auflösenden Bedingung der Beendigung des (schuldrechtlichen) Lizenzvertrages einzuräumen; die Unterlizenzen basierten dann bei Bedingungseintritt auf einer ex tunc nichtigen Verfügung eines Nichtberechtigten, ein Gutglaubensschutz gem. § 161 Abs. 3 BGB scheide aus (so u. a. Wandtke/Bullinger (-Wandtke/G runert), Urheberrecht5, § 35 UrhG Rn. 9). 712 Siehe McGuire/K unzmann, GRUR 2014, S. 28, 33–34; skeptisch Spindler, CR 2014, S. 557, 560. McGuire/Kunzmann ebd. ziehen hier eine Parallele zur gesetzlichen Vertragsübernahme bei gewerblicher Weitervermietung von Wohnraum gem. § 565 BGB. Dieser Ansatz könne auch im Recht des geistigen Eigentums fruchtbar gemacht werden, wobei die Autoren jedoch nicht etwa eine Rechtsanalogie zu § 565 Abs. 1 S. 1 BGB, sondern eine ergänzende Auslegung des Haupt- und des Unterlizenzvertrages als mögliche Lösung erachten. So entspreche es regelmäßig dem Interesse des Hauptlizenzgebers, bei Beendigung der Hauptlizenz anstelle seines Lizenznehmers in die Rechtsposition aus dem Unterlizenzvertrag einzutreten; damit stehen dem Hauptlizenzgeber nicht nur die Lizenzzahlungen zu, vielmehr kann er auch den Unterlizenzvertrag bei Vorliegen eines wichtigen Grundes kündigen. Umgekehrt entspreche es dem Interesse des Unterlizenznehmers, dass seine Kalkulationsgrundlage erhalten bleibe, was nicht durch den Fortbestand der Unterlizenz, sondern nur dann gewährleistet sei, wenn er die ihm zustehenden Rechte gegenüber dem Hauptlizenzgeber geltend machen könne. Letztlich seien aber stets die Einzelfallumstände maßgeblich. Demgegenüber interpretiert Hoffmann, ZGE 2015, S. 245, 282–285 die einschlägige Judikatur des BGH ohnehin nicht als Rechtsfortbildung des gesetzlichen Sukzessionsschutzes im Urheberrecht, sondern als vertragsgestützten Bestandsschutz, der aus einer ergänzenden Auslegung des Hauptlizenzvertrages folge; als umfassende Vertragsübernahme konzipiert Hoffmann ebd. diesen dispositiven Sukzessionsschutz nicht, wobei jedoch eine – wohl aufschiebend bedingte – Vorausabtretung der Unterlizenzgebühren an den Hauptlizenzgeber stattfinden soll. 713 Erhellend ist, dass Lizenzen im englischen Recht – in Analogie zur genuin obligatorischen licence im Liegenschaftsrecht – grundsätzlich keine dingliche Qualität attestiert wird, wenngleich teilweise eine „almost proprietary nature“ ausgemacht wird (zu dieser Diskussion in deutscher Sprache McGuire, Die Lizenz, S. 519–521 m. w. N.). Allgemein anerkannt ist, dass der Lizenznehmer sein Recht teilweise im Wege des assignment übertragen und sub-licences erteilen kann. Die Frage des Fortbestands von sub-licences bei Wegfall der head licence richtet sich auch im Urheberrecht ausschließlich nach dem Inhalt des Hauptlizenzvertrages (VLM Holdings Ltd. v. Ravensworth Digital Services Ltd. [2013] EWHC 228 (Ch) [57]–[61] (Mann J.); Hoffmann, ZGE 2015, S. 245, 278–279 m. w. N.). Sofern der Fortbestand der sub-licences bei Wegfall der sie vermitteln-
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zugunsten des Unterlizenznehmers nicht über jede Kritik erhaben ist,714 ist die methodische Herleitung des ungeschriebenen Bestandsschutzes der Unterlizenz defizitär. Zu begrüßen ist lediglich, dass sich der 1. Zivilsenat in den Entscheidungen „M2Trade“ und „Take Five“ – anders als noch in dem Urteil „Reifen Progressiv“715 – nicht in begriffsjuristischer Manier auf eine apriorisch vorausgesetzte dingliche Rechtsnatur der (Unter-)Lizenz beruft, sondern eine zumindest unter Billigkeitsgesichtspunkten tragfähige Lösung des Konflikts über die fortgesetzte Nutzung des betreffenden Werkes durch den Unterlizenznehmer zu entwickeln sucht. Richtig ist auch, dass die Streitfrage um den Fortbestand der Unterlizenz im Kern nichts mit dem Verhältnis zwischen dem lizenzvertraglichen Verpflichtungsgeschäft und dem lizenzkonstituierenden Verfügungsgeschäft zu tun hat.716 Während bei unterstellter Geltung des Kausalitätsprinzips mit der Aufhebung, der sonstigen Beendigung oder (rückwirkenden) Nichtigkeit des Hauptlizenzvertrages lediglich die Hauptlizenz entfällt, nicht notwendig aber auch die vom Hauptlizenznehmer zwischenzeitlich vorgenommenen Verfügungen (rückwirkend) unwirksam werden, präjudiziert andererseits auch nicht die unterstellte Geltung des Abstraktionsprinzips den Sukzessionsschutz des Unterlizenznehmers. Denn selbst wenn die Erteilung der Hauptlizenz von ihrer causa abstrahiert ist, heißt dies nicht, dass die rechtskonstituierenden Verfügungen des Lizenznehmers ohne die Hauptlizenz, sobald der Hauptlizenzvertrag rückabgewickelt wird, isoliert fortbestehen kann.717 Dies ist im allgemeinen Zivilrecht gerade nicht der Fall. Zirkulär erscheint es jedoch, aus den lückenhaften positivrechtlichen Ausprägungen des Verfügungsschutzes im gewerblichen Rechtsschutz und im Urheberrecht ein übergreifendes Sukzessionsschutzprinzip zu „extrapolieren“,718 zumal der Gesetzgeber, was der Senat betont,719 die Entscheidung der Streitfrage über die Auswirkungen des Wegfalls einer Hauptlizenz auf Unterlizenzen der Rechtsprechung überlassen hat.720 Vor diesem Hintergrund ist eine Ausdehnung des lizenzrechtlichen Sukzessionsschutzes als Rechtsfortbildung extra legem zwar nicht zu beanstanden, wenn sie sich wertungskohärent in das gesetzliche System einfügt.721 Wenn nun aber der Gesetzgeber die streitgegenständliche Rechtsfrage bewusst nicht entschieden, sondern lediglich ein fragmentarisches Verfügungsschutzsystem zugunsten des Lizenznehmers etabliert hat, kann man dem Gesetzgeber kaum den head licence nicht vereinbart wird, begründet jene bei Beendigung der head licence keine Nutzungsbefugnisse gegenüber dem Urheber. 714 Siehe die Nachweise in Fn. 710. 715 Vgl. BGH, Urteil v. 26.3.2009 – I ZR 153/06, GRUR 2009, S. 946, 948 Rn. 20. 716 Zutreffend Hoffmann, ZGE 2015, S. 245, 270–274; tendenziell auch BGH, Urteil v. 26.3.2009 – I ZR 153/06, GRUR 2009, S. 946, 948 Rn. 18; BeckOGK BGB (-Pahlow), Stand: 1.4.2019, § 581 Rn. 326. 717 So auch Hoffmann, ZGE 2015, S. 245, 274. 718 In diese Richtung auch Becker, ZUM 2012, S. 786, 787; Spindler, CR 2014, S. 557, 559–560. 719 BGH, Urteil v. 26.3.2009 – I ZR 153/06, GRUR 2009, S. 946 Rn. 9. 720 BT-Dr. 14/6433, S. 16. 721 Richtig Becker, ZUM 2012, S. 786, 787.
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eine „allgemeine Vorstellung“ unterstellen, wonach sich das Erlöschen der Hauptlizenz ja grundsätzlich nicht auf den Bestand der Unterlizenz auswirke.722 Weitaus schwerer wiegt aber noch, dass der Senat das für das Urheberrecht entwickelte Ergebnis nicht ansatzweise im Licht der normierten Sukzessionsschutztatbestände des Bürgerlichen Rechts auf seine Validität überprüft hat, obschon sich ein Vergleich mit der allgemeinen Zivilrechtsdogmatik aufgedrängt hätte. Stellt man aber den richterrechtlich fortentwickelten Bestandsschutz der Sublizenz den bürgerlichrechtlichen Bestandsschutzmechanismen gegenüber, lässt sich Systemwidrigkeit des Ergebnisses kaum verhehlen. Wie gezeigt, sind begrenzte Sachenrechte prinzipiell an den (Fort-)Bestand des sie begründenden und tragenden Rechts geknüpft; anderes gilt nur für Sachenrechte niedrigeren Grades bei der Ersitzung an herrenlosen Sachen sowie bei der Aufgabe belasteten Eigentums.723 Mit diesen Ausnahmekonstellationen ist die hier relevante Fortwirkung der Unterlizenz gegenüber dem Schutzrechtsinhaber freilich inkommensurabel, weil nicht das „Grundrecht“ erlischt, sondern ein intermediäres Nutzungsrecht innerhalb der Lizenzkette. Ist bürgerlichrechtliches Eigentum in mehrstufiger Weise belastet, kommt ein isolierter Fortbestand eines dinglichen Rechts höheren Grades ohne das vermittelnde dingliche Recht richtiger Ansicht nach hingegen schlechthin nicht in Betracht; die Koexistenz des belasteten Sachenrechts ist notwendige Bedingung der Wirksamkeit des lastenden Sachenrechts.724 Eine „Schieflage“ innerhalb der aneinander anknüpfenden Sachenrechts- und Schuldverhältnisse tritt nicht ein; eine „überschießende“ Belastung des Eigentums sowie der Rechte vorgelagerter Belastungsstufe kraft isolierten Fortbestands eines Sachenrechts nachgelagerter Belastungsstufe ist wegen der zwingenden Koexistenz des Belastungsgegenstandes und des lastenden Rechts ausgeschlossen.725 Will man die Lizenz einem genuinen Sachenrecht annähern, dürfte daher die „unterlizenzbelastete“ Lizenz, so sollte man meinen, prinzipiell auch nicht aus anderen Gründen als dem Verzicht des Hauptlizenznehmers (§ 35 Abs. 2 Var. 2 UrhG) ohne den Willen des Unterlizenznehmers beseitigt werden können. Freilich gilt auch für aufeinander aufbauender Belastungen – wie ein Blick auf die Rechtsfolgen 722 So aber BGH, Urteil v. 19.7.2012 − I ZR 24/11, GRUR 2012, S. 914, 915 Rn. 16; BGH, Urteil v. 19.7.2012 − I ZR 70/10, GRUR 2012, S. 916, 919 Rn. 30. 723 Näher hierzu § 2 III. 6. c). 724 § 2 III. 6. a). Wie angerissen, zeigt sich dies sowohl bei rechtsbeeinträchtigenden oder rechtsvereitelnden Verfügungen über intermediäre Sachenrechte in Form der einschlägigen Zustimmungserfordernisse (vgl. §§ 876, 877, 880 Abs. 3, 1071, 1132 Abs. 2 S. 2, 1178 Abs. 2 S. 2, 1180 Abs. 1 S. 2 Hs. 2, Abs. 2 S. 2 Hs. 2, 1255 Abs. 2, 1276 BGB; siehe auch § 5 Abs. 4 S. 2, 3 WEG). Ferner sei auf den Ausschluss der Konsolidation des belasteten Sachenrechts bei Vereinigung mit dem Eigentum bzw. dem belasteten „Grundrecht“ verwiesen (§§ 889, 1256 Abs. 1 S. 2, 1273 Abs. 2 S. 1 BGB). Im Übrigen offenbart sich die Bestandsabhängigkeit in den einschlägigen Surrogationsmechanismen (§§ 1075 Abs. 1, 1287 BGB, § 848 Abs. 2 S. 2 ZPO, § 128 Abs. 1 S. 2 ZVG). Das Sachenrecht höheren Grades mag sich bei Ersetzung der dem belasteten Recht unterliegenden „Sache“ zwar rechtstypisch kraft kumulativer Surrogation verändern, bleibt aber an das dann gleichfalls modifizierte Recht an der neuen Sache gebunden. 725 § 2 III. 6. c).
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des Heimfalls eines belasteten Erbbaurechts belegt726 – kein lückenloser, sondern ein rechtstypenspezifischer Bestandsschutz, weshalb sich der Rekurs auf eine angebliche dingliche Rechtsnatur der Lizenz zur Lösung der Streitfrage einmal mehr als unbehelflich erweist. Jedenfalls aber bedürfte die Unterlizenz eines tragenden Rechts in Form der sie vermittelnden Lizenz, die zugleich die Grenzen des rechtlichen Umfangs und der zeitlichen Geltung abgeleiteter Unterlizenzen bestimmt.727 Sofern man umgekehrt die Lizenz als ein teilverdinglichtes Recht schuldrechtlicher Qualität klassifiziert, stünden dem Unterlizenznehmer schon wegen des Grundsatzes der Relativität der Schuldverhältnisse bei Fortfall des Hauptlizenzvertrages keine Ansprüche gegenüber dem Schutzrechtsinhaber zu. Auch dies ist aber nicht zwingend, weil vermittels einer durch ergänzende Vertragsauslegung zu konstruierenden Vertragsübernahme immerhin ein außersachenrechtlicher Bestandsschutz des Unterlizenznehmers etabliert werden könnte.728 Die sachlogisch vorrangige Frage ist deshalb, ob und, ggf., unter welchen Voraussetzungen der Unterlizenznehmer sich gegenüber dem Schutzrechtsinhaber bei Fortfall einer vermittelnden Lizenz auf sein derivatives Nutzungsrecht berufen können soll. Dies aber bedarf wie jede Ausprägung eines schuldrechtlich oder dinglich organisierten Bestandsschutzes einer Interessenabwägung, deren Ergebnis für die umstrittene Einordnung der Lizenz völlig belanglos ist. Selbst wenn man mit dem BGH grundsätzlich vom Fortbestand der Unterlizenz bei Wegfall eines Zwischenglieds in der Lizenzkette ausgeht, präjudiziert dies z. B. nicht die „Gretchenfrage“, ob und, ggf., in welchen Konstellationen Lizenzen insolvenzfest sind.729 Zu einem genuinen Sachenrecht würde die mit Sukzessionsschutz versehene Lizenz aber erst dann aufsteigen, wenn sie zusätzlich noch als insolvenzfestes Recht ausgestaltet und zudem mit einem absoluten Rechten äquivalenten Klageschutz unterlegt werden würde. Letzteres ist aber nach dem derzeitigen Stand der Rechtsentwicklung unsicher. Mit Blick auf die einschlägige Rechtsprechung bieten nun einmal nur ganz bestimmte lizenzvertragliche Konstruktionen dem Lizenznehmer Insolvenzsicherheit; zur Aussonderung gem. § 47 InsO berechtigt eine Lizenz in der Insolvenz des Lizenzgebers grundsätzlich nicht.730 Was den negatorischen 726
§ 33 ErbbauRG. So auch BeckOGK BGB (-Pahlow), Stand: 1.4.2019, § 581 Rn. 349. 728 Ein gesetzlicher Bestandsschutz in Vertragsketten ist demgegenüber, wie gezeigt, die Ausnahme: Selbst im Wohnraummietrecht gilt prinzipiell nur bei gewerblicher Zwischenvermietung ein verfassungsrechtlich induzierter Sukzessionsschutz in Form einer gesetzlichen Vertragsübernahme seitens des Hauptvermieters. Siehe hierzu bereits Fn. 681. 729 Zu der bislang nur in Ansätzen und für bestimmte Fallgestaltungen geklärten Frage der Insolvenzsicherung des Lizenznehmers siehe Berger, GRUR 2004, S. 20–25; ders., GRUR 2013, S. 321–335; BeckOGK BGB (-Pahlow), Stand: 1.4.2019, § 581 Rn. 336–358; Hauck, GRUR-Prax 2013, S. 437–439. 730 Grundlegend BGH, Urteil v. 21.10.2015 – I ZR 173/14, GRUR 2016, S. 201, 204–205 Rn. 43–45 („Ecosoil“). Der Lizenzvertrag wird als rechtspachtähnlicher Dauernutzungsvertrag i. S. v. §§ 108, 112 InsO qualifiziert; dieser eröffne für jede Vertragspartei ein Wahlrecht nach § 103 InsO, falls der Lizenzvertrag im Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung beiderseits noch nicht vollständig erfüllt ist. Sofern der Insolvenzverwalter des Lizenzgebers die Erfüllung gem. § 103 Abs. 2 727
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Rechtsschutz im Außenverhältnis zu Dritten angeht, verbietet sich gleichfalls jede generalisierende Betrachtungsweise. Diesbezüglich ist zwischen Marken- und Geschmacksmusterrecht auf der einen Seite und Patent- und Urheberrecht auf der anderen Seite sowie zwischen dem autonomen deutschen Recht und dem Unionsrecht zu unterscheiden; in welchem Ausmaß ggf. Störungsschutz aus eigenem Recht gegenüber Dritten in Betracht kommt, richtet sich nach der jeweiligen vertraglichen Ausgestaltung der Lizenz.731 S. 1 InsO ablehnt, könne der Lizenznehmer, so der BGH, seine Ansprüche aus dem Lizenzvertrag gegen die Insolvenzmasse nicht mehr durchsetzen. Anderes gilt bei einem Lizenzkauf, wenn die gegenseitigen Hauptleistungspflichten bereits im Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens i. S. v. § 103 Abs. 1 InsO beiderseits vollständig erfüllt sind. Dies ist der Fall, wenn der Lizenzgeber die Lizenz erteilt und der Lizenznehmer den Kaufpreis gezahlt hat. Diese für Lizenzkaufverträge geltende Rechtsprechung hat der BGH inzwischen auf Austauschverträge „eigener Art“ ausgeweitet, unter denen sich eine Konzerngesellschaft gegenüber den übrigen Konzerngesellschaften verpflichtet, zur Sicherung eines gemeinsamen Markenauftritts ein unentgeltliches Recht zur Nutzung einer Marke für die Dauer des Bestehens des Konzerns einzuräumen und sich die übrigen Konzerngesellschaften zur entsprechenden Nutzung der Marke verpflichten (BGH, Urteil v. 21.10.2015 – I ZR 173/14, GRUR 2016, S. 201, 204–205 Rn. 45). Ein solcher Lizenzvertrag sei regelmäßig beiderseits vollständig erfüllt i. S. v. § 103 Abs. 1 InsO, wenn die Lizenzgeberin die Lizenz erteilt und die Lizenznehmer das eingeräumte Nutzungsrecht vertragsgemäß ausgeübt hätten. Im Übrigen liegt nach der umstrittenen Rechtsprechung des OLG München in der vertraglichen Vereinbarung einer unwiderruflichen, nicht ausschließlichen, räumlich und zeitlich unbeschränkten Patentlizenz zugleich die Erfüllung der Verpflichtung zur Erteilung der Lizenz gem. § 362 Abs. 1 BGB; in diesem Fall sei § 103 InsO nicht anwendbar (OLG München, Urteil v. 25.7.2013 – 6 U 541/12, GRUR 2013, S. 1125, 1132 m. krit. Anm. McGuire). Zum Teil wird in der Literatur mit Rücksicht auf die höchstrichterliche Rechtsprechung zur Bestandskraft von Unterlizenzen angenommen, dass konzernverbundenen Unternehmen insolvenzfeste Lizenzen zur gemeinschaftlichen Nutzung einer bestimmten Technologie dadurch verschafft werden könnten, dass eine (Konzern-)Erwerbsgesellschaft als Hauptlizenznehmerin vorgeschaltet werde (vgl. Berger, GRUR 2013, S. 321, 330; Hauck, GRUR-Prax 2013, S. 437, 439). Selbst wenn der Insolvenzverwalter des Hauptlizenzgebers sodann die Erfüllung des Hauptlizenzvertrages gem. § 103 Abs. 2 S. 1 ablehne, könnten die Nutzungsansprüche aus der Unterlizenz mit Wirkung gegen die Insolvenzmasse forthin ausgeübt werden. Dies ist freilich – weil es in den der einschlägigen Judikatur zugrundeliegenden Fallgestaltungen gerade nicht um eine Insolvenz des Hauptlizenzgebers ging – nicht abschließend geklärt (skeptisch BeckOGK BGB (-Pahlow), Stand: 1.4.2019, § 581 Rn. 349). Deshalb werden weitere Gestaltungsmöglichkeiten zwecks Insolvenzsicherung diskutiert. So rät Berger, GRUR 2004, S. 20–25 an, dem Lizenznehmer zusätzlich zur Lizenz einen inhaltlich mit der Lizenz koordinierten Lizenzsicherungsnießbrauch gem. § 1068 Abs. 1 BGB einzuräumen; in der Insolvenz des Lizenzgebers könne der Lizenznehmer als Nießbraucher sein Nutzungsrecht forthin ausüben; diese Gestaltung biete sich auch zur Absicherung einer Unterlizenz an. Andere Autoren empfehlen hingegen, ein außerordentliches vertragliches Kündigungsrecht des Lizenznehmers mit einer aufschiebend bedingten Übertragung des Lizenzgegenstandes bei Geltendmachung des Kündigungsrechts gegen Zahlung einer einmaligen Lizenzgebühr zu verknüpfen; nach Maßgabe des § 161 Abs. 1 S. 2 BGB falle das aufschiebend bedingt übertragene Schutzrecht dann nicht in die Insolvenzmasse des Lizenzgebers (BeckOGK BGB (-Pahlow), Stand: 1.4.2019, § 581 Rn. 345, 349). 731 Näher BeckOGK BGB (-Pahlow), Stand: 1.4.2019, § 581 Rn. 318–322. So kann der Lizenznehmer einer (Unions-)Marke, soweit nichts anderes vereinbart ist, Ansprüche wegen Verletzung einer (Unions-)Marke nur mit Zustimmung des Inhabers der Marke als Prozessstandschafter gerichtlich geltend machen (§ 30 Abs. 3 MarkenG, Art. 25 Abs. 3 S. 1 UMV); Entsprechende Regelungen gelten im nationalen und unionsrechtlichen Geschmacksmusterrecht (§ 31 Abs. 3 S. 1
§ 2 Außengrenzen und Binnenstrukturierung des Generalthemas
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Sofern man nun aber mit dem BGH das Rechtsbeharrungsinteresse des Unterlizenznehmers höher gewichtet als das Interesse des Schutzrechtsinhabers, bei Beendigung der Hauptlizenz uneingeschränkt über das Schutzrecht zu disponieren, dürfte die wertungskohärente Lösung darin liegen, den „Fortbestand“ der Unterlizenz als gewillkürte Vertragsübernahme des Unterlizenzvertrages seitens des Lizenzgebers der vermittelnden Lizenz zu konstruieren.732 Abgesehen davon, dass hierdurch einer bereicherungsrechtlich zu korrigierenden Einziehung der Lizenzgebühren durch den nicht mehr berechtigten zwischengeschalteten Unterlizenzgeber entgegengewirkt wird, dürfte es den Interessen aller Beteiligten am Ehesten gerecht werden, wenn der Hauptlizenzgeber in den Unterlizenzvertrag anstelle des nicht mehr berechtigten Unterlizenzgebers eintritt. Dies gilt jedenfalls dann, wenn der Unterlizenzvertrag als rechtspachtähnlicher Dauernutzungsvertrag ausgestaltet ist, aus dem sich insbesondere weitere Leistungspflichten des Lizenzgebers ergeben, die eine fortgesetzte Nutzungsberechtigung desselben voraussetzen. Die dogmatische Begründung hierfür liefert der BGH sogar selbst. Geht man mit dem BGH von der Abdingbarkeit des ungeschriebenen Bestandsschutzes des Unterlizenznehmers aus,733 liegt es nicht fern, aus der Vergabe einer Lizenz mit uneingeschränkter Befugnis des Lizenznehmers zur Einräumung weiterer Nutzungsrechte in Ermangelung einer ausdrücklichen Vereinbarung auf eine aufschiebend bedingte privative Vertragsübernahme im Wege ergänzender Vertragsauslegung zu schließen. Verzichtet der Schutzrechtsinhaber darauf, den Fortbestand der vom Lizenznehmer erteilten Unterlizenzen bei Beendigung des Hauptlizenzvertrages durch entsprechende Abrede auszuschließen, dürfte dem die für den Vertragsgegner erkennbare Erwartung zugrunde liegen, dass er hierdurch keine Nachteile erleidet, mithin anstelle des Lizenznehmers Ansprüche aus den eingeräumten Unterlizenzen selbst geltend machen kann, sobald die vermittelnden Hauptlizenz entfällt. Ein gegenläufiges Interesse daran, selbst Ansprüche aus den erteilten Unterlizenzverträgen geltend zu machen, wenn das eigene Nutzungsrecht erlischt, besteht demgegenüber wegen des vom BGH unterstellten Bereicherungsausgleichs DesignG, Art. 32 Abs. 3 S. 1 GGV). Allerdings steht dem Inhaber einer ausschließlichen Lizenz einer Unionsmarke bzw. eines (Gemeinschafts-)Geschmacksmusters das Recht zu, nach Maßgabe von Art. 25 Abs. 3 S. 2 UMV bzw. Art. 32 Abs. 3 S. 2 GGV, § 31 Abs. 3 S. 2 DesignG ohne Zustimmung des Schutzrechtsinhabers ein gerichtliches Verfahren wegen Verletzung der Marke anhängig zu machen. Dies soll nach der Rechtsprechung des EuGH auch dann gelten, wenn die Lizenz selbst noch nicht im (Gemeinschaftsmarken-)Register eingetragen sei; außerdem könne der Lizenznehmer auch seinen eigenen Schaden liquidieren (EuGH, Urteil v. 4.2.2016 – C-163/15, GRUR 2016, S. 372; EuGH, Urteil v. 22.6.2016 – C-419/15, GRUR 2016, S. 1163). Im Patent- und Urheberrecht kann nach h. A. nur der Lizenznehmer einer ausschließlichen Lizenz negatorische Ansprüche wegen unberechtigter Nutzung des Lizenzgegenstandes gegen Dritte gem. § 97 Abs. 1 UrhG, § 136 Abs. 1 PatG erheben (BeckOGK BGB (-Pahlow), Stand: 1.4.2019, § 581 Rn. 321–322); der Lizenznehmer einer einfachen Lizenz könne ausschließlich kraft Ermächtigung im Lizenzvertrag im Wege gewillkürter Prozessstandschaft Ansprüche wegen der Schutzrechtsverletzung geltend machen. 732 McGuire/K unzmann, GRUR 2014, S. 28, 33–34. 733 BGH, Urteil v. 19.7.2012 − I ZR 70/10, GRUR 2012, S. 916, 919 Rn. 34; näher Hoffmann, ZGE 2015, S. 245, 282–284.
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zwischen dem Hauptlizenzgeber und dem Hauptlizenznehmer prinzipiell nicht. Selbstverständlich findet die durch die Beendigung des Lizenzvertrages ohne gleichzeitige Beendigung des Unterlizenzvertrages aufschiebend bedingte Vertragsübernahme nicht ohne den Willen des Unterlizenznehmers statt, wobei aber die Vertragsübernahme typischerweise auch seinen Nutzungsinteressen entgegenkommen dürfte.734
734 Überdies dürfte die Verweigerung der Genehmigung der Vertragsübernahme nach §§ 162 Abs. 1, 242 BGB unbeachtlich sein, zumal sich ein unmittelbarer Anspruch des duldungspflichtigen Urhebers auf Abschluss eines neuen entgeltlichen Lizenzvertrages mit dem Unterlizenznehmer aus einer Analogie zu § 32a Abs. 2 S. 1 UrhG ergeben könnte (dafür Pahlow, GRUR 2010, S. 112, 118; BeckOGK BGB (-Pahlow), Stand: 1.4.2019, § 581 Rn. 327).
§ 3 Die Belastung der Belastung I. Rechtsgeschichtlicher Abriss Wie angerissen, liefert der Vergleich mit den wechselseitigen Belastungskompatibilitäten der römischrechtlichen iura in re einige wertvolle Erkenntnisse für das geltende deutsche Sachenrecht. Einen besonderen Akzent legte die Pandektenwissenschaft auf das Phänomen der „Belastung der Belastung“ oder, wenn man so will, der Errichtung „minderer“ iura in re aus größeren iura in re. Die pandektistische Diskussion kreist um die im Einzelnen umstrittene Verpfändung der im klassischen ius civile etablierten Arten dinglicher Rechte. Der Kanon umfasst bekanntlich das Eigentum,1 die Pfandrechte (pignus und hypotheca), die Erbpacht (emphyteusis), das Baurecht (superficies) und die Dienstbarkeiten (ususfructus, usus, servitus praediorum urbanorum, servitus praediorum rusticorum).2 Während im frühen römischen Recht die Eigentumsübertragung zu Sicherungszwecken (fiducia) die Grundform der Verwertungsrechte bildete,3 etablierte sich in der Zeit des Prinzipats neben der 1 Terminologisch setzte sich in der rechtshistorischen Forschung ein dualistisches Eigentumskonzept durch, das sich vor dem Hintergrund des Dualismus von res mancipi und res nec mancipi erschließt. Die römische Jurisprudenz unterschied zwei Arten tauglicher Sachenrechtsobjekte. Die Übertragung der als besonders hochwertig eingeschätzten res mancipi (z. B. Grundstücke, Sklaven, Nutztiere und Felddienstbarkeiten) bedurfte der aufwendigen mancipatio, eines formalisierten Vertragsschlusses, bei der u. a. die zu veräußernde (körperliche) Sache herbeigeschafft, fünf Zeugen hinzugezogen und der Erwerber eine bestimmte Formel aussprechen musste. Demgegenüber konnten res nec mancipi zum einen durch Übergabe, zum anderen mittels in iure cessio, scil.: eines formalisierten Vertragsschlusses vor dem Praetor in Rom, veräußert werden. Zur Bezeichnung des (echten) zivilrechtlichen Eigentums hat sich der Begriff „quiritisches“ Eigentum eingebürgert, während das sog. prätorische Eigentum für das erga omnes kraft der actio pauliana geschützte Recht des Erwerbers einer res mancipi, die nicht durch die erforderliche mancipatio übertragen wurde, steht. Quiritisches Eigentum erlangte der Erwerber erst mit Ablauf der Ersitzungsfrist; in der Sache war er bereits „Eigentümer“, konnte er doch von jedermann, insbesondere vom quiritischen Eigentümer mittels der actio pauliana Herausgabe des Besitzes verlangen. 2 In der justinianischen Rechtssetzung wurden als weitere persönliche Servituten auch das Wohnungsrecht und das Recht zur Ausbeutung der Arbeitskraft von Sklaven und Nutztieren geschaffen; vgl. Kaser/K nütel, Römisches Privatrecht I 20, § 29 Rn. 21. In der rechtshistorischen Forschung ist demgegenüber nicht gewiss, ob persönliche Dienstbarkeiten den anerkannten inhaltlichen Gestaltungen der iura praediorum angeglichen werden konnten (sog. irreguläre Dienstbarkeiten). 3 Zur Rechtsfigur der fiducia näher Dernburg, Pfandrecht I, § 2 (S. 7–26). Der Sicherungsgeber übertrug dem Sicherungsnehmer das Eigentum (durch mancipatio oder in iure cessio) mit der ergänzenden Abrede, dass dieser es ihm bei Tilgung des gewährten Kredits zurückübertrage. Ursprünglich lief dies auf eine bloße „Sachhaftung“ hinaus, eine persönliche Verpflichtung des
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fiducia und der Bürgschaft das Pfandrecht als gebräuchliche Kreditsicherheit.4 Im klassischen Recht ist zum einen das Faustpfandrecht (pignus),5 zum anderen – zunächst in Bezug auf das vom Mieter oder Pächter auf das überlassene Grundstück verbrachte Mobiliar – ein besitzloses Verwertungsrecht (hypotheca) anerkannt.6 Dieses entwickelte sich sukzessive von einem Verfallspfand zu einem mit einer Verkaufsberechtigung ausgestatteten genuinen Pfandrecht fort.7 Im Gegensatz zur fiducia – eine bloße „Sachhaftung“ ohne korrespondierende persönliche Haftung des Sicherungsgebers – ist das Pfandrecht des klassischen Rechts als forderungsakzessorisches Recht konfiguriert.8 Seine dingliche Natur manifestierte sich in der hochklassischen Epoche vor allem in der auf Herausgabe des Pfandes gerichteten actio in rem, der sog. vindicatio pignoris.9 Wesensimmanentes Strukturprinzip aller servitutes praediorum ist die Verbindung derselben mit einem herrschenden Grundstück. Die servitus praedii verpflichtet den Eigentümer eines Grundstücks zu einem bestimmten Dulden oder Unterlassen, muss einem bestimmten herrschenden Grundstück einen tatsächlichen Vorteil (utilitas) bieten und auf Dauer angelegt sein (perpetua causa); das Sicherungsnehmers mit seinem gesamten Vermögen entstand erst später. In der justinianischen Kompilation erfuhr die fiducia keine Erwähnung; aus den älteren Quellen lässt sich aber ableiten, dass sie den Ursprung der Realkreditsicherungsmittel bildete. 4 Kaser/K nütel, Römisches Privatrecht I 20 , § 31 Rn. 1–5. 5 Etymologisch wird der Begriff pignus meistens auf das Verb pangere (= befestigen) und nicht mehr auf das Substantiv pugnus (= Faust), woraus sich die Bezeichnungen „Handpfand“ und „Faustpfand“ in der deutsch-österreichischen Lehre entwickelten, zurückgeführt (vgl. Kaser/ Knütel, Römisches Privatrecht I20, § 31 Rn. 15). 6 Kaser/K nütel, Römisches Privatrecht I 20 , § 31 Rn. 17 f.; sonstige Formerfordernisse galten im Unterschied zur aufwendigen fiducia weder für die Begründung des Faustpfandrechts noch für die Bestellung eines besitzlosen Pfandrechts. Zur Genese des besitzlosen Pfandrechts näher Dernburg, Pfandrecht I, S. 55 ff. 7 Die Pandektenwissenschaft erhob die Verkaufsberechtigung des Pfandgläubigers zum Inhalt des Pfandrechts; ohne diese Befugnis lag begrifflich kein Pfandrecht vor (prononciert Puchta, Pandekten12, § 193 (S. 297 mit Fn. f); Glück, Ausführliche Erläuterungen der Pandecten XIV/1, S. 62–63; Windscheid, Pandekten I5, 224 (S. 715 f.)). Hierzu bedurfte es mit Rücksicht auf den allgemeinen Rechtsgrundsatz nemo plus iuris ad alium transferre potest quam ipse habet zunächst einer rechtsgeschäftlichen Veräußerungsermächtigung, die den Pfandgläubiger befähigte, dem Käufer an res nec mancipi quiritisches, an res mancipi prätorisches Eigentum zu übertragen (vgl. Kaser/K nütel, Römisches Privatrecht I 20, § 31 Rn. 34 f.). Im Laufe des zweiten Jahrhunderts n. Chr. etablierte sich das Verkaufsrecht des Pfandgläubigers zum wesensimmanten Bestandteil des Pfandrechts; weder bedurfte es einer rechtsgeschäftlichen Einräumung des Veräußerungsrechts noch konnte das Verkaufsrecht wirksam ausgeschlossen werden (zum Ganzen Dernburg, Pfandrecht I, § 8 (S. 88 ff.)). 8 Dernburg, Pfandrecht I, § 66 (S. 514 f.); Kaser/K nütel, Römisches Privatrecht I 20 , § 31 Rn. 21. 9 Auch wenn ein besitzloses Pfandrecht vereinbart war, konnte sich der Pfandgläubiger vermöge des interdictum Salvianum den Sachbesitz zwecks Verkaufs verschaffen. Diese Klage war auf erstmalige Erlangung des Sachbesitzes durch den Verpächter/Vermieter an dem vom Mieter/ Pächter eingebrachten Sachen (invecta et illata) gerichtet. Aus der ebenfalls für miet- und pachtvertragliche Pfandrechte geschaffenen Herausgabeklage des Pfandgläubigers, der actio Serviana, entwickelte sich später die allgemeine Pfandklage (vindicatio pignoris), die sowohl dem Faustpfandgläubiger als auch dem Gläubiger der hypoteca zugewiesen wurde (vgl. Kaser/K nütel, Römisches Privatrecht 20, § 31 Rn. 39).
§ 3 Die Belastung der Belastung
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herrschende Grundstück muss grundsätzlich in der Nachbarschaft (vicinitas) des dienenden Grundstücks gelegen sein.10 Aus dieser Grundstruktur folgerte die Lehre, dass eine servitus praedii nicht vom herrschenden Grundstück mittels konstitutiver oder translativer Übertragung verselbstständigt werden könne.11 Da sie einem anderen als dem herrschenden Grundstück nicht dienstbar sei, könne sie auch nicht selber als res incorporalis zum Bezugspunkt einer Servitut erhoben werden („servitus servitutis esse non potest“).12 Allerdings galt dies nicht für alle per10 Vertiefend zur Servitutenlehre der klassischen römischen Jurisprudenz Möller, Die Servituten, S. 221–316. Phänomenologisch wird zwischen (als unkörperliche res mancipi eingeordneten) ländlichen Servituten (iura praediorum rusticorum) und den (als res nec mancipi klassifizierten) städtischen Servituten (iura praediorum urbanorum) unterschieden (Windscheid, Lehrbuch des Pandektenrechts I5, §§ 211, 211a (S. 670–675); Kaser/K nütel, Römisches Privatrecht 20, § 28 Rn. 5–6). Zu den traditionellen, seit der vorklassischen Zeit anerkannten ländlichen Servituten gehören das Durchgangsrecht (iter), das Viehtriebrecht (actus), das Wegerecht (via) und das Wasserleitungsrecht (aquaeductus); später wurden u. a. das Weiderecht (ius pascendi), das Wasserschöpfrecht (aquaehaustus) und das Tränkrecht (servitus pecoris ad aquam adpulsus) anerkannt (zu den typischen Erscheinungsformen eingehend Möller, Die Servituten, S. 39–105). Zu den typischen städtischen Servituten zählen u. a. das Recht, dem Nachbarn das Höherbauen zu untersagen (servitus altius non tollendi), das Recht, Regenwasser auf das Nachbargrundstück abzuleiten (servitus fluminis bzw. servitus stillicidii), das Recht, Unrat aus einem Gebäude durch einen Abzugskanal über das Nachbargrundstück hinwegzuschaffen (servitus cloacae mittendae), das Recht, Balken in das Gebäude des Nachbarn einzufügen (servitus tigni inmittendi) und das Recht, das eigene Gebäude auf bauliche Einrichtungen des Nachbarn zu stützen (servitus oneris ferendi); eingehend Möller, Die Servituten, S. 106–182. Das klassische Recht ließ zudem atypische Servituten zu; einen klar fixierten Kreis der Grunddienstbarkeiten gab es nicht (Windscheid, Lehrbuch des Pandektenrechts I5, § 210 (S. 669); Kaser/K nütel, Römisches Privatrecht 20, § 28 Rn. 6). 11 Statt vieler Vangerow, Pandecten I7, § 338 (S. 687, 694–695); Sohm, Die Lehre vom subpignus, S. 17–18. 12 Die Parömie servitus servitutis esse non potest ist D. 33, 2, 1 über die Zuwendung von Gebrauchs- und Nießbrauchsrechten durch Vermächtnis oder Fideikommiß entnommen; das Quellenexzerpt lautet: „Nec usus nec usus fructus itineris actus viae aquaeductus legari potest, quia servitus servitutis esse non potest: nec erit utile ex senatus consulto, quo cavetur, ut omnium quae in bonis sint usus fructus legari possit, quia id neque ex bonis neque extra bona sit. sed incerti action erit cum herede, ut legatorio, quamdiu vixerit, eundi agenda ducendi facultatem praestet aut ea servitus constituatur sub hac cautione, ut, si decesserit legatarius vel capite deminutus ex magna causa fuerit, restituatur.“ Aus dem ersten Satz ergibt sich explizit zwar nur, dass an den genannten servitutes praediorum rusticorum, nämlich Durchgangs-, Viehtrift-, Wasserleitungs- und Wegerechten keine persönliche Servitut in Form eines usus oder eines ususfructus eingeräumt werden kann. Die absolut formulierte Begründung servitus servitutis esse non potest schließt aber auch das denktheoretische Konstrukt einer Servitut an einer persönlichen Dienstbarkeit aus; mit der rechtstypischen Struktur der persönlichen Servituten hielt die pandektistische Lehre die Rechtsfigur einer Afterservitut für unvereinbar. Siehe nur Puchta, Cursus der Institutionen II, § 252 (S. 748–749): „Ein Usus am Usus wäre wörtlich ohnedieß ein Absurdum (z. B. Bewohnen meines Bewohnens), denkt man sich aber die Servitut als einen von der Servitut veräußerten Bestandtheil, so ist dies unmöglich theils wegen der Untheilbarkeit, theils insonderheit wegen Untrennbarkeit des Usus von dem Subject. Eben so wenig läßt sich ein Fructus am Usus (also ein Ususfructus an irgend einer andern Servitut) denken, weil dieß nicht ohne den Usus selbst zu verwandeln möglich wäre, und wenn endlich factisch Fructus vom Fructus sich wohl als eine Möglichkeit darstellt, so ist doch auch dieses ausgeschlossen, da es eine partielle Veräußerung des Ususfructus wäre, die bey dieser so wenig als bey den andern Servituten zugelassen ist.“ Ähnlich Vangerow, Pandecten I7, § 338 (S. 694–695), der aus der referierten Textstelle einen allgemeinen Rechtsgrundsatz herlei-
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sönlichen Dienstbarkeiten. Zumindest der ususfructus war ausweislich der Quellen rechtsgeschäftlich verwertbar,13 wenngleich die gemeinrechtliche Lehre aus dem Grundsatz der Unvererblichkeit überwiegend folgerte, dass nicht das Recht „seiner Substanz nach“, sondern nur die Ausübung desselben veräußert resp. verpfändet werde.14 Außerdem schloss die Doktrin mit Rücksicht auf die ambivalenten Quellenzeugnisse eine Verpfändung künftiger servitutes praediorum seitens des Eigentümers des „dienensollenden“ Grundstücks nicht schlechthin aus; über die juristische Konstruktion konnte freilich keine Einigkeit erzielt werden.15 Vergleichbares hielt zumindest ein Teil der Lehre auch in Bezug auf die weiteren persönlichen Servituten – usus und habitatio – für möglich, wenngleich die Quellen hierzu schweigen.16 Auch nicht unumstritten war die Konstruktion der Verpfändung der emphyteusis und der superficies.17 Wenngleich im Kern die Verpfändungstete: Dieser schließe auch eine Konkurrenz gleichartiger Servituten an demselben Grundstück aus, weshalb ein zweiter ususfructus selbst mit Zustimmung des Nießbrauchers nicht einer dritten Person seitens des dominus eingeräumt werden könne (ablehnend insoweit Arndts, Pandekten6 , § 179 (S. 275); Windscheid, Pandekten I5, 203 (S. 649)). 13 Vgl. Puchta, Pandekten12 , § 181 (S. 274); Windscheid, Pandekten I5, 205 (S. 652). Der ususfructus ist bekanntlich das ausschließliche, höchstpersönliche und umfassende Recht zur Fruchtziehung und zum Gebrauch der Sache unter Wahrung ihrer Substanz; im Unterschied zum usus ist der ususfructus nicht auf das persönliche Bedürfnis des Usufruktuarius beschränkt und umschließt begrifflich die Sachfrüchte; vgl. Puchta, Pandekten12, § 181 (S. 274). Auch der ususfructus ist – wie alle Servituten – mit einer der Feststellung des dinglichen Rechts dienenden und zugleich auf Störungsschutz gerichteten actio confessoria (= vindicatio servitutis, vindicatio ususfructus) unterlegt (Kaser/K nütel, Römisches Privatrecht I20, § 29 Rn. 15).Vom (quiritischen) Eigentum unterscheidet sich der ususfructus nicht allein wegen der Unvererblichkeit. Auch in materialer Hinsicht ist der ususfructus dem Eigentum unterlegen; zu einem Eingriff in die Sachsubstanz (scil.: Veränderung, Umgestaltung oder Beseitigung der Sache) war der Usufruktuarius ohnehin nicht berechtigt. Wurde die Nießbrauchssache, sei es durch den Usufruktuarius selbst, sei es auf andere Weise, in ihrer äußeren Gestalt fundamental verändert (z. B. ein Gebäude auf dem ursprünglich unbebauten Nießbrauchsgrundstück errichtet oder, umgekehrt, das Gebäude des ursprünglich Nießbrauchsgrundstücks zerstört), erlosch das dingliche Recht ex lege und ipso iure (vgl. Kaser/ Knütel, Römisches Privatrecht I20, § 29 Rn. 5, 14). 14 Siehe u. a. Arndts, Pandekten6 , § 179 (S. 275); Dernburg, Pandekten I5, § 246 (S. 599–600); Puchta, Pandekten12, § 181 (S. 274); Windscheid, Pandekten I5, 205 (S. 652). 15 Vgl. Dernburg, Das Pfandrecht nach den Grundsätzen des heutigen römischen Rechts I, § 62 (S. 484–497); von Vangerow, Lehrbuch der Pandekten I7, § 367 S. 806–811. Wenngleich die Quellen hierzu keine Anhaltspunkte liefern, hielt man auch die Bestellung ländlicher Servituten zu Sicherungszwecken für zulässig; indes war dies nach überwiegender Ansicht atypisch (vgl. von Brinz, Lehrbuch der Pandekten I, § 83 (S. 322)). 16 Brinz, Lehrbuch der Pandekten I, § 83 (S. 323); Sintenis, Handbuch des gemeinen Pfandrechts, § 21 (S. 130); Vangerow, Lehrbuch der Pandekten I7, § 368 (S. 811); a. A. Dernburg, Das Pfandrecht nach den Grundsätzen des heutigen römischen Rechts I, § 62 (S. 485); Sohm, Die Lehre vom subpignus, S. 17 jeweils unter Verweis darauf, dass der usus nur die Befriedigung der persönlichen Bedürfnisse des Usuars gewähre. 17 Als langfristiges, entgeltliches Nutzungsrecht an öffentlichem Kulturland stellte sich die emphyteusis als prinzipiell übertragbares, durch eine actio in rem geschütztes Recht dar (Kaser/ Knütel, Römisches Privatrecht I20, § 30 Rn. 4–5), während die superficies im klassischen Recht das(dingliche) Recht zur Bebauung fremden städtischen Landes gegen Entrichtung eines Bodenzinses gewährte und später im extensiven Eigentumskonzept des Vulgarrechts aufging (Kaser/ Knütel, Römisches Privatrecht I20, § 30 Rn. 6–7).
§ 3 Die Belastung der Belastung
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befugnis des Emphyteuta und des Superfiziars anerkannt war, stritt man darum, ob der „Fundus“ oder das ius in re Bezugspunkt des Pfandrechts sei.18 Diese Kontroverse spiegelt sich in der Analyse der in den Quellen nur angedeuteten Rechtsfigur des subpignus,19 die im Folgenden der Servitutenverpfändung gegenübergestellt wird.
1. Das gemeine subpignus Mit Blick auf die im Grundsatz anerkannte Verpfändbarkeit von Forderungen und Servituten überrascht es nicht, dass sich die Weiterverpfändung des Pfandes im klassischen römischen Recht als zulässiges und angeblich nicht unpopuläres Kreditsicherungsgeschäft20 zu etablieren vermochte. Die fragmentarischen Quellenzeugnisse erweisen sich freilich einmal mehr als ambivalent. Im Mittelpunkt der Quellenexegese steht D. 20, 1, 13, 2.21 Diese aus einer Monographie zur Pfand18 Siehe dazu Dernburg, Das Pfandrecht nach den Grundsätzen des heutigen römischen Rechts I, § 26 (S. 219–224); Sintenis, Handbuch des gemeinen Pfandrechts, § 21 (S. 133–134); Sohm, Die Lehre vom subpignus, S. 34–42. 19 Der Ausdruck subpignus (bzw. After- oder Unterpfandrecht) entwickelte sich im gemeinen Recht; in den Quellen ist von pignus pignori dare oder pignori rem pigneratem accipere die Rede (Wubbe, TR 26 (1958), S. 133, 138. Sohm, Die Lehre vom subpignus, S. 53 Fn. 1 behauptet, dass der Begriff subpignus erstmals bei Schweppe, Römisches Privatrecht II, auftauche. 20 Die rechtstatsächliche Relevanz der Weiterverpfändung – freilich ohne Belege – hervorhebend Dernburg, Das Pfandrecht nach den Grundsätzen des heutigen römischen Rechts I, § 61 (S. 475); skeptisch Bremer, Das Pfandrecht und die Pfandobjecte, S. 228. Ein praktisch relevanter Anwendungsfall war die im römischen Recht anerkannte (stillschweigende) Afterverpfändung der vom Aftermieter in die Mietsache eingebrachten Mobilien (invectis et illatis) seitens des Aftervermieters an den ersten Vermieter; konstruktionsjuristisch wurde auch dies in Teilen des Schrifttums als eine (notwendig einheitliche?) Verpfändung des vom Aftermieter bestellten Pfandrechts und der persönlichen Schuldklage (ablocatio actio) des Aftervermieters an den ersten Vermieter gedeutet (näher Schmid, Grundlagen der Cession, S. 148–154). Nur klarstellend sei erwähnt, dass eine vergleichbare Stufung von Vermieterpfandrechten gem. § 562 Abs. 1 BGB ausscheidet: Das gesetzliche Pfandrecht des Vermieters bezieht sich ausschließlich auf bewegliche Sachen i. S. v. § 90 BGB, nicht auf Forderungen und andere unkörperliche Vermögensgegenstände mit Ausnahme von Miteigentumsanteilen (Palandt (-Weidenkaff ), BGB78 , § 562 Rn. 7). Zudem ist das Pfandrecht auf Sachen des Mieters beschränkt, weshalb bei der Untervermietung ein Pfandrecht des Hauptvermieters an Sachen des Untermieters mangels Vertragsverhältnisses zwischen diesen Personen ausscheidet (Palandt (-Weidenkaff ), BGB78 , § 562 Rn. 8; Staudinger (-Emmerich), BGB (2018), § 562 Rn. 19). 21 D. 20, 1, 13, 2 (Marcian. lib. sing. ad form. hypothec.): Cum pignori rem pigneratam accipi posse placuerit, quatenus utraque pecunia debetur, pignus secundo creditori tenetur et tam exceptio quam actio utilis ei danda est: quod si dominus solverit pecuniam, pignus quoque peremitur, sed potest dubitari, numquid creditori nummorum solutorum nomine utilis actio danda sit an non: quid enim, si res soluta fuerit? Et verum est, quod Pomponius libro septimo ad edictum scribit, si quidem pecuniam debet is, cuius nomen pignori datum est, exacta ea creditorem secum pensaturum: si vero corpus is debuerit et solverit, pignoris loco futurum apud secundum creditorem. [Da anerkannt ist, dass eine verpfändete Sache zum Pfand genommen werden kann, soweit beide Geldbeträge geschuldet werden, haftet das Pfand dem zweiten Gläubiger und diesem ist sowohl die exceptio als auch die actio atilis zu gewähren. Wenn aber der Eigentümer das Geld bezahlt hat, erlischt auch das Pfandrecht. Man kann aber zweifeln, ob etwa dem Gläubiger wegen der bezahlten Münzen die actio utilis zu gewähren sei oder nicht; was denn, wenn eine andere Sache geleistet worden ist? Und es trifft zu, was Pomponius im siebenten Buch seines Ediktskom-
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klage von Marcian referierende Textstelle, in der die Weiterverpfändung des Pfandes seitens des ersten Gläubigers an den zweiten Gläubiger als anerkannte Rechtsgestaltung bezeichnet wird („[…] pignori rem pigneratam accipi posse placuerit […]), führte im deutschsprachigen Schrifttum des vorvergangenen Jahrhunderts zu einer lebhaften Kontroverse.22 Soweit die gemeinrechtliche Lehre zuvörderst aus der vorgenannten Stelle und weiteren spärlichen Belegen in den Quellen eine Lehre vom subpignus zu entfalten suchte,23 ging es um gemeinrechtliche Rechtsfortbildung im Gewand der Quellenexegese. Dies spiegelt sich nicht nur in der Streitfrage, ob – wie der Duktus der einschlägigen Textstellen indiziert – das Pfand oder das Pfandrecht (selbstständig oder qua Forderungsverpfändung) Gegenstand des subpignus sei.24 Für die vielfach angenommene notwendig einheitliche Verpfändung der Forderung und des Pfandrechts legen die Quellen ungeachtet der Bezugnahme auf die Rechtsfolgen der Forderungsverpfändung jedenfalls auf den ersten Blick kein Zeugnis ab. Überhaupt wirft vor allem die zentrale Textstelle D. 20, 1, 13, 2 mehr Fragen auf als sie beantwortet.25 a) Die Quellenzeugnisse Immerhin lässt D. 20, 1, 13, 2 mit einiger Sicherheit darauf schließen, dass der Gläubiger ohne notwendige Mitwirkung des Eigentümers zur Verpfändung des Pfandes berechtigt ist und auf diese Weise eine gegen ihn selbst oder einen Vierten gerichtete Forderung des zweiten Gläubigers sichern kann.26 Der Einschub im ersten mentars schreibt: Und zwar, wenn derjenige, dessen Forderung zum Pfand gegeben worden ist, Geld schuldet, wird der Gläubiger, nachdem er es eingefordert hat, mit sich (seiner Forderung) verrechnen; wenn derjenige aber eine andere Sache geschuldet und geleistet hat, werde sie beim zweiten Gläubiger an Stelle seines Pfandes sein. (Übersetzung nach Apathy, in: FG von Lübtow, S. 585, 586)]. Zu weiteren Quellenzeugnissen der Weiterverpfändung seitens des Pfandgläubigers siehe Vangerow, Lehrbuch der Pandekten I7, § 368 (S. 812). 22 Monographisch Sohm, Die Lehre vom subpignus; Bremer, Das Pfandrecht und die Pfandobjecte, S. 215–228; Demelius, Das Pfandrecht an beweglichen Sachen, S. 284–290; Dernburg, Das Pfandrecht nach den Grundsätzen des heutigen römischen Rechts I, § 61 (S. 475–484); Glück, Ausführliche Erläuterungen der Pandecten XIV/1, S. 57–63; Hofmann, JherJb 10 (1871), S. 377, 382– 386; Horn, Rechte als Object des Pfandrechts, 74 ff.; Schmid, Grundlagen der Cession, S. 145–162; Sintenis, Handbuch des gemeinen Pfandrechts, § 23 (S. 166–184); Vangerow, Lehrbuch der Pandekten I7, § 368 (S. 815–816); Windscheid, Lehrbuch der Pandekten I5, § 239 (S. 781 Fn. 16). 23 Siehe die Nachweise in der vorigen Fn. 24 Eingehend Sohm, Die Lehre vom subpignus, S. 53–66; Schmid, Grundlagen der Cession, S. 145–162; Demelius, Das Pfandrecht an beweglichen Sachen, S. 284–290; Dernburg, Das Pfandrecht nach den Grundsätzen des heutigen römischen Rechts I, § 61 (S. 471–478); siehe ferner Brinz, Pandekten II 2, S. 838; Puchta, Pandekten12, § 195 (S. 300 Fn. g); Vangerow, Lehrbuch der Pandekten I7, § 368 (S. 814–816); Windscheid, Pandekten I5, 239 (S. 780 f. Fn. 14). 25 Windscheid, Lehrbuch der Pandekten I5, § 239 (S. 781 in Fn. 16). Letztlich ist alles umstritten: Die Tatbestandsvoraussetzungen der Weiterverpfändung, die Verwertungsbefugnisse des Afterverpfänders und des Afterpfandgläubigers, die schuld- und sachenrechtlichen Rechtsfolgen der Leistungsbewirkung und nicht zuletzt die dingliche Qualität, namentlich der Störungsschutz, des subpignus. 26 Apathy, FG von Lübtow, S. 585, 586–587, folgert hieraus, dass die Zulässigkeit der Weiterverpfändung früher umstritten gewesen sei.
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Satz „(…) quatenus utraque pecunia debetur (…)“ indiziert, dass das Pfandrecht des zweiten Gläubigers an den Bestand der Forderung des ersten Gläubigers (= Afterverpfänders) geknüpft ist. Der Hinweis auf die Tilgungsfolgen unterstreicht dies. Soweit ausgeführt wird, dass das Pfandrecht durch Zahlung vernichtet werde („[…] quod si dominus solverit pecuniam, pignus quoque peremitur […]“), wird dies mehrheitlich dahin interpretiert, dass das erste und das zweite Pfandrecht durch Zahlung auf die durch das erste Pfandrecht gesicherte Forderung uno actu erlöschen.27 Zudem spricht Marcian dem zweiten Gläubiger (= Afterpfandgläubiger) sowohl eine exceptio als auch eine actio utilis zur Verteidigung des Besitzes am Pfand zu, um dies sodann – in dialektischer Gedankenführung – in Frage zu stellen (sed potest dubitari […] utilis actio danda sit a non) und die aufgeworfene Frage stillschweigend im positiven Sinne unter billigendem Verweis auf die von Pomponius erläuterten Rechtsfolgen der Forderungsverpfändung zu beantworten.28 Indes ist der Textinhalt interpretationsoffen. Soweit es in D. 20, 1, 13, 2 heißt, dass das Pfandrecht durch Zahlung seitens des Eigentümers – der vereinfachend mit dem persönlichen Schuldner gleichgesetzt wird – vernichtet werde, ist ungewiss, welcher creditor hier Leistungsempfänger ist.29 Während u. a. Puchta argumentierte, es müsse eine Leistung des Eigentümers an den Afterpfandgläubiger gemeint sein,30 interpretierte die überwiegende Ansicht die Textstelle dahin, dass dem zweiten Gläubiger implizit eine Herausgabeklage in Ansehung des an den Afterverpfänders auf die Forderung geleisteten Gegenstandes zugesprochen werde.31 Das Surrogationsprinzip 27 Dernburg, Das Pfandrecht nach den Grundsätzen des heutigen römischen Rechts I, § 61 (S. 479), argumentiert, dass der allgemeine Rechtssatz, demzufolge das Pfandrecht durch Erfüllung der versicherten Forderung erlösche, in anderen Textstellen hinlänglich zum Ausdruck gebracht sei und – als bare Selbstverständlichkeit – in diesem Zusammenhang keiner Erwähnung bedürfe. Unterstützend beruft sich Dernburg, ebd., auf Papinian D. 13, 7, 40, 2 („[…] si medio tempore pignus creditor pignori dederit, domino solvente pecuniam, quam debuit, secundi pignoris neque persecutio dabitur, neque retentio relinquetur“), wo ausdrücklich gesagt ist, dass der zweite Gläubiger weder ein Klage- noch ein Zurückbehaltungsrecht an der weiterverpfändeten Pfandsache geltend machen kann, sobald der Eigentümer die gesicherte Schuld zahlt. 28 Mehrheitlich wird der zweite Halbsatz des ersten Satzes in D. 20, 1, 13, 2 ([…] et tam exceptio quam actio utilis ei danda est) dahin interpretiert, dass dem secundus creditor sich insbesondere auch gegenüber dem Eigentümer auf sein Besitzrecht berufen und bei Entziehung des Besitzes das Pfand mittels einer der actio hypothecaria des Sachpfandgläubigers nachgebildeten Klage vindizieren könne (Dernburg, Das Pfandrecht nach den Grundsätzen des heutigen römischen Rechts I, § 61 (S. 479); Glück, Ausführliche Erläuterungen der Pandecten XIV/1, S. 58 in Fn. 79; Sohm, Die Lehre vom subpignus, S. 82; Windscheid, Lehrbuch des Pandektenrechts I5, § 239 (S. 781 in Fn. 16)). 29 Die Streitfrage setzte sich in der rechtshistorischen Forschung im 20. Jahrhundert fort; siehe Wubbe, TR 26 (1958), S. 133, 144–155; Apathy, FG von Lübtow, 1980, S. 585, 588–591. 30 Puchta, Vorlesungen über das heutige römische Recht I5, § 208 (S. 438–439); Vangerow, Lehrbuch der Pandekten I, § 368 (S. 815–816). Die von Marcian postulierte Rechtsfolgenverweisung auf die Forderungsverpfändung ist nach dieser Ansicht dahin auszulegen, dass der erste Gläubiger gegen den zweiten Gläubiger auf Herausgabe des erzielten Überschusses bzw. auf Ablösung des Pfandes klagen kann (sog. actio pignoratitia directa in personam); aus neuerer Zeit auch Wubbe, TR 26 (1958), S. 133, 151–155. 31 Dernburg, Das Pfandrecht nach den Grundsätzen des heutigen römischen Rechts I, § 61
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galt nach der letztgenannten Ansicht zumindest dann zugunsten des Afterpfandgläubigers, wenn eine res non fungibilis an den Afterverpfänder geleistet wurde; die utilis actio stehe hier für eine der actio hypothecaria des Sachenpfandgläubigers nachgebildete Klage: die actio hypothecaria utilis.32 b) Weiterverpfändung der Sache oder Verpfändung des Rechts? Soweit in der gemeinrechtlichen Doktrin darüber gestritten wurde, ob die Pfandsache, die actio hypothecaria oder das Pfandrecht des ersten Gläubigers weiterverpfändet werde, ob die sog. Afterverpfändung als „bedingte Cession“ oder als eigenständiger rechtsgeschäftlicher Aktstypus und ob das hieraus resultierende Pfandrecht als Sachen- oder Rechtspfandrecht zu klassifizieren sei,33 ging es ausschließlich um rechtsfolgenirrelevante Fragen der Begriffsbildung.34 Schon wegen (S. 479); Glück, Ausführliche Erläuterungen der Pandecten XIV/1, S. 58–60; Windscheid, Pandekten I5, 239 (S. 781 f. in Fn. 16). 32 Dernburg, Das Pfandrecht nach den Grundsätzen des heutigen römischen Rechts I, § 61 (S. 480); Glück, Ausführliche Erläuterungen der Pandecten XIV/1, S. 60; Windscheid, Pandekten I5, 239 (S. 781 f. in Fn. 16). Umstritten war innerhalb der h. A. die Rechtslage bei einer Geldleistung des Schuldners an den Afterverpfänder resp. Afterpfandgläubiger. Außer Frage stand, dass der Afterpfandgläubiger, wenn er selbst die Geldforderung einzog, das Geld im Umfang der Pfandhaftung behalten konnte; offenbar sollte der Afterpfandgläubiger nur persönlich auf Herausgabe des erzielten Überschusses haften. Zahlte der Schuldner dagegen an den Afterverpfänder, war strittig, ob nach römischem Recht ein pfandrechtliches Surrogationsprinzip auch hinsichtlich der nummi soluti gelte und insoweit auch eine actio in rem seitens des Afterpfandgläubigers in Betracht komme; wohl mehrheitlich wurde dies verneint; siehe Bremer, Das Pfandrecht und die Pfandobjecte, S. 227; Glück, Ausführliche Erläuterungen der Pandecten XIV/1, S. 59–60; Windscheid, Pandekten I5, 239 (S. 781 f. in Fn. 16; aus neuerer Zeit Wubbe, TR 26 (1958), S. 133, 153; Apathy, FG von Lübtow, 1980, S. 585, 588). 33 Wubbe, TR 26 (1958), S. 133, 142; Apathy, in: FG von Lübtow, S. 585 behaupten, dass sich die römischen Juristen – mit Rücksicht auf das spärliche Quellenmaterial – wohl nicht mit dieser Fragestellung auseinandergesetzt hätten. 34 Nichts anderes gilt für die parallele Fragestellung, ob die Verpfändung seitens des Emphyteuta resp. des Superfiziars sich auf die Sache (so Dernburg, Das Pfandrecht nach den Grundsätzen des heutigen römischen Rechts I, § 26 (S. 219 ff.); Büchel, Ueber jura in re und deren Verpfändung, S. 121–126; Exner, Kritik des Pfandrechtsbegriffs nach römischem Recht, S. 75 f.) oder auf das ius in re des Verpfänders bezog (so Bremer, Das Pfandrecht und die Pfandobjecte, S. 40 f., 183 f.; Hepp, AcP 15 (1832), S. 79, 81 ff.; Sohm, Die Lehre vom subpignus, S. 33–42; Windscheid, Pandekten I5, § 227 (S. 738 f. mit Fn. 3)). Soweit argumentiert wurde, dass sich die Verpfändung auf den Fundus beziehen müsse, ging es ersichtlich darum, den Pfandgläubiger gegen die Gefahr eines Rechtsverlusts durch Konsolidation der emphyteusis resp. superficies abzusichern (Sohm, Die Lehre vom subpignus, S. 38). So stellte Dernburg ebd. nicht in Abrede, dass das Pfandrecht mit dem rechtlichen Schicksal der emphyteusis resp. der superficies des Verpfänders grundsätzlich verhaftet sei, also mit Beendigung des ius in re des Verpfänders durch Zeitablauf erlösche; der Verpfänder als Inhaber einer emphyteusis resp. superficies könne den „Fundus“ nur im Umfang seines Rechts verpfänden, so dass der Pfandgläubiger mittels Pfandverkaufs auch nicht das Grundstück, sondern das ius in re des Verpfänders auf den Erwerber übertrage (Büchel, Ueber jura in re und deren Verpfändung, S. 125). Indes sei es unbillig, dass das Pfandrecht bei Erwerb des verpfändeten Rechts durch den Eigentümer zwangsläufig erlösche (Dernburg, Das Pfandrecht nach den Grundsätzen des heutigen römischen Rechts I, § 26 (S. 221); das gewünschte billigkeitsinduzierte Ergebnis versuchte man mit der Konstruktion einer Sachverpfändung zu begründen.
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des klarstellenden Einschubs „(…) quatenus utraque pecunia debetur (…)“ in D. 20, 1, 13, 2 herrschte in der Literatur Einigkeit, dass sich der zweite Gläubiger allenfalls im Umfang der durch die erste Forderung bestimmten „Haftung“ aus dem Pfand zu befriedigen vermochte.35 Auch die Autoren, die die Textstelle verbaliter dahingehend interpretierten, dass die Pfandsache verpfändet sei, stellten den allgemeinen Rechtsgrundsatz „nemo plus iuris ad alium transferre potest quam ipse habet“ 36 hier nicht in Frage; der erste Gläubiger sei nur „in den Grenzen seines Pfandrechts“ zur „Verpfändung der Sache“ berechtigt.37 Zu einer Erweiterung der durch die ForAußerdem verwies Dernburg, a. a. O., darauf, dass man den Verpfänder als Inhaber einer emphyteusis resp. superficies nach der Verkehrsanschauung de facto als den Herren des bewirtschafteten Grundstücks ansehen müsse. Dies korrespondiere mit dem im Vulgarrecht sich durchsetzenden extensiven Eigentumsbegriff, der Lehre vom geteilten Eigentum; dies zeige sich darin, dass sowohl der Emphyteuta als auch der Superfiziar das Grundstück vindizieren und überdies Servituten am Grundstück (für die Dauer des jeweiligen ius in re) bestellen können (Dernburg, a. a. O.). Schließlich sei anerkannt, dass der Ersitzungsbesitzer den Fundus selbst verpfände, wobei der Pfandgläubiger allenfalls bei Gutgläubigkeit im Zeitpunkt der Verpfändung ein Pfandrecht erwarb, vermöge dessen auch zulasten des Eigentümers über die Sache vor Ablauf der Ersitzungsfrist verfügt werden könne (Dernburg, a. a. O.). Wenig überraschend wurde dieser Ansicht entgegengehalten, dass die These der Sachverpfändung im Umfang eines Rechts eine systemwidrige Anomalie sei; entweder sei die Sache oder das Recht verpfändet – tertium non datur; aus dem allgemeinen Rechtsgrundsatz nemo plus iuris ad alium transferre potest quam ipse habet folge aber notwendig, dass Emphyteuta und Superfiziars allein ihr ius in re verpfänden können (Sohm, Die Lehre vom subpignus, S. 33 ff.). Aus der Bestellung von Servituten am Grundstück könne im Hinblick auf die Verpfändungsbefugnis nichts hergeleitet werden, weil Servituten ohnehin nur an einem fundus, nicht an einem Recht konstituiert werden könnten; schließlich trage nur der „Fundus“ Früchte. Es fehle auch jegliches Bedürfnis für eine Verpfändung des Grundstücks, weil emphyteusis und superficies ein Vermögenswert inhärent sei, über den der Rechtsinhaber verfügen könnte. Demgegenüber stünde dem Ersitzungsbesitzer ja gar kein dingliches Recht an der Sache zu, weshalb sich eine Verpfändung seitens des Ersitzungsbesitzers nur auf die Sache selbst beziehen könne. Endlich erlösche das Pfandrecht auch dann, wenn die emphyteusis bzw. die superficies vermittels Vereinigung mit dem Eigentum unterginge; die gekünstelte Annahme eines Sachenpfandrechts zwecks Erhaltung des Pfandrechts bei Konsolidation sei abzulehnen (Sohm, Die Lehre vom subpignus, S. 38 ff.). Aus der Sicht zeitgenössischer Rechtsdogmatik besteht erst recht kein Grund, die „Rechtsverpfändung“ in eine „Sachverpfändung“ umzudeuten, lässt sich doch die Frage des Kontinuitätsschutzes bei Vereinigung des Pfandobjekts mit dem Eigentum einfach dort lösen, wo sie entsteht: bei den Rechtsfolgen der Konsolidation des belasteten Grundstücksrecht (vgl. § 889 BGB). 35 Exner, Kritik des Pfandrechtsbegriffs nach römischem Recht, S. 89; Vangerow, Lehrbuch der Pandekten I, § 368 (S. 814–815); Windscheid, Pandekten I5, 239 (S. 780 f.). 36 Ulpian, D. 50, 17, 54. 37 So Vangerow, Lehrbuch der Pandekten I7, § 368 (S. 814–815); ähnlich Büchel, Ueber jura in re und deren Verpfändung, S. 106–107; Glück, Ausführliche Erläuterungen der Pandecten XIV/1, S. 58. In diese Richtung auch Puchta, Vorlesungen über das heutige römische Recht I5, § 208 (S. 438), der die Afterverpfändung aber als „bedingte Cession“ der actio hypothecaria des Pfandgläubigers konstruiert. Wie Sohm, Die Lehre vom subpignus, S. 65–66 hinreichend dargelegt hat, lässt sich die Unstimmigkeit der These, dass der erste Gläubiger ein weiteres Pfandrecht an der Sache „in den Grenzen seines Pfandrechts“ bestelle, mühelos entlarven: „Die Sache soll verpfändet sein, aber doch nicht mit denjenigen Wirkungen, welche die Verpfändung einer Sache hat. Die Wirkungen sollen die der Verpfändung eines Rechts sein, und doch soll nicht dies Recht, sondern eine Sache als verpfändet angesehen werden. Die ‚Verpfändung einer Sache in den Grenzen eines Rechts‘ ist etwas logisch Unmögliches. Die Unrichtigkeit der bekämpften Theorie zeigt sich ge-
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derung des ersten Gläubigers bestimmten Pfandhaftung kommt es bei der Weiterverpfändung somit unstreitig nicht; eine Forderungsauswechselung steht nicht in Frage und der erste Gläubiger begründet auch nicht etwa vermöge des Pfandverkaufs ein reguläres neues selbstständiges Pfandrecht in der Person des Käufers unter Erlöschen.38 Der zweite Gläubiger ist nur bei Fälligkeit beider Forderungen zum Pfandverkauf berechtigt, wobei ihm der Erlös maximal in dem durch das erste Pfandrecht bestimmten Umfang gebührt.39 Außer Frage steht auch, dass das zweite Pfandrecht durch Tilgung der Forderung des ersten Gläubigers erlischt, steht doch dem (zweiten) Gläubiger die actio utilis und die exceptio ausweislich D. 20, 1, 13, 2 nur quatenus utraque pecunia debetur zu.40 Mit Nuancierungen im Detail wurde generalisierend postuliert, das Afterpfandrecht sei an das rechtliche Schicksal des Pfandrechts des Afterverpfänders geknüpft: Sobald dieses untergehe, erlösche das Afterpfandrecht.41 Angesichts dessen erschöpft sich die kontrastive Gegenüberstellung zwischen „Sachenpfandrecht“ und „Rechtspfandrecht“ in einem belanglosen Spiel mit Worten;42 das von der gemeinrechtlichen Lehre ausgearbeitete subpignus bezog sich – wie jedes aus einem ius in re konstituierte ius in re – auf mindestens zwei Objekte.43 Selbstverständlich wirkt die Verpfändung nicht realiter auf einen lebensweltlichen Gegenstand, sondern auf die Rechtsstellung des Pfandgläubigers ein, indem sie dessen Befugnis zur Befriedigung aus dem Pfand kraft Veräußerung zugunsten des Afterpfandgläubigers einschränkt. Aus dieser Verfügung folgt ein Recht am Recht, welches zugleich das dem belasteten Recht unterliegende Objekt „ergreift“. In aller Deutlichkeit zeigt sich dies darin, dass dem zweiten Gläubiger unstreitig ein vermittels exceptio und utilis actio geschütztes Recht zum Besitz an dem „weiterverpfändeten“ Pfand zusteht.44 Auf den in Teilen des Schrifttums vorgebrachten Einwand, rade darin am deutlichsten, daß sie zu einem solchen Nothbehelf greifen muß, um sich mit den klaren Aussprüchen der Quellen in Einklang zu setzen.“ 38 Zur Abgrenzung zwischen der irregulären Bestellung eines selbstständigen Pfandrechts durch Pfandverkauf – in Analogie zur römischen Konstruktion der Bestellung einer Servitut seitens des Pfandgläubigers aufgrund Pfandverkaufs, was gleichfalls zum Erlöschen des (alten) Pfandrechts des befriedigten Gläubigers führt (siehe dazu § 3 I. 2. a)) – von der Afterverpfändung Kohler, Pfandrechtliche Forschungen, S. 17 ff.; siehe auch Löhr, AcP 14 (1831), S. 161, 162. 39 Glück, Ausführliche Erläuterungen der Pandecten XIV/1, S. 62; Vangerow, Lehrbuch der Pandekten I7, § 368 (S. 814–815). 40 Vgl. Dernburg, Das Pfandrecht nach den Grundsätzen des heutigen römischen Rechts I, § 61 (S. 477); Exner, Kritik des Pfandrechtsbegriffs nach römischem Recht, S. 89; Büchel, Ueber jura in re und deren Verpfändung, S. 108. Dies ergibt sich nicht nur im Umkehrschluss aus D. 20, 1, 13, 2, sondern auch aus D. 13, 7, 40, 2. 41 Sohm, Die Lehre vom subpignus, S. 64–65, 104–115. 42 So auch Arndts, Pandekten6 , § 367 (S. 585). 43 Für das in §§ 454, 455, 460 ABGB ausdrücklich normierte Afterpfandrecht des österreichischen Rechts gilt nichts anderes; näher zur Diskussion in Österreich § 5 II. 1. a). 44 Was in D. 20, 1, 13, 2 exemplarisch für die Weiterverpfändung eines sog. Sachenpfandrechts expliziert wurde, übertrug die gemeinrechtliche Doktrin mutatis mutandis auf die Verpfändung von Rechtspfandrechten, d. h. Forderungs- und Servitutenpfandrechten, Pfandrechten an emphyteusis und superficies und Afterpfandrechten (Bremer, Das Pfandrecht und die Pfandobjecte, S. 228. Die damit eröffneten unendlichen Erscheinungsformen mehrstufiger Belastungen akzen-
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dass der Afterpfandgläubiger ja nur die Sache, wenn die Verwertungsvoraussetzungen im Übrigen vorliegen, nicht aber das Pfandrecht des ersten Gläubigers veräußern könne,45 ist erstens zu erwidern, dass gerade in Frage steht, ob in der Übergabe der Pfandsache zumindest eine stillschweigende Forderungsverpfändung liegt, die den Afterpfandgläubiger zur Einziehung der durch das erste Pfandrecht gesicherten Forderung ermächtigt.46 Zweitens verkennt die Gegenansicht den Sinn und Zweck der Afterverpfändung: Anders als bei einer Sachverpfändung seitens des Eigentümers kann bei einer Verpfändung seitens des Pfandgläubigers zur Sicherung eigener Verbindlichkeiten, zumal wenn diese nominal die durch das Pfandrecht gesicherte Forderung übersteigen, ein vergleichbares Interesse des Afterverpfänders an der Einlösung der Pfandsache resp. des Pfandrechts kaum unterstellt werden.47 Vielmehr verbindet die Weiterverpfändung Sicherungs- und Umsatzfunktion: Sie ermöglicht dem Pfandgläubiger eine antizipierte Befriedigung wegen der gesicherten Forderung dadurch, dass die Durchsetzung des verpfändeten Pfandrechts und, zumindest implizit, wie im Folgenden gezeigt wird, auch die Einziehungs- und Empfangszuständigkeit bezüglich der gesicherten Forderung einem Dritten entgeltlich überlassen wird, ohne endgültig die Gläubigerstellung aufzugeben.48 c) Pignus nominis oder eigenständiges Pfandrecht am Pfandrecht? Steht hiernach die Belastung eines Rechts in Rede, stellt sich zunächst die Frage, ob der erste Gläubiger in Wirklichkeit seine Forderung mitsamt dem Pfandrecht verpfände oder, was angesichts der nicht ausdrücklich erwähnten Einräumung eines pignus nominis naheliegt, das Pfandrecht als selbstständige Sache (i. w. S.) verpfändet. Schließt man sich der zweiten Ansicht an, stellt sich die Folgefrage, ob hierdurch in Umkehrung des Rechtssatzes accessorium sequitur principale die Forderung von der Afterverpfändung erfasst wird und, bejahendenfalls, worin sich die mitbelastende Wirkung manifestiert oder ob die Forderung gänzlich unbelastet bleibt. Die letztgenannte, vor allem von Sohm vertretene Variante der Afterverpfändung49 vermochte sich jedenfalls nicht durchzusetzen. Namentlich Windscheid tuierend Sohm, Die Lehre vom subpignus, S. 140: „Wir stehen hier demnach an einem Punkte, wo sich auf’s Neue eine unendliche Reihe von Pfandrechten verschiedener Art eröffnet, eine Folge davon, daß das Pfandrecht im Afterpfandrecht zu sich selbst zurückkehrt und damit die Fähigkeit gewinnt, aufs Neue und immer wieder aufs Neue seinen Kreislauf durch die verschiedenartigsten Vermögensstücke zu beginnen.“). 45 So Brinz, Pandekten II 2 , S. 838 Fn. 7. 46 Siehe hierzu sogleich § 3 I. 1. c). 47 Demelius, Das Pfandrecht an beweglichen Sachen, S. 282. 48 Vgl. Demelius, Das Pfandrecht an beweglichen Sachen, S. 282–283. 49 Sohm, Die Lehre vom subpignus, S. 67–76, 109–110; zustimmend Arndts, Pandekten6 , § 367 (S. 583); Exner, Kritik des Pfandrechtsbegriffes, S. 80–87. Sohm beruft sich zuvörderst darauf berief, dass die gegenteilige Ansicht das Afterpfandrecht entgegen der Quellenzeugnisse als eigenständige Rechtsfigur überhaupt nicht anerkenne, sondern in ein bloßes pignus nominis umgestalte. Indes sei das Afterpfandrecht gerade nicht mit einem Forderungspfandrecht identisch; die römischen Juristen hätten die Verpfändung des Pfandrechts als eigenständiges Rechtsgeschäft ausdrücklich anerkannt (Sohm, Die Lehre vom subpignus, S. 69–70). Aus den Textstellen ergebe
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meinte die Textstelle D. 20, 1, 13, 2 dahin auslegen zu müssen, dass die Forderung zwar nicht notwendigerweise mit dem Pfandrecht verpfändet werde, aber gleichwohl für die Forderung des zweiten Gläubigers „durch das Pfandrecht hindurch hafte“.50 Freilich blieb bei unterstellter Zulässigkeit einer gesonderten Verpfändung des Pfandrechts im Einzelnen unsicher, ob die und, bejahendenfalls, welche der für das pignus nominis entwickelten Rechtssätze auf das gemeine subpignus Anwendung finden sollten. Die von Dernburg vertretene vordringende Ansicht postulierte demgegenüber auch bei der Afterverpfändung das Akzessorietätsprinzip; das Pfandrecht werde ausschließlich im Wege der Forderungsverpfändung mitverpfändet.51 Strittig war dabei, ob die Verpfändung des Pfandrechts oder gar die Verpfändung der Sache die Forderung mitreiße oder stattdessen einfach nur die „führende“ Forderung verpfändet werde. Letzteres lief auf die Negation der Afterverpfändung als eigenständiges Rechtsgeschäft hinaus; die Weiterverpfändung des Pfandes bzw. des Pfandrechts war hiernach eine bloß praktisch gebräuchliche sprachliche Abbreviatur für eine Forderungsverpfändung. Ungeachtet der konstruktionsjuristischen Divergenz war sich die gemeinrechtliche Lehre im Ergebnis einig, dass der Schuldner/Eigentümer mit befreiender Wirsich nichts dafür, dass dem zweiten Gläubiger die Klage zur Einziehung der Forderung des ersten Gläubigers zustehe oder dass er mittels Benachrichtigung des Schuldners verhindern könne, dass dieser mit befreiender Wirkung an den ersten Gläubiger leiste (Sohm, Die Lehre vom subpignus, S. 70; Horn, Rechte als Objecte des Pfandrechts, S. 76). Allein der Umstand, dass eine gesonderte Pfandrechtsverpfändung eine schwächere Sicherheit biete als eine unterstellte einheitliche Verpfändung der Forderung und des Pfandrechts rechtfertige es nicht, die entgegenstehenden Quellenangaben umzudeuten (Sohm, Die Lehre vom subpignus, S. 74–75). Auch die in D. 20, 1, 13, 2 bejahte Rechtsfolgenverweisung auf die die Forderungsverpfändung rechtfertige nicht nur keine andere Betrachtungsweise, sondern bestätige gerade, dass es sich bei der Verpfändung des Pfandrechts um ein eigenständiges, von der Forderungsverpfändung zu scheidendes Rechtsgeschäft handele, auf das lediglich die Regeln über das pignus nominis lediglich entsprechend anzuwenden seien (Sohm, Die Lehre vom subpignus, S. 75, 109–110). Diese partielle Regelerstreckung sei, wie Sohm ebd. ausführt, nur konsequent, denn „Pfandrecht und Forderung sind (…) ihrem Inhalt nach völlig gleichgeartet. Jenes ist wie dieses seinem Inhalt nach ein Recht auf einen Vermögenswerth; das Pfandrecht an diesen Rechten ist also hier wie da das Pfandrecht an einem Recht auf einen Vermögenswerth; das Pfandrecht wirkt demnach auch (…) hier wie dort auf völlig gleiche Weise.“ Weiter wird von Exner, Kritik des Pfandrechtsbegriffs, S. 81–85 vorgebracht, ein isoliertes Afterpfandrecht müsse zumindest dann entstehen, wenn der (After-)Verpfänder sich irrtümlich für den Eigentümer der Sache halte und in Wirklichkeit Pfandgläubiger sei, weil ein Sachenpfandrecht dann nicht entstehen könne und eine Verpfändung der gesicherten Forderung, von der der Verpfänder womöglich gar nichts wisse, nicht beabsichtigt sei. Lässt man hier aber zugunsten des Erwerbers zumindest den Erwerb eines Afterpfandrechts zu, dürfe nichts anderes gelten, wenn die Parteien wissentlich ein Afterpfandrecht ohne Verpfändung der Forderung des Afterverpfänders begründen wollen (so auch Horn, Rechte als Objecte des Pfandrechts, S. 76). 50 Windscheid, Pandekten I5, 239 (S. 782 Fn. 16). 51 Dernburg, Das Pfandrecht nach den Grundsätzen des heutigen römischen Rechts I, § 61 (S. 481–482); Demelius, Das Pfandrecht an beweglichen Sachen, S. 271–278; Sintenis, Handbuch des gemeinen Pfandrechts, § 23 (S. 171–175); Schmid, Grundlagen der Cession, S. 145–154, der sich zur Begründung unterstützend auf die von Ulpian besprochene Afterverpfändung der invectis et illatis des Aftermieters durch den Aftervermieter an den ersten Vermieter beruft, bei der konstruktionsjuristisch die persönliche Schuldklage (ablocatio actio) des Aftervermieters an den ersten Vermieter verpfändet werde; Sintenis, Handuch des gemeinen Pfandrechts, S. 171.
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kung an den zweiten Gläubiger leisten könne, soweit diesem das gezahlte Geld bzw. der Erlös auf dem Verkauf der geleisteten res non fungibilis zu seiner Befriedigung gebührt.52 Außer Frage stand, dass der zweite Gläubiger bei Pfandreife (des ersten und des zweiten Pfandrechts) zum Verkauf der dem ersten Pfandrecht unterliegenden Sache berechtigt sei und dass ihm zu diesem Zweck die auf Herausgabe des Pfandes gerichtete actio utilis zustehe.53 Während ein ius exigendi des Afterpfandgläubigers bei unterstellter gesonderter Verpfändung des Pfandrechts ausschied,54 war dies nach der Gegenansicht fraglos gegeben. Soweit seitens der Verfechter der Lehre von der Pfandrechtsverpfändung vertreten wurde, dass die Forderung des ersten Gläubigers für die Forderung des zweiten Gläubigers zumindest „durch das Pfandrecht hindurch hafte“,55 dürfte dies implizieren, dass – parallel zur Rechtslage bei der Forderungsverpfändung – der von der „Afterverpfändung“ in Kenntnis gesetzte Schuldner an seinen Gläubiger nicht mit befreiender Wirkung leisten konnte. Dies war mit der von Sohm entwickelten Lehre unvereinbar; der zweite Gläubiger vermochte erfüllungstaugliche Leistungen des Schuldners an den ersten Gläubiger auch nicht durch denuntatio zu verhindern.56 Mit der Streitfrage, ob sich die Verpfändung des Pfandrechts als besonderes Rechtsgeschäft oder als Forderungsverpfändung darstellt, waren weitere, hier nicht zu vertiefende Detailprobleme verknüpft,57 auf die im Rahmen der intraspezifischen Belastungskompatibilität 52 Glück, Ausführliche Erläuterungen der Pandecten XIV/1, S. 61; Sohm, Die Lehre vom subpignus, S. 105–106; Windscheid, Pandekten I5, 239 (S. 781). 53 Sohm, Die Lehre vom subpignus, S. 131–136. Zur Ausübung des Pfandverkaufs ist der Afterpfandgläubiger hiernach nur nach Maßgabe der dem Afterverpfänder zustehenden Veräußerungsbefugnis berechtigt. Der Afterverpfangläubiger hat hiernach auch die den Sachenpfandgläubiger treffenden Pflichten bei der Veräußerung der fremden Sache, z. B. Anzeige an den Eigentümer, zu beachten; sofern ein Überschuss erzielt wird, ist der Afterpfandgläubiger zur Herausgabe desselben an den Afterverpfänder verpflichtet (Sohm, Die Lehre vom subpignus, S. 84– 85, 135–136). Ungeachtet des Gegenstandes des zu verpfändenden Pfandrechts entsprach das Afterpfandrecht inhaltlich jeweils dem belasteten Pfandrecht; es partizipierte also an den juristischen Mitteln, die das zu verpfändende Pfandrecht zur Befriedigung des Pfandgläubigers gewährte (Sohm, Die Lehre vom subpignus, S. 137–140). So war der Afterpfandläubiger eines subpignus nominis berechtigt, den Schuldner der an den Afterverpfänder verpfändeten Forderung mittels einer dem Forderungspfandrecht nachgebildeten Leistungsklage – eine utilis actio in personam – in Anspruch zu nehmen. Im Fall der Verpfändung eines Servitutenpfandrechts stand dem Afterpfandgläubiger eine der Klage des Servitutenpfandgläubigers nachgebildete utilis actio confessoria resp. utilis in rem actio hypothecaria zu; aus dem Pfandrecht am Servitutenpfandrecht befriedigte sich der Afterpfandgläubiger durch Verkauf des verpfändeten ususfructus resp. durch Bestellung einer servitus praedii. Entsprechendes galt bei der Verpfändung des Pfandrechts an einer emphyteusis bzw. superficies sowie bei der Verpfändung des Afterpfandrechts selbst. 54 Sohm, Die Lehre vom subpignus, S. 70, 124. 55 Windscheid, Pandekten I5, 239 (S. 782 Fn. 16). 56 Sohm, Die Lehre vom subpignus, S. 70, 124. 57 Wie angerissen, waren sowohl die Einziehungs- und Empfangszuständigkeiten im Verhältnis zum Schuldner der ersten Forderung, die Rechtsfolgen der Leistungsbewirkung des ersten Verpfänders/Schuldners/Eigentümers sowohl bei Geldleistungen als auch bei Sachleistungen und endlich der Schutz des Afterpfandgläubigers gegen tatsächliche und rechtlich Beeinträchtigungen der Pfandsache und des Afterpfandrechts strittig Sohm, Die Lehre vom subpignus, S. 111–113 vertrat eine differenzierte Position: Zahle der Schuldner an den ersten Gläubiger, setze sich das
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des Pfandrechts im geltenden Recht noch zurückzukommen sein wird. Vor allem rührt das Konzept einer gesonderten Verpfändung des Pfandrechts an der Integrität des gemeinen Pfandrechtsbegriffs. Wer die Verpfändung der ersten Forderung nicht als notwendige Voraussetzung der Afterverpfändung oder die „WeiterverAfterpfandrecht nicht an dem geleisteten Geld als (reguläres) Sachenpfandrecht fort; eine Pfandrechtssurrogation scheide aus, da bei Einziehung einer verpfändeten Geldforderung auch keine Surrogation eintrete, der einziehende Pfandgläubiger vielmehr Eigentum erwerbe (Sohm, a. a. O.; mit abweichender Begründung im Ergebnis auch Bremer, Das Pfandrecht und die Pfandobjecte, S. 225–227; abweichend aus jüngerer Zeit Apathy, in: FG von Lübtow, S. 585, 588–590, der D. 20, 1, 13, 2 dahin deutet, dass sich das Afterpfandrecht bei unterstellter isolierter Verpfändung des Pfandrechts des ersten Gläubigers an den vom Schuldner an den ersten Gläubiger geleisteten Geldstücken fortsetze). Der Afterpfandgläubiger bleibe, da die Zahlung an den ersten Gläubiger ohne Rücksicht auf die Kenntnis des Schuldners von der Afterverpfändung befreiende Wirkung gegenüber dem Afterpfandgläubiger entfalte, somit also das Pfandrecht und das darauf lastende Afterpfandrecht erlöschen, auf seine persönliche Forderung gegen den Afterverpfänder verwiesen. Anders lag es bei der Leistung anderer Sachen als Geld; hier sollte sich das Afterpfandrecht an dem Leistungsgegenstand als Sachenpfandrecht unmittelbar fortsetzen (Sohm, a. a. O.). Demgegenüber wirkte sich der Meinungsstreit nicht bei der Einziehung der Forderung des ersten Gläubigers seitens des zweiten Gläubigers aus. Auch bei isolierter Verpfändung des Pfandrechts war anerkannt, dass der Schuldner, der solvendi causa an den Afterpfandgläubiger leistet, hierdurch von seiner Schuld im Verhältnis zum Afterverpfänder frei wurde. Nach der von Sohm, a. a. O. vertretenen Ansicht, sollte der Afterpfandgläubiger wie ein Forderungspfandgläubiger Eigentum an dem gezahlten Geld – mit Verpflichtung zur Herausgabe der Hyperocha – bzw. ein Ersatzpfandrecht am geleisteten Gegenstand erwerben, während dem Afterverpfänder kraft Stellvertretung durch den Afterpfandgläubiger unmittelbar das Eigentum an der geleisteten Sache zufiel. Fragwürdig ist dagegen der Bestands- und Störungsschutz des Afterpfandrechts. Während dem zweiten Gläubiger nach D. 20, 1, 13, 2 ein (mittels exceptio und utilis actio) drittschutzfähiges Besitzrecht an der dem verpfändeten Pfandrecht unterliegenden Sache zustand, blieb der Schutz des Afterpfandrechts gegen rechtliche Beeinträchtigungen strittig. Lt. Sohm, Die Lehre vom subpignus, S. 112–113, war der Afterpfandgläubiger prinzipiell ungeschützt; der Afterverpfänder konnte das Afterpfandrecht durch Einziehung der Forderung und Aufhebung des verpfändeten Pfandrechts ohne Zustimmung des Afterpfandgläubigers willkürlich vernichten. Auch gegen einen Rechtsverlust durch Konfusion der das erste Pfandrecht sichernden Forderung war der Afterpfandgläubiger ungeschützt; ein denktheoretisch möglicher Fortbestand der Forderung mitsamt dem belasteten Pfandrecht wurde nicht einmal erwogen (Sohm, Die Lehre vom subpignus, S. 104). Demgegenüber war dem Afterverpfänder die Ausübung des Pfandrechts, sei es durch Verkauf der verpfändeten Sache, sei es durch Einziehung der verpfändeten Forderung, sei es durch Verkauf einer verpfändeten Servitut versagt; ein vom Afterverpfänder vorgenommener Pfandverkauf ohne Zustimmung des Afterpfandgläubigers sei (absolut) nichtig (Sohm, Die Lehre vom subpignus, S. 146–148; nach Dernburg, Das Pfandrecht nach den Grundsätzen des heutigen römischen Rechts I, § 61 (S. 483) galt dies nur bei Verständigung des Eigentümers von der Afterverpfändung, ohne die Denuntiation bleibe die Verkaufsbefugnis des Afterverpfänders unberührt). Die Gegenansicht plädierte hingegen im Kern für einen (aus Sicht zeitgenössischer Rechtsdogmatik) sachenrechtsäquivalenten Schutzstandard (Exner, Kritik des Pfandrechtsbegriffs nach römischem Recht, S. 90–95): Das Afterpfandrecht erlösche zwar notwendig, wenn das verpfändete Pfandrecht bestimmungsgemäß durch Tilgung der gesicherten Forderung erlösche; außerdem müsse sich der Afterpfandgläubiger alle bereits bei Abschluss der Afterverpfändung bestehenden Einwendungen und Einreden des Schuldners gegen den Pfandgläubiger entgegenhalten lassen, nicht aber willkürliche Verfügungen über das Pfandrecht seitens des Pfandgläubigers sowie forderungsbezogene Einreden, die nach Abschluss der Afterverpfändung entstehen. Auch die Konsolidation des verpfändeten Pfandrechts mit dem Eigentum führe zumindest im Verhältnis zum Afterpfandgläubiger nicht zum Erlöschen des konfundierten Pfandrechts; bei Vereinigung des
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pfändung“ im Einklang mit dem Sprachgebrauch der Quellen gar als Verpfändung des Pfandes deutete, konfigurierte das subpignus als Ausübungsermächtigung an einem fremden Pfandrecht ohne selbstständige Verfügungskompetenz über das Pfand. Ein Veräußerungsrecht hinsichtlich des insoweit unstreitig akzessorischen Pfandrechts schied per se aus; dieses konnte allenfalls im Wege der Forderungsabtretung verwertet werden. Die Eigentümlichkeit des subpignus lag also darin, dass es sich die dem ersten Gläubiger verliehene Verfügungsbefugnis über das Pfand zu eigen macht, ohne eine autonome Verwertungsbefugnis über den Pfandgegenstand zu konstituieren, zumal es einer solchen gar nicht bedurfte.58 Letzteres ist keine Eigenheit des gemeinen supignus, sondern, wie noch zu zeigen sein wird, ein Alleinstellungsmerkmal innerartlicher Belastungen. Weil und soweit es bereits durch Ausübung der einverleibten Befugnisse des belasteten Rechts verwirklicht wird, bedarf das artidentische herrschende Recht nicht einer inhaltsgleichen Befugnis gerade an dem dienenden Recht.
2. Die Verpfändung der Servituten Schon ein kursorischer Blick auf die Quellen offenbart ein mehrschichtiges Bild. Während das römische Recht ausweislich D. 20, 1, 11, 2 sowohl dem Eigentümer als auch dem Nießbraucher gestattete, einen ususfructus als Pfand einzusetzen,59 wurde bei Grunddienstbarkeiten hinsichtlich der Verpfändungskompetenz und der Art der als Pfand dienenden servitus praedii unterschieden. Weitgehend anerkannt war, dass der Eigentümer des herrschenden Grundstücks nicht berechtigt war, seine Servitut ohne das herrschende Grundstück zu veräußern oder zu verpfänden; vielmehr ergriff die Verpfändung des Grundstücks von selbst die Servitut.60 Für Eigentums mit dem Afterpfandrecht müsse dem Afterpfandgläubiger/Eigentümer zumindest eine auf das Afterpfandrecht gestützte Einrede gegen die Forderung des Afterverpfänders/Pfandgläubigers zustehen (Exner, Kritik des Pfandrechtsbegriffs nach römischem Recht, S. 91). Allerdings beeinträchtigten auch nach Exner, Kritik des Pfandrechtsbegriffs nach römischem Recht, S. 94–95 – unter der Prämisse der Zulässigkeit der gesonderten Verpfändung des Pfandrechts – sämtliche willkürliche Verfügungen über die Forderung, namentlich der Erlass und die Novation, notwendig das an den Bestand der durch das verpfändete Pfandrecht gesicherten Forderung geknüpfte Afterpfandrecht. Diesbezüglich blieb der Afterpfandgläubiger auf persönliche Klagen gegen den Afterverpfänder verwiesen. 58 Sohm, Die Lehre vom subpignus, S. 84–85. 59 Die Pandektisten beriefen sich auf die Textstelle bei Marcian, D. 20, 1, 11, 2: „Usus fructus an possit pignori hypothecaeve dari, quaesitum est, sive dominus proprietatis convenerit, sive ille, qui solum usumfructum habet. Et scribit Papinianus libro undecimo responsorum tuendum creditorem et si velit cum creditore proprietarius agere ‚non esse ei ius uti frui invito se‘, tali exceptione eum praetor tuebitur: ‚si non inter creditorem et eum ad quem usus fructus pignori sit‘: nam et cum emptorem usus fructus tuetur praetor, cur non et debitori obicietur exceptio.“ 60 Lang, AcP 29 (1846), S. 307, 312–313, 344; Sintenis, Handbuch des gemeinen Pfandrechts, § 21 (S. 131), § 23 (S. 174–175); Sohm, Die Lehre vom subpignus, S. 17–18, 194; Vangerow, Lehrbuch der Pandekten I7, § 367 (S. 806); abweichend, soweit ersichtlich, nur Rudorff, Kritische Jahrbücher für deutsche Rechtswissenschaft, Band 15 (1844), S. 320, 324: ländliche Servituten jedenfalls der Ausübung nach verpfändbar, da dies nicht zu einer Übertragung des ius in re, sondern nur des Besitzes (beim pignus) führe und bei der hypoteca nicht einmal eine Besitzübertragung vorliege.
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die pandektistische Doktrin war dies selbstverständlich: Die servitus praedii diene ausschließlich einem bestimmten Grundstück und könne deshalb auch nicht einmal der Ausübung nach von dem herrschenden Grundstücks vermittels gesonderter Bestellung eines ius in re getrennt werden, zumal D. 20, 1, 11, 2 die Verpfändung städtischer Grunddienstbarkeiten ausdrücklich verbiete.61 Demgegenüber ist die Verpfändung bestimmter servitutes praediorum rusticorum – Durchgangs-, Wasserleitungs-, Wege- und Viehtriebrechte – zwar durch D. 20, 1, 12 belegt.62 Hier geht es aber nicht um die Verpfändung einer errichteten Grunddienstbarkeit seitens des Servitutsberechtigten, sondern um eine aus Gründen praktischer Zweckmäßigkeit gestattete Verpfändung einer zu errichtenden Servitut seitens des Eigentümers des als dienend vorgesehenen Grundstücks. Stand dem Gläubiger ein benachbartes Grundstück zu, war er, so die h. L., zum einen berechtigt, die Servitut bis zur vollständigen Forderungstilgung auszuüben; zum anderen konnte er die Servitut bei Pfandreife an einen Nachbarn verkaufen.63 Die Pandektisten erzielten freilich weder hinsichtlich der konstruktionsjuristischen Analyse dieses atypischen Servitutenpfandrechts64 noch hinsichtlich der Frage, ob das Pfandrecht ausschließlich in Form eines pignus – scil. als Recht zur Benutzung des dienenden Grundstücks im Umfang der zu errichtenden Servitut und Veräußerung der Servitut – oder auch in Form einer ausschließlich auf Verkauf gerichteten hypoteca eingeräumt werden konnte,65 Einigkeit. Strittig war überdies 61 Sintenis, Handbuch des gemeinen Pfandrechts, § 21 (S. 131). Teilweise wird das Quellenfragment D. 20, 1, 11, 2 aber nicht als apodiktisches Verbot interpretiert, sondern nur als Feststellung, dass es für die Verpfändung städtischer Servituten an einem praktischen Bedürfnis fehle (Nachweise bei Windscheid/K ipp, Pandekten I9, § 227 (S. 1148–1149 Fn. 10)). 62 Paulus, D. 20, 1, 12: „Sed an viae, itineris, actus, aquaeductus pignoris conventio locum habeat, videndum esse Pomponius ait, ut talis pactio fiat, ut, quamdiu pecunia soluta non sit, eis servitutibus creditor utatur (scilicet si vicinum fundum habeat) et, si intra diem certum pecunia soluta non sit, vendere eas vicino liceat: quae sententia propter utilitatem contrahentium admittenda est.“ 63 So die überwiegende Ansicht im vorvergangenen Jahrhundert (vgl. Büchel, Ueber jura in re und deren Verpfändung, S. 82–83; Dernburg, Pandekten I, § 294 (S. 723); von Lingenthal, Ueber die Unterscheidung zwischen servitus rusticae und urbanae, S. 31–33 m. w. N. Diese Unterscheidung gründet sich auf die Textstelle bei Paulus, D. 20, 1, 12. 64 Arndts, Pandekten6 , § 367 (S. 584–585); Dernburg, Das Pfandrecht nach den Grundsätzen des heutigen römischen Rechts I, § 63 (S. 489–496); Gesterding, Die Lehre vom Pfandrecht 2, S. 70– 73; Lang, AcP 29 (1846), S. 307, 317–332; Vangerow, Lehrbuch der Pandekten I7, § 367 (S. 807–808); Windscheid, Pandekten I5, § 227 (S. 732). 65 Lang, AcP 29 (1846), S. 307, 323–331; Vangerow, Lehrbuch der Pandekten I7, § 367 (S. 808– 809). Die Streitfrage dürfte zum einen darauf beruhen, dass in der einschlägigen Textstelle (Paulus D. 20, 1, 12) erklärt wird, der Gläubiger sei bis zur Tilgung des Kredits zur Ausübung des Servituts berechtigt; von einem „besitzlosen“, d. h. nicht sofort zur Ausübung des verpfändeten Servituts berechtigenden Pfandrecht ist dort nicht die Rede. Zum anderen vertraten einige Autoren die Ansicht, dass der Inhalt der künftigen Servitut bereits faktisch aus dem Eigentum ausgeschieden sein müsste; dies setzte angeblich eine sofortige Berechtigung des Gläubigers zur Ausübung des „faktischen“ Servituts voraus. Die Gegenansicht hob hervor, dass in jedem pignus eine hypotheca als minus enthalten sei; außerdem seien unstreitig auch künftige Sachen verpfändbar, weshalb auch gegen die Verpfändung einer zu errichtenden Servitut in Form einer hypoteca dogmatisch nichts einzuwenden sei (Lang, ebd.; Vangerow, ebd.). Umstritten war desgleichen die
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das systematische Verhältnis zwischen D. 20, 1, 12 und D. 20, 1, 11, 2. Während die letztgenannte Textstelle von Teilen der Literatur restriktiv dahingehend interpretiert wurde, dass ausschließlich die Verpfändung errichteter städtischer Dienstbarkeiten seitens des Servitutsberechtigten untersagt sei, nicht aber die Verpfändung zu errichtender städtischer Dienstbarkeiten seitens des Eigentümers in entsprechender Anwendung von D. 20, 1, 12,66 lehnte die überwiegende Ansicht eine Regelerstreckung auf städtische Dienstbarkeiten ab.67 Die für die differenzierte Behandlung der Verpfändbarkeit künftiger Servituten teilweise vorgebrachte dogmengeschichtliche Begründung vermag nicht zu befriedigen.68 Ausschlaggebend dürfte vielmehr der Gesichtspunkt der praktischen Realisierbarkeit des Pfandrechts sein: Während der Verkauf von typischen ländlichen Servituten, insbesondere iter, actus, via und aquaeductus, angesichts des potentiell unbeschränkten Interessentenkreises aus Gläubigersicht profitabel erscheinen mochte, lag es bei den typischen städtischen Servituten schon wegen des vorausgesetzten Bebauungszusammenhangs zwischen dem herrschenden und dem dienenden Grundstück ersichtlich anders.69 Letztlich Befugnis des Eigentümers zur Verpfändung eines (künftigen) ususfructus in Form einer hypoteca (bejahend Lang, AcP 29 (1846), S. 307, 331–333). 66 von der Pfordten, AcP 22 (1839), S. 6, 29–31; Windscheid, Pandekten I5, § 227 (S. 732 in Fn. 10). 67 Lang, AcP 29 (1846), S. 307, 320–322; Vangerow, Lehrbuch der Pandekten I, § 367 (S. 810– 811). 68 Nach teilweise vertretener Ansicht war die differenzierte Beurteilung der Verpfändbarkeit ländlicher und städtischer Servituten in den Quellen dem auf ländlichen Servituten begrenzten Interdiktenschutz im älteren römischen Recht geschuldet (Rudorff, Kritische Jahrbücher für deutsche Rechtswissenschaft, Band 15 (1844), S. 320, 324; Vangerow, Lehrbuch der Pandekten I7, § 367 (S. 810–811)). Weil dem Pfandgläubiger ursprünglich nur possessorischer Rechtsschutz gewährt worden sei – die u. a. als actio serviana bezeichnete Pfandklage entwickelte sich im klassischen Recht –, habe die römische Jurisprudenz nur die Verpfändung derjenigen Servituten anerkannt, die dem Pfandgläubiger einen entsprechenden Klageschutz vermitteln konnten; städtische Servituten erfüllten diese Voraussetzung (ursprünglich) nicht und seien deshalb nicht als verpfändbare Rechte anerkannt worden. Mit der Fortentwicklung des Klageschutzes, insbesondere mit der Herausbildung der actio confessoria zum Schutz des Servitutsberechtigten, entfiel dieses vermeintliche Verpfändungshindernis. Eine andere Erklärung geht dahin, dass allein die Verpfändung derjenigen Servituten anerkannt worden sei, die dem Gläubiger als res mancipi sicherungshalber, d. h. mittels der fiducia, eingeräumt werden konnten (so Puchta, Vorlesungen über das heutige römische Recht I5, § 195 (S. 419)); auch diese Voraussetzung erfüllten städtische Servituten nicht. 69 Vangerow, Lehrbuch der Pandekten I7, § 367 (S. 811). Weil Durchgang-, Viehtrieb-, Wegeund Wasserleitungsrechte potentiell für jeden Eigentümer irgendeines – ggf. auch entfernt – benachbarten Grundstücks objektiv nützlich sind, erwies sich ein auf den Verkauf bzw. auf die Bestellung einer entsprechenden Servitut gerichtetes Pfandrecht durchaus als realisierbar. Städtische Servituten bieten aufgrund der jeweils vorausgesetzten konkretisierten Zweckbestimmung sowie eines bestimmten Bebauungszusammenhangs typischerweise nur für ein unmittelbar angrenzendes Grundstück einen Vorteil, wenn der Eigentümer desselben überhaupt die jeweils bestimmte Benutzungsform intendiert. Verwiesen sei nur auf die konventionellen Erscheinungsformen, z. B. das Recht, Regenwasser auf das Nachbargrundstück abzuleiten (servitus fluminis), das Recht, Unrat aus einem Gebäude durch einen Abzugskanal über das Nachbargrundstück wegzuschaffen (servitus cloacae mittendae) das Recht, Balken in das Gebäude des Nachbarn einzufügen (servitus tigni inmittendi) oder auch das Recht, das eigene Gebäude auf bauliche Einrichtungen des Nach-
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kann diese Streitfrage hier dahinstehen. Entscheidend ist für die hier vorliegende Untersuchung nur, dass die in D. 20, 1, 12 erörterte Verpfändung einer zu errichtenden Servitut, wie sogleich gezeigt wird, weder funktional noch konstruktionsjuristisch mit mehrstufigen Belastungen in Zusammenhang steht. Bei Lichte betrachtet handelt es sich um eine „qualifizierte“ Sachverpfändung. a) Die Verpfändung seitens des Servitutsverpflichteten Namentlich Dernburg interpretierte das Exzerpt D. 20, 1, 12 dahin, dass der Eigentümer einem Nachbarn zwecks Kreditbeschaffung eine Praedialservitut pignoris causa formlos einräumte,70 vermöge dessen der prätorisch berechtigte Nachbar bis zur Tilgung der Forderung die Servitut ausüben und sich gegenüber jedem Dritten Einmischungen vermittels einer actio utilis confessoria verbitten konnte.71 Zudem sei der Gläubiger – aufgrund antizipierter Zustimmung des Eigentümers des dienenden Grundstücks – bei Fälligkeit der Sicherungsforderung berechtigt, einem Nachbarn eine inhaltsgleiche Servitut einzuräumen.72 Die Bestellung dieser Dienstbarkeit richtete sich nach den Regeln über den Pfandverkauf; mit der barn zu stützen (servitus oneris ferendi). Abgesehen davon, dass allein die Ausübung der Servitut dem Gläubiger kaum je einen geldwerten Vorteil verschaffen konnte, wäre eine etwaige Verwertung im Wege des Pfandverkaufs angesichts des von vornherein begrenzten Kreises potentieller Interessenten mehr als spekulativ. 70 Ländliche Servituten zählten zu den res mancipi, deren Bestellung grundsätzlich einer formgültigen Manzipation bedurfte. Wurde das Servitut formlos bestellt, stellte man den Erwerber kraft des prätorischen Rechtsschutzes im Ergebnis aber weitgehend einem echten Servitutenberechtigten gleich, etwa in Hinsicht auf den Klageschutz. 71 Dernburg, Das Pfandrecht nach den Grundsätzen des heutigen römischen Rechts I, § 63 (S. 492–495); ähnlich Gesterding, Die Lehre vom Pfandrecht 2, S. 70–73; Hepp, AcP 15 (1832), S. 79, 83–84; Wening-Ingenheim, Lehrbuch des gemeinen Civilrechts I4, § 163 (S. 399). Zur Begründung zog Dernburg, a. a. O., eine Parallele zu der in den Quellen referierten Fallgestaltung, in der ein Erblasser einen ususfructus an einem Wege- oder Wasserleitungsrecht vermachte: So wie die römischen Juristen diese Verfügung angeblich in ein Vermächtnis zur Bestellung eines Wege- oder Wasserleitungsrecht zugunsten des Vermächtnisnehmers gegen Kautionsleistung wegen der bei Tod des Vermächtnisnehmers entstehenden Restitutionspflicht umgedeutet hätte, werde in der hier relevanten Konstellation dem Gläubiger das Servitut bis zur Schuldtilgung eingeräumt. Das maßgebliche Sachargument, dem Eigentümer diese eigentümliche Verpfändung von Servituten zu ermöglichen, erkannte man darin, dass der Eigentümer nicht auf den sofortigen „Verkauf“ (scil.: die Bestellung) einer potentiell ewigen Grunddienstbarkeit angewiesen sein sollte. Auch gegen die wirtschaftliche Zweckmäßigkeit der Servitutenverpfändung erhob man jedenfalls keine Bedenken, soweit es um Wege- und Wasserleitungsrechte ging, die nicht nur einem bestimmten Grundstück, sondern einer Vielzahl umliegender Grundstücke, also mehreren potenziellen Gläubigern dienlich sein könnten. Im Detail waren sich die Vertreter dieser Ansicht uneinig, ob der Servitutenberechtigte ein „echtes“ Pfandrecht an dem als res incorporalis klassifizierten Servitut erwarb; umstritten war vor allem, in welcher Weise sich der Gläubiger aus dem ihm verliehenen Recht pfandweise zu befriedigen vermochte. Während Hepp, a. a. O., dem Gläubiger das ius distrahendi hinsichtlich der Ausübung des verpfändeten Servituts zugestand, interpretierte Gesterding a. a. O. die Quellenfragmente dahin, dass der Gläubiger eine Art Sicherungsdienstbarkeit ohne das pfandrechtstypische ius distrahendi erwarb. 72 Dernburg, Das Pfandrecht nach den Grundsätzen des heutigen römischen Rechts I, § 63 (S. 495–496).
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„Pfandveräußerung“ erlischt die bisherige Dienstbarkeit und wird durch eine neue des Käufers ersetzt.73 Mittels der Kombination aus einer sicherungshalber eingeräumten Servitut und Ermächtigung zur künftigen Grundstücksbelastung mit einer Dienstbarkeit sollte der Kreditsicherungszweck der Parteivereinbarung verwirklicht werden, ohne den Grundsatz der Unübertragbarkeit der Servituten zu verletzen. Die wohl h. L. lehnte die These einer Servitut pignoris causa ab.74 Mit pfandrechtlichen Prinzipien sei es unvereinbar, wenn sich das charakteristische Veräußerungsrecht des Gläubigers nicht auf den Pfandgegenstand – die angeblich seitens des Eigentümers errichtete Servitut – bezog, welcher doch vermöge des Pfandverkaufs von selbst erlöschen solle.75 Andererseits verbiete es sich mit Rücksicht auf die unzertrennliche Verbindung der servitus praedii mit dem herrschenden Grundstück, diese selbst als Pfand zu deuten.76 Überdies könne eine Grunddienstbarkeit nicht im Wege einer fiducia, d. h. sicherungshalber übertragen werden; dem stehe der Rechtsgrundsatz entgegen, dass servitutes praediorum nicht ad tempus gewährt werden können.77 Der Eigentümer räume vielmehr ausschließlich ein Pfandrecht, sei es ein pignus, sei es eine hypotheca, ein, die sich freilich weder auf das Grundstück noch auf die noch gar nicht existente Servitut beziehe.78 Unter Verweis auf eine Analogie zur Verpfändung künftiger Sachen erklärte Vangerow, der Eigentümer des dienenden Grundstücks verpfände einen „intellektuellen Theil des Eigenthums“, aus dem sich die seitens des Gläubigers kraft des Pfandverkaufs zu errichtende servitus praedii in der Person des Käufers zusammensetze. Diese scheide kraft Verpfändung nicht als selbstständiges Recht, sondern „faktisch“ aus dem Eigentum aus, um es der Benutzung des Gläubigers zur Verfügung zu halten.79 Wenngleich der Gläubiger nicht Servitutenberechtigter sei, stehe ihm – unter einem 73 Dernburg, Das Pfandrecht nach den Grundsätzen des heutigen römischen Rechts I, § 63 (S. 492–493). 74 Büchel, Ueber jura in re und deren Verpfändung, S. 82–84; Sintenis, Handbuch des gemeinen Pfandrechts, § 21 (S. 123–130); Vangerow, Lehrbuch der Pandekten I7, § 367 (S. 807); Lingenthal, Ueber die Unterscheidung zwischen servitus rusticae und urbanae, S. 33. 75 Vangerow, Lehrbuch der Pandekten I7, § 367 (S. 807). 76 Lingenthal, Ueber die Unterscheidung zwischen servitus rusticae und urbanae, S. 33; Vangerow, Lehrbuch der Pandekten I7, § 367 (S. 807). 77 Lingenthal, Ueber die Unterscheidung zwischen servitus rusticae und urbanae, S. 33. 78 Sintenis, Handbuch des gemeinen Pfandrechts, § 21 (S. 123–125); Vangerow, Lehrbuch der Pandekten I7, § 367 (S. 807–808); siehe auch Elvers, Die römische Servitutenlehre S. 336–340. Ob anstelle eines pignus eine hypotheca seitens des Eigentümers „an“ einem künftigen Servitut eingeräumt werden konnte, war, wie oben ausgeführt, allerdings strittig. Desgleichen stritt man darüber, ob dieses eigentümliche Pfandrecht mittels einer actio hypothecaria, einer actio confessoria oder gar einer actio negatoria unterlegt sei. 79 Sintenis, Handbuch des gemeinen Pfandrechts, § 21 (S. 123–125); Vangerow, Lehrbuch der Pandekten I7, § 367 (S. 807–808). Der iuris quasi possessio des Pfandgläubigers stehe nicht entgegen, dass das Servitut formal (noch) nicht existiere, weil sein materieller Gehalt bereits im Eigentum des Bestellers enthalten sei. Wenn sogar künftige Sachen verpfändet werden können, müsse dies erst recht für einen Gegenstand gelten, der in seiner materiellen Struktur bereits vorhanden und bloß noch nicht zu einem selbstständigen Recht ausgestaltet worden sei.
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pignus – die Befugnis zur Ausübung eines „Rechtsbesitzes“ (iuris quasi possessio) 80 im Ausmaß der künftigen Servitut zu.81 Unter einer hypotheca sei der Pfandgläubiger berechtigt, bei Pfandreife das dienende Grundstück zu vindizieren und qua seines Rechtsbesitzes die Befugnisse eines Servitutenberechtigten auszuüben.82 Diese Lösung trage sowohl den Quellenzeugnissen („[…] eis servitutibus creditor utatur […]“83 als auch dem Grundsatz der Unübertragbarkeit der servitus praedii Rechnung.84 Sie wahre zudem – da die auf den Umfang einer fiktiven Dienstbarkeit beschränkte Sachherrschaft kein Recht, sondern faktischer Zustand (iuris quasi possessio) sei85 – das Verbot der Befristung von servitutes praediorum.86 Dass diese Quellenanalyse erheblicher Kritik ausgesetzt war,87 dürfte kaum verwundern. Die artifizielle Konstruktion eines Pfandrechts an einem zum Rechtsobjekt hypostasierten „intellektuellen Theil des Eigenthums“, welches den Gläubiger dazu befähigte, dieses fiktive Pfand in eine „echte“ Dienstbarkeit im Wege des Pfandverkaufs zu verwandeln, fügte sich in die römische Systematik der iura in re, um es vorsichtig zu formulieren, nicht nahtlos ein. Schon die Annahme eines verpfändeten intellektuellen Eigentumsteils war mit dem von der pandektistischen Dogma der Unteilbarkeit des Eigentums88 schwer vereinbar. Zudem ging der Vergleich mit der Verpfändung künftiger Sachen fehl. Denn im Unterschied zu der im römischen Recht etablierten Verpfändung künftiger Sachen vermittelte das Ser80
Zur Bedeutung der iuris quasi possessio instruktiv Wächer, Pandekten II, § 129 (S. 102). Sintenis, Handbuch des gemeinen Pfandrechts, § 21 (S. 123–125); Vangerow, Lehrbuch der Pandekten I7, § 367 (S. 807–808). 82 Sintenis, Handbuch des gemeinen Pfandrechts, § 21 (S. 123–125); Vangerow, Lehrbuch der Pandekten I7, § 367 (S. 807–808). 83 Paulus D. 20, 1, 12. 84 Vgl. Büchel, Ueber jura in re und deren Verpfändung, S. 81–84. 85 Vgl. Büchel, Ueber jura in re und deren Verpfändung, S. 80; Sintenis, Handbuch des gemeinen Pfandrechts, § 21 (S. 124). Besitz hat, wie von Bar, AcP 219 (2019), S. 342, 343; ders., Gemeineuropäisches Sachenrecht II, Rn. 4–5 ausführt, per definitionem keine inhaltliche Dimension; es gibt nur die Möglichkeit festzustellen, wer aktuell Besitzer ist und wer es in der Vergangenheit Besitzer war. 86 Papinian D. 8, 1, 4: Servitutis ipso quidem iure neque ex tempore ad tempus neque sub condicione neque ad certam condicionem (…) constitui possunt: (…). 87 Dernburg, Das Pfandrecht nach den Grundsätzen des heutigen römischen Rechts I, § 63 (S. 490–491) schickte sich an, die Rechtsfigur eines dinglichen Rechts an einer künftig zu errichtenden Servitut als unhaltbare Anomalie zu entlarven. Man schüfe ein gegenwärtiges Pfandrecht an einem künftigen Objekt, welches kurioserweise mit dem Untergang des Pfandrechts (im Wege der Veräußerung) erst entstünde; die diesbezüglich bemühte Analogie zur Verpfändung künftiger Sachen passe nicht, weil doch erst mit der Entstehung der künftigen Sache das Pfandrecht in Geltung gesetzt würde. Zudem sei dem Pfandgläubiger ein gegenüber jedermann mittels der actio hypothecaria durchsetzbares Recht auf die Ausübung des Servituts verliehen, obwohl doch das bloße „Faktum der Besitzüberlassung“ nicht erga omnes wirke. Endlich erkenne das römische Recht die Verpfändung bereits bestehender Dienstbarkeiten ebenso wenig wie die Rechtsfigur einer doppelstöckigen Dienstbarkeit (servitus servitutis esse non potest) an und erst recht nicht die Verpfändung zukünftig zu errichtender Dienstbarkeiten, da nur an körperlichen Sachen dingliche Rechte bestehen könnten. 88 Vgl. Puchta, Vorlesungen über das heutige römische Recht I4, § 144 (S. 316). 81
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vitutenpfandrecht von Anfang an eine Verwertungsbefugnis.89 Abgesehen davon, dass die dem Gläubiger zugeschriebenen iuris quasi possessio die sachenrecht-rechtliche Qualität der fiktiven Servitut bestenfalls verschleierte,90 lässt sich die h. A. mühelos mit ihren eigenen Argumenten entwaffnen: Soweit der u. a. von Dernburg vertretenen These der Einräumung einer Servitut pignoris causa entgegenhalten wurde, dass sie die vorausgesetzte Identität von Pfand- und Verkaufsgegenstand missachte, trifft dieser Einwand auf das Konstrukt eines Pfandrechts an einem intellektuellen Eigentumspartikel im Ausmaß einer faktischen Servitut gleichfalls zu, wurde die Servitut als ius in re ja erst kraft Pfandverkaufs konstituiert. Aus Sicht zeitgenössischer Privatrechtsdogmatik ist es vorzugswürdig, die Textstelle D. 20, 1, 12 dahin zu deuten, dass der Eigentümer ein „qualifiziertes“ Pfandrecht an dem dienenden Grundstück einräumt, dass den Gläubiger allenfalls – vermöge eines pignus – zu einem beschränkten Gebrauch im Umfang einer bestimmten Erscheinungsform einer ländlichen Grunddienstbarkeit, jedenfalls aber zur Bestellung einer solchen Dienstbarkeit für einen Dritten im Wege des Pfandverkaufs legitimiert.91 Das dem Gläubiger eingeräumte Recht ist weder eine „Sicherungs“-Dienstbarkeit moderner Prägung noch ein Pfandrecht an einer (fiktiven) Servitut, sondern ein durch eine atypische Verfügungsbefugnis gekennzeichnetes Grundpfandrecht.92 Zwar vermochte sich die in der Pandektistik vereinzelt vertretene Sichtweise, dass in Wirklichkeit weder eine Servitut pignoris causa eingeräumt noch ein bloßer „Eigentumspartikel“, sondern die „ganze“ Sache (scil.: das Grundstück) verpfändet werde, nicht durchzusetzen. Die hiergegen vorgebrachten Argumente93 überzeugen freilich nicht. Soweit auf den angeblich entgegenstehenden Sprachgebrauch der einschlägigen Textstellen abgestellt wurde,94 verfängt dieser Einwand schon deshalb nicht, weil dem Duktus der zusammengestellten Textfragmente – wie u. a. die Interpretation von D. 20, 1, 13, 2 lehrt95 – oftmals nur 89 Vgl. Dernburg, Das Pfandrecht nach den Grundsätzen des heutigen römischen Rechts I, § 63 (S. 490–491). 90 Vgl. Dernburg, Das Pfandrecht nach den Grundsätzen des heutigen römischen Rechts I, § 63 (S. 490–491). Die Vertreter dieser Ansicht sahen sich denn auch gezwungen, den Unterschied zwischen einer echten Servitut und einer bloßen iuris quasi possessio nachdrücklich zu betonen; siehe Sintenis, Handbuch des gemeinen Pfandrechts, § 21 (S. 123–124); Vangerow, Lehrbuch der Pandekten I7, § 367 (S. 807–808). 91 So überzeugend Lang, AcP 29 (1846), S. 307, 336, 345; in diese Richtung auch Kohler, Pfandrechtliche Forschungen, S. 36; Windscheid, Lehrbuch des Pandektenrechts I5, § 227 (S. 732). 92 Dass der Pfandverkauf durch Bestellung eines dinglichen Rechts vollzogen wird, darf aus Sicht zeitgenössischer Rechtsdogmatik nicht überraschen. Als causa der Bestellung eines dinglichen Rechts kann auch ein Kaufvertrag fungieren (Erman (-Grunewald), BGB I15, § 453 Rn. 2; Schulze et al. (-Saenger), BGB10, § 453 Rn. 2); die Vorschriften des Kaufrechts finden z. B. auf die Einräumung eines Erbbaurechts gem. § 453 Abs. 1 BGB Anwendung (BGH, Urteil v. 18.12.1964 – V ZR 68/63, NJW 1965, S. 532; MünchKomm (-H. P. Westermann), BGB III8 , § 453 Rn. 4). 93 Siehe etwa Dernburg, Das Pfandrecht nach den Grundsätzen des heutigen römischen Rechts I, § 63 (S. 490 in Fn. 4); Elvers, Die römische Servitutenlehre, S. 335–336. 94 Dernburg, Das Pfandrecht nach den Grundsätzen des heutigen römischen Rechts I, § 63 (S. 490 in Fn. 4). 95 § 3 I. 1. a).
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indizielle Bedeutung für die rechtsdogmatische Analyse beigemessen wurde.96 Die Atypizität dieses „Grundpfandrechts“ – welches allein aus Gründen praktischer Zweckmäßigkeit auf Anerkennung stieß – verhehlte Paulus in dem einschlägigen Quellenzeugnis nicht. Die angestrebte Kongruenz zwischen Pfand- und Verkaufsgegenstand ist reiner Dogmatismus, der, wie gezeigt, auch mit der von der h. L. vertretenen Quellenexegese nicht gewahrt werden konnte. Auch der Verweis auf den angeblich entgegenstehenden Parteiwillen versagt,97 weil weder dargetan noch ersichtlich ist, dass ein Pfandrecht an der Sache den beabsichtigten Sicherungseffekt gefährden würde.98 Zumindest steht nach alldem fest, dass nach nicht einer der vertretenen Interpretationen funktional oder gar konstruktionsjuristisch eine mehrstufige Belastung in Form der Verpfändung einer auf dem Eigentum lastenden vollkommenen Servitut in Rede steht.99 Sieht man einmal davon ab, dass dem römischen Recht das Institut einer Eigentümerdienstbarkeit ohnedies fremd war („nulli res sua servit“),100 schränkt das Pfandrecht nicht ein (fiktives) ius in re des Eigentümers, sondern dessen Herrschaftsbefugnisse als Eigentümer ein; zur Duldung der Benutzung seines Grundstücks seitens des Gläubigers ist er allenfalls bei Bestellung eines pignus zwecks Befriedigung der gesicherten Forderung verpflichtet; ob sich dieses pignus auf die ganze Sache oder einen ungetrennten vergeistigten Eigentumspartikels bezog, spielt insoweit gar keine Rolle. Doch selbst wenn man einmal unterstellt, dass dem Gläubiger sowohl eine echte Servitut sicherungshalber als auch ein qualifiziertes Grundpfandrecht eingeräumt werde, lastet dieses nicht auf jenem, sondern auf dem Eigentum am dienenden Grundstück. Es liegt denn auch nur ein einziges bilaterales Subordinationsverhältnis zwischen Eigentümer und Pfandgläubiger vor; ein Stufenbau dinglicher Rechte steht nicht in Frage. b) Die Verpfändung seitens des Servitutsberechtigten Schied eine Verpfändung von servitutes praediorum richtiger Ansicht nach aus, weil das (dienende) Grundstück als Ganzes auch unter der in D. 20, 1, 12 scheinbar anerkannten Verpfändung von Durchgang-, Viehtrieb-, Wege- und Wasserleitungsrechten der wirkliche Gegenstand des Pfandrechts war, lag es beim ususfructus an96 Vgl.
Wubbe, TR 26 (1958), S. 133, 156. Dernburg, Das Pfandrecht nach den Grundsätzen des heutigen römischen Rechts I, § 63 (S. 490 in Fn. 4). 98 Soll dem Gläubiger sicherungshalber nicht eine „maximalinvasive“, sondern eine „passgenaue“ Verfügungsmacht zur Errichtung einer bestimmten Servitut bei Pfandreife (ggf. in Verbindung mit einer Nutzungsbefugnis im Ausmaß einer bestimmten Servitut) eingeräumt werden, spricht nichts dagegen, ein entsprechendes Recht am Grundstück einzuräumen. Dabei versteht sich mit Blick auf den Grundsatz qui prior est tempore, potior est iure von selbst, dass ein älteres Pfandrecht von einem jüngeren ungeachtet des Umstands nicht verdrängt wird, ob dieses oder jenes zur Veräußerung der Sache oder zur Bestellung einer Servitut ermächtigt (anders – ohne überzeugende Begründung – Elvers, Die römische Servitutenlehre, S. 336). 99 So auch Exner, Kritik des Pfandrechtsbegriffs nach römischem Recht, S. 64–65. 100 Statt aller siehe nur Arndts, Pandekten6 , § 176 (S. 270); Windscheid, Pandekten I5, § 200 (S. 638). 97
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ders. Schließlich stellte D. 20, 1, 11, 2 die Verpfändung des ususfructus seitens des Eigentümers101 und der Verpfändung seitens des Nießbrauchers ausdrücklich einander gegenüber.102 Zwar herrschte in der Lehre lange Uneinigkeit, ob das Quellenexzerpt Zeugnis für die Verpfändung des ususfructus ablegt oder stattdessen die Ausübung des ususfructus oder gar die dem ususfructus unterliegende Sache als Pfandobjekt fungiert.103 Soweit die überwiegende Ansicht unter dezidierter Ablehnung der Verpfändbarkeit des Stammrechts auf die Alternativkonstruktion einer Verpfändung der Ausübung des ususfructus abstellte,104 liegt darin aus Sicht zeitgenössischer Rechtsdogmatik eine unnötige Behelfskonstruktion.105 Weder die Verpfändung noch die Übertragung inter vivos ändert an der rechtstypischen Befristung des ususfructus irgendetwas; auch bei Austausch des Berechtigten erlischt der 101 Die Verpfändung seitens des Eigentümers ist aus den in § 3 I. 2. a) ausgeführten Gründen als Verpfändung der Sache – ggf. mit der Befugnis zur umfassenden Nutzung des Pfandes im Fall eines pignus –, die den Gläubiger berechtigt, sich kraft Bestellung eines ususfructus an der Pfandsache im Wege des Pfandverkaufs zu befriedigen, zu interpretieren. 102 Anders lag es beim usus. Wenngleich in der Lehre trotz fehlenden Quellenbelegs teilweise vertreten wurde, dass die Verpfändung eines aufgrund Pfandverkaufs zu errichtenden usus seitens des Eigentümers der dienenden Sache möglich sei (Nachweise in Fn. 16), stand außer Streit, dass ein bereits errichteter usus wegen der rechtstypischen Beschränkung auf das persönliche Bedürfnis des Servitutsberechtigten nicht einmal der Ausübung nach übertragbar und deshalb auch nicht verpfändbar sei (Büchel, Ueber jura in re und deren Verpfändung, S. 96; Dernburg, Das Pfandrecht nach den Grundsätzen des heutigen römischen Rechts I, § 62 (S. 485)); Vangerow, Lehrbuch der Pandekten I7, § 367 (S. 806)). Die Unmöglichkeit der Ausübungsübertragung folgerte man aus dem gegensätzlichen Wesen von usus und ususfructus: Während Fruchtziehung zweifellos durch Überlassung im Wege der Vermietung oder Verpachtung möglich war, erachtete man eigenes Handeln („Selbsteinwirken“) als begriffsnotwendiges Element des Gebrauchs. Aus der im Codex anerkannten entgeltlichen Überlassung des Wohngebrauchs folgerte ein Teil der Lehre, dass die Verpfändung einer bereits errichteten habitatio in Analogie zum ususfructus zulässig sei (so Büchel, Ueber jura in re und deren Verpfändung, S. 96–97; v. Weningen-Ingenheim, Lehrbuch des gemeinen Civilrechts, § 163 (S. 400)), während die Gegenansicht die in den Quellen anerkannte Ausnahme vom Grundsatz der höchstpersönlichen Ausübung der habitatio restriktiv interpretierte; eine Verpfändung der habitatio mit der möglichen Folge einer Veräußerung der Ausübung sei unmöglich (Sintenis, Handbuch des gemeinen Pfandrechts, § 21 (S. 133)). 103 Der rechtsfolgenirrelevante konstruktionsjuristische Diskurs der Pandektisten, ob Sachoder Rechtsverpfändung vorliege, setzte sich auch bei der Verpfändung seitens des Nießbrauchers fort: Während Exner, Kritik des Pfandrechtsbegriffs nach römischem Recht, S. 65–66 die Textstelle wegen des systematischen Zusammenhangs mit der Verpfändung des zu errichtenden ususfructus seitens des Eigentümers so interpretierte, dass der Nießbraucher an der Sache ein Pfandrecht im Ausmaß seines Rechts bestellte, stand für die überwiegende Ansicht im pandektistischen Schrifttum außer Zweifel, dass der Nießbraucher im Einklang mit dem Wortlaut der Quellen nicht über ein fremdes Recht, mithin über das Sacheigentum, sondern allein über die ihm zustehende Rechtsposition zu verfügen vermochte (Sintenis, Handbuch des gemeinen Pfandrechts § 21 (S. 131–132); Vangerow, Lehrbuch der Pandekten I7, § 367 (S. 806–807)). 104 Sintenis, Handbuch des gemeinen Pfandrechts § 21 (S. 131–132); Vangerow, Lehrbuch der Pandekten I7, § 367 (S. 806–807). 105 Dies ist auch in den romanischen Rechtsordnungen anerkannt, die im Anschluss an das gemeine Recht den Verkauf und die Verpfändung des Nießbrauchs anerkennen; zur Übertragung und Belastung des ususfruit nach französischem Recht siehe Dross, Droit civil – Les choses, Rn. 91-3; Ghestin (-Bergel/Bruschi/Cimamonti), Les Biens2, Rn. 258; Terré/Simler, Les biens9, Rn. 819.
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ususfructus – soll dieser nicht zu einem die Nutzungsherrschaft des Eigentümers potentiell ewig verdrängenden Recht verwandelt werden – mit dem Tod des ersten Berechtigten. Wiederum kommt es auf die konstruktionsjuristische Alternative nicht entscheidend an. Selbst wenn man mit der im gemeinrechtlichen Schrifttum mehrheitlich vertretenen Ansicht eine Verpfändung des ususfructus der Ausübung nach annimmt, ist das vom Nießbraucher geschaffene Pfandrecht, wenngleich dies nicht allseits in der Pandektenwissenschaft anerkannt war, ein genuines ius in re, das aus einer zwischenartlichen mehrstufigen Belastung entspringt.106 Auf vergleichbare Erscheinungsformen im geltenden Recht wird noch zurückzukommen sein.107
II. Bestandsaufnahme der lex lata An dieser Stelle geht es nicht darum, aus der fragmentarischen Regelung der Rechte an Rechten im BGB ein holistisches System oder, wenn man so will, einen „Allgemeiner Teil“ der mehrstufigen Belastungen subjektiver Rechte zu entfalten und im Wege der „Klammerbildung“ den besonderen Arten und Erscheinungsformen von Rechten an Rechten voranzustellen. Allgemeine Lehren sind nach dem hier favorisierten Ansatz vielmehr erst im Anschluss an eine rechtsvergleichende Einzelanalyse der wechselseitigen Belastbarkeit begrenzter Sachenrechte vorzulegen.108 Will man aber die wechselseitige Belastbarkeit beschränkter dinglicher Rechte auf komparativer Basis im Einzelnen analysieren, bedarf es vorab einer Bestandsaufnahme des geltenden deutschen Rechts, die in aller Kürze zweierlei zeigen soll. Zum einen fehlt es an einer abschließenden und in sich stimmigen Regelung mehrstufiger Belastungen im geltenden Recht, weshalb es sich geradezu anbietet, historisch106 Aus den Quellen lässt sich nämlich immerhin entnehmen, dass sich das vom Nießbraucher eingeräumte (besitzlose) Pfandrecht sich gegenüber dem Eigentümer auch dann bewährte, wenn es ohne dessen Willen bestellt worden war; der Pfandgläubiger war immerhin zur Übertragung der Ausübung des Nießbrauchs im Wege des Pfandverkaufs mit absoluter Wirkung berechtigt (vgl. Sintenis, Handbuch des gemeinen Pfandrechts, § 21 (S. 132). Anders als das subpignus verlieht das Pfandrecht am bestehenden ususfructus eine autonome Veräußerungsbefugnis; ohne diese hätte es an dem wesensimmanenten Strukturprinzip eines Pfandrechts ungeachtet der möglichen Befriedigung des Gläubigers durch Ausübung der Nutzungsbefugnis des Nießbrauchers gefehlt (vgl. Sohm, Die Lehre vom subpignus, S. 84). Gegen die Herausgabeklage des Eigentümers konnte sich der Gläubiger auf eine Einrede berufen; dieser sollte insoweit nicht schlechter stehen als der Käufer des ususfructus. Ferner ergab sich aus den Quellen, dass das vom Nießbraucher abgeleitete (besitzlose) Pfandrecht mit dem Untergang des ususfructus von selbst erlosch; der Untergang des Rechts wurde insoweit der Sachvernichtung beim gemeinen Pfandrecht gleichgestellt (Vangerow, Lehrbuch der Pandekten I7, § 367 (S. 807)); Sintenis, Handbuch des gemeinen Pfandrechts, § 21 (S. 132)); eine Ausnahme machte die überwiegende Ansicht bei Konsolidation des verpfändeten ususfructus mit dem Eigentum gelten (so im Ergebnis übereinstimmend Exner, Kritik des Pfandrechtsbegriffs nach römischem Recht, S. 68–69; Sintenis, Handbuch des gemeinen Pfandrechts, § 21 (S. 132); Windscheid, Pandekten I5, § 205 (S. 652–653 in Fn. 4). 107 § 11 II. 3. 108 Siehe dazu § 12.
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komparative Beobachtungen bei der Auslegung und (behutsamen) Fortbildung der lex lata methodisch vertretbar zu berücksichtigen. Zum anderen sind einige Strukturprinzipien mehrstufiger Belastungen aus dem zweiten Abschnitt des dritten Buches des BGB sowie aus den Vorschriften über den Nießbrauch an Rechten und das Pfandrecht an Rechten abzuleiten, die im Licht der Referenzrechtsordnungen auf ihre Validität zu überprüfen sind.109 Die Bestandsaufnahme gliedert sich in drei Teile. Nach einer kurzen Darstellung der nach geltendem Recht zulässigen Konfigurationen von Rechten an begrenzten Sachenrechten stehen die allgemeine Regeln über Rechte an Grundstücksrechten im Blickpunkt. Ein besonderer Akzent liegt sodann auf den verstreut normierten Ausprägungen des Kontinuitätsschutzes mehrstufiger Belastungen und damit auf spezifischen Mechanismen, die einem subjektiven Recht den Status eines „Rechts an einem Recht“ verleihen.
1. Die Taxonomie der Sachenrechte höheren Grades Wie gezeigt, unterscheidet sich die Belastungskompatibilität von nicht kraft Belastung entstehenden Rechten und inhaltlich, räumlich und/oder zeitlich begrenzten Sachenrechten grundlegend.110 Daran anknüpfend ist bei den letztgenannten Rechten zwischen Sachenrechten ersten und höheren Grades zu unterscheiden.111 Die für letztere geltenden Sonderregeln für auf Rechtserwerb gerichtete Verfügungen sowie der rechtstypische Bestandsschutz stehen hier im Mittelpunkt. Wenn ein Grundrecht112 übertragbar ist und Nutzungen generiert, ist es – übereinstimmend mit dem Eigentum an einer beweglichen Sache – der Belastung mit Nießbrauchsund Pfandrechten (§§ 1069 Abs. 1, 1274 Abs. 1 S. 1 BGB) zugänglich. Für kraft Belastung eingeräumte Rechte gilt insoweit zwar nichts anderes.113 Mit Rücksicht auf den systematischen Zusammenhang der Zustimmungserfordernisse aus § 876 S. 1 109 Zusammenfassende Darstellungen der Belastungen beschränkter dinglicher Rechte finden sich im deutschen Schrifttum kaum; monographische Aufbereitungen fehlen völlig. In der Lehrbuchliteratur finden sich allenfalls knappe Darstellungen der Arten und der Bedeutung von Rechten an Rechten (siehe z. B. Heck, Grundriß des Sachenrechts2, § 120 (S. 470–476); Baur/Stürner, Sachenrecht18 , § 60 Rn. 1–15). 110 § 2 II. 2., 3. 111 Im Ausgangspunkt auch Cosack/Mitteis, Lehrbuch des Bürgerlichen Rechts II8 , § 2 I. 2. a) α) (S. 7), die aus der Unterscheidung zwischen Sachenrechten ersten Grades und Sachenrechten zweiten Grades freilich keine Schlussfolgerungen im Rahmen ihrer Darstellung der „Rechte an Rechten“ ziehen. 112 Gemeint sind Forderungen, außersachenrechtliche Gestaltungsrechte, Mitgliedschaftsrechte und Immaterialgüterrechte. 113 Soweit der sachenrechtliche Numerus Clausus durch bestimmte Erscheinungsformen von Anwartschaftsrechten erweitert worden ist (siehe nur Raiser, Dingliche Anwartschaften, passim; kritisch zum Ganzen Mülbert, AcP 202 (2002), S. 912–950), sei nur klarstellend konstatiert, dass aus der aufschiebend oder auflösend bedingten Übertragung oder Belastung anderer Rechte als Eigentum gleichfalls gesicherte Rechtsstellungen resultieren. Eines sachenrechtstypischen Bestandsschutzes bedarf es insoweit nicht, weil es prinzipiell keinen gutgläubig-lastenfreien Erwerb von Forderungen, Mitgliedschaftsrechten, Immaterialgüterrechten oder gar von begrenzten Rechten an solchen Rechten gibt.
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BGB und § 876 S. 2 BGB und das Akzessorietätsprinzip sind indes auch selbstständig nicht übertragbare Sachenrechte einer indirekten Belastung zugänglich,114 wohingegen der Nießbrauch und die beschränkten persönlichen Dienstbarkeiten allenfalls durch die Pfändung des Stammrechts (und nicht bloß der Ausübung desselben) belastet sind.115 Im Einzelnen gestattet die lex lata die folgende Varianten der Belastung begrenzter Sachenrechte: Als frei übertragbare eigentumsäquivalente Rechte sind Anwartschaftsrechte der Belastung mit Nießbrauchs- und Pfandrechten zugänglich.116 Auch das theoretisch anmutende Konstrukt eines doppel- oder gar mehrstöckigen Anwartschaftsrechts an beweglichen Sachen verbietet sich nicht per se, wohingegen eine doppelstöckige Auflassungsanwartschaft rechtlich unmöglich ist.117 Bei subjektiv-persönlichen Grundstücksrechten ist zwischen sog. grundstücksgleichen Rechten – das Paradigma ist das Erbbaurecht – und nicht grundstücksgleichen Rechten zu unterscheiden. Das Erbbaurecht kann sowohl mit allen Arten von Grundstücksrechten einschließlich des Erbbaurechts belastet als auch mit allen Rechten von Grundstücksrechten 114 Wie in § 2 II. 4. ausgeführt, erstrecken sich forderungsbelastende Rechte prinzipiell auf akzessorische Rechte; eine gesonderte Belastung des Nebenrechts scheidet de lege lata regelmäßig, aber nicht ausnahmslos aus. Subjektiv-dingliche Rechte sind demgegenüber nicht gesondert belastbar, werden andererseits auch nicht notwendig von den Rechten am „Grundstück“ ergriffen. Soweit diese unter Berücksichtigung ihrer konkret-individuellen Ausgestaltung eine Befugnis zur Ausübung, zur Verwertung oder zum Erwerb des Grundstücks mitsamt dem jeweiligen Nebenrecht verleihen, sind sie zugleich mit Verfügungsschutz unterlegt. Soweit es um grundstücksgebundene Rechte geht, ist somit zwischen einer kongruenten Belastung und einer auf das Eigentum resp. das Erbbaurecht beschränkten inkongruenten Belastung zu unterscheiden. 115 Unmaßgeblich ist der Bezugspunkt des Nießbrauchs oder der beschränkten persönlichen Dienstbarkeit; sowohl der Sach- als auch der Rechtsnießbrauch und alle persönlichen Dienstbarkeiten sind, selbst wenn ausnahmsweise die Übertragbarkeit gegeben ist, ausschließlich zwischenartlich durch Pfändung belastbar. Auf den bekannten „Theorienstreit“ um das Pfändungspfandrecht kommt es hier nicht an. Wenngleich sämtliche Wirkungen im Vollstreckungsverhältnis zwischen Gläubiger und Schuldner auch ohne Rekurs auf die Rechtsfigur eines Pfandrechts plausibel erklärt werden können (BeckOK ZPO (-Fleck), Stand: 1.7.2019, § 804 Rn. 5.1–5.3), ordnet das Gesetz dem Gläubiger ausdrücklich ein Pfandrecht zu, welches im Verhältnis zu Dritten gem. § 804 Abs. 2 ZPO privatrechtliche Wirkungen erzeugt und nach Maßgabe des Prioritätsprinzips mit anderen Pfändungspfandrechten gem. § 804 Abs. 3 ZPO konkurriert (MünchKomm (-Gruber), ZPO II5, § 804 Rn. 29–31). Entsprechendes gilt für forderungsgebundene dingliche Rechte oder Rechtsstellungen, namentlich Hypothek, Pfandrecht und Vormerkung, sowie für die Grund- und Rentenschuld und die subjektiv-persönliche Reallast, sofern die Übertragung der Forderung bzw. des Grundstücksrechts kraft Vereinbarung ausgeschlossen ist (§§ 399 Var. 2, 413 BGB, §§ 851 Abs. 2, 857 Abs. 1, 6 ZPO). 116 Soergel (-Stürner), BGB XVI13, Vor § 1068 Rn. 1 (Nießbrauch am Anwartschaftsrecht des Vorbehaltskäufers); Soergel (-Habersack), BGB XVI13, § 1274 Rn. 20 (Pfandrecht an der Auflassungsanwartschaft). Richtigerweise ist jedes (anerkannte) Anwartschaftsrecht, z. B. auch das des Schatzentdeckers vor Inbesitznahme gem. § 984 BGB und das Anwartschaftsrecht des designierten Hypothekengläubigers vor Brieferteilung resp. Valutierung des Darlehens sowohl nießbrauchsfähig als auch verfändbar; näher zur zwischenartlichen (intra- oder interfamiliären) Belastbarkeit des Anwartschaftsrechts § 10 I. 2. b). 117 Die praktisch noch relevanteste Variante dürfte die auflösend bedingte Sicherungsübertragung des Anwartschaftsrechts des Vorbehaltskäufers analog §§ 929 S. 1, 930, 868, 158 Abs. 2 BGB sein; zur innerartlichen Belastbarkeit des Anwartschaftsrechts § 6 III.
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verbunden werden, die das Gesetz zur rechtsgeschäftlichen Belastung des Grundstückseigentums zur Verfügung hält (vgl. § 11 Abs. 1 S. 1 ErbbauRG).118 Die Belastungskompatibilität des Wohnungserbbaurechts (§ 30 Abs. 1 WEG) deckt sich folglich mit der des Wohnungseigentums (§ 1 Abs. 1 WEG), die nur in Nuancen von der des Grundstückseigentums abweicht.119 Zu atypischen Belastungskonfigurationen im Liegenschaftsrecht kann es bei der Beendigung des Erbbaurechts durch Zeitablauf kommen, sofern dieses mit Hypotheken, Grund- und Rentenschulden, Reallasten oder auch mit reallastähnlichen Entschädigungsforderungen eines Untererbbauberechtigten belastet ist; kraft Surrogation gem. § 28 ErbbauRG entsteht ein „dingliches Sicherungsrecht sui generis“ am Grundstück, das wiederum den Bezugspunkt von den Vorschriften über das Forderungspfandrecht unterliegenden surrogationsgestützten Verwertungsrechten gem. § 29 ErbbauRG bildet.120 Nicht grundstücksgleiche Rechte sind ausschließlich mit Nießbrauchs- und Pfandrechten gem. §§ 1068 Abs. 1, 1273 Abs. 1 BGB belastbar.121 Während die Hypothek ausnahmslos von Rechten an der Forderung ergriffen wird (vgl. § 1153 Abs. 1 BGB), sind Grund- und Rentenschulden selbstständig belastbar, wobei die möglichen Belastungsvarianten denen der Hypothek entsprechen. Eine innerartliche Belastung von Hypotheken, Grund- und Rentenschulden und subjektiv-persönlichen Reallasten ist allein vermittels Verpfändung oder Pfändung möglich; wechselseitig belastbar sind Hypotheken und Grundschulden sowie Reallasten nicht. Im Unterschied zum unübertragbaren Wohnungsrecht (§§ 1093, 1092 Abs. 1 S. 1 BGB) ist das selbstständig verkehrsfähige Dauerwohnrecht (§ 33 Abs. 1 S. 1 WEG) ausschließlich mit Nießbrauchs- und Pfandrechten belastbar; ein doppelstöckiges Dauerwohnrecht scheidet nicht schon aus sachgesetzlichen Gründen, 118 In Betracht kommen Grunddienstbarkeiten, Reallasten und dingliche Vorkaufsrechte (Staudinger (-Rapp), BGB (2017), § 11 ErbbauRG Rn. 8); kraft Gesetzes ist eine Verbindung mit reallastähnlichen Notweg- und Überbaurenten gem. §§ 914 Abs. 3, 917 Abs. 2 S. 2, 1110, 96 BGB i. V. m. § 11 Abs. 1 S. 1 ErbbauRG. Demgegenüber ist das Jagdrecht zwingend mit dem Grundstückseigentum gem. § 3 Abs. 1 S. 2 BJagdG verbunden; als selbstständiges dingliches Recht kann es nicht als Bestandteil des Erbbaurechts begründet werden (§ 3 Abs. 1 S. 3 ErbbauRG). Zudem erstreckt sich das Erbbaurecht nicht zwangsläufig auf alle mit dem Eigentum am Erbbaurechtsgrundstück verbundenen Rechte i. S. d. § 96 BGB, insbesondere nicht auf die erbbaurechtsbelastende Erbbauzinsreallast des Eigentümers, sondern nur auf diejenigen Rechte, bei denen nicht auszuschließen ist, dass diese der Verwirklichung des Erbbaurechts irgendwie förderlich sind, was allenfalls bei Grunddienstbarkeiten, nicht aber bei Reallasten und dinglichen Vorkaufsrechten möglich ist (zur unselbstständigen Belastung von subjektiv-dinglichen Liegenschaftsrechten siehe § 2 II. 4. b) bb) (1)). 119 Im Vergleich zum Eigentum sind die möglichen Belastungen des Erbbaurechts an den begrenzten Zuweisungsgehalts ihres Belastungsgegenstandes gebunden; „überschießende“ Belastungen sind keine Belastungen des Erbbaurechts (siehe § 2 IV. 1. a)). 120 Siehe § 3 II. 3. b), § 7 III. 1. b). 121 Staudinger (-C. Heinze), BGB (2018), 873 Rn. 27. Auch das Anwartschaftsrecht des designierten Hypothekengläubigers vor Valutierung resp. Brieferteilung gem. § 1116 BGB (i. V. m. § 1192 Abs. 1 BGB) ist ein Recht an einem Grundstück und nicht etwa ein Recht an einem Grundstücksrecht, namentlich an der auflösend bedingten Eigentümergrundschuld gem. §§ 1163 Abs. 1 S. 1, 1177 Abs. 1 BGB bzw. §§ 1163 Abs. 2, 1177 Abs. 1 BGB.
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sondern mangels „grundstücksgleicher“ Ausgestaltung desselben aus.122 Auch eine innerartliche Belastung der Vormerkung, d. h. eine doppel- oder gar mehrstöckige Vormerkung ist schon deshalb unmöglich, weil ausschließlich das führende Recht, der gesicherte Rechtsänderungsanspruch, gepfändet, verpfändet und mit einem Nießbrauch belastet werden kann; diese Belastungen erstrecken sich kraft Gesetzes auf die akzessorische Vormerkung (§ 401 Abs. 1 BGB analog).123 Vor allem aber ist der vormerkungsgesicherte Gläubiger noch nicht Inhaber eines „Rechts an einem Grundstück“ resp. eines „Rechts an einem das Grundstück belastenden Recht“ i. S. v. § 883 Abs. 1 S. 1 BGB, sondern eben nur Gläubiger einer Forderung, weshalb insoweit der gesetzliche Verfügungsschutz, den eine Vormerkung leistet, gar nicht einschlägig ist.124 Endlich werden subjektiv-dingliche Rechte i. S. v. § 96 BGB nicht zwingend von den Belastungen des führenden Rechts, sei es das Eigentum, sei es ein grundstücksgleiches Recht, erfasst; die mögliche unselbstständige Belastung ist mit Blick auf die rechtstypische und, soweit zulässig, rechtsgeschäftliche Ausgestaltung der fraglichen Rechte im konkreten Fall zu beurteilen.125
2. Mehrstufige Belastungen im Grundstücksrecht Wenngleich Sachenrechte höheren Grades, soweit sie sich auf Grundstücksrechte beziehen, vom sachlichen Geltungsbereich des zweiten Abschnitts des dritten Buches des BGB (Allgemeine Vorschriften über Rechte an Grundstücken) umfasst sind, weisen diese Rechte zahlreiche Besonderheiten im Vergleich zu Sachenrechten niedrigeren Grades auf. Das materielle Liegenschaftsrecht unterscheidet zwischen „Rechten an Grundstücken“ und „Rechten an solchen Rechten“. Diese auf den Bezugspunkt des subjektiven Rechts abhebende Kategorisierung wird weitgehend, wenn auch nicht durchgängig vom Gesetz durchgehalten. Während diverse Vorschriften ausdrücklich sowohl auf „Rechte an Grundstücken“ als auch auf „Rechte an solchen Rechten“ anzuwenden sind, gelten andere expressis verbis nur für „Rechte an Grundstücken“. Letzteres streitet allenfalls prima facie für einen 122
Vgl. BGH, Beschluss v. 6.12.2018 – V ZB 94/16, NZM 2019, S. 438 Rn. 8. Frankfurt, Beschluss v. 9.12.1996 – 20 W 425/96, NJW-RR 1997, S. 1308; Staudinger (-Gursky), BGB (2013), § 883 Rn. 350 m. w. N.; die Pfändung oder Verpfändung eines vormerkungsgesicherten Anspruchs kann bei der Vormerkung im Wege der Grundbuchberichtigung vermerkt werden. Was allgemein für die Pfändung und Verpfändung ausgeführt ist, muss aber auch für den Nießbrauch gelten. Wird ein Auflassungsanspruch mit einem Nießbrauch belastet, ist der Nießbraucher schließlich zur „Einziehung“, d. h. zur Vertretung des Gläubigers bei der Auflassung gem. § 1074 BGB berechtigt, zumal sich der Nießbrauch an dem Grundstück im Wege unmittelbarer Ersetzung ohne erforderliche Neubestellung gem. § 1075 Abs. 1 BGB fortsetzt (Baur/Stürner, Sachenrecht18 , § 61 Rn. 13; Staudinger (-C. Heinze), BGB (2017), § 1075 Rn. 5). Vor diesem Hintergrund hat der Nießbraucher ein ebenso schutzwürdiges Vertrauen auf den Bestand des Vormerkungsschutzes wie ein Pfandgläubiger; dass die Vormerkung keine Nutzungen generiert, spielt keine Rolle, denn verwertbar ist die Vormerkung ebenfalls nicht. 124 Siehe § 6 II. Soll die Verfügungsbefugnis über den vormerkungsgesicherten Anspruch mit dinglicher Wirkung eingeschränkt werden, bieten sich die üblichen Mechanismen an, namentlich eine Pfändung bzw. Verpfändung, die auch bei der Vormerkung eingetragen werden kann. 125 Auf die ausführlichen Ausführungen in § 2 II. 4. b) bb) wird Bezug genommen. 123 OLG
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Umkehrschluss. Vielfach bedarf es einer entsprechenden Anwendung auf Rechte an Grundstücksrechten, soweit es außerhalb des zweiten Abschnitts an positivrechtlichen Vorgaben fehlt. Schließlich ist diversen Vorschriften des zweiten Abschnitts nicht ausdrücklich zu entnehmen, ob sie nur für Rechte an Grundstücken oder auch für Rechte an solchen Rechten gelten.126 126 Eine kursorische Betrachtung des Gesetzes macht Folgendes sichtbar. Sowohl auf die Übertragung als auch auf die Belastung von „Rechten an Grundstücken“ sind jedenfalls die Vorschriften über den rechtsgeschäftlichen Erwerb durch Einigung und Eintragung (§ 873 BGB) einschließlich der Erhaltung der Wirksamkeit von Verfügungserklärungen gem. § 878 BGB anzuwenden. Nicht von § 873 Abs. 1 BGB erfasst ist demgegenüber die Übertragung und Belastung von „Rechten an solchen Rechten“ (Planck (-Strecker), BGB III/15, § 873 Anm. V 3; Staudinger (-C. Heinze), BGB (2018), 873 Rn. 28). Desgleichen sind die Bestimmungen über die Aufhebung und die inhaltliche Änderung gem. §§ 875, 877 BGB auf Rechte an Grundstücken beschränkt, gelten also nicht für Nießbrauchs- und Pfandrechte an (nicht grundstücksgleichen) Grundstücksrechten, deren Aufhebung und inhaltliche Änderung sich nach §§ 1064, 1072, 1255, 1276 BGB richtet (Planck (-Strecker), BGB III/15, § 875 Anm. 1 a); Staudinger (-C. Heinze), BGB (2018), 875 Rn. 16). Die Möglichkeit einer Bezugnahme auf die Eintragungsbewilligung ist für die Eintragung von Rechten an nicht grundstücksgleichen Rechten auch nicht ausdrücklich bestimmt; § 874 BGB erwähnt nur Rechte an Grundstücken. Auf Rechte an Grundstücken ausdrücklich beschränkt sind ferner die Vorschriften über die Rangverhältnisse (§ 879 BGB) einschließlich der Möglichkeiten privatautonomer Ranggestaltung durch Rangänderung und Rangvorbehalt (§§ 879 Abs. 3, 880, 881 BGB); desgleichen ist Bestimmung des Höchstbetrages des Wertersatzes nach § 882 BGB nur für Rechte an Grundstücken vorgesehen. Wie noch zu zeigen sein wird, ist freilich eine differenzierte Anwendung der Rangvorschriften auf Rechte an Grundstücksrechten geboten. Demgegenüber kann die Vormerkung nach § 883 Abs. 1 S. 1 BGB ausdrücklich auch zur Sicherung eines Anspruchs auf Einräumung, Aufhebung, inhaltliche Änderung und Rangänderung eines Rechts „an einem das Grundstück belastenden Recht“ im Grundbuch eingetragen werden; vormerkungsfähig sind mithin alle Ansprüche, die auf eine dingliche Änderung der Eigentumsverhältnisse, der Belastungen des Eigentums sowie der Belastungen der eigentumsbelastenden Rechte zielen (vgl. Erman (-Artz), BGB II15, § 883 Rn. 10, 12; Planck (-Strecker), BGB III/15, § 883 Anm. 1 b)). Der Ausschluss der Konsolidation gilt ausdrücklich wiederum nur für die Vereinigung des Eigentums mit einem Recht am Grundstück in einer Person, während für die Vereinigung von Rechten mit belasteten nicht grundstücksgleichen Rechten die §§ 1063, 1072, 1256, 1273 Abs. 2 S. 1 BGB gelten (Erman (-Artz), BGB II15, § 889 Rn. 4; Planck (-Strecker), BGB III/15, § 889 Anm. 3). Die Richtigkeits- und Vollständigkeitsvermutung sowie der öffentliche Glaube des Grundbuchs (§§ 891– 893, 899a BGB) erstrecken sich hingegen auf alle eintragungsfähigen Rechte (Erman (-Artz), BGB II15, § 892 Rn. 4; Planck (-Strecker), BGB III/15, § 889 Anm. 2). Die liegenschaftsrechtlichen Verkehrsschutznormen sind richtigerweise auf den konstitutiven, nicht jedoch auf den translativen Erwerb von Rechten an Grundstücksrechten anwendbar (Staudinger (-Picker), BGB (2019), 892 Rn. 63; eingehend zu Voraussetzungen und Rechtsfolgen des gutgläubigen Erwerbs von Pfandund Nießbrauchsrechten an Liegenschaftsrechten § 5 IV. 2.). Die Vermutung der Richtigkeit und Vollständigkeit des Grundbuchs erstreckt sich demgegenüber uneingeschränkt auch auf Rechte an nicht grundstücksgleichen Rechten (Staudinger (-Picker), BGB (2019), 892 Rn. 63). Folgerichtig gelten bei fehlerhafter Verlautbarung der Belastungen von Grundstücksrechten die §§ 894–899 BGB; der (eingetragene) Inhaber eines Rechts an einem Grundstücksrecht ist mithin je nach Fallgestaltung aktiv- oder passivlegitimiert (§ 5 IV. 6. a) bb)). Fragwürdig ist, ob materiellrechtliche Angleichungen an die im Grundbuch ausgewiesene Rechtslage wegen Zeitablaufs zugunsten oder zulasten von (nicht) eingetragenen Rechten an Grundstücksrechten möglich sind. Während sich die Vorschrift des § 901 BGB tatbestandlich auf das verjährungsgestützte Erlöschen eines nicht eingetragenen Rechts an einem fremden Grundstück („Tabularversitzung“) bezieht, differenziert das Gesetz bei der Tabularersitzung nicht zwischen „Rechten an Grundstücken“ und „Rechten an solchen Rechten“. Weil freilich nur solche Rechte, die zum Besitz des Grundstücks berechtigen
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Bevor auf die (entsprechende) Anwendbarkeit der allgemeinen Bestimmungen des zweiten Abschnitts auf Sachenrechte höheren Grades näher eingegangen wird, sei vorausgeschickt, dass der im Gesetz angelegte Dualismus von „Rechten an Grundstücken“ und „Rechten an solchen Rechten“ rechtslogisch nicht stringent durchgehalten werden kann. Bei Lichte betrachtet lassen sich alle im Liegenschaftsrecht verorteten subjektiven Rechte wahlweise als „Rechten an Grundstücken“ und „Rechten an solchen Rechten“ klassifizieren. Dass sich auch Rechte an Grundstücken auf Grundstücksrechte beziehen können, erkennt das Gesetz an, bedarf doch die Aufhebung und Änderung der mit dem Grundstück verbundenen Rechte der Zustimmung der Inhaber von Rechten am (herrschenden) Grundstück, es sei denn, dass jene durch die fragliche Verfügung nicht „berührt“ werden (§ 876 S. 2 BGB). Letzteres impliziert, dass Rechte am Grundstück eine jedermann entgegensetzbare Machtposition an subjektiv-dinglichen Rechten vermitteln und folgerichtig mit sachenrechtlichem Verfügungsschutz unterlegt sind.127 Umgekehrt lassen sich „Rechte an Grundstücksrechten“ durchaus als „Rechte an einem Grundstück“ bezeichnen, weil und soweit sie vermittels des belasteten Rechts drittwirkende Befugnisse über das dem belasteten Recht unterliegende Grundstück verleihen. Dies ist Ausdruck des wechselseitigen Subordinationsverhältnisses; das belastete und das lastende Recht bilden eine rechtliche Schicksalsgemeinschaft.128 An dieser Stelle bedarf es einer Begriffspräzisierung. Mit „Rechten an Grundstücken“ meint das Gesetz nur solche Rechte, die Grundstückseigentum, sei es Alleineigentum, sei es Sondereigentum, sei es Bruchteilseigentum, belasten, während der Begriff „Rechte an solchen Rechten“ für die durch § 876 S. 1 BGB geschützten Rechte reserviert wird, die sich in selbstständiger oder unselbstständiger Form auf Belastungen von Grundstückseigentum beziehen. Unter diese Kategorie fallen (1.) Nießbrauchs- und Pfandrechte an Hypotheken, Grund- und Rentenschulden, subjektiv-dingliche Reallasten und Dauerwohnrechte, (2.) Pfandrechte an übertragbaren subjektiv-persönlichen dinglichen Vorkaufsrechten, (3.) Pfändungspfandrechte an beschränkten persönlichen Dienstbarkeiten und Nießbrauchsrechten und (4.) alle Belastungen von Erbbaurechten. Letztere sind wegen der in § 11 Abs. 1 S. 1 ErbbauRG angeordneten Verweisungsanalogie zugleich „Rechte an Grundstücken“ oder, wenn man so will, „Rechte an grundstücksgleichen Rechten“, was einmal mehr die Beliebigkeit der kategorialen Zuordnung unterstreicht. Sieht man von diesen Überschneidungen einmal ab, ist der Dualismus von „Rechten an Grundstücken“ und „Rechten an solchen Rechten“ andererseits zu eng, weil die Vormerkung gänzlich herausfällt, obschon sie je nach Inhalt des gesicherten Anspruchs oder zumindest mit possessorischem Besitzschutz unterlegt sind (§ 1029 BGB), ersitzungsfähig sind, kommt eine Ersitzung von Rechten an nicht grundstücksgleichen Rechten prima vista nicht in Betracht. Endlich unterliegen Ansprüche aus eingetragenen Rechten grundsätzlich nicht der Verjährung (§ 902 Abs. 1 S. 1 BGB); auch hier unterscheidet das Gesetz nicht zwischen „Rechten an Grundstücken“ und „Rechten an solchen Rechten“. 127 § 2 II. 4 b) bb). 128 Dies zeigt sich nicht zuletzt im sachenrechtlichen Kontinuitätsschutz; siehe § 3 II. 3.
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entweder einem „Recht an einem Grundstück“ oder einem „Recht an einem solchen Recht“ in nahezu allen Beziehungen gleichsteht. Auf letzteres wird zurückzukommen sein. Im Detail ergibt sich für die Anwendbarkeit der Vorschriften des zweiten Abschnitts auf Sachenrechte höheren Grades Folgendes: a) Rechtsgeschäftlicher Erwerb Wenn § 873 Abs. 1 Var. 4 BGB bestimmt, dass die Übertragung und Belastung eines Rechts an einem Grundstücksrecht durch Einigung und Eintragung im Grundbuch erfolgt, läuft diese Bestimmung leer.129 Die Belastung nicht grundstücksgleicher Grundstücksrechte mit Nießbrauchs- und Pfandrechten richtet sich gem. §§ 1069 Abs. 1, 1274 Abs. 1 S. 1 BGB als leges speciales (vgl. § 873 Abs. 1, letzter Hs. BGB) nach Zessionsrecht; selbstständige Belastungen nicht übertragbarer Grundstücksrechte scheiden aus (§§ 1069 Abs. 2, 1274 Abs. 2 BGB).130 Maßgeblich sind die Vorschriften über die Übertragung des fraglichen Grundstücksrechts. Diese wird, wenn das zu belastende Grundstücksrecht selbstständig verkehrsfähig ist, nicht notwendig durch formlose Einigung und Eintragung gem. § 873 Abs. 1 Var. 3 BGB bewirkt. Stattdessen vollzieht sich die Belastung von Briefhypotheken und Briefgrundschulden prinzipiell außerhalb des Grundbuchs durch schriftliche Belastungserklärung, formlose Annahme und Briefübergabe (§§ 1154 Abs. 1 S. 1, 1153 Abs. 1 BGB).131 In Bezug auf Belastungen von Buchhypotheken, Buchgrundschulden, subjektiv-persönlichen Reallasten und subjektiv-persönlichen (übertragbaren) Vorkaufsrechten ist die Vorschrift des § 873 Abs. 1 Var. 4 BGB gleichfalls redundant, folgt doch bereits aus §§ 1069 Abs. 1, 1274 Abs. 1 S. 1 BGB i. V. m. §§ 873 Abs. 1
129 Vgl. Planck (-Brodmann), BGB III/15, § 873 Anm. V. 3; Staudinger (-C. Heinze), BGB (2018), 873 Rn. 28. 130 Zu den Tatbestandsvoraussetzungen des rechtsgeschäftlichen Erwerbs von Pfandrechten an hypothekarisch gesicherten Forderungen, Grund- und Rentenschulden und subjektiv-persönlichen Reallasten § 5 IV. 1.). Wird die Abtretung eines hypothekarisch gesicherten Anspruchs gem. § 399 Var. 2 BGB rechtsgeschäftlich ausgeschlossen, scheidet desgleichen eine Belastung mit Nießbrauchs- und Pfandrechten gem. §§ 1069 Abs. 2, 1274 Abs. 2 BGB aus. Umstritten ist die Rechtslage bei Grund- und Rentenschulden (vgl. Staudinger (-Wolfsteiner), BGB (2015), Einl. zu §§ 1113 ff. Rn. 157 m. w. N.; Staudinger (-Heinze), BGB (2018), § 873 Rn. 26). Wenn man mit der h. A. die Möglichkeit eines Abtretungsausschlusses gem. §§ 413, 399 Var. 2 BGB – der gem. §§ 877, 873 Abs. 1 BGB der Eintragung im Grundbuch bedarf – bejaht (MünchKomm (-Lieder), BGB VII7, § 1191 Rn. 108; Staudinger (-Wolfsteiner), BGB (2015), § 1154 Rn. 82), schlägt das Zessionsverbot gem. §§ 1069 Abs. 2, 1274 Abs. 2 BGB durch; die Bestellung eines Nießbrauchs sowie die Verpfändung sind folglich unzulässig. Wer die Möglichkeit eines rechtsgeschäftlichen Zessionsverbots mit dinglicher Wirkung wegen § 137 S. 1 BGB verneint, darf einem rechtsgeschäftlichen Belastungsverbot nur obligatorische Wirkung beimessen (vgl. Kuntze/ Ertl/ Herrmann/ Eickmann (-Dümig), Grundbuchrecht6 , § 26 GBO Rn. 11, 17). 131 Der modus acquirendi richtet sich bei der Verpfändung von Briefgrundpfandrechten gem. § 1274 Abs. 1 S. 2 BGB nach den auf die Briefübergabe entsprechend anzuwendenden Bestimmungen der §§ 1205 Abs. 2, 1206 BGB. Im Wege der Grundbuchberichtigung sind diese außerhalb des Grundbuchs entstehenden Rechte unter den erleichterten Voraussetzungen von § 26 Abs. 2 Var. 1 GBO eintragungsfähig.
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Var. 3, 1154 Abs. 3, 1192 Abs. 1 BGB, dass der rechtsgeschäftliche Erwerb durch formlose Einigung und Eintragung stattfindet. Subjektiv-dingliche Rechte i. S. v. § 96 BGB werden demgegenüber allenfalls kraft Gesetzes von Belastungen des Eigentums am herrschenden Grundstück erfasst; der rechtsgeschäftliche Erwerb derselben richtet sich nach § 873 Abs. 1 Var. 2 BGB. Wegen der in § 11 Abs. 1 S. 1 ErbbauRG bestimmten Legalverweisung auf die Vorschriften über die Übertragung und Belastung des Eigentums ist § 873 Abs. 1 Var. 4 BGB endlich auch in Ansehung der Bestellung von Rechten am Erbbaurecht überflüssig; § 873 Abs. 1 Var. 2 BGB ist entsprechend anzuwenden.132 Dass hingegen die Übertragung und Belastung eines Sachenrechts höheren Grades von § 873 Abs. 1 BGB tatbestandlich nicht erfasst ist, darf nicht überraschen, sind doch Rechte an nicht grundstücksgleichen Liegenschaftsrechten nicht selbstständig rechtsgeschäftlich übertragbar.133 Statt des liegenschaftsrechtlichen Intabulationsprinzips gilt bei der rechtsgeschäftlichen Übertragung einer mit einem Pfandrecht an einem Grundstücksrecht verbundenen Forderung sowie bei der Bestellung eines Forderungsnießbrauchs ein reines Konsensprinzip (§§ 398 S. 1, 1250 Abs. 1 S. 1 BGB i. V. m. § 1069 Abs. 1 BGB). Die Verpfändung einer mit einem liegenschaftsrechtsbelastenden Pfandrecht verbundenen Forderung wird durch (formlose) Einigung und Schuldnerbenachrichtigung (§§ 1274 Abs. 1 S. 1, 1279 S. 1, 1280, 1291 BGB), die Aufhebung des Pfandrechts durch einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung (§§ 1273 Abs. 2 S. 1, 1255 Abs. 1 BGB) und die inhaltliche Änderung ebenso wie die Abtretung „solo consensu“ bewirkt.134 Außerhalb des Grundbuchs entstehende Sachenrechte höheren Grades sind freilich nicht mit einem schwächeren Bestandsschutz versehen als Rechte an Grundstücken, steht es doch dem Inhaber eines solchen Rechts an einem Grundstücksrecht frei, unter den erleichterten Voraussetzungen des § 26 Abs. 2 GBO die Berichtigung des Grundbuchs im Grundbuchverfahren zu erwirken und demgemäß einem etwaigen Rechtsverlust durch gutgläubig-lastenfreien Erwerb, gutgläubigen Vorrangserwerb, Tabularversitzung oder Zwangsversteigerung vorzubeugen.135 Auf 132
Staudinger (-C. Heinze), BGB (2018), 873 Rn. 27. Staudinger (-C. Heinze), BGB (2018), 873 Rn. 28. Während ausschließlich der Nießbrauch einer juristischen Person oder rechtsfähigen Personengesellschaft nach Maßgabe von § 1059a BGB übertragen, generell aber nicht rechtsgeschäftlich belastet, sondern allenfalls gem. § 857 Abs. 3 ZPO gepfändet werden kann (§ 1059b BGB), folgt das Pfandrecht an einem Liegenschaftsrecht der gesicherten Forderung (§§ 1273 Abs. 2 S. 1, 1250 Abs. 1 S. 1 BGB), ohne auf den Modus der rechtsgeschäftlichen Übertragung und Belastung der „führenden“ Forderung durchzuschlagen. Allerdings können auch diese Rechte im Wege der Grundbuchberichtigung im Grundbuch unter den erleichterten Voraussetzungen von § 26 Abs. 2 Var. 3 GBO eingetragen werden; siehe hierzu sogleich Fn. 135. 134 Eine Benachrichtigung des Schuldners der verpfändeten und mit einem Pfandrecht an einem Liegenschaftsrecht verbundenen Forderung über abweichende Verwertungsvereinbarungen i.S v. §§ 1277 S. 1, letzter Hs., 1284 BGB ist nach allg. Ansicht nicht erforderlich (BeckOK BGB (-Schärtl), Stand: 1.8.2019, § 1284 Rn. 2; Erman (-J. Schmidt), BGB II15, § 1284 Rn. 1; MünchKomm (-Damrau), BGB VII7, § 1284 Rn. 4; NomosKomm (-Bülow), BGB III4, § 1284 Rn. 2). 135 Anknüpfend an die in § 26 GBO geregelte Übertragung von Grundpfandrechten senkt auch § 26 Abs. 2 GBO die in § 22 Abs. 1 S. 1 GBO bestimmten Voraussetzungen für die Be133
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der anderen Seite besteht selbstredend kein Anlass, Sachenrechte höheren Grades mit höherem Bestandsschutz auszustatten als Rechte an Grundstücken. Mit Blick auf die allseits gewünschte Leichtigkeit und Sicherheit des Rechtsverkehrs richtigung des Grundbuchs im Grundbuchverfahren zugunsten des Erwerbers eines Rechts an einem Briefgrundpfandrecht (Var.1), des Zessionars einer durch ein Pfandrecht an einem Liegenschaftsrecht gesicherten Forderung (Var. 2) sowie des Erwerbers eines Rechts an einer solchen Forderung ab (Var. 3). Grundsätzlich erfolgt eine Grundbuchberichtigung nicht von Amts wegen, sondern auf Antrag einer berechtigten Person (§ 13 GBO). Der Antragsteller muss hierzu entweder die Bewilligung des betroffenen Rechtsinhabers gem. § 19 GBO vorlegen oder die Grundbuchunrichtigkeit in formgerechter Weise nachweisen (§ 22 Abs. 1 S. 1 GBO), d. h. die Verpfändung des Liegenschaftsrechts resp. die Abtretung oder Verpfändung der durch ein Pfandrecht an einem Liegenschaftsrecht gesicherten Forderung. Ist dies nicht möglich, muss notfalls Klage gegen den durch die begehrte Berichtigung formellrechtlich betroffenen Rechtsinhaber erhoben werden (§ 894 BGB). Abweichend von § 22 Abs. 1 S. 1 GBO ist eine Bewilligung gem. § 19 GBO für die Grundbuchberechtigung bei einer (außerhalb des Grundbuchs erfolgenden) Übertragung einer Briefhypothek oder Briefgrundschuld gem. § 26 Abs. 1 GBO nicht erforderlich; es genügt die Vorlage der schriftlichen Abtretungserklärung des Zedenten (§ 1154 Abs. 1 S. 1 BGB i. V. m. § 1192 Abs. 1 BGB) in der Form des § 29 GBO (BeckOK GBO (-Holzer), Stand: 1.6.2019, § 26 Rn. 1; Kuntze/Ertl/Herrmann/Eickmann (-Dümig), Grundbuchrecht6 , § 26 GBO Rn. 2). Entsprechendes gilt nach § 26 Abs. 2 Var. 1 GBO für die gleichfalls außerhalb des Grundbuchs stattfindende Belastung von Briefgrundpfandrechten mit Nießbrauchs- und Pfandrechten (§§ 1069 Abs. 1, 1274 Abs. 1, 1154 Abs. 1, 398, 1192 Abs. 1 BGB). Tatbestandlich bezieht sich § 26 Abs. 2 Var. 1 GBO demgegenüber nicht auf die bloße Pfändung eines Grundpfandrechts, sondern setzt vielmehr zusätzlich den Nachweis des Überweisungsbeschlusses voraus (Kuntze/Ertl/Herrmann/Eickmann (-Dümig), Grundbuchrecht6 , § 26 GBO Rn. 16). Die Vorschrift des § 26 Abs. 2 GBO ersetzt aber nicht die Notwendigkeit des formgerechten Beweises der für die Verpfändung von Briefgrundpfandrechten gem. §§ 1274 Abs. 1 S. 1, 1154 Abs. 1 S. 1, 2. Hs., 1117 Abs. 3 BGB (ggf. i. V. m. § 1192 Abs. 1 BGB) konstitutiven Übergabe des Grundpfandrechtsbriefs für die Grundbuchberichtigung gem. § 41 Abs. 1 S. 1, 42 Abs. 1 GBO (Kuntze/Ertl/Herrmann/Eickmann (-Dümig), Grundbuchrecht6 , § 26 GBO Rn. 16). Nichts anderes gilt für die übrigen formellrechtlichen Voraussetzungen der Grundbuchberichtigung; es bedarf mithin eines entsprechenden Antrags des Rechtsbestellers/Zedenten oder des Erwerbers, der Voreintragung des betroffenen Rechtsinhabers, der Vorlage der Belastungserklärung in der Form des § 29 GBO und der Eintragung des Erwerbers (im Einzelnen BeckOK GBO (-Holzer), Stand: 1.6.2019, § 26 Rn. 32–44). Weil sich auch die Abtretung und Belastung von Forderungen, die mit Pfandrechten an Grundstücksrechten verbunden sind, außerhalb des Grundbuchs durch bloße Einigung (ggf. mit Schuldnerbenachrichtigung gem. §§ 1279 S. 1, 1280 BGB) vollzieht, ist konsequenterweise statt einer Eintragungsbewilligung die Abtretungs- oder Belastungserklärung des (bisherigen) Gläubigers der pfandrechtsgesicherten Forderung gem. § 26 Abs. 2 Var. 2 und 3 GBO vonnöten; einer Briefübergabe bedarf es schon nach materiellem Recht nicht, schlägt doch der Bestand eines Pfandrechts an einem (Liegenschafts-)Recht nicht auf den Modus der Forderungszession und -belastung durch (vgl. §§ 1273 Abs. 2 S. 1, 1250 Abs. 1 S. 1 BGB). Darüber hinaus erstreckt sich § 26 Abs. 2 Var. 3 GBO auf alle Konstellationen der konstitutiven Sukzession in eine durch ein Pfandrecht an einem eingetragenen Liegenschaftsrecht gesicherte Forderung. Darüber hinaus kann die Übertragung und Belastung von Pfandrechten an vormerkungsgesicherten Auflassungsansprüchen, vormerkungsgestützten Auflassungsanwartschaften, im Grundbuch eingetragenen Erbteilen an Grundstücken sowie Hypothekenzinsen unter den Voraussetzungen von § 26 Abs. 2 Var. 2 und 3 GBO eingetragen werden (näher BeckOK GBO (-Holzer), Stand: 1.6.2019, § 26 Rn. 19–27). Bezieht sich ein die zu übertragende Forderung sicherndes Pfandrecht auf eine Forderung, die unmittelbar oder mittelbar durch Pfandrechte an einem im Grundbuch eingetragenes Recht gesichert ist, genügt auch hier die Vorlage der Abtretungs- oder Belastungserklärung des im Grundbuch eingetragenen Gläubigers unter der Voraussetzung einer lücken-
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mit Grundstückseigentum und Grundpfandrechten liegt es nicht fern, den „guten Glauben“ an eine grundbuchlich dokumentierte Rechtsinhaberschaft selbst dann zu schützen, wenn sämtliche Verfügungen über das fragliche Recht ohne konstitutive Grundbucheintragung vollendet werden. Die durch §§ 892, 893 BGB zur Fiktion erhobene Richtigkeits- und Vollständigkeitsvermutung (§ 891 BGB) soll nach h. A. deshalb auch für nicht auf Rechtserwerb gerichtete Verfügungen seitens des eingetragenen Rechtsinhabers sowie für Leistungsbewirkungen an den eingetragenen Rechtsinhaber gelten.136 Die Vormerkungsfähigkeit von Ansprüchen auf Erwerb, Abtretung, Belastung, inhaltliche Änderung, Rangänderung oder Aufhebung eines Rechts an einem Grundstücksrecht (vgl. § 883 Abs. 1 S. 1 BGB),137 ist deshalb, obschon der vormerkungsgesicherte Verfügungserfolg außerhalb des Grundbuchs eintritt, nicht systemwidrig. Wird nun aber ein Recht an einem Grundstücksrecht im Grundbuch eingetragen, ist es mit Rücksicht auf den Normzweck des § 874 BGB, eine Überfrachtung des Grundbuchs zu vermeiden, geboten, die Bezugnahme auf die Eintragungsbewilligung in analoger Anwendung der Norm zu ermöglichen.138
losen Kette von Eintragungen bis zum Inhaber des unmittelbar belasteten Rechts. Sowohl die erststufige als auch jede höherstufige Belastung eines im Grundbuch eingetragenen Rechts ist in der Veränderungsspalte gem. §§ 10 Abs. 5, Abs. 7, 11 Abs. 6, Abs. 8 GBV einzutragen; bei einer Teilverpfändung des Grundpfandrechts bzw. eines Rechts an einem Grundpfandrecht bedarf es zudem eines Vermerks gem. § 17 Abs. 1 S. 2 GBV (BeckOK GBO (-Holzer), Stand: 1.6.2019, § 26 Rn. 45). 136 Näher hierzu in Bezug auf Pfandrechte an Hypotheken, Grund- und Rentenschulden und Reallasten § 5 IV. 3. a) dd). Nach verbreiteter Ansicht ist § 893 Var. 2 BGB auf die Aufhebung eines liegenschaftsrechtsbelastenden Nießbrauchs gem. §§ 1072, 1064 BGB sowie eines Pfandrechts gem. §§ 1273 Abs. 2 S. 1, 1255 Abs. 1 BGB anzuwenden; der Nießbrauch bzw. das Pfandrecht erlischt mit absoluter Wirkung bei unterstellter Gutgläubigkeit der durch die Aufhebung begünstigten Person (siehe hierzu Lutter, AcP 164 (1964), S. 122, 131–133; Planck (-Strecker), BGB III/1, § 893 Anm. 1 b β; Rosenberg, BGB III/1, § 876 Anm. I 1, § 893 Anm. II 2 Staudinger (-Picker), BGB (2019), § 893 Rn. 44). In Bezug auf zustimmungsbedürftige nicht auf Rechtserwerb gerichtete Verfügungen über das belastete Recht am Grundstück – Aufhebung, Inhaltsänderung, Rangrücktritt und gleichgestellte Verfügungen – soll § 893 Var. 2 BGB deshalb auch für die Zustimmungserklärung des eingetragenen Inhabers des belastenden Rechts am Grundstücksrecht gelten; der fragliche Verfügungserfolg tritt mit absoluter Wirkung durch die Zustimmung des Scheinrechtsinhabers des belastenden „Zweigrechts“ ein (Planck (-Strecker), BGB III/15, § 893 Anm. 1 b β; Rosenberg, BGB III/1, § 893 Anm. II 1 a; BeckOGK BGB (-Hertel), Stand: 1.12.2017, § 893 Rn. 28; NomosKomm (-U. Krause), BGB III4, § 893 Rn. 19; Staudinger (-Picker), BGB (2019), § 893 Rn. 28). Angesichts dessen wird das Vertrauen auf die Rechtsinhaberschaft des eingetragenen Inhabers eines Nießbrauchs oder Pfandrechts an einem Grundpfandrecht auch bei der Bewirkung von Leistungen gem. § 893 Var. 1 BGB geschützt (OLG Dresden, Beschluss v. 19.3.1912, OLGE 25, S. 185, 187; MünchKomm (-Kohler), BGB VII7, § 893 Rn. 3; Staudinger (-Picker), BGB (2019), § 893 Rn. 3). 137 BayObLG, Beschluss v. 28.12.1912, OLGE 26, S. 197; Erman (-Artz), BGB II15, § 883 Rn. 12; Assmann, Die Vormerkung, S. 45; BeckOGK BGB (-Assmann), Stand: 1.8.2019, § 883 Rn. 35; MünchKomm (-Kohler), BGB VII7, § 883 Rn. 17; Planck (-Strecker), BGB III/15, § 883 Anm 1 b; Staudinger (-Gursky), BGB (2013), § 883 Abs. 154, 165, 168, 174. 138 NomosKomm (-U. Krause), BGB III4, § 874 Rn. 5.
§ 3 Die Belastung der Belastung
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b) Rangfähigkeit Soweit nach allg. Ansicht eine entsprechende Anwendung des § 879 BGB auf Rechte an Grundstücksrechte geboten ist,139 sei nur klarstellend konstatiert, dass sich das Rangverhältnis zwischen mehreren Rechten an nicht grundstücksgleichen Rechten – vorbehaltlich abweichender Vereinbarung – analog § 879 Abs. 1 S. 1 BGB nach der räumlichen Reihenfolge der Eintragungen in der Veränderungsspalte des mehrfach belasteten Grundstücksrechts richtet. Freilich gilt dies nur unter der Prämisse, dass die Eintragung konstitutive Voraussetzung des Rechtserwerbs ist; der Rang eines lediglich eintragungsfähigen Rechts richtet sich nach dem Entstehungszeitpunkt, die Eintragung ist bloße Grundbuchberichtigung.140 Will man weitergehend privatautonome Rangänderungen141 in Ansehung von Rechten an Grundstücksrechten anerkennen – was angesichts der durch das Grundbuch zumindest ermöglichten Dokumentation der Rangfolge folgerichtig erscheint –,142 bedarf dies einer konstitutiven Eintragung in der Veränderungsspalte (§§ 10 Abs. 5, Abs. 7, 11 Abs. 6, Abs. 8 GBV) in Analogie zu §§ 879 Abs. 3, 880 Abs. 2 S. 1 BGB. Der Rechtsgrundsatz, dass sich Verfügungen über (mit oder ohne konstitutive Eintragung im Grundbuch entstandene) Rechte an Grundstücksrechte außerhalb des Grundbuchs vollziehen, gilt somit nicht ausnahmslos. Äußerst fraglich ist hingegen ein Analogieschluss zu § 881 Abs. 1 BGB.143 Wenn das Gesetz ausdrücklich dem Eigentümer gestattet, sich einen Rangvorbehalt bei der Belastung seines Grundstücks einzuräumen,144 legt dies ein argumentum e 139 KG, Beschluss v. 18.10.1909, KGJ 39, A 248, 251 ff.; Planck (-Strecker), BGB III/15, § 879 Anm. 7 d; Staudinger (-S. Heinze), BGB (2018), § 879 Rn. 15; Harry Westermann, Sachenrecht5, § 81 I (S. 401); Wolff/R aiser, Sachenrecht10, § 41 VI (S. 133–134). 140 Vgl. Planck (-Strecker), BGB III/15, § 879 Anm. 7 d; Staudinger (-S. Heinze), BGB (2018), § 881 Rn. 15–16; Harry Westermann, Sachenrecht5, § 81 I (S. 401); Wolff/R aiser, Sachenrecht10, § 41 VI (S. 133–134). Unmaßgeblich ist somit die räumliche Abfolge der Eintragungen der Belastungen einer Briefhypothek oder Briefgrundschuld in der Veränderungsspalte (§§ 10 Abs. 5, 11 Abs. 6 GBV). 141 Nur klarstellend sei erwähnt, dass die Rangänderung, da sie lediglich das („horizontale“) Konkurrenzverhältnis zwischen mehreren Rechten an einer Sache modifiziert, nicht als (vertikale) „Belastung“ des zurücktretenden zugunsten des vortretenden Rechts, sondern als Abtretung des den Zuweisungsgehalt des zurücktretenden Rechts bestimmenden Ranges (und bei Einräumung des Gleichranges als Teilabtretung) zu deuten ist (richtig m. E. Wolff/R aiser, Sachenrecht10, § 41 VI (S. 134–135)). 142 So Planck (-Strecker), BGB III/15, § 880 Anm. II 2 c. 143 Im Schrifttum wird diese Frage, soweit ersichtlich, nicht ausdrücklich erörtert; einschlägige Rechtsprechung ist gleichfalls nicht ersichtlich. 144 Der Rangvorbehalt wird überwiegend als ein „Stück“ des Eigentums begriffen, der zugleich das mit dem Rangvorbehalt belegte Recht im Wege einer bedingten Rangänderung einschränke (Erman (-Artz), BGB II15, § 881 Rn. 1; MünchKomm (-Kohler), BGB VII7, § 881 Rn. 4; BeckOGK BGB (-Kesseler), Stand: 1.1.2019, § 881 Rn. 6; Staudinger (-S. Heinze), BGB (2018), § 881 Rn. 15 m. w. N.). Von einer „echten“ Belastung kann, da mit der Einschränkung des konstituierten Rechts nicht der Erwerb eines selbstständigen rangfähigen Rechts korrespondiert, keine Rede sein; der Rangvorbehalt kann überhaupt nur dem Eigentümer zustehen, geht von selbst auf den Erwerber bei Übertragung des Grundstücks über und steht – anders als eingetragene Miteigentümerregelungen gem. § 1010 Abs. 1 BGB – auch nicht in einem Rangverhältnis mit ande-
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contrario nahe. Wenn der Gesetzgeber beabsichtigt hätte, allen Inhabern belastbarer Grundstücksrechte eine vergleichbare Rangsicherungsbefugnis bei der Bestellung eines begrenzten Rechts zu verschaffen, hätte er dies durch eine allgemeine Vorschrift im zweiten Abschnitt des dritten Buches klarstellen müssen. Dass bezüglich des regulären Rangverhältnisses zwischen Rechten an Grundstücksrechten eine analoge Anwendung des § 879 BGB unstreitig geboten ist, rechtfertigt keine andere Betrachtungsweise. Selbst wenn man hier noch das Erfordernis einer (ausfüllungsbedürftigen) Gesetzeslücke bejaht, fehlt es an der für den Analogieschluss erforderlichen Vergleichbarkeit der Interessenlage. Das Institut des Rangvorbehalts dient dem Ziel, die Beleihungsfähigkeit des Grundeigentums zu stärken, vermag doch der Eigentümer zu besseren Konditionen Kredit zu erlangen, wenn er imstande ist, die zur Sicherheit zu bestellenden Grundschulden oder Hypothek in eine reservierte Rangstelle einzuweisen.145 Abgesehen davon, dass das Gesetz ein vergleichbares Beleihungsinteresse bei nicht grundstücksgleichen Rechten zumindest nicht expressis verbis anerkennt, kann mit Blick auf die üblichen Refinanzierungsmechanismen nicht typisierend angenommen werden, dass sich Hypotheken-, Grundschuld- oder gar Reallastgläubiger – bei unterstellter Zulässigkeit – Rangstellen an ihren Rechten zugunsten ihrer Gläubiger reservieren lassen würden. Überdies richtet sich der Rang eines für eine aufschiebend bedingte oder künftige Forderung eingeräumten Pfandrechts nach dem Entstehungszeitpunkt (§§ 1273 Abs. 2 S. 1, 1209 BGB), so dass insoweit eine antizipierte Rangorganisation in Betracht kommt. Endlich gilt der gleichfalls der Rangsicherung dienende Ausschluss der Konsolidation gem. § 889 BGB nur für die Vereinigung eines Rechts am Grundstück mit dem Eigentum, wohingegen ein Recht an einem nicht grundstücksgleichen Recht grundsätzlich durch Vereinigung zwischen dem Inhaber des belasteten und des lastenden Rechts erlischt (§§ 1074, 1063 Abs. 1, 1273 Abs. 2 S. 1, 1256 Abs. 1 S. 1 BGB).146 Soweit in der Literatur eine anfängliche Bestellung von Eigenrechten an begrenzten Grundstücksrechten jedenfalls in bestimmten Konstellationen zwecks Rangsicherung anerkannt wird,147 ren Rechten an dem mit dem Rangvorbehalt belegten Recht. Nach h. A. ist demgemäß auch eine selbstständige Verwertung im Wege der Zwangsvollstreckung – z. B. durch Eintragung einer Sicherungshypothek zugunsten des Gläubigers an der durch den Rangvorbehalt reservierten Rangstelle – ausgeschlossen (Baur/Stürner, Sachenrecht18 , § 17 Rn. 33; Erman (-Artz), BGB II15, § 881 Rn. 1; MünchKomm (-Kohler), BGB VII7, § 881 Rn. 4). Hierin liegt zwar aus Gläubigersicht ein praktischer Vorteil im Vergleich zur frei übertragbaren und pfändbaren Eigentümergrundschuld als Rangsicherungsinstrument, der freilich durch die Komplikationen, die mit der Ausübung eines Rangvorbehalts im Verhältnis zu vorbehaltlosen Rechten zwischen dem vortretenden und dem zurücktretenden Recht zunichte gemacht wird (Baur/Stürner, Sachenrecht18 , § 17 Rn. 32; Schulze et al. (-Staudinger), BGB10, § 881 Rn. 4). 145 Vgl. Baur/Stürner, Sachenrecht18 , § 17 Rn. 31; Erman (-Artz), BGB II15, § 881 Rn. 1; BeckOGK BGB (-Kesseler), Stand: 1.1.2019, § 881 Rn. 3; relevant ist dies vor allem bei der Finanzierung des Grundstückserwerbs, wenn bereits ein zweitrangiger Kreditgeber, nicht aber der Hauptkreditgeber feststeht. 146 Erman (-Artz), BGB II15, § 889 Rn. 4; Wolff/R aiser, Sachenrecht10 , § 40 VIII (S. 129). 147 Die Frage ist umstritten (MünchKomm (-Pohlmann), BGB VII, § 1069 Rn. 4 m. w. N. zum Streitstand; siehe auch Staudinger (-Heinze), BGB (2017), § 1069 Rn. 6). Zum Teil wird die anfäng-
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spricht auch dies nicht für einen Analogieschluss zu § 881 BGB. Die Anerkennung von Eigenrechten an Rechten kontraindiziert vielmehr die Notwendigkeit einer entsprechenden Anwendung des § 881 BGB, weil insoweit eine zweckmäßigere Form der Rangsicherung zu Gebote steht. Schließlich führt die Ausnutzung von Rangvorbehalten bei Bestehen vorbehaltloser Zwischenrechte zu allseits bekannten Friktionen in der Zwangsversteigerung, die den effet utile dieses Rechtsinstituts weitgehend beseitigen.148 Auf Rechte an nicht grundstücksgleichen Rechten ist § 882 BGB demgegenüber schon deshalb weder unmittelbar noch entsprechend anzuwenden, weil der Belastungsgegenstand nicht im Wege der Zwangsversteigerung (§ 866 Abs. 1 Var. 2 ZPO), sondern i. d. R. durch Pfändung und Überweisung zur Einziehung oder an Zahlungs statt (§§ 830, 837, 857 Abs. 6 ZPO) verwertet wird.149 Steht dem Inhaber eines Rechts an einem nicht grundstücksgleichen Recht ein Wertersatzanspruch mangels Zwangsversteigerung des belasteten Rechts gem. § 92 Abs. 1 ZVG nicht zu, scheidet die Eintragung eines Höchstbetrages in Ansehung der Verwertung des belasteten Rechts von vornherein aus. In Betracht kommt nur die Eintragung des Höchstbetrages wegen des Wertersatzes für ein nicht auf Kapitalzahlung gerichtetes Recht, das unmittelbar das Grundstückseigentum resp. ein grundstücksgleiches Recht belastet.150 Abgesehen davon kann nicht wegen der Zwangsversteigerung in das dem belasteten Recht unterliegende Grundstück in Ansehung eines Rechts an liche Bestellung eines Nießbrauchs zugunsten des Inhabers eines Rechts an einem Grundstück jedenfalls dann anerkannt, wenn ein rechtliches Interesse bestehe (so Staudinger (-Heinze), BGB (2017), § 1069 Rn. 6 für den Vorbehalt eines Nießbrauchs seitens des Zedenten bei der Abtretung einer hypothekarisch gesicherten Forderung; dagegen Erman (-Bayer), BGB II15, § 1069 Rn. 5). Zum Teil wird auf das Erfordernis eines rechtlichen Interesses – ebenso wie bei der Bestellung von Eigentümerrechten nach der neueren Rechtsprechung – auch verzichtet und generell für die Zulässigkeit der Bestellung eines Eigennießbrauchs an Grundstücksrechten eingetreten (MünchKomm (-Pohlmann), BGB VII, § 1069 Rn. 4). 148 Siehe hierzu § 5 IV. 2. c). 149 Dies gilt sowohl für Hypotheken, Grund- und Rentenschulden und subjektiv-persönliche Reallasten (§§ 830, 837, 857 Abs. 6 ZPO) als auch für Dauerwohnrechte und subjektiv-persönliche dingliche Vorkaufsrechte (§ 857 Abs. 1, 829, 835 ZPO). Anders liegt es beim Erbbaucht, da die Zwangsvollstreckung gem. § 866 ZPO erfolgt. Die Festlegung eines Höchstbetrages für die nicht auf Kapitalzahlung gerichteten Rechte am Erbbaurecht ist in entsprechender Anwendung des § 882 BGB möglich; hinsichtlich der Erbbauzinsreallast ist die Bestimmung eines Höchstbetrages allerdings nur dann möglich, wenn diese auch durch Zwangsversteigerung erlischt und nicht gem. § 52 Abs. 2 Nr. 1 ZVG, § 9 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 ErbbauRG ungeachtet der Rangstelle bestehen bleibt (NomosKomm (-U. Krause), BGB III4, § 882 Rn. 3). 150 Zu den Rechten i. S. d. § 882 S. 1 BGB, für die ein Höchstbetrag des Wertersatzes gem. § 92 Abs. 1 ZVG bestimmt werden kann, zählen mithin Nießbrauch, Grunddienstbarkeiten, beschränkte persönliche Dienstbarkeiten, für mehrere Verkaufsfälle bestellte dingliche Vorkaufsrechte (arg. e §§ 1098 Abs. 1 S. 1, 471 BGB), Reallasten und Dauerwohnrechte; Auflassungsvormerkungen und Vormerkungen für die genannten Rechte sind gem. § 48 ZVG gleichgestellt (MünchKomm (-Kohler), BGB VII, § 882 Rn. 3; NomosKomm (-U. Krause), BGB III4, § 882 Rn. 3). Auf Kapitalzahlung gerichtete Rechte, namentlich Hypotheken und Grundschulden, sowie Rentenschulden und andere Rechte, für die eine Ablösungssumme festgesetzt sind (vgl. § 92 Abs. 3 ZVG), ist § 882 S. 1 BGB nicht anzuwenden; nichts anderes gilt für Rechte, die nicht durch Zwangsversteigerung erlöschen, z. B. Erbbaurechte (§ 25 ErbbauRG), reallastähnliche Über-
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einem nicht auf Kapitalzahlung gerichteten Grundstücksrecht ein Höchstbetrag im Grundbuch eingetragen werden, da dem Inhaber eines solchen Rechts selber kein Anspruch aus § 92 Abs. 1 ZVG zusteht, wenn das belastete Recht mitsamt allen Belastungen durch Zuschlag erlischt.151 c) Richtigkeits- und Vollständigkeitsvermutung des Grundbuchs Wie angerissen, erstreckt sich die Richtigkeits- und Vollständigkeitsvermutung des Grundbuchs (§ 891 BGB) auf alle eintragungsfähigen Rechte einschließlich Rechte an Grundstücksrechten.152 Auf mehrstufige Belastungen wirkt sich dies folgendermaßen aus: Ist das auf erster Belastungsstufe rangierende belastete Recht am Grundstück nicht bzw. unrichtig im Grundbuch eingetragen, droht sowohl dem Rechtsinhaber als auch jedem Inhaber eines auf diesem Recht aufbauenden Rechts ein Rechtsverlust kraft gutgläubigen Erwerbs. Ist ein belastetes Recht an einem Grundstücksrecht nicht bzw. unrichtig im Grundbuch eingetragen, gilt nichts anderes für die auf diesem Recht aufbauenden Rechte. Diese Regel gilt auf allen potentiell unbegrenzten Belastungsstufen; das Maß des Bestands- und Verkehrsschutzes ist auf allen Stufen identisch. Selbstredend droht ein Rechtsverlust sowohl durch auf Rechtserwerb gerichtete als auch durch nicht auf Rechtserwerb gerichtete Verfügungen gem. §§ 892 Abs. 1 S. 1, 893 Var. 2 BGB153 und ggf. auch durch Leistungen an einen Scheinberechtigten eines im Grundbuch ausgewiesenen Verwertungsrechts gem. § 893 Var. 1 BGB154 ohne Rücksicht darauf, auf welcher Belastungsstufe das nicht bzw. unrichtig verlautbarte Recht rangiert. Wer einem Rechtsverlust nach Maßgabe des sachenrechtlichen Verkehrsschutzsystems zuvorkommen will, muss nötigenfalls – unter den durch § 26 Abs. 2 GBO erleichterten Voraussetzungen – eine Berichtigung des Grundbuchs herbeiführen. Soweit es umgekehrt um den konstitutiven oder translativen Erwerb eines Rechts an einem zu Unrecht oder nicht richtig eingetragenen Recht geht, ist zwar weitgehend anerkannt, dass hierdurch – mit Blick auf den Wortlaut und, vor allem, die verkehrsschützende Intention des § 892 Abs. 1 S. 1 BGB – nicht etwa in tabulabau- und Notwegrenten (§ 52 Abs. 2 S. 1 ZVG) und vollstreckungsfeste Erbbauzinsreallasten (§ 9 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 ErbbauRG, § 52 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 ZVG). 151 Weil sich allerdings die Rechte an dem durch Zuschlag erlöschenden Recht an einem etwaigen Wertersatzanspruch kraft kumulativer dinglicher Surrogation fortsetzen, wirkt sich die Festlegung des Höchstbetrages des Wertersatzes zwangsläufig auf alle Belastungen des durch Wertersatz zu deckenden Rechts aus und bedarf somit gem. §§ 877, 876 BGB der Zustimmung der Inhaber derjenigen Rechte, die sich auf das betreffende Recht beziehen (näher hierzu § 2 IV. 2.). 152 Planck (-Strecker), BGB III/15, § 891 Anm. 2 c, § 892 Anm. I 2; Soergel (-Stürner), BGB XIV13, § 891 Rn. 5, § 892 Rn. 7–9. 153 Unter § 893 Var. 2 BGB fällt z. B. die Aufhebung (§ 875 BGB), die inhaltlichen Änderung (§ 877 BGB), die Rangänderung (§ 880 BGB), die Kündigung des Hypotheken- oder Grundschuldkapitals (§§ 1141 Abs. 1 S. 1, 1192 Abs. 1, 1193 Abs. 1 BGB) und die Zustimmung zu einem zustimmungsbedürftigen Verfügungsgeschäft (z. B. §§ 876, 877, 880 Abs. 3, 1109 Abs. 2 S. 2 Hs. 2, 1116 Abs. 2 S. 3 Hs. 2 BGB); siehe Soergel (-Stürner), BGB XIV13, § 891 Rn. 5, § 893 Rn. 4. 154 OLG Dresden, Beschluss v. 19.3.1912, OLGE 25, S. 185, 187; MünchKomm (-Kohler), BGB VII7, § 893 Rn. 3; Staudinger (-Picker), BGB (2019), § 893 Rn. 3.
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rersitzungsähnlicher Weise die materiellrechtliche Lage umfänglich an die Grundbuchlage angepasst wird. Konsens ist, dass das Grundbuch in Ansehung des durch das wohlerworbene Recht belasteten Rechts unverändert unrichtig bleibt; der gutgläubige Erwerb entfaltet nur Wirkung, soweit dies der Verwirklichung des wohlerworbenen Rechts dient.155 Zwecks Vermeidung weiterer Verfügungen des Nicht155 Vgl. BGH, Urteil v. 16.1.1963 – V ZR 52/61, WM 1963, S. 533, 534: gutgläubiger Erwerb einer Grundschuld an einem zu Unrecht im Grundbuch eingetragenen Erbbaurecht; KG, Beschluss v. 11.9.1926, OLGE 46, S. 61, 62–63; BayObLG, Beschluss v. 18.7.1986 – BReg. 2 Z 60/86, BayObLGZ 1986, S. 294; MünchKomm (-Heinemann), BGB VII7, § 11 ErbbauRG Rn. 15a; NomosKomm (-U. Krause), BGB III4, § 892 Rn. 75; Rosenberg, BGB III/1, § 892 Anm. III. 3.; Staudinger (-Picker), BGB (2019), § 892 Rn. 222, 229; Staudinger (-Rapp), BGB (2017), § 11 ErbbauRG Rn. 21; anders noch Harry Westermann, Sachenrecht5, § 85 II 1 b (S. 431): gutgläubiger Erwerb einer Grundschuld an einem nichtigen Erbbaurecht führe zu unmittelbaren Erwerb einer Grundschuld am Grundstück; näher zur Reichweite der durch die Gutglaubenstatbestände eröffneten Fiktionen mehrstufiger Belastungen § 5 IV. 2. b), c), § 12 II. 2. b). Wird ein beschränktes dingliches Recht „zweiten Grades“ (z. B. eine Hypothek) an einem im Grundbuch noch eingetragenen, in Wirklichkeit aber nichtigen Grundstücksrecht oder grundstücksgleichen Recht (z. B. ein Erbbaurecht) bestellt, entsteht dieses nicht etwa zugunsten des verfügenden Buchrechtsinhabers. Mit Rücksicht auf Wortlaut und Schutzzweck des § 892 Abs. 1 S. 1 BGB leuchtet ohne weiteres ein, dass der Nichtberechtigte nicht reflexhaft vom redlichen Erwerb eines beschränkten dinglichen Rechts mittels originären Erwerbs des Belastungsgegenstandes profitieren darf. Steht das belastete Recht in Wirklichkeit einem Dritten zu, bleibt die Rechtszuständigkeit am belasteten Recht ohnehin unverändert; der Dritte muss die Belastung zugunsten des Erwerbers, nicht etwa einen Verlust seines Rechts zugunsten des Verfügenden gewärtigen. Dann kann aber nichts anderes gelten, wenn es sich bei dem zu belastenden eingetragenen Grundstücksrecht in Wahrheit um ein bloßes Scheinrecht handelt. Dementsprechend wird der Belastungsgegenstand ausschließlich zugunsten des Inhabers des wohlerworbenen Rechts fingiert, zeitigt also lediglich im inhaltlichen, räumlichen und zeitlichen Ausmaß der Belastung Wirkung. So ist z. B. der Gläubiger einer am fiktiven Erbbaurecht entstandenen Hypothek in der gleichen Weise zur Vollstreckung in das Erbbaurecht berechtigt wie bei vollwirksamer Geltung desselben; folglich führt auch die Zwangsversteigerung aus der kraft gutgläubigen Erwerbs entstandenen Hypothek zu einem vollwirksamen hoheitlichen Erwerb eines neuen Erbbaurechts gem. § 90 Abs. 1 ZVG. Auf der anderen Seite bleibt das Grundbuch in Ansehung des Erbbaurechts im Verhältnis zu allen anderen Personen unrichtig; mittels Grundbuchberichtigung resp. Eintragung eines Amtswiderspruchs gem. § 53 Abs. 1 GBO können sich der Eigentümer und andere am „Schein-Erbbaurechtsgrundstück“ dinglich berechtigte Personen gegen weitere schädliche Verfügungen über das Scheinrecht schützen (BayObLG, Beschluss v. 18.7.1986 – BReg. 2 Z 60/86, BayObLGZ 1986, S. 294). Soweit demgegenüber Harry Westermann, Sachenrecht5, § 85 II 1 b (S. 431) in Erwägung zog, den gutgläubigen Erwerb einer Grundschuld an einem Scheinerbbaurecht in einen gutgläubigen Erwerb einer Grundschuld am vermeintlichen Erbbaurechtsgrundstück umzukonstruieren, damit der Eigentümer nicht mit dem fiktiven Erbbaurecht belastet werde, kann dem nicht gefolgt werden. Mit dem Schutzzweck des § 892 BGB ist die von Westermann a. a. O. vertretene Rechtsfolge unvereinbar: Der gutgläubige Erwerb griffe in unverhältnismäßiger Weise in die Rechte des Eigentümers und nachfolgender Grundpfandgläubiger am Grundstück ein, ohne dass dies durch ein schutzwürdiges Interesse des Erwerbers oder das Interesse an der Leichtigkeit und Sicherheit des Rechtsverkehrs gerechtfertigt wäre. Insbesondere müsste der Eigentümer einen Verlust seines Grundstücks durch Zwangsvollstreckung gewärtigen, während aus dem Scheinerbbaurecht, solange es nicht zur Zwangsversteigerung kommt, niemand zum Haben eines Bauwerks auf dem Fremdgrundstück berechtigt ist und allenfalls bei Zeitablauf aus der Entschädigungsforderung gem. § 28 ErbbauRG in das Grundstück vollstreckt werden könnte. Ein vollwirksames Erbbaurecht entsteht erst durch den hoheitlichen Erwerb in der Zwangsversteigerung gem. § 90 Abs. 1 ZVG, wenn aus der Grundschuld vollstreckt wird; hiergegen kann sich der Eigentümer durch
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berechtigten bzw. des „Nicht-so-Berechtigten“ kann das Grundbuch mithin unter Wahrung des wohlerworbenen Rechts berichtigt werden; das belastete Recht wird mit dem aus dem Grundbuch ersichtlichen Inhalt und Rang ausschließlich zugunsten des Erwerbers einschließlich jedes Rechtsnachfolgers desselben fingiert.156 d) Tabularersitzung Endlich ist eine Anpassung der materiellrechtlichen Lage an die im Grundbuch ausgewiesenen Zuordnungsverhältnisse durch Zeitablauf auch in Hinsicht auf (nicht) eingetragene Rechte an Grundstücksrechten nach Maßgabe der §§ 900 Abs. 2, 901 BGB möglich. Allerdings ist im Detail zu unterscheiden. Im Rahmen der entsprechenden Anwendung der Bestimmungen über die Buchersitzung (usucapio secundum tabulas) auf die eingetragenen Belastungen des Erbbaurechts gilt zwar grundsätzlich, dass lediglich die zum Besitz des Bauwerks berechtigenden oder mit possessorischem Besitzschutz ausgestatteten Rechte, d. h. (Unter-)Erbbaurecht, Nießbrauch, Dauerwohnrecht und Dienstbarkeiten, nicht aber Hypotheken, Grund- und Rentenschulden, Reallasten, dingliche Vorkaufsrechte oder gar Vormerkungen ersitzungsfähig sind. Eine Ausnahme ist in teleologischer Extension des § 900 Abs. 2 S. 1 BGB jedoch entgegen der höchstrichterlichen Rechtsprechung157 im Rahmen der Ersitzung des Erbbaurechts zwecks Vermeidung der Ablösung der Grundschuld schützen, zumal er ohne weiteres weitere schädliche Verfügungen des Scheinerbbauberechtigten verhindern kann, indem er einen Widerspruch gegen die Eintragung des Erbbaurechts unter Wahrung der Rechte des Grundschuldgläubigers im Wege einstweiliger Verfügung gem. § 899 Abs. 2 Var. 1 BGB erwirkt. Der Eigentümer stünde in Wirklichkeit nicht etwa besser, sondern schlechter als bei der Konstruktion einer Grundschuld an einem Scheinerbbaurecht. Folgerichtig führt auch nicht etwa die Verpfändung einer Scheinhypothek durch einen im Grundbuch eingetragenen Hypothekengläubiger dazu, dass der redliche Pfandnehmer tatsächlich eine Hypothek am Grundstück erwirbt (§ 5 IV. 2. b)). Würde das wohlerworbene Recht von seinem Belastungsgegenstand, der Scheinhypothek, entkoppelt werden, stünde der Erwerber ohne zureichenden Grund anders und ggf. sogar besser als er nach dem Inhalt des Grundbuchs erwarten durfte – z. B. wäre eine Forderungsauswechslung gem. § 1180 BGB möglich –, während umgekehrt der Eigentümer des Grundstücks ggf. schlechter stünde als bei Fiktion der im Grundbuch ausgewiesenen Hypothek. Anknüpfend an die Lehre von den Doppelwirkungen im Recht (Kipp, FS Martitz, S. 211–233) spricht aus rechtsdogmatischer Sicht nichts dagegen, einem im Grundbuch eingetragenen Leistungsverweigerungsrecht, z. B. einer Stundungseinrede, trotz des Umstands, dass der Wirksamkeit der Hypothekenforderung ohnehin rechtshindernde oder rechtsvernichtende Einwendungen entgegenstehen, materiellrechtliche Wirkungen zu attestieren, soweit es um die Durchsetzung des dinglichen Rechts geht. Stünde dem Pfandgläubiger kraft gutgläubigen Erwerbs aber eine eigene von der Scheinhypothek völlig unabhängige Hypothek am Grundstück zu, wären die aus dem Grundbuch ersichtlichen Einreden gegen die Scheinhypothek und die scheinbar gesicherte (Schein-)Forderung nicht dem Pfandgläubiger gem. §§ 1137 Abs. 1, 1157 S. 1 BGB entgegensetzbar. Dies ist m. E. weder sach- noch interessengerecht (siehe zum Ganzen § 5 IV. 2. b)). 156 Die Wirkungen des gutgläubigen Erwerbs und der Bestandsschutz von Sachenrechten höheren Grades sind freilich im Detail ungeklärt (näher § 5 IV. 2., 3.). 157 BGH, Urteil v. 22.1.2016 – V ZR 27/14, JZ 2016, S. 1173: Im zugrunde liegenden Fall hatte sich eine Gemeinde ohne kommunalaufsichtsrechtliche Genehmigung ein Erbbaurecht für einen Zeitraum von 99 Jahren einräumen lassen; sowohl das Erbbaurecht als auch die Erbbauzinsreallast wurden im Grundbuch eingetragen. Wenige Jahre nach Ablauf des Ersitzungszeitraums stell-
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Entstehung eines erbbauzinsfreien Erbbaurechts geboten.158 Wenn die Voraussetzungen für die Ersitzung des Erbbaurechts erfüllt sind, eine Erbbauzinsreallast im Erbbaurechtsgrundbuch innerhalb des gesamten ersitzungsrelevanten Zeitraums ununterbrochen eingetragen ist und der Erbbauzins kontinuierlich geleistet wird, ist m. E. eine korrelative Ersitzung des Erbbaurechts mitsamt der auf diesem lastenden Erbbauzinsreallast vertretbar. Wer eine erbbauzinsfreie Ersitzung entgegen der im Grundbuch dokumentierten Rechtslage, dem Parteiwillen und der tatsächlich praktizierten Übung der Parteien postuliert, verkennt die Zielrichtung der Buchersitzung. Es bedürfte dann, wie auch der BGH einräumt, billigkeitsinduzierter Korrekturen der erbbauzinsfreien Ersitzung unter Rekurs auf § 242 BGB, die nicht der vom Gesetz bezweckten Stabilisierung der Sachzuordnung dienen und im Ergebnis auf eine Aufhebung des ersessenen Erbbaurechts oder eine Neubestellung der Reallast hinauslaufen.159 Auf der anderen Seite kann der ganz überwiegenden Ansicht im Schrifttum nicht darin gefolgt werden, dass eine Ersitzung von Rechten an nicht grundstücksgleichen Rechten schlechthin ausscheide.160 Der sachliche Anwendungsbereich erstreckt sich auf alle Rechte, die zum Besitz des Grundstücks berechtigen oder bete die Gemeinde die Zahlung des Erbbauzinses ein; die Genehmigung des Erbbaurechtsvertrages wurde seitens der zuständigen Kommunalaufsichtsbehörde versagt. Nach Ansicht des BGH bedurfte der Erbbaurechtsvertrag als kreditähnliches Rechtsgeschäft der Zustimmung der Aufsichtsbehörde; der (das schuldrechtliche Geschäft und die Verfügung enthaltende) Erbbaurechtsvertrag sei ohne die erforderliche Genehmigung gem. § 134 BGB und § 138 Abs. 1 BGB nichtig. Mit Ablauf der Ersitzungsfrist habe die Gemeinde das Erbbaurecht erworben. Zur Zahlung des Erbbauzinses sei sie aber nicht verpflichtet, da die Ersitzung nicht das schuldrechtliche Kausalgeschäft „heile“ und im Übrigen eine Ersitzung der Erbbauzinsreallast nach § 900 Abs. 2 S. 1 BGB mangels Besitzes bzw. besitzrechtlichen Schutzes des Reallastberechtigten nicht möglich sei. Bereicherungsrechtliche Ansprüche gegen die Gemeinde schieden aus, da die Ersitzung ihren Rechtsgrund in sich trage; die Vereinbarung über den Erbbauzins müsse die Gemeinde auch nicht nach Treu und Glauben gegen sich gelten lassen. Letzteres schränkt der Senat aber ein, weil eine dem Zweck des Genehmigungsvorbehalts entsprechende Korrektur des Ergebnisses nach § 242 BGB nach Maßgabe der Einzelfallumstände geboten sein könne; eine unentgeltliche Ausübung des Erbbaurechts für die fast sechzigjährige Restlaufzeit ist hiernach offenbar als unzulässige Rechtsausübung zu qualifizieren, es bedarf entweder einer Aufhebung des Erbbaurechts oder der Neubestellung einer Reallast mit Zustimmung der Kommunalaufsichtsbehörde. Dem Senat zustimmend Schlögel, MittBayNot 2017, S. 309–312; kritisch Rieländer, JZ 2016, S. 1150–1158; Wilhelm, NJW 2017, S. 193–197; BeckOGK BGB (-Hertel), Stand: 1.12.2017, § 900 Rn. 28.2. 158 Eingehend Rieländer, JZ 2016, S. 1150–1158; i. E. übereinstimmend BeckOGK BGB (-Hertel), Stand: 1.12.2017, § 900 Rn. 28.2: mit der Ersitzung des Erbbaurechts erstarkten dessen eingetragene Belastungen, sofern diese auf dem Erbbaurechtsvertrag beruhten; in diese Richtung auch Wilhelm, NJW 2017, S. 193, 195–197, der die Ersitzung entgegen der Rechtsprechung nicht als Rechtsgrund i. S. v. § 812 Abs. 1 BGB klassifiziert; anders Schlögel, MittBayNot 2017, S. 309, 312, der grundsätzlich ein Erstarken der Belastungen des ersessenen Erbbaurechts ablehnt. 159 Vgl. BGH, Urteil v. 22.1.2016 – V ZR 27/14, JZ 2016, S. 1173, 1175–1176 Rn. 33, 52; kritisch Rieländer, JZ 2016, S. 1150, 1156–1157. 160 So etwa Erman (-Artz), BGB II15, § 900 Rn. 10; MünchKomm (-Wacke), BGB VI4, § 900 Rn. 7 (demgegenüber spricht MünchKomm (-Kohler), BGB VII7, § 900 Rn. 7 die Frage der Ersitzungs(un)fähigkeit von Rechten an beschränkten dinglichen Grundstücksrechten nicht ausdrücklich an); NomosKomm (-U. Krause), BGB III4, § 900 Rn. 15; Staudinger (-Picker), BGB (2019), § 900 Rn. 27.
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sitzrechtlich geschützt sind; auf den Bezugspunkt des zu ersitzenden Rechts stellt das Gesetz nicht ab. Mit Ausnahme des Nießbrauchs an einem Dauerwohnrecht161 erfüllt zwar in der Tat keine einzige Belastungskonfiguration an einem nicht grundstücksgleichen Grundstücksrecht die Voraussetzungen des § 900 Abs. 2 S. 1 BGB.162 Der Nießbrauch an einem Dauerwohnrecht i. S. v. § 31 Abs. 1 WEG beinhaltet demgegenüber nach §§ 1068 Abs. 2, 1036 Abs. 1 BGB ein Recht zum Teilbesitz des Grundstücks i. S. v. § 865 BGB, scil.: auf die vom Besitzrecht des Dauerwohnberechtigten umfassten Räumlichkeiten. Dass kein Recht auf Besitz am ganzen Grundstück, sondern nur an der nicht sachenrechtsfähigen Wohnung des Dauerwohnberechtigten besteht, ist belanglos; der besitzrechtliche Bezugspunkt muss nicht mit dem sachenrechtlichen Bezugspunkt korrespondieren,163 zumal das unstreitig ersitzungsfähige Dauerwohnrecht gleichfalls nur ein Recht auf Teilbesitz begründet.164 Folglich ist auch eine Ersitzung eines Nießbrauchs an einem Dauerwohnrecht, wenngleich angesichts der hohen tatbestandlichen Voraussetzungen der Buchersitzung kaum je von tatsächlicher Relevanz, in unmittelbarer Anwendung des § 900 Abs. 2 S. 1 BGB möglich.165 161 Aus § 1273 Abs. 2 S. 2 BGB lässt sich zwar e contrario entnehmen, dass auch ein Nutzungspfandrecht an einem Recht gem. §§ 1273 Abs. 2 S. 1, 1213 Abs. 1 BGB, mithin auch an einem Dauerwohnrecht i. S. v. § 31 Abs. 1 WEG, begründet werden kann (vgl. Erman (-J. Schmidt), BGB II15, § 1273 Rn. 7; NomosKomm (-Bülow), BGB III4, § 1273 Rn. 13). Erkennt das Gesetz freilich eine Ersitzung des antichretischen Sachenpfandrechts nicht an, kann beim Rechtspfandrecht – selbst wenn es zum Besitz einer dem verpfändeten Recht unterliegenden Sache berechtigt – nichts anderes gelten. 162 Zu den möglichen Belastungen von nicht grundstücksgleichen Rechten siehe § 3 II. 1. In all den möglichen Kombinationsvarianten fehlt es sowohl an einem Recht zum Besitz des Grundstücks sowie an possessorischem Besitzschutz in Ansehung des fraglichen Rechts. 163 Vertiefend von Bar, Gemeineuropäisches Sachenrecht II, Rn. 5: Sachbegriff des Besitzrechts weiche sogar häufig vom Sachbegriff des Rechts der Rechte ab; paradigmatisch sei u. a. der Besitz an nicht eigentumsfähigen Wohnungen. 164 Nicht ersitzungsfähig ist dagegen ein Sachenrecht zweiten oder höheren Grades, das sich mittelbar auf eine bewegliche Sache oder gar ein reines Recht bezieht. An beweglichen Sachen kann ohnehin nur ein (das Sacheigentum belastender) Nießbrauch gem. § 1033 BGB i. V. m. § 937 ff. BGB ersessen werden. Weil der Nießbrauch aber nicht übertragbar und damit auch nicht taugliches Objekt eines doppelstöckigen Nießbrauchs ist (vgl. §§ 1069 Abs. 2, 1059 S. 1 BGB), ist es de lege lata ausgeschlossen, einen Nießbrauch an einem Nießbrauch zu ersitzen. Würde freilich das apodiktische Übertragungsverbot aufgegeben werden, müsste man sich – ceteris paribus – die Frage stellen, ob die Rechtsgrundverweisung des § 1033 BGB auf den Nießbrauch an Rechten gem. § 1068 Abs. 2 BGB entsprechend anzuwenden ist, was jedenfalls in Bezug auf einen Nießbrauch an einem Nießbrauch an einer beweglichen Sache nicht von vornherein auszuschließen wäre. Indes ist, wie in § 12 II. 3. ausgeführt wird, selbst bei unterstellter Aufgabe des Grundsatzes der Unübertragbarkeit eine Ersitzung von Rechten an Rechten an beweglichen Sachen richtigerweise ausgeschlossen. Demgegenüber ist zwar das Pfandrecht vermittels der Belastung der gesicherten Forderung unselbstständig mit Nießbrauchs- und Pfandrechten belastbar; jedoch erkennt das Gesetzes eine Forderungsersitzung nun einmal nicht an, weshalb auch ein Pfandrecht und erst recht kein Recht an einem Pfandrecht ersitzungsfähig ist. 165 Abgesehen davon sei nur klarstellend erwähnt, dass eine Grunddienstbarkeit gem. § 900 Abs. 2 S. 1 BGB auch dadurch ersessen wird, dass eine zur Ausübung der zu ersitzenden Dienstbarkeit potentiell berechtigte Person, z. B. ein Nießbraucher des vermeintlich herrschenden Grundstücks, sich die Ausübung des Buchrechts während des Ersitzungszeitraums anmaßt. Im
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e) Tabularversitzung Soweit die überwiegende Ansicht hingegen vertritt, dass ein verjährungsgestütztes Erlöschen nicht eingetragener Rechte an Grundstücksrechten in Analogie zu § 901 BGB möglich sei,166 ist dies im Ergebnis richtig. Sind freilich die Tatbestandsvoraussetzungen des § 901 S. 1 BGB – Verjährung des „Rechtsverwirklichungsanspruchs“ und Fristablauf167 – ohnehin in Bezug auf das nicht eingetragene belastete Recht am Grundstück erfüllt, kann es nicht darauf ankommen, ob diese Voraussetzungen zugleich in Ansehung der Belastungen des nicht eingetragenen Rechts vorliegen, d. h. der Rechtsverwirklichungsanspruch des Inhabers des das nicht eingetragene Grundstücksrecht belastenden Rechts verjährt ist.168 Eines Analogieschlusses bedarf es insoweit nicht.169 Die Belastungen erlöschen nach Maßgabe des ungeschriebenen allgemeinen Subordinationsprinzips mit dem „Wirtsrecht“. Für die Tabularversitzung kann nichts anderes als für einen gutgläubig-lastenfreien Erwerb des dem belasteten Recht unterliegenden Eigentums gelten, würde doch der Telos des § 901 BGB – Anpassung der wahren Rechtslage an die im Grundbuch dokumentierte Rechtslage und Bereinigung des Grundbuchs von obsoleten, undurchsetzbaren Rechten170 – verfehlt, wenn ein nicht eingetragenes, belastetes Grundstücksrecht trotz Tatbestandsverwirklichung zumindest im Verhältnis zu auch nur einem Inhaber eines Sachenrechts höheren Grades zu fingieren wäre, weil insoweit die Voraussetzungen des § 901 S. 1 BGB nicht vorliegen.171 Zwecks Vermeidung von Unterschied zum gutgläubigen Erwerb eines Rechts an einem Scheinrecht gem. § 892 Abs. 1 S. 1 BGB führt die Buchersitzung mit Rücksicht auf den Sinn und Zweck dieses Rechtsinstituts – Adjustierung der materiellrechtlichen Sachzuordnung an die im Grundbuch verlautbarte Rechtslage – aber nicht dazu, dass die Grunddienstbarkeit allein zugunsten der Person, die sich das Recht anmaßt, zu fingieren ist. Vielmehr entsteht sie mit absoluter Wirkung und wird sodann auch von den Rechten am herrschenden Grundstück erfasst. 166 BeckOGK BGB (-Hertel), Stand: 1.12.2017, § 901 Rn. 10; MünchKomm (-Kohler), BGB VII7, § 901 Rn. 2; Staudinger (-Picker), BGB (2019), § 901 Rn. 3 a. E. 167 Zweifelhaft und im Einzelnen nicht unumstritten ist, welcher „Anspruch des Berechtigten gegen den Eigentümer“ maßgeblich ist. Dass es nicht auf den nach § 898 BGB unverjährbaren Anspruch aus § 894 BGB ankommt, versteht sich von selbst. Allgemein wird auf den aus dem fraglichen Recht folgenden „Rechtsverwirklichungsanspruch“ abgestellt (MünchKomm (-Kohler), BGB VII7, § 901 Rn. 3; Staudinger (-Picker), BGB (2019), § 892 Rn. 63), z. B. auf den Herausgabeanspruch des Nießbrauchers gem. §§ 1065, 985 BGB, auf den Anspruch auf Duldung der Zwangsvollstreckung des Grundpfand- oder Reallastgläubigers gem. § 1147 BGB (i. V. m. §§ 1107, 1192 Abs. 1 BGB), auf den Zustimmungsanspruch des Vorkaufsberechtigten gegen einen Dritterwerber aus §§ 1098 Abs. 2, 888 Abs. 1 BGB. 168 So im Ergebnis auch Staudinger (-Picker), BGB (2019), § 901 Rn. 3. E. 169 So aber – im Anschluss an Rosenberg, Sachenrecht III/1, § 901 Anm. II 1 b – Staudinger (-Picker), BGB (2019), § 901 Rn. 3 a. E. 170 Erman (-Artz), BGB II15, § 901 Rn. 1; MünchKomm (-Kohler), BGB VII7, § 901 Rn. 1; Staudinger (-Picker), BGB (2019), § 901 Rn. 1. 171 Exemplarisch sei auf den Fall verwiesen, dass eine Briefgrundschuld, die zu Unrecht gelöscht ist, wirksam abgetreten, verpfändet und mit einem Nießbrauch belastet ist. Nimmt man nun an, dass der Duldungsanspruch aus § 1147 BGB des Zessionars verjährt, erlischt die Grundschuld jedenfalls im Verhältnis zum Zessionar. Soll nun etwa der Nießbraucher oder der Pfandgläubiger besser stehen als der Zessionar einer nicht eingetragenen Grundschuld, weil die aus
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System- und Wertungswidersprüchen ist ein Analogieschluss zu § 901 S. 1 BGB hingegen dann geboten, wenn ein verjährungsgestütztes Erlöschen des belasteten Rechts am Grundstück überhaupt nicht in Frage steht, wohl aber der aus einem nicht eingetragenen Recht an einem Grundstücksrecht resultierende „Rechtsverwirklichungsanspruch“ verjährt ist.172 Wenn ohnedies jederzeit ein Rechtsverlust durch gutgläubig-lastenfreien Erwerb des belasteten Rechts zu gewärtigen ist, leuchtet es nicht ein, ein nicht eingetragenes Recht an einem begrenzten Sachenrecht dennoch gegen einen verjährungsgestütztes Erlöschen zu „immunisieren“, obschon ein schutzwürdiges Bestandsinteresse wegen der Verjährung des sog. Rechtsverwirklichungsanspruchs nicht besteht. Die doppelte ratio legis des § 901 S. 1 BGB trifft auch hier zu, weshalb diese (planwidrige) Regelungslücke in gesetzesimmanenter Rechtsfortbildung zu schließen ist.173 dem Nießbrauch resp. aus dem Pfandrecht hergeleiteten Rechtsverwirklichungsansprüche noch nicht verjährt sind, obschon die Grundschuld weder den Zessionar noch den Nießbraucher oder Pfandgläubiger zur Zwangsvollstreckung in das Grundstück berechtigt? Die Frage stellen, heißt sie zu verneinen. 172 Zwar wird ein Recht an einem (nicht grundstücksgleichen) Recht prinzipiell nicht durch einen Anspruch auf „Leistung“, „Duldung“ oder „Unterlassung“, sondern einfach dadurch verwirklicht, dass der Nießbraucher die fraglichen Rechtsfrüchte zieht (§§ 1068 Abs. 2, 1030 Abs. 1 BGB), während das Pfandrecht an einem belasteten Liegenschaftsrecht bei Pfandreife alternativ durch Einziehung, Abtretung an Zahlungs statt oder Zwangsvollstreckung geltend gemacht wird. Weil es freilich systemwidrig wäre Rechte an Grundstücksrechten mit höherem Bestandsschutz auszustatten als Rechte an Grundstücken, wird man nicht umhin kommen, auch hier – nicht anders als beim Nießbrauch und bei der Hypothek am Grundstück – einen Anspruch auf Duldung der Rechtsausübung bzw. der Zwangsvollstreckung des Inhabers eines Nießbrauchs bzw. Pfandrechts an einem Liegenschaftsrecht zu unterstellen. Maßgeblich ist die regelmäßige dreijährige Verjährungsfrist gem. § 195 BGB, die an die Entstehung des Anspruchs und die Kenntnis/das Kennenmüssen des Rechtsinhabers von den anspruchsbegründenden Tatsachen und der Person des Schuldners anknüpft (§ 199 Abs. 1 BGB). Die Verjährung beginnt frühestens mit dem nicht eintragungsbedürftigen Erwerb eines Rechts an einer Briefhypothek oder Briefgrundschuld (§§ 1069 Abs. 1, 1274 Abs. 1 S. 1, 1154, 1192 Abs. 1 BGB), sonst mit der Löschung des Rechts (§ 902 Abs. 1 S. 1 BGB), sofern der Anspruch bereits entstanden ist (§ 198 BGB). Die Verjährungsfrist beginnt z. B. bei einem Nießbrauch an einer verzinslichen Grundschuld (§§ 1080, 1068 Abs. 2, 1030 Abs. 1 BGB) mit Fälligkeit der ersten Zinsleistung, bei einem Nießbrauch an einer unverzinslichen Grundschuld (§§ 1080, 1074 BGB) mit Fälligkeit des Kapitals und bei einem (nicht antichretischen) Pfandrecht an einer Reallast mit Fälligkeit der pfandrechtsgesicherten Hauptforderung, weil diese den Eintritt der Pfandreife (§§ 1273 Abs. 2 S. 1, 1228 Abs. 2 BGB) und damit den Anspruch auf Duldung der Zwangsvollstreckung in die verpfändete Reallast (§ 1277 S. 1 BGB) begründet. Wenngleich die Verjährung der durch Pfandrecht gesicherten Hauptforderung nicht die pfandrechtliche Befriedigungsbefugnis berührt (§ 216 Abs. 1 BGB), kann die Verjährung der Hauptforderung mit der Verjährung des Duldungsanspruchs zusammenfallen, so dass das nicht eingetragene Pfandrecht bei simultaner Verjährung beider Ansprüche erlischt. Im Übrigen erlischt das nicht eingetragene Recht am Grundstück jedenfalls mit Ablauf der kenntnisunabhängigen zehnjährigen Höchstfrist (§ 199 Abs. 4 BGB). Endlich kann es nach Sinn und Zweck der Norm auch nicht darauf ankommen, dass ein eintragungsfähiges Recht zunächst zulässigerweise eingetragen und dann zu Unrecht im Grundbuch gelöscht wird; ein außerhalb des Grundbuchs entstehendes Recht an einer Briefhypothek oder Briefgrundschuld erlischt auch dann, wenn es von vornherein nicht eingetragen worden und der Anspruch des Berechtigten verjährt ist. 173 Demgegenüber besteht mit Blick auf den Wortlaut und Sinn und Zweck des § 902 Abs. 1 S. 1 BGB – eingetragene Rechte sollen nach der gesetzgeberischen Wertungsentscheidung nicht
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3. Das Wesen der mehrstufigen Belastung Bekanntlich offenbart sich die dingliche Natur eines subjektiven Rechts im Sukzessionsschutz, im absoluten Klageschutz sowie in der Zwangsvollstreckungs- und Insolvenzfestigkeit.174 Stellt man die aus gestuften Belastungen resultierenden Rechte höheren Grades auf den Prüfstand, zeigt sich, dass diese je nach Belastungskonfiguration mit vielfältigen Schutzmechanismen unterlegt sind. In welchem Ausmaß die Instrumente des Bestands- und Störungsschutzes einem Sachenrecht höherer Stufe nicht bloß in Ansehung des jeweils belasteten Rechts, sondern vermittels aller Rechte vorgelagerter Stufen in Ansehung des „Substrats“ der Rechtspyramide, der Sache, eine der unmittelbaren Eigentumsbelastung äquivalente Machtbefugnis verleihen, bedarf noch eingehender Analyse. Im Ausgangspunkt gilt, dass ein einmal konstituiertes Recht vorbehaltlich eines gutgläubigen Erwerbs durch erneute Verfügung über das jeweils belastete Recht nicht beeinträchtigt wird. Wird das belastete Recht übertragen, bewährt sich das lastende Recht im Verhältnis zum Erwerber; wird das belastete Recht erneut belastet, verdrängt das lastende Recht vorbehaltlich abweichender Bestimmungen konkurrierende Rechte höheren Grades nach Maßgabe des Prioritätsprinzips. Dieser Sukzessionsschutz ist nur eine Ausprägung der absoluten Rechtsnatur mehrstufiger Belastungen. Nicht auf Rechtserwerb gerichtete Verfügungen über belastete Sachenrechte niedrigeren Grades – z. B. Aufhebung, Verzicht, inhaltliche Änderung und Rangänderung – sind hingegen an die Zustimmung jedes Inhabers eines Sachenrechts höheren Grades geknüpft. Das Gesetz operiert nicht mit einer Generalklausel, sondern mit einer Vielzahl von Einzeltatbeständen, die, um den Bestandsschutz auf das gewünschte Maß zu kalibrieren, teilweise teleologisch zu extendieren, teilweise teleologisch zu reduzieren sind.175 zu einer substanzlosen Hülle verkümmern, zumal wegen der Eintragung keine Rechtsunsicherheit aufkommen dürfte (MünchKomm (-Kohler), BGB VII7, § 902 Rn. 1; Planck (-Strecker), BGB III/15, § 902 Anm. 1) – kein Zweifel, dass Ansprüche aus eingetragenen Rechten an Grundstücksrechten nicht der Verjährung unterliegen; desgleichen ist § 902 Abs. 2 BGB direkt anzuwenden, wenn, was zulässig ist, ein Widerspruch gem. § 899 BGB zugunsten eines Rechts an einem Grundstücksrecht eingetragen ist (BeckOGK BGB (-Hertel), Stand: 1.12.2017, § 892 Rn. 4; Staudinger (-Picker), BGB (2019), § 902 Rn. 4). 174 Siehe nur Canaris, FS Flume I, S. 372, 373–374. 175 An der Spitze steht im allgemeinen Liegenschaftsrecht die Vorschrift des § 876 BGB, die kraft Rechtsfolgenverweisungen für andere potentiell rechtsbeeinträchtigende Verfügungen über belastete Grundstücke entsprechend anzuwenden ist. Im Einzelnen bedürfen der Zustimmung eines mittelbar betroffenen Rechtsinhabers in entsprechender Anwendung des § 876 die inhaltliche Änderung eines belasteten Grundstücksrechts (§ 877), der Rangrücktritt eines belasteten Grundstücksrechts (880 Abs. 3 BGB), die Aufteilung einer von den Rechten am herrschenden Grundstück erfassten subjektiv-dinglichen Reallast auf die einzelnen Grundstücke bei Realteilung des herrschenden Grundstücks (1109 Abs. 2 S. 2, letzter Hs. BGB), die nachträgliche Ausschließung der Erteilung des Hypotheken- bzw. Grundschuldbriefs bei zwischenzeitlicher Belastung des Rechts (§ 1116 Abs. 2 S. 3, letzter Hs. BGB i. V. m. § 1192 Abs. 1 BGB), die Verteilung der Forderung auf die einzelnen einer belasteten Gesamthypothek unterliegenden Grundstücke (§ 1132 Abs. 2 S. 2 BGB), der Verzicht auf eine belastete Hypothek oder Grundschuld (§ 1168 Abs. 2 S. 2 BGB i. V. m. § 1192 Abs. 1 BGB), die Auswechselung der belasteten gesicherten Forderung einer Hypothek (§ 1180 Abs. 1 S. 2, Abs. 2 S. 2 BGB). Zudem bedürfen die Aufhebung von
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Weitere Mosaiksteine des Kontinuitätsschutzsystems zeigen sich in den Durchbrechungen des Konsolidationsprinzips176 und in der unmittelbaren Surrogation mehrstufiger Belastungen. Angesichts der freilich nur fragmentarischen gesetzliselbstständigem Gebäudeeigentum nach Art. 233 § 4 Abs. 6 S. 1 EGBGB und Art. 233 § 2b Abs. 4 EGBGB kraft entsprechender Anwendung des § 876 BGB der Zustimmung der Realberechtigten. Ohne Rechtsfolgenverweisung auf § 876 BGB bestehen weitere Zustimmungstatbestände, die allesamt von derselben Schutzrichtung – Verhinderung einer Rechtsbeeinträchtigung durch willkürliche Verfügung über das jeweils belastete Recht – getragen sind. Hierzu zählen die Aufhebung oder Änderung eines nießbrauchsbelasteten Rechts (§ 1071 BGB), der Verzicht auf eine belastete Hypothek für Zinsen oder Nebenleistungen gem. § 1178 Abs. 2 S. 2 BGB, die Aufhebung eines mit Rechten Dritter belasteten Pfandrechts gem. § 1255 Abs. 2 BGB (ggf. i. V. m. § 1273 Abs. 2 S. 1 BGB) sowie die Aufhebung und die inhaltliche Änderung eines verpfändeten Rechts gem. § 1276 BGB. Abgesehen davon bedarf die Aufhebung einer Hypothek – anders als der Verzicht – wegen des Verlusts einer rangsichernden Eigentümergrundschuld der Zustimmung des Eigentümers gem. § 1183 BGB. Zudem bedürfen von §§ 1234–1240 BGB abweichende vertragliche Bestimmungen über den Pfandverkauf zwischen Eigentümer und Pfandgläubiger nach § 1245 Abs. 1 S. 2 BGB der Zustimmung der Inhaber von Rechten, deren Rechte durch Pfandveräußerung gem. § 1242 Abs. 2 BGB erlöschen. Ein weiteres spezielles Zustimmungserfordernis statuiert § 9 Abs. 3 S. 2 ErbbauRG für die Vereinbarung einer vollstreckungsfesten Erbbauzinsreallast gem. § 52 Abs. 2 S. 2 lit. a) ZVG; diese inhaltliche Änderung bedarf der Zustimmung gleich- oder vorrangiger Rechtsinhaber am Erbbaurecht. Soweit die h. A. endlich noch die §§ 877, 876 BGB auf die inhaltliche Änderungen gleich- oder vorrangiger Grundstücksrechte im Verhältnis zu den gleich- oder nachrangig Berechtigten entsprechend anwendet, sind die Voraussetzungen eines Analogieschlusses nach hier vertretener Ansicht nicht erfüllt (§ 2 IV. 2.). Soweit inhaltliche Änderungen zugleich das Rangverhältnis berühren, ergibt sich die Zustimmungsbedürftigkeit m. E. bereits aus einem Umkehrschluss zu §§ 1119, 1186 S. 2, 1198 S. 2, 1203 Abs. 2 BGB, § 9 Abs. 3 S. 2 ErbbauRG. Der Regelungszweck der §§ 877, 876 BGB – Vermeidung gespaltener Zuordnungsverhältnisse – ist hier nicht einschlägig, was sich auch in den Rechtsfolgen nicht konsentierter Verfügungen zeigt. 176 Ausdrücklich ergibt sich dies aus dem Gesetz bei Vereinigung eines (belasteten) Grundstücksrechts mit dem Eigentum (§ 889 BGB) sowie bei der Vereinigung eines Pfandrechts mit dem Eigentum resp. mit dem jeweils belasteten Recht, solange die gesicherte Forderung mit dem Recht eines Dritten belastet ist (§ 1256 Abs. 1 S. 2 BGB i. V. m. § 1273 Abs. 2 S. 1 BGB); das konfundierte Recht besteht dabei mit absoluter Wirkung fort (näher § 3 II. 3. c) cc) (2) mit Fn. 315). Diese Regelungen sind Ausdruck eines allgemeinen Rechtsgrundsatzes. Auch die Konfusion einer belasteten Forderung führt nach allg. Ansicht nicht zum Erlöschen des lastenden Rechts (MünchKomm (-Pohlmann), BGB VII7, § 1072 Rn. 4; Staudinger (-Olzen), BGB (2016), Einl. zu §§ 362 ff. Rn. 29; Staudinger (-Heinze), BGB (2017), § 1072 Rn. 5 m. w. N.). Richtigerweise führt die Vereinigung eines gepfändeten Sach- oder Rechtsnießbrauchs mit dem belasteten Recht abweichend von §§ 1072, 1063 Abs. 1 BGB nicht zum Erlöschen des Nießbrauchs, solange die öffentlich-rechtliche Verstrickung desselben besteht. Selbstverständlich ist dies, wenn ein Nießbrauch an einem Grundstück gepfändet ist; für den gepfändeten Nießbrauch an einer beweglichen Sache, einer Forderung oder einem dinglichen Recht kann nichts anderes gelten. Nur klarstellend sei erwähnt, dass eine „stufenüberspringende“ Vereinigung des Eigentums mit einem Recht zweiten oder höheren Grades in einer Person keine Auswirkungen auf den Bestand des betreffenden Rechts hat. Freilich können sich aus der stufenüberspringenden Vereinigung durchaus persönliche Einschränkungen hinsichtlich der Ausübung des betreffenden Rechts ergeben; vertiefend hierzu im Rahmen der Belastung einer Hypothek oder Grundschuld mit einem „Eigentümerrecht“ § 10 II. 1. b) ee). Demgegenüber führt die „stufenüberspringende“ Vereinigung mangels Subordinationsverhältnisses zwischen dem belasteten und dem auf zweiter oder höherer Stufe lastenden Recht zwar nicht zu einem Rechtsverlust, ggf. aber zu einer persönlichen Ausübungsbeschränkung; siehe bereits für das gemeine Recht Exner, Kritik des Pfandrechtsbegriffs nach römischem Recht, S. 91 Fn. 174 für die Vereinigung von Eigentum und Afterpfandrecht in einer
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chen Ausgestaltung des Bestandsschutzes ist, wie angerissen, eine systemkonforme Fortbildung des geltenden Rechts unerlässlich. Auf die spezifischen Ansprüche und Klagerechte, die Sachenrechtsinhaber höherer Stufe gegen Rechtsanmaßungen Dritter geltend machen können, ist sub specie der Lösungen anderer Rechtsordnungen noch gesondert einzugehen. Im Mittelpunkt steht hier der Kontinuitäts-, nicht der Störungsschutz der aus mehrstufigen Belastungen resultierenden Rechte. a) Autonomer und heteronomer Sukzessionsschutz Sachenrechte höheren Grades sind – im Gegensatz zu Sachenrechten niedrigeren Grades – sowohl mit einem „autonomen“ als auch mit einem „heteronomen“ Sukzessionsschutz ausgestattet. Autonome (Sukzessions-)Schutzmechanismen bilden ein wesensimmanentes Strukturprinzip aller dinglichen Rechte. Dass ein Sachenrecht– vorbehaltlich gutgläubigen-lastenfreien Erwerbs resp. gutgläubigen Vorrangserwerbs – nicht durch Verfügungen über das belastete begrenzte Sachenrecht berührt wird, bedarf keiner vertieften Ausführung. Hervorzuheben ist nur, dass der einem Sachenrecht höheren Grades teilhaftige autonome Sukzessionsschutz sich auf Verfügungen über die auf vorgelagerten Stufen rangierenden Sachenrechte sowie auf Verfügungen über das der Rechtspyramide zugrunde liegenden Eigentums erstreckt, was reflexhaft dem belasteten Sachenrecht niedrigeren Grades sowie allen Sachenrechten vorgelagerter Stufen zugutekommt.177 Dieses Axiom des Person: Das Afterpfandrecht bestehe fort, wobei der Übergang der afterpfandrechtsgesicherten Forderung auf den Eigentümer (= Afterpfandgläubiger) eine exceptio gegen die Forderung des Pfandgläubigers begründe. 177 Exemplarisch sei dies für mehrstufige Belastungen an beweglichen Sachen demonstriert. Wird eine unter (einfachem) Eigentumsvorbehalt (§ 449 Abs. 1 BGB) verkaufte Sache seitens des Käufers (K) auflösend bedingt einem Geldkreditgeber (G) zur Sicherheit gem. §§ 929, 930, 158 Abs. 2 BGB übereignet, ohne dass K zur Verfügung über das Eigentum gem. § 185 Abs. 1 BGB ermächtigt ist und auch kein gutgläubiger Erwerb des G gem. § 933 BGB in Betracht kommt, entfaltet diese Verfügung zumindest im Wege der Umdeutung gem. § 140 BGB als auflösend bedingte Sicherungsübertragung des Anwartschaftsrechts analog §§ 929, 930, 158 Abs. 2 BGB Wirkung mit der Folge, dass K aus der Verfügung ein auf Rückerwerb des Eigentumsanwartschaftsrechts gerichtetes Anwartschaftsrecht höheren Grades erlangt (siehe hierzu § 6 III.). Dieses Anwartschaftsanwartschaftsrecht ist gegen Verfügungen über das Anwartschaftsrecht niedrigeren Grades seitens G nicht anders geschützt als ein auf dem Eigentum lastendes Anwartschaftsrecht niedrigeren Grades in Bezug auf Verfügungen über das Eigentum. Solange K Besitzer der Sache ist, kommt ein gutgläubig-lastenfreier Erwerb des belasteten Anwartschaftsrecht niedrigeren Grades nicht in Betracht: Eine Übertragung desselben seitens G an eine andere Bank (B) analog §§ 929 S. 1, 931, 934 Var. 1 BGB zeitigt – in Analogie zu § 936 Abs. 3 BGB – keinen gutgläubig-lastenfreien Erwerb des belasteten Eigentumsanwartschaftsrechts. Auf der anderen Seite ist das Anwartschaftsrecht höheren Grades gegen Verfügungen über das Eigentum des Verkäufers (V) „autonom“ geschützt: Veräußert V die Sache vor vollständiger Kaufpreiszahlung an seinen Gläubiger (Z) unter Abtretung des Herausgabeanspruchs gem. §§ 929, 931 BGB, scheitert ein gutgläubiglastenfreier Eigentumserwerb des Z gem. §§ 161 Abs. 3, 934 BGB daran, dass K im Besitz der Sache ist (§ 936 Abs. 3 BGB); dass dessen Recht nicht auf dem Eigentum, sondern auf dem Anwartschaftsrecht niedrigeren Grades lastet, spielt auch dann keine Rolle, wenn, weil z. B. K vertragswidrig inzwischen seinen Besitzmittlungswillen im Verhältnis zu Z durch erneute Sicherungsübertragung an einen weiteren Darlehensgeber (D) aufgegeben hat, also insoweit auch kein
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wechselseitigen Subordinationsverhältnisses zwischen dem belasteten und dem lastenden Recht demonstriert die konzeptionelle Unterscheidung zwischen mehrstufigen und mehrfachen Belastungen.178 Weil das Sachenrecht höheren Grades notwendig eines Belastungsgegenstandes bedarf, den es sich Untertan macht, darf das belastete begrenzte Sachenrecht durch die fragliche Verfügung über das Eigentum oder ein Sachenrecht vorgelagerter Stufe jedenfalls nicht mit Wirkung gegenüber dem Inhaber des lastenden Rechts erlöschen, während im Rangverhältnis miteinander konkurrierende Rechte sich selbstverständlich gerade nicht wechselseitig gegen einen gutgläubigen Erwerb immunisieren.179 Auf der anderen Seite offenbart sich das wechselseitige Subordinationsverhältnis darin, dass das Sachenrecht höheren Grades immer dann unverändert fortbesteht, wenn die fragliche Verfügung das belastete Sachenrecht niedrigeren Grades unberührt lässt, aber – und das ist die Kehrseite des Subordinationsverhältnisses – durch die Beseitigung, Verdrängung oder Verminderung des belastegestuftes Besitzmittlungsverhältnis zwischen K, Z, D und V gem. § 871 BGB entstanden ist, das auf dem Eigentum lastende Anwartschaftsrecht niedrigeren Grades „an sich“ mangels (mittelbaren) Besitzes des G nach Maßgabe von §§ 161 Abs. 3, 931, 934 BGB erlöschen würde, wenn es nicht forthin mit dem Anwartschaftsrecht höheren Grades belastet wäre. Dieses Anwartschaftsanwartschaftsrecht ist insoweit zweifellos analog § 936 Abs. 3 BGB geschützt: Wenn schon ein schuldrechtliches Besitzrecht durch eine Verfügung gem. § 931 BGB nicht verlustig geht (§ 986 Abs. 2 BGB), muss für das zum „wesensgleichen Minus“ erkorene sachenrechtsäquivalente Anwartschaftsrecht erst recht Sukzessionsschutz gelten, zumal dem Vindikationsanspruch des Z das Besitzrecht des K aus dem Kaufvertrag gem. § 986 Abs. 2 BGB entgegensteht. Da nun aber kein Grund besteht, K besser zu stellen als er stünde, wenn er sich gegenüber Z vertragsgemäß verhalten hätte, insoweit also forthin ein Besitzmittlungsverhältnis im Verfügungszeitpunkt gem. § 868 BGB bestanden hätte, so dass auch das Anwartschaftsrecht niedrigeren Grades gegen eine Verfügung über das Eigentum wegen des mittelbaren Besitzes des Z analog § 936 Abs. 3 BGB geschützt gewesen wäre, bleibt das belastete Anwartschaftsrecht unberührt. Profitiert mithin das Sachenrecht niedrigeren Grades vom Sukzessionsschutz des Sachenrechts höheren Grades, ist dies ein Exempel heteronomen Sukzessionsschutzes, der dem dinglichen Recht nur deshalb zukommt, weil und soweit es belastet ist. Was hier für ein doppelstöckiges Anwartschaftsrecht ausgeführt worden ist, gilt mutatis mutandis für anwartschaftsrechtsbelastende Nießbrauchsund Pfandrechte. Desgleichen ist auch ein (Pfändungs-)Pfandrecht an einem Nießbrauchs- oder Pfandrecht mit einem autonomen Sukzessionsschutz in Bezug auf Verfügungen über das belastete Recht und Verfügungen über Rechte vorgelagerter Belastungsstufen einschließlich des mehrstufig belasteten Eigentums ausgestattet. 178 Näher § 2 IV. 2. 179 Wenn z. B. die von einem Vermieterpfandrecht gem. §§ 562 Abs. 1, 578 Abs. 1 BGB erfasste Fuhrmaschine seitens des Mieters nach Beendigung des Mietverhältnisses ohne Wissen des Vermieters entfernt, aufgrund einer nachfolgenden Reparatur von einem Werkunternehmerpfandrecht gem. § 647 BGB erfasst und sodann – noch während sie im Besitz des Werkunternehmers ist – seitens des Mieters an eine Bank gem. §§ 929, 931 BGB zu Sicherheit übereignet wird, besteht zwar das (nachrangige) Werkunternehmerpfandrecht gem. § 936 Abs. 3 BGB fort. Davon profitiert nun aber nicht reflexhaft der Vermieter, dessen Pfandrecht somit zwar nicht schon nach § 562a S. 1 BGB durch die Entfernung, wohl aber durch die Übereignung der Maschine bei unterstellter Gutgläubigkeit der Bank gem. § 934 Var. 1 BGB erlischt. Der zufällige Umstand, dass die Maschine auch von einem (ehedem) nachrangigen Werkunternehmerpfandrecht erfasst ist, macht keinen Unterschied: Anders als ein auf dem Vermieterpfandrecht aufbauendes Nießbrauchs- oder Pfandrecht profitiert das Werkunternehmerpfandrecht gerade vom Untergang des vorrangigen Pfandrechts.
§ 3 Die Belastung der Belastung
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ten Rechts vernichtet oder beeinträchtigt wird. Während der gutgläubig-lastenfreie Erwerb mehrstufig belasteten Eigentums eo ipso alle auf dem erloschenen Recht basierenden Rechte beseitigt,180 schützt umgekehrt der Fortbestand eines Rechts niedrigeren Grades bei Verfügung über das belastete Eigentum reflexhaft alle Sachenrechte höheren Grades. Ein ausschließlich zur Beseitigung eines Rechts zweiten oder noch höheren Grades unter Fortbestand des belasteten Rechts ersten Grades führender „lastenfreier“ Erwerb des Eigentums kommt rechtslogisch nicht in Betracht. Selbst wenn ein Recht zweiten oder höheren Grades dem Erwerber des Eigentums unbekannt ist und auch nicht durch das Grundbuch oder den Besitz an einer beweglichen Sache manifestiert wird, ist dies unschädlich, es sei denn, die Voraussetzungen eines gutgläubig-lastenfreien Eigentumserwerbs sind in Ansehung des belasteten Sachenrechts ersten Grades erfüllt. Allein der Rekurs auf das Veranlassungsprinzip vermag einen „gutgläubigen“ Erwerb nicht zu rechtfertigen: Mit der verkehrsschützenden Intention der Gutglaubenstatbestände ist es unvereinbar, solche Rechte zu eliminieren oder mit Rücksicht auf die Buchlage zu modifizieren, die selber nicht das zu übertragende oder zu belastende Recht, sondern ein auf dem Verfügungsobjekt basierendes Recht belasten. Soll etwa die Übertragung des mit einer mehrfach verpfändeten Grundschuld belasteten Eigentums die Rangverhältnisse zwischen den Pfandgläubiger nach Maßgabe der unrichtig in der Veränderungsspalte dokumentierten Rangordnung verändern? Soll die Belastung des Eigentums am dienenden Grundstück dazu führen, dass ein Nießbrauch am herrschenden Grundstück, der zu Unrecht im Grundbuch gelöscht ist, auf einmal in Ansehung der auf dem übertragenen Grundstück ruhenden Grunddienstbarkeit erlischt? Die Fragen stellen heißt, sie zu verneinen. Die Leichtigkeit und die Sicherheit des Rechtsverkehrs würden durch das unterstellte isolierte Erlöschen eines Rechts höheren Grades nicht gefördert werden, da allein der Umstand, dass die Belastungen des Verfügungsobjekts mit begrenzten Rechten zweiten oder höheren Grades belastet sind, die Rechtsstellung des Erwerbers nicht berührt.181 Vom lastenfreien Erwerb würde notwendigerweise eine nicht auf Erwerberseite stehende Personen, z. B. der Inhaber des belasteten Rechts ersten Grades oder ein gleichoder nachrangiger Rechtsinhaber, auf Kosten des Inhabers eines Rechts höheren Grades profitieren. Dieser aber könnte fraglos aus dem schuldrechtlichen Grundgeschäft die Wiederbestellung der fraglichen Belastung an dem fortbestehenden Recht niedrigeren Grades verlangen. Eine „stufenüberspringende Entlastung“ des Eigentums durch Übertragung desselben ist demnach ebenso wie eine „stufenüberspringende Modifikation“ der Rangverhältnisse durch erneute Belastung mehrfach 180 Nicht anderes gilt beim Untergang mehrstufig belasteten Eigentums an einer beweglichen Sache durch Verbindung, Vermischung, Vermengung oder Verarbeitung (vgl. §§ 949 S. 1, 950 Abs. 2 BGB). 181 Anders wäre nur dann zu urteilen, wenn ein Recht zweiten oder höheren Grades über den Zuweisungsgehalt des das Eigentum belastenden Rechts ersten Grades hinausschösse, was freilich, wie in § 2 III. 6 d) gezeigt, das wechselseitige Subordinationsverhältnis verletzen würde; das vermeintliche Recht zweiten oder höheren Grades wäre, soweit es den Zuweisungsgehalts des Recht ersten Grades überschreitet, eine Belastung des Eigentums.
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Teil I: Sachenrechtliche Subordinationsverhältnisse
belasteten Eigentums ausgeschlossen. All dies gilt mutatis mutandis für Verfügungen über belastete Sachenrechte ersten und höheren Grades.182 b) Dingliche Surrogation Ein allgemeines Surrogationsprinzip ist dem deutschen Recht, wie in Rechtsprechung und Lehre gebetsmühlenartig betont wird, fremd.183 Stattdessen operiert das BGB mit verstreut platzierten Einzeltatbeständen der dinglichen Surrogation. Sieht man einmal von der unmittelbaren Erstreckung von Sondervermögen auf Sach- und Rechtsfrüchte und Ersatzansprüche wegen Zerstörung, Entziehung oder Beschädigung einzelner Gegenstände sowie auf die Einverleibung von Gegenstände in ein Inventar ab,184 ist an zahlreichen Stellen des dritten Buches des BGB eine unmittelbare Ersetzung dinglicher Rechte an einem identifizierbaren Ersatzgegenstand angeordnet, wenn das Rechtsobjekt durch Naturereignis, Realakt, Verfügung oder Hoheitsakt wegfällt.185 Im Zusammenhang des Bestandsschutzes mehrstufiger Belastungen ist die dingliche Surrogation in doppelter Hinsicht von Relevanz. Zum einen partizipieren Sachenrechte höheren Grades an der surrogationsgestützten Kontinuität des jeweils belasteten Rechts. Jene setzen sich grundsätzlich formwahrend an dem auf 182 Dies zeigt sich bei allen auf Rechtserwerb gerichteten Verfügungen über mehrstufig belastete Hypotheken, Grund- und Rentenschulden, Reallasten, subjektiv-persönliche Vorkaufsrechte, Dauerwohnrechte und Erbbaurechte und ist auch bei mehrstufigen Belastungen von Rechten an beweglichen Sachen denkbar. Allerdings gilt der allgemeine Rechtsgrundsatz, dass ein dingliches Recht – vorbehaltlich gutgläubigen Erwerbs nicht durch eine Übertragung oder Belastung – des belasteten Rechts berührt wird, nicht ausnahmslos. Der Sukzessionsschutz der Belastungen des Erbbaurechts ist bei der Übertragung desselben in Vollzug eines Heimfallsanspruchs gem. § 33 ErbbauRG gelockert; siehe zum rechtstypenspezifischen Bestandsschutz der Belastungen des Erbbaurechts § 7 III. 1 a). Nach der in § 33 Abs. 1 ErbbauRG zum Ausdruck gebrachten gesetzgeberischen Wertung sollen nur Rechte fortbestehen, über deren Bestellung der Eigentümer als potentieller Erwerber eines Eigentümererbbaurechts kraft Vereinbarung eines dinglichen Zustimmungsvorbehalt (§ 5 Abs. 2 ErbbauRG) mitbestimmen kann, was ausdrücklich nur für die Bestellung von Hypotheken, Grund- und Rentenschulden und Reallasten geregelt ist, darüber hinaus nach h. A. aber auch für das gem. § 42 Abs. 2 WEG mit Sukzessionsschutz gegen Heimfallvollzug ausgestattete Dauerwohnrecht gelten soll. Alle anderen Rechte – Nießbrauch, Dienstbarkeiten, dingliche Vorkaufsrechte und auch das Untererbbaurecht einschließlich seiner Belastungen – erlöschen ersatzlos. Äußerst problematisch ist dies bei der innerartlichen Belastung eines Erbbaurechts mit einem Erbbaurecht; dass die Beleihungsfähigkeit des sog. Untererbbaurechts durch ein ersatzloses Erlöschen beim Heimfall des Obererbbaurechts entscheidend geschwächt ist, liegt auf der Hand. Wird beachtet, dass ein Untererbbaurecht regelmäßig nur unter Mitwirkung des Eigentümers bestellt werden kann – wegen des erforderlichen Rangrücktritts mit der Erbbauzinsreallast –, ist fraglich, ob dem Interesse an der Entlastung des Obererbbaurechts im Heimfall höheres Gewicht beizumessen ist als dem Kontinuitätsinteresse des Untererbbauberechtigten und dessen dinglich gesicherten Gläubigern (näher § 7 III. 1. a)). 183 Siehe etwa RG, Urteil v. 26.6.1922 – VI 788/21, RGZ 105, S. 84, 87–88 m. w. N.; RG, Urteil v. 19.2.1937 – V 205/36, RGZ 153, S. 366, 370; MünchKomm (-K. Schmidt), BGB VI7, § 741 Rn. 38; Palandt (-Herrler), BGB78 , Einl. vor § 854 BGB Rn. 16. 184 Vgl. §§ 718 Abs. 1, 582a Abs. 2 S. 2 BGB. 185 Vgl. §§ 949 S. 2, 966 Abs. 2 S. 3, 975 S. 2, 979 Abs. 2, 1046 Abs. 1, 1066 Abs. 3, 1075 Abs. 1, 1219 Abs. 2 S. 1, 1247 S. 2, 1258 Abs. 3, 1287 BGB.
§ 3 Die Belastung der Belastung
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den Ersatzgegenstand übergeleiteten Recht der vorgelagerten Stufe fort, was sich exemplarisch bei der Ersetzung der das „Fundament“ der Rechtspyramide bildenden realen Sache zeigt. Setzt sich z. B. ein reguläres Pfandrecht an Bargeld bei Vermengung desselben mit den Geldstücken und Geldzeichen anderer Personen gem. §§ 948 Abs. 1, 947 Abs. 1 BGB an dem Miteigentumsanteil eines Eigentümers gem. § 949 S. 2 BGB fort, profitieren hiervon unmittelbar alle Nießbrauchs- und (Pfändungs-)Pfandrechte an der pfandrechtsgesicherten Forderung.186 Wird ein verpfändeter Auflassungsanspruch gemeinschaftlich seitens des Gläubigers und des Pfandgläubigers gem. § 1281 S. 2 BGB geltend gemacht, erstreckt sich, sofern die durch das Pfandrecht gesicherte Forderung mit einem Nießbrauch oder (Pfändungs-) pfandrecht belastet ist und die Einziehung des Auflassungsanspruchs auch gegenüber dem Inhaber des lastenden Drittrechts Erfüllungswirkung zeitigt, das Recht des Dritten auf die surrogationsgestützte Sicherungshypothek (§ 1287 S. 2 Hs. 1 BGB). Einer kumulativen Surrogation bedarf es nicht, weil sich das forderungsbelastende Recht kraft Gesetzes auf die mit der belasteten Forderung verbundenen Nebenrechte erstreckt (§§ 401 Abs. 1, 1153 Abs. 1, 1250 Abs. 1 S. 1 BGB). Vergleichbares zeigt sich bei einer (realen, ideellen oder real-ideellen) Teilung von Grundstücken: Setzt sich das belastete Grundstücksrecht an neu entstandenen Grundstücken resp. an den (ggf. mit Sondereigentum verbundenen) Miteigentumsanteilen als Gesamtrecht fort, erstrecken sich die Belastungen des Gesamtrechts von selbst auf die dem Gesamtrecht unterliegenden Grundstücke oder Grundstücksbruchteile. Scheidet hingegen eine surrogations- resp. teilungsbasierte Fortsetzung des belasteten Rechts aus, erlöschen alle Belastungen von selbst; hier gilt nichts anderes als beim gutgläubig-lastenfreien Eigentumserwerb, der gleichfalls allenfalls schuldrechtliche Ansprüche auf Schadensersatz oder Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung auslöst. 186 Erwirbt der Eigentümer einer belasteten Sache durch Verbindung, Vermischung oder Vermengung beweglicher Sache nach Maßgabe der §§ 946–948 BGB Alleineigentum, erstrecken sich, was § 949 S. 3 BGB deklaratorisch bestätigt, die beschränkten dinglichen Rechten von selbst auf die hinzutretende Sache. Umgekehrt erlöschen alle Belastungen, soweit der bisherige Eigentümer sein Recht an einer Sache durch Verbindung, Vermischung oder Vermengung verliert (§ 949 S. 1 BGB); nichts anderes gilt bei der Verarbeitung (§ 950 Abs. 2 BGB). Sofern belastetes Alleineigentum durch Verbindung, Vermischung, Vermengung oder Verarbeitung einer beweglichen Sache erlischt, stehen allen dinglich berechtigten Personen – einschließlich der Inhaber dinglicher Rechte höheren Grades – wegen des erlittenen Rechtsverlusts jeweils eigene Wertersatzansprüche zu. Eine Surrogation am Bereicherungsanspruch des Eigentümers kommt nicht in Betracht (vgl. Jauernig (-Berger), BGB17, § 951 Rn. 3; MünchKomm (-Füller), BGB VII7, § 951 Rn. 5; Schulze et al. (-Schulte-Nölke), BGB10, § 951 Rn. 4; Staudinger (-Gursky/W. Wiegand), BGB (2017), § 951 Rn. 4). Soweit jedoch die bisherigen Eigentümer Bruchteilseigentum an der neuen Sache erwerben, setzen sich die Belastungen an den Anteilen unverändert fort (§ 949 S. 2 BGB). In analoger Anwendung gilt § 949 BGB nach allg. Ansicht für Anwartschaftsrechte (vgl. Jauernig (-Berger), BGB17, § 949 Rn. 1; MünchKomm (-Füller), BGB VII7, § 949 Rn. 2). Desgleichen ist nach h. A. § 950 Abs. 2 BGB auf Anwartschaftsrechte analog anzuwenden, wobei dann doch wiederum – mit unterschiedlicher Begründung – für eine Fortsetzung oder erneute Entstehung des Anwartschaftsrechts des Vorbehaltskäufers eingetreten wird, wenn dieser selbst unter einer Verarbeitungsklausel die Kaufsache verarbeitet (vgl. Staudinger (-W. Wiegand), BGB (2017), § 950 Rn. 46; MünchKomm (-Füller), BGB VII7, § 950 Rn. 26 m. w. N.).
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Teil I: Sachenrechtliche Subordinationsverhältnisse
Der heteronome surrogations- oder teilungsgestützte Kontinuitätsschutz von Sachenrechten höheren Grades ist von der unmittelbaren Ersetzung des belasteten Rechts niedrigeren Grades durch eine neue „Sache“ zu unterscheiden. Erlischt z. B. eine Hypothek durch Zwangsversteigerung gem. § 91 Abs. 1 ZVG, erlöschen Rechte an der gesicherten Forderung zwar, soweit sie sich auf die Hypothek beziehen, setzen sich jedoch an dem Abtretungs- bzw. Geldzahlungsanspruch des Hypothekengläubigers in Analogie zu § 1287 S. 1 BGB fort.187 Dementsprechend erfassen die Nießbrauchs- und Pfandrechte an dem Abtretungsanspruch bei Abtretung des Zahlungsanspruchs gegen den Ersteher an den Hypothekengläubiger die kraft Gesetzes entstehende Sicherungshypothek des Hypothekengläubigers (arg. e § 128 Abs. 1 S. 2 ZVG).188 Vergleichbares gilt bei der Beendigung eines Erbbaurechts durch Zeitablauf. Während dieses durch eine reallastähnliche „Entschädigungsforderung“ zur ersten Rangstelle gem. §§ 27 Abs. 1 S. 1, 28 ErbbauRG substituiert wird,189 verwandeln sich die das Erbbaurecht belastenden Hypotheken, 187 MünchKomm (-Damrau), BGB VII7, § 1274 Rn. 20; Westermann/ Gursky/ Eickmann (-Gursky), Sachenrecht8 , § 136 Rn. 7. Zu einer entsprechenden Pfandrechtssurrogation dürfte es kommen, wenn das Grundstück im Wege der Zwangsversteigerung auf Antrag des Insolvenzverwalters (§ 165 InsO, § 172 ZVG) veräußert wird (BeckOGK BGB (-Leinenweber), Stand: 1.10.2018, § 1274 Rn. 47). 188 RG, Urteil v. 4.3.1905 – V 402/04, RGZ 60, S. 221; Löhnig (-Hannemann), ZVG, § 128 Rn. 19; Westermann/Gursky/Eickmann (-Gursky), Sachenrecht8 , § 136 Rn. 7. Dies gilt auch dann, wenn der Pfandgläubiger aufgrund gesetzlicher oder rechtsgeschäftlich erteilter Einziehungsermächtigung (§ 1282 Abs. 1 S. 1 BGB) selbst die Zwangsvollstreckung aus der verpfändeten Hypothek betreibt. Die unmittelbare Zuordnung des Anspruchs auf den Versteigerungserlös resp. der Sicherungshypothek würde den betreibenden Pfandgläubiger nicht befriedigen; die pfandrechtsgesicherte Forderung wird erst durch Erfüllung des Anspruchs auf den Versteigerungserlös durch Leistungsbewirkung an den Pfandgläubiger resp. durch Befriedigung des Pfandgläubigers aus der Sicherungshypothek analog § 1288 Abs. 2 BGB berichtigt. Anerkannt ist, dass sich das Pfandrecht am Rückgewähranspruch des Sicherungsgebers einer Grundschuld bei Erlöschen der Grundschuld gem. § 91 Abs. 1 ZVG in ein Pfandrecht an der dem Sicherungsgeber kraft Surrogation zustehenden Forderung auf einen Teil des Versteigerungserlöses bzw. in einen Rückzahlungsanspruch hinsichtlich des Überschusses gegen den Grundschuldgläubiger fortsetzt (BGH, Urteil v. 28.2.1975 – V ZR 146/73, NJW 1975, S. 980). Außerdem sei nur klarstellend konstatiert, dass die Inhaber von im Grundbuch eingetragenen Nießbrauchs- und (Pfändungs-)Pfandrechten an einem belasteten Liegenschaftsrecht ohnedies Beteiligte im Vollstreckungsverfahren gem. § 9 Nr. 1 ZVG sind. Den Inhabern von nicht im Grundbuch eingetragenen Rechten an Grundstücksrechten steht es frei, kraft Anmeldung die Beteiligteneigenschaft gem. § 9 Nr. 2 ZVG und die damit verbundenen verfahrensrechtlichen Befugnisse, z. B. das Widerspruchsrecht gegen den Teilungsplan gem. § 115 ZVG, zu erlangen (vgl. Böttcher (-Böttcher), ZVG6 , § 9 Rn. 8, 12). 189 Der BGH qualifiziert die Entschädigungsforderung als „dingliches Sicherungsmittel eigener Art“, für dessen Eintragung die Vorschriften über die Reallast (§§ 873 ff. BGB, §§ 830, 837 Abs. 6 ZPO) analog anzuwenden sind (BGH, Beschluss v. 11.4.2013 – V ZB 109/12, NJW-RR 2013, S. 1102, 1103; Erman (-Grziwotz), BGB II15, § 28 ErbbauRG Rn. 1; Staudinger (-Rapp), BGB (2017), § 28 ErbbauRG Rn. 1; anders Soergel (-Stürner), BGB XV13, § 28 ErbbauVO Rn. 1: Sicherungshypothek kraft Gesetzes.). Soweit in der Lehre von einem „dinglichen reallastähnlichen Recht eigener Art“ die Rede ist (NomosKomm (-Heller), BGB III4, § 28 ErbbauRG Rn. 1), macht dies in der Sache keinen Unterschied. Weitgehend anerkannt ist, dass die Entschädigungsforderung in Abteilung II des Grundbuchs mit dem Rang des Erbbaurechts im Wege der Grundbuchberichtigung gem. § 22 GBO einzutragen ist; einer exakten Angabe des Geldbetrages bedarf es nicht, sofern dieser durch gesetzliche oder vertragliche Regelungen bestimmbar ist.
§ 3 Die Belastung der Belastung
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Grund- und Rentenschulden und Reallasten nach § 29 ErbbauRG in Rechte auf Befriedigung aus dem reallastähnlichen Sicherungsmittel des Erbbauberechtigten; auf die Rechte der Gläubiger sind die für das Forderungspfandrecht geltenden Vorschriften analog anzuwenden.190 Von dieser kumulativen Surrogation profitieren die Belastungen der erbbaurechtsbelastenden Rechte reflexhaft, indem sie sich an den an der reallastähnlichen Entschädigungsforderung pfandrechtlich gesicherten Forderungen der Grundpfand- und Reallastgläubiger fortsetzen. Demgegenüber erlöschen prinzipiell alle anderen Belastungen des Erbbaurechts durch Zeitablauf; eine (Ketten-)Surrogation kommt, wie sich aus § 29 ErbbauRG e contrario ergibt, nicht in Betracht. Dies führt einmal mehr zu einer auffälligen Lücke im Bestandsschutz des Erbbaurechts selbst: Offensichtlich hat der Gesetzgeber die Fallgestaltung, dass das Erbbaurecht bei Zeitablauf mit einer sog. Entschädigungsforderung eines Untererbbauberechtigten gem. § 28 ErbbauRG (i. V. m. § 11 Abs. 1 S. 1 ErbbauRG) belastet ist, an der sich ggf. wiederum Rechte Dritter fortsetzen, nicht bedacht. Wird eine analoge Anwendung des § 29 ErbbauRG auf die auf dem Erbbaurecht lastende Entschädigungsforderung abgelehnt, bleibt dem Untererbbauberechtigten nur die Möglichkeit, sich die Entschädigungsforderung des Obererbbauberechtigten zwecks Sicherungsübertragung an die eigenen Gläubiger abtreten zu lassen.191 Dies ist keine Besonderheit der spezifischen Konstellation der Beendigung des Erbbaurechts durch Zeitablauf; eine vergleichbare Rechtsschutzlücke zeigt sich beim Heimfall des mit einem „Untererbbaurecht“ belasteten Erbbaurechts; hierauf wird noch zurückzukommen sein.192 Vom surrogationsgestützten autonomen und heteronomen Kontinuitätsschutz mehrstufiger Belastungen ist der surrogationsgestützte erstmalige Erwerb eines Sachenrechts höheren Grades zu unterscheiden. Dieser kommt nur ausnahmsweise dann in Betracht, wenn ein (mit einem Nießbrauch oder Pfandrecht) belasteter Anspruch auf Bestellung eines begrenzten Sachenrechts erfüllt wird und sich die Belastung an dem konstituierten Recht gem. §§ 1075 Abs. 1, 1287 S. 1 BGB fortsetzt. Freilich limitiert die restriktive Belastungskompatibilität dinglicher Rech190 Nach § 29 ErbbauRG stehen den Grundpfand- und Reallastgläubigern diejenigen Rechte an der Entschädigungsforderung zu, die ihnen bei Erlöschen ihrer Rechte in der Zwangsversteigerung in das Erbbaurecht zustünden. Da sich die kraft Zuschlags erlöschenden Rechte bekanntlich als Rechte auf Befriedigung an dem Versteigerungserlös fortsetzen (st. Rspr. des BGH; vgl. BGH, Urteil v. 23.2.1973 – V ZR 10/71, NJW 1973, S. 846; Böttcher (-Böttcher), ZVG6 , § 91 Rn. 4; Kindl/Meller-Hannich/Wolf (-Stumpe), Zwangsvollstreckung3, § 91 ZVG Rn. 6.), verwandeln sich die Hypotheken, Grund- und Rentenschulden und Reallasten in pfandrechtsähnliche Rechte auf Befriedigung aus der Entschädigungsforderung (NomosKomm (-Heller), BGB III4, § 29 ErbbauRG Rn. 2; Staudinger (-Rapp), BGB (2017), § 29 ErbbauRG Rn. 5). Diese werden im Grundbuch bei der Entschädigungsforderung im Wege der Grundbuchberichtigung gem. § 22 GBO vermerkt. Die Befriedigung erfolgt nicht nach den Regeln über das Verteilungsverfahren gem. §§ 105 ff. ZVG, sondern nach den Vorschriften über die Verwertung verpfändeter Forderungen (§§ 1277, 1282, 1290 BGB). 191 Dafür Staudinger (-Rapp), BGB (2017), § 11 ErbbauRG Rn. 12. 192 § 7 III. 1. a).
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Teil I: Sachenrechtliche Subordinationsverhältnisse
te den Wirkungskreis der Surrogation: Soweit im Schrifttum pauschal vertreten wird, dass mit Vollendung des (rechtsgeschäftlichen) Erwerbs eines Grundstücksrechts durch Eintragung im Grundbuch uno actu als Surrogat des den Bestellungsanspruch belastenden Nießbrauchs- oder Pfandrecht ein gleichartiges Recht an diesem Grundstücksrecht entstehe,193 ist zu präzisieren. Möglich ist der gesetzliche Erwerb eines Nießbrauchs oder Pfandrechts an einem anderen Sachenrecht gem. §§ 1075 Abs. 1, 1287 S. 1 BGB nur, wenn sich dieses abstrakt-strukturell als Bezugspunkt einer Belastung mit einem Nießbrauch und/oder einem Pfandrecht eignet; ein Anspruch auf Bestellung des fraglichen Grundstücksrechts ist gleichfalls nur unter dieser Voraussetzung belastbar. Diese Voraussetzung erfüllen Hypotheken, Grund- oder Rentenschulden, Reallasten, übertragbare subjektiv-persönliche dingliche Vorkaufsrechte und Dauerwohn- und Dauernutzungsrechte, nicht jedoch Grunddienstbarkeiten, beschränkte persönliche Dienstbarkeiten und der Nießbrauch.194 Der surrogationsgestützte Erwerb eines Nießbrauchs resp. eines Pfandrechts an Nießbrauchsrechten und beschränkten persönlichen Dienstbarkeiten gem. §§ 1075 Abs. 1, 1287 S. 1 BGB scheidet schon deshalb aus, weil Ansprüche auf Bestellung einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit bzw. eines Nießbrauchs gem. § 399 Var. 1 BGB grundsätzlich nicht abtretbar sind195 und demgemäß nicht 193 So Palandt (-Wicke), BGB78 , § 1287 Rn. 6; Westermann/Gursky/Eickmann (-Gursky), Sachenrecht, § 136 Rn. 6. 194 Desgleichen setzen sich die Belastungen eines Anspruchs auf Bestellung oder Übertragung eines Erbbaurechts am Erbbaurecht gem. §§ 1075 Abs. 1, 1287 S. 2 Hs. 1 BGB i. V. m. § 11 Abs. 1 S. 1 ErbbauRG fort. 195 So ist eine Abtretung wegen Inhaltsänderung gem. § 399 Var. 1 BGB insbesondere dann ausgeschlossen, wenn durch die Abtretung ein besonders schutzwürdiges Interesse des Schuldners an der Beibehaltung einer bestimmten Gläubigerperson beeinträchtigt wird, was etwa hinsichtlich des Anspruchs des Mieters auf Gebrauchsüberlassung aus dem Mietvertrag gem. § 535 Abs. 1 S. 2 BGB (BGH, Urteil v. 30.10.2009 – V ZR 42/09, NJW 2010, S. 1074, 1076 Rn. 14 m. w. N.; BeckOGK BGB (-Lieder), Stand: 1.6.2019, § 399 Rn. 31.2; MünchKomm (-Roth/K ieninger), BGB II8 , § 399 Rn. 25), darüber hinaus aber auch für die Bestellung einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit, wenn Versprechensempfänger und Begünstigter personenidentisch sind, angenommen wird (BGH, Urteil v. 30.10.2009 – V ZR 42/09, NJW 2010, S. 1074, 1076 Rn. 27; BeckOGK BGB (-Lieder), Stand: 1.6.2019, § 399 Rn. 31.3; Palandt (-Grüneberg), BGB78 , § 399 Rn. 4). Weil aber der Nießbrauch in gleicher Weise wie die beschränkte persönliche Dienstbarkeit an eine bestimmte Person gebunden ist, kann die Beurteilung hier nicht anders ausfallen, weshalb der Einräumungsanspruch des Gläubigers grundsätzlich gem. § 399 Var. 1 BGB nicht abtretbar ist. Auch im Fall einer Personenverschiedenheit von Versprechensempfänger und Begünstigten ist der Anspruch auf Bestellung einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit oder eines Nießbrauchs richtigerweise nicht frei abtretbar, sondern allenfalls an den Begünstigten. Liegt dem Bestellungsanspruch ein echter Vertrag zugunsten Dritter (§ 328 Abs. 1 BGB) zugrunde, steht dem Begünstigten freilich ohnehin ein eigenes Forderungsrecht zu; diesbezüglich ist ggf. mittels Auslegung zu ermitteln, ob auch der Versprechensempfänger einen eigenen auf Bestellung des Rechts für den Begünstigten gerichteten Anspruch geltend machen kann (§ 334 BGB). Anderes gilt zwar dann, wenn der Anspruch auf Einräumung einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit oder eines Nießbrauchs einer juristischen Person oder einer rechtsfähigen Personengesellschaft zusteht (§§ 1059e, 1092 Abs. 2 BGB) oder der Anspruch auf Bestellung einer Leitungsdienstbarkeit i. S. d. § 1092 Abs. 3 S. 1 BGB gerichtet ist (§ 1092 Abs. 3 S. 3 BGB). Auch in diesen Fällen ist aber
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mit einem Nießbrauch belastet, gepfändet oder verpfändet werden können (§§ 1069 Abs. 2. 1274 Abs. 2 BGB, § 851 Abs. 1 ZPO). Demgegenüber kann ein Anspruch auf Einräumung einer Grunddienstbarkeit nach zutreffender Ansicht zwar an den Eigentümer des designierten herrschenden Grundstücks, nicht jedoch auch an beliebige Dritte abgetreten werden, würde sich doch beim Forderungsübergang auf eine andere Person als den Eigentümer des als herrschend vorgesehenen Grundstücks der Leistungsinhalt zwangsläufig ändern (§ 399 Var. 1 BGB).196 Aus der eingeschränkten Abtretbarkeit des Einräumungsanspruchs folgt aber nicht, dass dieser mit Nießbrauchs- oder Pfandrechten zugunsten des Eigentümers, eines Nießbrauchers oder eines Hypotheken- oder Grundschuldgläubigers des herrschenden Grundstücks belastet werden könnte. Die in §§ 1075 Abs. 1, 1287 S. 1 BGB angeordnete Rechtsfolge geht mangels isolierter Belastbarkeit der Grunddienstbarkeit von vornherein fehl, wohingegen ein originärer Erwerb eines Rechts am herrschenden Grundstück methodisch und sachlich nicht zu rechtfertigen ist. Die unmittelbare Ersetzung eines verpfändeten oder mit einem Nießbrauch belasteten Anspruchs auf Bestellung einer Grunddienstbarkeit – die Zulässigkeit dieser Belastung unterstellt – in eine Sicherungshypothek oder einen Nießbrauch am herrschenden Grundstück schösse über den Regelungszweck der Surrogationstatbestände hinaus. Die Surrogation dient dazu, den Berechtigten vor einem ungerechtfertigten vorzeitigen Rechtsverlust zu bewahren, soll ihm aber nicht Rechte verschaffen, auf die er gar keinen Anspruch hat. Wer nicht über ein Recht an oder auf Verschaffung eines Rechts an dem herrschenden Grundstück verfügt, kann nicht erwarten, dass ihm durch Erfüllung eines Anspruchs auf Bestellung eines das als dienend vorgesehene Grundstück belastenden Rechts kraft Gesetzes ein Recht am herrschenden Grundstück zufällt. Ein Blick auf die Gesetzessystematik bestätigt dies: Eine Sicherungshypothek am Grundstück entsteht nur dann, wenn ein verpfändeter Auflassungsanspruch gem. §§ 1281, 1282 BGB erfüllt wird (§ 1287 S. 2 Hs. 1 BGB).197 Für sonstige auf Bestellung eines nicht grundstücksgleichen Grundstücksrechts verpfändete Ansprüche der Einräumungsanspruch einer Belastung nicht zugänglich, weil das in § 1059b BGB verankerte Pfändungs- und Belastungsverbot auch für den Anspruch auf Einräumung ausnahmsweise übertragbarer Nießbrauchsrechte und beschränkter persönlicher Dienstbarkeiten gilt (§§ 1059e, 1092 Abs. 2, Abs. 3 S. 4 BGB). 196 Erman (-H. P. Westermann), BGB I15, § 399 Rn. 9; BeckOGK BGB (-Lieder), Stand: 1.6.2019, § 399 Rn. 31.3); MünchKomm (-Roth/Kieninger), BGB III8 , § 399 Rn. 21; demgegenüber ohne nähere Einschränkung für die Abtretbarkeit BeckOGK BGB (-Lieder), Stand: 1.6.2019, § 399 Rn. 31.3; Staudinger (-Busche), BGB (2017), § 399 Rn. 9. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung ist der Anspruch auf Bestellung einer Grunddienstbarkeit abtretbar, weil der Besteller kein schutzwürdiges Interesse an der Beibehaltung einer bestimmten Gläubigerperson hat, einen Wechsel in der Person des Berechtigten wegen der strukturellen Verknüpfung der Dienstbarkeit mit dem Eigentum am herrschenden Grundstück vielmehr von vornherein in Rechnung stellen muss; auf die hier vertretene Einschränkung der Abtretbarkeit geht der BGH nicht ein, in casu kam es darauf aber auch nicht an (siehe BGH, Urteil v. 30.10.2009 – V ZR 42/09, NJW 2010, S. 1074, 1075 Rn. 14). 197 Entsprechendes gilt, wenn ein gepfändeter Auflassungsanspruch erfüllt wird (§ 848 Abs. 2 S. 2 ZPO).
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bewendet es bei der Rechtsfolge des § 1287 S. 1 BGB, soweit diese mit dem geltenden Recht vereinbar ist. Vor diesem Hintergrund ist eine Belastung eines Anspruchs auf Einräumung einer Grunddienstbarkeit mit einem Nießbrauchs- oder Pfandrecht ebenso ausgeschlossen wie eine Pfändung des Anspruchs. Ein Nießbrauch ist, da der Anspruch auf Einräumung einer Grunddienstbarkeit keine Nutzungen i. S. v. § 100 BGB generiert und auch eine unmittelbare Ersetzung in einen Nießbrauch an einem nutzbaren Gegenstand nicht in Betracht kommt, rechtslogisch ausgeschlossen, während ein „Pfandrecht“ – mit Ausnahme des theoretischen Verkaufs des Einräumungsanspruchs an den Eigentümer des als herrschend vorgesehenen Grundstücks – keine Befriedigung aus dem gepfändeten bzw. verpfändeten Anspruch ermöglichen würde. c) Zustimmung zu nicht auf Rechtserwerb gerichteten Verfügungen Die für nicht auf Rechtserwerb gerichtete Verfügungsgeschäfte bestimmten Zustimmungserfordernisse des dritten Buches des BGB werden in Rechtsprechung und Lehre gemeinhin als Ausprägungen des Bestandsschutzes dinglicher Rechte gedeutet.198 Aus den Zustimmungstatbeständen wird der allgemeine Rechtsgrundsatz destilliert, dass ein Recht nicht ohne Zustimmung seines Inhabers geändert werden dürfe, wobei sich die Änderung bereits aus der inhaltlichen Änderung seines Gegenstandes ergeben könne.199 Richtig ist dies jedoch nur unter der Prämisse, dass der fragliche Verfügungserfolg „automatisch“ zugunsten und zulasten des durch das Zustimmungserfordernis vermeintlich geschützten Rechtsinhabers wirkt, dessen Recht also schicksalhaft mit dem Verfügungsobjekt verknüpft ist.200 Wenngleich es bei unbefangener Gesetzeslektüre nahe liegt, den Zustimmungserfordernissen diese Schutzrichtung beizumessen, ist die Schlussfolgerung vom Zustimmungserfordernis auf eine fatale Abhängigkeit des konstituierten Rechts vom belasteten Verfügungsobjekt ein Zirkelschluss. Wie sich den Materialien entnehmen lässt,201 beruhen die Zustimmungserfordernisse auf der entgegengesetzten Prämisse, dass das belastende Recht durch eine nicht auf Erwerb zielende Ver198 Vgl. BGH, Urteil v. 9.6.1969 – III ZR 231/65, BeckRS 1969, 31172495; BGH, Beschluss v. 9.2.2012 − V ZB 95/11, NJW 2012, S. 1226 Rn. 6; Erman (-Artz), BGB II15, § 876 Rn. 1; MünchKomm (-Kohler), BGB VII7, § 876 Rn. 1; Staudinger (-C. Heinze), BGB (2018), § 876 Rn. 2. Typologisch werden die §§ 876, 877, 880 Abs. 2 S. 2, Abs. 3, 1071, 1109 Abs. 2 S. 2, letzter Hs., 1116 Abs. 2 S. 3, letzter Hs., 1132 Abs. 2 S. 2, 1168 Abs. 2 S. 2, 1178 Abs. 2 S. 2, 1180 Abs. 1 S. 2, Abs. 2 S. 2, 1183, 1245 Abs. 1 S. 2, 1255 Abs. 2, 1276 BGB, §§ 9 Abs. 3 S. 2, 26 ErbbauRG, § 39 Abs. 2 WEG zu den Zustimmungserfordernissen kraft mittelbarer Rechts- oder Interessenbeteiligung gerechnet; zu diesem Strukturtypus der Zustimmungen siehe Thiele, Die Zustimmungen in der Lehre vom Rechtsgeschäft, S. 143–145; BeckOGK BGB (-Regenfus), Stand: 1.7.2019, § 182 Rn. 7.1; MünchKomm (-Bayreuther), BGB I7, Vor § 182 Rn. 4; Staudinger (-Gursky), BGB (2014), Vorbem. zu §§ 182–185 Rn. 20, BGB (2012), § 876 Rn. 3. 199 BGH, Urteil v. 9.6.1969 – III ZR 231/65, BeckRS 1969, 31172495; BGH, Beschluss v. 9.2.2012 − V ZB 95/11, NJW 2012, S. 1226 Rn. 6. 200 So explizit Staudinger (-C. Heinze), BGB (2018), § 876 Rn. 2; Erman (-Artz), BGB II15, § 876 Rn. 1; Jauernig (-Berger), BGB17, § 876 Rn. 1. 201 Mot. III, S. 463; Prot. III, S. 69–72, 326.
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fügung über das belastete Rechts ebenso wenig wie durch dessen Übertragung oder Belastung angetastet wird.202 Der Inhaber des belasteten Rechts, so die Verfasser des ersten BGB-Entwurfs, könne nicht die „vollständige Aufhebung seines Rechtes herbeiführen, wenn dieses Recht zugunsten einer dritten Person belastet ist.“203 Aus Sicht der Entwurfsverfasser gab es nur die Alternative zwischen einer beschränkten Wirkung der Aufhebung mit Vorbehalt des belastenden Rechts und einer Beschränkung der Verfügungsbefugnis des Inhabers des belasteten Rechts durch ein Zustimmungserfordernis – tertium non datur.204 Aus Zweckmäßigkeitsgesichtspunkten wurde die erstgenannte Lösung verworfen: „Man würde zu einem in gewissem Sinne relativen Fortbestande des aufgehobenen Rechtes zukommen, welcher so weit reicht, wie der Inhalt des vorbehaltenen belastenden Rechtes verlangt. Die Verwickelung und die Ungewißheit, welche mit einer solchen Relativität verbunden sind, erscheinen im praktischen Interesse nicht wünschenswerth.“205 Nach Ansicht der ersten Kommission, der sich die zweite Kommission billigend anschloss, sollten daher alle Zustimmungstatbestände einheitlich dahin ausgelegt werden, dass der Verfügungserfolg nur mit Zustimmung des Inhabers des belastenden Rechts eintrete.206 Sub specie der Anschauungen des historischen Gesetzgebers ist der Bestandsschutz somit nicht Folge, sondern rechtslogische Voraussetzung des Zustimmungstatbestände. Diese zielen nicht darauf ab, mittelbare Rechtsbeeinträchtigungen zu vermeiden, sondern gespaltene Zuordnungsverhältnisse infolge der apriorisch vorausgesetzten relativen Unwirksamkeit der Verfügung im Verhältnis zum belastenden Recht zu exkludieren.207 Obschon die Zustimmungserfordernisse nicht dem Individualschutz des Zustimmungsberechtigten, sondern der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit dienen, verwirklichen und begrenzen sie zugleich den Kontinuitätsschutz der Belastungen.208 Letztlich sind alle für nicht auf 202
Mot. III, S. 463. Mot. III, S. 463. 204 Planck (-Strecker), BGB III/15, § 876 Anm. 1. 205 Mot. III, S. 463; Planck (-Strecker), BGB III/15, § 876 Anm. 1. 206 Mot. III, S. 463; Prot. III, S. 71. 207 Planck (-Strecker), BGB III/15, § 876 Anm. 1. 208 Wegen des durch die Zustimmungserfordernisse vermittelten Kontinuitätsschutz des Drittberechtigten ist die Bewilligung einer Vormerkung zur Sicherung eines Anspruchs auf Aufhebung, inhaltlichen Änderung oder Rangänderung des belasteten Grundstücksrechts fraglos nicht zustimmungsbedürftig (Staudinger (-Gursky), BGB (2013), § 883 Rn. 164), entfaltet doch die Vormerkung keine Sicherungswirkung im Verhältnis zum Inhaber eines im Zeitpunkt der Entstehung der Vormerkung bereits bestehenden Rechts an dem vormerkungsbefangenen Recht. Wird z. B. seitens des Grundschuldgläubigers eine Vormerkung zur Sicherung des Anspruchs des Eigentümers auf Aufhebung der verpfändeten Grundschuld bewilligt, kann die Vormerkung auch ohne Zustimmung des Pfandgläubigers im Grundbuch eingetragen werden, weil dessen Rechtsstellung durch die Vormerkung zur Sicherung des Aufhebungsanspruchs überhaupt nicht berührt wird. Ob der Pfandgläubiger dieser Verfügung zustimmt oder nicht, steht ihm frei. Ein Anspruch des vormerkungsgesicherten Eigentümers gegen den Pfandgläubiger aus § 888 Abs. 1 BGB auf Abgabe der verfahrensrechtlich erforderlichen Bewilligung (§ 19 GBO) zur Löschung der Grundschuld besteht nicht, da das Pfandrecht im Zeitpunkt der Eintragung der Vormerkung bereits bestand und demgemäß nicht auf einer vormerkungswidrigen Verfügung i. S. v. § 883 Abs. 2 S. 1 BGB beruht. Davon zu unterscheiden ist die Frage, ob ein Anspruch auf Zustimmung zu einer 203
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Rechtserwerb gerichtete Verfügungsgeschäfte bestimmten Zustimmungserfordernisse Ausdruck des Subordinationsverhältnisses zwischen dem belasteten und dem konstituierten Recht. Wie sich im Folgenden zeigt, gelten die Zustimmungserfordernisse nämlich nur dann, wenn die fragliche Verfügung eine potentiell rechtsbeeinträchtigende Wirkung hinsichtlich des konstituierten Rechts entfaltet. Soweit eine Verfügung lediglich rechtlich neutral oder sogar lediglich rechtlich vorteilhaft ist, wirkt sie auch ohne Zustimmung zugunsten des unbeteiligten Inhabers eines das Verfügungsobjekt belastenden Rechts. aa) Tatbestandsstrukturen Für die maximalinvasive Form mittelbarer Rechtsbeeinträchtigung, die Aufhebung eines selbstständig oder unselbstständig belasteten Rechts, folgen die Zustimmungserfordernisse je nach Belastungskonfiguration aus §§ 876 S. 1 und 2, 1071 Abs. 1, 1255 Abs. 2, 1273 Abs. 2 S. 1, 1276 Abs. 1 BGB. Während § 876 S. 1 BGB auf die Aufhebung eines (selbstständig) belasteten Liegenschaftsrechts anzuwenden sind, bezieht sich § 876 S. 2 BGB auf die Aufhebung (unselbstständig) belasteter Grundstücksrechte, die dem jeweiligen Grundstückseigentümer an einem anderen Grundstück zustehen.209 Strittig, aber im Ergebnis bedeutungslos ist, ob §§ 1071 Abs. 1 S. 1, 1276 Abs. 1 S. 1 BGB gesetzessystematisch als leges speciales im Verhältnis zu § 876 S. 1 BGB einzuordnen sind oder von einer parallelen Anwendbarkeit der Zustimmungserfordernisse aus §§ 876 S. 1, 1071 Abs. 1 S. 1, 1276 Abs. 1 S. 1 BGB bei Aufhebung von mit Nießbrauchs- und Pfandrechten belasteten nicht grundstücksgleichen Rechten auszugehen ist.210 Auf Rechtsfolgenseite ergeben sich zustimmungsbedürftigen Verfügung über ein Grundstücksrecht oder ein Recht an einem solchen Recht mittels Vormerkung gesichert werden kann; siehe dazu § 3 II. 3. c) bb) mit Fn. 272. 209 Zustimmungsbedürftig ist auch die teilweise Aufhebung des belasteten Rechts.; zur Abgrenzung von der inhaltlichen Änderung siehe Staudinger (-C. Heinze), BGB (2018), § 877 Rn. 38–41. 210 Für ein Spezialitätsverhältnis u. a. Erman (-Artz), BGB II15, § 876 Rn. 3; BeckOGK BGB (-Enders), Stand: 1.4.2019, § 876 Rn. 18; MünchKomm (-Kohler), BGB VII7, § 876 Rn. 4; Staudinger (-C. Heinze), BGB (2017), § 1071 Rn. 1; Staudinger (-C. Heinze), BGB (2018), § 876 Rn. 7, 10; für die Annahme freier Normenkonkurrenz MünchKomm (-Pohlmann), BGB VII7, § 1071 Rn. 1; Soergel (-Stürner), BGB XVI13, § 1071 Rn. 1; BeckOGK BGB (-Servatius), Stand: 1.9.2018, § 1071 Rn. 21. Soweit die §§ 1071, 1276 BGB als leges speciales betreffend die Aufhebung und die Inhaltsänderung nießbrauchs- und/oder pfandrechtsbelasteter Rechte eingeordnet werden, streitet dafür bereits der Umkehrschluss aus §§ 1071 Abs. 1 S. 3, 1276 Abs. 1 S. 3 BGB (Staudinger (-C. Heinze), BGB (2017), § 1071 Rn. 1). Für die Annahme eines Spezialitätsverhältnisses spricht zudem die gesetzessystematische Platzierung der Normen: Während § 876 S. 1 BGB im zweiten Abschnitt des dritten Buches normiert ist, handelt es sich bei §§ 1071, 1276 BGB um Sondervorschriften des Nießbrauchs und des Pfandrechts an Rechten. Außer Frage steht daher auch, dass die allgemeine Vorschrift des § 873 Abs. 1 Var. 4 BGB über die Belastung von Rechten an Grundstücken von den Vorschriften über die Verpfändung und Belastung nicht grundstücksgleicher Rechte mit Nießbrauchsrechten als Spezialvorschriften verdrängt wird. Das Zustimmungserfordernis ergibt sich mithin aus §§ 1071 Abs. 1 S. 1, 1276 Abs. 1 S. 1 BGB, soweit es um die Aufhebung von mit Nießbrauchs- oder Pfandrechten belasteten nicht grundstücksgleichen Rechten geht, wobei als Empfangsvertreter des Zustimmungsbegünstigten auch das Grundbuchamt eingeschaltet werden kann (§ 876 S. 3 Hs. 1 Var. 1 BGB).
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schon wegen §§ 1071 Abs. 1 S. 3, 1276 Abs. 1 S. 3 BGB keine Unterschiede, zumal, wie noch zu begründen sein wird, eine nicht konsentierte Aufhebung auch im Anwendungsbereich der §§ 1071 Abs. 1, 1276 Abs. 1 BGB entgegen einer weit verbreiteter Ansicht erga omnes wirkungslos ist.211 Sieht man die Vorschriften der §§ 1071 Abs. 1 S. 1, 1276 Abs. 1 S. 1 BGB als leges speciales an, verkürzt sich der sachliche Anwendungsbereich des § 876 S. 1 BGB nicht unerheblich. Ein eigenständiger Anwendungsbereich verbleibt der Norm dann immerhin noch für die Aufhebung belasteter grundstücksgleicher Rechte212 sowie aufgrund analoger Anwendung für die Aufhebung vormerkungsbefangener Grundstücksrechte.213 Direkt anwendbar ist § 876 S. 1 BGB freilich nur auf die Aufhebung eines belasteten Erbbaurechts an einem Grundstück.214 Eines Rückgriffs auf die Verweisungsanalogie des § 11 Abs. 1 S. 1 ErbbauRG bedarf es hier – anders als bei der Aufhebung eines belasteten (Unter-)Erbbaurechts an einem Erbbaurecht – nicht.215 In Bezug auf die Aufhebung subjektiv-dinglicher Rechte ist nach hier vertretener Ansicht in dem Tatbestandsmerkmal „berührt“ i. S. v. § 876 S. 2, letzter Hs. 211
§ 3 II. 3. c) cc) (2). BGB (-Enders), Stand: 1.7.2019, § 876 Rn. 19; Erman (-Artz), BGB II15, § 876 Rn. 2; MünchKomm (-Kohler), BGB VII7, § 876 Rn. 4; Staudinger (-C. Heinze), BGB (2018), § 876 Rn. 10. 213 Näher § 2 II. 4. b) bb) (2). 214 Als Teilaufhebung des Erbbaurechts gem. § 875 Abs. 1 BGB wird zwar auch die – mit einer Realteilung des Erbbaurechtsgrundstücks notwendig kombinierte – Teilung eines Erbbaurechts in mehrere selbstständige Einzelerbbaurechte analysiert, weil insoweit für jedes einzelne Erbbaurecht der reale Teil des Erbbaurechtsgrundstücks verkürzt werde (Schöner/Stöber, Grundbuchrecht15, Rn. 1851). Diese bedarf unstreitig jedenfalls der Zustimmung des Eigentümers gem. § 26 ErbbauRG. Strittig ist, aus welchen Belastungen des Erbbaurechts Zustimmungserfordernisse zur Erbbaurechtsteilung gem. § 876 S. 1 BGB folgen. Während nach teilweise vertretener Ansicht die Zustimmung der Inhaber aller erbbaurechtsbelastender Rechte, nicht jedoch die Zustimmung der Realberechtigten am Erbbaurechtsgrundstück erforderlich ist (MünchKomm (-Heinemann), BGB VII7, § 1 ErbbauRG Rn. 47; Staudinger (-Rapp), BGB (2017), § 11 ErbbauRG Rn. 16b m. w. N.), hält die Gegenansicht eine Zustimmung der Grundpfand- und Reallastgläubiger wegen der Entstehung von Gesamtrechten für entbehrlich (Palandt (-Wicke), BGB78 , § 11 ErbbauRG Rn. 4; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht15, Rn. 1851; Staudinger (-C. Heinze), BGB (2018), § 876 Rn. 8). Letzteres ist ungeachtet des Umstands, dass aus der Verwertung der einzelnen Erbbaurechte ein geringerer Gesamterlös als aus der Verwertung des ungeteilten Erbbaurechts resultieren kann, nur konsequent. Wird bei der gemischten real-ideellen Teilung von Grundstücken nach §§ 3, 8 WEG gleichfalls eine Zustimmung der Realberechtigten am Grundstück für entbehrlich erachtet wird, sofern sich deren Rechte an den einzelnen Sondereigentumsrechten als Gesamtbelastungen fortsetzen, kann bei der Realteilung von Erbbaurechten nicht anders entschieden werden; Entsprechendes muss für die Teilung des Erbbaurechts in Wohnungserbbaurechte gem. § 30 WEG gelten. Ein sachenrechtlich relevanter Nachteil ist bei unterstellter Fortsetzung der Erbbaurechtsbelastung als Gesamtrecht angesichts der starken Stellung des Gesamtgrundpfandgläubigers nicht gegeben; dass die Verwertungsaussichten verschlechtert werden könnten, ist bloße Spekulation. 215 Siehe auch Staudinger (-C. Heinze), BGB (2018), § 876 Rn. 10, der aber nicht auf die Aufhebung eines belasteten Erbbaurechts an einem Erbbaurecht eingeht. Auf die Aufhebung anderer „grundstücksgleicher“ Rechte – das Bergwerkseigentum (§ 9 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 BBergG) und die gem. Art. 68, 196 EGBGB zulässigen landesrechtlichen (Nutzungs-)Rechte – ist § 876 S. 1 BGB entsprechend anzuwenden; eine direkte Anwendung scheidet aus, da diese Rechte im Unterschied zum Erbbaurecht nicht Rechte an Grundstücken i. S. v. § 875 Abs. 1 S. 1 BGB sind. 212 BeckOGK
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BGB die rechtslogisch vorrangige Prüfung verschlüsselt, ob sich das Recht am Grundstück auf das dem jeweiligen Eigentümer zugeordnete Recht mitsamt dem führenden Grundstückseigentum erstreckt.216 Während sich Hypotheken, Grundund Rentenschulden und Reallasten, dingliche Vorkaufsrechte und Vormerkungen sowie Nießbrauchsrechte auf die mit dem Grundstück verbundenen Rechte an einem oder mehreren anderen Grundstücken und zugleich auf die mit diesen wiederum verbundenen subjektiv-dinglichen Rechte beziehen, erstrecken sich Dienstbarkeiten, Erbbaurechte und Dauerwohn- und Dauernutzungsrechte nach Maßgabe der konkret-individuellen Ausgestaltung auf mit dem belasteten Eigentum verbundene Rechte. Liegt eine kongruente Belastung des führenden und des geführten Rechts vor, ist die Aufhebung und jede andere nicht auf Rechtserwerb gerichtete, potentiell nachteilige Verfügung über das geführte Recht zustimmungsbedürftig.217 Mangels lückenlosen Bestandsschutzes setzt dies einerseits teilweise teleologische Extensionen voraus; andererseits ist im Kontext der inhaltlichen Änderung eine teleologische Reduktion geboten, um die Dispositionsfreiheit des Berechtigten nicht in unverhältnismäßiger Weise zu beschränken. (1) Teleologische Extensionen der Zustimmungstatbestände Der sachliche Geltungsbereich der §§ 876, 877 BGB wird von einer verbreiteten Ansicht in Rechtsprechung und Lehre – mit Nuancierungen im Detail – nicht unwesentlich extendiert. So bedarf die Aufhebung eines Rechts, dem ein Rangvorbehalt beigelegt ist, nach teilweise vertretener Ansicht analog § 876 S. 1 BGB der Zustimmung des Eigentümers.218 Systematisch stimmig ist es, auch die Vormerkung einem Recht an einem Grundstücksrecht i. S. v. § 876 S. 1 BGB gleichzustellen.219 216
§ 2 II. 4. b) bb). die abschließende Aufzählung der sachenrechtlichen Zustimmungstatbestände in Fn. 220 wird Bezug genommen. 218 So bereits Rosenberg, BGB III/1, § 876 Anm. I. 1; zustimmend NomosKomm (-U. Krause), BGB III4, § 876 Rn. 6; Staudinger (-C. Heinze), BGB (2018), § 876 Rn. 10. Im Ergebnis ist dies nachvollziehbar; methodisch erscheint aber ein Analogieschluss zu § 1183 BGB naheliegend. Schließlich geht es hier nicht um den Schutz eines „abgeleiteten“ Rechts – der Rangvorbehalt ist unselbstständiger Bestandteil des Eigentums –, sondern um die Aufrechterhaltung der reservierten Rangstelle des Eigentümers. Dass insoweit ein schutzwürdiges Sicherungsinteresse des Eigentümers besteht, ergibt sich aus § 1183 S. 1 BGB. Nach dieser Vorschrift ist zur rechtsgeschäftlichen Aufhebung einer Hypothek die Zustimmung des Eigentümers erforderlich; diesem soll nicht die „Anwartschaft“ auf den Erwerb einer rangwahrenden Eigentümergrundschuld entzogen werden, weshalb zwar die Aufhebung, nicht aber der Verzicht auf die Hypothek (§ 1168 Abs. 1 BGB) der Zustimmung des Eigentümers bedarf (vgl. MünchKomm (-Lieder), BGB VII7, § 1183 Rn. 1). Ein vergleichbares Schutzbedürfnis lässt sich ausmachen, wenn ein mit einem Rangvorbehalt belegtes Recht aufgehoben wird und damit die Befugnis verlustig geht, ein anderes Recht in die vorbehaltene Rangstelle einzuweisen. Zu beachten ist zwar, dass vorbehaltlos bestellte Zwischenrechte nicht durch Ausnutzung eines Rangvorbehalts berührt werden (§ 881 Abs. 4 BGB). Indes schränkt dies allenfalls die praktische Verwendbarkeit des Rangvorbehalts ein, ändert aber nichts daran, dass der Eigentümer ein schutzwürdiges Interesse an der Erhaltung der durch den Rangvorbehalt reservierten Rangstelle hat. 219 Näher § 2 II. 4. b) bb) (2). 217 Auf
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Wäre die Aufhebung des fraglichen Rechts ausschließlich im Verhältnis zum Vormerkungsgläubiger zwecks Sicherung der Erfüllbarkeit des Rechtsänderungsanspruchs unwirksam, bliebe die Sicherungswirkung unvollkommen, weil sich ein gutgläubig-lastenfreier Erwerb Dritter nicht effektiv ausschließen ließe. Dann aber entstünde ein eklatanter Wertungswiderspruch zur Sicherungswirkung des dinglichen Vorkaufsrechts: Wenngleich dieses mit vormerkungsgleicher Elisionskraft ausgestattet ist (§§ 1098 Abs. 2, 883 Abs. 2 BGB), bedarf die Aufhebung eines vorkaufsrechtsbelasteten grundstücksgleichen Rechts und die Aufhebung eines mit dem vorkaufsrechtsbelasteten Grundstücksrecht verbundenen Rechts der Zustimmung des Vorkaufsberechtigten. Richtig erscheint es, die Schutzstandards zu parallelisieren. Auf die Aufhebung eines Rechts, auf das sich die Sicherungswirkung der Vormerkung bezieht, ist § 876 BGB daher entsprechend anzuwenden.220 Ist hingegen eine durch Vormerkung gesicherte Forderung mit Rechten Dritten belastet, bedarf die Aufhebung der Vormerkung analog § 876 S. 1 BGB der Zustimmung des Pfandgläubigers resp. Nießbrauchers; nichts anderes gilt für andere nicht auf Rechtserwerb zielende Verfügungen über die Vormerkung (§§ 877, 876 S. 1, 880 Abs. 3 BGB analog).221 Wird hingegen ein nicht grundstücksgleiches Recht gepfän220 Soweit eine verbreitete Ansicht in der Literatur § 876 BGB entsprechend in der Konstellation anwendet, dass gegen die Rechtsinhaberschaft des aufzuhebenden Rechts ein Widerspruch im Grundbuch eingetragen ist (BeckOGK BGB (-Enders), Stand: 1.7.2019, § 876 Rn. 10; NomosKomm (-U. Krause), BGB III4, § 876 Rn. 4; Palandt (-Herrler), BGB78 , § 876 Rn. 1), erscheint dies fragwürdig (ablehnend deswegen auch Erman (-Artz), BGB II15, § 876 Rn. 4; Staudinger (-C. Heinze), BGB (2018), § 876 Rn. 7; Staudinger (-Picker), BGB (2019), § 899 Rn. 18). Ein Analogieschluss wäre nur dann zu erwägen, wenn ein (gegen die Rechtsinhaberschaft des aufzuhebenden Rechts) eingetragener Widerspruch eo ipso mit der Löschung des aufzuhebenden Rechts im Grundbuch seine Wirkungen verlöre. Weil der Widerspruch aber nicht ein mit dem aufzuhebenden Grundstücksrecht schicksalhaft verbundenes Sachenrecht ist, sondern gegen die Eintragung des betreffenden Rechts „protestiert“, ist fraglich, ob die bloße Löschung des widerspruchsbefangenen Rechts dem Sicherungsmittel jegliche Wirkung entzieht, wenn nicht auch der Widerspruch gelöscht wird (vgl. Staudinger (-Picker), BGB (2019), § 899 Rn. 18 m. w. N.). Unter der Prämisse des Fortbestands der Sicherungswirkung des Widerspruchs ist zum Schutz der durch den Widerspruch geschützten Person ein materiellrechtliches Zustimmungserfordernis zur Aufhebung des widerspruchsbefangenen Rechts, das nur den Zweck hätte, bei fehlender Zustimmung eine Grundbuchberichtigung resp. einen neuen Widerspruch erwirken zu können, nicht nur systemwidrig, sondern praktisch überflüssig. Soweit hingegen ein konkurrierender Rechtsinhaber einen Widerspruch gegen das aufzuhebende Recht oder dessen im Grundbuch verlautbarten Inhalt oder Rang erwirkt, ist nicht ersichtlich, inwiefern die durch den Widerspruch geschützte Person überhaupt durch die Aufhebung des fraglichen Grundstücksrechts in seiner Rechtsstellung beeinträchtigt werden kann; die Aufhebung ist für die Rechtsposition vor- oder nachrangiger Rechtsinhaber sachenrechtlich lediglich neutral oder gar vorteilhaft (insoweit richtig BeckOGK BGB (-Enders), Stand: 1.7.2019, § 876 Rn. 10). Sollte dagegen ein Nichtberechtigter die Eintragung eines Widerspruchs erwirken, versteht sich von selbst, dass die zu Unrecht erwirkte Eintragung nicht auch noch mit einem materiellrechtlichen Zustimmungserfordernis prämiert werden darf, zumal eintragungsbedürftige Verfügungen des Rechtsinhabers wegen der Eintragung des Widerspruchs verfahrensrechtlich nicht vollzogen werden dürfen. 221 NomosKomm (-U. Krause), BGB III4, § 876 Rn. 5; Staudinger (-C. Heinze), BGB (2018), § 876 Rn. 8. Folgerichtig bedarf die Auflassung des Grundstücks an den Gläubiger eines belasteten vorgemerkten Auflassungsanspruchs der Zustimmung des Nießbrauchers resp. des Pfandgläubigers, wenn nicht die Bestimmungen über die Einziehungsbefugnis abbedungen sind (vgl.
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det, steht das durch Pfändung bewirkte relative Verfügungsverbot gem. §§ 136, 135 Abs. 1 S. 1 BGB einer nicht konsentierten Aufhebung des gepfändeten Rechts entgegen; ein Rückgriff auf § 1276 Abs. 1 BGB bzw. § 876 S. 1 BGB kommt nicht in Betracht.222 Demgegenüber ist der Fall, dass das durch das Zustimmungserfordernis geschützte Recht des „Dritten“ wiederum mit Rechten „Vierter“ belastet ist, nicht expressis verbis geregelt. Wie gezeigt, ist aber weitgehend anerkannt, dass die Aufhebung eines stufenweise belasteten Rechts der Zustimmung der Inhaber aller Rechte dritten oder höheren Grades bedarf, sofern die Aufhebung gem. § 876 BGB oder nach §§ 1071 Abs. 1, 1276 Abs. 1 BGB der Zustimmung des Inhabers eines Rechts zweiten Grades bedarf.223 Dieser Analogieschluss ist in der Tat geboten, kommt doch die Zustimmung zu der fraglichen Aufhebung oder Änderung des gestuft belasteten Rechts einer zustimmungsbedürftigen Aufhebung oder Änderung des fraglichen Rechts im Ergebnis gleich. Wird z. B. eine mit einer Hypothek an einem Erbbaurecht gesicherte Forderung verpfändet und die pfandrechtsgesicherte Forderung mit einem Nießbrauch belastet, der sodann noch gepfändet wird, ist die Aufhebung des Erbbaurechts hiernach nur mit Zustimmung des Eigentümers (§ 26 ErbbauRG), des Hypothekengläubigers (§ 876 S. 1 BGB) und – in entsprechender Anwendung des § 876 S. 1 BGB – mit Zustimmung des Pfandgläubigers, des Nießbrauchers und des Pfändungspfandgläubigers wirksam. Wenn das Pfandrecht und der hierauf lastende Nießbrauch sowie das Pfändungspfandrecht jeweils Monopolbefugnisse zur Verwertung des Erbbaurechts mit dem Rang der Hypothek verleihen, verbietet es sich, lediglich Bestandsschutz bei der Aufhebung oder der Änderung der Hypothek, nicht aber bei der zustimmungsgestützten VerBayObLG, Beschluss v. 30.8.1967 – BReg. 2 Z 58/67, BayObLGZ 1967, S. 295). Ist dies dem Grundbuchamt nicht nachgewiesen, so kann die zwischen dem Schuldner und dem Gläubiger erklärte Auflassung nur vollzogen werden, wenn die Zustimmung des Nießbrauchers resp. Pfandgläubigers hierzu gemäß § 29 Abs. 1 S. 1 GBO nachgewiesen ist. 222 Vgl. BGH, Urteil v. 20.2.1974 – VIII ZR 20/73, BGHZ 62, S. 133, 135 ff.; Erman (-Artz), BGB II15, § 876 Rn. 5; MünchKomm (-Kohler), BGB VII7, § 876 Rn. 4; Staudinger (-C. Heinze), BGB (2018), § 876 Rn. 10; für Analogie zu § 876 BGB hingegen BeckOGK BGB (-Enders), Stand: 1.7.2019, § 876 Rn. 22. Weil das durch die Beschlagnahme eines Grundstücks oder grundstücksgleichen Rechts angeordnete Verfügungsverbot (§ 23 Abs. 1 S. 1 ZVG, §§ 136, 135 Abs. 1 BGB) sich grundsätzlich auf subjektiv-dingliche Rechte gem. §§ 1120, 96 BGB erstreckt, ist die Aufhebung eines subjektiv-dinglichen Rechts auch im Verhältnis zu einem nicht grundpfandrechtlich gesicherten Vollstreckungsgläubiger relativ unwirksam. Würde nun aber ein subjektiv-dingliches Recht ohne Mitwirkung des Vollstreckungsgläubigers im Grundbuch gelöscht werden, droht ein Rechtsverlust durch gutgläubig-lastenfreien Erwerb des dienenden Grundstücks bzw. durch gutgläubigen Erwerb des Rangvorrechts am dienenden Grundstück, weshalb, soweit die Frage überhaupt erörtert wird, dafür plädiert wird, die Aufhebung eines subjektiv-dinglichen Rechts an die Zustimmung des Vollstreckungsgläubigers zu knüpfen (DNotI-Report 2010, S. 201 ff.; Staudinger (-C. Heinze), BGB (2018), § 876 Rn. 4). Davon zu unterscheiden ist die verfahrensrechtliche Bewilligung seitens des Vollstreckungsgläubigers, die allenfalls dann analog § 21 GBO erforderlich sein dürfte, wenn das fragliche Recht auf dem Grundbuchblatt des beschlagnahmten Grundstücks vermerkt ist (DNotI-Report 2010, S. 201, 203). 223 Zur damit verbundenen potentiell unendlichen Kumulation der Zustimmungserfordernisse siehe § 2 II. 4. b) bb).
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nichtung der Hypothek zu gewähren, die gleichfalls Verfügung über die Hypothek ist.224 Auf den ersten Blick ist es zwar nicht abwegig, diese Kontinuitätsschutzlücke durch eine entsprechende Anwendung der §§ 1071, 1276 BGB in Bezug auf die Zustimmung des beschwerten Rechtsinhabers zu schließen. Demnach bedürfte die Zustimmung des Hypothekengläubigers zur Aufhebung des Erbbaurechts der Zustimmung des Pfandgläubigers, dessen Zustimmung zur Zustimmung wiederum vom Nießbraucher genehmigt werden müsste, der hierfür der Zustimmung des Pfändungspfandgläubigers bedürfte. Letzteres verwirklicht den gebotenen Schutz mehrstufiger Belastungen aber nur unzureichend: Falls die Zustimmung des Inhabers auch nur eines Rechts innerhalb der Belastungskaskade nicht erforderlich ist – z. B. weil der Pfandgläubiger den Hypothekengläubiger beerbt und für dessen Nachlassverbindlichkeiten unbeschränkt haftet (§ 185 Abs. 2 S. 1 Var. 3 BGB analog) –, entfiele der Anknüpfungspunkt für den Schutz der Rechte höheren Grades. Richtigerweise sind daher die für nicht auf Rechtserwerb gerichtete Verfügungen geschaffenen Zustimmungstatbestände wegen indirekter Rechtsbeeinträchtigung zugunsten aller Rechtsinhaber dritten oder höheren Grades analog anzuwenden.225 Demgemäß bedarf auch die Aufhebung eines vormerkungsbefangenen Rechts nicht nur der Zustimmung des Gläubigers des mit einem Nießbrauch resp. Pfandrecht belasteten, durch Vormerkung gesicherten Rechtsänderungsanspruchs, sondern auch der des Nießbrauchers resp. Pfandgläubigers in Analogie zu § 876 S. 1 BGB. Demgegenüber richtet sich die Aufhebung von Rechten an nicht grundstücksgleichen Liegenschaftsrechten, d. h. Nießbrauchs- und Pfandrechte an Hypotheken, Grundschulden, Reallasten, subjektiv-persönlichen Vorkaufsrechten, vormerkungsgesicherten Ansprüchen und Dauernutzungsrechten, nicht nach § 875 BGB.226 Tatbestandlich bezieht sich die Vorschrift ausschließlich auf die Aufhebung der Belastungen des Grundstückseigentums und grund224 Wäre die Aufhebung des Erbbaurechts in der vorgenannten Fallgestaltung ohne die Zustimmung des Pfandgläubigers, des Nießbrauchers und des Pfändungspfandgläubigers möglich, wären diese nicht gegen eine konsentierte Aufhebung des Erbbaurechts geschützt, obschon der Hypothekengläubiger fraglos seine Hypothek nicht ohne Zustimmung des Pfandgläubigers (und des Nießbrauchers und des Pfändungspfandgläubigers) aufheben könnte. 225 Nur klarstellend sei erwähnt, dass die Aufhebung bei mehrfacher selbstständiger oder unselbstständiger Belastung des aufzuhebenden Rechts der Zustimmung eines jeden Inhabers der auf gleicher Belastungsstufe rangierenden Rechte bedarf. Steht das belastende Recht mehreren Personen gemeinschaftlich zu – dies ist sowohl beim Nießbrauch als auch beim Pfandrecht an einem Recht möglich (vgl. Jauernig (-Stürner), BGB17, § 741 Rn. 5; Staudinger (-von Proff ), BGB (2015), § 741 Rn. 127–128) –, bedarf die Zustimmung zu der Verfügung über das belastete Recht wegen der Gesamtwirkung der Zustimmung der Mitwirkung aller Anteilsinhaber gem. § 747 S. 2 BGB. 226 Unpräzise NomosKomm (-U. Krause), BGB III, § 876 Rn. 7 a. E., wonach § 876 BGB auf die Aufhebung von belasteten „Zweigrechten“ unanwendbar sei: Auch Rechte an Grundstücken und grundstücksgleichen Rechten können aus einer mehrstufigen Belastung des Eigentums resultieren (z. B. eine Hypothek an einem (Unter-)Erbbaurecht oder eine Reallast, die sich auf eine mit dem belasteten Eigentum verbundene Reallast an einem zweiten Grundstück und mittelbar auf eine mit diesem zweiten Grundstück verbundene Grunddienstbarkeit an einem dritten Grund-
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stücksgleicher Rechte. Für eine Gesetzesanalogie ist kein Raum. Die Aufhebung von Nießbrauchs- und Pfandrechten an begrenzten Sachenrechten ist abschließend in §§ 1064, 1072, 1255, 1273 Abs. 2 S. 1 BGB normiert. Die Aufhebung erfolgt – was vereinzelt als systemwidrig kritisiert wird227 – durch bloße einseitige Willenserklärung, obschon die Eintragung im Grundbuch resp. die gleichgestellte Übergabe des Hypotheken- bzw. Grundschuldbriefs für die Verpfändung sowie für den rechtsgeschäftlichen Erwerb eines Nießbrauchs an einem nicht grundstücksgleichen Recht konstitutiv ist. Auf den Bestandsschutz wirkt sich dies freilich nicht in aus. Wird ein mit einem Nießbrauch oder einem Pfandrecht belastetes Pfandrecht an einem Liegenschaftsrecht aufgehoben, ergibt sich die Zustimmungsbedürftigkeit dieser Verfügung aus §§ 1273 Abs. 2 S. 1, 1255 Abs. 2 BGB; für den Erlass der belasteten pfandrechtsgesicherten Forderung ergeben sich die Zustimmungserfordernisse unmittelbar aus §§ 1071 Abs. 1, 1276 Abs. 1 BGB. Wird dagegen ein Nießbrauch oder eine pfandrechtsgesicherte Forderung gepfändet, bedarf die Aufhebung des gepfändeten Nießbrauchs bzw. der gepfändeten pfandrechtsgesicherten Forderung gem. §§ 136, 135 Abs. 1 S. 1 BGB der Zustimmung des Pfändungspfandgläubigers; §§ 136, 135 BGB verdrängen § 1276 BGB (i. V. m. § 804 Abs. 2 ZPO) als leges speciales.228 Wenngleich Eigentum (einschließlich Bruchteilseigentum sowie Wohnungsund Teileigentum) kein Recht i. S. d. §§ 877, 876 BGB ist, kommt der – im Einzelnen nicht unumstrittenen – entsprechenden Anwendung dieser Bestimmungen auf die inhaltliche Ausgestaltung von Wohnungs- und Teileigentum besondere praktische Bedeutung zu. Die Begründung von Sondereigentum durch Vertrag gem. § 3 WEG oder Teilung gem. § 8 WEG soll zwar nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht der Zustimmung der Grundpfandgläubiger an dem zu teilenden Grundstück bedürfen, weil sich diese Belastungen in Gesamtrechte an allen Sondereigentumsrechten (§§ 1132 Abs. 1 S. 1, 1192 Abs. 1 BGB) verwandeln und somit an dem „gesamten, in seiner Substanz unveränderten Haftungsobjekt [fortbestehen]“.229 Sind stück erstreckt), stellen sich bei sinnbildhafter raumgegenständlicher Betrachtungsweise mithin als „Zweigrechte“ dar. 227 Staudinger (-Picker), BGB (2019), § 893 Rn. 44. 228 Nachweise in Fn. 222. 229 BGH, Beschluss v. 9.2.2012, NJW 2012, S. 1226 Rn. 8–9; Bärmann (-Armbrüster), WEG13, § 2 Rn. 23; MünchKomm (-Kohler), BGB VII7, § 876 Rn. 2; MünchKomm (-Commichau), BGB VII7, § 3 WEG Rn. 7–8. Nach der Judikatur des BGH habe sich daran auch nach Einführung des sog. Rangklassenprivilegs des § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG – die vorrangige Befriedigung von Wohngeldansprüchen – nichts geändert, obwohl dies zu einer Verschlechterung der Rechtsstellung von Grundpfandgläubigern in der Zwangsversteigerung führe. Weil § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG zum Nachteil von bereits bestehenden Grundpfandrechten, deren Inhaber der Begründung von Wohnungseigentum nicht zugestimmt hätten, anzuwenden sei, lasse dies den Schluss zu, dass der Gesetzgeber das Recht des Eigentümers zur Aufteilung seines Grundstücks in Wohnungseigentum nicht habe einschränken wollen (BGH, Beschluss v. 9.2.2012, NJW 2012, S. 1226, 1227 Rn. 12; ebenso Bärmann (-Armbrüster), WEG13, § 2 Rn. 23). Allgemein anerkannt ist, dass eine Zerlegung eines mit einer Hypothek resp. Grundschuld belasteten Grundstücks in mehrere selbstständige Grundstücke durch Teilung gem. § 7 GBO dazu führt, dass sich die Hypothek/Grundschuld an den neuen Grundstücken als Gesamtrecht i. S. v. § 1132 Abs. 1 S. 1 BGB (i. V. m. § 1192
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hingegen im Zeitpunkt der Begründung des Wohnungseigentums einzelne Miteigentumsanteile jeweils gesondert belastet, liegt es anders. Durch die Umwandlung des gesondert belasteten Bruchteilseigentums am ganzen Grundstück in einen mit Sondereigentum verbundenen, durch die anderen Sondereigentumsrechte beschränkten Anteil am Restgrundstück verändere sich, so die h. A., der „materielle Haftungsgegenstand“; dies bedürfe analog §§ 877, 876 BGB der Zustimmung der Grundpfandgläubiger.230 Wird der Bezugspunkt oder der Zuweisungsgehalt des belasteten Sondereigentums durch eine Verfügung verändert, kann dies gleichfalls Zustimmungserfordernisse in entsprechender Anwendung der §§ 877, 876 BGB auslösen.231 Dies gilt nicht zuletzt für die Begründung, Übertragung oder Aufhebung von Sondernutzungsrechten (vgl. § 5 Abs. 4 S. 2 WEG), für die quantitative Veränderung der mit Sondereigentum verknüpften Miteigentumsanteile am gemeinschaftlichen Grundstücke und für die Umwandlung von Sonder- in Gemeinschaftseigentum und umgekehrt.232 Abs. 1 BGB) fortsetzt. Nichts anderes gilt bei der „ideellen“ Aufteilung eines Grundstücks in Miteigentumsanteile gem. §§ 1132 Abs. 1 S. 1, 1114 BGB (i. V. m. § 1192 Abs. 1 BGB); vgl. BGH, Beschluss v. 9.2.2012, NJW 2012, S. 1226 Rn. 7. Folglich bedarf die Begründung von Wohnungseigentum durch Vertrag oder Teilung nicht der Zustimmung anderer Rechtsinhaber am Grundstück; dies gilt auch für die Inhaber von dinglichen Wohnungsrechten und Dauerwohnrechten, weil sich deren Nutzungsrechte kraft Surrogation an den Sondereigentumsrechten fortsetzen, die den jeweils zu nutzenden Räumlichkeiten zugeordnet sind (Bärmann (-Armbrüster), WEG13, § 2 Rn. 27). 230 BGH, Beschluss v. 9.2.2012, NJW 2012, S. 1226–1227 Rn. 10; ebenso Bärmann (-Armbrüster), WEG13, § 2 Rn. 26; MünchKomm (-Commichau), BGB VII7, § 3 WEG Rn. 9: Die zustimmungspflichtige Änderung des Belastungsgegenstandes liege darin, dass das Recht des dinglichen Gläubigers eines Miteigentümers, die Aufhebung der Gemeinschaft ungeachtet einer entgegenstehenden Vereinbarung der Miteigentümer gem. § 751 S. 2 BGB zu verlangen, aufgrund der Unauflöslichkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft gem. § 11 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 WEG ausgeschlossen werde. Die Vorschrift des § 751 S. 2 BGB gilt unmittelbar zwar nur für Pfändungsgläubiger des Anteilsinhabers, wird jedoch auf Grundpfandgläubiger entsprechend angewandt (MünchKomm (-K. Schmidt), BGB VI7, § 751 Rn. 4). Dienstbarkeiten sollen durch die vertragliche Einräumung von Sondereigentum nicht berührt werden, da sie am Grundstückseigentum fortbestünden (MünchKomm (-Commichau), BGB VII7, § 3 WEG Rn. 10–11). 231 BGH, Beschluss v. 9.2.2012, NJW 2012, S. 1226, 1227 Rn. 11. 232 Zur Zustimmungsbedürftigkeit der Begründung, Aufhebung und Übertragung von Sondernutzungsrechten sowie zur Beschränkung des Anwendungsbereichs der entsprechend anzuwendenden Vorschriften der §§ 877, 876 BGB durch § 5 Abs. 4 S. 2, 3 WEG siehe bereits § 2 II. 2. b). In der Praxis ist hiermit nicht selten ein beträchtlicher Kosten- und Zeitaufwand verbunden; zu möglichen Vermeidungsstrategien und Gestaltungsvorschlägen näher Stöhr, RNotZ 2016, S. 137, 155–159. Wenn die übrigen Wohnungseigentümer bereits in der Teilungserklärung des Alleineigentümers vom Mitgebrauch des gemeinschaftlichen Grundstücks ausgeschlossen worden sind und der Eigentümer sich oder einem Dritten das Recht vorbehält, Sondernutzungsrechte nachträglich bestimmten Wohnungseigentümern zuzuweisen, bedarf die nachträgliche Zuweisung der Sondernutzungsrechte nicht der Zustimmung der übrigen Wohnungseigentümer und der Drittberechtigten gem. §§ 877, 876 BGB (OLG München, Beschluss v. 28.9.2015 − 34 Wx 84/14, ZWE 2016, S. 19, 20 m. w. N.; OLG München, Beschluss v. 22.12.2017 – 34 Wx 139/17, ZWE 2018, S. 164, 166 Rn. 23–26; Stöhr, RNotZ 2016, S. 137, 141–142). Argumentiert wird, dass die inhaltliche Änderung der übrigen Sondereigentumsrechte hier bereits aufschiebend bedingt durch die Teilungserklärung erfolgt sei; der Eintritt dieser Bedingung durch Zuweisung der Sondernutzungsrechte verändere das Sondereigentum des vom Mitgebrauch aufschiebend bedingt
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Auch die Aufhebung eines belasteten Sondereigentums gem. § 4 Abs. 1 WEG unterliegt, was inzident durch § 9 Abs. 2 WEG bestätigt wird, einem Zustimmungserfordernis gem. §§ 877, 876 S. 1 BGB analog, weil sich insoweit der Inhalt des belasteten Miteigentumsanteils ändert.233 Werden alle Sondereigentumsrechte aufgehoben, ist mit Blick auf § 9 Abs. 2 WEG zwischen selbstständigen Belastungen des Sondereigentums und Gesamtrechten an allen Sondereigentumsrechten zu unterscheiden.234 Sind alle Sondereigentumsrechte einheitlich mit einem Gesamtrecht belastet, setzt sich dieses ex lege und ipso iure an allen Miteigentumsanteilen resp. am Alleineigentum am ganzen Grundstück – in dem die ehemals verselbstständigten „Grundstücksenklaven“ gem. §§ 93, 94 Abs. 1 BGB aufgehen – fort. Wird das Gesamtrecht wegen der durch die Aufhebungsverfügung bewirkten unmittelbaren Ersetzung der Sondereigentumsgegenstände durch ein ganzes Grundstück nicht berührt, liefe ein Zustimmungserfordernis auf eine überflüssige Kumulierung dinglicher Schutzinstrumentarien hinaus. Anders gewendet: Soweit das Surrogationsprinzip zum Tragen kommt, entfällt die Zustimmungsbedürftigkeit zu einer die Surrogation auslösenden Verfügung. Sind hingegen Sondereigentumsrechte selbstständig belastet, setzen sich diese bestenfalls an dem isolierten Miteigentumsanteil fort; das Vorliegen eines Rechtsverlusts liegt auf der Hand.235 (2) Teleologische Reduktion des Zustimmungserfordernisses Soweit die h. A. die gem. §§ 877, 876 BGB erforderliche Zustimmung zur inhaltlichen Änderung für entbehrlich erachtet, wenn das Recht des Dritten nicht „berührt“ ist,236 ist dies konsequent. Aus dem Gesetz lässt sich systematisch stimmig ausgeschlossenen Wohnungseigentümers nicht zusätzlich; eine Zustimmung zu der Zuweisungserklärung sei deshalb entbehrlich, so dass auch eine Bewilligung nach § 19 GBO nicht erforderlich sei. Anderes gilt, wenn bei der nachträglichen Zuweisung des Sondernutzungsrechte eine Eintragung desselben im Wohnungsgrundbuch unterbleibt. In diesem Fall bedarf die nachträgliche Eintragung des Sondernutzungsrechts stets der Mitwirkung aller Wohnungseigentümer gem. § 19 GBO, weil nicht auszuschließen ist, dass das schuldrechtlich entstandene Sondernutzungsrecht formlos abgetreten worden ist und deshalb das Grundbuch keine Auskunft über die Rechtsinhaberschaft hinsichtlich des Sondernutzungsrechts gibt (OLG München, Beschluss v. 22.12.2017 – 34 Wx 139/17, ZWE 2018, S. 164, 166–167 Rn. 27–31). 233 BGH, Beschluss v. 14.6.1984 – V ZB 32/82, NJW 1984, S. 2409, 2410 m. w. N. 234 Vgl. MünchKomm (-Commichau), BGB VII7, § 9 WEG Rn. 11–17; Palandt (-Wicke), BGB78 , § 9 WEG Rn. 5. 235 Während sich Dienstbarkeiten und Dauerwohnrechte ohnehin nicht an einem einzelnen Miteigentumsanteil fortsetzen und deshalb notwendig durch die Aufhebung des belasteten Sondereigentums erlöschen, liegt eine rechtlich nachteilige Änderung des Belastungsgegenstandes für Hypotheken, Grundschulden, Reallasten und Vorkaufsrechte am Sondereigentum vor: An die Stelle eines „Ersatzgrundstücks“, des Sondereigentums, tritt ein bloßer Miteigentumsanteil. Soll demgegenüber ein bislang am Sondereigentum bestehendes Wohnungsrecht gem. § 1093 BGB oder eine andere Dienstbarkeit auf das durch Aufhebung aller Sondereigentumsrechte entstehende „ganze“ Grundstück bezogen werden, bedarf es der Zustimmung aller nachteilig betroffenen Rechtsinhaber am Grundstück, u. a. der Hypotheken- und Grundschuldgläubiger (vgl. MünchKomm (-Commichau), BGB VII7, § 3 WEG Rn. 16, der insoweit für die Praxis eine Beschränkung des Ausübungsbereichs des Wohnungsrechts auf die bisherige Wohnung vorschlägt). 236 St. Rspr. des BGH; vgl. BGH, Beschluss v. 14.6.1984 – V ZB 32/82, NJW 1984, S. 2409;
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herleiten, dass nur solche Verfügungen, die überhaupt die Rechtssphäre des Inhabers eines belastenden Rechts zu beeinträchtigen vermögen, Zustimmungserfordernisse begründen. So zeitigt die Aufhebung eines subjektiv-dinglichen Rechts eine der inhaltlichen Änderung des belasteten Eigentums am berechtigten Grundstück vergleichbare Wirkung, die aber dann nicht zustimmungsbedürftig ist, wenn eine sachenrechtliche Verschlechterung der Rechte am berechtigen Grundstück nach jeder Betrachtungsweise definitiv ausgeschlossen ist. Absehen davon setzen die Spezialvorschriften der §§ 1071 Abs. 2, 1276 Abs. 2 BGB sogar den positiven Nachweis der Beeinträchtigung des Nießbrauchs bzw. des Pfandrechts an dem zu modifizierenden Recht voraus. Bei der inhaltlichen Änderung subjektiv-dinglicher Rechte ergibt sich ohnehin ausdrücklich aus §§ 877, 876 S. 2 BGB, dass es einer Zustimmung nicht bedarf, wenn es an der tatbestandlich vorausgesetzten „Berührung“ des an dem berechtigten Grundstück bestehenden Rechts fehlt; für die Aufhebung selbstständig belasteter grundstücksgleicher Rechte kann aus Gründen der Wertungskohärenz gem. §§ 877, 876 S. 1 BGB nichts anderes gelten.237 BGH, Beschluss v. 9.6.2016 – V ZB 61/15, NJW 2017, S. 728, 730 Rn. 24–25; Palandt (-Herrler), BGB78 , § 877 Rn. 6; Staudinger (-C. Heinze), BGB (2018), § 877 Rn. 58 m. w. N. auch zur im älteren Schrifttum vertretenen Gegenansicht. 237 Die Einzelheiten sind freilich unsicher und umstritten. Exemplarisch zeigt sich dies bei Vereinbarungen zwischen dem Eigentümer und dem Erbbauberechtigten über Art und Höhe der gesetzlichen Entschädigungsforderung sowie ihre Ausschließung gem. § 27 Abs. 1 S. 2 ErbbauRG (siehe hierzu (DNotI-Report 2012, S. 197–200). Da die Entschädigungsforderung als reallastähnliches dingliches Sicherungsmittel im Wege der Surrogation bei Zeitablauf die Rangstelle des Erbbaurechts gem. § 28 ErbbauRG übernimmt und sich an diesem Sicherungsmittel Hypotheken, Grund- und Rentenschulden und Reallasten kraft Gesetzes als pfandrechtsähnliche Belastungen fortsetzen (§ 29 ErbbauRG), wirken sich die Vereinbarungen unmittelbar auf die Rechtsstellung der Grundpfandrechts- und Reallastgläubiger aus und sind demgemäß nach all. Ansicht gem. §§ 877, 876 S. 1 BGB zustimmungsbedürftig (BeckOK BGB (-Maaß), Stand: 1.5.2018, § 27 ErbbauRG Rn. 5.1; Erman (-Grziwotz), BGB II15, § 27 ErbbauRG Rn. 5; MünchKomm (-Heinemann), BGB VII7, § 27 ErbbauRG Rn. 3; Staudinger (-Rapp), BGB (2017), § 27 ErbbauRG Rn. 8). Anders dürfte jedoch für Dienstbarkeiten sowie für Nießbrauchs- und Dauerwohnrechte zu entscheiden sein (siehe auch DNotI-Report 2012, S. 197, 199). Diese Rechte erlöschen ersatzlos mit Zeitablauf und verleihen während ihres Bestands keine dingliche Berechtigung an der künftigen Entschädigungsforderung. Der gesetzliche Verfügungsschutz schösse hier über den Zuweisungsgehalt des dinglichen Rechts hinaus; in teleologischer Reduktion der §§ 877, 876 S. 1 BGB unterliegen Vereinbarungen i. S. v. § 27 Abs. 1 S. 2 ErbbauRG nicht der Zustimmung der vorgenannten Realberechtigten (MünchKomm (-Heinemann), BGB VII7, § 27 ErbbauRG Rn. 3). Demgegenüber unterliegen Vereinbarungen i. S. v. § 27 Abs. 1 S. 2 ErbbauRG m. E. der Zustimmung eines Gläubigers eines vormerkungsgesicherten Anspruchs auf Übertragung des Erbbaurechts analog §§ 877, 876 S. 1 BGB sowie eines Vorkaufsberechtigten gem. § 876 S. 1 BGB (im Ergebnis auch BeckOK BGB (-Maaß), Stand: 1.5.2018, § 27 ErbbauRG Rn. 5.1; DNotI-Report 2012, S. 197, 200, wobei eine Ausnahme für den Fall erwogen wird, dass das dingliche Vorkaufsrecht dem jeweiligen Eigentümer des Erbbaurechtsgrundstücks gem. § 1094 Abs. 2 BGB zusteht; a. A. MünchKomm (-Heinemann), BGB VII7, § 27 ErbbauRG Rn. 3). Wenngleich sich Vormerkungen und Vorkaufsrechte nicht an der Entschädigungsforderung fortsetzen, zielen diese Rechte bestimmungsgemäß auf Erwerb des Erbbaurechts (und der daraus resultierenden Entschädigungsforderung) ab und werden daher durch jede inhaltliche Änderung des Erwerbsgegenstandes berührt. Wenig überzeugend ist der Einwand, dass die Gefahr einer nachträglichen Ausschließung des Entschädigungsanspruchs schon bei der Preisgestaltung für die Bewilligung der Vormerkung bzw. für die
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Bestätigt wird dies durch den Umkehrschluss aus § 880 Abs. 3 BGB. Bedarf die Vorrangeinräumung der Zustimmung der Inhaber der das zurücktretende Recht belastenden Rechte,238 folgt hieraus e contrario, dass die Rangänderung ohne Mitwirkung der Inhaber der das vortretende Recht belastenden Rechte wirksam zuEinräumung des Vorkaufsrechts berücksichtigt werden könne (so aber Staudinger (-Rapp), BGB (2017), § 27 ErbbauRG Rn. 8). Allein dies schließt das Schutzbedürfnis des Vormerkungs- bzw. Vorkaufsberechtigten nicht aus. Anderenfalls müsste man konsequenterweise auf die Zustimmung der Grundpfand- und Reallastgläubiger verzichten, die ja gleichfalls die Gefahr einer Ausschließung der Entschädigungsforderung als Haftungssubstrat im Rahmen der vertraglichen Vereinbarungen Rechnung tragen könnten; letzteres würde freilich die gerade mit der kumulativen Surrogation gem. §§ 28, 29 ErbbauRG bezweckte Stärkung der Beleihungsfähigkeit des Erbbaurechts nicht unwesentlich schwächen. Letzten Endes müsste man mit dieser Argumentation sämtliche sachenrechtlichen Zustimmungserfordernisse wegen indirekter Rechtsbeeinträchtigung auf den Prüfstand stellen: Der Erwerber eines begrenzten Rechts kann natürlich stets eine indirekte Beeinträchtigung durch Aufhebung oder Modifikation des belasteten Rechts in die Preisgestaltung einpreisen. Will man aber die wirtschaftliche Bedeutung sachenrechtlicher Berechtigungen nicht ohne Not empfindlich schwächen, ist eine teleologische Reduktion des Zustimmungserfordernisses bei inhaltlichen Änderungen nur dann entbehrlich, wenn jede sachenrechtliche Beeinträchtigung schlechthin ausgeschlossen ist. Dies ist aber dann nicht der Fall, wenn das fragliche Recht auf den Erwerb des belasteten Rechts zielt und dieses in nachteiliger Hinsicht, hier durch Ausschluss der Entschädigungsforderung des Erbbauberechtigten, verändert wird. Zweifelhaft ist ferner, ob die Zustimmung eines Untererbbauberechtigten zu einer Vereinbarung über die Entschädigungsforderung des Obererbbauberechtigten i. S. d. § 27 ErbbauRG erforderlich ist; dies hängt davon ab, ob man die Entschädigungsforderung des Untererbbauberechtigten einer reallastähnlichen Belastung des Obererbbaurechts nach § 29 ErbbauRG gleichstellt. Endlich ist es widersprüchlich, dass zwar nach allg. Ansicht die Ausschließung der Entschädigungsforderung, nach überwiegender Ansicht nicht aber die Ablehnung des Verlängerungsangebots gem. § 27 Abs. 3 S. 1 Hs. 2 ErbbauRG der Zustimmung der Grundpfandgläubiger am Erbbaurecht bedarf (vgl. BeckOK BGB (-Maaß), Stand: 1.5.2018, § 27 ErbbauRG Rn. 8; NomosKomm (-Heller), BGB III4, § 27 ErbbauRG Rn. 12). In der Rechtsfolge steht die Ablehnung gem. § 27 Abs. 3 S. 1 Hs. 2 ErbbauRG einem antizipierten Verzicht auf die Entschädigungsforderung gleich, der fraglos der Zustimmung der Grundpfandgläubiger gem. § 876 S. 1 BGB bedarf; m. E. ist deshalb § 876 S. 1 BGB auf die Ablehnung des Verlängerungsangebots entsprechend anzuwenden (so auch von Oefele/Winkler/Schlögel, Erbbaurecht6 , § 5 Rn. 230; Staudinger (-Rapp), BGB (2017), § 27 ErbbauRG Rn. 19). 238 Die Streitfragen über die Rechtsfolgen einer ohne die erforderliche Mitwirkung vorgenommenen Aufhebung oder inhaltlichen Änderung eines belasteten Grundstücksrechts stellen sich in gleicher Weise beim Rangrücktritt eines selbstständig oder unselbstständig belasteten Grundstücksrechts. Während mehrheitlich unter Verweis auf die vom BGB-Gesetzgeber beabsichtigte Vermeidung gespaltener Rangverhältnisse vertreten wird, dass die Rangänderung mit absoluter Wirkung (schwebend) unwirksam sei (KG, Beschluss v. 7.12.1908, KGJ 37 A 213, 216–218; Erman (-Artz), BGB II15, § 880 Rn. 8 i. V. m. § 876 Rn. 15; MünchKomm (-Kohler), BGB VII7, § 880 Rn. 14; RGRK (-Augustin), BGB III/112, § 880 Rn. 38; Staudinger (-S. Heinze), BGB (2018), § 880 Rn. 29; Ulbrich, MittRhNotK 1995, S. 289, 294), besteht das unveränderte Rangverhältnis nach der Gegenansicht nur zugunsten des die erforderliche Zustimmung versagenden Drittberechtigten fort (Wolff/R aiser, Sachenrecht10, § 42 I 3 (S. 135)); es entstehen mithin gespaltene Rangverhältnisse. Ungeachtet dessen stellt sich hier auch die Frage, ob die nach h. A. zunächst schwebend unwirksame Rangänderung nach Ablauf einer angemessenen Erklärungsfrist eo ipso absolut wirksam wird (vgl. Erman (-Artz), BGB II15, § 876 Rn. 15). Zudem fragt sich, ob allein der Zustimmungsberechtigte oder auch der Inhaber des zurücktretenden Rechts die mit der ohne die erforderliche Zustimmung vollzogenen Rangänderung verbundene Unrichtigkeit des Grundbuchs geltend machen kann (Erman (-Artz), BGB II15, § 876 Rn. 15).
§ 3 Die Belastung der Belastung
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stande kommt.239 Ein die Verfügungsbefugnis des Rechtsinhabers über den Rang einschränkendes Zustimmungserfordernis ist sachlich allein für den Rangrücktritt zu rechtfertigen. Da der Rang die Sperrwirkung und Bestandskraft des belasteten Rechts bestimmt, ist die Rangänderung für Rechte an dem vortretenden Recht lediglich rechtlich vorteilhaft: Die Gefahr eines Ausfalls in der Zwangsversteigerung wird minimiert und dadurch die Bestandskraft des Belastungsgegenstandes erhöht. Umgekehrt ist der Rangrücktritt für sämtliche Rechte Dritter an dem zurücktretenden Recht, einschließlich solcher, die sich vermöge der Belastung des begünstigten Eigentums oder grundstücksgleichen Rechts auf ein zurücktretendes subjektiv-dingliches Recht erstrecken, sachenrechtlich nachteilig.240 Dies gilt auch bei einem Rücktritt einer vermittels Pfändung des gesicherten Anspruchs unselbstständig belasteten Auflassungsvormerkung hinter ein vormerkungswidrig bestelltes Recht.241 Zwar ließe sich mit einer teilweise vertretenen Ansicht argumentieren, dass der Gläubiger bereits durch das mit der Pfändung bewirkte Verfügungsverbot (§§ 136, 135 Abs. 1 BGB) gegen eine Verfügung über den Rang der Vormerkung – bei unterstellter materieller Rangfähigkeit – seitens des Schuldners (= Vormerkungsgläubigers) geschützt ist, zumal auch die Rangsicherungswirkung der Vormerkung (§ 883 Abs. 3 BGB) „gespaltene“ Rangverhältnisse erzeugt.242 Attestiert man jedoch mit der h. A. der Vormerkung materielle Rangfähigkeit,243 ist diese auch in Bezug auf eine Vorrangeinräumung einem Grundstücksrecht kraft Gesetzesanalogie gleichzustellen; der nicht konsentierte Rangrücktritt eines belasteten Grundstücksrechts ist aber nach ganz h. A. absolut 239 jurisPK-BGB (-Vieweg), III8 , § 880 Rn. 18; MünchKomm (-Kohler), BGB VII7, § 880 Rn. 13. 240 Aufgrund der Verweisungsanalogie entfällt das Zustimmungserfordernis bei der Vorrangeinräumung seitens des Eigentümers des berechtigten Grundstücks als Inhaber eines subjektivdinglichen Recht dann, wenn das betreffende Recht am berechtigten Grundstück hierdurch nicht „berührt“ wird (§ 876 S. 2, letzter Hs. BGB i. V. m. § 880 Abs. 3 BGB); vgl. MünchKomm (-Kohler), BGB VII7, § 880 Rn. 13; NomosKomm (-U. Krause), BGB III, § 880 Rn. 22; Ulbrich, MittRhNotK 1995, S. 289, 294. Auch im Rahmen der entsprechenden Anwendung der Norm geht es bei der Auslegung dieses Tatbestandsmerkmals richtigerweise um die vorgelagerte Frage, ob sich das Grundstücksrecht überhaupt auf das Verfügungsobjekt bezieht, mithin das Eigentum (resp. das grundstücksgleiche Recht) mitsamt dem subjektiv-dinglichen Recht („kongruent“) oder ohne dieses („inkongruent“) belastet ist. Fällt diese Prüfung positiv aus, ist hiermit die Frage des Rangverschlechterungsschutzes entschieden. Weil sich ein Rangrücktritt des subjektiv-dinglichen Rechts für ein am Grundstück bestehendes Recht zwangsläufig nachteilig auswirken kann, wenn dieses sich auf jenes erstreckt, bedarf es immer der Zustimmung des Drittberechtigten, während umgekehrt eine Zustimmung stets entbehrlich ist, wenn das Recht am Grundstück keine Machtstellung über das zurücktretende subjektiv-dingliche Recht verleiht. 241 So auch MünchKomm (-Kohler), BGB VII7, § 880 Rn. 13 unter Berufung auf §§ 880 Abs. 3, 876 S. 1 BGB; Staudinger (-Gursky), BGB (2013), § 883 Rn. 289 unter Berufung auf § 1276 BGB analog. 242 Ulbrich, MittRhNotK 1995, S. 289, 294–295 (Eine Zustimmung sei deshalb jedenfalls dann nicht erforderlich, wenn die Pfändung im Grundbuch vermerkt sei); BeckOGK BGB (-Kesseler), Stand: 1.1.2019, § 880 Rn. 35; NomosKomm (-U. Krause), BGB III4, § 880 Rn. 23. 243 BGH, Urteil v. 24.10.1985 – IX ZR 91/84, NJW 1986, S. 576, 578; statt vieler MünchKomm (-Kohler), BGB VII7, § 883 Rn. 65 m. w. N. auch zur Gegenansicht.
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unwirksam.244 Spricht man hingegen zumindest der Auflassungsvormerkung mit einer verbreiteten Ansicht materielle Rangfähigkeit ab,245 ändert dies im Ergebnis nichts, liegt doch nach dieser Auffassung in dem „Rangrücktritt“ eine „Verfügung über die Elisionskraft“ der Auflassungsvormerkung, die nicht anders als eine Vorrangeinräumung den Wirkungskreis der Vormerkung schmälert.246 Das Zustimmungserfordernis folgt nach dieser Auffassung aus § 1276 Abs. 2 BGB (i. V. m. § 804 Abs. 2 ZPO).247 Soweit nach h. A. eine restriktive Auslegung des § 876 S. 1 BGB dann geboten ist, wenn dem Inhaber des auf dem aufzuhebenden Recht lastenden Rechts ein inhaltsgleiches Recht an dem von dem aufzuhebenden Recht betroffenen Grundstück mit entsprechender Rangstelle zusteht, mithin keine Zwischenrechte Dritter am Grundstück aufrücken, die nicht auch in gleicher Weise und gleichem Rang an dem aufzuhebenden Recht bestehen,248 kann dies allenfalls für die Aufhebung eines belasteten grundstücksgleichen Rechts, namentlich des Erbbaurechts, gelten. Die h. A. stellt insoweit also nicht auf das von der Aufhebung sachlogisch betroffene erbbaurechtsbelastende Recht – dieses ist aufgrund schicksalhafter Abhängigkeit mit dem Belastungsgegenstand selbstverständlich „berührt“ –, sondern auf das Rechtssubjekt ab. Maßgeblich ist eine bilanzierende Betrachtungsweise: Wird der Verlust des auf dem Erbbaurecht lastenden Rechts vollständig durch das aufrückende Recht desselben Rechtsinhabers am Grundstück kompensiert, droht diesem, so die Sachargumentation, kein sachenrechtlich relevanter Nachteil. Dem kann freilich nur dann zugestimmt werden, wenn das aufrückende Grundstücksrecht, z. B. eine Dienstbarkeit, sowohl in inhaltlicher als auch in räumlicher und 244
Nachweise in Fn. 238. Vgl. BeckOGK BGB (-Assmann), Stand: 1.5.2019, § 883 Rn. 202 m. w. N.; Stadler AcP 189 (1989), S. 425, 434 ff. 246 Staudinger (-Gursky), BGB (2013), § 883 Rn. 289. 247 Soweit demgegenüber von Teilen der Gegenansicht eine Zustimmung des Pfändungspfandgläubigers zum Rangrücktritt der Vormerkung verlangt wird, wenn es an einem Pfändungsvermerk im Grundbuch fehle und das Grundbuchamt von der Pfändung Kenntnis habe (so Ulbrich, MittRhNotK 1995, S. 289, 295; Staudinger (-S. Heinze), BGB (2018), § 879 Rn. 29), ist dies systematisch inkonsequent. Weshalb der Pfändungspfandgläubiger gegen einen gutgläubigen Erwerb des Vorrangs seitens des potentiell vortretenden Rechtsinhabers, z. B. eines Grundschuldgläubigers des Schuldners, geschützt werden soll, wenn sich die Pfändung nicht aus dem Grundbuch ergibt, erschließt sich nicht, zumal das Grundbuchamt nicht dazu berufen ist, die Wirksamkeit der Pfändung des vormerkungsgesicherten Anspruchs zu überprüfen. Wer grundsätzlich auf ein Zustimmungserfordernis unter Verweis auf das durch die Pfändung bewirkte Verfügungsverbot verzichtet, kann richtigerweise auch dann keine Ausnahme machen, wenn sich die Pfändung nicht aus dem Grundbuch ergibt (konsequent BeckOGK BGB (-Kesseler), Stand: 1.1.2019, § 880 Rn. 35; NomosKomm (-U. Krause), BGB III4, § 880 Rn. 23). Vorzugswürdig erscheint jedoch, den Pfändungspfandgläubiger durch ein Zustimmungserfordernis gegen wirkungsbeschränkende Verfügungen über die von der Pfändung erfasste Vormerkung in Analogie zu § 1276 Abs. 2 BGB i. V. m. § 804 Abs. 2 ZPO bzw. entsprechend § 880 Abs. 3 BGB zu schützen. 248 OLG Hamm, Beschluss v. 24.7.2013 – I-15 W 172/13, MittBayNot 2014, S. 431; Erman (-Artz), BGB II15, § 876 Rn. 3; MünchKomm (-Kohler), BGB VII7, § 876 Rn. 4; NomosKomm (-U. Krause), BGB III4, § 876 Rn. 10; Ott, notar 2015, S. 75, 77–78; Palandt (-Herrler), BGB78 , § 876 Rn. 2; Staudinger (-C. Heinze), BGB (2018), § 876 Rn. 15. 245
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zeitlicher Hinsicht mit dem auf dem Erbbaurecht lastenden Recht, mindestens übereinstimmt oder sogar noch über den Zuweisungsgehalt desselben hinausgeht. Außerdem darf das am Grundstück bestehende Recht nicht durch Rechte Dritter in stärkerem Ausmaß belastet sein als das am aufzuhebenden Recht bestehende Recht.249 Demgegenüber ist eine teleologische Reduktion des § 876 S. 1 BGB entgegen teilweise vertretener Ansicht nicht zu rechtfertigen, wenn dem Zustimmungsberechtigten gar kein inhaltsgleiches Recht an dem mit dem aufzuhebenden Erbbaurecht belasteten Grundstück oder grundstücksgleichen Recht zusteht, sondern ein solches erst im Zuge der Aufhebung des belasteten Erbbaurechts aufgrund entsprechender Bewilligung eingeräumt werden soll.250 249 Weitgehend anerkannt ist, dass es z. B. nicht der Zustimmung zur Aufhebung eines mit einer Dienstbarkeit belasteten Erbbaurechts bedarf, wenn dem Berechtigten am Erbbaurechtsgrundstück eine inhaltsgleiche Dienstbarkeit zusteht, die kraft Aufhebung des Erbbaurechts automatisch aufrückt und somit am Grundstück dieselbe Rangstelle einnimmt wie die auf dem Erbbaurecht lastende Dienstbarkeit (siehe nur OLG Hamm, Beschluss v. 24.7.2013 – I-15 W 172/13, MittBayNot 2014, S. 431; Palandt (-Herrler), BGB78 , § 876 Rn. 2). Dem ist uneingeschränkt zuzustimmen. So werden Dienstbarkeiten an einem Erbbaurecht nicht zuletzt deshalb eingeräumt, weil das Grundstück nur dann mit einem zur ersten Rangstelle einzutragenden Erbbaurecht (§ 10 Abs. 1 S. 1 ErbbauRG) belastet werden kann, wenn die Inhaber konkurrierender Grundstücksrechte zum Rangrücktritt freiwillig bereit sind oder hierzu ggf. verpflichtet werden können. Dies setzt aber mindestens voraus, dass die Verwirklichung der zurücktretenden Rechte im Verhältnis zum jeweiligen Erbbauberechtigten gesichert ist, was sich durch Einräumung entsprechender Rechte am Erbbaurecht erreichen lässt. Angesichts dieses Funktionszwecks der Erbbaurechtsdienstbarkeit besteht in einer solchen Fallgestaltung kein Anlass, die Aufhebung des Erbbaurechts von der Zustimmung des Dienstbarkeitsberechtigten abhängig zu machen, steht dieser doch nicht anders als ohne die Belastung des Grundstücks mit dem Erbbaurecht. 250 So aber LG Krefeld, Beschluss v. 10.2.1998 – 6 T 39/98 und 6 T 40/98, MittRhNotK 1998, S. 326, 327: Zustimmung der Grundschuldgläubiger zur Aufhebung des belasteten Erbbaurechts entbehrlich, wenn Nachverpfändung des Grundstücks bei Aufhebung des Erbbaurechts bewilligt werde, weil ja das Bauwerk mit Erlöschen des Erbbaurechts Grundstücksbestandteil werde und somit eine mindestens gleichwertige Sicherheit entstehe; tendenziell auch OLG Brandenburg, Beschluss v. 4.4.2013 – 5 W 47/13, MittBayNot 2013, S. 482, 483: Zustimmung der Grundschuldgläubiger nicht entbehrlich, weil die am Grundstück zu bestellende Grundschuld aufgrund der Neufassung des § 1193 Abs. 2 BGB nur mit längerer Kündigungsfrist gekündigt werden könne als die – vor Inkrafttreten des Risikobegrenzungsgesetzes bestellte – Grundschuld am Erbbaurecht; zustimmend NomosKomm (-U. Krause), BGB III4, § 876 Rn. 10; zu Recht ablehnend Ott, notar 2015, S. 75, 77–78; Staudinger (-C. Heinze), BGB (2018), § 876 Rn. 15. Selbst wenn in derselben Urkunde, in der die Löschung des grundpfandrechtsbelasteten Erbbaurechts seitens des Eigentümers bewilligt wird, dieser auch die Bewilligung für die Bestellung einer Grundschuld am Grundstück zur ersten Rangstelle unter denselben Konditionen bewilligt, ist damit nur in verfahrensrechtlicher Hinsicht sichergestellt, dass die zu bestellende Grundschuld am Grundstück eingetragen werden kann. Abgesehen von der nicht auszuschließenden Gefahr, dass der Eintragungsantrag unter Verstoß gegen. § 17 GBO erst nach einem nachfolgenden Eintragungsantrag bearbeitet wird und damit die avisierte Bestellung der Ersatzgrundschuld zur ersten Rangstelle scheitert, kann in materiellrechtlicher Hinsicht auf die Zustimmung des Gläubigers der Erbbaurechtsgrundschuld nur dann verzichtet werden, wenn sichergestellt ist, dass uno actu mit Erlöschen des Erbbaurechts die Grundschuld am Grundstück zur ersten Rangstelle und mit einem der Erbbaurechtsgrundschuld völlig identischen Inhalt entsteht. Dies setzt aber notwendig auch die materiellrechtliche Einigung zwischen dem Eigentümer und dem designierten Grundschuldgläubiger voraus, auf die auch mit Rücksicht auf die Privatautonomie des Grundschuldgläubigers nicht verzichtet werden kann. Aus diesem Grund ist die Zustimmung des designierten Erwerbers
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Teil I: Sachenrechtliche Subordinationsverhältnisse
bb) Die Zustimmungserklärung Aus den Zustimmungserfordernissen wegen indirekter Rechtsbeeinträchtigung folgt jeweils ein Gestaltungsrecht des Berechtigten, das durch einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung ausgeübt wird. Auf diese sind die allgemeinen Vorschriften (§§ 104–144, 158–181 BGB) anzuwenden.251 Ihrer Rechtsnatur nach ist die Zustimmung des Drittberechtigten ein einseitiges Rechtsgeschäft mit Doppelcharakter. Die Zustimmung ist konstitutive Voraussetzung für die Wirksamkeit der Verfügung über das belastete Recht und zugleich Verfügung über das Recht des Zustimmungsberechtigten.252 Da die zustimmungsbedürftige Verfügung über das belastete Recht, wie noch zu begründen sein wird, ohne die erforderliche Zustimmung absolut unwirksam ist,253 der Verfügungserfolg also nicht einmal unter Voreines Erbbaurechts, dessen Anspruch auf Übertragung des Erbbaurechts durch eine Vormerkung gesichert ist, zur Aufhebung des Erbbaurechts auch dann nicht entbehrlich, wenn für ihn gleichzeitig am Grundstück eine Auflassungsvormerkung mit derselben Rangstelle eingetragen werden soll (NomosKomm (-U. Krause), BGB III4, § 876 Rn. 10; Staudinger (-C. Heinze), BGB (2018), § 876 Rn. 15). 251 Erman (-Artz), BGB II15, § 876 Rn. 10; Staudinger (-C. Heinze), BGB (2018), § 876 Rn. 26–29. Dies gilt nicht nur für die Zustimmung i. S. d. § 876 BGB, sondern auch für die spezielleren Zustimmungserfordernisse wegen indirekter Beeinträchtigung eines auf dem Verfügungsobjekt lastenden Rechts (§§ 1071, 1178 Abs. 2 S. 2, 1255 Abs. 2, 1276 BGB). Materiellrechtlich ist die Zustimmung stets formlos wirksam. Grundbuchverfahrensrechtlich darf die Rechtsänderung grundsätzlich nicht ohne die Eintragungsbewilligung des Drittberechtigten gem. § 19 GBO in der Form des § 29 GBO vollzogen werden; anderes gilt für eine Eintragung, die sich auf ein subjektiv-dingliches Recht bezieht, das nicht durch einen Herrschvermerk auf dem Grundbuchblatt des herrschenden Grundstücks verlautbart ist (vgl. § 21 GBO). Letzteres macht freilich die materiellrechtliche Zustimmung nicht entbehrlich; ohne diese wird das Grundbuch unrichtig (BeckOK GBO (-Wilsch), Stand: 1.6.2019, § 21 Rn. 14; Hutzel, ZfIR 2013, S. 402). Soweit die Zustimmung als „abstraktes“ Rechtsgeschäft beschrieben wird (vgl. Erman (-Artz), BGB II15, § 876 Rn. 10; Meikel (-Böttcher), GBO10, § 21 Rn. 21–22; Staudinger (-C. Heinze), BGB (2018), § 876 Rn. 27), darf dies nicht zu der Schlussfolgerung veranlassen, dass eine rechtsgrundlos erteilte Zustimmung kondiziert werden könne (so aber Rosenberg, BGB III/1, § 876 Anm. II. 1. d); Wolff/R aiser, Sachenrecht, § 39 IV (S. 127 Fn. 8)). Eine bereicherungsrechtliche Rückabwicklung dürfte – nicht anders als bei der Ausübung sonstiger Gestaltungsrechte – ausscheiden (Staudinger (-C. Heinze), BGB (2018), § 876 Rn. 27). Nicht unumstritten ist die Anwendbarkeit der §§ 111, 180, 1367, 1227 Abs. 1, 1831 BGB auf die Zustimmung zu einer zustimmungsbedürftigen Verfügung über ein Grundstücksrecht; teilweise wird die Anwendbarkeit verneint, weil unerwünschte Schwebezustände durch Zwischenverfügung seitens des Grundbuchamtes vermieden werden könnten (so MünchKomm (-Kohler), BGB VII7, § 876 Rn. 11; dagegen Erman (-Artz), BGB II15, § 876 Rn. 10; Staudinger (-C. Heinze), BGB (2018), § 876 Rn. 32). Fraglos unanwendbar sind jedenfalls die Vorschriften über das Zustandekommen von Verträgen (§§ 145–157 BGB); die Zustimmung des Drittberechtigten bildet nicht im Verbund mit dem zustimmungsbedürftigen einseitigen Rechtsgeschäft oder Vertrag einen (mehrseitigen) Vertrag (MünchKomm (-Kohler), BGB VII7, § 876 Rn. 8; Staudinger (-C. Heinze), BGB (2018), § 876 Rn. 26). Die erforderliche Zustimmungserklärung wird durch Urteil gem. § 894 ZPO ersetzt. In den Fällen des § 876 S. 2 BGB ist die Zustimmung nach Maßgabe des Landesrechts entbehrlich (§ 120 Abs. 2 Nr. 2 EGBGB), wenn die zuständige Behörde ein Unschädlichkeitszeugnis erteilt (MünchKomm (-Säcker), BGB XII7, Art. 120 EGBGB Rn. 4; Staudinger (-Mittelstädt), BGB (2018), Art. 120 EGBGB Rn. 27–33; siehe hierzu § 2 II. 4. b) bb) (1) (b) mit Fn. 316). 252 Allerdings ist die begriffliche Einordnung der Zustimmung als Verfügungsgeschäft nicht unumstritten (Staudinger (-Gursky), BGB (2014), Vorbem. zu §§ 182 -185 Rn. 48 ff. m. w. N.). 253 § 3 II. 3. c) cc) (2).
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behalt des Rechts des Zustimmungsberechtigten eintritt, ist eine nicht konsentierte Verfügung über das belastete Recht eine Verfügung eines Nichtberechtigten i. S. d. § 185 Abs. 1 BGB.254 Im Vergleich zu einer Verfügung eines Nichtberechtigten über ein fremdes Recht liegt die Besonderheit von nicht auf Rechtserwerb gerichteten Verfügungen über ein belastetes eigenes Recht darin, dass diese nur dann zustimmungsbedürftig sind, wenn sie sich auf die Rechtssphäre des Inhabers des lastenden Rechts potentiell nachteilig auswirken. Für das lastende Recht lediglich rechtlich neutrale Modifikationen des belasteten Rechts sind, wie gesehen, entweder schon nicht tatbestandsmäßig (arg. e § 880 Abs. 3 BGB; §§ 1071 Abs. 2, 1276 Abs. 2 BGB) oder in teleologischer Reduktion der §§ 877, 876 S. 1 BGB zustimmungsfrei. Im Verhältnis zu den allgemeinen Vorschriften über die Zustimmung sind die für nicht auf Rechtserwerb gerichtete Verfügungen normierten Zustimmungstatbestände als leges speciales zu qualifizieren, die jene nur verdrängen, soweit sie die Voraussetzungen und Rechtsfolgen der Zustimmung regeln.255 Im Gegensatz zu §§ 182, 183 BGB256 sind die Vorschriften der §§ 184, 185 Abs. 2 BGB m. E. daher (direkt) anwendbar.257 Als Verfügung über das von der Aufhebungs- oder Änderungsverfügung über das belastete Recht mitbetroffene Recht ist die Zustimmungserklärung grundsätzlich nur wirksam, wenn der Zustimmende im Zeitpunkt der Abgabe dieser Willenserklärung verfügungsbefugt ist. Auf die Zustimmung eines Nichtberechtigten ist § 185 BGB direkt anwendbar.258 Eine Vertretung des Zustimmungsberechtigten 254 Wer als Rechtsinhaber das belastete Recht aufhebt, inhaltlich ändert oder einem Recht Vorrang einräumt und dadurch in das bestehende Recht des Zustimmungsberechtigten eingreift, verfügt nicht anders als derjenige, der eine bereits belastete Sache als vermeintlich unbelastete überträgt oder belastet, als Nichtberechtigter. Die Verfügungsbefugnis bleibt freilich unbeschränkt, wenn das potentiell lastende Recht erst nach Abgabe der Aufhebungserklärung (resp. der Einigung über die Inhalts- oder Rangänderung in den Fällen der §§ 877, 880 Abs. 2 S. 1 BGB) und vor Eintragung der Aufhebung (resp. Inhalts- oder Rangänderung) im Grundbuch vollwirksam entsteht; § 878 BGB gilt hier nicht (Staudinger (-C. Heinze), BGB (2018), § 876 Rn. 9). Erforderlich ist, dass das lastende Recht im Zeitpunkt des potentiell rechtsbeeinträchtigenden Verfügungsgeschäfts schon und noch wirksam besteht. 255 Rosenberg, BGB III/1, § 876 Anm. II. 1. b). 256 § 182 BGB wird insoweit durch §§ 876 S. 3, 1071 Abs. 1 S. 2, 1178 Abs. 2 S. 3, 1183 S. 2, 1245 Abs. 1 S. 3, 1255 Abs. 2 S. 2, 1276 Abs. 1 S. 2 BGB, § 26 S. 2 ErbbauRG als leges speciales verdrängt; die Zustimmungserklärung ist im Gegensatz zu § 183 BGB unwiderruflich. Dies gilt auch dann, wenn sie vor Abschluss des zustimmungsbedürftigen Verfügungsgeschäfts abgegeben wird (Erman (-Artz), BGB II15, § 876 Rn. 13; MünchKomm (-Kohler), BGB VII7, § 876 Rn. 13; Planck (-Strecker), BGB III/1, § 876 Anm. 6). 257 Vgl. Rosenberg, BGB III/1, § 876 Anm. II. 1. b), d), 4. Die Zustimmung kann – und dies dürfte im Liegenschaftsrecht die Regel sein – vorab oder auch nach Aufhebung/Ä nderung des belasteten Rechts und Eintragung als Genehmigung gem. § 185 Abs. 2 S. 1 Var. 1 BGB erfolgen. Die Genehmigung einer nicht konsentierten Verfügung entfaltet Rückwirkung (§ 184 Abs. 1 BGB). Außerdem wird eine nicht konsentierte Verfügung nach Maßgabe von § 185 Abs. 2 S. 1 Var. 2 oder 3 BGB mit prospektiver Wirkung geheilt, d. h. wenn der Verfügende nachträglich das Recht des Drittberechtigten erwirbt oder er von dem Drittberechtigten beerbt wird und dieser für die Nachlassverbindlichkeiten unbeschränkt haftet. 258 Ein nachträglicher Verlust der Verfügungsbefugnis, auch vor Eintritt der Wirksamkeit der Aufhebungs- oder Änderungsverfügung, ist dagegen unschädlich, weil die Zustimmungs-
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gem. § 164 Abs. 1 BGB durch eine zustimmungsbegünstigte Person kommt wegen § 181 BGB – anders als die Vertretung der zustimmungsbegünstigten Person durch den Zustimmungsberechtigten als Empfangsvertreter i. S. v. § 164 Abs. 3 BGB – nicht in Betracht.259 Die fehlende Verfügungsbefugnis des im Grundbuch eingetragenen Scheinberechtigten wird aber nach Maßgabe von §§ 893 Var. 2, 892 Abs. 1 S. 1 BGB bei Unkenntnis des sachenrechtlich begünstigten Erklärungsempfängers ersetzt.260 Die Zustimmung ist jeweils gegenüber demgegenüber demjenigen zu ererklärung mit Zugang gem. § 130 Abs. 1 S. 1 BGB wirksam ist und – anders als die zustimmungsbedürftige und eintragungsbedürftige Aufhebung oder Änderung des belasteten Rechts – nicht der Eintragung im Grundbuch bedarf (Rosenberg, BGB III/1, § 876 Anm. II. 5. a); Staudinger (-C. Heinze), BGB (2018), § 876 Rn. 33). Eine analoge Anwendung des § 878 BGB auf die Zustimmungserklärung scheidet daher aus; einer direkten Anwendung der Norm dürfte schon der Umstand entgegenstehen, dass ausdrücklich nur §§ 873, 875, 877 BGB in Bezug genommen sind, nicht jedoch § 876 BGB (Staudinger (-C. Heinze), BGB (2018), § 876 Rn. 33). 259 Dies muss auch dann gelten, wenn der selbst von der zustimmungsbedürftigen Verfügung profitierende Vertreter die Zustimmungserklärung gem. § 876 S. 3 BGB an das Grundbuchamt oder eine andere zustimmungsbegünstigte Person richtet (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss v. 3.2.1993 – 3 Wx 34/93, MittRhNotK 1993, S. 89; Erman (-Artz), BGB II15, § 876 Rn. 11; Staudinger (-C. Heinze), BGB (2018), § 876 Rn. 38). 260 Siehe die Nachweise in § 2 III. 6. c) Fn. 469. Nicht abschließend geklärt ist dabei, auf wessen Redlichkeit es ankommt, wenn mehrere Rechtsinhaber von der fraglichen Verfügung materiell profitieren (BeckOGK BGB (-Hertel), Stand: 1.12.2017, § 893 Rn. 39; Staudinger (-Picker), BGB (2013), § 893 Rn. 36, der noch danach differenzieren will, ob die Zustimmungserklärung gem. § 876 S. 3 Hs. 1 BGB an den materiell begünstigten Rechtsinhaber oder an das Grundbuchamt als eine Art Gesamtvertreter für alle materiell begünstigten Personen gerichtet wird). Fraglich ist dann, ob es auf die Redlichkeit aller materiell begünstigten Personen ankommt (BeckOGK BGB (-Hertel), Stand: 1.12.2017, § 893 Rn. 39; Staudinger (-Picker), BGB (2013), § 893 Rn. 36; MünchKomm (-Kohler), BGB VII, § 893 Rn. 10) oder ob der gute Glaube einer materiell begünstigten Person genügt (NomosKomm (-Krause), BGB III4, § 893 Rn. 25). Diesbezüglich drängt sich eine Parallele zum gutgläubig-lastenfreien Erwerb eines Grundstücks bei Übertragung eines bloßen Miteigentumsanteils auf (§ 2 IV. 1. b) cc)). Schließt man sich der m. E. zutreffenden Ansicht an, dass die Übertragung eines Miteigentumsanteils an einem mit einer Dienstbarkeit belasteten Grundstück zum ersatzlosen Untergang der Dienstbarkeit führt, sofern nur der Erwerber dieses Bruchteilseigentums in gutem Glauben ist (BGH, Beschluss v. 23.7.2015 – V ZB 1/14, NJWRR 2015, S. 1497; MünchKomm (-Kohler), BGB VII7, § 892 Rn. 70; Staudinger (-J. Weber), BGB (2017), § 1018 Rn. 185a), dürfte in der Konstellation, dass eine zustimmungsbedürftige Verfügung mehreren dinglich berechtigten Personen am Grundstück zustattenkommt, die Redlichkeit eines einzelnen Berechtigten ausreichen (so auch NomosKomm (-U. Krause), BGB III4, § 893 Rn. 25). Wird z. B. eine verpfändete erstrangige Buchgrundschuld mit Zustimmung des eingetragenen Pfandgläubigers aufgehoben, obschon dessen gesicherte Forderung bereits von einem Dritten gem. § 829 ZPO gepfändet worden ist, genügt es, dass der Eigentümer oder ein anderer nachrangig am Grundstück berechtigter Rechtsinhaber in Ansehung der an das Grundbuchamt adressierten Erklärung in gutem Glauben ist. Die Grundschuld erlischt mitsamt dem Pfandrecht mit absoluter Wirkung gem. §§ 893 Var. 2, 892 Abs. 1 S. 2 BGB. Zudem ist in dieser Konstellation auch der über seine Grundschuld verfügende Gläubiger als durch die Zustimmungserklärung begünstigte Person anzusehen, weil sich – ungeachtet des Rechtsverlusts – seine Verfügungsbefugnis durch die konstitutive Zustimmung des Drittberechtigten erweitert (Staudinger (-Picker), BGB (2013), § 893 Rn. 36). Demgegenüber greift zwar bei der Zustimmung zur Aufhebung eines mit Nießbrauchs- oder Pfandrechten belasteten Mobiliarpfandrechts kein Redlichkeitsschutz ein, weil der Besitz ebenso wenig wie bei der Übertragung oder Belastung einer (vermeintlich) pfandrechtsgesicherten Forderung als Rechtsscheinsträger taugt. Dessen ungeachtet erlischt das belastete
§ 3 Die Belastung der Belastung
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klären, „zu dessen Gunsten“ sie erfolgt.261 Dies ist jede Person, die in sachenrechtlicher Hinsicht von dem durch die Zustimmung bewirkten Verfügungserfolg profitiert.262 Wird ein belastetes Liegenschaftsrecht aufgehoben, sind m. E. nicht nur die Inhaber gleich- oder nachrangiger Rechte, sondern auch der Inhaber der aufzuhebenden Recht und das Grundbuchamt empfangsberechtigt (§§ 876 S. 3 Hs. 1, 1178 Abs. 2 S. 3 Hs. 1, §§ 1071 Abs. 1 S. 3, 1276 Abs. 1 S. 3 BGB).263 Dass auch der Inhaber des aufzuhebenden Rechts eine Person ist, „zu dessen Gunsten“ die Zustimmung erfolgt, lässt sich ungeachtet des durch den Verfügungserfolg bewirkten Rechtsverlusts unter Verweis auf die Erweiterung der durch das Zustimmungserfordernis eingeschränkten Dispositionskompetenz des Rechtsinhabers begründen.264
Mobiliarpfandrecht freilich ohnedies durch die Rückgabe des Pfandes gem. § 1253 Abs. 1 BGB seitens des Pfandgläubigers. 261 Dies gilt übereinstimmend für alle Zustimmungserfordernisse zu nicht auf Rechtserwerb gerichteten Verfügungen (vgl. §§ 876 S. 3 Hs. 1, 1071 Abs. 1 S. 2 Hs. 1, 1178 Abs. 2 S. 3 Hs. 1, 1180 Abs. 1 S. 2 Hs. 2, Abs. 2 S. 1 Hs. 2, 1245 Abs. 1 S. 3 Hs. 1, 1255 Abs. 2 S. 2 Hs. 1, 1276 Abs. 1 S. 2 Hs. 1 BGB). 262 Wer als „Begünstigter“ der Zustimmungserklärung anzusehen ist, ist freilich nicht bei allen Zustimmungstatbeständen restlos geklärt. So wird z. B. bei der Zustimmung zur Aufhebung eines belasteten Pfandrechts vertreten, dass die Zustimmung wahlweise gegenüber dem Eigentümer oder nachrangigen Pfandgläubigern gem. § 1255 Abs. 2 S. 2 BGB zu erklären sei (so Emmerich, Pfandrechtskonkurrenzen, S. 462), während andere meinen, dass nur der Eigentümer richtiger Zustimmungsadressat sei (MünchKomm (-Damrau), BGB VII7, § 1255 Rn. 4). Eine verbreitete Ansicht sieht neben dem Eigentümer allein noch den Verpfänder unter Verweis auf § 1255 Abs. 1 BGB als „Begünstigten“ an, wobei im Einzelnen strittig ist, ob die Zustimmung notwendigerweise gegenüber dem Empfänger der Aufhebungserklärung des Pfandgläubigers (so BeckOK BGB (-Schärtl), Stand: 1.5.2019, § 1255 Rn. 3; BeckOGK BGB (-Förster), Stand: 1.6.2019, § 1255 Rn. 10; Soergel (-Habersack), BGB XVI13, § 1255 Rn. 4) oder auch wahlweise gegenüber dem anderen Teil erklärt werden kann (so Erman (-J. Schmidt), BGB II15, § 1255 Rn. 5; wohl auch NomosKomm (-Bülow), BGB III4, § 1255 Rn. 4; Wieling, Sachenrecht I2, § 15 VIII 2 c (S. 747)). Soweit allgemein angenommen wird, dass der Pfandgläubiger nicht als „Begünstigter“ in Betracht komme (Erman (-J. Schmidt), BGB II15, § 1255 Rn. 5), ist dies wegen der zustimmungsgestützten Erweiterung der Dispositionskompetenz des Pfandgläubigers fragwürdig. Richtig erscheint es, sowohl den verfügenden Rechtsinhaber des belasteten Rechts als auch all diejenigen Personen als Begünstigte anzusehen, die von der Aufhebung des Pfandrechts sachenrechtlich profitieren: Dies ist der Eigentümer sowie die Inhaber konkurrierender Pfandrechte sowie gleich- oder nachrangiger Nießbrauchsrechte (arg. e § 1242 Abs. 2 BGB). 263 MünchKomm (-Kohler), BGB VII7, § 876 Rn. 12; Planck (-Strecker), BGB III/1, § 876 Anm. 5; Staudinger (-C. Heinze), BGB (2018), § 876 Rn. 39–40; Rosenberg, BGB III/1, § 876 Anm. II. 5 b) β) schließt hingegen die Inhaber gleich- oder nachrangiger Rechte als empfangsberechtigte Personen – ohne jede Begründung – aus. Als Empfangsvertreter kann auch der Zustimmende – das Insichgeschäft ist, da für den Vertretenen lediglich rechtlich vorteilhaft, in teleologischer Reduktion des § 181 BGB wirksam – auftreten. Entsprechendes gilt für die zur Aufhebung einer Hypothek erforderliche Zustimmung des Eigentümers gem. § 1183 S. 2 BGB. 264 Allerdings wird die Zustimmungserklärung auch nur dann wirksam, wenn sie dem wirklichen Inhaber des aufzuhebenden Rechts und nicht bloß dem Buchrechtsinhaber zugeht. Zugunsten des Zustimmungsberechtigten kommt insoweit sachenrechtlicher Verkehrsschutz nicht in Betracht; § 893 Var. 2 BGB ist unanwendbar, weil nicht über das belastete aufzuhebende Recht des Scheinberechtigten, sondern über das Recht des Zustimmungsberechtigten verfügt wird (Rosenberg, BGB III/1, § 876 Anm. II. 5 b) β); Staudinger (-C. Heinze), BGB (2018), § 876 Rn. 39).
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Der verfügende Charakter der Zustimmung über das belastende Recht zeigt sich nicht zuletzt in der Bindungswirkung der unwiderruflichen Zustimmungserklärung; mit dem Zugang derselben bei einer empfangsberechtigten Person ist die „Aufhebungs- und Änderungssperre“ endgültig beseitigt. Ein nachträglicher Verlust der Verfügungsbefugnis des Zustimmenden ist unschädlich. Wird das belastende Recht noch vor Vollzug der Aufhebung oder Änderung des belasteten Rechts übertragen oder erneut belastet, bleibt jeder Rechtsnachfolger des Zustimmungsberechtigten an die nach § 130 Abs. 1 S. 1 BGB wirksame Zustimmungserklärung eines Rechtsvorgängers nach allgemeiner Ansicht gem. §§ 413, 404 BGB vorbehaltlich gutgläubigen Erwerbs gebunden.265 Zuvörderst ist an die Konstellation zu denken, in der ein belastetes grundstücksgleiches Recht, Sondereigentum oder subjektiv-dingliches Recht mit Zustimmung eines Hypotheken- oder Grundschuldgläubigers geändert oder aufgehoben werden soll und noch vor Vollzug der konsentierten Verfügung die Hypothek oder Grundschuld übertragen resp. belastet wird.266 Nichts anderes gilt aber, wenn ein veräußerliches Grundstücksrecht oder ein subjektiv-dingliches Grundstücksrecht, das auf einem grundstücksgleichen Recht oder einem subjektiv-dinglichen Recht lastet, selbstständig oder mitsamt dem jeweils herrschenden Grundstück übertragen resp. belastet wird. Wenn z. B. der Eigentümer eines mit einer Reallast verbundenen Grundstücks (§§ 1105 Abs. 2, 1110 BGB) der Aufhebung einer mit dem von der Reallast betroffenen Grundstück verbundenen Grunddienstbarkeit an einem dritten Grundstück zustimmt und vor Vollzug der Aufhebung das berechtigte Grundstück übertragen wird, ist der neue Eigentümer als Reallastgläubiger – bei unterstellter Unkenntnis – 265 Siehe bereits Prot. III, S. 73; OLG Hamm, Beschluss vom 22.9.1994 – 15 W 262/94, DNotZ 1995, S. 632, 634; Erman (-Artz), BGB II15, § 876 Rn. 13; MünchKomm (-Kohler), BGB VII7, § 876 Rn. 13; Palandt (-Herrler), BGB78 , § 876 Rn. 4; Rosenberg, BGB III/1, § 876 Anm. II. 5. a); Staudinger (-C. Heinze), BGB (2018), § 876 Rn. 34. Wenn schon ein bloßer Buchrechtsinhaber wirksam über ein im Grundbuch eingetragenes Recht gem. § 892 BGB verfügen kann, muss dies erst recht für den wirklichen Rechtsinhaber gelten, der bereits eine bindende Zustimmungserklärung zur Aufhebung des Belastungsgegenstandes des fraglichen Rechts abgegeben hat. 266 Exemplarisch OLG Hamm, Beschluss vom 22.9.1994 – 15 W 262/94, DNotZ 1995, S. 632: Zustimmung der Gläubigerin einer Grundschuld an einem Miteigentumsanteil zur Änderung der Teilungserklärung einer Wohnungseigentümergemeinschaft, durch die ein Sondernutzungsrecht begründet wird (vgl. § 5 Abs. 4 S. 2 WEG). Nach Zugang der unwiderruflichen Zustimmung zur Begründung des Sondernutzungsrechts und Stellung des Eintragungsantrages wurde die Grundschuld teilweise abgetreten und die Neugläubigerin im Grundbuch eingetragen. An die Zustimmungserklärung des Veräußerers war die Neugläubigerin abweichend von §§ 413, 404 BGB gem. § 892 Abs. 1 S. 1 BGB nicht gebunden, da die Einwendung gegen die Grundschuld – die Änderung der Sondereigentumsrechte konnte wegen der unwiderruflichen Zustimmung prinzipiell nicht mehr verhindert werden – nicht aus dem Grundbuch hervorging, die Zessionarin keine Kenntnis hatte und kein Widerspruch eingetragen worden war. Zwar hätte der Rechtspfleger die später beantragte Teilabtretung der Grundschuld im Grundbuch nicht vollziehen dürfen, ohne im Hinblick auf den noch nicht erledigten Antrag auf Eintragung des Sondernutzungsrechts gem. § 18 Abs. 2 GBO einen Widerspruch gegen die Richtigkeit der Eintragung der Grundschuld zugunsten aller Miteigentümer im Grundbuch einzutragen. Dieser Verfahrensfehler änderte an der materiellrechtlichen Wirksamkeit des Rechtserwerbs der Zessionarin jedoch nichts.
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gem. § 892 Abs. 1 S. 1 BGB an die bereits erteilte Zustimmung des Veräußerers nicht gebunden. Aus Wertungsgründen ist dies zwingend. Wandelt man den Fall dahin ab, dass der Veräußerer bereits vor Übertragung des berechtigten Grundstücks eine bindende Aufhebungserklärung gem. § 875 Abs. 2 BGB hinsichtlich der subjektiv-dinglichen Reallast abgegeben hat, würde der Erwerber, wenn die konstitutive Löschung bei Vollzug der Übereignung noch aussteht, das Grundstück mitsamt der noch nicht aufgehobenen Reallast vom Berechtigten erwerben. Die Löschung der Reallast könnte er ohne weiteres durch Rücknahme des nur vom Veräußerer gestellten Löschungsantrages verhindern.267 Dann aber darf sich die durch eine Zustimmung zur Aufhebung eines durch die Reallast belasteten Rechts bewirkte Verkürzung des Belastungsgegenstandes bzw. des Haftungssubstrats der bestehenden Reallast bei unterstellter Redlichkeit des Rechtsnachfolgers der Reallast erst recht nicht nachteilig für diesen auswirken. Überdies: Wenn der der Aufhebung der Grunddienstbarkeit am dritten Grundstück zustimmende Eigentümer an seinem Grundstück eine Grundschuld oder ein anderes Recht bestellt, welches sich auf die subjektiv-dingliche Reallast ausweislich der Wertung des § 1126 S. 1 BGB (i. V. m. § 1192 Abs. 1 BGB) erstreckt, entsteht noch vor Vollzug der Aufhebung der Grunddienstbarkeit ein zusätzliches konstitutives Zustimmungsbedürfnis zur Aufhebung der Grunddienstbarkeit in Analogie zu § 876 S. 2 BGB.268 Auf der Hand liegt, dass der Erwerber des berechtigten Grundstücks aber nicht schlechter stehen darf als der Erwerber einer Grundschuld oder eines anderen sich auf die subjektiv-dingliche Reallast erstreckenden Rechts. Während dieser durch ein zusätzliches Zustimmungserfordernis zu der Aufhebung der von der durch die Grundschuld (indirekt) belasteten Reallast indirekt belasteten Grunddienstbarkeit geschützt wird, wenn er in Unkenntnis der bereits erteilten Zustimmungserklärung des Eigentümers die Grundschuld erwirbt, ist der Grundstückserwerber bei Unkenntnis gleichfalls nicht an die unwiderrufliche Zustimmungserklärung des Veräußerers gebunden. Systematisch handelt es sich um einen Anwendungsfall eines gutgläubig-einredefreien Erwerbs in direkter Anwendung des § 892 Abs. 1 S. 1 BGB. Wenn sogar bei Nichtigkeit des zu übertragenden oder zu belastenden Rechts ein gutgläubiger Erwerb fraglos möglich ist, muss ein gutgläubiger Erwerb erst recht stattfinden, wenn das Verfügungsobjekt zwar besteht, aber nach Vollzug des Erwerbsvorgangs aufgrund einer unwiderruflichen Zustimmungserklärung zu einer nicht auf Rechtserwerb gerichteten Verfügung über ein unselbstständig belastetes Recht erlischt oder geändert wird. Letzteres impliziert, dass sich die Richtigkeits- und Vollständigkeitsvermutung des Grundbuchs (§ 891 BGB) auf konstitutive Zustimmungserklärungen i. S. v. § 876 BGB erstreckt, die unwiderrufliche Zustimmung mithin – nicht anders als Einreden gegen eine Hypothek oder Grund267 Zu den Voraussetzungen, unter denen die Aufhebungserklärung bindend ist, siehe NomosKomm (-U. Krause), BGB III4, § 875 Rn. 27; Staudinger (-C. Heinze), BGB (2018), § 875 Rn. 55. 268 Auf die bereits unter § 3 II. 4. c) aa) (1) dargestellte Kumulation der Zustimmungserfordernisse bei (gestufter) Belastung des Rechts des Zustimmungsberechtigten wird Bezug genommen.
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schuld – im Grundbuch m. E. im Grundbuch eintragungsfähig ist.269 Scheitert die Aufhebung eines belasteten Rechts hingegen aus einem ganz anderen Grund,270 kommt eine Umdeutung einer unwiderruflichen Zustimmungserklärung in eine Aufhebung des lastenden Rechts prinzipiell nicht in Betracht.271 Weil die Zustimmungserteilung nach hier vertretener Ansicht eintragungsfähig ist, ist – entgegen verbreiteter Ansicht – auch die Vormerkungsfähigkeit eines Anspruchs auf Abgabe einer Zustimmungserklärung zu einer zustimmungsbedürftigen Verfügung über ein Liegenschaftsrecht oder ein Recht an einem solchen Recht in Analogie zu § 883 Abs. 1 S. 1 BGB zu bejahen.272 269
Richtig m. E. Staudinger (-C. Heinze), BGB (2018), § 876 Rn. 34. Wie angerissen, ist die Aufhebungserklärung, soweit die Voraussetzungen von § 875 Abs. 2 BGB nicht erfüllt sind, vor Löschung des aufzuhebenden Rechts frei widerruflich. 271 Die Voraussetzungen des § 140 BGB liegen regelmäßig nicht vor. Zunächst fehlt es schon an dem Erfordernis eines nichtigen Rechtsgeschäfts, sofern die fragliche Aufhebung noch wirksam werden kann, z. B. weil es an der Zustimmung eines „Vierten“ fehlt, dessen Zustimmung gleichfalls erforderlich ist. Abgesehen davon sind hohe Anforderungen an einen Verzichtswillen zu stellen. Allein aus der Zustimmung zur Aufhebung eines belasteten Rechts folgt nicht, dass der zustimmende Drittrechtsinhaber seines Rechts auch dann definitiv verlustig gehen will, wenn das aufzuhebende Recht aus nicht beabsichtigten Gründen doch fortbesteht. Eine Umdeutung kommt daher nur dann in Betracht, wenn die Aufhebungsverfügung unheilbar nichtig ist und konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Drittrechtsinhaber in jedem Fall auf sein Recht verzichten will. Eintragungsbedürftig ist die Aufhebung freilich, sofern es um ein Nießbrauchsoder Pfandrecht an einem nicht grundstücksgleichen Recht geht. 272 Demgegenüber verneint die h. A. die Vormerkungsfähigkeit eines Anspruchs auf Zustimmungserteilung mit der doktrinären Begründung, dass die Zustimmung keine eintragungsfähige Verfügung, sondern lediglich ein Hilfsgeschäft zu einer eintragungsbedürftigen Verfügung resp. ein Tatbestandserfordernis einer eintragungsbedürftigen Verfügung sei (so z. B. Erman (-Artz), BGB II15, § 883 Rn. 21a; MünchKomm (-Kohler), BGB VII7, § 883 Rn. 18; NomosKomm (-U. Krause), BGB III4, § 883 Rn. 16; Rosenberg, BGB III/1, § 883 Anm. II. 2. d); Staudinger (-Gursky), BGB (2013), § 883 Rn. 32; a. A. Palandt (-Herrler), BGB78 , § 883 Rn. 13; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht15, Rn. 1493; Schulze et al. (-Staudinger), BGB10, § 883 Rn. 17). Dies überzeugt nicht. Richtig ist zwar, dass eine direkte Anwendung des § 883 Abs. 1 S. 1 BGB ausscheidet. Der fragliche Anspruch ist schließlich nicht auf eine der expressis verbis genannten Verfügungen über ein „Recht an einem das Grundstück belastenden Recht“ gerichtet. Insbesondere ist die Zustimmung des Drittberechtigten zu einer Aufhebung des belasteten Grundstücksrechts auch nicht mit einer Aufhebung des Drittrechts gleichzusetzen, weil sie nicht selbst, sondern nur in Verbindung mit der Aufhebung des belasteten Rechts zum Untergang des Drittrechts führt. Indes ist m. E. ein Analogieschluss geboten. Die Voraussetzungen einer entsprechenden Anwendung des § 883 Abs. 1 S. 1 BGB auf einen Anspruch auf Zustimmung zu einer zustimmungsbedürftigen Verfügung über ein (eingetragenes) Liegenschaftsrecht oder ein Recht an einem solchen Recht liegen vor. Vor dem Hintergrund der mit dem Rechtsinstitut der Vormerkung bezweckten zuverlässigen Sicherung der Erwerbsaussicht des Gläubigers ohne Beeinträchtigung der Verkehrsinteressen (zur gesetzgeberischen Intention näher Mugdan, Die gesammten Materialien, S. 565–566; Staudinger (-Gursky), BGB (2013), § 883 Rn. 3) widerspricht die fehlende ausdrückliche Einbeziehung von Ansprüchen gegen Drittberechtigte i. S. d. § 876 BGB dem Regelungsplan des Gesetzes. Zunächst einmal wird auch von den Vertretern der Gegenansicht anerkannt, dass es sich bei der Zustimmung zu einer zustimmungsbedürftigen Verfügung um eine Verfügung über ein Recht an einem Grundstücksrecht, nämlich über das Recht des Zustimmungsberechtigten, handelt (siehe Erman (-Artz), BGB II15, § 876 Rn. 10; NomosKomm (-U. Krause), BGB III4, § 876 Rn. 21). Allein dies rechtfertigt zwar nicht die Annahme der Vormerkungsfähigkeit eines Anspruchs auf Abgabe einer Zustimmungserklärung, setzt doch die Vormerkungsfähigkeit nach allg. Ansicht 270
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cc) Rechtsfolgen Aus dem Blickwinkel zeitgenössischer Rechtsdogmatik erscheint die von den Entwurfsverfassern aufgestellte These, die Aufhebung des belasteten Rechts könne nach allgemeinen Grundsätzen ebenso wenig wie die Übertragung oder Belastung voraus, dass der Anspruch auf eine zumindest eintragungsfähige und zulässige Verfügung gerichtet ist (BeckOGK BGB (-Assmann), Stand: 1.8.2019, § 883 Rn. 42–43; MünchKomm (-Kohler), BGB VII7, § 883 Rn. 16–17; Erman (-Artz), BGB II15, § 883 Rn. 12). Dies ist aber hier der Fall. Dass die unwiderrufliche Zustimmungserklärung (§ 876 S. 3 Hs. 2 BGB) ohne zusätzliches Vollzugsmoment von selbst den fraglichen Verfügungserfolg herbeiführt, mithin zu einer Art „Freigabe“ des belastenden Rechts führt, steht dem nicht entgegen. Denn wegen der Erstreckung der Richtigkeits- und Vollständigkeitsvermutung des Grundbuchs auf das Vorliegen einer Zustimmung ist die bereits erteilte unwiderrufliche Zustimmung zwecks Vermeidung eines gutgläubig-einredefreien Erwerbs eines Sonderrechtsnachfolgers des Zustimmungsberechtigten eintragungsfähig (Staudinger (-C. Heinze), BGB (2018), § 876 Rn. 34). Anderenfalls bestünde keine Handhabe, einen gutgläubig-einredefreien Erwerb zu unterbinden, was der Systematik des liegenschaftsrechtlichen Redlichkeitsschutzes widerspräche. Wenn man aber die deklaratorische Eintragungsfähigkeit der Zustimmungserteilung bejaht, ist aus Gründen der Wertungskohärenz die Vormerkungsfähigkeit eines Anspruchs auf Abgabe einer Zustimmungserklärung geboten. Denn durch eine Vormerkung zur Sicherung eines Anspruchs auf Aufhebung, inhaltliche Änderung oder Rangänderung eines Grundstücksrechts oder eines Rechts an einem solchen Grundstücksrecht lässt sich der beabsichtigte Verfügungserfolg überhaupt nicht garantieren, sofern das fragliche Recht bereits im Zeitpunkt der Vormerkungserwerbs mit dem Recht eines Dritten belastet ist und demgemäß dessen Zustimmung zur Anspruchsverwirklichung (gem. §§ 876, 877, 880 Abs. 3, 1071, 1109 Abs. 2 S. 2, letzter Hs., 1116 Abs. 2 S. 3, letzter Hs., 1132 Abs. 2 S. 2, 1168 Abs. 2 S. 2, 1178 Abs. 2 S. 2, 1180 Abs. 1 S. 2, Abs. 2 S. 2, 1276 BGB) vonnöten ist. Entsprechendes gilt für die erforderliche Zustimmung des Eigentümers in den Fällen der § 1183 BGB, § 26 ErbbauRG sowie für die Zustimmung konkurrierender Rechtsinhaber bei Vereinbarung insolvenzfester Erbbauzinsreallasten und Dauerwohn- und Dauernutzungsrechten gem. § 9 Abs. 3 S. 2 ErbbauRG, § 39 Abs. 2 WEG. Der noch ausstehende Verfügungserfolg lässt sich nur dadurch sichern, dass sich der Zustimmungsberechtigte zur Zustimmung verpflichtet, diese vorab erteilt und die Zustimmungserteilung eingetragen wird oder der Anspruch auf Abgabe der Zustimmung durch eine eigenständige Vormerkung in Analogie zu § 883 BGB gesichert wird. Will man den Parteien hier nicht die vom Gesetz beabsichtigte Möglichkeit einer effektiven Sicherung des sachenrechtlichen status quo zwecks Verwirklichung des künftigen Verfügungserfolgs versagen, sollte man ihnen ermöglichen, wahlweise die erteilte Zustimmung oder zumindest eine Vormerkung zur Sicherung des Zustimmungsanspruchs eintragen zu lassen. Richtigerweise führt die hier vertretene analoge Anwendung des § 883 Abs. 1 S. 1 BGB auch nicht zu einer Ausnahme vom vormerkungsrechtlichen „Identitätsgebot“ (unzutreffend daher Palandt (-Herrler), BGB78 , § 883 Rn. 13). Der vormerkungsgesicherte Anspruch auf Abgabe der Zustimmungserklärung richtet sich ja gegen den zustimmungsberechtigten Inhaber des belastenden Drittrechts; dieser Anspruch und die für diesen bewilligte eigenständige Vormerkung sind von einem ggf. vormerkungsgesicherten Anspruch auf Aufhebung oder Änderung des belasteten Rechts scharf zu unterscheiden. Wenn das Drittrecht hingegen erst nach Eintragung der Vormerkung entsteht, entfaltet die Vormerkung richtigerweise insoweit Verfügungsschutz. Eine zusätzliche Sicherung ist insoweit weder nötig noch zulässig. Denn die Bestellung des Drittrechts ist gegenüber dem Vormerkungsgläubiger gem. § 883 Abs. 2 S. 1 BGB unwirksam, weil der Erwerb des Drittrechts wegen des damit verbundenen Zustimmungserfordernisses zu der fraglichen Verfügung über das vormerkungsbefangene Recht die Erfüllbarkeit des gesicherten Anspruchs beeinträchtigt. Der Drittberechtigte ist demgemäß nach § 888 Abs. 1 BGB zur Abgabe der verfahrensrechtlich erforderlichen Bewilligung der begehrten Eintragung, z. B. der Aufhebung des belasteten Rechts, gegenüber dem Vormerkungsgläubiger verpflichtet.
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das lastende Recht berühren,273 auf den ersten Blick zirkulär. Sachlogisch vorgegeben sind weder die Voraussetzungen noch die Rechtsfolgen der Aufhebung belasteter Rechte, zumal ein Rechtsgrundsatz des von der ersten BGB-Kommission postulierten Inhalts in der Pandektenwissenschaft keineswegs allgemein anerkannt war.274 Ist das „herrschende“ Recht mit Sukzessionsschutz bei der Übertragung und Belastung des „dienenden“ Rechts ausgestattet, folgt daraus nicht notwendig ein Bestandsschutz im Kontext der Aufhebung und Inhaltsänderung des belasteten Rechts. Alles andere läuft darauf hinaus, Rechtsfolgen aus einem apriorischen Dinglichkeitsbegriff zu „extrapolieren“, statt umgekehrt subjektive Rechte nach Maßgabe ihrer Wirkungen und Rechtsfolgen den tradierten Ordnungskategorien subjektiver Rechte zuzuordnen. Ist das belastende Recht an die inhaltlichen, räumlichen und zeitlichen Grenzen des belastenden Rechts geknüpft, ließe sich mit Sohm die Antithese vertreten, dass die Aufhebung des belasteten Rechts ohne Mitwirkung des Inhabers des lastenden Rechts eo ipso vernichtet wird.275 Dessen ungeachtet ist es nur systemkonform und interessengerecht, das herrschende Recht gegen alle potentiell rechtsbeeinträchtigenden willkürlichen Verfügungen über das dienende Recht zu immunisieren. Wäre das lastende Recht nicht gegen einen einseitigen Verzicht auf das belastete Recht gesichert, hätte der Ge273
Mot. III, S. 463. Außer Frage stand zwar, dass ein Pfandrecht durch die Vernichtung seines Gegenstandes, d. h. ein Sachpfandrecht bei Zerstörung des Pfandes erlosch (Dernburg, Pfandrecht II, S. 559; Keller, Pandekten, § 213 (S. 419); Windscheid, Lehrbuch des Pandektenrechts I5, § 248 (S. 804–805).). Die Anwendung dieses Rechtsgrundsatzes auf Pfandrechte an (dinglichen) Rechten blieb demgegenüber in der Pandektistik im Detail strittig. Mit dogmatischen Nuancierungen im Detail herrschte immerhin weitgehend Einigkeit, dass die Vereinigung eines mit einem Pfandrecht belasteten ius in re mit dem Eigentum nicht zum automatischen Wegfall des Pfandrechts führen könne (siehe nur Windscheid, Lehrbuch des Pandektenrechts I5, § 215 (S. 689–690 in Fn. 9), § 248 (S. 805–806 in Fn. 11)). Demgegenüber wurde der Frage, ob auf eine Servitut oder ein anderes verpfändetes Recht zulasten des Pfandgläubigers verzichtet werden könne, in der deutschen Doktrin überraschenderweise nur wenig nachgegangen (ohne jede Ausführung hierzu im Kontext der Aufhebung von Dienstbarkeiten z. B. Arndts, Lehrbuch der Pandekten, §§ 193–194 (S. 300–304); Windscheid, Lehrbuch des Pandektenrechts I5, § 215 (S. 687–691)). Sohm, Die Lehre vom subpignus, S. 108 vertrat unter Rekurs auf die römischen Quellen die Ansicht, dass das Afterpfandrecht zwangsläufig mit dem Untergang seines Gegenstandes, mithin ein Afterpfandrecht durch Verzicht auf das belastete Pfandrecht seitens des Pfandgläubigers ohne den Willen des Afterpfandgläubigers erlösche. Anders Exner, Kritik des Pfandrechtsbegriffs nach römischem Recht, S. 70– 71, 93–95, der allgemein – freilich ohne ausdrückliche Erörterung des Verzichts – betonte, dass der Bestand des Pfandrechts nur durch die „dem Recht des Auktors im Zeitpunkt der Succession anhaftenden Mängel und Todeskeime“ gefährdet sei; im Übrigen sei das Pfandrecht nicht schicksalhaft mit dem Recht des Auktors verhaftet, weshalb der Inhaber des verpfändetes Rechts auch nicht zulasten des (After-)Pfandgläubigers über das Pfandrecht verfügen könne. Letzteres beruht allerdings auf der fragwürdigen Prämisse, dass in Wirklichkeit nicht das Recht, d. h. das Pfandrecht oder der Nießbrauch, sondern die Sache selbst dem Afterpfandgläubiger verpfändet sei. Zumindest nach Verständigung des Pfandschuldners von der Afterverpfändung war der Afterverpfänder lt. Dernburg, Pfandrecht I, S. 483, nicht mehr zum Empfang der Schuldsumme oder zum Verkauf des Pfandes berechtigt; auf die Befugnis zur Vornahme sonstiger Verfügungen über die verpfändete Forderung und das Pfandrecht geht Dernburg a. a. O. nicht ein. 275 Sohm, Die Lehre vom subpignus, S. 108 in Bezug auf das gemeinrechtliche Afterpfandrecht. 274
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setzgeber das mit dem Numerus Clausus angestrebte Ideal sachgemäßer Standardisierung und Typisierung insoweit offensichtlich verfehlt. Dem Erwerber wäre mit einer Rechtsstellung, die mangels lückenlosen Bestandsschutzes irgendwo auf einer Skala zwischen einem relativen und einem absoluten Recht zu verorten wäre, nicht gedient. Er bliebe auf schuldrechtliche Ansprüche wegen der schädlichen Verfügung des Rechtsbestellers verwiesen, obschon das lastende Recht durch die Übertragung oder erneute Belastung nicht erlischt und überdies gegen einen Rechtsverlust durch Konsolidation des belasteten Rechts mit dem Eigentum resp. einem intermediären Recht vorgelagerter Belastungsstufe geschützt ist.276 Abgesehen davon besteht kein schutzwürdiges Interesse des Bestellers, „über den Kopf des Erwerbers hinweg“ das belastete Recht inhaltlich zu schmälern oder im Ganzen zu beseitigen. Vielmehr geht sein Interesse dahin, sein Recht effektiv zu kapitalisieren, ohne sich seiner Inhaberschaft vollständig zu begeben. Dies ist aber nur möglich, wenn ein Erwerbsinteressent darauf vertrauen darf, dass er des zu erwerbenden Rechts nicht dadurch verlustig geht, dass der Besteller über das belastete Recht willkürlich verfügt. Folgt man der These der Entwurfsverfasser, ergibt sich aus diesem apriorischen Bestandsschutz des lastenden Drittrechts zwar nicht zwingend, dass die Aufhebung des belasteten Rechts nach allgemeinen Grundsätzen ausschließlich im Verhältnis zum lastenden Recht keine Wirkung zeitige. Stattdessen könnte die Bestandsabhängigkeit einfach verneint und der Aufhebung des belasteten Rechts Vollwirksamkeit bescheinigt werden. Wird durch mehrfach gestufte Belastungen dem an der Spitze der raumsymbolischen Belastungspyramide rangierenden Recht „mittelbar“ das Substrat des auf der untersten Schicht angeordneten „Grundrechts“, sei es Eigentum, sei es ein sonstiges Recht, zugeordnet, drängt sich die Frage auf, wieso nicht jenes Recht bei Wegfall der „Zwischenbelastungen“ fortexistieren können soll. Schließlich hat auch der erste Zivilsenat des BGH rechtsfortbildend eine vergleichbare Regel im Urheberrecht zwecks Gewährleistung der Bestandskraft einer Unterlizenz bei Wegfall der sie vermittelnden Hauptlizenz etabliert.277 Abgesehen davon, dass dieser Lösungsansatz schon im Recht des geistigen Eigentums kaum überzeugt,278 verbietet es sich, diesen zur allgemeinen Regel des Bestandsschutzes von Sachenrechten höheren Grades fortzuentwickeln.279 Ohne zumindest fingierte Koexistenz des belasteten Rechts vermag das lastende Recht seine rechtstypische Identität nicht zu wahren, weshalb die potentiell rechtsbeeinträchtigende Verfügung nur dadurch unschädlich gemacht werden kann, dass sie zumindest im Verhältnis zum unbeteiligten Inhaber des lastenden Rechts als nichtig behandelt wird. 276 Letzteres war in der Pandektenwissenschaft weitgehend anerkannt; statt vieler Windscheid, Lehrbuch des Pandektenrechts I5, § 215 (S. 689–690 in Fn. 9), § 248 (S. 805–806 in Fn. 11). 277 Grundlegend BGH, Urteil v. 26.3.2009 – I ZR 153/06, GRUR 2009, S. 946 („Reifen Progressiv“); BGH, Urteil v. 19.7.2012 − I ZR 24/11, GRUR 2012, S. 914 („Take Five“); BGH, Urteil v. 19.7.2012 − I ZR 70/10, GRUR 2012, S. 916 („M2Trade“). 278 Näher § 2 IV. 5. b). 279 Zur Begründung siehe § 2 III. 6. c).
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(1) Gespaltene Auslegung der Zustimmungstatbestände Entgegen der von den Entwurfsverfassern postulierten einheitlichen Auslegung der Zustimmungstatbestände hat sich in Rechtsprechung und Lehre eine zwischen belasteten Grundstücksrechten und sonstigen belasteten Rechten differenzierende Position etabliert.280 Der Wille des historischen Gesetzgebers wird überwiegend bei Aufhebung eines belasteten Grundstücksrechts und gleichgestellten Verfügungen über ein belastetes Grundstücksrecht befolgt: Ohne die erforderliche Zustimmung sei die Aufhebung nicht nur im Verhältnis zum Zustimmungsberechtigten, sondern gegenüber jedermann einschließlich des Inhabers des aufzuhebenden Rechts (schwebend) unwirksam.281 Endgültig nichtig sei die Aufhebung freilich wegen der Möglichkeit einer rückwirkenden Genehmigung gem. §§ 184 Abs. 1, 185 Abs. 2 S. 1 Var. 1 BGB erst, sobald eine Genehmigung nicht mehr erwartet werden könne.282 Unangefochten ist diese Ansicht aber nicht. Die Gegenansicht postuliert unter Verweis auf die drittschützende Schutzrichtung des § 876 BGB eine lediglich relative Unwirksamkeit der im Grundbuch dokumentierten Aufhebung des belasteten Rechts im Verhältnis zum zustimmungsberechtigten Inhaber des lastenden Rechts.283 Mit Rücksicht auf §§ 135, 136, 883 Abs. 2 BGB griffe der Einwand, dass die relative Wirksamkeit der Aufhebung zu Unzuträglichkeiten führe, nicht durch.284 Vor allem aber sei nicht einzusehen, weshalb der Aufgebende sein belastetes Grundstücksrecht ungeachtet der Aufhebung desselben noch veräußern, belasten und bei bereits erfolgter Löschung Grundbuchberichtigung verlangen könne.285 Die h. A. verweist hingegen auf den (angeblich) unzweideutigen Wortlaut des § 876 BGB („ist erforderlich“), auf den Willen des Gesetzgebers und die allgemein anerkannte Unzulässigkeit einer bedingten Löschung grundbuchlich verlautbarter Rechte.286 Außerdem sei es nicht sachgerecht, dem Aufgebenden die Geltendmachung des Grundbuchberichtigungsanspruchs bei zu Unrecht erfolgter Löschung des belasteten Rechts zu versagen.287 Anderenfalls sähe er sich ggf. 280 Vgl. MünchKomm (-Pohlmann), BGB VII7, § 1071 Rn. 12; Staudinger (-C. Heinze), BGB (2018), § 876 Rn. 46. 281 Erman (-Artz), BGB II15, § 876 Rn. 15; MünchKomm (-Kohler), BGB VII7, § 876 Rn. 15; Rosenberg, BGB III/1, § 876 Anm. III. 1.; Staudinger (-C. Heinze), BGB (2018), § 876 Rn. 46. 282 Rosenberg, BGB III/1, § 876 Anm. III. 2. Nach teilweise vertretener Ansicht soll dieser Schwebezustand allerdings mit Ablauf einer für die Einholung der Zustimmungserklärung „angemessenen“ Wartefrist enden; die Verfügung sei dann endgültig unwirksam (so Erman (-Artz), BGB II15, § 876 Rn. 15; MünchKomm (-Kohler), BGB VII7, § 876 Rn. 15; dagegen zu Recht Staudinger (-C. Heinze), BGB (2018), § 876 Rn. 47, der darauf verweist, dass die schwebend unwirksame zustimmungsbedürftige Verfügung auch gem. § 185 Abs. 2 S. 1 Var. 2 und 3 BGB, d. h. ohne Rücksicht auf eine Genehmigung, ex nunc geheilt werden könne). 283 So Baur/Stürner, Sachenrecht18 , § 19 Rn. 49; Soergel (-Stürner), BGB XIV13, § 876 Rn. 6; Wolff/R aiser, Sachenrecht10, § 39 IV (S. 127–128). 284 Wolff/R aiser, Sachenrecht10 , § 39 IV (S. 127). 285 Wolff/R aiser, Sachenrecht10 , § 39 IV (S. 127–128). 286 Vgl. MünchKomm (-Kohler), BGB VII7, § 876 Rn. 15; Rosenberg, BGB III/1, § 876 Anm. III. 1. 287 Staudinger (-C. Heinze), BGB (2018), § 876 Rn. 46.
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Schadensersatzansprüchen des Zustimmungsberechtigten aufgrund gutgläubiglastenfreien Erwerbs des Grundstücks ausgesetzt, obschon – bei formellrechtlich zulässiger Löschung subjektiv-dinglicher Rechte gem. § 21 GBO – weder Amtswiderspruch (§ 53 Abs. 1 GBO) noch Amtshaftungsansprüche (§ 839 BGB i. V. m. Art. 34 S. 1 GG) in Betracht kämen.288 Demgegenüber werden die Zustimmungstatbestände der §§ 1071, 1276 BGB von der inzwischen h. L. einschränkend dahin ausgelegt, dass Aufhebungs- und Änderungsverfügungen ohne die erforderliche Zustimmung des Nießbrauchers bzw. Pfandgläubigers nur diesem gegenüber unwirksam seien.289 Umstritten ist, ob dies auch dann gilt, wenn sich der Nießbrauch resp. das Pfandrecht auf ein (nicht grundstücksgleiches) Grundstücksrecht bezieht. Während ein Teil der Lehre die §§ 1071, 1276 BGB gesetzessystematisch als leges speciales im Verhältnis zu §§ 876, 877 BGB einordnet,290 spricht sich ein anderer Teil für die parallele Anwendbarkeit der §§ 876, 877 BGB und der §§ 1071, 1276 BGB aus, wobei dann aber die Rechtsfolge der §§ 876, 877 BGB ausschlaggebend sein soll.291 Nach der erstgenannten Ansicht ist die nicht konsentierte Aufhebung (bzw. Änderung) belasteter nicht grundstücksgleicher Rechte lediglich im Verhältnis zum zustimmungsberechtigten Drittrechtsinhaber unwirksam,292 während nach der letztgenannten Ansicht ausschließlich tatbestandsmäßige Verfügungen über ein verpfändetes oder mit einem Nießbrauch belastetes Liegenschaftsrecht ohne die erforderliche Zustimmung absolut nichtig sind.293 Letzteres sei wegen der Besonderheiten grundbuchlich do288
Staudinger (-C. Heinze), BGB (2018), § 876 Rn. 46; Meikel (-Böttcher), GBO10, § 21 Rn. 23. ZR 283/64, NJW 1967, S. 200, 201: Pfändung resp. Verpfändung eines Erbteils schränke die Verfügungsbefugnis des Erben über eine zum Nachlass gehörenden Gegenstand zu verfügen, gegenüber dem (Pfändungs-)Pfandgläubiger dahingehend ein, dass eine ohne Zustimmung des (Pfändungs-)Pfandgläubigers vorgenommene Verfügung über einen Nachlassgegenstand gegenüber dem (Pfändungs-)Pfandgläubiger entsprechend §§ 1276, 135 BGB unwirksam sei; BeckOGK BGB (-Servatius), Stand: 1.9.2018, § 1071 Rn. 20; Erman (-Bayer), BGB II15, § 1071 Rn. 2; Erman (-J. Schmidt), BGB II15, § 1276 Rn. 4; MünchKomm (-Pohlmann), BGB VII7, § 1071 Rn. 12; MünchKomm (-Damrau), BGB VII7, § 1276 Rn. 4; Palandt (-Herrler), BGB78 , § 1071 Rn. 1; Palandt (-Wicke), BGB78 , § 1276 Rn. 1; Soergel (-Stürner), BGB XVI13, § 1071 Rn. 3; Soergel (-Habersack), BGB XVI13, § 1276 Rn. 4; Staudinger (-Wiegand), BGB (2019), § 1276 Rn. 6. 290 Palandt (-Herrler), BGB78 , § 1071 Rn. 1; Staudinger (-C. Heinze), BGB (2018), § 1071 Rn. 1. 291 MünchKomm (-Pohlmann), BGB VII7, § 1071 Rn. 1, 12. Auch bei dem Zustimmungserfordernis aus § 1255 Abs. 2 BGB stehen sich die bekannten Positionen gegenüber: Während eine Ansicht meint, dass die Aufhebung des Pfandrechts mit absoluter Wirkung nichtig sei, sofern die erforderliche Zustimmung des Inhabers des die gesicherte Forderung belastenden Rechts fehle (so z. B. MünchKomm (-Damrau), BGB VII7, § 1255 Rn. 4; Staudinger (-Wiegand), BGB (2019), § 1255 Rn. 6), erlischt das Pfandrecht nach der Gegenansicht nur im Verhältnis zu der zustimmungsberechtigten Person nicht (so u. a. NomosKomm (-Bülow), BGB III4, § 1255 Rn. 5; Wieling, Sachenrecht I 2, § 15 VIII 2 c (S. 747); Wolff/R aiser, Sachenrecht10, § 171 I 1 a (S. 707)). 292 Vgl. Palandt (-Herrler), BGB78 , § 1071 Rn. 1; Staudinger (-C. Heinze), BGB (2018), § 1071 Rn. 1. 293 So Erman (-Artz), BGB II15, § 876 Rn. 2; MünchKomm (-Pohlmann), BGB VII7, § 1071 Rn. 12; Staudinger (-Frank), BGB (2009), § 1071 Rn. 2, 6; Soergel (-Stürner), BGB XVI13, § 1071 Rn. 3. Wenn man die nicht konsentierte Aufhebung oder Änderung des belasteten Rechts allein im Verhältnis zum Zustimmungsberechtigten als (schwebend) unwirksam erachtet, dürften sich 289 BGH, Urteil v. 26.10.1966 – VIII
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kumentierter Rechte gerechtfertigt, während im Übrigen eine einschränkende Auslegung der §§ 1071, 1276 BGB mit Rücksicht auf den Schutzzweck der Zustimmungserfordernisse gerechtfertigt sei.294 (2) Einheitliche Auslegung der Zustimmungstatbestände M. E. ist die gespaltene Auslegung der liegenschaftsrechtlichen und der außergrundstücksrechtlichen Zustimmungstatbestände weder methodisch vertretbar noch im Ergebnis sach- und interessengerecht. Richtigerweise sind alle Vorschriften, die Zustimmungserfordernisse zu nicht auf Rechtserwerb gerichteten Verfügungen über belastete Rechte begründen,295 einheitlich dahin auszulegen, dass die nicht seitens einer zustimmungsberechtigten Person konsentierte Verfügung erga omnes nichtig ist.296 Abgesehen davon, dass der Wortlaut der §§ 1071 Abs. 1, 1276 Abs. 1 BGB („kann nur mit Zustimmung … aufgehoben werden“) unmissverständlich gegen die Hypothese des Erlöschens des aufgehobenen Rechts unter Vorbehalt des Nießbrauchs oder Pfandrechts spricht, besteht über die gesetzgeberische prinzipiell auch Inhaber von gleich- und nachrangigen Rechten nicht auf die unveränderte Fortwirkung des ohne die erforderliche Zustimmung aufgehobenen oder geänderten Rechts berufen können. Wird z. B. eine subjektiv-dingliche Reallast (§§ 1110, 1105 Abs. 2, 96 BGB) seitens des Eigentümers des mit der Reallast verbundenen Grundstücks ohne die nach § 876 S. 2 BGB erforderliche Zustimmung eines Hypothekengläubigers aufgehoben, würde die Reallast ohnehin bis zu einer Beschlagnahme des Grundstücks im Wege der Zwangsverwaltung oder Pfändung der aus der Reallast fließenden einzelnen Ansprüche seitens des Hypothekengläubigers ruhen. Weder könnte der Eigentümer die einzelnen Leistungen geltend machen noch über diese vorbehaltlich der durch die Beschlagnahme eintretenden Verfügungsbeschränkung gem. § 1126 BGB verfügen. Wird das Grundstück im Wege der Zwangsversteigerung seitens des Hypothekengläubigers verwertet, erwirbt der Ersteher das Grundstück mitsamt der zugunsten des (betreibenden) Hypothekengläubigers als fortbestehend behandelten Reallast gem. §§ 90 Abs. 2, 55 Abs. 2, 20 Abs. 2 ZVG. Betreibt ein nicht grundpfandrechtlich gesicherter Gläubiger die Zwangsversteigerung, bedarf es auch im Verhältnis zum Hypothekengläubiger nicht einer Fiktion eines hoheitlichen Eigentumserwerbs mitsamt der Reallast, weil die Hypothek durch die Zwangsversteigerung nicht berührt wird. Anders dürfte es im umgekehrten Fall liegen, in dem ein vorrangiger Gläubiger das Grundstück verwertet und der nachrangige Hypothekengläubiger der Aufhebung der subjektivdinglichen Reallast nicht zustimmt. Entsprechendes ist anzunehmen, wenn die hypothekarisch gesicherte Forderung verpfändet ist und der Pfandgläubiger die analog § 876 S. 2 BGB erforderliche Zustimmung versagt, nicht aber der Hypothekengläubiger. Allein der Pfandgläubiger kann sich dann auf den Fortbestand der von der Hypothek erfassten subjektiv-dinglichen Reallast bei der Verwertung des Grundstücks aus der Grundschuld berufen. 294 BeckOGK BGB (-Servatius), Stand: 1.9.2018, § 1071 Rn. 20. 295 §§ 876, 877, 880 Abs. 2 S. 2, Abs. 3, 1071, 1168 Abs. 2 S. 2, 1178 Abs. 2 S. 2, 1180 Abs. 1 S. 2, Abs. 2 S. 2, 1183 BGB, 1245 Abs. 1 S. 2, 1255 Abs. 2 BGB, § 9 Abs. 3 S. 2 ErbbauRG. Demgegenüber begründet § 5 Abs. 4 S. 2, 3 WEG keine Zustimmungserfordernisse wegen mittelbarer Rechtsbeeinträchtigung, setzt vielmehr die Zustimmungsbedürftigkeit nach §§ 877, 876 BGB voraus und schränkt diese zugleich, soweit es um sondernutzungsrechtsrelevante Verfügungen über belastetes Sondereigentum geht, ein. 296 Im Grundsatz auch Raape, Das gesetzliche Veräußerungsverbot des Bürgerlichen Gesetzbuchs, S. 129–132 der zutreffend darauf hinweist, dass z. B. der Erlass einer mit einem Nießbrauch belasteten Forderung ohne die nach § 1071 Abs. 1 BGB erforderliche Zustimmung des Nießbrauchers in einen pactum de non petendo umgedeutet werden könne, was im Ergebnis einer relativen Wirkung des Erlassvertrages gleichkommt; Staudinger (-C. Heinze), BGB (2018), § 876 Rn. 46.
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Intention ausweislich der Materialien kein Zweifel: Schädliche Einwirkungen auf die von dem Verfügungsobjekt abhängigen Rechte Dritter sollen unter Wahrung der Gebote der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit vermieden werden.297 Dem trägt das Gesetz Rechnung, indem es den Eintritt des Verfügungserfolgs an die Zustimmung aller mittelbar betroffenen Rechtsinhaber des belasteten Verfügungsobjekts knüpft. Fehlt es auch nur an einer erforderlichen Zustimmungserklärung zur Aufhebung eines ggf. mehrfach und mehrstufig belasteten Rechts, ist die Verfügung nichtig; es bewendet ohne rechtssubjektspezifische Differenzierung beim sachenrechtlichen status quo ante. Zwar soll nicht in Abrede gestellt werden, dass die Rechtsfolge absoluter Nichtigkeit bei fehlender Zustimmung einem widersprüchlichen Verhalten des Verfügenden Vorschub leisten kann.298 Dem lässt sich nicht überzeugend entgegenhalten, dass es wegen des Haftungsrisikos des Aufgebenden wegen eines Rechtsverlusts des Zustimmungsberechtigten durch gutgläubigen Erwerb nicht gerechtfertigt sei, dem Aufgebenden die Befugnis, Grundbuchberichtigung zu verlangen, zu versagen.299 Wäre dieser Gesichtspunkt ausschlaggebend, dürfte ausschließlich die Aufhebung eines subjektiv-dinglichen Rechts unter der Prämisse, dass es zur Löschung desselben der verfahrensrechtlichen Bewilligung des materiellrechtlich Zustimmungsberechtigten gem. § 21 GBO nicht bedarf, als absolut unwirksam erachtet werden, wohingegen in allen anderen Fallgestaltungen auch die liegenschaftsrechtlichen Zustimmungstatbestände dahin auszulegen wären, dass die nicht konsentierte Verfügung ausschließlich im Verhältnis zum Zustimmungsberechtigten nichtig ist. Aber auch als Hilfsargument verfängt der Hinweis auf das Haftungsrisiko des Aufgebenden kaum. Hebt dieser freiwillig sein Recht auf und wird das Recht dementsprechend gelöscht, liegt es nahe, den Verfügenden an der gewillkürten Rechtsfolge ungeachtet einer etwaigen Schadensersatzhaftung wegen eines Rechtsverlusts des Zustimmungsberechtigten durch gutgläubigen Erwerb, Tabularfreiheitsersitzung oder Zwangsvollstreckung festzuhalten.300 297
Mot. III, S. 463; Prot. III, S. 71. kann alle Befugnisse aus dem belasteten Recht ungeachtet der von ihm selbst gewünschten Aufhebung oder Änderung in ungeschmälerter Weise geltend machen und somit aus eigenem Recht eine Grundbuchberichtigung erwirken, sofern sein Recht in der nicht konsentierten Weise geändert oder gelöscht wird; vgl. Wolff/R aiser, Sachenrecht10, § 39 IV (S. 127). 299 Staudinger (-C. Heinze), BGB (2018), § 876 Rn. 46. 300 Abgesehen davon, dass sich der Zustimmungsberechtigte selbst gegen die aus der Löschung resultierende Gefahr eines Rechtsverlusts effektiv schützen kann, vermag der das belastete Grundstücksrecht aufgebende Rechtsinhaber das aufgezeigte Haftungsrisiko von vornherein auszuschließen, indem er vor Abgabe der Aufhebungserklärung die erforderlichen Zustimmungen einholt. Unzumutbar ist dies schon deshalb nicht, weil ungeachtet des mit der Ermittlung zustimmungsberechtigter Personen verbundenen Kosten- und Zeitaufwands zugunsten des Aufgebenden, wie gezeigt, die Richtigkeitsvermutung des Grundbuchs (§ 891 Abs. 1 BGB) in Ansehung der Rechtsinhaberschaft hinsichtlich der lastenden Rechte gilt. Sollte ein Buchrechtsinhaber die erforderliche Zustimmung erteilen, kann der Verfügende sowie jeder, dem die Aufhebung des belasteten Grundstücksrechts zustattenkommt, auf die Wirksamkeit der Zustimmungserklärung vertrauen; über die fehlende Verfügungsbefugnis des Buchrechtsinhabers helfen §§ 893 Var. 2, 892 Abs. 1 S. 1 BGB hinweg. Sollte der eingetragene Inhaber des mittelbar betroffenen Rechts 298 Dieser
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Maßgeblich ist vielmehr, dass der Gesetzgeber sehenden Auges eine reflexhafte Begünstigung des sein Recht aufhebenden Rechtsinhabers in Kauf genommen hat. Dies ist die Konsequenz der gewünschten rechtssicheren Gestaltung sachenrechtlicher Zuordnungsverhältnisse. Diese gesetzgeberische Wertungsentscheidung mag man rechtspolitisch kritisieren; zwingende Sachgründe für eine interpretative Korrektur der Zustimmungstatbestände sind aber weder dargetan noch ersichtlich. Setzt sich der Rechtsinhaber mit seinem eigenen rechtsgeschäftlichen Tun in Widerspruch, lässt sich dies fraglos als unzulässige Rechtsausübung gem. § 242 BGB sanktionieren; einer berichtigenden Auslegung der Rechtsfolge des Zustimmungstatbestands bedarf es nicht, zumal die Ausübung eines ohne die erforderliche Zustimmung aufgehobenen Rechts seitens des Aufgebenden nicht schlechthin mit dem Makel selbstwidersprüchlichen Verhaltens behaftet ist.301 Wer hingegen den Vorschriften der §§ 1071, 1276 BGB ausschließlich individualschützenden Charakter attestiert, darf konsequenterweise für Verfügungen über belastete Liegenschaftsrechte nicht anders entscheiden; aus Gründen der Wertungskohärenz bedürfte es entsprechender teleologischer Reduktionen der einschlägigen liegenschaftsrechtlichen Zustimmungstatbestände; die von der ersten BGB-Kommission behaupteten Unzuträglichkeiten dürften dem materiell gerechten Ergebnis nicht entgegenstehen.302 Die zwischen liegenschaftsrechtlichen und außerliegenschaftsrechtlichen Zustimmungstatbeständen differenzierende Ansicht richtet sich wegen ihrer systematischen Inkohärenz letztlich selbst. Richtig ist zwar, dass dem Bürgerlichen Recht relative sachenrechtliche Zuordnungsverhältnisse keineswegs fremd sind.303 Anerkanntermaßen bewirkt der redliche Erwerb eines Rechts an einem gänzlich zu Unrecht oder unrichtig im Grundbuch verlautbarten Grundstücksrecht ein gestuftes Verhältnis subjektiver Rechte mit lediglich relativer Wirkung zugunsten des Erwerbers des wohlerworbenen Rechts.304 Deshalb verfängt auch das von der ersten BGB-Kommission vorgebrachte Argument, eine Servitut könne nicht lediglich zugunsten des Hypothekengläubigers wirksam bestellt werden,305 nicht. Aus dem nicht die erforderliche Zustimmung erteilen und wird die beabsichtigte Rechtsänderung dennoch verlautbart, kann der Aufgebende sein Haftungsrisiko dadurch senken, dass er, wenn eine Genehmigung der Aufhebung im Verhandlungsweg nicht zu erreichen ist, zumindest auf das Risiko eines Rechtsverlusts bei fehlender Grundbuchberichtigung hinweist und ggf. anbietet, kraft gewillkürter Prozessstandschaft den Grundbuchberichtigungsanspruch des Zustimmungsberechtigten geltend zu machen. Auf diese Weise vermag der Aufgebende zumindest den Umfang einer etwaigen Schadensersatzhaftung (§ 254 Abs. 1 BGB) senken. Dass der Aufgebende eine Schadensersatzhaftung wegen eines Rechtsverlusts des Zustimmungsberechtigten durch gutgläubigen Erwerb nicht vollständig vermeiden und auch nicht den Staat bei zulässiger Löschung eines subjektiv-dinglichen Rechts gem. § 21 GBO in Regress nehmen kann, muss er sich selbst zuschreiben. 301 Auch die Geltendmachung des Berichtigungsanspruchs ist aus den o. g. Gründen nicht als unzulässige Rechtsausübung gem. § 242 BGB unbeachtlich (MünchKomm (-Kohler), BGB VII7, § 876 Rn. 14). 302 Konsequent Wolff/R aiser, Sachenrecht10 , § 39 IV (S. 127–128). 303 Wolff/R aiser, Sachenrecht10 , § 39 IV (S. 127). 304 Eingehend hierzu § 5 IV. 2. b). 305 Mot. III, S. 463.
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gleichen Grund wäre – entgegen der h. A.306 – nichts dagegen einzuwenden, im Kontext der nicht konsentierten Vorrangeinräumung seitens des Inhabers eines belasteten Liegenschaftsrechts eine relative Rangordnung entstehen zu lassen, kommt es doch fraglos zu einer relativen Rangordnung, wenn Rangverhältnisse im Grundbuch unrichtig verlautbart sind und sodann an einem scheinbar vorrangigen Recht wiederum ein anderes Recht seitens eines gutgläubigen Erwerbers entsteht.307 Mit Blick auf die Rechtsfolgen des gutgläubigen Erwerbs eines Rechts an einem scheinbaren Grundstücksrecht ist auch das von der h. A. für die absolute Unwirksamkeit nicht konsentierter Verfügungen über Grundstücksrechte vorgebrachte Argument, dass das Verfahrensrecht eine bedingte Löschung des belasteten Rechts nicht vorsehe,308 unbehelflich. Abgesehen davon, dass dieser Einwand schon wegen des dienenden Charakters des Verfahrensrechts gegenüber dem materiellen Recht nicht verfängt, ist eine Berichtigung des Grundbuchs unter Vorbehalt eines kraft guten Glaubens erworbenen Rechts verfahrensrechtlich unproblematisch möglich.309 Legt man die Zustimmungstatbestände dahin aus, dass eine tatbestandsmäßige Verfügung bei fehlender Zustimmung über ein belastetes Grundstücksrecht lediglich im Verhältnis zum Zustimmungsberechtigten (schwebend) unwirksam sei, muss dem verfahrensrechtlich Rechnung getragen werden.310 Auch dieser Befund spricht aber nicht entscheidend für eine berichtigende Auslegung der sachenrechtlichen Zustimmungstatbestände. Die Fiktion des belasteten Rechts zwecks Verwirklichung des durch gutgläubigen Erwerb entstandenen Rechts ergibt sich aus dem Normwortlaut und wird durch die verkehrsfördernde Schutzrichtung des § 892 Abs. 1 S. 1 BGB bestätigt. Schließlich geht es darum, die Leichtigkeit und Sicherheit des Rechtsverkehrs mit Grundstücksrechten durch Veräußerung und Belastung derselben zu gewährleisten, nicht aber darum, die materielle Rechtslage an die grundbuchlich verlautbarte Scheinrechtslage zu adjustieren. Dies ist Sinn und Zweck der usucapio secundum tabulas, nicht des gutgläubigen Erwerbs. Auf der anderen Seite unterstreicht sogar der gutgläubige (Zweit-) 306 KG, Beschluss v. 18.1.1909, KGJ 37 A 213, 216–218; MünchKomm (-Kohler), BGB VII7, § 880 Rn. 14; Staudinger (-S. Heinze), BGB (2018), § 880 Rn. 29; Ulbrich, MittRhNotK 1995, S. 289, 294. 307 Siehe etwa KG, Beschluss v. 30.6.1927, JFG 5, S. 397, 402–404; näher hierzu § 5. IV. 2. c). Wird z. B. eine Grundschuld verpfändet, der eine zu Unrecht gelöschte Dienstbarkeit im Rang vorgeht, wird zugunsten des gutgläubigen Pfandgläubigers das durch das Grundbuch dokumentierte Rangverhältnis fingiert, soweit der Rangvortritt der verpfändeten Grundschuld zur Verwirklichung des Pfandrechts erforderlich ist (vgl. KG, Beschluss v. 11.9.1926, OLGE 46, S. 61, 62–63; Staudinger (-Picker), BGB (2019), § 892 Rn. 229). Abgesehen davon sind relative Rangverhältnisse bei der Ausnutzung von Rangvorbehalten, sofern vorbehaltlose Zwischenrechte bestehen, im Gesetz angelegt (vgl. § 881 Abs. 4 BGB). 308 So MünchKomm (-Kohler), BGB VII7, § 876 Rn. 15. 309 Vgl. Baur/Stürner, Sachenrecht18 , § 18 Rn. 35; Strohal, JherJb 28 (1889), S. 344, 383–384; näher § 5 IV. 6. a) bb). 310 Die Eintragung der Aufhebung oder Änderung des betroffenen belasteten Rechts wäre mit einem entsprechenden Vermerk, der den Fortbestand des Rechts zugunsten des betreffenden Zweigrechts zum Ausdruck bringt, in der Veränderungsspalte (§§ 10 Abs. 5, 11 Abs. 6 GBV) des betreffenden Grundstücksrechts zu verlautbaren.
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Teil I: Sachenrechtliche Subordinationsverhältnisse
Erwerb von belasteten Rechten, dass eine reflexhafte Begünstigung von nicht auf Erwerberseite stehenden Personen weder durchweg vermieden werden kann noch prinzipiell unerwünscht ist. Nichts anderes gilt für nicht auf Rechtserwerb gerichtete Verfügungen über belastete Rechte: Auch hier lässt sich eine reflexhafte Begünstigung anderer Rechtssubjekte als des Zustimmungsberechtigten bei näherer Betrachtung nicht auszuschließen, wenn der sachenrechtliche status quo ante zumindest im Verhältnis zum Zustimmungsberechtigten fortbesteht.311 Überdies darf die antithetische Gegenüberstellung von absoluter und relativer Unwirksamkeit nicht darüber hinwegtäuschen, dass sich die gegensätzlichen rechtstechnischen Konstruktionen im praktischen Ergebnis nicht notwendig auswirken.312 Umge311 Dies zeigt sich z. B. bei den Rechtsfolgen von Leistungen auf eine mit mehreren Pfandrechten belastete Hypothek, die mit Zustimmung des Eigentümers (§ 1183 BGB) und des zweitrangigen Pfandgläubigers (§ 1276 Abs. 1 BGB), aber ohne Zustimmung des erstrangigen Pfandgläubigers aufgehoben wird. Will man hier etwa einen lastenfreien Erwerb einer Eigentümergrundschuld – nach st. Rspr. des BGH folgt der Erwerb einer Eigentümergrundschuld bei Leistung auf die Hypothek aus einem Analogieschluss zu §§ 1142, 1143 BGB; siehe zuletzt BGH, Urteil v. 17.9.2002 – VI ZR 147/01, NJW-RR 2003, S. 11, 12 m. w. N. – ausschließen, wenn der Eigentümer zwecks Vermeidung der Zwangsvollstreckung auf die relativ wirksame Hypothek mit befreiender Wirkung gegenüber dem erstrangigen Pfandgläubiger gem. §§ 1291, 1281 S. 1, 1282 Abs. 1 S. 1 BGB leistet? Will man dem Verpfänder (= Hypothekengläubiger) die Befugnis absprechen, durch Ablösung des Pfandrechts gem. §§ 1273 Abs. 2 S. 1, 1225, 412, 401, 1250 Abs. 1 S. 1 BGB die durch das vorrangige Pfandrecht gesicherte Forderung mitsamt dem Nebenrecht an der Hypothek zu erwerben, wenn ihm ein Regressanspruch gegen den persönlichen Schuldner der durch das vorrangige Pfandrecht gesicherten Forderung zusteht? Will man dem nachrangigen Pfandgläubiger die Möglichkeit vorenthalten, einem Ausfall in der Zwangsvollstreckung durch Ablösung des vorrangigen Pfandrechts gem. §§ 1273 Abs. 2 S. 1, 1249 BGB vorzubeugen? Die Fragen stellen, heißt sie zu verneinen. Muss der Eigentümer die Vollstreckung aus der Hypothek ungeachtet der ohne konstitutive Zustimmung des vorrangigen Pfandgläubigers bewirkten Aufhebung derselben gewärtigen, darf man ihm nicht die Aussicht, auf Erwerb einer Eigentümergrundschuld resp. Eigentümerhypothek versagen und damit die Möglichkeit, die Rangstelle zu sichern, vorenthalten; anderenfalls würde man eine gesetzliche „Privatstrafe“ für die Erteilung der Zustimmung zur Aufhebung der Hypothek oktroyieren, was auch im Widerspruch zu den Rechtsfolgen des gutgläubigen Erwerbs eines Pfandrechts an einer Scheinhypothek stünde. Wie in § 5 IV. 2. b) näher ausgeführt wird, ist es sach- und interessengerecht, die Hypothek zwecks Ablösung als vollwirksames Recht zu behandeln, selbst wenn der Ablösungsberechtigte hierdurch nicht kraft Gesetzes das Pfandrecht des durch das Zustimmungserfordernis geschützten Gläubigers erwirbt. 312 Siehe etwa Raape, Das gesetzliche Veräußerungsverbot des Bürgerlichen Gesetzbuchs, S. 131, der zwar absolute Nichtigkeit des ohne Zustimmung des Nießbrauchers vereinbarten Erlasses einer mit einem Nießbrauch belasteten Forderung annimmt, das Verfügungsgeschäft jedoch in einen pactum de non petendo umdeutet. Exemplarisch zeigt sich die Konvergenz im praktischen Ergebnis auch bei der ungerechtfertigten Löschung einer verpfändeten Grundschuld infolge einer mit Zustimmung des Eigentümers, aber ohne Zustimmung des Pfandgläubigers erklärten Aufhebung seitens des Grundschuldgläubigers. Wird das Grundbuch berichtigt, soll die angeblich zunächst nur zugunsten des Pfandgläubigers fingierte Grundschuld nach Ansicht von Wolff/ Raiser, Sachenrecht10, § 39 IV (S. 128), die einer nicht konsentierten zustimmungsbedürftigen Verfügung über ein belastetes Recht prinzipiell relative Wirksamkeit attestieren, auf einmal zu voller Wirksamkeit erstarken, weil mit diesem actus contrarius ein tatbestandsmäßiges Erfordernis der Aufhebung nachträglich beseitigt sei. Dies ist zwar inkonsequent. Wenn das Zustimmungserfordernis nur den Schutz des Dritten bezweckt, dient die Wiedereintragung aufgrund Grundbuchberichtigung nur der Wahrung der Rechte des Dritten; für ein Wiedererstarken der aufgehobenen
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kehrt bewirkt die Tabularversitzung gem. § 901 S. 1 BGB auch nicht ein bloß relatives Erlöschen eines nicht eingetragenen, belasteten Rechts an einem Grundstück, wenn nur der Rechtsverwirklichungsanspruch des Inhabers des belasteten Rechts, nicht auch der des Inhabers des lastenden Rechts verjährt ist.313 Während hier kein einleuchtender Grund besteht, das nicht eingetragene belastete Recht mit relativer Wirkung zugunsten des Inhabers des „Zweigrechts“ als fortbestehend zu fingieren, spricht umgekehrt bei fehlender Zustimmung zu einer zustimmungsbedürftigen Verfügung über ein belastetes Liegenschaftsrecht kein zwingender Grund dafür, die Verfügung vorbehaltlich des Rechts des Zustimmungsberechtigten als wirksam zu behandeln. Wie der Vergleich mit den Rechtsfolgen von nicht in Gemäßheit der §§ 1074 S. 1, 1077, 1281, 1282 Abs. 1 S. 1 BGB bewirkten Leistungen auf eine belasteten Forderung demonstriert, hat sich der Gesetzgeber generell dagegen entschieden, Belastungen vermittels einer relativen Nichtigkeitssanktion potentiell schädlicher Rechtsgeschäfte in Ansehung des belasteten Rechts zu immunisieren. Die nicht konsentierte Einziehung der mit dem Recht eines Dritten belasteten Forderung seitens des Gläubigers zeitigt vorbehaltlich §§ 1070, 1275 BGB nicht einmal inter partes Erfüllungswirkung; vielmehr besteht die Forderung unstreitig mit absoluter Wirkung fort. Die Wirksamkeit einer unter Verstoß gegen die Vorschriften über die Empfangs- und Einziehungszuständigkeit bewirkten Verfügung bleibt hiervon aber richtigerweise auch bei Leistung auf eine Speziesschuld unberührt.314 Darüber hinaus stehen die Zustimmungserfordernisse wegen mittelbarer Rechtsbeeinträchtigung in einem systematischen Zusammenhang mit dem kontinuitätsschützenden Ausschluss der Konsolidation belasteter Rechte. Ungeachtet der personalen Identität zwischen dem Eigentümer und dem Inhaber eines belasteten Rechts ersten Grundschuld mit Wirkung erga omnes ist kein Raum, es bedürfte vielmehr einer Neubestellung. Es zeigt sich aber, dass eine reflexhafte Begünstigung des Aufgebenden durch die Nichtigkeitssanktion auch nach Ansicht der Anhänger der Lehre, dass die nicht konsentierte Aufhebung nur gegenüber dem Zustimmungsberechtigten nichtig sei, nicht schlechthin ausscheidet. Im Übrigen entfaltet die nicht konsentierte Aufhebung des belasteten Rechts nach beiden Lösungsansätzen volle Wirkung, wenn und sobald auch das mittelbar durch die Aufhebung beeinträchtigte Recht aus anderen Gründen erlischt (Rosenberg, BGB III/1, § 876 Anm. III. 3. b); MünchKomm (-Kohler), BGB VII7, § 876 Rn. 9; Staudinger (-C. Heinze), BGB (2018), § 876 Rn. 49; Wolff/R aiser, Sachenrecht10, § 39 IV (S. 128)). Obschon die Verfügung zunächst schwebend unwirksam ist, entfällt mit dem Erlöschen des Drittrechts der Zweck des Zustimmungserfordernisses; das belastete Recht erlischt mit Wirkung ex nunc. Dies kann freilich nicht gelten, wenn ein vom Eigentümer aufgehobenes subjektiv-dingliche Recht unselbstständig durch Rechte Dritter am Grundstück belastet wird, die in der Zwangsversteigerung erlöschen, namentlich Grundschulden und Hypotheken, und die erforderliche Zustimmung zur Aufhebung fehlt: Der hoheitliche Erwerb in der Zwangsversteigerung darf nicht dadurch beeinträchtigt werden, dass, obschon sich die Beschlagnahme auf das Grundstück einschließlich des subjektiv-dinglichen Rechts erstreckt, der Ersteher das Grundstück ohne das seitens des Alteigentümers aufgehobene Recht erwirbt (siehe Hutzel, ZfIR 2013, S. 402, 404–405; MünchKomm (-Kohler), BGB VII7, § 876 Rn. 9). 313 Siehe § 3 II. 2. a. E. 314 Erman (-J. Schmidt), BGB II15, § 1281 Rn. 8; MünchKomm (-Damrau), BGB VII7, § 1281 Rn. 5; Palandt (-Wicke), BGB78 , § 1281 Rn. 3; Westermann/Gursky/Eickmann (-Gursky), Sachenrecht8 , § 136 Rn. 7.
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Teil I: Sachenrechtliche Subordinationsverhältnisse
Grades besteht das konfundierte Recht mit absoluter Wirkung fort, solange auch nur ein Recht höheren Grades existiert.315 Diese gesetzgeberische Wertungsentscheidung ist zu respektieren; die hohen Voraussetzungen für eine Rechtsfortbildung contra legem sind ersichtlich nicht erfüllt. Fehlt es an der erforderlichen Zustimmung, führt dies nach alldem vorbehaltlich einer Ersetzung der Zustimmung 315 Mot. III, S. 463. Wenn man freilich mit der Gegenansicht annimmt, dass die nicht konsentierte Verfügung lediglich im Verhältnis zum Zustimmungsberechtigten unwirksam sei, liegt es nur nahe, auch bei der Vereinigung des belasteten Rechts mit dem Eigentum das konfundierte Recht nur im Verhältnis zum Inhaber des lastenden Rechts als fortbestehend zu fingieren. Zum Teil wird daher vertreten, dass § 1256 Abs. 1 S. 2 BGB einschränkend dahin auszulegen sei, dass das Pfandrecht lediglich zugunsten des Inhabers des pfandrechtsbelastenden Nießbrauchs oder (Pfändungs-)Pfandrechts als fortbestehend zu fingieren ist (so NomosKomm (-Bülow), BGB III4, § 1256 Rn. 5; Wieling, Sachenrecht I2, § 15 VIII 2. d) aa)) (S. 747); Wolff/R aiser, Sachenrecht10, § 171 I. 1. b) i. V. m. § 39 IV.). Demgegenüber besteht das mit dem Eigentum vereinigte Pfandrecht nach der zutreffenden Gegenansicht mit absoluter Wirkung fort, solange es mit dem Recht eines Dritten belastet ist (Erman (-J. Schmidt), BGB II15, § 1256 Rn. 4; BeckOGK BGB (-Förster), Stand: 1.6.2019, § 1256 Rn. 6; MünchKomm (-Damrau), BGB VII, § 1256 Rn. 3; Soergel (-Habersack), BGB XVI13, § 1256 Rn. 3; Staudinger (-D. Wiegand), BGB (2019), § 1256 Rn. 5). Diese Ansicht kann sich auf den Wortlaut des § 1256 Abs. 1 S. 2 BGB („Das Erlöschen tritt nicht ein, …“) und den intrasystematischen Vergleich mit § 1256 Abs. 2 BGB („Das Pfandrecht gilt als nicht erloschen, …“) stützen. Nur im Fall des § 1256 Abs. 2 BGB ist der Fortbestand des Pfandrechts zugunsten des Eigentümers zu fingieren, wohingegen sich Dritte nicht auf das Pfandrecht berufen können (Erman (-J. Schmidt), BGB II15, § 1256 Rn. 6; NomosKomm (-Bülow), BGB III4, § 1256 Rn. 7). Freilich gilt bei der Ausnahme vom Grundsatz der Konsolidation gem. § 1256 Abs. 1 S. 2 BGB nichts anderes als bei einer nicht konsentierten Aufhebung oder Änderung eines belasteten (Grundstücks-)Rechts: Erlischt die Belastung des konfundierten Pfandrechts, erlischt das mit dem Eigentum (noch) vereinigte Pfandrecht gem. § 1256 Abs. 1 S. 1 BGB (Erman (-J. Schmidt), BGB II15, § 1256 Rn. 4; BeckOGK BGB (-Förster), Stand: 1.6.2019, § 1256 Rn. 6; RGRK (-Kregel), BGB III/312, § 1256 Rn. 2). Ist der Eigentümer auch persönlicher Schuldner, liegt zugleich Konfusion vor, die nach allg. Ansicht ebenso wenig zum Erlöschen der Forderung führt, solange diese mit einem sich auf die Nebenrechte erstreckenden Nießbrauch oder Pfandrecht belastet ist (vgl. BeckOGK BGB (-Förster), Stand: 1.6.2019, § 1256 Rn. 7; Staudinger (-D. Wiegand), BGB (2019), § 1256 Rn. 5). Es gilt insoweit nichts anderes als bei der Konfusion einer (nicht mit Nebenrechten verbundenen) belasteten Forderung (vgl. Staudinger (-Olzen), BGB (2016), Einl. zu §§ 362 ff. Rn. 29; MünchKomm (-Pohlmann), BGB VII7, § 1072 Rn. 4; Staudinger (-C. Heinze), BGB (2017), § 1072 Rn. 5 m. w. N.). Was hier für die Vereinigung des Pfandrechts mit dem Eigentum ausgeführt worden ist, gilt grundsätzlich für die Vereinigung eines belasteten Nießbrauchs oder Pfandrechts mit dem jeweils belasteten Recht und somit auch im Rahmen mehrstufiger Belastungen, sobald ein belastetes Recht sich mit dem Recht der jeweils vorgelagerten Belastungsstufe in einer Person vereinigt. Richtigerweise erlischt deshalb auch nicht ein gepfändeter Nießbrauch durch Konsolidation gem. § 1063 Abs. 1 BGB (i. V. m. § 1072 BGB), während ein belastetes Rechtspfandrecht bei Vereinigung mit seinem Belastungsgegenstand gem. § 1256 Abs. 1 S. 2 BGB gem. § 1273 Abs. 2 S. 1 BGB fortbesteht (vgl. RG, Urteil v. 11.5.1937 – VII 304/36, RGZ 154, S. 378, 383 (zur entsprechenden Anwendung des § 1256 Abs. 2 BGB); Erman (-J. Schmidt), BGB II15, § 1273 Rn. 7; Staudinger (-D. Wiegand), BGB (2019), § 1273 Rn. 21). Nur klarstellend sei erwähnt, dass der Forderungsnießbrauch und das Forderungspfandrecht nicht dadurch erlöschen, dass der Nießbraucher resp. der Pfandgläubiger in die Rechtsstellung des Schuldners eintritt; die Forderung besteht fort, wobei der Pfandgläubiger bei Fälligkeit der gesicherten Forderung zur Aufrechnung berechtigt ist und der Nießbraucher von der Verpflichtung zur Entrichtung der Zinsen befreit ist bzw. das Eigentum am Leistungsgegenstand einer auf verbrauchbare Sachen gerichteten Forderung gem. § 1075 Abs. 2 BGB erwirbt (so im Ergebnis auch MünchKomm (-Pohlmann), BGB VII7, § 1072 Rn. 3; Staudinger (-C. Heinze), BGB (2017), § 1072 Rn. 4).
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gem. § 893 Var. 2, 892 Abs. 1 S. 1 BGB zur Unwirksamkeit der nicht konsentierten Verfügung mit Wirkung erga omnes.316 Wie aber die vorstehenden Ausführungen andeuten, ließe sich de lege ferenda eine andere Lösung materiellrechtlich und auch verfahrensrechtlich verwirklichen. Auf die Rechtsfolgen des gutgläubigen Erwerbs eines Rechts an einem unrichtig eingetragenen Liegenschaftsrecht wird Bezug genommen.317
III. Zusammenfassung Schon wegen der rechtstypischen Divergenzen des sachenrechtlichen Kanons unterscheiden sich die Belastungskompatibilitäten dinglicher Rechte im geltenden Recht nicht unwesentlich von den gemeinrechtlichen Varianten aufeinander aufbauender iura in re. Sieht man einmal von den positivrechtlich normierten neuen Arten und Erscheinungsformen von dinglichen Rechten und „Sicherungsmitteln“ ab, entstanden im Wege der Rechtsfortbildung gänzlich neue Rechtstypen in Form von Aneignungs-, Anwartschafts- und Erwerbsrechten. All diese sind entweder selbstständig übertragbar und belastbar oder aufgrund ihrer Verbindung mit einem übertragbaren Recht, sei es Grundstückseigentum, ein grundstücksgleiches Recht oder eine Forderung verkehrsfähig. Während demgegenüber für die emphyteusis im BGB von vornherein wegen der mit dieser Rechtsfigur assoziierten Fragmentierung des Grundstückseigentums in dominium directum und dominium utile kein Platz war, fungieren als Substitut der superficies das Erbbaurecht und das Wohnungseigentum, die in eigentumsidentischer Weise als grundstücksgleiche Rechte zu übertragen und zu belasten sind. Vom römischen Vorbild weicht zudem das geltende Regime der Dienstbarkeiten in Hinsicht auf die Dispositionsbefugnisse des jeweiligen Rechtsinhabers deutlich ab. Ungeachtet des Grundsatzes der Unübertragbarkeit sind der Nießbrauch und die beschränkte persönliche Dienstbarkeit zwar pfändbar, aber nicht verpfändbar und nicht mit (Unter-)Nießbrauchsrechten belastbar. Belastungsfähig sind ausschließlich das übertragbare Dauerwohnrecht und, selbstverständlich, das Wohnungseigentum als Funktionssubstitute des der habitatio entsprechenden dinglichen Wohnungsrechts (§ 1093 BGB). Das Prinzip der Unübertragbarkeit wird auch bei den Grunddienstbarkeiten konsequenter durchgeführt als im römischen Regime der servitutes praediorum. Wenngleich Grunddienstbarkeiten – nicht anders als alle subjektiven Vermögensrechte – sicherungshalber eingeräumt werden können, steht es dem Sicherungsnehmer nicht frei, im Wege des Pfandverkaufs die betreffende Dienstbarkeit auf eine andere Person oder auf ein anderes herrschendes Grundstück zu übertragen oder gar originär eine Dienstbarkeit am Grundstück des Schuldners zu bestellen. Die in der pandektistischen Doktrin strittige „Ver316 So auch Raape, Das gesetzliche Veräußerungsverbot des Bürgerlichen Gesetzbuchs, S. 129–132; Staudinger (-C. Heinze), BGB (2017), § 876 Rn. 46. 317 § 5 IV. 2. b).
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Teil I: Sachenrechtliche Subordinationsverhältnisse
pfändung einer zu errichtenden Servitut“318 ist mit dem geltenden Recht unvereinbar. Weder die Grundschuld noch die Hypothek begründet eine Verfügungsbefugnis über das Eigentum; möglich wäre allenfalls, eine rechtsgeschäftliche Belastungsbefugnis zur Bestellung einer Grunddienstbarkeit qua Ermächtigung. Nur klarstellend sei betont, dass weder im römischen noch im gemeinen Recht eine gesonderte Verpfändung oder gar Übertragung einer servitus praedii – im Unterschied zum ususfructus – anerkannt war; die „Verpfändung einer zu errichtenden Servitut“ war bei Lichte betrachtet eine atypische Variante der Verpfändung des (Grund-)Eigentums. Dem Profil der Grunddienstbarkeiten laufen gesonderte Erwerbsgeschäfte, zumal eine denktheoretische Verpfändung, zuwider. Wäre der Inhaber einer servitus praedii aus eigenem Recht dazu berufen, dieselbe ohne das herrschende Grundstück zu verpfänden, wäre das Maß der Belastung des dienenden Grundstücks nicht abschätzbar. Die Servitut könnte – bei unterstellter funktioneller Austauschbarkeit des herrschenden Grundstücks – praktisch beliebig von einem zum nächsten Grundstück kraft Pfandveräußerung ohne Zustimmung des Eigentümers des dienenden Grundstücks „hin- und herwandern“. Auf der einen Seite hätte sich der Grundstückseigentümer mit der erstmaligen Bestellung einer Grunddienstbarkeit seines Einflusses auf die Auswahl des herrschenden Grundstücks und somit auf den Umfang der jeweils zu ziehenden Nutzungen begeben. Auf der anderen Seite wäre das der sachenrechtlichen Standardisierung zugrunde liegende Leitmotiv einer zweckmäßigen Ressourcenallokation verfehlt worden, weil sich aus Gläubigersicht das herrschende Grundstück mitsamt der inbegriffenen Grunddienstbarkeit als Kreditsicherungsobjekt anbietet, wohingegen ein fiktives Pfandrecht an der Servitut – selbst wenn es zur Übertragung der Servitut im Sicherungsfall berechtigt – bestenfalls eine aleatorische Sicherheit begründen könnte.319 Endlich sei nur klarstellend erwähnt, dass sich die um das subpignus kreisenden Streitfragen unter leicht veränderten Vorzeichen für das aus dem ius commune rezipierte Afterpfand des österreichischen Rechts (vgl. §§ 454, 455, 460 ABGB) stellen. 318
§ 3 I. 2. a).
319 Demgegenüber
begründet die „Verpfändung einer zu errichtenden Servitut“ ein im Vergleich zu dem mit einer Veräußerungsbefugnis ausgestatteten Grundpfandrecht ein sachenrechtliches minus. Der Pfandgläubiger ist weder zur vollständigen Nutzung noch zur Veräußerung des verpfändeten Grundstücks, sondern zur Nutzung im Ausmaß einer bestimmten Servitut sowie zur erstmaligen Errichtung einer solchen aufgrund eines Pfandverkaufs berechtigt. Aus Gläubigersicht vermag eine solche Gestaltung unter der Prämisse, dass die aufgrund Pfandverkaufs zu errichtende Servitut ohne Rücksicht auf die spezifische Zweckbestimmung der umliegenden Grundstücke potentiell jedem Eigentümer eines benachbarten Grundstücks von Vorteil sein kann, einen gewissen Sicherungseffekt zu erzielen. Dies erklärt, weshalb sich im römischen Recht ein eigentümliches Pfandrecht mit Befugnis zur Dienstbarkeitsbestellung allein in Bezug auf die hergebrachten servitutes praediorum rusticorum, namentlich Wasserschöpfungs- und Wegerechte, etablierte, nicht aber in Bezug auf servitutes praediorum urbanorum. Im Unterschied zu ländlichen setzen städtische Dienstbarkeiten i. d. R. einen spezifischen Bebauungszusammenhang zwischen dem dienenden und dem herrschenden Grundstück voraus und vermögen schon deshalb nicht jedem beliebigen benachbarten Grundstück einen objektiven Vorteil zu verschaffen.
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Abgesehen davon zeigt sich bei näherer Analyse des geltenden deutschen Rechts, dass die konsequent durchgeführte Verpfändungsakzessorietät des Pfandrechts diverse Rechtsfragen aufwirft, denen in der Lehre bislang kaum Beachtung geschenkt worden ist.320 Letztlich geht es um das Ideal einer zweckmäßigen sachen320 Dies sei hier in aller Kürze skizziert (zum Ganzen § 5 IV.). Zumindest in Teilen der Literatur wird die Frage diskutiert, ob mit Blick auf die Übertragungsakzessorietät des Pfandrechts ein gutgläubig translativer Erwerb eines Pfandrechts an einem (Grund-)Pfandrecht gem. § 892 Abs. 1 S. 1 BGB bzw. in entsprechender Anwendung von § 1207 BGB in Betracht kommt (§ 5 IV. 2. d)). Mit dieser Thematik eng verknüpft ist der liegenschaftsrechtliche Verkehrsschutz bei nicht auf Erwerb gerichteten Rechtsgeschäften mit dem scheinbaren Inhaber eines Pfandrechts an einem Grundpfandrecht gem. § 893 BGB. Demgegenüber wird z. B. der Frage, unter welchen Voraussetzungen der Inhaber eines verpfändeten Pfandrechts zur Ausübung resp. zur Verfügung über das „dienende“ Pfandrecht berechtigt ist, keine Beachtung geschenkt (§ 5 IV. 3. a) bb)). Soweit im gemeinrechtlichen Schrifttum vertreten wurde, dass der „Afterverpfänder“ jedenfalls ab Benachrichtigung des Eigentümers/Schuldners von der Pfandrechtsverpfändung die pfandrechtliche Veräußerungsbefugnis verliere, ein ohne den Willen des Afterpfandgläubigers durchgeführter Pfandverkauf mithin nichtig sei (Sohm, Die Lehre vom subpignus, S. 146–148; Dernburg, Das Pfandrecht nach den Grundsätzen des heutigen römischen Rechts I, § 61 (S. 483)), kann dem für die Auslegung des geltenden Rechts keine Bedeutung beigemessen werden kann. Ausweislich §§ 1281, 1282 BGB (ggf. i. V. m. § 1291 BGB) verliert der Inhaber eines verpfändeten (Grund-)Pfandrechts jedenfalls nicht schon durch die Verpfändung der gesicherten Forderung bzw. der Grund- und Rentenschuld die Einziehungsbefugnis. Zudem ist selbst nach Eintritt der Pfandreife (hinsichtlich des herrschenden Pfandrechts) immer noch eine Klage seitens des belasteten (Pfand-)Gläubigers – gerichtet auf Zahlung auf die gesicherte und weiterverpfändete Forderung an den Inhaber des herrschenden Forderungspfandrechts – zulässig. Zudem dürfte der Gefahr einer Verschwendung eines Verwertungserlöses zumindest bei einem staatlich organisierten Verteilungsverfahren in der Zwangsvollstreckung hinreichend durch Auszahlung an den Inhaber des belasteten und den Inhaber des belastenden Pfandrechts oder Hinterlegung entgegengewirkt werden können. In jedem Fall sind Dritte, die im berechtigten Vertrauen mit dem betreibenden Inhaber des dienenden Pfandrechts Vermögensdispositionen treffen, zu schützen. Wird z. B. die verpfändete Forderung ohne Mitwirkung des Inhabers eines das exerzierte Forderungspfandrecht belastenden Pfandrechts eingezogen, entfalten Leistungen des Schuldners an den Forderungsgläubiger und/ oder den belasteten Pfandgläubiger in Analogie zu § 1275 Var. 1 BGB i. V. m. §§ 406, 407 Abs. 1 BGB befreiende Wirkung auch gegenüber dem nicht beteiligten Inhaber des das Forderungspfandrecht belastenden Pfandrechts, wobei sich dann weitergehend die Frage nach einer Pfandrechtssurrogation entsprechend § 1287 S. 1 BGB stellt. Desgleichen dürfte eine Pfandveräußerung nach § 1228 Abs. 1 BGB, die vom Inhaber eines belasteten Sachpfandrechts ohne Zustimmung des Inhabers des die gesicherte Forderung belastenden Pfandrechts betrieben wird, jedenfalls in entsprechender Anwendung zu einem gutgläubigen Erwerb gem. § 1244 Var. 1 BGB führen. Hier ist wiederum eine Pfandrechtssurrogation in kombinierter Anwendung der §§ 1247 S. 2, 1287 S. 1 BGB zugunsten des Inhabers des herrschenden Pfandrechts zu erwägen. Setzt demgegenüber der Inhaber des herrschenden Pfandrechts das dienende Pfandrecht, z. B. durch Verkauf einer Pfandsache nach Eintritt der Pfandreife des belasteten Sach- und des belastenden (Forderungs-)Pfandrechts, durch, stellt sich erstens die Frage, ob er in das Pflichtenprogramm des Sachpfandgläubigers im Verhältnis zum Eigentümer eintritt (vgl. §§ 1235, 1237, 1241 BGB) und ggf. abweichende Verwertungsvereinbarungen mit dem Eigentümer gem. § 1245 Abs. 1 BGB treffen kann. Soweit die entsprechende Fragestellung für das gemeine Afterpfandrecht von Sohm, Die Lehre vom subpignus, S. 111–113 bejaht wurde, drängt sich für das geltende Recht eine veränderte Betrachtungsweise auf; die schuldrechtlichen Verhältnisse sind auch bei gestuften Belastungen klar zu unterscheiden. Aus der Pflicht zur ordnungsmäßigen Einziehung der verpfändeten Forderung gem. § 1285 Abs. 2 S. 1 BGB dürfte sich ohnedies die Pflicht ergeben, die den belasteten Gläubiger als Inhaber des mitverpfändeten Pfandrechts treffenden Pflichten beim Pfandverkauf zu überneh-
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Teil I: Sachenrechtliche Subordinationsverhältnisse
rechtlichen Standardisierung; die konstruktionsjuristischen Gestaltungen sind Mittel zum Zweck und nicht Selbstzweck. Dem muss bei der Auslegung und Fortbildung sowohl des geltenden deutschen Forderungspfandrechtsregimes als auch des nach wie vor nur punktuell erforschten Afterpfandes i. S. v. § 454 ABGB im österreichischen Privatrecht Rechnung getragen werden. Abgesehen davon, dass de lege lata ein „isoliertes“ Pfandrecht am Pfandrecht ohnedies sowohl im österreichischen als auch im deutschen Recht richtiger Ansicht nach ausscheidet, ist, wie noch zu zeigen sein wird, das denktheoretische Konstrukt eines rechtsgeschäftlich bestellten Afterpfandrechts, das nicht durch Verpfändung der gesicherten Forderung errichtet wird, auch nicht de lege ferenda in den sachenrechtlichen Kanon zu integrieren.321
men. Zweitens stellt sich die Frage, ob die in § 1247 S. 1 BGB angeordnete Berichtigungsfiktion anzuwenden ist, soweit die Forderung des belasteten Pfandgläubigers die des betreibenden Inhabers des belastenden Pfandrechts übersteigt und der betreibende Gläubiger einen Überschuss erzielt. Dies wirkt sich auf die Surrogationswirkungen am Überschuss gem. § 1247 S. 2 BGB sowie auf die Frage aus, gegenüber wem der betreibende Gläubiger zur Herausgabe des erzielten Überschusses verpflichtet ist. Insoweit ist der Vergleich mit dem gemeinen subpignus unbehelflich. Anders liegt es, soweit es um den Störungsschutz eines Pfandrechts an einem (Grund-)Pfandrecht geht. M. E. spricht ungeachtet des Umstands, dass sich die Verpfändung einer durch Sachpfandrecht gesicherten Forderung ohne traditio durch Einigung und Benachrichtigung des Schuldners der zu verpfändenden Forderung vollzieht (§§ 1274 Abs. 1 S. 1, 398, 1250 Abs. 1 S. 1, 1279 S. 1, 1280 BGB), viel dafür, dem Forderungspfandgläubiger als Inhaber des das Sachpfandrecht einschränkenden Pfandrechts auch hinsichtlich der Pfandsache die entsprechenden Rechtsbehelfe des Eigentümers zu gewähren (§§ 985, 1004 Abs. 1 BGB i. V. m. §§ 1273 Abs. 2 S. 1, 1227 BGB). Entsprechendes gilt für ein Pfandrecht an einer Hypothek und einer Grund- oder Rentenschuld in Ansehung des Unterlassungsanspruchs aus § 1134 BGB (i. V. m. § 1147 BGB). Im Ergebnis würde dies der im gemeinen Recht weitgehend anerkannten und durch D. 20, 1, 13, 2 augenscheinlich bestätigten Sichtweise entsprechen, dass dem Afterpfandgläubiger hinsichtlich der weiterverpfändeten Sache eine auf Herausgabe zielende actio utilis hypothecaria gegen den Besitzer zustehe. 321 § 5 V. 3. a).
Teil II
Innerartliche Belastungskompatibilitäten
§ 4 Trusts Wie angerissen, begibt sich die nachfolgende Studie hinsichtlich der Verkehrsfähigkeit trust-basierter Rechte auf ein in weiten Teilen unbearbeitetes Terrain. Ein besonderer Akzent liegt dabei auf der im Institut des sub-trust verschlüsselten „innerartlichen Belastung“: Die Untersuchung zeigt die Strukturverwandtschaft zwischen genuinen beschränkten dinglichen Rechten und trust-basierten beneficial interests auf, ohne essentielle Unterschiede zu verwischen. Sie ist methodisch nicht vorrangig rechtsvergleichend angelegt, sondern leuchtet mehrstufige trusts aus interner englischer Sicht aus. Dieser Ansatz ist angesichts des akademisch und judiziell kaum erschlossenen Forschungsgegenstandes notwendig, um im folgenden Schritt, im Licht der Erkenntnisse der sub-trusts, das Entwicklungspotential des deutschen Treuhandrechts de lege lata und de lege ferenda auszuloten. Nähere Betrachtung der praktisch relevanten Erscheinungsformen sog. sub-trusts schärft das Verständnis für die Wirkmächtigkeit des trust. Mit Blick auf die Tragweite und die Implikationen einer eventuellen Fortbildung der Rechtsstellung des Treugebers zu einem verkehrsfähigen Sachenrecht ist die Frage der Rezeptionswürdigkeit dieses Rechtsinstituts kritisch zu beurteilen. Andererseits ist diese komparative Betrachtung keine „Einbahnstraße“. Zahlreiche offene Rechtsfragen, die sog. sub-trusts aufwerfen, werden hier gerade auch vor dem Spiegel des „trustfreien“ deutschen Privatrechts diskutiert, das sich gänzlich anderer Lösungen der relevanten Sachprobleme bedient.Die Untersuchung gliedert sich in fünf Teile. Zunächst skizziere ich die wesentlichen Grundzüge des trust (I.), um sodann die Vergleichbarkeit der Rechtsstellung eines beneficiary mit der Inhaberschaft eines beschränkten dinglichen Rechts aufzuzeigen (II.). Auf dieser Grundlage werden die weitgehend ungeklärten Rechtsfragen von sub-trusts erörtert (III.). Mehrstufige Treuhandverhältnisse im deutschen Recht – die hier nur kursorisch zu behandeln sind (IV.) – sind demgegenüber nicht strukturell, sondern allenfalls funktional einer innerartlichen Belastung vergleichbar. Sub-trust-äquivalente oder zumindest -vergleichbare Rechtsfolgen erreicht das Bürgerliche Recht mit anderen Mitteln. Die komparative Diskussion bildet die Grundlage für die abschließende Stellungnahme zu der Frage, ob es – mit Rücksicht auf die spezifische innerartliche Belastbarkeit – geboten ist, ein vergleichbares Institut in das deutsche Privatrecht zu introduzieren.
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Teil II: Innerartliche Belastungskompatibilitäten
I. Die Grundzüge des trust Bekanntlich ist der trust die stilprägende Rechtsfigur des anglo-amerikanischen Rechtskreises. Sie gilt als die wohl bedeutendste „Erfindung“ der Kanzleigerichtsbarkeit und damit als Equity’s wichtigster Beitrag zum Privatrechtssystem des Common Law (i. w. S.).1 Seit der Entwicklung aus dem mittelalterlichen „use“2 sind trusts schon wegen ihrer immensen sozioökonomischen Relevanz3 aus dem Rechtskreis des Common Law nicht hinwegzudenken. Eine allgemein konsentierte Definition des trust hat sich freilich bis heute nicht etabliert – die Diversität der einzelnen Gestaltungsformen und Funktionszwecke erschwert die Grundlegung eines holistischen Konzepts des trust nicht unwesentlich.4 Nach konventioneller Definition 1 Statt vieler Worthington, Equity2 , S. 67. Während einige kontinentaleuropäische Rechtsordnungen zwar auf den ersten Blick trust-ähnliche Rechtsinstitute in das nationale Vermögensrecht inkorporieren (näher von Bar, EuZW 2018, S. 925, 928–931; ders., Gemeineuropäisches Sachenrecht II, Rn. 454–461; siehe auch Underhill and Hayton (-Hayton/Matthews/Mitchell), Law Relating to Trusts and Trustees19, Rn. 101.47–101.48), ist die häufig als Paradigma hervorgehobene fiducie des französischen Rechts ein Beispiel für eine genuin kontinentaleuropäische Rechtssetzung einer Treuhand, die allenfalls bestimmten express trusts des englischen Rechtskreisesentspricht entspricht und nicht einmal ansatzweise das Spektrum englischer trusts abdeckt (näher zur fiducie des französischen Rechts (von Bar, Gemeineuropäisches Sachenrecht II, Rn. 462–465). 2 Instruktiv zur rechtshistorischen Genese des trust u. a. Baker, Oxford History of the Laws of England VI (2003), S. 653–683; ders., An Introduction to English Legal History5, S. 267–278; Biancalana, in: Helmholz/Zimmermann, Itinera Fiduciae: Trust and Treuhand in Historical Perspective, S. 111–171; N. Jones, in: Helmholz/Zimmermann, Itinera Fiduciae: Trust and Treuhand in Historical Perspective, S. 173–205; Holdsworth (1923) 4 Legal History Review 367–383. 3 Statt vieler siehe nur Watt, Trusts and Equity8 , S. 34–42; Worthington, Equity2 , S. 73–77. 4 Zur strittigen Begriffsbildung im Common Law statt vieler Hanbury and Martin (-Martin), Modern Equity18 , Rn. 2-001Martin, in: Hanbury and Martin, Modern Equity, 18. Aufl. 2009, Rn. 2-001. Anknüpfend an eine vielzitierte Formulierung von Sir Arthur Underhill wird der trust im Standardwerk von Underhill and Hayton (-Hayton/Matthews/Mitchell), Law Relating to Trusts and Trustees19, Rn. 1.1: Hayton/Matthews/Mitchell, in: Underhill and Hayton, Law Relating to Trusts and Trustees, 19. Aufl. 2016, Rn. 1.1 wie folgt definiert: „A trust is an equitable obligation, binding a person (who is called a trustee) to deal with property (called trust property) owned by him as a separate fund, distinct from his own private property for the benefit of persons (who are called the beneficiaries or, in old cases, cestuis que trust), of whom he may himself be one, and any one of whom may enforce the obligation.“). Demgegenüber ist die in Art. 2 des Haager Trust-Übereinkommens vom 1.7.1985 normierte Legaldefinition des trust defizitär, weil sie nicht die für den trust des englischen Rechtskreises charakteristische Trennung der dinglichen Vermögenszuordnungssphären – Common Law (i. E. S.) und Equity – prägnant zum Ausdruck bringt; die englische Sprachfassung findet sich unter https://www.hcch.net/de/instruments/con ventions/full-text/?cid=59 (zuletzt abgerufen: 1.4.2020). Aus Art. 2 des Haager Trust-Übereinkommens ergibt sich zwar immerhin, dass der trustee Eigentümer resp. Inhaber des für die beneficiaries gehaltenen Rechts at law ist, dabei diversen fiduziarischen Pflichten im Verhältnis zu den beneficiaries unterliegt und die persönlichen Gläubiger des trustee nicht in das trust property vollstrecken können, dieses insbesondere nicht in die Insolvenzmasse fällt. Indes grenzen diese Kriterien den trust, wie sogleich gezeigt werden wird, nicht maßgeblich von den disparaten Arten und Erscheinungsformen der Rechtsträgerschaft für fremde Rechnung in den kontinentaleuropäischen Rechten ab. Dies gilt auch für die knappe Definition des trust im Modellregelungswerk des law of trusts des 10. Buches des DCFR (X-1:201): „A trust is a legal relationship in which a trustee is obliged to administer or dispose of one or more assets (the trust fund) in accordance
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ist der trust ein Rechtsverhältnis, unter dem der Inhaber eines Rechts (trustee) verpflichtet ist, einen bestimmten Vermögensgegenstand bzw. eine zusammengefasste Entität von Gegenständen (das trust property) zum Vorteil einer bestimmten Person oder Personengruppe (beneficiaries) oder für einen bestimmten Zweck zu halten und zu verwalten.5 Grundlegend zu unterscheiden ist zwischen rechtsgeschäftlichen trusts (express trusts) und kraft Gesetzes entstehenden trusts (sog. implied trusts) in Gestalt von resulting trusts und constructive trusts.6 Eine einprägsame – with the terms governing the relationship (trust terms) to benefit a beneficiary or advance public benefit purposes“. 5 Hanbury and Martin (-Martin), Modern Equity18 , Rn. 2-001; Watt, Trusts and Equity8 , S. 19. 6 Von besonderer Bedeutung sind implied trusts, wie noch gezeigt werden wird, im Zusammenhang der für die dogmatische Einordnung der Rechtsstellung des beneficiary eines express trust richtungsweisenden proprietary restitution (siehe § 2 II 1. b), 2. a)). Resulting trusts verdanken ihre Bezeichnung dem Umstand, dass der beneficial interest auf den settlor zurückfällt. Zwei Grundkonstellationen des resulting trust sind zu unterscheiden. In der Variante des sog. presumed resulting trust geht es um Fallgestaltungen, in denen der settlor unentgeltliche Verfügungen zugunsten eines potentiellen beneficiary tätigt, den Erwerb einer zugunsten des potentiellen beneficiary erworbenen Sache oder den gemeinschaftlichen Erwerb mit dem potentiellen beneficiary finanziert (statt vieler Gardner, An Introduction to the Law of Trusts3, S. 289–290). Sofern der Schenkungswille des settlor unsicher ist und auch nicht die inzwischen weitgehend obsolete presumption of advancement (zugunsten von Ehefrauen, Verlobten und Kindern) eingreift, entsteht ein resulting trust zugunsten des settlor. Daneben geht es um Konstellationen, in denen die Errichtung eines trust unzweideutig intendiert ist, aber entweder der beneficial interest nicht (vollständig) wirksam zugeordnet wird oder der trust unter einer auflösenden Bedingung errichtet wird, die sodann eintritt (Gardner a. A. O.). Die bekannteste Erscheinungsform der bedingten Errichtung eines express trust ist der sog. Quistclose trust nach der Regel aus Barclays Bank Ltd v. Quistclose Investments Ltd [1970] AC 567. Diese Konstellation ist von nicht zu unterschätzender Bedeutung im Kreditgeschäft: Wenn einem beneficiary ein Darlehen für einen bestimmten Zweck gewährt (in casu: für die Zahlung bestimmter Dividenden durch die als beneficiary eingesetzte Bank) und dieser Zweck erreicht oder verfehlt, wird, entsteht an der (unverbrauchten) Valuta ein trust zugunsten des Darlehensgebers, der traditionell als resulting trust klassifiziert wird (siehe aber auch Virgo, The Law of Restitution 3, S. 593–595). In dogmatischer Hinsicht ist strittig, ob resulting trusts auf der zu vermutenden Intention des settlor, für sich selbst einen trust zu errichten, beruhen (Westdeutsche Landesbank Girozentrale v. Islington LBC [1996] AC 669, 708 (Lord Browne-Wilkinson)), allein wegen der fehlerhaften oder bedingten Zuordnung des beneficial interest kraft Gesetzes entstehen (Re Vandervell’s Trusts (No.2) [1973] 3 WLR 744) oder stattdessen als bereicherungsrechtliche Rechtsbehelfe zu klassifizieren sind (so vor allem Chambers, Resulting Trusts, S. 220–244; dagegen Westdeutsche Landesbank Girozentrale v. Islington LBC [1996] AC 669, 709 (Lord Browne-Wilkinson); vertiefend zum Ganzen Mee, in: Mitchell, Constructive and Resulting Trusts, S. 207–235, der einen „hybriden“ Ansatz zur teleologischen Rechtfertigung von resulting trusts favorisiert). Nicht weniger umstritten ist das Institut des constructive trust, der angeblich die fundamentalen Gerechtigkeitspostulate der Equity garantiere. Die möglichen Szenarien, in denen constructive trusts entstehen, sind freilich vielgestaltig und lassen sich kaum auf ein holistisches Konzept zurückzuführen (Gardner, An Introduction to the Law of Trusts3, S. 275–276). Zwei traditionell anerkannte Grundkonstellationen sind zu unterscheiden: Zum einen geht es um Fälle, in denen der legal owner aus Billigkeitsgründen gehalten ist, seine Sache ausschließlich oder zumindest auch zugunsten einer anderen Person zu halten. Dies ist nicht zuletzt im Kontext der Trennung nichtehelicher Lebensgemeinschaft in Ansehung des Familienheims relevant: Sofern der legal estate in land nur auf einen der Partner eingetragenen ist, kann ein constructive trust entstehen, unter dem auch dem anderen Partner ein Anteil an dem Familien-
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freilich simplifizierende und technisch unrichtige – Beschreibung des trust ist die Fragmentierungsthese. Hiernach ist ownership (resp. title) in legal ownership – das Verfügungs- und Verwaltungsrecht – und beneficial ownership – das das materielle Nutzungsrecht – aufgeteilt (duality of title oder division of ownership); die komplementären Teilrechte sind selbstständig verkehrsfähige subjektive Vermögensrechte, deren Vereinigung den trust beendet.7 Dogmatisch ist diese mechanistische Konzeption des trust freilich schon deshalb falsch, weil Equity die Sachzuordnung nach Common Law (i. E. S.) nicht korrigiert und auch keine schematisch strukturierte dingliche Parallelsphäre bildet, sondern dem Rechtsinhaber – unter Rekurs auf conscience8 – equitable/non-fiduciary duties („fiduziarischen Pflichten i. w. S.“) und heim zugeordnet wird, sofern dieser den Kaufpreis finanziert hat oder entsprechende informelle Vereinbarungen über die Zuordnung eines entsprechenden Anteils zugunsten des nicht eingetragenen Partners nachgewiesen sind (Lloyds Bank Plc v. Rosset [1991] 1 AC 107). Soweit das Familienheim in Form einer joint tenancy gehalten wird, ist im Grundsatz zu unterstellen, dass die Parteien auch in Equity gesamthänderisch resp. zu gleichen Teilen berechtigt sind; diese Vermutung ist freilich widerleglich (vgl. Stack v. Dowden [2007] UKHL 17; [2007] 2 AC 432). Die wohl älteste und inwischen umstrittenste Erscheinungsform ist der sog. vendor-purchaser constructive trust, der mit Abschluss des Kaufvertrages und Leistung des Kaufpreises bei unterstellter Anwendbarkeit von specific performance zugunsten des Käufers am Kaufgegenstand entsteht (instruktiv und kritisch hierzu Swadling, in: Degeling/Edelman, Equity in Commercial Law, S. 463, 474–488: der vendor-purchaser constructive trust sei eine bloße Fiktion, zumal die bevorzugte Stellung des Käufers in der Insolvenz des Verkäufers unter Wertungsgesichtspunkten nicht gerechtfertigt sei; siehe ferner Oakley, Constructive Trusts3, S. 275–287). Zum anderen geht es um Konstellationen, in denen der trustee eines express trust unerlaubte Vorteile erlangt, für die er Rechnung legen muss: Nach inzwischen gefestigter höchstrichterlicher Judikatur sind die beneficiaries nicht bloß auf obligatorische Herausgabeansprüche verwiesen; vielmehr fällt der unerlaubte Vorteil eo ipso in einen constructive trust (FHR European Ventures LLP v. Cedar Capital Partners LLC [2015] AC 250; [2014] UKSC 45). 7 Grundlegend Scott (1917) 17 Col. L. Rev. 269, 275–290; aus der zeitgenössischen Literatur siehe z. B. Hanbury and Martin (-Glister/Lee), Modern Equity21, Rn. 1-019; Watt, Trusts and Equity8 , S. 23; Worthington, Equity2, S. 63–67. Mit der konzeptionellen Gegenüberstellung von legal ownership und equitable ownership eng verbunden ist die auch in England beliebte Abspaltungsdoktrin (siehe hierzu bereits § 2 III. 1.): Die Vorstellung, equitable interests würden aus einem umfassenden Vollrecht, dem legal interest, resp. aus einem größeren equitable interest abgespalten und verselbstständigt („carving out“) auf den beneficiary übertragen, ist nach wie vor verbreitet (siehe z. B. Green [1984] 47 M. L.R. 385, 387). Rechtshistorisch mag diese Konzeption auf den mittelalterlichen use und – nach dem Erlass des Statute of Uses 1536 – auf die Entwicklung des trust im 16. Jahrhundert zurückgeführt werden (siehe N. Jones, „Trusts in England after the Statute of Uses: A view from the Sixteenth Century“, in: Helmholz/Zimmermann, Itinera Fiduciae, S. 173, 191–192). Spätestens ab der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts wurde der trust nicht (bloß) als „personal confidence“ zwischen feoffee und cestui que use, sondern als eine Form von „intangible profit“ begriffen; bezeichnend ist die Analyse im damals führenden Gesamtwerk St. German, Doctor and Student (zitert nach Plucknett/Barton, redigierte Fassung 1974, S. 222): „every man that has lands which after the law of England is called the frank tenement or the free hold, and the other is authority to take thereby the profits of the land … And so when a man makes a feoffment to another and intends that he himself shall take the profits then that feoffee is said [to be] seised to his use that so enfeoffed him.“ Der Dualismus zwischen seisin bzw. possession und use beförderte die Spaltungsdoktrin; der absolute ownership – so die geläufige Denkweise – setze sich aus diesen beiden Elementen zusammen; die Spaltung derselben ist hiernach das charakteristische Merkmal des trust (N. Jones a. A. O.). 8 Der ambivalente Begriff conscience bildete von Beginn an das Leitmotiv der Rechtsprechung
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fiduciary duties (fiduziarische Pflichten i. E. S.) auferlegt.9 Dessen sachenrechtliche Befugnisse unterliegen obligatorischen Beschränkungen, die sich im Einzelnen aus der trustkonstituierenden Urkunde (trust document) – sofern es sich um einen express trust10 handelt – sowie aus der trust-rechtlichen Rechtssetzung ergeben; das der Kanzleigerichtsgerichtsbarkeit („court of conscience“); im 16. Jahrhundert trat der Rekurs auf conscience freilich in den Hintergrund, der nicht weniger ambivalente Begriff „equity“ charakterisierte alsbald die Rechtsprechung der Chancery, wobei niemals eine allgemein akzeptierte Definition entwickelt wurde (eingehend Ibbetson, in Koops/Zwalve, Law & Equity: Approaches in Roman Law and Common Law, S. 55–77; Macnair (2007) 27 O. J.L. S. 659–681). 9 Die Abspaltungsdoktrin entschieden zurückweisend McLelland J (für den Supreme Court of New South Wales) in re Transphere Pty Ltd (1996) 5 NSWLR 309, 311: „But what is significant for present purposes is the imprecision of the notion that absolute ownership of property can properly be divided up into a legal estate and an equitable estate. An absolute owner holds only the legal estate, with all the rights and incidents that attach to the estate Where a legal owner holds property on trust for another, he has at law all the rights of an absolute owner but the beneficiary has the right to compel him to hold and use those rights which the law gives him in accordance with the obligations which equity has imposed on him by virtue of the existence of the trust. Although this right of the beneficiary constitutes an equitable estate in the property, it is engrafted onto, not carved out of, the legal estate.“ Ähnlich Brennan J (für den HCA) in DKLR Holding Co (No 2) Pty Ltd v. Commissioner of Stamp Duties (NSW) (1982) 149 CLR 431, 474; vertiefend Edelman (2013) 29 L. Q. R. 66, 70–75, 85; Swadling, in: Degeling/Edelman, Equity in Commercial Law, S. 463, 482–485; siehe auch McFarlane/Stevens, Journal of Equity 4 (2010), 1, 2, 10–27, die der Teilungsthese die Konzeption von equitable interests als rights against rights gegenüberstellen (kritisch zu diesem Ansatz Gardner/MacKenzie, An Introduction to Land Law4, S. 18– 21). Siehe auch Cutts, 6 Journal of Equity (2012), 44, 57–73, die es für vorzugswürdig hält, das Rechtsverhältnis zwischen trustee und beneficiary als „power-liabilitiy-relationship“ und nicht als „right-duty-relationship“ zu analysieren. Vor allem versagt die simplifizierende Fragmentierungsthese – die Aufspaltung des fiduziarisch verwalteten Rechts in ein (sachen-)rechtliches, formales Eigentum (legal ownership) und das materiale, wirtschaftliche Eigentum (beneficial ownership) – bei der Analyse von trusts an trust-gestützten beneficial interests (so auch L. Smith (2004) 40 Can. Bus. L. J. 317, 318–319 mit Fn. 8): Soll etwa das aus dem ursprünglichen head trust entstandene „materiale Eigentum“ weiter zergliedert, mittels jedes weiteren sub-trust in lauter kleinere „materiale Eigentumsrechte“ atomisiert werden, wobei jedes einzelne den Gegenstand des jeweiligen sub-trust bildende „materiales Eigentum“ artifiziell in ein „formales“ und ein noch „materialeres“ Eigentum segmentiert wird? Oder soll man stattdessen – weil sich beneficial ownership nicht abermals sinnvoll untergliedern lässt – den sub-trust in einen translativen Übergang des „materialen Eigentums“ von dem sich zum trustee erklärenden beneficiary des ersten auf den beneficiary des zweiten Treuhandverhältnisses einfach umdeuten, so dass der intermediäre beneficiary einfach von der „Bildfläche“ verschwände? Letzteres wurde von der früheren Rechtsprechung und dem älteren Schrifttum zwar in der Tat dann vertreten, wenn sich aus dem zweiten Treuhandverhältnis keine aktiven Verwaltungspflichten ergeben (sog. bare trust); der erste beneficiary schied einfach aus, so dass der ursprüngliche trustee unmittelbar fiduziarisch dem beneficiary des sub-trust verpflichtet war. Mit Rücksicht auf die neuere Rechtsprechung des Court of Appeal (Nelson v. Greening & Sykes (Builders) Ltd. [2007] EWCA Civ 1358) lässt sich diese Sichtweise aber nicht mehr halten; ein sub-trust ist ein echter trust an dem trust-basierten Recht des beneficiary des principal trust (siehe § 4 III. 2.). 10 Der express trust beruht auf einem (einseitigen) Rechtsgeschäft; dieses kann ausdrücklich oder konkludent seitens des settlor begründet werden. Einer Annahme seitens des designierten trustee bedarf es nach allgemeiner Ansicht nicht (vgl. Lyell v. Kennedy (1889) 14 App Cas 437, 457 (Earl of Selborne)); allerdings unterliegt der designierte trustee bei Unkenntnis der beabsichtigten fiduziarischen Gestaltung nicht dem fiduziarischen Pflichtenprogramm, sondern ist lediglich zur Rückübertragung und Herausgabe des trust property verpflichtet (Goff and Jones (-C. Mitchell/
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Pflichtenprogramm hängt von der jeweiligen privatautonomen und/oder gesetzlichen Ausgestaltung des trust ab.11 Im Kern sind drei duties zu unterscheiden: Erstens die non-fiduciary duty, den trust nach Maßgabe der jeweiligen Vorgaben sorgfältig zu verwalten („management stewardship“),12 zweitens die Pflicht, den Rahmen der im Innenverhältnis gezogenen Grenzen einzuhalten, insbesondere nicht unerlaubt über das trust property zu verfügen („custodial stewardship“) und drittens die spezifische Loyalitätspflicht.13 Demgemäß sind express trustees i. d. R. dazu verpflichtet, das trust property zweckmäßig anzulegen, gegen Eingriffe Dritter zu schützen, Rechnung zu legen und die Erträge (ggf. nach Verrechnung mit Aufwendungs- und Vergütungsansprüchen) an die beneficiaries auszukehren.14 Die Interessenwahrungspflicht und die damit P. Mitchell/Watterson), The Law of Unjust Enrichment9, Rn. 38.12; L. Smith (2004) 40 Can. Bus. L. J. 317, 319). 11 Auf die je nach Art und Erscheinungsform des trust changierenden Befugnisse und Pflichten der trustees muss hier nicht vertieft eingegangen werden; es seien nur einige Grundzüge zum besseren Verständnis der Analyse mehrstufiger trust-Strukturen skizziert. Häufig wird der Aufgaben- und Pflichtenkreis der trustees vom settlor in den Einzelheiten festgelegt; kraft seiner Gestaltungsmacht bestimmt der settlor Reichweite und Grenzen der Rechtsstellung der trustees zumindest im „bipolaren“ Innenverhältnis. Zudem sind die subsidiären gesetzlichen Regelungen (u. a. im SLA 1925, im LPA 1925, im TA 1925, im TA 2000 und – in Bezug auf trusts of land – des TLATA 1996) zu beachten. Vom Pflichtenkreis nicht randscharf geschieden sind die durch den trust verliehenen Befugnisse zur Verfügung über das anvertraute Treugut (sog. powers), die wiederum je nach Funktionszweck und Entstehungsgrundlage der trusts variieren. Grundlegend ist dabei zwischen legal powers und equitable powers zu unterscheiden; während die Ausübung einer legal power unmittelbar rechtsgestaltende Wirkung at law entfaltet, wirkt die Ausübung einer equitable power bestenfalls in Equity. Da freilich dem trustee ohnehin das dingliche Recht at law zusteht, bedarf es nicht noch der Zuweisung einer dinglichen Verfügungsermächtigung; eine legal power ist insoweit überflüssig. Wird demgegenüber einer anderen Person als dem trustee eine equitable power zugewiesen (z. B. einem sog. protector), kann diese von den trustees verlangen, dass sie ihre Zustimmung erteilen; die equitable power wirkt also im Kern nur obligatorisch und muss ggf. durch gerichtliche vesting order durchgesetzt werden. Eine weitere grundlegende Unterscheidung wird zwischen dispositive powers und administrative powers getroffen: Dispositive powers berechtigen den donee dazu, Person und/oder Ausmaß der Rechtsstellung des Begünstigten zu bestimmen, was vor allem bei sog. discretionary trusts relevant wird. Administrative powers beziehen sich dagegen auf das trust property, z. B. Erwerbs, Verkaufs-, Belastungs- und Investitionsbefugnisse. 12 Speight v. Gaunt (1883) 22 Ch D 727 ist der leading case, der den Haftungsstandard für die Sorgfaltspflicht (duty of care) des trustee niederlegte: maßgeblich ist der Standard eines „ordinary prudent man in running his own business“. 13 Näher zur Loyalitätspflicht Conaglen, Fiduciary Loyalty, S. 32–58. 14 Sehr deutlich zeigt sich die uneingeschränkte Sachzuordnung des trustee in den durch das Common Law geprägten Rechtsbehelfen im Außenverhältnis: Wird ein trust-befangene Grundstück vermietet oder verpachtet, ist z. B. allein der trustee berechtigt, den Zins einzuziehen (die vereinbarte rent ist nach den Grundsätzen der privity of estate intrinischer Bestandteil des sog. reversionary estate, d. h. des durch den lease belasteten, fiduziarisch zu verwaltenden estate in land) und bei Pflichtverletzungen des tenant ggf. eine Herausgabeklage anzustrengen oder im Wege der Selbsthilfe den tenant aus dem Besitz zu entsetzen und dadurch zugleich das „Kündigungsrecht aus wichtigem Grund“ (right of re-entry) auszuüben. Desgleichen ist nach konventioneller Ansicht ausschließlich der trustee berechtigt, gegen Dritte Klage zu erheben, die auf den trust einwirken, insbesondere trust property beschädigen oder sich aneignen; siehe hierzu A. II. 2. b).
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verbundene proskriptive duty to account sind der Dreh- und Angelpunkt des trust und darüber hinaus aller fiduziarischen Rechtsverhältnisse im Common Law15: Mit der rigiden Loyalitätspflicht16 des fiduciary korrespondiert der – im Vergleich zu kontinentaleuropäischen Rechtsordnungen – äußerst hohe Schutzstandard des principal, der sich im Rechtsbehelfsprogramm offenbart.17 Mittels des charakte15 Abgesehen vom trustee unterliegt z. B. auch ein director im Verhältnis zu seiner company vergleichbar invasiven fiduziarischen Pflichten; eine fiduziarische Pflichtenstellung ergibt sich darüber hinaus z. B. typischerweise aus der Bevollmächtigung eines agent, aus Mandatsverträgen für Anwälte und auch aus bestimmten bailments (Maudsley and Burn (-Virgo/Burn), Trusts and Trustees7, S. 780. 16 Siehe nur Maudsley and Burn (-Virgo/Burn), Trusts and Trustees7, S. 781–785; eingehend Conaglen, Fiduciary Loyalty, S. 59–105, passim; auch in der deutschen Treuhanddoktrin bildet die Interessenwahrungspflicht des Treuhänders den Schwerpunkt der Treuhand (eingehend Grundmann, Der Treuhandvertrag, S. 166–169, 192–236, passim). 17 Die fahrlässige Verletzung der Pflicht zur sorgfältigen Ausführung des trust („wilful default“) löst Ansprüche auf Schadensersatz in Equity zugunsten der beneficiaries aus; die einschlägigen Regeln entsprechen vollinhaltlich denen des Common Law (insoweit gilt die Maxime „equity follows the law“; zu beachten sind mithin die Common Law-Regeln der Kausalität einschließlich der Einschränkungen durch remoteness, foreseeability und mitigation; grundlegend Millett L. J. in Bristol and West Building Society v. Mothew [1998] Ch. 1, 17). Im traditionellen Duktus des englischen Rechnungswesens ist ein „surcharging the account“ geboten; der trustee muss das trust property in den Stand versetzen, in dem es bei ordnungsgemäßer Erfüllung der Sorgaltspflicht stünde (im modernen Jargon „reparative compensation“). Sofern der trustee freilich bewusst oder gar absichtlich seine management duties missachtet, etwa im Eigen- oder Drittinteresse agiert und damit seine Loyalitätspflicht verletzt, liegt zugleich ein breach of trust vor mit den wesentlich strengeren Rechtsfolgen der duty to account und der spezifischen equitable compensation (Getzler, in: Birks/Pretto, Breach of Trust, S. 41, 70–71). Überschreitet der trustee z. B. bei Verfügung über trust property den Rahmen der im Innenverhältnis gezogenen Grenzen, verletzt er seine fiduziarische Pflicht mit der Folge, dass Schadensersatz nach Maßgabe der equitable compensation zu leisten ist (vgl. Target Holdings Ltd v. Redferns [1996] AC 421; [1995] 3 WLR 352; AIB Group (UK) plc v. Mark Redler & Co Solicitors [2014] UKSC 58). Wenngleich vielfach vertreten wird, dass die Kausalitäts- resp. Zurechnungsregeln des Common Law insoweit unanwendbar seien (Target Holdings Ltd v. Redferns [1996] AC 421, 434 (Lord Browne-Wilkinson); eingehend zum Ganzen McLachlin J (für den Supreme Court of Canada) in Canson Enterprises Ltd v. Boughton & Co [1991] 3 S. C.R. 534, 542–558), liegt es bei exakter Analyse vielmehr so, dass der kontextuelle Zusammenhang eines breach of trust es regelmäßig ausschließt, dass sich der trustee darauf berufen kann, dass der Schaden nicht vorhersehbar gewesen oder dass er für das unmittelbar schadensursächliche Verhalten Dritter nicht verantwortlich sei (richtig Worthington (2016) 2 CJCCL 723, 762). Mit der Pflicht zur selbstlosen Wahrnehmung der Interessen des Prinzipals ist eine Berufung auf eine Schadensminderungsobliegenheit des Prinzipals gleichfalls regelmäßig unvereinbar (vgl. Canson Enterprises Ltd v. Boughton & Co [1991] 3 S. C.R. 534, 554 (McLachlin J). In der Rechtsprechung ist denn auch zumindest anerkannt, dass ein Zurechnungszusammenhang zwischen dem breach of trust und einem Vermögensnachteil für den Prinzipal bestehen muss (Canson Enterprises Ltd v. Boughton & Co [1991] 3 S. C.R. 534, 560 (McLachlin J); Target Holdings Ltd v. Redferns [1996] AC 421, 434 (Lord Browne-Wilkinson); AIB Group (UK) plc v. Mark Redler & Co Solicitors [2014] UKSC 58 [91]–[95] (Lord Reed)). Soweit in der Literatur teilweise vertreten wird, dass der trustee alternativ auf Verlangen des beneficiary verpflichtet sei, seine primäre Rechnungslegungspflicht durch Rückführung des trust property resp. Geldersatz ohne Rücksicht auf schadensrechtliche Grundsätze leisten müsse – im Jargon der englischen Rechnungslegung „falsifying the account“ – (siehe u. a. C. Mitchell, (2014) 78 Conveyancer 211, 223–227), dürfte dies mit der Judikatur des Supreme Court (AIB Group (UK) plc v. Mark Redler & Co Solicitors [2014] UKSC 58) unvereinbar sein. Sofern der trustee durch breach of trust Ver-
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ristischen account of profits erwirbt der Prinzipal nicht nur einen Anspruch auf Übertragung und Herausgabe aller durch autorisierte und auch nicht autorisierte Transaktionen erzielten Vermögensvorteile, wenn diese in einem inneren Zusammenhang mit der fiduziarischen Rechtsstellung stehen.18 Equity transformiert diesen Anspruch – vermöge der bekannten Maxime equity treats that as done which ought to be done – eo ipso in eine sachenrechtlich geschützte, d. h. durch following und tracing verfolgbare Rechtsposition an dem fraglichen Vermögensvorteil: Dieser wird im Augenblick des Erwerbs durch den trustee – ggf. durch rückwirkende Genehmigung – selbst Teil des fiduziarisch gebundenen trust property und unterliegt somit der Rechenschaftspflicht.19 mögensvorteile erzielt, sei es durch missbräuchliche Verfügung über trust property, sei es durch die Wahrnehmung von geschäftlichen Aktivitäten für eigene Rechnung, wenn ein Interessenkonflikt in Betracht kommt, sei es durch Annahme von Bestechungsgeldern und anderen heimlichen Vorteilen aufgrund der Stellung als fiduciary, steht dem Prinzipal ein Herausgabeanspruch zu; auf Kausalitätsgesichtspunkte kommt es ebenso wenig an wie auf Bösgläubigkeit des fiduciary; selbst wenn dieser gutgläubig agiert und der Prinzipal die betreffenden Vermögensvorteile selbst nicht hätte erzielen können, greift die duty to account ein (aus der reichhaltigen Judikatur siehe etwa Cook v. Deeks [1916] 1 AC 554 (PC); Regal (Hastings) Ltd. v. Gulliver [1967] 2 A. C. 134; Murad v. Al-Saraj [2005] EWCA Civ 959; Tang Ying Loi v. Tang Ying Ip [2017] HKCFA 3). Normativ wird die strenge duty to account damit gerechtfertigt, dass angesichts des weitreichenden Ermessens- und Handlungsspielraums und der eingeschränkten Kontrollmöglichkeiten des Prinzipals, z. B. der Aktionäre einer company oder der beneficiaries eines großvolumigen trust, nur auf diese Weise effektive Spezial- und Generalprävention möglich sei (Murad v. Al-Saraj [2005] EWCA Civ 959 [74] (Arden L. J.). Die Stoßrichtung der Pflichtenstellung, so Worthington (2013) 72 C. L.J. 720, 731–733, sei proskriptiv und nicht präskriptiv: Nehme der fiduciary Geschäftschancen, die in seinen Handlungskreis als fiduciary fallen, für eigene Zwecke wahr, indiziere dies, dass es sich hierbei um die potentiell beste Maßnahme zur Förderung der Interessen des Prinzipals handele; anderenfalls hätte der fiduciary diese wohl kaum für eigene Zwecke wahrgenommen. Die rigide Gewinnherausgabepflicht stößt freilich zunehmend auf Widerspruch; vgl. Murad v. Al-Saraj [2005] EWCA Civ 959 [82]–[83] (Arden L. J.); C. Mitchell (2006) 17 KCLJ 325–326; vertiefend zu den Rechtsfolgen der Verletzung der Loyalitätspflicht Conaglen, Fiduciary Loyalty, S. 76–96. Siehe nur Lord Millett NPJ (für den Court of Final Appeal of the Hong Kong Special Administrative. 18 Siehe nur Lord Millett NPJ (für den Court of Final Appeal of the Hong Kong Special Administrative Region) in Libertarian Investments Ltd v. Hall [2013] HKCFA 93 [168]–[172]. 19 Vgl. Attorney-General for Hong Kong v. Reid [1993] UKPC 36; [1994] 1 AC 324; instruktiv Lord Millett NPJ (für den Court of Final Appeal of the Hong Kong Special Administrative Region) in Tang Ying Loi v. Tang Ying Ip [2017] HKCFA 3 [14]–[27]. Die dingliche Zuordnung ist seit FHR European Ventures LLP v. Cedar Capital Partners LLC [2015] AC 250; [2014] UKSC 45 auch in Bezug auf Schmiergelder und sonstige Vermögensvorteile, die allein aufgrund der fiduziarischen Rechtsposition seitens des fiduciary erworben werden, geklärt. Zu Recht kritisch hinsichtlich der dinglichen Zuordnung von Schmiergeldern und vergleichbaren secret profits in das fiduziarische Vermögen Worthington (2016) 2 CJCCL 723, 752–754. Differenzierend hingegen Finn J. (für den Federal Court of Australia) in Grimaldi v. Chameleon Mining NL (No 2) [2012] FCAFC 6 [583]: „As is well accepted, a constructive trust ought not to be imposed if there are other orders capable of doing full justice […]. Such could be the case, for example, where a bribed fiduciary, having profitably invested the bribe, is then bankrupted and, apart from the investment, is hopelessly insolvent. In such a case a lien on that property may well be sufficient to achieve ‚practical justice‘ in the circumstances. This said, a constructive trust is likely to be awarded as of course where the bribe still exists in its original, or in a traceable, form, and no third party issue arises.“
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Folglich lässt sich bestenfalls von einer funktionalen Aufgliederung des ausschließlich dem trustee zugeordneten, zum Gegenstand eines trust erkorenen Rechts sprechen, die sich vereinfacht betrachtet in der Verwaltung durch den trustee im Außenverhältnis und der Nutzung seitens der beneficiaries im Innenverhältnis manifestiert. Dies steht im Einklang mit der Wirkungsweise des spätmittelalterlichen/frühneuzeitlichen Vorläufers, des sog. use.20 Wenngleich der cestui que 20 Die rechtsgeschichtliche Entwicklung des use/trust kann in drei Phasen periodisiert werden: Aus dem frühen Entwicklungsstadium bis zu den 1370er Jahren sind vereinzelte treuhänderische Erscheinungsformen von Grundbesitz dokumentiert; über die Strukturen derselben ist wenig bekannt. Eine einheitliche juristische Gestalt nahmen uses erst ab Ende der Herrschaft Eduard III. an. Sie etablierten sich rasant schnell – vor allem in Form generationenübergreifender Rechtsgestaltungen (sog. intergenerational uses) in Bezug auf Grund und Boden; nahezu der gesamte Grundbesitz des Königreichs befand sich ab dem 16. Jahrhundert in den Händen von feoffee to uses. Die dritte Phase setzt mit den zentralen legislatorischen Restriktionen dieser beliebten Praxis – das Statute of Uses 1536 und das Statute of Wills 1540 – ein; diese Phase ist durch die Auswirkungen dieser Maßnahmen im 16. und 17. Jahrhundert bis zur vollständigen Aufhebung lehensrechtlicher Abgaben, Dienste und königlicher Prärogativrechte gekennzeichnet – in dieser ging aus dem use in der spezifischen Gestaltung des use upon a use der trust hervor. In der Figur des ab den den 1370er Jahren regularisierten generationsübergreifenden use vereinigte sich die bereits übliche testamentarische Praxis, Verwalter zur Ausführung postmortaler Bestimmungen über die Zuordnung und Verwendung des Nachlasses einzusetzen, mit der gleichfalls praxisüblichen bedingten Übertragung mit Verpflichtung zur unmittelbaren Rückübertragung des Grundbesitzes: Im Kern handelte es sich um einen gezielt verzögerten Übergang des freehold estate (oder anderen Vermögens) auf den gesetzlichen Erben (vgl. Biancalana, in: Helmholz/Zimmermann, Itinera Fiduciae: Trusts and Treuhand im Historical Perspective, S. 111, 112, 117–123). Der feoffor to uses übertrug den freehold an feoffees to uses mit der Maßgabe, bereits bestimmte oder bestimmbare (testamentarische) Verfügungen nach dem Tod des feoffor to uses auszuführen und hiernach den freehold auf den cestui que use, typischerweise den gesetzlichen Erben, zu übertragen. Auf diese Weise ließe sich effektiv Vorsorge für die Tilgung der eigenen Verbindlichkeiten treffen, ohne den Grundbesitz dem potentiellen Zugriff durch die Gläubiger des feoffor to uses – falls weder dieser noch der gesetzliche Erbe zahlte – auszusetzen und zugleich eine geordnete Versorgung der Verwandten, namentlich der Ehefrau und der Töchter, gewährleisten (näher zum Ganzen Biancalana, in: Helmholz/Zimmermann, Itinera Fiduciae: Trusts and Treuhand im Historical Perspective, S. 111, 123–131). Häufig war der feoffor to uses auch selbst der oder zumindest einer der cestuis que uses, z. B. bei längerer Abwesenheit des Landesherrn aufgrund militärischer Interventionen auf dem Kontinent. Das mittelalterliche Common Law trug all diesen Bedürfnissen nur unvollkommen Rechnung: Eine entsprechend auflösend bedingte Übertragung war allenfalls unter strengen Voraussetzungen möglich, wohingegen eine bloß schuldrechtliche Rückübertragungsverpflichtung, die nur in Form einer gesiegelten Urkunde wirksam war, nicht in Natur durchsetzbar war, also lediglich zum Schadensersatz in Geld bei Vertragsverletzung berechtigte, zumal Dritte, also Familienangehörige oder sonstige Begünstigte, als vertragsfremde Dritte nicht einmal Schadensersatz vom feoffee to uses verlangen konnten. Vor allem jedoch erkannten die königliche Gerichte testamentarische Verfügungen über freehold land – im Hinblick auf die überragende Bedeutung der todesabhängigen Abgabenpflichten des Lehensnehmers und die daran anknüpfenden Prärogativechte, v. a. die Vormundschaft über den gesetzlichen Erben, kaum überraschend – nicht an (vgl. Holdsworth (1923) 4 Tijdschrift voor Rechtsgeschiedenis 367, 376). Dies aber eröffnete den Spielraum für die Durchsetzung von uses durch die Kanzleigerichtsbarkeit: Mit Rücksicht auf die Übernahme der Rückagbeverpflichtung knüpfte sie dogmatisch an das „beschwerte Gewissen“ des feoffee to use an: Wenngleich dessen Rechtsinhaberschaft nicht relativiert wurde, war der feoffee to uses gehalten, seine Befugnisse nach Maßgabe der Bestimmungen des feoffor to use ausschließlich fremdnützig ausüben: Im Einzelnen war er verpflichtet, die Aneignung der Früchte durch die cestuis que uses zu gestatten, über das Land nach Weisung der ces-
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use ursprünglich ausschließlich vom feoffee to uses die Erfüllung der übernommenen fiduziarischen Pflichten verlangen und mittels der von der Kanzleigerichtsbarkeit entwickelten Klagen und Rechtsbehelfe durchsetzen konnte, erweiterte tuis que uses zu verfügen und es gegen Invasionen durch Unbefugte zu verteidigen. Bereits im 15. Jahrhundert verliehen die Kanzleigerichte den cestuis que uses auch durchsetzbare Rechte gegen Rechtsnachfolger des feoffee to uses, namentlich gegen dessen Erben, executors und schließlich gegen jeden Rechtsnachfolger vorbehaltlich der bona fide purchaser defence (vgl. Biancalana, in: Helmholz/Zimmermann, Itinera Fiduciae: Trusts and Treuhand im Historical Perspective, S. 111, 151–152). Zudem entwickelte die Kanzleigerichtsbarkeit die Lehre vom implied use – der paradigmatische Fall war der Verkauf von land in Form des sog. bargain and sale, aus dem sich kraft Gesetzes ein use zugunsten des Käufers bis zur Vollendung der Übertragung ergab (vgl. Holdsworth, History of English Law IV2, S. 425). Darüber hinaus wurde die Rechtsstellung des cestui que use gerade auch legislatorisch entscheidend durch ein Gesetz aus dem Jahr 1484 (1 Ric. III, c. 1; zitiert nach Baker/Milsom, Sources of English Legal History2, S. 110–111) gestärkt, denn hiernach wirkten Verfügungen über land und andere hereditaments seitens des cestui que use sowohl gegenüber dessen Erben als auch gegenüber den feoffees to uses: Wenngleich das Gesetz primär darauf abzielte, dem Erwerber Rechtssicherheit zu verschaffen, verlieh es hierfür dem cestui que use eine Verfügungsbefugnis über fremdes Land. Der Effekt war, dass nunmehr der cestui que use praktisch wie ein Erblasser über das land testamentarisch zu verfügen vermochte: Formal galt zwar der Grundsatz, dass testamentarische Verfügungen über land nichtig sind, fort; mittels der testamentarischen Verfügung über den use verschaffte der cestui que use dem gewillkürten Erben zugleich die gesetzliche Verfügungsbefugnis über das land (Baker, Oxford History of the Laws of England, VI, 1483–1558 (2003), S. 657). Doch damit nicht genug: Zudem ermächtigte das Gesetz den cestui que use dazu, die feoffees to uses auszutauschen, einen neuen use zu errichten und selbst Nutzungen, z. B. durch Abholzung und Verkauf, zu ziehen. Infolgedessen konnten nunmehr auch die königlichen Gerichte uses nicht mehr ignorieren; zu Beginn des 16. Jahrhunderts setzte sich unter den Common Law-Richtern nicht nur die Ansicht durch, dass der use eine Einrichtung des common law sei; vielmehr fand nun auch die These, dass der cestui que use und nicht der feoffee to use der wirkliche „owner“ des Landes sei, Zuspruch in der juristischen Elite (siehe Gregor Adgore’s Reading on Uses aus dem Jahr 1490; zitiert nach Baker/Milsom, Sources of English Legal History2, S. 112–113). Die weite Verbreitung generationenübergreifender uses war – was sich bereits im 15. Jahrhundert abzeichnete und zu Beginn des 16. Jahrhunderts angesichts rasant steigender Staatsausgaben besonders bemerkbar machte – für den Staatshaushalt ruinös, blieben doch die an die Erbfolge der tenants in chief anknüpfenden essentiellen Einnahmen weitgehend aus. Wenig überraschend gerieten uses auf Betreiben einflussreicher Royalisten, u. a. des späteren Kanzlers Thomas Audley in Teilen der juristischen Elite in Verruf (siehe u. a. Thomas Audley’s Reading on Uses aus dem Jahr 1526; zitiert nach Baker/Milsom, Sources of English Legal History2, S. 118–119; Baker, in: Oxford History of the Laws of England, VI, 1483–1558 (2003), S. 666), wenngleich generationenübergreifende uses ganz überwiegend zumindest nicht primär dazu begründet wurden, Abgabenpflichten und Prärogativrechte der Feudalherren auszuhebeln (Bean, The Decline of English Feudalism, S. 142; Milsom, Historical Foundations of the Common Law2, S. 208). Dies jedoch war die notwendige Folge und führte schließlich zum Erlass des Statute of Uses 1536, das offenbar primär darauf abzielte, generationenübergreifende uses und resulting uses über land unschädlich zu machen. Regelungstechnisch sollte dies durch einen gesetzlich angeordneten, fiktiven Übergang von estate, seisin und possession auf den cestui que use gelingen, m. a. W. die unmittelbare Übertragung auf die feoffees to uses wurde einfach ignoriert, ein etwaig vom feoffor to use angeordneter aufschiebend bedingter Übergang vorweggenommen und damit – so eine beliebte Umschreibung – use und possession vereinigt. Der cestui que use war somit selbst „seised of the land“, konnte nicht mehr über den durch das Gesetz „executed“ use (und hierdurch mittelbar den freehold) testamentarisch übertragen mit der Folge, dass im Erbfall sämtliche Abgabenpflichten fällig waren und royale Prärogativrechte geltend gemacht werden konnten. Angeblich war das Gesetz fiskalisch in den ersten Jahren nach dem Erlass ein großer Erfolg; den Siegeszug
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das Kanzleigericht die genuin schuldrechtliche Rechtsstellung kontinuierlich unter Verweis auf die billigkeitsinduzierten maxims of equity zu einem partiell drittwirksamen Recht.21 Letztendlich blieben die aus dem trust hervorgehenden Rechte der cestuis que use lediglich der Gefahr eines lastenfreien Erwerbs durch Veräußerung des legal title seitens des feoffee to uses an einen gutgläubig-entgeltlichen Erwerber ausgesetzt.22 Mit Rücksicht auf die rechtshistorische Entwicklung des use erzeugt ein trust zuvörderst ein bipolares Rechtsverhältnis zwischen dem trustee und dem beneficiary.23 Mit dem fiduziarischen Pflichtenprogramm des trustee des use vermochte es aber allenfalls hinauszuzögern, nicht jedoch zu stoppen. Schon aufgrund elementarer Regelungslücken konnte das Statute of Uses 1536 den Zufluss lehensrechtlichen Abgaben in den Staatshaushalt nicht effektiv sicherstellen: Abgesehen davon, dass es sich lediglich auf feoffments to uses in Bezug auf freehold land bezog – nicht jedoch z. B. auf leasehold land und copyhold land und, was aus fiskalischer Sicht freilich bedeutungslos war, nicht auf personalty (N. Jones (2002) 22 Cambrian L Rev 67) – ließ sich das Gesetz dadurch umgehen, dass den feoffees to uses ausdrücklich bestimmte Pflichten zur Verwendung und Verwaltung des Landes auferlegt wurden (vgl. Barton (1966) 82 L. Q. R. 215, 221; N. Jones, in: Brooks/Lobban, Communities and Courts in Britain 1150–1900, S. 99, 102–103). Der sachliche Anwendungsbereich erstreckte sich ausschließlich auf sog. passive uses, unter denen die feoffees to uses lediglich zur Übertragung auf den cestui que use verpflichtet waren. Und selbst insoweit ließ sich das Gesetz elegant durch die sich im späteren 16. Jahrhundert allmählich durchsetzende Gestaltung des use in der Fom eines use upon a use umgehen (N. Jones (2002) 22 Cambrian L Rev 67–68). Dass weitere Maßnahmen zur Sicherung des Staatseinkommens erforderlich waren, erkannten die Royalisten schnell und sie blieben nicht untätig. Mit dem 1540 erlassenen Statute of Wills schützte sich die Krone deutlich effektiver gegen den drohenden Einnahmeverlust und etablierte zugleich erstmals ein Recht zur Verfügung über land von Todes wegen (vgl. Barton (1966) 82 L. Q. R. 215, 221–223; N. Jones, in: Brooks/Lobban, Communities and Courts in Britain 1150–1900, S. 99, 102–104): Das Statute of Wills (abgedruckt bei Baker/Milsom, Sources of English Legal History2, S. 137–139) ermächtigte den Lehensnehmer zur Verfügung über seinen freehold von Todes wegen, behielt die gesetzlichen Abgabenpflichten von tenants in chief und königliche Prärogativrechte freilich bei testamentarischer Verfügung über socage land partiell vor; der tenant in socage konnte hiernach uneingeschränkt über seinen freehold disponieren, während unmmittelbar von der Krone gehaltenes land nur teilweise frei vererblich war. Das Statute of Uses galt fort und beeinflusste die kautelarjuristische Verfügungsbefugnis erheblich; als Instrument zur Verteidigung des Staatshaushalts spielte es aber jedenfalls nach Erlass des Statute of Wills keine Rolle (vgl. Barton (1966) 82 L. Q. R. 215, 221–222). Vor allem jedoch wurde die Entwicklung des modernen trust nicht entscheidend beeinträchtigt: Dieser entwickelte sich aus der Praxis, einen nicht vom sachlichen Anwendungsbereich des Statute of Uses 1536 erfassten use upon a use zu errichten; auf die Gestaltungsvarianten, die technische Struktur und die rechtstatsächliche Verbreitung des use upon a use im 16./17. Jahrhundert ist – zwecks klarer Abgrenzung vom modernen sub-trust – noch näher einzugehen (siehe § 4 III. 1.). 21 Vgl. Holdsworth (1923) 4 Tijdschrift voor Rechtsgeschiedenis 367, 373. 22 Vgl. Maitland, Equity, S. 117–118. Die aus dem use entstandenen Rechte der cestuis que use mussten also auch von Gläubigern des feoffee to uses, die in das Treugut zu vollstrecken beabsichtigten, sowie von Erben und anderen unentgeltlichen Erwerbern beachtet werden. 23 Grundlegend Maitland, Equity, S. 112, 116; ders., in: Fisher, The collected papers of Frederic William Maitland, III, S. 345; Spry, Equitable Remedies5, S. 27 ff. Dies gilt freilich nur bei sog. fixed trusts, unter denen die zu begünstigenden Personen vom settlor selbst ausgewählt und der exakte Inhalt ihrer Nutznießungsbefugnisse festgelegt ist. Anders liegt es bei sog. discretionary trusts, die dem Treuhänder ein Auswahlermessen hinsichtlich der zu begünstigenden Personen (aus einem nach allgemeinen Merkmalen bestimmbaren Personenkreis) eröffnet und damit zunächst einmal überhaupt keine bestimmte Person berechtigen (vgl. Virgo, The Principles of Equi-
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korrespondiert ein durchsetzbarer Anspruch des beneficiary auf ordnungsgemäße Verwaltung des trust nach Maßgabe der Bestimmungen der vom settlor festgelegten Zielsetzung. Nach Common Law ist ausschließlich der Übertragung des trust property vom settlor an den trustee sachenrechtliche Wirkung beschieden. Ein dingliches Recht an den das trust property bildenden Sachen und Rechten ist dem settlor folglich nicht kraft seiner Rechtsstellung als Besteller des trust teilhaftig. Will der settlor forthin die trustees kontrollieren, muss er sich schon Abberufungsund Nominierungsbefugnisse vorbehalten; anderenfalls vermag der settlor auf das rechtliche Schicksal des trust property keinen Einfluss zu nehmen, insbesondere steht ihm nicht eine an die Beendigung des trust gekoppelte Residualkompetenz kraft Gesetzes zu.24 Anders liegt es freilich dann, wenn der settlor – was nicht selten ausdrücklich bestimmt wird und vor allem kraft Gesetzes bei unentgeltlichen Verfügungen oder fehlender vollständiger Zuordnung des beneficial interest gilt25 – selbst zu den beneficiaries zählt, wie im Folgenden gezeigt wird.26 ty & Trusts2, S. 65): Subjektive Rechte entstehen hier allenfalls dann, wenn die zu begünstigenden Personen von den trustees auserwählt werden. 24 Als Äquivalent einer Schenkung nach Common Law ergeben sich aus dem trust auch keine Ansprüche des settlor gegen den trustee; allein der beneficiary erwirbt aus dem trust Ansprüche gegen den trustee und kann diese nötigenfalls gerichtlich durchsetzen, vgl. Underhill and Hayton (-Hayton/Matthews/Mitchell), Law Relating to Trusts and Trustees19, Rn. 1.24; Lewin (-Tucker/ Le Poidevin/Brightwell), Trusts19, Rn. 1-005. Demgemäß kann auch grundsätzlich nur ein beneficiary Sekundäransprüche wegen breach of trust erheben sowie einstweiligen Rechtsschutz (interim injunctions) gegen drohende Pflichtverletzungen des trustee geltend machen; insbesondere stehen weder dem settlor noch einem bloßen protector Rechtsbehelfe wegen breach of trust zu (Lewin (-Tucker/Le Poidevin/Brightwell), Trusts19, Rn. 39-071; siehe auch X.-1:205(1) DCFR, wonach ausschließlich ein beneficiary eines private trust Ansprüche gegen den trustee erheben kann, nicht aber der sog. truster i. S. v. X.-1:203(1)). Andererseits bedeutet dies nicht, dass jede Person, der die trustees potenziell fiduziarisch verflichtet sein könnten, selbst aktivlegitimiert ist, um Ansprüche wegen breach of trust geltend zu machen; die Sachlegitimation (locus standi) setzt ein gegenwärtiges oder künftiges subjektives Recht (present or future interest) voraus, weshalb z. B. bloße objects eines discretionary trust oder donees of personal powers mangels subjektiver Berechtigung aus dem trust folgerichtig auch keine Rechtsbehelfe gegenüber den trustees zustehen (vertiefend Lewin (-Tucker/Le Poidevin/Brightwell), Trusts19, Rn. 39-071–39-076). Schwieriger liegt es bei mehrstufig strukturierten trusts (siehe § 4 III. 3. c) aa)). 25 In diesen Fällen entsteht ein sog. resulting trust (siehe hierzu Fn. 6). 26 An der Bestellung des trust ist der beneficiary im Grundsatz nicht beteiligt. Express trusts werden mittels (formloser) trust declaration seitens des settlor und Übertragung der einzelnen treuhänderisch zu haltenden Gegenstände (trust property) auf die designierten trustees begründet. Der beneficiary muss über die Errichtung des trust nicht einmal benachrichtigt werden (vgl. Lyell v. Kennedy (1889) 14 App Cas 437, 457 (Earl of Selborne)); der zu begünstigende Dritte erlangt folglich ohne seinen Willen die Rechtsposition eines beneficiary. Daraus entsteht ihm kein rechtlich relevanter Nachteil, da er zum einen aus dem trust ohne seinen Willen zu nichts verpflichtet wird und zum anderen problemlos auf seine Rechtsposition als beneficiary verzichten kann (vgl. Re Paradise Motor Co. Ltd. [1968] 1 W. L.R. 1125, wonach der Verzicht auf einen equitable interest nicht als disposition i. S. v. sec. 53(1)(c) LPA 1925 anzusehen ist und deshalb formlos bewirkt wird). Verzichtet der beneficiary mithin mündlich auf eine schenkweise Zuwendung, die unter einer at law unwirksamen Schenkung begründet wurde, begibt er sich damit zugleich seiner unter einem trust entstehenden Rechtsposition und kann sich später nicht darauf berufen, dass der formlose Verzicht nichtig sei.
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II. Die Rechtsstellung des beneficiary Wie angedeutet, erschöpft sich die Wirkkraft trust-basierter equitable interests nicht in den obligatorischen Rechten des beneficiary im Verhältnis zum trustee.27 Obwohl sich trust-basierte Rechte immer noch in wesentlichen Punkten von Sachenrechten at law unterscheiden – bis zu einer Vereinigung der Rechtsmaterien von Equity und Common Law (i. E. S.) dürfte es noch ein weiter Weg sein – weisen sie unter rechtsvergleichenden Gesichtspunkten, wie sogleich gezeigt werden wird, die essentialia drittwirksamer Vermögensrechte auf.28 Das vom Common Law abweichende Ausmaß der Drittschutzfähigkeit von equitable interests mag deren begrifflich-systematische Einordnung in das englische Vermögensrecht erschweren, ist aber für die vorliegende Untersuchung nur von sekundärer Bedeutung. Darüber hinaus unterscheidet sich die Rechtsstellung des beneficiary von den kontinentalen Treuhandmodellen in der Übertragbarkeit und Belastbarkeit.
1. Surrogationsgestützte Kontinuität Die absolute oder dingliche Qualität eines subjektiven Rechts zeigt sich bekanntlich (nur) in multipolaren Rechtsverhältnissen.29 Sachenrechte bewähren sich mithin, wenn und soweit es an (bereits existenten) Schuldverhältnissen zwischen dem Rechtsinhaber und anderen die „Sache“, d. h. den Gegenstand des betreffenden Rechts reklamierenden Personen fehlt. Übertragbarkeit, Sukzessionsschutz, absoluter Klageschutz sowie Insolvenz- und Zwangsvollstreckungsfestigkeit bilden dabei nicht bloß aus deutscher Sicht charakteristische Merkmale dinglicher Rechte.30 Phänomenologisch geht es nämlich allenthalben um vergleichbare Situationen, namentlich (1.) um konkurrierende Rechtsgeschäfte über die betreffende Sache, (2.) 27 Freilich ist die Haftung des trustee wegen Pflichtverletzungen i. w. S. (breach of equitable duties) und Verletzungen sog. fiduciary duties, namentlich der Loyalitätspflicht, sowie die Rechtsfolgen der konkurrierenden Rechtsbehelfe der beneficiaries – account for profits und/oder equitable compensation resp. personal remedies oder proprietary remedies – sowohl in England als auch im gesamten Rechtskreis des Common Law äußerst strittig. Siehe zum „Schadensersatz“ (equitable compensation) Target Holdings Ltd. v. Redferns [1996] A. C. 421; AIB Group (UK) plc v. Mark Redler & Co Solicitors [2014] UKSC 58; [2015] A. C. 1503; für Kanada siehe das grundlegende Urteil von McLachlin J. in Canson Enterprises Ltd v. Boughton & Co (1991) 85 DLR (4th) 129; für Australien Permanent Building Society (in liq) v. Wheeler (1994) WAR 187, [1994] WASC 395; zur umstrittenen Frage, ob die „strikte“ Gewinnherausgabepflicht des trustee ggf. zu mildern ist siehe aus englischer Sicht Boardman v. Phipps [1967] 2 AC 46; Attorney-General for Hong Kong v. Reid [1994] 1 A. C. 324 (P. C.); Murad v. Al-Saraj [2005] EWCA Civ 959; großzügig hingegen der HCA in Warman International Ltd v. Dwyer (1995) 182 CLR 544. Aus der reichhaltigen Literatur siehe z. B. Worthington (2013) 72 C. L.J. 2013, 720–759; Tettenborn, in: Degeling/ Edelman/Goudkamp, Contract in Commercial Law, 299–311; C. Mitchell [2014] 78 Conv. 215– 228; Edelman, in: Degeling/Varuhas, Equitable Compensation and Disgorgement of Profit, 91– 110; Millett (1998) 114 L. Q. R. 214–227. 28 Siehe auch von Bar, Gemeineuropäisches Sachenrecht II, Rn. 444–452. 29 Siehe nur von Bar, Gemeineuropäisches Sachenrecht I, Rn. 6. 30 Siehe Meagher/Gummow/Lehane (-Heydon/L eeming/Turner), Equity: Doctrine and Re-
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um die Entziehung und Vorenthaltung des Besitzes, Substanzeingriffe, Immissionen und sonstiges rechtsbeeinträchtigendes oder rechtsusurpierendes Verhalten sowie (3.) um Vollstreckungsmaßnahmen der persönlichen Gläubiger derjenigen Person, in deren Machtbereich sich die Sache befindet. Die nähere Ausgestaltung der „Entgegensetzbarkeit“ dinglicher Rechte variiert dabei sowohl innerhalb der nationalen Sachenrechtsregimes als auch aus jurisdiktionsübergreifender Perspektive. Paradigmatisch ist die fundamentale Trennung der sachenrechtlichen Sphären des Common Law und der Equity; die Drittwirksamkeit von legal property rights und equitable property rights unterscheidet sich nach wie vor in wesentlichen Punkten. Dies betrifft sowohl die grundsätzliche Frage, in welchem Ausmaß sich legal property rights und equitable property rights im Verhältnis zu anderen Rechtssubjekten bewähren, als auch die rechtstechnische „Kanalisierung“ der Drittschutzfähigkeit einer Rechtsstellung durch Rechtsbehelfe at law und Rechtsbehelfe in equity. Aber auch innerhalb der Kategorie der sog. equitable interests ist zwischen subjektiven Rechten aus einem trust (equitable interests oder trust-related interests), nicht trust-gestützten equitable interests sowie bloßen equities scharf zu unterscheiden.31 Misst man die Rechtsstellung des beneficiary an den aufgezeigten Kriterien des Sukzessionsschutzes, des Klageschutzes und der Insolvenz- und Zwangsvollstreckungsfestigkeit, ergibt sich ein mehrschichtiges Bild. Zwar kommt man nicht an der Feststellung vorbei, dass sich die Rechtsstellung des beneficiary aus einem fixed trust nicht in schuldrechtlichen Ansprüchen im Verhältnis zu den trustees erschöpfen; im Vergleich zu anderen dinglichen Rechten ist die Drittschutzfähigkeit sog. trust-related interests freilich limitiert. Zunächst bildet das nach Common Law dem trustee zugeordnete trust property in der Insolvenz des trustee eine für die Insolvenzgläubiger unzugängliche separate Vermögensentität; es fällt kraft Gesetzes nicht in die Insolvenzmasse.32 Die schon seit dem 18. Jahrhundert anerkannte medies5, Rn. 4-015. Zu diesen typischen Bausteinen des dinglichen Rechts Canaris, FS Flume I, S. 372, 373–374. 31 Zu den nicht trust-gestützten equitable interests zählen namentlich equitable security interests (equitable mortgage, charge, equitable lien), darüber hinaus aber auch z. B. das Rückerwerbsrecht des Sicherungsgebers einer (legal oder equitable mortgage) – die equity of redemption; mere equities, z. B. Kaufoptionen, Anfechtungs- und andere Gestaltungsrechte, sind allgemein durch einen geringeren Bestandsschutz gekennzeichnet; vgl. Worthington, Equity2, S. 77–83; näher zum Sukzessionsschutz in equity § 4 III. 3. b). 32 Im Unterschied zur deutschen Konstruktion der Verfügungs- und Verwaltungsbefugnis des Insolvenzverwalters geht nach englischem Recht das „Schuldnervermögen“ einer natürlichen Person (bankrupt’s estate) zwar kraft Gesetzes auf den Insolvenzverwalter (trustee in bankruptcy) zwecks Verteilung auf die Insolvenzgläubiger über (vgl. secs. 302, 305(2), 330 IA 1986). Davon ist aber expressis verbis treuhänderisch verwaltetes Vermögen ausgeklammert (sec. 283(3) (a) IA 1986). Die in sec. 283(3)(a) IA 1986 bestimmte Bereichsausnahme wird weit ausgelegt. Sie gilt nicht nur für alle Arten und Erscheinungsformen rechtsgeschäftlicher und gesetzlicher Treuhandverhältnisse, sondern auch für vergleichbare Konstellationen fremdnütziger Rechtsträgerschaft (näher Lewin (-Tucker/Le Poidevin/Brightwell), Trusts19, Rn. 22-025; z. B. wird der auf den administrator übergegangene Nachlass und von Rechtsanwälten verwahrtes Mandantenvermögen als „property held by the bankrupt on trust for any other person“ i. S. v. sec. 283(3)(a)
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Insolvenzfestigkeit der Rechtsposition des beneficiary ist nun zwar ein Indiz, aber kein belastbarer Beweis sachenrechtlicher Qualität, fällt doch treuhänderisch gebundenes Vermögen bei Insolvenz des Treuhänders auch in kontinentaleuropäischen Rechtsordnungen nicht zwingend in die Insolvenzmasse.33 Wichtiger sind die sachenrechtsinternen Surrogationstatbestände, zum einen das sog. overreaching bei Verfügungen über trust-belastete legal estates in land und zum anderen das u. a. an den gutgläubig-lastenfreien Erwerb von legal rights jeglicher Art anknüpfende tracing in equity. Obschon diese Rechtsinstitute scharf zu unterscheiden sind, liegt der übergreifende Zweck darin, das Allgemeininteresse an der Erhaltung der freien Zirkulationsfähigkeit von Sachen i. w. S. mit den Rechtsbeharrungsinteressen der aus einem „unsichtbaren“ trust berechtigten beneficiaries auszubalancie1986 klassifiziert, obschon es sich hier nicht um genuine trusts, sondern sonstige fiduziarische Rechtsverhältnisse handelt). Zählt der trustee selbst auch zu den beneficiaries – was häufig bei legal estates in land vorkommt, die mehreren Personen, z. B. Ehegatten, notwendig als joint tenants nach Common Law zugeordnet sind – steht das „property held on trust“ zwar grundsätzlich nicht zur Befriedigung der Insolvenzgläubiger zur Verfügung. Allerdings fällt der equitable interest des trustee (in seiner Eigenschaft als beneficiary) in die Insolvenzmasse. Um einen Zugriff auf das trust property des insolventen trustee seitens des Insolvenzverwalters präventiv zu verhindern, kann durch einstweilige Verfügung eine hoheitliche Verwahrung des trust property seitens des beneficiary erwirkt werden; zudem kann ein vorläufiger Verwalter für den trust bis zur endgültigen Auswechselung des trustee erwirkt werden (siehe bereits Taylor v. Allen (1741) 2 Atk. 213; 26 E. R. 532; Lewin (-Tucker/Le Poidevin/Brightwell), Trusts19, Rn. 38-015). Der insolvente trustee verliert auch nicht schon kraft Gesetzes seine Rechtsstellung als trustee, bleibt also zur fremdnützigen Vermögensverwaltung verpflichtet (siehe Lewin (-Tucker/Le Poidevin/ Brightwell), Trusts19, Rn. 22-016; freilich kann er durch gerichtliche Entscheidung seines Amtes als trustee enthoben werden; zugleich wird ein neuer trustee vom Gericht bestellt (sec. 41 Trustee Act 1925)). Selbstverständlich unterliegen daher Verfügungen, die der insolvente trustee vor oder nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über trust property vornimmt, nicht den Insolvenzanfechtungsregeln; auch die dem insolventen trustee treuhänderisch zugewiesenen Gestaltungsrechte (sog. powers) gehen grundsätzlich nicht auf dessen Insolvenzverwalter über. Auch für die Insolvenz einer Gesellschaft, der Vermögenswerte als trustee zugeordnet sind, gilt nichts anderes. Wenngleich das Vermögen der Gesellschaft nicht wie bei einer natürlichen Person kraft Gesetzes auf den administrator bzw. liquidator der aufgelösten Gesellschaft übergeht – das Gesellschaftsvermögen wird aufgrund einer gesetzlichen Verfügungs- und Verwaltungsbefugnis zur Tilgung der Gesellschaftsschulden in Geld umgesetzt – und sec. 283(3)(a) IA 1986 schon aus gesetzessystematischen Gründen auf die Insolvenz von Gesellschaften nicht anzuwenden ist, steht außer Frage, dass treuhänderisch gehaltenes Gesellschaftsvermögen nicht zur Gläubigerbefriedigung „versilbert“ werden kann (siehe Lewin (-Tucker/Le Poidevin/Brightwell), Trusts19, Rn. 22-027). Das trust property bildet mithin ein vom Gesellschaftsvermögen separates Sondervermögen. Von der insolvenzrechtlichen Separierung des Treuhandvermögens vom Schuldnervermögen scharf zu unterscheiden ist die Aufhebung bzw. Anfechtung der Errichtung eines trust aus Gründen der Gläubigergefährdung des settlor: So bezieht sich die dem Insolvenzgericht – sachlich zuständig ist entweder der High Court oder ein country court – nach sec. 423 IA 423 zugewiesene Befugnis zur Nichtigerklärung von Rechtsgeschäften, die der Schuldner in der Absicht, seine Gläubiger zu benachteiligen, trifft, gerade auch auf settlements und trusts, die bestimmungsgemäß errichtet werden, um den Gläubigern des settlor Haftungsvermögen zu entziehen (vgl. Lewin (-Tucker/Le Poidevin/Brightwell), Trusts19, Rn. 22-03); entsprechende Aufhebungsanträge können der Insolvenzverwalter (trustee in bankruptcy) sowie die Gläubiger des settlor bereits vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens stellen. 33 Zur Rechtslage in Deutschland siehe § 4 IV. 1. a).
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ren.34 Das Pendel schlägt freilich deutlich zugunsten des öffentlichen Interesses an der Leichtigkeit und Sicherheit des Rechtsverkehrs aus; die Rechte der beneficiaries sind zweitrangig, zumal die Surrogationstechniken des overreaching und des tracing in equity keinen lückenlosen Kontinuitätsschutz garantieren. a) Tatbestandsvoraussetzungen und Rechtsfolgen des overreaching Besonders schwach ist der Sukzessionsschutz der beneficiaries bei trusts of land (i. S. v. sec. 1(1)(a) TLATA 1996). Zwecks Erhaltung der freien Veräußerlichkeit von legal estates in land (i. S. v. sec. 1(1) LPA 1925) werden die Rechte der beneficiaries bei rechtsgeschäftlichen Veräußerungen und Belastungen von trust-befangenen legal estates in land auf das jeweilige commodum ex negotiatione im Wege des overreaching kraft Gesetzes „umgelenkt“ (secs. 2(1)(ii)(2), 27 LPA 1925).35 Die Tatbestandsvoraussetzungen sind leicht erfüllt: Wird ein trust-befangener legal estate in land seitens der trustees veräußert und bewirkt der Erwerber die geschuldete Gegenleistung an mindestens zwei trustees oder eine trust corporation, erlischt der trust of land unabhängig davon, ob die trustees intern pflichtgemäß handeln und der Erwerber von den Rechten der beneficiaries Kenntnis hat. Die Rechte der beneficiaries verwandeln sich kraft Gesetzes in equitable interests an dem rechtsgeschäftlichen Surrogat.36 Abgesehen von der Veräußerung kommt es unter den 34 Zum Regelungszweck des in secs. 2, 27 LPA 1925 verankerten overreaching siehe City of London Building Society v. Flegg [1988] A. C. 54, 73–74 (Lord Templeman), 76–77 (Lord Oliver); K. Gray/S. F. Gray, Elements of Land Law5, Rn. 7.5.56. 35 Die Verfügungsbefugnis der trustee ergibt sich im Grundsatz bereits aus seiner sachenrechtlichen Rechtsposition als estate owner (i. S. v. sec. 205(1)(v) LPA 1925) des vom settlor treuhänderisch übertragenen legal estate; als eingetragener Rechtsinhaber eines registered estate in land (resp. einer registered charge) stehen dem trustee die in sec. 23 LRA 2002 normierten owner’s powers zu, vgl. sec. 6(1) TOLATA 1996. Die Berechtigung zur Verfügung über das trust property ist demgegenüber partiell gesetzlich geregelt (u. a. in Part II TA 2000); diese Vorschriften sind weitgehend dispositiv, i. d. R. wird die Verfügungsberechtigung, vor allem die Veräußerungs- und Verpfändungsbefugnis, der trustees in der das Treuhandverhältnis begründenden Urkunde deshalb erweitert, modifiziert oder eingeschränkt. Dies gilt im Grundsatz auch für die in sec. 6(1) TOLATA 1996 verankerte umfassende gesetzliche Verfügungsberechtigung der trustees eines trust of land (vgl. sec. 8(1) TOLATA 1996). Die treuhänderischen Bindungen schlagen dabei im Grundsatz nicht auf die dingliche Verfügungsbefugnis im Außenverhältnis durch, entfalten nur obligatorische Wirkung: Überschreitet der trustee durch Veräußerung oder Belastung die ihm im Innenverhältnis gezogenen Schranken seiner power oder verletzt er die ihm obliegende Sorgfaltspflichten (vgl. sec. 1 TA 2000, sec. 6(9) TOLATA 1996), ist die Verfügung mithin wirksam (Ferris/Battersby (2003) L. Q. R. 94, 104–105). Anders liegt es bei einer sog. ultra vires-Verfügung; allerdings bedürfen rechtsgeschäftliche Verfügungsbeschränkungen (vgl. sec. 8 TLATA 1996) in Bezug auf trust-befangene registered estates in land der Eintragung einer restriction im register of title (ss. 26, 41(1) LRA 2002). 36 Die aus einem trust of land resultierenden Rechte der beneficiaries sind, wie sec. 2(2) LPA 1925 ausdrücklich bestimmt, dem overreaching ausgesetzt; diese Bestimmung ist nicht dispositiv, der settlor vermag die durch den trust of land eingeräumten Rechte der beneficiaries also nicht gegen die gesetzlichen Rechtsfolgen der Verfügungen über den betroffenen legal estate in land zu immunisieren. Der sachliche Geltungsbereich des overreaching bezieht sich zwar nicht ausschließlich auf die Rechte von beneficiaries eines trust of land. Für sonstige in Equity begründete interests in land gibt es aber diverse Bereichsausnahmen, z. B. für equitable easements (sec. 2(3)
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vorgenannten Voraussetzungen sowohl beim Tausch als auch bei der Bestellung von legal charges und leases zum overreaching, nicht jedoch bei der Belastung eines trust-befangenen legal estate mit bloßen interests in land (i. S. v. sec. 1(2) LPA 1925).37 Sind die Voraussetzungen von secs. 2(1)(ii)(2), 27 LPA 1925 erfüllt, lösen (iii) LPA 1925); in Bezug auf Verfügungen über trust-befangenes personal property kommt zwar prinzipiell gleichfalls overreaching in Betracht (siehe nur Harpum (1990) 49 C. L.J. 277, 278), ist aber typischerweise irrelevant, soweit ohnehin die bona fide purchaser defence zugunsten des entgeltlichen Erwerbers anwendbar ist. 37 Baker v. Craggs [2018] EWCA Civ 1126 [24]–[32] (Henderson L. J.). Im zugrunde liegenden Fall wurde ein legal estate in land an den Beklagten verkauft, wobei der Vollzug des Kaufvertrags verzögert wurde. Nach allgemeinen Grundsätzen erwarb der Beklagte mit Abschluss des Kaufvertrages und Zahlung des Kaufpreises einen equitable interest unter dem (kraft Gesetzes entstandenen) vendor-purchaser constructive trust. Sodann erwarben die Kläger vom Verkäufer ein benachbartes Grundstück sowie ein Wegerecht in Form eines legal easement an dem an den Beklagten verkauften estate in land. Erst danach wurde der Beklagte als Inhaber des verkauften estate in land im register of title eingetragen. Die Entscheidung kreiste um die Frage, ob der Beklagte den estate in land insoweit lastenfrei erworben hatte, präziser ob der Verfügungserfolg durch den equitable interest des Beklagten – ein sachenrechtliches Erwerbsrecht, das prinzipiell gegen jeden Rechtsnachfolger des Veräußerers (mit Ausnahme des qua overreaching, der bona fide purchaser defence oder nach secs. 28–30 LRA 2002 geschützten Zweiterwerbers) durchgesetzt werden kann (vgl. Rieländer, Sachenrechtliche Erwerbsrechte, S. 84–92) – erfolgreich abgesichert oder umgekehrt das easement der Beklagten den equitable interest qua overreaching vernichtet hatte. Der Court of Appeal hob die erstinstanzliche Entscheidung (Baker v. Craggs [2016] EWHC 3250 (Ch); [2017] 2 W. L.R. 1483), wonach das Wegerecht qua overreaching des equitable interest dem Beklagten entgegensetzbar war, mit stichhaltiger Argumentation auf. Ein overreaching durch Erwerb eines easement (oder eines anderen interest in land i. S. v. sec. 1(2) LPA 1925) scheide generell aus; der sachliche Anwendungsbereich von sec. 2(1) LPA 1925 bschränke sich auf den potentiell lastenfreien Erwerb eines legal estate in land i. S. v. sec. 1(1) LPA 1925. Henderson L. J. berief sich zuvörderst auf den Normwortlaut und die Gesetzessystematik: Der LPA 1925 unterscheide scharf zwischen legal estates in land und sonstigen interests in land; sec. 2(1) LPA 1925 stelle ausdrücklich auf den Erwerb eines legal estate in land ab. Darüber hinaus verwies Henderson L. J. auf die konzeptionellen Schwierigkeiten, die sich bei der von Newey J erstinstanzlich bejahten Anwendung von sec. 2(1) LPA 1925 auf die Bestellung von interests in land ergebe: Der equitable interest des Beklagten beziehe sich nicht, wie von sec. 2(1) LPA 1925 vorausgesetzt, auf den „estate“, den die Kläger erworben hätten; das easement werde konstitutiv durch grant gem. sec. 52 LPA 1925 errichtet und sei deshalb niemals mit einem equitable interest belastet gewesen. Darüber hinaus hob Henderson L. J. darauf ab, dass die unterstellte Anwendbarkeit von sec. 2(1) LPA 1925 auf die Bestellung von begrenzten Rechten am trust-belasteten legal estate in land den vom Gesetz vorausgesetzten surrogationsbasierten Schutz der beneficiaries konterkariere: Eine „Umlenkung“ des equitable interest auf eine Gegenleistung des Erwerbers sei bei der Belastung mit anderen Rechten als legal charges und leases, namentlich in der hier relevanten Fallkonstellation, problematisch; es sei kaum möglich, den für das herrschende Grundstück einschließlich des easement von den Klägern gezahlten Kaufpreis aufzuteilen und insoweit eine Fortsetzung am Veräußerungserlös des Verkäufers zu ermöglichen. Folglich war das easement im Verhältnis zum Beklagten wirkungslos und damit bedeutungslos; der nicht qua overreaching eliminierte equitable interest des Beklagten sicherte den lastenfreien Erwerb des legal estate in land ab. Wenngleich hiernach ein overreaching durch Bestellung eines begrenzten Rechts (mit Ausnahme von legal charges und leases) ausscheidet, darf freilich nicht verkannt werden, dass gleichwohl Verkehrsschutz in Bezug auf die Belastung eines trust-belasteten legal estate in land in Betracht kommt: Das Rangverhältnis zwischen mehreren begrenzten Rechten an einem estate in land – auch in Bezug auf equitable interests – richtet sich bei registered estates nach sec. 28–30 LRA 2002 – entscheidend ist zuvörderst die Eintragung im register of title, die auch bei dem hier vor-
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sich die Rechte der beneficiaries mithin automatisch vom betroffenen legal estate unabhängig davon, ob das Verfügungsobjekt im register of title dokumentiert ist oder nicht; registered estates und unregistered estates werden insoweit gleichbehandelt. Der „trust-freie“ Erwerb lässt sich seitens der beneficiaries nicht verhindern: Eintragungsfähig sind die Rechte der beneficiaries mittels sog. notice im Register des betroffenen legal estate in land ohnehin nicht (sec. 33(a)(i) LRA 2002); die Eintragung einer verfügungsbeschränkenden restriction schließt allenfalls die Eintragung von unter Missachtung der Voraussetzungen von secs. 2(1)(ii)(2), 27 LPA 1925 bewirkten Verfügungen über den betreffenden legal estate aus (vgl. sec. 41(1) LRA 2002). Wie der leading case City of London Building Society v. Flegg zeigt,38 sind liegenden equitable interest möglich ist. Wird auf die Eintragung eines Vermerks verzichtet, wird das fragliche Recht prinzipiell durch eine nachfolgende eintragungsbedürftige rechtsbegründende Verfügung verdrängt, ohne dass es auf Redlichkeit des Erwerbers ankommt; bei unregistered land kommt ein eintragungsbasierter Schutz nach dem LCA 1972 in Betracht, zudem verbleibt der klassischen bona fide purchaser defence noch ein schmaler Anwendungsbereich (vgl. Dixon, Modern Land Law11, S. 121–122). 38 City of London Building Society v. Flegg [1988] A. C. 54; siehe hierzu Maudsley and Burn (-Burn/Cartwright), Land Law9, S. 551 f. Die zum alten Regime des overreaching von registered estates ergangene Entscheidung des House of Lords ist auch für das inzwischen durch den TLATA 1996 und den LRA 2002 reformierte Recht von richtungsweisender Bedeutung. Aus der Entscheidung folgt, dass overreaching auch zulasten derjenigen beneficiaries geht, die sich im Zeitpunkt der Verfügung in actual occupation des Grundstücks befinden. In diesem Fall hatte ein Ehepaar – dem der legal estate an einem mithilfe von Zuwendungen der beklagten Eltern der Ehefrau finanzierten Hausgrundstück gesamthänderisch zustand – das streitgegenständliche Grundstück gemeinsam mit den Beklagten bewohnt. Ohne Wissen der Beklagten bestellten sie der Klägerin eine legal charge am Grundstück. Als die Eheleute in Zahlungsverzug gerieten, erhob die Klägerin zwecks Vorbereitung der Verwertung eine Räumungsklage. Diese hatte Erfolg. Die Einwendungen der Beklagten, die sich auf ihre „besitzgestützte“ Position (sec. 14 LPA 1925 a. F., sec. 70(1)(g) LRA 1925) und auf zumindest fahrlässige Unkenntnis der Klägerin von dieser besitzrechtlichen Position beriefen, wies das Gericht zurück. Zugunsten der Beklagten sei zwar aufgrund der Zuwendungen zum Erwerb des estate ein resulting trust (in Form eines trust for sale) entstanden, aus dem sowohl das Ehepaar als auch die Eltern als tenants in common auch zum Besitz berechtigt gewesen wären. Mit Bestellung der legal charge und Valutierung des Darlehens an die Eheleute als gemeinschaftliche trustees seien diese unter dem trust for sale entstandenen Okkupationsrechte aber kraft overreaching erloschen; sie setzten sich an der equity of redemption der Sicherungsgeber fort. Aufgrund des trust for sale stünde den Beklagten kein Recht auf Besitz zu, weshalb es auf die geltend gemachte „actual occupation“ der Beklagten und den Gewissenszustand der Klägerin nicht ankomme; actual occupation zeitige nur in Verbindung mit einem interest in land Sukzessionsschutz gem. sec. 14 LPA 1925 a. F., sec. 70(1)(g) LRA 1925. Ausweislich der legislatorischen Wertungsentscheidung gelte nur ein beschränkter Sukzessionsschutz von trust-related interests; dieser erschöpfe sich in der Fortsetzung des equitable interest an der von den trustees erlangten Geldleistung. Diesbezüglich unterscheide sich der Fall grundlegend von der Konstellation, die der Entscheidung in Williams & Glyn’s Bank Ltd. v. Boland [1981] A. C. 487 zugrunde lag: Zwar hatte das House of Lords in Boland entschieden, dass ein besitzgestützter interests in land unter einem trust zugunsten der Ehefrau des Sicherungsgebers auch gegenüber dem Erwerber einer legal charge als overriding interest wirksam sei; indes war die charge dort Zug um Zug gegen Auszahlung des Darlehens an den Sicherungsgeber als alleinigen trustee gewährt worden; in Flegg bestätigte das House of Lords somit auch die „two-trustee-rule“ als Tatbestandsvoraussetzung des overreaching.
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selbst die ein Hausgrundstück bewohnenden beneficiaries eines trust of land gegen einen Rechtsverlust im Wege des overreaching aufgrund einer pflichtwidrigen Bestellung einer mortgage seitens der trustees nicht geschützt.39 Präzise betrachtet zeitigt das overreaching zwar bei nachfolgenden Belastungen des betroffenen legal estate in land ohnehin keine vollständige „Verschiebung“ der Rechte der beneficiaries vom Grundstück auf einen Geldwert, sondern einen Vorrangserwerb zugunsten des Erwerbers. Praktisch relevant ist dies bei der Verpfändung des legal estates in land; die Rechte der beneficiaries werden kraft Gesetzes sogar dann zurückversetzt, wenn dem mortgagee bzw. chargee die Existenz des trust of land bekannt ist; die equitable interests beziehen sich lediglich auf die equity of redemption, d. h. den verpfändeten estate in land. Wird aber ein trust-basiertes „Grundstücksrecht“ durch konsekutive Belastungen verdrängt, soweit der Ausübungsbereich und Zuweisungsgehalt des später bestellten Rechts reichen, entfaltet jenes Recht i. d. R. keine Drittwirkung. Auch bei Bestellung einer legal charge werden die beneficiaries primär auf den hierdurch kapitalisierten Wert des legal estate in land, etwa auf das vom mortgagee gewährte Darlehen, verwiesen. Freilich ist nach der Rechtsprechung des Court of Appeal ein overreaching der Rechte der beneficiaries gem. sec. 2(1)(ii)(2) LPA 1925 auch dann möglich, wenn eine Surrogation der unter dem trust of land konstituierten Rechte in einen trust of money mangels einer im Kontext der Verfügung zu bewirkenden Geldleistung des Erwerbers per se ausscheidet.40 Zwar schützt sec. 2(1)(ii)(2) LPA 1925 nur einen 39 Dies hat sich auch durch das in ss. 28–30 LRA 2002 modernisierte Regime der Verfügungen über registered estates nicht geändert. Sind die Voraussetzungen von ss. 2(1)(ii), (2), 27 LPA 1925 erfüllt, ist sec. 29(2)(a)(ii), Sch. 3 para. 2 LRA 2002 nicht zugunsten der beneficiaries eines trust of land anwendbar. Bereits die Bewirkung der Gegenleistung soll zur Verwandlung des trust of land in einen trust of money führen, so dass im maßgeblichen Zeitpunkt der Vollendung der Verfügung durch Eintragung überhaupt kein konkurrierendes Recht aus einem trust of land existiert; für einen Sukzessionsschutz wegen tatsächlichen Gebrauchs des Grundstücks ist also nur dann Raum, wenn etwa der Käufer den Kaufpreis nur einem trustee zahlt oder sonstige reguläre Voraussetzungen des overreaching nicht erfüllt sind. 40 Vgl. State Bank of India v. Sood [1997] Ch. 276 (CA); siehe hierzu Maudsley and Burn (-Burn/Cartwright), Land Law9, S. 557 ff. Die Beklagten, ein Ehepaar, hatten an ihrem im register of title eingetragenen freehold estate eine legal charge zur Sicherung aller bestehenden und künftigen Verbindlichkeiten aus einer Geschäftsverbindung mit einer indischen Bank belastet; unstreitig hielt das Ehepaar das Grundstück unter einem trust for sale für sich selbst und ihre fünf Kinder als beneficiaries. Die Sicherungsnehmerin trat ihre Rechte aus der charge später an die Klägerin ab. Als die Beklagten in Zahlungsverzug gerieten, strengte die Klägerin mit Erfolg eine Räumungsklage an; aufgrund des lastenfreien Erwerbs der legal charge durch die Rechtsvorgängerin der Klägerin standen die Rechte der Kinder aus dem trust for sale dem Herausgabeverlangen nicht entgegen. Mit diesem Urteil stellte der C. A. klar, dass die in sec. 27(2) LPA 1925 bestimmte Regel, wonach die Gegenleistung an mindestens zwei trustees oder eine trust corporation bewirkt werden müsse, nur für die Fälle gelte, in denen überhaupt vertraglich vereinbart sei, dass Zug um Zug gegen die Veräußerung oder Bestellung einer charge eine Geldsumme gezahlt werden müsse. Wenn aber die Bestellung einer mortgage zur Sicherung bestehender oder künftiger Verbindlichkeiten diene, mithin nicht Zug um Zug gegen diese Verfügung eine Geldsumme seitens des Sicherungsnehmers zur Verfügung gestellt werden müsse, greife sec. 27(2) LPA 1925 nicht ein. Dies ändere aber nichts daran, dass es gleichwohl zu einem overreaching gem. sec. 2(1)(ii) LPA 1925 komme (obschon diese Vorschrift ausdrücklich verlangt, dass die Voraussetzungen von sec. 27
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purchaser i. S. v. sec. 205(1)(xxi) LPA 1925.41 Das Erfordernis einer Gegenleistung wird aber nicht qualifiziert, wohingegen sich sec. 27(2) LPA 1925 tatbestandlich auf monetäre Leistungen beschränkt, die Zug um Zug gegen Erwerb des betreffenden (Rechts an einem) legal estate zu erbringen sind; das einschränkende Erfordernis der Leistungsbewirkung an zwei trustees oder eine trust corporation gilt ausschließlich für Zug-um-Zug bewirkte Leistungen in Erfüllung der im Synallagma stehenden Hauptleistungspflichten. Anders gewendet: Die Fortsetzung der Rechte der beneficiaries hängt davon ab, dass der Erwerber schuldvertraglich verpflichtet ist, eine pekuniäre Gegenleistung Zug um Zug gegen Übertragung oder Belastung des trust-befangenen legal estate zu bewirken. Deshalb ist eine Surrogation bei Tauschverträgen schlechthin und darüber hinaus – je nach den schuldrechtlichen Vereinbarungen zwischen den trustees und den Verfügungsempfängern – bei Belastungen mit mortgages und leases ausgeschlossen, obschon overreaching in Betracht kommt.42 Kommt es aber tatbestandsmäßig auf eine (pekuniäre) Gegenleistung gar nicht an, spielt die Angemessenheit des für die Übertragung oder Belastung des legal estate geschuldeten Preises erst recht keine Rolle. Selbst wenn eine Geldleistung im Zuge der Verfügung zu bewirken ist, knüpft overreaching somit nicht an eine die beneficiaries begünstigende Kapitalisierung des legal estate in land an. Ungeachtet der sog. two trustees rule (sec. 27(2) LPA 1925) ist eine „Wertsicherung“ zugunsten der beneficiaries somit nicht gewährleistet, zumal die Voraussetzung, dass der geschuldete Preis an zwei trustees oder eine trust corporation zu bewirken LPA 1925 hinsichtlich der Zahlung des Veräußerungserlöses erfüllt sind!); insoweit unterscheide sich diese Fallgestaltung von Williams & Glyn’s Bank Ltd. v. Boland [1981] A. C. 487, nach der overreaching ausscheide, wenn eine mortgage Zug um Zug gegen Auszahlung eines Darlehens gewährt und die Valuta nur an einen trustee geleistet werde. Jede andere Betrachtungsweise hätte zur Konsequenz, dass nicht mit einer sofort fälligen Gegenleistung schuldrechtlich verknüpfte Verfügungen, z. B. ein Tausch, eine lease ohne Verpflichtung zur Entrichtung eines Aufpreises gegen Bestellung des leasehold estate oder auch eine charge zur Sicherung gegenwärtiger und künftiger Verbindlichkeiten prinzipiell nicht die Rechte der beneficiaries verdrängen könnten. Dies widerspreche einem zentralen Anliegen der liegenschaftsrechtlichen Reform; mit dem LPA 1925 sei die Erleichterung des Rechtsverkehrs mit legal estates in land kraft overreaching bezweckt worden. Implizit erkannte das Gericht an, dass auch hier die Rechte der beneficiaries nicht ersatzlos erlöschen, sondern sich jedenfalls an der (freilich wertlosen) equity of redemption fortsetzen. Mit Blick auf den schwachen Schutzstandard der beneficiaries übte Gibson L. J. rechtspolitische Kritik an der geltenden Rechtslage; es sei aber Sache des Gesetzgebers, die Rechtsposition der beneficiaries zu stärken; siehe auch K. Gray/S. F. Gray, Elements of Land Law5, Rn. 7.5.63. 41 Ein „volunteer“ ist mithin nicht durch sec. 2(1) LPA 1925 geschützt; insoweit gilt nichts anderes als für die ungeschriebene bona fide purchaser defence. 42 Die Surrogation greift also nur bei einer Geldzahlung ein, die Zug um Zug gegen die Übertragung oder Belastung des trust-befangenen legal estate in land bewirkt wird. Wird eine mortgage (resp. legal charge) Zug um Zug gegen Gewährung eines Darlehens an die trustees bestellt, setzt sich der trust of land – in Analogie zur Veräußerung des estate in land – deshalb an der Darlehensvaluta fort. Anders liegt es nach State Bank of India v. Sood [1997] Ch. 276, wenn die von den trustees bestellte mortgage (resp. legal charge) der Sicherung gegenwärtiger oder künftiger Kreditverbindlichkeiten dient; die Rechte der beneficiaries werden ersatzlos im Wege des overreaching verdrängt.
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ist, das Veruntreuungsrisiko bestenfalls minimiert.43 Wenngleich die Abgrenzung zwischen das „rechtliche Dürfen“ missachtenden intra-vires-Verfügungen und das „rechtliche Können“ überschreitenden ultra-vires-Verfügungen nicht abschließend geklärt ist und die einschlägigen Voraussetzungen des Erwerberschutzes zwischen trust-befangenen registered estates und trust-befangenen unegistered estates divergieren,44 ist das Verkehrsschutzniveau mit Rücksicht auf die extensive Auslegung von sec. 2(1)(ii) LPA 1925 äußerst hoch.45 Aufgrund ihrer Rechtszuständig43 Kritisch insbesondere McFarlane/Hopkins/Nield, Land Law, Text, Cases, and Materials4, S. 683–685, die insoweit einen Verstoß gegen die in Art. 8 EMRK und Art. 1 Abs. 1 1. ZP-EMRK verbürgten Rechte der wohnberechtigten beneficiaries und eine Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes gem. Art. 14 EMRK angesichts der unterschiedlichen Voraussetzungen des Erwerber- und Sukzessionsschutzes bei Verfügungen über trust-befangene registered estates und trust-befangene unegistered estates für möglich halten. 44 Ferris/Battersby (2003) L. Q. R. 94, 95–108 vertreten die Ansicht, dass die den trustees in sec. 6(1) TLATA 1996 verliehene (scheinbar) umfassende Verfügungsbefugnis (sec. 6(1) TLATA 1996: „For the purpose of exercising their functions as trustees, the trustees of land have in relation to the land subject to the trust all the powers of an absolute owner.“) durch das Gesetz selbst erheblichlich restringiert werde (u. a. durch sec. 6(6) TLATA 1996: „The powers conferred by this section shall not be exercised in contravention of, or of any order made in pursuance of, any other enactment or any rule of law or equity.“). Infolgedessen seien Verfügungen, durch die die trustees ihre fiduziarischen Pflichten verletzen, als ultra vires einzuordnen und somit nichtig; nach sec. 6(5) TLATA 1996 oder sec. 6(9) TLATA 1996 pflichtwidrig Verfügungen, die keinen breach of trust konstituieren, seien dagegen intra vires. Diese restriktive Interpretation hat sich bislang nicht durchgesetzt. Aber selbst wenn man ihr folgt, schränkt dies den Erwerberschutz nicht entscheidend ein. Wird ein trust-befangener unregistered estate seitens eines trustee veräußert oder belastet, ist der entgetliche Erwerber durch die in sec. 16 TLATA 1996 normierten Spezialtatbestände des gutgläubig-trustfreien Erwerbs umfänglich geschützt; insbesondere kommt ein gutgläubigtrustfreier Erwerb auch dann in Betracht, wenn die von den trustees getroffene Verfügung gegen sec. 6(6) TLATA 1996 verstößt (sec. 16(2) TLATA 1996). Abgesehen davon stehen den ordnungsgemäß im register of title als Rechtsinhaber eingetragenen trustees in Bezug auf registered land ohnehin nach sec. 23 LRA 2002 sämtliche owner’s powers und somit unbegrenzte Verfügungsmacht zu; vom settlor bestimmte Verfügungsbeschränkungen bedürfen der Eintragung im register of title mittels restriction (sec. 41(1) LRA 2002). 45 Dies zeigt sich nicht nur anhand der referierten Entscheidung des C. A. in State Bank of India v. Sood [1997] Ch. 276, sondern auch anhand der jüngeren erstinstanzlichen Entscheidung in Shami v. Shami [2012] EWHC 664 (Ch), in der Donaldson Q. C. – im Rahmen eines obiter dictum – die bereits referierte Entscheidung des C. A. in State Bank of India v. Sood [1997] Ch. 276 dahin deutet, dass ein overreaching bei Verfügungen, die ein trustee allein treffe, möglich sei, wenn – wie in Sood – eine Zug-um-Zug zu bewirkende Geldleistung seitens des Erwerbers nicht geschuldet sei. Auch diese extensive Auslegung ist methodisch nicht unvertretbar. Die einschlägigen Vorschriften (sec. 2(1)(ii)(2) LPA 1925) sind insoweit ambivalent. Einerseits setzt sec. 2(1)(ii) LPA 1925 eine Verfügung durch „trustees of land“ tatbestandlich voraus, was eine Personenmehrheit auf Veräußererseite und nicht bloß einen allein verfügenden trustee zumindest impliziert; zudem verlangt sec. 2(2) LPA 1925 ausdrücklich, dass es sich bei den verfügenden trustees um zwei oder mehrere natürliche Personen oder um eine trust corporation handele. Soll aber sec. 2(1)(ii) LPA 1925 andererseits auch unabhängig von den Voraussetzungen von sec. 2(2) LPA 1925 einen trust-freien Erwerb mittels overreaching ermöglichen, spricht dies eher für eine ausdehnende Auslegung der Norm, wonach die Formulierung trustees of land auch einen alleinzuständigen trustee erfasst. Hierfür ließe sich anführen, dass die in sec. 27(2) LPA 1925 normierte Regel, dass der Erlös an zwei trustees oder eine trust corporation gezahlt werden muss, lediglich das Veruntreuungsrisiko hinsichtlich des Erlöses minimieren soll, nicht aber einen trust-freien Erwerb
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keit als eingetragene Inhaber steht den trustees ohnehin umfassende Verfügungsmacht über trust-befangene legal estates zu. Verfügungsbeschränkende Vorgaben des settlor (sec. 8 TLATA 1996) und sonstige limitations bedürfen zu ihrer Wirksamkeit der Eintragung mittels restrictions im Register des betreffenden estate in land (sec. 26(2)(a) LRA 2002). Anderenfalls findet lastenfreier Erwerb mittels overreaching statt.46 Soweit in Rechtsprechung und Lehre betont wird, dass die Rechte bei nicht Zug um Zug fälligen Gegenleistung pauschal verhindern soll (vgl. McFarlane/Hopkins/ Nield, Land Law, Rn. 11.78). Zu replizieren ist, dass sec. 2(1)(ii) LPA 1925 ausdrücklich auf die Voraussetzungen von sec. 27 LPA 1925 Bezug nimmt, was schon gegen die vom C. A. vertretene Auslegung in State Bank of India v. Sood [1997] Ch. 276 spricht. Das Ergebnis irritiert: Ungesicherte Gläubiger können sich jederzeit nachträglich zulasten der beneficiaries vorrangige legal charges an einem trust-befangenen legal estate in land verschaffen, auch wenn sie nur mit einem trustee kontrahieren, wohingegen der Gläubiger, der Zug um Zug gegen Bestellung der charge ein Darlehen an nur einen trustee auszahlt, die Rechte der beneficiaries nach Williams & Glyn’s Bank Ltd. v. Boland [1981] A. C. 487 auch dann nicht zu verdrängen vermag, wenn diese weder aus dem register of title noch bei einer Inspektion des Grundstücks ersichtlich sind (kritisch auch McFarlane/ Hopkins/Nield, Land Law, Rn. 11.79). 46 Anders liegt es bei Verfügungen über nicht im register of title eingetragene trust-befangene legal estates in land. Der entgeltliche Erwerber ist aber durch die in sec. 16 TLATA 1996 normierten Spezialtatbestände des gutgläubig-trustfreien Erwerbs geschützt. Hiernach kommt insbesondere ein gutgläubig-lastenfreier Erwerb in Betracht, wenn rechtsgeschäftliche Verfügungsbeschränkungen i. S. v. sec. 8 TLATA 1996 dem Erwerber unbekannt sind (sec. 16(3)(b) TLATA 1996). Auch muss sich der Erwerber nicht darum kümmern, ob die trustees mit der Verfügung bestimmte fiduziarischen Pflichten oder die nichtfiduziarische Pflicht zur Berücksichtigung der Interessen der beneficiaries (sec. 6(5) TLATA 1996) verletzen (sec. 16(1) TLATA 1996). Auf eingetragene legal estates findet diese Vorschrift keine Anwendung (sec. 16(7) TLATA 1996). Letzteres ist selbstverständlich: Maßgeblich ist allein die Eintragung der restriction im Register des betroffenen estate in land (sec. 26(2)(b) LRA 2002). Fehlt es an der Eintragung der Verfügungsbeschränkung, schadet dem Erwerber selbst positive Kenntnis nicht, weil sec. 26(1) LRA 2002 unbeschränkte Verfügungsbefugnis des eingetragenen Rechtsinhabers fingiert. Präzise betrachtet kann eine Verfügung des trustee also gar nicht ultra vires liegen, sofern verfügungsbeschränkende Vorgaben des settlor gem. sec. 8 TLATA 1996 nicht im register of title eingetragen sind; die Eintragung bewirkt also nicht bloß eine Vermutungswirkung, sie ist vielmehr konstitutive Voraussetzung der dinglichen Wirkung der Verfügungsbeschränkung. Andererseits erscheinen die Grenzen des Erwerberschutzes bei Verfügungen über eingetragene legal estates in land im Licht der erstinstanzlichen Entscheidung HSBC Bank plc v. Dyche [2009] EWHC 2954 (Ch) fragwürdig. Das Gericht verneinte hier ein overreaching bei pflichtwidrigen Verfügungen zwischen den trustees of land unter Verweis auf die Unredlichkeit des erwerbenden trustee, was die Frage aufwirft, ob generell ein Redlichkeitserfordernis im Kontext des overreaching von eingetragenen legal estates gilt (vgl. McFarlane/Hopkins/Nield, Land Law, Texts, Cases, and Materials3, S. 664, 668). Mit Rücksicht auf die konkreten Fallumstände versteht es sich daher auch von selbst, dass die Bestimmungen über das overreaching bei Verfügungen über legal estates eines billigkeitsinduzierten Korrektivs bedürfen. Hier hatten die späteren beneficiaries, die Schwiegereltern von Mr Dyche, zwecks Tilgung diverser Schulden ihren legal estate in land an ihre Tochter und Mr Dyche zu einem äußerst niedrigen Preis verkauft. Vereinbart war, dass die Schwiegereltern forthin allein in dem Haus leben duften und der legal estate später Zug um Zug gegen Rückzahlung des Kaufpreises rückübereignet wird. Nach der Scheidung des Ehepaars verkaufte Mr Dyche seinen Gesamthandsanteil an Mrs Dyche zu einem noch niedrigeren Kaufpreis, den Mrs Dyche mit einem von der Klägerin gewährten Kredit an ihren Exmann zahlte; zur Sicherung des Kredits, mit dem Mrs Dyche vor allem aufwendige Urlaubsreisen finanzierte, wurde der Klägerin eine charge am streitgegenständlichen legal estate bestellt. Als es später zur Vollstreckung aus der charge kam, klagte der chargee auf Räumung. Die Klage blieb erfolglos. Das Ehepaar hielt den legal estate auf-
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der beneficiaries nicht ersatzlos erlöschen, sondern vom legal estate in land auf den Veräußerungserlös „umdirigiert“ werden,47 steht dies also unter dem Vorbehalt, dass das Leistungsversprechen der trustees mit einer adäquaten Gegenleistung synallagmatisch verknüpft ist. Wenn zudem ausweislich sec. 2(1) LPA 1925 selbst der bösgläubige Erwerber geschützt ist, lässt sich das overreaching nicht mit dem Verkehrsschutzgedanken rechtfertigen. Es geht augenscheinlich nicht bloß darum, transaktionshemmenden Nachforschungsaufwand überflüssig zu machen, sondern die Übertragbarkeit und Beleihungsfähigkeit trust-befangener legal estates in land ohne Rücksicht auf die Rechte der beneficiaries aufrechtzuerhalten. Mit einem vollkommenen Sukzessionsschutz sind die durch trusts of land geschaffenen Rechte der beneficiaries im Unterschied zu legal interests in land nicht ausgestattet, widerspräche dies doch der aufgezeigten gesetzgeberischen Wertungsentscheidung.48 Auch im geltenden Recht scheint der Grundgedanke der grund der Übereignung unter schuldrechtlicher Rückübertragungspflicht für die Schwiegerelten unter einem constructive trust. Außer Frage stand, dass die Bestellung der charge nicht zu einem lastenfreien Erwerb der Klägerin führte, wurde doch die Verfügung nur von einem trustee, Mrs Dyche, bewirkt und das Darlehen auch nur an einen trustee, Mrs Dyche, ausgezahlt. Die unter dem constructive trust begründete Rechtsposition des Vaters von Mrs Dyche war auch nicht nach sec. 29(2)(a)(ii), Sch. 3 para. 2 LRA 2002 durch die Bestellung der charge verdrängt worden, weil sich der Vater im maßgeblichen Zeitpunkt in „actual occupation“ befand. Fragwürdig war nur, ob die Übertragung des legal estate durch die Eheleute an Mrs Dyche als alleinige Rechtsinhaberin einen lastenfreien Erwerb qua overreaching zeitigte. Das Gericht verneinte dies mit der lapidaren Begründung, dass die Verfügung im Verhältnis zu den Eltern pflichtwidrig gewesen sei; mangels Zustimmung der Eltern komme ein overreaching nicht in Betracht. Mrs Dyche sei insoweit kein purchaser i. S. v. sec. 2(1)(ii)(2) LPA 1925, weil sie nicht, wie von sec. 205(1)(xxi) LPA 1925 vorausgesetzt, in gutem Glauben gewesen sei. Außerdem sei die two-trustee-Regel (sec. 27(2) LPA 1925) nicht erfüllt; Mrs Dyche habe den Kaufpreis nur an einen trustee, ihren Ehemann, geleistet. Diese Entscheidung stößt, was die Begründung anbelangt, auf berechtigte Kritik (siehe Dixon [2010] 74 Conv. 1–8). Tragfähig ist nur das letztgenannte Argument, während es auf die Redlichkeit des Erwerbers schon deshalb nicht ankommt, weil die Legaldefinition des „purchaser“ in sec. 205(1)(xxi) LPA 1925 ausdrücklich für Part I LPA 1925 eingeschränkt ist; diesbezüglich kommt es ausschließlich auf die Entgeltlichkeit des Erwerbs an. Entscheidend war daher nur, dass die two-trustee-Regel (sec. 27(2) LPA 1925) nicht erfüllt war (so i. E. auch Dixon, Conv. 2010, 1, 7); anderenfalls wäre ein overreaching nicht ausgeschlossen, sofern man dieses – was nach der ratio legis von sec. 2(1)(ii)(2) LPA 1925 aber nicht geboten ist – im Verhältnis zwischen trustees für möglich hält. Siehe auch Dixon ebd. der in Frage stellt, ob es sich in casu um eine Veräußerung oder um eine Schenkung von Mr an Mrs Dyche handelte. Zudem verweist Dixon ebd. darauf, dass overreaching unter Verweis auf das rechtsmissbräuchliche Verhalten von Mrs Dyche (sog. fraud principle) hätte abgelehnt werden können; diese haben den legal estate nur deshalb auf sich allein übertragen, um ihn als Realsicherheit für Verbraucherkredite einzusetzen. Sollte sec. 2 LPA 1925 künftig dahin interpretiert werden, dass overreaching bei Verfügungen zwischen den trustees of land untereinander schlechthin oder jedenfalls bei Haftung des erwerbenden trustee wegen breach of trust nicht gilt, würde in der Sache eine ungeschriebene „Lehre vom Verkehrsgeschäft“ Einzug in das englische Modell des conveyancing erhalten. 47 Vgl. State Bank of India v. Sood [1997] Ch. 276, 281 (Peter Gibson L. J.); McFarlane/Hopkins/Nield, Land Law, Text, Cases, and Materials4, S. 650; Megarry and Wade (-Bridge/Cooke/ Dixon), The Law of Real Property9, Rn. 11-037. 48 Zweifelnd offenbar auch K. Gray/S. F. Gray, Elements of Land Law5, Rn. 7.5.67. Das Regime des overreaching stößt folglich auch auf verbreitete rechtspolitische Kritik, weil es einseitig zulasten des Erwerberschutzes ausgerichtet sei und die schutzwürdigen Interessen der bene-
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Konversionslehre des trust for sale, unter dem die Rechte der beneficiaries verfügungsrechtlich nicht als „real property“, sondern als „personal property“ behandelt wurden, immernoch mitzuschwingen. Auf der einen Seite relativiert der Mechanismus des overreaching die vermeintliche Zuordnungswirkung trust-basierter Rechte erheblich, wird doch der trust of land beseitigt und regelmäßig kraft Surrogation in einen trust of money verwandelt. Auf der anderen Seite ist dieser Surrogationsprozess Ausdruck der „dynamischen“ Kontinuität und Fungibilität trust-basierter Rechte: Im Gegensatz zu den teilweise als „specific burdens“ klassifizierten Belastungen eines legal estate in land gelten trust-basierte Rechte deshalb als „general burdens“.49 Die Rechte der beneficiaries sollen und dürfen nicht ewig auf dem jeweiligen Land ruhen; bei translativen oder konstitutiven Verfügungen der trustees of land wird der trust of land i. d. R. auf das rechtsgeschäftliche Surrogat umgesteuert oder gänzlich beseitigt. Nach alldem schmälert das overreaching die „Entgegensetzbarkeit“ trust-basierter Rechte erheblich, hebt aber den Sukzessionsschutz nicht auf. Sind die Voraussetzungen von secs. 2(1)(ii)(2), 27 LPA 1925 nicht ficiaries am Wohngebrauch völlig außer Acht lasse (McFarlane/Hopkins/Nield, Land Law, Text, Cases, and Materials4, S. 680–685; Owen [2015] 79 Conv. 226–239). Das gesetzliche Modell des overreaching erkenne das Grundstück – in Übereinstimmung mit dem Zweck des alten trust for sale – als bloße Kapitalanlage, nicht aber als Heim der beneficiaries an; den geänderten sozialen Realitäten und der zunehmenden Relevanz von trusts of lands, die primär dem Wohnbedarf der Angehörigen des Rechtsinhabers dienten, trage das geltende Recht nicht mehr ausreichend Rechnung. Mit dem Surrogationsmechanismus und etwaigen Ansprüchen gegen die trustees wegen pflichtwidriger Verfügungen sei den Interessen der beneficiaries nicht hinreichend gedient; letztlich würden ihre Belange zugunsten der Sicherungsinteressen der Banken geopfert. Fragwürdig sei, ob das englische Regime des overreaching mit den in Art. 8 EMRK und Art. 1 Abs. 1 1. ZPEMRK verbürgten Rechte der wohnberechtigten beneficiaries (i. V. m. Art. 14 EMRK) vereinbar sei. Als möglicher Anknüpfungspunkt für einen Konventionsrechtsverstoß wird dabei auf den Umstand verwiesen, dass es den beneficiaries nicht möglich sei, sich selbst effektiv gegen einen Rechtsverlust am Grundstück zu schützen. Diese könnten schließlich lediglich verfügungsbeschränkende restrictions im register of title eintragen lassen, um sicherzustellen, dass es zu einem overreaching unter potenzieller Fortsetzung der Rechte der beneficiaries am Veräußerungserlös komme. Auch eine Abwägung zwischen legitimen Verkehrsschutzinteressen und den Wohnbedürfnissen der beneficiaries sei generell ausgeschlossen; ob es zum Rechtsverlust komme, hänge vielmehr von dem zufälligen Umstand ab, ob der Veräußerungserlös an zwei trustees geleistet werde, was aber bestenfalls das Veruntreuungsrisiko seitens der trustees senke (vgl. McFarlane/ Hopkins/Nield, Land Law, Text, Cases, and Materials4, S. 684). Teilweise wird deshalb – unter Verweis auf die Rechtslage in Australien und in Irland – dafür plädiert, eine Eintragung der Rechte aus einem trust of land im register of title zu ermöglichen, um zumindest wohnberechtigten beneficiaries generell Sukzessionsschutz gegenüber nachfolgenden Verfügungen teilhaftig werden zu lassen (Owen [2015] 79 Conv. 226, 236–237). Zudem wird mit Blick auf die unterschiedlichen Voraussetzungen des Erwerber- und Sukzessionsschutzes bei Verfügungen über trustbefangene registered estates und trust-befangene unegistered estates bezweifelt, ob das geltende Recht mit dem allgemeinen Gleichheitssatz gem. Art. 14 EMRK vereinbar sei (McFarlane/Hopkins/Nield, Land Law, Text, Cases, and Materials4, S. 684). Frühere Rechtsprechung hat sich mit diesen Fragen bislang nicht vertieft auseinandergesetzt; die Vereinbarkeit mit der EMRK ließen die Gerichte bislang jedenfalls mangels Anwendbarkeit des HRA 1998 auf vor Inkrafttreten des Gesetzes erfolgte Verfügungen dahinstehen (McFarlane/Hopkins/Nield, Land Law, Text, Cases, and Materials4, S. 684). 49 K. Gray/S. F. Gray, Elements of Land Law5, Rn. 1.7.31, 7.5.60.
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erfüllt, bleiben die Rechte der beneficiaries auch im Verhältnis zu Erwerbern des legal estate unversehrt. Darüber hinaus ist der tatbestandliche Anwendungsbereich des overreaching auf Verfügungen über trust-befangene legal estates in land begrenzt, die at law Wirkung entfalten, während solche, die nur in equity Drittwirksamkeit erheischen, bestehende equitable interests grundsätzlich nicht berühren.50 Soweit das Prioritätsprinzip in Equity durchbrochen wird, etwa im Konkurrenzverhältnis mehrerer equitable mortgages,51 sind diese Ausnahmetatbestände hier unerheblich; im Verhältnis der Rechte der beneficiaries zu später bestellten equitable interests gilt uneingeschränkter Sukzessionsschutz.52 b) Verfolgungs- und Wertsicherungsmechanismen in Equity Liegt die (versuchte) Verfügung über den legal estate außerhalb des Kreises der den trustees gestatteten Rechtsgeschäfte, ist zwar ein Rechtsverlust im Wege des overreaching bei nicht eingetragenen, trust-befangenen legal estates in land ausgeschlossen, nicht jedoch ein gutgläubig-lastenfreier Erwerb.53 Außerhalb des modernisierten Liegenschaftsrechts erfüllt das Institut des gutgläubig-lastenfreien Erwerbs bei pflichtwidrigen Verfügungen der trustees zum einen also eine verkehrserleichternde Residualfunktion. Weil Erwerber nicht mit „unsichtbaren“ Rechten aus einem trust konfrontiert werden, müssen sie grundsätzlich keine transaktionskostenverursachenden Nachforschungen anstellen, können das redlich erworbene trust property mithin eigennützig gebrauchen und verwerten.54 Zum anderen erlöschen 50 Exemplarisch zeigt sich die Diskrepanz zwischen den unterschiedlichen Sukzessionsregimen at law und in equity anhand des Falles Cave v. Cave (1880) 15 Ch D 639: Der trustee veruntreute das für den beklagten beneficiary zu verwaltende Geldvermögen, indem er für sich selbst ein Stück Land erwarb und nachfolgend dem gutgläubigen X eine legal mortgage und sodann dem ebenfalls gutgläubigen Y eine mortgage bestellte. Die zweite mortgage konnte nach dem damaligen Regime der mortgages überhaupt nur in Equity Wirkung entfalten; schließlich war die erste mortgage technisch eine Sicherungsübertragung des betreffenden legal estate in land, der trustee verfügte dementsprechend seinerseits nur über eine equity of redemption und vermochte demgemäß nur in Equity Rechte am Grundstück zu begründen. Nach Maßgabe des tracing in equity setzte sich der trust zwar zunächst automatisch an dem vom trustee gekauften legal estate fort, wurde sodann jedoch durch die legal mortgage des X verdrängt. Während dem redlichen X der trust also nicht entgegengesetzt werden konnte, lag es im Verhältnis zwischen dem beneficiary und Y anders. Zwar war Y gutgläubig, doch bewendet es in Equity beim Prioritätsprinzip; die equitable mortgage konnte mithin nicht gegen die Rechte des beneficiary durchgesetzt werden. Diese Grundsätze gelten auch für Verfügungen über mit sub-trusts belastete Rechte der beneficiaries (näher § 4 III. 3. b)). 51 Statt vieler Fisher and Lightwood (-Clark), Law of Mortgage14, Rn. 39.1. 52 Siehe bereits Maitland, Equity, S. 130–131; näher zur Rangfolge konkurrierender Verfügungen über equitable interest und zum damit verbundenen Sukzessionsschutz von subsidiary equitable interests unter einem sub-trust § 4 III. 3. b). 53 Schädlich ist gem. sec. 199(1)(ii)(a) LPA 1925 sowohl Kenntnis (actual notice) als auch fahrlässige Unkenntnis (constructive notice); außerdem wird die Kenntnis bzw. fahrlässige Unkenntnis von bestimmten Hilfspersonen dem Erwerber als eigene (imputed notice) zugerechnet (sec. 199(1)(ii)(b) LPA 1925). 54 Während den Erwerber beim Erwerb eines legal title an personalty im Grundsatz keine Nachforschungsobliegenheiten treffen, lag es im früheren System der Übertragung nicht eingetra-
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equitable interests durch gutgläubig-lastenfreien Erwerb nicht vollständig, sondern setzen sich nach Wahl der beneficaries i. d. R. vermöge eines constructive trust oder in Form eines lien an dem betreffenden Ersatzgegenstand fort.55 Ausgeschlossen ist ein gutgläubig-lastenfreier Erwerb hingegen generell bei Verfügungen der (als Rechtsinhaber eingetragenen) trustees über registered estates in land: Diesbezüglich schlagen rechtsgeschäftliche Verfügungsbeschränkungen der trustees nur dann auf das Außenverhältnis durch, soweit diese Beschränkungen durch Eintragung von restrictions im Register des treuhänderisch gehaltenen estate in land verlautbart sind.56 Letzteres liegt vor allem im Interesse der beneficiaries, um eine unmittelbare Surrogation am Erlös kraft overreaching zu gewährleisten;57 anderenfalls droht sogar ein vollständiger Rechtsverlust, soweit nicht tracing in equity Abhilfe leistet. Liegen die Voraussetzungen des overreaching nicht vor, ist eine Fortsetzung der Rechte der beneficiaries gleichwohl in den allermeisten Fällen garantiert. Soweit das trust property aufgrund pflichtwidriger Entziehung seitens des trustee nicht mehr in der ursprünglichen Form existiert, greift die von der Rechtsprechung inflationär bemühte Surrogationsmethode des equitable tracing ein.58 Auf den Surrogationsmechanismus und die daran anknüpfenden Rechtspositionen und Rechtsbehelfe ist hier schon deshalb näher einzugehen, weil sich darin die eigentümliche „dingliche“ Qualität der durch fiduziarische Rechtsverhältnisse geschaffenen Rechte in Equity offenbart. Überhaupt lässt sich das Sinnganze des trust nicht ohne Rücksicht auf die spezifischen Zuordnungswirkungen des tracing und der damit korrespondierenden proprietary restitution entschlüsseln. Zwar heben sich die aus aufeinander aufbauenden trusts resultierenden subsidiary beneficial interests bezüglich ihrer Schutzwirkungen von equitable interests an legal interests im Einzelnen ab; Grundlage der gener Grundstücksrechte (unregistered land) anders. Hier musste sich der Erwerber durch eine einen Zeitraum von mindestens 15 Jahren vor dem Erwerbsgeschäft umfassende ununterbrochene Kette von Titeldokumenten (good root of title) von der unbeschränkten Rechtszuständigkeit des Veräußerers überzeugen (vgl. Hanbury and Martin (-Martin), Modern Equity18 , Rn. 1-044–1045). 55 Foskett v. McKeown [2001] 1 AC 102; zur sog. proprietary restitution näher § 4 II. 2. a). 56 Siehe secs. 23, 26 LRA 2002. 57 Die in secs. 2(1)(ii), (2), 27 LPA 1925 normierten Voraussetzungen des overreaching gelten unterschiedslos für eingetragene und nicht eingetragene legal estates in land, die Gegenstand eines trust sind. 58 Bedeutsam ist dabei gerade auch der vorläufige Rechtsschutz gegen missbräuchliche Handlungen des trustee. So kann sich beneficiary präventiv gegen einen breach of trust durch Erwirkung einstweiliger Verfügungen (interim injunctions), vor allem sog. proprietary injunctions und freezing injunctions schützen (näher Lewin (-Tucker/Le Poidevin/Brightwell), Trusts19, Rn. 38010–38-012). Eine sog. proprietary injunction bietet sich an, wenn das trust property durch missbräuchliche Verfügungen des trustee gefährdet ist, z. B. außer Landes verbracht werden soll; zwecks Erhaltung des Treuguts wird dieses in gerichtliche Verwahrung genommen. Ein dinglicher Arrest des Eigenvermögens des trustee (sog. freezing injunction) ist zweckmäßig, um die Durchsetzbarkeit persönlicher Forderungen wegen breach of trust bei drohender Zahlungsunfähigkeit des trustee zu sichern (Lewin (-Tucker/Le Poidevin/Brightwell), Trusts19, Rn. 38-031, 38037). Diese Maßnahmen können mit weiteren einstweiligen Verfügungen, u. a. mit der Bestellung eines Sequesters kombiniert werden, der sich bis zur Ersetzung des trustee durch einen neuen trustee (vgl. sec. 41 TA 1925) für die Verwaltung des trust property zuständig ist.
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postulierten dinglichen Qualität ist und bleibt aber der Surrogationsmechanismus einschließlich der damit verbundenen genuin sachenrechtliche Rechtsbehelfe. Der Wirkungskreis der zum Schutz trust-basierter und anderer potentiell drittwirksamer Rechte in Equity entwickelten Verfolgungs- und Identifizierungsmechanismen59 überragt die restriktiven Surrogationstechniken des Common Law beträchtlich.60 Anknüpfungspunkt des Verfolgungs- und Identifizierungsprozesses ist nach tradierter, wenn auch bestrittener Ansicht die Verletzung einer fiduziarischen Pflicht, was den sachlichen Schutzbereich des equitable tracing auf equitable (proprietary) interests begrenzt.61 Dinglichen Rechten nach Common Law kommt eine vergleichbare Schutzwirkung nach konventioneller Ansicht nicht zu.62 Zunächst einmal sind der Surrogation in Equity – in distinktivem Kontrast zum tracing nach Common Law63 – bei einer Vermengung oder Vermischung treuhänderisch gebundenen Sondervermögens mit trust-fremden Gegenständen kaum Grenzen gezogen: Die den beneficiaries zugewiesenen equitable interests setzen sich an erhöhten Salden „gemischter Bankkonten“ auch bei komplexen Kontenbewegungen nahe59 Terminologisch ist zwischen following und tracing zu unterscheiden: Während following einfach nur die Verfolgung des ursprünglichen Bezugspunkts eines dinglichen Rechts in Equity bezeichnet, das von trustees oder anderen fiduziarisch verpflichteten Personen veruntreut oder sonstwie pflichtwidrig dem Sondervermögen entzogen wird, greift tracing dann ein, wenn die vom dinglichen Recht in Equity befangene Sache nicht mehr in ursprünglicher Form existiert (z. B. bei Vermengung von Treuhandgeldern mit trust-fremden Geldern). Nur tracing, nicht auch following bezeichnet also einen Surrogationsprozess. 60 Siehe hierzu Virgo, The Law of Restitution 3, S. 613–615. 61 Grundlegend Re Hallett’s Estate (1880) 13 Ch D 696, 710 (Jessel MR); aus der neueren Rechtsprechung siehe El Ajou v. Dollar Land Holdings plc [1993] 3 All ER 717, 733 (Millett J); Boscawen v. Bajwa [1996] 1 WLR 328 (CA), 335 (Millett L. J.). 62 Diese Ansicht steht freilich unter erheblichem Druck. In der Literatur wird schon seit längerem für eine Vereinheitlichung der tracing-Regeln des Common Law und der Equity plädiert (namentlich L. Smith, The Law of Tracing, S. 120–130, 277–279, 342–347) und auch in der höchstrichterlichen Rechtsprechung findet sich hierfür viel Unterstützung (namentlich von Lord Millett in Foskett v. McKeown [2001] 1 AC 102, 128, der die Frage letztlich aber mangels Entscheidungserheblichkeit dahinstehen ließ); dies bedürfte freilich angesichts der einschlägigen Präjudizien schon einer entsprechenden Rechtsfortbildung durch den Supreme Court. Auf die Diskussion ist hier aber nicht vertieft einzugehen. Mit der angestrebten Vereinheitlichung soll nicht etwa der Anwendungsbereich des tracing reduziert, sondern vielmehr sämtlichen dinglichen Rechten ohne Rücksicht auf das Vorliegen eines fiduziarischen Rechtsverhältnisses ein identischer Schutzstandard teilhaftig werden. 63 Diese Ansicht steht in unversöhnlichen Widerspruch zu Lipkin Gorman v. Karpnale [1991] 2 AC 548 – der seminal case, in dem das House of Lords erstmals die Existenz eines principle of unjust enrichment anerkannte. Lord Goff stützte die hier (ohne Rücksicht auf eine fiduziarische Pflichtenstellung des untreuen Partners der klagenden Anwaltssozietät) erfolgende Wertverfolgung at law paradoxerweise auf ein älteres für das tracing in equity maßgebliches Urteil (Lipkin Gorman v. Karpnale [1991] 2 AC 548, 571–74 (Lord Goff ) unter Verweis auf Taylor v. Plumer (1815) 3 M & S 562; 105 ER 721). Hiernach ist auch zugunsten des „Eigentümers“ (scil.: Rechtsinhabers) at law eine dem tracing in equity wesensähnliche dingliche Surrogation möglich; ebenso Trustee of the Property of FC Jones & Sons (a firm) v. Jones [1997] Ch 159. Zur umstrittenen dogmatischen Einordnung – bereicherungsrechtliche Haftung versus sachenrechtlichen Rechtsschutz – siehe einerseits Burrows (2001) 117 L. Q. R. 412–430; andererseits Millett, in: Burrows/ Rodger, Mapping the Law: Essays in Memory of Peter Birks, 265–276.
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zu unbegrenzt fort. Dass sich das Bankguthaben des Empfängers nicht allein aus Geldmitteln zusammensetzt, die aus dem trust herrühren, spielt keine Rolle, wenn dargelegt und ggf. bewiesen werden kann, dass die pflichtwidrige Verwendung des trust property sich in einer Vermögensmehrung in Form eines (erhöhten) Saldoanerkenntnisses der Empfängerbank niederschlägt.64 Die fiduziarische Pflichtenstellung ist nur Voraussetzung für die Surrogationsfähigkeit des equitable interest, der sich ohne weiteres auch in Vermögensgegenständen nicht fiduziarisch verpflichteter Personen mit Ausnahme eines gutgläubigen-entgeltlichen Erwerbers eines legal title fortzusetzen vermag.65 Zur rechtsdogmatischen Erklärung des Verfolgungs- und Identifizierungsprozesses wird darauf verwiesen, dass in Equity an dem betreffenden Surrogat kraft Gesetzes eine equitable charge an dem ungeteilten Surrogat zur Sicherung des Schadensersatzanspruchs des beneficiary gegen den trustee entstehe.66 Wenngleich es sich um eine Wertverfolgung handelt,67 wirkt tracing oder, präziser, der an den Verfolgungsprozess anknüpfende Rechtsbehelf sachenrechtlich.68 Mit einer bloß schuldrechtlichen Surrogation ist die Rechtslage nicht vergleichbar, wird doch der identifizierte Ersatzgegenstand unmittelbar von dem ggf. kraft Gestaltungserklärung perfektionierten Recht des beneficiary, sei es ein constructive trust-basierter neuer beneficial interest, sei es ein lien, ergriffen. Der beneficiary ist damit in jedem Fall sowohl vom Insolvenzrisiko des trustee (kraft des automatisch verdinglichten Anspruchs auf Herausgabe des vom trustee vereinnahmten Surrogates69) als auch vom Insolvenzrisiko des nicht fiduziarisch gebundenen Empfängers des trust property, z. B. des Kunden der Empfängerbank, befreit.70 Bei pflichtwidriger Ver64 Eingehend
Virgo, The Principles of Equity & Trusts2, S. 660–677. Re Diplock’s Estate [1948] Ch. 465; Virgo, The Law of Restitution 3, S. 617. 66 Grundlegend Millett J in El Ajou v. Dollar Land Holding [1993] B. C.L. C. 735, 753: „The victims of a fraud can follow their money in equity through a bank account where it has been mixed with other moneys because equity treats the money in such accounts as charged with the repayment of their money. If the money in the account subject to the charge is afterwards paid out of the account and into a number of different accounts, the victims can claim a similar charge of each of the recipient accounts. They are not bound to choose between them […]. Equity’s power to charge a mixed fund with the repayment of trust moneys […] enables the claimants to follow the money not because it is theirs, but because it is derived from a fund which is treated as if it were subject to a charge in their favour.“ 67 Vgl. Foskett v. McKeown [2001] 1 AC 102, 130 (Lord Millett). 68 Siehe hierzu sogleich (§ 4 II. 2. a)). 69 Zur inzwischen unstrittigen Verdinglichung des Anspruchs auf einen account of profit siehe die Nachweise in § 4 I in Fn. 17. 70 Im Näheren ist beim tracing in „mixed bank accounts“, präziser bei der Identifizierung des trust property in einem Saldoanerkenntnis oder der Forderung aus einer Gutschrift aufgrund eines Zahlungsdiensterahmenvertrages des Kunden mit der Empfängerbank (richtig Foskett v. McKeown [2001] 1 AC 102, 110 (Lord Browne-Wilkinson)), zu differenzieren. Ob und, bejahendenfalls, zu welchem Anteil das pflichtwidrig mit trust-Mitteln gemehrte Bankguthaben oder Ersatzgegenstände, die aus dem gemischten Bankguthaben resultieren, den beneficiaries gebühren, hängt entscheidend davon ab, ob der trustee das trust property mit eigenem Vermögen auf einem eigenen oder fremden Bankkonto vermengt oder mit Geldmitteln Dritter, die an dem Pflichtenverstoß nicht beteiligt sind und auch keine Kenntnis davon haben. Setzt sich der Anspruch aus der 65 Vgl.
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fügung über das trust property steht es dem beneficiary mithin frei, entweder die Verfügung schlicht zu „falsifizieren“, d. h. den trustee auf Naturalrestitution oder Geldersatz oder den Empfänger auf Herausgabe des erlangten trust property einschließlich der Nutzungen und Surrogate in Anspruch zu nehmen, oder die Verfügung so zu behandeln als ob sie berechtigt sei, d. h. Surrogatherausgabeansprüche gegen den trustee aufgrund der hierdurch bewirkten unmittelbaren Zuordnung des fraglichen Ersatzgegenstandes zum trust property geltend zu machen. Die Surrogation ist aber nicht nur deshalb wirkungsvoll, weil sie sich auf alle Vermögensgegenstände einschließlich des commodum ex negotiatione zu erstrecken vermag und hierdurch auch reine Rechte zu sachenrechtsfähigen, präziser trust-fähigen Gegenständen werden, sondern auch deshalb, weil die Rechtsprechung auf einen „Kausalzusammenhang“ (i. S. d. conditio sine qua non-Formel) zwischen dem Erwerb des Surrogates seitens des trustee resp. des trust-fremden Empfängers des trust property und der pflichtwidrigen Verfügung verzichtet.71 Gutschrift ausschließlich aus Werten des trust property resp. des surrogationsberechtigten Prinzipals und eigenen Geldmitteln des fiduciary auf einem Konto desselben oder eines unentgeltlichen Empfängers zusammen, wird zugunsten der beneficiaries vermutet, dass etwaige Ersatzgegenstände, die sodann mit Kontomitteln erworben werden, primär mit den Mitteln, die aus dem trust stammen, erworben worden sind, um eine (ggf. auch werterhöhende) Surrogation zu ermöglichen (Re Oatway [1903] 2 Ch 356; die Vermutung ist freilich widerleglich, siehe Re Tilley’s Will Trusts [1967] Ch 1179; Virgo, The Law of Restitution3, S. 620). Werden die ausgezahlten Gelder ersatzlos verbraucht, gilt die umgekehrte Vermutung, dass es sich hierbei um das Eigenvermögen des fiduciary handelte; der Restbetrag auf dem Bankkonto gebührt also den beneficiaries (vgl. Re Hallett’s Estate (1880) 13 Ch D 696; Virgo, The Principles of Equity & Trusts2, S. 664–665). Wenn dagegen auf ein Einlagenkonto sowohl Mittel des trust resp. Prinzipals also auch Geldmittel gutgläubiger Dritter eingehen, gebührt das Bankguthaben den beneficiaries resp. dem Prinzipal und den Dritten nach Maßgabe ihrer Anteile gemeinschaftlich; von einer Mehrung oder Senkung des Saldos sind sie damit zu gleichen Anteilen betroffen (Re Diplock [1948] Ch 465, 539; Foskett v. McKeown [2001] 1 AC 102, 132 (Lord Millett); Virgo, The Law of Restitution 3, S. 620–621). Anders soll es aber bei einem Kontokorrent liegen: Nach der Regel aus Clayton’s case (1817) 1 Mer. 572; 35 E. R. 781 gilt zwar die widerlegliche Vermutung „first in, first out“, weil bei Kontokorrrentkonten typischerweise eine Vielzahl von Zahlungseingängen und Zahlungsausgängen erfolgen. Die neuere Rechtsprechung befolgt diese Grundregel aber nur widerwillig; die Vermutung soll jedenfalls dann nicht eingreifen, wenn eine anteilsmäßige Beteiligung im Einzelfall sachgerechter und praxistauglicher ist (vgl. Barlow Clowes International Ltd. v. Vaughan [1992] 4 All E. R. 22 (C. A.); Russell-Cooke Trust Co v. Prentis [2002] EWHC 2227 (Ch); [2003] 2 All ER 478, [55] (Lindsay J); Virgo, The Principles of Equity & Trusts2, S. 666–668, der dafür plädiert, die Regel aus Clayton’s case endgültig aufzugeben). Außerdem gilt die Vermutung „first in, first out“ anerkanntermaßen auch bei Kontokorrentkonten nicht, sofern das Saldoanerkenntnis unstreitig allein Geldmittel des veruntreuten trust property bzw. des Prinzipals und Eigenmittel des fiduciary repräsentiert; relevant ist sie daher nur, wenn das Saldoanerkenntnis auch Geldmittel gutgläubiger Dritter repräsentiert (Virgo, The Law of Restitution3, S. 622). Wenn auf dem Bankkonto Eigenmittel des trustee eingehen, werden die beneficiaries und die gutgläubigen Dritten im Verhältnis zum trustee als eine Person behandelt (Virgo, The Law of Restitution3, S. 623). Es wird vermutet, dass Zahlungsausgänge zulasten des trustee erfolgen. Sofern der trustee wertvolle Ersatzgegenstände akquiriert, gilt zugunsten der beneficiaries und der gutgläubigen Dritten die Regel, dass sich deren Rechte zu den Anteilen, die ihnen am Bankguthaben gebühren, im Ersatzgegenstand fortsetzen. 71 Der leading case ist Foskett v. McKeown [2001] 1 AC 102. Mit dieser kontroversen Mehrheitsentscheidung (3:2) wurden die etablierten Regeln des tracing in equity in und durch „Bankkonten“, d. h. die Identifizierung der ursprünglichen proprietary base in einer bloßen Forderung,
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Dass der Ersatzgegenstand nicht ohne die missbräuchliche Verwendung resp. des Empfangs des trust property hätte erzielt werden können, ist nicht erforderlich. Maßgeblich sind vielmehr Zurechnungskriterien, wobei sich freilich noch keine kohärente Linie in der höchstrichterlichen Rechtsprechung dahingehend herausgebildet hat, auf welche Wertungsgesichtspunkte abzustellen ist und welche Grenzen insbesondere dem sog. backwards tracing gezogen sind.72 Mit der Rechtsfigur des backwards tracing wird gemeinhin eine noch weitere Auflockerung des Kausal- oder Zurechnungszusammenhangs zwischen breach of trust und dem als Ersatz des trust property identifizierbaren Surrogat assoziiert als bereits durch Foskett v. McKeown anerkannt.73 Das Lehrbuchbeispiel ist die Tilgung von Kreditverbindlichkeiten für den Erwerb eines bestimmten Gegenstandes mit anschließend vom Darlehensnehmer oder einem Dritten veruntreuten trustMitteln.74 Sollte sich die Lehre vom backwards tracing vollständig durchsetzen, käme es auf die Chronologie der Ereignisse überhaupt nicht an: Ob der potentielle Ersatzgegenstand, z. B. eine auf Kredit erlangte Sache, vor oder nach der „Unterschlagung“ der dem trust unterliegenden Sachen in das Vermögen des Empfängers stringent auf Versicherungsforderungen übertragen. Die Bedeutung der Entscheidung liegt aber weniger in der konsequenten Erweiterung des sachlichen Anwendungsbereichs, sondern in den Rechtsfolgen des tracing in equity; die Rechtsstellung der beneficiaries ist gerade durch diese Entscheidung massiv gestärkt worden, zumal die Mehrheit einer bereicherungsrechtlichen Analyse der einschlägigen Rechtsbehelfe eine entschiedene Absage erteilte und stattdessen bestätigte, dass die wahlweise zur Verfügung stehenden Rechtsbehelfe – constructive trust und lien – allein an den Eingriff in die sachenrechtliche Position der beneficiaries anknüpfen (Foskett v. McKeown [2001] 1 AC 102, 128–129 (Lord Millett)). Folgerichtig sind die Rechtsbehelfe auch nicht nach Maßgabe der bereicherungsrechtlichen Entreicherungseinwands beschränkt. Die Ansicht der Mehrheit, dass die beneficiaries vermöge eines constructive trust an sämtlichen Wertsteigerungen des Surrogates partizipieren, in casu an dem lukrativen death benefit einer Lebensversicherung des illoyalen trustee gemeinsam mit den Begünstigten der Lebensversicherung nach dem quotalen Verhältnis der pflichtwidrig mit trust property geleisteten Prämien und den aus dem Privatvermögen des Versicherungsnehmers bezahlten Prämien, ist nicht über jede Kritik erhaben (siehe etwa Virgo, Law of Restitution3, S. 611). Die Minderheit argumentierte, dass die mit trust property geleisteten Prämien für den Erwerb des death benefit hier überhaupt nicht kausal waren; der Anspruch der Begünstigten auf die Versicherungssumme war bereits durch die zuvor gezahlten Prämien begründet; die beneficiaries könnten daher allenfalls ein lien an der Versicherungsforderung zur Sicherung ihres Wertersatzanspruchs gegen die Erben des trustee geltend zu machen (vgl. Foskett v. McKeown [2001] 1 AC 102, 122–124 (Lord Hope of Craighead). Lord Millett wies diesen Einwand im leading judgment zurück (Foskett v. McKeown [2001] 1 AC 102, 137–138): Das Kausalitätserfordernis führe in dieser Fallgestaltung zu willkürlichen Ergebnissen – Art und Umfang der Partizipation an der Versicherungssumme richteten sich dann nach dem zufälligen Zeitpunkt des Todes des Versicherungsnehmers – und sei auch allgemein im Kontext der Rechtsfolgen eines breach of trust irrelevant. Im Übrigen sei bei Zugrundelegung des Kausalitätserfordernisses ein lien an der Versicherungsforderung ebenso wenig zu begründen, was aber nicht dem gebotenen Schutzstandard dinglicher Rechte, präziser trust-gestützter beneficial interests gerecht werde. Maßgeblich sei deshalb nur, dass die mit trust property getilgten Prämien potentiell zur Erhaltung des Anspruchs auf die Versicherungssumme beizutragen vermochten. 72 Penner, in: Davies/Penner, Equity, Trusts and Commerce, S. 123, 127–137, 149 mit ausführlicher Auswertung und Besprechung der einschlägigen Rechtsprechung. 73 Virgo, The Law of Restitution 3, S. 625–626. 74 L. Smith, The Law of Tracing, S. 146; Virgo, a. A. O.
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übergeht, spielte keine Rolle. Qualifiziert man tracing mit der dominierenden Ansicht als rein objektiven Identifizierungsprozess,75 dürfte es nicht einmal darauf ankommen, ob der Erwerb des potentiellen Surrogates in der Absicht erfolgt, diesen sodann mit trust-Mitteln zu finanzieren.76 Da eine Verfolgung des trust property in das Vermögen des Darlehensgebers resp. des Verkäufers nach Maßgabe der bona fide purchaser defence i. d. R. ausscheidet und ein gesetzlicher Forderungsübergang (subrogation) jedenfalls dann, wenn die Darlehens- oder Kaufpreisforderung nicht z. B. durch mortgage, charge oder vendor’s lien dinglich gesichert ist, vom Insolvenzrisiko des Darlehensnehmers resp. Käufers nicht befreit,77 liegen die Vorteile dieser expansiven Surrogationsmethode für den beneficiary auf der Hand. Dieser wäre zur Aussonderung des fraglichen Surrogates in der Insolvenz des Darlehensnehmers resp. Käufers berechtigt; genösse also einen sachenrechtlich garantierten „Rund-um-Schutz“.78 Indes wird backwards tracing von der neueren Judikatur jedenfalls noch nicht in dieser expansiven Variante anerkannt: Sie hält an dem interpretationsbedürftigen Erfordernis eines engen sachlich-zeitlichen Zusammenhangs zwischen der Entziehung von trust property und dem Erwerb des potentiellen Ersatzgegenstandes fest.79 Wenngleich der Erwerb nicht konsekutiv auf dem breach of trust beruhen muss, müssen beide Elemente Teil eines gezielt zur Verheimlichung durchgeführten oder aus der praktischen Abwicklung des Girokreditverkehrs resultierenden „co-ordinated scheme“ sein.80 75 Foskett v. McKeown [2001] 1 AC 102, 127 (Lord Millett); Virgo, The Law of Restitution 3, S. 608. 76 Auf dieses einschränkende Erfordernis abstellend Arden LJ in Relfo v. Varsani [2014] EWCA Civ 360 [63] unter Berufung auf Agip (Africa) Ltd v. Jackson [1990] EWCA Civ 2, [1990] Ch 265: „Agip is authority for the proposition that monies held on trust can be traced into other assets even if those other assets are passed on before the trust monies are paid to the person transferring them, provided that that person acted on the basis that he would receive reimbursement for the monies he transferred out of the trust funds. The decision in Agip demonstrates that in order to trace money into substitutes it is not necessary that the payments should occur in any particular order, let alone chronological order.“ 77 Zum Konkurrenzverhältnis zwischen subrogation und backwards tracing näher Penner, in: Davies/Penner, Equity, Trusts and Commerce, S. 123, 140–148. 78 Kritisch Lord Toulson in The Federal Republic of Brazil v. Durant International Corporation [2015] UKPC 35; [2016] A. C. 297 [31]: „When the already precarious position of unsecured creditors is weighed against the concomitantly far better protected position of trust beneficiaries, it is suggested that the law ought not to recognise the possibility of tracing backwards. The unsecured creditors should not have their position worsened further by effectively making them insurers for the beneficiaries against trustee defalcations. Trust beneficiaries whose money has been wrongly applied in satisfaction of a debt can stand in the position of the satisfied creditor (by subrogation), but it is a step too far, in policy terms, to allow them to stand in the position of the debtor and act as owners of property the trustee acquired before the debt was paid.“ 79 Näher Penner, in: Davies/Penner, Equity, Trusts and Commerce, S. 123, 133–137. 80 Diesen Standpunkt hat der Privy Council in der auch für das englische Trustrecht bedeutsamen Entscheidung The Federal Republic of Brazil v. Durant International Corporation [2015] UKPC 35; [2016] A. C. 297 eingenommen. Mit der in Jersey erhobenen Klage begehrte die Republik Brasilien (aufgrund einer Art „Prozessstandschaft“ für die Stadt São Paulo) Herausgabe von Bestechungsgeldern i. H. v. £ 5,000,000, die auf die Konten auf einer in Jersey ansässigen Bank der beklagten Gesellschaften transferiert worden waren. Hintergrund war ein Bestechungsskandal,
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Ungeachtet der tendenziell extensiven Reichweite gilt tracing in equity nicht schrankenlos, sondern stößt – wie jeder Wertverfolgungsmechanismus – auf wesensimmanente Grenzen. Erstens ist eine Surrogation sachlogisch ausgeschlossen, wenn die Existenz eines identifizierbaren Surrogates nicht bewiesen werden kann bzw. das trust property ersatzlos durch Verbrauch oder auf andere Weise untergeht.81 Zweitens setzt sich das Verkehrsinteresse prinzipiell durch. Wer das unin den ein früherer Bürgermeister von São Paulo involviert war. Dieser hatte die Bestechungsgelder empfangen und leitete diese sodann an seinen Sohn, den Geschäftsführer der Gesellschaften, weiter. Dieser „parkte“ die Schmiergelder auf einem Konto einer Bank in New York; diese wurden sodann in sechs größeren Tranchen auf die Konten der beklagten Gesellschaften in Jersey überwiesen. Bei den letzten drei Zahlungseingängen wurde die an sich erforderliche Gutschrift auf dem Konto des Zahlers, d. h. dem Konto der New Yorker Bank, „antizipiert“. Auf diesem Konto erfolgte die Buchung des Zahlungseingangs und des Zahlungsausgangs also erst nachdem die überwiesenen Summen bereits den Empfängerkonten gutgeschrieben worden waren. Aus technischen Gründen ist dies bei der Abwicklung von bargeldlosen Zahlungsvorgängen in der Praxis nicht untypisch. Zur Verteidigung beriefen sich die Beklagten daher u. a. darauf, dass eine Surrogation in Bezug auf die letzten drei Gutschriften jedenfalls deshalb ausscheide, weil es ein backwards tracing nicht gebe; die Surrogation könne sich also nicht auf Vermögenswerte beziehen, die der Empfänger bereits zeitlich vor dem Erwerb unterschlagener Treuhandgelder erhalten habe. Dem schloss sich der Royal Court of Jersey nicht an, gab vielmehr der Klage statt. Die Berufung beim Court of Appeal of Jersey hatte ebenso wenig Erfolg wie die Revision beim Privy Council. Der Privy Council bestätigte die Rechtsansicht der unteren Instanzen, wonach eine unmittelbare „Verfolgung“ der Schmiergelder in die Gutschriften auf den Konten der Empfängerbanken nicht deshalb ausgeschlossen sei, weil die Gutschrift auf der Empfängerbank zeitlich der Belastung des Kontos des Zahlers vorausgegangen war, soweit sich der Saldo des Empfängerkontos nicht zwischenzeitlich verringere. Im Hinblick auf die modernen Methoden der Geldwäsche, mit denen vielfach gerade versucht werde, die Herkunft von Schmiergeldern durch mehrere bargeldlosen Transaktionen zu verschleiern, könne es nicht entscheidend auf die exakte zeitliche Abfolge der reziproken Gutschriften und Lastschriften auf den betreffenden Zahlungsund Empfängerkonten ankommen. Die reguläre Chronologie des Überweisungsvorgangs könne nämlich gezielt von den Beteiligten manipuliert oder aus bankentechnischen Gründen zufälligerweise durchbrochen werden. Die Tatsacheninstanz müsse allerdings einen engen transaktionellen und kausalen Zusammenhang zwischen der pflichtwidrigen Verringerung des ursprünglichen Treugutes (in casu: das ursprünglich empfangene Schmiergeld) und dem Erwerb des Ersatzgegenstandes (in casu: die Zahlungseingänge auf den Konten der Beklagten) feststellen, der es sachlich rechtfertige, den Ersatzgegenstand dem trust zuzuordnen (The Federal Republic of Brazil v. Durant International Corporation [2015] UKPC 35; [2016] A. C. 297 [40]: „The Board therefore rejects the argument that there can never be backward tracing, or that the court can never trace the value of an asset whose proceeds are paid into an overdrawn account. But the claimant has to establish a co-ordination between the depletion of the trust fund and the acquisition of the asset which is the subject of the tracing claim, looking at the whole transaction, such as to warrant the court attributing the value of the interest acquired to the misuse of the trust fund.“). Vorliegend sei die Wertung des Tatgerichts nicht zu beanstanden. Auch die weiteren Voraussetzungen der Surrogation waren erfüllt: Die vom Bürgermeister empfangenen Bestechungsgelder gebührten dem brasilianischen Staat, es entstand mithin ein constructive trust; der Bürgermeister und auch die von ihm beherrschten Gesellschaften hafteten als constructive trustees auf Übertragung und Herausgabe der Bestechungsgelder. Ein gutgläubig-lastenfreier Erwerb im Zuge der mehrfachen Überweisungen schied aus. 81 Bei der Wertverfolgung von trust property (resp. fiduziarisch gebundenem Vermögen) im bargeldlosen Zahlungsverkehr scheidet eine Surrogation jedenfalls aus, soweit sich der Saldo des Empfängerkontos nach der Gutschrift von Treuhandgeldern verringert (sog. lowest intermediate balance rule); nachfolgende Gutschriften führen nicht zu einer Werterhöhung (vgl. Virgo, The
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terschlagene trust property und/oder Surrogate desselben gutgläubig-entgeltlich erlangt, ist gegen die Wertverfolgung ebenso geschützt wie ein redlicher Gläubiger, dessen Forderung mit trust property erfüllt wird; die Surrogation offenbart sich in der Zuweisung eines Rechts in Equity an dem vom Veräußerer erlangten rechtsgeschäftlichen Surrogat bzw. im gesetzlichen Übergang der Schuldforderung (subrogation) des redlichen Gläubigers. Drittens ist die Surrogation in fremde Sachenrechte gutgläubiger Personen, die trust property oder sonstige treuhänderisch gebundene Vermögenswerte unentgeltlich empfangen, nicht ausnahmslos garantiert.82 Das billigkeitsinduzierte tracing scheidet aus, wenn ausnahmsweise die Interessen des redlichen Empfängers an einer Werterhaltung höher zu gewichten sind.83 Law of Restitution3, S. 623–624). Demgemäß soll eine Wertverfolgung des trust property über überzogene Bankkonten hinweg in Konten mit positivem Saldo prinzipiell ausscheiden. Andererseits ist eine Fortsetzung der trust-basierten Rechte nicht generell schon dadurch ausgeschlossen, dass Treuhandgelder auf ein überzogenes Empfängerkonto eingezahlt werden. Soweit die Treuhandgelder zur Tilgung des Überziehungskredits eingesetzt werden, fällt die Kreditforderung der Empfängerbank ggf. im Wege des gesetzlichen Forderungsübergangs (subrogation) in den trust; näher zur Subrogation II. 2. d). Demgegenüber ist eine Wertverfolgung in Bankkonten des Empfängers mit positiven Salden nicht möglich, wenn feststeht, dass die Treuhandgelder auf ein Konto mit negativem Saldo eingezahlt wurden; die Konten des Empfängers werden insoweit nicht als ein singuläres Sondervermögen behandelt, auf das sich die equitable charge der beneficiaries bezieht (vgl. Shalson v. Russo [2003] EWHC 1637 (Ch); [2005] Ch. 281 [140] (Rimer J)). Anders liegt es, wenn feststeht, dass der Empfänger trust property erhalten hat, aber nicht feststellbar ist, auf welches Konto des Empfängers Geldmittel des trust eingegangen sind. Diese Beweisschwierigkeit geht zulasten des Empfängers, die equitable charge bezieht sich auf sämtliche Konten des Empfängers (vgl. El Ajou v. Dollar Land Holdings plc [1993] 3 All E. R. 717). 82 Grundsätzlich erstreckt sich die dingliche Surrogation – vorbehaltlich eines lastenfreienentgeltlichen Erwerbs – auf Gegenstände redlicher Dritter (Re Diplock’s Estate [1948] Ch. 465). Unumstritten ist diese strikte Regel aber nicht. Teilweise wird vertreten, die Surrogation auf ein equitable lien an dem Ersatzgegenstand des redlichen Dritten zur Sicherung des Ersatzanspruchs des beneficiary gegen den trustee zu beschränken; dies soll zumindest dann gelten, wenn der Empfänger den Ersatzgegenstand auch ohne das empfangene trust property angeschafft hätte (vgl. Hayton, in: Birks, Laundering and Tracing, S. 1, 11–13; McBride, The Humanity of Private Law I, S. 217–218). 83 Nach der für tracing in equity richtungsweisenden Entscheidung Re Diplock’s Estate [1948] Ch. 465 soll eine Surrogation aus Billigkeitsgründen ausscheiden, wenn der gutgläubige Empfänger die von den trustees unterschlagenen Gelder zur Grundstücksveränderung verwendet. In dem zugrundeliegenden Fall ging es zwar nicht um eine pflichtwidrige Verwendung von trust property, sondern um pflichtwidrige Verfügungen über Nachlassgegenstände seitens der Testamentsvollstrecker (executors). Indes besteht zwischen den Testamentsvollstreckern, auf die der Nachlass nach Common Law im Erbfall übergeht, und den Erben gleichfalls ein fiduziarisches Rechtsverhältnis, weshalb dieselben surrogationsrechtlichen Regeln in Equity gelten. In Re Diplock’s Estate hatten die Testamentsvollstrecker entsprechend der Weisung des Erblassers £ 200,000 aus dem Nachlass an eine Vielzahl unterschiedlicher charities verteilt. Später fochten die gesetzlichen Erben das Testament erfolgreich an und verlangten von den charities Herausgabe der Nachlassgelder. Die tatbestandlichen Voraussetzungen der Surrogation lagen vor: Zwischen den Testamentsvollstreckern und den gesetzlichen Erben bestand ein fiduziarisches Verhältnis, das die Testamentsvollstrecker u. a. zur Erhaltung des Nachlasses verpflichtete; diese Pflicht hatten sie durch die Auszahlung der Gelder an die charities verletzt, wobei es auf ein Verschulden nicht ankam. Nach den bereits aufgezeigten Grundsätzen war eine Identifizierung der Nachlassmittel
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Nach alldem ist zwar die Zuordnung des trust property durch die Rechtsinstitute des overreaching und des gutgläubig-lastenfreien Erwerbs im Verkehrsinteresse gelockert. Diese Abschwächung des sachenrechtlichen Schutzniveaus trust-basierter Rechte (sowie nicht trust-basierter Rechte in Equity) wird freilich durch die an die Verletzung fiduziarischer Pflichten anknüpfende unmittelbare Surrogation in Equity effektiv kompensiert. Die Entwicklung eines äußerst ausdifferenzierten und weitreichenden Surrogationsmechanismus ist das inverse Gebot der signifikanten Abschwächung des Sukzessionsschutzes und des sachenrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatzes: Ohne die Surrogationswirkungen entfalteten equitable interests praktisch keine stärkere Wirkung als jeder andere obligatorische Verschaffungsanspruch. Mit Rücksicht auf die Funktionalität des trust und das übergreifende öffentliche Interesse an der Leichtigkeit und Sicherheit rechtsgeschäftlicher Transaktionen ist der Bestandsschutz anders als bei legal property rights bzw. dinglichen Rechte kontinentaleuropäischer Vermögensrechtsregimes organisiert. Maßgeblich ist nicht die Erhaltung des ursprünglichen trust property, dient dieses doch bei typisierender Betrachtungsweise der üblichen rechtsgeschäftlichen Gestaltungsformen der trusts als Anlagevermögen oder als Kreditsicherheit; die Wandelbarkeit des Bezugspunkts ist daher wesensimmanentes Strukturprinzip jedes trust.84 Vergleichbar der gleichfalls in Equity etablierten floating charge „schweben“ die Rechte der beneficiaries über einem variabel zusammengesetzten Sondervermögen, wobei trust-basierte equitable interests deutlich effektiver gegen das Insolvenzrisiko des Rechtsinhabers at law immunisiert sind.85 Soweit eine Surrogation trustbasierte Rechte oder anderer equitable proprietary interests nach den vorstehend dargelegten Grundsätzen eingreift, unterscheiden sich die Rechtsfolgen des tracing allerdings von denen des overreaching. Das ursprüngliche Recht setzt sich aufgrund des tracing nicht inhaltsgleich an dem Ersatzgegenstand fort und wird auch nicht durch tracing prädeterminiert. In der Common Law-Dogmatik knüpft an das in den Bankkonten der charities ohne weiteres möglich; ein gutgläubig-lastenfreier Erwerb schied aufgrund des unentgeltlichen Erwerbs von vornherein aus (Re Diplock’s Estate [1948] Ch. 465, 546). Soweit jedoch die empfangenen Nachlassgelder für Reparaturmaßnahmen an den Krankenhäusern der charities verwendet wurden, schied eine unmittelbare Surrogation an den Grundstücken aus. Zur Begründung wurde angeführt, dass sich die Instandhaltungsmaßnahmen auf einen abgrenzbaren Teil des Krankenhauses und damit nicht auf das gesamte Grundstück bezögen, zumal zweifelhaft sei, ob die Maßnahmen zu einer Wertsteigerung geführt hätten. Die Grundstücke der charities mit charges zugunsten der Erben zu belasten, sei daher nicht gerechtfertigt (Re Diplock’s Estate [1948] Ch. 465, 546–548). 84 Pointiert Lord Millett in Foskett v. McKeown [2001] 1 AC 102, 128: „We speak of tracing one asset into another, but this is too inaccurate. The original asset still exists in the hands of the new owner, or it may have become untraceable. The claimant claims the new asset because it was acquired in whole or in part with the original asset. What he traces, therefore, is not the physical asset itself but the value inherent in it.“ 85 Das Treuhandvermögen fällt nämlich von vornherein nicht in die Insolvenzmasse, während das Absonderungsrecht des Inhabers einer floating charge in der Insolvenz des chargee durch die vorrangigen Befriedigungsansprüche zahlreicher privilegierter Gläubiger nicht unwesentlich entwertet wird; in der Kreditsicherungspraxis wird aus diesem Grund vielfach auf die unflexible fixed charge ausgewichen.
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tracing das sog. claiming an, d. h. die Geltendmachung obligatorischer (personal remedies) und/oder dinglicher Rechtsbehelfe (proprietary remedies).86
2. Rechtsbehelfe Welche Rechtsbehelfe der durch tracing und following einer aufgrund einer proprietary base zur Wertverfolgung berechtigten Partei zustehen, ist im Detail strittig. Das Wesen der Rechtsstellung des beneficiary zeigt sich in der eigentümlichen, den Schutzstandards dinglicher Rechte im römisch-germanischen Rechtskreis diametral entgegenstehenden proprietary restitution.87 Die persönlichen Rechte im Verhältnis zum trustee und trust-fremden Personen erscheinen bei wertender Betrachtung fast nebensächlich. Wesentlich ist, dass sich sachenrechtliche Rechtsbehelfe nicht notwendig in Gestalt von obligatorischen Rechten, aus kontinentaleuropäischer Sicht z. B. der rei vindicatio, der actio negatoria und der actio confessoria, manifestieren, sondern selbst die Form eines dinglichen Rechts annehmen können. Wie angerissen, ist dies nicht mit tracing zu verwechseln, erschöpft sich dieses doch in der bloßen sachidentifizierenden Funktion des Surrogationsmechanismus, ohne die Rechtsfolge derselben, d. h. Art und Natur des Rechtsbehelfs, zu determinieren. Welcher Natur die Rechtsbehelfe sind und, vor allem, wie diese inhaltlich beschaffen sind, ist nicht axiomatisch vorgegeben.88 Im englischen Recht offenbart sich eine ganze Bandbreite obligatorischer und dinglicher Rechtsbehelfe, die in einem umfassenden law of restitution, welches sowohl das law of unjust enrichment als auch die restitution for wrongs und die spezifisch sachenrechtlichen Rechtsbehelfe (vindication of property rights) umfasst, privatrechtssystematisch elegant zu verorten sein dürften.89 86
Foskett v. McKeown [2001] 1 AC 102, 128 (Lord Millett); Virgo, Law of Restitution 3, S. 608. Teilen der Literatur wird der Terminus specific restitution favorisiert (siehe etwa Lodder, Enrichment in the Law of Unjust Enrichment and Restitution, S. 64): Dies macht in der Tat besser deutlich, dass obligatorische Rechte im Common Law stets Geldleistungsansprüche sind (sog. monetary restitution), während dingliche Rechtsbehelfe stets ein Sachenrecht erzeugen, sich mithin notwendig auf einen bestimmten Gegenstand beziehen, wobei der constructive trust – eine der Erscheinungsformen der sog. proprietary restitution – primär einfach auf Herausgabe der verfolgten Sache resp. des trust-befangenen Surrogates gerichtet ist (L. Smith (2004) 40 Can. Bus. L. J. 317, 320–321). 88 Zutreffend Chambers, in Chambers/ Mitchell/Penner, Philosophical Foundations of the Law of Unjust Enrichment, S. 242, 256–257. 89 Die Verwirklichung dinglicher Rechte mittels restitutionary remedies, seien es obligatorische, seien es dingliche, setzt richtigerweise lediglich die Einwirkung in eine sachenrechtliche Position, sei es ein legal interest, sei es ein equitable interest, voraus; damit unterscheidet sich die sog. vindication of property rights sowohl vom englischen Bereicherungs- als auch von den property torts des englischen Deliktsrechts; wie hier Virgo, Law of Restitution3, S. 557–565; siehe auch Millett, in: Degeling/Edelman, Equity in Commercial Law, S. 309, 312–322. Diese privatrechtssystematische Einordnung der proprietary restitution ist zwar mit der Entscheidung des House of Lords in Foskett v. McKeown bestens vereinbar, nicht jedoch mit anderen prominenten höchstrichterlichen Entscheidungen des House of Lords und des Supreme Court, namentlich Westdeutsche Landesbank v. Islington London Borough Council [1996] AC 669, 704–706, 714–715 (Lord Browne-Wilkinson); Banque Financière de la Cité v. Parc (Battersea) Ltd [1999] 1 AC 221, 87 In
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a) „Dingliche“ Rechtsbehelfe (sog. proprietary remedies) Klarstellend sei erwähnt, dass proprietary remedies zumindest dann, wenn die einschlägige proprietary base ein equitable interest ist, zwar deren Rechtsnatur teilen, aber nicht zwangsläufig rechtstypisch das Äquivalent des betreffenden equitable interest oder überhaupt ein vollkommenes Sachenrecht bilden.90 In welchen Szenarien trusts, liens, subrogationsgestützte security interests und/oder auf den Erwerb derselben abzielende Gestaltungsrechte (powers) entstehen, ist im Einzelnen zwar ebenso strittig wie die Kernfrage, ob und, bejahendenfalls, unter welchen Voraussetzungen, eine proprietary restitution normativ gerechtfertigt ist.91 Auf alle Einzelheiten dieser Diskussion kann und muss hier aber nicht eingegangen werden92; entscheidend sind hier nur die Grundzüge der proprietary restitution. Dies erleichtert den Zugang zur Materie der sub-trusts und macht zugleich sichtbar, 241 (Lord Hoffmann) Re D & D Wines International (in Liq) [2016] UKSC 47; [2016] 1 WLR 3179, 3192–3193 [30] (Lord Sumption); Menelaou v. Bank of Cyprus UK Ltd [2015] UKSC 66 [50] (Lord Clarke) und wird von einem Großteil der Lehre abgelehnt. Mehrheitlich wird vertreten, dass dingliche Rechtsbehelfe auch aufgrund ungerechtfertigter Bereicherung entstehen können (siehe u. a. Bant/Bryan (2012) 6 J of Eq 181–207; Birks, Unjust Enrichment 2, S. 180–204; Burrows (2001) 117 L. Q. R. 412, 417; ders. (2005) Can Bus L. J. 424–430; ders., The Law of Restitution3, S. 168–169; Chambers, Resulting Trusts, 220–242; ders., in Chambers/Mitchell/Penner, Philosophical Foundations of the Law of Unjust Enrichment, S. 242, 252–278), wobei wiederum höchst umstritten ist, in welchen Fallgestaltungen, für welche unjust factors resp. grounds of restitution und unter welchen einschränkenden Voraussetzungen ungerechtfertigte Vermögensverschiebungen mit dinglichen Rechten de lege lata und de lege ferenda korrigiert werden sollen. 90 Richtiger Ansicht nach wird aber auch die proprietary restitution von legal rights entgegen der umstrittenen Judikatur des Court of Appeal in Trustee of the Property of FC Jones & Sons (a firm) v. Jones [1997] Ch 159 durch equitable proprietary remedies vermittelt (vgl. L. Smith (2009) 125 L. Q. R. 338, 341–348). Der Entscheidung lag eine Klage des representative des Ehegatten von Mrs Jones in seinem Amt als Insolvenzverwalter zugrunde. Der Schuldner hatte der Insolvenzmasse £ 11,700 entzogen und seiner Ehefrau übertragen, die dieses erfolgreich investierte – durch Börsentermingeschäfte erwarb sie insgesamt £ 50,760 – und das Vermögen auf ihrem Bankkonto verbuchte. Der Kläger beanspruchte die Forderung gegen die Bank i. H. v. £ 50,760 für die Insolvenzmasse. Die Klage hatte Erfolg. Der Court of Appeal argumentierte, dass der Kläger – auf den das Schuldnervermögen kraft Gesetzes übergeht – die der Insolvenzmasse entzogenen Geldmittel in die Forderung gegen die Bank im Wege des tracing at common law verfolgen können, wobei der legal title, d. h. die Forderung gegen die Bank, unmittelbar dem Kläger zustehe. Letzteres ist äußerst kontrovers: Eine derart extensive Surrogationsmethode war at law zuvor nicht anerkannt; auch die Entscheidung des House of Lords in Lipkin Gorman v. Karpnale Ltd [1991] 2 AC 548 dürfte kaum als Präjudiz gelten, hatte dort – unter unzutreffender Berufung von Lord Goff auf Taylor v. Plumer (1815) 3 M & S 562; 105 ER 721 – lediglich ein auf tracing at common law gestützter obligatorischer Anspruch, eine action for money had and received, Erfolg; die Frage, ob hieraus auch ein dinglicher Rechtsbehelf folgen könne, war in Lipkin Gorman nicht entscheidungserheblich. Anstelle der gekünstelten Annahme, dass die vertragliche Forderung gegen die Bank der Beklagten unmittelbar der Insolvenzmasse zugeordnet sei, liegt die Konstruktion eines trust an der Forderung – gestützt auf eine Surrogation in Equity – näher; dies ist mit den einschlägigen Präjudizien besser vereinbar und vermeidet das Konstrukt eines Forderungsübergangs extra legem (vgl. L. Smith (2009) 125 L. Q. R. 338, 347). 91 Siehe die Nachweise aus Rechtsprechung und Schrifttum in Fn. 89. 92 Instruktiv hierzu Millett, in: Degeling/Edelman, Equity in Commercial Law, S. 309–326, der dezidiert die bereicherungsrechtliche Analyse der h. L. ablehnt.
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dass mehrstufige Belastungen auch kraft Gesetzes zur Verwirklichung dinglicher Rechtspositionen oder gar zwecks Vermeidung ungerechtfertigter Bereicherungen entstehen. Wenngleich proprietary restitution nicht notwendig die Existenz eines beneficial interest als sachenrechtliche Basis voraussetzt, dient sie nicht zuletzt der Verwirklichung dieser Gattung subjektiver Rechte im Kontext des fiduziarischen Treubruchs. Wie gezeigt, unterliegt ein fiduciary, vor allem ein trustee, bei Verletzung des fiduziarischen Pflichtenprogramms vergleichsweise strengen Haftungsstandards in Form der sog. equitable compensation und des sog. account of profits.93 Im hier relevanten Zusammenhang geht es vornehmlich um die Veruntreuung von trust property. Wird unter Verstoß gegen die im Innenverhältnis gezogenen Schranken über das trust property verfügt, steht es dem beneficiary frei, die vom treuwidrigen trustee vereinnahmten Vermögensvorteile vermittels Genehmigung dem trust einzuverleiben oder, mittels following und tracing, das ursprüngliche trust property in die Vermögenssphären Dritter – mit Ausnahme eines gutgläubig-entgeltlichen Erwerbers eines legal interest – zu verfolgen.94 Nach der höchstrichterlichen Judikatur steht der surrogationsberechtigten Partei die Befugnis zu, entweder einen equitable interest unter einem constructive trust mit dem (nicht notwendig mit dem ursprünglichen trustee identischen) Empfänger des Ersatzgegenstandes oder eine equitable charge zur Sicherung des Schadensersatzanspruchs gegen den trustee an dem Surrogat geltend zu machen.95 Es handelt sich nicht um eine „Wahlschuld“, sondern um eine elektive Konkurrenz zwischen sachenrechtlichen Rechtsbehelfen. Präzise betrachtet setzt sich weder der ursprüngliche trust noch der beneficial interest inhaltsgleich an dem Surrogat fort: Das Wahlrecht impliziert eine power, die, da sie sich auf einen spezifischen Gegenstand, ergo eine Sache, bezieht, nach englischer Dogmatik zwangsläufig dinglicher Natur ist.96 Dieses Gestaltungsrecht ist der an den Identifikationsprozess anknüpfende sachenrechtliche Rechtsbehelf, dessen Ausübung ein neues Sachenrecht in Form eines beneficial interest unter einem constructive trust oder ein lien erzeugt. Wird ein constructive trust kraft Gestaltungserklärung begründet, ist dieser richtigerweise nicht einem express trust gleichzustellen. Zumindest der gutgläubige Empfänger unterliegt nicht dem fiduziarischen Pflichtenkanon, sondern lediglich einer Pflicht zur Rückübertragung des legal title und zur Herausgabe des trust property einschließlich aller Surrogate, namentlich des lucrum ex negotiatione.97 Deshalb überzeugt es nicht, die Pflichten93 Vgl.
Millett, in: Degeling/Edelman, Equity in Commercial Law, S. 309, 310, 315. Millett, in: Degeling/Edelman, Equity in Commercial Law, S. 309, 315–316. 95 Siehe bereits Fn. 71 zu der kontroversen Mehrheitsentscheidung des House of Lords in Foskett v. McKeown [2001] 1 AC 102. 96 Chambers, in: Degeling/Edelman, Equity in Commercial Law, S. 431, 458–461; ders., in Chambers/Mitchell/Penner, Philosophical Foundations of the Law of Unjust Enrichment, S. 242, 256–257. Es gilt nichts anderes als für rechtsgeschäftliche Gestaltungsrechte; das Paradigma ist die option to purchase (näher Rieländer, Sachenrechtliche Erwerbsrechte, S. 156–171). 97 Vgl. Goff and Jones (-C. Mitchell/P. Mitchell/Watterson), The Law of Unjust Enrichment9, Rn. 37.15, 38.13; L. Smith (2004) 40 Can. Bus. L. J. 317, 319. Repräsentiert das Surrogat ausschließ94 Vgl.
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stellung eines constructive trustee, d. h. die Herausgabe- und/oder Übertragungspflicht, an ein subjektives Vorsatzerfordernis zu knüpfen.98 Letzteres ist mit einem genuin sachenrechtlichen Rechtsbehelf unvereinbar.99 Maßgeblich ist allein, ob die Voraussetzungen der bona fide purchaser defence erfüllt sind: Ist dies der Fall, versagen following und tracing, der beneficiary bleibt auf Rechtsbehelfe gegen den illoyalen trustee verwiesen. Proprietary restitution stößt freilich an Grenzen, wenn der Empfänger zwar nicht durch die bona fide purchaser defence geschützt ist, aber gutgläubig oder beneficiary eines anderen trust ist, dessen property mit demjenigen des verfolgten beneficial interest vermengt wird.100 Soweit das Surrogat teilweise mit Mitteln „unschuldiger“ Dritter erlangt wurde, gelten die aufgezeigten Grundsätze sog. mixed accounts. An dem Surrogat sind der beneficiary und der nicht schuldhaft agierende Empfänger nach Maßgabe des quotalen Verhältnisses zwischen dem trust property und den Drittmitteln berechtigt: Sie profitieren jeweils nach Maßgabe ihrer Bruchteile von Wertsteigerungen und tragen anteilig das Verlustrisiko.101 b) „Obligatorische“ Rechtsbehelfe (personal remedies) Abgesehen von den an die Wertverfolgung bzw. -surrogation anknüpfenden dinglichen Rechtsbehelfen sind im Kontext der Beteiligung trust-fremder Personen an einem breach of trust sog. personal remedies, d. h. auf Geldleistung – im Gegensatz zur „dinglich“ analysierten specific recovery – gerichtete Rechtsbehelfe im Verhältnis zu diesen Personen möglich. Diesbezüglich ist zum einen zwischen Common Law und Equity und zum anderen zwischen einer bereicherungsrechtlichen Haftung und einer akzessorischen Haftung wegen Mitwirkung an einem breach of trust zu unterscheiden. Wer freilich einen legal title infolge pflichtwidriger Entziehung des trust property durch den trustee gutgläubig-entgeltlich erwirbt, ist lich Vermögenswerte des identifizierten trust property, erstreckt sich der constructive trust auf das ungeteilte Surrogat; dem beneficiary steht es frei, die Auflösung des trust vermittels Übertragung des legal title zu verlangen. Soweit sich der Ersatzgegenstand aus trust-fremden Vermögenswerten des trustee zusammensetzt, bezieht sich der constructive trust auf einen ideellen, dem Wertverhältnis zwischen dem im Surrogat verkörperten trust property und dem Eigenvermögen des trustee entsprechenden Anteil des Ersatzgegenstandes. Ein Anspruch auf Übereignung des Surrogates scheidet aus; der beneficiary kann Aufhebung der Bruchteilsgemeinschaft durch Verkauf des Ersatzgegenstandes und Auszahlung seines Anteils am Erlös verlangen. Macht der beneficiary stattdessen ein lien am (ungeteilten) Ersatzgegenstand geltend, kann er sich wegen seines Anspruchs auf Geldersatz gegen den trustee wegen breach of trust aus dem Surrogat befriedigen. 98 So aber Lord Browne-Wilkinson in Westdeutsche Landesbank Girozentrale v. Islington London Borough Council [1996] AC 669, 704–706, 714–715; zu Recht kritisch Goff and Jones (-C. Mitchell/P. Mitchell/Watterson), The Law of Unjust Enrichment9, Rn. 38-09–38-13. 99 Rechtsvergleichend zu den Eigenschaften sachenrechtlicher Rechtsbehelfe von Bar, Gemeineuropäisches Sachenrecht II, Rn. 414. 100 Foskett v. McKeown [2001] 1 AC 102, 132 (Lord Millett). 101 Foskett v McKeown [2001] 1 AC 102. Der beneficiary kann sich in diesem Fall also nicht dem Verlustrisiko dadurch entziehen, dass er die ungeteilte Sache zwecks Befriedigung seiner persönlichen Ansprüche gegen den trustee verkauft; eine equitable charge scheidet insoweit als Rechtsbehelf aus.
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hierdurch sowohl gegen proprietary remedies als auch gegen personal remedies immunisiert; „equity’s darling“ haftet weder nach Common Law noch in Equity.102 Soweit dagegen der Empfänger das trust property durch breach of trust oder auf andere Weise unter Voraussetzungen erlangt, die nach Common Law eine auf Geld gerichtete Haftung wegen unjust enrichment begründen,103 ist es Sache des trustee, die action for money had and received geltend zu machen; der beneficiary ist nicht de iure proprio berechtigt, Rechtsbehelfe des Common Law im eigenen Namen geltend zu machen.104 Allerdings stehen dem beneficiary ggf. bei breach of trust auf Geldleistung gerichtete (bereicherungsrechtliche) Ansprüche in Equity zu, wobei drei Konstellationen zu unterscheiden sind. Erstens begründet die unerlaubte Anmaßung trustee-gleicher Befugnisse über das trust property eine Haftung als constructive trustee (sog. trusteeship de son tort).105 Zweitens unterliegt der Empfänger von trust property einer verschuldensabhängigen bereicherungsrechtlichen Wertersatzhaftung in Equity wegen unredlichen Empfangs (knowing receipt).106 Die in Rechtsprechung und Lehre strittige Frage, ob hieraus zugleich die Stellung eines „echten“ constructive trustee folgt,107 macht einmal mehr die immer noch herrschende Unsicherheit über den Wirkungskreis eines constructive trust sichtbar. Schließt man sich der zutreffenden Ansicht an, dass ein constructive trust gerade nicht mit einem typischen express trust, der sowohl aktives Management als auch Verwahrung des trust property verlangt, gleichgesetzt werden kann, sondern sich prinzipiell in einer Herausgabepflicht erschöpft,108 ist der Empfänger notwendigerweise constructive trustee, es sei denn, dass er sich auf die bona fide purchaser defence berufen kann.109 Dies wird dadurch bestätigt, dass der Empfänger nicht – wie nach Common Law wegen unjust enrichment – lediglich Wertersatz in Höhe des objektiven Wertes des entzogenen trust property leisten muss, sondern einer umfassenden Gewinnheraus102
Vgl. Lewin (-Tucker/Le Poidevin/Brightwell), Trusts19, Rn. 41-117. weil der trustee bei der Veräußerung des trust property einem beachtlichen Irrtum unterliegt; nichts anderes gilt für die übrigen „unjust factors“ des law of unjust enrichment. 104 Lewin (-Tucker/L e Poidevin/Brightwell), Trusts19, Rn. 42-004–42-008. 105 Williams-Ashman v. Price and Williams [1942] Ch. 219, 228 (Bennett J); ebenso z. B. die neuseeländische Judikatur, vgl. Goddard v. DFC New Zealand Ltd (1991) 3 NZLR 580, 591 (Gallen J). 106 Zusammenfassend zu Tatbestandsvoraussetzungen und Rechtsfolgen Lewin (-Tucker/L e Poidevin/Brightwell), Trusts19, Rn. 42-022–42-100. 107 Ablehnend u. a. Lord Neuberger in Williams v. Central Bank of Nigeria [2014] UKSC 10 [90]; Millett L. J. in Paragon Finance plc v. D B Thakerar & Co [1999] 1 All ER 400, 409, 413; Nolan L. Q. R. 122 (2006) 232, 241; für die Annahme der Pflichtenstellung als constructive trustee hingegen u. a. Lords Sumption und Briggs in DD Growth Premium Fund v. RMF Market Neutral Strategies Ltd [2017] UKPC 36 [58]; Worthington, in: Davies/Penner, Equity, Trusts and Commerce, S. 331, 346–349. 108 Goff and Jones (-C. Mitchell/P. Mitchell/Watterson), The Law of Unjust Enrichment 9, Rn. 37.15, 38.13; L. Smith (2004) 40 Can. Bus. L. J. 317, 319. 109 Wenn der Empfänger jedoch in Kenntnis der Pflichtenverstoßes des trustee das trust property für eigene Zwecke verwendet, dürften zudem fiduziarische Pflichten entstehen (vgl. Worthington, in: Davies/Penner, Equity, Trusts and Commerce, S. 331, 346–349). 103 Z. B.
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gabepflicht unterworfen ist.110 Wer dagegen an einem breach of trust schuldhaft mitwirkt, ohne sich selbst trust property oder Surrogate desselben anzueignen, unterliegt einer (akzessorischen) Haftung wegen dishonest assistance. Der Schuldner wird also – obwohl in der Rechtsprechung teilweise missverständlich von einer Haftung als constructive trustee die Rede ist111 – nicht einem fiduziarischen Pflichtenprogramm in Bezug auf ein (gar nicht vorhandenes) trust property unterworfen.112 Anders als der legal owner stehen den beneficiaries nach bislang h. A. gerade nicht die durch das law of torts garantierten Rechtsbehelfe des Common Law wegen Eingriffen in property rights zu; die Rechtsposition des beneficiary wird im Ausgangspunkt ausschließlich mittels Equity verwirklicht und durchgesetzt.113 Mit Rücksicht auf die rechtshistorische Entwicklung ist dies zwingend: Fehlt es bereits an einem vom Common Law anerkannten subjektivem Recht, kann dem beneficiary kein Rechtsbehelf gegen schädigende Einwirkungen Dritter auf die trust-befangene Sache zuerkannt werden, zumal es gerade dem trustee vorbehalten ist, trust property zu schützen, was zugleich impliziert, dass er (allein) berechtigt ist, die jeweiligen Rechtsbehelfe des Common Law, insbesondere die einschlägigen bereicherungs- und deliktsrechtlichen Klagerechte, geltend zu machen.114 Aner110 Akita Holdings Ltd v. Attorney-General of the Turks and Caicos Islands [2017] UKPC 7 [15]–[18] (Lord Carnwath). Wie gezeigt, ist diese Gewinnhaftung das Korrelat aller durch eine präskriptive Loyalitätspflicht gekennzeichneten fiduziarischen Positionen. Anders liegt es, wenn eine Wertverfolgung versagt, weil der dem Empfänger zugefallene Vermögensvorteil ersatzlos weggefallen ist. Während sachenrechtliche Rechtsbehelfe per se ausscheiden, kann der beneficiary den unredlichen Empfänger auf Wertersatz mittels der in Equity entwickelten action for unconscionable receipt in Anspruch nehmen. Mit einer Haftung als constructive trustee hat dies nichts zu tun, setzt diese doch eine identifizierbare trust-befangene Sache voraus; demgemäß ist der beneficiary nicht gegen das Insolvenzrisiko des Schuldners geschützt. 111 Zu Recht kritisch Edelman [2013] 29 L. Q. R. 66, 76. 112 Zu den Tatbestandsvoraussetzungen grundlegend Baden Delvaux v. Sociétè Générale Pour Favoriser le Développement du Commerce et de l’Industrie en France SA [1993] 1 WLR 509, 573 (Peter Gibson J.). 113 Siehe nur Hayim v. Citibank N. A. [1987] A. C. 730 (P. C.), 749 (Lord Templeman: „[…] a beneficiary has no cause of action against a third party save in special circumstances which embrace a failure, excusable or inexcusable, by the trustees in the performance of the duty owned by the trustees to the beneficiary to protect the trust estate or to protect the interests of the beneficiary in the trust estate.“); vertiefend Hargreaves (2011) 25 Tru. L. I. 163, 164–171. In MCC Proceeds v. Lehman Brothers International (Europe) [1998] 4 All ER 675 bestätigte der Court of Appeal die konventionelle Ansicht in Bezug auf conversion: In dem zugrundeliegenden Fall wurden die zugunsten des Klägers in trust gehaltenen Aktien pflichtwidrig veräußert; die Klage gegen die Empfänger wegen conversion blieb erfolglos, weil dem Kläger als beneficiary die Sachlegitimation nach Common Law fehlte. Demgemäß kann der trustee auch dann den vollen Substanzschaden bei Vorenthaltung oder Entziehung einer Sache wegen conversion liquidieren, wenn nach Maßgabe des trust ausschließlich der beneficiary zum Besitz des trust property berechtigt ist (vgl. Winfield & Jolowicz (-Rogers), Tort18 , Rn. 17-17). 114 Vgl. MCC Proceeds v. Lehman Brothers International (Europe) [1998] 4 All ER 675, 691 (Mummery L. J.: „The short answer to MCC Proceeds’ claim is to be found rooted deep in English legal history: conversion is a common law action and the common law did not recognise the equitable title of the beneficiary under a trust.“). Selbstverständlich liegt es anders, wenn der beneficiary zugleich eine durch possession vermittelte Klageberechtigung nach Common Law innehat: Dass er zugleich aus einem trust berechtigt ist, spielt keine Rolle, schließt mithin die Klagebefug-
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kannt ist zwar, dass der beneficiary unter bestimmten Voraussetzungen im eigenen Namen Klage gegen den Schädiger erheben und insoweit Schadensersatzansprüche wegen conversion, negligence, trespass oder nuisance anstelle des trustee geltend machen kann.115 Indes ist dies eine aus Gründen der Prozessökonomie erlaubte objektive Klagenhäufung,116 die nur ausnahmsweise zulässig ist, insbesondere wenn der trustee willkürlich eine Klageerhebung gegen den Dritten unterlässt.117 In materiellrechtlicher Hinsicht ändert sich nichts: Aus Sicht des law of torts ist der trustee geschädigt, weshalb eine etwaige Einwilligung des trustee im Verhältnis zu dem ggf. aus einem fremden Klagerecht prozessierenden beneficiary eine rechtsvernichtende Einwendung begründet. Die orthodoxe Ansicht ist indes durch das Urteil des Court of Appeal in Shell UK Ltd. v. Total UK Ltd.118 unter Druck geraten, wonach der sog. beneficial owner nis nicht aus; dies gilt gleichermaßen für negligence und conversion (Hargreaves (2011) 25 Tru. L. I. 163, 166, 168). 115 Vgl. Roberts v. Gill [2010] UKSC 22 [62] (Lord Collins); Hargreaves (2011) 25 Tru. L. I. 163, 177–178. Anerkannt ist zudem, dass der beneficiary eines bare trust im Namen des trustee Klagen gegen Dritte wegen Beeinträchtigung oder Entziehung des trust property und auch wegen Vertragsverletzungen in Ansehung des trust erheben kann, wenn hinreichend Sicherheit geleistet wird; verweigert der trustee die Zustimmung zur Klage, muss dieser in den Rechtsstreit als Partei einbezogen werden. 116 Die gegen den trustee auf Verteidigung des trust property gerichtete Klage aus eigenem Recht wird mit einer aus fremdem Recht des trustee prozessstandschaftlich erhobenen Klage gegen den Schädiger verbunden. 117 Hayim v. Citibank N. A. [1987] A. C. 730 (P. C.), 749 (Lord Templeman); Roberts v. Gill [2010] UKSC 22 [46]–[53] (Lord Collins); Hargreaves (2011) 25 Tru. L. I. 163, 177–178. 118 Shell UK Ltd. v. Total UK Ltd. [2010] EWCA Civ 180; [2011] Q. B. 86. Der Entscheidung lagen Schadensersatzklagen mehrerer Ölgesellschaften, u. a. der Shell UK Ltd., wegen eines Großbrands auf der britischen Ölverladestation in Buncefield zugrunde. Aufgrund eines von den Angestellten der Total UK Ltd. überfüllten und in Brand geratenen Öltanks breitete sich das Feuer schnell aus und zerstörte zahlreiche weitere Öltanks, Pipelines und Equipment der Verladestation. Das Eigentum an den Öltanks und den Pipelines stand zwei von der Klägerin (Shell) sowie BP, Total und Chevron beherrschten Zweckgesellschaften als trustees für die Klägerin und die vorgenannten Ölgesellschaften zu; diese Gestaltung war der damaligen staatlichen Regulierung der Eigentumsverhältnisse an Ölförderanlagen geschuldet. Shell erhob wegen negligence (sowie wegen nuisance nach der Regel aus Rylands v. Fletcher (1868) L. R. 3 H. L. 330) Klage auf Schadensersatz gegen Total wegen der Zerstörung der von den Zweckgesellschaften verwalteten Anlagen und der hierdurch erlittenen Gewinneinbußen; sie bezog die Zweckgesellschaften – wie nach der sog. Vandepitte procedure erforderlich – ordnungsgemäß in den Rechtsstreit ein. Die Beklagte erkannte zwar die Haftung für alle den Zweckgesellschaften entstandenen Sachschäden an, verteidigte sich aber gegen die Klage auf Ersatz des entgangenen Gewinns; die Klägerin sei schließlich im Zeitpunkt des Großbrands unstreitig weder legal owner noch unmittelbar besitzberechtigt gewesen, weshalb ihr kein eigener Schadensersatzanspruch zustehe. Dieser Sichtweise schloss sich zwar der High Court an; der Court of Appeal gab der Berufung der Klägerin jedoch statt. Nach Ansicht des Gerichts oblag der Beklagten auch gegenüber dem „wirtschaftlichen Eigentümer“ (beneficial owner) der Ölförderanlagen eine Sorgfaltspflicht im Zusammenhang des Gebrauchs des Öltanks, die sie auch durch den fahrlässig verursachten Brand verletzt habe. Für die Sachlegitimation der Klägerin hinsichtlich der Klage wegen negligence komme es nicht darauf an, ob sie sich im Besitz der vernichteten Anlagen befunden habe oder legal owner gewesen sei; auch der beneficial owner sei jedenfalls ersatzberechtigt, wenn er den legal owner (scil.: den trustee) in den Rechtsstreit einbeziehe. Aus der Grundsatzentscheidung des House of Lords in The
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einer schuldhaft beschädigten Sache berechtigt ist, eigene Ansprüche auf Ersatz des Sachschadens einschließlich vorhersehbarer Vermögensfolgeschäden gegen den Schädiger wegen negligence bei prozessualer Beteiligung der trustees geltend zu machen. Mit der Grundsatzentscheidung des House of Lords im leading case The Aliakmon,119 der einschlägigen Judikatur zu sachbezogenen torts und den etabAliakmon [1986] A. C. 785 folge nichts anderes. Zwar ergebe sich aus Entscheidungsbegründung von Lord Brandon der fest etablierte Rechtsgrundsatz, dass nur der Eigentümer (nach Common Law i. E. S.) sowie derjenige, der ein unmittelbares Besitzrecht an der beschädigten Sache habe, Schadensersatzansprüche wegen negligence geltend machen könne (vgl. The Aliakmon [1986] AC 785, 809: „[…] in order to enable a person to claim in negligence for loss caused to him by reason of loss of or damage to property, he must have had either the legal ownership of or a possessory title to the property concerned at the time when the loss or damage occurred, and it is not enough for him to have had only contractual rights in relation to such property which have been adversely affected by the loss of or damage to it.“). Diese „einschränkende Regel“ sei aber ihrerseits einschränkend dahin auszulegen, dass der wirtschaftliche Eigentümer ungeachtet eines eigenen Besitzrechts auf Ersatz seiner Schäden erheben könne, wenn er auch den trustee beiziehe. Das Gericht verweist zur Begründung darauf, dass Lord Brandon die Schadensersatzklage in The Aliakmon auch mit der Begründung abgewiesen habe, dass jedenfalls der legal owner nicht in den Rechtsstreit einbezogen worden sei. Die deliktische Haftung erstrecke sich dabei nicht bloß auf die Substanzschäden, sondern auch auf vorhersehbare Vermögensfolgeschäden, die dem wirtschaftlichen Eigentümer entstünden; dies gelte hier auch für die von der Klägerin dargelegten Gewinneinbußen. Unter Billigkeitsgesichtspunkten mag die Entscheidung einleuchten, zumal der Court of Appeal mehrfach ganz unverhohlen auf die praktische Gerechtigkeit des Ergebnisses abstellte (siehe etwa Shell UK Ltd. v. Total UK Ltd. [2010] EWCA Civ 180; [2011] Q. B. 86 [132], [143]: „If Shell were a complete stranger to the transaction that would be understandable but Shell is not a complete stranger. It is the (co-)beneficial owner of the pipelines and the contract to use the pipeline is only an incident of its beneficial ownership (albeit a necessary incident, since it is a co-owner of the pipelines with others who also wish to use it). On the face of things, it is legalistic to deny Shell a right to recovery by reference to the exclusionary rule. It is, after all, Shell who is (along with BP, Total and Chevron) the ‚real‘ owner, the ‚legal‘ owner being little more than a bare trustee of the pipelines. […] it would be a triumph of form over substance to deny a remedy to the beneficial owner of that property when the legal owner is a bare trustee for that beneficial owner.“). Schließlich drohten der Zweckgesellschaft selbst keine materiellen Schäden; diese Gesellschaft, an der zudem der Klägerin und einigen weiteren Ölgesellschaften sämtliche Anteile zustanden, war überhaupt nur aufgrund der einschlägigen gesetzlichen Beschränkung gemeinschaftlichen Eigentums an Ölförderanlagen gebildet worden und war damit ein „nackter Treuhänder“ ohne aktive fiduziarischen Pflichten und besondere Befugnisse. In methodischer Hinsicht offenbart die Entscheidung einmal mehr die extrapolierende Fortbildung trust-basierter Rechte: Aus der bereits erfolgten Angleichung derselben an echte dingliche Rechte (nach Common Law i. E. S.) wird das maßgebliche Argument für eine zusätzliche Gleichstellung im law of torts entwickelt; der beneficial owner könne, so der Court of Appeal, nicht mit demjenigen gleichgesetzt werden, der lediglich über einen vertraglichen Anspruch auf Eigentumsübertragung verfüge, weshalb insoweit die für negligence vorausgesetzte Nähebeziehung zwischen dem wirtschaftlichen Eigentümer und dem Schädiger bestehe (vgl. Shell UK Ltd. v. Total UK Ltd. [2010] EWCA Civ 180; [2011] Q. B. 86 [136]: „Beneficial ownership of the damaged property goes well beyond contractual or non-contractual dependence on the damaged property and does indeed constitute a special relationship […]. It is, in fact, a closer relationship in many ways than that of a bare trustee having no more than the legal title.“). 119 The Aliakmon [1986] A. C. 785. Hiernach stehen ausschließlich dem Eigentümer und dem Besitzer der beschädigten Sache Schadensersatzansprüche wegen negligence zu; die Kläger hatten lediglich Anspüche auf Übertragung der beschädigten Sachen. Zwar wies das House of Lords die Klage mit der ergänzenden Begründung ab, dass die Klägerin den legal owner nicht in den Rechtsstreit einbezogen habe. Daraus folgt aber nicht zwingend, dass ein beneficiary die ihm selbst auf-
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lierten Rechtsgrundsätzen des law of trusts erscheint die argumentativ schwach begründete Entscheidung des Court of Appeal kaum vereinbar.120 Überdies ist es unter Wertungsgesichtspunkten bedenklich, dem vermeintlichen „wirtschaftlichen Eigentümer“ (beneficial owner) neben dem „(sachen-)rechtlichen Eigentümer“ (legal owner) eigene Ansprüche auf Ersatz von Vermögensfolgeschäden wegen Sachbeschädigung zu attestieren. Auf der Hand liegt, dass dies zu einer uferlosen deliktsrechtlichen Haftungserweiterung im Kontext der mitunter schwer durchschaubaren mehrstufig strukturierten trusts mit einer potentiell endlosen Zahl von beneficiaries führen kann, wobei die Haftungsrisiken mangels Offenkundigkeit (sub-)trust-basierter Rechte kaum kalkulierbar wären.121 c) Zusammenfassung Im Ergebnis sind beneficial interests mit einem nicht zu unterschätzenden Schutzniveau gegen unerlaubte Einmischungen Dritter ausgestattet: Sie lösen sowohl obligatorische als auch dingliche Rechtsbehelfe aus, wobei dem constructive trust ein Recht auf Herausgabe resp. Übertragung des vorenthaltenen trust property (sog. specific recovery) immanent ist. Wer diesen „Herausgabeanspruch“ gerichtlich geltend machen kann und aus der entsprechenden gerichtlichen Verfügung berechtigt wird, hängt folgerichtig von der Ausgestaltung des fiduziarischen Rechtsverältnisses ab. Unter einem active trust ist der trustee sachlegitimiert, unter einem bare trust zumindest auch der beneficiary.122 d) Exkurs: Mehrstufige Belastung qua proprietary restitution? Theoretisch spricht zwar nichts dagegen, dass mehrstufige Belastungen qua proprietary restitution entstehen, indem begrenzte Sachenrechte in equity (oder gar at grund einer Sachbeschädigung entstandenen Vermögensfolgeschäden bei unterstellter Einbeziehung des trustee in den Rechtsstreit liquidieren kann, zumal die Kläger in The Aliakmon allein Ansprüche auf Ersatz der Sachschäden geltend gemacht hatten. 120 Selbst wenn man der im Schrifttum (siehe u. a. Edelman [2013] 29 L. Q. R. 66, 67–75; Hargreaves (2011) 25 Tru. L. I. 163–184) scharf kritisierten Entscheidung Shell UK Ltd. v. Total UK Ltd. zumindest insoweit folgen wollte, als der beneficial owner zu dem durch negligence und sonstige „economic torts“ geschützten Personenkreis zählt, mithin eigene Schäden jedenfalls bei ordnungsgemäßer prozessualer Beteiligung des trustee liquidieren kann, folgt hieraus nicht zwangsläufig, dass die beneficiaries von (ggf. mehrfach hintereinander geschalteten) sub-trusts durch (physische) Einwirkungen auf die dem sog. main trust unterliegenden Sachen in eigenen Rechten betroffen sind. Denn ein sub-trust bezieht sich auf eine normative Sache, präziser auf das aus dem vorgelagerten intermediate trust oder main trust entstandene Recht eines beneficiary und allenfalls indirekt auf die dem main trust unterliegende Sache. 121 Die erforderliche Feinsteuerung könnte allenfalls über das normative Korrektiv der forseeability resp. remoteness der geltend gemachten (Vermögensfolge-)Schäden gewährleistet werden. In diesem Zusammenhang ist auch darauf hinzuweisen, dass der trustee auch die den beneficiaries entstandenen Schäden qua Drittschadensliquidation geltend machen kann; die Versagung eigener Ansprüche der beneficiaries führt also nicht zwangsläufig dazu, dass deren Vermögensfolgeschäden in einem „black hole“ untergehen (vgl. Hargreaves (2011) 25 Tru. L. I. 163, 179–180). 122 L. Smith (2004) 40 Can. Bus. L. J. 317, 320–321; siehe auch Fox [2006] 65 C. L.J. 330, 355.
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law123) an begrenzten Rechten erzeugt oder Turmbauten dinglicher Rechte durch constructive trusts, liens oder subrogationsgestützte mortgages und charges erhöht werden.124 Indes bezieht sich das aus dem Surrogationsprozess folgenden Recht, sei es ein „vollkommenes“ dingliches Recht, sei es ein auf den Erwerb eines constructive trust oder eines lien gerichtetes Gestaltungsrecht (power), in der überwiegenden Zahl der praktisch relevanten Szenarien auf ein obligatorisches Recht.125 Paradigmatisch ist die Identifizierung des verfolgten Sachenrechts in (mixed) bank accounts, präziser in Forderungen aus Zahlungsdiensterahmenverträgen.126 Auf den ersten Blick scheint demgegenüber die subrogation – im Kontext der Schuldentilgung mit fiduziarisch gebundenem Sondervermögen – zwangsläufig gestufte Subordinationsverhältnisse in Form von sachenrechtlichen Erwerbsrechten auf den Erwerb von mortgages oder charges hervorzurufen. Im Unterschied zur cessio legis einschießlich akzessorischer (dinglicher Rechte) in Civil Law-Jurisdiktionen127 unterscheidet die neuere englische Doktrin im Kontext der Leistung auf Verbindlichkeiten und/oder security interests durch Dritte oder mit Mitteln Dritter zwischen dem Übergang fortbestehender Forderungen und security interests des befriedigten Gläubigers auf den Dritten (sog. subrogation to subsisting rights) und dem Neuerwerb äquivalenter Rechte durch den Dritten (sog. subrogation to extinguished rights).128 Der zweiten Variante der subrogation ist ein wegen der geradezu 123 Siehe zur umstrittenen Surrogation at common law hinsichtlich Geldforderungen Trustee of the Property of FC Jones & Sons (a firm) v. Jones [1997] Ch 159; in Ansehung der Surrogation von anderen unkörperlichen Vermögenswerten zustimmend Armstrong DLW GmbH v. Winnington Networks Ltd [2012] EWHC 10; [2013] Ch. 156 [84]–[94] (Stephen Morris QC) unter Verweis auf L. Smith, The Law of Tracing, S. 337, 372. Der Wirkungskreis der Surrogation at common law bleibt freilich mangels höchstrichtericher Klärung unsicher. 124 Tracing entfaltet also je nach den Fallumständen eine rechtserhaltende oder eine rechtsbegründende Wirkung; zum Erhaltungs- und Kreationspotenzial des Surrogationsprozesses näher Rieländer, Sachenrechtliche Erwerbsrechte, S. 54–61. 125 Vgl. Chambers, in Chambers/M itchell/Penner, Philosophical Foundations of the Law of Unjust Enrichment, S. 242, 256. 126 Zutreffend Foskett v McKeown [2001] 1 AC 102, 110 (Lord Browne-Wilkinson), 128 (Lord Millett). 127 Die Rechtsfolgen zulässiger Drittleistungen nach Maßgabe der §§ 267, 268 Abs. 3 S. 1, 1150 BGB sind im deutschen Recht unstreitig: Der Ablösungsberechtigte erwirbt die Forderung einschließlich aller akzessorischen Nebenrechte ex lege und ipso iure; das Schuldverhältnis erlischt nicht (siehe nur MünchKomm (-Krüger), BGB II8 , § 268 Rn. 12; MünchKomm (-Lieder), BGB VII7, § 1150 Rn. 29). Wird eine Grundschuld seitens eines nachrangigen Grundschuldgläubigers abgelöst, geht diese gem. §§ 1192 Abs. 1, 1150, 268 Abs. 3 S. 1 BGB mit dem Inhalt und dem Rang auf den Ablösenden über, den dieses Recht vor der Eintragung des Rechts des Ablösenden hatte (BGH, Beschluss v. 28.2.2013 – V ZB 18/12; NJW-RR 2013, S. 1171 Rn. 34). Bereits mit der Eintragung seines Rechts erwirbt der ablösungsberechtigte Grundpfandrechtsgläubiger die Befugnis, das vorrangige Recht im Wege der Ablösung in dem bisherigen Rechtszustand zu erwerben; rangändernde Vereinbarungen sind demgemäß gegenüber dem Ablösenden wirkungslos. Die Analyse einer mehrstufigen Belastung ist hier – anders als bei der subrogation als equitable remedy – abwegig: Die Ablösungsbefugnis ist Teil des Rechtsinhalts des dinglichen Rechts, von diesem mithin nicht abspaltungsfähig. 128 Burrows, The Law of Restitution 3, S. 146–147; Watterson [2016] RLR 1, 9. Die Variante der „subrogation to subsisting rights“ gilt als atypisch; der paradigmatische Fall ist der Forderungs-
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inflationären, billigkeitsinduzierten Anwendung dieses Rechtsinstituts seitens der Rechtsprechung ein nicht zu unterschätzendes sachenrechtliches Kreationspotential immanent. Drei Grundkonstellationen sind zu unterscheiden:129 (1.) die Veruntreuung fiduziarisch gebundenen Vermögens, z. B. trust property, zwecks Tilgung (gesicherter) Verbindlichkeiten des fiduciary oder trust-fremder Personen zugunsten des beneficiary bzw. des Prinzipals,130 (2.) der gescheiterte Erwerb eines security interest zugunsten des designierten Sicherungsnehmers, namentlich im Kontext (ggf. sukzessiver) Refinanzierungstransaktionen131 und (3.) die Subrogation zwecks Sicherung des Gesamtschuldnerregresses.132 Prima facie deutet die einschlägige Judikatur zwar darauf hin, dass der Subrogationsberechtigte von selbst in die Rechtsstellung jenes Gläubigers eintritt resp. ein äquivalentes (Sachen-)Recht in Equity erwirbt (sog. „institutional model“).133 Indes ist diese Analyse der Subrogationsrechtfolgen nicht über jede Kritik erhaben.134 übergang im versicherungsrechtlichen Zusammenhang (näher Burrows, The Law of Restitution 3, S. 160–165). 129 Mitchell/Watterson, Subrogation Law and Practice, Rn. 8.46. Kritisch zum extensiven Gebrauch dieses Rechtsinstituts und der fehlenden Feinabstimmung mit der Anwendung anderer dinglicher Rechtsbehelfe Watterson, in: Virgo/Worthington, Commercial Remedies, S. 437, 463– 464. 130 Aus der reichhaltigen Judikatur siehe z. B. Boscawen v. Bajwa [1996] 1 WLR 328 (CA) (breach of trust); Primlake Ltd v. Matthews Associates Ltd [2006] EWHC 1227 (Veruntreuung von Unternehmsvermögen). Ein fiduziarisches Rechtsverhältnis scheint aber nicht einmal erforderlich; vgl. National Australia Bank Ltd v. Rusu [2001] NSWSC 32. 131 Siehe z. B. Ghana Commercial Bank v. Chandiram [1960] AC 732; Banque Financière de la Cité v. Parc (Battersea) Ltd. [1999] 1 AC 221; Menelaou v. Bank of Cyprus UK Ltd. [2015] UKSC 66; Castle Phillips Finance Co Ltd v. Piddington [1995] 1 FLR 783 (CA); UCB Group Ltd. v. Hedworth [2003] EWCA Civ 1717. 132 Re Downer Enterprises Ltd [1974] 1 WLR 1460; Niru Battery Manufacturing Co v. Milestone Trading Ltd (No 2) [2004] EWCA Civ 487. Zudem kommen im Verhältnis von Gesamtbürgen untereinander Regressansprüche (sog. contribution claims) nach Maßgabe des CL(C)A 1978 in Betracht, sofern diese gemeinschaftlich wegen „the same damage“ haften. 133 So der Court of Appeal in Halifax plc v. Omar [2002] EWCA Civ 121. Die Klägerin war durch arglistige Täuschung seitens des Käufers einer langfristigen lease über eine Wohnung verleitet worden, den Erwerb derselben zu finanzieren; die vereinbarte legal charge für die Klägerin wurde nicht eingetragen. Sodann einigte sich der (redliche) Beklagte mit dem lessee auf den Kauf des leasehold und nahm die Räumlichkeiten bereits vor Übereignung in Besitz. Die Klägerin argumentierte, dass ihr wegen der Finanzierung des Ankaufs der lease das hierdurch abgelöste vendor’s lien kraft Subrogation zustehe, das dem qua Abschluss des zweiten Kaufvertrages entstandenen equitable interest des Beklagten nach Maßgabe des allgemeinen Prioritätsprinzips in Equity – prior tempore, potior iure – vorgehe. Der Beklagte hielt dagegen, dass die Subrogation lediglich ein Gestaltungsrecht auf den Erwerb eines dem vendor’s lien inhalts- und ranggleichen Rechts begründe, welches als „mere equity“ durch den gutgläubigen Erwerb des kaufvertragsgestützten nachfolgenden equitable interest verdrängt werde; sie, die Beklagte, sei demgemäß gegenüber der Klägerin zum Besitz der Wohnung berechtigt. Der Court of Appeal folgte der Rechtsansicht der Klägerin: Aufgrund der Tilgung des Kaufpreises, sei die Klägerin in Equity so zu stellen als ob ihr eine dem vendor’s lien entsprechende Sicherheit zustehe und nicht bloß eine „mere equity“ (Halifax plc v. Omar [2002] EWCA Civ 121 [84] (Parker L. J.)). 134 In Boscawen v. Bajwa [1996] 1 WLR 328 (CA) ließ Millett L. J. die Rangfrage zwischen dem Recht des Subrogationsberechtigten und nachfolgend entstehenden equitable interests mangels Entscheidungserheblichkeit offen; bezeichnend ist allerdings, dass Millett L. J. das Recht des
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Stattdessen dürfte auch diese Variante der proprietary restitution dem in der Literatur favorisierten Gestaltungsrechtsmodell folgen:135 Der Subrogationsberechtigte (C) erwirbt im Zeitpunkt der Tatbestandsverwirklichung136 eine power – ein sachenrechtliches Erwerbsrecht in Equity –, welches, so könnte man meinen, sich auf das zur Sicherung einer Forderung des B gegen A bestellte oder kraft Gesetzes entstandene Sachenrecht des B, z. B. ein vendor’s lien oder eine charge an einem estate in land bezieht. Erweitert man die Konstellation im Kontext der sukzessiven Refinanzierung dahin, dass dem Subrogationsberechtigten (C2) wiederum ein Recht gegen einen ehemals subrogationsberechtigten Gläubiger (C1) zusteht, entsteht scheinbar eine Gestaltungsrechtskaskade, bei der die power jenes SubrogatiSubrogationsberechtigten terminologisch deutlich von einem „vollkommenen“ equitable interest unterschied und stattdessen wiederholt den Begriff equity verwendete (Boscawen v. Bajwa [1996] 1 WLR 328, 342). Andererseits lehnte Millett L. J. a. A. O. entschieden die im Schrifttum vertretene Ansicht ab, dass dem Subrogationsberechtigten ein auf Erwerb eines security interest gerichtetes Gestaltungsklagerecht zustehe (so Watterson (2016) 2 CJCCL 609, 651–674; siehe auch Goff and Jones (-C. Mitchell/P. Mitchell/Watterson), The Law of Unjust Enrichment9, Rn. 39.78); es spricht einiges dafür, dass Millett L. J. implizit die konkurrierende „power in rem“These – d. h. ein dingliches Erwerbsrecht auf den Erwerb eines prima facie äquivalenten Sicherungsrechts, das durch Willenserklärung ausgeübt wird (so Haecker [2009] 68 CL.J. 324–360) – favorisiert. 135 Mit beachtlichen Argumenten gegen das in Halifax plc v. Omar [2002] EWCA Civ 121 vertretene „institutional model“ Watterson (2016) 2 CJCCL 609, 648–664; allgemein zu den Vorteilen des Gestaltungsrechtsmodells der proprietary restitution jenseits des Kontexts der Subrogation Haecker [2009] 68 CL.J. 324, 335–358. Die Streitfrage hat nicht nur akademische Bedeutung. Die Alternative zwischen einer vollkommenen equitable mortgage resp. equitable charge und einer power ist u. a. für das Konkurrenzverhältnis zwischen dem Subrogationsberechtigten und konkurrierenden dinglich gesicherten Gläubiger relevant. Da eine bloße power nach konventioneller Ansicht lediglich den Status einer „bloßen“ equity erheischt, wird diese nicht bloß durch nachfolgende legal interests (nach Maßgabe der bona fide purchaser defence), sondern auch durch sukzessiv begründete equitable interests gutgläubiger Erwerber verdrängt (siehe nur Goff and Jones (-C. Mitchell/P. Mitchell/Watterson), The Law of Unjust Enrichment9, Rn. 39.76). Solange das Gestaltungsrecht, sei es durch Willenserklärung, sei es durch gerichtliche Entscheidung, nicht ausgeübt und somit nicht in einen equitable interest oder einen legal interest an der fraglichen Sache (typischerweise ein estate in land) transformiert wird, erscheint die Rechtsstellung des Subrogationsberechtigten unter dem Gestaltungsrechtsmodell besonders prekär. Zu beachten ist allerdings, dass im Anwendungsbereich des LRA 2002 auch „bloße“ equities kraft Eintragung im register of title umfassenden Prioritätsschutz nach Maßgabe von secs. 28–30 LRA 2002 genießen (sec. 116 LRA 2002). Zweckmäßig erscheint die Eintragung einer subrogationsgestützten power insbesondere dann, wenn diese als Gestaltungsklagerecht analysiert wird (eingehend Watterson (2016) 2 CJCCL 609, 651–674), mithin nicht schon durch Willenserklärung eine equitable mortgage oder equitable charge entsteht; abgesehen davon empfiehlt sich natürlich auch die Eintragung einer subrogationsgestützten equitable mortgage oder equitable charge zwecks Vermeidung einer Rangverdrängung durch nachfolgende legal interests. 136 Dies ist nicht notwendig bereits der Zeitpunkt, in dem auf die Forderung von A gegen B seitens C oder mit Geldmitteln von C vollständig geleistet wird. Im Kontext der Fallgruppe (2) dürfte es auf den Zeitpunkt ankommen, in dem der Erwerb des vereinbarten security interest des C scheitert bzw. ein bestehender security interest des C vernichtet wird; alternativ könnte auf den Zeitpunkt abgestellt werden, in dem sich die Gefahr der Verdrängung eines aufgrund des gescheiterten Rechtserwerbs at law entstandenen equitable security interest des C durch den Erwerb eines Rechts at law durch D realisiert (vgl. Watterson [2016] RLR 1, 6–7).
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onsberechtigten die power von C1, welche sich auf einen vollkommenen security interest des B oder wiederum nur auf eine power auf Erwerb eines security interest bezieht, belastet.137 137 Siehe zur sub-subrogation Mitchell/Watterson, Subrogation: Law and Practice, 9.16–9.37; Watterson (2016) 2 CJCCL 609, 624–626. In der Rechtsprechung ist die sub-subrogation seit der Entscheidung des Court of Appeal in Castle Phillips Finance v. Piddington (1995) 70 P & CR 592 anerkannt: Die Beklagte hatte mit ihrem Ehemann der Lloyds Bank eine legal charge zur Sicherung der Forderungen gegen den Ehemann an dem Familiengrundstück des Paares eingeräumt. Diese Forderungen wurden von Barclays Bank getilgt, die sich zur Sicherung aller Forderungen gegen den Ehemann gleichfalls eine charge einräumen ließ, wobei die Beklagte davon ausging, dass der von Barclays gewährte Kredit ausschließlich der Finanzierung von Dachreparaturen am Familienheim diente. Sodann gewährte die Klägerin dem Ehemann einen Kredit zur Tilgung der Kreditforderungen von Barclays Bank; die im Gegenzug eingetragene charge am Familienheim wurde ohne Wissen und Wollen der Beklagten vereinbart; der Ehemann hatte ihre Unterschrift in den einschlägigen Dokumenten gefälscht, was der Klägerin unbekannt war. Die Klägerin begehrte Rückzahlung des gewärten Kredits von den Eheleuten und leitete die Zwangsvollstreckung mit einer Räumungsklage ein. Sie berief sich darauf, dass sie – bei unterstellter Nichtigkeit ihrer charge – aufgrund subrogation die charge von Barclays erworben habe; die Beklagte hielt entgegen, dass auch aus der charge von Barclays nicht wegen der Kreditverbindlichkeiten des Ehemannes, sondern allenfalls wegen der von Barclays finanzierten Dachreparaturen vollstreckt werden könne. Die Beklagte (und Berufungsklägerin) errang einen Pyrrhussieg. Der Court of Appeal hob das erstinstanzliche Urteil, wonach die Klägerin kraft subrogation in die charge von Barclays eingetreten sei und aus dieser jedenfalls teilweise wegen des gewährten Refinanzierungskredits zur Vollstreckung berechtigt sei, zwar auf, erkannte aber eine sub-subrogation der Klägerin in die durch Barclays abgelöste charge von Lloyds an. Kraft Tilgung des von Barclays gewährten Kredits sei die Klägerin allenfalls berechtigt, die security rights von Barclays auszuüben und dieser stünde – mangels wirksamer Zustimmung der Ehefrau zu der für Barclays eingetragenen charge – selbst nur berechtigt, qua subrogation in die Rechtsstellung von Lloyds Bank einzutreten; die von der Beklagten angeführten Bedenken gegen die Anerkennung der sog. sub-subrogation seien nicht stichhaltig (vgl. Castle Phillips Finance v. Piddington (1995) 70 P & CR 592, 600–601 (Peter Gibson L. J.): „For my part, I see no conceptual difficulty in this. […] Barclays was entitled to the Lloyds security by subrogation when Barclays discharged the debt to Lloyds, thinking that it was to obtain an effective security for its own money. When CP discharged the debt to Barclays, thinking that it was obtaining an effective security for its own money, it became entitled to the same security as Barclays did. I would, therefore, hold that by subrogation CP became entitled to the same security as that held by Barclays, that is to say the Lloyds charge.“). Siehe ferner UCB Group Ltd v. Hedworth [2003] EWCA 1717: Die Klägerin hatte dem Ehegatten der Beklagten einen Refinanzierungskredit zwecks Tilgung eines zum Erwerb mehrerer Grundstücke valutierten Kredits bei der Barclays Bank gegen Bestellung einer nachrangigen charge an den auf die Namen der Eheleute eingetragenen Grundstücken gewährt. Nachdem das valutierte Refinanzierungsdarlehen bestimmungsgemäß verwendet worden war, der Ehemann dann mit der Rückzahlung des Refinanzierungskredits in Verzug geriet, erhob die Klägerin Räumungsklage zwecks Einleitung der Vollstreckung. Die Parteien stritten u. a. darüber, ob die charge der Klägerin (mangels Zustimmung der Beklagten) wirksam war. Die Klägerin argumentierte hilfsweise, dass sie, falls ihre charge nichtig sei, aufgrund subrogation in die vorrangige charge der Barclays Bank eingetreten sei. Weil freilich auch die Wirksamkeit dieser charge strittig war, argumentierte die Klägerin höchst hilfsweise, dass sie kraft sub-subrogation berechtigt sei, in das durch Zahlung des Kaufpreises mit dem Kredit von Barclays Bank erloschene vendor’s lien des Verkäufers einzutreten. Der Court of Appeal folgte dieser Argumentation unter Verweis auf die präjudizielle Entscheidung in Castle Phillips Finance v. Piddington (1995) 70 P & CR 592 (UCB Group Ltd v. Hedworth [2003] EWCA 1717 [139]–[146] (Parker L. J.): Wäre auch die vorrangige charge nichtig, sei Barclays Bank zumindest berechtigt, kraft subrogation in das mit dem Kredit abgelöste vendor’s lien eintreten. Da diese Darlehensforderung mit dem von der Klägerin ausgezahlten Darlehen ge-
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Indes ist diese Auffassung allenfalls auf der Hypothese einer fingierten Fortsetzung oder „Wiederbelebung“ des security interest des befriedigten Gläubigers und, im Kontext der sub-subrogation, zudem noch des primären Gestaltungsrechts auf Übertragung dieses security interest haltbar. Diese von der älteren Rechtsprechung vertretene Ansicht138 überzeugt jedoch nicht. In der Lehre und in Teilen der Judikatur scheint sich die entgegengesetzte These, dass die subrogation auf den Neuerwerb eines lediglich prima facie äquivalenten Replikats des erloschenen security interest des befriedigten Gläubigers gerichtet sei, allmählich durchzusetzen.139 Der Schlüssel zur Analyse der subrogation liegt in der Abkehr von der ehedem verbreiteten, gekünstelten Konsenstheorie, wonach zu vermuten sei, dass der befriedigte Gläubiger seinen security interest im Interesse und mit dem mutmaßlichen Einverständnis der subrogationsberechtigten Partei und des Schuldners aufrechthalten wolle.140 Stattdessen wird subrogation nunmehr alternativ und/oder kumutilgt worden war, sei nunmehr die Klägerin berechtigt, im Wege der sub-subrogation das vendor’s lien zu übernehmen. Es müsse zumindest fingiert werden, dass Barclays Bank dieses lien (präziser das Recht auf Übernahme des als fortbestehend gedachten vendor’s lien) zugunsten der Klägerin aufrechterhalten habe (wobei wohl implizit zu fingieren ist, dass auch die Verkäuferin ihr lien zugunsten von Barclays Bank aufrechterhalten hat). Die Klage hatte nach alldem Erfolg. Das Ergebnis ist allerdings zweifelhaft, da erstens ein vendor’s lien genotypisch ein besitzloses Pfandrecht ist, mithin gerade nicht ein Recht auf possession beinhaltet, und zweitens ein durch subrogation „wiederbelebtes“ oder „neu konstituiertes“ security right inhaltlich niemals über das Recht des befriedigten Gläubigers hinausgeht. 138 Butler v. Rice [1910] 2 Ch. 277, 282 (Warrington J); Ghana Commercial Bank v. Chan diram [1960] AC 732 (PC), 745 (Lord Jenkins); Orakpo v. Manson Investments Ltd [1978] AC 95, 104–105 (Lord Diplock). 139 Day v. Tiuta International Ltd [2014] EWCA Civ 1246 [43] (Gloster L. J.: „[…] the correct analysis of the right of subrogation is that a party who discharges a creditor’s secrity interest and who is regarded as having acquired that interest by subrogation, does not actually acquire the creditor’s interest, but rather obtains a new and independent equitable security interest which prima facie replicates the creditor’s old interest. Subrogation does not effect an actual assignment of the discharged creditor’s rights to the subrogated creditor. What subrogation means in this context is that the subrogated creditor’s legal relations with a defendant, who would otherwise be unjustly enriched, are regulated as if the benefit of the charge had been assigned to him. This means that the claimant does not necessarily occupy exactly the same position as the discharged creditor in every respect. Whilst these new rights often mirror the characteristics and content of the rights which were previously held by the creditor, and cannot be greater than those rights, they need not resemble them in every respect. For example, the subrogated creditor does not need to enforce the rights by suing in the creditor’s name or joining the former creditor as a party to the proceedings.“); ferner Banque Financière de la Cité v. Parc (Battersea) Ltd [1999] 1 AC 221, 236 (Lord Hoffmann); Filby v. Mortgage Express (No 2) Ltd [2004] EWCA Civ 759 [63] (May L. J.); Goff and Jones (-C. Mitchell/P. Mitchell/Watterson), The Law of Unjust Enrichment9, Rn. 39.37; Watterson [2016] RLR 1, 9–10. 140 Siehe die Belege in Fn. 138. Die Fiktion entsprechender Willenserklärungen vermag die denkbaren Szenarien, in denen die Rechtsprechung mit der Subrogation operiert, nicht plausibel zu erklären. Sie versagt z. B. bei Fallgestaltungen der zweiten der o. g. Kategorien, in denen der zur Tilgung der Forderungen eines vorrangigen Gläubigers leistende zweite Darlehensgeber (C) zunächst die vereinbarte dingliche Sicherung erlangt, diese aber später wegfällt (vgl. Goff and Jones (-C. Mitchell/P. Mitchell/Watterson), The Law of Unjust Enrichment9, Rn. 39.71). Darüber hinaus vermag sie generell nicht die Fallgestaltungen der ersten Kategorie, d. h. die Tilgung der Forderung von B gegen C mit veruntreuten fiduziarisch gebundenen Geldmitteln, zu erklären.
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lativ bereicherungsrechtlich oder sachenrechtlich qualifiziert.141 Vollzieht sich der Erwerb des security interest des Subrogationsberechtigten (C) kraft Gesetzes, ist die Konstruktion eines Eintritts in die Rechtsstellung des B nicht zwingend. Stattdessen erscheint die Hypothese, dass ein neues Recht entsteht, dessen Natur, Inhalt und Rang sich grundsätzlich, aber nicht notwendig mit Natur, Inhalt und Rang des erloschenen Rechts deckt, die mannigfaltigen Fallgestaltungen, in denen die Gerichte eine Subrogation gestatten, besser einzufangen. Selbstverständlich dient subrogation primär dem Erwerb eines dinglichen Rechts im Verhältnis zu konkurrierenden Gläubigern: Zugunsten des C wird Inhalt und Rang des erloschenen security interest des B für das zu konstituierende Recht freilich nur prinzipiell reserviert.142 Vor allem erwirbt der Subrogationsberechtigte in den Konstellationen der 141 Die bereicherungsrechtliche Qualifikation dominiert seit der Grundsatzentscheidung des House of Lords in Banque Financière de la Cité v. Parc (Battersea) Ltd [1999] 1 AC 221, 241 (Lord Hoffmann); aus der Rechtsprechung siehe u. a. Menelaou v. Bank of Cyprus UK Ltd [2015] UKSC 66 [50] (Lord Clarke); Day v. Tiuta International Ltd [2014] EWCA Civ 1246 [43] (Gloster L. J.); aus der Literatur Burrows, The Law of Restitution 3, S. 145–167; Watterson (2016) 2 CJCCL 609, 616–618; ders. [2016] RLR 1, 10, 25; Goff and Jones (-C. Mitchell/P. Mitchell/Watterson), The Law of Unjust Enrichment9, Rn. 39.20. Diese Ansicht ist freilich keineswegs unbestritten; die Gegenansicht qualifiziert subrogation entweder sachenrechtlich – selbstredend mit Ausnahme der Fälle des Gesamtschuldnerregresses – oder lässt die nähere Einordnung schlicht offen (siehe z. B. Menelaou v. Bank of Cyprus UK Ltd [2015] UKSC 66 [108] (Lord Carnwath); Virgo, The Law of Restitution3, S. 637; eingehende Replik gegen die sachenrechtliche Qualifikation von Watterson, in: Virgo/Worthington, Commercial Remedies, S. 437, 451–466). 142 Zu den Einzelfragen siehe Watterson [2016] RLR 1, 14–25; Goff and Jones (-C. Mitchell/ P. Mitchell/Watterson), The Law of Unjust Enrichment9, Rn. 39.61–39.94. Die Rangstelle des subrogationsgestützten Rechts ist somit nicht zwangsläufig mit derjenigen des erloschenen security interest des befriedigten Gläubigers deckungsgleich, zumal subrogation – ein Rechtsbehelf der Equity – allenfalls equitable mortgages resp. equitable charges erzeugt, die nach Maßgabe der allgemeinen Regeln durch sukzessiv entstehende legal interests verdrängt werden. Im Anwendungsbereich des LRA 2002 bedarf es in jedem Fall der Eintragung des betreffenden equitable security interest, um diesen gegen einen Rangverlust durch Verfügungen über den belasteten legal estate zu immunisieren. Vor diesem Hintergrund kann der Entscheidung von Proudman J in Anfield (UK) Ltd v. Bank of Scotland plc [2010] EWHC 2374 (Ch); [2011] 1 WLR 2414 nicht gefolgt werden (siehe auch die kritische Analyse bei Watterson [2016] RLR 1, 3–9; Goff and Jones (-C. Mitchell/ P. Mitchell/Watterson), The Law of Unjust Enrichment9, Rn. 39.87–39.94): Die Klägerin (Bank of Scotland) hatte ein dem Schuldner seitens der Halifax Building Society gewährtes Darlehen refinanziert, aber verabsäumt, die vertraglich vereinbarte charge zur Sicherung ihrer Forderungen durch Eintragung im register of title zu perfektionieren. Sodann wurde zugunsten der Beklagten zu 2 (London Scottish Finance Ltd) eine legal charge im Rang nach der noch eingetragenen legal charge der Halifax Building Society eingetragen. Ferner erwirkte die Beklagte zu 1 (Anfield) eine charging order über den estate, die mittels notice im register of title vermerkt wurde. Die Klägerin meinte, dass ihr kraft Subrogation die erstrangige legal charge der Halifax Building Society zustehe; die unterlassene Sicherung der eigenen charge mittels Eintragung stehe der Subrogation nicht entgegen. Proudman J gab der Klage ohne nähere Auseinandersetzung mit den umstrittenen Rechtsfolgen der Subrogation i. R. d. LRA 2002 statt. Richtig ist die Entscheidung nur unter der fragwürdigen Prämisse, dass der security interest des befriedigten Gläubigers kraft Subrogation aufrechterhalten oder „wiederbelebt“ wird, was indes von einer verbreiteten Ansicht in Rechtsprechung und Lehre in Abrede gestellt wird. Schließt man sich dieser Ansicht an, stand der Klägerin kraft Subrogation lediglich ein equitable interest, präziser ein auf den Erwerb einer prima facie der abgelösten legal charge inhalts- und ranggleichen charge zu, die zwar nicht durch die
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zweiten Kategorie niemals qua Subrogation ein „stärkeres“ Recht als ihm bei unterstellter Wirksamkeit seines nachrangigen security interest zustünde.143 Wenn nun aber das abgelöste security right bei exakter konstruktionsjuristischer Betrachtung weder fortbesteht noch wiederbelebt wird, ist die Belastungsthese widerlegt. Aber selbst wenn man einmal annimmt, dass das Recht des befriedigten Gläubigers (B) aufrechterhalten oder wiederbelebt werden würde, kann von einer „echten“ Belastung144 – die im Fall der „Wiederbelebung“ des security right bestenfalls für eine „juristische Sekunde“ bestünde – keine Rede sein. Erstens ist schon keine belastungstypische Einschränkung der Rechtsstellung des C ersichtlich – weder vor noch nach Vollendung des Subrogationstatbestandes. Wird z. B. der Erwerb eines estate in land seitens des Subrogationsberechtigten (C) finanziert, ist, selbst wenn der Fortbestand des kraft Gesetzes erloschenen vendor’s lien des Veräußerers zugunsten des Darlehensgebers fingiert wird, ohnehin keine Befugnis des Verkäufers gegeben, das fingierte lien geltend zu machen; als Verfügungs- und Vollstreckungsobjekt fungiert es ohnedies nicht.145 Wird hingegen z. B. eine vorrangige registered charge abgelöst, ist der Rechtsinhaber nicht daran gehindert, einen discharge derselben zu veranlassen. Auf der einen Seite mag dies als Beleg dafür gelten, dass die Verfügungsbefugnis gerade nicht eingeschränkt ist, weil ja subrogation eine Befugnis verschafft, eine prima facie inhalts- und ranggleiche charge neu zu erwerben. Anders gewendet: Ein discharge ist ohnedies bedeutungslos. Auf der anderen Seite ließe sich argumentieren, dass die subrogationsgestützte „Immunisierung“ gegen nach Vollendung des Subrogationstatbestandes vollzogene Verfügungen über das ggf. fiktiv fortbestehende security right belege, dass die Rechtsstellung des B als noch-berechtigter Inhaber des security right restringiert sei. Aber ist diese „Einschränkung“ des fraglichen Rechts belastungsspezifisch oder einfach nur die Konsequenz des „horizontalen“ Konkurrenzverhältnisses zwischen mehreren (dinglich) gesicherten Gläubigern? Das Wesen der Belastung liegt nicht in einem einseitigen, sondern in einem wechselseitigen Subordinationsverhältnis:146 Das belastende ist mit dem belasteten Recht schicksalhaft verknüpft und stets an die inhaltlichen und zeitlichen Grenzen desselben gebunden. Schon die belastungsimmanente Begrenzung des konstituiercharging order – die gleichfalls nur eine Art Pfändungspfandrecht in Equity erzeugt –, wohl aber durch die legal charge der London Scottish Finance Ltd gem. sec. 30(1) LRA 2002 verdrängt wurde (so i. E. auch Watterson [2016] RLR 1, 3–9; Goff and Jones (-C. Mitchell/P. Mitchell/Watterson), The Law of Unjust Enrichment9, Rn. 39.91–39.94). 143 Vgl. Cheltenham & Gloucester plc v. Appleyard [2004] EWCA Civ 291 [41] (Neuberger L. J.). Überdies scheidet ein subrogationsgestützter Erwerb unstreitig aus, sofern der Zwischenkreditgeber freiwillig auf eine Sicherheit verzichtet hat (Cheltenham & Gloucester plc v. Appleyard [2004] EWCA Civ 291 [38] (Neuberger L. J.); Paul v. Speirway Ltd (in liq) [1976] Ch 220). 144 Zur Klassifizierung der Belastungsarten siehe § 2 II. 145 Das vendor’s lien entsteht kraft Gesetzes zwecks Sicherung des Kaufpreises und ist daher ausgeschlossen, wenn und soweit der Verkäufer befriedigt wird (vgl. Barclays Bank Plc v. Estates & Commercial Ltd [1997] 1 WLR 415, 420 (Millett L. J.)). 146 Siehe § 2 III. 6.
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ten Rechts ist im Kontext der subrogation unsicher,147 zumal das subrogationsgestützte equitable entitlement gerade dann entsteht, wenn das potentiell belastete Recht „an sich“ erlischt und bestenfalls als fortbestehend gedacht wird. Vor allem aber ist der Erwerb dieses Erwerbsrechts stets ein gesetzlicher, der entweder der Verwirklichung eines vom Recht des befriedigten Gläubigers gänzlich unabhängigen dinglichen Rechts, z. B. eines beneficial interest an dem treuwidrig zur Tilgung der gesicherten Forderung eingesetzten trust-Vermögens, oder der Restitution wegen ungerechtfertigter Bereicherung dient. Das equitable entitlement geht niemals „aus“ dem scheinbar belasteten Recht hervor und ist schon deshalb nicht an das rechtliche Schicksal des „fingierten“ oder „wiederbelebten“ security interest geknüpft. Selbstverständlich steht es den Parteien frei, den Eintritt des C in die Rechte des B vertraglich zu vereinbaren;148 aber darin liegt eine aufschiebend bedingte translative, nicht eine konstitutive Sukzession. Auf dieser Grundlage ist die (sub-)subrogation nicht als Belastung eines (fiktiven) security interest des B, mit der entweder der Erwerb eines immediate security interest oder eines auf Erwerb eines security interest gerichteten Gestaltungsrechts des C korrespondiert, zu analysieren. Und was für einen vollkommenen security interest des B gilt, gilt für ein subrogationsgestütztes Gestaltungsrecht desselben mutatis mutandis. Wie die Entscheidung in UCB Group Ltd v. Hedworth für die sub-subrogation verdeutlicht,149 zielt sub-subrogation gleichfalls darauf ab, Inhalt und Rang des erloschenen security interest des ersten (befriedigten) Gläubigers (B) sowohl zugunsten von C1 als auch zugunsten von C2 zu reservieren, ohne jedoch das erloschene Recht des B oder die power von C1 vor Vollendung der Tatbestandsvoraussetzungen der sub-subrogation einzuschränken. Weil das abgelöste security right logisch nicht mehr als Verfügungsobjekt eingesetzt werden kann, gibt es auch hier ab Vollendung des Subrogationstatbestandes kein schutzwürdiges Interesse auf Seiten des Subrogationsberechtigten, dem durch eine „postmortale“ Einschränkung jenes Rechts Genüge getan werden müsste. Außerdem entfaltet das subrogationsgestützte Gestaltungsrecht grundsätzlich nicht vor dem Zeitpunkt der Tilgung der Forderung der vorrangigen Gläubiger (B, C1) Wirkung gegenüber den bereits existenten, nachrangigen und den sodann konstituierten Rechten Dritter: Mangels Rückwirkung verschafft subrogation nur die Befugnis, einen security interest zu erwerben, der demjenigen des abgelösten security interest im Zeitpunkt der Vollendung des Subrogationstatbestandes entspricht.150 Zwischen dem (abge147 Vgl. UCB Group Ltd v. Hedworth [2003] EWCA 1717 [146] (Parker L. J.), wonach die subrogationsberechtigte Klägerin, mit deren Mitteln der Refinanzierungskredit für den Kaufpreis einer lease refinanziert wurde, kraft sub-subrogation in das vendor’s lien eine zur Inbesitznahme im Sicherungsfall berechtigende charge erworben habe, obschon einem vendor’s lien eine entsprechende Befugnis gerade nicht teilhaftig ist. 148 Vgl. Orakpo v. Manson Investments Ltd [1978] AC 95, 119 (Lord Keith); Banque Financière de la Cité v. Parc (Battersea) Ltd [1999] 1 AC 221, 231–232 (Lord Hoffmann). 149 Siehe hierzu bereits Fn. 137. 150 Vgl. Watterson [2016] RLR 1, 15; Goff and Jones (-C. Mitchell/P. Mitchell/Watterson), The Law of Unjust Enrichment9, Rn. 39.61. Allerdings wird dieser Grundsatz durch die Entschei-
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lösten) Recht des vorrangigen Gläubigers, dem equitable entitlement des Subrogationsberechtigten und den Rechten nachrangiger Gläubiger sowie den Inhabern nach Abschluss des Subrogationstatbestandes entstandenen Rechten bestehen nach alldem keine vertikalen Subordinationsverhältnisse, sondern horizontale Konkurrenzverhältnisse, die richtigerweise nach Maßgabe der einschlägigen rules of priority und nicht unter Rekurs auf bereicherungsrechtliche Grundsätze systemkonform zu lösen sind.151
3. Verfügungs- und Vollstreckungsobjekt Der hervorstechende Unterschied zwischen dem englischen trust-Modell und kontinentaleuropäischen Treuhandlehren liegt darin, dass sich aus einem trust nicht lediglich reflexhafte Schutzwirkungen der Begünstigten aus der Absonderung des Treuhandvermögens vom Haftungsvermögen des Treuhänders ergeben. Wie angedung des Court of Appeal in Bank of Scotland plc v. Joseph [2014] EWCA Civ 28 in Frage gestellt: Die Klägerin hatte 2005 den Kauf einer residential lease finanziert; die im Gegenzug eingeräumte equitable mortgage wurde 2006 mittels notice im register of title vermerkt und erst 2011 durch konstitutive Eintragung in eine legal charge verwandelt. Zwischenzeitlich wurde 2010 eine legal charge für einen anderen Gläubiger eingetragen, aus der dieser 2012 die Vollstreckung der lease betrieb; der Beklagte zu 2) erwarb die lease in der Vollstreckung. Sodann verlangte die Klägerin Räumung der Wohnung von der Erstkäuferin. Zwischen den Parteien war u. a. streitig, ob die equitable mortgage wirksam war. Der Erwerber der lease trat dem Rechtsstreit auf Seiten der Erstkäuferin; er argumentierte, dass er die lease lastenfrei kraft der Vollstreckung seitens des chargee aus der vorrangigen legal charge erworben habe. Das Gericht folgte dem nicht, sondern gab der Klage statt. Die Klägerin sei wegen der Finanzierung des Ankaufs der lease in Ansehung des vendor’s lien subrogationsberechtigt, wobei sich der Rang des subrogationsgestützten Rechts nach dem Vermerk über die equitable mortgage selbst dann richte, wenn diese von vornherein nichtig gewesen sei. Aus der Entscheidung lässt sich mithin folgern, dass auch ein bloßes Buchrecht den Rang eines subrogationsgestützten Rechts gegenüber nachfolgenden Erwerbern zu sichern vermag; einer konstitutiven Eintragung des subrogationsgestützten Rechts bedarf es angesichts dieses „parasitären“ Schutzes nicht. Wenngleich diese Ansicht mit dem Rangregime der secs. 28–30 LRA 2002 kaum vereinbar ist, mag man der Entscheidung zugute gehalten, dass konkurrierende Gläubiger ja nicht darauf vertrauen können, ein dem vermeintlichen security interest vorrangiges Recht zu erwerben und der subrogationsgestützte security interest in Ausmaß und Natur an die Grenzen des vereinbarten und eingetragenen Buchrechts bei unterstellter Wirksamkeit desselben gebunden ist (Watterson [2016] RLR 1, 19). Mit den Rechtsfolgen der Vollstreckung lässt sich die Entscheidung vereinbaren, wenn man unterstellt, dass der Erstkäufer die lease trotz der Ablösung des vendor’s lien nur vorbehaltlich des bereits mit der Kaufpreisfinanzierung durch die Klägerin begründeten equitable entitlement zu belasten vermochte und somit auch dem Erwerber der legal charge keine dem Recht des Subrogationsberechtigten vorrangige Rechtsposition verschaffen konnte (siehe auch die von Patten L. J. referierte Argumentation der Klägerin in Bank of Scotland plc v. Joseph [2014] EWCA Civ 28 [4]). 151 A. A. Anfield (UK) Ltd v. Bank of Scotland plc [2010] EWHC 2374 (Ch); [2011] 1 WLR 2414; zutreffend dagegen Watterson [2016] RLR 1, 3–9; Goff and Jones (-C. Mitchell/P. Mitchell/ Watterson), The Law of Unjust Enrichment9, Rn. 39.87–39.94. Auch die subrogation ist somit keineswegs notwendig oder gar regelmäßig mehrstufige Belastung, sondern allenfalls dann, wenn das durch den erloschenen security interest belastete Recht ein limited interest ist, z. B. ein term of years (siehe z. B. Anfield (UK) Ltd v. Bank of Scotland plc [2010] EWHC 2374 (Ch); [2011] 1 WLR 2414; Bank of Scotland plc v. Joseph [2014] EWCA Civ 28).
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rissen, ist dem beneficiary ein verkehrsfähiges Vermögensrecht dinglicher Qualität zugewiesen, das ohne Zustimmung des trustee vererbt, veräußert und mit allen in Equity vereinheitlicht zur Verfügung gestellten Rechten belastet werden kann.152 Gemeinhin werden vier Aktstypen unterschieden, durch die sich der beneficiary zugunsten einer anderen Person des ihm zustehenden Rechts vollständig oder teilweise begibt, nämlich (1.) die Übertragung des equitable interest auf den Verfügungsempfänger (assignment),153 (2.) die aus einem gegenseitigen Vertrag resultierende Verpflichtung zur Übertragung des equitable interest, die nach allgemeinen Grundsätzen mit Vertragsabschluss einen constructive trust (in Form eines sub-trust) zugunsten des Vertragspartners zeitigt, unter dem dieser gleichsam proleptisch einen equitable interest (d. h. ein Anwartschaftsrecht auf den Erwerb des zu transferierenden equitable interest) erwirbt, (3.) die Weisung an die trustees, das trust property künftig für eine andere Person als beneficiary zu halten, und (4.) die rechtsgeschäftliche Errichtung eines trust, unter dem der beneficiary seinen equitable interest als sog. sub-trustee treuhänderisch für einen Dritten verwaltet.154 Soweit diese Aufzählung der möglichen „dispositions“ über equitable interests als abschließend betrachtet wird,155 liegt dem eine enge, auf translative Sukzessionen verkürzte Interpretation des ambivalenten Rechtsbegriffs „disposition“ in Bezug auf equitable interests zugrunde. Anerkanntermaßen reichen die rechts152 Siehe nur Hanbury and Martin (-Martin), Modern Equity18 , Rn. 3-011. Grundlegend zur freien Veräußerlichkeit und Vererblichkeit trust-basierter Rechte Brydges v Brydges (1796) 3 Ves Jr 120, 127; 30 ER 926, 929–930. Zwar sind rechtsgeschäftliche Verfügungsverbote und Verfügungsbeschränkungen, die dem beneficiary auferlegt werden sollen, grundsätzlich nichtig; es gilt insoweit nicht anderes als für Verfügungsbeschränkungen im Common Law (vgl. Lewin (-Tucker/ Le Poidevin/Brightwell), Trusts19, Rn. 33-004). Allerdings lässt sich die Verkehrsfähigkeit der Rechte aus einem der Versorgung oder dem Unterhalt einer bestimmten Person dienenden protective trust beschränken; zudem ist es generell möglich, dem trustee eine gestaltungsrechtsähnliche power of appointment zuzuweisen, die diesen befähigt, beneficial interests bei nicht konsentierter Übertragung oder Belastung zu beseitigen, siehe Lewin (-Tucker/Le Poidevin/Brightwell), Trusts19, Rn. 33-005–33-006. Allgemein anerkannt ist, dass künftige und bedingte interests aus einem trust (z. B. bei mehrfach gestaffelter Sukzession der beneficiaries unter einem testamentarischen trust) veräußerlich und belastbar sind; bloße Exspektanzen oder Erwerbshoffnungen unter einem discretionary trust bilden dagegen kein verkehrsfähiges Recht. 153 Üblicherweise wird der Begriff „assignment“ für die Forderungsübertragung (vgl. s. 136 LPA 1925) und die Übertragung sonstiger unkörperlicher Vermögensgegenstände (choses in action) mit Ausnahme von Gesellschaftsanteilen (shares) reserviert; für die Übertragung von Gesellschaftsanteilen ist der Begriff „transfer“ gebräuchlich (vgl. Hanbury and Martin (-Martin), Modern Equity18 , Rn. 4-003). 154 Diese von Romer L. J. in Timpson’s Executors v. Yerbury [1936] 1 K. B. 645, 664 entwickelte Einteilung der möglichen „dispositions“ ist inzwischen allgemein anerkannt. Vgl. Sheffield v. Sheffield [2013] EWHC 3927 (Ch) [80] (Judge Pelling Q. C.); Hanbury and Martin (-Martin), Modern Equity18 , Rn. 4-007); Sagar [2014] 20 T & T 826, 830. In der Entscheidung Timpson’s Executors v. Yerbury ging es darum, ob die den trustees erteilte Weisung des begünstigten life tenant, einen Teil der Erträge des trust property ihren Kindern als Unterhaltsleistung auszuzahlen, als (Teil-)Übertragung der Rechtsposition des life tenant anzusehen sei. Dies wurde vom Court of Appeal verneint; die Fallgestaltung sei nicht unter die aufgezählten Varianten der disposition zu subsumieren. 155 So offenbar Judge Pelling Q. C. in Sheffield v. Sheffield [2013] EWHC 3927 (Ch) [80].
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geschäftlichen Handlungsoptionen des beneficiary weiter und erstrecken sich jedenfalls auf bestimmte Belastungsverfügungen. Abgesehen von der Einräumung einer charge oder des gesetzlichen Erwerbs eines equitable lien kommt eine Sicherungsübertragung (equitable morgage) mit der Folge der Entstehung einer equity of redemption für den Sicherungsgeber in Betracht.156 Mehr als fragwürdig ist aber, ob die Errichtung eines trust an einem equitable interest in einem Atemzug mit der quantitativen Rechtsnachfolge genannt werden kann: Wird ein trust-basiertes Recht rechtsgeschäftlich – inter vivos oder durch letztwillige Verfügung – in einen trust eingebracht und somit seitens des beneficiary oder eines von diesem eingesetzten sub-trustee (kraft einer zugleich verliehenen power of appointment) anderen Personen zugewendet, liegt darin, wie noch zu zeigen sein wird, richtigerweise keine teilweise oder vollständige Entäußerung des equitable interest.157 Mit der wirtschaftlichen Verwertbarkeit korrespondiert das inverse Gebot, diese vermögenswerte Rechtsstellung den Gläubigern des beneficiary zur Verfügung zu halten; der veräußerliche equitable interest unterliegt der Einzelzwangsvollstreckung und fällt in die Insolvenzmasse des Schuldners.158 Wenngleich anerkannt ist, dass (aufschiebend bedingte bzw. befristete) Rechte aus einem trust kraft 156 Ob jenseits des Common Law (i. E. S.) ein Numerus-Clausus-Prinzip auch in Equity gilt (so Gardner/MacKenzie, An Introduction to Land Law4, S. 21; siehe auch Megarry and Wade (-Bridge/Cooke/Dixon), The Law of Real Property9, Rn. 4-089–4-90 unter Verweis auf sec. 4(1) LPA 1925) ist zwar nicht ganz gewiss, allerdings haben sich bislang keine anderen als die aufgezeigten Rechte herausgebildet. 157 Siehe § 4 III. 3. c). 158 Die Einzelzwangsvollstreckung wird durch hoheitliche Pfändung – sog. charging order – bewirkt; sedes materiae ist der Charges Order Act 1979. Durch die Pfändungsanordnung des Gerichts entsteht ein exekutives Pfandrecht (equitable charge) an dem betreffenden Gegenstand des Schuldners; als Vollstreckungstitel kommen Urteile und gerichtliche Verfügungen in Betracht (vgl. sec. 1 COA 1979). Welche Rechte und Gegenstände allgemein der Pfändung unterliegen (property which may be charged), ergibt sich aus sec. 2 COA 1979; Bedeutung, Systematik und Tragweite dieser Vorschrift erschließen sich nur vor dem Hintergrund des englischen trustModells. Während sec. 2(1)(a) COA 1979 die Pfändbarkeit der dem Schuldner „eigennützig“ zugeordneten Vermögensrechte regelt (any interest held by the debtor beneficially), richtet sich die Pfändung treuhänderisch gehaltener Rechtspositionen (any interest held by a person as trustee of a trust) nach sec. 2(1)(b) COA 1979. Soweit sec. 2(1)(a)(i) COA 1979 die Pfändbarkeit der dem Schuldner „eigennützig“ zugewiesene Rechtspositionen mit der einschränkenden Voraussetzung bestimmt, dass sich das Recht des Schuldners auf eines der in sec. 2(2) COA 1979 enumerativ genannten Pfandobjekte (land, securities, funds in court) bezieht, ist diese Einschränkung vornehmlich für legal (property) rights bedeutsam. Denn equitable interests, die dem Schuldner unter einem trust zugewiesen sind, unterliegen unabhängig vom Gegenstand des trust stets der Pfändung (sec. 2(1)(a)(ii) COA 1979). Demgegenüber sind treuhänderisch gehaltene Rechtspositionen nur unter den alternativ bestimmten Voraussetzungen von sec. 2(1)(b)(i)-(iii) COA 1979 pfändbar: Möglich ist eine Pfändung zum einen, wenn nicht wegen eigener Schulden des trustee, sondern wegen der in Ausführung der fiduziarischen Aufgaben und Pflichten als trustee entstandenen Verbindlichkeiten des trustee vollstreckt wird; zum anderen ist das Treugut pfändbar, wenn dieses ausschließlich eigennützig dem Schuldner bzw. den Schuldnern zugeordnet ist. Zudem muss der zu pfändende interest des trustee sich entweder auf eines der in sec. 2(2) COA 1979 enumerativ genannten Pfandobjekte (land, securities, funds in court) beziehen oder seinerseits aus einem trust folgen. Zur damit ausdrücklich eröffneten Pfändbarkeit von equitable interests, die vom Schuldner seinerseits unter einem trust fremdnützig für eine andere Person zu verwalten sind, siehe die
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Gesetzes auf den Insolvenzverwalter des beneficiary übergehen, mithin zur Befriedigung der Insolvenzgläubiger vom Insolvenzverwalter zu „versilbern“ sind,159 gilt dies nur, wenn und soweit der interest „eigennützig“ (beneficially) dem Schuldner zugeordnet ist.160 Darüber hinaus gehen equitable interests, die ihrerseits Bezugspunkt eines sub-trust sind, nicht auf den Insolvenzverwalter des Schuldners über; diese bilden ein vom Haftungsvermögen separiertes Sondervermögen in der Insolvenz (sec. 283(3)(a) IA 1986). Vor allem jedoch sind die in sec. 2(1)(b)(i)-(iii) COA 1979 normierten einschränkenden Voraussetzungen der Einzelzwangsvollstreckung in „trusts“ nicht nur auf (ggf. mehrfach gestufte) treuhänderisch gehaltene legal (property) rights des trustee, sondern gleichermaßen auf interests aus einem trust anzuwenden, die Gegenstand eines (oder mehrerer konkurrierender oder aufeinander aufbauender) sub-trust(s) sind: Eine charging order in einen treuhänderisch gehaltenen equitable interest ist also nur dann zu erlassen, wenn es entweder um eine Vollstreckung wegen titulierter Forderungen gegen den sub-trustee aus der Erfüllung treuhänderischer Pflichten geht oder ausschließlich der Vollstreckungsschuldner aus dem betreffenden sub-trust begünstigt wird.161
4. Der beneficial interest – ein begrenztes Sachenrecht? Die vorausgegangene Strukturanalyse des trust zeichnet ein mehrschichtiges Bild. Auf den ersten Blick scheint dieses Rechtsinstituts die exakte Grenzziehung zwischen zwischen Eigentum und begrenzten Sachenrechten zu beseitigen. Einerseits ordnet das englische Recht dem trustee die Rechtszuständigkeit am trust property in „an sich“ uneingeschränkter Hinsicht zu; zwecks ordnungsgemäßer Erfüllung sämtlicher treuhänderischer Pflichten ist dies unerlässlich.162 Andererseits steht unter § 4 III. 2. b) referierte Entscheidung des Court of Appeal in Nelson v. Greening & Sykes (Builders) Ltd. [2007] EWCA Civ 1358. 159 Siehe statt vieler Lewin (-Tucker/L e Poidevin/Brightwell), Trusts19, Rn. 22-074. 160 Sind bspw. neben dem Schuldner weitere Personen durch den trust begünstigt, unterliegt lediglich der dem Schuldner gebührende Anteil der Erträge des trust der Einzel- oder Gesamtvollstreckung. Besonderheiten gelten für discretionary trusts: Wenngleich aus einem discretionary trust im Grundsatz keine veräußerliche und verwertbare Rechtsstellung der potenziell begünstigten Personen resultiert (vgl. Lewin (-Tucker/Le Poidevin/Brightwell), Trusts19, Rn. 22-080), kann ausnahmsweise etwas anderes gelten, wenn der beneficiary bereits vom settlor bestimmt wurde, auf Lebenszeit durch den trust versorgt werden soll und lediglich der Umfang des dem beneficiary aus dem trust property zu gewährenden Unterhalts im Ermessen des trustee steht: In der Insolvenz des beneficiary verwandelt sich der ermessensabhängige in einen vollwertigen life interest; der Ermessensspielraum des trustee reduziert sich mithin auf „Null“, die Erträge des Treuhandvermögens gebühren uneingeschränkt den Insolvenzgläubigern des beneficiary (vgl. Lewin (-Tucker/ Le Poidevin/Brightwell), Trusts19, Rn. 22-075). 161 Nelson v. Greening & Sykes (Builders) Ltd [2007] EWCA Civ 1358. 162 Dies ist nicht unangefochten. Die Gegenansicht stellt die Eigentümerstellung des trustee unter Verweis darauf in Abrede, dass der trustee – anders als ein legal owner – nicht den durch Vernichtung oder Beschädigung des trust fund entstehenden Schaden trage und das trust property weder als Sicherheit noch als Vollstreckungsobjekt der Gläubiger des trustee diene (Rudden (1994) 14 O. J.L. S. 81, 82, 88–89; Honoré, in: Getzler, Rationalizing Property, Equity and Trusts: Essays in Honour of Edward Burn, 7, 9–10; McBride (2016) 28 SAcLJ 1052, 1058–1059). Der trust
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dem beneficiary allenfalls ein begrenztes Recht am trust property zu; auf die Unhaltbarkeit der simplifizierenden Fragmentierungsthese sei an dieser Stelle verwiesen.163 Parallelen mit anerkannten begrenzten Sachenrechten sind daher auch unverkennbar, vermag doch der trustee über das trust property lediglich vorbehaltlich der sich ggf. am rechtsgeschäftlichen Surrogat fortsetzenden Rechte des beneficiary über das trust property zu verfügen,164 während dieser zwar über sein Recht, aber nicht über das trust property disponieren kann.165 Zugleich ist die fiduziarisch gebundene Rechtsstellung im Vergleich zu „herkömmlichen“ Belastungen („specific burdens“) deutlich verkürzt. Über die anerkannten Erscheinungsformen der Belastungen geht die Wirkmächtigkeit trust-basierter Rechte mit Rücksicht auf den unentziehbaren Übertragungsanspruch des beneficiary zwar entscheidend hinaus, bleibt bezüglich des Schutzniveaus legal proprietary interests wegen der bona fide purchaser defence jedoch unterlegen. Auf der einen Seite ist der trust die maximalinvasive Belastungskonfiguration – umfassende Partizipation an den Sacherträgen kombiniert mit einer absoluten Zuordnungsänderungsbefugnis am belasteten trust property. Auf der anderen Seite hemmt ein equitable interest im Gegensatz zu sonstigen Belastungen wegen der gelockerten Sachzuordnung nicht die Zirkulationsfähigkeit des trust property. Selbst der aus einem bare trust resultierende equitable interest genügt schon deshalb nicht den Anforderungen eines vollkommenen „Eigentums“ am trust property, weil der trustee die Rechtsposition des beneficiary vermittels Verfügungen über das trust property unter den Voraussetzungen des overreaching völlig unabhängig von einem Redlichkeitstatbestand vom trust property abzuspalten und somit dem Erwerber ein trust-befreites legal right zu verschaffen vermag. Auch das aus einem bare trust konstituierte vermeintlich „absolute“ Recht des beneficiary teilt das charakteristische Schicksal aller trust-basierten Rechtspositionen: Es „klebt“ nicht dauerhaft am trust property, sondern vielmehr an dem das trust property repräsentierenden Vermögenswert in den Händen des trustee;166 mit Sacheigentum ist das Recht des beneficiary folglich inkommensurabel. Auch im Hinblick auf die aufgezeigten Einschränkungen des Sukzessionsschutzes kraft overraching und bona fide purchaser defence ist es angemessen, equitable interests als genuine Sachenrechte zu deuten.167 Insolvenz- und Vollstreckungsfestigkeit sind ohnedies gegeben; die prinzipielle Erhaltung des subjektiven Rechts ist auch bei pflichtwidriger Entziehung, Vorenthaltung oder Veruntreuung des trust property durch die aufgezeigten Wertsicherungsmechanismen und die daran anknüpfenden dinglichen und obligatorischen Rechtsbehelfe garantiert. Es lässt sich konstituiere eine eigentumslose Vermögensentität; der trustee fungiere – vergleichbar einem Testamentsvollstrecker – als Partei kraft Amtes („office-holder“). 163 Siehe bereits § 4 I. mit Fn. 7 sowie § 4 III. 3. c). 164 Siehe § 4 II. 1. 165 Siehe § 4 II. 3. 166 Zutreffend Millett, in: Degeling/Edelman, Equity in Commercial Law, S. 309, 315. 167 So auch Grantham/R ickett [2008] 67 C. L.J. 92, 114–115; im Ergebnis zustimmend Gardner/MacKenzie, An Introduction to Land Law4, S. 18–21.
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auch nicht einwenden, dass es an einem dinglichen Anspruch – namentlich an einer rei vindicatio und/oder der actio negatoria – fehle.168 Zwar ist es unrichtig, mit Birks den aus Saunders v. Vautier hergeleiteten Anspruch auf Erwerb des legal title als Vindikationsäquivalent zu deuten.169 Auch muss nicht darauf abgehoben werden, dass nicht einmal das „Eigentum“ an einer realen Sache einen (unbedingten) Herausgabeanspruch vermittele; specific recovery gegen einen nicht berechtigten Besitzer liege ja im Ermessen des Gerichts.170 Von dieser Sichtweise des Common Law unterscheidet sich Equity nämlich fundamental, weil specific recovery oder, allgemeiner, ein Recht auf Erwerb oder Besitz einer bestimmten Sache in Equity zwangsläufig dingliche Qualität erheischt. Selbstverständlich ist diese Rechtsfolge nicht axiomatisch vorgegeben, sondern eine dezisionistische, rechtsgeschichtlich gewachsene Regel, die sämtlichen in Equity entwickelten Rechtsbehelfen, die sich auf eine bestimmte Sache beziehen – namentlich rescission, specific performance und specific restitution – gemein ist.171 Anders gewendet: An den Identifikations- und Wertsicherungsmechanismus – following resp. tracing – knüpft eine primär dingliche Rechtsfolge an. Die einem bloßen obligatorischen Recht überlegene proprietary restitution wird gerade damit gerechtfertigt, dass sie einen „perfekten“ Schutzstandard, u. a. durch Partizipation an Wertsteigerungen, unmittelbaren Erwerb von Früchten und Aussonderungsbefugnisse in der Insolvenz, etabliert.172 Daher darf nicht verwundern, dass die Existenz eines „Anspruchs oder Rechts auf Herausgabe“ im Kontext des follow168 Mit dieser Argumentation wird schon wenig überzeugend in Teilen der deutschen Lehre die dingliche Natur der Vormerkung bestritten, während unter Rekurs auf den in § 1100 BGB vorausgesetzten Herausgabeanspruch dem dinglichen Vorkaufsrecht dingliche Qualität attestiert wird (eingehend zur umstrittenen dogmatischen Einordnung dieser Rechtsinstitute Rieländer, Sachenrechtliche Erwerbsrechte, S. 129–138, 190–207). 169 Nach der in Saunders v. Vautier (1841) 4 Beav. 115; 41 E. R. 482 entwickelten Regel ist ein unbeschränkt geschäftsfähiger beneficiary, wenn der beneficial interest diesem ausschließlich und unqualifiziert zugeordnet ist, berechtigt, jederzeit vom trustee Übertragung des trust property an sich oder einen von ihm bestimmten Dritten zu verlangen und dadurch den trust zu beenden, selbst wenn der settlor anderes angeordnet hat (siehe nur Maudsley and Burn (-Virgo/ Burn), Trusts and Trustees7, S. 191). Der Auflösungs- und Übertragungsanspruch erstreckt sich auf sämtliche dem trust zugeordnete Sachen, wobei es den beneficiaries freisteht, vollständige Übertragung unter Auflösung des bisherigen trust oder lediglich Übertragung einzelner Sachen unter Fortsetzung des trust zu verlangen (siehe zum Ganzen Lewin (-Tucker/Le Poidevin/Brightwell), Trusts19, Rn. 24-010). Dieser Anspruch ist kein Beleg für die materiale Eigentümerstellung des beneficiary, insbesondere darf dieser Rechtsbehelf weder konstruktiv noch funktional mit einer rei vindicatio gleichgesetzt werden (in diese Richtung jedoch Birks (2000) 11 KCLJ 1, 5, 10; richtig m. E. McBride [2016] 28 SAcLJ 1052, 1058–1059): Der Anspruch geht zum einen auf Übertragung eines Rechts, ist also gerade nicht bloßer Ausdruck der Verwirklichung desselben durch den Rechtsträger und zum anderen bezweckt die Regel in Saunders v. Vautier einfach nur, dass trust property nicht verewigt. sondern nur so lange bestehen soll, wie dies nach Art und Zweck des trust notwendig ist. 170 Sec. 3(2)(b)(3)(b) T(IWG)A 1977. 171 Näher Chambers, in: Degeling/ Edelman, Equity in Commercial Law, S. 431, 458–461; ders., in Chambers/Mitchell/Penner, Philosophical Foundations of the Law of Unjust Enrichment, S. 242, 256–257. 172 Burrows, The Law of Restitution 3, S. 174; L. Smith, in: in Chambers/ Mitchell/Penner,
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ing und tracing von trust property meistens nicht einmal erwähnt und kaum jemals erörtert wird. Der dinglichen Rechtsstellung, sei es ein immediate equitable interest, sei es ein auf Erwerb eines vollkommenen equitable interest gerichtetes Gestaltungsrecht (power), ist das subjektive Recht, Herausgabe durch entsprechende gerichtliche Verfügung durchzusetzen, wesensimmanent. Der beneficiary hat, wenn man so will, etwas viel Besseres als einen schuldrechtlichen Anspruch, nämlich ein vorbehaltlich der bona fide purchaser defence gegenüber jedermann durchsetzbares Recht. Der Erwerber des identifizierten trust property resp. des Surrogates ist nicht kraft eines gesetzlichen Anspruchs zur Herausgabe und/oder Übertragung verpflichtet, sondern weil das Gericht eine entsprechende order stets zum Schutz des beneficiary gegen Einwirkungen auf den trust, präziser gegen Beeinträchtigungen der ordnungsmäßigen Abwicklung des fiduziarischen Rechtsverhältnisses, erlassen wird: Ist durch following und/oder tracing die ursprüngliche proprietary base des beneficiary in einer (neuen) Sache identifizierbar, ist das judizielle Ermessen gleichsam auf Null reduziert.173 Nach alldem kann die Rechtsposition des beneficiary – ob man sie als right in rem, als modified property right oder als right against a right bezeichnet – nur als ein begrenztes Sachenrecht im Verhältnis zu dem dem trustee zugewiesenen Recht klassifiziert werden. Dass die Struktur des trust dennoch sowohl aus interner Perspektive der englischen Lehre als auch aus externer Perspektive der Rechtsvergleichung umstritten ist und wohl auch bleiben wird, ist zuvörderst den jeweils divergierenden sachenrechtlichen Begrifflichkeiten, dem Fehlen einheitlicher Kriterien der „Dinglichkeit“ und nicht zuletzt den disparaten Wirkungen des Schuldrechts im Civil Law und im Common Law geschuldet. Während kontinentaleuropäische Juristen die Frage bewegt, wer denn der Eigentümer unter einem trust sei, ist aus anglo-amerikanischer Sicht schon die Fragestellung verblüffend.174 Sie manifestiert, so Lionel Smith, ein fundamentales Missverständnis über das Wesen des trust, weil dieser Eigentum im Sinne der Totalität der Befugnisse über das trust property denknotwendig aufhebe – weder der trustee noch der beneficiary ist hiernach Eigentümer. Andererseits konstituiert der trust, so McFarlane und Stevens, aber auch nicht etwa – wie teilweise in kontinentaleuropäischen Treuhand- und Treuhandfondsregimes – eine vom Privatvermögen der trustee separierte Vermögensentität.175 Schließt man sich Philosophical Foundations of the Law of Unjust Enrichment, S. 281, 294; skeptisch Goff and Jones (-C. Mitchell/P. Mitchell/Watterson), The Law of Unjust Enrichment9, Rn. 37.15. 173 Wie gezeigt, richtet sich die Sachlegitimation hinsichtlich dieses „Herausgabeanspruchs“ nach dem Inhalt des trust: Unter einem active trust ist der trustee sachlegitimiert, unter einem bare trust zumindest auch der beneficiary (L. Smith (2004) 40 Can. Bus. L. J. 317, 320–321). Vgl. Goff and Jones (-C. Mitchell/P. Mitchell/Watterson), The Law of Unjust Enrichment9, Rn. 38.12; L. Smith (2004) 40 Can. Bus. L. J. 317, 319. 174 Vgl. L. Smith (2004) 40 Can Bus L. J. 317, 319. 175 Vgl. McFarlane/Stevens in: Gullifer/Payne, Intermediated Securities, S. 33, 37, 43–44, 58. Das Konzept eines Sondervermögens, so die Autoren, könne nicht erklären, weshalb der beneficiary sowohl Rechte gegen die trustees als auch Rechte gegenüber unbeteiligten Dritten geltend machen könne, soweit diese unberechtigt auf den trust einwirken. Allerdings ist die weitergehende Schlussfolgerung der Autoren, dass die Rechtsstellung des beneficiary nicht als echtes property
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der hier vertretenen Eigentumsdefinition an,176 spricht nichts dagegen, den trustee als Eigentümer zu bezeichnen – ohne Rücksicht auf die Art und den Funktionszweck des jeweiligen trust. Aber selbst wenn man der sog. Totalitätsthese folgt, ist der trustee Eigentümer. Tatsächlich ist die Rechtsposition des trustee weder zeitlich begrenzt noch gar höchstpersönlicher Natur: Verstirbt einer von mehreren trustees, wächst dessen Anteil am gesamthänderisch verwalteten trust property den verbliebenen trustees zu (sec. 18(1) TA 1925). Verstirbt hingegen der alleinige trustee, geht zum einen das trust property und zum anderen das korrespondierende Programm treuhänderischer Befugnisse und Pflichten auf den personal representative des trustee nach allgemeinen erbrechtlichen Regeln im Wege der Gesamtrechtsnachfolge über (sec. 18(2) TA 1925; secs. 1–3 AEA 1925).177 Richtig ist zwar, dass der trustee seines Amtes und zugleich seiner sachenrechtlichen Position enthoben werden kann, wenn sich der settlor eine entsprechende power of removal vorbehält und/oder anderen Personen eine Abberufungsbefugnis einräumt.178 right, sondern vielmehr als right to a right oder als right against a right zu klassifizieren sei, letztlich mit keinem konzeptionellen Erkenntnisgewinn verbunden. Letztlich erkennen die Autoren zumindest in Bezug auf security interests sogar selbst an, dass jede sachenrechtliche Position als ein Recht an einem Recht, mithin als Belastung des Rechts des Auktors, begriffen werden kann McFarlane/Stevens, in: Gullifer/Payne, Intermediated Securities, S. 33, 58). Die gegen die sachenrechtliche Einordnung von equitable interests angeführten Argumente schlagen nicht durch (so im Ergebnis auch Gardner/MacKenzie, An Introduction to Land Law4, S. 18–21). Dass der Begriff des dinglichen Rechts, wenn er nicht auf things begrenzt werde, klare Konturen verlöre, lässt sich nicht halten; streng genommen dürfte es dann keine dingliche Rechte an land resp. an interests in land geben. Es spielt auch keine Rolle, ob das zu belastende Recht selbst ein relatives oder ein dingliches Recht ist; die Belastung erzeugt gegenüber dem jeweiligen Inhaber und dessen Gläubigern Wirkung und ist insoweit mit einer sachenrechtlichen „opposabilité“ ausgestattet. 176 Siehe § 2 I. 3. a). 177 Hanbury/Martin (-Martin), Modern Equity18 , Rn. 17-017. 178 Die Auswahl der trustees obliegt grundsätzlich dem settlor, der sich eine Kontrolle über die trustees in Form von Abberufungs- und Nominierungsbefugnissen vorbehalten und/oder anderen Personen (donees) – einschließlich des beneficiary – Gestaltungsrechte zwecks Ab- und Einsetzung von trustees übertragen kann (Hanbury and Martin (-Martin), Modern Equity18 , Rn. 17–18). Ein völlig willkürlicher Austausch der trustees ist der abberufungsberechtigten Partei allerdings nicht gestattet; die Abberufungsbefugnis ist eine sog. fiduciary power, die im Interesse der beneficiaries auszuüben ist, wobei der Abberufungsberechtigte der Pflicht unterliegt, sorgfältig zu überprüfen, ob die trustees ihren Aufgaben gerecht werden (vgl. Lewin (-Tucker/ Le Poidevin/Brightwell), Trusts19, Rn. 13-054–13-055). Mit diesen rechtsgeschäftlichen Ab- und Einsetzungsbefugnissen konkurriert die ermessensabhängige gerichtliche Zuständigkeit, trustees ihres Amtes zu entheben und neue trustees ergänzend oder unter Austausch der bisherigen trustees zu bestellen (vgl. sec. 41 TA 1925). Abgesehen hiervon bestehen diverse gesetzliche Absetzungs- und Nominierungsbefugnisse bzw. Amtsverzichts- und -übertragungsansprüche: So ist in sec. 36(1) TA 1925 ein generalklauselartig weit formuliertes Gestaltungsrecht zur Einsetzung neuer trustees verankert, das immer dann eingreift, wenn eine zuverlässige Ausübung der den abzusetzenden trustees auferlegten Aufgaben wegen Mängel in der Person des betreffenden trustee nicht gewährleistet ist; diese Gestaltungsbefugnis steht vorrangig dem vom settlor nominierten donee und subsidiär dem oder den übrigen trustees zu. Endlich folgt aus sec. 19(1) TLATA 1996 ein nicht an die subjektive Unfähigkeit oder Unzuverlässigkeit des auszutauschenden trustee geknüpfter Anspruch gegen die trustees, unter bestimmten Voraussetzungen das Amt niederzulegen und neue trustees auf Weisung des Berechtigten zu bestellen; dieser Anspruch steht wiederum vorrangig der vom settlor eingesetzten Person (sec. 19(1)(a) TLATA 1996) und subsidiär der Ge-
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Demgegenüber steht es selbst dem „absolut“ begünstigten, volljährigen und geschäftsfähigen beneficiary nicht von Gesetzes wegen frei, einfach die trustees auszutauschen.179 Auch der Umstand, dass dieser180 den trustee unter (teilweiser) Aufrechterhaltung oder Beendigung des trust auf Übertragung des trust property in Anspruch nehmen kann,181 ändert nichts daran, dass das trust-befangene Recht, samtheit der gemeinschaftlich ausschließlich begünstigten und uneingeschränkt geschäftsfähigen beneficiaries (sec. 19(1)(b) TLATA 1996) zu (näher Hanbury and Martin (-Martin), Modern Equity18 , Rn. 17-019–17-021). Im Gegensatz zu rechtsgeschäftlich eingeräumten powers of removal begründet sec. 19 TLATA 1996 kein Gestaltungsrecht; der Berechtigte ist auf die Mitwirkung des abzusetzenden trustee angewiesen, der auf Verlangen zur Abgabe einer konstitutiven Amtsverzichtserklärung gem. sec. 19(2)(a)(3) TLATA 1996 sowie zur Einsetzung eines Nachfolgers und zur Übertragung des trust property auf den Nachfolger verpflichtet ist (sec. 19(2)(b)(4) TLATA 1996); aus dem titulierten Anspruch wird im Wege der Ersatzvornahme vollstreckt (vgl. Lewin (-Tucker/Le Poidevin/Brightwell), Trusts19, Rn. 13-040–13-042). Der Tatbestand setzt voraus, dass die beneficiaries volljährig und unbeschränkt geschäftsfähig sind und in vollem Umfang eigennützig aus dem trust berechtigt sind; schwierig ist die Auslegung dieser Vorschrift im Kontext mehrstufiger trusts (vgl. Lewin (-Tucker/Le Poidevin/Brightwell), Trusts19, Rn. 13-027–13-030; siehe § 4 III. 4. c) cc)). 179 Lewin (-Tucker/L e Poidevin/Brightwell), Trusts19, Rn. 13-020. 180 Resp. die Gesamtheit der beneficiaries eines fixed trust oder die Gesamtheit der objects eines discretionary trust. 181 Charakteristisch ist dies für den sog. bare trust, erschöpft sich doch das Pflichtenprogramm des bare trustee darin, auf Verlangen und Weisung des beneficiary, diesem das trust property zu übertragen (vgl. Megarry and Wade (-Bridge/Cooke/Dixon), The Law of Real Property9, Rn. 11-008; Hanbury and Martin (-Martin), Modern Equity18 , Rn. 2-034). Weist der settlor dem beneficiary eine „absolute“, nicht näher definierte Berechtigung auf das trust property zu, ohne die Vermögensbetreuungsbefugnisse und -pflichten des trustee zu konkretisieren, liegt das rechtliche Schicksal dieses sog. bare trust in den Händen des beneficiary. Auch wenn dieser nicht kraft eines einseitigen Gestaltungsrechts den trust aufzulösen vermag, sondern seinen Übertragungsanspruch ggf. gerichtlich durchsetzen lassen muss, ändert dies nichts daran, dass der beneficiary den bare trustee jederzeit aus dessen Rechtsposition willkürlich verdrängen darf und mittels hoheitlicher Vollstreckung ggf. ohne jede Mitwirkung des verklagten trustee verdrängen kann. Weigert sich der vom beneficiary auf Übereignung verklagte trustee ohne sachlich gerechtfertigten Grund, vom trust umfasste Grundstücksrechte, Aktien oder sonstige Gesellschaftsanteile zu übertragen, kann das Gericht durch sog. vesting order das betreffende trust property unmittelbar auf den beneficiary kraft Hoheitsakts übertragen (ss. 44(vi), 49, 51(1)(ii)(d) TA 1925); einer Mitwirkung des trustee bedarf es insoweit nicht, vgl. Lewin (-Tucker/Le Poidevin/Brightwell), Trusts19, Rn. 24-002. Auf Dauer kann der trustee das Beendigungsverlangen nicht abwenden, steht ihm doch allenfalls ein (dilatorisches) Zurückbehaltungsrecht auf Ersatz der durch pflichtgemäße Verwaltungsmaßnahmen entstandenen Aufwendungen und sonstigen trust-bedingten Auslagen zu. Entsprechendes gilt nach der in Saunders v. Vautier (1841) 4 Beav. 115; 41 E. R. 482 entwickelten Regel für einen special trust, wenn der beneficiary bzw. alle gemeinschaftlich berechtigten beneficiaries volljährig und unbeschränkt geschäftsfähig ist bzw. sind; hiernach entsteht gleichfalls kraft Gesetzes ein nicht ausschließbarer Anspruch auf Übertragung des trust property, dessen Geltendmachung den special trust in einen bare trust verwandelt. Der Auflösungs- und Übertragungsanspruch erstreckt sich auf sämtliche dem trust zugeordnete Sachen, wobei es den beneficiaries freisteht, vollständige Übertragung unter Auflösung des bisherigen trust oder lediglich Übertragung einzelner Sachen unter Fortsetzung des trust zu verlangen (siehe zum Ganzen Lewin (-Tucker/Le Poidevin/Brightwell), Trusts19, Rn. 24-010). Überhaupt ist die aus Saunders v. Vautier destillierte Regel nicht bloß auf fixed trusts anwendbar, unter denen den beneficiaries jeweils vom settlor qualitativ und quantitativ bestimmte Rechtspositionen, d. h. echte equitable interests, zustehen, sondern auch auf discretionary trusts, bei denen der settlor lediglich einen Per-
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sei es ein legal right, sei es ein equitable right, im Unterschied zu den kraft des trust konstituierten Befugnissen der beneficiaries nicht existenziell mit dem rechtlichen Schicksal des trust verhaftet ist. Daraus ergibt sich nicht nur, dass das „Restrecht“ an der trust-befangenen Sache nicht dem beneficiary zusteht. Vielmehr folgt hieraus auch, dass das „ewige“ Recht das fiduziarisch gebundene Recht, d. h. das des trustee, ist, mag es auch auf Betreiben des beneficiary, des settlor oder eines Dritten verlustig gehen;182 das lastende Recht ist das des beneficiary.183 Dem beneficiary sonenkreis potenzieller beneficiaries (sog. objects) bestimmt, die letztverbindlich von den trustees ausgewählt werden. Sofern alle Mitglieder des vom settlor bestimmten Personenkreis einvernehmlich die Auflösung und Übertragung des trust property verlangen, vgl. Lewin (-Tucker/ Le Poidevin/Brightwell), Trusts19, Rn. 24-016. Unter Erweiterung dieser Regel können die durch einen discretionary trust berechtigten beneficiaries dem trustee verbindliche Verteilungsquoten hinsichtlich der Nutzungen des Treuhandvermögens vorschreiben; der Ermessensspielraum des trustee verkürzt sich dann auf „Null“. Selbst wenn also ein special trust oder gar ein discretionary trust errichtet wird, steht der Gesamtheit der beneficiaries resp. der objects eine dem „Eigentum“ ähnliche Residualkompetenz zu, die sich freilich nicht in einer elastischen Komponente des equitable interest, sondern in einem mit diesem verknüpften unabdingbaren Übertragungs- und Beendigungsanspruch offenbart. Andererseits ergeben sich aus der Rechtsposition des beneficiaries keine sonstigen Weisungsbefugnisse, würde dies doch den typischen Zweck eines trust, die Verfügungs- und Dispositionsgewalt in der Hand des trustee zu konzentrieren, entgegenstehen. Die beneficiaries können mithin keine verbindlichen Investitionsvorgaben treffen oder gar den trustee anweisen, bestimmte beschränkte dingliche Rechte (z. B. leases) zu bestellen; vgl. Lewin (-Tucker/ Le Poidevin/Brightwell), Trusts19, Rn. 24-024. 182 Prononciert Matthews, in: Mitchell, Charles/ Mitchell, Paul, Landmark Cases in Equity, S. 155 im Rahmen der Besprechung der richtungsweisenden Entscheidung Burgess v. Wheate (1759) 1 Eden 177; 28 E. R. 652: „We are brought to think that the last thing a trustee can do is to keep the property for himself. What that case shows is that, indeed, as a last resort, and only when there is no one else to affect his conscience, it really is the last thing he can do. The trustee is a true owner, and has the owner’s rights, subject only to the effect on his conscience. If and when that effect runs out, he nevertheless remains the owner, untrammelled by any equity. Of course the law has moved on since Burgess v. Wheate, and the range of persons who may affect the conscience of the trustee is – quite rightly – larger than it was. So the chances of a trustee finding himself able lawfully to enjoy the property by virtue of the disappearance of all those who might affect his conscience are correspondingly smaller. But the true principle is there, and in analysing the nature of the trust, and in explaining it to those from outside of the common law tradition, we ignore it at our peril.“ [Hervorhebungen im Original] Aus Burgess v. Wheate folgt, dass das designierte trust property (in casu: legal estates in land) dem trustee endgültig selbst gebührt, wenn der unter einer letztwilligen Verfügung errichtete trust aufgrund des beneficiary principle, d. h. mangels einer zu begünstigenden Person, nicht zustande kommt. In casu hatte die Erblasserin den trust zugunsten ihrer Erben errichtet, verstarb jedoch ohne einen gesetzlich legitimierten Erben; nach damaligem Recht kam ein Rückfallrecht der Krone nicht in Betracht; der trustee durfte das trust property also zu eigenen Gunsten nutzen. 183 Richtig Brennan J (für den HCA) in DKLR Holding Co (No 2) Pty Ltd v. Commissioner of Stamp Duties (NSW) (1982) 149 CLR 431, 474: „An equitable interest is not carved out of a legal estate but impressed upon it. It may be convenient to say that DKLR took only the bare legal estate, but that is merely to say elliptically that 29 Macquarie transferred to DKLR the property in respect of which DKLR had declared that it would be a trustee.“ So auch Edelman [2013] 29 L. Q. R. 66, 70–75, 85; Bell, Modern Law of Personal Property in England and Ireland, S. 154 in Fn. 2. Dass der trust das Recht des trustee lediglich einschränkt, aber nicht aufteilt, zeigt sich vor allem anhand der eingeschränkten Belastungskompatibilität trust-basierter equitable interests: Zwar entsprechen die Dispositionsbefugnisse des beneficiary über seinen equitable interest im
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steht mehr als ein bloßes obligatorisches Recht und weniger als das Vollrecht zu; dieses lässt sich nur als Korrelat der „encumbrance“ des Rechts des trustee, mithin als limited interest und somit als begrenztes Sachenrecht aus komparativer Perspektive charakterisieren.184 Dass sich weite Teile der englischen Literatur immer noch schwer damit tun, dieses Recht auch als vollwertiges right in rem anzuerkennen, liegt an dem auf legal proprietary interests verengten Begriffsverständnis. Würde der Dualismus von Equity und Common Law i. E. S. endlich zu Grabe getragen und ein wahrlich holistisches Privatrecht entwickelt werden,185 müsste sich selbstredend auch die englische Lehre mit einem veränderten Verständnis abfinden, sofern man nicht den stilprägenden trust aus der eigenen Rechtswelt verbanGrundsatz denen des trust-befangenen legal right; dies korreliert mit allgemeinen Grundsätzen Equity-gestützter Rechtsfortbildung („equity follows the law“). Im Näheren zeigen sich aber aber nicht unwesentliche Unterschiede: So kann z. B. der Grundstückskäufer kraft seines durch Vertragsabschluss unter einem constructive trust entstehenden equitable interest nach neuerer Rechtsprechung des Supreme Court Dritten bloß obligatorische Rechte am Grundstück einräumen; selbst in Equity vermag er keine wirksamen Belastungen zu bestellen (Scott v. Southern Pacific Mortgages Ltd. [2014] UKSC 52; [2015] 1 AC 385; Lewin (-Tucker/Le Poidevin/Brightwell), Trusts19, Rn. 10-006). In dem zugrundeliegenden Fall war die Beklagte ursprünglich selbst die Inhaberin des fee simple estate eines Wohnhauses, das sie an ein Immobilienunternehmen verkaufte, das der Beklagten zusicherte, sie könne als tenant zu einer moderaten Monatsmiete von 250 Pfund weiterhin allein in dem Haus wohnen. Zur Finanzierung nahm das Unternehmen einen Kredit bei der Klägerin auf und bestellte dieser eine legal charge. Später geriet das Unternehmen in finanzielle Schieflage. Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Immobilienunternehmens erwirkte die Klägerin als chargee eine Räumungsverfügung gegen die Beklagte; die Rechtsmittel der Beklagten wurden letztinstanzlich vom Supreme Court abgewiesen. Der Argumentation der Beklagten, dass sie bereits durch die Einigung über das Wohnungsrecht mit der Käuferin im Zuge des Grundstücksverkaufs in equity ein dingliches Recht an dem Grundstück erworben habe, folgte das Gericht nicht. Zwar stehe außer Frage, dass bereits mit Abschluss des Kaufvertrages ein equitable property right zugunsten des Käufers entstehe, das auch gegenüber Dritten durchgesetzt werden könne. Auch ergebe sich aus sec. 116 LRA 2002 ausdrücklich, dass eine „mere equity“ (d. h. ein „unvollkommenes“ Recht in equity), das aus der Vertrauenshaftung des Inhabers eines legal estate (doctrine of proprietary estoppel) resultiere, Dritten entgegensetzbar sei. Der Käufer eines legal estate könne aber nicht selbst dingliche Rechte in equity begründen, solange er selbst noch nicht über einen legal estate verfüge; ein dingliches Recht, das von einer Person bestellt werde, die selbst nicht über einen legal estate verfüge, „erstarke“ erst und nur dann zu einem dinglichen Recht, wenn der Besteller den legal estate erwerbe. Allerdings dürfte sich diese Entscheidung nicht unbesehen auf sonstige trust-Konstellationen, insbesondere auf rechtsgeschäftliche eingeräumte trusts übertragen lassen, wird doch allenthalben betont, dass durch Abschluss eines Grundstückskaufvertrages lediglich ein atypisches, eingeschränktes Treuhandverhältnis kraft Gesetzes entstehe, der Käufer sei lediglich ein beneficiary sub modo (Lewin (-Tucker/Le Poidevin/Brightwell), Trusts19, Rn. 10-006). 184 An dieser Stelle sei nur auf die bereits in § 4 I Fn. 9 zitierte Ansicht von McLelland J (für den Supreme Court of New South Wales) in re Transphere Pty Ltd (1996) 5 NSWLR 309, 311 verwiesen. 185 Die Zeit für eine längst überfällige „Fusion“ der beiden Rechtsmaterien ist sicherlich noch nicht reif. Auf Dauer erscheint sie aber keineswegs illusorisch. Aus dogmatischer und praktischer Sicht erscheint dies heilsam; zahlreiche Inkonsequenzen und Inkohärenzen des englischen Privatrechts müssten offen adressiert und sinnvoll gelöst werden. Die Literatur ist freilich gespalten, ob eine „Fusion“ wirklich wünschenswert ist (siehe einerseits Burrows (2002) 22 O. J.L. S. 1, 7–16; andererseits L. Smith, in: Degeling/Edelman, Equity in Commercial Law, S. 19–41).
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nen will. Mit der Beendigung des trust kraft Erfüllung des aus Saunders v. Vautier hergeleiteten Übertragungsanspruchs erlischt zwangsläufig der equitable interest: Das durch den trust entstandene equitable right geht im legal right auf und nicht etwa vice versa dieses in jenem Recht. Sämtliche Befugnisse vereinigen sich im legal right, der beneficiary begibt sich seiner bisherigen Rechtsposition, um das „volle“, mit allen Befugnissen ausgestattete Recht am trust property zu erwerben.186 Die dogmatische Klassifizierung des trust ist nach alldem simpel: (1.) Von anderen fiduziarischen Rechtsverhältnissen unterscheidet sich der trust darin, dass dem trustee das treuhänderisch zu haltende Recht unmittelbar zugeordnet ist; er ist „voller“ Rechtsinhaber und nicht lediglich Verwalter fremden Vermögens. (2.) Je nach rechtsgeschäftlicher Ausgestaltung des trust unterliegt der trustee diversen „property holding duties“ und ggf. auch „property management duties“; funktional steht der trustee deshalb einem executor deutlich näher als sonstigen fiduciaries. (3.) Am Recht des trustee klebt ein durch den trust konstituiertes Recht, das sich auf das reale oder normative trust property bezieht, soweit die ordnungsgemäße Ausführung des trust mit allseitiger Wirkung in Equity durchgesetzt wird.187 Von rights in rem i. S. d. Common Law i. E. S. unterscheiden sich sog. equitable interests nur durch die notwendige Vermittlung eines fiduziarischen Schuldverhältnisses, was zugleich die Auswahl der Rechtsbehelfe determiniert. (4.) Endlich unterscheidet sich ein trust maßgeblich von anderen fiduziarischen Rechtsverhältnissen (einschließlich der deutschrechtlichen Treuhand) darin, dass sein rechtliches Schicksal grundsätzlich von einem Austausch des jeweiligen trustee und/oder des jeweiligen beneficiary nicht berührt wird.188 Der (express) trust ist somit eine durch einseitiges Rechtsgeschäft189 zu begründende zweckgebundene Entität bestimmbarer Sachen und/oder Rechte ohne eigene Rechtspersönlichkeit.190 All dies gilt natürlich auch dann, wenn das begrenzte Recht des beneficiary in einen sog. sub-trust eingebracht wird: Rechtskonstruktiv wird aus dem begrenzten Recht ein rechtstypisch gleichartiges, strukturell weitgehend nicht gesetzlich fixiertes begrenztes Recht destilliert; die Interessenlage entspricht exakt derjenigen unter einem sog. head trust 186 Wie in Fn. 169 gezeigt, ist die in Saunders v. Vautier aufgestellte Regel demgegenüber kein Beleg für die Eigentümerstellung des beneficiary, insbesondere darf dieser Rechtsbehelf weder konstruktiv noch funktional mit der rei vindicatio gleichgesetzt werden. 187 Richtig L. Smith (2004) 40 Can. Bus. L. J. 317, 320–322. 188 So kommt insbesondere eine Abberufung oder Auswechselung der trustees z. B. aufgrund einer vom settlor einem Dritten eingeräumten oder sich selbst vorbehaltenen power of appointment auch ohne deren Zustimmung in Betracht, ohne dass dies das rechtliche Schicksal des trust berührt (siehe Fn. 178). 189 Dies gilt für inter vivos entstehende trusts, wenn sich der settlor selbst zum trustee eines ihm zustehenden Rechts für eine andere Person bestellt oder der beneficiary den trustee anweist, das trust property künftig für eine andere Person unter einem neuen trust zu halten; soll dagegen erstmalig eine andere Person zum trustee bestellt werden, ist eine Übertragung der treuhänderisch zu verwaltenden Sache erforderlich (siehe nur Lewin (-Tucker/Le Poidevin/Brightwell), Trusts19, Rn. 3-004 ff., 3-021 ff.). 190 Vgl. Rieländer, IPRax 2020, 224 ff.; Staudinger (-Mansel), BGB (2015), Art. 43 EGBGB Rn. 530–531.
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(an einem unbegrenzten Recht). Auch die sogleich darzustellenden sub-trusts sind somit eine Erscheinungsform mehrstufiger Belastungen, d. h. innerartlicher Belastungen desselben Typus begrenzter Sachenrechte.
III. Die innerartliche Belastung trust-basierter equitable interests Im Verhältnis zu dem fiduziarisch gebundenen legal interest ist der trust-basierte equitable interest ein „limitiertes“ Recht, aus dem wiederum feiner ausdifferenziertere Rechte (sog. subsidiary equitable interests191) geschaffen werden können. Der „Proliferation“ von equitable interests durch Errichtung von sub-trusts und anderen rechtskonstituierenden Verfügungen sind keine Genzen gezogen; insbesondere kommt es auf die Zustimmung des trustee nicht an.192 Dies bedeutet aber nicht, dass jede Belastung eines equitable interest notwendigerweise innerartlicher Art ist. Die semantische „Variable“ equitable interest sagt über Inhalt und Natur des fraglichen Rechts nichts aus; sie erschöpft sich darin, jedes subjektive Recht in Equity mit Ausnahme sog. mere equities kontrastiv den at law anerkannten legal interests gegenüberzustellen.193 Zwischenartliche Belastungen der Rechtsstellung des beneficiary, namentlich die equitale charge,194 werfen ebensowenig wie die Sicherungsübertragung (equitable mortgage)195 besonderen Rechtsfragen auf.196 Rechtsdogmatisch interessant ist hingegen die innerartliche Belastung des Rechts 191 Siehe
Green [1984] 47 M. L.R. 385, 387. Wie angerissen, steht dem beneficiary ein frei verkehrsfähiges dingliches Recht zu; dies ist seit jeher anerkannt (Nachweise in Fn. 152). 193 Weder der Aufgaben-, Befugnis- und Pflichtenkreis des trustee noch die Rechtsstellung des beneficiary sind unabänderlich gesetzlich fixiert; express trusts sind durch ein Höchstmaß an Gestaltungsfreiheit gekennzeichnet. In Equity herrscht eine vergleichbare Typenvielfalt wie im Common Law mit den bekannten Arten und Erscheinungsformen von primär zeitlich begrenzten Rechten (equitable leases) und primär inhaltlich begrenzten Rechten, namentlich sog. Sicherungsrechten (equitable mortgages und charges), Dienstbarkeiten (easements, profits à prendre und restrictive covenants) und Erwerbsrechten (options to purchase und rights of pre-emption); dies ist Ausdruck der bekannten Maxime „equity follows the law“ (vgl. Megarry and Wade (-Bridge/ Cooke/Dixon), The Law of Real Property9, Rn. 4-023). Hiervon nicht randscharf geschieden sind trust-basierte equitable interests: Diese bilden weder das Spiegelbild eines bestimmten Rechtstypus in der Sphäre des Common Law noch korrespondieren sie – im Gegensatz zu dem restrictive covenant, der equity of redemption und dem sachenrechtichen Erwerbsrecht des Käufers aus einem estate contract (konzise zu diesen Kreationen der Equity Megarry and Wade (-Bridge/ Cooke/Dixon), The Law of Real Property9, Rn. 4-025–4-028) – mit Parallelinstituten kontinentaleuropäischer Sachenrechtssysteme. Equitable interests lassen sich deshalb auch nicht einer der übergreifenden Kategorien dinglicher Rechte – primär zeitlich limitierte und primär dem Umfang nach begrenzte Rechte – exklusiv zuordnen. Desgleichen versagt die Einordnung in die ohnehin nicht randscharf abgrenzbaren Kategorien der Nutzungs-, Verwertungs- und Erwerbsrechte: Zwar ist die Nutzungsbefugnis des beneficiary ein essentielles Strukturprinzip der meisten trusts; hingegen zielt aber der equitable interest unter einem bare trust primär auf Erwerb des belasteten legal title ab und im Übrigen können auch Verwertungsrechte in einen trust eingebracht werden. 194 Megarry and Wade (-Bridge/Cooke/D ixon), The Law of Real Property 9, Rn. 23-042. 195 Megarry and Wade (-Bridge/Cooke/D ixon), The Law of Real Property 9, Rn. 23-040. 196 Zu den Besonderheiten der equitable charge und der equitable mortgage im Vergleich zu 192
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des beneficiary, d. h. die Konstitution sog. subsidiary equitable interests, die aus sub-trusts an trust-basierten equitable interests entspringen. An dieser Stelle ist auf die bereits skizzierte rechtshistorische Genese des trust zurückzukommen, um etwaigen Missverständnissen über die Struktur des klassischen use in Form des use upon a use vorzubeugen.197 Mit dem modernen sub-trust hat dieser, sieht man einmal von der raumsymbolischen Konnotation der englischen Termini ab, nichts zu tun; vielmehr ist der use upon a use das Paradigma eines (principal) trust an einem legal estate.
1. Uses in der Form eines use upon a use Wie bereits skizziert, ist der trust das Produkt der im 16. und 17. Jahrhundert sich etablierenden Konstruktion des use in der Form eines use upon a use.198 Die Hintergründe dieser Gestaltungsvariante sind nicht abschließend geklärt. Im rechtshistorischen Schrifttum besteht weder Einigkeit, wann uses in der Form des use upon a use erstmals auftraten, ob sie das Ergebnis planvoller kautelarjuristischer Gestaltung waren oder aus Unachtsamkeit resp. Fehlinterpretation des Statute of Enrolments 1536199 entstanden und welche Bedeutung ihnen vor endgültiger Abschaffung lehensrechtlicher Dienste und königlicher Prärogativrechte im Erbfall des tenant in fee durch den Tenures Abolition Act 1660 zukam.200 Außer Frage steht hingegen, dass (1.) ein use upon a use vom sachlichen Anwendungsbereich des Statute of Uses 1536 nicht erfasst wurde und (2.) nach Common Law nichtig war.201 Letzteres war durch die Leitentscheidung des Court of Wards in Tyrrel’s Case geklärt.202 den einschlägigen Parallelinstituten des Common Law im Kontext der Belastungskompatibilität von Pfandrechten siehe § 5 III. 1. b) cc), c) aa), d) bb), d) cc), e). 197 Siehe hierzu bereits § 4 I mit Fn. 20. 198 Der use in der Form des use upon a use war freilich nur eine mögliche Variante unter mehreren, um die unerwünschte „Exekution“ des use durch das Statute of Uses 1536 abzuwenden; siehe Fn. 20. 199 Das Statute of Enrolments 1536 (siehe Baker/Milsom, Sources of English Legal History2 , S. 135) revidierte die Rechtsfolge des Statute of Uses 1536 in Bezug auf den kraft bargain and sale entstehenden implied use zugunsten des Käufers eines legal estate: Das Gesetz bestimmte, dass der Verfügungserfolg nicht unmittelbar durch die Exekution des implied use, sondern erst durch Eintragung der Verfügungsurkunde in der Rolle der königlichen Gerichte in Westminster resp. in den Rollen der lokalen Gerichte perfekt war. Dies erschien offenbar geboten, um das für die Prüfung der Verfügungsberechtigung des Verkäufers und die zweckmäßige Ausgestaltung der Verfügungsurkunde erforderliche zeitliche Intervall zwischen Abschluss des Kaufvertrages und Übereignung zu erhalten (Baker, in: Oxford History of the Laws of England, VI, 1483–1558 (2003), S. 675–676). 200 Vertiefend Baker (1977) 93 L. Q. R. 33; N. Jones (1993) 14 Journal of Legal History 75; ders., in: Helmholz/Zimmermann, Itinera Fiduciae, Trusts and Treuhand im Historical Perspective, S. 173; ders. (2002) 33 Cambrian L Rev 67. 201 Siehe nur Baker, in: Oxford History of the Laws of England, VI, 1483–1558 (2003), S. 685– 686. 202 Tyrrel’s Case (1557) Dyer 155; zitiert nach Baker/M ilsom, Sources of English Legal History2, S. 141–142. Der 1536 errichtete Court of Wards ging aus einem Anfang des 16. Jahrhunderts
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Ausgangspunkt der Entstehung eines use upon a use in diesem Fall war ein bargain and sale seitens Jane Tyrrel an ihren Sohn George über zwei Parzellen mit der Maßgabe, dass der Käufer diese für die Verkäuferin auf Lebenszeit und sodann zu eigenen Gunsten und seine gesetzliche Erben und in Ermangelung solcher für Jane’s gesetzliche Erben halten solle.203 Die Gestaltung beruhte offenbar auf der Rechtsansicht, dass ein bargain and sale nach Erlass des Statute of Enrolments 1536 keinen implied use zugunsten des Käufers erzeugte, der Übergang des estate vielmehr ausschließlich kraft Dokumentation in der Gerichtsrolle nach Maßgabe des Gesetzes ohne Antizipation in equity erfolgte und folgerichtig das Statute of Uses den rechtsgeschäftlichen use beseitigte, seisin, possession und estate also auf Lebenszeit bei Jane Tyrrel verblieben.204 Das Gericht erteilte dieser Rechtsansicht eine entschiedene Absage. Ungeachtet des Statute of Enrolments begründe ein bargain and sale forthin einen implied use für den Käufer; dieser war aus Sicht des Common Law wirksam und angeblich notwendige Voraussetzung für den Eintritt des Verfügungserfolgs gemäß den Vorschriften des Statute of Enrolments. Der „zweite“, d. h. der ausdrücklich errichtete use, sei dagegen nichtig, zum einen, weil dieser in Widerspruch mit dem implied use stehe und zum anderen, weil es unmöglich sei, aus einem use einen use zu „erzeugen“.205 Aus der zweiten Begründung entwickelte sich eine allgemeine Regel des Common Law. Sie beruhte auf der aus Sicht moderner Rechtsdogmatik wenig überzeugenden Argumentation, dass es einer substantiellen „foundation“ für die Entstehung eines use bedürfe, scil.: use und possession des feoffor to uses.206 Die bloße Berechtigung zur Nutzung des fiduziarisch gehaltenen Grundbesitzes genüge nicht; nur die tatsächliche Herrschaft, d. h. possession resp. seisin, ermögliche die Ausführung des beabsichtigten feoffment to uses.207 Vermittele der erste (implied) use mangels possession des cestui que use (wegen noch ausstehender Eintragung in der gerichtlichen Verfügungsurkundenrolle) nicht die erforderliche foundation, könne der zweite use ohnehin nicht entstehen. Überdies sei es mit dem ersten (implied) use unvereinbar, einen weiteren use an demselben plot of land zu errichten: Der zweite use könne den ersten wirksam zustande gekommenen use weder relativieren noch übertrumpfen.208 eingericheten zentralen Finanzamt der Krone neben der Exchequer-Kammer, der Kammer der Wards, hervor; die Judikatur des Court of Wards basierte auf dem Common Law und bezog sich insbesondere auf die Auslegung des Statute of Wills. 203 Die Verfügungsurkunde bestimmte: „[…] to the said George [purchaser] and his heirs to the use of the said Jane [vendor] during her life without impeachment of waste, and immediately after the decease of the said Jane Tyrrel to the use of the said George Tyrrel and the heirs of the body of the said George lawfully begotten and for lack of such issue to the use of the heirs of the said Jane forever.“ 204 Vgl. N. Jones (1993) 14 Journal of Legal History 75, 79. 205 Baker, in: Oxford History of the Laws of England, VI, 1483–1558 (2003), S. 686; vertiefend N. Jones (1993) 14 Journal of Legal History 75, 79–90. 206 N. Jones (1993) 14 Journal of Legal History 75, 83. 207 N. Jones (1993) 14 Journal of Legal History 75, 83. 208 Baker, in: Oxford History of the Laws of England, VI, 1483–1558 (2003), S. 686.
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Die Nichtigkeit nach Common Law änderte freilich nichts an der zumindest potentiellen Wirksamkeit des use upon a use in der sich allmählich ausformenden sachenrechtlichen Parallelsphäre der Equity. Zumindest ab den 1560er Jahren erkannte das Kanzleigericht uses in der Form des use upon use ausdrücklich an.209 Wie die Entscheidung in Bertie v. Herenden und die nachfolgende Judikatur belegen, entstanden uses (an freehold land) in der Form eines use upon a use keineswegs rein zufällig; sie wurden vielmehr gezielt zu ganz unterschiedlichen Zwecken eingesetzt.210 Demgegenüber spielte die Vermeidung lehensrechtlicher Abgaben sowie die Ausschaltung königlicher Prärogativrechte keine entscheidende Rolle.211 Schließlich war ohnehin durch das Statute of Wills 1540 praktisch wirksam gewährleistet, dass selbst testamentarische uses in der Form eines use upon a use bei Eintritt des Todesfalles nicht vollständig die Prärogativrechte und Abgabenpflichten auszuschalten vermochten. Primär ging es darum, die Anwendung des Statute of Uses auf die beabsichtigte fiduziarische Gestaltungsform auszuschließen, was durch die simple Konstruktion eines use upon a use gewährleistet war.212 Abge209 Siehe die von Baker (1977) 93 L. Q. R. 33, 34–37 „entdeckte“ Entscheidung Bertie v Herenden (1560); Nachdruck des Berichts von Serjeant Barham bei Baker/Milsom, Sources of English Legal History2, S. 142–144. Die Chancery bestätigte ausdrücklich, dass der zweite use zwar nach common law nichtig sei, dies aber nicht der Durchsetzung desselben vor dem angerufenen Gericht entgegenstehe. 210 Näher N. Jones (2002) 33 Cambrian L Rev 67, 71–80; ders., in: Ibbetson/N. Jones/R amsay, English Legal History and its Sources, S. 318, 323–329. Zum Teil wurde der zweite use bewusst nicht schriftlich in der Urkunde fixiert, die der Errichtung des ersten express use diente. Nicht selten wurde der use upon a use geheim gehalten, namentlich im Kontext der Verfolgung von protestantischen Grundbesitzern seitens Mary Stuart und, später, wegen der Verfolgung von katholischen Grundbesitzern durch Elizabeth I. Paradigmatisch Bertie v Herenden (siehe die vorige Fn.): Zwecks Vermeidung einer drohenden Beschlagnahme hatte Katherine Bertie, Herzogin von Suffolk, ihre manors und hereditaments auf den Beklagten übertragen, wobei ausdrücklich und ohne Einschränkung in der Verfügungsurkunde bestimmt wurde, dass die Übertragung „to the use of Herenden and his heirs“ erfolge. Insgeheim hatten die Parteien sich aber darauf geeinigt, dass die Einkünfte der Grundherrschaften der Herzogin und ihrem Gatten zufließen sollen und dass der Beklagte zur Rückübertragung nach Rückkehr der Herzogin aus dem polnischen Exil verpflichtet sei. Die Chancery setzte diesen geheimen zweiten use auf Antrag der Herzogin in der Folge auch durch; das Gericht verfügte, dass der Beklagte die manors und hereditaments auf die Herzogin zurückübertragen müsse. 211 Barton (1966) 82 L. Q. R. 215, 221–223; N. Jones, in: Brooks/Lobban, Communities and Courts in Britain 1150–1900, S. 99, 102–104; ders. (2002) 33 Cambrian L Rev 67, 71; ders., in: Ibbetson/N. Jones/Ramsay, English Legal History and its Sources, S. 318, 329. Abgesehen davon waren uses of freehold land (in der „nicht-exeutierten“ Form des use upon a use) ausweislich der einschlägigen Chancery records des 17. Jahrhunderts auch nur eine Gestaltungsform unter vielen; als trust property fungierten vielfach auch leases, annuities (insbes. rentcharges), money, chattels personal und copyhold land (vgl. N. Jones, in: Ibbetson/N. Jones/Ramsay, English Legal History and its Sources, S. 318, 323–327). 212 N. Jones (2002) 33 Cambrian L Rev 67, 79–80. Zwar wies auch das Statute of Wills Lücken auf, weshalb bestimmte trust-Gestaltungen, namentlich durch Einsatz langfristiger leases oder Vorschaltung von Strohmännern beim Erwerb von estates in land, theoretisch auch der Ausschaltung der Abgabenpflichten im Todesfall des feoffor resp. des cestui que use dienen konnten (näher N. Jones, in: Brooks/Lobban, Communities and Courts in Britain 1150–1900, S. 99, 105–110). Soweit nun aber trusts dazu geeignet waren, lehensrechtliche Abgabepflichten und königliche Prä-
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sehen von der aufgezeigten Variante in Tyrrel’s Case entwickelten sich zwei weitere Gestaltungsvarianten des feoffment to uses, die gezielt zur Vermeidung einer „Exekution“ nach Maßgabe des Statute of Uses durch Errichtung von zwei hintereinandergeschalteten express uses eingesetzt wurden: Zum einen in der Form einer Übertragung (z. B. des freehold) von A an B „to the use of C to the use (upon trust) to D“ und zum anderen durch Übertragung von A an B „to the use of B, to the use (upon trust) to C“. Die letztgenannte Gestaltungsform entwickelte sich alsbald zur Standardvariante,213 wobei der zweite Teil zum Teil nicht ausdrücklich dokumentiert wurde, um den zweiten use – typischerweise zugunsten des Bestellers A – nicht aufzudecken.214 Wenngleich der Zwischenschritt allenfalls nötig war, um die „Exekution“ des zweiten use durch das Statute of Uses zu vermeiden, wurde der standardisierte use upon a use zunehmend pro majori cautela völlig unabhängig davon eingesetzt, ob der erste use vom sachlichen Geltungsbereich des Statute of Uses erfasst wurde oder nicht. Im Kontext der praxisrelevanten Sicherung aufschiebend bedingter oder befristeter Rückübertragungen ging es einfach darum, den unmittelbaren gesetzlichen Übergang auf den Verfügenden kraft „Exekution“ des use effektiv zu vermeiden.215 Die Kautelarjurisprudenz schöpfte das Gestaltungspotential des trust – dieser Terminus setzte sich zur Beschreibung des „use upon a use“ allmählich durch – schnell aus; im 16. und 17. Jahrhundert entstanden komplexe use upon a use-Strukturen, die mannigfaltigen Gestaltungswünschen der Praxis gerecht werden sollten.216 Auf die Einzelheiten – die Gestaltungsmöglichkeiten mit rogativrechte auszuschalten, war keineswegs gewiss, dass das Kanzleigericht derartigen Gestaltungen zum Erfolg verhalf. 213 N. Jones (2002) 22 Cambrian L Rev 67, 68. 214 Siehe Fn. 210. 215 N. Jones (2002) 33 Cambrian L Rev 67, 73–76; Milsom, Historical Foundations of the Common Law2, S. 238. Selbst wenn die Anwendbarkeit des Statute of Uses ohnehin schon deshalb ausschlossen war, weil die feoffees akiven Handlungspflichten unterlagen, bediente man sich des use upon a use. 216 Siehe z. B. Sambach v. Daston (1635); Nachdruck bei Baker/Milsom, Sources of English Legal History2, S. 149–150. In der zugrunde liegenden Fallgestaltung wurde das streitgegenständliche land der Klägerin (Margery) und ihrem ersten Ehegatten (Price) aus Anlass ihrer Hochzeit geschenkt; die Schenkung erfolgte mit der Maßgabe, dass das land sodann den gemeinsamen Abkömmlingen und danach den gesetzlichen Erben des Ehemannes zufalle. Mögliche Ansprüche von Abkömmlingen wurden freilich rechtsgeschäftlich doch wieder ausgeschlossen – aus der Ehe gingen tatsächlich auch keine Kinder hervor. Price übertrug das land sodann an zwei trustees, u. a. den Beklagten „[…] to the use of them and their heirs, to the use of Price and the heirs of his body, and in default of such issue to Margery in tail, remainder to an adopted child, with further remainders over […]“. Price verstarb, Margery heiratete Sambach und verklagte später gemeinschaftlich mit ihrem Gatten den Beklagten auf Übertragung des Grundbesitzes „in tail, with remainders over“. Der Beklagte hielt dem entgegen, dass er forthin verpflichtet sei, den trust nach Maßgabe der Vorgaben von Price auszuführen; falls der estate an die Kläger übertragen werden würde, könnten diese die Rechte möglicher Abkömmlinge ausschließen und zudem die Anwartschaft des adoptierten Kindes zunichtemachen. Das Gericht gab der Klage dennoch statt, setzte den zweiten use mithin durch, bestimmte jedoch, dass der estate an die Klägerin auf Lebenszeit mit Anwartschaft für etwaige Abkömmlinge derselben und in Ermangelung derselben auf Lebenszeit des Klägers (Sambach) zu übertragen sei, vermutlich um die nachfolgenden Anwartschaften aus dem trust nicht zu beeinträchtigen.
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sog. executory interests, springing uses, shifting uses etc.217 – ist hier nicht einzugehen. Entscheidend ist, dass der trust (of freehold land) in der Form des use upon a use gerade nicht notwendig mehrstufig strukturiert war, sondern sich im paradigmatischen Fall unmittelbar auf den freehold estate bezog, wurde doch der als Zwischenschritt begründete passive use kraft Gesetzes „exekutiert“, d. h. in possession und legal estate transformiert. Wie gezeigt, war der Verfügungsempfänger in der üblichen Gestaltungsvariante sowohl feoffee to use als auch cestui que use und damit „voller“ Rechtsinhaber mit der Folge, dass sich der zweite use auf das land bezog, d. h. unmittelbar den legal estate in land belastete. Wenngleich theoretisch mittels eines use upon a use mehrstufige fiduziarische Rechtsverhältnisse – nicht anders als mittels des modernen trust – gezielt errichtet werden konnten, war dies im 16. und 17. Jahrhundert schon nicht praxisüblich und erst recht nicht notwendig, um einen trust zu errichten. Vom use upon a use ist der moderne sub-trust nach alldem scharf zu unterscheiden. Der subtrust setzt die Wirksamkeit seiner „Basis“, des principal trust, logisch voraus; ohne diesen kann jener gar nicht entstehen, während sich der use upon a use aufgrund der „Exekution“ des ersten use auf eine at law anerkannte Rechtsposition, namentlich auf einen freehold estate, bezog. Die sozioökonomische Bedeutung mehrfach gestufter trusts im geltenden Common Law ist nicht zu unterschätzen. Sowohl bei der privaten Vermögensverwaltung als auch im kommerziellen Rechtsverkehr werden equitable interests in trusts eingebracht. Sieht man einmal von der vorausschauenden Planung und Gestaltung der Rechtsnachfolge von Todes wegen ab,218 sind sub-trusts insbesondere bei der intermediären Wertpapiersammelverwahrung unverzichtbar.219 Letztlich ist der sachliche Anwendungsbereich aber unüberschaubar. Wie jedes andere Recht, sei es ein legal right, sei es ein (nicht trust-basierter) equitable interest, fallen auch die subjektiven Rechte von beneficiaries in allen möglichen Situationen in rechtsgeschäftlich errichtete oder kraft Gesetzes entstehende trusts. Die Ubiquität der trusts und die Verkehrsfähigkeit trust-basierter Rechte führen notwendig dazu, dass beneficiaries vielfach nicht (vollständig) eigennützig aus einem trust berechtigt sind, sondern zumindest ideelle Anteile ihrer Rechtsposition fremdnützig als sub-trustees für Dritte halten. Indes ist der Wirkbereich mehrstufiger fiduziarischer Rechtsverhältnisse im Einzelnen völlig ungewiss, da sich Judikatur und Literatur bislang nur mit Detailfragen mehrstufiger trusts auseinandergesetzt haben, ohne diese abschließend zu klären. Von einer ganzheitlichen Aufbereitung des Instituts des sub-trust ist das englische Recht noch weit entfernt; für die übrigen dem Rechtskreis des common law zuzuordnenden Rechtsordnungen scheint nichts anderes zu gelten. Wenngleich außer Frage steht, dass trust-basierte equitable interest in einen trust eingebracht 217 Siehe hierzu Baker, in: Oxford History of the Laws of England, VI, 1483–1558 (2003), S. 677–679. 218 Siehe dazu sogleich § 4 III. 4. c) bb). 219 Siehe dazu sogleich § 4 III. 4. c) dd).
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werden können,220 ist ungewiss, welche schuld- und sachenrechtlichen Beziehungen zwischen den aus den einzelnen trusts berechtigten und verpflichteten Rechtssubjekten entstehen. Dies ist zum Teil auf widerstreitende Deutungen der Rechtsfigur des sub-trust, zum Teil auf die umstrittene Auslegung der einschlägigen Kasuistik des 18./19. Jahrhunderts zurückzuführen. Soweit sich Rechtsprechung und Lehre mit sub-trusts auseinandersetzen, dreht sich alles um die höchstrichterlich ungeklärte Rechtsfrage, ob und, bejahendenfalls, unter welchen Voraussetzun220 Siehe etwa Milroyd v. Lord (1862) 4 De G. F. & J. 264; 45 E. R. 1185; Grey v. Inland Revenue Commissioners [1958] Ch. 375, 380–381 (Upjohn J.); Hudson, Equity and Trusts8 , S. 291 f. Lewin (-Tucker/Le Poidevin/Brightwell), Trusts19, Rn. 2–34; McGhee (-Fox), Snell’s Equity33, Rn. 21-006, 22-046; Oakley, Constructive Trusts3, S. 278. Grundlegend Head v. Lord Teynham (1783) 1 Cox 57; 29 E. R. 1060 (siehe hierzu noch III. 2. a)). Mit der Übertragung des equitable interest auf die trustees, der Weisung an diese, den bereits treuhänderisch gehaltenen equitable interest zugunsten eines neuen beneficiary zu halten, oder der Bestellung des settlor zum trustee des bislang eigennützig zugeordneten equitable interest im Wege eines „Insichgeschäfts“ (zu den möglichen Varianten der Errichtung eines trust an einem equitable interest grundlegend Timpson’s Executors v. Yerbury [1936] 1 K. B. 645, 664 (Romer L. J.)), ist der trust vollwirksam zustande gekommen; dieser bezieht sich dann allein auf den equitable interest, nicht etwa auf das durch diesen belastete legal right, weshalb der settlor nicht etwa noch dieses in den bereits perfekten trust einbringen muss, falls er es später selbst erwirbt (vgl. Gilbert v. Overton (1864) 2 Hem. & M. 110; 71 E. R. 402. In diesem Fall hatte der settlor (S) schon vor Vollzug des dinglichen Geschäfts seine Ansprüche aus einem schuldrechtlichen Vertrag über die Bestellung eines auf 99 Jahre befristeten building lease unter einem settlement auf trustees wirksam übertragen; der anschließend dem S eingeräumte leasehold estate wurde den trustees hingegen nicht übertragen. Aufgrund des settlement sollten die trustees die fälligen Renten entrichten und die nicht näher bestimmten Rechte von S an dem Grundstück sukzessiv zugunsten von S, anschließend u. a. zugunsten seines Sohnes Henry (H) auf Lebenszeit zu 1/5 und schließlich zugunsten der Abkömmlinge von Henry treuhänderisch halten. S, der auf dem Grundstück als lessee mehrere Häuser errichtet hatte, konsolidierte zwar mit letztwilliger Verfügung das früher errichtete settlement, ohne dieses aber inhaltlich wesentlich zu ändern; u. a. vermachte er dem H einen life interest an dem Grundstück, der später von dessen Gläubigern gepfändet und dem Beklagten übertragen wurde. Mit der Klage verlangten die aus dem settlement begünstigten Kinder des inzwischen verstorbenen H den Vollzug des settlement durch Übertragung des legal estate an die von S eingesetzten trustees. Die Klage hatte Erfolg. Das Kanzleigericht stellte fest, dass der trust wirksam durch die Abtretung der aus dem schuldrechtlichen Vertrag entstandenen Ansprüche (einschließlich des kraft des zugleich entstandenen constructive trust begründeten equitable interest am Grundstück) zustande gekommen sei und die Rechte der Kläger als beneficiaries auch gegenüber dem Beklagten durchgesetzt werden könnten. Die wirksame Errichtung eines trust setze voraus, dass das trust property auf die trustees übertragen wird; der settlor müsse insoweit alles Erforderliche veranlassen, d. h. seine gesamte Rechtsposition den trustees verschaffen. Diese Voraussetzung sei hier aber erfüllt. Denn zum Zeitpunkt der Errichtung des settlement sei S ja nur Inhaber eines equitable interest am Grundstück gewesen; das settlement bezog sich aber auf alle möglichen Rechte des S am Grundstück und setzte daher nicht die Verschaffung eines legal estate voraus, zumal der Vollzug des schuldrechtlichen Geschäfts über einen building lease meistens erst nach Erfüllung bestimmter Pflichten seitens des Erwerbers stattfinde. Andererseits stellte das Gericht aber auch fest, dass wenn der settlor – wie hier – nachfolgend selbst noch den legal estate an dem Grundstück erwerbe, die trustees auch die Übertragung desselben verlangen könnten, sofern sich ihre Pflichten darauf erstreckten, alle Rechte des settlor am Grundstück für die beneficiary zu halten. Auch die Rechtsnachfolger des ursprünglichen settlor seien dann ggf. zur Übertragung des legal estate an die trustees verpflichtet. Siehe auch Kekewich v. Manning (1851) 1 De G. M. & G. 176; 42 E. R. 519: subtrust an einem trust-gestützten Anwartschaftsrecht auf die im principal trust verwalteten Aktien.
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gen ein sub-trust kraft Gesetzes in einen translativen Rechtsübergang mit der Folge umzudeuten ist, dass der sub-trustee – der unter einem „echten“ sub-trust an sich Inhaber des durch den principal trust begründeten equitable interest ist – kraft Gesetzes „von der Bildfläche verschwindet“.221 Praktische Relevanz kommt dem nicht nur wegen des in sec. 53(1)(c) LPA 1925 normierten Schriftformerfordernisses für die „Verfügung“ (disposition) über kraft Equity begründeten Rechte zu. Vielmehr hängen sämtliche Rechtsfolgen und Wirkungen sog. sub-trusts entscheidend davon ab, ob auf der Grundlage eines principal trust ein eigenständiger neuer trust entsteht oder nur der beneficiary des principal trust ausgewechselt wird.
2. Der „pflichtenentkleidete“ sub-trust – eine verschlüsselte translative Sukzession? Im Ausgangspunkt herrscht Einigkeit, dass (1.) ein sub-trust sich auf einen mittels eines principal trust 222 begründeten equitable interest des beneficiary bezieht und (2.) kraft dieses fiduziarischen Rechtsverhältnisses subsidiary equitable rights zugunsten der beneficiaries entstehen.223 Denkbar einfach ist das Grundmodell. Der beneficiary erklärt sich zum trustee seines equitable interest und verlagert somit den beneficial interest, d. h. die materiale Berechtigung zur Teilhabe an den Erträgen des in den principal trust fallenden Vermögens, auf eine andere Person, die unter dem dadurch begründeten sub-trust einen verkehrsfähigen subsidiary equitable interest erwirbt.224 Der beneficiary begibt sich vermittels der Errichtung eines 221 Siehe Sheffield v. Sheffield [2013] EWHC 3927 (Ch) [79]–[85] (Judge Pelling Q. C.); Green [1984] 47 M. L.R. 385, 395–399; Sagar [2014] 20 T & T 826, 830–831; Tham [2017] 31 Tru. L. I. 76–92. 222 Der zu belastende erste trust wird häufig auch head trust oder main trust genannt. 223 Für die rechtsgeschäftliche Errichtung gelten im Grundsatz keine Besonderheiten: Ein sub-trust wird wie jeder andere trust rechtsgeschäftlich durch trust declaration und Übertragung des trust property, d. h. des unter einem trust begründeten equitable interest des beneficiary auf den sub-trustee begründet; auf eine Zustimmung des sub-beneficiary kommt es nicht an, dieser muss nach allgemeinen Grundsätzen nicht einmal benachrichtig werden (vgl. Lyell v. Kennedy (1889) 14 App Cas 437, 457 (Earl of Selborne)). Auch der trustee muss der Errichtung des sub-trust nicht zustimmen, der beneficiary ist in seiner Verfügungsmacht und damit auch in der Errichtung von sub-trusts frei; fragwürdig ist allerdings, ob die Errichtung eines sub-trust abweichend von den allgemeinen Grundsätzen als Verfügung über den equitable interest der Schriftform bedarf (siehe § 4 III. 3. a)). Abgesehen von der Errichtung des sub-trust durch einseitiges Rechtsgeschäft entsteht ein sub-trust rechtsgeschäftlich durch Übertragung des trust-related interest seitens des beneficiary auf die von ihm bestimmten sub-trustees. Zudem entstehen sub-trusts nach allgemeinen Grundsätzen kraft Gesetzes, sei es in Form eines resulting trust, sei es in Form eines constructive trust. 224 Scharf zu unterscheiden sind echte sub-trusts von der realen oder ideellen Aufspaltung einer in einen trust eingebrachten Vermögensentität in sog. sub-funds zugunsten jeweils unterschiedlicher Gruppen von beneficiaries (siehe dazu Twin Benefits Ltd. v. Iain Paul Barker, Confiance Ltd. [2017] EWHC 1412 (Ch) [60]–[61] (Smith J.); Matthews (2005) 6 P. C.B. 336, 341–342). Mit einem Turmbau aufeinander geschichteter Treuhandverhältnisse hat diese „horizontale“ Aufgliederung eines einheitlichen trust property in der Sache nichts gemein. Unter sog. sub-funds werden nicht etwa die Rechte der beneficiaries unter jeweils getrennten trusts verwertet; vielmehr
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sub-trust nicht vollständig seines equitable interest, sondern unterwirft sich selbst fiduziarischen Pflichten zugunsten eines Dritten oder überträgt (als settlor) seinen equitable interest an einen sub-trustee mit der Maßgabe, das trust-gestützte Recht fremdnützig für sub-beneficiaries zu halten.225 Augenscheinlich werden mindestens zwei trusts hintereinandergeschaltet, wobei sich der head trust auf ein legal property right und der sub-trust auf einen durch diesen head trust geschaffenen equitable interest bezieht. Aufgrund der dinglichen Wirkung des trust sind offenbar drei Sachenrechte an einem Bezugspunkt durch zwei treuhänderische Schuldverhältnisse miteinander verbunden: Der trustee (A), Inhaber des legal property right, hält eine bestimmte (reale oder normative) Sache zugunsten des beneficiary (B), der kraft seiner Rechtsposition als sub-trustee den ihm zustehenden equitable interest zugunsten des beneficiary des sub-trust (C) verwaltet. In gleicher Weise lässt sich das durch den subtrust geschaffene Recht dieses beneficiary unter einem weiteren sub-trust zugunsten eines Vierten verwalten; der potentiell unendlichen Fortsetzung der trust-Kette steht nichts entgegen.226 Sachenrechts- und Schuldverhältnisse bestehen hiernach ausschließlich zwischen den aus den jeweiligen trusts berechtigten und verpflichteten Parteien, also zwischen A und B einerseits und zwischen B und C andererseits, wohingegen A und C bestenfalls durch ein Sachenrechtsverhältnis – auch ein subsidiary equitable interest an einem equitable interest wirkt erga omnes –, nicht aber durch ein trust-spezifische Schuldverhältnis miteinander verbunden sind. Wennwird das designierte trust property in bestimmter Weise seitens des settlor oder (aufgrund einer entsprechenden power of appointment) seitens der trustees auf die beneficiaries verteilt und ggf. in jeweils separate trusts gegliedert (z. B. in sub-fund 1 für Familie A, sub-fund 2 für Familie B und sub-fund 3 für Familie C), vgl. Twin Benefits Ltd. v. Iain Paul Barker, Confiance Ltd. [2017] EWHC 1412 (Ch) [60]–[65] (Smith J.)). Matthews (2005) 6 P. C.B. 336, 341–342 stellt zutreffend klar, dass auch bei einer partiellen Ausgliederung der bislang unter einem head trust zusammengefassten Vermögensentität auf diverse sub-trusts mit jeweils neuen trustees zwischen den trustees des head trust und den trustees der sub-funds kein intermediäres fiduziarisches Schuldverhältnis entsteht; vielmehr halten die trustees des head trust das (noch) nicht in sub-funds eingebrachte Vermögen weiterhin für die ursprünglichen beneficiaries. Beispielhaft sei auf die Fallgestaltung in Hughes v. Bourne [2012] EWHC 2232 (Ch) verwiesen, in der der settlor als Mehrheitsgesellschafter seine Anteilsrechte an einer limited in einen trust gab, unter dem jeweils drei Gruppen von beneficiaries auf bestimmte Bruchteile eingesetzt wurden. Der trust war somit in drei sog. sub-funds gegliedert (vgl. Hughes v. Bourne [2012] EWHC 2232 (Ch) [5] (Henderson J.). In Streit stand, ob der von den trustees beabsichtigte Verkauf eines Großteils der treuhänderisch gehaltenen shares trotz Widerspruchs der beneficiaries von zwei der treuhänderisch gehaltenen sub-funds durchgeführt werden durfte. Die Feststellungsklage der trustees hatte keinen Erfolg; der Verkauf war in casu unzulässig, da die trustees nach Ansicht des Gerichts nach der Regel aus Saunders v. Vautier uneingeschränkt weisungsgebunden waren und deshalb nicht entgegen der ausdrücklichen Weisung der „vollberechtigten“ beneficiaries zum Verkauf schreiten durften. 225 Denkbar ist freilich, wie die Fallgestaltung in Hayim v. Citibank N. A. [1987] A. C. 730 (P. C.) belegt, dass der settlor zugleich mehrere principal trusts bestellt und dabei die trustees des principal trust A als beneficiaries und sub-trustees zugunsten der beneficiaries des principal trust B einsetzt; auf diese Weise kann der settlor bereits selbst über die aus einem principal trust entstehende Rechtsposition zugunsten anderer Personen verfügen. Näher hierzu § 4 III. 4. c) aa). 226 Siehe nur McFarlane/Stevens (2010) 4 Journal of Equity 1, 9.
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gleich die Errichtung eines trust an einem equitable interest ebenso wenig wie die Errichtung eines trust an einem legal right zu einer Spaltung des trust-befangenen Rechts in eine „formal-rechtliche“ und eine „materiell-wirtschaftliche“ Position führt, kommt der Abspaltungsgedanke auch hier wieder zum Vorschein: Im Schrifttum wird vertreten, dass aus dem equitable interest des beneficiary/sub-trustee gleichsam ein minderes Recht, ein sog. subsidiary equitable right extrahiert und verselbstständigt auf den beneficiary des sub-trust übertragen werde.227 Indes steht dieser Belastungskonstruktion die früher h. A., der zufolge jedenfalls „pflichtenentkleidete“ sub-trusts translative Wirkung entfalten und allenfalls „active sub-trusts“ einen genuinen sub-trust an dem zu verwaltenden equitable interest begründen, unversöhnlich gegenüber.228 Zumindest bis zur Entscheidung des Court of Appeal in Nelson v. Greening & Sykes (Builders) Ltd.229 dominierte im Schrifttum die These, dass ein echter sub-trust immer nur dann zustande komme, wenn der sub-trustee (B) eine „aktive Rolle“ übernehme, mithin entweder bestimmten treuhänderischen Pflichten gegenüber dem sub-beneficiary (C) unterliege oder selber einen wirtschaftlichen Anteil („beneficial interest“) am trust property im Verhältnis zu seinem trustee (A) reklamieren könne, sich also nicht vollständig zugunsten des C seines Anspruchs auf die Nutzungen des principal trust entäußere.230 Von diesem sog. active sub-trust scharf zu unterscheiden sei ein sog. passive sub-trust in Form eines bare trust, unter dem der sub-trustee (B) – wie erstmals von Upjohn J. anschaulich dargestellt – automatisch „von der Bildfläche verschwinde“ („drops out of the picture“).231 Unterliege der sub-trustee (B) – mit 227 Siehe Green [1984] 47 M. L.R. 385, 396, 398; Pawlowski/Brown [2015] 170 T & ELTJ 4, 7; zumindest sympathisierend Thomas/Hudson, The Law of Trusts2, Rn. 5.79 in Fn. 236. 228 Vgl. Grey v. Inland Revenue Commissioners [1958] Ch. 375, 382 (Upjohn J.); Battersby [1979] Conv. 17, 28, 38; Davies/Virgo, Equity & Trusts2, S. 510–511; Hanbury and Martin (-Martin), Modern Equity18 , Rn. 3-011, 4-007; Oakley, Constructive Trusts3, S. 278–279; Pearce/Stevens/Barr, The Law of Trusts and Equitable Obligations5, S. 228–229; Baker, Snell’s Equity29, S. 103. Ein sog. active sub-trust liegt etwa dann vor, wenn dem sub-trustee ein Ermessen hinsichtlich der Auswahl der sub-beneficiaries oder der Verteilung der Erträge auf die vom (settlor des sub-trust bereits bestimmten) sub-beneficiaries zusteht oder ein unmittelbarer Anspruch auf Auflösung und Übertragung des trust property nach Saunders v. Vautier nicht besteht, weil z. B. mehrere sub-beneficiaries sukzessiv unter dem sub-trust begünstigt sind (vgl. Underhill and Hayton (-Hayton), Law Relating to Trusts and Trustees15, S. 210). 229 Nelson v. Greening & Sykes (Builders) Ltd. [2007] EWCA Civ 1358; siehe dazu sogleich in § 4 III. 2. b). 230 Vgl. Battersby [1979] Conv. 17, 28, 38; Hanbury and Martin (-Martin), Modern Equity18 , Rn. 3-011, 4-007, die sich aber nicht eindeutig festlegt und der Judikatur des Court of Appeal in Nelson v. Greening & Sykes (Builders) Ltd. [2007] EWCA Civ 1358 jedenfalls hinsichtlich der Fallgestaltung, dass der sub-trustee aus einem constructive trust aufgrund eines estate contract begünstigt ist, der neueren Lehre anschließt; Oakley, Constructive Trusts3, S. 278–279 mit Fn. 13; Parker and Mellows (-Oakley), The modern law of trusts8 , S. 101 f.; Pearce/Stevens/Barr, The Law of Trusts and Equitable Obligations5, S. 197; Baker, Snell’s Equity29, S. 103; gegensätzlich aber ders. in (1958) 74 L. Q. R. 180, 182; grundsätzlich auch Underhill and Hayton (-Hayton), Law Relating to Trusts and Trustees15, S. 210, der aber in Fn. 2 Sympathien für die Gegenansicht erkennen lässt. 231 Grey v. Inland Revenue Commissioners [1958] Ch. 375, 382 (Upjohn J.); Underhill and Hayton (-Hayton), Law Relating to Trusts and Trustees15, S. 210.
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Ausnahme der für einen bare trust charakteristischen Verpflichtung, über das trust property nach Weisung des „absolut“ berechtigten C zu verfügen, insbesondere den trust durch Übertragung des trust property auf C zu beenden – keinen treuhänderischen Pflichten, sei dies einem vollständigen Übergang der Rechtsposition von B auf C gleichzustellen; es komme ohne Zwischenschaltung des sub-trustee (B) unmittelbar ein trust zwischen dem trustee des principal trust (A) und dem sub-beneficiary (C) zustande.232 Wie der („nackte“) sub-trustee aber „von der Bildfläche verschwindet“, ist von den Vertretern dieses Ansatzes niemals dogmatisch präzise erörtert worden.233 Ungewiss ist daher zum einen, ob der (mit dem beneficiary nicht identische) sub-trustee (B) eine sachenrechtliche Position unter dem principal trust erst gar nicht erlangt oder nach einer „juristischen Sekunde“ wieder einbüßt. Zum anderen bleibt offen, ob B in den reduzierten Pflichtenkreis eines (bare) trustee einrückt oder das für eine „juristische Sekunde“ übernommene Pflichtenprogramm auf A ohne dessen Mitwirkung überleitet. Ferner ist unklar, ob der von selbst eintretende „Wegfall“ des B eine gewillkürte oder – was deutlich näher liegt – eine gesetzliche Rechtsfolge ist.234 Darüber hinaus scheinen sich die Vertreter dieses Ansatzes nicht gewiss zu sein, ob eine abtretungsgleiche Übertragung des equitable interest des sub-trustee auf den designierten sub-beneficiary erfolgt oder mit dem „Verschwinden“ des subtrustee dessen Rechtsposition erlischt und ein neuer equitable interest in der Person des sub-beneficiary gegenüber dem ursprünglichen trustee entsteht. Weshalb nun aber die Bestellung eines (bare) sub-trust entgegen dem wirklichen Parteiwillen ipso iure und ex lege entweder in eine verdeckte Abtretung zwischen B und C oder eine kaschierte, an A adressierte Weisung des B zur Haltung des equitable interest zugunsten des C umzudeuten ist, wird nicht erläutert. Eine dritte, nicht weniger dogmatisch inkonsistente Konstruktion liegt darin, dass zwar für eine juristische Sekunde ein sub-trust zwischen B und C zustande kommt, wobei sich C dann aber sofort über den Kopf des B hinweg an dessen Stelle in proleptischer 232 Grey v. Inland Revenue Commissioners [1958] Ch. 375, 382 (Upjohn J.); Baker, Snell’s Equity29, S. 103. Hiernach „kollabiert“ der präsumtive sub-trust von selbst. Die unter dem subtrust zu haltende Rechtsposition verbleibt unverändert bei A, der diese ohne Intermediär für C hält, wohingegen der ursprüngliche beneficiary seine Rechtsposition unter dem principal trust unmittelbar durch den passive sub-trust selbst dann zur Gänze verliert, wenn er nicht einen personenverschiedenen sub-trustee (B) nominiert und diesem seinen treuhänderisch zu haltenden equitable interest überträgt, sondern sich selbst zum sub-trustee aufzuschwingen versucht. 233 Siehe z. B. Baker, Snell’s Equity29, S. 103. Kritisch auch Penner, The Law of Trusts10 , Rn. 6.22 unter Auseinandersetzung mit einigen möglichen Erklärungsansätzen, die er insgesamt als dogmatisch unstimmig verwirft. 234 Allem Anschein nach kommt nur letzteres in Betracht, richtet sich doch der rechtsgeschäftliche Wille des settlor darauf, sich selbst oder seinen Einzelrechtsnachfolger als sub- trustee des equitable interest zu nominieren. Anders könnte nur dann argumentiert werden, wenn man den rechtsgeschäftlichen Willen berichtigend als endgültige und uneingeschränkte Übertragung des equitable interest auf den „sub-beneficiary“ oder als verbindliche an die trustees gerichtete Weisung auslegt, den aus dem principal trust geschaffenen equitable interest forthin für einen Dritten, den sog. sub-beneficiary zu halten; dies dürfte aber allgemeinen Auslegungsgrundsätzen widersprechen, wenn ausdrücklich ein sub-trust als Akstypus gewählt wird.
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Vorwirkung der Erfüllung des in Saunders v. Vautier etablierten Auflösungs- und Übertragungsanspruchs setzt.235 Eines ist klar: Wenn unter einem passive sub-trust nicht nur im praktischen Ergebnis, sondern – kraft gesetzlicher Manipulation der gewillkürten Rechtsfolge – das Rechtssubjekt des equitable interest unter Wahrung des trust ausgetauscht wird, ist dies nichts anderes als eine verschleierte translative Sukzession. Eine solche vermag der beneficiary (B) hiernach also wahlweise herbeizuführen, indem er (1.) seine Rechtsposition rechtsgeschäftlich auf C überträgt, (2.) den trustee (A) anweist, das trust property nunmehr zugunsten des C zu halten oder (3.) sich selbst zum vollständig weisungsgebundenen bare trustee seines equitable interest zugunsten des C erklärt. Der Verfügungserfolg ist stets identisch, weshalb denn auch nach dieser Auffassung alle drei Variationen dieses Aktstypus dem in sec. 53(1)(c) LPA 1925 normierten Schriftformerfordernis unterliegen.236 Demgegenüber entsteht eine mehrstufige Belastung in Form aufeinander aufbauender trusts hiernach nur dann, wenn und soweit der an den head trust anknüpfende sub-trust spezifische Pflichten und Entscheidungsbefugnisse des sub-trustee erzeugt (sog. special trust/active trust). Bei näherer Analyse ist die These, ein (passive) sub-trust sei kraft Gesetzes in ein unmittelbares treuhänderisches Rechtsverhältnis zwischen A und C unter „Wegfall“ des B umzudeuten, freilich unhaltbar. Sie ist weder dogmatisch stimmig noch lässt sich aus der hierfür angeführten Rechtsprechung aus dem 18./19. Jahrhundert ein allgemeiner Rechtsgrundsatz des Inhalts „(…) that where A was trustee for B, who was trustee for C, A held in trust for C, and must convey as C directed (…)“237 herleiten. a) Analyse der älteren Judikatur In der (älteren) Literatur wird auf eine sachliche Begründung der vorausgesetzten Umdeutung der Bestellung eines „nackten“ sub-trust in eine Abtretung oder eine rechtstransportierende Weisung seitens des beneficiary verzichtet und stattdessen auf die autoritative Bestätigung dieser Regel durch zwei dicta von Upjohn J. (für den High Court) und Lord Evershed M. R. (für den Court of Appeal) in Grey v. Inland Revenue Commissioners Bezug genommen.238 In diesen für die Auslegung 235
Kritisch auch Penner, The Law of Trusts10, Rn. 6.22. Dazu sogleich unter § 4 III. 3. a). 237 So aber erstmals Chitty J. in Grainge v. Wilberforce (1889) 5 T. L.R. 436, 437 unter fragwürdigem Verweis auf Head v. Lord Teynham (1783) 1 Cox 57; 29 E. R. 1061. 238 Vgl. Grey v. Inland Revenue Commissioners [1958] Ch. 375, 382 (Upjohn J.); Grey v. Inland Revenue Commissioners [1958] Ch. 690 (C. A.), 715 (Lord Evershed M. R.) sowie Grey v. Inland Revenue Commissioners [1959] UKHL 2; [1960] A. C. 1. Der Rechtsstreit kreiste um einen ziemlich offensichtlichen Versuch, die damals geltende Stempelsteuer, die an die Errichtung von Verfügungsurkunden und nicht an die zugrundeliegenden Transaktionen anknüpfte, bei einer Schenkung unter Lebenden zu umgehen. Der settlor hatte zunächst sechs trusts für seine Enkel errichtet, in die trusts aber zunächst nur bestimmte, im Urteil nicht näher bezeichnete Vermögenswerte eingebracht, nicht aber seine wertvollen Geschäftsanteile. Diese übertrug er den trustees anschließend unter einem separaten trust zu eigenen Gunsten und wies später die trus236
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des Rechtsbegriffs der „disposition“ wichtigen Entscheidungen postulierten beide Richter jeweils den translativen Effekt des sub-trust: Errichte der beneficiary einen trust an seinem equitable interest, sei dies, so Upjohn J., einer den trustees erteilten Weisung, das Treugut forthin für einen neuen beneficiary zu halten, in rechtlicher Hinsicht gleichzustellen.239 Weniger apodiktisch, aber in der Sache übereinstimmend argumentierte Lord Evershed M. R., dass sich der beneficiary seines equitable interest „praktisch“ vollständig entäußere, indem er sich selber zum trustee für einen Dritten erkläre.240 Zwischen active sub-trusts und passive sub-trusts wird dabei nicht differenziert; vielmehr soll die Einbringung eines equitable interest in einen sub-trust – ohne Rücksicht auf den Entscheidungsspielraum und Pflichtentees mündlich an, die Anteile nunmehr für seine Enkel zu halten; die trustees errichteten hierüber eine vom settlor unterzeichnete Urkunde, für die die Finanzverwaltung Stempelsteuer erhob. Die hiergegen gerichtete Klage hatte noch in der ersten Instanz Erfolg; auf die Berufung wurde die Klage vom Court of Appeal abgewiesen. Das Urteil des Court of Appeal wurde letztinstanzlich vom House of Lords bestätigt. Außer Streit stand, dass die trusts wirksam errichtet und die Enkel letztlich, wie vom settlor gewünscht, aus den trusts an den Geschäftsanteilen begünstigt wurden. Umstritten war jedoch, ob die Rechtsposition des settlor aus dem trust an den Geschäftsanteilen bereits durch dessen mündliche Weisung übergegangen war, so dass die von den trustees ausgefüllte und vom settlor unterzeichnete Urkunde nur noch deklaratorische Bedeutung hatte (und damit stempelsteuerrechtlich irrelevant war) oder erst die Verfügungsurkunde konstitutiv den Übergang des equitable interest herbeiführte. Nach Ansicht von Upjohn J. war die mündliche Weisung vollwirksam; der Schriftform bedürfe es nicht, da sec. 53(1)(c) LPA 1925 in Übereinstimmung mit der Vorgängerbestimmung (sec. 9 Statute of Frauds) einschränkend ausgelegt werden müsse und nur echte Abtretungsvorgänge erfasse; die Weisung, an die trustees, für einen neuen beneficiary zu halten, sei ebenso wie die Errichtung eines trust an einem equitable interest daher formlos möglich. Gegensätzlich entschieden der Court of Appeal und das House of Lords: Wenn der beneficiary eines trust die trustees anweise, das Treugut an seiner Statt für einen Dritten zu halten, bewirke dies ebenso wie die echte Übertragung einen Übergang des equitable interest auf einen Rechtsnachfolger und müsse deshalb unter Wertungsgesichtspunkten der Rechtsübertragung gleichgestellt werden. Auf die hier nicht entscheidungserhebliche Frage, ob die Errichtung eines sub-trust gleichfalls als disposition i. S. v. sec. 53(1)(c) LPA 1925 anzusehen sei, gingen die Gerichte nicht ein. 239 Grey v. Inland Revenue Commissioners [1958] Ch. 375, 382 (Upjohn J.: „For myself, I can see no real distinction between the two cases that may be put: (1) the donor says: ‚I declare myself a trustee of my equitable interest for the donee‘; the legal effect of that is that the trustees become trustees of the equitable interest for the donee and the donor disappears from the picture; and (2) the donor says: ‚I direct you the trustees to hold upon trust for the donee.‘ Both seem to me to be really indistinguishable methods of operating to transfer the equitable title by way of declaration of trust in contrast to doing so by way of assignment.“). 240 So im Kontext der Auslegung des Begriffs der „disposition“ i. S. v. sec. 53(1)(c) LPA 1925 (Grey v. IRC [1958] Ch. 690, 715 (Lord Evershed MR: „Upjohn J. pointed out at the end of his judgment that the word ‚disposition‘ is one of wide import, general rather than precise. Many contexts could no doubt be found in which the word or its derivatives would cover any means whereby the owner of any right or property succeeded in getting rid of that which he formerly enjoyed. But if the word bears this widest significance, then does the validity of a parol declaration of trust of personalty now survive? […] But in the case at any rate of such a declaration by one who is the owner beneficially of property, the legal estate in which is vested in another as trustee for him – what is referred to in the American Restatement (1935) ‚Trusts‘ edited by Professor Austin Scott of Harvard University, as ‚sub-trusts‘ – the practical effect would seem, in common sense, to amount, or to be capable of amounting, to the ‚getting rid of‘ a trust or equitable interest then subsisting.“).
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kreis des B als vermeintlichem sub-trustee – offenbar einen vollständigen Übergang der Rechtsstellung des B auf C bewirken. Mit Ausnahme des vagen Verweises auf „common sense“ sucht man eine Begründung für diese – ohne jegliche Belege – vorgebrachte Ansicht in beiden Urteilen vergeblich. Aus der von Lord Evershed MR verwendeten abgeschwächten Formulierung wird schon nicht klar, ob der wirtschaftliche Effekt oder die Rechtsfolgen der Errichtung eines sub-trust beschrieben werden. Zudem kam es für die Entscheidungsbegründung in Grey v. Inland Revenue Commissioners auf die Ausdeutung sog. sub-trusts überhaupt nicht an, zumal in der zugrundeliegenden Fallgestaltung gar kein sub-trust begründet worden war. Streitentscheidend war vielmehr die anders gelagerte Frage, ob der „indirekte“ Übergang eines equitable interest auf einen Rechtsnachfolger (C) des beneficiary (B) durch die den trustees (A) erteilte Weisung, das Treugut forthin für C zu halten, dem Schriftformerfordernis gem. sec. 53(1)(c) LPA 1925 unterliege und demgemäß eine hierüber ausgestellte Urkunde stempelsteuerrechtlich relevant sei. Dass das House of Lords in der Revisionsentscheidung auf die Rechtsfolgen der Errichtung eines sub-trust oder gar auf die Frage der Formbedürftigkeit des subtrust mit keiner Silbe einging, darf daher kaum überraschen. Die obiter dicta sind bestenfalls von einer gewissen autoritativen Bedeutung; die erforderliche sachliche Rechtsfertigung der gesetzlichen Umdeutung des sub-trust in eine translativ Sukzession ersetzen sie nicht. Angesichts dessen wird in der Literatur auch überwiegend auf ältere Rechtsprechung, namentlich auf Burgess v. Wheate,241 Head v. Lord Teynham,242 Grainge v. Wilberforce,243 Onslow v. Wallis 244 sowie In re Lashmar 245 verwiesen, aus der sich angeblich ein Rechtsgrundsatz herausschälen lasse, dass zumindest ein passive subtrust nicht bloß im praktischen Ergebnis, sondern materiellrechtlich eine Rechtsnachfolge in die Position des beneficiary bewirke.246 Wie im Folgenden aufgezeigt wird, beruht diese Sichtweise auf einer unrichtigen Interpretation der einschlägigen Entscheidungsgründe und obiter dicta. Ausdrücklich oder auch nur implizit wurde in keiner der Entscheidungen – auch nicht in Grainge v. Wilberforce – postuliert, dass der Intermediär B aus dem Dreipersonenverhältnis zwischen A, B und C ex lege und ipso iure ausscheide, mithin ein („nackter“) sub-trust materiellrechtlich 241 Burgess v. Wheate (1759) 1 Eden 177; 28 E. R. 652. Laut der Regel in Burgess v. Wheate steht dem trustee das in einen – in Ermangelung bestimmbarer beneficiaries nicht wirksam in Kraft getretenen – testamentarischen trust eingebrachte Nachlassvermögen zum eigenen Vorteil zu, wenn schlicht niemand vom trustee die bestimmungsgemäße Ausführung des trust verlangen kann; dies lag freilich auch daran, dass nach damaligem Recht das gesetzliche Rückfallrecht der Krone in Bezug auf equitable interests in land nicht galt 182. 242 Head v. Lord Teynham (1783) 1 Cox 57; 29 E. R. 1060. 243 Grainge v. Wilberforce (1889) 5 T. L.R. 436. 244 Onslow v. Wallis (1849) 1 Mac. & G. 506; 41 E. R. 1361. 245 In re Lashmar [1891] 1 Ch. 258. 246 Siehe z. B. Oakley, Constructive Trusts3, S. 278–279 mit Fn. 13; Battersby [1979] Conv. 17, 28, 38, der zusätzlich noch auf die dissentierenden Voten von Lord Cohen und Lord Radcliffe in Oughtred v. Inland Revenue Commissioners [1960] A. C. 206 Bezug nimmt; zu dieser Entscheidung näher § 4 III. 3. a) dd).
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eine Abtretung des equitable interest von B an C sei. Sachargumente für die präsumtive rechtstransportierende Wirkung von „passiven“ sub-trusts sind den Entscheidungen erst recht nicht zu entnehmen. Vielmehr dürfte sich aus dem Leitsatz der Entscheidung des Kanzleigerichts in Head v. Lord Teynham die allgemeine Regel entfalten lassen, dass B – soweit er als sog. bare sub-trustee kein materielles Interesse am Treugut geltend machen kann – nicht intervenieren kann und darf, wenn C zwecks bestimmungsgemäßer Beendigung des (principal) trust Ansprüche gegenüber A erhebt und/oder dieser auf Weisung des C bestimmungsgemäß über das trust property verfügt.247 Auch diese Regel hat sich zwar noch längst nicht in Rechtsprechung und Lehre zu einem allgemein konsentierten Rechtssatz verfestigt. Andererseits hat sich die nachfolgende Rechtsprechung von dem Urteil aus Head v. Lord Teynham, soweit ersichtlich, niemals distanziert. Soweit die jüngere Rechtsprechung und die neuere Lehre doppel- und mehrstöckige (bare) trusts nicht mehr korrigierend in eine Kettenabtretung des equitable interest umdeutet, wird deswegen auch klargestellt, dass u. U. eine direkte Auseinandersetzung zwischen A und C in Betracht komme.248 Richtigerweise geht es hier aber allein um das Abwicklungs- oder Zuwendungsverhältnis;249 die treuhänderischen Rechtsbeziehungen zwischen A und B einerseits und B und C andererseits sind ebenso wie die sachenrechtlichen Positionen der Beteiligten scharf zu unterscheiden. Der Entscheidung des Kanzleigerichts in Head v. Lord Teynham250 lag eine von den beneficiaries eines kraft letztwilliger Verfügung errichteten trust gegen die trustees erhobenen Klage zugrunde. Der Erblasser hatte den trustees eine auf 500 Jahre befristete lease an seinem Grundbesitz eingeräumt und die trustees angewiesen, aus dem Verkauf der lease einen Erlös von £ 4.000 zu erzielen und diesen Betrag sodann unter den sechs jüngeren Kindern aufzuteilen. Zwei der Geschwister übertrugen ihre Anteile aus dem trust wiederum an einen anderen trustee, der die Anteile für zwei der sechs Geschwister halten sollte. Zum Verkauf der lease kam es nicht; die „cestuis que trust“ erhoben dementsprechend Klage auf bestimmungsgemäße Ausführung der Erblasseranordnungen. Aus der verkürzten Urteilswiedergabe in den Rechtsprechungssammlungen ergibt sich nicht eindeutig, ob alle der ursprünglich begünstigten sechs Abkömmlinge des Erblassers oder allein die nach der Abtretung und der Errichtung des sub-trust noch begünstigten vier Kinder Klage erhoben hatten. Jedenfalls waren zumindest diese vier materiell begünstigten Kinder am Verfahren beteiligt, nicht aber der sub-trustee, auf den die beiden anderen Geschwister ihre equitable interests übertragen hatten. Streitig war zum einen in verfahrensrechtlicher Hinsicht, ob die beneficiaries ohne prozessuale Beteiligung des sub-trustee aktivlegitimiert waren; zum anderen stellte sich die 247 Vgl.
Green [1984] 47 M. L.R. 385, 398. Nelson v. Greening & Sykes (Builders) Ltd. [2007] EWCA Civ 1358; zustimmend McGhee (-Fox), Snell’s Equity33, Rn. 21-006 (in Bezug auf bare sub-trusts). 249 Vgl. auch Penner, The Law of Trusts10 , Rn. 6.22, der freilich meint, dass den trustees des head trust eine direkte Auseinandersetzung mit dem sub-beneficiary kaum anzuraten ist. Schließlich dürften sich die trustees nicht in das fiduziarische Rechtsverhältnis zwischen dem sub-trustee und dem sub-beneficiary unerlaubt einmischen, indem sie z. B. Erträge des Treuhandvermögens unmittelbar an den sub-beneficiary auskehrten; in Betracht komme insoweit eine fiduziarische Haftung als trustee de son tort aus dem sub-trust. 250 Head v. Lord Teynham (1783) 1 Cox 57; 29 E. R. 1060. 248
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materiellrechtliche Frage, ob ein Verkauf der lease ohne Mitwirkung des sub-trustee vollzogen werden könne. Die Klage hatte Erfolg. Nach Ansicht des Kanzleigerichts kam es weder auf eine prozessuale Beteiligung des zwischengeschalteten trustee noch auf dessen Zustimmung zum Verkauf der lease an. Wenngleich jedenfalls in den Rechtsprechungssammlungen keine nähere Entscheidungsbegründung enthalten ist, ist die Entscheidung im Ergebnis plausibel. Zwar hielt der sub-trustee aufgrund der Anteilsübertragung selbst auch equitable interests unter dem testamentarischen trust und war deshalb präzise betrachtet neben den verbliebenen vier Kindern als Einzelrechtsnachfolger von zwei Geschwistern einer der cestuis que trust. Angesichts dessen ist der Leitsatz der Entscheidung, es seien ja alle cestuis que trust prozessual beteiligt gewesen, zumindest missverständlich. Aus verfahrensökonomischen Gründen leuchtet aber ein, warum in dieser Konstellation keine notwendige Streitgenossenschaft zwischen dem sub-trustee und den (anderen) cestuis que trusts, d. h. den vom Erblasser (ursprünglich) begünstigten Kindern, bestand: Ausschlaggebend war, dass auf Klägerseite auch die Kinder die Auflösung des testamentarischen trust begehrten, zu deren Gunsten der sub-trust errichtet worden war. Einer hypothetischen Weisung, den sub-trust unter Übertragung des equitable interest auf die sub-beneficiaries nach der Regel aus Saunders v. Vautier 251 abzuwickeln, hätte sich der sub-trustee nicht widersetzen können; er hielt die Anteile der ausgeschiedenen Abkömmlinge ausschließlich zum Vorteil dieser sub-beneficiaries. Aufgrund seiner (insoweit bestehenden) Weisungsgebundenheit hätte er dem von den sub-beneficiaries gewünschten Verkauf der lease aber gleichfalls zustimmen müssen. Sowohl der testamentarische trust als auch der sub-trust zielten ja darauf ab, dass der Erlös den jeweils begünstigten Abkömmlingen des Erblassers zugutekommt. Ein eigenes rechtliches oder wirtschaftliches Interesse am Ausgang des Rechtsstreits hatte der sub-trustee nicht; seine Beteiligung als Prozesspartei war deshalb nach prozessrechtlichen Grundsätzen entbehrlich.252
Als autoritative Bestätigung der früher vorherrschenden These, dass ein passive sub-trust in Wirklichkeit ein trust zwischen trustee und sub-beneficiary unter Wegfall des sub-trustee sei, lässt sich Head v. Lord Teynham nach alldem nicht anführen. Ausweislich des Leitsatzes schien das Kanzleigericht vielmehr davon auszugehen, dass die Übertragung der Anteile unter dem sub-trust ein echtes fiduziarisches Rechtsverhältnis zwischen dem Erwerber und den jeweils begünstigten Geschwistern konstituierte, denn anderenfalls hätte das Gericht jenen – wenn ein direktes fiduziarisches Rechtsverhältnis zwischen den trustees des testamentarischen trust und den aus dem sub-trust begünstigten Kindern zustande gekommen wäre – schon nicht als „intermediate trustee“ bezeichnen dürfen. Zudem kam es auf die Unterscheidung zwischen special trusts und bare trusts nicht an; aus der Entscheidung lässt sich nicht entnehmen, ob dem intermediate trustee besondere Pflich251
(1841) 4 Beav. 115; 41 E. R. 482; siehe hierzu Fn. 169.
252 Näher Tham [2017] 31 Tru. L. I. 76, 87–89 unter Verweis auf Fletcher v. Ashburner (1779) 1
Bro. C. C. 497; 28 E. R. 1259. Dass es ferner beim Verkauf des lease nicht auf die Mitwirkung des sub-trustee ankam, war offensichtlich; schließlich hielten die trustees des testamentarischen trust den zu verkaufenden lease als Rechtsinhaber; als bloßer Inhaber eines Anteilsrechts in Equity konnte der sub-trustee rechtsgeschäftlich ohnedies nicht über den fremdnützig gehaltenen lease disponieren, sondern ausschließlich über den zugunsten zwei der Kläger fremdnützig gehaltenen equitable interest.
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ten auferlegt und Entscheidungskompetenzen verliehen worden waren.253 Aus der Entscheidung dürfte sich aber, wie vorstehend skizziert, die allgemeine Regel ableiten lassen, dass jedenfalls dann eine auf bestimmungsgemäße Ausführung und Beendigung des principal trust erhobene Klage des sub-beneficiary gegen den trustee des principal trust auch ohne Beteiligung des sub-trustee zulässig ist, wenn der sub-trustee – nach Maßgabe von Saunders v. Vautier 254 – auf Verlangen des subbeneficiary diesem ohnehin jederzeit den fremdnützig gehaltenen equitable interest übertragen müsste. Schließlich könnte sich der sub-beneficiary sofort die vom weisungsgebundenen sub-trustee treuhänderisch gehaltene Rechtsstellung einverleiben. Dieser verschwindet zwar nicht eo ipso von der Bildfläche, darf aber nicht weisungswidrig der Abwicklung des principal trust entgegenstehen.255 Lässt sich nach alldem aus Head v. Lord Teynham nichts für die These des „dropping out“, wohl aber für die hier vertretene Sichtweise entnehmen, dass sich der sub-trustee einem berechtigten Auflösungs- und Übertragungsverlangen seitens des unter dem sub-trust „absolut begünstigten“ sub-beneficiary gegenüber dem trustee des principal trust nicht widersetzen darf und deshalb auch nur prozessual „keine Rolle spielt“,256 ergibt sich aus Onslow v. Wallis 257 nichts anderes. Sowohl die Entscheidung Onslow v. Wallis des Kanzleigerichts als auch das daran anknüpfende Urteil In re Lashmar des Court of Appeal kreisen um die Zuweisung des unter einem principal trust gehaltenen Treuguts zwischen trustee und sub-trustee bei (teilweisem) Wegfall potentieller sub-beneficiaries.258 Unter ausdrücklicher 253 Green [1984] 47 M. L.R. 385, 398 geht demgegenüber – vermutlich in Ermangelung anderer Anhaltspunkte – davon aus, dass der Entscheidung in Head v. Lord Teynham ein bare subtrust zugrundelag, meint aber auch, dass dies letztlich nicht entscheidungserheblich gewesen sei. 254 (1841) 4 Beav. 115; 41 E. R. 482. 255 Zwar entspricht die Fallgestaltung in Head v. Lord Teynham nicht der schematischen Konstellation, in der A als trustee für B hält, der wiederum seinen equitable interest für C hält; vielmehr hielten die sub-beneficiaries (also C1 und C2) zugleich auch selbst equitable interests unter dem principal trust (waren also mit B5 und B6 personenidentisch), während B3 und B4 ihre Anteile auf einen personenverschiedenen trustee (als einzigem sub-trustee) übertragen hatten. Zudem waren B1 und B2 an der Klage gegen A ohnedies auch beteiligt, so dass zumindest teilweise eine Streitgenossenschaft zwischen B und C vorlag (nämlich von B1, B2, B5=C1 und B6=C2); nicht beteiligt war demgegenüber nur der Rechtsnachfolger von B3 und B4. Letztlich ist dies aber nicht ausschlaggebend: Auch wenn kein einziger beneficiary des principal trust auf Seiten des sub-beneficiary prozessiert, steht dies der Zulässigkeit der gegen den trustee erhobenen Klage ausnahmsweise nicht entgegen, wenn, wie gezeigt, der beneficiaries des principal trust einer auf Auflösung des sub-trust gerichteten Weisung des sub-beneficiary ohnedies nicht widersprechen kann. Dies bedeutet aber andererseits auch nicht, dass der sub-trustee generell keine Rolle mehr spielt, denn der Umstand, dass der sub-beneficiary uneingeschränkt und ausschließlich aus dem sub-trust berechtigt wird („absolutely entitled“) und sich demgemäß auf die Regel in Saunders v. Vautier berufen kann, schließt nicht aus, dass dem sub-trustee kraft Gesetzes oder kraft einseitigen Rechtsgeschäfts (scil.: trust instrument) fiduziarisch gebundene Befugnisse mit Ermessensspielraum verliehen sind. 256 Richtig Green [1984] 47 M. L.R. 385, 398; Matthews (2005) 6 P. C.B. 336, 340. 257 Onslow v. Wallis (1849) 1 Mac. & G. 506; 41 E. R. 1361. 258 Freilich ging es – entgegen Green [1984] 47 M. L.R. 385, 397 – nur in Re Lashmar, nicht auch in Onslow v. Wallis um die Zuweisung eines reinen „windfall profit“, denn im letzteren Fall
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Abgrenzung von Burgess v. Wheate259 bestätigte das Kanzleigericht in Onslow v. Wallis einmal mehr die konstitutive Wirkung von sub-trusts, ohne dabei zwischen „echten“ oder „aktiven“ sub-trusts und „unechten“ oder „passiven“ sub-trusts zu differenzieren. Auf den Zuweisungsgehalt der Rechtsstellung der sub-beneficiaries und den Handlungsspielraum der sub-trustees kam es für die Entscheidungsfindung nicht an. In diesem Fall prozessierten die sub-trustees (Onslow und Gray) eines testamentarisch errichteten trust gegen den alleinigen trustee (Wallis) des principal trust, aus dem die Erblasserin und Bestellerin des testamentarischen trust berechtigt war. Unter diesem principal trust hatte der vorverstorbene Ehegatte der späteren Erblasserin mehrere freehold estates bereits zu Lebzeiten auf den Beklagten zum (ausschließlichen) Vorteil seiner Frau – der Erblasserin – und ihrer Rechtsnachfolger übertragen. Sie selbst wendete ihre Rechte am Grundbesitz letztwillig den beiden Klägern als trustees mit der Maßgabe zu, den Grundbesitz zu veräußern und aus dem Erlös die Erblasserschulden zu berichtigen und sodann den Resterlös den Vermächtnisnehmern (legatees) zukommen zu lassen (sog. trust for sale). Zu Lebzeiten hatte die Erblasserin über ihre Rechte an dem Grundbesitz aus dem von ihrem Gatten errichteten trust nicht verfügt. Nachdem sie verstorben war, konnten ihre gesetzlichen Erben nicht ermittelt werden. Ungewiss war zudem, wer als legatee unter dem trust berechtigt war. Die Kläger behaupteten, die Erblasserin habe die Vermächtnisse in einer weiteren Urkunde konkretisiert, die aber nicht auffindbar sei. Unstreitig standen diverse Erblasserschulden offen, weshalb die Kläger die Übertragung der treuhänderisch vom Beklagten gehaltenen legal estates in land verlangten, um diese entsprechend den Anordnungen der Erblasserin zu verwerten. Der Beklagte reklamierte die Grundstücke für sich. Der Beklagte argumentierte, dass die Kläger aus dem vom Ehegatten der Erblasserin errichteten trust nicht begünstigt würden; er sei den Klägern daher nicht zur Übertragung der estates verpflichtet; zudem sei er bereit, die ausstehenden Erblasserschulden selbst zu begleichen. Lord Cottenham L. C. wies die Einwände des Beklagten zurück und gab der Klage statt. Im Gegensatz zur vorausgegangenen Entscheidung Burgess v. Wheate stehe den Klägern hier ein Anspruch auf Übertragung des Treuguts zu; diese seien aus dem testamentarischen trust der Erblasserin dazu berechtigt, die derzeit noch vom Beklagten treuhänderisch gehaltenen legal estates im Einklang mit den Anordnungen der Erblasserin zu verwalten.260 Der Beklagte dürfe das trust property deshalb nicht für eigene Rechnung zurückhalten; die Regel aus Burgess v. Wheate greife nur dann ein, wenn niemand mehr vom trustee die bestimmungsgemäße Ausführung des trust verlangen könne.261 Der vollwirksam errichtete sub-trust scheiterte also nicht an der mangelnden Identifizierbarkeit potentiell begünstigter sub-beneficiares (d. h. legatees), zumal sich dieses Problem in Bezug auf die Gläubiger der Erblasserin nicht stellte.262 Unerheblich war, dass die Kläger einem aus dem avisierten Verkauf des Grundbesitzes erzielten Überschuss nach Berichtigung der Erblasserverbindlichkeiten für eigene Rechnung hätten verwenden dürfen, weil es dann keine beneficiaries mehr gab, an die sie den Erlös hätten auskehren können. Zwar war im Testament nicht ausdrücklich bestimmt, dass ein etwaiger Überschuss den Klägern (als sog. gift over) gebührte; eine war die Ausführung des sub-trust gerade nicht mangels nachträglichen Wegfalls sämtlicher beneficiaries unmöglich geworden; es lag, wenn man so will, nur teilweise Unmöglichkeit vor. 259 Zur Regel aus Burgess v. Wheate siehe bereits Fn. 182. 260 514–515; 1364–1365. 261 514–515; 1364–1365. 262 Vgl. Tham [2017] 31 Tru. L. I. 76, 81.
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Auslegungsalternative bestand freilich mangels gegenteiliger Anordnungen der Erblasserin nicht. Im Verhältnis zum Beklagten spielte all dies aber keine Rolle, weil dieser den nur treuhänderisch gehaltenen legal estate jedenfalls nicht für eigene Rechnung halten durfte, soweit die trustees der aus dem principal trust begünstigten Erblasserin unter dem von dieser errichteten sub-trust noch zum Verkauf des Grundbesitzes zwecks Berichtigung der Erblasserverbindlichkeiten verpflichtet waren. Denn dies setzte notwendig voraus, dass sie sich selber die legal estates an den Anwesen verschaffen – ein trustee unterliegt schließlich allgemein der duty to call in the trust property –, um diese – wie von der Erblasserin angeordnet – zu verkaufen. Dass Lord Cottenham L. C. den letztwilligen sub-trust anerkannte und nicht in eine translative Sukzession des unter dem trust des Gatten der Erblasserin geschaffenen equitable interest in land an die (nur teilweise bestimmbaren) sub-beneficiaries umdeutete, hatte somit nichts damit zu tun, dass es sich um einen sog. special trust handelte, der dem Kläger eine Veräußerungsbefugnis zwecks bestimmungsgemäßer Berichtigung der Erblasserschulden verlieh.263
Wenngleich die vorstehend referierte Entscheidung des Kanzleigerichts die These vom automatischen Wegfall des bare sub-trustee nicht unterstützt,264 wird Onslow v. Wallis von den Vertretern dieser Lehre der nachfolgenden Entscheidung In re Lashmar vor allem deshalb kontrastiv gegenübergestellt, um die angeblich gegensätzliche Wirkungsweise von (konstitutiven) active sub-trusts und (translativen) passive sub-trusts zu untermauern.265 In der Tat wies der Court of Appeal hier eine gegen den trustee gerichtete Klage des sub-trustee auf Übertragung des legal estate – unter Abgrenzung von Onslow v. Wallis – ab, wobei Bowen L. J. zur Begründung u. a. darauf abhob, dass ein bare trust vorliege, und Fry und Lindley L.JJ. ebenfalls argumentierten, dass der Kläger keinen (aktiven) Pflichten aus dem sub-trust (im maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt) unterliege.266 Sorgfältige Entscheidungsanalyse erhellt indes, dass die induktive Schlussfolgerung, dass ausschließlich bei aktiver Pflichtenstellung des sub-trustee ein echter trust entstehe, über das ratio decidendi des Urteils hinausschießt.267 Richtigerweise entscheidet nicht Art und Umfang des Pflichtenprogramms des sub-trustee darüber, ob dieser einen Anspruch auf Übertragung des dem principal trust unterliegenden Treuguts gegen dessen trustee geltend machen kann. Maßgeblich ist vielmehr, ob der sub263 Ebenso Tham [2017] 31 Tru. L. I. 76, 81–82. Als sub-trustees waren die Kläger schließlich nach den Anordnungen der Erblasserin zum Verkauf der Grundstücke – nach Erwerb der legal estates in land vom Beklagten – sowie zur treuhänderischen Haltung des Erlöses verpflichtet. Auch wenn es sich um einen bare trust gehandelt hätte, wäre nicht anders zu entscheiden gewesen, sofern die Erfüllung der dem sub-trustee unter dem sub-trust auferlegten Pflichten – wie hier – nicht in Ermangelung von beneficiaries bzw. wegen nachträglichen Wegfalls aller beneficiaries nachträglich objektiv unmöglich geworden und der sub-trust somit endgültig gescheitert wäre. Aus der Entscheidung lässt sich daher nicht e contrario herleiten, dass die Entscheidung bei hypothetischer testamentarischer Errichtung eines bare sub-trust anders ausgefallen wäre. 264 Zutreffend insoweit Green [1984] 47 M. L.R. 385, 397. 265 Siehe etwa Battersby [1979] Conv. 17, 28, 38; Hayton and Marshall (-Hayton), Commentary and cases on the law of trusts and equitable remedies11, Rn. 2–43. 266 In re Lashmar [1891] 1 Ch. 258, 267–268 (Lindley L. J.), 268 (Bowen L. J.), 269 (Fry L. J.). 267 Vgl. Tham [2017] 31 Tru. L. I. 76, 81, 82–85 mit ausführlicher Entscheidungsbesprechung; ähnlich auch Green [1984] 47 M. L.R. 385, 397.
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trust überhaupt ausgeführt werden kann oder mangels zu begünstigender Personen von selbst scheitert. Auch die Entscheidung In re Lashmar darf deshalb nicht dahin missinterpretiert werden, dass ein bare sub-trustee generell wegfalle; auf die Unterscheidung zwischen active sub-trusts und passive sub-trusts kam es in der Entscheidung des Court of Appeal nicht an. Hier hatte der im Jahr 1859 verstorbene Peter Lashmar (P. L.) sein gesamtes Vermögen unter einem testamentarischen trust dem Beklagten (Penfold) und zwei weiteren trustees mit der Maßgabe übertragen, drei freehold estate zugunsten bestimmter legatees (u. a. seiner Schwägerin Jane Lashmar (J. L.)) jeweils auf Lebenszeit und einen der estates anschließend „absolut“ zugunsten seines Verwandten Charles Lashmar (C. L.) zu halten. Dieser wiederum hatte sein gesamtes Vermögen durch letztwillige Verfügung auf den Kläger (Moody) als trustee übertragen, seiner Frau ein lebenslanges Nutzungsrecht vermacht und seinen außerehelichen Sohn George Hartnup (G. H.) als Endbegünstigten des trust eingesetzt.268 C. L. verstarb im Jahr 1868, G. H. im Jahr 1880 und die Witwe des C. L. im Jahr 1886. Im Zeitpunkt des Todes der Witwe war das C. L. von P. L. vermachte Vindikationslegat noch nicht angefallen, weil die als life tenant begünstigte J. L. erst 1889 verstarb. G. H. verstarb erbenlos.269 Als J. L. verstarb, begehrte der Kläger vom Beklagten als dem letztverbliebenen trustee des P. L. vergeblich die Übertragung des legal estate an dem Anwesen, das der Beklagte – so die Argumentation des Klägers – nach dem Ableben der life tenants für C. L. (oder dessen Erben) halten und deshalb dem Kläger – in seiner Funktion als trustee des C. L. – übertragen müsse. Auf die Berufung des Beklagten hob der Court of Appeal das erstinstanzliche Urteil von Kekewich J. (für den High Court) auf und wies die Klage einstimmig ab. Klarstellend stellte Lindley L. J. fest, dass nach dem Willen der beiden Erblasser weder dem Kläger noch dem Beklagten der streitgegenständliche estate gebühre. Letztlich solle der estate dann aber bei dem Beklagten bleiben, weil der Kläger – aufgrund des Wegfalls aller potentiellen beneficiaries des von C. L. errichteten letztwilligen trust – keinen treuhänderischen (Verwaltungs- und Verfügungs-)Pflichten mehr unterliege und daher als potentiell Begünstigter des von P. L. errichteten letztwilligen trust außer Betracht bleiben müsse.270 Dem schloss sich Bowen L. J. an. Er meinte, dass der legal estate am streitgegenständlichen estate nach dem maßgeblichen Testierwillen des C. L. nur während der Lebenszeit der Witwe vom Be268 Unter diesem trust hatte C. L. dem Kläger ausdrücklich Verwaltungsbefugnisse, insbesondere Investionsbefugnisse mit weitem Auswahl- und Entschließungsermessen verliehen; die Ausübung dieser Befugnisse war freilich an die Zustimmung seiner Witwe als life tenant resp. seines Sohnes als Endbegünstigten geknüpft. 269 Das Anwartschaftsrecht des G. H. fiel nicht etwa der Krone als herrenloses Vermögen nach der Lehre des escheat an; diese bezog sich nach damaligem Recht nicht auf equitable interests in real property. Dies änderte sich erst durch den Intestates Estate Act 1884, der die Lehre des escheat auf equitable interests in land erstreckte; der zeitliche Anwendungsbereich dieses Gesetzes – das durch den AEA 1925 und den LPA 1925 abgelöst wurde – war beim Todesfall des G. H. (1880) nicht eröffnet (vgl. In re Lashmar [1891] 1 Ch. 258, 261; Tham [2017] 31 Tru. L. I. 76, 83–84). Auch das seinerzeit auf personal property begrenzte gesetzliche Erbrecht der Krone (bona vacatia) war nicht einschlägig; dies änderte sich erst durch den AEA 1925. 270 In re Lashmar [1891] 1 Ch. 258, 267–268 (Lindley L. J.: „[…] upon the true construction of this will, Moody, the trustee under it, having no duty whatever to discharge, and having nothing on earth to do with the property, cannot take the house in question from Penfold, who has got it. It appears to me that the true way to regard this will is to look through Moody as nobody. So it comes to this. The property is in Penfold on trust for nobody at all. Therefore, he keeps it; and accordingly the appeal must be allowed.“).
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klagten hätte eingefordert werden können, nicht aber nach deren Ableben; in diesem Zeitpunkt habe sich der von C. L. verfügte trust in einen bare trust verwandelt.271 Desgleichen Fry L. J. führte aus, dass der Kläger den legal estate deshalb nicht beanspruchen könne, weil er keinen fiduziarischen Pflichten mehr unterläge und der gesamte „equitable estate“ nach dem Testament des C. L. dem G. H., nicht aber dem Kläger als dessen trustee, zustehe; auf die im Testament bestimmten Verwaltungs- und Verfügungsbefugnisse komme es nicht an, weil diese (kumulativ) durch das Erreichen der Volljährigkeit des G. H. und den Tod von J. L. auflösend befristet seien.272
Im Ergebnis ist die Entscheidung richtig, wenngleich die Argumentation der Richter – aufgrund ungenauer und missverständlicher Analyse der sachenrechtlichen Zuordnungsverhältnissen at law und in equity – nur in Teilen überzeugt.273 Zunächst ging der legal estate in fee simple am streitgegenständlichen land im Zeitpunkt des Todes des P. L. als estate owner auf dessen executors über, die mit den von P. L. eingesetzten trustees identisch waren; diese hielten den legal estate als joint tenants, so dass nach Ableben der anderen joint tenants der Beklagte als alleiniger Rechtsinhaber at law übrig blieb. Bis zum Tod der J. L. hielt der Beklagte den legal estate als deren trustee und hätte das „Grundstück“ sodann dem Kläger als executor und trustee des C. L. übertragen müssen, sollte doch der fee simple estate nach dem ausdrücklich erklärten Willen des P. L. dem C. L. (resp. dessen Rechtsnachfolgern) ausschließlich eigennützig zustehen. Präzise betrachtet verwandelte sich der von P. L. verfügte principal trust mit dem Tod der J. L. als letztverbliebener beneficiary des Nachlasses des P. L. in einen sog. bare trust zugunsten des Klägers, der als alleiniger (treuhänderisch gebundener) Rechtsnachfolger des C. L. übrig blieb. Das auf den Erwerb des legal estate am Grundstück gerichtete Anwartschaftsrecht (equitable estate in remainder), welches sich zugunsten des C. L. aus dem von P. L. errichteten trust ergab, ging nämlich auf den Kläger als Gesamtrechtsnachfolger des C. L. bei dessen Tod im Jahr 1864 über. Kehrseite der treuhänderischen Bindung dieses Anwartschaftsrechts war, dass der auf Lebenszeit eingesetzten Witwe ein „subsidiärer“ life estate am Anwartschaftsrecht und G. H. ein final auf den Erwerb dieses Anwartschaftsrechts gerichtetes zweites Anwartschaftsrecht zustand. Mit dem Tod des erbenlosen G. H. war dieses subjektlose „doppelstöckige“ Anwartschaftsrecht erloschen; gleiches galt für den (selbstverständlich unvererblichen) life interest der Witwe bei deren Ableben. Im Unterschied zu Onslow v. Wallis waren somit zugleich alle treuhänderischen Pflichten unter dem von C. L. verfügten trust im maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt erloschen, die Erfüllung derselben war schon schon aufgrund des Wegfalls aller potentiellen beneficiaries objektiv unmöglich. Aus dem Testament des C. L. ergab sich kein Anhaltspunkt dafür, dass in diesem Fall dem Kläger als trustee oder einem Dritten der Nachlass gebühren solle. Missverständlich ist deshalb die von Bowen L. J. vertretene Ansicht, der von C. L. verfügte trust habe sich bei Fortfall der beneficiaries in einen bare trust verwan271
In re Lashmar [1891] 1 Ch. 258, 268 (Bowen L. J.). In re Lashmar [1891] 1 Ch. 258, 269 (Fry L. J.). 273 Präziser dagegen Tham [2017] 31 Tru. L. I. 76, 82–84. 272
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delt.274 M. E. war zu diesem Zeitpunkt der von C. L. verfügte trust endgültig fehlgeschlagen und damit erloschen (express) trust, zumal eine Umwandlung in einen bare trust die Existenz eines beneficiary zwingend voraussetzt (sog. beneficiary principle).275 Folglich entstand zugunsten der gesetzlichen Erben des C. L. kraft Gesetzes ein sog. resulting trust.276 Das Gericht hat sich mit dieser denkbaren Variante freilich nicht auseinandergesetzt, zumal weder Kekewich J. (für den High Court) noch die Prozessbevollmächtigten diese Möglichkeit überhaupt nur in Erwägung gezogen hatten.277 Wenn man unterstellt, dass im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung auch kein resulting trust zugunsten eines gesetzlichen Erben (heir) des C. L. existierte, war der Kläger seiner fiduziarischen Bindung als trustee vollständig enthoben. Weil der Kläger aber aus dem von C. L. errichteten Testament allenfalls als trustee und executor Rechte geltend machen konnte, eine Testamentsvollstreckung aber inzwischen nicht mehr in Betracht kam, war somit auch die zweckgebundene sachenrechtliche Position des Klägers erloschen. Aus dem Testament des C. L. vermochte er daher im Verhältnis zu dem Beklagten keine Ansprüche hinsichtlich des Nachlasses des P. L. herzuleiten. Dass dies letztlich zu einem windfall des Beklagten führte, weil zugleich auch der von P. L. errichtete trust jedenfalls hinsichtlich des streitgegenständlichen estate wegen des ersatzlosen Wegfalls des Endbegünstigten fehlgeschlagen war, war unerheblich; insoweit griff die Regel aus Burgess v. Wheate278 ein.279 Der entscheidende Unterschied zu Onslow v. Wallis liegt also darin, dass die Kläger in Onslow v. Wallis immer noch eine (zweckgebundene) sachenrechtliche Position unter dem principal trust innehatten, weil die bestimmungsgemäße Ausführung des letztwillig verfügten sub-trust im maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt nur teilweise, aber nicht vollständig wegen Wegfalls jeglicher beneficiaries rechtlich unmöglich war, wenngleich sich der Zweck des principal trust (im Hinblick auf das streitgegenständliche Anwesen) gleichfalls bereits erledigt hatte. Aus In re Lashmar und Onslow v. Wallis ist somit die Regel abzuleiten, dass der sub-trustee vom principal trustee ausschließlich, aber immer auch dann die Übertragung des von diesem treuhänderisch (ausschließlich) zugunsten des sub-trustee gehaltenen Rechts nach Maßgabe von Saunders v. Vautier verlangen kann, wenn und 274
In re Lashmar [1891] 1 Ch. 258, 268 (Bowen L. J.). Siehe nur Lewin (-Tucker/Le Poidevin/Brightwell), Trusts19, Rn. 4-043 m. w. N. 276 Zur Lehre vom resulting trust bei letztwilligen Verfügungen näher Lewin (-Tucker/L e Poidevin/Brightwell), Trusts19, Rn. 8-013–8-017. Schlug die beabsichtigte Zuwendung des beneficial interest unter einem testamentarischen trust fehl, fiel der beneficial interest an Grundvermögen des Erblassers nach dem damaligen Recht (bis 1925), falls kein Ersatzbegünstigter bestimmt worden war, dem gesetzlichen Erben (heir) zu; personal property fiel dagegen an die nächsten Angehörigen (next-of-kin). 277 Siehe auch Green [1984] 47 M. L.R. 385, 397, der die Lehre vom resulting trust hier jedoch – ohne Begründung – für unanwendbar erachtet. 278 Burgess v. Wheate (1759) 1 Eden 177; 28 E. R. 652; siehe hierzu bereits Fn. 182. 279 Zutreffend Tham [2017] 31 Tru. L. I. 76, 84. 275
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solange der sub-trust existiert. Ist dieser – wegen ersatzlosen Wegfalls potentieller sub-beneficiaries – endgültig fehlgeschlagen, büßt der sub-trustee seine fiduziarische Rechtsstellung und zugleich seine Rechtsposition als (Gesamt-)Rechtsnachfolger des aus dem principal trust berechtigten beneficiary ein und kann folgerichtig nicht die dem beneficiary unter dem principal trust verliehenen Rechte geltend machen. Dies mag ein unverhoffter Glücksfall für den trustee des principal trust sein. Sobald der sub-trustee nach pflichtgemäßer Ausführung und Abwicklung des sub-trust nur teilweise noch fiduziarischen Pflichten aus dem sub-trust unterliegt, liegt es nicht anders; auch dann steht ihm das trust property endgültig eigennützig nach Onslow v. Wallis zu.280 Auch In re Lashmar betrifft die umgekehrte Konstellation, dass nach Zustandekommen eines (active) sub-trust die hieraus begünstigten Personen ersatzlos wegfallen. Aus dem Umstand, dass der von allen fiduziarischen Pflichten befreite trustee keine Rechte nach Wegfall der aus dem sub-trust begünstigten Personen geltend machen kann, folgt nun aber sachlogisch nicht, dass er als sub-trustee vor Wegfall der beneficiaries gleichfalls keine Rechte gegenüber seinem trustee aus dem principal trust herzuleiten vermag. Dies gilt auch dann, wenn der sub-trustee selber allenfalls zur Übertragung auf Weisung des sub-beneficiary verpflichtet ist.281 Erst recht lässt sich aus der Gegenüberstellung von Onslow v. Wallis und In re Lashmar nicht die These ableiten, dass die versuchte Errichtung eines bare sub-trust dazu führe, dass automatisch ein trust zwischen dem trustee und dem designierten sub-beneficiary zustande komme. Für den vermeintlichen translativen Effekt des (passive) sub-trust wird folglich auch meistens auf die Entscheidung Grainge v. Wilberforce, vor allem auf das prominente Postulat von Chitty J. „(…) that where A was trustee for B, who was trustee for C, A held in trust for C, and must convey as C directed (…)“282 verwiesen.283 Auch dieses aus dem Gesamtzusammenhang gerissene obiter dictum ist aber allenfalls auf den ersten Blick ein autoritativer Beleg für die vorgenannte These. Selbst wenn – wie von Chitty J. ohne Begründung vorgetragen – ein direktes fiduziarisches Rechtsverhältnis zwischen A und C zustande komme, bedeutet dies schon nicht zwingend, dass B zwangsläufig von der Bildfläche verschwinden muss. Diese ambivalente Aussage erlaubt ebenso gut den Schluss, dass drei trusts entstehen, nämlich einer zwischen A und B, ein weiterer zwischen B und C und schließlich noch ein – durch B als Intermediär – vermittelter trust zwischen A und C, was freilich gleichfalls einer stimmigen Begründung bedürfte. Letztlich belegt dieses dictum aber weder die eine noch für die andere Deutung.284 280 Vgl.
Tham [2017] 31 Tru. L. I. 76, 84–85. Im Ergebnis auch Green [1984] 47 M. L.R. 385, 397; Tham [2017] 31 Tru. L. I. 76, 82, 85. 282 Grainge v. Wilberforce (1889) 5 T. L.R. 436, 437. 283 So z. B. Battersby [1979] Conv. 17, 28, 38; Parker and Mellows (-Oakley), The modern law of trusts8 , S. 101; siehe auch Hayton (-Hayton), Law Relating to Trusts and Trustees15, S. 210; Hayton and Marshall (-Hayton), Commentary and cases on the law of trusts and equitable remedies11, Rn. 2–43; Hanbury and Martin (-Martin), Modern Equity18 , Rn. 3-011, 4-007. 284 Siehe auch Tham [2017] 31 Tru. L. I. 76, 81, 85–86. 281
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Der Entscheidung lag eine mit einem Besitzschutzantrag verbundene Klage auf Erfüllung eines Kaufvertrages über den legal estate an einem Wohngrundstück gegen einen tenant for life zugrunde, dem unter mehreren mehrdeutigen settlements 285 bestimmte Verwaltungs285 Zum Verständnis seien in aller Kürze die Grundstrukturen liegenschaftsrechtlicher settlements erläutert (zum Ganzen statt vieler Megarry and Wade (-Bridge/Cooke/Dixon), The Law of Real Property9, Rn. 9-004–9-033): Allgemein versteht man unter einem settlement eine rechtsgeschäftlich durch einen trust konstitutierte Sukzessivberechtigung mehrerer Personen an einer Sache. Aus rechtshistorischer Perspektive waren settlements an Grundstücken (sog. settled land) von eminenter Bedeutung; noch im 19. Jahrhundert bestand der Großteil des privaten Grundvermögens aus settled land. Grundlegend zu unterscheiden sind zwei Typen von settlements – sog. strict settlements, die die Dispositionsbefugnisse der sukzessiv berechtigten Person zwecks generationenübergreifender Erhaltung des Grundvermögens äußerst stark begrenzten, und auf bestimmungsgemäße Verwertung des Grundbesitzes gerichtete sog. trust for sale. Die wechselvollen gesetzlichen Regelungen der settlements erschließen sich vor dem Hintergrund der meistens äußerst reduzierten rechtsgeschäftlichen Dispositionsmöglichkeiten der unter den alten strict settlements begünstigten Rechtsinhaber; die einschlägigen settlement-Gestaltungen schränkte die „Beleihungsfähigkeit“ des Grundbesitzes massiv ein bis der Gesetzgeber schließlich mit dem Erlass des Settled Land Act 1882 und nachfolgend des Settled Land Act 1925 korrigierend eingriff. Die typische Grundstruktur der inzwischen weitgehend obsoleten strict settlements lässt sich vereinfacht wie folgt darstellen: Der Besteller begründete typischerweise mittels letztwilliger Verfügung ein settlement an seinem Grundvermögen, indem er dieses zunächst auf Lebenszeit dem A (z. B. seinem ältesten Sohn) und nachfolgend dessen Sohn in fee tail vermachte; das Recht des Sohnes war durch den Wegfall männlicher Abkömmlinge auflösend bedingt; zusätzlich wurden meistens noch mortgages zur Sicherung von Annuitäten (sog. jointures und portions) für Witwen und von der Erbfolge ausgeschlossenen Kindern bestellt (vgl. Megarry and Wade (-Bridge/Cooke/ Dixon), The Law of Real Property9, Rn. 9-005). Je nach Ausgestaltung des settlement wurde der legal estate also entweder auf die trustees übertragen – den beneficiaries standen auflösend befristete oder bedingte equitable interests an den Grundstücken zu – oder in der aufgezeigten Weise zwischen den sukzessiv berechtigten beneficiaries zeitlich segmentiert. Solange A lebte, vermochte der volljährige Sohn desselben regelmäßig ohne Zustimmung des A nur über sein auflösend bedingtes Recht, d. h. den fee tail, zu verfügen; vom rechtlichen Schicksal des fee tail entkoppelte Rechte konnte er aus eigenem Recht nicht bestellen; entsprechende Verfügungsermächtigungen wurden nicht etwa standardmäßig erteilt. Die Kreditbeschaffung war hierdurch nicht unerheblich erschwert; eine bloße (existenziell an den Bestand des fee tail geknüpfte) base fee eignete sich für die Kreditsicherungspraxis nur selten; mit Wegfall jeglicher Abkömmlinge des anwartschaftsberechtigten Sohnes des life tenant fielen die Grundstücke schließlich den gesetzlichen Erben des Bestellers zu. Praktisch führte dies i. d. R. zu einem resettlement: Zwecks Verschaffung einer bestimmten Geldsumme vereinbarte der in fee tail anwartschaftsberechtigte Sohn mit seinem Vater als life tenant ein neues settlement an dem Grundvermögen, unter dem A wiederum auf Lebenszeit, konsekutiv sein Sohn als nächster life tenant und anschließend dessen Sohn wiederum in fee tail berechtigt wurden. Zwischen dem Sohn des A und dessen (volljährigen) Sohn wurde dann meistens ein vergleichbares resettlement vereinbart; die Gestaltung wiederholte sich potentiell ad infinitum, was letztlich dazu führte, dass die aktuell besitzberechtigte Person immer nur als life tenant über das dem Nießbrauch ähnliche Recht, nicht aber über das „Land“ verfügen konnte; zeitlich unbegrenzte oder vom Bestand des fee tail entkoppelte Rechte (z. B. ein fee simple) ließen sich demnach nur ausnahmsweise – mittels rechtsgeschäftlich vom Besteller eingeräumter Verfügungsermächtigungen – begründen. Zwecks Wiederherstellung der Verkehrs- und Beleihungsfähigkeit von Grundvermögen wurde schließlich der SLA 1882 erlassen, der zumindest teilweise Abhilfe schuf und einen grundlegenden Paradigmenwechsel herbeiführte. Dieses Gesetz eröffnete dem aktuell besitzberechtigten tenant for life weitreichende Veräußerungs- und Belastungsbefugnisse, insbesondere wurde die Bestellung langfristiger Nutzungsrechte (tenancies) sowie die Einräumung von mortgages ermöglicht; der tenant for life konnte mithin (seinen life estate überdauernde) Rechte am Grundstück übertragen und war insoweit nicht mehr auf die Verwertung
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und Verfügungsbefugnisse über das Grundstück verliehen worden waren. An dem streitgegenständlichen land, das zu mehreren, unter den settlements zusammengefassten Anwesen in Sussex gehörte, hatte der Beklagte dem Kläger zunächst eine periodic tenancy seines eigenen befristeten Nutzungsrechts angewiesen (vgl. ss. 2(5), 3, 6, 18 SLA 1882). Diese gesetzliche Dispositionsberechtigung war mit einer Befugnis zur Entlastung des Grundstücks von sämtlichen unter dem settlement geschaffenen Rechten Dritter verbunden; machte der life tenant von seiner gesetzlichen Verfügungsberechtigung Gebrauch, erloschen die Rechte der sukzessiv begünstigten Dritten im Wege des overreaching, d. h. sie wurden kraft gesetzlicher Surrogation auf den Erlös „umgeleitet“. Im Verhältnis zu den anderen unter dem settlement begünstigten Personen war dem tenant for life eine treuhändergleiche Rechtsstellung auferlegt; den Interessen der unter dem settlement begünstigten Personen waren bei Ausübung der gesetzlichen Verfügungsund Verwaltungsberechtigung zu berücksichtigen. Die gesetzlichen Befugnisse des life tenant konnten zwar rechtsgeschäftlich erweitert, nicht aber verkürzt werden; die einschlägigen Regelungen waren insoweit zwingend (sec. 51 SLA 1882). Mit dieser Aufwertung der Rechtsstellung des life tenant zu der eines eigentümerähnlichen Rechtsinhabers mit partiell treuhänderischem Pflichtenprogramm ging ein Bedeutungsverlust der Rechtsstellung der vom Besteller eingesetzten trustees einher: Selbst wenn diesem der zeitlich unbegrenzte fee simple estate am Grundstück aufgrund eines settlement übertragen worden war, bestand ihre Aufgabe nicht mehr darin, über das Grundstück im Interesse der beneficiaries zu disponieren; ihre primäre Pflicht bestand nun darin, den aus lastenfreien Grundstücksverfügungen des life tenant erzielten Veräußerungserlös einzuziehen und zugunsten der übrigen aus dem settlement begünstigten Personen zu verwalten (vgl. Megarry and Wade (-Bridge/Cooke/Dixon), The Law of Real Property9, Rn. 9-006). Gänzlich anders gestaltete sich die gesetzliche Regelung der auf Veräußerung des land angelegten trusts for sale; dieser rechtshistorisch neuere Typus von settlements wurde vor allem von Kaufleuten eingesetzt und diente bestimmungsgemäß dazu, die beneficiaries nur an dem Erlös der in das settlements eingebrachten Vermögenswerte, sei es real property, sei es personal property, zu beteiligen. Deren Rechte wurden dementsprechend unter der im Einzelnen komplizierten und inzwischen durch den TLATA 1996 abgeschafften doctrine of conversion von vornherein wie personal property behandelt, was nicht bloß hinsichtlich der Rechtsnachfolge von Todes wegen bedeutsam war (vgl. Megarry and Wade (-Bridge/Cooke/Dixon), The Law of Real Property9, Rn. 9-009). Im Gegensatz zum SLA 1882 standen dem life tenant unter einem trust for sale nach dem SLA 1884 nicht ohne weiteres Verfügungsbefugnisse anstelle der vom Besteller eingesetzten trustees zu; der life tenant konnte lediglich unter bestimmten Umständen eine Verfügungsbefugnis kraft richterlicher Anordnung erwirken; vorbehaltlich einger gerichtlichen Verfügungsermächtigung blieben die trustees im Rahmen der ihnen unter dem jeweiligen settlement eingeräumten Verfügungsbefugnisse alleinzuständig (vgl. sec. 6(1) SLA 1884). Angesichts dessen kam es für die Verfügungsberechtigung entscheidend darauf an, ob das Grundstück einem strict settlement oder einem trust for sale unterlag; im ersten Fall war (ausschließlich) der tenant for life verfügungsbefugt, im letzteren Fall (ausschließlich) die trustees. Grundlegend reformiert wurde die Rechtslage durch den SLA 1925 und den LPA 1925: Der SLA 1925 veränderte die Rechtsstellung des tenant for life unter einem settlement (i. S. v. sec. 1 SLA 1925) entscheidend: Im Gegensatz zum früheren Recht standen dem tenant for life nicht bloß umfassende gesetzlichen Dispositionsbefugnisse zu; vielmehr konnte ein settlement überhaupt nur dadurch begründet werden, dass dem tenant for life der betreffende legal estate mittels sog. vesting deed rechtsgeschäftlich übertragen wurde (sec. 4(2) SLA 1925); aufgrund der durch sec. 1(1) LPA 1925 bestimmten Beschränkung der legal estates in land erhielt der tenant for life also entweder den fee simple absolute in possession oder einen term of years absolute. Das durch die früheren Settled Land Acts bewirkte Auseinanderfallen von Verfügungsbefugnis und (zeitlich unbegrenzter) Rechtsstellung war damit beseitigt; der tenant for life war selbst Inhaber des settled estate, typischerweise des fee simple (vgl. Megarry and Wade (-Harpum/Bridge/Dixon), The Law of Real Property88 , Rn. 10-015). Die Verfügungsbefugnisse des tenant for life wurden abschließend normiert; nicht gesetzlich gestattete Verfügungen des tenant for life waren nichtig (sec. 18(1)(a) SLA 1925). Trusts for sale wurden aus dem sachlichen Anwendungsbereich des SLA 1925 ausdrücklich ausgeklammert (sec. 1(7) SLA 1925); sedes materiae
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bestellt.286 Später schlossen die Parteien einen Kaufvertrag über das Wohngrundstück, dessen Vollzug wegen unterschiedlicher Auffassungen über die Verfügungsberechtigung des Beklagten und – infolgedessen – über die auf Seiten des Veräußerers beizuziehenden Parteien ausblieb. Unter einem 1863 errichteten settlement waren mehrere estates in land, u. a. das streitgegenständliche Grundstück, trustees mit der Maßgabe übertragen worden, diese zugunsten des Bischoffs von Oxford – dem Vater des Beklagten – auf Lebenszeit, anschließend zugunsten der vom Bischoff und dem Beklagten zu nominierenden Personen und sodann für den Beklagten auf Lebenszeit zu halten. Mit Verfügung aus dem darauffolgenden Jahr räumten der Bischoff und der Beklagte dem Pfarrer Lloyd (L) als trustee einen fee simple estate u. a. an dem streitgegenständlichen Grundstück mit einer Verfügungsermächtigung ein, dieses bis zu einer bestimmten Höchstsumme zu beleihen. Unter diesem settlement hielt L den Grundbesitz zugunsten des Bischoffs auf Lebenszeit und nach dessen Ableben zugunsten der aus dem settlement aus dem Jahr 1863 berechtigten beneficiaries. Aufgrund der ihm verliehenen Verfügungsermächtigung übertrug L einem mortgagee einen fee simple estate an dem streitgegenständlichen Wohngrundstück mit schuldrechtlicher Rückübertragungspflicht an L oder eine von L bestimmte Person bei Darlehenstilgung seitens des Bischoffs und/oder anderer aus dem vorausgegangenen settlement berechtigter Personen. Mit weiterem settlement aus dem Jahr 1867 wurden u. a. der Ehefrau und den Kindern des Beklagten Annuitäten (sog. jointures und portions) gewährt. Zudem behielten sich der Bischoff und der Beklagte weitere Nominierungs- und Dispositionsbefugnisse vor, wobei die unter den vorausgegangenen settlements getroffenen Verfügungen und die dort inkorporierten Verfügungsermächtigungen unberührt blieben. Nachdem der Bischoff 1873 verstorben war, verkaufte der Beklagte dem Kläger das Wohngrundstück, konnte sich mit diesem aber nicht über den Inhalt der Verfügungsurkunde einigen. Den vom Kläger ausgearbeiteten Entwurf einer Auflassungsurkunde, in der auf Seiten des Veräußerers neben dem Beklagten auch L als Partei eingetragen und zudem die Erteilung der Zustimmung des mortgagee vorgesehen war, lehnte der Beklagte ab. Der Beklagte vertrat die Ansicht, dass eine Mitwirkung des L entbehrlich sei. Nachdem der Kläger den vom Beklagten ausgearbeiteten Gegenentwurf einer Auflassungsurkunde, in der weder die Beteiligung des L noch die Zustimmung des mortgagee vorgesehen war, abgelehnt hatte und weitere Verhandlungen zwischen den Parteien und ihren Anwälten erfolglos blieben, kündigte der Beklagte 1888 die tenancy und forderte den Kläger vergeblich zur Räumung auf. Dieser erhob Klage auf specific performance des Kaufvertrages (unter Mitwirkung des mortgagee und des L) und begehrte zudem den Erlass einer einstweiligen Verfügung wegen der vom Beklagten angedrohten Inbesitznahme des Wohngrundstücks.
war der LPA 1925. Die januskopfartige Position des tenant for life, der einerseits selbst unter dem (für die Bestellung eines settlement gem. sec. 4(1) SLA 1925 konstitutiven) trust instrument zu den beneficiaries gehörte, andererseits aber kraft Gesetzes eine trustee-gleiche Funktion als legal owner einnahm, war angesichts naheliegender Interessenkonflikte erheblicher rechtspolitischer Kritik ausgesetzt (vgl. Megarry and Wade (-Bridge/Cooke/Dixon), The Law of Real Property9, Rn. 9-016). Endgültig aufgegeben und abgeschafft wurde das dualistische Regime der settlements und trusts for sale durch den TLATA 1996, der beide Typen unter dem einheitlichen Konzept des trust for land wieder zusammenführte; Rechtsinhaberschaft und Verfügungsberechtigung sind hierbei stets den trustees zugeordnet. 286 Eine periodic tenancy erlischt nicht mit Ablauf der vereinbarten Frist, sondern verlängert sich automatisch, es sei denn, es wird fristgemäß gekündigt (K. Gray/S . F. Gray, Elements of Land Law5, Rn. 4.1.56).
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Das Gericht gab zwar der Klage auf specific performance statt. Zudem bestätigte Chitty J., dass die Zustimmung des mortgagee zur Verschaffung des legal estate erforderlich sei.287 Indes sei eine Mitwirkung des L resp. seiner Erben entbehrlich. Denn der – durch die Verfügungen aus den Jahren 1863, 1864 und 1867 als tenant for life der in das settlement eingebrachten Grundstücke eingesetzte – Beklagte könne den legal estate nach sec. 20 SLA 1882 lastenfrei übertragen; sämtliche unter den settlements begründeten Rechte Dritter (einschließlich der Rechte des L) würden mit Vollzug kraft Gesetzes erlöschen.288 L habe von der ihm als trustee verliehenen Verfügungsermächtigung (bis zum vertraglich bestimmten Höchstbetrag) Gebrauch gemacht und sei in jedem Fall nach Ableben des Bischoffs zu weiteren (Sicherungs-)Verfügungen nicht mehr berechtigt. L stehe allenfalls noch ein Ablösungsrecht hinsichtlich der gewährten mortgage als trustee zugunsten der aus den settlements begünstigten Personen zu.289 Ergänzend führte Chitty J. unter Verweis auf Head v. Lord Teynham290 aus, eine Beteiligung des L sei auch nach den früheren prozessrechtlichen Beteiligungsregeln nicht notwendig, weil L als trustee des Ablösungsrechts eine materiellrechtlich belanglose Mittlerposition zwischen dem Beklagten und dem Kläger einnehme.291
Mit dieser Entscheidung ist nur klargestellt geworden, dass ein unter einem settlement berechtigter tenant for life die ihm kraft Gesetzes verliehene Befugnis zur lastenfreien Übertragung des legal estate nach damaligem Recht (secs. 3, 20(2) SLA 1882) auch ohne Mitwirkung anderer aus dem settlement berechtigter Personen ausüben konnte. Insoweit ist das Urteil von Chitty J. ebenso zutreffend wie selbstverständlich.292 Wie gezeigt, lag der Sinn und Zweck der gesetzlichen Verfügungsermächtigung des tenant for life darin, die transaktionshemmende Wirkungsweise der ehedem ubiquitären strict settlements im öffentlichen Interesse der Zirkulationsund Beleihungsfähigkeit von land effektiv zurückzudrängen.293 Settled land sollte hierzu nicht lediglich von den „Fesseln“ rechtsgeschäftlicher Verfügungsbeschränkungen, sondern von allen unter dem settlement geschaffenen Rechten bei Veräußerungs- und Belastungsvorgängen befreit werden; auf eine Unterscheidung zwischen legal interests und equitable interests kam es dabei nicht an. In casu erstreckte sich die gesetzliche Verfügungsermächtigung sowohl auf die unter dem konsolidierten settlement aus dem Jahr 1867 begründeten Annuitäten (jointures und portions) der Ehefrau und der Kinder des Beklagten als auch auf die eigentümliche treuhänderische Rechtsposition, die der Beklagte und der Bischoff (als damaliger tenant for life) 287
Grainge v. Wilberforce (1889) 5 T. L.R. 436, 437 (Chitty J.). Grainge v. Wilberforce (1889) 5 T. L.R. 436, 437 (Chitty J.). 289 Grainge v. Wilberforce (1889) 5 T. L.R. 436, 437 (Chitty J.). 290 Head v. Lord Teynham (1783) 1 Cox 57; 29 E. R. 1060. 291 Grainge v. Wilberforce (1889) 5 T. L.R. 436, 437 (Chitty J.: „Lloyd had no interest whatever, or, if he had any, it was only an equitable right to redeem as trustee for the persons interested under the deed of 1867. The case, therefore, fell within the principle that where A was trustee for B, who was trustee for C, A held in trust for C, and must convey as C directed. B – in this case Lloyd – might therefore be left out even under the old strict rules as to parties – ‚Head v. Lord Teynham‘ (1 Cox, 57). Therefore, Lloyd, or his heir, was not a necessary party to the conveyance, and the purchaser would be safe in completing without him.“). 292 Siehe auch Green [1984] 47 M. L.R. 385, 397; Tham [2017] 31 Tru. L. I. 76, 85–86. 293 Zum SLA 1882 und den nachfolgenden Reformen durch den SLA 1884, den SLA 1925 und den LPA 1925 siehe bereits Fn. 285. 288
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dem L in Ausübung der ihnen durch das 1863 errichtete settlement gemeinschaftlich verliehenen Nominierungsbefugnis 1864 eingeräumt hatten. Selbst wenn der dem L eingeräumte fee simple an dem streitgegenständlichen Grundstück nicht schon – was aufgrund der ambivalenten Gestaltung des settlement aus dem Jahr 1864 und des nicht wörtlich im Urteil wiedergegebenen Inhalts der Verfügungsurkunde nicht abschließend beurteilt werden kann – im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung erloschen war, wäre dieser jedenfalls kraft overreaching beseitigt worden. Die gesetzlichen Bereichsausahmen griffen nicht ein.294 Unterlag das unter dem settlement geschaffene Recht des L aber dem overreaching, kam es auf die Zustimmung des L zur Übertragung des legal estate an dem Wohngrundstück nicht an, zumal der etwaige Untergang des dem L zustehenden Ablösungsrechts als mortgagor den Kläger als designiertem Erwerber nicht benachteiligte, weil dieser in jedem Fall als Einzelrechtsnachfolger des besitzberechtigten tenant for life zur Ablösung berechtigt gewesen wäre.295 Soweit Chitty J. ohne vertiefte Begründung eine Mitwirkung des L (resp. seiner Rechtsnachfolger) an einer Veräußerung des legal estate vom Beklagten als tenant for life an den Kläger zusätzlich noch unter Verweis auf den vermeintlichen allgemeinen Rechtsgrundsatz „(…) that where A was trustee for B, who was trustee for C, A held in trust for C, and must convey as C directed (…)“ für entbehrlich erklärte, ist diese Hypothese m. E. nicht vom ratio dedicendi der Entscheidung umfasst. Weil sich bereits aus sec. 20(2) SLA 1882 ergab, dass es auf eine Mitwirkung des L an der Auflassung nicht ankam, war die eher beiläufige und unreflektierte Erwähnung dieses angeblich prozessrechtlich etablierten Rechtssatzes vollends überflüssig.296 294 Insbesondere griff sec. 20(2)(i) SLA 1882 entgegen der Ansicht der Klägervertreter nicht ein. Das Recht des L wurde in der Verfügungsurkunde aus dem Jahr 1864 ausdrücklich vorbehaltlich der durch das vorausgegangene settlement geschaffenen Rechte begründet, zählte deshalb nicht zu den „estates, interests, and charges having priority to the settlement“ i. S. v. sec. 20(2)(i) SLA 1882, zumal das settlement aus dem 1867 auch nicht vollständig das frühere settlement aus dem Jahr 1863 ersetzte, sondern lediglich zusätzliche Rechte zugunsten Dritter schuf. Anderes galt aber für das Recht des mortgagee; diesem war ja von L in Ausübung seiner rechtsgeschäftlichen Verfügungsermächtigung wirksam der legal estate in fee simple an dem Grundstück übertragen worden, über den der tenant for life aber gerade nicht ohne Mitwirkung des mortgagee verfügen konnte (sec. 20(2)(ii) SLA 1882). die Mitwirkung des mortgagee war daher in der Tat erforderlich. Anderenfalls hätte der Beklagte dem Kläger allenfalls die unter dem settlement von 1864 vorbehaltene equity of redemption verschaffen können, nicht aber den legal estate. Weil aber dieser Kaufgegenstand war, musste der Beklagte dafür sorgen, dass der mortgagee seine Zustimmung erteilte, was darauf hinauslief, dass er – und nicht der Kläger – die Kosten der Ablösung tragen musste. 295 Eine Besonderheit des Falles lag darin, dass die equity of redemption – das Korrelat jeder mortgage – dem L als mortgagor allenfalls als trustee zustand, zumal der Bischoff und der Beklagten ausweislich der Verfügungsurkunde aus dem Jahr 1864 die equity of redemption den aus dem settlement von 1863 begünstigten Personen, mithin auch dem Beklagten als tenant for life vorbehalten hatten (vgl. Grainge v. Wilberforce (1889) 5 T. L.R. 436, 437 (Chitty J.)). Das Ablösungsrecht geht automatisch mit dem Wechsel in der Rechtszuständigkeit an dem von der mortgage betroffenen estate auf den Rechtsnachfolger über (vgl. Megarry and Wade (-Harpum/Bridge/ Dixon), The Law of Real Property7, Rn. 25-104). 296 Richtig m. E. Tham [2017] 31 Tru.L. I. 76, 86; ebenso zuvor schon Green [1984] 47 M. L.R.
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Im Licht des Gesamtzusammenhangs büßt das obiter dictum von Chitty J. seine autoritative Wirkung für die These vom translativen Effekt des (passive) sub-trust somit restlos ein. Zwischen special trusts und bare trusts wird ohnehin nicht unter385, 397; i. E. auch McFarlane/Stevens, in: Gullifer/Payne, Intermediated Securities, S. 33, 48 in Fn. 55. Zudem ist mehr als fragwürdig, ob die zugrundeliegende Fallgestaltung unter die schematische sub-trust-Konfiguration zu subsumieren, d. h. der unbeteiligte L – wie von Chitty J. unterstellt – mit dem sub-trustee B als Intermediär zwischen dem Beklagten (A) und dem Kläger (C) gleichzusetzen ist. Zwar war die Annahme eines fiduziarischen Rechtsverhältnisses zwischen dem Beklagten und L nicht abwegig. Auf die janusköpfige Position des tenant for life (in casu: der Beklagte) unter dem Regime des SLA 1882 wurde bereits hingewiesen (siehe Fn. 285). Als gesetzlich verfügungsberechtigte Partei nahm der tenant for life einerseits eine trustee-ähnliche Rechtsstellung im Verhältnis zu anderen aus dem settlement begünstigten Personen ein (sec. 53 SLA 1882), obschon er selbst zugleich zu den beneficiaries (und nicht etwa zu den rechtsgeschäftlich bestellten trustees des settlement) zählte. Die dem L verliehene Rechtsstellung als trustee ergab sich zwar nicht aus den settlements, sondern aus einer Verfügung seitens des durch das settlement begünstigten Bischoffs und des Beklagten. Diese Verfügung erfolgte aber in Ausübung der unter dem ursprünglichen settlement zwecks Einsetzung weiterer beneficiaries erteilten Befugnis, weshalb auch L – zumindest solange sein Pflichtenprogramm als trustee bestand – zugleich zu den beneficiaries des settlement aus dem Jahr 1863 gehörte. Diese dualistische Rechtsposition hatte sich im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung aber längst grundlegend geändert. Infolge vollständiger Ausübung der limitierten Beleihungsbefugnis – durch Einräumung einer mortgage an dem settled land – war L nunmehr allenfalls bare trustee im Verhältnis zu den anderen beneficiaries. Auf diese Feinheiten ging das Gericht allerdings nicht ein. Für die angeblich gegensätzliche Wirkungsweise von „echten“ oder „aktiven“ sub-trusts und „unechten“ oder „passiven“ sub-trusts gibt die Entscheidung überhaupt nichts her, weil Chitty J. nicht nach Inhalt und Umfang des Pflichtenprogramms des sub-trustee differenzierte, vielmehr eine Mitwirkung des sub-trustee generell unter Verweis auf Head v. Lord Teynham als entbehrlich erachtete. Letztlich kam es darauf nicht an. Auch unter der Prämisse, dass (nur) ein „nackter“ sub-trustee kraft Gesetzes seine materiellrechtliche Rechtsposition als beneficiary des principal trust verliert, bestand die fiduziarische Pflichtenbindung des L allenfalls im Verhältnis zu den aus dem settlement begünstigten Personen und diese Stellung als trustee bezog sich auch ausschließlich auf das in casu völlig belanglose Ablösungsrecht in Equity, nicht aber auf den an den Kläger zu transferierenden legal estate. Aus den settlements von 1863 und 1867 war der Kläger offensichtlich nicht unmittelbar berechtigt. Als Käufer des settled land war er zwar aufgrund der Anwendbarkeit des Rechtsbehelfs specific performance unter einem constructive trust geschützt. Dieser trust hatte aber nichts mit den settlements zu tun, zumal insoweit fraglos ein „direktes“ fiduziarisches Rechtsverhältnis zwischen den Vertragsparteien, d. h. dem Beklagten als constructive trustee und dem Beklagten als beneficiary bestand, an dem L als vertragsfremder Dritter überhaupt nicht beteiligt war. Zwar könnte erwogen werden, ob L als principal trustee (A) das Ablösungsrecht hinsichtlich der mortgage zugunsten des Beklagten (als unter dem settlement begünstigter tenant for life) hielt, der dieses als sub-trustee (B) aufgrund des durch Abschluss des estate construct entstandenen constructive trust zugunsten des Klägers (C) hielt. Diese Betrachtungsweise führt indes den von Chitty J. postulierten allgemeinen Rechtsgrundsatz ad absurdum. Dass die Mitwirkung des Beklagten am Vollzug des Kaufvertrages natürlich nicht entbehrlich war, zumal dieser jedenfalls kein bare sub-trustee war, solange der Kläger noch nicht den Kaufpreis entrichtet hatte, liegt auf der Hand. Überdies hätte L dem Kläger allenfalls eine treuhänderisch gehaltene equity of redemption verschaffen können; den legal estate am streitgegenständlichen settled land vermochte L jedenfalls nicht zu übertragen, weil nicht er, sondern der Beklagte verfügungsberechtigter tenant for life war. Gehörte der Kläger aber weder aufgrund der ursprünglichen settlements noch aufgrund einer nachträglichen Nominierung zu den beneficiaries der settlements, bestand keine treuhänderische Beziehung zwischen L (als vermeintlichem) sub-trustee und dem Kläger als subbeneficiary, weshalb die Fallgestaltung m. E. nichts mit dem schematischen Dreipersonenverhältnis eines sub-trust zu tun hat.
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schieden und als singulärer Beleg des Rechtssatzes, dass in einem Dreipersonenverhältnis der principal trustee auf Weisung des sub-beneficiary (über das dem principal trust unterliegende trust property) verfügen müsse, dient die bereits referierte Entscheidung Head v. Lord Teynham, aus der sich ein allgemeiner Rechtsgrundsatz jenes Inhalts, wie bereits expliziert, gerade nicht herleiten lässt.297 Sieht man einmal davon ab, dass die der Entscheidung zugrundeliegende Fallgestaltung nicht dem vereinfachten sub-trust-Modell entsprach und die Wirkungsweise eines subtrust angesichts der dem Beklagten als tenant for life verliehenen gesetzlichen Verfügungsermächtigung (sec. 20(2) SLA 1882) gar nicht entscheidungserheblich war, ist die von Chitty J. formulierte Regel 298 inhaltlich zumindest missverständlich. Dass C dem A eine verbindliche Weisung zur Verfügung über das trust property erteilen, diese zudem auch gerichtlich ohne Mitwirkung des B durchsetzen kann, ist, wie die Analyse der vorausgegangenen Entscheidungen dokumentiert, zwar im Grundsatz richtig. Dies bedarf aber der Präzisierung. A ist nicht ohne Weiteres gehalten, den Weisungen des C Folge zu leisten, sondern nur dann, wenn (1.) C aus dem sub-trust „absolut begünstigt“ ist, insoweit also die Voraussetzungen von Saunders v. Vautier 299 vorliegen und (2.) B imstande wäre, A verbindliche Weisungen zu erteilen, mithinauch in diesem Verhältnis die Voraussetzungen von Saunders v. Vautier vorlägen, wenn nicht ein sub-trust zugunsten des C errichtet worden wäre.300 Allein daraus folgt aber nicht, dass ein „direktes“ fiduziarisches Rechtsverhältnis zwischen A und C entsteht. Es geht vielmehr um eine prozesstechnische Erleichterung der Abwicklung des principal trust. Wenn B einer entsprechenden Weisung des C nicht widersprechen kann und darf, ist es nur sachgerecht, dass sich C unmittelbar an A halten können soll. Dies gilt vor allem deshalb, weil allein A die bestimmungsgemäße Ausführung des principal trust obliegt und nur A die erforderliche Verfügungsbefugnis hat; eine Abwicklung „übers Eck“ (durch Weisung von C an B und B an A) ist aus Gründen der Verfahrensökonomie entbehrlich, präjudiziert aber nicht die materiellrechtlichen Positionen der Beteiligten.301 b) Kehrtwende durch Nelson Spätestens seit der Entscheidung des Court of Appeal in Nelson v. Greening & Sykes (Builders) Ltd.302 steht die bislang h. A., wonach die Errichtung eines „nackten“ sub-trust ein fiduziarisches Rechtsverhältnis zwischen dem bisherigen trustee und dem sub-beneficiary begründe und der principal trust sowie die daraus resul297 Siehe die vorstehende Entscheidungsbesprechung von Head v. Lord Teynham (1783) 1 Cox 57; 29 E. R. 1060. 298 Grainge v. Wilberforce (1889) 5 T. L.R. 436, 437 (Chitty J.). 299 (1841) 4 Beav. 115; 41 E. R. 482. 300 Im Einzelnen sei auf die vorstehenden Ausführungen zur Entscheidung Head v. Lord Teynham (1783) 1 Cox 57; 29 E. R. 1060 verwiesen. 301 Green [1984] 47 M. L.R. 385, 397. 302 Nelson v. Greening & Sykes (Builders) Ltd. [2007] EWCA Civ. 1358; [2008] 8 E. G. 158.
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tierende Rechtsposition des sub-trustee von selbst „kollabiere“,303 unter starkem Druck. Der Court of Appeal hat sich mit diesem Urteil – ohne vertiefte Auseinandersetzung – dezidiert gegen die Unterscheidung zwischen „aktiven“ und „passiven“ sub-trusts sowie gegen die These vom „automatischen“ Wegfall des bare sub-trustee gewendet.304 Hiernach steht es der Pfändung des von einem trustee gehaltenen trust-basierten equitable interest an einem vollstreckbaren Gegenstand (asset i. S. v. sec. 2(2) COA 1979) nach sec. 2(1)(b)(i) COA 1979 nicht entgegen, dass der Vollstreckungsschuldner diesen equitable interest wiederum unter einem bare trust (vollständig) fremdnützig für Dritte hält, wenn nur der die Grundlage des Pfändungsbeschluss bildende Vollstreckungstitel (d. h. die gerichtliche Entscheidung) gegen den Schuldner in seiner Eigenschaft als trustee des zu pfändenden interest erlassen worden ist.305 Nach Ansicht des Court of Appeal büßt der Vollstreckungsschuldner also seinen trust-basierten equitable interest an einem pfändbaren Gegenstand nicht ein, wenn er diesen interest unter einem sub-trust (vollständig) uneigennützig für eine andere Person hält, der aufgrund dieses sub-trust gleichfalls ein equitable interest an dem zu pfändenden interest zusteht.306 Auf die tradierte Unterscheidung zwischen „aktiven“ und „passiven“ sub-trusts soll es nicht ankommen; auch ein sog. bare trust an einem trust-basierten equitable interest, unter dem der beneficiary als sub-trustee allenfalls zur Übertragung des trust property auf Weisung des beneficiary verpflichtet ist, ändert nichts daran, dass das „asset“ des dem Schuldner als trustee zugeordneten interest von den Gläubigern desselben gepfändet und dadurch mit einer equitable charge zur Sicherung titulierter Forderungen belastet werden kann.307 In dem zugrundeliegenden Fall hatte die Beklagte einen estate in land an den Kläger zu 1) (Mr. Nelson) verkauft. Der Kaufpreis wurde von der Klägerin zu 2, der Lebensgefährtin des Klägers zu 1) (Ms. Hanley), vor der Auflassung nahezu vollständig gezahlt. Der Kläger 303
Nachweise in Fn. 228. Nelson v. Greening & Sykes (Builders) Ltd. [2007] EWCA Civ. 1358 [57]–[58] (Collins L. J.), [75]–[76] (Wall L. J.). 305 Vgl. sec. 2 Charging Orders Act 1979: „(1) … a charge may be imposed by a charging order only on (a) any interest held by the debtor beneficially: (i) in any asset of a kind mentioned in subsection (2) below, or (ii) under any trust; or (b) any interest held by a person as trustee of a trust („the trust“), if the interest is in such an asset or is an interest under another trust and: (i) the judgment or order in respect of which a charge is to be imposed was made against that person as trustee of the trust, or (ii) the whole beneficial interest under the trust is held by the debtor unencumbered and for his own benefit (…) (2) The assets referred to in subsection (1) above are: (a) land, (…)“ 306 Nelson v. Greening & Sykes (Builders) Ltd. [2007] EWCA Civ. 1358 [57]–[58] (Collins L. J.), [75]–[76] (Wall L. J.). 307 Nelson v. Greening & Sykes (Builders) Ltd. [2007] EWCA Civ. 1358 [57]–[58] (Collins L. J.), [75]–[76] (Wall L. J.). 304
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zu 1) verweigerte anschließend die „completion“. Die Beklagte – so der Kläger zu 1) – habe entgegen den Vereinbarungen im Kaufvertrag die Übernahme weiterer Verpflichtungen in Ansehung des estate verlangt. Außerdem verlangte er, dass der estate nunmehr nicht an ihn, sondern an die Klägerin zu 2) übertragen werde. Die Beklagte lehnte dies ab und forderte den Kläger zu 1) vergeblich auf, das Angebot auf Übertragung des estate zu den vertraglich vereinbarten Konditionen anzunehmen. Es folgte ein nahezu endloser Rechtsstreit. Der Kläger zu 1) erhob mehrere (offensichtlich) unbegründete Klagen gegen die Beklagte, löste dadurch erhebliche Gerichts- und Anwaltskosten für die Gegenseite aus. 1997 erhob der Kläger zu 1) erstmals erfolglos Klage auf Anpassung des Kaufvertrages; eine auf die billigkeitsinduzierte Lehre vom proprietary estoppel gestützte zweite Klage auf Übertragung des estate an die Klägerin zu 2) hatte ebenso wenig Erfolg; Robert Englehart Q. C. ordnete durch Beschluss aus dem Jahr 1998 an, dass der Kläger zu 1), wie von der Beklagten verlangt, eine Auflassungsurkunde ausstelle, also am Vollzug des Kaufvertrages vertragsgemäß mitwirke. Die Kosten des Rechtsstreits wurden dem Kläger zu 1) auferlegt. Der Kläger zu 1) kam der gerichtlichen Anordnung, den Kaufvertrag zu erfüllen, auch in den folgenden Jahren nicht nach; es entstanden fortlaufend beträchtliche Gerichts- und Anwaltskosten. Zwischenzeitlich zahlte die Klägerin zu 2) zwar den Kaufpreis an die Beklagte; die bereits entstandenen Anwalts- und Gerichtskosten wurden der Beklagten aber nicht erstattet. Zwecks Vollstreckung ihrer Kostenerstattungsansprüche erwirkte die Beklagte mehrere Pfändungsbeschlüsse gegen den Kläger zu 1). 2003 erließ Peter Smith J. (für den High Court) eine charging order, mit der (1.) ein vorausgegangenes Verfügungsverbot (freezing order) durch eine equitable charge an dem verkauften estate ersetzt und (2.) der aus dem Abschluss des Kaufvertrages entstandene equitable interest des Klägers zu 1) an dem estate mit der charge zur Sicherung der Kostenerstattungsansprüche der Beklagten belastet wurde. Auch gegen diesen Pfändungsbeschluss erhoben der Kläger zu 1) und nunmehr zudem die Klägerin zu 2) erfolglos mehrere Änderungs- und Aufhebungsanträge; erneut wurden die Kosten des Verfahrens dem Kläger zu 1) und der Klägerin zu 2) auferlegt. 2004 trug die registerführende Stelle die Klägerin zu 2) im register of title als Inhaberin des legal estate des vom Kläger zu 1) gekauften estate ein. Die von den Klägern begehrte Aufhebung des von Peter Smith J. erlassenen Pfändungsbeschlusses wies Judge Langan Q. C. mit Urteil vom 9.6.2006 zurück und erließ einen Kostenfestsetzungsbeschluss gegen die Klägerin zu 2) wegen der vom Kläger zu 1) verursachten Rechtsverteidigungskosten der Beklagten (sog. non-party cost order). Gegen dieses Urteil wendete sich die Klägerin zu 2) vergeblich mit der beim Court of Appeal eingelegten Berufung. Die begehrte Aufhebung der charge sowie die begehrte Nichtigerklärung des gegen sie erlassenen Kostenfestsetzungsbeschlusses wies das Gericht zurück.308 Im hier relevanten Kontext der Wirkungsweise von sub-trusts ist allein die Begründung der Wirksamkeit und 308 Zur Begründung der begehrten Aufhebung des Pfändungsbeschlusses führte die Klägerin zu 2) an, dass eine charging order nicht gegen den Kläger zu 1) als trustee hätte erlassen werden dürfen; im Zeitpunkt des Erlasses des Pfändungsbeschlusses durch Peter Smith J. habe ausschließlich ihr, der Klägerin zu 2), das Grundstück in Equity zugestanden, weil sie – dies war unstreitig – den Kaufpreis vollständig an die Beklagte entrichtet und mit dem Kläger zu 1) vereinbart habe, dass dieser als bloßer „Strohmann“ (nominee) den estate für sie erwerben und halten solle. Aufgrund dieser Vereinbarung sei ein bare trust zwischen dem Kläger zu 1) und der Klägerin zu 2) mit der Folge entstanden, dass der mit Abschluss des Kaufvertrages entstandene equitable interest (unter dem Verkäufer-Käufer-trust) vom Kläger zu 1) vollständig auf sie übergegangen sei; sie, die Klägerin zu 2), sei also in die Rechtsposition des Klägers zu 1) aus dem Verkäufer-Käufer-trust eingerückt, so dass dem Kläger zu 1) im Zeitpunkt der Pfändung überhaupt kein equitable interest (in seiner Rechtsstellung als trustee) an dem streitgegenständlichen estate zugestanden habe,
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Rechtmäßigkeit des Pfändungsbeschlusses von Collins L. J. bedeutsam.309 Dass dem Kläger zu 1) jedenfalls zunächst eine sachenrechtliche Position an dem land (als pfändbares asset i. S. v. sec. 2(2)(a) COA 1979) zugestanden hatte, stand außer Frage; dennoch betonte Collins L. J. nochmals die proleptische Wirkung des estate contract. Mit Abschluss desselben sei ein atypischer constructive trust zwischen der Beklagten (als Verkäufer und trustee) und dem Kläger zu 1) (als Käufer und beneficiary) an dem land zustande gekommen, wobei der Kläger zu 1) seinen „quasi-trust interest“ als Strohmann der Klägerin zu 2) gehalten habe.310 Zwischen den Klägern sei ein purpose trust entstanden, weil die Klägerin zu 2) den Kaufpreis vollständig finanziert habe; bis zum Vollzug des Kaufvertrages habe die Beklagte den an sie geleisteten Kaufpreis als trustee gehalten.311 Maßgeblich war, ob dieser „quasi-trust interest“ im Zeitpunkt des angegriffenen Beschlusses des High Court pfändbar war. Auf die besonderen Voraussetzungen von sec. 2(1)(a)(i) COA 1979 und sec. 2(1)(a)(ii) COA 1979 ging das Gericht zu Recht nicht ein. Aus der Gesetzessystematik folgt, dass die gegen eine trustee gerichtete Pfändung abschließend von sec. 2(1)(b) COA 1979 geregelt wird; sec. 2(1)(a) COA 1979 war offensichtlich nicht einschlägig, weil der Kläger zu 1) seinen „quasi-trust interest“ nicht, wie vorausgesetzt, im maßgeblichen Zeitpunkt der Pfändung eigennützig („beneficially“) hielt. Treuhänderisch gehaltene Rechtspositionen sind dagegen nur unter den alternativ bestimmten Voraussetzungen von sec. 2(1)(b)(i)-(iii) COA 1979 pfändbar, wobei alle drei Varianten voraussetzen, dass der zu pfändende interest des trustee sich entweder auf eines der in sec. 2(2) COA 1979 enumerativ genannten Pfandobjekte (land, securities, funds in court) bezieht oder als equitable interest aus einem trust resultiert. Letzteres war hier der Fall. Eine Pfändung gem. sec. 2(1)(b)(ii) COA 1979 resp. gem. sec. 2(1)(b)(iii) COA 1979 schied freilich aus,312 da der Kläger zu 1) als Schuldner seinen equitable interest nicht ausschließlich (oder mit einem weiteren Kostenschuldner gemeinschaftlich) eigennützig hielt; vielmehr hielt der Kläger zu 1) seinen „quasi-trust interest“ unter dem sog. purpose trust ausschließlich fremdnützig für die Klägerin zu 2), weil nur diese nach der Parteiabrede den legal estate erwerben sollte und demgemäß auch den Kaufpreis finanzierte. Schuldner des Kostenerstattungsanspruchs, aufgrund dessen die Pfändung aus dem Jahr 2003 bewirkt wurde, war allein der Kläger zu 1), nicht aber die Klägerin zu 2); gegen die Klägerin zu 2) wurden vielmehr erst mit non-party cost order vom 9.6.2006 Kosten festgesetzt. Präzise betrachtet ist sec. 2(1)(b)(ii) COA 1979 bzw. sec. 2(1)(b)(iii) COA 1979 bei der Pfändung des equitable interest eines sub-trustee nur dann einschlägig, wenn der „absolut“ berechtigte sub-beneficiary alleiniger Schuldner ist bzw. alle „absolut“ berechtigten sub-beneficiaries gesamtschuldnerisch haften. Sind diese Voraussetzungen bei der Pfändung eines mit einem weshalb die Pfändung gegen den Kläger zu 1) nicht hätte erlassen werden dürfen (siehe Nelson v. Greening & Sykes (Builders) Ltd. [2007] EWCA Civ. 1358; [2008] 8 E. G. 158 [47]–[50]). 309 Nelson v. Greening & Sykes (Builders) Ltd. [2007] EWCA Civ. 1358; [2008] 8 E. G. 158 [51]–[58] (Collins L. J.). Die Entscheidung erging einstimmig; Wall und Ward LL.J. wiesen die Argumente der Klägerin lakonisch zurück, schlossen sich im Übrigen den Ausführungen von Collins L. J. größtenteils an. Vorab sei nur klargestellt, dass die allgemeinen Voraussetzungen für den Erlass einer charging order gem. sec. 1(1) COA 1979 erfüllt waren. Nach dieser Vorschrift kann das zuständige Gericht wegen einer titulierten Geldforderung das „property“ des Schuldners zur Sicherung des Gläubigers mit einer charge belasten. Der High Court ordnete hier mit Beschluss aus dem Jahr 2003 wegen des Kostenerstattungsanspruchs der Beklagten eine charge an dem mit Abschluss des Kaufvertrages kraft Gesetzes entstandenen equitable interest des Klägers zu 1) an dem streitgegenständlichen estate an. 310 Nelson v. Greening & Sykes (Builders) Ltd. [2007] EWCA Civ. 1358 [53]–[54] (Collins L. J.). 311 Nelson v. Greening & Sykes (Builders) Ltd. [2007] EWCA Civ. 1358 [54] (Collins L. J.). 312 Nelson v. Greening & Sykes (Builders) Ltd. [2007] EWCA Civ. 1358 [42]–[43] (Collins L. J.).
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sub-trust belasteten equitable interest eines sub-trustee nicht erfüllt, weil dieser, wie hier, selber Kostenschuldner ist, ist eine Pfändung allenfalls gem. sec. 2(1)(b)(i) COA 1979 zulässig. Nach dieser Vorschrift muss die titulierte Forderung aus einem Geschäft herrühren, dass der (sub-)trustee gerade in seiner treuhänderischen Funktion abgeschlossen hat. Die Voraussetzungen von sec. 2(1)(b)(i) COA 1979 waren erfüllt. Allerdings setzte dies voraus, dass der Kläger zu 1) im maßgeblichen Pfändungszeitpunkt noch sub-trustee war und nicht – wie von der Klägerin zu 2) vertreten 313 – kraft Gesetzes seine Rechtsposition verloren hatte, weil der purpose trust in eine translative Rechtsnachfolge durch die Klägerin zu 2) umzudeuten war. Diese Argumentation wies Collins L. J. zurück. Richtig sei zwar, dass der beneficiary nach Maßgabe von Saunders v. Vautier 314 den trustee anweisen könne, das treuhänderisch gehaltene Recht zu übertragen.315 Hieraus ergebe sich aber nicht zwingend, dass ein beneficiary, der seinen equitable interest selbst in einen sub-trust einbringe, materiellrechtlich seinen equitable interest verliere.316 So sei das dictum von Lord Evershed M. R. aus Grey v. IRC dahin zu deuten, dass bei einem sub-trust an personal property aus Zweckmäßigkeitsgründen vereinbart werden könne, dass der principal trustee seine fiduziarischen Pflichten gegenüber dem sub-beneficiary erfülle; der „intermediäre“ sub-trustee und beneficiary falle dann aber bestenfalls bei der Abwicklung weg.317 Überhaupt gelte dies aber nicht, wenn – wie hier – der mit einem sub-trust belastete equitable interest aus einem kaufvertragsbasierten constructive trust resultiere.318 Weil die Klägerin zu 2) nicht vor Erlass der Pfändungsmaßnahmen die Übertragung des Grundstücks (scil.: des equitable interest unter dem Verkäufer-Käufer-trust) an sich verlangt habe und schließlich auch erst im Jahr 2004 die Eintragung der Klägerin zu 2) als neue Inhaberin des legal estate erfolgt sei, habe dem Kläger zu 1) im maßgeblichen Pfändungszeitpunkt ein pfändbarer equitable interest (als trustee zugunsten der Klägerin zu 2) zugestanden.319 Wie das Gericht knapp unter Verweis auf die Ausführungen des erstinstanzlich zuständigen Richters darlegt, seien die titulierten Forderungen als Verbindlichkeiten anzusehen, die der Kläger zu 1) als sub-trustee eingegangen sei; schließlich hätten die Klägerin zu 2) der Kläger zu 1) einverständlich agiert.320
Die allgemeinen Ausführungen zu den Rechtsfolgen von sub-trusts überzeugen größtenteils. Wenngleich die Entscheidung des Court of Appeal die hier diskutierte Streitfrage nicht letztverbindlich klärt – das Gericht stellte lediglich für die besondere Konstellation eines vendor-purchaser constructive trust und eines darauf lastenden bare trust klar, dass der beneficiary seine Rechtsposition nicht durch Er313
Nelson v. Greening & Sykes (Builders) Ltd. [2007] EWCA Civ. 1358 [50] (Collins L. J.). Saunders v. Vautier (1841) 4 Beav. 115, 116; 41 E. R. 482 (Lord Langdale M. R.). 315 Nelson v. Greening & Sykes (Builders) Ltd. [2007] EWCA Civ. 1358 [55] (Collins L. J.). 316 Nelson v. Greening & Sykes (Builders) Ltd. [2007] EWCA Civ. 1358 [57] (Collins L. J.). 317 Nelson v. Greening & Sykes (Builders) Ltd. [2007] EWCA Civ. 1358 [57] (Collins L. J.: „These authorities do not bind this court to hold that as a matter of law an intermediate trustee ceases to be a trustee. I accept the submission […] that the practical effect would seem to amount to or be capable of amounting to the ‚getting rid‘ of the trust of the equitable interest then subsisting, is not the same as saying that as a matter of law it does get rid of the intermediate trust. […] in the case of a trust and sub-trust of personal property the trustees may decide that as a matter of practicality it is more convenient to deal directly with the beneficiary of the sub-trust.“ 318 Nelson v. Greening & Sykes (Builders) Ltd. [2007] EWCA Civ. 1358 [58] (Collins L. J.). 319 Nelson v. Greening & Sykes (Builders) Ltd. [2007] EWCA Civ. 1358 [58] (Collins L. J.), [75] (Wall L. J.). 320 Nelson v. Greening & Sykes (Builders) Ltd. [2007] EWCA Civ. 1358 [44] (Collins L. J.), [74] (Wall L. J.). 314
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richtung des sub-trust von selbst verliert321 – ist durch dieses Urteil die Abkehr von der These des translativen Effekts eines „passive sub-trust“ zumindest eingeleitet worden.322 Sowohl die instanzgerichtliche Rechtsprechung323 als auch weite Teile der Lehre324 haben sich der Ansicht von Collins L. J. unter (stillschweigender) Abkehr von der früher h. M. angeschlossen und leiten aus seinem Urteil induktiv ab, dass sub-trusts stets konstitutive Wirkungen entfalten. Bestellt sich der beneficiary selbst zum trustee seiner aus dem head trust entstandenen Rechtsposition oder überträgt er diese auf einen personenverschiedenen sub-trustee, ist dieser Aktstypus hiernach – ohne Rücksicht auf die Natur und den Bezugspunkt des dem principal trust unterliegenden (Sachen-)Rechts – anzuerkennen und auch nicht im Fall eines „nackten“ sub-trust in eine Abtretung umzudeuten. c) Dogmatische Einwände gegen den „Wegfall“ des bare sub-trustee Bei näherer Rechtsprechungsanalyse ist beinahe erstaunlich, dass sich die tradierte Ansicht, die die Rechtsfigur des bare sub-trust als Vollübertragung der Rechtsposition des beneficiary und somit auch als formbedürftige „disposition of a subsisting equitable interest“ i. S. v. sec. 53(1)(c) LPA 1925 deutete, ungeachtet vereinzelter Kritik 325 überhaupt zu etablieren und bis zur Entscheidung Nelson v. Greening & Sykes (Builders) Ltd. so lange zu halten vermochte.326 Dass die angeführte Rechtsprechung nichts für die kryptische These hergibt, dass bare sub-trusts von selbst „kollabieren“ – scil. entgegen dem erklärten Parteiwillen berichtigend in translative Verfügungen umzudeuten seien –, ist bereits expliziert worden. Darüber hinaus streiten diverse rechtsdogmatische und praktische Gesichtspunkte dafür, die Lehre vom translativen Effekt „nackter“ sub-trusts aufzugeben, mithin sub-trusts schlechthin konstitutive Wirkung zu attestieren.327 Erstens scheint die Ansicht, dass der bare sub-trust sich als vollständiger Übergang der Rechtsstellung des beneficiary ohne Zwischenschaltung eines genuinen 321 Deutlich
L. J.).
Nelson v. Greening & Sykes (Builders) Ltd. [2007] EWCA Civ. 1358 [58] (Collins
322 Siehe Pawlowski/Brown [2015] 170 T & ELTJ 4–7; Underhill and Hayton (-Hayton/Matthews/Mitchell), Law Relating to Trusts and Trustees19, 12.15. 323 Sheffield v. Sheffield [2013] EWHC 3927 (Ch) [79]–[85] (Judge Pelling Q. C.); Drakeford v. Cotton [2012] EWHC 1414 (Ch) [79] (Morgan J.). 324 Pawlowski/Brown [2015] 170 T & ELTJ 4, 7; Sagar [2014] 20 T & T 826, 830–831; Tham [2017] 31 Tru. L. I. 76–92; nunmehr auch McGhee (-Fox), Snell’s Equity33, Rn. 21-006; Hanbury and Martin (-Glister/Lee), Modern Equity21, Rn. 6-015; Underhill and Hayton (-Hayton/Matthews/Mitchell), Law Relating to Trusts and Trustees19, 12.15. 325 Green [1984] 47 M. L.R. 385, 395–398. 326 Tham [2017] 31 Tru. L. I. 76, 92 führt dies auf eine fehlerhafte Deutung der einschlägigen Entscheidungen Head v. Lord Teynham, Grainge v. Wilberforce, Onslow v. Wallis und In re Lashmar zurück; von entscheidender Bedeutung dürfte aber auch die autoritative Wirkung der bereits referierten obiter dicta von Upjohn J. und Lord Evershed M. R. in Grey v. Inland Revenue Commissioners gewesen sein, zumal die metaphorische Darstellung des vermeintlichen translativen Effekts („the donor disappears from the picture“) natürlich besonders einprägsam ist. 327 Siehe auch Pawlowski/Brown [2015] 170 T & ELTJ 4, 5–7; Penner, The Law of Trusts10 , Rn. 6.22.
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sub-trustee manifestiere, implizit von der immer noch beliebten, aber zumindest trügerischen „Abspaltungsthese“328 getragen. Unterliegt der sub-trustee keinen fiduziarischen Pflichten mit Ausnahme der Verpflichtung zur weisungskonformen Übertragung des trust property und stehen ihm keinerlei Entscheidungskompetenzen im Hinblick auf die Verwaltung des trust property zu, gebührt das trust property wirtschaftlich ausschließlich dem „absolut begünstigten“ sub-beneficiary, wenn nicht der principal trust ein special trust ist. Der sub-beneficiary erscheint daher in der Konstellation eines „doppelstöckigen“ bare trust als der „wirtschaftliche Eigentümer“, wohingegen der sub-trustee nicht einmal über das formale legal ownership verfügt, welches dem trustee zugeordnet ist. Selbst wenn aber der principal trust aktive Handlungsoptionen und treuhänderische Verwaltungspflichten konstituiert, büßt der sub-trustee auf dem Boden der Fragmentierungsthese seine Rechtsstellung als „wirtschaftlicher Eigentümer“ mittels Errichtung eines bare trust vollständig ein. Denn eine wirtschaftliche Rechtsposition ist schlechterdings nicht einer Aufspaltung in ein „formal-wirtschaftliches Eigentum“ und eine „wirtschaftlichwirtschaftliches Eigentum“ zugänglich. Indes entlarvt dies nur einmal mehr die analytische Schwäche der Fragmentierungsthese; sie erschöpft sich in einer vereinfachenden Beschreibung des Grundmodells eines trust an einer Sache, darf aber nicht dazu verleiten, Rechtsfolgen zu entwickeln.329 Die Lehre vom automatischen „dropping out“ des bare sub-trustee ist aber noch einem weiteren Irrtum erlegen. Denn die Prämisse, dass jeder trust, unter dem ein beneficiary ohne jegliche Einschränkungen begünstigt werde, also jederzeit das Kapital und nicht bloß Erträge einfordern könne, sich zwangsläufig darin erschöpfe, dass der weisungsgebundene trustee einfach nur zur Übertragung des trust property auf Verlangen des „absolut berechtigten“ beneficiary verpflichtet sei, selbst aber über keinen Entscheidungsspielraum verfüge,330 ist in dieser Allgemeinheit falsch.331 Diese konventionelle Deutung sog. bare trusts übersieht, dass „bare trustees“ diverse Verfügungs- und Verwaltungsbefugnisse zustehen und bei der Ausübung derselben der in sec. 1 TA 2000 normierten allgemeinen Sorgfaltspflicht unterliegen.332 328 Hiernach ist ein trust nichts anderes als eine Aufspaltung des „Eigentums“ (scil.: des trustbefangenen Rechts) in ein formales und ein wirtschaftliches Eigentum; siehe dazu § 4 I mit Fn. 9. 329 Vgl. auch McFarlane/Stevens, in: Gullifer/ Payne, Intermediated Securities, S. 33, 37 in Bezug auf sub-trusts im Effektengeschäft. 330 Vgl. McGhee (-Fox), Snell’s Equity33, Rn. 21-007. 331 Näher Lewin (-Tucker/L e Poidevin/Brightwell), Trusts19, Rn. 1-028, 1-037–1043. 332 Dies zeigt sich vor allem bei sog. trusts of land. Wie gezeigt, erstreckt sich der sachliche Anwendungsbereich des TLATA 1996 auf bare trusts (sec. 1(2)(a) TLATA 1996) sowie auf mehrstufige trusts, sofern sich der auf unterster Ebene rangierende trust auf land i. S. v. sec. 205(1)(xx) LPA 1925 (i. V. m. sec. 23(2) TLATA 1996) bezieht. Folglich sind auch bare trustees kraft Gesetzes mit allen Verfügungsbefugnissen ausgestattet (sec. 6(1) TLATA 1996), die einem vollberechtigten Inhaber des betreffenden legal estate nach Maßgabe von sec. 23 LRA 2002 zukommen, vgl. Lewin (-Tucker/Le Poidevin/Brightwell), Trusts19, Rn. 1-040. Bezieht sich der trust auf einen equitable interest in land, der aus einem trust of land vorgelagerter Stufe resultiert, stehen dem sub-trustee konsequenterweise die Befugnisse eines „absolute owner“ dieses in Equity anerkannten Rechts zu
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Zudem fehlt jedwede sachliche Rechtfertigung dafür, den wirklichen Parteiwillen zu ignorieren und statt des gewünschten Aktstypus – eines bare sub-trust zwischen sub-trustee und sub-beneficiary – eine vollständige Abtretung zu insinuieren, die dann auch noch einem Schriftformerfordernis (sec. 53(1)(c) LPA 1925) unterliegen soll, das für die Errichtung von trusts gerade nicht gilt.333 Die Errichtung eines sub-trust und die rechtstransportierende Verfügung mittels Abtretung oder entsprechender Weisung sind, wie schon Romer L. J. ausführte,334 unterschiedliche Verfügungstatbestände (dispositions), zwischen denen die Parteien frei wählen können.335 Dass der wirklich erklärte Parteiwille auch bei der Wahl eines bare subtrust zu respektieren ist, wird durch die Leitentscheidung Milroyd v. Lord336 zum wirksamen Schenkungsvollzug untermauert.337 Wenn der gescheiterte Vollzug einer Schenkung im Wege der beabsichtigten Rechtsübertragung an den designierten Schenkungsempfänger in Equity nicht durch Umdeutung der nichtigen Übereignung in eine unentgeltliche Zuwendung unter einem trust perfektionert wird (equity will not aid a volunteer),338 lässt sich daraus das inverse Gebot herleiten, und unterliegt bei der Ausübung derselben der allgemeinen Sorgfaltspflicht gem. sec. 1 TA 2000 (i. V. m. sec. 6(9) TLATA 1996). Außerhalb des Geltungsbereichs des TLATA 1996 unterliegen trustees zudem der in sec. 19(1) TA 1925 normierten Befugnis, das trust property zu versichern; dies gilt auch dann, wenn der beneficiary „absolut begünstigt“ ist und der trustee keinen rechtsgeschäftlich begründeten Verwaltungspflichten unterliegt, mithin nach konventioneller Lehre ein „nacktes Treuhandverhältnis“ gegeben ist (Lewin (-Tucker/Le Poidevin/Brightwell), Trusts19, Rn. 1-040); auch dann unterliegt der bare trustee der Sorgfaltspflicht unter sec. 1 TA 2000 (vgl. sec. 2, Sch. 1 para.5(a) TA 2000). Derzeit ungewiss ist, ob sich der bare trustee zudem auch auf die gesetzliche Investitionsbefugnis aus sec. 3 TA 2000 berufen kann (näher Lewin (-Tucker/Le Poidevin/Brightwell), Trusts19, Rn. 1-040). 333 Siehe dazu § 4 III. 3. a). 334 Grundlegend Timpson’s Executors v. Yerbury [1936] 1 K. B. 645, 664 (Romer L. J.). 335 Soweit freilich Pawlowski/Brown [2015] 170 T & ELTJ 4, 6 zur Untermauerung des konstitutiven Effekts von sub-trusts auf das Regime der sub-leases verweisen – durch die Bestellung eines sub-lease übertrage der intermediate tenant ja auch nicht seinen leasehold estate auf den sub-tenant, sondern schäle aus seinem eigenen estate einen estate minderen (zeitlichen) Ausmaßes heraus, weshalb Entsprechendes bei einem sub-trust anzunehmen sei –, verfängt diese Analogie bestenfalls auf den ersten Blick. Schließlich ist nach allgemeiner Ansicht die Bestellung eines sublease kraft Gesetzes in ein rechtstransportierendes assignment des leasehold estate umzudeuten, wenn das zeitliche Abstandsgebot zwischen head lease und sub-lease nicht beachtet wird, der sublease mithin den zeitlichen Umfang des sub-lease voll ausschöpft (vgl. Milmo v. Carreras [1946] KB 306; siehe § 7 I. 2. a)). Auch hier kommt es zu einem automatischen „dropping out“ des head lessee (als intermediate tenant), so dass unschwer ein Argument für die Gegenansicht, wonach bei einem bare sub-trust der subsidiary equitable interest mit dem Recht des beneficiary/sub-trustee inhaltlich identisch sei (vgl. Pearce/Stevens/Barr, The Law of Trusts and Equitable Obligations5, S. 228), aus der allgemein anerkannten Behandlung von sub-leases entwickelt werden könnte. 336 Milroyd v. Lord (1862) 4 De G. F. & J. 264; 45 E. R. 1185. 337 So wohl auch Judge Pelling Q. C. in Sheffield v. Sheffield [2013] EWHC 3927 (Ch) [81]. 338 Milroyd v. Lord (1862) 4 De G. F. & J. 264, 274; 45 E. R. 1185 (Turner L. J.: „I take the law of this Court to be well settled, that, in order to render a voluntary settlement valid and effectual, the settler must have done everything which, according to the nature of the property comprised in the settlement, was necessary to be done in order to transfer the property and render the settlement binding upon him. He may of course do this by actually transferring the property to the persons for whom he intends to provide, and the provision will then be effectual, and it will
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dass eine formlos wirksame unentgeltliche Zuwendung (eines equitable interest) unter einem (sub-)trust nicht einfach in eine nichtige (!) Abtretung des Schenkungsgegenstandes umgedeutet werden darf.339 Schließlich gilt auch die Maxime „equity looks to the intent rather than to the form“:340 Wäre die Errichtung eines „nackten“ sub-trust prinzipiell in eine formbedürftige Abtretung umzudeuten, würde man praktisch dem beneficiary/sub-trustee einen Freibrief erteilen, sich unter Verweis auf die Formnichtigkeit des Abtretungsgeschäfts der einvernehmlich beabsichtigten fiduziarischen Pflichtenstellung zulasten des sub-beneficiary zu entziehen, was aber nicht nur mit dem zitierten Grundsatz, sondern auch mit der Maxime „he who seeks equity must do equity“ 341 unvereinbar wäre. Andererseits kann die Umdeutung des bare sub-trust in eine Abtretung nicht umgekehrt mit dem Argument gerechtfertigt werden, dass nur hierdurch eine Umgehung des in sec. 53(1)(c) LPA 1925 verankerten Schriftformerfordernisses vermieden werde: Wegen der gemeinhin anerkannten antizipativen Wirkung eines durchsetzbaren Abtretungsversprechens konterkariert die These vom translativen Effekt des bare sub-trust selbst bei unterstellter Formbedürftigkeit der Verfügung das in sec. 53(1)(c) LPA 1925 normierte Formerfordernis.342 Wie die Fallgestaltung in Nelson v. Greening & Sykes (Builders) Ltd.343 exemplarisch zeigt, führt die These vom translativen Effekt überdies zu wenig überzeugenden Ergebnissen. Wäre der Kläger zu 1) nach der Lehre vom „dropping out of the bare sub-trustee“ kraft Gesetzes aus der nur vermeintlich doppelstöckigen trust-Struktur „ausgeschieden“, hätte die Beklagte zur Sicherung ihres Kostenerstattungsanspruchs gegen den Kläger zu 1) keine charging order am streitgegenständlichen estate erwirken können. Zum einen wäre der Kläger zu 1) bei unterstelltem translativen Effekt des zwischen der Klägerin zu 2) und dem Kläger zu 1) vereinbarten purpose trust schon nicht Inhaber eines der Pfändung gem. sec. 2(1) (b)(i), (2)(a) COA 1979 unterliegenden interest aus einem constuctive trust an land be equally effectual if he transfers the property to a trustee for the purposes of the settlement, or declares that he himself holds it in trust for those purposes; and if the property be personal, the trust may, as I apprehend, be declared either in writing or by parol; but, in order to render the settlement binding, one or other of these modes must, as I understand the law of this Court, be resorted to, for there is no equity in this Court to perfect an imperfect gift. The cases I think go further to this extent, that if the settlement is intended to be effectuated by one of the modes to which I have referred, the Court will not give effect to it by applying another of those modes. If it is intended to take effect by transfer, the Court will not hold the intended transfer to operate as a declaration of trust, for then every imperfect instrument would be made effectual by being converted into a perfect trust.“). 339 Dass der gewünschte Aktstypus prinzipiell nicht in einen anderen möglichen Schenkungstatbestand umzudeuten ist, stellte Turner L. J. in Milroyd v. Lord (1862) 4 De G. F. & J. 264, 274; 45 E. R. 1185 fest: „The cases I think go further to this extent, that if the settlement is intended to be effectuated by one of the modes to which I have referred, the Court will not give effect to it by applying another of those modes.“ 340 McGhee (-McFarlane), Snell’s Equity33, Rn. 5-013–5-014. 341 McGhee (-McFarlane), Snell’s Equity33, Rn. 5-009. 342 Siehe § 4 III. 3. a) dd). 343 Nelson v. Greening & Sykes (Builders) Ltd. [2007] EWCA Civ. 1358.
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gewesen, weshalb eine versuchte Pfändung ins Leere gegangen wäre. Zum anderen wäre der Erlass einer charging order gegen die Klägerin zu 2) als alleinige Inhaberin des unter dem constructive trust entstandenen equitable interest unzulässig, weil sie im Pfändungszeitpunkt nicht Kostenschuldnerin war.344 Mit Rücksicht auf das (kollusive) Zusammenwirken der Kläger spräche das Ergebnis der Gerechtigkeit Hohn. Mit besonderem Gewicht schlagen überdies Praktikabilitätsgesichtspunkte im kapitalmarktrechtlichen Depot- und Effektengirogeschäft345 gegen die Lehre vom translativen Effekt des (bare) sub-trust zu Buche: Sollte die Rechtsprechung sich in diesem Kontext der vorgenannten Lehre anschließen, würde sie das konventionelle System der „intermediated securities“ letztlich zu Grabe tragen. Wäre ein „Durchgriff“ des Investors oder eines Intermediärs gegen einen Verwahrer vorgelagerter Stufe möglich, weil Intermediäre aus der „trust-Kaskade“ von selbst ausscheiden, wenn und sobald sie im Verhältnis zu ihren „Hinterlegern“ die Position eines bare sub-trustee einnehmen,346 wäre die bezweckte Abschirmwirkung des englischen Modells indirekter Effektenverwahrung massiv gefährdet. Die Sammel- und Zwischenverwahrer könnten sich nicht mehr darauf verlassen, ausschließlich im Verhältnis zu ihren Vertragspartnern, d. h. einer überschaubaren Mehrzahl von Depotbanken, einem fiduziarischen Pflichtenkreis zu unterliegen. Sie müssten sich vielmehr darauf einrichten, von einer unbestimmten Vielzahl von Investoren in Anspruch genommen zu werden. Die mit diesen Haftungsrisiken verbundenen erhöhten Transaktionskosten, wären der allseits gewünschten Leichtigkeit und Sicherheit des Effektengirowesens naturgemäß abträglich. Schon deshalb steht kaum zu erwarten, dass das von der neueren Rechtsprechung nachdrücklich betonte „no344 Der Kläger zu 1) hatte zwar unstreitig im Einverständnis mit der Klägerin zu 2) aussichtslose Klagen und Rechtsbehelfe erhoben und somit Anwaltskosten der Gegenseite verursacht; die mit der Klage angegriffene non-party cost order wurde erst Jahre nach der Pfändung gegen die Klägerin zu 2) erlassen. Zwischenzeitlich war der legal estate aber bereits auf die Klägerin zu 2) überschrieben worden; die Beklagte hatte ihre Rechtsposition am estate somit vollständig verloren und hätte jedenfalls wegen der allein dem Kläger zu 1) auferlegten Verfahrenskosten überhaupt keine dingliche Sicherung am estate erhalten und wäre wahrscheinlich auf den entstandenen Kosten „sitzen geblieben“. 345 Das Effektengirogeschäft wird im englischen Recht auf der sachenrechtlichen Basis pyramidenförmiger trust-Strukturen von der Wertpapiersammelbank (resp. einem CREST-Mitglied bei „entmaterialisierten“ Effekten) über Zwischenbanken und Broker bis hin zu den Geschäftsbanken der Anleger durchgeführt; näher hierzu § 4 III. 3. c) dd). 346 Sobald sich ein oder mehrere der hintereinander geschalteten special trusts in bare trusts verwandeln, würde antizipativ ein trust zwischen dem Endverwahrer oder einem Verwahrer vorgelagerter Stufe in der Pyramide und dem Investor entstehen, obschon jener typischerweise keine genaue Kenntnis über die Rechtsbeziehungen der Geschäfts- oder Privatkundenbank mit dem Investor hat. Nach allgemeinen Regeln entstehen auch bei der intermediären Wertpapierverwahrung bare trusts in den Verhältnissen zwischen Verwahrern und Hinterlegern, sobald die Voraussetzungen der Regel aus Saunders v. Vautier (1841) 4 Beav. 115; 41 E. R. 482 erfüllt sind, d. h. wenn der „absolut“ berechtigte Investor Übertragung des vom (Zwischen-)Verwahrer gehaltenen (equitable) interest an den fraglichen Finanzinstrumenten verlangen kann und der Verwahrer keinen property management duties unterliegt; siehe allgemein zur Unterscheidung von bare trusts und special trusts Fn. 181.
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look-through“-Prinzip347 unter Rekurs auf den Mythos vom automatischen „dropping out of the bare sub-trustee“ zukünftig relativiert werden wird.348 Sieht man einmal von den Besonderheiten des Depot- und Effektengirogeschäfts ab, spricht seit der Entscheidung des Court of Appeal in Nelson349 aber ohnehin viel dafür, die Lehre vom translativen Effekt des bare sub-trust endgültig in die „Mottenkiste“ rechtsdogmatischer Irrlehren zu verbannen. Insbesondere leuchtet es nicht ein, dieser noch einen „residualen“ Geltungsbereich zuzugestehen, soweit es nicht – wie in Nelson – um sub-trust-belastete constructive trusts an estates in land geht.350 Letztlich extrapoliert diese Lehre – ohne sachliche Legitimation – materiellrechtliche Rechtsfolgen aus einer prozessualen Ausnahmeregel: Wie gezeigt, ist eine auf bestimmungsgemäße Ausführung und Beendigung des principal trust erhobene Klage des sub-beneficiary gegen den principal trustee ohne Beteiligung des sub-trustee nur ausnahmsweise dann zulässig, wenn der sub-trustee dem subbeneficiary nach Maßgabe von Saunders v. Vautier 351 auf Verlangen jederzeit seinen equitable interest übertragen müsste und im Verhältnis zwischen principal trustee und sub-trustee gleichfalls die Voraussetzungen von Saunders v. Vautier erfüllt wären, wenn nicht ein sub-trust konstituiert worden wäre, unter dem der beneficiary als sub-trustee weisungsgebunden ist.352 Mit dieser prozessualen Vereinfachung der Abwicklung des principal trust ist aber nicht etwa ein materiellrechtlicher Verlust der fiduziarisch gebundenen Rechtsstellung des sub-trustee verbunden: Weil und soweit dieser seinem beneficiary gegenüber vollständig weisungsgebunden ist, steht es dem sub-beneficiary frei, entweder den principal trustee ohne verfahrensrechtliche Mitwirkung des sub-trustee auf Ausführung des principal trust in Anspruch zu nehmen oder den sub-trustee anzuweisen, die Abwicklung des principal trust ggf. mittels Klage herbeizuführen. Betont sei, dass es sich dabei um eine Durchbrechung lang anerkannter prozessrechtlicher Regeln handelt. I. d. R. ist ein beneficiary darauf verwiesen, seinen (sub-)trustee in Anspruch zu nehmen und diesem an einem von ihm selbst initiierten Rechtsstreit gegen den principal trustee als Partei zu beteiligen.353 Abgesehen davon steht es den Parteien frei, die direkte Ab347
Siehe dazu § 4 III. 3. c) dd). Tham, (2017) 31 Tru. L. I., 76–92, 76, 79, der insoweit keinen gesetzlichen Reformbedarf ausmacht; das no-look-through-Prinzip sei nicht durch die Lehre vom automatischen Wegfall eines bare sub-trustee gefährdet; dieser Grundsatz sei ein bloßer Mythos, aber keine durch die Rechtsprechung bestätigte Regel. 349 Nelson v. Greening & Sykes (Builders) Ltd. [2007] EWCA Civ. 1358. 350 Diese einschränkende Interpretation wird zwar von Pettit, Equity and the Law of Trusts12 , S. 89 erwogen. Weshalb ein „echter“ (bare) sub-trust aber nicht auch dann zustande kommen kann, wenn der zu belastende equitable interest aus einem express trust folgt und sich auf personal property statt auf land bezieht, ist m. E. nicht nachvollziehbar. 351 Saunders v. Vautier (1841) 4 Beav. 115; 41 E. R. 482. 352 Siehe die Besprechung von Head v. Lord Teynham (1783) 1 Cox 57; 29 E. R. 1060 unter § 4 III. 2. a). 353 Soweit Matthews (2005) 6 P. C.B. 336, 339 hierzu auf Gilbert v. Overton (1864) 2 H. & M. 110; 71 E. R. 402 verweist, lässt sich aus dieser Entscheidung m. E. nichts dafür entnehmen, dass die sub-beneficiaries den principal trustee unter Beiladung des sub-trustee auf Ausführung des principal trust in Anspruch nehmen können. Es ging um eine ganz anders gelagerte Konstel348 Ähnlich
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wicklung des principal trust zwischen principal trustee und sub-beneficiary zu vereinbaren.354 Ob in diesem Zusammenhang durch dreiseitige Vereinbarung zugleich ein express trust zwischen dem principal trustee und dem sub-beneficiary zustande kommt, ist eine Frage des Einzelfalls.355 In jedem Fall sollte sich der principal trustee im eigenen Interesse nicht ohne Zustimmung seines beneficiary als sub-trustee in die Beziehungen zwischen diesem und dessen sub-beneficiary einmischen, um sich nicht einer potentiellen Haftung als trustee de son tort auszusetzen.356
3. Die topisch-tastende Entfaltung der sub-trusts in Rechtsprechung und Lehre Wenn hiernach mit der neueren Rechtsprechung und Lehre jeder Art und Erscheinungsform eines sub-trust schlechthin konstitutive Wirkung beizumessen ist, ist mit dieser dogmatischen Neujustierung zumindest der Grundstein für die Erschließung weiterer Rechtsfolgen von sub-trusts gelegt. Aus Nelson v. Greening & Sykes (Builders) Ltd.357 ist zwar immerhin zu folgern, dass der sub-trustee als Rechtsinhaber forthin über das aus dem principal trust resultierende Recht verfügen kann. Abgesehen davon sind freilich viele Details der sub-trusts noch ungeklärt, zumal es an legislatorischen Vorgaben weitgehend fehlt. Erstens ist auf die bereits angerissene Frage, ob die Errichtung eines sub-trust dem für Verfügungen normierten Schriftformerfordernis gem. sec. 53(1)(c) LPA 1925 unterliegt, näher einzugehen. Zweitens ist der spezifische Verfügungsschutz des beneficiary eines sub-trust zu erörtern; dieser unterscheidet sich nicht unmaßgeblich von den dargestellten Sukzessionsschutzstandards. Drittens lassen sich diverse Wechselwirkungen zwischen principal trust und sub-trust beobachten, die in Rechtsprechung und Lehre bislang allenfalls rudimentär erschlossen worden sind. Unter der Prämisse, dass ein sub-trust nicht in einen translativen Übergang des equitable interest umzudeuten ist, geht es bei abstrakter Betrachtung um zwei miteinander untrennlation. Die Klage der sub-beneficiaries richtete sich nicht gegen die (principal) trustees, sondern gegen einen Dritterwerber des designierten trust property, der dieses von den Rechtsnachfolgern des settlor erworben hatte; die trustees wurden auch nicht etwa beigelagen. Dessen ungeachtet ist die Ansicht von Matthews (2005) 6 P. C.B. 336, 339 zutreffend: Nach allgemeinen Grundsätzen kann ein beneficiary gegen Dritte nicht selbst Ansprüche aus dem trust geltend machen; in aller Regel kommt lediglich eine derivative action in Betracht, wenn der trustee seinen Schutzpflichten hinsichtlich des trust property nicht nachkommt, wobei der trustee und der Dritten gemeinschaftlich verklagt werden müssen. Nichts anderes gilt für einen sub-beneficiary, weil der principal trustee wiederum ein Dritter im Verhältnis zum sub-beneficiary ist, weshalb dieser das Recht des sub-trustee prozessstandschaftlich ausüben und dabei auch – soweit nicht die durch Head v. Lord Teynham geschaffene Ausnahmeregel greift – den sub-trustee in den Rechtsstreit einbeziehen muss. 354 Nelson v. Greening & Sykes (Builders) Ltd. [2007] EWCA Civ. 1358 [57] (Collins L. J.). 355 Vgl. Penner, The Law of Trusts10 , Rn. 6.22. Unmittelbare Rechtsbeziehungen zwischen principal trustee und sub-beneficiary könnten zudem kraft Ausübung einer entsprechenden power of appointment seitens des principal trustee oder des sub-trustee zustande kommen. 356 Zum sog. trusteeship de son tort siehe bereits § 4 II. 2. b). 357 Nelson v. Greening & Sykes (Builders) Ltd. [2007] EWCA Civ. 1358.
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bar verknüpfte Sachfragen. Zum einen ist zu klären, welche Rechte der aus dem principal trust berechtigte beneficiary an dem trust property noch für sich reklamieren kann, wenn seine Rechtsposition Gegenstand eines sub-trust ist. Zum anderen stellt sich die Frage, in welchem Ausmaß sub-beneficiaries Befugnisse an dem Bezugspunkt des vorgelagerten principal trust geltend machen können. In diesem Kontext geht es vor allem um Rechtsbehelfe gegen den trustee des principal trust, Abberufungs- und Ersetzungsbefugnisse, um spezifische Rechte und Pflichten aus trusts of land und endlich um die Besonderheiten der qua sub-trusts organisierten intermediären Wertpapiersammelverwahrung. a) Schriftformerfordernis für die Errichtung von sub-trusts? Im Mittelpunkt der Diskussion steht die Frage, ob und, ggf., unter welchen Voraussetzungen die Errichtung eines sub-trust als „disposition of an equitable interest or trust subsisting at the time of the disposition“ i. S. v. sec. 53(1)(c) LPA 1925 anzusehen ist und damit der Schriftform bedarf. Im Ganzen erscheint die Rechtsprechung – zumal im steuerrechtlich relevanten Kontext der Norm – ergebnisorientiert.358 Die Gesetzesexegese ist nur bei näherer Betrachtung des Regelungszusammenhangs359 und des intrasystematischen Verhältnisses zwischen sec. 53(1)(c) LPA 1925 und sec. 53(1)(a) LPA 1925 sowie sec. 53(1)(b) LPA 1925 nachvollziehbar. Während Verfügungen 360 über legal estates gem. sec. 52(1) LPA 1925 einer deed bedürfen, bestimmt sec. 53(1)(a) LPA 1925, dass interests in land nur durch Urkunde seitens des Rechtsinhabers, durch Testament oder kraft Gesetzes entstehen oder übertragen werden. Anderes soll nach allgemeiner Ansicht für die Errichtung von trusts an interests in land gelten.361 So lässt sich zwar die rechtsgeschäftliche Errichtung eines trust an einem interest in land gem. sec. 53(1)(b) LPA 1925 nur durch eine von hierzu berechtigten Person ausgestellte Urkunde beweisen.362 Hieraus wird aber im Wege eines argumentum e contrario gefolgert, dass die Errichtung eines trust an einem interest in land – abweichend von sec. 53(1)(a) LPA 1925 – ohne Beachtung formaler 358 Näher Martin and Hanbury (-Martin), Modern Equity18 , Rn. 3-006–3-016; Thomas/Hudson, The Law of Trusts2, Rn. 5.17–5.28. 359 Die Norm ist in dem conveyances and other instruments titulierten Part II LPA 1925 (secs. 51–75 LPA 1925) platziert. 360 Conveyances i. S. v. sec. 205(1)(ii) LPA 1925. 361 Lewin (-Tucker/L e Poidevin/Brightwell), Trusts19, Rn. 3-012; McGhee (-Fox), Snell’s Equity33, Rn. 22-036. 362 Ist der betreffende interest in land bereits Gegenstand eines trust, sind nach Tierney v. Wood (1854) 19 Beav. 330 nicht etwa die trustees als Inhaber des betreffenden Rechts, sondern ausschließlich die beneficiaries des bereits bestehenden trust zur Errichtung eines weiteren trust befugt. Die Literatur hat sich dieser Ansicht angeschlossen; siehe Lewin (-Tucker/Le Poidevin/ Brightwell), Trusts19, Rn. 3-017; McGhee (-Fox), Snell’s Equity33, Rn. 22-037. Mit der Konstitution eines sub-trust hat diese Konstellation nichts zu tun; es geht um die erneute Belastung eines trust-befangenen interest in land. Rechtszuständigkeit und Verfügungsbefugnis fallen also insoweit auseinander, was einmal mehr die hohen Schutzstandards der Equity zugunsten der beneficiaries gegen potenziell rechtsbeeinträchtigende nachfolgende Verfügungen über eine trust-befangene Sache sichtbar macht; siehe dazu noch § 4 III. 3. b).
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Voraussetzungen materiellrechtlich wirksam sei; eine mündliche trust declaration genüge, wenngleich der trust nicht durchsetzbar sei, falls es an einer Urkunde über die Errichtung desselben fehle.363 Dies gilt freilich auch nur dann, wenn sich der settlor selber zum trustee des von ihm hinreichend deutlich bestimmten und ihm selbst (eigennützig) zustehenden trust property erklärt,364 mithin kein zusätzliches Vollzugsmoment neben der formlos möglichen trust declaration zu beachten ist. Insoweit werden trusts – und somit auch die unter dem „Schleier“ des trust entstehenden Rechte der beneficiaries – jedenfalls dann mündlich wirksam konstituiert, wenn es um die Belastung von legal rights geht.365 Anders liegt es aber, wenn ein trust durch Übertragung des designierten trust property (seien es legal rights, seien es equitable interests) an trustees bestellt wird. Selbstredend kommt ein wirksamer trust nur dann zustande, wenn die für den betreffenden Übertragungstatbestand geltenden Vollzugserfordernisse erfüllt sind.366 Zudem unterliegen testamentari363 Statt vieler Lewin (-Tucker/L e Poidevin/Brightwell), Trusts19, Rn. 3-012; McGhee (-Fox), Snell’s Equity33, Rn. 22-036. Zwischen sec. 53(1)(a) LPA 1925 und sec. 53(1)(b) LPA 1925 besteht hiernach ein Exklusivitätsverhältnis. Würde die Errichtung eines auf land bezogenen trust – was angesichts der extensiven Legaldefinition der disposition (sec. 205(1)(ii) LPA 1925) ja naheliegt – als grundstücksbezogene Verfügung i. S. v. sec. 53(1)(a) LPA 1925 (creation or disposition of interest in land) eingeordnet werden, wäre sec. 53(1)(b) LPA 1925 zur Bedeutungslosigkeit degradiert. Dementsprechend wird sec. 53(1)(a) LPA 1925 im Schrifttum einschränkend dahin ausgelegt, dass sämtliche Verfügungen mit Ausnahme der rechtsgeschäftlichen Errichtung eines trust erfasst seien, während eine trust declaration zwar formlos wirksam sei, ihre Existenz aber nach sec. 53(1)(b) LPA 1925 grundsätzlich nur durch schriftliche Urkunden bewiesen werden könne (vgl. Pearce/Stevens/Barr, The Law of Trusts and Equitable Obligations5, S. 226). Nicht erforderlich ist hingegen eine schriftliche trust declaration; auch eine andere Urkunde genügt, sofern sich aus dieser auf die rechtsgeschäftliche Errichtung eines trust schließen lässt (vgl. Rochefoucauld v. Boustead [1897] 1 Ch. 196; Thomas/Hudson, The Law of Trusts2, Rn. 5.10). Eine absolute Beschränkung auf den Urkundenbeweis soll aus sec. 53(1)(b) LPA 1925 aber nicht folgen; aus Billigkeitsgründen wird das strikte Erfordernis einer schriftlichen Urkunde durch das sog. fraud principle relativiert, wonach ausnahmsweise auch andere Beweismittel, insbes. parol evidence zulässig ist; grundlegend Rochefoucauld v. Boustead [1897] 1 Ch. 196; Pearce/Stevens/Barr, The Law of Trusts and Equitable Obligations5, S. 227 f.; Martin and Hanbury (-Martin), Modern Equity18 , Rn. 3-005, die allerdings darauf hinweist, dass die neuere Judikatur davon ausgehe, dass es um den Nachweis eines constructive trust gehe; diesbezüglich greift ohnedies die Bereichsausnahme in sec. 53(2) LPA 1925 ein, so dass die in sec. 53(1)(b) LPA 1925 bestimmte Begrenzung der Beweismittelarten nicht gilt. 364 Stets erforderlich ist, dass das trust property hinreichend bestimmt bezeichnet ist. Dem kann freilich auch durch äußerst weite Sammelbezeichnungen, unter denen ganze Vermögensentitäten zusammengefasst werden, genügt werden, während umgekehrt ideelle Anteile in trusts eingebracht werden können; zu den Einzelheiten Thomas/Hudson, The Law of Trusts2, Rn. 3-05– 3.45. 365 Von selbst versteht sich, dass kraft Gesetzes entstehende trusts (resulting trusts, implied trusts, constructive trusts) nicht den Beweiszwecken dienenden Schriftformerfordernissen unterliegen; sec. 53(2) LPA 1925 stellt dies klar. Dies ändert aber nichts daran, dass Rechtsgeschäfte über equitable interests, die aus einem kraft Gesetzes entstandenen trust resultieren, nach Maßgabe von sec. 53(1)(c) LPA 1925 der Schriftform bedürfen (Hanbury and Martin (-Martin), Modern Equity18 , Rn. 3-004). 366 Näher Thomas/Hudson, The Law of Trusts2 , Rn. 5.30–5.42. Die aus der Maxime „equity will not assist a volunteer“ abgeleitete Grundregel, wonach ein express trust ohne die erforderliche Rechtsübertragung des designierten trust property auf die trustees nicht zustande kommt (grund-
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sche trusts grundsätzlich den – aufgrund der Anerkennung sog. secret trusts367 freilich unterminierten – Formvoraussetzungen einer letztwilligen Verfügung gem. sec. 9 Wills Act 1937.368 Ob demgegenüber die Errichtung eines trust an einem equitable interest als disposition dem Schriftformerfordernis gem. sec. 53(1)(c) LPA 1925 unterliegt, ist offen.369 Im Schrifttum wird die Anwendbarkeit von sec. 53(1)(c) LPA 1925 auch nach legend Milroyd v. Lord (1862) 4 De G. F. & J. 264; 45 E. R. 1185), wird freilich nicht strikt beachtet. So kommt ein trust auch dann zustande, wenn es zwar an einer rechtsgeschäftlichen Übertragung seitens des settlor an die trustees fehlt, die trustees aber sodann zufällig doch noch das trust property erwerben; der zunächst nicht wirksam zustande gekommene trust konvalesziert also jedenfalls dann, wenn sich der settlor wirksam zur Errichtung eines trust verpflichtet hat (vgl. Re Ralli’s Will Trust [1964] Ch. 288). Außerdem können die Lehren vom promissory estoppel und vom proprietary estoppel dazu führen, dass der ursprüngliche settlor (resp. seine Rechtsnachfolger) die Erklärung eines trust gegen sich gelten lassen muss, obschon eine wirksame Übereignung an die trustees ausbleibt, vgl. Thomas/Hudson, The Law of Trusts2, Rn. 5.45. 367 Auch ohne Einhaltung der Testamentsform entstehen von Todes wegen sog. secret trusts, wobei zwischen fully-secret trusts und half-secret trusts unterschieden wird (siehe hierzu z. B. Hudson, Equity and Trusts7, S. 301–326; Underhill and Hayton (-Hayton/Matthews/Mitchell), Law Relating to Trusts and Trustees19, 12.80–12.114). Auch wenn eine Verfügung von Todes wegen äußerlich als „gewöhnliche“ testamentarische Zuwendung, d. h. als legacy bzw. bequest (in Bezug auf personal property) oder devise (in Bezug auf real property) erscheint, kann darin in Wirklichkeit eine wirksame Errichtung eines fully-secret trust liegen. Erforderlich ist dafür, dass der Erblasser seinen Willen, einen trust von Todes wegen zu errichten, dem designierten legatee oder devisee zu Lebzeiten mitteilt und dieser die testamentarische Zuwendung als trustee annimmt. Ist im Testament hingegen ausdrücklich bestimmt, dass der legatee oder devisee die Zuwendung als trustee zu bestimmten, im Testament allerdings nicht offen gelegten Bedingungen halten soll (insbesondere ohne Bezeichnung der beneficiaries), liegt ein half-secret trust vor, der dann anerkannt wird, wenn der Erblasser nicht bloß seine Absicht, einen trust überhaupt zu errichten, sondern auch die konkreten Bedingungen (insbesondere die Auswahl der beneficiaries) dem legatee oder devisee außertestamentarisch kommuniziert und dieser das Amt des trustee übernimmt. Historisch ging es meistens darum, die Geliebte oder uneheliche Kinder zu begünstigen, ohne deren Existenz oder Identität den Angehörigen Preis zu geben; heutzutage steht die flexible Inhaltsänderung letztwilliger Verfügungen im Vordergrund. Der (noch unschlüssige) Erblasser kann jederzeit außertestamentarisch die Bedingungen des trust durch Anzeige gegenüber dem legatee oder devisee verändern, ohne die für eine förmliche Änderung geltenden Voraussetzungen von sec. 9 Wills Act 1837 beachten zu müssen. 368 Das in sec. 9 Wills Act 1837 normierte Erfordernis einer vom Erblasser eigenhändig unterzeichneten und von zwei Zeugen bezeugten Urkunde gilt mithin auch für die Errichtung des trust einschließlich der Inhaltsbestimmungen des trust; das umfassende Formerfordernis erstreckt sich auf die Auswahl der trustees und der beneficiaries, die jeweiligen Anteile der beneficiaries am trust property und die speziellen Aufgaben und Befugnisse der trustees. 369 Einschlägige Rechtsprechung gibt es hierzu nicht. Hiervon scharf zu unterscheiden ist die gleichfalls umstrittene Frage, ob ein durchsetzbares, formloses Versprechen auf Übertragung eines unter einem trust konstituierten equitable interest – das nach allgemeinen Grundsätzen einen sub-trust zugunsten des Erwerbers erzeugt – nach sec. 53(1)(c) LPA 1925 nichtig ist oder stattdessen der Bereichsausnahme gem. sec. 53(2) LPA 125 unterfällt. Letzteres hat der Court of Appeal in Neville v. Wilson [1997] Ch. 144 in Bezug auf einen Vertrag über die Übertragung von shares einer private company vertreten, der mithin formlos wirksam war, wobei allerdings die Frage, ob ein constructive trust zustande gekommen war, nicht entscheidungserheblich war; zustimmend Parker and Mellows (-Oakley), The modern law of trusts8 , S. 112 f.; Thomas/Hudson, The Law of Trusts2, Rn. 5.79.
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Nelson370 noch kontrovers diskutiert.371 Im Unterschied zu sec. 53(1)(b) LPA 1925 ergibt sich aus sec. 53(1)(c) LPA 1925 ein materiellrechtliches Wirksamkeitserfordernis für Verfügungen über (nicht notwendig trust-gestützte) equitable interests ohne Rücksicht auf die Art des Bezugspunktes des trust gilt. Auch Verfügungen über equitable interests an personal property bedürfen mithin einer vom Verfügenden unterzeichneten Urkunde.372 Anknüpfend an die Vorgängerbestimmung in sec. 9 Statute of Frauds 1677 soll das Schriftformerfordernis der „Betrugsprävention“ und der Rechtssicherheit dienen, indem es einerseits den beneficiaries ermögliche, Rechtsanmaßungen Dritter zu entkräften, und andererseits trustees davor schütze, irrtümlich an Putativbegünstigte zu leisten.373 Die Auslegung der Norm, vor allem der Begriff „disposition“, ist, wie angedeutet, von der Rechtsprechung nicht in allen Einzelheiten geklärt.374 Eine subsumtionsfähige Begriffsdefinition der disposition i. S. v. sec. 53(1)(c) LPA 1925 ist jedenfalls niemals entwickelt worden; die tendenziell allumfassende Legaldefinition in sec. 205(1)(ii) LPA 1925 ist nicht mehr als ein erster Anhaltspunkt; maßgeblich ist allein die Kasuistik.375 Außer Frage steht, dass sich der Terminus „disposition“ im Gegensatz zur Vorgängerbestimmung in sec. 9 Statute of Frauds 1677 nicht auf „grants and assignments of any trust or confidence“ beschränkt, insbesondere nicht lediglich die totale 370
Nelson v. Greening & Sykes (Builders) Ltd. [2007] EWCA Civ 1358. etwa Hudson, Equity and Trusts7, S. 292; Matthews (2005) 6 P. C.B. 336, 336–340; Pawlowski/Brown [2015] 170 T. & E. L.T. J. 4–7; Davies/Virgo, Equity & Trusts2, S. 510–512; Penner, The Law of Trusts10, Rn. 6.22. 372 Wenngleich sich der Wortlaut allgemein auf equitable interests bezieht, legt der systematische Kontext von sec. 53(1)(c) LPA 1925 eine einschränkende Auslegung dahingehend nahe, dass sich auch dieses Formerfordernis allein auf Verfügungen über equitable interests in land bezieht. Abgesehen davon, dass sich ss. 51, 52 LPA 1925 und sec. 53(1)(a)-(b) LPA 1925 ausschließlich auf interests in land beziehen, erfasst die Legaldefinition von equitable interests (sec. 205(1)(x) LPA 1925) nur interests or charges in or over land. Diese Definition ist aber, sofern nicht der Kontext eine andere Betrachtungsweise gebietet, maßgeblich. Gleichwohl wird sec. 53(1)(c) LPA 1925 in Rspr. und Schrifttum ohne nähere Erörterung der Problematik auf alle equitable interests angewendet (McGhee (-Fox), Snell’s Equity33, Rn. 22-040; Thomas/Hudson, The Law of Trusts2, Rn. 5.15). Der Schriftform unterliegen folglich Verfügungen über equitable interests an unkörperlichen Gegenständen (intangible property bzw. choses in action), z. B. Forderungen (debts) und Gesellschaftsanteilen (shares), und an beweglichen Sachen (chattels bzw. choses in possession). 373 Vandervell v. IRC [1967] 2 AC 291, 311 (Lord Upjohn). Aus der Literatur siehe nur Davies/ Virgo, Equity & Trusts2, S. 501–502; Hudson, Equity and Trusts7, S. 280–281. Diese dualistische Legitimation des Schriftformerfordernisses ist freilich nicht über jeden Zweifel erhaben; kritisch u. a. McFarlane, The Structure of Property Law, S. 569–576 mit konziser Auswertung der einschlägigen Kasuistik. 374 Vgl. Thomas/Hudson, The Law of Trusts2 , Rn. 5.17. 375 Auch die vielzitierte Definition von Romer L. J. in Timpson’s Executors v. Yerbury [1936] 1 K. B. 645, 664, der bekanntlich vier Varianten der „disposition of equitable interests“ unterschied – Abtretung, durchsetzbares Abtretungsversprechen, Weisung an die trustees, das trust property zugunsten eines neuen beneficiary zu halten, und Bestellung eines sub-trust –, ist unbehelflich. Sie ist zum einen zu eng, weil z. B. der Verzicht fehlt (siehe nur Thomas/Hudson, The Law of Trusts2, Rn. 5.7), und zum anderen zu weit, weil, wie sogleich gezeigt werden wird, die Errichtung von sub-trusts nach mehrheitlich vertretener Ansicht jedenfalls nicht ausnahmslos dem Schriftformerfordernis unterliegt. 371 Siehe
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Abtretung eines equitable interest erfasst.376 Seit dem leading case Grey v. Inland Revenue Commissioners377 ist geklärt, dass die den trustees erteilte Weisung des beneficiary, das trust property an seiner Statt für einen Dritten zu halten, einem rechtstransportierenden Übergang des equitable interest gleichzuachten ist und deshalb sec. 53(1)(c) LPA 1925 unterliegt.378 Weiterhin herrscht im Ergebnis Einigkeit, dass sich sec. 53(1)(c) LPA 1925 jedenfalls nicht schlechthin auf alle rechtsgeschäftlich errichteten trusts (an Liegenschaftsrechten) erstreckt, weil sec. 53(1) (b) LPA 1925 sonst zur Bedeutungslosigkeit degradiert werden würde:379 Wenn sec. 53(1)(b) LPA 1925 lediglich ein verfahrensrechtliches Formerfordernis statuiere, dessen Nichtbeachtung die gerichtliche Durchsetzbarkeit des trust hindere, nicht aber zu dessen Nichtigkeit führe, könne sich – so die gesetzessystematische Argumentation – aus sec. 53(1)(c) LPA 1925 nicht ein materiellrechtliches Schriftformerfordernis für trusts ergeben. Zudem fordere der Normwortlaut von sec. 53(1)(c) LPA 1925 keine Erstreckung des Schriftformerfordernisses auf die Errichtung von trusts, weil sich der Tatbestand nur auf im maßgeblichen Zeitpunkt des Abschlusstatbestandes bestehende Rechte („subsisting at the time of the disposition“) beziehe; durch die Errichtung eines trust werde hingegen ein equitable interest originär geschaffen.380 Schließt man sich dieser Betrachtungsweise an, ist aus Gründen der Wertungskonsistenz bei der Errichtung von trusts an personalty nicht anders zu entscheiden, gilt doch für diese nicht einmal das verfahrensrechtliche Formerfordernis in sec. 53(1)(b) LPA 1925.381 aa) Unterscheidung zwischen active sub-trusts und sog. passive sub-trusts Während trusts, die sich auf legal rights beziehen, somit nicht dem in sec. 53(1)(c) LPA 1925 normierten Schriftformerfordernis unterliegen, unterschied die bislang überwiegende Ansicht in der Literatur bei der Formbedürftigkeit der Errichtung von trusts an equitable interests zwischen sog. active sub-trusts und sog. passive sub-trusts.382 So unterliege die Bestellung eines bare sub-trust als echte disposition 376 Siehe nur McGhee (-Fox), Snell’s Equity33, Rn. 22-040. Die Abtretung (assignment) ist jedenfalls unstreitig erfasst (Martin and Hanbury (-Martin), Modern Equity18 , Rn. 3-007). 377 Grey v. Inland Revenue Commissioners [1959] UKHL 2; [1960] A. C. 1. 378 Hiervon zu unterscheiden ist die den trustees erteilte Weisung des beneficiary, das trust property (unter Auflösung des trust) auf einen Dritten zu übertragen, in dessen Person sich sodann legal interest und equitable interest zum „Vollrecht“ vereinigen (vgl. McGhee (-Fox), Snell’s Equity33, Rn. 22-040); diese Weisung ist nach der Grundsatzentscheidung des House of Lords in Vandervell v. Inland Revenue Commissioners [1967] 2 A. C. 291 nicht formbedürftig. 379 Martin and Hanbury (-Martin), Modern Equity18 , Rn. 3-006. 380 Hudson, Equity and Trusts7, S. 281; Martin and Hanbury (-Martin), Modern Equity18 , Rn. 3-006. Dieses Argument verfängt natürlich nicht bei der Errichtung eines sub-trust an einem bereits bestehenden equitable interest, ist doch dieser das maßgebliche Verfügungsobjekt, das durch die Bestellung des sub-trust belastet wird; dementsprechend liegt die Erstreckung des Formerfordernisses auf die Bestellung von sub-trusts nicht fern. 381 Siehe nur Thomas/Hudson, The Law of Trusts2 , Rn. 5.20 m. w. N. 382 Davies/Virgo, Equity & Trusts2 , S. 510–511; Hudson, Equity and Trusts7, S. 291–292, 298; Pearce/Stevens/Barr, The Law of Trusts and Equitable Obligations5, S. 228 f.; Thomas/Hudson,
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i. S. v. sec. 53(1)(c) LPA 1925 der Schriftform.383 Schließlich „verschwinde“ der subtrustee ja von der Bildfläche, wenn er keine besonderen treuhänderischen Befugnisse ausüben könne und dürfe; soll der equitable interest faktisch dupliziert werden, indem dem sub-beneficiary eine ebenso weitreichende Position wie dem sub-trustee eingeräumt werde, werde in Wirklichkeit gar kein neuer trust errichtet, sondern der bestehende equitable interest auf den neuen beneficiary transferiert.384 Demgegenüber sei die Errichtung eines „echten“ sub-trust, der fiduziarische Pflichten und Befugnisse des sub-trustee begründe, formlos möglich; stehe dem sub-trustee aus dem principal trust ein equitable interest in land zu, sei aber das Formerfordernis in sec. 53(1)(b) LPA 1925 zu beachten.385 Die Begründung dieser differenzierten Sichtweise liegt darin, dass die Errichtung eines active sub-trust nicht – wie von sec. 53(1)(c) LPA 1925 tatbestandsmäßig gefordert – eine Verfügung über ein bestehendes Recht (disposition of subsisting equitable interest), sondern eine Verfügung „aus“ einem bestehenden Recht des beneficiary/sub-trustee (disposition out of a subsisting equitable interst) darstelle.386 Dies korrespondiert mit der metaphorisch geprägten Sichtweise, dass ein subtrust – zumindest ein active sub-trust – dadurch konstituiert werde, dass aus einem equitable interest ein minderes Recht (subsidiary equitable right) herausgeschält und verselbstständigt auf den beneficiary des sub-trust übertragen werde.387 Auf die rechtsdogmatischen Schwachpunkte der zugrunde liegende Prämissen, insbesondere der Lehre vom automatischen „dropping out“ des „nackten“ sub-trustee,388 muss an dieser Stelle nicht erneut eingegangen werden. Wenn richtiger Ansicht nach ein bare sub-trust ein genuines fiduziarisches Rechtsverhältnis zwischen dem weisungsgebundenen sub-trustee und dem sub-beneficiary erzeugt, entfällt die Legitimationsgrundlage, um im Hinblick auf die Formbedürftigkeit der trust declaration zwischen special trusts und bare trusts zu unterscheiden: Weshalb es auf den Umfang des Pflichtenprogramms und auf den Ermessensspielraum des sub-trustee ankommen soll, ob der sub-trust schriftlich oder formlos zu errichten ist, ist weder dargetan noch ersichtlich.389 The Law of Trusts2, Rn. 5.28; Hayton (-Hayton), Law Relating to Trusts and Trustees15, S. 210 (anders nunmehr Underhill and Hayton (-Hayton/Matthews/Mitchell), Law Relating to Trusts and Trustees19, 12.15); Hayton and Marshall (-Hayton), Commentary and cases on the law of trusts and equitable remedies11, Rn. 2–43. 383 Hudson, Equity and Trusts7, S. 291 f., 298; Pearce/Stevens/Barr, The Law of Trusts and Equitable Obligations5, S. 228 f.; tendenziell auch Thomas/Hudson, The Law of Trusts2, Rn. 5.28, die sich aber nicht abschließend festlegen. 384 Pearce/Stevens/Barr, The Law of Trusts and Equitable Obligations5, S. 228 f.; i. E. auch Hudson, Equity and Trusts7, S. 292. 385 Pearce/Stevens/Barr, The Law of Trusts and Equitable Obligations5, S. 229; Thomas/Hudson, The Law of Trusts2, Rn. 5.28. 386 Vgl. Green [1984] 47 M. L.R. 385, 396. 387 Green [1984] 47 M. L.R. 385, 396. 388 § 4 III. 2. c). 389 Für eine einheitliche Behandlung der rechtsgeschäftlichen Errichtung von sub-trusts auch Green [1984] 47 M. L.R. 385, 398–399, der die Einhaltung der Schriftform gem. sec. 53(1)(c) LPA 1925 mit der Begründung für erforderlich erachtet, dass hierin ein „part disposal“ des bestehenden
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bb) Einheitliche Behandlung jeglicher sub-trusts Seit Nelson390 nimmt die überwiegende Ansicht in Rechtsprechung und Lehre von der differenzierten Sichtweise Abstand und plädiert für eine einheitliche Behandlung aller sub-trusts.391 Die Streitfrage ist aber nicht geklärt. Selbst wenn jeder sub-trust konstitutive Wirkung entfaltet und nicht etwa das Recht des beneficiary/ sub-trustee auf den sub-beneficiary transportiert, präjudiziert dies nicht die Auslegung des Begriffs der disposition in sec. 53(1)(c) LPA 1925. Während teilweise angenommen wird, dass nunmehr sub-trusts materiellrechtlich formfrei errichtet werden könne,392 hält die vordringende Gegenansicht die Bestellung von trusts an equitable interests generell nur bei Beachtung des in sec. 53(1)(c) LPA 1925 normierten Schriftformerfordernis für wirksam.393 Leitend ist nicht allein die mit der Vorschrift bezweckte Offenlegung von Verfügungen über die vom legal title „verdeckten“ equitable interests,394 sondern vor allem der Topos des Übereilungsschutzes. Argumentiert wird, dass der beneficiary bei der Errichtung eines trust ebenso schutzbedürftig sei wie bei einem (vollständigen) assignment seines equitable interest, weil er sich angeblich in beiden Konstellationen des seiner Rechtsposition inhärenten beneficial interest entäußere.395 Die dogmatische Erklärung ist nicht frei von Ambivalenz: Auf der einen Seite wird die früher herrschende Lehre vom automatischen „dropping out“ des („nackten“) sub-trustee dezidiert zurückgewiesen.396 Auch unter einem passive sub-trust verlöre der sub-trustee weder rechtsgeschäftlich noch kraft Gesetzes seine Rechtsposition, es entstehe vielmehr ein echtes fiduziarisches Rechtsverhältnis zwischen sub-trustee und sub-beneficiary; die Differenzieequitable interest liege; der beneficiary entäußere sich des dem equitable interest wesensimmanenten „beneficial interest“. 390 Nelson v. Greening & Sykes (Builders) Ltd. [2007] EWCA Civ. 1358. 391 Vgl. Drakeford v. Cotton [2012] EWHC 1414 (Ch) [79] (Morgan J.); Davies/Virgo, Equity & Trusts2, S. 512; Green [1984] 47 M. L.R. 385, 398–399; Moffat, Trusts Law4, S. 126. 392 So – allerdings bloß im Wege eines obiter dictum – Kaye v. Zeital [2010] EWCA Civ. 159; [2010] 2 B. C.L. C. 1 [36]–[37] (Rimer L. J.); Drakeford v. Cotton [2012] EWHC 1414 (Ch) [79] (Morgan J.); Hanbury and Martin (-Glister/Lee), Modern Equity21, Rn. 6-015; Tham [2017] 31 Tru. L. I. 76, 91; Underhill and Hayton (-Hayton/Matthews/Mitchell), Law Relating to Trusts and Trustees19, 12.15; Virgo, Principles of Equity and Trusts2, S. 394. 393 So erstmals Green [1984] 47 M. L.R. 385, 398–399; ihm folgend Pawlowski/Brown [2015] 170 T & ELTJ 4, 7; Davies/Virgo, Equity & Trusts2, S. 512; sympathisierend Moffat, Trusts Law4, S. 126; Thomas/Hudson, The Law of Trusts2, Rn. 5.79 in Fn. 236; indifferent Penner, The Law of Trusts10, Rn. 6.22. 394 Vgl. Davies/Virgo, Equity & Trusts2 , S. 512. 395 Grundlegend Green [1984] 47 M. L.R. 385, 395–399: „[…] the characteristic which makes a subsisting equitable interest worthy of protection is the beneficial interest attached to it. When looked at in this way, it will readily be seen that assignments and declarations of trust, both of which have the effect of extingushing the beneficial interest in the owner of a hitherto subsisting equitable interest, are equally deserving of formal protection. And both should be caught by section 53(1)(c) by adopting the notion of a declaration of trust working a ‚part-disposal‘ of a subsisting equitable interest, a disposal of the beneficial part of the bundle of hitherto subsisting equitable rights.“; ebenso Pawlowski/Brown [2015] 170 T & ELTJ 4, 7. 396 Vgl. Green [1984] 47 M. L.R. 385, 396–397.
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rung zwischen active sub-trusts und passive sub-trusts sei deshalb auch im Kontext der Formfrage unhaltbar. Auf der anderen Seite sei die Errichtung eines sub-trust aber ihrer Rechtsnatur nach teilweise Aufgabe („part disposal“) der einheitlichen dinglichen Rechtsstellung des beneficiary und insoweit ein Minus gegenüber der rechtsgeschäftlichen Vollrechtsübertragung (assignment).397 Dem liegt wiederum der Teilungsgedanke zugrunde: Durch die Errichtung des sub-trust werde der beneficial interest, eine Art materielle Inhaberschaft, vom equitable interest, dem gebündelten sachenrechtlichen Stammrecht, abgespalten und auf den sub-beneficiary transferiert.398 Folglich werde durch einen sub-trust also nicht ein gänzlich neuartiges Recht, ein sog. subsidiary equitable interest, aus der Taufe gehoben; es liege – ebenso wie bei der Abtretung – eine disposition (scil.: eine Verfügung mit translativem Effekt) über einen bestehenden equitable interest vor. Die Tatbestandsvoraussetzungen von sec. 53(1)(c) LPA 1925 seien daher bei der Errichtung von sub-trusts generell erfüllt. Hierdurch werde die angeblich wertungswidersprüchliche Unterscheidung zwischen formbedürftigen assignments und formlosen trust declarations, die noch dem Statute of Frauds 1677 zugrunde gelegen habe, endgültig aufgegeben: Es sei geradezu absurd, dass zwar der beneficiary insgeheim einen trust an seinem equitable interest konstituieren könne, wodurch er aber den materiellen Teil seines einheitlichen Rechts verlöre, sodann aber eine weitere Abtretung des inzwischen wertlosen equitable interest nur durch schriftliche Erklärung erfolgen könne.399 Vergleichbare Verfügungen müssten gleich behandelt werden; unterliege die Abtretung unstreitig dem Schriftformerfordernis, dürfe für die Errichtung eines trust an einem equitable interest nichts anderes gelten.400 cc) Stellungnahme Wenngleich die Streitfrage in Ermangelung höchstrichterlicher Rechtsprechung derzeit nicht abschließend beantwortet werden kann, unterliegt die Errichtung von trust an equitable interests m. E. nicht dem in sec. 53(1)(c) LPA 1925 normierten Schriftformerfordernis.401 Zwar sind die rechtsgeschäftliche Übertragung eines equitable interest und die Bestellung eines sub-trust im Licht der ratio legis des gesetzlichen Schriftformerfordernisses nicht inkommensurabel. Die Überlegung, beide Aktstypen müssten übereinstimmend dem Formerfordernis unterliegen, um jeweils Übereilungsschutz zu gewährleisten und den Berechtigten vor betrügerischen Machenschaften zu schützen,402 ist prima vista schlüssig. Richtig ist auch, 397 Vgl. Green [1984] 47 M. L.R. 385, 396, 398; Pawlowski/Brown [2015] 170 T & ELTJ 4, 7; sympathisierend auch Moffat, Trusts Law4, S. 126; Thomas/Hudson, The Law of Trusts2, Rn. 5.79 in Fn. 236. 398 Vgl. Green [1984] 47 M. L.R. 385, 396, 398. 399 Vgl. Green [1984] 47 M. L.R. 385, 399; Pawlowski/Brown [2015] 170 T & ELTJ 4, 7. 400 Vgl. Green [1984] 47 M. L.R. 385, 399; Pawlowski/Brown [2015] 170 T & ELTJ 4, 7. 401 So i. E. auch Tham [2017] 31 Tru. L. I. 76, 91; Hanbury and Martin (-Glister/L ee), Modern Equity21, Rn. 6-015. 402 Green [1984] 47 M. L.R. 385, 398–399.
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sämtliche Erscheinungsformen rechtsgeschäftlicher sub-trusts insoweit einheitlich zu behandeln.403 Indes ist der postulierte Gleichlauf zwischen der Abtretung eines equitable interest und der Errichtung eines trust an einem equitable interest mit der lex lata unvereinbar. Erstens ist die Analyse der Errichtung eines trust über einen equitable interest als partielle Abspaltung und Übertragung des im equitable interest inbegriffenen beneficial interest und damit bezweckte konstruktionsjuristische Annäherung an die zweifelsohne formbedürftige Abtretung mit Blick auf den Tatbestand von sec. 53(1)(c) LPA 1925 paradox. Wenn man auf der einen Seite die These vom automatischen „dropping out“ des („nackten“) sub-trustee zu Recht als dogmatisch unstimmig ablehnt, kann die Errichtung eines trust an einem equitable interest auf der anderen Seite nicht ohne logischen Bruch doch wieder als ein translativer Übergang eines Teilelements dieser einheitlichen sachenrechtlichen Position als sog. part disposal of a subsisting equitable interest behandelt werden.404 Überdies kommt es auf eine disposition des „beneficial interest“ nach dem Normwortlaut nicht an; der Schriftform unterliegt die disposition of a subsisting equitable interest.405 Sieht man 403 Auf den Umfang des Ermessensspielraums und des Pflichtenkreises des sub-trustee kommt es im Kontext des Formzwecks nicht an; gleichgültig ist auch die konstruktionsjuristische Analyse des sub-trust. Das Ergebnis der Errichtung eines sub-trust ist, dass der beneficiary seine Rechtsstellung entweder vollständig durch Übertragung auf einen personenverschiedenen subtrustee verliert oder nicht mehr (vollumfänglich) eigennützig, sondern als sub-trustee (zumindest auch) fremdnützig hält. Dies gilt auch dann, wenn sich der beneficiary als sub-trustee bestimmte Verwaltungs- und Verfügungsbefugnisse über den fiduziarisch gehaltenen equitable interest vorbehält; ungeachtet der aufgezeigten Residualkompetenz des sub-trustee bei Wegfall aller subsidiary equitable interests läuft die Errichtung eines sub-trust i. d. R. darauf hinaus, dass der sub-trustbefangene equitable interest endgültig nicht mehr zum eigenen Vorteil des unter dem principal trust legitimierten beneficiary existiert. 404 So aber Green [1984] 47 M. L.R. 385, 396–398; Pawlowski/Brown [2015] 170 T & ELTJ 4, 5–7. Die artifizielle Dichotomie zwischen equitable interest und beneficial interest oder, wenn man so will, zwischen der formalen „Schale“ und dem materiellen „Kern“ eines Rechts ist schlechterdings untauglich. Folgerichtig dürfte bei Verfügungen über legal rights keine gegensätzliche konstruktionsjuristische Analyse zugrunde gelegt werden. Mit nahezu identischer Begründung müsste die Selbsterklärung des settlor zum trustee vielmehr auch dann dem Formerfordernis in sec. 53(1)(c) LPA 1925 unterstellt werden, wenn dieser einen trust an einem legal interest errichtet: Wiederum könnte argumentiert werden, dass sich der settlor des dem legal title inhärenten beneficial interest entäußere und deshalb eine sec. 53(1)(c) LPA 1925 unterfallende „disposition“ über einen bereits bestehenden equitable interest vorliege. Indes lässt sich die Errichtung eines trust an einem legal right ebenso wenig bruchlos unter sec. 53(1)(c) LPA 1925 subsumieren wie die Bestellung eines sub-trust: Auf eine Verfügung über einen angeblich im legal title intrinsisch angelegten beneficial interest kommt es nach dem Normwortlaut nicht an und ein separater equitable interest ist im legal title nicht enthalten (prononciert Lord Browne-Wilkinson in Westdeutsche Landesbank Girozentrale v. Islington Borough Council [1996] A. C. 699, 706:“A person solely entitled to the full beneficial ownership of money or property, both at law and in equity, does not enjoy an equitable interest in that property. The legal title carries with it all rights. Unless and until there is a separation of the legal and equitable estates, there is no separate equitable title.“). 405 Richtig Tham [2017] 31 Tru. L. I. 76, 78 in Fn. 15. Auch mittels einer extensiveren Auslegung des Rechtsbegriffs der „disposition“ i. S. v. sec. 53(1)(c) LPA 1925 ließe sich ein Gleichlauf der formalen Errichtungsvoraussetzungen für alle trusts und alle Abtretungs- und Belastungsvorgänge über trust-basierte equitable interests nicht erzwingen. Zwar ist die tendenziell enge, auf die
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einmal von dieser methodischen Inkonsistenz ab, führt die Ansicht, dass die Errichtung von sub-trusts sec. 53(1)(c) LPA 1925 unterfalle, zu widersprüchlichen Ergebnissen: Sie vermeidet zwar das „absurde“ Resultat, dass trust declarations in Bezug auf „werthaltige“ equitable interests nicht, wohl aber nachfolgende Abtretungen über trust-befangene und somit vermeintlich „wertlose“ equitable interests dem Formerfordernis unterliegen.406 Der gewünschte formale Gleichlauf zwischen der Errichtung von sub-trusts und der Abtretung von equitable interests wird aber mit einer wertungswidersprüchlichen Behandlung von trust declarations erkauft: Der Inhaber eines legal interest kann sich unstreitig formlos selber zum trustee seines Rechts aufschwingen, nicht aber der Inhaber eines trust-basierten equitable interest – diesem will man Übereilungsschutz zukommen lassen, jenem hingegen nicht. Weshalb der legal owner weniger schutzbedürftig ist als ein beneficiary, leuchtet nicht ein.407 Aus sec. 53(1)(b) LPA 1925 folgt e contrario das Primat der Privatautonomie: Die Errichtung von trusts ist formlos zulässig, ohne dass nach Art, Inhalt oder Bezugspunkt des in den trust einzubringenden Rechts differenziert wird; für trusts of land gilt allein ein beweisrechtliches Urkundserfordernis. Diese gesetzgeberische Wertungsentscheidung bestätigt einen lang anerkannten Grundsatz der Equity408 und ist hinzunehmen. Die Annahme, sec. 53(1)(c) LPA 1925 verdränge nach dem Grundsatz lex specialis derogat legi generali den in sec. 53(1)(b) LPA 1925 implizit enthaltenen Grundsatz der Formfreiheit in Bezug auf die Errichtung von trusts an equitable interests, überzeugt nicht. So hätte sich eine aus„Entäußerung“ bzw. Vernichtung des equitable interest resp. des intrinsischen beneficial interest beschränkte Interpretation vor dem Hintergrund der in sec. 205(1)(ii) LPA 1925 niedergelegten weiten Legaldefinition nicht über jeden Zweifel erhaben. Dass im Kontext von sec. 53(1)(c) LPA 1925 eine von der Legaldefinition abweichende Auslegung geboten ist, ist weder dargetan noch ersichtlich. Allgemein anerkannt ist seit Grey v. Inland Revenue Commissioners [1959] UKHL 2; [1960] A. C. 1 ja auch, dass der Terminus „disposition“ sich nicht in Übereinstimmung mit der Vorgängerbestimmung im Statute of Frauds 1677 nur auf „grants of assignments“ beschränkt, sondern die zulässigerweise den trustees erteilte Weisung des beneficiary, das Treugut künftig für eine bestimmte andere Person als neuem beneficiary zu halten, erfasst (statt vieler McGhee (-Fox), Snell’s Equity33, Rn. 22-040). Indes ist z. B. eine auf Weisung des beneficiary bewirkte Übertragung des legal title (einschließlich des darin inbegriffenen beneficial title) seitens der trustees auf einen Dritten, der somit die „volle“ Rechtsposition at law erlangt, nach Vandervell v. Inland Revenue Commissioners [1967] 2 A. C. 291 formlos möglich (McGhee (-Fox), Snell’s Equity33, Rn. 22-040). Vor allem aber ist das in sec. 53(1)(a) LPA 1925 zum Ausdruck gebrachte Primat der Privatautonomie unzweideutig; die Errichtung von trusts an legal interests ist formlos wirksam, obschon auch hier ein Schutzbedürfnis, freilich nicht auch ein Betrugspräventionsbedürfnis – wie bei Verfügungen über unsichtbare equitable interests – besteht. 406 Vgl. Green [1984] 47 M. L.R. 385, 399; Pawlowski/Brown [2015] 170 T & ELTJ 4, 7. 407 Ähnlich Underhill and Hayton (-Hayton/Matthews/Mitchell), Law Relating to Trusts and Trustees19, 12.15. Unterliegt die Bestellung eines trust an einem legal right unstreitig nicht der in sec. 53(1)(c) LPA 1925 bestimmten Form, nimmt man insoweit zumindest stillschweigend auch das scheinbar „absurde“ Ergebnis hin, dass zwar eine trust declaration über einen „werthaltigen“ legal interest formlos möglich ist, die Abtretung eines trust-befangenen „wertlosen“ legal title aber – je nach Bezugspunkt des legal right changierenden – Vollzugserfordernissen unterliegt. 408 Siehe bereits M’Fadden v. Jenkyns (1842) 1 Ph. 153; 41 E. R. 589; Hanbury and Martin (-Martin), Modern Equity18 , Rn. 3-004.
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drückliche Klarstellung aufgedrängt, wenn sich der Begriff der disposition i. S. v. sec. 53(1)(c) LPA 1925 auf die Errichtung von trusts erstrecken sollte; ausweislich sec. 205(1)(ii) LPA 1925 umfasst weder der Begriff der conveyance noch der der disposition die Errichtung von trusts. Überdies darf nicht verkannt werden, dass trusts mit Billigung des Gesetzgebers im erbrechtlichen Kontext gezielt dazu instrumentalisiert werden, die strengen Formerfordernisse von sec. 9 Wills Act 1867 zu umgehen. Wollte man nun aber die Errichtung von trusts über equitable interests (ausnahmslos) dem in sec. 53(1) (c) LPA 1925 enthaltenen Formerfordernis unterstellen, müsste dies auch für secret trusts und half-secret trusts in Bezug auf equitable interests des Erblassers – unter der Prämisse, dass es sich um express trusts handelt409 – gelten; die in der Testamentsurkunde nicht oder nicht vollständig enthaltene trust declaration müsste, um materiellrechtlich wirksam zu werden, separat in einer Urkunde dokumentiert werden. Dies liefe freilich dem prinzipiell anerkannten Interesse des Erblassers, insgeheim durch die Errichtung von secret trusts Personen in beliebiger Weise ohne schriftlichen Nachweis den Nachlass zuzuwenden, evident zuwider. Dieses Problem lässt sich nicht dadurch umgehen, dass man secret trusts dogmatisch als constructive trusts einordnet und deshalb der Bereichsausnahme in sec. 53(2) LPA 1925 unterstellt.410 Dieser ergebnisgeleitete Ansatz setzt sich über den Einwand hinweg, dass das Zustandekommen des half-secret oder fully secret trusts nach dem übereinstimmenden Parteiwillen richtet, auch wenn dieser in der Testamentsurkunde nicht (vollständig) zum Ausdruck gebracht ist. Die hier vertretene These der generellen Formfreiheit von trust declarations ist gesetzessystematisch stringent, stimmt mit der Ansicht des Court of Appeal überein, garantiert einen Wertungsgleichlauf mit der Behandlung von secret trusts und erscheint auch mit Rücksicht auf den der Formvorschrift zugeschriebenen Beweiszweck plausibel.411 Wenn das Formerfordernis im Einklang mit der Vorgänger409 Dies ist freilich außerordentlich umstritten; näher Thomas/Hudson, The Law of Trusts2 , Rn. 28.60–28.64. 410 So vor allem Thomas/Hudson, The Law of Trusts2 , Rn. 5.29, 28.60–28.64 mit dem Argument, dass die Durchsetzung von secret trusts darauf beruhe, betrügerisches Verhalten des designierten trustee zu verhindern; dieser wisse genau, dass ihm die Zuwendung nicht zu seinem eigenen Vorteil gebühre. Wie ergebnisgeleitet diese Ansicht ist, zeigt das Argument, secret trusts genügten nicht den Formerfordernissen für testamentarische trusts, sollten andererseits aber noch nicht zu Lebzeiten des settlor Wirkungen entfalten und dürften, weil sie nicht der Testamentsform entsprechen, nicht zu den express trusts gerechnet werden. Anders hingegen z. B. Hanbury and Martin (-Martin), Modern Equity18 , Rn. 5-015, die sich in Bezug auf fully secret trusts nicht festlegt, aber meint, dass diese wahlweise als express trusts oder constructive trusts durchsetzbar seien, wohingegen half-secret trusts – weil in der Testamentsurkunde der Errichtungswille zum Ausdruck gebracht werde – als express trusts eingeordnet werden müssen. 411 Siehe das obiter dictum in Kaye v. Zeital [2010] EWCA Civ. 159; [2010] 2 B. C.L. C. 1 [36]– [37] (Rimer L. J.); ebenso Drakeford v. Cotton [2012] EWHC 1414 (Ch) [79] (Morgan J.). Bezieht sich der mit einem sub-trust zu belastende equitable interest auf land (i. S. v. sec. 205(1)(ix) LPA 1925), gilt freilich das beweisrechtliche Urkundserfordernis gem. sec. 53(1)(b) LPA 1925: Der subtrust ist materiellrechtlich formlos wirksam, kann aber nicht seitens des sub-beneficiary prozessual durchgesetzt werden, wenn es an einer vom beneficiary ausgestellten schriftlichen Urkunde
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bestimmung im Statute of Frauds 1677 mit dem Topos „Betrugsprävention“ begründet wird,412 ist aus Gründen der Wertungskonsistenz nicht zwingend eine Erstreckung des Formerfordernisses auf die Errichtung von trusts an equitable interests veranlasst. Dies gilt jedenfalls dann, wenn man mit der nunmehr h. A. davon ausgeht, dass der sub-beneficiary selbst bei einem „nackten“ sub-trust den beneficiary des principal trust nicht eo ipso aus seiner Rechtsstellung verdrängt wird.413 Selbst wenn man insoweit ein Übereilungsschutzbedürfnis annehmen wollte, darf nicht übersehen werden, dass zumindest die Errichtung eines sub-trust im Wege der fiduziarisch gebundenen Übertragung des equitable interest an einen sub-trustee den einschlägigen Vollzugserfordernissen des Veräußerungstatbestandes unterliegt, insoweit also ohnehin eine schriftliche Abtretungsurkunde gem. sec. 53(1)(c) LPA 1925 erforderlich ist, um den sub-trust zu konstituieren. Besteht hiernach allenfalls im Kontext der Selbsterklärung als sub-trustee ein Schutzbedürfnis für den beneficiary, ist insoweit die „zweite Säule“ des Formerfordernisses nicht einschlägig: Auf eine rechtssichere Identifizierung des sub-beneficiary durch die trustees des principal trust kommt es nicht an, weil diese gegenüber jenem nicht dem fiduziarischen Pflichtenprogramm aus dem principal trust unterliegen.414 Wenn nach alldem die ratio legis nicht zwingend eine Erstreckung der Formvorschrift auf die Errichtung von sub-trusts gebietet,415 ist zu konzedieren, dass die Formfreiheit von trust instruments missbräuchlichen Zwecken Tür und Tor öffnet. Aus Beweissicherungs- und Übereilungsschutzgründen läge es nicht fern, ein Formerfordernis für trust declarations einzuführen. Dieses sollte dann aber nicht bloß für express sub-trusts, sondern für alle Arten rechtsgeschäftlicher trusts ohne Rücksicht auf die jurisdiktionelle Provenienz des trust-belasteten Rechts gelten; ob es sich um legal oder equitable interests handelt, ist in diesem Zusammenhang über die Bestellung des sub-trust fehlt. Dies gilt mutatis mutandis, wenn ein unter einem sub-trust geschaffener subsidiary equitable interest in einen sub-sub-trust eingebracht und das daraus resultierende Recht wiederum in einen weiteren sub-sub-sub-trust usw. eingebracht wird. Wenngleich das dem sub-beneficiary zustehende Recht ausschließlich den equitable interest (in land) des jeweiligen sub-trustee belastet, vermittelt das belastete Recht dem sub-beneficiary eine Herrschaftsmacht über das zugrundeliegende land, weshalb auch der sog. subsidiary equitable interest zwanglos als interest in land einzuordnen ist. Mit Rücksicht auf den Normwortlaut, der ohne Einschränkung jede „declaration of trust of trust respecting any land or any interest therein“ erfasst, erscheint dieses Auslegungsergebnis zwingend, zumal kein Grund besteht, für sub-trusts, durch die letztlich die materiellen Befugnisse zur Nutzung des Landes den sub-beneficiaries zugewiesen werden, weniger strenge Beweiserfordernisse zu verlangen als bei der Errichtung von trusts an legal estates in land. 412 Siehe nur McFarlane, The Structure of Property Law, S. 569 ff. 413 Sheffield v. Sheffield [2013] EWHC 3927 (Ch) [79]–[85] (Judge Pelling Q. C.); Pawlowski/ Brown [2015] 170 T & ELTJ 4, 7; Sagar [2014] 20 T & T 826, 830–831; Tham [2017] 31 Tru. L. I. 2017, 76–92; McGhee (-Fox), Snell’s Equity33, Rn. 21-006. 414 So auch McFarlane, The Structure of Property Law, S. 570; Underhill and Hayton (-Hayton/Matthews/Mitchell), Law Relating to Trusts and Trustees19, 12.15. 415 McFarlane, The Structure of Property Law, S. 570, 576; Underhill and Hayton (-Hayton/ Matthews/Mitchell), Law Relating to Trusts and Trustees19, 12.15.
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nicht ausschlaggebend. Mit Blick auf die für Verfügungen über (sub-trust-befangene) equitable interests noch gesondert darzustellenden priority-Regeln416 erscheint es zudem sinnvoll, ein publizitätsstiftendes Vollzugselement für die Errichtung von (sub-)trusts zu introduzieren, dessen ausgestaltung noch näherer Prüfung bedarf.417 Diese Diskussion rührt an der Kernfrage nach dem Verhältnis zwischen Kontinuitäts- und Verkehrsschutz und bestimmt die Rechtsstellung des sub-beneficiary maßgeblich. Bevor hierauf näher eingegangen wird, ist auf eine besondere Problematik des in sec. 53(1)(c) LPA 1925 verankerten Formerfordernisses, nämlich auf die nicht abschließend geklärte Reichweite der Bereichsausnahme in sec. 53(2) LPA 1925 einzugehen: So ist nicht gewiss, ob das Formerfordernis im Kontext der rechtsgeschäftlichen Veräußerung von trust-basierten Rechten durch das Konstrukt eines kraft Gesetzes entstehenden sub-trust ausgehebelt wird.418 dd) Antizipation des Verfügungserfolgs durch einen constructive sub-trust Auch wenn entgegen der hier vertretenen Sichtweise angenommen wird, dass express sub-trusts an equitable interests nur durch schriftliche trust declaration begründet werden könnten,419 unterfallen jedenfalls kraft Gesetzes entstehende (sub-) trusts der in sec. 53(2) LPA 1925 bestimmten Bereichsausnahme. Außer Frage steht zwar, dass die Abtretung eines equitable interest – gleichgültig, ob der zu transferierende interest aus einem express trust oder einem resulting trust oder constructive trust entsteht420 – einer schriftlichen Urkunde bedarf.421 Dies schließt aber nicht aus, den Verfügungserfolg nach der bekannten Maxime „equity treats as done that which ought to be done“422 unter der Voraussetzung eines durchsetzbaren Abtretungsversprechens in Equity praktisch vollständig vorwegzunehmen, wodurch die anschließende Übertragung eines „leeren“ equitable title auf eine bloße Förmelei hinausliefe.423 Geradezu handgreiflich ist die Schlussfolgerung, dass dieser rein 416
Näher hierzu § 4 III. 3. b). dazu auch Bridge/Gullifer/McNeel/ Worthington, The Law of Personal Property, Rn. 36-018. 418 Siehe hierzu Parker and Mellows (-Oakley), The modern law of trusts8 , S. 112–113; Thomas/Hudson, The Law of Trusts2, Rn. 5.79; Virgo, The Principles of Equity and Trusts2, S. 394– 397. 419 Siehe die Nachweise in Fn. 393. 420 Vgl. McFarlane, The Structure of Property Law, S. 575–576. 421 Siehe nur Green [1984] 47 M. L.R. 385, 388; Hanbury and Martin (-Martin), Modern Equity18 , Rn. 3-007. 422 Siehe hierzu nur Hanbury and Martin (-Martin), Modern Equity18 , Rn. 1-032. 423 Insoweit gilt nichts anderes als bei der Veräußerung eines legal property right: Wenn der Kaufvertrag in Natur durchsetzbar ist, was vor allem beim Verkauf von Gesellschaftsanteilen und land in Betracht kommt, soll bereits das durchsetzbare Versprechen einen constructive trust zugunsten des Erwerbers entstehen lassen. Dieser erwirbt zwar bei exakter Betrachtung gerade nicht, wie häufig simplifizierend behauptet wird, das „Spiegelbild“ des Kaufgegenstandes in Equity, aber doch zumindest ein drittschutzfähiges anwartschaftsrechtsvergleichbares Recht. Weil nun aber ein constructive trust auch an einem equitable interest entstehen und zumindest der Abschluss des Verpflichtungsvertrages zur Übertragung des equitable interest formlos erfolgen kann, entstünde zugunsten des Erwerbers eine equitable interest hiernach bereits durch einen 417 Siehe
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formale Abschluss des bereits substanziell antizipierten Verfügungserfolgs keine tatbestandsmäßige disposition sei.424 Mit einem durchsetzbaren Kaufvertrag wäre das für das dingliche Rechtsgeschäft bestimmte Formerfordernis mithin außer Kraft gesetzt.425 Unterliegt der Kaufvertrag ohnehin einem Schriftformerfordernis,426 kommt der Frage der Formbedürftigkeit des gesetzlich entstehenden sub-trust nur untergeordnete Bedeutung zu; der Beweis- und Warnfunktion wird bereits bei Abschluss des schuldrechtlichen Vertrages genügt.427 Anders liegt es aber, wenn der Verkauf eines equitable interest keinem gesetzlichen Formerfordernis unterliegt und die Übereignung mittels specific performance durchsetzbar ist.428 In der Literatur wird unterschiedlich beurteilt, ob das Schriftformerfordernis anzuwenden ist, wenn der Abtretungserfolg aufgrund eines durchsetzbaren Abtretungsversprechens durch das Institut des constructive trust praktisch vorweggenommen wird. Die mehrdeutige Entscheidung des House of Lords in Oughtred v. Inland Reve-
mündlichen Konsens – die Durchsetzbarkeit des Versprechens einmal unterstellt – ein sub-trust in Bezug auf den veräußerten equitable interest. 424 So nachdrücklich Parker and Mellows (-Oakley), The modern law of trusts8 , S. 112–113 (allerdings unter der Prämisse des translativen Effekts eines bare sub-trust, der freilich nicht ohne weiteres durch einen durchsetzbaren Kaufvertrag über einen equitable interest zustande kommt, sondern allenfalls erst nach vollständiger Bewirkung der Gegenleistung); ebenso wohl auch Thomas/Hudson, The Law of Trusts2, Rn. 5.79. 425 Dies verdeutlicht einmal mehr, dass die Lehre vom translativen Effekt des nackten subtrust zu inakzeptablen Ergebnissen führt. Wenngleich sich sec. 53(1)(c) LPA 1925 nicht einfach dadurch umgehen lässt, dass der beneficiary zugunsten des designierten Erwerbers einen passive sub-trust errichtet, könnte die Formvorschrift bei unterstelltem translativen Effekt dieser Rechtsgestaltung ausgehebelt werden, indem ein in Equity durchsetzbares Abtretungsversprechen abgegeben wird. Verkauft der beneficiary seinen equitable interest unter einem Kaufvertrag, zeitigt dieser nach allgemeiner Ansicht in Equity bereits aufgrund des automatisch entstehenden constructive trust sachenrechtliche Sicherungswirkung, wenn der Käufer seinen Anspruch ggf. mittels specific performance durchsetzen könnte; sobald der Käufer den Kaufpreis vollständig errichtet, verwandelt sich der „atypische“ constructive trust in einen bare trust (Bridges v. Mees [1957] Ch. 47, 485 (Harman J.); K. Gray/S . F. Gray, Elements of Land Law5, Rn. 8.1.66), was – folgte man der Lehre vom translativen Effekt – restlos den Verfügungserfolg vorwegnähme und insoweit über die anerkannte „antizipative“ Wirkung des Kaufvertrages (scil.: die Absicherung gegen das Insolvenzrisiko des Verkäufers) einen entscheidenden Schritt hinausginge: Der Käufer wäre bereits Inhaber des verkauften equitable interest und nicht lediglich Inhaber eines aus einem gesetzlichen sub-trust mit Vertragsschluss entstandenen subsidiary equitable interest; der Verkäufer hätte sich – unter der in sec. 53(2) LPA bestimmten Bereichsausnahme – formlos seiner aus dem principal trust entstandenen Rechtsposition begeben. 426 Siehe z. B. für estate contracts sec. 2(1) LP(MP)A 1989. 427 Wie sich aus der einschlägigen Legaldefinition von interests in land (sec. 2(6)) LP(MP)A 1989) ergibt, gilt dies nicht bloß für den Kauf oder sonstige Verpflichtungsverträge zur Verfügung über einen legal estate in land, sondern für schuldrechtliche Verträge über sämtliche Grundstücksrechte, seien es Rechte at law, seien es Rechte in equity. 428 Relevant ist die Problematik daher beim Verkauf von equitable interests an Anteilen einer private company oder einer beweglichen Sache, wenn ausnahmsweise wegen der Einzigartigkeit der Sache specific performance wahlweise statt Schadensersatz in Geld bei Nichterfüllung gewährt werden würde; vgl. Parker and Mellows (-Oakley), The modern law of trusts8 , S. 113.
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nue Commissioners429 wird teils für, teils gegen die Formlosigkeit der Verfügung ins Feld geführt. Zumindest für diese spezifische Fallgestaltung hat sich freilich die Mehrheit der Lordrichter nicht der These angeschlossen, dass die Verfügung über einen equitable interest an shares aufgrund billigkeitsinduzierter Antizipation des Verfügungserfolgs unter einem durchsetzbaren Verpflichtungsvertrag formlos möglich sei. Es ging – wie in Grey v. IRC 430 – um die stempelsteuerrechtliche Behandlung von Verfügungen über trust-basierte equitable interests. In dem zugrundeliegenden Fall hatte der settlor seine Geschäftsanteile einer private company in einen trust eingeführt, unter dem die Erträge sukzessiv der Klägerin auf Lebenszeit und anschließend ihrem Sohn zugewendet wurden. Weil dem Sohn nur eine anwartschaftsrechtsvergleichbare Position an den „settled shares“ zustand (equitable interest in remainder), die im Todesfall der Kläger zum vollen Recht „erstarken“ würde, wäre bei der Nachfolge in die Rechtsposition der Verstorbenen unter dem trust Erbschaftssteuer fällig geworden. Dies versuchten die Klägerin und ihr Sohn (unter Mitwirkung der trustees) durch einen Anteilstausch zu Lebzeiten der Klägerin zu verhindern: Die Klägerin vereinbarte mit ihrem Sohn mündlich, dass dieser der Klägerin seinen equitable interest an den settled shares übertrage und die Klägerin im Gegenzug die ihr bereits at law zustehenden Anteile (an derselben Gesellschaft) an ihren Sohn zu Lebzeiten abtrete. Es wurden drei aufeinander abgestimmte Verfügungsurkunden errichtet, u. a. eine vom Sohn erteilte „Verzichtserklärung“ (deed of release), aus der sich ausdrücklich ergab, dass die treuhänderisch gehaltenen Anteile nunmehr in Equity ausschließlich der Klägerin zustehen sollen – der nießbrauchsähnliche life interest wurde rechtstechnisch unter Aufhebung des Anwartschaftsrechts des Sohnes in eine (zeitlich) uneingeschränkte Rechtsposition (absolute entitlement) in Equity umgewandelt. In einer weiteren Urkunde übertrug die Klägerin die ihr at law zugeordneten Geschäftsanteile an ihren Sohn; sodann wurde der trust durch Übertragung der settled shares seitens der trustees auf die Klägerin at law mit der dritten Verfügungsurkunde aufgelöst. Die Klage richtete sich gegen die von der Finanzverwaltung wegen der urkundlichen Übertragung der settled shares seitens der trustees an die Klägerin erhobene Stempelsteuer (stamp duty). Die Beklagte vertrat die Ansicht, dass diese Verfügung eine stempelsteuerpflichtige conveyance on sale i. S. v. sec. 54 Stamp Act 1891431 sei, weil erst mit der schriftlichen Urkunde der Übergang des equitable interest des Sohnes an den settled shares an die Klägerin bewirkt worden sei.432 Die Klägerin hielt dem entgegen, dass der Rechtsübergang mit dem mündlichen Tauschvertrag aufgrund eines zugleich entstehenden constructive trust, unter dem der Sohn seinen equitable interest zugunsten der Klägerin hielt, zustande gekommen und durch die förmliche Übereignung der settled shares seitens der trustees lediglich der „nackte“ legal title auf die Klägerin übergegangen sei; die 429 Oughtred v. Inland Revenue Commissioners [1960] A. C. 206; zur Diskussion dieser Entscheidung in der Lehre siehe Parker and Mellows (-Oakley), The modern law of trusts8 , S. 112– 113; Thomas/Hudson, The Law of Trusts2, Rn. 5.79; Virgo, The Principles of Equity and Trusts2, S. 394–397. 430 Grey v. Inland Revenue Commissioners [1959] UKHL 2; [1960] A. C. 1. 431 Sec. 54 Stamp Act 1891: „For the purposes of this Act the expression ‚conveyance on sale‘ includes every instrument […] whereby any property, or any estate or interest in any property, upon the sale thereof is transferred to or vested in a purchaser, or any other person on his behalf or by his direction.“ 432 Die Regelung ist inzwischen obsolet; die Umsatzsteuer knüpft nicht mehr an die Errichtung von Verfügungsurkunden über Umsatzgeschäfte, sondern allein an den Abschluss eines Umsatzgeschäfts ohne Rücksicht auf dessen Form an.
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Verfügungsurkunde habe also bloß deklaratorisch den in Equity bereits vollständig bewirkten Übergang des beneficial interest nachvollzogen.433 Das House of Lords entschied in einer knappen Mehrheitsentscheidung, dass die Übertragung der settled shares stempelsteuerpflichtig sei. Allerdings wichen die Lordrichter bei der Begründung dieses Ergebnisses voneinander ab. Lord Denning argumentierte, dass der Vollzug eines Kaufvertrages in der dafür erforderlichen Form stets stempelsteuerpflichtig sei; es komme nicht darauf an, ob die Verpflichtung durch eine rechtsgeschäftliche Übertragung seitens des Verkäufers auf den Käufer oder durch eine Weisung des Verkäufers an einen trustee des Kaufgegenstands, die Sache ausschließlich zugunsten des Käufers zu halten, vollzogen werde.434 Auch hier habe der Verzicht auf das Anwartschaftsrecht seitens des Sohnes die gleiche Rechtsfolge wie eine Übertragung desselben; die Mutter sei dadurch in Equity „absolute owner“ der settled shares geworden. Auf die Frage, ob bereits der mündliche Tauschvertrag zwischen der Klägerin und dem Sohn einen constructive trust bezüglich des Anwartschaftsrechts und somit einen Rechtsübergang in Equity herbeigeführt habe, ging Lord Denning nicht vertieft ein. Darauf komme es nicht an. In jedem Fall sei der anschließende Vollzug des Tauschvertrages durch den Austausch der wechselseitigen Urkunden stempelsteuerpflichtig; aus sec. 53(1)(c) LPA 1925 ergebe sich zudem, dass die Übertragung eines equitable interest allein durch eine Verfügungsurkunde bewirkt werden könne, wobei dieses Formerfordernis auch durch die in sec. 53(2) LPA 1925 bestimmte Bereichsausnahme nicht relativiert werde. Auch nach der Ansicht von Lord Jenkins – der sich Lord Keith anschloss – erfüllte der Vollzug des Tauschvertrages ohne Rücksicht auf die Entstehung eines constructive trust an den settled shares den steuerrechtlichen Tatbestand; die Konsolidation des nießbrauchsähnlichen life interest der Klägerin mit dem reversionary equitable interest des Sohnes habe den gleichen Effekt wie eine genuine Übertragung eines equitable interest.435 Der Anwendbarkeit von sec. 53(1)(c) LPA 1925 stehe nicht entgegen, dass ein constructive trust durch den mündlichen Tauschvertrag zustande gekommen sei, weil der anschließende Vollzug der Veräußerungsverpflichtung durch eine entsprechende Urkunde stempelsteuerpflichtig sei; dies solle jedenfalls dann gelten, wenn der Rechtsübergang nur durch eine entsprechende Verfügungsurkunde bewirkt werden könne.436 433
Oughtred v. Inland Revenue Commissioners [1960] A. C. 206, 212–214. Oughtred v. Inland Revenue Commissioners [1960] A. C. 206, 233. 435 Vgl. Oughtred v. Inland Revenue Commissioners [1960] A. C. 206, 241–242. 436 Oughtred v. Inland Revenue Commissioners [1960] A. C. 206, 240–241. Lord Jenkins wandte sich entschieden gegen die simplifizierende Betrachtungsweise, dass bereits mit dem Abschluss des Kaufvertrages der „volle“ beneficial interest auf die Klägerin übergegangen sei: Zwar erlange der designierte Erwerber bereits eine dinglich gesicherte Rechtsstellung, die aber nicht in Equity mit dem Recht gleichgesetzt werden könne, was Gegenstand des Kaufvertrages sei. Dies führt Lord Jenkins ebd. im Kontext der hier relevanten Verpflichtung zur Veräußerung von Gesellschaftsanteilen aus: „In truth, the title secured by a purchaser by means of an actual transfer is different in kind from, and may well be far superior to, the special form of proprietary interest which equity confers on a purchaser in anticipation of such transfer. This difference is of particular importance in the case of property such as shares in a limited company. Under the contract the purchaser is no doubt entitled in equity as between himself and the vendor to the beneficial interest in the shares, and (subject to due payment of the purchase consideration) to call for a transfer of them from the vendor as trustee for him. But it is only on the execution of the actual transfer that he becomes entitled to be registered as a member, to attend and vote at meetings, to effect transfers on the register, or to receive dividends otherwise than through the vendor as his trustee.“ Demgegenüber verneinten Lord Radcliffe und Lord Cohen eine stempelsteuerpflichtige conveyance on sale (Oughtred v. Inland Revenue Commissioners [1960] A. C. 206, 227–228 (Lord Radcliffe), 231– 232 (Lord Cohen)): Zunächst sei mit dem Abschluss des Tauschvertrages ein constructive trust 434
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Verbreitet werden die Entscheidungsbegründungen der Mehrheit der Lordrichter in Oughtred einschränkend dahin ausgelegt, dass hierdurch die Möglichkeit eines vollständigen Übergangs eines equitable interest unter einem constructive trust in Antizipation des Vollzugs einer entsprechenden Übertragungsverpflichtung nicht kategeorisch ausgeschlossen sei. Schließlich hätten die Richter die Frage der sachenrechtlichen Vorwirkungen des obligatorischen Tauschvertrages offengelassen; die Übertragung des legal title an den Geschäftsanteilen auf die Klägerin war in jedem Fall stempelsteuerpflichtig.437 Die Stoßrichtung der Mehrheitsentscheidung in Oughtred ist freilich eindeutig: Ungeachtet dessen, dass der designierte Erwerber qua eines (mündlichen) schuldrechtlichen Verschaffungsvertrags hinsichtlich eines (ggf. trust-gestützten) equitable interest ggf. bereits eine dinglich gesicherte Rechtsposition in Equity erlangt, wird dadurch nicht die von sec. 53(1)(c) tatbestandsmäßig vorausgesetzte disposition des zu verschaffenden equitable interest mit der Folge vorweggenommen, dass es auf eine konstitutive schriftliche Verfügung nicht mehr ankomme. Der Übergang des equitable interest ist hiernach mit der Entstehung eines auf der antizipativen Wirkung des Verpflichtungsvertrages beruhenden constructive trust nicht gleichzusetzen.438 Würde man dagegen annehmen, dass bereits ein durchsetzbares formloses Übereignungsversprechen einen translativen Übergang in Equity bewirkt, wäre das Schriftlichkeitserfordernis jedenfalls für die Übertragung von equitable interests in land zur Bedeutungslosigkeit degradiert. Dieses Ergebnis widerspricht der rein deklaratorischen Bedeutung hinsichtlich des Anwartschaftsrechts (equitable reversionary interest) des Sohnes an den Gesellschaftsanteilen zugunsten der Klägerin entstanden, wobei diese, als sie ihre Anteile in Vollzug des Tauschvertrages dem Sohn übertrug, in Equity den gesamten equitable interest an den settled shares erworben habe. Die Möglichkeit eines vollständigen translativen Übergangs in Equity ohne das Erfordernis urkundlicher Übertragung werde, so die Lordrichter, durch sec. 53(2) LPA 1925 vorausgesetzt. Dementsprechend sei das Anwartschaftsrecht des Sohnes nicht auf die Klägerin durch die nachfolgende urkundliche Übertragung des legal title an den settled shares seitens der trustees an die Klägerin übergegangen; die Klägerin war bereits in Equity „vollberechtigt“, zumal die trustees niemals Inhaber des dem Sohn zugewiesenen Anwartschaftsrechts gewesen seien und der Sohn die trustees auch nicht zur Übertragung seines Anwartschaftsrechts an die Klägerin angewiesen habe. 437 So Parker and Mellows (-Oakley), The modern law of trusts8 , S. 112–113, der zudem auf die Entscheidung des Court of Appeal in Neville v. Wilson [1997] Ch. 144 verweist. Dort hatte der C. A. entschieden, dass eine liquidationsbedingte mündliche Auseinandersetzungsvereinbarung zwischen den Anteilseignern einer Gesellschaft über einen der Gesellschaft zustehenden equitable interest an Anteilen einer zweiten Gesellschaft die Gesellschafter wechselseitig zu trustees mache und damit bereits den Vollzug der Auseinandersetzung bewirke. Auf eine schriftliche Verfügung über die equitable interests an den Anteilen komme es nicht an. Teilweise wird eine differenzierte Position in der Literatur vertreten, die sich auch mit der Begründung der Minderheit in Oughtred deckt: Ein formloser vollständiger Übergang finde in Equity jedenfalls dann statt, wenn nicht bloß ein durchsetzbarer (formloser) Vertrag über die Übertragung eines equitable interest vorliege, sondern erst dann, wenn der designierte Erwerber die geschuldete Gegenleistung bewirke (so Virgo, The Principles of Equity and Trusts2, S. 396). Dies ist freilich nur eine unbedeutende Modulation; im Ergebnis wird hiernach das in sec. 53(1)(c) LPA 1925 normierte Urkundserfordernis mittels des Vehikels des constructive sub-trust ausgehebelt. 438 Oughtred v. Inland Revenue Commissioners [1960] A. C. 206, 240–241 (Lord Jenkins).
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der in sec. 53(2) LPA 1925 bestimmten Bereichsausnahme. Schon aus dem Wortlaut von sec. 53(1) LPA 1925 dürfte sich hinreichend deutlich ergeben, dass es um Rechtsgeschäfte, nämlich um die Errichtung von trusts sowie um gewillkürte zuständigkeitsändernde Rechtsgeschäfte über trust-basierte Rechte geht. Vor allem ist zu erinnern, dass selbst bei unterstellter Anwendbarkeit von specific performance nicht bereits mit Abschluss des Verpflichtungsvertrags das Spiegelbild des zu übertragenden Rechts in Equity auf den designierten Erwerber übergeht.439 Diese Betrachtungsweise trifft schon auf die Verfügung über legal rights nicht zu: Dem Käufer stehen insbesondere nicht mit Abschluss des Kaufvertrages über einen estate in land, sondern allenfalls bei vollständiger Bewirkung der Gegenleistung Besitz und Nutzungen des Kaufgegenstandes zu.440 Allgemein konsentiert ist daher auch, dass es sich um einen „atypischen“ trust, einen „trust sub modo“ handele,441 der sich primär in der erwerberschützenden Wirkung offenbare.442 Der Verfügungserfolg kann nicht dadurch zunichte gemacht werden, dass der Veräußerer Dritten Rechte einräumt oder Gläubiger des Veräußerers den estate pfänden. Mutatis mutandis gilt dies bei der Veräußerung eines equitable interest. Dieser geht weder teilweise noch gar vollständig mit Abschluss des Verpflichtungsvertrags über; vielmehr wird der Kaufgegenstand zwecks Sicherung des ausstehenden Verfügungserfolgs mit einem dinglichen Erwerbsrecht vermittels eines constructive trust belastet. Überdies dürfte sich auch aus Nelson443 ergeben, dass das für „dispositions of equitable interests“ bestimmte Formerfordernis in sec. 53(1)(c) LPA 1925 nicht durch den Abschluss eines ggf. einen sub-trust zugunsten des designierten Erwerbers begründenden Verpflichtungsgeschäfts ausgehebelt wird. Zwar ist mit dieser Entscheidung nur entschieden worden, dass ein aufgrund eines estate contract entstandener equitable interest in land, der in einen rechtsgeschäftlich bestellten subtrust eingebracht wird, auf den sub-beneficiary nicht von selbst übergeht.444 Mit 439 Zum neueren Ansatz, wonach der sog. beneficial ownership sukzessiv auf den Käufer mit fortschreitender Erfüllung es Kaufvertrages übergehe, siehe Jerome v. Kelly (Inspector of Taxes) [2004] 1 W. L.R. 1409 (H. L.) [32] (Lord Walker: „It would […] be wrong to treat an uncompleted contract for the sale of land as equivalent to an immediate, irrevocale declaration of trust in the land. Neither the seller nor the buyer has unqualified beneficial ownership. Beneficial ownership pf the land is in a sense split btween the seller and the buyer on the provisional assumptions that specific performance is available and that the contract will in due course be completed, if necessary by the court ordering specific performance.“); ähnlich bereits Wall v. Bright (1820) 37 E. R. 456, 459 (Sir Thomas Plummer MR); McGhee (-Fox), Snell’s Equity33, Rn. 24-003. 440 Jerome v. Kelly (Inspector of Taxes) [2004] 1 W. L.R. 1409 (H. L.) [32] (Lord Walker); Bridges v. Mees [1957] Ch. 47, 485 (Harman J.); K. Gray/S . F. Gray, Elements of Land Law5, Rn. 8.1.66. 441 Wall v. Bright (1820) 37 E. R. 456, 459 (Sir Thomas Plummer MR); Shaw v. Foster (1872) L. R. 5 H. L. 321, 338 (Lord Cairns); Berkley v. Poulett [1976] EWCA Civ 1 [36] (Stamp L. J.); eingehend und kritisch Swadling, in: Degeling/Edelman, Equity in Commercial Law, S. 463, 474– 488; ferner Rieländer, Sachenrechtliche Erwerbsrechte, S. 84–92. 442 Vgl. Oughtred v. Inland Revenue Commissioners [1960] A. C. 206, 240 (Lord Jenkins); Worthington, Equity2, S. 69–70. 443 Nelson v. Greening & Sykes (Builders) Ltd. [2007] EWCA Civ. 1358. 444 Siehe bereits § 4 III. 2. b).
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der umgekehrten Konstellation, dass ein aus einem rechtsgeschäftlich errichteten oder kraft Gesetzes entstandenen trust resultierender equitable interest verkauft und aufgrund des Kaufvertrages mit einem vendor-purchaser constructive subtrust belastet wird, hat sich der Court of Appeal in Nelson hingegen nicht auseinandergesetzt. Die pauschale These, dass die Lehre vom translativen Effekt aber jedenfalls nicht auf einen kraft Gesetzes entstehenden trust zwischen Verkäufer und Käufer anzuwenden sei, trifft aber auch auf diese Konstellation zu. Vor allem ist der Leitgedanke der Entscheidung – der beneficiary soll sich nicht durch die Bestellung eines sub-trust dem Gläubigerzugriff entziehen können, sofern er im kollusiven Zusammenwirken mit dem sub-beneficiary Verbindlichkeiten eingeht – auf den Fall übertragbar, indem nicht einmal ein echter sub-trust errichtet, sondern ein Kaufvertrag über einen equitable interest geschlossen wird. Alles andere wäre grotesk: Schließlich wird das Verfügungsgeschäft nicht zuletzt zum Schutz des Veräußerers und seiner Gläubiger von der schuldrechtlichen causa verselbstständigt (und abstrahiert).445 Wenn aber aus Beweis- und Übereilungsschutzgründen die Abtretung eines equitable interest der Schriftform unterstellt ist, kann nicht schon der formlose Abschluss des Kaufvertrages den sachenrechtlichen Erfolg vollständig vorwegnehmen. b) Sukzessionsschutz Wenngleich in Equity das tradierte römischrechtliche Prinzip qui prior est tempore potior est iure gilt,446 unterscheiden sich die Verfügungsschutz- und Rangordnungsprinzipien im Common Law und in Equity erheblich. Das Konkurrenzverhältnis gleich- und ungleichartiger equitable interests unterliegt demgemäß gänzlich anderen Regeln als das Konkurrenzverhältnis gleich- und ungleichartiger legal interests. Wie gezeigt, bedarf die rechtsgeschäftliche Übertragung (assignment) eines equitable interest der Schriftform gem. sec. 53(1)(c) LPA 1925.447 Ein mündliches assignment ist nichtig, die „proleptische“ Wirkung eines durchsetzbaren Übereignungsanspruchs aus einem (Kauf-)Vertrag über einen equitable in445 Zum Verhältnis zwischen dem Zweck und dem Vollzug des rechtsgeschäftlichen Erwerbs mehrstufiger Belastungen siehe § 12 II. 1. b). 446 Grundlegend Phillips v. Phillips (1861) 4 De G. F. & J. 208, 215–216; 45 E. R. 1164, 1166 (Lord Westbury: „I take it to be a clear proposition that every conveyance of an equitable interest is an innocent conveyance, that is to say, the grant of a person entitled merely in equity passes only that which he is justly entitled to and no more. If, therefore, a person seised of an equitable estate (the legal estate being outstanding), makes an assurance by way of mortgage or grants an annuity, and afterwards conveys the whole estate to a purchaser, he can grant to the purchaser that which he has, viz., the estate subject to the mortgage or annuity, and no more. The subsequent grantee takes only that which is left in the grantor. Hence grantees and incumbrancers claiming in equity take and are ranked according to the dates of their securities; and the maxim applies, ‚Qui prior est tempore potior est jure.‘“; Bridge/Gullifer/McNeel/Worthington, The Law of Personal Property, Rn. 36-008. 447 Lewin (-Tucker/L e Poidevin/Brightwell), Trusts19, Rn. 33-007; in der Praxis erfolgt das assignment regelmäßig mittels einer deed.
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terest bleibt hiervon unberührt.448 Im Ausgangspunkt geht ein equitable interest durch assignment auf den Rechtsnachfolger (assignee) nach dem Prioritätsprinzip mit allen Belastungen über, wobei zwischen equitable interests und sog. mere equities zu unterscheiden ist.449 Equity erkennt prinzipiell weder einen gutgläubigen Erwerb vom scheinbaren Inhaber (assignor) noch einen gutgläubig-lastenfreien Erwerb eines equitable interest an.450 Zwar findet auf die mehrfache Forderungsabtretung und die wiederholte (Sicherungs-)Übertragung (equitable mortgage) resp. Verpfändung (equitable charge) von trust-gestützten equitable interests die Regel aus Dearle v. Hall Anwendung.451 Hiernach vermag der bei Vertragsschluss redli448
Siehe bereits § 4 III. 3. a) dd). Phillips v. Phillips (1861) 4 De G. F. & J. 208, 215–216; 45 E. R. 1164, 1166 (Lord Westbury); Bridge/Gullifer/McNeel/ Worthington, The Law of Personal Property, Rn. 36-008; Gleeson, Personal Property Law, S. 73–74. Während bestehende Rechte Dritter an einem equitable interest von nachfolgenden Verfügungen über den equitable interest unberührt bleiben, erlöschen sog. mere equities dann, wenn der Zweiterwerber gutgläubig ist und entgeltlich erwirbt; allein insoweit kommt also ein lastenfreier Erwerb in Betracht. Zu den mere equities werden gestaltungsrechtsähnliche Rechtspositionen gerechnet, namentlich Anfechtungsrechte (equities to rescind), Aufrechnungseinreden (rights to set-off in equity) und Berichtigungsbefugnisse bezüglich urkundlicher Verfügungen (equities to rectify); all diese sind zwar ggf. veräußerlich, vererblich und auch insolvenzfest, gelten mithin als sachenrechtsähnliche „powers in rem“ (Birks, An Introduction to the Law of Restitution, S. 66; Bridge/Gullifer/McNeel/ Worthington, The Law of Personal Property, Rn. 3-012), erheischen aber nicht den Status eines echten equitable interest. Im Liegenschaftsrecht sind mere equities eintragungsfähig (sec. 116(b) LRA 2002); ein lastenfreier Erwerb ist ausgeschlossen, wenn ein entsprechender Vermerk im Register des betroffenen legal estate erfolgt (sec. 29(2)(a)(i) LRA 2002). Zudem ist ein einredefreier Forderungserwerb sowohl at law als auch in equity ausgeschlossen; auch insoweit bleiben also die als mere equities bezeichneten Einreden erhalten, vgl. sec. 136 LPA 1925. 450 Siehe nur McCarthy and Stone Ltd. v. Hodge & Co. [1971] 1 W. L.R. 1547, 1555E-1556E (Foster J.); dies ist Ausdruck der tradierten Maxime „where the equities are equal the first in time prevails“, vgl. Hanbury and Martin (-Martin), Modern Equity18 , Rn. 1-030, 1-041. 451 Dearle v. Hall (1828) 1 Russ. 1; 38 E. R. 475. In dem zugrundeliegenden Fall hatte der beneficiary seinen equitable interest aus einem trust an einem Wertpapierdepot sukzessiv an drei Gläubiger abgetreten. Aus diesem trust stand dem beneficiary ein Anspruch auf eine jährliche Rente von £ 93 zu; mittels der ersten und zweiten Teilabtretung sollten Rentenansprüche i. H. v. £ 37 p. A. und i. H. v. £ 27 gesichert werden. Sodann veräußerte der beneficiary seinen equitable interest in vollem Umfang dem dritten Zessionar, der den trustee über diese Abtretung benachrichtigte bevor der Erst- und der Zweitzessionar (infolge Zahlungsverzugs des beneficiary hinsichtlich der ausstehenden Annuitäten) die zuvor erfolgten Zessionen dem trustee anzeigten. Sir Thomas Plumer M. R. (für das Kanzleigericht) entschied, dass der dritte Zessionar den equitable interest wirksam erworben habe, weil er als erster den trustee in Kenntnis gesetzt habe. Das Erfordernis der Benachrichtigung des trustee wurde dabei als elementares Erfordernis der Drittwirksamkeit des Übergangs des equitable interest durch Vertrag herausgearbeitet; denn ohne eine Anzeige an den trustee schaffe der Ersterwerber selbst die Gefahr, dass sich der Veräußerer weiterhin als Berechtigter geriere. Der M. R. zog eine Parallele zur Übertragung des Eigentums an realen Sachen, die sich nach dem alten Common Law durch Verschaffung der possession vollzog und hielt dafür, dass die Benachrichtigung des trustee bei der Übertragung eines equitable interest das Analogon der Verschaffung einer possession an einer realen Sache bilde. So wie der Erwerber einer realen Sache für Dritte den Anschein einer fortbestehenden Inhaberschaft des Veräußerers setze, wenn er sich die Sache nicht übergeben lasse und deshalb kein unangreifbares Recht erwerbe, könne auch der Ersterwerber eines equitable interest ohne die Anzeige kein Recht erlangen, dass er einem nachfolgenden Zweiterwerber, der den trustee von der zweiten Veräußerung 449
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che Zweiterwerber den veräußerten bzw. belasteten trust-gestützten equitable interest (lastenfrei) vom nicht mehr berechtigten Erstveräußerer zu erwerben, wenn er den trustee von seinem Erwerb zuerst in Kenntnis setzt.452 Während der nicht gesetzlich definierte, mehrdeutige Terminus assignment neben der „unqualifizierten“ Abtretung anerkanntermaßen die Sicherungsübertragung (equitable mortgage) und die Bestellung einer equitable charge umfasst,453 benachrichtige, entgegensetzbar sei (Dearle v. Hall (1828) 1 Russ. 1, 22–23; 38 E. R. 475, 483–484): „[The plaintiffs] say, that they were not bound to give notice to the trustees; for that notice does not form part of the necessary conveyance of an equitable interest. I admit, that, if you mean to rely on contract with the individual, you do not need to give notice; from the moment of the contract, he, with whom you are dealing, is personally bound. But if you mean to go further, and to make your right attach upon the thing which is the subject of the contract, it is necessary to give notice; and, unless notice is given, you do not do that which is essential in all cases of transfer of personal property. The law of England has always been, that personal property passes by delivery of possession; and it is possession which determines the apparent ownership. If, therefore, an individual, who in the way of purchase or mortgage contracts with another for the transfer of his interest, does not divest the vendor or mortgagor of possession, but permits him to remain the ostensible owner as before, he must take the consequences which may ensue from such a mode of dealing. […] It is true that a chose in action does not admit of tangible actual possession […]. But in Ryall v. Rowles the Judges held, that, in the case of a chose in action, you must do every thing towards having possession which the subject admits; you must do that which is tantamount to obtaining possession, by placing every person, who has an equitable or legal interest in the matter, under an obligation to treat it as your property. For this purpose, you must give notice to the legal holder of the fund; in the case of a debt, for instance, notice to the debtor is, for many purposes, tantamount to possession. If you omit to give that notice, you are guilty of the same degree and species of neglect as he who leaves a personal chattel, to which he has acquired a title, in the actual possession, and under the absolute control, of another person.“ Schon in Dearle v. Hall berief sich Sir Thomas Plumer M. R., a. A. O., mithin auf frühere Urteile betreffend die Forderungszession; die aus Dearle v. Hall hergeleitete Regel wurde demgemäß wenig überraschend auf die Forderungsabtretung durch die Rechtsprechung erstreckt, zumal eine vergleichbare Regelung mit Schuldneranzeige für die Forderungszession (nach Common Law) durch Sec. 136 LPA 1925 eingeführt wurde. Während es bei der Übertragung eines equitable interest aus einem trust maßgeblich auf die Benachrichtigung des trustee ankommt, um im Verhältnis zu weiteren Erwerbern ein unangreifbares Recht in Equity zu erlangen, bedarf es bei der Forderungszession der Anzeige an den Schuldner. Zudem wurde die Regel präzisiert und zu einem genuinen Gutglaubenstatbestand ausgebaut: Anerkannt ist, dass nur der redliche Zweiterwerber in seinem Vertrauen auf die Rechtsinhaberschaft des (nicht-mehrberechtigten) beneficiary/Forderungsgläubigers geschützt ist; maßgeblich ist dabei der Zeitpunkt des Vertragsschlusses und nicht der der Anzeige an den trustee/Schuldner (vgl. Bridge/Gullifer/ McNeel/Worthington, The Law of Personal Property, Rn. 36-011). 452 Siehe nur Lewin (-Tucker/L e Poidevin/Brightwell), Trusts19, Rn. 33-028. Diese Ausnahmeregel vom Prioritätsprinzip setzt stets eine Konkurrenz mehrerer assignments voraus (Bridge/ Gullifer/McNeel/ Worthington, The Law of Personal Property, Rn. 36-017). 453 Die Regel aus Dearle v. Hall ist durch sec. 137 LPA 1925 auf nicht registrierte intersts in land erstreckt worden und gilt auch für die Forderungszession at law (Bridge/Gullifer/McNeel/ Worthington, The Law of Personal Property, Rn. 36-017). Obschon die Bestellung einer equitable charge nicht als translativer Rechtsübergang und daher auch nicht als assignment gedeutet wird (prononciert Bridge, Personal Property Law3, S. 181: „[…] unlike a mortgage, a charge involves no conveyance or assignment of an interest in the property to the grantee.“), sind equitable charge und equitable mortgage in vielfältiger Hinsicht und insbesondere auch im Hinblick auf die Konkurrenz mehrfacher Verfügungen über das Sicherungsobjekt gleich zu behandeln (vgl. Bridge/Gullifer/McNeel/ Worthington, The Law of Personal Property, Rn. 36-017); letzteres ist
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soll nach der Rechtsprechung und h. L. für die Belastung einer chose in action454 mit einem trust anderes gelten. Das Recht des beneficiary bleibe von nachfolgenden Verfügungen über das trust-befangene Recht unberührt und könne demgemäß gegenüber allen Rechtsnachfolgern des trustee geltend gemacht werden; die heftig kritisierte Regel aus Dearle v. Hall sei eng auszulegen und nicht weiter auszudehnen als nötig.455 Dies gilt vor allem für die Errichtung eines sub-trust: Hierin liegt angesichts der funktionalen Austauschbarkeit der wahlweise zur Verfügung gestellten Aktstypen equitable charge und equitable mortgage geradezu geboten. 454 Die Kategorie der choses in action erfasst prinzipiell alle „rein normativen“ Sachen einschließlich trust-basierter equitable interests (vgl. Worthington, Equity2, S. 59–60). 455 Grundlegend Ward v. Duncombe [1893] A. C. 369. Der Entscheidung des House of Lords lag ein Konkurrenzverhältnis zwischen einem (aufgrund eines marriage settlement errichteten) sub-trust an einem Anteil aus einem testamentarischen trust und einer nachfolgenden Sicherungsübertragung (mortgage) dieses Anteils zugrunde. Der Erblasser, M. C. Wyatt (W), hatte seinen Grundbesitz kraft letztwilliger Verfügung in einen trust for sale zugunsten seiner Kinder eingebracht und zwei seiner executors als trustees (S und E) eingesetzt. Seine Tochter Marry (M) brachte ihren Anteil aus dem testamentarischen trust (noch vor dem Erbfall) in ein marriage settlement ein; unter diesem settlement traten M und ihr Ehemann den Anteil an einen trustee ab. E hatte hiervon unstreitig keine Kenntnis; ob S von der Errichtung des sub-trust benachrichtig worden war, war umstritten und konnte letztlich nicht aufgeklärt werden. Anschließend boten die Eheleute der Klägerin, einer Versicherungsgesellschaft, zwecks Gewährung mehrerer Darlehen den Anteil als Sicherheit an; vor Vertragsabschluss erkundigte sich die Klägerin bei S und E, ob der Anteil bereits an Dritte zur Sicherheit übertragen oder belastet worden sei. Während E dies verneinte, reagierte S ausweichend; weitere Ermittlungen stellte die Klägerin nicht an und gewährte sodann den Eheleuten das Darlehen. S und E wurden über die anschließende Sicherungsübertragung von der Klägerin benachrichtigt. Nach dem Tod des W stritten die trustees des marriage settlements mit der Versicherungsgesellschaft darüber, wem der M zugewiesenen Anteil aus dem trust for sale gebühre; S war bereits verstorben und E fungierte nunmehr als alleiniger trustee des testamentarischen trust. Der High Court entschied zugunsten der trustees des marriage settlements; der Court of Appeal wies die Berufung der Klägerin zurück (In re Wyatt [1892] 1 Ch. 188); die Revision blieb erfolglos. Das House of Lords stellte klar, dass der Anteil den trustees des marriage settlements nach Maßgabe des Prioritätsprinzips gebühre und dieser Vorrang nicht durch den Tod des S (bei unterstellter Kenntnis vom settlement bei Einholung der Erkundigungen seitens der Klägerin) verloren gegangen sei. Eine Erstreckung der fragwürdigen Regel über die Mehrfachabtretung aus Dearle v. Hall sei nicht geboten, zumal die trustees nicht verpflichtet seien, den designierten mortgagee Informationen über die Belastung der Rechte der beneficiaries zu erteilen; vgl. Ward v. Duncombe [1893] A. C. 369, 393–394 (Lord Herschell L. C.: „I am inclined to think that the rule in Dearle v. Hall has on the whole produced at least as much injustice as it has prevented. It was argued in Dearle v. Hall that notice to the trustees necessarily prevents fraud on the part of the assignor […] That argument was in substance adopted by the Court. But it is founded, I think, upon rather loose notions as to the duties of trustees which no doubt were prevalent at one time. There would be much force in the argument if it were the law (as Knight Bruce V. C. seems to have thought) that a trustee applied to for information by an intending mortgagee incurred liability by merely abstaining from answering […]. But in truth there is no duty of that kind cast upon trustees. […] My Lords, I have made these observations, not for the purpose of impugning the authority of the rule in Dearle v. Hall. The rule is settled law. But it seems to me that when your Lordships are asked to extend the rule to a case not already covered by authority, it is proper to inquire into the principles upon which the rule is said to be founded. For the reasons which I have already given, I do not think that those principles are so clear or so convincing that the rule ought to be extended to a new case.“ Desgleichen sprach sich Lord Reid in B. S. Lyle Ltd. v. Rosher [1959] 1 W. L.R. 8 (H. L.), 22 per obiter dictum ausdrücklich gegen eine Erstreckung der Regel aus Dearle v. Hall auf die Errichtung von trusts aus; i. E. auch Bridge/
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kein assignment (und deshalb auch keine disposition i. S. v. sec. 53(1)(c) LPA 1925),456 weshalb es im Verhältnis zu konkurrierenden Verfügungen über einen trust-befangenen equitable interest beim Prioritätsprinzip bewendet. Wird ein (z. B. mit einer equitable charge) belasteter equitable interest in einen (sub-)trust eingebracht, muss sich der sub-beneficiary die bestehenden Lasten entgegenhalten lassen. Ein gutgläubig-lastenfreier Erwerb seitens des sub-beneficiary kommt allenfalls in Bezug auf mere equities in Betracht; erst recht scheidet ein Erwerb vom scheinbaren Inhaber eines equitable interest aus: Hat z. B. der beneficiary sein Recht bereits einem mortgagee übertragen, vermag er nur sein dingliches Rückerwerbsrecht, die equity of redemption, in einen trust einzubringen.457 Auf der anderen Seite ist der durch einen sub-trust geschaffene subsidiary equitable interest gegen alle Verfügungen geschützt, die der sub-trustee über den treuhänderisch gehaltenen equitable interest trifft; Belastungs- und Übertragungsverfügungen sind mithin unschädlich.458 Ein die Verkehrsfähigkeit von equitable Gullifer/McNeel/ Worthington, The Law of Personal Property, Rn. 36-018; M. Smith, The Law of Assignment, Rn. 15-119. 456 Siehe § 4 III. 3. a). 457 Dass eine equity of redemption unter einem trust gehalten werden kann, steht, da sie veräußerlich und vererblich ist, außer Frage; implizit anerkannt wird das z. B. in Grainge v. Wilberforce (1889) 5 T. L.R. 436, 437 (Chitty J.). 458 Vgl. Lewin (-Tucker/L e Poidevin/Brightwell), Trusts19, Rn. 33-013. Zudem ist seit Cloutte v. Storey [1911] 1 Ch. 18 geklärt, dass in Ausübung einer Nominierungsbefugnis (power of appointment) unter einem trust seitens der trustees oder seitens der nominierungsberechtigten Partei ausgeführte Verfügungen, die dem Nominierten lediglich einen equitable interest verschaffen, sogar nichtig und nicht bloß anfechtbar sind, sofern die Ausübung der Nominierungsbefugnis eine vorsätzliche Pflichtverletzung (fraud on the power) begründet. Die arglistige Ausübung der Nominierungsbefugnis zugunsten einzelner beneficiaries berührt daher nicht die Rechtsstellung der übergangenen beneficiaries; in Ermangelung eines gutgläubig-lastenfreien Erwerbs eines equitable interest vermag auch ein Rechtsnachfolger des Nominierten – vorbehaltlich eines schuldhaft von den beneficiaries selbst veranlassten Vertrauenstatbestandes – kein die Rechtspositionen der beneficiaries verdrängendes Recht in Equity zu erwerben. In Cloutte v. Storey [1911] 1 Ch. 18 ging es um die betrügerische Ausübung einer Nominierungsbefugnis unter einem sog. marriage settlement, welches sich aus Ansprüchen aus Lebensversicherungen, Aktien und weiterem personal property zusammensetzte. Diese Vermögensrechte wurden unter dem von den Ehegatten gemeinschaftlich errichteten settlement auf trustees zwecks Verwaltung und Mehrung dieses Sondervermögens; dabei räumten sich die Ehegatten wechselseitig Nießbrauchsrechte an dem Vermögen ein und bestimmten als Schlussbegünstigte ihre Kinder. Zugleich behielten sich die Ehegatten eine Nominierungsbefugnis zu, um bereits zu Lebzeiten Vermögenswerte einzelnen Kindern nach freiem Ermessen zuzuweisen; als beneficiaries waren die Ehegatten freilich nicht zur Übertragung der Vermögensrechte at law berechtigt, diese Verfügungsbefugnis stand den trustees als Inhabern der unter dem Sondervermögen zusammengefassten Vermögensrechte at law zu. Aus der Ehe gingen sieben Kinder hervor, u. a. die beiden Klägerinnen und der von den Ehegatten später nominierte Sohn. Die Ehegatten wiesen diesem Sohn zunächst einen Anteil von 4.000 £ und später den Großteil des Residualvermögens aus dem settlement zu, wobei heimlich vereinbart wurde, dass diese Vermögenswerte in Wirklichkeit nicht eigennützig dem Sohn, sondern weiterhin den Ehegatten zustehen sollte. Wie verabredet zahlte der Sohn die aus dem Sondervermögen erhaltenen Geldsummen an seinen Vater zurück, trat aber seine Rechte auf die Zuweisung der Vermögenswerte (zur Sicherheit) an einen Gläubiger ab, der von der heimlichen Verabredung zwischen den Ehegatten und dem Sohn keine Kenntnis hatte, und sie an die Beklagten dieses Rechtsstreits abtrat. Sodann wurde zwecks Erledigung eines vorausgegangenen
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interests erleichterndes Prinzip des „trust-freien“ Erwerbs existiert nicht. Es obliegt dem potentiellen Erwerber, nachzuforschen, ob der fragliche equitable interest mit vorrangigen sub-trust-gestützten Rechten behaftet ist. Die damit verbundene Schmälerung der Verkehrsfähigkeit von equitable interests nimmt die Rechtsprechung in Kauf.459 Eine Verdrängung älterer equitable interests kommt nur nach Rechtsstreits zwischen der Ehefrau und einem mortgagee ihres Nießbrauchsrechts unter Beteiligung der Klägerinnen und der weiteren Kinder vereinbart, dass ein Großteil des Sondervermögens aus dem marriage settlement in einen neuerrichteten trust zugunsten der Kinder unter Vorbehalt des mit der mortgage belasteten Nießbrauchsrechts überführt werden sollte; zu diesem Zweck wurden entsprechende Summen bei Gericht hinterlegt und schließlich auf den neuen trust transferiert. Nach Abschluss dieser Vereinbarung begehrten die Klägerinnen die gerichtliche Feststellung, dass die frühere Zuweisung der Vermögenswerte an den Sohn seitens der Ehegatten pflichtwidrig war und die Beklagten keine Rechte an dem Treuhandvermögen zustünden. Die Klage hatte Erfolg. Außer Frage stand, dass die Ehegatten betrügerisch zulasten der Klägerinnen und der übrigen Kinder die Nominierungsbefugnis ausgeübt hatten, um sich selbst die dem Sohn zugewiesenen Treuhandgelder endgültig einzuverleiben; umstritten waren jedoch die Rechtsfolgen einer pflichtwidrigen Ausübung der Nominierungsbefugnis. Die Argumentation der Beklagten, dass ihr Rechtsvorgänger als gutgläubiger Erwerber die Rechte auf Auszahlung des Treugutes erlangt habe und die Ausübung der Nominierungsbefugnis lediglich anfechtbar gewesen sei, wies Farwell L. J. für den Court of Appeal zurück. Stattdessen unterschied das Gericht klar zwischen den Wirkungen der Übertragung eines legal title unter pflichtwidrigem Gebrauch einer fiduziarischen Nominierungsbefugnis und der bloßen Zuweisung eines equitable interest kraft einer vorbehaltenen Nominierungsbefugnis der Treugeber (Cloutte v. Storey [1911] 1 Ch. 18, 31–32 (Farwell L. J.)): Während die pflichtwidrige Übertragung des legal title bestenfalls anfechtbar ist, diese Anfechtungsbefugnis aber nicht gegenüber einem gutgläubigen Erwerber ausgeübt werden kann, ist die betrügerische Ausübung einer bloßen equitable power nichtig, wobei ein gutgläubiger Erwerber i. d. R. keine Einreden gegenüber dem Inhaber eines älteren equitable interest erheben könne. Weil den Ehegatten aber lediglich eine Nominierungsbefugnis in Equity zustand und eine Übertragung des legal title seitens der trustees an den Sohn nicht erfolgt war, konnten die Beklagten bestenfalls einen equitable interest auf Zuweisung der Treuhandgelder erlangen, der gegenüber den aus dem settlement folgenden Anwartschaftsrechten der Kinder zurücktreten müsse. 459 Demonstrativ Shropshire Union Railways and Canal Company v. The Queen (1875) L. R. 7 H. L. 496: In dem zugrundeliegenden Fall hielt der Geschäftsführer einer Eisenbahngesellschaft als trustee Namensaktien für die Gesellschaft; der Geschäftsführer war als Inhaber der Aktien im Register der Gesellschaft eingetragen. Zur Sicherung eigener Verbindlichkeiten übergab er die Wertpapiere einem Gläubiger, der schließlich verstarb. Im Register stand weiterhin der Geschäftsführer als Inhaber der Aktien. Die Witwe und Nachlassverwalterin (executrix) des Gläubigers begehrte sodann vergeblich die Umschreibung der Aktien auf ihren Namen. Die Klage wurde letztinstanzlich vom House of Lords abgewiesen. Da ein Konkurrenzverhältnis zwischen mehreren equitable titles bezüglich der streitgegenständlichen Aktien vorlag – weder der Gläubiger noch die Klägerin hatten einen legal title, sondern lediglich eine equitable mortgage durch die Übergabe der Wertpapiere erlangt –, hatte der ältere equitable title der beklagten Gesellschaft Vorrang vor der mortgage der Klägerin. Nach einmütiger Ansicht der Lordrichter lag auch nicht ein fahrlässiges Verhalten auf Seiten der Gesellschaft vor; eine Durchbrechung des Prioritätsprinzips komme auch deshalb nicht in Betracht. Die Richter führten aus, dass es im wohlverstandenen Interesse des Erwerbers der equitable mortgage liege, die Berechtigung des Veräußerers zu überprüfen, indem er sich bei der Gesellschaft erkundige und die Umschreibung der Aktien auf sich verlange. Stelle sich, wie hier heraus, dass der Veräußerer lediglich trustee der Aktien sei, könne der Erwerber der equitable mortgage seine Befugnisse nicht zum Nachteil des beneficiary ausüben (Shropshire Union Railways and Canal Company v. The Queen (1875) L. R. 7 H. L. 496, 513 (Lord Hatherley)).
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Maßgabe der estoppel-Doktrin in Betracht, d. h. wenn der Ersterwerber zurechenbar einen Vertrauenstatbestand geschaffen hat, durch den der Zweiterwerber zu nachteiligen Vermögensdispositionen veranlasst wird.460 Wenngleich nicht abschließend geklärt, dürfte im Verhältnis mehrerer (sukzessiv) bestellter trusts an choses in action und somit im Verhältnis konkurrierender sub-trusts nichts anderes gelten. Die Rechtsposition der durch den ersten sub-trust begünstigten Person wird nicht dadurch beeinträchtigt, dass neue sub-trusts seitens des sub-trustee errichtet werden,461 es sei denn, der beneficiary erteilt seine Zustimmung.462 Wer einen equitable interest erwirbt, wird somit zwar in seinem Vertrauen auf das Nichtbestehen „geheimer“ Anfechtungs- oder Aufhebungsbefugnisse (mere equities) und nach Maßgabe von Dearle v. Hall im Verhältnis zu früheren Erwerbern des fraglichen Rechts und dinglich gesicherten Gläubigern (mortgagees und chargees) geschützt, was aber in Ermangelung eines korrespondierenden Redlichkeitsschutzes hinsichtlich des Nichtbestehens älterer subsidiary equitable interests (aus einem sub-trust) nicht mit besonderem Gewicht zu Buche schlagen dürfte.463 460 Diese vom Bestandsschutzprinzip entwickelte Ausnahme wird freilich eng ausgelegt; siehe Lord Cairns L. C. in Shropshire Union Railways and Canal Company v. The Queen (1875) L. R. 7 H. L. 496, 506–507: „Your Lordships have to deal with a case of a pre-existing and undoubted equitable title, and circumstances which are alleged to have defeated and to have taken away that pre-existing equitable title. My Lords, that pre-existing equitable title may be defeated by a supervening legal title obtained by transfer. And I agree with what has been contended, that it may also be defeated by conduct, by representations, by misstatements of a character which would operate and enure to forfeit and to take away the pre-existing equitable title. But I conceive it to be clear and undoubted law, and law the enforcement of which is required for the safety of mankind, that, in order to take away any pre-existing admitted equitable title, that which is relied upon for such a purpose must be shewn and proved by those upon whom the burden to shew and prove it lies, and that it must amount to something tangible and distinct, something which can have the grave and strong effect to accomplish the purpose for which it is said to have been produced.“ 461 Hiervon zu unterscheiden ist der praktisch relevantere Fall, dass Investments mehrerer Anleger seitens des trustee in einen einheitlichen trust fund eingebracht und sodann pflichtwidrig eingesetzt werden: Wie bereits in § 4 II. 1. b) gezeigt, wird die stark kritisierte „first in, first out rule“ (Clayton’s case ((1817) 1 Mer 572) von der Rechtsprechung nicht selten durchbrochen, sofern diese nach den Umständen des Einzelfalles unbillig erscheint; die Investoren tragen mithin unabhängig von der zeitlichen Abfolge der in den trust fund eingebrachten Gelder quotal etwaige Verluste (Barlow Clowes International Ltd. v. Vaughan [1992] 4 All E. R. 22 (C. A.); differenzierend McFarlane/Stevens, in: Gullifer/Payne, Intermediated Securities, S. 33, 41–44). 462 Zudem dürfte ohnehin nur der sub-beneficiary berechtigt sein, ein von einem sub-trustbefangenen interest in land in einen (weiteren) trust einzubringen (vgl. Tierney v. Wood (1854) 19 Beav. 330; zustimmend Lewin (-Tucker/Le Poidevin/Brightwell), Trusts19, Rn. 3-017; McGhee (-Fox), Snell’s Equity33, Rn. 22-037). Dementsprechend ist nur der beneficiary zur Erteilung der nach sec. 53(1)(b) LPA 1925 erforderlichen schriftlichen Urkunde über die Errichtung des trust berechtigt. Scharf zu unterscheiden ist die Verfügung über den bereits mit einem sub-trust belasteten equitable interest von einer Verfügung über das Recht des sub-beneficiary – den sog. subsidiary equitable interest –, wozu natürlich nur der sub-beneficiary berechtigt ist. 463 Auch die für das Konkurrenzverhältnis mehrerer equitable mortgages entwickelte Ausnahme vom Prioritätsgrundsatz, unter der ein nachrangiger equitable mortgagee einen vorrangigen equitable mortgagee zu verdrängen vermag, wenn und sobald der Zweiterwerber die erstrangige legal mortgage ablöst („tabula in naufragio“), ist längst obsolet (siehe § 2 IV. 5. a) in Fn. 686). Außerdem galt diese Regel ausschließlich im Verhältnis mehrerer equitable security interests zu-
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Allerdings gerät der damit verbundene „starke“ Verfügungsschutz sub-trust-gestützter equitable interests in der Literatur zunehmend unter Druck.464 Vor allem für den Bereich der mediatisierten Haltung von securities (Finanzinstrumenten) mittels sub-trusts465 wird seit Längerem dafür plädiert, in Bezug auf Verfügungen über equitable interests zwecks Leichtigkeit und Sicherheit des Effektengiroverkehrs eine Regel über den gutgläubig-lastenfreien Erwerb in Analogie zur bona fide purchser defence einzuführen.466 Es sei nicht einzusehen, weshalb für den Erwerb von trust-befangenen legal rights andere Maßstäbe gelten sollten als für trustbefangene equitable interests; vergleichbare Verfügungstatbestände müssten ohne Rücksicht auf die rechtshistorische „Provenienz“ des Verfügungsobjekts gleich behandelt werden.467 Trust-basierte equitable interests sollten generell nur dann bei rechtstransportierenden Verfügungen über das trust-befangene Recht fortbestehen, wenn der Erwerber das trust-befangene Recht in Kenntnis der treuhänderischen Pflichtenstellung des Veräußerers oder unentgeltlich erwerbe; demgegenüber müsse der redlich-entgeltliche Erwerber („equity’s darling“) geschützt werden, ohne dass es darauf ankomme, ob die Verfügung auf Erwerb eines legal estate oder eines equitable interest gerichtet sei.468 einander. Eine Verdrängung trust-basierter Rechte kraft nachfolgenden (unredlichen) Erwerbs des legal estate seitens des Erwerbers eines (im Verhältnis zum trust) jüngeren equitable interest hat die Rechtsprechung niemals entwickelt (Lewin (-Tucker/Le Poidevin/Brightwell), Trusts19, Rn. 33-027 m. w. N.). 464 Siehe die Empfehlungen der Law Commission für ein einheitliches Gutglaubensregime für den Erwerb von legal interests und equitable interests im Bereich der mediatisierten Haltung von Finanzinstrumenten (intermediated securities): Law Commission Project on Intermediated Investment Securities, Third Seminar: Issues affecting Transferees of Intermediated Securities, 27 July 2006, Rn. 1.133–1.137 (https://s3-eu-west-2.amazonaws.com/lawcom-prod-storage11jsxou24uy7q/uploads/2015/03/Intermediated_securities_seminar_3.pdf; zuletzt abgerufen: 1.4.2020); Bridge/Gullifer/McNeel/ Worthington, The Law of Personal Property, Rn. 36-038; McFarlane, The Structure of Property Law, S. 245–247; McFarlane/Stevens, in: Gullifer/Payne, Intermediated Securities, S. 33, 50–54; kritisch auch Benjamin, Financial Law, Rn. 19.26–19.27. 465 Siehe dazu sogleich unter § 4 III. 4. c) dd). 466 McFarlane/Stevens, in: Gullifer/ Payne, Intermediated Securities, S. 33, 50–54; zustimmend Bridge/Gullifer/McNeel/ Worthington, The Law of Personal Property, Rn. 36-038. 467 McFarlane/Stevens, in: Gullifer/Payne, Intermediated Securities, S. 33, 53. 468 Vertiefend die Law Commission (in: Project on Intermediated Investment Securities, Third Seminar: Issues affecting Transferees of Intermediated Securities, 27 July 2006, Rn. 1.135– 1.137), die u. a. darauf verweist, dass sich der Ausschluss des lastenfreien Erwerbs beim Erwerb eines equitable interest an treuhänderisch gehaltenen Effekten nicht im Preis widerspiegele und sich der durchschnittliche Anleger keine Gedanken darüber mache, ob er „direkt“ Anteile an den Effekten, d. h. legal interests (durch Übergabe beim Erwerb von bearer securities resp. Umschreibung im einschlägigen Register beim Erwerb von registered certificated securities) oder, wie praktisch üblich, indirekt equitable interests aus einem trust mit seiner Geschäftsbank erwerbe; zudem untergrabe dies die Effektivität des pyramidenförmigen Systems treuhänderischer Effektenverwahrung, es entstünden erhebliche Transaktionskosten, wenn sich die Investoren stets legal interests verschaffen müssten, um eine gesicherte Rechtsposition zu erlangen. Ebenso McFarlane/Stevens, in: Gullifer/Payne, Intermediated Securities, S. 33, 51–53, die zur Veranschaulichung ihres Standpunkts folgendes Beispiel aufzeigen: Wenn A als Eigentümer eines Pkw einen trust an dem Pkw zugunsten von B errichte und anschließend sein Auto an C verkaufe, sei dieser bei unterstellter Redlichkeit geschützt; Entsprechendes müsse dann aber doch gelten, wenn A selbst nur über
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Auf den ersten Blick ist man in der Tat geneigt, die Divergenz im Redlichkeitsschutz zwischen Verfügungen at law und Verfügungen in equity als rechtsgeschichtliches Zufallsprodukt der ehedem getrennten Jurisdiktionen abzutun.469 Wenn der Rechtsverlust durch gutgläubig-lastenfreien Erwerb des legal title das charakteristische Strukturprinzip der in Equity anerkannten subjektiven Rechte ist, erscheint es systemwidrig, dass ein „minderes“ Recht, scil. ein durch Errichtung eines sub-trust oder eine andere Belastungsverfügung geschaffener subsidiary equitable interest mit einem Bestandsschutzniveau ausgestattet ist, welches dem Belastungsgegenstand im Verhältnis zu Verfügungen über den belasteten legal title nicht teilhaftig ist.470 Denn subsidiary equitable interests unterscheiden sich nicht qualitativ, sondern hinsichtlich ihres Bezugspunktes von den ein (unbegrenztes) Recht nach Common Law beschränkenden equitable interests, was prima vista nahelegt, die für diese geltenden Regeln auf jene zu erstrecken. Indes ist ein schematischer Gleichlauf zwischen Verfügungen at law und Verfügungen in equity weder aus systematischen Gründen noch unter Wertungsgesichtspunkten geboten.471 Der maximalinvasive Eingriff eines vollständigen Rechtsverlusts zulasten des subbeneficiary ist auch sub specie des öffentlichen Interesses an der Leichtigkeit und Sicherheit des Verkehrs von Vermögensrechten allenfalls dann zu rechtfertigen, wenn dem Verkehrsinteresse nicht auf weniger einschneidende Weise ebenso effektiv Rechnung getragen werden kann. Dieses ungeschriebene Verhältnismäßigkeitsprinzip liegt den in Equity entwickelten Regeln über den gutgläubig-lastenfreien Erwerb zugrunde: Dies zeigt sich vor allem bei den Rechtsfolgen eines gutgläubiglastenfreien Erwerbs eines legal title, zeitigt dieser doch i. d. R. nicht einen vollständigen Rechtsverlust, sondern eine dingliche Surrogation nach den Regen des einen equitable interest an dem Auto unter einem trust verfüge und an diesem einen sub-trust zugunsten von B errichte und sodann als trustee seinen eigenen trust-befangenen equitable interest an den redlichen C veräußere. 469 So die Law Commission (Law Commission Project on Intermediated Investment Securities, Third Seminar: Issues affecting Transferees of Intermediated Securities, 27 July 2006, Rn. 1.133); McFarlane/Stevens, in: Gullifer/Payne, Intermediated Securities, S. 33, 53–54. So wird die Regel des gutgläubig-lastenfreien Erwerb eines legal interest („bona fide purchaser defence“) deswegen auch nicht sachlich, sondern rechtshistorisch begründet: Aufgrund des Subordinationsverhältnisses zwischen der Common Law-Jurisdiktion und der Kanzleigerichtsbarkeit müsse das Kanzleigericht den redlich erworbenen legal interest respektieren; insoweit könne die Kanzleigerichtsbarkeit nicht intervenieren, zumal Equity stets an das „unreine Gewissen“ des persönlich Verpflichteten anknüpfe, dem redlichen Erwerber des legal interest – „equity’s darling“ – aber kein persönlicher Vorwurf gemacht werden könne (zu Recht kritisch gegen diese Erklärungsansätze Bridge/Gullifer/McNeel/ Worthington, The Law of Personal Property, Rn. 36-005; McFarlane/ Stevens, in: Gullifer/Payne, Intermediated Securities, S. 33, 53). 470 Siehe auch die Law Commission in: Law Commission Project on Intermediated Investment Securities, Third Seminar: Issues affecting Transferees of Intermediated Securities, 27 July 2006, Rn. 1.136, die es für nicht gerechtfertigt hält, dass zwar bei der Übertragung des legal title durch die auf erster Stufe der trust-Pyramide rangierenden Zentralverwahrer ein gutgläubiger Erwerb des Erwerbers (typischerweise einer Bank) in Betracht komme, nicht aber zugunsten der Investoren, die regelmäßig nur einen equitable interest erwerben. 471 Ähnlich Smith (2000) 116 L. Q. R. 412, 431, der zutreffend den schwächeren Bestandsschutz von equitable interests hervorhebt.
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tracing in equity.472 Dies ist das inverse Gebot des Verkehrsschutzprinzips: Soll die Rechtsposition aus einem trust nicht zur Bedeutungslosigkeit verkümmern, bedarf es eines möglichst wirkungsvollen Surrogationsmechanismus, der unter Wahrung der Zirkulationsfähigkeit trust-befangener Vermögensrechte zumindest einen wertsichernden Fortbestand des equitable interest gewährleistet. Soweit mit Blick auf die mediatisierte Haltung von securities gesetzgeberischer Reformbedarf zwecks Erweiterung des Verkehrsschutzes bei Verfügungen über (sub-trust-befangene) equitable interests ausgemacht resp. eine Erstreckung der Regel über den gutgläubig-lastenfreien Erwerb gefordert wird,473 ließe sich eine Art. 18 des Genfer Wertpapierübereinkommens vergleichbare Sonderbestimmung introduzieren.474 Mit Rücksicht auf das geltende englische Wertpapierrecht dürfte mit einer entsprechenden Sonderregel freilich nur eine marginale Optimierung 472
Siehe bereits § 4 II. 1. b). Siehe dazu die nachfolgende Fn. 474 Das Genfer Wertpapierübereinkommen (UNIDROIT Convention on Substantive Rules for Intermediated Securities) sieht eine marginale Sachrechtsvereinheitlichung betreffend den Transfer und die indirekte Verwahrung von Effekten der Konventionsstaaten vor; der Text des Übereinkommens findet sich unter http://www.unidroit.org/instruments/capital-markets/gene va-convention; zuletzt abgerufen am 1.4.2020. Das am 9.10.2009 von der diplomatischen Konferenz der UNIDROIT beschlossene Wertpapierübereinkommen ist von 37 Staaten (einschließlich Deutschlands und des Vereinigten Königreichs) angenommen worden, aber noch nicht in Kraft getreten. Die Sachrechtsvereinheitlichung ist von einem funktionalen Ansatz getragen; prinzipiell ist, wie sich aus Art. 9 Abs. 2 lit. b) ergibt, auch das deutsche Modell direkter Anteilszuordnung mit der Konvention vereinbar. Letztlich bleiben viele Fragen offen; zudem bleiben neuralgische Aspekte (z. B. Wirksamkeit und Nichtigkeit von Gutschriften und Belastungsbuchungen, insolvenzrechtliche Fragen, System der Wertpapier- bzw. Wertrechtszuordnung) weitgehend dem unvereinheitlichten Sachrecht der Konventionsstaaten vorbehalten. Die Anwendbarkeit des Übereinkommens ist in Art. 2 geregelt, Art. 1 enthält eine Liste von Begriffsdefinitionen, insbesondere den Zentralbegriff der „intermediated securities“. Der Inhalt der Rechtsposition des „account holder“ von Effekten (securities) ergibt sich aus Art. 9 Abs. 1 des Übereinkommens; diese ist prinzipiell drittwirksam (Art. 9 Abs. 2 lit. a)) und insolvenzfest (Art. 14 Abs. 1), wobei die Einzelbefugnisse nach Maßgabe des anwendbaren Rechts und den Bestimmungen des emittierten Finanzinstruments gegenüber dem jeweiligen Verwahrer und/oder dem Emittenten ausgeübt werden (Art. 9 Abs. 2 lit. b)). Für den Rechtserwerb ist die Gutschrift konstitutiv; hierdurch erwirbt der account-holder die securities (Art. 11 Abs. 1), wobei aber nicht präjudiziert wird, ob es sich um einen Anteil an den securities (direkte Zuordnung) oder um ein Recht an dem vom jeweiligen Intermediär gehaltenen Anteil (indirekte Zuordnung) handelt; für den Zuweisungsgehalt ist die Alternative zwischen direkter und indirekter Zuordnung, wie gezeigt, bedeutungslos, maßgeblich ist allein Art. 9. Die Bestellung von (Sicherungs-)Rechten an den securities seitens des accountholder richtet sich nach Art. 12. Die Rechtsfolgen pflichtwidriger Verfügungen eines Intermediärs (Art. 15 Abs. 2) werden ebenso wenig geregelt wie die Frage der Wirksamkeit, Fehlerhaftigkeit und Anfechtbarkeit von Buchungen (Art. 16); auch die Durchsetzung der Rechtsposition des account-holder beurteilt sich nach dem unvereinheitlichten Insolvenzrecht (Art. 14 Abs. 2). Art. 18 Abs. 1 sieht aber jedenfalls einen gutgläubigen (lastenfreien) Erwerb des „acquirer“ i. S. v. Art. 17 lit. b) vor, wenn dieser im maßgeblichen Zeitpunkt der Gutschrift auf seinem Konto (Art. 17 lit. e)) weder wusste noch wissen musste, dass einen andere Person Rechte an den betreffenden securities hat, die durch den Rechtserwerb des acquirer verletzt werden. Zudem kommt auch bei einer nichtigen oder anfechtbaren Gutschrift ein redlicher Erwerb in Betracht (Art. 18 Abs. 2); die Gutschrift muss also nicht notwendig mit einer (nicht berechtigten) Belastungsbuchung einer anderen Person korrelieren (näher zum Redlichkeitsschutz unter der Konvention im Vergleich zum japa473
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des Verkehrsschutzstandards verbunden sein. Schon die lex lata räumt dem allseits gewünschten Erwerberschutz einen hohen Stellenwert ein: Dies zeigt sich nicht bloß beim Transfer von Wertpapieren, d. h. bei der rechtsgeschäftlichen Übertragung von Inhaber- und Orderpapieren (bearer securities bzw. negotiable instruments) mittels „delivery“475 sowie beim Abschluss des „Übergangs“ von Namensaktien und vergleichbaren reinen Rektapapieren (registered certificated securities) mittels Eintragung im company’s register.476 Prinzipiell nichts anderes gilt für den „Übergang“ von entmaterialisierten Wertrechten (uncertificated securities) durch simultan-korrelative Saldierung von Gutschriften und Belastungsbuchungen im Register des Operateurs des sog. CREST-Systems.477 Auch die vermeintliche nischen und US-amerikanischen Recht Mooney/K anda, in: Gullifer/Payne, Intermediated Securities, Legal Problems and Practical Issues, S. 69, 94–108. 475 Näher Bridge/Gullifer/McNeel/ Worthington, The Law of Personal Property, Rn. 32-117. Orderpapiere werden auch unter englischem Recht durch Einigung, (Blanko-)Indossament und Übergabe übertragen; durch Blankoindossament verwandelt sich das Orderpapier in ein vollkommenes bearer instrument. Beim Erwerb von Inhaber- und Orderpapieren ist der Erwerber ebenso wie im deutschen Recht optimal geschützt; er kann alle Rechte aus dem Papier geltend machen, Einreden oder Belastungen sind nicht entgegensetzbar. 476 Bridge/Gullifer/McNeel/ Worthington, The Law of Personal Property, Rn. 32-020–32021. Präzise betrachtet bedarf es sowohl der Übergabe einer schriftlichen Übertragungsurkunde des Veräußerers an den Erwerber und vor allem der Eintragung des Erwerbers im jeweiligen company register; solange der Transfer nicht durch Umschreibung im company register dokumentiert worden ist, steht dem Erwerber allenfalls ein equitable interest zu. Wenngleich der vermeintliche Übertragungsvorgang als sog. novation analysiert wird, die ein vollständig neues Rechtsverhältnis zwischen dem Emittenten und dem Investor begründe, scheint noch nicht abschließend geklärt, in welchem Ausmaß der Erwerber gegen etwaige Mängel in der Verfügungsberechtigung des Veräußerers bzw. Mängel des Veräußerungsvorgangs geschützt ist; näher Bridge/Gullifer/ McNeel/Worthington, The Law of Personal Property, Rn. 36-094–32-098. 477 Die Umstellung des Effektengeschäfts von Wertpapieren (certificated securities) auf unverkörperte Wertrechte (uncertificated [dematerialised) securities) beruht in England auf der Uncertificated Securities Regulation (SI 2001/3755), mit der eine ausschließlich elektronische Registrierung von am Kapitalmarkt handelbaren Effekten in einem zentralen Computersystem, dem sog. CREST-System, eingeführt worden ist (siehe hierzu Goode/Gullifer, Legal Problems of Credit and Security6 , Rn. 6-08; Bridge/Gullifer/McNeel/ Worthington, The Law of Personal Property, Rn. 32-031–32-045). Dieses System wird von einem zentralen Operateur, ehemals von einer britischen Gesellschaft (CRESTCo) und nunmehr von der Wertpapiersammelbank Euroclear, geführt und seinen Mitgliedern (i. d. R. Kreditinstitute, ggf. aber auch private Investoren) für den Handel der in CREST aufgenommenen Finanzinstrumente zur Verfügung gestellt. In CREST werden Effekten aller Art eingestellt und Mitgliedern at law zugeordnet; Transaktionen werden durch die CCP (central counterparty), eine britische Gesellschaft (LCH.Clearnet Ltd.) unter dem Computersystem SETS (Stock Exchange Trading System) abgewickelt, d. h. der Veräußerer (i. d. R. ein Broker) eines Wertrechts bestimmter Gattung verkauft seine Anteile an CCP, die diese wiederum dem Erwerber (wiederum ein Broker) verkauft. Für den Erwerb kommt es dabei entscheidend auf die Einbuchung des gekauften Anteils in CREST (und nicht im betreffenden company register) an; erst mit der Eintragung ist der Erwerb seitens des betreffenden CREST-Mitglieds at law vollzogen. Das title-by-registration-Prinzip gilt aber nicht; auch Eintragungen in CREST schaffen nur eine widerlegbare Vermutungswirkung für den wirksamen Erwerb seitens des CRESTMitglieds. Da private Investoren i. d. R. nicht selber CREST-Mitgliedskonten unterhalten, sind die materiellrechtlichen Rechtsverhältnisse zwischen Emittent und Investor normalerweise nicht anders strukturiert als bei zentralverwahrten Sammelurkunden; die Investoren erwerben i. d. R. equitable interests an den Effekten einer bestimmten Gattung unter einer Kette von Treuhand-
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Übertragung von mittels sub-trusts mediatisierten securities – seien es verkörperte Wertpapiere, seien es unkörperliche Wertrechte – vollzieht sich durch Saldierung einer Vielzahl zusammengefasster Gutschriften und Belastungsbuchungen auf der Ebene des Sammelverwahrers (resp. eines CREST-Mitglieds) oder eines zwischengeschalteten Brokers.478 Angesichts des praxisüblichen „Nettings“ ist mit vertretbarem Aufwand normalerweise gar nicht zu verifizieren, welcher Endkäufer von welchem Endverkäufer auf der untersten Schicht der figurativen trust-Pyramide in welchem Umfang Anteile an Wertrechten oder Wertpapieren irgendeiner Gattung erwirbt.479 Vor allem aber wird der „Transfer“ inzwischen mehrheitlich als sog. novation und nicht als translative Rechtsnachfolge in bestimmte securities – scil.: equitable interests an mehrstufig treuhänderisch gehaltenen securities – eines Endverkäufers durch den Endkäufer analysiert.480 In Übereinstimmung mit dem bargeldlosen Zahlungsverkehr erlischt der equitable interest des Verkäufers kraft Belastungsbuchung und wird durch den neu entstehenden Anteil des Käufers unter dem Ververhältnissen, die bis zu einem bestimmten CREST-Mitglied reicht, der die betreffenden Effekten von der CCP ankauft. Die rechtliche Analyse des Transaktionsvorgangs scheint zwar nicht abschließend geklärt (vgl. Bridge/Gullifer/McNeel/ Worthington, The Law of Personal Property, Rn. 32-045, 32-051). Es spricht einiges dafür, dass auch hier eine sog. novation erfolgt, also ein vollständig neues Rechtsverhältnis zwischen dem Emittenten und demjenigen CREST-Mitglied, das die Wertrechte einer bestimmten Gattung erwirbt, entsteht und das bestehende Rechtsverhältnis mit dem veräußernden CREST-Mitglied erlischt. 478 Vgl. Law Commission Project on Intermediated Investment Securities, Third Seminar: Issues affecting Transferees of Intermediated Securities, 27 July 2006, Rn. 1.106; Bridge/Gullifer/ McNeel/Worthington, The Law of Personal Property, Rn. 36-038. Die Sammelverwahrer (resp. die CREST-Mitglieder) und zwischengeschalteten Broker halten i. d. R. für eine Mehrzahl von Geschäftsbanken Anteile unter einem trust, die wiederum den einzelnen Depotkunden Bruchteile an ihren Anteilen unter einer unbestimmten Vielzahl von sub-trusts zugunsten der Investoren vermitteln. 479 Allerdings ist die Bestimmbarkeit des zu verfolgenden equitable interest in einer Gutschrift eines Neuerwerbers stets Voraussetzung für daran anknüpfende „dingliche“ oder „obligatorische“ Rechtsbehelfe des beneficiary (vgl. § 4 II. 2). Angesichts dieser praktischen Hürden dürfte sich der Anleger in aller Regel an seine Geschäftsbank halten, wenn diese oder ein von dieser eingesetzter Intermediär pflichtwidrig treuhänderisch gehaltene equitable interests an Effekten überträgt (vgl. Bridge/Gullifer/McNeel/ Worthington, The Law of Personal Property, Rn. 36-038 in Fn. 226). Theoretisch ist es zwar nicht ausgeschlossen, dass dem Altberechtigten ein „following“ seines verlorenen Anteils (durch unberechtigte „Übertragung“ seitens seiner Geschäftsbank als trustee) in einen neu begründeten Anteil eines Wertpapierkäufers gelingt (Bridge/Gullifer/McNeel/ Worthington, The Law of Personal Property, Rn. 36-038); sofern dieser aber wiederum seine Position weitertransferiert, kommt freilich allenfalls eine Wertersatzhaftung wegen knowing receipt in Betracht, wobei der Altberechtigte die Kenntnis des Erwerbers hinsichtlich der Pflichtwidrigkeit der Übertragung darlegen und beweisen muss, was i. E. einem vergleichbaren Schutzstandard wie bei einem Gutglaubenstatbestand gewährleistet (dies erkennt auch die Law Commission an, siehe Law Commission Project on Intermediated Investment Securities, Third Seminar: Issues affecting Transferees of Intermediated Securities, 27 July 2006, Rn. 1.132). 480 Vgl. Law Commission Project on Intermediated Investment Securities, Third Seminar: Issues affecting Transferees of Intermediated Securities, 27 July 2006, Rn. 1.106; Bridge/Gullifer/ McNeel/Worthington, The Law of Personal Property, Rn. 36-038.
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trags- und Treuhandverhältnis mit dem betreffenden Intermediär ersetzt. Vollzieht sich die vermeintliche Abtretung aber im Wege der Saldierung korrespondierender Gutschriften und Belastungsbuchungen, ist der potentielle Anwendungsbereich einer hypothetischen Gutglaubensregel schmal, zumal durch standardisierte Vertragsbedingungen ohnehin dafür gesorgt wird, dass Einreden und Einwendungen (sog. mere equities481) aus dem Rechtsverhältnis zwischen dem anteilsverlierenden Investor und seinem Intermediär dem Erwerber eines Anteilsrechts an derselben Wertrechtsgattung nicht entgegengehalten werden können.482 Was demgegenüber security interests an den unter sub-trusts geschaffenen equitable interests der Intermediäre sowie der Inverstoren anbelangt, gilt im Verhältnis konkurrierender Sicherungsverfügungen (equitable mortgages resp. equitable charges) ohnehin die hergebrachte Regel aus Dearle v. Hall.483 Mittels Benachrichtigung des Intermediärs vermag sich der (redliche) Sicherungsnehmer problemlos eine unangreifbare Rechtsposition zu verschaffen und somit vorrangige Sicherungsnehmer zu verdrängen. Auch jenseits der Sondermaterie des Wertpapierrechts wäre es zwar denkbar, eine Regel über den gutgläubig-lastenfreien Erwerb von equitable interests einzuführen und mit einem Surrogationsmechanismus zwecks Abschwächung der Eingriffsintensität zu flankieren.484 Sieht man einmal von Verfügungen über equitable interests an securities ab, sind durchschlagenden Sachargumente dafür, die sog. bona fide purchaser defence auf Verfügungen über (belastete) equitable interests zu erstrecken, aber weder dargetan noch ersichtlich. Bestünde ein praktischer Bedarf, Transaktionen über equitable interests durch zusätzliche Redlichkeitstatbestände – neben der aus Dearle v. Hall destillierten Regel485 – zu erleichtern, hätten sich diese im wirtschaftsliberalen englischen commercial law kraft richterlicher Rechtsfortbildung vermutlich längst etabliert. Zeichnet sich in der Rechtsprechung aber nichts für eine Erstreckung der bona fide purchaser defence auf den Erwerb eines (begrenzten Rechts an einem) equitable interest ab, kontraindiziert dies ein entsprechendes öffentliches Interesse. Zudem darf das Verwertungspotential von 481
Zur eingeschränkten Drittwirksamkeit von mere equities siehe Fn. 449. Bridge/Gullifer/McNeel/ Worthington, The Law of Personal Property, Rn. 32-053. 483 Bridge/Gullifer/McNeel/ Worthington, The Law of Personal Property, Rn. 36-039; Goode/ Gullifer, Legal Problems of Credit and Security6 , Rn. 6–51. Davon zu unterscheiden ist die Bestellung von security interests (mortgages resp. charges) an den treuhänderisch gehaltenen Effekten (näher Goode/Gullifer, Legal Problems of Credit and Security6 , Rn. 6–46): Sofern der auf erster Stufe rangierende Verwahrer bzw. das CREST-Mitglied eine Sicherheit bestellt, bezieht sich diese auf den legal title; Sicherungsverfügungen auf nachfolgenden Stufen beziehen sich auf die trustgestützten equitable interests der Sicherungsgeber. 484 Für sub-trust-basierte equitable interests kann aus Wertungsgründen im Hinblick auf Verfügungen über den sub-trust-belasteten equitable interests kein geringerer Schutzstandard gelten als für Verfügungen über trust-belastete legal interests. Würde ein gutgläubig-lastenfreier Erwerb von equitable interests in Analogie zum gutgläubig-lastenfreier Erwerb von legal interests eingeführt werden, ist es nur folgerichtig, die Regeln des tracing in equity auf sub-trust-basierte equitable interests anzuwenden, um die mit dem lastenfreien Erwerb verbundene Eingriffsintensität auf das minimalinvasive Maß abzusenken. 485 Dearle v. Hall (1828) 1 Russ. 1; 38 E. R. 475. 482
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Teil II: Innerartliche Belastungskompatibilitäten
equitable interests wegen der eingeschränkten Kontinuitätsschutzstandards nicht überschätzt werden; auch tracing in equity garantiert nicht ausnahmslos eine Wertsicherung zugunsten der beneficiaries.486 Selbst wenn im Kontext des Zweiterwerbs von equitable interests – zusätzlich zur Regel aus Dearle v. Hall – Redlichkeitsschutz nach Maßgabe der sog. bona fide purchaser defence gewährt werden würde, wäre dem Rechtsverkehr allein dadurch nicht entscheidend geholfen. Scheidet ein gutgläubiger konstitutiver Erwerb eines trust-basierten equitable interest vom scheinbar berechtigten settlor schlechterdings aus,487 ist das Vertrauen auf die Existenz eines unsichtbaren Rechts auch im Rahmen des Zweiterwerbs nicht schutzwürdig. Vor diesem Hintergrund ist es unter Wertungsgesichtspunkten nicht zu beanstanden, dass ausschließlich Vertrauensschutz hinsichtlich der Rechtsinhaberschaft nach Maßgabe von Dearle v. Hall gewährt wird. Aus diese Grund ist es auch nicht geboten, entgegen der Judikatur des House of Lords488 die umstrittene Regel aus Dearle v. Hall 489 auf das Verhältnis zwischen aus sub-trusts resultierenden begrenzten Rechten und Rechten von Sicherungsnehmern – mortgagees und chargees – zu erstrecken. Wie angerissen, hat die Rechtsprechung dem designierten sub-beneficiary niemals eine Anzeigeobliegenheit zur 486 Siehe
§ 4 II. 1. b). So vermag grundsätzlich nur der „eigennützig“ Berechtigte an seinem legal oder equitable interest einen trust zu konstituieren; ein redlicher Erwerb der Rechtsstellung des (sub-)beneficiary ist im Rahmen der Errichtung eines trust schlechthin ausgeschlossen. Dass der Grundsatz „nemo dat quod non habet“ insoweit uneingeschränkt gilt, ist aus englischer Sicht offenbar derart selbstverständlich, dass man dies nicht einmal ausdrücklich zu erwähnt oder gar begründet. Diesbezüglich drängt sich der Rekurs auf die Maxime „equity will not assist a volunteer“ geradezu auf. Der beneficiary ist typischerweise, wenn auch keineswegs notwendig ein „volunteer“, d. h. ein unentgeltlicher Erwerber; abgesehen davon dient die bona fide purchaser defence teleologisch der Entlastung des legal title von trust-basierten Rechten und nicht etwa der Proliferation geheimer equitable interests „hinter dem Vorhang“ des trust. Maßgeblich ist aber auch nicht allein die Rechtszuständigkeit: Zur Bestellung eines trust ist der Rechtsträger nur dann berechtigt, wenn er das Recht „eigennützig“ hält, weshalb ein neuer trust an einer Sache, die bereits als trust property fungiert, nicht von den trustees errichtet werden kann. Ein trust an einer bereits fremdnützig gehaltenen Sache kann nur vom beneficiary selbst bestellt werden, indem dieser die trustees anweist, die Sache künftig für einen neuen Begünstigten zu halten (vgl. Tierney v. Wood (1854) 19 Beav. 330; Lewin (-Tucker/Le Poidevin/Brightwell), Trusts19, Rn. 3-004; McGhee (-Fox), Snell’s Equity33, Rn. 22-037). In der Praxis wird oftmals das designierte trust property auf die trustees übertragen und die nähere Bestimmung der beneficiaries und der Verwaltungsbefugnisse der trustees einstweilen vorbehalten; zunächst wird dann der settlor selbst aus einem automatisch entstehenden „nackten“ resulting trust berechtigt; mit der verbindlichen Weisung, das trust property für eine bestimmte Person zu halten, entsteht ein express trust (Lewin (-Tucker/Le Poidevin/Brightwell), Trusts19, Rn. 3-004 in Fn. 11). Weiterer Vollzugsmomente bedarf es nicht; freilich bedarf die Weisung, soweit ein equitable interest Gegenstand des trust ist, der Schriftform gem. sec. 53(1)(c) LPA 1925. Selbst soweit den trustees Ermessen hinsichtlich der Auswahl der zu begünstigenden Personen und der Verteilung des trust property eingeräumt wird, befähigt sie dies nicht dazu, ein vollständig neues settlement an dem Treugut zugunsten anderer Personen als der vom settlor bestimmten beneficiaries oder objects zu errichten; anderes gilt nur dann, wenn den trustees ausdrücklich eine zur Errichtung eines neuen settlement bestimmte power of appointment übertragen ist (Lewin (-Tucker/Le Poidevin/Brightwell), Trusts19, Rn. 3-055). 488 Ward v. Duncombe [1893] A. C. 369. 489 Dearle v. Hall (1828) 1 Russ. 1; 38 E. R. 475. 487
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Sicherung seiner aus einem sub-trust entstehenden Rechtsposition auferlegt, weshalb es – in Ermangelung sonstiger Vollzugserfordernisse für die Bestellung eines trust (arg. e sec. 53(1)(b) LPA 1925) – beim Prinzip des Vorrangs des älteren Rechts bewendet.490 Wird z. B. ein trust an einer mittels mortgage gesicherten Forderung 490 Nachdrücklich gegen eine Anzeigeobliegenheit des beneficiary eines trust an einem (aus einem trust resultierenden) equitable interest Hill v. Peters [1918] 2 Ch. 273. Wenngleich in der Entscheidungsbegründung nicht von einem sub-trust die Rede ist, geht es in der Sache um den Bestandsschutz eines sub-trust in Bezug auf nachfolgende Verfügungen über den belasteten equitable interest seitens der sub-trustees: Nach dieser Entscheidung ist der beneficiary eines subtrust aufgrund der konsequenten Geltung des Prioritätsprinzips deutlich besser geschützt als der Zweiterwerber eines equitable interest. In dem zugrundeliegenden Fall hatten sich zwei Anwälte zur Sicherung einer Forderung von 4.000 £ von ihrem Schuldner (Gotto) ein aus einem kraft letztwilliger Verfügung errichteten trust resultierendes Anwartschaftsrecht i. H. v. 1/5 des personal estate des Vaters von Herrn Gotto unter einer mortgage abtreten lassen; die Sicherungsabtretung wurde den trustees angezeigt. Die Anwälte errichteten sodann zunächst einen trust an der durch die mortgage gesicherten Forderung zugunsten des Ehepaars Peters, dem die Anwälte aus einem Mandatsverhältnis einen Betrag von 4.800 £ schuldeten. Zur Sicherung eines von der Mandantin Gwyn gewährten Darlehens von 4.000 £ übertrugen sie sodann ihre mortgage an dem zur Sicherheit übertragenen 1/5-Bruchteil aus dem testamentarischen trust; die zuvor erfolgte Bestellung des trust zugunsten der Eheleute Peters legten die Anwälte nicht offen. Bis zum Tod einer der beiden Anwälte hatten die Anwälte nur teilweise die Ansprüche der Eheleute Peters und der Frau Gwyn erfüllt. Als den Klägern – die executors der verstorbenen Frau Gwyn – schließlich von einem Bevollmächtigten der Anwälte die Urkunde über die Sicherungsübertragung des Anwartschaftsrechts aus dem testamentarisch verfügten trust ausgehändigt wurde, informierte sie den trustee über die Sicherungsübertragung des den Anwälten (bereits zur Sicherheit) abgetretenen Anwartschaftsrechts; erst danach erfuhren die Kläger erstmals von der zuvor erfolgten Errichtung des trust an der mortgage zugunsten der inzwischen verstorbenen Rechtsvorgänger der Beklagten. Die Kläger begehrten Festellung, dass ihre zur Sicherung der Darlehensforderung eingeräumte (sub-)mortgage an der mortgage der Anwälte sich gegenüber den Rechten der Beklagten, den executors der Eheleute Peters, aus dem trust an der mortgage durchsetze; die Beklagten begehrten widerklagend Feststellung des Vorrangs der trust an der mortgage. Die Kläger argumentierten, dass die Eheleute zurechenbar den Anschein hervorgerufen hätten, dass die Anwälte uneingeschränkte Inhaber des zur Sicherheit übertragenen Anteils von 1/5 aus dem testamentarisch verfügten trust seien, weil sie diesen weiterhin den Besitz an der Urkunde über die mortgage überlassen, die Belastung der mortgage mit dem trust aber nicht auf der Urkunde vermerkt und zudem auch nicht die Errichtung des trust an der mortgage dem trustee des testamentarisch verfügten trust über das Anwartschaftsrecht von Herrn Gotto angezeigt hätten. Deshalb müssten sie, die Kläger, aufgrund ihrer Gutgläubigkeit Vorrang vor den Beklagten haben. Eve J. wies die Klage ab und gab der Widerklage statt. Dem zunächst zugunsten der Beklagten errichteten trust an der mortgage komme nach Maßgabe des Prioritätsprinzips Vorrang zu; eine Ausnahme vom Prioritätsprinzip sei nach den Fallumständen nicht gerechtfertigt. Der beneficiary dürfe sich grundsätzlich darauf verlassen, dass sich sein trustee pflichtgemäß verhalte; die Urkunde über die mortgage müsse er sich daher nicht aushändigen lassen, um pflichtwidrige weitere Verfügungen des trustee auszuschließen; darüber hinaus sei es auch nicht geboten, die Errichtung des trust auf der Urkunde über die mortgage zu vermerken. Schließlich bestehe auch keine Anzeigeobliegenheit gegenüber den trustees des testamentarischen trust (oder gegenüber Gotto als Schuldner und mortgagor): Schließlich sei den Beklagten die mortgage nicht abgetreten worden, vielmehr sei die Einigung zwischen den Anwälten und den Eheleuten Peters als Bestellung eines trust an der mortgage auszulegen; der Begünstigte eines trust an der equitable mortgage müsse aber nicht dem Schuldner resp. dem trustee des zur Sicherheit übertragenen equitable interest die erfolgte Errichtung des trust an der mortgage anzeigen, um sich den Vorrang gegenüber konkurrierenden Verfügungen über die mortgage zu verschaffen; eine Erstreckung der Regel aus Dearle v. Hall auf
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errichtet, kann der Schuldner – auch wenn er von der Errichtung des trust benachrichtigt wird – mit befreiender Wirkung an den Gläubiger und trustee leisten; dem beneficiary steht ohnehin keine Einziehungsermächtigung zu, er muss sich an den trustee halten.491 Nichts anderes kann für sub-trusts gelten. Dass der sub-beneficiary angesichts der nicht durch Dearle v. Hall relativierten Geltung des Prioritätsprinzips besser gegen nachfolgende Verfügungen des sub-trust-belasteten equitable interest geschützt ist als der Zweiterwerber eines trust-basierten equitable interest, ist nicht wertungswidersprüchlich. Wenngleich die Rechtsfigur des equitable assignment oftmals nicht randscharf von der Errichtung eines trust an einem equitable interest unterschieden wird,492 unterliegt die Errichtung eines trust an einem equitable interest nicht dem für die Übertragung eines bestehenden equitable interest normierten Schriftformerfordernis (sec. 53(1)(c) LPA 1925).493 Letzteres soll garantieren, dass der trustee jederzeit verlässlich festzustellen vermag, wer durch den trust begünstigt wird und ggf. berechtigt ist, dem trustee verbindliche Weisungen zu erteilen.494 diese Konstellation verbiete sich (Hill v. Peters [1918] 2 Ch. 273, 279–280 (Eve J.; „[…] the declaration of trust was not an assignment or transfer, but the creation of the relationship of trustee and cestui que trust as between Edwards & Heron and Mr. and Mrs. Peters. I see nothing in the deed, or in any of the documents produced, to warrant me in treating the transaction as one of any other character, or having any other effect. The proposition that the beneficiaries’ title under the declaration required perfecting by notice is a very startling one, for which no authority has been cited, and which […] leads to this result – that whenever the trustees hold a chose in action of this nature as part of the trust estate each of the beneficiaries must give notice of his beneficial interest therein, or run the risk of being deprived thereof by some fraudulent transaction between his trustee and an assignee who does give notice. I cannot see any reason whatever for so extending the doctrine of Dearle v. Hall. I respectfully indorse the observations of Lord Macnaghten in Ward v. Duncombe as to the undesirability of doing anything to extend that doctrine to cases which are not already covered by it. The principle on which the rule in Dearle v. Hall is founded, which regards the giving of notice by the assignee as the nearest approach to the taking of possession, has no application, in my opinion, to the beneficiary who has no right to possession himself, and who can only assert his claim to receive through his trustee. I confess I could have followed a suggestion that Mr. and Mrs. Peters ought possibly to have given notice to Sydney Gotto, the mortgagor; but this naturally has not been advanced, as the plaintiffs themselves have not given any such notice, and, even had they done so, it would not, in my opinion, have availed to give priority to their subsequent security.“). 491 Vgl. Hill v. Peters [1918] 2 Ch. 273, 279 (Eve J.); Bridge/Gullifer/McNeel/ Worthington, The Law of Personal Property, Rn. 36-018. 492 Teilweise werden das equitable assignment und der trust an einem equitable interest sogar miteinander gleichgesetzt (siehe etwa Edelman/Elliott (2015) 131 L. Q. R. 228–250). Indes leuchtet nicht ein, weshalb jedes assignment eines equitable interest in einen trust umgedeutet werden sollte; den Parteien sollte vielmehr Wahlfreiheit zwischen einer echten translativen Sukzession und der Errichtung eines trust an einem equitable interest eröffnet werden. Dies ist auch der Standpunkt der Rechtsprechung. Sowohl die rechtsgeschäftliche Übertragung als auch die Errichtung eines trust sind zulässige Varianten einer „disposition“ über einen equitable interest (grundlegend Timpson’s Executors v. Yerbury [1936] 1 K. B. 645, 664 (Romer L. J.). Scheitert die beabsichtigte rechtsgeschäftliche Übertragung, ist diese nicht kraft Gesetzes einfach in die Errichtung eines trust des equitable interest umzudeuten, siehe Milroyd v. Lord (1862) 4 De G. F. & J. 264; 45 E. R. 1185. 493 Siehe § 4 III. 3. a) cc). 494 Nachweise in Fn. 373.
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Auf die Frage, ob dieser Schutzzweck durch das Schriftformerfordernis in effektiver Weise erfüllt wird, kommt es hier nicht an. Entscheidend ist, dass kein Schutzbedürfnis des principal trustee (A) besteht, wenn mit der neueren Ansicht davon ausgegangen wird, dass A nur gegenüber B treuhänderischen Pflichten ohne Rücksicht auf die Errichtung eines sub-trust zugunsten des C unterliegt.495 Überdies ist die dem trustee in Dearle v. Hall zugeschriebene „Registerfunktion“496 eine bloße Chimäre, vermag doch ein principal trustee ungeachtet der Frage, ob sec. 53(1)(c) LPA 1925 auf die Errichtung von sub-trusts anzuwenden ist,497 keine verlässliche Auskunft darüber zu geben, ob das dem beneficiary zugeordnete Recht mit einem sub-trust (oder anderen begrenzten Rechten) behaftet ist. Für die Wirksamkeit der Verfügungen des beneficiary ist eine Benachrichtigung des (principal) trustee völlig belanglos.498 Folglich kann eine Auskunft des von der Bestellung eines sub-trust oder einer Sicherungsübertragung bzw. Verpfändung des equitable interest unterrichteten (principal) trustee jedenfalls kein schutzwürdiges Vertrauen auf die Lastenfreiheit des equitable interest, sondern bestenfalls auf die Rechtsinhaberschaft des beneficiary begründen. Abgesehen davon fehlt es an einem den gutgläubig-lastenfreien Erwerb tragenden Rechtsscheinstatbestand hinsichtlich der Rechtsinhaberschaft und/oder Verfügungsbefugnis über einen equitable interest: Diesbezüglich unterscheiden sich equitable interests elementar von legal rights, ist doch die Übertragung und Belastung at law zwar nicht ausnahmslos, aber regelmäßig an ein publizitätsstiftendes Vollzugsmoment geknüpft.499 Wenn weder die 495
Nachweise in Fn. 323 und Fn. 324. Kritisch hierzu Ward v. Duncombe [1893] A. C. 369, 393–394 (Lord Herschell L. C.). 497 Siehe § 4 III. 3. a). 498 Nachweise in Fn. 152. 499 Mit Ausnahme des Schriftformerfordernisses für die rechtsgeschäftliche Übertragung von equitable interests gem. sec. 53(1)(c) LPA 1925 gibt es keine über die bloße Einigung der Vertragsparteien hinausgehenden Erfordernisse für die Belastung oder Übertragung von equitable interests, die aus trusts resultieren. Insbesondere ist – im Unterschied zu nicht trust-basierten equitable interests in land – eine Verlautbarung eines trust of land im register of title weder nötig noch möglich (vgl. sec. 33(a) LRA 2002); Verfügungen über den belasteten legal estate in land zeitigen in aller Regel ein overreaching (§ 4 II. 1. a)). Auch fehlt es bei realen Sachen und reinen Rechten an einem manifesten Anschein für die Belastung des betreffenden legal right mit einem trust; der beneficiary ist weder aus eigenem Recht zur possession einer realen Sache berechtigt noch muss die Belastung einer Forderung mit einem trust dem Schuldner angezeigt werden. Bei Effekten könnte allenfalls die Gutschrift auf dem Konto der (als sub-trustee agierenden) Geschäftsbank des Investors dessen Rechtsposition unter einem sub-trust indizieren; ob diese Buchung allerdings als rein internes Verhältnis (zumal mit Blick auf das Bankgeheimnis) als Rechtsscheinstatbestand angesehen werden kann, ist fraglich. Anders liegt es bei legal interests: Die Übertragung und Belastung von legal estates in land bedarf unter den Voraussetzungen von sec. 27 LRA 2002 der Eintragung im register of title; dies gilt ohnedies für Verfügungen über registered estates, wohingegen diverse Verfügungen über unregistered estates nach sec. 4 LRA 2002 einen Eintragungszwang auslösen. Die Übertragung und Belastung des Eigentums (mit einer pledge) an realen Sachen (goods oder chattels personal) bedarf grundsätzlich der delivery oder der Einigung in Form einer deed; eine formlose mündliche Einigung kommt allein beim Kauf beweglicher Sachen in Betracht (secs. 17, 18 r. 1 SGA 1979). Für die Forderungsübertragung at law bedarf es der Schuldnerbenachrichtigung (sec. 136 LPA 1925). 496
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Anzeige an den trustee noch ein sonstiges Verhalten des Erwerbers den Anschein eines wirksamen Erwerbs eines (Rechts an einem) equitable interest begründet, ist es nur konsequent, dass sich die Rechtsprechung gegen eine Erstreckung der Gutglaubensregel aus Dearle v. Hall positioniert hat.500 Ungeachtet des aufgezeigten Sukzessionsschutzes ist der beneficiary eines subtrust nicht gegen einen (gutgläubig-)lastenfreien Erwerb des legal title geschützt. Wer gutgläubig-entgeltlich einen mit mehrfach gestuften trusts belasteten legal interest erwirbt, verdrängt dadurch sämtliche beneficiaries der aufeinander aufbauenden trusts.501 Deshalb darf aus dem spezifisch sub-trust-rechtlichen Kontinuitätsschutz auch nicht gefolgert werden, dass dies die Relevanz der invasiven obligatorischen und dinglichen Rechtsbehelfe gegen Einwirkungen auf den sub-trust gegen trustfremden Personen oder gar die aus breach of trust resultierenden Ansprüche auf Schadensersatz gegen den sub-trustee nach Maßgabe der equitable compensation sowie Surrogatherausgabeansprüche (account of profits) mindere. Im Gegenteil: Der Ausschluss des Redlichkeitsschutzes ermöglicht es prinzipiell, sub-trusts an pflichtwidrig übertragenen beneficial interests uneingeschränkt gegenüber sämtlichen Erwerbern geltend zu machen. Andererseits ist der beneficiary eines sub-trust nicht weniger schutzbedürftig, soweit es um pflichtwidrige Verfügungen über den durch den principal trust belasteten legal title geht. Die Surrogationsmechanismen dienen der Fortwirkung sämtlicher equitable interests einschließlich solcher, die durch Belastung derselben im Verfügungszeitpunkt bereits bestehen, wenn insoweit ein fiduziarisches Rechtsverhältnis besteht. Abgesehen davon ist denkbar, dass der subtrustee über die aus dem principal trust gezogenen Nutzungen – unter der Prämisse, dass er an diesen einen legal title erlangt – pflichtwidrig lastenfrei verfügt und insoweit die Ansprüche des aus dem sub-trust berechtigten beneficiary vereitelt. Zudem können – nicht anders als bei einem trust über legal interests – Interessenkonflikte entstehen, die den sub-trustee veranlassen, die kraft seines Amtes erlangten Informationen, Investitionsmöglichkeiten oder Geschäftschancen für eigene Rechnung auszunutzen502 oder sich zum potentiellen Nachteil seines beneficiary bestechen zu 500
Nachweise in Fn. 455. Auf der Hand liegt, dass der lastenfreie Erwerb zur Bedeutungslosigkeit degradiert wäre, wenn sich subsidiary equitable interests „isoliert“ oder unter fingierter Fortwirkung ihres Bezugspunktes am legal interest fortsetzten; dies stünde in diametralem Widerspruch zu elementaren Grundsätzen des englischen Sachenrechts, das die gegenläufigen Interessen an der unbegrenzten Verkehrsfähigkeit von legal rights und der Erhaltung von equitable interests durch zwei korrelative Rechtsinstitute – die bona fide purchaser defence und das tracing in equity – auszubalancieren sucht. Das Bestandsschutzinteresse des sub-beneficiary ist weder höher noch geringer zu gewichten als das des Inhabers jedes anderen nach Equity erschaffenen Rechts; der sub-beneficiary wird gleichfalls durch die allgemeinen Surrogationsmechanismen geschützt, weil sich sein abgeleitetes Recht an dem auf einen Ersatzgegenstand übergeleiteten belasteten equitable interest identitätswahrend fortsetzt. Mittels des Prinzips des gutgläubig-lastenfreien Erwerbs der betreffenden legal proprietary interests ist die Verkehrsfähigkeit subjektiver Sachenrechte im übergreifenden Interesse der Wohlfahrtsförderung durch freien Güteraustausch gewährleistet; nichts anderes gilt im Liegenschaftsrecht durch das Institut des overreaching von nicht eintragungsfähigen Rechten aus (sub-)trusts an legal estates in land. 502 Siehe Boardman v. Phipps [1967] 2 AC 46; [1966] 3 W. L.R. 1009; Re Bhullar Bros Ltd. 501
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lassen.503 Erlangt der sub-trustee im Zusammenhang mit seinem Amt durch pflichtwidriges Verhalten Vermögensvorteile, steht es dem beneficiary eines sub-trust frei, diese so zu behandeln, als ob sie bei ordnungsmäßiger Amtsführung erzielt worden wären. Auch ein sub-trustee unterliegt zwecks effektiver Spezialprävention der strikten Gewinnhaftung wegen breach of trust.504 c) Wechselwirkungen zwischen principal trust und sub-trust Im Grundsatz sind die fiduziarischen Rechtsverhältnisse klar zu unterscheiden. Der sub-beneficiary ist prinzipiell selbst unter einem bare sub-trust nur im Verhältnis zum sub-trustee an dessen equitable interest berechtigt; aus eigenem Recht stehen dem sub-beneficiary grundsätzlich keine Rechtsbehelfe im Verhältnis zum principal trustee wegen Verletzung des (fiduziarischen) Pflichtenprogramms aus dem principal trust zu.505 Die Lehre vom „dropping out of the bare sub-trustee“ ist mit dem geltenden Recht unvereinbar.506 Andererseits sind dem geltenden Recht singuläre Durchbrechungen des Relativitätspostulats resp. des „no-look-throughprinciple“, wie Head v. Lord Teynham lehrt,507 nicht fremd. Nähere Beobachtung macht diverse Wechselwirkungen zwischen mehrstufig strukturierten trusts sichtbar, die im Folgenden auszuloten sind. Auch einem sub-trusts ist, nicht anders als sonstigen mehrstufigen Belastungen, eine parasitäre Tendenz immanent, was sich nicht zuletzt darin zeigt, dass richtigerweise der beneficiary eines sub-trust an einem unter einem trust of land entstehenden ideellen Anteil an land u. U. zum Gebrauch des „physischen“ land berechtigt ist,508 was notwendigerweise eigennützige Gebrauchsbefugnisse des aus dem trust of land unmittelbar begünstigten beneficiary exkludiert oder limitiert. aa) Rechtsbefehle des sub-beneficiary gegen den principal trustee? Aus der neueren Rechtsprechung lässt sich folgern, dass die Konstitution eines subtrust konstitutive Wirkungen zeitigt, mithin ein selbstständiges Rechtsverhältnis zwischen dem sub-trustee (B) und dem sub-beneficiary (C) begründet, aus dem dieser grundsätzlich nicht berechtigt wird, sich unmittelbar an den am sub-trust unbe[2003] EWCA Civ 424; siehe zudem die Entscheidung des HCA in Warman International Ltd v. Dwyer [1995] HCA 18; (1995) 182 CLR 544. 503 Siehe Attorney-General for Hong Kong v. Reid [1993] UKPC 36; [1994] 1 A. C. 324; FHR European Ventures LLP v. Cedar Capital Partners LLC [2015] A. C. 250; [2014] UKSC 45. 504 Zur Gewinnhaftung wegen breach of trust siehe Fn. 17. 505 Wie angerissen, ist dies vor allem im Kontext der intermediären Wertpapiersammelverwahrung von besonderer Bedeutung; unmittelbare Rechte stehen den Investoren im Verhältnis zu Verwahrern vorgelagerter Stufe einschließlich des Zentralverwahrers nach allgemeiner Ansicht nicht zu (siehe hierzu § 4 III. 3. c) dd)). 506 Näher § 4 III. 2. 507 Head v. Lord Teynham (1783) 1 Cox 57; 29 E. R. 1060. Auf die in dieser Entscheidung etablierte autonome Klagebefugnis des sub-beneficiary im Verhältnis zum principal trustee – ohne prozessuale Beteiligung des sub-trustee – sei an dieser Stelle Bezug genommen (§ 4 III. 2. a)). 508 Siehe § 4 III. 3. c) bb).
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teiligten principal trustee (A) bzw. einen trustee eines anderen intermediären fiduziarischen Rechtsverhältnisses zu halten.509 Dies hatte der Privy Council bereits in Hayim v. Citibank N. A. für die Konstellation bestätigt, in der es sich sowohl bei dem principal trust als auch bei dem sub-trust um sog. special trusts mit besonderen Befugnissen und Pflichten der jeweiligen trustees handelt.510 Die erbrechtlich „eingekleidete“ Fallgestaltung kreist um allgemeine Fragen der Haftung von trustees gegenüber den unter verschiedenen trusts eingesetzten beneficiaries, deren Lösung der P. C. unter Rekurs auf das (internationalprivatrechtlich hier nicht maßgebliche) englische Recht entwickelte. In dem zugrundeliegenden Fall hatte der Erblasser (und settlor) zwei trusts kraft letztwilliger Verfügung errichtet, einen für seinen in den USA belegenen Nachlass („American will“), einen für den außerhalb der USA belegenen Nachlass („Hong Kong will“). Unter dem American will setzte er die Beklagte zu 1) (Citibank N. A.) zugleich als executor und trustee seines US-amerikanischen Nachlasses mit der Maßgabe ein, jeweils die Hälfte dieses Nachlasses unter separaten trusts zugunsten der Kläger, seiner Söhne, auf Lebenszeit sowie anschließend zugunsten einer US-amerikanischen charity zu halten. Dieses Testament enthielt eine Bestimmung („clause 10“), die die Beklagte zu 1) von sämtlichen Pflichten als trustee gegenüber den beneficiaries in Bezug auf ein in Hong Kong gelegenes Wohnhaus unter der Bedingung freistellte, dass der Erblasser von einem seiner Geschwister überlebt wird. Unter dieser Bedingung war die Beklagte zu 1) nicht zur Veräußerung oder Vermietung des Wohnhauses verpflichtet. Zu dieser Zeit bewohnte der verwitwete Erblasser gemeinsam mit seinen beiden Geschwistern die fragliche Wohnung in Hong Kong. In dem später errichteten zweiten Testament setzte der Erblasser die Beklagte zu 2) (Hong Kong Bank Trustee Ltd.) als executor seines außerhalb der USA belegenen Nachlasses ein und übertrug dieser zugleich den Nachlassteil unter einem trust for sale zugunsten der Beklagten zu 1) als beneficiary, die wiederum den Verkaufserlös als trustee des durch den American will errichteten trust halten sollte. Als der Erblasser verstarb, blieben seine Geschwister in der Wohnung. Der Aufforderung der Kläger, die Wohnung angesichts der inzwischen stark gestiegenen Grundstückspreise umgehend zu verkaufen, kam die Beklagte zu 2) nicht nach. Sie hielt sich an die Weisung der Beklagten zu 1). Diese hatte jener aufgegeben, von einem Verkauf der Wohnung im Interesse der Geschwister des Erblassers abzusehen. Als die Wohnung Jahre später nach dem Tod der Geschwister verkauft wurde, war der Grundstückswert 509 Klarstellend sei erwähnt, dass die sub-trustees aus eigenem Recht Rechtsbehelfe wegen breach of trust gegenüber den principal trustees geltend machen können (und typischerweise hierzu auch im Innenverhältnis zu den sub-beneficiaries verpflichtet sind. Nach allgemeinen Grundsätzen können auch die sub-beneficiaries ggf. kraft Prozessstandschaft Rechtsbehelfe wegen breach of trust gegen die principal trustees geltend machen. Dies ist jedenfalls dann möglich, wenn die sub-trustees es pflichtwidrig unterlassen, ihre Rechtsbehelfe gerichtlich durchzusetzen, mithin eine hypothetische Klage der sub-beneficiaries gegen die sub-trustees auf Durchsetzung ihrer Ansprüche gegen die principal trustees zulässig und begründet wäre; im Übrigen fehlt den subbeneficiaries so wie alle anderen Personen, denen die principal trustees nicht fiduziarisch verpflichtet sind (z. B. ein settlor, ein protector oder ein bloßer donee of a personal power), die Klagebefugnis und Sachlegitimation (locus standi), um Ansprüche wegen breach of trust zu erheben (vgl. Lewin (-Tucker/Le Poidevin/Brightwell), Trusts19, Rn. 39-077, 43-006–43-009). Dem steht nicht entgegen, dass der testamentarisch bedachte legatee eines beneficiary unmittelbar Ansprüche gegen den trustee wegen breach of trust erheben kann, wenn dieser zugleich als executor des beneficiary agiert (vgl. Sandford v. Jodrell (1854) 2 Sm. & G. 176; 65 E. R. 354; Lewin (-Tucker/Le Poidevin/Brightwell), Trusts19, Rn. 39-078). 510 Hayim v. Citibank N. A. [1987] A. C. 730 (P. C.).
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erheblich gesunken. Die Kläger verklagten u. a. die Beklagte zu 2) wegen breach of trust auf Schadensersatz mit der Begründung, dass diese pflichtwidrig einen günstigen Verkaufszeitpunkt verabsäumt und sich nicht an die Weisung der Kläger gehalten habe. Die Klage wurde vom Court of Appeal of Hong Kong abgewiesen; die beim P. C. erhobene Revision, mit der ausschließlich die Abweisung der Schadensersatzklage gegen die Beklagte zu 2) angegriffen wurde, blieb erfolglos.511 Eine Haftung der Beklagten zu 2) aus breach of trust schied nach Ansicht des P. C. aus; die Beklagte zu 2) habe die Weisung der Beklagten zu 1) zu Recht befolgt.512 Zur Begründung stellte Lord Templeman klar, dass die Beklagte zu 2) die zum außerhalb der USA belegenen Nachlass zählende Wohnung ausschließlich für die Beklagte zu 1) unter dem trust for sale gehalten habe, während nur diese gegenüber den Klägern (auch hinsichtlich eines etwaigen Verkaufserlöses aus dem Verkauf der Wohnung) unter dem durch den American will errichteten trust treuhänderischen Pflichten unterliege.513 Gleichwohl meinte Lord Templeman, dass die Beklagte zu 2) die Weisung der Beklagten zu 1) nicht hätte befolgen dürfen, falls diese dadurch ihre treuhänderischen Pflichten gegenüber den Klägern missachtet hätte.514 Die Weisung der Beklagten zu 1) sei aber nicht zu beanstanden. Aufgrund von clause 10 des American will sei die Beklagte zu 1) – solange die Geschwister des Erblassers noch lebten und die Wohnung nicht bereits verkauft worden sei – nicht verpflichtet gewesen, bei ihrer Weisung gegenüber der Beklagten zu 2) die Interessen der beneficiaries des durch den American will errichteten trust zu berücksichtigen.515 Mit der Weisung, von einem Verkauf entgegen dem ausdrücklichen Wunsch der Kläger abzusehen, habe die Beklagte zu 1) mithin nicht ihre treuhänderischen Pflichten gegenüber den Klägern verletzt.516 Überhaupt könnten nicht fiduziarisch verpflichtete Personen wegen breach of trust seitens des beneficiary nur unter besonderen Voraussetzungen in Anspruch genommen werden, namentlich bei Schutzpflichtverletzungen des trustee. Diese lägen hier, da die Beklagte zu 1) ihre Pflichten aus dem American will nicht verletzt habe, nicht vor.517 511 Lord Templeman unterstellte (mangels anderer Anhaltspunkte), dass das für die in Hong Kong belegene Wohnung maßgebliche Recht von Hong Kong dem englischen Trustrecht entspreche; die Entscheidungsbegründung wurde demgemäß anhand des englischen Trustrechts entwickelt, vgl. Hayim v. Citibank N. A. [1987] A. C. 730 (P. C.), 742F-G. 512 Hayim v. Citibank N. A. [1987] A. C. 730 (P. C.), 746B-C (Lord Templeman). 513 Zusammenfassend Hayim v. Citibank N. A. [1987] A. C. 730 (P. C.), 742H-743B, 747A-C (Lord Templeman: „[…] the second defendant held the residue of the testator’s property in Hong Kong and elsewhere outside the United States of America and the proceeds of sale upon trust for the first defendant. The power of the second defendant to postpone the sale was also held in trust for the first defendant and could only be exercised by the second defendant in accordance with the lawful directions of the first defendant. […] The trusteeship of the American will cannot be duplicated. The only trustee of the American will was the first defendant. The second defendant owed a duty to the first defendant and not a duty to the beneficiaries under the American will.“). 514 Hayim v. Citibank N. A. [1987] A. C. 730 (P. C.), 743E-H (Lord Templeman). Andererseits sei die Beklagte zu 2) aus dem trust for sale – ungeachtet ihres weiten Ermessens – verpflichtet, rechtmäßige Weisungen der begünstigten Beklagten zu 2) hinsichtlich des Verkaufs der Wohnung zu beachten. Weil die Weisung rechtmäßig gewesen sei, habe die Beklagte zu 2) nicht ihre Pflichten aus dem trust for sale verletzt. Unschädlich sei, dass die Beklagte zu 2) nicht durch clause 10 des American will von einer Haftung gegenüber den Klägern freigestellt worden sei; denn die Beklagte zu 2) sei gerade nicht trustee des American will. 515 Ausführlich unter Berücksichtigung des Testierwillens und der trustrechtlichen Gestaltungsmöglichen des Erblassers Hayim v. Citibank N. A. [1987] A. C. 730 (P. C.), 744E-745E (Lord Templeman). 516 Hayim v. Citibank N. A. [1987] A. C. 730 (P. C.), 746A-G (Lord Templeman). 517 Hayim v. Citibank N. A. [1987] A. C. 730 (P. C.), 747C-D, 748F-H (Lord Templeman: „[…]
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Die Entscheidung verdeutlicht, dass die Rechtsverhältnisse zwischen principal trustee, sub-trustee und sub-beneficiary scharf zu unterscheiden sind; der principal trustee ist dem sub-beneficiary jedenfalls im Ausgangspunkt nicht zur Achtung des dem sub-trustee auferlegten fiduziarischen Pflichtenprogramms verpflichtet. Soweit der sub-trustee schon nicht wegen Treubruchs haftet, weil und soweit er nach dem Inhalt des den sub-trust begründenden Rechtsgeschäfts von der Haftung befreit ist, unterliegt der principal trustee erst recht keiner Haftung; durch den sub-trust, wird, wie Lord Templeman treffend ausführt, das trustrechtliche Pflichtenprogramm nicht „dupliziert“,518 d. h. der principal trustee rückt nicht eo ipso in den Pflichtenkreis des sub-trustee ein. Anders liegt es, wenn der principal trustee eine Weisung des sub-trustee befolgt, mit der dieser gegen seine treuhänderische Pflichtenbindung verstößt. Dabei wird freilich nicht erläutert, auf welcher Rechtsgrundlage der sub-beneficiary den principal trustee in Anspruch nehmen kann. In Ermangelung eines fiduziarischen oder eines sonstigen (vertraglichen) Schuldverhältnisses sind in Equity drei Anknüpfungspunkte für die unterstellte Haftung des principal trustee gegenüber dem beneficiary des sub-trust denkbar: Erstens ist eine Haftung als constructive trustee fraglos dann gegeben, wenn der Außenstehende, hier der trustee des principal trust, das trust property (resp. ein Surrogat) in Kenntnis des breach of trust des sub-trustee erlangt.519 Dieser Ansatz hilft freilich a beneficiary has no cause of action against a third party save in special circumstances which embrace a failure, excusable or inexcusable, by the trustees in the performance of the duty owned by the trustees to the beneficiary to protect the trust estate or to protect the interests of the beneficiary in the trust estate. By the Hong Kong will the testator conferred on the first defendant the power to give instructions binding on the second defendant to sell or to retain the Hong Kong house. By clause 10 of the American will the testator relieved the first defendant from any responsibility to the beneficiaries interested in the American estate in respect of the Hong Kong house. As a result of clause 10 the first defendant did not therefore owe any duty to the beneficiaries. The first defendant lawfully instructed the second defendant to postpone sale and the second H defendant lawfully complied with those instructions.“). Allerdings wies Lord Templeman auch darauf hin, dass anders zu entscheiden gewesen wäre, wenn es an der haftungsbeschränkenden Bestimmung in dem American will gefehlt hätte: In diesem Fall wäre die von der Beklagten zu 1) erteilte und befolgte Weisung im Verhältnis zu den beneficiaries des American will pflichtwidrig gewesen; die Beklagte zu 2) hätte den Klägern dann Schadensersatz leisten müssen (Hayim v. Citibank N. A. [1987] A. C. 730 (P. C.), 743E-H (Lord Templeman: „In the absence of clause 10, the decision of the first defendant to direct postponement of the sale of the Hong Kong house […] contrary to the interests of the beneficiaries interested under the American will would have been a breach of the duty owed by the first defendant as trustee of the American will to the beneficiaries under the American will and would have been unlawful. […] In the absence of clause 10, the second defendant would have known or should have known that the instructions by the first defendant to postpone sale of the house were unlawful. The second defendant would have been liable to the beneficiaries under the American will for unlawfully complying with the unlawful decision of the first defendant.“). 518 Hayim v. Citibank N. A. [1987] A. C. 730 (P. C.), 747B-C (Lord Templeman). 519 Vgl. Westdeutsche Landesbank Girozentrale v. Islington London Borough Council [1996] AC 669, 704–706, 714–715 (Lord Browne-Wilkinson). Sofern man die Haftung als constructive trustee als Korrelat eines genuinen dinglichen Rechtsbehelfs (auf Übertragung und/oder Herausgabe des erlangten trust property) klassifiziert, kann es freilich auf das subjektive Vorsatzerfor-
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in einer Fallgestaltung, in der der trustee des principal trust selbst aus einem schadensverursachenden breach of trust seitens des sub-trustee nichts erlangt, was dem beneficiary des sub-trust gebührt, nicht weiter.520 Zweitens kommt bei unbefugter Anmaßung des Amtes des sub-trustee eine Haftung als sog. trustee de son tort in Betracht,521 die offenbar einen fiduziarischen Haftungsmaßstab unter einem constructive trust begründet.522 Allerdings erscheint fraglich, ob die bloße Befolgung einer seitens des sub-trustee erteilten Weisung, mit der dieser einen breach of trust im Verhältnis zum beneficiary des sub-trust begeht, als unbefugte Einmischung in das fiduziarische Verhältnis zwischen sub-trustee und beneficiary des sub-trust zu werten ist, zumal wenn der trustee des principal trust nicht vorsätzlich agiert. Möglich erscheint drittens jedoch ein Anspruch auf Schadensersatz in Geld wegen dishonest assistance an einem breach of trust.523 Auf einen Empfang von trust property kommt es insoweit ebenso wenig an wie auf eine Anmaßung des Amtes des subtrustee; erforderlich ist jedoch „dishonesty“.524 Letzteres dürfte dem Ansatz von Lord Templeman am Ehesten entsprechen.525 Was der P. C. für aufeinander aufbauende special trusts entschieden hat, gilt aber nach der vordringenden Ansicht in Rechtsprechung und Lehre gleichermaßen für an special oder simple trusts anknüpfende „nackte“ sub-trusts. Ansprüche wegen breach of trust auf Nutzungs- und/oder Schadensersatz setzen eine Verletzung des dem sub-trustee auferlegten Pflichtenprogramms voraus und können deshalb nur gegen den fiduziarisch gebundenen sub-trustee geltend gemacht werden. Wie die Entscheidung des High Court in Sheffield v. Sheffield526 belegt, liegt in der bloßen Auskehr der durch den principal trust erzielten Erträge an die beneficiaries/ sub-trustees keine Pflichtverletzung im Verhältnis zum beneficiary eines sub-trust: Führt der sub-trustee die Nutzungen pflichtwidrig nicht an den sub-beneficiary ab, bleibt dieser auf Ansprüche gegen jenen verwiesen, kann sich aber nicht an die principal trustees halten.527 Mit dieser Entscheidung hat der High Court die vom C. A. in Nelson vertretene Konzeption des sub-trust als echtes fiduziarisches Rechtsverhältnis (im Unterschied zur vollständigen Übertragung der Rechtsstellung des dernis nicht ankommen; letzteres ist allenfalls Anknüpfungspunkt für die Begründung fiduziarischer Pflichten; richtig m. E. Goff and Jones (-C. Mitchell/P. Mitchell/Watterson), The Law of Unjust Enrichment9, Rn. 38-09–38-13. 520 Dann scheidet natürlich nicht nur ein „dinglicher“ Rechtsbehelf, sondern auch ein Geldzahlungsanspruch gegen den trustee des principal trust wegen knowing receipt aus; siehe hierzu § 4 II. 2. b). 521 Vgl. Penner, The Law of Trusts10 , Rn. 6.22. 522 Nachweise in Fn. 105. 523 Siehe hierzu § 4 II. 2. b). 524 Näher zum subjektiven Haftungselement Royal Brunei Airlines v. Tan [1995] 2 AC 378, 389–391 (Lord Nicholls). 525 Vgl. Hayim v. Citibank N. A. [1987] A. C. 730 (P. C.), 743G-H (Lord Templeman), wonach zumindest fahrlässige Unkenntnis des principal trustee hinsichtlich der Pflichwidrigkeit der vom sub-trustee erteilten Weisung erforderlich sei. 526 Sheffield v. Sheffield [2013] EWHC 3927 (Ch). 527 Sheffield v. Sheffield [2013] EWHC 3927 (Ch) [29, 79, 86] (Judge Pelling Q. C.).
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beneficiary aus dem principal trust)528 fortgeführt und auf die Konstellation eines rechtsgeschäftlich errichteten principal trust erstreckt.529 Dem Rechtsstreit lag eine Stufenklage des beneficiary eines rechtsgeschäftlich errichteten trust an einem ideellen equitable interest in land auf Auskunft, Rechenschaft und Nutzungsbzw. Schadensersatz zugrunde. Mit der Klage nahm der Kläger sowohl die sub-trustees als auch alle principal trustee des vorgelagerten main trust (1.) auf Rechenschaft und Herausgabe eines Viertels der Erträge des main trust, (2.) auf Rechenschaft und Geldersatz wegen pflichtwidrig nicht gezogener Nutzungen i. H. eines Viertels der entgangenen Nutzungen und (3.) auf Herausgabe oder Geldersatz der von den trustees pflichtwidrig an Dritte abgeführten Erträge des main trust in Anspruch. Die Großeltern des Klägers, John Vincent Sheffield (JVS) und Anne Margaret Sheffield (AMS), hatten im Jahr 1968 einen trust über ihren gesamten Grundbesitz in Hampshire („Laverstoke estate“) errichtet („1968 settlement“), der sich aus mehreren landwirtschaftlichen Nutzungsflächen, Wohnimmobilien sowie Jagdrechten an dem eigenen und an fremden land zusammensetzte, und sich als begünstigte tenants in common zu ¼ (JVS) und zu ¾ (AMS) eingesetzt. Nachdem AMS ein Jahr später verstorben war, hielt JVS – zusätzlich zu seinem eigenen Anteil aus dem „1968 settlement“ – unter dem von AMS kraft letztwilliger Verfügung errichteten trust („AMS wills trust“) auf Lebenszeit den ¾-Anteil; als Schlusserbe war der Sohn Julian (J) eingesetzt worden. Während JVS bis 1974 als alleiniger trustee (und sodann bis zu seinem Tod 2008 mit J und weiteren Kindern gemeinschaftlich) das Vermögen des „1968 settlement“ verwaltete, waren er und J zugleich trustees des „AMS wills trust“. Ab 1971 lebte der inzwischen wiederverheiratete JVS bis zu seinem Tod auf einem der zum „1968 settlement“ gehörenden Grundstücke. Aus den landwirtschaftlichen Grundstücken des „1968 settlement“ zog JVS (aufgrund seiner kumulativen Berechtigung aus dem „1968 settlement“ und dem „AMS wills trust“) bis zu seinem Tod u. a. Pachtzinsen ein – der Grundbesitz wurde bis 1987 an einen Anwalt als Strohmann verpachtet, der diesen einer zur landwirtschaftlichen Nutzung von JVS mitgegründeten Personengesellschaft unterverpachtete – und profitierte zudem von den Gewinnanteilen als Mitgesellschafter. Aus steuerrechtlichen Motiven errichtete JVS 1983 einen trust über seinen ¼-Anteil aus dem „1968 settlement“ zugunsten des Klägers als vollumfänglich berechtigten beneficiary („1983 declaration“), agierte aber als trustee bis zu seinem Tod so als ob er zur eigennützigen Nutzung des Laverstoke estate berechtigt sei. Die erzielten Pachtzinsen und Gewinnanteile aus der landwirtschaftlichen Nutzung behielt JVS für sich; Geldersatz für den Wohngebrauch leistete er nicht. Nach dem Ablauf der Pachtverhältnisse wurden die landwirtschaftlich Nutzungsflächen von 1987 bis 1995 einer von JVS neu gegründeten Personengesellschaft zunächst unentgeltlich überlassen und anschließend unter einer farming business tenancy verpachtet; den eingezogenen Pachtzins leitete JVS nicht an den Kläger weiter. Mit der nach dem Tod des JVS erhobenen Klage verlangte der Kläger sowohl von den executors des JVS als auch von den trustees des „AMS wills trust“ u. a. Auskunft, Rechenschaft und Herausgabe eines Viertels des ab 1983 erzielten Pachtzinses sowie der von JVS erlangten Gewinne als Mitgesellschafter der Personengesellschaften und eine Geldentschädigung wegen des Wohngebrauchs; außerdem begehrte er u. a. Schadensersatz wegen schuldhaft 528
Nelson v. Greening & Sykes (Builders) Ltd. [2007] EWCA Civ 1358 [56]–[58] (Collins L. J.). Sheffield v. Sheffield [2013] EWHC 3927 (Ch) [82]–[86] (Judge Pelling Q. C.), der zutreffend aufzeigt, dass die vom C. A. vertretene Sichtweise, wonach der sub-trustee seiner Rechte aus dem principal trust nicht aufgebe, wenn er sich zum bare trustee eines Dritten bestelle, mit der einschlägigen Rechtsprechung des 18./19. Jahrhunderts zur Behandlung mehrstufig strukturierter trusts vollends vereinbar ist. 529
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nicht gezogener Nutzungen.530 Die Klage hatte im Verhältnis zu den executors des JVS überwiegend Erfolg, nicht jedoch im Verhältnis zu den trustees des „1968 settlement“. In rechtlicher Hinsicht kreist die Entscheidungsbegründung um die Voraussetzungen und Schranken der Haftung der trustees (des sub-trust bzw. des main trust) wegen breach of trust. Hätten die Beklagten erfolgreich den ihnen obliegenden Beweis der behaupteten formlosen Absprache zwischen JVS und dem Kläger geführt, wäre die „1983 declaration“ ein bloßes Scheingeschäft gewesen; die Klage wäre überwiegend als unbegründet abgewiesen worden. Dieser Beweis wurde von den Beklagten aber nicht erbracht; das non liquet ging daher zulasten der Beklagten.531 Unter Auseinandersetzung mit der einschlägigen Rechtsprechung schloss sich das Gericht der Ansicht der Beklagten hinsichtlich der Rechtswirkung der „1983 declaration“ an:532 Wäre eine Übertragung des ¼- Anteils gewollt, hätte man dies ausdrücklich vereinbaren können; JVS habe nun einmal (unter anwaltlicher Beratung) einen trust hinsichtlich seines Anteilsrechts aus dem „1968 settlement“ erklärt.533 Diese Verfügung wirke nicht translativ, sondern konstituiere einen genuinen sub-trust zugunsten des Klägers. JVS blieb somit der alleinige beneficiary des „1968 settlement“ (hinsichtlich des ¾-Anteils eigennützig und hinsichtlich des ¼-Anteils zugunsten des Klägers) bis zu seinem Tod. Ansprüche des Klägers wegen pflichtwidrigen Vorenthaltung der Erträge aus der landwirtschaftlichen Nutzung des „Laverstoke estate“ beschränkten sich deshalb auf die verklagten executors von JVS.534 Demgegenüber war die Klage unbegründet, soweit der Kläger die trustees des „1968 settlement“ wegen der an JVS abgeführten Erträge des Laverstoke estate in Anspruch nahm. Denn den trustees des „1968 settlement“ – so das Gericht unter Rekurs auf die Ausführungen von Collins L. J. in Nelson v. Greening & Sykes (Builders) Ltd.535 – stehe es in der Konstellation des hier vorliegenden bare sub-trust frei, ihre Rechenschafts- und Herausgabepflichten wegen der erzielten Erträge durch (Teil-)Leistung an den Kläger zu erfüllen, soweit dieser gegenüber JVS nutzungsberechtigt sei. Hierzu seien die trustees des „1968 settlement“ 530 So meinte der Kläger, die landwirtschaftlichen Grundstücke hätten zu besseren Konditionen verpachtet werden müssen und insbesondere nicht einfach unentgeltlich überlassen werden dürfen; zudem hätten JVS und die sonstigen trustees des „AMS wills trust“ pflichtwidrig eine kommerzielle Nutzung der mit „Laverstoke estate“ verbundenen Jagdrechte unterlassen. Der Kläger meinte, die „1983 declaration“ sei als Übertragung des ¼-Anteils seitens JVS an den Kläger auszulegen; hilfsweise argumentierte er, dass er kraft Gesetzes diesen Anteil erworben hätte, da JVS sich kraft der „1983 declaration“ zu einem „nackten“ sub-trustee erklärt habe und somit – in Übereinstimmung mit der älteren Ansicht im Schrifttum – von selbst seines Anteils am „Laverstoke estate“ aus dem „1968 settlement“ zugunsten des Klägers entäußert hätte. Ab 1983 wären deshalb die trustees des „1968 settlement“ ausschließlich ihm, dem Kläger, gegenüber zur Verwaltung des ¼-Anteils am „Laverstoke estate“ verpflichtet gewesen. Diese Pflichten hätten diese (hilfsweise JVS als sub-trustee des ¼-Anteils aufgrund der „1983 declaration“) verletzt. Die Beklagten behaupteten, dass im Zuge der Errichtung der „1983 declaration“ eine mündliche Abrede zwischen JVS und dem Kläger getroffen worden sei, nach der JVS alle Einkünfte aus dem „1968 settlement“ auf eigene Rechnung einziehen dürfe und in vollem Umfang wie der wirkliche „owner“ zur Nutzung des ¼-Anteils berechtigt sei. Demgemäß stünden dem Kläger allenfalls ab dem Tod von JVS Nutzungsansprüche zu. Überdies seien die trustees des „1968 settlement“ nur gegenüber JVS fiduziarisch verpflichtet, weil die „1983 declaration“ nicht als Übertragung des ¼-Anteils aus dem „1968 settlement“ auszulegen sei. Endlich seien etwaige Ansprüche nach der estoppel-Doktrin oder wegen Verwirkung (laches and acquiescence) nicht durchsetzbar. 531 Sheffield v. Sheffield [2013] EWHC 3927 (Ch) [28, 76] (Judge Pelling Q. C.). 532 Sheffield v. Sheffield [2013] EWHC 3927 (Ch) [80–86] (Judge Pelling Q. C.). 533 Sheffield v. Sheffield [2013] EWHC 3927 (Ch) [80] (Judge Pelling Q. C.). 534 Sheffield v. Sheffield [2013] EWHC 3927 (Ch) [29], [79], [86] (Judge Pelling Q. C.). 535 Nelson v. Greening & Sykes (Builders) Ltd. [2007] EWCA Civ 1358 [56–58] (Collins L. J.).
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aber nicht verpflichtet, weshalb sie mit Herausgabe der Erträge an JVS ihre Pflichten ordnungsgemäß erfüllt hätten.536
Im Unterschied zur Entscheidung des C. A. in Nelson537 hat sich Judge Pelling Q. C. in Sheffield v. Sheffield mit der in der älteren Literatur als Beleg für den angeblichen translativen Effekt des bare sub-trust zitierten Judikatur im Einzelnen auseinandergesetzt und die These, dass nur ein active sub-trust ein genuines fiduziarisches Rechtsverhältnis zwischen sub-trustee und sub-beneficiary erzeuge, mit vertretbarer Argumentation zurückgewiesen.538 Zudem knüpft das Urteil – obschon die (einschlägige) Entscheidung des P. C. überraschenderweise nicht erwähnt 536 Sheffield v. Sheffield [2013] EWHC 3927 (Ch) [78], [86] (Judge Pelling Q. C.). Richteten sich hiernach Nutzungsherausgabeansprüche gegen den Nachlass von JVS, wirkte sich dies in casu nicht entscheidend zum Nachteil des Klägers aus, da dessen Nutzungsersatzansprüche unstreitig aus dem Nachlass von JVS erfüllt werden konnten. Aus dem Urteil ergibt sich nicht eindeutig, wie sich die vom Gericht vertretene Analyse der konstitutiven Wirkungen der „1983 declaration“ auf die weiteren vom Kläger erhobenen Ansprüche auf Ersatz angeblich pflichtwidrig nicht gezogener Nutzungen (durch unentgeltliche Grundstücksüberlassung an die von JVS gegründete Handelsgesellschaft bis 1995, Abschluss wirtschaftlich nachteiliger Pachtverträge ab 1995 sowie wegen unterlassener kommerzieller Nutzung der Jagdrechte) auswirkt; teilweise waren die geltend gemachten Ansprüche unbegründet oder die Sache, soweit eine Haftung dem Grunde nach bestand, hinsichtlich der Anspruchshöhe nicht entscheidungsreif (Sheffield v. Sheffield [2013] EWHC 3927 (Ch) [88] (Judge Pelling Q. C.)). Auch in Hinsicht auf die vom Gericht vertretene Deutung der „1983 declaration“, wonach sich JVS hierdurch nicht automatisch seiner Rechtsposition als beneficiary des „1968 settlement“ begab, ließ das Gericht einerseits dahinstehen, welche Konsequenzen sich hieraus in Bezug auf die nicht entscheidungsreifen Ansprüche auf Ersatz schuldhaft nicht gezogener Nutzungen ergeben und räumten den Parteien insoweit die Möglichkeit zur Stellungnahme ein. Judge Pelling Q. C. unterstellte dabei aber implizit, dass etwaige Nutzungsersatzansprüche sich gegen den Nachlass von JVS richten; eine Haftung der trustees des „1968 settlement“ (mit Ausnahme von JVS) sollte offenbar generell ausscheiden (Sheffield v. Sheffield [2013] EWHC 3927 (Ch) [174]). Das Gericht hielt ferner dafür, dass JVS die ihm gegenüber dem Kläger obliegenden Pflichten als sub-trustee verletzt habe, indem er die landwirtschaftlichen Grundstücke ab 1987 unentgeltlich der von ihm selbst gegründeten Handelsgesellschaft überlassen habe; insoweit war der Kläger prinzipiell zum Ersatz schuldhaft nicht gezogener Nutzungen i. H. eines Viertels der erzielbaren Erträge berechtigt (Sheffield v. Sheffield [2013] EWHC 3927 (Ch) [125]). Weiter stand dem Kläger ein Nutzungsersatzanspruch wegen des Eigengebrauchs der Wohnimmobilien durch JVS zu; selbst wenn JVS ungeachtet der Errichtung des sub-trust als beneficiary des „1968 settlement“ und des „AMS wills trust“ zum Wohngebrauch berechtigt geblieben wäre, müsse er jedenfalls, da dem Kläger ein Viertel der Nutzungen gebühre, Entschädigung leisten (Sheffield v. Sheffield [2013] EWHC 3927 (Ch) [152, 154–156]). In diesem Kontext ließ Judge Pelling Q. C. die (angeblich umstrittene) Frage, ob der sich selbst zum sub-trustee bestellende beneficiary eines trust of land sich eines gesetzlichen Wohnrechts aus sec. 12(1) TOLATA 1996 begebe, mangels Entscheidungserheblichkeit offen. Schließlich schieden auch die weiteren Einwendungen der Beklagten aus. Obschon der Kläger von der Errichtung des „1983 declaration“ bis nach dem Tod des JVS keine Ansprüche geltend gemacht hatte, sei ihm eine Durchsetzung seiner Rechte nicht wegen eines estoppel oder nach Verwirkungsgrundsätzen verwehrt, da er über Inhalt und Umfang seiner Ansprüche in Unkenntnis gewesen sei; JVS und seine Anwälte hätten die Wirkungen der „1983 declaration“ gegenüber dem Kläger gezielt verschleiert (Sheffield v. Sheffield [2013] EWHC 3927 (Ch) [92–121]). 537 Nelson v. Greening & Sykes (Builders) Ltd. [2007] EWCA Civ 1358. 538 Sheffield v. Sheffield [2013] EWHC 3927 (Ch) [80]–[86] (Judge Pelling Q. C.).
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wird – an Hayim539 hinsichtlich der Haftung wegen breach of trust bei mehrstufig strukturierten trusts konsequent an. Was die Inanspruchnahme der (mit den subtrustees nicht identischen) trustees des principal trust seitens des sub-beneficiary anbelangt, hat Judge Pelling Q. C. zwar ausdrücklich nur im Fall der pflichtwidrigen Vorenthaltung der aus dem principal trust erzielten Erträge den sub-beneficiary auf (Sekundär-)Ansprüche gegen den sub-trustee beschränkt.540 Letztlich gilt dies aber für sämtliche denkbaren Anspruchsziele: Einer Haftung wegen breach of trust sind ausschließlich die sub-trustees (in casu: die executors von JVS) ausgesetzt, nicht jedoch der principal trustee und weitere „intermediäre“ trustees innerhalb mehrstufiger trust-Strukturen, weil nur jene, nicht aber diese dem durch den sub-trust begründeten Pflichtenprogramm unterliegen.541 Selbstverständlich ist, dass ein haftungsbegründender breach of trust des sub-trust nicht zwangsläufig mit einem Treubruch des main trust korrespondiert. Dies folgt bereits daraus, dass der High Court zu Recht eine Haftung der principal trustees ablehnt, soweit es um die Herausgabe tatsächlich erzielter Erträge an den aus dem main trust be539
Hayim v. Citibank N. A. [1987] A. C. 730 (P. C.). Sheffield v. Sheffield [2013] EWHC 3927 (Ch) [78], [86] (Judge Pelling Q. C.). 541 Richtig m. E. Rhodes, (2015) 163 TEL & TJ 20, 23. Im Ergebnis wohl auch Judge Pelling Q. C. in Sheffield v. Sheffield [2013] EWHC 3927 (Ch) [176]. Für Sheffield v. Sheffield ergibt sich daraus Folgendes: Nachdem AVS verstorben war, entstand bereits der erste sub-trust an dem ¾-Bruchteil von AVS aus dem „AMS wills trust“; die trustees des „1968 settlement“ hielten diesen Bruchteil zugunsten der trustees des „AMS wills trust“, die wiederum in ihrem Amt als subtrustees den ¾-Anteil für JVS auf Lebenszeit und sodann für die Kinder von JVS und AMS als Schlusserben hielten. Der zweite sub-trust entstand sodann mit der „1983 declaration“; ab dem Tod von JVS hielten die trustees des „1968 settlement“ den Anteil für dessen personal representatives, die diesen ihrerseits für den Kläger verwalteten. Die trustees des „1968 settlement“ waren hiernach also nur JVS (bzw. dessen personal representatives) und den trustees des „AMS Wills trust“ zur sorgfältigen Verwaltung der von diesem main trust umfassten Grundstücke und sonstigen Vermögenswerte verpflichtet. Dementsprechend waren sie auch nur diesen unmittelbar begünstigten Parteien nach Maßgabe ihrer Bruchteile zur Herausgabe der erzielten Erträge und ggf. zum Schadensersatz aufgrund pflichtwidrig nicht gezogener Nutzungen verpflichtet, während JVS (bzw. dessen personal representatives) zur sorgfältigen Verwaltung des ¼-Anteils und der darauf entfallenden Erträge verpflichtet war. In dieser Eigenschaft war er zugleich verpflichtet, dafür Sorge zu tragen, dass die zum „AMS wills trust“ gehörenden Grundstücke und Grundstücksrechte, einschließlich der Jagdrechte nicht in einer Weise verwaltet werden, die sich zum Nachteil des zugunsten des Klägers verwalteten ¼-Bruchteils auswirken. Fraglich ist nun aber, ob der Nachweis einer Pflichtverletzung in Bezug auf die nicht erfolgte kommerzielle Verwertung der Jagdrechte gelingt; schließlich konnte JVS hierauf kraft seines Bruchteils nicht allein, sondern nur gemeinschaftlich mit den trustees des „1968 settlement“ Einfluss nehmen; zum Zeitpunkt der Errichtung des „1983 declaration“ war JVS unstreitig nicht mehr alleiniger trustee des „1968 settlement“ und bedurfte deshalb ohnehin der Zustimmung der übrigen trustees, um für eine kommerzielle Ausübung zu sorgen (vgl. Sagar [2014] 20 T & T 826, 833). Anders dürfte es bei der teilweise unentgeltlichen bzw. unwirtschaftlichen Überlassung der zum „Laverstoke estate“ gehörenden Grundflächen liegen; so hätte JVS (aufgrund des trustrechtlichen Unanimitätsprinzips) eine entsprechende Beschlussfassung der trustees des „1968 settlement“ zumindest verhindern können (vgl. Sagar [2014] 20 T & T 826, 833). Dies sind aber nur gewöhnliche Kausalitäts- und Zurechnungsfragen bei Personenmehrheiten auf Schuldnerseite, denen das Gericht – mangels Entscheidungsreife – ausgewichen ist; an der dargestellten Grundstruktur der Haftungsverhältnisse bei mehrstufigen trusts ändert sich dadurch nichts. 540
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rechtigten beneficiary geht: Leitet dieser (als sub-trustee) die empfangenen Erträge nicht an den sub-beneficiary weiter, ist dies den principal trustees nicht anzulasten. Wird freilich die in den principal trust eingebrachte Vermögensentität geschmälert oder nicht in der gebotenen Weise gemehrt, kommt zwar – wie sich aus Hayim ergibt542 – eine Haftung der principal trustees gegenüber dem sub-beneficiary in Betracht. Insbesondere ist eine Weisung der sub-trustees unbeachtlich, soweit diese hierdurch die ihnen gegenüber dem sub-beneficiary obliegenden Pflichten aus dem sub-trust verletzen.543 Selbst wenn aber ein haftungsbegründender breach of trust seitens des sub-trustee mit einer Verletzung der aus dem main trust folgenden fiduziarischen Pflichten einhergeht, vermag der aus dem sub-trust berechtigte beneficiary selbst nicht die den beneficiaries des main trust verliehenen Ansprüche aus eigenem Recht geltend zu machen. Mangels Berechtigung aus dem main trust bleibt er auf Ansprüche gegen seinen sub-trustee, etwaige aus einem breach of trust folgende Störungsrechtsbehelfe gegen die trustees des main trust durchzusetzen, beschränkt.544 Kommt der subtrustee seinen Schutzpflichten nicht nach, kann der sub-beneficiary Rechtsbehelfe des sub-trustee gegen die principal trustees ausschließlich im Wege gesetzlicher Prozessstandschaft geltend machen.545 Endlich sei nur klargestellt, dass sich die Parteien bei mehrstufig strukturierten trusts ohne weiteres auf eine ggf. zweckdienliche „stufenüberspringende“ Abwicklung und Auseinandersetzung zwischen dem trustee des principal trust und dem beneficiary des sub-trust verständigen können, ohne dass insoweit nach Art und Natur der fraglichen trusts zu unterscheiden ist.546 542
Hayim v. Citibank N. A. [1987] A. C. 730 (P. C.), 743E-H (Lord Templeman). Hayim v. Citibank N. A. [1987] A. C. 730 (P. C.), 743E-H (Lord Templeman). Erst recht gilt dies, wenn – wie in Sheffield v. Sheffield – der sub-trustee mit den trustees und beneficiaries des main trust (teil-)identisch ist. Dies wird von Judge Pelling Q. C. in Sheffield v. Sheffield [2013] EWHC 3927 (Ch) nicht ausdrücklich erörtert. Von selbst versteht sich freilich, dass zumindest eine Verletzung des sub-trust in Bezug auf die unentgeltliche Überlassung der landwirtschaftlichen Grundstücke an die von JVS selbst gegründete Handelsgesellschaft vorliegt, vgl. Sheffield v. Sheffield [2013] EWHC 3927 (Ch) [125] (Judge Pelling Q. C.). 544 Sofern der sub-trustee die ihm zustehenden Rechtsbehelfe gegen den trustee oder Dritte wegen Einwirkung auf den principal trustee nicht wahrnimmt, ohne dass ihm insoweit illoyales Verhalten zur Last gelegt werden kann, liegt hierin allerdings kein breach of trust im Verhältnis zu den beneficiaries des sub-trust. Diese sind mithin zum Schadensersatz auf der Grundlage eines „wilful default“ berechtigt; der sub-trustee ist verpflichtet, die beneficiaries so zu stellen wie sie stünden, wenn er seine Rechtsbehelfe sorgfältig geltend gemacht hätte („reparative compensation“ resp. „surcharging the account“); der ersatzfähige Schaden richtet sich nach den analog geltenden Regeln des Common Law; siehe Fn. 17. 545 Siehe bereits § 4 II. 2. b). 546 Soweit Judge Pelling Q. C. in Sheffield v. Sheffield die Entscheidung des Court of Appeal in Nelson v. Greening & Sykes (Builders) Ltd. dahin deutet, es stünde den trustees des main trust (in Sheffield v. Sheffield: die trustees des „1968 settlement“) frei, Rechenschafts- und Gewinnherausgabepflichten mit befreiender Wirkung gegenüber dem aus dem sub-trust berechtigten beneficiary (in Sheffield v. Sheffield: Herausgabe eines Viertels der landwirtschaftlichen Nutzungen des „Laverstoke estate“ an den Kläger) zu erfüllen, schießt diese generalisierende These über die einschlägigen Ausführungen von Collins L. J. in Nelson v. Greening & Sykes (Builders) Ltd. zwar hinaus. Dieser hat sich explizit auf mehrstufige Treuhandverhältnisse über personal prop543
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bb) Mehrstufige trusts of land Jeder aus einem sub-trust hervorgehender sog. subsidiary equitable interest wird maßgeblich vom Bezugspunkt des principal trust bestimmt: Der beneficiary des sub-trust partizipiert, indem dieses fiduziarische Rechtsverhältnis die Befugnis zur eigennützigen Nutzung ausschließt oder zumindest einschränkt, an den dem subtrustee unter dem principal trust zustehenden Rechten. Im Einzelnen ist der Zuweisungsgehalt von sub-trust-gestützten subsidiary equitable interests freilich ungewiss, was sich exemplarisch anhand von sub-trusts, die sich auf trusts of land i. S. v. sec. 1(1)(a) TLATA 1996 beziehen, zeigt. Erschwert wird die Problematik dadurch, dass die semantische Variable equitable interest nicht einen zeitlich-inhaltlich definierten oder gar fixierten Rechtstypus bezeichnet. Es handelt sich um einen Blankettbegriff für eine mit einer fiduziarischen (nicht einmal notwendig trust-rechtlichen) Bindung eines anderen (Sachen-)Rechtsinhabers korrespondierende Position, deren zeitliche und inhaltliche Dimensionen je nach rechtsgeschäftlicher und/oder gesetzlicher Ausgestaltung des trust changieren. Wozu der beneficiary berechtigt ist, folgt nicht aus dem Terminus equitable interest, sondern aus erty bezogen und allein insoweit eine direkte Auseinandersetzung zwischen principal trustee und sub-beneficiary (ohne notwendige Abwicklung „übers Eck“) unter Verweis auf das obiter dictum von Lord Evershed M. R. in Grey v. Inland Revenue Commissioners [1958] Ch. 690, 715 erwogen. Auf die in Nelson v. Greening & Sykes (Builders) Ltd. streitgegenständliche Fallgestaltung mehrstufiger Treuhandverhältnisse über estates in land sei das obiter dictum von Lord Evershed M. R. dagegen ohnehin nicht anwendbar (vgl. Nelson v. Greening & Sykes (Builders) Ltd. [2007] EWCA Civ. 1358 [57] (Collins L. J.). Weil es sich aber bei dem in Sheffield v. Sheffield relevanten main trust (das „1968 settlement“) um einen trust of land handelte, hat der High Court die in Nelson eingeleitete dogmatische Neujustierung mehrstufig strukturierter trusts in einem nicht unwesentlichen Punkt fortgesetzt. Methodisch ist dies nicht zu beanstanden. Ein Verstoß gegen die Präzedenzwirkung der Entscheidung des C. A. liegt schon mangels Entscheidungserheblichkeit der Frage schuldbefreiender Leistungen der trustees des main trust an den beneficiary des sub-trust in Nelson v. Greening & Sykes (Builders) Ltd. nicht vor. Auch ist nicht ersichlich, weshalb im Hinblick auf die allgemeinen Voraussetzungen der Leistungsbewirkung innerhalb mehrstufiger trusts nach dem Gegenstand des main trust differenziert werden sollte. Eine pragmatische Leistungsabkürzung kann selbstredend stets vereinbart werden; trust-rechtliche Rechtsgrundsätze stehen dem nicht entgegen. Auf die Einwilligung des sub-trustee kann und sollte allerdings bestenfalls dann verzichtet werden, wenn es sich um einen bare sub-trust handelt (vgl. auch Penner, The Law of Trusts10, Rn. 6.22). Dies deckt sich auch mit der bereits angeführten Entscheidung Head v. Lord Teynham (1783) 1 Cox 57; 29 E. R. 1060, ergibt sich doch aus dieser, dass sämtliche beneficiaries (des main trust und des sub-trust) berechtigt sind, ohne Zustimmung und prozessuale Beteiligung des sub-trustee den principal trustee auf pflichtgemäße Ausführung der ihm auferlegten fiduziarischen Pflichten in Anspruch zu nehmen. Sind die beneficiaries nach Maßgabe der aufeinander aufbauenden trusts berechtigt, bestimmte Verfügungen über das Treugut (scil.: über das dem trustee treuhänderisch zustehende Sachenrecht) zu verlangen, kann und muss der trustee des main trust dem nachkommen; einer Mitwirkung an der fraglichen Verfügung durch den sub-trustee bedarf es nach Head v. Lord Teynham nicht. Wenn aber der trustee des main trust nach Head v. Lord Teynham auf entsprechende Klage aller („voll“ berechtigten) beneficiaries zu einer bestimmten Verfügung verurteilt wird, die er pflichtgemäß ohne jede Mitwirkung des bare sub-trustee ausführen kann und muss, ist es geradezu selbstverständlich, dass der principal trustee einem „absolut“ berechtigten sub-beneficiary die diesem im Verhältnis zum sub-trustee gebührenden Erträge anbieten darf, ohne eine entsprechende Weisung abwarten zu müssen.
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dem jeweiligen trust.547 Richtet sich der Umfang der Rechtsstellung des beneficiary in erster Linie nach der privatautonomen Ausgestaltung des trust, gilt dies prinzipiell auch für die Zuweisung der possession oder occupation einer in den trust eingebrachten chose in possession sowie land. Ob ein beneficiary zum Besitz einer in den trust eingebrachten realen Sache oder eines Grundstücks berechtigt ist, kann nicht abstrakt-generell, sondern nur in Ansehung des ggf. durch Auslegung zu ermittelnden Zwecks des konkret-individuellen trust beurteilt werden.548 Auch ein sub-beneficiary, der sein Recht aus einem trust an einem (mit einem Recht zum Besitz ausgestatteten) equitable interest herleitet, ist nicht generell, sondern nur nach Maßgabe der Bestimmungen des jeweiligen sub-trust allein oder gemeinschaftlich mit weiteren Personen zum Besitz der dem principal trust unterliegenden realen Sachen und/oder Grundstücke berechtigt. Freilich ist in Bezug auf trusts of land die „Besitzberechtigung“ der beneficiaries inzwischen auf eine einheitliche gesetzliche Grundlage gestellt worden; sedes materiae ist sec. 12 TLATA 1996.549 Nach sec. 12(1) TLATA 1996 steht dem beneficiary eines trust of land ein 547 Wie die Rechtsfigur des „bare trust“ zeigt, ist ein equitable interest nicht einmal dem Umfang nach zwangsläufig klar vom belasteten Recht abgrenzbar. Begrenzt ist die Position des „absolutely entitled beneficiary“ dadurch, dass sie mit Wegfall des bare trust von selbst erlischt, worin sich lediglich die Kehrseite jeder Belastung, die sog. „Elastizität“ des belasteten Rechts, offenbart: Der ehedem belastete legal title „verwandelt“ sich vom vollständig fremdnützigen zu einem eigennützigen Recht. In inhaltlicher Hinsicht ist das von einem bare trust belastete Recht von dem lastenden equitable interest in land nicht sinnvoll abgrenzbar. So gebühren dem beneficiary nicht bloß alle aus dem trust property fließenden Erträge oder Gebrauchsvorteile; vielmehr vermag der beneficiary über das rechtliche Schicksal des trust property kraft seiner unbeschränkten Weisungsbefugnis beliebig zu disponieren, indem er dem trustee entsprechende Weisungen erteilt und deren Ausführung erforderlichenfalls gerichtlich durchsetzen lässt (vgl. K. Gray/S. F. Gray, Elements of Land Law5, Rn. 7.5.8). Anders als der Inhaber des unterstellt unbelasteten Sachenrechts muss er sich hierzu seines Vordermanns, des trustee bedienen; die Herrschaftsmacht über das trust property liegt aber – wenn auch in mediatisierter Form – beim beneficiary (siehe auch K. Gray/S. F. Gray, Elements of Land Law5, Rn. 7.5.8: „[…] the bare trust provides the ultimate demonstration of the idea that legal ownership is merely formular or titular, the substance of ownership residing in equitable title.“). 548 Unstrittig ist, dass der beneficiary eines sog. bare trust an einer realen Sache oder einem Grundstück ein unbeschränktes und gegenwärtiges Recht auf Besitz hat (siehe bereits Attorney General v. Lord Gore (1740) Barn Ch. 145, 150 (Lord Hardwicke L. C.)), das richtigerweise gegenüber Dritten vermittels der einschlägigen sachbezogenen torts verteidigt und durchgesetzt wird, knüpfen diese doch nicht an die Rechtsinhaberschaft at law oder in equity, sondern primär an das sog. „immediate right to possession“ an. Auch der life tenant unter einem settlement ist nach sec. 19(1) SLA 1925 zum Besitz berechtigt. Fragwürdig war früher vor allem die Besitzberechtigung eines beneficiary bei einem bestimmungsgemäß auf Veräußerung angelegten trust for sale; seit der Überführung des trust for sale in das einheitliche Regime des trust of land richtet sich die Besitzberechtigung nach ss. 12, 13 TLATA 1996 (Lewin (-Tucker/Le Poidevin/Brightwell), Trusts19, Rn. 37-057). 549 Sec. 12 TLATA 1996 (the right to occupy): (1) A beneficiary who is beneficially entitled to an interest in possession in land subject to a trust of land is entitled by reason of his interest to occupy the land at any time if at that time (a) the purposes of the trust include making the land available for his occupation (or for the occupation of beneficiaries of a class of which he is a member or of beneficiaries in general), or (b) the land is held by the trustees so as to be so available.
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Recht zum jederzeitigen (Wohn-)Gebrauch des „land“ zu, wenn (1.) dem Begünstigten ein „interest in possession“ eigennützig zugeordnet ist („beneficially entitled“) und (2.) entweder der trust auf einen Gebrauch des land durch den beneficiary abzielt oder das land für einen solchen Gebrauch von den trustees zur Verfügung zu halten ist. Präzise betrachtet verleiht diese Vorschrift nicht ein right to possession, sondern setzt tatbestandlich einen hiervon scharf zu unterscheidenden „interest in possession“ 550 des Berechtigten voraus und stattet diesen interest in possession unter der Voraussetzung, dass dies dem vom settlor bestimmten Zweck des betreffenden trust of land nicht widerspricht, mit einem sog. right to occupy the trust land aus.551 Ausgeschlossen ist dieses right to occupy, wenn das land nicht für den Gebrauch seitens des beneficiary verfügbar oder geeignet ist (sec. 12(2) TLATA 1996).552 Sind mehrere beneficiaries zum Gebrauch desselben Landes berechtigt, steht es im pflichtgemäßen Ermessen der trustees, Ausschluss- und Gebrauchsregelungen zu treffen (ss. 12(3), 13 TLATA 1996).553 Weitgehend ungeklärte Detailfragen stellen sich bei der Belastung von sog. trusts of land (i. S. v. sec. 1(1)(a) TLATA 1996)554 mit sub-trusts. Mit mehrstufig (2) Subsection (1) does not confer on a beneficiary a right to occupy land if it is either unavailable or unsuitable for occupation by him. (3) This section is subject to section 13. 550 Zur Auslegung dieses Begriffs siehe Fn. 586. 551 Die Rechtsbegriffe occupation und possession sind scharf zu unterscheiden: Im Regelfall ist mit possession i. S. v. (Eigen-)Besitz gemeint; kennzeichnend sind auch im englischen Recht die von einem Herrschaftswillen (animus possidendi) getragene tatsächliche Herrschaft über eine Sache (corpus possessionis/factum possessionis), vgl. K. Gray/S. F. Gray, Elements of Land Law5, Rn. 2.1.8. Maßgeblich ist nach allgemeiner Ansicht der Wille, alle anderen Personen von der Herrschaft über die Sache auszuschließen (siehe nur Megarry and Wade (-Bridge/Cooke/Dixon), The Law of Real Property9, Rn. 7-007); occupation hingegen entspreche eher einem faktischen Gewahrsam – welcher etwa Hotelgästen oder Studierenden an Zimmern in universitären Studentenheimen zugeschrieben wird (vgl. K. Gray/S. F. Gray, Elements of Land Law5, Rn. 4.1.63) –, aber für possession weder ausreichend noch erforderlich sei. Mit der Unterscheidung zwischen possession und occupation korrespondiert die Abgrenzung zwischen einer (dinglichen) lease und einer (obligatorischen) licence; eine lease ohne possession ist nach der Lehre ein Oxymoron; der lessee hat stets possession, wobei andererseits auch dem lessor eine (andere) possession attestiert wird (die sich in der Einziehung des Pachtzinses offenbart; arg. e sec. 205(1)(xix) LPA 1925); der licensee erhält dagegen nur eine schuldrechtliche Gewahrsamsgestattung, die eine Haftung wegen trespass ausschließt. Nicht zu verwechseln ist possession i. S. v. Eigenbesitz hingegen mit dem Terminus „interest in possession“ (i. S. v. sec. 12(1) TLATA 1996); ein „interest in possession“ ist nicht zwangsläufig ein zum Besitz berechtigendes Sachenrecht, sondern ein aktuelles und vollkommenes im Unterschied zu einem künftigen oder aufschiebend bedingten Recht („interest in remainder“). 552 Siehe hierzu Lewin (-Tucker/L e Poidevin/Brightwell), Trusts19, Rn. 37-061; Megarry and Wade (-Bridge/Cooke/Dixon), The Law of Real Property9, Rn. 11-028. 553 Näher hierzu K. Gray/S. F. Gray, Elements of Land Law5, Rn. 7.5.46–7.5.48; Megarry and Wade (-Bridge/Cooke/Dixon), The Law of Real Property9, Rn. 111-029. 554 Mit dem Trusts of Land and Appointment of Trustees Act 1996 (TLATA 1996) wurde ein einheitliches Regime für alle trusts, die sich auf land i. S. v. sec. 205(1)(xx) LPA 1925 beziehen, geschaffen; der frühere Dualismus zwischen Settled Land Act settlements und trusts for sale wurde aufgegeben; alle trusts of land unterfallen dem TLATA 1996 (vgl. Megarry and Wade (-Bridge/ Cooke/Dixon), The Law of Real Property9, Rn. 11-003). Die extensive Legaldefinition des trust of land (sec. 1(1)(a) TLATA 1996: „trust of land“ means (subject to subsection (3)) any trust of pro-
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strukturierten trusts of land hat sich die Rechtsprechung und die Literatur im Kontext des right to occupy the trust land sowie der sonstigen Regelungen des TLATA 1996 bislang nur vereinzelt auseinandergesetzt. Zunächst ist schon strittig, ob und, bejahendenfalls, unter welchen Voraussetzungen sub-trusts dem Anwendungsbereich des TLATA 1996 unterfallen.555 Darüber hinaus ist zweifelhaft, inwieweit perty which consists of or includes land) umfasst alle Arten und Erscheinungsformen von rechtsgeschäftlichen und gesetzlichen trusts einschließlich trusts for sale und bare trusts, die sich auf land beziehen (siehe nur Maudsley and Burn (-Burn/Cartwright), Land Law9, S. 515–517). Mit der Bezugnahme auf die in sec. 205(1)(ix) LPA 1925 normierte Legaldefinition (vgl. sec. 23(2) TLATA 1996) sind auch diverse begrenzte Grundstücksrechte (incorporeal hereditaments) sowie ideelle Bruchteile (undivided shares in land) erfasst. Undivided shares in land waren ursprünglich aus dem in sec. 205(1)(ix) LPA 1925 statuierten land-Begriff ausdrücklich ausgeklammert worden; diese Bereichsausnahme wurde mit Einführung des TLATA 1996 gestrichen, vgl. sec. 25(2), Sch. 4 TLATA 1996; letzteres ist nicht zuletzt für sub-trusts relevant, weil sich diese phänomenologisch häufig auf Anteile von tenants in common (unter einem trust of land) beziehen. Wie angerissen, ersetzt der TLATA 1996 das im Settled Land Act 1925 geregelten Regimes treuhänderischer Rechtsverhältnisse an Grund und Boden (sog. settlements of land). Mittels sog. settlements of land wurden vor allem die Dispositions- und Nutzungsbefugnisse über den Grundbesitz einer Familie generationsübergreifend geregelt. Aufgrund der 1925 eingeführten Beschränkung der zulässigen legal estates in land (vgl. sec. 1(1) LPA 1925) bedurfte es trust-rechtlicher Lösungen, um Abkömmlingen und Angehörigen aufschiebend bzw. auflösend bedingte und befristete Rechte zuzuweisen. Das Gesetz stellte nunmehr zwei Grundtypen zur Verfügung, zum einen sog. Settled Land Act settlements und zum anderen sog. trusts for sale: Während jene auf eine reale Nutzung des Grundbesitzes durch die beneficiaries zielten, dienten diese der finanziellen Versorgung der beneficiaries, deren Rechtspositionen von Gesetzes wegen in ein Recht am Verkaufserlös des Landes, d. h. an personal property unter der inzwischen obsoleten doctrine of conversion, umgedeutet wurden (vgl. Lewin (-Tucker/Le Poidevin/Brightwell), Trusts19, Rn. 37-001). Das charakteristische Merkmal der settlements of land lag in der dem Inhaber eines nießbrauchsähnlichen life interest in possession verliehenen gesetzlichen Verwaltungs- und Verfügungsermächtigung über den legal estate; dieser beneficiary übte mithin im Wesentlichen die den trustees zugewiesenen fiduziarischen Rechte und Pflichten im Interesse der anderen beneficiaries aus, was dem Besteller des settlement of land die Möglichkeit eröffnete, sich selbst alle Kontroll- und Nutzungsoptionen über das Land zu Lebzeiten vorzubehalten. Seit Inkrafttreten des TLATA 1996 ist die Errichtung neuer settlements of land weitgehend ausgeschlossen (sec. 2 TLATA 1996); die doctrine of conversion wurde abgeschafft (sec. 3 TLATA 1996; sog. trusts for sale sind ausweislich sec. 1(2(a) TLATA 1996 vom sachlichen Anwendungsbereich des neuen Regimes erfasst, bilden also trusts of land); alte settlements of land bestehen freilich fort (näher Lewin (-Tucker/Le Poidevin/Brightwell), Trusts19, Rn. 37-007). Part 1 des TLATA 1996 (secs. 1–17) enthält materiellrechtliche und verfahrensrechtliche Regeln über trusts of land; das neue Recht enthält u. a. vereinheitlichte, dispositive Regeln über die treuhänderischen Befugnisse und Pflichten der trustees of land (ss. 6–11 TLATA 1996). Soweit sec. 6 TLATA 1996 klarstellt, dass den trustees of land – vorbehaltlich rechtsgeschäftlicher Beschränkungen (sec. 8 TLATA 1996) – alle Befugnisse des „absolute owner“ über das vom trust befangene land zustehen, ist dies vor allem für Verfügungen über den legal estate unter gesetzlicher Surrogation der trust-basierten equitable interests (sog. overreaching, secs. 2, 27 LPA 1925) von Bedeutung; der entgeltliche Erwerber erlangt – vorbehaltlich mittels restriction im register of title des belasteten legal estate vermerkter Verfügungsbeschränkungen – einen vom trust of land befreiten legal estate (näher Megarry and Wade (-Bridge/Cooke/Dixon), The Law of Real Property9, Rn. 11-037–11-038). 555 Siehe einerseits Creasey v. Sole [2013] EWHC 1410 (Ch) [119], [127] (Morgan J.); Lewin (-Tucker/Le Poidevin/Brightwell), Trusts19, Rn. 37-006, 37-058; Underhill and Hayton (-Hayton/ Matthews/Mitchell), Law Relating to Trusts and Trustees19, Rn. 51.25; siehe andererseits Jarman (2007) 4 P. C.B. 263, 271–272.
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sub-trusts die gesetzlichen Rechte der sub-trustees (als beneficiaries eines trust of land) verkürzen bzw. suspendieren und zugleich den sub-beneficiaries korrelative Herrschaftsbefugnisse über das „Land“, insbesondere das in sec. 12 TLATA 1996 normierte right to occupy the trust land, verschaffen.556 Diese durch die Entscheidung Creasey v. Sole557 aufgeworfenen Auslegungsfragen des TLATA 1996 rühren an den Kernproblemen intraspezifischer Belastungen begrenzter Sachenrechte. Auch die Zuweisung der Besitzbefugnisse bei mehrstufig strukturierten trusts of land zielt letztlich darauf ab, die Herrschaftssphären aufeinander aufbauender Sachenrechte exakt voneinander zu scheiden, mithin den „Devolutiv- und Suspensiveffekt“ der Belastung zu präzisieren. Mit Blick auf die weite Legaldefinition des trust of land (sec. 1(1)(a) TLATA 1996) und die nicht weniger extensive land-Definition leuchtet jedenfalls nicht ein, weshalb sub-trusts schlechthin oder auch nur sub-trusts an ideellen Grundstücksteilen aus dem sachlichen Geltungsbereich des TLATA 1996 ausgeklammert werden sollten.558 Wenngleich diese Frage höchstrichterlich nicht entschieden ist, dürften insbesondere sub-trusts an den Anteilen von tenants in common (eines legal estate i. S. v. sec. 1(1) LPA 1925, eines sonstigen legal interest i. S. v. sec. 1(2) LPA 1925 oder eines equitable interest in land i. S. v. sec. 1(3) LPA 1925) – die zwangsläufig unter einem trust of land entstehen (arg. e ss. 1(6), 34(2) LPA 1925)559 – als trusts of land zu klassifizieren sein.560 556 Siehe Creasey v. Sole [2013] EWHC 1410 (Ch) [122]–[128] (Morgan J.); Sheffield v. Sheffield [2013] EWHC 3927 (Ch) [154] (Judge Pelling Q. C.); Jarman (2007) 4 P. C.B. 263, 271–276; Lewin (-Tucker/Le Poidevin/Brightwell), Trusts19, Rn. 37-058; Underhill and Hayton (-Hayton/ Matthews/Mitchell), Law Relating to Trusts and Trustees19, Rn. 41.36. 557 Creasey v. Sole [2013] EWHC 1410 (Ch). 558 So i. E. auch Underhill and Hayton (-Hayton/Matthews/Mitchell), Law Relating to Trusts and Trustees19, Rn. 51.23. Anders jedoch Jarman (2007) 4 P. C.B. 263, 271–272, der die Ansicht vertritt, dass sub-trusts jedenfalls nicht dem Anwendungsbereich des TLATA 1996 unterfielen, wenn ein bloßer ideeller Anteil eines Grundstücks („undivided share in land“), der dem sub- trustee als tenant in common zustehe, Gegenstand des sub-trust sei. Jarman ebd. räumt zwar ein, dass die Streichung des Halbsatzes „but not an undivided share in land“ aus der nach sec. 23(2) TLATA 1996 maßgeblichen land-Definition in sec. 205(1)(ix) LPA 1925 auf den ersten Blick indiziere, dass trusts an ideellen Grundstücksteilen als trusts of land i. S. v. sec. 1(1)(a) TLATA 1996 einzuordnen seien. Dieses gesetzessystematische Argument sei aber nicht ausschlaggebend, weil die frühere Einschränkung der Legaldefinition nur dem Zweck gedient habe, den gesetzlichen trust for sale auszugrenzen, dieser Regelungszweck aber mit der Einführung des TLATA 1996 weggefallen sei. 559 Die Personenidentität der trustees und der beneficiaries steht der Wirksamkeit des trust of land nicht entgegen (vgl. K. Gray/S . F. Gray, Elements of Land Law5, Rn. 7.5.17–7.5.18); der trust of land entsteht kraft Gesetzes. 560 Zunächst einmal geht auch der High Court von der Anwendbarkeit des TLATA 1996 auf sub-trusts (an ideellen Grundstücksbruchteilen) aus (vgl. Creasey v. Sole [2013] EWHC 1410 (Ch) [119], [127] (Morgan J.)). In gesetzessystematischer Hinsicht ist dies konsequent. Auf die Streichung der früheren Bereichsausnahmen „but not an undivided share in land“ und „but not an undivided share thereof“ aus der umfassenden land-Definition in sec. 205(1)(ix) LPA 1925 durch sec. 25(2), Sch. 4 TLATA 1996 wurde bereits hingewiesen. Zudem ist das Regelungskonzept des TLATA 1996 davon getragen, möglichst alle Arten und Erscheinungsformen grundstücksrechtlich relevanter trusts zu erfassen. Demgemäß liegt ein trust of land auch dann vor, wenn – neben einer Vielzahl von anderen Sachen und Rechten – ein einziges Grundstück oder Grundstücksrecht
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Letzteres hat zwar auch der High Court in Creasey v. Sole angenommen.561 Dessen ungeachtet soll nach dieser Entscheidung einem sub-beneficiary eines subtrust, der sich auf einen Grundstücksbruchteil (unter einem principal trust) bezieht, in einen trust fällt (vgl. sec. 1(1)(a) TLATA 1996); eine Schwerpunktbetrachtung gilt nicht (vgl. Lewin (-Tucker/Le Poidevin/Brightwell), Trusts19, Rn. 37-004). Ausdrücklich ausgeklammert sind lediglich das forthin dem Regime des SLA 1925 unterliegende settled land sowie Grundstücke, die dem Universities and Colleges Estates Act 1925 unterliegen (sec. 1(3) TLATA 1996). Abgesehen von diesen Bereichsausnahmen sind alle denkbaren trust-Konfigurationen, insbesondere auch bare trusts und trusts for sale vom Geltungsbereich des TLATA 1996 erfasst; auf den Entstehungstatbestand des trust kommt es nicht an (sec. 1(2)(a) TLATA 1996). Wären sub-trusts an ideellen Grundstücksteilen oder Anteilen an Grundstücksrechten generell ausgeklammert, unterlägen diese überhaupt keinem gesetzlichen Regelungsregime. Auch der SLA 1925 wäre auf subtrusts, unter denen sukzessiv mehrere beneficiaries an einem Anteil berechtigt werden, nicht anwendbar, schließt doch sec. 2(1) TLATA 1996 die Konstitution neuer settlements für die Zukunft generell aus; die traditionellen settlements sollten als trusts of land dem einheitlichen treuhänderischen Regime des TLATA 1996 unterstellt werden (Lewin (-Tucker/Le Poidevin/Brightwell), Trusts19, Rn. 37-002). Allein der Umstand, dass die Anwendung der gesetzlichen Vorschriften auf sub-trusts an ideellen Grundstücksteilen (bzw. an Anteilen an vollen oder ideell segmentierten Grundstücksrechten) im Vergleich zu einem trust an einem ungeteilten Grundstück oder einem ungeteilten legal estate ggf. einiger Modifikationen bedarf, rechtfertigt keine andere Betrachtungsweise. Auch das von Jarman (2007) 4 P. C.B. 263, 272 vorgebrachte Gegenargument, dass die Anwendung der Bestimmungen des TLATA 1996 auf sub-trusts an ideellen Bruchteilen zu erheblichen Schwierigkeiten führe, wenn mehrere sub-beneficiaries unter jeweils separaten sub-trusts prinzipiell nach sec. 12(1) TLATA 1996 zum Gebrauch berechtigt sind und jeweils nur eine Person aus dem jeweiligen sub-trust über einen interest in possession i. S. v. sec. 12(1) TLATA 1996 verfügt, weil eine nähere Regelung der konkurrierenden Gebrauchsbefugnisse durch die trustees of land nach sec. 13 TLATA 1996 dann ausscheide, verfängt nicht (dagegen zu Recht Lewin (-Tucker/Le Poidevin/Brightwell), Trusts19, Rn. 37-063). Zu replizieren ist, dass sec. 13 TLATA 1996 generell zu eng gefasst ist. Aufgrund des Erfordernisses mehrerer nach sec. 12 TLATA 1996 gebrauchsberechtigter beneficiaries ist sec. 13 TLATA 1996 z. B. auch dann nicht anwendbar, wenn sich ein trust, der mehrere Personen (sukzessiv) begünstigt, zwar auf ein ganzes Grundstück bezieht, aber der über einen interest in possession verfügende beneficiary nur zu einem Bruchteil eingesetzt ist (Lewin (-Tucker/Le Poidevin/Brightwell), Trusts19, Rn. 37-063 verweisen auf den Fall, in dem ein Haugrundstück in einen trust eingebracht wird, einem life tenant nur ein Teil der Nutzungen gebührt – d. h. eine Art „Quotennießbrauch“ und nicht etwa ein Nießbrauch an einem Miteigentumsanteil bzw. einem einfachen Bruchteil oder einem Anteil an einem Miteigentumsanteil – und die restlichen Nutzungen von den trustees zur Kapitalbildung oder zur Unterhaltung des Hauses oder auch nach Ermessen einzusetzen sind). Auch hier könnte dem allein besitzberechtigten beneficiary, obschon ihm im Verhältnis zu den anderen beneficiaries nur ein Bruchteil der Nutzungen gebührt, keine Entschädigungspflicht oder Gebrauchspflicht gem. sec. 13(3)(6)(a) TLATA 1996 auferlegt werden, obschon er das ganze Grundstück gebraucht. Dies erscheint nicht interessengerecht: Würde das Grundstück nicht eigennützig gebraucht, sondern vermietet werden, stünde dem zu einer Quote eingesetzten life tenant schließlich auch nur ein Teil der Mieteinkünfte zu. Demgemäß wird auch von Lewin (-Tucker/Le Poidevin/Brightwell), Trusts19, Rn. 37-063 vertreten, dass den trustees auch in dieser Konstellation eine „power“ zur Nutzungsregelung zustehe, von der sie pflichtgemäß Gebrauch machen müssen; woraus sich diese ungeschriebene power ergeben soll, bleibt freilich offen. Einer (erweiternden) Auslegung steht jedenfalls der ausdrückliche Wortlaut von sec. 13(1) TLATA 1996 entgegen, weshalb wohl nur eine ergänzende Auslegung der trust declaration, also die Annahme einer vom settlor erteilten power in Betracht kommt. Letzteres läuft i. E. auf eine teleologische Extension von sec. 13 TLATA hinaus. Dies demonstriert, dass die gesetzliche Regelung nicht alle Fallgestaltungen erfasst, bei denen sich eine nähere Zuweisung und Ausgestaltung von Gebrauchsbefugnissen aufdrängt. Andererseits ist unklar, ob die
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ein gesetzliches Gebrauchsrecht aus sec. 12(1) TLATA 1996 generell nicht zustehen; auf die nähere Ausgestaltung des sub-trust oder des principal trust komme es nicht an.562 Schon der Bezugspunkt, der bloße Anteil könne nun einmal nicht „besetzt“ werden; es handele sich schließlich um ein „[…] right to occupy physical land and not a right to occupy an undivided share in physical land“.563 Aus sec. 12(1) TLATA 1996 könne ein sub-beneficiary, der lediglich aus einem Grundstücksbruchteil berechtigt werde, also kein Gebrauchs- oder Wohnrecht herleiten; überdies sei dies gem. sec. 12(2) TLATA 1996 exkludiert, weil ein ideeller Anteil an einem Grundstück zur „Besetzung“ per se ungeeignet sei.564 Im Mittelpunkt der Entscheidung in Creasey v. Sole standen einerseits allgemeine Fragen der Testamentsauslegung und andererseits die Reichweite des in sec. 12 TLATA 1996 normierten right to occupy des beneficiary eines trust of land. Dem Rechtsstreit lag eine Feststellungsklage der executors eines verstorbenen Ehepaars gegen die sechs Kinder der Erblasser zugrunde, mit der zuvörderst die Feststellung des Umfangs der Berechtigung des Beklagten zu 6) als Miterbe begehrt wurde. In die Nachlässe fielen jeweils Bruchteile an mehreren auf der Isle of Wight gelegenen landwirtschaftlichen Nutzflächen, die die Erblasser – mit Ausnahme des Grundstücks „Wrax Mashes“, welches dem Ehemann allein gehörte – gemeinschaftlich erworben hatten und jeweils in Equity zu gleichen Teilen (tenancy in common) hielten. Der vorverstorbene Ehemann hatte seine Frau testamentarisch mit einem life interest unter einem trust bedacht und die sechs Kinder zu gleichen Teilen als Schlusserben eingesetzt. Die Auseinandersetzung unter den Schlusserben sollte durch Verkauf der estates in land erfolgen. Ausgenommen war ein als East Ashey Farm bezeichnetes Grundstück, das nach dem Testament demjenigen Miterben allein gehören sollte, welcher es im Zeitpunkt des Todes des länger lebenden Ehegatten in der vom Erblasser bestimmten Weise landwirtschaftlich nutzte. Die zur executrix bestimmte Ehefrau errichtete mehrere letztwillige Verfügungen, in denen sie im Wesentlichen fünf Kinder (einschließlich des Beklagten zu 6)) als Miterben zu gleichen Teilen bedachte. Hiervon ausgenommen war u. a. eine als „Michael’s von Jarman (2007) 4 P. C.B. 263, 272 dargestellte Fallgestaltung, in der mehrere sub-beneficiaries unter jeweils separaten sub-trusts prinzipiell nach sec. 12(1) TLATA 1996 zum Gebrauch berechtigt sind und jeweils nur eine Person aus dem jeweiligen sub-trust über einen interest in possession i. S. v. sec. 12(1) TLATA 1996 verfügt, tatbestandsmäßig von sec. 13(1) TLATA 1996 erfasst ist. Entgegen Jarman spricht für die Anwendbarkeit von sec. 13 TLATA 1996 dass der Normwortlaut nur vorlangt, dass zwei oder mehrere beneficiaries nach sec. 12 TLATA 1996 gebrauchsberechtigt sind, nicht aber, dass die konkurrierenden Gebrauchsbefugnisse aus demselben trust of land resultieren; vom Wortlaut noch gedeckt ist deshalb auch der Fall, dass aus unterschiedlichen trusts of land (an einzelnen Anteilen desselben ungeteilten Grundstücks) jeweils konkurrierende interests in possession folgen. Unüberwindbare Schwierigkeiten ergeben sich in dieser Konstellation nicht: Auf der Hand liegt, dass den einzelnen sub-beneficiaries jeweils nur eine Mitbenutzungsbefugnis zusteht, weil auch das in den jeweiligen sub-trusts eingebrachte Anteilsrecht eine ebensolche verleiht: So wie der Gebrauch zwischen mehreren eigennützig berechtigten tenants in common ggf. vertraglich zu regeln ist, bedarf es in der Konstellation konkurrierender sub-trusts an ideellen Anteilen einer vertraglichen Regelung zwischen den jeweiligen sub-trustees der einzelnen sub-trusts. 561 Creasey v. Sole [2013] EWHC 1410 (Ch) [119], [127] (Morgan J.); dieser Entscheidung folgend Underhill and Hayton (-Hayton/Matthews/Mitchell), Law Relating to Trusts and Trustees19, Rn. 41.36, die allerdings das Ergebnis kritisieren. 562 Creasey v. Sole [2013] EWHC 1410 (Ch) [122–128] (Morgan J.). 563 So Creasey v. Sole [2013] EWHC 1410 (Ch) [128] (Morgan J.). 564 Creasey v. Sole [2013] EWHC 1410 (Ch) [128] (Morgan J.).
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land“ bezeichnete, im Testament nur vage umrissene Grundfläche; ihr Anteil an dieser sollte exklusiv ihrem Sohn Michael, dem Beklagten zu 6), gehören. Der Beklagte zu 6) hatte die in den Nachlass fallenden Grundstücke schon vor den Erbfällen zumindest teilweise im Besitz, um sie gemeinschaftlich mit den Eltern zu bewirtschaften. Nachdem die Ehefrau verstorben war, forderten die zur Testamentsvollstreckung berufenen Kläger den Beklagten zu 6) vergeblich zur Räumung der streitgegenständlichen Grundstücke zwecks Erbauseinandersetzung im Wege des Verkaufs auf. Der Beklagte zu 6) berief sich darauf, dass er nach dem Testament seines Vaters zur alleinigen Benutzung von East Ashey Farm berechtigt sei, da er die von seinem Vater testamentarisch bestimmten Konditionen erfülle, was die Kläger bestritten; die übrigen Grundflächen besitze er rechtmäßig aufgrund einer (nicht ordentlich kündbaren) agricultural tenancy; zudem greife zu seinen Gunsten ein Besitzrecht aufgrund eines proprietary estoppel ein; er habe berechtigterweise aus dem Verhalten seiner Eltern schließen dürfen, dass er wesentliche Teile des Grundbesitzes als Alleinerbe erhalten würde; jedenfalls aber sei er als beneficiary kraft sec. 12(1) TLATA 1996 zum (Allein-)Besitz berechtigt.565 Im Hinblick auf das vom Beklagten zu 6) geltend gemachte Besitzrecht hatte die (negative) Feststellungsklage der Kläger Erfolg. Die vom Kläger angeführten Gründe für ein Besitzrecht wurden von Morgan J. (für den High Court) zurückgewiesen. Im hier vorliegenden Kontext ist die Entscheidungsbegründung ausschließlich in Bezug auf die allgemeinen Ausführungen zu dem in sec. 12(1) TLATA 1996 geregelten Besitzrecht relevant. Diese erschließen sich vor dem Hintergrund der durch die testamentarischen Verfügungen ausgelösten gestuften Treuhandstruktur aus einem main trust (an den Grundstücken) und zwei die jeweiligen Nachlässe (einschließlich der Bruchteile an den Grundstücken) repräsentierenden sub-trusts.566 Scharf zwischen dem Nachlass des Vaters und dem der Mutter des Beklagten zu 6) unterscheidend erörterte das Gericht mustergültig die Modifikationen der sachenrechtlichen Zuordnungsverhältnisse at law und in equity nach dem Tod des vorverstorbenen Vaters und nach dem Tod der Mutter. Unproblematisch war die Rechtslage in Ansehung des Grundstücks Wrax Mashes, das aufgrund des Todes des Vaters at law zunächst auf die Mutter als executrix übergegangen war und, als die Mutter verstarb, gemeinschaftlich den Klägern als joint tenants zufiel; unter dem testamentarisch bestimmten trust war zunächst die Mutter auf Lebenszeit und sodann die Kinder zu gleichen Anteilen in equity berechtigt.567 Ein right to occupy schied insoweit jedenfalls aus, weil eine Auseinandersetzung im Wege des Verkaufs bestimmt war, mithin der trust nicht darauf abzielte, Wrax Mashes den Erben zum Zwecke des Eigengebrauchs zur Verfügung zu halten, wie von sec. 12(1) TLATA 1996 vorausgesetzt.568 Schwieriger lag es bei den übrigen, den Erblassern gesamthänderisch als joint tenants zustehenden Grundstücken, fielen diese doch präzise betrachtet schon zu Lebzeiten kraft Gesetzes in einen (main) trust zugunsten der Eheleute als tenants in common.569 Nach dem Tod des Ehemanns stand der legal title zunächst der zur executrix bestellten Ehefrau allein zu; in equity hielt sie ihren bereits bestehenden Bruchteil weiterhin eigennützig für sich selbst und den auf sie als executrix übergegangenen Bruchteil 565
Creasey v. Sole [2013] EWHC 1410 (Ch) [13, 116–117] (Morgan J.). Creasey v. Sole [2013] EWHC 1410 (Ch) [122] (Morgan J.). 567 Creasey v. Sole [2013] EWHC 1410 (Ch) [121] (Morgan J.). 568 Creasey v. Sole [2013] EWHC 1410 (Ch) [121] (Morgan J.). 569 Dies kommt in der Entscheidung zwar nicht eindeutig zum Ausdruck, folgt aber zwingend aus der Sachverhaltswiedergabe im Urteil, nach der die Eheleuten die gemeinschaftlichen Grundstücke als tenants in common hielten; eine tenancy in common ist aber nur in equity zulässig, während at law eine gemeinschaftliche Rechtszuständigkeit an Grundstücken und Grundstücksrechten ausschließlich in Form der Gesamthandsgemeinschaft (joint tenancy) zulässig ist (arg. e ss. 1(6), 34(2) LPA 1925). 566
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ihres Gatten unter dem durch den Erbfall entstandenen sub-trust fremdnützig für ihre sechs Kinder zu je 1/12.570 Das gesamte Vermögen der Witwe ging, als diese verstarb, auf die Kläger als executors über. At law standen diesen die Grundstücke mithin zur gesamten Hand zu; in equity hielten sie die Grundstücke jeweils fremdnützig für den Nachlass des Ehemanns und für den Nachlass der Ehefrau zu gleichen Teilen.571 Aufgrund der getrennt zu betrachtenden Rechtsnachfolge in die Positionen des Ehemanns und der Ehefrau unterschied das Gericht zwischen dem ersten sub-trust, unter dem die bedachten Kinder in die Rechte des vorverstorbenen Ehemanns, und dem zweiten sub-trust, unter dem die bedachten Kinder in die Rechte der Witwe eintraten.572 Folglich ergaben sich für den Beklagten zu 6) aus der Addition der unter den sub-trusts bestehenden Rechtspositionen ein Anteil von 7/12 (1/12 + ½) an „Michael’s land“, ein Anteil von 1/12 an dem kraft letztwilliger Verfügung der Witwe einem Bruder des Beklagten zu 6) zugewiesenen Grundstück („Richard’s land“) sowie Anteile von jeweils 11/60 (1/12 + 1/10) an den anderen Grundstücken.573 Das Gericht verneinte zutreffend rights to occupy aus sec. 12(1) TLATA 1996 an „Richard’s land“ und den weiteren zu 11/60 dem Beklagten zu 6) zugewiesenen Grundstücken.574 Mit fragwürdiger Argumentation hielt es aber auch ein right to occupy des Beklagten zu 6) an „Michael’s land“ für ausgeschlossen. Zwar sei es nicht undenkbar, das Testament der Witwe hier dahin auszulegen, dass der sub-trust an „Michael’s land“ auch dem Zweck diene, dieses Grundstück dem Beklagten zum tatsächlichen Gebrauch zu verschaffen. Allerdings meldete das Gericht insoweit Zweifel an, weil die Witwe in Kenntnis der Verfügungen des Ehemanns gehandelt habe, der aber ausdrücklich eine Auseinandersetzung durch Verkauf vorgesehen habe, womit ein right to occupy des Beklagten zu 6) unvereinbar sei.575 Aber selbst wenn der Zweck des sub-trust darin liege, dem Beklagten zu 6) das land zur Verfügung zu stellen, verschaffe ein sub-trust an einem ideellen Anteil nur ein Recht zum „Besitz“ dieses Anteils; sec. 12(1) TLATA 1996 begründe aber nur ein Recht zum Besitz des „physischen“ Grundstücks und sei daher auf die Berechtigung an einem ideellen Anteil unter einem subtrust nicht anwendbar.576 Aus dem main trust, der sich auf das „physical land“ und nicht bloß auf ideelle Grundstücksteile beziehe, werde der Beklagte zu 6) nicht berechtigt; diese Rechte stünden in Equity zu ideellen Anteilen den executors zu, die diese unter den sub-trusts für die Beklagten hielten.577 Auch seien die executors nicht gehalten, die mehrstufige trust-Struktur aufzulösen und alle Anteile in einen einheitlichen trust einzubringen, der sich dann auf das „physical land“ beziehe und demgemäß ein Gebrauchsrecht für die beneficiaries begründe; vielmehr seien diese berechtigt (und verpflichtet), den Bruchteil des Ehemannes an „Michael’s land“ und den weiteren Grundstücken zwecks Auseinandersetzung zu verkaufen.578 Mangels right to occupy war der Beklagte zu 6) den Klägern (als Inhabern der legal estates in land) zum Schadensersatz wegen trespass to land verpflichtet.579
Während ein sub-trust, der sich auf einen Grundstücksbruchteil bezieht, kein right to occupy aus sec. 12(1) TLATA 1996 verleiht, ist es umgekehrt unerheblich, 570
Creasey v. Sole [2013] EWHC 1410 (Ch) [122] (Morgan J.). Creasey v. Sole [2013] EWHC 1410 (Ch) [122] (Morgan J.). 572 Creasey v. Sole [2013] EWHC 1410 (Ch) [122, 128] (Morgan J.). 573 Creasey v. Sole [2013] EWHC 1410 (Ch) [95] (Morgan J.). 574 Creasey v. Sole [2013] EWHC 1410 (Ch) [124–126] (Morgan J.). 575 Creasey v. Sole [2013] EWHC 1410 (Ch) [126] (Morgan J.). 576 Creasey v. Sole [2013] EWHC 1410 (Ch) [128] (Morgan J.). 577 Creasey v. Sole [2013] EWHC 1410 (Ch) [128] (Morgan J.). 578 Creasey v. Sole [2013] EWHC 1410 (Ch) [129] (Morgan J.). 579 Creasey v. Sole [2013] EWHC 1410 (Ch) [130] (Morgan J.). 571
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ob der sub-beneficiary eines sub-trust – wie hier unter dem letztwilligen trust of land – selbst nur auf eine Quote eingesetzt ist. Letzteres schließt ein right to occupy dann nicht aus, wenn sich der sub-trust auf ein ganzes Grundstück oder Grundstücksrecht – land i. S. v. sec. 205(1)(ix) LPA 1925 – bezieht und dem hieraus begünstigten sub-beneficiary ein interest in possession zusteht, die weiteren Voraussetzungen von sec. 12(1) TLATA 1996 erfüllt sind und keine Bereichsausnahmen greifen. Mit dieser Entscheidung ist die referierte Entscheidung in Sheffield v. Sheffield freilich kaum vereinbar, hatte doch dort die Klage des aus einem sub-trust an einem Grundstücksbruchteil berechtigten beneficiary Erfolg, soweit dieser Schadensersatz wegen des unerlaubten (Wohn-)Gebrauchs des fraglichen land seitens des sub-trustee verlangte.580 Ist der sub-trustee zur Entschädigung des beneficiary eines sub-trust an einem Grundstücksbruchteil verpflichtet, soweit dieser von der tatsächlichen Herrschaft des Grundstücks ausgeschlossen wird,581 setzt dieser Nutzungsersatzanspruch voraus, dass sich der Zuweisungsgehalt eines sub-trust an einem Grundstücksbruchteil auf die Gebrauchsvorteile des „physical land“ erstrecken kann. Unter der Prämisse, dass der sub-trust an einem Grundstücksbruchteil einen sog. interest in possession zuweist und ein right to occupy weder mit dem Zweck des principal trust noch mit dem des sub-trust unvereinbar ist, wird folglich der beneficiary eines sub-trust aus sec. 12(1) TLATA 1996 berechtigt. Es wäre einigermaßen paradox, dem sub-beneficiary zwar einerseits einen Ausgleichsanspruch im Fall eines (ausschließlichen) Wohngebrauchs des Grundstücks gegen den („nicht-so-berechtigten“) sub-trustee zuzusprechen, und andererseits ein eigenes right to occupy unter Rekurs auf den vergeistigten Bezugspunkt des sub-trust zu verneinen. Deshalb hätte es – entgegen der Einschätzung des Gerichts in Sheffield v. Sheffield – durchaus einer vertieften Auseinandersetzung mit der von Morgan J. in Creasey v. Sole vertretenen Rechtsansicht bedurft.582 580
Sheffield v. Sheffield [2013] EWHC 3927 (Ch) [154]–[156] (Judge Pelling Q. C.). der referierten Sheffield v. Sheffield bezog sich schließlich der aus der „1983 declaration“ folgende sub-trust auf den ¼-Anteil des Großvaters des Klägers aus dem „1968 settlement“; Gegenstand des sub-trust (als trust of land i. S. v. sec. 1(1) TLATA 1996) war mithin ein undivided share in land (vgl. auch Sagar [2014] 20 T & T 826, 831–832). 582 Demgegenüber ließ Judge Pelling Q. C. (für den High Court) ausdrücklich mangels Entscheidungserheblichkeit dahinstehen, ob dem sub-trustee/beneficiary eines trust of land ein right to occupy aus sec. 12(1) TLATA 1996 zustehe, wenn sein Recht mit einem sub-trust belastet sei (Sheffield v. Sheffield [2013] EWHC 3927 (Ch) [154]). Soweit der Richter diese Frage – unter Verweis auf die Entscheidung in Creasey v. Sole in der angeblich ein Besitzrecht aus sec. 12(1) TLATA 1996 für den sich zum sub-trustee bestellenden beneficiary eines trust of land abgelehnt worden sei – als umstritten bezeichnet (vgl. Sheffield v. Sheffield [2013] EWHC 3927 (Ch) [154]), liegt dem eine Fehlinterpretation des Urteils von Morgan J. zugrunde. Wie gezeigt, wurde in Creasey v. Sole umgekehrt dem aus separaten testamentarischen trusts an Grundstücksbruchteilen begünstigten sub-beneficiary ein right to occupy am Grundstück aus sec. 12(1) TLATA 1996 schlechthin abgesprochen; die anders gelagerte Frage, ob ein sub-trustee zum Besitz eines in den sub-trust fallenden Grundstücks berechtigt ist, war demgegenüber nicht entscheidungserheblich und wurde von Morgan J. nicht einmal im Rahmen eines obiter dictum diskutiert. Während Judge Pelling Q. C. (in Sheffield v. Sheffield) also einerseits ein bislang gänzlich unbeachtetes Problem – die Besitzberechtigung des sub-trustee an einem trust-befangenen Grundstück – unter Verkennung des Ur581 In
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Einer näheren Überprüfung hält die von Morgan J. vertretene Auffassung, sec. 12(1) TLATA 1996 begründe lediglich ein „[…] right to occupy physical land and not a right to occupy an undivided share in physical land“ freilich nicht stand.583 Zunächst gibt die grammatikalisch-systematische Auslegung für die nicht näher begründete Hypothese, dass ein unter einem sub-trust aus einem ideellen Grundstücksanteil berechtigter beneficiary aus sec. 12 TLATA 1996 schlechthin kein Wohn- und/oder Gebrauchsrecht herleiten könne, nichts her. Der sachliche Geltungsbereich des TLATA 1996 erstreckt sich auf trusts, die sich auf einen Anteil an einem legal estate oder equitable interest in land beziehen; eine ungeschriebene Bereichsausnahme für ideelle Grundstücksanteile ist – was Morgan J. nicht in Abrede stellt584 – mit dem Gesetz unvereinbar.585 Für sec. 12(1) TLATA 1996 gilt nichts anderes. Steht dem beneficiary zu eigenen Gunsten (beneficially) ein aktuelles und nicht bloß ein künftiges oder aufschiebend bedingtes Anteilsrecht an land zu, liegt der tatbestandlich vorausgesetzte „interest in possession in land“ vor, an den das right to occupy anknüpft. Die Norm gibt in lexikalisch-semantischer Hinsicht nichts dafür her, sub-trusts an Grundstücksbruchteilen von vornherein auszuklammern.586 teils in Creasey v. Sole als umstritten klassifizierte, setzte er sich andererseits über den neuralgischen Punkt des Urteils von Morgan J. – die kategorische Ablehnung einer Besitzberechtigung des sub-beneficiary eines ideellen Grundstücksteils – hinweg. 583 Zumindest skeptisch auch Lewin (-Tucker/L e Poidevin/Brightwell), Trusts19, Rn. 37-058; Underhill and Hayton (-Hayton/Matthews/Mitchell), Law Relating to Trusts and Trustees19, Rn. 41.36; indifferent Emmett & Farrand on Title II, Stand: Release 117 (27.6.2019), Rn. 22.024. 584 Creasey v. Sole [2013] EWHC 1410 (Ch) [119], [127]. 585 Zur Begründung sei auf die Ausführungen in Fn. 560 Bezug genommen. 586 So wohl auch Lewin (-Tucker/L e Poidevin/Brightwell), Trusts19, Rn. 37-058. Dass sec. 12(1) TLATA 1996 voraussetzt, dass dem beneficiary ein „interest in possession“ zusteht und hieran die Rechtsfolge eines gesetzlichen Gebrauchsrechts knüpft, ist nicht zirkulär. Mit dem qualifizierenden Tatbestandsmerkmal „interest in possession in land“ ist nicht ein Recht auf Besitz eines (ganzen) Grundstücks, sondern die Zuweisung einer aktuellen Rechtsposition an land i. S. v. sec. 205(1)(ix) LPA 1925 im Gegensatz zu einem künftigen oder bedingten Recht (interest in remainder; contingent interest) gemeint (K. Gray/S. F. Gray, Elements of Land Law5, Rn. 7.5.44 in Fn. 2; Underhill and Hayton (-Hayton/Matthews/Mitchell), Law Relating to Trusts and Trustees19, Rn. 51.23). Dies korrespondiert mit der anerkannten Auslegung des Begriffs „interest in possession“ i. S. v. sec. 20(1) SLA 1925, wonach der volljährige Inhaber eines „interest in possession“ aus dem settlement die gesetzlichen Rechte eines tenant for life ausüben kann; vgl. Lewin (-Tucker/Le Poidevin/Brightwell), Trusts19, Rn. 37-102; siehe auch Gartside v. Inland Revenue Commissioners [1968] A. C. 553 (H. L.), wo „interest in possession“ in einem steuerrechtlichen Zusammenhang mit einem „immediate right to present enjoyment“ gleichgesetzt wurde. „Possession“ darf auch in diesem Kontext nicht schlicht mit „Besitz“ i. S. kontinentaler Sachenrechtsregimes gleichgesetzt werden. Tendenziell dürfte eine weite Auslegung geboten sei, erstreckt sich doch der Begriff der „possession“ auch im hier relevanten Kontext des „trust of land“ auf „receipt of rents and profits or the right to receive the same“ (sec. 205(1)(xix) LPA 1925, sec. 23(2) TLATA 1996); vgl. Lewin (-Tucker/Le Poidevin/Brightwell), Trusts19, Rn. 37-026(1). Das qualifizierende Tatbestandsmerkmal „interest in possession in land“ zielt darauf ab, für die sukzessiv gestaffelte Rechtsnachfolge unter klassischen settlements allein denjenigen beneficiaries Gebrauchsrechte zuzuweisen, denen ein unbedingtes, auf aktuelle Ausübung gerichtetes Recht unter einem trust of land zugewiesen ist. Mit dem nicht gesetzlich definierten Begriff „interest in possession“ erfasst das Gesetz aber nicht bloß die fraglos zur possession des Landes berechtigenden legal estates i. S. v.
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Soweit Morgan J. in Creasey v. Sole zunächst eher ratlos als rhetorisch fragt, wie sec. 12(1) TLATA auf ein Recht an einem ideellen Anteil angewendet werden könne, und dann ohne vertiefte Prüfung proklamiert, sec. 12(1) TLATA 1996 verleihe nur ein „[…] right to occupy physical land and not a right to occupy an undivided share in physical land“,587 ist dies zumindest voreilig. Dass ein ideeller Grundstücksteil mangels räumlich-gegenständlicher Existenz von Menschen nicht in derselben Weise wie ein plot of land bewohnt oder benutzt werden kann, bedarf keiner vertieften Erklärung.588 Denn aus der nahezu banalen Feststellung, dass ein ideeller Bruchteil nicht wie ein physisches Substrat okkupiert werden kann, folgt nicht zwingend, dass sich der Zuweisungsgehalt eines sub-trust an einem Grundstücksbruchteil nicht auf den Gebrauch des physischen Substrats erstrecken kann. Die von Morgan J. vertretene Hypothese, ein sub-trust an einem ideellen Anteil berechtige ausschließlich zum „Gebrauch“ des Anteils, wohingegen (nur) ein trust an einem legal estate in land zum „Besitz“ des physischen Landes legitimiere,589 beruht auf einer Verkennung des fundamentalen Unterschieds zwischen dem Bezugspunkt und dem Zuweisungsgehalt des kraft des sub-trust konstituierten equitable interest. Aus dem Befund, dass der im Tatbestand von sec. 12(1) TLATA 1996 verwendete Rechtsbegriff trust of land auch sub-trusts einschließt, die sich auf ideelle Anteile an Grundstücken beziehen,590 folgt sachlogisch nicht, dass auf Rechtsfolgenseite der Begriff „land“ durch „undivided share in land“ ersetzt werden muss, der beneficiary also nur befugt sei, „by reason of his interest to occupy the undivided share in land“. Denn vom Rechtsobjekt lässt sich nicht auf den Inhalt der durch den sub-trust verliehenen Berechtigung schließen: Ist das in den sub-trust eingebrachte ideelle Anteilsrecht ein (equitable) interest in possession, das, wenn es nicht Gegenstand des sub-trust wäre, den beneficiary zum (Mit-)Gebrauch des „Grundstücks“ berechtigen würde, vermag ein mittels sub-trust konstituiertes quotales Nutzungsrecht jenes Recht zu suspendieren und dem Berechtigten in einem bestimmten Ausmaß selbst ein neues right to occupy am „physical land“ zu verschaffen. Ob einem sub-trust die vorbeschriebene „parasitäre“ Wirkung zukommt, hängt primär vom rechtsgeschäftlich bestimmten und ggf. durch Auslegung zu ermittelndem Zweck des sub-trust ab. Denn das Bestehen und die Reichsec. 1(1) LPA 1925, sondern auch „(subsidiary) equitable interests in possession“ (i. S. v. sec. 1(3) LPA 1925), die aus einem sub-trust an einen quotal begrenzten equitable interest in possession resultieren, der wiederum das Korrelat der Belastung eines in einen trust of land eingebrachten (ganzen oder ideell geteilten) Grundstücks oder Grundstücksrechts bildet. 587 Creasey v. Sole [2013] EWHC 1410 (Ch) [128] (Morgan J.). 588 Zur damit eng verzahnten Thematik des „Rechtsbesitzes“ vertiefend von Bar, FS Baums I, S. 127–140; ders., Gemeineuropäisches Sachenrecht II, Rn, 44–54. 589 Creasey v. Sole [2013] EWHC 1410 (Ch) [128] (Morgan J.). 590 Zwar ist, soweit diese Rechtsfrage überhaupt diskutiert wird, strittig, ob sub-trusts, die sich auf ideelle Anteile an Grundstücken beziehen, vom sachlichen Anwendungsbereich des TLATA 1996 erfasst sind (Nachweise in Fn. 553). M. E. ist die Frage zu bejahen; wegen der näheren Begründung wird auf die Ausführungen in Fn. 557 Bezug genommen.
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weite des gesetzlichen (Wohn-)Gebrauchsrechts richten sich, wie die in sec. 12(1) (a)(b) TLATA 1996 alternativ bestimmten zusätzlichen Tatbestandsvoraussetzungen zeigen, nach dem durch den trust of land bestimmten Zuweisungsgehalt der Rechtsposition des beneficiary.591 Selbst wenn man aber unterstellt, dass bei konsequenter Erstreckung von sec. 12(1) TLATA 1996 auf sub-trusts an ideellen Anteilen auf Rechtsfolgenseite der Begriff „land“ durch „undivided share in land“ ersetzt werden müsse, der beneficiary also nur befugt sein könne, „by reason of his interest to occupy the undivided share in land“,592 kann sich hieraus ein Recht zum Mitgebrauch des „physical land“ ergeben. Auf der Hand liegt zwar, dass der sub-beneficiary keine weitergehenden Rechte am Grundstück hat als der beneficiary/sub-trustee des mit einem sub-trust belasteten principal trust. Soweit dieser aber kraft seines Anteils unter einem trust of land zum Grundstücksgebrauch neben den anderen tenants in common berechtigt ist, vermag der sub-trust dieses „eigennützige“ right to occupy zu exkludieren, es sei denn, dass der beneficiary/sub-trustee aus einem anderen Rechtsgrund gebrauchsberechtigt ist (arg. e sec. 22(2) TLATA 1996). Unter den Voraussetzungen von sec. 12(1) TLATA 1996 verlagert der sub-trust das aus dem principal trust resultierende Gebrauchsrecht auf den beneficiary des sub-trust; dies ist einfach Kehrseite der rechtssuspendierenden Wirkung der Belastung.593 Statt des sub-trustee 591 Dass sec. 12 TLATA 1996 nicht das Recht des beneficiary auf tatsächlichen Gebrauch begründet, sondern vielmehr die umfassende Gestaltungs- und Konstitutionsmacht des settlor deklaratorisch bestätigt, ergibt sich aus der tatbestandlichen Rückkoppelung an den rechtsgeschäftlich festgelegten Zweck des betreffenden trust of land: Entweder muss der trust of land (zumindest auch) auf tatsächlichen Gebrauch seitens des beneficiary bestimmungsgemäß abzielen (sec. 12(1) (a) TLATA 1996) oder das Land ist von den trustees of land für den tatsächlichen Gebrauch seitens des beneficiary zur Verfügung zu halten (sec. 12(1)(b) TLATA 1996). Im Verhältnis zu sec. 12(1)(a) TLATA 1996 bildet sec. 12(1)(b) TLATA 1996 dabei einen restriktiv auszulegenden Auffangtatbestand (vgl. Lewin (-Tucker/Le Poidevin/Brightwell), Trusts19, Rn. 37-060). Auch die zweite Alternative setzt voraus, dass der tatsächliche Gebrauch durch den beneficiary im Einklang mit dem Zweck des trust steht, bspw. den trustees of land ein Gestaltungsrecht (power) zur Zuweisung von Gebrauchsrechten verliehen ist und dieses zugunsten des beneficiary ausgeübt wird. Der Kern der Regelung liegt darin, die aus einem trust of land folgenden tatsächlichen Gebrauchsrechte mehrerer beneficiaries durch umfassende Gestaltungsbefugnisse der trustees of land zu flankieren (secs. 12(3), 13 TLATA 1996). Sind mehrere beneficiaries aus einem oder mehreren mehrstufig strukturierten trusts besitzberechtigt, ist es Sache der trustees of land Benutzungs-, Verwaltungs- und Entschädigungsregelungen zu treffen; den trustees of land steht dabei ein weites Auswahlermessen zu, sie können etwa einem der beneficiaries ausschließlich den Besitz des Landes zuweisen, dabei konkrete Vorgaben betreffs der Bewirtschaftung treffen und zugleich dem berechtigten beneficiary eine Nutzungsentschädigung zugunsten der ausgeschlossenen beneficiaries auferlegen. Weshalb noch eine ungeschriebene zusätzliche Bereichsausnahme für sub-trusts an ideellen Anteilen „erfunden“ werden sollte, erschließt sich vor diesem Hintergrund nicht. 592 So Creasey v. Sole [2013] EWHC 1410 (Ch) [128] (Morgan J.); Underhill and Hayton (-Hayton/Matthews/Mitchell), Law Relating to Trusts and Trustees19, Rn. 41.36. 593 Wie die Fallgestaltung in Creasey v. Sole lehrt, bedarf die Prüfung, ob ein Gebrauchsrecht mit dem Zweck des trust of land vereinbar ist, dann sorgfältiger Prüfung, wenn im Wege mehrstufiger trusts of land ausdifferenzierte Quotennutzungsrechte einer Mehrzahl von Berechtigten entstehen: Wenngleich das Gesetz eine mögliche Koexistenz von Mitbenutzungsrechten unter einem trust of land ausweislich sec. 13 TLATA 1996 voraussetzt, zielen aufschiebend bedingte
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ist der beneficiary des sub-trust nach Maßgabe seines Anteils zum Gebrauch des dem principal trust unterliegenden (ganzen oder wiederum ideell geteilten) land befugt.594 Entgegen teilweise vertretener Ansicht595 steht der Annahme eines right to occupy aus sec. 12(1) TLATA 1996 an einem ideellen Anteil, welches sich auf die aus dem betroffenen Anteilsrecht folgende Mitgebrauchsbefugnis am ganzen Grundstück erstreckt, auch nicht entgegen, dass sich die Regelungskompetenzen der trustees of land aus sec. 13 TLATA angeblich nicht auf sub-trusts erstrecken.596 oder befristete equitable interests, die der settlor seinen Kindern und Enkeln im Anschluss an etwaige life interests durch Rechtsgeschäft unter Lebenden oder durch letztwillige Verfügung einräumt, nicht zwangsläufig darauf ab, das Grundstück den beneficiaries zum Eigenbedarf zur Verfügung zu halten (Creasey v. Sole [2013] EWHC 1410 (Ch) [121] (Morgan J.); Lewin (-Tucker/ Le Poidevin/Brightwell), Trusts19, Rn. 37-059). Mit Blick auf den Inhalt der letztwilligen Verfügungen waren die Tatbestandsvoraussetzungen von sec. 12(1)(a) TLATA 1996 oder sec. 12(1)(b) TLATA 1996 in Creasey v. Sole an sämtlichen Grundstücken mit Ausnahme von „Michael’s land“ nicht erfüllt. Aber selbst in Bezug auf „Michael’s land“ war fraglich, ob der Beklagte zu 6) als Alleinbegünstigter des Bruchteils der Mutter auf der Grundlage des in der letztwilligen Verfügung zum Ausdruck gebrachten Testierwillens zum tatsächlichen Gebrauch des (ganzen) Grundstücks trotz des avisierten Verkaufs der zum Nachlass des Vaters zählenden Grundstückshälfte berechtigt sein sollte (ausdrücklich ergab sich dies aus dem Testament nicht; die gewählte Formulierung „(…) for my said son Michael Gilbert Jenkins absolutely“ (clause 6.2) weist nicht unzweideutig auf die Zuweisung eines tatsächlichen Gebrauchsrechts hin, zumal die Mutter gerade eine ausdrückliche Regelung über den Erlös aus der Veräußerung der in den Nachlass ihres Gatten fallenden Grundstückshälfte zugunsten des Beklagten zu 6) angeordnet hatte, vgl. Creasey v. Sole [2013] EWHC 1410 (Ch) [54–55] (Morgan J.)). Mit Rücksicht auf die Fallumstände lag es nicht fern, das Testament der Mutter dahin auszulegen, dass der dem Beklagten zu 6) aus den beiden testamentarischen sub-trusts zukommende Bruchteil ausschließlich auf Erlösbeteiligung (i. H. v. 7/12), nicht auf Eigenbenutzung des Grundstücks zielte (sec. 12(1)(a) TLATA 1996). Bei dieser Betrachtungsweise wären auch die personal representatives weder verpflichtet noch berechtigt gewesen, das zu veräußernde Grundstück dem Beklagten zum Eigenbedarf zur Verfügung zu halten (sec. 12(1) (b) TLATA 1996). Selbst wenn man aber hiernach dem Beklagten zu 6) ein Mitgebrauchsrecht nach Maßgabe von sec. 12(1) TLATA 1996 prinzipiell an „Michael’s land“ zugestände, könnte argumentiert werden, dass das Grundstück aufgrund des übereinstimmend von beiden Erblassern zugrunde gelegten Verkaufs des in den Nachlass des Vaters fallenden Bruchteils insgesamt zum tatsächlichen Gebrauch durch den potentiell berechtigten Beklagten zu 6) unzugänglich („unavailable“) bzw. ungeeignet („unsuitable“) war (sec. 12(2) TLATA 1996). 594 So liegt ein wesensimmanentes Strukturprinzip des fixed trust – im Unterschied zu einem discretionary trust, der lediglich eine Aussicht auf Erwerb der künftigen Rechtsstellung eines beneficiary zugunsten der objects verleiht – in der Belastung des dem trustee verliehenen oder übertragenen legal oder equitable interest – dieses ist durch das als sog. general burden bezeichneten Rechts des beneficiary beschränkt, vermöge dessen dem beneficiary eine je nach rechtsgeschäftlicher Ausgestaltung des trust zugewiesene Berechtigung an dem „Substrat“ der Treuhand, dem sog. trust property zusteht. Allumfassend ist diese unter einem „nackten“ sub-trust. Selbst soweit das durch den sub-trust geschaffene „subsidiary beneficial entitlement“ auf eine quotale Nutzung des in den sub-trust fallenden quotalen Nutzungsrechts zielt, steht dies einem Gebrauchsrecht am Land nicht per se entgegen; ein qualifizierendes Adverb (z. B. „absolutely“, „exclusively“, „solely“) ist der Formulierung „beneficially entitled“ in sec. 12(1) TLATA 1996 schließlich nicht vorangestellt worden. 595 Ausdrücklich anders, soweit ersichtlich, nur Jarman (2007) 4 P. C.B. 263, 271–276. 596 So Jarman (2007) 4 P. C.B. 263, 272. Indes ist sec. 13 TLATA 1996 zwangslos auf die Fallgestaltung anwendbar, in der mehrere sub-beneficiaries jeweils interests in possession aus einem sub-trust an einem ideellen Grundstücksteil zustehen; in diesem Fall sind die wechselseitigen Ge-
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Abgesehen davon, dass weder der Normwortlaut noch die Gesetzessystematik für die von Morgan J. vertretene einschränkende Auslegung von sec. 12(1) TLATA 1996 sprechen, führt diese Rechtsansicht zu widersprüchlichen Ergebnissen.597 Mehrstufige trusts of land weisen – wie die referierten Entscheidungen demonstrieren – eine nicht zu unterschätzende Praxisrelevanz auf: Wenn Ehegatten als „estate owner“ (i. S. v. sec. 205(1)(v) LPA 1925) eines legal estate in land aufgrund eines trust of land zu eigenen Gunsten auf quotale Grundstücksnutzung beschränkte life interests und fremdnützige, aufschiebend befristete Anteilsrechte für ihre Kinder bestellen, kommt es i. d. R. schon im Erbfall eines beneficiary zur Entstehung eines brauchsrechte wiederum seitens der sub-trustees nach pflichtgemäßem Ermessen auszuschließen und/oder mit Ausübungs- oder Entschädigungspflichten zugunsten der ausübungsberechtigten sub-beneficiaries zu versehen. Soweit wiederum unter dem principal trust die Gebrauchsbefugnis durch dessen trustees of land nach Maßgabe von sec. 13 TLATA geregelt ist, müssen sich hieran auch die aus dem sub-trust begünstigten sub-beneficiaries festhalten lassen; diese können keine weitergehenden Gebrauchsbefugnisse am „physical land“ reklamieren als der Inhaber des belasteten Anteilsrechts. Soweit demgegenüber aus jeweils eigenständigen sub-trusts an einzelnen Grundstücksbruchteilen jeweils nur einem einzigen sub-beneficiary ein potenziell zum Gebrauch des belasteten equitable interest und indirekt zum Gebrauch des vom principal trust befangenen Grundstücks berechtigender interest in possession zusteht, stehen der Ausübung der konkurrierenden Gebrauchsbefugnisse keine unüberwindlichen Koordinationsschwierigkeiten entgegen. Auch wenn der Tatbestand von sec. 13 TLATA 1996 nicht eröffnet ist, ist jeder einzelne subbeneficiary der miteinander konkurrierenden sub-trusts allenfalls zum Mitgebrauch des Grundstücks im Umfang des belasteten Anteilsrechts aus dem jeweils belasteten principal trust befugt; an trust-rechtliche Gebrauchsregelungen und Ausgleichspflichten, die die jeweiligen tenants in common des Grundstücks treffen, sind auch beneficiaries aus sub-trusts gebunden. Sollte dagegen – wie in Creasey v. Sole – nur einem einzigen sub-beneficiary aus einem sub-trust an einem ideellen Anteil ein potenziell zum Mitgebrauch des Grundstücks berechtigender interest in possession zustehen, lässt sich – trotz Unanwendbarkeit von sec. 13(3)(6)(a) TLATA 1996 – eine ungerechtfertigte Bereicherung des mitgebrauchsberechtigten sub-beneficiaries im Verhältnis zu den nicht gebrauchsberechtigten sub-beneficiaries ohne weiteres vermeiden (anders Jarman (2007) 4 P. C.B. 263, 272). Wenn nur einer von mehreren beneficiaries nach Maßgabe des (sub-)trust zum Gebrauch des land berechtigt ist, liegt es nahe, zugleich im Wege ergänzender Auslegung den subtrustees of land eine nach pflichtgemäßen Ermessen auszuübende ungeschriebene power zu attestieren, um Ausgleichs- und Entschädigungsregelungen sowie Nutzungsvorgaben zu treffen (vgl. Lewin (-Tucker/Le Poidevin/Brightwell), Trusts19, Rn. 37-063, die dies für die Konstellation eines trust of land annehmen, unter dem ein beneficiary auf einen life interest im Umfang eines Bruchteils des Grundstücks eingesetzt ist und der trust auch anderen Zwecken, z. B. der Akkumulation des trust property, dient). Außerdem dürften die trustees of land, wenn der Anwendungsbereich von sec. 13 TLATA 1996 mangels einer Konkurrenz von rights to occupy nicht eröffnet ist, nach der ungeschriebenen Lehre des equitable accounting berechtigt sein, dem das Grundstück allein gebrauchenden beneficiary eine Nutzungsentschädigungspflicht aufzuerlegen (Lewin (-Tucker/ Le Poidevin/Brightwell), Trusts19, Rn. 37-062 in Fn. 280). Schließt man sich dem an, hätte auch bei unterstelltem right to occupy des Beklagten zu 6) in Creasey v. Sole ein angemessener Interessenausgleich zwischen den beneficiaries erreicht und zugleich dem Testierwillen der Mutter des Beklagten zu 6) Rechnung getragen werden können: Ein Verkauf des dem Nachlass des Vaters zugeordneten Bruchteils war in jedem Fall möglich, wobei die personal representatives (als trustees of land der dem Nachlass der Mutter zugeordneten Grundstücksanteils) dem Beklagten zu 6) eine an die beneficiaries des trust an dem anderen Grundstücksanteil zu leistende Rente oder auch eine anteilige Nutzungsherausgabepflicht hätten auferlegen können. 597 Lewin (-Tucker/L e Poidevin/Brightwell), Trusts19, Rn. 37-058; Underhill and Hayton (-Hayton/Matthews/Mitchell), Law Relating to Trusts and Trustees19, Rn. 41.36.
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sub-trust an seinem unter dem „Vorhang“ des (erststufigen) trust of land vererblichen und veräußerlichen equitable interest.598 Zielt ein (testamentarischer) subtrust an einem ideellen Anteil – anders als in Creasey v. Sole599 – darauf ab, die Benutzung des Grundstücks zu Wohnzwecken oder anderen Zwecken seitens eines beneficiary zu ermöglichen, verbietet es sich aber, dieser rechtsgeschäftlich zulässigen Gestaltung von vornherein mit scholastisch-begriffsjuristischer Argumentation jegliche Wirkung zu versagen. Die Annahme einer auf sub-trusts an ideellen Grundstücksteilen begrenzten ungeschriebenen Bereichsausnahme vereitelt ohne zwingenden Sachgrund trust-rechtliche Gestaltungsoptionen und widerspricht somit der in sec. 12(1) TLATA 1996 zum Ausdruck gebrachten gesetzlichen Wertungsentscheidung.600 Lehnt man ein right to occupy des aus einem trust an einem ideellen Grundstücksteil berechtigten Inhabers eines „interests in possession“ unter Verweis auf das vergeistigte Rechtsobjekt apodiktisch ab, würde dies in der Praxis nicht selten dazu führen, dass auf Zeit nicht ein einziger beneficiary zum Gebrauch des „physical land“ berechtigt wäre.601 Werden z. B. gemeinschaftlich gehaltene legal estates in land zu Lebzeiten in trusts of land eingebracht, unter denen den beneficiaries jeweils ideelle Anteile zustehen, und gelangen diese equitable interests kraft Erbfalls oder durch lebzeitige Verfügung der beneficiaries in sub-trusts, sind die subtrustees i. d. R. nicht zum (Mit-)Gebrauch des Landes berechtigt (sec. 22(2) TLATA 1996). Dies zeigt sich in Fallgestaltungen wie Creasey v. Sole. Aus dem principal trust (am legal estate in land) werden ausschließlich die sub-trustees (bzw. die personal representatives (i. S. v. sec. 205(1)(xviii) LPA 1925)) begünstigt, nicht aber die Kinder bzw. diejenigen Personen, denen die materielle Nutzung der Grundstücke nach dem Willen des settlor gebührt. Auf die Erben geht der Nachlass bekanntlich nicht ex lege und ipso iure über, vielmehr fällt er unmittelbar den personal representatives (i. S. v. sec. 205(1)(xviii) LPA 1925) als Gesamtrechtsnachfolgern der Eheleute an (ss. 1–3 AEA 1925, sec. 18(2) TA 1925):602 Diese sind kraft ihres Amtes aber nicht zur eigennützigen Ausübung der in den Nachlass fallenden Rechte berechtigt und somit jedenfalls nicht „beneficially entitled“ i. S. v. sec. 12(1) TLATA 1996, soweit der interest in possession ausschließlich als trustee bzw. als personal represent598
Siehe auch Lewin (-Tucker/Le Poidevin/Brightwell), Trusts19, Rn. 37-058. Siehe die Ausführungen in Fn. 593. 600 Maßgeblich ist die privatautonome Festlegung des Zuweisungsgehalts des trust of land; der settlor bestimmt, ob und in welchem Ausmaß Gebrauchsbefugnisse am „physical land“ entstehen, wohingegen der Zweck der gesetzlichen Regelung vor allem darin liegt, die Ausübung konkurrierender Gebrauchsrechte durch entsprechende Regelungsbefugnisse der trustees of land zu flankieren. 601 Vgl. Lewin (-Tucker/L e Poidevin/Brightwell), Trusts19, Rn. 37-058; i. E. auch Jarman (2007) 4 P. C.B. 263, 272–274, der auf dem Boden der Gegenansicht eine vertragliche Änderung des principal trust diskutiert, wonach die ideellen Anteile der sub-beneficiaries so zu behandeln seien, als ob das ganze Grundstück vom sub-trust belastet wäre und somit ein Gebrauchsrecht nach sec. 12 TLATA 1996 bestehe. 602 Siehe nur de Waal, in: Reimann/Zimmermann, Oxford Handbook of Comparative Law, S. 1071, 1094–1095. 599
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ative zugewiesen ist (vgl. sec. 22(2) TLATA 1996).603 Anderes gilt, wenn die subtrustees aus einem anderen Rechtsgrund, z. B. Inhaber eines nicht in einen sub-trust gelangten ideellen Anteils oder als beneficiaries des sub-trust zum Mitgebrauch des Grundstücks berechtigt sind.604 Umgekehrt wären aber die beneficiaries des subtrust an einem ideellen Anteil generell nicht zur Benutzung des Grundstücks zu Wohnzwecken oder anderen Zwecken berechtigt, weil sich der sub-trust nicht auf ein ganzes Grundstück, sondern einen Bruchteil desselben bezieht; anderes würde wiederum nur für diejenigen sub-beneficiaries gelten, die zufälligerweise auch zu den sub-trustees zählen.605 Verstirbt demgegenüber in der obigen Fallgestaltung nur einer der gemeinschaftlich berechtigten Ehegatten (als estate owner des in den principal trust eingebrachten legal estate in land), könnte sich der überlebende tenant in common vom Mitbesitzer zum Alleinbesitzer des Grundstücks aufschwingen, ohne den aus dem vom verstorbenen Gatten errichteten sub-trust begünstigten Personen zum Ausgleich verpflichtet zu sein. Denn wenn den aus dem sub-trust begünstigten Personen prinzipiell kein right to occupy des „physical land“ zusteht, muss rechtslogisch – entgegen der in Sheffield v. Sheffield ohne vertiefte Begründung vertretenen Ansicht606 – ein Ausgleichsanspruch ausscheiden. Will man die aufgezeigten arbiträren Ergebnisse nicht hinnehmen, verbietet es sich, beneficiaries eines sub-trust an einem ideellen Anteil schlechthin das 603
Vgl. Lewin (-Tucker/Le Poidevin/Brightwell), Trusts19, Rn. 37-026(2). Jarman P. C.B. 2007 (4) 263, 272–274; teilweise anders wohl Lewin (-Tucker/Le Poidevin/Brightwell), Trusts19, Rn. 37-058, wonach der zufällige Umstand, dass die sub-trustees zugleich aus dem sub-trust begünstigt werden, jedenfalls im Kontext der Delegationsbefugnis aus sec. 9 TLATA 1996 außer Betracht bleiben müsse. 605 So i. E. Jarman P. C.B. 2007 (4) 263, 272–274, der zudem darauf hinweist, dass ggf. durch eine vertragliche Inhaltsänderung des pincipal trust bestimmt werden könne, dass die Rechte der sub-beneficiaries so behandelt werden sollten, als ob sie unmittelbar am ganzen Grundstück berechtigt wären. Sollte sich die in Creasey v. Sole [2013] EWHC 1410 (Ch) [128] (Morgan J.) vertretene Ansicht durchsetzen, drohte vor allem bei simple sub-trusts an ideellen Grundstücksteilen – die ja vom sachlichen Geltungsbereich des TLATA 1996 nicht ausgenommen sind (vgl. sec. 1(2) (a) TLATA 1996) – die seltsame und kaum interessengerechte Konsequenz, dass sämtliche Gebrauchsbefugnisse am Grundstück aufgehoben wären, solange sich sämtliche Anteile in separaten sub-trusts befinden. Obschon der jeweilige sub-beneficiary nach dem Inhalt des „nackten“ treuhänderischen Rechtsverhältnisses vollumfänglich anstelle des sub-trustee zur Nutzung des betreffenden Grundstücksbruchteils befugt wäre, dürfte er bei unterstellter Unanwendbarkeit von sec. 12 TLATA 1996 doch nicht selbst das Grundstück bewohnen oder sonstwie benützen. Dies ist aber nicht nur nicht interessengerecht, sondern widerspricht auch dem Regelungszweck des TLATA 1996; mit der Einbeziehung von bare trusts sollte keineswegs die Rechtsstellung der beneficiaries geschmälert, sondern lediglich Veräußerungsvorgänge, insbesondere mittels overreaching, erleichtert werden (siehe K. Gray/S. F. Gray, Elements of Land Law5, Rn. 7.5.9). Indes ist schon seit Attorney General v. Lord Gore (1740) Barn Ch. 145 anerkannt, dass der beneficiary jederzeit vom „nackten“ Treuhänder den Besitz eines trust-befangenen Grundstücks beanspruchen kann; dass dies nun nicht mehr uneingeschränkt gelten soll, ist mehr als fragwürdig. Auf der anderen Seite wäre aber der sub-trustee des jeweiligen Anteils ebenso wenig selbst zum Mitgebrauch des Grundstücks berechtigt, weil seine Rechtsposition, wie vielfach betont wird, ein lediglich formaler, sämtlicher materieller Befugnisse enthobener legal title sei (siehe etwa K. Gray/S. F. Gray, Elements of Land Law5, Rn. 7.5.8). 606 Sheffield v. Sheffield [2013] EWHC 3927 (Ch) [156] (Judge Pelling Q. C.). 604 Vgl.
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in sec. 12(1) TLATA 1996 verankerte right to occupy ohne Rücksicht auf den Zuweisungsgehalt des principal trust und des sub-trust zu versagen oder gar eine ungeschriebene Bereichsausnahme für trusts an ideellen Grundstücksanteilen zu „erfinden“.607 M. E. spricht mehr für die in Sheffield v. Sheffield implizit zugrunde gelegte Gegenansicht.608 Im Fall eines sub-trust an einem ideellen Grundstücks607 I. E. wohl auch Lewin (-Tucker/L e Poidevin/Brightwell), Trusts19, Rn. 37-058. Soweit Sheffield v. Sheffield dem beneficiary eines sub-trust Entschädigungsansprüche wegen des nicht gestatteten Wohngebrauchs seitens des sub-trustee prinzipiell zuspricht, ist die Entscheidung daher nicht zu beanstanden; trotz der m. E. fehlerhaften Auslegung von sec. 12 TLATA 1996 hat das Gericht aber im Ergebnis auch in Creasey v. Sole richtig entschieden. Auf der anderen Seite begibt sich aber auch der sich zum zum sub-trustee bestellende beneficiary eines trust of land nicht zwangsläufig oder gar definitiv und endgültig seiner materialen Besitzberechtigung; ob und in welchem Ausmaß die konkurrierende Nutzungsbefugnis des aus dem sub-trust berechtigten beneficiary das Besitzrecht des sub-trustee suspendiert, hängt vielmehr von der inhaltlichen Konfiguration der mehrstufig strukturieren trusts of land ab. 608 Solange keine höchstrichterliche Entscheidung ergeht, bleibt die Anwendbarkeit von sec. 12 TLATA 1996 auf den beneficiary eines ideellen Grundstücksteils ungewiss. Abgesehen hiervon ist aber auch die Anwendbarkeit weiterer Vorschriften des TLATA 1996, insbesondere die Delegationsbefugnis der trustees aus sec. 9(1) TLATA 1996, auf mehrstufige trust-Strukturen fragwürdig (siehe hierzu Underhill and Hayton (-Hayton/Matthews/Mitchell), Law Relating to Trusts and Trustees19, Rn. 51.25). So dürfte sec. 9 TLATA 1996 – diese Vorschrift gestattet unter bestimmten Voraussetzungen eine jedenfalls teilweise Übertragung der treuhänderischen Aufgaben (bezüglich des in den trust eingebrachten Landes, nicht aber hinsichtlich sonstiger trust-befangener Sachen) auf einen oder mehrere Begünstigte – jedenfalls innerhalb aufeinander aufbauender treuhänderischer Rechtsverhältnisse Anwendung finden: So können die principal trustees ihre fiduziarischen Befugnisse und Pflichten (erfasst sind die sog. administrative powers, d. h. die Verfügungsbefugnisse über das Grundstück, namentlich Veräußerung, leasing und Belastung mit Sicherungsrechten, nicht dagegen die Auswahlbefugnisse hinsichtlich der Einsetzung von beneficiaries, vgl. Lewin (-Tucker/Le Poidevin/Brightwell), Trusts19, Rn. 37-025) an die beneficiaries delegieren, während diese wiederum als sub-trustees die ihnen unter dem sub-trust zugewiesenen Aufgaben an die beneficiaries dieses Rechtsverhältnisses weiterleiten können; eine Weiterdelegierung der vom principal trustee übertragenen Aufgaben (auf sub-beneficiaries oder sonstige Dritte) ist freilich nicht unter sec. 9 TLATA 1996 gestattet, weil die beneficiaries durch die Aufgabenübertragung selbst nicht die Stellung von trustees of land erlangen (vgl. Lewin (-Tucker/Le Poidevin/Brightwell), Trusts19, Rn. 37-029). Wenngleich eine Weiterdelegierung ausscheidet, ist aber ungewiss, ob stattdessen eine „stufenüberspringende“ Delegation, d. h. eine Übertragung der Aufgaben der principal trustees an sub-beneficiaries ungeachtet des fehlenden fiduziarischen Rechtsverhältnisses, nach sec. 9 TLATA 1996 in Betracht kommt. Damit eng verbunden ist die Frage, ob eine Delegation an den sub-trustee wegen sec. 22(2) TLATA 1996 ausgeschlossen ist, obschon dieser ggf. neben weiteren Personen aus dem sub-trust begünstigt ist (zu diesem Fragenkreis siehe Lewin (-Tucker/Le Poidevin/Brightwell), Trusts19, Rn. 37-026(3); Underhill and Hayton (-Hayton/Matthews/Mitchell), Law Relating to Trusts and Trustees19, Rn. 51.25). Mit Blick auf die neuere Judikatur des Court of Appeal in Nelson v. Greening & Sykes (Builders) Ltd. [2007] EWCA Civ 1358 dürfte eine „stufenüberspringende“ Delegation nach sec. 9 TLATA 1996 nicht generell ausscheiden, darf doch der sub-trustee einer direkten Abwicklung zwischen den principal trustees und den sub-beneficiaries jedenfalls dann nicht im Wege stehen, wenn er ein bare subtrustee ist (vgl. Green [1984] 47 M. L.R. 385, 398). Vor allem wäre bei unterstellter Unanwendbarkeit von sec. 9 TLATA 1996 zwischen principal trustees und sub-beneficiaries eine Delegation ohne nachvollziehbaren Sachgrund vollständig ausgeschlossen: An den sub-trustee kann der principal trustee allenfalls dann seine Aufgaben delegieren, wenn diesem ein interest in possession „eigennützig“ (beneficially) zusteht, was i. d. R. wegen des fiduziarischen Pflichtenkreises nicht der Fall ist (sec. 22(2) TLATA 1996). Letztlich erscheint die Möglichkeit einer „stufenüberspringen-
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teil ist sec. 12(1) TLATA 1996 dahin auszulegen, dass dem (aktuell berechtigten) sub-beneficiary ein Ausübungsrecht hinsichtlich des in den sub-trust eingebrachten Anteilsrecht nach Maßgabe der Bestimmungen dieses fiduziarischen Rechtsverhältnisses zusteht (d. h. ein „right to occupy an undivided share in land“), welches die den belasteten equitable interest immanente Nutzungsbefugnis und das daran anknüpfende right to occupy i. S. v. sec. 12(1) TLATA 1996 suspendiert und auf den sub-beneficiary überleitet.609 Diese Ansicht deckt sich mit der aus der judiziellen Erschließung mehrstufig strukturierter trusts entwickelten These von Green, dass der sub-trustee der unmittelbaren Partizipation des beneficiary des sub-trust nicht im Wege stehen darf.610 Endlich entspricht diese Ansicht dem in dieser Arbeit entwickelten Theorem, dass der Zuweisungsgehalt eines kraft Belastungsverfügung konstituierten Rechts vom Inhalt aller unmittelbar voneinander abgeleiteten Sachenrechte bis zu dem den Ausgangspunkt der mehrstufigen Belastung bildenden „Eigentum“ (resp. einem fee simple estate) bestimmt wird. Im Rahmen mehrstufiger Belastungen erstreckt sich das konstituierte Recht auf das belastete intermediäre begrenzte Sachenrecht als Ganzes und partizipiert somit an dessen Wirkungskreis: Soweit die Befugnisse des Eigentümers suspendiert sind, stehen diese je nach dem ggf. rechtsgeschäftlich modifizierten Zuweisungsgehalt aller aufeinander aufbauenden Belastungen dem Inhaber des auf höchster Belastungsstufe errichteten Rechts zu.611 den“ Delegation auch sachgerecht, geht es doch in der Sache nicht um eine Übertragung etwaiger Auswahlbefugnisse hinsichtlich der beneficiaries oder der Zuweisung der Erträge auf einzelne beneficiaries – die sub-beneficiaries können hiernach also nicht etwa festlegen, welche Rechte ihren trustees als Begünstigte des principal trust zustehen oder wer überhaupt aus diesem trust begünstigt werden soll –, sondern ausschließlich um die Verfügungsmacht über das vom principal trust erfasste land. Gebührt die Nutzung des Grundstücks – z. B. unter einem simple sub-trust des betreffenden equitable interest – aber nicht dem bloß zwischengeschalteten sub-trustee, sondern den sub-beneficiaries, ist es nur konsequent, eine Delegation der Dispositionsbefugnisse an die sub-beneficiaries zu ermöglichen (i. E. wie hier, aber ohne nähere Begründung Underhill and Hayton (-Hayton/Matthews/Mitchell), Law Relating to Trusts and Trustees19, Rn. 51.25). 609 Mit abweichender Begründung i. E. wie hier Lewin (-Tucker/L e Poidevin/Brightwell), Trusts19, Rn. 37-058, die sec. 12(1) TLATA 1996 dahin auslegen, dass principal trust und sub-trust einen einheitlichen trust of land i. S. d. gesetzlichen Bestimmungen bildeten, aus dem sowohl der sub-trustee als auch der sub-beneficiary berechtigt würden. Diese „Gesamtbetrachtungslehre“ ist freilich durchgreifenden dogmatischen Bedenken ausgesetzt (näher § 4 III. 3. c) cc)). 610 Letzteres ist nach hier vertretener Ansicht mit Rücksicht auf Head v. Lord Teynham (1783) 1 Cox 57; 29 E. R. 1060 dann richtig, wenn es sich um einen bare sub-trust handelt (§ 4 III. 2. a)). 611 Dass ein Recht an einem Anteilsrecht prinzipiell eine Besitzberechtigung verleihen kann, bestätigt ein vergleichender Blick auf das deutsche Recht. Wenngleich es natürlich an dem Konstrukt aufeinander aufbauender trusts fehlt, gilt Vergleichbares z. B. dann, wenn ein Miteigentumsanteil oder ein bloßer Bruchteil ungeteilten Alleineigentums (resp. eines geteilten oder ungeteilten anderen Sachenrechts) belastet wird. Schon die einfache Grundkonstellation des Nießbrauchs an einem Miteigentumsanteil belegt, dass der Nießbraucher zum Mitgebrauch der Sache und somit auch zum Mitbesitz derselben in dem Umfang berechtigt ist, in dem es der betroffene Miteigentümer ohne die Belastung wäre. Nach § 1066 Abs. 1 BGB übt der Nießbraucher, soweit nicht eine Einschränkung der Nutzungsbefugnis bestimmt ist (§ 1030 Abs. 2 BGB), umfänglich diejenigen Befugnisse aus, die dem Miteigentümer gem. §§ 743–745 BGB teilhaftig sind (vgl. BeckOGK BGB (-Servatius), Stand: 1.9.2018, § 1066 Rn. 23; MünchKomm (-Pohlmann), BGB VII7, § 1066 Rn. 23),
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cc) Abberufung und Ersetzung der trustees mehrstufiger trusts Zwar steht es einem alleinbegünstigten, volljährigen und geschäftsfähigen beneficiary frei, den trustee jederzeit auf Übertragung des treuhänderisch gehaltenen Rechts in Anspruch zu nehmen und auf diese Weise die Auflösung des trust herbeizuführen.612 In Ermangelung einer vom settlor eingeräumten Absetzungsbefugnis (power of removal) vermag aber nicht einmal der „absolut“ berechtigte beneficiary seinen trustee ohne dessen Mitwirkung oder gerichtliche Hilfe des Amtes zu entheben bzw. durch einen neuen trustee auszutauschen.613 Allerdings folgt aus sec. 19(1) wobei freilich die Grenzen des belastenden Rechts, insbes. § 1037 BGB, zu beachten sind (vgl. BGH, Urteil v. 20.12.1982 – I ZR 13/82, NJW 1983, S. 932). In das Schuldverhältnis mit den übrigen Miteigentümern rückt der Nießbraucher zwar nicht ein, muss sich freilich an etwaigen Gebrauchsregelungen zwischen den Miteigentümern gem. §§ 746, 1010 Abs. 1 BGB festhalten lassen (siehe nur MünchKomm (-Pohlmann), BGB VII7, § 1066 Rn. 21, 23). Einer zusätzlichen Regelung der Befugnis zum Mitbesitz bedarf es hier von vornherein nicht; das Besitzrecht ergibt sich aus § 743 Abs. 2 BGB. Damit korrespondierend bedarf auch die Bestellung des Nießbrauchs am Miteigentumsanteil an einer beweglichen Sache neben der Einigung der Einräumung des Mitbesitzes, § 1032 S. 1 BGB. Entsprechendes gilt, wenn der Nießbrauch nicht den ganzen Anteil eines Miteigentümers, sondern wiederum nur einen ideellen Teil des rechtlich ungeteilten Miteigentumsanteils belastet: In diesem Fall belastet der Nießbrauch das Recht des betroffenen Miteigentümers nicht gänzlich, sondern nur zu einem ideellen Anteil (im Gegensatz zu einem sog. Quotennießbrauch, bei dem der gesamte Miteigentumsanteil belastet wird, dem Nießbraucher aber nur ein rechnerischer Anteil an den Erträgen gebührt; zur Zulässigkeit dieser Gestaltung siehe nur OLG Schleswig, Beschluss v. 6.11.2008 – 2 W 174/08, MittBayNot 2009, S. 376; Staudinger (-C. Heinze), BGB (2017), § 1066 Rn. 21). Mittels eines Nießbrauchs an einem Bruchteil eines Miteigentumsanteils entsteht, wenn man so will, eine Bruchteilsgemeinschaft innerhalb der Miteigentümergemeinschaft; wie bei einer doppelstufigen trust-Struktur sind die Bruchteilsgemeinschaften an der Sache und am einzelnen Miteigentumsanteil scharf zu unterscheiden. Soweit sich die Befugnisse trennen lassen, üben Nießbraucher und Miteigentümer je für sich ihre aus dem jeweiligen Anteil am Miteigentumsanteil resultierenden Befugnisse in der Miteigentümergemeinschaft aus; im Übrigen gelten für das Innenverhältnis die §§ 743 ff. BGB direkt, der Nießbraucher übt mithin gemeinschaftlich mit dem belasteten Miteigentümer die Befugnisse aus, die diesem als Teilhaber im Verhältnis zu den anderen Miteigentümern zustehen (vgl. BeckOGK BGB (-Servatius), Stand: 1.9.2018, § 1066 Rn. 10; MünchKomm (-Pohlmann), BGB VII7, § 1066 Rn. 22). Wiederum erstreckt sich das umfassende Nutzungsrecht des Nießbrauchers aus der „Untergemeinschaft“ auf das dem betroffenen Miteigentümer zugewiesene Gebrauchsrecht an der Sache (§ 743 Abs. 2 BGB) und umfasst dessen Mitbesitzrecht: Soweit jenem die Ausübung des Miteigentumsanteils gebührt, ist er mithin neben dem betroffenen Miteigentümer und allen anderen Miteigentümern zum Besitz der Sache befugt. Damit korrespondierend kann der Nießbraucher auch diejenigen Rechtsbehelfe im Außenverhältnis gegenüber den anderen Miteigentümern und sonstigen Dritten ausüben, die dem Miteigentümer aus eigenem Recht zustehen; der Nießbraucher vermag daher seinen Mitbesitz zu vindizieren (§§ 1065, 985 BGB) und kann darüber hinaus auch die Einräumung des gemeinschaftlichen Besitzes im Wege gesetzlicher Prozessstandschaft gem. § 1011 BGB verlangen. Ähnliches gilt für den Fall, dass der Nießbrauch am Miteigentumsanteil (oder wiederum an einem Anteil eines Miteigentümers) mehreren gemeinschaftlich zusteht, wobei allerdings die Unveräußerlichkeit des Nießbrauchs dazu führt, dass über den Anteil am Miteigentumsanteil ebenso wenig wie über den gemeinschaftlichen Nießbrauch verfügt werden kann und auch die Vorschriften über die Auseinandersetzung nicht passen (vgl. Staudinger (-C. Heinze), BGB (2017), § 1066 Rn. 18). 612 Vgl. Saunders v. Vautier (1841) 4 Beav. 115; 41 E. R. 482. 613 Vgl. Lewin (-Tucker/L e Poidevin/Brightwell), Trusts19, Rn. 13-020. Auf die bereits in Fn. 178 erwähnte Befugnis des settlor, sich selbst in Form von Abberufungs- und Nominierungs-
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TLATA 1996 ein Anspruch gegen die trustees, unter bestimmten Voraussetzungen das Amt unter Einsetzung neuer trustees niederzulegen; dieser Anspruch steht primär dem vom settlor eingesetzten donee (sec. 19(1)(b) TLATA 1996) und subsidiär den ausschließlich begünstigten und uneingeschränkt geschäftsfähigen beneficiaries (sec. 19(1)(b) TLATA 1996) zu.614 Für sub-trusts gelten keine Sonderregeln. Auch bei mehrstufig strukturierten fiduziarischen Rechtsverhältnissen ist es primär Sache des settlor des jeweiligen trust, den von ihn zu nominierenden Personen Abberufungs- und Einsetzungsbefugnisse einzuräumen. Nichts anderes gilt für den subsidiären Anspruch der „absolut“ berechtigten beneficiaries gegen die trustees auf Amtsniederlegung und -übertragung aus sec. 19(1)(b) TLATA 1996: Dieser steht jeweils ausschließlich den beneficiaries des betreffenden (sub-)trust zu; auf die Mitwirkung der beneficiaries eines sub-trust nachgelagerter Stufe kommt es nicht an.615 Den beneficiaries eines sub-trust steht demgemäß allenfalls ein Amtsverzichts- und Übertragungsanspruch im Verhältnis zu „ihren“ sub-trustees zu, wenn sie unbeschränkt geschäftsfähig und in ihrer Gesamtheit vollständig aus dem sub-trust berechtigt sind.616 Soweit dagegen vereinzelt erwogen wird, sec. 19(1)(b) TLATA 1996 ausdehnend dahin auszulegen, dass die Formulierung „beneficiaries under the trust“ alle aus etwaigen fiduziarischen Rechtsverhältnissen nachgelagerter Stufen begünstigten Personen umfasse,617 ist diese „Gesamtbetrachtungslehre“ auch im Zusammenhang der Abberufung und Ersetzung der trustees nicht geboten. Es versteht sich von selbst, dass der den sub-trustees als beneficiaries des principal trust verliehene Amtsverzichts- und -übertragungsanspruch unter Berücksichtigung der fiduziarischen Bindungen aus dem sub-trust auszuüben ist. Weisungen der sub-beneficiaries sind zu beachten.618 Kommen die sub-trustees ihren Schutzpflichten aus dem sub-trust nicht nach, indem sie einen ungeeigneten oder unzuverlässigen trustee des principal trust trotz bestehender Absetzungsbefugnisse aus sec. 36(1) TA 1925 und/oder sec. 19(1)(b) TLATA 1996 gewähren lassen, können die sub-beneficiaries erforderlichenfalls von den sub-trustees die Aufgabe ihrer Ämter verlangen oder, befugnissen eine kontinuierliche Kontrolle über die trustees vorbehalten und/oder anderen Personen (donees) eine entsprechende power of removal einzuräumen, sei Bezug genommen. 614 Siehe Fn. 178. 615 Regelungssystematisch folgt dies daraus, dass sec. 19(1)(b) TLATA 1996 tatbestandsmäßig nicht voraussetzt, dass die beneficiaries eigennützig („beneficially“) aus dem betreffenden trust berechtigt sind und somit sec. 22(2) TLATA 1996 nicht die Rechte der beneficiaries aufgrund ihres Amtes als sub-trustees suspendiert (vgl. Lewin (-Tucker/Le Poidevin/Brightwell), Trusts19, Rn. 13-029). 616 Dies setzt voraus, dass den sub-trustees kein Auswahlermessen bezüglich der Einsetzung weiterer beneficiaries (mithin eine sog. dispositive power) unter dem sub-trust zusteht (Lewin (-Tucker/Le Poidevin/Brightwell), Trusts19, Rn. 13-029). 617 So Lewin (-Tucker/L e Poidevin/Brightwell), Trusts19, Rn. 13-030, die sich aber nicht abschließend festlegen wollen, sondern stattdessen die Einzelbetrachtungs- und die Gesamtbetrachtungslehre als alternativ mögliche Auslegungsvarianten einander gegenüberstellen. 618 Vgl. Lewin (-Tucker/L e Poidevin/Brightwell), Trusts19, Rn. 13-029. Unter einem bare subtrust ist eine entsprechende Weisung der beneficiaries an die sub-trustees verbindlich.
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falls die Tatbestandsvoraussetzungen von sec. 19(1) TLATA 1996 in Ansehung des sub-trust nicht erfüllt sind, zumindest ermessensabhängige gerichtliche Abhilfe gem. sec. 41 TA 1925 erwirken. Mit der aufgezeigten extensiven Interpretation der Norm würden nur die Anspruchsvoraussetzungen erhöht, was sich tendenziell sowohl zulasten der aus dem jeweiligen trust legitimierten beneficiaries/sub-trustees als auch zulasten der aus den sub-trusts berechtigten sub-beneficiaries auszuwirken vermöchte. Falls der fiktive „Gesamt“-trust die materialen Befugnisse nicht vollständig allen beneficiaries zuordnet, sondern z. B. den (sub-)trustees ermessensabhängige Befugnisse zur Einsetzung weiterer beneficiaries einräumt, scheidet der in sec. 19(1)(b) TLATA 1996 normierte Anspruch ohnehin aus.619 Die Möglichkeit, ohne gerichtliche Mitwirkung den erwünschten Austausch der trustees herbeizuführen, droht bei komplexen mehrstufigen trusts leerzulaufen; Entscheidungsspielräume der beneficiaries des principal trust würden verkürzt werden, ohne dass hierdurch schutzwürdigen Interessen der aus den sub-trust berechtigten beneficiaries gedient wäre. Auch im Kontext von sec. 19(1)(b) TLATA 1996 sprechen die besseren Gründe mithin für eine konstruktionsjuristisch exakte „Einzelbetrachtung“ aller aufeinander aufbauenden trusts; eine „Gesamtbetrachtungslehre“ ist – nicht anders als im Kontext der Bestimmungen von Part 1 TLATA 1996 – m. E. abzulehnen.620 Endlich stünde die Fiktion eines singulären trust, in dem alle aufeinander geschichteten sub-trusts aufgehen, in distinktivem Kontrast zum nachstehend dargestellten „no-look-through“-Prinzip des englischen Kapitalmarkt- und Wertpapierrechts. dd) Intermediäre Wertpapier- und Wertrechtsverwaltung Das deutsche und das englische Regime des Effektengiroverkehrs unterscheiden sich fundamental. Dies zeigt sich vor allem in depotrechtlicher Hinsicht. Während dem Investor nach deutschem Depotrecht i. d. R. (Mit-)Eigentum an den im Inland verwahrten Sammelbestand von Wertpapieren einer bestimmten Gattung und somit auch die urkundlich verbrieften Rechten zustehen (§ 6 Abs. 1 S. 1 DepotG), operiert das englische System mit einer durch (sub-)trusts mediatisierten treuhänderischen Haltung und Verwaltung von Finanzinstrumenten (securities).621 Das 619
Vgl. Lewin (-Tucker/Le Poidevin/Brightwell), Trusts19, Rn. 13-029. Anders offenbar Lewin (-Tucker/Le Poidevin/Brightwell), Trusts19, Rn. 13-030. 621 Aus der neueren Rechtsprechung siehe Re Lehman Brothers International (Europe) (In Adminstration) [2010] EWHC 2914 (Ch) [226] (Briggs J.): „It is common ground that a trust may exist not merely between legal owner and ultimate beneficial owner, but at each stage of a chain between them, so that, for example, A may hold on trust for X, X on trust for Y and Y on trust for B. The only true trust of the property itself (i. e. of the legal rights) is that of A for X. At each lower stage in the chain, the intermediate trustee holds on trust only his interest in the property held on trust for him. That is how the holding of intermediated securities works under English law, wherever a proprietary interest is to be conferred on the ultimate investor. In practice, especially in relation to dematerialised securities, there may be several links in that chain.“); Re Lehman Brothers International (Europe) (In Administration) [2012] EWHC 2997 (Ch) [163] (Briggs J.); Bridge/Gullifer/McNeel/Worthington, The Law of Personal Property, Rn. 23-051, 23-054; 620
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traditionelle Wertpapierrecht, unter dem der Anleger entweder als Anteilseigner im Register der Kapitalgesellschaft eingetragen wurde oder aber den Besitz an Inhaberpapieren (bearer notes) erwarb,622 ist in Zeiten des elektronischen Effektengiroverkehrs längst überholt.623 Zwischen dem Emittenten und den Anlegern bestehen i. d. R. weder vertragliche Beziehungen noch fiduziarische Rechtsverhältnisse; dies gilt sowohl für Anleihen und sonstige Schuldverschreibungen (debt issues) als auch für Aktien und sonstige Geschäftsanteile (equity issues).624 Im Unterschied zum deutschen Recht verschafft die Depotbank dem Kunden i. d. R. nicht (Mit-)Eigentum (i. S. d. legal title) an den die securities verkörpernden Sammelurkunden; der Anleger wird nicht als „Aktionär“ im company register der emittierenden Kapitalgesellschaft eingetragen. Grundlage des gesamten Effektengiroverkehrs ist ein „trust-Modell“: Die Depotbank erwirbt, verwahrt und verwaltet den legal title an den Finanzinstrumenten entweder selbst als trustee für den Anleger oder beauftragt einen Zwischenverwahrer (sub-custodian), der den Auftrag zur Anschaffung, Verwaltung und Verwahrung des Finanzinstruments ggf. weiterdelegiert.625 Die zuletzt genannte Variante mehrfach substituierter Effektenverwahrung (indirect holding) kommt in der Praxis ganz überwiegend zum Einsatz: Aus Rationalisierungsgründen werden die meisten (inter-)national hanGoode/Gullifer, Legal Problems of Credit and Security6 , Rn. 6-08; in dt. Sprache Segna, Bucheffekten, S. 52–57. 622 Näher Goode/Gullifer, Legal Problems of Credit and Security6 , Rn. 6-08. Für den Erwerb registrierter Finanzinstrumente ist at law generell die Eintragung im entsprechenden Register des Emittenten erforderlich; das über den Rechtserwerb ausgestellte Zertifikat ist nicht etwa ein Rektapapier, das die darin enthaltene Mitgliedschaft verkörpert. Für die Übertragung ist vielmehr eine schriftliche Übertragungsurkunde zwischen Veräußerer und Erwerber sowie die Eintragung des Rechtsnachfolgers im Register der betreffenden Gesellschaft unerlässlich. Allerdings gilt insoweit – anders als im Liegenschaftsrecht – nicht das title by registration-System; ist der Erwerb materiellrechtlich unwirksam, wird das Register unrichtig. Bei sog. bearer securities verbrieft dagegen das Inhaberpapier die Rechtsposition des Anlegers; eine konstitutive Eintragung in einem Register erfolgt nicht, der Rechtserwerb vollzieht sich durch die Besitzverschaffung an dem Traditionspapier. 623 Vgl. Micheler [2015] 74 C. L.J. 505, 505–506. 624 Vgl. Goode/Gullifer, Legal Problems of Credit and Security6 , Rn. 6-15–6-19. Der Anleger (Kommittent) beauftragt seine Depotbank (Kommissionär) mit dem Erwerb der gewünschten securities (Finanzinstrumente); aus diesem Schuldverhältnis resultiert zwar ein obligatorischer Anspruch auf Auslieferung bzw. Übertragung der betreffenden securities. Allerdings ist der Auslieferungsanspruch bei in Globalsammelurkunden verbrieften Effekten nicht nur temporär ausgeschlossen; eine Auslieferung einzelner Wertpapiere an die Endkunden kommt nur ausnahmsweise in Betracht, etwa wenn der Emittent einer Schuldverschreibung in Verzug gerät und der trustee keine Rechtsbehelfe zum Schutz seiner Anleger ergreift, vgl. Goode/Gullifer, Legal Problems of Credit and Security6 , Rn. 6-08. 625 Die Treuhandlösung kommt sowohl in Bezug auf debt issues als auch in Bezug auf equity issues zur Anwendung; es variiert lediglich das Bezugsobjekt des principal trust, unter dem der Zentralverwahrer bzw. das CREST-Mitglied den sog. „legal title“ an dem betreffenden Wertpaper bzw. Wertrecht treuhänderisch hält (vgl. Bridge/Gullifer/McNeel/Worthington, The Law of Personal Property, Rn. 23-054–23-055): Bei equity issues ist der jeweilige Anteil am Gesellschaftskapital (der sog. co-ownership interest) das (nach allgemeiner Ansicht hinreichend bestimmte) Bezugsobjekt des principal trust, während bei Anleihen und sonstigen Schuldverschreibung die Forderung Gegenstand des principal trust ist.
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delbaren Effekten entweder in Dauerglobalurkunden durch einen inländischen Zentralverwahrer resp. eine internationale Wertpapiersammelbank verwahrt oder in Form von Buchrechten (dematerialised securities) geführt.626 Während Zentralverwahrer nach deutscher Konzeption als (unmittelbare) Fremdbesitzer erster Stufe innerhalb des bis zum Depotkunden als mittelbarem (Mit-)Besitzer letzter Stufe reichenden Besitzmittlungsverhältnisses (§ 871 BGB) fungieren,627 entsteht nach englischem Recht eine trust-rechtlich organisierte ununterbrochene Kette von Sachenrechts- und Schuldverhältnissen vom Zentralverwahrer bis zum Investor.628 In der vereinfachten Grundkonstellation hält eine internationale Wertpapiersammelbank die vom Emittenten hinterlegten Effekten treuhänderisch als erststufige Verwahrerin (first-tier intermediary) für die nationalen Zentralverwahrer, die als trustees zweiter Stufe (second-tier intermediaries) für die von den Endinvestoren beauftragten Broker oder Depotbanken (third-tier intermediaries) fungieren, welche jenen abgeleitete Rechte unter weiteren subtrusts verschaffen.629 Wegen der trust-rechtlichen Konzeption erschöpft sich die Rechtsstellung der Anleger nicht in den vertraglichen Ansprüchen aus Kommissions- und Verwahrungsverträgen mit der fraglichen Depotbank. Vielmehr ähnelt die sub-trust-rechtlich verstärkte Rechtsposition des Investors dem sog. security 626 Vgl. Goode/Gullifer, Legal Problems of Credit and Security6 , Rn. 6-08–6-11. Zur Umstellung des Effektengeschäfts von Wertpapieren (certificated securities) auf unverkörperte Wertrechte (uncertificated [dematerialised) securities) durch die Uncertificated Securities Regulation (SI 2001/3755) und des auf dieser Grundlage eingeführten sog. CREST-Systems siehe bereits Fn. 474. 627 Grundlegend BGH, Urteil v. 24.9.2015 − IX ZR 272/13, NZI 2016, S. 21 m. Anm. Mitlehner; zur Kritik an der besitzrechtlichen Analyse der Verwahrungskette siehe bereits § 2 IV. 4. Fn. 666; Einsele, Wertpapierrecht als Schuldrecht, S. 65–88; MünchKomm (-Einsele), HGB VI3, Depotgeschäft, Rn. 92–94. 628 Mangels unmittelbarer Eigentums- resp. Rechtszuweisung bedarf es im englischen Recht mithin nicht einer besitzrechtlichen, sondern einer rechtrechtlichen Mediatisierung des seitens der Wertpapiersammelbank zentral gehaltenen Finanzinstruments, um den Endinvestoren „mehr“ als einen bloßen schuldrechtlichen Anspruch gegen die mit dem Erwerb und der Haltung des Wertpapiers beauftragte Bank zu verschaffen. Wie bedeutsam dieses vermeintliche sachenrechtliche „Mehr“ in Form eines sog. equitable interest unter einem sub-trust tatsächlich ist, ist allerdings, wie sich sogleich zeigt, eine offene Frage. 629 Goode/Gullifer, Legal Problems of Credit and Security6 , Rn. 6-08. Nicht selten wird die „Kaskade“ aufeinander geschichteter trusts noch verlängert, indem andere Banken und Broker als Zwischenverwahrer eingeschaltet werden (vgl. Micheler [2015] 74 C. L.J. 505, 510). Die AGB der Wertpapiersammelbanken enthalten weitreichende Delegationsbefugnisse ein; siehe z. B. Art. 13 der Clearstream Banking Luxembourg-AGB (http://www.clearstream.com/blob/11088/aa624aa dbd37147f75e57591378cf9f6/migrated-8ffbcl196nsgden-terms-and-conditions-cbl-en-pdf-data. pdf; zuletzt abgerufen am 1.4.2020): CBL shall not be under any obligation to keep the Securities deposited with it at the place where the deposit is made. Accordingly, CBL may hold the Securities on behalf of its Customers, in its own name or in the name of its nominee, at any other place or deposit them with other Sub-custodians, in Luxembourg or abroad, including banks or other clearing systems upon such terms and conditions as may be customary for deposits with such entities, or upon such other terms and conditions as may be approved by CBL. Any such entity may, in turn, redeposit or hold Securities with one or more other entities used by it without the prior approval of CBL. The names and addresses of the Sub-custodians used by CBL are available in the Governing Documents and the deposit of Securities with CBL shall constitute an approval of the list of Sub-custodians as applicable from time to time.
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entitlement gem. § 8–503 UCC.630 Der Investor erwirbt ein vergleichbares „bundle of rights“ an den von seiner Depotbank unter eine sub-trust vorgelagerter Stufe geschaffenen „bundle of rights“, das sich wiederum auf das „bundle of rights“ des nächstfolgenden Zwischenverwahrers bezieht; diese Kette setzt sich bis zur finalen Stufe des Zentralverwahrers des fraglichen Finanzinstruments fort. Abgesehen davon, dass der für die Anleger fiduziarisch gehaltene sub-trust-gestützte equitable interest nach allgemeinen trust-rechtlichen Grundsätzen nicht dem Zugriff der persönlichen Gläubiger des trustee, d. h. der Depotbank, unterliegt, stehen dem Anleger prinzipiell ausschließlich Ansprüche im Innenverhältnis zu seinem trustee zu.631 Das System mehrfach mediatisierter Rechtszuweisung ist somit vom „no-lookthrough“-Prinzip, d. h. von einer Einzelbetrachtung der aneinander anknüpfenden fiduziarischen Vertragsverhältnisse, beherrscht.632 Sachenrechts- und Schuldverhältnisse entstehen nur zwischen den jeweiligen Intermediären und ihren Kunden, 630 Bezeichnend ist, dass im US-amerikanischen Wertpapier- und Depotrecht die in Art. 8 UCC verankerte Rechtsstellung des Anlegers ausdrücklich als „proprietary interest“ deklariert wird. Bezugspunkt desselben ist das auf Rechnung des Anlegers vom Intermediär erworbene und gehaltene Recht an dem betreffenden Finanzinstrument, also nicht das Wertpapier oder Wertrecht als solches. Demgemäß basiert auch das US-amerikanische Recht auf einem System mediatisierter Effektenhaltung, wenngleich dieses nicht trust-rechtlich analysiert wird. Hierfür besteht auch gar kein Bedarf, da sich der Zuweisungsgehalt der Rechtsposition des Investors aus § 8–503 UCC und den folgenden Vorschriften in Part 5 § 8 UCC ergibt. 631 Im Einzelnen ist der Vertragsgner und trustee zur weisungskonformen Ausübung der betreffenden Mitgliedschaftsrechte, zur weisungskonformen Verfügung über die treuhänderisch gehaltenen Finanzinstrumente (scil.: über den aus dem sub-trust vorgelagerter Stufe folgenden treuhänderisch gehaltenen equitable interest) und nicht zuletzt zur „Auskehr“ (Einbuchung) der Erträge, insbesondere Dividenden und Zinsen verpflichtet. 632 Nachdrücklich für die Beibehaltung des „no-look-through-principle“ Financial Markets Law Committee, Report: Property Interests in Investment Securities (1 July 2004), Rn. 6.5; der Text ist abrufbar unter http://fmlc.org/wp-content/uploads/2018/02/Issue-3-Property-Interestsin-Investment-Securities.pdf; Stand: 1.4.2020: „Modern thinking is that an investor’s claim should in general lie only against its own intermediary, with no look-through to upper-tier intermediaries or the issuer. This broadly reflects existing English trust law, under which the rights of a beneficiary under a sub-trust are normally exercisable only against his own trustee, not against the head trustee. But there are exceptions to this rule. The no-look-through principle is dictated as much by practicalities as by concerns for market efficiency. It might be thought relatively easy to show the chain of title between issuer and ultimate investor. In practice, it may be difficult, if not impossible, to trace through the chain of intermediaries from which the ultimate investor acquired his interest. There are several reasons for this. In the first place, an intermediary does not deal with investors other than its own customers and normally has no knowledge of lower-tier holdings. Secondly, the intermediary may have acquired its own holdings through two or more sources, so that it is impossible to match its customer’s holding to any particular source. Thirdly, the difficulties of tracing back are exacerbated by the multilateral netting in settlement systems. Finally, even if the information were available it could only be extracted with considerable effort and expense, and in a fast-moving market the time available would be too limited to allow investigations of this kind. The relevance of these matters is that they show the impracticality of a ‚look-through‘ system involved in the conventional tracing exercise and the need for a rule that the account holder’s rights, and those of his attachment creditors, are available only against the account holder’s own intermediary, so that upper-tier intermediaries do not need to be concerned with lower-tier interests.“; aus der Literatur siehe Goode/Gullifer, Legal Problems of Credit and
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nicht zwischen dem Investor und Zwischenverwahrern vorgelagerter Stufen oder gar zwischen dem Investor und dem Emittenten des Finanzinstruments. Der Investor kann sich mithin nur an seinen treuhänderisch verpflichteten Vertragspartner halten; Ansprüche gegen Zwischenverwahrer und den Emittenten stehen dem Anleger nicht aus eigenem Recht zu.633 (1) Vorzüge des sog. no-look-through-Prinzips Das „no-look-through“-Prinzip ist im englischen Recht fest verankert. Es steht, wie häufig betont wird, im Einklang mit allgemeinen Grundsätzen des law of trusts: Ein sub-trust begründet nach der inzwischen h. A. generell kein fiduziarisches Rechtsverhältnis zwischen dem principal trustee und dem sub-beneficiary unter Austausch des beneficiary/sub-trustee; es entsteht vielmehr ein neues fiduziarisches Rechtsverhältnis unter Wahrung des bestehenden principal trust.634 Ausschlaggebend sind aber nicht dogmatische Gründe, sondern kapitalmarktrechtliche Zweckmäßigkeitsgesichtspunkte, namentlich das Interesse der Bankwirtschaft an einem möglichst leichten, schnellen und ungehinderten Giroeffektenverkehr.635 Dem indirekten Verwaltungs- und Verwahrungssystem werden im Verbund mit dem „no-look-through“-Prinzip – im Vergleich zur direkten Zuweisung der betreffenden securities – zahlreiche Vorteile attestiert. So entspreche es den Rationalisierungsinteressen der Emittenten, selbst nur mit den Zentralverwahrern rechtliche Beziehungen einzugehen, die wiederum ein schutzwürdiges Interesse daran hätten, lediglich mit einer überschaubaren Anzahl von „big players“ zu kontrahieren, die ihrerseits mit einer größeren Anzahl von Banken und Brokern in Kontakt treten, welche den Endinvestoren kraft des trustrechtlichen Aufbaus insolvenzfeste Rechte an den securities verschaffen könnten.636 Dies verringere den mit der Ausstellung und Übertragung von Einzelurkunden verbundenen Kosten- und Zeitaufwand erheblich; zudem werde das Verlust- und Veruntreuungsrisiko verkörperter Wertpapiere signifikant reduziert.637 Verfügungen über die betreffenden Anteile der Kunden vollzögen sich ohne Mitwirkung eines Intermediärs vorgelagerter Security6 , Rn. 6–20; Gullifer [2019] 5 JIBFL 287; McFarlane [2016] 3 JIBFL 359; Salter [2016] 3 JIBFL 153; Tham [2017] 31 Tru. L. I. 76, 78–79. 633 Vgl. Secure Capital SA v. Credit Suisse AG [2015] EWHC 388 (Comm) [54] (Hamblen J.); Goode/Gullifer, Legal Problems of Credit and Security6 , Rn. 6–20; Gullifer (2019) 5 JIBFL 287; McFarlane [2016] 3 JIBFL 359; Salter [2016] 3 JIBFL 153. 634 Vgl. Financial Markets Law Committee, Report: Property Interests in Investment Securities (1 July 2004), Rn. 6.5 (abrufbar unter http://fmlc.org/wp-content/uploads/2018/02/Issue-3Property-Interests-in-Investment-Securities.pdf; Stand: 1.4.2020); Goode/Gullifer, Legal Problems of Credit and Security6 , Rn. 6–20; McFarlane [2016] 3 JIBFL 2016, 359; Tham [2017] 31 Tru. L. I. 76, 79. 635 Vgl. Financial Markets Law Committee, Report: Property Interests in Investment Securities (1 July 2004), Rn. 6.5 (abrufbar unter http://fmlc.org/wp-content/uploads/2018/02/Issue-3Property-Interests-in-Investment-Securities.pdf; Stand: 1.4.2020); Goode/Gullifer, Legal Problems of Credit and Security6 , Rn. 6–20. 636 Goode/Gullifer, Legal Problems of Credit and Security6 , Rn. 6–20. 637 Goode/Gullifer, Legal Problems of Credit and Security6 , Rn. 6-08.
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Stufe durch Umbuchung in dem vom trustee für die Gesamtheit seiner Kunden geführten Sammelkonto des jeweiligen treuhänderisch gehaltenen Rechts. Demgemäß ließen sich Transaktionen effektiv auf den jeweils betroffenen nachgelagerten Stufen ohne Mitwirkung der auf vorgelagerten Stufen der Verwaltungs- und Verwahrungspyramide stehenden Akteure im Wege des „Nettings“ durchführen.638 Emittenten und Sammel- bzw. Zwischenverwahrern sei es unzumutbar, sich mit sämtlichen Anlegern auseinanderzusetzen; vertragliche Beziehungen zwischen den Anlegern und den Emittenten resp. Sammelverwahrern würden die Funktionsfähigkeit des Kapitalmarkts gefährden.639 Das „no-look-through“-Prinzip stelle im Gesamtinteresse aller Akteure sicher, dass Emittenten und Zwischenverwahrer nicht mit Forderungen der Investoren überzogen werden, wohingegen diese hinreichend durch ihre trust-rechtlich flankierten vertraglichen Ansprüche im Verhältnis zu ihren Depotbanken geschützt seien.640 (2) Kritik Im Licht der zunehmend in der Rechtsprechung641 und in der Literatur642 diskutierten Nachteile des englischen Systems intermediärer Wertpapierverwahrung und -verwaltung sind die vermeintlichen Vorzüge desselben zu relativieren. Die 638 Goode/Gullifer, Legal Problems of Credit and Security6 , Rn. 6-08. Stets wird betont, dass eine Vielzahl von Transaktionen zweckmäßig auf der Ebene eines Intermediärs bzw. des Zentralverwahrers (als legal owner) der betreffenden securities durch eine Saldierung der jeweiligen Gutschriften und Belastungsbuchungen auf den für die Depotbanken geführten Konten bewirkt werden können (Bridge/Gullifer/McNeel/Worthington, The Law of Personal Property, Rn. 23053). Außerdem könnten Zwischenverwahrer ihre Sicherungsrechte an fremdnützig gehaltenen Effekten weitaus effektiver zwecks Sicherung eigener Verbindlichkeiten durch das „Pooling“ aller Kundenbestände auf einem Sammelkonto einsetzen (Bridge/Gullifer/McNeel/Worthington, The Law of Personal Property, Rn. 23-053). 639 Financial Markets Law Committee, Report: Property Interests in Investment Securities (1 July 2004), Rn. 6.5 (abrufbar unter http://fmlc.org/wp-content/uploads/2018/02/Issue-3Property-Interests-in-Investment-Securities.pdf; Stand: 1.4.2020). Für Emittenten, Wertpapiersammelbanken und Zwischenverwahrer sei i. d. R. gar nicht erkennbar, für wen und zu welchen Anteilen die Broker und Geschäftsbanken die angeschafften Finanzinstrumente unter mehrfach hintereinandergeschalteten sub-trusts hielten. Wegen des praxisüblichen und zweckmäßigen „Poolings“ und „Nettings“ aller Kundenbestände ließen sich die einzelnen Anteile der Endanleger kaum mit vertretbarem Aufwand ermitteln (Bridge/Gullifer/McNeel/Worthington, The Law of Personal Property, Rn. 23-051 mit Fn. 225). 640 Bridge/Gullifer/McNeel/Worthington, The Law of Personal Property, Rn. 23-051 mit Fn. 225. Im internationalen Effektengiroverkehr komme die strikte Trennung und gesonderte kollisionsrechtliche Anknüpfung der bipolaren Verhältnisse allen Parteien, nicht zuletzt auch den Investoren zugute (so Goode/Gullifer, Legal Problems of Credit and Security6 , Rn. 6–20, die darauf abstellen, dass regelmäßig das Recht am Sitz der Geschäftsbank des Anlegers Anwendung finde, worauf sich die Parteien einstellen würden. Stünde der Endanleger hingegen in einem direkten Rechtsverhältnis zum Emittenten, richtete sich das Rechtsverhältnis typischerweise nach dem Recht am Sitz des Emittenten (bzw. nach dem Recht des Lageortes), bei international handelbaren Effekten wäre häufig ein dem Investor nicht vertrautes fremdes Recht maßgeblich). 641 Lord Walker in Lehman Bros International (Europe) v. CRC [2012] UKSC 6 [85]. 642 Goode/Gullifer, Legal Problems of Credit and Security6 , Rn. 6–21; McFarlane [2016] 3 JIBFL 2016, 359–361; Micheler [2015] 74 C. L.J. 505–533; Salter [2016] 3 JIBFL 153–155.
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Kritik konzentriert sich auf die – zumeist als „interest in securities“ oder „equitable interest“ umschriebene643 – prekäre Rechtsstellung des Investors. Erstens wird angemerkt, dass der Zuweisungsgehalt derselben nicht nur durch das Vertragsverhältnis zwischen dem Depotkunden und seiner Bank, sondern durch alle Vertragsverhältnisse in der fiktiven ununterbrochenen Kette von der Wertpapiersammelbank bis zum Endinvestor bestimmt werde; dadurch verkürze sich die Rechtsposition des Anlegers auf den kleinsten gemeinsamen Nenner.644 Aus eigenem Recht könne dieser Stimmrechte, Dividenden, Minderheitenschutzrechte bei Umwandlungen sowie Restrukturierungen und andere mitgliedschaftliche Befugnisse ohnedies nicht geltend machen; dies sei nur möglich, wenn sämtliche Intermediäre ihre Primärleistungsansprüche (und Rechtsbehelfe) innerhalb der Vertragskette weiterreichen oder zumindest Ausübungsermächtigungen erteilen.645 Diese allenfalls mittelbare Teilhabe an mitgliedschaftlichen Befugnissen werde durch die einschlägigen AGB der Bankwirtschaft freilich massiv beschränkt. In der Praxis werde die berechtigte Erwartung des Anlegers, der sich selbst ja als Aktionär (resp. als Inhaber des fraglichen Finanzinstruments) wähne, oftmals enttäuscht. Zweitens werde die Rechtsposition des Investors standardmäßig für Sicherungszwecke seitens der Kundenbank oder der Intermediäre unter praxisüblichen Repos und anderen Kredit- und Sicherungsgeschäften eingesetzt – nicht selten ohne oder unter Überschreitung eines standardmäßig der Depotbank eingeräumten right to use.646 643
Siehe etwa Gullifer [2019] 5 JIBFL 287. Micheler [2015] 74 C. L.J. 505, 509–511. Demgegenüber werde die Rechtsstellung der Kunden eines Intermediärs praktisch niemals durch die Verträge zwischen diesem und seinem Verwahrer verbessert; den Endinvestoren stünden regelmäßig keine Rechte nach Maßgabe des C(ROTP)A 1999 zu, dessen Geltung i. d. R. durch AGB ausgeschlossen werde (Salter [2016] 3 JIBFL 153, 154). 645 Vgl. Micheler [2015] 74 C. L.J. 505, 513–519, die darauf hinweist, dass die AGB von Euroclear und CBL (Clearstream Banking Luxembourg) eine Weiterleitung von Klagebefugnissen nicht vorsehen und zudem ausdrücklich jegliche Unterstützung bei der Geltendmachung direkter Ansprüche gegen den Emittenten ausschlössen. Dass das „no-look-through“-Prinzip die Rechtsstellung der Investoren schmälere, zeige bspw. die Entscheidung Secure Capital SA v. Credit Suisse AG [2015] EWHC 388 (Comm), in der der Investor mit einer Klage wegen angeblicher Informationspflichtverletzungen des Emittenten eines Finanzprodukts scheiterte; auf die vom Kläger erhobenen Vorwürfe kam es in der Sache nicht an, da der Kläger (da er nicht Besitzer des maßgeblichen Inhaberpapiers war; dieses wurde von einer Sammelwertpapierbank als Globalurkunde verwahrt) nach dem maßgeblichen englischen Recht schon die Sachlegitimation für eine Klage wegen Vertragsverletzung fehlte. Desgleichen konnten die deutschen Kläger in Eckerle v. Wickeder Westfalenstahl GmbH [2013] EWHC 68 (Ch); [2014] Ch. 196 nicht die Rechte, die den Minderheitsgesellschaftern nach s. 98 CA 2006 bei der Umwandlung englischer Gesellschaften (von einer public limited company in eine private company) zustehen, geltend machen, da sie nach dem maßgeblichen englischen Recht selbst nur über sub-trust-rechtlich unterlegte schuldrechtliche Einwirkungsansprüche gegen ihre Depotbank verfügten; der CA 2006 verleihe den Investoren keine unmittelbaren Mitwirkungsrechte. 646 Micheler [2015] 74 C. L.J. 505, 519–521, die die von der Financial Conduct Authority (FCA) erlassenen regulatorischen Vorgaben (rules on client assents, sog. CASS rules) als unzureichend einschätzt; die Sanktionsmittel (Geldbußen) änderten an der Wirksamkeit eines pflichtwidrig eingeräumten security interest nichts. In der Tat wird der trustrechtliche Insolvenzschutz des Endinvestors durch entsprechende Kredit- und Sicherungsgeschäfte gefährdet (differenzierend 644
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Drittens dürfe die dem trust zugeschriebene Schutzwirkung im neuralgischen Szenario der Insolvenz eines oder mehrerer (Zwischen-)Verwahrer nicht überschätzt werden: Wegen des trust-rechtlich etablierten no-look-through-principle sei der Investor darauf angewiesen, dass seine Depotbank und/oder ein Verwahrer vorgelagerter Stufe Aussonderungsbefugnisse (erfolgreich) in der Insolvenz eines Zwischen- und/oder des Sammelverwahrers geltend macht, was voraussetze, dass das „dingliche“ equitable entitlement – scil.: die geltend gemachte Gutschrift für securities der fraglichen Gattung im Umfang von £ xxx,- auf den von der Schuldnerin geführten Konten – identifizierbar ist und dem equitable entitlement ggf. in einem im Ausland durchgeführten Insolvenzverfahren privilegierte Wirkung zugemessen wird.647 Wenn aber eine Depotbank oder ein Zentralverwahrer die Kundenbestände nicht durch entsprechende Kontenführung klar von anderen, eigennützig gehaltenen Beständen trenne und/oder keine ausreichende Deckung für die treuhänderisch zugunsten der Kunden zu haltenden securities bilde, sei der Endinvestor gerade nicht effektiv gegen die durch die mediatisierte Effektenhaltung erhöhten Insolvenzrisiken gesichert.648 Endlich entwerte das englische Recht die Position des Anlegers dadurch, dass dieser gegen Pflichtverletzungen der Zwischenverwahrer, insbesondere gegen eine Veruntreuung des jeweiligen trust property unzureichend geschützt sei; das tracing in equity stoße aufgrund der komplexen depotrechtlichen Arrangements vielfach an technische Grenzen.649 Zum Teil wird zwar entgegengehalten, dass die jüngere Rechtsprechung die Rechtsstellung des „beneficial owner“ sowohl im law of restitution als auch im Goode/Gullifer, Legal Problems of Credit and Security6 , Rn. 6–22). Wenn z. B. die Depotbank den für den Anleger gebuchten „interest in securities“ unter einem Repo zur Sicherheit eigener Verbindlichkeiten an eine zweite Bank überträgt, sei es zur Sicherung eigener Verbindlichkeiten, sei es zum Erwerb weiterer Finanzinstrumente des Anlegers, steht ihr zwar zumindest ein schuldrechtlicher Anspruch auf Übertragung äquivalenter securities im Verhältnis zur Sicherungsnehmerin zu. Wenn „nur“ die Depotbank und nicht auch die Sicherungsnehmerin Insolvenz anmelden muss, ist bei unterstellter Erfüllung des Übertragungsanspruchs aus dem Repo-Geschäft keine Unterdeckung zulasten des Anlegers gegeben. Im neuralgischen Szenario einer (globalen) Bankenkrise ist die unterstellte Durchsetzbarkeit dieser vertraglichen Ansprüche indes gerade nicht gewährleistet: Wenn die Sicherungsnehmerin in diesem Beispiel gleichfalls Insolvenz anmeldet, steht der Anleger ohne einen vermeintlich insolvenzfesten interest in securities dar, zählt mithin zu den Insolvenzgläubigern seiner Depotbank; eigene Ansprüche gegen die Sicherungsnehmerin stehen ihm ohnedies nicht zu. Unsicher ist zudem, ob in der Insolvenz des Emittenten eine Insolvenzaufrechnung seitens des Endinvestors mit seiner Forderung auf Übertragung der securities gegen den Emissionspreis in Betracht kommt; zumindest auf den ersten Blick dürfte eine Aufrechnung mangels Gegenseitigkeit scheitern (näher Gullifer [2019] 5 JIBFL 287–289). 647 Siehe Lord Walker in Lehman Bros International (Europe) v. CRC [2012] UKSC 6 [85]; Micheler [2015] 74 C. L.J. 505, 523–525. 648 Micheler [2015] 74 C. L.J. 505, 523–525. 649 Vgl. Micheler [2015] 74 C. L.J. 505, 525–529, die zudem darauf abstellt, dass die Depotbanken ihren Pflichtenkreis durch die branchenübliche Einschaltung von Zwischenverwahrern regelmäßig auf Auswahl- und Überwachungspflichten reduzierten. Umgekehrt träten die Depotbanken vertragliche Ansprüche gegen ihre Zwischenverwahrer an die Kunden nicht ab, sicherten diesen keine prozessuale Unterstützung bei der Durchsetzung möglicher Ersatzansprüche zu und verpflichteten sich auch nicht zur fremdnützigen Durchsetzung etwaiger Rechtsbehelfe.
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law of torts massiv gestärkt habe, was zumindest potentiell Nachteile des no-lookthrough-principle für den Endinvestor von fiduziarisch gehaltenen Effekten kompensiere.650 Zum einen wird auf die referierte Entscheidung des Court of Appeal in Shell UK Ltd. v. Total UK Ltd.651 und zum anderen wird auf einen der seminal cases des Supeme Court zur subrogation652 – Menelaou v. Bank of Cyprus UK Ltd 653 – 650
So vorsichtig McFarlane [2016] 3 JIBFL 359, 360–361. Shell UK Ltd. v. Total UK Ltd. [2010] EWCA Civ 180; [2011] Q. B. 86; siehe hierzu § 4 II. 2. b). 652 Näher hierzu § 4 II. 2. d). 653 Menelaou v. Bank of Cyprus UK Ltd. [2015] UKSC 66; [2016] 1 A. C. 176. Mit dieser Entscheidung erscheint der Wirkungskreis des englischen Bereicherungsrechts, vor allem die „subrogation“ als angeblicher Rechtsbehelf des law of unjust enrichment, auf den ersten Blick signifikant erhöht. Nach der von der Mehrheit gebilligten Begründung von Lord Clarke kommt ein Eintritt in „wiederauferstehende“ abgelöste security interests praktisch immer dann in Betracht, wenn dies nach Maßgabe der Fallumstände „gerecht“ erscheint; die in Banque Financière de la Cité v. Parc (Battersea) Ltd. [1999] 1 A. C. 221 niedergelegten Tatbestandsvoraussetzungen des bereicherungsrechtlichen Anspruchs seien „[…] no more than broad headings for ease of exposition, […] they did not have statutory force […]“ (Menelaou v. Bank of Cyprus UK Ltd. [2015] UKSC 66; [2016] 1 A. C. 176 [19]). In dem zugrundeliegenden Fall hatten die Eltern der Klägerin ein Haus (Rush Green Hall) mit zwei legal charges für die Beklagte zur Sicherung von Geschäftskrediten belastet. Auch um bestehende Verbindlichkeiten zu tilgen, verkauften die Eltern Rush Green Hall, um Great Oak Court als neues Familienheim zu erwerben; Great Oak Court wurde auf die Klägerin als Inhaberin des legal estate eingetragen; die Beklagte finanzierte diesen Erwerb, verzichtete abredegemäß auf die auf Rush Green Hall lastende charge und sollte zur Sicherung ihrer Forderungen eine neue charge an Great Oak Court erhalten. Sämtliche Verträge wurden von der beigeladenen Anwaltskanzlei vorbereitet, die auch das von der Beklagten valutierte Darlehen auf einem Anderkonto hielt und sodann an den Veräußerer überwies. Die Klägerin wurde weder von ihren Eltern noch von der Beigeladenen über die beabsichtigte Belastung des legal estate durch eine charge der Beklagten unterrichtet. Die charge wurde gleichwohl eingetragen, wobei die Beigeladene die Unterschrift der Klägerin auf der für die Bestellung erforderlichen deed gefälscht hatte; die Beklagte hatte hiervon keine Kenntnis. Erst als Great Oak Court wiederum veräußert werden sollte, erfuhr die Klägerin von der charge und begehrte daraufhin u. a. die Löschung der charge. Sie erhob u. a. Klage auf Berichtigung des Registers; diese Klageforderung wurde erstinstanzlich von der Beklagten anerkannt; in einem Prozessvergleich erkannte zudem die Beigeladene sämtliche von der Klägerin und der Beklagten gegen sie erhobenen Schadensersatzansprüche an. Die Entscheidung des Supreme Court bezog sich nurmehr auf die Widerklage der Beklagten; diese verlangte die Übernahme des sog. vendor’s lien am legal estate der Klägerin. Der Court of Appeal hatte der Widerklage stattgegeben; die Revision der Klägerin und Widerbeklagten blieb erfolglos. Die Mehrheit der Supreme Court Justices bejahte einen Eintritt der Beklagten in das (durch die Kaufpreiszahlung an sich bereits erloschene) vendor’s lien wegen unjust enrichment. Die Klägerin sei ungerechtfertigt durch den Erwerb eines unbelasteten legal estate bereichert; die Beklagte habe einen korrespondierenden Vermögensnachteil erlitten, indem sie auf ihre frühere charge verzichtet, aber nicht wirksam eine neue charge an Rush Green Hall erworben habe. Das Erfordernis eines Nexus zwischen Bereicherung und Entreicherung sei tendenziell weit auszulegen und auch in diesem Fall gegeben; ohne das von der Beklagten gewährte Darlehen hätte die Klägerin schließlich das Grundstück nicht lastenfrei erworben (vgl. Menelaou v. Bank of Cyprus UK Ltd. [2015] UKSC 66; [2016] 1 A. C. 176 [27–32] (Lord Clarke) [62–66] (Lord Neuberger)). Mögliche Verteidigungsgründe seien nicht gegeben; die Klägerin sei weder entreichert noch sei sie als gutgläubig-entgeltlicher Erwerber geschützt (Menelaou v. Bank of Cyprus UK Ltd. [2015] UKSC 66; [2016] 1 A. C. 176 [36] (Lord Clarke)). Die bereicherungsrechtlichen Rechtsfolgen seien nicht starr vorgegeben; möglich sei auch ein Eintritt des Gläubigers in ein vendor’s lien, dessen Fortexistenz hier fingiert werden könne, um die gebotene Übernahme durch die Beklagte 651
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Bezug genommen.654 Diese Rechtsprechung sei dadurch gekennzeichnet, dass zunehmend der Topos der wirtschaftlichen Vermögensallokation (commercial reality) in den Mittelpunkt gerückt werde; die exakte sachenrechtliche Zuordnung büße aufgrund dieser Entwicklung ihre Bedeutung im trust-rechtlichen Kontext ein.655 Wenn der sog. beneficial owner einer schuldhaft beschädigten Sache nach Shell Vermögensfolgeschäden im eigenen Namen gegen den Schädiger wegen negligence geltend machen könne, sei es denkbar, unter Verweis auf „economic reality“ direkte Anspüche des Investors gegen Zwischenverwahrer auf Ersatz reiner Vermögensschäden zu begründen.656 Da aus Menelaou folge, dass selbst dann, wenn die extensiven Surrogationsmechanismen des tracing in equity in Bezug auf die missbräuchliche Verwendung von trust property im Einzelfall versagen, ein Eintritt in security interests wegen unjust enrichment in Betracht komme, sofern ein hinreichender „Nexus“ zwischen der Entreicherung des Klägers und der Bereicherung des Beklagten vorliege, sei auch dann eine insolvenzrechtliche Privilegierung des Endinvestors bei Insolvenz eines Verwahrers denkbar, wenn dieser die Kundenbestände kontentechnisch nicht hinreichend klar von anderen Vermögensbeständen trenne oder aus anderen Gründen ein Fehlbetrag zulasten des Anlegers entstanden sei.657 Diese Argumentation überzeugt indes nicht. Die Einschätzung, dass die Rechtsstellung des Investors durch den billigkeitsinduzierten Ansatz der vorgenannten Judikate potentiell verbessert werde, ist nicht mehr als eine ungesicherte Prognose. Auf die bereits dargestellte Kritik an Shell sei an dieser Stelle verwiesen; ob sich diese Entscheidung halten lässt, bleibt abzuwarten.658 Vor allem aber ist die in Menelaou nahezu schrankenlos ausgeuferte Haftung wegen unjust enrichment vom Supreme Court längst schon wieder erheblich zurückgedrängt und in vertretbare Bahnen gelenkt worden: Zumindest für Geldleistungsansprüche (sog. personal remedies) wegen unjust enrichment wird nunmehr grundsätzlich ein sog. direct transfer of value verlangt659; das englische law of unjust enrichment nähert sich dem in Deutschland dominierenden Grundsatz vom Vorrang der Leistungskondiktion erkennbar an.660 Auf unmittelbare schuldrechtliche Ansprüche im Verhältnis zu zu ermöglichen; diese sei daher nicht bloß auf einen obligatorischen (Geldleistungs-)Anspruch gegen die Klägerin verwiesen, sondern erwerbe unmittelbar einen equitable interest, der im Wege des Verkaufs des belasteten estate durchgesetzt werden könne (vgl. Menelaou v. Bank of Cyprus UK Ltd. [2015] UKSC 66; [2016] 1 A. C. 176 [49–50] (Lord Clarke)). 654 McFarlane [2016] 3 JIBFL 359, 360–361. 655 McFarlane [2016] 3 JIBFL 359, 360–361. 656 McFarlane [2016] 3 JIBFL 2016, 359, 360. 657 McFarlane [2016] 3 JIBFL 2016, 359, 360–361. 658 Siehe hierzu § 4 II. 2. b). 659 Investment Trust Companies v. Revenue and Customs Commissioners [2017] UKSC 29; [2018] A. C. 275 [43]–[51] (Lord Reed); Prudential Assurance Co Ltd. v. Revenue and Customs Commissioners [2018] UKSC 39; [2018] 3 W. L.R. 652 [68] (Lord Reed, Lord Hodge, Lord Mance). 660 Bezeichnend der Ansatz von Stevens (2018) 134 L. Q. R. 574, 581–583, 601, der statt eines „transfer of value“ auch unter Rekurs auf das deutsche Bereicherungsrecht auf das Erfordernis einer „performance“ seitens des Klägers an den Beklagten abstellt.
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Verwahrern vorgelagerter Stufe kommt es im hier relevanten Kontext auch nicht entscheidend an. Wichtiger ist die umstrittene Frage, ob eine proprietary restitution wegen unjust enrichment auch ohne das sachenrechtliche Erfordernis eines tracing in equity in Frage kommt661 und, bejahendenfalls, ob hieraus extrapoliert werden kann, dass der Investor in der Insolvenz seines Verwahrers berechtigt ist, Vermögenswerte im Umfang seines sog. equitable interest, geltend zu machen, selbst wenn die kontentechnische Identifizierung dieses equitable interest aus Gründen, die in der Sphäre des Schuldners liegen, scheitert. Wenngleich die Mehrheit in Menelaou die erste Frage in Bezug auf den Rechtsbehelf der subrogation bejaht,662 ist auch mit Rücksicht auf heftige Kritik aus der Lehre663 fraglich, dass subrogation ohne Rücksicht auf die einschränkenden sachenrechtlichen Vorgaben des tracing in equity anwendbar ist. Endlich spricht viel dafür, dass der Rekurs auf unjust enrichment seitens der Mehrheit in Menelaou in der konkreten Fallgestaltung entbehrlich war. Das von der klagenden Bank zur Verfügung gestellte Darlehen dürfte Gegenstand eines Quistclose trust gewesen sein, so dass die zur Finanzierung des Hausgrundstücks der beklagten Tochter der Darlehensnehmer verwendete Valuta nach Maßgabe des tracing in equity in dieses Grundstück „verfolgt“ werden konnte und demgemäß zum Eintritt in das durch das mittels des Darlehens abgelöste vendor’s lien berechtigte.664 Legt man diese Interpretation zugrunde, ist Menelaou für die hier relevante Frage der Schutzwirkungen eines equitable interest in securities in der Insolvenz der Depotbank, eines Verwahrers vorgelagerter Stufe oder gar des Emittenten unbehelflich. Nach alldem bleibt die Rechtsstellung der Anleger im englischen Recht nicht zuletzt im Fall einer etwaigen Bankeninsolvenz unsicher.665 An Vorschlägen 661 Wie in Fn. 141 gezeigt, dominiert zwar in Rechtsprechung und Lehre noch die bereicherungsrechtliche Interpretation des Rechtsbehelfs der subrogation. Freilich verzichten die Anhänger des bereicherungsrechtlichen Ansatzes nicht geschlossen auf das sachenrechtliche Erfordernis, dass dem Kläger eine in das abgelöste security right verfolgbare „proprietary base“ in Equity zustehen muss, und vor allem wird das bereicherungsrechtliche „at the expense of“-Merkmal seit Investment Trust Companies v. Revenue and Customs Commissioners [2017] UKSC 29; [2018] A. C. 275 zumindest für Geldleistungsansprühe wegen unjust enrichment weitaus enger ausgelegt als noch in Menelaou; ob diese restriktive Interpretation in Bezug auf sachenrechtliche Rechtsbehelfe, die auf ein „unjust enrichment“ gestützt werden, gilt, ist ungeklärt. 662 Menelaou v. Bank of Cyprus UK Ltd. [2015] UKSC 66; [2016] 1 AC 176 [21]–[24] (Lord Clarke). 663 Stevens (2018) 134 L. Q. R. 574, 598–599; Virgo, University of Cambridge Faculty of Law Research Paper No. 51/2016, S. 1, 8–14. 664 So überzeugend Lord Carnwath Menelaou v. Bank of Cyprus UK Ltd. [2015] UKSC 66; [2016] 1 AC 176 [134]–[140], der sich zudem gegen den bereicherungsrechtlichen Ansatz der Mehrheit richtet; dem sachenrechtlichen Ansatz in einem obiter dictum zustimmend Lord Neuberger (Menelaou v. Bank of Cyprus UK Ltd. [2015] UKSC 66; [2016] 1 AC 176 [100]–[104]), der aber nicht frei von Ambivalenz auch der bereicherungsrechtlichen Lösung zustimmt. Aus der Literatur siehe Stevens (2018) 134 L. Q. R. 574, 599; Virgo, University of Cambridge Faculty of Law Research Paper No. 51/2016, S. 1, 8–9. 665 Siehe die bereits zitierte Entscheidung Secure Capital SA v. Credit Suisse AG [2015] EWHC 388 (Comm), in der es um die von einem Endinvestor (im eigenen Namen) gegen die Emittentin eines Finanzprodukts, Credit Suisse AG, erhobene Klage wegen vertraglicher Auf-
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zur punktuellen Verbesserung des geltenden Rechts unter Wahrung des tradierten sub-trust-Systems des Effektengiroverkehrs fehlt es zwar nicht.666 Die Kernfrage ist jedoch, ob an diesem System sub specie der aufgezeigten Schwachpunkte festgehalten oder de lege ferenda ein modernisiertes System „direkter“ Anteilszuordnung eingeführt werden soll.667 klärungspflichtverletzungen ging. Die Emittentin ließ die vom Kläger bei seiner luxemburgischen Bank gezeichnete Anleihe in Form einer Dauerglobalurkunde bei dem Zentralverwahrer BNYM in New York verwahren; es handelte sich um ein Inhaberpapier (bearer note) mit Rechtswahl zugunsten englischen Rechts. Die Globalurkunde blieb fortwährend im Besitz von BNYM; der Investor selbst erlangte niemals Besitz an einer (für ihn ausgestellten) Einzelurkunde. BNYM hielt die Globalurkunde u. a. für Euroclear, die ihre Rechtsposition als „Zwischenverwahrer“ wiederum für mehrere europäische Privat- und Geschäftsbanken, u. a. für die luxemburgische Depotbank des Klägers. Bei der Anleihe handelte es um ein komplex ausgestaltetes Finanzprodukt, wobei die Höhe des Anleihezinses – vereinfacht betrachtet – an die Lebenserwartung von Versicherungsnehmern bestimmter Lebensversicherungen geknüpft war; je länger die Lebenserwartung der Versicherungsnehmer, desto geringer fiel der Zins aus. Der Kläger behauptete, dass die Beklagte die tatsächlich erwartete Lebenserwartung der Versicherungsnehmer unrichtig dargestellt habe; dementsprechend sei die Anleihe längst nicht so lukrativ wie von der Emittentin dargestellt. Er sei berechtigt, einen Anspruch auf Schadensersatz aus eigenem Recht ohne Beteiligung des Inhabers der Globalurkunde zu erheben; das anwendbare luxemburgische Recht verleihe dem Investor eigene Klagerechte gegen den Emittenten. Das Gericht wies die Klage ab. Im Kern verfolge der Kläger einen vertraglichen Schadensersatzanspruch; maßgeblich sei deshalb das in der Rechtswahlklausel bezeichnete englische Recht. Auf der Grundlage des englischen Rechts scheide ein eigener Schadensersatzanspruch des Klägers aber mangels Besitzes am Inhaberpapier aus. Dies stehe im Einklang mit den anerkannten Rechtsgrundsätzen der mediatisierten Effektenhaltung. Wäre der Investor imstande, ohne Vorlage der Urkunde die verbrieften Rechte einschließlich von Sekundäransprüchen wegen Vertragsverletzung nach dem Recht am Sitz seines Intermediärs geltend zu machen, müsse der Emittent eine unbestimmte Vielzahl von Klagen wegen möglicher Pflichtverletzungen gewärtigen, deren Beurteilung je nach anwendbarem Recht unterschiedlich ausfallen könne; dies sei nicht hinnehmbar (Secure Capital SA v. Credit Suisse AG [2015] EWHC 388 (Comm) [61] (Hamblen J.: „As Credit Suisse pointed out, the impracticality of Secure Capital’s case can be illustrated by considering ramifications on an obligation arising out of a ‚misleading statements‘ term. Secure Capital’s case is that whoever ends up as the ultimate investor can (at least if it has a relevant interest in a Luxembourg account) make a claim for breach of contract against the issuer if it was unaware of any relevant matter. The issuer can therefore owe a contractual obligation of disclosure to a second stage investor with which it has had no direct dealings (indeed, it may well not even be aware of the existence of the investor). On this argument, it will owe a similar obligation to a third stage investor, or a fourth stage investor, or a 50 th stage investor. Does each investor have its own cause of action? And what if the first 49 investors are well aware of the facts in question but the 50th is not? Does a new cause of action for non-disclosure selfgenerate years later on the purchase by the 50th stage investor?“). Die Entscheidung macht sichtbar, dass kapitalmarktrechtliche Informationspflichten des Emittenten, der Finanzintermediäre und Anlageberater letztlich nicht durch die jeweiligen Modalitäten mediatisierter Effektenhaltung bestimmt werden sollten, sondern spezialgesetzlicher Regelung bedürfen. 666 Vgl. Goode/Gullifer, Legal Problems of Credit and Security6 , Rn. 6–21; Salter [2016] 3 JIBFL 153, 154. Allenthalben wird eine stärkere Regulierung des Effektengiroverkehrs, vor allem eine schärfere AGB-Kontrolle gefordert; Anreize zur Selbstregulierung, z. B. durch Verschlechterung des Ratings von Finanzprodukten, die keine ausreichenden unmittelbaren Rechte der Anleger begründen, stehen ebenfalls zur Debatte. Seit langem wird zudem eine Vereinheitlichung des Wertpapierrechts auf europäischer Ebene oder zumindest auf eine Ratifikation des Genfer Wertpapierrechtsübereinkommens (siehe hierzu Fn. 474) gefordert – bislang ohne Erfolg. 667 Zur Diskussion McFarlane [2016] 3 JIBFL 2016, 359, 361. Für punktuelle Verbesserungen
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4. Zusammenfassung 1. Mehrstufige trusts erschöpfen sich weder in schuldrechtlichen Beziehungen noch leiten sie jemals das dem jeweiligen sub-trust obliegende Pflichtenprogramm „privativ“ auf den trustee des principal trust über. Auf den ersten Blick verschleift sich zwar die exakte Grenzziehung zwischen dem belasteten und dem lastenden Recht. Schon in der „einfachen“ einstufigen Konstellation trust-befangener legal rights ist die Ausdeutung der Rechtspositionen des trustee und des beneficiary ungewiss. Während jener materiellrechtlich unzweideutig Rechtsinhaber ist, stehen diesem sowohl die Erträge als auch die „eigentumsähnliche“ letztverbindliche Entscheidungshoheit über das rechtliche Schicksal des trust property zu. Noch unsicherer erscheint die Abgrenzung zwischen dem belasteten und dem lastenden Recht bei mehrstufig strukturieren trusts vor dem Hintergrund der nicht abschließend geklärten Rechtsfolgen von sub-trusts: Mit der Vervielfältigung sich überlappender trust-befangener und sub-trust-gestützter equitable interests ist scheinbar eine weitergehende Fragmentierung der „Eigentums-“Befugnisse verbunden. Während die Rechtszuständigkeit dem (sub-)trustee des jeweiligen trust zugewiesen ist,668 stehen die Nutzungen und die „eigentumsähnliche“ letztverbindliche Entscheidungshoheit über das rechtliche Schicksal des den jeweiligen sub-trust bildende trust property dem hieraus legitimierten beneficiary zu, wenn es sich um einen bare sub-trust handelt oder die Voraussetzungen von Saunders v. Vautier669 erfüllt sind. In einer Kette aufeinander aufbauender bare trusts verlagert sich somit sowohl die materiale Nutzungsbefugnis als auch die Rechtsmacht, sich vermittels Auflösung des jeweils vorgelagerten intermediate trust das dem main trust unterliegende trust property zu verschaffen, auf den beneficiary des auf höchster Stufe platzierten (bare) subtrust.670 Folglich ließe sich der beneficiary des auf höchster Stufe rangierenden sub-trust als „Eigentümer“ beschreiben, was in raumsymbolischer Hinsicht mit einer spiegelbildlichen Umkehrung des pyramidenförmigen Aufbaus korrespondiert. Indes unter Beibehaltung des überkommnen Systems intermediärer Wertpapier- und Wertrechtsverwahrung Goode/Gullifer, Legal Problems of Credit and Security6 , Rn. 6–21. Für Umstellung des allgemeinen Effektengrioverkehrs auf ein an Bitcoins und andere Kryptowährungen angenähertes System der dezentralen Rechtszuweisung Micheler [2015] 74 C. L.J. 505, 508–509, 532–533. 668 Dieser entäußert sich jedenfalls nach der vordringenden und hier vertretenen Interpretation des sub-trust nicht vollumfänglich des in den sub-trust eingebrachten equitable interest (siehe § 4 III. 2.). 669 (1841) 4 Beav. 115; 41 E. R. 482. 670 Dieser kann zwar – da die vorgelagerten sub-trustees nicht von selbst „von der Bildfläche verschwinden“ – nicht unmittelbar den ihm nicht treuhänderisch verpflichteten trustee des main trust anweisen, unter Auflösung dieses trust das trust property unter Ausschaltung aller zwischengeschalteten trusts zu übertragen. Vielmehr bedarf es der Auflösung jedes einzelnen intermediate trust, was aber der beneficiary des auf höchster Stufe platzierten (bare) sub-trust ohne weiteres durch sukzessive Auflösung „seines“ sub-trust und jedes einzelnen vorgelagerten trust erreichen kann. Letztlich vermag er alle vorgelagerten sub-trustees sowie die trustees des main trust aus ihrer Rechtsposition zu entfernen und sich damit das dem main trust unterliegende Recht einverleiben.
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darf das Bild einer „inversen“ Pyramide, unter dem der sog. subsidiary equitable interest des durch den zuletzt konstituierten sub-trust berechtigten beneficiary das „Restrecht“ bildet, dem sich alle zwischengeschalteten equitable interests unterordnen, nicht über die gegensätzliche konstruktionsjuristische Entscheidung der lex lata hinwegtäuschen. Auch in einer mehrstufigen trust-Struktur leitet sich das Recht des beneficiary von dem in den jeweiligen (sub-)trust eingebrachten equitable interest des settlor ab: Der subsidiary equitable interest kann grundsätzlich nur von dem Inhaber des dem sub-trust unterliegenden equitable interest als settlor dieses sub-trust konstituiert werden; mit der Beendigung dieses sub-trust erlischt zwangsläufig der hieraus entstandene subsidiary equitable interest, nicht notwendig aber auch der in den sub-trust eingebrachte equitable interest. Geht mit dem Untergang des sub-trust der subsidiary equitable interest im equitable interest auf, liegt das Ergebnis offen zutage: Der subsidiary equitable interest belastet den trustbefangenen equitable interest, der entweder – bei doppelstufiger Struktur – unmittelbar das dem main trust unterliegende Recht, sei es ein legal right, sei es ein nicht trust-basierter equitable interest, oder den aus einem unmittelbar vorgelagerten intermediate trust folgenden equitable interest belastet, welcher wiederum entweder einen in den vorgelagerten intermediate trust eingebrachten equitable interest oder das aus dem main trust resultierende Recht einschränkt.671 2. Auch unter Zugrundelegung der simplen Fragmentierungsthese ist fragwürdig, ob der sub-beneficiary als „wirtschaftlichen Eigentümer“ des trust property betrachtet werden kann. Obschon sich dessen subsidiary equitable interest vermöge der „Belastung“ des dem sub-trustee zugeordneten beneficial interest – auf das (un-)körperliche Substrat des main trust erstreckt, ist die Rechtsposition des sub-beneficiary im Licht der neueren Rechtsprechung nicht schematisch der des unmittelbar aus dem main trust begünstigten beneficiary gleichzustellen.672 Eine bloße sub-trust-mediatisierte Sachzuordnung reicht nicht per se für eine solche Gleichstellung aus, sondern allenfalls dann, wenn der beneficiary sich zum „nackten Treuhänder“ seines Rechts erklärt oder einem anderen unter einem „simple sub-trust“ seinen equitable interest überträgt, sich also seiner Nutzungsbefugnisse an der dem main trust unterliegenden Sache vollständig zugunsten des sub-beneficiary entäußert. Auch vor dem Hintergrund der fragwürdigen Entscheidung des Court of Appeal in Shell UK Ltd. v. Total UK Ltd.673 gilt nichts anderes, selbst wenn diese billigkeitsinduzierten Einzelfallentscheidung abstrahierend dahin ausgelegt und fortentwickelt werden sollte, dass dem „wirtschaftlichen Eigentümer“ 671 Siehe Edelman (2013) 29 L. Q. R. 66, 70–75, 85; Bell, Modern Law of Personal Property in England and Ireland, S. 154 in Fn. 2. 672 Exemplarisch sei auf die restriktive Auslegung von sec. 12 TLATA 1996 im Kontext von sub-trusts an ideellen Grundstücksbruchteilen verwiesen (vgl. Creasey v. Sole [2013] EWHC 1410 (Ch) [122]–[128] (Morgan J.); siehe hierzu § 4 III. 3. c) bb). 673 Vgl. Shell UK Ltd. v. Total UK Ltd. [2010] EWCA Civ 180; [2011] Q. B. 86 [132]. Freilich lag der Entscheidung ein „einstufiger“ bare trust zwischen der vollständig von den geschädigten beneficiaries beherrschten Zweckgesellschaft als trustee und der material geschädigten Klägerin als einer der beneficiaries zugrunde.
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generell deliktsrechtliche Klagebefugnisse at law zustehen. Zwar müsste diese allgemeine Regel mutatis mutandis für pyramidenförmig aufeinander geschichtete bare trusts gelten, d. h. bei konsequenter Regelerstreckung würden die durch den „obersten“ trust der „Treuhandpyramide“ begünstigten beneficiaries aus sachbezogenen torts bei schädigenden Eingriffen auf die dem main trust unterliegenden Sachen berechtigt. Wiederum ließe sich das für negligence erforderliche „Näheverhältnis“ (proximity) zwischen Schädiger und Geschädigten mit Rücksicht auf das „wirtschaftliche Eigentum“ der beneficiaries des letztstufig konstituierten trust annehmen, sind doch alle intermediate beneficiaries „nackte Treuhänder“, denen keine materialen Einbußen drohen.674 Bei anderen sachbezogenen torts wird man nicht anders entscheiden können.675 Sieht man von Ausnahmekonstellation aufeinander aufbauender bare trusts einmal ab, bewendet es freilich auch bei sub-trusts bei dem allgemeinen Rechtsgrundsatz, dass es ausschließlich den trustees obliegt, die einschlägigen deliktsrechtlichen Klagen gegen Dritte geltend zu machen und Schäden der (sub-)beneficiaries zu liquidieren. Im Übrigen ist eine prozessuale Beteiligung der principal trustees selbst bei einer vom alleinbegünstigten sub-beneficiary (eines bare sub-trust) gegen Dritte erhobenen Klage unverzichtbar. Dies dient nicht nur der subjektiven Rechtskrafterstreckung, sondern ist Ausdruck der materiellrechtlichen Sachzuordnung, macht doch selbst der alleinbegünstige beneficiary fiduziarisch gebundene fremde Rechte geltend.676 Die Entscheidung des Court 674 Kritischer Prüfung im Einzelfall bedarf bei mehrstufig strukturierten trusts allerdings stets das haftungsausfüllende Merkmal der foreseeability des geltend gemachten Schadens. Zudem wäre zumindest die prozessuale Beteiligung der principal trustees nach Maßgabe des auch in Shell UK Ltd. v. Total UK Ltd. nicht in Frage gestellten prozessrechtlichen Beteiligungserfordernisses des trustee unerlässlich (siehe nur die umfassende Rechtsprechungsanalyse von Lord Collins in Roberts v. Gill & Co. [2010] UKSC 22; [2011] 1 A. C. 240 [42]–[69]; Lewin (-Tucker/Le Poidevin/Brightwell), Trusts19, Rn. 40-070, 43-012); ggf. könnte aber unter Verweis auf die aus Head v. Lord Teynham (1783) 1 Cox 57; 29 E. R. 1060 destillierte Regel, wonach sich der sub-beneficiary ausnahmsweise direkt an die principal trustees halten und diese auf Erfüllung ihrer treuhänderischer Pflichten in Anspruch nehmen kann, ohne die sub-trustees in den Rechtsstreit einbeziehen zu müssen, sofern diese – als „nackte“ Zwischentreuhänder – kein schutzwürdiges Interesse am Ausgang des Rechtsstreits geltend machen können (siehe hierzu § 4 III. 2. a)), auch bei deliktsrechtlichen Klagen gegenüber Dritten auf eine prozessuale Beteiligung der sub-trustees verzichtet werden. Diese Frage lässt sich hier nicht abschließend klären, weil fragwürdig ist, ob bei einer von einem oder mehreren beneficiaries kraft gesetzlicher Prozessstandschaft erhobenen Klage (sog. derivative action) gegen trust-fremde Dritte neben dem trustee (wegen subjektiver Rechtskrafterstreckung nach Part 19, r. 19.6 CPR) andere beneficiaries in den Rechtsstreit einbezogen werden müssen (siehe dazu Lewin (-Tucker/Le Poidevin/Brightwell), Trusts19, Rn. 43-014) und schließlich auch die sub-trustees ihrerseits beneficiaries des main trust bzw. der zwischengeschalteten sub-trusts sind. 675 Vgl. Shell UK Ltd. v. Total UK Ltd. [2010] EWCA Civ 180; [2011] Q. B. 86 [138]. Dies betrifft insbes. conversion, trespass to goods, trespass to land (einschließlich der action for the recovery of land bei vollständiger Besitzentziehung) und nuisance; freilich bezieht sich die Entscheidung Shell UK Ltd. v. Total UK Ltd. ausschließlich auf negligence; im Hinblick auf sonstige sachbezogene torts ist die Rechtslage derzeit unsicher (Lewin (-Tucker/Le Poidevin/Brightwell), Trusts19, Rn. 40-070). 676 Roberts v. Gill & Co. [2010] UKSC 22; [2011] 1 A. C. 240 [62] (Lord Collins: „[…] it has been the consistent practice […] for almost 300 years that, where a beneficiary brings an action
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of Appeal in Shell UK Ltd. v. Total UK Ltd. ist nach alldem paradox. Wäre der beneficiary eines bare trust der wahre Rechtsinhaber und würde er wirklich eigene materiellrechtliche Befugnisse geltend machen, hätte der Court of Appeal auf das nachdrücklich betonte Erfordernis der prozessualen Beteiligung des trustee – in Analogie zur Rechtsprechung zur Klagebefugnis des Zessionars beim equitable assignment677 – verzichten müssen. 3. Die Rechtsfolgen mehrstufiger trusts sind zwar nicht abschließend geklärt, zumindest die dogmatische Grundstruktur dürfte aber seit der Entscheidung des Court of Appeal in Nelson v. Greening & Sykes (Builders) Ltd.678 als gesichert gelten. Auf eine Unterscheidung zwischen „aktiven“ und „passiven“ sub-trusts kommt es nach der inzwischen h. A. in Rechtsprechung und Lehre nicht mehr an; subtrusts konstituieren echte fiduziarische Rechtsverhältnisse, eine manipulative Umdeutung der rechtsgeschäftlichen Errichtung eines „nackten“ sub-trust in eine rechtsgeschäftliche Übertragung des aus dem trust vorgelagerter Stufe gebildeten Rechts des beneficiary/sub-trustee verbietet sich per se.679 Aus der exakten Trennung der einzelnen fiduziarischen Rechtsbeziehungen lassen sich die Wirkungen von sub-trusts im Einzelnen erschließen, was hier exemplarisch für das Liegenschaftsrecht sowie für die mediatisierte Verwaltung und Verwahrung von Finanzinstrumenten aufgezeigt worden ist. Selbst wenn es sich um einen bare trust handelt, vermag der sub-beneficiary aus dem sub-trust grundsätzlich nur Ansprüche und Befugnisse gegenüber „seinem“ sub-trustee, herzuleiten. Wie gezeigt, unterliegt nur dieser im Verhältnis zum sub-beneficiary einem fiduziarischen Pflichtenprogramm, weshalb sich Sekundäransprüche wegen breach of trust ausschließlich gegen den sub-trustee, nicht aber gegen „intermediäre“ Treuhänder oder den trustee des principal trust richten.680 Andererseits sind dem geltenden Recht singuläre in his own name to recover trust property, the trustees should be joined as defendants. […] The purpose of joinder has been said to ensure that they are bound by any judgment and to avoid the risk of multiplicity of actions; Lewin, Trusts, 18th ed 2008, para 43-05. But joinder also has a substantive basis, since the beneficiary has no personal right to sue, and is suing on behalf of the estate, or more accurately, the trustee.“ 677 Näher hierzu Roberts v. Gill & Co. [2010] UKSC 22; [2011] 1 A. C. 240 [63–68] (Lord Collins). Zumindest grundsätzlich ist eine Beteiligung des Zedenten bei der Einleitung einer vom Zessionar gegen den Schuldner erhobenen Klage nicht vonnöten; vollständig hat die Rechtsprechung das Beteiligungserfordernis des Zedenten aber nicht aufgegeben, was letztlich auch damit zusammenhängt, dass nach wie vor nicht sicher ist, ob das equitable assignment eine echte translative Rechtsnachfolge bewirkt oder nicht vielmehr als bare trust zugunsten des „Zessionars“ zu analysieren ist; vertiefend Edelman/Elliott (2015) 131 L. Q. R. 228–250. 678 Nelson v. Greening & Sykes (Builders) Ltd. [2007] EWCA Civ 1358. 679 § 4 III. 2. a)–c). 680 Ausnahmen gelten nur dann, wenn sich ein trustee eines fiduziarischen Rechtsverhältnisses vorgelagerter Stufe unberechtigterweise in die Verwaltung des sub-trust einmischt und dadurch kraft Gesetzes die Position eines trustee de son tort einrückt (vgl. Penner, The Law of Trusts10, Rn. 6.22) oder Vermögenswerte des sub-trust erlangt (§ 4 III. 3. c) aa)). Dann entsteht aber ein eigenständiges Treuhandverhältnis zwischen diesem trustee und dem sub-beneficiary, weshalb es sich dogmatisch gerade nicht um eine Ausnahme vom Grundsatz der „Relativität“ der fiduziarischen Beziehungen handelt.
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Durchbrechungen des Prinzips der Relativität der fiduziarischen Rechtsverhältnisse, wie schon Head v. Lord Teynham 681 lehrt, nicht fremd. Aus dieser Entscheidung lässt sich zwar – entgegen Grainge v. Wilberforce682 – gerade nicht die allgemeine Regel destillieren, dass der „passive“ sub-trustee von selbst seine Rechtsstellung als beneficiary verlöre, mithin ein fiduziarisches Rechtsverhältnis zwischen dem principal trustee und dem sub-beneficiary entstünde. Aus dieser Entscheidung folgt vielmehr, dass alle aus dem sub-trust begünstigten Personen gemeinschaftlich die principal trustees auf Erfüllung ihrer treuhänderischen Pflichten ohne prozessuale Beteiligung der sub-trustees in Anspruch nehmen können, wenn die sub-trustees kein schutzwürdiges Interesse am Ausgang des Rechtsstreits haben und außer den „nackten“ sub-trustees niemand anderes aus dem principal trust berechtigt ist.683 Darüber hinaus ist aber noch ungesichert, ob und, bejahendenfalls, unter welchen Voraussetzungen wechselseitige Rechte und Pflichten zwischen principal trustee und sub-beneficiary in Durchbrechung des Relativitätspostulats in Betracht kommen. Unsicher ist in diesem Zusammenhang etwa die Auslegung des dem beneficiary eines trust of land kraft Gesetzes zustehenden „right to occupy the trust land“ (sec. 12 TLATA 1996), die Reichweite der Delegationsbefugnis der principal trustees (sec. 9 TLATA 1996) sowie die gesetzliche Befugnis der sub-beneficiaries zur Abberufung und Nominierung von trustees (sec. 19(1)(b) TLATA 1996).684 Wird freilich beachtet, dass der sub-beneficiary eine am equitable interest des subtrustee „klebende“ Rechtsposition innehat, die – wenn auch in anderer Weise als legal proprietary interests – Dritten entgegensetzbar ist und kraft mediatisierter Sachzuordnung das dem principal trust unterliegende Recht heteronom belastet,685 lassen sich scheinbare Ausnahmen vom Grundsatz der Relativität der fiduziarischen Rechtsverhältnisse schlüssig erklären. Mit der Suspendierung des Rechts des sub-trustee korrespondiert die devolvierende Wirkung des konstituierten Rechts; der sub-beneficiary erwirbt zwar neue Rechte, die sich aber inhaltlich in den suspendierten Befugnissen des beneficiary/sub-trustee spiegeln. Soweit diesem z. B. selbst kraft seiner Rechtsposition als beneficiary ein Wohn- oder Nutzungsrecht an einem vom principal trust erfassten land zusteht, das nur wegen der fiduziarischen Bindung als sub-trustee (temporär) aufgehoben ist (vgl. sec. 22(2) TLATA 1996), entsteht in der Person des sub-beneficiary nach Maßgabe von sec. 12(1) TLATA 1996 ein gleichartiges eigenes right to occupy, weil und soweit der Zuweisungsgehalt des unter dem sub-trust geschaffenen Rechts sich auf eine Benutzung zu Wohnzwecken oder nicht auf Wohngebrauch gerichteten Zwecken des „physical land“ erstreckt.686 681
Head v. Lord Teynham (1783) 1 Cox 57; 29 E. R. 1060. Grainge v. Wilberforce (1889) 5 T. L.R. 436. 683 Siehe hierzu die Entscheidungsbesprechung von Head v. Lord Teynham unter § 4 III. 2. a). 684 Näher zu diesen Detailfragen § 4 III. 3. c) aa)–cc). 685 Zum Sukzessionsschutz des sub-beneficiary § 4 III. 3. b). 686 Deshalb ist es entgegen Lewin (-Tucker/L e Poidevin/Brightwell), Trusts19, Rn. 13-030 auch nicht angezeigt, aufeinander aufbauenden trusts of land in einen einheitlichen trust of land, aus dem sowohl die sub-trustees als auch die sub-beneficiaries berechtigt werden, kraft Gesetzes 682
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4. Mit der aufgezeigten Divergenz im Redlichkeitsschutz zwischen Verfügungen at law und Verfügungen in equity korrespondiert der im Vergleich zur Rechtsstellung des beneficiary eines trust-befangenen legal interest erhöhte Sukzessionsschutz des sub-beneficiary eines trust-befangenen equitable interest.687 Während sämtliche in equity anerkannten Rechte an einem trust-befangenen legal interest mittels gutgläubig-lastenfreien Erwerbs resp. overreaching vorbehaltlich unmittelbarer Surrogation erlöschen, sind die unter einem sub-trust wirksam entstandenen subsidiary equitable interest nach noch h. A. gegen nachfolgende Verfügungen, die lediglich in Equity Wirkung entfalten, mit optimalem Bestandsschutz versehen. Diese zunächst als bloßes Zufallsprodukt der ehedem getrennten Gerichtsbarkeiten des Common Law und der Equity erscheinende Ungleichbehandlung von Verfügungen at law und Verfügungen in equity ist unter Wertungsgesichtspunkten zumindest vertretbar und auch dogmatisch konsistent: Abgesehen davon, dass es an einem den redlichen Erwerb tragenden Rechtsscheinstatbestand hinsichtlich der vermeintlichen Berechtigung zur lastenfreien Übertragung oder Belastung eines bestehenden equitable interest im Unterschied zu Verfügungen über legal (property) rights generell fehlt, ist – zumindest außerhalb des Effektengiroverkehrs – kein öffentliches Interesse an einer erhöhten Verkehrsfähigkeit trust-basierter equitable interests ersichtlich.688 Aufgrund des fundamental abweichenden Ausmaßes des Sukzessionsschutzes unterscheidet sich das „Arsenal“ sachenrechtlicher Rechtsbehelfe zur Verteidigung von equitable interests an trust-befangenen legal interests und subsidiary quitable interests an trust-befangenen equitable interests. Scheidet ein Rechtsverlust des sub-beneficiary aufgrund (pflichtwidriger) Verfügungen über den belasteten equitable interest grundsätzlich aus, ist für eine dingliche Surrogation kein Platz; die Grundsätze des tracing in equity sind nicht übertragbar.689 Anders liegt es in Bezug auf Verfügungen über den den Ausgangsumzudeuten, nur um die unerwünschte und vom Gesetz offenbar auch nicht beabsichtigte Konsequenz zu vermeiden, dass weder die sub-trustees noch die sub-beneficiaries gesetzliche Benutzungsrechte am „physical land“ geltend machen können. Diese ergebnisgeleitete konstruktionsjuristische Sabotage würde bei der Auslegung sonstiger Bestimmungen des TLATA 1996 gerade nicht zu sachgerechten Ergebnissen führen (vgl. § 4 III. 3. c) cc)) und ist davon abgesehen, als dogmatisches Konzept, ohnehin nicht verallgemeinerungsfähig oder gar mehrheitsfähig; das allseits hervorgehobene sog. „no-look-through“-Prinzip des Effektengiroverkehrs wäre aufgehoben, wenn die trustrechtliche „Pyramide“ von selbst in sich zusammenstürzen und nur ein einziger, alle möglichen Investoren des emittierten Finanzinstruments begünstigender trust existierte. 687 § 4 III. 3. b). 688 Wegen der Einzelheiten sei Bezug genommen auf § 4 III. 3. b). 689 Veräußert oder belastet der sub-trustee (pflichtwidrig) seinen equitable interest, berührt dies die bereits begründeten subsidiary equitable entitlements nicht, soweit nicht die Inhaber der abgeleiteten Rechte ausnahmsweise nach Maßstäben der Equity nicht schutzbedürftig sind. Es kommt zu einem schlichten „following“, nicht aber zum „tracing“; der subsidiary equitable interest lastet identitätswahrend und unverändert an dem veräußerten oder belasteten equitable interest. Insbes. ist der sub-beneficiary (anders als der mortgagee eines equitable interest) mangels Anwendbarkeit der Regel aus Dearle v. Hall (1828) 1 Russ. 1; 38 E. R. 475 nicht gehalten, sein Recht mittels Benachrichtigung des principal trustee zwecks Vermeidung eines etwaigen Rechtsverlusts abzusichern.
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punkt der trustrechtlichen Belastungspyramide bildenden legal interest. Die unter dem sub-trust gebildeten Rechte teilen das rechtliche Schicksal des dem sub-trust unterliegenden Rechts: Wird dieses kraft gesetzlicher Surrogation infolge (gutgläubig-)lastenfreien Erwerbs des dem principal trust unterliegenden legal right oder legal estate auf einen anderen Bezugspunkt „verschoben“, setzen sich jene Rechte identitätswahrend am neu entstandenen equitable interest fort; scheidet eine Surrogation aus, erlöschen alle auf dem vernichteten equitable interest lastenden Rechte einschließlich der der sub-beneficiaries. Stehen dem sub-trustee wegen pflichtwidriger Verfügungen gegenüber dem principal trustee Schadensersatz- und/oder Gewinnherausgabeansprüche und ggf. gegenüber Dritten Ansprüche wegen unlawful assistance oder knowing receipt zu, erstreckt sich die nicht-fiduziarische Schutzpflicht690 gegenüber den sub-beneficiaries darauf, diese Ansprüche erforderlichenfalls gerichtlich durchzusetzen. Desgleichen ist der sub-trustee gehalten, vorläufigen Rechtsschutz gegen etwaige bevorstehende pflichtwidrige Maßnahmen der principal trustees in Anspruch zu nehmen bzw. eine Abberufung der principal trustees zu erwirken.691 5. Die sozioökonomische Relevanz mehrstufiger trusts ist an mehreren Stellen der Untersuchung sichtbar geworden. Sie zeigt sich nicht nur bei der Vermögensnachfolge von Todes wegen sowie im Effektengiroverkehr. Wie bereits der leading case Oughtred v. Inland Revenue Commissioners692 verdeutlicht, fungieren trusts und nicht zuletzt auch komplex strukturierte sub-trusts der Umgehung öffentlicher Abgaben. In Oughtred war diesem Versuch kein Erfolg beschieden. Selbst wenn mit Abschluss des obligatorischen Vertrages kraft Gesetzes einen sub-trust an den zu übertragenden Rechten des beneficiary (in casu mit Abschluss des Tauschvertrages über die aus einem principal trust an Gesellschaftsanteilen resultierenden equitable interests) entstanden sein sollte (vgl. sec. 53(2) LPA 1925), änderte diese rechtstransportierende Wirkung des Verpflichtungsvertrages nach der Mehrheitsentscheidung des House of Lords nichts daran, dass es gleichwohl noch einer (formbedürftigen) Übertragung der Rechte des beneficiary bedurfte (sec. 53(1)(c) LPA 1925). Trotz der „antizipativen Vorwirkung“ des schuldrechtlichen Rechtsgeschäfts stellte sich die erforderliche Übertragung des betreffenden legal right nicht lediglich als Übergang einer „leeren Hülse“ des bereits kraft Gesetzes in Equity unter einem constructive sub-trust transferierten „wirtschaftlichen Eigentums“, sondern als genuine Veräußerung i. S. d. damals geltenden Umsatzsteuerrechtsregimes dar. Zwar ist das Verhältnis zwischen dem in sec. 53(1)(c) LPA 1925 statuierten Formerfordernis und der Bereichsaus690
Zu den Rechtsfolgen der Verletzung der nicht-fiduziarischen duty of care siehe Fn. 17. Ansprüche des sub-beneficiary wegen Pflichtverletzungen des principal trustee scheiden bei stringenter Anwendung des Relativitätsgrundsatzes aus; jener ist schließlich nicht aus dem principal trust, sondern ausschließlich aus dem sub-trust berechtigt und vermag auf „seinen“ Treuhänder einzuwirken, um die einschlägigen Rechtsbehelfe zu ergreifen; erforderlichenfalls kann eine Abberufung oder Auswechselung des seine Schutzpflichten verletzenden sub- trustee gem. sec. 19 TLATA 1996 erwirkt werden. 692 Oughtred v. Inland Revenue Commissioners [1960] A. C. 206. 691 Eigene
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nahme für constructive trusts (sec. 53(2) LPA 1925) aus (umsatz-)steuerrechtlicher Sicht inzwischen längst obsolet.693 Die Fallgestaltung in Oughtred ist aber nach wie vor paradigmatisch für die allenthalben zu beobachtende Tendenz, mittels mehrstufig strukturierter trusts öffentliche Abgaben mittels planvoll-manipulativer Umgehungsstrategien möglichst gering zu halten. Auch in Sheffield v. Sheffield 694 lag der Errichtung des sub-trust an dem Anteil des Großvaters an dem in das „1968 settlement“ überführten Grundbesitz das Motiv zugrunde, die Erbschaftssteuerlast durch lebzeitige Verfügung über den equitable interest zu verringern, ohne die tatsächliche Sachherrschaft über die Grundstücke aufzugeben oder gar dem Kläger (dem „vollberechtigten“ beneficiary des „nackten“ sub-trust) irgendwelche Vorteile aus der Grundstücksnutzung zukommen zu lassen.695 Präzise betrachtet ist die rechtsgeschäftliche Errichtung eines sub-trust in einer derartigen Fallkonstellation zwar aus deutscher Sicht kein Scheingeschäft i. S. v. § 117 BGB, weil die gewünschte steuerrechtliche Anerkennung ein wirksames trustrechtliches Rechtsgeschäft in Equity voraussetzte.696 Der in Sheffield gewählten rechtsgeschäftlichen Gestaltung haftete aber der Charakter einer fraus legis an; der wirtschaftliche Erfolg des sub-trust war aus Sicht des Großvaters (als settlor und trustee des sub-trust) offenbar nicht gewollt.697 Geradezu skandalös war ein steuerlich motiviertes, ominöses trust-Gebilde, das der Entscheidung des Supreme Court in Murray Group Holdings Ltd v. Revenue and Customs Commissioners698 zugrunde lag. Auch hier blieb der verschlagene Versuch eines Arbeitgebers, die regulären steuer- und sozialversicherungsrechtlichen Rechtsfolgen durch ein auf mehrstufigen trusts basierendes Vergütungssystem auszuschalten, letztlich erfolglos. Die Entscheidung des Supreme Court demonstriert aber einmal mehr, 693 Das alte Modell der (an die Errichtung von Verfügungsurkunden anknüpfenden) Stempelsteuer ist längst durch ein modernisiertes Umsatzsteuerregime ersetzt worden, unter dem nicht mehr zwischen formlosen und formbedürftigen Transaktionen differenziert wird. 694 Zu dieser Entscheidung siehe § 4 III. 3. c) bb). 695 Vgl. Sheffield v. Sheffield [2013] EWHC 3927 (Ch) [3], [13]–[14] (Judge Pelling Q. C.); Sagar [2014] 20 T & T 826, 828. 696 Richtig insoweit Sagar [2014] 20 T & T 826, 828. Aus Sicht der englischen Dogmatik hätte das von den Beklagten behauptete Arrangement die trust declaration von JVS hingegen zu einem „sham in ist classical sense“ gemacht (so Judge Pelling Q. C. in Sheffield v. Sheffield [2013] EWHC 3927 (Ch) [19]); die „1983 declaration“ wäre nichtig gewesen, was zur Klageabweisung mangels breach of trust geführt hätte (Sheffield v. Sheffield [2013] EWHC 3927 (Ch) [22] (Judge Pelling Q. C.); i. E. auch Sagar [2014] 20 T & T 826, 828–830). Zur Abgrenzung des Scheingeschäfts von der fraus legis und Strohmann- und Treuhandgestaltungen aus deutscher Sicht MünchKomm (-Armbrüster), BGB I8 , § 117 Rn. 15–21. 697 So führt Judge Pelling Q. C. in Sheffield v. Sheffield [2013] EWHC 3927 (Ch) [93] aus, dass der Kläger über die wirklichen Rechtsfolgen der „1983 declaration“ im Unklaren gewesen sei; die Anwälte von JVS hatten dem Kläger vielmehr zu verstehen gegeben, dass diesem erst nach dem Tod von JVS Erträge aus dem trust gebührten, obschon der Kläger mit Inkrafttreten der „1983 declaration“ einen Anspruch auf ¼ der Erträge des „1968 settlement“ hatte. Dementsprechend hatte der Kläger auch zu Lebzeiten von JVS niemals Ansprüche gegen diesen erhoben, der die gesamten Einkünfte für sich und seine Gattin verwendete. 698 Murray Group Holdings Ltd v. Revenue and Customs Commissioners [2017] UKSC 45; [2017] 1 W. L.R. 2767.
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wie sehr sich das Rechtsinstitut des trust dazu anbietet, mittels raffinierter kautelarjuristischer Gestaltungen steuer- und/oder sozialversicherungsrechtliche Tatbestände zu manipulieren.699 In der Entscheidung ging es zuvörderst um die Auslegung einkommenssteuerrechtlicher Tatbestände und deren Anwendbarkeit auf das von der Klägerin ausgearbeitete Vergütungssystem für ihre Angestellten. Die Klägerin, ein schottischer Konzern, zu der u. a. der bekannte Fußballverein Glasgow Rangers FC (RFC) gehörte, hatte ein ausgeklügeltes Vergütungssystem für ihre Angestellten, vor allem für die Fußballprofis des RFC, entwickelt, unter dem ein Großteil der Vergütung nicht an die Arbeitnehmer ausbezahlt, sondern in mehrstufig strukturierte trusts eingebracht wurde, um den Arbeitgeberanteil zur Sozialversicherung zu senken. Bei Vertragsabschluss stellte der RFC den Fußballern neben einem (direkt auszuzahlenden) Grundgehalt eine höhere Nettovergütung unter der Voraussetzung in Aussicht, dass die Spieler sich damit einverstanden erklärten, dass ein Großteil des geschuldeten Lohns in das eigens eingerichtete Trustsystem eingebracht wird. Unter diesem zahlte der RFC Geldbeträge in einen für alle Angestellten eingerichteten „remuneration trust“ ein, der sukzessive von unterschiedlichen trust corporations – die bezeichnenderweise allesamt in Jersey ihren Sitz hatten – verwaltet wurde. Prinzipiell stand der jeweils eingesetzten Treuhandgesellschaft ein weites Auswahlermessen bezüglich der Verwaltung des remuneration trust zu. Wie vom RFC „empfohlen“, transferierte die trust corporations aber ausnahmslos die vom RFC in diesen principal trust eingezahlten Beträge in individuelle sub-trusts für jeden einzelnen Fußballer (und weitere Angestellte). Auf diese Weise entstanden insgesamt 108 sub-trusts, von denen die meisten von der Treuhandgesellschaft des principal trust verwaltet wurden. Unter den sub-trusts wurden den Spielern diverse trustee-ähnliche Gestaltungsbefugnisse eingeräumt. U. a. stand den Fußballern die Befugnis zu, beneficiaries (i. d. R. Ehefrauen und Kinder) auszuwählen und neue trustees für den sub-trust zu bestimmen.700 Als „protector“ war der Arbeitnehmer freilich weder Rechtsinhaber noch trustee des in den sub-trust eingezahlten Geldvermögens, insbesondere stand den Angestellten aufgrund des Ermessensspielraums der Treuhandgesellschaft kein Anspruch auf Auszahlung der für sie unter den jeweiligen sub-trusts verwalteten Guthaben zu.701 Die Fußballer erhielten aber auf Antrag, wie von der Klägerin und der Treuhandgesellschaft vereinbart, ungesicherte zinslose Darlehen aus dem für sie eingerichteten sub-trust; die Darlehen wurden wunschgemäß praktisch ewig verlängert und somit der Fälligkeitszeitpunkt – zwecks Senkung des erbschaftssteuerrechtlich relevanten Nachlasses des betreffenden Fußballers – auf den Todesfall des Darlehensnehmers hinausgeschoben. Die Finanzverwaltung (Her Majesty’s Revenue and Customs Commissioners (HMRC)) zog den Konzern wegen der in den 699 Siehe auch die Entscheidung des Court of Session (IH) in Aberdeen Asset Management plc v. Revenue and Customs Commissioners [2014] SC 271, der eine ähnliche Steuervermeidungsstrategie wie Murray Group Holdings Ltd v. Revenue and Customs Commissioners [2017] UKSC 45; [2017] 1 W. L.R. 2767 zugrundelag. 700 Murray Group Holdings Ltd v. Revenue and Customs Commissioners [2017] UKSC 45; [2017] 1 W. L.R. 2767 [26]. 701 Die Position des protector hat im englischen Trustrecht – im Gegensatz zum Recht von Jersey – bislang keine Rolle gespielt; mit dem Begriff wird eine Person assoziiert, der eine fiduziarische Befugnis zur Abberufung und Auswechselung von trustees verliehen ist (zu Abberufungsund Nominierungsbefugnissen siehe § 4 III. 3. c) cc)) und somit im Interesse der beneficiaries sicherstellen soll, dass die trustee ihre Pflichten ordnungsgemäß erfüllen; näher zum Begriff des protector und der steuerrechtlichen Relevanz in diesem Fall Carr (2016) Edin. L. R. 217, 219–220 mit Fn. 12; Lewin (-Tucker/Le Poidevin/Brightwell), Trusts19, Rn. 29-044–29-045.
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„remuneration trust“ eingezahlten Beträge zur Einkommenssteuer sowie zur Sozialversicherung heran.702 Die hiergegen erhobene Klage hatte erstinstanzlich noch Erfolg. Das Gericht entschied, dass es sich nicht um lohnsteuerrechtlich relevante „emoluments“ oder „payments“ handelte, da die Arbeitnehmer aus dem remuneration trust und den sub-trusts keine Vergütungsansprüche herleiten konnten. Auf die Berufung von HMRC wies der Court of Session (Inner House) die Klage ab;703 die Revision der Klägerin vor dem Supreme Court blieb ohne Erfolg. Lord Hodge – dessen Urteilsbegründung sich die anderen Richterinnen und Richter zueigen machten – stellte klar, dass es bei der gebotenen teleologischen Auslegung des Einkommenssteuerrechtsregimes darauf ankomme, ob die Zahlungen als Gegenleistungen für die vom Arbeitnehmer erbrachten Dienste anzusehen seien.704 Nach den maßgeblichen Bestimmungen705 komme es nicht darauf an, dass der Lohn dem Arbeitnehmer ausbezahlt oder dem Arbeitnehmer ein Lohn- bzw. Vergütungsanspruch gegen den Arbeitgeber oder einen Dritten eingeräumt werde.706 Auch die für Dienste des Arbeitnehmers auf einen von einem trustee zu verwaltenden employee benefit trust geleisteten Zahlungen seien „earnings“ i. S. d. einkommenssteuerrechtlichen Bestimmungen und „payments“ i. S. d. PAYE-Systems, wenn der Arbeitnehmer dieser Vergütungsvariante zumindest stillschweigend zustimme.707 Nach diesen Maßstäben qualifizierte der Supreme Court die Zahlungen der Klägerin in den remuneration trust als Arbeitslohn. Die gesamte Treuhandgestaltung, so Lord Hodge JSC, ziele darauf ab, den Fußballern faktisch jederzeit Zugriff auf die unter dem principal trust verwalteten Spielergehälter einzuräumen, soweit diese eine Auszahlung begehrten; etwaig nicht abgerufenen Gelder wurden den ausgewählten Angehörigen des Arbeitnehmers zur Verfügung gehalten.708 Dass es der trust corporations freistand, die in den principal trust eingezahlten Gelder in eigens einzurichtende sub-trusts zu überführen und aus diesen wunschgemäß Darlehen an die Fußballer zu vergeben, sei hinsichtlich der einkommenssteuerrechtlichen Behandlung der in den principal trust eingezahlten Beträge belanglos; durch ihre 702 Nach Regulation 21 Income Tax (Pay As You Earn) Regulations 2003 („PAYE Regulations“) ist der Arbeitgeber verpflichtet, die Einkommenssteuer vom „Lohn“ (sog. PAYE income i. S. v. sec. 683 Income Tax (Earnings and Pensions) Act 2003 einzubehalten; diese wird von der Finanzverwaltung direkt beim Arbeitgeber eingezogen. Das sog. income i. S. v. sec. 683 Income Tax (Earnings and Pensions) Act 2003 umfasst general earnings i. S. v. sec. 62 Income Tax (Earnings and Pensions) Act 2003: „(2) … ‚earnings‘, in relation to an employment, means – (a) any salary, wages or fee, (b) any gratuity or other profit or incidental benefit of any kind obtained by the employee if it is money or money’s worth, or (c) anything else that constitutes an emolument of the employment. (3) For the purposes of subsection (2) ‚money’s worth‘ means something that is – (a) of direct monetary value to the employee, or (b) capable of being converted into money or something of direct monetary value to the employee.“). Die Verpflichtung zur Zahlung der Sozialversicherungsbeiträge ergibt sich aus sec. 6 Social Security Contributions and Benefits Act 1992. 703 Murray Group Holdings Ltd v. Revenue and Customs Commissioners [2015] CSIH 77; [2016] S. T.C. 468 (IH (2 Div)); siehe hierzu Carr (2016) Edin. L. R. 217–223. 704 Murray Group Holdings Ltd v. Revenue and Customs Commissioners [2017] UKSC 45; [2017] 1 W. L.R. 2767 [35] (Lord Hodge). 705 Sec. 131 Income and Corporation Taxes Act 1988, Sec. 62(2)(a)(c) Income Tax (Earnings and Pensions) Act 2003. 706 Murray Group Holdings Ltd v. Revenue and Customs Commissioners [2017] UKSC 45; [2017] 1 W. L.R. 2767 [36]–[41], [58]–[59] (Lord Hodge). 707 Murray Group Holdings Ltd v. Revenue and Customs Commissioners [2017] UKSC 45; [2017] 1 W. L.R. 2767 [61]–[64] (Lord Hodge). 708 Murray Group Holdings Ltd v. Revenue and Customs Commissioners [2017] UKSC 45; [2017] 1 W. L.R. 2767 [64] (Lord Hodge).
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Zustimmung zum trust-rechtlichen Vergütungsmodell bei Vertragsabschluss gingen die Arbeitnehmer bewusst das Risiko einer abredewidrigen Verwendung ihrer Gehälter seitens der Treuhandgesellschaft ein.709
Obschon es zu weit ginge, die Rechtsfigur des sub-trust pauschal als bloßen Umgehungszwecken dienendes Kunstgebilde zu stigmatisieren,710 lässt sich der dubiose Charakter mehrstufiger „Trustgebäude“ nicht verhehlen. Im Licht der referierten Judikatur kann man kontinentaleuropäische Gesetzgeber nur nachdrücklich davor warnen, das Rechtsinstitut des trust ohne nähere Auseinandersetzung mit möglichen adversen Rezeptionseffekten in die jeweiligen nationalen Vermögensrechtssysteme zu importieren. Eine (Teil-)Rezeption des law of trusts „ins Blaue hinein“ ist ebenso problematisch wie die vorschnelle und unausgereifte Ausarbeitung trust-ähnlicher Treuhandinstitutionen in den kontinentaleuropäischen Rechtsordnungen.711 Erforderlich ist vielmehr eine Detailanalyse aller Arten und Erscheinungsformen des englischen trust, um sich ein klares Bild über Vor- und Nachteile der unter dem Systembegriff des trust zusammengefassten polymorphen Rechtsverhältnisse zu machen. Die in dieser Studie in den Mittelpunkt gerückte Analyse der Übertragbarkeit und Belastungskompatibilität trust-basierter Vermögensrechte erlaubt deshalb auch kein abschließendes Urteil über das Institut des trust, fördert aber Erkenntnisse über das Zirkulationspotenzial der aus einem trust resultierenden subjektiven Rechte zutage, die eine fundierte Analyse und Bewertung der Treuhanddogmatik des deutschen Rechts ermöglichen.
IV. Mehrstufige Treuhandverhältnisse und sub-trust-Äquivalente in Deutschland Vor dem Hintergrund der durch sub-trusts eröffneten innerartlichen Belastungskompatibilität trust-gestützter Sachenrechte ist herauszuarbeiten, wie das deutsche Recht die in England mit dem Instrumentarium der sub-trusts zu bewältigenden Lebenssachverhalte regelt. In Ermangelung einer dem trust deckungsgleichen Rechtsfigur bleibt dem deutschen Recht das Potential einer wirtschaftlichen Verwertung des subjektiven Rechts eines „Begünstigten“ im Wege der Übertragung 709 Murray Group Holdings Ltd v. Revenue and Customs Commissioners [2017] UKSC 45; [2017] 1 W. L.R. 2767 [65] (Lord Hodge). 710 Trusts bieten unbestreitbar zahlreiche Vorzüge., soweit sie für legitime Zwecke eingesetzt werden (statt vieler Worthington, Equity2, S. 73–77), namentlich klare Trennung zwischen Management-Funktion und Nutznießung in Bezug auf revolvierende Vermögensmassen, die Zuweisung kommerziell verwertbarer equitable interests mit völliger Gestaltungsfreiheit hinsichtlich des Inhalts der verliehenen Berechtigung und das Potential, komplexe Vertragsverhältnisse mit fiduziarische Schuldverhältnissen zu kombinieren. 711 Zur „experimentellen“ Einführung von scheinbar trust-rechtlichen Instituten in den kontinentaleuropäischen Staaten näher von Bar, EuZW 2018, S. 925, 928–931; ders., Gemeineuropäisches Sachenrecht II, Rn. 454–461; siehe auch Underhill and Hayton (-Hayton/Matthews/Mitchell), Law Relating to Trusts and Trustees19, Rn. 101.47–101.48.
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oder Belastung verschlossen. Unbehelflich ist insbesondere ein Rückgriff auf das extra legem entwickelte Institut der Treuhand, denn die Treuhand – die man bei vordergründiger Betrachtung als „Funktionssubstitut“ des englischen trust begreifen könnte – eröffnet keine funktionsäquivalente Verwertung der Rechtspositionen des Treugebers resp. der durch einen Treuhandvertrag zugunsten Dritter (§ 328 Abs. 1 BGB) begünstigten Personen. Auf der Grundlage der Anwartschaftsdoktrin können sich zwar aus einer Treuhand sowie aus treuhandähnlichen Konstellationen dingliche Rechtspositionen zugunsten der durch die fiduziarische Pflichtenstellung des Rechtsträgers geschützten Person ergeben. So stehen bekanntermaßen sowohl dem Nacherben712 sowie dem Sicherungsgeber unter einer auflösend bedingten Sicherungsübereignung jeweils verkehrsfähige Anwartschaftsrechte zu.713 In scharfem Gegensatz zum englischen trust-Modell entsteht aus einer Treuhand im Grundsatz kein veräußerliches subjektives Sachenrecht in der Person des Treugebers resp. des Drittbegünstigten.714 Wenngleich dem Treugeber unter im Einzelnen nicht abschließend geklärten Voraussetzungen Aussonderungs- bzw. Interventionsbefugnisse im Verhältnis zu konkurrierenden Gläubigern des Treuhänders zustehen,715 ist die „echte“ Treuhand nach h. A. dadurch gekennzeichnet, dass sich der Treugeber vollständig des fiduziarisch zu haltenden Vermögensrechts durch Übertragung auf den Treuhänder entäußert resp. ein Dritter für den Treugeber das fragliche Recht auf den Treuhänder überträgt.716 Ein Restrecht des Treugebers verbleibt nicht. Fehlt es aber an einer zu einem verkehrsfähigen einheitlichen Recht vervollkommneten Rechtsstellung, ist es sachlogisch ausgeschlossen, qua gestufter Treuhandverhältnisse aufeinander aufbauende begrenzte Sachenrechte in Analogie zu trust-Pyramiden zu errichten.
1. Die Treuhanddogmatik im deutschen Recht Im Folgenden ist die tradierte Dogmatik der (echten) Treuhand unter Vergleich mit dem englischen trust kritisch auf ihre Validität zu überprüfen. In diesem Zusammenhang ist zu untersuchen, ob sich zumindest im Wege der Rechtsfortbildung extra legem eine (begrenzte) dingliche Rechtsposition des Treugebers entfalten lässt, die als Bezugspunkt begrenzte Sachenrechte (zweiten oder höheren Grades) dienlich sein könnte. Abschließend kann dies allerdings erst beantwortet werden, 712 Siehe RG, Urteil v. 16.12.1920 – IV 62/20, RGZ 101, S. 185, 187–188; BGH, Urteil v. 9.6.1983 – IX ZR 41/82, NJW 1983, S. 2244, 2245–2246; MünchKomm (-Grunsky), BGB X7, § 2100 Rn. 34; Schulze et al. (-Staudinger), BGB10, § 2100 Rn. 15. 713 BGH, Urteil v. 2.2.1984 – IX ZR 8/83, NJW 1984, S. 1184, 1185; BeckOGK BGB (-Klinck), Stand: 1.4.2019, § 930 Rn. 202; Staudinger (-W. Wiegand), BGB (2017), Anh. zu §§ 929–931 Rn. 206, 239; MünchKomm (-Oechsler), BGB VII7, Anh. §§ 929–936 Rn. 8. 714 Gernhuber, JuS 1988, S. 355, 359; siehe auch von Bar, Gemeineuropäisches Sachenrecht II, Rn. 466 mit Blick auf die Sicherungsübertragung. 715 Näher dazu sogleich unter IV. 1. a). 716 Vgl. BGH, Urteil v. 24.6.2003 – IX ZR 75/01, NJW 2003, S. 3414, 3415; Bitter, Rechtsträgerschaft für fremde Rechnung, S. 61–64.
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nachdem geklärt ist, mit welchen Rechtsinstituten nach geltendem Recht den Situationen Rechnung zu tragen ist, in denen unter englischem Recht mehrstufige trusts von Bedeutung sind, was insbesondere eine Untersuchung erbrechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten erforderlich macht (IV. 2.). Auf mehrstufige Treuhandstrukturen – die nur phänomenologisch, nicht jedoch in der konstruktionsjuristischen Struktur sub-trusts ähneln – ist nur einzugehen, soweit diese sub-trusts funktional äquivalent sind (IV. 3.). Diese komparative Diskussion bildet die Grundlage für die abschließende Stellungnahme (V.), ob es – sub specie der Übertragbarkeit und Belastbarkeit trust-basierter equitable interests – angezeigt ist, ein dem trust in der Wirkkraft gleichartiges Rechtsinstitut de lege ferenda einzuführen. In der Literatur wird betont, dass es einen allgemein konsentierten Begriff der Treuhand ebenso wenig gebe wie einen einheitlichen Typus eines Treuhandvertrags.717 Um Typologie und Dogmatik der unter dem Blankettbegriff der Treuhand zusammengefassten Rechtsverhältnisse wird seit langem gerungen; das Meinungsspektrum ist inzwischen nahezu unüberschaubar.718 Weitgehend konsentiert ist zumindest die Grundstruktur der „echten“ Treuhand: Wer ein subjektives Recht719 vom Veräußerer mit der Maßgabe erwirbt, das Recht ausschließlich fremdnützig für den Veräußerer oder zu Sicherungszwecken zu halten, ist Treuhänder.720 Die im Außenverhältnis unbeschränkbare Verfügungsmacht des Treuhänders wird demgemäß im Innenverhältnis zugunsten des Treugebers beschränkt;721 diesem stehen ausschließlich schuldrechtliche Ansprüche gegen den Treuhänder zu.722 Das 717 MünchKomm (-Schubert), BGB I8 , § 164 Rn. 51; siehe z. B. zur kollisionsrechtlichen Anknüpfung von Treuhandverträgen über Geschäftsanteile Rieländer, IPRax 2020, 224 ff. 718 Aus der reichhaltigen Literatur siehe exemplarisch – ohne Anspruch auf Vollständigkeit – Assfalg, Die Behandlung von Treugut im Konkurse des Treuhänders; Bitter, Rechtsträgerschaft für fremde Rechnung; Canaris, FS Flume I, S. 371, 411–419; ders., Bankvertragsrecht I, Rn. 263– 287 (Treuhandkonto); Coing, Die Treuhand kraft privaten Rechtsgeschäfts; Gernhuber, JuS 1988, S. 355–363; Grundmann, Der Treuhandvertrag; Henssler, AcP 196 (1996), S. 37; Kötz, Trust und Treuhand; Löhnig, Treuhand; MünchKomm (-Schubert), BGB I8 , § 164 Rn. 51–57. 719 Wie auch im englischen law of trusts sind ausweislich § 137 S. 2 BGB alle verkehrsfähigen subjektiven Rechte einer fiduziarischen Zweckbindung zugänglich und damit taugliches Objekt einer Treuhand. 720 Vgl. Henssler, AcP 196 (1996), S. 37, 41 f.; MünchKomm (-Schubert), BGB I8 , § 164 Rn. 51; zu den Arten und Erscheinungsformen der Treuhand siehe den Überblick bei Coing, Die Treuhand kraft privaten Rechtsgeschäfts, S. 88–91. Die schuldrechtliche Zweckbindung schlägt nicht auf die Voraussetzungen des Verfügungstatbestandes durch; für den rechtsgeschäftlichen Abschlusstatbestand gelten keine Besonderheiten. Von der echten Treuhand, die durch eine „überschießende“ Rechtsmacht des Treuhänders im Außenverhältnis, die im Innenverhältnis durch das fiduziarische Pflichtenprogramm unterlegt wird, ist die „unechte“ Treuhand (Ermächtigungstreuhand oder Vollmachtstreuhand) zu unterscheiden, bei der dem Treuhänder eine Vollmacht und/oder eine Ermächtigung gem. § 185 Abs. 1 BGB erteilt wird, um über das fremde Recht zu disponieren; es handelt sich um Konstellationen der (mittelbaren) Stellvertretung mit erhöhter Pflichtenbindung im Innenverhältnis (siehe Henssler, AcP 196 (1996), S. 37, 42; MünchKomm (-Schubert), BGB I8 , § 164 Rn. 54–55). 721 MünchKomm (-Schubert), BGB I8 , § 164 Rn. 51. 722 Vgl. Baur/Stürner, Sachenrecht18 , § 3 Rn. 34. Die Treuhand weist schuldrechtlich einen geschäftsbesorgungs- bzw. auftragsrechtlichen Charakter auf. So stehen dem Treugeber bei Pflichtverletzungen des Treuhänders, insbesondere bei zweckwidriger Verfügung über das Treugut, An-
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aus der fiduziarischen Rechtsübertragung entstehende (Dauer-)Rechtsverhältnis ist entweder eine Verwaltungstreuhand, eine Sicherungstreuhand oder eine kombinierte Sicherungs- und Verwaltungstreuhand zugunsten des Treugebers und dessen Gläubigern (sog. mehrseitige Treuhand).723 Die Treuhand ist in zahlreichen Bereichen des Rechts- und Wirtschaftsverkehrs inzwischen offenbar unverzichtbar. Im Besonderen gilt dies für die mehrseitige Treuhand; die mit den vagen Termini „mehrseitige/doppelseitige Treuhand“ oder „Doppeltreuhand“ umrissenen Konstellationen, in denen ein Treuhänder einerseits dem Treugeber und andererseits einem oder mehreren Dritten treuhänderisch verpflichtet ist, sind mithin vielfältig.724 Auf die Einzelheiten der mehrseitigen Treuhand, etwa auf die Kontroverse, sprüche auf Schadensersatz gem. §§ 280 ff. BGB sowie u. U. ein Recht zur fristlosen Kündigung gem. § 314 BGB zu; vorbeugende Unterlassungsansprüche werden ihm ebenfalls zugesprochen. Zudem steht ihm ein schuldrechtlicher Herausgabeanspruch hinsichtlich des Treugutes, der Erträge und Surrogate gem. § 667 BGB zu. 723 Siehe Baur/Stürner, Sachenrecht18 , § 3 Rn. 34; Palandt (-Herrler), BGB78 , § 903 Rn. 35. 724 Siehe nur MünchKomm (-Ganter), InsO I4, § 47 Rn. 386–390b. Zu den wesentlichen Erscheinungsformen mehrseitiger Treuhandverhältnisse werden vor allem Sicherungstransaktionen bei der Konsortialfinanzierung, die Sanierung und Restrukturierung notleidender Unternehmen, die Sicherung von Arbeitszeitkonten und Ansprüchen aus der betrieblichen Altersversorgung, die Emission und Übertragung grundpfandrechtlich gedeckter Effekten und die Verwertung von Immaterialgüterrechten gerechnet. Bei der Konsortialfinanzierung räumt viefach der Kreditnehmer ausschließlich einer der beteiligten Banken oder einem außenstehenden Dritten, z. B. einer Zweckgesellschaft, dingliche Sicherungsrechte ein, die der Treuhänder ggf. auch im Eigeninteresse hinsichtlich der selbst gewährten Kredite, vor allem aber im Fremdinteresse für das Bankenkonsortium hält. Vergleichbares gilt für die Sicherheitenbestellung beim Konsortialkredit im österreichischen Recht (ausführlich zum Ganzen unter Vergleich mit dem deutschen Recht Apathy/ Iro/Koziol (-Riedler), Österreichisches Bankvertragsrecht IX/2, Rn. 6/37–6/80, der zudem unter Rn. 6/62 darauf hinweist, dass sich die nicht dinglich berechtigten Konsorten zur Verstärkung ihrer Rechtsstellung Afterhypotheken und -pfandrechte an den vom Konsortialführer gehaltenen Hypotheken und Pfandrechten einräumen lassen können; in Übereinstimmung mit einer verbreiteten Ansicht hält Riedler eine zwingend einheitliche Verpfändung der gesicherten Forderungen und der dem Konsorten eingeräumten Hypotheken und Pfandrechte nicht für erforderlich; zum Institut des österreichischen Afterpfandes i. S v. § 454 ABGB siehe § 5 II). Auch im Refinanzierungsgeschäft der Banken spielt die Übertragung der von der Bank emittierten (grundpfandrechtlich) gedeckten Wertpapiere (covered bonds) auf eigens zur doppelseitig treuhänderischen Haltung der Sicherheiten geschaffene Zweckgesellschaften (für die sich im Corporate-Jargon die bekannte Abbreviatur „SPV“ (special purpose vehicle) etabliert hat) für die Emittenten und die Anleger eine bedeutende Rolle (vgl. Baur/Stürner, Sachenrecht18 , § 3 Rn. 34). In der Arbeitsrechtspraxis werden mitunter die Ansprüche aus der betrieblichen Altersversorgung auf eine Treuhandgesellschaft übertragen; die Arbeitnehmer sind damit vom Insolvenzrisiko des Arbeitgebers befreit (der Treuhänder ist unstreitig absonderungsberechtigt; vgl. MünchKommInsO (-Ganter), InsO I4, § 47 Rn. 388). Besonders relevant ist die mehrseitige Sanierungs- oder Restrukturierungstreuhandschaft an Gesellschaftsanteilen, die vielfach von den Gläubigern notleidender Unternehmen verlangt werden (kritisch zu dieser Gestatung M. Stadler, NZI 2009, S. 878 ff.). Für die Dauer der Sanierung werden die (regelmäßig an ein Bankenkonsortium verpfändeten) Gesellschaftsanteile auf einen Treuhänder übertragen, der bei der Ausübung der Gesellschafterrechte sowohl die Interessen der Treugeber als auch die Interessen der im Wege eines Vertrages zugunsten Dritter begünstigten Gläubiger zu achten hat (vgl. Uhlenbruck (-Brinkmann), InsO15, § 47 Rn. 87). Denkbar ist auch, dass der Insolvenzverwalter der notleidenden Gesellschaft einzelne Betriebsteile im Wege der Abspaltung zur Neugründung auf einen Treuhänder überträgt, der die Anteile an die Kreditgeber der neu errichteten Gesellschaft verpfändet und schließlich veräußert.
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ob nur ein einziges fiduziarisches Rechtsverhältnis oder mehrere, ggf. funktional kombinierte Treuhandverhältnisse entstehen,725 ist hier freilich ebenso wenig einzugehen wie auf die ungeklärten insolvenz- und zwangsvollstreckungsrechtlichen Implikationen.726 Denn die mehrseitige Treuhand ist nur eine Modulation des Grundmodells, deren Rechtsfolgen aus den anerkannten Wirkbereichen der „bipolaren“ Treuhand zu entfalten sind. Die Rechtsübertragung auf den im Doppelinteresse tätigen Treuhänder vollzieht sich auf der Grundlage eines mehrseitigen Vertrages zwischen Treugeber, Treuhänder und Drittbegünstigtem oder eines (echten) Vertrages zugunsten Dritter zwischen Treugeber und Treuhänder gem. § 328 BGB; der Treuhänder unterliegt dabei (mindestens) zwei treuhänderischen Pflichtenkatalogen.727 Mit den erörterten sub-trust-Gestaltungen hat all dies nichts zu tun. Schon wegen des von der Rechtsprechung akzentuierten Erfordernisses, dass der TreuSolange der Treuhänder die Anteile hält, hat er sowohl die Interessen des Insolvenzverwalters und damit der Gläubiger der Altgesellschaft und zugleich die der drittbegünstigten Pfandgläubiger der Neugesellschaft zu wahren (MünchKomm (-Ganter), InsO I4, § 47 Rn. 388c). Mehrseitige Treuhandverhältnisse tauchen darüber hinaus bei der Übertragung von Urheberrechten und sonstigen Schutzrechten auf (vgl. Bork, NZI 1999, S. 337 ff., der exemplarisch auf die treuhänderische Haltung von Schutzrechten einer Produktionsgesellschaft (aus einer Filmproduktion) durch einen Treuhänder zugunsten der Produktionsgesellschaft und eines Dritten, mit dem die Gesellschaft einen Vertriebsvertrag schließt, verweist.). 725 Siehe dazu Bork, NZI 1999, S. 337 ff.; MünchKomm (-Ganter), InsO I4, § 47 Rn. 388e; M. Stadler, NZI 2009, S. 878, 879; Weitbrecht, NZI 2017, S. 553, 554 f. m. w. N. 726 Ausführlich Weitbrecht, NZI 2017, S. 553, 557 ff. Relevant ist dies z. B. bei der Konsortialfinanzierung: Wird eine Zweckgesellschaft oder ein sonstiger Treuhänder eingesetzt, der nicht Mitglied des (als GbR zu qualifizierenden) Bankenkonsortiums ist, liegt zwar zwischen Treugeber und Treuhänder keine Sicherungstreuhand, sondern eine (atypische) Verwaltungstreuhand vor; zweifellos dient aber die Rechtsträgerschaft des Treuhänders letztlich dem Sicherungsinteresse der Gläubiger. Die Sicherungstreuhand wird gleichsam durch die Einschaltung eines Außenstehenden mediatisiert (vgl. auch MünchKomm (-Ganter), InsO I4, § 47 Rn. 388e). Im Fall der Insolvenz des Kreditnehmers (und Treugebers) kommt dabei schon aus Wertungsgründen nur ein Recht auf abgesonderte Befriedigung, nicht aber ein Aussonderungsrecht an den gewährten Sicherheiten in Betracht; die Gläubiger als „materielle Sicherungsnehmer“ können nicht durch Vorschaltung eines Strohmanns als Treuhänder ihre insolvenzrechtliche Position verbessern (im Ergebnis ebenso MünchKomm (-Ganter), InsO I4, § 47 Rn. 389). Wird stattdessen einer der Konsorten als Treuhänder eingesetzt, ist nicht ganz gewiss, ob dieser in der Insolvenz des Treugebers auch hinsichtlich der offenen Kreditforderungen der drittbegünstigten Konsorten berechtigt ist (vgl. MünchKomm (-Ganter), InsO I4, § 47 Rn. 390a). Wäre die als Treuhänder eingesetzte Bank freilich nur hinsichtlich der selbst gewährten Kredite absonderungsberechtigt, würde der Sinn und Zweck der gesamten Konstruktion verfehlt. Zudem wäre es widersprüchlich, wenn zwar ein außenstehender Dritter, nicht aber einer der Konsorten als Treuhänder wegen sämtlicher gesicherter Forderungen des Konsortiums absonderungsberechtigt wäre. Schließlich stellt sich die Frage nach dem Schutz des Treugebers in der Insolvenz des doppelseitig agierenden Treuhänders: Um den Sicherungszweck der gesamten Konstruktion nicht zu vereiteln, wird vertreten, umgekehrt auch das Aussonderungsrecht des Treugebers bei der Insolvenz des Treuhänders zu modifizieren; jenem soll nach teilweise vertretener Ansicht ein aussonderungsrechtsähnlicher Anspruch gegen den Insolvenzverwalter auf Herausgabe des Sicherungsgutes an einen vom Treugeber und dem Bankenkonsortium gemeinschaftlich auszuwählenden neuen Treuhänder zustehen (MünchKomm (-Ganter), InsO I4, § 47 Rn. 390). 727 Vgl. Weitbrecht, NZI 2017, S. 553, 554.
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händer das fiduziarisch zu haltende Vermögensrecht entweder vom Treugeber oder von einem Dritten erwirbt,728 kann sich der Treugeber bzw. Drittbegünstigte nicht – vergleichbar einem beneficiary, der sich zum sub-trustee seines trust-related interest zugunsten eines „Vierten“ erklärt – selbst in die Funktion eines Treuhänders hinsichtlich der ihm aus dem Treuhandvertrag entstehenden Rechte zugunsten einer oder mehrerer weiterer Personen begeben.729 Vielmehr sind sämtliche Doppeltreuhandkonstellationen dadurch gekennzeichnet, dass in der Person eines Treuhänders die Pflichtenkreise einer Verwaltungs- und einer Sicherungstreuhand vereinigt werden. Abgesehen davon sei nur klarstellend erwähnt, dass sich das deutsche Treuhandregime und das Institut des trust in phänomenologischer Hinsicht nur im Randbereich überschneiden: Zahlreiche Erscheinungsformen von trusts vermag die deutsche Treuhanddogmatik überhaupt nicht zu erfassen, während umgekehrt klassische Varianten der deutschen Verwaltungstreuhand – z. B. die Haltung von Mandantengeldern auf Anderkonten – sowie die Sicherungstreuhand im englischen Recht zumindest nicht trust-rechtlich zu klassifizierende fiduciary relationships begründen (können). Wegen dieser Inkongruenz unterscheiden sich naturgemäß die im Common Law mit sog. sub-trusts und in Deutschland mit den Figuren der mehrseitigen Treuhand bewältigten Sachfragen ebenso wie die Wirkbereiche der Rechtsinstitute. a) Insolvenz- und Vollstreckungsschutz des Treugebers Nach der ganz überwiegenden Ansicht zeitigt die fiduziarische Zweckbindung keine verfügungsbeschränkende Wirkung.730 Entgegen einer teilweise vertretenen Ansicht731 wird die Wertung des § 137 S. 1 BGB seitens der Rechtsprechung und der h. L. nicht unter Rekurs auf die Grundsätze zum Missbrauch der Vertretungsmacht durchbrochen. Auch wenn der Erwerber in Kenntnis der Pflichtverletzung des Treuhänders das Treugut erlangt, berührt dies die Wirksamkeit der Verfügung nicht; der Treugeber ist auf (außer-)vertragliche Schadensersatzansprüche gegen 728
BGH, Urteil v. 24.6.2003 – IX ZR 75/01, NJW 2003, S. 3414, 3415. entsprechendes einseitiges Rechtsgeschäft konstituiert mangels dinglichen Erwerbsgeschäfts keine echte Treuhand und vermag demgemäß auch nicht die reguläre sachenrechtliche Zuordnung in der Insolvenz und in der Zwangsvollstreckung zu korrigieren (vgl. Bitter, Rechtsträgerschaft für fremde Rechnung, S. 61–64; Coing, Die Treuhand kraft privaten Rechtsgeschäfts, S. 107). 730 BGH, Urteil v. 4.4.1968 – II ZR 26/67, NJW 1968, S. 1471 m. abl. Anm. Kötz; Baur/Stürner, Sachenrecht18 , § 3 Rn. 34. 731 So wohl Wieling, Sachenrecht I 2 , § 18 III 1 c (S. 842), der die echte Treuhand dogmatisch nicht als Übertragung des Vollrechts auf den Treuhänder ausdeutet; der Treugeber bleibe, wenn es sich um eine bewegliche Sache handele, Eigentümer und räume dem Treugeber qua Besitzverschaffung ein (unbenanntes) minderes dingliches Recht ein, wobei unterstellt wird, dass der Besitz aufgrund des petitorischen Schutzes nach § 1007 BGB ein dingliches Recht konstituiere (Wieling, Sachenrecht I2, § 18 I 2 d (S. 825)). Bei Grundstücken soll diese Konstruktion auch nach Wieling, Sachenrecht I 2, § 18 III 4 (S. 845) ausscheiden; hier liege eine Vollrechtsübertragung auf den Treuhänder vor, der Treugeber sei auf Sicherung seines vertraglichen Rückübereignungsanspruchs mittels Eintragung einer Vormerkung zu verweisen. 729 Ein
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den Treugeber und den bösgläubigen Erwerber beschränkt.732 In dieser Hinsicht hebt sich die deutsche Treuhanddogmatik vom law of trusts distinktiv ab: Während equitable interests durch Verfügungen in breach of trust mit Rücksicht auf den charakteristischen surrogationsbasierten Kontinuitätsschutz grundsätzlich nicht vereitelt werden,733 ist der Treugeber gegen abredewidrige Verfügungen des Treuhänders sachenrechtlich ungeschützt. Ein der proprietary restitution äquivalentes Schutzniveau des Treugebers ist mit Rücksicht auf das aus dem – in der Wissenschaft heftig kritisierten – Unmittelbarkeitsprinzip abgeleitete Surrogationsverbot ausgeschlossen.734 Obschon eine „subversive“ Korrektur der sachenrechtlichen Zuordnung im Grundsatz wegen § 137 S. 1 BGB nicht in Betracht kommt, manifestiert sich der fiduziarische Einschlag des Rechtsverhältnisses in der insolvenz- und zwangsvollstreckungsrechtlichen Tragweite der Treuhand. Zumindest im Ergebnis herrscht weitgehend Einigkeit, dass das Treugut nicht dem Zugriff der persönlichen Gläubiger des Treuhänders ausgesetzt sein kann. Nach h. A. steht weder § 137 BGB noch das Numerus-Clausus-Prinzip der inzwischen gewohnheitsrechtlich verankerten „Immunisierung“ des Treugebers gegen die Insolvenz des Treuhänders und gegen Pfändungen des Treugutes seitens der Gläubiger des Treuhänders entgegen.735 Wird 732 BGH, Urteil v. 4.4.1968 – II ZR 26/67, NJW 1968, S. 1471 m. abl. Anm. Kötz. Selbst bei Verleitung des Treuhänders zur pflichtwidrigen Übertragung des Sicherungsgutes ist die Verfügung nicht per se sittenwidrig gem. § 138 Abs. 1 BGB; in Betracht kommen aber selbstverständlich schuldrechtliche Ansprüche auf Rückübertragung des Treuguts gegen den Anstifter gem. §§ 826, 249 Abs. 1 BGB bzw. §§ 823 Abs. 2, 830 Abs. 2, 249 Abs. 1 BGB i. V. m. § 266 StGB (BGH, Urteil v. 4.4.1968 – II ZR 26/67, NJW 1968, S. 1471). 733 Zwar gilt auch dies nicht schrankenlos (§ 4 II. 1. b)); die Wirkmächtigkeit der an das tracing in equity anknüpfenden proprietary restitution durch constructive trust, equitable lien und subrogation (§ 4 II. 2.) ist freilich evident. 734 Die von Kötz, Trust und Treuhand, S. 137–138 postulierte Überwindung des aus dem Unmittelbarkeitsprinzip folgenden Surrogationsverbots hat sich jedenfalls bislang nicht durchgesetzt; der Grundsatz, wonach sich die Treuhand nicht auf Gegenstände erstreckt, die mit Mitteln des Treuguts seitens des Treuhänders erworben werden, gilt fort (vgl. BGH, Urteil v. 18.7.2002 – IX ZR 264/01, NJW 2002, S. 3253, 3254; Bitter, Rechtsträgerschaft für fremde Rechnung, S. 64–68). Indes ist die Argumentation des BGH, dass die Treuhand bei unterstellter Geltung eines Surrogationsgrundsatzes die aus Gründen der Rechtssicherheit unbedingt gebotenen klaren Konturen verlieren würde, nicht zwingend. Wie ein Blick auf das tracing in equity und die proprietary restitution zeigt, kommt es vielmehr auf die nähere Ausgestaltung der Tatbestandsvoraussetzungen und Rechtsfolgen der Ersetzung oder Erweiterung des Treuguts durch neue Gegenstände an; zur potentiellen Einführung eines treuhandrechtlichen Surrogationsprinzips siehe im Einzelnen § 4 V. 4. Auch Kötz ebd. und Gernhuber, JuS 1988, S. 355, 361–362 erkennen zutreffend, dass methodisch nichts dagegen spricht, die für Sondervermögen aufgestellten Regeln dinglicher Surrogation (vgl. §§ 718 Abs. 2, 1418 Abs. 2 Nr. 3, 1473 Abs. 1, 1638 Abs. 2, 1646, 2019 Abs. 1, 2111 Abs. 1 BGB) auf die nicht expressis verbis geregelte Treuhand zu erstrecken und auf diese Weise die Rechtsstellung des Treugebers hinsichtlich des Schutzumfangs der eines beneficiary unter einem anglo-amerikanischen trust anzugleichen. Erforderlich und auch ausreichend für eine unmittelbare Ersetzung des Treuguts sei hiernach entsprechend § 2041 BGB, dass der Treuhänder objektiv ein Rechtsgeschäft mit Mitteln des Treugutes vornehme; die Intention des Treuhänders sei unerheblich; der Erwerbsgegenstand falle dann automatisch in resp. an die Stelle des Verfügungsobjekts. 735 Dies gilt sowohl für die Grundkonstellation der Verwaltungstreuhand als auch für die der
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Treugut von Gläubigern des Treuhänders gepfändet, kann der Treugeber dagegen nach allg. Ansicht mit der Drittwiderspruchsklage gem. § 771 ZPO vorgehen.736 Leitend ist die Erwägung, dass das fiduziarisch gehaltene Recht nur „formal“ dem Treuhänder zustehe, wohingegen bei wirtschaftlicher Betrachtung der Treugeber im Verhältnis zu dem Treuhänder und dessen Gläubigern der Berechtigte sei.737 Damit korrespondierend wird dem Treugeber ein auf (Rück-)Übertragung des fiduziarisch gehaltenen Vermögenrechts gerichtetes Aussonderungsrecht in der Insolvenz des Treuhänders attestiert.738 Mit dieser aus der Interessenlage abgeleiteten Erwägung wird umgekehrt die Rechtsstellung des fremdnützigen (Verwaltungs-) Treuhänders bei einem Vollstreckungszugriff der Gläubiger des Treugebers eingeschränkt: Zum einen steht dem Insolvenzverwalter des Treugebers das Recht zu, das Treugut für die Insolvenzmasse in Anspruch zu nehmen739 und zum anderen Sicherungstreuhand. Wegen der umstrittenen insolvenz- und zwangsvollstreckungsrechtlichen Implikationen mehrseitiger Treuhandverhältnisse wird auf die Ausführungen in Fn. 726 Bezug genommen. 736 BGH, Urteil v. 1.6.1953 – IV ZR 196/52, BeckRS 1953, 106195; BGH, Urteil v. 5.11.1953 – IV ZR 95/53, NJW 1954, S. 190, 192; Baur/Stürner/Bruns, Zwangsvollstreckungsrecht13, Rn. 46.8; Coing, Die Treuhand kraft privaten Rechtsgeschäfts, S. 44; Gaul/Schilken/Becker-Eberhard, Zwangsvollstreckungsrecht12, § 41 Rn. 62–67, 78–79; Henssler, AcP 196 (1996) S. 37, 51; MünchKomm (-K. Schmidt/Brinkmann), ZPO II5, § 771 Rn. 25. Dies gilt nach h. A. bei der Sicherungsübertragung – unabhängig von der Tilgung der gesicherten Forderung – jedenfalls bis zu dem Zeitpunkt zu, in dem die Voraussetzungen für die Verwertung des Sicherungsgutes nach Maßgabe der Sicherungsabrede erfüllt sind (BGH, Urteil v. 28.6.1978 – VIII ZR 60/77, NJW 1978, S. 1859, 1860; Zöller (-Herget), ZPO32, § 771 Rn. 14; mit berechtigter Kritik an dieser Einschränkung des Vollstreckungsschutzes des Sicherungsgebers MünchKomm (-K. Schmidt/Brinkmann), ZPO II5, § 771 Rn. 28: Das Verbot des Zugriffs durch Gläubiger des Sicherungsnehmers beruht auf der aus der Interessenlage abgeleiteten Überlegung, dass die sicherungshalber überlassene Sache nur der Befriedigung wegen der gesicherten Forderung, nicht aber den Gläubigern des Sicherungsnehmers zur Verfügung stehen soll; dies gilt gleichermaßen vor und nach Eintritt der Verwertungsreife). 737 BGH, Urteil v. 1.6.1953 – IV ZR 196/52, BeckRS 1953, 106195; BGH, Urteil v. 5.11.1953 – IV ZR 95/53, NJW 1954, S. 190, 192. 738 Bei der Sicherungstreuhand wird für das Aussonderungsrecht des Sicherungsgebers in der Insolvenz des Sicherungsnehmers überwiegend vorausgesetzt, dass sich der Sicherungszweck erledigt hat bzw. die gesicherte Forderung getilgt wird; ein Recht zur vorzeitigen Tilgung des Darlehens besteht grundsätzlich nicht (vgl. Henssler, AcP 196 (1996), S. 37, 50; MünchKomm (-Ganter), InsO I4, § 47 Rn. 375 m. w. N.; Westermann/Gursky/Eickmann (-Westermann), Sachenrecht8 , § 44 Rn. 23). Bei der auflösend bedingten Sicherungsübereignung vermag der Sicherungsgeber sein Anwartschaftsrecht den Gläubigern des Sicherungsnehmers entgegenzusetzen und gestützt auf das durch vorzeitige Zahlung des Restkaufpreises erworbene „Voll“-Eigentum Besitzübertragung vom Insolvenzverwalter zu verlangen (vgl. von Bar, EuZW 2018, S. 925, 931); bei unbedingter Übereignung bedarf es der Rückübertragung. Bei auflösend bedingter Sicherungszession ist der Insolvenzverwalter verpflichtet, von seiner Einziehungsermächtigung keinen Gebrauch mehr zu machen, sobald die auflösende Bedingung eintritt; bei unbedingter Sicherungszession zielt das Aussonderungsrecht auf Rückabtretung (MünchKomm (-Ganter), InsO I4, § 47 Rn. 377). 739 BGH, Urteil v. 5.11.1953 – IV ZR 95/53, NJW 1954, S. 190, 192; Henssler, AcP 196 (1996) S. 37, 50; MünchKomm (-K. Schmidt/Brinkmann), ZPO II5, § 771 Rn. 26 m. w. N. Anders liegt es bei der Sicherungstreuhand: Dem Sicherungseigentümer steht ein Recht auf abgesonderte Befriedigung gem. § 51 Nr. 1 InsO zu; Entsprechendes gilt für Sicherungszession und Sicherungsübertragungen sonstiger Vermögensrechte. Die damit verbundene Abweichung von der dinglichen
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vermag sich der Treuhänder ungeachtet seines Eigentums nicht gegen die Pfändung einer beweglichen Sache seitens der Gläubiger des Treugebers mit der Drittwiderspruchsklage zu wehren.740 Bei näherer Beobachtung bleibt der richterrechtlich entwickelte Schutzstandard des Treugebers indes signifikant hinter den insolvenz- und vollstreckungsrechtlichen Wirkungen eines trust zurück. Wenngleich die Treuhand in der Kommentarliteratur häufig mehr oder wenig pauschal als „insolvenzfest“ deklariert wird, sind schon die Voraussetzungen, unter denen dem Treugeber 741 Aussonderungs- und InRechtslage wird damit gerechtfertigt, dass der Sicherungsnehmer nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens und dadurch eingetretener Fälligkeit seiner Forderung nicht sowohl das nur sicherungshalber übertragene Eigentum als auch den vollen Betrag seiner Forderung geltend machen soll (BGH, Urteil v. 28.6.1978 – VIII ZR 60/77, BGH, NJW 1978, S. 1859, 1860). Andererseits soll sich der Sicherungseigentümer nach noch h. A. gegen die Zwangsvollstreckung in das Sicherungsgut seitens der Gläubiger des Sicherungsnehmers mit der Drittwiderspruchsklage wehren können (BGH, Urteil v. 13.5.1981 – VIII ZR 117/80, NJW 1981, S. 1835; Baur/Stürner/Bruns, Zwangsvollstreckungsrecht13, Rn. 46.8; Gaul/Schilken/Becker-Eberhard, Zwangsvollstreckungsrecht12, § 41 Rn. 74; Musielak/Voit (-Lackmann), ZPO16 , § 771 Rn. 19; Saenger (-Kindl), ZPO8 , § 771 Rn. 9; Zöller (-Herget), ZPO32, Rn. 14; a. A. Baumbach/Lauterbach/A lbers/Hartmann (-Hartmann), ZPO76 , § 771 Rn. 25: Klage aus § 805 ZPO; kritisch auch MünchKomm (-K. Schmidt/Brinkmann), ZPO II5, § 771 Rn. 29, die allerdings der h. A. zustimmen, soweit die Sicherungsübertragung der Sicherung eines Kontokorrentkredits diene). Mit Rücksicht auf den Funktionszweck der Sicherungstreuhand erscheint indes eine entsprechende Anwendung der für das Pfandrecht geltenden Vorschriften konsequent; hiernach stünde dem „Sicherungseigentümer“ dann die Drittwiderspruchsklage zu, wenn er sich im Besitz des Sicherungsguts befindet; anderenfalls ist die Klage auf abgesonderte Befriedigung gem. § 805 ZPO statthaft. Dafür spricht, dass die Sicherungsübertragung auf diese Weise in einem weiteren Punkt der nach der Interessenlage gebotenen Rechtsgestaltung, der Konstruktion eines besitzlosen Pfandrechts, angenähert und somit mit den Rechtsfolgen in der Insolvenz des Sicherungsgebers (§ 51 Nr. 1 InsO) abgestimmt werden würde (MünchKomm (-K. Schmidt/Brinkmann), ZPO II5, § 771 Rn. 29). Zu den bislang ungeklärten vollstreckungsrechtlichen Implikationen der Sicherungsübertragung sicherungshalber gewährter Vermögensrechte; siehe § 5 V. 4. a). 740 Vgl. BGH, Urteil v. 5.11.1953 – IV ZR 95/53, NJW 1954, S. 190, 192. Der Senat stellt in diesem Zusammenhang klar, dass hieraus nicht folgt, dass Gläubiger des Treugebers das Treugut, namentlich eine treuhänderisch gehaltene Forderung pfänden können. Dass sich der Treuhänder nicht gegen die Pfändung einer beweglichen Sache mit der Drittwiderspruchsklage wehren könne, sei allein den Besonderheiten dieser Pfändung geschuldet, bei der Interessen Dritter nicht berührt werden würden. Der Treuhänder könne hier allenfalls aufgrund seines Gewahrsams die Pfändung der treuhänderisch gehaltenen Sache mit der Erinnerung gem. § 766 ZPO rügen; die Drittwiderspruchsklage komme aber nicht in Betracht, weil aufgrund der fiduziarischen Abrede das Treugut wirtschaftlich dem Treugeber (und seinen Gläubigern) gebühre. Bei der Pfändung einer Forderung gem. §§ 829, 835 ZPO und mutatis mutandis bei der Pfändung sonstiger Vermögensrechte gem. § 857 ZPO seien aber Interessen Dritter, insbesondere die des Drittschuldners berührt; hier sei allein die rechtliche Zuordnung der Forderung maßgeblich. Die Gläubiger des Treugebers erlitten hierdurch keinen Nachteil, da sie den obligatorischen (Rück-)Übertragungsanspruch des Treugebers aus dem Treuhandvertrag pfänden könnten. 741 Unter einem Treuhandvertrag zugunsten Dritter gem. § 328 BGB stehen die Aussonderungs- und Interventionsbefugnisse konsequenterweise dem Drittbegünstigten zu, wenn es sich um einen echten Vertrag zugunsten Dritter handelt (ähnlich, aber ohne die Einschränkung Kötz, Trust und Treuhand, S. 68–69). Andererseits versteht sich von selbst, dass der durch einen Treuhandvertrag begünstigte Dritte nicht besser stehen kann als der Treuhänder im Fall eines normalen bipolaren Treuhandverhältnisses; die einschränkenden Vorgaben für die Geltendmachung des
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terventionsbefugnisse in Insolvenz und Einzelzwangsvollstreckung zustehen, keineswegs abschließend für alle Fallgestaltungen geklärt.742 Schon längst nicht mehr über jeden Zweifel erhaben ist das vom RG743 entwickelte und vom BGH744 übernommene Erfordernis einer unmittelbaren Übertragung des fraglichen Vermögensrechts seitens des Treuhänders auf den Treuhänder. Aus Gründen der Rechtssicherheit sollten der Treuhand klare Konturen verliehen werden; zudem erachtete man den Treugeber nur dann als vollstreckungsrechtlich schutzwürdig, wenn er das Treugut dem Treuhänder selbst anvertraut habe.745 In der neueren Literatur stößt dieses Unmittelbarkeitserfordernis auf verbreitete Ablehnung.746 Anerkannt ist deswegen auch, dass das Korrektiv der Unmittelbarkeit nicht für die treuhänderische Haltung von Mandantengelder durch Notare und Rechtsanwälte gilt.747 Andererseits ist das Unmittelbarkeitsprinzip von der Rechtsprechung zumindest nicht expressis verbis endgültig aufgegeben worden.748 Im Gegenteil: Der Treugeberschutz in der Insolvenz und Zwangsvollstreckung setzt neben der fiduziarischen Abrede nach der Rechtsprechung voraus, dass der Treuhänder das fiduziarisch zu haltende Vermögensrecht entweder vom Treugeber oder für ihn von einem Dritten erlangt hat.749 Das von der Rechtsprechung teilweise zusätzlich bemühte Offenkundigkeitserfordernis ist demgegenüber nicht zu einem konstitutiven Element der Aussonderungsrechts bzw. für die Klagebefugnis hinsichtlich einer Drittwiderspruchsklage gelten mutatis mutandis für den Drittbegünstigten; diesbezüglich kann auf den Rechtsgedanken des § 334 BGB abgestellt werden. Ist der Drittbegünstigte berechtigt, entsprechende Rechtsbehelfe in der Einzelzwangsvollstreckung in das Treugut oder der Insolvenz des Treuhänders auszuüben, dürften dem Treugeber als Versprechensempfänger nach Maßgabe von § 335 BGB korrelative Befugnisse zustehen. 742 Dies räumt der 9. Zivilsenat des BGH auch freimütig ein, vgl. BGH, Urteil v. 10.2.2011 − IX ZR 49/10, NJW 2011, S. 779, 780 Rn. 13. 743 Grundlegend RG, Urteil v. 9.2.1914 – VII 448/13, RGZ 84, S. 214. 744 Vgl. BGH, Urteil v. 15.11.1988 – IX ZR 11/88, NJW-RR 1989, S. 252, 253; BGH, Urteil v. 2.2.1995 – IX ZR 147/93, NJW-RR 1995, S. 766, 767 m. w. N.; BGH, Urteil v. 24.6.2003 – IX ZR 75/01, NJW 2003, S. 3414, 3415. 745 BGH, Urteil v. 24.6.2003 – IX ZR 75/01, NJW 2003, S. 3414, 3415. 746 Eingehend Bitter, Rechtsträgerschaft für fremde Rechnung, S. 75–106; Gernhuber, Jus 1988, S. 355, 361; Kötz, Trust und Treuhand, S. 131–136; Löhnig, Treuhand, S. 748–749; K. Schmidt (-Thole), InsO19, § 47 Rn. 83. Das Unmittelbarkeitsprinzip erfülle keine sinnvolle Funktion: Eine publizitätsstiftende Wirkung zugunsten der Gläubiger des Treuhänders entfalte es erstens nicht; für diese sei nicht erkennbar, ob das Treugut unmittelbar aus dem Vermögen des Treugebers herrührt oder nicht. Zweitens wäre der allseits beabsichtigte Vollstreckungsschutz des Treugebers bei konsequenter Durchsetzung des Unmittelbarkeitserfordernisses in zahlreichen praxisrelevanten Konstellationen prinzipiell ausgeschlossen. Dies aber würde drittens nur zu Umgehungskonstruktionen nötigen, zumal das geltende Recht genügend Möglichkeiten biete, der erforderlichen Unmittelbarkeit formal zu genügen. 747 BGH, Urteil v. 7.4.1959 – VIII ZR 219/57, NJW 1959, S. 1223, 1225; Andres/ Leithaus (-Andres), InsO4, § 47 Rn. 12; MünchKomm (-Schubert), BGB I8 , § 164 Rn. 51; Löhnig, Treuhand, S. 748. 748 Siehe BGH, Urteil v. 24.6.2003 – IX ZR 75/01, NJW 2003, S. 3414, 3415. 749 Eine Treuhand kann somit – im Gegensatz zu einem express trust – weder durch einseitiges Rechtsgeschäft noch durch eine bloße schuldrechtliche Vereinbarung ohne dingliches Rechtsgeschäft konstituiert werden (vgl. Bitter, Rechtsträgerschaft für fremde Rechnung, S. 61–64: Nur die Erwerbstreuhand, nicht aber die Vereinbarungstreuhand zeitige Vollstreckungsschutz).
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Treuhand ausgeformt worden. Auf die Sichtbarkeit des Treuzwecks wird vor allem bei einer treuhänderischen Verwahrung von Mandantengeldern verzichtet.750 Soweit der BGH unter Verweis auf neuere Strömungen im Schrifttum751 ein strenges Bestimmtheitserfordernis hinsichtlich treuhänderisch gebundener Kontenguthaben aufgestellt hat,752 beschneidet dies die insolvenz- und zwangsvollstreckungsrechtlichen Schutzwirkungen der Treuhand nicht unwesentlich. So steht dem Treugeber in der Insolvenz des Treuhänders nur dann ein Aussonderungsrecht bezüglich eines zur Aufnahme von treuhänderisch gebundenen Fremdgeldern reservierten Kontos des Treuhänders zu, wenn dieses vom Treuhänder abredekonform ausschließlich zur Aufnahme des Treugutes verwendet wird.753 Wenn der Treuhänder das fiduziarisch zu haltende Vermögen nicht unzweideutig von seinem Eigenvermögen trenne oder das designierte Treuhandkonto gar vorsätzlich als Eigenkonto missbrauche, sei die erforderliche Bestimmtheit des Treugutes nicht gewahrt.754 Werde eine fremde, auf Geld lautende Forderung durch Zah750 In BGH, Urteil v. 1.7.1993 – IX ZR 251/92 wurde auf ein Offenkundigkeitserfordernis der Treuhand für das Widerspruchsrecht aus § 771 ZPO ausdrücklich verzichtet. Allgemein ließ der BGH mit Urteil v. 24.6.2003 – IX ZR 75/01, NJW 2003, S. 3414, 3415 offen, inwieweit die Prinzipien der Unmittelbarkeit und Offenkundigkeit allgemein taugliche Abgrenzungsmerkmale darstellen. Siehe weiter BGH, Urteil v. 24.6.2003 – IX ZR 120/02, NJW-RR 2003, S. 1375, 1376, wonach dem Vermieter kein Aussonderungsrecht bezüglich eines vom Verwalter für die Einziehung von Mietforderungen eingerichteten Bankguthabens in der Insolvenz des Treuhänders zusteht, wenn dieser das Konto auch für eigene Zahlungseingänge verwendet. Auf die fehlende Offenlegung des Treuzwecks geht der Senat mit keiner Silbe ein; maßgeblich war vielmehr, dass der Verwalter das Konto nicht ausschließlich als Treuhänder verwendete und damit das Guthaben nicht getrennt vom eigenen Vermögen hielt. Damit fehlte nach Ansicht des Senats auch die notwendige Bestimmtheit des Treuguts, eine Surrogation entsprechend §§ 947, 948 BGB wurde mit dem Argument abgelehnt, dass der Vermieter von vornherein seine Rechte auf den Treuhänder verlagert habe und deshalb bei der Nutzung eines Kontos für die Einziehung von Mietforderungen und eigener Forderungen des Treuhänders keine Vermengung von Rechten, die von unterschiedlichen Rechtsträgern herrühren, vorliege. 751 Siehe nur Henssler, AcP 196 (1996) S. 37, 58. 752 Nachdrücklich BGH, Urteil v. 24.6.2003 – IX ZR 120/02, NJW-RR 2003, S. 1375, 1376; siehe auch BGH, Urteil v. 8.3.1972 – VIII ZR 40/7, NJW 1972, S. 872: keine Aussonderung wegen einer bloßen Geldsummenforderung. Der BGH folgt insoweit der in der Literatur vertretenen Ansicht, die unter Ablehnung des Unmittelbarkeitserfordernisses auf die Bestimmtheit des Treugutes als Minimalerfordernis (neben der Treuhandvereinbarung) für die vollstreckungsrechtliche Privilegierung des Treugebers abstellt (vgl. Assfalg, Die Behandlung von Treugut im Konkurse des Treuhänders, S. 170 ff.; Henssler, AcP 196 (1996) S. 37, 58 m. w. N.; Löhnig, Treuhand, S. 747– 748). 753 Zwar stehe der erforderlichen Bestimmtheit des Sondervermögens nicht prinzipiell entgegen, dass Fremdgelder aus unterschiedlichen Treuhandabreden mit unterschiedlichen Personen (z. B. Mandanten) auf einem Bankkonto gehalten werden (vgl. BGH, Urteil v. 24.6.2003 – IX ZR 120/02, NJW-RR 2003, S. 1375, 1376). Dabei führt der Senat aber nicht aus, wie bei einer Vereinigung der aus unterschiedlichen „Quellen“ rührenden Fremdgelder verschiedener Treugeber die jeweiligen Anteile der aussonderungsberechtigten Treugeber zu bestimmen sind. Auch ist im deutschen Treuhandrecht nicht geklärt, wie sich Zahlungsausgänge vom „gemischten“ Treuhandkonto auf die Anteile der jeweiligen Treugeber auswirken. Zu diesen Aspekten der „Identifizierung“ des trust property in mixed accounts siehe § 4 II. 1. b) mit Fn. 70. 754 BGH, Urteil v. 24.6.2003 – IX ZR 120/02, NJW-RR 2003, S. 1375, 1376.
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lung auf ein Bankkonto erfüllt (§§ 362 Abs. 2, 185 Abs. 1 BGB), erlösche die Forderung und mit ihr das vollstreckungsrechtliche Aussonderungsrecht; an dessen Stelle trete eine Geldsummenforderung, die nicht aussonderungsfähig sei.755 Die von Canaris vertretene Ansicht, die eine Aussonderung auch bei einer Vereinigung von Eigen- und Fremdgeldern bei klarer Trennbarkeit derselben für möglich erachtet,756 lehnt der BGH ab. Insbesondere komme eine direkte oder entsprechende Anwendung der §§ 948 Abs. 1, 947 Abs. 1 BGB nicht in Betracht. Im Unterschied zu diesen Vorschriften entäußere sich der Treugeber mit der Übertragung auf den Treuhänder seiner „dinglichen Rechtsposition“, weshalb dieser bereits vor der Vermischung Berechtigter sei.757 Auch ein Ersatzaussonderungsrecht gem. § 48 InsO müsse ausscheiden, weil dieses nicht den Fall der berechtigten Einziehung fremder Forderungen erfasse.758 Aussonderungs- und Interventionsrechte des Treugebers hängen somit davon ab, dass der Treuhänder das auf einem Sonderkonto verwahrte Fremdgeld äußerlich getrennt vom Privatvermögen hält und nicht pflichtwidrig über das Treugut disponiert.759 Verwendet der Treuhänder ein für fremde Rechnung geführtes Konto pflichtwidrig zu eigenen Zwecken, z. B. durch zweckwidrige Auszahlung des Fremdgeldes oder durch Einzahlung eigener Geldmittel, kann das Kontoguthaben nach Ansicht des BGH „insgesamt nicht mehr dem Vermögen des Treugebers zugerechnet werden.“760 Schließlich könnten die Gläubiger nicht zur Achtung der Treuhand verpflichtet werden, wenn der Treuhänder das pactum fiduciae selbst nicht mehr achte.761 755
BGH, Urteil v. 24.6.2003 – IX ZR 120/02, NJW-RR 2003, S. 1375, 1376. Canaris, FS Flume I, S. 371, 417; ders., Bankvertragsrecht I, Rn. 280. 757 BGH, Urteil v. 24.6.2003 – IX ZR 120/02, NJW-RR 2003, S. 1375, 1376. 758 BGH, Urteil v. 24.6.2003 – IX ZR 120/02, NJW-RR 2003, S. 1375, 1376. 759 BGH, Urteil v. 24.6.2003 – IX ZR 120/02, NJW-RR 2003, S. 1375, 1376; BGH, Urteil v. 10.2.2011 − IX ZR 49/10, NJW 2011, S. 779, 781 Rn. 21. 760 BGH, Urteil v. 10.2.2011 − IX ZR 49/10, NJW 2011, S. 779, 781 Rn. 16. 761 BGH, Urteil v. 10.2.2011 − IX ZR 49/10, NJW 2011, S. 779, 781 Rn. 16. Diese Begründung ist ncht über jede Kritik erhaben. Erstens legt der Senat nicht präzise dar, was er unter „Bestimmtheit“ oder „Bestimmbarkeit“ versteht, zumal der Herleitung von Rechtsfolgen aus apriorisch vorausgesetzten (sachenrechtlichen) Fundamentalprinzipien stets eine zirkuläre Tendenz anhaftet. Aus rechtsvergleichender Sicht sei angemerkt, dass im paradigmatischen Fall der veruntreuenden Vermengung von Eigenvermögen und trust property nach englischer Ansicht die „Bestimmtheit“ keinesfalls ausgeschlossen ist; vielmehr eröffnen die expansiven Surrogationsmechanismen des tracing in equity die Identifizierung des trust property auch bei einer mehrfachen Vermengung desselben mit Eigen- und Fremdvermögen durch wiederholte Ein- und Auszahlungen auf Bankkonten. Selbst das umstrittene „backwards tracing“ ist nach der jüngeren Rechtsprechung des Supreme Court in The Federal Republic of Brazil v. Durant International Corporation [2015] UKPC 35; [2016] A. C. 297 nicht prinzipiell ausgeschlossen, wenngleich noch an dem interpretationsbedürftigen Erfordernis eines engen sachlich-zeitlichen Zusammenhangs zwischen der Entziehung von trust property und dem Erwerb des potentiellen Ersatzgegenstandes festgehalten wird: Wenngleich der Erwerb nicht konsekutiv auf dem breach of trust beruhen muss, müssen beide Elemente einen Teil eines gezielt zur Verheimlichung oder in der Praxis des Girokreditverkehrs begründeten „co-ordinated scheme“ bilden (siehe § 4 II. 1. b)). Vor allem aber kann eine entsprechenden Anwendung der §§ 948 Abs. 1, 947 Abs. 1 BGB auf die pflichtwidrige Vermengung von Fremdgeldern und Eigengeldern jedenfalls nicht mit der von BGH, Urteil v. 24.6.2003 – IX ZR 120/02, NJW-RR 2003, S. 1375, 1376 vorgebrachten Argumentation verneint werden. Soweit die756
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b) Ausdeutung der Rechtsstellung des Treugebers Während die surrogationsgestützte Fungibilität des trust property ein wesensimmanentes Strukturprinzip des law of trusts bildet, ist eine unmittelbare Fortsetzung des Treuguts in Ersatzgegenstände de lege lata ausgeschlossen. Die Rechtsübertragung aufgrund einer Treuhandvereinbarung zeitigt nicht schlechthin, sondern allenfalls nach Maßgabe des restriktiv interpretierten Bestimmtheitsgrundsatzes Schutzwirkungen im Verhältnis zu den Gläubigern des Treuhänders. Lässt sich der vollstreckungsrechtliche Schutz willkürlich durch pflichtwidriges Verhalten des Schuldners zu Fall bringen, schwebt ein Damoklesschwert über der Rechtsstellung des Treugebers; von einer sachenrechtsäquivalenten Position kann daher zumindest bei der uneigennützigen Treuhand keine Rede sein.762 Überdies ist der fiduziarischen Zweckbindung bei der treuhänderischen Haltung von Grundstücken und Grundstücksrechten schlechthin keine insolvenz- und vollstreckungsrechtliche Schutzwirkung immanent. Will sich der Treugeber gegen das Insolvenzrisiko des Treuhänders effektiv schützen, muss er sich eine Vormerkung zur Sicherung des (aufschiebend bedingten) Rückübertragungsanspruchs oder sonstige Sicherungsrechte am Grundstück vom Treuhänder als Rechtsinhaber einräumen lassen.763 Vermittelt aber die treuhänderische Rechtsübertragung im Grundstücksser die für den Analogieschluss erforderliche Vergleichbarkeit des gesetzlich geregelten Falles mit der pflichtwidrige Vermengung von Fremdgeldern und Eigengeldern unter Verweis darauf ablehnt, dass die Surrogation gem. §§ 948 Abs. 1, 947 Abs. 1 BGB voraussetze, dass die Gegenstände zuvor verschiedenen Rechtsträgern zuzuordnen waren, unabhängig davon, ob es sich um Eigentum oder andere dingliche Rechte handele, wohingegen bei der hier vorliegenden Treuhand das Treugut oder die Forderung bereits vor der Vermengung aus dem Vermögen des Treugebers durch die konstitutive Übertragung auf den Treuhänder ausgeschieden sei, beruft sich der Senat auf das von ihm selbst nicht konsequent beachtete Unmittelbarkeitspostulat. Indes lag die Besonderheit der in casu vorliegenden Treuhand darin, dass sich der Treugeber als Vermieter gerade nicht seiner Rechtsposition als Gläubiger der von der Schuldnerin eingezogenen Mietforderungen begeben hatte als diese von den Mietern auf das von der Schuldnerin geführte Konto eingingen, auf das auch Mietforderungen anderer Eigentümer und Mieten der von der Schuldnerin selbst vermieteten Wohnungen eingezahlt wurden. Die Erteilung einer Einziehungsermächtigung kann aber rechtlich nicht der Übertragung der Forderung gleichgestellt werden. Vollzog sich die „Vermengung“ der fremden Mieteinkünfte mit den Eigenmitteln des Treuhänders aber entgegen der Ansicht des Senats erst uno actu durch Einzahlung der Mieten auf das abredewidrig genutzte Treuhandkonto, lag hier durchaus eine Konstellation vor, die mit dem in §§ 947 Abs. 1, 948 Abs. 1 BGB geregeltem Fall vergleichbar ist. M. E. spricht deshalb einiges für die von Canaris, FS Flume I, S. 371, 417 vertretene Ansicht, ein Ersatzaussonderungsrecht gem. § 48 S. 1 InsO dann zu bejahen, wenn mit hinreichender Sicherheit ex post ermittelt werden kann, in welchem Ausmaß und zu welchen Zeitpunkten Zahlungen auf Forderungen des Treugebers und Zahlungen auf Forderungen des Treuhänders und Dritter auf dem „Treuhandkonto“ eingehen. 762 A. A. Wieling, Sachenrecht I 2 , § 18 I 2 d (S. 825)). 763 BGH, Urteil v. 24.6.2003 – IX ZR 75/01, NJW 2003, S. 3414, 3416 f. Das bloße pactum fiduciae in Verbindung mit einer (unmittelbaren) Übereignung kann das Grundstück nicht zu einem treuhänderisch gebundenen, gegen Zwangsvollstreckungsmaßnahmen der persönlichen Gläubiger des Treuhänders geschützten Sondervermögen machen. Begründet wird dies mit der „besonderen Bedeutung“ des Grundbuchs für die Offenlegung der Rechtsverhältnisse an Grundstücken; demgemäß sei die im Grundbuch ausgewiesene Rechtslage vorbehaltlich § 894 BGB und § 106 InsO auch für die Befugnis zur Aussonderung in der Insolvenz des Rechtsinhabers maßgeb-
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recht keinen vollstreckungsrechtlichen Schutz zugunsten des Treugebers, gerät die auf den Topos der wirtschaftlichen Vermögensallokation gestützte Treuhanddoktrin auch jenseits des Grundstücksrechts unter Rechtfertigungsdruck. Indes überzeugt die nach wie vor verbreitete These von der funktionalen Aufteilung des treuhänderisch gehaltenen Vermögensrechts weder bei der Sicherungs- noch bei der Verwaltungstreuhand. Im Anschluss an die grundlegende Entscheidung des RG vom 23.12.1899764 wird – in unverkennbarer Parallele zur simplifizierenden Beschreibung des trust im englischen Schrifttum – auch in der Lehre vertreten, dass sich das Eigentum vermittels der treuhänderischen Abrede die „formale, juristische“ von der „materiellen, wirtschaftlichen“ Komponente abgetrennt werde.765 Dass der Ansatz von der dichotomischen Aufgliederung der Eigentumsfunktionen zur dogmatischen Erklärung und Rechtfertigung der Wirkungen von trusts nicht trägt, ist bereits dargelegt worden.766 Mit Blick auf den gegenwärtigen Stand der deutschen Treuhanddogmatik lässt sich aber die These von der funktionalen Eigentumsteilung zur Begründung der vollstreckungsrechtlichen Implikationen der Treuhand im deutschen Recht noch weniger halten.767 Dabei muss nicht darauf verwiesen werden, dass sich dieser Ansatz über (vermeintlich) elementare Grundsätze des deutschen Sachenrechts, namentlich über das vom historischen Gesetzgeber abgelehnte Figur eines geteilten Eigentums, das Numerus-Clausus-Prinzip, die Wertung des § 137 BGB und das Abstraktionsprinzip, hinwegsetzt. Maßgeblich ist vielmehr, dass die deutsche Treuhanddogmatik niemals über die vollstreckungsrechtliche Sonderbehandlung des Treugutes hinausgegangen ist; die vermeintliche Aufgliederung zwischen dem formalen und dem materialen Eigentum zeigt sich ausschließlich im vollstreckungsrechtlichen Kontext. Im genuin privatrechtlichen Kontext zeitigt die Treuhandabrede – in distinktivem Kontrast zum law of trusts – jedenfalls nach h. A. keinerlei Außenwirkungen. An der schuldrechtlichen Qualität der Rechtsstellung des Treugebers hat sich nichts geändert.768 Wenn nach alldem die Treuhanddogmatik in ihrem Wirkungskreis hinter dem Institut des trust lich; die bloße Treuhandabrede dürfe die grundbuchrechtliche Publizität, zumal unter Berücksichtigung der Wertung des § 925 Abs. 2 BGB, nicht überspielen (siehe auch Canaris, FS Flume I, S. 371, 414 ff.; Henssler, AcP 196 (1996) S. 37, 59 f.). 764 RG, Urteil v. 23.12.1899 – V 233/99, RGZ 45, S. 80, 85. Weil das Treugut wirtschaftlich dem Treugeber gebühre, dürfe dieses nicht dem Zugriff der Gläubiger des Treuhänders ausgesetzt sein, während ein Zugriff der Gläubiger des Treugebers auf das Treugut umgekehrt nicht vom Treuhänder abgewehrt werden könne. 765 Kötz, Trust und Treuhand, S. 170; Staudinger (-W. Wiegand), BGB (2017), Anhang zu §§ 929–931 Rn. 21–22, 54. 766 Siehe § 4 I mit Fn. 9. 767 So auch Gernhuber, JuS 1988, S. 355, 358–359; Wieling, Sachenrecht I 2 , § 18 I 2 a (S. 822– 823). 768 Grundmann, der Treuhandvertrag, S. 318–324 stützt den Vollstreckungsschutz des Treugebers dogmatisch deswegen auch nicht auf quasidingliche Wirkungen der Treuhand, sondern auf die sog. Lastwirkung des Treuhandvertrages. Dezidiert anders Staudinger (-W. Wiegand), BGB (2017), Anhang zu §§ 929–931 Rn. 20 ff., wonach die Treuhanddogmatik sowie die Anerkennung von Sicherungseigentum und Eigentumsvorbehalt grundlegende Umwälzungen des sachenrechtlichen Systems hervorgerufen hätten. Dies trifft m. E. indes allenfalls für die Anwartschaftsdok-
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beträchtlich zurückbleibt, stellt sich die Frage, ob sich daraus praktische Nachteile für den Rechts- und Wirtschaftsverkehr ergeben. Zu klären ist deshalb, wie mit dem Instrumentarium des Bürgerlichen Rechts die Sachfragen zu lösen sind, die im englischen Recht typischerweise mit trusts, insbesondere mit der Errichtung mehrstufiger trust-Strukturen, bewältigt werden. Weil die sozioökonomische Bedeutung von sub-trusts in den hierdurch eröffneten Gestaltungsmöglichkeiten bei der intermediären Wertpapiersammelverwahrung und im Rahmen der gewillkürten Rechtsnachfolge von Todes wegen liegen, sind diese Sachbereiche im Folgenden schwerpunktmäßig zu betrachten.
2. Erbrechtliche Gestaltungsoptionen im Vergleich Der Vergleich der Gestaltungsoptionen, die sub-trusts bei der Erbfolge bieten, mit den einschlägigen Instrumenten des deutschen Erbrechts indiziert, dass insoweit auch ein trust-freies Vermögensrecht den Gestaltungswünschen des Erblassers hinreichend Rechnung trägt. a) Organisation der Erbfolge mittels sub-trusts Von besonderer Relevanz sind trusts im Kontext der gewillkürten Erbfolge zwecks ordnungsgemäßer Ausführung der Verwaltungsanordnungen des Erblassers sowie zwecks Anlage und Mehrung des Nachlassvermögens. Häufig werden mehrere Personen unter einem (einzigen) kraft letztwilliger Verfügung errichteten trust entweder gemeinschaftlich-simultan oder individuell-sukzessiv begünstigt.769 Zu einer pyramidenförmige trust-Struktur führt die gleichzeitige oder aufeinander folgende materielle Berechtigung am Nachlass unter trusts nur dann,770 wenn dem Erblasser selbst beneficial interests aus einem unter Lebenden oder kraft letztwiltrin und das Sicherungseigentum zu, nicht aber für die allgemeine Treuhanddogmatik, die jenseits des Vollstreckungsrechts das Sachenrecht nicht korrigiert. 769 Weil freilich keine unmittelbare Gesamtrechtsnachfolge durch die designierten Erben erfolgt (siehe nur de Waal, in: Reimann/Zimmermann, Oxford Handbook of Comparative Law, S. 1071, 1094–1095), der Nachlass vielmehr zunächst auf die mit der Durchführung der Auseinandersetzung betrauten personal representatives übergeht, bietet es sich regelmäßig an, dieselben Personen als executors und trustees einzusetzen. 770 Im deutschen Recht lässt sich eine vergleichbare konsekutive Zuordnung des Nachlasses Vergleichbares durch eine mit einer (ggf. mehrfach gestaffelten) Vor- und Nacherbschaft kombinierten Anordnung der Testamentsvollstreckung erreichen (allgemein de Waal, in: Reimann/ Zimmermann, Oxford Handbook of Comparative Law, S. 1071, 1092). Möglich ist sowohl eine ausschließlich auf den Vorerbfall als auch eine ausschließlich auf den Nacherbfall (vgl. § 2222 BGB) beschränkte Testamentsvollstreckung sowie die Anordnung der Testamentsvollstreckung sowohl für die Vor- als auch für die Nacherbschaft (MünchKomm (-W. Zimmermann), BGB X7, § 2222 Rn. 9; Palandt (-Weidlich), BGB78 , § 2222 Rn. 1). Wenngleich die Verwaltungsbefugnis des (auch) für den Vorerben eingesetzten Testamentsvollstreckers die des Vorerben verdrängt, ist strittig, ob die Verfügungsbefugnis des (ausschließlich) für den Vorerben eingesetzten Testamentsvollstreckers sich nach den strengeren Bestimmungen der §§ 2113–2115 BGB richtet (bejahend MünchKomm (-W. Zimmermann), BGB X7, § 2222 Rn. 9; Staudinger (-Reimann), BGB (2016), § 2205 Rn. 226; verneinend Palandt (-Weidlich), BGB78 , § 2205 Rn. 28).
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liger Verfügung errichteten trust zustehen, die durch testamentarische Verfügung in sub-trusts eingebracht werden.771 Darüber hinaus vermag der Erblasser selbst sub-trusts im Wege letztwilliger Verfügung zu konstituieren, indem er mehreren trustees unter jeweils separaten trusts nebeneinander jeweils unterschiedliche Nachlassgegenstände zuwendet und die trustees des einen trust zugleich als beneficiaries/sub-trustees eines auf einen anderen Nachlassgegenstand bezogenen trust einsetzt.772 Zwar ermöglicht die letztwillige Anordnung jeweils gegenständlich beschränkter trusts mit divergierenden Aufgaben- und Kompetenzbereichen der trustees eine den Gestaltungszielen des Erblassers angepasste Haltung und Verwaltung von Nachlassgegenständen, die in verschiedenen Staaten belegen sind.773 Mit der Einsetzung einzelner trustees als beneficiaries/sub-trustees bezüglich eines auf bestimmte Nachlassgegenstände beschränkten principal trust werden aber darüberhinausgehende Gestaltungszwecke erreicht. Zum einen geht es um praktisch wirksame wechselseitige Kontrolle der trustees sowie um sachgerechte Aufgabenspezialisierung.774 Zum anderen wird die Abschirmwirkung („ring-fencing“) hinsichtlich des Nachlasses gegenüber einem unmittelbaren Zugriff durch die Erben erhöht, weil diese nicht aus diesem trust begünstigt sind und demgemäß keine Rechte gegenüber den trustees desselben ausüben können. Soweit das Pflichtenprogramm der sub-trustees verkürzt ist, schließt dies sachlogisch eine potentielle Haftung der trustees des (principal) trust im Verhältnis zu den qua sub-trust begünstigten Erben wegen Mitwirkung an einem breach of trust der sub-trustees aus.775 In Hayim diente die doppelstöckige trust-Konstruktion hinsichtlich des außerhalb der USA belegenen Nachlasses also nicht dazu, den trustees des unter dem „Hong Kong Will“ konstituierten trust for sale größere Entscheidungskompetenzen hinsichtlich des Verkaufs des in Hong Kong belegenen Grundstücks einzuräumen. Es ging auch nicht darum, die trustees for sale davon zu entbinden, aus771
Siehe etwa Creasey v. Sole [2013] EWHC 1410 (Ch); zum Ganzen § 4 III. 4. c) bb). etwa Hayim v. Citibank N. A. [1987] A. C. 730 (P. C.); näher hierzu § 4 III. 4. c) aa). III. 3. c) aa). 773 Eine gegenständlich beschränkte Rechtswahl und damit verbundene Nachlassspaltung ist freilich unter Art. 22 EuErbVO – im Gegensatz zu Art. 25 Abs. 2 EGBGB – ausgeschlossen; es gilt nach allg. Ansicht das Prinzip der Statuteneinheit (MünchKomm (-Dutta), BGB XI7, Art. 22 EuErbVO Rn. 8 m. w. N.; Palandt (-Thorn), BGB78 , Art. 22 EuErbVO Rn. 3). 774 So wird der zur Veräußerung über die die betreffenden Nachlassgegenstände berufene trustee einer Kontrolle durch die trustees eines über andere Nachlassgegenstände errichteten trust als beneficiaries unterworfen. Während jener allein für den Verkauf zuständig ist und dabei ausschließlich die Interessen der trustees des über eine andere Nachlassentität errichteten (principal) trust zu beachten hat, die insoweit im Interesse ihrer beneficiaries auf eine ordnungsgemäße Ausübung der Verkaufsbefugnis wachen, sind diese trustees in ihrer Eigenschaft als sub-trustees mit der Aufgabe der Erlösverwendung, insbesondere der Vermögensanlage, sowie ggf. zur Verteilung des Erlöses unter den beneficiaries berufen. 775 Sinnfällig zeigt sich dies in Hayim v. Citibank N. A. [1987] A. C. 730 (P. C.), waren doch die trustees des unter dem „American Will“ errichteten principal trust in ihrer Funktion als subtrustees ausdrücklich seitens des Erblassers (als settlor) von ihren aus dem principal trust folgenden Pflichten gegenüber den lediglich als sub-beneficiaries des trust for sale begünstigten Erben entbunden worden. 772 Siehe
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schließlich die Interessen der („direkt“ nur aus dem über den US-amerikanischen Nachlass errichteten trust begünstigten) Kinder des Erblassers bei der Wahl des Verkaufszeitpunkts sowie der Ausübung der Verkaufsbefugnis zu berücksichtigen. Wäre allein dies beabsichtigt gewesen, hätte der Erblasser schlicht eine mit clause 10 des „American Will“ korrespondierende Haftungsbeschränkung in den trust for sale einfügen oder die mit der eingeräumten „trust power“ korrelierende fiduziarische Pflichtenbindung der trustees for sale einschränken können. Offenbar sollte die sub-trust-Konstruktion zwar einerseits „Abschirmwirkung“ zulasten der eingesetzten Erben entfalten, andererseits aber nicht den Pflichtenkreis der trustees for sale einschränken. Letzteres ließ sich aber durch die Einsetzung der trustees des „American Will“ als beneficiaries/sub-trustees erreichen. Deren Pflichtenstellung im Verhältis zu den aus dem sub-trust begünstigten Kindern wurde abgesenkt, damit die sub-trustees ihrerseits nicht allein die Interessen der Kinder beachten mussten, wenn sie den trustees for sale Weisungen hinsichtlich des Verkaufs erteilen. Zugleich konnte durch die sub-trust-Konstruktion eine verantwortungsvolle Verwendung eines aufgrund Ausführung des trust for sale etwaig erzielten Erlöses im Interesse der aus dem sub-trust begünstigten Kinder und charities sichergestellt werden.776 776 Zwar sind trustees nicht bei der Ausübung der ihnen vom settlor erteilten Verwaltungsbefugnisse (administrative powers), namentlich der Verkaufsberechtigung gegenüber den beneficiaries weisungsgebunden. Selbst wenn diese „absolut“ aus dem trust begünstigt werden, können sie den trustees nicht verbindlich aufgeben, wie diese ihre Verwaltungsbefugnisse ausüben sollen; dies gilt jedenfalls dann, wenn es sich – wie hier – um einen special trust handelt (vgl. Lewin (-Tucker/Le Poidevin/Brightwell), Trusts19, Rn. 24-024). Sofern es sich um sog. administrative powers handelt, sind diese zwar ausschließlich im Interesse der beneficiaries auszuüben (Lewin (-Tucker/Le Poidevin/Brightwell), Trusts19, Rn. 29-014). Dies bedeutet aber nicht zwingend, dass eine Ausübungspflicht besteht; dies gilt auch für treuhänderisch gebundene Verwaltungsbefugnisse (sog. fiduciary powers), die wahlweise als sog. mere powers oder imperative powers ausgestaltet werden können; vgl. Lewin (-Tucker/Le Poidevin/Brightwell), Trusts19, Rn. 29-018, 29-023. Wiederum wird die weitreichende Gestaltungsfreiheit des settlor sichtbar. Entscheidend ist, was der settlor in Bezug auf die eingeräumte administrative power bestimmt, dieser kann die Pflichtenstellung der trustees in Ansehung der verliehenen powers ohne weiteres gänzlich ausschließen, begrenzen oder modifizieren (siehe auch Lewin (-Tucker/Le Poidevin/Brightwell), Trusts19, Rn. 29-016–29-018, die mit Blick auf das Maß der Pflichtenstellung zwischen vollständig ungebundenen beneficial powers, limited powers und fiduciary powers unterscheiden). Angesichts dessen hätte der Erblasser zwar auch ohne Zwischenschaltung der trustees des über den US-amerikanischen Nachlasses errichteten trust seine Kinder als beneficiaries des über den außerhalb der USA belegenen Nachlass errichteten trust einsetzen können, ohne sich der auf den ersten Blick umständlichen sub-trust-Konstruktion zu bedienen; er hätte ja einfach die Pflichtenstellung der trustees hinsichtlich der Ausübung der Verkaufsberechtigung aus dem trust for sale lockern können. Dass eine sub-trust-Konstruktion gewählt wurde, dürfte deshalb dem Ziel dienen, die trustees for sale des außerhalb der USA belegenen Nachlasses nicht von ihrem Pflichtenprogramm zu befreien, sondern eine pflichtgemäße Ausübung durch Dritte, nämlich die trustees des über den US-amerikanischen Nachlasses errichteten trust, sicherzustellen. Letzteres hätte man zwar ggf. – ohne doppelstöckige trust-Konstruktion – einfach dadurch erreichen können, dass ein Dritter als protector des unter dem Hong Kong Will geschaffenen trust for sale eingesetzt (zur Rechtsstellung eines sog. protector siehe bereits Fn. 701 m. w. N.) und die Kinder direkt als beneficiaries aus diesem trust for sale begünstigt werden. Freilich hätte dann zugleich die fiduziarische Pflichtenstellung des protector rechtsgeschäftlich modifiziert werden müssen. Dass diese Variante in casu
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b) Testamentsvollstreckung Eine vorausschauende Steuerung und Kontrolle der Nutzungs-, Verwaltungs- und Verfügungsrechte über den Nachlass ermöglicht das deutsche Recht mittels Testamentsvollstreckung, (ggf. mehrfach gestaffelter) Vor- und Nacherbschaft, transmortaler Bevollmächtigung sowie einer Kombination dieser Gestaltungsmittel.777 Wäre deutsches Recht in einer vergleichbaren Fallgestaltung wie Hayim maßgeblich, böte sich eine von § 2224 Abs. 1 S. 1 BGB abweichende Einsetzung mehrerer Testamentsvollstrecker mit verschiedenen Aufgabenbereichen unter Beschränkung auf jeweils bestimmte gegenständlich bestimmte Teile des Nachlasses an (vgl. § 2224 Abs. 1 S. 3 BGB). Aus internationalprivatrechtlicher Sicht könnte die in Hayim verfügte Errichtung mehrerer (principal) trusts und eines (auf den trust for sale an nicht gewählt wurde, dürfte daran liegen, dass das Amt des protector eine relativ seltene, nur in bestimmten Jurisdiktionen praktizierte Gestaltungsvariante darstellt (vgl. Carr (2016) Edin. L. R. 217, 219 in Fn. 12). Endlich trägt die sub-trust-Konstruktion dem Umstand Rechnung, eine verantwortungsvolle Verwendung des erzielten Veräußerungserlöses durch die sub-trustees zugunsten der sub-beneficiaries zu gewährleisten. Soweit es hingegen darum ging, den Geschwistern des Erblassers den Wohngebrauch des vom trust for sale erfassten Grundstücks zu sichern, hätten sich hingegen auch andere Gestaltungsoptionen als die in Hayim gewählte sub-trust-Konstruktion angeboten. Vergleichbares hätte in diesem Fall mit einer alternativ möglichen gestaffelten Erbfolge hinsichtlich des außerhalb der USA belegenen Nachlassvermögens erreicht werden können: So hätte der Erblasser (als settlor) – sofern beabsichtigt – seinen Geschwistern jeweils auf Lebenszeit begrenzte „Vindikationslegate“ an dem streitgegenständlichen Hausgrundstück, nämlich life interests unter einen auf das in Hong Kong belegene Nachlassvermögen beschränkten principal trust, verschaffen können; seinen Kinder hätte er – ohne Zwischenschaltung der trustees des über den US-amerikanischen Nachlass errichteten principal trust – Anwartschaftsrechte als „Schlusserben“ (interests in remainder) verschaffen können. Solange die life tenants lebten, hätten die trustees ohnehin nicht allein auf die Interessen der Schlusserben am Verkauf des Grundstücks abstellen, sondern auch die der life tenants berücksichtigen müssen. Zudem wäre vertragsgestalterisch dafür Sorge zu tragen, dass der Verkauf nicht ohne den Willen der begünstigten life tenants des streitgegenständlichen Grundstücks durchgeführt wird. Auf der Grundlage des früheren englischen law of trusts ließ sich die (rechtsgeschäftlich erteilte oder gesetzliche) Verkaufsberechtigung der trustees zwar nicht in dinglicher Hinsicht einschränken (Lewin (-Tucker/Le Poidevin/Brightwell), Trusts19, Rn. 37-023; sieht man vom bare trust einmal ab, konnten Grundstücke vor Inkrafttreten des TLATA 1996 nur in einen trust for sale oder in ein settlement eingebracht werden; die Verkaufsbefugnis der trustees for sale konnte ebenso wenig wie die gesetzliche Veräußerungsbefugnis des tenant for life hinsichtlich settled land beschränkt oder gar gänzlich ausgeschlossen werden) Anders liegt es aber – was trusts of land anbelangt – nach dem TLATA 1996, lässt sich doch die Veräußerungsberechtigung der trustees – in distinktivem Unterschied zum früheren Recht – auch an die Zustimmung Dritter gem. sec. 8(2) TLATA 1996 binden; ungeachtet des missverständlichen Normwortlauts („… may not be exercised without that consent“) ist die Erteilung der Zustimmung konstitutive Voraussetzung für einen lastenfreien Erwerb kraft overreaching (McFarlane/Hopkins/Nield, Land Law, Text, Cases, and Materials3, S. 663 f.). Mittels eines Zustimmungsvorbehalts könnte also in einem vergleichbaren Fall wie Hayim nach geltendem Recht problemlos sichergestellt werden, dass den Wohnungsberechtigten (in casu: die Geschwister des Erblassers) nicht ohne ihren Willen der Wohngebrauch aufgrund eines Verkaufs des Nachlassgrundstücks entzogen wird. Demgemäß müsste den Wohnungsberechtigten auch nicht notwendigerweise eine Rechtsposition unter einem testamentarischen trust verschafft werden; eine zu Lebzeiten erteilte licence oder tenancy würde gleichfalls ausreichen. 777 de Waal, in: Reimann/ Zimmermann, Oxford Handbook of Comparative Law, S. 1071, 1092.
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dem in Hong Kong belegenen Grundstück bezogenen) sub-trust in die nachfolgend darzustellende inhaltlich-gegenständlich konkretisierte Nebenvollstreckung transponiert werden.778 Wenngleich sich die konstruktionsjuristischen Strukturen von trust und Testamentsvollstreckung bekanntermaßen unterscheiden,779 dienen diese Rechtsinstitute identischen erbrechtlicher Gestaltungszielen.780 Der Wirkungskreis des Testamentsvollstreckers steht dem des trustee – ungeachtet fehlender Rechtszuständigkeit – in nichts nach. Schon die reguläre Abwicklungsvollstreckung (§§ 2203–2206 BGB) wirkt sich einschneidend auf die Rechtsposition des Erben aus, vermag dieser doch während der Dauer der Testamentsvollstreckung den Nachlass weder zu verwalten noch über die Nachlassgegenstände zu verfügen (§ 2211 Abs. 1 BGB),781 soweit die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis des Testamentsvollstreckers (§ 2205 BGB) reicht.782 Wird die Abwicklungs- mit einer 778 Setzt der Erblasser einen executor oder trustee ein, liegt bei Anwendbarkeit deutschen Erbrechts eine Transposition dieser Verfügung in die Anordnung einer Testamentsvollstreckung nahe, vgl. Palandt (-Weidlich), BGB78 , Einf. v. § 2197 Rn. 8; zu funktionsverwandten Instituten der Testamentsvollstreckung in ausländischen Rechtsordnungen siehe die Übersicht bei Staudinger (-Reimann), BGB (2016), Vorbem. zu §§ 2197–2228 Rn. 151–189. 779 Dem trustee steht ebenso wie dem executor eine fiduziarisch beschränkte überschießende Rechtsmacht zu, wohingegen dem Testamentsvollstrecker eine gesetzliche Verwaltungs- und Verfügungsermächtigung über fremdes Vermögen verliehen ist. 780 In der Tat ist den Rechtsordnungen des Civil Law das Konzept des executorship nicht unbekannt, mag auch die jeweilige Ausgestaltung des Aufgabenkreises, der Befugnisse und der Rechtsstellung des Testamentsvollstreckers divergieren (vgl. de Waal, in: Reimann/Zimmermann, Oxford Handbook of Comparative Law, S. 1071, 10995–1096). 781 Die mit der Anordnung der Testamentsvollstreckung verbundene rechtsgeschäftliche Einschränkung der Verfügungsbefugnis des Erben (MünchKomm (-W. Zimmermann), BGB X7, § 2205 Rn. 59; Palandt (-Weidlich), BGB78 , § 2211 Rn. 2) bezieht sich auf die Nachlassgegenstände, nicht auf den Miterbenanteil (§ 2033 Abs. 1 BGB); insoweit bleibt die Dispositionsbefugnis des Miterben ebenso unberührt wie sonstige höchstpersönliche Rechte des Erben, z. B. das Recht auf Annahme und Ausschlagung der Erbschaft (BGH, Urteil v. 9.5.1984 – IV a ZR 234/82, NJW 1984, S. 2464, 2645; BGH, Urteil v. 5.11.2014 – IV ZR 104/14, NJW 2015, S. 59, 60 Rn. 9). Verfügt der Erbe über Nachlassgegenstände, ist die Verfügung vorbehaltlich gutgläubigen Erwerbs (§§ 892 f., 932 ff., 1032, 1207 i. V. m. § 2211 Abs. 2 BGB) schwebend unwirksam; eine Heilung kommt nach den allgemeinen Regeln (§ 185 Abs. 2 BGB) in Betracht, d. h. durch Genehmigung seitens des Testamentsvollstreckers, Beendigung der Testamentsvollstreckung oder Befreiung des Rechtsobjekts von der Testamentsvollstreckung gem. § 2217 Abs. 1 S. 2 BGB (vgl. Schulze et al. (-Hoeren), BGB10, § 2211 Rn. 7; MünchKomm (-W. Zimmermann), BGB X7, § 2211 Rn. 10). 782 Die gesetzliche Verwaltungsbefugnis des Testamentsvollstreckers ist inhaltlich unbegrenzt, weshalb sich die einzelnen Handlungsoptionen des Testamentsvollstreckers nicht abschließend darstellen lassen. Der Testamentsvollstrecker kann kraft Amtes alle tatsächlichen, materiellrechtlichen und prozessualen Maßnahmen ergreifen, die der Erbe als Gesamtrechtsnachfolger – ohne Anordnung der Testamentsvollstreckung – über den Nachlass treffen könnte (vgl. BeckOGK BGB (-Grotheer), Stand: 1.5.2018, § 2205 Rn. 3, 11; MünchKomm (-W. Zimmermann), BGB X7, § 2205 Rn. 67). Die Verwaltungsbefugnis des Testamentsvollstreckers ist somit vergleichbar umfassend wie die eines executor oder die eines trustee eines testamentarischen trust, soweit diesem administrative powers verliehen sind, also Befugnisse zum Schutz und zur Mehrung des trust property (Lewin (-Tucker/Le Poidevin/Brightwell), Trusts19, Rn. 29-009). So umfasst die Verwaltungsbefugnis z. B. die Inbesitznahme von Nachlassgegenstände und Verfügungen über Nachlassgegenstände (§ 2205 S. 2 BGB), die Eingehung von Verbindlichkeiten für den Nachlass (§ 2206 Abs. 1 BGB), die Prozessführung für und gegen den Nachlass aufgrund gesetzlicher Pro-
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Dauerverwaltungsvollstreckung (§ 2209 S. 1 Hs. 2 BGB) und ggf. noch mit kompetenzerweiternden Anordnungen des Erblassers kombiniert,783 verkürzt sich die zessstandschaft (§ 2212 BGB) und die Vermögensanlage (Zusammenstellung der einzelnen Verwaltungsbefugnisse bei BeckOGK BGB (-Grotheer), Stand: 1.5.2018, § 2205 Rn. 12–27). Insbesondere bei der Vermögensanlage wird dem Testamentsvollstrecker ein vergleichbar weites Ermessen zugestanden wie einem trustee, dem vorbehaltlich abweichender Bestimmungen des settlor die umfassende general power of investment gem. sec. 6 TA 2000 zusteht (siehe hierzu Lewin (-Tucker/Le Poidevin/Brightwell), Trusts19, Rn. 35-002–35-005): Im Unterschied zum Vorerben ist der Testamentsvollstrecker nach h. A. selbst bei zugleich angeordneter Vor- und Nacherbschaft nicht auf eine mündelsichere Anlage von Geld entsprechend § 2119 BGB beschränkt; auch spekulative Anlageentscheidungen im Wertpapierbereich sind, soweit das Risiko objektiv vertretbar ist, zulässig und sogar geboten (näher Staudinger (-Reimann), BGB (2016), § 2216 Rn. 23–25; BeckOGK BGB (-Suttmann), Stand: 1.5.2018, § 2216 Rn. 16). Anders liegt es hinsichtlich sog. dispositive powers, d. h. Befugnisse zur Auswahl der beneficiaries aus einer Reihe von objects und zur Verteilung des trust property unter den beneficiaries (siehe hierzu Lewin (-Tucker/Le Poidevin/ Brightwell), Trusts19, Rn. 29-009-012): Dass dem Testamentsvollstrecker nicht kraft Gesetzes die dem Erblasser vorbehaltene Auswahl der Erben und Vermächtnisnehmer sowie die Zuweisung von Nachlassgegenständen zusteht, versteht sich mit Rücksicht auf § 2065 Abs. 2 BGB von selbst; der Erblasser kann einem Dritten kein Ermessen hinsichtlich der Bestimmung des Zuwendungsempfängers einräumen, möglich ist es nur, einem benannten Dritten die Identifizierung des Erblasserwillens zu überlassen, ohne dass diesem eine eigene Sachentscheidungsbefugnis verliehen ist (vgl. Palandt (-Weidlich), BGB78 , § 2065 Rn. 8–10 m. w. N.). Eine Parallele zwischen trust und Testamentsvollstreckung zeigt sich auch in den Grenzen der Verfügungsbefugnis: So erstreckt sich die gesetzliche Verpflichtungs- und Verfügungsbefugnis des Testamentsvollstreckers grundsätzlich nicht auf unentgeltliche Verfügungen (§§ 2205 S. 3, 2207 S. 2 BGB), wohingegen der trustee zwar unentgeltlich über das ihm zustehende Recht verfügen kann, hierdurch aber generell kein trust-freier Erwerb bewirkt wird; es greift weder overreaching in Bezug auf trust-befangene estates in land ein (vgl. secs. 2(1)(ii)(2), 205(1)(xxi) LPA 1925) noch kann sich der Erwerber auf die sog. bona fide purchaser defence in Bezug auf sonstige trust-befangene Sachen berufen. 783 Der ohnehin hohe Wirkungskreis des zur Abwicklungs- und Dauervollstreckung gem. § 2209 S. 1 Hs. 2 BGB berufenen Testamentsvollstreckers kann vom Erblasser nur noch in engen Grenzen erweitert werden (MünchKomm (-W. Zimmermann), BGB X7, § 2204 Rn. 14–15; Palandt (-Weidlich), BGB78 , § 2208 Rn. 9): Dass diesem Testamentsvollstrecker die erweiterte Verpflichtungsbefugnis nach § 2207 BGB zusteht, wird vom Gesetz ohnehin vermutet (§ 2209 S. 2 BGB). Haftungsfreistellungen sind nur in den durch § 2220 BGB gezogenen Grenzen zulässig. Wie gezeigt, kann der Erblasser hingegen zwar nicht in der gleichen Weise wie ein settlor sog. dispositive powers übertragen, z. B. einem Testamentsvollstrecker (oder sonstigen Dritten) die Auswahl der Erben und die Zuwendung von Nachlassgegenständen überlassen (vgl. § 2065 Abs. 2 BGB). Insbesondere vermag der Erblasser nicht eine der power of appointment vergleichbare Gestaltungsbefugnis zu erteilen. Während der trustee kraft gesetzlicher (sec. 32 TA 1925) oder rechtsgeschäftlich erteilter power of advancement einem erst künftig oder aufschiebend bedingt berechtigten beneficiary eine gegenwärtige Rechtsposition unter dem trust zuwenden, mithin nicht nur Person und Umfang, sondern auch den Zeitpunkt des Anfalls des vom settlor begründeten Rechts bestimmen kann (zum Begriff der powers of advancement Lewin (-Tucker/Le Poidevin/Brightwell), Trusts19, Rn. 32-001–32-003), vermag der Erblasser einem Testamentsvollstrecker oder anderen Personen insbesondere nicht die Festlegung des Zeitpunkts des Nacherbfalls zu überantworten (Palandt (-Weidlich), BGB78 , § 2065 Rn. 1, § 2222 Rn. 1). Allerdings kann die Zuweisung der Nachlassgegenstände auch dem Testamentsvollstrecker dergestalt übertragen werden, dass dieser eine Teilungsanordnung nach billigem Ermessen gem. § 2048 S. 2 BGB zu treffen hat (vgl. BeckOGK BGB (-Rißmann/Szalai), Stand: 1.6.2019, § 2048 Rn. 20; MünchKomm (-Ann), BGB X7, § 2048 Rn. 19). Die Teilungsanordnung des Testamentsvollstreckers entfaltet zwar ebenso wie der vom Testamentsvollstrecker aufzustellende Teilungsplan schuldrechtliche Wirkung (MünchKomm (-W. Zimmermann), BGB X7, § 2204 Rn. 4; Palandt (-Weidlich), BGB78 , § 2204 Rn. 4), je-
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Rechtsstellung der Erben erheblich.784 Freilich richten sich Art, Umfang und Gegenstand der Testamentsvollstreckung nach dem Willen des Erblassers (vgl. § 2208 Abs. 1 BGB).785 Abweichend von §§ 2203–2206 BGB lässt sich der Wirkungskreis des Testamentsvollstreckers praktisch beliebig in zeitlicher und gegenständlicher Hinsicht auf das jeweils gewünschte Maß regulieren.786 Für eine Hayim v. Citibank N. A. vergleichbare Fallgestaltung ergibt sich Folgendes: Wird eine (Dauer-)Verwaltungsvollstreckung einzelner Nachlassgegenstände durch Nebenvollstrecker mit jeweils unterschiedlichen Aufgaben- und Wirkungskreisen (vgl. §§ 2208 Abs. 1 S. 2, 2224 Abs. 1 S. 3 BGB) bestimmt787 und dem für die Verwaltung eines Nachlassteils benannten Nebenvollstrecker eine Verdoch vermag der Testamentsvollstrecker die von ihm nach § 2048 S. 2 BGB angeordnete Teilung vermittels seiner Verfügungsbefugnis unter Mitwirkung der Erben als Verfügungsempfänger auch zu vollziehen (§ 2204 Abs. 1 BGB). Die Kombination der Anordnungen nach §§ 2048 S. 2, 2203 BGB steht mithin einer auf die Verteilung des trust property unter den beneficiaries gerichteten dispositive power eines trustee im praktischen Ergebnis gleich. Dem Testamentsvollstrecker kann zudem – abweichend von dem in § 2065 Abs. 2 BGB verankerten Prinzip der höchstpersönlichen Bestimmung – die Auswahl des Vermächtnisnehmers (§ 2151 Abs. 1 BGB), die Auswahl und Bestimmung des Vermächtnisgegenstandes bei Wahl- Gattungs- oder Zweckvermächtnissen (§ 2154 Abs. 1, 2155 Abs. 1, 2156 BGB) sowie die Aufteilung des Vermächtnisgegenstandes unter den Vermächtnisnehmern (§ 2153 Abs. 1 BGB) überantwortet werden. Insoweit steht dem Bestimmungsberechtigten ausnahmsweise eine einer dispositive power eines trustee oder eines donee unter einem discretionary trust vergleichbare Sachentscheidungsbefugnis zu. 784 Für den allein durch § 2110 BGB zwingend begrenzten Zeitraum der Verwaltungsvollstreckung sind den Erben Verfügungen über die der Testamentsvollstreckung unterliegenden Nachlassgegenstände und den gesamten Nachlass versperrt (§ 2211 Abs. 1 BGB); der Nachlass bildet ein dem Zugriff der persönlichen Gläubiger des Erben entzogenes Sondervermögen (§ 2214 BGB). Die Verwaltung des Nachlasses obliegt insoweit ausschließlich dem Testamentsvollstrecker, der weder an Weisungen des Erben gebunden ist noch diesen ungefragt über beabsichtigte Verwaltungsmaßregeln unterrichten muss (vgl. BGH, Urteil v. 9.10.1957 – IV ZR 217/57, NJW 1957, S. 1916; OLG Köln, Beschluss v. 2.3.2017 – 16 U 151/16, BeckRS 2017, 106337 Rn. 6; MünchKomm (-W. Zimmermann), BGB X7, § 2203 Rn. 14; Palandt (-Weidlich), BGB78 , § 2203 Rn. 1). Letztlich bleibt nur der Anspruch auf jährliche Rechnungslegung, § 2218 Abs. 2 BGB. Aus seinem Amt kann der Erbe den Testamentsvollstrecker selbst bei gravierenden Pflichtverletzungen nicht selbst entsetzen; in Betracht kommt nur eine Entlassung durch das Nachlassgericht auf Antrag des Erben (§ 2227 BGB). All dies belegt die Unabhängigkeit des Testamentsvollstreckers; er ist nicht Vertreter des Erben, sondern Treuhänder und Partei kraft Amtes. 785 Schulze et al. (-Hoeren), BGB10 , § 2208 Rn. 1. 786 Vgl. Nieder/Kössinger (-R. Kössinger), Handbuch der Testamentsgestaltung5, § 15 Rn. 18. 787 Die in § 2224 Abs. 1 S. 1 BGB bestimmte gemeinschaftliche Amtsführung bei Einsetzung mehrer Testamentsvollstrecker gilt, wie § 2224 Abs. 1 S. 3 BGB klarstellt, nur subsidiär, soweit der Erblasser nichts anderes bestimmt. Möglich ist auch, den Testamentsvollstreckern jeweils unterschiedliche Aufgabenkreise hinsichtlich des gesamten Nachlasses oder einzelner Nachlassgegenstände zu übertragen; vgl. BeckOGK BGB (-Tolksdorf ), Stand: 1.6.2019, § 2224 Rn. 6–7, der zwecks effizienter Nachlassabwicklung eine klare Trennung der Aufgabenkreise durch entsprechende Anordnungen gem. § 2224 Abs. 1 S. 3 BGB nachdrücklich empfiehlt; siehe auch Staudinger (-Reimann), BGB (2016), § 2224 Rn. 7. Dem Erblasser steht es somit frei, jedem Testamentsvollstrecker nur die Verwaltung in Bezug auf jeweils unterschiedliche Nachlassgegenstände umfassend zuzuweisen (vgl. § 2208 Abs. 1 S. 2 BGB) oder aber die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis hinsichtlich der von der jeweiligen Testamentsvollstreckung erfassten Nachlassgegenstände wiederum mittels konkretisierender Vorgaben in bindender Weise gem. § 2216 Abs. 2 zu bestimmen.
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kaufsverpflichtung hinsichtlich einzelner Nachlassgrundstücke auferlegt, liegt ein dem trust for sale funktionell gleichartiges Gestaltungsergebnis vor. Mit der Zuweisung jeweils getrennter Aufgabenkreise können Anordnungen zur wechselseitigen Kontrolle der Testamentsvollstrecker verbunden werden.788 Der Testierfreiheit sind insoweit keine Grenzen gezogen: So steht es dem Erblasser frei, ob er einem Testamentsvollstrecker Ermessen hinsichtlich der Ausübung der Verpflichtungs- und Verfügungsbefugnis einräumt oder aber die Ausführung des avisierten Verkaufs und die Erlösverteilung durch zeitliche, modale und inhaltliche Vorgaben mit dinglicher Wirkung gem. §§ 2216 Abs. 2 S. 1, 2208 Abs. 1 S. 1 BGB konkretisiert und zudem der Kontrolle durch Nebenvollstrecker unterwirft.789 Als sog. Partei kraft Amtes ist der Testamentsvollstrecker beim Vollzug der Anordnungen und Verfügungen des Erblassers gegenüber den Erben – ungeachtet des gesetzlichen Schuldverhältnisses – nicht weisungsgebunden;790 weder führt der Testamentsvollstrecker Geschäfte der Erben noch ist er der Vertreter derselben.791 Unterliegt der Testamentsvollstrecker aber allenfalls einer ungeschriebenen vorherigen Pflicht zur Anzeige des Verkaufs oder sonstiger Amtsgeschäfte sowie der Auskunfts- und Rechnungslegungspflicht aus § 666 i. V. m. § 2218 Abs. 1 BGB,792 scheidet – soweit der Testamentsvollstrecker bindende Anordnungen des Erblassers (§ 2216 Abs. 2 S. 1 BGB) hinsichtlich des avisierten Verkaufs beachtet793 – ein Schadensersatzanspruch der Erben aus § 2219 BGB wegen einer dem wirklichen oder mutmaß788
Vgl. auch BeckOGK BGB (-Tolksdorf ), Stand: 1.6.2019, § 2224 Rn. 6–7. mit der Anordnung, einen bestimmten Mindestverkaufspreis zu erzielen (Bengel/ Reimann (-Schaub), Handbuch der Testamentsvollstreckung6 , § 4 Rn. 60; BeckOGK BGB (-Suttmann), Stand: 1.5.2018, § 2216 Rn. 35; Staudinger (-Reimann), BGB (2016), § 2216 Rn. 34). Soweit die Verfügungsbefugnis des Testamentsvollstreckers vom Erblasser beschränkt wird, führt dies zwar einerseits nicht etwa dazu, dass insoweit die nach § 2111 Abs. 1 BGB gesperrte Verfügungsmacht der Erben wiederauflebt; andererseits bedeutet dies nicht, dass der Erblasser den Nachlass für die Dauer der Testamentsvollstreckung extra commercium stellen könnte; nicht von der beschränkten Verfügungsbefugnis gedeckte Rechtsgeschäfte des Testamentsvollstreckers sind mit Zustimmung aller Erben wirksam (BGH, Beschluss v. 18.6.1971 – V ZB 4/71, NJW 1971, S. 1805; Bengel/Reimann (-Pauli), Handbuch der Testamentsvollstreckung6 , § 4 Rn. 159). 790 BGH, Urteil v. 9.10.1957 – IV ZR 217/57, NJW 1957, S. 1916; OLG Köln, Beschluss v. 2.3.2017 – 16 U 151/16, BeckRS 2017, 106337 Rn. 6; MünchKomm (-W. Zimmermann), BGB X7, § 2203 Rn. 14; Staudinger (-Reimann), BGB (2016), § 2218 Rn. 2. Demgemäß ist § 665 BGB von der Legalverweisung in § 2218 Abs. 1 BGB nicht erfasst. 791 Siehe nur Palandt (-Weidlich), BGB78 , § 2218 Rn. 1; Staudinger (-Reimann), BGB (2016), § 2218 Rn. 2. 792 Über die gesetzliche Auskunftspflicht hinaus (§§ 2218 Abs. 1, 666 BGB) kann sich bei bedeutenden Anlageentscheidungen wie dem Verkauf eines Nachlassgrundstücks aus den besonderen Umständen des Einzelfalls eine Pflicht zur ungefragten Anzeige der bevorstehenden Maßnahme ergeben, vgl. RG, Urteil v. 20.10.1930 – VI 763/29, RGZ 130, S. 131 139 (in Bezug auf ein Unterpreisgeschäft über ein Grundstück); vertiefend Bengel/Reimann (-Pauli), Handbuch der Testamentsvollstreckung6 , § 6 Rn. 63–72; MünchKomm (-W. Zimmermann), BGB X7, § 2218 Rn. 10. 793 Besondere Anweisungen des Erblassers i. S. d. § 2216 Abs. 2 S. 1 BGB entfalten – im Gegensatz zu Beschränkungen der gesetzlichen Verwaltungs- und Verfügungsmacht des Testamentsvollstreckers gem. § 2208 Abs. 1 BGB – zwar schuldrechtliche Wirkung. Abgesehen von 789 Z. B.
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Teil II: Innerartliche Belastungskompatibilitäten
lichen Willen der Erben widersprechenden Verkaufsentscheidung schon mangels Pflichtverletzung aus. Soweit der Erblasser nichts anderes bestimmt, sind Weisungen der Erben für den in seiner Amtsführung unabhängigen Testamentsvollstrecker unverbindlich; die ordnungsgemäße Verwaltung, insbesondere Verfügungen über einzelne Nachlassgegenstände im Rahmen der Abwicklungs- oder Dauervollstreckung, müssen sich primär am Willen des Erblassers ausrichten. Ist das Testament – wie z. B. in der Fallgestaltung in Hayim – gem. §§ 133, 2084 BGB dahin auszulegen, dass Interessen Dritter bei der Ausübung der Verkaufsbefugnis zu beachten sind, ist der Testamentsvollstrecker dazu verpflichtet.794 Deshalb ist es in einer solchen Fallgestaltung nicht zu beanstanden, sondern geradezu geboten, vom Verkauf eines von den betroffenen Dritten bewohnten Grundstücks einstweilen Abstand zu nehmen, selbst wenn dies infolge potentiell sinkender Grundstückspreise mit Vermögensverlusten für den Nachlass verbunden sein sollte. Diesbezüglich unterscheidet sich die Rechtsstellung des Testamentsvollstreckers grundlegend von der eines trustee, der bei der Ausübung der ihm verliehenen administrative powers die Interessen der beneficiaries zu wahren hat, soweit nichts anderes bestimmt ist.795 Ein Haftungsausschluss seitens des Erblassers796 ist deshalb in einer solchen Fallgestaltung nicht (nur) überflüssig, sondern wirkungslos, weil der Erblasser den Testamentsvollstrecker gar nicht von der Schadensersatzpflicht wegen ordnungswidriger Verwaltung freistellen kann (§ 2220 BGB).797 Auch ohne eine sub-trust-vergleichbare mehrstufig strukturierte treuhänderische Verwaltung fällt das Ergebnis nicht anders aus als die Entscheidung des Privy Council in Hayim. Scheidet ein Schadensersatzanspruch der Erben gegen den für Verfügungen über den betreffenden Nachlassgegenstand zuständigen Nebenvollstrecker mangels Pflichtverletzung aus, unterliegen die anderen Testamentsvollstrecker keiner Haftung, zumal mehrere Testamentsvollstrecker gesamtschuldnerisch (§ 421 BGB) nur haften, soweit sich ihre Aufgabenkreise überschneiden.798 Die Lösung der Fallgestaltung in Hayim der Außerkraftsetzung durch das Gericht nach § 2216 Abs. 2 S. 2 BGB kann der Erbe den Testamentsvollstrecker selbst von diesen (seinem Schutz dienenden) Anordnungen befreien (vgl. BeckOGK BGB (-Suttmann), Stand: 1.5.2018, § 2216 Rn. 8; Palandt (-Weidlich), BGB78 , § 2216 Rn. 4). 794 In Hayim v. Citibank N. A. [1987] A. C. 730 (P. C.) kam es dem settlor ausweislich clause 10 des „American will“ offenbar darauf an, dass seine Geschwister das streitgegenständliche Hausgrundstück bis zu ihrem Tod nutzen konnten, ohne dass die Kinder als Erben dies verhindern durften. 795 Vgl. Lewin (-Tucker/L e Poidevin/Brightwell), Trusts19, Rn. 29-014. 796 Siehe die Testamentsgestaltung in Hayim v. Citibank N. A. [1987] A. C. 730 (P. C.): „clause 10“ des „American will“. 797 Burandt/Rojahn, Erbrecht 3, § 2220 Rn. 1; MünchKomm (-W. Zimmermann), BGB X7, § 2220 Rn. 2. 798 Im Übrigen nehmen Nebenvollstrecker die Erfüllung des jeweils zugewiesenen Aufgabenkreises in eigener Verantwortung wahr und haften für Pflichtverletzungen allein (MünchKomm (-W. Zimmermann), BGB X7, § 2219 Rn. 5); die gesamtschuldnerische Haftung gem. § 2219 Abs. 2 BGB gilt nur für den gesetzlichen Regelfall der gemeinschaftlichen Testamentsvollstreckung gem. § 2224 Abs. 1 S. 1 BGB.
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nach deutschem Recht indiziert, dass es angesichts der mit dem Institut der Testamentsvollstreckung eröffneten Gestaltungsmöglichkeiten nicht zusätzlich eines trust bedarf.799 Der Testamentsvollstrecker nimmt, je nach Ausgestaltung seines Aufgabenkreises und Kompetenzbereichs, eine zwischen trustee und personal representative schwankende Rechtsstellung ein, obschon ihm nicht die Rechtsinhaberschaft an dem der Vollstreckung unterworfenen Nachlass zugeordnet ist.800 Vor allem aber erhellt die experimentelle Lösung der Fallgestaltung in Hayim im deutschen Recht, dass eine sachgerechte Abgrenzung und Koordination der Wirkbereiche unterschiedlicher „Verwalter“ ohne die Konstruktion doppelter oder gar mehrstufiger trusts problemlos gelingt. c) Sub-trust-ähnliche Phänomene? Auch dem deutschen Erbrecht sind Stufungen treuhänderischer Rechtsverhältnisse in Bezug auf den gesamten Nachlass, einzelne Nachlassgegenstände, Erbteile oder Vermächtnisse nicht fremd. Exemplarisch sei auf die kombinierte Anordnung von Nacherbschaft (§ 2100 BGB) und Testamentsvollstreckung (§ 2197 BGB), die – ggf. wiederum mit Testamentsvollstreckung und (Nach-)Nacherbenvollstreckung gekoppelte – mehrfach gestaffelte Nacherbfolge und die Ausübung der einem verstorbenen Miterben verliehenen Kontrollrechte gegenüber einem Testamentsvollstrecker durch den Testamentsvollstrecker des verstorbenen Miterben verwiesen. In diesen und anderen Konstellationen greifen scheinbar mehrere Rechtsverhältnisse mit fiduziarischem Einschlag ineinander, die sich zu einer sub-trust-äquivalenten mediatisierten Zuordnung von Sachen oder Sachgesamtheiten für die (Nach-) Nacherben, (Nach-)Nachvermächtnisnehmer oder (Erbes-)Erbeserben verbinden. Bei näherer Betrachtung sind all diese Phänomene vom Institut des sub-trust an einer unter einem principal trust (bzw. settlement) entstandenen befristeten oder bedingten Rechtsposition in equity sowohl konstruktiv als auch sachlich-funktional scharf abzugrenzen.
799 Die Testamentsvollstreckung trägt den Gestaltungszielen und Regelungswünschen eines Erblassers in Fallkonstellationen wie Hayim umfassend Rechnung. Zwischen den Erben und den einzelnen Nebenvollstreckern mit jeweils „horizontal“ getrennten Aufgabenbereichen entstehen jeweils gesetzliche Schuldverhältnisse; für eine zusätzliche „Abschirmung“ des Nachlasses vom Zugriff der Erben oder eine erhöhte wechselseitige Kontrolle mehrerer Nebenvollstrecker mittels einer „vertikal“ strukturierten treuhänderischer Nachlassverwaltung besteht kein Bedarf. 800 Bezeichnend ist, dass das deutsche Institut des Testamentsvollstreckers – ebenso wie die Figur des trust (vgl. Holdsworth, (1923) 4 Tijdschrift voor Rechtsgeschiedenis 367, 368–370) – rechtshistorisch auf das germanische Salmannen-Institut zurückgeführt wird; dem römischen Recht war die Testamentsvollstreckung hingegen unbekannt (vgl. Schulze et al. (-Hoeren), BGB10, Vorbem. zu §§ 2197–2228 Rn. 8); im germanischen Recht übertrug der Erblasser – im Gegensatz zur Testamentsvollstreckung nach dem BGB – sein Vermögen auf einen Salmannen, damit dieser die Zuwendungen des Erblassers auf den Todesfall vollzog; näher Heusler, Institutionen des Deutschen Privatrechts I, § 49 IV (S. 215 ff.).
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aa) Testamentsvollstreckung für den Vorerben Auf den ersten Blick ähneln die Kombinationsvarianten von Testamentsvollstreckung und Nacherbschaft801 durchaus einer dem sub-trust äquivalenten doppelt mediatisierten Verwaltung derselben Vermögensentität. Das zeitliche Aufeinanderfolgen mehrerer vom Erblasser eingesetzter Erben hinsichtlich desselben Nachlasses durch ggf. mehrfach gestaffelte Vor- und Nacherbschaft ist strukturell dem settlement des englischen Rechts gleichartig.802 Wird ein Testamentsvollstrecker (nur) für den Vorerben eingesetzt, nimmt der Testamentsvollstrecker die dem trustee des principal trust vergleichbare treuhänderische Position im Verhältnis zum Vorerben ein, der im Verhältnis zum Nacherben eine einem sub-trustee ähnliche Treuhänderstellung innehat. Mit einer doppelstufigen Belastung des der fremdnützigen Verwaltung unterliegenden Rechts kann und muss das deutsche Erbrecht nicht operieren. Im Unterschied zum trustee verwaltet der für den Vorerben eingesetzte Testamentsvollstrecker fremde und nicht vermittels eines trust eigene Rechte, was angesichts des hohen Wirkungskreises, den das Gesetz dem Testamentsvollstrecker verleiht, über die praktische Konvergenz im Ergebnis aber nicht hinwegtäuscht.803 801 Zu den denkbaren Gestaltungsoptionen siehe BayObLG, Beschluss v. 29.3.1976 – 1 Z 9/76, NJW 1976, S. 1692 (Einsetzung von zwei Nacherben, von denen einer zugleich als Testamentsvollstrecker und Nacherbenvollstrecker eingesetzt ist, zulässig, wenn Testamentsvolstreckung durch Kollegium ausgeübt wird); OLG München, Beschluss v. 15.4.2016 – 34 Wx 158/15, ZEV 2016, S. 325, 326 Rn. 35; MünchKomm (-W. Zimmermann), BGB X7, § 2222 Rn. 1; Staudinger (-Reimann), BGB (2016), § 2205 Rn. 225. Es steht dem Erblasser frei, Testamentsvollstreckung ausschließlich für den Vorerben, ausschließlich für den Nacherben (ab Eintritt des Nacherbfalls) oder sowohl für den Vorerben als auch für den Nacherben anzuordnen. Davon zu unterscheiden ist die sog. Nacherbenvollstreckung gem. § 2222 BGB, die zusätzlich zu den dargestellten Varianten oder auch allein angeordnet werden kann; diese umfasst allein die Ausübung der Rechte und Pflichten des Nacherben im Verhältnis zum Vorerben bis zum Eintritt der Nacherbfolge. 802 Soll eine Sache oder eine Sachgesamtheit mehreren Personen in der Weise zugeordnet werden, dass sie diesen jeweils konsekutiv, d. h. für bestimmte Zeiträume, anfällt, bedarf es notwendigerweise eines trust; aufeinanderfolgende befristete oder bedingte Rechte – life interests und interests in remainder – erheischen nur in Equity, präziser „hinter dem Vorhang“ eines trust Wirkung. In Bezug auf land ergibt sich dies aus dem in sec. 1(1) LPA 1925 normierten Dualismus der legal estates in land – at law gibt es nur den fee simple estate und den term of years absolute (siehe nur Megarry and Wade (-Bridge/Cooke/Dixon), The Law of Real Property9, Rn. 4-031, 4-036). Für personal property gilt aber nichts anderes; das Common Law kennt nur ownership und possession, d. h. Eigentum und besitzgestützte Sachenrechte, namentlich pledge und chattel lease (siehe nur Bridge/Gullifer/Low/McNeel, The Law of Personal Property2, Rn. 14-001). Demgemäß erreicht das englische Recht ein der Nacherbfolge gleichartiges Ergebnis durch sog. settlements, unter denen für die designierten (Nach-)Erben. 803 Ob dem Treuhänder – wie unter einem trust – das fremdnützig zu haltende, durch eine drittschutzfähige, selbstständig verkehrsfähige Rechtsposition des Begünstigten beschränkte Recht zugeordnet wird oder der Begünstigte selbst das durch die nahezu unbeschränkte Verwaltungs- und Verfügungsmacht des Treuhänders beschränkte Recht – wie bei der Testamentsvollstreckung – erwirbt, macht keinen praktisch relevanten Unterschied. Den trust-ähnlichen ersten Ansatz verfolgt das deutsche Recht auch bei der Nacherbschaft. Der treuhänderisch gebundene Vorerbe erlangt selbst das fremdnützig zu haltende Recht, nämlich die dem Nacherben reservierte Erbschaft, wobei die überschießende Rechtszuständigkeit erheblich beschränkt ist, soweit nicht der Erblasser den Vorerben, soweit zulässig, von seinen treuhänderischen Bindungen befreit
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Die mit der Anordnung der Testamentsvollstreckung (nur) für den Vorerben verbundenen Wechselwirkungen zwischen den scharf zu unterscheidenden treuhänderischen Rechtsverhältnissen sind freilich nicht restlos geklärt; auch insoweit zeigen sich Parallelen zum noch nicht abschließend erschlossenen Institut des subtrust.804 Außer Frage steht, dass der Vorerbe als Gesamtrechtsnachfolger des Erblassers durch die kombinierte Anordnung von Testamentsvollstreckung und Nacherbschaft doppelt beschränkt ist: Zum einen vermag der Vorerbe nicht in den durch §§ 2113–2116 BGB gezogenen Grenzen über Nachlassgegenstände zu verfügen (§ 2211 Abs. 1 BGB).805 Zum anderen kann er nicht solchen Verfügungen des Testa(§ 2136 BGB). Die zwischen dem trust und dem Institut der Nacherbschaft bestehenden Parallelen, zumal in sachenrechtlicher Hinsicht, sind unverkennbar. Dies zeigt sich nicht bloß daran, dass der Nachlass ebenso wie trust property in insolvenz- und zwangsvollstreckungsrechtlicher Hinsicht vom Eigenvermögen des Vorerben separiert ist; auch die Treugeberposition ist in vergleichbarer Hinsicht nach der deutschen Treuhandlehre geschützt, bleibt aber hinter einem genuinen dinglichen Recht deutlich zurück. Über diese Schutzwirkungen geht die Nacherbschaft weit hinaus; insbesondere herrscht ein dem tracing in equity vergleichbarer Schutzstandard aufgrund des in § 2111 BGB verankerten Ersetzungsgrundsatzes. Der Vorerbe kann, soweit nicht die gesetzlichen Verfügungsbeschränkungen greifen, zwar über den Nachlass zulasten des Nacherben verfügen, doch setzt sich der Nachlass – vergleichbar einem schwankenden trust property – gerade an den durch Rechtsgeschäft mit Mitteln der Erbschaft erworbenen Sachen (§ 2111 Abs. 1 S. 1 Var. 3 BGB) einschließlich der rechtsgeschäftlichen Surrogate fort. Deshalb darf es auch nicht überraschen, dass dem Nacherben im Wege der Rechtsfortbildung – auf dem Boden der Anwartschaftsdoktrin – ein gegenwärtiges Verfügungsobjekt zugeschrieben wird (RG, Urteil v. 16.12.1920 – IV 62/20, RGZ 101, S. 185, 187–188; BGH, Urteil v. 9.6.1983 – IX ZR 41/82, NJW 1983, S. 2244, 2245–2246; MünchKomm (-Grunsky), BGB X7, § 2100 Rn. 34; Schulze et al. (-Staudinger), BGB15, § 2100 Rn. 15), das mit dem equitable interest des beneficiary korrespondiert. Zwar entstehen unter einem trust zwischen mehreren konsekutiv berechtigten Personen keine fiduziarischen Rechtsverhältnisse, ist doch die treuhänderische Funktion den trustees im Verhältnis zu allen aufeinander folgenden Personen zugewiesen; der aktuell berechtigte beneficiary ist nicht – wie ein Vorerbe – den künftig berechtigten beneficiaries treuhänderisch verpflichtet. Anders lag es freilich bei den klassischen settlements, wurde doch dem aus dem settlement aktuell begünstigten tenant for life ein trustee-ähnliches Pflichtenprogramm im Verhältnis zu den nachfolgend berechtigten Personen auferlegt (siehe hierzu Fn. 285). Mit dem SLA 1925 beseitigte der Gesetzgeber zwar die durch den SLA 1882 introduzierte Trennung von Rechtsinhaberschaft und Verfügungsmacht – dem tenant for life standen die praktisch wichtigen Veräußerungs- und Belastungsbefugnisse über den (den trustees zugeordneten) legal estate kraft Gesetzes zu –, indem dem tenant for life unmittelbar der legal estate zugeordnet und zugleich das trustee-ähnliche Pflichtenprogramm gegenüber nachfolgenden beneficiaries aufrechterhalten wurde. Dass mit der Doppelstellung eines fiduziarisch gebundenen beneficiary und zugleich eigennützig berechtigten estate-owner Interessenkollisionen bei der Ausübung der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnisse drohten, liegt auf der Hand; die klassische Konzeption des settlement wurde in der Folge auch durch den TLATA 1996 abgeschafft. Entsprechendes gilt natürlich bei Anordnung der Nacherbschaft, wobei Interessenkollisionen dadurch Rechnung getragen werden kann, dass für den Vorerben ein Testamentsvollstrecker – ggf. der Nacherbe (!) – eingesetzt wird; statt mediatisierter Rechtszuweisung durch personal representatives oder trustees kann sich das deutsche Recht hier nur der Testamentsvollstreckung bedienen. 804 Vgl. MünchKomm (-W. Zimmermann), BGB X7, § 2222 Rn. 9–10; Soergel (-Damrau), BGB XXII13, § 2205 Rn. 13. 805 Der Vorerbe vermag ohne Zustimmung des Testamentsvollstreckers allenfalls unter der Rechtsbedingung des Wegfalls der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis des Testamentsvollstreckers über Nachlassgegenstände zu verfügen (MünchKomm (-W. Zimmermann), BGB X7,
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mentsvollstreckers zur Wirksamkeit verhelfen, die die vom Erblasser bestimmten Schranken (§ 2208 Abs. 1 S. 1 BGB) überschreiten.806 Zugleich modifiziert sich die treuhänderische Pflichtenstellung des Vorerben im Verhältnis zum Nacherben, solange und soweit dem Vorerben die zur Erfüllung seiner Pflichten aus dem gesetzlichen Schuldverhältnis (§§ 2116–2138 BGB) erforderliche Verwaltungs- und Verfügungsmacht über den Nachlass wegen der Testamentsvollstreckung entzogen ist. Fraglich ist allerdings, wie sich dies im Einzelnen auf die gesetzlichen Schuldverhältnisse zwischen dem Testamentsvollstrecker und dem Vorerben einerseits und dem Vor- und dem Nacherben andererseits auswirkt. Mit dem Grundsatz der Relativität der Schuldverhältnisse ist es auf den ersten Blick kaum vereinbar, dem Nacherben „unmittelbar“ im Verhältnis zum Testamentsvollstrecker Ansprüche auf Erfüllung der dem Vorerben auferlegten Pflichten zu attestieren, zumal der Vorerbe kraft seiner Kontrollrechte gegenüber dem Testamentsvollstrecker das ihm auferlegte Pflichtenprogramm zumindest teilweise zu erfüllen vermag.807 Auch die ausschließlich für den Vorerben angeordnete Testamentsvollstreckung ändert nichts an der Rechtszuständigkeit des Vorerben. Dieser ist wie ein sub-trustee zugleich selbst begünstigter und fiduziarisch gebun§ 2211 Rn. 12); der Bedingungseintritt entfaltet freilich keine Rückwirkung (§ 159 BGB), die Bedingung begründet nach allgemeinen Regeln nur die Bindungswirkungen gem. §§ 160 Abs. 1, 161 Abs. 1 BGB. 806 Diesbezüglich bedürfte es einer Zustimmung aller Vor- und (Primär-)Nacherben, nicht jedoch der Zustimmung von Ersatz-Nacherben, vgl. BGH, Urteil v. 25.9.1963 – V ZR 130/61, NJW 1963, S. 2320, 2321; BGH, Beschluss v. 18.6.1971 – V ZB 4/71, NJW 1971, S. 1805, 1806. 807 Mehrheitlich wird z. B. vertreten, dass allein der Testamentsvollstrecker zur Errichtung des Nachlassverzeichnisses gegenüber dem Nacherben gem. § 2215 BGB verpflichtet sei; die gesetzliche Verpflichtung des Vorerben zur Erstellung des Nachlassverzeichnisses aus § 2121 BGB sei jedenfalls dann gänzlich ausgeschlossen, wenn der gesamte Nachlass dem Verwaltungs- und Verfügungsrecht des Testamentsvollstreckers unterliege (BeckOGK BGB (-Theilig), Stand: 1.5.2019, § 2121 Rn. 8; Erman (-M. Schmidt), BGB II15, § 2121 Rn. 2; MünchKomm (-Grunsky), BGB X7, § 2121 Rn. 2). Der Grundsatz der Relativität der fiduziarischen Schuldverhältnisse wird dabei missachtet. Zum einen ist der Testamentsvollstrecker nicht Vorerbe, zum anderen kann der Nacherbe allenfalls bei extensiver Auslegung als „Erbe“ i. S. d. §§ 2215–2221 BGB eingeordnet werden, was aber erforderlich wäre, damit er zumindest die Kontrollrechte gegenüber dem Testamentsvollstrecker reklamieren könnte. Solange der Nacherbfall aber nicht eingetreten ist, ist der Nacherbe noch nicht Erbe (arg. e § 2139 BGB), sondern Inhaber eines auf den Anfall der Erbschaft zielenden Anwartschaftsrechts (siehe nur BGH, Urteil v. 9.6.1983 – IX ZR 41/82, NJW 1983, S. 2244, 2245–2246; BGH, Urteil v. 9.11.1994 – IV ZR 319/93, NJW 1995, S. 456). Sobald der Nacherbfall eintritt, endet das Amt des nur für die Vorerbschaft bestellten Testamentsvollstreckers. Außerdem vermag der Vorerbe unproblematisch seiner Inventarerrichtungspflicht gem. § 2121 BGB nachzukommen, indem er den nötigenfalls den Anspruch aus § 2215 BGB gegenüber dem Testamentsvollstrecker durchsetzt und/oder an den Nacherben abtritt. Soll der Vorerbe von bestimmten Pflichten gegenüber dem Nacherben freigestellt werden, ist es Sache des Erblassers, dies anzuordnen (vgl. § 2136 BGB); ob und in welchem Ausmaß bei kombinierter Testamentsvollstreckung und Nacherbfolge eine Befreiung des Vorerben intendiert ist, muss ggf. durch Auslegung ermittelt werden. Ein gesetzliches Schuldverhältnis zwischen dem Testamentsvollstrecker und dem Nacherben entsteht nach alldem richtigerweise nur, wenn sich entweder die Testamentsvollstreckung sowohl auf Vor- als auch auf Nacherbschaft erstreckt oder lediglich Nacherbenvollstreckung (§ 2222 BGB) angeordnet ist; die Pflicht zur Erteilung des Zeugnisses entsteht dann aber auch erst mit Eintritt des Nacherbfalls.
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dener Intermediär zwischen dem zur Verwaltung des Nachlasses primär zuständigen Testamentsvollstrecker und dem letztlich begünstigten Nacherben; er verschwindet nicht „von der Bildfläche“ und wird deshalb durch die Anordnung der Testamentsvollstreckung nicht eo ipso von dem gesetzlichen Pflichtenprogramm entbunden. Soweit der Erblasser nichts anderes anordnet, verändert sich lediglich der Pflichtenkreis des Vorerben gegenüber dem Nacherben: der Vorerbe ist primär verpflichtet, auf eine ordnungsgemäße Amtsführung seitens des Testamentsvollstreckers zwecks Erhaltung der Substanz der Erbschaft hinzuwirken.808 Soweit inzwischen ganz überwiegend vertreten wird, dass die für den Vorerben geltenden Verfügungsbeschränkungen gem. §§ 2213–2215 BGB auf die Verfügungsmacht des Testamentsvollstreckers aus § 2205 S. 2 BGB ohne Rücksicht darauf, ob der Erblasser entsprechende Verfügungsbeschränkungen anordnet (§ 2208 Abs. 1 S. 1 BGB), durchschlagen,809 ist diese Ansicht nicht über jede Kritik erhaben.810 Auf das Argument, der Testamentsvollstrecker könne die in §§ 2113 Abs. 1, 2114 BGB genannten Verfügungen ohne Zustimmung des Nacherben nur bei entsprechender Befreiung des Vorerben durchführen, weil der Testamentsvollstrecker nicht mehr Rechte haben könne als der Vorerbe,811 lässt sich replizieren, dass der Testamentsvollstrecker seine Befugnisse nicht von dem Vorerben, sondern aus einem Amt ableitet, das ihm der Erblasser eingeräumt hat.812 Die Grenzen der Verfügungsbefugnis ergeben sich vorrangig aus Anordnungen des Erblassers gem. § 2208 Abs. 1 S. 1 BGB und subsidiär aus § 2205 S. 3 BGB; für eine entsprechende 808 Soweit der Erblasser den Vorerben von seinen Pflichten entbindet, ist durch Auslegung zu ermitteln, ob und in welchem Ausmaß die angeordnete Befreiung zugleich mit einer Beschränkung der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis des Testamentsvollstreckers einhergehen soll, um dem Vorerben sowohl im Verhältnis zum Testamentsvollstrecker als auch im Verhältnis zum Nacherben Verfügungsfreiheit zu eröffnen (Erman (-M. Schmidt), BGB II15, § 2222 Rn. 4; MünchKomm (-W. Zimmermann), BGB X7, § 2222 Rn. 10). 809 OLG München, Beschluss v. 15.4.2016 – 34 Wx 158/15, ZEV 2016, S. 325, 327 Rn. 39 mit zust. Anm. Reimann; BeckOK BGB (-Lange), Stand: 1.5.2019, § 2205 Rn. 4a; Palandt (-Weidlich), BGB78 , § 2205 Rn. 24; Staudinger (-Reimann), BGB (2016), § 2205 Rn. 226. Der BGH ließ die Frage im Urteil v. 8.4.2016 – V ZR 73/15, NJW 2016, S. 2035, 2037 Rn. 20 m. Anm. Wais = ZEV 2017, S. 155, 156 Rn. 20 m. Anm. Muscheler ausdrücklich dahinstehen; der Senat bejahte jedenfalls einen gutgläubigen Erwerb des vom Testamentsvollstrecker bestellten dinglichen Vorkaufsrechts gem. § 2366 i. V. m. 2368 S. 2 BGB, da eine etwaige Beschränkung der Verfügungsmacht des Testamentsvollstreckers weder im Grundbuch noch im Testamentsvollstreckerzeugnis gem. § 354 Abs. 2 FamFG eingetragen worden war. 810 Nach der Gegenansicht (Muscheler, ZEV 2017, S. 155, 157; Soergel (-Damrau), BGB XXII13, § 2205 Rn. 13) bewendet es bei § 2205 S. 2 BGB, es sei denn, es liegt eine konkludente Beschränkung der Verfügungsmacht gem. § 2208 Abs. 1 S. 1 BGB vor. 811 Palandt (-Weidlich), BGB78 , § 2205 Rn. 24; siehe auch Staudinger (-Reimann), BGB (2016), § 2205 Rn. 226. 812 Muscheler, ZEV 2017, S. 155, 157. Angesichts dessen kann es auch nicht darauf ankommen, ob der Testamentsvollstrecker selbst einer der Mitvorerben ist oder umgekehrt ein Vorerbe zugleich zu den Mitvollstreckern gehört (siehe aber Palandt (-Weidlich), BGB78 , § 2205 Rn. 24, wonach jedenfalls in diesen Konstellationen die §§ 2113 f. BGB „unstreitig“ anwendbar seien); rechtsdogmatisch ist nicht zu begründen, weshalb die für den Vorerben bestimmten Verfügungsbeschränkungen automatisch auf das hiervon unabhängige Amt als (Mit-)Vollstrecker durchschlagen, die Personenidentität kann jedenfalls nicht ausschlaggebend sein.
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Anwendung der §§ 2113 f. BGB ist deshalb schon mangels planwidriger Regelungslücke kein Raum.813 Aber auch unter teleologischen Gesichtspunkten verbietet sich eine Gesetzesanalogie. Mit dem Primat der Testierfreiheit ist es unvereinbar, eine ungeschriebene gesetzliche Verfügungsbeschränkung des Testamentsvollstreckers zu „erfinden“, die ohne Rücksicht auf den Willen des Erblassers ausnahmslos dann eingreifen soll, wenn sich die Anordnung der Testamentsvollstreckung auf die Vorerbschaft beschränkt. Fehlt es an einer ausdrücklich angeordneten Verfügungsbeschränkung i. S. d. § 2208 Abs. 1 S. 1 BGB, ist im Wege der Auslegung zu ermitteln, ob mit der auf die Vorerbschaft begrenzten Testamentsvollstreckung beabsichtigt ist, die Verfügungsmacht des Testamentsvollstreckers auf den Umfang der Verfügungsmacht des (befreiten) Vorerben zu reduzieren. Weder präjudiziert die auf die Vorerbschaft begrenzte Anordnung der Testamentsvollstreckung das Interpretationsergebnis noch macht sie die ggf. erforderliche Auslegung entbehrlich. Soweit vorgebracht wird, der Erblasser könne doch, wenn er Verfügungen über das zur Erbschaft zählende Immobiliarvermögen seitens des Testamentsvollstreckers ohne Zustimmung des Nacherben zulassen wollte, Nacherbenvollstreckung gem. § 2222 BGB anordnen,814 ist dieses Argument bestenfalls auf den ersten Blick stichhaltig. Zwar dürfte mit der Anordnung der Testamentsvollstreckung vielfach primär der Schutz des Vorerben bezweckt sein,815 ohne dass der Erblasser hierdurch die durch §§ 2113–2115 BGB bestimmten Verfügungsbeschränkungen zulasten des Nacherben auszuschalten beabsichtigt. Dem lässt sich aber im Wege der normativen Testamentsauslegung gem. §§ 133, 2084 BGB Rechnung tragen. Im Rahmen der Gesamtwürdigung ist die fehlende Anordnung der Nacherbenvollstreckung bloß ein Indiz für eine konkludente Verfügungsbeschränkung gem. § 2208 Abs. 1 S. 1 BGB. Allein dieses rechtfertigt es nicht, eine gewillkürte Verfügungsbeschränkung immer dann zu fingieren, wenn der Erblasser auf die Vorerbschaft begrenzte Testamentsvollstreckung anordnet. Das Gegenargument, der dem Nacherben eingeräumte Schutz könne nicht wegen der Anordnung der Testamentsvollstreckung hinfällig sein,816 setzt sich über den 813 Ähnlich Muscheler, ZEV 2017, S. 155, 157, der aus historischer Sicht argumentiert, dass die erste BGB-Kommission eine Erstreckung der für den Vorerben bestimmten Verfügungsbeschränkungen auf den Testamentsvollstrecker ausdrücklich abgelehnt habe. 814 OLG München, Beschluss v. 15.4.2016 – 34 Wx 158/15, ZEV 2016, S. 325, 327 Rn. 39; BeckOK BGB (-Lange), Stand: 1.5.2019, § 2205 Rn. 4a. Als Nacherbenvollstrecker soll sich der zugleich für den Vorerben eingesetzte Testamentsvollstrecker zwanglos selbst die angeblich erforderliche Zustimmung zu einer Verfügung der in §§ 2113, 2114 BGB genannten Art erteilen können. Auf die sich aufdrängende Frage, ob dann nicht auch der Rechtsgedanke des § 181 BGB analog heranzuziehen ist, der mit dem Testamentsvollstrecker des Vorerben identische Nacherbenvollstrecker mithin wegen einer typisierbaren Interessenkollision daran gehindert sein könnte, die Zustimmung zu erteilen, bleibt dabei allerdings unerörtert. 815 Vgl. OLG München, Beschluss v. 15.4.2016 – 34 Wx 158/15, ZEV 2016, S. 325, 327 Rn. 39; BeckOK BGB (-Lange), Stand: 1.5.2019, § 2205 Rn. 4a. Dies gilt vor allem dann, wenn ein nondum conceptus, ein nasciturus oder eine nicht unbeschränkt geschäftsfähige Person als Vorerbe eingesetzt wird. 816 So Palandt (-Weidlich), BGB78 , § 2205 Rn. 24.
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Vorrang der Auslegung hinweg und missachtet deshalb die Privatautonomie des Erblassers.817 Endlich dürfte sich der gewünschte Nacherbenschutz selbst bei unterstellter konkludenter Verfügungsbeschränkung des Testamentsvollstreckers kaum erhöhen, würde doch, soweit eine entsprechende Verfügungsbeschränkung nicht aus dem Testamentsvollstreckerzeugnis bzw. aus dem Grundbuch hervorgeht, zumindest ein gutgläubiger Erwerb Platz greifen.818 Sichtbar wird, wie sich die Wirkungskreise der zu unterscheidenden treuhänderischen Rechtsverhältnisse auf dem Boden der vorerwähnten dominierenden Ansicht ohne gesetzliche Grundlage verschleifen. Demnach soll der Testamentsvollstrecker – soweit seine Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis gem. § 2205 BGB die des Vorerben verdrängt – in eine vorerbenähnliche Rechtsposition einrücken, während der Vorerbe von seinem gesetzlichen Pflichtenprogramm teilweise befreit wird, obschon dieser seine Rechtszuständigkeit als Gesamtrechtsnachfolger nicht einbüßt. Im Ergebnis unterscheidet sich die für den Vorerben angeordnete Testamentsvollstreckung nicht von einem kraft letztwilliger Verfügung errichteten settlement zugunsten mehrerer aufeinander folgender Zuwendungsempfänger, bei der die Zuordnung des trust property „einstufig“ durch einen trustee mediatisiert ist.819 Mit einer sub-trust-gleichen zweifach vermittelten Zuordnung derselben Sachen bzw. derselben Sach- und Rechtsgesamtheit hat dies weder konstruktionsjuristisch noch aus funktionaler Perspektive etwas zu tun. So leitet der einem executor resp. trustee vergleichbare Testamentsvollstrecker, obschon in seiner gesetzlichen Verwaltungs- und Verfügungsmacht auf dem Umfang der hypothetischen Verfügungsbefugnis des Vorerben – die Testamentsvollstreckung hinweggedacht – beschränkt, einerseits nicht wie ein sub-trustee Rechte vom Vorerben (als principal trustee) ab und vermittelt andererseits nicht dem Vorerben (als sub-trustee) Rechte an der Erbschaft. Wie angerissen, ist vielmehr der Vorerbe einem tenant for life unter einem klassischen settlement vergleichbar, wobei er von seinem treuhänderischen Aufgabenkreis befreit ist, soweit die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis 817
Richtig m. E. Muscheler, ZEV 2017, S. 155, 157. der mit der entsprechenden Anwendung der §§ 2113, 2114 BGB beabsichtigte Nacherbenschutz letztlich durch den gutgläubigen Erwerb vom Testamentsvollstrecker gem. § 2368 S. 2 i. V. m. § 2366 BGB relativiert wird, zeigt BGH, Urteil v. 8.4.2016 – V ZR 73/15, NJW 2016, S. 2035 m. Anm. Wais = ZEV 2017, S. 155 m. Anm. Muscheler, konnte der Senat die Streitfrage wegen des jedenfalls möglichen gutgläubigen Erwerbs des vom Testamentsvollstrecker bestellten dinglichen Vorkaufsrechts dahinstehen lassen. Die Verfügungsbeschränkung des Testamentsvollstreckers müsste sich entweder aus dem Grundbuch oder aus dem Testamentsvollstreckerzeugnis (§ 354 Abs. 2 FamFG) ergeben, wobei allein die Eintragung, dass sich die Testamentsvollstreckung auf den Vorerben beschränke, kaum den guten Glauben zerstören dürfte; es bedürfte schon der ausdrücklichen Angabe, dass die Verfügungsmacht in dem in § 2113, 2114 BGB bestimmten Umfang beschränkt ist (zutreffend Muscheler, ZEV 2017, S. 155, 157). Überdies offenbart sich der Verfügungsschutz des Vorerben zuvörderst im Surrogationsprinzip; das Surrogationsprinzip gilt aber nach einhelliger Ansicht auch für Verfügungen des Testamentsvollstreckers (siehe nur BGH, Urteil v. 18.9.2002 – IV ZR 287/01, NJW 2002, S. 3773, 3774; Staudinger (-Reimann), BGB (2016), § 2205 Rn. 40). Insoweit ändert sich der Schutzstandard des Vorerben aufgrund der für den Vorerben bestimmten Testamentsvollstreckung mithin ohnehin nicht. 819 Zu den klassischen settlements näher § 4 III. 2. a) mit Fn. 285. 818 Dass
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des Testamentsvollstreckers reicht. Der Nacherbe steht nicht anders als ein kraft eines settlement künftig berechtigter beneficiary, vermag insbesondere wie dieser seine künftige Position als Erbe, sein Anwartschaftsrecht, zu veräußern und zu beleihen.820 Die für den Vorerben angeordnete Testamentsvollstreckung wirkt sich auf die Rechte und Pflichten des Nacherben vor Eintritt des Nacherbfalls nicht aus, die Testamentsvollstreckung bewirkt keine zusätzliche „Abschirmwirkung“ hinsichtlich des Nachlasses.821 820 BGH, Urteil v. 9.6.1983 – IX ZR 41/82, NJW 1983, S. 2244, 2245–2246; BGH, Urteil v. 9.11.1994 – IV ZR 319/93, NJW 1995, S. 456. 821 Vergleichbares gilt, wenn Vermächtnisvollstreckung gem. § 2223 BGB (ausschließlich) für die Erfüllung eines Nachvermächtnisses (§ 2191 BGB) angeordnet ist. Selbstverständlich begründet das den Vorvermächtnisnehmer beschwerende Nachvermächtnis – wie jedes (Unter-)Vermächtnis und das den Erben beschwerende (Vor-)Vermächtnis – lediglich einen schuldrechtlichen Anspruch des Nachvermächtnisnehmers gegen den Beschwerten gem. § 2174 BGB; bekanntlich ist dem deutschen Recht – im Gegensatz zum römischen, zum gemeinen und zum englischen Recht und zu mehreren kontinentaleuropäischen Rechtsordnungen – ein Vindikationslegat unbekannt (siehe nur MünchKomm (-Rudy), BGB X7, § 2174 Rn. 1; Schulze et al. (-Hoeren), BGB10, § 2174 Rn. 1). Von der mehrschichtigen Belastung subjektiver Rechte sowie von der sukzessiven Zuordnung derselben Erbschaft durch Vor- und Nacherbschaft ist das Nachvermächtnis als spezifische Variante eines Untervermächtnisses mithin rechtstechnisch klar geschieden. Der Untervermächtnisnehmer und damit auch der Nachvermächtnisnehmer ist somit einem sub-beneficiary prinzipiell nicht vergleichbar; über eine vergleichbare dinglich gesicherte Position am Vermächtnisgegenstand verfügt er nicht, insbesondere greift auch im Verhältnis zum Vorvermächtnisnehmer kein Verfügungsschutz nach Maßgabe der §§ 2113 ff. BGB ein. Allerdings bietet sich hier die Testamentsvollstreckung sowie – wenn es um die Zuwendung von Grundstücken oder Grundstücksrechten geht – eine Vormerkung zwecks Absicherung des Nachvermächtnisnehmers – über den bedingungsrechtlichen Schutz gem. §§ 160 Abs. 1, 162 Abs. 1 i. V. m. § 2179 BGB hinaus – an. Soll bei Anordnung eines Nachvermächtnisses die Verwaltungs- und Verfügungszuständigkeit des Erben und des Vorvermächtnisnehmers im Interesse des letztbegünstigten Nachvermächtnisnehmers begrenzt werden, kann für die Zeit zwischen dem Erbfall und dem Anfall des Nachvermächtnisses eine Dauervollstreckung hinsichtlich des Vermächtnisgegenstandes in Analogie zu § 2209 BGB (zur Zulässigkeit der Dauervollstreckung in dieser Variante BGH, Urteil v. 29.4.1954 – IV ZR 152/53, BGHZ 13, S. 203; Jauernig (-Stürner), BGB17, § 2223 Rn. 1, Palandt (-Weidlich), BGB78 , § 2223 Rn. 2) bestimmt werden, die ab Anfall des Nachvermächtnisses von einer erfüllungsbezogenen Abwicklungsvollstreckung abgelöst wird (vgl. Hartmann, ZEV 2007, S. 458, 459–461). Sobald das Vorvermächtnis erfüllt ist, bildet der Vermächtnisgegenstand kraft der Vermächtnisvollstreckung ein vom übrigen Vermögen des Vorvermächtnisnehmers separiertes Sondervermögen: Abweichend von § 137 S. 1 BGB ist dem Vorvermächtnisnehmer die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis bzgl. des Vermächtnisgegenstandes gem. §§ 2205, 2211 Abs. 1 BGB entzogen. Mittels kombinierter Dauer- und Abwicklungsvollstreckung wird der sukzessiv mehreren Personen vermachte Gegenstand in der Zeit vom Erbfall bis zur Erfüllung des Nachvermächtnisses mit dinglicher Wirkung für den Nachvermächtnisnehmer reserviert. Funktional erfüllt die Testamentsvollstreckung damit zwar – ähnlich einer Vormerkung – eine vereitelnde und beeinträchtigende Verfügungen sowie tatsächliche Zugriffe auf das Leistungssubstrat neutralisierende Wirkung. Allerdings korrespondiert mit dieser Sicherungswirkung nicht eine sachenrechtsäquivalente Position des Nachvermächtnisnehmers; die schuldrechtliche Qualität des Rechts des Nachvermächtnisnehmers zeigt sich darin, dass dieser auf Schadensersatzansprüche gegen den Testamentsvollstrecker aus § 2219 Abs. 1 BGB verwiesen wird, wenn der Verwaltungsvollstrecker seine Pflicht zur ordnungsgemäßen Verwaltung des Vermächtnisgegenstandes (§ 2216 BGB) verletzt, insbes. pflichtwidrig über den Vermächtnisgegenstand verfügt. Anspruchsberechtigt ist auch ein Unter- oder Nachvermächtnisnehmer im Fall des § 2223 BGB; vgl. BeckOK BGB
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bb) Nacherbenvollstreckung (§ 2222 BGB) Anders liegt es zwar, wenn Nacherbenvollstreckung gem. § 2222 BGB angeordnet wird. An einer selbstständigen Wahrnehmung seiner Kontrollbefugnisse gegenüber dem Vorerben ist der Nacherbe gehindert, weil die Erfüllung der Rechte und Pflichten des Nacherben dem Nacherbenvollstrecker übertragen ist, der dem Nacherben gem. § 2216 BGB zur ordnungsgemäßen Ausübung der Kontrollrechte verpflichtet ist.822 Wenngleich der Nacherbe – vergleichbar einem beneficiary unter einem testamentarischen sub-trust – darauf verwiesen ist, seine Kontrollrechte gegenüber dem Nacherbenvollstrecker geltend zu machen, ist die Nacherbenvollstreckung von einer doppelt oder mehrfach mediatisierten Zuordnung derselben Sachen bzw. derselben Sach- und Rechtsgesamtheit abzugrenzen: Selbst wenn man die Rechtsposition des Nacherben als eine der sachenrechtlichen Belastung vergleichbare Erscheinungsform eines an der dem Vorerben zugeordneten Erbschaft „klebenden“ begrenzten Rechts deuten wollte, ist die Erbschaft nicht Bezugspunkt der Nacherbenvollstreckung. Insbesondere erstreckt sich die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis des Nacherbenvollstreckers nicht auf das dem Nacherben zustehende Anwartschaftsrecht; die Verfügungsmacht des Nacherben über seine vorläufige Rechtsposition bleibt unberührt.823 cc) Mehrfach gestufte Nacherbfolge Auch die gestaffelte Nacherbfolge824 ähnelt nur auf den ersten Blick dem sachenrechtlichen Phänomen mehrstufiger Belastungen. Vordergründige Parallelen zei(-J. Mayer), Stand: 1.5.2019, § 2219 Rn. 3; MünchKomm (-W. Zimmermann), BGB X7, § 2219 Rn. 7; Palandt (-Weidlich), BGB78 , § 2219 Rn. 3. 822 BGH, Urteil v. 9.11.1994 – IV ZR 319/93, NJW 1995, S. 456; Burandt/ Rojahn (-Heckschen), Erbrecht 3, § 2222 Rn. 2. 823 Burandt/Rojahn (-Heckschen), Erbrecht 3, § 2222 Rn. 2. 824 Siehe dazu MünchKomm (-Grunsky), BGB X 7, § 2210 Rn. 17; Soergel (-Harder/Wegmann), BGB XXII13, Vor § 2100 Rn. 11. Innerhalb der für Wirksamkeit der Vor- und Nacherbschaft bestimmten zeitlichen Schranken (§ 2109 BGB) ist es dem Erblasser erlaubt, sein Vermögen über mehrere Generationen hinweg zu vererben und die Substanz desselben seiner Familie dauerhaft zur Verfügung zu halten. Der Erblasser vermag den Nachlass beliebig vielen Personen vermittels des Instituts der Vor- und Nacherbschaft zeitlich segmentiert in der Weise zu vererben, dass mit Eintritt des Nacherbfalls der Nacherbe im Verhältnis zu dem ihm jeweils folgenden (Nach-)Nacherben in die Rechtsposition des Vorerben einrückt und bei Eintritt des Nachnacherbfalls der Nachnacherbe wiederum die Erbschaft als Vorerbe mit den damit verbundenen Verfügungsbeschränkungen und fiduziarischen Pflichten im Verhältnis zu dem folgenden Nacherben erwirbt. Im Zusammenhang mit der generationenübergreifenden Vererbung sog. Traditionsvermögens, bestehend aus Grundbesitz, land- und forstwirtschaftlichen Flächen und Kulturgütern, ist dem erbrechtlichen Gestaltungsinstrument der mehrfach gestaffelten Nacherbfolge, ggf. ergänzt durch Dauervollstreckung gem. § 2209 BGB, heute noch nicht unerhebliche praktische Relevanz beschieden. Der potentiell unendlichen Aneinanderreihung von Vor- und Nacherben ist allein insofern eine Grenze gesetzt, als eine Nacherbfolge zwingend innerhalb von dreißig Jahren nach dem Erbfall erfolgen muss, wenn die als Nacherbe berufene natürliche Person zur Zeit des Erbfalls nicht lebt (vgl. § 2109 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BGB). Die gestaffelte Nacherbschaft unterscheidet sich im Kern von der einfachen Vor- und Nacherbschaft also nur darin, dass mehr als zwei Per-
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gen sich darin, dass die Rechtsposition des ersten Nacherben durch die Rechte der Nachnacherben zwangsläufig beschränkt ist. So stehen sowohl dem (ersten) Nacherben als auch allen Nachnacherben bereits mit Eintritt des Erbfalls jeweils Anwartschaftsrechte auf die Erbschaft zu,825 obschon das „Anwartschaftsrecht“ des Nacherben nur ein verfügungstechnisches Agglomerat der Rechte und Pflichten des Nacherben im Verhältnis zum Vorerben bildet826 und diese Rechtsstellung dem (ersten) Nachnacherben „an sich“ erst mit Eintritt der ersten Nacherbfolge und nicht schon im Zeitpunkt des Erbfalls anfällt.827 Mit dieser Vervielfältigung verkehrsfähiger subjektiver Rechte scheint eine dem Institut der gestuften Belastung vergleichbare mehrstufige Beschränkung der Rechtsposition des ersten Vorerben einherzugehen. So bedarf der nicht befreite Vorerbe für Verfügungen der in §§ 2113 f. BGB bezeichneten Art nach ganz h. A. der Zustimmung aller (Nach-) Nacherben,828 wobei nicht konsentierte Verfügungen erst mit Eintritt der jeweiligen Nachnacherbfolge im Verhältnis zum nicht zustimmenden Nachnacherben (absolut) unwirksam werden.829 Auch die Rechtsposition des Nacherben erscheint „belastet“, was sich z. B. darin offenbart, dass er nicht allein die erforderliche Zustimmung zu entsprechenden Verfügungen erteilen kann und sein Nacherbenrecht sonen sukzessiv derselbe Nachlass seitens desselben Erblassers vererbt wird. Scharf zu unterscheiden ist die gestaffelte Vor- und Nacherbschaft von der Einsetzung mehrerer Vorerben und/ oder mehreren Nacherben, die nicht etwa sukzessiv, sondern simultan für denselben Zeitraum bzw. unter derselben (aufschiebenden oder auflösenden) Bedingung zu Erben berufen sind. 825 BeckOGK BGB (-Küpper), Stand: 1.5.2019, § 2100 Rn. 58, 126; MünchKomm (-Grunsky), BGB X7, § 2100 Rn. 34. 826 Vgl. BGH, Urteil v. 9.6.1983 – IX ZR 41/82, NJW 1983, S. 2244, 2245–2246. 827 Dementsprechend ist fragwürdig, inwieweit der Nachnacherbe in der Schwebezeit zwischen Erbfall und Eintritt des ersten Nacherbfalls aus dem Legalschuldverhältnis zwischen Vorerbe und Nacherbe berechtigt und verpflichtet wird. Vielfach wird undifferenziert vertreten, dass mehrere (nebeneinander oder nacheinander berufene) Nacherben jeweils selbstständig die Ansprüche aus dem Schuldverhältnis mit dem (ersten) Vorerben geltend machen könnten, etwa den Anspruch auf Erteilung eines Verzeichnisses der Nachlassgegenstände sowie den Auskunftsanspruch aus § 2127 BGB (vgl. Erman (-M. Schmidt), BGB II15, § 2121 Rn. 1, § 2127 Rn. 2; Staudinger (-Avenarius), BGB (2013), § 2121 Rn. 3, § 2127 Rn. 11). Andere Autoren heben präzisierend darauf ab, dass dem Nachnacherben der Auskunftsanspruch gem. § 2127 BGB bzw. der Anspruch auf Erteilung eines Verzeichnisses der Erbschaftsgegenstände gegen den Nacherben zustehe, wenn und sobald der Nacherbfall eintrete, mit dem der Nacherbe im Verhältnis zum Nachnacherben die Rechtsposition des Vorerben erlange (BeckOGK BGB (-Deppenkemper), Stand: 1.6.2019, § 2127 Rn. 16; BeckOGK BGB (-Theilig), Stand: 1.5.2019, § 2121 Rn. 7; MünchKomm (-Grunsky), BGB X7, § 2121 Rn. 2). Dies lässt sich für alle Rechte und Pflichten aus dem Legalschuldverhältnis generalisieren. Erlangt der Nachnacherbe erst im zweiten Nacherbfall die Rechtsstellung des Nacherben und steht ihm zuvor lediglich ein Anwartschaftsrecht zu, ist es paradox, ihm bereits mit Eintritt des ersten Nacherbfalls antizipativ die Rechte eines Nacherben zuzuordnen, die an den Eintritt der für ihn bestimmten zweiten Nacherbfolge geknüpft sind. 828 OLG Zweibrücken, Beschluss v. 12.1.2011 − 3 W 195/10, NJW-RR 2011, S. 666; Jauernig (-Stürner), BGB17, § 2113 Rn. 3; MünchKomm (-Grunsky), BGB X7, § 2100 Rn. 1; Soergel (-Harder/Wegmann), BGB XXII13, Vor § 2100 Rn. 11. Demgemäß ist auch die Angabe weiterer Nacherben im Erbschein sowie die Eintragung derselben im Grundbuch erforderlich, vgl. MünchKomm (-Grunsky), BGB X7, § 2100 Rn. 17; Soergel (-Harder/Wegmann), BGB XXII13, Vor § 2100 Rn. 11. 829 Vgl. OLG München, Beschluss v. 7.8.2013 – 34 Wx 161/13, NJW-RR 2014, S. 8, 9.
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nach verbreiteter Ansicht entgegen § 2108 Abs. 2 S. 1 BGB regelmäßig unvererblich ist.830 Eine weitere Scheinparallele besteht bei den Rechtsfolgen der Konsolidation eines lastenden Sachenrechts höheren Grades mit dem belasteten Recht niedrigeren Grades und der Vereinigung von Vorerben- und Nacherbenrecht in einer Person: Zumindest im Ergebnis herrscht Einigkeit, dass die Rechtsposition der Nachnacherben nicht dadurch berührt wird, dass der Nacherbe sein Nacherbenrecht auf den Vorerben überträgt oder aus anderen Gründen die Rechtspositionen des Vor- und des Nacherben in einer Person zusammentreffen.831 Nichts anderes gilt bei der Vereinigung eines lastenden Sachenrechts höheren Grades mit dem belasteten Recht niedrigeren Grades belasteten Sachenrechts sowie bei jeder Vereinigung eines Sachenrechts niedrigeren Grades mit dem Eigentum resp. mit dem jeweiligen Grundrecht.832 Dessen ungeachtet korrespondiert die mehrfach gestaffelte Nacherbfolge nicht mit einer sachenrechtlichen Belastung und auch nicht mit der Rechtsfigur des sub-trust. Wird ein begrenztes Sachenrecht belastet oder ein sub-trust errichtet, existieren simultan zumindest drei Sachenrechte in Ansehung derselben Sache, wobei jeweils zwischen dem Inhaber des auf erster Ebene belasteten Rechts und dem Inhaber des lastenden Rechts sowie zwischen diesem und dem Inhaber des auf zweiter Ebene lastenden Rechts ein das jeweils konstituierte Recht unterlegendes (treuhänderisches) Schuldverhältnis besteht. Demgegenüber leiten sämtliche als Anwartschaftsrechte umschriebenen bedingten und befristeten Rechtspositionen der (Nach-)Nacherben ihre Existenz nicht vom jeweiligen Vorerben, sondern unmittelbar vom Erblasser ab.833 Die Rechtsposition des Nachnacherben ist – im Unterschied zu einem begrenzten Sachenrecht – nicht darauf angelegt, an den Rechten des Vorerben zu „partizipieren“. Vielmehr soll der Nacherbe den Vorerben als Erben ablösen, also vollumfänglich in die Rechte und Pflichten des Erblassers eintreten. Die fiduziarischen Rechtverhältnisse sind klar getrennt: Während der erste Nacherbe im Verhältnis zum Nachnacherben die Rechtsstellung des Vorerben mit dem damit verknüpften Pflichtenprogramm erst kraft Eintritt des ersten Nacherb830 So BGH, Urteil v. 8.7.1981 – IVa ZR 177/80, NJW 1981, S. 2743, 2745; Palandt (-Weidlich), BGB78 , § 2108 Rn. 3. Maßgeblich ist, wie das Urteil des BGH a. A. O. zeigt, der ggf. durch Auslegung zu ermittelnde Erblasserwille, wobei der Umstand, dass weitere Nacherben eingesetzt sind, die Vererblichkeit des Nacherbenrechts des (ersten) Nacherben zumindest kontraindiziert. Allerdings lässt sich dies nicht generalisieren, weshalb auch nicht allgemein angenommen werden kann, dass der weitere Nacherbe immer auch als Ersatznacherbe des ersten Nacherben eingesetzt sein soll (die Auslegungsregel des § 2102 Abs. 1 BGB gilt bei Einsetzung eines Nachnacherben entsprechend, so dass dieser im Zweifel auch Ersatznacherbe ist, siehe MünchKomm (-Grunsky), BGB X7, § 2102 Rn. 2; folgerichtig ist bei Zweifeln, ob eine Person als Nachnacherbe oder Ersatznacherbe berufen ist, gem. § 2102 Abs. 2 BGB von Ersatznacherbschaft auszugehen). 831 BGH, Beschluss v. 27.9.1995 – IV ZR 52/94, BeckRS 1995, 30932452; Muscheler, ZEV 2012, S. 289, 290. 832 Siehe § 3 II. 3. c) cc) (2) in Fn. 315. 833 Weder der erste Nacherbe noch der erste Vorerbe unterliegt mit Eintritt des Erbfalls einer einem sub-trustee vergleichbaren fiduziarischen Pflichtenposition im Verhältnis zu dem Nachnacherben (vgl. BGH, Urteil v. 4.7.1962 – V ZR 14/61, NJW 1962, S. 1910, 1912).
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falls erlangt, wird der erste Vorerbe nur im Verhältnis zum ersten Nacherben, nicht auch gegenüber den nachfolgenden Nachnacherben aus dem mit der Vorerbschaft verbundenen gesetzlichen Schuldverhältnis berechtigt und verpflichtet.834 Folglich rückt der Nachnacherbe in die Rechtsposition des Nacherben erst mit Eintritt des Nacherbfalls ein und erlangt die Erbschaft als Vollerbe allenfalls mit Eintritt des Nachnacherbfalls, soweit nicht eine weitere Nacherbschaft angeordnet ist. Mit Blick auf die Zielrichtung des Anwartschaftsrechts des ersten Nacherben – Erwerb der Erbschaft als Vor- und nicht als Vollerbe835 – versteht sich von selbst, dass der erste Nacherbe nicht ohne Zustimmung aller anderen Nachnacherben einer von dem nicht befreiten Vorerben getroffenen Verfügung der in §§ 2113, 2114 BGB bezeichneten Art nicht zur endgültigen Wirksamkeit verhelfen kann.836 Dass die Vereinigung von Vorerben- und Nacherbenposition das Anwartschaftsrecht des Nachnacherben nicht berührt, ist ebenso zutreffend wie selbstverständlich, ist aber nicht mit einer Ausnahme vom Prinzip der Konsolidation zu begründen. Leiten alle Nachnacherben ihre Rechte unmittelbar vom Erblasser ab, sind sie in ihrer Existenz – im Unterschied zu aufeinander aufbauenden Belastungen – voneinander unabhängig. Es besteht kein wechselseitiges Subordinationsverhältnis, sondern eine der Rangkonkurrenz mehrerer Rechte vergleichbare zeitlich bestimmte Reihenfolge zwischen den jeweiligen Rechten.837 Bei der gestaffelten Nacherbfolge handelt es sich einfach um ein dem traditionellen settlement des 834
Siehe Fn. 827.
835 Demgegenüber
ist das Anwartschaftsrecht des Nachnacherben dynamischer Natur: Bis zum Eintritt des Nacherbfalls ist es auf den Erwerb der Rechtsposition eines Nacherben gerichtet und verwandelt sich in diesem Zeitpunkt in ein auf den Erwerb der Rechtsposition als Voll- oder Vorerbe abzielendes Anwartschaftsrecht. 836 Weil alle Nachnacherben ihre Rechte unmittelbar vom Erblasser ableiten, greift bereits ab dem Erbfall Verfügungsschutz zugunsten der Nachnacherben ein; anderenfalls könnte „ihr“ jeweiliger Vorerbe, indem er die erforderliche Zustimmung zu Verfügungen des derzeitigen Vorerben erteilt, bereits vor Antritt der Vorerbschaft die erstrebte Erhaltung der Substanz des Nachlasses zunichtemachen. 837 Deshalb ist auch das von einer unzutreffenden Anknüpfung an die Rechtsfolgen der Konsolidation begrenzter Rechte mit dem jeweils belasteten Recht getragene obiter dictum des BGH im Beschluss v. 27.9.1995 – IV ZR 52/94, BeckRS 1995, 30932452, wonach „(…) das Anwartschaftsrecht eines Nacherben bestehen (bleibt), wenn es nur eingeschränkt z. B. durch Anordnungen über weitere Nacherbenrechte oder Ersatzerbschaft auf den Vorerben übertragen werden kann (…)“, analytisch unrichtig (ebenso Muscheler, ZEV 2012, S. 289, 293). Sieht man einmal davon ab, dass das Anwartschaftsrecht nicht bloß „eingeschränkt“, sondern qualitativ und quantitativ umfassend übertragen werden kann, muss es nicht artifiziell bei Übergang auf den Vorerben als fortbestehend fingiert werden, um die Rechtspositionen der weiteren Nacherben oder des Ersatznacherben aufrechtzuerhalten (richtig m. E. Muscheler, ZEV 2012, S. 289, 292 f.). Für einen durch den Ausschluss der Konsolidation kanalisierten Verfügungsschutz der weiteren Nacherben oder Ersatznacherben besteht überhaupt kein Anlass, weil das rechtliche Schicksal ihrer vom Erblasser abgeleiteten Rechte nicht vom Fortbestand der Rechte des ersten Nacherben geknüpft ist. Dass sich die Rechtsstellung des Vorerben umgekehrt scheinbar wie ein ehedem belastetes Recht bei Wegfall von Belastungen elastisch zum Recht eines Vollerben vervollkommnet, wenn alle Nacherben ersatzlos wegfallen, darf zu keinen falschen Schlüssen verleiten; wenn es keine Nacherben mehr gibt, gibt es keinen Anlass für eine Beschränkung der Rechte des Vorerben, der Zweck der gesetzlichen Beschränkungen fällt endgültig fort.
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Common Law angenähertes Konstrukt: Wird dieselbe Erbschaft mehreren Personen konsekutiv im Wege aufeinanderfolgender Nacherbfolgen zugeordnet, entspricht dies einem settlement, unter dem nicht ein einziger tenant for life, sondern mehrere Personen nacheinander mit jeweils selbstständigen life interests begünstigt werden und sodann der estate „absolut“ einem „Schlusserben“ zufällt.838 Während sich das englische Recht dabei der separaten Zuordnungssphäre der Equity bedient, fällt nach deutschem Recht dem Nacherben (als Vorerben im Verhältnis zum Nachnacherben) die Erbschaft mit Eintritt des jeweiligen Nacherbfalls ohne trust-ähnliche Mediatisierung an, soweit nicht Testamentsvollstreckung angeordnet ist. dd) Variationen der Testamentsvollstreckung Mit der Wirkungsweise eines kraft letztwilliger Verfügung errichteten sub-trust über trust-related interests des Testators sind demgegenüber Konstellationen vergleichbar, in denen der vor Beendigung der Testamentsvollstreckung verstorbene Allein- oder Miterbe für seinen Nachlass Testamentsvollstreckung angeordnet hat.839 Wiederum kommt es zwar nicht zu einer doppelt oder mehrfach mediatisier838 Mit den Rechtsinstituten des settlement und der Nacherbfolge lassen sich Vermögensentitäten beliebig vielen Personen seitens des Erblassers – innerhalb bestimmter zeitlicher Grenzen – dinglich zuzuordnen (siehe bereits Fn. 285). 839 Verstirbt ein Miterbe vor Beendigung der Erbengemeinschaft und wird er von mehreren Personen beerbt, ist strittig, ob eine gesamthänderische Unterbeteiligung der (zweiten) Miterbengemeinschaft (sog. Erbeserbengemeinschaft) an dem Anteil des Erblassers als Miterbe der ersten Erbengemeinschaft entsteht (so Palandt (-Weidlich), BGB78 , § 2032 Rn. 2) oder die Erbeserben selbstständig (und nicht in gesamthänderischer Verbindung als Erbeserbengemeinschaft) in die erste Erbengemeinschaft eintreten (so MünchKomm (-Leipold), BGB X7, § 1952 Rn. 12–13 m. w. N. auch zur Gegenansicht). Die Streitfrage ist im Zusammenhang der Wirkungen einer Teilausschlagung gem. § 1952 Abs. 3 BGB bedeutsam. Auf die Verwaltung des Miterbenanteils des Erblassers seitens der Erbeserbengemeinschaft sind die §§ 2038–2040 BGB direkt anzuwenden. Wenngleich einzelne Erbeserben zwar nicht über den Miterbenanteil des Erblassers ohne Zustimmung der anderen Erbeserben verfügen können (§ 2040 Abs. 1 BGB), steht es ihnen frei, über ihren Anteil an dem ererbten Nachlass zu verfügen (Palandt (-Weidlich), BGB78 , § 2032 Rn. 2). Die Vorschrift des § 1952 Abs. 3 BGB eröffnet – abweichend von § 1950 BGB – ausschließlich für Erbeserben die Möglichkeit einer Teilausschlagung: Schlägt ein Erbeserbe den seinem Anteil entsprechenden Teil der Erbschaft des verstorbenen Erben aus, führt dies nach h. A. ex lege und ipso iure zu einer Akkreszenz unter den verbliebenen Erbeserben; es wird fingiert, dass der Erbe nur von den nicht ausschlagenden Miterbeserben in Ansehung der ersten Erbschaft beerbt wird (OLG Hamm, Beschluss v. 13.4.2018 – 10 W 89/17, ZEV 2018, S. 424; MünchKomm (-Leipold), BGB X7, § 1952 Rn. 17; Palandt (-Weidlich), BGB78 , § 1952 Rn. 3). Sofern man freilich unterstellt, dass die Erbeserbengemeinschaft als Gesamthandsgemeinschaft in den Anteil des Erben eintritt, wäre auch der ausschlagende Erbeserbe qua seiner Stellung als Miterbeserbe immer noch an der ersten Erbschaft beteiligt, was den Zweck des § 1952 Abs. 3 BGB, dem Erbeserben in Ansehung einer überschuldeten Erbschaft des Erben eine nicht vom Willen der anderen Miterbeserben abhängige Ausschlagung zu ermöglichen, ohne vollständig auf seine Rechte als Erbe des Erben zu verzichten, konterkariert (MünchKomm (-Leipold), BGB X7, § 1952 Rn. 12). Vorzugswürdig erscheint daher die von MünchKomm (-Leipold), BGB X7, § 1952 Rn. 12–13 vertretene Ansicht, dass die Erbeserben nicht in gesamthänderischer Verbundenheit in die Erbschaft des Erben eintreten. Nur klarstellend sei erwähnt, dass § 1952 Abs. 3 BGB eine Ausnahme von § 2033 Abs. 2 BGB für die Ausschlagung statuiert: Isolierte Verfügungen über den seinem Erbteil entsprechenden Teil
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ten Zuordnung des Nachlasses, tritt doch der Erbeserbe kraft Gesetzes unmittelbar in die Rechte und Pflichten des Alleinerben und somit in die des ersten Erblassers resp. in den Erbteil des verstorbenen Miterben und in die Miterbengemeinschaft nach dem ersten Erblasser ein. Solange die Testamentsvollstreckung für die erste Erbschaft nicht beendet ist, steht die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis dem Testamentsvollstrecker dieses Nachlasses zu; die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis des Testamentsvollstreckers des verstorbenen Allein- oder Miterben beschränkt sich insoweit darauf, die dem Allein- oder Miterben zustehenden Kontrollrechte gegenüber jenem Testamentsvollstrecker auszuüben. Insoweit ähnelt das Aufgabenprogramm des Testamentsvollstreckers des verstorbenen Allein- oder Miterben dem des Nacherbenvollstreckers und zugleich dem eines sub-trustee.840 Zugleich ist die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis des Erbeserben über die Erbschaft des verstorbenen Allein- oder Miterben (einschließlich des zu diesem Nachlass zählenden Erbteils bzw. der gesamten ersten Erbschaft) gesperrt, soweit der Wirkungskreis des Testamentsvollstreckers dieser zweiten Erbschaft reicht. Wie ein beneficiary eines sub-trust – der über seinen subsidiary equitable interest aus dem sub-trust, nicht aber über den fiduziarisch seitens des sub-trustee gehaltenen trust-related interest zu verfügen vermag – kann der Erbeserbe lediglich über seinen Erbteil aus dem zweiten Nachlass verfügen, erstreckt sich doch die Testamentsvollstreckung gerade nicht auf die höchstpersönlichen Rechte des Erbeserben, wohl aber auf den Nachlass einschließlich des dazu gehörigen Erbteils des (zweiten) Erblassers.841 In dieser Fallgestaltung ist somit der Zugriff des Erbeserben auf den Nachlass des ersten Erblassers durch die ineinandergreifenden treuhänderischen Rechtsverhältnisse zwischen dem Testamentsvollstrecker des ersten Erblassers im Verhältnis zum Testamentsvollstrecker des verstorbenen Erben und zwischen diesem und dem Erbeserben doppelt mediatisiert. Der Erbeserbe wird unmittelbar Erbe des ersten Erblassers, ist aber in seiner Rechtszuständigkeit zum einen durch die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis des ersten Testamentsvollstreckers über den ersten und zum anderen durch die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis des zweiten Testamentsvollstreckers über den zum zweiten Nachlass gehörigen Erbteil beschränkt. Die Abschirmwirkung verlängert sich wie unter mehrschichtigen trusts, wenn der Erbeserbe (vor Beendigung der ersten und zweiten Testamentsvollstreckung) verstirbt und für seinen Nachlass Testamentsvollstreckung angeordnet hat. der ersten Erbschaft sind im Übrigen ausgeschlossen (MünchKomm (-Leipold), BGB X7, § 1952 Rn. 13). 840 Umgekehrt wird die Ausübung der Rechte des (vor Eintritt des Nacherbfalls) verstorbenen Nacherben – sofern das Nacherbenrecht gem. § 2108 BGB vererblich ist – durch den vom Nacherben für seine Erbschaft bestimmten Testamentsvollstrecker dann nicht ausgeübt, wenn der Erblasser Nacherbenvollstreckung gem. § 2222 BGB angeordnet hat (vgl. Palandt (-Weidlich), BGB78 , § 2222 Rn. 1); die Verwaltungsbefugnis des Nacherbenvollstreckers sperrt die des Testamentsvollstreckers des vom verstorbenen Nacherben eingesetzten Testamentsvollstreckers. 841 Vgl. BGH, Urteil v. 9.5.1984 – IV a ZR 234/82, NJW 1984, S. 2464, 2645; BeckOGK BGB (-Grotheer), Stand: 1.5.2018, § 2205 Rn. 43.1.
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3. Mehrstufige Treuhandstrukturen Bei typisierender Betrachtung der etablierten Erscheinungsformen der rechtsgeschäftlichen Verwaltungstreuhand und diverser treuhandgleicher gesetzlicher Rechtsverhältnisse, insbesondere Testamentsvollstreckung und Vor- und Nacherbschaft, scheint für eine Rezeption trust-rechtlicher Strukturen kein Bedarf zu bestehen. Der Zweck der Treuhand liegt in der Absicherung vertraglicher Ansprüche des Begünstigten gegen das Insolvenzrisiko des Kontrahenten, nicht aber darin, dem Treugeber oder Begünstigten eine Verwertung seiner Rechtsposition durch Veräußerung oder Verpfändung oder gar die treuhänderische Haltung derselben zugunsten einer weiteren Person zu erleichtern. Exemplarisch sei nur auf die praktisch gebräuchliche Verwahrung von Mandantengeldern auf Anderkonten sowie auf die für betriebliche Pensionsfonds gebildeten contractual trust arrangements verwiesen.842 Soweit ein Zuständigkeitswechsel in der Person des Treugebers bzw. des Drittbegünstigten beabsichtigt ist, kann dem durch Abtretung der Ansprüche aus dem Treuhandvertrag resp. durch privative Vertragsübernahme genügt werden. 842 Unter einem contractual trust arrangement bringt der Arbeitgeber die für die betriebliche Altersversorgung bestimmten Gelder in einen von einem Treuhänder (einer Kapitalanlagegesellschaft) gehaltenen Pensionsfonds ein; der Treuhänder ist mithin Rechtsträger, der Arbeitgeber behält sich aber weitgehende Kontrollmöglichkeiten über die Form der Kapitalanlage vor (vgl. MünchHdbArbR (-Andresen/Cisch), Band I3, § 150 Rn. 211 ff). In der Praxis haben sich mehrere Formen des CTA herausgebildet (näher Höfer/de Groot/Küpper/Reich (-Höfer/Reich), Betriebsrentenrecht I (Stand: 24. Ergänzungslieferung März 2019), Kap. 12 Rn. 110–125). Möglich ist zum einen eine doppelseitige Treuhand durch Vertrag zugunsten Dritter: Während zwischen Arbeitgeber und Treuhandgesellschaft eine Verwaltungstreuhand entsteht, sind die versorgungsberechtigten Arbeitnehmer als Drittbegünstigte durch eine Sicherungstreuhand gegen das Insolvenzrisiko sowohl des Arbeitgebers (vgl. §§ 7–15 BetrAVG) als auch der Treuhandgesellschaft aufgrund der gewohnheitsrechtlichen Grundsätze über den Treugeberschutz in der Treuhänderinsolvenz geschützt. Möglich ist desgleichen eine einseitige Treuhand zwischen Arbeitgeber und Treuhänder; die Insolvenzsicherung der Arbeitnehmer erfolgt dabei regelmäßig aus bilanzsteuerrechtlichen Gründen durch Verpfändung des Rückübertragungsanspruchs aus der Treuhandabrede sowie ggf. durch Verpfändung der Wertpapiere. Von der Alternative zwischen ein- und doppelseitigen CTA zu unterscheiden ist die Alternative zwischen ein- oder zweistufigen CTA. Bei einem einstufigen CTA agiert der Treuhänder selbst als Anleger; eine zweistufige Treuhand entsteht demgegenüber dann, wenn der Treuhänder selbst nur als Intermediär fungiert und das Treugut bestimmungsgemäß auf eine Kapitalanlagegesellschaft überträgt (vgl. Höfer/ de Groot/Küpper/Reich (-Höfer/Reich), Betriebsrentenrecht I (Stand: 24. Ergänzungslieferung März 2019), Kap. 12 Rn. 125). Nach allgemeiner Ansicht ist der Treuhänder in der Insolvenz des Arbeitgebers – aufgrund des Sicherungszwecks zugunsten der Arbeitnehmer – zur Absonderung und nicht zur Aussonderung berechtigt; ein eigenes Absonderungsrecht steht dagegen dem drittbegünstigten Arbeitnehmer nicht zu, er hat nur einen schuldrechtlichen Anspruch aus dem Treuhandvertrag gegen den Treuhänder, dass dieser die ihm zugewiesenen Absonderungsrechte ausübt; zusätzlich wird dem Arbeitnehmer freilich ein Unterlassungsanspruch gegen den Insolvenzverwalter hinsichtlich der Verwertung des Treuguts zugesprochen (näher Höfer/de Groot/ Küpper/Reich (-Höfer/Reich), Betriebsrentenrecht I (Stand: 24. Ergänzungslieferung März 2019), Kap. 12 Rn. 151–162). Abgesehen von dem privatautonomen Insolvenzschutz durch CTA sind die Arbeitnehmer ohnehin durch die gesetzliche Insolvenzsicherung der ihrer Versorgungsansprüche aus der betrieblichen Altersversorgung gem. §§ 7–15 BetrAVG geschützt, Träger der Insolvenzsicherung ist der PSVaG (Pensions-Sicherungs-Verein auf Gegenseitigkeit).
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Indes wäre es falsch, die Frage, ob und, bejahendenfalls, in welchem Ausmaß die Rezeption des trust für das deutsche Recht gewinnbringend wäre, vorschnell zu beantworten. Zunächst ist es angezeigt, zwei- und mehrstufige Treuhandstrukturen im deutschen Recht mit den einschlägigen Varianten der sub-trusts in Beziehung zu setzen und insoweit die Vor- und Nachteile einer potentiellen Übernahme trustrechtlicher Elemente zu überprüfen. Mehrstufige Treuhandstrukturen erscheinen zwar längst nicht so verbreitet wie mehrstufige trusts im Rechtskreis des Common Law; völlig unüblich sind sie aber nicht. Soweit doppel- oder mehrstöckige Treuhandverhältnisse unter dem deutschen Treuhandmodell entstehen, geht es vor allem darum, dass der (erste) Treuhänder (T1) aufgrund eines (weiteren) Auftragsoder Geschäftsbesorgungsvertrags mit einem Dritten seinerseits in die Position eines Treugebers bzw. Begünstigten unter einer gesonderten Verwaltungstreuhand einrückt und insoweit als Intermediär zwischen dem Besteller (B), d. h. dem ersten Treugeber, und dem zweiten Treuhänder (T2) agiert. Intermediäre Treuhandverhältnisse sind zum einen bei der Bildung von Pensionsfonds aufgrund sog. contractual trust arrangements im Arbeitsrecht,843 zum anderen bei der hierarchisch strukturierten Verwahrung von Wertpapieren und Wertrechten, von besonderer Relevanz. a) Pensionsfonds Zwei- oder gar mehrstufige Treuhandverhältnisse kommen im arbeits- und sozialversicherungsrechtlichen Kontext bei der treuhänderischen Verwaltung von zur betrieblichen Altersversorgung bestimmten Wertguthaben vor. Überlässt die vom Arbeitgeber (B) mit der Bildung des Pensionsfonds beauftragte Treuhandgesellschaft (T1) die Vermögensanlage und Vermögensverwahrung ganz oder teilweise einer Kapitalanlagegesellschaft (T2) zur selbstständigen Ausführung in eigener Verantwortung und überträgt sie hierzu T2 die für die betriebliche Altersversorgung reservierten Gelder, entsteht zwischen T1 und T2 ein Unter-Treuhandverhältnis, das wahlweise als ein- oder mehrseitige Treuhand, d. h. zugunsten des B und/oder der versorgungsberechtigten Arbeitnehmer (D1, D2, D3 etc.), ausgestaltet wird.844 In Übereinstimmung mit dem allgemeinen Auftrags- und Geschäfts843 Auch im englischen Recht spielen pension scheme trusts eine prominente Rolle; näher zu den einschlägigen Varianten und den Rechtsverhältnissen zwischen Arbeitgeber, Arbeitnehmer und trustees Thomas/Hudson, The Law of Trusts2, Rn. 45.06–45.23, 45.40–45.59; Underhill and Hayton (-Hayton/Matthews/Mitchell), Law Relating to Trusts and Trustees19, Rn. 1.128–1.134. 844 Vgl. Höfer/de Groot/Küpper/Reich (-Höfer/Reich), Betriebsrentenrecht I (Stand: 24. Ergänzungslieferung März 2019), Kap. 12 Rn. 125. Ob die Treuhandgesellschaft zu einer Substitution berechtigt ist, ist erforderlichenfalls durch Vertragsauslegung zu ermitteln; im Zweifel bedarf es bei einem Geschäftsbesorgungsvertrag keiner ausdrücklichen Gestattung – § 664 BGB ist von der Verweisung in § 675 Abs. 1 BGB schließlich nicht umfasst –, falls nicht ein persönliches Vertrauensverhältnis besteht (vgl. BGH, Beschluss v. 22.4.2010 – VII ZB 15/09, NJW 2010, S. 2346 Rn. 17; Palandt (-Sprau), BGB78 , § 664 Rn. 1). In der Praxis dürfte regelmäßig aus Klarstellungsgründen eine ausdrückliche Vereinbarung im Treuhandvertrag zwischen Arbeitgeber und Treuhandgesellschaft über die Befugnis des Treuhänders zur Substitution getroffen werden.
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besorgungsvertragsrecht sind zwei Varianten der Substitution im Treuhandrecht zu unterscheiden,845 die nicht bloß für die Konstellation der fremdnützigen Haltung von Pensionsfonds gelten. Schließt T1 mit dem Substituten (T2) aufgrund entsprechender Bevollmächtigung des Treugebers (B) in dessen Namen einen Treuhandvertrag, entsteht keine mehrstufige Treuhand, sondern ein weiteres Auftrags- bzw. Geschäftsbesorgungsverhältnis zwischen dem Treugeber (B) und dem zweiten Treuhänder (T2). Zwischen T1 und T2 entsteht kein Vertragsverhältnis und somit auch keine Verwaltungstreuhand. Erst recht gilt dies, wenn der Vertrag mit der zuerst beauftragten Treuhandgesellschaft bestimmungsgemäß auf die Vermittlung eines weiteren Treuhänders zur Haltung und Verwaltung des Treugutes abzielt.846 Ein Unter-Treuhandverhältnis entsteht hingegen dann, wenn die zuerst beauftragte Treuhandgesellschaft (T1) im eigenen Namen einen Unter-Auftrag oder UnterGeschäftsbesorgungsvertrag mit dem Substituten (T2) schließt, aufgrund dessen das Treugut847 auf den Substituten zur treuhänderischen Haltung und Verwaltung übertragen wird. Zwischen B und T2 entsteht weder ein Vertragsverhältnis noch eine (unmittelbare) Treuhand; vielmehr entsteht ein gesondertes Treuhandverhältnis, aus dem ausschließlich T1, nicht aber B berechtigt wird.848 b) Wertpapiersammelverwahrung Im Hinblick auf die Rechtsstellung des Hinterlegers im Rahmen der hierarchisch strukturierten Wertpapierverwahrung ist grundlegend zwischen der depotrechtlichen Inlands- und Auslandsverwahrung zu unterscheiden. Während die reguläre Inlandsverwahrung durch eine besitzrechtliche, nicht aber durch eine rechtrechtliche Mediatisierung der Wertpapierzuordnung gekennzeichnet ist,849 erwirbt der 845 Allgemein hierzu RG, Urteil v. 2.3.1912 – I 147/11, RGZ 78, S. 310, 312; Staudinger (-Martinek/Omlor), BGB (2017), § 664 Rn. 10; MünchKomm (-Schäfer), BGB V/27, § 664 Rn. 11. 846 Fraglich ist, ob nicht ein „schlichter“ Vermittlungsvertrag ohne treuhänderische Zweckbindung vorliegt. Siehe auch Staudinger (-Martinek/Omlor), BGB (2017), § 664 Rn. 10, die zutreffend von einem „Weiterauftrag“ und nicht von einem „Unterauftrag“ sprechen, wenn sich der erste Auftrag darin erschöpft, einen Substituten zu vermitteln, der die Geschäftsbesorgung selbstständig und vollständig übernimmt. 847 Z. B. zur betrieblichen Altersversorgung bestimmte Gelder. 848 Möglich ist freilich, dass B aus einem Treuhandvertrag zugunsten Dritter zwischen T1 und T2 berechtigt wird. 849 Eingehend zur herrschenden besitzrechtlichen Konstruktion der Inlandsverwahrung Einsele, Wertpapierrecht als Schuldrecht, S. 65–88; Segna, Bucheffekten, S. 171–185; siehe auch MünchKomm (-Einsele), HGB VI3, Depotgeschäft, Rn. 92–94. Werden Aktien in einer Sammelurkunde gem. § 9a Abs. 1 S. 1 DepotG von einer Wertpapiersammelbank verwahrt, steht die Sammelurkunde im Miteigentum der Aktieninhaber nach Bruchteilen; die Bruchteile richten sich nach dem Wertpapiernennbetrag resp. der Stückzahl der Wertpapiere (§ 9a Abs. 2 i. V. m. § 6 Abs. 1 DepotG). Auf der Grundlage des Miteigentumsmodells hält die h. M. an einem an die Gegebenheiten des modernen Effektengiroverkehrs – soweit dieser überhaupt noch mit verkörperten Wertpapieren und nicht mit elektronischen Wertrechten operiert (zum englischen CREST-System siehe Fn. 477) – adjustierten Traditionsprinzip fest. Der Erwerb eines Miteigentumsanteils und der – durch gestufte Besitzkonstitute (§§ 871, 868 BGB) mediatisierte – Mitbesitzerwerb des Kommittenten an einem Wertpapiersammelbestand sind stilprägende Besonderheiten des deut-
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Hinterleger (als Investor eines Finanzinstruments) bei der Auslandsverwahrung auch bei Anwendbarkeit deutschen Rechts regelmäßig ausschließlich (nach Maßgabe der Treuhanddogmatik verstärkte) Ansprüche gegen seine Depotbank, nicht jedoch eine sachenrechtliche Position an dem im Ausland angeschafften und belegenen Finanzinstrumenten. In Parallele zur trust-rechtlichen Konzeption der intermediären Wertpapiersammelverwahrung entstehen nach deutschem Recht mehrschichtige Treuhandverhältnisse, wenn die Geschäftsbanken vermittels eines oder mehrerer (inländischer) Zwischenverwahrer Wertpapiere bei einem ausländischen (Sammel-)Verwahrer verwahren lassen.850 Bevor auf diese Sonderkonstellation näher eingegangen wird, seien die rechtlichen Grundlagen und die Praxis der Wertpapierverwahrung im Ausland im Vergleich zur Inlandsverwahrung in aller Kürze skizziert. aa) Grundzüge der Auslandsverwahrung Dass sowohl das DepotG als auch die SB-WPG die Verwahrung im Inland als Regelfall behandeln, darf nicht über die praktische Dominanz der grenzüberschreitenden Verwahrung sowie der Auslandsverwahrung von international handelbaren Finanzinstrumenten hinwegtäuschen.851 Soweit eine Verwahrung von Wertpapieren derselben Art durch den deutschen Zentralverwahrer852 im Rahmen einer gegenseitigen Kontenverbindung mit ausländischen Sammelverwahrern durchgeführt wird (§ 5 Abs. 4 DepotG), soll dies zwar einen direkten Anteilserwerb des Bankkunden an dem grenzüberschreitend geführten Girosammelbestand ermöglichen.853 Freilich ist bei der grenzüberschreitenden Verwahrung regelmäßig nicht (ausschließlich) deutsches Sachrecht hinsichtlich des Erwerbs des Wertpapiers oder gar des verbrieften Rechts anzuwenden.854 Richtet sich der Erwerb eines entmoschen Depotrechts. Die von BGH, Urteil v. 24.9.2015 − IX ZR 272/13, NZI 2016, S. 21 m. Anm. Mitlehner bestätigte besitz- und eigentumsrechtliche Analyse der Rechtsstellung des Anlegers steht in distinktivem Kontrast zu den anglo-amerikanischen Modellen mediatisierter Effektenhaltung. Dass es praktisch niemals zu einer Übergabe i. S. v. § 929 S. 1 BGB unter Verschaffung unmittelbaren Besitzes kommt, weil die Hinterlegung von Sammelurkunden bei Wertpapiersammelbanken gerade darauf zielt, physische Bewegungen der Wertpapiere entbehrlich zu machen, soll dem nicht entgegenstehen. Wie bereits in § 2 IV. 4. Fn. 666 kritisch ausgeführt, bedient sich die h. A. zuvörderst deshalb eines artifiziellen Besitzkonzepts – die Begründung (§ 854 BGB) und der Verlust (§ 856 BGB) von Sachherrschaft knüpfen an rein technologische Buchungsvorgänge (seitens der Wertpapiersammelbank oder der angeschlossenen Zwischenverwahrer) an –, um die Anwendbarkeit der Vorschriften über den gutgläubigen Erwerb von intermediär verwahrten Wertpapieren zu rechtfertigen. 850 Siehe Kümpel/Wittig (-Will), Bank- und Kapitalmarktrecht4, Depotgeschäft, Rn. 18.174. 851 Zum Regelungszweck des § 5 Abs. 4 DepotG siehe nur Baumbach/ Hopt (-Kumpan), HGB37, § 5 DepotG Rn. 5; Schimansky/Bunte/Lwowski (-Klanten), Bankrecht5, § 72 Rn. 109; eingehend zur Verwahrung in Wertpapierrechnung Segna, Bucheffekten, S. 321–359. 852 Die Clearing Banking AG mit Sitz in Frankfurt a. M. 853 MünchKomm (-Einsele), HGB VI3, Depotgeschäft, Rn. 183 f.; Schimansky/Bunte/Lwowski (-Klanten), Bankrecht5, § 72 Rn. 109. 854 Näher zur kollisionsrechtlichen Problematik der grenzüberschreitenden Wertpapierverwahrung MünchKomm (-Einsele), HGB VI3, Depotgeschäft Rn. 186 ff.
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bilisierten oder sogar vollständig entmaterialisierten „Wertpapiers“855 nicht nach deutschem Recht, scheidet ein unmittelbarer Anteilserwerb des Endinvestors, der mit dem Sammelverwahrer i. d. R. keine vertragliche Beziehung unterhält oder auch nur unterhalten kann, meistens schon deshalb aus, weil ein dem DepotG vergleichbares Modell eines unmittelbaren Anteilserwerbs den meisten ausländischen Rechten unbekannt ist.856 Abgehen davon beurteilt sich die gesondert anzuknüpfende Frage des Erwerbs der verbrieften Rechte nach dem sog. Wertpapierrechtsstatut, weshalb selbst der unterstellte Erwerb des Wertpapiers nicht die Rechtsstellung hinsichtlich des verbrieften Rechts determiniert.857 Was für eine Rechtsposition dem Depotkunden bei der Auslandsverwahrung von seiner Bank zu verschaffen ist, regelt das DepotG freilich nicht ausdrücklich. Den sachrechtlichen Diskrepanzen trägt § 22 DepotG nur durch Ausschluss bzw. Beschränkung der kommissionsvertraglichen858 Verpflichtung zur Verschaffung des Miteigentums durch Übersendung des Stückeverzeichnisses (vgl. § 18 Abs. 3 855 Auch wenn das deutsche DepotG auf dem Konzept „realer“ Wertpapiere operiert, nähert sich die schon lange praktizierte Ausstellung von Dauerglobalurkunden dem moderneren Prinzip vollständig fiktiver Wertpapiere an, sind doch die dem Anleger zustehenden vertraglichen und dinglichen Ansprüche auf Herstellung und Auslieferung einer seinen Bruchteil verbriefenden Individualurkunde typischerweise ausgeschlossen (§ 9a Abs. 3 S. 2 DepotG). 856 Vgl. Schimansky/Bunte/Lwowski (-Klanten), Bankrecht 5, § 72 Rn. 141. 857 Demgemäß ist auch der sachliche Anwendungsbereich der Sonderkollisionsnorm des § 17a DepotG – hiernach unterliegen Verfügungen über Wertpapiere oder Sammelbestandanteile, die mit rechtsbegründender Wirkung in ein Register eingetragen oder auf einem Konto verbucht werden, dem Recht des Staates, unter dessen Aufsicht das Register geführt wird, in dem unmittelbar zugunsten des Verfügungsempfängers die rechtsbegründende Eintragung vorgenommen wird, oder in dem sich die kontoführende Haupt- oder Zweigstelle des Verwahrers befindet, die dem Verfügungsempfänger die rechtsbegründende Gutschrift erteilt – äußerst schmal (MünchKomm (-Einsele), VI3, Depotgeschäft, Rn. 197). Nur wenn das Wertpapierrechtsstatut eine Übertragung des Wertpapiers bzw. der Miteigentumsanteile an einem Sammelbestand durch Eintragung in ein Register Depotbuch zulässt, findet § 17a DepotG Anwendung. Demgegenüber ist § 17a DepotG nicht auf Verfügungen über schuldrechtliche Ansprüche (auf Auslieferung von Wertpapieren) anwendbar (Baumbach/Hopt (-Kumpan), HGB38 , § 17a DepotG Rn. 1). Überdies gilt § 17a DepotG ausweislich des Wortlauts nur für Eintragungen und Buchungen mit konstitutiver Wirkung (Baumbach/Hopt (-Kumpan), HGB38 , § 17a DepotG Rn. 1), wohingegen das deutsche Sachrecht – sieht man von den Sonderfällen des § 24 Abs. 2 DepotG ab – die Übertragung von (sammelverwahrten) Wertpapieren den Regeln über den (Mit-)Eigentumserwerb an beweglichen Sachen gem. §§ 929 ff. BGB unterstellt; die Eintragung in einem Register/Depotbuch hat hier nur deklaratorische Bedeutung (MünchKomm (-Einsele), HGB VI3, Depotgeschäft, Rn. 198). Wenn keine grenzüberschreitende Girosammelverwahrung im Rahmen gegenseitiger Kontenverbindung zwischen nationalen Sammelwertpapierbanken, sondern eine Verwahrung im Ausland unter Zwischenschaltung des nationalen Zentralverwahrers (vgl. Ziff. 12 Abs. 2 S. 2 SB-WPG) erfolgt, scheidet ein unmittelbarer Rechtserwerb des Anlegers an im Ausland verwahrten (entmobilisierten) Wertpapieren nach der maßgeblichen lex rei sitae bzw. lex rei cartae oftmals erst recht aus. 858 Die Anschaffung von Finanzinstrumenten (i. S. v. § 1 Abs. 11 S. 1 KWG) im eigenen Namen für fremde Rechnung ist gem. § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 KWG ein sog. Finanzkommissionsgeschäft (näher dazu Boos/Fischer/Schulte-Mattler (-Schäfer), KWG5, § 1 KWG Rn. 69 ff.). Die §§ 675, 611 ff. BGB gelten subsidiär; die geschäftsbesorgungsvertragliche Pflicht liegt darin, den Abschluss eines Kaufvertrages für fremde Rechnung herbeizuführen; vgl. MünchKomm (-Heermann), BGB V/27, § 675 Rn. 81.
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DepotG) Rechnung. Maßgeblich sind in der Praxis die brancheneinheitlich verwendeten SB-WPG: Nach Ziff. 12 Abs. 3 S. 1 SB-WPG soll sich der Kommissionär „nach pflichtgemäßem Ermessen unter Wahrung der Interessen des Kunden das Eigentum oder Miteigentum an den Wertpapieren oder eine andere im Lagerland übliche, gleichwertige Rechtsstellung verschaffen und diese Rechtsstellung treuhänderisch für den Kunden halten.“ Der Kommittent bleibt auf eine Forderung gegen seine Bank verwiesen; ein (dingliches) Recht an dem Wertpapier steht ihm nicht zu.859 Aus Ziff. 12 Abs. 3 S. 2 SB-WPG, wonach die Bank „dem Kunden eine Gutschrift in Wertpapierrechnung (‚WR-Gutschrift‘) unter Angabe des ausländischen Staates, in dem sich die Wertpapiere befinden“ erteilt, folgt nichts anderes; die Abbreviatur „WR-Gutschrift“ ist eine bloße semantische Chiffre für die Forderung des Kunden gegen seine Bank auf Übertragung des treuhänderisch gehaltenen Vermögensrechts. Auf die umstrittene Frage, ob es sich um eine Forderung aus dem Geschäftsbesorgungs- bzw. Kommissionsvertrag (§§ 675 Abs. 1, 667 Var. 2 BGB, § 384 Abs. 2 Hs. 2 HGB) 860 oder um ein abstraktes Schuldversprechen (§ 780 BGB) der Bank handelt,861 kommt es nicht an. Entscheidend ist, dass der Kunde lediglich einen Anspruch auf Verschaffung desjenigen Rechts hat, das seine Bank in Erfüllung ihrer Pflichten im Verhältnis zum Zwischenverwahrer erlangt; die Erfüllung dieser Forderung wird freilich suspendiert und durch die treuhänderische Haltung des betreffenden Rechts substituiert.862 Die Funktion der in den SB-WPR angeordneten treuhänderischen Haltung liegt nicht in einer umfänglichen „Verdinglichung“ der Forderung des Kunden, sondern darin, diesen gegen allfällige Insolvenz- und Vollstreckungsrisiken abzuschir859 Vgl. Kümpel/ Wittig (-Will), Bank- und Kapitalmarktrecht4, Depotgeschäft, Rn. 18.178. Aus der in Nr. 12 Nr. 3 SB-WPG bestimmten Gutschrift in Wertpapierrechnung folgt eine Teilgläubigerschaft der Anleger gem. § 420 BGB; diesen steht aus jeweils einzelnen Geschäftsbesorgungsverträgen mit ihren Banken ein Anspruch auf Herausgabe der treuhänderisch gehaltenen Wertpapiere zu, vgl. Schimansky/Bunte/Lwowski (-Klanten), Bankrecht5, § 72 Rn. 154. 860 Schimansky/Bunte/Lwowski (-Klanten), Bankrecht 5, § 72 Rn. 149. Umstritten ist allerdings, worauf sich dieser vertragliche „Herausgabeanspruch“ inhaltlich richtet (siehe Schimansky/Bunte/Lwowski (-Klanten), Bankrecht5, § 72 Rn. 159 m. w. N.). Nach §§ 675 Abs. 1, 667 Var. 2 BGB ist die Depotbank freilich nur zur Übertragung der ihr zugewiesenen Rechtsposition aus dem Verwahrungsverhältnis verpflichtet, sei es Eigentum, sei es ein sonstiges Recht; eine weitergehende Verschaffungspflicht lässt sich aus dem Gesetz nicht ableiten. Soweit vertreten wird, die Depotbank müsse dem Kunden Eigentum an gesonderten Wertpapieren verschaffen, kann dem jedenfalls nicht gefolgt werden, wenn das maßgebliche ausländische Recht gar kein (Mit-)Eigentum an Wertpapieren oder eine (Mit-)Inhaberschaft an Wertrechten kennt (i. E. auch Schimansky/Bunte/Lwowski (-Klanten), Bankrecht5, § 72 Rn. 159). 861 MünchKomm (-Einsele), HGB VI3, Depotgeschäft Rn. 210 ff. 862 Schuldrechtlich handelt es sich um eine beschränkte Vorratsschuld; die Bank ist lediglich zur Auslieferung einzelner Stücke aus dem von ihr im betreffenden Lagerland unterhaltenen Deckungsbestand verpflichtet (Ziff. 12 Abs. 4 S. 1 SB-WPG). Dabei wird dem Kunden sowohl die Leistungs- als auch die Gegenleistungsgefahr auferlegt: So trägt der Kunde anteilig u. a. die Gefahr bezüglich aller den Deckungsbestand rechtlich oder wirtschaftlich beeinträchtigender und von der Bank nicht zu vertretender Nachteile durch Zugriffe Dritter im Ausland (Ziff. 12 Abs. 4 S. 3 Var. 2 SB-WPG); den Kaufpreis behält die Bank trotzdem ein (Ziff. 12 Abs. 5 SB-WPG); vgl. Schimansky/Bunte/Lwowski (-Klanten), Bankrecht5, § 72 Rn. 155 ff.
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men.863 In der Literatur wird einhellig angenommen, dass durch den Vollzug der Auslandsverwahrung und den bestimmungsgemäßen Erwerb einer mindestens sachenrechtsäquivalenten Rechtsposition eine (echte) Verwaltungstreuhand zwischen dem Kunden und seiner Bank zustande komme; diese soll die gewünschten Schutzwirkungen des Kunden im neuralgischen Fall der Insolvenz seiner Depotbank entfalten.864 Dass es insoweit an einer unmittelbaren Übertragung des treuhänderisch gehaltenen Vermögensrechts vom Kunden auf die Bank fehlt, ist nach h. A. unschädlich; das „Unmittelbarkeitsprinzip“ soll auch in dieser Konstellation nicht gelten.865 Die Vereinbarkeit dieser Treuhandvariante mit der allgemeinen Treuhanddogmatik wird unterschiedlich begründet: Während teilweise auf das Offenkundigkeitsprinzip rekurriert wird,866 ist nach anderer Ansicht zwar nicht das Treuhandverhältnis allgemein ersichtlich, das „Treugut“ aber wegen der Errichtung von Fremddepots für treuhänderisch zu haltenden Kundenbestände zumindest bestimmbar.867 bb) Mehrschichtige Treuhandverhältnisse Während bei der Inlandsverwahrung eine pyramidenförmige Schichtung von Depotverträgen entsteht, indem Zwischenverwahrer von der Wertpapiersammelbank oder der Geschäftsbank des Depotkunden eingesetzt werden (§§ 3 Abs. 1 S. 1, 5 Abs. 1, 3 DepotG),868 erfolgt bei der Auslandsverwahrung eine vergleichbare Kette, die vom Geschäftskunden der inländischen Bank über in- und ausländische Intermediäre bis zu dem ausländischen Sammelverwahrer reicht.869 Dass sich die Ge863 Dasselbe Leitprinzip gilt für die grenzüberschreitende Sammelverwahrung im Rahmen einer gegenseitigen Kontenverbindung: Wenn § 5 Abs. 4 Nr. 2 DepotG verlangt, dass dem „Hinterleger hinsichtlich des Sammelbestands dieses Verwahrers eine Rechtsstellung eingeräumt wird, die derjenigen nach diesem Gesetz gleichwertig ist“, dient auch dies dem Zweck, den Hinterleger gegen das Insolvenz- und Zwangsvollstreckungsrisiko zu schützen; siehe nur Baumbach/Hopt (-Kumpan), HGB37, § 5 DepotG Rn. 5. 864 MünchKomm (-Einsele), HGB VI3, Depotgeschäft, Rn. 218 f. 865 MünchKomm (-Einsele), HGB VI 3, Depotgeschäft, Rn. 216 ff.; zum strittigen Unmittelbarkeitsprinzip der Treuhand siehe § 4 IV. 1. a). 866 Kümpel/Wittig (-Will), Bank- und Kapitalmarktrecht4, Depotgeschäft, Rn. 18.170, 18.172 f.: Die vom Auslandsverwahrer abgegebene „Drei-Punkte-Erklärung“, in der u. a. die treuhänderische Haltung der Wertpapiere seitens der Depotbank dokumentiert ist, soll die fremdnützige Vermögenshaltung für den Rechtsverkehr hinreichend deutlich machen. Mit der Dreipunkteerklärung bestätigt der ausländische Verwahrer ferner, dass er Sicherheiten an den von der Depotbank erworbenen Wertpapieren nur zur Sicherung von Forderungen wegen der Anschaffung und Verwahrung der Wertpapiere geltend machen kann, und überdies, dass die Wertpapiere nicht ohne Zustimmung der Depotbank in einem Drittstaat verwahrt werden dürfen. 867 MünchKomm (-Einsele), HGB VI3, Depotgeschäft, Rn. 218. 868 Vgl. Einsele, Wertpapierrecht als Schuldrecht, S. 30 f.; MünchKomm (-Einsele), HGB VI3, Depotgeschäft, Rn. 91. 869 Ziff. 12 Abs. 2 S. 2 SB-WPG sieht ausdrücklich die Einschaltung von in- und/oder ausländischen Zwischenverwahrern einschließlich des deutschen Zentralverwahrers Clearstream Banking AG vor. Weiter stellt Ziff. 12 Abs. 2 S. 3 SB-WPG klar, dass sich die Verwahrung der Wertpapiere dem Recht des Staates unterliegt, in dem die Wertpapiere verwahrt werden; implizit wird also die Maßgeblichkeit der lex rei sitae (Art. 43 Abs. 1 EGBGB) unterstellt. Transaktionen voll-
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schäftsbank ausweislich Ziff. 12 Abs. 3 S. 1 SB-WPG verpflichtet, sich eine zumindest eigentumsäquivalente Rechtsposition an den Wertpapieren zu verschaffen, steht dem nicht entgegen. Wenn Ziff. 12 Abs. 2 S. 2 SB-WPG die (praxisübliche) Einschaltung in- oder ausländischer Zwischenverwahrer ausdrücklich voraussetzt, erstreckt sich die in § 3 Abs. 1 DepotG normierte Substitutionsbefugnis richtigerweise sowohl auf die in Ziff. 12 Abs. 2 S. 1 SB-WPG bestimmte Pflicht zur Verwahrung im Ausland als auch auf die in Ziff. 12 Abs. 3 S. 1 SB-WPG enthaltene Pflicht zur Verschaffung und fiduziarischen Haltung der dinglichen Rechtsstellung. Soll die Verwahrung im Ausland erfolgen, „verwahrt“ der inländische Zwischenverwahrer, falls er nicht eine ausländische Zweigstelle einschaltet, selbst nichts; er lässt vielmehr durch einen Dritten im Ausland verwahren. Unter der Prämisse, dass zum Vollstreckungsschutz des Kunden ein dingliches Recht an den Wertpapieren wegen der Treuhand nicht vonnöten ist, darf im Verhältnis zwischen der Geschäftsbank und einem Zwischenverwahrer nicht anders entschieden werden. Verpflichtet sich der eingeschaltete Intermediär, sich möglichst ein dingliches Recht oder eine andere insolvenzfeste Rechtsposition an dem im Ausland verwahrten Wertpapier zu verschaffen und dieses für die Bank treuhänderisch zu halten, steht der Kunde prima vista nicht schlechter als ob seiner Depotbank die verlangte dingliche Rechtsposition an dem Wertpapier zustünde. Die Pflichtenstellung aus Ziff. 12 Abs. 3 SB-WPG wird im Verhältnis zum Kunden nicht suspendiert, sondern modifiziert: Die Bank erfüllt ihre Pflicht zur treuhänderischen Haltung einer dinglichen Rechtsposition an den durch einen Zwischenverwahrer anzuschaffenden und im Ausland zu verwahrenden Wertpapieren gegenüber dem Kunden an Erfüllungs statt gem. § 364 Abs. 1 BGB, indem sie für ihren Kunden den aus dem fiduziarischen Geschäftsbesorgungsvertrag mit dem Zwischenverwahrer folgenden Anspruch auf Übertragung des fraglichen Wertpapiers treuhänderisch für den Kunden hält.870 Unterliegen die Vertragsverhältnisse zwischen den beteiligten Sammelverwahrern deutschem Recht,871 entstehen koordinierte Treuhandverhältnisse. Neben dem Treuhandverhältnis zwischen dem Kunden und seiner Depotbank entsteht zumindest ein zusätzliches verwahrungsvertragliches Treuhandverhältnis zwischen der Depotbank und der inländischen Wertpapiersammelbank. Der aus diesem Vertragsverhältnis folgende Auslieferungsanspruch ist wiederum eine „Gutschrift in Wertpapierrechnung“ i. S. v. Ziff. 12 Abs. 3 S. 2 SB-WPG, die der Zwischenverwahrer der Geschäftsbank des Kunden ziehen sich gleichermaßen durch mehrfach mediatisierte Kommissionsverträge; die als Einkaufsoder Verkaufskommissionär eingeschaltete Geschäftsbank beauftragt regelmäßig einen Broker als Zwischenkommissionär, der ggf. wiederum seine Ausführungspflicht auf einen Substituten delegiert. Ziff 1 Abs. 2 SB-WPG sieht die Zwischenkommission hier ausdrücklich vor; die in Ziff. 9 S. 2 SB-WPG bestimmte Haftungsbeschränkung ist mit § 309 Nr. 7 BGB vereinbar, siehe Assmann/Schütze (-Schäfer), Handbuch des Kapitalanlagerechts4, Teil 2, § 13 Rn. 43. 870 Kümpel/Wittig (-Will), Bank- und Kapitalmarktrecht4, Depotgeschäft, Rn. 18.174 f. 871 Dies ist bei der Einschaltung inländischer Zwischenverwahrer, insbesondere im Verhältnis zwischen der inländischen Wertpapiersammelbank und der Geschäftsbank des Anlegers, in Ermangelung einer abweichenden Rechtswahl der Fall (Art. 4 Abs. 1 lit. b Rom I-VO).
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erteilt.872 Auf den weiteren Stufen der Verwahrungskette gilt dies mutatis mutandis. Veräußerungsvorgänge vollziehen sich durch Aufhebung und Neubegründung schuldrechtlicher Forderungen, nicht durch translativen Übergang ideeller Anteile am Wertpapiersammelbestand. Für einen verkehrsschützenden Redlichkeitsschutz besteht insoweit kein Bedarf,873 umgekehrt scheidet ein solcher – im Gegensatz zu Übertragungs- und Belastungsvorgängen an Miteigentumsanteilen – z. B. bei der Verpfändung von vornherein aus. Aufgrund der Treuhand zwischen der Geschäftsbank und dem von der Bank eingesetzten Intermediär ist die Bank des Anlegers gegen das Insolvenzrisiko ihres Verwahrers ebenso geschützt wie der Kunde im Verhältnis zu seiner Bank.874 Entsprechendes gilt bei einer mehrfachen Weiterleitung der Verpflichtung zur fremdnützigen Rechtsträgerschaft. Sollte sich das Insolvenzrisiko eines Zwischenverwahrers auf einer Stufe der Verwahrungspyramide realisieren, vermag der jeweilige Hinterleger als Treugeber das vom insolventen Zwischenverwahrer treuhänderisch gehaltene Recht gem. § 47 S. 1 InsO auszusondern.875 Die Aussonderung zielt nicht auf Herausgabe eines körperlichen Gegenstandes, sondern auf Übertragung des treuhänderisch gehaltenen Rechts, sei es ein „unmittelbarer“ Anteil an dem im Ausland für Rechnung des Insolvenzschuldners verwahrten Wertpapier, sei es eine (mit insolvenz- und zwangsvollstreckungsrechtlichen Treugeberschutz unterlegte) Forderung des Schuldners gegen den Verwahrer.876 Sollten infolge einer systemi872 Fungiert die Clearing Banking AG als Zwischenverwahrer (Ziff. 12 Abs. 2 S. 2 SB-WPG), vollzieht die Wertpapiersammelbank den Effektengiroverkehr durch Verfügungen über die den Depotbanken erteilten Gutschriften in Wertpapierrechnung (Kümpel/Wittig (-Will), Bank- und Kapitalmarktrecht4, Depotgeschäft, Rn. 18.175). 873 Weil die (Depot-)Bank gegenüber dem Kunden eine eigene abstrakte Verpflichtung zur Lieferung von Wertpapieren der betreffenden Art übernimmt, trägt sie ab dem Zeitpunkt der Erteilung der Gutschrift auch das Risiko der fehlenden Berechtigung des „veräußernden“ Kunden; dem Begünstigten droht insoweit kein Rechtsnachteil (MünchKomm (-Einsele), VI3, Depotgeschäft, Rn. 222). 874 Lt. Segna, Bucheffekten, S. 342–349 bestehen trotz einer latenten Restunsicherheit keine Bedenken gegen die Annahme des Insolvenz- und Vollstreckungsschutzes des Hinterlegers; i. E. wohl auch MünchKomm (-Einsele), VI3, Depotgeschäft, Rn. 219. 875 Ob der Depotbank des Anlegers in der Insolvenz eines inländischen Zwischenverwahrers Aussonderungsrechte zustehen, richtet sich unabhängig davon, in welchem Staat die Verwahrung und Anschaffung der Wertpapiere der vom Endkommittenten designierten Art erfolgt, regelmäßig nach deutschem Recht. Maßgeblich ist nämlich der mit dem Intermediär geschlossene Treuhandvertrag, der vorbehaltlich abweichender Rechtswahl deutschem Recht unterliegt (Art. 4 Abs. 1 lit. b Rom I-VO), vgl. MünchKomm (-Einsele), HGB VI3, Depotgeschäft, Rn. 220. 876 Diesbezüglich spielt es keine Rolle, ob dem erststufigen (inländischen) Zwischenverwahrer (z. B. der Clearstream Banking AG) im Verhältnis zur ausländischen Sammelstelle nach dem auf ihr Vertragsverhältnis oder nach dem auf das verwahrte Wertpapier anzuwendenden Recht ein Auslieferungs- oder Herausgabeanspruch überhaupt zusteht oder ein solcher (wie bei einer Dauerglobalurkunde nach § 9a Abs. 3 S. 2 DepotG) generell ausgeschlossen ist. Ist nämlich deutsches Recht auf die nachgelagerten Zwischenverwahrungsverhältnisse bis hin zum Endanleger anwendbar, stehen diesem im Verhältnis zu seiner Bank und dieser wiederum in entsprechender Weise gegen den Zwischenverwahrer gleichwohl jeweils vertragliche Auslieferungsansprüche zu (arg. e Ziff. 12 Abs. 4 S. 1 SB-WPG); scheidet die Herstellung und Auslieferung von Individualurkunden aus, tritt als Surrogat der unmöglichen Herausgabe an deren Stelle die Um-
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schen Krise mehrere der beteiligten (Zwischen-)Verwahrer in akute Schieflage geraten, stehen den Anlegern in der Insolvenz bei klarer Trennung der fiduziarischen Vertragsverhältnisse Aussonderungsrechte gem. § 47 S. 1 InsO ausschließlich im Verhältnis zu „ihren“ Geschäftsbanken zu. Weil freilich der fiduziarische Depotvertrag mit Wirkung für die Masse gem. § 116 S. 3 InsO fortbesteht877 und insoweit auch ein Wahlrecht des Insolvenzverwalters aus § 103 S. 1 InsO ausscheidet,878 können die Anleger auch von den Insolvenzverwalter ihrer Geschäftsbanken verlangen, etwaige Aussonderungsrechte im Verhältnis zu deren (insolventen) Zwischenverwahrerern geltend zu machen. Alternativ wäre es denkbar, dass sich der Anleger nicht nur die Auslieferungsresp. Umbuchungsansprüche der Geschäftsbanken abtreten lässt, sondern auch in das fiduziarische Vertragsverhältnis aufgrund dreiseitiger Vereinbarung mit den Insolvenzverwaltern der Depotbank und des jeweiligen Zwischenverwahrers eintritt, um sodann selbst in der Insolvenz des Zwischenverwahrers wiederum dessen dingliches Recht resp. dessen WR-Gutschrift auszusondern, um ggf. auf entsprechende Weise auf der nächsten Verwahrungsstufe selbst auszusondern oder vom jeweiligen Insolvenzverwalter Aussonderung zu verlangen.879 Dies gilt freilich nicht schrankenlos, denn beim Finanzkommissions- und Depotgeschäft der Banken (§ 1 buchung der WR-Gutschrift auf ein vom Kunden gewünschtes Konto (vgl. auch OLG Köln, Urteil v. 23.6.2004 – 13 U 224/03, NJOZ 2004, S. 2960, 2962; BeckOGK BGB (-Schlinker), Stand: 15.7.2019, § 695 Rn. 18). Wenn nämlich überhaupt kein physisches Wertpapier existiert oder als Dauerglobalurkunde jedenfalls nicht zur Zirkulation im Rechtsverkehr bestimmt ist, ist die den individuellen Anteil des Anlegers dokumentierenden WR-Gutschrift als elektronisches Surrogat noch am ehesten einer tatsächlichen Herrschaftsmacht über ein „genuines“ Wertpapier gleich zu achten. 877 Nur klarstellend sei betont, dass der von der Schuldnerin erteilte Auftrag zur Anschaffung und Verwahrung der Wertpapiere im Ausland mit dem Intermediär nicht durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens gem. § 115 InsO erlischt (§ 116 S. 3 InsO); das Verwahrungsverhältnis besteht ebenso fort wie ein durch abstraktes Schuldversprechen begründeter Auslieferungsanspruch der insolventen Geschäftsbank gegen den Zwischenverwahrer; der gemischte Depotvertrag fällt einheitlich unter § 116 S. 3 InsO (MünchKomm (-Ott/Vuia), InsO II3, § 116 Rn. 44; Uhlenbruck (-Sinz), InsO15, § 116 InsO Rn. 25f). Abweichend von der materiellrechtlichen Rechtslage unterliegt dieser Ablieferungsanspruch wegen des Treuhandverhältnisses zwischen der Schuldnerin und ihrem Kunden nicht dem Verwertungsrecht des Insolvenzverwalters. Dass das Schicksal des fiduziarischen Rechtsverhältnisses zwischen der Bank und ihrem Depotkunden von der Insolvenz unberührt bleibt, versteht sich von selbst. Schließlich liegt der Zweck der Treuhand nicht primär in der ordnungsgemäßen Verwaltung der Rechte des Kunden – dies ergibt sich schon aus dem Vertragsverhältnis –, sondern darin, dem Kunden eine insolvenzfeste Rechtsstellung zu verschaffen. 878 Schließlich sind die Ansprüche aus dem Depotvertrag kraft Gesetzes Masseverbindlichkeiten; vgl. BeckOK InsO (-Berberich), Stand: 25.4.2019, § 116 Rn. 26; Nerlich/Römermann (-Kießner), InsO (38. EL Januar 2019), § 116 Rn. 30; K. Schmidt (-Ringstmeier), InsO19, § 116 Rn. 37. 879 Auch bei der regulären Inlandsverwahrung kann der Depotkunde, gestützt auf sein Miteigentum bzw. sein Anteilsrecht, in der Insolvenz seiner Geschäftsbank deren Auslieferungsanspruch gegen die Wertpapiersammelbank oder einen sonstigen Zwischenverwahrer aussondern (vgl. MünchKomm (-Ganter), InsO I4, § 47 Rn. 419); ist der Depotkunde selbst nicht Anteilsinhaber, steht ihm aufgrund des verwahrungsvertraglichen Rückforderungsanspruchs (§ 695 S. 1 BGB) ein Aussonderungsrecht zu (MünchKomm (-Ganter), InsO I4, § 47 Rn. 418).
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Abs. 1 S. 2 Nr. 4, 5 KWG) kann nichts anderes gelten als bei den von der Rechtsprechung ausdrücklich anerkannten Treuhandverhältnissen: Die Sonderstellung der Treuhand in der Insolvenz und Zwangsvollstreckung ist an die Bestimmbarkeit der treuhänderisch gehaltenen Kundenbestände, d. h. an die Achtung des fiduziarischen Pflichtenprogramms durch die Bank als Trägerin der bestimmungsgemäß vom ausländischen Verwahrer empfangenen Rechtsposition geknüpft. Missachtet die Bank ihre fiduziarische Pflicht, die für die Kunden zu haltenden Rechte, seien es dingliche Rechte an den im Ausland verwahrten Wertpapieren, seien es (treuhänderisch verstärkte) Forderungen gegen Zwischenverwahrer von Eigenbeständen buchungstechnisch identifizierbar abzugrenzen, läuft das Aussonderungsrecht mangels Bestimmbarkeit des Treugutes leer.880 Zweifelhaft ist hingegen, ob der Kunde aus eigenem Recht Aussonderungsrechte geltend machen kann, wenn sich auf einer der vorgelagerten Stufen der „Verwahrungspyramide“ das Insolvenzrisiko realisiert. Mangels Vertragsverhältnisses zwischen dem Kunden und Zwischenverwahrern vorgelagerter Stufen dürfte sich der Kunde im Grundsatz nicht selbst auf eine Treugeberstellung berufen können; diese steht im Grundsatz allein seiner Geschäftsbank im Verhältnis zu dem von ihr eingesetzten Zwischenverwahrer und in entsprechender Weise allen weiteren Intermediären jeweils im Verhältnis zu ihren Vertragsparteien zu. Zwar wird in der Literatur vertreten, dass der Auslieferungsanspruch881 des Kunden aus dem Verwahrungsvertrag mit seiner Geschäftsbank sich in Analogie zu §§ 546 Abs. 2, 604 Abs. 4 BGB gegen einen Drittverwahrer einschließlich eines inländischen Zwischenverwahrers richte.882 Wegen der „Hierarchisierungsfunktion“ depotrechtlicher Vertragsketten ist freilich fragwürdig, ob sich den vorgenannten Vorschriften ein auf das Depotrecht übertragbarer Rechtsgedanke entnehmen lässt.883 Aber selbst wenn 880 Vorbehaltlich eines etwaigen Ersatzaussonderungsrechts (§ 48 InsO) versagt der Treugeberschutz auch bei einer pflichtwidrigen Übertragung der für die Bankkunden erworbenen und gehaltenen Rechte an im Ausland verwahrten Wertpapieren; ein dem tracing in equity vergleichbarer Surrogationsmechanismus ist dem deutschen Treuhandregime generell nicht bekannt und kommt demgemäß auch hier nicht zugunsten der Anleger bei der Auslandsverwahrung in Betracht. 881 Auch bei Verwahrung im Ausland steht dem Kunden grundsätzlich ein Auslieferungsanspruch (hinsichtlich der Wertpapiere) zu (arg. e Ziff. 12 Abs. 4 S. 1 SB-WPG); diesbezüglich gilt nichts anderes als bei der als Regelfall ausgewiesenen Verwahrung im Inland. Freilich ist dieser Anspruch in aller Regel nicht auf Übertragung und Übergabe einer für den Kunden auszustellenden Individualurkunde gerichtet. Bei der Verwahrung in Form einer Dauerglobalurkunde – ebenso wie bei vollständiger „Entmaterialisierung“ des Wertpapiers – verwandelt sich der Auslieferungsanspruch in einen Anspruch auf Umbuchung der GS-Gutschrift (bei der Inlandsverwahrung) bzw. der WS-Gutschrift (bei der Auslandsverwahrung), vgl. BeckOGK BGB (-Schlinker), Stand: 15.7.2019, § 695 Rn. 18. 882 So BeckOGK BGB (-Schlinker), Stand: 15.7.2019, § 695 Rn. 18. 883 Ablehnend MünchKomm (-Einsele), VI 3, Depotgeschäft, Rn. 84, die darauf verweist, dass die Anerkennung unmittelbarer Auslieferungsansprüche gegen Intermediäre bis hin zur Wertpapiersammelbank die mit der hierarchischen Stufung der Verwahrungsverhältnisse bezweckte Vereinfachung und Rationalisierung des Effektengiroverkehrs gefährde. Das Modell ziele darauf ab, dass die Wertpapiersammelbank nur mit einer überschaubaren Anzahl von Akteuren kontra-
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man sich dieser Auffassung anschließen und alle Intermediäre vertragsähnlichen Auslieferungsansprüchen der Anleger aussetzen wollte, folgt hieraus nicht, dass der Kunde selbst als „Treugeber“ im Verhältnis zu allen Zwischenverwahrern anzusehen ist, weil ein (gesetzlicher) Auslieferungsanspruch für sich genommen kein fiduziarisches Treuhandverhältnis zwischen dem Kunden und dem Intermediär begründen dürfte. Der treuhandrechtliche Vollstreckungsschutz knüpft an das Bestehen eines vertraglichen Schuldverhältnisses zwischen Treuhänder und Treugeber in Verbindung mit dem konstitutiven Erwerb des zu haltenden Vermögensrechts seitens Treuhänders an.884 Zudem verliert der mit der „Verwahrungspyramide“ verbundene Beschleunigungs- und Rationalisierungszweck885 in der Insolvenz einer Wertpapiersammelbank oder eines sonstigen Zwischenverwahrers nicht seine Legitimation.886 Überdies wäre die Relativität mehrstufig strukturierter Treuhandverhältnisse allein im insolvenzrechtlichen Kontext aufgehoben. Ohne Rücksicht auf die Voraussetzungen einer mehrseitigen Treuhand887 wären Dritte, die weder Treugeber noch begünstigte Dritte sind, in der Insolvenz des Treuhänders treugebergleich geschützt. Weil es aber der gewünschten Rationalisierung des Effektengiroverkehrs evident zuwiderliefe, Zwischenverwahrungsverträge als echte Verträge zugunsten Dritter (§ 328 Abs. 1 BGB) auszugestalten, verbietet es sich, die Anleger im Szenario der Insolvenz eines Intermediärs so zu stellen, als ob mehrseitige Treuhandverhältnisse bestünden.888 Ein schutzwürdiges Interesse an der Geltendmachung „stufenüberspringender“ Aussonderungsbefugnisse ist auf Seiten der Anleger auch nicht ersichtlich. Diese können und müssen sich an ihre Vertragspartner halten: Wegen ihrer treuhänderischen Bindung sind die Depotbanken zur Aussonderung der für sie selbst seitens des Schuldners treuhänderisch gehaltenen Gutschriften in Wertpapierrechnung im Interesse ihrer Geschäfts- und Privathiere und sich nicht darum kümmern müsse, in welchem Verhältnis Endkunden Rechte an den für sie verwahrten Wertpapieren reklamieren können. 884 Siehe § 4 IV. 1. a). 885 MünchKomm (-Einsele), VI 3, Depotgeschäft, Rn. 84. 886 Aus Gründen der Verfahrensökonomie sollte sich der Insolvenzverwalter des Sammeloder Zwischenverwahrers mit einer relativ überschaubaren Anzahl aussonderungsberechtigter Akteure, namentlich mit den Depotbanken, nicht mit einzelnen Geschäfts- und Privatkunden auseinandersetzen. Wäre jeder einzelne Anleger, trotz fehlender vertraglicher Beziehung, zur Aussonderung, d. h. zur Übertragung der auf ihn entfallenden Anteile am sammelverwahrten Wertpapierbestand oder zur Teilabtretung von Anteilen an Anteilsrechten, die dem insolventen Zwischenverwahrer bei der Auslandsverwahrung materiellrechtlich zugewiesen sind, berechtigt, würde dies ohne Not die Abwicklung des Insolvenzverfahrens erheblich erschweren, zumal auch gar nicht ersichtlich ist, ob die einzelnen Anleger tatsächlich hinreichend informiert und rechtlich beraten sind, um ihre Rechte kompetent auszuüben. Aspekte des Anleger- und Verbraucherschutzes streiten vielmehr dafür, die Geltendmachung von Aussonderungsrechten den Depotbanken als Treuhändern im Verhältnis zu den Anlegern aufzuerlegen. 887 Zur mehrseitigen Treuhand siehe § 4 IV. 1. 888 Auf die Frage, ob die Drittverwahrung nach § 3 Abs. 1 DepotG zumindest Schutzwirkungen für die Anleger zeitigt (bejahend z. B. Schimansky/Bunte/Lwowski (-Klanten), Bankrecht5, § 72 Rn. 13), kommt es dagegen nicht an. Denn das Institut des Vertrages mit Schutzwirkung für Dritte dient jedenfalls nicht dazu, dem Dritten Aussonderungs- und Widerspruchsrechte gegen den Schuldner zu verschaffen.
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kunden verpflichtet. Dies gilt, wie gezeigt, auch im Fall der Insolvenz der Depotbank des Anlegers; die Ansprüche aus dem Depotvertrags sind schließlich kraft Gesetzes in den Rang von Masseverbindlichkeiten erhoben (vgl. § 116 S. 3 InsO).889 cc) Bewertung der Systeme mediatisierter Wertpapierverwahrung Die Gegenüberstellung des englischen und des deutschen Systems intermediärer Wertpapierverwahrung demonstriert, dass weder das Ausmaß des Anlegerschutzes noch die Effektivität des Effektengiroverkehrs maßgeblich davon abhängt, ob ein unmittelbares oder ein mediatisiertes System der Effektenzuordnung zugrunde gelegt wird. Ob dem Investor ein equitable interest unter einem von seiner Bank errichteten sub-trust über ein genotypisch gleichartiges mediatisiertes Recht hinsichtlich des fraglichen Finanzinstruments, eine schuldrechtliche „Gutschrift in Wertpapierrechnung“ oder ein Miteigentumsanteil an einem dauerhaft entmobilisierten Wertpapier zugeordnet wird, ist letztlich bedeutungslos. Die Natur des zugewiesenen Rechts determiniert nicht die materiellen Befugnisse des Anlegers; vielmehr bestimmt die gesetzliche Regelung des Anleger- und Verkehrsschutzes die rechtsdogmatische Qualifikation seiner Rechtsstellung. Soweit in der deutschen Literatur eine Ersetzung des depotrechtlichen Miteigentumsregimes durch ein mediatisiertes System der Effektenhaltung für fremde Rechnung de lege ferenda postuliert wird,890 ist dies allein wenig aussagekräftig. Entscheidend ist die Aus889 Eine Erfüllungsablehnung seitens des Insolvenzverwalters gem. § 103 InsO scheidet demgemäß aus; siehe die Nachweise in Fn. 878. 890 Eingehend Einsele, AcP 214 (2014), S. 793, 805–810, 818 f., 821; MünchKomm (-Einsele), VI3, Depotgeschäft, Rn. 120–120d. Soweit dem Treuhandmodell gegenüber dem Regime der direkten Zuordnung von (Miteigentums-)Anteilen an Globalurkunden für die Investoren entscheidende Vorzüge zugeschrieben werden, überrascht dies nicht. Die Schwachpunkte des anachronistischen deutschen Depotrechts werden in der Literatur seit langem diskutiert (Einsele, ebd.). Mit der Ersetzung des geltenden Systems des direkten Effektenerwerbs – bei grenzüberschreitender Verwahrung oder Auslandsverwahrung sei es ohnehin außer Kraft gesetzt – durch ein schuldrechtliches Treuhandmodell könne sowohl der Anleger- als auch der Verkehrsschutz signifikant verbessern werden. Die Miteigentumslösung des deutschen Rechts sei dagegen international unzweckmäßig, weil für jedes Wertpapier oder Wertrecht die Wirksamkeit des Miteigentumserwerbs gesondert überprüft werden müsse: So wiesen Verfügungen über den Wertpapiersammelbestand oftmals grenzüberschreitenden Bezug auf, wenn der Bestand auf mehrere Staaten verteilt werde und demgemäß der Rechtserwerb nicht einer einzigen Rechtsordnung als lex rei sitae unterliege; nur wenn die sachrechtlichen Voraussetzungen aller anwendbaren Rechtsordnungen erfüllt seien, könne der Anleger Miteigentum oder ein vergleichbares Recht am Sammelbestand erwerben (Einsele, AcP 214 (2014), S. 793, 806 f., 821). Außerdem sei in diesem Kontext ohnehin fragwürdig, ob die lex rei sitae zur Anwendung berufen sei, wenn die beteiligten Rechtsordnungen den Rechtserwerb des Anlegers nicht sachenrechtlich qualifizierten, sondern dem Anleger „wirtschaftliches Eigentum“ zuwiesen (Einsele, AcP 214 (2014), S. 793, 807). Überdies richte sich die Frage, wie die durch ein Wertpapier verkörperten Rechte übertragen werden, nach dem sog. Wertpapierrechtsstatut, d. h. dem Recht des Staates, dem die verbrieften Rechtsverhältnisse unterliegen (Einsele, AcP 214 (2014), S. 793, 805–808 f.; MünchKomm (-Einsele), VI3, Depotgeschäft, Rn. 197). Nur wenn das Wertpapierrechtsstatut eine Übertragung des Wertpapiers bzw. der Miteigentumsanteile an einem Sammelbestand durch Eintragung in ein Register/Depotbuch zulässt, finde § 17a DepotG Anwendung. Die Treuhandlösung weise dagegen den Vorteil auf, dass für
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gestaltung des Regimes. Sowohl ein System direkter Rechtszuweisung als auch ein System der mediatisierten Haltung von verbrieften oder vollständig entmaterialisierten Finanzinstrumenten für fremde Rechnung steht vor der Aufgabe, dem Anlegerschutz und dem Desiderat der Leichtigkeit und Sicherheit des Effektenhandels gerecht zu werden. Im Rahmen potentiellen Reformen des Depotrecht-, Kapitalmarkt- und/oder Wertpapierrechts auf (supra-)nationaler Ebene891 ist jedenfalls sicherzustellen, dass die Rechtsposition des Investors nicht auf der Strecke bleibt. Dem englischen Regime intermediärer Wertrechtszuweisung kommt dabei kein Modellcharakter zu. Eine Teilrezeption englischer Trustdogmatik ist insoweit nicht veranlasst. Eine schematische Transposition des nur unzureichend regulierten englischen Depotund Wertpapierrechts böte im Vergleich zum geltenden deutschen Depotrecht den Endanlegern weder bei der Inlands- noch bei der Auslandsverwahrung messbare jedes Vertrags- und Treuhandverhältnis und damit effektiv auch auf der Ebene zwischen Depotbank und Depotkunde durch Rechtswahl das maßgebliche Recht bestimmt werden könne (Einsele, AcP 214 (2014), S. 793, 819); der durch die Treuhandlösung garantierten „Abschirmwirkung“, d. h. der Zwischenschaltung eines Finanzintermediärs als Rechtsinhaber des betreffenden Wertpapiers wird insoweit also größere Berechenbarkeit und Sicherheit hinsichtlich des Rechtserwerbs zugemessen. Darüber hinaus wird der Miteigentumslösung entgegengehalten, dass sich schon aus Praktikabilitätsgründen das Recht des Anlegers zu einem rein formalen Miteigentum reduziere (Einsele, AcP 214 (2014), S. 793, 821). Entgegen der h. A. sei z. B. ein gutgläubiger Erwerb eines Miteigentumsanteils an einer Dauerglobalurkunde nicht begründbar, was den für die Funktionsfähigkeit des Kapitalmarktrechts essentiellen Verkehrsschutz empfindlich schwäche; sei der Herausgabeanspruch des Anlegers generell ausgeschlossen (vgl. § 9a Abs. 3 S. 2 DepotG), könne der Anleger nicht als mittelbarer Mitbesitzer der Dauerglobalurkunde betrachtet werden. Weil die Depotbuchung bei einer Bank nicht die erforderliche Publizität für die Allgemeinheit aufweise, könne sie auch nicht neben oder anstelle des Besitzes als Rechtsscheinsträger herangezogen werden (Einsele, AcP 214 (2014), S. 793, 809 f.). Auch die im Depotrecht praktisch nicht handhabbaren Regeln über die Pfändung von Miteigentum bedürften grundlegender Modifikation: Die erforderliche Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses an alle anderen Miteigentümer komme schlechthin nicht in Betracht; aber auch eine Zustellung beim Zentralverwahrer mache keinen Sinn, weil dieser nicht überblicken könne, zu welchen Anteil die einzelnen Anleger am Sammelbestand berechtigt sind. Demgegenüber könne der schuldrechtliche Herausgabeanspruch auf Auslieferung von Einzelurkunden durch Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses an den unmittelbaren Verwahrer des Schuldners gem. §§ 829, 847, 848 Abs. 1 ZPO bewirkt werden (Einsele, AcP 214 (2014), S. 793, 810). Demgegenüber diene ein Treuhandmodell dem Desiderat der Sicherheit und Leichtigkeit des Effektengiroverkehrs. Die treuhänderische Effektenhaltung senke allfällige Transaktionskosten: Umschreibungsgebühren und Erwerbssteuern, die beim Erwerb des einzelnen Anlegers anfielen, würden erspart werden. Zudem komme es im Gegensatz zum Miteigentumsmodell im Kontext des „Transfers“ einer Gutschrift in Wertpapierrechnung nicht auf die Berechtigung des „Veräußerers“ an; die gekünstelte Konstruktion eines durch Depotbuchung (und gestuften mittelbarem Mitbesitz) erzeugten Rechtsscheins zwecks Ermöglichung eines gutgläubigen Miteigentumserwerbs am Wertpapiersammelbestand sei entbehrlich. Schließlich sei der Anleger durch die Treuhand hinreichend vor den Insolvenzund Vollstreckungsrisiken seiner Depotbank geschützt; es gelte im Ergebnis nichts anderes als ob er ein Anteilsrecht an einem Girosammelbestand erworben hätte. 891 Eine EU-Wertpapierrichtlinie, die den sach- und kollisionsrechtlichen Rechtsrahmen für die Wertpapierverwahrung und für die Ausübung von Rechten in grenzüberschreitenden Verwahrketten ist seit langem geplant; einschlägige Berichte mit Empfehlungen aus 2006 und 2008 liegen vor.
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Vorteile, sondern allenfalls den als (Zwischen-)Verwahrer fungierenden Kreditinstituten und den Emittenten.892 Es besteht auch kein Grund, die schuldrechtliche Rechtsposition des Anlegers unter einem System mediatisierter Effektenhaltung über die anerkannten „quasidinglichen“ Wirkungen der Treuhanddoktrin hinaus nach dem Vorbild eines sub-trust-basierten equitable interest zu vervollkommnen.893 Soweit der Investor nach geltendem deutschem Recht bei der Auslandsverwahrung kraft der Treuhanddoktrin gegen das Insolvenzrisiko seiner Geschäftsbank – und indirekt auch gegen das Insolvenzrisiko von Zwischen- und Endverwahrern – im Fall der Auslandsverwahrung geschützt ist,894 bleibt seine Rechtsstellung nicht maßgeblich hinter derjenigen zurück, die dem Anleger durch mehrfach gestufte trusts verschafft wird.895 Auch in England zielt das pyramidenförmige trust-Konstrukt primär darauf ab, die vertragliche Rechtsstellung der Investoren mit vollstreckungsrechtlichen Schutzwirkungen in Bezug auf die vom jeweiligen Intermediär für seine Geschäfts- und Privatkunden gehaltenen trust-gestützten equitable interests zu flankieren. Abgesehen davon sind alle weiteren Einzelbefugnisse, die dem gebündelten equitable interest der Investoren aus dem sub-trust zugeschrieben werden, schuldrechtlicher Natur.896 Dass der Anleger als beneficiary eines sub-trust über einen (selbst892 Auf die in § 4 III. 3. c) dd) (2) erörterten Nachteile des englischen sub-trust-Modells der intermediären Wertpapierverwahrung, namentlich im Kontext der Ausübung von Rechten gegen den Emittenten, wird Bezug genommen. 893 Dass sich der Anlegerschutz im englischen Recht nicht entscheidend dadurch erhöht, dass den Investoren – zusätzlich zu übertragbaren und belastbaren Auslieferungsansprüchen aus den Depotverträgen – selbstständig verkehrsfähige equitable interests unter mehrfach gestuften trusts zugeordnet werden, belegt die Analyse in 4 III. 3. c) dd). Eine effektive Ausübung von Rechten gegen den Emittenten sowie Zwischen- und End-Verwahrern in der Verwahrkette ist gerade nicht gewährleistet; außerdem ist der Investor ungeachtet seiner dinglichen Rechtstellung unter einem trust mit der kontoführenden Depotbank nicht gegen Ausfall- und Insolvenzrisiken auf vorgelagerten Stufe der Verwahrungspyramide geschützt. 894 Nachdrücklich Kümpel/ Wittig (-Will), Bank- und Kapitalmarktrecht4, Depotgeschäft, Rn. 18.182: die WR-Gutschrift des Kunden stehe im Hinblick auf das Insolvenz- und Vollstreckungsrisiko einem Anteil an einer Sammelurkunde gleich; vorsichtiger, aber i. E. wohl auch MünchKomm (-Einsele), HGB VI3, Depotgeschäft, Rn. 134, 206 ff. 895 Erst recht nicht verbessert würde die Rechtsstellung des Anlegers bei einer hypothetischen Rezeption des englischen sub-trust-Modells der intermediären Wertpapierverwahrung im Rahmen der Inlandsverwahrung, würden ihm doch sämtliche aus dem verbrieften Recht folgenden Befugnisse, nicht zuletzt die mitgliedschaftlichen Befugnisse als Aktionär, entzogen und auf einen Sammelverwahrer verlagert, mit dem der Investor nicht einmal durch ein (vertragliches) Schuldverhältnis verbunden wäre (siehe § 4 III. 3. c) dd) (2)). 896 Diese definieren den Pflichtenkreis der Geschäftsbank, ohne auf das Außenverhältnis zu Dritten durchzuschlagen. Exemplarisch zeigt sich dies bei der Aufzählung der Einzelbefugnisse des Anlegers bei Goode, Legal Problems of Credit and Security3, Rn. 6–12: Zuvörderst wird auf die Sonderbehandlung des trust property in der Insolvenz der Bank hingewiesen; dieses stehe dem Gläubigerzugriff nicht zur Verfügung. Im Weiteren werden allein die besonderen (treuhänderischen) Pflichten der Bank im Verhältnis zum Anleger benannt, z. B. die Pflicht, einen hinreichenden Deckungsbestand kontinuierlich zur Verfügung zu halten, um ggf. sämtliche Ansprüche der Kunden zu erfüllen, weiterhin die Pflicht, Zinsen und Dividenden auszukehren, auf Weisung der Kunden gesellschaftsrechtliche Mitwirkungsrechte auszuüben, auf Verlangen der Kunden die Anteile zu übertragen oder sonst über diese zu disponieren und schließlich die Auslieferung in-
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ständig) verkehrsfähigen equitable interest verfügen kann, ist im Vergleich zur Treuhandkonstruktion bei der Auslandsverwahrung von Effekten nicht von ausschlaggebender Bedeutung. Als Verfügungsobjekt steht die aus dem Depotvertrag mit dem inländischen Intermediär folgende sog. Gutschrift in Wertpapierrechnung einem trust-gestützten equitable interest in nichts nach. So wie dieser ist auch jene übertragbar, verpfändbar und pfändbar.897 Zwar kommt ein gutgläubiger (Zweit-) Erwerb einer Gutschrift in Wertpapierrechnung schlechthin nicht in Frage.898 Für die Rechtsposition des Anlegers unter dem englischen sub-trust-Konstrukt gilt aber nichts anderes. Lediglich der translative Erwerb von equitable interests vom nicht-mehr-berechtigten Zedenten ist bei der Doppel- oder Mehrfachabtretung möglich.899 Im Übrigen scheidet verkehrserleichternder Redlichkeitsschutz sowohl bei der Bestellung als auch bei der Übertragung von trust- related interests aus.900 Überdies besteht kein Bedarf für einen verkehrsschützenden translativen Zweiterwerb einer Gutschrift in Wertpapierrechnung. Die „Übertragung“ vollzieht sich materiellrechtlich in Analogie zum bargeldlosen Zahlungsverkehr durch Belastungsbuchung beim „Veräußerer“ unter entsprechende Gutschrift zugunsten des Erwerbers.901 Soweit vor dem Hintergrund der Genfer Wertpapierrechtskonvention für eine grundlegende Änderung des deutschen Depotrechts auf ein treuhandrechtliches System der mediatisierten Effektenhaltung für fremde Rechnung plädiert wird,902 bedürfte es einer klaren gesetzlichen Regelung der Anlegerrechte.903 Zu regeln wäre erstens, ob und, bejahendenfalls, unter welchen Voraussetzungen der Endanleger Rechte im Verhältnis zu den Zwischenverwahrern und dem Emittenten ohne vertragliche Beziehungen geltend machen kann. Zweitens müsste – im Gegensatz zum englischen Recht – unter einem Regime mediatisierter Effektenhaldividueller Einzelurkunden, soweit möglich und von den Kunden gefordert. All dies ist aus deutscher Sicht typischer Inhalt des Depotgeschäfts, mithin eines gemischten Geschäftsbesorgungsund Verwahrungsvertrages zwischen Depotbank und Kunde. 897 Siehe nur Kümpel/ Wittig (-Will), Bank- und Kapitalmarktrecht4, Depotgeschäft, Rn. 18.178. 898 Kümpel/Wittig (-Will), Bank- und Kapitalmarktrecht4, Depotgeschäft, Rn. 18.178. 899 Nach Maßgabe der aus Dearle v. Hall (1828) 1 Russ. 1; 38 E. R. 475 destillierten Regel. 900 § 4 III. 3. b). 901 Einsele, AcP 214 (2014), S. 793, 809, 819. Der einzige denkbare Vorteil bestünde darin, dass die Verfügungsbefugnis über einen trust-gestützten equitable interest im Vergleich zu einer schuldrechtlichen Forderung nicht mit dinglicher Wirkung ausgeschlossen oder beschränkt werden kann. Auch dies ist aber in der Praxis bedeutungslos; Abtretungsverbote sehen die einschlägigen SB-WPG hinsichtlich der Gutschrift in Wertpapierrechnung nicht vor; die Einbeziehung voraussetzungsloser Abtretungsverbote würde einer AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle (sei es im Verhältnis zu Privatkunden, sei es im Verhältnis zu Geschäftskunden) auch gar nicht standhalten. Zur unbeschränkbaren Verfügungsmacht des beneficiary siehe nur Lewin (-Tucker/Le Poidevin/ Brightwell), Trusts19, Rn. 33-004 m. w. N. 902 So insbes. MünchKomm (-Einsele), VI3, Depotgeschäft, Rn. 120a–120c. 903 Ggf. könnten §§ 8-501–8-511 U. C.C. (siehe hierzu Fn. 630) als Modellnormen für eine (supra-)nationale Ausgestaltung eines indirekten Beteiligungssystems unter Wahrung des gewünschten Schutzstandards für die Investoren herangezogen werden.
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tung einerseits die weisungskonforme Ausübung von Mitgliedschaftsrechten gesichert und andererseits eine wirkungsvolle Einbeziehungs- und Inhaltskontrolle der branchenüblichen AGB der Zwischenverwahrer und der Depotbanken implementiert werden.904 Drittens wären die Rechtsbehelfe der Anleger in der Insolvenz der Geschäftsbanken und der von diesen eingesetzten Intermediäre einschließlich der (inter-)nationalen Zentralverwahrer zu regeln; die genuin schuldrechtliche Position des Anlegers müsste insoweit durch Vollstreckungsschutz unterlegt werden. Ein Rückgriff auf die ungeschriebenen (und auch nicht abschließend geklärten) Regeln der deutschen Treuhanddoktrin (bei der Auslandsverwahrung) wäre entbehrlich; die Schwachstellen des treuhandrechtlich vermittelten Vollstreckungsschutzes fielen bei ausdrücklicher gesetzlicher Regelung nicht mehr länger ins Gewicht.905 904 Auch im englischen Recht erscheint eine grundlegende Reform des Regimes intermediärer Wertpapierverwahrung zwecks Stärkung der Rechte der Anleger geboten. Vor allem muss vermieden werden, dass die Rechtsstellung der Anleger rechtlich und tatsächlich durch nachteilige Vertragsbedingungen in Zwischenkommissions- und Zwischenverwahrungsverträgen zwischen den Kreditinstituten und den Sammelverwahrern untergraben wird. Bspw. sollten die Sicherungsoptionen der Sammelverwahrer im Verhältnis zu den Kundenbanken präzise geregelt und in Bezug auf den Haftungsumfang begrenzt werden. Soweit sich Sammel- oder Zwischenverwahrer an den treuhänderisch für die Kundenbanken gehaltenen Effekten security interests einräumen lassen und/oder die securities ggf. sogar zur Kreditaufnahme übertragen, sollte dies auf Ansprüche wegen der Verschaffung, Haltung und Verwahrung der securities aus diesem Vertragsverhältnis begrenzt werden. Desgleichen muss nach deutschem Recht sowohl bei der grenzüberschreitenden Sammelverwahrung im Wege gegenseitiger Kontenverbindungen als auch bei der „reinen“ Auslandsverwahrung von Wertpapieren sichergestellt werden, dass ausländische Verwahrer ausschließlich wegen Forderungen aus dem Depotgeschäft mit dem inländischen Zwischenverwahrer Sicherungsrechte an den im Ausland verwahrten Wertpapieren geltend machen können (vgl. Baumbach/Hopt (-Kumpan), HGB37, § 5 DepotG Rn. 5, der die Sicherungsrechtsbeschränkung aus dem Gebot der Verschaffung einer „gleichwertigen Rechtsstellung“ i. S. d. § 5 Abs. 4 Nr. 2 DepotG für die grenzüberschreitende Verwahrung herleitet; bei der Auslandsverwahrung wird die Beschränkung des Haftungsumfangs in der standardisierten „Drei-PunkteErklärung“ für die Wertpapierverwahrung im Ausland ausdrücklich festgehalten, vgl. MünchKomm (-Einsele), HGB VI3, Depotgeschäft Rn. 213). 905 Mit Blick auf die auch höchstrichterlich noch nicht geklärte Reichweite des Anlegerschutzes in der Insolvenz und Zwangsvollstreckung darf die Leistungsfähigkeit des deutschen Treuhandmodells (bei der Auslandsverwahrung) nicht überschätzt werden. Selbst wenn man unterstellt, dass die Voraussetzungen einer echten Treuhand im Verhältnis zwischen Depotbank und Anleger (und mutatis mutandis in sämtlichen Zwischenverwahrungsverhältnissen bis zum Zentralverwahrer der verbrieften oder entmaterialisierten Effekten) bei der Auslandsverwahrung i. S. v. Ziff. 12 SB-WPG vorliegen, stehen die ungeschriebenen Außenwirkungen der Treuhand in der Insolvenz des Treuhänders immer unter dem Vorbehalt, dass dieser seine fiduziarischen Pflichten achtet. Soweit und solange alle Intermediäre die ihnen zugeordneten Anteile an Effekten einer bestimmten Art buchungstechnisch klar vom sonstigen Eigen- und Fremdvermögen separieren und nicht pflichtwidrig über ihre treuhänderische Rechtsstellung disponieren, erscheint der Anleger im neuralgischen Szenario der Insolvenz eines Intermediärs oder gar mehrerer der an der Verwahrung beteiligten Kreditinstitute zwar nicht schlechter gestellt als bei direkter Zuordnung eines ideellen Anteils am Wertpapiersammelbestand. Missachtet aber auch nur eines der Kreditinstitute ihr fiduziarisches Pflichtenprogramm, ist keineswegs garantiert, dass Depotkunden mit Erfolg die ihnen nur „wirtschaftlich“ zugeordneten Rechtspositionen im Fall der Insolvenz (oder der Einzelzwangsvollstreckung) mit Erfolg verteidigen können. Aus eigenem Recht ist der Anleger nach hier vertretener Ansicht ohnedies nur bei der Insolvenz „seiner“ Depot-
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Auch ein System direkter Rechtszuweisung vermittelt, wie ein Blick auf das deutsche Depotrecht belegt, nicht zwingend einen höheren Schutzstandard für die Anleger: Das deutsche Depotrecht fasst die Miteigentümer zu einer Gefahren- und Risikogemeinschaft zusammen (§ 7 Abs. 2 S. 1 DepotG); die Miteigentümer tragen anteilig das Risiko einer nicht vom Sammelverwahrer zu vertretenden Verminderung des Sammelbestands.906 Entsprechendes gilt wenn sich der Sammelbestand eines Zwischenverwahrers reduziert; dessen Kunden tragen als Miteigentümer anteilig das Ausfallrisiko.907 Als Miteigentümer sind die Anleger demgemäß nicht vollkommen gegen das Insolvenzrisiko eines Zwischen- oder Sammelverwahrers immunisiert, setzt doch ein Aussonderungsrecht sachlogisch einen aussonderungsfähigen Gegenstand voraus – ob dieses Aussonderungsrecht aus einem Sachenrecht folgt oder kraft Gesetzes dem Gläubiger eines bloßen Verschaffungsanspruchs teilhaftig ist, macht keinen Unterschied. Dessen ungeachtet legt der Vergleich zwischen den gegensätzlichen Modellen intermediärer Wertpapierverwahrung – nicht anders als der erbrechtliche Vergleich – die Hypothese nahe, dass eine hypothetische Teilrezeption und Integration trust-rechtlicher Strukturen in das deutsche Recht nicht zu einer bedeutsamen Fortentwicklung oder gar Optimierung des geltenden Rechts beitrüge. Dies gilt jedenfalls sowohl für die Inlands- als auch für Auslandsverwahrung von Finanzinstrumenten, soweit nicht die spezifischen Schwachpunkte des englischen sub-trust-Modells mediatisierter Effektenhaltung im Rahmen einer Teilrezeption beseitigt werden.
bank zur Aussonderung berechtigt; verwirklicht sich das Insolvenzrisiko auf einer vorgelagerten Verwahrungsstufen, steht ausschließlich dem jeweiligen Hinterleger unter den Voraussetzungen der Treuhanddoktrin eine (fremdnützig im Interesse seiner Depotkunden auszuübende) Aussonderungsbefugnis in der Insolvenz „seines“ Verwahrers zu. Mit jeder weiteren Stufe der Verwahrungspyramide erhöht sich tendenziell das Ausfallrisiko der Anleger, obschon inländische Depotbanken immerhin für das Verschulden der von ihnen eingesetzten inländischen Zwischenverwahrer sowohl bei der Inlands- als auch bei der Auslandsverwahrung einstehen müssen (Ziff. 19 Abs. 1, 2 S. 2 SB-WPG). Anderes gilt freilich bei der Auslandsverwahrung, wenn der Deckungsbestand der Wertpapiere durch schuldhaftes Verhalten Dritter im Ausland beeinträchtigt wird (vgl. Ziff. 19 Abs. 2 S. 1, Ziff. 12 Abs. 4 S. 3 Var. 3 SB-WPG); das Verlustrisiko trifft den Anleger, der zudem auch die Preisgefahr trägt (Ziff. 12 Abs. 5 SB-WPG). 906 Canaris, Bankvertragsrecht I, Rn. 2118; MünchKomm (-Einsele), HGB VI3, Depotgeschäft, Rn. 89. Soweit sich der Sammelbestand durch gutgläubigen Erwerb eines Miteigentumsanteils infolge einer rechtswidrigen Verfügung oder eines sonstigen Verschuldens einer Depotbank reduziert, will Canaris a. A. O. demgegenüber nur auf diejenigen Miteigentümer den Verlust umlegen, die mit der betreffenden Depotbank vertraglich verbunden sind. Soweit sich der Sammelbestand durch ein Verschulden des Sammelverwahrers verkürzt, steht den Miteigentümern vertragliche und ggf. deliktsrechtliche Schadensersatzansprüche zu, die grundsätzlich auf Anschaffung neuer Wertpapiere derselben Art gem. § 249 Abs. 1 BGB gerichtet sind (Canaris a. A. O.). 907 MünchKomm (-Einsele), HGB VI3, Depotgeschäft, Rn. 90.
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V. Schlussfolgerungen Die Gegenüberstellung des Rechtsinstituts des (sub-)trust und der deutschen Treuhand einschließlich der Funktionsäquivalente englischer (sub-)trusts im deutschen Recht macht nicht zuletzt sichtbar, dass der essentielle strukturelle Unterschied zwischen den untersuchten Privatrechtssystemen nicht in den sachenrechtlichen Regimes, sondern in der obligationenrechtlichen Dogmatik liegt. Aus Sicht des Civil Law – das deutsche Recht dient hier nur als Repräsentant des sog. romanisch-germanischen Rechtskreises – erscheint der trust deshalb als Fremdkörper, weil dieses Institut von der proleptischen Wirkung der fiduziarischen Obligation in Equity getragen ist und nicht etwa auf die vielfach zu unrecht betonte Spaltung des Eigentums in legal ownership und beneficial ownership hinausläuft.
1. Proleptische Wirkungen der fiduziarischen Obligation Wenngleich die vermeintlich fundamentalen Divergenzen zwischen den sachenrechtlichen Regimes gleichfalls auf den ersten Blick unüberbrückbar erscheinen, lösen sich diese bei näherer Betrachtung auf: Weder die Relativitätsdoktrin noch die estates-Doktrin stehen dem Umstand entgegen, dass das Common Law, namentlich das englische Privatrechtssystem, ein den kontinentalen Regimes vergleichbares Residualrecht an verkehrsfähigen Gegenständen aller Art anerkennt, das sich als vollkommenes „Eigentum“ auch im Sinne eines Totalrechts deuten lässt.908 Die fundamentalen Grundsätze des deutschen Sachenrechts – Publizität, Absolutheit, Bestimmtheit, Typenzwang und Typenfixierung sowie das Trennungsprinzip in Form des stilprägenden Abstraktionsprinzip – sind dem englischen property law nicht unbekannt.909 Zudem stimmt die Auswahl der at law möglichen 908
§ 2 I. 3. a) bb). englische Recht operiert nicht mit einem einheitlichen System des rechtsgeschäftlichen Rechtsübergangs. Zwischen den rechtsgeschäftlichen Abschusstypen und dem betroffenen Rechtsobjekt sowie zwischen Common Law und Equity ist jeweils scharf zu unterscheiden. So wird z. B. beim unentgeltlichen rechtsgeschäftlichen Eigentumsübergang (gift) an chattels personal dem Traditionsprinzip gefolgt. Es bedarf mithin neben einer Schenkungsabsicht des donor einer delivery an den donee; die delivery kann durch eine deed nach Common Law ersetzt werden; fehlt es an dem Vollzugsmoment, entfaltet die Schenkung nach der Maxime equity will not assist a volunteer auch nicht etwa in Equity Wirkung (vgl. Bridge, Personal Property Law4, S. 171– 173; Worthington, Personal Property Law, S. 229–232; ausnahmsweise wird auf eine Übergabe nach der Regel aus Strong v. Bird (1874) L. R. 18 Eq. 318 bei Schenkungen von Todes wegen verzichtet). Vergleichbares gilt für die Einräumung eines pledge einschließlich einer sub-pledge; die delivery ist konstitutiv, eine equitable pledge ist dem geltenden Recht unberkannt (siehe hierzu § 5 III. 4. a)). Anders liegt es im Warenkaufrecht. Maßgeblich ist der Parteiwille (sec. 17 SGA 1979), wobei i. Zw. gem. sec. 18 r. 1 SGA 1979 das Einheitsprinzip gilt, mithin ein Eigentumsübergang solo consensu stattfindet (vgl. Bridge, Personal Property Law4, S. 156–157). Eine Vorwirkung in Equity kommt, da specific performance i. d. R. nicht anwendbar ist, im Warenkaufrecht prinzipiell nicht in Betracht (siehe statt vieler Oakley, Constructive Trusts3, S. 277–278; vertiefend Worthington, Proprietary Interests in Commercial Transations, S. 194–197). Endlich scheint das Common Law, auch wenn das in der Literatur nicht ausdrücklich artikuliert wird, bei der Bestel909 Das
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Sachenrechtstypen zumindest in den Grundstrukturen mit denen des Civil Law überein.910 Der wesentliche Unterschied liegt jedoch in der Wirkungsweise der Obligation, deren Erfüllung im spezifisch fiduziarischen Kontext von Equity dahingehend antizipiert wird, dass der Gläubiger – z. B. ein beneficiary unter einem lung von security interests ein Trennungsprinzip in Form eines Abstraktionsprinzips zugrunde zu legen (siehe § 5 III. 4. d) bb)). Auch bei der Forderungsabtretung und der Übertragung anderer normativer Sachen (sog. legal things in action) ist wiederum zwischen Common Law und Equity zu unterscheiden: Während das sog. statutory assignment eine schriftliche Abtretung und zusätzlich die Benachrichtigung des Schuldners resp. des trustee gem. sec. 136(1) LPA 1925 voraussetzt, kann bereits ein formloses Abtretungsversprechen – vorbehaltlich sec. 53(1)(c) LPA 1925 für equitable interests – ein vollwirksames equitable assignment konstituieren; dies dürfte einen trust an dem zu transferierenden Recht zugunsten des Zessionars begründen (näher Bridge, Personal Property Law4, S. 235–246). Eine unentgeltliche Zuwendung unkörperlicher Sachen wird, wenn der Vollzug nach Common Law noch aussteht, in Equity als vollwirksame Schenkung behandelt, wenn der Schenker (zu seinen Lebzeiten) alles getan hat, was auf seiner Seite erforderlich ist, damit der Gegenstand (nach seinem Tod) endgültig in das Vermögen des Beschenkten übergehen kann, m. a. W. ein Anwartschaftsrecht des Beschenkten vorliegt (zu den Einzelheiten siehe nur Worthington, Personal Property Law, S. 235–242). Im Liegenschaftsrecht wird demgegenüber seit jeher zwischen dem schuldrechtlichen Verpflichtungsgeschäft – in moderner Terminologie der sog. estate contract – und dem Vollzug durch eine auf Rechtserwerb gerichtete Verfügung (conveyance), die zudem in Ansehung von registered land nach Maßgabe von sec. 27 LRA 2002 der Eintragung im register of title bedarf – unterschieden (zum Erwerb von mortgages und charges siehe § 5 III. 1. b)). Insoweit gilt ein Trennungsprinzip, wobei schuldrechtliche Mängel auf die Wirksamkeit der Verfügung at law und in equity durchschlagen können; selbst die Eintragung im register of title bewirkt ungeachtet des in secs. 51, 58(1) LRA 2002 (scheinbar) statuierten title by registration-System nicht zwingend einen materiellrechtlich unanfechtbaren Rechtserwerb (die Einzeltheiten sind strittig; siehe § 12 II. 1. b)). Endlich darf nicht übersehen werden, dass das Trennungsprinzip im real property law durch die charakteristische proleptische Wirkung eines mittels specific performance durchsetzbaren Versprechens auf Übertragung resp. Einräumung von legal estates und interests in land relativiert wird; dem designierten Erwerber steht zwar noch nicht das fragliche Recht at law zu, aber in Equity ist der Rechtserwerb aufgrund eines constructive trust mit absoluter Wirkung gesichert (siehe § 4 III. 3. a) dd)). 910 Dies zeigt sich vor allem beim Vergleich des englischen Regimes der sog. servitudes – easements, profits à prendre und restrictive covenants – und den romanisch-germanischen Dienstbarkeitssystemen (siehe § 2 I. 3. b) aa)), was sich konsequenterweise in der Belastungskompatibilität spiegelt (§ 8). Auch der Vergleich der sog. dinglichen Sicherungsrechte und security interests fördert viele Gemeinsamkeiten in der rechtstypischen Auswahl zutage; die auffälligsten Divergenzen liegen in der inhaltlichen Konfiguration der betreffenden Typen, vor allem bei der Forderungsbindung und den Verwertungsoptionen (näher § 5 V. 3. a), 4. b)). Auch die rechtstatsächliche Signifikanz der scheinbar fundamentalen Divergenzen zwischen der doctrine of estates und dem allgemeinen Grundstücksrecht des Civil Law-Rechtskreises ist nicht zu überschätzen. Die estates-Doktrin ist zweifellos eine Besonderheit des englischen Rechts, die selbstverständlich eine gänzlich andere Auswahl sachenrechtlicher Rechtstypen im Liegenschaftsrecht hervorbrachte; die Typenvielfalt ist freilich längst kraft Gesetzes beseitigt, kennzeichnend ist nunmehr der Dualismus zwischen dem eigentumsäquivalenten fee simple und dem zwingend befristeten term of years absolute. Ein exaktes Analogon des term of years absolute gibt es in den modernen kontinentaleuropäischen Regimes, soweit ersichtlich, zwar nicht; es gibt aber diverse Äquivalente, die jeweils partiell die Funktionen erfüllen, welche im anglo-amerikanischen Rechtskreis den geradezu ubiquitären leases an land immanent sind, namentlich das Baurecht, das Wohnungseigentum, dingliche Wohnungsrechte, Dauerwohn- und Dauernutzungsrechte. Endlich kompensiert der miet- und pachtrechtliche Sukzessionsschutz den Mangel eines zwingend befristeten Grundstücksrechts – das nicht notwendig an die Lebensdauer des Erstberechtigten geknüpft ist (Nieß-
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trust – so gestellt wird als stünde ihm der Leistungsgegenstand unter der Prämisse der Bestimmtheit desselben unmittelbar zu.911 Wie gezeigt, ist der beneficiary vor allem im Kontext pflichtwidriger Verfügungen sowohl vom Insolvenzrisiko des trustee912 als auch vom Insolvenzrisiko des nicht fiduziarisch gebundenen Empfängers des trust property, z. B. des Kunden der Empfängerbank, befreit.913 Dem beneficiary steht es frei, entweder die Verfügung zu „falsifizieren“ – scil.: den trustee auf Naturalrestitution oder Geldersatz oder den Empfänger auf Herausgabe des erlangten trust property einschließlich sämtlicher Nutzungen und aller Surrogate in Anspruch zu nehmen – oder die Verfügung so zu behandeln als ob sie berechtigt sei: Macht er letzteres geltend, steht ihm nicht bloß ein obligatorischer Anspruch auf Übertragung und Herausgabe des Erlangten, sondern bereits ein begrenztes dingliches Recht an dem fraglichen Leistungsgegenstand zu.914 Wenngleich diese Antizipation der Erfüllung die Trennlinie zwischen Schuld- und Sachenrecht verwässert, ist sie wegen des Dualismus von Common Law i. E. S. und Equity nicht aufgehoben: Der beneficiary erwirbt richtigerweise nicht das zu übertragende Recht eo ipso oder ein in Equity projizierte Spiegelbild desselben, sondern ein auf den Erwerb eines equitable interest gerichtetes Gestaltungsrecht, welches zwangsläufig dinglichen Status erheischt.915
brauch) – nicht unwesentlich. Aus rechtshistorischer Hinsicht sei auf die der landwirtschaftlichen lease vergleichbare emphyteusis hinzuweisen, wobei das mittelalterliche Recht der leases womöglich in Ansehung der Formerfordernisse und des Rechtsbehelfs des lessor wegen Zahlungsverzugs (writ of cessavit per biennium) vom römisch-kanonischen Recht beeinflusst wurden (Ibbetson (1986) 4 Law & Hist Rev 71, 81–84; ders. in: Jenks/Rose/W hittick, Studies in Medieval Legal History in Honour of Baul Brand, S. 87–100). 911 So auch L. Smith, in: in Chambers/ Mitchell/Penner, Philosophical Foundations of the Law of Unjust Enrichment, S. 281, 292, 302–303, 305. 912 Zur inzwischen unstrittigen Verdinglichung des Anspruchs auf einen account of profit siehe die Nachweise in § 4 I in Fn. 17. 913 § 4 II. 1. b). 914 § 4 I in Fn. 17. Die proleptische Wirkung der Obligation gilt für sämtliche „profits“ einschließlich solcher, die der fiduciary aus öffentlich-rechtlichen und strafrechtlichen Gesichtspunkten überhaupt nicht hätte entgegennehmen dürfen, namentlich Bestechungsgeld. Nichts anderes gilt nach der deutschen höchstrichterlichen Rechtsprechung. Prinzipiell ist „alles“ herauszugeben, was zur Ausführung des Auftrags oder aufgrund des Auftrags erlangt wurde einschließlich Bestechungsgeld (st. Rspr. des BGH, siehe nur BGH, Urteil v. 2.4.2001 – II ZR 217/99, NJW 2001, S. 2476, 2477; näher BeckOGK BGB (-Riesenhuber), Stand: 1.4.2019, § 667 Rn. 22– 32; Staudinger (-Martinek/Omlor), BGB (2017), § 667 Rn. 8–16; kritisch MünchKomm (-Schäfer), V/27, § 667 Rn. 12–14, der deshalb auch die hier vertretene Präventionsthese ablehnt). Die sachliche Rechtfertigung liegt wiederum in der proskriptiven Stoßrichtung der fiduziarischen Pflichtenstellung: die unbedingte Achtung der Interessenwahrungspflicht ist durch ein effektives Sanktionsinstrument, vor allem durch eine Gewinnherausgabepflicht, die sich auf alle durch illoyales Verhalten im Zusammenhang der fiduziarischen Position erlangten Vorteile erstreckt, sicherzustellen (siehe auch Grundmann, Der Treuhandvertrag, S. 264). 915 Chambers, in: Degeling/Edelman, Equity in Commercial Law, S. 431, 458–461; ders., in Chambers/Mitchell/Penner, Philosophical Foundations of the Law of Unjust Enrichment, S. 242, 256–257.
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2. Potentielle Introduktion qua Neujustierung der obligationenrechtlichen Dogmatik Auf den ersten Blick sind im deutschen Recht keine legislatorischen Maßnahmen zwecks hypothetischer Introduktion des trust, sei es des express trust, sei es der implied trusts vonnöten. Zwar geht es auch hier nicht an, die fiduziarische Herausgabepflicht aus § 667 BGB vollends zu „antizipieren“, d. h. die Forderung des Treugebers so zu behandeln als sei sie bereits erfüllt, sofern man die echte Treuhand nicht zu Grabe tragen will.916 Stattdessen wäre in Analogie zu Equity die Forderung des Treugebers mit einem auf Erwerb des Erlangten gerichteten Gestaltungsrecht zu unterlegen. Ist das Erlangte hinreichend bestimmt, steht der Konstruktion eines sachenrechtlichen Gestaltungsrechts des Treugebers, wie sogleich gezeigt werden wird, nichts entgegen. Der Treugeber (resp. der Begünstigte, wenn die Treuhand mit einem Vertrag zugunsten Dritter gem. § 328 BGB kombiniert wird) wäre damit dem beneficiary im Verhältnis zum Treuhänder hinsichtlich des Schutzstandards gegen treuwidriges Verhalten praktisch gleichgestellt. Ob man ein „geheimes“ Erwerbsrecht an der Sache zulasten anderer Gläubiger anerkennen will, ist natürlich eine ganz andere Frage. Stellt man das englische law of trusts auf den Prüfstand, spricht freilich nicht viel dafür, die Rechtsposition des Treugebers917 zu einem drittwirksamen Verfügungsobjekt zu vervollkommnen. Dem Treugeber wäre damit auch unter besonderer Berücksichtigung des Belastungspotentials nicht entscheidend gedient. Vor allem aber ist mehr als fraglich, ob die Introduktion des trust durch Neujustierung der obligationenrechtlichen Dogmatik sich noch im Rahmen einer zulässigen Rechtsfortbildung extra legem bewegt oder die Grenze zur unzulässigen Rechtsfortbildung contra legem überschreitet.
3. Fehlender Bedarf eines trust im Kreditsicherungsgeschäft Zunächst müsste zumindest in der paradigmatischen Konstellation der eigennützigen Treuhand, der Sicherungsübertragung, ohnedies kein „Anwartschaftsrecht“ oder eine andere – die aus dem Sicherungsübertragungsvertrag resultierenden obligatorischen Befugnisse und die zwangsvollstreckungsrechtlichen Rechtsbehelfe zusammenfassende einheitliche – Rechtsfigur „erfunden“ werden, um einen sachgerechten Interessenausgleich zwischen dem Sicherungsgeber, dem Sicherungsnehmer und deren Gläubigern herzustellen. Der dogmatisch konsistente Ansatz läge vielmehr darin, das tradierte Konzept der Sicherungsübertragung durch die Introduktion eines besitzlosen (Register-)Pfandrechts zu ersetzen.918 Der Sicherungsgeber müsste sich nicht als Treugeber uneingeschränkt seines Eigentums, seiner 916 Bei konsequenter Geltung der proleptischen Wirkung der Rechtsübertragungspflicht aus § 667 BGB wäre nur noch eine sog. unechte Treuhand in der Form einer Ermächtigungs- oder Vollmachtstreuhand gegeben. 917 Oder die Rechtsstellung des Begünstigten im Fall eines Vertrags zugunsten Dritter (§ 328 BGB). 918 Näher § 5 V. 3. c).
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Forderungen oder seiner anderen verwertbaren Rechte begeben und wäre deshalb auch nicht auf eine „verdinglichte“ obligatorische Rechtsstellung unter Verweis auf das fiduziarische Pflichtenprogramm des Sicherungsnehmers zu verweisen. Es ist aber schon deshalb abwegig, die einzelnen vertraglichen und vollstreckungsrechtlichen Rechte des Sicherungsgebers nach dem Modell des englischen trust in einer (quasi-)dinglichen Rechtsposition zu vereinigen, weil die klassischen security interests des englischen Rechts (charge, mortgage, pledge) gerade nicht trust-rechtlich analysiert werden. Selbstverständlich wird die „Allzweckwaffe“ des trust nicht selten in der umgekehrten Konstellation, in der der settlor (als beneficiary) Kredit gewährt und der Schuldner die übertragenen Rechte sodann als trustee hält, eingesetzt.919 Der Sicherungsnehmer ist aber, obschon seine Rechtsposition ggf. in Equity beschränkt wird, niemals trustee im Verhältnis zum Sicherungsgeber. Soweit die Rechtsstellung des mortgagor nach wie vor als sog. equity of redemption bezeichnet wird, darf dies jedenfalls nicht darüber hinwegtäuschen, dass legal mortgages an land schon seit den grundlegenden liegenschaftsrechtlichen Reformen des Jahres 1925 ausschließlich in Form von Belastungen eines legal estate in land seitens des mortgagor begründet werden; die ambivalente Bezeichnung „equity of redemption“ meint insoweit also den durch die legal mortgage – entweder in Form eines Pfandrechts (charge) oder in Form eines primär zeitlich befristeten Nutzungsrechts (term of years absolute) – belasteten legal estate. Weil freilich der Eigentümer als Sicherungsgeber ohnehin kraft Gesetzes dem redlichen Zweiterwerber der Grundschuld die sicherungsvertraglichen Einreden entgegenhalten kann (§ 1192 Abs. 1a BGB) und demgemäß wirkungsvoll gegen sämtliche abredewidrige Verfügungen geschützt ist, spielen die allgemeinen Rechtsgrundsätze des Treuhandrechts, die freilich ohnehin nur im Kontext der Vollstreckung seitens der Gläubiger des Treuhänders Schutzwirkungen entfalten, insoweit keine Rolle.920 Neben dem zu Sicherungszwecken lediglich belasteten Grundstückseigentum verfügt der Sicherungsgeber zugleich mit dem sicherungsvertraglichen Freigabeanspruch über ein zusätzliches Verfügungs- und Vollstreckungsobjekt, dessen praktische Bedeutung nicht zu unterschätzen ist.921 919
Ggf. in Form eines sog. Quistclose trust (siehe § 4 I Fn. 6). Demgegenüber betont MünchKomm (-Lieder), BGB VII7, § 1191 Rn. 18, dass die allgemeinen Grundsätze des Treuhandrechts durch § 1192 Abs. 1a BGB nicht verdrängt seien, ohne auszuführen, inwieweit diese bei der Sicherungsgrundschuld von Belang sind. 921 Vielfach wird der Rückgewähranspruch seitens des Eigentümers einem nachrangigen Grundschuldgläubiger zwecks Verstärkung seiner Rechtsstellung abgetreten (siehe nur Staudinger (-Wolfsteiner), BGB (2015), Vorbem. zu §§ 1191 ff. Rn. 306–308, der freilich zutreffend betont, dass sich der noch nicht fällige Rückgewähranspruch kaum als Kreditsicherheit eignet). Dieser Abtretung liegt gleichfalls ein Sicherungsvertrag zugrunde (Staudinger (-Wolfsteiner), BGB (2015), Vorbem. zu §§ 1191 ff. Rn. 186), aus dem konsequenterweise ein vertragsimmanenter Anspruch auf Rückgewähr dieses Anspruchs resultiert, der sich wiederum als Verfügungs- und Vollstreckungsobjekt eignet und insbesondere dem nächstfolgenden Grundschuldgläubiger zwecks Verstärkung seiner Rechtsposition gewährt werden kann (vgl. MünchKomm (-Lieder), BGB VII7, § 1191 Rn. 160 f.). Entsprechendes gilt für den aus dieser Sicherungszession resultierenden Rückgewähranspruch. 920
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4. Einzelheiten einer rechtsfortbildenden Introduktion des trust Eine mögliche Rezeption trust-rechtlicher Lehren ist daher allenfalls in Bezug auf die unter dem Begriff der fremdnützigen (Verwaltungs-)Treuhand zusammengefassten Erscheinungsformen fiduziarisch gebundener Vollrechtsstellungen erwägenswert. Mit dem (freilich äußerst relativierten) Publizitätsprinzip des BGB scheint eine Rezeption des trust auf den ersten Blick kaum vereinbar. Einer (realen) Sache lässt sich nicht ansehen, ob der Rechtsinhaber einer fiduziarischen Pflichtenbindung unterliegt oder nicht, weshalb der Besitz als rechtsindizierendes Merkmal eines Treuhandverhältnisses schlechterdings versagt. Bei der paradigmatischen Form der eigennützigen Treuhand, der Sicherungsübereignung unter Vereinbarung eines Besitzkonstituts, versteht sich dies von selbst. Wird hingegen umgekehrt dem Treuhänder der unmittelbare Besitz übertragen, kann sich hieraus zwar ein Verhältnis i. S. d. § 868 BGB ergeben,922 was aber die hypothetische dingliche Berechtigung des Treugebers oder Begünstigten als mittelbarem Eigenbesitzer nicht sichtbar macht. Deshalb ist es schon jenseits des Grundstücksrechts fragwürdig, die Treuhand in Analogie zum englischen trust mit einem reduzierten Verfügungsschutz auszustatten, zumal wegen der potentiell verkehrsbehindernden Tragweite einer erweiterten Treuhanddogmatik gar nichts anderes übrig bliebe als den Sukzessionsschutz durch ein Prinzip des gutgläubig-treuhandfreien Erwerbs zu relativieren. Die Forderung des Treugebers auf Übertragung und Herausgabe des „Erlangten“ in Analogie zu Equity mit einem auf Erwerb des Erlangten – bei unterstellter Wahrung des Bestimmtheitsgrundsatzes – gerichteten dinglichen Gestaltungsrecht zu unterlegen, wäre deshalb nur der erste Schritt einer großflächigen Rechtsfortbildung im Bürgerlichen Recht. Das „unsichtbare“ Recht des Begünstigten (sei es der Treugeber selbst, sei es ein vom Treugeber nominierter Dritter) dürfte aus Wertungsgründen nicht mit einem höheren Bestandsschutzniveau versehen werden als die expressis verbis normierten begrenzten Sachenrechte, die aber grundsätzlich der Gefahr eines gutgläubig-lastenfreien Erwerbs ausgesetzt sind. Im Unterschied zu diesen müsste freilich unabhängig vom Bezugspunkt des betreffenden Rechts generell ein treuhandfreier Erwerb zumindest bei entgeltlichen Verfügungen über die treuhandbefangene Sache, sei es eine reale, sei es eine normative Sache, ermöglicht werden, wäre doch anderenfalls die Sicherheit und Leichtigkeit des Rechtsverkehrs, insbesondere die Übertragbarkeit von Forderungen und anderen Rechten gefährdet. Es dürfte für diese hypothetische Rechtsfortbildung nichts anderes gelten als für die gleichfalls von der antizipativen Wirkung eines mehraktigen Erwerbstatbestands getragenen Anwartschaftsdoktrin. Folglich wäre ein das equity-gleiche Gestaltungsrecht des Treugebers vernichtendes Rechtsgeschäft eine „Verfügung eines Nichtberechtigten“ i. S. v. § 816 Abs. 1 S. 1 BGB.923 Während der Anspruch 922 BGH, Urteil v. 24.9.2015 − IX ZR 272/13, NJW-RR 2016, S. 242, 244 Rn. 21; BeckOGK BGB (-Götz), Stand: 1.7.2019, § 868 Rn. 84.49; Staudinger (-Gutzeit), BGB (2018), § 868 Rn. 65. 923 Anders liegt es nach h. M. bei der Treuhand, soweit der Treuhänder unter Überschreitung
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aus § 816 Abs. 1 S. 1 BGB im Verhältnis zum Treugeber, der ohne Offenlegung der Treuhand verfügt, wegen § 667 BGB ohnedies bedeutungslos ist,924 liegt es im Verhältnis zum Verfügungsempfänger grundlegend anders: Aus § 816 Abs. 1 S. 2 BGB ergäbe sich – im Gleichlauf mit den Rechtsfolgen der bona fide purchaser defence – ein Anspruch gegen den unentgeltlichen Empfänger, während der schlechtgläubige ohnehin zur Herausgabe in Analogie zu § 985 BGB verpflichtet wäre – auch hier dürfte nichts anderes gelten als für Anwartschaftsrechte.925 All dies wäre freilich ohne ein dem tracing in equity angenähertes treuhandrechtliches Surrogationsprinzip nicht ausreichend, um dem Treugeber eine dem beneficiary äquivalente Rechtsstellung zu verschaffen.926 Der gutgläubig-treuhandfreie Erwerb wäre also der Schlüssel für eine unmittelbare Surrogation der Rechtsposition des Begünstigten. dieser wäre mithin sowohl bei berechtigten als auch bei pflichtwidrigen Verfügungen über das Treugut nicht auf schuldrechtliche Ansprüche und zudem in der Insolvenz nicht auf das bloße Ersatzaussonderungsrecht gem. § 48 InsO verwiesen.927 des rechtlichen Dürfens über das fiduziarisch zu haltende Vermögensrecht verfügt – der Treuhänder agiert als Berechtigter (BGH, Urteil v. 3.12.1998 – III ZR 288–96, NJW 1999, S. 1026; MünchKomm (-Schwab), BGB VI7, § 816 Rn. 28); auch die Grundsätz über den Missbrauch der Vertretungsmacht sind nicht entsprechend auf Verfügungen des Treuhänders anzuwenden. 924 Vgl. MünchKomm (-Schwab), BGB VI7, § 816 Rn. 28. 925 Allerdings ist die Frage, ob er Anwartschaftsberechtigte in Analogie zu § 985 BGB aus eigenem Recht vindizieren kann, äußerst strittig (dafür Baur/Stürner, Sachenrecht18 , § 59 Rn. 3; Staudinger (-Gursky), BGB (2012), Vorbem. zu §§ 985–1007 Rn. 6; dagegen MünchKommBGB (-Baldus), BGB VII7, § 985 Rn. 7; Rieländer, Sachenrechtliche Erwerbsrechte, S. 312–314; Wieling, Sachenrecht I 2, § 17 III 2 a mit Fn. 31 (S. 803); kritisch auch BeckOK BGB (-Fritzsche), Stand: 1.5.2019, § 985 Rn. 7). 926 Wird die vom Treugeberrecht belastete, dem „Treugut“ zugehörige Sache seitens des Treugebers mit Sachen aus der persönlichen Vermögenssphäre untrennbar vermengt oder vermischt, z. B. durch Einzahlung von Treuhandgeld auf ein Privatkonto, ohne dass sich das Treugeberrecht an dem das Verfügungsobjekt bildenden „Produkt“ fortsetzte, verfügt, dürfte es an der von § 816 Abs. 1 BGB vorausgesetzten Unmittelbarkeit fehlen (vgl. BGH, Urteil v. 9.1.1969 – VII ZR 185/66, NJW 1969, S. 605; MünchKomm (-Schwab), BGB VI7, § 816 Rn. 72). Unentgeltliche Empfänger wären allenfalls zur Herausgabe verpflichtet, soweit Ansprüche gegen den Treuhänder – der aus § 812 Abs. 1 S. 1 Var. 2 BGB haftete – ausgeschlossen wären (MünchKomm (-Schwab), BGB VI7, § 816 Rn. 72). 927 Richtiger Ansicht nach handelt es sich bei § 48 S. 1 Var. 1 InsO nicht um einen Fall der dinglichen bzw. unmittelbaren Surrogation, weil der Ersatzgegenstand (d. h. der Anspruch auf die Gegenleistung bzw. die bewirkte Gegenleistung gem. § 48 S. 2 InsO), nicht schon vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens materiellrechtlich dem potenziell Aussonderungsberechtigten zusteht; vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens stehen dem Aussonderungsberechtigten lediglich schuldrechtliche Ansprüche gegen den späteren Insolvenzschuldner auf Abtretung bzw. Herausgabe des Surrogats (z. B. aus § 816 Abs. 1 S. 1 BGB) zu, in das mithin auch die persönlichen Gläubiger des Schuldners vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens vollstrecken können (siehe Ganter, NZI 2008, S. 583, 586–587). Auch bei einer Veräußerung eines dem Aussonderungsrecht unterliegenden Gegenstandes nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens findet aber keine dingliche Surrogation statt, wäre doch anderenfalls § 47 InsO direkt auf den Anspruch auf die Gegenleistung bzw. die bewirkte Gegenleistung anwendbar; § 48 S. 1 Var. 2 InsO verstärkt daher nur in dieser Konstellation den Ersatzanspruch gegen den Insolvenzverwalter mit Aussonderungswirkung (Ganter, NZI 2008, S. 583, 587). Grundlegend anders verhält es sich beim tracing in equity; das Recht des Begünstigten setzt sich direkt an der Gegenleistung oder auch einem an die Stelle derselben getretenen Ersatz-
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Der dritte Schritt der Rechtsfortbildung schlüge deshalb die Brücke zum tracing und der daran anknüpfenden proprietary restitution. Auch die Erfüllung der bereicherungsrechtlichen Obligation des unentgeltlichen und/oder bösgläubigen Empfängers wäre in der Weise zu „antizipieren“, dass sich auf den zu kondizierenden Leistungsgegenstand das dingliche Erwerbsrecht des Treugebers bezöge, wobei freilich auch dies zur vollständigen Harmonisierung mit trust-gestützten equitable interests nicht genügte. Wegen der nach ganz h. A. auf commoda ex re limitierten bereicherungsrechtlichen Surrogation gem. § 818 Abs. 1 BGB928 bliebe das deutsche Recht auch unter Zugrundelegung der proleptischen Wirkung des Anspruchs aus § 816 Abs. 1 S. 2 BGB signifikant hinter den aufgezeigten Dimensionen des tracing in Equity zurück. Selbst wenn das Maß der Surrogation nach §§ 816 Abs. 1 S. 2, 818 Abs. 1 BGB qua rechtsfortbildender Harmonisierung den Surrogationswirkungen gem. §§ 285 Abs. 1, 667, 816 Abs. 1 S. 1 BGB929 angeglichen werden würde, stellte sich immer noch die Wertungsfrage, welche Anforderungen an den „inneren Nexus“ zwischen dem Erwerb eines Ersatzgegenstandes und dem Treubruch zu stellen sind. Das deutsche Recht stünde also nicht anders als derzeit das Common Law vor der brisanten Frage, in welchem Umfang ein sog. backwards tracing in reale oder normative Sachen ermöglicht werden soll, für deren Erwerb der Empfang des ursprünglichen Treugutes nicht conditio sine qua non ist.930 Viertens ist es nur noch ein kleiner Schritt, dem aus der Antizipation der Obligation folgenden Erwerbsrecht des Treugebers den Status eines Verfügungs- und Vollstreckungsobjekts zu attestieren, dieses mithin vollständig der Position des beneficiary anzugleichen. Wiederum legt der Vergleich mit der Anwartschaftslehre diese Rechtsfortbildung nahe. Dessen ungeachtet hätte das deutsche Recht mit gegenstand fort, wobei es dem beneficiary freisteht, sein ursprüngliches Recht an dem Surrogat oder ein Pfandrecht geltend zu machen. 928 St. Rspr. des BGH, vgl. BGH, Urteil v. 11.10.1979 – VII ZR 285/78, NJW 1980, S. 178; aus der Literatur siehe nur BeckOK BGB (-Wendehorst), Stand: 1.5.2019, § 818 Rn. 9; Erman (-BuckHeeb), BGB II15, § 818 Rn. 14; MünchKomm (-Schwab), BGB VI7, § 818 Rn. 46–47. Allerdings darf die praktische Bedeutung nicht überschätzt werden, dürfte doch die vom Bereicherungsschuldner empfangene Gegenleistung für die Veräußerung des Erlangten regelmäßig für die Bestimmung des nach § 818 Abs. 2 Var. 2 BGB geschuldeten Wertersatzes maßgeblich sein (MünchKomm (-Schwab), BGB VI7, § 818 Rn. 47 a. E.; Staudinger (-Lorenz), BGB (2007), § 818 Rn. 27 a. E.). Anderes soll überdies unter den verschärften Voraussetzungen gem. § 818 Abs. 4 BGB (ggf. i. V. m. §§ 819, 820 BGB) i. V. m. § 285 Abs. 1 BGB gelten; der Kondiktionsschuldner hafte also insbesondere bei Kenntnis auch auf Heraushabe der rechtsgeschäftlichen Surrogate (BGH, Urteil v. 11.10.1979 – VII ZR 285/78, NJW 1980, S. 178; a. A. MünchKomm (-Schwab), BGB VI7, § 818 Rn. 330). Schließt man sich dem an, gilt also nichts de lege lata nichts anderes als für die schuldrechtliche Haftung in Equity wegen knowing receipt (siehe Akita Holdings Ltd v. Attorney- General of the Turks and Caicos Islands [2017] UKPC 7 [15]–[18] (Lord Carnwath); § 4 II. 2. c)). 929 Allerdings ist die vor allem von der Rechtsprechung vertretene Erstreckung der Herausgabepflicht auf rechtsgeschäftliche Surrogate (BGH, Urteil v. 8.1.1959 – VII ZR 26/58, BGHZ 29, S. 157, 159; BeckOK BGB (-Wendehorst), Stand: 1.5.2019, § 816 Rn. 14; Erman (-Buck-Heeb), BGB II15, § 816 Rn. 19) bekanntlich gleichfalls nicht unangefochten (ablehnend u. a. MünchKomm (-Schwab), BGB VI7, § 816 Rn. 44–45). 930 Auf welche Wertungsgesichtspunkte abzustellen ist und welche Grenzen insbesondere dem sog. backwards tracing gezogen sind, ist unsicher (siehe § 4 II. 1. b)).
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diesem finalen Schritt die Grundtypen des express trust und des constructive trust in das Bürgerliche Recht inkorporiert und vor allem wäre damit auch die Anerkennung komplexer mehrstufiger Treuhandstrukturen mit entsprechender Zuordnungswirkung im Gegensatz zur lex lata verbunden: Wird dem aus der Antizipation der Obligation resultierenden Treugeberrecht der Status eines Verfügungs- und Vollstreckungsobjekt verliehen, wäre es mit den normierten Rechtstypen belastbar. Abgesehen davon wäre eine innerartliche Belastung möglich, weil auch eine fiduziarische Obligation zur Übertragung eines Treugeberrechts, d. h. die Verpflichtung des Treugebers sein Recht treuhänderisch für einen Dritten zu halten, mit einem genotypisch gleichartigen Erwerbrecht des Dritten korrespondierte – vorausgesetzt, dass auf die einschränkenden Vorgaben des Offenkundigkeits- und des Unmittelbarkeitsprinzips der Treuhand verzichtet wird.931
5. Bewertung Auf der Grundlage des geltenden Rechts wäre eine schematisch an den englischen trust angelehnte Rechtsfortbildung der ungeschriebenen Treuhanddogmatik freilich weder system- noch wertungskohärent. Auf die erörterte Durchbrechung des Publizitätsgrundsatzes jenseits des Liegenschaftsrechts sei hier nur verwiesen. Noch gravierender sind die Einwände in Ansehung des allgemeinen Liegenschaftsrechts. Bei treuhänderisch gehaltenen Rechten an Grundstücken und Grundstücksrechten kann die Treuhand schon wegen des ohne weiteres erreichbaren Vormerkungsschutzes des Treugebers keine Außenwirkungen in der Insolvenz des Treuhänders oder bei Einzelzwangsvollstreckungen in treuhänderisch gehaltene Grundstücke und Grundstücksrechte zeitigen.932 Würde dem schuldrechtlichen Anspruch des Treugebers die aufgezeigte equity-gleiche Vorwirkung zugemessen werden, wäre die Vormerkung zwar im Kontext fiduziarischer Obligationen nicht überflüssig; sie schlösse immerhin einen gutgläubig-lastenfreien Erwerb des durch das Treugeberrecht belasteten Liegenschaftsrecht aus. Indes deutet die rudimentäre legislatorische Ausgestaltung der Vormerkung (§§ 883–888 BGB, § 48 ZVG, § 106 InsO) auf eine gesetzliche Wertungsentscheidung hin, die den Gläubiger jedes Rechtsänderungsanspruchs nur unter der Voraussetzung der Eintragung der Vormerkung als schutzwürdig erachtet. Würde die fiduziarische Abrede ein unmittelbares Recht auf Erwerb des treuhänderisch gehaltenen Grundstücksrechts eo ipso erzeugen, genösse der Treugeber hingegen einen sachenrechtlichen Schutzstandard, der nur durch gutgläubig-lastenfreien Erwerb überwunden werden könnte und darüber hinaus ohne Rücksicht auf die Eintragung einer Vormerkung insolvenz- und zwangsvollstreckungsrechtlich privilgiert wäre.933 931
Siehe hierzu bereits § 4 IV. 1. a). So i. E. auch BGH, Urteil v. 24.6.2003 – IX ZR 75/01, NJW 2003, S. 3414, 3416–3417; Wieling, Sachenrecht I 2, § 18 III 4 (S. 845). 933 Die einschränkenden Voraussetzungen der §§ 9 Nr. 1, 48 ZVG und § 106 InsO wären ausgehebelt. 932
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Indes: Wird auf den Vormerkungsschutz verzichtet, ist der Treugeber oder der begünstigte Dritter nicht schutzwürdig, weshalb es nicht angeht, unter Verweis auf die „wirtschaftliche Zuordnung“ treuhänderisch gehaltener Grundstücke eine von der sachenrechtlichen Zuordnung abweichende Betrachtungsweise in der Insolvenz und Zwangsvollstreckung zugrunde zu legen.934 Vollends systemwidrig wäre es, die genuin obligatorischen Rechte des Treugebers mit einem an dingliche Grundstücksrechte angelehnten Verfügungs- und Klageschutz zu flankieren. Deshalb verbietet sich eine rechtsfortbildende Entwicklung der Treuhanddogmatik in Analogie zum trust of land i. S. v. sec. 1(1)(a) TLATA 1996, zumal diesem Institut sub specie der Detailanalyse mehrstufiger Treuhandstrukturen jede Vorbildfunktion für kontinentaleuropäische Rechtsordnungen abzusprechen ist.935 Abgesehen davon ginge eine hypothetische Rezeption der Equity-Doktrin mit einer Durchbrechung des Trennungs- und Abstraktionsprinzips einher, zumal die „Erfindung“ eines dinglichen Erwerbsrechts im fiduziarischen Kontext mit dem Numerus Clausus-Prinzip nur unter der Prämisse, dass dieser einer Erweiterung des Kreises der anerkannten Rechtstypen durch richterliche Rechtsfortbildung nicht entgegensteht,936 vereinbar wäre. In diesem Zusammenhang drängt sich der Rekurs auf die sich über Abstraktionsprinzip und Typenzwang hinwegsetzende Anwartschaftsdoktrin geradezu auf, die in auffälliger Parallele zu den Lehren der Equity die Vollendung mehraktiger Erwerbstatbestände absichert.937 Freilich nötigt die Anerkennung der im Gesetz bestenfalls rudimentär angelegten „Anwartschaftsrechte“938 nicht dazu, die mit der Antizipation der Erfüllungswirkung einer fiduziarischen Obligation notwendig verbundene weitaus invasivere Rechtsfortbildung gleichfalls anzuerkennen. Mit der generellen Veräußerlichkeit und Beleihungsfähigkeit der Rechtsstellung der beneficiaries dürfte kein die massive Rechtsfortbildung rechtfertigender Gestaltungsvorteil für den Rechtsverkehr verbunden sein, der weder mit der etablierten Treuhanddoktrin noch mit anderen Instituten des Bürgerlichen Rechts erreichbar erscheint. Aufgrund der nahezu uneingeschränkten Geltung des Prioritätsprinzips für Verfügungen über (aus einem trust of land resultierende) equitable interests und der fehlenden Eintragbarkeit im register of title ist eine Kommerzialisierung der Rechtsstellung der beneficiaries ohnedies nur schwer möglich. Paradoxerweise fällt die Interessenabwägung des englischen Rechts bei Verfügungen über sub-trust-belastete equitable interests fundamental anders aus als bei Verfügungen über trust-befangene legal estates in land: Während bei diesen der trust of land re934 BGH, Urteil v. 24.6.2003 – IX ZR 75/01, NJW 2003, S. 3414, 3416–3417; den Rekurs auf eine „wirtschaftliche Betrachtungsweise“ zur Rechtfertigung der Außenwirkungen der Treuhand in Insolvenz und Zwangsvollstreckung ablehnend Gernhuber, JuS 1988, S. 355, 358–359; Wieling, Sachenrecht I 2, § 18 I 2 a (S. 822–823). 935 Näher zum trust of land § 4 III. 4. c) bb). 936 Siehe hierzu Wiegand, FS Kroeschell, S. 623, 640–641. 937 Zur Anwartschaftslehre im Kontext der Belastbarkeit sachenrechtlicher Erwerbsbevorrechtigungen siehe § 6 III. 938 Näher Rieländer, Sachenrechtliche Erwerbsrechte, S. 286–301, 343–359.
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gelmäßig von selbst kraft overreaching erlischt,939 bleibt bei jenen die Rechtsposition der beneficiaries in Ermangelung eines (gutgläubig-)lastenfreien Erwerbs unberührt.940 Mangels Erstreckung der für Mehrfachabtretungen geltenden Regel aus Dearle v. Hall941 auf das Verhältnis zwischen trusts und (Sicherungs-)Abtretungen oder Belastungen, schlägt das Pendel mithin zugunsten des Kontinuitätsschutzes der beneficiaries eines auf einem trust of land aufbauenden sub-trust aus. Aus rechtshistorischer und rechtsdogmatischer Hinsicht sind die gegensätzlichen Regeln für Verfügungen über trust-befangene legal estates in land und sub-trustbelastete equitable interests in land zwar nachvollziehbar. Mit der pauschalen Bevorzugung der beneficiaries gegenüber Erwerbern des belasteten equitable interest und der automatischen Vernichtung des trust of land kraft entgeltlichen Erwerbs des legal estate verfehlt das englische Recht aber das Gebot, die Interessen der Beteiligten praktisch konkordant auszugleichen. Denn zum einen dürfte der voraussetzungslose Fortbestand von sub-trusts den Rechtsverkehr mit equitable interests in land nicht unwesentlich erschweren, was zum anderen aber den beneficiaries nicht entscheidend hilft, weil sie ihre Rechtsposition bei entgeltlichen Verfügungen über den (vermittels der aufeinander aufbauenden trusts of land) mehrstufig belasteten legal estate ohnehin verlieren. Die hypothetische Rezeption dieses spezifisch englischen Regelungsmodells, das zwar einerseits dem Begünstigten eine potentiell verkehrsfähige Rechtsposition am Grundstück zuordnet, diese Rechtsstellung andererseits hingegen nicht mit effektivem Verfügungsschutz unterlegt, sondern den Interessen der Kreditsicherungswirtschaft schlechthin Vorrang gegenüber den Wohnbedürfnissen der Begünstigten zumisst, ist unter Wertungsaspekten nicht geboten. Nach deutschem Recht ist schon der bloße Mieter wesentlich bessergestellt; auch ein vormerkungsäquivalenter Schutz steht den beneficiaries mangels Eintragungsfähigkeit des equitable interest nicht zur Verfügung. Im Übrigen lässt sich dem Wohnbedürfnis anderer Personen als des Grundstückseigentümers problemlos durch die einschlägigen begrenzten Sachenrechte Rechnung tragen,942 wohingegen der Rechtsverkehr mit der theoretischen Adoption des trust of land auf eine unzweckmäßige Gestaltungsform verwiesen werden würde. Auch der Umstand, dass die beneficiaries zumindest eine übertragbare und beleihungsfähige Rechtsposition aus einem trust of land 939
§ 4 II. 1. a). § 4 III. 4. b). 941 Dearle v. Hall (1828) 1 Russ. 1; 38 E. R. 475. 942 Sieht man einmal von der praktisch relevanten Option, Wohnungseigentum nach Maßgabe der §§ 3, 8 WEG zu begründen ab, stehen als beschränkte dingliche Rechte der Nießbrauch (§ 1030 BGB), das sog. Altenteil als Konglomerat mehrerer schuldrechtlicher und dinglicher Positionen einschließlich eines den Wohnbedarf des Berechtigten deckenden Grundstücksrechts, das Wohnungsrecht (§ 1093 BGB), das Dauerwohnrecht (§ 31 Abs. 1 WEG), das Wohnungserbbaurecht (§ 30 Abs. 1 WEG) und die beschränkte persönliche Dienstbarkeit (§ 1090 Abs. 1 BGB) zur Verfügung. Wenn überhaupt, ist zu überlegen, den Grundsatz der Unübertragbarkeit von Nießbrauchsrechten und Dienstbarkeiten (§§ 1059 S. 1, 1092 Abs. 1 S. 1 BGB) aufzugeben (siehe dazu § 13 I. 1.); für die Einführung eines trust of land besteht weder ein Bedarf noch ließe sich die Übernahme des englischen Modells rechtfertigen. 940
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erlangen, rechtfertigt keine andere Beurteilung. In jedem Fall vermag der Treugeber über seine Ansprüche aus dem Treuhandvertrag zu disponieren und durch private Vertragsübernahme seine Rechtsstellung vollständig auf eine andere Person zu transferieren;943 selbstverständlich ist auch das Forderungsrecht des Drittbegünstigten aus einem Treuhandvertrag zugunsten Dritter übertragbar, belastbar und pfändbar.944 Auf der anderen Seite leistet der Vergleich mit dem deutschen Treuhandrecht kaum Hilfestellung bei der wissenschaftlichen Erschließung sub-trust-spezifischer Detailfragen.945 Abgesehen davon, dass das englische law of trusts den kontinentaleuropäischen Treuhandregimes entwicklungstechnisch um Lichtjahre voraus ist, vermochte das deutsche Treuhandrecht – wie die meisten kontinentaleuropäischen Jurisdiktionen – schon deshalb nicht zu den exemplarisch aufgezeigten neuralgischen Punkten verästelter sub-trust-Strukturen vorzudringen, weil man offenbar nicht einmal auf die Idee kommt, die aus der Treuhand folgenden Ansprüche, Befugnisse und Rechtsbehelfe des Treugebers resp. des Begünstigten zu einem einheitlichen subjektiven Recht zu vervollkommnen. Solange die mit der fiduziarischen Verpflichtung des Treuhänders korrespondierende Rechtsstellung des Treugebers bzw. des Begünstigten nicht zu einem übertragbaren und belastbaren Sachenrecht avanciert, bieten sich allenfalls Einzelansprüche als Gegenstände des Rechtsverkehrs an. „Mehrstufige“ Treuhandstrukturen führen daher sowohl in der Praxis als auch in der wissenschaftlichen Aufbereitung des deutschen Treuhandrechts ein Schattendasein.946 Zumindest für die traktierte Fragestellung, ob und, bejahendenfalls, unter welchen Voraussetzungen dem beneficiary eines an einem ideellen Grundstücksteil gebildeten sub-trust das in sec. 12(1) TLATA 1996 normierte right to occupy neben oder anstelle des durch den main trust begünstigten beneficiary zusteht,947 ist der Vergleich mit dem deutschen Recht aber durchaus aufschlussreich. Mit Rücksicht auf die ambivalente Judikatur und die vereinzelten Stellungnahmen im Schrifttum lassen sich zwar selbstredend noch keine gesicherten Aussagen zur Anwendbarkeit von sec. 12(1) TLATA 1996 auf sub-trusts machen. Die besseren Gründe sprechen aber dafür, dem beneficiary eines auf einen ideellen Grundstücksanteil (unter einem main trust) bezogenen sub-trust ein Recht auf tatsächlichen (Wohn-)Gebrauch des 943
Gernhuber, JuS 1988, S. 355, 359. MünchKomm (-Gottwald), BGB III8 , § 335 Rn. 16. Der Dritte erwirbt das Forderungsrecht unmittelbar aus eigenem Recht ohne Durchgangserwerb des Versprechensempfängers (BGH, Urteil v. 29.5.1984 – IX ZR 86/82, NJW 1984, S. 2156; Schulze et al. (-Schulze), BGB10, § 328 Rn. 9; BeckOK BGB (-Janoschek), Stand: 1.5.2019, § 328 Rn. 16); ein Vollstreckungszugriff seitens der Gläubiger des Versprechensempfängers auf das Forderungsrecht des Dritten kommt daher nicht in Betracht. 945 Eingehend hierzu § 4 III. 4. 946 Mehrstufige Treuhandverhältnisse scheinen allenfalls bei der Bildung von Pensionsfonds aufgrund sog. contractual trust arrangements im Arbeitsrecht sowie bei der hierarchisch strukturierten Verwahrung von Wertpapieren und Wertrechten im Ausland, von besonderer Relevanz zu sein; siehe § 4 IV. 3., 4. b). 947 § 4 III. 4. b). 944 Vgl.
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ganzen Grundstücks zumindest nicht schlechthin abzusprechen. Obschon sich das Recht des sub-beneficiary nicht auf das „ganze“ land bezieht, ist ein right to occupy m. E. dann zu bejahen, wenn erstens dem beneficiary des unter dem main trust gebildeten Grundstücksbruchteils ein korrelatives right to occupy i. S. v. sec. 12(1) TLATA 1996 zustände, wenn sein equitable interest nicht Gegenstand eines subtrust wäre, und zweitens der rechtsgeschäftlich festgelegte Zweck des sub-trust einen (Wohn-)Gebrauch durch den beneficiary zumindest nicht ausschließt und auch nicht aus anderen Gründen ein (Wohn-)Gebrauch des Landes ausscheidet. Ein Blick auf das deutsche Recht bestätigt dies. So steht dem Miteigentümer eine Gebrauchsbefugnis hinsichtlich des Grundstücks und nicht bloß hinsichtlich seines Bruchteils zu (vgl. § 743 Abs. 2 BGB), mag dieser Anspruch auch durch Gebrauchsregelungen im Innenverhältnis der Miteigentümer eingeschränkt sein.948 948 Dass ein Recht an einem ideellen Anteil, z. B. ein trust-vergleichbarer Nießbrauch am ideellen Anteil eines Miteigentümers eines Grundstücks sich auf das Recht des Miteigentümers zum (Mit-)Besitz erstreckt, ist in Fn. 611 dargelegt worden. In der Tat wäre bei Anwendung deutschen Rechts in der besprochenen Entscheidung Creasey v. Sole [2013] EWHC 1410 (Ch); [2013] W. T.L. R. 931 ein Besitzrecht des Beklagten zu 6) als Miterbe an Grundstücken, die im Gesamthands- oder Bruchteilseigentum der verstorbenen Eheleute und Erblasser standen, nicht zwingend ausgeschlossen. Maßgeblich ist auch hier die jeweilige sachenrechtliche Zuordnung der Nachlassgegenstände vor dem Erbfall und die Gestaltung der gewillkürten Rechtsnachfolge von Todes wegen. Wenn die Eheleute z. B. im Güterstand der Gütergemeinschaft (§§ 1415 ff. BGB) leben und sich durch (wechselbezügliche) letztwillige Verfügungen als Alleinerben sowie ihre Kinder als Schlusserben einsetzen (vgl. § 2270 Abs. 2 BGB), fällt der Anteil des vorverstorbenen Gatten am Gesamtgut (§§ 1416, 1419 Abs. 1 BGB) in den Nachlass (§ 1482 S. 1 BGB) mit der Folge, dass der überlebende Ehegatte und Alleinerbe durch Vereinigung beider Gesamtgutsanteile in seiner Person ohne Auseinandersetzung des Gesamtguts Alleineigentümer der zum Gesamtgut gehörenden Grundstücke (§ 1416 Abs. 2 BGB) wird. Wenn der Alleinerbe nur als Vorerbe und die Kinder als Nacherben gem. § 2100 BGB eingesetzt sind, schränkt dies die Verfügungsbefugnisse des (alleinigen) Vorerben über die ehedem zum Gesamtgut gehörenden Grundstücke insoweit nicht ein (vgl. OLG München, Beschluss v. 14.3.2016 – 34 Wx 239/15, ZEV 2016, S. 393); die §§ 2112–2116 BGB sind nach ganz h. A. insoweit weder direkt noch entsprechend anwendbar (BGH, Beschluss v. 15.3.2007 – V ZB 145/06, NJW 2007, S. 2114; Palandt (-Weidlich), BGB78 , § 2113 Rn. 3). Argumentiert wird, dass die Grundstücke oder Anteile an den Grundstücken nicht zum Nachlass gehören; außerdem sei es nicht interessengerecht, wenn sich die Verfügungsbeschränkung zwangsläufig auf die nicht in den Nachlass fallenden Gesamthandsanteile (also auf den bereits vorhandenen Anteil des überlebenden Ehegatten und Alleinerben) erstrecken würde. Dies soll auch dann gelten, wenn die Grundstücke unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten den Schwerpunkt des gemeinschaftlichen Vermögens bilden; auf wirtschaftliche Gesichtspunkte komme es bei der gebotenen restriktiven Auslegung der Ausnahmebestimmungen der §§ 2112–2116 BGB nicht an. Überdies sind diese Vorschriften ohnehin nur auf Verfügungen inter vivos, nicht auch auf Verfügungen von Todes wegen anwendbar (vgl. Palandt (-Weidlich), BGB78 , § 2112 Rn. 5). Zwar ist die Widerruflichkeit der wechselbezüglichen Verfügungen im Fall der Errichtung eines gemeinschaftlichen Testaments beschränkt (§ 2271 BGB), was aber die Befugnis des überlebenden Ehegatten, mittels lebzeitiger Verfügungen über sein Vermögen zu verfügen, nicht beschränkt, sondern allenfalls einen schuldrechtlichen Ausgleichsanspruchs des übergangenen Schlusserben entsprechend § 2287 BGB begründet, und vor allem nicht für letztwillig verfügte, nur schuldrechtlich zwischen den Schlusserben wirkende Auseinandersetzungsanordnungen gilt (§ 2270 Abs. 3 BGB). Auch wenn bspw. eine Auseinandersetzung zwischen den Schlusserben durch Verkauf der Nachlassgegenstände in einem gemeinschaftlichen Testament angeordnet worden wäre (zu dieser Gestaltungsoption siehe nur MünchKomm (-Ann), BGB X7, § 2048 Rn. 7), sind die Ehegatten hieran
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Teil II: Innerartliche Belastungskompatibilitäten
Dass es der Rechts- und Denkfigur des trust zur Regelung der mehrheitlichen Rechtszuständigkeit nicht bedarf, ist bereits mit Blick auf die Regelung der Bruchteilsgemeinschaft sichtbar geworden.949 Die konzeptionelle Unterscheidung zwischen dem gemeinschaftlichen Gegenstand und dem ideellen Anteil im Regime der Gemeinschaft (§§ 741–758 BGB) ist das Analogon der Dichotomie von legal estate und equitable interest. Ungeachtet der theoretischen Kontroverse über das Konstrukt des „Anteils“ versteht sich von selbst, dass die Teilhaber nicht über den gemeinschaftlichen Gegenstand, präziser über das ihnen gemeinschaftlich zugeordnete relative oder absolute Recht, individuell disponieren können, was § 747 S. 2 BGB nur deklaratorisch zum Ausdruck bringt. Ein wesensimmanentes Strukturprinzip der Gemeinschaft nach Bruchteilen i. S. v. § 741 BGB folgt unmittelbar aus der Legaldefinition: Steht der gemeinschaftliche Gegenstand nicht allein einem Rechtsträger, sondern mehreren (nicht gesamthänderisch verbundenen) Pernicht gebunden: Nach dem Tod des einen könnte der andere Ehegatte seine Verfügung insoweit noch widerrufen. Allerdings kann der überlebende Ehegatte die Rechte der Schlusserben nicht durch eine neue Verfügung von Todes wegen beeinträchtigen, insbesondere wertverschiebende Verfügungen durch Vermächtnisse oder neue Auseinandersetzungs- und Teilungsanordnungen vornehmen (Palandt (-Weidlich), BGB78 , § 2271 Rn. 14). Folglich wäre der überlebende Ehegatte, ob als alleiniger Vollerbe oder als alleiniger Vorerbe, allenfalls, soweit die Bindungswirkung des § 2271 BGB reicht, daran gehindert, durch neue Verfügung von Todes wegen einem der bereits bedachten Schlusserben z. B. durch Vermächtnis oder Teilungsanordnung eines der zum Nachlass gehörenden Grundstücke zuzuweisen. Nach BGH, Urteil v. 23.9.1981 – IV a ZR 185/80, NJW 1982, S. 43, 44 ist dem überlebenden Ehegatten eine vom gemeinschaftlichen Testament abweichende Teilungsanordnung nur gestattet, wenn er einen angemessenen Ausgleich bestimmt, mithin eine wertverschiebende Wirkung durch die neue Verfügung von Todes wegen ausgeschlossen ist. Stehen dagegen die Grundstücke den testierenden Eheleuten als Miteigentümern zu Bruchteilen zu, bezieht sich die Verfügungsbeschränkung des § 2213 BGB nur auf den ideellen Anteil, der auf den überlebenden Ehegatten als (nicht befreiten) alleinigen Vorerben übergeht. In seiner Verfügungsbefugnis über den ihm bereits zustehenden Bruchteil ist der überlebende Ehegatte als Alleineigentümer der Grundstücke mithin nicht beschränkt; eine Verfügung über das ganze Grundstück ist demgemäß allenfalls in Bezug auf den von der Verfügungsbeschränkung umfassten Bruchteil unwirksam, wobei entgegen § 139 BGB im Zweifel von bloßer Teilnichtigkeit auszugehen ist (Palandt (-Weidlich), BGB78 , § 2113 Rn. 4). Unter Lebenden könnte der überlebende Ehegatte also seinen Bruchteil an einem Grundstück auf einen der Schlusserben übertragen; daran ist der überlebende Ehegatte auch im Fall der Errichtung eines gemeinschaftlichen Testaments nicht gehindert (es entsteht allenfalls ein Ausgleichsanspruch analog §§ 2287 BGB). Will der überlebende Ehegatte sich insoweit von der Bindungswirkung des gemeinschaftlichen Testaments befreien und einem der Schlusserben eines der Nachlassgrundstücke zuwenden, sei es durch Vermächtnis, sei es durch Teilungsanordnung, muss er die Erbschaft ausschlagen (§ 2271 Abs. 2 S. 1 BGB). Zwar könnte der überlebende Ehegatte nicht unmittelbar ein Grundstück resp. einen Grundstücksbruchteil einem Erben gesondert durch Verfügung von Todes wegen zuweisen. Durch ein Vermächtnis oder eine Teilungsanordnung stünde dem hierdurch begünstigten Miterben aber jedenfalls im Verhältnis zu den anderen Miterben ein obligatorisches Besitzrecht an den ihm zugewiesenen Grundstück zu. Wird lediglich ein Bruchteil zugewiesen, gilt aufgrund der dem Miteigentümer zustehenden Gebrauchsbefugnis (§ 743 Abs. 2 BGB) nichts anderes. Dieser ist vorbehaltlich entsprechender Benutzungsregelungen zum Besitz des Grundstücks berechtigt, denn die Gebrauchsbefugnis bezieht sich ausweislich des Gesetzeswortlauts auf den gesamten gemeinschaftlichen Gegenstand (BGH, Urteil v. 29.6.1966 – V ZR 163/63, NJW 1966, S. 1707, 1708; BeckOGK BGB (-Fehrenbacher), Stand: 15.2.2019, § 743 Rn. 18. 949 Siehe § 2 IV. 1. a).
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sonen zu, greifen Individualverfügungen eines Teilhabers zwangsläufig in den Zuweisungsgehalt des den anderen Teilhabern gleichfalls zugeordneten Rechts ein. Rechtsgeschäfte, die auf das gemeinschaftlich den Teilhabern zugewiesene Recht einwirken, bedürfen schon deshalb der Mitwirkung aller Teilhaber. Auf der anderen Seite erkennt das Gesetz ausweislich § 747 S. 1 BGB nicht bloß das Disposi tionsinteresse jedes individuellen Teilhabers an, sondern gewichtet es auch höher als das Interesse der übrigen Teilhaber, ein Eindringen neuer Teilhaber in die Gemeinschaft abzuwehren.950 Der Rechtsfigur des Anteils kommt eine Doppelfunktion zu: Zum einen bestimmt sie das Ausmaß der Benutzungs- und Verwaltungsbefugnisse sowie der Kosten- und Lastentragung im Innenverhältnis der Teilhaber (vgl. §§ 743 Abs. 1, 745 Abs. 1 S. 2, Abs. 3 S. 2, 748 BGB), zum anderen ist sie das rechtstechnische Vehikel, das die freie Verkehrsfähigkeit der individuellen Rechtsstellung eines Teilhabers garantiert. Auch für die unter dem englischen trust möglichen Gestaltungen einer sukzessiven Berechtigung mehrerer Personen an einzelnen Sachen oder (revolvierenden) Vermögensbeständen bieten sich funktionsäquivalente Gestaltungsmittel mit vergleichbarer Wirkkraft an. Für die aufgezeigten praktischen Erscheinungsformen mehrstufig strukturierter trusts benötigt das deutsche Recht das Institut der Treuhand nicht; das von der lex lata vorgegebene Instrumentarium erscheint ausreichend. Dies zeigt sich anhand der erbrechtlichen Fallgestaltungen, in denen subtrusts relevant werden. Im Unterschied zum englischen Recht kommt es allenfalls bei Anordnung einer (ggf. mehrfach gestaffelten) Vor- und Nacherbschaft gem. § 2100 BGB zu einer Gesamtrechtsnachfolge mit fiduziarischem Pflichtenprogramm. Es tritt aber nicht ex lege und ipso iure eine andere Person als der gesetzliche oder gewillkürte Erbe in die Rechte des Erblassers ein; das trust-ähnliche fiduziarische Pflichtenprogramm der personal representatives gegenüber den Erben ist eine Besonderheit des englischen Erbrechts, die – wie die referierten Entscheidungen belegen – automatisch dann zu einer dem sub-trust vergleichbaren Struktur führen, wenn der Erblasser selbst aus einem trust berechtigt ist. Mittels ggf. mehrfach gestaffelter Vor- und Nacherbschaft kann der Nachlass gleichfalls generationenübergreifend beliebig vielen Personen koinzident und/oder sukzessiv zur Verfügung gehalten werden. Im Unterschied zu sonstigen Gesamthandsgemeinschaften vermag jeder Miterbe über seinen Anteil am Nachlass zu verfügen (§ 2033 Abs. 1 S. 1 BGB) und somit bereits vor Auseinandersetzung die ihm erbrechtlich angefallene Rechtsposition zu verwerten.951 Dies gilt auch dann, wenn Testamentsvollstre950
Staudinger (-Eickelberg), BGB (2015), § 747 Rn. 1. MünchKomm (-Gergen), BGB X7, § 2033 Rn. 1. Ausgeschlossen sind demgegenüber zwar Verfügungen über den Anteil an einzelnen Nachlassgegenständen (§ 2033 Abs. 2 BGB), nicht aber Verfügungen über einen ideellen Teil des Anteils am Nachlass; der Anteil kann mithin auch teilweise veräußert oder mit Nießbrauchs- und Pfandrechten gem. §§ 1068 Abs. 1, 1273 Abs. 1 BGB belastet werden. Das Verfügungsrecht über den Anteil kann weder durch Vertrag zwischen den Miterben noch durch letztwillige Verfügung des Erblassers mit dinglicher Wirkung beschränkt werden; der Erblasser kann das Verfügungsrecht auch nicht durch Bestimmung eines Zustimmungsvorbehalts des Testamentsvollstreckers einschränken (siehe MünchKomm (-Gergen), BGB 951
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Teil II: Innerartliche Belastungskompatibilitäten
ckung angeordnet ist. Auf den Anteil eines Miterben am Nachlass erstreckt sich die auf Nachlassgegenstände bezogene Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis des Testamentsvollstreckers (§ 2205 BGB) generell nicht; § 2211 BGB ist nicht einschlägig.952 Demgegenüber ist das in § 2033 Abs. 1 S. 1 BGB bestimmte Verfügungsrecht nicht auf eine Mehrheit von Nacherben anwendbar, was aber die Verwertung des künftig anfallenden Erbschaftsvermögens nicht verhindert. Die Rechtsposition des Nacherben unterscheidet sich somit nicht nur hinsichtlich des Verfügungsschutzes in wesentlicher Hinsicht von der eines bloßen Treugebers, stehen doch nach allg. Ansicht allen Nacherben einschließlich des Ersatznacherben und des Nachnacherben jeweils verkehrsfähige Anwartschaftsrechte in der Latenzphase zu.953 Alles in allem ist von der aufgezeigten großflächigen Rechtsfortbildung der Treuhanddoktrin m. E. Abstand zu nehmen. Mit der Systematik des Bürgerlichen Rechts ist sie nicht vereinbar, zumal mit der Anerkennung eines equity-gleichen Sachenrechts des Treugebers kein die fundamentalen dogmatischen Umwälzungen rechtfertigender Gewinn an Gestaltungsmöglichkeiten für den Rechts- und Geschäftsverkehr verbunden sein dürfte. Die hohen Hürden, die zu Recht an eine gesetzesübersteigende Rechtsfortbildung gestellt werden,954 sind nicht erfüllt. Die Frage, ob die Treuhanddoktrin in einer dem englischen law of trusts auch nur annähernd vergleichbaren Dimension fortentwickelt werden soll, ist dem demokratisch legitimierten Gesetzgeber zu überlassen.955
X7, § 2033 Rn. 4; Palandt (-Weidlich), BGB78 , § 2033 Rn. 12). Fällt demgegenüber der Anteil des verstorbenen Miterben wiederum einer Mehrheit von Erben (sog. Erbeserbengemeinschaft) an, können diese nicht gesondert über ihren Anteil an dem in den Nachlass fallenden Erbteil verfügen (§ 2033 Abs. 2 BGB). Unter Durchbrechung des Verbots der Teilausschlagung (§ 1950 S. 1 BGB) ist allerdings eine Teilausschlagung hinsichtlich des in den Nachlass fallenden Erbteils seitens der Erbeserben zulässig (§ 1952 Abs. 3 BGB), wobei umstritten ist, ob die Teilausschlagung eines Miterbeserben zu einer Anwachsung unter den verbliebenen Miterben abweichend von § 1952 Abs. 2 BGB führt oder statt des ausschlagenden Miterbeserben derjenige Erbe wird, der den ersten Erblasser bei Ausschlagung seitens des ersten Erben beerbt hätte (vgl. Schulze et al. (-Hoeren), BGB10, § 1952 Rn. 5; MünchKomm (-Leipold), BGB X7, § 1952 Rn. 17–18). 952 Vgl. BeckOGK BGB (-Suttmann), Stand: 1.5.2018, § 2211 Rn. 20; MünchKomm (-Zimmermann), BGB X7, § 2211 Rn. 6. 953 Siehe die Nachweise in Fn. 825. 954 Siehe hierzu Larenz/Canaris, Methodenlehre der Rechtswissenschaft 3, S. 245 ff. 955 A. A. Kötz, Trust und Treuhand, S. 173–174: Als alleiniges Werk der Rechtsprechung sei auch die Fortbildung des deutschen Treuhandrechts eine Aufgabe der Judikatur und nicht des Gesetzgebers; durch gesetzgeberische Eingriffe in das Treuhandrecht drohe eine Störung des strukturellen Gleichgewichts des Bürgerlichen Rechts.
Teil II (Fortsetzung)
Innerartliche Belastungskompatibilitäten
§ 5 Verwertungsrechte Zu einer kritischen Überprüfung der Pfändung und Verpfändung von „Verwertungsrechten“ in Deutschland gibt die Betrachtung von (dinglichen) „Sicherungsrechten“ als Kreditsicherheiten für Gläubiger eines Sicherungsnehmers in England und Österreich Anlass. Schon wegen der systembedingten rechtstypischen Divergenzen variieren die jeweiligen rechtstypischen Erscheinungsformen und bestimmenden Merkmale der sog. Sicherungsrechte nicht unwesentlich. Dass der vergleichende Rechtserkenntnisprozess elementare Strukturunterschiede der ausgewählten Referenzrechtsordnungen im Hinblick auf die Lösung eines ubiquitären sozioökonomischen Phänomens, des Einsatzes von Kreditsicherheiten zur Refinanzierung eines Gläubigers, nicht ausblenden darf, versteht sich von selbst. Trotz der (auf den ersten Blick) fundamentalen Unterschiede bezüglich der Erwerbstatbestände, des sachenrechtlichen Verkehrsschutzes, der Forderungsbindung, der Realisierung und des Bestands- und Störungsschutzes fördert die komparative Studie übergreifende Prinzipien von Verwertungsrechten höheren Grades zutage, die sich in einer neuen Darstellungsweise, Terminologie und Institutionenbildung spiegeln. Die hier ausgearbeitete Systematik der intraspezifischen Belastbarkeit von Pfandrechten (i. w. S.) fördert nicht nur das Verständnis für die jeweilige Regelung vergleichbarer Lebenssachverhalte, sondern dient zugleich als Auslegungshilfe des geltenden Rechts. Sub specie der jeweils gesonderten Darstellung lassen sich die Vorzüge und Schwachpunkte der hier selektierten Rechtsordnungen identifizieren. Jede Rechtsordnung wird unter Beachtung ihres eigentümlichen sachenrechtlichen Systems vor dem Hintergrund der Lösungen der Referenzrechtsordnungen gewürdigt. Das Potential zur gesetzesimmanenten Fortbildung der lex lata und ggf. moderaten legislatorischen Reform des Sachenrechts im Hinblick auf den Einsatz von Verwertungsrechten zur Refinanzierung wird an den jeweils relevanten Stellen diskutiert. Die Bewertung des häufig als reformbedürftig kritisierten deutschen Kreditsicherungsrechts fällt deutlich besser aus als man erwarten dürfte.
I. Die Taxonomie der Verwertungsrechte „höheren Grades“ Wie bereits die römischrechtliche Rechtsfigur der pignus pignori belegt, erschöpft sich der Funktionszweck eines Pfandrechts nicht darin, dem Gläubiger selbst den vorrangigen Zugriff auf die verpfändete Sache zur Befriedigung wegen einer Geld-
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Teil II: Innerartliche Belastungskompatibilitäten
forderung zu ermöglichen.1 Schließlich eignen sich Pfandrechte und, darüber hinaus, alle sog. Sicherungs- oder Verwertungsrechte aus Sicht des Rechtsinhabers dazu, sich vermittels Sicherungsübertragung oder Verpfändung Kredit zu beschaffen und sich zu refinanzieren.2 Angesichts der Unschärfe des Sammelbegriffs „Sicherungsrechte“ („security interests“)3 ist klarzustellen, dass sich der Untersuchungsgegenstand auf alle Sachenrechtstypen erstreckt, die den Rechtsinhaber zur Ausübung und/oder zum Erwerb des belasteten Rechts, zur Verfügung über und/oder zur Zwangsvollstreckung in das belastete Recht zwecks Befriedigung wegen einer Geldsumme oder anderer geschuldeter Leistungen ermächtigen. Das Paradigma ist das Pfandrecht: Wenngleich der Durchsetzungsmodus je nach Pfandgegenstand changiert, ist jedes Pfandrecht auf Verwertung des belasteten Rechts im Wege einer ggf. hoheitlich durchgeführten Zuordnungsänderung gerichtet.4 Desgleichen zielen Hypothek und Grund- und Rentenschuld auf Zu1
Siehe dazu § 3 I. 1. Siehe – aus österreichischer Sicht – bereits Zeiller, Commentar II/1, S. 262: „Da alle im Verkehre stehenden (körperlichen oder unkörperlichen) Sachen verpfändet werden können, so ist auch ein Pfand, oder wenn man lieber will, das darauf haftende Pfandrecht ein schicklicher Gegenstand einer weiteren Verpfändung, womit der Pfandgläubiger wieder seinen Gläubiger sicher stellen kann. Man nennt diese Verpfändung, weil sie der Zeit und Ordnung nach auf eine andere folgt, eine Afterverpfändung, und die Sache ein Afterpfand.“ 3 Kritisch zur überkommenen Begriffsbildung von Bar, Gemeineuropäisches Sachenrecht I, Rn. 411–413, der einen deutlich engeren paneuropäischen Pfandrechtsbegriff präferiert – Pfandrechte befähigten den Gläubiger notwendig zur außergerichtlichen Veräußerung des Pfandes – und demgemäß Pfandrechte ebenso wie die – vor allem im law of trusts relevanten – powers of appointment und systematisch folgerichtig auch die mortgage unter dem Oberbegriff der Verfügungs- und Zurückbehaltungsrechte darstellt (von Bar, Gemeineuropäisches Sachenrecht I, Rn. 489–507). Reallasten, Hypotheken und Grundschulden seien von Pfandrechten daher klar zu unterscheiden; es handele sich um Rechte auf Beendigung oder Suspendierung fremder Grundstücksrechte (von Bar, Gemeineuropäisches Sachenrecht I, Rn. 415). 4 Allein das Mobiliarpfandrecht verleiht dem Pfandgläubiger das Recht, sich im Wege rechtsgeschäftlicher Veräußerung der betreffenden Sache ohne hoheitliche Intervention (§ 1228 Abs. 1 BGB) nach Maßgabe der §§ 1234–1240 BGB zu befriedigen. Es steht dem Pfandgläubiger ausweislich § 1233 Abs. 2 BGB frei, aufgrund eines gegen den Eigentümer erwirkten Duldungstitels den Verkauf des Pfandes nach Maßgabe der §§ 1234–1240, 1245 BGB oder nach den §§ 806, 814 ff. ZPO zu betreiben (Palandt (-Herrler), BGB78 , Einf. v. § 1204 Rn. 1, § 1233 Rn. 2; Soergel (-Habersack), BGB XVI, § 1233 Rn. 1). Im Übrigen kann in die Pfandsache auch auf der Grundlage eines gegen den Schuldner wegen der persönlichen Forderung erwirkten Vollstreckungstitels vollstreckt werden, wobei eine hiergeben erhobene Drittwiderspruchsklage (§ 771 ZPO) des Eigentümers wegen des Pfandrechts jedenfalls unbegründet wäre (Palandt (-Herrler), BGB78 , Einf. v. § 1204 Rn. 1). Auf den ersten Blick ähnelt das Rechtspfandrecht hingegen eher einer Hypothek, Grundschuld, Rentenschuld oder Reallast, begründet es doch gem. § 1277 S. 1 BGB vorbehaltlich abweichender Vereinbarungen lediglich eine Befugnis, sich mittels Zwangsvollstreckung aus dem Belastungsgegenstand zu befriedigen (vgl. BeckOGK BGB (-Volmer), Stand: 15.7.2019, § 1147 Rn. 3; näher zu den hoheitlich kontrollierten Verwertungsmöglichkeiten bei der Rechtspfändung MünchKomm (-Smid), ZPO II5, § 857 Rn. 46–51). Ordnet z. B. das Vollstreckungsgericht die Veräußerung des gepfändeten Rechts gem. § 857 Abs. 5 ZPO bzw. § 844 ZPO an, vollzieht sich die Rechtsübertragung grundsätzlich nicht entsprechend §§ 1242–1244 BGB; der Ersteher erwirbt kraft öffentlich-rechtlichen Hoheitsakts (Soergel (-Habersack), BGB XVI, § 1277 Rn. 3; Staudinger (-D. Wiegand), BGB (2019), § 1277 Rn. 6), wohingegen bei einer öffentlichen Versteigerung eines Sachpfandrechts aufgrund eines gegen den Eigentümer erwirkten Duldungstitels 2
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ordnungsänderung des belasteten Rechts, sei es durch Zwangsvollsteigerung und Zwangsverwaltung, sei es durch (die praktisch ungebräuchliche) Eintragung einer Zwangshypothek.5 Wirft man einen vergleichenden Blick auf das österreichische ein rechtsgeschäftlicher Erwerb gem. § 1242 BGB oder auch ein gutgläubiger Erwerb gem. § 1244 BGB stattfindet (Palandt (-Wicke), BGB78 , § 1233 Rn. 2; Soergel (-Habersack), BGB XVI, § 1233 Rn. 4). Allerdings können die Parteien – im Gegensatz zur Rechtslage bei Hypothek und Grundschuld (§§ 1149, 1192 Abs. 1 BGB) – bereits vor Eintritt der Pfandreife eine andere Art der Verwertung unter den einschränkenden Vorgaben des § 1277 Abs. 2 BGB vereinbaren. Zweckmäßig ist insbesondere die Vereinbarung eines Veräußerungsrechts (vgl. NomosKomm (-Bülow), BGB III4, § 1277 Rn. 1, 4). Zudem ist eine außergerichtliche Verwertung von Forderungspfandrechten, Pfandrechten an Inhaber- und Orderpapieren sowie Pfandrechten an Grund- und Rentenschulden ohnehin auch ohne Vereinbarung möglich (§§ 1281, 1282, 1291, 1293–1295 BGB); zur außergerichtlichen Realisierung der vom Forderungspfandrecht erfassten akzessorischen Rechte siehe § 5 IV. 3. b) bb). 5 In Rechtsprechung und Lehre dominiert bekanntlich die von Sohm, Die Lehre vom subpignus, S. 6 ff. maßgeblich geprägte Lehre vom „Verwertungsrecht“ (vgl. Staudinger (-D. Wiegand), BGB (2019), Vorbem. §§ 1204–1272 Rn. 13–14). Unter diesen Oberbegriff werden sowohl das Pfandrecht als auch die Hypothek und die Grund- und Rentenschuld subsumiert; die dingliche Natur des Pfandrechts steht in der zeitgenössischen Doktrin außer Frage. Nach der h. A. begründen Hypotheken und Grundschulden entgegen dem Wortlaut der parallel strukturierten §§ 1113 Abs. 1, 1191 Abs. 1 BGB nicht eine Zahlungspflicht des jeweiligen Grundstückseigentümers, sondern verpflichteten diesen ausweislich § 1147 BGB (i. V. m. § 1192 Abs. 1 BGB) zur Duldung der Zwangsvollstreckung (st.Rspr. des BGH, siehe zuletzt BGH, Urteil v. 23.2.2018 – V ZR 302/16, WM 2018, S. 636; Baur/Stürner, Sachenrecht18 , § 36 Rn. 62; Erman (-Wenzel), BGB II15, § 1147 Rn. 1; NomosKomm (-Zimmer), BGB III4, § 1147 Rn. 2; Müller/G ruber, Sachenrecht, Rn. 3214– 3215; Schellhammer, Sachenrecht4, Rn. 565; Wilhelm, Sachenrecht5, Rn. 1434–1435; Wolff/R aiser, Sachenrecht10, § 131 I–IV (S. 526–532). Über jede Kritik erhaben war diese Konzeption der „Grundpfandrechte“ freilich nie. Die ältere Theorie von der Realobligation (Eigentümer sei zur Zahlung einer Geldsumme verpflichtet, hafte aber nur mit dem Grundstück) und die vergleichbare Lehre von der dinglichen Schuld (das Recht zur Zwangsvollstreckung in das Grundstück sei durch nicht erzwingbare persönliche Zahlungspflicht des jeweiligen Eigentümers flankiert) leben immer noch in – freilich modifizierter Form – fort und erfreuen sich gerade im neueren Schrifttum größerer Beliebtheit (siehe etwa MünchKomm (-Lieder), BGB VII7, § 1147 Rn. 4–7; Staudinger (-Wolfsteiner), BGB, Einl. zu §§ 1113 ff. Rn. 37–39; Westermann/Gursky/Eickmann (-Eickmann), Sachenrecht8 , § 92 Rn. 3; E. Wolf, Sachenrecht 2, § 11 A II d) (S. 432–435)). Der dominierenden Lehre wird u. a. der Wortlaut der §§ 1113 Abs. 1, 1191 Abs. 1 BGB entgegengehalten; die passivische Formulierung „zu zahlen ist“ indiziere eine persönliche Leistungspflicht des Eigentümers, was durch die in § 1146 BGB angeordnete Verzugshaftung bestätigt werde; auch § 1147 BGB stehe dem nicht entgegen, sondern beschränke lediglich – vergleichbar der in § 1975 BGB angeordneten Beschränkung der Erbenhaftung – die Haftung des Eigentümers auf das Grundstück; endlich dürfte ein bloßer Duldungstitel nur nach § 890 ZPO vollstreckt werden, während die Immobiliarvollstreckung gem. §§ 864 ff. ZPO einen Leistungstitel voraussetze. Praktisch wirkt sich diese Kontroverse, ob der Eigentümer zur Duldung der Zwangsvollstreckung oder zur Zahlung einer Geldsumme verpflichtet ist, noch nicht einmal bei der Formulierung des Klageantrags entscheidend aus, sondern allenfalls bei der Formulierung des Vollstreckungstitels (siehe nur NomosKomm (-Zimmer), BGB III4, § 1113 Rn. 4). Aber auch für die systematische Klassifizierung des dinglichen Rechts des Gläubigers ist der skizzierte Theorienstreit letztlich unergiebig, weil sich das „Herrschaftsrecht“ ohnehin auf das Grundstück einschließlich der mithaftenden Gegenstände (und nicht auf das unbestimmte sonstige Vermögen des Eigentümers) bezieht. Wie das Pfandrecht verschaffen die Grundpfandrechte eine einseitige Zuordnungsänderungsbefugnis, die sich allerdings – im scharfem Kontrast zu §§ 1228 Abs. 1, 1235 Abs. 1 BGB – nicht in einer Befugnis zur lastenfreien Veräußerung des belasteten Eigentums, sondern in der Befugnis zur Beendigung resp. Suspendierung des belasteten Eigentums durch Zwangsversteigerung resp. Zwangs-
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Recht und – stellvertretend für den Rechtskreis des Common Law – das englische Recht, liegen die einschlägigen Äquivalente offen zu tage. Was die sog. security interests, namentlich fixed charge, floating charge, mortgage, pledge, lien,6 die österreichische Ausformung des Pfandrechts7 und die deutschen (Grund-)Pfandrechverwaltung gem. § 866 ZPO offenbart (vertiefend von Bar, Gemeineuropäisches Sachenrecht I, Rn. 415, der zwecks terminologischer Präzisierung vorschlägt, den gemeineuropäischen Begriff des Pfandrechts für ein Recht zu reservieren, das durch rechtsgeschäftliche Verfügung über das belastete Recht realisiert werde, während die Hypothek ausschließlich auf Befriedigung im Wege der Zwangsvollstreckung, also auf „Beendigung“ oder „Suspendierung“ des belasteten Rechts ziele); die (überflüssige) Belastung des Grundstücks mit einer Zwangshypothek (§ 867 ZPO) scheidet aufgrund des Verbots der Doppelsicherung des Gläubigers hingegen schlechthin aus (NomosKomm (-Zimmer), BGB III4, § 1147 Rn. 20; Staudinger (-Wolfsteiner), BGB (2015), § 1147 Rn. 66). Vornehmlich aus Gründen des Eigentümerschutzes sowie aufgrund des Schutzes konkurrierender Rechtsinhaber wird der Gläubiger auf eine Verwertung des Grundstücks in einem hoheitlich kontrollierten Verfahren verwiesen (siehe nur BeckOGK BGB (-Volmer), Stand: 15.7.2019, § 1147 Rn. 3; NomosKomm (-Zimmer), BGB III4, § 1147 Rn. 1). Dies ist freilich nur eine dezisionistische Vorgabe, die ebenso gut anders ausfallen kann, wie ein Blick auf das englische Regime der Grundpfandrechte belegt, die praktisch immer mittels außergerichtlicher Veräußerung des mortgaged property und nicht durch hoheitlich kontrollierte „Beendigung“ bzw. „Einverleibung“ mittels order foreclosure absolute verwirklicht werden. Eingehend zur Natur des (Grund-)Pfandrechts von Lübtow, in: FS Lehmann zum 80. Geburtstag I, S. 328, 328–352, der sich mit seiner entgegengesetzten Lehre vom „Anrecht“ freilich nicht durchzusetzen vermochte. 6 Siehe dazu sogleich unter § 5 III. 1. 7 Die Einordnung des Pfandrechts als dingliches Recht ist nicht nur durch die Gesetzessystematik des ABGB vorgezeichnet, sondern ausdrücklich in §§ 447 S. 1, 3078 ABGB bestimmt. Aus der Legaldefinition des § 447 S. 1 ABGB folgt, dass die Grundstruktur des Pfandrechts österreichischer Provenienz mit dem gemeineuropäischen Pfandrechtsverständnis korrespondiert, wird doch dem Pfandgläubiger, der notwendig mit dem Forderungsgläubiger identisch ist, das Recht gewährt, sich aus der Sache (dem „Pfand“, § 447 S. 2 ABGB) zu befriedigen, wenn die Forderung nicht erfüllt wird. Als Pfand kommt gem. § 448 S. 1 ABGB jede „im Verkehre“ stehende Sache in Betracht, wobei zu den verpfändbaren „beweglichen Sachen“ – wegen des extensiven Sachbegriffs des § 285 ABGB – sowohl körperliche Sachen als auch die den unkörperlichen Sachen zuzuordnenden subjektiven Rechte gehören (vgl. § 292 ABGB). Soweit das in § 448 S. 1 ABGB bestimmte Merkmal der Verkehrsfähigkeit seitens der Rspr. und des Schrifttums dahin konkretisiert wird, dass der Pfandgegenstand „verwertbar“ sein müsse, soll dies nicht zwingend die Übertragbarkeit der zu verpfändenden Sache voraussetzen (OGH 23.5.1902, GlUNF Nr. 2552; Apathy/Iro/ Koziol (-Eicher), Öst. Bankvertragsrecht IX 2, Rn. 1/6; Kletečka/Schauer (-Oberhammer/Domej), ABGB-ON, § 448 Rn. 2; Ehrenzweig, System des österreichischen Allgemeinen Privatrechts I/2, S. 424; Klang (-Klang), ABGB II2, S. 397; Schwimann/Kodek (-Hinteregger), ABGB II4, § 448 Rn. 1). Weil Verwertbarkeit i. d. S. jede Art der Befriedigung des Rechtsinhabers im Wege der Zwangsvollstreckung meint, sind unübertragbare Sachen verpfändbar, sofern sie der Zwangsverwaltung unterliegen und nicht höchstpersönlicher Art sind (Kletečka/Schauer (-Oberhammer/ Domej), ABGB-ON, § 448 Rn. 2; Schwimann/Kodek (-Hinteregger), ABGB II4, § 448 Rn. 9, 16). Neben Forderungen, Gesellschaftsanteilen und Immaterialgüterrechten sind daher diverse Sachenrechte verpfändbar, namentlich das Pfandrecht, die Hypothek, das Baurecht und nach h. A. auch das Fruchtgenussrecht (Apathy/Iro/Koziol (-Iro), Öst. Bankvertragsrecht IX 2, Rn. 2/2; Ehrenzweig, System des österreichischen Allgemeinen Privatrechts I/2, S. 428; Kletečka/Schauer (-Oberhammer/Domej), ABGB-ON, § 448 Rn. 12; Schwimann/Kodek (-Hinteregger), ABGB II4, § 448 Rn. 10–11; siehe auch bereits Strohal, GrünhutZ IX (1882), S. 659, 677–679 zur Belastung von Hypotheken mit Fruchtgenuss- und Afterpfandrechten; ferner Stubenrauch, ABGB I8 , S. 713–714: Fruchtgenussrecht sei zumindest der Ausübung nach verpfändbar), nicht hingegen die Grunddienstbarkeit, das Gebrauchsrecht und das Wohnungsgebrauchsrecht (Schwimann/Kodek
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te verbindet, ist die Befugnis, eine bestimmte Sache (außer-)gerichtlich dadurch zu verwerten, dass die Zuordnung des belasteten Rechts einseitig verändert wird. Wenngleich der überkommene Oberbegriff „Verwertungsrecht“ auf Kritik stößt,8 (-Hinteregger), ABGB II4, § 448 Rn. 10–11). Verpfändbar sind ferner das Anwartschaftsrecht des Vorbehaltskäufers und zudem Bestandsrechte, soweit sie durch Unterbestandsgabe verwertbar sind (Kletečka/Schauer (-Oberhammer/Domej), ABGB-ON, § 448 Rn. 13). Da Rechte systematisch als beweglichen Sachen eingeordnet werden, soweit sie nicht zum Besitz einer beweglichen Sachen berechtigen (§ 298 ABGB), richtet sich die Verpfändung von Rechten nach den Vorschriften über das sog. Handpfand (vgl. § 448 S. 2 ABGB) mit Ausnahme der Bestimmungen über die außergerichtliche Verwertung von Pfandrechten an beweglichen körperlichen Sachen einschließlich Inhaber- und Orderpapieren (vgl. §§ 460a Abs. 1, 466a–466e ABGB). Unter den Pfandrechtsbegriff sind begrifflich-systematisch zwei wesensverschiedene Sachenrechte, das sog. Handpfand (Pfandrecht an beweglichen Sachen) und die Hypothek (Grundpfand an unbeweglichen Sachen) im „sechsten Hauptstück“ zusammengefasst (§ 448 S. 2 ABGB), welche im Einzelnen jeweils eigenen Regelungen unterliegen und sich in der Art und Weise der Realisierung unterscheiden. Eine Hypothek kann dabei nur an solchen Rechten bestellt werden, die im Grundbuch eintragungsfähig sind, wobei verbücherte Bestandsrechte nach h. A. nicht mit einer Hypothek belastbar sind (Apathy/Iro/Koziol (-Iro), Öst. Bankvertragsrecht IX 2, Rn. 2/2 m. w. N.). Die aus dem deutschen Recht bekannte Kontroverse, ob die Hypothek auf Leistung einer Geldsumme oder lediglich auf Duldung der Zwangsvollstreckung in das Grundstück gerichtet sei, spiegelt sich in der österreichischen Doktrin bei der Abgrenzung der Pfand- bzw. Hypothekarklage (§§ 461, 466 ABGB) und der persönlichen Schuldklage: Zwar geht die h. A. davon aus, dass das Klagebegehren der Pfand- bzw. Hypothekarklage auf Zahlung der Forderung bei Exekution in das Grundstück gehe (OGH 11.12.2003 – 2 Ob 276/03g, ecolex 2004, S. 274; Rummel (-Hofmann), ABGB I3, § 466 Rn. 6); seiner Natur nach sei der Pfandverwertungsanspruch i. S. d. § 461 ABGB aber nicht eine „gewöhnliche“ Geldforderung, weil das Begehren des Pfandnehmers im Kern auf Duldung der Befriedigung aus dem Pfand gerichtet sei, weshalb die Pfand- oder Hypothekarklage – da nicht ausschließlich auf Zahlung einer Geldsumme gerichtet – nicht im Mahnverfahren gem. §§ 244 ff. ZPO verfolgt werden könne (OGH 11.12.2003 – 2 Ob 276/03g, ecolex 2004, S. 274). 8 von Bar, Gemeineuropäisches Sachenrecht II, Rn. 413 kritisiert den Terminus Verwertungsrecht deshalb, weil es kein Recht „an“ oder „auf“ den Wert einer Sache gebe; eine Verwertung setze stets eine Umwandlung derselben in Geld, also einen Käufer voraus, der aber nicht willkürlich vom Eigentümer ausgewählt werden könne; von Bar, Gemeineuropäisches Sachenrecht II, Rn. 415 zieht es unter Konzentration auf die Modalität der Rechtsdurchsetzung vor, den Begriff „Pfandrecht“ für Rechte zu reservieren, die dem Gläubiger eine Befugnis zur rechtsgeschäftlichen Verfügung über die fremde Sache verleihen, während Hypotheken, Grundschulden und Reallasten Rechte zur Beendigung oder Suspendierung des belasteten Rechts im Wege der Zwangsvollstreckung vermittelten. Gegen die mit dieser Analyse verbundene terminologische Neujustierung ist zwar entgegen der Kritik von BeckOGK BGB (-Kern), Stand: 1.4.2019, § 1113 Rn. 206.2 nichts einzuwenden. Im Zusammenhang des hier relevanten Untersuchungsgegenstandes ist jedoch der tradierte Ordnungsbegriff „Verwertungsrechte“ für Pfandrechte, Hypotheken, Grund- und Rentenschulden und Reallasten sowie mortgages, charges, liens und pledge beizubehalten. Wenngleich eine Sache selbst von dem Eigentümer natürlich nicht ohne einen Partner in Geld umgewandelt werden kann, kann die Zuordnungsänderung des belasteten Rechts seitens des Pfand-, Hypotheken-, Grundschuld- oder Reallastgläubigers fraglos einseitig herbeigeführt werden, zumal es diesem freisteht, beim Pfandverkauf bzw. bei der Zwangsvollstreckung mitzubieten und dadurch das Pfand bzw. das Grundstück selbst rechtsgeschäftlich oder kraft Gesetzes zu erwerben (vgl. §§ 1239 Abs. 1, 1242 Abs. 1 S. 2 BGB, § 817 Abs. 4 ZPO). Je nach Bezugspunkt, Art des Rechts und vertraglicher Abrede zeigt sich die Zuordnungsänderung in einer Abspaltung der Nutzungen vom belasteten Recht (z. B. durch Bestellung eines receiver durch den mortgagee, durch Einziehung von Zinsen und anderen Nutzungen aufgrund einer Antichrese), in einer (teilweisen) Übertragung des belasteten Rechts (z. B. durch Abtretung der belasteten Forderung an Zahlungs statt, aufgrund eines selbst durchgeführten Pfandverkaufs oder durch Pfändung und Überwei-
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ist an diesem für den hier relevanten Untersuchungsgegenstand festzuhalten. Weil die dem Rechtsinhaber eingeräumte Zuordnungsänderungsbefugnis sich aber nicht im Funktionszweck des Rechtserwerbs erschöpft, sondern der Befriedigung dient, sind „Verwertungsrechte“ durch die (uneingeschränkte) Dispositionsbefugnis des Inhabers über sein Stammrecht gekennzeichnet, was sich in der im Vergleich zu anderen Sachenrechtstypen erhöhten Kombinationsvarianz der möglichen Belastungen niederschlägt. Auf die Modalitäten der Zuordnungsänderung kommt es für die Belastungskompatibilität des fraglichen Rechts freilich nicht an: Ob die „Verwertung“ im Wege der Zwangsvollstreckung oder durch rechtsgeschäftliche Verfügung resp. Nutzung (antichretisches Pfandrecht) erfolgt, sagt über die Dispositionsbefugnis hinsichtlich des Stammrechts nichts aus. Deshalb ist es hier geboten ist, die wechselseitige Belastbarkeit von Pfandrechten, Hypotheken, Grund- und Rentenschulden und der Funktionsäquivalente des Common Law einheitlich darzustellen und sämtliche Varianten dieser mehrstufigen Belastungen als Verwertungsrechte höheren Grades zu bezeichnen. Darüber hinaus sind die rentcharge9 und die Reallast des deutschen und des österreichischen Rechts in die Betrachtung einzubeziehen, weil sie gleichfalls eine Beendigungs- und/der Suspendierungsbefugnis über das belastete (Liegenschafts-) Recht zwecks Befriedigung des Gläubigers wegen wiederkehrend geschuldeter Leistungen verschaffen.10 Sowohl aus der Legaldefinition dieser Belastung (§ 1105 sung des verpfändeten Rechts) und schließlich in einem maximalinvasiven Erlöschen des belasteten Rechts (z. B. durch Einziehung der belasteten Forderung, order for foreclosure absolute, Zuschlagsbeschluss in der Zwangsversteigerung). Letztlich handelt es sich um dezisionistische gesetzliche Vorgaben (siehe zur rechtspolitischen Legitimation der durch §§ 1147, 1149 BGB angeordneten hoheitlich kontrollierten und verantworteten Rechtsdurchsetzung Mot. III, S. 677; BeckOGK (-Volmer), Stand: 15.7.2019, § 1147 Rn. 2–6; MünchKomm (-Lieder), BGB VII7, § 1147 Rn. 1), die für die hier relevante Untersuchung mehrstufiger Verwertungsrechte von untergeordneter Bedeutung sind. 9 Siehe dazu § 5 III. 2. 10 Zu den Reallasttheorien eingehend von Lübtow, FS Lehmann I zum 80. Geburtstag, S. 328, 352–387. Im Gegensatz zu den lehensrechtlichen Zins-, Dienst- und Zehntpflichten, auf die das Rechtsinstitut der Reallast rechtsgeschichtlich zurückgeführt wird (Staudinger (-Reymann), BGB (2017), Einl. zu §§ 1105–1112 Rn. 1), ist der rechtstatsächliche Anwendungsbereich der Reallast überschaubar (vgl. Baur/Stürner, Sachenrecht18 , § 35 Rn. 8–12). Während man einerseits in den Entwürfen des BGB auf die Reallast nicht verzichten wollte, war man andererseits doch bestrebt, die oftmals perhorreszierte Fesselung des Grundbesitzes durch unbefristete Abgaben- und Dienstpflichten zu verhindern; vor diesem Hintergrund erklären sich die u. a. in Art. 113–115 EGBGB normierten Vorbehalte für landesrechtliche Regelungen, die den Ausschluss und die Beschränkung der Bestellung von Reallasten und einschränkende Vorgaben über den zulässigen Inhalt sowie die Bestimmung von Ablösungsrechten ermöglichen (Baur/Stürner, Sachenrecht18 , § 35 Rn. 8; Staudinger (-Reymann), BGB (2017), Einl. zu §§ 1105–1112 Rn. 2). Soweit es z. B. um die Sicherung von wiederkehrenden Leibrentenzahlungen und/oder Dienstpflichten bei Übergabeverträgen aufgrund vorweggenommener Erbfolge, um die Sicherung des Erbbauzinses oder auch um die Energieversorgung geht, ist die Reallast als Gestaltungsmittel aber wohl unverzichtbar (vgl. Staudinger (-Reymann), BGB (2017), Einl. zu §§ 1105–1112 Rn. 82). Ein besonderer Vorteil im Vergleich zur Hypothek und zur Grund- und Rentenschuld besteht vor allem darin, dass Wertsicherungsklauseln dingliche Wirkung gem. § 1105 Abs. 1 S. 2 BGB verliehen werden kann, was eine kontinuierliche Anpassung geschuldeter Rentenleistungen an veränderte Verhältnisse er-
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Abs. 1 S. 1 BGB) als auch aus dem Verweisungsbefehl des § 1107 BGB folgt, dass die Reallast in Übereinstimmung mit der Hypothek und der Grund- und Rentenschuldschuld im Wege der Zwangsvollstreckung in das Grundstück zu verwirklichen ist (§§ 1107, 1147 BGB, § 866 ZPO).11 Das dingliche Recht verleiht eine einseitige Befugnis zur Zuordnungsänderung. Der Rechtsinhaber ist kraft seines Sachenrechts ausschließlich berechtigt, sich vermittels Zwangsvollstreckung in das Grundstück mit dem Rang der Reallast wegen der zu entrichtenden Leistungen zu befriedigen und somit den jeweiligen Eigentümer aus seiner Rechtsposition dauerhaft zu verdrängen oder dessen Nutzungsbefugnis temporär aufzuheben. Dass sowohl die Zwangsvollstreckung als auch die Zwangsverwaltung nicht unwesentliche Rechtsnachteile für den betreibenden Reallastgläubiger zeitigen kann,12 ist für laubt. Aufgrund des Bestimmtheitsgebots der §§ 1113 Abs. 1, 1115 Abs. 1, 1191 Abs. 1, 1199 Abs. 1 BGB ist eine effektive Sicherung schuldrechtlicher Renten mittels Hypothek oder Grund- und Rentenschuld unmöglich (Staudinger (-Reymann), BGB (2017), Einl. zu §§ 1105–1112 Rn. 82). 11 Die Legaldefinition des § 1105 Abs. 1 S. 1 BGB deutet den charakteristischen Rechtsinhalt mit der kryptischen Formulierung, dass „an denjenigen, zu dessen Gunsten die Belastung erfolgt, wiederkehrende Leistungen aus dem Grundstück zu entrichten sind“ immerhin an. Wie die Reallast verwirklicht wird, folgt erst aus dem Verweisungsbefehl des § 1107 BGB auf die für hypothekarisch gesicherte Zinsforderungen geltenden Vorschriften einschließlich § 1147 BGB; wegen der einzelnen Leistungen kann sich der Berechtigte aus seinem dinglichen Recht mithin nur im Wege der Zwangsvollstreckung befriedigen (vgl. MünchKomm (-Mohr), BGB VII7, § 1105 Rn. 7; NomosKomm (-Reetz), BGB III4, § 1105 Rn. 4). Von seinem dinglichen Recht wegen der einzelnen Leistungen wird das in § 1105 Abs. 1 S. 1 BGB normierte „Stammrecht“ (vgl. auch § 9 Abs. 3 Nr. 1 ErbbauRG) unterschieden. Dieses wird von der h. A. als der kapitalisierte Wert aller rückständigen, laufenden und künftigen Einzelleistungen begriffen (NomosKomm (-Reetz), BGB III4, § 1105 Rn. 4; Staudinger (-Reymann), BGB (2017), Einl. zu §§ 1105–1112 Rn. 43). Aus der einheitlichen Struktur des Stammrechts wird die zwingende Einheitlichkeit des Ranges abgeleitet, die es verbiete, die einzelnen Leistungen, insbesondere für rückständige einerseits und künftige andererseits, mit unterschiedlichem Rang einzutragen (NomosKomm (-Reetz), BGB III4, § 1105 Rn. 3; Staudinger (-Reymann), BGB (2017), Einl. zu §§ 1105–1112 Rn. 52). Während sich die Reallast von der Hypothek zuvörderst schon durch fehlende Akzessorietät unterscheidet, liegt die Besonderheit im Vergleich zur Hypothek und zur Grundschuld darin, dass der Reallastgläubiger nicht auf eine Verwertung des Grundstücks angewiesen ist, haftet doch der aktuelle Grundstückseigentümer nach § 1108 Abs. 1 BGB für die während seiner Eigentümerstellung entstandenen Rückstände mit seinem Gesamtvermögen kraft Gesetzes. In der Praxis verschleifen sich die Gegensätze natürlich durch ergänzende schuldrechtliche Vereinbarungen. So übernimmt der Eigentümer bei Bestellung einer Grundschuld oder Hypothek in aller Regel eine persönliche Haftung wegen der Grundschuld- oder Hypothekensumme aufgrund abstrakten Schuldanerkenntnisses oder Schuldversprechens und unterwirft sich zugleich der sofortigen Zwangsvollstreckung in einer notariellen Urkunde gem. § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO, während Reallasten und Grundschulden i. d. R. der Sicherung von Forderungen dienen. Die (Sicherungs-)Reallast führt demgemäß zur sog. Haftungstrias des Eigentümers (MünchKomm (-Mohr), BGB VII7, § 1105 Rn. 7; Staudinger (-Reymann), BGB (2017), Einl. zu §§ 1105–1112 Rn. 61). Dieser ist aufgrund des dinglichen Rechts zur Duldung der Zwangsvollstreckung verpflichtet, haftet aufgrund des akzessorietätsähnlichen Leistungsanspruchs für die während der Zeit seiner Eigentümerstellung fällig werdenden Reallastleistungen zudem mit seinem Gesamtvermögen und ist überdies aus dem Leibrentenversprechen oder dem sonstigen schuldrechtlichen Vertragsverhältnis, das durch die Reallast gesichert wird, zur Leistung verpflichtet. 12 Die allseits bekannten Gefahren, die mit einer Zwangsvollstreckung in das Grundstück für den Reallastgläubiger verbunden sind, lassen sich durch diverse kautelarjuristische Gestaltungen
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die systematische Einordnung ebenso bedeutungslos wie die mit dem dinglichen Stammrecht untrennbar verbundene komplementäre Haftung des jeweiligen Eigentümers mit seinem Gesamtvermögen für die während der seiner Eigentümerund verfahrensrechtliche Strategien nur teilweise kompensieren (vertiefend Amann, DNotZ 2004, S. 599–614; siehe auch Schöner/Stöber, Grundbuchrecht15, Rn. 1317–1317e; Staudinger (-Reymann), BGB (2017), Einl. zu §§ 1105–1112 Rn. 50–57). Während bei der Zwangsverwaltung stets zu gewärtigen ist, dass die zu erzielenden Nettoerträge zur Befriedigung des betreibenden Reallastgläubigers wegen rückständiger und laufender Reallastleistungen nicht ausreichen (Staudinger (-Reymann), BGB (2017), Einl. zu §§ 1105–1112 Rn. 57), erlischt die nicht in das geringste Gebot fallende Reallast des betreibenden Gläubigers durch Zuschlagsbeschluss in der Zwangsversteigerung gem. §§ 91, 52 Abs. 1 Nr. 2 ZVG (Baur/Stürner, Sachenrecht18 , § 35 Rn. 19; Staudinger (-Reymann), BGB (2017), Einl. zu §§ 1105–1112 Rn. 50). Wegen der laufenden und der aus den letzten zwei Jahren rückständigen Reallastleistungen ist der betreibende Reallastgläubiger aus dem Versteigerungserlös nach Maßgabe seines Ranges gem. § 10 Abs. 1 Nr. 4, 2. Hs. ZVG zu befriedigen; an die Stelle des dinglichen Rechts tritt bei Erlöschen durch Zuschlagsbeschluss entweder ein Anspruch auf Wertersatz aus dem Versteigerungserlös in Form einer dem Jahreswert des dinglichen Rechts entsprechenden Geldrente (§ 92 Abs. 2 ZVG), ein Anspruch auf einmaligen Wertersatz bei einer befristeten Reallast (§ 92 Abs. 1 ZVG) oder bei kraft Landesrecht ablösbarer Reallast der Ablösungsbetrag (§ 92 Abs. 3 ZVG). Nach BGH, Beschluss v. 2.10.2003 – V ZB 38/02, NJW 2004, S. 361 lässt sich die Rechtsfolge des § 91 Abs. 1 ZVG jedenfalls nicht durch eine von § 12 Nr. 2, 3 ZVG abweichende Bestimmung der Tilgungsreihenfolge dahingehend umgehen, dass das Stammrecht Vorrang vor den rückständigen Reallastleistungen erhalte und somit in das geringste Gebot falle, umgehen (siehe hierzu auch Baur/Stürner, Sachenrecht18 , § 35 Rn. 19; Staudinger (-Reymann), BGB (2017), Einl. zu §§ 1105–1112 Rn. 52). Der Gesetzgeber habe ausdrücklich nur bei der Erbbauzinsreallast durch die Regelung des § 9 Abs. 3 ErbbauRG Abhilfe geschaffen; jenseits des unmittelbaren Anwendungsbereichs dieser nicht analogiefähigen Ausnahmevorschrift könne die Rechtsfolge des §§ 91 Abs. 1, 52 Abs. 1 S. 2 ZVG nicht durch materiellrechtliche Vereinbarungen zugunsten des Reallastgläubigers außer Kraft gesetzt werden; nur der Erbbauzins sei als Ausgleich der dem Eigentümer auferlegten Einschränkung seiner Befugnisse dieses besonderen Bestandsschutzes würdig (vgl. BGH, Beschluss v. 2.10.2003 – V ZB 38/02, NJW 2004, S. 361, 362). Freilich kann auf Antrag durch abweichende Festlegung des geringsten Gebots der Fortbestand der Reallast gem. § 59 ZVG gewährleistet werden; sofern der Reallast des betreibenden Gläubigers keine Rechte im Rang vorgehen oder gleichstehen, ist einem entsprechenden Antrag des Reallastgläubigers i. d. R. stattzugeben (Schöner/Stöber, Grundbuchrecht15, Rn. 1317c; Staudinger (-Reymann), BGB (2017), Einl. zu §§ 1105–1112 Rn. 56). Abgesehen von diesem (ermessensabhängigen) verfahrensrechtlichen Schutz kann sich der Reallastgläubiger, worauf auch BGH, Beschluss v. 2.10.2003 – V ZB 38/02, NJW 2004, S. 361, 362 verweist, sich vom Eigentümer eine der Reallast vorrangige Vormerkung zur Sicherung eines aufschiebend bedingten Anspruchs auf Neubestellung einer inhaltsgleichen Reallast bestellen lassen; hiergegen werden freilich erhebliche Bedenken mit Rücksicht auf die unsichere Durchsetzbarkeit des gegen den aktuellen, nicht etwa gegen den jeweiligen künftigen Eigentümer gerichteten Wiedereinräumungsanspruch, angemeldet in Form von erhöhten Kosten und einer erschwerten Beleihungsfähigkeit des betroffenen Grundstücks (vgl. Schöner/Stöber, Grundbuchrecht15, Rn. 1317e; Staudinger (-Reymann), BGB (2017), Einl. zu §§ 1105–1112 Rn. 53). Im Licht von BGH, Beschluss v. 2.10.2003 – V ZB 38/02, NJW 2004, S. 361 ist auch der Vorschlag, die Reallast in zwei Teilreallasten verschiedenen Ranges aufzuspalten und im Sicherungsfall aus der nachrangigen Reallast, die nur die bis zum Versteigerungstermin rückständigen Reallastleistungen sichern solle, zu vollstrecken, so dass die vorrangige Reallast für die künftigen Leistungen in das geringste Gebot falle (vertiefend Amann, DNotZ 2004, S. 599, 605–613), fragwürdig (vgl. Staudinger (-Reymann), BGB (2017), Einl. zu §§ 1105–1112 Rn. 52). Soweit schließlich darauf verwiesen wird, eine nachrangige Grundschuld oder Reallast zur Sicherung des bereits durch die vorrangige Reallast gesicherten Anspruchs auf die jeweiligen wiederkehrenden Leistungen zugunsten des Reallastgläubigers zu bestellen (siehe
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stellung fälligen einzelnen Leistungen (§ 1108 Abs. 1 BGB).13 Auch die dingliche Natur der Reallast steht wegen ihrer gesetzessystematischen Verankerung im Kreis der Rechte an Grundstücken längst außer Frage,14 zumal die charakteristischen Merkmale dinglicher Rechte unproblematisch vorliegen.15 Dass die Reallast ganz überwiegend als Verwertungsrecht klassifiziert wird,16 ist nur richtig. Ob die Befriedigung des Gläubigers wegen einer Kapital- oder einer auf wiederkehrende Sachleistungen gerichteten Forderung erfolgt und ob das dingliche Recht mit dieser Forderung akzessorisch verbunden ist oder umgekehrt das dingliche Recht selbst die Leistungspflicht des jeweils beschwerten Rechtsinhabers begründet, ist aus innersachenrechtlicher Perspektive belanglos. Zu den Verwertungsrechten „höheren Grades“ zählen demnach alle Rechte, die eine zweckbestimmte Zuordnungsänderungsbefugnis in Ansehung eines artidentischen oder artverwandten Rechtstyps, mithin einem Pfandrecht (in enger Bedeutung), einer Hypothek, einer Grund- oder Rentenschuld, einer Reallast oder einem der genannten Äquivalente im Common Law, begründen. Freilich dürfen die praktischen Alternativen der Verpfändung von Verwertungsrechten, insbesondere die Sicherungsübertragung von Verwertungsrechten oder etwa Staudinger (-Reymann), BGB (2017), Einl. zu §§ 1105–1112 Rn. 54), würde dies zwar dem Gläubiger ermöglichen, wegen der rückständigen Einzelleistungen aus der nachrangigen Grundschuld zu vollstrecken, ohne dass der Bestand der Reallast gefährdet wäre; dennoch wird von dieser Lösung auch unter Kostengesichtspunkten abgeraten (Amann, DNotZ 2004, S. 599, 602; kritisch auch Schöner/Stöber, Grundbuchrecht15, Rn. 1317e). 13 Als akzessorietätsähnliches Nebenrecht dient der Leistungsanspruch der Stärkung des dinglichen Rechts, präziser der aus §§ 1107, 1147 BGB folgenden Zuordnungsänderungsbefugnis des Reallastgläubigers. 14 MünchKomm (-Mohr), BGB VII7, § 1105 Rn. 5; NomosKomm (-Reetz), BGB III4, § 1105 Rn. 1. Zu älteren nunmehr inzwischen obsoleten Auffassungen zur Rechtsnatur der Reallast siehe v. Lübtow, FS Lehmann, Bd. I, 1956, S. 352. 15 Das Zuordnungsänderungsrecht richtet sich gegen den jeweiligen Eigentümer; dieser muss die Verwertung seines Grundstücks wegen rückständiger Einzelleistungen unabhängig davon dulden, ob diese während der Zeit seines Eigentums fällig geworden sind oder nicht; letzteres ist lediglich für den ergänzenden Leistungsanspruch relevant. Zudem ist es mit dem den dinglichen Rechten immanenten absoluten Klageschutz ausgestattet (Staudinger (-Reymann), BGB (2017), Einl. zu §§ 1105–1112 Rn. 44): So steht dem Reallastgläubiger ein Anspruch auf Grundbuchberichtigung zu, soweit sein Recht durch fehlerhafte Verlautbarungen im Grundbuch beeinträchtigt werden kann; gegen sicherheitsgefährdende Grundstückseinwirkungen ist der Berechtigte durch den in § 1134 BGB bestimmten Unterlassungsanspruch geschützt; wird Bestand oder Inhalt des Rechts bestritten, kann Feststellungsklage erhoben werden, zudem ist die Reallast sonstiges Recht i. S. v. § 823 Abs. 1 BGB. 16 MünchKomm (-Mohr), BGB VII7, § 1105 Rn. 7; NomosKomm (-Reetz), BGB III4, § 1105 Rn. 1; Staudinger (-Reymann), BGB (2017), Einl. zu §§ 1105–1112 Rn. 49. Die teilweise vertretene Einordnung als Nutzungsrecht (so Baur/Stürner, Sachenrecht18 , § 35 Rn. 7, soweit die Reallast auf die Erbringung von nicht geldwerten Leistungen gerichtet sei) überzeugt dagegen nicht. Der Reallastgläubiger ist kraft seines dinglichen Rechts gerade nicht berechtigt, wiederkehrend unmittelbare oder mittelbare Sachfrüchte aus dem Grundstück zu ziehen, dieses gar in Besitz zu nehmen oder in anderer Weise zu gebrauchen. Dass aus dem dinglichen Recht seinerseits Ansprüche auf wiederkehrenden Einzelleistungen und damit unmittelbare Rechtsfrüchte fließen, macht die Reallast zwar zum tauglichen Bezugspunkt schuldrechtlicher oder dinglicher Nutzungsrechte, ändert an der Klassifizierung des Stammrechts aber nichts.
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auch die Einbringung von security interests in einen trust zu Sicherungszwecken, angesichts der Funktionsverwandtschaft der „vertikalen“ und der „horizontalen Weiterleitung“ von Verwertungsrechten nicht ausgeblendet werden. Auf strukturelle Gemeinsamkeiten wird noch zurückzukommen sein.17 All diesen Phänomenen ist ebenso wie den kapitalmarktrechtlichen Aspekten der securitisation grundpfandrechtlich gedeckter Kreditforderungen Aufmerksamkeit zu schenken.18 Die österreichischen, englischen und deutschen Ausprägungen von Verwertungsrechten höheren Grades bedürfen, da zahlreiche Details aus nationaler Sicht umstritten oder gänzlich ungeklärt sind, jeweils gesonderter Betrachtung. Mit Rücksicht auf die Bezüge zur gemeinrechtlichen Lehre des subpignus ist die rechtshistorisch älteste Rechtsfigur, das Afterpfand des österreichischen Rechts, an den Anfang der 17 Wie Henckel, FS Zeuner, S. 193, 198–214 im Einzelnen nachweist, lassen sich die von der h. A. vertretenen Rechtsfolgen der Sicherungsübereignung und der Sicherungszession, vor allem die insolvenz- und zwangsvollstreckungsrechtlichen Implikationen (siehe hierzu § 4 IV. 1. a)), auch dann stimmig erklären, wenn das Sicherungsrecht des Sicherungsnehmers als besitzloses Pfandrecht an der Sache resp. an der Forderung des Sicherungsgebers gedeutet wird. Dass der Sicherungsnehmer nach h. A. bei Zwangsvollstreckung in das Sicherungsgut seitens konkurrierender Gläubiger die Drittwiderspruchsklage erheben kann und nicht auf die Klage auf vorzugsweise Befriedigung verwiesen werde, stehe dieser Analyse nur bei vordergründiger Betrachtung entgegen (Henckel, FS Zeuner, S. 193, 211–213). Denn dies bedeute nicht, dass der Sicherungseigentümer – außerhalb der Insolvenz – als echter Eigentümer behandelt werde, sondern lediglich, dass sein Recht zur Bestimmung des Verwertungszeitpunkts anerkannt werde; die Klage auf vorzugsweise Befriedigung sei dagegen bei Sicherungsübereignung und Sicherungszession unpassend, weil sie nicht auf Kreditsicherungsrechte, sondern auf gesetzliche Pfandrechte wie das Vermieterpfandrecht zugeschnitten sei. In der Insolvenz des Sicherungsgebers stehe der Sicherungsnehmer nicht anders als ein absonderungsberechtigter Pfandgläubiger; folglich sei auch das Selbstverwertungsrecht durch § 127 Abs. 2 KO (= § 173 Abs. 2 InsO) beschränkt. Dass der Sicherungsgeber gegen die Zwangsvollstreckung in das Sicherungsgut seitens der Gläubiger des Sicherungsnehmers nach h. A. nur bis zum Eintritt der Verwertungsreife berechtigt ist, belege nicht, dass der Sicherungsnehmer nunmehr „formaljuristisch“ Eigentümer sei, sondern dass der Pfändungspfandgläubiger die dem Sicherungsnehmer prinzipiell zugewiesene Verwertungsbefugnis an dem Sicherungsgut zustehe (Henckel, FS Zeuner, S. 193, 213). Folglich sei auch die konstitutive Rückübertragung bei Erledigung des Sicherungszwecks die Aufgabe des beschränkten dinglichen Rechts „Sicherungseigentum“. Die Verwandtschaft der Sicherungsübertragung und Sicherungsbelastung von Sicherungsrechten spiegelt sich in England in der Terminologie: Mit der sub-mortgage wird sowohl die Sicherungsübertragung als auch die Sicherungsbelastung einer mortgage bezeichnet, die ihrerseits wahlweise aus einer Sicherungsübertragung oder einer Sicherungsbelastung resultiert. 18 Siehe § 5 V. 1. Wenngleich im heutigen Refinanzierungsgeschäft der Kreditinstitute längst kapitalmarktrechtliche Refinanzierungsmöglichkeiten dominieren, unter denen v. a. Grundpfandrechte und andere dingliche Sicherungsrechte den Refinanzierungsgläubigern mittels verschiedener rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten als Sicherungsmittel zur Verfügung gehalten werden, unterscheidet sich deren Funktionszweck nicht von der klassischen Verpfändung oder Sicherungsübertragung gesicherter Kreditforderungen resp. nichtakzessorischer Kreditsicherheiten. Wie gezeigt, ist diese Möglichkeit der Refinanzierung aus neuerer juristischer Sicht – im Gegensatz zum gemeinen subpignus – noch weitgehend unerforscht; soweit im neueren Schrifttum Mobiliar- und Immobiliarsicherheiten auf rechtsvergleichender Grundlage untersucht werden, bleiben Sicherungsrechte an Sicherungsrechten noch weitgehend außer Acht (siehe etwa Rupp, Grundpfandrechte zwischen Flexibilität und Schutz, S. 24, die ausdrücklich „Sicherungsmittel zweiter Potenz“ aus ihrer Untersuchung ausklammert).
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Untersuchung zu stellen, um sodann die Brücke zu den wiederum gesondert zu betrachtenden sub-securities sowie zur Pfändung und Verpfändung von (Grund-) Pfandrechten und Reallasten in Deutschland zu schlagen. Das Sinnganze der innerartlichen Belastung von Verwertungsrechten ist im Nachgang aus der Metaperspektive des Rechtsvergleichers zu entfalten.
II. Das Afterpfand Anknüpfend an die gemeinrechtliche Lehre vom subpignus widmet das ABGB – in deutlichem Gegensatz zum jüngeren BGB – dem Afterpfand drei im sechsten Hauptstück des zweiten Buches (§§ 447–471 ABGB) platzierte Vorschriften. Diese sind seit Inkrafttreten des ABGB unverändert. Es geht um die „Erwerbung eines Afterpfandes“ (§ 454 ABGB), pfandbefreiende Leistungen des Eigentümers der verpfändeten Sache (§ 455 ABGB) und die Zufallshaftung des Pfandgläubigers bei Weiterverpfändung des Pfandes (§ 460 ABGB). Die Afterverpfändung (subpignoratio) bedarf jedenfalls des in § 454 ABGB normierten Modus, der Übergabe des Pfandes seitens des „Pfandinhabers“ an den „Dritten“ resp. der Eintragung der Afterverpfändung auf das Pfandrecht – scil.: die Hypothek oder die hypothekarisch gesicherte Forderung? – im Grundbuch. Wird der Eigentümer von der Weiterverpfändung unterrichtet, vermag sich dieser sich von seiner „Schuld“ durch Leistungen an den Gläubiger nicht ohne Zustimmung des Afterpfandgläubigers zu befreien; bei nicht konsentierten Tilgungsleistungen an den Gläubiger „bleibt das Pfand dem Inhaber des Afterpfandes verhaftet“ (§ 455 Hs. 2 ABGB).19 Kehrseite des dem Pfandgläubiger durch § 454 ABGB eingeräumten Rechts zur Weiterverpfändung ist die rechtspolitisch umstrittene Zufallshaftung des Gläubigers (§ 460 ABGB); dieser wird insoweit einem Verwahrer gleichgestellt, der pflichtwidrig seine Verwahrungspflicht auf einen Dritten delegiert (§ 965 ABGB).20 Für die Verpfändung von Hypotheken resp. hypothekarisch gesicherten Forderungen sind außerdem §§ 13 Abs. 2, 50, 51, 119 Abs. 1 Nr. 1–3 GBG zu beachten, während sich die Pfändung von 19 Zu den Voraussetzungen und Rechtsfolgen schuldbefreiender Leistungen bei der Weiterverpfändung siehe § 5 II. 3. a). 20 Nach § 460 ABGB haftet der Pfandgläubiger, der das Pfand weiterverpfändet (scil.: ein Pfandrecht am Pfandrecht bzw. an der Hypothek bestellt) verschuldensunabhängig für jede Verschlechterung sowie für den zufälligen Verlust des Pfandes ohne Rücksicht auf ein etwaiges Verschulden des Afterpfandgläubigers, wenn der Schaden in seinem Gewahrsam nicht entstanden wäre (Fenyvers/Kerschner/Vonkilch (-Wolkerstorfer), ABGB3 (Klang), § 460 Rn. 1). Kritisch insbesondere Klang (-Klang), ABGB II 2, S. 485; Fenyvers/Kerschner/Vonkilch (-Wolkerstorfer), ABGB3 (Klang), § 460 Rn. 2–3: das in § 454 ABGB eingeräumte Recht des Pfandgläubigers zur Weiterverpfändung verlöre dadurch seinen praktischen Wert, zumal die Vorschrift systemwidrig eine Zufallshaftung für ein rechtmäßiges Verhalten statuiere, während der Verwahrer sowie der Mieter nur verschuldensabhängig für die durch die Verwahrung bei einem Dritten oder die durch Untervermietung entstandenen Schäden des Hinterlegers/Vermieters hafteten (vgl. §§ 965, 1111 ABGB).
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Hypotheken nach § 320 EO richtet.21 Aus grundbuchrechtlicher Sicht ist hervorzuheben, dass eine mit Afterpfandrechten belastete Hypothekarforderung nur mit dem in § 51 Abs. 1 GBG normierten Beisatz gelöscht werden darf, wonach die Löschung gegenüber dem Afterpfandgläubiger erst im Zeitpunkt der Löschung seines Rechts wirksam wird.22 Wenngleich dem Afterpfandrecht geringfügige praktische Relevanz bescheinigt wird,23 gilt diese Rechtsfigur aufgrund der Vermengung schuld- und sachenrechtlicher Fragestellungen unter Beteiligung mehrerer Personen als höchst anspruchsvoller und problemreicher Forschungsgegenstand.24 In der Tat kommt der Rechtsprechung und der Lehre bei der Auslegung und Fortbildung des Regimes der Afterverpfändung gesteigerte Bedeutung zu. Die ambivalente und lückenhafte gesetzliche Regelung des „rein“ privatrechtlichen sowie des hoheitlichen Afterpfandrechts fordert die Wissenschaft geradezu auf, aus dem gesetzlichen Regelungsregime allgemeine Rechtsgrundsätze zu destillieren, die für die Lösung der Detailfragen erforderlich sind. Der Schwerpunkt der wissenschaftlichen und judiziellen Erschließung liegt – wie schon in der gemeinrechtlichen Doktrin – zum einen auf der Bestimmung des Gegenstandes, zum anderen auf der Entstehungsund Bestandsakzessorietät des Afterpfandrechts.25 Die Rechtsfolgen sind im De21 Zur Zwangsvollstreckung in Hypotheken näher Angst (-Oberhammer), EO3, §§ 320–324 Rn. 4–10; zur Realisierung des Afterpfandrechts an einer Hypothek siehe A. II. 2. a). 22 Die Löschung einer mit einem Afterpfandrecht belasteten Hypothek kann der Hypothekengläubiger also nur mit Zustimmung des Afterpfandgläubigers, mit dem Vorbehalt des § 51 Abs. 1 GBG oder nach gerichtlicher Hinterlegung des dem Afterpfandgläubiger gebührenden Geldbetrags erwirken (OGH 30.1.2007 – 5 Ob 1/07v, JBl. 2007, S. 715; Feil, Hypothekarrecht 3, Rn. 37; Rummel (-Hofmann), ABGB I3, § 455 Rn. 3–4); zum Kontinuitätsschutz des Pfandrechts an der Hypothek siehe § 5 II. 3. b). 23 Iro, FS ABGB II, S. 1077, 1078. Einschlägige jüngere höchstrichterliche Rechtsprechung ist daher auch rar. Die neueren Entscheidungen beziehen sich auf die Vorschrift des § 51 Abs. 1 GBG und stellen insoweit lediglich klar, dass mit Afterpfandrechten belastete Hypotheken, solange das Afterpfandrecht wirksam besteht, nur mit Zustimmung des Afterhypothekars oder mit Vorbehalt seiner Rechte oder auf Grund gerichtlicher Hinterlegung der Schuldsumme gelöscht werden können, wohingegen die Tilgung der Hypothekenforderung allein nicht genügt (vgl. OGH 12.1.1988 – 5 Ob 110/87, RIS-Justiz RS0011467; OGH 30.1.2007 – 5 Ob 1/07v, JBl. 2007, S. 715; OGH 5.6.2008 – 6 Ob 99/08i, RIS-Justiz RS0011467). Ein möglicher Anwendungsbereich der Afterverpfändung liegt bei Konsortialkrediten (vgl. Apathy/Iro/Koziol (-Riedler), Österreichisches Bankvertragsrecht IX/22, Rn. 6/62, der darauf hinweist, dass sich die nicht dinglich berechtigten Konsorten zur Verstärkung ihrer Rechtsstellung Afterhypotheken und -pfandrechte an den vom Konsortialführer treuhänderisch gehaltenen Hypotheken und Pfandrechten einräumen lassen können). 24 Iro, FS ABGB II, S. 1077, 1078. 25 Zur Diskussion siehe Apathy, JBl. 1979, S. 518–528; Apathy/Iro/Koziol (-Iro), Öst. Bankvertragsrecht IX 2, Rn. 2/97; Demelius, Das Pfandrecht an beweglichen Sachen, S. 273–283, 297– 302; Ehrenzweig, System des österreichischen Allgemeinen Privatrechts I/2, S. 527–533; Exner, Das oestreichische Hypothekenrecht II, S. 445–447; Feil/Marent/Preisl, Grundbuchrecht 2, § 13 Rn. 44; Holzner, JBl. 2010, S. 750–764; Horn, Rechte als Objecte des Pfandrechts, 78–83; Klang (-Klang), ABGB II 2, S. 448; Kletečka/Schauer (-Oberhammer/Domej), ABGB-ON, §§ 454, 455 Rn. 1–5; Rummel (-Hofmann), ABGB I3, § 454 Rn. 2; Stubenrauch, ABGB I8 , S. 626–627. Weitere ausgewählte Sachfragen des Afterpfandrechts behandelt Iro, FS ABGB II, S. 1077, 1078–1101.
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tail aufgrund der nach wie vor strittigen konstruktionsjuristischen Analyse der Afterverpfändung freilich unsicher und führen letztlich immer zu der Ausgangsfrage zurück, ob es sich bloß um eine Erscheinungsform der Forderungsverpfändung oder um ein eigenständiges Rechtsinstitut, d. h. um ein gesondertes Pfandrecht am Pfandrecht, handelt. Im Folgenden gilt es, die „Erwerbung“ (II. 1.), die Realisierung (II. 2.) und schließlich den Kontinuitäts- und Störungsschutz (II. 3.) des Afterpfandrechts im Detail zu untersuchen. Besonderer Betrachtung bedürfen die Wirkungen vertraglicher Afterverpfändungsverbote zwischen Pfandschuldner (E) und Pfandgläubiger (A), die Voraussetzungen pfandbefreiender Leistungen des Eigentümers (E) und/oder des Personalschuldners (B) gegenüber dem Afterpfandgläubiger (C) sowie die Rechtsfolgen der gegenüber C unwirksamen Leistungen auf die durch das Pfandrecht (P1) gesicherte Forderung (F1) und die exekutive Durchsetzung des Afterpfandrechts (P2).26
1. Die „Erwerbung“ des Afterpfandes Im Zusammenhang des rechtsgeschäftlichen Erwerbs stellen sich einmal mehr die bereits für das gemeinrechtliche subpignus diskutierten Kernfragen. Zum einen geht es darum, ob die Pfandsache oder das Pfandrecht verpfändet wird und, zum anderen, ob die Afterverpfändung durch die Verpfändung der besicherten Forderung bewirkt wird oder durch eine gesonderte Verpfändung des Pfandrechts, die ggf. doch wiederum auf die durch das verpfändete Pfandrecht gesicherte Forderung durchschlägt. Wenig beachtet wird demgegenüber, ob ein gutgläubiger, rechtsgeschäftlich basierter Erwerb eines Afterpfandrechts resp. einer Afterhypothek vom Nichtberechtigten in Betracht kommt. a) (Wieder-)Verpfändung des Pfandes oder des Pfandrechts? Obschon der Wortlaut des § 454 ABGB darauf hindeutet, dass das „Pfand“ i. S. v. § 447 S. 2 ABGB (scil.: die im pfandrechtsbelasteten Eigentum eines anderen Rechtssubjektes stehenden Sache gem. § 285 ABGB) Gegenstand der Afterverpfändung Monographische Abhandlungen zur Afterverpfändung aus neuerer Zeit sucht man vergeblich. Als weitere potentielle Belastung eines Pfandrechts wird vereinzelt und ohne nähere Auseinandersetzung auf das Fruchtgenussrecht an einem Pfandrecht bzw. einer Hypothek hingewiesen (siehe z. B. Ehrenzweig, System des österreichischen Allgemeinen Privatrechts I/2, S. 527; Kodek (-Kodek), GBG, § 51 Rn. 7; Feil/Marent/Preisl, Grundbuchrecht 2, § 51 Rn. 12). 26 Zum leichteren Verständnis wird dabei die folgende Fallgestaltung zugrunde gelegt: Mittels der Verpfändung von A an C wird das Pfand i. S. d. § 447 S. 1 ABGB (scil.: die Sache des E) zum „Afterpfande“ (§ 454 ABGB), haftet somit auch der gegen A oder eine dritte Person gerichteten Forderung F2 des C; dieser ist der der „Dritte“ i. S. d. § 454 ABGB, der sog. Afterpfandgläubiger, während A zugleich als Pfandgläubiger (Pfandinhaber i. S. d. § 454 ABGB), Afterverpfänder und Afterpfandschuldner fungiert; E hingegen ist als Eigentümer zwar nicht notwendig mit dem Schuldner (B) der gesicherten Forderung F1 identisch, wird aber aufgrund der reinen „Sachhaftung“ in Bezug auf das verpfändete Pfandrecht P1 als Pfandschuldner (Realschuldner) bezeichnet und damit vom Personalschuldner abgegrenzt.
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ist,27 legt die ganz h. A. die Vorschrift – insoweit übereinstimmend mit der pandektistischen Doktrin 28 – dahin aus, dass der „Pfandinhaber“29 nicht ein weiteres Pfandrecht an der verpfändeten Sache bestelle, sondern das Pfandrecht (i. S. v. § 447 S. 1 ABGB) verpfände.30 Wie schon für das pignus pignoris gezeigt, läuft die kontrastive Gegenüberstellung zwischen einem „Pfandrecht an der Sache“ und einem „Pfandrecht am Recht“ letztlich auf ein belangloses Spiel mit Worten hinaus.31 Zunächst einmal sind die Termini „Pfand“ und „Pfandrecht“ (bzw. „Hypothek“) sowie die Komplementärbegriffe „Afterpfand“ und „Afterpfandrecht“ (bzw. „Afterhypothek“) im Kontext der Afterverpfändung ohnedies ambivalent, weil mehr als fragwürdig ist, ob der historische Gesetzgeber mit der gewählten Formulierung gerade nicht die konstruktionsjuristische Analyse festzulegen beabsichtigte.32 27 Die Verfasser des ABGB ließen die Frage ausdrücklich offen, siehe Zeiller, Commentar II/1, S. 262: „Da alle im Verkehre stehenden (körperlichen oder unkörperlichen) Sachen verpfändet werden können, so ist auch ein Pfand, oder wenn man lieber will, das darauf haftende Pfandrecht ein schicklicher Gegenstand einer weiteren Verpfändung, womit der Pfandgläubiger wieder seinen Gläubiger sicher stellen kann. Man nennt diese Verpfändung, weil sie der Zeit und Ordnung nach auf eine andere folgt, eine Afterverpfändung, und die Sache ein Afterpfand.“ 28 Siehe die Nachweise in § 3 I. Fn. 22. 29 In der Nomenklatur des ABGB ist der Begriff „Inhaber“ nicht frei von Ambivalenz, reserviert doch § 309 S. 1 ABGB diesen Begriff – in Abgrenzung zum Besitzer (§ 309 S. 2 ABGB) – für den Gewahrsamsinhaber, während etwa in § 455 ABGB vom „Inhaber des Afterpfandes“, also offenbar vom jeweiligen Rechtsinhaber, die Rede ist. Mit dem „Pfandinhaber“ i. S. d. § 454 ABGB ist offensichtlich der Pfandgläubiger gemeint (siehe bereits Zeiller, Commentar II/1, S. 262). 30 Apathy, JBl. 1979, S. 518, 520–521; Iro, Sachenrecht6 , Rn. 10/11; Kletečka/S chauer (-Oberhammer/Domej), ABGB-ON, §§ 454, 455 Rn. 1; Schwimann/Kodek (-Hinteregger), ABGB II4, § 454 Rn. 1–2; konzeptionell anders noch Stubenrauch, ABGB I8 , S. 626, der von einer Verpfändung des Pfandes und des Pfandrechts ausgeht. Auf den Bezugspunkt des zu belastenden Pfandrechts kommt es nicht an: Sowohl Pfandrechte an beweglichen Sachen als auch Pfandrechte an Rechten sowie Hypotheken und endlich auch Afterpfandrechte und Afterhypotheken sind – entweder selbstständig oder jedenfalls vermittels Pfändung oder Verpfändung der gesicherten Forderung – tauglicher Bezugspunkt eines Afterpfandrechts. Anerkannt ist demgemäß, dass an Höchstbetragshypotheken Afterpfandrechte bestellt werden können und dies bereits vor Entstehung einer durch die Höchstbetragshypothek zu sichernden Forderung; zudem kann die sog. Afterhypothek an einer (Höchstbetragshypothek) ihrerseits als Höchstbetragspfandrecht bestellt werden (OGH 13.1.1999 – 3 Ob 228/98w, RIS-Justiz: RS0032278; Feil, Hypothekarrecht3, Rn. 37; Feil/Marent/Preisl, Grundbuchrecht 2, § 51 Rn. 4). Folgerichtig ist auch die der Gesamthypothek (§ 1132 BGB) gleichartige Simultanhypothek i. S. d. § 15 GBG (an mehreren Grundstücken und/ oder Baurechten) möglicher Bezugspunkt eines Afterpfandrechts (Feil/Marent/Preisl, Grundbuchrecht 2, § 51 Rn. 13). 31 Siehe § 3 I. 1. b). 32 Bezeichnend Zeiller, Commentar II/1, S. 262: „Da alle im Verkehre stehenden (körperlichen oder unkörperlichen) Sachen verpfändet werden können, so ist auch ein Pfand, oder wenn man lieber will, das darauf haftende Pfandrecht ein schicklicher Gegenstand einer weiteren Verpfändung, womit der Pfandgläubiger wieder seinen Gläubiger sicher stellen kann. Man nennt diese Verpfändung, weil sie der Zeit und Ordnung nach auf eine andere folgt, eine Afterverpfändung, und die Sache ein Afterpfand.“ Die konstruktionsjuristische Ambivalenz zeigt sich darin, dass in § 454 ABGB zum einen davon die Rede ist, dass der Pfandinhaber „sein Pfand“ wieder verpfänden kann und zum anderen sodann von Eintragung der „Afterverpfändung auf das Pfandrecht“ in den öffentlichen Büchern die Rede ist. Zur Abgrenzung der Begriffe „Pfandrecht“ und „Pfand“ Ehrenzweig, System des österreichischen Allgemeinen Privatrechts I/2, S. 417–418.
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Sinnvoll erklären lässt sich die gesetzliche Ausgestaltung der After- oder Weiterverpfändung freilich nur als Verpfändung des Rechts des Pfandnehmers, sei es im Wege der Forderungs- oder der Pfandrechtsverpfändung. Zwar ist das „Afterpfand(recht)“ aus intrasystematischer Sicht des ABGB ein Pfandrecht an einer „beweglichen Sache“, weil nicht nur das Pfand (i. S. v. § 447 S. 2 ABGB), sondern auch das Pfandrecht (i. S. v. § 447 S. 1 ABGB) – ohne Rücksicht auf seinen Bezugspunkt – als bewegliche Sache gilt (§ 298 ABGB). Weil aber nicht körperliche Sachen oder unbeweglichen Sachen, sondern (verkehrsfähige) Rechte an diesen übertragen und belastet werden, bezieht sich die Afterverpfändung zwangsläufig auf ein Recht, sei es die pfandrechtsgesicherte Forderung, sei es das „an sich“ akzessorische Pfandrecht.33 Wenn es in § 454 ABGB heißt, „[d]er Pfandinhaber kann sein Pfand, in so weit er ein Recht darauf hat, einem Dritten wieder verpfänden“,34 indiziert der hervorgehobene Einschub zum einen, dass die Afterverpfändung aus eigenem Recht erfolgt und zum anderen, dass die Wiederverpfändung des „Pfandes“ als semantische Abbreviatur fungiert. Dass der Pfandnehmer vorbehaltlich § 456 ABGB nicht zulasten des Eigentümers ohne dessen Zustimmung wirksam über die Sache, präziser über das Eigentum, zu verfügen vermag, ist fast zu selbstverständlich, als dass dies einer gesetzlichen Klarstellung bedarf.35 Eine Verpfändungsbefugnis über die Sache lässt sich aus § 454 ABGB nicht herleiten. Vielmehr geht es offenbar bei der „Wiederverpfändung“ um eine Verfügung über das Recht des Pfandgläubigers; vorbehaltlich abweichender Vereinbarungen bedarf der Pfandgläubiger deshalb auch nicht der Zustimmung des Eigentümers.36 33 Entgegen der in § 1204 Abs. 1 dt. BGB verwendeten Formulierung belastet aber auch der Eigentümer bei exakter Betrachtung nicht seine „bewegliche Sache“, sondern das Eigentum mit dem Verfügungsrecht des Pfandgläubigers. 34 Hervorhebung durch Verf. 35 Zeiller, Commentar II/1, S. 263–264 weist deshalb auch darauf hin, dass ein weiteres vorrangiges Pfandrecht an der Sache seitens des Pfandgläubigers nur unter den Voraussetzungen des gutgläubigen Erwerbs gem. § 456 ABGB eingeräumt werden könne. 36 Iro, Sachenrecht6 , Rn. 10/10; Schwimann/ Kodek (-Hinteregger), ABGB II4, § 454 Rn. 1. Korrelat dieser Wiederverpfändungsbefugnis ist die den Pfandinhaber (als Afterverpfänder) bei Vernichtung oder Beschädigung der Pfandsache treffende objektive Haftung gem. § 460 ABGB. Grundsätzlich ist der Pfandgläubiger zur Verwertung des Pfandobjekts nur im Wege der Zwangsvollstreckung und – bei körperlichen Sachen – mittels rechtsgeschäftlicher Veräußerung gem. §§ 466a–466e ABGB berufen, nicht aber zur Bestellung eines Pfandrechts an dem Pfandobjekt zur Sicherung einer eigenen oder fremden Schuld. Auch unter gesetzessystematischen Gesichtspunkten liegt es fern, aus § 454 ABGB eine Befugnis zur Verpfändung des durch das Pfandrecht belasteten Eigentums oder sonstigen Rechts zu entnehmen, ist doch die Norm nicht innerhalb des Regimes der Rechte und Verbindlichkeiten des Pfandgläubigers (§§ 458– 466e ABGB), sondern im Zusammenhang mit der Bestellung des Pfandrechts platziert. Überdies wäre dem Pfandgläubiger – eine gesetzliche Ermächtigung zur Verpfändung der „Sache“ unterstellt – mit dieser die Grenzen des eigenen Rechts überschreitenden Verfügungsbefugnis allein nicht gedient, weil ein zusätzliches Pfandrecht an der Sache – selbst wenn dem Afterpfandgläubiger zugleich der Vorrang im Verhältnis zu dem zeitlich früheren Pfandrecht des Pfandgläubigers gebühren würde – hinter zwischenzeitlich begründeten Rechten Dritter an der Sache rangieren würde. Sind diese aber nicht zum (entgeltlichen) Rangrücktritt im Verhältnis zum Afterpfandgläubiger bereit, ist die praktische Wirksamkeit des nachrangigen „After“-Pfandrechts schwach.
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Gleichwohl darf nicht verkannt werden, dass sich das Pfandrecht am Pfandrecht in „parasitärer“ Weise die dem Hauptpfandrecht wesensimmanente Befriedigungsbefugnis an der „Sache“ einverleibt und insoweit einem Sachenpfandrecht wesensgleich erscheint.37 Denn zum einen vermag sich der Afterpfandgläubiger kraft des verpfändeten Pfandrechts aus dem Pfand im Wege der Zwangsvollstreckung zu befriedigen.38 Zum anderen ist das Afterpfandrecht durch die einschlägigen petitorischen Rechtsbehelfe gegenüber Dritten geschützt.39 b) Selbstständige Verpfändung des Pfandrechts? Angesichts dieser Interdependenz überrascht es nicht, dass der Entstehungstatbestand des Afterpfandrechts mit dem des zu verpfändenden Pfandrechts übereinstimmt.40 Gemein ist den in § 448 S. 2 ABGB zusammengefassten „Arten des Pfandes“ die charakteristische, in der Pfandrechtsdefinition angelegte funktional-konstruktive Verknüpfung von Forderung und dinglichem Recht, nämlich die Entstehungs- und Bestandsakzessorietät.41 Neben der Existenz einer zu sichernden Forderung42 bedarf der rechtsgeschäftliche Erwerb eines Pfandrechts auf der Den Interessen aller Beteiligten ist bestmöglich gedient, wenn der Pfandgläubiger imstande ist, sein Recht – auch ohne Zustimmung des Pfandschuldners – zu verpfänden und sich dadurch bereits vorab wegen der gesicherten Forderung zu befriedigen, indem einem (Refinanzierungs-) Gläubiger die Befugnis zur Durchsetzung des eigenen Pfandrechts verschafft wird (vgl. Vgl. Demelius, Das Pfandrecht an beweglichen Sachen, S. 282–283). Einer Verpfändungsbefugnis an der Sache bedarf es deshalb nicht (siehe Bekker, KritV 6 (1846), S. 473, 483). Wird das an erster Stelle rangierende Pfandrecht selbst verpfändet, partizipiert das darauf aufbauende Afterpfandrecht an Umfang und Rang des belasteten Pfandrechts. Schließlich unterstreicht der Regelungsgehalt des § 455 ABGB die das Pfandrecht einschränkende Wirkung der „Wiederverpfändung“: Leistungen seitens des von der „weiteren Verpfändung“ benachrichtigten Eigentümers an den Pfandgläubiger führen ohne die erforderliche Zustimmung des Afterpfandgläubigers nicht zum Wegfall des an der Sache bestehenden Pfandrechts; dieses ist zumindest zugunsten des Afterpfandgläubigers als fortbestehend zu fingieren (siehe hierzu im Einzelnen § 5 II. 3. a)). 37 Apathy, JBl. 1979, S. 518, 521. 38 Siehe § 5 II. 2. a). 39 Zu den Rechtsbehelfen des Afterpfandgläubigers siehe § 5 II. 3. c). Zu den Rechtsbehelfen des Pfand- und des Hypothekengläubigers im Verhältnis zu Dritten, insbesondere die Inbestandgabe des Grundstücks durch den Eigentümer (siehe Kletečka/Schauer (-Oberhammer/Domej), ABGB-ON, § 447 Rn. 17–25; Kodek (-Kodek), GBG, § 13 Rn. 148–152; Schwimann/ Kodek (-Hinteregger), ABGB II4, § 458 Rn. 2–6; Iro, Sachenrecht6 , Rn. 11/1–11/3. 40 Vgl. Apathy JBl. 1979 S. 518, 521; Fenyvers/Kerschner/Vonkilch (-Wolkerstorfer), ABGB3 (Klang), § 454 Rn. 2. 41 Kletečka/S chauer (-Oberhammer/D omej), ABGB-ON, §§ 449, 450 Rn. 5–6; Schwimann/ Kodek (-Hinteregger), ABGB II4, § 449 Rn. 2; ausführlich zum Akzessorietätsgrundsatz Ehrenzweig, System des österreichischen Allgemeinen Privatrechts I/2, S. 419–422. 42 Der Forderungsschuldner muss nicht mit dem Verpfänder identisch sein, welcher ebenso wenig zwingend mit dem „Pfandschuldner“, also dem Eigentümer bzw. Rechtsinhaber der zu verpfändenden Sache, identisch ist, wie bereits die Vorschrift über den gutgläubigen Pfandrechtserwerb (§ 456 ABGB) belegt (vgl. Kletečka/Schauer (-Oberhammer/Domej), ABGB-ON, §§ 449, 450 Rn. 6). Im Übrigen kann der nicht mit dem Pfandschuldner identische Verpfänder mit entsprechender Verfügungsermächtigung an fremder Sache ein Pfandrecht bestellen; siehe Iro, Sachenrecht6 , Rn. 10/3.
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Grundlage des in Österreich geltenden Kausalitätsprinzips eines Titels (§§ 449, 450 ABGB),43 eines Verfügungsgeschäfts44 und eines publizitätsstiftenden modus acquirendi, welcher bei Pfandrechten (am Eigentum) an beweglichen Sachen durch körperliche Übergabe, bei Hypotheken durch Eintragung in die öffentliche Bücher (durch Einverleibung oder Vormerkung) vollzogen wird (§ 451 ABGB)45 und bei der Verpfändung von Rechten durch sog. symbolische Übergabe (§ 452 ABGB) erfolgt.46 Sobald die durch das Pfandrecht besicherte Forderung erlischt (sei es durch Erfüllung, sei es auf andere Weise), erlischt zwangsläufig auch das Pfandrecht.47 Mit dieser Forderung ist das Pfandrecht nicht nur existenziell verknüpft; Forderung und Pfandrecht bilden ein einheitliches, wenn auch nicht unauflösliches Verfügungsobjekt.48 Wenngleich das Pfandrecht nur mit der besicherten Forderung übertragen werden kann, schlägt jedenfalls die Hypothek nach der Rechtsprechung und der h. L. auf den Verfügungstatbestand durch; die rechtsgeschäftliche Übertragung der Forderung mitsamt der Hypothek auf den Zessionar setzt einen Modus in Form der Einverleibung der Übertragung der Hypothek im Grundbuch voraus.49 Eine außerbücherliche Zession der Hypothekenforderung ist nach der umstrittenen höchstrichterlichen Judikatur ausgeschlossen.50 Desgleichen verlangt die h. A. 43 Zwar legt das Gesetz als Titel noch einen Realvertrag, den in § 1368 ABGB normierten Pfandvertrag, zugrunde. Es ist aber einhellig anerkannt, dass auch ein Konsensualvertrag, d. h. eine ausschließlich die Verpflichtung zur Bestellung des Pfandrechts begründende causa, genügt (siehe nur Iro, Sachenrecht6 , Rn. 10/1). 44 Bei beweglichen Sachen wird die Einigung, bei (im Grundbuch eingetragenen) Grundstücken die Aufsandungserklärung verlangt (Kletečka/Schauer (-Oberhammer/Domej), ABGBON, §§ 449, 450 Rn. 7 ff.; Iro, Sachenrecht6 , Rn. 10/2). 45 Iro, Sachenrecht6 , Rn. 10/4–10/7; Kletečka/S chauer (-Oberhammer/D omej), ABGB-ON, §§ 449, 450 Rn. 10 ff. 46 Für die Verpfändung von Nichtbuchforderungen wird – in auffälligem Kontrast zur Forderungszession – die Benachrichtigung des Forderungsschuldners verlangt (Ehrenzweig, System des österreichischen Allgemeinen Privatrechts I/2, S. 474–475; Iro, Sachenrecht6 , Rn. 10/8; Schwimann/Kodek (-Hinteregger), ABGB II4, § 452 Rn. 9). Die Benachrichtigung schließt bei der Forderungszession lediglich schuldnerschützende Bestimmungen aus, ist aber nicht konstitutive Voraussetzung des Forderungsübergangs auf den Zessionar. 47 Siehe nur Iro, Sachenrecht6 , Rn. 12/8. 48 Vgl. OGH 21.10.2010 – 5 Ob 126/10f, JBl 2011, S. 247; Schwimann/Kodek (-Hinteregger), ABGB II4, § 449 Rn. 11; Iro, Sachenrecht6 , Rn. 10/31–10/35. 49 OGH 21.10.2010 – 5 Ob 126/10f, JBl 2011, S. 247 m. w. N. auch zur Gegenansicht; Klang (-Klang), ABGB II 2, S. 445; kritisch Iro, Sachenrecht6 , Rn. 10/35, der darauf abstellt, dass der Schuldner auch bei unterstellter außerbücherlicher Zession der besicherten Forderung vor der Gefahr einer doppelten Inanspruchnahme aus Forderung und dinglichem Recht ausreichend dadurch geschützt sei, dass er nur gegen Erteilung einer Löschungsbewilligung leisten müsse; kritisch auch Koziol/Welser (-Kletečka), Bürgerliches Recht I13, S. 388). 50 OGH 21.10.2010 – 5 Ob 126/10f, JBl 2011, S. 247; kritisch Kletečka/S chauer (-Oberhammer/Domej), ABGB-ON, §§ 449, 450 Rn. 17 ff.; siehe auch bereits Strohal, GrünhutZ IX (1882), S. 659, 677–679 (außerbücherliche Abtretung und auch Belastung von Hypothekenforderungen mit Fruchtgenuss- und Pfandrechten sei möglich, wobei die Hypothek dann von der Belastung nicht erfasst werde). Anderes gilt unstreitig – ebenso wie nach § 1190 Abs. 4 BGB – für eine durch Höchstbetragshypothek besicherte Forderung, die durch die außerbücherliche Übertragung die hypothekarische Sicherung einbüßt; dementsprechend geht bei der „Einlösung“ durch einen Dritten allenfalls die Forderung, nicht aber die Höchstbetragshypothek über (vgl. OGH
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für die Übertragung einer durch Pfandrecht in enger Bedeutung gesicherten Forderung mitsamt dem Pfandrecht die Einhaltung des für die Bestellung des zu verpfändenden Pfandrechts maßgeblichen Vollzugstatbestandes.51 Ein zwingender Gleichlauf besteht nach dieser nicht unbestrittenen Ansicht freilich nicht, soll doch eine isolierte Forderungsabtretung möglich sein, wobei ungeklärt ist, ob das Pfandrecht erlischt oder bis zu einer etwaigen Wiedervereinigung mit der Forderung ruht.52 Für die Afterverpfändung i. S. v. § 454 ABGB gilt im Grundsatz nichts anderes. Auch diese ist vom Akzessorietäts- und vom Trennungsprinzip in Form des sog. Kausalitätsprinzips beherrscht. Es bedarf einer gesicherten Forderung des Afterpfandgläubigers, eines gültigen Titels, einer Verfügung und eines Modus.53 In Bezug auf den modus acquirendi ist nach dem Gegenstand des zu verpfändenden Pfandrechts zu unterscheiden. Ausdrücklich normiert ist das Erfordernis der Übergabe für die Verpfändung des Pfandrechts an einer beweglichen körperlichen Sache, während die Verpfändung der Hypothek der Eintragung in die öffentlichen Bücher bedarf (§ 454 ABGB).54 Selbstverständlich kann das Afterpfandrecht durch 28.4.2015 – 5 Ob 50/15m, RIS-Justiz RS0011389 m. w. N.; Iro, Sachenrecht6 , Rn. 13/9). Das Trennungsverbot ist freilich wiederhergestellt, wenn das sog. Grundverhältnis, aus dem die besicherten Forderungen entspringen, beendet ist, verwandelt sich doch die Höchstbetragshypothek in eine Festbetragshypothek. Im Übrigen kann eine Höchstbetragshypothek mit Zustimmung des Schuldners durch Übernahme des zugrunde liegenden Vertragsverhältnisses übertragen werden (OGH 28.4.2015 – 5 Ob 50/15m, RIS-Justiz RS0011389; Kodek (-Kodek), GBG, § 13 Rn. 83). 51 Vgl. Ehrenzweig, System des österreichischen Allgemeinen Privatrechts I/2, S. 476–477; Schwimann/Kodek (-Hinteregger), ABGB II4, § 449 Rn. 10. Den Titel bildet das der Forderungsübertragung zugrunde liegende Kausalgeschäft, welches den Verkäufer verpflichtet, mit der Forderung verbundene Sicherheiten auf den Käufer zu übertragen. Der Modus der Pfandrechtsübertragung ist allerdings in Bezug auf körperliche bewegliche Sachen nicht vollständig deckungsgleich mit dem der Bestellung. Im Fall der Übertragung eines Pfandrechts an einer körperlichen beweglichen Sache soll der Modus der körperlichen Übergabe durch Besitzkonstitut substituierbar sein, weil der Sachgrund für den Ausschluss des Besitzkonstituts bei der Pfandrechtsbestellung, der Schutz des Vertrauens in das ungeschmälerte Haftungsvermögen des Schuldners, im Zusammenhang der Pfandrechtsübertragung nicht einschlägig sei, vgl. Ehrenzweig, System des österreichischen Allgemeinen Privatrechts I/2, S. 477; Iro, Sachenrecht6 , Rn. 10/32; Schwimann/Kodek (-Hinteregger), ABGB II4, § 449 Rn. 10. Nach Iro, Sachenrecht6 , Rn. 10/32 soll das Pfandrecht an Rechten hingegen durch bloße Zession übergehen; bereits durch den für die Bestellung des Pfandrechts erforderlichen Modus sei die Publizität gewahrt. 52 Iro, Sachenrecht6 , Rn. 10/34; Schwimann/Kodek (-Hinteregger), ABGB II4, § 449 Rn. 12. 53 Vgl. Klang (-Klang), ABGB II 2 , S. 450; Schwimann/Kodek (-Hinteregger), ABGB II4, § 454 Rn. 3; Stubenrauch, ABGB I8 , S. 626. 54 Ehrenzweig, System des österreichischen Allgemeinen Privatrechts I/2, S. 529; Iro, Sachenrecht6 , Rn. 10/12, 10/14; Schwimann (-Hinteregger), ABGB3, § 454 Rn. 3. Demgemäß bedarf die Bestellung eines Afterpfandrechts an einer Hypothek der Eintragung im Lastenblatt (sog. C-Blatt) des betreffenden Grundstücks; erforderlich ist also die Einverleibung (bzw. die Vormerkung und Rechtfertigung des Afterpfandrechts) bei der betreffenden Hypothek, vgl. OGH 13.1.1999 – 3 Ob 228/98w, RIS-Justiz: RS0032278; Feil, Hypothekarrecht 3, Rn. 37; Feil/Marent/ Preisl, Grundbuchrecht 2, § 51 Rn. 5). Wenig erörtert wird die Frage, ob und, bejahendenfalls, in welcher Weise ein Afterpfandrecht an einem Pfandrecht an einem „Recht“ (scil.: an einem anderen Recht als Eigentum an körperlichen beweglichen Sachen oder Grundstücken) zu bestellen ist, erweisen sich doch die in § 454 ABGB bestimmten Modi insoweit als untauglich. Mit Rücksicht auf die unvollkommene Regelung der Verpfändung rein normativer Sachen, namentlich For-
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Hoheitsakt, mithin durch Pfändung einer durch Pfandrecht oder Hypothek gesicherten Forderung, entstehen und umgekehrt kann unstreitig ein exekutives Pfandrecht vermittels Verpfändung und Pfändung der titulierten Forderung mit Afterpfandrechten belastet werden.55 Folgerichtig eignet sich auch jedes Afterpfandrecht als Gegenstand eines Vertrags- oder Pfändungspfandrechts; auch insoweit gelten für den Tatbestand der Errichtung des Afterafterpfandrechts keine Besonderheiten.56 Zumindest im Ergebnis ist weitgehend anerkannt, dass das Afterpfandrecht ungeachtet eines rechtsgeschäftlichen Verbots der Wiederverpfändung i. S. v. § 454 ABGB wirksam ist.57 Während teilweise darauf abgestellt wird, dass das Afterverderungen und Gesellschaftsanteile, dürfte jedenfalls aus den in § 454 ABGB auf Übergabe oder Eintragung in die öffentlichen Bücher beschränkten Verpfändungserfordernissen nicht auf die Unzulässigkeit der Verpfändung von Pfandrechten an Forderungen, Gesellschaftsanteilen und sonstigen normativen Sachen geschlossen werden. Aus 454 ABGB lässt sich über den unmittelbaren Regelungsgegenstand hinaus das allgemeine Prinzip ableiten, dass die Voraussetzungen der Pfandrechtsverpfändung im Grundsatz mit den für die Bestellung des zu verpfändenden Pfandrechts einschlägigen Modalitäten übereinstimmen. Wie gezeigt, steht das Erfordernis der „symbolischen Übergabe“ (§ 452 ABGB) als inhaltsleere Variable für den jeweils notwendigen Modus; aus dem Gesetz kann nur abgeleitet werden, dass es irgendeines Modus zur Verpfändung von „unkörperlichen beweglichen Sachen“, d. h. Forderungen, Gesellschaftsanteilen und anderen normativen Sachen, bedarf; wie dieser Modus beschaffen sein muss, ist dem Gesetz aber nicht zu entnehmen. Für die Afterverpfändung eines Forderungspfandrechts dürfte deshalb eine Anzeige an den Schuldner der verpfändeten Forderung erforderlich sein, ist doch die Schuldnerbenachrichtigung für die Forderungsverpfändung nach ganz h. A. konstitutiv (vgl. Iro, Sachenrecht6 , Rn. 10/8; Schwimann/Kodek (-Hinteregger), ABGB4, § 452 Rn. 9). 55 Vgl. OGH 3.6.1936 – 3 Ob 215/36, SZ 18/95; Klang (-Klang), ABGB II 2 , S. 450; Fenyvers/ Kerschner/Vonkilch (-Wolkerstorfer), ABGB3 (Klang), § 454 Rn. 1. 56 Vgl. Ehrenzweig, System des österreichischen Allgemeinen Privatrechts I/2, S. 532. Eine besondere Konstellation aufeinander aufbauender Pfändungspfandrechte an einer Hypothekarforderung regelt § 324 Abs. 2 S. 2 EO (siehe dazu Angst (-Oberhammer), EO3, §§ 320–324 Rn. 18): Wird ein durch Pfändung einer Hypothekarforderung gem. §§ 294, 320 Abs. 1 EO entstandenes (After-)Pfändungspfandrecht seinerseits vor Überweisung an den betreibenden Gläubiger – durch gleichfalls eintragungsbedürftige Pfändung (§§ 294, 320 Abs. 1 EO) oder Verpfändung (§ 454 ABGB) der titulierten Forderung – mit Afterpfandrechten von Gläubigern des Vollstreckungsgläubigers belastet, erlöschen diese auf dem (After-)Pfändungspfandrecht lastenden Afterpfandrechte „zweiter Stufe“ zwar mit absoluter Wirkung durch Überweisung der Hypothekarforderung an Zahlungs statt. Schließlich ist der betreibende Gläubiger durch die Überweisung an Zahlungs statt befriedigt; die titulierte Forderung erlischt und scheidet demgemäß als Bezugspunkt der sich automatisch auf das Afterpfändungspfandrecht an der Hypothekarforderung erstreckenden Afterpfandrechte aus. Demgemäß ist das Pfändungspfandrecht des betreibenden Gläubigers im Grundbuch zu löschen; ein zum Schutz von Afterpfandgläubiger bestimmter Beisatz (§ 51 Abs. 1 GBG) wird nicht eingetragen (vgl. § 324 Abs. 2 S. 2 Hs. 1 EO). Die Rechtsstellung der Afterpfandgläubiger verschlechtert sich hierdurch aber nicht, weil es kraft unmittelbarer Ersetzung zu einer Übertragung der Afterpfandrechte auf die dem Vollstreckungsgläubiger überwiesene Hypothekarforderung kommt (§ 324 Abs. 2 S. 2 Hs. 2 EO); diese Surrogationsvorschrift ist Ausdruck des das Afterpfandrecht kennzeichnenden Kontinuitätsschutzes (siehe A. II. 3. b)). 57 Fenyvers/Kerschner/ Vonkilch (-Wolkerstorfer), ABGB3 (Klang), § 454 Rn. 1. Demgegenüber war der Pfandnehmer einer beweglichen Sache nach dem Allgemeinen Landrecht zu einem „weiteren Versatz“ des Pfandrechts – der in der Literatur als Afterverpfändung unter notwendiger Verpfändung der pfandrechtsgesicherten Forderung gedeutet wurde (vgl. Dernburg, Preußisches Privatrecht II5, § 361, 8 (S. 924)) – ohne Zustimmung des Pfandbestellers nicht befugt (ALR, 1. Teil, 20. Titel § 127). Stimmte dieser dem weiteren Versatz seines Pfandes zu, führte dies prin-
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pfändungsverbot – jedenfalls bei der Verpfändung von Pfandrechten an körperlichen Sachen – durch einen gutgläubigen Erwerb des Afterpfandrechts gem. § 456 ABGB überwunden werden könne, wenn dem Afterpfandgläubiger das Verpfändungsverbot unbekannt sei,58 attestiert die Gegenansicht m. E. zu Recht dem Verpfändungsverbot sowohl bei der Verpfändung von Pfandrechten „in enger Bedeutung“ als auch bei der Verpfändung von Hypotheken schuldrechtliche Wirkung gem. § 364c S. 1 ABGB.59 Lebhaft umstritten ist dagegen, ob das Pfandrecht notwendig im Verbund mit der gesicherten Forderung nach Maßgabe des allgemeinen Rechtsgrundsatzes accessorium sequitur principale zu verpfänden ist oder sowohl die Forderung als auch das Pfandrecht jeweils selbstständig verpfändbar sind.60 In auffälligem Gegensatz zipiell nicht zu einer Mehrbelastung: Der zweite Pfandnehmer erwarb nicht mehr Rechte als dem ersten Pfandnehmer zustanden (ALR, 1. Teil, 20. Titel § 129), weshalb das Afterpfandrecht auch nach der Konzeption im Allgemeinen Landrecht allenfalls im Umfang der dem ersten Pfandnehmer zustehenden Schuldforderung und nur bei deren Fälligkeit eine Befriedigung aus dem Pfand ermöglichte. Etwas anderes galt nur dann, wenn der erste Pfandbesteller der Erweiterung des Haftungsumfangs seines Pfandes ausdrücklich zustimmte (ALR, 1. Teil, 20. Titel § 130). Mit einer nicht konsentierten weiteren Versetzung konnte sich der erste Pfandnehmer auch nicht seiner Verwahrungspflicht gegenüber dem Pfandbesteller entziehen; der zweite Pfandnehmer erwarb nur ein persönliches Recht gegen den ersten Pfandnehmer auf Überlassung des Pfandes, siehe Dernburg, Preußisches Privatrecht II5, § 357, 4 (S. 913 mit Fn. 15). Insbes. konnte der erste Pfandbesteller sein Pfand auch vor dem vereinbarten Fälligkeitstermin durch Entrichtung seiner Schuld gegenüber dem ersten Pfandnehmer auslösen (ALR, 1. Teil, 20. Titel § 135); ihm stand dann, wie sich aus ALR, 1. Teil, 20. Titel § 128 e contrario ergeben dürfte, auch die Eigentumsklage zu. Ein Gleichlauf mit dem ABGB herrschte jedoch in Bezug auf die Verpfändung der Hypothek, die gem. ALR, 1. Teil, 20. Titel § 135 nicht der Zustimmung des Hypothekenbestellers bedurfte. Der Hypothekengläubiger musste den Hypothekenbesteller von der Weiterverpfändung benachrichtigen und sich die Handlungen eines Dritten, dem er das belastete Grundstück überlassen hatte, zurechnen lassen (ALR, 1. Teil, 20. Titel §§ 135, 136). 58 Klang (-Klang), ABGB II 2 , S. 450; Kodek (-Kodek), GBG, § 13 Rn. 162; Koch/Bydlinski/ Bollenberger (-Koch), ABGB4, § 454 Rn. 1; Rummel (-Hofmann), ABGB I3, § 454 Rn. 1; Schwimann/Kodek (-Hinteregger), ABGB II4, § 454 Rn. 1. 59 Fenyvers/Kerschner/ Vonkilch (-Wolkerstorfer), ABGB3 (Klang), § 454 Rn. 1; Apathy/Iro/ Koziol (-Iro), Bankvertragsrecht IX/22, Rn. 2/96; mit vertiefter Argumentation ders., FS ABGB II, S. 1077, 1081–1086. Die in § 364c S. 2 ABGB bestimmte Ausnahme, einem schuldrechtlichen Verfügungsverbot mittels Grundbucheintragung dingliche Wirkung zu verleihen, ist mit Rücksicht auf den Normzweck – generationenübergreifende Nutzung und Erhaltung des familiären Grundvermögens – restriktiv auszulegen und erfasst richtigerweise nicht die Verpfändung der (schleunigen) Verwertung fremder Liegenschaften dienenden Hypotheken (überzeugend Iro, FS ABGB II, S. 1077, 1085–1086, der zudem darauf verweist, dass sich der Liegenschaftseigentümer, der einem Angehörigen eine Hypothek bestellt gegen die Verpfändung derselben an Dritte dadurch schützen kann, dass die Verwertung auf die Zwangsverwaltung durch entsprechende Vereinbarung und Grundbucheintragung auch mit Wirkung gegenüber dem Afterpfandgläubiger gem. § 5 GBG beschränkt werden kann; a. A. Klang (-Klang), ABGB II 2, S. 450). Strittig ist hingegen, ob die Vereinbarung einer an die Afterverpfändung anknüpfenden auflösenden Bedingung im Pfandbestellungsvertrag als nichtiges Umgehungsgeschäft von § 364c S. 1 ABGB anzusehen ist (vgl. Iro, FS ABGB II, S. 1077, 1084–1085 m. w. N.). 60 Siehe dazu Apathy JBl. 1979, S. 518–528; Apathy/ Iro/ Koziol (-Iro), Bankvertragsrecht IX/22, Rn. 2/97; Demelius, Das Pfandrecht an beweglichen Sachen, S. 278–282; Ehrenzweig, System des österreichischen Allgemeinen Privatrechts I/2, S. 527–528; Exner, Das oestreichische Hy-
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zur vordringenden Ansicht in der deutschen Pandektenwissenschaft des vorvergangenen Jahrhunderts – die das sog. subpignus als Ausprägung eines pignus nominis deutete61 – dominiert in der zeitgenössischen österreichischen Lehre wohl noch die These, dass die Afterverpfändung zwar typischerweise mit einer Verpfändung der gesicherten Forderung einhergehe, aber nicht notwendig durch Verpfändung der gesicherten Forderung zu bewirken sei.62 Wie auch in der gemeinrechtlichen Doktrin ist im Näheren freilich unsicher, wie sich die gesonderte Verpfändung des Pfandrechts auf die durch das verpfändete Pfandrecht gesicherte Forderung auswirkt, insbesondere ob insoweit der Rechtssatz accessorium sequitur principale umgekehrt wird. Die Gegenansicht hält eine eigenständige Verpfändung des Pfandrechts ohne die gesicherte Forderung für schlechthin unmöglich, qualifiziert die Afterverpfändung mithin als bloßen Anwendungsfall einer Forderungsverpfändung mit einem besonders geregelten Modus.63 Diese Kontroverse überschneidet sich mit der Streitfrage, ob die Afterverpfändung – neben den allgemeinen Voraussetzungen sowie dem in § 454 ABGB normierten Modus – zusätzlich die Benachrichtigung des Pfand- und/oder des Personalschuldners erfordert.64 pothekenrecht II, S. 445–447; Fenyvers/Kerschner/Vonkilch (-Wolkerstorfer), ABGB3 (Klang), § 454 Rn. 4; Horn, Rechte als Objecte des Pfandrechts, 78–83; Kletečka/Schauer (-Oberhammer/ Domej), ABGB-ON, §§ 454, 455 Rn. 1–5; Rummel (-Hofmann), ABGB I3, § 454 Rn. 2; Schwimann/Kodek (-Hinteregger), ABGB II4, § 454 Rn. 2; Stubenrauch, ABGB I8 , S. 626–627. 61 Siehe z. B. Dernburg, Das Pfandrecht nach den Grundsätzen des heutigen römischen Rechts I, § 61 (S. 481–482); Schmid, Grundlagen der Cession, S. 145–154. 62 Apathy/Iro/Koziol (-Eicher), Österreichisches Bankvertragsrecht IX/22 , Rn. 1/56: Das Afterpfandrecht beziehe sich zwar grundsätzlich auf die gesicherte Forderung und das Pfandrecht, den Parteien stehe es aber frei, das Pfandrecht auch ohne die gesicherte Forderung zu verpfänden; so auch Apathy/Iro/Koziol (-Iro), Österreichisches Bankvertragsrecht IX/22, Rn. 2/97; Exner, Das oestreichische Hypothekenrecht II, S. 445–447; Feil, Hypothekarrecht 3, Rn. 37; Feil/Marent/ Preisl, Grundbuchrecht 2, § 13 Rn. 44, § 51 Rn. 2; Fenyvers/Kerschner/Vonkilch (-Wolkerstorfer), ABGB3 (Klang), § 454 Rn. 4; i. E. auch Holzner, JBl. 2010, S. 750, 763–764 aus grundbuchverfahrensrechtlichen Erwägungen; Iro, Sachenrecht6 , Rn. 10/11; Koziol/Bydlinski/Bollenberger (-Koch), ABGB2, § 454 Rn. 4; Koziol/Welser (-Kletečka), Bürgerliches Recht II13, S. 338; Schwimann/Kodek (-Hinteregger), ABGB II4, § 454 Rn. 2; i. E. ähnlich Ehrenzweig, System des österreichischen Allgemeinen Privatrechts I/2, S. 527–528: die pfandrechtsgesicherte Forderung könne als bloße Pfandforderung ohne die persönliche Haftung des Forderungsschuldners mitverpfändet werden; die persönliche Haftung ruhe, solange das Afterpfandrecht bestehe. Siehe auch Unger, Österreichisches Privatrecht I, S. 598–599, wonach akzessorische Nebenrechte zwar nicht ohne die gesicherte Forderung übertragen, wohl aber der Ausübung nach einem anderen unter den Voraussetzungen überlassen werden könne, unter denen auch der Gläubiger zur Ausübung des Nebenrechts berechtigt sei; der Gläubiger könne somit eine Bürgschaft oder ein Pfandrecht einem anderen in der Weise überlassen, dass dieser die Bürgschaftsklage bzw. die Pfandklage, nicht aber die persönliche Klage gegen den Schuldner erheben könne. Demgegenüber erachtet Stubenrauch, ABGB I8 , S. 626–627 eine gesonderte Verpfändung nur des Pfandrechts für unmöglich, meint aber, dass die subpignoratio in Umkehrung des Grundsatzes accessorium sequitur principale zu einer Mitverpfändung der gesicherten Forderung führe. 63 Klang (-Klang), ABGB II 2 , S. 448–449; Kletečka/S chauer (-Oberhammer/D omej), ABGBON, §§ 454, 455 Rn. 1–5; Kodek (-Kodek), GBG, § 13 Rn. 163; Rummel (-Hofmann), ABGB I3, § 454 Rn. 2. 64 Ausführlich Apathy JBl. 1979 S. 518–528; ferner Ehrenzweig, System des österreichischen Allgemeinen Privatrechts I/2, S. 527–528, 530.
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aa) Die „Einheitslehre“ Die Vertreter der „Einheitsthese“65 berufen sich auf das Prinzip der Verfügungsakzessorietät: Wenn das Pfandrecht unstreitig nicht ohne die Sicherungsforderung auf einen Zessionar übertragen werden könne, scheide eine gesonderte Verpfändung des Pfandrechts zwangsläufig aus.66 Weiterhin wird auf § 13 Abs. 2 GBG verwiesen. Aus dieser Vorschrift ergebe sich expressis verbis, dass das Afterpfandrecht nicht an der Hypothek, sondern – in Übereinstimmung mit der Zession – an einer hypothekarisch gesicherten Forderung bestellt werde.67 Ergänzend wird angemerkt, dass ein gesondertes Pfandrecht am Pfandrecht ohnedies keine verlässliche Sicherheit biete; der Parteiwille richte sich, auch wenn nur von der Wiederverpfändung des Pfandes die Rede sei, auf eine Verpfändung der pfandrechtsgesicherten Forderung.68 Wenngleich das kraft Gesetzes mit der Forderung zu verpfändende Pfandrecht auf den Modus der Afterverpfändung gem. § 454 ABGB durchschlägt,69 ist nach dieser Ansicht zweifelhaft, ob es zusätzlich des regulären Modus der Forderungsverpfändung, d. h. der aus § 452 ABGB abgeleiteten Anzeige an den Pfandschuldner, für den Vollzug der notwendig einheitlichen Verpfändung der Forderung und des Pfandrechts bedarf.70 Diese Frage stellt sich auch bei der Verpfändung hypothekarisch gesicherter Forderungen, obschon die Einverleibung (bzw. Anmerkung der Vormerkung) der Verpfändung der hypothekarisch gesicherten Forderung im Grundbuch sowie die entsprechende Verständigung des Eigentümers von Amts wegen von der Afterverpfändung (§ 119 Abs. 1 Nr. 1 GBG) die bei der Forderungsverpfändung dem Schuldner zugemessene Auskunftsfunktion erfül65
Nachweise in Fn. 63. Klang (-Klang), ABGB II 2, S. 448; Kletečka/Schauer (-Oberhammer/Domej), ABGB-ON, §§ 454, 455 Rn. 5; Stubenrauch, ABGB I8 , S. 626. 67 Klang (-Klang), ABGB II 2 , S. 448; Kletečka/S chauer (-Oberhammer/D omej), ABGB-ON, §§ 454, 455 Rn. 2. 68 Vgl. Stubenrauch, ABGB I8 , S. 627. Siehe auch Demelius, Das Pfandrecht an beweglichen Sachen, S. 279, 281, 298, der zuvörderst aber auf das aus § 455 ABGB abgeleitete Erfordernis einer Benachrichtigung des Schuldners für die „normale“ Forderungsverpfändung abstellt; das österreichische Recht betrachte deshalb „die Afterverpfändung geradezu als eine Art der Forderungsverpfändung; sobald denuntiiert ist, haftet dem Afterpfandgläubiger primär dasjenige, was der Drittschuldner seinem Gläubiger, dem Afterverpfänder, zu zahlen hat. Fließt diese Befriedigungsquelle nicht, so tritt an deren Stelle das Pfand.“ 69 Solange der in § 454 ABGB bestimmte Modus nicht erfüllt ist, ist die Afterverpfändung hiernach (schwebend) unwirksam; aus dem der Afterverpfändung, scil.: der Forderungsverpfändung, zugrunde liegenden (kausalen) Pfandbestellungsvertrag (pactum de subpignorando) vor (Demelius, Das Pfandrecht an beweglichen Sachen, S. 281; Kletečka/Schauer (-Oberhammer/ Domej), ABGB-ON, §§ 454, 455 Rn. 5). 70 Klang (-Klang), ABGB II 2 , S. 448–451 stellt ausdrücklich nur auf die Übergabe des Pfandes bzw. die Einverleibung im Grundbuch der verpfändeten Hypothekenforderung ab, was darauf schließen lässt, dass es nach seiner Ansicht einer zusätzlichen Verständigung des Schuldners bei der Verpfändung pfandrechtsgesicherter (Nicht-)Buchforderungen nicht bedarf. Rummel (-Hofmann), ABGB I3, § 454 Rn. 3 stellt klar, dass die Verständigung des Schuldners der gesicherten Forderung wegen § 455 ABGB nur deklaratorisch wirkt; unklar Kletečka/Schauer (-Oberhammer/Domej), ABGB-ON, §§ 454, 455 Rn. 5. 66
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len dürfte.71 Abgesehen davon erörtern die Vertreter der „Einheitslehre“ meistens nicht, wie sich die nachträgliche Bestellung eines Pfandrechts für eine bereits verpfändete Forderung auf das Forderungspfandrecht auswirkt. Ob sich dieses auf das akzessorische Nebenrecht kraft Gesetzes ohne zusätzlichen Modus erstreckt oder erst bei nachträglicher Vornahme der in § 454 ABGB bestimmten Erwerbsvoraussetzungen ein Afterpfandrecht entsteht oder sogar das Forderungspfandrecht nachträglich unwirksam wird, solange nicht der Modus für die Afterverpfändung vollzogen wird, ist unklar.72 bb) Die „Trennungslehre“ Auch nach der herrschenden „Trennungslehre“73 ist das Afterpfandrecht wie jedes Pfandrecht ein akzessorisches Recht; in Entstehung und Bestand ist es von der Forderung des Afterpfandgläubigers abhängig.74 Zudem ist es ebenso wie das verpfändete Pfandrecht selbst untrennbar mit dem rechtlichen Schicksal der Forderung des Pfandgläubigers und Afterpfandschuldners verknüpft. Einhellig anerkannt ist weiterhin, dass sich der Afterpfandgläubiger aus dem verpfändeten Pfand nur insoweit zu befriedigen vermag, als dieses die gesicherte Forderung deckt: Soweit dieses aber nun zur Tilgung der Forderungen des Afterpfandgläubigers hinreicht, ist ihm nach dieser Ansicht ein Zugriff auf die durch das verpfändete Pfandrecht gesicherte Forderung versperrt, wenn er sich nicht auch die Forderung zusätzlich verpfänden lässt.75 Aus § 13 Abs. 2 GBG ergebe sich nicht unzweideutig ein Erfordernis, die Hypothek mitsamt der Forderung zu verpfänden, zumal § 454 ABGB von der Eintragung des Afterpfandrechts auf das Pfandrecht spreche.76 Die Gegenansicht müsse hingegen bei nicht erfolgter Schuldnerbenachrichtigung – die grundsätzlich für die Forderungsverpfändung konstitutiv sei – entweder systemwidrig 71 Desgleichen stellt sich die Frage, ob bei sog. Buchforderungen – hier wird die Verpfändung durch Eintragung in die Geschäftsbücher des Gläubigers ersetzt (vgl. OGH 29.10.1997 – 5 Ob 2155/96i, JBl 1998, S. 105; OGH 23.2.2011 – 3 Ob 155/10f, JBl 2011, S. 508 zur Sicherungszession, für die ein publizitätswirksamer Zessionsvermerk nach der Rechtsprechung analog § 452 ABGB erforderlich ist; bei einer mittels elektronischer Datenverarbeitung abgewickelten Buchführung muss der Verpfändungs- bzw. Zessionsvermerk nicht nur bei den einzelnen Kundenkonten, sondern auch in der „Offenen-Posten-Liste“ betreffend die offenen Kundenforderungen gesetzt werden, was durch die jeweilige Buchhaltungsorganisation sicherzustellen ist) – neben der Eintragung der Afterverpfändung in den Geschäftsbüchern des Pfandgläubigers (als Afterpfandschuldner) analog § 454 ABGB auch die akzessorische Mitverpfändung des Forderungspfandrechts des Pfandgläubigers in den Geschäftsbüchern des Gläubigers (als Pfandschuldner) gem. § 452 ABGB vermerkt werden muss oder diese Benachrichtigung wiederum nur schuldbefreiende Leistungen des Pfandschuldners und des persönlichen Schuldners gem. § 455 ABGB verhindert. 72 Nach Strohal, GrünhutZ IX (1882), S. 659, 677–678 erstreckt sich das Forderungspfandrecht jedenfalls nicht auf eine nachträglich eingeräumte Hypothek, solange es an der Eintragung im Grundbuch fehlt; das Forderungspfandrecht bleibt wirksam. 73 Nachweise in Fn. 62. 74 Apathy JBl. 1979, S. 518, 523. 75 Vgl. Exner, Das oestreichische Hypothekenrecht II, S. 445. 76 Apathy, JBl. 1979, S. 518, 522; siehe auch Apathy/Iro/Koziol (-Iro), Öst. Bankvertragsrecht IX 2, Rn. 2/94.
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trotzdem von einer wirksamen einheitlichen Verpfändung der gesicherten Forderung und des Pfandrechts ausgehen oder aber trotz Wahrung des in § 454 ABGB bestimmten Modus die Afterverpfändung insgesamt als nichtig ansehen.77 Darüber hinaus führe die These von der notwendig einheitlichen Verpfändung bei Bestellung eines Pfandrechts oder einer Hypothek zur Sicherung einer bereits verpfändeten Forderung zu Widersprüchen, weil dies einerseits nicht die Wirksamkeit des Forderungspfandrechts in Frage stellen könne, andererseits aber auch nicht zur automatischen Entstehung eines Afterpfandrechts oder einer Afterhypothek ohne Übergabe des Pfandes resp. Eintragung der Afterhypothek führen könne.78 Soweit die Gegenansicht die Zulässigkeit einer gesonderten Verpfändung des Pfandrechts mit Blick auf das aus dem Akzessorietätsprinzip gefolgerte Trennungsverbot für unmöglich erachtet,79 wird erwidert, dass eine gesonderte Verpfändung des Haupt- und des Nebenrechts die Rechtszuständigkeit nicht aufspalte.80 Forderung und Pfandrecht stünden dem Gläubiger zu, der bloß einem anderen ein Pfandrecht an seiner Forderung oder seinem Pfandrecht einräume. Auch das Argument, dass eine isolierte Verpfändung des Pfandrechts dem Afterpfandgläubiger keine (effektive) Sicherheit verschaffe, wird zurückgewiesen:81 So könne sich der Afterpfandgläubiger selbst gegen einen Rechtsverlust schützen, indem er dem Pfandschuldner und auch dem mit diesem nicht notwendig identischen persönlichen Schuldner der pfandrechtsgesicherten Forderung die Afterverpfändung gem. § 455 ABGB anzeige. Überdies sei der Afterpfandgläubiger in jedem Fall gegen Verfügungen des Pfandgläubigers über die pfandrechtsgesicherte Forderung geschützt; ob die Forderung dem Afterpfandgläubiger mitverpfändet werde oder nicht, sei unerheblich.82 Insbesondere sei ein Erlassvertrag zwischen dem Pfandgläubiger und dem Forderungsschuldner im Verhältnis zum Afterpfandgläubiger als Vertrag zulasten Dritter unwirksam.83 Auch eine gesonderte Forderungsabtretung ohne das Pfandrecht an einen Dritten84 lasse das Afterpfandrecht unberührt; Leistungen an den Zessionar könnten nur nach Maßgabe des § 455 ABGB pfand77 Iro, FS ABGB II, S. 1077, 1088 in Fn. 49. Zudem laufe die Beweisführung von Demelius, Das Pfandrecht an beweglichen Sachen, S. 298, der sich maßgeblich zur Begründung der Einheitslehre auf die Bedeutung der Benachrichtigung des Pfandschuldners von der Afterverpfändung beruft, auf einen Zirkelschluss hinaus, zumal die Denuntation nach § 455 ABGB gar nicht Tatbestandsmerkmal der Afterverpfändung sei (vgl. Apathy, JBl. 1979, S. 518, 522). 78 Apathy, JBl. 1979, S. 518, 527. 79 Siehe die Nachweise in Fn. 66. 80 Apathy JBl. 1979, S. 518, 523, der auch die in der älteren Literatur vertretene Deutung der Verpfändung eines Rechts als bedingte Zession bzw. eventuelle Überlassung der Ausübung des Pfandrechts verwirft. 81 Apathy JBl. 1979, S. 518, 523 ff. 82 Vgl. Apathy JBl. 1979, S. 518, 524; Fenyvers/Kerschner/Vonkilch (-Wolkerstorfer), ABGB3 (Klang), § 455 Rn. 5. 83 Apathy JBl. 1979, S. 518, 524; Ehrenzweig, System des österreichischen Allgemeinen Privatrechts I/2, S. 532; Fenyvers/Kerschner/Vonkilch (-Wolkerstorfer), ABGB3 (Klang), § 454 Rn. 5; Schwimann/Kodek (-Hinteregger), ABGB II4, § 455 Rn. 2. 84 Eine gesonderte Forderungszession ist nicht prinzipiell unzulässig, soll nach allgemeinen Grundsätzen aber zumindest zum Ruhen, wenn nicht sogar zum Untergang des Pfandrechts (ent-
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rechtsentlastende Wirkung zeitigen.85 Schließlich sei eine der Pfandrechtsverpfändung vorausgegangene oder nachfolgende „isolierte“ Forderungsverpfändung unschädlich. Weil der Schuldner nur einmal zur Leistung verpflichtet sei, läge eine der mehrfachen Forderungsverpfändung vergleichbare Fallgestaltung vor, die nach Maßgabe des Prioritätsgrundsatzes gelöst werden müsse.86 Wenngleich hiernach eine gesonderte Verpfändung des Pfandrechts möglich sei, wird dennoch allgemein angenommen, dass typischerweise eine einheitliche Verpfändung der Forderung und des Pfandrechts beabsichtigt sei und, wenn nichts anderes vereinbart werde, der Wille zur Forderungsverpfändung in der nach § 454 ABGB bewirkten Afterverpfändung konkludent zum Ausdruck gebracht werde. Die (isolierte) Afterverpfändung entspreche nur in Ausnahmefällen, z. B. bei der Verpfändung von Höchstbetragshypotheken, dem Parteiwillen; regelmäßig sei eine einheitliche Verpfändung der Forderung und des Pfandrechts beabsichtigt; dem müsse im Rahmen der objektiven Auslegung des Pfandbestellungsvertrages Rechnung getragen werden.87 Sollte aber einmal entgegen der typischen Interessenlage eine isolierte Verpfändung des Pfandrechts beabsichtigt sein, sei dennoch eine Anzeige der Bestellung des Afterpfandrechts an den Pfandschuldners geboten, um pfandbefreiende Zins- und Tilgungsleistungen gem. § 455 ABGB auszuschließen.88 Folgerichtig ist die Verständigung des persönlichen Schuldners der pfandrechtsgesicherten Forderung (F1) für die Afterverpfändung nicht konstitutiv; die Anzeige an den Pfandschuldner (E) und/oder an den Personalschuldner (B) wirkt sich allein auf die Rechtsfolgen von Leistungen des B und des E an A (oder sonstige einziehungsberechtigte Personen) im Verhältnis zu C aus (§ 455 ABGB).89 Andesprechend § 1250 Abs. 2 BGB) führen; vgl. Apathy, JBl. 1979, S. 518, 524 m. w. N.; Kletečka/Schauer (-Oberhammer/Domej), ABGB-ON, §§ 454, 455 Rn. 3. 85 Apathy, JBl. 1979, S. 518, 524. 86 Apathy, JBl. 1979, S. 518, 524–525; Apathy/ Iro/Koziol (-Iro), Österreichisches Bankvertragsrecht IX/22, Rn. 2/97; Iro, Sachenrecht6 , Rn. 10/11; Stubenrauch, ABGB I8 , S. 627 Fn. 1. Siehe zu den umstrittenen Einzelheiten der Kollision zwischen Forderungspfandrechten und (isolierten) Afterpfandrechten resp. Afterhypotheken § 5 II. 2. b). 87 Schließlich sei der Afterpfandgläubiger ungesichert, sobald zwar das verpfändete Pfandrecht durch Sachvernichtung oder auf andere Weise ohne den Willen des Afterpfandgläubigers gem. § 467 ABGB erlösche, obschon die gesicherte Forderung noch nicht getilgt sei und sich somit als Kreditsicherungsmittel anböte (vgl. Apathy JBl. 1979, S. 518, 525; Feil, Öst. Hypothekarrecht, Rn. 37; Feil/Marent/Preisl, Grundbuchrecht 2, § 13 Rn. 44, § 51 Rn. 2). 88 Apathy JBl. 1979, S. 518, 525; Iro, Sachenrecht6 , Rn. 10/13. Eine nicht konsentierte Leistung an den Pfandgläubiger ist zumindest im Verhältnis zum Afterpfandgläubiger relativ unwirksam; dieser wird so behandelt, als ob die im Verhältnis zum Pfandgläubiger erloschene Forderung und das Pfandrecht fortbestehe (näher Ehrenzweig, System des österreichischen Allgemeinen Privatrechts I/2, S. 529–530; zu den Voraussetzungen und Rechtsfolgen von Zins- und Tilgungsleistungen auf die durch das Hauptpfandrecht gesicherte Forderung siehe § 5 II. 3. a) aa)). 89 Apathy JBl. 1979, S. 518 ff.; Iro, Sachenrecht6 , Rn. 10/12. Bei unterstellter Zulässigkeit der isolierten Pfandrechtsverpfändung würde sich in der Tat weder aus § 455 ABGB noch aus einem allgemeinen sachenrechtlichen Publizitätsprinzip ein Erfordernis der Schuldnerbenachrichtigung ergeben. Allein der Umstand, dass der Abtretungstatbestand (§ 1392 ABGB) eine Anzeige an den Forderungsschuldner nicht voraussetzt, diese vielmehr im Kontext des abtretungsrechtlichen Schuldnerschutzes von Bedeutung ist (vgl. §§ 1395 S. 2, 1396 ABGB), erlaubt zwar keinen
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rerseits ist eine Verpfändungsbenachrichtigung des Schuldners nicht entbehrlich, wenn nicht lediglich das Pfandrecht, sondern dieses und die gesicherte Forderung an den Afterpfandgläubiger verpfändet werden.90 Anderes soll nach teilweise vertretener Ansicht bei der Verpfändung von Hypothekarforderungen gelten, weil die Afterverpfändung durch Einverleibung bei der zu belastenden Hypothek bewirkt wird.91 Die Gegenansicht verlangt bei einer kumulativen Verpfändung der gesicherten Forderung und der Hypothek zwar eine Verpfändungsanzeige für die Wirksamkeit der Forderungsverpfändung, zumal bei Personenverschiedenheit zwischen dem Eigentümer und dem Schuldner der Hypothekarforderung; freilich soll diese Verpfändungsanzeige durch die amtliche Bekanntgabe der Afterpfandbestellung (§ 119 Abs. 1 Nr. 1 GBG) ersetzt werden können.92 c) Gutgläubiger Erwerb Eine auffällige Lücke in der Erschließung der Lehre vom Afterpfandrecht zeigt sich bei der Thematik des gutgläubigen Erwerbs. Die Frage, ob ein Afterpfandrecht an einem Pfandrecht oder einer Hypothek gutgläubig erworben werden kann, wird Rückschluss auf die Voraussetzungen der Forderungsverpfändung im Allgemeinen und für die Pfandrechtsverpfändung im Besonderen (Apathy, JBl. 1979, S. 518, 520). Maßgeblich ist der Regelungsgehalt des § 455 ABGB, welcher sich auf die Wirkung der Benachrichtigung des Eigentümers bezieht, diese Benachrichtigung (und nicht erst die Anzeige an den persönlichen Schuldner) aber zumindest nicht expressis verbis zur Voraussetzung der Afterverpfändung erhebt. Auch die intrasystematische Gegenüberstellung von § 454 ABGB und § 455 ABGB indiziert, dass der modus acquirendi abschließend in dieser Vorschrift normiert ist (ebenso Apathy, JBl. 1979, S. 518, 519, der zudem auf die Gesetzgebungsmaterialien verweist). Überdies wird eine Benachrichtigung des Pfand- und/oder Forderungsschuldners bei Bestellung einer Afterhypothek überwiegend für entbehrlich erachtet, weil der Grundstückseigentümer bei rechtsgeschäftlicher Bestellung der Afterhypothek im Zuge der Eintragung der Afterhypothek („Einverleibung“) von Amts wegen benachrichtigt werde (§ 119 Abs. 1 Nr. 3 GBG), die mit der Benachrichtigung verfolgte Warnfunktion ohnehin gewährleistet sei und daher für eine zusätzliche Benachrichtigung seitens des Hypothekengläubigers kein Anlass bestehe (Iro, Sachenrecht6 , Rn. 10/14; Schwimann/Kodek (-Hinteregger), ABGB II4, § 455 Rn. 1). Schließlich versagt der Verweis auf ein ungeschriebenes Publizitätserfordernis, weil bereits das Erfordernis der Übergabe bzw. der Grundbucheintragung gem. § 454 ABGB die Afterverpfändung für Dritte erkennbar macht; das Postulat einer zusätzlichen Schuldnerbenachrichtigung wäre jedenfalls bei unterstellter Zulässigkeit isolierter Afterverpfändung systemwidrig und überdies mit dem liegenschaftsrechtlichen Eintragungsprinzip schwer zu vereinbaren (vgl. Apathy, JBl. 1979, S. 518, 527. 90 Apathy, JBl. 1979, S. 518, 527–528; Iro, Sachenrecht6 , Rn. 10/13; Koziol/Bydlinski/Bollenberger (-Koch), ABGB2, § 454 Rn. 4; Schwimann/Kodek (-Hinteregger), ABGB II4, § 454 Rn. 3. 91 Ehrenzweig, System des österreichischen Allgemeinen Privatrechts I/2, S. 441 mit Fn. 26, S. 489; Klang (-Klang), ABGB II2, S. 451. 92 Reischauer, JBl. 2001, S. 541, 546–548; Holzner, JBl. 2010, S. 750, 761; Kletečka/ Schauer (-Oberhammer/Domej), ABGB-ON, §§ 454, 455 Rn. 5. Soweit man eine isolierte Verpfändung der Hypothek für möglich erachtet, wäre es, wie Holzner, JBl. 2010, S. 750, 764 ausführt, nur folgerichtig, auch eine gerichtliche Bekanntmachung der Mitverpfändung der Hypothekarforderung zu verlangen, da der Eigentümer von der amtlichen Bekanntmachung der Bestellung der Afterhypothek nicht auf eine zwingende Verpfändung der Hypothekenforderung schließen kann; Holzner a. A. O. verlangt zudem eine amtliche Bekanntgabe an den Personalschuldner, wenn dieser nicht zugleich Eigentümer des betroffenen Grundstücks ist.
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im Schrifttum allenfalls angerissen, aber nicht vertieft untersucht.93 Dies überrascht. Schließlich ist zwar der gutgläubige (Erst-)Erwerb eines Sachpfandes vom Scheineigentümer (§ 456 ABGB) sowie der redliche konstitutive und translative Erwerb von Hypotheken aufgrund des grundbücherlichen Vertrauensgrundsatzes (§§ 62 ff. ABGB, § 1500 ABGB analog) im Grundsatz anerkannt; die Voraussetzungen und die Reichweite der Gutglaubenstatbestände sind freilich vor allem beim redlichen Erst- und Zweiterwerb der Hypothek lebhaft umstritten.94 Daher läge es zumindest nicht fern, die Möglichkeit eines redlichen Erwerbs eines Pfandrechts an einem bestehenden oder auch nur fiktiven Pfandrecht vom präsumtiven oder nicht uneingeschränkt verfügungsberechtigten Pfandgläubiger zumindest als akademische Fragestellung zu eruieren.95 Scharf zu unterscheiden ist diese Thematik vom Erlöschen des Afterpfandrechts infolge eines gutgläubig-lastenfreien Erwerbs des Eigentums, des gutgläubig-lastenfreien Erwerbs der belasteten Hypothek und des gutgläubigen Vorrangserwerbs an der belasteten Hypothek.96 M. E. ist, was die Frage des Redlichkeitsschutzes bei der (Übertragung und bei der) Belastung von Pfandrechten mit Afterpfandrechten anbelangt, unabhängig davon, ob der Einheitslehre oder Trennungslehre gefolgt wird, streng nach dem jeweiligen Bezugspunkt des zu verpfändenden Pfandrechts zu trennen. Während ein gutgläubiger Erwerb eines Afterpfandrechts an einer Hypothek nicht prinzipiell ausscheiden dürfte, liegt es bei Afterverpfändung eines Mobiliarpfandrechts grundlegend anders; schlechthin ausgeschlossen ist schließlich ein gutgläubiger Erwerb eines Afterpfandrechts, wenn schon für die Bestellung des zu verpfändenden Pfandrechts, z. B. einer Verpfändung einer nicht verbrieften Forderung, Redlichkeitsschutz nicht in Betracht kommt.97 93 So wird z. B. von Klang (-Klang), ABGB II 2, S. 450; Koziol/Bydlinski/Bollenberger (-Koch), ABGB2, § 454 Rn. 1; Rummel (-Hofmann), ABGB I3, § 454 Rn. 1; Schwimann/Kodek (-Hinteregger), ABGB II4, § 454 Rn. 1 ohne nähere Auseinandersetzung auf die Möglichkeit eines Afterpfandrechtserwerbs in direkter oder entsprechender Anwendung des § 456 ABGB verwiesen, wenn dem Afterpfandgeber durch vertragliche Abrede mit dem Eigentümer/Pfandgeber eine Afterverpfändung untersagt ist. Kritisch Iro, FS ABGB II, S. 1077, 1081–1082, der einen gutgläubigen Erwerb von Afterpfandrechten an beweglichen körperlichen Sachen mangels tauglichen Rechtsscheins generell ablehnt; ebenso Kletečka/Schauer (-Oberhammer/Domej), ABGB-ON, § 456 Rn. 7, die im Übrigen darauf abstellen, dass der gute Glaube an die Verfügungsmacht eines Unternehmers generell nicht geschützt werde. 94 Siehe dazu Apathy/ Iro/Koziol (-Iro), Öst. Bankvertragsrecht IX 2, Rn. 2/169–2/180; Iro, Sachenrecht6 , Rn. 10/42. 95 Mit dieser Frage nichts zu tun hat der gutgläubige Pfandrechtserwerb an einer körperlichen beweglichen Sache, welcher zweifellos in Betracht kommt, wenn sich der Pfandgläubiger als Eigentümer geriert und dessen Sache unmittelbar verpfändet (siehe schon Zeiller, Commentar II/1, S. 263–264). 96 Zum Erlöschen des Afterpfandrechts siehe § 5 II. 4. 97 Soweit Kletečka/S chauer (-Oberhammer/D omej), ABGB-ON, § 456 Rn. 1 allgemein betonen, dass ein gutgläubiger Erwerb bei der Verpfändung von Rechten nur dann in Betracht komme, wenn das Recht derart verkörpert sei, dass ein hinreichender Rechtsscheinstatbestand entstehen könne, z. B. bei in Inhaber- und Orderpapieren verbrieften Rechten, könnte hieraus prinzipiell für die Afterverpfändung i. S. v. § 454 ABGB folgen, dass jedenfalls dann, wenn das verpfändete Pfandrecht sich auf ein verkörpertes Recht, z. B. ein Wertpapier, bezieht, ein gutgläubiger Er-
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aa) Afterpfandrechte an eingetragenen Hypothekarforderungen Wenngleich der gutgläubige Erwerb eines Afterpfandrechts an einer eingetragenen Hypothek in der Literatur selten ausdrücklich anerkannt oder gar vertieft betrachtet wird,98 lässt sich dieser problemlos unter die einschlägigen Verkehrsschutznormen (§§ 28, 61 ff. GBG, § 1500 ABGB analog) subsumieren. Strukturell ist der gutgläubige Erwerb einer Afterhypothek sowohl dem konstitutiven Hypothekenerwerb vom Scheineigentümer einer Liegenschaft als auch dem derivativen Erwerb einer Hypothekarforderung durch einen präsumtiven Hypothekengläubiger verwandt, geht es doch einerseits um die (versuchte) Bestellung einer neuen Hypothek, die andererseits ebenso wie eine Zession einer Hypothekarforderung vom scheinbaren Hypothekengläubiger bewirkt wird. Die Tatbestandsvoraussetzungen und die Rechtsfolgen des redlichen Erwerbs einer Afterhypothek sind deshalb in Analogie zu den in Rechtsprechung und Lehre weitgehend anerkannten, scharf zu unterscheidenden Konstellationen des gutgläubigen Ersterwerbs und des gutgläubigen Zweiterwerbs einer Hypothek zu entwickeln.99 Ist sogar ein Vollrechtserwerb werb des Afterpfandrechts angesichts der schematischen Parallelisierung der Vollzugserfordernisse in Betracht kommt. Die neuralgische Frage ist freilich, ob der Behauptung, Pfandgläubiger des verpfändeten Rechts zu sein, eine rechtsscheinsvernichtende Wirkung zukommt und insoweit je nach Art des zu verpfändenden Pfandrechts (Pfandrechte an beweglichen Sachen, Pfandrechte an Wertpapieren, Hypotheken) zu differenzieren ist; einen gutgläubigen Erwerb des Afterpfandrechts jedenfalls außerhalb des Liegenschaftsrechts generell ablehnend Kletečka/Schauer (-Oberhammer/Domej), ABGB-ON, § 456 Rn. 7. 98 Erwähnung findet der gutgläubige Erwerb des Afterpfandrechts immerhin bei Iro, FS ABGB II, S. 1077, 1082–1083; Schwimann (-Kodek), ABGB3, § 469 Rn. 1. 99 In Übereinstimmung mit dem deutschen Recht ist auch in Österreich sowohl der „konstitutive“ Hypothekenerwerb vom Scheineigentümer als auch der „translative Erwerb“ einer verbücherten Hypothek vom Putativgläubiger weitgehend anerkannt (OGH 10.7.1973 – 3 Ob 119/73, RIS-Justiz RS0002486; Klang (-Klang), ABGB II 2, S. 523; Koziol/Bydlinski/Bollenberger (-Koch), ABGB2, § 469 Rn. 8; Schwimann/Kodek (-Hinteregger), ABGB II4, § 469 Rn. 11; a. A. Kletečka/ Schauer (-Oberhammer/Domej), ABGB-ON, § 469 Rn. 10–14, die einen grundbuchlich gestützten Vertrauensschutz darauf, dass die Forderung in Höhe der für sie eingetragenen Forderung bestehe und somit einen gutgläubigen Zweiterwerb der Hypothek ggf. mitsamt einer Forderung ermögliche, generell ablehnen; ein gutgläubiger Erwerb komme allenfalls dann in Betracht, wenn zwar die scheinbar gesicherte Forderung in der im Grundbuch ausgewiesenen Höhe bestehe, die Hypothek aber aus anderen Gründen unwirksam sei). Folgerichtig hält die h. A. auch die Möglichkeit eines gutgläubigen Vorrangserwerbs im Verhältnis zu nicht verbücherten Rechten für möglich (Iro, Sachenrecht6 , Rn. 10/42–10/43). Auch beim gutgläubigen (Erst- oder Zweit-)Erwerb einer Hypothek ist strukturell zwischen den Fällen der ursprünglichen und der nachträglichen Grundbuchunrichtigkeit in Bezug auf die Eintragung des Bestellers resp. des Zedenten der Hypothekarforderung zu unterscheiden. Mittels fristgerechter Streitanmerkung und rechtzeitig erhobener Löschungsklage (vgl. § 61 Abs. 1 S. 1 GBG) kann nämlich der von der Eintragung seines „bücherlichen Nachmannes“ von Amts wegen unterrichtete, in seinen Rechten beeinträchtigte Eigentümer (bzw. Hypothekengläubiger) den durch einen von vornherein zu Unrecht eingetragenen Scheineigentümer (bzw. Scheinhypothekengläubiger) veranlassten Erwerb einer Hypothek durch einen redlichen Dritten problemlos vereiteln. Demgegenüber ist bei nachträglicher Grundbuchunrichtigkeit ein sofortiger gutgläubiger Hypothekenerwerb in direkter oder entsprechender Anwendung von § 1500 ABGB möglich. Ein gutgläubiger konstitutiver Hypothekenerwerb vom Scheineigentümer kommt selbstverständlich nur in Betracht, wenn eine zu sichernde Forderung besteht und die weiteren Voraussetzungen des rechtsgeschäftlichen Erwerbs mit Ausnahme
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vom Scheinhypothekar nach Maßgabe der §§ 28, 61 ff. GBG bzw. in Analogie zu § 1500 ABGB möglich, sofern dieser sich anschickt, eine fremde oder gar nicht existente Hypothek bzw. Hypothekarforderung zu übertragen, ist a maiore ad minus auch der Erwerb eines „minderen“ eintragungsbedürftigen Rechts in Form eines Afterpfandrechts (§ 13 Abs. 2 GBG) an der fremden oder scheinbaren Hypothek resp. Hypothekarforderung möglich. Auch hier muss klar zwischen anfänglicher und nachträglicher Unrichtigkeit des Grundbuchs in Hinsicht auf die Rechtsstellung des Afterverpfänders getrennt werden. Während bei einem ursprünglich unwirksamen Erst- oder Zweiterwerb einer zu verpfändenden Hypothek ein gutgläubiger Erwerb eines Afterpfandrechts vom eingetragenen Hypothekengläubiger auch nach Abschluss des Erwerbstatbestands durch Eintragung des Afterpfandrechts seitens des (ordnungsgemäß von der unrichtigen Eintragung des Scheinhypothekars benachrichtigten) materiell beeinträchtigten Eigentümers oder Hypothekengläubigers noch durch rechtszeitige Streitanmerkung im Verbund mit der Erhebung der Löschungsklage verhindert werden kann,100 liegt es bei der nachträglichen Unrichtigkeit des Grundbuchs ander Verfügungsberechtigung des Bestellers erfüllt sind; die Gutglaubenstatbestände vermögen nur die fehlende Verfügungsberechtigung, nicht aber sonstige Mängel des rechtsgeschäftlichen Abschlusstatbestands zu überwinden. Abgesehen davon bedarf es eines wirksamen Titelgeschäfts (Pfandbestellungsvertrag), der Aufsandungserklärung des Bestellers und der Einverleibung bzw. Vormerkung der Hypothek im Grundbuch. Auch der gutgläubige Hypothekenerwerb kommt nur in Betracht, wenn es sich um einen „entgeltlichen“ Erwerb handelt: Die nachträgliche Besicherung bereits gewährter Darlehen ohne zusätzliche Gegenleistung reicht nach wohl h. A. nicht aus. Äußerst umstritten sind freilich – nicht anders als in Deutschland – die Rechtsfolgen des gutgläubigen Hypothekenerwerbs vom vermeintlichen Hypothekengläubiger (siehe Kletečka/ Schauer (-Oberhammer/Domej), ABGB-ON, § 469 Rn. 11–12; Schwimann/ Kodek (-Hinteregger), ABGB II4, § 469 Rn. 11). Nach einer verbreiteten Ansicht bewirkt der gutgläubige Erwerb der Hypothek weder einen Übergang der einem anderen Gläubiger zustehenden Forderung noch ein Entstehen bzw. Wiederaufleben einer nicht entstandenen oder (teilweise) erloschenen Forderung in der Person des redlichen Zessionars (Koziol/Bydlinski/Bollenberger (-Koch), ABGB2, § 469 Rn. 8; Rummel (-Hofmann), ABGB I3, § 469 Rn. 1; siehe auch Ehrenzweig, System des österreichischen Allgemeinen Privatrechts I/2, S. 504; Klang (-Klang), ABGB II 2, S. 412–413, 523). Zwar sei die (scheinbare) Forderung wegen des Akzessorietätsprinzips für die hypothekarische „Sachhaftung“ maßgeblich, der Zessionar könne aber nicht den (vermeintlichen) Schuldner persönlich in Anspruch nehmen. Dies deckt sich weitgehend mit der auch in Deutschland vertretenen Ansicht, wonach die Forderung in konsequenter Anwendung des § 1138 BGB lediglich für die Zwecke des gutgläubigen Erwerbs einer „forderungsentkleideten Hypothek“ zu fingieren sei; ein gutgläubiger Forderungserwerb komme auch unter Berücksichtigung von § 1153 Abs. 2 BGB nicht in Betracht. Die Gegenposition ist nicht bloß in Deutschland stark vertreten. Auch im österreichischen Schrifttum (eingehend Kundi, Zession hypothekarisch gesicherter Forderungen, S. 108–148; Apathy/Iro/Koziol (-Iro), Öst. Bankvertragsrecht IX 2, Rn. 2/169–2/180) wird argumentiert, dass sich der gutgläubige Hypothekenerwerb wegen der zwingenden Verbindung von Hypothek und Forderung notwendigerweise auf die Forderung erstrecke; ein gutgläubiger Forderungserwerb sei sachlich durchaus gerechtfertigt, da die Eintragung der Hypothek für die Forderung eine hinreichende Rechtsscheinswirkung konstituiere und im Übrigen auch ein gutgläubig-einredefreier Hypothekenerwerb vom Gesetz vorausgesetzt werde (vgl. § 1443 ABGB). 100 Eine anfängliche Unrichtigkeit des Grundbuchs liegt vor, wenn die im Grundbuch einverleibte Bestellung oder Übertragung eines dinglichen Rechts z. B. mangels wirksamen Titelgeschäfts – auch aufgrund rückwirkender Anfechtung desselben – von vornherein unwirksam
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ders. Wird z. B. die zu verpfändende Hypothekarforderung vom Schuldner oder einem Dritten getilgt, erlangt der redliche Afterpfandgläubiger – nicht anders als ein Zessionar – kraft Eintragung endgültig und definitiv das Afterpfandrecht an der längst obsoleten resp. auf den Drittzahler kraft Gesetzes übergegangenen Hypothek (§ 1500 ABGB analog).101 In jeder denkbaren Konstellation des gutgläubigen Ersterwerbs eines Afterpfandrechts an einer Hypothek geht entweder der Eiist (vgl. Iro, Sachenrecht6 , Rn. 6/69). Ist also z. B. der dem Ersterwerb oder der Übertragung der Hypothek zugrundeliegende Titel, sei es ein Pfandbestellungsvertrag, sei es ein Kaufvertrag oder eine Schenkung, nichtig oder wird dieser durch Rücktritt bzw. Wandlung vor Einverleibung des designierten Hypothekengläubigers bzw. Zessionars beseitigt, ist die Eintragung ursprünglich unrichtig mit der Folge, dass der materiellrechtlich betroffene Rechtsinhaber (scil.: der Eigentümer oder, bei der Übertragung der Hypothek, der wirkliche Gläubiger) innerhalb des für die Geltendmachung des Mangels des Erwerbsgeschäfts bestehenden „Verjährungszeitraums“ nicht nur gegen den Ersterwerber und seinem Gesamtrechtsnachfolger (§ 62 GBG), sondern auch gegen den nicht gutgläubigen Einzelrechtsnachfolger (arg. e § 63 Abs. 2 GBG) die Löschung der fehlerhaften Eintragung verlangen kann. Auch der gutgläubige Einzelrechtsnachfolger, z. B. der Ersterwerber einer Hypothek oder der Zessionar einer Hypothek, erwirbt nicht bereits ad hoc vom verbücherten Scheinberechtigten wirksam eine Hypothek an der Liegenschaft; vielmehr kann und muss der materiellrechtlich geschädigte Rechtsinhaber, wenn er von der Eintragung seitens der registerführenden Stelle ordnungsgemäß unterrichtet worden ist (§ 119 GBG), innerhalb der 30-, 60- und längstens 90tägigen Rekursfrist des § 123 Abs. 1 GBG eine Streitanmerkung erwirken und innerhalb von 60 Tagen nach Ablauf der Rekursfrist gegen jeden, der zwischenzeitlich ein bücherliches Recht im Vertrauen auf die Berechtigung der bücherlich zu Unrecht eingetragenen Person erlangt, Löschungsklage erheben (§ 63 Abs. 1 GBG). Sofern der Altberechtigte die Rekursfrist und/oder die Frist zur Klageerhebung verstreichen lässt, erlangt der Erwerber materiellrechtlich endgültig das für ihn einverleibte dingliche Recht (§ 63 Abs. 2 GBG). Ist eine ordnungsgemäße Unterrichtung von der Einverleibung des Erwerbers hingegen unterblieben, verlängert sich der Zeitraum zur Erhebung der Löschungsklage auf drei Jahren ab Stellung des Eintragungsgesuchs des Erwerbers (§ 64 GBG): Wird die Löschungsklage rechtzeitig erhoben, scheitert der gutgläubige Erwerb; auf eine Streitanmerkung gem. § 61 Abs. 1 S. 1 GBG kommt es dabei nicht an. 101 Siehe zu dieser Konstellation Iro, FS ABGB II, S. 1077, 1082–1083; Schwimann (-Kodek), ABGB3, § 469 Rn. 1. Wird das Grundbuch aufgrund außerbücherliche Rechtsvorgänge, die auf bestehende Rechte einwirken (z. B. Ersitzung oder Verjährung) unrichtig, kommt ein gutgläubiger Erwerb nach der extensiv auszulegenden Vorschrift des § 1500 ABGB ohne weitere Voraussetzungen sofort mit der Einverleibung des gutgläubigen Erwerbers in Betracht. Zwar bezieht sich die Vorschrift expressis verbis nur auf die Ersitzung oder Verjährung von Dienstbarkeiten; auf alle anderen außerbücherlichen Rechtsvorgänge mit zuordnungsändernder Wirkung ist sie nach allgemeiner Ansicht aber entsprechend anzuwenden (vgl. Iro, Sachenrecht6 , Rn. 6/74). Hierzu gehört auch der Fall, dass das Titelgeschäft mit Wirkung ex nunc, z. B. durch einen Rücktritt von dem der Übertragung der Hypothek zugrundeliegenden Kaufvertrag, nach Stellung des Einverleibungsbegehrens des Zessionars beseitigt wird; der Einzelrechtsnachfolger des Zedenten, z. B. ein weiterer Zessionar oder Afterpfandgläubiger kann also von diesem „sofort“ und nicht erst nach Ablauf der Fristen für Streitanmerkung und Erhebung der Löschungsklage gutgläubig die Hypothek resp. ein Afterpfandrecht erwerben (siehe allgemein zur Abgrenzung zum gutgläubigen Eigentumserwerb an einem Grundstück im Fall nachträglicher Grundbuchunrichtigkeit durch Beseitigung des Titelgeschäfts mit prospektiver Wirkung Iro, Sachenrecht6 , Rn. 6/69). Wenngleich zumindest in dieser Konstellation der gutgläubige Erwerb bereits mit der Einverleibung des Erwerbers vollzogen ist, sind die Anforderungen an den guten Glauben im Vergleich zum deutschen (oder auch zum schottischen) Liegenschaftsrecht messbar erhöht: Bereits leichte Fahrlässigkeit schließt einen gutgläubigen Erwerb aus; der Erwerber kann dabei nicht ausschließlich auf das Grundbuch vertrauen, sondern muss ggf. auch in die Urkundensammlung – auf die das Hauptbuch Bezug nimmt (§ 5 GBG) – Einsicht nehmen (siehe Iro, Sachenrecht6 , Rn. 6/65–6/66). Außer-
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gentümer seines – der nachträglichen Eigentümergrundschuld gem. §§ 1163 Abs. 1 S. 2, 1177 Abs. 1 S. 1 BGB äquivalenten – Verfügungsrechts aus § 469 S. 5 BGB oder aber der nicht vom Grundbuch eingetragene Gläubiger der Hypothek verlustig. Wenn die zu verpfändende (Schein-)Hypothek im maßgeblichen Zeitpunkt des Abschlusstatbestands nichtig ist, wäre es bei der Afterverpfändung – im Gegensatz zur Zession – systemwidrig und wertungswidersprüchlich, die Scheinhypothek ggf. sogar mitsamt einer gesicherten Forderung mit absoluter Wirkung entstehen zu lassen. Schließlich differenziert § 51 Abs. 1 GBG nicht danach, aus welchem Grund eine mit Afterpfandrechten belastete Hypothekarforderung mit dem hiernach erforderlichen Beisatz zu löschen ist. Sowohl vom Wortlaut als auch vom Sinn und Zweck der Norm ist auch der Fall, dass die zu löschende Hypothek bereits im Zeitpunkt des (gutgläubigen) Erwerbs eines Afterpfandrechts nichtig ist und erst nach Vollendung der Afterverpfändung die Löschung begehrt wird, erfasst. Während der gutgläubige Erwerb eines Afterpfandrechts vollends zur Bedeutungslosigkeit degradiert wäre, wenn eine Löschung der (fiktiven) Hypothek ohne den erforderlichen Beisatz, dass die Hypothek bis zur Beendigung des Afterpfandrechts (im Verhältnis zum redlichen) Erwerber als fortbestehend gilt, möglich wäre, spielt es für die Schutzwürdigkeit des Eigentümers keine Rolle, ob das Grundbuch in Ansehung der Hypothek bereits im Erwerbszeitpunkt eines Afterpfandrechts oder erst danach unrichtig wird. In jedem Fall muss sich der Eigentümer gegen die Gefahr weiterer schädlicher Verfügungen über die Scheinhypothek schützen können, was durch die mit dem Beisatz versehene Löschung im Grundbuch gem. § 51 Abs. 2 GBG gewährleistet ist. Fragwürdiger ist die Reichweite des gutgläubigen Erwerbs einer Afterhypothek in Bezug auf die durch die verpfändete Hypothek gesicherte Forderung. Selbst wenn man sich insoweit der „Einheitslehre“ anschlösse,102 ist die Wirkungsweise des gutgläubigen Erwerbs einer Afterhypothek hinsichtlich der hypothekarisch gesicherten Forderung nicht präjudiziert. Auch unter der Prämisse einer zwingend einheitlichen Verpfändung (oder Zession) von Hypothekarforderungen erstreckt sich der gutgläubige Erwerb der Afterhypothek, wenn die Hypothekarforderung zumindest nicht dem Afterverpfänder zusteht, nur unter der zusätzlichen Voraussetzung auf die (Schein-)Forderung, dass auch der redliche Zessionar der Hypothek diese mitsamt der gesicherten Forderung erwürbe.103 Auf dem ist nach österreichischem Recht nur der gutgläubige entgeltliche Erwerb anerkannt (Iro, Sachenrecht6 , Rn. 6/64; Koziol/Bydlinski/Bollenberger (-Eccher), ABGB2, § 367 Rn. 2). 102 Nachweise in Fn. 63. 103 Letzteres wird in Teilen des Schrifttums unter Verweis auf § 1443 ABGB vertreten, sofern der Eigentümer/Schuldner einen Vertrauenstatbestand in Ansehung des Bestehens der Hypothekenforderung geschaffen habe (eingehend Kundi, Zession hypothekarisch gesicherter Forderungen, S. 108–148; Apathy/Iro/Koziol (-Iro), Öst. Bankvertragsrecht IX 2, Rn. 2/169–2/180). Die wohl h. L. attestiert dem gutgläubigen Erwerb hingegen weder eine die fremde Forderung „mitreißende“ noch gar eine forderungskonstituierende Wirkung, sofern diese (teilweise) erloschen ist (Koziol/Bydlinski/Bollenberger (-Koch), ABGB2, § 469 Rn. 8; Rummel (-Hofmann), ABGB I3, § 469 Rn. 1; siehe auch Ehrenzweig, System des österreichischen Allgemeinen Privatrechts I/2, S. 504; Klang (-Klang), ABGB II 2, S. 412–413, 523).
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diese Thematik ist im Kontext der identischen Fragestellung in der deutschen Doktrin noch zurückzukommen.104 bb) Afterpfandrechte an Pfandrechten in enger Bedeutung Schwieriger liegt es jenseits des Liegenschaftsrechts. Für den gutgläubigen Erwerb eines Pfandrechts vom Scheineigentümer verweist § 456 Abs. 1 S. 2 ABGB auf die in §§ 367 Abs. 1 S. 1, 368 ABGB normierten Voraussetzungen des gutgläubigen Eigentumserwerbs an beweglichen körperlichen Sachen.105 Soweit es um die hier zu untersuchende entsprechende Anwendung der §§ 367, 368 ABGB auf die – als Rechts- und gerade nicht als Sachverpfändung i. S. d. § 456 Abs. 1 S. 2 ABGB zu qualifizierende – Afterverpfändung geht,106 sind vier mögliche Konstellationen zu unterscheiden: Es geht (1.) um die Afterverpfändung unter Missachtung eines Weiterverpfändungsverbots,107 (2.) um die von Zeiller diskutierte Verpfändung des Pfandrechts zur Sicherung einer die Pfandforderung nominal übersteigenden Forderung des Afterpfandgläubigers,108 (3.) um die Bestellung eines Afterpfandrechts an einem fremden oder gar inexistenten Pfandrecht seitens eines Nichtberechtigten, (4.) um die Afterverpfändung seitens des (vermeintlichen) Pfandgläubigers unter Verschweigung eines vorrangigen Afterpfand- oder Fruchtgenussrechts und – in Analogie zu den vier vorgenannten Konstellationen – (5.) um die Übertragung und Verpfändung eines (angeblichen) Afterpfandrechts seitens eines Nichtberechtigten. All diesen Konstellationen ist gemein, dass sie nicht unmittelbar den in § 456 i. V. m. §§ 367, 368 ABGB normierten Gutglaubenstatbeständen unterfallen.109 Denn zum einen stellt § 456 Abs. 1 S. 1 ABGB auf die Verpfändung einer beweg104 Näher
§ 5 IV. 2. a)–b). kommt ein gutgläubiger Pfandrechtserwerb gem. §§ 456 Abs. 1 S. 2, 367 Abs. 1 S. 1 Var. 3 ABGB in Betracht, wenn dem nichtberechtigten Verpfänder die Sache vom Eigentümer „anvertraut“ worden ist, was eine willentliche Besitzübertragung auf den „Vertrauensmann“ voraussetzt (vgl. Schwimann/Kodek (-Hinteregger), ABGB II4, § 456 Rn. 4). Demgegenüber ist der in § 367 Abs. 1 S. 1 Var. 1 ABGB normierte Erwerbstatbestand unstreitig unanwendbar, da ein Pfandrechtserwerb i. R. e. öffentlichen Versteigerung ausscheidet; ob ein gutgläubiger Pfandrechtserwerb vom „befugten Gewerbsmann“ entsprechend § 367 Abs. 1 S. 1 Var. 2 ABGB möglich ist, wird unterschiedlich beurteilt (siehe dazu Schwimann/Kodek (-Hinteregger), ABGB II4, § 456 Rn. 4). Im Fall der Verpfändung durch einen Unternehmer richten sich die Voraussetzungen des gutgläubigen Erwerbs nach § 368 Abs. 1 S. 2 ABGB; geschützt ist insoweit auch der gute Glaube an die Verfügungsbefugnis. Aufgrund des gutgläubigen Erwerbs steht der Erwerber nicht anders als im Fall des Erwerbs vom berechtigten Pfandgeber. Das Pfandrecht wirkt gegen den Eigentümer, der allerdings durch Befriedigung des Pfandgläubigers kraft gesetzlichen Forderungsübergangs in die Rechtsposition des Pfandgläubigers eintritt und zudem Schadensersatzansprüche gegen den nichtberechtigten Verpfänder geltend machen kann (vgl. Schwimann/Kodek (-Hinteregger), ABGB II4, § 456 Rn. 8). 106 Richtig Iro, FS ABGB II, S. 1077, 1082. 107 Siehe die Nachweise in Fn. 58. 108 Zeiller, Commentar II/1, S. 263–264. 109 Allgemein anerkannt ist deswegen auch, dass die Vorschrift des § 456 ABGB nur für die Verpfändung (beweglicher) körperlicher Sachen (einschließlich der Verpfändung von in Orderoder Inhaberpapieren verbrieften Forderungen) gilt; ein gutgläubiger Erwerb von Pfandrechten an Rechten wird allgemein abgelehnt (vgl. OGH – 7 Ob 128/04f; Fenyvers/Kerschner/Vonkilch 105 Allgemein
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lichen Sache ohne Einwilligung des Eigentümers ab110 und zum anderen schützt § 368 ABGB den guten Glauben an das Eigentum resp. an die Verfügungsbefugnis über das Eigentum, nicht jedoch – auch nicht im kaufmännischen Verkehr – den guten Glauben an die Verpfändungsbefugnis eines angeblichen Pfandgläubigers.111 Soweit auf die Möglichkeit eines gutgläubigen Pfandrechtserwerbs bei vertragswidriger Wiederverpfändung verwiesen wird,112 geriert sich der Afterverpfänder weder als Eigentümer noch maßt er sich an, die Sache kraft rechtsgeschäftlicher oder gesetzlicher Verfügungsbefugnis zu verpfänden. Vielmehr verfügt dieser – je nach rechtsdogmatischer Konstruktion – über eine Forderung mitsamt dem akzessorischen Pfandrecht oder allein über das Pfandrecht; über sein eigenes beschränktes dingliches Recht, weshalb bei unterstellter Möglichkeit eines gutgläubigen Erwerbs gerade nicht das Vertrauen auf das Eigentum resp. auf die Verfügungsbefugnis des Kontrahenten über das Eigentum an der Sache geschützt wäre. Für die weiteren Fallkonstellationen gilt nichts anderes. Zwar dürfte ein Analogieschluss zu § 456 ABGB wegen der fragmentarischen und konstruktionsjuristisch ambivalenten Regelung der Afterverpfändung nicht bereits am Fehlen einer (planwidrigen) Regelungslücke scheitern. Indes fügt sich der gutgläubige Erwerb eines Afterpfandrechts nicht wertungskohärent in das gesetzliche Regime des gutgläubigen Pfandrechtserwerbs ein. Wie bereits angerissen, überschneidet sich die Thematik mit der der auch in Österreich strittigen Frage, ob ein Zessionar bei unterstellter Redlichkeit wirksam ein (bestehendes) Pfandrecht von einem vermeintlichen Pfandgläubiger zu erwerben vermag.113 Während dies (-Wolkerstorfer), ABGB (Klang)3, § 456 Rn. 3; Kletečka/Schauer (-Oberhammer/Domej), ABGBON, § 456 Rn. 1). 110 Auch im kaufmännischen Verkehr kommt ein gutgläubiger Erwerb bei der Zession einer scheinbar durch Pfandrecht gesicherten Forderung nicht in Betracht (vgl. Kletečka/ Schauer (-Oberhammer/Domej), ABGB-ON, § 456 Rn. 7; Schwimann/Kodek (-Hinteregger), ABGB II4, § 456 Rn. 7). 111 Vgl. Kletečka/ Schauer (-Oberhammer/Domej), ABGB-ON, § 456 Rn. 7; Schwimann/ Kodek (-Hinteregger), ABGB II4, § 454 Rn. 5–7; siehe ferner Karner, Gutgläubiger Mobiliarerwerb, S. 203–205 der es unter Verweis auf die inhärente Schwäche des Rechtsscheintatbestandes „Besitz“ ablehnt, die Rechtsscheinswirkungen des Gutglaubenstatbestands des § 368 Abs. 1 Var. 3 ABGB bzw. § 371 ABGB auf das Vertrauen auf die Verfügungsbefugnis zu erstrecken; anderes gilt freilich unter der den Handelsverkehr privilegierenden Sondervorschrift des § 367 Abs. 1 Var. 2 ABGB. 112 So etwa Klang (-Klang), ABGB II 2 , S. 450; Koziol/ Bydlinski/ Bollenberger (-Koch), ABGB2, § 454 Rn. 1; Rummel (-Hofmann), ABGB I3, § 454 Rn. 1; Schwimann/Kodek (-Hinteregger), ABGB II4, § 454 Rn. 1. 113 Soweit die österreichische Lehre – parallel zu der im deutschen Schrifttum geführten Diskussion – im Zusammenhang des redlichen Pfandrechtserwerbs zwischen dem unmittelbar normierten konstitutiven Erwerb (gutgläubiger „Ersterwerb“) und dem translativen Erwerb (gutgläubiger „Zweiterwerb“) eines Sachpfands differenziert, ist die Verpfändung eines Pfandrechts seitens eines Nichtberechtigten weder der einen noch der anderen Kategorie eindeutig zuzuordnen. Wird die Afterverpfändung mit der überwiegenden Auffassung als (bloße) Verpfändung des Pfandrechts (ohne notwendige Forderungsverpfändung) gedeutet, liegt zwar ein konstitutiver Erwerb vor. Systematisch steht dieser jedoch der Pfandrechtsübertragung vermittels Zession der gesicherten Forderung nahe, weil der Verfügende nicht als Scheineigentümer, sondern als ver-
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zum Teil in Analogie zu § 367 Abs. 1 ABGB unter der Voraussetzung der tatsächlichen Existenz der Pfandforderung für möglich erachtet wird,114 lehnt die wohl überwiegende Ansicht einen gutgläubigen Pfandrechtserwerb vom vermeintlichen Pfandgläubiger dezidiert ab.115 Der Besitz an einer körperlichen beweglichen Sache indiziere ausschließlich das Eigentum, nicht aber beschränkte dingliche Rechte an der Sache; ein schutzwürdiges Vertrauen auf die Berechtigung des angeblichen Pfandgläubigers bestehe nicht.116 Dieses Argument schlägt mit gleichem Gewicht gegen einen etwaigen besitzgestützten Redlichkeitsschutz bei allen auf Erwerb eines Afterpfandrechts gerichteten Verfügungen zu Buche. Dem lässt sich nicht entgegenhalten, dass sich die Afterverpfändung in Übereinstimmung mit der Verpfändung einer körperlichen Sache durch Übergabe vollzieht, der Afterverpfänder mithin – nicht anders als beim gutgläubigen Erwerb eines „Handpfandes“ – eine Besitzverschaffungsmacht innehat. Da der Übergang des Pfandrechts bei der Zession einer (angeblich) pfandrechtsgesicherten Forderung nach umstrittener Ansicht gleichfalls einen publizitätswirksamen Modus voraussetzt,117 besteht insoweit nicht notwendig ein relevanter Unterschied zwischen dem Vollrechtsübergang und der Afterverpfändung. Letztlich kommt es auf die Frage, ob sich die Afterverpfändung die Zession mitsamt dem Pfandrecht durch bloße Einigung oder nur in Verbund mit einem modus acquirendi vollzieht, für die Frage eines etwaigen Redlichkeitsschutzes ohnehin nicht an. Sofern der Afterverpfänder generell nicht oder jedenfalls nicht in der geltend gemachten Weise über das Pfandrecht zu verfügen berechtigt ist, wäre ein gutgläubiger Erwerb nur dann zu rechtfertigen, wenn und soweit ein das Bestandsinteresse des materiell beschwerten Rechtsinhabers überwiegendes Verkehrsschutzinteresse bestünde. Letzteres ist aber mangels korrespondierenden Redlichkeitsschutzes hinsichtlich der Wirksamkeit und der Durchsetzbarkeit der gesicherten Forderung nicht der Fall; ohne einen solchen Vertrauensschutz ist die Sicherungswirkung eines Afterpfandrechts, wie schon die vorstehenden Ausführungen zur gesonderten Verpfändung des Pfandrechts demonstrieren, illusorisch.118 Die Überlegungen zur Rechtslage im Liegenmeintlicher Pfandnehmer ein fremdes Recht oder ein eigenes Recht unter Überschreitung seiner Verfügungsbefugnis verpfändet. 114 Rummel (-Hofmann), ABGB I3, § 456 Rn. 6. 115 Iro, Sachenrecht6 , Rn. 10/40; Kletečka/ Schauer (-Oberhammer/Domej), ABGB-ON, § 456 Rn. 7. 116 Iro, Sachenrecht6 , Rn. 10/40; Kletečka/ Schauer (-Oberhammer/Domej), ABGB-ON, § 456 Rn. 7. 117 Iro, Sachenrecht6 , Rn. 10/32; Rummel (-Hofmann), ABGB I3, § 449 Rn. 8; a. A. Kletečka/ Schauer (-Oberhammer/Domej), ABGB-ON, §§ 454, 455 Rn. 3, §§ 449, 450 Rn. 17. 118 Weil selbst ein denktheoretisches „isoliertes“ Pfandrecht am Pfandrecht grundsätzlich nur dann entstehen und effektiv geltend gemacht werden kann, wenn zugleich die Verfügungsmacht des Gläubigers des belasteten Pfandgläubigers in Ansehung seiner Forderung beschränkt ist, ist der Erwerb eines Afterpfandrechts bestenfalls unter der doppelten Prämisse sinnvoll, dass (1.) eine gesicherte Forderung besteht und (2.) der Erwerber imstande ist, diese zu verwerten. Fehlt es schon an der ersten Voraussetzung, müsste nicht bloß das zu belastende Pfandrecht, sondern eine Forderung mitsamt dem zu belastenden Pfandrecht zugunsten des Afterpfandgläubigers fingiert
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schaftsrecht sind mit Rücksicht auf den die Höhe der gesicherten Forderung umfassenden eintragungsgestützter Rechtsschein – zumal auch hier ein schutzwürdiges Vertrauen mit guten Gründen in Abrede gestellt werden kann – nicht übertragbar. Denn selbst wenn man dem Besitz eine pfandrechtsindizierende Wirkung in gesetzesübersteigender Rechtsfortbildung zuschreiben wollte – was mehr als fragwürdig erscheint –,119 spricht der Besitz weder für die Wirksamkeit noch für die Durchsetzbarkeit einer angeblich besicherten Forderung. Nichts anderes gilt, wenn der Pfandgläubiger unter Verheimlichung eines Afterverpfändungsverbots über das Pfandrecht (erneut) verfügt. Zwar erscheint es unter Wertungsgesichtspunkten fragwürdig, dass zwar ein gänzlich Nichtberechtigter eine fremde Sache verpfänden, nicht aber ein wirklich berechtigter Pfandgläubiger ein bloßes Afterpfandrechts unter Missachtung eines rechtsgeschäftlichen Weiterverpfändungsverbots bestellen kann. Dem Eigentümer bzw. Pfandschuldner droht insoweit auch mit Blick auf die in § 460 ABGB normierte Zufallshaftung kein sachenrechtlich relevanter Rechtsnachteil, während der Afterpfandgläubiger mangels Publizität des Verfügungsverbots120 schutzwürdig erscheint. Wenn der Pfandnehmer sogar, falls er sich als Eigentümer gerierte, wirksam ein Sachpfand bestellen könnte, wieso soll er dann nicht zumindest ein Afterpfandrecht an seinem eigenen Recht bestellen können, wenn er lediglich das Weiterverpfändungsverbot verheimlicht? Indes liegt die m. E. richtige Lösung dieser Konstellation darin, dass das Verpfändungsverbot schuldrechtliche Wirkung entfaltet (vgl. § 364c S. 1 ABGB), nicht werden, was dem allgemeinen Rechtsgrundsatz widerspräche, dass es keinen redlichen Forderungserwerb und somit auch keinen redlichen Forderungspfandrechtserwerb gibt. Auf die Frage, ob die Afterverpfändung notwendig die gesicherte Forderung einschließt oder nicht, kommt es hier nicht an. Selbst bei unterstellter Möglichkeit eines isolierten Afterpfandrechts wäre das „wohlerworbene“ Afterpfandrecht vollends paralysiert, wenn eine besicherte Forderung nicht zumindest für die Verwertung des belasteten Pfandrechts – im Wege der Pfändung und Überweisung der besicherten Forderung – fingiert werden würde. Ein gutgläubiger Erwerb eines bloßen Afterpfandrechts ohne die gesicherte Forderung liefe aber selbst dann auf eine völlig sinnentleerte Rechtsfortbildung hinaus, wenn eine Pfandforderung und ein Pfandrecht wirksam entstanden sind, nicht aber dem Putativpfandgläubiger zustehen. Würde sich der Erwerb des Afterpfandrechts nicht auf die dem Dritten zustehende Pfandforderung in der Weise erstrecken, dass zumindest die Einziehungs- und Verfügungszuständigkeit des Forderungspfandgläubigers zugunsten des Afterpfandgläubigers restringiert wird, wäre die Sicherungswirkung des Afterpfandrechts ausgehebelt. Schlägt der redliche Erwerb des Afterpfandrechts aber doch auf die Verfügungsbefugnis über die Forderung durch, stellt sich wiederum die Frage, ob nicht zwecks Vermeidung einer eigentümlichen Asymmetrie zwischen der Forderungsbelastung und des Afterpfandrechts ein gutgläubiger Forderungspfandrechtserwerb konstruiert werden müsste. Anders gewendet: Wird der redliche Afterpfandrechtserwerb nicht mit einer notwendig zwischenartlichen Belastung der durch das kraft gutgläubigen Erwerb belastete Pfandrecht gesicherten Forderung kombiniert, verfehlt die gesamte Konstruktion unter Verkehrsschutzgesichtspunkten ihren Zweck. Wird aber ein gutgläubiger Forderungspfandrechtserwerb verneint, besteht für einen isolierten Afterpfandrechtserwerb kein den redlichen Erwerb tragendes Verkehrsinteresse. 119 Ablehnend Iro, FS ABGB II, S. 1077, 1082; Karner, Gutgläubiger Mobiliarerwerb, S. 203– 205; Kletečka/Schauer (-Oberhammer/Domej), ABGB-ON, § 456 Rn. 7. 120 Anders liegt es im Liegenschaftsrecht; die Möglichkeit einer Eintragung des Verfügungsverbots in den öffentlichen Büchern ist gegeben (vgl. § 364c S. 2 ABGB).
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aber auf die Verfügungsbefugnis des Pfandnehmers als Afterverpfänder durchschlägt; für einen gutgläubigen Erwerb ist richtigerweise kein Raum.121
2. Sicherungswirkung und Durchsetzung des Afterpfandrechts Die Sicherungswirkung liegt darin, dass der Pfandgläubiger über die gesicherte Forderung und das Pfandrecht nicht zulasten des Afterpfandgläubigers verfügen kann.122 Dies gilt nach h. L. selbst bei unterstellter isolierter Verpfändung des Pfandrechts ohne die gesicherte Forderung.123 Zur Einziehung der gesicherten Forderung mittels Leistungsklage bleibt der Gläubiger unbeschadet der Rechte des Afterpfandgläubigers berechtigt. Der Eigentümer bzw. Inhaber des pfandrechtsbelasteten Rechts ist dann aber nicht auf Leistung an den beschwerten Pfandgläubiger, sondern auf gerichtliche Hinterlegung der Schuldsumme (§ 1425 ABGB) bzw. zur Zahlung Zug um Zug gegen Rückstellung des Pfandes bzw. gegen Erteilung einer vom Hypothekengläubiger unter Mitwirkung des Afterpfandnehmers auszufertigenden Löschungsquittung zu verurteilen.124 Auch gerichtliche Hinterlegung kann der Pfandgläubiger nicht mehr verlangen, sobald die gesicherte Forderung gepfändet und dem Afterpfandgläubiger zur Einziehung oder an Zahlungs statt überwiesen worden ist.125 Realisiert wird das Afterpfandrecht von Gesetzes 121 So i. E. auch Iro, FS ABGB II, S. 1077, 1084; Kletečka/S chauer (-Oberhammer/D omej), ABGB-ON, §§ 454, 455 Rn. 10; a. A. Klang (-Klang), ABGB II 2, S. 450; Koziol/Bydlinski/Bollenberger (-Koch), ABGB2, § 454 Rn. 1; Rummel (-Hofmann), ABGB I3, § 454 Rn. 1; Schwimann/ Kodek (-Hinteregger), ABGB II4, § 454 Rn. 1. 122 Feil/Marent/P reisl, Grundbuchrecht 2 , § 51 Rn. 10; Klang (-Klang), ABGB II 2, S. 452; Kodek (-Kodek), GBG, § 13 Rn. 166. Abgesehen von der Zession der Sicherungsforderung ist demgemäß die erneute Belastung mit Fruchtgenuss- und/oder Pfandrechten uneingeschränkt möglich. Zur Konkurrenz mehrerer Afterpfandrechte an einer Hypothek siehe OGH 13.1.1999 – 3 Ob 228/98w, RIS-Justiz: RS0032278; zur Belastung hypothekarisch gesicherter Forderung mit Fruchtgenussrechten Feil/Marent/Preisl, Grundbuchrecht 2, § 51 Rn. 12; Kodek (-Kodek), GBG, § 51 Rn. 7; Strohal, GrünhutZ IX (1882), S. 659, 677–679. 123 Apathy, JBl. 1979, S. 518, 524; Iro, Sachenrecht6 , Rn. 10/12; Koch/Bydlinski/Bollenberger (-Koch), ABGB4, § 455 Rn. 2; Schwimann/Kodek (-Hinteregger), ABGB II4, § 455 Rn. 2. 124 Vgl. Feil, Hypothekarrecht 3, Rn. 37; Feil/Marent/P reisl, Grundbuchrecht 2 , § 51 Rn. 6. Der benachrichtigte Schuldner vermag abweichend von § 1425 ABGB nicht mit befreiender Wirkung an den Pfandgläubiger ohne Zustimmung des Afterpfandgläubigers zu leisten (§ 455 ABGB). Soweit freilich dem Afterpfandgläubiger kein außergerichtliches Einziehungsrecht hinsichtlich der durch das belastete Pfandrecht gesicherten Forderung eingeräumt wird, kann nur mit Zustimmung des Pfandgläubigers schuldbefreiend an den Afterpfandgläubiger geleistet werden. 125 Feil/Marent/P reisl, Grundbuchrecht 2 , § 51 Rn. 10; Kodek (-Kodek), GBG, § 13 Rn. 166. Im Unterschied zum Eigentümer eines mit Hypotheken belasteten Grundstücks steht dagegen dem Hypothekengläubiger nach allgemeiner Ansicht kein Verfügungsrecht über die Rangstelle eines durch Tilgung der gesicherten Forderung erloschenen Afterpfandrechts aus § 469 S. 5 ABGB zu (Feil/Marent/Preisl, Grundbuchrecht 2, § 51 Rn. 12; Fenyvers/Kerschner/Vonkilch (-Fidler), ABGB (Klang)3, § 469 Rn. 181; Klang (-Klang), ABGB II 2, S. 528; Kodek (-Kodek), GBG, § 13 Rn. 114; Rummel (-Hofmann), ABGB I3, § 455 Rn. 3). Ein schutzwürdiges Interesse des Hypothekengläubigers an einer Wiederverwendung der Rangstelle wird pauschalierend-typisierend abgelehnt; Hypotheken seien anders als Grundstücke keine gewöhnlichen Kreditsicherungsobjekte, ein gesteigertes Interesse an einer einfachen Umschuldung unter Erhaltung des Ranges des er-
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wegen im Wege der Zwangsvollstreckung. Diesbezüglich gilt nichts anderes als für jedes Rechtspfandrecht einschließlich des Forderungspfandrechts.126 Vorbehaltlich abweichender Parteivereinbarung kommt ausschließlich eine Verwertung im Wege der Pfändung und Überweisung der gesicherten Forderung zur loschenen Pfandrechts sei nicht ersichtlich. Aus methodischer Sicht scheidet sowohl eine direkte Anwendung des § 469 S. 5 ABGB als auch ein Analogieschluss nach allgemeiner Ansicht aus. Schon der Normwortlaut der §§ 469 S. 5, 469a ABGB stehe der (direkten) Anwendung des Verfügungsrechts auf erloschene Afterpfandrechte entgegen; die Vorschriften berechtigten ausdrücklich jeweils den „Eigentümer“, zumal § 51 Abs. 2 GBG die Eintragung weiterer Afterhypotheken auf eine mit dem erforderlichen Beisatz nach § 51 Abs. 1 GBG gelöschte Hypothek ausschließe (Feil/Marent/Preisl, Grundbuchrecht 2, § 51 Rn. 12; Klang (-Klang), ABGB II 2 S. 528). Vor allem aber widerspreche es dem Sinn und Zweck des in § 469 S. 5 ABGB normierten Verfügungsrechts, dieses auf erloschene Afterhypotheken zu erstrecken. Das Verfügungsrecht – auch „Recht zur Hypothekenerneuerung“ genannt – ist nach wohl überwiegender Ansicht eine aus dem Eigentum fließende Gestaltungsbefugnis des Liegenschaftseigentümers: Anders als die „forderungsbekleidete“ Eigentümerhypothek ist das Verfügungsrecht kein selbstständiges Verfügungs- und Exekutionsobjekt, sondern lediglich ein Rangerhaltungsinstrument; mit der Übertragung auf einen neuen Gläubiger entsteht also eine neue Hypothek (vgl. Klang (-Klang), ABGB II 2 S. 529). Das Rangverfügungsrecht soll vor allem die Umschuldung von Hypothekendarlehen erleichtern, trägt also dem Schutz des Eigentümers gegen ein automatisches Aufrücken nachrangiger Hypothekengläubiger unter der Prämisse Rechnung, dass sich der Eigentümer dieses Verfügungsrecht durch Eintragung vorbehält (Fenyvers/ Kerschner/ Vonkilch (-Fidler), ABGB (Klang)3, § 469 Rn. 110–111). Weil aber die Verpfändung von Hypotheken kein Gegenstand des gewöhnlichen Kreditverkehrs sei, sei es unter teleologischen Gesichtspunkten nicht gerechtfertigt, dem Hypothekengläubiger ein Verfügungsrecht einzuräumen (Klang (-Klang), ABGB II 2 S. 528; Fenyvers/ Kerschner/Vonkilch (-Fidler), ABGB (Klang)3, § 469 Rn. 181; Rummel (-Hofmann), ABGB I3, § 455 Rn. 3). Die Überzeugungskraft dieser typisierenden Betrachtungsweise ist freilich begrenzt. Wie die Fallgestaltung in OGH 13.1.1999 – 3 Ob 228/98w, RIS-Justiz: RS0032278 demonstriert, ist eine mehrfache Belastung von (Höchstbetrags-)Hypotheken mit (Höchstbetrags-)Afterhypotheken offenbar nicht ganz unüblich, sei es aufgrund rechtsgeschäftlicher Verpfändung, sei es aufgrund hoheitlicher Pfändung von Hypothekarforderungen. Angesichts dessen ist dem Hypothekengläubiger nicht generell ein schutzwürdiges Rangerhaltungsinteresse abzusprechen; maßgeblich sind die Umstände des Einzelfalles, zumal nachrangige Afterpfandgläubiger durch das Vorbehaltserfordernis des § 469a Abs. 2 ABGB geschützt wären. Anderes gilt deswegen auch für das Baurecht, dessen Belastungskompatibilität dem Grundstückseigentum weitgehend angeglichen ist (vgl. § 6 Abs. 2 BauRG); dem Bauberechtigten steht mithin ein Verfügungsrecht über die Rangstelle der erloschenen Hypothek zu, sofern er sich diese vorbehalten hat, §§ 469 S. 5, 469a Abs. 2 ABGB (Fenyvers/Kerschner/Vonkilch (-Fidler), ABGB (Klang)3, § 469 Rn. 182; Rummel (-Hofmann), ABGB I3, § 469 Rn. 6). 126 Aufgrund der Forderungsverpfändung kann der (Dritt-)Schuldner jedenfalls ab der – für die Verpfändung von „Nichtbuchforderungen“ ohnehin konstitutiven – Verständigung von der Verpfändung nicht mehr mit befreiender Wirkung an den Gläubiger gem. § 1424 ABGB leisten; diese allgemein anerkannte Sicherungswirkung des Pfandrechts ist zwar nicht für das reine Forderungspfand, wohl aber für das Afterpfandrecht in § 455 ABGB ausdrücklich niedergelegt (Reischauer, JBl. 2001, S. 541, 544). Der Schuldner kann sich nicht nur bei der Afterverpfändung gem. § 455 ABGB, sondern auch bei der bloßen Forderungsverpfändung durch gerichtliche Hinterlegung von seiner Schuld befreien (vgl. § 1425 ABGB); auf das für das Hinterlegungsrecht in § 307 EO normierte Erfordernis einer unklaren Sach- und/oder Rechtslage kommt es bei der Forderungsverpfändung nicht an. An den Pfandgläubiger kann der Schuldner demgegenüber nur dann befreiend leisten, wenn der Gläubiger zustimmt (Reischauer, JBl. 2001, S. 541, 545); im Gegensatz zum deutschen Recht (vgl. § 1282 BGB) steht dem Forderungspfandgläubiger bei Fälligkeit nicht kraft Gesetzes ein Recht zur Einziehung der verpfändeten Forderung zu; vielmehr ist er auf die
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Einziehung oder an Zahlungs statt aufgrund eines mittels Pfandklage (§§ 461, 466 ABGB) zu erwirkenden Exekutionstitels in Betracht.127 Allein dies ermöglicht es, ein die gepfändete und überwiesene Forderung sicherndes Nebenrecht mit dem Rang des Afterpfandrechts auszuüben, wobei dieses regulär gleichfalls im Wege der Zwangsvollstreckung zu realisieren ist.128 Dies gilt auch dann, wenn sich das Afterpfandrecht auf ein außergerichtlich verwertbares Pfandrecht an einer beweglichen körperlichen Sache (§§ 460a Abs. 1, 466a ff. ABGB) bezieht. Auch bei unterstellter gesonderter Verpfändung des Pfandrechts kann der Afterpfandgläubiger nicht besser stehen als derjenige, der sich die gesicherte Forderung mitsamt dem Pfandrecht verpfänden lässt. Der Afterpfandgläubiger kann mithin bei Afterpfandreife nicht ohne Einschaltung des Gerichts die Veräußerung der dem verpfändeten Pfandrecht unterliegenden körperlichen Sache betreiben, wenn nicht unter Beachtung der §§ 1371, 1372 ABGB eine außergerichtliche Realisierung des Afterpfandrechts vereinbart ist.129 Sofern dies nicht der Fall ist und zudem auch noch das dem exekutive Verwertung der Forderung durch Pfändung und Überweisung aufgrund eines mittels Leistungs- oder Pfandklage gegen den Pfandschuldner (und Forderungsgläubiger) zu erwirkenden Exekutionstitels verwiesen. Freilich kann sich der Pfandgläubiger außergerichtliche Verwertungsbefugnisse, insbesondere ein Recht zur Einziehung vertraglich einräumen lassen (Reisch auer, JBl. 2001, S. 541, 545, 549); bei Fälligkeit der verpfändeten und der gesicherten Forderung muss der Drittschuldner an den Pfandgläubiger zahlen (vgl. § 300a Abs. 2 S. 3 EO), eine Hinterlegung entfaltet nur dann Erfüllungswirkung, wenn sie vor Fälligkeit der gesicherten Forderung erfolgt (§ 300a Abs. 2 S. 4 EO). Wird die Schuldsumme mit befreiender Wirkung gerichtlich hinterlegt, setzt sich das Pfandrecht ipso iure an dem hinterlegten Geldbetrag fort (sog. Pfandrechtswandlung, siehe Reischauer, JBl. 2001, S. 541, 550). 127 Exner, Das oestreichische Hypothekenrecht II, S. 450–453; Ehrenzweig, System des österreichischen Allgemeinen Privatrechts I/2, S. 530–531; Kodek (-Kodek), GBG, § 13 Rn. 168; Iro, Sachenrecht6 , Rn. 11/23: Schwimann/Kodek (-Hinteregger), ABGB II4, § 455 Rn. 3. Weil sich die Einziehungsermächtigung gem. § 308 Abs. 1 S. 1 EO auf die mit der überwiesenen Forderung verknüpften Pfandrechte erstreckt, kann der Afterpfandnehmer anstelle des Pfandgläubigers die Pfandrechtsklage gegen den Pfandschuldner erheben. Alternativ kommt eine Überweisung der pfandrechtsgesicherten Forderung an Zahlungs statt in Betracht, wodurch der Vollstreckungsgläubiger, mithin auch der betreibende Afterpfandgläubiger, in die Rechtsposition des Vollstreckungsschuldners, also des Pfandgläubigers, eintritt. Demgegenüber ist eine nach Maßgabe der §§ 317 f. EO vom Exekutionsgericht bestimmte abweichende Verwertung durch Verkauf der pfandrechtsgesicherten Forderung im Wege öffentlicher Versteigerung unzulässig, wenn das Pfandrecht hinreichende Deckung bietet, § 319 Abs. 1 Nr. 1 EO. 128 Liegt bereits ein vom Hauptpfandgläubiger erwirkter Exekutionstitel vor, ist eine erneute Pfandklage seitens des Afterpfandgläubigers zumindest entbehrlich, wenn nicht sogar mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig; der Afterpfandgläubiger kann aufgrund dieses Titels die Verwertung der dem Hauptpfandrecht unterliegenden Sache betreiben (Kodek (-Kodek), GBG, § 13 Rn. 168; Rummel (-Hofmann), ABGB I3, § 455 Rn. 2). 129 Wenngleich die Frage kaum je erörtert wird, steht das Gesetz einer privatautonomen Modifikation des regulären Realisierungsmodus bei einer Afterverpfändung nicht entgegen. Dies folgt aus einem argumentum e contrario zu § 1371 S. 1 ABGB. Diese Vorschrift sanktioniert ausdrücklich nur Vereinbarungen, die der „Natur“ des Pfandvertrages entgegenstehen, ohne nach der Art des Pfandgegenstandes zu differenzieren. Dementsprechend ist es nach der österreichischen Rechtsprechung und h. L. – in scharfem Kontrast zur zwingend hoheitlich kontrollierten Grundstücksverwertung (vgl. § 1149 BGB) – nicht prinzipiell ausgeschlossen, dem Hypothekengläubiger vor Fälligkeit der gesicherten Forderung ein Recht zum freihändigen Verkauf der Liegenschaft zum Schätzwert einzuräumen; die Anforderungen an eine entsprechende unwider-
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Afterpfandrecht unterliegende Pfandrecht nicht kraft Parteivereinbarung oder – wenn sich das Hauptpfandrecht auf eine körperliche Sache bezieht – kraft Gesetzes außergerichtlich verwertet werden kann,130 erweist sich die Verwertung der dem verpfändeten Pfandrecht unterliegenden „Sache“ mithin als einigermaßen aufwendig und kaum interessengerecht.131 Mit jeder weiteren Afterverpfändung höheren Grades vervielfältigt sich natürlich der Verwertungsaufwand in Bezug auf die vermöge der belasteten (After-)Pfandrechte lediglich intermediär erfassten „Sache“.132 rufliche Vollmacht sind freilich hoch (vgl. OGH 15.1.2002 – 5 Ob 295/01w, SZ 2002/2; OGH 11.2.2010 – 5 Ob 258/09s, ecolex 2010, S. 555; zum Streitstand siehe Fenyvers/Kerschner/Vonkilch (-Fidler), ABGB3 (Klang), Vor §§ 461–466e Rn. 53–59; Iro, Sachenrecht6 , Rn. 11/34; Koch/ Bydlinski/Bollenberger (-Koch), ABGB4, §§ 1371–1372 Rn. 3). Ist hiernach auch bei Forderungspfandrechten eine vom regulären Modus der „gerichtlichen Feilbiethung“ (§ 461 ABGB) abweichende Verwertungsart auf rechtsgeschäftlicher Grundlage zulässig (Reischauer, JBl. 2001, S. 541, 545, 549), kann für das Afterpfandrecht jedenfalls dann nichts anderes gelten, wenn es als besonderes, sich auf das akzessorische Pfandrecht erstreckendes Forderungspfandrecht gedeutet wird. Wird die Afterverpfändung hingegen als isolierte Pfandrechtsverpfändung konfiguriert, dürfte letztlich aber nichts anderes gelten, weil es – wie gezeigt – für die Zulässigkeit abweichender Verwertungsabreden nicht auf den Pfandgegenstand ankommt. 130 Allein dem Sachpfandgläubiger steht kraft Gesetzes ein Recht zur außergerichtlichen Pfandverwertung, d. h. eine Verkaufs- und Verfügungsermächtigung (ius distrahendi) gem. § 466a Abs. 1 ABGB alternativ zur exekutiven Verwertung zu; verpfändete Inhaber- und Orderpapiere werden außergerichtlich durch Einziehung gem. § 466e ABGB verwertet (Schwimann/Kodek (-Hinteregger), ABGB II4, § 461 Rn. 4). Pfandrechte an Rechten und Hypotheken sind dagegen – vorbehaltlich abweichender Abreden (§§ 1371, 1372 ABGB) – ausschließlich unter Einschaltung des Gerichts gem. § 461 ABGB verwertbar. Der Pfandgläubiger muss sich einen Exekutionstitel – sei es durch Leistungsklage, sei es durch Pfandklage bzw. Hypothekarklage – verschaffen, um sich sodann im gerichtlichen Verwertungsverfahren (sog. Feilbiethung) aus dem Erlös mit dem Rang seines rechtsgeschäftlich bestellten Pfandrechts zu befriedigen. 131 Kritisch auch Kletečka/S chauer (-Oberhammer/D omej), ABGB-ON, §§ 454, 455 Rn. 8. Das umständliche Procedere der doppelten Zwangsvollstreckung sollte zweckmäßigerweise durch eine außergerichtliche Verwertungsvereinbarung hinsichtlich des verpfändeten Pfandrechts abgekürzt werden. Eine solche Vereinbarung muss sich allerdings am Maßstab des § 1371 ABGB messen lassen (siehe dazu Koch/Bydlinski/Bollenberger (-Koch), ABGB4, §§ 1371–1372 Rn. 3 m. w. N.); dem Pfandnehmer müssen ausreichende Kontrollmöglichkeiten bei der Verwertung des Pfandes eingeräumt werden. 132 Wird ein Afterpfandrecht wiederum verpfändet, mithin die Belastungskette um ein oder beliebig viele weitere Afterpfandrechte verlängert (siehe Ehrenzweig, System des österreichischen Allgemeinen Privatrechts I/2, S. 532), vermag sich zwar jeder weitere Afterpfandgläubiger und somit auch der an der Spitze der „Pfandrechtspyramide“ stehende Pfandgläubiger aus dem Gegenstand des auf unterster Ebene stehenden Pfandrechts zu befriedigen. Exemplarisch lässt sich dies unter Erweiterung des oben angerissenen Fallbeispiels der Afterverpfändung veranschaulichen. Mit der Afterverpfändung des Afterpfandrechts durch C an G zur Sicherung einer Forderung des G gegen H würde die Befugnis korrespondieren, das Verwertungsrecht des C aufgrund Exekution auszuüben. C wäre in seiner Verfügungsmacht über P2 und F2 in der gleichen Weise beschränkt wie A in seiner Verfügungsmacht über P1 und F1 beschränkt ist. Vermöge seines Afterpfandrechts wäre G im Sicherungsfall berechtigt, sich im Wege der exekutiven Verwertung aus der Einziehung von F2 und/oder F1 und/oder aus dem Verkauf der Sache des E zu befriedigen; dass vor allem die Veräußerung der Sache des E für G mit einem erheblichem Aufwand verbunden wäre, ändert nichts daran, dass sich das Afterafterpfandrecht (P3) vermöge der Belastung des intermediären Afterpfandrechts (P2) und des intermediären Pfandrechts (P1) auf die Sache des E bezöge. Entsprechendes gilt bei erneuter Verpfändung des „Afterafterpfandrechts“. Der mit
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a) Durchsetzung des Afterpfandrechts an einer Hypothek Sofern sich eine sog. Afterhypothek – bei unterstellter Zulässigkeit einer gesonderten Verpfändung einer Hypothek trotz § 13 Abs. 2 GBG – ausschließlich auf die Hypothek ohne die gesicherte Forderung bezieht,133 ändert dies nichts daran, dass die Verwertung vorbehaltlich abweichender Parteivereinbarung ausschließlich im Wege der Pfändung und Überweisung der Hypothekarforderung erfolgt.134 Auch insoweit wirkt sich die konstruktionsjuristische Unterscheidung zwischen der Einheits- und der Trennungslehre nicht aus; relevant ist diese allein in Bezug auf die sogleich zu betrachtende Verwertung der gesicherten Forderung. Aufgrund der Überweisung ist der Afterpfandgläubiger zur Ausübung der dem Hypothekengläubiger zustehenden Befugnis zur Verwertung des Grundstücks im Wege der Zwangsversteigerung (§§ 133 ff. EO) bzw. der Zwangsverwaltung (§§ 97 ff. EO) befugt.135 Für die Realisierung einer Afterhypothek an einer Höchstbetragshypothek gelten keine Besonderheiten. Wenngleich die Verpfändung bereits vor Entsteder Ausübung des auf oberster Stufe rangierenden Pfandrechts verbundene verfahrensrechtliche Aufwand dürfte allerdings bald außer Verhältnis zur womöglich sich ergebenden Befriedigungsaussicht stehen, bedarf es doch auf jeder „Stufe“ der Pfandrechtspyramide – vorbehaltlich abweichender Vereinbarungen zwischen den jeweils beteiligten Parteien (§§ 1371, 1372 ABGB) – der Erwirkung eines Exekutionstitels (vgl. § 461 ABGB), kraft dessen die jeweils pfandrechtsgesicherte Forderung des Pfandgläubigers gepfändet und zur Einziehung überwiesen werden kann. Wenn mit jeder weiteren Pfandrechtsverpfändung der Zugriff auf den auf „unterster Stufe“ stehenden Pfandgegenstand zunehmend aufwendiger wird und stattdessen die Einziehung der pfandrechtsgesicherten Forderung des jeweiligen Afterverpfänders eine effektivere, weil schnellere und mit geringerem Prozess- und Kostenaufwand verbundene Befriedigung ermöglicht, zeigt sich, dass das Afterpfandrecht zweckmäßigerweise stets als Forderungspfandrecht zu bestellen ist, bietet doch nur dies dem Afterpfandgläubiger die Gewähr, mit dem Rang des Pfandrechts in die Forderung zu vollstrecken. 133 Dies als zulässig erachtend Exner, Das oestreichische Hypothekenrecht II, S. 446; ihm folgend Feil, Hypothekarrecht 3, Rn. 37; Feil/Marent/Preisl, Grundbuchrecht 2, § 13 Rn. 44, § 51 Rn. 2. Während die Pfändung einer hypothekengesicherten Forderung – jedenfalls, wenn sie sich auf die Hypothek erstrecken soll – die Eintragung im Grundbuch voraussetzt (§ 320 Abs. 1 S. 1 EO), genügt im Fall der Zwangsvollstreckung wegen einer durch Afterpfandrecht gesicherten Forderung in eine hypothekengesicherte Forderung die Eintragung der „Vollstreckbarkeit“ im Grundbuch (§ 320 Abs. 1 S. 2 EO), weil schon die Bestellung des Afterpfandrechts die Eintragung im Grundbuch gem. § 454 ABGB voraussetzt (Angst (-Oberhammer), EO3, §§ 320–324 Rn. 13). 134 Der Afterpfandgläubiger kann bei Pfandreife aufgrund eines Exekutionstitels die Hypothekarforderung pfänden und sich zur Einziehung (§ 322 EO) oder an Zahlungs statt (§ 324 EO) überweisen lassen. Abweichend von §§ 317 f. EO ist die Anordnung des Verkaufs der Hypothekarforderung seitens des Exekutionsgerichts im Wege öffentlicher Versteigerung ausgeschlossen (§ 321 EO). Wird auf Betreiben Dritter oder des Hypothekengläubigers Grundstück verwertet, steht dem Afterpfandgläubiger bei Pfandreife der im Verteilungsverfahren auf die Hypothek entfallende Anteil des Vollstreckungserlöses zu (Exner, Das oestreichische Hypothekenrecht II, S. 450–451). 135 Kraft der im Grundbuch einzutragenden Überweisung der hypothekengesicherten Forderung (vgl. § 322 I EO) ist der Vollstreckungsgläubiger, mithin auch der betreibende Afterpfandgläubiger befugt, anstelle des Hypothekengläubigers die Hypothekenklage zu erheben und diese im Grundbuch anmerken zu lassen (§ 322 II EO, § 60 I GBG). Der mittels der Exekutionsklage zu erwirkende Exekutionstitel wirkt dann gegen den jeweiligen Grundstückseigentümer (§ 60 III GBG), s. dazu Iro, Sachenrecht6 , Rn. 11/20.
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hung einer durch eine Höchstbetragshypothek zu sichernden Forderung für zulässig erachtet wird,136 ist der Afterpfandgläubiger nur dann zur Verwertung des Grundstücks – aufgrund Überweisung der Hypothekarforderung – berechtigt, wenn sowohl die durch das Afterpfandrecht als auch eine durch die Höchstbetragshypothek zu sichernde Forderung entstanden und fällig ist. Das Afterpfandrecht an der Höchstbetragshypothek bezieht sich auf die zum maßgeblichen Zeitpunkt der Geltendmachung des Afterpfandrechts aktuell gesicherte Forderung des durch die Höchstbetragshypothek gesicherten Forderungskreises.137 b) Rangverhältnisse zwischen isolierten After- und Forderungspfandrechten Die These, dass sowohl die Hypothek als auch die hypothekarisch gesicherte Forderung jeweils unabhängig voneinander verpfändet oder gepfändet werden könnten, führt zu bislang ungelösten Verteilungsfragen im Kontext der exekutiven Verwertung der hypothekarisch gesicherten Forderung mittels Einziehung bzw. im Wege der Zwangsvollstreckung in das von der Hypothek erfasste Grundstück.138 Angesichts des Sicherungszwecks des akzessorischen Rechts versteht sich von selbst, dass „isolierte“ After- und Forderungspfandrechte trotz jeweils unterschiedlicher Bezugspunkte miteinander kollidieren, soweit es um die Verteilung der Schuldsumme geht. Wenn schon der belastete Gläubiger nur über forderungsgebundene Hypotheken oder Pfandrechte verfügt, vermag er – vorbehaltlich der Regeln über den gutgläubigen Zweiterwerb der Hypothek – weder mittels Zession noch durch gesonderte Verpfändungen seinen Gläubigern Rechte zu verschaffen, die zu einer doppelten Zahlungslast des (Pfand-)Schuldners führen.139 Mangels 136
Feil/Marent/Preisl, Grundbuchrecht 2, § 51 Rn. 4. 13.1.1999 – 3 Ob 228/98w, RIS-Justiz: RS0032278; Feil, Hypothekarrecht 3, Rn. 37; Feil/Marent/Preisl, Grundbuchrecht 2, § 51 Rn. 4. 138 Siehe dazu Angst (-Oberhammer), EO3, §§ 320–324 Rn. 10; Feil/Marent/P reisl, Grundbuchrecht 2, § 51 Rn. 2; Apathy/ Iro/ Koziol (-Iro), Österreichisches Bankvertragsrecht IX/22, Rn. 2/97. In diesem Kontext ist vor allem die im Einzelnen umstrittene Pfändung von Hypothekarforderungen relevant (siehe Angst (-Oberhammer), EO3, §§ 320–324 Rn. 3–10 m. w. N.; Apathy/Iro/Koziol (-Iro), Österreichisches Bankvertragsrecht IX/22, Rn. 2/98 m. w. N.). Überwiegend wird zwar vertreten, dass die Pfändung einer Hypothekenforderung ausschließlich mittels Eintragung des Pfändungsbeschlusses im Grundbuch bewirkt werde; die Zustellung des Pfändungsbeschlusses an den Grundstückseigentümer als Drittschuldner reiche nicht aus oder sei allenfalls für die Wirkungen der Pfändung gegenüber dem Drittschuldner relevant (vgl. Angst (-Oberhammer), EO3, §§ 320–324 Rn. 3; Apathy/Iro/Koziol (-Iro), Österreichisches Bankvertragsrecht IX/22, Rn. 2/98 m. w. N.). „Außerbücherliche“ Pfändungspfandrechte sind nach dieser Ansicht von vornherein ausgeschlossen. Nach der u. a. von Angst (-Oberhammer), EO3, § 320 Rn. 4–10 EO vertretenen Gegenansicht ist hingegen die Pfändung der Hypothekarforderung bereits durch die Zustellung des Pfändungsbeschlusses an den Drittschuldner wirksam; allein für die zusätzliche Pfändung der Hypothek bedürfe es der Eintragung der Pfändung im Grundbuch. Nach der u. a. von Feil, Hypothekarrecht 3, Rn. 37 vertretenen Ansicht, dass außerhalb des Grundbuchs zumindest Vertragspfandrechte an Hypothekarforderungen in den Formen der Forderungsverpfändung entstehen, ist eine Kollision zwischen (isolierten) Afterpfandrechten und nicht im Grundbuch verlautbarten Forderungspfandrechten gleichfalls möglich. 139 Im Ausgangspunkt besteht daher wohl Einigkeit, dass zwischen einem isolierten Afterpfandrecht und einem Pfandrecht an der das belastete Pfandrecht sichernden Forderung – die 137 OGH
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höchstrichterlicher Klärung140 ist das Konkurrenzverhältnis, zumal unter Berücksichtigung des liegenschaftsrechtlichen Intabulationsprinzips, aber ungewiss; auch deshalb garantiert das isolierte Afterpfandrecht keine effektive Störfallvorsorge. So ist nach wie vor ungeklärt, ob und unter welchen einschränkenden Voraussetzungen dem Afterpfandgläubiger bei unterstellter isolierter Pfändung oder Verpfändung des Pfandrecht im Verhältnis zu konkurrierenden (Pfändungs-)Pfandgläubigern der gesicherten Hypothekarforderung der auf die Hypothek entfallende Verwertungserlös (oder gar die freiwillig geleistete Schuldsumme) mit dem Rang seines Afterpfandrechts gebührt. Teils wird dem Afterpfandgläubiger generell Vorrang gegenüber außerhalb des Grundbuchs entstandenen Vertrags- und/oder Pfändungspfandrechten an der Hypothekarforderung unabhängig von der zeitlichen Abfolge der Verfügungen bzw. der Pfändungen zugesprochen,141 während nach anderer Ansicht älteren Vertrags- und/oder Pfändungspfandrechte an der Forderung Vorrang vor einem verbücherten isolierten Afterpfandrecht beschieden ist.142 Zulässigkeit gespaltener Verfügungen unterstellt – ein nach dem Prioritätsgrundsatz zu bestimmendes Rangverhältnis entsteht (siehe Feil, Hypothekarrecht 3, Rn. 37; Feil/Marent/Preisl, Grundbuchrecht 2, § 51 Rn. 2; Apathy/ Iro/ Koziol (-Iro), Österreichisches Bankvertragsrecht IX/22, Rn. 2/97; Holzner, JBl. 2010, S. 750, 762–763; Iro, Sachenrecht6 , Rn. 10/11). 140 Schließlich hat die höchstrichterliche Rechtsprechung die im Schrifttum verbreitete Lehre von der isolierten Belastung von Pfandrechten oder Hypotheken mit Afterpfandrechten jedenfalls niemals ausdrücklich anerkannt. Wird nun aber das Afterpfandrecht als Forderungspfandrecht gedeutet, gelten für das Rangverhältnis mit konkurrierenden Rechten an der Hypothekarforderung keine Besonderheiten. Siehe etwa zur Kollision zwischen einem durch Pfändung der Hypothekarforderung entstandenen Afterpfandrecht und einem älteren, nicht eingetragenen gesetzlichen Pfandrecht an der Hypothekarforderung OGH 3.6.1936 – 3 Ob 215/36, SZ 18/95; zur Erlösverteilung bei der Zwangsversteigerung eines Grundstück zwischen konkurrierenden Afterpfandrechten siehe OGH 13.1.1999 – 3 Ob 228/98w, RIS-Justiz: RS0032278. 141 So offenbar Feil/Marent/P reisl, Grundbuchrecht 2 , § 51 Rn. 2; unklar Exner, Das oestreichische Hypothekenrecht II, S. 446, der ausdrücklich nur dann dem Afterpfandgläubiger bei einer Kollision mit zuvor begründeten Vertrags- und Pfändungspfandrechten, die außerhalb des Grundbuchs entstanden sind, Vorrang attestiert, wenn sich das Afterpfandrecht nicht bloß auf die Hypothek, sondern auch auf die Hypothekenforderung bezieht. Was bei einer Kollision zwischen einem isolierten Afterpfandrecht an einer Hypothek und (früher oder später entstandenen) Vertrags- und Pfändungspfandrechten an der Forderung gilt, bleibt offen. Die These, dass das nachträglich entstandene, im Grundbuch verlautbarte Afterpfandrecht abweichend vom Prinzip des Altersvorzugs außerhalb des Grundbuchs entstandene Vertrags- und Pfändungspfandrechte verdränge, ist freilich generell mit OGH 3.6.1936 – 3 Ob 215/36, SZ 18/95 unvereinbar: Der Afterpfandgläubiger hatte durch Pfändung ein Afterpfandrecht an einer Hypothekarforderung erworben, die mit einem gesetzlichen, nicht im Grundbuch dokumentierten Pfandrecht zur Sicherung von Anwaltsforderungen belastet war; der OGH entschied, dass der Versteigerungserlös dem Afterpfandgläubiger nur nach Abzug des auf die Anwaltskosten entfallenden Teilbetrags zustehe. 142 So Holzner, JBl. 2010, S. 750, 763; offenbar auch Apathy, JBl. 1979, S. 518, 525. Unklar ist bei unterstellter Zulässigkeit einer gesonderten Pfändung bzw. Verpfändung der Hypothekarforderung und der Hypothek auch, wer unter welchen Voraussetzungen darüber bestimmt, welches der jeweils belasteten Rechte – die gesicherte Forderung und/oder die akzessorischen Hypotheken oder Pfandrechte – im Sicherunfall zu verwerten ist. Wären die konkurrierenden Gläubiger ohne Rücksicht auf die zeitliche Reihenfolge der Entstehung ihrer Pfandrechte an der gesicherten Forderung und/oder an dem Pfandrecht zur Geltendmachung des jeweils belasteten Rechts berechtigt, droht natürlich ein Wettlauf der Sicherungsgeber. Wer zuerst mit dem Rang seines „isolierten“ Pfandrechts die Forderung oder das Pfandrecht geltend macht, würde damit die Ver-
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Legt man das Prioritätsprinzip zugrunde, dürfte das „isolierte“ Afterpfandrecht zwar in Bezug auf die vom belasteten Pfandrecht erfasste Sache vorrangige Verwertungsoptionen vor nachträglich entstandenen Rechten Dritter garantieren. Wenn jedoch weitergehend dem Afterpfandgläubiger der durch die Verwertung der durch das belastete Pfandrecht gesicherten Forderung auf Betreiben Dritter mittels Einziehung oder Forderungsverkaufs erzielte Erlös mit dem Rang des Afterpfandrechts gebühren sollte, wäre das vermeintlich „isolierte“ Afterpfandrecht in nicht unwesentlicher Hinsicht einem vollkommenen Forderungspfandrecht angeglichen.143 Wenngleich der Afterpfandgläubiger nicht aus eigener Initiative die nicht mitbelastete Sicherungsforderung des Pfandgläubigers (außer-)gerichtlich mit dem Rang seines Afterpfandrechts verwerten kann,144 würde sich dieses kurioserweise doch im Verhältnis zu jüngeren vertraglich oder durch Pfändung begründeten Forderungspfandrechten durchsetzen, sobald die Forderung erfolgreich eingezogen wird. Aus der gesonderten Verpfändung des Pfandrechts entstünde ein janusköpfiges Recht, das eine Verwertungsbefugnis am Verfügungsobjekt mit einer Anwartschaft auf bevorzugte Befriedigung aus der nicht mitverpfändeten Forderung kombiniert; von einer isolierten Belastung kann unter der genannten Prämisse keine Rede sein.145
wertungsaussichten der insoweit ungesicherten konkurrierenden Forderungs- und/oder Afterpfandgläubiger schmälern. 143 Im Verhältnis zu konkurrierenden Vollstreckungsgläubigern richtet sich der Rang der Pfändungspfandrechte an der betreffenden Forderung nach dem Zeitpunkt der Zustellung des Zahlungsverbots an den Drittschuldner (§ 300 Abs. 2 EO). Zwar rangiert ein zuvor kraft Rechtsgeschäfts bestelltes Forderungspfandrecht nach Maßgabe des § 300a Abs. 2 EO vor dem Pfändungspfandrecht; jedoch dürfte sich der Afterpfandgläubiger auf § 300a Abs. 2 EO nicht berufen können, wenn lediglich das Pfandrecht Gegenstand des Afterpfandrechts ist. 144 Feil, Hypothekarrecht 3, Rn. 37; Feil/Marent/P reisl, Grundbuchrecht 2 , § 51 Rn. 2. Freilich bleibt es dem Afterpfandgläubiger unbenommen, bei Fälligkeit seiner Forderung Leistungsklage gegen den Afterpfandschuldner zu erheben und sich aufgrund des Exekutionstitels die Sicherungsforderung des Pfandgläubigers pfänden und überweisen zu lassen. Sofern die nicht von der Afterverpfändung erfasste Forderung also nicht bereits vor Geltendmachung des Afterpfandrechts abgetreten, eingezogen, gepfändet oder verpfändet worden ist, steht der Afterpfandgläubiger nicht schlechter als ein Forderungspfandgläubiger, zumal mit dem Rang des ursprünglich „isolierten“ Afterpfandrechts unstreitig das verpfändete Pfandrecht geltend gemacht werden kann (Holzner, JBl. 2010, S. 750, 762–763). 145 Wird beachtet, dass die Einziehungs- und Empfangszuständigkeit des belasteten Pfandgläubigers ab Zugang der Afterverpfändungsanzeige an den „Eigentümer“ (scil.: den Pfandschuldner) beschränkt ist, ist die Annahme eines Vorzugsrechts auch im Verhältnis zu zeitlich später entstandenen (Pfändungs-)Pfandrechten an der Forderung zwar systematisch konsequent und wohl auch mit den Vorstellungen des historischen Gesetzgebers vereinbar (vgl. Zeiller, Commentar II/1, S. 264). Unter dieser Prämisse ist die Forderung aber nicht gänzlich unbelastet. Die These von der gesonderten Pfandrechtsverpfändung ist dann dahin zu präzisieren, dass die Sicherungsforderung mit einem vorrangigen Befriedigungsrecht belastet ist; die Afterverpfändung schlägt mithin auf die gesicherte Forderung in eigentümlicher Umkehrung des allgemeinen Rechtssatzes accessorium sequitur principale durch (die h. A. wegen dieser dogmatischen Inkonsistenz ablehnend Kletečka/Schauer (-Oberhammer/Domej), ABGB-ON, §§ 454, 455 Rn. 1).
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3. Kontinuitäts- und Störungsschutz Auch die nur rudimentär geregelten kontinuitätsschützenden Momente des Afterpfandrechts (§ 455 Hs. 2 ABGB, § 51 Abs. 1 GBG) werfen nicht abschließend geklärte Detailfragen auf.146 Dies gilt vor allem für die Rechtsfolgen freiwilliger Leistungen des Schuldners, des Eigentümers oder eines Dritten an den Pfandgläubiger des belasteten Pfandrechts. a) Wechselwirkungen zwischen Schuldnerschutz und Kontinuitätsschutz Zwischen dem Bestandsschutz des Afterpfandrechts und dem Vertrauensschutz des Leistenden besteht ein innerer Nexus. Soweit dieser geschützt ist, beeinträchtigt dies die von der gesicherten Forderung abhängige Rechtsstellung des Afterpfandgläubigers, während umgekehrt der Fortbestand des Afterpfandrechts trotz Leistungsbewirkung (mit Erfüllungswirkung) im bilateralen Verhältnis zwischen Schuldner und Gläubiger mit einer ggf. durch Regressforderungen zu kompensierenden doppelten Zahlungslast einhergeht. Mit Blick auf diese Interdependenz soll hier versucht werden, die Rechtsfolgen potentiell pfandbefreiender Leistungen wertungskohärent zu erschließen, wobei – angesichts der fragmentarischen Regelung und der nur rudimentären wissenschaftlichen und judiziellen Durchdringung der Thematik – keine gesicherten Aussagen möglich sind. Diesbezüglich ist eine differenzierte Betrachtung geboten. Erstens ist zwischen der Erfüllungswirkung in der bilateralen Beziehung zwischen dem Schuldner und dem Gläubiger der gesicherten Forderung und den sachenrechtlichen Auswirkungen der Leistung, sei es durch Zahlung an den Gläubiger, durch Hinterlegung oder durch Aufrechnung mit einer gegen den Gläubiger gerichteten Gegenforderung, im Verhältnis zu dem Afterpfandgläubiger und/oder zu dem nicht mit dem Personalschuldner identischen Pfandschuldner zu unterscheiden. Zweitens ist nach der Person des Leistenden und den Modalitäten der Leistungsbewirkung zu unterscheiden. Drittens ist danach zu unterscheiden, ob – die Zulässigkeit dieser Gestaltung mit der h. L. unterstellt – das Pfandrecht oder die Forderung mitsamt dem Pfandrecht Bezugspunkt des Afterpfandrechts ist. aa) Leistungen des Personalschuldners Aus § 455 ABGB wird im Umkehrschluss abgeleitet, dass durch Zahlung des von der Afterverpfändung nicht benachrichtigten Pfandschuldners an den Pfandgläubiger dessen Forderung, das akzessorische Pfandrecht sowie das auf der Forderung und/oder dem Pfandrecht lastende Pfandrecht erlöschen.147 Wenngleich sich § 455 ABGB ausschließlich auf Zahlungen des Eigentümers, d. h. des mit dem Per146 Näher Iro, FS ABGB II, S. 1077 ff., der schwerpunktmäßig die Rechtsfolgen einer Leistungsbewirkung bei notwendig einheitlicher oder zumindest kumulativer Verpfändung der pfandrechtsgesicherten Forderung und des Pfandrechts an denselben Forderungspfandgläubiger untersucht. 147 Allg. Ansicht; siehe Feil/Marent/P reisl, Grundbuchrecht 2 , § 51 R. 7; Iro, Sachenrecht6 ,
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sonalschuldner nicht zwangsläufig identischen Schuldners der Sicherungsforderung, bezieht,148 besteht Einigkeit, dass der redliche Personalschuldner mit befreiender Wirkung an den Pfandgläubiger zahlt; die Leistung entfaltet nicht nur Erfüllungswirkung inter partes (vgl. § 1412 ABGB), sondern beseitigt zwangsläufig das belastete und das lastende Pfandrecht.149 Aus Schuldnersicht besteht zwischen der Zession und der Verpfändung einer durch Pfandrecht gesicherten Forderung kein wesentlicher Unterschied; das Vertrauen auf die unveränderte Empfangszuständigkeit des (Alt-)Gläubigers ist in beiden Konstellationen schutzwürdig. Wenn sogar der Eigentümerschuldner (E = B) nach §§ 455, 469 S. 2 ABGB nur Zug um Zug gegen Pfandrückgabe mit „befreiender“ Wirkung an den Pfandgläubiger (A) leisten muss, wäre es wertungswidersprüchlich, dem nicht von der Afterverpfändung informierten Personalschuldner (B) bei der Drittpfandbestellung jeglichen Vertrauensschutz zu versagen, obschon er uneingeschränkt zur Leistung gegenüber A verpflichtet ist. Schließlich ist A infolge der Afterverpfändung typischerweise gar nicht mehr Besitzer der Sache, so dass E ohnehin durch sein Zurückbehaltungsrecht geschützt ist; Entsprechendes gilt bei der Drittpfandbestellung. Methodisch lässt sich die befreiende Wirkung der Leistungen des redlichen Personalschuldners bei der Drittpfandbestellung auf einen Analogieschluss zu § 455 ABGB als auch auf eine entsprechende Anwendung der §§ 1395 S. 2, 1396 S. 1 ABGB stützen, wobei es unerheblich ist, ob E von der Afterverpfändung in Kenntnis gesetzt worden ist; eine Wissenszurechnung lässt sich nicht begründen.150 Ob kontinuitätsschützende Surrogationsmechanismen bei der Leistungs§ 10/13; Koziol/Bydlinski/Bollenberger (-Koch), ABGB2, § 455 Rn. 1; Stubenrauch, ABGB I8 , S. 627. 148 Mit Rücksicht auf den vom Gesetz zugrunde gelegten Eigentumsbegriff (vgl. § 353 ABGB) ist nicht der Eigentümer einer verpfändeten körperlichen Sache, sondern der jeweilige Rechtsinhaber des verpfändeten Rechts gemeint. 149 Siehe nur Ehrenzweig, System des österreichischen Allgemeinen Privatrechts I/2, S. 530; Demelius, Das Pfandrecht an beweglichen Sachen, S. 299, der zudem darauf hinweist, dass dem Afterpfandgläubiger aus dem Afterpfandbestellungsvertrag i. V. m. § 458 ABGB ein Anspruch auf Einräumung eines neuen Pfandrechts zusteht. 150 Iro, FS ABGB II, S. 1077, 1088, 1092. Wird der nicht mit dem Personalschuldner identische Pfandschuldner über die Afterverpfändung informiert, ändert dies nichts daran, dass der redliche Personalschuldner forthin mit befreiender Wirkung an den Pfandgläubiger leisten kann, sei es durch Zahlung, sei es durch Aufrechnung oder Hinterlegung. Wiederum kommt eine Fiktion des Fortbestands des Pfandrechts nach § 455 ABGB nicht in Betracht, weil nicht, wie tatbestandsmäßig vorausgesetzt, der (mit dem Schuldner nicht identische) Pfandeigentümer an den Pfandnehmer leistet. Wollte man in dieser Fallgestaltung das Pfandrecht aber zugunsten des Afterpfandgläubigers als fortbestehend fingieren, bestünde die Gefahr, dass der Pfandschuldner wegen der Befriedigung des Afterpfandgläubigers aus dem Pfand den Schuldner in Regress nimmt, obwohl diesem mit der Verwertung der Sache aufgrund der wirksam erbrachten Leistung nicht gedient ist. Entgegen der in §§ 455, 1396 ABGB zum Ausdruck gebrachten Wertung verkürzte dies die dem Afterpfandgläubiger jeweils auferlegte Benachrichtigungsobliegenheit insoweit, als bereits die Information des Eigentümers (= Pfandschuldners) bei Drittpfandbestellung für und gegen den persönlichen Schuldner wirken würde, im Ergebnis also eine „Wissenszurechnung“ stattfände, obschon der Eigentümer nicht als Repräsentant des Schuldners betrachtet werden kann.
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bewirkung durch den nicht informierten Schuldner zum Schutz des Afterpfandgläubigers greifen, ist fragwürdig.151 Leistet dagegen der benachrichtigte Personal- und Realschuldner an den Pfandgläubiger, ist strittig, ob die Zahlung oder Aufrechnung des Schuldners weder Erfüllungs- noch pfandbefreiende Wirkung zeitigt oder aber die Forderung zumindest inter partes gem. § 1412 ABGB als erloschen gilt, zugunsten des Afterpfandgläubigers aber die Forderung oder zumindest das isolierte Pfandrecht als fortbestehend zu fingieren ist.152 Zweifelhaft ist überdies, ob der Schuldner auch dann Vertrauensschutz genießt, wenn es zwar an einer persönlichen Benachrichtigung gem. § 455 ABGB fehlt, die Afterpfändung der hypothekarisch gesicherten Forderung oder sonstigen Buchforderung aber durch Eintragung im Grundbuch resp. in den Geschäftsbüchern dokumentiert ist. Angesichts des Umstands, dass der (mit dem Eigentümer nicht personenidentische) Personalschuldner nicht von Amts wegen zu benachrichtigen ist (vgl. § 119 Abs. 1 Nr. 3 GBG) und im Übrigen nicht einmal von der Bestellung der Hypothek informiert zu werden braucht, streitet die Wertung der §§ 455, 1395 S. 2, 1396 S. 1 ABGB dafür, den Schuldner nur dann als schlechtgläubig anzusehen, wenn er über die Verpfändung der hypothekarisch gesicherten Forderung seitens des Hypotheken- oder des Afterpfandgläubigers unterrichtet worden ist.153 151 Wenn sich das Afterpfandrecht von selbst auf das seitens des Schuldners bei Gericht hinterlegte Bargeld bezieht (Kletečka/ Schauer (-Oberhammer/Domej), ABGB-ON, §§ 454, 455 Rn. 6; Schwimann/Kodek (-Hinteregger), ABGB II4, § 455 Rn. 2), spricht viel dafür, dass sich das Afterpfandrecht bei der schuldbefreienden Zahlung des redlichen Schuldners unmittelbar an dem vom Pfandgläubiger geleiteten Gegenstand fortsetzt. Ausdrücklich erörtert wird dies aber nicht, zumal aus § 455 Hs. 2 ABGB – bei aller Vorsicht, die gegenüber einem argumentum e contrario geboten ist – abgeleitet werden könnte, dass bei schuldbefreiender Leistung das dingliche Recht des Afterpfandgläubigers vollständig erlischt. 152 Die Entscheidung dieser Streitfrage hängt nur scheinbar davon ab, ob man der „Einheitsthese“ – dann läge die Verneinung der Erfüllungswirkung mangels alleiniger Einziehungszuständigkeit des belasteten Pfandgläubigers nahe – oder der Lehre von der isolierten Pfandrechtsverpfändung – hier wäre konsequenterweise allein der Fortbestand des Pfandrechts geboten, steht doch dem Afterpfandgläubiger ohnehin kein Recht zur Befriedigung aus der Pfandforderung zu – folgt. Wenngleich der Wortlaut des § 455 Hs. 2 ABGB unabhängig von der konstruktionsjuristischen Analyse des Afterpfandrechts darauf hindeutet, dass das belastete Pfandrecht lediglich in Relation zum Afterpfandgläubiger fortbesteht, sprechen Wertungsgründe eher für die gegenteilige Ansicht. Alles andere fordert nämlich eine kumulative Inanspruchnahme aus der Forderung und aus dem Pfandrecht heraus, die trotz der Obliegenheitsverletzung des Schuldners jedenfalls bei Drittpfandbestellung nicht sachgerecht ist. So könnte sich der Eigentümer nicht gegen die Pfandverwertung seitens des Afterpfandgläubigers schützen, insbesondere könnte er – sofern die Forderung mit absoluter Wirkung erloschen ist – nicht mittels Einlösung des Pfandes die Pfandforderung im Wege der cessio legis einschließlich des Pfandrechts und des darauf lastenden Afterpfandrechts erwerben. Auch ein Aufwendungsersatzanspruch aus Vertrag (§ 1014 ABGB), Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 1035 ff. ABGB) und/oder ungerechtfertigter Bereicherung ist fragwürdig, da die Nützlichkeit bzw. die Bereicherung bei Erfüllungswirkung zu verneinen ist (Iro, FS ABGB II, S. 1077, 1091). 153 Im deutschen BGB gilt dies aber nur für die Leistung auf die Forderung seitens des Schuldners (§§ 406–408 BGB); für das Rechtsverhältnis zwischen dem Eigentümer und dem Hypothe-
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Umgekehrt schließt jedenfalls die Anzeige an den Schuldner ausweislich § 455 ABGB pfandbefreiende Zahlungen an den Pfandgläubiger aus, was nichts an der Erfüllungswirkung etwaiger Zahlungen des Schuldners an den Pfandgläubiger gem. § 1412 ABGB ändern soll.154 Richtiger Ansicht nach kann dies aber nicht für die Aufrechnung seitens des schlechtgläubigen Schuldners gelten, falls die Aufrechnungslage im Zeitpunkt der Afterverpfändung vorlag oder die bereits erworbene Gegenforderung zumindest nicht nach der das verpfändete Pfandrecht sichernde Hauptforderung fällig wird.155 Würde dem Schuldner eine bereits bestehende Aufrechnungsbefugnis resp. eine begründete Erwartung auf die Aufrechenbarkeit aus der Hand geschlagen werden, stünde er bei der Verpfändung schlechter als bei der Zession der gesicherten Forderung, während umgekehrt der Afterpfandgläubiger gegenüber dem Zessionar privilegiert werden würde.156 Dafür besteht keine sachliche Rechtfertigung, zumal wenn sich der Afterpfandgläubiger – bei unterstellter Zulässigkeit – das Pfandrecht ohne die gesicherte Forderung verpfänden lässt. Auch der von der Afterverpfändung informierte Schuldner kann sich daher mit Wirkung gegenüber dem Afterpfandgläubiger durch Aufrechnung mit einer gegen den Pfandgläubiger gerichteten Gegenforderung von seiner Schuld befreien; die gesicherte Forderung, das belastete und das lastende Pfandrecht erlöschen mit absoluter Wirkung.157
kengläubiger gelten die schuldnerschützenden Bestimmungen der §§ 406–408 BGB ausdrücklich nicht (§ 1156 S. 1 BGB). 154 Weil freilich der Afterpfandgläubiger jedenfalls das belastete Pfandrecht geltend machen kann, ist nicht nur zum Schutz des Afterpfandgläubigers, sondern auch zum Schutz des „Pfandschuldners“, z. B. des Eigentümers eines weiterverpfändeten Sachpfandes, die Pfandforderung als fortbestehend zu fingieren: Allein dies garantiert den mit der Einlösung des Sachpfandes durch Zahlung an den Afterpfandgläubiger verbundenen gesetzlichen Forderungsübergang (§ 1358 ABGB) zugunsten des Eigentümers (m. E. richtig Iro, FS ABGB II, S. 1077, 1091). 155 Iro, FS ABGB II, S. 1077, 1098–1099. 156 Ähnlich Iro, FS ABGB II, S. 1077, 1098–1099. 157 In der Literatur wird dagegen nicht erörtert, ob der Schuldner mit einer gegen den Afterpfandgläubiger gerichteten Forderung gegen die pfandrechtsgesicherte aufrechnen kann. M. E. ist dies schon mangels Aufrechnungslage zu verneinen; es fehlt insoweit an der Gegenseitigkeit der Forderungen. Vor allem aber besteht für eine Aufrechnungsbefugnis insoweit auch gar kein Bedürfnis, weil der Schuldner richtigerweise nicht nur durch Zahlung, sondern auch durch Aufrechnung gegenüber dem Afterpfandgläubiger das Afterpfandrecht einlösen kann. Schließlich haftet er – falls nicht ein Fall der Drittpfandbestellung vorliegt – „mit bestimmten Vermögensstücken“ auch für die afterpfandrechtsgesicherte Forderung, so dass insoweit ein Ablösungsrecht gem. § 1358 S. 1 ABGB besteht, wobei entgegen dem Wortlaut der Norm nicht nur die Zahlung, sondern auch die Aufrechnung mit einer Gegenforderung gegen den gesicherten Gläubiger zum gesetzlichen Forderungsübergang einschließlich des Afterpfandrechts führt. Der Pfandschuldner erwirbt damit ein Recht an eigener Sache; eine Konsolidation kommt insoweit nicht in Betracht, weil das kraft gesetzlichen Forderungsübergang erworbene Afterpfandrecht das fortbestehende Pfandrecht des Pfandgläubigers belastet. Mit dieser Forderung kann der Pfandschuldner dann aber unproblematisch gegen den Pfandgläubiger aufrechnen und sich damit von seiner Schuld befreien; Pfand- und Afterpfandrecht erlöschen.
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bb) Leistungen des Pfandschuldners Fragwürdig ist ferner, ob im Fall der Drittpfandbestellung der nicht selbst informierte Pfandschuldner, z. B. der Eigentümer des Sachpfandes, gem. § 455 ABGB in seinem Vertrauen auf die uneingeschränkte Einziehungs- und Empfangszuständigkeit des Pfandgläubigers geschützt ist, an diesen also durch Zahlung oder Aufrechnung „pfandbefreiend“ leisten kann.158 In der Literatur wird meistens, soweit auf Voraussetzungen und Rechtsfolgen pfandbefreiender Leistungen seitens des Eigentümers eingegangen wird, implizit vorausgesetzt, dass dieser auch Personalschuldner sei, während im Kontext der Drittpfandbestellung meistens nur die Variante erörtert wird, dass der Personalschuldner auf die Pfandforderung leistet.159 Soweit vereinzelt für die Anwendung des § 455 ABGB zugunsten des Drittpfandbestellers eingetreten und zudem dafür plädiert wird, dass der Drittpfandbesteller bei Benachrichtigung von der Afterverpfändung unter den gleichen Voraussetzungen wie der Personalschuldner mit eigenen Forderungen auch mit Wirkung gegenüber dem Afterpfandgläubiger aufrechnen könne,160 ist diese schematische Parallelisierung des Vertrauensschutzes des Personalschuldners und des Eigentümers m. E. fragwürdig. Wenngleich § 455 ABGB nicht ausdrücklich zwischen pfandbefreienden Leistungen des Eigentümers an den Pfandgläubiger im Fall der Pfandbestellung für eigene Schuld und im Fall der Drittpfandbestellung differenziert, dürfte die Norm nach Wortlaut („seine Schuld“) und Sinn und Zweck auf die typische Konstellation der Personenidentität des Personalschuldners und des Eigentümers zugeschnitten sein.161 Zunächst stellt sich bei Leistungen des Eigentümers oder eines sonstigen 158 Vgl.
Iro, FS ABGB II, S. 1077, 1092–1093, 1099–1100; Reischauer, JBl. 2001, S. 541, 547. Siehe etwa Klang (-Klang), ABGB II 2, S. 451; dem folgend Fenyvers/Kerschner/Vonkilch (-Wolkerstorfer), ABGB3 (Klang), § 455 Rn. 2. 160 So Reischauer, JBl. 2001, S. 541, 547 und – insbesondere zur Zahlung, aber auch zur Aufrechnung des nicht mit dem Personalschuldner identischen Pfandschuldners – Iro, FS ABGB II, S. 1077, 1092–1093, 1099–1100, der sich allerdings unrichtig auf § 1224 BGB beruft. Aus dieser Norm ergibt sich nur, dass der Verpfänder mit eigenen Forderungen gegen die gesicherte Forderung des Pfandgläubigers trotz ggf. fehlender Gegenseitigkeit i. S. d. § 387 BGB aufrechnen kann; für die hier relevante Konstellation, ob der Verpfänder auch mit Forderungen gegen den Pfandgläubiger das Pfand einlösen kann, wenn das Pfandrecht seinerseits von einem die gesicherte Forderung belastenden Pfandrecht eines Dritten erfasst wird, folgt aus § 1224 BGB nichts. Diesbezüglich kommt es vielmehr darauf an, ob die den Schuldner der verpfändeten Sicherungsforderung schützende Bestimmung des § 1275 BGB erweiternd dahin auszulegen ist, dass sie auch zugunsten des nicht notwendig mit dem Schuldner identischen Verpfänders des von der Forderungsverpfändung erfassten Sachpfandes anzuwenden ist. Siehe dazu § 5 IV. 3. a) cc). 161 „Wird der Eigenthümer von der weiteren Verpfändung benachrichtiget; so kann er seine Schuld nur mit Willen dessen, der das Afterpfand hat, dem Gläubiger abführen, oder er muß sie gerichtlich hinterlegen, sonst bleibt das Pfand dem Inhaber des Afterpfandes verhaftet.“ (Hervorhebung durch Verf.) Soweit Zeiller in der grundlegenden ersten Kommentierung des ABGB ausführt, dass es für die praktische Wirksamkeit des Afterpfandrechts „[…] nothwendig [sei], daß der Pfandinhaber den Pfandeigenthümer von der Afterverpfändung benachrichtigte, und hierdurch aufmerksam mache, die Zahlung nicht seinem unmittelbaren Gläubiger [Hervorhebung durch Verf.], sondern ihm, dem Pfandinhaber, in dem gebührenden Maße zu leisten […]“ (Zeiller, Com159
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Dritten i. d. R. schon deshalb nicht die Frage der Erfüllungswirkung im Verhältnis zwischen Schuldner und Gläubiger (§ 1412 ABGB), weil ablösungsberechtigte Dritte nicht solvendi causa, sondern zwecks Einlösung des Pfandes mit der Rechtsfolge des gesetzlichen Forderungsübergangs leisten dürften (vgl. §§ 1358, 1422 ABGB).162 Soweit in der einleitend skizzierten Fallgestaltung der (nicht benachrichtigte) Eigentümer (E) das Pfand durch Zahlung allein an den Pfandgläubiger (A) einlöst, würde prinzipiell die gesicherte Forderung F1 des A gegen B kraft cessio legis auf E gem. §§ 1358, 1422 ABGB mitsamt des belasteten Pfandrechts übergehen, an dem sich ja prinzipiell die Belastungen, insbesondere des Afterpfandrechts (P2) gem. § 455 Hs. 2 ABGB fortsetzen können.163 Zumindest bei der Einlösung einer (mit Afterpfandrechten belasteten) Hypothek seitens des Pfandschuldners (= Eigentümers) erlischt die Hypothek nicht etwa infolge Konsolidation, sondern besteht als forderungsbekleidete Eigentümerhypothek gem. §§ 470, 1446 ABGB unverändert fort, an der prinzipiell auch das Afterpfandrecht fortbestehen würde.164 Würde nun aber der nicht über die Afterverpfändung informierte E in seinem Vertrauen auf die uneingeschränkte Einziehungs- und Empfangszuständigkeit des A im Umkehrschluss zu § 455 ABGB geschützt werden, bedeutete dies, dass E kraft Gesetzes die pfandrechtsgesicherte Forderung F1 unter Fortbestand der Hypothek resp. des Pfandrechts (P1) erwürbe, während das Afterpfandrecht unabhängig davon, ob es sich nur auf die Hypothek resp. das Pfandrecht oder auch auf die im Wege der cessio legis auf den Pfandschuldner übergegangene Forderung bezieht, ersatzlos erlöschen müsste.165 Die Vorschrift des § 455 ABGB entfaltete insoweit nicht schuldmentar II/1, S. 264) indiziert dies, dass auch der historische Gesetzgeber ausschließlich die Konstellation der Personenidentität von Personalschuldner und Eigentümer im Blick hatte. 162 Iro, FS ABGB II, S. 1077, 1091. 163 Wenn freilich auch der schlechtgläubige Eigentümer mit Zustimmung des Afterpfandgläubigers an den Pfandgläubiger unter Einlösung des Pfandes leisten kann, stellt sich die Frage, ob der Afterpfandgläubiger zumindest nachträglich die nicht konsentierte Zahlung genehmigen und ggf. dadurch das Afterpfandrecht auf das gezahlte Geld kraft Surrogation überleiten kann. Für den Afterpfandgläubiger hätte dies den Vorteil, dass er sich unmittelbar aus der gezahlten Geldsumme, sofern noch beim Pfandgläubiger identifizierbar vorhanden, befriedigen könnte und nicht das Risiko der Verwertung des Sachpfandes bzw. der Zahlungsfähigkeit des Schuldners der durch das Sachpfand gesicherten Forderung trüge. Vergleichbares wird für die Forderungsverpfändung in Deutschland bei Leistungen unter Verstoß gegen §§ 1281, 1282 BGB vertreten, vgl. Erman (-J. Schmidt), BGB II15, § 1287 Rn. 3; Westermann/Gursky/Eickmann (-Gursky), Sachenrecht8 , § 136 Rn. 7. 164 Schwimann/Kodek (-Hinteregger), ABGB II4, § 469 Rn. 1. 165 Weil allgemein anerkannt ist, dass Pfandrechte und Hypotheken beim gesetzlichen Forderungsübergang gem. §§ 1358, 1422 ABGB ohne zusätzliches Publizitätserfordernis kraft Gesetzes auf den Zessionar übergehen (st.Rspr. des OGH, siehe OGH 10.4.1991 – 3 Ob 92/90, SZ 64/38; OGH, 30.8.1995 – 5 Ob 94/95, JBl. 1995, S. 512; Feil/Marent/Preisl, Grundbuchrecht 2, § 13 Rn. 47; Kodek (-Kodek), GBG, § 13 Rn. 80; Schwimann (-Ofner), ABGB, § 1358 Rn. 16), würde das durch die Ablösung seitens des Eigentümers selbsttätig übergegangene Sachpfand prinzipiell durch Konsolidation erlöschen. Anderes gilt aber, wenn das Sachpfand mit Rechten Dritter belastet ist: Zum Schutz derselben besteht das belastete Sachpfand zumindest mit relativer Wirkung fort, soweit nicht zugunsten des redlichen Eigentümers ein lastenfreier Erwerb im Umkehrschluss zu § 455 ABGB angenommen wird.
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nerschützende Wirkung zugunsten des B, sondern erwerberschützende Wirkung zugunsten des E und wäre damit ein versteckter Anwendungsfall eines gutgläubiglastenfreien Forderungserwerbs. E wäre optimal geschützt, könnte aufgrund des lastenfreien Forderungserwerbs ggf. sofort seine Sache vindizieren und sich wegen der Ablösungsleistung bei B schadlos halten; umgekehrt ginge C leer aus, während A sofort befriedigt wäre. Systematisch stringent ist diese Lösung nicht einmal dann, wenn der Trennungslehre gefolgt wird, weil selbst eine isolierte Afterverpfändung nach allg. Ansicht zumindest auf die Forderungszuständigkeit insofern durchschlägt, als der Gläubiger nicht mehr Leistung an sich, sondern nur gerichtliche Hinterlegung der Schuldsumme verlangen kann.166 Angesichts dieser eingeschränkten Einziehungsbefugnis ist aber fragwürdig, ob die Zahlung des Drittpfandbestellers E an A den Einlösungstatbestand des § 1358 ABGB erfüllt und in dieser Konstellation aus § 455 ABGB e contrario ein lastenfreier Forderungs- und Pfandrechtserwerb des E deduziert werden kann. Dies erscheint schon deshalb bedenklich, weil sich der Forderungsübergang ohne jeglichen Publizitätsakt ex lege und ipso iure vollzieht. Auch unter Wertungsgesichtspunkten vermag das Ergebnis nicht zu überzeugen. Schutzwürdig ist der Pfandschuldner in seinem Vertrauen auf die uneingeschränkte Einziehungszuständigkeit des Pfandgläubigers nicht schon wegen der unterlassenen Anzeige der Afterverpfändung. Schließlich ist E nicht zur Leistung an A verpflichtet, sondern vielmehr zur Einlösung Zug um Zug gegen Pfandrückstellung berechtigt.167 Leistet E aber ohne Verlangen der Rückgabe an A zwecks Einlösung des Pfandes, ist ein gutgläubig-lastenfreier Forderungserwerb aus Gründen des Eigentümerschutzes nicht geboten, zumal E damit rechnen muss, dass sich der leistungsberechtigte B bereits durch Zahlung von der Schuld befreit hat. Anders liegt es selbstverständlich dann, wenn A durch den Besitz des Sachpfandes forthin als uneingeschränkt berechtigter Pfandgläubiger erscheint, weil E dann keinen Anlass hat, an der uneingeschränkten Gläubigerstellung des A zu zweifeln. Falls A aber wieder im Besitz des Sachpfandes ist, dürfte das Afterpfandrecht des C entweder schon gar nicht wirksam entstanden – eine Weiterverpfändung eines Sachpfandes durch Besitzkonstitut scheidet aus168 – oder infolge vorbehaltloser Pfandrückstel166 Feil, Hypothekarrecht 3, Rn. 37; Feil/Marent/P reisl, Grundbuchrecht 2 , § 51 Rn. 10; Schwimann/Kodek (-Hinteregger), ABGB II4, § 455 Rn. 2. 167 Allerdings folgt der sog. Rückstellungsanspruch des Eigentümers (resp. des Realschuldners) bei der Verpfändung für fremde Schuld nicht aus § 469 S. 2 ABGB, setzt diese Vorschrift doch ausdrücklich die Verpflichtung des Pfandgebers zur Tilgung der gesicherten Forderung voraus (Fenyvers/Kerschner/ Vonkilch (-Fidler), ABGB3 (Klang), § 469 Rn. 43). Der Anspruch des Eigentümers (Realschuldners) auf Pfandrückstellung Zug um Zug gegen Einlösung des Pfandes lässt sich aber ohne weiteres aus dem Pfandbestellungsvertrag herleiten, entfällt doch mit der Erfüllung des Einlösungstatbestands der Sicherungszweck (Fenyvers/Kerschner/Vonkilch (-Fidler) a. a. O.). 168 Dies folgt daraus, dass körperliche Sachen ausweislich § 428 Hs. 1 ABGB nicht durch Besitzkonstitut verpfändet werden können und für die Afterverpfändung die gleichen Anforderungen an den Modus gelten; Koziol/Bydlinski/Bollenberger (-Koch), ABGB2, § 451 Rn. 3, § 454 Rn. 2; Schwimann/Kodek (-Hinteregger), ABGB II4, § 451 Rn. 7, § 454 Rn. 3.
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lung an A gem. § 467 Var. 3 ABGB bereits erloschen sein, weshalb § 455 ABGB ohnehin nicht greift. Leistet E Zug um Zug gegen Rückgabe des Sachpfandes an A, ist der Einlösungstatbestand daher i. d. R. unproblematisch erfüllt. Entweder erlischt das Hauptpfandrecht im Zeitpunkt der Aufrechnung bzw. Zahlung mittels Konsolidation oder, falls das Afterpfandrecht fortbestehen sollte,169 jedenfalls bei Vollzug der Besitzübergabe gem. § 467 Var. 3 ABGB.170 Im Grundsatz erscheint der Pfandschuldner schon durch das in § 469 S. 2 ABGB normierte Recht zur Pfandeinlösung hinreichend geschützt. Zwar ließe sich de lege ferenda überlegen, das Vertrauen auf die uneingeschränkte Einziehungs- und Empfangszuständigkeit des Pfandgläubigers generell zu schützen, wenn sich dieser durch den Besitz des Sachpfandes, fehlerhafte Löschung des Afterpfandrechts im Grundbuch oder durch einen sonstigen dem Afterpfandgläubiger zurechenbaren Rechtsschein als uneingeschränkt berechtigter Pfandgläubiger geriert.171 Leistet E aber nicht Zug um Zug gegen Pfandrückstellung (§ 469 S. 2 ABGB) an den nicht im Besitz der Sache befindlichen A, ist er nicht schutzwürdig.172 Vielmehr drängen sich weitere Nachforschungen über den Verbleib der Pfandsache und das Schicksal der Sicherungsforderung geradezu auf, zumal an Stelle einer Zahlung ggf. eine Aufrechnung mit vertraglichen und/oder gesetzlichen Schadensersatzansprüchen wegen Verlust oder Verschlechterung der Pfandsache, insbesondere im Kontext der Afterverpfändung (§ 460 ABGB), in Betracht kommt.173 Schließlich könnte E bei unsicherer Sach- oder Rechtslage unproblematisch durch gerichtliche Hinterlegung 169 Dies erscheint in dem von § 467 Var. 3 ABGB nicht erfassten Fall der eigenmächtigen Rückerlangung des Afterpfandes durch den Pfandgläubiger und Afterpfandgeber denkbar. Strittig ist, ob und, bejahendenfalls, unter welchen Voraussetzungen das Pfandrecht erlischt (siehe dazu Fenyvers/Kerschner/ Vonkilch (-Fidler), ABGB3 (Klang), § 467 Rn. 45–48, der generell unter Verweis auf das Faustpfandprinzip vom Erlöschen des Sachpfandes bei Wiedererlangung des Besitzes durch den Eigentümer plädiert. Abweichend Iro, Sachenrecht, Rn. 12/4: das Sachpfand bleibe grundsätzlich bestehen, wobei eine durch Täuschung erschlichene Rückgabe einer vorbehaltlosen Pfandrückstellung gem. § 467 Var. 3 ABGB gleichzustellen sei). 170 Nach h. L. erlischt das Pfandrecht selbst bei nicht vorbehaltloser Rückstellung gem. § 467 ABGB (Iro, Sachenrecht, Rn. 12/4 m. w. N.; Rummel (-Hofmann), ABGB I3, § 467 Rn. 5). Weil die österreichische Doktrin die (vorbehaltlose) Pfandrückstellung in Form der Rückgabe des Sachpfandes als Realakt interpretiert (Fenyvers/Kerschner/Vonkilch (-Fidler), ABGB3 (Klang), § 467 Rn. 14), kommt bei der Pfandrückgabe seitens des belasteten Pfandgläubigers an den Eigentümer von vornherein kein Verfügungsschutz des Afterpfandgläubigers in Betracht, zumal, wie angerissen, dessen Afterpfandrecht, i. d. R. bereits durch die Wiedererlangung des Besitzes seitens des Pfandgläubigers erloschen sein dürfte. 171 Zum gutgläubigen Erwerb siehe § 5 II. 1. c). 172 Siehe auch Demelius, Das Pfandrecht an beweglichen Sachen, S. 277, 299, der allgemein konstatiert, dass ein „nur halbwegs geschäftskundiger“ Drittschuldner selbst bei nicht erfolgter Benachrichtigung gem. § 455 ABGB regelmäßig nicht an den Pfandgläubiger leisten, sondern stattdessen die Schuldsumme hinterlegen dürfte. 173 Während der Pfandgläubiger nach § 1305 ABGB für den schuldhaften Verlust sowie jede schuldhafte Verschlechterung des Pfandes haftet, trifft den Afterverpfänder eine objektive Haftung gem. § 460 ABGB bei zufälliger Vernichtung oder Verschlechterung des Pfandes (vgl. Fenyvers/Kerschner/ Vonkilch (-Wolkerstorfer), ABGB3 (Klang), § 460 Rn. 1; Schwimann/Kodek (-Hinteregger), ABGB II4, § 460 Rn. 1).
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das Pfand ablösen. Die gesicherte Forderung ginge unbelastet auf ihn über, während sich etwaig bestehende Afterpfandrechte am hinterlegten Geld ex lege und ipso iure fortsetzten;174 der Pfandschuldner könnte seine „entlastete“ bewegliche körperliche Sache von jedermann vindizieren, während ihm eine abgelöste Hypothek forthin als unbelastete forderungsbekleidete Eigentümerhypothek zusteht.175 Wenngleich die fragmentarische gesetzliche Regelung auch in der Konstellation der Drittpfandbestellung den in der Lehre vertretenen Umkehrschluss bei unterlassener Benachrichtigung des Pfandschuldners nahelegt, ist es aus Gründen der Wertungskohärenz m. E. überzeugender, einen lastenfreien Forderungserwerb seitens des an den Pfandgläubiger leistenden Pfandschuldners zu verneinen.176 b) Sukzessions- und Verfügungsschutz Besondere Tragweite kommt der verfahrensrechtlichen Vorschrift des § 51 Abs. 1 GBG zu. Aus dieser entnehmen Rechtsprechung und Lehre den allgemeinen Rechtsgrundsatz, dass über verpfändete Rechte nur unter Wahrung der Rechtsposition des Pfandgläubigers ohne dessen Zustimmung verfügt werden könne;177 die Vorschrift sei daher auf andere mit Hypotheken resp. Pfandrechten belastete Grundstücksrechte analog anzuwenden.178 Das Afterpfandrecht an der Hypothe174
Kletečka/Schauer (-Oberhammer/Domej), ABGB-ON, §§ 454, 455 Rn. 6. Vgl. Schwimann/Kodek (-Hinteregger), ABGB II4, § 455 Rn. 2. Wird dagegen durch Hinterlegung mit Wirkung gegen den Afterpfandgläubiger auf eine pfandrechtsbelastete Hypothek geleistet, kann unter Vorlage der Amtsurkunde über den gerichtlichen Erlag (§ 39 GBO) die Vormerkung der Löschung der belasteten Hypothek begehrt werden; die Rechtfertigung der Vormerkung muss sowohl gegen den Eigentümer (als Hauptpfandschuldner) und den Afterpfandgläubiger erfolgen (Rummel (-Hofmann), ABGB I3, § 455 Rn. 2; Schwimann/Kodek (-Hinteregger), ABGB II4, § 455 Rn. 2). 176 Leistet E hingegen ohne Zustimmung des A an C, zeitigt dies zwar vor Pfändung und Überweisung der gesicherten Forderung an den Afterpfandgläubiger keine Erfüllungswirkung (vgl. Iro, FS ABGB II, S. 1077, 1090–1091). Indes ist hier eine schuldbefreiende Drittleistung auf die durch das Afterpfandrecht gesicherte Forderung des C – für die E ja kraft der Verpfändung des Pfandrechts mit seiner Sache „haftet“ (vgl. § 1358 ABGB) – nicht ausgeschlossen, was zur cessio legis dieser Forderung führt. Dann kann E gegen die pfandrechtsgesicherte Forderung Zug um Zug gegen Rückstellung des Pfandes aufrechnen resp. mittels Aufrechnung das belastete Pfandrecht einlösen und damit die durch das belastete Pfandrecht resp. die belastete Hypothek gesicherte Forderung kraft cessio legis gem. §§ 1358, 1422 ABGB erwerben. 177 OGH 24.3.1998 – 5 Ob 74/98p, RIS-Justiz: RS0109610; OGH 30.1.2007 – 5 Ob 1/07v, JBl. 2007, S. 715; OGH 16.8.2007 – 3 Ob 153/07g, RIS-Justiz: RS0109610; Feil/Marent/Preisl, Grundbuchrecht 2, § 51 Rn. 1; Rummel (-Hofmann), ABGB3, § 455 Rn. 3–4. 178 Zur analogen Anwendung des § 51 Abs. 1 GBG auf ein verpfändetes Fruchtgenussrecht OGH 24.3.1998 – 5 Ob 74/98p, RIS-Justiz: RS0109610; OGH 30.1.2007 – 5 Ob 1/07v, JBl. 2007, S. 715; Feil/Marent/Preisl, Grundbuchrecht 2, § 51 Rn. 1; Klang (-Klang), ABGB II 2, S. 453; für ein verpfändetes Bezugs- oder Benützungsrecht gilt nichts anderes (vgl. OGH 22.10.1991 – 5 Ob 114/91, RIS-Justiz: RS0011838). Wird die Vorschrift auf den verallgemeinerungsfähigen Rechtsgedanken zurückgeführt, dass Rechte Dritter durch einen Verzicht des Inhabers des belasteten Rechts nicht willkürlich beseitigt werden dürften, liegt es nahe, in der umgekehrten Fallgestaltung, in der eine Hypothek mit einem Fruchtgenussrecht belastet ist, zum Schutz des Fruchtnießers ebenfalls einen Analogieschluss zu § 51 Abs. 1 GBG zu ziehen. Schließlich wird allgemein vertreten, dass die Rechtsfolgen des Fruchtgenussrechts an der Hypothek aus der sinn175
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karforderung erlischt materiellrechtlich also weder durch die Einziehung der gesicherten Forderung seitens des Hypothekengläubigers noch durch die Ablösung der Hypothek seitens des Eigentümers oder eines nachrangigen Gläubigers oder gar kraft einseitigen Verzichts (§ 1444 ABGB) auf die Forderung und/oder die Hypothek seitens des Hypothekengläubigers.179 Demgegenüber besteht die Hypothek nicht mit absoluter Wirkung fort; ihre Existenz wird nur fingiert, soweit dies zur Durchsetzung des Afterpfandrechts erforderlich ist.180 Die Löschung der belastegemäßen Anwendung der für das Afterpfandrecht geltenden Rechtssätze herzuleiten seien (Klang (-Klang), ABGB II 2, S. 453). Die wohl überwiegende Ansicht lehnt jedoch die entsprechende Anwendung des § 51 GBG auf andere Belastungen von Hypothekarforderungen, namentlich Fruchtgenussrechte, ab (Feil/Marent/Preisl, Grundbuchrecht 2, § 51 Rn. 12; Kodek (-Kodek), GBG, § 51 Rn. 7). Soweit eine Analogie mit dem Argument abgelehnt wird, dass § 51 GBG allein dem Schutz des Pfandgläubigers diene und der Fruchtgenussberechtigte nicht eine vergleichbar „starke Position“ zustehe (Kodek (-Kodek), GBG, § 51 Rn. 7; Feil/Marent/Preisl, Grundbuchrecht 2, § 51 Rn. 12), ist dies jedenfalls fragwürdig, soweit es um den Verzicht auf die Hypothekenforderung geht. Dem Fruchtgenussberechtigten dürfte willkürlich wohl kaum das dingliche Recht auf die Zinsen der Forderung entzogen werden, was aber auch im Fall eines Verzichts auf die Hypothek oder die Hypothekenforderung der Fall wäre. Andererseits steht dem Fruchtgenussberechtigten kein absolutes Recht in Ansehung des Kapitals zu, zumal er auch eine Kündigung der Forderung durch den Hypothekengläubiger gegen sich gelten lassen muss (Klang (-Klang), ABGB II 2, S. 453). Dementsprechend dürfte auch das Fruchtgenussrecht erlöschen, sobald die Hypothekenforderung durch Aufrechnung, Hinterlegung oder Zahlung vollständig getilgt wird; eine relative Fortwirkung der Hypothek zugunsten des Fruchtnießers schiede dann auch bei entsprechender Anwendung des § 51 Abs. 1 GBG aus. Andererseits gilt der allgemeine Rechtsgrundsatz, dass ein Verzicht die Rechtsposition eines dinglich berechtigten Dritten nicht berühre, für den Rechtsinhaber eines Unterfruchtgenussrechts an einem Fruchtgenussrecht (OGH 22.10.1991 – 5 Ob 114/91, RIS-Justiz: RS0011838); dementsprechend ist ein mit einem Fruchtgenussrecht belastetes Fruchtgenussrecht an einer Liegenschaft ohne Zustimmung des Unterfruchtgenussberechtigten nur mit dem Beisatz gem. § 51 Abs. 1 GBG zu löschen. 179 In dem von § 51 Abs. 1 GBG geforderten Beisatz zur Löschungseintragung wird eingetragen, dass die Löschung der Hypothek in Ansehung des Afterpfandrechts unwirksam ist (OGH 24.3.1998 – 5 Ob 74/98p, RIS-Justiz: RS0011467). 180 Feil/Marent/P reisl, Grundbuchrecht 2 , § 51 Rn. 12; Kodek (-Kodek), GBG, § 51 Rn. 6. Als Gegenstand des Rechtsverkehrs sind die Forderung und die akzessorische Hypothek erloschen, weshalb weitere Verfügungen über die Hypothekarforderung, insbesondere die Zession oder weitere Verpfändungen nicht in Betracht kommen. Entsprechende Eintragungsgesuche sind daher abzulehnen, sofern die Löschung der Hypothek (mit dem Beisatz des § 51 Abs. 1 GBG) im Grundbuch einverleibt worden ist, § 51 Abs. 2 Hs. 1 GBG. Falls dagegen die Löschung nur vorgemerkt ist, sind weitere Eintragungen verfahrensrechtlich zwar zulässig; der Bestand dieser Eintragungen (z. B. die Bestellung eines neuen Afterpfandrechts oder die Zession der Hypothekarforderung) steht aber unter dem Vorbehalt, dass die Löschung nicht gerechtfertigt wird; wird die Löschung gerechtfertigt, sind auch die in der Schwebezeit zwischen der Eintragung der Vormerkung und der Einverleibung der Löschung eingetragenen Rechte zu löschen (§ 51 Abs. 2 Hs. 2 i. V. m. § 50 GBG). An einer nur relativ fortwirkenden verpfändeten Hypothek entsteht also materiellrechtlich – mangels Belastungsgegenstandes – kein neues Afterpfandrecht, weshalb insoweit natürlich kein Bestandsschutz zugunsten des Inhabers dieser bloßen Buchposition gem. § 51 Abs. 1 GBG eingreift (vgl. Kodek (-Kodek), GBG, § 51 Rn. 6). Anders liegt es nur dann, wenn die Hypothekarforderung überhaupt nicht erloschen ist, mithin zu Unrecht die Löschung im Grundbuch vorgemerkt worden ist. Freilich wirkt das Verbot des § 51 Abs. 2 GBG nicht zulasten des durch § 51 Abs. 1 GBG geschützten Afterpfandgläubigers: Dessen Recht, die verpfändete Hypothekarforderung exekutiv oder in der vereinbarten außergerichtlichen Form zu verwerten bleibt unbe-
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ten Hypothek ist hiernach nur mit Zustimmung des Afterpfandgläubigers, mit dem Beisatz gem. § 51 Abs. 1 GBG oder nach gerichtlicher Hinterlegung der Schuldsumme zulässig.181 Zu einer unmittelbaren Ersetzung eines afterpfandrechtsbelastenden Afterpfandrechts kommt es hingegen in der bereits skizzierten Konstellation aufeinander aufbauender (After-)Pfändungspfandrechte an einer Hypothek:182 Wird dem betreibendem Gläubiger eines bereits mit im Grundbuch eingetragenen Afterpfandrechten belasteten Pfändungspfandrechts die gepfändete Hypothekarforderung an Zahlungs statt überwiesen, erlischt die titulierte Forderung mit allseitiger Wirkung. Eine Fiktion der belasteten titulierten Forderung und des (After-) Pfändungspfandrechts des betreibenden Gläubigers zugunsten der durch Afterpfandrechte gesicherten Gläubiger des betreibenden Gläubigers scheidet aus; das im Grundbuch gem. § 320 Abs. 1 EO einverleibte Pfändungspfandrecht an der Hypothek ist demgemäß ohne den Beisatz des § 51 Abs. 1 GBG zu löschen (§ 324 Abs. 2 S. 1 EO).183 Die dingliche Qualität der Rechtsstellung des Afterpfandgläubigers offenbart sich darin, dass sich das afterpfandrechtsbelastende Afterpfandrecht kraft Gesetzes in ein „unmittelbares“ Afterpfandrecht an der überwiesenen Hypothekarforderung verwandelt (§ 324 Abs. 2 S. 2 Hs. 2 EO), was im Grundbuch von Amts wegen verlautbart wird.184 Abgesehen davon ist der Afterpfandgläubiger gegen eine nachteilige Rangänderung der belasteten Hypothek geschützt; diese, nicht aber die Verbesserung des Ranges des belasteten Afterpfandrechts, bedarf der Zustimmung des Afterpfandgläubigers (§ 30 Abs. 1 S. 2 GBG).185 Selbstverständlich beansprucht der in §§ 30 Abs. 1 S. 2, 51 Abs. 1 GBG zum Ausdruck gebrachte Rechtsgedanke jenseits des Liegenschaftsrechts Geltung. Auch bei der Verpfändung von Pfandrechten „in enger Bedeutung“ (§ 448 S. 2 ABGB) steht es dem Pfandgläubiger nicht frei, durch Aufrechnung, Verzicht oder im (kollusiven) Zusammenwirken mit dem Pfandschuldner die Rechtsstellung des Afterrührt, z. B. ist die Eintragung der Pfändung und Überweisung der Hypothekarforderung an den Afterpfandgläubiger zulässig (vgl. Kodek (-Kodek), GBG, § 13 Rn. 91, § 51 Rn. 5; Feil/Marent/ Preisl, Grundbuchrecht 2, § 51 Rn. 6; Feil/Marent/Preisl, Grundbuchrecht 2, § 51 Rn. 12). 181 Das Afterpfandrecht erlischt hierdurch aber nicht vollständig, sondern setzt sich vielmehr an der sog. Erlasssumme kraft unmittelbarer Surrogation fort (Klang (-Klang), ABGB II 2, S. 451; Kodek (-Kodek), GBG, § 13 Rn. 91, § 51 Rn. 5; Feil/Marent/Preisl, Grundbuchrecht 2, § 51 Rn. 7). Mit der über die Hinterlegung ausgestellten Amtsurkunde kann der Eigentümer nach § 39 GBG die Vormerkung der Löschung der Hypothek resp. der Übertragung der Hypothekarforderung erwirken; die Löschung muss gegenüber dem Hypothekengläubiger und dem Afterpfandnehmer gerechtfertigt werden (Kodek (-Kodek), GBG, § 51 Rn. 5; Feil/Marent/Preisl, Grundbuchrecht 2, § 51 Rn. 7). Der Afterpfandgläubiger ist durch § 51 Abs. 1 GBG auch gegen eine Löschung der belasteten Hypothek aufgrund einer Grundbuchberichtigung gem. § 136 Abs. 2 GBG geschützt; vor Löschung der Hypothek ist der Afterpfandgläubiger von Amts wegen über die beantragte Löschung gem. § 119 Abs. 1 Nr. 2 GBG zu unterrichten (Kodek (-Kodek), GBG, § 51 Rn. 4). 182 Siehe Fn. 56. 183 Angst (-Oberhammer), EO3, §§ 320–324 Rn. 18. 184 Angst (-Oberhammer), EO3, §§ 320–324 Rn. 18. 185 Feil/Marent/P reisl, Grundbuchrecht 2 , § 51 Rn. 10; Klang (-Klang), ABGB II2, S. 452; Kodek (-Kodek), GBG, § 30 Rn. 21. Entsprechendes soll gelten, wenn die belastete Hypothekarforderung durch eine andere Forderung ausgewechselt wird.
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pfandgläubigers zu vereiteln oder zu beeinträchtigen.186 Nicht unumstritten ist die Aufrechnung mit der Sicherungsforderung gegen eine Forderung des Schuldners gegen den Pfandgläubiger: Wie gezeigt, ist zwar richtigerweise der Personalschuldner bei bereits im Zeitpunkt der Verpfändung bestehender Aufrechnungslage berechtigt, sich mit Wirkung gegenüber dem Afterpfandgläubiger von seiner Schuld durch Aufrechnung mit einer gegen den Pfandgläubiger gerichteten Forderung zu befreien.187 Für die Aufrechnung durch den Pfandgläubiger folgt hieraus aber nichts. Soweit ohne nähere Erörterung unterstellt wird, dass die vom Pfandgläubiger erklärte Aufrechnung nur im Verhältnis zum Afterpfandgläubiger unwirksam sei,188 kann dem weder aus dogmatischen Gründen noch mit Blick auf die Interessenlage gefolgt werden.189 Die hiermit verbundene Gefahr einer doppelten Inanspruchnahme aus der Forderung und aus dem Pfandrecht ist sachlich nicht zu rechtfertigen. Im Gegensatz zur vergleichbaren Situation bei der Zession der gesicherten Forderung verlöre der Drittschuldner seine Gegenforderung und müsste gleichwohl erneut an den Afterpfandgläubiger zahlen, um die Verwertung des Pfandes zu verhindern. Der Drittschuldner bliebe auf Regressforderungen gegen den Pfandgläubiger verwiesen. Wird die Aufrechnung dagegen als absolut nichtig qualifiziert, drohen weder dem Personalschuldner noch dem mit diesem nicht notwendig identischen Pfandschuldner noch dem Afterpfandgläubiger sachenrechtliche relevante Nachteile. Zumindest auf der Grundlage der „Einheitsthese“ ist wiederum mangels Verfügungsbefugnis des Pfandgläubigers über die gesicherte Forderung die Aufrechnungsbefugnis zu verneinen. Soweit jedoch auf dem Boden der h. L. davon ausgegangen wird, dass auch bei einer gesonderten Verpfändung willkürliche Maßnahmen des Pfandgläubigers die Rechtsstellung des Afterpfandgläubigers nicht beeinträchtigen dürften, darf der Schuldnerschutz nicht geringer ausfallen, während umgekehrt der postulierte Verfügungsschutz für den Afterpfandgläubiger, wenn die gesicherte Forderung angeblich nicht Gegenstand der Afterverpfändung ist, dogmatisch fragwürdig erscheint.
186 Allgemein anerkannt ist denn auch, dass Rechte Dritter an einem belasteten Recht durch einen Verzicht des Rechtsinhabers nicht von selbst erlöschen, vgl. OGH 22.2.1990 – 7 OB 47/89, SZ 63/29; OGH 24.3.1998 – 5 Ob 74/98p, RIS-Justiz: RS0109610; Kodek (-Kodek), GBG, § 51 Rn. 8; Schwimann (-Leupold), ABGB, § 1444 Rn. 6). Zweifelhaft ist die These der relativen Unwirksamkeit des nicht konsentierten Verzichts allerdings dann, wenn der Schuldner und der Pfandgläubiger einen Forderungserlass unter Fortwirkung des Pfandrechts – was zu einer reinen „Sachhaftung“, d. h. zur nachträglichen Entstehung eines nicht akzessorischen Verwertungsrechts, führt (Iro, Sachenrecht6 , Rn. 12/8) – vereinbaren. Eine rechtliche Beeinträchtigung liegt hier nur unter der Prämisse vor, dass sich das Afterpfandrecht auf die durch das Pfandrecht gesicherte Forderung bezieht; für das isolierte Pfandrecht am Pfandrecht ist der Erlass unter Fortwirkung des belasteten Pfandrechts sachenrechtlich neutral. 187 Iro, FS ABGB II, S. 1077, 1098. 188 Ehrenzweig, System des österreichischen Allgemeinen Privatrechts I/2, S. 532; Klang (-Klang), ABGB II 2, S. 453; Schwimann/Kodek (-Hinteregger), ABGB II4, § 455 Rn. 2. 189 So auch Iro, FS ABGB II, S. 1077, 1110.
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c) Sachenrechtliche Rechtsbehelfe Sieht man von der bestimmungsgemäßen Realisierung des Afterpfandrechts durch Pfandklage gegen den Pfand- bzw. Hypothekengläubiger ab, ist der Klageschutz des Afterpfandgläubigers im Verhältnis zu Dritten nicht abschließend geklärt.190 Unstrittig ist, dass der Afterpfandgläubiger die Pfandvorrechtsklage gem. § 258 EO bei Pfändung der durch das Hauptpfandrecht gesicherten Forderung durch einen anderen Gläubiger geltend machen kann.191 Dass der Afterpfandgläubiger eines Sachpfandes als „Rechtsbesitzer“ zudem gegen Besitzstörungen durch die allgemeinen possessorischen Rechtsbehelfe geschützt ist, steht außer Frage.192 Überdies ist der Afterpfandgläubiger zur Geltendmachung der belasteten Hypothekarforderung bei der Zwangsversteigerung des Grundstücks sowie in der Insolvenz des Grundeigentümers berechtigt.193 Außerdem kann der Afterpfandgläubiger im Verteilungsverfahren – nach strittiger Ansicht auch wegen seiner eigenen Forderung – Widerspruch gegen die von konkurrierenden (Afterpfand-)Gläubigern angemeldeten Ansprüche erheben (§§ 128 Abs. 3 S. 1 Hs. 2, 213 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 ABGB).194 Angesichts der „dinglichen Rechtsnatur“ des Afterpfandrechts (§ 308 ABGB) dürfte der Gläubiger darüber hinaus umfassenden petitorischen Schutz genießen. Die Hypothese, dass der Afterpfandgläubiger in gleicher Weise wie der beschwerte Pfand- oder Hypothekengläubiger195 gegen Beeinträchtigungen seines 190 Siehe hierzu Apathy, JBl. 1979, S. 518, 521; allgemein zum Störungsschutz des Pfand- bzw. Hypothekengläubigers Kodek (-Kodek), GBG, § 13 Rn. 148–152; Schwimann/Kodek (-Hinteregger), ABGB II4, § 458 Rn. 2–6. 191 Die Pfandvorrechtsklage des Vertragspfandgläubigers aus § 258 EO ist – nicht anders als die Klage auf vorzugsweise Befriedigung gem. § 805 ZPO – ein Teilelement des sachenrechtlichen Störungsschutzes (siehe hierzu Kodek (-Kodek), GBG, § 13 Rn. 152). 192 Apathy, JBl. 1979, S. 518, 521. 193 Feil/Marent/P reisl, Grundbuchrecht 2 , § 51 Rn. 10–11; Klang (-Klang), ABGB II 2 , S. 452. Demgemäß ist die in das Versteigerungsedikt aufzunehmende Aufforderung nach § 170a Nr. 2 EO auch an den Afterpfandgläubiger zu richten. Sollten der Afterpfandgläubiger und der belastete Hypothekengläubiger widersprechende Erklärungen hinsichtlich der Übernahme der Hypothekarforderung durch den Ersteher unter Befreiung des Schuldners abgeben, soll zwar die Erklärung des Hypothekengläubigers nach Feil/Marent/Preisl, Grundbuchrecht 2, § 51 Rn. 11 grundsätzlich vorgehen; dies soll aber dann nicht gelten, wenn hierdurch Rechte des Afterpfandgläubigers beeinträchtigt werden. 194 OGH 13.1.1999 – 3 Ob 228/98w, RIS-Justiz: RS0032278 unterstellt ohne weitere Erörterung, dass der Afterpfandgläubiger in Ansehung der durch das Afterpfandrecht gesicherte Forderung widerspruchsbefugt sei; in casu kam es auf die Streitfrage nicht an, weil es an einer substantiierten Darlegung der Forderung ohnehin fehlte. 195 Dass sich der Pfandgläubiger aktueller und potentieller Verschlechterungen seines Rechts mit der aus §§ 458, 523 ABGB abgeleiteten Devastationsklage erwehren kann, ist allgemein anerkannt (OGH 27.5.1998 – 6 Ob 136/98p, JBl. 2000, S. 508; Fenyvers/Kerschner/Vonkilch (-Wolkerstorfer), ABGB3 (Klang), § 458 Rn. 12, 14; Kletečka/Schauer (-Oberhammer/Domej), ABGBON, § 447 Rn. 17). Als Legitimationsbasis des rechtsfortbildend entwickelten Störungsschutzes fungieren die aus § 523 ABGB hergeleitete actio negatoria, das aus § 458 ABGB entnommene Verschlechterungsverbot sowie die „dingliche Rechtsnatur“ (§ 308 ABGB) des Pfandrechts, vgl. Fenyvers/Kerschner/ Vonkilch (-Wolkerstorfer), ABGB3 (Klang), § 458 Rn. 12, 14. Auf erster Ebene ist zwischen der Hypothek und dem Pfandrecht „in enger Bedeutung“ (vgl. § 448 S. 2 ABGB) und im Weiteren zwischen Sach- und Rechtspfandrechten zu unterscheiden; die Rechtsbehelfe richten
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Afterpfandrechts – z. B. durch Entziehung des Afterpfandes, haftungsgefährdende Substanzeinwirkungen oder unrichtige Grundbucheintragung – mit den einschlägigen sachenrechtlichen Rechtsbehelfen vorgehen könne,196 ist nur konsequent.
4. Erlöschen des Afterpfandrechts Der aufgezeigte Verfügungsschutz des Afterpfandrechts ist das Korrelat der aus der analogen Anwendung des § 467 Hs. 1 ABGB folgenden Abhängigkeit des Afterpfandrechts von dem belasteten Pfandrecht.197 Soweit dieses erlischt, geht jenes zwangsläufig unter, soweit nicht das belastete Pfandrecht abweichend von den allgemeinen Regeln wegen des Bestands des Afterpfandrechts mit absoluter oder zumindest relativer Wirkung als fortbestehend zu fingieren ist.198 Von diesem „heterosich nach dem durch die verpfändete „Sache“ (i. S. v. § 285 ABGB) determinierten Zuweisungsgehalt des Pfandrechts. 196 In diese Richtung Apathy, JBl. 1979, S. 518, 521; offenbar auch Feil/Marent/P reisl, Grundbuchrecht 2, § 51 Rn. 6, die ohne nähere Ausführung vertreten, dass der Afterpfandgläubiger „zwecks Wahrung seines Realinteresses zu allen rechtlichen Schritten berechtigt ist, die dem unmittelbaren Hypothekar offen stehen“. Diesbezüglich ist zwischen rechtlichen Beeinträchtigungen des Afterpfandrechts und rechtlichen oder tatsächlichen Beeinträchtigungen der dem verpfändeten Pfandrecht resp. der verpfändeten Hypothek unterliegenden Sache zu unterscheiden. Zunächst dürfte der Afterpfandgläubiger nicht bloß gegen potentiell rechtsbeeinträchtigende Verfügungen über die (verpfändete) Forderung seitens des Pfandgläubigers, sondern gleichermaßen auch gegen andere potentielle Rechtsbeeinträchtigungen in vergleichbarer Weise wie jeder andere Pfandgläubiger geschützt sein. Ist z. B. das Recht des Afterpfandgläubigers einer Hypothek durch unrichtige Verlautbarung der Rangverhältnisse an der mehrfach gepfändeten oder verpfändeten Hypothek gefährdet, dürfte sich der Afterpfandgläubiger hiergegen durch die actio negatoria schützen können. Stünden dem Afterpfandgläubiger nicht die Rechtsbehelfe zu, die das objektive Recht einem jeden Pfandgläubiger zur Verteidigung seiner Rechtsposition gewährt, wäre das Afterpfandrecht bestenfalls eine zwischen Obligationen- und Sachenrecht schwankende Mischrechtsfigur, nicht aber ein dingliches Recht i. S. d. § 307 ABGB, was der der ausdrücklichen gesetzlichen Regelung des § 308 ABGB widerspräche. Mit Blick auf die systematische Stellung des Afterpfandrechts im sechsten Hauptstück (§§ 447–471 ABGB) und den sachenrechtlichen Modus der Afterverpfändung (§ 454 ABGB) liegt es nahe, dem Afterpfandgläubiger ebenso wie dem Sachpfand- resp. dem Hypothekengläubiger eigentumsähnliche Klagerechte zur Verteidigung seiner Rechtsposition gegenüber jedermann zu gewähren. Wird das Afterpfandrecht in Übereinstimmung mit dem belasteten Recht durch Übergabe des Pfandes resp. durch Einverleibung im Grundbuch bestellt, erscheint es folgerichtig, aus diesem Modus eine materielle Zuweisung der Herrschaftsbefugnisse über die Sache herzuleiten. Es dürfte kein Zweifel bestehen, dass der Afterpfandgläubiger – nicht anders als der Sachpfandgläubiger (vgl. Iro, Sachenrecht6 , Rn. 11/2; Kletečka/Schauer (-Oberhammer/Domej), ABGB-ON, § 447 Rn. 17) – zum Besitz eines körperlichen Afterpfandes berechtigt ist. Die Anwendbarkeit der vindicatio pignoris, bei Vorenthaltung oder Entziehung des Besitzes ist dann nur konsequent (vgl. Apathy, JBl. 1979, S. 518, 521, der dem Afterpfandgläubiger neben possessorischen Rechtsbehelfen auch petitorische Befugnisse gewähren will). 197 Der physischen Substanzvernichtung der Pfandsache entspricht das Erlöschen des verpfändeten Rechts (Kletečka/Schauer (-Oberhammer/Domej), ABGB-ON, § 468 Rn. 2; Schwimann (-Kodek), ABGB, § 467 Rn. 1). 198 Dies gilt nicht nur in den nicht abschließend normierten Fällen der „Erlöschung des Pfandrechtes“ (§§ 467–469 ABGB), sondern z. B. auch dann, wenn ein belastetes Sachpfand durch gutgläubig-lastenfreien Eigentumserwerb erlischt (Kletečka/ Schauer (-Oberhammer/Domej),
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nomen“ Gründen des Afterpfandrechtsuntergangs sind die „autonomen“ Gründe des Erlöschens des belastenden Pfandrechts zu unterscheiden, unterliegt doch das belastende Pfandrecht – ungeachtet des etwaigen Fortbestands des belasteten Pfandrechts – den allgemeinen Endigungstatbeständen der §§ 467–469 ABGB.199 Nur insoweit führen die gegensätzlichen konstruktionsjuristischen Deutungen der Afterverpfändung zu abweichenden Ergebnissen. Zwar vermag sich die Lehre von der gesonderten Verpfändung des Pfandrechts nicht über die zumindest „indirekte“ existenzielle Verknüpfung des Afterpfandrechts mit der durch das verpfändete Pfandrecht gesicherten Forderung hinwegzusetzen. Die postulierten Verfügungsbeschränkungen hinsichtlich der angeblich nicht zwingend mitverpfändeten Forderung belegen die durch das verpfändete Pfandrecht vermittelte Forderungsbindung.200 Wird die Afterverpfändung hingegen als bloße Erscheinungsform einer Forderungsverpfändung mit besonderem Modus interpretiert, erlischt das Afterpfandrecht immer dann, wenn jedes andere Forderungspfand „selbstständig“ trotz Fortbestands der verpfändeten Forderung entfällt, z. B. wegen Löschung des Verpfändungsvermerks in den Geschäftsbüchern,201 wohingegen nach der Gegenansicht gar kein Anlass für den Untergang des Afterpfandrechts besteht. AndeABGB-ON, § 467 Rn. 1). Demgegenüber kommt ein gutgläubig-lastenfreier Erwerb des (belasteten) Pfandrechts sowie ein gutgläubiger Vorrangserwerb an einem belasteten Pfandrecht richtiger Ansicht nach nicht in Betracht; anders gilt nur belastete Hypotheken (siehe § 5 II. 1. c)). 199 Feil, Hypothekarrecht 3, Rn. 37; Rummel (-Hofmann), ABGB I3, § 455 Rn. 4. Ein Afterpfandrecht erlischt grundsätzlich auch dann, wenn die gesicherte Forderung des Afterpfandgläubigers erlischt (Iro, Sachenrecht6 , Rn. 12/8). Durchbrochen wird das Akzessorietätsprinzip freilich nicht nur bei der Verjährung der gesicherten Forderung (das Afterpfandrecht besteht fort; vgl. § 1483 ABGB), sondern auch beim Erlass der (durch das Afterpfandrecht) gesicherten Forderung gem. § 1444 ABGB. Den Parteien steht es nämlich frei, die Forderung unter Vorbehalt des Pfandrechts zu erlassen; es entsteht nachträglich ein nichtakzessorisches Verwertungsrecht (vgl. Iro, Sachenrecht6 , Rn. 12/8). Scharf zu unterscheiden ist die Fallgestaltung des Verzichts auf die durch das Afterpfand gesicherte Forderung unter Vorbehalt der reinen „Sachhaftung“ vom Erlass der verpfändeten Sicherungsforderung, der ohne Zustimmung des Afterpfandgläubigers zumindest relativ unwirksam ist. Unproblematisch erlischt das Afterpfandrecht hingegen dann, wenn der Afterpfandgläubiger auf das Afterpfandrecht verzichtet. Von der Verjährung der durch das Afterpfandrecht gesicherten Forderung zu unterscheiden ist der Fall, dass die verpfändete Forderung verjährt, was zum Fortfall des Belastungsgegenstandes und damit auch zum Verlust des Pfandrechts an der Forderung führt. Weil aber das die verjährte Forderung sichernde, mitbelastete Pfandrecht gerade nicht erlischt (vgl. § 1483 ABGB), besteht das Afterpfandrecht in dieser Konstellation m. E. als isoliertes Afterpfandrecht fort. Wird hingegen die durch die Afterhypothek gesicherte Schuldforderung getilgt oder erlischt die Afterhypothek aus einem anderen Grund unter Fortbestand der belasteten Hypothek, besteht die Afterhypothek – nicht anders als sonstige einverleibte Rechte – bis zu ihrer Löschung formal, d. h. als bloße Buchposition fort; ein gutgläubiger Erwerb ist daher möglich. 200 Zum Verfügungsschutz siehe § 5 II. 3. b). 201 Vgl. OGH 23.2.2011 – 3 Ob 155/10f, JBl 2011, S. 508, wobei das Gericht klarstellt, dass allein die mögliche Manipulierbarkeit der für die Forderungsverpfändung (bzw. Sicherungszession) erforderliche Zeichensetzung in den Geschäftsbüchern nicht dazu führt, dass die Verpfändung (bzw. Sicherungszession) von vornherein als nichtig einzustufen ist. Erst die etwaige Entfernung des publizitätswirksamen Verpfändungsvermerks führe mit Wirkung ex nunc zum Wegfall des dinglichen Sicherungsrechts; vgl. Iro, Sachenrecht6 , Rn. 12/5.
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rerseits erlischt das „isolierte“ Afterpfandrecht – unbeschadet des Fortbestandes des belasteten Pfandrechts – mit Rückstellung des Afterpfandes seitens des Afterpfandgläubigers an den Pfandgläubiger,202 während bei unterstellter Forderungsverpfändung die bloße Rückstellung eines die verpfändete Forderung sichernden Pfandes nicht notwendigerweise zum Verlust des Forderungspfandrechts führt.203 Zu identischen Ergebnissen kommen die konträren Ansichten, wenn die das verpfändete Pfandrecht sichernde Forderung verjährt; hier entsteht selbst nach der „Einheitslehre“ nachträglich ein isoliertes Afterpfandrecht an dem – trotz der Verjährung der verpfändeten Forderung fortexistierenden – Pfandrecht.204 202 Soweit Fenyvers/Kerschner/ Vonkilch (-Wolkerstorfer), ABGB3 (Klang), § 455 Rn. 7 vertreten, dass nicht schon durch die Tilgung der gesicherten Forderung, sondern erst durch die Löschung der Afterhypothek resp. durch die Rückstellung des Afterpfandes der Belastungsgegenstand „wieder unbeschränkt wirksam“ werde, darf dies aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Löschung bzw. Rückstellung keine konstitutive Wirkung hinsichtlich des bereits erfolgten materiellrechtlichen Rechtsuntergangs der Afterhypothek bzw. des Afterpfandrechts entfalten, sondern nur dem Zweck dienen, einen gutgläubigen Erwerb vom Nichtberechtigten auszuschließen. 203 Zwar müsste das Afterpfandrecht an einem Sachpfand konsequenterweise erlöschen, wenn das Afterpfand, d. h. die dem Afterpfandgläubiger übergebene Sache – ohne etwaigen Vorbehalt – zurückgegeben wird (bzw. das für die Übergabe nach § 452 ABGB erforderliche Zeichen beseitigt wird, vgl. Iro, Sachenrecht6 , Rn. 12/5), ohne dass hierdurch zwangsläufig das belastete Pfandrecht untergeht. Schließlich wäre es kaum gerechtfertigt, das Sachpfand bloß deshalb untergehen zu lassen, dass der Afterpfandgläubiger seinem Pfandgeber, dem Sachpfandgläubiger und Afterpfandschuldner, die Sache zurückgibt. Allerdings ist diese Rechtsfolge fragwürdig, wenn die Afterverpfändung als Forderungsverpfändung konstruiert wird, erlischt doch auch die durch Sachpfand gesicherte, dem Afterpfandrecht unterliegende Forderung nicht aufgrund der Rückgabe des Pfandes. Freilich kann das Sachpfand nicht infolge der Rückgabe vom Afterpfandgläubiger an den Pfandgläubiger „unbelastet“ fortbestehen, wenn die gesicherte Forderung weiterhin dem Afterpfandrecht verhaftet bleibt; anderenfalls käme es zu der von den Vertretern der „Einheitslehre“ für unmöglich erachteten Aufspaltung der Verfügungszuständigkeit über das unbelastete Sachpfand und die belastete Forderung. Zwei Lösungen sind denkbar: Zum einen ist der vollständige Untergang des Afterpfandrechts möglich; die belastete Forderung wird also mithin von selbst dadurch entlastet, dass das mitbelastete Sachpfand zurückgegeben wird. Dies dürfte vielfach auch dem Parteiwillen entsprechen; ein etwaiger Vorbehalt der Fortgeltung des Pfandrechts an der Forderung wäre wegen Verstoßes gegen das Akzessorietätsprinzip unbeachtlich. Zum anderen ist zu überlegen, den Grundsatz, dass das Sachpfand durch Pfandrückstellung erlösche, für den Fall der Afterverpfändung außer Kraft zu setzen, soweit es um die Rückgabe des Sachpfandes vom Afterpfandgläubiger an den Pfandgläubiger geht. Allerdings ist dieser zweite Ansatz – den das deutsche Recht für die Verpfändung einer durch Sachpfand gesicherten Forderung wählt (vgl. § 1278 BGB) – nicht unbedenklich, weil das Afterpfandrecht österreichischen Rechts nun einmal nicht durch constitutum possessorium wirksam begründet werden kann. Der Rückgabe des Sachpfandes bzw. der Beseitigung des für die Übergabe erforderlichen Zeichens gem. § 452 ABGB steht bei der Verpfändung von Forderungen durch Unternehmer die Beseitigung des Verpfändungsvermerks in den Geschäftsbüchern gleich. Wird das Afterpfandrecht als isoliertes Pfandrecht am Pfandrecht gedeutet, wirkt sich der etwaige Verlust eines zusätzlich bestellten Pfandrechts an der Buchforderung auch im Kontext der Beseitigung des Verpfändungsvermerks nicht auf die Rechtsposition des Afterpfandgläubigers hinsichtlich des belasteten Pfandes aus. Wird der Einheitsthese gefolgt, erlischt dagegen das Afterpfandrecht insgesamt, weil anderenfalls – im Unterschied zur Fallgestaltung der Verjährung einer verpfändeten, durch fortbestehendes Pfandrecht gesicherten Forderung – nachträglich doch eine gespaltene Verfügungszuständigkeit über die fortbestehende Buchforderung und das Pfandrecht entstünde. 204 Diese Konstellation ist von der Verjährung der durch das Afterpfandrecht gesicherten
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Die gegensätzlichen Deutungen der Afterverpfändung wirken sich dagegen generell nicht auf das Erlöschen des Afterpfandrechts aus „heteronomen“ Gründen aus. Erlischt das belastete Pfandrecht zufällig, z. B. durch Sachzerstörung (§ 467 Hs. 1 ABGB) oder Zeitablauf (§ 468 ABGB), ist der Afterpfandgläubiger nach allg. Ansicht ungeschützt. Das Afterpfandrecht geht mit dem belasteten Recht ersatzlos unter.205 Wenn das belastete Pfandrecht dagegen nicht ersatzlos erlischt, sondern durch sog. Pfandrechtswandlung von seinem Bezugspunkt auf eine andere Sache kraft Gesetzes transferiert wird, dürfte sich das Afterpfandrecht zwanglos an dem Pfandrecht fortsetzen.206 Zweifelhaft ist, ob der Grundsatz der Bestandsabhängigkeit des Afterpfandrechts vom belasteten Pfandrecht durchbrochen wird, soweit es um das zufällige Erlöschen der hauptpfandrechtsgesicherten Forderung im Wege der Konfusion geht.207 Dies wäre systematisch nur konsequent; nicht anders zu beurteilen ist der Untergang des Hauptpfandrechts durch Konsolidation.208 Eine Besonderheit gilt zudem für die sog. Afterhypothek: Obschon die Forderung zu unterscheiden, die selbstverständlich nicht zum Fortfall desselben führt (§ 1483 ABGB). Wenn demgegenüber die verpfändete Forderung verjährt, entfällt zwar insoweit der Belastungsgegenstand des Afterpfandrechts, nicht aber das die verpfändete und verjährte Forderung sichernde Pfandrecht. Weil dieses nicht erlischt (§ 1483 ABGB), besteht das Afterpfandrecht in dieser Konstellation m. E. als isoliertes Afterpfandrecht fort. Diese Rechtsfolge ist mit der sog. Einheitslehre vereinbar: Soweit nämlich die Erlöschens- bzw. Durchsetzungsakzessorietät des Pfandrechts kraft Gesetzes nicht gilt, ist auch die isolierte Belastung des Pfandrechts nicht systemwidrig, sondern geradezu folgerichtig; das dem Schutz des Rechtsverkehrs, d. h. dem potenziellen Erwerber, dienende Verbot einer gesonderten Pfandrechtsverpfändung darf sich nicht im Kontext der Verjährung der verpfändeten Forderung zulasten des Afterpfandgläubigers auswirken, was aber der Fall wäre, wenn das Afterpfandrecht insgesamt erlischt. Von der Verjährung der verpfändeten Forderung zu unterscheiden ist zudem die Verjährung des Afterbzw. Forderungspfandrechts. Die Grundregel, wonach Pfandrechte und Hypotheken – ohne Rücksicht auf die gesicherte Forderung – nach dreißig Jahren verjähren, gilt zwar grundsätzlich auch für das Afterpfandrecht. Allerdings ist die Verjährung beim Handpfandrecht ausgeschlossen, solange der Pfandgläubiger Gewahrsamsinhaber des Pfandes ist (vgl. § 1483 ABGB): Soll diese Regelung beim Afterpfandrecht an einem Sachpfand nicht zur Bedeutungslosigkeit degradiert werden, wird man annehmen müssen, dass erstens das Afterpfandrecht nicht verjährt, solange der Afterpfandgläubiger selbst die Pfandsache in seinem Gewahrsam hat, und zweitens durch den fortgesetzten Gewahrsam des Afterpfandgläubigers zugleich auch die Verjährung des belasteten Sachpfandes ausgeschlossen ist, obschon der Pfandgläubiger nicht selbst Gewahrsamsinhaber ist. 205 Zu beachten ist, dass auch das Pfandrecht und die Hypothek verjähren können. Diese erlöschende Verjährung wirkt sich notwendigerweise zulasten des konstituierten Afterpfandrechts aus. 206 Setzt sich z. B. die afterpfandrechtsbelastete Hypothek an der Versicherungsforderung des Liegenschaftseigentümers oder des Baurechtsinhabers fort, besteht überhaupt kein Anlass für einen Untergang des Afterpfandrechts; dieses profitiert reflexhaft von der für das belastete Recht angeordneten unmittelbaren Ersetzung. 207 Siehe einerseits Rummel (-Hofmann), ABGB I3, § 454 Rn. 4 (trotz zufälligen Untergangs der hauptpfandrechtsgesicherten Forderung wird das verpfändete Pfandrecht (einschließlich der Forderung) zugunsten des Afterpfandgläubigers als fortbestehend fingiert); siehe andererseits Klang (-Klang), ABGB II 2, S. 453. 208 Dies gilt jedenfalls bei der Vereinigung des Eigentums mit einer afterpfandrechtsbelasteten Hypothek. Zwar gilt das für Forderungen in § 1445 ABGB verankerte Prinzip der Konfusion im Grundsatz auch für die Konsolidation beschränkter dinglicher Rechte. Einverleibte dingliche
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„Afterhypothek“ der Hypothek in wesentlichen Beziehungen angenähert ist,209 steht sie dieser doch nicht vollends gleich. So steht das in §§ 469 S. 5, 469a ABGB verankerte Verfügungsrecht unstreitig nur dem Eigentümer (und dem Baurechtsinhaber), nicht aber dem Gläubiger einer mit Afterpfandrechten belasteten HypoRechte an Liegenschaften, seien es Hypotheken, seien es Dienstbarkeiten, erlöschen indes nicht schon dadurch, dass sie sich mit dem belasteten Eigentum in einer Person vereinigen; vielmehr bedarf es gem. § 1446 S. 1 ABGB der (insoweit konstitutiven) Löschung aus den öffentlichen Büchern (vgl. Koziol/Bydlinski/Bollenberger (-Griss), ABGB4, § 1447 Rn. 1). Während der Ausschluss des Konsolidationsprinzips dem Eigentümer ermöglicht, „forderungsentkleidete Eigentümerhypotheken“ mit neuen Forderungen ohne Rangverlust „wiederaufzuladen“ (vgl. § 469 S. 5 ABGB), sichert dies zugleich Rechte Dritter an der Eigentümerhypothek oder einem sonstigen konfundierten Recht zwanglos ab. Anerkannt ist deshalb auch, dass die Konfusion eines Bestandsrechts durch Vereinigung mit dem Eigentum in einer Person zwar zum Fortfall des Hauptmietvertrages führt, aber das Untermietverhältnis nicht berührt, vgl. OGH 26.4.1994 – 4 Ob 535/94, SZ 67/12 (in casu konnte sich deshalb der Untermieter gegenüber dem Untervermieter und Alleinerben des Eigentümers auf einen „Titel“ auf Benützung der überlassenen Räume berufen); Koziol/Bydlinski/Bollenberger (-Griss), ABGB4, § 1446 Rn. 3. Soweit andererseits von Klang (-Klang), ABGB II 2, S. 453 die analoge Anwendung des § 51 Abs. 1 GBG auf das Bestandsrecht des Untermieters verneint wird, ist diese Auffassung im Lichte der vorgenannten Judikatur des OGH fragwürdig; das Untermietverhältnis erlischt nicht zwangsläufig mit dem Hauptmietverhältnis. Jenseits des Liegenschaftsrechts fehlt es zwar an einer expliziten Regelung hinsichtlich der Rechtsfolgen einer Konfusion bzw. Konsolidation auf Rechte Dritter. Wenn das Afterpfandrecht an einem Pfandrecht „in enger Bedeutung“ schon gegen einen Rechtsverlust durch Konfusion gesichert ist, wird man bei der nachträglichen Vereinigung von Eigentümer- und Pfandgläubigerstellung in einer Person kaum anders entscheiden können, zumal anderenfalls ein intrasystematischer Wertungswiderspruch entstünde: Der Afterpfandgläubiger einer Hypothek wäre geschützt, nicht aber der Afterpfandgläubiger eines Handpfandes, obschon auch hier der Besitz des Afterpfandgläubigers die sachenrechtliche Position desselben ungeachtet der Konsolidation forthin in der für den Rechtsverkehr gebotenen Weise manifestiert. 209 Dies zeigt sich erstens im Modus der Afterverpfändung: Die Einverleibung des Afterpfandrechts im Grundbuch ist für den Erwerb gem. § 454 ABGB unverzichtbar. Demgemäß ist für den Zweiterwerb eines Afterpfandrechts an einer Hypothek durch Zession der Sicherungsforderung die Eintragung des Zessionars im Lastenblatt des betreffenden Grundstücks konstitutiv. Dies wirkt sich auf mehrstufige Belastungen aus: Im Gegensatz zur Übertragung und Belastung von durch Pfandrechte an Hypothekarforderungen gesicherten Forderungen nach deutschem Recht (vgl. §§ 1274 Abs. 1 S 1, 398, 401 Abs. 1, 1273 Abs. 2 S. 1, 1250 Abs. 1 S. 1 BGB) sind Afterpfandrechte an Hypothekenforderungen außerbücherlich weder übertragbar noch belastbar: Auch das Afterpfandrecht am Afterpfandrecht an einer Hypothekarforderung bedarf der Einverleibung im Grundbuch (dies gilt insbesondere auch für die Pfändung der Forderung eines betreibenden Gläubigers des Hypothekengläubigers; das Pfändungspfandrecht am exekutiven Afterpfandrecht an der Hypothek ist bei Überweisung der Hypothekarforderung an den betreibenden Afterpfandgläubiger an Zahlungs statt auf die Hypothekarforderung zu übertragen, § 324 Abs. 2 S. 2 Hs. 2 EO). Zweitens ermöglicht dieser Modus sowohl den gutgläubigen Erwerb von Afterpfandrechten, die sich auf Hypothekarforderungen beziehen, als auch die Entlastung von afterpfandrechtsbefangenen Hypothekarforderungen; der grundbücherliche Vertrauensgrundsatz wirkt zugunsten des potentiellen Erwerbers sowie zulasten des Rechtsinhabers eines (gelöschten oder unrichtig eingetragenen) Afterpfandrechts (siehe § 5 II. 1. c) aa)). Drittens liegt eine besondere Parallele zur Hypothek in der Akzessorietätslockerung: So lassen sich nicht nur Höchstbetragshypotheken mit Afterpfandrechten belasten, sondern auch an (Höchstbetrags-)Hypotheken Höchstbetragsafterpfandrechte gem. § 14 Abs. 2 GBG konstituieren (siehe OGH 13.1.1999 – 3 Ob 228/98w, RIS-Justiz: RS0032278).
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thekarforderung zu; eine rangwahrende Übertragung des getilgten Afterpfandes auf eine „neue“ Forderung kommt nicht in Betracht.210
5. Schlussfolgerungen Die vorstehende Untersuchung verdeutlicht die Struktur des sog. Afterpfandes als Rechtspfandrecht. Verschlüsselt ist diese in § 455 ABGB: Aus dieser Vorschrift folgt e contrario, dass Leistungen des gutgläubigen „Eigentümers“ auf die hauptpfandrechtsgesicherte Forderung das Afterpfandrecht vernichten; dieses ist existenziell mit dem Hauptpfandrecht verknüpft. Zu der Kernfrage, ob diese Erscheinungsform einer innerartlichen Belastung eines Verwertungsrechts sich auf die Forderung erstreckt, ist unter Auswertung der Rechtsfolgen der Afterverpfändung abschließend Stellung zu nehmen. Aus dem Wortlaut und der Systematik des ABGB und des GBG sind keine stichhaltigen Argumente für oder gegen die Zulässigkeit einer gesonderten Verpfändung der Hypothek resp. des Pfandrechts herzuleiten.211 Weder ergibt sich aus § 455 ABGB im Wege eines belastbaren argumentum e contrario, dass die Schuldnerbenachrichtigung – zumal bei Personenverschiedenheit des Personal- und Realschuldners – von deklaratorischer Bedeutung ist noch rechtfertigt § 13 Abs. 2 GBG den Rückschluss, dass die Hypothek nicht ohne die Hypothekarforderung (teilweise) übertragen oder belastet werden 210 Nachweise in Fn. 125. Konsequenterweise kann sich Hypothekengläubiger nicht den Rang an der Hypothek in direkter oder entsprechender Anwendung des § 58 GBG vorbehalten (zum Rangvorbehalt als Eigentümerrecht siehe Fenyvers/Kerschner/Vonkilch (-Fidler), ABGB (Klang)3, § 469 Rn. 208 ohne weitere Erörterung einer etwaigen entsprechenden Anwendung der Norm auf die Hypothek). Desgleichen ist die bedingte Pfandrechtseintragung zwecks Rangsicherung des vorausleistenden Kreditgebers auf die Belastung des Grundeigentums gem. § 59 GBG beschränkt; die Eintragung eines bedingten Afterpfandrechts auf eine Hypothek sieht das Grundbuchrecht nicht vor. 211 Unerheblich ist, dass § 454 BGB allein die Übergabe des Pfandes an den „Dritten“ resp. die Eintragung des Afterpfandrechts auf das Pfandrecht in den „öffentlichen Büchern“ verlangt, die gesicherte Forderung als potenzielles Verpfändungsobjekt des Pfandgläubigers hingegen nicht einmal erwähnt. Auch der Umstand, dass § 455 ABGB der Unterrichtung des Eigentümers nur in Bezug auf pfandbefreiende Leistungen an den Pfandgläubiger Bedeutung zumisst, ohne eine Anzeige an den mit dem Pfandschuldner nicht notwendig identischen persönlichen Schuldner für die Afterverpfändung tatbestandlich vorauszusetzen, ist ohne Belang. Zwar wird in der Lehre vertreten, dass die Forderungsverpfändung eine Benachrichtigung des Schuldners erfordert, soweit es nicht um die Verpfändung von Hypothekarforderungen oder sonstigen „Buchforderungen“ geht (Iro, Sachenrecht6 , Rn. 10/8; Schwimann/Kodek (-Hinteregger), ABGB4, § 452 Rn. 9). Aus dem Gesetz ergibt sich dieses – aus § 452 ABGB rechtsfortbildend entwickelte Erfordernis – freilich nicht expressis verbis. Ist dem Gesetz aber ein besonderer Modus der Forderungsverpfändung nicht bekannt, überrascht es nicht, dass im Rahmen der – zum Urbestand des ABGB zählenden – Afterverpfändung eine Schuldnerbenachrichtigung nicht als Tatbestandsvoraussetzung normiert ist. Aus diesem Grund verbietet es sich auch, aus § 455 ABGB e contrario zu folgern, dass eine Verpfändung der Sicherungsforderung deshalb nicht erforderlich sei, weil die Benachrichtigung des Eigentümers nicht in den Abschlusstatbestand der Afterverpfändung integriert sei. Dieser Umkehrschluss ließe zudem unbeachtet, dass sich § 455 ABGB ausdrücklich nur auf Leistungen des Eigentümers, nicht aber auf Leistungen des persönlichen Schuldners bezieht.
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kann.212 Auch die historische Interpretation der §§ 454, 455 ABGB hilft nicht weiter.213 Stellt man auf den Telos der Bestimmungen über das Afterpfandrecht ab, spielt es aus Gründen des Schuldner- und Eigentümerschutzes entgegen teilweise vertretener Ansicht214 keine Rolle, ob die Afterverpfändung mit der Verpfändung der gesicherten Forderung einhergeht oder ausschließlich das Pfandrecht Gegenstand des Pfandrechts ist. Leistungen des redlichen Schuldners der hauptpfandrechtsgesicherten Forderung zeitigen im Umkehrschluss zu § 455 ABGB (sowie mit Rücksicht auf den Rechtsgedanken der §§ 1395 S. 2, 1396 S. 1 ABGB) nicht nur Erfüllungswirkung inter partes (vgl. § 1412 ABGB). Sofern der Afterpfandgläubiger seine Benachrichtigungsobliegenheit nicht erfüllt, muss er einen vollständigen Rechtsverlust wegen pfandbefreiender Zahlung oder Aufrechnung gewärtigen; mit der Forderung erlöschen das Haupt- und das Afterpfandrecht ersatzlos.215 Einen gutgläubig-einredefreien Erwerb gibt es weder bei der Zession noch bei der Weiterverpfändung; die im Zeitpunkt der Afterverpfändung bestehenden Einreden bleiben erhalten.216 212
Insoweit richtig Apathy, JBl. 1979, S. 518, 522. Die Frage, ob die Afterverpfändung notwendig die pfandrechtsgesicherte Forderung umfasst oder auch eine isolierte Verpfändung möglich ist, wurde von den Gesetzesverfassern nicht erörtert (vgl. Apathy, JBl. 1979, S. 518, 521–522). Offenbar wurde die Streitfrage damals weitgehend ausgeblendet; Zeiller ging auf die Alternative zwischen einer (notwendig) einheitlichen oder separat möglichen Verpfändung der gesicherten Forderung und des Pfandrechts auch noch nicht ein (Zeiller, Commentar II/1, S. 263–264). Soweit Zeiller a. A. O. ausführt, „[die] Wirkung und Absicht der Afterverpfändung ist, daß der Inhaber des Afterpfandes aus dem Betrage, welchen der ursprüngliche Pfandbesteller seinem Pfandgläubiger […] zu bezahlen hat, die Befriedigung, welche seinem Schuldner zunächst obläge, erhalten, widrigenfalls aber sich dieselbe aus dem Pfande verschaffen könne“, spricht dies weder eindeutig für noch gegen die Annahme einer einheitlichen Verpfändung: Auf die Mitverpfändung der Sicherungsforderung deutet zwar hin, dass sich der Afterpfandgläubiger offenbar aus der vom Pfandschuldner (auf die Forderung) geleisteten Zahlung befriedigen können dürfe (so Holzner, JBl. 2010, S. 750, 762, der dennoch eine separate Verpfändung von Hypotheken für zulässig erachtet). Andererseits liegt der Umkehrschluss nicht fern, dass der Afterpfandgläubiger, sofern eine freiwillige Zahlung des Pfandschuldners ausbleibt, allein das Pfandrecht, nicht aber die gesicherte Forderung geltend machen könne (Apathy, JBl. 1979, S. 518, 522). 214 So aber Holzner, JBl. 2010, S. 750, 763, der meint, dass die gesonderte Verpfändung der Hypothek für den Schuldner/Eigentümer schwerer zu durchschauen und deshalb besonders gefährlich sei. Die vorgebrachten Argumente – gesonderte Zession oder Verpfändung der Sicherungsforderung, Fortbestand einer reinen Pfandhaftung bei Leistungen an den Hypothekengläubiger – überzeugen indes nicht. Der Schuldner/Eigentümer ist, wie sogleich gezeigt werden wird, gegen eine doppelte Inanspruchnahme hinreichend geschützt; die isolierte Verpfändung ist ausschließlich für den Afterpfandgläubiger rechtlich nachteilig. 215 Zudem bleibt dem Schuldner eine im Zeitpunkt der Afterverpfändung bestehende Aufrechnungsmöglichkeit mit einer gegen den Pfandgläubiger gerichteten Forderung erhalten (richtig Iro, FS ABGB II, S. 1077, 1097–1098); eine etwaige Benachrichtigung ändert daran nichts. 216 Auf der anderen Seite erscheint es nicht interessengerecht, den schlechtgläubigen Schuldner dann zu schützen, wenn er von der Afterverpfändung in anderer Weise als durch Benachrichtigung seitens des Afterpfandgläubigers sichere Kenntnis erlangt; dies gilt jedenfalls bei einer von Amts wegen erfolgenden Bekanntgabe der Afterverpfändung gem. § 119 Abs. 1 Nr. 3 GBG einer Hypothekarforderung an den Eigentümer (Kodek (-Kodek), GBG, § 13 Rn. 167; Schwimann/Kodek (-Hinteregger), ABGB II4, § 455 Rn. 1). Mangels Kausalität der Obliegenheitsver213
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a) Inkongruente Belastung der Forderung und des Pfandrechts? Ausschlaggebend ist, dass die Lehre von der gesonderten Verpfändung des Pfandrechts in „reiner“ Form eklatant der mit dem Typenzwang verfolgten „Kanaliletzung und Schutzwürdigkeit des Schuldners dürfte es sich verbieten, Leistungen des schlechtgläubigen Schuldners an den Pfandgläubiger auch dann im Umkehrschluss zu § 455 Hs. 2 ABGB sowohl Erfüllungswirkung als auch pfandbefreiende Wirkung zu attestieren, wenn die Anzeige unterblieben ist. Selbst wenn man die Möglichkeit einer gesonderten Verpfändung des Pfandrechts oder der Hypothek für möglich erachtet, resultiert aus der damit verbundenen Spaltung der Einziehungszuständigkeiten kein relevanter Nachteil für den persönlichen Schuldner oder den Eigentümer. Sieht man einmal davon ab, dass der redliche Schuldner unproblematisch pfandbefreiende Leistungen an den Pfandgläubiger bewirken kann, kann ab Benachrichtigung stets haftungsbefreiend durch gerichtliche Hinterlegung (§ 455 Hs. 1 ABGB) geleistet werden; dies gilt selbstverständlich auch dann, wenn zudem gesondert über die Forderung verfügt wird. Aus Wertungsgründen nicht unbedenklich ist freilich, dass der mit dem Personalschuldner nicht identische redliche Pfandschuldner, z. B. der Eigentümer eines pfandrechtsbelasteten Sachpfandes, zumindest nach teilweise vertretener Ansicht durch Zahlung an oder Aufrechnung gegenüber dem Pfandgläubiger (mit einer eigenen Forderung) die gesicherte Forderung unter Erlöschen des belasteten und des belastenden Pfandrechts auf sich überleiten kann (So vor allem Iro, FS ABGB II, S. 1077, 1099–1100 (in Bezug auf die Aufrechnung mit eigenen Forderungen gegen den Pfandgläubiger); ebenso Reischauer, JBl. 2001, S. 541, 547). Diese Interpretation des § 455 ABGB überzeugt nicht. Schutzwürdig ist der pfandrechtsbelastete Rechtsinhaber in seinem Vertrauen auf die uneingeschränkte Einziehungszuständigkeit und Verfügungsbefugnis des Pfandgläubiger nämlich nicht schon wegen einer unterlassenen Anzeige der Afterverpfändung, sondern nur dann, wenn der Pfandgläubiger durch den Besitz des Sachpfandes, fehlerhafte Löschung des Afterpfandrechts im Grundbuch oder in sonstiger Weise als uneingeschränkt berechtigter Pfandgläubiger erscheint. Wenn jedoch der nicht mit dem Personalschuldner identische Eigentümer im Umkehrschluss zu § 455 ABGB pfandbefreiend an den Pfandgläubiger leisten kann, erhellt dies einmal mehr die starke Stellung des Eigentümers resp. des Pfandschuldners im Kontext der Afterverpfändung. Zwar darf nicht verkannt werden, dass dem Eigentümer vermittels der Afterverpfändung eine andere Person als der ursprüngliche Pfandgläubiger als Verwahrer seiner Sache aufgedrängt wird und zudem der Vindikationsanspruch bei Erlöschen des Hauptpfandrechts erforderlichenfalls gegen den Afterpfandgläubiger durchgesetzt werden muss (diese Nachteile betonend Demelius, Das Pfandrecht an beweglichen Sachen, S. 273). Indes ist das Sacherhaltungsinteresse des Eigentümers durch die dem Pfandgläubiger und Afterpfandgeber auferlegte objektive Haftung für jede im Besitz des Pfandgläubigers nicht entstandene Verschlechterung sowie den zufälligen Verlust des Pfandes gem. § 460 ABGB auffällig stark geschützt. Als Korrelat der ausdrücklich in § 454 ABGB verankerten Befugnis des Pfandgläubigers zur Weiterverpfändung gem. § 454 ABGB wäre eine verhaltens- und verschuldenszurechnende Haftung, wie sie in § 1313a ABGB allgemein bestimmt ist, ausreichend. In der Literatur wird § 460 ABGB zutreffend als systemwidrige Ausnahmebestimmung kritisiert (siehe Klang (-Klang), ABGB II 2, S. 485; Fenyvers/ Kerschner/Vonkilch (-Wolkerstorfer), ABGB3 (Klang), § 460 Rn. 2–3). Mit der in §§ 1295 S. 2, 1305 ABGB zum Ausdruck gebrachten Wertung, wonach die Ausübung eines Rechts vorbehaltlich des Schikaneverbots keine Schadensersatzpflicht begründet, lässt sich dies kaum vereinbaren, zumal der Mieter bei Untervermietung auch nur für das Verschulden des Untervermieters haftet (§ 1111 S. 1 ABGB). Indem der Pfandgläubiger insoweit einem Verwahrer gleichgestellt ist, der die Sache unerlaubt bei einem Dritten verwahren lässt (§ 965 ABGB), ist das Recht zur Afterverpfändung massiv entwertet (Klang (-Klang), ABGB II2, S. 485; Fenyvers/Kerschner/Vonkilch (-Wolkerstorfer), ABGB3 (Klang), § 460 Rn. 2). Aus Gründen des Eigentümerschutzes erscheint dies kaum geboten, müsste sich doch der Pfandgläubiger ohne die in § 460 ABGB bestimmte objektive Haftung jedenfalls das Verschulden des Afterpfandgläubigers als Erfüllungsgehilfen (hinsichtlich der in § 459 S. 1 ABGB bestimmten Verwahrungspflicht) nach § 1313a ABGB zurechnen lassen. Außerdem kann sich der Eigentümer durch ein (schuldrechtliches) Verbot gem. § 364c
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sierungsfunktion“ zuwiderläuft.217 Wäre ausschließlich das Hauptpfandrecht belastet, dürfte das Afterpfandrecht schon keine Sicherungswirkung und erst recht keine Befugnis zur Befriedigung aus der hauptpfandrechtsgesicherten Forderung begründen. Demgegenüber erschöpft sich die Afterverpfändung nach h. L. paradoxerweise nicht darin, die Verfügungsbefugnis des Pfandgläubigers hinsichtlich des akzessorischen Rechts zu beschränken; in eigentümlicher Umkehrung des Rechtsgrundsatzes accessorium sequitur principale zeitigt das Afterpfandrecht „überschießende“ Sicherungswirkung in Bezug auf die angeblich nicht verpfändete Forderung.218 Auf den ersten Blick ist das Bestreben, den Afterpfandgläubiger gegen „schädliche“ Verfügungen über die pfandrechtsgesicherte Forderung zu schützen, natürlich verständlich; die anderenfalls bestehende „Fragilität“ des Afterpfandrechts stünde augenscheinlich im Widerspruch zur apriorisch vorgegebenen dinglichen Natur (vgl. §§ 308, 447 ABGB). Indes läuft diese Argumentation auf eine Beweisführung mit dem Thema probandum hinaus.219 Aus der Vorschrift des § 455 ABGB – die eine Obliegenheitsverletzung des über die Afterverpfändung unterrichteten „Eigenthümers“ sanktioniert220 – folgt nicht, dass der Afterpfandgläubiger generell gegen arbiträre Verfügungen des Pfandgläubigers immunisiert ist. Abgesehen von dieser Norm sind dem Gesetz generell keine Anhaltspunkte für die unterstellte umfassende Sicherungswirkung des Afterpfandrechts zu entnehmen. Im Gegenteil: Lässt sich der Afterpfandgläubiger die hautpfandrechtsgesicherte Forderung nicht verpfänden, darf er sich nicht beschweren, wenn der Hauptpfandgläubiger über diese zu seinem Nachteil verfügt.221 Der Verweis auf das – alABGB gegen die unbefugte Besitzüberlassung und/oder Weiterverpfändung des Pfandes absichern. Richtigerweise entfaltet ein solches dagegen keine dingliche Wirkung (auch nicht durch auflösend bedingte Pfandbestellung oder bei Eintragung eines Verpfändungsverbots hinsichtlich der Hypothek gem. § 364c S. 2 ABGB; richtig m. E. Iro, FS ABGB II, S. 1077, 1084–1086). Im Übrigen steht dem Pfandgeber/Eigentümer bei Leistungsberechtigung des Schuldners das Einlösungsrecht zu; mittels gerichtlicher Hinterlegung kann das Pfand Zug um Zug gegen Rückgabe eingelöst werden (§ 469 S. 2 ABGB). 217 Zur Kanalisierungsfunktion des sachenrechtlichen Typenzwangs Kern, Typizität als Strukturprinzip des Privatrechts, S. 509, 514–515. 218 Bezeichnend Ehrenzweig, System des österreichischen Allgemeinen Privatrechts I/2, S. 527: „Insoweit die Forderung zum Wesen des Pfandrechtes gehört (…), ist es gewiß richtig, daß Gegenstand des Afterpfandrechtes auch die Pfandforderung ist.“ 219 Aus einem dezisionistisch vorgegebenen Systembegriff („dingliches Sachenrecht“ i. S. v. §§ 308, 447 ABGB) Rechtsfolgen zu deduzieren, die ihrerseits die begrifflich-systematische Einordnung des betreffenden Rechts präjudizieren, verbietet sich wegen der zirkulären Tendenz dieses Ansatzes. Dass das Afterpfandecht nicht nur an das rechtliche Schicksal der gesicherten Forderung des Afterpfandgläubigers geknüpft ist, sondern zudem mit Erlöschen der durch das belastete Pfandrecht gesicherten Forderung untergeht (arg. e § 454 ABGB), ändert zudem an der dinglichen Qualität nichts. Wenn nun aber diese „Schwäche“ dem Afterpfandecht nicht die wesentlichen Attribute eines dinglichen Rechts nimmt, lässt sich aus dem Systembegriff „Pfandrecht“ kein Verfügungsschutz hinsichtlich der – bei unterstellter Zulässigkeit der gesonderten Pfandrechtsverpfändung – nicht von der Belastung erfassten Sicherungsforderung des Pfandgläubigers herleiten. 220 Vgl. Zeiller, Commentar II/1, S. 264–265. 221 Wird z. B. allein auf das Pfandrecht – ohne Erlass der Sicherungsforderung – verzichtet (vgl. Iro, Sachenrecht6 , Rn. 12/3), bedarf dies der Zustimmung des Afterpfandgläubigers (Feny-
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lein schuldrechtlich relevante222 – Verbot des Vertrages zulasten Dritter verfängt nicht, weil die Forderung bei unterstellter isolierter Pfandrechtsbelastung unbelastet ist.223 Dass sich Verfügungen über die durch das Nebenrecht gesicherte Forderung zwangsläufig auf das rechtliche Schicksal des Pfandrechts und das des hierauf lastenden Afterpfandrechts auswirken, demonstriert den „aleatorischen“ Charakter der isolierten Nebenrechtsverpfändung.224 Die von der h. L. vertretene, über vers/Kerschner/ Vonkilch (-Wolkerstorfer), ABGB3 (Klang), § 455 Rn. 8), wobei fragwürdig ist, ob der nicht konsentierte Verzicht lediglich im Verhältnis zum Afterpfandgläubiger oder mit allseitiger Wirkung unwirksam ist. Auch der Rangrücktritt einer mit Rechten Dritter belasteten Hypothek bedarf gem. § 30 Abs. 1 S. 2 GBG nicht bloß der Zustimmung des Eigentümers, sondern auch der Zustimmung der betreffenden Afterpfandgläubiger oder Fruchtgenussberechtigten (vgl. Feil/Marent/Preisl, Grundbuchrecht 2, § 51 Rn. 10; Klang (-Klang), ABGB II 2, S. 452; Kodek (-Kodek), GBG, § 30 Rn. 21). Anders liegt es, wenn die belastete Hypothek einen besseren Rang erhalten soll. Im Umkehrschluss zu § 30 Abs. 1 S. 2 GBG ist die Zustimmung der Drittberechtigten entbehrlich. 222 So aber Apathy, JBl. 1979, S. 518, 524. Außer Frage steht, dass Verfügungen – die bekanntlich unmittelbar auf ein exklusiv einem Rechtssubjekt zugeordnetes subjektives Recht einwirken – vorbehaltlich relativer Verfügungsverbote stets Wirkung erga omnes entfalten; für inhaltsändernde und rechtsaufhebende Verfügungen gilt dabei nichts anderes als für Übertragungen und Belastungen. Demgegenüber ist das Verbot von Verträgen zulasten Dritter ein genuin schuldrechtliches Rechtsprinzip, welches für das Sachenrecht keine Geltung beansprucht, bewähren sich doch Sachenrechte und demzufolge auch Verfügungen über Sachenrechte prinzipiell gegenüber jedermann (von Bar, Gemeineuropäisches Sachenrecht I, Rn. 56). 223 Zu konzedieren ist nur, dass sich ein Analogieschluss zu § 455 ABGB aufdrängt, wenn der über die Afterverpfändung informierte Personal- bzw. Pfandschuldner mit dem Pfandgläubiger einen unentgeltlichen Erlassvertrag (§ 1444 ABGB) – auch der Verzicht ist ein kausaler Verfügungsvertrag (siehe nur Koch/Bydlinski/Bollenberger (-Griss), ABGB2, § 1444 Rn. 3; Iro, Sachenrecht6 , Rn. 12/3) – über die das belastete Pfandrecht sichernde Forderung schließt: Wenn der schlechtgläubige Schuldner/Eigentümer noch nicht einmal eine monetäre Leistung an den Pfandgläubiger bewirkt, ist er natürlich erst recht nicht schutzwürdig, wobei allerdings mit Rücksicht auf den Wortlaut wiederum in Frage gestellt werden könnte, ob nicht der Erlass zwar im bipolaren Verhältnis wirksam ist und allein das Pfandrecht ohne die gesicherte Forderung als Belastungsgegenstand des Afterpfandrechts fortbesteht. Anders liegt es aber bei Unkenntnis des Schuldners/ Eigentümers von der Afterverpfändung, weil es insofern an der von § 455 ABGB geforderten Obliegenheitsverletzung fehlt. Zwar könnte jedenfalls dann, wenn ein „unentgeltlicher“ Erlass vereinbart ist, auf die reduzierte Schutzwürdigkeit des Eigentümers abgestellt werden. Dies ändert aber nichts daran, dass die für eine Analogiebildung erforderliche Rechtsähnlichkeit bei fehlender Obliegenheitsverletzung des Schuldners/Eigentümers nicht gegeben ist. Überdies ist Afterpfandgläubiger nicht schutzwürdig, wenn er zum einen darauf verzichtet, sich die hauptpfandrechtsgesicherte Forderung verpfänden zu lassen und zum anderen den Personal- und Realschuldner nicht von der Pfandrechtsverpfändung benachrichtigt. Angesichts dessen besteht kein Anlass, die Verfügungsmacht des Pfandgläubigers über die Forderung in gesetzesübersteigender Rechtsfortbildung zu restringieren, soweit sich der Afterpfandgläubiger bewusst nur das Pfandrecht ohne die Forderung verpfänden lässt, zumal ihm ggf. vertragliche Schadensersatzansprüche gegen den Pfandgläubiger und Afterverpfänder zustehen, wenn dieser auf die Forderung verzichtet. Dass dagegen der Verzicht auf das Pfandrecht die Rechtsstellung des Afterpfandgläubigers ohne dessen Zustimmung nicht beeinträchtigt (vgl. Fenyvers/Kerschner/Vonkilch (-Wolkerstorfer), ABGB3 (Klang), § 455 Rn. 8), versteht sich von selbst. 224 Im Besonderen gilt dies auch für eine vom belasteten Gläubiger erklärte Aufrechnung mit der Hypothekar- oder Pfandforderung gegen eine Forderung des Schuldners (näher Iro, FS ABGB II, S. 1077, 1095–1097). Erlischt die gesicherte Forderung durch einseitige Gestaltungserklärung des aufrechnenden Gläubigers, scheidet ein Analogieschluss zu § 455 ABGB erst recht aus, fehlt
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den Regelungsgehalt des § 455 ABGB hinausschießende Verfügungsbeschränkung des belasteten Hypothekar- oder Pfandgläubigers führt in jedem Fall zur Kreation eines merkwürdig „kupierten“ Pfandrechts, welches im Sicherungsstadium verfügungsbeschränkende Wirkung zeitigt, diese Verfügungsbeschränkung aber nicht mit einer Verwertungsbefugnis des Afterpfandgläubigers an der Forderung flankiert.225 Wie weit diese Sicherungswirkung hinsichtlich der hauptpfandrechtsgesicherten Forderung reicht, ist überdies auch noch völlig unsicher.226 b) Das „isolierte“ Afterpfandrecht – ein sinnentleertes Konstrukt Schon die vorstehenden Ausführungen machen sichtbar, dass die „Trennungsthese“ mit den extra legem entwickelten Rechtsfolgen der Afterverpfändung unvereinbar ist. Zeitigt das Afterpfandrecht unstreitig verfügungsbeschränkende Wirkungen hinsichtlich der Sicherungsforderung, liegt es nahe, diese Sicherungswirkung mit einer Verwertungsbefugnis des Afterpfandgläubigers zu komplementieren.227 es doch ersichtlich an einer Obliegenheitsverletzung auf Seiten des Erklärungsadressaten. Aus Gründen des Eigentümer- resp. Schuldnerschutzes verbietet es sich m. E. zwar, die vom belasteten Hypotheken- oder Pfandgläubiger erklärte Aufrechnung – unbeschadet der Erfüllungswirkung inter partes – im Verhältnis zum Afterpfandgläubiger als unwirksam zu fingieren: Der Schuldner/ Eigentümer verlöre infolge der nur relativ wirksamen Aufrechnung seine Forderung und müsste gleichwohl eine (außer-)gerichtliche Verwertung auf Betreiben des Afterpfandgläubigers gewärtigen (richtig Iro, FS ABGB II, S. 1077, 1096–1097). Wer allerdings die vom belasteten Hypotheken- oder Pfandgläubiger erklärte Aufrechnung mit der gesicherten Forderung wegen der anderenfalls bestehenden Gefahr einer kumulativen Inanspruchnahme des Schuldners/Eigentümers für absolut unwirksam erachtet (so Iro, FS ABGB II, S. 1077, 1097), muss begründen, weshalb die scheinbar isolierte Pfandrechtsverpfändung die Verfügungsmacht des Pfandgläubigers über die angeblich nicht verpfändete Forderung sogar mit allseitiger Wirkung beschränkt. 225 Letztlich kommt auch Ehrenzweig, System des österreichischen Allgemeinen Privatrechts I/2, S. 527 zu diesem Ergebnis: „Insoweit die Forderung zum Wesen des Pfandrechtes gehört (…), ist es gewiß richtig, daß Gegenstand des Afterpfandrechtes auch die Pfandforderung ist.“ 226 Siehe einerseits z. B. Rummel (-Hofmann), ABGB I3, § 454 Rn. 4, andererseits z. B. Klang (-Klang), ABGB II 2, S. 453. Wird auf eine Verpfändung der gesicherten Forderung verzichtet, dürfte der Afterpfandgläubiger, wenn er selbst oder aber ein Dritter die Zwangsvollstreckung in die gesicherte Forderung betreibt, bei der Einziehung der durch das verpfändete Pfandrecht gesicherten Forderung nicht besser stehen als ein gänzlich ungesicherter Gläubiger. Der Rang des Afterpfandrechts dürfte nur dann zum Tragen kommen, wenn das verpfändete Pfandrecht seitens des Afterpfandgläubigers, des Pfandgläubigers oder eines konkurrierenden (gesicherten) Gläubigers realisiert wird (richtig m. E. Angst (-Oberhammer), EO3, §§ 320–324 Rn. 10; Apathy, JBl. 1979, S. 518, 525; Holzner, JBl. 2010, S. 750, 763; offen Iro, in: Apathy/Iro/Koziol, Österr. Bankvertragsrecht IX/22, Rn. 2/98). Sollte die Verpfändung des Pfandrechts automatisch eine gesicherte Anwartschaft auf vorrangige Befriedigung aus der Sicherungsforderung begründen, dürfte von einer „gesonderten“ Pfandrechtsverpfändung keine Rede sein. 227 Anders Holzner, JBl. 2010, S. 750, 762–763, der darauf verweist, dass die praktischen Auswirkungen zwischen der „Einheitsthese“ und der „Trennungslehre“ auch mit Rücksicht auf die reguläre gerichtliche Verwertung des verpfändeten Rechts durch Pfändung und Überweisung der Hypothekar- oder Pfandforderung ohnedies gering ausfielen. So könne sich der Afterpfandgläubiger in jedem Fall aus der gepfändeten Sicherungsforderung des Afterpfandschuldners mittels Überweisung zur Einziehung oder an Zahlungs statt befriedigen, sofern diese nicht vor der Pfändung bereits übertragen oder vollständig getilgt worden sei, und mit dem Rang des Afterpfandrechts die vom Überweisungsbeschluss umfassten Pfandrechte geltend machen.
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Die Parteien würden mittels der Forderungsverpfändung auf diejenige sachenrechtliche Gestaltung verwiesen, die dem mutmaßlichen übereinstimmenden Interesse gerecht wird. Wie bereits für das gemeinrechtliche subpignus dargelegt, verkennt die Gegenansicht Sinn und Zweck der Afterverpfändung:228 Anders als bei einer „echten“ Sachverpfändung seitens des Eigentümers kann bei einer Weiterverpfändung seitens des Pfandgläubigers zur Sicherung eigener Verbindlichkeiten, zumal wenn diese nominal die durch das Pfandrecht gesicherte Forderung übersteigen, ein vergleichbar hohes Interesse an der Einlösung der Pfandsache resp. des Pfandrechts kaum unterstellt werden.229 Aus Sicht des Afterverpfänders erfüllt die subpignoratio Sicherungs- und Umsatzfunktionen: Sie ermöglicht eine antizipierte Befriedigung wegen der gesicherten Forderung freilich auch nur durch (endgültige) Überlassung der Ausübung aller pfandrechtlichen Befugnisse einschließlich der Einziehungszuständigkeit hinsichtlich der gesicherten Forderung; auf alles andere kann sich der Afterpfandgläubiger nach dem Vorgesagten gar nicht einlassen.230 Vor diesem Hintergrund kann die „klassische“ Afterverpfändung durch bloße Übergabe des Pfandes (§ 454 ABGB) regelmäßig nur als „qualifizierte Forderungsverpfändung“, scil.: als Forderungsverpfändung mitsamt dem akzessorischen Pfandrecht, gedeutet werden. Diese natürliche Vertragsauslegung garantiert nicht nur eine ökonomisch effiziente und materiell gerechte Lösung inter partes. Vor allem lässt sich stimmig begründen, weshalb nicht nur die Einziehungszuständigkeit (vgl. § 455 ABGB), sondern die Verfügungsmacht des Hauptpfandgläubigers über die Forderung beschränkt ist. Vor diesem Hintergrund ist es nur folgerichtig, den mutmaßlichen Parteiwillen der sachenrechtlichen Konfiguration zugrunde zu legen, das Pfandrecht mithin als streng akzessorisches, einer isolierten Verpfändung schlechthin unzugängliches Recht auszugestalten. Eine veränderte Beurteilung wäre nur dann geboten, wenn die einheitliche Verpfändung von Forderung und Pfandrecht schutzwürdigen Gestaltungszielen der Parteien widerspräche. Dies ist jedoch weder dargetan noch ersichtlich.231 Aus Sicht des Erwerbers ist das „isolierte“ Afterpfandrecht schon wegen des unsicheren Rangverhältnisses im Verhältnis zu konkurrierenden Gläubigern des beschwerten Pfandgläubigers nur eine „Scheinsicherheit“.232 Angesichts dessen ist die Ver228
§ 3 I. 1. b). Demelius, Das Pfandrecht an beweglichen Sachen, S. 282. 230 Vgl. Demelius, Das Pfandrecht an beweglichen Sachen, S. 282 f. 231 Prononciert Kletečka/ Schauer (-Oberhammer/Domej), ABGB-ON, §§ 454, 455 Rn. 5: „praktisch ohnedies vollkommen unsinnig“; vorsichtiger Holzner, JBl. 2010, S. 750, 762–763, der vor allem auch unter dem Aspekt des Schuldnerschutzes eine einheitliche Verpfändung der Forderung und des Pfandrechts für vorzugswürdig erachtet, gleichwohl aber aus grundbuchverfahrensrechtlichen Gründen zumindest die Möglichkeit einer isolierten Afterhypothek an einer Hypothek de lege lata für zulässig erachtet. 232 Angesichts dessen überzeugt das von Holzner, JBl. 2010, S. 750, 762–763 angeführte Argument, dass sich die Unterschiede zwischen der Mitverpfändung der Forderung und der isolierten Afterverpfändung mit Rücksicht auf die zwangsvollstreckungsrechtliche Verwertung des belasteten Pfandrechts relativierten, nicht. So spricht Holzner a. A. O. dem Zessionar/Forderungspfandgläubiger, sofern dessen Recht vor der Pfändung der Pfandforderung durch den Af229
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einbarkeit der Lehre von der unselbstständigen Verpfändung des Pfandrechts mit dem vom historischen Gesetzgeber verfolgten Regelungszweck äußerst zweifelhaft. Stünde dem Inhaber des Afterpfandrechts nicht die Befugnis zu, sich „aus dem Betrage, welchen der ursprüngliche Pfandbesteller seinem Pfandgläubiger in der gehörigen Zeitfrist zu bezahlen hat, (…) die Befriedigung [zu] erhalten“,233 verfehlt die Trennungsthese die von Zeiller herausgearbeitete Intention der Afterverpfändung.234 Aus Sicht des Hauptpfandgläubigers ist die gesonderte Verpfändung bestenfalls vorteilhaft, als diese dem persönlichen Schuldner und/oder dem Pfandschuldner geheim gehalten werden könnte. Indes besteht bei der Hypothek ohnehin kein schutzwürdiges Geheimhaltungsinteresse, erfolgt doch eine Benachrichtigung von Amts wegen (§ 119 Abs. 1 Nr. 3 GBG. Aber auch bei der Verpfändung von Pfandrechten „in enger Bedeutung“ dürfte es mit Rücksicht auf § 455 ABGB gerade dem wohlverstandenen Interesse des Afterpfandgläubigers widersprechen, die Afterverpfändung dem Eigentümer/Schuldner nicht zu offenbaren. Außerdem würde die isolierte Forderungs- und Pfandrechtsverpfändung, ihre Zulässigkeit unterstellt, Anreize zur mehrfachen Kreditbeschaffung unter Verheimlichung vorterpfandgläubiger entstanden ist, unbedingten Vorrang gegenüber dem Afterpfandgläubiger im Verteilungsverfahren zu, weil der Afterpfandgläubiger die mit dieser Vertragsgestaltung verbundenen Nachteile allein tragen müsse. Der Afterpfandgläubiger kann hiernach offenbar auch nicht aus eigenem Recht auf eine Zwangsversteigerung oder Zwangsverwaltung des Grundstücks bestehen und damit das Befriedigungsrecht des Zessionars bzw. des Pfandgläubigers aus der gesicherten Forderung neutralisieren. 233 Zeiller, Commentar II/1, S. 264. 234 Ähnlich Holzner, JBl. 2010, S. 750, 762–764, der aber gleichwohl die isolierte Afterverpfändung der Hypothek ohne die Hypothekenforderung de lege lata aus rein verfahrensrechtlichen Erwägungen für zulässig erachtet. Soweit Holzner a. A. O. argumentiert, dass im Eintragungsverfahren der für die Forderungsverpfändung erforderliche Nachweis über die Schuldnerverständigung einerseits oftmals nicht in der gebotenen urkundlichen Form erbracht werden könne, andererseits aber auch nicht die bloße Behauptung der Schuldnerverständigung ausreichen dürfe und deshalb auch eine Verpfändung der Hypothek ohne die Forderung erlaubt sein müsse, überzeugt dies freilich kaum. Zunächst ist es schon mit Rücksicht auf die dienende Funktion des Grundbuchverfahrensrechts fragwürdig, eine das materiellrechtliche Akzessorietätsprinzip verletzende und überdies praktisch sinnentleerte Rechtsfigur unter Verweis auf die erleichterte Durchführung des Eintragungsverfahrens zu rechtfertigen. Zudem lässt sich replizieren, dass gerade bei der Verpfändung von Hypothekarforderungen problemlos ein urkundlicher Nachweis über die von Amts wegen erfolgende Benachrichtigung des Liegenschaftseigentümers (§ 119 Abs. 1 Nr. 3 GBG) möglich sein dürfte, die nach verbreiteter Ansicht die für die Forderungsverpfändung erforderliche Anzeige seitens des Gläubigers an den Eigentümer ersetzt. Im Übrigen ist kaum zu erwarten, dass der Afterpfandnehmer allein wegen der Formerfordernisse des Eintragungsverfahrens auf die zur praktischen Wirksamkeit des Afterpfandrechts erforderliche Schuldnerbenachrichtigung verzichten wird; durch förmliche Zustellung sollte deswegen auch ohne weiteres der Nachweis über die Benachrichtigung des mit dem Liegenschaftseigentümer nicht identischen Personalschuldners geführt werden können. Endlich setzt Holzner a. A. O. voraus, dass zusätzlich zur Grundbucheintragung der Afterverpfändung gem. § 454 ABGB auch die Verständigung des Eigentümers/Schuldners für die Mitverpfändung der Forderung (§ 452 ABGB) konstitutiv sei. Wenn man hingegen § 454 ABGB als abschließende Sonderregelung des für die Afterverpfändung erforderlichen Modus qualifiziert, entfällt auch der von Holzner a. A. O. vorgebrachte Einwand gegen die notwendige Mitverpfändung der Forderung.
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rangiger Befriedigungsrechte schaffen, was nicht zuletzt dem Interesse des Afterpfandgläubigers widerspricht. Soweit endlich auf die Verpfändung der Höchstbetragshypothek (§ 14 Abs. 2 GBG) als praktisch relevante Konstellation isolierter Verpfändung abgestellt wird,235 überzeugt dies nicht. Selbstverständlich ist zwar, dass die „gelockerte“ Entstehungs- und Erlöschensakzessorietät einer belasteten Höchstbetragshypothek 236 auf Rechte Dritter durchschlägt. So kann das Afterpfandrecht bereits vor Entstehen einer durch die zu belastende Höchstbetragshypothek zu sichernden Forderung bestellt werden; im Sicherungsfall konzentriert sich das Afterpfandrecht nach allgemeiner Ansicht auf die zur Zeit der Geltendmachung jeweils gesicherte Forderung des Hypothekengläubigers.237 Im Unterschied zur rechtsgeschäftlichen Übertragung der Höchstbetragshypothek vollzieht sich die Afterverpfändung jedoch nicht durch (privative) Vertragsübernahme des (künftigen) Vertragsverhältnisses, aus dem sicherungsfähige Forderungen des Hypothekengläubigers entstehen.238 Es handelt sich vielmehr um eine antizipierte Verpfändung aller potentiell von der Höchstbetragshypothek gesicherten Forderungen ohne (notwendige) Änderung des Grundverhältnisses zwischen Eigentümer/Schuldner und Hypothekengläubiger. Das Afterpfandrecht teilt den Charakter der Höchstbetragshypothek, weil das Spezialitätsprinzip für die Bestellung des Afterpfandrechts in gleicher Weise wie für den Ersterwerb der Höchstbetragshypothek abgesenkt ist: Während diese wechselnde Forderungen von lediglich nach Personen und Rechtsgründen zu umreißen235
Apathy JBl. 1979 S. 518, 525. Verbreitung der Höchstbetragshypothek in Europa siehe von Bar, Gemeineuropäisches Sachenrecht I, Rn. 442 mit Fn. 868. 237 Kodek (-Kodek), GBG, § 13 Rn. 163; Rummel (-Hofmann), ABGB I3, § 454 Rn. 2; Schwimann/Kodek (-Hinteregger), ABGB II4, § 454 Rn. 3. 238 Die rechtsgeschäftliche Übertragung der Höchstbetragshypothek vollzieht sich nach soweit ersichtlich einhelliger Ansicht in Rechtsprechung und Lehre durch eine befreiende Vertragsübernahme des durch die Höchstbetragshypothek gesicherten Rechtsverhältnisses seitens des Zessionars, die unstreitig der Zustimmung des Schuldners (nicht aber notwendigerweise der Zustimmung des mit diesem nicht identischen Eigentümers) bedarf (Feil/Marent/Preisl, Grundbuchrecht 2, § 14 Rn. 50 m. w. N.; Klang (-Klang), ABGB II 2, S. 420; Kodek (-Kodek), GBG, § 13 GBG Rn. 83; Koziol/Bydlinski/Bollenberger (-Koch), ABGB2, § 449 Rn. 15). Auch nach deutschem Recht vollzieht sich die vollständige Übertragung der Höchstbetragshypothek durch eine Zession aller gesicherten Forderungen (ausführlich zu den Gestaltungsmöglichkeiten BeckOGK BGB (-Deutsch), Stand: 1.8.2019, § 1190 Rn. 69–77; siehe auch MünchKomm (-Lieder), BGB VII7, § 1190 Rn. 17–18). Zwar wird insoweit nicht auf eine privative Vertragsübernahme abgestellt, doch dürfte auch diese erforderlich sein, weil anderenfalls künftig doch noch Forderungen des Altgläubigers entstehen könnten, die bis zum Maximalbetrag der Höchstbetragshypothek unterfielen; ohne Vertragsübernahme läge daher vielfach nur eine Teilabtretung mit der Entstehung von zwei Höchstbetragshypotheken vor. Soll die Höchstbetragshypothek dagegen für die Forderungen des Neugläubigers verwendet werden, bedarf es einer Forderungsauswechslung gem. § 1180 BGB; insbesondere kann der bei Übertragung nicht ausgeschöpfte Maximalbetrag nicht ohne Forderungsauswechslung vom neuen Gläubiger beansprucht werden, sondern dient forthin der Sicherung der aus dem bisherigen Rechtsverhältnis entspringenden Forderungen (RG, Urteil v.19.6.1929 – V 548/28, RGZ 125, S. 133, 140; Baur/Stürner, Sachenrecht18 , § 42 Rn. 28). 236 Zur
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den (künftigen) Schuldverhältnissen sichert,239 belastet jenes alle aus dem bestimmbaren „Grundverhältnis“ entstehenden Einzelforderungen. In der Tat dürfte es zwar bei der Afterverpfändung einer Höchstbetragshypothek nicht im übereinstimmenden Parteiinteresse liegen, die dem Hypothekengläubiger verliehene Befugnis zur ständigen Sicherung wechselnder Forderungen mittels Afterverpfändung ohne Not einzuengen. Während aber diesem Anliegen einerseits durch schuldvertragliche Gestaltungen hinreichend Rechnung getragen werden kann,240 ist andererseits sicherzustellen, dass die Sicherungswirkung des Afterpfandrechts nicht ausgehebelt wird. Dies wäre aber der Fall, wenn das Afterpfandrecht keine Sicherungswirkung und Verwertungszuständigkeit in Hinsicht auf die aus dem betreffenden Kreditverhältnis entstehenden Forderungen des Hypothekengläubigers begründete. Will sich der Afterpfandgläubiger aus der Höchstbetragshypothek kraft exekutiver Verwertung befriedigen, muss er Bestand und Höhe der durch die Höchstbetragshypothek gesicherten Forderung nachvollziehbar belegen; dies gilt sowohl im Erkenntnis- als auch im zwangsvollstreckungsrechtlichen Verteilungsverfahren.241 Die Anforderungen an die Darlegungs- und Substantiierungslast sind hoch. Wenn der Afterpfandgläubiger sämtliche von der kontoführenden Bank dokumentierten Kontobewegungen seit Beginn des durch die Höchstbetragshypothek gesicherten Kreditverhältnisses in urkundlicher Form vorlegen muss,242 hat er in aller Regel 239 Allein dadurch wird das Afterpfandrecht an der Höchstbetragshypothek aber nicht selbst zu einer „Afterhöchstbetragshypothek“. Ein Höchstbetragsafterpfandrecht liegt vor, wenn im Grundbuch nur der Höchstbetrag des Afterpfandrechts nach Maßgabe des § 14 Abs. 2 GBG eingetragen wird, der tatsächliche Forderungsbetrag aber zwecks Sicherung ständig wechselnder Forderungen des Afterpfandgläubigers aus einem oder mehreren bestimmbaren Rechtsverhältnissen offengelassen wird (allgemein zu den Merkmalen der österreichischen Erscheinungsform der Höchstbetragshypothek Kodek (-Kodek), GBG, § 14 GBG Rn. 24–27). 240 So könnte sich z. B. der Afterpfandgläubiger im Pfandbestellungsvertrag dazu verpflichten, eine antizipierte Generalzustimmung zu schuldbefreienden Zahlungen an den Hypothekengläubiger gem. § 455 ABGB zu erteilen; die durch die Höchstbetragshypothek gesicherten Forderungen würden mithin auch mit Wirkung gegenüber dem Afterpfandgläubiger erlöschen (§ 1412 ABGB), ohne dass die Höchstbetragshypothek und das darauf lastende Afterpfandrecht beeinträchtigt werden würden. Die Höchstbetragshypothek kann schließlich ständig von Neuem zur Sicherung von Forderungen des nach dem Rechtsgrund und den beteiligten Parteien hinreichend klar umrissenen Rechtsverhältnisses bis zum eingetragenen Höchstbetrag ausgeschöpft werden; sie erlischt materiellrechtlich erst mit der endgültigen Beendigung des betreffenden Rechtsverhältnisses, wodurch sich das Verfügungsrecht des Eigentümers (§§ 469 S. 5, 469a ABGB) aktualisiert. 241 Vgl. OGH 13.1.1999 – 3 Ob 228/98w, RIS-Justiz: RS0032278. 242 Klang (-Klang), ABGB II 2 , S. 419. Erhellend ist OGH 13.1.1999 – 3 Ob 228/98w, RIS-Justiz: RS0032278. Zwar gelang es dem Afterpfandgläubiger in diesem Fall, Bestand und Höhe der durch die belastete Höchstbetragshypothek gesicherten Forderung substantiiert darzulegen. Letztlich hatte sein Begehren aber deshalb keinen Erfolg, weil er den Nachweis über Höhe und Bestand der durch das eigene (Höchstbetrags-)Afterpfandrecht gesicherten Regressforderung nicht zu führen vermochte. In dem der Entscheidung zugrundeliegenden Fall stritten zwei Afterpfandgläubiger um die Verteilung des Versteigerungserlöses (sog. Meistbot) aus der Zwangsversteigerung von Liegenschaftsanteilen, die einheitlich mit einer (Gesamt-)Höchstbetragshypothek belastetet waren, auf der mehrere (Höchstbetrags-)Afterpfandrechte lasteten. Der im Grundbuch verlautbarte Haftungshöchstbetrag der Hypothek betrug 10.950.000 Schilling (S); das Meistbot betrug 6.065.000 S. Für den betreibenden Afterpfandgläubiger, der noch offene
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nicht nur ein gesteigertes Informations-, sondern auch ein Kontrollinteresse. Wiederum wäre der beabsichtigte Sicherungseffekt illusorisch, wenn der HypothekenForderungen i. H. v. 8.692.916,56 S geltend machte, war im Grundbuch ein Afterpfandrecht mit Höchstbetrag von 2.600.000 S eingetragen, zugunsten der Republik Österreich zwei Afterpfandrechte mit einer Haftungssumme von insgesamt 112.000 S und zugunsten des Revisionsrekurswerbers (= Revisionsführer) ein Afterpfandrecht mit einem Höchstbetrag von 4.000.000 S. Der Revisionsrekurswerber hatte sich für ein vom Hypothekengläubiger in Anspruch genommenes Darlehen bei dessen Bank verbürgt; das Afterpfandrecht diente ausweislich des Pfandbestellungsvertrages der Sicherung der Regressforderungen des Revisionsrekurswerbers gegen den Hypothekengläubiger. Im Verteilungsverfahren (sog. Meistbotverteilungstagsatzung) meldeten u. a. der Hypothekengläubiger seine Höchstbetragshypothek im Ausmaß von noch 8.000.000 S und der Revisionsrekurswerber sowohl die Höchstbetragshypothek in Höhe von 8.000.000 S sowie sein Afterpfandrecht unter Vorlage schriftlicher Urkunden über den Pfandbestellungsvertrag und über die der Bank des Hypothekengläubigers erteilte Bürgschaft an. Außerdem erhob der Revisionsrekurswerber Widerspruch gegen die vom betreibenden Gläubiger angemeldeten Forderungen, soweit diese den für das Afterpfandrecht eingetragenen Maximalbetrag von 2.600.000 S überstiegen. Das Erstgericht wies den Versteigerungserlös insgesamt dem Hypothekengläubiger auf die angemeldete Forderung zur Barzahlung zu, wobei der Erlös auf die Afterpfandrechte mit folgender Maßgabe aufgeteilt wurde: Dem betreibenden Gläubiger wurde ein Betrag in Höhe des eingetragenen Höchstbetrags seines Afterpfandrechts i. H. v. 2.600.000 S zur gewinnbringenden Anlegung, der Republik Österreich der für ihre Afterpfandrechte insgesamt eingetragenen Betrag von 112.076,78 S zur Barzahlung und dem Revisionsrekurswerber der Restbetrag von 3.352.923,22 S zugewiesen. Dies wurde u. a. damit begründet, dass mangels hinreichenden Nachweises des Bestandes der gesicherten Forderung in einer bestimmten Höhe eine Barauszahlung zugunsten des betreibenden Gläubigers und des Revisionsrekurswerbers ausscheide. Deshalb sei eine zinsbringende Anlegung des Meistbots gem. § 224 EO geboten. Die gegen diese Entscheidung eingelegten Rechtsmittel des betreibenden Gläubigers und des Revisionsrekurswerbers blieben erfolglos. Der OGH stellte klar, dass der Revisionsrekurswerber Bestand und Höhe der angemeldeten Forderung nicht substantiiert dargelegt habe. Dies setze bei Höchstbetragshypotheken (und demgemäß auch bei Höchstbetragsafterhypotheken) neben der Vorlage des schuldrechtlichen Sicherungsvertrages und der gesicherten Darlehensverträge eine Aufstellung über die Kontenbewegungen seit Beginn des Vertragsverhältnisses, aus dem die jeweiligen Sicherungsforderungen resultieren, voraus. Diese Anforderungen seien hier nicht erfüllt. Nur klarstellend wies der OGH darauf hin, dass der der Afterverpfändung zugrundeliegende Titel nicht der Bürgschaftsvertrag, sondern der zwischen dem Hypothekengläubiger und dem Revisionsrekurswerber vereinbarte Pfandbestellungsvertrag sei. Demgemäß sichere das Afterpfandrecht zwar nicht die Forderungen aus der Bürgschaft, sondern die Regressforderungen des Bürgen gegen den Hypothekengläubiger. Zudem machte der Revisionsrekurswerber auch nur die durch sein eigenes Afterpfandrecht gesicherten Regressansprüche gegen den Hauptschuldner und nicht etwa kraft cessio legis (§ 1358 ABGB) erworbene, durch ein Afterpfandrecht mit besserem Rang gesicherte Forderungen geltend. Für die substantiierte Darlegung von Bestand und Höhe der Regressforderungen eines Bürgen dürften aber, so der OGH, keine geringeren Anforderungen als für sonstige durch Höchstbetragshypothek gesicherte Forderungen gelten. Anderenfalls könnte der Eigentümer nicht überprüfen, ob und in welchem Ausmaß Zins- und Tilgungsleistungen auf die valutierten Darlehen bewirkt worden seien. Zudem hob der OGH hervor, dass die Nachweispflicht des Revisionsrekurswerbers hier noch dadurch erhöht werde, dass er seine Regressforderungen als Afterpfandgläubiger eines Höchstbetragspfandrechts geltend mache. Weil sich das Afterpfandrecht auf die im Zeitpunkt der Geltendmachung des Afterpfandrechts entstandenen, durch die Höchstbetragshypothek gesicherten Forderungen beziehe, müsse der Afterpfandgläubiger im Zwangsversteigerungsverfahren auch die durch die belastete Hypothek gesicherte Forderung gem. § 210 EO nachweisen. Letzteres war hier freilich unproblematisch der Fall, weil dem Hypothekengläubiger selbst die von ihm angemeldeten Forderungen in der Meistbotverteilungstagsatzung zugewiesen und gegen diese Entscheidung auch kein Widerspruch erhoben worden war (vgl. § 224 Abs. 1 EO).
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gläubiger nicht nur uneingeschränkt über das betreffende Vertragsverhältnis, sondern auch über die daraus bereits entstandenen Forderungen disponieren dürfte und dadurch zugleich die Sicherheit des Afterpfandrechts aushöhlen könnte.243 c) Zusammenfassung Die vorstehende Untersuchung belegt zweierlei. Zum einen ist die Verfügungsbefugnis des Pfandgläubigers über das Pfand und die Pfandforderung selbst unter der Prämisse einer „isolierten“ Pfandrechtsverpfändung notwendigerweise beschränkt. Dies zeigt sich nicht bloß darin, dass der Pfandgläubiger an der Einziehung der Forderung mit Wirkung gegenüber dem Afterpfandgläubiger grundsätzlich gehindert ist. Darüber hinaus sind auch sonstige das Afterpfandrecht beeinträchtigende Verfügungen richtigerweise mit allseitiger Wirkung nichtig. Zum anderen ist die praktische Wirksamkeit des Afterpfandrechts nur unter der Prämisse einer mit der Sicherungswirkung korrespondierenden Befugnis zur exekutiven Verwertung der pfandrechtgesicherten Forderung garantiert. Denn ein Verfügungsrecht über die Pfandsache steht dem Afterpfandgläubiger prinzipiell nicht zu; die Verwertung erfolgt stets vermittels Pfändung und Überweisung der Sicherungsforderung, aus der sich der Afterpfandgläubiger nur dann mit dem Rang des Afterpfandrechts befriedigen könne dürfte, wenn die Afterverpfändung die Forderung umfasst. Wenn sich die gesonderte Verpfändung des Pfandrechts als zweckwidrige Ausnahme vom pfandrechtlichen Akzessorietätsgrundsatz darstellt, ist es aus Gründen systematischer Folgerichtigkeit geboten, die §§ 454, 455 ABGB, § 13 Abs. 2 GBG dahin auszulegen, dass das Nebenrecht lediglich den Modus der Forderungsverpfändung modifiziert, nicht aber das (alleinige) Verfügungsobjekt bildet.244 Freilich sind zahlreiche umstrittene sowie gänzlich unbeachtete Detailfragen der Afterverpfändung nicht allein unter Verweis auf die konstruktionsjuristische Analyse zu beantworten. Letztlich bedarf es systemkonformer und wertungskohärenter Lösungen auf der Grundlage des rudimentären Regelungsmodells des ABGB, wobei insoweit auch der Blick auf das englische Regime der security interests und das deutsche Recht gewinnbringend erscheint.
III. Sub-securities Alle unter der deskriptiven Kategorie der security interests zusammengefassten subjektiven Sachenrechte – der pledge, die mortgage und die charge – berechtigen den Rechtsinhaber zur rechtsgeschäftlichen Veräußerung des „Sicherungsgutes“ 243 Allgemein anerkannt ist auch in Österreich, dass die aus dem durch Höchstbetragshypothek „gesicherten“ Grundverhältnis entstehenden Forderungen ohne weiteres aus dem gesicherten Forderungskreis durch einfache Zession außerhalb des Grundbuchs ausscheiden (Feil/Marent/ Preisl, Grundbuchrecht 2, § 14 Rn. 50 m. w. N.; Iro, Sachenrecht6 , Rn. 13/9; Rummel (-Hofmann), ABGB I3, § 449 Rn. 7, § 451 Rn. 9). 244 I. E. auch Kletečka/S chauer (-Oberhammer/D omej), ABGB-ON, §§ 454, 455 Rn. 5.
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ohne Mitwirkung des Gerichts; es handelt sich jeweils um insolvenzfeste und mit Sukzessionsschutz versehene subjektive Sachenrechte.245 Mit Rücksicht auf die fundamentale Unterscheidung zwischen real property und personal property und die historisch bedingte Trennung von law und equity unterscheiden sich die security interests im Einzelnen erheblich. Dies zeigt sich bei der Auswahl der sicherungsrechtsfahigen Sachen, bei den Voraussetzungen des Abschlusstatbestands sowie bei 245 Demgegenüber ist das (possessory) lien nach Common Law ein der Sicherung einer Geldforderung dienendes Zurückbehaltungsrecht und somit – im scharfen Gegensatz zu einem pledge – gerade nicht ein privatautonom begründbarer security interest oder gar ein anerkanntes right in rem (vgl. Bridge/Gullifer/McNeel/Low, The Law of Personal Property2, Rn. 15-028; Goff and Jones (-C. Mitchell/P. Mitchell/Watterson), The Law of Unjust Enrichment9, Rn. 38-46–3849; Bridge, Personal Property Law4, S. 273, 277; McGhee (-Conaglen/Bridge), Snell’s Equity33, Rn. 44-002). Zu den wichtigsten gewohnheitsrechtlich und/oder positivrechtlich anerkannten Zurückbehaltungsrechten zählen das lien des innkeeper an den von den Gästen in die „Mieträume“ eingebrachten Sachen, das lien des salvor an dem durch Seenotrettung erlangten Schiffsgut, das lien des repairer an ausgebesserten Sachen, das (general) lien des solicitor an sämtlichen von den Mandanten empfangenen Unterlagen und endlich das lien des Verkäufers beim Warenkauf. All diesen ist gemein, dass die Existenz des lien an die Aufrechterhaltung der (ggf. fiktiv dem lienee zugeschriebenen) possession gebunden ist; entäußert sich der lienee der possession, erlischt das Zurückbehaltungsrecht grundsätzlich kraft Gesetzes (vgl. Bridge/Gullifer/McNeel/ Low, The Law of Personal Property2, Rn. 15-034 auch zu etwaigen Ausnahmefällen; Goff and Jones (-C. Mitchell/P. Mitchell/Watterson), The Law of Unjust Enrichment9, Rn. 38-46; Bridge, Personal Property Law4, S. 273; McGhee (-Conaglen/Bridge), Snell’s Equity33, Rn. 44-002). Eine rechtsgeschäftliche Übertragung des lien scheidet somit per se aus, nichts anderes gilt für eine hypothetische Belastung, namentlich die Weitergabe der Sache zur Sicherung einer eigenen Forderung unter einem pledge oder unter einem sub-lien (vgl. Man v. Shiffner and Ellis (1802) 2 East 523; Bridge/Gullifer/McNeel/Low, The Law of Personal Property2, Rn. 15-032). Im Unterschied zu gesetzlichen Pfandrechten i. S. v. § 1257 BGB fehlt dem lien überdies die pfandrechtstypische Befriedigungsbefugnis, namentlich ein Recht zum außergerichtlichen Verkauf; auch in dieser Hinsicht unterscheidet sich das (possessory) lien deutlich vom pledge (vgl. Fisher and Lightwood (-Clark), Law of Mortgage14, Rn. 1.4, 1.6; McGhee (-Conaglen/Bridge), Snell’s Equity33, Rn. 44-002; Bridge, Personal Property Law4, S. 273). Andererseits kommt dafür auch in deutlich weitergehendem Umfang als nach der deutschen Rechtsprechung zu den gesetzlichen (Besitz-) Pfandrechten ein Erwerb eines lien an nicht dem lienor zustehenden Sachen in Betracht, wobei selbst Schlechtgläubigkeit nicht schadet (Robins & Co. v. Gray [1895] 2 Q. B. 501; Bridge, Personal Property Law4, S. 276). Nicht zu verwechseln ist das (possessory) lien mit dem nicht besitzgestützten equitable lien, das im Gegensatz zur equitable charge nicht rechtsgeschäftlich begründet, sondern nach konventioneller Ansicht ausschließlich kraft Gesetzes entsteht (McGhee (-Conaglen/Bridge), Snell’s Equity33, Rn. 44-004; Cousins, The Law of Mortgages2, Rn. 1–11). In der Praxis werden die Begriffe equitable charge und equitable lien freilich nicht scharf auseinandergehalten (Goode and Gullifer, Legal Problems of Credit and Security6 , Rn. 1–53). Die bekannteste Erscheinungsform ist – als Korrelat des anwartschaftsrechtsähnlichen equitable interest des Käufers – das equitable lien des Verkäufers bei Abschluss eines estate contract (Bridge, Personal Property Law4, S. 305; McGhee (-Conaglen/Bridge), Snell’s Equity33, Rn. 44-005: Cousins, The Law of Mortgages2, Rn. 1–10). Dieses gewährt dem Berechtigten (lienee) – in Übereinstimmung mit einer equitable charge – immerhin eine hoheitlich kontrollierte Befriedigung aus dem eigenen land im Wege des gerichtlich angeordneten Verkaufs (vgl. Cousins, The Law of Mortgages2, Rn. 1–10; Megarry and Wade (-Harpum/Bridge/Dixon), The Law of Real Property8 , Rn. 24-003). Ob und, bejahendenfalls, in welchen Fallgruppen, equitable liens auch an (intangible) personal property, namentlich an nicht verbrieften Gesellschaftsanteilen und trust-gestützten beneficial interests, in Betracht kommen, ist nicht abschließend geklärt (siehe Bridge/Gullifer/McNeel/Low, The Law of Personal Property2, Rn. 15-048–15-049; Bridge, Personal Property Law4, S. 305–306).
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den wechselseitigen Rechten und Pflichten des Sicherungsnehmers und des Sicherungsgebers. Während der pledge als besitzgestutzter security interest des common law ausschließlich an goods (chattels personal) einschließlich Inhaber- oder Orderpapieren (negotiable instruments) bestellt wird,246 sind prinzipiell alle Gegenstände des Rechtsverkehrs einer Sicherungsübertragung (mortgage) sowie der Belastung mit einer – dem besitzlosen Pfandrecht vergleichbaren – equitable charge zugänglich.247 Eine vergleichbare Sicherungs- und Befriedigungsfunktion erfüllt die ausschließlich an land bestehende reallastähnliche rentcharge. Anerkannt ist zumindest, dass an sämtlichen security interests sowie an der rentcharge deckungsgleiche sub-securities oder derivative security interests desselben sachenrechtlichen Typus begründet werden können.248 Demgemäß lässt sich aus einem pledge ein sub-pledge, aus einer charge eine sub-charge, aus einer mortgage eine sub-mortgage und aus einer rentcharge eine rentcharge konstituieren, sofern nicht die Sicherungsübertragung resp. die intraspezifische Belastung vertraglich untersagt ist.249 Mit Rücksicht auf die summa divisio zwischen law und equity ist dagegen unsicher, welche weiteren Varianten sog. sub-securities im geltenden Recht zulässig sind: Während dem mortgagee als Rechtsinhaber des zur Sicherheit transferierten Rechts die Befugnis zur Bestellung einer sub-charge attestiert wird, soll der chargee 246 Vgl. Beale/Bridge/Gullifer/L omnicka, The Law of Security and Title-Based Financing 2 , Rn. 5.52; Goode/Gullifer, Legal Problems of Credit and Security6 , Rn. 1–48, die, weil ein pledge an sämtlichen besitzfähigen Sachen bestehen könne, zudem auf die theoretische Möglichkeit eines pledge an land hinweisen; allerdings dürfte eine pledge an land im Umkehrschluss zu sec. 87(1) LPA 1925 im geltenden Liegenschaftsrecht nicht mehr in Betracht kommen, zumal auch der LRA 2002 nicht die Möglichkeit der Bestellung eines pledge an registered land vorsieht. 247 Wenngleich die strukturelle Divergenz zwischen grundstücksrechtsbezogenen mortgages und charges durch legislatorische Interventionen, namentlich die sachenrechtliche Reformgesetzgebung im Jahr 1925 sowie die jüngste grundstücksrechtsbezogene Reform im Jahr 2002/2003 weitgehend eingeebnet wurde, unterscheidet sich die mortgage an realen Sachen und reinen Rechten von pledge und equitable charge darin, dass nicht ein begrenztes Recht an einem Recht des Schuldners bestellt, sondern eine at law vollständige, auf der Komplementärebene der equity modifizierte Abtretung des betreffenden Rechts an den Gläubiger bewirkt wird, vgl. Fisher and Lightwood (-Clark), Law of Mortgage14, Rn. 1.7; Megarry and Wade (-Harpum/Bridge/Dixon), The Law of Real Property8 , Rn. 24-005. Indes scheinen sich Rspr. und Schrifttum über die exakte dogmatische Klassifizierung des mortgage, jedenfalls soweit auf realty bezogen, nicht ganz gewiss zu sein. Paradigmatisch sind die berühmten Ausführungen von Lord Macnaghten in Samuel v. Jarrah Timber and Wood Paving Corp. [1904] A. C. 323, 326: „no-one, by the light of nature, ever understood an English mortgage of real estate“; siehe auch Maitland, Equity, S. 182. Terminologisch sind vielfach, auch in der einschlägigen Rechtssetzung, Verschleifungen zwischen den vorgenannten Arten subjektiver Rechte zu konstatieren, exemplarisch etwa in der den charge und den lien umschließenden, im Übrigen interpretationsoffenen Definition des mortgage in sec. 205(1) (xvi) LPA 1925: „Mortgage“ includes any charge or lien on any property for securing money or money’s worth; widersprüchlich ist insoweit, wie Cousins, The Law of Mortgages2, Rn. 1–14 kritisch anmerkt, dass die Legaldefinition des Rechtsinhabers, des mortgagee, nicht auch einen equitable chargee und einen lienee umfasst. 248 Goode/Gullifer, Legal Problems of Credit and Security6 , Rn. 1–74; „A closer look at ‚subsecurity‘“ [2015] JIBFL 600. 249 Goode/Gullifer, Legal Problems of Credit and Security6 , Rn. 1–74; „A closer look at ‚subsecurity‘“ [2015] JIBFL 600. Sec. 122 LRA 2002 ermöglicht zudem unter Abweichung vom früheren Common Law die Belastung einer rentcharge mit einer rentcharge.
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hingegen keine sub-mortgage einräumen können.250 Schon diese These macht die unzureichende analytische Durchdringung der sog. sub-securities sichtbar. Wenn ein wesensimmanentes Strukturprinzip von proprietary interests, zumal security interests, in ihrer freien Übertragbarkeit liegt,251 spricht auf den ersten Blick nichts dagegen, das jeweilige Verwertungsrecht – und nicht das diesem unterliegende Kreditsicherungsobjekt – zur Sicherheit zu übertragen oder (intrafamiliär) mit einem artverwandten security interest zu belasten. Tatsächlich ist das Regime der sub- securities durch eine auffällige Formenvarianz gekennzeichnet. Im Näheren ist (1.) zwischen den möglichen verwertungsrechtsbegründenden „Transaktionen“, (2.) zwischen den Zuordnungssphären von law und equity und (3.) nach dem Bezugspunkt des zu belastenden bzw. zu transferierenden Rechts – realty und personalty, registered land und unregistered land sowie choses in action und choses in possession – zu unterscheiden. Im Mittelpunkt der hier vorgelegten Studie steht die judiziell und wissenschaftlich von allen Erscheinungsformen sog. sub-securities noch am Weitesten erschlossene sub-mortgage. Mit Rücksicht auf die strukturellen Unterschiede der Rechtstypen ist im Einzelnen zu überprüfen, ob und in welchem Ausmaß die Untersuchungsergebnisse zur sub-mortgage auf mehrstufige „Faustpfandrechte“ und/oder „Reallasten“ englischer Provenienz übertragbar sind und ggf. allgemeine Rechtssätze der sub-securities entfaltet werden können. 250 So Goode/Gullifer, Legal Problems of Credit and Security6 , Rn. 1–74; „A closer look at ‚sub-security‘“ [2015] JIBFL 600. Diese Begründung übersieht freilich, dass der chargee selbst über ein verkehrsfähiges Vermögensrecht verfügt, das unproblematisch vollständig übertragbar ist. Schließlich war bereits im älteren Liegenschaftsrecht anerkannt, dass eine mittels Verpfändung eines estate in land begründete mortgage (sog. charge by way of legal mortgage; sec. 87(1) LPA 1925) sowohl uneingeschränkt als auch unter einer sub-mortgage zur Sicherheit übertragen werden konnte (vgl. Woodhouse (1948) 12 Conv. (NS) 171, 172; Fisher and Lightwood (-Clark), Law of Mortgage14, Rn. 25.1; Megarry and Wade (-Harpum/Bridge/Dixon), The Law of Real Property8 , Rn. 25-147). Soweit aber dem equitable chargee – im Unterschied zum mortgagee i. S. v. sec. 205(1)(xvi) LPA 1925 – die Bestellung einer sub-mortgage versagt wird, erhellt dies nur, dass analytisch nicht klar zwischen der Weiterübertragung oder der erneuten Verpfändung der als Kreditsicherheit fungierenden Sache und der gleichfalls möglichen Sicherungsübertragung sowie der Verpfändung des security interest unterschieden wird, was sich auch in den Unsicherheiten über den Wirkungskreis der jeweiligen sub-securities spiegelt. Weshalb aber eine Sicherungsübertragung der equitable charge unzulässig sein soll, erschließt sich nicht; dass der Inhaber eines belastenden Rechts nicht de iure proprio die „Sache“, d. h. das belastete Recht zur Sicherheit übertragen kann, versteht sich wegen des elementaren Grundsatzes nemo dat quod non habet von selbst. Aus dem gleichen Grund erscheint es fragwürdig, einem pledgee die Befugnis zur Sicherungsübertragung seines unstreitig veräußerlichen „special property“ oder auch der Belastung desselben mit einer equitable charge zu versagen. Außer Frage steht hingegen, dass ein mortgagee oder ein chargee nicht imstande sind, ihr Recht oder die belastete Sache mit einem pledge oder sub-pledge zu belasten; als besitzabhängiges Sicherungsrecht kann ein pledge oder ein sub-pledge ausschließlich an realen Sachen (goods) konstituiert werden, nicht aber an reinen Rechten (vgl. Beale/Bridge/ Gullifer/Lomnicka, The Law of Security and Title-Based Financing2, Rn. 5.52). 251 Statt vieler Worthington, Equity2: „The twin benefits of transferability and excludability are the important markers of property. They indicate that an individual’s relationship with the thing is ‚proprietary‘“; siehe auch K. Gray/S. F. Gray, Elements of Land Law5, Rn. 1.5.28, 1.5.49. Die (fragwürdige) Prämisse, dass es überhaupt Rechtsverhältnisse zwischen Personen und Sachen gibt, bedarf hier keiner Auseinandersetzung.
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1. Sub-mortgages und sub-charges Schon der Terminus sub-mortgage ist nicht frei von Ambivalenz, weil der rechtsgeschäftliche Abschlusstatbestand je nach Bezugspunkt (realty oder personalty, registered land oder unregistered land, legal interests oder equitable interests) und je nach Zuordnungssphäre – Common Law oder Equity – zwischen einer translativen und einer konstitutiven Rechtsnachfolge oszilliert.252 So nimmt die sub-mortgage nur dann die Form eines „doppel- oder mehrstöckigen“ Pfandrechts an, wenn sich (1.) die principal mortgage auf einen legal estate in land (oder eine vorgelagerte legal mortgage an einem solchen) bezieht und (2.) die sub-mortgage als legal mortgage (d. h. mittels sub-demise oder mittels einer charge expressed to be by way of legal mortgage) bestellt wird. Alle anderen Erscheinungsformen von sub-mortgages basieren – im Einklang mit der klassischen Struktur der mortgage – konstruktionsjuristisch auf einer Sicherungsübertragung des zur Sicherheit transferierten Rechts seitens des mortgagee an einen transferee. Als Belastung eines (besitzlosen) Pfandrechts mit einem Pfandrecht ist demgegenüber die sog. sub-charge konfiguriert, wobei grundlegend zwischen der – einer sub-mortgage kraft Gesetzes angeglichenen – (registered) sub-charge an land i. S. v. sec. 205(1)(ix) LPA 1925 und der equitable sub-charge an anderen (besitzlosen) Pfandrechten zu unterscheiden ist. Wenngleich hier ein besonderer Akzent auf der genuinen sub-mortgage (i. S. eines doppelstöckigen Pfandrechts) liegt, bleibt die sub-mortgage i. w. S., die translative Rechtsnachfolge in das Recht des mortgagee, nicht außer Betracht. Denn der Wirkungskreis der sub-mortgage i. e. S. lässt sich nur durch vergleichende Betrachtung der Voraussetzungen und Rechtsfolgen der (Sicherungs-)Übertragung der gesicherten Forderung und/oder der mortgage erschließen. Die wesentlichen Entwicklungslinien in den Regimes der mortgages und der charges sind vorab in aller Kürze zu skizzieren. 252 Die vom Gesetz (vgl. secs. 23(2)(b), 53 LRA, 132(1) LRA 2002) und in der Lehre verwendete Nomenklatur sei nur zur Klarstellung vorangestellt. Der Rechtsinhaber der zu transferierenden oder zu verpfändenden charge oder mortgage – die sog. principal mortgage oder head mortgage (principal charge) – wird alternativ als mortgagee (chargee) und als sub-mortgagor (subchargor) bezeichnet. Mit dem Schuldner (debtor) der durch die sub-mortgage gesicherten (Geld-) Forderungen – jede mortgage einschließlich eine sub-mortgage impliziert auch ohne ausdrückliche Zahlungsverpflichtung in der rechtstransportierenden deed eine Sicherungsforderung, typischerweise einen Anspruch auf Rückzahlung eines Darlehens zzgl. Zinsen (vgl. Fisher and Lightwood (-Clark), Law of Mortgage14, Rn. 7.3) – ist der mortgagee und sub-mortgagor nicht zwangsläufig identisch; wird eine mortgage für fremde Schuld bestellt, übernimmt der mortgagee nicht automatisch eine Garantiehaftung für die Erfüllung der Forderung, d. h. der mortgagee muss lediglich die Verwertung der gestellten Kreditsicherheit (sog. mortgaged property) dulden. Der Sicherungsgeber der principal mortgage (principal charge) wird unverändert als mortgagor (chargor) bezeichnet, während der Rechtsinhaber des kraft Sicherungsübertragung oder Verpfändung der charge oder mortgage bestellten Verwertungsrechts – die sog. sub-mortgage (subcharge) – als sub-mortgagee (sub-chargee) bezeichnet wird. Folgt auf die Sicherungsübertragung bzw. auf die Verpfändung der charge oder mortgage eine erneute Sicherungsübertragung oder Verpfändung seitens des der sub-mortgagee (sub-chargee), wird dessen Rechtsposition sinnfällig als intermediate mortgage (intermediate charge) bezeichnet.
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a) Entwicklungslinien in den Regimes der mortgage und der charge Mit dem chamäleonartigen Begriff mortgage wird zum einen der rechtsgeschäftliche Vorgang bezeichnet, unter dem der mortgagee von Seiten des mortgagor einen security interest mit der Maßgabe erwirbt, dass der security interest gegen Zahlung der gesicherten Schuldforderung entweder erlösche oder auf den mortgagor zurückfalle.253 Zum anderen assoziiert man mit der mortgage das subjektive Sachenrecht des mortgagee, welches aus der rechtstransportierenden Verfügung entspringt.254 Wesensimmanentes Strukturprinzip der mortgage ist der Sicherungscharakter der rechtstransportierenden Transaktion; ohne eine zu sichernde (Geld-) Forderung (mortgage money i. S. v. sec. 205(1)(xvi) LPA 1925) ist eine mortgage begrifflich keine mortgage.255 Art und Inhalt des dem mortgagee verliehenen Rechts 253 Vgl. Santley v. Wilde [1899] 2 Ch. 474 (Lindley M. R.: „The principle is this: a mortgage is a conveyance of land or an assignment of chattels as a security for the payment of a debt or the discharge of some other obligation for which it is given. This is the idea of a mortgage: and the security is redeemable on the payment or discharge of such debt or obligation, any provision to the contrary notwithstanding.“); Cheshire and Burn (-Burn/Cartwright), Modern Law of Real Property18 , S. 793; Cousins, The Law of Mortgages2, Rn. 1-05; Fisher and Lightwood (-Clark), Law of Mortgage14, Rn. 1.3, 1.7. 254 Die terminologische Ambivalenz zeigt sich in den einschlägigen Legaldefinitionen: So umfasst nicht nur die nicht abschließende Legaldefinition der conveyance (sec. 205(1)(ii) LPA 1925) ausdrücklich die mortgage und die charge als rechtsbegründende Verfügungen; auch der Terminus incumbrance schließt die legal oder equitable mortgage ein (sec. 205(1)(vii) LPA 1925). Letzteres macht die konstruktionsjuristische Beliebigkeit der mortgage einmal mehr deutlich. Obschon zumindest die equitable mortgage generell und die legal mortgage auch nach Inkrafttreten des LPA 1925 in Bezug auf personal property als Sicherungsübertragungen konzipiert sind, rechtstechnisch also nicht auf die „Kreation“ eines begrenzten Rechts ohne translativen Rechtsübergang zielen, werden sie doch begrifflich mit den genuinen „Belastungen“ (incumbrances) gleichgesetzt. Dass aber mit dem Begriff der mortgage nicht nur die rechtstransportierende Verfügung gemeint ist, sondern auch das Rechtsverhältnis zwischen mortgagor und mortgagee und vor allem auch das Stammrecht des mortgagee, indiziert bereits die in sec. 205(1)(xvi) LPA 1925 verankerte Legaldefinition (‚Mortgage‘ includes any charge or lien on any property for securing money or money’s worth;) und ergibt sich noch deutlicher aus den amtlichen Überschriften von secs. 88, 89 LPA 1925 (realisation of freehold mortgages, realisation of leasehold mortgages). 255 Vgl. Santley v. Wilde [1899] 2 Ch. 474 (Lindley M. R.); Cheshire and Burn (-Burn/Cartwright), Modern Law of Real Property18 , S. 793. In aller Regel wird zwar in die rechtstransportierende deed ausdrücklich die Zahlungs- bzw. Leistungsverpflichtung, der Fälligkeitszeitpunkt und der geschuldete Zins bestimmt. Verpflichtet sich der mortgagor freilich nicht ausdrücklich zur Zahlung, begründet die mortgage zumindest ein implied promise to pay, wenn nicht sogar ein implied covenant to pay; die persönliche Haftung ist mithin wesensimmanentes Strukturprinzip einer mortgage (Sutton v. Sutton (1882) 22 Ch. D. 511, 515–516 (Sir George Jessel M. R.); Fisher and Lightwood (-Clark), Law of Mortgage14, Rn. 7.3; siehe auch Goode (-McKendrick), Commercial Law5, Rn. 23.15–23.17). Angesichts dessen dürfte die mortgage auch ohne ausdrückliche Zahlungsverpflichtung des mortgagor eine einem abstrakten Schuldversprechen (§ 780 BGB) vergleichbare Wirkung zeitigen. Relevant ist die Aufnahme der Zahlungsverpflichtung in der deed vor allem für die Verjährung: Mit Aufnahme in der deed begründet das Zahlungsversprechen („specialty“) nicht lediglich eine contract debt, sondern ein – auch ohne consideration wirksames – covenant, das erst nach zwölf Jahren verjährt (sec. 8(1) LA 1980), während die Verjährungsfrist für gewöhnliche Schuldforderungen sechs Jahre beträgt (sec. 5 LA 1980). Auf der einen Seite ist somit die Akzessorietät der mortgage – d. h. die existenzielle Verknüpfung derselben mit einer Zahlungs- oder sonstigen Leistungspflicht in Gestalt einer contract debt oder einem covenant – in der
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richten sich nach dem Verfügungsobjekt der mortgage. Bezieht sich diese auf personalty, liegt der mortgage eine Sicherungsübertragung zugrunde, aus der – im Unterschied zu kontinentaleuropäischen Versionen der Sicherungstreuhand oder der französischen fiducie-sûreté256 – kraft Gesetzes ein dingliches Recht des mortgagor, die sog. equity of redemption, resultiert.257 Im law of real property ist hingegen zu unterscheiden. Während die erstrangige mortgage eines freehold estate bis zu den liegenschaftsrechtlichen Reformen des Jahres 1925 die Form einer Übertragung des fee simple auf den mortgagee mit der Verpflichtung zur Rückübertragung mit Erlöschen der gesicherten Forderung anBegriffsdefinition der mortgage angelegt. Auf der anderen Seite ist die Forderungsbindung doch wieder insofern gelockert, als unter einer mortgage nicht eine ganz bestimmte (Geld-)Forderung, sondern auch in Form einer sog. all money clause alle gegenwärtigen und künftigen Zins- und Tilgungsansprüche aus allen Kreditverhältnissen zwischen den Parteien unter einer mortgage sicherungsfähig sind (dies ist allgemein gebräuchlich; dies entspricht der Praxis der Kreditvergabe, siehe z. B. UCB Group Ltd. v. Hedworth [2003] EWCA Civ 1717 [22], [44] (Parker L. J.); National Westminster Bank plc v. Ashe [2008] EWCA Civ 55 [2] (Mummery L. J.)); Fisher and Lightwood (-Clark), Law of Mortgage14, Rn. 7.5, 27.2; allerdings betont Goode (-McKendrick), Commercial Law5, Rn. 23.15–23.16, dass der security interest erst mit der (erneuten) Valutierung seitens des Darlehensgebers entstehe bzw. wiederauferstehe). Auf die Regulierung des Verbraucherkreditrechts in Bezug auf mortgage contracts durch den FSMA 2000 und die auf der Grundlage dieses Gesetzes erlassenen Bestimmungen der FSA ist hier nicht einzugehen; siehe dazu z. B. K. Gray/ S. F. Gray, Elements of Land Law5, Rn. 6.2.18–6.2.21. 256 Näher von Bar, Gemeineuropäisches Sachenrecht II, Rn. 461 ff. 257 Die sog. equity of redemption ist scharf vom vertraglichen Einlösungsrecht (contractual right to redeem) und dem von Gesetzes wegen bestehenden Einlösungsrecht (equitable right to redeem) zu unterscheiden (Fisher and Lightwood (-Clark), Law of Mortgage14, Rn.47.1–47.2; Megarry and Wade (-Harpum/Bridge/Dixon), The Law of Real Property8 , Rn. 24-014–24-017). Das von der Kanzleigerichtsbarkeit entwickelte Einlösungsrecht ist zwingender Natur; es kann weder gänzlich ausgeschlossen noch durch sonstige Beschränkungen (sog. clogs on the equity of the redemption) praktisch entwertet werden. Dies kommt in der geläufigen Parömie „once a mortgage, always a mortgage“ zum Ausdruck (siehe schon Newcomb v. Bonham (1681) 1 Vern. 7, 8; 23 E. R. 266, 267; Fisher and Lightwood (-Clark), Law of Mortgage14, Rn. 47.8; Megarry and Wade (-Harpum/Bridge/Dixon), The Law of Real Property8 , Rn. 25-084). Demgemäß hat der mortgagor ungeachtet des vertraglich vereinbarten Fälligkeitstermins stets das Recht, sich durch vollständige Zahlung der Schulsumme von der Belastung zu befreien bzw. gegen Zahlung seinen Anspruch auf Rückübertragung des transferierten Rechts durchzusetzen. Demgegenüber bezeichnet die equity of redemption die zu einem selbstständigen Verfügungsobjekt erhobene Rechtsstellung des mortgagor; in equity galt der mortgagor seit jeher als der „owner of the land“ (siehe Lord Hardwicke in Casborne v. Scarfe (1738) 1 Atk. 603, 605; 26 E. R. 377, 379; Armbrister v. Lightbourn [2012] UKPC 40 [42] (Lord Walker)). Folglich kann die equity grundsätzlich dem jeweiligen Inhaber des sicherungshalber transferierten Rechts vorbehaltlich der bona fide purchaser defence entgegengesetzt und zudem rechtsgeschäftlich veräußert, vererbt und mittels equitable mortgage sicherungshalber übertragen oder mit einer equitable charge belastet werden (Fisher and Lightwood (-Clark), Law of Mortgage14, Rn. 1.9; Cousins, The Law of Mortgages2, Rn. 1704; Megarry and Wade (-Harpum/Bridge/Dixon), The Law of Real Property8 , Rn. 24-018). Ungeachtet der terminologischen Übereinstimmung ist die equity of redemption nicht mit einer partiell drittschutzfähigen „mere equity“ (z. B. ein aus Willensmängeln resultierendes gesetzliches Anfechtungsrecht oder ein aus gescheiterter Rechtsübertragung resultierender, aus Vertrauensschutzgründen über eine bloße Einrede hinausgehender Rechtsbehelf auf gerichtliche Rechtsgestaltung) zu verwechseln.
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nahm,258 wurden mortgages über leasehold estates i. d. R. mittels auflösend bedingter sub-lease eingeräumt.259 Soweit die mortgage bis 1926 durch Sicherungsübertragung eines estate in land bestellt wurde, schränkte der unter dem Begriff „equity of redemption“ firmierende estate in land des mortgagor die überschießende Rechtsmacht des mortgagee ein und bot sich zugleich als Kreditsicherungsobjekt für weitere Gläubiger des mortgagor an.260
258 Unter dem alten Regime des legal mortgage in Form einer Rechtsübertragung bot allein die im Wege der Rechtsfortbildung entwickelte equity of redemption dem mortgagor die Möglichkeit, den estate in land unbeschränkt zu belasten: Die als Korrelat eines mortgage entstehende equity of redemption wurde im Wege einer equitable mortgage an einen zweiten Kreditnehmer übertragen; hieraus entstand wiederum eine sicherungsfähige equity of redemption, die erneut als Verfügungsobjekt einer equitable mortgage fungieren konnte (Megarry and Wade (-Harpum/ Bridge/Dixon), The Law of Real Property8 , Rn. 24-018). 259 Megarry and Wade (-Harpum/Bridge/D ixon), The Law of Real Property8 , Rn. 24-027– 24-029. Auch eine Sicherungsübertragung von leasehold estates blieb noch bis 1926 zulässig, war aber aufgrund der praktisch zweckmäßigen mortgage by sub-demise entbehrlich. Mit einer mortgage in Form der Sicherungsübertragung des leasehold estate war für den mortgagee nämlich zwangsläufig eine privative Vertragsübernahme, mithin der Eintritt in die Pflichtenstellung des lessee, verbunden, während ein sub-lease nur ein Schuldverhältnis mit dem Rechtsinhaber des unmittelbar vorgelagerten Anwartschaftsrechts (sog. reversion), d. h. dem Inhaber des mit der mortgage belasteten leasehold estate, begründet. Außerdem konnten unproblematisch beliebig viele mortgages by sub-demise nebeneinander at law eingeräumt werden. In aller Regel wurde dabei ein zeitlicher Abstand von mindestens zehn Tagen zwischen dem Endzeitpunkt des belasteten leasehold estate und dem unter der mortgage konstituierten sub-term of years absolute bestimmt, um dem mortgagor die Möglichkeit zu erhalten, seinen leasehold estate mit weiteren (jeweils mindestens einen Tag längeren) nachrangigen sub-leases für weitere Sicherungsnehmer zu belasten; auf diese Weise wurde sichergestellt, dass die nachrangige sub-lease des zweiten mortgagee zugleich die unmittelbare Anwartschaft auf den Besitzerwerb nach Ablauf der vorrangigen mortgage begründet. 260 Zugleich verhilft die billigkeitsinduzierte Aufwertung der Rechtsposition des mortgagor der wirtschaftlichen Realität zum Durchbruch: Die Rechtsstellung des mortgagee wird in equity – und nicht bloß mit den Instrumenten des Zwangsvollstreckungsrechts – in einer Weise abgeschwächt, die dem Sicherungszweck der Transaktion gerecht werden soll. Dementsprechend wird das dem mortgagee zugewiesene Sachenrecht – auch soweit mittels Sicherungsübertragung begründet – gerade nicht mit dem Verfügungsobjekt der mortgage gleichgesetzt, sondern auf der Komplementärebene der equity in eine Belastung zurückgeführt (siehe schon Lord Hardwicke in Casborne v. Scarfe (1738) 1 Atk. 603, 605; 26 E. R. 377, 379: „An equity of redemption has always been considered as an estate in the land, for it may be devised, granted, or entailed with remainders, and such entail and remainders may be barred by a fine and recovery, and therefore cannot be considered as a mere right only, but such an estate whereof there may be a seisin; the person therefore intitled to the equity of redemption is considered as the owner of the land, and a mortgage in fee is considered as personal assets.“; ähnlich Megarry and Wade (-Harpum/Bridge/ Dixon), The Law of Real Property8 , Rn. 24-018. Während die equity of redemption konstruktionsjuristisch also eine Belastung des zur Sicherheit transferierten estate in land ist, entfaltet die equity of redemption bei der Bestellung einer mortgage by sub-demise keine eigenständige Bedeutung, sondern erschöpft sich vielmehr in der forthin gebräuchlichen sprachlichen Referenz für den durch die mortgage belasteten estate in land. Auch unter dem reformierten Regime der mortgage wird der verpfändete estate in land des mortgagor freilich forthin als „equity of redemption“ bezeichnet (siehe z. B. Abbey National Building Society v. Cann [1991] 1 A. C. 56, 93 (Lord Oliver); Scott v. Southern Pacific Mortgages Ltd. [2014] UKSC 52 [115] (Lady Hale)).
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Wie angerissen, sind seit 1926 lediglich zwei Gestaltungsvarianten der mortgage an land (i. S. v. sec. 205(1)(ix) LPA 1925, sec. 132(1) LRA 2002) zulässig, die sich von der klassischen mortgage klar abheben. Während ein freehold estate ausschließlich durch Einräumung eines (durch Zahlung der gesicherten Schuldforderung auflösend bedingten) term of years (sog. mortgage by demise or sub-demise) oder durch eine charge by way of legal mortgage verpfändet wird (sec. 85(1) LPA 1925),261 wird ein leasehold estate spiegelbildlich durch Einräumung eines (auflösend bedingten) sub-term oder durch eine charge by way of legal mortgage (sec. 86(1) LPA 1925) belastet.262 Substantiell unterscheiden sich diese alternativ zur Verfügung gestellten Varianten der mortgage kaum, weil die charge einem langjährigen mittels lease eingeräumten mortgage von Gesetzes wegen angeglichen ist; dem mortgagee ste261 Die equitable charge ist scharf zu unterscheiden von der charge by deed expressed to be by way of legal mortgage (secs. 85(1), 86(1) LPA 1925): Während diese kraft gesetzlicher Vorgabe einen legal interest an einem estate in land bildet (sec. 1(2)(c) LPA 1925), ist die Rechtsnatur der equitable charge bis heute umstritten. Geklärt ist zumindest die Grundstruktur: Die equitable charge ist ein forderungsakzessorisches Recht auf (vorzugsweise) Befriedigung aus der Verwertung eines bestimmten Gegenstandes mittels Zwangsverwaltung oder gerichtlich organisiertem Verkauf, das ausschließlich in equity Wirkung entfaltet. Trotz potentieller Drittwirkung ist die equitable charge freilich nicht allgemein als sog. equitable interest anerkannt; bis zur gerichtlich organisierten Verwertung begründe sie, so wird teilweise argumentiert, lediglich ein „unvollkommenes“ Sachenrecht. Sinnfällig zeigt sich die dogmatische Unsicherheit in Bland v. Ingram Estates Ltd. [2001] Ch 767, 777 (Nourse L. J.: [The] creation of an equitable charge, unlike an equitable mortgage, does not give the chargee an equitable interest in the land. A fortiori it gives him no right to possession. Nevertheless, his right to protect or realise his security by applying to the court for the appointment of a receiver or an order for sale does give him an interest of a sort. This has been variously described in the authorities, most frequently, it appears, as a proprietary interest. In so far as the appointment of a receiver or an order for sale enables the chargee to appropriate, in the first case the rents and profits of the land and in the second its proceeds of sale, to the discharge of his debt, I do not quarrel with that description. But it is important to bear in mind that the interest, though registrable against the chargor, remains inchoate and ineffectual until an order of the court is made.“). 262 Sicherungsübertragungen eines legal estate in land sind nach Maßgabe von secs. 85(2), 86(2) LPA 1925 nicht vollständig wirkungslos, sondern werden kraft Gesetzes in eine mortgage by (sub-)demise umgedeutet: Während die Übertragung eines freehold estate unter einer (erstrangigen) mortgage in einen praktisch ewigen (auf 3.000 Jahre befristeten) term of years umgedeutet wird (sec. 85(2)(a) LPA 1925), tritt jede unmittelbar nachfolgende mortgage als ein um jeweils einen Tag verlängerter term of years in Geltung. In Übereinstimmung mit der bereits vor Inkrafttreten des LPA 1925 herrschenden Übung (vgl. Megarry and Wade (-Harpum/Bridge/Dixon), The Law of Real Property8 , Rn. 24-029) wird die versuchte Sicherungsübertragung eines leasehold estate in einen um zehn Tage verkürzten (und jede nachrangige mortgage in einen um jeweils einen Tag verlängerten und im Verhältnis zum belasteten leasehold estate um mindestens einen Tag verkürzten) term of years umgedeutet (sec. 86(2) LPA 1925). Seit dem Inkrafttreten des LRA 2002 findet die Umdeutung nur noch für mortgages an unregistered estates statt (vgl. secs. 85(3), 86(3) LPA 1925); das Konstrukt der mortgage by (sub-)demise wurde in Bezug auf registered estates beseitigt (sec. 23(1)(a) LRA 2002). Dementsprechend ist die versuchte Sicherungsübertragung eines registered estate – ebenso wie die versuchte Bestellung einer mortgage by (sub-)demise – at law nichtig. Allerdings dürfte, sofern zumindest ein formwirksames Versprechen zur Bestellung einer mortgage vorliegt (vgl. sec. 2 LP(MP)A 1989), zugunsten des Erwerbers eine equitable mortgage entstehen; dieser wird also in equity so gestellt, als ob die legal mortgage wirksam bestellt worden wäre.
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hen ex lege die Befugnisse eines lessee resp. eines sub-lessee unter einem praktisch „ewigen“ term of years zu (sec. 87(1) LPA 1925).263 Vollendet wurde die Umgestaltung der legal mortgage in ein genuines Grundpfandrecht durch den LRA 2002. Im register of title eingetragene estates in land sind einer mortgage by demise or sub-demise unzugänglich (sec. 23(1)(a) LRA 2002);264 das Kreditsicherungsgeschäft wird auf die Verpfändung mittels einer charge by way of legal mortgage „kanalisiert“.265 Modifikationen sind bei der equitable mortgage zu beachten, die wahlweise in Form einer antizipierten Belastung eines zur Sicherheit zu transferierenden bzw. zu verpfändenden legal interest oder durch genuine Sicherungsübertragung 263 Vgl. Fisher and Lightwood (-Clark), Law of Mortgage14, Rn. 2.7; Cousins, The Law of Mortgages2, Rn. 1–15. Folglich ist der mortgagee auch dann, wenn die mortgage formal als charge bestellt wird, wie ein lessee berechtigt, u. a. selbst einen lease zu bestellen oder auch zugunsten des belasteten Grundstücksrechts bestellte Dienstbarkeiten auszuüben. Auch hier wird der chargee so gestellt, als ob ihm ein praktisch ewiger, nämlich auf 3.000 Jahre befristeter term of years zustünde, wobei er – abweichend vom allgemeinen Recht der tenancies – nicht einer Haftung für Veränderungen oder Verschlechterungen des betroffenen Grundstücks (sog. impeachable waste) unterliegt. Außerdem ist expressis verbis in sec. 87(1) LPA 1925 klargestellt, dass der mortgagee wie ein estate owner Räumungsklage gegen nichtberechtigte Besitzer des betreffenden Grundstücks erheben kann. 264 Demgegenüber können unregistered estates theoretisch nach wie vor mit mortgages by (sub-)demise gem. secs. 85(1), 86(1) LPA 1925 belastet werden, die aber typischerweise in Form einer charge by way of legal mortgage in Geltung treten. Schließlich löst die Bestellung einer erstrangigen mortgage (durch Übergabe der title deeds) die Eintragungspflicht des zu belastenden estate in land aus (sec. 4(1)(g) LRA 2002): Wird dieser nicht fristgerecht eingetragen, ist die Verfügung at law nichtig (sec. 7(1) LRA 2002); es entsteht freilich wegen des durchsetzbaren Versprechens auf Bestellung einer legal mortgage eine equitable mortgage (vgl. sec. 7(2)(b) LRA 2002). Wird der estate in land ordnungsgemäß eingetragen, verwandelt sich die mortgage by (sub-) demise selbsttätig in eine charge by way of legal mortgage, vgl. Megarry and Wade (-Harpum/ Bridge/Dixon), The Law of Real Property8 , Rn. 24-019 in Fn. 48. 265 Die Konzentration der legal mortgage auf die charge by way of legal mortgage beruht auf Zweckmäßigkeitserwägungen. Die Ausgestaltung der deed sei klar und einfach und erlaube eine synchrone Belastung der dem mortgagor jeweils zustehenden estates in land (Law Com No. 227 Rn. 7.2; Megarry and Wade (-Harpum/Bridge/Dixon), The Law of Real Property8 , Rn. 24-036]. Als Sachgrund für die Vorzugswürdigkeit der formalen Einkleidung des legal mortgage in einen charge wird im Zusammenhang der Belastung von leasehold estates in der Literatur angeführt, dass der mortgagor im Fall der alternativ möglichen Bestellung eines sub-lease zugunsten des mortgagee gegen ein ihm ggf. auferlegtes Verbot der Einräumung eines sub-lease verstoßen könne (Megarry and Wade (-Harpum/Bridge/Dixon), The Law of Real Property8 , Rn. 24-036). Abgesehen davon steht es einem estate owner (i. S. v. sec. 205(1)(v) LPA 1926) zwar auch frei, eine charge dadurch zu bestellen, dass er seinen estate in land „mit einer Geldzahlung“ belastet (sec. 23(1) (b) LRA 2002). Diese aus rechtshistorischen Gründen übernommene Vorschrift – die Bestellung einer eintragungsbedürftigen charge zur Sicherung einer Geldschuld wurde erstmals durch den Land Transfer Act 1875 und damit vor der Anerkennung einer charge by way of legal mortgage eingeführt (vgl. Fisher and Lightwood (-Clark), Law of Mortgage14, Rn. 5.1 in Fn. 6) – ist redundant. In der Sache unterscheidet sich die charge i. S. v. sec. 23(1)(b) LRA 2002 nicht von der Bestellung einer charge by way of legal mortgage i. S. v. sec. 87 LPA 1925. Mit Vollendung des Verfügungstatbestandes durch Eintragung im register of title – die Bestellung einer charge bedarf zu ihrer Wirksamkeit at law generell der Eintragung im Liegenschaftsregister (sec. 27(2)(f) LRA 2002) – entfaltet die charge ohnehin die Wirkungen einer charge by way of legal mortgage (sec. 51 LRA 2002), vgl. (Fisher and Lightwood (-Clark), Law of Mortgage14, Rn. 1.11 in Fn. 2).
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eines equitable interest erfolgt.266 Allen Erscheinungsformen der mortgage ist gemein, dass sie sich in der Insolvenz des mortgagor bewähren; dies ist ein allgemeines Strukturprinzip anerkannter security interests.267 b) Rechtsgeschäftlicher Erwerb Die aufgezeigte Dichotomie der mortgage, die sich je nach Verfügungsobjekt als Sicherungsübertragung oder als Verpfändung manifestiert, schlägt sich sowohl auf den rechtsgeschäftlichen Abschlusstatbestand als auch auf die daran anknüpfenden Voraussetzungen des Sukzessionsschutzes der sub-mortgage nieder. Grundlegend zu unterscheiden ist zwischen sub-mortgage an land und sub-mortgages an personal property. Während sich diese nach wie vor als „Kettensicherungsübertragungen“ manifestieren, hat der Gesetzgeber im Zuge der liegenschaftsrechtlichen Reformen 2002/2003 die vormals zur Verfügung stehenden Erscheinungsformen der 266 Eine Sicherungsübertragung in equity entsteht erstens dann, wenn das mit einer mortgage zu belastende Recht selbst als equitable interest qualifiziert wird, zweitens – in Übereinstimmung mit der allgemeinen Doktrin, wonach equity den Abschluss eines unvollendeten Verfügungstatbestandes, namentlich einen noch zu erfüllenden schuldrechtlichen Vertrag auf Verschaffung eines legal estate auf der Komplementärebene antizipiert – bei Vorliegen eines mittels specific performance durchsetzbaren schuldrechtlichen Vertrags auf Bestellung einer legal mortgage (Fisher and Lightwood (-Clark), Law of Mortgage14, Rn. 3.1; Megarry and Wade (-Harpum/Bridge/ Dixon), The Law of Real Property8 , Rn. 24-039–24.041). Im ersten Fall ist die Bestellung einer legal mortgage schon deshalb nicht möglich, weil dieser Rechtstypus für die Belastung oder Sicherungsübertragung von legal rights reserviert ist. Der tiefere Grund liegt in der rechtshistorischen Entwicklung von Rechten in equity, die nach eigenen Regeln übertragen und belastet werden mussten, weil das Common Law diese Rechtspositionen überhaupt nicht anerkannte. Demgemäß bedarf die Sicherungsübertragung einer schriftlichen Abtretung des zu belastenden equitable interest gem. sec. 53(1)(c) LPA 1925; eine deed ist nicht erforderlich, verschafft dem equitable mortgagee aber insbesondere das Veräußerungsrecht aus sec. 101(1)(i) LPA 1925. Im zweiten Fall ist zumindest ein schriftlicher Vertrag über die Bestellung der mortgage gem. sec. 2(1) LP(MP)A 1989 für die antizipierende Wirkung erforderlich; der Erfüllungsrechtsbehelf (specific performance) ist dann in aller Regel anwendbar, so dass ohne Erteilung einer deed eine equitable mortgage entsteht (vgl. Swiss Bank Corporation v. Lloyd’s Bank Ltd. [1982] A. C. 584, 595 (Buckley L. J.); Megarry and Wade (-Harpum/Bridge/Dixon), The Law of Real Property8 , Rn. 24-041). Weil diese antizipierende Wirkung kraft Gesetzes eintritt, schadet es auch nicht, dass die weiteren Voraussetzungen für die Bestellung einer legal mortgage nicht erfüllt werden; die equitable mortgage sichert also nicht lediglich einen noch unvollendeten Erwerbsvorgang ab, sondern greift generell dann ein, wenn bestimmte Voraussetzungen für die Bestellung einer legal mortgage versehentlich oder absichtlich nicht eingehalten worden sind (vgl. Fisher and Lightwood (-Clark), Law of Mortgage14, Rn. 3.6, der exemplarisch auf die Bestellung einer mortgage durch einen von mehreren „Miteigentümern“ eines legal estate verweist). Demgegenüber ist die früher gebräuchliche Form einer equitable mortgage an land durch Übergabe der einschlägigen title deeds im geltenden Recht nicht mehr möglich; es bedarf zumindest eines formwirksamen Verpflichtungsvertrags gem. sec. 2(1) LP(MP)A 1989, vgl. Fisher and Lightwood (-Clark), Law of Mortgage14, Rn. 3.7. 267 In der Insolvenz des mortgagor ist der mortgagee demgemäß grundsätzlich zur bevorzugten Befriedigung aus dem verpfändeten oder zur Sicherheit transferierten property berechtigt; vgl. Cousins (-Cousins/Clarke/Hornett), Law of Mortgages4, Rn. 33-06–33-08. Die Insolvenzfestigkeit eines jeden security interest steht selbstverständlich unter dem Vorbehalt einer rückwirkenden Beseitigung wegen Insolvenzanfechtung (vgl. Goode/Gullifer, Legal Problems of Credit and Security6 , Rn. 5–79).
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sub-mortgage in Bezug auf im Liegenschaftsregister eingetragene estates in land beseitigt (sec. 23(2)(a) LRA 2002). Sub-mortgages an eingetragenen legal charges sind nach geltendem Recht ausschließlich im Wege der Belastung der mittels legal charge gesicherten Forderung „with the payment of money“ (sec. 23(2)(b) LRA 2002) zulässig. An die Stelle des Rechtsbegriffs „sub-mortgage“ ist die sub-charge getreten.268 aa) Die mortgage – ein selbständiges Verfügungsobjekt Wenngleich jede mortgage eine persönliche Zahlungspflicht, sei es in Form einer debt, sei es in Form eines covenant, des mortgagor impliziert,269 ist die mortgage nicht als verfügungsakzessorisches Nebenrecht einer (Geld-)Forderung konzipiert. Die selbstständig verkehrsfähige mortgage kann ohne Zustimmung des mortgagor – auch zur Sicherung eigener Verbindlichkeiten unter einer sub-mortgage – seitens des mortgagee ganz oder teilweise übertragen und belasten werden.270 Der rechtsgeschäftliche Erwerb einer sub-mortgage an personal property vollzieht sich strukturell nicht anders als der einer principal mortgage. Es sind die für die rechtsgeschäftliche Übertragung des mortgaged property geltenden Voraussetzungen sowie die für die „perfection“ der sub-security maßgeblichen Vollzugserfordernisse zu beachten. Zumindest nach h. L. erstreckt sich die Veräußerung der mortgage nicht zwangsläufig auf die mortgage debt.271 Mangels abweichender Ver268
Vgl. secs. 27(3)(b), 53, 59(3), 132(1) LRA 2002. Siehe Fn. 255. 270 Fisher and Lightwood (-Clark), Law of Mortgage14, Rn. 24.1; Goode/Gullifer, Legal Problems of Credit and Security6 , Rn. 1–74. Die sub-mortgage wird teilweise auch als Funktionssubstitut einer unzulässigen Teilübertragung der mortgage gedeutet (Fisher and Lightwood (-Clark), Law of Mortgage14, Rn. 24.12, 25.1). Zwar gilt die mortgage als unteilbares Recht, weil die einzelnen Verwertungsbefugnisse nicht quantitativ zerlegbar seien; Auch eine teilweise Forderungszession ist at law ausgeschlossen (sec. 136(1) LPA 1925 beschränkt sich auf absolute assignments), möglich ist allein ein equitable assignment eines Forderungsteils, was freilich dem assignee nicht selbst die zur Einziehung erforderliche Aktivlegitimation verschafft; der assignee muss Klage im Namen des assignor erheben und diesen auf Kläger- oder Beklagtenseite als Partei in den Rechtsstreit einbeziehen (Fisher and Lightwood (-Clark), Law of Mortgage14, Rn. 24.12). Möglich ist zwar – mit Zustimmung des mortgagor – eine Aufteilung der mortgage in zwei oder mehrere neue mortgages unter gleichzeitiger Aufteilung der Geldforderung auf die neu entstehenden mortgages. Alternativ kommt die (ggf. mit der Vollrechtsübertragung an einen trustee verbundene) Bestellung eines trust an der mortgage und/oder an der Sicherungsforderung seitens des mortgagee in Betracht, unter dem dieser und der „Zessionar“ jeweils zu Bruchteilen an der mortgage bzw. an der Forderung in equity berechtigt sind. Stattdessen ist aber auch die Bestellung einer mortgage i. E. S. bzw. eine Sicherungsübertragung der mortgage mittels sub-mortgage möglich: Angesichts der weitreichenden Gestaltungsfreiheit können die Parteien hier im Einzelnen festlegen, ob und unter welchen Voraussetzungen der mortgagee und der sub-mortgagee die durch die principal mortgage gesicherte Forderung einziehen resp. das von der belasteten (bzw. zur Sicherheit transferierten) mortgage belastete Grundstück verwerten dürfen. 271 So Cousins (-Cousins/Clarke/Hornett), Law of Mortgages4, Rn. 13-01; Fisher and Lightwood (-Clark), Law of Mortgage14, Rn. 24.14. Anders wohl noch die ältere Judikatur des Kanzleigerichts in Jones v. Gibbons (1804) 9 Ves. Jr. 407; 32 E. R. 659, wonach sich die vollwirksame Abtretung der mortgage von selbst auf die mortgage debt erstrecke, ohne dass es insoweit da269
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einbarungen ist die Abtretung einer mortgage mittels deed zwar dahin auszulegen, dass die gesicherte Forderung auf den transferee übergeht (vgl. sec. 114(1)(a) LPA 1925); eine separate Forderungsabtretung gem. sec. 136(1) LPA 1925 bzw. ein equitable assignment der Forderung ist im Unterschied zum alten Recht entbehrlich.272 rauf ankomme, ob der Tatbestand des rechtsgeschäftlichen Forderungsübergangs erfüllt sei oder nicht; ob dieser gesetzliche Forderungsübergang dispositiv ist oder nicht, wird vom Gericht nicht erörtert. In Jones v. Gibbons hatte sich der Gemeinschuldner, bevor er in Konkurs geriet, gegenüber einem Konsortium von Gläubigern verpflichtet, seine Forderungen einschließlich bestimmter mortgages in den West Indies an einen trustee abzutreten. Die Schuldner wurden hiervon nicht benachrichtigt; die Abtretung wurde auch nicht in den dafür bestimmten öffentlichen Büchern eingetragen. Nachdem der Gemeinschuldner in Konkurs geriet, fochten dessen Insolvenzverwalter die Vereinbarung zwischen dem Gemeinschuldner und dem Konsortium wegen Gläubigerbenachteiligung an. Das Kanzleigericht wies die Klage ab. Das Gericht stellte inzident klar, dass die streitgegenständlichen Sicherungsforderungen des Gemeinschuldners vor der Insolvenz wirksam auf den trustee übertragen worden seien. Es sei unschädlich, dass die die Drittschuldner hiervon nicht benachrichtigt wurden und die Abtretungen auch nicht durch Eintragung perfektioniert wurden; der rechtswirksame Erwerb der mortgage reiße die gesicherte Forderung zwangsläufig mit (Jones v. Gibbons (1804) 9 Ves. Jr. 407, 410–411; 32 E. R. 659, 661: „A mortgage consists partly of the estate in the land, partly of the debt. So far as it conveys the estate, the assignment is absolute and complete the moment it is made according to the forms of law. Undoubtedly it is not necessary to give notice to the mortgagor, that the mortgage has been assigned, in order to make it valid and effectual. The estate being absolute at law, the debtor has no means of redeeming it but by paying the money. Therefore he, who has the estate, has in effect the debt; as the estate can never be taken from him except by payment of the debt. With regard to the mere bond or covenant, which perhaps may accompany the mortgage, it is said, that all the ceremonies, declared to be necessary as to debts in general, ought to be observed. But it is difficult to say, the mortgage passes, and is well assigned to one person, and yet the debt remains in another. It is impossible, that it can be so divided. Therefore by the assignment of the mortgage the debt necessarily passes, as incident to it; and it is clear, that, to constitute a valid assignment, notice to the mortgagor is not necessary. […] With regard to the objection, that these deeds were not registered, the Registry Acts have no effect as between those claiming by conveyance and the assignees of the bankrupt, who made the conveyance. It was never held bad, because not registered; the object being purely for the protection of subsequent purchasers.“ 272 Vgl. Fisher and Lightwood (-Clark), Law of Mortgage14, Rn. 24.3; siehe auch Goode (-McKendrick), Commercial Law5, Rn. 23.55. Wenngleich im älteren Recht grundsätzlich zwei Verfügungen, zum einen die Forderungsabtretung und zum anderen die Abtretung der mortgage, vorgenommen wurden, um dem Erwerber die volle Rechtsposition des mortgagee zu verschaffen, wurde schon vor Inkrafttreten des LPA 1925 die Ansicht vertreten, dass sich die rechtsgeschäftliche Übertragung der mortgage notwendigerweise auf die gesicherte Forderung erstrecke; diese sollte jedenfalls bei mortgages in land einen untrennbaren Bestandteil (incident) der mortgage bilden, vgl. Jones v. Gibbons (1804) 9 Ves. Jr. 407; 32 E. R. 659; ferner Goode (-McKendrick), Commercial Law4, S. 688, wonach für die Übertragung einer equitable charge vermutlich Entsprechendes gelte. Zu beachten ist, dass sec. 114 LPA 1925 nicht für die Sicherungsübertragung von bills of sale gilt (sec. 114(5) LPA 1925) und – zumindest nach der Rechtsprechung des Court of Appeal – auch nicht für mortgages an eingetragenen Grundstücksrechten (vgl. Paragon Finance plc v. Pender [2005] EWCA Civ 760; [2005] 1 W. L.R. 3412, 3437 [115] (Parker L. J.); Meretz Investments NV v. ACP [2007] EWCA Civ 1303; [2008] Ch. 244 [79] (Arden L. J.)). Dies dürfte sich darauf zurückführen lassen, dass die konstitutive Wirkung der Eintragung nicht ausgehebelt werden soll; schließlich verlangt sec. 114(1)(c) LPA 1925 für den translativen Übergang der Verwertungsbefugnisse des mortgagee nicht die Eintragung bei der Land Registry, sondern lediglich die Abtretung der mortgage mittels deed. Freilich lässt sich hieraus kein stichhaltiges Argument gegen die Anwendung von 114(1)(a) LPA 1925 unter der Voraussetzung der Eintragung des Übergangs
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Indes stehe es den Parteien, so die h. L., frei, die mortgage von der gesicherten Forderung durch isolierte Abtretung der mortgage abzuspalten, wenngleich dies praktisch höchst ungebräuchlich sei.273 Wird bei der Übertragung der mortgage auf eine Forderungsabtretung verzichtet, soll dies aber nach teilweise vertretener Ansicht nichts daran ändern, dass sich der unterrichtete mortgagor von seiner Schuld nicht mehr durch Zahlung an den Forderungsgläubiger befreien könne.274 Die Zahlung des mortgagor an den transferee entfalte schuldbefreiende Wirkung, obschon dieser die Forderung nicht im eigenen Namen geltend machen könne; an der mortgage debt stehe dem transferee ein beneficial interest zu.275 Zudem sei dieser als neuer der mortgage auf den Zessionar ableiten. Auch hier ist der Telos der Norm, im mutmaßlichen Parteiinteresse die Forderung ohne zusätzliche schriftliche Abtretung und Anzeige an den Schuldner gem. sec. 136(1) LPA 1925 zu transferieren, einschlägig, zumal sich aus dem Normwortlaut nichts dafür ergibt, dass sich die Vorschrift nur auf unregistered land beschränkt; aus sec. 136(5) LPA 1925 könnte vielmehr e contrario gefolgert werden, dass Bereichsausnahmen ausdrücklicher Regelung bedürfen (siehe auch Fisher and Lightwood (-Clark), Law of Mortgage14, Rn. 24.3 in Fn. 1, die insoweit eine restriktive Interpretation von Paragon Finance plc v. Pender [2005] EWCA Civ 760; [2005] 1 W. L.R. 3412 erwägen). 273 Cousins (-Cousins/Clarke/Hornett), Law of Mortgages4, Rn. 13-01; Fisher and Lightwood (-Clark), Law of Mortgage14, Rn. 24.14. 274 Solange der mortgagor keine Kenntnis von der Abtretung der mortgage hat, kann er mit befreiender Wirkung an den mortgagee leisten (Allen v. Lord Southampton (1880) 16 Ch. D. 178, 186 (Malins V-C)). Abgesehen davon ist dem englischen Recht ein gutgläubig-einredefreier Erwerb oder gar ein gutgläubiger Forderungserwerb im Kontext der Übertragung der mortgage im Grundsatz unbekannt; der Erwerber einer mortgage muss sich mithin alle bereits erbrachten Zins- und Tilgungsleistungen des mortgagor ohne Rücksicht auf seine Kenntnis vom jeweiligen Zins- und Tilgungsstand des Darlehens entgegenhalten lassen (vgl. Cousins (-Cousins/Clarke/ Hornett), Law of Mortgages4, Rn. 13-09–13-10; Fisher and Lightwood (-Clark), Law of Mortgage14, Rn. 24.2). Etwas anderes gilt nach der doctrine of estoppel aber ausnahmsweise dann, wenn der mortgagor einen zurechenbaren Vertrauenstatbestand geschaffen hat (z. B. durch unrichtige Angaben über die Valutierung des Darlehens in der mortgage deed). Außerdem kann der mortgagor mit Wirkung gegenüber dem Erwerber mit einer eigenen Forderung gegen den mortgagee forthin die mortgage debt mittels Aufrechnung tilgen. Allgemein anerkannt ist, dass sich die Rechtsposition des mortgagor durch die (gesonderte) Übertragung der mortgage nicht verschlechtern darf, insbesondere eine mehrfache Zahlung auf die Forderung und die mortgage ausgeschlossen sein muss (siehe bereits Jones v. Gibbons (1804) 9 Ves. Jr. 407; 32 E. R. 659; vgl. auch Morley v. Morley (1858) 25 Beav. 253, 258; 53 E. R. 633, 635). 275 So Cousins (-Cousins/Clarke/Hornett), Law of Mortgages4, Rn. 13-01; Fisher and Lightwood (-Morgan), Law of Mortgage14, Rn. 24.12 jeweils unter m. E. zweifelhafter Berufung auf Jones v. Gibbons (1804) 9 Ves. Jr. 407; 32 E. R. 659. Schließlich erachtete das Kanzleigericht in diesem Fall, wie gezeigt, eine gesonderte Übertragung der mortgage ohne die Sicherungsforderung für unmöglich; die Forderung sollte auch ohne die für die Zession erforderliche Unterrichtung des Schuldners notwendigerweise mit der Abtretung der mortgage auf den Erwerber als untrennbarer „Bestandteil“ (incident) der mortgage übergehen; aus dem Urteil ergeben sich keine Anhaltspunkte für eine Differenzierung zwischen Empfangszuständigkeit und Einziehungsbefugnis. Sofern man eine gesonderte Abtretung der mortgage ohne die Sicherungsforderung (mortgage debt) mit der vorbeschriebenen Trennung von Empfangs- und Einziehungszuständigkeit für möglich erachtet, zeigt sich freilich eine auffällige Parallele zur (wohl) herrschenden Konzeption der „isolierten“ Afterverpfändung in Österreich, bewirkt doch auch diese eine seltsame Spaltung von Einziehungs- und Empfangszuständigkeit hinsichtlich der nicht mitverpfändeten Forderung (siehe § 5 II. 1. b)).
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mortgagee zur Verwertung mittels foreclosure ohne Rücksicht auf den Übergang der Schuldforderung berechtigt.276 Umgekehrt impliziert die Forderungszession den Übergang der mortgage auf den assignee, soweit nicht ausdrücklich etwas anderes vereinbart ist. Eine „isolierte“ Forderungsabtretung ist allerdings möglich,277 ohne dass hierdurch die mortgage in ihrer Wirksamkeit berührt wird.278 Sofern sich der assignor bei der Forderungszession die mortgage ausdrücklich vorbehält, wird diese at law uneingeschränkt zulässige Vertragsgestaltung in equity vermittels des Instituts des constructive trust korrigiert. Nach der älteren Judikatur bleibt der assignor uneingeschränkt zur Ausübung der ihm verliehenen (Verwertungs-)Befugnisse als mortgagee berechtigt, unterliegt aber einer fiduziarischen Bindung hinsichtlich der mortgage und des aus der Geltendmachung derselben erzielten Erlöses im Verhältnis zum assignee.279 276 Cousins
(-Cousins/Clarke/Hornett), Law of Mortgages4, Rn. 13-01. Morley v. Morley (1858) 25 Beav. 253, 258–259; 53 E. R. 633, 635–636 (Sir John Romilly M. R.); Goode (-McKendrick), Commercial Law5, Rn. 23.55. An dieser Stelle sei auf die Ausführungen zur Forderungszession nach englischem Recht Bezug genommen. Bei der Forderungsabtretung sind zwei gegensätzliche Regimes zu unterscheiden, das sog. statutory assignment und das equitable assignment. Das statutory assignment gem. sec. 136(1) LPA 1925 zielt auf eine vollständige Rechtsnachfolge des Neugläubigers in die Position des Altgläubigers ab; eine Teilabtretung ist at law nicht möglich. Tatbestandlich erstreckt sich sec. 136(1) LPA 1925 nicht nur auf die rechtsgeschäftliche Übertragung von (Geld-)Forderungen, sondern auf die Übertragung aller legal things in action; dieser Begriff wird tendenziell weitausgelegt, erfasst sind alle normativen Gegenständen ungeachtet dessen, ob es sich um legal rights oder equitable interests handelt. Erforderlich ist eine Einigung über die Übertragung der Forderung bzw. des betreffenden Rechts in schriftlicher Form sowie die Anzeige des Übergangs an die jeweils verpflichtete Person, d. h. an den Schuldner bzw. an den trustee. Vom statutory assignment scharf zu unterscheiden ist das sog. equitable assignment; hiernach ist eine „Übertragung“ einer (Geld-)Forderung oder eines sonstigen Rechts auch ohne schriftliche Erklärung und Schuldnerbenachrichtigung möglich; soweit es um die Übertragung von equitable interests geht, ist freilich sec. 53(1)(c) LPA 1925 zu beachten, d. h. die Übertragung bedarf als „disposition“ der Schriftform. Besonderheiten gelten bei der Übertragung von mortgages: Wird die mortgage mittels deed übertragen, rückt der Erwerber nach sec. 114(1)(a) LPA 1925 auch ohne Anzeige an den mortgagor/Schuldner in die Rechtsposition des mortgagee ein, soweit nichts anderes vereinbart ist; die nicht konstitutive Anzeige schließt insoweit nur den Schuldnerschutz aus. 278 Cousins (-Cousins/Clarke/Hornett), Law of Mortgages4, Rn. 13-01; Goode (-McKendrick), Commercial Law5, Rn. 23.55. 279 Morley v. Morley (1858) 25 Beav. 253, 258–259; 53 E. R. 633, 635–636 (Sir John Romilly M. R.); Cousins (-Cousins/Clarke/Hornett), Law of Mortgages4, Rn. 13-01; Goode (-McKendrick), Commercial Law5, Rn. 23.55. Neuere Rechtsprechung zu den Rechtsfolgen getrennter Verfügungen über die gesicherte Forderung und den security interest existiert nicht; in Sands v. Monem [2010] EWHC 1972 (Ch) [13] ließ Norris J. dahinstehen, ob an Morley v. Morley festzuhalten sei. Die Entscheidung in Morley v. Morley macht das Bestreben der Rechtsprechung sichtbar, einer doppelten Inanspruchnahme des mortgagor wegen gesonderter Verfügung über die Forderung und/oder die mortgage vorzubeugen. In dem zugrundeliegenden Fall hatten sich die Kläger von ihrem Schuldner Morley (dem Beklagten zu 1) im Jahr 1846 eine mortgage mittels deed an einem bereits mit einer vorrangigen mortgage belasteten leasehold estate zur Sicherung einer Forderung i. H. v. £ 11.300 einräumen lassen und das Grundstück auch zur Ausübung unternehmerischer Zwecke in Besitz genommen (wenngleich sich die Ausgestaltung der mortgage aus dem Sachbericht nicht entnehmen lässt, dürfte die nachrangige mortgage der Kläger rechtstechnisch kraft Sicherungsübertragung der equity of redemption des Beklagten zu 1) zustan277
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An dieser Stelle wird einmal mehr sichtbar, dass die charakteristische Interdependenz der separaten Zuordnungsregimes – Common Law und Equity – einerseits mehr Privatautonomie eröffnet und andererseits diese erweiterte vertragliche de gekommen sein). Weder diese Forderung noch die weiteren von den Klägern eingeräumten Kredite (i. H. v. ca. £ 17.000) zahlte der Beklagte zu 1) zurück, weshalb die Kläger alsbald selbst in Zahlungsschwierigkeiten gerieten. Sie schlossen deshalb im Jahr 1847 mit den Beklagten zu 3) und zu 4) einen „Sicherungsvertrag“ (indenture), unter dem die Kläger u. a. ihre Forderungen gegen den Beklagten zu 1) an die Beklagten zu 3) und zu 4) abtraten, die diese Forderungen mehrseitig treuhänderisch für die Gläubiger der Kläger und (hinsichtlich des Überschusses) für die Kläger halten sollten. Von der Abtretungsvereinbarung war die mortgage am Grundstück des Beklagten zu 1) ausgenommen worden; die Nutzung des Grundstücks behielten sich die Kläger ausweislich des Sicherungsvertrags explizit vor. Später erwarben die Kläger die vorrangige mortgage nach Ablösung und Übertragung derselben. Als schließlich der Beklagte zu 2) im Jahr 1857 einen Vollstreckungstitel gegen den Beklagten zu 1) erwirkte, beantragten die Kläger gerichtlich festzustellen, dass sie ungeachtet der Sicherungsvereinbarung berechtigt seien, den Verfall (foreclosure) des belasteten Grundstücks zu erwirken. Das Kanzleigericht gab der Klage statt. Es unterstellte dabei zulasten der Kläger, dass sich der Sicherungsvertrag – was zwischen den Parteien streitig war – auch auf die durch die streitgegenständliche mortgage gesicherte Forderung i. H. v. £ 11.300 beziehe. Dessen ungeachtet blieben die Kläger aber uneingeschränkt zur Ausübung ihrer Befugnisse aus der vorbehaltenen mortgage berechtigt. Zwar erstrecke sich die Forderungsabtretung vorbehaltlich abweichender Vereinbarungen auf alle Sicherheiten; diese dispositive Regel greife hier aber aufgrund des ausdrücklichen Vorbehalts in der Sicherungsabrede nicht ein (Morley v. Morley (1858) 25 Beav. 253, 257–258; 53 E. R. 633, 635 (Sir John Romilly M. R.)). Das Gericht legte diese dahin aus, dass die trustees, d. h. die Beklagten zu 3) und zu 4), hiernach weder zur Geltendmachung der abgetretenen Forderung noch zur Verwertung der mortgage berechtigt seien, weil dies ja die den Klägern vorbehaltene uneingeschränkte Nutzung des belasteten Grundstücks gefährden könne; folgerichtig seien ausschließlich die Kläger berechtigt, die in der Sicherungsabrede vorbehaltene Rechte hinsichtlich der streitgegenständlichen mortgage – ggf. auch mittels der action of foreclosure – geltend zu machen (Morley v. Morley (1858) 25 Beav. 253, 258–259; 53 E. R. 633, 635–636 (Sir John Romilly M. R.). Aus den Entscheidungsgründen lässt sich zwar nicht eindeutig entnehmen, ob dies auch hinsichtlich der Sicherungsforderung gelten sollte, die Kläger also auch zur Einziehung derselben durch Leistungsklage ungeachtet der Abtretung berechtigt blieben. Jedenfalls waren die Kläger aber verpflichtet, das wegen der Sicherungsforderung eingezogene Geld treuhänderisch für die Beklagten zu 3) und zu 4) zu halten, die insoweit wiederum als trustees für die Gläubiger der Kläger – präzise betrachtet unter einem sub-trust – agierten. Im Außenverhältnis spiele diese treuhänderische Bindung der Kläger aber keine Rolle, so das Gericht, weshalb sie auch berechtigt seien, vorrangige mortgages abzulösen und sodann aus eigenem Recht sich endgültig den zur Sicherheit übertragen leasehold estate mittels foreclosure einzuverleiben (vgl. Morley v. Morley (1858) 25 Beav. 253, 258–259; 53 E. R. 633, 635–636 (Sir John Romilly M. R.: „[A]re the trustees, notwithstanding the proviso at the end of the deed reserving to the Plaintiffs the property comprised in the deed of 1846, at liberty to make use of that deed for purposes affecting the Plaintiff ’s possession? If they are, it would reduce these words in the deed to nothing, because […] they are not to derive the slightest advantage from that deed of 1846; […] the trustees were barred from taking any step under this deed to affect the property. Adopting that view of the case, is not a bill to foreclose a step taken under this deed? and would not an action upon the covenant be another step taken under the deed? What would be the result, if this be the true construction? viz., if the whole of the debt and interest is assigned to the trustees for the benefit of the creditors, but the trustees have covenanted not to use this deed or make it available for the purposes of recovering the property? This would be the result: the Plaintiffs would then be the only persons who could enforce the deed, and would be trustees of the money recovered for the trustees of the creditors, and liable to account to them; but so far as any other person is concerned or interested in the property, the foreclosure or redemption would be perfect, and the title under it would be as complete as if they had
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Gestaltungsmacht schuldrechtlich in ihre Schranken weist. Ein striktes Prinzip der Verfügungsakzessorietät ist für security interests weder at law noch in equity aus Gründen der Verkehrssicherheit oder gar des Schuldnerschutzes vonnöten. Gesonderte Übertragungs- oder Belastungsverfügungen über die mortgage und/oder die Sicherungsforderung wirken sich ohnehin nicht zulasten des mortgagor resp. des Schuldners aus, während der Erwerber zwecks Vermeidung allfälliger Zuständigkeitsspaltungen at law eine drittschutzfähige Rechtsposition in equity an der nicht at law übertragenen mortgage (bzw. mortgage debt) erwirbt. Dies gilt aber nicht nur für die „unqualifizierte“ Übertragung, sondern auch für den Erwerber einer „isolierten“ sub-mortgage, sei es in Form einer translativen, sei es in Form einer konstitutiven Sukzession in die Rechtsposition des mortgagee. bb) Erwerb einer legal sub-mortgage Während die Sicherungsübertragung von legal estates in land seit 1926 obsolet ist, ist bei der sub-mortgage zu unterscheiden. Wie sich inzident aus sec. 23(3) LRA 2002 ergibt, erkannte das durch den LPA 1925 reformierte Liegenschaftsrecht bis 2003 drei Erscheinungsformen der legal sub-mortgage an, die, sofern sich die sub-mortgage auf eine mortgage an einem unregistered estate bezieht, im geltenden Recht nur noch einen schmalen Anwendungsbereich erheischen.280 Sowohl an registered land als auch an unregistered land ließen sich legal sub-mortgages bis zum Inkrafttreten des LRA 2002 erstens durch Sicherungsübertragung der legal mortgage, zweitens im Wege der Verpfändung der zu belastenden legal mortgage mittels charge by way of legal mortgage und drittens mittels „verdinglichter“ Unterverpachtung (sog. sub-mortgage by sub-demise) konstituieren.281 Die einschlägigen Varianten der legal sub-mortgage richten sich nach dem Typus der principal mortgage. Die Zustimmung des mortgagor ist für die Bestellung einer sub-mortgage nicht erforderlich; die sub-mortgage konstituiert gerade nicht eine unzulässige clog on the equity of redemption.282 Weil eine mortgage by (sub-)demise einen (auflösend bedingten) term of years absolute i. S. v. secs. 1(1)(b), 205(1)(xxvii) LPA 1925 begründet, kann diese, auch soweit sie sich auf unregistered land bezieht, seit 1926 nicht mehr zur Sicherheit transferiert,283 sondern nur alternativ mit einer sub-
proceeded for their own benefit, and were not liable, subsequently, to account to the trustees of the creditors’ deed. I am, therefore, of opinion, that in whichever way this is looked at, the Plaintiffs are the persons who have a right to redeem all prior incumbrances and to foreclose all those subsequent to them.“). 280 Der LRA 2002 trat am 13.10.2003 in Kraft (Statutory Instrument 2003/1725). 281 Vgl. Woodhouse (1948) 12 Conv. (NS) 171, 172; Fisher and Lightwood (-Clark), Law of Mortgage14, Rn. 25.1; Megarry and Wade (-Harpum/Bridge/Dixon), The Law of Real Property8 , Rn. 25-147. 282 Vgl. In re Tahiti Cotton Company (1873–1874) L. R. 17 Eq. 273, 279 (Sir George Jessel M. R.); Firth, Derivatives Law and Practice (Release 37; September 2018), Rn. 6-073 m. w. N.; Fisher and Lightwood (-Clark), Law of Mortgage14, Rn. 25.1. 283 Woodhouse (1948) 12 Conv. (NS) 171, 172–173.
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mortgage by (sub-)demise oder einer charge by way of legal mortgage belastet werden (sec. 86(1) LPA 1925).284 Andererseits ist die charge by way of legal mortgage einer Belastung mit einer sub-mortgage by sub-demise schlechthin unzugänglich, weil jene – obschon sie inhaltlich identische Befugnisse verleiht (vgl. sec. 87(1) LPA 1925) – nicht als term of years absolute, sondern als Grundpfandrecht konfiguriert ist (sec. 1(2)(c) LPA 1925).285 Sofern sich die charge by way of legal mortgage nicht auf registered land bezieht, steht es dem mortgagee286 aber frei, diese – ohne notwendige Abtretung der Sicherungsforderung – unter einer legal sub-mortgage zu transferieren.287 Auch der LPA 1925 hat die traditionelle Erscheinungsform der legal mortgage also nicht vollständig aus dem Liegenschaftsrecht verbannt.288 Außerdem steht der Verpfän284 Vgl. Fisher and Lightwood (-Clark), Law of Mortgage14, Rn. 25.2; Megarry (-Rainey/ Walsh/Harrison/Dovar), Manual of the Law of Real Property9, Rn. 17-071. Die legal sub-mortgage nahm insoweit also entweder die Form einer „verdinglichten“ Unterverpachtung (siehe hierzu z. B. Owen v. Cornell (1967) 203 E. G. 29) oder eines bloßen Grundpfandrechts an. Eine versuchte Sicherungsübertragung einer mittels (sub-)demise bestellten mortgage ist aber nicht nichtig, sondern wird gem. sec. 86(2), (3) LPA 1925 in eine sub-mortgage by sub-demise umgedeutet (vgl. Woodhouse (1948) 12 Conv. (NS) 171, 173); die Befristung richtet sich nach dem zeitlichen Umfang des zu belastenden term of years absolute und etwaigen vorrangigen sub-mortgages in Form von notwendigerweise vor Ablauf des zu bestellenden nachrangigen sub-term of years absolute erlöschenden sub-terms. 285 Cheshire and Burn (-Burn/Cartwright), Modern Law of Real Property18 , S. 805. 286 Der Terminus mortgagee ist nicht für den Rechtsinhaber einer mortgage by (sub-)demise reserviert, sondern erfasst auch den Inhaber einer charge by way of legal mortgage (vgl. sec. 205(1) (xvi) LPA 1925). 287 Vgl. Fisher and Lightwood (-Clark), Law of Mortgage14, Rn. 25.2; Megarry (-Rainey/ Walsh/Harrison/Dovar), Manual of the Law of Real Property9, Rn. 17-071. Die dogmatische Erklärung liegt darin, dass die legal mortgage in Gestalt der Sicherungsübertragung nur in Bezug auf legal estates in land (i. S. v. sec. 1(1) LPA 1925) gem. secs. 85(1), 86(1) LPA 1925 abgeschafft worden ist, wohingegen die durch den LPA 1925 erstmals eingeführte charge by way of legal mortgage als sonstiger legal interest in land zu klassifizieren ist (sec. 1(2)(c) LPA 1925). Demgemäß sind secs. 85(1), 86(1) LPA 1925 auf die Bestellung einer sub-mortgage seitens des Rechtsinhabers einer charge by way of legal mortgage unanwendbar, zumal – aus den bereits aufgezeigten Gründen – die „versuchte“ Sicherungsübertragung einer charge by way of legal mortgage von vornherein nicht, wie in secs. 85(2), 86(2) LPA 1925 bestimmt, in eine mortgage by (sub-)demise umgedeutet werden kann. Dies gilt nur bei der versuchten Sicherungsübertragung einer mortgage by (sub-)demise, die ihrerseits in eine sub-mortgage by sub-demise umzudeuten ist (arg. e sec. 86(3) LPA 1925). 288 Vgl. Fisher and Lightwood (-Clark), Law of Mortgage14, Rn. 25.1. Die sub-mortgage im Wege der Sicherungsübertragung blieb ungeachtet des Verbots der Sicherungsübertragung von estates in land (vgl. secs. 85(1), 86(1) LPA 1925) in Bezug auf charges by way of legal mortgage noch bis 2003 zulässig und ist auch heute noch, sofern sich die zu transferierende legal mortgage auf einen nicht eingetragenen estate in land bezieht, möglich. Zwar löst die Bestellung einer erstrangigen mortgage an einem freehold estate oder einem leasehold estate (mit einer Restlaufzeit von mehr als sieben Jahren), sofern sie unter Übergabe der einschlägigen title deeds erfolgt und daher nicht als schon als Class C land charge in dem für die Drittschutzfähigkeit begrenzter Rechte an unregistered estates nach wie vor bedeutsamen Land Charges Register gem. sec. 2(4)(i) LCA 1972 als sog. puisne mortgage eintragungsfähig ist, die Eintragungspflicht des zu belastenden estate in land gem. sec. 4(1)(g) LRA 2002 aus. Wie ausgeführt, lässt sich im geltenden Recht ein noch nicht eingetragener estate in land nicht mehr effektiv mit einer mortgage by (sub-)demise, sondern nurmehr mit einer charge by way of legal mortgage belasten. Demgegenüber löst die Übertragung
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dung einer charge by way of legal mortgage, d. h. der Bestellung einer doppel- oder mehrstöckigen charge by way of legal mortgage in Bezug auf unregistered land prinzipiell nichts entgegen;289 im zeitlichen Geltungsbereich des LRA 1925 galt, wie sich implizit aus der Entscheidung Credit & Mercantile plc v. Marks ergibt, für registered land nichts anderes.290 Im reformierten Regime der registered estates ist es nun zwar nicht mehr möglich, die registered charge291 zur Sicherheit zu übertragen oder mit einer rechtstypisch identischen (sub-)charge by way of legal mortgage zu belasten. Zulässig ist allein die oder Belastung einer mortgage oder charge unter einer sub-mortgage oder mit einer sub-charge an einem nicht eingetragenen estate in land keinen Eintragungszwang aus, weshalb eine mortgage by (sub-)demise forthin im Wege einer sub-mortgage by sub-demise und/oder einer charge by way of legal mortgage sowie eine charge by way of legal mortgage (zur Sicherheit) übertragen oder mittels einer sub-charge by way of legal mortgage belastet werden kann. 289 Die einschlägigen Darstellungen der sub-mortgage (siehe z. B. Woodhouse (1948) 12 Conv. (NS) 171–181; Cousins (-Cousins/Clarke/Hornett), Law of Mortgages4, Rn. 13-16–13-20; Megarry and Wade (-Harpum/Bridge/Dixon), The Law of Real Property8 , Rn. 25-146–25-149) konzentrieren sich auf die klassische Erscheinungsform, die Sicherungsübertragung der mortgage; die theoretische Möglichkeit einer „doppelstöckigen“ charge by way of legal mortgage – die im geltenden Recht an registered land ohnedies unzulässig ist (sec. 23(2)(a), (3)(c) LRA 2002) – wird kaum erwähnt (für die Zulässigkeit in Bezug auf unregistered land Fisher and Lightwood (-Clark), Law of Mortgage14, Rn. 25.1; Megarry (-Rainey/Walsh/Harrison/Dovar), Manual of the Law of Real Property9, Rn. 17-071). 290 Vgl. Credit & Mercantile plc v. Marks [2004] EWCA Civ 568; [2005] Ch. 81, 94 [84] (Clarke L. J.). Aus sec. 85(1), 86(1) LPA 1925 dürfte kaum e contrario gefolgert werden können, dass nur freehold estates und leasehold estates einer charge by way of legal mortgage zugänglich sind, nicht aber andere frei übertragbare legal interests in land, zu denen wie gezeigt auch die charge by way of legal mortgage gehört (sec. 1(2)(c) LPA 1925). Denn diese Vorschriften regeln nur, welche Erscheinungsformen einer mortgage an estates in land anstelle der obsoleten Sicherungsübertragung zulässig sind, ohne aber die neu introduzierte Rechtsfigur der charge by way of legal mortgage ausschließlich für legal estates i. S. v. sec. 1(1) LPA 1925 zu reservieren. Auch ist nicht einzusehen, weshalb es dem Rechtsinhaber einer charge by way of legal mortgage (an nicht eingetragenen Grundstücksrechten bzw. unter dem alten Regime der registered estates) versagt sein sollte, seinem Gläubiger eine eintragungsfähige legal sub-charge zu bestellen. Anderenfalls bliebe nur die Möglichkeit einer vollständigen Rechtsübertragung, wodurch aber die Rechtsstellung des submortgagor auf eine bloße equity of redemption verkürzt werden würde, oder einer bloßen equitable sub-charge, die freilich nicht ebenso extensive Verwertungsbefugnisse wie eine charge by way of legal mortgage verleiht und zudem nicht mit einem vergleichbaren Bestandsschutzniveau ausgestattet ist. Überdies ist es fraglos zulässig, eine legal sub-charge – wenn auch nicht in der Form einer sub-charge by way of legal mortgage, aber mit weitgehend identischen Wirkungen (vgl. secs. 23(2)(a), (3)(c), 51, 53 LRA 2002) – an einem registered estate zu bestellen, wobei mit der Neuregelung der sub-charge keine sachlichen Änderungen bezweckt waren, siehe Hansard (HL), 30.10.2001, Nr. 627, Ziff. 1344 (http://www.publications.parliament.uk/pa/ld200102/ldhansrd/ vo011030/text/11030-13.htm; zuletzt abgerufen: 1.4.2020). 291 Der Rechtsbegriff charge fungiert im reformierten Liegenschaftsregime nunmehr als Oberbegriff für alle Grundpfandrechte (sec. 132(1) LRA 2002: „charge“ means any mortgage, charge or lien for securing money or money’s worth). Volle sachenrechtliche Wirkung at law erzeugt die gem. sec. 27(1), (2)(f) LRA 2002 eintragungsbedürftige charge by way of legal mortgage nur, wenn sie in dem für den belasteten estate in land angelegten Register als registered charge gem. sec. 59(2) LRA 2002 eingetragen ist (vgl. sec. 29(2)(a)(i) LRA 2002). Ohne Eintragung bleibt sie auf den schwachen Drittschutz einer equitable charge beschränkt und verleiht nicht die Rechte einer charge by way of legal mortgage i. S. v. sec. 87(1) LPA 1925.
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„unqualifizierte“ rechtsgeschäftliche Übertragung oder die Bestellung einer subcharge (vgl. 27(3) LRA 2002), welche ausschließlich vermittels Belastung der durch die registered charge gesicherten Forderung mit einem „payment of money“ zustande kommt.292 Während sich die in sec. 23(1)(b) LRA 2002 bestimmte Belastung eines eingetragenen estate in land mit einem „payment of money“ in einer dogmatisch irreführenden und überdies redundanten Verfügungsoption erschöpft,293 ist in der für die registered charge statuierten Parallelvorschrift in sec. 23(2)(b) LRA 2002 die „alte“ legal sub-mortgage verschlüsselt. Der kryptische Normwortlaut ist dahin auszulegen, dass die durch die charge gesicherte Forderung mitsamt der charge wegen einer Geldforderung verpfändet wird; es entsteht eine sub-charge.294 Weil nun aber eine registered charge in kombinierter Anwendung von sec. 51 LRA 2002, sec. 87(1) LPA 1925 inhaltlich diejenigen Befugnissen vermittelt, die einer mortgage by (sub-)demise immanent sind, und zugleich der Rechtsinhaber einer eingetragenen sub-charge über die gleichen Befugnisse verfügt, die dem Inhaber der belasteten charge zustehen (sec. 53 LRA 2002), deckt sich der Wirkungskreis der formal modernisierten sub-charge weitgehend mit dem einer sub-charge by way of legal mortgage und einer sub-mortgage by (sub-)demise.295 Wie die charge by way of legal mortgage bedarf auch die Bestellung einer sub-charge durch Verpfändung der durch eine registered charge gesicherten Forderung gem. sec. 23(2)(b) LRA 2002 einer deed, um einen legal interest in land zu konstituieren (vgl. secs. 52(1), 205(1) (ii) LPA 1925).296 Wenngleich einerseits nach sec. 23(2)(b) LRA 2002 die jeweils gesicherte Forderung verpfändet und nicht unmittelbar die registered charge belastet wird, entsteht andererseits die sub-charge wirksam at law nur dann, wenn diese Verfügung gem. sec. 27(3)(b) LRA 2002 ordnungsgemäß durch Eintragung perfektioniert wird.297 Demgemäß bedürfen die Übertragung und die Belastung einer 292 Cheshire and Burn (-Burn/Cartwright), Modern Law of Real Property18 , S. 808; Cousins (-Cousins/Clarke/Hornett), Law of Mortgages4, Rn. 13-17–13-18; Fisher and Lightwood (-Clark), Law of Mortgage14, Rn. 25.1, 25.4; Megarry (-Rainey/Walsh/Harrison/Dovar), Manual of the Law of Real Property9, Rn. 17-071; Megarry and Wade (-Harpum/Bridge/Dixon), The Law of Real Property8 , Rn. 25-148. 293 Vgl. Megarry and Wade (-Harpum/Bridge/D ixon), The Law of Real Property8 , Rn. 24034; die Wirkung des charging of the estate with the payment of money unterscheidet sich wegen sec. 51 LRA 2002 nicht von der Bestellung einer legal charge. 294 Cousins (-Cousins/Clarke/Hornett), Law of Mortgages4, Rn. 13-17–13-18; Fisher and Lightwood (-Clark), Law of Mortgage14, Rn. 25.1, 25.4; Megarry and Wade (-Harpum/Bridge/ Dixon), The Law of Real Property8 , Rn. 24-035. 295 Vgl. Credit & Mercantile plc v. Marks [2004] EWCA Civ 568; [2005] Ch. 81, 94 [84] (Clarke L. J.); Megarry and Wade (-Harpum/Bridge/Dixon), The Law of Real Property8 , Rn. 25-148. 296 Diesbezüglich gilt nichts anderes als für die rechtsgeschäftliche Übertragung einer registered charge gem. sec. 27(3)(a) LRA 2002, vgl. Fisher and Lightwood (-Clark), Law of Mortgage14, Rn. 5.21. 297 Megarry and Wade (-Harpum/Bridge/D ixon), The Law of Real Property8 , Rn. 25-148; Goode (-McKendrick), Commercial Law5, Rn. 23.46 in Fn. 124. Die Eintragung erfolgt im charges register des betroffenen estate in land (vgl. sec. 59(3) LRA 2002, r. 9(2) LRR 2003); der sub-chargee ist als Inhaber der sub-charge einzutragen (Sch. 2 para. 11 LRA 2002). Verfahrensrechtlich bedarf es eines Eintragungsantrags, der bei der Bestellung einer sub-charge an einer registered charge – parallel zur Bestellung einer registered charge an einem estate in land – in der standardisierten
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sub-charge mit einer sub-charge (i. S. v. sec. 23(2)(b) LRA 2002) der Eintragung im charges register des betroffenen estate in land.298 Die mit der Beseitigung der Typenvielfalt der sub-mortgages verfolgten Rationalisierungs- und Kanalisierungseffekte299 sind vor dem Hintergrund der aufgezeigten selbstständigen Übertragbarkeit von mortgage und mortgage debt nachvollziehbar. So ist bis heute nicht abschließend geklärt, ob und, bejahendenfalls, unter welchen Voraussetzungen, eine sub-mortgage die in sec. 114 LPA 1925 bestimmte Legalzession der Sicherungsforderung auslöst.300 Deshalb war es früher üblich, die Sicherungsübertragung einer charge by way of legal mortgage bzw. die Bestellung einer sub-mortgage by sub-demise und/oder die Verpfändung einer Form „AP1“ (r. 13, Sch. 1 LRR 2003 zu stellen ist, vgl. Fisher and Lightwood (-Clark), Law of Mortgage14, Rn. 5.8. Die deed kann in der von der Land Registry zur Verfügung gestellten Form „CH1“ ausgestellt werden (abgedruckt bei Cheshire and Burn (-Burn/Cartwright), Modern Law of Real Property18 , S. 808–809); eine gesetzlich vorgeschriebene Form gibt es für die Verfügungsurkunde nicht. Ausgeblendet wird in der Literatur die Frage, ob zumindest die Verpfändung der gesicherten Forderung in equity wirksam ist, wenn die Form- und Vollzugserfordernisse für die Bestellung einer sub-charge gem. sec. 52(1) LPA 1925, sec. 27(3)(b) LRA nicht erfüllt sind. Dafür spricht, dass dem englischen Regime der security interests kein „striktes“ Prinzip der Verfügungsakzessorietät bekannt ist, zumal sogar eine isolierte Abtretung der Sicherungsforderung resp. eine isolierte Übertragung der mortgage möglich ist (§ 5 II. 1. b) aa)). Zumindest dann, wenn ein durchsetzbarer Anspruch auf Verpfändung der registered charge besteht, dürfte nicht anders als bei isolierter Forderungsabtretung zugunsten des chargee an der gesicherten Forderung ein trust an der sub-charge entstehen. Nur klarstellend sei erwähnt, dass ein equitable assignment by way of charge keiner Form unterliegt und – im Unterschied zum deutschen und zum österreichischen Recht (vgl. § 451 ABGB, §§ 1279 S. 1, 1280 BGB) – nicht einer Anzeige an den Schuldner bedarf (Bridge, Personal Property Law4, S. 235). At law ist eine Forderungsverpfändung ohnehin unmöglich; sec. 136(1) LPA 1925 gilt ausweislich des Normwortlauts nur für „absolute assignments“ (Bridge, Personal Property Law4, S. 242–243). 298 Die Übertragung einer eingetragenen sub-charge unterliegt denselben Voraussetzungen wie die Übertragung einer registered charge an einem estate in land, vgl. Fisher and Lightwood (-Clark), Law of Mortgage14, Rn. 5.20–5.21, 25.5 in Fn. 1. Materiellrechtlich bedarf es also zum einen einer Verfügung mittels deed (secs. 52(1), 205(1)(ii) LPA 1925) und zum anderen der Eintragung des Zweiterwerbers als neuem Rechtsinhaber der transferierten sub-charge (sec. 27(3)(a), Sch. 2 para. 10 LRA 2002, r. 9(2) LRR 2003); der verfahrensrechtlich erforderliche Eintragungsantrag ist in einer der vorgeschriebenen Formen („TR3“ oder „TR4“ für die rechtsgeschäftliche Übertragung inter vivos, „AS2“ für die Rechtsnachfolge von Todes wegen) zu stellen (r. 116, Sch. 1 LRR 2003). 299 Vgl. Hansard (HL), 30.10.2001, Nr. 627, Ziff. 1344 (http://www.publications.parliament. uk/pa/ld200102/ldhansrd/vo011030/text/11030-13.htm; zuletzt abgerufen: 1.4.2020). 300 So meint Woodhouse (1948) 12 Conv. (NS) 171, 172–173, dass sec. 114 LPA 1925 jedenfalls nicht uneingeschränkt auf die Bestellung einer sub-mortgage by sub-demise anzuwenden sei, weil die zu belastende mortgage schließlich nicht unter einer sub-mortgage übertragen werden könne (vgl. sec. 86(3) LPA 1925) und demgemäß zumindest sec. 114(1)(c) LPA 1925 nicht einschlägig sei; Fisher and Lightwood (-Clark), Law of Mortgage14, Rn. 25.2 mit Fn. 2 äußert Zweifel, ob sich der sub-mortgagee auf sec. 114 LPA 1925 berufen könne. Zudem ist zu beachten, dass sec. 114 LPA 1925 nach der Rechtsprechung des Court of Appeal auf die rechtsgeschäftliche (Sicherungs-) Übertragung oder Verpfändung von mortgages an eingetragenen estates in land generell nicht anzuwenden ist (vgl. Paragon Finance plc v. Pender [2005] EWCA Civ 760; [2005] 1 W. L.R. 3412, 3437 [115] (Parker L. J.); Meretz Investments NV v. ACP [2007] EWCA Civ 1303; [2008] Ch. 244 [79] (Arden L. J.); Cousins (-Cousins/Clarke/Hornett, Law of Mortgages4, Rn. 13-01 in Fn. 4).
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mortgage by (sub-)demise mit einer ausdrücklichen (Sicherungs-)Zession der mortgage debt seitens des sub-mortgagor an den sub-mortgagee zu verbinden.301 Dies ist nunmehr obsolet. Da sich eine „isolierte“ Übertragung oder Verpfändung einer registered charge unter einer legal sub-mortgage gem. sec. 23(2)(a) LRA 2002 verbietet, scheidet die Anwendung von sec. 114 LPA 1925 auf die Bestellung einer sub-charge richtigerweise schon deshalb aus, weil es an einem tatbestandsmäßigen „transfer“ fehlt; die Verpfändung der durch eine registered charge gesicherten „indebtedness“ entfaltet weder hinsichtlich des Verfügungsobjekts noch hinsichtlich der akzessorischen charge rechtstransportierende, sondern vielmehr rechtsvervielfältigende Wirkung.302 Dies zeigt sich vor allem daran, dass die sub-charge i. S. v. sec. 23(2)(b) LRA 2002 trotz der (ausschließlich für die Verpfändung introduzierten) Forderungsbindung der registered charge wie eine reguläre charge zu behandeln ist.303 Letztlich existiert die sub-mortgage identitätswahrend unter dem Terminus sub-charge fort; die legislatorische Intervention beschränkte sich auf den Verpfändungstatbestand, ohne die Rechtsfolgen zu verändern.304 301 Siehe die Gestaltungsvorschläge bei Woodhouse (1948) 12 Conv. (NS) 171, 172–173; Fisher and Lightwood (-Clark), Law of Mortgage14, Rn. 25.2. 302 Auf die umstrittene Frage, ob die Vorschrift auf mortgages an eingetragenen estates in land anzuwenden ist, kommt es hier deshalb nicht an. 303 Z. B. können – parallel zu einer registered charge an einer Mehrheit von estates in land – unter einer singulären sub-charge als „Gesamtrecht“ eine Mehrheit von Grundpfandrechten („portfolio of charges“) an jeweils verschiedenen estates in land (vermittels einheitlicher Verpfändung der jeweiligen Sicherungsforderungen) für denselben sub-chargee belastet werden; diesbezüglich gilt nichts anders als für die tradierten Erscheinungsformen der sub-mortgage. Alternativ möglich ist es, mehrere Sicherungsforderungen desselben Gläubigers einschließlich der jeweiligen registered charges jeweils gesondert dem sub-chargee zu verpfänden und mit einem sog. right of consolidation zu komplementieren, vgl. Fisher and Lightwood (-Clark), Law of Mortgage14, Rn. 25.2. Mittels des rechtspolitisch umstrittenen right of consolidation wird dem mortgagor das Recht entzogen, lediglich einzelne mortgages einzulösen, wenn der Fälligkeitszeitpunkt für alle von ihm gewährten mortgages verstrichen ist; dieses ursprünglich in equity als Korrelat der equity of redemption entwickelte Recht des mortgagee erlaubt diesem also die Zahlung auf einzelne mortgages zurückzuweisen und vielmehr auf eine einheitliche und vollständige Zahlung aller Forderungen zu bestehen. Das right of consolidation besteht freilich längst nicht mehr von Gesetzes wegen, sondern bedarf einer vertraglichen Einigung, die nur unter bestimmten Voraussetzungen wirksam ist (vgl. sec. 93 LPA 1925). Zu beachten ist allerdings, dass bei der praxisüblichen „securitisation“ einer Vielzahl von registered charges im Rahmen des Refinanzierungsgeschäfts der Banken auf die Eintragung von sub-charges in aller Regel verzichtet wird; die Praxis setzt vielmehr auf die „geheime“ (Sicherungs-)Übertragung der grundpfandrechtlich gedeckten Kredite durch equitable assignment (vgl. Paragon Finance plc v. Pender [2005] EWCA Civ 760; [2005] 1 W. L.R. 3412, 3415–3416 [13]–[14] (Parker L. J.); Bank of Scotland v. Herron [2017] NICh 15 [57]– [59] (McBride J.)). 304 Aus den Gesetzgebungsmaterialien ist zu entnehmen, dass mit sec. 23(2) LRA 2002 lediglich eine begrifflich-formale Anpassung des alten Regimes der sub-mortgage ohne substanzielle Veränderung der Rechtsstellung des sub-mortgagee (als sub-chargee) beabsichtigt war; vgl. Hansard (HL), 30.10.2001, Nr. 627, Ziff. 1344, Baroness Scotland of Asthal: „Clause 23(2) lists the powers that an owner of a registered charge has to deal with that charge, which will no longer include the possibility of creating a mortgage by demise or sub-demise. The appropriate way of securing a mortgage over registered land is to create a charge. The Bill also simplifies the powers of the chargee to deal with his charge. After the Bill comes into force, the appropriate way to do that
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cc) Erwerb einer equitable sub-mortgage Das durch den LRA 2002 modernisierte Regime der sub-charge wird freilich insofern zugunsten der Privatautonomie relativiert, als dass die ambivalente Rechtsfigur der equitable sub-mortgage von den liegenschaftsrechtlichen Reformen 2002/2003 vollständig unberührt blieb. Die equitable sub-mortgage ist von der tradierten legal sub-mortgage und der reformierten sub-charge klar zu unterscheiden. Sie ist entweder das Produkt einer vollendeten Sicherungsübertragung in equity oder ein neu entstehender (vorläufiger) security interest in Gestalt eines im Verhältnis zum Verfügungsobjekt begrenzten Rechts, das aus einer unvollendeten Sicherungsübertragung oder Verpfändung einer legal mortgage entspringt.305 Zum einen scheidet nämlich ein rechtsgeschäftlicher Erwerb einer legal sub-mortgage aus, wenn dem mortgagee eine equitable mortgage, d. h. ein ausschließlich in equity anerkanntes Verfügungsobjekt, zusteht. Dieses ist aber nach den allgemeinen Regeln der equity unter Beachtung des in sec. 53(1)(c) LPA 1925 normierten Formwill be by way of sub-charge. The amendment would allow the chargee to create a charge by way of a legal mortgage over the charge as well by way of a sub-charge. That would add an unnecessary complication. The important issue as a matter of substantive law is not the mechanism by which the sub-charge is created but its effect and the powers that the sub-chargee may have. Those are dealt with in Clause 53. There should be only one way of creating a charge over a charge, and that is by creating a sub-charge, as is currently prescribed in Rule 163(1) of the Land Registration Rules 1925. Amendment No. 27 is therefore unnecessary and undesirable. It is better for the Bill to set out one clear and easy method of mortgaging the indebtedness under a charge, which is a sub-charge.“ (zit. nach http://www.publications.parliament.uk/pa/ld200102/ldhansrd/vo011030/text/1103013.htm, zuletzt abgerufen: 1.4.2020). 305 Cheshire and Burn (-Burn/Cartwright), Modern Law of Real Property18 , S. 807–811; Megarry and Wade (-Harpum/Bridge/Dixon), The Law of Real Property8 , Rn. 24-040–24-041. Nach der ursprünglichen Konzeption des LRA 2002 sollte der antizipierende Effekt des durchsetzbaren Versprechens auf Verschaffung, Übertragung und Rangänderung von registered estates, registered charges und anderen eintragungsfähigen begrenzten Grundstücksrechten zwar mit der Einführung des sog. electronic conveyancing im Liegenschaftsrecht (vgl. secs. 91–95 LRA 2002) ersatzlos entfallen (vgl. McFarlane/Hopkins/Nield, Land Law, Rn. 4.60; Megarry and Wade (-Harpum/Bridge/Dixon), The Law of Real Property8 , Rn. 7–163). Zentrales Anliegen der Reformgesetzgebung war ursprünglich die Beseitigung der perhorreszierten „registration gap“: Sowohl der Vertragsschluss als auch die Verfügung und die Eintragung sollten uno actu elektronisch erfolgen (vgl. sec. 93(2) LRA 2002), um die Gefahr zwischenzeitlich entstehender Rechte Dritter zu eliminieren; für eine billigkeitsinduzierte Vorwirkung des estate contract bliebe dann kein Raum, die Verfügung entfaltete insgesamt nur kraft Eintragung Wirkung (vgl. sec. 27(1) LRA 2002). Aufgrund diverser noch ungeklärter Detailfragen (z. B. die Organisation von Kettentransaktionen, Auswirkungen auf die Voraussetzungen des overreaching gem. secs. 2, 27 LPA 1925) wurde freilich bislang von der Umsetzung dieser „conveyancing revolution“ abgesehen (vgl Law Com No. 227 Rn. 20.6); derzeit ist nicht abzusehen, ob, wann und mit welchen Maßgaben electronic conveyancing jemals eingeführt werden wird. Von dem „radikalen“ Plan eines zeitlichen Zusammenfallens von Vertragsschluss, Verfügung und Eintragung nimmt die Law Commission inzwischen wieder Abstand (vgl. Law Com No. 227 Rn. 20.16-20.20). Den mit der sog. registration gap verbundenen Risiken soll auf andere Weise Rechnung getragen werden. Die aufgezeigten Vorwirkungen in equity könnten daher auch unter einem reformierten Konzept des electronic conveyancing relevant bleiben, weil immer noch ein zeitliches Intervall zwischen Vertragsabschluss und Vollendung des Verfügungstatbestandes verbleiben wird (McFarlane/Hopkins/Nield, Land Law, Rn. 4.62).
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erfordernisses uneingeschränkt sowie im Wege einer equitable sub-mortgage übertragbar und verpfändbar.306 Zum anderen entsteht eine equitable sub-mortgage kraft Gesetzes, wenn ein mittels specific performance durchsetzbares Versprechen auf Verschaffung einer legal sub-mortgage gegeben ist, die Voraussetzungen für den rechtsgeschäftlichen Erwerb einer legal sub-mortgage (z. B. mangels Eintragung) aber nicht (vollständig) erfüllt sind.307 Zumindest dann, wenn der mortgagee 306 Megarry (-Rainey/Walsh/Harrison/D ovar), Manual of the Law of Real Property 9, Rn. 17041. Eine Sicherungsübertragung mittels equitable mortgage bietet sich vor allem in Bezug auf die sog. equity of redemption – das verdinglichte Einlösungsrecht des mortgagor – sowie in Bezug auf beneficial interests unter einem trust an; das zur Sicherheit transferierte Recht kann wiederum seitens des equitable mortgagee auf einen sub-mortgagee zur Sicherheit transferiert oder zugunsten eines chargee belastet werden. Sowohl die Weiterübertragung des zur Sicherheit transferierten equitable interest als auch die Bestellung einer charge bedürfen der Schriftform gem. sec. 53(1)(c) LPA 1925. Zwar genügt gem. sec. 53(1)(c) LPA 1925 jede seitens des mortgagor (chargee) unterzeichnete Urkunde, welche die Absicht der Übertragung oder Verpfändung unzweideutig zum Ausdruck bringt (Cousins (-Cousins/Clarke/Hornett), Law of Mortgages4, Rn. 13-05; Goode (-McKendrick), Commercial Law5, Rn. 23.46). Weil aber nach sec. 101(1) LPA 1925 nur mittels deed, d. h. einer ausdrücklich als deed bezeichneten, gezeichneten und übergebenen Urkunde, bestellte mortgages und charges die gesetzlichen Befugnisse, u. a. das charakteristische Veräußerungsrecht, verleihen, konstituiert eine sub-mortgage (sub-charge) nur dann diese Befugnisse in Bezug auf die belastete mortgage (charge), wenn hinsichtlich der Bestellung der sub-mortgage (sub-charge) die von sec. 101(1) LPA 1925 vorgeschriebene Form gewahrt wird. Soweit also angeraten wird, mortgages (charges) an equitable interests in der vorgenannten Weise zu bestellen (so noch Cousins, The Law of Mortgages2, Rn. 5-02–5-03), gilt für sub-mortgages (sub-charges) nichts anderes. Demgegenüber ist die Benachrichtigung des mortgagor ebenso wenig erforderlich wie die Benachrichtigung des trustee des zur Sicherheit (weiter-)transferierten beneficial interest aus einem trust. Dennoch ist eine Anzeige des Rechtsübergangs auf den sub-mortgagee sowohl an den (ersten) mortgagor als auch an „intermediäre“ sub-mortgagors (bei Kettensicherungsübertragungen) als auch an den trustee des weitertransferierten beneficial interest aus zwei Gründen geboten (vgl. Cousins (-Cousins/Clarke/Hornett), Law of Mortgages4, Rn. 13-20; Fisher and Lightwood (-Clark), Law of Mortgage14, Rn. 25.2; Woodhouse (1948) 12 Conv. (NS) 171, 173–174). Zum einen schließt dies den Redlichkeitsschutz des mortgagor aus, der sodann nicht mehr mit befreiender Wirkung an den mortgagee leisten kann; auch neu entstehende Einreden („fresh equities“) muss sich der sub-mortgagee dann nicht mehr entgegenhalten lassen. Zum anderen ist die Benachrichtigung deshalb erforderlich, weil anderenfalls durch erneute Sicherungsübertragung seitens des sub-mortgagor ein redlicher zweiter sub-mortgagee nach der in Dearle v. Hall (1828) 1 Russ. 1; 38 E. R. 475 entwickelten Regelausnahme vom Prioritätsprinzip gutgläubig das zur Sicherheit übertragene Recht „wegerwerben“ kann. Wird der trustee schriftlich von der Weiterübertragung des equitable interest in Kenntnis gesetzt, ist der Erwerber optimal geschützt; nachfolgende Verfügungen des mortgagee berühren seine Rechtsposition nicht, etwaige frühere durch equitable sub-mortgage begründete Rechte Dritter gehen bei unterstellter Redlichkeit des sub-mortgagee unter. 307 In auffälliger Parallele zur deutschen Anwartschaftsdoktrin entsteht bereits vor Abschluss des nach Common Law einschlägigen Verfügungstatbestands, unter der Prämisse eines auf Bestellung oder Übertragung eines Grundstücksrechts gerichteten, mittels des Erfüllungsrechtsbehelfs (specific performance) regelmäßig durchsetzbaren Verpflichtungsvertrags, auf der Ebene der equity-basierten Rechtszuordnung das Analogon des zu transferierenden oder zu konstituierenden Grundstücksrechts. In Erweiterung dieser ursprünglich auf estates in land bezogenen Judikatur (Walsh v. Lonsdale (1882) 21 Ch. D. 9) wird inzwischen pauschal sämtlichen auf Bestellung von interests in land gerichteten Verpflichtungsverträgen eine den Verfügungserfolg antizipierende Wirkung attestiert, u. a. auch vollzugsbedürftigen Verträgen zur Bestellung eines legal mortgage resp. eines legal charge (vgl. Cheshire and Burn (-Burn/Cartwright), Modern
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oder chargee zur (Sicherungs-)Übertragung oder Verpfändung seines dinglichen Rechts verpflichtet ist und dieses Leistungsversprechen mittels des Erfüllungsrechtsbehelfs (specific performance) durchgesetzt werden kann, erwirbt der designierte Verfügungsempfänger bereits vor Vollendung des Rechtserwerbs eine equitable sub-mortgage resp. eine equitable sub-charge.308 Jenseits des Liegenschaftsrechts sind funktionsgleiche Vollzugsmechanismen zu beachten, die dem Sicherungsnehmer eine konkurrierenden Gläubigern in der Einzelzwangsvollstreckung und in der Insolvenz des Sicherungsnehmers entgegensetzbare Rechtsstellung verschaffen.309 Das konstruktionsjuristische Äquivalent Law of Real Property18 , S. 807, 978–983; K. Gray/S. F. Gray, Elements of Land Law5, Rn. 8.1.55– 8.1.67). Verpflichtet sich der Inhaber einer legal mortgage (legal charge) zur Bestellung einer submortgage (sub-charge), produziert dies, die Durchsetzbarkeit der schuldrechtlichen Obligation mittels des Erfüllungsrechtsbehelfs unterstellt, ex lege und ipso iure eine die legal mortgage (legal charge) belastende equitable sub-mortgage (sub-charge); vgl. Megarry (-Rainey/Walsh/Harrison/ Dovar), Manual of the Law of Real Property9, Rn. 17-071; Megarry and Wade (-Harpum/Bridge/ Dixon), The Law of Real Property8 , Rn. 25-147. Demgegenüber entfaltet eine Weiterübertragung des Sicherungsrechts mittels sub-mortgage durch bloße Übergabe der mortgage deeds, d. h. die den Erwerb des mortgagee und sub-mortgagor dokumentierenden (Verfügungs-)Urkunden, auch in equity keine Wirkung, soweit es um Rechte an Grundstücken (interests in land) geht; erforderlich ist stets zumindest ein formwirksamer Verpflichtungsvertrag (sec. 2 LP(MP)A 1989) zur Verschaffung einer sub-mortgage (vgl. Fisher and Lightwood (-Clark), Law of Mortgage14, Rn. 25.2 mit Fn. 6, die aber auf eine mögliche Vertrauenshaftung des sub-mortgagor nach Maßgabe der doctrine of proprietary estoppel hinweisen, aus der sich ein Anspruch auf gerichtliche Abhilfe des designierten sub-mortgagee ergeben kann). 308 Schließlich kann der eingetragene Inhaber einer registered charge – und zudem auch eine bloß eintragungsberechtigte Person (sec. 24(b) LRA 2002)! – ausweislich sec. 23(2)(a) LRA 2002 in jeder nach dem „general law“ zulässigen Weise über sein Recht verfügen, wozu auch Verfügungen zählen, die lediglich in equity Wirkung erheischen; ausdrücklich ausgeschlossen ist lediglich die Bestellung von legal sub-mortgages. 309 Security rights, die von natürlichen Personen auf der Grundlage einer schriftlich dokumentierten Verfügung über körperliche Sachen eingeräumt werden, bedürfen nach Maßgabe der Bills of Sale-Gesetzgebung der Eintragung in dem von den Masters der Queen’s Bench Division am High Court in London geführten bills of sale-Register, um umfassende Drittwirkungen zu entfalten. Der sachliche Anwendungsbereich des Bills of Sale Act 1878 erstreckt sich freilich nicht nur auf Sicherungsverfügungen (security bills), sondern auch auf vorbehaltlose Übereignungen sowie trusts an personal chattels i. S. v. sec. 4 Bills of Sale Act 1878 („The expression ‚personal chattels‘ shall mean goods, furniture, and other articles capable of complete transfer by delivery, and (when separately assigned or charged) fixtures and growing crops, but shall not include chattel interests in real estate, nor fixtures (except trade machinery as hereinafter defined), when assigned together with a freehold or leasehold interest in any land or building to which they are affixed, nor growing crops when assigned together with any interest in the land on which they grow, nor shares or interests in the stock, funds, or securities of any government, or in the capital or property of incorporated or joint stock companies, nor choses in action, nor any stock or produce upon any farm or lands which by virtue of any covenant or agreement or of the custom of the country ought not to be removed from any farm where the same are at the time of making or giving of such bill of sale“). Die jeweiligen Rechtsobjekte sind unzweideutig in der Urkunde zu bezeichnen; diese ist der zuständigen registerführenden Stelle zur Eintragung vorzulegen (secs. 13, 19 Bills of Sale Act 1878). Die Eintragung der bill of sale ist unerlässliche Voraussetzung für die „perfection“, d. h. für die Wirksamkeit der betreffenden Verfügung im Verhältnis zu konkurrierenden Gläubigern; eine nicht ordnungsgemäß eingetragene security bill verschafft dem Sicherungsnehmer mithin keinen Schutz in der Einzelzwangsvollstreckung und in der Insolvenz des Veräußerers (vgl. Beale/
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zur sub-mortgage (in Form der „Kettensicherungsübertragung“) ist die equitable sub-charge, die sich freilich nur dann als genuines Pfandrecht an einem (besitzlosen) Pfandrecht offenbart, wenn sie in Form einer fixed charge bestellt wird oder kraft „crystallisation“ von einer floating charge zu einer fixed charge erstarkt.310 Bridge/Gullifer/Lomnicka, The Law of Security and Title-Based Financing2, Rn. 11.32). Auch mehrfache Verpfändungen oder Sicherungsübertragungen – die, wie gezeigt, aufgrund der mit jeder mortgage korrespondierenden equity of redemption des Sicherungsgebers unproblematisch möglich sind – sind eintragungsbedürftig (Beale/Bridge/Gullifer/Lomnicka, The Law of Security and Title-Based Financing2, Rn. 11.34, 11.39, 11.54). Demgegenüber bedarf die Übertragung einer bill of sale, d. h. die Abtretung des Sicherungsrechts, nicht der Eintragung als bill of sale (sec. 10(3) Bills of Sale Act 1878), vgl. Beale/Bridge/Gullifer/Lomnicka, The Law of Security and Title-Based Financing2, Rn. 11.55. Da die entsprechenden Formerfordernisse in Bezug auf künftige Sachen praktisch nicht erfüllbar sind, ist natürlichen Personen eine antizipierte Sicherungsübereignung oder Verpfändung realer Sachen faktisch versperrt (vgl. Bridge, Personal Property Law4, S. 304). Problemlos möglich sind mortgages und charges an künftigen Sachen daher nur, wenn die betreffenden security interests von companies und limited liability partnerships eingeräumt werden, weil sich der persönliche Anwendungsbereich der Bills of Sale Acts 1878, 1882 auf diese nicht erstreckt (sec. 17 Bills of Sale Amendment Act 1882). Allerdings bedarf die „perfection“ von charges, die von companies i. S. v. secs. 1(1), 859A(7) CA 2006 eingeräumt werden – sog. company charges –, der Eintragung im einschlägigen Register (Companies House) gem. sec. 859A(1) CA 2006; die Eintragung ist freilich nur eine notwendige, nicht hinreichende Bedingung der Priorität der ordnungsgemäß eingetragenen charge; weitere Erfordernisse der „perfection“ bleiben unberührt (Goode (-McKendrick), Commercial Law5, Rn. 24.41). Der Begriff der charge ist weit auszulegen und erstreckt sich insbesondere auf morgages und standard securities (Grundpfandrechte) des schottischen Rechts (sec. 859A(7) CA 2006); siehe Goode (-McKendrick), Commercial Law5, Rn. 24.34. Bei veräußerlichen Vermögensrechten, z. B. Forderungen (debts) und Finanzinstrumenten (securities), richten sich die Erfordernisse für die Bestellung von Sicherungsrechten, mortgages und equitable charges, nach den für die rechtsgeschäftliche Abtretung des betreffenden Rechts geltenden Regeln; Entsprechendes gilt für die Bestellung von Sicherungsrechten an Sicherungsrechten bzw. die Übertragung von Sicherungszwecken (derivative security interests/sub-securities). 310 Während die strukturelle Dichotomie zwischen der mortgage und der charge in der Sphäre des real property law durch die einschlägige Gesetzgebung, namentlich durch die Kreation des Rechtsinstituts „legal charge by way of mortgage“ eingeebnet worden ist, sind mortgage und charge (jedenfalls) im personal property law forthin streng zu unterscheiden (näher Bridge, Personal Property Law4, S. 281–291). Zwar werden die Termini mortgage und charge auch jenseits des Liegenschaftsrechts teilweise synonym verwendet (vgl. sec. 205(1)(xvi) LPA 1925, sec. 859A(7) CA 2006), zumal man sich über die Rechtsnatur der ausschließlich in equity anerkannten charge immer noch nicht gewiss zu sein scheint. Von der legal mortgage ist die charge insofern abzugrenzen, als dass sie nicht auf einer Sicherungsübertragung beruht, sondern ein begrenztes Recht des chargee an einem Recht des chargor konstituiert; die charge berechtigt freilich nicht zur Einverleibung des betroffenen property im Wege der Zwangsvollstreckung (foreclosure); vgl. Beale/ Bridge/Gullifer/Lomnicka, The Law of Security and Title-Based Financing2, Rn. 6.58; Goode (-McKendrick), Commercial Law5, Rn. 22.24. Als dingliches Recht wird mehrheitlich zumindest die fixed charge klassifiziert (Beale/Bridge/Gullifer/Lomnicka, The Law of Security and TitleBased Financing2, Rn. 6.17, 6.63). Diese wirft, so eine geläufige metaphorische Umschreibung, einen Schatten über die Sache des chargor, verschafft präzise betrachtet ein Recht auf vorrangige Befriedigung, das sich insbesondere auch in der Insolvenz im Verhältnis zum Insolvenzverwalter und konkurrierenden Gläubigern bewährt. Demgegenüber berührt die floating charge – die wegen der strengen Dokumentationserfordernisse von security bills (vgl. secs. 4, 5 Bills of Sale Act 1878 Amendment Act 1882) nicht von natürlichen Personen, sondern generell nur von companies i. S. v. secs. 1(1), 859A(7) CA 2006 eingeräumt wird – die Verfügungsmacht des chargor nicht; sie erstreckt sich lediglich potentiell auf generisch bestimmte, gegenwärtige und künftige
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c) Sukzessionsschutzmechanismen Security interests sind dadurch gekennzeichnet, dass sich spätere Rechtsgeschäfte des Sicherungsgebers auf das „perfektionierte“ Verwertungsrecht grundsätzlich nicht nachteilig auswirken; dieser Sukzessionsschutz ist es, der einem security interest praktische Wirksamkeit und „dinglichen“ Status verleiht.311 Wegen des das gesamte property law beherrschenden Grundsatzes nemo dat quod non habet richtet sich das Konkurrenzverhältnis zwischen kollidierenden Verfügungen über eine mortgage im Ausgangspunkt nach dem Prioritätsprinzip – qui prior est tempore, potior est iure.312 Freilich gilt in Ansehung rechtstransportierender und rechtskonstituierender Rechtsgeschäfte kein einheitliches Verkehrs- und Sukzessionsschutzsystem. Das property law ist vielmehr von einer Gemengelage unterschiedlicher Verfügungsregimes gekennzeichnet. Die zum Ausgleich individueller Rechtsbeharrungsinteressen und öffentlicher Verkehrsschutzinteressen etablierten Regeln divergieren je nach sachenrechtlichem Bezugspunkt (realty oder personalty, registered land oder unregistered land, choses in possession oder choses in action), je nach Art und Natur des Verfügungsobjekts (legal interests oder equitable interests, general property und special property, estates in land und interests in or over land) und je nach Wirkung eines Rechtsgeschäfts at law und in equity. Angesichts dessen ergibt sich für den Sukzessionsschutz des sub-mortgagee (sowie für den hiermit korrelierenden Schuldner- und Verkehrsschutz) ein vielschichtiges Bild. Grundlegend zu unterscheiden ist zum einen nach der Qualität der sub-mortgage, d. h. legal und equitable sub-mortgages, und zum anderen nach dem Bezugspunkt der principal mortgage, d. h. zwischen personal property und land.
assets des betreffenden Unternehmens und erlaubt dem chargor weiterhin sämtliche Verfügungen im ordentlichen Geschäftsgang und – vorbehaltlich praxisüblicher restriction clauses – auch die Bestellung weiterer security interests für konkurrierende Gläubiger (Beale/Bridge/Gullifer/ Lomnicka, The Law of Security and Title-Based Financing2, Rn. 6.71, 15.20–15.25). Erst mit Eintritt der sog. crystallization, typischerweise in der Insolvenz, bei der Liquidation sowie bei der Bestellung eines receiver für die Sicherungsgeberin, verwandelt sich die floating charge (rückwirkend) in eine fixed charge an den assets der Gesellschaft, verleiht insoweit allerdings, da zahlreichen Ansprüchen kraft Gesetzes Vorrang vor einer floating charge beschieden ist und zudem ein „ringfencing“ eines Teils des Unternehmensvermögens zugunsten ungesicherter Gläubiger stattfindet, eine äußerst „schwache“ Sicherheit (Goode/Gullifer, Legal Problems of Credit and Security6 , Rn. 5-73–5-78; Beale/Bridge/Gullifer/Lomnicka, The Law of Security and Title-Based Financing2, Rn. 6.70–6.78). Aus diesem Grund wird die floating charge in der Praxis in der Praxis mit fixed charges an gegenwärtigen und künftigen Vermögensgegenständen des chargor kombiniert; die floating charge soll als „Auffangsicherheit“ das Umlaufvermögen des chargor erfassen. Angesichts dessen ist es zwar möglich, dass sich eine floating charge potentiell auch auf zum Unternehmensvermögen zählende equitable charges des Sicherungsgebers erstreckt; da diese freilich nicht zum Umlaufvermögen gehören, bietet sich natürlich insoweit die Bestellung einer fixed subcharge geradezu an. 311 Vgl. Beale/Bridge/Gullifer/L omnicka, The Law of Security and Title-Based Financing 2 , Rn. 13.01. 312 Beale/Bridge/Gullifer/L omnicka, The Law of Security and Title-Based Financing2 , Rn. 13.01; Fisher and Lightwood (-Clark), Law of Mortgage14, Rn. 34.2.
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Vorab sei nur klarstellend erwähnt, dass sich die Rechtsstellung des mortgagor unter einer sub-mortgage nicht prinzipiell anders darstellt als unter einer uneingeschränkten Übertragung der mortgage; diesbezüglich kommt es nicht darauf an, ob die sub-mortgage mittels Verpfändung eines Grundpfandrechts oder durch Sicherungsübertragung des sicherungshalber transferierten Rechts bewirkt wird: In jedem Fall bleibt die equity of redemption unberührt, kann mithin auch im Verhältnis zu jedem Rechtsnachfolger einschließlich eines sub-mortgagee geltend gemacht werden; es gilt die Maxime „once a mortgage, always a mortgage“.313 Zudem bleiben, wie gezeigt, sämtliche Einwendungen und Einreden („equities“) im Verhältnis zum sub-mortgagor ebenso wie im Verhältnis zum transferee der principal mortgage erhalten.314 aa) Rangverhältnisse in Equity Weil die dargelegten Vollzugserfordernisse des Erwerbs einer equitable sub-mortgage deutlich hinter den Anforderungen des Erwerbs einer legal sub-mortgage zurückbleiben, überrascht es kaum, dass die Sicherungswirkungen vergleichsweise schwächer ausgestaltet sind.315 Allgemein gilt, dass sich at law konstituierte security interests bei Redlichkeit des Zweiterwerbers nach Maßgabe der bona fide purchaser defence gegen in equity begründete (sub-)mortgages und (sub-)charges durchsetzen, wohingegen im Verhältnis mehrerer equitable interests das Prioritätsprinzip maßgeblich ist.316 Modifiziert werden diese Grundsätze durch die je nach Art der 313 Vgl. Megarry and Wade (-Harpum/Bridge/D ixon), The Law of Real Property8 , Rn. 25084; Fisher and Lightwood (-Clark), Law of Mortgage14, Rn. 47.2. Dies gilt selbstverständlich nicht nur bei einem rechtsgeschäftlichen Übergang resp. der Einräumung einer sub-mortgage, sondern auch beim gesetzlichen Übergang der mortgage durch Tod oder Insolvenz des mortgagee; als Gesamtrechtsnachfolger tritt der trustee in bankruptcy gem. sec. 306 IA 1986 in die Rechte und Pflichten aus der mortgage ein; nichts anderes gilt für den personal representative bei der Rechtsnachfolge von Todes wegen gem. sec. 1(2) AEA 1925 (Fisher and Lightwood (-Clark), Law of Mortgage14, Rn. 24.23-24.24). Allgemein anerkannt ist, dass die equity of redemption nur durch (1.) wirksamen Verzicht seitens des mortgagor, (2.) verjährungsbedingtes Erlöschen gem. sec. 16 LA 1980 in Bezug auf unregistered land (arg. e sec. 96(2) LRA 2002) und (3.) Verwertung der mortgage durch außergerichtlichen Verkauf des mortgaged property resp. Verfall im Wege der foreclosure erlischt (Cheshire and Burn (-Burn/Cartwright), Modern Law of Real Property18 , S. 799, 837–838; Fisher and Lightwood (-Clark), Law of Mortgage14, Rn. 47.81–47.91; Megarry and Wade (-Harpum/Bridge/Dixon), The Law of Real Property8 , Rn. 25-114). 314 Siehe Fn. 306. 315 In Übereinstimmung mit den allgemeinen Grundsätzen der equity entstehen equitable sub-mortgages wesentlich schneller, sind dafür aber auch mit einem geringeren Bestandsschutz als legal sub-mortgages versehen. Ausreichend ist, wie gezeigt, ein formwirksamer Verpflichtungsvertrag über die Bestellung einer legal sub-mortgage gem. sec. 2 LP(MP)A 1989 resp. eine formwirksame (Sicherungs-)Übertragung einer equitable mortgage gem. sec. 53(1)(c) LPA 1925; die Übergabe einer deed ist nicht erforderlich. 316 Wird z. B. eine bereits in equity zur Sicherheit transferierte Sache at law einem unredlichen mortgagee zur Sicherheit übertragen, ist zwar dessen legal title mit der equitable mortgage belastet, was aber nichts daran ändert, dass eine nachfolgende weitere Sicherungsübertragung seitens des legal mortgagee einen gutgläubig-lastenfreien Erwerb herbeiführen kann. Aus der in sec. 205(1)(xxi) LPA 1925 verankerten Legaldefinition des „purchaser“, die sich insbesondere
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von dem Sicherungsrecht befangenen assets variierenden Erfordernisse der „perfection“. Ältere equitable (sub-)mortgages und (sub-)charges an personal property (scil.: reale Sachen, Forderungen, Finanzinstrumente und andere nicht der Sphäre des real property zugehörige Rechte) werden grundsätzlich dann kraft entgeltlicher Veräußerung des von der equity betroffenen legal title an einen redlichen Erwerber verdrängt, wenn das in equity entstandene Sicherungsrecht im Verfügungszeitpunkt nicht durch Eintragung im einschlägigen Register publizitätswirksam „perfektioniert“ worden ist.317 Andererseits verschafft selbst ein durch Eintragung „perfektionierter“ equitable interest nicht notwendig eine im Verhältnis zu Rechtsnachfolgern des Sicherungsgebers gesicherte Rechtsstellung.318 Resultiert die equitable sub-mortgage (resp. sub-charge) hingegen aus einer vollendeten Verfügung über eine equitable mortgage (charge), droht dem Rechtsinhaber zwar kein Rechtsverlust durch gutgläubiglastenfreien Erwerb in equity. Indes bleibt der Status der equitable sub-mortgage auf einen „mortgagee“ erstreckt, wobei der Begriff „mortgagee“ den sub-mortgagee umfasst (vgl. sec. 205(1)(xvi) LPA 1925: ‚mortgagee‘ includes […] any person from time to time deriving title under the original mortgagee) folgt, dass die sog. bona fide purchaser defence zugunsten des Erwerbers einer legal sub-mortgage anwendbar ist. 317 Siehe Goode/Gullifer, Legal Problems of Credit and Security6 , Rn. 6–47 zu den Rangverhältnissen zwischen legal und equtable security interests an Finanzinstrumenten. Außerhalb des betreffenden Registers der als Kreditsicherungsobjekt fungierenden Finanzsicherheit bestellte equitable interests werden nach allgemeinen Grundsätzen von nachfolgend bestellten legal interests, z. B. eintragungsbedürftigen legal mortgages – einschließlich sub-mortgages –, bei Redlichkeit des Zweiterwerbers verdrängt. Maßgeblich für den guten Glauben ist beim Erwerb von security interests an Aktien ist der Zeitpunkt der Verfügung, präziser die Bestellung des equitable interest durch Übergabe des share certificate; Kenntnis bei perfection des legal interest im Wege der Eintragung im Register der Korporation ist unschädlich (Dodds v. Hill (1865) 2 Hem. & M. 424, 427; 71 E. R. 528, 529 (Sir Page Wood V-C); Macmillan Inc. v. Bishopsgate Investment Trust plc. (No.3) [1995] 1 W. L.R. 978, 1003–1004 (Millett J.); Goode/Gullifer, Legal Problems of Credit and Security6 , Rn. 6–47). Was demgegenüber das Konkurrenzverhältnis mehrerer mortgages an unregistered land anbelangt, bedarf zwar nicht eine durch Übergabe der title deeds bestellte mortgage einer Eintragung im Land Charges Register, wohl aber jede nachfolgende nicht durch Übergabe der title deeds bestellte mortgage; dies gilt gleichermaßen für legal mortgages und für equitable mortgages. Ohne Eintragung im Land Charges Register ist die mortgage zwar inter partes wirksam, wird jedoch bei Übertragung des belasteten estate in land oder durch nachfolgende Bestellung einer mortgage verdrängt, ohne dass es auf die Redlichkeit des Erwerbers ankommt. 318 Besonders unsicher ist die Rechtsposition des Sicherungsnehmers eines equitable security interest an einer realen Sache. Selbst die ordnungsgemäße Registrierung der das Sicherungsrecht konstituierenden Urkunde als security bill in dem von der Queen’s Bench Division geführten bills of sale-Register, schließt die Anwendung der bona fide purchaser defence nach der nicht unumstrittenen Judikatur des Court of Appeal in Joseph v. Lyons (1884) 15 Q. B.D. 280 nicht aus. So soll sich ein konkurrierender Gläubiger, der einen legal security interest an der betreffenden Sache erwirbt, im Verhältnis zum Gläubiger des equitable security interest durchsetzen, wenn die für die Bestellung eines pledge erforderliche Besitzübertragung ersz nach der Eintragung des in equity entstandenen Verwertungsrechts als security bill erfolgt; der pledgee sei nicht gehalten, das Bills of Sale register auf etwaig bestellte besitzlose Sicherungsrechte zu überprüfen ( Joseph v. Lyons (1884) 15 Q. B.D. 280, 286 (Cotton L. J.); kritisch hierzu Beale/Bridge/Gullifer/Lomnicka, The Law of Security and Title-Based Financing2, Rn. 14.06.
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(sub-charge) nach Maßgabe der in Dearle v. Hall319 etablierten Regel fragil, solange nicht der an der Transaktion unbeteiligte mortgagor/chargor über die Verfügung schriftlich informiert wird, oder ein älterer equitable interest durch Vollendung des Rechtserwerbs at law zum legal security interest mutiert.320 Wird eine equitable sub-mortgage an einem unregistered estate in land in einer der aufgezeigten zwei Varianten eingeräumt, entspricht das Ausmaß des Sukzessionsschutzes in Bezug auf Verfügungen über den unregistered estate dem Schutzstandard, der dem Ersterwerber der von der Sicherungsübertragung resp. Belastung betroffenen (legal) mortgage teilhaftig ist.321 319
Dearle v. Hall (1828) 1 Russ. 1; 38 E. R. 475. hierzu bereits § 4 III. 3. b). Dies gilt insbesondere auch dann, wenn sich die equitable sub-mortgage (resp. sub-charge) auf unregistered land bezieht (vgl. Fisher and Lightwood (-Clark), Law of Mortgage14, Rn. 39.12). Sec. 137 LPA 1925 erstreckt die ursprünglich nur für kollidierende Verfügungen über equitable interests an personalty geltende Regel aus Dearle v. Hall (1828) 1 Russ. 1; 38 E. R. 475 auf Verfügungen über equitable interests in land und somit auch auf equitable mortgages. 321 Diesbezüglich ist grundlegend zwischen durch Übergabe der title deeds gesicherten erstrangigen legal mortgages, nicht durch Übergabe der title deeds gesicherten (nachrangigen) legal mortgages (sog. puisne mortgages) und equitable mortgages zu unterscheiden. Eine durch Übergabe der title deeds gesicherte erstrangige legal mortgage ist nach allgemeinen Grundsätzen des Common Law optimal geschützt, ohne dass insoweit eine Eintragung als land charge im Land Charges Register – einem speziell für Belastungen von unregistered estates eingerichteten Rechteregister – nötig oder auch nur möglich ist; ein gutgläubig-lastenfreier Erwerb des betroffenen unregistered estate ist gewohnheitsrechtlich ausgeschlossen (K. Gray/S. F. Gray, Elements of Land Law5, Rn. 6.5.10). Allerdings gilt dies nur für vor dem 13.10.2003 entstandene mortgages, weil die Bestellung einer durch Übergabe der title deeds gesicherten erstrangigen legal mortgage den Eintragungszwang des betreffenden estate in land auslöst und die mortgage bei ordnungsgemäßer Eintragung des zu belastenden estate in land als registered charge einzutragen ist; wird auf eine Eintragung des estate in land verzichtet, entfaltet die versuchte Bestellung der legal mortgage nur in equity Wirkung mit der Folge, dass sie ausschließlich bei Eintragung des formwirksamen Sicherungsvertrages als Class C land charge gem. sec. 2(4)(iv) LCA 1962 im Land Charges Register Rechtsnachfolgern des Inhabers des estate in land uneingeschränkt entgegensetzbar ist (K. Gray/ S. F. Gray, Elements of Land Law5, Rn. 6.5.10). Für nachrangige legal mortgages (sei es in Form von mortgages by (sub-)demise, sei es in Form von charges by way of legal mortgage) gilt hingegen, dass diese Rechtsnachfolgern des Inhabers des belasteten estate in land nur dann uneingeschränkt entgegensetzbar sind, wenn sie als Class C land charge gem. sec. 2(4)(i) LCA 1962 im Land Charges Register eingetragen sind; die Bestellung einer nachrangigen mortgage löst auch nicht die Eintragungspflicht des betreffenden estate in land aus. Was equitable mortgages angeht, so sind auch diese nur dann als Class C land charges gem. sec. 2(4)(iii) LCA 1972 im Land Charges Register eintragungsfähig, wenn die Bestellung nicht durch Übergabe der title deeds erfolgt. Die Eintragung schließt prinzipiell die Gutgläubigkeit des Erwerbers des legal estate aus (sec. 198(1) LPA 1925). Strittig ist dagegen, ob die bloße Übergabe der title deeds an den equitable mortgagee die Redlichkeit des Erwerbers des belasteten legal estate ausschließt (siehe dazu K. Gray/S. F. Gray, Elements of Land Law5, Rn. 6.5.13 m. w. N.), dieser also per se als bösgläubig anzusehen ist, wenn er auf eine Vorlage der title deeds verzichtet oder keine Nachforschungen über deren Verbleibt anstellt. Soweit hier eine fahrlässige Unkenntnis (constructive notice) in der älteren Judikatur tendenziell abgelehnt wird (vgl. etwa Hewitt v. Loosemore (1851) 9 Hare 449, 456–459; 68 E. R. 586, 589– 590), überzeugt dies freilich nicht: Wenn das Gesetz für durch Übergabe der title deeds bestellte mortgages eine Eintragung als land charge generell nicht vorsieht, bringt dies die Wertung zum Ausdruck, dass die Inhaber dieser Rechte ohne Rücksicht darauf, ob es sich um legal mortgages oder equitable mortgages handelt, ohnehin ausreichend gegen die Gefahr eines Rechtsverlusts 320 Siehe
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Was dagegen Verfügungen über die in equity transferierte oder belastete (legal) mortgage angeht, richtet sich der Sukzessionsschutz des sub-mortgagee, wie soeben gezeigt, nach dem sachenrechtlichen Status der principal mortgage: Wird über eine bereits in equity transferierte oder belastete legal mortgage verfügt, kommt zulasten des sub-mortgagee ein gutgläubig-lastenfreier Erwerb in Betracht, während bei konkurrierenden Verfügungen über equitable mortgages in land zwar grundsätzlich das Prioritätsprinzip gilt, dieses aber durch die Regel aus Dearle v. Hall durchbrochen wird.322 Entsteht eine equitable sub-charge durch ein formwirksames Versprechen zur Bestellung einer legal sub-charge i. S. v. secs. 23(2)(b), 132(1) LRA 2002, kommt es auf die Redlichkeit des Erwerbers (eines konkurrierenden Rechts an) der zu belastenden registered charge nicht an, sofern dieser entgeltlich erwirbt (secs. 28, 30(1) LRA 2002); der equitable sub-chargee kann sich nur dadurch schützen, dass er entweder auf die Vollendung seines Rechtserwerbs at law durch Eintragung gem. sec. 27(3)(b), Sch. 2 para. 11 LRA 2002 hinwirkt oder zumindest seine vorläufige equitable sub-charge mittels einer notice i. S. v. sec. 32 LRA 2002 verlautbaren lässt (sec. 30(2)(a)(i) LRA 2002).323 Dessen ungeachtet erfreut sich die „heimnach Maßgabe der bona fide purchaser defence gesichert sind. Es ist kaum einzusehen, weshalb der equitable mortgage schlechter gestellt werden sollte, wenn er sich vorsorglich die title deeds übergeben lässt; praktisch müsste er darauf sogar verzichten, um sein Recht zumindest durch Eintragung als Class C land charges gem. sec. 2(4)(iii) LCA 1972 schützen zu können (i. E. wie hier K. Gray/S. F. Gray, Elements of Land Law5, Rn. 6.5.13). 322 Sofern ein equitable interest in land unter der betreffenden sub-mortgage oder (sub-)charge entstanden ist, vermag sich der Erwerber nur nach Maßgabe der in Dearle v. Hall (1828) 1 Russ. 1; 38 E. R. 475 entwickelten Regel eine drittschutzfähige Position zu verschaffen; erforderlich ist mithin die Anzeige der sub-mortgage bzw. sub-charge an den mortgagor als estate owner der von der principal mortgage betroffenen Liegenschaft (sec. 137(2)(iii) LPA 1925). Demgegenüber ist der LCA 1972 insoweit unmaßgeblich, weil es hier allein um den eintragungsbasierten Schutz der Belastungen von nicht eingetragenen estates in land gegenüber dem Erwerber des belasteten „land“, nicht aber den Schutz von begrenzten Rechten an interests in land im Verhältnis zu nachfolgenden Verfügungen über den betreffenden limited interest regelt (arg. e sec. 4 LCA 1972). 323 Auf die sub-charge an einer registered charge finden auch nach neuem Recht das für Verfügungen über registered charges kodifizierte „regime of priority“ Anwendung (Law Com No. 271 Rn. 7.16); zum Sukzessionsschutz einer equitable charge an einem eingetragenen estate in land siehe K. Gray/S. F. Gray, Elements of Land Law5, Rn. 6.5.5–6.5.7. Das Rangverhältnis von equitable interests, z. B. sub-charges oder beneficial interests, an einer registered charge richtet sich demgegenüber ausnahmslos nach dem Prioritätsprinzip (sec. 28 LRA 2002); die Regel aus Dearle v. Hall (1828) 1 Russ. 1; 38 E. R. 475 gilt im Liegenschaftsrecht nur für das Verhältnis mehrerer Verfügungen über equitable interests in land (vgl. sec. 137 LPA 1925). Selbstverständlich ist, dass die Verlautbarung der Verpfändung einer registered charge unter einer equitable sub-charge mittels notice (sec. 32 LRA 2002) dem sub-chargee lediglich Sukzessionsschutz im Verhältnis zu nachfolgenden Verfügungen über die registered charge verschafft (sec. 30(2)(a)(i) LPA 1925), nicht aber dem durch die notice geschützten sub-chargee Vorrang im Verhältnis zu zeitlich früheren Rechten verschafft; dies gilt gleichermaßen in Bezug auf sub-charges und beneficial interests aus einem trust an der registered charge (vgl. auch K. Gray/S. F. Gray, Elements of Land Law5, Rn. 6.5.7). Sobald freilich einer der konkurrierenden equitable sub-charges durch Eintragung zu einer legal sub-charge erstarkt, verdrängt sie – vorbehaltlich der Eintragung einer notice zugunsten einer älteren equitable sub-charge resp. einer eintragungsbedürftigen vertraglichen Rangänderung (r. 102 LRR 2003) – alle equitable interests an der belasteten registered charge. Zwar erscheint es nicht ausgeschlossen, dass der Erwerber einer equitable (sub-)charge eintragungsunabhängig gem.
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liche“ (Sicherungs-)Zession in equity nicht zuletzt im Kontext der securitisation von grundpfandrechtlich gesicherten Krediten an registered land großer Beliebtheit.324 sec. 30(2)(a)(ii), Sch. 3 para. 2 LRA 2002 aufgrund äußerlich wahrnehmbaren Gebrauchs (actual occupation) des von der registered charge betroffenen Grundstücks im Verhältnis zu Rechtsnachfolgern des estate owner und/oder des chargee und sub-chargor geschützt ist. Fragwürdig ist aber schon, ob eine equitable sub-charge oder ein sonstiges Recht an einer registered charge als „interest […] relating to land“ anzusehen ist und vor allem, ob der Schutzzweck der Norm den equitable sub-chargee erfasst. Dass es keine actual occupation an der verpfändeten registered charge geben kann, liegt auf der Hand, zumal die Vorschrift ersichtlich den Grundstücksbesitzer gegen einen Rangverlust zu schützen beabsichtigt (vgl. Sch. 3 para. 2(c)(i) LRA 2002). Auf die Frage der Anwendbarkeit von Sch. 3 para. 2 LRA 2002 auf begrenzte Rechte an einer registered charge – im Gegensatz zu begrenzten Rechten an einem registered estate in land – wird in der Literatur, soweit ersichtlich, überhaupt nicht vertieft eingegangen; auch aus den Gesetzgebungsmaterialien ergibt sich hierzu nichts; einschlägige Rechtsprechung zum Rangverhältnis kollidierender sub-charges fehlt völlig. Es drängt sich die Vermutung auf, dass die Vorschriften über das Rangverhältnis mehrerer Rechte an einer registered charge (sec. 30 LRA 2002) einfach schematisch an die für das Verhältnis mehrerer Rechte an einem registered estate anzuwendenden Rechtsvorschriften (sec. 29 LRA 2002) angeglichen worden sind, ohne sich mit den Einzelheiten vertieft auseinandersetzen. Zumindest in der Praxis dürfte die Frage, ob sich ein sub-chargee auf einen „overriding interest“ kraft tatsächlichen Besitzes des von der registered charge betroffenen „physischen“ land gem. sec. 30(2)(a)(ii), Sch. 3 para. 2 LRA 2002 im Verhältnis zu nachfolgenden Erwerbern der belasteten registered charge oder einer eingetragenen sub-charge berufen kann, freilich kaum je relevant werden. Schließlich dürfte ein sub-chargee nur dann an einer Inbesitznahme des Grundstücks zwecks außergerichtlicher Verwertung interessiert sein, wenn sowohl der chargor als Inhaber des betroffenen estate in land als auch der mit der sub-chargor belastete chargee und sub-chargor in Zahlungsverzug geraten; wenn dies aber der Fall ist, wird der sub-chargee auch auf eine Eintragung seines Rechts hinwirken, um einen möglichen Rangverlust durch erneute Verfügungen des chargee über die belastete registered charge zu verhindern. 324 Siehe dazu § 5 III. 2. Auf eine Eintragung des Zweiterwerbers resp. des sub-chargee (vgl. sec. 27(3), Sch. 2 para. 10, 11 LRA 2002) der gebündelten registered charges wird im Rahmen des Refinanzierungsgeschäfts der Banken offenbar nicht nur aus Kostengründen verzichtet; die charakteristische Absenkung des Sukzessionsschutzes in equity nimmt man billigend in Kauf. Die jüngere Rechtsprechung kommt dieser Gestaltungspraxis weit entgegen. Zum einen wird nämlich betont, dass die Verwertungsbefugnisse des „legal proprietor“ der betreffenden registered charge von der stillen Zession und/oder der Verpfändung durch sub-charge unberührt blieben (Paragon Finance plc v. Pender [2005] EWCA Civ 760; [2005] 1 W. L.R. 3412, 3437–3438 [109]– [115] (Parker L. J.); Bank of Scotland v. Herron [2017] NICh 15 [58]–[59] (McBride J.)). Zum anderen wird die Rechtsposition des (designierten) Zweiterwerbers entscheidend aufgewertet, weil diesem jedenfalls unter der Prämisse eines mittels des Erfüllungsrechtsbehelfs durchsetzbaren Abtretungsversprechens sowie einer formwirksamen deed die Befugnis zur Einziehung der gesicherten Forderungen sowie zur außergerichtlichen Verwertung der von den registered charges betroffenen estates in land attestiert wird (Skelwith (Leisure) Ltd v Armstrong [2015] EWHC 2830 (Ch); [2016] 2 W. L.R. 144). An dieser Stelle zeigt sich einmal mehr, dass die Rechtsstellung des beneficiary – hier des designierten Erwerbers einer charge aufgrund eines durchsetzbaren Versprechens zur Bestellung oder Übertragung einer registered charge – über die des Bestellers oder des Begünstigten in den kontinentaleuropäischen Treuhandregimes deutlich hinausgeht. Überdies entstünde nach deutschem Recht aus einem bloßen schuldrechtlichen Vertrag über die Bestellung oder Übertragung eines Grundpfandrechts schon keine fiduziarische Pflichtenstellung des Sicherungsgebers bzw. Veräußerers; der designierte Erwerber könnte mithin keinesfalls unter Antizipation des Verfügungserfolgs Rechte aus dem erst noch zu konstituierenden oder zu übertragenden Grundpfandrecht herleiten.
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bb) Rangverhältnisse im Common Law Wird personal property seitens des mortgagee sicherungshalber transferiert, genießt der sub-mortgagee jedenfalls dann umfassenden Sukzessionsschutz, wenn die erforderliche „perfection“ gegeben ist.325 So versteht sich von selbst, dass der mortgagee und sub-mortgagor als „Nicht-Mehr-Berechtigter“ die Rechtsposition des submortgagee aufgrund des translativen Effekts der sub-mortgage nicht mehr rechtlich zu beeinträchtigen vermag. Wird dagegen eine legal sub-mortgage an einem unregistered estate bestellt,326 richtet sich der Schutz des sub-mortgagee gegen Verfügungen seitens des betroffenen estate owner nach dem für die belastete principal mortgage geltenden Schutzstandard.327 Was Verfügungen über die bereits unter einer legal sub-mortgage transferierte oder verpfändete principal mortgage anbelangt, ist der sub-mortgagee von Gesetzes wegen bestmöglich geschützt, weil insoweit keine gewohnheitsrechtlich etablierten oder geschriebenen Ausnahmen vom nemo dat-Prinzip einschlägig sind. Auf der anderen Seite verdrängt eine legal submortgage die zuvor seitens des mortgagee bestellten equitable sub-mortgages (resp. 325 Hier ist zu differenzieren. So dürfte es für den Verfügungsschutz des sub-mortgagee von zur Sicherheit transferierten personal chattels i. S. v. sec. 4(1) Bills of Sale Act 1878 nicht auf die erneute Registrierung der urkundlich bestätigten Weiterübertragung der dem Veräußerer zur Sicherheit übertragenen personal chattels ankommen, sofern bereits die erste Sicherungsübertragung als security bill ordnungsgemäß gem. sec. 10(1) Bills of Sale Act 1878 im Bills of Sale register eingetragen worden ist. Die Übertragung einer bill of sale ist gem. sec. 10(3) Bills of Sale Act 1878 nicht eintragungsbedürftig, ohne dass insoweit zwischen „outright transfers“ und „submortgages“ differenziert wird (vgl. Beale/Bridge/Gullifer/Lomnicka, The Law of Security and Title-Based Financing2, Rn. 11.55; Goode (-McKendrick), Commercial Law5, Rn. 23.45). Für die Sicherungsübertragung jedes anderen unter ordnungsgemäß registrierter security bill entstandenen security interest, z. B. einer equitable charge, dürfte Entsprechendes gelten. Werden dagegen sog. securities (Aktien, Schuldverschreibungen und sonstige Finanzinstrumente aller Art) unter einer sub-mortgage seitens des mortgagee sicherungshalber weiterübertragen, genießt der Erwerber nur dann umfassenden Schutz, wenn er die securities unter einer legal sub-mortgage erwirbt, was z. B. bei Namensaktien die Eintragung des Sicherungsnehmers als neuer Aktionär im company register voraussetzt (vgl. Goode/Gullifer, Legal Problems of Credit and Security6 , Rn. 6–46); anderenfalls ist der derivative interest auf den Status einer stets der Gefahr eines Rechtsverlusts durch gutgläubig-lastenfreien Erwerb ausgesetzten equitable sub-mortgage degradiert. 326 Möglich ist erstens die Bestellung einer sub-mortgage by sub-demise oder einer charge by way of legal mortgage an einer mortgage by (sub-)demise, zweitens die Verpfändung einer charge by way of legal mortgage unter einer sub-charge by way of legal mortgage und drittens die Sicherungsübertragung einer charge by way of legal mortgage (näher § 5 III. 1. b) bb)). Wie gezeigt, löst die Bestellung einer sub-mortgage nicht den Eintragungszwang des belasteten unregistered estate aus; dies ist nur der Fall bei der Belastung des betreffenden estate mit einer erstrangigen legal mortgage by sub-demise oder einer charge by way of legal mortgage unter Übergabe der title deeds (sec. 4(1)(g) LRA 2002). 327 Durch Übergabe der title deeds gesicherte erstrangige legal mortgage sind nach Common Law optimal gegen Verfügungen des belasteten estate owner geschützt; ein lastenfreier Erwerb kommt per se nicht in Betracht. Wird dagegen eine nachrangige legal mortgage (sei es in Form einer mortgage by (sub-)demise, sei es in Form einer charge by way of legal mortgage) unter einer sub-mortgage übertragen oder verpfändet, ist der sub-mortgagee nur dann uneingeschränkt gegen Rechtsnachfolger des Inhabers des belasteten estate in land geschützt, wenn die übertragene oder belastete legal mortgage als Class C land charge gem. sec. 2(4)(i) LCA 1962 im Land Charges Register eingetragen ist (sec. 4(5) LCA 1972).
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sub-charges) an der principal mortgage bei unterstellter Redlichkeit des Erwerbers nach Maßgabe der bona fide purchaser defence. Sind hingegen die seitens des estate owner bestellten und nicht durch Übergabe der title deeds und/oder durch Eintragung als land charges geschützten Sicherungsrechte (z. B. puisne mortgages und equitable mortgages) schon dem Rechtsinhaber der principal mortgage nicht entgegensetzbar (sec. 4(5) LCA 1972), gilt im Verhältnis zum sub-mortgagee als Sonderrechtsnachfolger nichts anderes.328 Im Hinblick auf den Rang der sub-charge an registered land kommt es auf die für Rechtserwerb nach Common Law konstitutive Eintragung gem. sec. 27(3)(b) LRA 2002 an.329 Mit der Eintragung erlangt der sub-chargee prinzipiell eine unangreifbare Rechtsstellung; nachfolgende Verfügungen über die belastete principal charge vermögen die registered sub-charge ebenso wenig zu beeinträchtigen wie Verfügungen über den von der principal charge belasteten legal estate (secs. 29(2) (a)(i), 30(2)(a)(i) LRA 2002).330 Korrelat der Vollendung des entgeltlichen Rechts328 Denkbar ist zudem, dass seitens des estate owner bestellte und nicht durch Übergabe der title deeds und/oder durch Eintragung als land charges geschützte puisne mortgages und equitable mortgages erst durch den Erwerb einer legal sub-mortgage an einer nachrangigen puisne mortgage verdrängt werden. Denn sec. 4(5) LCA 1972 schützt ausweislich des Normwortlauts den entgeltlichen Erwerber eines jedweden dinglichen Rechts an unregistered land, zumal sich auch die einschlägige Legaldefinition des purchaser ausdrücklich auf den Erwerber (einschließlich eines mortgagee) eines „interest […] in a charge on land“ erstreckt (sec. 17(1) LCA 1972). Demgemäß dürfte auch ein sub-mortgagee erfasst sein. Dies kann relevant werden, wenn der Ersterwerber der anschließend unter einer sub-mortgage transferierten oder verpfändeten principal mortgage nicht durch sec. 4(5) LCA 1972 geschützt ist (z. B. mangels „valuable consideration“ i. S. v. sec. 17(1) LCA 1972). 329 Eine sub-charge an einer registered charge kann somit auch nicht mehr durch bloße Übergabe der title deeds seitens des chargee begründet werden. Zu dieser at law früher zulässigen Variante der Bestellung einer sub-mortgage siehe Sun Tai Cheung Credits Ltd. v. Attorney-General of Hong Kong [1987] 1 W. L.R. 948 (P. C.). 330 Die für das Rangverhältnis konkurrierender sub-charges geltenden Regeln stimmen vollständig mit den Vorschriften überein, die auf das Rangverhältnis mehrerer charges an eingetragenen estate in land anzuwenden sind (Law Com No. 227 Rn. 7.16; Megarry and Wade (-Harpum/ Bridge/Dixon), The Law of Real Property8 , Rn. 26-071; Ruoff and Roper (-Cavill/Wheeler/Dixon et al.), Registered Conveyancing Vol. I (Release 87, June 2018), Rn. 28.006.001). Entsprechendes gilt, wenn die sub-charge wiederum mit mehreren sub-charges vermittels Verpfändung der durch die sub-charge gesicherten Forderung belastet wird. Sind die sub-charges ordnungsgemäß durch Eintragung at law entstanden, ist nicht das Tempus-, sondern das Lokusprinzip maßgeblich (vgl. sec. 48(1) LRA 2002, r. 101 LRR 2003), wobei sich die zeitliche Abfolge der Verfügungen resp. der Eintragungen i. d. R. mit der räumlichen Reihenfolge der Eintragungen deckt (vgl. Law Com No. 227 Rn. 7.11 Fn. 60; Ruoff and Roper (-Cavill/Wheeler/Dixon et al.), Registered Conveyancing Vol. I (Release 87, June 2018), Rn. 28.006.001). Letztlich wird hierdurch der Privatautonomie Geltung verschafft, steht es doch den Rechtsinhabern kollidierender doppel- oder mehrstufiger registered charges frei, das Rangverhältnis durch im register zu title eintragungsbedürftige Änderung selbst zu bestimmen (r. 102 LRR 2003); vgl. Ruoff and Roper (-Cavill/Wheeler/Dixon et al.), Registered Conveyancing Vol. I (Release 87, June 2018), Rn. 28.006.001; Megarry and Wade (-Harpum/Bridge/Dixon), The Law of Real Property8 , Rn. 26-071. Überdies wird auch das Rangverhältnis mehrerer sub-charges durch die entsprechend anzuwendenden Grundsätze des sog. tacking korrigiert; nach Maßgabe von sec. 49 LRA 2002 lassen sich auch neu entstandene Forderungen unter einer eingetragenen sub-charge mit Vorrang gegenüber einer zwischenzeitlich begründeten sub-charge sichern, ohne dass dies der Zustimmung des Rechtsinhabers dieser sub-
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erwerbs durch Eintragung ist die Verdrängung nicht eingetragener begrenzter Rechte an der verpfändeten registered charge (d. h. equitable sub-charges und beneficial interests aus einem trust an der registered charge); diesbezüglich gilt nichts anderes als für die rechtsgeschäftliche Veräußerung der registered charge (sec. 30(1) LRA 2002).331 In der Literatur wird hingegen nicht erörtert, ob der eintragungsgestützte Vollzug der Bestellung einer sub-charge nicht eingetragene Rechte an dem von der verpfändeten registered charge betroffenen estate in land nach Maßgabe von sec. 29(1) LRA 2002 zu verdrängen vermag, obschon im Verhältnis zwischen der verpfändeten registered charge und dem fraglichen älteren Recht (z. B. einem beneficial interest unter einem trust of land) das Prioritätsprinzip gem. sec. 28 LRA 2002 gilt. Dies läuft auf die Frage hinaus, ob das in secs. 28–30 LRA 2002 verankerte Prioritätsregime ausschließlich auf den „Ersterwerb“ oder auch auf den „Zweiterwerb“, d. h. auf die translative oder konstitutive Rechtsnachfolge in ein nachrangiges Recht anzuwenden ist und insoweit alternativ einen Vorrangserwerb oder einen lastenfreien Erwerb des Zweiterwerbers ermöglicht. Stellt man auf den Wortlaut von secs. 29(1), 30(1) LRA 2002 ab, ist dies zu verneinen.332 Weder der Zweiterwerber noch der sub-chargee erhalten eine stärkere Rechtsposition als der (ursprüngliche) Erwerber der registered charge im Zeitpunkt der Verfügung innehat. Dass hierdurch freilich der Verkehrsschutz im Kontext der Übertragung und Belastung von registered charges geschwächt wird, liegt auf der Hand, ist aber weder aus Gründen der Wertungskohärenz noch unter regelungssystematischen Gesichtspunkten zu beanstanden. Der Gesetzgeber hat sich im Liegenschaftsrecht für ein Regel-Ausnahmecharge bedarf. Die Wiederverwendung einer registered charge für neue Kreditforderungen (sog. tacking) ist nur in den abschließend genannten Fallgruppen (sec. 49(2)-(4) LRA 2002; rr. 107–109 LRR 2003) möglich, d. h. bei fehlender Kenntnis von der zwischenzeitlich begründeten nachrangigen charge, bei einer bereits zuvor eingetragenen Verpflichtung zur erneuten Kreditgewährung sowie bis zum eingetragenen Maximalbetrag einer als „Höchstbetragsgrundpfandrecht“ bestellten charge (vgl. Goode (-McKendrick), Commercial Law5, Rn. 24.22); im Übrigen bedarf tacking der Zustimmung der nachrangigen chargees (sec. 49(6) LRA 2002). 331 Wie bereits angedeutet, ist unklar, ob sich der Rechtsinhaber einer sub-charge im Verhältnis zu einem Zweiterwerber der belasteten registered charge sowie einem (eingetragenen) subchargee auf einen overriding interest gem. sec. sec. 30(2)(a)(ii), Sch. 3 para. 2 LRA 2002 berufen kann. Demgegenüber sind jedenfalls die sonstigen in Sch. 3 LRA 2002 abschließend aufgezählten overriding interests nicht einschlägig, weil es insoweit um eintragungsunabhängig geschützte Rechte am Grundstück geht, d. h. um Belastungen eines registered estate in land (leasehold estates in land, easements, profits à prendre, local land charges, mines and minerals, franchises, manorial rights etc.). Folglich dürfte der Verweis in sec. 30(2)(a)(ii) LRA 2002 weitgehend, wenn nicht sogar vollständig leerlaufen. 332 Schließlich erfolgt der Zweiterwerb einer charge oder die Verpfändung unter einer subcharge nicht durch eine „registrable disposition of a registered estate“, sondern durch „registrable disposition of a registered charge“ (bei Bestellung einer sub-charge durch Verpfändung der durch die registered charge gesicherten „indebtedness“ gem. sec. 23(2)(b) LRA 2002), weshalb sec. 29(1) LRA 2002 schon tatbestandlich nicht „passt“ und sec. 30(1) LRA 2002 eine andere Rechtsfolge anordnet, nämlich die Verdrängung ungeschützter Rechte an der das Verfügungsobjekt bildenden registered charge („[…] has the effect of postponing to the interest under the disposition any interest affecting the charge […]“).
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Verhältnis zwischen sec. 28 LRA 2002 und secs. 29(1), 30(1) LRA 2002 entschieden; in Ermangelung eines Ausnahmetatbestands bewendet es beim allgemeinen Rechtsgrundsatz prior est tempore, potior est iure. Überdies dürfte die hier angerissene Thematik nur selten praktisch relevant werden: Sieht man davon ab, dass sich der Zweiterwerber bzw. sub-chargee zwangslos beim Veräußerer/Besteller über etwaig zu achtende equitable interests Dritter erkundigen kann, dürften „unsichtbare“ Rechte schon durch den Ersterwerb einer erstrangig gesicherten registered charge verdrängt werden. Zu beachten ist, dass sich eine zur Finanzierung des Erwerbs des mortgaged property eingeräumte registered charge i. d. R. sogar im Verhältnis zu besitzgestützten Rechten an dem fraglichen land nach höchstrichterlicher Rechtsprechung durchsetzt.333 Der darlehensfinanzierte Erwerb des estate in 333 Schon unter dem LRA 1925 war nicht abschließend geklärt, ob und, bejahendenfalls, unter welchen Voraussetzungen sich eine zur Finanzierung des Erwerbs des betroffenen estate in land bestellte mortgage resp. charge sogar gegenüber zeitlich vor Abschluss des Erwerbstatbestandes seitens des Erwerbers (und Darlehensnehmers) bestellten oder in equity entstandenen Rechten Dritter durchsetzt. In dem leading case Abbey National Building Society v. Cann [1991] 1 A. C. 56 hatte das House of Lords entschieden, dass die zur Finanzierung des Grundstückskauf seitens des Käufers und Kreditnehmers bestellte mortgage (in casu: eine charge by way of legal mortgage) selbst dann Vorrang gegenüber in equity entstandenen Nutzungsrechten Dritter erheische, wenn der Berechtigte im Zeitpunkt der „completion“ der mortgage (scil.: bereits bei Vertragsschluss und nicht erst im Zeitpunkt der Vollendung des Erwerbs durch Eintragung) das finanzierte Grundstück bewohne. Abweichend von sec. 70(1)(g) LRA 1925 – nunmehr sec. 29(2)(a)(ii), Sch. 3 para. 2 LRA 2002 – soll nach dieser nicht unumstrittenen Entscheidung das in equity jenseits des Liegenschaftsregisters entstandene Recht des Dritten im Verhältnis zum Recht des mortgagee zurücktreten; auf den Umstand, dass der Dritte – ebenso wie der mortgagee – geldwerte Leistungen zur Finanzierung des Grundstückskaufs erbracht habe, kommt es nicht an. In dem zugrundeliegenden Fall hatte der spätere mortgagor zunächst gemeinsam mit der Beklagten, seiner Mutter, ein anderes Haus in London bewohnt; als Inhaber des legal estate war allein der mortgagor eingetragen, während seine Mutter – die den Erwerb finanziert hatte – aus einem constructive trust an dem Wohngrundstück berechtigt war. Aus dem Verkauf dieses Grundstücks und mit einem Darlehen der Klägerin finanzierte der mortgagor den Ankauf eines neuen Eigenheims in London, in das er gemeinsam mit seiner Mutter einzog; wiederum erfolgte die Umschreibung des legal estate allein auf den mortgagor. Wenige Stunden vor dem Vertragsabschluss über die mortgage, zog die Beklagte in das neue Domizil ein. Als der mortgagor in Zahlungsverzug geriet, klagte die Klägerin auf Räumung des Grundstücks. Die Herausgabeklage hatte Erfolg; das House of Lords bestätigte die Entscheidung der unteren Instanzen. Zur Begründung wies das Gericht das von der Beklagten vorgebrachte Argument zurück, dass der Grundstückskäufer für eine „juristische Sekunde“ (scintilla temporis) den estate (frei von der mortgage) erworben habe, in dem automatisch ihr Recht nach Maßgabe der Lehre vom proprietary estoppel bzw. aufgrund eines constructive trust entstanden sei und demgemäß auch gegenüber der konsekutiv bestellten mortgage Wirkung entfalte. Wenn der Grundstückskauf durch eine mortgage finanziert werde, wären beide Transaktionen – der Erwerb des legal estate und die Bestellung der mortgage – sachlich und zeitlich untrennbar miteinander verknüpft; der Darlehensnehmer erwerbe das Grundstück bei wirtschaftlicher Betrachtung niemals lastenfrei, vielmehr erwerbe er von vornherein nur das Korrelat einer jeden mortgage, die sog. „equity of redemption“, weshalb insoweit auch in equity keine vorrangigen Rechten im Verhältnis zum mortgagee entstehen könnten (vgl. Abbey National Building Society v. Cann [1991] 1 A. C. 56, 92–93 (Lord Oliver: „Of course, as a matter of legal theory, a person cannot charge a legal estate that he does not have […]. Nevertheless, I cannot help feeling that it flies in the face of reality. The reality is that, in the vast majority of cases, the acquisition of the legal estate and the charge are not only precisely simultaneous but indissolubly bound together.
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land und die Bestellung der charge bilden, so die vereinfachte Argumentation, eine unzertrennliche Einheit; ohne den gewährten Kredit wäre der Kaufvertrag nicht zustande gekommen und der Kredit wäre nicht ohne Bestellung der charge zu den maßgeblichen Konditionen gewährt worden.334 Folglich erwerbe der Sicherungsgeber von vornherein kein unbelastetes Recht, sondern lediglich eine equity of redemption; Dritte erlangten unter einem trust of land lediglich eine von der charge betroffene Rechtsposition an dem fraglichen estate in land.335 The acquisition of the legal estate is entirely dependent upon the provision of funds which will have been provided before the conveyance can take effect and which are provided only against an agreement that the estate will be charged to secure them. Indeed, in many, if not most, cases of building society mortgages, there will have been, as there was in this case, a formal offer of acceptance of an advance which will ripen into a specifically enforceable agreement immediately the funds are advanced which will normally be a day or more before completion. In many, if most, cases, the charge itself will have been executed before the execution, let alone the exchange, of the conveyance or transfer of the property. […] The reality is that the purchaser of land who relies upon a building society or bank loan for the completion of his purchase never in fact acquires anything but an equity of redemption, for the land is, from the very inception, charged with the amount of the loan without which it could never have been transferred at all and it was never intended that it should be otherwise. The ‚scintilla temporis‘ is no more than a legal artifice […].“). Im Schrifttum ist diese Judikatur auf Kritik gestoßen (siehe Beale/Bridge/Gullifer/Lomnicka, The Law of Security and Title-Based Financing2, Rn. 13.16; Smith (1990) 109 L. Q.R. 545, 548–549). Sie entbehre einer klaren dogmatischen Grundlage, bevorzuge einseitig den mortgagee und lasse schutzwürdige Interessen der in equity berechtigten Parteien außer Acht, zumal in dem der Entscheidung zugrundeliegenden Fall der Grundstückskauf auch nicht ohne die von der Beklagten erbrachten Aufwendungen, d. h. ohne die Veräußerung des von der Beklagten angeschafften Grundstücks, möglich gewesen wäre. Ungeachtet dessen hat der Supreme Court in der Sache diese Rechtsprechung in Scott v. Southern Pacific Mortgages Ltd. [2014] UKSC 52; [2015] 1 A. C. 385 bestätigt. Dort hatte die Revisionsklägerin (Mrs Scott) aus Geldnöten einer Gesellschaft ihr Wohnhaus unter einer „sale and leaseback-transaction“ verkauft; die Gesellschaft hatte zugesichert, dass Mrs Scott forthin unter einer tenancy die Wohnung allein für sich gebrauchen dürfe. Der Ankauf wurde von der Revisionsbeklagten (Southern Pacific Mortgages) finanziert; die seitens der Gesellschaft für die Southern Pacific Mortgages bestellte mortgage wurde zeitlich vor der tenancy im Liegenschaftsregister eingetragen. Als die Gesellschaft in Zahlungsverzug geriet, erwirkte die Southern Pacific Mortgages gerichtlich die Räumung des Wohnhauses; die Revision von Mrs Scott blieb erfolglos. Der Supreme Court stellte zunächst klar, dass Mrs Scott aus dem sale and leaseback lediglich einen Anspruch gegen den Käufer auf Bestellung einer legal tenancy erworben habe, der sich erst dann nach Maßgabe der estoppel-Doktrin zu einem dinglichen Recht in equity verwandele, wenn der Kaufvertrag durch „completion“ vollzogen werden würde. Mit Vollendung der Veräußerung durch Übertragung des legal estate auf die Gesellschaft sei aber uno actu auch die mortgage der Revisionsbeklagten entstanden; der legal estate sei mithin auch nicht für eine „juristische Sekunde“ lastenfrei auf die Gesellschaft übergegangen. Nach Abbey National Building Society v. Cann erheische dann aber die für den Grundstücksankauf bestellte mortgage Vorrang gegenüber der lediglich in equity entstandenen tenancy von Mrs Scott; folglich habe dieser im Zeitpunkt des Erwerbs der mortgage auch in equity noch kein Recht gestanden, das aufgrund actual occupation eintragungsunabhängig Sukzessionsschutz genieße. 334 Abbey National Building Society v. Cann [1991] 1 A. C. 56, 92 (Lord Oliver); inoweit zustimmend Smith (1990) 109 L. Q.R. 545, 547. 335 Abbey National Building Society v. Cann [1991] 1 A. C. 56, 93 (Lord Oliver), 102–103 (Lord Jauncey of Tullichettle). Darüber hinaus stellte der Supreme Court in Scott v. Southern Pacific Mortgages Ltd. [2014] UKSC 52; [2015] 1 A. C. 385 [71]–[74] (Lord Collins) sogar in Abrede, dass der Grundstückskäufer als Erwerber eines equitable interest vor der Erwerbsvollendung
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Unsicher ist freilich, ob die Eintragung einer sub-charge dem Erwerber ungeachtet der Nichtigkeit oder etwaiger Mängel bei der Bestellung der verpfändeten principal mortgage eine unangreifbare Rechtsposition verschafft.336 Zwar verschlechtert sich Rechtsstellung des an der sub-mortgage nicht beteiligten mortgagor prinzipiell nicht; hier gilt nichts anderes als bei Abtretung der mortgage und/ oder der mortgage debt.337 Der sub-mortgagee ist an den Zins- und Tilgungsstand im Zeitpunkt der Bestellung der sub-mortgage gebunden; Einreden und Aufrechnungsmöglichkeiten bleiben gegenüber dem sub-mortgagee erhalten.338 Solange der an der Sicherungsübertragung resp. Verpfändung der mortgage unbeteiligte mortgagor über die sub-mortgage nicht unterrichtet worden ist, vermag er auch nachträglich entstandene Einreden dem sub-mortgagee entgegenzusetzen; zudem kann er mit befreiender Wirkung an den mortgagee zahlen.339 Sollte es freilich bereits an der wirksamen Bestellung einer registered charge fehlen – das Paradebeispiel ist die gefälschte Verfügungsurkunde –, scheint zwar die bloße Eintragung aufgrund des in sec. 51 LRA 2002 bestimmten title-by-registration-Prinzips rechtsgeschäftliche Willensmängel und sonstige Nichtigkeitsgründe zu überwinden. Indes kommt fraglos im Zweipersonenverhältnis, d. h. im Verhältnis zum Ersterwerber der registered charge eine Registerberichtigung nach Maßgabe von sec. 65, Sch. 4 LRA 2002 in Betracht; zweifelhaft ist hingegen, ob eine Berichtigung zulasten des Zweiterwerbers oder gar des sub-chargee möglich ist.340 Hierauf wird noch zurückzukommen sein. Sieht man von auf Rechtserwerb gerichteten Verfügungen über die belastete principal mortgage ab, wird in der Literatur kaum diskutiert, in welchem Ausdingliche Rechte bestellen könne; Dritte könnten lediglich, ggf. nach der estoppel-Doktrin, obligatorische Rechte erwerben, die erst im Zeitpunkt der Vollendung des Erwerbs at law dingliche Qualität erheischen, dann aber automatisch gegenüber der registered charge zurückstehen müssten. 336 Siehe die vergleichbare Diskussion bei Fisher and Lightwood (-Clark), Law of Mortgage14, Rn. 24.20 über die Rechtsstellung des eingetragenen Rechtsinhabers einer registered charge, die von einem Zweiterwerber des belasteten estate in land infolge nichtiger oder anfechtbarer Übertragung eingeräumt wird. 337 Siehe schon Norrish v. Marshall [1814–23] All ER Rep 587, 590 (Sir John Leach V-C: „The principle is that, as against an assignee without notice, the mortgagor has the same rights as he has against the mortgagee, and whatever he can claim in the way of set off, or mutual credit, as against the mortgagee, he can claim equally against the assignee.“); Fisher and Lightwood (-Clark), Law of Mortgage14, Rn. 24.20. 338 De Lisle v. Union Bank of Scotland [1914] 1 Ch. 22; Parker v. Jackson [1936] 2 All E. R. 281, 291 (Farwell J.); Emmett and Farrand (-Farrand/Clarke), Title, Vol. II (Release 113, 30 April 2018), Rn. 25-033. Wenngleich dem englischen Recht ein gutgläubig-einredefreier Erwerb im Rahmen der Übertragung einer mortgage grundsätzlich fremd ist, muss sich der mortgagor nach Maßgabe der estoppel-Doktrin an einem zurechenbar geschaffenen Vertrauenstatbestand hinsichtlich des scheinbaren Zins- und Tilgungsstandes aber festhalten lassen (vgl. Woodhouse (1948) 12 Conv. (NS) 171, 173–174, der exemplarisch auf die Ausstellung einer Quittung über die Valutierung des Darlehens auf der mortgage deed verweist). 339 Vgl. Fisher and Lightwood (-Clark), Law of Mortgage14, Rn. 25.2; Woodhouse (1948) 12 Conv. (NS) 171, 173–174. 340 Siehe dazu § 12 II. 1. b).
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maß die sub-mortgage die Verfügungsbefugnis des mortgagee in Bezug auf die inhaltliche Änderung (variation), die Rangänderung (alteration of priority) und die (tilgungsbedingte) Aufhebung (discharge, release oder waiver) der mortgage und/ oder der mortgage debt beschränkt. Wenn freilich die Übertragung und die Belastung der principal mortgage die Rechtsstellung des sub-mortgagee – vorbehaltlich der aufgezeigten Ausnahmefälle – nicht beeinträchtigt, dürften sich nicht auf Rechtserwerb gerichtete Verfügungen über die principal mortgage prinzipiell ebenso wenig auf die sub-mortgagee auswirken; in Ermangelung gesetzlicher Vorgaben dürfte diesbezüglich nur Abhilfe im Wege gesetzesimmanenter Rechtsfortbildung in Betracht kommen.341 d) Durchsetzung der sub-mortgage Primär richten sich die wechselseitigen (Verwertungs-)Befugnisse des mortgagee und des sub-mortgagee nach den jeweiligen Parteivereinbarungen. Der Zuweisungsgehalt der sub-mortgagee ist – wie jede Belastung – durch den Umfang der verpfändeten resp. zur Sicherheit transferierten principal mortgage prädeterminiert.342 Im Näheren wirft der Wirkungskreis von sub-mortgages freilich auch im 341 Zweifelhaft ist schon, ob der mortgagee ohne Mitwirkung des sub-mortgagee materiellrechtlich befugt ist, die belastete principal mortgage inhaltlich zu modifizieren oder gar aufzuheben. Zwar bestimmt sec. 24(a) LRA 2002, dass der eingetragene Rechtsinhaber einer registered charge berechtigt ist, die in sec. 23(2) LRA 2002 normierten „owner’s powers“ auszuüben, d. h. über die registered charge nach Maßgabe des „general law“ – mit Ausnahme der Bestellung einer legal sub-mortgage i. S. v. sec. 23(3) LRA 2002 – zu verfügen, was prinzipiell die inhaltliche Änderung, die Rangänderung und die Aufhebung erfasst (vgl. auch sec. 205(1)(ii) LPA 1925). Allerdings schließt dies rechtsgeschäftliche und gesetzliche Verfügungsbeschränkungen nicht aus (arg. e sec. 26 LRA 2002). So wird z. B. r. 113(1) LRR 2003 – diese Vorschrift verlangt zu einer inhaltlichen Änderung einer registered charge die Zustimmung der Inhaber der hierdurch benachteiligten gleich- oder nachrangigen registered charges – erweiternd dahin ausgelegt, dass insoweit auch die Zustimmung der eingetragenen Inhaber (bzw. eintragungsberechtigten Personen i. S. v. sec. 24(b) LRA 2002) aller auf den potentiell beeinträchtigten gleich- und nachrangigen registered charges lastenden sub-charges erforderlich sei (so Fisher and Lightwood (-Clark), Law of Mortgage14, Rn. 10.3). Wenn freilich schon die Inhaber von sub-charges an gleich- und nachrangigen registered charges erfasst sind, wird man aus Gründen der Wertungskohärenz den sub-chargee der zu ändernden registered charge erst recht schützen müssen, auch wenn es insoweit an einer gesetzlichen Vorgabe fehlt. So dürfte dem chargee der principal charge entweder nach dem „general law“ (i. S. v. sec. 23(2)(a) LRA 2002) die Befugnis zur inhaltlichen Änderung der verpfändeten registered charge fehlen – eine wirksame Verfügungsurkunde müsste also unter Mitwirkung des sub-chargee ausgestellt werden – oder man verlangt eine verfahrensrechtliche Zustimmung durch deed per Analogieschluss zu r. 113(1) LRR 2003. Entsprechendes sollte dann aber auch für die Rangänderung – auch hier fehlt es an einem ausdrücklichen Zustimmungserfordernis (vgl. r. 102 LRR 2003) – und erst recht für die Aufhebung der verpfändeten registered charge gelten (vgl. rr. 113, 114 LRR 2003). 342 Zwecks besseren Verständnisses der Wirkungen einer sub-mortgage (bzw. sub-charge) sei hier das ausdifferenzierte Instrumentarium der Verwertungsoptionen des mortgagee skizziert (näher Emmett and Farrand (-Farrand/Clarke), Title, Vol. II (Release 113, 30 April 2018), Rn. 25082–25-174; Megarry and Wade (-Harpum/Bridge/Dixon), The Law of Real Property8 , Rn. 25002–25-049). In dem unteilbaren Stammrecht ist eine Mehrzahl subjektiver Rechte zusammengefasst, die übereinstimmend auf Befriedigung aus dem sog. mortgaged property zielen.
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Verwertungsstadium noch unzureichend geklärte Rechtsfragen auf.343 Diesbezüglich ist wiederum zwischen legal und equitable sub-mortgages auf der einen Seite und zwischen den Sphären des personal property law und des real property law Paradigmatisch ist das auf Beendigung der equity of redemption gerichtete right of foreclosure, durch dessen Ausübung sich der mortgagee das zur Sicherheit übertragene oder verpfändete Recht des mortgagor endgültig einverleibt. Als Korrelat der equity of redemption entsteht dieses Gestaltungsklagerecht mit Eintritt des Fälligkeitszeitpunkts für die Rückzahlung des Darlehens; es ist ein elementarer Bestandteil einer jeden mortgage (Bridge/Gullifer/Low/McNeel, The Law of Personal Property2, Rn. 34-022; Fisher and Lightwood (-Clark), Law of Mortgage14, Rn. 32.4–32.5). Wenngleich die foreclosure darauf abzielt, dass sich der mortgagee endgültig das zur Sicherheit übertragene Recht oder den verpfändeten estate in land einverleibt, darf dieser (jeder mortgage inhärente) Rechtsbehelf nicht mit der lex commissoria des römischrechtlichen pignus verwechselt werden. Ein bereits bei Abschluss der mortgage vereinbartes „Verfallsrecht“ erkennt das englische Recht nicht an; es gestattet dem mortgagor und Darlehensnehmer bekanntlich auch dann, wenn der vereinbarte Fälligkeitstermin verstrichen ist, die Einlösung der mortgage (sog. equitable right to redeem). Im Unterschied zu einem Verfallsrecht vermag sich ein mortgagee ausschließlich vermittels eines gerichtlich organisierten Verfahrens, der sog. foreclosure, das mortgaged property frei von der equity of redemption einzuverleiben, indem er die Einlösungsrechte nachrangiger mortgagees sowie die equity of redemption mittels Zwangsvollstreckung beseitigt (Fisher and Lightwood (-Clark), Law of Mortgage14, Rn. 32.2). Das Verfahren wird durch Klageerhebung seitens des mortgagee beim County Court resp. beim High Court eingeleitet, wobei der Antrag auf foreclosure meistens mit einem Zahlungsbegehren in objektiver Klagehäufung verbunden wird (Fisher and Lightwood (-Clark), Law of Mortgage14, Rn. 32.26). Aus prozessrechtsdogmatischer Perspektive ist die auf foreclosure gerichtete Klage eine Gestaltungsklage, weil sie auf eine Neuzuordnung der von der mortgage betroffenen Sache durch Hoheitsakt (order for foreclosure absolute), d. h. auf den originären Erwerb des mortgaged property abzielt. Begründet ist der Antrag, wenn dem Kläger eine wirksame mortgage zusteht und der mortgagor in Zahlungsverzug geraten ist. Liegen diese Voraussetzungen vor, erlässt das Gericht ein Zwischenurteil, eine sog. order for foreclosure nisi, unter der dem mortgagor die Zahlung der offenen Forderung des mortgagee bis zu einem gerichtlich festgesetzten Termin aufgegeben wird; zugleich wird der Verfall des mortgaged property bei Nichtzahlung angekündigt. Wird die Schuld nicht rechtzeitig getilgt, kann der mortgagee eine order for foreclosure absolute beantragen. Allerdings besteht hierauf kein Anspruch; dem Gericht steht ein Auswahlermessen hinsichtlich der Verwertung zu. Wenn z. B. ein ungerechtfertigter windfall für den mortgagee droht, weil der objektive Wert des mortgaged property das Sicherungsinteresse des mortgagee deutlich übersteigt, wird das Gericht regelmäßig den Verkauf des mortgaged property anstelle einer order for foreclosure absolute anordnen (vgl. Fisher and Lightwood (-Clark), Law of Mortgage14, Rn. 32.3; Emmett and Farrand (-Farrand/Clarke), Title, Vol. II (Release 113, 30 April 2018), Rn. 25-157). Auch deshalb und vor allem wegen des erheblichen Aufwands der gerichtlichen Verwertung ist die praktische Bedeutung des right of foreclosure gering; primär dürfte es als Druckmittel dienen (siehe Fisher and Lightwood (-Clark), Law of Mortgage14, Rn. 32.3; Emmett and Farrand (-Farrand/Clarke), Title, Vol. II (Release 113, 30 April 2018), Rn. 25-155). Je nach Konstruktion der mortgage entfaltet die Ausübung dieses Gestaltungsklagerechts entweder rechtstransportierende oder rechtsbeseitigende Wirkung. Wird ein legal mortgage an land mittels foreclosure gerichtlich verwertet, erwirbt der mortgagee kraft Hoheitsakts den belasteten estate in land (vgl. secs. 88(2), 89(2) LPA 1925), wohingegen die foreclosure bei jeder anderen mortgage einfach nur die Einlösungsberechtigung des mortgagor einschließlich der Belastung (scil.: die equity of redemption) des ohnehin bereits an den mortgagee transferierten Rechts beseitigt. Im Unterschied zur equitable charge ist der mortgage daher nicht nur ein Verfügungsrecht, sondern auch ein Beendigungsrecht an dem zur Sicherheit transferierten oder verpfändeten Recht zu eigen. In der Praxis weitaus wichtiger ist hingegen das in sec. 101(1)(i) LPA 1925 verankerte Recht zum außergerichtlichen Verkauf des von der mortgage befangenen Rechts; die Inbesitznahme des mortgaged property geht der Ausübung des (vertraglich meistens noch erweiterten) Veräußerungsrechts regelmäßig voraus. Wenngleich die mortgage by (sub-)demise und
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auf der anderen Seite zu unterscheiden. So regelt einzig die interpretationsbedürftige sec. 53 LRA 2002 – in Übereinstimmung mit der Vorgängerbestimmung (r. 163(2) LRR 1925) – die Rechtsstellung des sub-chargee.344 Wie angerissen, ordnet auch die charge by way of legal mortgage (als einem term of years positivrechtlich angeglichenes Pfandrecht) von selbst ein Recht zur possession des betroffenen Grundstücks vermitteln (das allerdings u. a. bei Verbraucherverträgen massiv eingeschränkt ist), wird dieses in aller Regel bis zum Eintritt der Verwertungsreife nicht ausgeübt (vgl. Fisher and Lightwood (-Clark), Law of Mortgage14, Rn. 29.3; Emmett and Farrand (-Farrand/Clarke), Title, Vol. II (Release 113, 30 April 2018), Rn. 25-124). Stattdessen wird vereinbart, dass der mortgagor bis zum Fälligkeitszeitpunkt des Kapitals zum Gebrauch und zur Nutzung seines Grundstücks berechtigt bleibt; erst bei Zahlungsverzug wird zwecks Vorbereitung des Pfandverkaufs oder zwecks Befriedigung aus dem Grundstück durch Verpachtung die Räumung verlangt und gerichtlich mittels einer order for possession durchsetzt (die action for the recovery of land steht dem mortgagee auch gegenüber dem mortgagor zu); vgl. Fisher and Lightwood (-Clark), Law of Mortgage14, Rn. 29.8–29.10. Abgesehen davon steht es dem mortgagee frei, selbst einen receiver mit der Verwaltung des mortgaged property zwecks Gewinnung von Erträgen zu beauftragen (secs. 101(1)(iii), 109 LPA 1925); Bridge/Gullifer/Low/McNeel, The Law of Personal Property2, Rn. 34-025; Megarry and Wade (-Harpum/Bridge/Dixon), The Law of Real Property8 , Rn. 25-036–25-039. Dies bietet sich zuvörderst dann an, wenn das belastete Recht, z. B. eine lease oder eine rentcharge, fortlaufende Erträge generiert; der receiver ist zur Einziehung der wiederkehrenden Einkünfte im Namen des mortgagee und/oder des mortgagor berechtigt (sec. 109(3) LPA 1925) und sowohl dem mortgagee als auch dem mortgagor zur sorgfältigen Ausführung seines Amtes verpflichtet. Auch bei mortgages an land weist der Einsatz eines receiver im Sicherungsfall im Vergleich zur alternativ möglichen Inbesitznahme und Nutzung des Grundstücks seitens des mortgagee entscheidende Vorteile auf. So muss sich der mortgagee Pflichtverletzungen des receiver grundsätzlich nicht zurechnen lassen, wohingegen er bei einer selbstbestimmten Nutzung des Grundstücks u. a. Rechnungslegungs- und Sorgfaltspflichten gegenüber dem mortgagor und konkurrierenden Sicherungsnehmern unterliegt (vgl. Fisher and Lightwood (-Clark), Law of Mortgage14, Rn. 28.4, 28.8; Megarry and Wade (-Harpum/Bridge/Dixon), The Law of Real Property8 , Rn. 25-027). Denn obwohl der receiver im Auftrag des mortgagee agiert und (primär) dessen Verwertungsinteresse wahrzunehmen hat, gilt der receiver als Vertreter des mortgagor, soweit nichts anderes bestimmt ist (sec. 109(2) LPA 1925). Zudem ist der mortgagee in der Auswahl des einzusetzenden receiver frei, kann z. B. (zwecks wechselseitiger Kontrolle) mehrere Personen einsetzen und diese auch wieder abberufen und austauschen. Zulässig und praxisüblich ist es ferner, dem receiver weitergehende Befugnisse einzuräumen, die sich der mortgagee selbst vertraglich vorbehalten hat oder die ihm kraft Gesetzes zustehen; so kann z. B. die Verkaufsbefugnis oder die in secs. 99, 100 LPA 1925 bestimmten Rechte zur Bestellung und Beendigung von leases an den receiver delegiert werden (Fisher and Lightwood (-Clark), Law of Mortgage14, Rn. 28.10). Endlich setzt auch die durch einen receiver vermittelte Verwertung des mortgaged property nicht die Mitwirkung des Gerichts voraus, wobei es dem mortgagee unbenommen bleibt, im gerichtlichen Verfahren die Einsetzung eines hoheitlich tätig werdenden receiver zu beantragen (Fisher and Lightwood (-Clark), Law of Mortgage14, Rn. 28.16; Megarry and Wade (-Harpum/Bridge/Dixon), The Law of Real Property8 , Rn. 25-037). 343 Soweit es um sub-charges an registered charges geht, hat sich die Law Commission der Sache angenommen, im Consulation Paper No. 227 erste Vorschläge zur Modernisierung des geltenden Rechts der sub-charge vorgelegt und nach Abschluss eines im Jahr 2016 durchgeführten Konsultationsprozesses Vorschläge zur Verbesserung des geltenden Rechts in Aussicht gestellt (vgl. Law Com No. 227 Rn. 19.1–19.43). Der Gesetzesentwurf – im Hinblick auf sub-charges sind die im Consultation Paper dargelegten Empfehlungen weitgehend übernommen worden – liegt vor; siehe Law Com. No. 380 Chapter 19. 344 R. 163 LRR 1925. (1) The proprietor of a charge of incumbrance may at any time charge the mortgage debt with
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das Gesetz einen Gleichlauf der Befugnisse, die dem Inhaber der jeweils belasteten charge – sei es eine charge an einem registered estate in land, sei es eine „intermediäre“ sub-charge – kraft Gesetzes oder Parteivereinbarung zustehen, und den Befugnissen des sub-chargee in Ansehung des Belastungsgegenstandes der principal charge an. Aus dieser schematischen Parallelisierung lässt sich freilich weder ableiten, in welchem Verhältnis die scheinbar duplizierten Verwertungszuständigkeiten an dem belasteten estate in land zueinander stehen, noch, welche Rechte der subchargee an der verpfändeten Forderung geltend machen kann noch welche Befugnisse ihm nach Maßgabe des dispositiven Rechts zur Verwertung der belasteten principal charge (bzw. intermediary charge) zustehen.345 Unsicher ist überdies, wer zur Einziehung der Zins- und Tilgungsleistungen berechtigt ist und unter welchen Voraussetzungen der mortgagor und/oder (einlösungsberechtigte) Dritte mit befreiender Wirkung an den mortgagee oder den sub-mortgagee leisten können.346 Endlich steht auch nicht fest, wer zur einlösungsbedingten Aufhebung (discharge) der verpfändeten registered charge befugt ist.347 aa) Der „Vervielfältigungseffekt“ der sub-mortgage Zunächst versteht sich von selbst, dass der mortgagee nicht ohne Vereinbarung eines sog. right of use bzw. right of re-hypothecation348 einen die inhaltlichen, räumlithe payment of money in the same manner as a proprietor of land can charge the land; and such charges are in these rules referred to as sub-charges. (2) The proprietor of a sub-charge shall, subject to any entry to the contrary in the register, have the same powers of disposition in relation to the land as if he had been registered as proprietor of the principal charge. 345 Vgl. auch Law Com No. 227 Rn. 19.15; Law Com No. 380 Rn. 19.51. 346 Mangels Entscheidungsrelevanz ließ der Court of Appeal diese Fragen in dem seminal case Credit & Mercantile plc v. Marks [2004] EWCA Civ 568; [2005] Ch. 81, 89 [25] (Clarke L. J.) dahinstehen. 347 Siehe hierzu Law Com No. 227 Rn. 19.36–19.37; Law Com No. 380 Rn. 19.78. 348 Siehe hierzu Firth, Derivatives Law and Practice (Release 37; September 2018), Rn. 6-069– 6-077; Goode/Gullifer, Legal Problems of Credit and Security6 , Rn. 6-54–6-56. Von besonderer Bedeutung ist das Verfügungsrecht des Sicherungsnehmers (sog. right of use/right to hypothecate) i. S. v. Art. 2 Abs. 1 lit. f) Finanzsicherheitenrichtlinie (Richtlinie 2002/47/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. Juni 2002 über Finanzsicherheiten, ABl. L 168/43) bei der Einräumung von „Finanzsicherheiten“ i. S. v. Art. 2 Abs. 1 lit. a) Finanzsicherheitenrichtlinie. Art. 5 Finanzsicherheitenrichtlinie garantiert das Verfügungsrecht des Sicherungsnehmers über die verpfändeten resp. zur Sicherheit übertragenen Finanzinstrumente (Aktien, Schuldverschreibungen und sonstige am Kapitalmarkt handelbare Schuldtitel und Wertpapiere); dieses right of use ermächtigt den Sicherungsnehmer dazu, über die gewährten Finanzsicherheiten wie ein „Eigentümer“ zu disponieren, diese insbesondere zwecks Refinanzierung zur Sicherheit zu übertragen oder zu verpfänden. Der Sicherungsnehmer ist mithin nicht auf die Bestellung eines Sicherungsrechts am Sicherungsrecht (sog. sub-security) verwiesen, welches lediglich im Ausmaß und unter den Bedingungen der eigenen „Finanzsicherheit“ (scil.: der principal mortgage oder der principal charge) Verwertungsbefugnisse an den gewährten Finanzsicherheiten verschafft (Goode/Gullifer, Legal Problems of Credit and Security6 , Rn. 6–54). Die im Bankgeschäft praxisüblichen collateral arrangements, die regulär ein right of use/right to hypothecate an den gewährten Kreditsicherheiten enthalten (siehe nur Beale/Bridge/Gullifer/Lomnicka, The Law of Security and Title-Based Financing2, Rn. 6.47 Fn. 257; Firth, Derivatives Law and Practice (Release 37; September 2018),
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chen und/oder zeitlichen Grenzen der principal mortgage überschreitenden security interest einzuräumen vermag.349 Desgleichen liegt ein wesensimmanentes Strukturprinzip jeder (sub-)mortgage in der dem (sub-)mortgagor von Gesetzes wegen zustehenden equity of redemption: Mit Tilgung der gesicherten Forderung des submortgagee aktiviert sich das Recht des (sub-)mortgagor auf Rückerwerb resp. Aufhebung der (sub-)mortgage.350 Zudem läge begrifflich kein security interest vor, wenn dem sub-mortgagee nicht ein Recht auf vorrangige Befriedigung aus oder kraft der belasteten oder transferierten mortgage bei Verwertungsreife zustünde. Abgesehen davon ist der Wirkungskreis der sub-mortgage nicht unveränderlich fixiert. Seit dem leading case Credit & Mercantile plc v. Marks351 ist nicht nur geklärt, dass es den Parteien unter einer sub-charge freisteht, die wechselseitigen Verwertungszuständigkeiten an dem von der principal mortgage erfassten Grundstück prinzipiell frei festzulegen, aufeinander abzustimmen und deren Ausübung zu koordinieren.352 Vielmehr hat der Court of Appeal auch die Auswirkungen einer subcharge auf das der principal charge immanente Besitzrecht des sub-chargor an dem von der principal charge betroffenen Grundstück nach dem dispositiven Gesetzesrecht präzisiert; die Präzedenzwirkung des Urteils erstreckt sich auf das reformierte Regime der registered estates.353 In dem der Entscheidung zugrundeliegenden Fall hatte die Beklagte der Klägerin eine erstrangige, im register of title eingetragene legal charge (die „principal charge“ in Form einer charge by way of legal mortgage) an ihrem Grundstück bestellt. Diese belastete die Klägerin zur Sicherung eigener Verbindlichkeiten mit einer ordnungsgemäß eingetragenen subcharge – gleichfalls in Form einer charge by way of legal mortgage – zugunsten der Bank of Scotland.354 Ausweislich der Vertragsurkunde über die sub-charge war die Bank of ScotRn. 6-073) verstoßen jedenfalls dann nicht gegen das Verbot der „clogs on the equity of redemption“, wenn das Verfügungsrecht separat und unabhängig von der der mortgage vereinbart wird; dies kann auch simultan geschehen (Firth, Derivatives Law and Practice (Release 37; September 2018), Rn. 6-073). 349 Vgl. Beale/Bridge/Gullifer/L omnicka, The Law of Security and Title-Based Financing2 , Rn. 6.47; Firth, Derivatives Law and Practice (Release 37; September 2018), Rn. 6-073. Würde die Belastungswirkung für den Rechtsinhaber der von der principal mortgage erfassten „Sache“ durch die Bestellung einer sub-mortgage vertieft, wäre diese schon begrifflich nicht mehr eine bloße sub-mortgage, sondern selbst eine neue mortgage an der Sache, was aber gegen das fundamentale Verbot der „clogs on the equity of redemption“ verstieße (Firth, Derivatives Law and Practice (Release 37; September 2018), Rn. 6-073). 350 Zum discharge der sub-mortgage siehe Fisher and Lightwood (-Clark), Law of Mortgage14, Rn. 25.6. 351 Credit & Mercantile plc v. Marks [2004] EWCA Civ 568; [2005] Ch. 81. 352 Die Lehre hat sich dieser Ansicht, soweit ersichtlich, einhellig, angeschlossen; vgl. Emmett and Farrand (-Farrand/Clarke), Title, Vol. II (Release 113, 30 April 2018), Rn. 25-033; Fisher and Lightwood (-Clark), Law of Mortgage14, Rn. 25.1, 25.3; Goode/Gullifer, Legal Problems of Credit and Security6 , Rn. 1–74; McGhee (-Conaglen/Bridge), Snell’s Equity33, Rn. 39-002; siehe auch Law Com No. 227 Rn. 19.28–19.29; Law Com No. 380 Rn. 19.65–19.67. 353 Law Com No. 227 Rn. 19.24–19.27; Law Com No. 380 Rn. 19.65–19.67. 354 Auch wenn die Zustimmung des chargor zur wirksamen Bestellung einer sub-charge nicht erforderlich ist, hatte sich die Klägerin, wie üblich, in dem als „facility letter“ bezeichneten Sicherungsvertrag mit der Beklagten ausdrücklich die Befugnis vorbehalten, die Forderung und die
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land als sub-chargee erst nach schriftlichem Verlangen zur Rückzahlung des der Klägerin gewährten Kontokorrentkredits zur Ausübung der Rechte aus der principal charge berechtigt.355 Zudem war die Klägerin aufgrund einer im register of title eingetragenen restriction nur mit Zustimmung der Bank of Scotland zur Verfügung über den belasteten estate in land berechtigt. Nach der zwischen den Prozessparteien vereinbarten Sicherungsabrede war die principal charge durchsetzbar, wenn und sobald die Beklagte mit ihren Zins- und Tilgungsleistungen in Verzug geriet. Als die Beklagte nicht mehr abredegemäß zahlte, verlangte die Klägerin die Räumung des Grundstücks; die Bank of Scotland machte zu keinem Zeitpunkt von ihrem vertraglich eingeräumten Recht, selbst die Verwertung des von der principal charge erfassten Grundstücks zu betreiben, Gebrauch. Die von der Klägerin erhobene Räumungsklage hatte Erfolg; die Berufung wurde vom Court of Appeal zurückgewiesen.356 Anknüpfend an den gewohnheitsrechtlich etablierten Rechtsgrundsatz, dass ein mortgagee aufgrund des ihm eingeräumten estate in land jederzeit zur Inbesitznahme des Grundstücks vorbehaltlich abweichender Parteivereinbarungen berechtigt sei,357 stellte der Court of Appeal klar, dass dies auch für den chargee (einer charge by way of legal mortgage) gelte. Dieses dem dinglichen Recht wesensimmanente Recht zum Besitz sei nicht vertraglich ausgeschlossen oder beschränkt worden; prinzipiell sei die Klägerin sogar bereits vor der vertraglich bestimmten „Durchsetzbarkeit“ der principal charge, jedenfalls aber bei Zahlungsverzug der Beklagte zum Besitz berechtigt.358 Entgegen der Ansicht der Beklagten sei das Besitzrecht der Klägerin weder kraft der sub-charge auf die Bank of Scotland übertragen noch für die Dauer der sub-charge suspendiert worden.359 registered charge zu übertragen oder mit einer „sub-mortgage“ zu belasten (Credit & Mercantile plc v. Marks [2004] EWCA Civ 568; [2005] Ch. 81, 86 [7]. 355 Vgl. clause 3: „The borrower by way of first fixed security for the payment of this charge with full title guarantee hereby charges by way of legal mortgage all of the borrower’s right, title, interest and benefit, present and future as beneficiary under and in respect of the principal charge to hold the same unto the bank absolutely for itself.“ 356 Die Beklagte argumentierte unter Verweis auf sec. 114 LPA 1925, dass durch die Bestellung der sub-charge alle Befugnisse aus der principal charge auf die Bank of Scotland übergegangen seien. Aber selbst wenn sich der sachliche Anwendungsbereich von sec. 114 LPA 1925 auf die Übertragung von mortgages an nicht eingetragenen Grundstücksrechten beschränke und deshalb hier nicht anwendbar sei, müssten die vertraglichen Vereinbarungen in der sub-charge dahin ausgelegt werden, dass die Verwertungsbefugnisse der Klägerin (einschließlich des streitgegenständlichen Rechts zum Besitz) für die Dauer der Belastung aufhebe; die Klägerin sei allenfalls als Bevollmächtigte der Bank of Scotland zur Ausübung der durch die principal charge begründeten Verwertungsbefugnisse berechtigt. Die Klägerin hielt dem entgegen, dass die Rechtsfolgen von sec. 114 LPA 1925 jedenfalls stillschweigend abbedungen worden seien. Die Vertragsurkunde über die sub-charge sei vielmehr dahin auszulegen, dass die durch die principal charge gesicherten Geldforderungen der Klägerin aufschiebend bedingt in equity an die Bank of Scotland abgetreten worden seien; weil die aufschiebende Bedingung – ein an die Klägerin adressiertes schriftliches Zahlungsverlangen – nicht eingetreten sei, stehe der Befugnis der Klägerin zur Ausübung der ihr durch die principal charge verliehenen Rechte aber nichts entgegen. 357 Grundlegend Four-Maids Ltd. v. Dudley Marshall (Properties) Ltd. [1957] Ch. 317, 320 (Harman J.); Ashe v. National Westminster Bank plc [2008] EWCA Civ [2008] EWCA Civ 55. 358 Credit & Mercantile plc v. Marks [2004] EWCA Civ 568; [2005] Ch. 81, 86–87 [9]–[11] (Clarke L. J.). 359 Credit & Mercantile plc v. Marks [2004] EWCA Civ 568; [2005] Ch. 81, 88–90 [16]–[27] (Clarke L. J.). Dass die Klägerin ihrer Befugnisse aus der principal charge nach dem Parteiwillen nicht verlustig gehen solle, indiziere zudem die im register of title eingetragenen rechtsgeschäftliche Verfügungsbeschränkung; der von der Beklagten behauptete translative Effekt der sub-charge sei mit dieser Verfügungsbeschränkung unvereinbar. Auch soweit die Klägerin zur unverzüg-
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Maßgeblich seien die vertraglichen Bestimmungen der sub-charge. Diese seien dahin auszulegen, dass die Rechte aus der principal charge nicht ohne weiteres auf die Bank of Scotland übergingen, sondern dass die Bank of Scotland nur nach entsprechendem Zahlungsverlangen zur Ausübung von Rechten aus der principal charge berechtigt sei. Wenngleich vereinzelte Stellungnahmen im Schrifttum einen selbsttätigen „Suspensiveffekt“ der subcharge indizierten,360 ergebe sich weder aus der älteren Judikatur noch aus den einschlägigen Rechtsvorschriften etwas dafür, dass eine sub-charge die Befugnisse des chargee und sub-chargor temporär aufhebe oder gar beseitige. Clarke L. J. (für den Court of Appeal) verwies auf die ältere Entscheidung Owen v. Cornell.361 Dem autoritativen Gewicht dieser in
lichen Einziehung der fälligen Forderungen aus der principal charge verpflichtet gewesen sei, indiziere dies, dass sie insoweit ihre eigenen Ansprüche geltend machen und nicht etwa als Vertreterin der Bank of Scotland agieren sollte. Ob der Vertrag über die sub-charge dahin auszulegen sei, dass eine aufschiebend bedingte Forderungsabtretung in equity vereinbart worden sei, wie die Klägerin meinte, ließ das Gericht mangels Entscheidungserheblichkeit dahinstehen (Credit & Mercantile plc v. Marks [2004] EWCA Civ 568; [2005] Ch. 81, 89–90 [24]–[25] (Clarke L. J.). Auf der Grundlage des damals anzuwendenden Rechts war dies konsequent; die Verpfändung einer registered charge mittels einer charge by way of legal mortgage ging mangels strikter Verfügungsakzessorietät nicht notwendig mit Forderungsabtretung einher. Demgegenüber ist nach dem geltenden Recht eine sub-charge ohnehin nur mittels einer Forderungsverpfändung gem. sec. 23(2) (b) LRA 2002 möglich. 360 Credit & Mercantile plc v. Marks [2004] EWCA Civ 568; [2005] Ch. 81, 92 [36] (Clarke L. J.) verweist u. a. auf Ruoff and Roper, Registered Conveyancing (Stand: May 2000), Rn. 24.10: „The proprietor of a sub-charge (subject to any entry to the contrary on the register) has the same powers of disposition, in relation to the land, as if he had been registered as proprietor of the principal charge and, so long as the sub-charge subsists, the sub-chargee is the only person who can exercise the lender’s remedies under, or discharge, the principal charge.“ Anders nunmehr – unter ausdrücklicher Billigung von Credit & Mercantile plc v. Marks [2004] EWCA Civ 568; [2005] Ch. 81 – Ruoff and Roper (-Cavill/Wheeler/Dixon et al.), Registered Conveyancing Vol. I (Release 87, June 2018), Rn. 28.006.001 Fn. 5. 361 Nach Darstellung des Court of Appeal ist Owen v. Cornell (1967) 203 E. G. 29 die einzige Entscheidung, die sich mit den Auswirkungen einer sub-mortgage auf das gewohnheitsrechtliche Recht zur Inbesitznahme des von der principal mortgage erfassten Grundstücks ausdrücklich auseinandersetzt habe (Credit & Mercantile plc v. Marks [2004] EWCA Civ 568; [2005] Ch. 81, 92 [37]–[39] (Clarke L. J.)). Freilich erschöpft sich der veröffentlichte Entscheidungsbericht in einer äußerst knappen Wiedergabe der Fallgestaltung und der maßgeblichen Entscheidungsgründe; die einschlägigen Vertragsbestimmungen der mortgage und der sub-mortgage werden nicht wiedergegeben. Zwar erging diese Entscheidung – im Gegensatz zu Credit & Mercantile plc v. Marks – noch zu einer „doppelstöckigen“ mortgage (in Form einer sub-mortgage by sub-demise) an einem nicht eingetragenen estate in land, was freilich angesichts des kombinierten Effekts von sec. 87(1) LPA 1925 und secs. 51, 53 LRA 2002 und der damit verbundenen inhaltlichen Angleichung der an registered land ausschließlich zulässigen Variante der registered sub-charge an die ältere Erscheinungsform der sub-mortgage by sub-demise die autoritative Geltung des Urteils nicht relativieren dürfte. So ging es ebenfalls um einen Räumungsrechtsstreit zwischen dem sub-mortgagee und dem mortgagor. In dem zugrundeliegenden Fall hatte der Beklagte dem Kläger eine mortgage by demise in Form eines (auf 3.000 Jahre befristeten) term of years absolute an einem gewerblich genutzten Grundstück eingeräumt, an der der Kläger seiner Bank zur Sicherung eines Dispositionskredits eine mortgage by sub-demise in Form eines lediglich um einen Tag verkürzten sub-term bestellte. Mit der Bestellung der sub-mortgage wurde zugleich eine Abtretung der durch die mortgage gesicherten Forderung in equity vereinbart. Nach Eintritt der Fälligkeit geriet der Beklagte in Verzug; die Räumungsklage des Klägers hatte Erfolg. Nach Ansicht von Buckley J. stand dem Kläger ohne Rücksicht auf die der Bank bestellte sub-mortgage als Inhaber des kraft der principal mortgage begründeten legal estate ein Recht zum Besitz des Grundstücks zu; dem stehe auch
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stanzgerichtlichen Rechtsprechung stehe nicht entgegen, dass sie sich auf eine sub-mortgage by sub-demise an einem nicht eingetragenen estate in land beziehe; die Entscheidung stelle allgemein klar, dass eine sub-mortgage dem mortgagee nicht die Befugnis zur Ausübung seiner Rechte aus der principal charge nehme.362 Dies gelte gleichermaßen für registered sub-charges an eingetragenen Grundstücksrechten. Denn nach Maßgabe von secs. 86(1), (3), 87(1)(b) LPA 1925 konstituiere die sub-charge ein neues Recht, einen eigenständigen „mortgage term“ (von 3.000 Jahren abzüglich eines Tages), entfalte mithin gerade nicht translative Wirkung hinsichtlich der principal mortgage. Aus sec. 114 LPA 1925 ergebe sich hier nichts anderes, zumal schon die Anwendbarkeit dieser Norm auf registered charges an eingetragenen Grundstücksrechten fraglich sei.363 Aufgrund der entgegenstehenden Parteivereinbarungen sei diese dispositive Vorschrift hier in jedem Fall nicht einschlägig; eine Übertragung der Rechte aus der principal charge sei gerade nicht beabsichtigt. Aus r. 163(2) LRR 2003 ergebe sich nur, dass dem Inhaber einer eingetragenen sub-charge dieselben Rechte zur Verfügung über das von der belasteten registered charge erfasste Grundstück zustünden wie dem eingetragenen Inhaber der registered charge; über das Recht zum Besitz sage die Vorschrift nichts aus.364 Interessanterweise führte Clarke L. J. – ohne nähere Begründung – hilfsweise aus, dass sich das Ergebnis selbst dann nicht ändere, wenn ein gegenwärtiges Besitzrecht des sub-chargee, der Bank of Scotland, bestände.365 Denn auch in diesem Fall sei der chargee, die Klägerin, zumindest im Verhältnis zum chargor, der Beklagten, zum Besitz berechtigt; einer Koexistenz von Besitzrechten des chargee und des sub-chargee stehe nichts entgegen.
Die Entscheidung überzeugt. Mit der nachdrücklichen Bestätigung der inhaltlichen Ausgestaltungsfreiheit einer sub-mortgage (sub-charge) ermöglicht diese Judikatur einerseits maßgeschneiderte kautelarjuristische Konfigurationen der sub-mortgage. Die sub-mortgage stellt sich somit als Äquivalent einer jedenfalls at law und auch rechtskonstruktiv unmöglichen Zerlegung und Teilübertragung der mortgage dar.366 Steht es den Parteien frei, das „Ob“ und das „Wie“ der Verwertung des von der belasteten oder transferierten mortgage betroffenen estate in land vertraglich zu regeln, muss nicht auf die Vollrechtsübertragung der mortgage (einschließlich der Sicherungsforderung) auf einen trustee zugunsten der jeweils als Teilhaber einer Bruchteilsgemeinschaft berechtigten Parteien ausgewichen werden, um einen der unzulässigen Teilübertragung möglichst gleichartigen Effekt zu erzielen.367 Stattdessen kann der mortgagee einem Dritten unter prinzipiell frei zu bestimmenden nicht entgegen, dass sich das „Rückfallrecht“ des Klägers lediglich auf einen Tag beschränkt. Zur Begründung nahm das Gericht ausdrücklich auf die bereits zitierten Ausführungen von Harman J. in Four-Maids Ltd. v. Dudley Marshall (Properties) Ltd. [1957] Ch. 317, 320 Bezug. 362 Credit & Mercantile plc v. Marks [2004] EWCA Civ 568; [2005] Ch. 81, 93–94 [42]–[44] (Clarke L. J.). 363 So Clarke L. J. in Credit & Mercantile plc v. Marks [2004] EWCA Civ 568; [2005] Ch. 81, 94–95 [49]–[50] unter Verweis auf die Entscheidung Paragon Finance plc v. Pender [2003] EWHC 2834 (Ch). 364 Credit & Mercantile plc v. Marks [2004] EWCA Civ 568; [2005] Ch. 81, 95 [53] (Clarke L. J.). 365 Credit & Mercantile plc v. Marks [2004] EWCA Civ 568; [2005] Ch. 81, 95 [54] (Clarke L. J.). 366 Fisher and Lightwood (-Clark), Law of Mortgage14, Rn. 24.12, 25.1. 367 Siehe Fisher and Lightwood (-Clark), Law of Mortgage14, Rn. 24.12.
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Voraussetzungen inhaltsgleiche Verwertungsoptionen an der „verpfändeten Sache“ (mortgaged property) verschaffen, ohne sich seiner eigenen Rechtsstellung zu entäußern. Andererseits ist es rechtsdogmatisch richtig, der sub-mortgage – in Form der registered sub-charge – einen vollständigen „Suspensiveffekt“ hinsichtlich der principal mortgage abzusprechen. Freilich ist die Wirkungsweise der sub-charge zu präzisieren. Zunächst einmal steht dem sub-chargee nach geltendem Recht nicht ein genuiner „term of years absolute“ i. S. v. secs. 1(1)(b), 205(1)(xxvii) LPA 1925 zu. Auch nach dem früheren Recht galt nichts anderes, wenn die sub-mortgage – wie in Credit & Mercantile plc v. Marks – in Form einer (sub-)charge by way of legal mortgage und nicht – wie in Owen v. Cornell368 – im Wege der sub-mortgage by sub-demise bestellt wurde. Aufgrund der in sec. 87(1)(b) LPA 1925 bestimmten Fiktion war der sub-chargee nur so gestellt, als ob eine sub-mortgage by sub-demise, d. h. ein legal estate in land, an der einer mortgage by (sub-)demise wiederum gleichgestellten principal charge (in Form einer charge by way of legal mortgage) bestellt worden wäre.369 Auf eine trennscharfe Abgrenzung zwischen einer (sub-)charge by way of legal mortgage und einer echten sub-mortgage by (sub-)demise kam es in Credit & Mercantile plc v. Marks nicht an, entsteht doch in beiden Varianten der sub-mortgage ein neues Recht in der Person des sub-mortgagee, ohne dass sich der mortgagee seiner Rechtsstellung entäußert.370 Näherer Untersuchung hätte aber das im Urteil nur angerissene Konkurrenzverhältnis der Besitzrechte des chargee und des sub-chargee bedurft. So ignoriert der Court of Appeal, dass eine sub-mortgage by sub-demise – und kraft gesetzlicher Fiktion eine (sub-)charge by way of legal mortgage (sec. 87(1)(b) LPA 1925) – dem Erwerber at law das mittels der einschlägigen torts durchsetzbare immediate right to possession am fiktiv „unterverpachteten“ Grundstück verschafft, was sec. 87(1) LPA 1925 lediglich klarstellt.371 Schon bei der „gewöhnlichen“ mortgage gilt, dass der höherrangige estate in land des mortgagee dem vertraglich besitzberechtigten mortgagor nicht die für die Geltendmachung tort-rechtliche Rechtsbehelfe erfor368
Owen v. Cornell (1967) 203 E. G. 29. insoweit Credit & Mercantile plc v. Marks [2004] EWCA Civ 568; [2005] Ch. 81, 94 [48] (Clarke L. J.). 370 Angesichts dessen lässt sich das ratio decidendi aus Owen v. Cornell (1967) 203 E. G. 29 daher auch auf die in Credit & Mercantile plc v. Marks maßgebliche Konstellation einer „doppelstöckigen“ charge by way of legal mortgage übertragen; richtig insoweit Credit & Mercantile plc v. Marks [2004] EWCA Civ 568; [2005] Ch. 81, 93 [43] (Clarke L. J.). 371 Schließlich ist allgemein anerkannt, dass die für die Geltendmachung der action for the recovery of land erforderliche Sachlegitimation bei verpachteten Grundstücken („leasehold land“) dem gegenwärtig besitzberechtigten lessee zusteht; jede lease ist dadurch gekennzeichnet, dass dem lessee die sog. exclusive possession an dem verpachteten land zusteht (statt vieler siehe nur K. Gray/S. F. Gray, Elements of Land Law5, Rn. 4.1.71; Winfield & Jolowicz (-Rogers), Tort18 , Rn. 13-2; zum Störungsschutz des lessee siehe § 7 I. 2. d)). Entsprechendes gilt auch bei einer legal mortgage, wobei es aufgrund der in sec. 87 LPA 1925 bestimmten Fiktion nicht darauf ankommt, ob dem mortgagee eine mortgage by sub-demise oder eine charge by way of legal mortgage eingeräumt wird. Sec. 87(1) LPA 1925 weist dem mortgagee einer charge by way of legal mortgage ausdrücklich einen deckungsgleichen Klageschutz im Außenverhältnis zu ([…] shall have the same protection, powers and remedies (including the right to take proceedings to obtain possession 369 Zutreffend
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derliche Sachbefugnis entzieht (vgl. sec. 98 LPA 1925).372 Wird eine sub-mortgage bestellt, bleibt folgerichtig der mortgagee als sub-mortgagor in Übereinstimmung mit dem common law (vgl. sec. 98(2) LPA 1925) und nach Maßgabe von sec. 98(1) LPA 1925 berechtigt, gegenüber jedermann mit Ausnahme des sub-mortgagee die regulären Rechtsbehelfen zur Verteidigung seiner Rechtsstellung geltend zu machen.373 Denn mit Blick auf die einschlägigen Legaldefinitionen (sec. 205(1)(1)(xvi) from the occupiers and the persons in receipt of rents and profits, or any of them) […]); ausweislich sec. 95(4) LPA 1925 geht das gewohnheitsrechtlich verankerte Besitzrecht des mortgagee auch dann nicht unter, wenn sich der Sicherungszweck erledigt. Allerdings entäußert sich ein estate owner (i. S. v. sec. 205(1)(iii) LPA 1925) durch die Bestellung eines term of years absolute nach allgemeinem Common Law nicht vollständig seiner besitzrechtlichen Befugnisse einschließlich des tort-rechtlich organisierten Klageschutzes. Außer Streit steht, dass der sog. reversioner, d. h. der Inhaber eines nach Ablauf eines oder mehrerer vorrangiger terms of years zum Besitz des Landes berechtigender freehold estate oder leasehold estate, jedenfalls insoweit deliktsrechtliche Ansprüche aus eigenem Recht geltend machen kann, als hierdurch sein „Rückfallrecht“ (reversion) beeinträchtigt ist (zur Sachbefugnis des sog. reversioner wegen nuisance to land grundlegend Hunter v. Canary Wharf Ltd. [1997] A. C. 655, 688 (Lord Goff ); K. Gray/S. F. Gray, Elements of Land Law5, Rn. 10.1.3). Dass sich aber auch der mortgagor seiner sachenrechtlichen Rechtsbehelfe im Außenverhältnis ungeachtet der jeweiligen Form der mortgage nicht entäußert, ist gewohnheitsrechtlich anerkannt und wird durch sec. 98 LPA 1925 bestätigt. 372 Sec. 98(1) LPA 1925 bezieht sich vornehmlich auf Konstellation, in der das von der mortgage erfasste Grundstück verpachtet ist. Obschon in diesem Fall die sachenrechtliche Befugnis, den Pachtzins geltend zu machen, dem mortgagee aufgrund seines „Rückfallrechts“ (reversion) zusteht – die mortgage by demise und kraft gesetzlicher Fiktion auch die charge by way of legal mortgage tritt wie unter einer sog. concurrent lease (siehe hierzu § 7 I. 2. b)) an die Stelle des belasteten estate des mortgagor –, bleibt der mortgagor einstweilen berechtigt, den Pachtzins einzuziehen und im eigenen Namen ohne Mitwirkung des mortgagee Klage gegenüber den Pächter zu erheben, solange er im Verhältnis zum mortgagee besitzberechtigt ist (Fisher and Lightwood (-Clark), Law of Mortgage14, Rn. 29.5). Aus sec. 98(2) LPA 1925 geht implizit zudem hervor, dass der mortgagor, jedenfalls solange er sich mit Zustimmung des mortgagee im Besitz des Grundstücks befindet und dieses für eigene Zwecke nutzen kann, sämtliche Rechtsbehelfe gegenüber Dritten zur Wahrung seines belasteten estate in land geltend machen kann. Schließlich galt der mortgagor schon nach dem alten Common Law – obschon er seinen estate zur Sicherheit übertragen hatte und lediglich noch über die sog. equity of redemption verfügte – nicht als bloßer „tenant at will“, sondern als Inhaber eines erga omnes geschützten estate in land. Demgemäß konnte der mortgagor, solange der mortgagee nicht von seinem Recht auf Inbesitznahme des Grundstücks Gebrauch machte, alle sachenrechtlichen Rechtsbehelfe gegenüber Dritten geltend machen, die einem estate owner nach Common Law zustehen (vgl. Fisher and Lightwood (-Clark), Law of Mortgage14, Rn. 25.4). 373 Dass vertragliche Ansprüche des mortgagee gegen den mortgagor durch die (nachträgliche Bestellung der) sub-mortgage nicht berührt werden, versteht sich von selbst. Auch etwaige Ansprüche des mortgagee (und sub-mortgagor) gegen seine solicitors wegen Informationspflichtverletzungen im Kontext der Bestellung, Übertragung, Belastung, Änderung oder Aufgabe der principal mortgage werden nicht dadurch berührt, dass der sub-mortgagor nicht ausschließlich zur Realisierung derselben berechtigt ist (vgl. Nocton v. Lord Ashburton [1914] A. C. 932: Anspruch des sub-mortgagor auf Schadensersatz in Geld (equitable compensation) wegen breach of fiducuary obligation gegen den beklagten solicitor im Zusammenhang des mit Zustimmung des submortgagee erklärten nachträglichen Teilverzichts auf die principal mortgage. Im zugrunde liegenden Fall hatte der beklagte solicitor nicht darüber aufgeklärt, dass der Teilverzicht zum Aufrücken seiner eigenen nachrangigen mortgage führte; das House of Lords bejahte mehrheitlich eine fiduziarische Pflichtverletzung unter weiter Interpretation des Terminus „fraud“ (in equity), obschon die Voraussetzungen für eine Schadensersatzanspruch nach Common Law wegen deceit – was fraud im Sinne einer vorsätzlichen Täuschung voraussetzt – nicht erfüllt waren; der Anspruch
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LPA 1925) spricht nichts dagegen, sec. 98 LPA 1925 zugunsten des sub-mortgagor anzuwenden, wenn und solange er selbst im Verhältnis zum sub-mortgagee (kraft Parteivereinbarung) besitzberechtigt ist und der mortgagor z. B. wegen Eintritts des Sicherungsfalles sich im Verhältnis zum mortgagee nicht auf ein Recht zum Besitz berufen und deshalb Rechtsbehelfe gegen Rechtsanmaßungen Dritter nicht ohne Mitwirkung des mortgagee und/oder des sub-mortgagee ergreifen kann. Dies gilt umso mehr, als dass sec. 98(1) LPA 1925 ersichtlich auf eine mortgage an leasehold land zugeschnitten ist.374 Wie gezeigt, wirkt die Bestellung einer sub-mortgage an land in kombinierter Anwendung von secs. 86(1)(3), 87(1)(b) LPA 1925 wie ein sub-term of years absolute an einem term of years absolute mit der Konsequenz, dass der (fiktive) sub-term des sub-mortgagor in der raumsymbolischen estates-Pyramide gleichsam zwischen dem (fiktiven) sub-term des sub-mortgagee und dem freehold oder leasehold estate des mortgagor steht. Stehen dem sub-mortgagor als fiktivem (sub-)tenant im Außenverhältnis zu gänzlich unberechtigten Personen die allgemeinen sachenrechtlichen Rechtsbehelfe des common law zur Verteidigung seines Grundpfandrechts zu, ist dem sub-mortgagor nicht die Sachbefugnis zur Erhebung einer zwecks Durchsetzung der verpfändeten principal mortgage erforderliche Räumungsklage gegenüber dem mortgagor abzusprechen.375 Wie sich zudem aus sec. 98(1) LPA 1925 ergibt, ist es unerheblich, dass dem sub-chargee aufgrund der Gleichstellung seines Grundpfandrechts mit einem hierarchisch überlegenen sub-term of years absolute ein höherrangiges Besitzrecht im Verhältnis zum chargee zusteht. Denn das Gesetz setzt die Zulässigkeit einvernehmlicher Regelungen über die possession des mortgagor implizit voraus.376 Die Hilfsargumentation des Gerichts, dass bei unterstelltem Besitzrecht des sub-chargee keine andere Beurteilung geboten sei,377 ist somit im Ergebnis zutreffend.378 richtete sich auf Zahlung des infolge des Verzichts ungesicherten Teils des Darlehens zzgl. Zinsen. Der Schaden entfiel nicht durch die Bestellung der sub-mortgage, ohne dass es darauf ankam, ob diese durch Übertragung oder Verpfändung erfolgte, und auch nicht dadurch, dass der Teilverzicht offenbar von der mangelfreien Zustimmung des sub-mortgagee gedeckt war). 374 Fisher and Lightwood (-Clark), Law of Mortgage14, Rn. 29.5. 375 Vgl. Fisher and Lightwood (-Clark), Law of Mortgage14, Rn. 29.10, 29.31. 376 Schon bei der „üblichen“ mortgage und erst recht bei einer zur Refinanzierung bestellten sub-mortgage dürfte in aller Regel gar kein Interesse seitens der den Refinanzierungskredit stellenden Bank bestehen, sofort und ohne Rücksicht auf den Eintritt des Sicherungsfalles das von der principal mortgage erfasste Grundstück in Besitz zu nehmen. Die Vertragsgestaltung in Credit & Mercantile plc v. Marks belegt dies. So hatte sich die Klägerin gegenüber der Bank of Scotland dazu verpflichtet, für eine ordnungsgemäße Einziehung der Sicherungsforderung der principal mortgage Sorge zu tragen (Credit & Mercantile plc v. Marks [2004] EWCA Civ 568; [2005] Ch. 81, 88 [19]), was die Verpflichtung einschließen dürfte, gerichtliche Schritte zur Verwertung des Grundstücks einschließlich der zur Vorbereitung des Verkaufs oder der Verwaltung erforderlichen Räumung zu ergreifen. 377 Credit & Mercantile plc v. Marks [2004] EWCA Civ 568; [2005] Ch. 81, 95 [54] (Clarke L. J.). 378 Im Schrifttum stößt die Judikatur des Court of Appeal auf Zustimmung; vgl. Emmett and Farrand (-Farrand/Clarke), Title, Vol. II (Release 113, 30 April 2018), Rn. 25-033; Fisher and
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Weil mit der in sec. 53 LRA 2002 bestimmten Regelung der Wirkungsweise der sub-charge keine sachliche Änderung bezweckt war und aus dem Gesetz nichts für eine Revision von Credit & Mercantile plc v. Marks zu entnehmen ist, entfaltet das Urteil des Court of Appeal für das geltende Recht uneingeschränkt Präzedenzwirkung.379 Vor allem ist die Entscheidung nicht nur für die Befugnis zur Inbesitznahme des von der principal charge erfassten Grundbesitzes und die daran anknüpfende Sachbefugnis zur Geltendmachung von Räumungsklagen und anderen tort-rechtlichen Rechtsbehelfen, sondern auch für alle Verwertungsbefugnisse des mortgagee einschließlich des Rechts zum außergerichtlichen Verkauf des mortgaged property zu beachten.380 Die innerartliche Belastung zeitigt mithin eine rechtsvervielfältigende, in scharfem Kontrast zur unqualifizierten Abtretung einer registered charge aber keine translative und richtigerweise auch keine „vergemeinschaftende“ Wirkung. Schon der Wortlaut von sec. 53 LRA 2002 gibt für den vermeintlichen „Suspensiveffekt“ der sub-charge nichts her; vielmehr indiziert die Formulierung „same powers“ die rechtsduplizierende Wirkung der sub-charge. Darüber hinaus widerspräche es dem Gebot einer zweckmäßigen sachenrechtlichen Standardisierung, das Rechtsinstitut der sub-charge mit einer auflösend bedingten Übertragung der principal charge gleichzusetzen.381 Stehen dem chargee trotz Lightwood (-Clark), Law of Mortgage14, Rn. 29.2 Fn. 4; Goode/Gullifer, Legal Problems of Credit and Security6 , Rn. 1–74; McFarlane/Hopkins/Nield, Land Law – Text, Cases, and Materials3, S. 1138 in Fn. 20; Ruoff and Roper (-Cavill/Wheeler/Dixon et al.), Registered Conveyancing Vol. I (Release 87, June 2018), Rn. 28.006.001 Fn. 5; McGhee (-Conaglen/Bridge), Snell’s Equity33, Rn. 39-002; Waters/Ovey/Fell, Retail Mortgages: Law, Regulation and Procedure, Rn. 17-008. Wie sich die Rechtslage bei Eintritt der Verwertungsreife der sub-charge gestaltet, hat der Court of Appeal mangels Entscheidungserheblichkeit dahinstehen lassen (Credit & Mercantile plc v. Marks [2004] EWCA Civ 568; [2005] Ch. 81, 90 [26] (Clarke L. J.)). 379 Sec. 53 LRA 2002 stellt in Übereinstimmung mit r. 163(2) LRR 1925 lediglich klar, dass dem sub-chargee in Ansehung des von der belasteten registered charge exakt diejenigen Befugnisse zustehen, die auch dem chargee zustehen (Law Com No. 271 Rn. 7.12). Im Unterschied zu r. 163(2) LRR 1925 beschränkt sich sec. 53 LRA 2002 auch nicht mehr auf die Verfügungsbefugnisse an dem (von der registered charge erfassten) „land“, sondern vervielfältigt allgemein sämtliche Befugnisse, die dem chargee kraft seines dinglichen Rechts zustehen. Würden nun aber diese Befugnisse dem chargee vollständig entzogen oder zumindest für die Dauer der sub-charge suspendiert werden, wäre die Bestellung einer sub-charge inhaltlich von einer (auflösend bedingten) Übertragung der registered charge ununterscheidbar; das Gesetz würde damit – neben dem „transfer“ (sec. 27(3)(a) LRA 2002) – einen gleichartigen und damit überflüssigen Aktstypus einer als „sub-charge“ getarnten (auflösend bedingten) Übertragung in sec. 27(3)(b) LRA 2002 zur Verfügung halten. 380 So auch Law Com No. 227 Rn. 19.26; Law Com No. 380 Rn. 19.67; Emmett and Farrand (-Farrand/Clarke), Title, Vol. II (Release 113, 30 April 2018), Rn. 25-033; Goode/Gullifer, Legal Problems of Credit and Security6 , Rn. 1–74; McGhee (-Conaglen/Bridge), Snell’s Equity33, Rn. 39-002. 381 Soll nicht bis zum Eintritt der Verwertungsreife der sub-charge ein Schwebezustand entstehen, in dem niemand zur Verwertung des Grundstücks berechtigt ist, müsste mithin stets vertraglich geregelt werden, dass der chargee bis Eintritt des Sicherungsfalles zur Ausübung seiner Rechte aus der principal charge berechtigt bleibt. Wird sec. 53 LRA 2002 hingegen richtiger Ansicht nach dahin ausgelegt, dass dem chargee vorbehaltlich abweichender Vereinbarungen alle Befugnisse aus der principal charge verbleiben, entfällt dieser Gestaltungsaufwand. Dass der Geschäftsverkehr der sub-charge keine rechtssuspendierende Wirkung beimisst und eine solche
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der Verpfändung seiner Sicherungsforderung alle aus der registered charge fließenden (Verwertungs-)Befugnisse gem. sec. 52(1) LRA 2002 zu,382 zeigt sich die Belastungswirkung der sub-charge darin, dass sie die owner’s powers (sec. 23(2), 24(a) LRA 2002) des registered proprietor der principal charge einschränkt und zugleich diese zum Bezugspunkt des Verfügungsrechts des sub-chargee macht.383 typischerweise auch nicht wünscht, wenn und soweit sich der chargee vertragstreu verhält, demonstriert die vertragliche Ausgestaltung der sub-charge in Credit & Mercantile plc v. Marks. Die dispositive Vorgabe, dass dem sub-chargee inhaltsidentische Befugnisse zur Verwertung des von der principal charge erfassten Grundstücks zustehen (sec. 53 LRA 2002), dürfte den Erwartungen und Interessen des Rechts- und Geschäftsverkehrs gerecht werden; eine „automatische“ Aufhebung der korrespondierenden Befugnisse des chargee ist dagegen unzweckmäßig, zumal die rechtsvervielfältigende Wirkung der sub-charge keine unlösbaren Kompetenzabgrenzungsprobleme verursacht. Zudem kann sich der sub-chargee unproblematisch durch Vereinbarung verfügungsbeschränkender restrictions und/oder durch trust-rechtliche Gestaltungen gegen abredewidrige Verfügungen über das von der principal charge erfasste Grundstück schützen. 382 Soweit vertreten wird, dass sich die in sec. 23(2) LRA 2002 normierten „owner’s powers“ des chargee sich auf die aus dem Pfandrecht fließenden Dispositionsbefugnisse über den belasteten estate in land erstrecken (so Skelwith (Leisure) Ltd v. Armstrong [2015] EWHC 2830 (Ch), [2016] 2 W. L.R. 144, 162 [48] (Newey J.)), kann dem nicht gefolgt werden (richtig m. E Law Com No. 227 Rn. 19.10–19.13; Law Com No. 380 Rn. 19.24–19.26). Schon aus dem Normwortlaut ([…] disposition of any kind permitted by the general law in relation to an interest of that description […]) ergibt sich, dass sich sec. 23(2) LPA 2002 allein auf die Verfügungsbefugnisse über die registered charge bezieht, nicht aber auf die hiervon zu unterscheidende Realisierung der charge mittels Verfügung über das charged property. Zudem liefe die Sondervorschrift in sec. 52 LRA 2002, die das Vertrauen des Rechtsverkehrs auf die Verfügungsberechtigung des eingetragenen Rechtsinhabers einer registered charge über den belasteten estate in land schützt, weitgehend leer, weil sich Entsprechendes bereits aus der Parallelbestimmung in sec. 26 LRA 2002 ergibt, die sich auf die Ausübung der owner’s powers i. S. v. sec. 23 LRA 2002, d. h. auf Verfügungen des eingetragenen Rechtsinhabers über sein dingliches Recht, sei es ein registered estate, sei es eine registered charge, bezieht. 383 Mit der hiernach möglichen Koexistenz der Verwertungszuständigkeit an dem von der principal charge erfassten land wird die sub-charge i. S. v. secs. 23(1)(b), 132(1) LRA 2002 nicht systemwidrig zu einer floating charge herabgestuft: Dem eingetragenen Rechtsinhaber steht es nicht frei, beliebig über seine Sicherungsforderung und/oder die principal charge ohne die hierauf lastende sub-charge „im ordentlichen Geschäftsgang“ zu verfügen. Uneingeschränkt verfügungsberechtigt ist er qua seiner principal charge nur in Bezug auf das „charged property“, auf das sich die komplementäre Verfügungsbefugnis des sub-chargee bezieht. Wenngleich Einzelheiten immer noch umstritten sind, liegt jedenfalls das wesentliche Abgrenzungsmerkmal zwischen einer fixed charge und einer floating charge nach h. A. darin, dass der chargor unter einer floating charge über die lediglich potenziell erfassten gegenwärtigen und künftigen Sicherungsobjekte bis zum Eintritt eines vertraglich festgelegten Sicherungsfalles („crystallization“) lastenfrei verfügen kann, was bei einer fixed charge vorbehaltlich eines gutgläubig-lastenfreien Erwerb gerade nicht der Fall ist; vgl. Re Spectrum Plus Ltd. [2005] 2 A. C. 680 [111] (Lord Scott of Foscote); Beale/Bridge/Gullifer/Lomnicka, The Law of Security and Title-Based Financing2, Rn. 6.98. Zudem dürfte der sub-chargee durch einen übergreifenden Surrogationsgrundsatz geschützt sein, der für sämtliche security interests Geltung beansprucht. Wird das Kreditsicherungsobjekt durch pflichtwidriges Verhalten des Sicherungsgebers beseitigt und tritt ein Ersatzgegenstand an dessen Stelle, erstreckt sich der security interest kraft Gesetzes auf dieses Surrogat; relevant ist dies vor allem dann, wenn lastenfrei über den belasteten estate in land verfügt wird, z. B. weil der security interest nur in equity Wirkung entfaltet (Buhr v. Barclays Bank [2001] EWCA Civ 1223 [45]–[50] (Arden L. J.)). Letzteres spielt bei einer eingetragenen sub-charge freilich keine Rolle, weil diese
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Soweit aus der Entscheidung gefolgert wird, dass es den Parteien unter einer sub-charge freistehe, alle Befugnisse aus der principal charge auf den sub-chargee zu transferieren bzw. die korrelativen Befugnisse des chargee vollständig aufzuheben,384 spricht m. E. viel dafür, eine entsprechende Vereinbarung als (auflösend bedingte) Übertragung der registered charge auszulegen, die nach sec. 27(1)(3)(a) LRA 2002 nur dann Wirkung at law entfaltet, wenn der vermeintliche sub-chargee als neuer Rechtsinhaber der registered charge im charges register des betroffenen estate in land eingetragen wird. Sobald die hiernach als „transfer“ auszulegende Verfügung durch Eintragung konstitutive Wirkung entfaltet, sind Kompetenzabgrenzungskonflikte zwischen dem Veräußerer und dem Erwerber ausgeschlossen; zur Verfügung über die registered charge sowie zur Ausübung der aus der charge fließenden (Verfügungs-)Befugnisse an dem belasteten estate in land ist einzig der Erwerber berufen (secs. 24(a), 52(1) LRA 2002).385 Wenn jedoch die h. A. eine sub-charge mit vollständig rechtssuspendierender Wirkung bei entsprechender Vertragsgestaltung anerkennt, muss sie beantworten, wie sie nachteiligen Auswirkungen auf die Sicherheit und Leichtigkeit des Rechtsverkehrs entgegenwirken will. Denn die Eintragung dieser sub-charge wäre nichts anderes als ein die Abtretung der charge i. S. v. sec. 27(3)(a) LRA 2002 verdeckendes Feigenblatt. Die Rechtszuständigkeit des chargee besteht – im Gegensatz zu einer equitable sub-charge – sowohl at law als auch in equity formal fort, weshalb dieser im register of title als Rechtsinhaber ausgewiesen wird, obschon die principal charge ggf. zu einer „empty shell“ degradiert wäre. Für die maximalinvasive Suspendierung der aus der principal charge fließenden Verfügungsbefugnisse des eingetragenen Rechtsinhabers über den belasteten estate in land (sec. 52(1) LRA 2002) kann deshalb nichts anderes gelten als für sonstige rechtsgeschäftliche Verfügungsbeschränkungen, denen der eingetragene Rechtsinhaber eines registered estate resp. einer registered charge unterliegt: Auf das Außenverhältnis zu Dritten schlagen diese Abreden nur dann durch, wenn sie mittels restrictions i. S. v. sec. 40(1) LRA 2002 im register of title verlautbart sind.386 ohnehin mit umfassendem Sukzessionsschutz kraft Eintragung im register of title ausgestattet sind (vgl. secs. 28(1), 30(1) LRA 2002). 384 So Law Com No. 227 Rn. 19.23, 19.30; Emmett and Farrand (-Farrand/Clarke), Title, Vol. II (Release 113, 30 April 2018), Rn. 25-033; McGhee (-Conaglen/Bridge), Snell’s Equity33, Rn. 39002. 385 Problematisch ist allein der zwischen dem Abschluss des estate contract und der Vollendung des Rechtserwerbs durch Eintragung entstehende Schwebezustand („registration gap“). Zwar ist insoweit jedenfalls der noch eingetragene Veräußerer der registered charge gem. sec. 24(a) LRA 2002 zur Ausübung der sog. owner’s powers, d. h. der Verfügungsbefugnisse über sein dingliches Recht gem. sec. 23(2) LRA 2002 berufen. Andererseits könnte auch bereits der designierte Erwerber gem. sec. 24(b) LRA 2002 zur Verfügung über die zu übertragende registered charge berechtigt sein, was wiederum Kompetenzabgrenzungsprobleme verursachen könnte. Dies ist ein allgemeines Problem des englischen Regimes der registered estates, welches gleichermaßen bei der Übertragung von estates in land relevant wird; die Auslegung von sec. 24(b) LRA 2002 ist ungeklärt. 386 Werden Verfügungsbeschränkungen über einen registered estate oder eine registered charge unter einer restriction verlautbart, schließt dies zum einen aus, dass verbotswidrige Ver-
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Zwar hat sich bislang weder die Rechtsprechung noch die Lehre vertieft mit der Frage auseinandergesetzt, unter welchen Voraussetzungen vertragliche Verfügungsbeschränkungen unter einer sub-charge zur Nichtigkeit verbotswidriger Verfügungen des Rechtsinhabers der principal charge führen. Soweit die Law Commission hier gesetzgeberischen Handlungsbedarf diagnostiziert, erscheint dies unter dem Gesichtspunkt der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit nachvollziehbar.387 Zwingend geboten sind legislatorische Maßnahmen m. E. freilich nicht, weil eine systemkonforme und interessengerechte Lösung bereits de lege lata möglich erscheint. Weil die sub-charge den Parteien hohen Gestaltungsspielraum eröffnet, vermag die Eintragung der sub-charge für sich genommen nicht in publifügungen im register of title eingetragen werden (sec. 41(1) LRA 2002); der Verfügungstatbestand wird mithin nicht at law vollzogen. Zum anderen schließt eine restriction aus, dass ein Erwerber, der mit dem eingetragenen Rechtsinhaber kontrahiert, einen unangreifbaren title gem. sec. 26(3) erwirbt (vgl. sec. 26(2)(a) LRA 2002); das Vertrauen auf die unbegrenzte Verfügungsbefugnis („owner’s powers“ i. S. v. sec. 23 LRA 2002) des eingetragenen Rechtsinhabers wird abweichend von sec. 26(1) LRA 2002 nicht geschützt (auf die Redlichkeit des Erwerbers kommt es insoweit nicht an, was insbesondere bei verbotswidrigen Verfügungen von trustees in land relevant ist; vgl. Megarry and Wade (-Harpum/Bridge/Dixon), The Law of Real Property8 , Rn. 7-051). Mittels restrictions lassen sich darüber hinaus die gesetzlichen Verfügungsbefugnisse des eingetragenen Rechtsinhabers einer registered charge über den belasteten estate in land (vgl. secs. 88, 89, 101(1)(i), 104 LPA 1925) mit absoluter Wirkung begrenzen oder ausschließen; die restriction schließt – als „entry in the register to the contrary“ i. S. v. sec. 52(1) LRA 2002 – insbesondere aus, dass im Fall des Pfandverkaufs durch den eingetragenen, durch die restriction beschwerten chargee der Käufer wirksam den verpfändeten estate in land gem. sec. 104(1) LPA 1925 erwirbt. Auf diese Weise werden vertraglich vereinbarte Verfügungsverbote oder auch bloße Verfügungsbeschränkungen (z. B. Zustimmungserfordernisse, sec. 40(3)(b) LRA 2002) „verdinglicht“; vgl. K. Gray/S. F. Gray, Elements of Land Law5, Rn. 2.2.51. 387 So Law Com No. 227 Rn. 19.24–19.35. Weil die Entscheidung des Court of Appeal in Credit & Mercantile plc v. Marks für das neue Recht Präzedenzwirkung entfalte und demgemäß auch unter einer sub-charge i. S. v. sec. 23(2)(b) LRA 2002 vertraglichen Beschränkungen der Verfügungsbefugnisse des chargee vereinbart werden könnten, diagnostiziert die Law Commission Rechtsunsicherheiten für Kontrahenten des eingetragenen Rechtsinhabers der principal charge. Es sei denkbar, dass schon die Eintragung einer sub-charge als „entry in the register to the contrary“ i. S. v. sec. 52(1) LRA 2002 anzusehen sei, was einen allseitig wirksamen Erwerb des verpfändeten estate in land ausschließe, wenn der chargee entgegen einer vertraglichen Verfügungsbeschränkung den Pfandverkauf betreibe (Law Com No. 227 Rn. 19.15, 19.28). Dieses Ergebnis ist nach Ansicht der Law Commission nicht interessengerecht (Law Com No. 227 Rn. 19.29). Potentielle Erwerber würden normalerweise darauf vertrauen, dass der eingetragene chargee auch zur Verfügung über den verpfändeten estate in land befugt sei; selbst wenn ihnen die möglichen Beschränkungen unter einer sub-charge bekannt seien, müssten sie aber im Einzelnen die einschlägigen Vertragsunterlagen überprüfen, um festzustellen, wer denn nun zur Veräußerung des belasteten estate in land berechtigt sei. Angesichts dessen regt die Law Commission an, eine klarstellende Regelung in sec. 53 LRA 2002 aufzunehmen, wonach die Befugnisse des eingetragenen Inhabers der mit einer sub-charge belasteten registered charge unberührt blieben, soweit unter der sub-charge nichts anderes vereinbart werde (Law Com No. 227 Rn. 19.34). Zudem solle ausdrücklich geregelt werden, dass Verfügungsbeschränkungen unter einer sub-charge nur dann zur Nichtigkeit der vom eingetragenen Rechtsinhaber der principal charge getroffenen verbotswidrigen Verfügungen führe, wenn eine restriction im register of title eingetragen sei (Law Com No. 227 Rn. 19.35). Nach Abschluss der Konsultationen ist die Law Commission im Abschlussbericht von dieser Forderung m. E. zu Recht wieder abgerückt; eine gesetzliche Klarstellung ist nicht erforderlich (Law Com No. 380 Rn. 19.73–19.76).
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zitätswirksamer Weise vertraglich vereinbarte Verfügungsbeschränkungen zu verlautbaren. Aus dieser Eintragung können und müssen außenstehende Personen nicht entnehmen, dass der eingetragene chargee nicht mehr zur Ausübung der regulären Verwertungsbefugnisse berechtigt ist. Würde man dennoch die bloße Eintragung der sub-charge als „entry in the register to the contrary“ i. S. v. sec. 52(1) LRA 2002 werten, würde man den Erwerbsinteressenten im Rahmen eines vom chargee betriebenen Pfandverkaufs die Informationslast auferlegen; dieser müsste die (auslegungsbedürftigen) vertraglichen Vereinbarungen über die sub-charge studieren und überprüfen lassen, was die Effektivität des Pfandverkaufs beeinträchtigte.388 Dass dies den Interessen aller Beteiligten zuwiderläuft, versteht sich von selbst. Demgegenüber vermag sich der sub-chargee problemlos zu schützen, indem er eine die jeweilige Verfügungsbeschränkung konkretisierende restriction im register of title eintragen lässt.389 Verzichtet der sub-chargee hierauf, kann er sich nicht beschweren, wenn der chargee den belasteten estate in land in Ausübung seiner gesetzlichen Verfügungsermächtigung verkauft und überträgt, zumal zugunsten des sub-chargee bei verbotswidrigen Verfügungen des chargee ohnehin allgemeine pfandrechtliche Surrogationsmechanismen eingreifen dürften.390 Richtigerweise sind vertraglichen Verfügungsbeschränkungen des chargee als sub-chargor über den belasteten estate in land somit nur unter der Voraussetzung, dass sie durch restrictions gem. sec. 40(1) LRA 2002 verlautbart sind, dingliche Wirkung zu attestieren; allein die restriction ist ein „entry in the register to the contrary“ i. S. v. sec. 52(1) LRA 2002, der einen allseitig wirksamen Erwerb des Kontrahenten des eingetragenen chargee verhindert.391 388
I. E. wie hier jetzt auch Law Com No. 380 Rn. 19.73–19.76. diese Schutzmaßnahmen auch tatsächlich ergriffen werden, der hiermit verbundene Kostenaufwand mithin nicht außer Verhältnis zu den Vorteilen einer sub-charge steht, demonstriert die Fallgestaltung in Credit & Mercantile plc v. Marks [2004] EWCA Civ 568; [2005] Ch. 81, 88 [18]. 390 Vgl. Buhr v. Barclays Bank [2001] EWCA Civ 1223 [45]–[50] (Arden L. J.). Zudem kann unter einer sub-charge ebenso wie unter jeder (fixed) charge vereinbart werden, dass sich diese automatisch auf den Erlös aus der Veräußerung des charged property erstrecken soll. Bei einer subchargee erscheinen Surrogationsabreden vor allem hinsichtlich der Verwertung des von der principal charge erfassten Grundstücksrechts sinnvoll, weil die bestimmungsgemäße Realisierung zugleich zur Tilgung der Sicherungsforderung und damit zum Untergang der principal charge führt. 391 Wird z. B. die Veräußerungsbefugnis des chargee aus sec. 101(1)(i) LPA 1925 kraft vertraglicher Bestimmungen in der sub-charge ausgeschlossen oder an einschränkende Zustimmungserfordernisse geknüpft, muss sich dies ein potentieller Käufer beim Pfandverkauf des belasteten estate in land nach sec. 52(1) LRA 2002 nur dann entgegenhalten lassen, wenn die Verfügungsbeschränkung durch eine restriction im register of title dokumentiert ist; einen unanfechtbaren title erwirbt er in diesem Fall nicht. Sollte der Käufer entgegen dennoch unter Verstoß gegen sec. 41(1) LRA 2002 als neuer Inhaber des verpfändeten estate in land im register of title eingetragen werden, dürfte in aller Regel eine Berichtigung dieses „mistake“ nach Maßgabe von sec. 65, Sch. 4 para. 2(1)(a), 3(2)(a), para. 5(a), 6(2)(a) LRA 2002 in Betracht kommen. Zudem ist fragwürdig, ob der chargee der principal charge auch nach Eintritt der Verwertungsreife der subcharge ohne Mitwirkung des sub-chargee zur (außer-)gerichtlichen Verwertung des verpfändeten estate in land (resp. einer intermediate charge) berechtigt ist. Diese Frage ließ der Court of Ap389 Dass
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bb) Verwertung der principal mortgage Sofern die sub-mortgage die Form einer Sicherungsübertragung eines zur Sicherheit an den sub-mortgagor transferierten Rechts annimmt,392 richtet sich die Verwertung des transferierten Rechts nach den allgemeinen Regeln. Der sub-mortgagee vermag das zur Sicherheit weiter transferierte mortgaged property vorbehaltlich abweichender Vereinbarungen unter denselben Voraussetzungen und auf dieselbe Weise zu verwerten wie der mortgagee. In aller Regel steht darüber hinaus die Sicherungsforderung des sub-mortgagor selbst dann als Kreditsicherungsobjekt zur Verfügung, wenn auf eine ausdrückliche Abtretung verzichtet wird, die sub-mortgage aber mittels einer deed begründet wird (sec. 114(1) LPA 1925). Anders liegt es bei einer aus der Verpfändung der principal mortgage bzw. der gesicherten Forderung entstehenden sub-mortgage an land. Das Wesen der sub-mortgage (i. e. S.) liegt darin, dass sie sich auf mindestens zwei bzw. drei Sachen normativer Art – die principal mortgage, die mortgage debt und das von principal mortgage erfasste mortgaged property – bezieht. Außer Frage steht, dass die principal mortgage seipeal dahinstehen (Credit & Mercantile plc v. Marks [2004] EWCA Civ 568; [2005] Ch. 81, 90 [26] (Clarke L. J.)), während die ältere Entscheidung des Kanzleigerichts in Cruse v. Nowell (1856) 25 L. J. Ch. 709 dagegen streitet. In dem zugrunde liege den Fall hatten ein mortgagee (Cruse) und sein sub-mortgagee (Nowell) schriftlich fixiert, dass Nowell bei Zahlungsverzug unter der submortgage berechtigt war, unter den gleichen Bedingungen wie Cruse die von der mortgage betroffenen Grundstücke zu verkaufen; das Verkaufsrecht von Cruse wurde aber zumindest nicht ausdrücklich ausgeschlossen. Später verkaufte Cruse die Grundstücke als Pfand an Nowell. Nach dessen Tod beabsichtige die administrators die betreffenden Grundstücke weiterzuverkaufen und verlangten vom Käufer, dass er die Wirksamkeit des vorausgegangen Pfandverkaufs anerkenne, was dieser ablehnte. Das Kanzleigericht wies das Begehren der administrators zurück; Kindersley V-C äußerte unter Verweis auf die Vereinbarung in der sub-mortgage erhebliche Zweifel, dass Cruse zum Pfandverkauf nach Abschluss der sub-mortgage berechtigt war. In diese Richtung auch Woodhouse Conv. (NS) 12 (1948) 171, 175; Fisher and Lightwood (-Clark), Law of Mortgage14, Rn. 25.3 in Fn. 2. Dem kann zumindest auf der Grundlage des geltenden Rechts nicht gefolgt werden. Mangels gesetzlicher Vorgaben – sec. 53 LRA 2002, secs. 88(5), 89(5) LPA 1925 regeln jeweils nur die Befugnisse des sub-chargee, nicht aber die des chargee in Ansehung des von der principal charge erfassten estate in land – richtet sich auch die Wirkungsweise der sub-charge ab Eintritt der Verwertungsreife primär nach den vertraglichen Vereinbarungen; die Befugnisse des chargee über den von der principal charge erfassten estate in land sind ggf. durch Auslegung zu ermitteln. Wird nichts anderes vereinbart, bleiben die gesetzlichen Befugnisse des eingetragenen Rechtsinhabers der principal charge vom Eintritt der Verwertungsreife der sub-charge unberührt. Nach hier vertretener Ansicht entfalten vertragliche Verfügungsbeschränkungen nur dann dingliche Wirkung, wenn sie aus dem register of title unzweideutig durch restrictions hervorgehen. Anderenfalls vermag der chargee der principal charge auch nach Eintritt der Verwertungsreife der sub-charge über den belasteten estate in land wirksam aufgrund seines Veräußerungsrechts aus sec. 101(1)(i) LPA 1925 zu verfügen; der sub-chargee ist gegen verbotswidrigen Verfügungen durch die aufgezeigten Surrogationsmechanismen geschützt, zumal vertragliche Schadensersatzansprüche in Betracht kommen (vgl. sec. 52(2) LRA 2002). Aus Sicht des sub-chargee ist es daher sinnvoll, sich – wie in Credit & Mercantile plc v. Marks – einen Zustimmungsvorbehalt zu Verfügungen des chargee auszubedingen und durch Eintragung einer restriction im register of title zu „verdinglichen“ (vgl. secs. 40(3)(b), 41(1), 52(1) LRA 2002). 392 Dies ist, wie gezeigt, in Bezug auf personal property und ggf. noch in Bezug auf unregistered land sowie bei equitable sub-mortgages der Fall.
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tens des sub-mortgagee im vertraglich festgelegten Sicherungsfall verwertet werden kann; diese aus der sub-mortgage folgende Verwertungsbefugnis ist von der „heteronomen“ Ausübung der aus der principal mortgage folgenden Verwertungsbefugnisse scharf zu unterscheiden.393 Primär bietet sich der außergerichtliche Verkauf der principal mortgage an; die sub-mortgage konstituiert nicht anders als jede mortgage, jedenfalls wenn sie mittels deed bestellt wird, ein Grundpfandrecht an der principal mortgage.394 Theoretisch denkbar ist zwar, dass der sub-mortgagee 393 Fisher and Lightwood (-Clark), Law of Mortgage14, Rn. 25.3; Megarry (-Rainey/Walsh/ Harrison/Dovar), Manual of the Law of Real Property9, Rn. 17-071; Megarry and Wade (-Harpum/Bridge/Dixon), The Law of Real Property8 , Rn. 25-149. 394 Vgl. Emmett and Farrand (-Farrand/Clarke), Title, Vol. II (Release 113, 30 April 2018), Rn. 25-034; Megarry and Wade (-Harpum/Bridge/Dixon), The Law of Real Property8 , Rn. 25149. Eine ausdrückliche Vereinbarung eines entsprechenden Veräußerungsrechts in der submortgage bedarf es m. E. nicht. Ausweislich sec. 101(1)(i) LPA 1925 steht dem mortgagee ohne Rücksicht auf die Natur des mortgaged property, sei es realty, sei es personalty, ein Recht zur Veräußerung des Pfandes im Sicherungsfall zu, wenn die Verpfändung mittels deed erfolgt und nichts anderes gem. sec. 101(3)(4) LPA 1925 vereinbart ist (vgl. Fisher and Lightwood (-Clark), Law of Mortgage14, Rn. 30.3–30–5). Weil eine mittels sub-mortgage belastete mortgage unter die umfassende Legaldefinition von property (sec. 205(1)(xx) LPA 1925) zu subsumieren ist, folgt aus sec. 101(1)(i) LPA 1925 die Ermächtigung des sub-mortgagee, die principal mortgage bei Fälligkeit der mittels sub-mortgage gesicherten Forderung zu veräußern. Mit der Verkaufsermächtigung korrespondiert die Verfügungsermächtigung des mortgagee aus sec. 104 LPA 1925. Hiernach überträgt der mortgagee das belastete Recht rechtsgeschäftlich auf den Erwerber, wobei sowohl das dingliche Recht des mortgagor (equity of redemption) als auch nachrangige Belastungen ex lege erlöschen und vorrangige Rechte Dritte fortbestehen. Die Verkaufsermächtigung entsteht zwar bereits bei Eintritt der Fälligkeit der gesicherten Forderung, darf aber nur unter den einschränkenden Voraussetzungen von sec. 101(2) LPA 1925, namentlich bei Verzug hinsichtlich der Zins- und Tilgungsleistungen, ausgeübt werden. Wird der Verkauf pflichtwidrig entgegen sec. 101(2) LPA 1925 durchgeführt, schlägt diese Pflichtwidrigkeit gem. sec. 104(2) LPA 1925 grundsätzlich nicht auf die Verfügung durch; der Erwerber erwirbt mithin lastenfrei vom mortgagee. Allerdings wird ganz überwiegend für eine teleologische Reduktion der Norm plädiert, wenn der Käufer in Kenntnis der rechtswidrig ausgeübten Verkaufsermächtigung das belastete Recht erwirbt (Fisher and Lightwood (-Clark), Law of Mortgage14, Rn. 30.21; Megarry and Wade (-Harpum/Bridge/Dixon), The Law of Real Property8 , Rn. 25-016 m. w. N.); diese Rechtsfortbildung nähert sec. 104(2)) LPA 1925 den Vorschriften über den gutgläubigen Erwerb bei rechtswidrigem Pfandverkauf gem § 466d ABGB, § 1244 BGB an. Macht nun der sub-mortgagee von dieser, ggf. rechtsgeschäftlich modifizierten (sec. 101(3) LPA 1925), Verkaufsermächtigung hinsichtlich der principal mortgage Gebrauch, erlischt, soweit sich der sub-mortgagee durch den Verkauf befriedigt, die mittels sub-mortgage gesicherte Forderung und die mit der sub-mortgage korrelierende equity of redemption des sub-mortgagor. Auf die Frage, ob der sub-mortgagee im Verhältnis zum sub-mortgagor zum Pfandverkauf berechtigt ist, mithin Pfandreife vorliegt, oder nicht, kommt es in Bezug auf die Wirksamkeit der Verfügung nicht an (Emmett and Farrand (-Farrand/ Clarke), Title, Vol. II (Release 113, 30 April 2018), Rn. 25-034). Der Käufer erlangt den von der principal mortgage erfassten estate in land lastenfrei, sofern jedenfalls die Voraussetzungen für die Ausübung der principal mortgage erfüllt sind bzw. der Käufer in Unkenntnis der Rechtswidrigkeit der Veräußerung ist; dem sub-mortgagor stehen ggf. Schadensersatzansprüche gegen den sub-mortgagee wegen vorzeitiger Pfandverwertung zu. Wenngleich teilweise unterstellt wird, dass das Veräußerungsrecht aus der sub-mortgage durch einheitlichen Verkauf der Sicherungsforderung und der principal mortgage ausgeübt werde (so Fisher and Lightwood (-Clark), Law of Mortgage14, Rn. 25.3), ist dies mangels gesetzlich vorgeschriebener Übertragungsakzessorietät nicht zwingend; vielmehr kommt sowohl eine isolierte Veräußerung der Forderung als auch
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die dem mortgagee verliehene equity of redemption mittels foreclosure beseitigt, um sich die mortgage originär und lastenfrei einzuverleiben.395 Abgesehen davon, dass das umständliche Vollstreckungsverfahren der foreclosure schon bei einer gewöhnlichen mortgage (an land) nur selten praktiziert wird,396 erscheint es bei einer sub-charge äußerst abwegig, auf diese Weise in die principal charge zu vollstrecken, stehen doch dem sub-mortgagee gem. sec. 53 LRA 2002 ohnedies alle Verwertungsoptionen zu, die der mortgagee in Ansehung des mortgaged property bei Eintritt des Sicherungsfalles geltend machen kann.397 cc) Verwertung des mortgaged property Während eine (legal) sub-mortgage an personal property aufgrund ihres translativen Effekts unproblematisch zur Verwertung der unter der principal mortgage eine isolierte Veräußerung des mortgage in Betracht. Indes dürfte sich eine formwirksame Verfügung seitens des sub-mortgagee über die principal mortgage in Form einer deed gem. sec. 114(1) (a) LPA 1925 vorbehaltlich abweichender Vereinbarungen auf die gesicherte Forderung erstrecken. Auch wenn der Normwortlaut auf den ersten Blick das Gegenteil indiziert („[…] a mortgagee purporting to transfer his mortgage […]“), ist es mit Rücksicht auf den Regelungszweck, die typischerweise gewünschte Verfügung über Forderung und mortgage zu erleichtern, geboten, diese Vorschrift auf die Veräußerung der principal mortgage durch den sub-mortgagee anzuwenden, zumal ein sub-mortgagee der extensiven Legaldefinition des mortgagee (sec. 205(1)(xvi) LPA 1925: „mortgagee“ includes a chargee by way of legal mortgage and any person from time to time deriving title under the original mortgagee) unterfallen dürfte. 395 Cousins, The Law of Mortgages2 , Rn. 21-13. Da die Ablösungsbefugnis des mortgagor von der hoheitlich organisierten Beendigung der equity of redemption des mortgagee (und sub-mortgagor) unberührt bleibt, ist eine prozessuale Beteiligung des mortgagor entbehrlich. 396 Zu den Gründen siehe Fisher and Lightwood (-Clark), Law of Mortgage14, Rn. 32.3. 397 Von der Verwertung der principal mortgage zu unterscheiden sind die Verfügungsbefugnisse des sub-mortgagee über sein dingliches Recht. Für die sub-mortgage „an“ oder „aus“ der sub-mortgage gelten keine Besonderheiten; jene ist in den gleichen Formen zu bestellen wie diese. Eine eingetragene sub-charge ist demgemäß nur mittels Verpfändung der gesicherten Forderung gem. sec. 23(2)(b) LRA 2002 verpfändbar und – nicht notwendig zusammen mit der Sicherungsforderung – übertragbar; eine sub-mortgage in Form einer Sicherungsübertragung scheidet gem. sec. 23(2)(a), (3) LRA 2002 ebenso aus wie die Verpfändung unter einer charge by way of legal mortgage gem. sec. 87 LPA 1925 (vgl. Law Com No. 271 Rn. 7.11). Die weitgehend obsoleten Erscheinungsformen der sub-mortgage by sub-demise und der (sub-)charge by way of legal mortgage (an einer charge by way of legal mortgage oder einer mortgage by (sub-)demise) sind gleichfalls lediglich „uneingeschränkt“, nicht aber unter einer sub-mortgage übertragbar (arg. e sec. 86(3), 87(1) (b) LPA 1925). Möglich ist wiederum eine (mindestens einen Tag kürzere) sub-mortgage by subdemise sowie eine charge by way of legal mortgage an einer sub-mortgage by sub-demise sowie eine sub-charge by way of legal mortgage an einer sub-charge by way of legal mortgage (secs. 86(1), 87(1)(b) LPA 1925). Nach Maßgabe von sec. 114(1)(a) LPA 1925 erstreckt sich die Übertragung einer sub-mortgage an unregistered land zwar auf die durch die sub-mortgage gesicherte Forderung, ohne dass die in sec. 136(1) LPA 1925 normierten Abtretungsvoraussetzungen erfüllt werden müssen; gleichwohl ist auch hier zwecks Vermeidung schuldbefreiender Leistungen des submortgagor an den sub-mortgagee sowie zwecks Vermeidung schuldbefreiender Leistungen des mortgagor an den ursprünglichen sub-mortgagee und/oder den sub-mortgagor jeweils (schriftliche) Benachrichtigungen aller Schuldner über die sub-mortgage „an“ oder „aus“ der sub-mortgage geboten (Fisher and Lightwood (-Clark), Law of Mortgage14, Rn. 25.5; Woodhouse Conv. (NS) 12 (1948) 171, 176).
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transferierten realen Sachen oder Rechte nach Maßgabe der jeweiligen Parteivereinbarungen unter der principal mortgage berechtigt, ist dies bei einer sub-mortgage mit rechtskonstituierender Wirkung nicht selbstverständlich. Zum einen entzieht sie dem sub-mortgagor keine Rechte, zum anderen begründet sie ein Verfügungsrecht über die fremde principal mortgage, weshalb es nicht zusätzlich einer „parasitären“ Ausübungsermächtigung hinsichtlich der aus der principal mortgage fließenden Rechte bedürfte, um der sub-mortgage (i. e. S.) den Charakter eines genuinen Pfandrechts zu verleihen. Dessen ungeachtet liegt das Wesensmerkmal der sub-mortgage darin, dass es sich – unter veränderter Konstruktion, aber in auffälliger Übereinstimmung mit dem gemeinrechtlichen subpignus und dem österreichischen Afterpfandrecht i. S. v. § 454 ABGB – die der principal mortgage immanenten Verwertungsbefugnisse zu eigen macht. So ist der sub-mortgagee unter einer legal sub-mortgage an land, sei es eine sub-mortgage by sub-demise, sei es eine (sub-)charge by way of legal mortgage, sei es eine sub-charge i. S. v. sec. 132(1) LRA 2002, im praktischen Ergebnis so gestellt, als ob er in die Rechtsposition des submortgagee vollständig einträte.398 Auf die rechtstechnische Ausgestaltung der submortgage – als translative Übertragung aller aus der principal mortgage fließenden Befugnisse oder als Verpfändung derselben – kommt es in diesem Kontext nicht an.399 Dass der mortgagor nicht schlechter als unter einer vollständigen translativen Sukzession at law steht, ist bereits aufgezeigt worden.400 Mit Blick auf die in secs. 88(5), 86(5) LPA 1925 weitgehend parallelisierten Formen der Durchsetzung von sub-mortgages an freehold und leasehold land gilt bei (noch) nicht eingetragenen estate in land im Ergebnis nichts anderes. So wird eine sub-mortgage by sub-demise, die sich auf einen mit einer mortgage by demise belasteten estate in fee simple bezieht, gem. sec. 88(5) LPA 1925 dadurch ausgeübt, dass der sub-mortgagee den von der principal mortgage belasteten freehold estate in Ausübung des dem sub-mortgagee verliehenen Veräußerungsermächtigung verkauft und überträgt oder kraft Hoheitsakts (order for foreclosure absolute) erwirbt; die principal mortgage, die sub-mortgage sowie gleich- und nachrangige mortgages und charges erlöschen.401 Parallel hierzu wird eine sub-mortgage by sub-demise, 398 Vgl. Emmett and Farrand (-Farrand/Clarke), Title, Vol. II (Release 113, 30 April 2018), Rn. 25-034; Megarry (-Rainey/Walsh/Harrison/Dovar), Manual of the Law of Real Property9, Rn. 17-041; Megarry and Wade (-Harpum/Bridge/Dixon), The Law of Real Property8 , Rn. 25149. 399 Zweifelhaft war die Rechtslage vor dem Inkrafttreten der liegenschaftsrechtlichen Reformen 1926. Soweit unter einer sub-mortgage nicht ausdrücklich eine Sicherungsübertragung der principal mortgage vereinbart worden war, war ungewiss, wer nunmehr das mortgaged property verwerten durfte (vgl. Cruse v. Nowell (1856) 25 L. J. Ch. 709; Fisher and Lightwood (-Clark), Law of Mortgage14, Rn. 25.3 in Fn. 3; Woodhouse, Conv. (NS) 12 (1948) 171, 175). 400 Siehe bereits § 5 III. 1. c). 401 Fisher and Lightwood (-Clark), Law of Mortgage14, Rn. 30.41. Sec. 88(5) LPA 1925 statuiert eine Fiktion: Es wird unterstellt, dass die sub-mortgage unmittelbar an dem freehold estate eingeräumt worden wäre; wird dieser sodann veräußert oder kraft Hoheitsaktes übertragen, verwandelt sich die durch die sub-mortgage belastete mortgage by demise in den freehold estate (sog. enlargement), während der durch die sub-mortgagee konstituierte term of years in dem rechts-
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die sich auf einen mit einer mortgage by sub-demise belasteten term of years absolute bezieht, dadurch realisiert, dass der sub-mortgagee nicht bloß die durch die sub-mortgage und die principal mortgage bestellten terms, sondern auch den von der principal mortgage betroffenen befristeten estate (die sog. leasehold reversion) entweder aufgrund der der principal mortgage immanenten Veräußerungsermächtigung überträgt oder kraft foreclosure selbst erwirbt; die durch die sub-mortgage und die principal mortgage konstituierten sub-terms erlöschen im Wege der Konsolidation (merger), desgleichen erlöschen nachrangige mortgages.402 geschäftlich oder hoheitlich übertragenen freehold estate im Wege der Konsolidation (sog. merger) aufgeht. Sinn und Zweck der Konstruktion ist der von der mortgage und der sub-mortgage befreite Erwerb des freehold estate; alle der principal mortgage nachrangigen mortgages und charges erlöschen, während vorrangige Rechte Dritter unberührt bleiben (Entsprechendes gilt in dem wohl eher atypischen Fall, dass der sub-mortgagee den freehold estate im Wege der adverse possession nach Maßgabe der Bestimmungen des LA 1980 erwirbt (sec. 88(3), (5) LPA 1925). Zu beachten ist, dass die sec. 88(5) LPA 1925 bestimmten Rechtsfolgen nur dann eingreifen, wenn der submortgagee die Verwertungsbefugnisse des mortgagee unter der principal mortgage ausübt (richtig m. E. Fisher and Lightwood (-Clark) a. A. O.), nicht aber dann, wenn er bestimmungsgemäß die principal mortgage verwertet, was dem sub-mortgagee, da sec. 88(5) LPA 1925 seine Befugnisse erweitern, nicht schmälern will, nach allgemeinen Grundsätzen unbenommen bleibt. Sichtbar wird die Bedeutung dieser Unterscheidung in der Konstellation, in der mehrere sub-mortgages an derselben principal mortgage konkurrieren: Auf der Hand liegt, dass ein nachrangiger sub-mortgagee nicht zum Nachteil der vorrangigen Sicherungsnehmer über den von der principal mortgage erfassten freehold estate in der Weise disponieren kann, dass die principal mortgage (durch enlargement) im freehold estate aufgeht und damit alle vorrangigen aus dem term of years des mortgagee abgeleiteten sub-mortgages by sub-demise im Wege der Konsolidation (merger) erlöschen. Sofern man einen nachrangigen sub-mortgagee überhaupt als berechtigt erachtet, die der principal mortgage inhärenten Verwertungsrechte auszuüben – was in der Literatur nicht diskutiert wird, im Hinblick auf die in sec. 88(5) LPA 1925 angeordneten Rechtsfolgen aber zweifelhaft erscheint –, ist sec. 88(5) LPA 1925 berichtigend dahin auszulegen, dass die principal mortgage, d. h. der mit den sub-mortgages belastete term of years absolute nicht (durch enlargement) im freehold estate aufgeht, sondern zwecks Aufrechterhaltung der sub-mortgage des betreibenden Gläubigers an vorrangigen sub-mortgages fortbesteht; der freehold estate geht also mit der principal mortgage und den nicht erlöschenden sub-mortgage auf den Erwerber über. 402 Fisher and Lightwood (-Clark), Law of Mortgage14, Rn. 30.42, der zutreffend bemerkt, dass sich zwar die rechtskonstruktive Begründung des lastenfreien Erwerbs des von der principal mortgage erfassten term of years absolute mittels rechtsgeschäftlicher Veräußerung oder Zwangsvollstreckung im Detail von der Parallelnorm in sec. 88(5) LPA 1925 unterscheidet, i. E. aber die gleichen Wirkungen eintreten: So geht der unter der principal mortgage konstituierte term of years absolute nicht (durch enlargement) im rechtsgeschäftlich oder hoheitlich transferierten leasehold estate auf, sondern wird ebenso wie der unter der sub-mortgage konstituierte term of years absolute mit dem leasehold estate übertragen und erlischt sodann im Wege der Konsolidation. Dies ist aber bedeutungslos, weil der Erwerber jedenfalls einen von der principal mortgage und der submortgage befreiten term of years absolute erwirbt. Auch sec. 89(5) LPA 1925 gelangt aber richtigerweise nur dann uneingeschränkt zur Anwendung, wenn der erstrangige sub-mortgagee die Verwertung des von der principal mortgage erfassten term of years betreibt. Macht hingegen ein nachrangiger sub-mortgagee die Verwertungsbefugnisse aus principal mortgage geltend, bedarf es einer berichtigenden Auslegung der Norm; der Erwerber erhält den von der principal mortgage erfassten term of years mitsamt den fortbestehenden sub-mortgages der dem betreibenden Gläubiger im Rang vorgehenden Sicherungsnehmer; diesbezüglich gilt nichts anderes als für die Parallelnorm in sec. 88(5) LPA 1925.
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Auch aus diesen Normen lässt sich aber nichts dafür entnehmen, dass die Befugnisse des sub-mortgagor aus der principal mortgage durch die korrespondierenden Verwertungszuständigkeiten des sub-mortgagee verdrängt werden würden.403 Diesbezüglich kommt es nicht darauf an, ob sich die principal mortgage auf registered oder unregistered land bezieht; die sub-mortgage zeitigt – mit Ausnahme der Sicherungsübertragung einer charge by way of legal mortgage – rechtsbegründende, nicht jedoch rechtstransportierende Wirkungen.404 Stehen dem legal sub-mortgagee aber stets die Befugnisse zu, die dem sub-mortgagor unter der principal mortgage zu eigen sind, vervielfältigen sich die Verwertungsoptionen folgerichtig mit jeder weiteren Stufe der Belastungspyramide (vgl. sec. 53 LRA 2002). Wird auf eine sub-mortgage wiederum eine sub-mortgage „gelegt“, die sodann in gleicher Weise belastet wird, usw., werden dadurch zum einen die der principal mortgage inhärenten Verwertungsoptionen und zum anderen auch die aus jeder intermediate mortgage „vorgelagerter Stufe“ entspringenden Befugnisse in der Kette weitergereicht, wodurch sich die sub-mortgage (i. e. S.) maßgeblich von aneinander anknüpfenden Sicherungsübertragungen unterscheidet. Wenngleich der auf „höchster Stufe“ rangierende sub-mortgagee von allen Verwertungsbefugnissen Gebrauch machen kann, die den intermediate mortgages „vorgelagerter Stufen“ immanent sind, dürfte das primäre Interesse darin liegen, den von der principal mortgage erfassten legal estate in land zu verwerten. Möglich ist eine Verwertung des von der der principal mortgage betroffenen estate in land nur, wenn sämtliche intermediate mortgages sowie die principal mortgage vollwirksam, fällig und durchsetzbar sind. Wird die sub-mortgage seitens des submortgagee dadurch realisiert, dass der unter der principal mortgage belastete estate verkauft wird, gilt für die sachenrechtliche Zuordnung des Veräußerungserlöses nichts anderes als für den Verkauf der principal mortgage in Ausübung der „autonomen“ Veräußerungsermächtigung. Der sub-mortgagee ist Rechtsinhaber at law, unterliegt aber im Verhältnis zum sub-mortgagor – präziser zum jeweiligen Inhaber der mit der sub-mortgage korrespondierenden equity of redemption – einer trust-rechtlich verstärkten Auszahlungspflicht hinsichtlich des Überschusses.405 403
Siehe bereits § 5 III. 1. d) aa). sub-mortgages an nicht eingetragenen estates siehe Owen v. Cornell (1967) 203 E. G. 29; für sub-mortgages an nicht eingetragenen estates siehe Credit & Mercantile plc v. Marks [2004] EWCA Civ 568; [2005] Ch. 81. 405 Cousins (-Cousins/Clarke/Hornett), Law of Mortgages4, Rn. 13-20. Wird ein Überschuss erzielt, besteht freilich eine vorrangige Auszahlungspflicht gegenüber dem unmittelbar im Rang nachfolgenden Sicherungsnehmer; dieser wiederum muss nach Aneignung des ihm gebührenden Betrages einen etwaig verbleibenden Überschuss dem nächstfolgenden Sicherungsnehmer auszahlen; erst nach Befriedigung aller Sicherungsnehmer besteht eine Auszahlungspflicht gegenüber dem mortgagor (Fisher and Lightwood (-Clark), Law of Mortgage14, Rn. 30.48–30.49). Nichts anderes kann bei der Verwertung des estate durch den sub-mortgagee gelten: Auch dieser muss, nach Aneignung des ihm selbst gebühren Betrages (einschließlich der Kosten der Verwertung und der Zinsen), den Restbetrag primär an einen im Rang unmittelbar nachfolgenden sub-mortgagee auszahlen. Wenn kein nachrangig berechtigter Gläubiger vorhanden ist, ist der Überschuss insgesamt dem sub-mortgagor auszuzahlen. Zu beachten ist freilich, dass in Höhe der Befreiung des 404 Für
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Statt des Verkaufs stehen dem sub-mortgagee – jedenfalls unter einer legal submortgage – alle weiteren aus der principal mortgage fließenden Verwertungsoptionen zu Gebote, namentlich die Einsetzung eines Sequesters für den verpfändeten estate sowie der lastenfreie Erwerb kraft order for foreclosure absolute.406 sub-mortgagor von der durch die sub-mortgage gesicherten Forderung zugleich auch die durch die principal mortgage gesicherte Forderung erlischt – es gilt nichts anderes als bei einer selbst betriebenen Verwertung seitens des sub-mortgagor; dieser befriedigt sich im Wege der Befreiung von einer eigenen Schuld aus der erfüllungshalber bewirkten Leistung (Cousins (-Cousins/Clarke/Hornett), Law of Mortgages4, Rn. 13-20). Der Überschuss gebührt dem sub-mortgagor also allenfalls, soweit seine Forderung nicht bereits durch die Verwertung seitens des sub-mortgages erloschen ist. Zu überlegen ist deshalb, dem sub-mortgagee einer unmittelbaren Auszahlungspflicht gegenüber einem dem sub-mortgagor im Rang nachfolgenden Gläubiger bzw. dem mortgagor zu unterwerfen, sofern durch die Verwertung des von der principal mortgage erfassten estate auch die Forderung des sub-mortgagor in voller Höhe erloschen ist (Cousins (-Cousins/Clarke/Hornett), Law of Mortgages4, Rn. 13-20). Dafür spricht, dass bei unmittelbarer Zahlung der Schuldsumme seitens des mortgagor an den sub-mortgagee jener auch direkt die Rückübertragung des zur Sicherheit übertragenen Rechts vom sub-mortgagee verlangen könne (Fisher and Lightwood (-Clark), Law of Mortgage14, Rn. 25.3.). 406 Dieses Gestaltungsklagerecht (remedy of foreclosure) ist ein elementarer Bestandteil einer jeden mortgage; es kommt insoweit weder auf die Natur des Verfügungsobjekts (real property oder personal property) noch auf die Qualität der mortgage als legal mortgage oder equitable mortgage an (vgl. Bridge, Personal Property Law4, S. 296–297; Fisher and Lightwood (-Clark), Law of Mortgage14, Rn. 32.4–32.5). Weil die Beseitigung der equity of redemption des mortgagor ausschließlich im Wege der Zwangsvollstreckung (foreclosure) erfolgt, kann sich der sub-mortgagee das unter der principal mortgage zur Sicherheit übertragene Recht resp. den verpfändeten estate in land nur mittels eines entsprechenden Gestaltungsurteils (sog. order for foreclosure absolute) endgültig, d. h. frei von Einlösungsrechten Dritter, der equity of redemption des mortgagor und der hiervon zu unterscheidenden equity of redemption des mortgagee einverleiben (vgl. Fisher and Lightwood (-Clark), Law of Mortgage14, Rn. 32.42). Erhebt der sub-mortgagee eine auf Beendigung der equity of redemption des mortgagor gerichtete Gestaltungsklage, ist der mortgagee notwendig beizuladen (Cousins, The Law of Mortgages2, Rn. 21-13). Im Allgemeinen ist nämlich jedermann beizuladen, der infolge einer anhängigen Klage auf Beendigung eines equity of redemption einen Rechtsverlust zu gewärtigen hat, wozu insbesondere nachrangige mortgagees gehören (Megarry and Wade (-Harpum/Bridge/Dixon), The Law of Real Property7, Rn. 25009). Für den mortgagee kann nichts anderes gelten (Cousins, The Law of Mortgages2, Rn. 21-13). Schließlich erlöschen durch ein stattgebendes Gestaltungsurteil die principal mortgage und die sub-mortgage sowie – als Korrelat derselben – die equity of redemption des sub-mortgagor. Wäre dieser nicht notwendig beizuladen, stünde er prozessual schlechter als nachrangige mortgagees, wofür jede sachliche Rechtfertigung fehlt, zumal der durch Verkauf der principal mortgage erzielte Überschuss (nach Befriedigung des sub-mortgagee) primär dem mortgagee und sub-mortgagor und nicht etwa nachrangigen Sicherungsnehmern gebührt. Prozessual liegt es dabei nahe, eine (auf Zahlung gerichtete) Leistungs- mit einer (auf Beendigung der equity of redemption gerichteten) Gestaltungsklage im Wege objektiver Antragshäufung zu verbinden, was freilich voraussetzt, dass der sub-mortgagee zur Einziehung der durch die principal mortgage gesicherten Forderung berechtigt ist. Begründet ist die Gestaltungsklage, wenn dem Kläger eine zur Ausübung der Verwertungsbefugnisse aus der principal mortgage berechtigende sub-mortgage zusteht und der mortgagor sowie der mortgagee in Zahlungsverzug geraten sind. Das Gericht erlässt ein Zwischenurteil (order for foreclosure nisi), in dem erstens festgestellt wird, in welcher Höhe der Forderungsbetrag dem sub-mortgagee gebührt, zweitens der Beklagte zur Zahlung an den sub-mortgagee bis zur Höhe des ihm gebührenden Betrages und zur Zahlung des Restbetrages an den mortgagee unter einer Zahlungsfrist verurteilt und drittens der Verfall der equity of redemption bei Nichtzahlung angekündigt wird (Fisher and Lightwood (-Clark) a. A. O.). Wird noch
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Schwieriger liegt es bei einer sog. equitable sub-mortgage. Strittig ist nämlich, zu welchen Verwertungsmaßnahmen der designierte mortgagee aus einem schuldrechtlichen Vertrag zur Einräumung oder Abtretung einer legal mortgage vor Vollendung des Abschlusstatbestands at law wegen der proleptischen Wirkungen in equity berechtigt ist.407 Angesichts dessen ist fraglich, ob die aus einer princirechtzeitig gezahlt, gelten keine Besonderheiten; der sub-mortgagee und der mortgagee sind zur Aufhebung resp. Übertragung ihrer Rechte auf Verlangen des mortgagor verpflichtet (Fisher and Lightwood (-Clark) a. A. O.). Zahlt der mortgagor nicht rechtzeitig, kann der sub-mortgagee zunächst beantragen, dass der mortgagor mit seiner equity of redemption ausgeschlossen wird; erforderlichenfalls sind zunächst die Einlösungsrechte der dem mortgagee im Rang nachfolgenden mortgages zu beseitigen. Sodann ergehen wiederum zwei Urteile: Zum einen wird die equity of redemption des mortgagor kraft Gestaltungsurteils beseitigt; zum anderen wird der mortgagee (als sub-mortgagor) zur Zahlung an den sub-mortgagee unter Fristsetzung verurteilt und der Ausschluss seiner equity of redemption angekündigt. Wenn auch der mortgagee nicht rechtzeitig tilgt, erwirbt der sub-mortgagee kraft Hoheitsakts das von der principal mortgage betroffene Recht (Fisher and Lightwood (-Clark) a. A. O.). 407 Wohl mehrheitlich wird vertreten, dass der equitable mortgagee von Gesetzes wegen bei Verwertungsreife zur Veräußerung des legal estate (und nicht bloß eines equitable interest an dem von der mortgage erfassten land) berechtigt sei, sofern die mortgage mittels deed zustande kommt (vgl. Cheshire and Burn (-Burn/Cartwright), Modern Law of Real Property18 , S. 871; Megarry and Wade (-Harpum/Bridge/Dixon), The Law of Real Property8 , Rn. 25-043). Höchstrichterlich geklärt ist die Anwendbarkeit von sec. 101(1)(i) LPA 1925 auf equitable mortgages allerdings nicht, weshalb in der Praxis regelmäßig ausdrücklich eine Verfügungsermächtigung in der rechtsbegründenden deed oder eine declaration of trust mit Abberufungsbefugnis des trustee vereinbart wird (Cheshire and Burn (-Burn/Cartwright), Modern Law of Real Property18 , S. 871; Megarry and Wade (-Harpum/Bridge/Dixon), The Law of Real Property8 , Rn. 25-044–25045). In Swift 1st Ltd. v. Colin [2011] EWHC 2410 (Ch); [2012] Ch. 206 bejahte zwar das Gericht eine Verkaufsbefugnis des equitable mortgagee einer nicht eingetragenen, durch bloße deed begründeten mortgage gem. sec. 101(1)(i) LPA 1925; mit Rücksicht auf ein gegenteiliges obiter dictum von Etherton L. J. in Mortgage Business plc v. O’Shaughnessy [2012] 1 WLR 1521 [59–61] ist die autoritative Geltung der Entscheidung des High Court allerdings fragwürdig. In Skelwith (Leisure) Ltd v Armstrong [2015] EWHC 2830 (Ch); [2016] 2 W. L.R. 144 ließ Newey J. für den High Court die Frage, ob sich die Veräußerungsbefugnis des equitable mortgagee hinsichtlich des legal estate des belasteten Grundstücks aus sec. 101(1)(i) LPA 1925 ergebe, hingegen dahinstehen. An die Entscheidung Swift 1st Ltd. v. Colin war Newey J. nicht gebunden, da es hier um die Befugnisse des Zessionars einer im Liegenschaftsregister eingetragenen legal charge ging, wenn der Rechtsübergang nicht durch Eintragung vollendet ist, der Zessionar aber nach Maßgabe der Maxime equity treats that as done which ought to be done so gestellt wird, als ob ihm eine equitable mortgage zustehe. Das Gericht ließ ferner dahinstehen, ob der Zessionar nach secs. 23(2)(a), 24(b) LRA 2002 als eintragungsberechtigte Person die dem legal chargee nach dem „allgemeinen Recht“ zustehenden Rechtsbehelfe geltend machen könne, äußerte insoweit aber unter Verweis auf die Entscheidung des C. A. in Mortgage Business plc v O’Shaughnessy [2012] 1 WLR 1521 [59– 61] (Etherton L. J.) sowie – wenig überzeugend – unter Verweis auf das Prinzip nemo dat quod non habet Zweifel. Letztlich leitete das Gericht die Veräußerungsbefugnis aus der in sec. 106 LPA 1925 normierten Einziehungsbefugnis des Zessionars der durch die mortgage gesicherten Forderung ab; diese Einziehungsbefugnis soll – so Newey J. unter Berufung auf die (insoweit fragwürdige) Entscheidung des Court of Appeal in Kapoor v. National Westminster Bank plc [2011] EWCA Civ 1083; [2012] 1 All E. R. 1201 –, auch dem equitable mortgagee zustehen. Besonderheiten gelten bei der gerichtlichen Verwertung mittels foreclosure. Obschon der equitable mortgagee wie ein Rechtsinhaber des durch die equity of redemption belasteten Rechts auf der sachenrechtlichen Komplementärebene der equity behandelt wird, erschöpft sich die gerichtliche foreclosure nicht in der Beseitigung des Einlösungsrechts des mortgagor. Vielmehr zielt der Verfall auf Ver-
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pal mortgage fließenden Befugnisse seitens des aus einem schuldrechtlichen Vertrag über die Bestellung einer sub-mortgage berechtigten equitable sub-mortgagee geltend machen werden können.408 Äußerst bedenklich wäre dies zumindest bei einem schuldrechtlichen Vertrag über die Bestellung einer sub-charge i. S. v. sec. 132(1) LRA 2002. Will man das liegenschaftsrechtliche Intabulationsprinzip (vgl. sec. 27(3)(b) LRA 2002) nicht zu Grabe tragen, verbietet es sich, den designierten Erwerber einer sub-charge bereits vor Erwerbsvollendung at law so zu stellen, als ob ihm eine vollwirksame sub-charge an einer registered charge zustände.409 Im vollkommnung des bloßen equitable interest durch Übertragung des korrespondierenden legal estate bzw. durch Aufgabe des durch die equitable mortgage belasteten Rechts (James v. James (1873) L. R. 16 Eq. 153; Megarry and Wade (-Harpum/Bridge/Dixon), The Law of Real Property8 , Rn. 25-042; Fisher and Lightwood (-Clark), Law of Mortgage14, Rn. 32.38 m. w. N.). Im Gegensatz zur Sicherungsübertragung in equity bzw. zur Bestellung einer legal mortgage verleiht dagegen die equitable charge weder ein Verfalls- noch ein Besitzrecht; grundsätzlich ist der chargee darauf beschränkt, einen gerichtlich organisierten Verkauf oder die Zwangsverwaltung der belasteten Sache zu erwirken (vgl. Bridge, Personal Property Law4, S. 297–298; Fisher and Lightwood (-Clark), Law of Mortgage14, Rn. 6.15 mit Fn. 2). Wird die equitable charge allerdings mittels deed eingeräumt, steht dem chargee – vorbehaltlich abweichender Vereinbarungen – die Befugnis zum außergerichtlichen Pfandverkauf ebenso wie einem echten mortgagee zu (secs. 101(1)(i), 205(1) (xvi) LPA 1925). Soweit sich der mortgagee/chargee nicht vermittels seines security interest zu befriedigen vermag, kann er sich in Höhe des Fehlbetrages an den Schuldner halten; nur soweit die Verwertung zur Befriedigung führt, wird das personal covenant berichtigt. Dies gilt allerdings nicht, wenn der mortgagee nach Vollzug der foreclosure den Verkauf des einverleibten mortgaged property betreibt; in diesem Fall erlischt die Schuldforderung endgültig, während umgekehrt eine Klage auf Zahlung der persönlichen Schuld nach Eintritt der foreclosure von selbst zur Wiederaufnahme des Verfahrens führt, sofern die Forderung nicht wegen Weiterveräußerung des mortgaged property seitens des mortgagee als berichtigt gilt (Cousins (-Cousins/Clarke/Hornett), Law of Mortgages4, Rn. 26–51). 408 Zu den Erscheinungsformen der equitable sub-mortgage siehe § 5 III. 1. b) cc). 409 Wird ein formwirksamer schuldrechtlicher Vertrag über die Bestellung einer sub-charge an einer registered charge i. S. v. secs. 23(2)(b), 132(1) LRA 2002 geschlossen, steht dem designierten Erwerber der erst noch zu konstituierenden sub-charge zwar vereinfacht betrachtet bereits das Äquivalent dieser sub-charge in der sachenrechtlichen Parallelsphäre der equity zu. Das Postulat, das equity den Verfügungserfolg unter der Prämisse der Durchsetzbarkeit des schuldrechtlichen Versprechens antizipiere, darf hier aber nicht dahin fehlgedeutet werden, dass der Erwerber ausnahmslos alle Befugnisse ausüben könne, die ihm unter einer vollwirksamen sub-charge an einer registered charge gem. sec. 53 LRA 2002 zuständen (siehe auch in anderem Kontext Scott v. Southern Pacific Mortgages Ltd. [2014] UKSC 52; [2015] 1 A. C. 385 [71]–[74] (Lord Collins)). Als gesetzlicher Anknüpfungspunkt für eine Vorwegnahme des Verfügungserfolgs scheidet insbesondere sec. 24(b) LRA 2002 aus. Wer dazu berechtigt ist, als Rechtsinhaber einer registered charge im register of title eingetragen zu werden, kann hiernach zwar bereits die sog. owner’s powers i. S. v. sec. 23(2) LRA 2002 über die zu erwerbende charge ausüben, was die Bedeutung der Eintragung als konstitutives Element des Verfügungstatbestands über registered estates und registered charges natürlich nicht unwesentlich relativiert. Freilich ist die Auslegung der Norm in Ermangelung einschlägiger höchstrichterlicher Judikatur noch völlig ungeklärt. Als eintragungsberechtigte Person dürfte wohl unstreitig der executor eines verstorbenen eingetragenen Rechtsinhabers gelten (Skelwith (Leisure) Ltd v. Armstrong [2015] EWHC 2830 (Ch), [2016] 2 W. L.R. 144, 159 [43] (Newey J.)). Ob aber bereits der Abschluss eines durchsetzbaren Verpflichtungsvertrages dem designierten Erwerber als „person entitled to be registered as the proprietor“ sämtliche Verfügungsbefugnisse über das zu erwerbende Recht verschafft, ist deshalb – zumindest solange der Erwerber die ihm obliegenden Pflichten nicht vollständig erfüllt hat und auch noch keine
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Licht der neueren höchstrichterlichen Judikatur, wonach das Institut des constructive trust im Kontext schuldrechtlicher Verschaffungsverträge primär dazu dienen soll, die Vollendung des Rechtserwerbs effektiv abzusichern, nicht aber den designierten Erwerber bereits in jeder Hinsicht sachenrechtliche Verfügungsbefugnisse zu verleihen,410 ist m. E. Zurückhaltung geboten. Die weitere Rechtsentwicklung bleibt abzuwarten. formwirksame Verfügungsurkunde ausgestellt worden ist – zweifelhaft (vgl. Skelwith (Leisure) Ltd v. Armstrong [2015] EWHC 2830 (Ch), [2016] 2 W. L.R. 144, 165 [57]–[58] (Newey J.)). Selbst wenn man über diese Unsicherheiten hinwegsieht, ist aber zu beachten, dass sich sec. 24 LRA 2002 allein auf die in sec. 23 LRA 2002 normierten owner’s powers, d. h. auf die Verfügungsbefugnisse, die dem eingetragenen Rechtsinhaber, an seinem dinglichen Recht zustehen, bezieht. Aus sec. 24(b) LRA 2002 ergeben sich deshalb für den eintragungsberechtigten Erwerber einer registered charge deshalb auch nur die Befugnisse, über dieses Recht, z. B. durch Übertragung oder Bestellung einer sub-charge (vgl. sec. 27(3) LRA 2002) oder auch rechtsgeschäftlich in equity zu verfügen. Hiervon scharf zu unterscheiden sind hingegen die Verfügungsbefugnisse, die sich aus einer registered charge in Ansehung des verpfändeten fremden Grundstücksrechts, sei es ein estate in land, sei es eine charge ergeben; diese dem dinglichen Recht immanenten Verwertungsbefugnisse sind (abschließend) in Part 5 (charges), secs. 51–53 LRA 2002 normiert. Wenig überzeugend ist es daher, sec. 23(2)(a) LRA 2002 erweiternd dahin auszulegen, dass eine nach sec. 24(b) LRA 2002 eintragungsberechtigte Person bereits über den von registered charge betroffenen estate in Ausübung eines vertraglichen oder des gesetzlichen Verkaufsrechts (sec. 101(1) (i) LPA 1925) verfügen könne (so aber Skelwith (Leisure) Ltd v. Armstrong [2015] EWHC 2830 (Ch), [2016] 2 W. L.R. 144, 160–162 [47]–[48] (Newey J.); richtig hingegen Law Com No. 227 Rn. 19.10–19.13). Überdies hilft sec. 24(b) LRA 2002 nur über die noch fehlende Eintragung des designierten Erwerbers als „proprietor“, nicht aber über die fehlende Eintragung der durch Eintragung vollwirksam zu konstituierenden charge hinweg. Schließlich bezieht sich sec. 23(2) LRA 2002 ausdrücklich auf die Verfügungsbefugnisse „in relation to a registered charge“; zu den Verfügungsbefugnissen über eine oder aus einer bestenfalls in equity entstandenen charge sagt die Norm nichts. Sec. 24(b) LRA 2002 dürfte somit allenfalls beim translativen Erwerb einer registered charge, nicht aber beim konstitutiven Erwerb einer registered charge, insbesondere einer sub-charge an einer (bereits bestehenden) registered charge, Verfügungsbefugnisse über das at law entstandene Recht eröffnen, nicht aber die Existenz einer erst noch zu bestellenden (sub-charge an einer) registered charge fingieren. Demgegenüber liegt es zwar mit Blick auf die extensive Legaldefinition des morgagee (sec. 205(1)(xvi) LPA 1925) nicht fern, den Begriff des „mortgagee“ i. S. v. sec. 101(1) LPA 1925 dahin auszulegen, dass hierzu auch ein equitable sub-mortgagee bzw. ein designierter Erwerber einer sub-charge an einer registered charge gehört. Folglich wäre der unter einer deed berechtigte sub-mortgagee bzw. sub-chargee berechtigt, die aus der in equity bereits belasteten principal mortgage folgenden gesetzlichen Verwertungsrechte auszuüben. Zweifelhaft ist aber, ob diese Norm auf mit (registered charges belastete) registered estates anzuwenden ist, wenn und soweit es an der at law erforderlichen Eintragung fehlt. Angesichts dessen hilft auch in Bezug auf das paradigmatische Verkaufsrecht des mortgagee der bloße Verweis auf sec. 106(1) LPA 1925 nicht weiter (dafür jedoch – mit Vorbehalten – Skelwith (Leisure) Ltd v. Armstrong [2015] EWHC 2830 (Ch), [2016] 2 W. L.R. 144, 167 [67]–[68] (Newey J.)): Selbst wenn dem designierten Erwerber bereits aufgrund einer Abtretung in equity eine Empfangszuständigkeit (ohne Einziehungsbefugnis) zustehen sollte, bedeutet dies nicht, dass er deshalb das in sec. 101(1)(i) LPA 1925 statuierte Verkaufsrecht ausüben kann, solange es an dem für die Belastung von registered estates mit registered charges konstitutiven Vollzugsakt der Eintragung fehlt; nichts anderes gilt, wenn zwar die principal charge vollwirksam entstanden ist, aber die sub-charge noch nicht entstanden ist. 410 Siehe Scott v. Southern Pacific Mortgages Ltd. [2014] UKSC 52; [2015] 1 A. C. 385 [71]–[74] (Lord Collins).
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dd) Einziehungs- und Empfangszuständigkeiten Ein striktes Prinzip der Verfügungs- bzw. Zuständigkeitsakzessorietät der security interests ist dem englischen Recht unbekannt. Eine durch gesonderte Verfügungen verursachte Trennung von Forderung und security interest nimmt das Common Law hin; allfällige Zuständigkeitsspaltungen korrigiert Equity durch das Institut des trust.411 Dies gilt prinzipiell sowohl für den sog. outright transfer als auch für die Einräumung einer sub-security an einem security interest.412 In aller Regel ent411 Zur treuhänderischen Bindung des mortgagee, der ausschließlich das mortgage debt ohne die Forderung abtritt, grundlegend Morley v. Morley (1858) 25 Beav. 253, 258–259; 53 E. R. 633, 635–636 (Sir John Romilly M. R.); siehe § 5 III. 1. b) aa). 412 Sinnvoll ist an dieser Stelle ein vergleichender Blick auf die Belastungskompatibilität des schottischen Äquivalents der englischen mortgage – die standard security. Die standard security – eingeführt durch den Conveyancing and Feudal Reform (Scotland) Act 1970 – ist das einzig zulässige Grundpfandrecht (heritable security i. S. v. sec. 9(8) CFR(S)A 1970) im geltenden schottischen Liegenschaftsrecht; die früher verbreitete Sicherungsübertragung sowie die Beleihung des Grundbesitzes unter einer sog. security deed sind inzwischen weitgehend obsolet (Cusine, Standard Securities, Rn. 4.01; Gretton/Steven, Property, Trusts and Succession3, Rn. 21.43). Ihrer Rechtsnatur nach ist die standard security ein genuines Grundpfandrecht; der Rechtsinhaber ist zur Befriedigung mittels Veräußerung des belasteten land bzw. real right in land berechtigt (vgl. sec. 20(2), Sch. 3 standard condition 10(2) CFR(S)A 1970). Alternativ ist – parallel zur mortgage – das auf hoheitliche Übertragung des belasteten Grundstücksrechts gerichtete Verfahren der foreclosure möglich. Die heritable security ist ein akzessorisches Recht; das Verwertungsrecht ist in Entstehung, Bestand und Durchsetzbarkeit von der zu sichernden Forderung (debt) abhängig; sicherungsfähig sind auch wechselnde Forderungen unter einer all-monies-clause (Cusine, Standard Securities, Rn. 4.28). Während der Sicherungsgeber (grantor) nicht notwendig auch Schuldner der zu sichernden Forderungen ist, besteht ein Identitätsgebot zwischen Gläubiger und Sicherungsnehmer. Mittels rechtsgeschäftlicher Übertragung(assignation) der standard security tritt der transferee vollumfänglich in die Rechtsposition des transferor ein; mit dem Zuständigkeitswechsel dürfte automatisch gem. sec. 14(2) CFR(S)A 1970 die gesicherte Forderung auf den transferee übergehen, was freilich in der Praxis sicherungshalber ausdrücklich vereinbart wird (Cusine, Standard Securities, Rn. 6.09). Eine formlose Forderungsübertragung genügt umgekehrt für den Übergang einer standard security nicht; zusätzlich ist die Eintragung in dem Register, in dem die standard security geführt wird, sei es das Land Register, sei es das Register of Sasines erforderlich (vgl. sec. 14, Sch. 4, Form A, Form B CFR(S)A 1970; Gretton/Steven, Property, Trusts and Succession3, Rn. 21.49). Aus dem Gesetz ergibt sich ausdrücklich, dass neben land auch real rights in land mit einer standard security belastbar sind (sec. 9(2) CFR(S)A 1970). Während der Terminus land als sprachliche Abbreviatur für das umfassendste, zeitlich unbegrenzte Grundstücksrecht (ownership) – die doctrine of estates gilt im schottischen Liegenschaftsrecht bekanntlich nicht – fungiert, sind unter real rights in land alle selbstständig verkehrsfähigen und grundbuchlich eintragungsfähigen Grundstücksrechte zu verstehen (sec. 9(8)(b) CFR(S)A 1970: „real right in land“ means any such right, other than ownership or a real burden, which is capable of being held separately and to which a title may be recorded in the Register of Sasines;). Belastbar sind somit insbesondere eintragungsfähige long leases. Ausdrücklich ausgeschlossen ist die Bestellung einer standard security gem. sec. 9(3) CFR(S)A 1970 an persönlichen Vorkaufs- und Wiederkaufsrechten (personal pre-emption burdens and personal redemption burdens), obschon diese Rechte selbstständig veräußerlich sind (sec. 18A(7) Abolition of Feudal Tenure etc. (Scotland) Act 2000). Cusine, Standard Securities, Rn. 4.03 hält sogar – freilich ohne dies zu belegen oder zu begründen – die Belastung der grunddienstbarkeitsäquivalenten servitude ohne das dominant land für zulässig, sofern die servitude grundbuchlich selbstständig registriert ist. Mit der Legaldefinition der insoweit belastungsfähigen real rights in land i. S. v. sec. 9(8)(b) CFR(S)A 1970 erscheint dies aber kaum vereinbar, weil servitudes nicht, wie vorausgesetzt, vom Grundeigentum getrennt wer-
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spricht es aber dem übereinstimmenden Parteiwillen, dem sub-mortgagee nicht bloß ein Verwertungsrecht am dinglichen Recht des mortgagee zu verschaffen, sondern jenen auch zur Geltendmachung der mittels des principal mortgage gesicherten Forderung zu ermächtigen, was sich in der kauterlarjuristischen Praxis widerspiegelt.413 Die sub-mortgage wird mit einer (Sicherungs-)Abtretung der mortgage debt flankiert, wovon der Forderungsschuldner (mortgagor), sofern nicht sogar seine Zustimmung zur sub-mortgage und zur Forderungszession eingeholt wird, zumindest schriftlich unterrichtet wird, um den Erfordernissen von sec. 136(1) LPA 1925 zu genügen. Aus anwaltlicher Sicht erscheint dies schon deshalb geboten, weil nach wie vor ungewiss ist, ob die durch die principal mortgage gesicherte Forderung auch dann auf den sub-mortgagee (als „transferee“) gem. sec. 114(1)(a) den können. Mit dem Gesetz problemlos vereinbar ist demgegenüber das Konstrukt einer doppelstöckigen standard security, ist doch die standard security ein verkehrsfähiges real right in land (vgl. Cusine, Standard Securities, Rn. 4.03; Gretton/Steven, Property, Trusts and Succession3, Rn. 21.45). Im Unterschied zur (Teil-)Übertragung, Aufhebung und Inhaltsänderung fehlt es an einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung des Abschlusstatbestandes und der Rechtsfolgen dieser Belastungskonfiguration; die Literatur setzt sich hiermit – offenbar mangels praktischer Relevanz und Anschauungsmaterial aus der Rechtsprechung – nicht näher auseinander. Was die Bestellung einer doppelstöckigen standard security angeht, dürfte nichts anderes gelten als für die Belastung von land: Der rechtsgeschäftliche Erwerb der standard security bedarf der Registereintragung (vgl. sec. 11(1) CFR(S)A 1970). Die Eintragung erfolgt bei im Land Register eingetragenen Grundstücken in der securities section (sec. 8(1) LR(S)A 2012). Ist das Grundstück in dem noch fortgeltenden Register of Sasines eingetragen, löst die Bestellung der standard security die Eintragungspflicht im Land Register aus (sec. 48(2) LR(S)A 2012); eine Eintragung der standard security im Register of Sasines kommt inzwischen nicht mehr in Betracht. Wegen des Akzessorietätsgrundsatzes und der für die „Perfektionierung“ des Verwertungsrechts erforderlichen Eintragung dürfte die Bestellung einer standard security an einer standard security durch Abtretung oder Verpfändung der gesicherten Forderung und Eintragung in dem Register, in dem die belastete standard security eingetragen ist, erfolgen. Problematisch erscheint allerdings die Verpfändung einer im Register of Sasines geführten standard security, weil dies im Gegensatz zur Abtretung die Belastung einer standard security mit einer standard security gem. sec. 48(2) LR(S)A 2012 automatisch einen Eintragungszwang für das von der belasteten standard security erfasste Grundstück im Land Register auslösen könnte. Diese Frage wird, soweit ersichtlich, aber nicht diskutiert. Im Hinblick auf die Rechtsdurchsetzung durch außergerichtlichen Verkauf dürften keine Besonderheiten gelten: insbesondere dürften die einschränkenden Vorgaben für die Belastung von residential property – die Verwertung setzt regelmäßig ein vorgeschaltetes gerichtliches Klageverfahren voraus; auf die Verwertung besteht kein unbedingter Rechtsanspruch, vielmehr hat der Sicherungsnehmer ein Gestaltungsklagerecht; die Verwertung wird nur aufgrund einer umfassenden Interessenabwägung durch Urteil angeordnet – nicht gelten (näher zur Durchsetzung des Grundpfandrechts Cusine, Standard Securities, Rn. 8.25–8.35). Eine Veräußerung der belasteten standard security dürfte demgemäß zulässig sein. Macht der Inhaber der „herrschenden“ standard security die aus der „dienenden“ standard security fließenden Verwertungsbefugnisse geltend, dürfte er natürlich denselben Beschränkungen unterliegen, die für den Rechtsinhaber der belasteten standard security gelten; die Rechtsstellung des Sicherungsgebers kann sich weder durch die Abtretung noch durch die Belastung einer standard security zu seinem Nachteil verändern. 413 Vgl. Coote/Mackeson, A Treatise on the Law of Mortgage 4, S. 497; Woodhouse (1948) 12 Conv. (NS) 171, 172; Fisher and Lightwood (-Clark), Law of Mortgage14, Rn. 25.2. Wird die Forderung an den sub-mortgagee wirksam sicherungshalber abgetreten, ist konsequenterweise allein dieser zur Geltendmachung und Einziehung der durch den principal mortgage gesicherten Forderung befugt (Re Burrell L. R. 7 Eq. 399, 407; Woodhouse, Conv. (NS) 12 (1948) 171, 177).
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LPA 1925 übergeht, wenn die Tatbestandsvoraussetzungen eines statutory assignment der gesicherten Forderung i. S. v. sec. 136(1) LPA 1925 nicht erfüllt sind.414 Anders liegt es zwar bei der sub-charge i. S. v. sec. 132(1) LRA 2002, die ohnehin nur vermöge einer Verpfändung der gesicherten Forderung, d. h. eines equitable assignment by way of charge, bestellt werden kann; indes ermächtigt eine equitable charge nicht ohne weiteres zur Einziehung der verpfändeten Forderung im Sicherungsfall ohne Mitwirkung des Forderungsgläubigers.415 Mit der Einziehungsbefugnis steht die Befugnis zur „discharge“, d. h. zur tilgungsbedingten Aufhebung der principal mortgage (principal charge) einschließlich der Erteilung der erforderlichen Löschungsquittung, in engem Zusammenhang.416 Auch jenseits des Liegenschaftsrechts ist nicht klar, wer unter einer principal mortgage zur gesetzlich vorgeschriebenen Quittierung des Empfangs 414 Woodhouse (1948) 12 Conv. (NS) 171, 172–173; Fisher and Lightwood (-Clark), Law of Mortgage14, Rn. 25.2 in Fn. 2. 415 Grundsätzlich verschafft ein equitable assignment by way of charge kein Recht zur Einziehung der verpfändeten Sicherungsforderung der principal charge ohne Mitwirkung des eingetragenen Rechtsinhabers (vgl. Beale/Bridge/Gullifer/Lomnicka, The Law of Security and Title-Based Financing2, Rn. 7.73, 18.34). Der entscheidende Unterschied zwischen dem statutory assignment gem. sec. 136(1) LPA 1925 und einem equitable assignment by way of charge – das z. B. durch formlose Abtretung erfolgt (Goode (-McKendrick), Commercial Law5, Rn. 23.48 in Fn. 130) – liegt darin, dass nur das statutory assignment die Sachbefugnis für eine Leistungsklage gegen den Schuldner verschafft; die equitable charge erschöpft sich in einem Recht auf vorrangige Befriedigung aus dem „charged property“ (scil.: der verpfändeten Forderung) im Wege gerichtlicher Verwertung; Sondervorschriften für die sub-charge existieren insoweit nicht. Zur Einziehung der durch die principal charge gesicherten Forderung im eigenen Namen ist der subchargee demgemäß nur berechtigt, wenn er sich die Forderung nach Maßgabe von sec. 136(1) LPA 1925 abtreten lässt, was – anders als die formlose Forderungsverpfändung (Bridge, Personal Property Law4, S. 237) – eine schriftliche Abtretungsvereinbarung sowie ein Vollzugsmoment, d. h. die schriftliche Unterrichtung des Schuldners, voraussetzt. Zu beachten ist allerdings, dass sich die Gegensätze zwischen mortgage und charge gerade bei der Sicherungszession und Forderungsverpfändung im englischen Recht stark verschleifen; nach verbreiteter Ansicht ist die equitable charge einer Teilzession der verpfändeten Forderung gleichzustellen (Fisher and Lightwood (-Clark), Law of Mortgage14, Rn. 6.8 m. w. N. aus der Rechtsprechung) und könnte insoweit dann doch eine beschränkte Einziehungsermächtigung konstituieren. Die legal sub-mortgage einer legal mortgage einer Forderung erfolgt dagegen in Form einer Kettensicherungsabtretung und richtet sich somit nach sec. 136 LPA 1925; erforderlich ist also eine schriftliche Abtretungserklärung sowie die schriftliche Benachrichtigung des Schuldners; diese begründet fraglos eine Einziehungs- und Empfangszuständigkeit des sub-mortgagee (vgl. Goode (-McKendrick), Commercial Law5, Rn. 23.48). 416 Zur Rechtslage bei nicht eingetragenen estates in land näher Woodhouse (1948) 12 Conv. (NS) 171, 176–179; zur „discharge“ einer mit einer sub-charge belasteten charge siehe Law Com No. 227 Rn. 19.36–19.38; Law Com No. 380 Rn. 19.77–19.78. Hiervon zu unterscheiden ist der discharge einer (unbelasteten) sub-mortgage: Zunächst erlischt eine sub-mortgage nicht von selbst mit der vollständigen Erfüllung aller gesicherten Ansprüche, zumal auch bei einer sub-mortgage die Regeln über das sog. tacking zu beachten sind. Vielmehr bedarf der „discharge“ prinzipiell einer rechtsgeschäftlichen Verfügung in Form der Rückübertragung oder Aufgabe der sub-mortgage. Je nach Rechtsnatur des Bezugspunkts ersetzt bereits die vom sub-mortgagee erteilte Löschungsquittung, sei es ein bloßes simple receipt, sei es ein endorsed receipt i. S. v. sec. 115(1) LPA 1925, die konstitutive Aufhebungs- oder Übertragungsverfügung. Wird die sub-mortgage durch Verwertung des von der principal mortgage erfassten estate in land, z. B. im Wege des Pfandver-
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der Schuldsumme verpflichtet ist und dadurch die Rück- oder Weiterübertragung des mortgaged property an den mortgagor bzw. an eine einlösungsberechtigte Person bewirkt.417 Mit Blick auf die vorstehenden explizierten Wirkungen einer subcharge liegt es nahe, dass sowohl der chargee als auch der sub-charge ohne notwendige Mitwirkung des jeweils anderen den Empfang der unter der principal charge gesicherten Schuldsumme quittieren und die principal charge löschen lassen können. Stehen dem sub-chargee in Ansehung des von der principal charge erfassten estate in land alle dem sub-chargor verliehenen Befugnisse zu (sec. 53 LRA 2002), spricht dies dafür, dass der sub-chargee kraft Gesetzes ermächtigt ist, etwaige Zahlungen des mortgagor und/oder einlösungsberechtigter Dritter auf die principal charge bzw. auf die debt zu quittieren und sodann die geschuldete „discharge“ herbeizuführen.418 Unterstützt wird diese Annahme durch einen Vergleich mit subkaufs oder der foreclosure realisiert, erlöschen hingegen uno actu sowohl die sub-mortgage als auch die principal mortgage. 417 Die traditionelle mortgage erfolgt i. d. R. nicht auflösend bedingt; eine (Rück-)Übertragung des zur Sicherheit übertragenen Rechts an den Leistenden ist daher erforderlich (Fisher and Lightwood (-Clark), Law of Mortgage14, Rn. 47.51–47.53). Bis zum Inkrafttreten des LPA 1925 galt dies noch für die legal mortgage an land, soweit diese in Form einer Sicherungsübertragung und nicht einer (sub-)mortgage by (sub-)demise begründet wurde. Seit 1926 ist eine vertragliche Rückübertragung des mortgage term entbehrlich. Ein sog. statutory receipt (oder endorsed receipt) – eine seitens des empfangsberechtigten mortgagee ausgestellte und der Verfügungsurkunde (mortgage instrument) beigefügte Quittung – bewirkt kraft Gesetzes die Aufhebung der mortgage (an unregistered land oder personalty) bzw. die Rückübertragung an den mortgagor (sec. 115(1)(b) LPA 1925). Wird der geschuldete Betrag von einem ablösungsberechtigten Dritten gezahlt, geht die mortgage durch statutory receipt auf den Zahler über (sec. 115(2) LPA 1925); dem mortgagor steht es nicht zum Nachteil nachrangiger Sicherungsnehmer frei, die mortgage trotz vollständiger Tilgung wie eine „Eigentümergrundschuld“ aufrechtzuerhalten (sec. 115(3) LPA 1925). Soweit sec. 115(1)(a) LPA 1925 bestimmt, dass die mortgage by (sub-)demise (durch Konsolidation mit der reversion) durch statutory receipt ohne notwendige Aufhebung (surrender) erlischt, steht dies in einem Spannungsverhältnis zu secs. 5, 116 LPA 1925. Aus sec. 5 LPA 1925 ergibt sich, dass ein term of years mit Erledigung des vertraglich vereinbarten Zwecks auch vor Ablauf der bestimmten Zeit erlischt, was sec. 116 LPA 1925 als lex specialis für die mortgage by (sub-)demise für den Fall der Rückzahlung der gesicherten mortgage debt ausdrücklich wiederholt. Obschon es eines statutory receipt hier nicht bedarf, wird ein solcher gleichwohl aufgrund seiner erhöhten Beweiskraft gefordert (vgl. Cousins, The Law of Mortgages2, 22-05; siehe auch Fisher and Lightwood (-Clark), Law of Mortgage14, Rn. 47.56). Die Rückübertragung mittels endorsed receipt gem. sec. 115(1)(b) LPA 1925 ist grundsätzlich zwar auch bei mortgages von personalty möglich. Eine Bereichsausnahme gilt aber für gilt für bills of sale gem. sec. 15 Bills of Sale Act 1878 (siehe hierzu und zu weiteren Sonderregeln Fisher and Lightwood (-Clark), Law of Mortgage14, Rn. 47.64– 47.68). Auf registered land ist sec. 115 LPA 1925 unanwendbar. Die Tilgung der gesicherten Forderung wirkt sich nicht unmittelbar auf die registered charge aus; für die Löschung im register of title ist eine vom „lender“ ausgestellte deed erforderlich (rr. 114, 115 LRR 2003), weshalb die vereinheitlicht vorgegebenen Antragsunterlagen („DS1“ und „DS3“) den „lender“ als Aussteller der für die (Teil-)Aufhebung erforderlichen deed ausweisen (vgl. r. 114, Sch. 1 LRR 2003); vgl. Garwood v. Bank of Scotland plc [2013] 415 [54] (Norris J.); Emmett and Farrand (-Farrand/Clarke), Title, Vol. II (Release 113, 30 April 2018), Rn. 25-186. Verfahrensrechtliche Sondervorschriften für den Fall, dass die zu löschende registered charge mit einer sub-charge belastet oder übertragen worden ist, existieren nicht. 418 So auch Ruoff and Roper (-Cavill/Wheeler/D ixon et al.), Registered Conveyancing Vol. I (Release 87, June 2018), Rn. 28.006.001. Angesichts der weiten Legaldefinition des mortgagee
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mortgages an unregistered land und personal property.419 Andererseits entäußert sich der eingetragene Rechtsinhaber einer registered charge unter einer sub-charge vorbehaltlich abweichender Abreden weder der Verwertungsbefugnisse aus noch seiner Verfügungsbefugnisse über die registered charge. Zugleich ist die sub-mortgage von dem (Fort-)Bestand der principal mortgage abhängig: Erlischt diese, führt dies zwangsläufig zum Verlust jener mortgage.420 Dies wirft die Frage auf, ob und wie sich der sub-chargee effektiv gegen die Gefahr eines nicht konsentierten Rechtsverlusts durch „discharge“ seitens des chargee zu schützen vermag.421 Aus Sicht des sub-chargee bzw. sub-mortgagee ist es in (sec. 205(1)(xvi) LPA 1925) liegt es nahe, dass der sub-mortgagee Zahlungen sowohl auf den aus dem Pfandverkauf der von der principal mortgage erfassten Sache als auch Zahlungen auf die durch die principal mortgage gesicherte Forderung gem. sec. 107(1) LPA 1925 quittieren kann. 419 Woodhouse (1948) 12 Conv. (NS) 171, 176–179 legt weitgehend überzeugend dar, dass (ausschließlich) der sub-mortgagee als „person in whom the mortgaged property is vested and who is legally entitled to give a receipt for the mortgage money“ i. S. v. sec. 115(1) LPA 1925 anzusehen sei. Dabei wird freilich unterstellt, dass die sub-mortgage mit einer Forderungsabtretung gem. sec. 136(1) LPA 1925 kombiniert wird. Zumindest unter dieser Prämisse ist das Ergebnis vertretbar, zumal der Normwortlaut („person in whom the mortgaged property is vested“) insofern irreführend ist, als eine legal mortgage an (unregistered land) natürlich nicht durch Sicherungsübertragung, sondern entweder durch Verpfändung (charge by way of legal mortgage) oder verdinglichte Sicherungsverpachtung (mortgage by demise) bestellt wird. 420 Wird z. B. die Bestellung der mortgage nachträglich wegen (anfänglicher) Übersicherung durch Gestaltungsurteil aufgehoben resp. durch Feststellungurteil für nichtig erklärt, kann selbstverständlich auch ein sub-mortgagee keine Rechte aus der nichtigen mortgage herleiten; dies gilt auch dann, wenn der mortagor der Bestellung der sub-mortgage in Unkenntnis der Nichtigkeit/A nfechtbarkeit zugestimmt hat; eine Bestätigung des Rechtsgeschäfts bzw. eine acquiescence liegt darin nicht (Cockell v. Taylor, Collett v. Preston, Preston v. Collett (1852) 15 Beav. 103, 123– 126; 51 E. R. 475, 483–484 (Sir John Romilly M. R.)): Für die Übertragung und die Verpfändung der mortgage durch sub-mortgage gilt schließlich nichts anderes als für die Abtretung und Belastung von Forderungen und anderen normativen Sachen: „a purchaser of a chose in action takes the thing bought subject to all prior claims upon it“ einschließlich der Befugnis des mortgagor/debitor, die Nichtigkeit der mortgage geltend zu machen (Cockell v. Taylor, Collett v. Preston, Preston v. Collett (1852) 15 Beav. 103, 118–120; 51 E. R. 475, 481–482 (Sir John Romilly M. R.)). 421 Weil die konkurrierenden Zuständigkeiten des chargee und des sub-chargee nach Credit & Mercantile plc v. Marks [2004] EWCA Civ 568; [2005] Ch. 81 unter dem Vorbehalt abweichender Parteivereinbarungen stehen, stellt sich weiter die Frage, unter welchen Voraussetzungen vertragliche Regelungen über die „powers of discharge“ absolute Wirkungen entfalten, insbesondere, ob schon die bloße Eintragung der sub-charge publizitätswirksam einschlägige Beschränkungen der Befugnisse des chargee zum Ausdruck bringt (ablehnend offenbar Law Com No. 227 Rn. 19.36– 19.37). Systematisch konsequent wäre es, nicht anders zu entscheiden als bei einer vertraglichen Einschränkung der Verfügungsbefugnisse über die principal charge. Eine vom chargee erteilte Löschungsquittung würde hiernach auch dann zur „Befreiung“ des von der principal charge betroffenen estate in land führen, wenn der chargee nach Maßgabe der Vertragsvereinbarungen mit dem sub-chargee nicht berechtigt ist, die Forderung einzuziehen oder die principal charge wegen Fortfalls des Sicherungszwecks aus dem register of title austragen zu lassen; allein die Eintragung der sub-charge manifestiert etwaige vertragliche Einschränkungen der regulären Befugnisse des eingetragenen chargee nicht. Problematisch bleibt freilich, wie sich der sub-chargee gegen eine nicht konsentierte einlösungsbedingte Aufhebung der principal charge zu schützen vermag, sofern man unterstellt, dass Beschränkungen der „power of discharge“ – da die „discharge“ nicht als „disposition“ i. S. v. sec. 40(1) LRA 2002 interpretiert wird – nicht mittels einer restriction verlautbart werden können (vgl. Law Com No. 227 Rn. 19.37).
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jedem Fall geboten, den chargor/mortgagor von der sub-charge/sub-mortgage zu unterrichten, um schuldbefreiende Leistungen an den chargee/mortgagee zu verhindern.422 Aus Sicht des chargor/mortgagor ist es außerhalb eines gerichtlichen Streitverfahrens ratsam, Zins- und Tilgungsleistungen dem chargee/mortgagee und den sub-chargee/sub-mortgagee gemeinschaftlich anzubieten bzw. den geschuldeten Betrag abgesondert vom Eigenvermögen beiden Parteien gemeinschaftlich zur Verfügung zu halten.423 e) Störungsschutz Die sachenrechtliche Qualität der Rechtsstellung des sub-mortgagee offenbart sich nicht nur in den vorbeschriebenen Verfügungsbefugnissen über die principal mortgage und das mortgaged property, im Sukzessionsschutz (priority of interests), in der Insolvenzfestigkeit der sub-mortgage und der unmittelbaren Ersetzung derselben bei Wegfall des belasteten Kreditsicherungsobjekts.424 Ein nicht minder wichtiges Wesensmerkmal aller security interests liegt im sachenrechtlichen Störungsschutz. Wenngleich es an einschlägiger Rechtsprechung und wissenschaftlicher Erschließung des Klageschutzes des sub-mortgagee weitgehend fehlt, erhellt nähere Untersuchung, dass der Schutzstandard, der einer legal sub-mortgage teilhaftig 422 Emmett and Farrand (-Farrand/Clarke), Title, Vol. II (Release 113, 30 April 2018), Rn. 25033. Solange der mortgagor über die Sicherungsübertragung oder Verpfändung der principal mortgage nicht unterrichtet worden ist, erscheint er nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen ausreichend geschützt. So ist der sub-mortgagee unstreitig an den gegenwärtigen Zins- und Tilgungsstand der principal mortgage gebunden und kann sich daher – vorbehaltlich eines estoppel – nicht auf den in der mortgage deed verlautbarten Forderungsbetrag berufen; umgekehrt kann der mortgagor – falls er nicht als Partei in die sub-mortgage einbezogen oder von der Bestellung der sub-mortgage unterrichtet worden ist – mit befreiender Wirkung an den mortgagee zahlen sowie bereits entstandene und noch entstehende Einreden („equities“) gegenüber dem sub-mortgagee erheben (vgl. Woodhouse (1948) 12 Conv. (NS) 171, 173–174; Cousins, The Law of Mortgages2, Rn. 21-13 in Fn. 76). Allerdings erstreckt sich eine mortgage bzw. charge automatisch auf den durch nicht konsentierte Verfügungen seitens des mortgagor bzw. des chargor erzielten Erlös; diesbezüglich kommt es auch nicht darauf an, ob der security interest wirksam durch Eintragung im register of title perfektioniert worden ist oder lediglich in Equity Wirkung entfaltet (grundlegend Buhr v. Barclays Bank [2001] EWCA Civ 1223 [45] (Arden L. J.: „[…], if, as here, the mortgagor makes a disposition of the mortgaged property in a manner which destroys the mortgagee’s estate in the mortgaged property, a security interest in the property which represents the mortgaged property automatically and as a matter of law comes into existence as from the moment that the mortgagor becomes entitled to that property.“)). 423 Jedenfalls ab Benachrichtigung von der Bestellung der sub-mortgage liegt der sicherste Weg für den mortgagor und einlösungsberechtigte Personen darin, den unter der principal mortgage geschuldeten Forderungsbetrag abgesondert vom Privatvermögen für den mortgagee und den sub-mortgagee zur Verfügung zu halten, nicht aber die possession aufzugeben. Hierdurch kann den Anforderungen eines „legal tender“ genügt werden, ohne eine Geldleistung zu bewirken (näher Shearer v. Spring Capital Limited [2013] EWHC 3148 [139]–[150] (Alexander Q. C.)). Im Prozess ist die mittels mortgage gesicherte Geldsumme bei Gericht einzuzahlen (Shearer v. Spring Capital Limited [2013] EWHC 3148 [139] (Alexander Q. C.); Fisher and Lightwood (-Clark), Law of Mortgage14, Rn. 47.37 m. w. N. in Fn. 15)). 424 Allgemein zum Surrogationsschutz des mortgagee bei nicht konsentiertem Wegfall des Kreditsicherungsobjekts siehe Buhr v. Barclays Bank [2001] EWCA Civ 1223 [45] (Arden L. J.).
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ist, dem eines legal estate in land ebenbürtig und somit – aus kontinentaleuropäischer Sicht – „eigentumsidentisch“ ist. Substantielle Unterschiede zwischen submortgages unter dem alten und dem neuen liegenschaftsrechtlichen Regime sowie zwischen sub-mortgages an eingetragenen und nicht eingetragenen estates in land (als Bezugspunkten von principal mortgages) zeigen sich auch hier nicht. Eingriffe Dritter, die das Recht und/oder die schutzwürdigen (Sicherungs-)Interessen des sub-mortgagee aktuell oder potentiell verletzen, sanktioniert das law of torts nicht anders als bei jedem nach Common Law etablierten dinglichen Recht. Bekanntlich knüpfen alle zur Verteidigung „subjektiver Rechte“ und/oder sonstiger rechtlich anerkannter Interessen an Grundstücken zur Verfügung gestellten Rechtsbehelfe (d. h. injunctions und/oder damages wegen trespass to land, nuisance und negligence) an ein right to possession resp. an eine de facto possession an.425 Übt 425 Vgl. Hunter v. Canary Wharf Ltd. [1997] A. C. 655, 702–703 (Lord Hoffmann); K. Gray/ S. F. Gray, Elements of Land Law5, Rn. 10.1.4; Winfield & Jolowicz (-Rogers), Tort18 , Rn. 13-2–133, 14-15. Trespass to land setzt – im Gegensatz zu private nuisance und der Regel aus Rylands v. Fletcher – „direkte“ Einwirkungen auf ein fremdes Grundstück voraus; erforderlich ist ein willensgetragenes Verhalten des Störers (unerlaubtes Betreten, Lagern von Abfällen, Holzeinschlag etc.). Demgegenüber geht es bei nuisance um sog. indirekte Einwirkungen auf fremde Grundstücke, zuvörderst um die Zuführung von Imponderabilien, die den Gebrauch derselben beeinträchtigen; erforderlich ist wiederum ein willensgetragenes Verhalten des Störers, dessen Tatbestandsmäßigkeit sich nach einer wertenden Angemessenheitsbeurteilung richtet. Auch für die Klagebefugnisse wegen nuisance wird nicht zwingend ein anerkanntes dingliches Recht, sondern ein right to possession und/oder possession am betroffenen Grundstück verlangt (Winfield & Jolowicz (-Rogers), Tort18 , Rn. 14-15). Entsprechendes gilt für die verschuldensunabhängige Haftung für Immissionen nach Maßgabe der Regel aus Rylands v. Fletcher (vgl. Winfield & Jolowicz (-Rogers), Tort18 , Rn. 15-8). Unter negligence fällt die Beschädigung oder Zerstörung fremder Grundstücke; wie auch jenseits des Grundstücksrechts ist eine hinreichende Nähebeziehung zwischen dem Schädiger und dem Geschädigten erforderlich (sog. neighbour principle) sowie ein schuldhaftes Verhalten des Schädigers. Ersatzfähig sind prinzipiell alle Substanz- und Vermögensschäden; als haftungsbegrenzendes Korrektiv fungiert das Merkmal der foreseeability. Als Rechtsfolge wegen trespass to land und nuisance ist primär Geldersatz (damages) geschuldet; bei Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes ist die auf Herausgabe gerichtete action for the recovery of land einschlägig. Gegen fortdauernde und/oder bevorstehende Störungen der possession bzw. des right to possession bieten injunctions einen wirkungsvollen Rechtsschutz; aufgrund ihrer Rechtsnatur als equitable remedy steht der Erlass einer injunction zwar prinzipiell im Ermessen des Gerichts. Falls aber schon die Aufgabe des beanstandeten Verhaltens des Antragsgegners die aktuelle oder potenzielle Beeinträchtigung der Rechte des Antragstellers beendet oder verhindert, reduziert sich das gerichtliche Ermessen auf Null; der Erlass der begehrten prohibitory injunction steht dem Antragsteller „as of course“ zu, sofern nicht ausnahmsweise besondere Umstände (z. B. treuwidriges Verhalten des Antragstellers, Unerheblichkeit der Beeinträchtigung, entgegenstehende öffentliche Interessen) vorliegen (Clerk and Lindsell (-Burrows), Torts22, Rn. 30-04–30-05). Anders liegt es, wenn die Beseitigung oder Unterlassung der gegenwärtigen oder potenziellen Beeinträchtigung der Rechte des Antragstellers aktive Maßnahmen des Antragsgegners voraussetzt, mithin eine sog. mandatory injunction einschlägig ist. Im Rahmen der Ermessensausübung erfolgt eine Gesamtwürdigung aller Umstände, wobei vor allem das Maß der Beeinträchtigung des Antragstellers und der Beseitigungsaufwand gegeneinander abzuwägen sind (grundlegend Morris v. Redland Bricks Ltd. [1970] A. C. 652 (in casu lehnte das House of Lords die begehrte mandatory injunction zur Wiederherstellung des durch Aushubarbeiten verursachten Stützverlusts des Grundstücks des Antragstellers ab, weil die für die Befestigung des Grundstücks erforderlichen Kosten den Grundstückswert überschritten hätten); ferner Clerk and Lindsell (-Burrows),
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der mortgagee selbst die possession über das land des mortgagor aus, ist er gegen sicherheitsrelevante tatsächliche Einwirkungen auf das „Grundstück“ ohne weiteres optimal geschützt.426 Wichtiger ist jedoch, dass jeder legal mortgage kraft Gesetzes ein immediate right to possession inhärent ist, ohne dass es insoweit auf die Fälligkeit der Schuldforderung ankommt. Dieses Besitzrecht verdrängt nach einer geläufigen Umschreibung schon „before the ink is dry on the mortgage“427 das Besitzrecht des mortgagor und vermittelt vorbehaltlich vorrangiger Besitzrechte Dritter ohne aktuellen Besitz tort-rechtlichen Klageschutz.428 Für die legal sub-mortgage kann nichts anderes gelten: Ob diese in Form einer sub-mortgage by sub-demise (an unregistered land) oder in Form der an registered land ausschließlich zulässigen charge by way of legal mortgage eingeräumt ist, ist wegen der in sec. 87(1) LPA 1925 bestimmten Fiktion belanglos.429 Torts22, Rn. 30-10–30-12). Soweit es um aktuelle oder konkret bevorstehende Beeinträchtigungen geht, kann im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes eine sog. quia timet injunction beantragt werden, die je nach Art des beeinträchtigenden Zustands auf Aufgabe der störenden Handlung oder auf Vornahme aktiver Vorkehrungen gerichtet ist (Clerk and Lindsell (-Burrows), Torts22, Rn. 30-14–30-15). Auch der sog. reversioner, dessen dingliches Besitzrecht im Zeitpunkt des verletzenden Ereignisses durch ein hierarchisch überlegenes Besitzrecht eines lessee auf Zeit exkludiert ist, genießt tort-rechtlichen Klageschutz, soweit seine reversion beeinträchtigt ist (K. Gray/ S. F. Gray, Elements of Land Law5, Rn. 10.1.3; Winfield & Jolowicz (-Rogers), Tort18 , Rn. 13-2, 14-15). 426 Bagnall v. Villar (1879) 12 Ch. D. 812; Fisher and Lightwood (-Clark), Law of Mortgage14, Rn. 29.4. 427 So erstmals Four-Maids Ltd. v. Dudley Marshall (Properties) Ltd. [1957] Ch. 317, 320 (Harman J.). 428 National Westminster Bank plc v. Ashe [2008] EWCA Civ 55 [26] (Mummery L. J.). Bei der längst obsoleten Sicherungsübertragung sowie bei der einen vollwirksamen legal estate in Form eines term of years absolute konstituierenden Sicherungsverpachtung von estates in land ist dies selbstverständlich. Für die charge by deed by way of legal mortgage gilt aufgrund der in sec. sec. 87(1) LPA 1925 statuierten Fiktion einer mortgage by (sub-)demise nichts anderes, was in dieser Norm sogar expressis verbis bestimmt ist (vgl. Fisher and Lightwood (-Clark), Law of Mortgage14, Rn. 29.2). 429 Der tort-rechtlich sanktionierte Außenschutz folgt daraus, dass dem sub-chargee kraft Gesetzes die gleichen Befugnisse zustehen, die der belasteten registered charge teilhaftig sind, welche ihrerseits – zumindest kraft der Eintragung – als charge by deed by way of legal mortgage gem. sec. 87(1) LPA 1925 in identischer Weise wie eine mortgage by (sub-)demise gegen sämtliche Störungen Dritter geschützt ist (secs. 51, 53 LRA 2002). Ungeachtet einer etwaig bestellten submortgage treffen den mortgagee alle Pflichten eines mortgagee in possession, sofern er das Grundstück unter der principal mortgage in Besitz genommen hat; diesen Pflichten vermag sich der mortgagee schließlich auch nicht durch eine vollständige Übertragung der mortgage zu entziehen (Fisher and Lightwood (-Clark), Law of Mortgage14, Rn. 29.56). Falls dagegen nach Vollzug der sub-mortgage der sub-mortgagee das Grundstück in Besitz nimmt, muss er – so als ob er selbst Inhaber der principal mortgage wäre – die gewohnheitsrechtlich entwickelten Pflichten eines mortgagee in possession gegenüber dem sub-mortgagor (bzw. einem im Rang unmittelbar nachfolgenden sub-mortgagee) erfüllen. So hat der mortgagee in possession gegenüber dem unmittelbar im Rang nachfolgenden mortgagee oder, subsidiär, gegenüber dem mortgagor Rechnung über die gezogenen (und willkürlich nicht gezogenen) Nutzungen zu legen; zum eigenen Vorteil darf er die erzielten Erträge nur verwenden, soweit ihm diese nach Maßgabe der mortgage gebühren und keine vorrangigen Rechte Dritter entgegenstehen (ausführlich Fisher and Lightwood (-Clark), Law of Mortgage14, Rn. 29.55–29.57). Der mortgagee unterliegt dabei einer Sorgfaltspflicht. Das
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Andererseits geht mit der Bestellung einer sub-mortgage nicht notwendigerweise eine Absenkung des Störungsschutzstandards des sub-mortgagor einher. Diesem steht, wie gezeigt, das erforderlichenfalls mittels einer action for the recovery of land durchzusetzende Recht zum Besitz ungeachtet einer bestehenden sub-mortgage zu, soweit nichts anderes vereinbart ist.430 Wird das right to possession des mortgagee freilich unter der principal mortgage bis zum Eintritt des Sicherungsfalles suspendiert,431 verkürzt sich der Klageschutz des mortgagee und notwendig auch der des sub-mortgagee im Verhältnis zu nichtberechtigten Dritten.432 Solange der mortgagor zum Alleinbesitz berechtigt ist, ist dieser bei Einwirkungen Dritter auf das Grundstück aus den einschlägigen torts aktivlegitimiert.433 Soweit grundstücksbezogene Einwirkungen das Sicherungsinteresse des mortgagee beeinträchtigen, bleibt dieser aber selbstverständlich sachlegitimiert.434 Für den sub-mortgagee dürfte aufgrund seiner korrelativen Verwertungsbefugnisse hinsichtlich des mortgaged property (sec. 53 LRA 2002) nichts anderes gelten, soweit das aus der Grundstück ist wirtschaftlich zweckmäßig, regelmäßig durch Vermietung oder Verpachtung zu nutzen. Nutzt es der mortgagee für den Eigenbedarf, hat er eine angemessene Nutzungsentschädigung zu leisten. Wenngleich der mortgagee gewohnheitsrechtlich nicht schon für unverschuldete Verschlechterungen („waste“) uneingeschränkt haftet, unterliegt er einer Haftung auf Geldersatz wegen schuldhafter Beschädigungen oder Verschlechterungen des Grundstücks und muss zudem wirtschaftlich vertretbare Erhaltungs- und Instandhaltungsmaßnahmen ergreifen (Fisher and Lightwood (-Clark), Law of Mortgage14, Rn. 29.60–29.64). Nimmt der mortgagee verpfändetes leasehold land in Besitz, wird er unmittelbar auch aus der lease, präziser aus den landlord’s covenants und den tenant’s covenants, berechtigt und verpflichtet (vgl. sec. 15(3)(4) LT(C)A 1995). 430 Credit & Mercantile plc v. Marks [2004] EWCA Civ 568; [2005] Ch. 81; siehe § 5 III. 1. d) aa). 431 Dies bedarf allerdings i. d. R. ausdrücklicher Vereinbarung. Die Rechtsprechung ist tendenziell zurückhaltend, was einen Ausschluss des dinglichen Besitzrechts des mortgagee im Wege ergänzender Vertragsauslegung anbelangt, siehe National Westminster Bank plc v. Ashe [2008] EWCA Civ 55 [27] (Mummery L. J.). 432 Entsprechendes gilt bei einer unter einer security bill ausgestellten mortgage von personal chattels i. S. v. sec. 4 Bills of Sale Act, weil dem mortgagee nur unter den in sec. 7 Bills of Sale Act (1878) Amendment Act 1882 abschließend genannten Voraussetzungen ein Recht zur Inbesitznahme der zur Sicherheit transferierten personal chattels zusteht; liegen diese Voraussetzungen nicht vor, stehen dem mortgagee auch nicht die zur Verteidigung von Rechten an realen Sachen gewährten tort-rechtlichen Rechtsbehelfe gegenüber Dritten zu, setzen diese doch parallel zu den grundstücksbezogenen torts für die Klagebefugnis possession oder ein immediate right to possession voraus (vgl. Fisher and Lightwood (-Clark), Law of Mortgage14, Rn. 29.80). 433 Der mortgagor klagt aus eigenem Recht, soweit seine possession beeinträchtigt ist; der mortgagee muss nicht in den Rechtsstreit als Partei einbezogen werden (Fairclough v. Marshall (1878) 4 Ex D 37; Fisher and Lightwood (-Clark), Law of Mortgage14, Rn. 29.5). 434 Außer Frage steht, dass der mortgagee aus trespass wegen sicherheitsgefährdender tatsächlicher Verschlechterungen des Grundstücks (z. B. Holzeinschlag, Abriss von Gebäuden) injunctions gegen den mortgagor erwirken und/oder Schadensersatz verlangen kann, selbst wenn er sich im Zeitpunkt des schädigenden Ereignisses nicht im Besitz des Grundstücks befindet und nach Maßgabe der Vertragsbedingungen nicht zum Besitz berechtigt ist (Bagnall v. Villar (1879) 12 Ch. D. 812; Fisher and Lightwood (-Clark), Law of Mortgage14, Rn. 29.4). Prinzipiell erscheint es aber nicht ausgeschlossen, dass der nicht aktuell zum Besitz berechtigte mortgagee gegen nichtberechtigte Dritte vorgehen kann, soweit diese für Verschlechterungen des Grundstücks verantwortlich sind, ohne dass insoweit der mortgagor einbezogen werden muss. In systematischer Hinsicht spricht hierfür der allgemein anerkannte tort-rechtlichen Klageschutz des reversioner, dessen Besitzrecht ebenso wie das des mortgagee nur suspendiert ist, solange die lease existiert.
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legal sub-mortgage folgendes Besitzrecht unter der principal mortgage und/oder der sub-mortgage suspendiert ist. Eine veränderte Beurteilung drängt sich aber auf, wenn dem sub-mortgagee – da die sub-mortgage (ausschließlich) in equity Wirkung erheischt – nicht einmal kraft Fiktion ein legal estate am betroffenen Grundstück zusteht. Zumindest nach konventioneller Lehre ist das Rechtsbehelfsprogramm des common law nicht zugunsten des equitable mortgagee anwendbar.435 Im Licht der neueren Judikatur des Court of Appeal zum Klageschutz des beneficiary eines trust scheint diese Ansicht jedoch unter Druck zu geraten.436
2. Die sog. securitisation grundpfandrechtlich gesicherter Kreditforderungen Wie angerissen, weisen die hier nur zu skizzierenden „securitisation arrangements“ grundpfandrechtlich gesicherter Kreditforderungen weitgehend vergleichbare Wirkungen auf wie genuine sub-mortgages. Angesichts der antizipativen Wirkung des schuldrechtlichen Verkaufs ganzer mortgage portfolios auf ein „SPV“ zwecks Refinanzierung am Kapitalmarkt durch sog. mortgage backed securities darf dies nicht überraschen. Aufgrund der charakteristischen Vorwegnahme des Verfügungserfolgs in equity verschleifen sich inner- und zwischenartlichen Belastungen sowie translative und konstitutive Sukzessionen; als beneficiary eines constructive trust steht das „SPV“ nicht anders als ein equitable sub-mortgagee. Richtungsweisend ist hier die Entscheidung Paragon Finance plc v. Pender, mit der der Court of Appeal seine Rechtsprechung in Credit & Mercantile plc v. Marks zur subcharge fortgeführt und auf die praktisch bedeutsamere „securitisation“ von mortgages erstreckt hat.437 Im Rahmen typischer „securitisation arrangements“ wird 435 Nach h. A. ist ein equitable mortgagee nicht schon kraft Getzes zum Besitz des Grundstücks berechtigt, weil ihm, so die Begründung, schließlich kein legal estate in land zusteht (Fisher and Lightwood (-Clark), Law of Mortgage14, Rn. 29.7). Wird aber vertraglich ein Besitzrecht des equitable mortgagee vereinbart, dürfte dieses nicht bloß inter partes Wirkungen entfalten, sondern zugleich auch gegenüber gänzlich nichtberechtigten Dritten; außer Streit steht, dass sich ein equitable mortgagee die allgemeinen tort-rechtlichen Rechtsbehelfe geltend machen kann, sofern seine possession am Grundstück beeinträchtigt oder gefährdet wird (Fisher and Lightwood (-Clark) a. A. O.). 436 Shell UK Ltd. v. Total UK Ltd. [2010] EWCA Civ 180; [2011] Q. B. 86; siehe hierzu bereits § 4 II. 2. b). Wenn die equitable mortgage aus einer noch unvollendeten Bestellung oder Übertragung einer legal mortgage resultiert, wird der mortgagee bei unterstellter Anwendbarkeit des Erfüllungsrechtsbehelfs als beneficiary aus einem kraft Gesetzes entstehenden trust berechtigt. Mit vollständiger Erfüllung aller Pflichten des equitable mortgagee – z. B. Valutierung des Darlehens oder Zahlung des Kaufpreises beim Verkauf einer legal mortgage – verwandelt sich dieser zu einem sog. bare trust. Folglich ließe sich die aufgezeigte Sachargumentation des Court of Appeal in Shell auf die Konstellation der noch unvollendeten Bestellung oder Übertragung einer legal mortgage übertragen; der equitable mortgagee könnte dann unter notwendiger Beiladung des legal mortgagee aus eigenem Recht Klagen wegen Grundstücksbeschädigung erheben und insoweit eigene Vermögensfolgeschäden liquidieren; auf die in § 4 II. 2. b) vorgetragenen Bedenken gegen diese Judikatur wird Bezug genommen. 437 Paragon Finance plc v. Pender [2005] EWCA Civ 760; [2005] 1 W. L.R. 3412. Auch diesem
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meistens auf eine rechtsgeschäftliche Übertragung sämtlicher Kreditforderungen und der mortgages auf die Zweckgesellschaft schon aus Kostengründen verzichtet; i. d. R. begnügt man sich mit dem Abschluss eines schuldrechtlichen Kaufvertrags über die mortgage-gesicherten Darlehensansprüche der Bank, der allenfalls im SiRechtsstreit ging es um eine Räumungsklage einer Bank gegen zwei Kreditnehmer, die ihr Wohnhaus mit einer der Klägerin bestellten mortgage belastet hatten. Die im register of title eingetragene legal charge war Teil eines von einer „securitisation“ erfassten Portfolios grundpfandrechtlich gedeckter Kredite, die – aufgrund einer Vereinbarung zwischen der Klägerin, zwei weiteren Gesellschaften, von denen eine als trustee der mortgages agierte und die andere als Verkäuferin derselben, und einem special purpose vehicle („SPV“) – an die Zweckgesellschaft verkauft wurden. Wie es für ein solches Arrangement nach englischem Recht typisch ist, blieb die Klägerin at law Inhaberin der charge – der Kaufvertrag wurde mithin nicht durch Eintragung der Zweckgesellschaft als neuer Rechtsinhaber der charge im register of title vollzogen –, während das SPV aufgrund der Vorwirkung des durchsetzbaren Verschaffungsanspruchs aus dem kraft Gesetzes entstehenden trust ein quasidingliches Recht an der charge erwarb. Im Rahmen der „securitisation“ wurde der Klägerin u. a. Vertretungsmacht für das SPV, die Verkäuferin und den trustee in Ansehung der Rechte und Pflichten aus den in das Portfolio eingebrachten mortgages eingeräumt; die Verwertung der mortgages sollte die Klägerin als „administrator“ nach pflichtgemäßen Ermessen durchführen. Außerdem wurde vereinbart, dass die securitisation nur mit Zustimmung des trustee den Kreditnehmern angezeigt werden durfte. Als die Beklagten in Zahlungsverzug gerieten, erwirkte die Klägerin einen Räumungstitel, aus dem sie, nachdem die Beklagten mit weiteren Zins- und Tilgungsleistungen in Verzug gerieten, die Zwangsvollstreckung im Wege eines weiteren Verfahrens vor dem High Court als „Vollstreckungsgericht“ betrieb. Die Einwände der Beklagten, die u. a. geltend machten, dass die Klägerin wegen der „securitisation“ nicht aktivlegitimiert sei, wies der High Court zurück und ordnete demgemäß die Räumung des Grundstücks an. Die Berufung der Beklagten beim Court of Appeal blieb erfolglos. Vereinfacht betrachtet erwarb das SPV, so Parker L. J., als Käufer zwar das „wirtschaftliche Eigentum“ (beneficial ownership) an den verkauften Forderungen einschließlich der streitgegenständlichen mortgage am Grundstück der Beklagten, wohingegen die Klägerin nur das „formale Eigentum“ (legal ownership) zurückbehielt (Paragon Finance plc v. Pender [2005] EWCA Civ 760; [2005] 1 W. L.R. 3412, 3437 [109]). Dies ändere aber nichts an der Sachbefugnis der Klägerin. Als „legal owner“ der charge stehe der Klägerin insbesondere das Recht zum Besitz des belasteten Grundstücks zu; auf ihre treuhänderische Bindung und das „wirtschaftliche Eigentum“ der Zweckgesellschaft komme es hier nicht an. Das SPV müsse auch nicht in diesen Rechtsstreit auf Klägerseite einbezogen werden, zumal das SPV der Klägerin ohnehin Vertretungsmacht zur Ausübung ihrer Rechte aus den mortgages eingeräumt habe (Paragon Finance plc v. Pender [2005] EWCA Civ 760; [2005] 1 W. L.R. 3412, 3437–3438 [111]–[112]). Aus sec. 114 LPA 1925 ergebe sich mit Blick auf die kurz zuvor ergangene Entscheidung in Credit & Mercantile plc v. Marks zur sub-charge nichts anderes; diese Vorschrift gelte nur für die Übertragung von mortgages an nicht eingetragenen Grundstücken durch Übergabe einer deed, weil anderenfalls das Intabulationsprinzip praktisch entwertet werden würde (Paragon Finance plc v. Pender [2005] EWCA Civ 760; [2005] 1 W. L.R. 3412, 3437 [112]). Aus dieser Vorschrift könne also für die Übertragung von mortgages an eingetragenen Grundstücken nicht gefolgert werden, dass insbesondere auch der Räumungsanspruch, bereits durch die Übergabe einer deed auf den Erwerber übergehe und der Veräußerer demgemäß seine Aktivlegitimation verliere. In jedem Fall aber sei die dispositive Vorschrift in sec. 114 LPA 1925 aufgrund abweichender vertraglicher Bestimmungen im Rahmen des „securitisation arrangement“ abbedungen worden (Paragon Finance plc v. Pender [2005] EWCA Civ 760; [2005] 1 W. L.R. 3412, 3437 [115]). Unbehelflich sei auch das Argument, dass die Klägerin wegen sec. 136 LPA 1925 nicht mehr zur Geltendmachung des Räumungsanspruchs berechtigt sei; denn diese Vorschrift regele nur die Voraussetzungen und Rechtsfolgen der Forderungszession, nicht auch die Wirkungen der rechtsgeschäftlichen Übertragung der mortgages (Paragon Finance plc v. Pender [2005] EWCA Civ 760; [2005] 1 W. L.R. 3412, 3437 [116]).
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cherungsfall durch die umständliche Eintragung der Zweckgesellschaft als neuer Inhaber der legal charges vollzogen wird.438 Aufgrund der „proleptischen“ Wirkung des Kaufvertrages entsteht – die Anwendbarkeit des Erfüllungsrechtsbehelfs (specific performance) unterstellt – zwar ein constructive trust an den mortgages, der jedoch dem mortgagee (scil.: der Bank, die ihre Kreditforderungen der Zweckgesellschaft verkauft) als trustee nicht die ihm zustehenden Rechtsbehelfe im Verhältnis zum mortgagor und Dritten entzieht. Mit der Belastung der Rechtsposition des mortgagee kraft des trust korrespondiert ein ungleichartiges begrenztes Sachenrecht – der equitable interest des vorleistenden Käufers der grundpfandrechtlich gedeckten Darlehensforderungen –, das sich von einer sub-charge maßgeblich dadurch unterscheidet, dass der Käufer als beneficiary selbst kein Verwertungsrecht an der trust-befangenen mortgage hat. Zudem kommt das charakteristische curtain principle des englischen trust-Rechts sinnfällig darin zum Ausdruck, dass der Verkäufer der mortgage debt sich nicht seiner Forderungszuständigkeit begibt; im Außenverhältnis zu (redlichen) Dritten ist der mortgagee als trustee uneingeschränkt zur Einziehung, zum Empfang des Kaufpreises aus dem Forderungsverkauf und zu (anderen) Verfügungen über die gesicherte Forderung berechtigt (sec. 113(1)(b) LPA 1925); die treuhänderische Bindung im Innenverhältnis bleibt unberührt (sec. 113(3) LPA 1925). Dieselbe Wertungsentscheidung zeigt sich bei der Ausübung der dem mortgagee verliehenen vertraglichen und gesetzlichen Befugnisse im Sicherungsfall. So ist der Inhaber einer eingetragenen legal charge nach der Rechtsprechung des Court of Appeal auch dann berechtigt, eine Räumungsklage gegen den chargor nach Maßgabe der Bestimmungen des Sicherungsvertrages zu erheben, wenn die gesicherte Forderung unter einer „securitisation“ mittels equitable assignment an eine Zweckgesellschaft abgetreten worden ist.439 Solange der Käufer bzw. Zessionar nicht als 438 Vgl. Paragon Finance plc v. Pender [2005] EWCA Civ 760; [2005] 1 W. L.R. 3412, 3415– 3416 [13]–[14] (Parker L. J.); Bank of Scotland v. Herron [2017] NICh 15 [57]–[59] (McBride J.). Auch bei einem nicht der „securitisation“ durch Emission von MBS dienenden Einzelverkauf einer mortgage (ohne notwendigen Forderungsverkauf) wird nicht selten aus Kostengründen auf einen Vollzug der Abtretung durch Eintragung des Käufers im register of title verzichtet, vgl. Skelwith (Leisure) Ltd. v. Armstrong [2015] EWHC 2830 (Ch); [2016] Ch. 345. 439 Paragon Finance plc v. Pender [2005] EWCA Civ 760; [2005] 1 W. L.R. 3412, 3437–3438 [109]–[115] (Parker L. J.); Paradigmatisch ist auch die jüngere Entscheidung Bank of Scotland v. Herron [2017] NICh 15, der gleichfalls ein Räumungsrechtsstreit zwischen einer Bank und dem Sicherungsgeber zugrunde lag. Auch hier stand u. a. die Aktivlegitimation der Klägerin in Frage, weil der Beklagte die streitgegenständliche mortgage ursprünglich der Halifax plc im März 2008 an seinem Grundstück bestellt hatte. Schon im September 2007 war das Vermögen der Halifax plc, einschließlich ihres „security interest“ am Grundstück des Beklagten, auf die Klägerin durch partielle Rechtsnachfolge im Rahmen einer gesellschaftsrechtlichen Umwandlung übertragen worden; eine Zustimmung der Kreditnehmer (und Sicherungsgeber) war nach Maßgabe des Kaufvertrags zwischen der Halifax plc und der Klägerin hierzu nicht erforderlich. Aufgrund eines „securitisation arrangement“ trat die Klägerin im Dezember 2008 die Kreditforderungen an eine Zweckgesellschaft (Dakota Financing) mittels equitable assignment ab. Erst im April 2009 wurde die Klägerin als Rechtsinhaberin der mortgage von der registerführenden Stelle im register of title eingetragen. 2011 trat die Dakota Financing die Kreditforderungen wieder an die Kläge-
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neuer Inhaber der charge eingetragen werde, entfalte der Forderungsverkauf bzw. der Verkauf der mortgage bestenfalls in equity Vorwirkung; auch die Ausstellung einer Abtretungsurkunde führe nicht nach sec. 114 LPA 1925 dazu, dass der mortgagee die Aktivlegitimation einbüße. Diese Judikatur ist konsequent. Wenn schon die weitaus intensivere innerartliche Belastung der legal charge mit einer sub-charge nicht kraft Gesetzes dem sub-chargor die Befugnis zur Durchsetzung der belasteten charge entzieht, vermag die fiduziarische Verpflichtung erst recht nicht die Rechtsposition des eingetragenen Rechtsinhabers einer legal charge im Außenverhältnis einzuschränken. Schließlich wird der Zweckgesellschaft im Rahmen einer „securitisation“ – im Unterschied zur Bestellung einer sub-charge zugunsten eines Gläubigers des chargee – nicht einmal at law ein dingliches Recht eingeräumt. Andererseits darf nicht übersehen werden, dass dem designierten (Zweit-)Erwerber einer registered charge nach verbreiteter Ansicht – unter der Prämisse eines mittels des Erfüllungsrechtsbehelfs durchsetzbaren Abtretungsversprechens in Form einer deed – die Befugnis zum Forderungseinzug sowie zum Verkauf des betroffenen estate in land aus der registered charge aus sec. 101(1)(i) LPA 1925 zusteht.440 Als equitable sub-mortgagee ist das „SPV“ zwar bei präziser Betrachtung nicht zu bezeichnen, weil das die antizipative Vorwirkung in equity auslösende Verpflichtungsgeschäft nicht auf die konstitutive Errichtung einer sub-charge, sondern auf die „unqualifizierte“ Übertragung der grundpfandrechtlich gesicherten Kredite abzielt. In der Substanz macht dies aber keinen Unterschied: Aus dem Kaufvertrag entsteht kraft Gesetzes ein begrenztes Recht, ein equitable interest, der, ohne das zu transferierende Recht – was rechtstatsächlich immer beim Verkäufer verbleibt – zu suspendieren, gleichartige Befugnisse zugunsten des Käufers begründet.
rin ab. Auf Antrag der Klägerin erging nach langwierigem Rechtsstreit 2015 ein Räumungsurteil gegen den Beklagten; die Berufung des Beklagten beim High Court of Justice in Northern Ireland blieb erfolglos. Unter Verweis auf die Entscheidung Paragon Finance plc v. Pender stellte das Gericht klar, dass die Klägerin ungeachtet des Umstands, dass die streitgegenständliche mortgage der Dakota Financing zwischen 2008 bis 2011 in equity zustand, gegen den Beklagten den Herausgabeanspruch als mortgagee geltend machen könne (Bank of Scotland v. Herron [2017] NICh 15 [58]–[59] (McBride J.)). Dass die mortgage der Halifax plc eingeräumt wurde, spiele wegen der wirksamen (partiellen) Rechtsnachfolge durch die Klägerin in die security interests der Halifax plc keine Rolle. Das Gericht legte die Abtretungsvereinbarungen zwischen der Klägerin und der Halifax plc dahin aus, dass auch künftige mortgage-gesicherte Forderungen von selbst auf die Klägerin übergingen, ohne dass es der Zustimmung der jeweiligen Sicherungsgeber bedurfte (vgl. Bank of Scotland v. Herron [2017] NICh 15 [54] (McBride J.)). Die Klägerin sei zu Recht von der Land Registry als Rechtsinhaberin der mortgage eingetragen worden: Unerheblich sei in diesem Zusammenhang die vorherige Abtretung der gesicherten Forderung (einschließlich der mortgage) an Dakota Financing; die Abtretungsvereinbarung zwischen der Klägerin und der Dakota Financing sei ein bloßes equitable assignment; die Klägerin sei folglich fortwährend zwischen 2008 und 2011 Gläubigerin der gesicherten Forderung at law gewesen (Bank of Scotland v. Herron [2017] NICh 15 [58]–[59] (McBride J.)). 440 Vgl. Skelwith (Leisure) Ltd v. Armstrong [2015] EWHC 2830 (Ch), [2016] 2 W. L.R. 144, 162 [48] (Newey J.); Cheshire and Burn (-Burn/Cartwright), Modern Law of Real Property18 , S. 871; Megarry and Wade (-Harpum/Bridge/Dixon), The Law of Real Property8 , Rn. 25-043.
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3. Die rentcharge (charged) on a rentcharge Schon die „gewöhnliche“ rentcharge (an einem sog. corporeal hereditament i. S. v. sec. 205(1)(ix) LPA 1925) ist ein rechtshistorisches Fossil, das sich allen legislatorischen Interventionen zum Trotz im Kanon der legal interests in land (vgl. sec. 1(2) (b) LPA 1925) zu halten vermochte und im geltenden Recht immerhin noch eine Auffangfunktion zur Sicherung des Unterhalts von Angehörigen unter familiären trusts of land und zur Sicherung von Leistungspflichten im nachbarrechtlichen Verhältnis an freehold land (sog. estate charges) erfüllt.441 Für die hier zu betrachtende rentcharge (charged) on a rentcharge gilt dies erst recht. In scharfem Gegensatz zur sub-mortgage und den hiervon strukturell zu unterscheidenden „securitisation arrangements“ dürfte dieser eigentümlichen Erscheinungsform einer innerartlichen Belastung eines sog. incorporeal hereditament bestenfalls randständige praktische Relevanz beschieden sein.442 Zum besseren Verständnis des Wirkungskreises dieser Belastungskonfiguration sind aber vorab die allgemeinen Strukturprinzipien der rentcharges zu skizzieren. a) Strukturprinzipien der rentcharge Die in sec. 1 RA 1977 statuierte Definition der rentcharge als „any annual or other periodic sum charged on or issuing out of land“443 gibt den Zuweisungsgehalt des dinglichen Rechts des rentchargee nur unpräzise wieder. Vermittels der rentcharge werden nicht bloß dem rentchargor (scil.: dem jeweiligen estate owner) wiederkehrende Zahlungspflichten auferlegt; vielmehr war die rentcharge über lange Zeit hinweg durch die sog. power of distress des rentchargee gekennzeichnet.444 Die vom Gesetzgeber zum regulären Rechtsbehelf erkorene power of distress (sec. 121(2) LPA 441 Prononciert K. Gray/S. F. Gray, Elements of Land Law5, Rn. 6.6.1: „largely defunct“; Cheshire and Burn (-Burn/Cartwright), Modern Law of Real Property18 , S. 781 in Fn. 14: „occurs very rarely in practice.“; Megarry (-Rainey/Walsh/Harrison/Dovar), Manual of the Law of Real Property9, Rn. 15-105. Ein praktisch relevantes Beispiel sind estate charges, die den jeweiligen estate owner zu Kostenbeteiligung an den zur Unterhaltung von Straßen und Wegen verpflichten, die zumindest indirekt auch seinem Grundstück zugutekommen (siehe z. B. Canwell Estate Co. Ltd. v. Smith Brothers Farms Ltd. [2012] EWCA Civ 237; [2012] 1 W. L.R. 2626). 442 Cheshire and Burn (-Burn/Cartwright), Modern Law of Real Property18 , S. 781 in Fn. 14. 443 Die Legaldefinition der rentcharge in sec. 38(1) LA 1980 stimmt mit sec. 1 RA 1977 überein; auch in der Literatur wird diese Definition zugrunde gelegt (vgl. Cheshire and Burn (-Burn/ Cartwright), Modern Law of Real Property18 , S. 780; K. Gray/S. F. Gray, Elements of Land Law5, Rn. 6.6.2). 444 Siehe Earl of Staffordshire v. Buckley (1750) 2 Ves. Sen. 170, 178; Blackstone, Commentaries III, S. 6; Cheshire and Burn (-Burn/Cartwright), Modern Law of Real Property18 , S. 781: „(…) essence of a rentcharge lies in the power of the owner to distrain upon lands (…)“. Es entsprach allgemeiner Übung im alten Common Law, vertraglich eine Befugnis des rentchargee zum Betreten des betroffenen land zwecks Inbesitznahme verwertbarer chattels resp. zur Beauftragung eines sheriff mit der Pfändung und Versteigerung von chattels bei Zahlungsverzug des rentchargor zu vereinbaren; die Privatvollstreckungsbefugnis war ein charakteristisches Attribut der rentcharge. Ausführlich zum inzwischen obsoleten right of distress des landlord Cheshire and Burn (-Burn/Cartwright), Modern Law of Real Property18 , S. 272–276.
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1925 a. F.)445 geriet freilich zunehmend ins Kreuzfeuer rechtspolitischer Kritik. Dies gipfelte schließlich in der ersatzlosen Abschaffung der als antiquiert empfundenen Privatvollstreckungsbefugnis sowohl bei tenancies als auch bei rentcharges im Jahr 2014,446 zumal der Gesetzgeber schon zuvor den Anwendungsbereich der rentcharge aus Sorge, dass potentiell ewige Zahlungslasten die Verkehrsfähigkeit von freehold land massiv gefährdeten, erheblich eingeschränkt hat.447 Im Gegensatz zur charge ist die rentcharge ein besonderes Rechtsinstitut des Common Law, für das – in Übereinstimmung mit profits in gross und franchises – ein eigenes Register im liegenschaftsrechtlichen register of title angelegt werden kann. „Grund445
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446
Vgl. Cheshire and Burn (-Burn/Cartwright), Modern Law of Real Property18 , S. 780, 786–
Sch. 14 para. 23 Tribunals, Courts and Enforcement Act 2007. Rentcharges Act 1977 bestimmt ein prinzipielles Verbot der Bestellung von rentcharges mit wenigen abschließend bestimmten Bereichsausnahmen; die im Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes bestehenden rentcharges laufen innerhalb eines Zeitraums von 60 Jahren aus, falls sie nicht einer der ausdrücklich ausgenommenen Fallgruppen unterfallen (vgl. K. Gray/ S. F. Gray, Elements of Land Law5, Rn. 6.6.4; Megarry and Wade (-Harpum/Bridge/Dixon), The Law of Real Property8 , Rn. 31-017–31-018). Auf die Bestellung unzulässiger rentcharges gerichtete Verfügungen sind vorbehaltlich der in sec. 2(3) RA 1977 bestimmten Ausnahmen unheilbar nichtig (sec. 2(2) RA 1977). Zuvor dienten rentcharges in einigen Regionen des Vereinigten Königreichs der Absicherung von Kaufpreisschulden im Kontext der Grundstücksveräußerung, verschwanden jedoch im Laufe des 20. Jahrhunderts, vermutlich wegen der sich allgemein durchsetzende Praxis der Kreditsicherung durch mortgages und charges, vollständig von der Bildfläche der Finanzierungspraxis (vgl. Roberts v. Lawton [2016] UKUT 395 (TCC) [5] (Elizabeth Cooke J.); Megarry and Wade (-Harpum/Bridge/Dixon), The Law of Real Property8 , Rn. 31-017; Cheshire and Burn (-Burn/Cartwright), Modern Law of Real Property18 , S. 781). Zu den noch zulässigen rechtsgeschäftlichen Erscheinungsformen zählen die sog. estate charges und die sog. family charges. So bietet es sich nach wie vor an, sog. positive covenants (z. B. Bereitstellung und Unterhaltung von Anlagen oder sonstige Dienstleistungen), die nicht als Korrelat eines subjektiven Rechts des jeweiligen estate owner eines Grundstücks dem jeweiligen estate owner eines Nachbargrundstücks auferlegt werden können, immerhin vermöge einer auf wiederkehrende Geldleistungen gerichteten rentcharge abzusichern; umgekehrt vermag sich der zur Dienstleistung verpflichtete estate owner zwecks Sicherung der vereinbarten Gegenleistung eine rentcharge am Nachbargrundstück einräumen zu lassen (K. Gray/S. F. Gray, Elements of Land Law5, Rn. 6.6.6; Megarry and Wade (-Harpum/Bridge/Dixon), The Law of Real Property8 , Rn. 31-019). Zu den gesetzlichen Anforderungen an estate charges grundlegend Canwell Estate Co. Ltd. v. Smith Brothers Farms Ltd. [2012] EWCA Civ 237; [2012] 1 W. L.R. 2626: Hiernach ist eine rentcharge, die den estate owner des belasteten Grundstücks u. a. zur Kostenbeteiligung für die Unterhaltung von Straßen und Wegen an umliegenden Grundstücken, an denen der estate owner kein Wegerecht hat, verpflichtet, wirksam, sofern die rentcharge den einheitlich agrarisch als freehold land genutzten Grundstück zugutekommt. Auch die im Rahmen von marriage settlements oder sonstigen familiären Arrangements vereinbarten Pflichten zur Bestellung von rentcharges zwecks Versorgung von Angehörigen sind unter trusts of land nach wie vor wirksam und auch erfüllbar (Cheshire and Burn (-Burn/Cartwright), Modern Law of Real Property18 , S. 781–782; Megarry and Wade (-Harpum/Bridge/Dixon), The Law of Real Property8 , Rn. 31-019). Soweit rentcharges noch nach sec. 2(3) RA 1977 begründet werden können, treten diese nur unter den in sec. 1(2)(b) LPA 1925 bestimmten Voraussetzungen (d. h. unbedingt und zeitlich unbegrenzt oder exakt befristet) at law in Geltung. Anderenfalls erheischt die rentcharge bestenfalls in Equity Wirkung (sec. 1(3) LPA 1925) und dies auch nur dann, wenn sie einer der in sec. 2(3) RA 1977 genannten Fallgruppen unterfällt. 447 Der
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buchrechtlich“ ist die rentcharge mithin einem estate in land gleichgestellt und ist zugleich selbst Belastung eines anderen registered estate.448 Präzise betrachtet sind die – in elektiver Konkurrenz zueinanderstehenden – Rechtsbehelfe des rentchargee darauf gerichtet, die Besitz- und Nutzungsbefugnis des estate owner zumindest temporär aufzuheben, damit sich jener aus den Erträgen des Grundstücks befriedigen kann. So ist der rentchargee zum einen berechtigt, das Grundstück zwecks Gewinnung von Sachfrüchten selbst in Besitz zu nehmen (sec. 121(3) LPA 1925). Zum anderen kann einem trustee die Verwertung unter einem vom rentchargee zu bestellenden term of years überlassen werden, wobei der trustee zur Tilgung der aufgelaufenen Schulden und der entstehenden Kosten Sachfrüchte aus dem Grundstück zieht und/oder den leasehold estate veräußert, mit sub-leases belastet oder als Kreditsicherungsobjekt einsetzt (sec. 121(4) LPA 1925).449 Abgesehen davon bleibt es dem rentchargee unbenommen, den „terre tenant“ – im mittelalterlichen common law den Inhaber der seisin, im geltenden Recht den estate owner des fee simple450 – wegen der periodischen Zahlungspflichten mit der action for the money in Anspruch zu nehmen.451 448 Abweichend von sec. 52(1) LPA 1925 ist die Erteilung einer deed für den rechtsgeschäftliche Erwerb einer legal rentcharge ausnahmsweise entbehrlich, wenn sich der Veräußerer eines legal estate in land eine rentcharge an dem von ihm übertragenen Grundstücksrecht vorbehält (sog. reservation); der Erwerber muss dann keine deed über die Bestellung der rentcharge zugunsten des Veräußerers ausstellen. Auch in diesem Fall ist für die Bestellung der rentcharge an registered land die Eintragung im register of title gem. sec. 27(2)(e) LPA 1925 konstitutiv (vgl. Megarry and Wade (-Harpum/Bridge/Dixon), The Law of Real Property8 , Rn. 31-022). Diesbezüglich bedarf es – ähnlich wie bei der Bestellung von Erbbaurechten und anderen „grundstücksgleichen Rechten“ in Deutschland – einer doppelten Eintragung (vgl. Gray und Gray, Elements of Land Law5, S. 814, Rn. 6.6.3): Die rentcharge ist einerseits ohne Rücksicht auf ihre zeitliche Dauer in dem für den zu belastenden legal estate angelegten Register mittels einer notice einzutragen (secs. 27(4), 32, Sch. 2 para. 6, 7 LRA 2002); andererseits bedarf es der Anlegung eines eigenen Registers für die zu bestellende rentcharge, sofern diese für einen Zeitraum von mehr als sieben Jahren bestellt wird (Sch. 2 para. 6(1) LRA 2002, r. 2(2)(b) LRR 2003). Wird eine rentcharge mittels letztwilliger Verfügung bestellt, setzt der Rechtserwerb at law notwendigerweise die schriftliche Zustimmung der personal representative i. S. v. sec. 55(1)(xi) Administration of Estates Act 1925 voraus, sec. 36(4) Administration of Estates Act 1925 (vgl. Gray und Gray, Elements of Land Law5, S. 814, Rn. 6.6.3 in Fn. 1). Nach der umfassenden Legaldefinition (sec. 55(1)(vii) Administration of Estates Act 1925) sind auch beschränkte dingliche Grundstücksrechte, soweit sie nach Common Law (vgl. sec. 1 LPA 1925) wirksam bestellt werden, legal estates i. S. v. sec. 36 Administration of Estates Act 1925. 449 Megarry and Wade (-Harpum/Bridge/D ixon), The Law of Real Property8 , Rn. 31-030–31031; Cheshire and Burn (-Burn/Cartwright), Modern Law of Real Property18 , S. 787. Die Bestellung der lease seitens des rentchagee ist eine eintragungsbedürftige Verfügung (Roberts v. Lawton [2016] UKUT 395 (TCC) [18]–[26] (Elizabeth Cooke J.); Emmett and Farrand (-Farrand/Clarke), Title, Vol. II (Release 113, 30 April 2018), Rn. 24.001). 450 Megarry and Wade (-Harpum/Bridge/D ixon), The Law of Real Property8 , Rn. 31-028. Hiermit geht die noch gebräuchliche Personifizierung des durch den power of distress belasteten Grundstücks als Zahlungsschuldner des rentcharge einher (siehe Thomas v. Sylvester (1873) L. R. 8 Q. B. 368; Cheshire and Burn (-Burn/Cartwright), Modern Law of Real Property18 , S. 780; Megarry and Wade (-Harpum/Bridge/Dixon), The Law of Real Property7, Rn. 31-028). Die rentcharge dient typischerweise der Sicherung eines persönlichen covenant for payment, das von der aus der rentcharge folgenden Zahlungspflicht zu unterscheiden ist (Cheshire and Burn (-Burn/
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Sub specie der aufgezeigten Methoden der Rechtsdurchsetzung stellt sich das den sog. incorporeal hereditaments (vgl. sec. 205(1)(ix) LPA 1925) zugeordnete Stammrecht452 als eigenständiger Typus im Kanon der englischen Grundstücksrechte dar, das angesichts seines Sicherungszwecks der mortgage noch am Nächsten steht. Wenngleich einer rentcharge das pfandrechtstypische Verkaufsrecht fehlt, wird der rentchargee im Gegensatz zu einem equitable chargee nicht auf eine gerichtlich organisierte und kontrollierte Grundstücksverwertung verwiesen; das Gesetz verleiht dem rentchargee wirkmächtige Dispositions- und Nutzungsbefugnisse über das betroffene land, die lediglich insoweit auszuüben sind, als dies der Tilgung der aus dem Stammrecht fließenden fälligen Geldschulden dient.453 Wenngleich sich Cartwright), Modern Law of Real Property18 , S. 788; Megarry and Wade (-Harpum/Bridge/ Dixon), The Law of Real Property8 , Rn. 31-028). 451 Cheshire and Burn (-Burn/Cartwright), Modern Law of Real Property18 , S. 788; Megarry and Wade (-Harpum/Bridge/Dixon), The Law of Real Property8 , Rn. 31-028. Ausweislich sec. 121(1), (5) LPA 1925 folgt aus der legislativen Konzeption der Rechtsverwirklichung durch die in sec. 121(2)-(4) LPA 1925 wahlweise zur Verfügung gestellten Rechtsbehelfe keine verbindliche Typenfixierung des rentcharge; es steht den Parteien zumindest frei, die gesetzlichen Rechtsbehelfe einzuschränken (Bright [1988] Conv. 99, 104). Unter Rekurs auf eine angebliche entsprechende Übung in der Kautelarjurisprudenz wird in der Literatur zudem vertreten, dass die Rechtsstellung des rentchargee durch ein vertragliches right of entry resp. right of re-entry verstärkt werden dürfe (Bright [1988] Conv. 99, 104; K. Gray/S. F. Gray, Elements of Land Law5, Rn. 6.6.6, 6.6.8). Soweit dies der Erfüllung zusätzlich übernommener schuldrechtlicher Leistungspflichten (sog. positive covenants) dient – der Berechtigte kann dann im Sicherungsfall durch Inbesitznahme des Grundstücks – wiederum ohne staatliche Mitwirkung – den mit dem right of (re-)entry belasteten estate in land beenden und sich zugleich den durch die Besitzergreifung originär entstehenden estate in land dauerhaft einverleiben –, dürfte der Zulässigkeit einer solche Gestaltung in der Tat nichts entgegenstehen. Zwar lässt sich aus dem Gesetz – auch unter Beachtung der ersatzlosen Abschaffung des right of distress – nicht unzweideutig entnehmen, ob durch Parteivereinbarung die gesetzlichen Verwertungsoptionen lediglich eingeschränkt und modifiziert oder auch substanziell erweitert werden dürfen. Darauf kommt es aber nicht entscheidend an, weil der Wesenskern der rentcharge durch die Vereinbarung eines right of (re-)entry nicht angetastet wird, soweit dies der Sicherung der vom belasteten estate owner zusätzlich übernommenen Leistungspflichten dient; das right of entry ist ein eigenständiges, mit der rentcharge allenfalls funktional verschränktes Sachenrecht (vgl. K. Gray/S. F. Gray, Elements of Land Law5, Rn. 6.6.9). Auch die rule against perpetuities steht der Wirksamkeit eines vertraglich vereinbarten right of (re-)entry nicht entgegen (Megarry and Wade (-Harpum/Bridge/Dixon), The Law of Real Property8, Rn. 31-031). Zweifelhaft erscheint aber, ob es nach wie vor möglich ist, ein vertragliches Selbsthilfe- und Pfandrecht zu vereinbaren. Ein ausdrückliches gesetzliches Verbot gibt es jedenfalls nicht; durch Sch. 14 para. 23 Tribunals, Courts and Enforcement Act 2007 ist lediglich der gesetzliche Rechtsbehelf des distress aufgehoben worden. 452 Cheshire and Burn (-Burn/Cartwright), Modern Law of Real Property18 , S. 780; Megarry and Wade (-Harpum/Bridge/Dixon), The Law of Real Property8 , Rn. 31-014. 453 Die rentcharge weist die nächste Verwandtschaft mit der Reallast i. S. v. § 1105 Abs. 1 BGB auf. Von einer Rentenschuld i. S. v. § 1199 Abs. 1 BGB unterscheiden sich die rentcharge vor allem darin, dass für die noch zulässigen Erscheinungsformen derselben kein einseitiges § 1201 Abs. 1 BGB vergleichbares Ablösungsrecht des belasteten estate owner besteht. Zudem ist die Verwertungsbefugnis des rentchargee mit einem persönlichen Zahlungsanspruch – wie die Reallast (§ 1108 BGB) – gegen den belasteten estate owner unterlegt. Ein wesentlicher Unterschied zur Reallast liegt zwar darin, dass nur wiederkehrende Geldleistungen aus der rentcharge fließen; es darf aber nicht verkannt werden, dass noch gebräuchliche estate rentcharges primär dazu dienen, nicht monetäre Leistungspflichten (sog. freehold covenants) im nachbarrechtlichen Verhältnis ab-
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die rentcharge im common law als selbstständig verkehrsfähiges incorporeal hereditament etablierte, das selbst als Kreditunterlage nutzbar gemacht werden konnte,454 war es bis zum Inkrafttreten des LPA 1925 unmöglich, an einer rentcharge eine rentcharge zu bestellen. Der Grund lag in der der charakteristischen power of distress.455 Weil nun einmal incorporeal hereditaments, namentlich rentcharges, mangels physischen Substrats keine beschlagnahmefähigen personal chattels „beherbergen“ und andere Verwertungsoptionen offenbar nicht einmal in Betracht gezogen wurden, stand der normative Charakter der rentcharge der Belastung mit einem artidentischen Recht unverbrüchlich entgegen.456 Durch die vorbeschriebene legislatorische Neujustierung der Verwertungsoptionen des rentchargee entfiel diese technizistische Hürde. Der Reformgesetzgeber des LPA 1925 erweiterte und konkretisierte die Rechtsbehelfe des rentchargee, erkannte zudem ausdrücklich die Rechtsfigur einer rentcharge (charged) on a rentcharge in sec. 122 LPA 1925 an und regelte abschließend die Art und Weise ihrer Realisierung.457 b) Wirkungskreis Schon aus der amtlichen Überschrift von sec. 122 LPA 1925 (creation of rentcharges charged on another rentcharge and remedies for recovery thereof) ergibt sich, dass sich diese Norm auf die eigentümliche Belastung von rentcharges mit rentcharges bezieht, was durch den Regelungsgehalt der Norm und den systematischen Zusamzusichern (vgl. Megarry (-Rainey/Walsh/Harrison/Dovar), Manual of the Law of Real Property9, Rn. 15-105). 454 Megarry and Wade (-Harpum/Bridge/D ixon), The Law of Real Property8 , Rn. 31-024. Die rentcharge ist mithin veräußerlich und vererblich; wie die einschlägige ältere Judikatur über mortgages an incorporeal hereditamens belegt, lässt sich insbesondere auch eine rentcharge zur Sicherheit unter einer mortgage übertragen (vgl. Coventry, Mortgage Precedents, S. 268 ff., 309 ff.). 455 Megarry and Wade (-Harpum/Bridge/D ixon), The Law of Real Property8 , Rn. 31-016. 456 Siehe bereits Coke, A commentary upon Littleton19, Rn. 47.a: „First, it appeareth here by Littleton that a rent must be reserved out of the land or tenements, whereunto the lessor may have resort or recourse to distraine […] and therefore a rent cannot be reserved by a common person out of any incorporeall inheritance, as advowsons, commons, offices, corodie, mulcture of a mill, tythes, fayres, markets, liberties, priviledges, franchises, and the like. But if the lease be made of them by deed for yeares, it may be good by way of contract to have an action for debt, but distreine the lessor cannot.“ Siehe ferner Earl of Staffordshire v. Buckley (1750) 2 Ves. Sen. 170, 177–178: „Suppose […] that King Charles 1 had granted these islands to Lord Carlisle with a reservation of a strict rent of four and a half per cent, in specie on the product of the islands, and afterward King Charles 2 had granted £1000 per ann. in money out of the produce of that rent to Lord Kinnoul and his heirs: this would have been a mere annuity […] because a rent cannot be reserved or granted out of a rent. Part of a rent may be granted indeed: but a new rent cannot be reserved or granted thereout, because no distress can be or assize taken of it, as there is nothing to be put in view of recognisors of the assize; which the rule is, is necessary, and has been so determined.“; Cheshire and Burn (-Burn/Cartwright), Modern Law of Real Property18 , S. 781; Megarry (-Rainey/Walsh/ Harrison/Dovar), Manual of the Law of Real Property9, Rn. 15-104; Megarry and Wade (-Harpum/Bridge/Dixon), The Law of Real Property8 , Rn. 31-016. 457 Megarry (-Rainey/Walsh/Harrison/D ovar), Manual of the Law of Real Property 9, Rn. 15104, 15-118; Megarry and Wade (-Harpum/Bridge/Dixon), The Law of Real Property8 , Rn. 31016.
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menhang mit sec. 121 LPA 1925 bestätigt wird. Abschließend ist die „doppel- oder mehrstöckige“ rentcharge nicht geregelt. Es geht vielmehr um den konstitutiven Erwerb („creation“) sowie um die zur Realisierung der geschuldeten Geldleistungen zur Verfügung gestellten Rechtsbehelfe („remedies for recovery“); sec. 122 LPA 1925 verdrängt als lex specialis die Generalnorm der Realisierung von rentcharges und anderen auf wiederkehrende Zahlungen gerichteten Rechten („annual sums“) in sec. 121 LPA 1925 (vgl. sec. 122(4) LPA 1925).458 Ausweislich sec. 122(1) LPA 1925 richtet sich die Bestellung von rentcharges und sonstigen annual sums, die sich auf rentcharges und sonstige auf wiederkehrende Geldleistungen gerichtete Grundstücksrechte (annual sum charged on or payable out of land or on out of the income of land) beziehen,459 nach den Regeln, die allgemein für den Ersterwerb von rentcharges und annual sums an „land“ gelten.460 458 Zwischen sec. 121 LPA 1925 und sec. 122 LPA 1925 besteht nicht schon tatbestandlich ein Exklusivitätsverhältnis. Zwar bezieht sich sec. 121 LPA 1925 – ausweislich der amtlichen Überschrift – auf die Realisierung von rentcharges und anderen annual sums, die „unmittelbar“ land, in aller Regel also einen estate in fee simple i. S. v. sec. 1(1)(a) LPA 1925 belasten, wohingegen sec. 122 LPA 1925 expressis verbis nur solche rentcharges und andere auf wiederkehrende Zahlungen gerichtete Rechte regelt, die ihrerseits rentcharges oder annual sums belasten. Wegen der allumfassenden Legaldefinition von land (sec. 205(1)(ix) LPA 1925) – die ausdrücklich rents i. S. v. sec. 205(1)(xxiii) LPA 1925) und andere incorporeal hereditaments, mithin auch rentcharges, einschließt – erstreckt sich sec. 121 LPA 1925 prinzipiell auf die Realisierung von rentcharges, die ihrerseits auf einer rentcharge lasten. Angesichts dessen ist auch die in sec. 122(4) LPA 1925 bestimmte Konkurrenzregel nicht überflüssig; sie bringt zumindest klarstellend die Grundregel lex specialis derogat legi generali zum Ausdruck und macht damit zugleich deutlich, dass ein Rückgriff auf sec. 121 LPA 1925 zur Durchsetzung doppelstöckiger rentcharges ausscheidet. 459 Mit Ausnahme der rentcharge sind sonstige „annual sums“ weitgehend obsolet; allein dem rentcharge kommt noch eine begrenzte Auffangfunktion in der Praxis zu, weswegen sich die folgende Darstellung auf die sog. rentcharge (charged) on a rentcharge konzentriert. Die im Gesetz gewählte Nomenklatur, insbesondere der Oberbegriff der „annual sum“ für rentcharges und andere, auf jährlich wiederkehrende Zahlungen gerichtete „Verwertungsrechte“ (Zuordnungsänderungsrechte) ist freilich unscharf. Selbstverständlich ist zum einen, dass periodische Geldzahlungen weder, wie die Formulierungen in secs. 121(1), 122(1) LPA 1925 suggerieren, zu den Sacherzeugnissen des physischen Sbstrats des land gehören; Zahlungen können nur vermittels des income of land und nicht auch alternativ unmittelbar aus einem Grundstück („payable out of land“) bedient werden. Auf der Hand liegt zum anderen, dass das Rechtsobjekt land als Leistungsschuldner von vornherein ausscheidet und dass es auch nicht selbst mit der Zahlungspflicht belastet („charged“) wird. Das Gesetz bedient sich der sprachlichen Abbreviatur „land“ für die rechtstechnische Belastung des estate in fee simple; verpflichtet ist mithin der jeweilige estate owner, wobei dieser, wie gesehen, mit seinem gesamten Vermögen und nicht lediglich mit dem land haftet. Darüber hinaus sind nicht die wiederkehrenden Zahlungen resp. die Zahlungspflichten ihrerseits Gegenstand einer „annual sum“; Belastungsgegenstand ist vielmehr das jeweilige Stammrecht, das den rentchargee berechtigt, das Grundstück wegen der fälligen Zahlungen ohne staatliche Mitwirkung mittels der einschlägigen Rechtsbehelfe zu verwerten oder auch den jeweiligen estate owner auf Zahlung zu verklagen. Desgleichen ist auch das durch die Belastung zu konstituierende Recht als „annual sum“ nur unzureichend beschrieben, weil eine Belastung weder unmittelbar Geld produziert noch ein bloßes schuldrechtliches Forderungsrecht begründet, sondern ein der betroffenen rentcharge wesensähnliches Stammrecht. 460 Der rechtsgeschäftliche Erwerb nach Common Law setzt voraus, dass sowohl die zu belastende als auch die zu konstituierende rentcharge die in sec. 1(2)(b) LPA 1925 bestimmten Voraussetzungen erfüllt; aus einem bloßen equitable interest kann schon nach allgemeinen Grund-
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Während der Erwerbstatbestand somit keine Besonderheiten aufweist, erscheint fraglich, ob sich der sachliche Anwendungsbereich des RA 1977 auf rentcharges i. S. v. sec. 122(1) LPA 1925 erstreckt, was, bejahendenfalls, die Neubestellung doppel- oder gar mehrstöckiger rentcharges massiv einschränken würde.461 Abschließend beantworten lässt sich dies an dieser Stelle nicht. Einschlägige Rechtsprechung fehlt und in der Literatur wird die Anwendbarkeit des RA 1977, soweit ersichtlich, nicht diskutiert. Außer Frage steht hingegen, wie eine rentcharge charged on a rentcharge durchzusetzen ist. So ermächtigt sec. 122(2) LPA 1925 den Rechtsinhaber der lastenden sätzen kein legal interest abgeleitet werden. Weiterhin muss die Verfügung in Form einer deed gem. sec. 52(1) LPA 1925 erfolgen. Sofern die zu belastende rentcharge als registered estate (i. S. v. sec. 132(1) LRA 2002) in einem eigenen Register eingetragen ist, bedarf die Bestellung der belastenden rentcharge gem. sec. 27(2)(e) LRA 2002 der Eintragung in diesem Register mittels einer notice (Sch. 2 para. 6, 7 LRA 2002); zudem ist für diese rentcharge, sofern sie eine Laufzeit von mehr als sieben Jahren hat, ebenfalls ein eigenes Register anzulegen (r. 2(2)(b) LRR 2003). 461 Aus dem Gesetz lässt sich dies mit Blick auf die in sec. 1 RA 1977 bestimmte Legaldefinition der rentcharge nicht eindeutig entnehmen. Wenn hiernach „any annual or other periodic sum charged on or issuing out of land“ erfasst ist, ließe sich bei strengem Begriffsverständnis einwenden, dass die rentcharge i. S. v. sec. 122(1) LPA 1925 sich primär auf eine rentcharge bezieht und nach Maßgabe dieser Norm lediglich wie eine rentcharge issuing out of land behandelt wird. Andererseits legt aber der RA 1977 die ambivalente land-Definition des LPA 1925 zugrunde (sec. 13(1) RA 1977), die sich bekanntlich auch auf incorporeal hereditaments und somit auch auf (zu belastende) rentcharges erstreckt (sec. 205(1)(ix) LPA 1925). Außerdem lässt sich aus dem RA 1977 nichts dafür entnehmen, dass für rentcharges i. S. v. sec. 122(1) LPA 1925 eine generelle Bereichsausnahme von den Beschränkungen des RA 1977 gelten soll; zwischen rentcharges i. S. v. sec. 121(1) LPA 1925 und rentcharges i. S. v. sec. 122(1) LPA 1925 differenziert das Gesetz insoweit nicht, weshalb auch „doppelstöckige“ rentcharges konsequenterweise nur noch dann wirksam nach Common Law oder in Equity entstehen dürften, wenn sie selbst einer der in sec. 2(3) RA 1977 bestimmten Fallgruppen zuzuordnen sind. Auf diese Replik ließe sich wiederum duplizieren, dass das prinzipielle gesetzliche Verbot der Neuerrichtung von rentcharges primär darauf zielt, die Verkehrsfähigkeit von Grundstücken (scil.: freehold estates) zu erhalten. Dieses wird aber nicht dadurch beeinträchtigt, dass an einer rentcharge, die einer der in sec. 2(3) RA 1977 normierten Fallgruppen unterfällt, eine rentcharge bestellt wird, die selbst nicht auch diesen Voraussetzungen genügt, weil sie keine weitergehenden Befugnisse an dem freehold estate eröffnet. Dass ggf. die belastete rentcharge praktisch „ewig gefesselt“ werden könnte, dürfte dagegen bedeutungslos sein, weil es dem Gesetzgeber des RA 1977 nicht darum ging, die Verkehrsfähigkeit der prinzipiell für sinnvoll erachteten Erscheinungsformen von rentcharge zu garantieren. Sofern man nach alldem dennoch die Anwendung des RA 1977 auf rentcharges i. S. v. sec. 122(1) LPA 1925 bejaht, dürften doppelstöckige rentcharges kaum eine Rolle spielen. Sollte die zu belastende rentcharge nicht einer der in sec. 2(3) RA 1977 bestimmten Fallgruppen unterfallen und somit kraft Gesetzes innerhalb der 60jährigen Frist auslaufen, würde die zu bestellende rentcharge freilich unabhängig davon, ob sie dem RA 1977 unterfällt, bestenfalls noch für die Restlaufzeit der zu belastenden rentcharge Wirkung entfalten. Selbst wenn die zu belastende rentcharge einer der in sec. 2(3) RA 1977 bestimmten Fallgruppen unterfällt, müsste die zu bestellende rentcharge derselben oder einer anderen Fallgruppe gem. sec. 2(3) RA 1977 unterfallen; anderenfalls wäre sie sowohl nach Common Law als auch in Equity nichtig. Sofern nun aber eine rentcharge z. B. als estate charge i. S. v. sec. 2(3)(c) RA 1977 dazu dient, die von einem estate owner übernommenen positive covenants oder umgekehrt dessen Aufwendungen durch eine rentcharge abzusichern, dürfte es sich in aller Regel anbieten, den jeweiligen freehold estate des verpflichteten oder des begünstigten Rechtsinhaber selbst zu belasten und nicht etwa eine rentcharge an einem der Grundstücke oder einem dritten Grundstück.
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rentcharge dazu, sich wegen der rückständigen Leistungen dadurch zu befriedigen, dass er einen receiver mit der Einziehung der aus der belasteten rentcharge fließenden Zahlungsansprüche beauftragt.462 Diesbezüglich nimmt das Gesetz auf die in sec. 101(1)(iii) LPA 1925 bestimmte Selbstverwaltungsbefugnis eines mortgagee Bezug; die Bestellung des zur Verwaltung der belasteten rentcharge einzusetzenden receiver sowie dessen Aufgaben- und Pflichtenkreis und die Vergütung richten sich nach sec. 109 LPA 1925.463 Im Unterschied zu einem Reallastgläubiger ist der rentchargee nicht auf eine hoheitlich organisierte Zwangsverwaltung des Grundstücks verwiesen. Vielmehr steht dieser insoweit nicht anders als ein mortgagee einer belasteten rentcharge (vgl. sec. 101(1)(iii) LPA 1925):464 Er kann ohne staatliche Mitwirkung auf Zeit die Einziehungszuständigkeit des belasteten rentchargee sowie dessen Verwertungsoptionen hinsichtlich des von der belasteten rentcharge erfassten land i. S. v. sec. 205(1)(ix) LPA 1925 aufheben, indem er einen mit der vorbeschriebenen Einziehungs- und Empfangszuständigkeit ausgestatteten receiver einsetzt. Andere mortgagee-gleiche Verwertungsbefugnisse stehen dem rentchargee hingegen nicht zu; die Abgrenzung zur mortgage soll offenbar nicht verwischt werden: Wäre der rentchargee etwa berechtigt, die belastete rentcharge zu veräußern oder sie sich kraft hoheitlicher Übertragung im Wege der Zwangsvollstreckung (vergleichbar einer order for foreclosure absolute) selbst einzuverleiben, entpuppte sich die doppelstöckige rentcharge als eine mortgage an einer rentcharge; von einer rentcharge on a rentcharge dürfte keine Rede sein.465 Abgesehen davon kommt aber auch ein Rückgriff auf die dem rentchargee in sec. 121 LPA 1925 wahlweise zur Verfügung gestellten Rechtsbehelfe zur Durchsetzung einer doppelstöckigen rentcharge nicht in Betracht. So ist diese – in scharfem Kontrast zu einer gewöhnlichen rentcharge an land – weder durch eine abs462 Cheshire and Burn (-Burn/Cartwright), Modern Law of Real Property18 , S. 781; Megarry (-Rainey/Walsh/Harrison/Dovar), Manual of the Law of Real Property9, Rn. 15-118. Dies gilt freilich nur unter der Prämisse, dass sich der zur Zahlung verpflichtete Inhaber der belasteten rentcharge (oder sonstigen annual sum) mit einer der wiederkehrenden Leistungen aus der belastenden rentcharge (oder annual sum) ganz oder teilweise in Verzug befindet und der Schuldnerverzug mindestens 21 Tage umfasst. 463 Zum Recht des mortgagee, einen receiver mit der Verwaltung des belasteten Rechts zu beauftragen, sowie zu den Befugnissen und Pflichten des receiver siehe § 5 III. 1. d). Allein durch das Erfordernis des Schuldnerverzugs mit bestimmter Mindestdauer (sec. 122(2) LPA 1925) sind die Voraussetzungen für die Einsetzung eines Verwalters seitens der rentchargee im Verhältnis zu sec. 101(1)(iii) LPA 1925 erhöht, kann doch der mortgagee einen Verwalter bereits dann einsetzen, wenn die gesicherte Forderung fällig ist. 464 Wie sich expressis verbis aus sec. 101(1)(iii) LPA 1925 ergibt, bietet sich die Einsetzung eines receiver vor allem dann an, wenn eine rentcharge oder eine andere annual sum Gegenstand einer mortgage ist (Fisher and Lightwood (-Clark), Law of Mortgage14, Rn. 28.4). 465 Dementsprechend dürfte es sich verbieten, dem receiver eine rechtsgeschäftliche Veräußerungsbefugnis hinsichtlich der belasteten rentcharge zu übertragen; derartige Vereinbarungen sind nicht unter einer (doppelstöckigen) rentcharge, sondern allenfalls unter einer mortgage (an einer rentcharge) möglich, wobei hierin nicht etwa eine Erweiterung der Verwaltungszuständigkeit des receiver, sondern die Vereinbarung einer (durch einen Dritten auszuübenden) Veräußerungsermächtigung hinsichtlich des mortgaged property liegt (vgl. Fisher and Lightwood (-Clark), Law of Mortgage14, Rn. 28.4 mit Fn. 5).
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trakte Form der „Inbesitznahme“ (taking possession) der belasteten rentcharge entsprechend sec. 121(3) LPA 1925 noch durch Verwertung eines einem trustee einzuräumenden term of years (an oder aus der belasteten rentcharge) durchsetzbar. Wäre der rentchargee zur „Inbesitznahme der belasteten rentcharge“ berechtigt, dürfte dies auf eine uneingeschränkte Ausübungsermächtigung hinsichtlich der dem belasteten rentchargee verliehenen Verwertungsoptionen hinauslaufen, was mit der in sec. 53 LRA 2002 bestimmten Duplizierung der aus einer belasteten registered charge fließenden Befugnisse unter einer sub-charge i. S. v. sec. 23(2) (b) LRA 2002 vergleichbar wäre. Diesen Weg hat der Gesetzgeber nicht gewählt: Weder kann der rentchargee das von der belasteten rentcharge erfasste Grundstück selbst in Besitz nehmen noch einem trustee einen term of years an dem Grundstück zwecks Erzielung mittelbarer Sachfrüchte aus dem Grundstück oder aus der Verwertung des term of years bestellen noch den estate owner mit der action for the money in Anspruch nehmen. Es bleibt lediglich die durch einen receiver kanalisierte Ausübung der belasteten rentcharge. Sieht man von der Bestellung eines receiver gem. sec. 122(2) LPA 1925 einmal ab, wird als weiterer Rechtsbehelf allein die Erhebung einer Zahlungsklage (action for money) gegen den jeweiligen Inhaber der belasteten rentcharge in Betracht gezogen.466 Wenngleich die rentcharge an einer rentcharge im Gegensatz zur „normalen“ rentcharge an einem estate in fee simple somit sowohl das charakteristische Recht zur Inbesitznahme des Grundstücks als auch die inhaltlich begrenzte Verfügungskompetenz über das belastete Recht fehlt, liegt hierin nur eine sinnvoll an den normativen Belastungsgegenstand angepasste rechtstechnische Modifikation des Rechtsbehelfsprogramms.467 466 Bright [1988] Conv. 99, 104; Megarry and Wade (-Harpum/Bridge/D ixon), The Law of Real Property8 , Rn. 31-032. Wie gezeigt, steht der Existenz eines Klagerechts gegen den Inhaber des belasteten estate in land die fehlende positivrechtliche Normierung dieses Rechtsbehelfs nicht entgegen. So wird der fehlenden ausdrücklichen Erwähnung der action for money in sec. 121 LPA 1925 offenbar deshalb keine Bedeutung zugeschrieben, weil die in dieser Vorschrift normierten Rechtsbehelfe als Ergänzung der apriorisch vorausgesetzten, im mittelalterlichen Common Law wurzelnden real action des rentchargee interpretiert wird (Megarry and Wade (-Harpum/ Bridge/Dixon), The Law of Real Property8 , Rn. 31-028.). Weil aber eine rentcharge ausweislich sec. 122(1) LPA in gleicher Weise wie land mit einer rentcharge belastet werden könne, sei die persönlichen Haftung des jeweiligen Inhabers des belasteten rentcharge und die damit korrespondierende Klagebefugnis nur sachlogische Konsequenz der gesetzlichen Ausgestaltung der doppelstöckigen rentcharge (Megarry and Wade (-Harpum/Bridge/Dixon), The Law of Real Property8 , Rn. 31-032). Desgleichen stellt sich auch im Kontext doppelstöckiger rentcharges die Frage nach der Zulässigkeit einer privatautonomen Erweiterung der vom Gesetz bestimmten Art und Weise der Rechtsverwirklichung. Auch wenn das Gesetz zwecks Rechtsverwirklichung abschließend die Bestellung eines receiver bestimmt und insbes. die in sec. 121 LPA 1925 alternativ eingeräumte Rechtsbehelfe unanwendbar sind, kann aus der Norm jedenfalls nicht ausdrücklich abgeleitet werden, eine rechtsgeschäftliche Erweiterung und Modifikation des Verwaltungsrechts, insbesondere die Vereinbarung eines zusätzlichen Verfügungsrechts verböte sich zwangsläufig. Auf einen zwingenden Charakter deutet allenfalls hin, dass die in sec. 122(2)LPA 1925 bestimmte Verwaltungsbefugnis – in auffälligem Kontrast zur korrespondierenden Befugnis des mortgagee (sec. 101(1)(iii) LPA 1925) – nicht unter den Vorbehalt abweichender rechtsgeschäftlicher Abreden gestellt ist. 467 Mit der durch einen receiver vermittelten Durchsetzung der belasteten rentcharge dürfte
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Hinsichtlich des Sukzessionsschutzes des Erwerbers einer doppelstöckigen rentcharge gelten die allgemeinen Regeln. Wie angerissen, ist eine eingetragene, einen estate in land belastende rentcharge selbst ein registered estate i. S. v. sec. 132(1) LRA 2002, weshalb insbesondere die Bestellung einer rentcharge an einer als registered estate konstituieren rentcharge der Eintragung im register of title bedarf (sec. 27(1)(2)(e) LRA 2002).468 Wird die lastende rentcharge wirksam nach Common Law bestellt, ist sie wegen der Verlautbarung in dem für die belastete rentcharge angelegten Register bestmöglich gegen nachfolgende Verfügungen des belasteten Rechtsinhabers geschützt.469 Dies betrifft sowohl die Übertragung des belasteten rentcharge als auch eine erneute Belastung desselben. Fehlt es demgegenüber an der Eintragung und ist kraft eines formwirksamen Verpflichtungsvertrags zumindest in equity eine rentcharge an der als registered estate konstituieren rentcharge entder Rechtsinhaber nämlich besser stehen als wenn er selbst zur Ausübung der Rechtsbehelfe des belasteten rentchargee berechtigt wäre. Dann unterläge er vergleichbar einem mortgagee in possession ggf. auch einer Haftung bei der Nutzung und Verwaltung des von der belasteten rentcharge erfassten Grundstücks. Dies gilt aber nicht, wenn ein receiver vorgeschaltet wird, weil dieser – parallel zur Rechtslage bei einer mortgage (siehe § 5 III. 1. d) Fn. 342) – nicht als Vertreter des berechtigten, sondern des belasteten rentchargee agiert, weshalb dem berechtigten rentchargee pflichtwidrige Verwaltungsmaßnahmen des receiver grundsätzlich nicht zuzurechnen sind. 468 Wie gesehen, wird ein rentcharge an einem rentcharge in gleicher Weise wie ein unmittelbar einen estate in land (i. S. v. sec. 1(1) LPA 1925) belastender rentcharge bestellt (vgl. sec. 122(1) LPA 1925), weswegen es im Fall der Verfügung über einen eingetragenen rentcharge nicht anders als bei der Verfügung über einen registrierten estate in land (i. S. v. sec. 1(1) LPA 1925) der Vollendung des mehraktigen Verfügungstatbestands mittels Eintragung im Grundbuch bedarf (sec. 27(1)(2)(e) LRA 2002). Aus den maßgeblichen Legaldefinitionen des LRA 2002 (vgl. sec. 132(1) LRA 2002) folgt, dass die unter dem mit der Überschrift „dispositions of registered land“ titulierten Abschnitt (LRA 2002, Part 3) zusammengefassten Vorschriften über die Verfügungsbefugnis des Rechtsinhabers (powers of disposition, sec. 23–26 LRA 2002), die eintragungsbedürftigen Verfügungen (registrable dispositions, sec. 27 LRA 2002) und die Verfügungswirkungen (effects of dispositions on priority, sec. 28–31 LRA 2002) sich auf als registered estate konstituiere rentcharges erstrecken. Denn der Terminus registered estate umschließt nicht allein die in sec. 1(1) LPA 1925 normierten legal estates in land, sondern erfasst, wie aus der Legalverweisung auf die im LPA 1925 verwendeten Terminologie folgt, auch beschränkte Grundstücksrechte i. S. v. sec. 1(2) LPA 1925, soweit diese in einem eigens anzulegenden individual register eingetragen werden (vgl. sec. 2(a) LRA 2002, r. 2(2) LRR 2003). Weil hierzu auch rentcharges zählen, steht dem jeweiligen Rechtsinhaber (owner) gem. secs. 23(1)(a), 24(a) LRA 2002 die Befugnis zu, über die rentcharge in der vom Gesetz bestimmten und zulässigen Weise zu verfügen. Hierzu zählen die rechtsgeschäftliche Übertragung, die Bestellung von registered charges und auch die Bestellung von rentcharges. Wie die einschlägige ältere Judikatur über mortgages an incorporeal hereditamens belegt, ließ sich insbesondere die – als incorporeal hereditament klassifizierte – rentcharge zur Sicherheit unter einer mortgage übertragen (vgl. Coventry, Mortgage Precedents, S. 268 ff., 309 ff.). Stattdessen kommt im geltenden Recht die Bestellung einer registered charge an einer als registered estate konstituieren rentcharge in Betracht; die Sicherungsübertragung von registered land ist bekanntlich obsolet. Denkbar ist ferner die Bestellung einer bloßen equitable charge an einer rentcharge, zumal das Gesetz ausdrücklich die Rechtsfigur einer doppelstöckigen rentcharge gestattet (sec. 122 LPA 1925). 469 Wird eine notice im sog. charges register der zu belastenden rentcharge zugunsten der Belastung eingetragen, ist ein lastenfreier Erwerb der belasteten rentcharge gem. sec. 29(2)(a)(i) LRA 2002 ausgeschlossen; vgl. Cheshire and Burn (-Burn/Cartwright), Modern Law of Real Property18 , S. 1096–1097.
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standen, ist die equitable rentcharge prinzipiell ungeschützt, sofern sie nicht mittels notice im Register der belasteten rentcharge dokumentiert ist. Fragwürdig ist demgegenüber, ob und, ggf., in welcher Weise der rentchargee gegen sonstige Verfügungen, z. B. Verzicht, Rangänderung und Inhaltsänderung, und andere mögliche Gründe des Erlöschens des belasteten rentcharge geschützt ist. Prinzipiell liegt es nahe, Parallelen zur Rechtslage bei der sub-mortgage bzw. der sub-charge i. S. v. sec. 23(2)(b) LRA 2002 zu ziehen. Die Verfügungsmacht des eingetragenen Rechtsinhabers der belasteten rentcharge dürfte kraft Gesetzes dahin beschränkt sein, dass er nicht ohne konstitutive Zustimmung eines chargee oder eines rentchargee durch Aufhebung, Änderung oder Vorrangeinräumung über die belastete rentcharge verfügen kann. Was demgegenüber eine potentielle Beseitigung der belasteten rentcharge durch sog. adverse possession – sei es wegen dauerhafter Nichtleistung seitens des verpflichteten estate owner, sei es wegen dauerhafter Leistung an einen Nichtberechtigten – angeht, kommen die verfahrensrechtlichen Präventionsmechanismen nicht bloß dem eingetragenen Rechtsinhaber, sondern auch den Inhabern von begrenzten Sachenrechten, namentlich rentcharges, an der belasteten rentcharge zugute.470 470 In auffälligem Gegensatz zu easements und profits à prendre, für die sich im spätmittelalterlichen/frühneuzeitlichen Common Law ersitzungsähnliche Tatbestände (sog. prescription) entwickelten, unterliegen rentcharges in Parallele zu estates in land (i. S. v. sec. 1(1) LPA 1925) der Gefahr eines Rechtsverlusts im Wege der adverse possession, d. h. des (dauerhaften) Auseinanderfallens von Rechtsinhaberschaft und possession (siehe hierzu § 2 I. 3. a) bb)). Wie gezeigt, führt adverse possession bei registered land und auch bei registered rentcharges aufgrund der liegenschaftsrechtlichen Reformen von 1925 und 2002 längst nicht mehr zu einem automatischen Rechtsverlust durch Zeitablauf; der „Okkupant“ erwirbt aufgrund zehnjährigen Eigenbesitzes nur ein Recht, einen Antrag bei der registerführenden Stelle auf Eintragung als Inhaber des registrierten estate in land zu stellen (Sch. 6 para. 1(1) LRA 2002), der aber auf entsprechenden Widerspruch des eingetragenen Rechtsinhabers (sog. counter-notice) zurückzuweisen ist, falls nicht aus besonderen Gründen bzw. nach Ablauf einer weiteren zweijährigen Ersitzungsfrist ein „unbedingtes“ Recht auf Eintragung entsteht (indefeasible right to be registered) entsteht (vgl. Sch. 6 para. 2–5 LRA 2002); siehe zum Ganzen Nield [Conv.] 2004 Conv. 123 ff. Ist der „ersessene“ estate in land mit Rechten Dritter belastet, droht diesen – mit Ausnahme von chargees, die aber gleichfalls Widerspruch gegen die Eintragung des Okkupanten erheben können – kein sachenrechtlicher Nachteil, weil der hoheitliche Erwerb des ersessenen estate in land unter Wahrung der bestehenden Belastungen mit Ausnahme von charges führt. Auf die sachenrechtliche Position eines rentchargee wirkt sich demgemäß auch nicht die etwaige adverse possession des mit der rentcharge belasteten registered estate aus. Hiervon scharf zu unterscheiden ist die gleichfalls mögliche adverse possession von (mit rentcharges oder sonstigen Rechten belasteten) rentcharges, für die die aufgezeigten Regeln mutatis mutandis anzuwenden sind (vgl. sec. 38 LA 1980 für nicht eingetragene rentcharges; vgl. rr. 191–194, Sch. 8 LRR 2003); siehe hierzu Cheshire and Burn (-Burn/Cartwright), Modern Law of Real Property18 , S. 791; Ruoff and Roper (-Cavill/Wheeler/Dixon et al.), Registered Conveyancing Vol. I (Release 87, June 2018), Rn. 33.063–33.065. Demgemäß unterliegen nicht eingetragene rentcharges dem für nicht eingetragene Grundstücksrechte geltenden Prinzip des verjährungsbedingten Rechtsverlusts gem. sec. 17 LA 1980, wobei auf die Verjährung des einschlägigen Rechtsbehelfs zur Durchsetzung der Zahlungspflicht abzustellen ist (vgl. sec. 38(7) LA 1980). Zwei Erscheinungsformen der adverse possession an rentcharges sind zu unterscheiden: Zum einen entspricht der auf rentcharges bezogenen possession der Empfang der geschuldeten Geldleistungen seitens eines nichtberechtigten Dritten, zum anderen korrespondiert mit dem Verlust von possession der Zeitpunkt der letztmalig an den rentchargee bewirkten Einzelleis-
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4. Der sub-pledge Seit dem leading case Donald v. Suckling ist zwar allgemein anerkannt, dass ein pledgee kraft des ihm eingeräumten dinglichen Rechts berechtigt ist, seinem Gläubiger an der verpfändeten körperlichen Sache einen sog. re-pledge oder subpledge zu bestellen.471 Auch diese dem gemeinrechtlichen subpignus äquivalente Rechtsfigur ist freilich – offenbar wegen der geringfügigen praktischen Relevanz des pledge – nur fragmentarisch erschlossen.472 Aus der sogleich darzustellenden tung (sec. 38(8) LA 1980); siehe Cheshire and Burn (-Burn/Cartwright), Modern Law of Real Property18 , S. 791: Ruoff and Roper (-Cavill/Wheeler/Dixon et al.), Registered Conveyancing Vol. I (Release 87, June 2018), Rn. 33.063. Während in der letztgenannten Variante der adverse possession allein das Recht des rentchargee erlischt, kommt es im ersten Fall zum gesetzlichen Erwerb einer rentcharge seitens des nichtberechtigten Leistungsempfängers (Cheshire and Burn (-Burn/ Cartwright), Modern Law of Real Property18 , S. 791). Demgegenüber führt weder die dauerhafte Nichtleistung noch die fortgesetzte Einziehung durch einen Nichtberechtigten bei einer als registered estate geschützten rentcharge zu einem automatischen Rechtsverlust des eingetragenen Rechtsinhabers (vgl. sec. 96(3) LRA 2002), weil eine Verjährung des aus dem eingetragenen Rechts folgenden Rechtsbehelfs (vgl. sec. 15, 38(7) LA 1980) kraft Gesetzes ausgeschlossen ist (sec. 96(1) LRA 2002). Vielmehr sind die Wirkungen der adverse possession im Ausgangspunkt parallel zur adverse possession an legal estates in land strukturiert, weswegen zugunsten des nichtberechtigten „Besitzers“ allenfalls ein Eintragungsantragsrecht entsteht. Während dieses in der Konstellation zehnjähriger Nichtleistung final auf Löschung des rentcharge im Grundbuch gerichtet ist, mithin auf eine formellrechtlich zu dokumentierende materiellrechtliche Beendigung des eingetragenen rentcharge abzielt (r. 192(2) LRR 2003), geht der Antrag des nichtberechtigten Zahlungsempfängers in der Fallgestaltung fortgesetzten zehnjährigen Leistungsempfangs – in Analogie zur Grundstücksokkupation gem. Sch. 6 para. 1(1) LRA 2002 – auf hoheitliche Übertragung der eingetragenen rentcharge (Sch. 8 para. 1(1) LRR 2003); siehe Ruoff and Roper (-Cavill/Wheeler/ Dixon et al.), Registered Conveyancing Vol. I (Release 87, June 2018), Rn. 33.064–33.065. Der von diesem Antrag zu benachrichtigende rentchargee sowie die in Sch. 8 para. 2(1) LRR genannten Rechtsinhaber, insbesondere chargees, können durch fristgemäße counter-notice einen Rechtsverlust verhindern, es sei denn, es besteht unter den zusätzlichen Voraussetzungen von Sch. 8 para. 5 LRR 2003 ein unbedingter Eintragungsanspruch des Antragsberechtigten (Cheshire and Burn (-Burn/Cartwright), Modern Law of Real Property18 , S. 791). Dass der Inhaber einer lastenden rentcharge, die sich auf die „ersessene“ rentcharge bezieht, nicht wie ein chargee der belasteten rentcharge von Amts wegen über einen Eintragungsantrag wegen adverse possession zu benachrichtigen ist, wirkt sich nicht nachteilig aus. Gelöscht wird die rentcharge nämlich nur dann, wenn sie nicht mit charges, leases oder sonstigen im Register der rentcharge eingetragenen Rechten Dritter belastet ist (vgl. r. 192(1)(b) LRR 2003). Weil aber die in 192(2) LRR 2003 als lex specialis bestimmte Rechtsfolge der löschungsbedingten Beendigung des eingetragenen belasteten rentcharge nicht anzuwenden ist, bewendet es bei der in Sch. 8 para. 4, 5, 7 LRR 2003 angeordneten Rechtsnachfolge des Antragsberechtigten in die mit eingetragenen Zweigrechten belastete rentcharge. 471 Donald v. Suckling (1866) L. R. 1 Q. B. 585; Halliday v. Holgate (1868) 3 L. R. (Exch) 299, 302 (Willes J.); Chitty (-McKendrick), Contracts II32, Rn. 33-133; Bridge/Gullifer/Low/McNeel, The Law of Personal Property2, Rn. 15-016; Goode/Gullifer, Legal Problems of Credit and Security6 , Rn. 1–74; L. Smith, in: Burrows, English Private Law3, Rn. 5.66; McGhee (-Conaglen/ Bridge), Snell’s Equity33, Rn. 43-008; Palmer, Bailment 3, Rn. 22-027; Palmer/Hudson, in: Palmer/ McKendrick, Interests in Goods2, S. 621, 628, 631 Sheehan, The Principles of Personal Property Law2, S. 303. 472 Auf die knappen Darstellungen bei Bell, Modern Law of Personal Property in England and Ireland, S. 136, 146; Bridge, Personal Property Law4, S. 278–279; Palmer, Bailment 3, Rn. 22027 wird hier nur exemplarisch verwiesen.
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Mehrheitsentscheidung in Donald v. Suckling ergibt sich jedenfalls nicht viel; in der Literatur wird auf eine konstruktionsjuristische Analyse des sub-pledge, vor allem aber auf eine vertiefte Untersuchung der Sachenrechts- und Schuldverhältnisse zwischen dem pledgor, dem pledgee und dem sub-pledgee verzichtet. In diesem Abschnitt geht es daher primär darum, die Rechtsfolgen eines sub-pledge im Licht der höchstrichterlich entfalteten allgemeinen Rechtsgrundsätze sog. sub-bailments473 473 Das bailment – eines der ältesten Rechtsinstitute des englischen Privatrechtssystems – ist ein der Rechtsfigur des mittelbaren Besitzes (§ 868 BGB) vergleichbares Rechtsverhältnis, vermöge dessen der bailee auf Zeit oder zu einem bestimmten Zweck die possession an einer fremden körperlichen Sache für den bailor innehat (grundlegend Coggs v. Bernard (1703) 2 Ld. Raym. 909, 912–919; 92 E. R. 107, 109–113 (Holt C. J.); Pollock/Wright, An Essay on Possession in the Common Law, S. 160–171). Das bailment ist ein der Sphäre des personal property law vorbehaltenes Rechtsinstitut; das Analogon im real property law ist die lease (siehe hierzu § 7 I.). Wenngleich in der Wissenschaft über die Mindesterfordernisse eines bailment immer noch gestritten wird, sind jedenfalls die wichtigsten Erscheinungsformen von bailments seit der grundlegenden fallgruppenartigen Erschließung im leading case Coggs v. Bernard (1703) 2 Ld. Raym. 909; 92 E. R. 107 geklärt. Im Vordergrund stehen Fracht-, Transport- und Lagerverträge im Handelsverkehr, Miet- und Leasingverhältnisse sowie die Verpfändung körperlicher Sachen (Bridge/Gullifer/Low/ McNeel, The Law of Personal Property2, Rn. 11-003). Aus der Leitentscheidung des Privy Counil in The Pioneer Container [1994] 2 A. C. 324 folgt, dass ein bailment grundsätzlich immer dann zustande kommt, wenn an Stelle des „owner“ – präziser des bailor als Inhaber eines hierarchisch überlegenen legal title – eine andere Person die possession an einer körperlichen Sache ausübt. Maßgeblich ist die willentliche Besitzergreifung seitens des bailee, wohingegen eine Zustimmung des bailor oder gar eine Übergabe der Sache seitens des bailor an den bailee nicht gefordert werden (Palmer, in: Burrows, English Private Law3, Rn. 16.01). Entsprechendes gilt für das sub-bailment (siehe hierzu Bridge, Personal Property Law4, S. 65–68; Palmer, Bailment 3, Rn. 23-065–23-078; in deutscher Sprache Marr, Der Schutz des Mobiliarbesitzers ohne unmittelbare Sachherrschaft, S. 80–82). Seit der Grundsatzentscheidung des Privy Council in The Pioneer Container [1994] 2 A. C. 324 ist nämlich allgemein anerkannt, dass, sofern der bailee die Sache einem Dritten auf Zeit oder zu einem bestimmten Zweck mit Zustimmung des bailor überlässt, nicht nur zwischen diesen Personen ein sog. sub-bailment, sondern auch zwischen dem principal bailor und dem subbailee kraft Gesetzes ein sog. collateral bailment entsteht (The Pioneer Container [1994] 2 A. C. 324, 337–338 (Lord Goff ); Pollock/Wright, An Essay on Possession in the Common Law, S. 169). Der sub-bailee unterliegt mithin sowohl im Verhältnis zum intermediate bailee als auch im Verhältnis zum principal bailor dem Pflichtenprogramm eines bailee (East West Corporation v. DKBS 1912 [2003] EWCA Civ 83; [2003] Q. B. 1509; Baskind/Osborne/Roach, Commercial Law, S. 505; Palmer, in: Burrows, English Private Law3, Rn. 16.83; Palmer, Bailment 3, Rn. 23-002; Bridge/ Gullifer/Low/McNeel, The Law of Personal Property2, Rn. 11-034). Wenngleich die Zustimmung des bailor für das Zustandekommen des sub-bailment und auch für das Zustandekommen des collateral bailment nicht konstitutiv ist, betont die höchstrichterliche Rechtsprechung doch, dass vertragliche Abreden zwischen dem bailee und dem sub-bailee nicht ohne weiteres dem bailor im Rahmen des collateral bailment entgegengesetzt werden können. So verwarf Lord Goff in The Pioneer Container [1994] 2 A. C. 324, 340–341 die Gegenansicht, wonach der Eigentümer schlüssig durch Klageerhebung gegen den sub-bailee die im Vertrag zwischen principal bailee und subbailee getroffenen Abreden genehmige. Vielmehr solle der Eigentümer als principal bailor nur die in das sub-bailment inkorporierten Vertragsbestimmungen gegen sich gelten lassen müssen, denen er ausdrücklich oder konkludent zustimme (The Pioneer Container [1994] 2 A. C. 3224, 342 (Lord Goff )). Nach diesen Grundsätzen berief sich der beklagte Verfrachter in dem der Entscheidung des P. C. zugrundeliegenden Fall zu Recht gegenüber den Klägern (als bailors) auf eine im Seefrachtvertrag zwischen dem von den Klägern eingesetzten Spediteur (als bailee) und dem Verfrachter (als sub-bailee) vereinbarte Gerichtsstandsvereinbarung. So hatten die Kläger den Spediteur ausdrücklich und ohne beschränkende Vorgaben dazu ermächtigt, Erfüllungsgehilfen mit
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zu entwickeln. Vorab sind die Strukturprinzipien eines „gewöhnlichen“ pledge in aller Kürze zu referieren. a) Strukturprinzipien des pledge Schon die synonym verwendeten Termini pledge und pawn sind nicht frei von Ambivalenz. Vielfach wird hiermit das Vertragsverhältnis zwischen pledgor und pledgee bezeichnet, welches diesen zum Besitz körperlicher Sachen (goods) des pledgor und, bei Fälligkeit der gesicherten Forderung, zum Verkauf derselben ermächtigt.474 Teilweise stehen die Begriffe pledge und pawn zugleich für die verder Beförderung zu beauftragen (vgl. clause 6: „The carrier shall be entitled to sub-contract on any terms the whole or any part of the handling, storage or carriage of the goods and any and all duties whatsoever undertaken by the carrier in relation to the goods.“). Der beklagte Verfrachter führte den Gütertransport zwischen Taiwan und Hong Kong durch, wobei die im Konnossement enthaltene Gerichtsstandsklausel eine ausschließliche Zuständigkeit des Gerichts in Taipeh begründete. Aufgrund einer Havarie ging das Beförderungsgut vor Taiwan unter. Die in Hong Kong erhobenen Klagen der Versender wurden vom P. C. letztinstanzlich als unzulässig abgewiesen. An die im Seefrachtvertrag zwischen dem Spediteur und der Beklagten vereinbarte Prorogationsabrede waren die Kläger ohne Rücksicht darauf gebunden, dass zwischen den Prozessparteien kein Vertragsverhältnis bestand (The Pioneer Container [1994] 2 A. C. 324, 345–347 (Lord Goff )). Aufgrund der willentlichen Übernahme der tatsächlichen Herrschaft über die zu befördernden Güter habe der Verfrachter auch den Klägern gegenüber das (strengere) Pflichtenprogramm eines sub-bailee for reward übernommen; die Regeln über gratuitous bailments seien daher unanwendbar; dass der Anspruch auf die vereinbarte Fracht nur im Verhältnis zum Spediteur bestand, spielt keine Rolle. Wegen der generellen Zustimmung der Kläger, Erfüllungsgehilfen mit dem Transport „on any terms“ zu beauftragen, mussten diese die im Seefrachtvertrag enthaltene Gerichtsstandsklausel gegen sich gelten lassen: Der Verfrachter verfolge mit einer im Konnossement mit dem Spediteur enthaltenen Rechtswahl und Gerichtsstandsklausel ein schutzwürdiges Rationalisierungsinteresse, um nicht einer Vielzahl von in unterschiedlichen Gerichtsständen erhobenen Klagen ausgesetzt zu sein. Lasse der Versender dem Spediteur freie Wahl hinsichtlich der Ausgestaltung der vertraglichen Konditionen mit dem Verfrachter, stimme er zumindest konkludent einer allgemein verkehrsüblichen Gerichtsstandsklausel zu. Schon diese Entscheidung indiziert, dass das Rechtsinstitut des collateral bailment primär im Fracht- und Transportgeschäft von Relevanz ist; dies bestätigt ein Blick auf die jüngere obergerichtliche Judikatur; siehe bspw. Sandeman Coprimar SA v. Transitos Transportes Integrales SL [2003] EWCA Civ 113; [2003] 2 W. L.R. 1496 (Klage des spanischen Importeurs von schottischem Whisky gegen den Unterfrachtführer; Unterfrachtführer hatte Banderole mit Nachweis der bereits entrichteten Steuerschulden schuldhaft von den Whiskykisten entfernt; Court of Appeal bestätigte das Bestehen eines bailment zwischen dem Empfänger und dem Unterfrachtführer, verneinte aber in casu eine Haftung, weil sich Unterfrachtführer erfolgreich exkulpieren konnte); ferner East West Corporation v. DKBS 1912 [2003] EWCA Civ 83; [2003] Q. B. 1509; Morris v. CW Marin & Sons. Ltd. [1966] 1 Q. B. 474 Siehe z. B. Chitty (-McKendrick), Contracts II32 , Rn. 33-121. Der pledge ist eine konsensualer security interest; den gesetzlichen Pfandrechten i. S. d. § 1257 BGB entsprechen, wie in Fn. 245 gezeigt, die teilweise normierten, teilweise richterrechtlich anerkannten general oder particular liens; zum Vertragsverhältnis zwischen pledgor und pledgee näher Palmer, Bailment3, Rn. 22008–22-016; siehe auch Chitty (-McKendrick), Contracts II32, Rn. 33-129–33-136). Die irische Erscheinungsform des Besitzpfandrechts (pawn) entspricht strukturell dem englischen pledge, wobei die Veräußerungsbefugnis des pawnee in sec. 29(2) Pawnbrokers Act 1964 ausdrücklich normiert ist (siehe Bell, Modern Law of Personal Property in England and Ireland, S. 147–148). Der schottische pledge entspricht gleichfalls der englischen Konzeption des Besitzpfandrechts; in Ermangelung einer allgemeinen gesetzlichen Regelung wird eine ausdrückliche Vereinbarung
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pfändeten goods und teilweise wird hiermit auch das durch Besitzverschaffung zu begründende subjektive Recht des pledgee bezeichnet.475 Obzwar die Natur des subjektiven Rechts des pledgee nicht unumstritten ist,476 wird dem pledgee ganz überwiegend ein im Verhältnis zum Eigentum (general property) des pledgor minderes Recht sachenrechtlicher Qualität zugeschrieben, ein sog. special property oder ein special interest.477 Als besitzgestütztes Verfügungsrecht unterliegt der pledge keinem Registrierungszwang.478 Für die Bestellung eines pledge ist die bloße Übertragung des Besitzes seitens des pledgor an den pledgee unter entsprechender Einigung über die Verpfändung konstitutiv.479 Dabei wird die Bestellung des pledge mehrheitlich nicht als Verfügung über das general property (bzw. einen possessory title) des pledgor oder gar in Anlehnung an die doctrine of estates als Absonderung und Verselbstständigung von Fragmenten des legal ownership gedeutet.480 Der interest des pledgor bleibt nach der herkömmlichen Lehre unberührt; der pledge begründe kraft (einverständlicher) Besitzübertragung ein gegenüber jedermann wirksames special property.481 Wegen der temporären Spaltung von ownership und possession ist der eines Verkaufsrechts des Sicherungsnehmers für erforderlich erachtet (vgl. Gloag and Henderson (-Wilson/Forte/Earlsferry), The Law of Scotland10, Rn. 19.6). 475 Vgl. Beale/Bridge/Gullifer/L omnicka, The Law of Security and Title-Based Financing 2 , Rn. 5.01. 476 In The Odessa v. The Woolston (The Odessa) [1916] 1 A. C. 145 (P. C.), 158–159 vertrat Lord Mersey die Ansicht, dass ein pledge lediglich ein obligatorisches Recht zum Besitz sowie zum Verkauf der Sache im Verhältnis zum pledgor begründe; von einem bloßen Zurückbehaltungsrecht (lien) unterscheide es sich lediglich durch die Veräußerungsbefugnis. Mit Rücksicht auf diese abweichende Ansicht enthielt sich denn auch Popplewell J. in Bassano v. Toft [2014] EWHC 377 (Q. B.) [49], [57] einer abschließenden Stellungnahme zur Rechtsnatur des pledge. 477 Grundlegend Mores v. Conham (1609) Owen 123, 124; 74 E. R. 946, 947; Coggs v. Bernard (1703) 2 Ld. Raym. 909, 916; 92 E. R. 107, 111 (Holt C. J.); Donald v. Suckling (1866) L. R. 1 Q. B. 585, 618 (Cockburn C. J.); Sewell v. Burdick (1884) 10 App. Cas. 74, 93 (Lord Blackburn); Chitty (-McKendrick), Contracts II32, Rn. 33-121–33-122; Gough, Company Charges2, Rn. 1.39; Palmer/ Hudson, in: Palmer/McKendrick, Interests in Goods2, S. 621, 622, 631; Palmer, Bailment 3, Rn. 22004; Beale/Bridge/Gullifer/Lomnicka, The Law of Security and Title-Based Financing2, Rn. 5.05. 478 Eine etwaige Beurkundung der Bestellung hat allenfalls deklaratorische Bedeutung und wird deshalb nicht als eine den Eintragungszwang auslösenden Bill of Sale qualifiziert (vgl. Bridge, Personal Property Law4, S. 303; Palmer/Hudson, in: Palmer/McKendrick, Interests in Goods2, S. 621, 634). 479 Palmer/Hudson, in: Palmer/McKendrick, Interests in Goods2 , S. 621, 634. Terminologisch wird vielfach zwischen pledge und pawn nicht exakt unterschieden. Richtigerweise dürfte pledge als Oberbegriff für das Pfandrecht an realen Sachen dienen, während pawn das für kurzfristige Verbraucherdarlehen bestellte Pfandrecht an Sachen eines Verbrauchers meint (Bassano v. Toft [2014] EWHC 377 (Q. B.) [47] (Popplewell J.); ähnlich Palmer/Hudson, in: Palmer/McKendrick, Interests in Goods2, S. 621 in Fn. 2); letzteres unterliegt den in sec. 114–122 Consumer Credit Act 1974 normierten Sonderbestimmungen (siehe dazu Palmer, Bailment 3, Rn. 22-014–22-016). 480 Beale/Bridge/Gullifer/L omnicka, The Law of Security and Title-Based Financing2 , Rn. 5.05. 481 Eine Einigung zwischen pledgor und pledgee ist für das Zustandekommen des pledge natürlich unerlässlich; siehe Marcq v. Christie Manson & Woods Ltd (Trading As Christie’s) [2003] EWCA Civ 731; [2004] Q. B. 286, 306 [41] (Tuckey L. J.); Chitty (-McKendrick), Contracts II32, Rn. 33-121 Fn. 754); Gough, Company Charges2, Rn. 1.39.
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pledge ein konventionelles bailment.482 Wenngleich hiernach sowohl das Zustandekommen als auch der Fortbestand des pledge von der possession des pledgee abhängig sind, darf nicht übersehen werden, dass der für den pledge geforderte Besitz eine stark normativierte Rechtsfigur mit äußerst geringen Anforderungen an den (begrenzten) tatsächlichen Herrschaftsgrad des pledgee darstellt. Z. B. ist im Unterschied zum österreichischen und zum deutschen Recht durchaus möglich, goods mittels Besitzkonstituts (sog. attornment)483 zu verpfänden, sei es, indem ein Dritter, in dessen Besitz sich die zu verpfändenden goods befinden, seinen Besitzwillen als bailee umstellt, sei es, dass der pledgor selbst dem pledgee den Besitz vermittelt.484 482 Grundlegend Coggs v. Bernard (1703) 2 Ld. Raym. 909, 912–913, 916–917; 92 E. R.107, 109, 111 (Holt C. J.); Gough, Company Charges2, Rn. 1.39; Palmer/Hudson, in: Palmer/McKendrick, Interests in Goods2, S. 621, 627. Wenngleich dem bailee meistens pauschal ein sog. special property an den goods und dem bailor ein sog. general property an den vom bailee gehaltenen Sachen zugeschrieben wird (statt vieler Bridge/Gullifer/Low/McNeel, The Law of Personal Property2, Rn. 11-036–11-038; Palmer, in: Burrows, English Private Law3, Rn. 16.01), führt diese sachenrechtstypische Terminologie nur allzu leicht in die Irre: Auf Seiten des bailor ist weder „Eigentum“ stricto sensu erforderlich noch resultiert allein aus der willentlichen Besitzübernahme eine inhaltlich oder zeitliche begrenzte Rechtsstellung des bailee, die jedermann entgegensetzbar ist; die Gegenüberstellung von special property und general property dient lediglich dazu, die inter partes bestehenden besitzrechtlichen Positionen an der Sache zu beschreiben; als special property i. E. S., d. h. als erga omnes wirksames Recht an fremder Sache, ist allein das aus der Verpfändung folgende Recht des pledgee weitgehend anerkannt. Allen bailments ist gemeinsam, dass der bailee bestimmten Kardinalpflichten im Verhältnis zum bailor unterliegt. Der bailee ist zum sorgfältigen Umgang mit der Sache verpflichtet, haftet vorbehaltlich einer etwaigen Exkulpation auf Schadensersatz wegen Beschädigung und Verlust der übernommenen goods, wobei erhebliche Pflichtverletzungen zu einer Haftungsverschärfung (strict insurer’s liability) führen, und darf grundsätzlich nicht die Rechtsstellung seines bailor in Frage stellen (bailee’s estoppel) oder sich gar zum Eigentümer aufschwingen (Palmer, in: Burrows, English Private Law3, Rn. 16.02). All dies gilt auch für den pledgee (Coggs v. Bernard (1703) 2 Ld. Raym. 909, 916–917; 92 E. R.107, 111 (Holt C. J.); Palmer, Bailment 3, Rn. 22-004). 483 Es handelt sich um eine mögliche Variante der sog. constructive delivery im Gegensatz zur actual delivery (tatsächliche Übergabe) und zur symbolic delivery (Übergabe von Wertpapieren), vgl. Bell, Modern law of Personal Property in England and Ireland, S. 62 ff.; Palmer/Hudson, in: Palmer/McKendrick, Interests in Goods2, S. 621, 629. 484 Beale/Bridge/Gullifer/L omnicka, The Law of Security and Title-Based Financing 2 , Rn. 5.25–5.27. Besitzrechtsdogmatisch fingiert man in der letzten Variante eine doppelte actual delivery: Zunächst übergibt der pledgor an den pledgee, der die Sache sodann wieder vom pledgee unter einem bailment zurückerhält. Allerdings wird der Verpfändung mittels attornment angesichts der Möglichkeit, ohne Besitzeinräumung eine charge zu bestellen, keine signifikante Bedeutung beigemessen, vgl. Beale/Bridge/Gullifer/Lomnicka (-Gullifer), The Law of Security and Title-Based Financing2, Rn. 5.27. Während teilweise vertreten wird, dass eine Verpfändung mittels attornment in eine equitable charge umzudeuten sei (Nachweise bei Beale/Bridge/Gullifer/Lomnicka, The Law of Security and Title-Based Financing2, Rn. 5.27 in Fn. 120), darf nicht übersehen werden, dass die „unsichtbare“ Bestellung eines pledge mittels Besitzkonstituts jedenfalls als bill of sale dem Eintragungserfordernis gem. sec. 4 Bills of Sale Act 1878 unterliegt, wenn das pfandrechtsbegründende attornment von einer Privatperson in einer Urkunde erklärt bzw. urkundlich bestätigt wird (vgl. Dublin City Distillery Ltd. v. Doherty [1914] A. C. 823 (H. L.); Beale/Bridge/ Gullifer/Lomnicka, The Law of Security and Title-Based Financing2, Rn. 5.27, 11.15); die Eintragung ist für die „perfection“, d. h. für die Entgegensetzbarkeit des pledge in der Zwangsvollstreckung oder Insolvenz des pledgor unerlässlich. Wird der pledge mittels Besitzkonstituts von einer
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Aus rechtsvergleichender Perspektive weist die Rechtsstellung des pledgee sämtliche Merkmale auf, die mit einem subjektiven Sachenrecht gemeinhin assoziiert werden: Sukzessionsschutz, Insolvenzfestigkeit und absoluter Klageschutz.485 So wird das Recht des pledgee durch eine Übereignung at law – vorbehaltlich eines gutgläubig-lastenfreien oder gutgläubigen Vorrangserwerbs gem. secs. 23–26 SOGA 1979, secs. 2–9 FA 1889 – nicht berührt.486 Falls die zu verpfändende Sache mittels einer fixed charge oder eines equitable lien belastet ist, oder in den potentiellen Haftungsverband einer floating charge fällt, kommt aber ein gutgläubig-lastenfreier Erwerb des pledgee in Betracht; der zeitlich später begründete pledge setzt sich im Verhältnis zu in Equity etablierten Rechten durch.487 Ferner ist der pledgee gegen Störungen seiner possession resp. seines immediate right to possession seitens des pledgor oder Dritte tort-rechtlich geschützt.488 Im Unterschied zum liecompany oder einer limited liability partnership bestellt, spricht viel dafür, den pledge in eine gem. sec. 859A Companies Act 2006 eintragungsbedürftige charge umzudeuten. 485 Dass sich auch der trustee in bankruptcy bzw. der liquidator des pledgor das vorrangige Sicherungsrecht des pledgee entgegenhalten lassen muss, steht außer Frage; siehe nur Beale/Bridge/ Gullifer/Lomnicka, The Law of Security and Title-Based Financing2, Rn. 20-02; Bridge/Gullifer/ Low/McNeel, The Law of Personal Property2, Rn. 15-014. 486 Siehe bereits die vielzitierte Entscheidung von Lord Holt C. J. in Rich v. Aldred (1704) 87 E. R. 968: Im Besitz des bailee befindliche goods wurden seitens des Eigentümers an einen Dritten übereignet; die Klage des Erwerbers gegen den bailee auf Herausgabe resp. Schadensersatz wegen trover blieb erfolglos (das Ergebnis entspricht der in § 986 Abs. 2 BGB zum Ausdruck gebrachten Wertungsentscheidung). Wenngleich umstritten ist, ob die Regel aus Rich v. Aldred für sämtliche bailments uneingeschränkt gilt, ist jedenfalls anerkannt, dass das special property des pledgee nicht durch eine Übereignung seitens des pledgor erlischt (Franklin v. Neate (1844) 13 M. & W. 480, 486; 153 E. R. 200, 202 (Rolfe B.); Palmer, Bailment3, Rn. 22-004). Im Common Law gilt schließlich der Grundsatz nemo dat quod non habet; ein gutgläubig-lastenfreier Eigentumserwerb kommt nur in den expressis verbis geregelten Ausnahmefällen in Betracht (vgl. sec. 21(2) SGA 1979). In Analogie zum gutgläubigen Eigentumserwerb von einem Käufer, der aufgrund rückwirkender Anfechtung als Nichtberechtigter verfügt, kommt ein Rechtsverlust des pledgee infolge gutgläubig-lastenfreien Eigentumserwerbs aufgrund einer durch arglistige Täuschung erschlichenen Rückgabe des Pfandes an den pledgor in Betracht (vgl. Babcock v. Lawson (1880) 5 Q. B.D. 284, 286 (Bramwell L. J.); Bassano v. Toft [2014] EWHC 377 (Q. B.) [57] (Popplewell J.)). Als Rechtsinstitut des Common Law ist das special property des pledgee demgegenüber selbstverständlich nicht der Gefahr eines gutgläubig-lastenfreien Erwerbs nach Maßgabe der in Equity entwickelten bona fide purchaser defence ausgesetzt. 487 Palmer/Hudson, in: Palmer/McKendrick, Interests in Goods2 , S. 621, 644. 488 Dem pledgee steht (kraft des ihm zugewiesenen immediate right to possession) z. B. ein Ersatzanspruch aus conversion im Fall der Entziehung der possession zu (vgl. The Jag Shakti [1986] A. C. 377; Beale/Bridge/Gullifer/Lomnicka, The Law of Security and Title-Based Financing2, Rn. 5.06; Palmer, Bailment3, Rn. 22-004; v 621, 631–632). Nach verbreiteter Ansicht steht dem pledgor zur Sicherung des ihm gebührenden Überschusses kraft Surrogation ein dingliches Recht in equity an dem vom Schuldner an den pledgee geleisteten Schadensersatz zu; zwischen dem pledgor und dem pledgee bestehe insoweit ein fiduziarisches Rechtsverhältnis (vgl. Beale/Bridge/ Gullifer/Lomnicka, The Law of Security and Title-Based Financing2, Rn. 5.06; Palmer/Hudson, in: Palmer/McKendrick, Interests in Goods2, S. 621, 632). Steht dem pledgee aus einer Schadensversicherung ein Anspruch gegen eine Versicherung zu, soll Entsprechendes gelten; hinsichtlich des durch Einziehung der Versicherungsforderung erzielten Überschusses bestehe ein fiduziarisches Rechtsverhältnis zwischen dem pledgee als Gläubiger der Versicherungsforderung und dem pledgor als beneficiary (Beale/Bridge/Gullifer/Lomnicka, The Law of Security and Title-Ba-
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nee ist der pledgee nicht nur als bailee zum Besitz des Pfandes berechtigt; vielmehr steht ihm nach einhelliger Ansicht auch die Befugnis zu, bei Fälligkeit der gesicherten Schuld die körperliche Sache außergerichtlich zu veräußern.489 Im Unterschied zum deutschen und österreichischen Recht ist der pledgee nach Common Law nicht darauf beschränkt, einen Verkauf im Wege öffentlicher Versteigerung zu veranlassen. Wird stattdessen ein Privatverkauf seitens des pledgee durchgeführt, erwirbt der Käufer einen dem pledgor entgegensetzbaren legal title, m. a. W. das Eigentum an der Sache.490 Umgekehrt wird der pledgee Eigentümer des gezahlten Geldes; einen Überschuss hält er nach h. A. fiduziarisch für den pledgor.491 sed Financing2, Rn. 5.07). Der pledgee ist grundsätzlich zum Schadensersatz in Höhe des vollen Sachwertes berechtigt, ohne dass dieser durch das positive Interesse, also den Haftungsumfang der verpfändeten Sache, begrenzt ist. Wegen der Abschaffung des ungeschriebenen Verbots der exceptio ex iure tertii (kurz: ius tertii) in sec. 7, 8 T(IWG)A 1977 gilt dieser Grundsatz zwar nur noch eingeschränkt, ändert aber nichts an der Sachlegitimation des geschädigten pledgee. Dies gilt nicht nur im Verhältnis zu nichtberechtigten Dritten, sondern auch im Verhältnis zum pledgor/ Eigentümer, begibt sich dieser doch durch die Verpfändung mittels Besitzübertragung des immediate right to possession. Schadensersatzansprüche des pledgee gegen den pledgor wegen conversion kommen insbesondere dann in Betracht, wenn der pledgee die Sache an den pledgor unter einem sog. trust receipt zurückgibt – hierdurch erlischt das special property nicht wegen Beendigung der possession, dem pledgee wird vielmehr aufgrund der treuhänderischen Bindung des pledgor ein „mittelbarer Besitz“ (constructive possession) zugeordnet – und dieser sodann unter Verstoß gegen seine fiduziarische Verpflichtung über die Sache verfügt (vgl. Midland Bank Ltd. v. Eastcheap Dried Fruit Co. [1962] 1 Lloyd’s Rep 359; Beale/Bridge/Gullifer/Lomnicka, The Law of Security and Title-Based Financing2, Rn. 5.13 mit Fn. 59). Ein sog. trust receipt wird vielfach bei der Verpfändung von Handelsware an Banken vereinbart, um dem Händler den Verkauf der verpfändeten Sachen im ordentlichen Geschäftsgang zu ermöglichen; der pledgor hält das Pfand und den an die Stelle desselben tretenden Verkaufserlös treuhänderisch für den pledgee. Überschreitet der pledgor die kraft des trust receipt eingeräumte Verfügungsermächtigung, z. B. durch erneute Verpfändung der Handelsware an einen weiteren Kreditgeber, ist ein gutgläubiger Erwerb eines vorrangigen special property gem. sec. 2(1) FA 1889 möglich (vgl. Lloyds Bank Ltd. v. Bank of America National Trust and Saving Association [1938] 2 K. B. 147; Beale/Bridge/Gullifer/Lomnicka, The Law of Security and Title-Based Financing2, Rn. 5.28). 489 Chitty (-McKendrick), Contracts II32 , Rn. 33-121–33-122; Gough, Company Charges2 , Rn. 1.39; Palmer, Bailment3, Rn. 22-004. Regelmäßig wird diese Veräußerungsbefugnis ausdrücklich vereinbart. Wenig ergiebig ist die Frage, ob bei fehlender Vereinbarung eine Veräußerungsermächtigung kraft Gesetzes besteht oder jedenfalls im Wege ergänzender Vertragsauslegung (implied authority) anzunehmen ist, siehe dazu Bridge, Personal Property Law4, S. 278. Im Anwendungsbereich des CCA 1974 ist die Veräußerungsbefugnis ausdrücklich normiert; hiernach ist der pledgee zur Veräußerung berechtigt, wenn die gesetzlich bestimmte Frist zur Ablösung des Pfandes (vgl. sec. 116 CCA 1974) fruchtlos verstrichen ist und der Verpfänder dem Verpfänder den bevorstehenden Verkauf unter Fristsetzung angezeigt hat (sec. 121(1), 120(1)(b) CCA 1974). Wird der pledge für ein Verbraucherdarlehen mit einem Maximalbetrag von 75 £ eingeräumt, geht das Eigentum mit Ablauf einer sechsmonatigen Ablösungsfrist kraft Gesetzes auf den pledgee über (sec. 120(1)(a) CCA 1974). Zudem steht dem pledgee als berechtigtem Besitzer nach Mores v. Conham (1609) Owen 123, 124; 74 E. R. 946, 947 kraft Gesetzes ein beschränktes Nutzungsrecht an der Sache zu, nämlich ein Recht auf Gewinnung der Sacherzeugnisse. 490 Franklin v. Neate (1844) 13 M.&W. 480, 486; 153 E. R. 200 (Rolfe B.). 491 Vgl. Mathew v. T. M. Sutton Ltd. [1994] 1 W. L.R. 1455 (pledgee unterliegt, sofern er die Herausgabe des beim Verkauf des Pfandes erzielten Überschusses verzögert, wie jeder andere trustee, der trust property pflichtwidrig dem beneficiary vorenthält, gegenüber dem pledgor einer Verzugshaftung in equity); Palmer/McKendrick (-Palmer/Hudson), Interests in Goods2, S. 621,
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Der wesentliche Unterschied zwischen pledge und lien liegt in der Verkehrsfähigkeit des subjektiven Rechts des pledgee.492 Aus dem Abschlusstatbestand des pledge wird nicht gefolgert, dass das Recht des pledgee mit der Aufgabe oder Übertragung der possession von selbst erlösche, wenngleich die Einzelheiten nicht unumstritten sind;493 die Rechtsstellung des pledgee ist somit übertragbar. Im Kern anerkannt ist auch, dass die Übergabe des Pfandes an einen Gläubiger des pledgee aufgrund einer sub-pledge die Rechtsposition des pledgee nicht berührt, selbst wenn die Verbindlichkeit des pledgee die gesicherte Forderung nominal übersteigt.494 Außerdem führt weder der rechtswidrige Verkauf des Pfandes noch die 644; Bridge, Personal Property Law4, S. 278; für das Pfandrecht zur Sicherung eines Verbraucherdarlehens folgt dies aus sec. 121(3) CCA 1974. Auch im englischen Recht steht es dem pledgee frei, seine Forderung einzuziehen, soweit der Veräußerungserlös aus dem Verkauf des pledge nicht zum Erlöschen der Sicherungsforderung führt; mit der Ausübung des Verkaufsrechts verliert der pledgee nicht die Forderungszuständigkeit (vgl. Beale/Bridge/Gullifer/Lomnicka, The Law of Security and Title-Based Financing2, Rn. 18.04; Bridge/Gullifer/Low/McNeel, The Law of Personal Property2, Rn. 15-011). Umgekehrt steht es dem pledgor frei, den pledge jederzeit im Wege der Tilgung der Sicherungsforderung abzulösen. Seit Mores v. Conham (1609) Owen 123, 124; 74 E. R. 946, 947 ist geklärt, dass das Einlösungsrecht auch gegenüber dem Einzelrechtsnachfolger des pledgee wirksam ist; vgl. auch Palmer/Hudson, in: Palmer/McKendrick, Interests in Goods2, S. 621, 624. Weil der pledgor sowohl at law als auch in equity Eigentümer der verpfändeten Sache bleibt, besteht auch kein Grund, das Einlösungsrecht des Verpfänders mittels einer equity of redemption zu unterlegen (vgl. Sewell v. Burdick (1884) 10 App. Cas. 74, 93 (Lord Blackburn)). Folglich steht dem pledgee kein zum Verfall des Pfandes führendes Gestaltungs(klage)recht (right of foreclosure) zu (Palmer/Hudson, in: Palmer/McKendrick, Interests in Goods2, S. 621, 623, 635). 492 Bell, Modern Law of Personal Property in England and Ireland, S. 136; Palmer/Hudson, in: Palmer/McKendrick, Interests in Goods2, S. 621, 628. In terminologischer Hinsicht ist darauf hinzuweisen, dass der Begriff „pledge“ präzise betrachtet nicht das dingliche Recht des pledgee, sondern wahlweise das Rechtsgeschäft bzw. Rechtsverhältnis zwischen pledgor und pledgee, welches das dingliche Recht des pledgee konstituiert, und den verpfändeten Gegenstand bezeichnet (Bell, Modern Law of Personal Property in England and Ireland, S. 136). Demgegenüber wird das Recht des pledgee alternativ als special property, qualified property oder special interest bezeichnet (McGhee (-Conaglen/Bridge), Snell’s Equity33, Rn. 43-008). Indes erscheint es fragwürdig, die Veräußerlichkeit als besonderes Merkmal gerade des dinglichen Rechts des pledgee einzustufen. Schließlich wird allgemein davon ausgegangen, dass die Rechtsposition des bailee übertragbar sei; dies soll insbesondere auch für das Recht eines Mieters ohne Rücksicht auf die umstrittene Klassifizierung der hire of goods gelten (vgl. Bell, Modern Law of Personal Property in England and Ireland, S. 100). Mit der Veräußerlichkeit korrespondiert die vollstreckungsrechtliche Verwertbarkeit des special property: Wird das Recht des pledgee seitens des sheriff für einen Vollstreckungsgläubiger des pledgee (gem. sec. 62(4)(a) Tribunals, Courts and Enforcement Act 2007) gepfändet (vgl. Bell, Modern Law of Personal Property in England and Ireland, S. 136; McGhee (-Conaglen/Bridge), Snell’s Equity33, Rn. 43-008), gehen sowohl das Recht zum Besitz an den verpfändeten Sachen als auch das Verkaufsrecht auf den sheriff über; dieser ist auch zur Einziehung der gesicherten Forderung im Interesse des betreibenden Gläubigers berechtigt; der zur Einlösung gezahlte Betrag gebührt dem betreibenden Gläubiger (Rollason v. Rollason (1887) L. R. 34 Ch.D. 495, 497 (North J.)). Das durch Pfändung des special property begründete Besitz- und Verwertungsrecht des Vollstreckungsbeamten setzt sich demgemäß auch gegen später entstandene Rechte Dritter, z. B. gegen das Recht eines Zwangsverwalters des Pfandleihergeschäfts des pledgee durch ((Rollason v. Rollason (1887) L. R. 34 Ch.D. 495, 497 (North J.)). 493 Vgl. Bassano v. Toft [2014] EWHC 377 (Q. B.) [56]–[57] (Popplewell J.). 494 Siehe nur Bassano v. Toft [2014] EWHC 377 (Q. B.) [51] (Popplewell J.); Bridge, Personal Property Law4, S. 278–279.
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pflichtwidrige Nutzung desselben zu eigenen Zwecken,495 der pledgor wird auf vertragliche Ersatzansprüche verwiesen, kann mithin nicht das Pfand wegen conversion „vindizieren“, solange die Forderung nicht durch Zahlung erloschen ist.496 Darüber hinaus wird von der vordringenden Ansicht generell vertreten, dass nur eine Besitzaufgabe mit Rechtsverzichtswillen (waiver) das Recht des pledgee vernichte; weder ein unwillkürlicher Besitzverlust noch eine vorübergehende Rückgabe des Pfandes an den pledgor noch eine durch Täuschung erschlichene Rückgabe beende das bailment und das darauf basierende special property des pledgee von selbst.497 Außer Frage steht zudem, dass das special property mit physischen Vernichtung der überlassenen Sache sowie kraft Erfüllung der gesicherten Forderung erlischt: Dem pledgor steht ein „absolutes“ Recht auf Einlösung bzw. Tilgung des Pfandes zu, wobei dieses freilich nicht mit der equity of redemption des mortgagor gleichgesetzt werden kann; eines dinglichen Rückerwerbsrechts bedarf es ja schon deshalb nicht, weil der pledge ein begrenztes Sachenrecht an fremder Sache konstituiert.498 Mit Erlöschen der Sicherungsforderung aktiviert sich das immediate right to possession des pledgor von selbst und berechtigt diesen, gegen den pledgee aus conversion vorzugehen, falls dieser den Besitz vorenthält.499 b) Der leading case Donald v. Suckling Wie angerissen, ist seit Mores v. Conham anerkannt, dass der pledgee zur rechtsgeschäftlichen Übertragung seines „special property“ berechtigt ist.500 Dass der 495 Zur Beendigung des pledge wegen Pflichtverletzungen des pledgee, insbesondere nicht gestatteten Verfügungen, siehe Beale/Bridge/Gullifer/Lomnicka, The Law of Security and Title-Based Financing2, Rn. 5.19; Bell, Modern Law of Personal Property in England and Ireland, S. 149– 150; Bridge, Personal Property Law4, S. 278–279. 496 Siehe Halliday v. Holgate (1868) 3 L. R. (Exch) 299, 302–303 (Willes J.) zur pflichtwidrigen Veräußerung des Pfandes durch den pledgee; zur Weiterverpfändung zwecks Sicherung eines höheren Forderungsbetrages Donald v. Suckling (1866) L. R. 1 Q. B. 585, 615–616 (Blackburn J.). Ein automatischer Rechtsverlust dürfte selbst bei unbefugtem Gebrauch des Pfandes nur in Ausnahmefällen in Betracht kommen (siehe Bell, Modern Law of Personal Property in England and Ireland, S. 150, der das Beispiel anführt, dass der pledgee die ihm verpfändeten Weinflaschen selbst konsumiert). Auch nach irischem Recht erlischt ein pledge nicht dadurch, dass der pledgee unter einem bailment dem Besitz an der Pfandsache einem Dritten, insbesondere seinem Gläubiger überlasst; es genügt nämlich die Aufrechterhaltung einer bloßen constructive possession seitens des pledgee; vgl. Bell, Modern Law of Personal Property in England and Ireland, S. 57; von Bar/Clive, DCFR, VIII, Acquisition and Loss of Ownership in Goods, VIII.-1:206, Notes, I. 22. (S. 360); Faber/Lurger (-Gardiner), National Reports on the Transfer of Movables II, S. 182. 497 Vgl. Bassano v. Toft [2014] EWHC 377 (Q. B.) [56]–[57] (Popplewell J.); siehe auch Palmer/ Hudson, in: Palmer/McKendrick, Interests in Goods2, S. 621, 630; Sheehan, The Principles of Personal Property Law2, S. 301–302. 498 Bridge, Personal Property Law4, S. 278. Der pledogr kann unstrittig uneingeschränkt über das belastete general property am Pfand verfügen. 499 Bridge, Personal Property Law4, S. 278. Hierin spiegelt sich der akzessorische Charakter des pledge; bereits das Erlöschen der Forderung und nicht erst die Rückgabe der Sache beendet das Sachenrechtsverhältnis (vgl. Beale/Bridge/Gullifer/Lomnicka, The Law of Security and Title-Based Financing2, Rn. 5.19; Bell, Modern Law of Personal Property in England and Ireland, S. 148). 500 Mores v. Conham (1609) Owen 123, 124; 74 E. R. 946, 947; Halliday v. Holgate (1868) 3 L. R. (Exch) 299.
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pledgee das Pfand einem Drittverwahrer unentgeltlich überlassen kann und darf, steht gleichfalls seit Langem außer Streit.501 Diese lang etablierte Judikatur setzte der High Court mit der vielzitierten Mehrheitsentscheidung in Donald v. Suckling502 konsequent fort. Seit dieser Entscheidung steht immerhin fest, dass weder das Vertragsverhältnis zwischen pledgor und pledgee noch das dingliche Recht des pledgee von selbst erlischt, wenn dieser die pledged goods wieder verpfändet; dies gilt auch dann, wenn die durch den sub-pledge gesicherte Forderung die durch den pledge gesicherte Forderung übersteigt; das special property geht durch pflichtwidriges Wiederverpfändung grundsätzlich nicht eo ipso verlustig.503 Außer Frage steht auch, dass der sub-pledgee nach Maßgabe des allgemeinen Rechtsgrundsatzes „nemo dat qod non habet“ allenfalls im Ausmaß des begrenzten Verfügungsrechts des pledgee einen eigenen interest an der „weiterverpfändeten“ Sache erwirbt, wenngleich das Gericht in Donald v. Suckling auf eine nähere Konturierung der Rechtsstellung des sub-pledgee mangels Entscheidungserheblichkeit verzichtete. Ob und, ggf., unter welchen Voraussetzungen die vorzitierte allgemeine Regel bei der Weiterverpfändung von pledged goods ggf. nach Maßgabe der sachenrechtlichen Verkehrsschutztatbestände außer Kraft gesetzt wird,504 ist nur eine unter mehreren noch zu untersuchenden Frage, die die Leitentscheidung Donald v. Suckling aufwirft. Zur Sicherung einer Wechselforderung hatte der Kläger seinem Gläubiger (Simpson) Wertpapiere übergeben und diesen ermächtigt, die Wertpapiere bei Fälligkeit der Wechselforderung zu veräußern; noch vor Fälligkeit der Zahlungsanweisung überließ Simpson die Wertpapiere wegen einer eigenen höheren Darlehensschuld dem Beklagten. Simpson tilgte das 501 Donald v. Suckling (1866) L. R. 1 Q. B. 585, 595–596 (Shee J.); Bridge/Gullifer/McNeel/ Worthington, The Law of Personal Property, Rn. 7-028. 502 Donald v. Suckling (1866) L. R. 1 Q. B. 585. 503 Vgl. Bridge/Gullifer/L ow/McNeel, The Law of Personal Property2 , Rn. 15-016; Palmer, Bailment 3, Rn. 22-027; unpräzise dagegen Goode/Gullifer, Legal Problems of Credit and Security6 , Rn. 1–74, die nicht klar zwischen dem rechtlichen Dürfen und dem rechtlichen Können des pledgee im Kontext der Weiterverpfändung unterscheiden. Bestätigt wurde Donald v. Suckling ausdrücklich in Halliday v. Holgate (1868) 3 L. R. (Exch) 299, 302 (Willes J.). Mit diesem Urteil ist zugleich geklärt, dass der rechtswidrige Pfandverkauf seitens des pledgee dessen Rechtsposition nicht ipso iure beseitigt und demgemäß auch nicht einen Anspruch auf Schadensersatz des pledgor wegen trover (nunmehr conversion) in Höhe sog. nominal damages begründet. Der pledgee hatte sich Wertpapiere verpfänden lassen, die er, nachdem das Insolvenzverfahren über das Vermögen des pledgor eröffnet worden war, ohne vorherige Anzeige des Pfandverkaufs oder Zahlungsaufforderung an den pledgor und den Insolvenzverwalter frei verkaufte. Die vom Insolvenzverwalter erhobene Schadensersatzklage blieb erfolglos. Das Gericht bestätigte zunächst die frühere Entscheidung Johnson v. Stear (1863) 15 C. B.(N. S.) 330, nach der sich der pledgor in jedem Fall auf einen Anspruch auf Schadensersatz die durch den rechtswidrigen Verkauf getilgte Forderung anrechnen lassen müsse, weshalb dem Kläger hier allenfalls nominal damages zustehe. Unter Verweis auf Donald v. Suckling (1866) L. R. 1 Q. B. 585 lehnte das Gericht aber auch einen Anspruch auf nominal damages ab, weil der pledgor die Sache überhaupt nur dann für sich reklamieren könne, wenn er die gesicherte Forderung bezahle; das für die Aktivlegitimation wegen trover erforderliche Besitzrecht stehe auch dann dem pledgee zu, wenn dieser die Sache pflichtwidrig verkaufe. 504 Siehe hierzu sogleich § 5 III. 4. d).
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Darlehen nicht; auch der Kläger leistete keine Zahlungen auf die Wechselforderung. Mit der Klage verlangte der Kläger alternativ Herausgabe der Wertpapiere oder Wertersatz zzgl. Ersatz des Nutzungsausfallschadens; Tilgungsleistungen bot er auch nach Eintritt der Rechtshängigkeit nicht an. Die Klage wurde abgewiesen. Der vom Prozessbevollmächtigten des Klägers vertretenen Ansicht, dass Simpson durch Übergabe der Wertpapiere an den Beklagten den Deliktstatbestand detinue verwirklicht habe und der Beklagte – weil er zur Herausgabe der Wertpapiere nicht bereit sei – wegen conversion hafte,505 folgte der High Court nicht. Die Verpfändung seitens Simpson hätte weder den Vertrag über den pledge zwischen dem Kläger und Simpson noch das daraus entstandene Recht (interest) des pledgee beseitigt.506 Dem Kläger stünde, weil er nicht Tilgung des Wechsels angeboten hätte, ein Klagerecht wegen detinue nicht zu; denkbar sei allenfalls Schadensersatz wegen Vertragsverletzung.507 In der Begründung grenzten die zuständigen Richter den pledge scharf von einem bloßen Zurückbehaltungsrecht (common law lien) ab.508 Während das besitzbasierte lien erlösche, wenn der Berechtigte unter Anmaßung eines Eigentumsrechts den Besitz an der betreffenden Sache einem Dritten verschaffe,509 berühre der Übergang der possession vom pledgee auf eine andere Person nicht notwendig das „special property“ des pledgee. Anders könne es zwar liegen, wenn ausdrücklich eine persönliche Verwahrungspflicht des pledgee vereinbart werde; eine vertragswidrige Gebrauchsüberlassung könne dann ggf. als eine zum vollständigen Rechtsverlust des pledgee führende renunciation ausgelegt werden.510 Es verbiete sich aber, im Wege ergänzender Auslegung einer ggf. vertragswidrigen Besitzüberlassung generell die Wirkung beizumessen, dass hierdurch das dingliche Recht des pledgee von selbst erlösche.511 Dies gelte auch dann, wenn – wie hier – der pledgee vor Eintritt der Fälligkeit die „Sache“ an einen Dritten wegen einer die gesicherte Forderung nominal übersteigenden Forderung verpfände.512 Folglich fehle es, so Blackburn, Cockburn und Mellor JJ., an einer tatbestandsmäßigen detinue seitens Simpson; der Kläger könne nur dann Herausgabe der Wertpapiere bzw. Schadensersatz wegen Besitzvorenthaltung verlangen, sobald die Wechselforderung vollständig getilgt sei.513 505
Donald v. Suckling (1866) L. R. 1 Q. B. 585, 586, 590. Donald v. Suckling (1866) L. R. 1 Q. B. 585, 618 (Cockburn C. J.). 507 Donald v. Suckling (1866) L. R. 1 Q. B. 585, 618 (Cockburn C. J.). 508 So Mellor J. – unter ausführlicher Auswertung der älteren Judikatur – in Donald v. Suckling (1866) L. R. 1 Q. B. 585, 604–606. 509 Donald v. Suckling (1866) L. R. 1 Q. B. 585, 593. 510 Donald v. Suckling (1866) L. R. 1 Q. B. 585, 615 (Blackburn J.). 511 Donald v. Suckling (1866) L. R. 1 Q. B. 585, 615 (Blackburn J.). 512 Donald v. Suckling (1866) L. R. 1 Q. B. 585, 610 (Mellor J.), 615–616 (Blackburn J.), 618–619 (Cockburn C. J.). 513 Demgegenüber war die Klage nach Ansicht von Shee J. begründet. Zwar schloss sich dieser der herrschenden begrifflich-systematischen Einordnung des pledge an (Donald v. Suckling (1866) L. R. 1 Q. B. 585, 595–596 (Shee J.)). Wenn der pledgee aber – wie hier – das Pfand seinem Gläubiger zur Sicherung einer höheren Forderung überlasse, liege darin eine wesentliche Pflichtverletzung, durch die der Pfandbestellungsvertrag und zugleich das dingliche Recht wegen eines (konkludenten) Verzichts erlösche. Mit der Verpfändung der Wertpapiere an den Beklagten habe sich Simpson nicht nur der Möglichkeit begeben, bei Nichtleistung des Klägers den Pfandverkauf zu betreiben; vielmehr habe er auch das Recht des Klägers, mittels Erfüllung der Zahlungsanweisung das Pfand einzulösen, verletzt (Donald v. Suckling (1866) L. R. 1 Q. B. 585, 596, 599–600 (Shee J.)). Zur Begründung zog Shee J. eine Parallele zur Veräußerungsermächtigung des Kommissionärs (factor): Auch dieser verfüge über ein Besitzrecht, ein „special property“, vermöge dessen er das Kommissionsgut ggf. zur Befriedigung wegen des ihm gebührenden Aufwendungsersatzes mit Wirkung gegen den Kommittenten veräußern könnte. Der Kommissionär sei jedoch nicht 506
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Allgemeingültige Regeln über Voraussetzungen und Rechtsfolgen des sub-pledge lassen sich nur mit Vorsicht aus Donald v. Suckling für das englische Recht514 und zudem nur im Licht der gewohnheitsrechtlich etablierten Wirkungen eines jeden pledge ableiten. Auch unter Berücksichtigung der – nicht abschließend geklärten – Wirkungen sog. sub-bailments bewegt sich der hier vorgelegte Versuch, die Strukturen und Rechtsfolgen eines sub-pledge zu erschließen, auf unsicherem Terrain. Immerhin demonstriert Donald v. Suckling einmal mehr die für das Common Law charakteristische zirkuläre Interdependenz zwischen Delikts- und Sachenrecht. Zum einen knüpft die tort-rechtliche Beurteilung an sachenrechtlichen Wertungen an, setzt doch die Aktivlegitimation wegen detinue (resp. conversion) ein immediate right to possession des Klägers voraus. Zum anderen lassen sich die Rechtsfolgen eines sub-pledge nicht ohne Rekurs auf den tort-rechtlichen Klageschutz des pledgor, des pledgee und des sub-pledgee bestimmen. Zuordnungsändernde und rechtsbegründende Wirkung entfaltet ein Rechtsgeschäft mit Wirkung erga omnes nur, soweit der Verfügungserfolg nicht tort-rechtlich missbilligt ist; wird dem Eigentümer im Verhältnis zum Verfügungsempfänger das immediate right to possession attestiert, steht diesem kein Sachenrecht, sondern allenfalls ein dem absolute title hierarchisch unterlegener possessory title zu. Diesbezüglich überzeugt es aber nicht, den pledgee und den sub-pledgee – wie von Shee J. vertreten515 – allein schon wegen der Besitzübertragung einer Haftung aus conversion zu unterwerfen, wenn die Forderung des sub-pledgee nominal die durch den pledge gesicherte Forderung übersteigt. Dass das Verfügungsgeschäft zwischen pledgee und sub-pledgee in diesem Fall gegen den nemo dat-Grundsatz verstoße,516 ist nicht mehr als ein begründungsbedürftiges Postulat. Dies wäre nur dann der Fall, wenn mit der „Weiterverpfändung“ eine Forderungsauswechselung verbunden wäre, die es dem pledgor unmöglich macht, das Pfand Zug um Zug gegen Tilgung der durch den pledge gesicherten Forderung einzulösen. Dies ist jedoch zu verneinen, wenn – was allgemein vorausgesetzt wird – das seitens des pledgee eingeräumte Recht nicht über den Umfang des ihm selbst zustehenden Rechts hinausgeht und demgemäß die bestehende Belastung des general property nicht intensiberechtigt, das Kommissionsgut zur Sicherung eigener Verbindlichkeiten zu verpfänden; für den gleichfalls eine zweckbestimmte Veräußerungsermächtigung begründenden pledge könnte nichts anderes gelten (Donald v. Suckling (1866) L. R. 1 Q. B. 585, 596–597 (Shee J.)). Auch hier bestehe ein fiduziarisches Rechtsverhältnis: Der pledgee dürfe das Pfand nicht vor Eintritt der Verkaufsberechtigung zu eigenen Zwecken verwerten. Wegen detinue hafte der Beklagte auf Herausgabe der Schuldverschreibungen oder, falls eine Herausgabe nicht möglich sei, auf Ersatz des (objektiven) Wertes. Auf ein Zahlungsangebot seitens des Klägers komme es nicht an, weil der pledge ja untergegangen sei (Donald v. Suckling (1866) L. R. 1 Q. B. 585, 601–602 (Shee J.)). 514 Ungeklärt ist zudem die Rechtslage im schottischen Recht: Ob dem pledgee in Ermangelung ausdrücklicher Vereinbarung die Befugnis zur Weiterverpfändung der pledged goods zusteht, wird kaum je erörtert (siehe Stair (-James), The Laws of Scotland, Encyclopaedia, Vol. XX, Chapter 1. (2) (a) (c), note 25). 515 Donald v. Suckling (1866) L. R. 1 Q. B. 585, 595–596, 599–600 (Shee J.). 516 Donald v. Suckling (1866) L. R. 1 Q. B. 585, 600–601 (Shee J.).
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viert.517 Zwar korrespondiert mit der Entstehens- und Erlöschensakzessorietät des pledge anscheinend nicht eine zwingende Verfügungsakzessorietät des pledge.518 Das sog. special property ist – in Übereinstimmung mit den vorstehend dargestellten security interests – ein selbstständig verkehrsfähiges Vermögensrecht.519 Indes verschlechtert sich die Rechtsstellung des pledgor durch eine Spaltung der Sicherungsforderung und des special property oder gar durch die Einräumung eines begrenzten Sachenrechts in Form eines sub-pledgee nicht, weil der pledgor – was seit Mores v. Conham anerkannt sein dürfte – berechtigt ist, das Pfand jederzeit durch Zahlung der gesicherten Schuldsumme abzulösen.520 Ob es sich hierbei um eine Leistung auf den pledge oder auf die Forderung handelt, wie die Geldleistung zu bewirken ist – legal tender an den pledgee, an den sub-pledgee oder gar gerichtliche Hinterlegung? – und welche Rechtsfolgen eine absolut wirksame Forderungstilgung bzw. Pfandablösung zeitigt, ist demgegenüber ebenso ungeklärt wie die Konstruktion des sub-pledge. Ob hierin eine Weiterverpfändung des Pfandes oder eine (auflösend bedingte) Sicherungsübertragung des special property liegt oder gar ein irregulärer pledge an einer normativen Sache, scil.: ein subordinate special property521 an dem 517
McGhee (-Conaglen/Bridge), Snell’s Equity33, Rn. 43-008. Art und Ausmaß der Forderungsbindung des pledge in Rechtsprechung und Lehre kaum je ausdrücklich erörtert werden, folgt aus dem Sicherungszweck des pledge der akzessorische Charakter des Sachenrechts des pledgee. Der pledge dient – wie auch das Pfandrecht deutschen Rechts – nicht notwendig der Sicherung einer Geldforderung; auch andere Forderung sind – soweit in Geld messbar – sicherungsfähig (vgl. Beale/Bridge/Gullifer/Lomnicka, The Law of Security and Title-Based Financing2, Rn. 5.01 mit Fn. 2). Als Forderungsverpfändung ist die Weiterverpfändung (sub-pledge) schon deshalb nicht zu deuten, weil nicht verbriefte Forderungen kein taugliches Bezugsobjekt eines pledge bilden. Im Gegensatz zur Abtretung einer mortgage wird die Sicherungsforderung auch nicht von der rechtsgeschäftlichen Übertragung des pledge mitgerissen; eine sec. 114(1)(a) LPA 1925 entsprechende Vorschrift existiert für den gewohnheitsrechtlich etablierten pledge nicht und ein Analogieschluss wird, soweit ersichtlich, für die Abtretung und Weiterverpfändung seitens des pledgee nicht einmal erwogen. 519 Mores v. Conham (1609) Owen 123, 124; 74 E. R. 946, 947; Donald v. Suckling (1866) L. R. 1 Q. B. 585; Halliday v. Holgate (1868) 3 L. R. (Exch) 299. 520 Mores v. Conham (1609) Owen 123, 124; 74 E. R. 946, 947; Bridge/Gullifer/L ow/McNeel, The Law of Personal Property2, Rn. 15-016; Bridge, Personal Property Law4, S. 278; L. Smith, in: Burrows, English Private Law3, Rn. 5.66 in Fn. 251; McGhee (-Conaglen/Bridge), Snell’s Equity33, Rn. 43-008. Weil eine personale Identität zwischen pledgor, Eigentümer und Schuldner der Sicherungsforderung pauschal vorausgesetzt wird, besteht offenbar kein Anlass, aus Gründen des Schuldnerschutzes Forderung und special property zu einer Verfügungseinheit zu verschmelzen. Selbstverständlich kommt auch im englischen Recht die Bestellung eines security interest für fremde Schuld in Betracht (vgl. Beale/Bridge/Gullifer/Lomnicka, The Law of Security and Title-Based Financing2, Rn. 18.04 in Fn. 10); demgemäß kann auch der pledgor für die Verbindlichkeit eines Dritten seine Sachen verpfänden. Weiterhin besteht auch keine zwingende Übereinstimmung zwischen dem Eigentümer und dem pledgor. Zwar wird grundsätzlich eine implizite Verpflichtung zur Berechtigung der Verpfändung der Sache angenommen. Wenn aber ein Nichtberechtigter fremde Sachen verpfändet, ist das Vertragsverhältnis zwischen pledgor und pledgee gleichwohl wirksam; der pledgee erwirbt freilich kein dem Eigentümer entgegensetzbares Recht. Die sich aus einer Personenverschiedenheit ergebenden Komplikationen werden im Kontext eines sub-pledge in der englischen Literatur nicht diskutiert. 521 Dies ist kein term of art des law of bailment, sondern ein – an den subordinate beneficial interest aus einem sub-trust – angelehnter Neologismus des Verf. 518 Wenngleich
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special property des pledgee, entsteht, wird in der Doktrin nicht erörtert. Diese für das Common Law nicht atypische konzeptionelle Indifferenz ist in diesem Kontext selbstverständlich verzeihlich. Wie die Diskussion zur Afterverpfändung im gemeinen und im österreichischen Recht belegt, läuft die Konstruktionsfrage auf ein belangloses Spiel mit Worten hinaus,522 wenn man einmal unterstellt, dass der Afterpfandgläubiger resp. der sub-pledgee ein an den Umfang des Pfandrechts resp. des special property gebundenes Recht erwirbt.523 c) Rechtsgeschäftlicher Erwerb Wie gezeigt, wurde der sub-pledge in Donald v. Suckling durch die Übergabe der verpfändeten Schuldverschreibungen seitens des pledgee an den Beklagten perfektioniert, ohne dass es der Zustimmung des Klägers (als pledgor der verpfändeten Schuldverschreibungen) bedurfte.524 Dieses Übergabeerfordernis ist zwingend: Wenn eine delivery für die Bestellung eines pledge konstitutiv ist und die vorbehaltlose Rückgabe des Pfandes das Besitz- und Sachenrechtsverhältnis zwischen pledgor/bailor und pledgee/bailee kraft Gesetzes beendet, ist es nur konsequent, für die Übertragung sowie für die (Weiter-)Verpfändung der pledged goods resp. des „pecial property denselben publizitätswirksamen Modus zu verlangen.525 Wegen 522 Siehe
§ 3 I. 1. b), § 5 II. 1. a). der pledgor infolge der Weiterverpfändung dadurch geschädigt wird, dass die Herausgabe des Pfandes trotz Ablösung/Tilgung der gesicherten Forderung verweigert wird, stehen dem pledgor zum einen Ansprüche auf Schadensersatz wegen Vertragsverletzung und wegen conversion gegen den pledgee (McGhee (-Conaglen/Bridge), Snell’s Equity33, Rn. 43-008) und zum anderen wohl auch konkurrierende Ansprüche gegen den sub-pledgee wegen conversion zu (Palmer, Bailment 3, Rn. 22-044). Die von Shee J. vertretene Gegenansicht schießt über das legitime Ziel des Eigentümerschutzes in unverhältnismäßiger Weise hinaus und widerspricht zudem allgemeinen Grundsätzen des law of bailment. Einer pflichtwidrigen Besitzüberlassung seitens eines bailee wird nämlich i. d. R. nicht eine das bailment, präziser das vertraglich begründete und deliktsrechtlich geschützte unmittelbare Besitzrecht des bailee, vernichtende und den bailor zur sofortigen und bedingungslosen Rückforderung berechtigende Wirkung beigemessen. Allgemein wird für die Beendigung eines bailment durch pflichtwidrige Sachüberlassung verlangt, dass die überlassene Sache einer besonderen Gefahr ausgesetzt wird (Bell, Modern Law of Personal Property in England and Ireland, S. 130), was im Fall des sub-pledge schon wegen der Verpflichtung zur Rückgabe bei Wegfall des Sicherungszwecks nicht per se angenommen werden kann. 524 Donald v. Suckling (1866) L. R. 1 Q. B. 585, 613–617 (Blackburn J.). 525 Obschon dies weder vom High Court in Donald v. Suckling (1866) L. R. 1 Q. B. 585 noch in der Literatur näher thematisiert wird, dürfte sich von selbst verstehen, dass die für die Einräumung eines „primären“ pledge geltenden Voraussetzungen uneingeschränkt für die Weiterverpfändung seitens des pledgee gelten. Insbesondere dürfte die grundsätzlich erforderliche delivery durch die anerkannten Übergabesurrogate, ggf. sogar durch ein attornment seitens des pledgee oder gar des pledgor, ersetzbar sein. Wenn im Grundsatz die für die Verpfändung erforderliche delivery durch ein „Besitzkonstitut“ ersetzt werden kann (Beale/Bridge/Gullifer/Lomnicka, The Law of Security and Title-Based Financing2, Rn. 5.26), dürfte auch die Weiterverpfändung erstens durch ein „direktes“ attornment seitens des pledgor gegenüber dem sub-pledgee und zweitens durch ein attornment seitens des pledgee (als sub-pledgor) gegenüber dem sub-pledgee möglich sein; die besitzrechtlichen Positionen werden dadurch im Vergleich zum Regelfall der Verpfändung durch delivery verkehrt, indem der pledgor oder der pledgee (als sub-pledgor) die Stellung eines bailee gegenüber dem gleichfalls nur auf Zeit sowie kraft eines begrenzten Rechts zur pos523 Soweit
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der schematische Parallelisierung der Tatbestandsvoraussetzungen überrascht es freilich nicht, dass in der Lehre konstruktionsjuristisch nicht klar zwischen der (vollständigen) Abtretung des special property, der erneuten Verpfändung der pledged assets und der gleichfalls denkbaren Verpfändung des begrenzten Rechts des pledgee differenziert wird. Weil freilich die für eine Weiterverpfändung unter Erhalt der Rechtsposition des pledgee erforderliche delivery an den sub-pledgee – bei exakter Unterscheidung von einer (Sicherungs-)Übertragung – nicht mit einem translativen Übergang der begrenzten Verfügungsermächtigung des pledgee an den sub-pledgee einhergeht, kommt zwischen diesen Personen ein eigenständiges bailment, ein sog. sub-bailment, zustande.526 Wenngleich dies selten ausdrücklich expliziert wird, liegen die Tatbestandsvoraussetzungen eines sub-bailment zwischen pledgor und pledgee bei konsentierter Weiterverpfändung unproblematisch vor.527 Im Gegensatz zu einem auf translative Rechts- und Besitznachfolge gerichteten substitutionary bailment528 bezeichnet das sub-bailment ein mehrstufiges Rechtsund Besitzverhältnis: Zwischen bailee und sub-bailee entsteht unter Fortbestand des bereits entstandenen bailment ein neues bailment, welches kraft Gesetzes ein collateral bailment zwischen dem bailor und dem sub-bailee begründet.529 session berechtigten sub-pledgee einnimmt. Allerdings ist zu beachten, dass eine „geheime“ Weiterverpfändung ohne äußerlich sichtbaren Besitzwechsel in eine mortgage oder equitable charge umgedeutet werden kann, zumal ein schriftliches attornment seitens des pledgor oder des pledgee (als sub-pledgor) als registrierungsbedürftige bill of sale i. S. v. sec. 4 Bills of Sale Act 1878 auszulegen sein dürfte (Beale/Bridge/Gullifer/Lomnicka, The Law of Security and Title-Based Financing2, Rn. 5.27). 526 Vgl. Pollock/Wright, An Essay on Possession in the Common Law, S. 170; Palmer, Bailment 3, Rn. 22-027. Zum sub-bailment siehe Fn. 473. 527 So zählt auch der pledge zu den klassischen sechs Erscheinungsformen des bailment nach der grundlegenden Klassifizierung von Holt C. J. in Coggs v. Bernard (1703) 2 Ld. Raym. 909, 912–913, 916–917; 92 E. R. 107, 109, 111. Die allgemein anerkannten Minimalerfordernisse für das Zustandekommen eines bailment – willentliche Übernahme des Besitzes an einer fremden Sache sowie ein zumindest bedingter oder künftiger Anspruch auf Herausgabe aufgrund eines reversionary interest – liegen vor. Der sub-pledgee begründet willentlich possession an einer fremden Sache, an der dem pledgee ein „special interest“ zusteht, zur Sicherung einer eigenen Forderung gegen den pledgee (oder einen Dritten). Wird die Forderung des sub-pledgee getilgt, ohne dass auch die Forderung des pledgee erlischt, aktiviert sich das Besitzrecht des letzteren, d. h. der sub-pledgee ist dem pledgee gegenüber nur auf Zeit zum Besitz berechtigt. Auf die seit dem richtungsweisenden Urteil The Pioneer Container [1994] 2 A. C. 324 umstrittene Frage, ob das Zustandekommen eines bailment der Zustimmung des bailor bedarf (vgl. Bridge/Gullifer/McNeel/ Worthington, The Law of Personal Property, Rn. 2-069–2-071), kommt es hier nicht an, da die Weiterverpfändung eine Einigung zwischen pledgor und pledgee voraussetzt. 528 Vgl. Bell, Modern Law of Personal Property in England and Ireland, S. 126–127. Das substitutionary bailment erschöpft sich in einer bloßen Auswechselung der Person des bailee, z. B. durch Abtretung eines pledge; der ehemalige bailee haftet allenfalls wegen culpa in eligendo, im Übrigen endet sein Pflichtenprogramm als bailee i. d. R. vollständig. 529 Bell, Modern Law of Personal Property in England and Ireland, S. 127. Vorbehaltlich entgegenstehender Abreden ist ein bailee berechtigt, auch ohne ausdrückliche Zustimmung des bailor die fraglichen goods unter einem sub-bailment einem Dritten zu überlassen, sofern dies nicht mit dem Zweck des bailment unvereinbar ist, insbesondere keine persönlichen Leistungspflicht des bailee besteht (Bell, Modern Law of Personal Property in England and Ireland, S. 127–128). Dem Zweck des pledge läuft es freilich, wie Donald v. Suckling belegt, unter der Prämisse, dass
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Soweit freilich vertreten wird, dass eine entgegen eines ausdrücklich vereinbarten Besitzüberlassungsverbots durchgeführte Weiterverfändung als wesentliche Vertragsverletzung (sog. repudiatory breach) des pledgee von selbst den pledge beende,530 ist diese Ansicht nicht über jeden Zweifel erhaben.531 Zwar entspricht es allgemeinen Grundsätzen des law of bailment, dass erhebliche Pflichtverletzungen des bailee von selbst oder durch „Bestätigung“ des repudiatory breach seitens des bailor das bailment und somit das special property des bailee vernichten.532 Indes lässt sich für die Erstreckung dieses allgemeinen Rechtsgrundsatzes auf die hier relevante vertragswidrige Weiterverpfändung allenfalls die obiter dicta von Blackburn J. und Mellor J. aus Donald v. Suckling anführen.533 Die Überzeugungskraft der pledgor aufgrund des fortbestehenden Pflichtenprogramms des pledgee und der Einlösungsbefugnis keinen sachenrechtlich relevanten Nachteil erleidet, nicht zuwider, das Pfand einem subpledgee zur Sicherung einer Schuld des pledgee zu überlassen. Zumal der sub-pledgee – wenn er in Kenntnis der begrenzten Rechtsstellung des pledgee das Pfand in Besitz nimmt (Morris v. C. W. Martin & Sons Ltd. [1966] 1 Q. B. 717, 731 (Lord Diplock); The Pioneer Container [1994] 2 A. C. 324, 337, 342 (Lord Goff )) – auch im Verhältnis zum pledgor die Pflichtenstellung eines bailee aufgrund des uno actu mit dem sub-bailment entstehenden collateral bailment einnimmt. 530 Beale/Bridge/Gullifer/L omnicka, The Law of Security and Title-Based Financing 2 , Rn. 5.12; wohl auch Bridge/Gullifer/McNeel/Worthington, The Law of Personal Property, Rn. 7-025. 531 Allgemein anerkannt ist die These, dass ein repudiatory breach des pledgee in Form einer ausdrücklich untersagten Weiterverpfändung das dingliche Recht eo ipso und uno actu beseitige, in der Lehre nicht. So vertreten z. B. Bell, Modern Law of Personal Property in England and Ireland, S. 146 und Bridge, Personal Property Law4, S. 278 ganz grundsätzlich, dass eine unberechtigte Besitzüberlassung seitens des pledgee an einen Dritten das dingliche Recht des pledgee unberührt lasse, wobei allerdings nicht ausdrücklich erläutert wird, ob dies auch bei einer Weiterverpfändung unter Verletzung eines rechtsgeschäftlichen Besitzüberlassungs- bzw. Verfügungsverbots gelten soll. 532 Fenn v. Bittleston (1851) 21 L. J. Ex. 41; 155 E. R. 895. 533 Donald v. Suckling (1866) L. R. 1 Q. B. 585, 608–609 (Mellor J.: „It may be that upon a deposit by way of pledge, the express contract between the parties may operate so as to make a parting with the possession, even to the extent of his interest, before condition broken, so essential a violation of it as to revest the right of possession in the pawnor; but in the absence of such terms, why are they to be implied? There may possibly be cases in which the very nature of the thing deposited might induce a jury to believe and find that it was deposited on the understanding that the possession should not be parted with; but in the case before us we have only to deal with the agreement which is stated in the plea. The object of the deposit is to secure the repayment of a loan, and the effect is to create an interest and a right of property in the pawnee, to the extent of the loan, in the goods deposited; but what is the authority for saying that until condition broken the pawnee has only a personal right to retain the goods in his own possession?“), 615 (Blackburn J.: „Now I think that the subpledging of goods, held in security for money, before the money is due, is not in general so inconsistent with the contract, as to amount to a renunciation of that contract. There may be cases in which the pledgor has a special personal confidence in the pawnee, and therefore stipulates that the pledge shall be kept by him alone, but no such terms are stated here, and I do not think that any such term is implied by law. In general all that the pledgor requires is the personal contract of the pledgee that on bringing the money the pawn shall be given up to him, and that in the meantime the pledgee shall be responsible for due care being taken for its safe custody. This may very well be done though there has been a subpledge; at least the plaintiff should try the experiment whether, on bringing the money for which he pledged those debentures to Simpson, he cannot get them.“).
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dieser dicta ist freilich schon dadurch gemindert, dass die von Blackburn J. angeführte ältere Judikatur sich auf rein schuldrechtliche bailments bezog, während Mellor J. überhaupt keinen Beleg für die angebliche „dingliche“ Wirkung eines vertraglichen Besitzübertragungsverbots in Bezug auf eine Weiterverpfändung lieferte.534 Zudem streitet das insoweit ambivalente Urteil von Cockburn J. eher für die Gegenansicht.535 Überdies entfalten vertragliche Verfügungsverbote – wenngleich Abtretungs- und Belastungsbeschränkungen ggf. durch ein right of forfeiture „verdinglicht“ werden – im englischen Recht grundsätzlich nur schuldrechtliche Wirkungen.536 Endlich ist die These, dass der pledgee seines dinglichen Rechts eo ipso und uno actu durch verbotswidrige Weiterverpfändung verlustig gehe, nicht stimmig mit der Rechtsprechung vereinbar, wonach die rechtswidrige Veräußerung des Pfandes seitens des pledgee – insbesondere der Verkauf vor Fälligkeit – lediglich einen schuldrechtlichen Schadensersatzanspruch gegen den pledgee auslöse.537 Wenn schon der vorzeitige Verkauf der Sache (und nicht etwa der des special interest des pledgee) die Rechtsposition des pledgee nicht berührt, obschon dies gegen 534 Soweit Blackburn J. die ältere Judikatur zur Mobiliarmiete (Lee v. Atkinson and Brooks (1609) Yelv. 172; 79 E. R. 204) anführt, erlaubt diese schon angesichts des unsicheren Status der Rechtsstellung des Mobiliarmieters keinen sicheren Rückschluss auf das dingliche Recht des pledgee, zumal in Lee ein selbsttätiger Untergang des vertraglichen Rechts des Mieters unter den Fallumstände mangels eines erheblichen Vertragsverletzung ohnehin verneint wurde. Soweit hingegen auf Fenn v. Bittleston (1851) 21 L. J. Ex. 41; 155 E. R. 895 verwiesen wird, bezieht sich auch diese Entscheidung auf eine jedenfalls nach Common Law rein schuldrechtliche Rechtsposition des bailee. Hier ging es nämlich nicht um das Erlöschen des Rechts des Sicherungsnehmers aufgrund vertragswidrigen Verhaltens, sondern umgekehrt darum, ob der Sicherungsgeber, der reale Sachen unter einer bill of sale i. S. v. sec. 4 Bills of Sale Act 1878 und mittels Besitzkonstituts, dem Sicherungsgeber überlässt, sein Besitzrecht als bailee durch vertragswidriges Verhalten einbüßt. Obschon der Sicherungsgeber nicht in Zahlungsverzug geraten war, erlosch das Besitzrecht des Sicherungsgebers nach Ansicht des Gerichts hier deshalb, weil dessen Insolvenzverwalter die Sachen (und nicht bloß die Anwartschaft des Sicherungsgebers auf den Rückerwerb) ohne Zustimmung des Sicherungsnehmers veräußerte. Zudem schwächte Blackburn J. das obiter dictum selbst ab; grundsätzlich stehe die Weiterverpfändung einer ordnungsgemäßen Erfüllung der Verwahrungspflicht (unter Einschaltung des sub-pledgee als Hilfsperson) nicht entgegen (Donald v. Suckling (1866) L. R. 1 Q. B. 585, 615). 535 Vgl. Donald v. Suckling (1866) L. R. 1 Q. B. 585, 615–618 (Cockburn J.): „In some instances it may well be inferred from the nature of the thing pledged, – as in the case of a valuable work of art, – that the pawnor, though perfectly willing that the article should be intrusted to the custody of the pawnee, would not have parted with it on the terms that it should be passed on to others and committed to the custody of strangers. It is not, however, necessary to decide this question in the present case. The question here is, whether the transfer of the pledge is not only a breach of the contract on the part of the pawnee, but operates to put an end to the contract altogether, so as to entitle the pawnor to have back the thing pledged without payment of the debt. I am of opinion that the transfer of the pledge does not put an end to the contract, but amounts only to a breach of contract, upon which the owner may bring an action, – for nominal damages if he has sustained no substantial damage; for substantial damages, if the thing pledged is damaged in the hands of the third party, or the owner is prejudiced by delay in not having the thing delivered to him on tendering the amount for which it was pledged.“ 536 Näher § 7 I. 537 Johnson v. Stear (1863) 15 CB (NS) 330; Halliday v. Holgate (1868) 3 L. R. (Exch) 299, 302–303.
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die zumindest stillschweigende Abrede, den Verkauf erst bei Fälligkeit der gesicherten Forderung und den jeweils bestimmten zusätzlichen Voraussetzungen zu betreiben, verstößt, wird man bei einer „Weiterverpfändung“, die dem sub-pledgee fraglos keine weitergehenden Befugnisse gegenüber dem pledgor verleiht,538 nicht anders entscheiden können. Wenn man umgekehrt das Interesse des pledgor an einer persönlichen Verwahrung durch den pledgee so hoch gewichtet, dass jener kraft entsprechender Vereinbarung eine Weiterverpfändung mit dinglicher Wirkung ausschließen könne – auf nichts anderes läuft die Annahme eines das vertragliche Besitzrecht vernichtenden repudiatory breach hinaus –, sollte der vertragswidrige Verkauf des Pfandes erst recht zum automatischen Wegfall des Besitzrechts und der sachenrechtlichen Position des pledgee führen. Schließlich zielt die Veräußerung des Pfandes nicht auf temporären Verlust der possession des pledgor ab, wobei der Käufer die Sache nicht als bailee übernimmt und demgemäß im Unterschied zu einem sub-pledgee nicht einer Pflicht zur sorgfältigen Aufbewahrung des Pfandes unterliegt. Vorzugswürdig erscheint daher die Ansicht, dass die vertragswidrige Weiterverpfändung generell nicht auf die sachenrechtliche Rechtslage durchschlägt, sondern allenfalls schuldrechtliche Schadensersatzansprüche des pledgor gegen den pledgee und ggf. wegen Verleitung zum Vertragsbruch gegen den sub-pledgee begründet.539 d) Gutgläubiger Erwerb eines sub-pledge? Mit Blick auf die vergleichbare Fragestellung bei der Afterverpfändung stellt sich die Frage, ob ein sub-pledgee auch dann ein jedermann entgegensetzbares special property erwirbt, wenn der pledgee und sub-pledgor zur „Weiterverpfändung“ nicht berechtigt ist.540 Im Kern geht es um drei Fallkonstellationen des gutgläubigen Erwerbs. In der ersten Fallgestaltung setzt sich ein pledgee durch Weiterverpfändung der pledged goods über ein vertragliches Verfügungsverbot hinweg,541 in 538
Palmer, Bailment 3, Rn. 22-027. Auch hier zeigt sich eine Parallele zu der in Österreich dominierenden Lehre, wonach eine vertraglich untersagte Afterverpfändung seitens des Pfandgläubigers zwar grundsätzlich – oder zumindest bei auflösend bedingter Bestellung des zu verpfändenden Pfandrechts – nichtig sei (vgl. Klang (-Klang), ABGB II2, S. 450; Koch/Bydlinski/Bollenberger (-Koch), ABGB4, § 454 Rn. 1; Rummel (-Hofmann), ABGB I3, § 454 Rn. 1; Schwimann/Kodek (-Hinteregger), ABGB II4, § 454 Rn. 1). Allerdings ist diese Ansicht schon mit Rücksicht auf § 364c S. 1 ABGB nicht überzeugend, zumal selbst die Vertreter dieser Ansicht meinen, dass ein vertragliches Verpfändungsverbot immerhin durch gutgläubigen Erwerb gem. § 456 ABGB überwunden werden könne. Nach der vorzugswürdigen Gegenansicht ist für einen gutgläubigen Erwerb bei der Afterverpfändung prinzipiell kein Raum (vgl. Iro, FS ABGB II, S. 1077, 1081–1086); die richtige Lösung liegt darin, dem Afterverpfändungsverbot lediglich schuldrechtliche Wirkung beizumessen. 540 Zum gutgläubigen Erwerb eines Afterpfandrechts an körperlichen Sachen siehe § 5 II. 1. c) bb). 541 Wie unter § 5 III. 4. c) gezeigt, wird in der Literatur angenommen, dass der Verstoß gegen ein ausdrücklich vereinbartes Besitzübertragungs- oder Verfügungsverbot eo ipso zum Erlöschen des dinglichen Rechts des pledgee wegen repudiatory breach führe; der sub-pledgee erlange dann kein dem pledgor entgegensetzbares special property. Schließt man sich dieser Ansicht an, stellt 539
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der zweiten werden die pledged goods zur Sicherung einer die Sicherungsforderung übersteigenden Verbindlichkeit des pledgee weiterverpfändet und in der dritten schickt sich ein Nichtberechtigter als vermeintlicher pledgee an, die ihm angeblich verpfändeten Sachen an seinen Gläubiger zu verpfänden. Letzteres könnte relevant werden, wenn der pledge nicht als allseitig wirksames Recht – z. B. weil der pledgor lediglich einen possessory title an den pledged goods innehat – entstanden oder im Zeitpunkt der „Weiterverpfändung“ – z. B. wegen Tilgung der gesicherten Forderung – bereits erloschen ist. Scharf zu unterscheiden sind diese eher denktheoretischen Konstellationen vom fraglos möglichen Rechtsverlust, der jedem pledgee und auch jedem sub-pledgee durch gutgläubig-lastenfreien (Eigentums-)Erwerb sowie rechtsverdrängenden Erwerb eines konkurrierenden pledge an den (sub-)pledged goods durch Verfügungen über das belastete general property seitens des pledgor droht.542 Weil es nun aber an jeglicher höchst- und obergerichtlicher Rechtsprechung zum Erwerb eines special property im Wege des sub-pledge durch einen Nichtberechtigten fehlt und auch in der Literatur die hier aufgeworfene, augenscheinlich praktisch irrelevante Fragestellung weitgehend ausgeblendet wird,543 mag man auf den ersten Blick zweifeln, ob aus rechtsvergleichender Sicht die „richtige“ Frage gestellt bzw. der Untersuchungsgegenstand sinnvoll festgelegt wird. Indes ist eine Untersuchung des Redlichkeitsschutzes bei Verfügungen über den interest eines pledgee durchaus geboten: Nähere Analyse der doctrine of estoppel und der normierten Gutglaubenstatbestände (secs. 2–9 FA 1889, secs. 21–26 SGA 1979, Part III HPA 1964) bestätigt nämlich, was bereits für das österreichische Afterpfand belegt werden konnte.544 Wer sich von einem Nichtberechtigten fremde Sache weiterverpfänden resp. einen vermeintlichen pledge übertragen lässt, erwirbt hierdurch kein dem „Eigentümer“ entgegensetzbares begrenztes Sachenrecht. Weder greift bei der (unqualifizierten) sich die Frage, ob der sub-pledgee, sofern er von dem Besitzüberlassungsverbot keine Kenntnis hat, nach Maßgabe der ungeschriebenen doctrine of apparent ownership und/oder nach den normierten Gutglaubenstatbeständen einen dem owner entgegensetzbaren legal title (im Umfang eines limited interest) erwerben kann. Folgt man der (vorzugswürdigen) Gegenansicht, wonach ein repudiatory breach – in Form einer ausdrücklich untersagten Weiterverpfändung – die dingliche Rechtsposition des pledgee nicht eo ipso und uno actu zerstöre (z. B. Bell, Modern Law of Personal Property in England and Ireland, S. 146; Bridge, Personal Property Law4, S. 278), ist für einen gutgläubigen Erwerb kein Raum; die Frage eines potentiellen gutgläubigen Erwerbs eines special property kraft Weiterverpfändung von pledged goods durch einen Nichtberechtigten stellt sich dann nur, wenn der pledge nicht besteht oder jedenfalls nicht dem Verfügenden zusteht. 542 Zum gutgläubigen Vorrangserwerb bei der Verpfändung von Orderpapieren siehe Mercantile Bank of India Ltd. v. Central Bank of India Ltd. [1938] A. C. 287 und Lloyds Bank Ltd. v. Bank of America National Trust and Savings Association [1938] 2 K. B. 147. 543 Soweit ersichtlich, wird die Thematik nur von Palmer, Bailment 3, Rn. 22-027, 22-044 in Bezug auf die o. g. zweite Fallgestaltung angerissen, der allenfalls unter den Voraussetzungen der doctrine of apparent authority, d. h. aufgrund eines dem pledgor zurechenbaren Rechtsscheins einer Verfügungsermächtigung des pledgee einen redlichen Erwerb des sub-pledgee in Erwägung zieht; auf die geschriebenen Gutglaubenstatbestände, insbes. sec. 2(1) FA 1889 geht Palmer a. A. O. nicht ein. 544 Siehe § 5 II. 1. c) bb).
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Übertragung des interest eines pledgee noch bei der konstitutiven Bestellung eines sub-pledge Redlichkeitsschutz Platz. Auf den Wirkungskreis des gutgläubigen Erwerbs ist vorab in aller Kürze einzugehen,545 um im zweiten Schritt die Anwendbarkeit der einschlägigen Verkehrsschutztatbestände auf die Übertragung von limited interests und, vor allem, auf die Weiterverpfändung von pledged goods seitens einen Nichtberechtigten auf den Prüfstand zu stellen. aa) Verkehrsschutzprinzipien des personal property law Der prinzipiell für sämtliche Verfügungen geltende allgemeine Rechtsgrundsatz, dass niemand mehr Rechte übertragen kann als ihm selbst zustehen (nemo dat quod non habet),546 ist im Warenkaufrecht in sec. 21(1) SOGA 1979 niedergelegt: 545 Eingehend Atiyah (-Adams/MacQueen), Sale of Goods12 , S. 361–404; Bell, Modern Law of Personal Property in England and Ireland, S. 485–512; Bridge, The Sale of Goods2, Rn. 5.42– 5.177; Bridge/Gullifer/Low/McNeel, The Law of Personal Property2, Rn. 30-010–30-117; Goode (-McKendrick), Commercial Law5, Rn. 16-09–16-92; in dt. Sprache Rademacher, Verkehrsschutz im englischen Recht. 546 Statt vieler siehe nur Bridge (-Bridge), Benjamin’s Sale of Goods10 , Rn. 7-001. Die Parömie nemo dat quod non habet ist die im Common Law geläufige Abwandlung des römischen Rechtssatzes nemo plus iuris ad alium transferre potest quam ipse haberet (Dig. 50, 17, 54). Dieser (selbstverständlich) auch im Common Law geltende allgemeine Rechtsgrundsatz wird im Interesse der Sicherheit und Leichtigkeit des Rechtsverkehrs durch einen nicht selten kritisierten „Flickenteppich“ von (un-)geschriebenen Ausnahmetatbeständen durchbrochen. Im Kern geht es darum, das Bestandsschutzinteresse des Eigentümers mit dem öffentlichen Interesse an der Leichtigkeit und Sicherheit des Rechtsverkehrs in Ausgleich zu bringen (prägnant Denning L. J. in Bishopsgate Motor Finance Corporation v. Transport Brakes Ltd. [1949] A. C. 322, 336–337: „In the development of our law law, two principles have striven for mastery. The first is the protection of private property: no one can give a better title than he himself possesses. The second is for the protection of commercial transactions: the person who takes in good faith and for value without notice should get a good title. The first principle has held sway for a long time, but has been modified by the Common Law itself and by statute so as to meet the meeds of our own times.“ Kritisch u. a. Atiyah (-Adams/MacQueen), Sale of Goods12, S. 401–404; siehe auch Bell, Modern Law of Personal Property in England and Ireland, S. 486; Bridge/Gullifer/Low/McNeel, The Law of Personal Property2, Rn. 30-002 m. w. N. sowie – in dt. Sprache – Rademacher, Verkehrsschutz im englischen Recht, S. 58–61. Angesichts des im Vergleich zu den Generalnormen der §§ 932– 936 BGB, §§ 366, 367 HGB scharf begrenzten sachlichen Anwendungsbereichs der einschlägigen Ausnahmetatbestände vom nemo dat-Prinzip (sec. 21(1) SGA 1979) ist der Wirkungskreis des gutgläubigen Erwerbs im englischen personal property law deutlich schmaler als im deutschen Recht; entscheidend ist vor allem, dass unter den positivrechtlich normierten Erwerbstatbeständen (secs. 2–9 FA 1889, secs. 21–26 SGA 1979, Part III HPA 1964) prinzipiell nicht jeder Eigenbesitzer über fremde Sachen zu verfügen vermag, sondern nur derjenige, der die possession an fremder Sache vom owner in der rollenspezifischen Funktion eines mercantile agent, buyer, seller oder eines hirer erlangt. Wenngleich bei der ungeschriebenen Figur des apparent ownership eine vergleichbare personenbezogene Einschränkung nicht gilt, ist zu beachten, dass die Rechtsprechung einen gutgläubigen Erwerb auf der Grundlage der doctrine of estoppel nicht anerkennt, wenn der owner seine Sachen dem Verfügenden unter einem bailment überlässt; die willentliche Besitzverschaffung begründet für sich genommen keinen zurechenbaren Rechtsschein der Verfügungsberechtigung des bailee (Vgl. Mercantile Bank of India Ltd. v. Central Bank of India Ltd. [1938] A. C. 287; Atiyah (-Adams/MacQueen), Sale of Goods12, S. 367). Gänzlich anders liegt es im law of real property. So erfüllen traditionell die adverse possession (in Bezug auf estates in land) und die presciption (in Bezug auf easements und profits à prendre) die dem gutgläubigen Erwerb zugeschrie-
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„Subject to this Act, where goods are sold by a person who is not their owner, and who does not sell them under the authority or with the consent of the owner, the buyer acquires no better title to the goods than the seller had, unless the owner of the goods is by his conduct precluded from denying the seller’s authority to sell.“ 547 In Übereinstimmung mit dem in sec. 21(1) SOGA 1979 statuierten Rechtsgrundsatz erwirbt der Käufer, wenn der Verkäufer im maßgeblichen Zeitpunkt des Eigentumsübergangs nicht den hierarchisch besten legal title im Umfang eines absolute interest an der Sache innehat, grundsätzlich nur einen possessory title, nicht hingegen unangreifbares general property. Zwar helfen die unter dem Titel „transfer of title“ normierten Gutglaubenstatbestände, die Parallelvorschriften des FA 1889 und die im letzten Hs. der vorzitierten Norm angedeutete ungeschriebene doctrine of estoppel über die fehlende Verfügungsberechtigung des Veräußerers hinweg. Indes erlangt der Gutgläubige nicht zwangsläufig eine jedermann entgegensetzbare Rechtsstellung, d. h. den hierarchisch besten legal title, sei es im Umfang eines absolute interest, sei es im Umfang eines limited interest.548 Einmal mehr bricht sich die relativity of title Bahn. Je nach den Fallumständen vermag ein Scheinberechtigter nach Maßgabe der einschlägigen Redlichkeitstatbestände wirksam über einen indefeasible title oder lediglich über einen possessory title eines Dritten zu verfügen; im Verhältnis zu dem „Eigentümer“ (scil.: demjenigen, der über den hierarchisch „besten“ legal title im Umfang eines absolute interest), verfügt, zeitigt der gutgläubige Erwerb – wie der leading case National Employers’ Mutual General Insurance Association Ltd. v. Jones549 lehrt – nur dann bene Verkehrsschutzfunktion. An sich besteht im Zeitalter der weitgehend vorangeschrittenen registergestützten Dokumentation von estates in land für einen gutgläubigen Erwerb von im register of title einzutragenden oder bereits eingetragenen estates in land und interests in land schon aufgrund des in sec. 58(1) LRA 2002 statuierten title-by-registration-Prinzips gar kein Raum. Wie in § 12 II. 1. b) zu zeigen sein wird, wird dieses Prinzip freilich erheblich durch die weitreichenden judiziellen Befugnisse zur Registerberichtigung relativiert; mit welchem Maßgaben ggf. Redlichkeitsschutz beim eintragungsgestützten Erwerb vom registered proprietor in Betracht kommt, mithin eine „berichtigungsresistente“ Rechtsstellung erworben werden kann, ist ungewiss. 547 Regelungssystematisch ist diese Norm am Anfang des Titels „transfer of title“ (ss. 21–26 SGA 1979) – der sich unmittelbar an den Titel „transfer of property as between seller and buyer“ (ss. 16–20B SGA 1979) anschließt – platziert. Anders als die sprachliche Gegenüberstellung dieser im Abschnitt „effects of contract“ enthaltenen Titel vermuten lässt, entfalten die Vorschriften über den Eigentumsübergang nach ss. 16–20B SGA 1979 stets dann allseitige Wirkung, wenn der Verkäufer als Berechtigter agiert. Eine allenfalls relative Eigentumszuordnung entsteht – wie sich aus dem Zusammenspiel mit ss. 21–26 SGA 1979 entnehmen lässt – nur dann, wenn der Verkäufer im maßgeblichen Zeitpunkt des Eigentumsübergangs selbst nicht „Eigentümer“ ist oder, aus englischer Sicht, nicht den hierarchisch besten legal title im Umfang eines absolute interest an der Sache innehat. Auch der bloße possessory title eines Diebes oder ein sonstiger lediglich relativ wirksamer Besitzrechtstitel ist ein taugliches Verfügungsobjekt und geht daher im Wege des sale auf den Käufer über; siehe nur Bridge/Gullifer/Low/McNeel, The Law of Personal Property2, Rn. 30-002. 548 Vgl. Bridge/Gullifer/L ow/McNeel, The Law of Personal Property2 , Rn. 30-063; Goode (-McKendrick), Commercial Law5, Rn. 2–84, 16.71. 549 National Employers’ Mutual General Insurance Association Ltd. v. Jones [1990] 1 A. C. 24. Der Entscheidung lag ein Rechtsstreit zwischen dem (Alt-)Eigentümer und dem gutgläubi-
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Wirkung, wenn die Scheinberechtigung des Veräußerers dem Eigentümer objektiv zurechenbar ist.550 Das – entgegen dem Normwortlaut551 – stringent durchgeführte Relativitätsdogma verwirklicht somit Eigentumsschutz: Der Inhaber des absolute interest geht seines hierarchisch überlegenen legal title nicht dadurch verlustig, dass der Inhaber eines possessory title die fremde Sache einer anderen Person als agent, buyer oder seller überlässt; dies gilt sowohl für die geschriebenen als auch für die ungeschriebenen Verkehrsschutztatbestände.552 gen Käufer eines dem Eigentümer gestohlenen Kraftfahrzeugs zugrunde. Der Beklagte hatte das Fahrzeug von einem Vorbehaltskäufer gekauft, dem das Fahrzeug in Vollzug des Kaufvertrags (mit retention of title clause) bereits übergeben worden war; da er den Kaufpreis noch nicht gezahlt hatte, war der Vorbehaltskäufer im Verhältnis zum Vorbehaltsverkäufer im Zeitpunkt des Weiterverkaufs noch nicht Inhaber des „general property“ gem. sec. 17 SGA 1979. Dem Beklagten überließ er gleichwohl bereits den Gebrauch des Fahrzeugs und erhielt von diesem auch den Kaufpreis. Wie das Fahrzeug zuvor in die Hände des Vorbehaltsverkäufers gelangte, blieb unklar, war aber auch nicht entscheidungserheblich; unstrittig war jedenfalls, dass der Wagen früher einmal dem Kläger gehörte und diesem gestohlen worden war. Die Tatbestandsvoraussetzungen von sec. 9 FA 1889 (bzw. sec. 25 SGA 1979) lagen bei Lichte betrachtet vor; der Beklagte hatte von einem buyer in possession – der sich mit Zustimmung seines Verkäufers im Verfügungszeitpunkt im Besitz des Fahrzeugs befand – unter einem (unbedingten) Kaufvertrag den Besitz am Fahrzeug erhalten. Gleichwohl verneinte Lord Goff – die anderen Lordrichter schlossen sich ihm einstimmig an – einen gutgläubigen „Eigentumserwerb“ im Verhältnis zum bestohlenen Kläger. Zwar heißt es in sec. 2(1) FA 1889, dass die Verfügung „shall have the same effect as if the person making the delivery or transfer were a mercantile agent in possession of the goods or documents of title with the consent of the owner.“ Als „owner“ i. S. v. sec. 9 FA 1889 sei aber nicht der völlig unbeteiligte Eigentümer (i. S. des Inhabers eines indefeasible title im Umfang des absolute interest), sondern diejenige Person anzusehen, die dem scheinbar verfügungsberechtigten Käufer den Sachbesitz übertrage. Diese Auslegung bezieht sich zwar ausdrücklich nur auf die konkret in Rede stehende Rechtsvorschrift in sec. 9 FA 1889; für den vergleichbaren Erwerbstatbestand in sec. 8 FA 1889 soll aber nichts anderes gelten (Bell, Modern Law of Personal Property in England and Ireland, S. 508–510; Bridge/Gullifer/Low/McNeel, The Law of Personal Property2, Rn. 30-064). Der Schutz des gutgläubigen Erwerbers nach der estoppel-Lehre wirkt ohnehin nur gegenüber demjenigen, dem der maßgebliche Rechtsschein der Eigentums bzw. der Verfügungsberechtigung des Veräußerers zurechenbar ist; der Inhaber eines höherrangigen Besitzrechtstitels, der für den vom Inhaber eines bloßen possessory title gesetzten Rechtsschein nicht verantwortlich ist, kann mithin unproblematisch die Sache auch vom gutgläubigen Erwerber herausverlangen (Atiyah (-Adams/ MacQueen), Sale of Goods12, S. 372). 550 Bridge/Gullifer/L ow/McNeel, The Law of Personal Property2 , Rn. 30-064; Goode (-McKendrick), Commercial Law5, Rn. 16-71. Dies ist prinzipiell zu verneinen, wenn diejenige Person, die dem Verfügenden den Besitz an der Sache unter den einschlägigen Rechtsvorschriften als buyer in possession oder seller in possession überträgt (vgl. secs. 8, 9 FA 1889, secs- 24, 25 SGA 1979), selbst lediglich einen possessory title innehat und die veräußerte fremde Sache dem wirklichen Eigentümer abhandengekommen ist (siehe National Employers’ Mutual General Insurance Association Ltd. v. Jones [1990] 1 A. C. 24). Sowohl beim Erwerb vom Berechtigten als auch beim Erwerb vom Nichtberechtigten kommt es darauf an, das Verfügungsobjekt erstens hinsichtlich des Rechtsumfangs (absolute interest bzw. general property oder limited interest bzw. special property?) und zweitens in Bezug auf die Qualität der Berechtigung des Verfügenden (indefeasible title oder possessory title?) exakt zu bestimmen. 551 Bridge/Gullifer/L ow/McNeel, The Law of Personal Property2 , Rn. 30-064. 552 Vgl. Bell, Modern Law of Personal Property in England and Ireland, S. 508–510; Bridge, The Sale of Goods2, Rn. 5.60–5.84; Bridge/Gullifer/Low/McNeel, The Law of Personal Property2, Rn. 30-064.
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Unter der doctrine of estoppel sind zwei Verkehrsschutztatbestände zusammengefasst: Zum einen die Rechtsfigur der apparent authority, die zu einer Rechtsscheinshaftung des Prinzipals führt, und zum anderen die Rechtsfigur des apparent ownership, die in Durchbrechung des strikten nemo dat-Prinzips einen gutgläubigen Erwerb dann ermöglicht, wenn der Nichtberechtigte im eigenen Namen über fremde Sachen verfügt.553 Fallgruppenartig zusammengefasst werden die estoppelKonstellationen unter den Oberbegriffen „estoppel by representation“, „estoppel by words“, „estoppel by conduct“ und „estoppel by negligence“.554 Diesen kasuistisch erschlossenen Ausnahmetatbeständen liegt ein übergreifendes Rechtsscheinsprinzip zugrunde: Wer durch sein aktives, (non-)verbales Tun oder pflichtwidriges Unterlassen zurechenbar den Anschein setzt oder unterhält, dass der Veräußerer entweder Eigentümer oder zur Veräußerung im eigenen oder fremden Namen berechtigt sei, soll sich dem Erwerber gegenüber nicht auf die fehlende Rechtsmacht des Veräußerers berufen können.555 Dabei ist die Rechtsprechung tendenziell bemüht, das Veranlassungsprinzip im Interesse des Bestandsschutzes nicht übermäßig auszudehnen.556 Die Besitzüberlassung durch den Eigentümer schafft allein 553
Siehe Goode (-McKendrick), Commercial Law5, Rn. 16-13–16.24. Näher hierzu Atiyah (-Adams/MacQueen), Sale of Goods12, S. 364–373; Bridge (-Bridge), Benjamin’s Sale of Goods10, Rn. 7-009–7-017. 555 Vgl. Atiyah (-Adams/MacQueen), Sale of Goods12 , S. 364. Weil die auf die doctrine of estoppel gestützte, tendenziell vorsichtige Rechtsprechung zur Rechtsscheinshaftung des Prinzipals und zum gutgläubigen Erwerb vom Nichtberechtigten das Vertrauen auf die Vertretungsund Verfügungsmacht professioneller Händler nur unzureichend schützte, erließ der Gesetzgeber im vorvergangenen Jahrhundert in mehreren Factors Acts mehrere die richterrechtlich entwickelten Figuren der apparent authority und des apparent ownership ergänzenden Verkehrsschutztatbestände für Verfügungen durch mercantile agents (Bell, Modern Law of Personal Property in England and Ireland, S. 496–497). Denn wenngleich ein Käufer nach der doctrine of estoppel beim Warenverkauf durch einen nicht vertretungs- oder verfügungsberechtigten Händler einen dem Alteigentümer entgegensetzbaren legal title erwerben konnte, sofern diese die Waren willentlich dem Händler anvertraut hatte (Atiyah (-Adams/MacQueen), Sale of Goods12, S. 368), wurde bei der Verpfändung fremder Waren durch einen Händler kein Vertrauensschutz gewährt (siehe etwa Johnson v. Stear (1863) 15 C. B. (N. S.) 330; 143 E. R. 812). Für den Handelsverkehr war dies misslich. Um Waren aus den Kolonien zu importieren, waren britische Händler meistens auf Kontokorrentkredite und kurzfristige Darlehen angewiesen, die von Seiten der Banken nur gegen Verpfändung der Traditionspapiere – typischerweise gegen Rückgabe derselben unter sog. trust receipts – vergeben wurden (siehe nur die Fallgestaltungen in Mercantile Bank of India Ltd. v. Central Bank of India Ltd. [1938] A. C. 287 und Lloyds Bank Ltd. v. Bank of America National Trust and Savings Association [1938] 2 K. B. 147). Dementsprechend erstreckte der Gesetzgeber den sachlichen Anwendungsbereich der einschlägigen Verkehrsschutznormen ausdrücklich auf die Verpfändung von goods seitens eines mercantile agent; ihren Endpunkt fand diese Entwicklung in sec. 2(1) FA 1889. 556 Vgl. Bell, Modern Law of Personal Property in England and Ireland, S. 486. Abstrakte Zurechnungskriterien lassen sich aus den wechselhaften und kaum verallgemeinerungsfähigen Einzelfallentscheidungen im Wege induktiver Rechtsfindung kaum entfalten; zudem ist nicht abschließend geklärt, unter welchen Voraussetzungen das Vertrauen des Kontrahenten auf die Berechtigung des Verfügenden schutzwürdig ist. Atiyah (-Adams/MacQueen), Sale of Goods12, S. 366 vertreten die unter Rekurs auf allgemeine Grundsätze der doctrine of stoppel die Auffassung, dass nur diejenige Person schutzwürdig sei, die im Vertrauen auf die Berechtigung des Veräußerers nachteilige Vermögensdispositionen treffe. Im Kontext der hier zu untersuchenden spe554
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nicht den erforderlichen zurechenbaren Rechtsschein für das Eigentum bzw. für die Vertretungs- oder Verfügungsbefugnis.557 Dem Eigentümer wird auch nicht etwa eine für einen estoppel by negligence – in Übereinstimmung mit den tort of negligence – erforderliche Sorgfaltspflicht auferlegt, sich gegen Diebstahl zu schützen.558 Flankiert wird die doctrine of estoppel durch die normierten Gutglaubenstatbestände, die jeweils an eine bestimmte rollenspezifische Kompetenz des scheinberechtigten Veräußerers anknüpfen.559 Von zentraler Bedeutung ist die in sec. 2 FA 1889 bestimmte Verfügungsmacht – nicht Verfügungsbefugnis(!) – eines mercantile agent.560 Nach dieser Vorschrift ist sowohl ein Verkauf (sale) als auch eine Verzifischen Wirkungen des gutgläubigen Erwerbs in Bezug auf mehrstufige Belastungen bedarf dies keiner vertieften Untersuchung. Dahinstehen kann hier ferner die umstrittene Frage, ob der Veräußerung durch den Nichtberechtigten unter den Voraussetzungen der estoppel-Lehre eigentumstransportierende Wirkung zukommt oder aber der für den Rechtsschein verantwortliche „Eigentümer“ lediglich an der Durchsetzung seiner Rechte gegenüber dem redlichen Erwerber gehindert ist (siehe Atiyah (-Adams/MacQueen), Sale of Goods12, S. 372). Wohl überwiegend wird aber dafür plädiert, dass der estoppel nicht eine bloße Einrede gegen den Alteigentümer begründe, sondern einen Eigentumsübergang bewirke; der gutgläubige Erwerber erlangt mithin aus englischer Sicht einen indefeasible title (vgl. Bridge (-Bridge), Benjamin’s Sale of Goods10, Rn. 7-008 m. w. N.). 557 Vgl. Mercantile Bank of India Ltd. v. Central Bank of India Ltd. [1938] A. C. 287; Atiyah (-Adams/MacQueen), Sale of Goods12, S. 367. 558 Mercantile Bank of India Ltd. v. Central Bank of India Ltd. [1938] A. C. 287; Atiyah (-Adams/MacQueen), Sale of Goods12, S. 369–370; Sheehan, The Principles of Personal Property Law2, S. 58–59. Ein estoppel by negligence wurde von der Rechtsprechung im Ergebnis meistens abgelehnt (vgl. Bridge, Personal Property Law4, S. 203–204; siehe aber z. B. Coventry Shepherd & Co. v. Great Eastern Rly Co. (1883) 11 Q. B.D. 776: Die Beklagte hatte versehentlich zwei Lieferscheine über dieselbe Ware ausgestellt, was der Empfänger dazu ausnutzte, die Waren zunächst zu verkaufen und dann an die redliche Klägerin zu verpfänden; die Beklagte konnte sich gegenüber der Klägerin nach Ansicht des Gerichts aufgrund eines estoppel by negligence nicht auf ihr Eigentum berufen, da sie aufgrund der Ausstellung der Lieferscheine ihre Sorgfaltspflichten verletzt und damit einen zurechenbaren Anschein der Verfügungsberechtigung des Inhabers geschaffen habe). 559 Der rein akademischen Frage, ob diese dem originären oder dem derivativen Rechtserwerb zuzuordnen sind, schenkt die englische Jurisprudenz nur wenig Beachtung (Goode (-McKendrick), Commercial Law5, Rn. 2.30: „With its customary pragmatism, English law has never conceptualized such forms of acquisition, so that it is unclear whether they are examples of original ownership or whether the acquirer merely succeeds to the title or titles of one or more prior parties.“ McKendrick a. A. O. Rn. 2.82–2.84 selbst begnügt sich in seiner Analyse damit, dass das Regime des gutgläubigen Erwerbs einfach eine Kollision konkurrierender title löse, ohne die konzeptionelle Frage zu beantworten, ob der redliche Erwerber einen neu entstehenden title oder derivativ den des nichtberechtigten Veräußerers (!) erwerbe, welcher den title derjenigen Person, die für den Rechtsschein der Verfügungsberechtigung verantwortlich sei (vereinfacht: der owner), verdränge. Die dritte Deutungsvariante, dass der redliche Erwerber den title des owner durch die Verfügung des Nichtberechtigten derivativ erwerbe, lehnt McKendrick ebd. dezidiert ab, da sich Natur und Inhalt des erworbenen interest ausschließlich nach dem Verfügungsvertrag zwischen dem Nichtberechtigten und dem redlichen Erwerber und nicht nach dem Vertragsverhältnis zwischen dem owner und dem Nichtberechtigten richteten. 560 Sec. 2. FA 1889: Powers of mercantile agent with respect to disposition of goods. (1) Where a mercantile agent is, with the consent of the owner, in possession of goods or of the documents of title to goods, any sale, pledge, or other disposition of the goods, made by him when
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pfändung (pledge) und jede andere nicht genehmigte Verfügung (disposition) eines mercantile agent über fremde körperliche Sachen (goods), die sich mit Zustimmung des „Eigentümers“ (owner) – besser: des Inhabers des unberechtigt transferierten oder belasteten Rechts – in der possession des mercantile agent befinden,561 ebenso wirksam wie eine mit Zustimmung des „Eigentümers“ vorgenommene Verfügung, es sei denn, dass der Erwerber nicht in gutem Glauben ist.562 Ausweisacting in the ordinary course of business of a mercantile agent, shall, subject to the provisions of this Act, be as valid as if he were expressly authorised by the owner of the goods to make the same; provided that the person taking under the disposition acts in good faith, and has not at the time of the disposition notice that the person making the disposition has not authority to make the same. (2) Where a mercantile agent has, with the consent of the owner, been in possession of goods or of the documents of title to goods, any sale, pledge, or other disposition, which would have been valid if the consent had continued, shall be valid notwithstanding the determination of the consent: provided that the person taking under the disposition has not at the time thereof notice that the consent has been determined. (3) Where a mercantile agent has obtained possession of any documents of title to goods by reason of his being or having been, with the consent of the owner, in possession of the goods represented thereby, or of any other documents of title to the goods, his possession of the firstmentioned documents shall, for the purposes of this Act, be deemed to be with the consent of the owner. (4) For the purposes of this Act the consent of the owner shall be presumed in the absence of evidence to the contrary. 561 Grundsätzlich agiert ein agent im Namen des Prinzipals, wohingegen ein factor auf Rechnung des Prinzipals Verträge im eigenen Namen schließt; zur Abgrenzung Goode (-McKendrick), Commercial Law5, Rn. 5.10–5.11. Nach allgemeinen Grundsätzen des englischen Vertretungsrechts wird der Prinzipal – im Gegensatz zu der vorherrschenden Vertretungskonstruktion auf dem Kontinent – auch bei einer undislosed agency aus dem vom agent geschlossenen Vertrag berechtigt und verpflichtet, soweit dieser im Rahmen seiner Vertretungsmacht tätig wird; der Unterscheidung zwischen Handeln in fremden und im eigenen Namen kommt deshalb nicht dieselbe Relevanz zu wie in den kontinentaleuropäischen Rechtsordnungen, vgl. Zweigert/Kötz, Einführung in die Rechtsvergleichung3, § 32 IV (S. 433–434). Aus diesem Grund geht es auch bei einer Verfügung seitens eines undisclosed agent, der die Schranken seiner Vertretungsberechtigung überschreitet oder völlig ohne authority oder consent des Prinzipals handelt, um ein Rechtsgeschäft, das unter Durchbrechung allgemeiner vertragsrechtlicher Grundsätze so behandelt wird, als ob der Prinzipal Vertragspartner des redlichen Erwerbers wäre, diesem also selbst die betreffenden Sachen oder Wertpapiere veräußert hätte. 562 Der ambivalente Rechtsbegriff des mercantile agent i. S. v. sec. 2 FA 1889 wird tendenziell weit ausgelegt (Bridge (-Bridge), Benjamin’s Sale of Goods10, Rn. 7-032; Bell, Modern Law of Personal Property in England and Ireland, S. 497–498; Goode (-McKendrick), Commercial Law5, Rn. 16.37; siehe auch Bridge, The Sale of Goods2, Rn. 5.88: Bridge/Gullifer/Low/McNeel, The Law of Personal Property2, Rn. 30-050). Zum einen geht es um Handelsvertreter, die ohne oder unter Überschreitung der ihnen eingeräumten Vertretungsmacht Verträge im Namen des Prinzipals schließen. Der Prinzipal wird aus dem abgeschlossenen sale berechtigt und verpflichtet (vgl. sec. 12(3) FA 1889). Werden Sachen des Prinzipals unter Überschreitung der Vertretungsmacht verpfändet, kann dieser den pledge durch Tilgung der Schuldforderung ablösen (sec. 12(2) FA 1889. Zum anderen erfasst die Norm Kommissionäre, die auf fremde Rechnung ohne oder unter Überschreitung einer rechtsgeschäftlichen Verfügungsmacht über fremde Sachen disponieren. Der Verfügung über goods (i. S. v. sec. 1(3) FA 1889) sind Verfügungen über documents of title (sec. 1(4) FA 1889) durch einen mercantile agent gleichgestellt. Damit korrespondierend begründet auch die possession (i. S. v. sec. 1(2) FA 1889) an documents of title, d. h. Konnossementen (bills of lading) und anderen Warenwertpapieren einschließlich bloßen Lieferscheinen, einen hin-
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lich der einschlägigen Legaldefinition des „pledge“ in sec. 1(5) FA 1889 erstreckt sich der sachliche Anwendungsbereich dieses Gutglaubenstatbestands auf alle zu Sicherungszwecken erfolgenden Transaktionen einschließlich der Sicherungsübertragung (mortgage) und der Einräumung einer equitable charge.563 Abgesehen von der in sec. 2 FA 1889 normierten Konstellation kommt insbesondere bei Verfügungen eines nichtberechtigten seller/buyer, der bei Abschluss des betreffenden Rechtsgeschäfts possession an der bereits veräußerten bzw. noch im Eigentum des Verkäufers stehenden Kaufsache ausübt (secs. 8, 9 FA 1889), ein gutgläubiger Erwerb in Betracht.564 Wenngleich diese Erwerbstatbestände – die nahezu inhaltsgleich in secs. 24, 25 SGA 1979 geregelt sind – im Detail von sec. 2(1) FA 1889 abweichen,565 reichenden Rechtsschein für die Verfügungsberechtigung über die in der Urkunde bezeichneten Waren. 563 Dies entnimmt man daraus, dass es bei sec. 2(1) FA 1889 nicht auf eine Besitzübertragung (delivery) an den Erwerber ankomme; vgl. Bridge/Gullifer/McNeel/Worthington, The Law of Personal Property, Rn. 13-018. In Bezug auf die Bestellung eines pledge an fremden Sachen durch einen mercantile agent sind secs. 3, 4, 12(2) FA 1889 zu beachten (siehe Bridge (-Bridge), Benjamin’s Sale of Goods10, 7-049–7-052). Zum einen begründet die Besitzverschaffungsmacht hinsichtlich der dem mercantile agent überlassenen documents of title einen hinreichenden Rechtsscheinstatbestand; die Verpfändung der Traditionspapiere durch einen mercantile agent ist mithin unter den Voraussetzungen von sec. 2(1) FA 1889 gegenüber dem owner wirksam (Bridge (-Bridge), Benjamin’s Sale of Goods10, Rn. 7-049). Zum anderen schließt sec. 4 FA 1889 einen gutgläubigen Pfandrechtserwerb vom Nichtberechtigten aus, soweit es um die Sicherung rückständiger Verbindlichkeiten des mercantile agent gegenüber dem pledgee geht (vgl. Bridge, The Sale of Goods2, Rn. 5.107; Bridge (-Bridge), Benjamin’s Sale of Goods10, Rn. 7-051). Wenn also ein mercantile agent bspw. wegen Kontenüberziehung die ihm vom Prinzipal überlassenen Waren oder Traditionspapiere seiner Bank verpfändet, kann die Bank dem Herausgabeverlangen des Prinzipals allenfalls nach sec. 12(2) FA 1889 ein lien (d. h. eine dilatorische Einrede) wegen der dem mercantile agent zustehenden Forderungen aus dem Handelsvertreter- bzw. Kommissionsgeschäft entgegenhalten (Bridge (-Bridge), Benjamin’s Sale of Goods10, Rn. 7-051). Zum Spezialtatbestand des gutgläubigen Erwerbs eines lien zur Sicherung von Forderungen des Verkaufskommissionärs aus der Konsignationskommission gem. sec. 7(1) FA 1889 näher Bridge, The Sale of Goods2, Rn. 5.110–5.112. 564 Die weiteren normierten Verkehrsschutztatbestände sind hier nicht relevant. So erfasst sec. 23 SGA 1979 den Fall, dass der Verkäufer unter einem anfechtbaren Verfügungsvertrag die verkaufte Sache erwirbt und deshalb nur über einen „voidable title“ verfügt; ficht dessen Veräußerer nachträglich den Vertrag an, hindert dies den Eigentumserwerb des (Zwei-)Käufers nicht, wenn dieser im Zeitpunkt des Abschlusses des sale gutgläubig ist (Bridge (-Bridge), Benjamin’s Sale of Goods10, Rn. 7-021). Eine weitere Ausnahme von sec. 21(1) SGA 1979 ist in Part III HirePurchase Act 1964 für den Fall des Verkaufs eines Kraftfahrzeugs durch einen Miet- bzw. Vorbehaltskäufer: Veräußert dieser an einen Verbraucher, erwirbt dieser, sofern gutgläubig, einen dem Vorbehaltsverkäufer bzw. Vermieter entgegensetzbaren legal title (näher Bridge/Gullifer/ Low/McNeel, The Law of Personal Property2, Rn. 30-095–30-099; Goode (-McKendrick), Commercial Law5, Rn. 16.72–16.92). Demgegenüber ist die altbekannte Regel über den Verkauf von Sachen auf einem öffentlichen Markt (sog. market-overt-rule) längst obsolet (Bridge/Gullifer/ McNeel/Worthington, The Law of Personal Property, Rn. 13-009; Goode (-McKendrick), Commercial Law5, Rn. 16–28). 565 Sec. 8 FA 1889. Disposition by seller remaining in possession. Where a person, having sold goods, continues, or is, in possession of the goods or of the documents of title to the goods, the delivery or transfer by that person, or by a mercantile agent acting for him, of the goods or documents of title under any sale, pledge, or other disposition thereof, or under any agreement for sale, pledge, or other disposition thereof, to any person receiving
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sind die Tatbestandsstrukturen vergleichbar und der Schutzzweck identisch.566 Der seller/buyer (als Inhaber des general property) muss sich den durch die willentlich überlassene Sachherrschaft begründeten apparent ownership seines Vertragsgegners zurechnen lassen; die Verfügungsmacht des nichtberechtigten seller/buyer entspricht der eines mercantile agent.567 the same in good faith and without notice of the previous sale, shall have the same effect as if the person making the delivery or transfer were expressly authorised by the owner of the goods to make the same. Sec. 9 FA 1889: Disposition by buyer obtaining possession. Where a person, having bought or agreed to buy goods, obtains with the consent of the seller possession of the goods or the documents of title to the goods, the delivery or transfer, by that person or by a mercantile agent acting for him, of the goods or documents of title, under any sale, pledge, or other disposition thereof, or under any agreement for sale, pledge, or other disposition thereof, to any person receiving the same in good faith and without notice of any lien or other right of the original seller in respect of the goods, shall have the same effect as if the person making the delivery or transfer were a mercantile agent in possession of the goods or documents of title with the consent of the owner. [For the purposes of this section – (i) the buyer under a conditional sale agreement shall be deemed not to be a person who has bought or agreed to buy goods, and (ii) „conditional sale agreement“ means an agreement for the sale of goods which is a consumer credit agreement within the meaning of the Consumer Credit Act 1974 under which the purchase price or part of it is payable by instalments, and the property in the goods is to remain in the seller (notwithstanding that the buyer is to be in possession of the goods) until such conditions as to the payment of instalments or otherwise as may be specified in the agreement are fulfilled.]. 566 Während die fehlende Verfügungsberechtigung des seller in possession einfach daraus resultiert, dass das general property im Wege des sale (sec. 1(4) SGA 1979) bereits übergegangen ist, kann der buyer in possession sowohl unter einem bloßen agreement to sell (sec. 1(5) SGA 1979) als auch unter einem eigentumstransportierenden sale als Nichtberechtigter agieren. Letzteres ist dann relevant, wenn das Eigentum noch mit einem equitable lien oder einem anderen Recht des Verkäufers belastet ist oder aber der Kaufvertrag anfechtbar ist und der Verkäufer nach der Verfügung des Käufers anficht (richtig m. E. Bridge (-Bridge), Benjamin’s Sale of Goods10, Rn. 7-071; Bridge/Gullifer/Low/McNeel, The Law of Personal Property2, Rn. 30-085; die Konstellationen des gutgläubig-lastenfreien Erwerbs und der Anfechtung des Erstkauvertrages übersehend Atiyah (-Adams/MacQueen), Sale of Goods12, S. 388, die sec. 9 FA 1889 für unanwendbar erachten, wenn der Käufer bereits Eigentümer sei, da er dann immer einen „good title“ übertragen könne). 567 Soweit secs. 8, 9 FA 1889 (secs. 24, 25 SGA 1979) – im Gegensatz zu secs. 24, 25 SGA 1979 – einen bestimmten Modus in Form der „delivery or transfer of the goods or documents of title“ in Vollzug des betreffenden Verfügungsgeschäfts voraussetzen, wirkt sich dieser Detailunterschied im Ergebnis nicht aus. Abgesehen davon, dass es unstreitig keiner realen Übergabe der goods an den Erwerber bedarf, wird das Konzept der „constructive delivery“ von einer verbreiteten Ansicht dahin ausgelegt, dass der Verfügende weiterhin im Besitz bleiben könne, sofern nur das unmittelbare Recht auf den Besitz auf den Erwerber übergehe. Letztlich läuft dies auf die Anerkennung eines constitutum possessionis hinaus (siehe zum Ganzen Atiyah (-Adams/MacQueen), Sale of Goods12, S. 385- 386 m. w. N.). Auf der anderen Seite reicht der sachliche Anwendungsbereich von secs. 8, 9 FA 1889 offenbar über den von secs. 24, 25 SGA 1979 hinaus, da jene Normen – parallel zu sec. 2(1) FA 1889 – nicht nur „any sale, pledge, or other disposition“, sondern ausdrücklich noch „any agreement for sale, pledge, or other disposition“ erfassen. Die Auslegung von secs. 8, 9 FA 1889 ist insoweit nicht abschließend geklärt (näher Bridge (-Bridge), Benjamin’s Sale of Goods10, Rn. 7-065). Zumindest dürfte ein tatbestandsmäßiges agreement, z. B. ein Kauf unter Eigentumsvorbehalt (vgl. sec. 1(5) SGA 1979), eine etwaige Haftung des designierten Erwerbers wegen conversion gegenüber dem Eigentümer ausschließen. Und wenngleich der Vorbehaltskäu-
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bb) Verkehrsschutz in Bezug auf Verfügungen über special property? Schon die vorstehenden Ausführungen legen nahe, dass sowohl die doctrine of estoppel als auch die normierten Gutglaubenstatbestände darauf zielen, die Leichtigkeit und Sicherheit des Geschäfts- und Handelsverkehrs zu fördern. Das Refinanzierungsgeschäft wird nicht in vergleichbarer Hinsicht begünstigt; entsprechende Verkehrsschutztatbestände gibt es für die (Sicherungs-)Übertragung und Weiterverpfändung eines security interest – mortgage, equitable charge, pledge und lien – nicht. Augenscheinlich wird die Sicherungsübertragung resp. die Verpfändung von verpfändeten oder zur Sicherheit übereigneten goods nicht als typisches Verkehrs- und Kreditgeschäft betrachtet, das im gesamtwirtschaftlichen Interesse zu fördern ist. Wie angerissen, wäre ein hypothetischer Redlichkeitsschutz bei Refinanzierungstransaktionen – die Anwendbarkeit der Verkehrsschutztatbestände auf die Übertragung und Belastung von limited interests einmal unterstellt – überhaupt nur in einigen, praktisch wohl unbedeutenden Fallkonstellationen relevant. Zunächst einmal stellt sich die Frage eines redlichen Erwerbs eines special property kraft Weiterverpfändung in der vorbeschriebenen erstgenannten Fallgestaltung, in der ein pledgee sich über ein ihm auferlegtes Besitzüberlassungs- oder Verpfändungsverbot hinwegsetzt, nur unter der Prämisse, dass der vertraglichen Abrede verfügungsbeschränkende Wirkung zukommt.568 Dies ist aber alles andere als gewiss. Wer mit der (vorzugswürdigen) Gegenansicht einem repudiatory breach des pledgee nicht die Wirkung zumisst, dass hierdurch das dingliche Recht eo ipso und uno actu erlösche,569 hat gar keinen Anlass, die Frage eines redlichen Erwerbs vom Nichtberechtigten bei verbotswidriger Weiterverpfändung auch nur zu thematisieren. Steht hingegen weder dem Verfügenden noch irgendeiner anderen Person ein special property an den präsumtiven pledged goods zu570 und verschafft der verfer fraglos nicht bereits mit dem Abschluss des agreement to sell einen dem Alteigentümer entgegensetzbaren title erlangt (Re Highway Foods International Ltd. [1995] B. C.C. 271, 278 (Nugee Q. C.); Bridge (-Bridge), Benjamin’s Sale of Goods10, Rn. 7-065), spricht einiges dafür, dass er wegen der in secs. 8, 9 SGA 1979 angeordneten Bindungswirkung des agreement to sell bei Bedingungseintritt durch Kaufpreiszahlung einen hierarchisch überlegenen legal title im Verhältnis zum Alteigentümer erwirbt. Gegen einen gutgläubigen Erwerb eines dem wirklichen Eigentümer entgegensetzbaren legal title durch conditional sale wird aber der intrasystematische Vergleich mit sec. 2(1) FA angeführt: Weil nach dieser Norm ein redlicher Erwerb vom mercantile agent nur aufgrund eines „sale, pledge, or other disposition“ möglich sei, mithin ein bloßes agreement to sell nicht genüge, und der Erwerber nach secs. 8, 9 FA 1889 so gestellt werde, als ob der verfügende buyer in possession bzw. seller in possession ein mercantile agent sei, könne der Käufer aus sec. 8, 9 FA 1889 keine weitergehenden Rechte herleiten als bei einer Verfügung durch einen nichtberechtigten mercantile agent (vgl. (Atiyah (-Adams/MacQueen), Sale of Goods12, S. 388, 394). 568 Siehe hierzu § 5 III. 4. c). 569 Bell, Modern Law of Personal Property in England and Ireland, S. 146; Bridge, Personal Property Law4, S. 278–279. 570 Möglich ist dies z. B. dann, wenn ein pledge mangels gesicherter Forderung oder mangels Verfügungsbefugnis des pledgor nicht entstanden oder wegen Schuldtilgung oder auf andere Weise erloschen ist oder weil der Verfügende die possession gar nicht unter einem pfandrechtsbegründenden bailment erlangt hat. Demgegenüber ist zu beachten, dass etwaige Mängel der
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meintliche pledgee sodann einem Dritten, einem Gläubiger unter versuchter Übertragung oder Weiterverpfändung des bloßen Scheinrechts, possession an fremder Sache, liegt darin jedenfalls eine tort-rechtlich sanktionierte conversion seitens des Verfügenden. Wer freilich genau weiß, dass ihm selbst kein begrenztes Sachenrecht, geschweige denn das Eigentum zusteht, wird sich, auch wenn dies empirisch schwer nachzuweisen sein dürfte, wohl kaum als bloßer pledgee, sondern als Scheineigentümer, d. h. als Inhaber eines absolute interest an der Sache gerieren, um diese als Kreditsicherungsobjekt anzubieten. Maßt sich der Verfügende aber ein general property an, hat dies mit einer Übertragung oder Belastung eines fiktiven special property seitens eines vermeintlichen pledgee nichts zu tun. Sollte ein Nichtberechtigter lediglich eine begrenzte Rechtsstellung – z. B. die eines pledgee – für sich in Anspruch nehmen, scheidet ein gutgläubiger Erwerb eines jedermann entgegensetzbaren special property nach den normierten Verkehrsschutzvorschriften aus. Der Erwerber erlangt einen dem Verfügenden entgegensetzbaren possessory title (im Quantum eines limited interest) und bleibt auf vertragliche Schadensersatzansprüche gegen den Verfügenden verwiesen.571 (1) Secs. 2(1), 8, 9 FA 1889, secs. 24, 25 SGA 1979 Was zunächst die übereinstimmend in secs. 2, 8, 9 FA 1889, secs. 24, 25 SOGA 1979 verlangte „Verfügung“ (disposition) zwischen dem Nichtberechtigten und dem Erwerber anbelangt, spricht zwar nicht dagegen, hierunter sowohl die Bestellung eines sub-pledge als auch die „uneingeschränkte“ Übertragung (outright transfer) eines schuldrechtlichen Sicherungsabrede (security agreement) nicht die Wirksamkeit des dinglichen Rechts des pledgee berühren, sofern der pledge im Wege der delivery an den pledgee „perfektioniert“ wird (vgl. Goode (-McKendrick), Commercial Law5, Rn. 23.11). Das englische Regime der security interests folgt insoweit einem Trennungsprinzip in Form eines Abstraktionsprinzips (siehe auch von Bar, Gemeineuropäisches Sachenrecht II, Rn. 285): Die (umfassende) Drittwirksamkeit des zu bestellenden security interest setzt eine perfection voraus, die je nach Rechtstypus und Bezugspunkt variiert: Sofern dieser Vollzugsakt – hier die Übertragung der possession – erfolgt, sind Mängel des security agreement, namentlich Formnichtigkeit oder mangelnde consideration, unschädlich (Goode (-McKendrick), Commercial Law5, Rn. 23.11). Letzteres bedeutet nicht etwa eine Ausnahme vom Prinzip der Entstehungs- und Erlöschensakzessorietät der security interests; ohne eine gesicherte Forderung entsteht nicht einmal inter partes ein vollwirksamer security interest, es fehlt mithin am sog. attachment (Goode (-McKendrick), Commercial Law5, Rn. 23.15–23.17). 571 So haftet der pledgor, sofern er nicht zur Verfügung über die verpfändete Sache berechtigt ist, jedenfalls wegen Verletzung einer warranty of title und ggf. auch wegen arglistiger Täuschung (fraudulent misrepresentation); vgl. Advanced Industrial Technology Corporation Ltd. v. Bond Street Jewellers Ltd. [2006] EWCA Civ 923; Singer Manufacturing Co v. Clark [1874–80] All ER Rep 952, 955 (Hawkins J.); Beale/Bridge/Gullifer/Lomnicka, The Law of Security and Title-Based Financing2, Rn. 5.08; Bridge/Gullifer/Low/McNeel, The Law of Personal Property2, Rn. 15011. Im Wege ergänzender Vertragsauslegung wird unterstellt, dass der pledgor zumindest stillschweigend dafür einstehe, dass er entweder Eigentümer oder mit einer vom Eigentümer erteilten Verfügungsermächtigung agiere, es sei denn, dass ausnahmsweise – entsprechend sec. 12(3) SGA 1979 – vereinbart ist, dass der pledgor einen bloß relativ wirksamen legal title verpfändet. Im Verhältnis zum wirklichen Eigentümer ist der pledgee zur Herausgabe verpflichtet; bei Vorenthaltung des Besitzes haftet er aus conversion.
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limited interest aus einem pledge zu fassen. Denn das Gesetz schränkt den Kreis möglicher Verfügungsgeschäfte nicht ein. Nach der Rechtsprechung des Court of Appeal bezieht sich der Verfügungsbegriff prinzipiell auf „(…) all acts by which a new interest (legal or equitable) in the property is effectually created“.572 Soweit betont wird, dass ein bloßer Wechsel der possession ohne Rechtsübertragung nicht ausreiche,573 steht dies dem Redlichkeitsschutz bei der Bestellung eines sub-pledgee bzw. eines outright transfer des special property nicht entgegen. Die Besitzübertragung ist, wie gezeigt, auch für den sub-pledge, d. h. für den Erwerb eines special property als sub-pledgee konstitutiv und diese Besitzübertragung könnte prinzipiell auch das einen gutgläubigen Erwerb tragende Vollzugsmoment bilden.574 Wenngleich hiernach die Bestellung eines sub-pledge resp. der „outright transfer“ des interest eines pledgee unter den weiten Verfügungsbegriff zu subsumieren sein dürfte, fehlt jedoch demjenigen, der sich als pledgee geriert, die von den Verkehrsschutznormen der secs. 8, 9 FA 1889, secs. 24, 25 SGA 1979 geforderte rollenspezifische Verfügungsmacht. Diese ist nur dann gegeben, wenn der Verfügende die possession in der Eigenschaft eines Käufers erlangt (disposition by buyer in possession) resp. in der Funktion eines Verkäufers einer bereits übereigneten Sache (disposition by seller in possession) aufrechterhält oder jedenfalls im Verfügungszeitpunkt erlangt hat und aufgrund dieser Inbesitznahme über die fremden goods verfügt.575 572 Worcester Works Finance Ltd. v. Cooden Engineering Co. Ltd. [1972] 1 Q. B. 210. Teilweise wird auf einen rechtsgeschäftlichen Erwerb sogar gänzlich verzichtet. Eine disposition soll z. B. auch dann vorliegen, wenn der Erstverkäufer den Besitz an der Sache vom Erstkäufer – der diese zwischenzeitlich an einen Zweitkäufer ohne Besitzübertragung verkauft – aufgrund einer Anfechtung des ersten Kaufvertrages zurückerlangt. Ficht der Erstverkäufer den Kaufvertrag an oder wird dieser einverständlich rückabgewickelt, kommt ein gutgläubiger Eigentumserwerb des Erstverkäufers aufgrund der rückwirkenden Vertragsbeseitigung oder durch Vollzug der Rückabwicklung in Betracht, wenn der Erstkäufer im Verhältnis zum Zweitkäufer als seller in possession (sec. 8 FA 1889, sec. 24 SGA 1979) agiert (Atiyah (-Adams/MacQueen), Sale of Goods12, S. 372). 573 Worcester Works Finance Ltd. v. Cooden Engineering Co. Ltd. [1972] 1 Q. B. 210; Bell, Modern Law of Personal Property in England and Ireland, S. 501–502. 574 Auch für den nach geltendem Recht unbestritten möglichen redlichen „Erst“-Erwerb eines pledge – und darüber hinaus für den potentiellen gutgläubigen Zweiterwerb resp. den konstitutiven Erwerb eines sub-pledge – ist ein solches Vollzugsmoment schlechthin konstituierend: Zwar verlangt sec. 2(1) FA 1889 einerseits – im Unterschied zu secs. 8, 9 FA 1889 – keine Übergabe (delivery) oder einen vergleichbaren Modus; andererseits genügt – in auffälligem Gegensatz zu secs. 24, 25 SGA 1979 – weder nach sec. 2(1) FA 1889 noch nach secs. 8, 9 FA 1889 ein bloßes agreement of pledge, sondern nur ein pledge. Im Ergebnis besteht Übereinstimmung zwischen allen relevanten Verkehrsschutznormen; die Übertragung der possession seitens des Nichtberechtigten auf den (sub-)pledgee ist unverzichtbar. 575 Die in secs. 8, 9 FA 1889, secs. 24, 25 SGA 1979 normierten Gutglaubenstatbestände setzen übereinstimmend einen sale bzw. ein agreement to sell voraus; der Verfügende muss mithin in der rollenspezifischen Eigenschaft eines seller in possession oder buyer in possession über die fremde Sache verfügen. Fehlt es an einem sale, ist der sachliche Anwendungsbereich dieser Vorschriften nicht eröffnet (Bridge/Gullifer/Low/McNeel, The Law of Personal Property2, Rn. 30-056, 30-067, 30-084–30-085). Angesichts der neueren Judikatur des Supreme Court in PST Energy 7 Shipping LLC v. O. W. Bunker Malta Ltd. [2016] UKSC 23; [2016] A. C. 1034 dürfte die rollenspezifische Verfügungskompetenz als buyer oder seller auch dann nicht gegeben sein, wenn vertretbare Sa-
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Wird die possession über die fremde Sache hingegen unter einem fehlgeschlagenen bzw. im maßgeblichen Verfügungszeitpunkt erloschenen pledge als bailee begründet, fehlt es an der kontextbezogenen Inbesitznahme,576 zumal sich derjenige, chen vom Lieferanten auf Kredit geliefert werden und der Erwerber diese bestimmungsgemäß bereits vor Zahlung des „Kaufpreises“ teilweise oder vollständig verbraucht, eine rechtsgeschäftliche Übereignung mithin nach dem übereinstimmend zugrunde gelegten Vertragszweck nicht (zwingend) erfolgen wird (siehe auch Bridge/Gullifer/Low/McNeel, The Law of Personal Property2, Rn. 30-056). Nach Ansicht des Supreme Court ist ein solcher Vertrag nicht als sale, sondern als sog. sui generis contract zu qualifizieren; die Vorschriften des SGA 1979 sind auf diesen Vertragstyp grundsätzlich unanwendbar. In PST Energy 7 Shipping LLC v. O. W. Bunker Malta Ltd. [2016] UKSC 23; [2016] A. C. 1034 lieferte die Ölgesellschaft unter Eigentumsvorbehalt Öl an die Beklagte, die dieses unter Eigentumsvorbehalt an ihre Abnehmer, u. a. an die Klägerin weiterlieferte, die das gelieferte Öl bestimmungsgemäß vor Fälligkeit des „Kaufpreises“ verbrauchten; die Zahlungen an die Beklagte aus dem Liefervertrag mit der Klägerin standen noch offen, als über jene das Insolvenzverfahren eröffnet wurde. Die Klägerin begehrte Feststellung, dass sie nicht zur „Kaufpreiszahlung“ nach sec. 49 SGA 1979 verpflichtet sei, weil ihr die Kaufsache nicht, wie von dieser angeblich abschließenden Bestimmung der Zahlungspflicht des Käufers vorausgesetzt, übereignet worden sei; auch ein Anspruch der Beklagten auf Schadensersatz sei nicht begründet, weil die Beklagte mangels Zahlung an die Ölgesellschaft selbst kein Eigentum an dem gelieferten Öl erworben habe, demgemäß über kein right to sell i. S. v. sec. 12(1) SGA 1979 verfüge und somit gegen einen implied term verstoße. Die Klage hatte keinen Erfolg. Der Supreme Court berief sich darauf, dass der zwischen den Parteien geschlossene Vertrag kein contract of sale of goods i. S. v. sec. 2(1) SGA 1979 sei; es handele sich vielmehr um einen Innominatvertrag, nämlich „an agreement with two aspects: first, to permit consumption prior to any payment and (once the theory of a nanosecond transfer of property is, rightly, rejected) without any property ever passing in the bunkers consumed; and, second, but only if and so far as bunkers remained unconsumed, to transfer the property in the bunkers so remaining to the Owners in return for the Owners paying the price. But in this latter connection it is to be noted that the price does not here refer to the price of the bunkers in respect of which property was passing, it refers to the price payable for all the bunkers, whether consumed before or remaining at the time of its payment.“ (PST Energy 7 Shipping LLC v. O. W. Bunker Malta Ltd. [2016] UKSC 23; [2016] A. C. 1034 [28] (Lord Mance). Folglich waren secs. 12, 49 SGA 1979 von vornherein unanwendbar; die Klägerin war zur Zahlung verpflichtet. Allerdings stellte Lord Mance klar, dass im Ergebnis nicht anders zu entscheiden gewesen wäre, wenn der Vertrag als contract of sale of goods qualifiziert worden wäre; ein Zahlungsanspruch könne unabhängig von den einschränkenden Voraussetzungen in sec. 49 SGA 1979 bestehen, diese Vorschrift regele die Pflichten des Käufers nicht abschließend (PST Energy 7 Shipping LLC v. O. W. Bunker Malta Ltd. [2016] UKSC 23; [2016] A. C. 1034 [57–58]). 576 Schwieriger zu beurteilen ist, ob sec. 8 FA 1889, sec. 24 SGA 1979 den Fall erfasst, in dem der Verfügende nicht unter einem contract of sale i. S. v. sec. 2(1) SGA 1979, sondern unter einer legal mortgage eine Sache an den mortgagee veräußert und als mortgagor in possession das Sicherungsgut sodann einem gutgläubigen Dritten veräußert oder verpfändet (siehe hierzu Bridge/ Gullifer/Low/McNeel, The Law of Personal Property2, Rn. 30-068, die dafür plädieren, sec. 8 FA 1889, sec. 24 SGA 1979 ungeachtet sec. 62(4) SGA 1979 auch auf diese Fallgestaltung anzuwenden, weil es aus Sicht des gutgläubigen Zweiterwerbers nicht darauf ankommen dürfe, ob der Ersterwerber unter einem sale oder unter einer mortgage das Eigentum vom Veräußerer erworben habe, zumal ja auch ein equitable mortgagee fraglos seines Rechts durch nachfolgende entgeltliche Übereignung des legal title vom mortgagor an einen Gutgläubigen verlustig gehe). Selbst wenn man einen mortgagor in possession, der seine Sache dem mortgagee sicherungshalber bereits veräußert hat, einem scheinbar verfügungsberechtigten seller in possession gleichstellen wollte, ergibt sich daraus für die hier relevante Konstellation, in der sich der Verfügende zum bloßen pledgee und nicht zum Eigentümer der goods aufschwingt, nichts. Schließlich verfügt der Scheinberechtigte hier ja nicht unter Verschweigung eines bereits bestellten security interest über das general property, sondern maßt sich selbst nur einen bloßen security interest an. Abgesehen davon ist ein
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der bei der Verfügung ein bloßes special property als pledgee für sich in Anspruch nimmt, gerade nicht – wie ein buyer in possession oder ein seller in possession – zum Eigentümer einer fremden Kaufsache aufschwingt.577 pledge mit einem contract of sale jedenfalls deshalb völlig unvergleichbar, weil es hier an der Übereignung einer Sache fehlt. Außer Frage steht auch, dass sec. 8 FA 1889, sec. 24 SGA 1979 keinen gutgläubig-lastenfreien Erwerb vom pledgor ermöglicht, sofern dieser – weil der pledge im Wege eines attornment bestellt wird – forthin die possession an den pledged goods ausübt (vgl. Bridge/ Gullifer/Low/McNeel, The Law of Personal Property2, Rn. 30-067 mit Fn. 313). 577 Zwar ist ein gutgläubiger Erwerb nach sec. 8 FA 1889, sec. 24 SGA 1979 möglich, wenn der Verkäufer unter Aufrechterhaltung seiner tatsächlichen Sachherrschaft an der verkauften Sache zugunsten des Käufers unter einem neuen Besitzkonstitut (attornment) die Rechtsstellung eines bailee einnimmt (z. B. als lessee aufgrund eines sale-and-leaseback); die erste Variante des Gutglaubenstatbestands [„Where a person having sold goods continues […] possession of the goods […]“) beschränkt sich also nicht auf die Fallkonstellation, in der der Verkäufer nach Eigentumsübergang einfach nur die Kaufsache ohne Abschluss eines neuen Vertragsverhältnisses mit dem buyer in seiner tatsächlichen Gewalt belässt (grundlegend Pacific Motor Auctions Pty. Ltd. v. Motor Credits (Hire Finance) Ltd. [1965] A. C. 867 (P. C.) in Bezug auf die Parallelnorm in sec. 28(1) Sale of Goods Act 1923 von New South Wales; für das englische Recht gilt nichts anders, siehe nur Bridge/Gullifer/Low/McNeel, The Law of Personal Property2, Rn. 30-073). Sofern aber die erste Variante des Gutglaubenstatbestands nicht einschlägig ist, weil der Verkäufer die possession (zwischenzeitlich) vollständig aufgegeben oder bei Abschluss des (Erst-)Kaufvertrags noch keine possession an der Kaufsache hatte, ist ein gutgläubiger Erwerb nach der zweiten Variante („Where a person having sold goods […] is in possession of the goods […]“) nach h. A. nur dann möglich, wenn der Verkäufer den Besitz in seiner Funktion als Verkäufer (wieder-)erlangt und nicht als bloßer bailee des (Erst-) Käufers, z. B. aufgrund eines bloßen Reparaturauftrags; der mit dieser Auslegung verbundene intrasystematische Wertungswiderspruch zwischen der ersten und der zweiten Tatbestandsvariante von sec. 24 SGA 1979 wird von der instanzgerichtlichen Rechtsprechung und der Literatur hingenommen (siehe Fadallah v. Pollak [2013] EWHC 3159 (Ch) [46]–[47] (Richard Seymour Q. C.); zum Ganzen Bridge/Gullifer/Low/McNeel, The Law of Personal Property2, Rn. 30-074–30-076; in Fadallah v. Pollak ging es um einen Doppelverkaufs- und Wiederkaufsfall: Im Zeitpunkt des Vollzugs des Erstkaufvertrages befanden sich die veräußerten Stromaggregate noch in den Geschäftsräumen einer Bank; anschließend wurden sie unter Aufsicht des beklagten Erstkäufers auf das Betriebsgelände des Verkäufers verbracht. Der Verkäufer beabsichtigte aber einen erneuten Verkauf an den Zweitkäufer, vereinbarte deshalb mit dem Beklagten einen Wiederkaufvertrag unter Eigentumsvorbehalt und schloss sodann, ohne den Wiederkaufspreis zu entrichten, den Zweitkaufvertrag mit dem Kläger, der den Kaufpreis an den Erstverkäufer entrichtet. Der Erstverkäufer musste sodann Insolvenz anmelden; die Parteien stritten um das Eigentum an den doppelt verkauften Aggregaten. Die Klage blieb erfolglos: Der Beklagte hatte wirksam Eigentum vom Erstverkäufer durch den Erstkaufvertrag nach sec. 17 SGA 1979 erworben; ein Rückerwerb des Erstverkäufers schied mangels Zahlung des Wiederkaufspreises aus. Der Kläger hatte mithin nicht vom Berechtigten Eigentum erworben und auch ein gutgläubiger Erwerb kam nicht in Betracht. Während sec. 2(1) FA 1889 schon deshalb ausschied, weil der Erstverkäufer nicht als mercantile agent des Beklagten den Besitz an den Aggregaten erwarb, lehnte das Gericht auch einen gutgläubigen Erwerb gem. sec. 24 SGA 1979 (in der zweiten Var.) ab, weil der Erstverkäufer den Besitz in der Funktion eines bloßen Verwahrers, eines bailee, für den Beklagten erlangt habe, und nicht, wie allgemein vorausgesetzt, als seller. Auf den intrasystematischen Widerspruch mit sec. 24 SGA 1979 (in der ersten Var.), wonach es ja gerade nicht schadet, dass der Erstverkäufer seinen Besitz als bailee des Erstkäufers aufrechthält, wies das Gericht zwar hin, hielt sich aber gleichwohl daran gebunden, dass sec. 24 SGA 1979 (in der zweiten Var.) restriktiv auszulegen sei. Schließlich schied auch ein gutgläubiger Erwerb nach sec. 25 SGA 1979 aus, weil der Erstverkäufer die possession auch nicht als Wiederkäufer, sondern, wie betont, als bailee des Beklagten vor Abschluss des Wiederkaufvertrags erlangt hatte). Die rollenspezifische Verfügungsmacht des Verkäufers knüpft also sowohl bei veränderter Rechtsstellung als bailee des (Erst-)Käufers als auch bei nach Ab-
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Wer aber als (vermeintlicher) pledgee lediglich einen limited interest an fremder Sache einzuräumen versucht, vermag auch nicht gem. sec. 2(1) FA 1889 einem Gutgläubigen eine allseits wirksame Rechtsposition als (sub-)pledgee zu verschaffen. Die Frage, ob und, ggf., unter welchen Voraussetzungen ein pledgee dem extensiv auszulegenden Rechtsbegriff des mercantile agent unterfällt,578 bedarf keiner vertieften Auseinandersetzung. Abgesehen davon, dass die gesetzliche Verfügungsmacht an den Besitzerwerb aufgrund eines Handelsvertreter- oder Kommissionsgeschäfts anknüpft,579 muss der Verfügende auch im Zeitpunkt der nicht berechtigten Verfügung die possession in der Eigenschaft eines mercantile agent schluss des Kaufvertrages begründetem Besitz an die Rechtsstellung als seller an; wird über die Sache in anderer besitzrechtlicher Funktion verfügt, scheidet ein gutgläubiger Erwerb nach sec. 8 FA 1889, sec. 24 SGA 1979 aus. Wenn ein seller nach Eigentumsübergang auf den Käufer den Besitz an der Kaufsache aufgrund eines neuen Rechtsverhältnisses als bailee fortsetzt, z. B. aufgrund eines durch ein attornment vollzogenen pledge, käme ein gutgläubiger Erwerb aufgrund continuous possession nach sec. 8 FA 1889, sec. 24 SGA 1979 also allenfalls dann in Betracht, wenn über das general property an der Kaufsache verfügt wird; will der seller hingegen nunmehr als (nichtberechtigter) bailee über ein (vermeintliches) special property als pledgee verfügen, fehlt es offenbar an der erforderlichen kontextbezogenen Veräußerung seitens eines seller in possession. Sofern hingegen der seller erst nach Eigentumsübergang die possession als bailee, z. B. unter einem vermeintlichen pledge erwirbt, vermag der Verkäufer schon nicht über das general property und, falls die Bestellung des pledge unwirksam ist, auch nicht über die Rechtsposition als pledgee wirksam zu verfügen, z. B. die Kaufsache einem Dritten weiterverpfänden. 578 Wie gezeigt, wird der Begriff des mercantile agent tendenziell zwar weit ausgelegt (Bell, Modern Law of Personal Property in England and Ireland, S. 497–498; Goode (-McKendrick), Commercial Law5, Rn. 16.37; siehe auch Bridge, The Sale of Goods2, Rn. 5.88: Bridge/Gullifer/ Low/McNeel, The Law of Personal Property2, Rn. 30-050). Auf einen zumindest geringfügigen objektiven Bezug zu typischen Handelsvertreter- oder Kommissionsgeschäften i. S. v. sec. 1(1) FA 1889, sec. 26 SGA 1979 will man aber nicht verzichten; der Verfügende ist im Grundsatz nur dann als mercantile agent anzusehen, wenn er einer der anerkannten Erscheinungsformen des Handelsvertreter- oder Kommissionsgeschäft im Verfügungszeitpunkt nachgeht (näher Bridge, The Sale of Goods2, Rn. 5.88–5.91). Auch wer mit der fraglichen Verfügung das Handelsvertreter- oder Kommissionsgeschäft überhaupt erst aufnimmt, gilt zwar als mercantile agent i. S. v. sec. 2(1) FA 1889. Nicht ausreichend ist hingegen, dass der Verfügende zu einem späteren Zeitpunkt einmal als mercantile agent tätig wird, bei der fraglichen Verfügung hingegen noch nicht als mercantile agent tätig war (Heap v. Motorists’ Advisory Agency [1923] 1 K. B. 577, 588 (Lush J.)). Im hier relevanten Kontext der Weiterverpfändung von pledged goods erscheint es zwar nicht undenkbar, dass ein agent oder factor zugleich im Kreditgeschäft tätig ist und sich zu diesem Zweck Sicherheiten einräumen lässt, um diese sodann zwecks Refinanzierung weiterzuverpfänden. Indes liegt es nahe, die in sec. 2(1) FA 1889 bestimmte rollenspezifische Verfügungsmacht eines mercantile agent zu verneinen, wenn sich der Handelnde bei der fraglichen Verfügung auf seine angebliche Rechtsstellung als pledgee beruft und nicht über das general property an den (angeblich verpfändeten) goods disponieren will; ein doppelfunktionales Tätigwerden ist kaum vorstellbar. 579 Vgl. Pearson v. Rose & Young [1951] 1 K. B. 275; Astley Industrial Trust Ltd. v. Miller [1968] 2 All E. R. 36, 42 (Lightman J.); Bell, Modern Law of Personal Property in England and Ireland, S. 500–501; Bridge, The Sale of Goods2, Rn. 5.92–5.93 (kein gutgläubiger Erwerb, wenn mercantile agent aufgrund eines Kaufs auf Probe die possession erlange und diese sodann an Gutgläubigen weiterveräußert); Bridge/Gullifer/Low/McNeel, The Law of Personal Property2, Rn. 30-051. Das aus Gründen des Kontinuitätsschutzes introduzierte ungeschriebene Tatbestandsmerkmal eines „entrustment as mercantile agent“ entnimmt die Rechtsprechung aus den einschlägigen Vorgängerbestimmungen in FA 1823, FA 1825, FA 1842; es deckt sich mit der überkommenen doctrine
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ausüben. Wenn der Verfügende zunächst qua seiner professionellen Aktivitäten als mercantile agent die possession an den Sachen oder an den Traditionspapieren erwirbt, sodann aber seinen animus possidendi ändert und aufgrund eines neuen Rechtsverhältnisses in anderer Funktion als bailee für den owner die possession aufrechthält, soll ein gutgläubiger Erwerb nach sec. 2(1) FA 1889 ausscheiden.580 Lässt sich nun aber ein mercantile agent selbst Sachen verpfänden, erlangt er die possession als pledgee und somit schon grundsätzlich nicht – wie von sec. 2(1) FA 1889 vorausgesetzt – in der rollenspezifischen Eigenschaft als Handelsvertreter oder Kommissionär. Aber selbst wenn die Übertragung der possession auf den mercantile agent unter einem pledge ausnahmsweise dem Handelsvertreter- oder Kommissionsgeschäft zuzurechnen wäre,581 kommt ein gutgläubiger Erwerb vom mercantile agent dennoch nicht in Betracht, wenn dieser im Zeitpunkt der Verfügung nicht eine angebliche Vertretungsmacht für den Prinzipal oder aber eine aus der agency angeblich folgende Verfügungsbefugnis über die fremden goods reklamiert, sondern sich anschickt, über ein angebliches begrenztes Sachenrecht in Form eines special property als pledgee zu verfügen. Eine solche Verfügung dürfte schon nicht mehr „in the ordinary course of business of a mercantile agent“ i. S. v. sec. 2(1) FA 1889 erfolgen.582 Vor allem aber macht der Verfügende nicht eine ihm in der Funktion eines Handelsvertreters oder Kommissionärs verliehene „authority to raise money on the security of goods“ i. S. v. sec. 1(1) FA 1889, sec. 26(d) SOGA 1979 geltend, sondern die Befugnisse eines (für eigene Rechnung) agierenden Sicherungsnehmers. Endlich demonstriert ein Blick auf die einschlägige Kasuistik, dass Redlichkeitsschutz bislang nur anerkannt worden ist, soweit gerade über das general property in der rollenspezifischen Funktion als mercantile agent verfügt wird.583 Aus Sicht kreditof estoppel, unter der die bloße Besitzüberlassung seitens des owner an einen bailee für sich genommen keinen zureichenden Rechtsschein für das Eigentum resp. die Verfügungsberechtigung des bailee schafft. 580 Bridge (-Bridge), Benjamin’s Sale of Goods10 , Rn. 7-038. Geschützt wird also nur ein auf die rollenspezifische Funktion als mercantile agent begründeter Anschein einer Verfügungsberechtigung über die fremde Sache, der nicht nur beim Besitzerwerb des Verfügenden, sondern auch im Zeitpunkt des maßgeblichen Verfügungsgeschäfts fortbestehen muss. 581 Allenfalls denkbar ist dies, wenn dem Händler zur Sicherung seiner Forderungen aus dem Handelsvertreter- bzw. Kommissionsgeschäft Sachen oder Traditionspapiere verpfändet werden. 582 Näher zu diesem interpretationsbedürftigen Tatbestandsmerkmal Bell, Modern Law of Personal Property in England and Ireland, S. 502–503; Bridge, The Sale of Goods2, Rn. 5.98– 5.101. Wenig ergiebig ist im hier vorliegenden Kontext das häufig zitierte Urteil des Court of Appeal in Oppenheimer v. Attenborough & Sons [1908] 1 K. B. 221, wonach auch bei einer den einschlägigen Usancen des Diamantenhandels widersprechenden Verpfändung von Edelmetallen seitens eines mercantile agent gem. sec. 2(1) FA 1889 an einen insoweit gutgläubigen pledgee ein gutgläubiger Erwerb in Betracht komme. Schließlich bezieht sich auch diese Judikatur nur auf die Verpfändung der Sache unter Anmaßung einer kommissionsvertraglichen Verfügungsbefugnis über die „Sache“, nicht aber um die Übertragung oder Weiterverpfändung von limited interests. 583 Exemplarisch Waddington and Sons v. Neale and Sons (1907) 96 L. T. 786. In diesem Fall hatte sich ein Auktionator von einem mercantile agent einen Flügel zur Sicherung eines Darlehens verpfänden lassen; der Auktionar glaubte, dass der Verpfänder den Flügel für sich selbst
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bedürftiger Händler geht es vor allem darum, security interests Dritter an den goods zu verheimlichen, um durch Sicherungsübertragung oder Verpfändung der Waren resp. der Traditionspapiere, d. h. durch Verfügung über das general property, verbesserte Kreditkonditionen zu erhalten, nicht aber darum, über vermeintliche oder fremde security interests zu disponieren. Sinnfällig zeigt sich dies anhand der Entscheidung des Court of Appeal in Lloyds Bank Ltd. v. Bank of America National Trust and Savings Association.584 Die Klägerin stand mit einem englischen Importeur in ständiger Geschäftsbeziehung. Sie gewährte diesem laufend Kredit, wobei zur Sicherung ein sog. letter of hypothecation ausgestellt wurde; nach dieser „Sicherungsabrede“ stand der Klägerin insbesondere das für einen pledge maßgebliche Veräußerungsrecht an den zu importierenden Waren zu, wobei der Klägerin der Besitz durch Übergabe der Konnossemente eingeräumt wurde. Der Importeur erhielt die Konnossemente dann regelmäßig zwecks Weiterverkaufs als trustee für die Klägerin zurück und stellte dieser im Gegenzug ein trust receipt aus; die Erlöse sollten danach ebenso wie nicht veräußerte Waren treuhänderisch zur Sicherung der Kreditforderungen der Klägerin gegen den Importeur gehalten werden. Als der Importeur in Zahlungsschwierigkeiten geriet, verpfändete er zwecks Sicherung eines weiteren Kredits der Beklagten die bereits an die Klägerin verpfändeten Waren unter Übergabe der Konnossemente. Nachdem das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Importeurs eröffnet worden war, forderte die Klägerin die Beklagte vergeblich zur Herausgabe der Waren und der Konnossemente auf. Die auf Herausgabe resp. Schadensersatz wegen conversion gerichtete Klage blieb erfolglos. Nach Ansicht des Court of Appeal hatte die Beklagte wirksam vom Importeur ein der Klägerin entgegensetzbares Pfandrecht gem. sec. 2(1) FA 1889 erworben. Der Importeur sei als mercantile agent im Zeitpunkt der Weiterverpfändung mit Zustimmung des „owner“ im Besitz der die Waren repräsentierenden documents of title gewesen.585 Er habe die Waren gerade in der Funktion
gekauft habe und Eigentümer desselben sei. Ein gutgläubiger Pfandrechtserwerb schied aus, da der Verpfänder nicht ein typisches Geschäft eines mercantile agent im Kontext des Ankaufs und Verkaufs von Waren vornahm. Das Gericht lehnte zudem auch den redlichen Erwerb eines lien an dem Flügel nach sec. 7(1) FA 1889 dezidiert ab, was schon deshalb richtig war, weil es sich für den Auktionator nicht um ein Geschäft im Zusammenhang mit der Verkaufskommission bzw. Konsignation von Waren handelte. Siehe auch Kaltenbach v. Lewis (1883) 24 Ch.D. 54: Der Verkaufskommissionär beauftragte die Beklagten als broker mit dem Verkauf der Waren und verpfändete diesen unter Verstoß gegen seine Pflichten gegenüber dem Kommittenten zugleich die Konnossements wegen eigener Verbindlichkeiten; der Kommissionär verstarb überschuldet, der Prinzipal erhob sodann u. a. Klage auf Feststellung des Nichtbestehens des von den Beklagten geltend gemachten Zurückbehaltungsrechte an dem durch die Verkaufskommission bzw. den Pfandverkauf erzielten Veräußerungserlös. Zwar stand den Beklagten das geltend gemachte general lien nach Ansicht des Court of Appeal nicht zu; den Veräußerungserlös könne der Kommittent aber jedenfalls nach Maßgabe der einschlägigen Vorgängerbestimmungen des FA 1889 nur gegen Verrechnung mit den Forderungen der Beklagten gegen den Kommissionär geltend machen (Kaltenbach v. Lewis (1883) 24 Ch.D. 54, 82–83 (Lindley L. J.). 584 Lloyds Bank Ltd. v. Bank of America National Trust and Savings Association [1938] 2 K. B. 147. 585 Für die Verfügungsberechtigung des mercantile agent aus sec. 2(1) FA 1889 kommt es nicht darauf an, ob sich der Rechtsschein der Verfügungsberechtigung aus der possession an echten Traditionspapieren ergibt; der Begriff der documents of title i. S. v. sec. 1(4) FA 1889 ist weit auszulegen und erfasst, wie Lord Wright in Mercantile Bank of India Ltd. v. Central Bank of India Ltd. [1938] A. C. 287, 303 obiter klarstellte, auch nicht verkehrsfähige Frachtbriefe.
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eines mercantile agent von der Klägerin erhalten; dies ergebe sich unzweideutig aus der vom Importeur mit Abgabe des trust receipt übernommenen fiduziarischen Verpflichtung zur Weiterveräußerung der verpfändeten Waren. Zwar sei die Klägerin hier nicht als Eigentümerin anzusehen; das Gericht deutete die im letter of hypothecation getroffene Abrede als Verpfändung und nicht als Sicherungsübertragung seitens des Importeurs an die Klägerin. Als owner i. S. v. sec. 2(1) FA 1889 sei aber die Person anzusehen, die zur Vornahme bzw. Genehmigung der fraglichen Verfügung berechtigt wäre. Würden die Eigentumsbefugnisse – wie hier – auf mehrere Personen derart verteilt, dass diese nur gemeinschaftlich zu der in Rede stehenden Verfügung berechtigt seien, bildeten diese in ihrer Gesamtheit den owner i. S. v. sec. 2(1) FA 1889. Folglich könne ein mercantile agent auch dann einem gutgläubigen Dritten wirksam ein Recht verschaffen, wenn er selbst über ein Recht an der Sache verfüge und mit der Zustimmung aller anderen dinglich berechtigten Personen den Sachbesitz als mercantile agent erlange. So liege es auch dann, wenn – wie hier – der mercantile agent Sachen an seine Gläubiger verpfände und sodann zwecks bestimmungsgemäßen Weiterverkaufs zurückerhalte. Die Herausgabe- und Schadensersatzklage war somit aufgrund des gutgläubig erworbenen pledge der Beklagten unbegründet.586
586 Eine vergleichbare Konstellation lag der Entscheidung des Privy Council in Mercantile Bank of India Ltd. v. Central Bank of India Ltd. [1938] A. C. 287 zugrunde. Hier hatte ein englischer Importeur der Central Bank of India Ltd. (Rechtsmittelgegnerin) zur Kreditsicherung ein Pfandrecht an den von ihm importierten Erdnüssen unter Übergabe von railway receipts eingeräumt. Im Unterschied zum englischen Recht stellten railway receipts unter dem damals anwendbaren indischen Recht verkehrsfähige Traditionspapiere dar. Um die Waren, wie zwischen den Parteien vereinbart, im Lagerhaus der Rechtsmittelgegnerin unterzubringen, händigte diese dem Importeur die railway receipts vorübergehend aus. Tatsächlich nahm der Importeur die Erdnusslieferungen nicht für die Rechtsmittelgegnerin in Empfang, sondern verpfändete sie unter Vorlage der railway receipts zur Sicherung eines anderen Darlehens an die Mercantile Bank of India Ltd. (Rechtsmittelführerin), die von der vorausgegangenen Verpfändung nicht unterrichtet worden war. Die von der Central Bank of India Ltd. gegen die Mercantile Bank of India Ltd. erhobene Schadensersatzklage wegen Besitzvorenthaltung (conversion) hatte Erfolg. Der Privy Council entschied letztinstanzlich, dass ein redlicher Pfandrechtserwerb seitens der Rechtsmittelführerin, präziser ein gutgläubiger Erwerb des Rangvorrechts im Verhältnis zum Pfandrecht der Rechtsmittelgegnerin nach Maßgabe der auch im indischen Recht geltenden estoppel-Lehre, ausschied. Das Gericht distanzierte sich dabei von der eigenen früheren Judikatur, wonach bereits eine Besitzüberlassung den für einen estoppel erforderlichen Rechtsschein der Verfügungsberechtigung begründe (Mercantile Bank of India Ltd. v. Central Bank of India Ltd. [1938] A. C. 287, 298–301 (Lord Wright)). Die Rechtsmittelgegnerin habe keinen zurechenbaren Rechtsschein für eine Verfügungsberechtigung des Importeurs über die bereits verpfändeten Waren dadurch gesetzt, dass sie diesem die railway receipts zwecks Empfangnahme der verpfändeten Waren wieder ausgehändigt hatte. Insbesondere habe sie auch keine Sorgfaltspflicht gegenüber der Rechtsmittelführerin oder einer anderen Person verletzt; die Aushändigung der railway receipts entspreche den Gepflogenheiten zwischen den Parteien; die Rechtsmittelgegnerin habe nicht damit rechnen müssen, dass der Importeur dies zur pflichtwidrigen Weiterverpfändung ausnutzen würde. Die Rechtsmittelgegnerin sei daher nicht nach den Grundsätzen der estoppel-Doktrin daran gehindert, die Befugnis des Importeurs zur erneuten Verpfändung und das von der Rechtsmittelführerin geltend gemachte Pfandrecht zu bestreiten. Mögliche sonstige Erwerbstatbestände kamen unter dem maßgeblichen indischen Recht nicht in Betracht. Bei unterstellter Anwendbarkeit englischen Rechts wäre mit Rücksicht auf Lloyds Bank Ltd. v. Bank of America National Trust and Savings Association [1938] 2 K. B. 147 gegenteilig zu entscheiden. Die rollenspezifische Verfügungsmacht des Importeurs als mercantile agent hätte sich aus sec. 2(1) FA 1889 ergeben; der erforderliche Rechtsscheinstatbestand lag in der possession an den railway receipts.
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(2) Sec. 7(1) FA 1889 Auch auf sec. 7(1) FA 1889587 lässt sich ein gutgläubiger konstitutiver oder translativer Erwerb eines lien vom scheinbar verfügungsberechtigten mercantile agent nicht stützen. Diese kryptische Spezialvorschrift588 beschränkt sich – primär zwecks Sicherung von Forderungen aus der Konsignationskommission589 – auf den gutgläubigen Ersterwerb eines lien seitens des Konsignanten an nicht im Eigentum des Konsignatärs stehenden goods. Verschafft der „owner“ einer anderen Person zwecks Verkaufs den Besitz an den zu veräußernden Waren und schaltet der Auftragnehmer einen Konsignanten ein, erwirbt dieser ein lien an den Sachen des Eigentümers zur Sicherung aller konsignationsveranlassten Aufwendungen (advances),590 es sei denn, dass dem Konsignanten bekannt ist, dass der Konsignatär nicht Eigentümer der zu veräußernden Sachen ist.591 Soweit ausdrücklich geregelt 587 Sec. 7 FA 1889. Provisions as to consignors and consignees. (1) Where the owner of goods has given possession of the goods to another person for the purpose of consignment or sale, or has shipped the goods in the name of another person, and the consignee of the goods has not had notice that such person is not the owner of the goods, the consignee shall, in respect of advances made to or for the use of such person, have the same lien on the goods as if such person were the owner of the goods, and may transfer any such lien to another person. (2) Nothing in this section shall limit or effect the validity of any sale, pledge, or disposition, by a mercantile agent. 588 In der Literatur wird sec. 7(1) FA 1889 weitgehend außer Acht gelassen; einschlägige Rechtsprechung ist rar. Die Auslegung der Tatbestandsmerkmale „advances“, „consignment“ und „lien“ ist fragwürdig (Bridge, The Sale of Goods2, Rn. 5.110–5.112). Gesetzessystematisch dürfte es sich jedenfalls um eine eigens normierten Anwendungsfall des gutgläubigen Erwerbs vom mercantile agent handeln, der aber nicht etwa die Generalnorm in sec. 2(1) FA 1889 als lex specialis verdrängt, sondern allenfalls konkretisiert und erweitert, soweit es um den gutgläubigen Erwerb eines gesetzlichen lien im Kontext der Verkaufskommission bzw. Kommissionskonsignation geht. 589 Zu den Gestaltungsformen der Konsignationskommission aus dt. Sicht siehe MünchKomm (-Häuser), HGB V4, § 406 Rn. 36–40. 590 Zur Auslegung des Begriffs advances näher Bridge, The Sale of Goods2 , Rn. 5.112. 591 Vgl. Mildred, Goyeneche & Co. v. Maspons, Y Hermano (1883) 8 App. Cas. 874 (In diesem Fall hatte der Beklagte, ein englischer Verkaufskommissionär im Auftrag eines kubanischen Händlers eine Frachtversicherung über eine Tabakladung abgeschlossen, die von dem kubanischen Händler nach England verschifft und dort von dem Verkaufskommissionär veräußert werden sollte. Nach Erhalt der Frachtbriefe schloss der englische Kommissionär den Versicherungsvertrag „for the benefit of all parties whom it might concern“. Zwar verschiffte der kubanische Händler die Tabakladung im eigenen Namen und schloss auch den Kommissionsvertrag mit dem Beklagten im eigenen Namen; tatsächlich handelte er aber als Verkaufskommissionär für den Kläger, einen Tabakproduzenten aus Havanna, dessen Name dem Beklagten nicht mitgeteilt wurde. Dem Beklagten war bei Abschluss des Versicherungsvertrages bekannt, dass der kubanische Händler auf fremde Rechnung handelte. Nachdem die Tabakladung aufgrund einer Havarie untergegangen war, stritten die Parteien über die Versicherungssumme. Die Klage des Produzenten gegen den Verkaufskommissionär auf Herausgabe der Versicherungssumme hatte Erfolg; das House of Lords bestätigte einmütig die Entscheidung der Vorinstanzen. Der britische Händler konnte dem kubanischen Händler kein lien wegen offener Forderungen aus dem Kommissionsvertrag entgegenhalten; auch eine Aufrechnung schied mangels Gegenseitigkeit der Forderungen aus. Ein gutgläubiger Erwerb eines lien nach sec. 1 FA 1825 – der im Wesentlichen dem Gutglaubenstatbestand des sec. 7(1) FA 1889 entsprach – schied mangels Redlichkeit des Be-
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ist, dass der Konsignant das redlich erworbene lien übertragen kann, dürfte die Bestimmung zwar durch die entgegenstehende judizielle Erschließung des lien längst überholt sein.592 Letztlich kommt es darauf aber gar nicht an, da es insoweit um die Verfügung über ein bereits kraft gutgläubigen Ersterwerb wirksam entstandenes lien seitens des Berechtigten, d. h. des Konsignanten, geht.593 Selbst wenn man einmal unterstellt, dass sec. 7(1) FA 1889 die Übertragung (und Verpfändung) dieses bloßen security interest unter Durchbrechung etablierter Rechtsgrundsätze des Common Law gestatte,594 lässt sich weder dieser Norm noch den einschlägigen Vorgängerbestimmungen entnehmen, dass ein bloß fiktives lien durch Abtretung desselben (ggf. i. V. m. den gesicherten Forderungen des Konsignaten) auf einen redlichen Vierten übergehen könne. Im alten Common Law galt bereits, dass ein Konsignant, der mit einem nicht zur Verfügung ermächtigten Händler, der auf fremde Rechnung, aber im eigenen Namen agierte, allenfalls dann ein lien an den ihm vom Händler zur Weiterveräußerung überlassenen Waren oder Wertpapieren erwarb, wenn er den Händler für den Eigentümer hielt.595 Die handelsrechtlichen Rechtsakte einschließlich sec. 7(1) FA 1889 haben daran nichts geändert.596 klagten hinsichtlich des Eigentums des kubanischen Kommissionärs aus.); siehe auch Bridge, The Sale of Goods2, Rn. 5.110. 592 Vgl. Bridge, The Sale of Goods2 , Rn. 5.107 in Fn. 397. Seit Donald v. Suckling (1866) L. R. 1 Q. B. 585 ist geklärt, dass ein lienee nicht über ein verkehrsfähiges Sachenrecht verfügt; ein übertragbares special property steht nach ganz h. A. allein dem pledgee, nicht aber einem lienee zu. 593 Auch im englischen Recht ist geklärt, dass ein gutgläubiger Erwerber als Berechtigter über die Sache (scil.: über das erworbene Recht) verfügt und deshalb jedermann Rechte an der Sache einräumen kann; auf die Kenntnis oder Gutgläubigkeit eines mit dem gutgläubigen Käufer kontrahierenden Zweiterwerbers hinsichtlich der rechtswidrigen Vorausverfügung kommt es nicht an. 594 Sec. 7(1) FA 1889 steht noch ganz in der Tradition der handelsrechtlichen Rechtssetzung des vorvergangenen Jahrhunderts, wonach das gesetzliche lien eines Handelsvertreters gesondert übertragen und verpfändet werden konnte; rechtshistorisch dürfte dies auf die inzwischen obsolete Konzeption der Kommission im Common Law zurückzuführen sein, unter der ein agent selbst mit dem Dritten kontrahierte und nicht unmittelbar einen Vertrag zwischen dem Prinzipal als dessen Vertreter und dem Dritten begründete (Bridge, The Sale of Goods2, Rn. 5.107 in Fn. 397). 595 Vgl. Mildred, Goyeneche & Co. v. Maspons, Y Hermano (1883) 8 App. Cas. 874, 889–890 (Lord Fitzgerald: „The Factors Act s. 1, deals with the apparent ownership of goods and provides that for certain purposes and under certain circumstances the apparent owner shall be deemed to be the true owner so as to entitle his consignee to a lien for advances, but notice to the consignee deprives him of the statutable protection. It may be open to argument and consideration whether that enactment directly embraces or is applicable otherwise than by analogy to the case before us, but it being quite clear that the defendants had notice that Demestre & Co. were not the actual and bonâ fide owners of the cargo the defendants can have no benefit from the statute, and if they claim their alleged lien on the proceeds of the policy at Common Law the notice equally excludes that lien.“). 596 Mildred, Goyeneche & Co. v. Maspons, Y Hermano (1883) 8 App. Cas. 874, 875 (Lord Blackburn: „[…] knowledge, however obtained, that the goods were not the property of the person dealing as a principal, prevented the advancer from having a lien for the advances made after such knowledge, on the ground that it was unjust, with knowledge, to take one man’s goods to pay another’s debt.“). Der Lordrichter führt dann zwar im Folgenden aus, dass dieser eherne Grundsatz des Common Law durch die handelsrechtliche Rechtssetzung im Interesse des Handelsver-
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(3) Die doctrine of estoppel Scheidet ein gutgläubiger Erwerb nach den positivrechtlich verankerten Verkehrsschutznormen in der hier relevanten Konstellation der Verfügung über ein (angebliches) special property eines pledgee aus, stellt sich nur noch die Frage, ob sich ein gutgläubiger Erwerb unter Rückgriff auf die dotrine of estoppel (vgl. sec. 21(1) SGA 1979) rechtfertigen lässt. Zwar ist der Kreis der verfügungsberechtigten Personen nach der Lehre vom apparent ownership – im Unterschied zu den normierten Gutglaubenstatbeständen – an sich nicht darauf beschränkt, dass der Scheineigentümer possession an der Sache in der vertragsspezifischen Situation eines Handels- oder Kommissionsgeschäfts als mercantile agent oder unter einem Kaufvertrag als seller oder buyer begründet resp. aufrechterhält. Vielmehr kommt es nur darauf an, dass dem durch den estoppel gebundenen wirklichen Rechtsinhaber der Rechtsschein der Verfügungsberechtigung des Veräußerers aufgrund eines unzweideutigen aktiven Tuns oder pflichtwidrigen Unterlassens zuzurechnen ist. Freilich wird die doctrine of estoppel ausweislich der einschlägigen Judikatur seit jeher sehr restriktiv gehandhabt.597 Die Kasuistik zeigt, dass allenfalls bei Geschäften über das (vermeintliche) Eigentum des Veräußerers ein gutgläubiger Erwerb unter Rekurs auf die ungeschriebene doctrine of estoppel in Betracht kommt; geschützt wird m. a. W. (nur) der gute Glaube an das Eigentum auf der Grundlage eines „apparent ownership“.598 kehrs modifiziert worden sei. Indes wurde durch die einschlägige Vorgängerbestimmung von sec. 7(1) FA 1889 – sec. 1 FA 1825 – allenfalls der Maßstab des guten Glaubens im Vergleich zum alten Common Law dadurch abgesenkt, dass nicht knowledge, sondern nur notice hinsichtlich des fehlenden Eigentums des Vertragsgegners schadet. Die exakte Abgrenzung zwischen diesen nahezu identischen Begriffen ist aber unklar und wird auch im Urteil letztlich nicht vertieft; jedenfalls habe der Beklagte hier auch notice i. S. v. sec. 1 FA 1825 gehabt, so Lord Blackburn a. A. O. 597 Bell, Modern Law of Personal Property in England and Ireland, S. 486; Rademacher, Verkehrsschutz im englischen Recht, S. 58. 598 Bell, Modern Law of Personal Property in England and Ireland, S. 491. Exemplarisch zeigt sich dies anhand von Eastern Distributors Ltd. v. Goldring [1957] 2 Q. B. 600. Der Entscheidung lag ein kurioser Betrugsversuch eines Kfz-Händlers zum Erwerb eines Neuwagens durch den Alteigentümer eines Lieferwagens (Bedford) zugrunde. Auf Betreiben des Händlers gab sich der Alteigentümer, der den Kaufpreis für den Chrysler nicht aufbringen konnte, gegenüber der Klägerin, einer Bank, als Eigentümer des Lieferwagens aus und gab vor, dass er als Mietkäufer beide Fahrzeuge vom Händler erwerben wolle. Auf diese Weise sollte die Klägerin dazu verleitet werden, die hire-purchase agreements über beide Fahrzeuge zu finanzieren. Zu diesem Zweck unterzeichnete der Alteigentümer eine Blanketturkunde, die später vom Händler als hire-purchase agreement vervollständigt wurde; aus diesem ergab sich u. a., dass der vermeintliche Mietkäufer bereits den Besitz am Bedford und am Chrysler erhalten habe. Unter Vorlage dieser Vertragsformulare wandte sich der Händler an die Klägerin, die nur den Kredit für den Bedford, nicht aber den für den Chrysler beabsichtigten Kredit bewilligte. Der Bedford wurde sodann vom Alteigentümer und vermeintlichen Mietkäufer, der weiterhin Besitzer war, an den Beklagten verkauft. Die Parteien stritten um das Eigentum an dem Bedford. Der Court of Appeal gab der Klage statt. Die Klägerin hatte gutgläubig aufgrund eines estoppel by representation das Eigentum an dem Bedford erlangt und dieses auch nicht durch die Veräußerung vom Alteigentümer an den Beklagten verloren. Aufgrund der Unterzeichnung des Blanketts lag eine dem Alteigentümer zurechenbare Täuschung über die Eigentumsverhältnisse vor; dieser konnte sich mithin gegenüber der Kläge-
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Wollte man diese Lehre auf Verfügungen über limited interests in goods, namentlich über das special property des pledgee, erstrecken, dürfte es für einen zurechenbaren äußeren Anschein der Rechtsinhaberschaft des Verfügenden ebenso wenig wie in der anerkannten Konstellation des apparent ownership genügen, dass der „owner“ – sei es ein Inhaber eines legal title im Umfang eines absolute interest, sei es ein pledgee, sei es ein Inhaber eines sonstigen limited interest – willentlich dem Scheinberechtigten possession an der (vermeintlichen) Pfandsache einräumt. Über das bloße bailment hinaus bedürfte es gewichtiger weiterer objektiver, dem owner zurechenbarer Indizien für eine wirksame Verpfändung. Soweit nun aber die Anwendung eines estoppel in der Literatur erwogen wird, wenn ein pledgee die pfandrechtliche Veräußerungsermächtigung überschreite, der pledgor aber durch aktives Tun oder pflichtwidriges Unterlassen den Anschein erwecke, der pledgee sei zur Veräußerung berechtigt,599 lässt sich daraus zumindest für die dritte Konstellation, in der es dem Verfügenden an der Rechtsstellung eines pledgee fehlt und dieser auch nicht über das general property, sondern über das special property zu verfügen versucht, nicht viel ableiten. Sachlich rechtfertigen ließe sich ein gutgläubiger Erwerb aufgrund einer Weiterverpfändung seitens eines präsumtiven pledgee nur dann, wenn an der möglichst ungehinderten Verkehrsfähigkeit von security interests ein vergleichbar gewichtiges öffentliches Interesse wie an der uneingeschränkten Übertragbarkeit des general rin nicht auf sein Eigentum berufen. Unschädlich war, dass der als Eigentümer sich gerierende Händler selbst nicht Besitzer war und der Klägerin auch nicht possession verschafft hatte. Demgegenüber schied ein gutgläubiger Erwerb des Beklagten gem. sec. 25(1) SGA 1979 aus, da der Alteigentümer aufgrund des hire-purchase agreement nicht als buyer in possession anzusehen war, sondern possession als Mieter des Bedford unter einem bailment ausübte. Siehe ferner auch Lloyds and Scottish Finance Ltd. v. Williamson [1965] 1 All E. R. 641 (C. A.): Der Eigentümer hatte einem Gebrauchtwagenhändler seinen Pkw zwecks Verkaufs anvertraut; der Händler veräußerte den Wagen sodann pflichtwidrig unter Aufrechnung mit einer eigenen Verbindlichkeit an den (redlichen) Käufer. Nach Ansicht des Court of Appeal schied zwar ein wirksamer Erwerb vom Eigentümer wegen Überschreitung seiner Vertretungsmacht aus; auch eine apparent authority sei nicht gegeben, da ein Händler typischerweise nicht zum Verkauf fremder Sachen unter Tilgung eigener Verbindlichkeiten berechtigt sei. Möglich sei aber ein gutgläubiger Eigentumserwerb vom Händler aufgrund apparent ownership desselben; diesbezüglich komme es, weil der Händler als Scheineigentümer verfüge, nicht darauf an, dass die Veräußerung nicht im ordentlichen Geschäftsgang erfolgte (vgl. Goode (-McKendrick), Commercial Law5, Rn. 16–24). 599 So Beale/Bridge/Gullifer/L omnicka, The Law of Security and Title-Based Financing 2 , Rn. 5.21, die zugleich klarstellen, dass ein gutgläubiger Erwerb vom pledgee aufgrund eines vertragswidrigen Pfandverkaufs nach sec. 2(1) FA 1889 ebenso ausscheidet wie nach secs. 8, 9 FA 1889, secs. 24, 25 SGA 1979. Sachlich lässt sich der Rekurs auf die dotrine of estoppel durchaus nachvollziehen. Wenn schon ein gänzlich Nichtberechtigter über fremdes Eigentum zu verfügen vermag, sofern der Eigentümer zurechenbar den Anschein einer Berechtigung gesetzt hat, muss dies erst recht gelten, wenn der Verfügende sogar über eine rechtsgeschäftlich begründete Veräußerungsbefugnis verfügt und lediglich gegen vertragliche Abreden über die Pfandverwertung verstößt, z. B. vor Pfandreife den Pfandverkauf betreibt; den Interessen des Alteigentümers kann durch trust-rechtliche Belastung des Veräußerungserlöses Rechnung getragen werden (zur treuhänderischen Bindung des pledgee hinsichtlich eines etwaig erzielten Überschusses siehe Mathew v. T. M. Sutton Ltd. [1994] 1 W. L.R. 1455; Palmer/Hudson, in: Palmer/McKendrick, Interests in Goods2, S. 621, 644).
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property in goods bestünde. Indes wäre es dann primär Sache des Gesetzgebers, entsprechende Verkehrsschutznormen zu erlassen. Wenn sich aber nun einmal der sachliche Anwendungsbereich der einschlägigen handelsrechtlichen Rechtssetzung seit jeher auf den gutgläubigen (konstitutiven) Erwerb eines pledge bzw. eines lien vom mercantile agent an fremden Waren oder Wertpapieren beschränkt, dürfte es sich mit Rücksicht auf den Grundsatz singularia non sunt extendenda verbieten, die ungeschriebene doctrine of estoppel zwecks Förderung des Refinanzierungsgeschäfts zu instrumentalisieren und hierdurch zugleich sachenrechtliche Bestandsschutzstandards zu verkürzen. Unter Wertungsgesichtspunkten wäre die diskutierte ausdehnende Auslegung der estoppel-Doktrin aus den bereits für das österreichische Afterpfandrecht gezeigten Gründen sachlich kaum zu rechtfertigen. Wenn der Prätendent sich nicht als owner geriert, sondern ein special property als pledgee reklamiert, liegt es aus Sicht des Rechtsverkehrs nahe, zunächst einmal Erkundigungen beim angeblichen Eigentümer über das vom Verfügenden geltend gemachte begrenzte Recht und die daraus folgende Verfügungsbefugnis einzuholen. Dies gilt umso mehr, als wegen der akzessorischen Natur des pledge und eines möglichen vertraglichen Weiterverpfändungsverbots (mit dinglicher Wirkung) Nachforschungen im eigenen Interesse des Erwerbsinteressenten geradezu geboten erscheinen. Vor diesem Hintergrund dürfte die fehlende Rechtsinhaberschaft bei der Übertragung von (vermeintlichen) security interests unter Rekurs auf die komplementären Institute des apparent ownership und der apparent authority allenfalls in Extremfällen überwunden werden. Denkbar ist dies z. B. dann, wenn der pledgor auf Nachfrage des designierten Erwerbers ausdrücklich die behauptete Rechtsinhaberschaft bestätigt, die spätere Berufung auf die fehlende Rechtsinhaberschaft des Verfügenden mithin aufgrund des selbstwidersprüchlichen Verhaltens rechtsmissbräuchlich erscheint. (4) Ergebnis Nach alldem scheidet der Erwerb eines dem wirklichen „owner“ entgegensetzbaren „special property“ kraft Übertragung oder Verpfändung desselben seitens eines Nichtberechtigten prinzipiell aus. Wer nicht über einen indefeasible title im Quantum eines absolute interest verfügt und somit nicht als Eigentümer stricto sensu anzusehen ist und auch nicht zur Verfügung über die fremde Sache rechtsgeschäftlich oder kraft eines begrenzten Sachenrechts ermächtigt ist, vermag dem Verfügungsempfänger grundsätzlich nur einen possessory title zu verschaffen, der zwar unberechtigten Personen, nicht aber demjenigen entgegengehalten werden kann, der einen hierarchisch überlegenen legal title an der Sache hat. Für Verfügungen eines präsumtiven pledgee über einen (vermeintlichen) limited interest gilt dies – mit Rücksicht auf die weite Auslegung des Terminus „owner“ in den einschlägigen Gutglaubenstatbeständen600 – entsprechend. Der Erwerber erlangt allenfalls kraft 600 Vgl. Lloyds Bank Ltd. v. Bank of America National Trust and Savings Association [1938] 2 K. B. 146; Bridge, The Sale of Goods2, Rn. 5.94.
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Übergang der possession unter einem bailment einen pledge, der den jeweiligen possessory title (in Form eines absolute interest) des Verfügenden beschränkt, nicht aber ein special property, welches das vorrangige Recht des wirklichen pledgee verdrängt oder gar den umfassenden absolute interest des Eigentümers unmittelbar belastet. Ausschlaggebend ist, dass derjenige, der sich als pledgee geriert und lediglich im Umfang seines vermeintlichen Rechts über die fremde Sache oder aber über diesen angeblichen limited interest zu verfügen versucht, die tatsächliche Sachherrschaft (i. S. v. sec. 1(2) FA 1889) nicht in der von den Verkehrsschutznormen jeweils geforderten rollenspezifischen Eigenschaft begründet, die ihn zur Verfügung über das general property, berechtigt erscheinen lässt. Auch aus der judiziellen Erschließung der Lehre vom apparent ownership ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass eine vermeintliche Berechtigung als pledgee dem „Scheineigentum“ an der Sache mit der Folge gleichzusetzen ist, dass sich der owner resp. der pledgee das Recht des Verfügungsempfängers als sub-pledgee entgegenhalten lassen müsste. Nichts anderes gilt, wenn der pledgee ein vertragliches Verfügungsverbot – bei unterstellter dinglicher Wirkung – überschreitet oder die pledged assets zur Sicherung einer die Sicherungsforderung übersteigenden Verbindlichkeit weiterverpfändet; ein gutgläubiger Erwerb des sub-pledgee ist hier allenfalls dann denkbar, wenn ein dem pledgor zurechenbarer qualifizierter Rechtsschein für das general property oder für eine entsprechende Verfügungsermächtigung über das general property gegeben ist.601 Folgerichtig scheidet selbst bei unterstellter dinglicher Wirkung einer lease of goods602 ein gutgläubiger Erwerb seitens des sub-lessee grundsätzlich aus, sofern der lessor die Sache über die Laufzeit der head lease hinaus „vermietet“.603 e) Wirkungskreis Wenngleich der High Court in Donald v. Suckling mangels Entscheidungserheblichkeit auf die Rechtsstellung des Beklagten als sub-pledgee mit keiner Silbe einging, indiziert die Entscheidung doch, dass diesem in Übereinstimmung mit den aufgezeigten Strukturprinzipien eines pledge gleichfalls ein drittwirksames, mit tort-rechtlichem Klageschutz ausgestattetes Besitz- und Verfügungsrecht in Ansehung der sub-pledged assets zusteht. Schon aus Gründen der Wertungslogik dürfte dem Erwerber das für den tort-rechtlichen Klageschutz maßgebliche immediate right to possession aufgrund des kraft der delivery publizitätswirksamen sub-pledging zu attestieren sein. Wenn der pledgee weder durch die Vollrechtsübertragung noch durch die Verpfändung der „assets“ oder des „special interest“ an einen Drit601
So wohl auch Palmer, Bailment 3, Rn. 22-027, 22-044. Zu dieser Diskussion siehe die Nachweise in § 2 I b) bb) in Fn. 177. 603 Anderes ist – unter der Prämisse, dass die lease of goods ein genuines Sachenrecht des lessee begründet – dann denkbar, wenn sich der head lessee selbst als Eigentümer geriert und auch ein dem lessor zurechenbarer qualifizierter Rechtsschein gegeben ist; dann freilich geht es wiederum nicht um den gutgläubigen Erwerb eines aus mehrstufiger Belastung entspringenden Rechts, sondern strukturell um eine Belastung des general property mit einer gewöhnlichen lease (richtig m. E. Palmer, Bailment3, Rn. 23-049). 602
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ten seines special property verlustig geht und der pledgor von dem sub-pledgee das Pfand nur Zug um Zug gegen Tilgung seiner Schuld herausverlangen kann, wirkt der sub-pledge offenbar nicht lediglich inter partes. Stand dem Beklagten in dem in Donald v. Suckling relevanten Prozessrechtsverhältnis ein „besseres“ Recht zum Besitz an den verpfändeten Wertpapieren im Verhältnis zum Kläger ungeachtet des Umstands zu, dass insoweit keine schuldvertragliche Beziehung existierte, konnte sich dieses bessere Besitzrecht nur aus dem sub-pledge, d. h. aus dem collateral bailment zwischen pledgor und sub-pledgee ergeben.604 Dies lässt darauf schließen, dass im Verhältnis zwischen dem pledgee und dem sub-pledgee nicht anders zu entscheiden wäre: Jener dürfte nur dann einen Anspruch wegen conversion gegen diesen erfolgreich durchsetzen können, wenn er die durch den sub-pledge gesicherte Forderung tilgt, was konsequenterweise auch für alle Sonderrechtsnachfolger des ersten pledgee (einschließlich seines trustee in bankruptcy) gelten dürfte.605 Bei konsequenter Fortsetzung der Judikatur aus Donald v. Suckling kann sich der sub-pledgee aber nicht nur zur Verteidigung gegen eine Klage aus conversion auf ein immediate right to possession berufen, sondern umgekehrt dieses auch selbst bei Besitzvorenthaltung im Wege einer Klage aus conversion angriffsweise geltend machen. Der sub-pledge verleiht mithin das für die Aktivlegitimation erforderliche „dingliche“ immediate right to possession.606 Steht 604 Siehe
§ 5 III. 4. c). Hierfür lässt sich endlich eine Parallele zu den Wirkungen der Pfändung des special property des pledgee (gem. sec. 62(4)(a) Tribunals, Courts and Enforcement Act 2007) anführen: Wenn durch die Inbesitznahme des Pfandes durch den sheriff – der insoweit als „Vertreter“ des betreibenden Gläubigers des pledgee agiert – sowohl das Recht zum Besitz an den verpfändeten Sachen als auch das Verkaufsrecht auf den sheriff übergehen (Rollason v. Rollason (1887) L. R. 34 Ch.D. 495, 497 (North J.)), dürfte für die unstreitig zulässige Verpfändung des special property seitens des pledgee nicht anders entschieden werden. Zwar müssen sich die Rechtsfolgen der Verpfändung und der Pfändung des special property nicht notwendig decken. Weshalb der sub-pledgee aber schlechter stehen sollte als ein Vollstreckungsgläubiger des pledgee, leuchtet auch mit Blick darauf, dass der sub-pledge und die Pfändung übereinstimmend durch einen publizitätswirksamen Besitzwechsel vollzogen werden, nicht ein, zumal ja die Pfändbarkeit gerade aus der Veräußerlichkeit des special property hergeleitet wird (vgl. Rollason v. Rollason (1887) L. R. 34 Ch.D. 495, 496). Dem sub-pledgee dürfte daher nicht nur ein Recht zum Besitz und zum Verkauf des Pfandes, sondern – ebenso wie dem durch den sheriff vertretenen Vollstreckungsgläubiger (vgl. Rollason v. Rollason (1887) L. R. 34 Ch.D. 495, 497 (North J.)) – auch ein Recht auf Einziehung der durch den pledge gesicherten Forderung sowie die Empfangszuständigkeit hinsichtlich des zur Einlösung des pledge gezahlten Betrages zustehen. Aus Gründen der Wertungskohärenz dürfte sich das Recht des subpledgee an dem special property auch im Verhältnis zu nachfolgend konstituierten Rechten Dritter, insbesondere aufgrund einer nachfolgend angeordneten Zwangsverwaltung des Pfandleihgeschäfts des pledgee, durchsetzen (vgl. Rollason v. Rollason (1887) L. R. 34 Ch.D. 495, 497 (North J.) in Bezug auf das durch Pfändung des special property begründete Besitz- und Verwertungsrecht des sheriff). Anderenfalls liefe die Sicherungsfunktion einer sub-pledge ja immer dann leer, wenn sie sich bewähren müsste, nämlich in der Insolvenz des pledgee und des sub-pledgor. 606 An dieser Stelle ist der durch das law of torts garantierte Schutz der possession und dinglicher Rechte an realen Sachen (interference with goods) nur zu skizzieren; wegen der Einzelheiten siehe Brigde/Gullifer/McNeel/Worthington, The Law of Personal Property, Rn. 16-001– 16-061; Winfield & Jolowicz (-Rogers), Tort18 , Rn. 17-1–17-34. Zum Schutz der tatsächlichen Sachherrschaft und dinglicher Rechte an chattels personal bildete sich im mittelalterlichen Com605
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dem sub-pledgee das relativ stärkste Besitzrecht zu, bewährt sich dieses auch im Fall einer Verfügung über das general property; in Ermangelung eines den gutgläumon Law ein engmaschiges System von Klagerechten – trespass de bonis asportatis, detinue, trover, replevin, negligence sowie die sog. action sur le case – heraus, das unter abgewandelter Nomenklatur bis heute fortgilt (vgl. Winfield & Jolowicz (-Rogers), Tort18 , Rn. 17-1–17-2). Während trespass de bonis asportatis – im geltenden Recht als trespass to goods bezeichnet – „direkte“ Störungen der possession, d. h. einen willensgetragenen Zugriff des Klagegegners auf eine im „Besitz“ des Klägers stehende Sache voraussetzt, fiel unter trover – der rechtshistorische Vorläufer von conversion – zwar ursprünglich die willentliche Nutzung einer verlorenen Sache durch den Finder. Schon bald jedoch weitete die Rechtsprechung den sachlichen Anwendungsbereich von trover massiv aus: Die Voraussetzungen des unwillkürlichen Besitzverlusts des Klägers und des Fundes seitens des Beklagten wurden zu bloßen Fiktionen degradiert, entscheidend war und ist bis heute die Usurpation der possession oder eines fremden Besitzrechts („dealing with the goods in a way inconsistent with the rights of the claimant“) an einer „realen Sache“ (PEL (-von Bar), Liab. Dam., Chapter 2, Article 2:206, Notes, I, 13). Diese Rechtsusurpation offenbart sich bei conversion – insoweit übereinstimmend mit trespass to goods – in einem willensgetragenen physischen Zugriff auf eine reale Sache (Forderungen und andere Rechte sind kein tauglicher Gegenstand einer conversion; vgl. OBG Ltd. v. Allan [2008] 1 A. C. 1; Winfield & Jolowicz (-Rogers), Tort18 , Rn. 17–7). Primär geht es um die willentliche Besitzentziehung sowie um die missbräuchliche Ausübung der tatsächlichen Herrschaftsmacht, z. B. durch Verpfändung (Parker v. Godin (1728) 2 Str. 813; 93 E. R. 866) oder Verkauf einer fremden Sache (Hollins v. Fowler (1874–1875) L. R. 7 H. L. 757); auch derjenige, der für die Sache aufgrund eines Verkaufs oder einer Verpfändung seitens eines Nichtberechtigten haftet – vorbehaltlich eines gutgläubigen Erwerbs – wegen conversion (vgl. sec. 11(2) T(IWG)A 1977. Zudem haftet der bailee – im Gegensatz zum alten Common Law – nach sec. 2(2) T(IWG)A 1977 inzwischen auch dann wegen conversion, wenn er die ihm vorübergehend überlassene Sache aufgrund unfreiwilligen Besitzverlusts oder Sachvernichtung nicht herauszugeben vermag; die ursprünglich von detinue erfasste Besitzvorenthaltung seitens des bailee geht insoweit in conversion auf. Andererseits reicht es nach sec. 11(3) T(IWG)A 1977 abweichend vom früheren Recht nicht aus, dass sich der Klagegegner eines Rechts an der fremden Sache, insbesondere des Eigentums, berühmt (PEL (-von Bar), Liab. Dam., Chapter 2, Article 2:206, Notes, I, 13). Aktivlegitimiert ist bekanntlich, wer im Zeitpunkt der tatbestandsmäßigen Handlung die tatsächliche Sachherrschaft oder ein immediate right to possession, z. B. legal ownership oder ein special property als pledgee an der Sache innehat (Clerk and Lindsell (-Tettenborn), Torts22, Rn. 17-61; Palmer, Bailment 3, Rn. 4-002–4006). Auf ein „dingliches“, d. h. aus einem anerkannten proprietary interest fließendes immediate right to possession kommt es nach vordringender Ansicht ohnehin nicht mehr an (Government of the Islamic Republic of Iran v. Barakat Galleries Ltd. [2007] EWCA Civ 1374; [2009] QW.B. 22; Palmer, Bailment 3, Rn. 4-006); ein vertraglich begründetes Besitzrecht soll ausreichen, ein bloßer equitable interest hingegen nicht (Winfield & Jolowicz (-Rogers), Tort18 , Rn. 1716–17-17). Ein wichtiger Unterschied zwischen conversion und trespass to goods zeigt sich bei den Rechtsfolgen: So kann ein bailee – ohne dass es auf ein dingliches Recht ankommt – wegen conversion prinzipiell den vollen Sachwert ohne Rücksicht auf Inhalt und Umfang seines Rechts an der Sache liquidieren. Dies gilt insbesondere bei Vorenthaltung oder Entziehung des Besitzes durch den Beklagten: So kann der Kläger zwar wählen, ob er Schadensersatz in Geld oder Herausgabe der Sache (mit Ersetzungsbefugnis des Beklagten durch Leistung von Schadensersatz in Geld in Höhe des vollen Sachwerts) verlangt (sec. 3(3)(b) T(IWG)A 1977); ein der rei vindicatio vergleichbarer Herausgabeanspruch resp. ein deliktsrechtlicher Anspruch auf Naturalrestitution in Form der Sachherausgabe zzgl. weiterer Schäden steht aber nicht einmal dem Eigentümer zu, liegt doch die Anordnung der Herausgabe der Sache nach sec. 3(3)(b) T(IWG)A 1977 im freien Ermessen des Gerichts (Winfield & Jolowicz (-Rogers), Tort18 , Rn. 17-29). Sofern der Beklagte (oder ein Vorgänger im Besitz) gutgläubig Verwendungen auf die Sache getätigt hat, ist der Geldersatz gem. sec. 6 T(IWG)A 1977 unter Abzug der werterhöhenden Verwendungen
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big-lastenfreien Erwerb anordnenden Ausnahmetatbestands berührt dies nicht den Bestand des pledge und vermag demzufolge nicht das abgeleitete Recht des zu bestimmen; zumindest das statute law sieht – in scharfem Gegensatz zu § 994 BGB – weitere Aufwendungsersatzansprüche des „Rechtsverletzers“ nicht vor. Für den tort-rechtlichen Klageschutz des sub-pledgee ergibt sich hieraus Folgendes: Aufgrund seiner possession ist der subpledgee zweifellos berechtigt, Schadensersatz in Geld wegen conversion zu verlangen, sofern ein Dritter die tatsächliche Sachherrschaft des sub-pledgee usurpiert. Auf die Rechtsposition als subpledgee kommt es gar nicht an, der Klageschutz folgt – so wie bei sonstigen von trespass to goods sanktionierten Besitzstörungen – aus der possession als sub-bailee. Sofern nun aber unstreitig dem pledgee das für die Sachbefugnis maßgebliche immediate right to possession zusteht, kann für einen sub-pledgee folgerichtig nichts anderes gelten; das immediate right to possession geht auf diesen für die Dauer des sub-pledge über, weshalb der sub-pledgee den ganzen Substanzschaden ohne Rücksicht auf das tatsächlich verletzte Sicherungsinteresse bei Vernichtung oder Entziehung der pledged assets liquidieren kann. Dies schließt konkurrierende Ansprüche auf Schadensersatz des pledgor (bailor) und des pledgee bzw. sub-pledgor (als principal bailee) nicht aus; geschützt ist auch das deferred right to possession, wobei es insoweit konsequenterweise wiederum nicht darauf ankommt, ob dieses Besitzrecht aus dem legal ownership fließt (vgl. Palmer, Bailment3, Rn. 4-007). Die Herausgabe des Besitzes des Rechtsverletzers dürfte der sub-pledgee hingegen kaum erfolgreich im Klageweg durchsetzen können: Wenn schon regelmäßig nur Schadensersatz in Geld und nicht Naturalrestitution bei rechtswidriger Besitzentziehung oder -vorenthaltung gewährt wird, besteht bei einer vom sub-pledgee erhobenen Klage wegen conversion erst recht kein Grund, ausnahmsweise die Herausgabe des Besitzes anzuordnen; ein schutzwürdiges ideelles Interesse an den sub-pledged assets dürfte schlechthin ausscheiden, weil die Sache für den Gläubiger nur eine Sicherungs- und Verwertungsfunktion erfüllt. Allerdings kommt bei einer bevorstehenden Beeinträchtigung des Rechts des sub-pledgee vorläufiger Rechtsschutz nach Maßgabe von sec. 4 T(IWG)A 1977 in Betracht; hiernach kann u. a. die Herausgabe der Sache an den Antragsteller oder an einen vom Gericht einzusetzenden Verwalter angeordnet werden. Zu beachten ist ferner, dass es dem Klagegegner, sofern Dritte Rechte an der streitgegenständlichen Sache geltend machen, abweichend vom Common Law uneingeschränkt freisteht, sich auf die exceptio ex iure tertii zu berufen (sec. 8(1) T(IWG)A 1977); die vom Beklagten bezeichneten Prätendenten sind dann in den Rechtsstreit auf Klägerseite einzubeziehen (vgl. sec. 8(2)(c) T(IWG)A 1977). Auch in materiellrechtlicher Hinsicht ist die exceptio ex iure tertii bedeutsam: Während schon die ungeschriebenen Regeln des Common Law eine mehrfache Inanspruchnahme des „Rechtsverletzers“ seitens des bailee und des bailor verhinderten – ungeachtet des Verbots der exceptio ex iure tertii konnte sich der Rechtsverletzer gegen eine vom bailee bzw. bailor erhobene Klage darauf berufen, dass er dem nicht prozessierenden bailor bzw. bailee vollen Schadensersatz geleistet hatte (vgl. The Winkfield [1902] P. 42, 61 (Collins M. R.); Clerk and Lindsell (-Tettenborn), Torts22, Rn. 17-123; Winfield & Jolowicz (-Rogers), Tort18 , Rn. 17-19) –, ist nach sec. 7(2) T(IWG)A 1977 nunmehr eine sachgerechte Aufteilung der Schadensersatzsumme möglich, wodurch insbesondere ein lästiger und ggf. vergeblicher Rückgriff des bailor bei seinem bailee vermieden werden soll. So wird demjenigen, der lediglich über ein begrenztes Recht (limited interest) verfügt, hiernach auch nur der ihm selbst entstandene Vermögensschaden, nicht aber der volle Substanzwert der Sache, zugesprochen; die Einbeziehung weiterer Prätendenten in den Rechtsstreit ermöglicht es dem Gericht, alle Ansprüche zu berücksichtigen und die Schadensersatzsumme auf die berechtigten Personen zu verteilen, ohne dass der Beklagte einer double liability ausgesetzt ist. Sofern allerdings ein Nichteigentümer, insbesondere auch ein sub-pledgee den vollen Substanzwert im Klageweg liquidiert, ist sec. 7(3) (4) T(IWG)A 1977 zu beachten: So ist der sub-pledgee – wie jeder andere bailee auch – verpflichtet, den ihm nicht gebührenden Überschuss an den pledgee (als sub-pledgor) bzw. an den pledgor (als mutmaßlichem Eigentümer) auszukehren; soweit der pledgee bzw. der pledgor bzw. der legal owner hierdurch ungerechtfertigt bereichert ist, ist er zur Herausgabe der ungerechtfertigten Bereicherung an den doppelt oder mehrfach in Anspruch genommenen Beklagten verpflichtet (sec. 7(4) T(IWG)A 1977). Sollte der Klagegegner die exceptio ex iure tertii erheben, müssten sowohl der pledgee als auch der pledgor (und ggf. andere vermeintlich berechtigte Personen) in den
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sub-pledgee zu invalidieren.607 Wird hingegen über den verpfändeten pledge seitens des pledgee verfügt, liefe es auf eine bemerkenswerte Inkonsequenz hinaus, wenn nicht dem sub-pledgee ebensolcher Bestandsschutz bei pfandrechtsbezogenen Verfügungen, etwa mittels (Sicherungs-)Übertragung des belasteten special interest des p ledgee oder erneuer Verpfändung teilhaftig wäre. Soll das Recht des sub- pledgee nicht zu einem „kupierten“ special property degradiert werden, muss die vorstehend beschriebene Interdependenz zwischen tort law und property law uneingeschränkt gelten: Mittels Besitzüberlassung an den sub-pledgee begibt sich der pledgee des für eine Klage wegen conversion unerlässlichen immediate right to possession, vermag somit sein Recht nicht mehr lastenfrei zu übertragen oder zu verpfänden.608 Andererseits ist der sub-pledgee an Rechte Dritter an der verpfändeten Rechtsstreit einbezogen werden; dem sub-pledgee dürfte dann Schadensersatz allenfalls bis zur Höhe seines Sicherungsinteresses, soweit dieses nicht den realistischerweise erzielbaren Veräußerungserlös übersteigt, zugesprochen werden können (vgl. Bell, Modern Law of Personal Property in England and Ireland, S. 99). Denn auch der sub-pledgor begibt sich nicht vollständig des tortrechtlichen Klageschutzes, soweit er ein über das Interesse des sub-pledgee hinausgehendes Sicherungsinteresse an den pledged assets reklamieren kann (allgemein zur Aktivlegitimation eines principal bailee Palmer, Bailment 3, Rn. 4-007). Andererseits darf er aber nicht besser stehen als der allenfalls wegen einer Verletzung seines reversionary interest geschützte Inhaber des general property, der pledgor (grundlegend Gordon v. Harper (1796) 7 T. R. 9; 101 E. R. 828, wonach die Aktivlegitimation wegen trover sowohl ein dingliches Recht an der Sache als auch ein Recht zum Besitz derselben voraussetzt; demgemäß wies der Court of King’s Bench die Klage eines landlord gegen einen sheriff, der zu Unrecht die in die vermieteten Räume eingebrachten Sachen eines tenant gepfändet hatte, ab; siehe auch Bell, Modern Law of Personal Property in England and Ireland, S. 97). Wenn der sub-pledgee den ganzen Sachwert liquidiert und die Schadensersatzsumme das verletzte Sicherungsinteresse übersteigt, spricht viel dafür, dem sub-pledgee das Pflichtenprogramm eines trustee hinsichtlich des Überschusses sowohl im Verhältnis zum pledgee als auch im Verhältnis zum pledgor aufzuerlegen. Wie gezeigt, ist der pledgee nach verbeiteter Ansicht als trustee des pledgor hinsichtlich des durch den Pfandverkauf erzielten Überschusses anzusehen (Mathew v. T. M. Sutton Ltd. [1994] 4 All E. R. 793; Palmer/Hudson, in: Palmer/McKendrick, Interests in Goods2, S. 621, 644). Weil auch die Schadensersatzsumme an die Stelle des Pfandes tritt, ist hier wertungskonform gleichfalls eine treuhänderische Bindung hinsichtlich des Überschusses anzunehmen (Palmer/Hudson, in: Palmer/McKendrick, Interests in Goods2, S. 621, 632). Im Zusammenhang des Klageschutzes des sub-pledgee ist dagegen der etwas antiquierte Deliktstabestand replevin – der vornehmlich die rechtswidrige Privatvollstreckung (unlawful distress) seitens des landlord in die vom tenant in die überlassenen Räume eingebrachten Sachen erfasst (vgl. Winfield & Jolowicz (-Rogers), Tort18 , Rn. 17-1 in Fn. 3)– bedeutungslos. Wichtig ist demgegenüber die Rechtsfolge der Schadensersatzleistung in Geld: Wird der Kläger wegen des vollen Sachwertes resp. im Umfang seines limited interest an der Sache voll entschädigt, erlischt kraft Gesetzes sein Recht an der Sache (sec. 5(1) T(IWG)A 1977); für das dingliche Recht eines nicht prozessierenden Eigentümers oder sonstigen Dritten gilt dies nur dann, wenn diesem der vereinnahmte Schadensersatzbetrag nach Maßgabe von sec. 7(3) T(IWG) 1977 ausgezahlt wird (sec. 5(4) T(IWG)A 1977). 607 Auch die allgemeinen Regeln über kollidierende Sicherungsrechte sind auf sub-pledges direkt anzuwenden. Als sog. possessory security interest ist das Recht des sub-pledgee gegen nachfolgend bestellte besitzlose Sicherungsrechte (mortgages oder charges) optimal geschützt; ein lastenfreier Erwerb resp. ein Vorrangserwerb kommt ohne Zustimmung des sub-pledgee nicht in Betracht (vgl. Beale/Bridge/Gullifer/Lomnicka, The Law of Security and Title-Based Financing2, Rn. 13.03 zur Kollision zwischen einem pledge und anschließend eingeräumten mortgages oder charges). 608 Als besitzgestützter subsidiary legal interest ist das Recht des sub-pledgee gegen nach-
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Sache nach Maßgabe des Prioritätsprinzips gebunden,609 zugunsten des redlichen sub-pledgee gilt aber die bona fide purchaser defence in Bezug auf equitable interests an den pledged goods.610 folgende Verfügungen über das belastete special property nach der allgemeinen Maxime nemo dat quod non habet – die auch im Verhältnis kollidierender legal security interests Geltung beansprucht (vgl. Beale/Bridge/Gullifer/Lomnicka, The Law of Security and Title-Based Financing2, Rn. 13.01) – geschützt. Aus den bereits aufgezeigten Gründen wird das Recht des subpledgee weder durch eine Sicherungsübertragung des belasteten special property noch durch eine Sicherungsübertragung mittels legal mortgage berührt; Verkehrsschutz scheidet im englischen Recht in Bezug auf Verfügungen über ein fremdes oder scheinbares special property aus. Allerdings ist der sub-pledgee auch nach Common Law nicht gegen die Gefahr eines Rechtsverlusts durch gutgläubig-lastenfreien Erwerb absolut geschützt. Wie gezeigt, erlischt ein pledge durch gutgläubig-lastenfreien Eigentumserwerb in Analogie zu sec. 23 SGA 1979 (sale under voidable title), wenn der pledgee (täuschungsbedingt) das Pfand an den pledgor ohne Rechtsverzichtswillen herausgibt, der dieses sodann unter Verschweigung des trotz der Rückgabe fortbestehenden pledge an einen redlichen Erwerber verkauft. Zugleich erlischt auch das Recht des sub-pledgee, denn dieses begründet ein dem pledgor (resp. dem Eigentümer) entgegensetzbares immediate right to possession nur, solange auch der pledgee zur Veräußerung des Pfandes berechtigt ist. Diesbezüglich kommt es nicht darauf an, ob der pledgee – der unbeschadet der Wirksamkeit des Rechts des sub-pledgee im Besitz des Pfandes aufgrund eines attornment mit dem sub-pledgee ist – das Pfand an den pledgor herausgibt oder der sub-pledgee selbst das Pfand (täuschungsbedingt) ohne Verzichtswillen unmittelbar an den pledgor herausgibt. 609 Dies gilt jedenfalls im Verhältnis zu zuvor begründeten legal interests an dem special property, z. B. durch Sicherungsübertragung oder Verpfändung; ein sub-pledgee oder ein mortgagee des special interest wird also nicht durch nachfolgende erneute Verpfändung mit seinem dinglichen Recht im Rang verdrängt. Auch hier kann nichts anderes gelten als bei der Bestellung eines pledge an einer Sache nach bereits erfolgter Verpfändung oder Sicherungsübertragung (siehe hierzu Beale/Bridge/Gullifer/Lomnicka, The Law of Security and Title-Based Financing2, Rn. 13.05). 610 Wenn sich z. B. eine floating charge oder eine fixed equitable charge eines anderen Gläubigers des pledgor auf die anschließend dem redlichen pledgee verpfändete Sache – aufgrund sog. crystallisation im Fall der floating charge – bezieht, erwirbt dieser ein die Rechte des anderen Gläubigers verdrängendes pledge; die sog. bona fide purchaser defence gilt auch zugunsten des pledgee, vgl. Beale/Bridge/Gullifer/Lomnicka, The Law of Security and Title-Based Financing2, Rn. 14.06; Palmer/Hudson, in: Palmer/McKendrick, Interests in Goods2, S. 621, 644. Freilich ist nicht abschließend geklärt, ob die Eintragung eines besitzlosen equitable security interest, d. h. eine mortgage oder charge, den guten Glauben des pledgee ausschließt (verneinend Joseph v. Lyons (1884) 15 Q. B.D. 280, 286 (Cotton L. J.: der pledgee sei nicht gehalten, das Bills of Sale register zu überprüfen; zweifelnd Beale/Bridge/Gullifer/Lomnicka, The Law of Security and Title-Based Financing2, Rn. 14.06). Mutatis mutandis dürfte ein gutgläubiger (Vorrangs-)Erwerb durch Verpfändung des Pfandrechts in Betracht kommen, wenn zwar der pledgee mangels Redlichkeit kein die equitable charge oder equitable mortgage des konkurrierenden Gläubigers verdrängendes Pfandrecht an der Sache erwirbt, sodann aber einem redlichen Dritten einen sub-pledge einräumt. Schließlich ist das Recht des sub-pledgee, wie gezeigt, ein erga omnes wirkender legal interest, weshalb der allgemeine Rechtsgrundsatz der bona fide purchaser defence auch zugunsten des sub-pledgee Geltung beansprucht. Entsprechendes gilt auch dann, wenn zwar eine bereits mit equitable charges belastete Sache einem unredlichen mortgagee zur Sicherheit übertragen wird, der sodann einem redlichen Dritten eine sub-mortgage wirksam nach Common Law überträgt: Wenngleich der mortgagee selbst kein vorrangiges Sicherungsrecht erwirbt, verdrängt der legal interest des sub-mortgagee das konkurrierende Sicherungsrecht des chargee (vgl. Goode, Legal Problems of Credit and Security3, Rn. 6–24, der exemplarisch die Rangverhältnisse zwischen mehreren Gläubigern verpfändeter registered securities (z. B. Aktien, die auf den Sicherungsgeber eingetragen sind) behandelt: Außerhalb des Registers bestellte equitable interests werden hier-
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Steht dem sub-pledgee das relativ stärkste Besitzrecht an der Sache unter der Prämisse zu, dass der erste pledge vom Eigentümer eingeräumt wurde, ist der subpledgee zum Pfandverkauf nach Maßgabe des dem pledgee zustehenden Veräußerungsrechts berechtigt.611 Freilich dürfte der sub-pledge nicht nur eine Ausübungszuständigkeit am fremden Recht – parallel zum gemeinrechtlichen subpignus –, sondern zusätzlich eine Befugnis zur Verwertung im Wege der Verfügung über den pledge eröffnen. Anderenfalls könnte sich der sub-pledgee überhaupt erst bei Fälligkeit der durch den pledge gesicherten Forderung im Wege des Pfandverkaufs befriedigen, obschon sich der veräußerliche special interest des pledgee als Verwertungsobjekt anbietet.612 Zudem ist die Verfügungsbefugnis über den pledge (im Sinne des subjektiven Rechts des pledgee) das Korrelat der bereits aufgezeigten Sicherungswirkung in Form der verfügungsbeschränkenden Wirkung des sub-pledge. Diesbezüglich käme es ausschließlich auf die Fälligkeit der Sicherungsforderung des sub-pledgee an; ein etwaiger Überschuss gebührt dem pledgee, nicht dem pledgor, besteht doch der pledge kraft der Verfügung seitens des sub-pledgee fort. Zudem steht es dem sub-pledgee – vorbehaltlich eines vertraglichen Besitzüberlassungsoder Verfügungsverbots – frei, sein special property oder – was nichts anderes bedeutet – die Sache im Ausmaß seines eigenen Rechts an einen sub-sub-pledgee zu verpfänden oder zur Sicherheit zu übertragen. Weil sich mit der Tilgung der durch den pledge gesicherten Forderung das für die Aktivlegitimation wegen conversion erforderliche immediate right to possession des pledgor aktiviert, dürfte der sub-pledgee – ungeachtet des Umstandes, ob die durch den sub-pledge gesicherten Forderung vollständig erloschen ist – gegenüber dem pledgor einer objektiven Haftung hinsichtlich der Verwahrung des Pfandes unterliegen.613 Zwar unterliegt im Grundsatz allein der pledgee einer „strikten“ Haftung, sobald der pledge wegen Tilgung der Sicherungsforderung erlischt.614 Diese Haftungsverschärfung bestimmt aber – vorbehaltlich abweichender Vereinbarungen zwischen pledgor und sub-pledgee oder einer vom pledgor zumindest stillschweigend gebilligten haftungsbeschränkenden Vereinbarung zwischen pledgee und sub-pledgee615 – den Pflichtenkreis des sub-pledgee aus dem collaternach nach allgemeinen Grundsätzen von nachfolgend bestellten legal interests, z. B. einer eintragungsbedürftigen legal mortgage – einschließlich einer sub-mortgage bei Redlichkeit des submortgagee – verdrängt). Für den Erwerb eines beschränkten dinglichen Rechts in Form eines sub-pledge dürfte aber nichts anderes gelten als für die sub-mortgage. 611 Dafür spricht wiederum die bereits aufgezeigte Parallele zur Pfändung des special property des pledgee (Rollason v. Rollason (1887) L. R. 34 Ch.D. 495, 497 (North J.)). Sollte hierbei ein Überschuss erzielt werden, unterliegt der sub-pledgee, soweit ihm der Veräußerungserlös nicht wegen der durch den sub-pledge gesicherten Forderung gebührt, gegenüber dem pledgee und/ oder gegenüber dem pledgor einer treuhänderischen Bindung (siehe Mathew v. T. M. Sutton Ltd. [1994] 4 All E. R. 793; Palmer/Hudson, in: Palmer/McKendrick, Interests in Goods2, S. 621, 644). 612 Für diese Annahme streitet der Vergleich mit der Durchsetzung einer sub-mortgage; siehe § 5 III. 1. d) bb). 613 In diese Richtung auch Palmer, Bailment 3, Rn. 22-027. 614 Bridge/Gullifer/McNeel/L ow, The Law of Personal Property2 , Rn. 15-019. 615 Auch wenn ein sub-bailment nach der nicht unumstrittenen höchstrichterlichen Recht-
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al bailment zum pledgor.616 Auf die Tilgung der durch den sub-pledge gesicherten Forderung kommt es nicht an, wenn der sub-pledgee die pledged goods in Kenntnis der begrenzten Rechtsposition des pledgee in Besitz nimmt, mithin ein collateral bailment zwischen dem pledgor und dem sub-pledgee zustande kommt.617 Weshalb der sub-pledgee besser stehen sollte als der pledgee, obschon jener die Sachherrschaft über die pledged goods als bailee for reward, d. h. im eigenen Interesse, übernimmt und hierdurch eine abgeleitete Befugnis zum Besitz und zur Veräußerung erlangt, bedürfte sachlicher Rechtfertigung. Umgekehrt ist es nur folgerichtig, den Haftungsmaßstab nach Maßgabe der Vereinbarungen zwischen pledgee und subpledgee auch im collateral bailment abzusenken, wenn der pledgor einer Weiterverpfändung „on any terms“ zustimmt.618 sprechung (The Pioneer Container [1994] 2 A. C. 324) nicht der Zustimmung des bailor bedarf, schlagen haftungsbeschränkende Abreden in dem das sub-bailment konstituierenden Vertrag auf das Verhältnis zwischen bailor und sub-bailee nur dann durch, wenn insoweit eine (zumindest stillschweigende) Zustimmung seitens des bailor vorliegt, weswegen beim sub-pledge eine für den pledgor nachteilige Haftungsverteilung oder eine sonstige Erleichterung des Pflichtenprogramms des sub-pledgee nur mit Zustimmung des pledgor in diesem Schuldverhältnis wirksam werden kann. Mit der Verwahrungspflicht des sub-bailee korrespondiert ein Anspruch auf Aufwendungsersatz, welcher gegenüber dem bailor geltend gemacht werden kann (vgl. China Pacific SA v. Food Corporation of India (The Winson) [1982] A. C. 939; Bell, Modern Law of Personal Property in England and Ireland, S. 130). 616 Wie gezeigt, entsteht durch den sub-pledge auch ein sog. collateral bailment zwischen dem pledgor und dem sub-pledgee. Hiernach ist der sub-pledgee (als sub-bailee) gegenüber dem pledgor zum sorgfältigen Umgang mit der Sache verpflichtet und darf dessen hierarchisch überlegenen legal title nicht in Frage stellen. Aus Sicht des pledgor ist die Rechtsfigur des collateral bailment im Verhältnis zum sub-pledgee wegen der im Vergleich zum law of torts veränderten Darlegungsund Beweislastverteilung günstig, soweit der pledgor Ansprüche wegen Sachzerstörung oder Sachbeschädigung geltend macht: Der pledgor (als bailor) muss nur darlegen und ggf. beweisen, dass der Klagegegner als bailee im Besitz seiner Sache war und die Sache nunmehr verloren oder beschädigt ist; der Klagegegner muss sodann darlegen und ggf. beweisen, dass er seine Sorgfaltspflichten als bailee beachtet hat (vgl. Palmer, in: Burrows, English Private Law3, Rn. 16.02). 617 Leistet z. B. der pledgor mit befreiender Wirkung an den pledgee, macht sich der subpledgee, wenn er die Herausgabe der sub-pledged assets verweigert, wie sich bereits aus Donald v. Suckling (1866) L. R. 1 Q. B. 585 ergibt, wegen conversion schadensersatzpflichtig. Auf die Eigentumsverhältnisse an den sub-pledged assets kommt es zwar im Grundsatz nicht an, ist es dem subbailee doch nach Common Law untersagt, die Rechtsstellung des principal bailor aufgrund des bestehenden collateral bailment in Frage zu stellen (kritisch hierzu Palmer, Bailment 3, Rn. 4-054– 4-055, der dafür plädiert, die tradierte Regel vom bailee’s estoppel ausschließlich im Verhältnis zwischen dem sub-bailee und dem principal bailee und nicht auch im collateral bailment zwischen dem sub-bailee und dem principal bailor anzuwenden). Mit Rücksicht auf sec. 8(1) T(IWG)A 1977 dürfte diese Regel freilich zumindest im Prozess keine Rolle spielen; das Verbot der exceptio ex iure tertii ist bekanntlich obsolet. 618 Im Unterschied zu der Grundkonstellation des pledge existiert nicht ein singuläres (Sachenrechts- und) Schuldverhältnis zwischen pledgor und pledgee. Während sich die Zahl der dinglichen Berechtigungen mit jeder Weiterverpfändung „höherer Stufe“ um eins erhöht, vervielfältigt sich die Zahl der (außer)vertraglichen Schuldverhältnisse bei stringenter Anwendung der Lehre vom collateral bailment nach Maßgabe der Gaußschen Summenformel. Zur Veranschaulichung sei auf das folgende Beispiel verwiesen: Wenn A seinem Gläubiger B eine reale Sache verpfändet, die dieser sodann seinem Gläubiger C (dem ersten sub-pledgee) weiterverpfändet, korreliert die Anzahl der dinglich berechtigten Parteien an der Sache mit der Zahl der sa-
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Wenn hiernach der sub-pledge nicht zwangsläufig mit einer Abtretung oder Verpfändung der gesicherten Forderung des pledgee (als sub-pledgor) einhergeht, stellt sich – nicht anders als bei der Afterverpfändung gem. § 454 ABGB – die Frage, ob die Einziehungszuständigkeit und Verfügungsbefugnis des pledgee über die gesicherte Forderung zugunsten des sub-pledgee beschränkt ist. Auch diese Problemlage wird in der englischen Doktrin nicht erörtert; einschlägige Rechtsprechung liegt nicht vor. Zieht man eine Parallele zur rechtsgeschäftlichen Übertragung einer mortgage ohne die gesicherte Forderung liegt die Annahme einer vergleichbaren Einschränkung der Einziehungs- und Empfangszuständigkeit des pledgee nur nahe, vermag sich doch der von der Abtretung unterrichtete mortgagor nicht mehr durch Zahlung an den transferor von seiner Schuld zu befreien.619 Die Rechtsstellung des pledgor kann sich aber gleichfalls nicht verschlechtern. Der sub-pledgee muss sich zum einen sämtliche bis zum Zeitpunkt der „perfection“ durch Besitzübertragung begründeten forderungsbezogenen „equities“ entgegenhalten lassen und zum anderen dürfte der redliche pledgor ohne weiteres mit befreiender Wirkung an den pledgee leisten können; der Schutzstandard des pledgor darf aus Gründen der Wertungskohärenz nicht schlechter ausfallen als der eines mortgagor.
chenrechtlichen und schuldrechtlichen Beziehungen. Zwischen A und B sowie zwischen B und C besteht jeweils ein security agreement, das nicht von selbst, aber aufgrund der zweckgebundenen Besitzüberlassung eine dingliche Rechtsstellung konstituiert; zugleich entsteht bei Kenntnis des C von der „Restrechtskompetenz“ des A in diesem Verhältnis ein collateral bailment, das eine außervertragliche duty of care des C (als sub-bailee) gegenüber A (als head bailor) begründet. Während sich der special interest des B auf die Sache des A bezieht, bezieht sich der subsidiary special interest des C richtigerweise auf das Recht des B und auf die Sache des A, weil C ein erga omnes wirkendes immediate right to possession hat und nicht nur das Recht des B, sondern auch das general property des A unter der doppelten Voraussetzung, dass die durch den pledge und die durch den sub-pledge gesicherten Forderungen fällig sind, veräußern kann. Verpfändet nun C die Sache oder sein „special property“ weiter an D, der in voller Kenntnis der Restrechte des A und des B die Sache in Besitz nimmt, unterliegt er gleichfalls nicht nur gegenüber C, sondern gegenüber A und – bei konsequenter Anwendung der Lehre vom collateral bailment – auch gegenüber dem „intermediären“ pledgee B der bailee-spezifischen Sorgfaltspflicht; es bestehen also vier Sachenrechte, aber nicht nur drei bailment-spezifische Vertragsverhältnisse (security agreements) zwischen A und B, B und C und C und D, sondern zusätzlich noch drei außervertragliche collateral bailments (zwischen A und C, A und D und B und D). Die Summe derselben deckt sich mit der Zahl der Bezugspunkte der begrenzten Sachenrechte: Das Recht des B bezieht sich auf die Sache, das des C auf dessen Recht und die Sache und das des D auf das Recht des C, das Recht des B und die Sache, weil D konsequenterweise wahlweise zur Verfügung über das Recht des C oder das Recht des B und auch der Sache des A berechtigt ist, wenn alle Sicherungsforderungen fällig sind. Verpfändet D unter den identischen Voraussetzungen weiter an E, existieren fünf Sachenrechte gleichzeitig (das general property des A und die (subsidiary) special properties von B, C, D und E), vier Vertragsverhältnisse (security agreements) und sechs außervertragliche collateral bailments (A-C, A-D, A-E, B-D, B-E, C-E); entsprechendes gilt bei jedem weiteren sub-pledge. 619 Siehe § 5 III. 1. c) bb).
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IV. Pfandrechte an Verwertungsrechten Während die unselbstständige intrafamiliäre Belastung subjektiv-dinglicher Reallasten i. S. v. §§ 1105 Abs. 2, 1110 BGB mit Hypotheken, Grund- und Rentenschulden und Reallasten weder dogmatische noch praktische Schwierigkeiten bereitet,620 liegt es bei der Pfändung und Verpfändung von pfandrechtsgesicherten Forderungen, Hypothekenforderungen, Grund- und Rentenschulden und subjektiv-persönlichen Reallasten anders. Trotz oder gar wegen des intensiven pandektistischen Diskurses über das subpignus wird innerartlichen Belastungen von Verwertungsrechten621 in der zeitgenössischen Lehre kaum Beachtung geschenkt; 620 Zur unselbstständigen Belastbarkeit subjektiv-dinglicher Rechte mit Grundpfandrechten und Reallasten siehe § 2 II. 4. b) bb) (2). Hypotheken, Grund- und Rentenschulden sowie Reallasten erstrecken sich gem. § 1120 BGB auf die mit dem belasteten Grundstückseigentum oder grundstücksgleichen Recht verbundenen subjektiv-dinglichen Rechten (BGH, Beschluss vom 12.12.2013 – V ZB 120/13, NJW 2014, S. 1179, 1180 Rn. 15; MünchKomm (-Lieder), BGB VII7, § 1126 Rn. 4) einschließlich subjektiv-dinglicher Reallasten und erfassen insoweit gem. § 1126 BGB die wiederkehrenden Leistungen aus der Reallast. Folglich ist die Verfügungsbefugnis über das mit dem berechtigten Grundstück verbundene Stammrecht zugunsten des Grundpfandrechtsgläubigers gem. §§ 876 S. 2, 877, 880 Abs. 3 BGB beschränkt, wohingegen Verfügungen über die den Vorschriften über Hypothekenzinsen unterliegenden Einzelleistungen (§ 1107 BGB) gegenüber dem Hypothekengläubiger gem. §§ 1126 S. 2, 1124 Abs. 1 BGB wirksam sind, solange die Beschlagnahme nicht erfolgt ist. Mit Eintritt der Beschlagnahme – durch Zwangsverwaltung gem. § 148 Abs. 1 S. 1 ZVG, durch Pfändung aufgrund eines dinglichen Titels gem. §§ 857 Abs. 1, 829 ZPO oder durch einstweilige Verfügung gem. §§ 935, 938 ZPO – ist die Verfügungsbefugnis des beschwerten Grundstückseigentümers als Reallastgläubiger über die Einzelleistungen, soweit sich das am berechtigten Grundstück bestehende Grundpfandrecht auf diese erstreckt, suspendiert. Vorausverfügungen über Einzelleistungen sind in den zeitlichen Schranken von § 1126 S. 3 BGB rückwirkend unwirksam. Aus den einzelnen Leistungen kann sich der Hypothekengläubiger mit dem Rang seines Rechts im Wege der Zwangsverwaltung oder mittels Pfändung und Überweisung aufgrund dinglichen Titels befriedigen: Lässt er rückständige Einzelleistungen pfänden und sich überweisen, ist er selbst zur Einziehung befugt und kann demgemäß aus der belasteten Reallast die Zwangsvollstreckung in das von der Reallast betroffene Grundstück (typischerweise mittels Zwangsverwaltung) betreiben. Sofern die Einzelleistungen mehrfach durch konkurrierende Hypothekengläubiger gepfändet werden, richtet sich die Rangfolge zwar nach dem Rang der Hypotheken (§§ 879 ff. BGB, § 11 Abs. 1 ZVG) und nicht nach der zeitlichen Reihenfolge der Pfändungen, weil die vom bestrangigen Hypothekengläubiger bewirkte Pfändung die maßgebliche Beschlagnahme i. S. d. § 1126 S. 2 i. V. m. §§ 1123 Abs. 2 S. 1, 1124 Abs. 1 BGB bildet (RG, Urteil v. 4.11.1921 – VII 134/21, RGZ 103, S. 137, 140; Palandt (-Herrler), BGB78 , § 1123 Rn. 3). Allerdings muss sich der bestrangige Hypothekengläubiger die vor der Beschlagnahme ausgebrachten Pfändung der Einzelleistungen unter den gleichen Voraussetzungen entgegenhalten lassen wie rechtsgeschäftliche Verfügungen, die ihm gegenüber wirksam wären; die Beschlagnahmewirkung gem. §§ 136, 135 BGB, §§ 146 Abs. 1, 23 Abs. 1 ZVG ist durch §§ 1126 S. 2, 1124 Abs. 1, 3 BGB nicht unerheblich abgeschwächt (Staudinger (-Wolfsteiner), BGB (2015), § 1123 Rn. 21), was einmal mehr die geringfügige Sicherungswirkung des dinglichen Rechts in Ansehung subjektiv-dinglicher Rechte des belasteten Eigentums demonstriert. 621 Der Kanon der verpfändbaren Sachenrechte ist freilich begrenzt, weil, wie schon aus der Vorschrift über die Bestellung des Pfandrechts an Rechten folgt, ausschließlich übertragbare Rechte der Verpfändung unterliegen (§ 1274 Abs. 2 BGB) und zusätzlich die „Verwertbarkeit“ des verpfändeten Rechts verlangt wird (Erman (-J. Schmidt), BGB II14, § 1273 Rn. 3; Westermann/Gursky/Eickmann (-Gursky), Sachenrecht8 , § 135 Rn. 1). Klarstellend ist zunächst hervorzuheben, dass das Grundstückseigentum und die diesem kraft Gesetzes gleichgestellten
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die einschlägigen Ausführungen erschöpfen sich in Allgemeinplätzen.622 Sieht man einmal von den – unschwer aus dem Gesetz zu entnehmenden – Voraussetzungen der Pfändung und Verpfändung von Hypotheken und Grundschulden an, sind die Rechten (Erbbaurecht, Sondereigentum, Bergwerkseigentum) nicht den Vorschriften über die Rechtsverpfändung unterliegen; als Funktionsäquivalente des Pfandrechts fungieren Hypotheken, Grund- und Rentenschulden und Reallasten. Desgleichen entziehen sich unveräußerliche beschränkte dingliche Rechte einer Verpfändung, namentlich der Nießbrauch (§ 1059 S. 1 BGB), die beschränkten persönlichen Dienstbarkeiten (§ 1092 Abs. 1 S. 1 BGB), die Grunddienstbarkeiten (vgl. §§ 1019, 96, 93 BGB), die subjektiv-dingliche Reallast (§ 1110 BGB) und das subjektiv-dingliche Vorkaufsrecht (§§ 1094 Abs. 2, 1103 Abs. 1 BGB); siehe statt vieler Westermann/Gursky/ Eickmann (-Gursky), Sachenrecht8 , § 135 Rn. 2. 622 Seit der eingehenden Darstellung des gemeinrechtlichen Afterpfandrechts durch Sohm, Die Lehre vom subpignus, hat es in deutscher Sprache keine wissenschaftlichen Studien zum Pfandrecht am Pfandrecht gegeben. Mit Blick auf die pandektistischen Arbeiten des 19. Jahrhunderts erschien das Sujet wohl „ausgeschrieben“, zumal das BGB das Pfandrecht am Pfandrecht – im Gegensatz zum ABGB – nicht als eigenständiges Rechtsinstitut behandelt, die gesonderte Übertragung und Belastung des Pfandrechts und der Hypothek ohne die gesicherte Forderung vielmehr schlechthin ausschließt (§§ 1274 Abs. 2, 1263 Abs. 1 S. 2, 1153 Abs. 2 BGB). So konstatiert Endemann, Lehrbuch des Bürgerlichen Rechts II6 , S. 560 in Fn. 2: „[d]amit verschwindet das subpignus als besonderes Rechtsinstitut“, während Wolff/R aiser, Sachenrecht10, § 176 V (S. 727) lediglich knapp feststellen, dass sich die Forderungsverpfändung auf die mit der Sicherungsforderung verbundenen Pfandrechte erstrecke. Die nach Inkrafttreten des BGB entstandenen monographischen Arbeiten zum Pfandrecht blenden das sog. Afterpfandrecht nahezu vollständig aus. Emmerich, Pfandrechtskonkurrenzen (1909), grenzt den Gegenstand seiner Untersuchung – das Verhältnis mehrerer Pfandgläubiger oder mehrerer Pfandrechte an einer Sache – von der Belastung eines Pfandrechts mit einem Pfandrecht klar ab und geht konsequenterweise nur beiläufig auf das Afterpfandrecht ein (Emmerich, Pfandrechtskonkurrenzen, S. 19–20, 28 mit Fn. 89, 194 mit Fn. 374, 462 mit Fn. 423). Wie freilich die Darstellung des österreichischen Afterpfandrechts belegt, lassen sich allein unter Rekurs auf eines der gegensätzlichen konstruktionsjuristische Modelle des Pfandrechts am Pfandrecht – die gesonderte Verpfändung des Pfandrechts mit reflexhafter Auswirkung auf die gesicherte Forderung oder die zwingend einheitlichen Verpfändung von Forderung und Pfandrecht – die Rechtsfolgen des Pfandrechts am Pfandrecht nicht erschließen. Staudinger (-D. Wiegand), BGB (2019), Vorbem. zu §§ 1273 ff. Rn. 11 konstatiert nur klarstellend, dass der Fall der Verpfändung einer durch Sachpfandrecht gesicherten Forderung weder gesetzlich geregelt sei noch durch unmittelbaren Rekurs auf die Vorschriften über das Pfandrecht an Sachen gelöst werden könne; ähnlich Westermann/Gursky/Eickmann (-Gursky), Sachenrecht8 , § 135 Rn. 15. Außer Frage steht, dass sich die Forderungsverpfändung gem. §§ 1274 Abs. 1 S. 1, 1273 Abs. 2 S. 1, 1250 Abs. 1 S. 1, 401 Abs. 1 BGB auf das für die verpfändete Forderung bestellte Pfandrecht und sonstige akzessorische Nebenrechte erstreckt, mithin ein einheitliches Pfandrecht an der Forderung und an dem Pfandrecht entsteht, sofern nicht die gesetzliche Mitverpfändung des die verpfändete Forderung sichernden Pfandrechts durch Parteivereinbarung gem. §§ 1273 Abs. 2 S. 1, 1250 Abs. 2 BGB ausgeschlossen wird (Palandt (-Wicke), BGB77, § 1250 Rn. 1; Westermann/Gursky/Eickmann (-Gursky), Sachenrecht8 , § 135 Rn. 15). Aus der strikten Zuständigkeitsakzessorietät folgt, dass sich das Forderungspfandrecht auch auf nachträglich entstandene akzessorische Nebenrechte einschließlich eines Sachpfandrechts erstreckt (Riedel, Abtretung und Verpfändung von Forderungen und anderen Rechten, Rn. 4.323) Selbstverständlich ist auch, dass der Forderungspfandgläubiger der durch Sachpfand gesicherte Forderung vollumfänglich in die Rechtsstellung des Sachpfandgläubigers eintritt, wenn er sich ab Pfandreife die verpfändete Forderung nach § 1282 Abs. 1 S. 3 abtreten lässt. Dem Forderungspfandgläubiger steht es aber auch frei, sich bei Pfandreife aus der verpfändeten Forderung, i. d. R. kraft Einziehung gem. § 1282 Abs. 1 S. 1 BGB, oder stattdessen aus dem mitverpfändeten Pfandrecht zu befriedigen, sobald auch für dieses Pfandreife eingetreten ist (Westermann/Gursky/Eickmann (-Gursky), Sachenrecht8 , § 135 Rn. 15; Staudinger (-D. Wiegand), BGB (2019), Vorbem. zu §§ 1273 ff. Rn. 11).
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Wirkungen von Pfandrechten an (Grund-)Pfandrechten judiziell nur in Details, wissenschaftlich hingegen kaum erschlossen.623 Die stiefmütterliche Behandlung in der Lehre spiegelt sich im legislatorischen Pfandrechtsregime. Die fragmentarische Ausgestaltung des Pfandrechts an Rechten (§§ 1273–1296 BGB) lässt nähere Regelungen für sachenrechtsbelastende Rechte – sieht man einmal von der Verweisungsnorm des § 1291 BGB ab – vermissen, was diverse ungeklärte Detailfragen bei der Behandlung von akzessorischen Rechten einer verpfändeten bzw. gepfändeten Forderung aufwirft.624 Diese Forschungslücken gilt es im Folgenden durch stringente systematisch-teleologische Auslegung und Fortbildung des geltenden Forderungspfandrechtsregimes zu schließen. Dies gilt sowohl für den (gutgläubigen) Erwerb als auch für die Sicherungswirkungen, die Durchsetzung und den Störungsschutz von Pfandrechten an (Grund-)Pfandrechten.
1. Rechtsgeschäftlicher Erwerb Während die nichtakzessorisch ausgestaltete Grundschuld ein selbstständiges Verpfändungsobjekt bildet (arg. e § 1291 BGB), ist die Hypothek wegen des in § 1153 BGB für die Forderungsabtretung zwingend angeordneten Mitlaufgebots weder Wenngleich die Vorschriften über das Pfandrecht an Sachen auf dieses eigentümliche Pfandrecht am Pfandrecht unstreitig nicht unmittelbar anzuwenden sind, stellt man es zumindest doch insofern dem Sachpfand gleich, als dem Unterpfandgläubiger ab Pfandreife (beider Pfandrechte) in Bezug auf die vom belastete Pfandrecht erfasste Sache eine bessere Rechtsposition als dem Sachpfandgläubiger attestiert wird; ab diesem Zeitpunkt könne er dann auch Herausgabe der Sache in entsprechender Anwendung von § 1231 BGB verlangen (NomosKomm (-Bülow), BGB III4, § 1282 Rn. 12; Westermann/Gursky/Eickmann (-Gursky), Sachenrecht8 , § 135 Rn. 15; Staudinger (-D. Wiegand), BGB (2019), Vorbem. zu §§ 1273 ff. Rn. 11; Wolff/R aiser, Sachenrecht10, § 175 VI (S. 723)). Abgesehen von diesem (wohl unbestrittenen) Analogieschluss bleibt eine vertiefte Behandlung des Pfandrechts am Pfandrecht allenthalben aus. 623 Rechtstatsächlich scheint es sich ohnehin, vor allem beim Pfandrecht am Sachpfandrecht, um ein heute nur noch randständiges Phänomen zu handeln (vgl. Staudinger (-D. Wiegand), BGB (2019), Vorbem. zu §§ 1273 ff. Rn. 11); wegen der praxisüblichen Gestaltungsalternativen – der geheimen Sicherungszession und Sicherungsübertragung – überrascht dies kaum. 624 Das in § 1255 Abs. 2 BGB bestimmte Zustimmungserfordernis für die Aufhebung eines Pfandrechts setzt rechtslogisch voraus, dass sich Rechte, d. h. Nießbrauch und Pfandrecht, auf ein Pfandrecht beziehen können. Desgleichen setzt § 838 ZPO voraus, dass sich die Pfändung und Überweisung einer durch ein Sachpfand gesicherten Forderung auf das Pfandrecht erstreckt (vgl. RG, Urteil v. 9.11.1934 – VII 185/34, RGZ 145, S. 328, 331–332; Zöller (-Herget), ZPO32, § 829 Rn. 20. Weil das Pfändungspfandrecht gem. § 804 ZPO – zur Diskussion über die Rechtsnatur siehe BGH, Urteil v. 2.7.1992 – IX ZR 274/91, NJW 1992, S. 2570, 2572–2574; MünchKomm (-Gruber), ZPO II5, § 804 Rn. 4–14 m. w. N.; BeckOK ZPO (-Fleck), Stand: 1.12.2018, § 804 Rn. 2–5 – ebenso wenig wie ein Vertragspfandrecht selbstständiges Verfügungsobjekt ist, kann es nicht selbstständig, sondern ausschließlich im Wege der Pfändung der Vollstreckungsforderung des Gläubigers gegen den Schuldner mit einem Pfändungspfandrecht belastet werden (vgl. OLG Nürnberg, Urteil v. 31.5.2001 – 13 U 1944/00, MDR 2001, S. 1133; Zöller (-Herget), ZPO32, § 829 Rn. 20). Mit der Pfändung und Überweisung der titulierten Forderung gem. §§ 829, 835 ZPO erwirbt der Pfändungsgläubiger nicht das Recht, anstelle des Schuldners die Rechte aus dem von der Pfändung umfassten Pfändungspfandrecht gegen den Vollstreckungsschuldner geltend zu machen; es bedarf der Umschreibung der Vollstreckungsklausel gem. § 727 ZPO.
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selbstständig noch gesondert verpfändbar; sie wird ex lege und ipso iure von der Verpfändung der Hypothekenforderung erfasst (§ 1274 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB).625 In der Sache wirkt sich dies freilich weder auf die Voraussetzungen des Ersterwerbs des Pfandrechts an Hypotheken und Grundschulden noch auf den Zuweisungsgehalt des konstituierten Rechts entscheidend aus. Denn zum einen sind die für die Abtretung von Hypothekarforderungen geltenden Vorschriften (§§ 1154, 1117 BGB) auf die Abtretung von Grundschulden gem. § 1192 Abs. 1 BGB entsprechend anzuwenden626 und zum anderen ist durch die Verweisungsnorm des § 1291 BGB sichergestellt, dass die Rechtsfolgen der Verpfändung von Hypothekarforderungen und Grundschulden übereinstimmen.627 Im Unterschied zur Hypothek ist das Akzessorietätsprinzip beim Pfandrecht konsequent durchgeführt. Das Pfandrecht ist in Entstehung, Bestand und Durchsetzbarkeit an die gesicherte Forderung gebunden (vgl. §§ 1204, 1228 Abs. 2 S. 1, 1252 BGB). Die Abtretung, Belastung oder Pfändung der gesicherten Forderung erfasst ex lege und ipso iure das Pfandrecht (vgl. §§ 1250 Abs. 1 S. 1, 401 Abs. 1, 1069 Abs. 1, 1274 Abs. 1 S. 1 BGB, § 838 ZPO), ohne dass der Modus der Verpfändung auf die Verfügung/Pfändung der gesicherten Forderung durchschlägt. a) Pfändung und Verpfändung von Hypothekenforderungen Weil Hypotheken, Grundschulden und Reallasten bekanntlich für die Belastung von „Grundstücken“ – scil.: Eigentum und diverse gleichgestellte Rechte – reserviert sind, lassen sie sich, da sie selbst dem Grundstückseigentum insoweit nicht angeglichen sind, nicht ihrerseits mit Hypotheken, Grundschulden und Reallasten belasten.628 Einer genuinen innerartlichen Belastung sind Hypotheken, Grund625 RG, Urteil v. 5.2.1918 – VII 362/17, WarnR 1918 Rn. 56; BeckOGK BGB (-Leinenweber), Stand: 1.10.2018, § 1274 Rn. 42; MünchKomm (-Damrau), BGB VII7, § 1274 Rn. 20; Wieling, Sachenrecht5, § 16 II 4 a (S. 238). Wenngleich die beliebte semantische Abbreviatur „Verpfändung der Hypothek“ streng genommen unrichtig ist, wird sie auch im Folgenden aus Gründen sprachlicher Vereinfachung wahlweise anstelle der Formulierung „Verpfändung der Hypothekenforderung“ zugrunde gelegt; gegen die Bezeichnung Pfandrecht an der Hypothek ist nichts einzuwenden, wenn man sich darüber bewusst ist, dass dies eine sprachliche Abbreviatur für das Pfandrecht an der hypothekengesicherten Forderung einschließlich der Hypothek ist. 626 MünchKomm (-Lieder), BGB VII7, § 1191 Rn. 108, 1192 Rn. 3. 627 In gesetzesimmanenter Rechtsfortbildung gilt für die Verpfändung einer subjektiv-persönlichen Reallast nichts anderes. 628 Anders läge es nur dann, wenn man den Begriff „Grundstück“ in § 1113 Abs. 1 BGB nicht als semantische Abbreviatur für „Eigentum an einem Grundstück“, sondern als Variable für alle (übertragbaren) Grundstücksrechte interpretieren würde; als übertragbares Grundstücksrecht wäre die Hypothek dann gleichfalls tauglicher Belastungsgegenstand einer „Unter-Hypothek“. Wenngleich diese „kühne“ Auslegung des § 1113 Abs. 1 BGB angesichts der Interpretationsoffenheit des Grundstücksbegriffs mit dem Normwortlaut noch vereinbar ist, sind erhebliche methodische Bedenken anzumelden. Schon die genetisch-historische Auslegung spricht unzweideutig dagegen, unter den Grundstücksbegriff alle dinglichen Rechte an Grundstücken zu fassen; die Gesetzesverfasser setzten wie selbstverständlich voraus, dass die Hypothek nur an Grundstücken und grundstücksgleichen Rechten (i. S. v. § 781 Abs. 2 E I: „Auf Berechtigungen, welche ein Blatt im Grundbuche erhalten können, finden die auf Grundstücke sich beziehenden Vorschrif-
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schulden und Reallasten daher per se unzugänglich; als Äquivalent dient die Verpfändung und Pfändung von Grundpfandrechten. Wegen der parallel strukturierten Tatbestandsvoraussetzungen weist die Verpfändung im Vergleich zur Zession von Hypothekarforderungen nur wenige Besonderheiten auf. So richten sich die Verpfändungsvoraussetzungen danach, ob die zu verpfändende Forderung durch eine Brief- oder Buchhypothek gesichert ist: Während die Verpfändung der „Buchhypothek“ (§ 1116 Abs. 2 BGB) durch Einigung und Eintragung der Verpfändung im Grundbuch gem. §§ 1274 Abs. 1 S. 1, 1154 Abs. 3, 873 Abs. 1 Var. 4 BGB erfolgt,629 setzt die Verpfändung einer durch Briefhypothek (§ 1116 Abs. 1 BGB) gesicherten Forderung eine schriftliche Verpfändungserklärung des Verpfänders, eine (formlose) Annahme des Pfandnehmers sowie Übergabe des Hypothekenbriefs voraus (§ 1274 Abs. 1 S. 1, 398 S. 1, 1154 Abs. 1 S. 1, 1117 BGB).630 ten entsprechende Anwendung.“) begründet werden könne (vgl. Mot. III, S. 633). Untermauert wird dies durch die dezidierte Ablehnung der sog. Revenuehypothek im ersten BGB-Entwurf. Eine auf Befriedigung aus den Grundstücksnutzungen gerichtete Hypothek hielt man auch deshalb mit der Konzeption des Entwurfs für unvereinbar, weil „eine Hypothek nur durch Eintragung in das Grundbuch und also auch nur an einem gebuchten Gegenstande begründet werden kann, Gegenstand der Buchung aber nur das Grundstück als Ganzes, nicht auch dessen Nutzungen sind.“ (Mot. III, S. 634). Mit der denktheoretischen Möglichkeit, die Hypothek auch als Belastung nicht grundstücksgleicher Rechte, z. B. Hypotheken, Grund- und Rentenschulden und Reallasten, zur Verfügung zu stellen, setzten sich die Gesetzesverfasser nicht auseinander. Würde man § 1113 Abs. 1 BGB dennoch dahin auslegen, dass dem Grundstücksbegriff sämtliche Rechte an Grundstücken unterfallen, dürften alle anderen inhaltsbestimmenden Vorschriften über Rechte an Grundstücken (§§ 1018, 1090 Abs. 1, 1094 Abs. 1, 1105 Abs. 1, 1191 Abs. 1, 1199 Abs. 1 BGB, § 1 Abs. 1 ErbbauRG, § 31 WEG) nicht anders ausgelegt werden, was zu widersinnigen, ja rechtslogisch undurchführbaren Kombinationsvariaten dinglicher Rechte führen würde. Dass z. B. an einer Hypothek schlechterdings keine Grunddienstbarkeit konstituiert werden kann, versteht sich angesichts des fehlenden Besitz- und Nutzungsrechts des Hypothekengläubigers am Grundstück von selbst, zumal eine Hypothek nicht in „einzelnen Beziehungen“ tatsächlich gebraucht werden kann, sondern durch rechtliche Zuordnungsänderung des belasteten Grundstückseigentums im Wege der Zwangsvollstreckung realisiert wird. 629 RG, Urteil v. 5.2.1918 – VII 362/17, WarnR 1918 Rn. 56; Erman (-J. Schmidt), BGB II14, § 1274 Rn. 15; Soergel (-Habersack), XVI13, § 1274 Rn. 15. Die Verpfändung der in der dritten Abteilung geführten Rechte wird in der Veränderungsspalte (Spalte 7 gem. § 11 Abs. 6 GBV) dokumentiert; siehe Schöner/Stöber, Grundbuchrecht15, Rn. 2429–2430 mit praxisüblicher Mustereintragung nebst Eintragungsantrag. Wird eine Gesamthypothek verpfändet, für die die Erteilung des Hypothekenbriefs ausgeschlossen ist, so ist die Verpfändung nur wirksam, wenn diese in allen Grundbüchern der von der Gesamthypothek belasteten Grundstücke eingetragen wird (RG, Urteil v.16.3.1906 – VII 310/05, RGZ 63, S. 74, 75; Erman (-J. Schmidt), BGB II15, § 1274 Rn. 15). Bei der Verpfändung und der Pfändung der Gesamthypothek soll – parallel zur Rechtslage bei der Zession – ausgeschlossen werden, dass es zu einer Vervielfältigung der Verwertungsoptionen dadurch kommt, dass die Gesamthypothek nur in Ansehung einzelner Grundstücke als verpfändet gilt, während das Recht des Hypothekengläubigers in Ansehung anderer Grundstücke als unbelastet gilt. Auch will man vermeiden, dass die Verpfändung oder Pfändung der „ganzen“ Gesamthypothek durch bloße Eintragung in einem der Grundbücher zur Entstehung gelangt. 630 RG, Urteil v. 5.2.1918 – VII 362/17, WarnR 1918 Rn. 56; Erman (-J. Schmidt), BGB II14, § 1274 Rn. 14; Soergel (-Habersack), XVI13, § 1274 Rn. 16. Eine selbstständige Verpfändung des Hypothekenbriefs scheidet aus, Rechte am Hypothekenbrief können nur durch Belastung der Hypothekenforderung begründet werden (BGH, Urteil v. 26.1.1973 – V ZR 47/71, NJW 1973, S. 514 (zur Briefgrundschuld); Soergel (-Habersack), XVI13, § 1274 Rn. 16). Die schriftliche Ver-
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Der für die Verpfändung der Briefhypothek erforderliche Modus weicht allerdings im Detail von dem Abtretungsmodus ab (§ 1274 Abs. 1 S. 2 i. V. m. §§ 1205, 1206 BGB).631 Dies steckt den Rahmen für die Möglichkeiten mehrfacher Verpfändungserklärung muss die zu verpfändende Hypothekenforderung, den Pfandgläubiger und dessen Sicherungsforderung hinreichend klar bezeichnen (Schöner/ Stöber (-Schöner/Stöber), Grundbuchrecht15, Rn. 2434). Wird auf die erforderliche schriftliche Verpfändungserklärung verzichtet, sondern lediglich der Grundschuld- oder Hypothekenbrief dem Gläubiger übergeben, entsteht kein Pfandrecht an der Hypothekenforderung bzw. Grundschuld, sondern allenfalls ein Zurückbehaltungsrecht am übergebenen Brief gem. § 273 Abs. 1 BGB; bei der früher weitaus verbreiteten Verpfändung von Grundschulden und Hypotheken kam dies nach Einschätzung von Heck, Grundriß des Sachenrechts2, § 102, 1 b (S. 416) häufig vor. Soweit nichts anderes vereinbart wird, erstreckt sich das Pfandrecht an der Hypothekenforderung gem. § 1289 BGB auf die Zinsen; die Verfügungsbefugnis und Einziehungsberechtigung des Hypothekengläubigers ist dann hinsichtlich der Zinsforderung lediglich nach Maßgabe der entsprechend anzuwendenden §§ 1123 Abs. 2, 1124, 1125 BGB beschränkt. Wird ein Nutzungspfandrecht an der Hypothekenforderung gem. §§ 1273 Abs. 2 S. 1, 1213 Abs. 1 BGB bestellt, stehen die Zinsen dem Pfandgläubiger aus eigenem Recht zu; die §§ 1281 ff. BGB sind insoweit unanwendbar. Sollen die Hypothekenzinsen ab einem bestimmten Zeitpunkt von der Forderungsverpfändung erfasst werden, wird von Teilen der Rechtsprechung und der Lehre zumindest bei der Briefhypothek verlangt, dass die Angabe des Zeitpunkts der Mitverpfändung der Zinsen – ebenso wie bei der Abtretung der Hauptforderung – im Grundbuch aus Gründen der Rechtsklarheit eingetragen wird (KG, Beschluss v. 14.5.1914, KGJ 46, A 240, 241). Von diesem Erfordernis kann jedoch abgesehen werden, wenn entweder der Pfandgläubiger den Hypothekenbrief beim Grundbuchamt vorlegt oder der Verpfänder dies tut und zugleich die Annahme der Verpfändung durch den Pfandgläubiger und die Berechtigung desselben, sich den Hypothekenbrief aushändigen zu lassen, in der durch § 29 GBO vorgeschriebenen Form nachgewiesen wird (MünchKomm (-Damrau), BGB VII7, § 1274 Rn. 24 m. w. N.; BeckOGK BGB (-Leinenweber), Stand: 1.10.2018, § 1274 Rn. 48). Bei Verpfändung einer Buchforderung ist dies freilich nicht erforderlich, erstreckt sich doch das Pfandrecht nach der dispositiven Vorschrift des § 1289 BGB uneingeschränkt auf die Zinsen (MünchKomm (-Damrau), BGB VII7, § 1274 Rn. 25; Soergel (-Habersack), XVI13, § 1274 Rn. 15). Wird die Mitverpfändung der Zinsen ausgeschlossen, steht dem Pfandgläubiger, wenn es zur Zwangsversteigerung des Grundstücks kommt, selbstverständlich nicht der auf die Hypothekenzinsen entfallende Anteil des Versteigerungserlöses zu (Erman (-J. Schmidt), BGB II15, § 1289 Rn. 2; MünchKomm (-Damrau), BGB VII7, § 1289 Rn. 10; Staudinger (-D. Wiegand), BGB (2019), § 1289 Rn. 5). 631 Die Verpfändung der Hypothekenforderung ist auf dem Hypothekenbrief zu vermerken, der sodann dem Pfandgläubiger gem. §§ 1274 Abs. 1 S. 1, 1154 Abs. 1 S. 1, 1117 Abs. 1 S. 1 BGB auszuhändigen ist (Schöner/Stöber, Grundbuchrecht15, Rn. 243)). Die Verweisungsnorm des § 1274 Abs. 1 S. 2 BGB erstreckt die im Vergleich zur Übereignung beweglicher Sachen gesteigerten Publizitätserfordernisse der Verpfändung von beweglichen Sachen auf die Verpfändung von Rechten, soweit hierfür die Übergabe einer Sache konstitutiv ist. Paradigmatischer Anwendungsfall ist die Verpfändung der Briefhypothek. Gemeinhin versucht man die strengeren Anforderungen damit zu legitimieren, dass Dritte, vor allem potentielle Kreditgeber des Eigentümers, gegen den falschen Schein, dass die verpfändete Sache forthin als Kreditunterlage fungiere, geschützt werden müssten (grundlegend RG, Urteil v. 24.6.1911 – VI 525/10, RGZ 77, S. 201, 208– 210 (zur Verpfändung eines Warenlagers durch bloße Aushändigung der Schlüssel); Staudinger (-D. Wiegand), BGB (2019), § 1205 Rn. 10). Vor dem Hintergrund, dass die (Sicherungs-)Übereignung durch Besitzkonstitut sowie durch bloße Abtretung des Herausgabeanspruchs gegen den unmittelbaren Besitzer vollzogen wird, verfängt diese Begründung nicht, zumal Dritte ohnedies durch die §§ 932 ff. BGB geschützt sind. Letztlich dürfte das Vollzugsmoment im Interesse des Pfandgläubigers liegen, dessen dingliches Recht aufgrund der erhöhten Anforderungen an den Modus automatisch gegen einen Rechtsverlust wegen gutgläubigen Erwerbs gesichert ist. Im Vergleich zur Abtretung einer Briefhypothek sind die Anforderungen an die äußere Manifestation der Verpfändung durch den Verweis auf die §§ 1205, 1206 BGB daher zum einen erhöht. Die
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pfändungen von Hypothekenforderungen ab.632 Eine Anzeige an den Schuldner ist aufgrund der spezielleren Vollzugserfordernisse in jedem Fall entbehrlich (§ 1280 BGB),633 aber – wie auch die Berichtigung des Grundbuchs bei Verpfändung einer Briefhypothek unter den durch § 26 Abs. 2 GBO erleichterten Voraussetzungen634 – zwecks Vermeidung schuldbefreiender Leistungen an den Hypothekengläubiger auf die Forderung (§§ 1275, 406–408 BGB) geboten. Wird eine HypotheÜbergabe des Hypothekenbriefs kann abweichend von §§ 1154 Abs. 1 S. 1 Hs. 2, 1117 Abs. 1 S. 2, 930 BGB nicht durch Vereinbarung eines Besitzkonstituts gem. § 868 BGB ersetzt werden. Auch genügt die Abtretung des Herausgabeanspruchs gegen den unmittelbaren Besitzer des Hypothekenbriefs abweichend von §§ 1154 Abs. 1 S. 1 Hs. 2, 1117 Abs. 1 S. 2, 931 BGB nicht; zusätzlich erforderlich ist die Anzeige der Verpfändung an den unmittelbaren Besitzer (§§ 1274 Abs. 1 S. 2, 1205 Abs. 2 BGB). Aus Gründen der Wertungskohärenz kann die Übergabe unstreitig auch nicht durch eine bloße Aushändigungsabrede gem. §§ 1274 Abs. 1 S. 1, 1154 Abs. 2 BGB ersetzt werden (siehe z. B. Erman (-J. Schmidt), BGB II15, § 1274 Rn. 14; MünchKomm (-Damrau), BGB VII7, § 1274 Rn. 22). Aus § 1205 BGB lässt sich allgemein folgern, dass sich das Vollzugsmoment der Übergabe des Hypothekenbriefs nicht durch eine schlichte Einigung ersetzen lässt, es sei denn, der Pfandgläubiger ist bereits Besitzer des Hypothekenbriefs (§ 1205 Abs. 1 S. 2 BGB). Folglich ist § 1154 Abs. 2 BGB einschränkend anzuwenden; neben der Aushändigungsabrede bedarf es zusätzlich einer amtsempfangsbedürftigen Anzeige der Verpfändung an das Grundbuchamt (Erman (-J. Schmidt), BGB II15, § 1274 Rn. 14; MünchKomm (-Damrau), BGB VII7, § 1274 Rn. 22). Zum anderen genügt im Unterschied zur Abtretung auch die Verschaffung von Mitbesitz unter den in § 1206 BGB bestimmten Voraussetzungen, was sich stringent damit begründen lässt, dass (qualifizierter) Mitbesitz am Hypothekenbrief bereits hinreichend deutlich die Belastung der Hypothek manifestiert und zugleich die Gefahr pfandrechtsvereitelnder Verfügungen über die Hypothekenforderung reduziert (z. B. durch Einschaltung eines Treuhänders, der dem Verpfänder und dem Pfandgläubiger Mitbesitz gem. § 1206 Var. 2 BGB vermittelt; siehe Erman (-J. Schmidt), BGB II15, § 1274 Rn. 15; MünchKomm (-Damrau), BGB VII7, § 1274 Rn. 22 m. w. N.). Auch wenn die schriftliche Verpfändungserklärung durch Eintragung der Verpfändung im Grundbuch ersetzt wird (§§ 1274 Abs. 1 S. 1, 1154 Abs. 2 BGB), macht dies die Übergabe des Hypothekenbriefs nicht entbehrlich. Umgekehrt ist zu beachten, dass zur Besitzverschaffung stets die schriftliche Verpfändungserklärung seitens des Verpfänders oder die Eintragung der Verpfändung im Grundbuch hinzutreten muss, weshalb sich das in den branchenüblichen AGB der Banken und Sparkassen bestimmte Pfandrecht an den in den Besitz des Kreditinstituts gelangten Sachen nicht schon qua Besitzerwerbs am Hypothekenbrief auf Hypothekenforderungen der Kunden erstreckt. Ob die AGB dahin auszulegen sind, dass zumindest ein vertragliches Zurückbehaltungsrecht am Hypothekenbrief entsteht oder gar ein Anspruch auf Bestellung eines wirksamen Pfandrechts an der Hypothek des Kunden (MünchKomm (-Damrau), BGB VII7, § 1274 Rn. 21; siehe auch Erman (-J. Schmidt), BGB II15, § 1274 Rn. 14), ist mit Rücksicht auf § 305c Abs. 2 BGB fragwürdig. 632 Wird die erste Verpfändung regulär durch Übergabe gem. §§ 1274 Abs. 1 S. 1, 1154 Abs. 1 S. 1 Hs. 1 BGB vollzogen, ist die zweite Verpfändung unproblematisch dadurch möglich, dass der Hypothekengläubiger entweder seinen mittelbaren Besitz auf den zweiten Pfandgläubiger überträgt und die Verpfändung seinem Besitzmittler, dem ersten Pfandgläubiger, anzeigt (§§ 1274 Abs. 1 S. 2, 1205 Abs. 2 BGB) oder den unmittelbaren Besitzer anweist, den Hypothekenbrief nunmehr für ihn, den ersten Pfandgläubiger und den zweiten Pfandgläubiger zu besitzen (§§ 1274 Abs. 1 S. 2, 1206 Var. 2 BGB); vgl. MünchKomm (-Damrau), BGB VII7, § 1274 Rn. 23; Staudinger (-D. Wiegand), BGB (2019), § 1274 Rn. 38. Baur/Stürner, Sachenrecht18 , § 38 Rn. 122; NomosKomm (-Bülow), BGB III3, § 1274 Rn. 10; Soergel (-Habersack), XVI13, § 1274 Rn. 16. 633 KG, Urteil v. 5.11.1935 – 2 U 4578/35, JW 1936, S. 1136, 1137; Baur/Stürner, Sachenrecht18 , § 38 Rn. 122; NomosKomm (-Bülow), BGB III3, § 1274 Rn. 10; Soergel (-Habersack), XVI13, § 1274 Rn. 15. 634 Siehe hierzu § 3 II. 2.
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kenforderung teilweise verpfändet oder gepfändet, zeitigt dies – im Gegensatz zur Teilabtretung – keine reale, sondern eine intellektuelle Teilung der Sicherungsforderung in einen belasteten und einen unbelasteten Teil; für die akzessorische Hypothek gilt Entsprechendes.635 Selbstverständlich entsteht ein „vollkommenes“ Pfandrecht unbeschadet §§ 1273 Abs. 2 S. 1, 1204 Abs. 2 BGB nur dann, wenn dem Pfandgläubiger eine gesicherte Forderung zusteht;636 ein forderungsloses Pfandrecht ist dem deutschen Recht fremd, steht doch die Grundschuld ausschließlich zur Belastung des Grundstückseigentums und grundstücksgleicher Rechte zur Verfügung. Sichtbar wird die strenge Forderungsbindung vor allem aber darin, dass sich ein Forderungspfandrecht auf eine nachträglich bestellte Brief- oder Buchhypothek ohne gesonderten Vollzugsakt ex lege und ipso iure erstreckt.637 Entsprechendes gilt für die Pfändung einer Hypothekenforderung.638 Das Akzessorietätsprinzip „schlägt“ insoweit das 635 Aufgrund der Teilbelastung ist die real ungeteilte Hypothek so zu behandeln, als ob zwei separate ranggleiche Hypotheken, eine unbelastete und eine belastete, bestünden. Auf Verlangen des Pfandgläubigers oder des Verpfänders ist ein Teilhypothekenbrief auszustellen, der hinsichtlich des jeweils betroffenen Forderungsteils an die Stelle des Gesamthypothekenbriefs tritt (§ 1152 S. 2 BGB). Nach zutreffender h. A. ist die Ausstellung eines Teilhypothekenbriefs aber nicht Voraussetzung für die Wirksamkeit der Teilverpfändung einer Hypothekenforderung (so auch KG, Urteil v. 5.11.1935 – 2 U 4578/35, JW 1936, S. 1136; MünchKomm (-Damrau), BGB VII7, § 1274 Rn. 23; Palandt (-Wicke), BGB78 , § 1274 Rn. 6; Soergel (-Habersack), BGB XVI13, § 1274 Rn. 16; a. A. offenbar Erman (-J. Schmidt), BGB II15, § 1274 Rn. 14 unter unzutreffender Berufung auf KG, Beschluss v. 14.4.1902, KGJ 24, A 132). Richtigerweise kommt es nur auf die Zulässigkeit der Bildung eines Teilhypothekenbriefs gem. § 1152 BGB an, was allgemein voraussetzt, dass der Teilbetrag der Hypothek, auf den sich das Pfandrecht bezieht, feststehen muss, um im Teilhypothekenbrief bezeichnet werden zu können (KG, Beschluss v. 14.4.1902, KGJ 24, A 132, 134). Durch § 1152 BGB sollen lediglich Verfügungen über die jeweiligen Forderungsteile einschließlich der ihnen zugeordneten Hypotheken erleichtert werden, nicht aber die Voraussetzungen des jeweiligen Verfügungstatbestands verschärft oder modifiziert werden. Entsprechendes gilt, wenn eine Teilhypothek verpfändet wird; auch dies ist unproblematisch möglich, wenn nur ein Hypothekenbrief besteht (KG, Urteil v. 5.11.1935 – 2 U 4578/35, JW 1936, S. 1136; MünchKomm (-Damrau), BGB VII7, § 1274 Rn. 23). 636 Der Sicherung einer künftigen oder bedingten Forderung durch ein Pfandrecht an einer Hypothekenforderungen steht gem. §§ 1273 Abs. 2 S. 1, 1204 Abs. 2 BGB nichts entgegen (vgl. KG, Urteil v. 5.11.1935 – 2 U 4578/35, JW 1936, S. 1136, 1137). Demgegenüber ist ein Höchstbetragspfandrecht dem deutschen Recht ebenso unbekannt wie ein gänzlich abstraktes Pfandrecht, das in Analogie zur Grundschuld allenfalls durch eine Sicherungsabrede mit einer bestimmten Forderung verknüpft wird. Möglich ist aber gleichwohl eine Akzessorietätslockerung, indem ein abstraktes Schuldversprechen als Sicherungsforderung „vorgeschaltet“ wird, das sich z. B. auf die wechselnden Forderungen aus einer laufenden Geschäftsbeziehung, bezieht. Zwischen der Hypothekenforderung und der durch das Pfandrecht zu sichernden Forderung besteht keine Korrelation: Eine betragsmäßig höhere Forderung des Pfandgläubigers kann auch im deutschen Recht durch Verpfändung einer niedrigeren Hypothekenforderung gesichert werden; umgekehrt bestehen keine Bedenken, eine höhere Hypothekenforderung zur Sicherung einer niedrigeren Forderung des Pfandgläubigers zu verpfänden (Schöner/Stöber, Grundbuchrecht15, Rn. 2434). 637 MünchKomm (-Damrau), BGB VII7, § 1274 Rn. 20; Soergel (-Habersack), BGB XVI13, § 1274 Rn. 15. 638 Eine gesonderte Pfändung der Sicherungsforderung und der Hypothek ist aufgrund des im Zwangsvollstreckungsrecht zu beachtenden Akzessorietätsgrundsatzes (§§ 1113 Abs. 1, 1153 BGB) ausgeschlossen; die Pfändung der Sicherungsforderung erstreckt sich notwendig auf die
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Publizitätsprinzip. Trotz der Forderungsbindung zeigen sich bei der Verpfändung vergleichbare Akzessorietätslockerungen wie bei der Zession. Abgesehen von der ohne weiteres möglichen gesonderten Verpfändung rückständiger Zinsen und Hypothek (vgl. BGH, Urteil v. 22.9.1994 – IX ZR 165/93, BGHZ 127, S. 146). Parallel hierzu erstreckt sich kraft Gesetzes das Pfändungspfandrecht auf die für die gepfändete Forderung nachträglich bestellte Hypothek, ohne dass insoweit die Voraussetzungen des § 830 ZPO zu beachten sind; dies gilt richtigerweise auch dann, wenn bereits eine Vormerkung für die Hypothek im Zeitpunkt der Forderungspfändung im Grundbuch eingetragen ist (Musielak/Voit (-Becker), ZPO16 , § 830 Rn. 2; NomosKomm (-Zimmer), BGB III4, § 1153 Rn. 9; Saenger (-Kemper), ZPO8 , § 830 Rn. 2; Staudinger (-Wolfsteiner), BGB (2015), § 1153 Rn. 6). Soll hingegen eine Hypothekenforderung gepfändet werden, schlägt die grundstücksrechtliche Qualität des akzessorischen Nebenrechts auf die Pfändungsvoraussetzungen durch (§§ 829, 830 ZPO); die Pfändung kann nicht ohne sachenrechtliches Publizitätserfordernis bewirkt werden (BGH, Urteil v. 22.9.1994 – IX ZR 165/93, BGHZ 127, S. 146). Es gilt ein Doppeltatbestand: Die Zustellung des Pfändungsbeschlusses an den Schuldner der Hypothekenforderung – und bei Personenverschiedenheit an den Schuldner und den Eigentümer – ist unerlässlich; zusätzlich bedarf es für die Pfändung einer Briefhypothek der Übergabe des Hypothekenbriefs (§ 830 Abs. 1 S. 1 ZPO), während die Pfändung der Buchgrundschuld im Grundbuch einzutragen ist (§ 830 Abs. 1 S. 3 ZPO). Die durch Briefübergabe resp. Grundbucheintragung perfektionierte Pfändung wirkt auf den Zeitpunkt der Zustellung des Pfändungsbeschlusses an den Drittschuldner gem. § 830 Abs. 2 ZPO zurück. Die Verwertung durch Überweisung an Zahlungs statt mag gerade wegen der Erstreckung des Überweisungsbeschlusses auf die Hypothek lukrativ erscheinen (MünchKomm (-Smid), ZPO II5, § 837 Rn. 1); alternativ kommt die Überweisung zur Einziehung in Betracht; stattdessen kann das Vollstreckungsgericht auch den Verkauf der gepfändeten Hypothekenforderung nach § 844 ZPO anordnen (vgl. Zöller (-Herget), ZPO32, § 830 Rn. 1). Zur Überweisung einer Briefhypothek sowie zur Überweisung einer Buchhypothek zur Einziehung genügt die Aushändigung des Überweisungsbeschlusses an den Hypothekengläubiger (§ 837 Abs. 1 S. 1 ZPO); die Überweisung einer Buchhypothek an Zahlungs statt bedarf der Eintragung im Grundbuch (§ 837 Abs. 1 S. 2 ZPO). Weil die Pfändung nicht schon mit der Zustellung des Pfändungsbeschlusses an den Drittschuldner der Hypothekenforderung bewirkt ist, besteht bis zur wirksamen Pfändung durch Briefübergabe und/oder Grundbucheintragung eine Schwebephase, die sowohl für den Drittschuldner als auch für den betreibenden Gläubiger Gefahren mit sich bringt. Weil ungewiss ist, ob die Pfändung durch Briefübergabe oder Eintragung im Grundbuch perfektioniert werden wird, die Pfändung jedoch rückwirkend auf den Zeitpunkt der Zustellung des Pfändungsbeschlusses als bewirkt gilt (§ 830 Abs. 2 ZPO), ist dem Eigentümer/Schuldner der Hypothekenforderung ab Zustellung jedenfalls davon abzuraten, fällige Zins- und Tilgungsraten an den Hypothekengläubiger oder den Vollstreckungsgläubiger zu zahlen; zweckmäßig ist die Hinterlegung. Der Gläubiger kann sich den Anspruch des Hypothekengläubigers gegen die Hinterlegungsstelle pfänden und überweisen lassen. Gegen potentiell nachteilige Verfügungen über die Sicherungsforderung und die Hypothek in der Schwebezeit helfen die Vorpfändung (§ 845 ZPO) und – falls der Vollendung der Pfändung Hindernisse ungewisser Dauer entgegenstehen – der Erlass eines Verfügungsverbots durch einstweilige Sicherungsverfügung (§ 938 Abs. 2 ZPO); möglich bleibt allenfalls noch ein gutgläubiger Erwerb gem. §§ 892 Abs. 1 S. 2, 135 Abs. 2, 136 BGB. Der praxisübliche Erlass eines einheitlichen Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses ist zwar nach Ansicht des BGH unzulässig, weil die Überweisung vorerst, nämlich bis zur nachfolgenden Übergabe des Hypothekenbriefs bzw. Eintragung der Pfändung im Grundbuch, unwirksam ist (BGH, Urteil v. 22.9.1994 – IX ZR 165/93, BGHZ 127, S. 146; MünchKomm (-Smid), ZPO II5, § 830 Rn. 20; Musielak/Voit (-Becker), ZPO16 , § 835 Rn. 4; a. A. Saenger (-Kemper), ZPO8 , § 837 Rn. 1). Dieser Judikatur wird dadurch Rechnung getragen, dass in den Überweisungsbeschluss ein Hinweis auf die noch ausstehende Wirksamkeit der Pfändung durch Übergabe des Hypothekenbriefs oder Eintragung im Grundbuch aufgenommen wird (vgl. Zöller (-Herget), ZPO32, § 857 Rn. 7). Das mit Zustellung des Pfändungsbeschlusses bewirkte Verfügungsverbot verhindert, dass der Hypothekengläubiger über
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gleichgestellter Nebenleistungen (§§ 1274 Abs. 1 S. 1, 1159 BGB) 639 sowie einzelner unter einer Höchstbetragshypothek gesicherter Forderungen640 (§§ 1274 Abs. 1 S. 1, 1190 Abs. 4 BGB) gerät das Akzessorietätsprinzip vor allem bei dem sogleich die hypothekarisch gesicherte Forderung und die Hypothek zulasten des Vollstreckungsgläubigers verfügt, z. B. durch Aufhebung oder Forderungsauswechslung (vgl. BeckOK ZPO (-Riedel), Stand: 1.7.2019, § 830 Rn. 7.2). Aufgrund der Überweisung zur Einziehung ist der Gläubiger berechtigt, die Hypothek durchzusetzen und löschungsfähige Quittung zu erteilen; ohne Einziehung kann er selbstverständlich keine Löschungsbewilligung erteilen, liefe dies doch auf eine Aufhebung bzw. auf einen Verzicht auf die Hypothek hinaus, was von der Einziehungsermächtigung ersichtlich nicht gedeckt ist (MünchKomm (-Smid), ZPO II5, § 837 Rn. 2; Zöller (-Herget), ZPO32, § 837 Rn. 8). 639 Die Verpfändung rückständiger Zinsen erfolgt durch formlose Einigung und Anzeige an den Schuldner gem. §§ 1274 Abs. 1 S. 1, 1279 S. 1, 1280, 1159, 398 S. 1 BGB; eine Eintragung der Belastung im Grundbuch ist ebenso wie sonstige Verfügungen über eine Hypothek für Zinsrückstände nicht eintragungsfähig (siehe für Rangänderung RG, Urteil v. 15.3.1916 – V 3/16, RGZ 88, S. 160, 162; MünchKomm (-Damrau), BGB VII7, § 1274 Rn. 20). Wird der Übergang der Nebenleistungshypothek bei Zession der Zinsrückstände ausgeschlossen, soll die Hypothek nach verbreiteter Ansicht insoweit zwecks Vermeidung einer allfälligen Verdoppelung des Gläubigerrechts erlöschen, was teilweise auf einen Analogieschluss zu § 1250 Abs. 2 BGB gestützt wird (vgl. MünchKomm (-Lieder), BGB VII7, § 1159 Rn. 7; Wolff/R aiser, Sachenrecht10, § 149 I 1 (S. 620)); die isolierte Belastung der Zinsrückstände unter Ausschluss der akzessorischen Hypothek hebt demnach die hypothekarische Belastung des Eigentums insoweit zumindest für die Dauer der Belastung auf. Demgegenüber richtet sich die Übertragung und Belastung noch nicht fälliger Nebenleistungen mit Nießbrauchs- und Pfandrechten nach Hypothekenrecht; unter den Voraussetzungen von § 1158 BGB (i. V. m. §§ 1070 Abs. 1, 1275 Var. 1 BGB) sind die in Bezug genommenen schuldnerschützenden Vorschriften der §§ 404, 406–408 BGB auf das Rechtsverhältnis zwischen dem Eigentümer und dem Nießbraucher resp. Pfandgläubiger entsprechend anzuwenden. Eine Teilabtretung der Hauptforderung unter Vorbehalt der künftigen Nebenleistungen ist aus Sicht des Hypothekengläubigers i. d. R. wegen der damit verbundenen unbeschränkten Verfügungsbefugnis des Zessionars über die Hypothek unzweckmäßig. Die zweckmäßige Gestaltung liegt in der Abtretung unter Vorbehalt eines Nießbrauchs an der Hypothekenforderung, so dass nicht auf Rechtserwerb gerichtete Verfügungen über die Hypothek, soweit sie die Rechtsstellung des Nießbrauchers berühren, gem. §§ 1071, 876 BGB zustimmungsbedürftig sind (vgl. BeckOGK (-Kiehnle), Stand: 1.7.2019, § 1159 Rn. 7). Dies gilt insbesondere auch dann, wenn die mit einem Nießbrauchs- oder Pfandrecht belastete Hypothek lediglich Nebenleistungsrückstände sichert; die Aufhebung ist gem. § 1071 Abs. 1 BGB bzw. gem. §§ 1178 Abs. 2 S. 2, 876 S. 1 BGB zustimmungsbedürftig (vgl. Wolff/R aiser, Sachenrecht10, § 149 IV 1 (S. 621)). 640 Aufgrund des bei der Höchstbetragshypothek gelockerten Trennungsverbots (§ 1190 Abs. 4 BGB) steht dem Hypothekengläubiger nicht nur bei der Abtretung, sondern auch bei der Belastung ein Wahlrecht dahingehend zu, die Sicherungsforderung mit oder ohne die Höchstbetragshypothek zu verpfänden (BeckOGK BGB (-Deutsch), Stand: 1.8.2019, § 1190 Rn. 78; Staudinger (-Wolfsteiner), BGB (2015), § 1190 Rn. 65). Auch hier sind Abtretung und Belastung in den Voraussetzungen und Rechtsfolgen parallel strukturiert. Als Belastung kommt neben der Verpfändung (sowie der hoheitlichen Pfändung) ausschließlich die Bestellung eines Nießbrauchs in Betracht; eine Höchstbetragshypothek an einer Höchstbetragshypothek ist demgegenüber ausgeschlossen, wenngleich durch die Sicherung eines (wechselnden) Kreises zumindest bestimmbarer künftiger Forderungen (§§ 1273 Abs. 2 S. 1, 1204 Abs. 2 BGB) – z. B. bei einem Kontokorrentverhältnis – durch Verpfändung der durch die Höchstbetragshypothek gesicherten Forderungen ein annähernd vergleichbarer Flexibilitätsgrad wie bei einer „doppelstöckigen“ Höchstbetragshypothek erzielt werden kann. Analytisch präzise ist die Verpfändung der Höchstbetragshypothek aufgrund des Trennungsverbots (§§ 1113 Abs. 1, 1153 BGB) nur vermittels (antizipierter) Verpfändung der potentiell von der Höchstbetragshypothek gesicherten Forderungen
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zu behandelnden gutgläubigen Ersterwerb eines Pfandrechts an einer (Schein-)Hypothek gem. § 892 Abs. 1 S. 1 BGB unter Druck. Vergleichbares gilt für den gutgläubigen Ersterwerb einer Vormerkung zur Sicherung eines Anspruchs auf Verpfändung einer (scheinbaren) Hypothekenforderung.641 unter Einhaltung der einschlägigen Publizitätserfordernisse gem. §§ 1274 Abs. 1 S. 1, 1154 Abs. 1, 3, 398 S. 1 BGB möglich; dies ist auch vor Forderungsfeststellung möglich, soweit die zu verpfändende Forderung bereits hinreichend bestimmbar ist. Eine Teilverpfändung von Sicherungsforderungen mit der Höchstbetragshypothek ist unproblematisch zulässig (zur Teilabtretung siehe BeckOGK BGB (-Deutsch), Stand: 1.8.2019, § 1190 Rn. 72). Unterschreitet die zu verpfändende Forderung den Maximalbetrag der Höchstbetragshypothek, wird diese auch nur bis zum Teil der verpfändeten Forderung von der Belastung erfasst. Soweit nichts anderes vereinbart ist, kommt es zu einer „intellektuellen“ Teilung der Höchstbetragshypothek in eine mit der verpfändeten Forderung unterlegte belastete Hypothek und eine unbelastete Höchstbetragshypothek in Höhe des nicht ausgeschöpften Maximalbetrags, die forthin zur Sicherung noch unbestimmter Forderungen dienen kann. Abweichend hiervon können die Parteien vereinbaren, dass die Höchstbetragshypothek künftig nurmehr zur Sicherung der verpfändeten Forderung dienen soll, wodurch die restlichen Forderungen des jeweiligen Forderungskreises ihre Sicherheit verlieren (zur parallelen Gestaltungsform der Teilabtretung siehe Erman (-Wenzel), BGB II15, § 1190 Rn. 15; BeckOGK BGB (-Deutsch), Stand: 1.8.2019, § 1190 Rn. 73). Eine isolierte Afterverpfändung der Höchstbetragshypothek, die nach verbreiteter Ansicht in Österreich gem. § 454 ABGB, 13 Abs. 2 GBG zulässig ist (siehe § 5 II. 1. b) bb)), kommt ebenso wenig wie eine gesonderte Übertragung der Höchstbetragshypothek ohne die gesicherte Forderung in Betracht (vgl. BeckOGK BGB (-Deutsch), Stand: 1.8.2019, § 1190 Rn. 77; Staudinger (-Wolfsteiner), BGB (2015), § 1190 Rn. 55). Möglich ist allerdings sowohl die gesonderte Verpfändung der durch die Höchstbetragshypothek gesicherten Einzelforderungen (ohne Einhaltung der sachenrechtlichen Publizitätserfordernisse und mit konstitutiver Anzeige an den Schuldner gem. §§ 1274 Abs. 1 S. 1, 1190 Abs. 4 S. 1, 398 S. 1, 1280 BGB) als auch die Pfändung einer Sicherungsforderung ohne die Höchstbetragshypothek gem. §§ 829, 835 ZPO, wenn Überweisung der Sicherungsforderung an Zahlungs statt beantragt wird (§ 837 Abs. 3 ZPO). Aus der in § 857 Abs. 3 ZPO bestimmten Einschränkung der Verwertung der ohne die Höchstbetragshypothek gepfändeten Forderung folgt m. E. für die Verwertung eines Vertragspfandrechts an einer ohne die Höchstbetragshypothek verpfändeten Forderung nichts. Insbesondere folgt hieraus nicht, dass der Pfandgläubiger sich ausschließlich durch Abtretung an Zahlungs statt gem. § 1282 Abs. 1 S. 3 BGB aus der verpfändeten Forderung und nicht auch durch Einziehung gem. § 1282 Abs. 1 S. 1 BGB befriedigen kann. Denn die schuldnerschützende Schutzrichtung des § 837 Abs. 3 ZPO – weil die gepfändete Forderung bei Überweisung zur Einziehung nicht auf den Vollstreckungsgläubiger übergeht, verbleibt sie im Sicherungsverband der Höchstbetragshypothek, die in Höhe der gepfändeten Forderung nicht zur Sicherung anderer Forderungen genutzt werden kann, solange die Forderung nicht erlischt –, ist nicht einschlägig, wenn der Hypothekengläubiger rechtsgeschäftlich eine Forderung ohne die Höchstbetragshypothek verpfändet. 641 Nur klarstellend sei erwähnt, dass schuldrechtliche Ansprüche auf (Teil-)Verpfändung von Hypothekenforderungen gem. § 883 Abs. 1 S. 1 Var. 2 BGB vormerkungsfähig sind (BayObLG, Beschluss v. 28.12.1912, OLGE 26, S. 197; Erman (-Artz), BGB II15, § 883 Rn. 12; Assmann, Die Vormerkung, S. 45; BeckOGK BGB (-Assmann), Stand: 1.8.2019, § 883 Rn. 35; MünchKomm (-Kohler), BGB VII7, § 883 Rn. 17; Staudinger (-Gursky), BGB (2013), § 883 Abs. 154. Dies gilt nicht nur für den Ersterwerb eines Nießbrauchs und eines Pfandrechts an einem Grundpfandrecht; vielmehr sind alle Ansprüche, die auf eine eintragungsfähige Verfügung über ein Recht an einem nicht grundstücksgleichen Grundstücksrecht gerichtet sind, vormerkungsfähig. Dies umfasst Ansprüche auf Abtretung, Aufhebung, inhaltliche Änderung und Änderung des Ranges eines Nießbrauchs- oder Pfandrechts an einem Grundpfandrecht (siehe im Einzelnen Assmann, Die Vormerkung, S. 46; Staudinger (-Gursky), BGB (2013), § 883 Abs. 154, 165, 168, 174).
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b) Pfändung und Verpfändung von Grund- und Rentenschulden und Reallasten Während die Vollzugserfordernisse der Verpfändung642 und Pfändung643 von Hypothekenforderungen und Grundschulden identisch ausgestaltet sind, fungiert die Sicherungsabrede als Akzessorietätsersatz sowohl bei der Abtretung als auch bei der Einräumung von Nießbrauchs- und Pfandrechten an einer Sicherungsgrundschuld i. S. v. § 1192 Abs. 1a S. 1 BGB.644 Besonderheiten zeigen sich bei der Verpfändung von Eigentümergrundschulden, die angesichts der Parallelisierung der Vollzugserfordernisse mit der Pfändung von Eigentümergrundschulden korrespondiert.645 Unstreitig möglich ist – z. B. zwecks Sicherung eines 642 Die Briefgrundschuld wird mithin durch schriftliche Verpfändungserklärung, formlose Annahme seitens des Pfandgläubigers und Übergabe des Grundschuldbriefs verpfändet (§§ 1192 Abs. 1, 1154 Abs. 1 S. 1, 1117 Abs. 1 S. 1, 1274 Abs. 1, 1205, 1206 BGB); abweichend von § 873 Abs. 1 S. 1 Var. 4 BGB ist die Verpfändung mithin nicht eintragungsbedürftig, sollte aber zwecks Vermeidung eines Rechtsverlusts nach §§ 892, 893 BGB im Grundbuch verlautbart werden. Zur Verpfändung der Buchgrundschuld ist die Eintragung dagegen konstitutiv (§§ 1192 Abs. 1, 1154 Abs. 3, 1274 Abs. 1 S. 1 BGB). Von der Verpfändung der Grundschuld zu unterscheiden ist die denktheoretisch mögliche Bestellung eines Pfandrechts zur Sicherung einer Grundschuld oder einer Hypothek, die nach h. A. – weil das dingliche Recht den Eigentümer nicht zur Leistung, sondern zur Duldung der Zwangsvollstreckung verpflichtet – ausscheidet (vgl. RG, Urteil v. 5.7.1918 – VII 136/18, RGZ 93, S. 234, 236: Hypothek könne nicht durch Bürgschaft gesichert werden; ebenso MünchKomm (-Damrau), BGB VII7, § 1204 Rn. 17; a. A. Wieling, Sachenrecht I2, § 15 VI a (S. 701): Verpfändung zur Sicherung der Zahlung der Hypotheken- oder Grundschuldsumme sei als Ausnahme vom Akzessorietätsgrundsatz anzuerkennen). 643 Voraussetzungen und Wirkungen der Pfändung von Grundschulden sind an die bereits skizzierten Voraussetzungen und Wirkungen der Pfändung und Verwertung von Hypothekenforderungen angeglichen. Die Pfändung der Grundschuld erfolgt mithin durch Zustellung des Pfändungsbeschlusses und Übergabe des Grundschuldbriefs bzw. Eintragung der Pfändung im Grundbuch (§§ 830 Abs. 1, 857 Abs. 6 ZPO); für die Überweisung zur Einziehung genügt die formlose Aushändigung des Überweisungsbeschlusses an den Gläubiger (§§ 837 Abs. 1 S. 1, 857 Abs. 6 ZPO). Wird praxisüblich ein einheitlicher Pfändungs- und Überweisungsbeschluss erlassen, sollte – wie bei der Pfändung und Überweisung hypothekarisch gesicherter Forderungen – in den Beschluss ein Hinweis auf die noch ausstehende Wirksamkeit der Pfändung aufgenommen werden, um der umstrittenen BGH-Judikatur – wonach die Überweisung aufgrund der noch ausstehenden Pfändung durch Wegnahme des Hypothekenbriefs oder Eintragung im Grundbuch unzulässig sei (BGH, Urteil v. 22.9.1994 – IX ZR 165/93, BGHZ 127, S. 146) – Rechnung zu tragen. Zweckmäßigerweise wird die Sicherungsgrundschuld gemeinsam mit der gesicherten Forderung gepfändet. Anderenfalls bliebe es dem Forderungsschuldner der nicht gepfändeten Sicherungsforderung unbenommen, schuldbefreiend an den Gläubiger der nicht gepfändeten Sicherungsforderung zu leisten – Drittschuldner i. S. d. §§ 857 Abs. 6, 829 Abs. 1 S. 1 ZPO ist schließlich nur der Eigentümer; diese forderungsbezogene Einwendung könnte der Eigentümer dann aber dem Vollstreckungsgläubiger gem. §§ 1192 Abs. 1, 1157 S. 1 BGB entgegenhalten (vgl. Brox/Walker, Zwangsvollstreckungsrecht11, Rn. 753; Musielak/Voit (-Becker), ZPO14, § 857 Rn. 16). 644 Aus dem Sicherungsvertrag ergibt sich die Verpflichtung, nicht gesondert über das dingliche Recht und die gesicherte Forderung zu verfügen (vgl. BGH, Urteil v. 2.10.1990 – XI ZR 205/89, NJW-RR 1991, S. 305; Brünink, in: Lwowski/Fischer/Gehrlein, Das Recht der Kreditsicherung10, § 12 Rn. 41). 645 Wenngleich mit praktischen Schwierigkeiten verbunden, ist auch die Pfändung einer „verdeckten“, durch Erlöschen der gesicherten Forderung entstandenen (Teil-)Eigentümergrundschuld möglich (§§ 1163 Abs. 1 S. 2, 1177 Abs. 1 S. 1 BGB). Freilich kommt – da sich die Pfändung nach h. A. trotz Fehlens eines Drittschuldners nach §§ 857 Abs. 6, 830 ZPO und nicht nach § 857
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Zwischenkredits – die Verpfändung einer vor Vollendung des Ersterwerbs der Briefhypothek entstandenen vorläufigen Eigentümergrundschuld.646 Das Pfandrecht erlischt uno actu mit der Eigentümergrundschuld, sobald die Fremdhypothek entAbs. 2 ZPO richtet (BGH, Urteil v. 21.11.1960 – III ZR 160/59, NJW 1961, S. 601; Brox/Walker, Zwangsvollstreckungsrecht11, Rn. 738, 742 m. w. N. auch zur Gegenansicht) – die Pfändung einer verdeckten Bucheigentümergrundschuld aufgrund des Voreintragungsgrundsatzes nicht in Betracht, solange das Grundbuch nicht berichtigt ist. Hat der Eigentümer die für die Grundbuchberichtigung erforderlichen Löschungsunterlagen (vgl. § 29 GBO) in seinem Gewahrsam, sind sie erforderlichenfalls vom Gerichtsvollzieher wegzunehmen (§ 836 Abs. 3 S. 5 ZPO); anderenfalls muss der Gläubiger den Anspruch auf Erteilung der Löschungsquittung (§ 1144 BGB) bzw. den Grundbuchberichtigungsanspruch (§ 894 BGB) pfänden, sich überweisen lassen und nötigenfalls einklagen und im Wege der Zwangsvollstreckung durchsetzen (vgl. Brox/Walker, Zwangsvollstreckungsrecht11, Rn. 739). Schwierigkeiten bereitet die Pfändung einer Eigentümerbriefgrundschuld grundsätzlich nicht. Ist der Schuldner/Eigentümer im Besitz des Hypothekenbriefs, erfolgt die Pfändung nötigenfalls durch Wegnahme seitens des Gerichtsvollziehers; anderenfalls kann der Gläubiger den Herausgabeanspruch des Schuldners/Eigentümers aus §§ 985, 952 Abs. 2 BGB pfänden und sich zur Einziehung überweisen lassen und kann sodann nötigenfalls klagen und Herausgabevollstreckung betreiben (Brox/Walker, Zwangsvollstreckungsrecht11, Rn. 740). Aufwendiger gestaltet sich die Pfändung einer durch sukzessive Tilgung der offenen Zins- und Tilgungsraten entstehenden Teileigentümerbriefgrundschuld (siehe hierzu Brox/Walker, Zwangsvollstreckungsrecht11, Rn. 741). Weil dem Schuldner/Eigentümer nur Miteigentum am Hypothekenbrief zusteht (§§ 952 Abs. 2, 1008 BGB), würde die Wegnahme des Hypothekenbriefs das Miteigentum des Hypothekengläubigers verletzen, was diesen zur Drittwiderspruchsklage (§ 771 ZPO) und – bei Verletzung seines Mitgewahrsams – zur Vollstreckungserinnerung (§ 766 ZPO), berechtigt. Die Pfändung der Teileigentümerbriefgrundschuld kommt daher nur in Betracht, wenn ein Teilgrundschuldbrief (§§ 1192 Abs. 1, 1152 BGB) gebildet wird. Angeraten wird deshalb, den Miteigentumsanteil des Hypothekengläubigers am Stammbrief (§§ 952 Abs. 2, 1008, 741 BGB), den Anspruch des Eigentümers gegen den Hypothekengläubiger auf Aufhebung der Bruchteilsgemeinschaft am Hypothekenbrief (§§ 749, 752 BGB), den Anspruch des Eigentümers auf Vorlage des Stammbriefs beim Grundbuchamt zwecks Erstellung eines Teilbriefs sowie den Anspruch auf Erstellung eines Teilbriefs (§ 1145 BGB) zu pfänden; zudem soll – offenbar zwecks Vermeidung eines gutgläubigen Zweiterwerbs der Hypothek auch der Anspruch auf Erteilung der Löschungsquittung (§ 1144 BGB) sowie der Grundbuchberichtigungsanspruch (§ 894 BGB) des Eigentümers gepfändet werden, um kraft Überweisung zur Einziehung nötigenfalls die Grundbuchberichtigung gerichtlich durchzusetzen (Brox/Walker, Zwangsvollstreckungsrecht11, Rn. 741; Musielak/Voit (-Becker), ZPO16 , § 857 Rn. 17). Praktisch ausgeschlossen ist die Pfändung einer bloß vorläufigen, d. h. auflösend bedingten Eigentümergrundschuld (§§ 1163 Abs. 1 S. 1, 1177 Abs. 1 S. 1 BGB), wenn eine Buchhypothek bestellt worden ist und die Sicherungsforderung noch entstehen kann. Aufgrund des Voreintragungsgrundsatzes ist die Pfändung durch Eintragung im Grundbuch verfahrensrechtlich unzulässig und praktisch undurchführbar; in Betracht kommt praktisch nur die Pfändung einer vorläufigen Eigentümerbriefgrundschuld, falls der Eigentümer den Hypothekenbrief in seinem Gewahrsam hat. Richtigerweise kann auch eine aufschiebend bedingte Eigentümergrundschuld gepfändet werden; die Pfändung wird wegen §§ 857 Abs. 6, 830 Abs. 1 ZPO erst mit Wegnahme des Grundschuldbriefs oder Eintragung im Grundbuch wirksam (Brox/Walker, Zwangsvollstreckungsrecht11, Rn. 750; Musielak/Voit (-Becker), ZPO16 , § 857 Rn. 17) und wirkt dann auf den Zeitpunkt der Zustellung des Pfändungsbeschlusses an den Eigentümer gem. §§ 857 Abs. 6, 830 Abs. 2 ZPO zurück. Sowohl für die konstitutive Eintragung der Pfändung einer Buchgrundschuld als auch für die deklaratorische Eintragung der Pfändung einer Briefgrundschuld wird mit Rücksicht auf den Grundsatz der Grundbuchklarheit gefordert, dass die Entstehung der Eigentümergrundschuld in der Form des § 29 GBO nachgewiesen wird; möglich ist insoweit z. B. die Vorlage einer öffentlich beglaubigten Abtretungserklärung, einer löschungsfähigen Quittung oder einer Verzichtserklärung gem. § 1168 BGB (OLG Frankfurt a. M.,
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steht.647 Mangels Voreintragung vermag der Eigentümer demgegenüber aus grundbuchverfahrensrechtlichen Gründen (vgl. § 39 GBO) über eine vor Vollendung des Erwerbs einer Buchhypothek entstandenen Eigentümergrundschuld praktisch nicht zu verfügen; eine Pfändung scheidet gleichermaßen aus.648 Entgegen der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist zwar eine sog. künftige Eigentümergrundschuld, die allenfalls potentiell aus einer wirksam entstandenen Fremdhypothek entsteht, als gegenwärtiges Verfügungs- und Vollstreckungsobjekt prinzipiell anzuerkennen.649 Indes lässt sich der für die Verpfändung resp. Pfändung der künftigen Eigentümergrundschuld erforderliche Modus rechtstatsächlich nicht vorwegnehmen, zumal das Pfandrecht bestenfalls simultan mit der Entstehung der Eigentümergrundschuld wirksam wird.650 Möglich ist endlich zwar Beschluss v. 1.12.2015 – 20 W 257/15, NJOZ 2017, S. 526, 528 Rn. 16; BeckOK GBO (-Wilsch), Stand: 1.5.2018, Pfändung im Grundbuchverfahren Rn. 68; Musielak/Voit (-Becker), ZPO16 , § 857 Rn. 17). Wird eine bestehende Eigentümergrundschuld wirksam gepfändet und zur Einziehung überwiesen, ist der Vollstreckungsgläubiger zur Verwertung derselben berechtigt; das persönliche Vollstreckungsverbot des § 1197 Abs. 1 BGB gilt nur für den Eigentümer (Musielak/Voit (-Becker), ZPO16 , § 857 Rn. 17 m. w. N.). Alternativ kommt eine Überweisung an Zahlungs statt sowie die Verwertung durch Verkauf im Wege öffentlicher Versteigerung oder aus freier Hand in Betracht (Brox/Walker, Zwangsvollstreckungsrecht11, Rn. 743). 646 BGH, Urteil v. 21.11.1969 – V ZR 149/66, NJW 1970, S. 322, 323. Dies gilt auch dann, wenn die Eintragung der künftigen Briefhypothek noch nicht erfolgt ist. 647 NomosKomm (-Bülow), BGB III4, § 1274 Rn. 19. 648 NomosKomm (-Krause), BGB III4, § 1163 Rn. 13. 649 Ablehnend – freilich ohne (stichhaltige) Begründung – RG, Urteil v. 28.11.1934 – V 216/34, RGZ 145, S. 343, 353–354; BGH, Urteil v. 21.11.1969 – V ZR 149/66, NJW 1970, S. 322, 323; Erman (-J. Schmidt), BGB II15, § 1274 Rn. 16; wie hier dagegen NomosKomm (-Bülow), BGB III4, § 1274 Rn. 19; Soergel (-Habersack), BGB XVI13, § 1274 Rn. 19. Mit Rücksicht auf die prinzipielle Anerkennung der Übertragbarkeit künftiger Forderungen und anderer Rechte steht der Abtretung und Belastung einer bloß potentiellen Eigentümergrundschuld materiellrechtlich nichts entgegen; diese ist ein aufschiebend bedingtes Recht, wobei der Eintritt der (Potestativ-)Bedingung – Erfüllung der Sicherungsforderung (§§ 1163 Abs. 1 S. 2, 1177 Abs. 1 S. 1 BGB) – ausschließlich vom Willen des Kreditnehmers und Eigentümers abhängt. Darin liegt eine anwartschaftsähnliche, vermögensrelevante Rechtsposition, die sich als Kreditsicherheit eignet. Selbstverständlich ist die aufschiebend bedingte Eigentümergrundschuld – ebenso wie die vorläufige Eigentümergrundschuld – aufgrund des Voreintragungsgrundsatzes (§ 39 GBO) praktisch nur dann verkehrsfähig, wenn es sich um ein Briefrecht handelt und der Eigentümer im Besitz des Hypothekenbriefs ist (NomosKomm (-Bülow), BGB III4, § 1274 Rn. 19; Soergel (-Habersack), BGB XVI13, § 1274 Rn. 19). Die materiellrechtliche Wirksamkeit von Eintragungen, die in Ansehung einer künftigen Eigentümergrundschuld – unter Verstoß gegen den Voreintragungsgrundsatz – vorgenommen werden (z. B. eine Vormerkung zur Sicherung eines Anspruchs auf Abtretung der Eigentümergrundschuld), bleibt hiervon aber unberührt. 650 Vgl. MünchKomm (-Lieder), BGB VII7, § 1163 Rn. 70 (zur Pfändung der vorläufigen Eigentümergrundschuld). Während die Eintragung der Verpfändung resp. Pfändung im Grundbuch schon wegen § 39 GBO ausscheidet – die vorläufige Eigentümergrundschuld ist schließlich nicht eintragungsfähig, solange die Hypothek durch Valutierung noch entstehen kann –, lässt sich i. d. R. auch nicht die für die Verpfändung resp. Pfändung einer Eigentümerbriefgrundschuld erforderliche Übergabe bzw. Wegnahme des Hypothekenbriefs durchführen, weil dem Eigentümer ein Anspruch auf Bildung eines Teilhypothekenbriefs nur bei teilweiser Befriedigung (§ 1145 Abs. 1 S. 2 BGB) und ein Anspruch auf Aushändigung des Hypothekenbriefs nur gegen vollständige Befriedigung des Hypothekengläubigers zusteht (§ 1144 BGB). Nichts anderes gilt für die
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auch die Verpfändung einer durch sukzessive Zahlung der Zins- und Tilgungsraten entstehenden Teileigentümergrundschuld, wobei sich dies, solange eine Briefhypothek besteht, ähnlich schwierig und aufwendig gestalten kann wie die Pfändung einer verdeckten Teileigentümergrundschuld.651 Abgesehen vom rechtsgeschäftlimit einer Höchstbetragshypothek korrespondierende (Teil-)Eigentümergrundschuld; die Eintragung der Pfändung kommt verfahrensrechtlich erst dann in Betracht, wenn nach Forderungsfeststellung gewiss ist, dass eine potentiell sichernde Forderung nicht mehr entstehen kann (MünchKomm (-Smid), ZPO II5, § 857 Rn. 40). 651 Solange es sich um eine „verdeckte“ Teileigentümergrundschuld handelt – d. h. die Teilbefriedigung ergibt sich weder aus dem Hypothekenbrief noch aus dem Grundbuch und es ist auch kein Teilbrief ausgestellt –, ist die Verpfändung zwar möglich, stößt aber wegen der sachenrechtlichen Publizitätserfordernisse auf ähnliche praktische Schwierigkeiten wie die bereits dargestellte Pfändung einer verdeckten Teileigentümergrundschuld. Wenn eine Buchhypothek existiert, kommt bis zur Berichtigung des Grundbuchs eine Verpfändung der Teileigentümerbuchgrundschuld nicht in Betracht, weil es an der für die verfahrensrechtliche Bewilligung erforderlichen Eintragung des Eigentümers im Grundbuch fehlt (vgl. § 39 GBO). Dem Gläubiger bleibt nur der Ausweg, dass er sich bereits jetzt den Anspruch des Eigentümers auf Erteilung der für die Teilumschreibung im Grundbuch erforderlichen Unterlagen gegen den Hypothekengläubiger aus § 1144 BGB verpfänden lässt und sich nach Umschreibung der Fremdhypothek in eine Teileigentümerbuchgrundschuld vom Eigentümer ein Pfandrecht an der Grundschuld einräumen lässt. Falls eine Briefhypothek besteht, steht der Verpfändung durch Übertragung des Besitzes am Hypothekenbrief entgegen, dass der Hypothekengläubiger nicht zur Herausgabe des Hypothekenbriefs verpflichtet ist (§ 1145 Abs. 1 S. 1 BGB). Ist hingegen der Eigentümer im Besitz des Hypothekenbriefs – z. B. bei Bestellung einer Briefhypothek mittels Besitzkonstituts gem. §§ 1154 Abs. 1 S. 1 Hs. 2, 1117 Abs. 1 S. 2, 930, 868 BGB –, kann die Teileigentümerbriefgrundschuld unproblematisch durch Übertragung des Alleinbesitzes gem. §§ 1274 Abs. 1, 1205 Abs. 1 S. 1, 1154 Abs. 1 S. 1, 1117 Abs. 1 S. 1 BGB oder durch ein Übergabesurrogat (§§ 1274 Abs. 1 S. 2, 1205 Abs. 2, 1206 BGB) verpfändet werden. Wird dem Gläubiger Alleinbesitz – ggf. unter Abtretung des Herausgabeanspruchs gegen den unmittelbaren Besitzer und Unterrichtung desselben von der Abtretung – eingeräumt, entsteht mehrstufiger mittelbarer Besitz (§ 871 BGB): Der Pfandgläubiger vermittelt als unmittelbarer Fremdbesitzer erster Stufe dem Eigentümer den Besitz, der als mittelbarer Fremdbesitzer zweiter Stufe dem Hypothekengläubiger als mittelbarem Eigenbesitzer den Besitz vermittelt. Wird ein Pfandhalter als Besitzmittler eingeschaltet, vermittelt dieser dem Pfandgläubiger als mittelbarem Fremdbesitzer erster Stufe den Besitz. Unproblematisch ist auch die Verschaffung qualifizierten Mitbesitzes gem. §§ 1274 Abs. 1 S. 2, 1206 Var. 1 oder 2 BGB; die Einwilligung des Hypothekengläubigers ist hierzu nicht erforderlich. Zum einen verliert dieser nicht seinen Besitz am Hypothekenbrief; das Besitzmittlungsverhältnis zwischen Hypothekengläubiger und Eigentümer gem. § 868 BGB besteht zum anderen fort, insbesondere gibt dieser nicht seinen Fremdbesitzwillen auf, indem er durch Übertragung des (Mit-)Besitzes ein Pfandrecht begründet. Als mittelbarer Fremdbesitzer vermittelt er dem Hypothekengläubiger zumindest Mitbesitz am Hypothekenbrief. Mehr kann der Hypothekengläubiger nicht verlangen, denn, obschon für die Bestellung der Hypothek die Verschaffung bloßen Mitbesitzes nicht genügt (vgl. §§ 1154 Abs. 1 S. 1, 1117 Abs. 1 BGB), ist aufgrund der inzwischen bewirkten Zins- und Tilgungsleistungen eine Teileigentümergrundschuld mit der Folge entstanden, dass Eigentümer und Hypothekengläubiger Miteigentümer des Hypothekenbriefs geworden sind und demgemäß nurmehr ein Recht des Hypothekengläubigers auf Mitbesitz besteht. Falls dem Eigentümer vertraglich untersagt ist, einem Dritten Mitbesitz am Hypothekenbrief zu verschaffen, kommt bei einem Verbotsverstoß kein Herausgabeanspruch des Hypothekengläubigers gegen den Pfandgläubiger gem. §§ 985, 986 Abs. 1 S. 2 BGB in Betracht. Das Besitzüberlassungsverbot wirkt wie rechtsgeschäftliche Verfügungsbeschränkung über die Teileigentümergrundschuld und entfaltet deshalb „nur“ schuldrechtliche Wirkung gem. § 137 S. 2 BGB. Folglich entfällt wegen des vertragswidrigen Verhaltens des Hypothekengläubigers allenfalls das Besitzmittlungsverhältnis zwischen dem Eigen-
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chen und hoheitlichen Erwerb von Pfandrechten an (Eigentümer-)Grundschulden ist ein surrogationsbasierter Erwerb ex lege möglich; relevant ist dies zuvörderst bei der Pfändung oder Verpfändung sicherungsvertraglicher Rückgewähransprüche gegen den Sicherungsnehmer einer Grundschuld.652 Zu unterscheiden ist bei der Rentenschuld (§ 1199 Abs. 1 BGB):653 Während sich die Verpfändung des Stammrechts nach §§ 1274 Abs. 1 S. 1, 1154 BGB richtümer und dem Hypothekenpfandgläubiger, weshalb der Pfandgläubiger zwar nicht notwendig aus abgeleitetem Recht gegenüber dem Hypothekengläubiger zum Besitz (§ 986 Abs. 1 S. 1 Var. 2 BGB), jedenfalls aber aufgrund seines dinglichen Rechts als Pfandgläubiger der Teileigentümerbriefgrundschuld zum Besitz berechtigt ist (§ 986 Abs. 1 S. 1 Var. 1 BGB). Das Pfandrecht an der Teileigentümerbriefgrundschuld erstreckt sich auf den belasteten Miteigentumsanteil des Eigentümers am Hypothekenbrief (§§ 952 Abs. 2 BGB) und vermittelt insoweit ein Recht zum Mitbesitz desselben. Wenngleich hiernach die Erstellung eines Teileigentümergrundschuldbriefs nicht schon für die Bestellung des Pfandrechts unerlässlich ist, sofern der Eigentümer im Besitz des Hypothekenbriefs ist, liegt es anders, wenn und solange der Hypothekengläubiger Besitzer des Briefs und zur Herausgabe desselben weder verpflichtet noch bereit ist. Hier kann nur die Einigung über die Verpfändung vorweggenommen werden. Zusätzlich könnten dem designierten Pfandgläubiger bereits die Ansprüche des Hypothekengläubigers auf Aufhebung der Bruchteilsgemeinschaft am Hypothekenbrief (§§ 749, 752 BGB) und auf Vorlage des Hypothekenbriefs beim Grundbuchamt zwecks Eintragung der Teilbefriedigung, Berichtigung des Grundbuchs und Erstellung eines Teilgrundschuldbriefs aus § 1145 Abs. 1 S. 2 BGB verpfändet werden. Soweit für die Pfändung von Teileigentümergrundschulden – wohl aus Gründen der Zweckmäßigkeit – angeraten wird, den Miteigentumsanteil des Eigentümers am Hypothekenbrief pfänden zu lassen (Brox/ Walker, Zwangsvollstreckungsrecht11, Rn. 741; Musielak/Voit (-Becker), ZPO16 , § 857 Rn. 17), steht dem die unselbstständige Natur des Miteigentums am Hypothekenbrief entgegen; die Verpfändung und die Pfändung des verbrieften Rechts erstreckt sich ohne weiteres auf den Miteigentumsanteil am Hypothekenbrief. Scheidet aber eine Pfändung bzw. Verpfändung der Teileigentümerbriefgrundschuld mangels Verschaffung des Gewahrsams bzw. Übertragung des Besitzes am Hypothekenbrief vor Erstellung des Teilgrundschuldbriefs unstreitig aus, schließt dies eine Pfändung oder Verpfändung des Miteigentumsanteils am Hypothekenbrief gleichfalls aus. 652 Das Pfandrecht am verpfändeten oder gepfändeten Rückgewähranspruch verwandelt sich in ein Pfandrecht an der (Eigentümer-)Grundschuld, wenn der Anspruch nach Maßgabe der §§ 1281, 1282 BGB durch Abtretung der Grundschuld auf den Eigentümer gem. §§ 1192 Abs. 1, 1154, 398 S. 1 BGB erfüllt wird (§ 1287 S. 1 BGB). Zeitigt eine an den Eigentümer bewirkte Übertragung nach §§ 1275, 407 Abs. 1 BGB befreiende Wirkung gegenüber dem Pfandgläubiger, ist m. E. ein Analogieschluss zu § 1287 S. 1 BGB geboten. Anders soll es aber nach h. A. liegen, wenn der Grundschuldgläubiger mit der Folge der Entstehung einer Eigentümergrundschuld auf die Fremdgrundschuld gem. §§ 1192 Abs. 1, 1168 Abs. 1, 2 BGB verzichtet: Ein Ersatzpfandrecht gem. § 1287 S. 1 BGB entstehe nicht, weil die Grundschuld nicht an den Eigentümer übertragen werde; dass der Rückgewähranspruch auf Verlangen des Eigentümers durch Verzicht erfüllt werden könne, stehe dem nicht entgegen, weil auch die Aufhebung der Grundschuld verlangt werden könne, was zum ersatzlosen Verlust des Pfandrechts führe (so BGH, Urteil v. 6.7.1989 – IX ZR 277/88, NJW 1989, S. 2536, 2538; Brox/Walker, Zwangsvollstreckungsrecht11, Rn. 749). 653 Die Rentenschuld spielt bekanntlich in der Rechtswirklichkeit keine Rolle (siehe nur MünchKomm (-Lieder), BGB VII7, § 1199 Rn. 1; Soergel (-Konzen), BGB XVI13, § 1199 Rn. 1). Ausschlaggebend hierfür sind die strukturellen Nachteile dieser besonderen Ausprägung der Grundschuld. Im Gegensatz zur Reallast ist mit der Verwertungsbefugnis keine persönliche Haftung des Eigentümers für die zu entrichtenden Geldsummen mit seinem gesamten Vermögen kombiniert; der Reallastgläubiger kann sich ausschließlich im Wege der Zwangsvollstreckung in das Grundstück befriedigen, wodurch er sich freilich, sofern es zur Zwangsversteigerung kommt, selbst seines Rechts und damit der Möglichkeit begibt, das Grundstück wegen der künftig zu entrichtenden Einzelleistungen zu verwerten. Vor allem aber generiert die Rentenschuld schon des-
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tet, mithin eines sachenrechtlichen Vollzugsaktes bedarf, sind die fälligen Geldleistungen nach den für rückständige Hypothekenzinsen geltenden Vorschriften und somit nach allgemeinem Zessionsrecht zu verpfänden. Diesbezüglich ist neben der formlosen Einigung die Anzeige der Verpfändung an den Eigentümer erforderlich (§§ 1274 Abs. 1 S. 1, 1200, 1159 Abs. 1, 398 S. 1, 1280 BGB).654 Auch bei einer subjektiv-persönlichen Reallast ist zwischen der Verpfändung des „Stammrechts“ i. S. v. §§ 1105 Abs. 1, 1111 BGB und der Verpfändung des auf Duldung der Zwangsvollstreckung gerichteten dinglichen Rechts wegen der rückständigen einzelnen Leistungen i. S. v. §§ 1107, 1147 BGB klar zu unterscheiden. Während das Stammrecht durch Einigung und Eintragung verpfändet wird (§§ 1274 Abs. 1 S. 1, 873 Abs. 1 Var. 4 BGB), 655 ist das dingliche Recht auf eine einzelne fällige Leistung halb keine sichere Einkunftsquelle für den Gläubiger, weil es dem Eigentümer freisteht, die Rentenschuld – wenn auch erst nach vorgängiger Kündigung (§ 1202 Abs. 1 BGB) – abzulösen; dieses nach dem Grundsatz der Typenfixierung zwingende Ablösungsrecht korrespondiert aber nicht mit einem Gläubigerrecht auf das Kapital. Angesichts der Eintragungsbedürftigkeit der Ablösungssumme im Grundbuch (§ 1199 Abs. 2 BGB) scheidet vor allem auch eine Wertanpassung aus; der Gläubiger ist mithin auch nicht imstande, sich effektiv gegen Inflationsrisiken zu schützen. 654 Vergleichbares gilt wiederum für die Pfändung (vgl. Musielak/Voit (-Becker), ZPO16 , § 857 Rn. 19; Brox/Walker, Zwangsvollstreckungsrecht11, Rn. 755): Während die Pfändung des Stammrechts (einschließlich der künftigen Geldleistungen) eines Publizitätsaktes in Form der Übergabe bzw. Wegnahme des Rentenschuldbriefs bzw. der Eintragung im Grundbuch bedarf (§§ 857 Abs. 6, 830 Abs. 1 ZPO), sind die fälligen Geldleistungen aus der Rentenschuld nach den allgemeinen Vorschriften der §§ 829, 835 ZPO zu pfänden und zu verwerten (§§ 857 Abs. 6, 830 Abs. 3 S. 1, 837 Abs. 2 S. 1 ZPO). 655 Die Verpfändung des Stammrechts bezieht sich präzise betrachtet ausschließlich auf die künftigen Leistungen, nicht jedoch auf bereits fällige einzelne Leistungen; diese sind gem. § 1107 BGB i. V. m. § 1159 BGB, § 857 Abs. 6 ZPO i. V. m. §§ 830 Abs. 3 S. 1, 837 Abs. 2 S. 1 ZPO selbstständige Verfügungs- und Vollstreckungsobjekte. Dementsprechend ist ggf. durch Auslegung zu ermitteln, ob die Einigung über die Verpfändung des Stammrechts zugleich eine Einigung über die Verpfändung des dinglichen Rechts auf fällige Einzelleistungen enthält. Trotz der dogmatischen Abgrenzung zwischen dem Stammrecht und dem Recht auf die einzelne Leistung schließt die Unübertragbarkeit des „Anspruchs auf die einzelne Leistung“ zugleich die Übertragbarkeit und somit die Verpfändung und Pfändung der subjektiv-persönlichen Reallast gem. §§ 1111 Abs. 2, 1069 Abs. 2, 1274 Abs. 2 BGB, § 851 Abs. 1 ZPO aus (MünchKomm (-Mohr), BGB VII7, § 1111 Rn. 2; NomosKomm (-Reetz), BGB III4, § 1111 Rn. 3). Deshalb kommt insbesondere eine Übertragung und Belastung einer aufgrund eines Altenteils bestellten subjektiv-persönlichen Reallast nicht in Betracht (vgl. § 850 b Abs. 1 Nr. 3 Var. 3 ZPO i. V. m. §§ 1111 Abs. 2, 400, 1069 Abs. 2, 1274 Abs. 2 BGB). Sofern die Unpfändbarkeit der subjektiv-persönlichen Reallast ausschließlich auf einem vertraglichen Abtretungsverbot betreffend des „Anspruchs auf die einzelne Leistung“ gem. §§ 1111 Abs. 2, 399 Var. 2 BGB beruht, ist eine Pfändung des Rechts auf die einzelne Leistung (§§ 857 Abs. 6, 830 Abs. 3 S. 1, 837 Abs. 2 S. 1 ZPO) und somit eine Pfändung des Stammrechts (§§ 857 Abs. 6, 830 Abs. 1 S. 3, 837 Abs. 1 S. 2 ZPO) möglich, wenn der Gegenstand der geschuldeten Leistungen der Pfändung unterliegt (§ 851 Abs. 2 ZPO); vgl. BeckOK ZPO (-Riedel), Stand: 1.7.2019, § 857 Rn. 15; NomosKomm (-Reetz), BGB III4, § 1111 Rn. 3. Allerdings ist der Verweis auf die Übertragbarkeit des „Anspruchs auf die einzelne Leistung“ in § 1111 Abs. 2 BGB rechtsdogmatisch irreführend. Bei präziser Analyse ist die „Abtretung des Anspruchs auf eine fällige Leistung“ – obschon sie sich nach allgemeinem Zessionsrecht richtet (§§ 1107, 1159 Abs. 1 S. 1, 398 S. 1 BGB) – nicht Übertragung eines Schuldrechts, sondern Teilübertragung eines dinglichen Rechts aus dem Stammrecht: Während sich die Übertragung einer Rückstandshypothek durch Abtretung der hypothekarisch gesicherten Zinsforderungen vollzieht, bildet hier das dingliche
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nach den für rückständige Hypothekenzinsen geltenden Vorschriften, d. h. durch Einigung und Anzeige an den Eigentümer zu verpfänden (§§ 1274 Abs. 1 S. 1, 1107, 1159, 398 S. 1, 1280 BGB).656 Vergleichbares gilt für die Pfändung des Stammrechts Recht auf die Einzelleistung das Verfügungsobjekt, dem der schuldrechtliche Anspruch gegen den Eigentümer gem. § 1108 Abs. 1 BGB als unselbstständiges Nebenrecht zugeordnet ist. Werden „Ansprüche auf rückständige Leistungen“ übertragen, erlangt der Zessionar hierdurch nicht nur das dingliche Recht auf die betreffenden fälligen Leistungen und damit die Befugnis, sich im Wege der Zwangsvollstreckung aus dem Grundstück mit dem Rang des dinglichen Rechts zu befriedigen; vielmehr umfasst der Übergang auch den unselbstständigen Anspruch gegen den aktuellen Eigentümer auf die zur Zeit seines Eigentums fällig gewordenen Einzelleistungen (§ 1108 Abs. 1 BGB). Entsprechendes gilt für die Belastung des dinglichen Rechts auf eine einzelne Leistung mit einem Nießbrauch oder einem Pfandrecht; die Belastung erstreckt sich auf den unselbstständigen Leistungsanspruch gegen den persönlich haftenden Eigentümer. Der persönliche Anspruch ist hingegen nach h. A. nicht selbstständig übertragbar (NomosKomm (-Reetz), BGB III4, § 1108 Rn. 11; Staudinger (-Reymann), BGB (2017), § 1107 Rn. 28 m. w. N. auch zur Gegenansicht), was eine gesonderte Belastung oder Pfändung desselben ohne das „führende“ dingliche Verwertungsrecht wegen der einzelnen Leistung gem. §§ 1069 Abs. 2, 1274 Abs. 2 BGB, § 851 Abs. 1 ZPO ausschließt. Von dem unselbstständigen Leistungsanspruch aus § 1108 Abs. 1 BGB scharf zu unterscheiden ist die lediglich über eine schuldrechtliche Abrede mit der Reallast (sog. Sicherungsreallast) verknüpfte Sicherungsforderung; als selbstständiges Verfügungs- und Pfändungsobjekt zieht sie weder die Reallast mit sich noch wird sie von Verfügungen über die aus der Reallast fließenden Ansprüche mitgerissen (Staudinger (-Reymann), BGB (2017), § 1107 Rn. 28). Das eigentümliche „Primat des dinglichen Rechts“ (so Staudinger (-Reymann), BGB (2017), § 1107 Rn. 28), das in der verfügungstechnischen Verbindung der Reallast und der aus der Reallast fließenden einzelnen Leistungen mit dem persönlichen Leistungsanspruch zum Ausdruck kommt, ist ebenso wie das gegensätzliche „Primat der gesicherten Forderung“ bei der Hypothek und bei dem Pfandrecht letztlich ein Gebot der Zweckmäßigkeit. Gegen gesonderte Verfügungen über das dingliche Recht und den damit verbundenen persönlichen Leistungsanspruch ist aus Gründen des Eigentümerschutzes jedenfalls dann nichts einzuwenden, wenn durch wechselseitigen Einwendungsdurchgriff einer doppelten Zahlungslast definitiv entgegengewirkt wird. Wird der Übergang des persönlichen Leistungsanspruchs bei der Abtretung des dinglichen Rechts auf die einzelne Leistung vertraglich ausgeschlossen, liegt überdies eine „reziproke“ Anwendung des in § 1250 Abs. 2 BGB enthaltenen Rechtsgedankens nahe (so zur systematisch vergleichbaren Abtretung rückständiger hypothekarisch gesicherter Zinsforderungen ohne die Rückstandshypothek NomosKomm (-Krause), BGB III4, § 1159 Rn. 11; Wolff/R aiser, Sachenrecht10, § 149 I 1 (S. 620); a. A. BeckOGK BGB (-Kiehnle), Stand: 1.7.2019, § 1159 Rn. 8), so dass der persönliche Leistungsanspruch ersatzlos erlischt und nicht etwa als isoliertes Recht beim Zedenten verbleibt. Zwingend erscheint dieser Analogieschluss allerdings nicht; die Gefahr einer doppelten Inanspruchnahme könnte ja durch wechselseitige Einwendungserstreckung bei Leistungen auf das dingliche Recht und Leistungen auf den persönlichen Anspruch vermieden werden; dies ist schließlich – mangels akzessorischer Verbindung – im schuldrechtlichen Verhältnis zwischen einer Sicherungsreallast und der zugrundeliegenden Sicherungsforderung erforderlich. Während hier ein aus dem Sicherungsvertrag herzuleitender Rückgewähranspruch hinsichtlich der Reallast entsteht, sobald und soweit die gesicherte Forderung erfüllt ist und umgekehrt die gesicherte Forderung analog § 364 Abs. 2 BGB erlischt, wenn sich der Gläubiger aus der Reallast befriedigt (zur umstrittenen Frage, ob ein gutgläubig-einredefreier Erwerb der Sicherungsreallast in entsprechender Anwendung des § 1192 Abs. 1 a S. 1 BGB wegen sicherungsvertraglicher Einwendungen auszuschließen ist, siehe Staudinger (-Reymann), BGB (2017), Einl. zu §§ 1105–1112 Rn. 63a), bleibt der akzessorietätsähnliche Nexus zwischen der (Sicherungs-)Reallast und dem aus dem dinglichen Recht folgenden Leistungsanspruch aus § 1108 Abs. 1 BGB selbst bei unterstellter Aufspaltung der Rechtszuständigkeit erhalten. Mit der Befriedigung aus dem dinglichen Recht wegen der betreffenden Einzelleistung erlischt der komplementäre Anspruch auf die einzelne Leistung gegen den Eigentümer
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und die Pfändung der rückständigen Einzelleistungen.657 Mit Ausnahme der Verpfändung, der Pfändung und der Bestellung eines Nießbrauchs scheidet demgegenüber nach geltendem Recht jede andere Belastung des Stammrechts und des (dinglichen) Rechts auf die einzelne Leistung aus; insbesondere kann an einer Reallast nicht rechtsgeschäftlich eine Reallast oder gar eine Hypothek oder Grundschuld bestellt werden.658 Wird die Reallast zugunsten des jeweiligen Eigentümers eines anderen Grundstücks bestellt (§ 1105 Abs. 2 BGB), ist sie ohnehin nicht selbstständig übertragbar (§ 1110 BGB), belastungsfähig (§§ 1069 Abs. 2, 1274 Abs. 2 BGB) und pfändbar (§ 851 Abs. 1 ZPO). Als wesentlicher Bestandteil des Grundstücks wird die Reallast von eigentumsbelastenden Rechten am Grundstück, insbesondere Hypotheken, Grundschulden und Reallasten erfasst.659 Desgleichen erstreckt jedenfalls wegen Zweckerreichung gem. § 275 Abs. 1 Var. 2 BGB, während umgekehrt die Zahlung auf den persönlichen Anspruch zugleich das „führende“ dingliche Recht auf die betreffende Einzelleistung analog § 364 Abs. 2 BGB beseitigt und somit eine Verwertung des Grundstücks wegen dieser Einzelleistung ausschließt. Abgesehen davon könnte der Abtretungsvertrag dahin ausgelegt werden, dass der Zessionar zugleich ein (formlos mögliches) Angebot auf Erlass der persönlichen Haftung gem. §§ 397 Abs. 1, 1108 Abs. 1, 2. Hs. BGB abgibt, dass vom Eigentümer stillschweigend und ohne Zugangserfordernis gem. § 151 S. 1 BGB anzunehmen ist (vertragliche Haftungsausschlüsse und Haftungsbeschränkungen bedürfen nur dann der Grundbucheintragung, wenn auch die persönliche Haftung des künftigen jeweiligen Eigentümers wegen künftiger Einzelleistungen ausgeschlossen werden soll; vgl. Erman (-Grziwotz), BGB II15, § 1108 Rn. 4; Staudinger (-Reymann), BGB (2017), § 1108 Rn. 8; hier geht es hingegen um einen formlos möglichen Haftungsausschluss inter partes). 656 NomosKomm (-Reetz), BGB III4, § 1107 Rn. 10; Staudinger (-Reymann), BGB (2017), § 1107 Rn. 26. 657 Die Pfändung des Stammrechts unterliegt einem Doppeltatbestand: Neben der Zustellung des Pfändungsbeschlusses an den Eigentümer als Drittschuldner ist die Eintragung im Grundbuch erforderlich (§§ 857 Abs. 6, 829 Abs. 1 S. 1, 830 Abs. 1 S. 3 ZPO); der Vollzug der Pfändung durch Eintragung wirkt auf den Zeitpunkt der Zustellung des Pfändungsbeschlusses gem. § 830 Abs. 2 ZPO zurück. Die Verwertung erfolgt durch Überweisung zur Einziehung oder an Zahlungs statt durch Eintragung im Grundbuch (§§ 857 Abs. 1, 6, 835 Abs. 1, 837 Abs. 1 S. 2 ZPO) oder durch gerichtliche Anordnung des Verkaufs der gepfändeten Reallast im Wege öffentlicher Versteigerung oder aus freier Hand (vgl. §§ 857 Abs. 5, 844 ZPO). 658 In Übereinstimmung mit der Hypothek und der Grundschuld kann die Reallast nur an Grundstücken, an Miteigentumsanteilen (§ 1106 BGB), an realen Grundstücksteilflächen analog § 7 Abs. 2 GBO sowie an „grundstücksgleichen“ Rechten, d. h. an Erbbaurechten (§ 11 Abs. 1 S. 1 ErbbauRG) und anderen mit eigenem Grundbuch versehenen Rechten (z. B. landesrechtliche Fischereirechte und das Bergwerkseigentum) bestellt werden (MünchKomm (-Mohr), BGB VII7, § 1105 Rn. 62; NomosKomm (-Reetz), BGB III4, § 1105 Rn. 21–22). Parallel zur Hypothek und zur Grundschuld kann auch die Reallast als Gesamtrecht sowie als Eigenrecht des belasteten Rechtsinhabers bestellt werden. Auf der anderen Seite lässt sich eine Reallast nach wohl h. A. nur mit dem Eigentum am Grundstück (einschließlich Wohnungs- und Teileigentum an Räumen) sowie grundstücksgleichen Rechten, nicht aber mit Miteigentumsanteilen verbinden (BayObLG, Beschluss v. 11.7.1990 – BReg. 2 Z 42/90, BayObLGZ 1990, 212, 215; MünchKomm (-Mohr), BGB VII7, § 1105 Rn. 60; a. A. NomosKomm (-Reetz), BGB III4, § 1105 Rn. 25). 659 Auch bei der Übertragung und Belastung der subjektiv-dinglichen Reallast ist grundlegend zwischen dem Stammrecht i. S. v. § 1105 Abs. 2 BGB und dem dinglichen Recht auf einzelne Leistungen gem. § 1107 BGB zu unterscheiden. Als subjektiv-dingliches Recht i. S. v. §§ 96, 93 BGB geht die Reallast mit der Übertragung des Eigentums ex lege über, während sich eigentumsbelastende Rechte am berechtigten Grundstück auf die subjektiv-dingliche Reallast unter
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sich die Zwangsvollstreckung in das mit der Reallast verbundene Grundstück gem. §§ 864, 866 Abs. 1 ZPO auf die Reallast.660 der Prämisse erstrecken, dass die Ausübung derselben für das betreffende Grundstücksrecht nützlich ist (vgl. BGH, Beschluss v. 12.12.2013 – V ZB 120/13, NJW 2014, S. 1179, 1180 Rn. 15); dies schränkt zugleich die Verfügungsbefugnis über das Stammrecht gem. §§ 876 S. 2, 877, 880 Abs. 3 BGB ein. Das Stammrecht ist unzertrennlich mit dem Eigentum am berechtigten Grundstück verbunden; insbesondere kann die subjektiv-dingliche Reallast i. S. d. § 1105 Abs. 2 BGB nicht auf ein anderes berechtigtes Grundstück transferiert oder in eine subjektiv-persönliche Reallast umgewandelt werden (vgl. § 1110 BGB). Eine unzulässige Umgehung des gesetzlichen Verbots der selbstständigen Übertragung oder Belastung läge vor, wenn die Ausübung einer an dem mit der Reallast verbundenen Grundstück bestellten (Grund-)Dienstbarkeit auf die Reallast an einem dritten Grundstück beschränkt wird; Entsprechendes gilt für eine Vereinbarung, wonach die Haftung des Eigentümers bei Bestellung einer Hypothek, Grundschuld oder Reallast auf die mit dem berechtigten Grundstück verbundene Reallast beschränkt wird. Dies wäre eine seltsame Abart der von den Gesetzesverfassern bewusst nicht in das BGB inkorporierten Revenuehypothek, die nicht zur Zwangsvollstreckung in das Grundstück, sondern allenfalls zur Befriedigung aus mittelbaren Sachfrüchten i. S. v. 100, 99 Abs. 3 BGB in Form der aus der Reallast gezogenen Erträge berechtigte (Mot. III, S. 634). Wenn weder die Hypothek noch die Grundschuld noch die Reallast eine Nutzungsbefugnis am Grundstück vermittelt, wäre ein auf die Haftung des Eigentümers mit der subjektiv-dinglichen Reallast beschränktes „Grundpfandrecht“ inhaltsentleert: Mangels Befugnis zur Zwangsvollstreckung in das Grundstück könnte der Gläubiger allenfalls die einzelnen Leistungen, nicht aber das Stammrecht pfänden und sich überweisen lassen; die Konstruktion liefe auf einen eklatanten Verstoß gegen den Grundsatz der Typenfixierung hinaus. Dieses Verdikt trifft ebenso auf die hypothetische Beschränkung der Ausübung einer (Grund-)Dienstbarkeit auf die mit dem dienenden Grundstück verbundene Reallast zu; dies ist ebenso unzulässig wie die Beschränkung der Ausübung einer Dienstbarkeit auf eine mit dem dienenden Grundstück verbundene Grunddienstbarkeit (OLG Hamm, Beschluss v. 12.2.2008 – 15 W 360/07, NJW-RR 2008, S. 1609; MünchKomm (-Mohr), BGB VII7, § 1018 Rn. 73). In jedem Fall würde die Reallast ihre Vorteilhaftigkeit für das berechtigte Grundstück vollends einbüßen, wenn dem Dienstbarkeitsberechtigten überhaupt keine sonstige Nutzungsberechtigung an dem mit der Reallast verbundenen Grundstück eingeräumt werden soll. Würde eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit dieses Inhalts bestellt werden, verwandelte sich die subjektiv-dingliche Reallast zumindest auf die Lebenszeit des Dienstbarkeitsberechtigten in eine „Abart“ einer subjektiv-persönlichen Reallast, die aber entgegen der gesetzlichen Vorgabe unabhängig von dem Inhalt der einzelnen Leistungen unübertragbar wäre. Geradezu evident unzulässig wäre es, eine Grunddienstbarkeit unter Beschränkung der Ausübung auf eine Reallast zu bestellen, weil hierdurch die Reallast dauerhaft vom berechtigten Grundstück auf das herrschende Grundstück der „Grunddienstbarkeit“ transferiert werden würde, die zu allem Überfluss dann auch noch in ein Verwertungsrecht umgewandelt werden würde und schon deshalb nicht auf eine Nutzung in einzelnen Beziehungen i. S. v. § 1018 BGB gerichtet wäre. 660 Aufgrund des in § 1110 BGB normierten Trennungsverbots unterliegt das Stammrecht i. S. d. § 1105 Abs. 2 BGB ausschließlich der Immobiliarvollstreckung gem. § 866 Abs. 1 ZPO; kraft Zuschlagsbeschlusses in der Zwangsversteigerung des Grundstücks wird das Eigentum am berechtigten Grundstück mitsamt der Reallast auf den Ersteher gem. §§ 90 Abs. 2, 55 Abs. 1, 20 Abs. 2 ZVG i. V. m. § 865 Abs. 1 ZPO, §§ 1120, 96, 93, 1110 BGB übertragen, wohingegen eine Pfändung und Verwertung gem. § 857 Abs. 6 ZPO ohne das berechtigte Grundstück nach 864, 865 Abs. 1 ZPO ausgeschlossen ist (vgl. MünchKomm (-Dörndorfer), ZPO II5, § 864 Rn. 11; NomosKomm (-Reetz), BGB III4, § 1110 Rn. 2). Während das Stammrecht als wesentlicher Bestandteil von der Übertragung, Belastung und Zwangsvollstreckung in das berechtigte Grundstück erfasst wird, sind Ansprüche auf fällige Einzelleistungen gem. §§ 1107, 1159, 398 S. 1 BGB grundsätzlich frei veräußerlich und gem. §§ 865 Abs. 2 S. 2, 857 Abs. 6, 830 Abs. 3 S. 1, 837 Abs. 2 S. 1 ZPO pfändbar. Ist das berechtigte Grundstück mit einer Hypothek, Grundschuld oder Reallast belastet, erstreckt sich dieses zwar nach § 1126 S. 1 BGB (i. V. m. §§ 1192 Abs. 1, 1107 BGB) auf die
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c) Pfändung und Verpfändung pfandrechtsgesicherter Forderungen Sieht man von der Möglichkeit, eine Sache zur Sicherung bedingter oder künftiger Forderungen zu verpfänden ab (§ 1204 Abs. 2 BGB),661 sieht das Gesetz weitergehende Lockerungen der akzessorischen Struktur des Pfandrechts in scharAnsprüche auf die Einzelleistungen; dies zeitigt aber nur eine potentielle, der englischen floating charge vergleichbare „schwebende“ Form der Belastung, die sich erst durch die Beschlagnahme des Grundstücks auf rückständige Einzelleistungen nach Maßgabe von §§ 1126 S. 2, 1123 Abs. 2 S. 1 BGB sowie auf die künftigen Einzelleistungen fixiert. Bis zur „Kristallisierung“ durch Anordnung der Zwangsverwaltung (vgl. §§ 148 Abs. 1 S. 1, 21 Abs. 2 ZVG), Pfändung der Leistungsansprüche aufgrund des titulierten Duldungsanspruchs des betreibenden Hypotheken-, Grundschuld- oder Reallastgläubigers (§§ 1147, 1192 Abs. 1, 1107 BGB) oder Anordnung der Beschlagnahme im Wege einstweiliger Sicherungsverfügung (§§ 935, 938 ZPO) ist die Einziehungsund Verfügungsbefugnis des Eigentümers des berechtigten Grundstücks unbeschränkt (§§ 1126 S. 2, 1124 Abs. 1 BGB); für Vorausverfügungen über künftige Leistungsansprüche gilt nichts anderes (arg. e § 1126 S. 3 BGB). Erst durch die Beschlagnahme auf eine der drei aufgezeigten Varianten wird die Verfügungsbefugnis des Eigentümers über die aus dem Stammrecht fließenden Ansprüche auf einzelne Leistungen nicht nur gem. §§ 136, 135 BGB i. V. m. §§ 146 Abs. 1, 23 Abs. 1 S. 1 ZVG mit Wirkung ex nunc beschränkt; auch Vorausverfügungen sind nach Maßgabe von § 1126 S. 3 BGB gegenüber dem Hypotheken-, Grundschuld- oder Reallastgläubiger unwirksam. Werden Ansprüche auf Einzelleistungen vor Beschlagnahme verpfändet, scheiden sie zwar innerhalb der zeitlichen Grenzen von §§ 1126 S. 2, 1123 Abs. 2 S. 1 BGB nicht aus dem „Haftungsverband“ des Verwertungsrechts aus; das Forderungspfand hat jedoch Vorrang gegenüber der das berechtigte Grundstück belastenden Hypothek, Grundschuld oder Reallast (§§ 1126 S. 2, 1124 Abs. 1 S. 2 Hs. 2 BGB). Angesichts dessen besteht richtiger Ansicht nach auch nicht etwa ein Zustimmungserfordernis aus § 876 BGB in Bezug auf die Abtretung oder Belastung fälliger Ansprüche auf Einzelleistungen (zu pauschal Staudinger (-Reymann), BGB (2017), § 1110 Rn. 4); aus §§ 876 S. 2, 877, 880 Abs. 3 BGB folgen lediglich Zustimmungserfordernisse in Bezug auf die Aufhebung, inhaltliche Änderung und Rangänderung des subjektiv-dinglichen Stammrechts, wobei dieses die künftig fällig werdenden einzelnen Leistungen umschließt. Besteht an dem berechtigten Grundstück ein Nießbrauch, der Hypotheken, Grundschulden oder Reallasten im Rang vorgeht, erstrecken sich jene von vornherein nicht auf die aus der mit dem berechtigten Grundstück verbundenen subjektiv-dinglichen Reallast fließenden Einzelleistungen, weil und soweit diese dem Nießbraucher aus eigenem Recht zugeordnet sind (§§ 1030 Abs. 1, 100, 99 Abs. 3 BGB), vgl. MünchKomm (-Pohlmann), BGB VII7, § 1030 Rn. 30. Sofern das Verwertungsrecht dem Nießbrauch am berechtigten Grundstück vorgeht, werden die Ansprüche auf die einzelnen Leistungen nicht bereits durch die Bestellung des Nießbrauchs – schließlich liegt in der Bestellung des Nießbrauchs am Grundstück lediglich eine Verfügung über das Eigentum am Grundstück, nicht über die aus der subjektiv-dinglichen Reallast fließenden Forderungen – dem Haftungsverband des Verwertungsrechts entzogen; obschon die Ansprüche dem Nießbraucher kraft seines dinglichen Rechts zugeordnet sind, dürfte aber eine Enthaftung durch zusätzliche Abtretung der Ansprüche an den Nießbraucher gem. §§ 1107, 1059, 398 BGB möglich sein (vgl. MünchKomm (-Pohlmann), BGB VII7, § 1030 Rn. 31 zur vergleichbaren Konstellation in Bezug auf die vom vorrangigen Verwertungsrecht gem. § 1123 Abs. 1 BGB umfassten Mietzinsforderungen). 661 Diesbezüglich kommt es auf die Streitfrage, ob bereits vor Entstehung der künftigen Forderung oder Eintritt der Bedingung bei Sicherung einer aufschiebend bedingten Forderung ein Pfandrecht durch Vollzug des Verpfändungstatbestandes (so BGH, Urteil vom 26.1.1983 – VIII ZR 257/81, NJW 1983, S. 1123, 1125; Wieling, Sachenrecht I2, § 15 IV d (S. 704)) oder aber lediglich ein Anwartschaftsrecht bzw. eine mit Besitzrecht ausgestattete Erwerbsaussicht entstehe (so MünchKomm (-Damrau), BGB VII7, § 1204 Rn. 22; ähnlich RGRK (-Kregel), BGB, § 1204 Rn. 10), nicht an. Selbstverständlich ist, dass sich das Recht zur (außer-)gerichtlichen Verwertung der verpfändeten Sache bzw. des verpfändeten Rechts nicht vor vollwirksamen Entstehen der gesicherten Forderung „aktivieren“ kann, setzt doch die Pfandreife eine fällige und durch-
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fem Kontrast zur Hypothek (vgl. §§ 1138, 1163, 1164, 1180, 1190 BGB) nicht vor.662 Die selbstständige Begründung des Afterpfandrechts scheidet de lege lata aus. 663 Ein Pfandrecht am Pfandrecht entsteht ausschließlich vermittels Verpfändung oder Pfändung der gesicherten Forderung; das Forderungspfandrecht erstreckt sich auch – ohne dass es insoweit eines Vollzugsmoments bedarf – auf nachträglich bestellte akzessorische Nebenrechte einschließlich des Pfandrechts kraft Gesetzes.664 Folglich entstehen ohne zusätzlichen Aufwand Turmbauten von Fordesetzbare Forderung voraus (§§ 1228 Abs. 2, 1273 Abs. 2 S. 1 BGB). Dies ändert aber nichts daran, dass bereits mit Abschluss des Verpfändungstatbestands ein dingliches Recht entsteht, was zugleich Ausdruck einer echten Durchbrechung des Grundsatzes der Entstehungsakzessorietät ist (zutreffend Wieling, Sachenrecht I 2, § 15 IV d (S. 704)): Dem noch „unvollkommenen“ Pfandrecht ist sachenrechtlicher Verfügungsschutz inhärent (vgl. §§ 1209, 1281, 1287 BGB); es berechtigt zum Sachbesitz (§ 986 Abs. 1 BGB) und bei entsprechender Vereinbarung auch zur Nutzung (§ 1213 Abs. 1 BGB); es erlischt erst, wenn endgültig feststeht, dass die zu sichernde Forderung nicht mehr entstehen wird oder die aufschiebende Bedingung ausfällt (BGH, Urteil v. 26.1.1983 – VIII ZR 257/81, NJW 1983, S. 1123, 1125; MünchKomm (-Damrau), BGB VII7, § 1204 Rn. 22). 662 Eine Forderungsauswechselung unter Aufrechterhaltung des Pfandrechts ist – anders als bei der Hypothek (§ 1180 BGB) – unzulässig (vgl. nur BGH, Urteil v. 27.4.2017 – IX ZR 192/15, NZI 2017, S. 623, 624 Rn. 15). Für ein Eigentümerpfandrecht in Analogie zu §§ 1163, 1177 BGB wird, da Rangkonkurrenzen von Pfandrechten praktisch nur selten kommen, daher auch jedes praktische Bedürfnis verneint (vgl. Baur/Stürner, Sachenrecht18 , § 55 Rn. 4); auch soweit Eigentümerpfandrechte ausnahmsweise nachträglich unter Ausschluss des Konsolidationsgrundsatzes entstehen (vgl. § 1256 Abs. 1 S. 2, Abs. 2 BGB), handelt es sich prinzipiell nicht um forderungslose Rechte; das Eigentümerpfandrecht kann nur entstehen, wenn und solange es durch eine gesicherte Forderung unterlegt ist. 663 OLG Dresden, Beschluss v. 28.1.1902, Seuffert’s Archiv 57 Nr. 96; Endemann, Lehrbuch des Bürgerlichen Rechts II6 , S. 560 Fn. 2. 664 Vgl. Düringer/ Hachenburg (-Hoeniger), HGB IV3, Vorbem. zu § 368 HGB Anm. 54c; BeckOGK BGB (-Leinenweber), Stand: 1.10.2018, § 1274 Rn. 64; NomosKomm (-Bülow), BGB III4, § 1274 Rn. 12; Wieling, Sachenrecht5, § 16 II 4 a (S. 238). Die nach § 1280 BGB konstitutive Anzeige ist eine formfreie empfangsbedürftige Willenserklärung, die der Gläubiger abgeben muss; eine Anzeige seitens des Pfandnehmers ist bedeutungslos; solange die Anzeige fehlt, ist die Verpfändung schwebend unwirksam (Palandt (-Wicke), BGB77, § 1280 Rn. 2; näher MünchKomm (-Damrau), BGB VII7, § 180 Rn. 4–8; NomosKomm (-Bülow), BGB III4, § 1280 Rn. 8–11). Sofern das Pfandrecht nicht eine einzige Forderung, sondern ständig wechselnde Forderungen aus einer laufenden Geschäftsbeziehung sichert, dürfte die Zession einer Einzelforderung regelmäßig dahin ausgelegt werden, dass das Pfandrecht wegen seines umfassenden Sicherungscharakters nicht auf den Zessionar übergehen soll (BeckOGK BGB (-Förster), Stand: 1.6.2019, § 1250 Rn. 7.1; MünchKomm (-Damrau), BGB VII7, § 1250 Rn. 5). Es erlischt dadurch nicht ersatzlos, sondern sichert vielmehr ausschließlich die aus der laufenden Geschäftsverbindung resultierenden Forderungen. Dass den Parteien hierdurch der gleiche Gestaltungsspielraum eröffnet wird wie bei einer Höchstbetragshypothek (vgl. § 1190 Abs. 4 BGB), obwohl dem deutschen Recht ein Höchstbetragspfandrecht fremd ist, darf nicht überraschen. Dogmatisch ist die Möglichkeit der Einzelabtretung unter Aufrechterhaltung des Pfandrechts für die aus der Geschäftsverbindung folgenden Forderungen mit § 1250 Abs. 2 BGB auch unter Vergleich mit den Rechtsfolgen einer Teilabtretung pfandrechtlich gesicherter Forderungen vereinbar. So würde es bei der Teilabtretung prinzipiell zur Entstehung von zwei ranggleichen Pfandrechten kommen, was aber gleichfalls der Parteidisposition unterliegt. Analog § 1250 Abs. 2 BGB könnte auch hier der Übergang, d. h. die Teilung des Pfandrechts, ausgeschlossen werden, ohne dass dies ein vollständiges Erlöschen des Pfandrechts rechtfertigt; denn hinsichtlich des nicht abgetretenen Forderungsteils kommt es nicht zu der vom Gesetz untersagten Trennung von Forderung und Pfandrecht. Unter
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rungspfandrechten durch sequentielle Pfändungen resp. Verpfändungen der jeweils gesicherten Forderungen. Das Forderungspfandrecht erstreckt sich auch auf alle mit der gepfändeten oder verpfändeten Forderung verbundenen Nebenrechte einschließlich Forderungspfandrechte, die sich wiederum auf eine Vielzahl von forderungssichernden Nebenrechte beziehen können. Dies entspricht dem objektiven Interesse des somit bestmöglich gegen das Nichterfüllungsrisiko geschützten Pfandgläubigers.665 Nur klarstellend sei erwähnt, dass selbst dann, wenn ein eklatantes Missverhältnis zwischen dem Wert der mit der Sicherungsforderung verbundenen Bürgschaften, Hypotheken und Pfandrechte und der gesicherten Forderung des Forderungspfandgläubigers schon im Zeitpunkt der Forderungsverpfändung bestehen sollte, die Verpfändung der gesicherten Forderung nicht in Analogie zu der für nichtakzessorische Sicherungsrechte gefestigten Rechtsprechung zur anfänglichen Übersicherung666 gem. § 138 Abs. 1 BGB nichtig ist. Sollten nachträglich mit der verpfändeten Forderung Sicherungsrechte verbunden werden, die kraft Gesetzes von dem Forderungspfandrecht erfasst werden, begründet dies ebenso wenig in Analogie zur Rechtslage bei den nichtakzessorischen Sicherungsrechten einen ermessensunabhängigen Freigabeanspruch667 des Verpfänders der (nunmehr) gesicherten Forderung.668 Wertungsgesichtspunkten kann bei der Abtretung einer Forderung aus einem wechselnden Kreis pfandrechtlich gesicherter Forderungen nichts anderes gelten: Auch hier sollte es den Parteien offenstehen, einen teilweisen Übergang des Pfandrechts mit der Folge der Entstehung ranggleicher Pfandrechte – selbstverständlich ohne Erweiterung des Haftungsrahmens – auszuschließen. 665 Exemplarisch sei auf folgende Fallgestaltung verwiesen: A verpfändet zur Sicherung der Forderung F1 des C gegen B seinen Pkw an C, der wiederum F1 an seinen Gläubiger D verpfändet; dieser verpfändet sodann seine Sicherungsforderung F2 gegen A mitsamt des Forderungspfandes an F1 (P2) an E zur Sicherung von dessen Forderung F3: Das Pfandrecht P3 an F2 erstreckt sich dann auf das Forderungspfandrecht des D an F1 und damit kraft Gesetzes auf alle Nebenrechte von F1 einschließlich des Sachpfandes am Pkw (P1). Wenn E wiederum F3 zur Sicherung der Forderung F4 an G verpfändet, erstreckt sich dessen Pfandrecht P4 somit sowohl auf P3, P2 als auch auf P1. 666 BGH, Beschluss v. 27.11.1997 – GSZ 1 u. 2/97, NJW 1998, S. 671, 674; Palandt (-Herrler), BGB78 , § 930 Rn. 24. 667 Grundlegend hierzu BGH, Beschluss v. 27.11.1997 – GSZ 1 u. 2/97, NJW 1998, S. 671; Palandt (-Herrler), BGB78 , § 930 Rn. 25. 668 Dies ergibt sich aus einem Vergleich zwischen der mehrstufigen Belastung durch Verpfändung einer gesicherten Forderung und der Verpfändung mehrerer Sachen zur Sicherung derselben Forderung unter einem Gesamtpfandrecht (§ 1222 BGB). Zwar ist weitgehend anerkannt, dass allein der Umstand, dass sich der Umfang des Forderungspfandrechts nach dem jeweiligen Bestand der gesicherten Forderung richtet (§§ 1273 Abs. 2 S. 1, 1210 Abs. 1 S. 1 BGB), eine anfängliche oder auch eine nachträgliche Übersicherung insbesondere bei einer Verpfändung mehrerer Sachen nicht schlechthin ausschließt (BGH, Urteil v. 17.1.1995 – XI ZR 192/93, NJW 1995, S. 1085, 1086; Erman (- J. Schmidt), BGB II, § 1222 Rn. 5; BeckOGK BGB (-Förster), Stand: 1.6.2019, § 1222 Rn. 6–7; MünchKomm (-Damrau), BGB VII7, § 1222 Rn. 2; NomosKomm (-Bülow), BGB III4, § 1222 Rn. 4; der objektive Tatbestand der anfänglichen Übersicherung gem. § 138 Abs. 1 BGB soll vorliegen, wenn der summierte Schätzungswert i. S. v. § 237 S. 1 BGB den Betrag der gesicherten Forderung um 150 % übersteige; demgegenüber soll ein sicherungsvertragsimmanenter Anspruch auf Aufhebung des Pfandrechts gem. § 1255 Abs. 1 BGB entstehen, sobald der Sicherungswert die noch gesicherte Forderung zzgl. einer Rechtsverfolgungs- und Verwertungskostenpauschale i. H. v. 10 % übersteige). Aus § 1230 S. 2 BGB wird gefolgert, dass der Verpfänder
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Dass ein Pfandrecht nicht selbstständig belastet werden kann, steht wegen §§ 1069 Abs. 2, 1274 Abs. 2 BGB i. V. m. § 1250 Abs. 1 S. 2 BGB außer Frage.669 Den Parteien steht der Ausschluss der Mitbelastung des Pfandrechts bei der Verpfändung der gesicherten Forderung in entsprechender Anwendung gem. § 1274 Abs. 1 S. 1 BGB i. V. m. § 1250 Abs. 2 BGB frei.670 Zweifelhaft ist die Rechtsfolge: Soll das von der Forderungsverpfändung „ausgeklammerte“ Pfandrecht erlöschen grundsätzlich keine der verpfändeten Sachen herausverlangen könne, solange der Pfandgläubiger nicht voll befriedigt sei, es sei denn, dass die gesicherte Forderung ersichtlich hinreichend gedeckt sei und die Weigerung des Pfandgläubigers, einen Teil der Pfandsachen herauszugeben, gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB) verstoße (BGH, Urteil v. 17.1.1995 – XI ZR 192/93, NJW 1995, S. 1085, 1086; Erman (- J. Schmidt), BGB II, § 1222 Rn. 5; NomosKomm (-Bülow), BGB III4, § 1222 Rn. 4; Palandt (-Wicke), BGB78 , § 1222 Rn. 2; Soergel (-Habersack), BGB XVI13, § 1222 Rn. 3). Argumentiert wird, dass ungeachtet des durch den Akzessorietätsgrundsatz ausgeschlossenen Missverhältnisses zwischen dem Belastungsumfang und der gesicherten Forderung bei einer Verpfändung einer Vielzahl von Sachen für dieselbe Forderung ebenso wie bei einer Sicherungsübertragung eines Warenlagers oder einer Globalzession eine potentiell ruinöse, die wirtschaftliche Handlungsfreiheit des Verpfänders gefährdende Blockade von Sicherungsgegenständen drohe, die sich anderweitig nicht mehr sinnvoll einsetzen ließen (NomosKomm (-Bülow), BGB III4, § 1205 Rn. 15, 1222 Rn. 4). Wird hingegen eine einzige, durch mehrere Bürgschaften, Hypotheken und/oder Pfandrechte gesicherte Forderung verpfändet, greift dieses Argument nicht durch. Schließlich kann sich der Pfandgläubiger nicht – wie bei einem Gesamtpfandrecht – wahlweise entsprechend § 1230 S. 1 BGB aus der verpfändeten Forderung und den akzessorischen Rechten befriedigen, solange die forderungspfandrechtsgesicherte Forderung nicht vollständig berichtigt ist. Vielmehr vermag er diese – ebenso wie der Forderungsgläubiger – allenfalls in dem durch die verpfändete Forderung festgelegten Belastungsumfang zur Berichtigung der gesicherten und verpfändeten Forderung zu realisieren und sich auch nur nach Maßgabe des Belastungsumfangs der verpfändeten Forderung (§ 1210 BGB i. V. m. § 1273 Abs. 2 S. 1 BGB) aus dem erzielten Erlös zu befriedigen. Soweit sich der Forderungspfandgläubiger aus der Durchsetzung eines Pfandrechts oder einer Hypothek befriedigt, gilt die verpfändete Forderung als berichtigt, wohingegen umgekehrt die Einziehung der Forderung gem. §§ 1281 S. 2, 1282 Abs. 1 S. 1 BGB zum Erlöschen bzw. zum Rückfall der gewährten Sicherheiten führt. Wegen der Entstehens- und Erlöschensakzessorietät der mit der verpfändeten Forderung verbundenen Bürgschaften, Pfandrechte und Hypothek verbietet es sich, den Nominalbetrag der Forderung bei der Bestimmung des Wertverhältnisses zwischen Sicherungsforderung und gesicherter Forderung mehrfach, nämlich sowohl für die verpfändete Forderung als auch für jedes ihrer akzessorischen Sicherungsrechte zugrunde zu legen. Zudem droht hier keine sittlich anstößige Einschränkung der wirtschaftlichen Handlungsfreiheit des Verpfänders (und Forderungsgläubigers): Die ihm gewährten Sicherheiten zählen nicht zu seinem Umlaufvermögen, auf dessen Nutzung er zur Erhaltung seines Geschäftsbetriebs angewiesen ist, sondern dienen der Sicherung der wiederum als Kreditsicherungsmittel eingesetzten Forderung. Deshalb kann es bei der Verpfändung einer Forderung nicht darauf ankommen, ob und in welchem Ausmaß Bürgschaften, Hypotheken und Pfandrechte von der Verpfändung erfasst werden; eine anfängliche oder nachträgliche Übersicherung des Forderungspfandgläubigers lässt sich nicht unter Verweis auf die Mitverpfändung akzessorischer Sicherheiten begründen. 669 Siehe nur RG, Urteil v. 9.11.1934 – VII 185/34, RGZ 145, S. 328, 331–332; OLG Dresden, Beschluss v. 28.1.1902, Seuffert’s Archiv 57 Nr. 96; Westermann/Gursky/Eickmann (-Gursky), Sachenrecht8 , § 135 Rn. 15. Zweifelhaft ist allerdings, ob die Verwertungsbefugnis als intrinsischer Bestandteil des Pfandrechts gesondert ohne die gesicherte Forderung übertragen werden kann (so OLG Karlsruhe, Urteil v. 11.7.1906, OLGE 15, S. 394: Übertragung der Verwertungsbefugnis aus dem Pfändungspfandrecht an einer Mietzinsforderung; BeckOGK BGB (-Förster), Stand: 1.6.2019, § 1250 Rn. 11). 670 Zur Abdingbarkeit des § 401 BGB siehe BGH, Urteil v. 19.9.1991 – IX ZR 296/90, BGH,
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oder zumindest für die Dauer der Forderungsbelastung ruhen?671 M. E. sind beide Lösungswege abzulehnen.672 Wird bei der Forderungsverpfändung durch VereinNJW 1991 S. 3025, 3026 m. w. N.; BeckOGK BGB (-Lieder), BeckOGK BGB, Stand: 1.6.2019, § 401 Rn. 14; Staudinger (-Busche), BGB (2017), § 401 Rn. 7. Allerdings bedarf der vertraglich vereinbarte Ausschluss des Übergangs des Pfandrechts in Analogie zu § 1255 Abs. 2 BGB der Zustimmung von Dritten, denen ein Nießbrauch oder Pfandrecht an der übertragenen Forderung zusteht, steht doch der Ausschluss des Übergangs in der Rechtsfolge einer Aufhebung gleich, wodurch der Dritte sein Recht ersatzlos verlöre (MünchKomm (-Damrau), BGB VII7, § 1250 Rn. 5; Staudinger (-D. Wiegand), BGB (2019), § 1250 Rn. 9). Sofern der Ausschluss des Übergangs mangels Zustimmung des Dritten unwirksam ist, bewendet es jedenfalls dann bei der regulären Rechtsfolge des gesetzlichen Übergangs des Pfandrechts auf den Zessionar, wenn anzunehmen ist, dass die Parteien abweichend von der Vermutung des § 139 BGB den Übergang der Forderung nötigenfalls auch mit dem Pfandrecht gewollt hätten (vgl. Erman (-J. Schmidt), BGB II15, § 1250 Rn. 7; Staudinger (-D. Wiegand), BGB (2019), § 1250 Rn. 9). 671 Siehe aus österreichischer Sicht Apathy, JBl. 1979, S. 518, 524; Kletečka/S chauer (-Oberhammer/Domej), ABGB-ON, §§ 454, 455 Rn. 3; siehe aus deutscher Sicht Düringer/Hachenburg (-Hoeniger), HGB IV3, Vorbem. zu § 368 HGB Anm. 67b. Die entsprechende Anwendung des § 1250 Abs. 2 BGB auf die Verpfändung einer durch Pfandrecht gesicherten Forderung unter Ausschluss des Pfandrechts ist in der Literatur kaum je erörtert worden. So widmet sich etwa Emmerich, Pfandrechtskonkurrenzen, S. 250–299 eingehend dem rechtsgeschäftlichen und gesetzlichen Übergangs des Pfandrechts auf konkurrierende Pfandgläubiger, blendet dabei aber die rechtsgeschäftliche Belastung der pfandrechtsgesicherten Forderung mit Rechten aus (Emmerich a. A. O. S. 253–254 weist lediglich auf die durch § 838 ZPO beschränkte Herausgabepflicht des Schuldners aus § 1251 Abs. 1 BGB bei Pfändung und Überweisung einer durch Fahrnispfand gesicherten Forderung hin). Demgegenüber meinen Düringer/Hachenburg (-Hoeniger), HGB IV3, Vorbem. zu § 368 HGB Anm. 67b, dass das die verpfändete Forderung sichernde Pfandrecht bei Ausschluss der Mitverpfändung des Pfandrechts zwar nicht für das Forderungspfandrecht hafte, zugunsten des beschwerten Pfandgläubigers aber bestehen bleibe. 672 Auf den ersten Blick liegt es nahe, die Vorschrift des § 1250 Abs. 2 BGB bei entsprechender Anwendung auf die Verpfändung einer pfandrechtsgesicherten Forderung gem. § 1273 Abs. 2 S. 1 BGB berichtigend dahin auszulegen, dass der vereinbarte Ausschluss der Mitbelastung des die verpfändete Forderung sichernden Pfandrechts zu einem vorübergehenden „Ruhen“, nicht aber zu einem endgültigen Erlöschen des ausgeklammerten Pfandrechts führt. Einerseits erscheint das „isolierte“ Forderungspfand praktisch wertlos, wenn der beschwerte Gläubiger trotz der Forderungsverpfändung das Pfandrecht realisieren könnte und dadurch die verpfändete Forderung zum Nachteil des Forderungspfandgläubigers entsprechend § 364 Abs. 2 BGB erlöschen würde. Andererseits rechtfertigt das Sicherungsinteresse des Forderungspfandgläubigers jedenfalls kein vollständiges Erlöschen des von der Forderungsverpfändung ausgenommenen Pfandrechts; aus Gründen des Eigentümer- und Schuldnerschutzes ist die in § 1250 Abs. 2 BGB bestimmte Rechtsfolge gleichfalls nicht veranlasst. Denn der Regelungszweck, die nachträgliche Entstehung eines forderungslosen Pfandrechts auszuschließen (vgl. Mot. III, S. 838–839; BeckOGK BGB (-Förster), Stand: 1.6.2019, § 1250 Rn. 12), trifft auf die Belastung der pfandrechtsgesicherten Forderung nicht zu, weil diese nicht endgültig aus dem Vermögen des Verpfänders ausscheidet, zumal ungewiss ist, ob der Sicherungsfall eintritt und der Forderungspfandgläubiger die verpfändete Forderung überhaupt einziehen wird. Indes geht es auch nicht an, die regulären Wirkungen des Pfandrechts mit allseitiger Wirkung für die Dauer der Forderungsverpfändung zu suspendieren. Selbstverständlich ist dies, wenn die verpfändete Forderung bereits mit vorrangigen Nießbrauchsund/oder Pfandrechten, die sich auf das forderungssichernde Pfandrecht erstrecken, belastet ist. Denn bei einer Konkurrenz mehrerer Forderungspfandrechte ist nur der Inhaber des erstrangigen Pfandrechts zur Einziehung der verpfändeten Forderung einschließlich der Realisierung akzessorischer Sicherungsrechte gem. § 1290 BGB berechtigt. Sofern ein Nießbrauch an der Forderung dem Pfandrecht vorgeht, ist allein der Nießbraucher nach Maßgabe der §§ 1074, 1077 Abs. 1 S. 2 BGB zur Einziehung berechtigt (vgl. NomosKomm (-Bülow), BGB III4, § 1290 Rn. 5; Soer-
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barung zwischen Verpfänder und Pfandgläubiger das die verpfändete Forderung sichernde Pfandrecht ausgenommen, büßt dieses nicht einmal temporär seine reguläre Sicherungs- und Befriedigungswirkung ein. Da die Forderungsbindung des von gel (-Habersack), BGB XVI13, § 1290 Rn. 5; Wolff/R aiser, Sachenrecht10, § 176 in Fn. 13 (S. 727)). Diese vorrangigen Rechte Dritter können nicht dadurch beeinträchtigt werden, dass zu ihren Lasten das die belastete Forderung sichernde Pfandrecht wegen einer nachrangigen isolierten Forderungsverpfändung in einen „Ruhezustand“ versetzt wird, was im Ergebnis einem vollständigen Erlöschen des Pfandrechts vielfach gleichkommen dürfte. Würde also das Pfandrecht mit absoluter Wirkung suspendiert werden, bedürfte der vertragliche Ausschluss der Mitverpfändung des Pfandrechts in entsprechender Anwendung des § 1250 Abs. 2 BGB der Zustimmung der potentiell beeinträchtigten vorrangigen Nießbraucher und Pfandgläubiger der verpfändeten Forderung. Vor allem überzeugt es unter Vergleich mit den regulären Wirkungen einer Forderungsverpfändung – die sich schließlich auf die akzessorischen Nebenrechte der verpfändeten Forderung erstreckt (§§ 401 Abs. 1, 1153 Abs. 1, 1250 Abs. 1 S. 1 BGB) – nicht, dem Gläubiger der verpfändeten Forderung die Befugnis zur Realisierung des forderungssichernden Pfandrechts abzusprechen. Wenn, wie sogleich im Einzelnen expliziert werden wird (§ 5 IV. 3. a) bb)), der Gläubiger durch die Verpfändung seiner Forderung weder das Recht, die Forderung einzuziehen, noch die Befugnis, akzessorische Nebenrechte durchzusetzen, verliert, kann der Forderungspfandgläubiger selbstredend nicht besser stehen, wenn das die verpfändete Forderung sichernde Pfandrecht von der Forderungsverpfändung durch Einigung zwischen den Parteien ausgenommen wird. Auch hier bleibt die Einziehungszuständigkeit des beschwerten Pfandgläubigers unberührt: Dieser kann das forderungssichernde Pfandrecht durchsetzen; der erzielte Erlös ist dem Forderungspfandgläubiger zur Verfügung zu halten, dient doch der Erlös nicht der Befriedigung des Gläubigers der verpfändeten Forderung, sondern der Sicherung des Forderungspfandgläubigers. Dadurch wird zugleich den schutzwürdigen Belangen des Schuldners und des Eigentümers (resp. des Inhabers des pfandrechtsbelasteten Rechts) und endlich auch dem Verkehrsschutz Rechnung getragen. Die bloße Abrede, dass das Pfandrecht von der Forderungsverpfändung ausgenommen ist, bleibt intern; für außenstehende Dritte ist sie nicht erkennbar; zur Wirksamkeit der Forderungsverpfändung genügt, dem Schuldner überhaupt anzuzeigen, dass die Forderung verpfändet wird (§§ 1279 S. 1, 1280 BGB). Schon deshalb wäre eine vollständige Suspendierung der Einziehungs- und Verfügungskompetenzen des beschwerten Pfandgläubigers nicht zu rechtfertigen. Soll sich etwa der Schuldner einer verpfändeten Forderung trotz Zahlung an den Pfandgläubiger bei Eintritt der Pfandreife in Gemäßheit des § 1282 Abs. 1 S. 1 BGB nur deshalb nicht von seiner Schuld frei werden, weil der Pfandgläubiger wiederum seine gesicherte Forderung unter Ausschluss des Forderungspfandrechts zuvor an einen Dritten (unter Anzeige an den nicht mit dem leistenden Schuldner identischen Schuldner der forderungspfandrechtsgesicherten Forderung) weiterverpfändet hat? Oder will man dem Eigentümer eines Fahrnispfandes das Recht absprechen, durch Zahlung an den beschwerten Pfandgläubiger das Pfand gem. § 1225 BGB bzw. gem. § 1249 BGB mit der Folge des gesetzlichen Forderungsübergangs (unter Erlöschen des Pfandrechts kraft Konsolidation) abzulösen? Sollen endlich die Bieter im Rahmen der öffentlichen Versteigerung eines Sachpfandes Nachforschungen darüber anstellen müssen, ob der den Pfandverkauf betreibende Pfandgläubiger seine gesicherte Forderung (ggf. unter Ausschluss des Pfandrechts) weiterverpfändet hat? Die Fragen stellen, heißt sie zu verneinen. Nach alldem liegt der essentielle Unterschied zwischen einer Forderungsverpfändung mit und ohne das forderungssichernde Pfandrecht nicht in der Zuordnung des durch die Verwertung des forderungssichernden Pfandrechts erzielten Erlöses, sondern darin, dass sich die Einziehungszuständigkeit des Forderungspfandgläubigers nur dann auch auf das forderungssichernde Pfandrecht erstreckt, wenn dieses von der Forderungsverpfändung erfasst ist. Entsprechendes gilt für die Realisierung des Forderungspfandrechts im Wege der Abtretung der verpfändeten Forderung an Zahlungs statt (§ 1282 Abs. 1 S. 3 BGB); das die verpfändete Forderung sichernde Pfandrecht erlischt erst und immer dann, wenn es dem Pfandgläubiger gem. § 1282 Abs. 1 S. 3 BGB abgetreten wird, wenn es von Forderungsverpfändung nicht erfasst ist. Denn der Forderungspfandgläubiger kann nicht besser stehen kann als er stünde, wenn er sich von vornherein die Forderung unter Ausschluss des Pfandrechts hätte abtreten lassen.
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der Forderungsverpfändung ausgenommenen Pfandrechts unverändert fortbesteht, dieses insbesondere nicht in ein forderungsloses Pfandrecht verwandelt werden kann, findet bei einer „isolierten“ Forderungsverpfändung keine Verdoppelung des Gläubigerrechts statt. Eine Suspendierung der Pfandrechtswirkungen ist daher weder aus Gründen des Schuldnerschutzes noch aus Gründen des Erwerberschutzes geboten: Wäre das von der Forderungsverpfändung nicht umfasste Pfandrecht zumindest für die Dauer der „isolierten“ Forderungsbelastung seiner charakteristischen Befugnis zur (außer-)gerichtlichen Verwertung der verpfändeten Sache beraubt, stünde es einem zur Sicherung einer künftigen oder aufschiebend bedingten Forderung (§ 1204 Abs. 2 BGB) bestellten „unvollkommenen Pfandrecht“ in der Latenzphase zwischen Abschluss des Verpfändungstatbestandes und Entstehen bzw. endgültigem Erlöschen der gesicherten Forderung gleich. Damit wäre niemandem gedient. Im Gegenteil: Schutzwürdige Belange des Schuldners, des Eigentümers und des Rechtsverkehrs würden potentiell beeinträchtigt werden, während dem Sicherungsinteresse des Forderungspfandgläubigers bei der der Bestimmung der Erfüllungswirkungen der Pfandverwertung Rechnung zu tragen ist. Die systemkonforme Lösung der Rechtsfolgen einer „isolierten“ Forderungsverpfändung erschließt sich vor dem Hintergrund der sogleich aufzuzeigenden Wirkungen einer einheitlichen Verpfändung der Forderung mitsamt ihren Nebenrechten.673 Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass ein Pfandrecht an einem (Grund-) Pfandrecht von der Übertragung, Belastung und Pfändung der gesicherten Forderung erfasst wird. Ein sachenrechtliches Publizitätserfordernis ist unabhängig von der Art des dienenden Verwertungsrechts nicht zu beachten, da die Übertragung einer pfandrechtsgesicherten Forderung – im Gegensatz zur Übertragung einer Hypothekenforderung – nicht mit dem Modus der Bestellung des Pfandrechts synchronisiert ist (vgl. §§ 398 S. 1, 401 Abs. 1, 1250 Abs. 1 S. 1 BGB). Entsprechendes gilt für die Verpfändung und Pfändung einer pfandrechtsgesicherten Forderung. Während sich die Abtretung und demgemäß auch die Bestellung eines Nießbrauchs (§ 1069 Abs. 1 BGB) durch bloße Einigung vollziehen, bedarf die Verpfändung der pfandrechtsgesicherten Forderung der Anzeige an den Schuldner der verpfändeten Forderung (§§ 1274 Abs. 1 S. 1, 1280 BGB); die Pfändung und Überweisung einer pfandrechtsgesicherten Forderung erfolgt durch Pfändungs- und Überweisungsbeschluss (§§ 829, 835 ZPO).674 673 Siehe
§ 5 IV. 3. a), b). wird durch die Abtretung, Pfändung oder Verpfändung einer Forderung, die durch ein liegenschaftsrechtsbelastendes Pfandrecht – ein Pfandrecht an einer Hypothek, Grundschuld oder Reallast – gesichert ist, das Grundbuch unrichtig. Der Zessionar bzw. der (Pfändungs-)Pfandgläubiger kann, um der Gefahr eines Rechtsverlusts durch gutgläubigen Erwerb oder Zwangsvollstreckung vorzubeugen, nach § 894 BGB die Zustimmung zur Grundbuchberichtigung von dem im Grundbuch eingetragenen Gläubiger der pfandrechtsgesicherten Forderung verlangen (siehe hierzu § 5 IV. 6. bb) (1)); freilich kann die nach § 19 GBO grundsätzlich erforderliche Bewilligung durch die Vorlage der schriftlichen Abtretungs- oder Verpfändungserklärung seitens des im Grundbuch eingetragenen Gläubigers eines liegenschaftsrechtsbelastendes Pfandrechts gem. § 26 Abs. 2 Var. 2, 3 GBO ersetzt werden (siehe hierzu § 3 II. 2.). 674 Allerdings
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2. Gutgläubiger Erwerb Wenngleich die sachenrechtlichen Verkehrsschutznormen unstreitig einen gutgläubigen konstitutiven Erwerb liegenschaftsrechtsbelastender Pfandrechte ermöglichen,675 sind die Rechtsfolgen der Verpfändung (vermeintlich) hypothekarisch gesicherter Forderungen durch (Schein-)Hypothekare im Näheren unsicher. Die altbekannte akademische Kontroverse, ob sich der gutgläubige Zweiterwerb einer Hypothek gem. §§ 892 Abs. 1 S. 1, 1138 BGB (ggf. i. V. m. § 1155 BGB) auf die Forderung erstreckt, 676 ist bei einer Belastung der „Hypothek“ seitens eines scheinberechtigten Hypothekengläubigers nicht weniger relevant als bei der Abtretung.677 Selbstverständlich ist aus Gründen der Wertungskohärenz hinsichtlich des translativen und des konstitutiven Erwerbs vom Nichtberechtigten einheitlich zu entscheiden. Wird die verbreitete Ansicht, die dem gutgläubigen Zweiterwerb eine die Sicherungsforderung mitreißende Wirkung zuspricht, um der vermeintlichen Gefahr doppelter Inanspruchnahme des Eigentümerschuldners vorzubeugen,678 auf die Verpfändung transferiert, entsteht ein Pfandrecht an der Hypothekenforderung einschließlich der Hypothek kraft gutgläubigen Erwerbs vom Scheinhypo675 Statt vieler NomosKomm (-Bülow), BGB III4, § 1274 Rn. 13; Soergel (-Habersack), BGB XVI13, § 1274 Rn. 17. Allgemein folgt dies bereits aus dem Wortlaut des § 892 Abs. 1 S. 1 BGB („Zugunsten desjenigen, welcher […] ein Recht an einem solchen Recht erwirbt […]). Zudem ist der Verweis auf die für die Übertragung des zu verpfändenden Rechts geltenden Vorschriften dahin auszulegen, dass hiervon neben den Vorschriften über den rechtsgeschäftlichen Zweiterwerb vom Berechtigten auch die auf die Übertragung des Rechts anzuwendenden Gutglaubenstatbestände umfasst sind. Auf die rechtsdogmatische Analyse des Erwerbs vom Scheinberechtigten kommt es in diesem Kontext nicht an, denn § 1274 Abs. 1 S. 1 BGB beschränkt sich nicht ausdrücklich auf rein rechtsgeschäftliche Erwerbstatbestände, sondern will vielmehr generell die Verpfändung so behandeln wie die Übertragung des betreffenden Rechts. Die Anwendbarkeit transaktionserleichternder Gutglaubenstatbestände kann aber nicht davon abhängen, ob der designierte Erwerber die Hypothekenforderung oder ein Nießbrauchs- oder Pfandrecht an dieser erwirbt; das Desiderat der Verkehrsleichtigkeit streitet bei der Belastung ebenso wie bei der Zession für die Möglichkeit eines redlichen Erwerbs. Folglich sind neben § 892 Abs. 1 S. 1 BGB auch §§ 1138, 1140, 1155, 1157 BGB auf den Ersterwerb des Pfandrechts an einer Hypothek anzuwenden (vgl. Soergel (-Habersack), BGB XVI13, § 1274 Rn. 17). 676 Zu dieser Diskussion siehe Bülow, Recht der Kreditsicherheiten, Rn. 299–300; Karper, JuS 1989 S. 33–35; Lieder/Selentin, JuS 2017, S. 1052, 1054 ff.; Petersen/Rothenfußer, WM 2000, S. 657– 662; Reinicke/Tiedtke, Kreditsicherung5, Rn. 1091–1092; Wilhelm, Sachenrecht4, 1493–1498. Bislang handelte es sich um einen ausschließlich in der Literatur geführten Diskurs; einschlägige Rspr. liegt, soweit ersichtlich, nicht vor (Petersen/Rothenfußer, WM 2000, S. 657 in Fn. 4). 677 Vgl. Karper, JuS 1989, S. 33, 35; NomosKomm (-Zimmer), BGB III4, § 1153 Rn. 8; Staudinger (-Picker), BGB (2019), § 892 Rn. 220 a. E.; Westermann/Gursky/Eickmann (-Gursky), Sachenrecht8 , § 135 Rn. 8. 678 Baur/Stürner, Sachenrecht18 , § 38 Rn. 28; BeckOK BGB (-Rohe), Stand: 1.8.2019, § 1138 Rn. 3; Eichler, Institutionen des Sachenrechts II/2, S. 478–479 mit Fn. 210; Erman (-Wenzel), BGB II15, § 1138 Rn. 6, § 1153 Rn. 3; Martinek (-Reischl), jurisPK-BGB III8 , § 1138 Rn. 26; Jauernig (-Berger), BGB17, § 1153 Rn. 1; Karper, JuS 1989, S. 33–35; NomosKomm (-Zimmer), BGB III4, § 1153 Rn. 8; RGRK (-Mattern), BGB III/210, § 1138 Rn. 10; Soergel (-Konzen), BGB XVI13, § 1138 Rn. 7; Schulze et al. (-Staudinger), BGB10, § 1138 Rn. 9; Wolff/R aiser, Sachenrecht10, § 137 II 1 d (S. 565).
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thekar.679 Nach der Gegenauffassung, die einen gutgläubigen Forderungserwerb vornehmlich unter Verweis auf die dem Eigentümerschuldner gegen eine kumulative Inanspruchnahme aus Hypothek und Forderung zustehenden Einreden verneint,680 bezieht sich das gutgläubig erworbene Pfandrecht ausschließlich auf die (scheinbare) Hypothek; die Forderung steht unbelastet dem bisherigen Gläubiger zu.681 Würde nun aber in der Sonderkonstellation des redlichen Ersterwerbs das in § 1153 BGB bestimmte Prinzip der Zuständigkeitsakzessorietät aufgeweicht werden, wäre die Rechtsfigur eines „isolierten“ Pfandrechts an einer „forderungsbekleideten“ Hypothek auch dem deutschen Sachenrecht nicht fremd.682 Scharf zu unterscheiden sind hier allerdings mehrere nicht notwendig gleich zu behandelnde Fallvarianten des Pfandrechtserwerbs vom Scheinberechtigten. Wenn sich z. B. die zu verpfändende Fremdhypothek im Verpfändungszeitpunkt bereits wegen (teilweisen) Erlöschens der gesicherten Forderung in eine (Teil-)Eigentümergrundschuld verwandelt hat, steht außer Frage, dass der redliche Erwerber allenfalls eine forderungsentkleidete Hypothek resp. Grundschuld (bei einer Zession) oder aber ein begrenztes Recht an einer fiktiven (forderungsentkleideten) Hypothek resp. an der (Eigentümer-)Grundschuld erlangt.683 Dass eine bereits erlosche679 Explizit Karper, JuS 1989, S. 33, 35; NomosKomm (-Zimmer), BGB III4, § 1153 Rn. 8; Staudinger (-Picker), BGB (2019), § 892 Rn. 220 a. E.; Westermann/Gursky/Eickmann (-Gursky), Sachenrecht8 , § 135 Rn. 8. 680 BeckOGK BGB (-Kiehnle), Stand: 1.7.2019, § 1138 Rn. 17; Lieder/Selentin, JuS 2017, S. 1052, 1054 ff.; MünchKomm (-Lieder), BGB VII7, § 1153 Rn. 17–18; Petersen/Rothenfußer, WM 2000, S. 657, 659–661; Staudinger (-Wolfsteiner), BGB (2015), § 1138 Rn. 10; Thomale, JuS 2010, S. 857, 860; E. Wolf, Sachenrecht, § 11 H III (S. 496). 681 NomosKomm (-Bülow), BGB III3, § 1274 Rn. 13, der aber betont, in Wirklichkeit entstehe mangels Forderung ein Pfandrecht an einer Grundschuld. 682 Im Kern sind folgende fünf Varianten des konstitutiven Pfandrechtserwerbs vom Scheinberechtigten zu unterscheiden. Ein gutgläubiger Erwerb ist möglich, wenn (1.) der Verpfänder als berechtigter Hypothekengläubiger einem gesetzlichen oder rechtsgeschäftlichen Verfügungsverbot (z. B. Ausschluss der Abtretung der Hypothekenforderung gem. § 399 Var. 2 BGB) zuwiderhandelt, (2.) eine fremde Hypothekenforderung durch einen Nichtberechtigten (z. B. bei vorausgegangener unwirksamer Zession) verpfändet wird, (3.) an einer nicht entstandenen oder erloschenen Hypothek ein Pfandrecht bestellt wird, (4.) eine mit falschem Rang oder Inhalt im Grundbuch ausgewiesene Hypothek verpfändet wird und (5.) unter Verdrängung eines vorrangigen Nießbrauchs- oder Pfandrechts über die bereits belastete Hypothekenforderung verfügt wird. Von diesen Fallgestaltungen des Ersterwerbs des Pfandrechts zu unterscheiden ist der translative Erwerb eines Pfandrechts sowie der konstitutive Erwerb eines Nießbrauchs oder Pfandrechts an dem Pfandrecht an der Hypothekenforderung. 683 Zu der kaum bedeutsamen akademischen Debatte, ob der gutgläubige Erwerber, der nicht auch die Forderung erwirbt, eine forderungsentkleidete Hypothek oder in Wirklichkeit eine Grundschuld erwirbt, siehe Baur/Stürner, Sachenrecht18 , § 38 Rn. 25; BeckOGK BGB (-Kiehnle), Stand: 1.7.2019, § 1138 Rn. 18; Lieder/Selentin, JuS 2017, S. 1052, 1056; Wolff/R aiser, Sachenrecht10, § 137 II 3 (S. 566–567). Soweit für eine forderungsentkleidete Hypothek angeführt wird, dass der redliche Erwerber so gestellt werden müsse als ob eine Hypothek bestehe und z. B. auch im Grundbuch eingetragene forderungsbezogene Einreden nach Maßgabe des § 1137 BGB dem gutgläubigen Hypothekengläubiger entgegensetzbar seien (BeckOGK BGB (-Kiehnle), Stand: 1.7.2019, § 1138 Rn. 18), ist dies im Ergebnis richtig. Zwar lässt sich replizieren, dass der gutgläubige Erwerb prinzipiell nicht solche unrichtigen Eintragungen „heilt“, die nicht zugunsten des
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ne oder gar nicht entstandene Forderung kraft gutgläubigen Erwerbs der Hypothek oder eines Pfandrechts an der Hypothek „wiederaufersteht“ oder gar aus der Taufe gehoben wird, vertritt, soweit ersichtlich, niemand. Vielmehr geht es um den Fall, dass sowohl die Hypothek als auch die Hypothekenforderung im Zeitpunkt der Vollendung des Verfügungstatbestandes bestehen, aber entweder nicht dem Verpfänder zustehen oder dessen Verfügungsmacht insoweit kraft Gesetzes oder rechtsgeschäftlich (§ 399 Var. 2 BGB) beschränkt ist.684 Nur hier stellt sich die Frage, ob sich der konstitutive Pfandrechtserwerb vom Scheinberechtigten ausschließlich auf die Hypothek ohne die Forderung bezieht. Angesichts der Parallelität der Verpfändungsmodalitäten decken sich die Voraussetzungen und Rechtsfolgen des gutgläubigen Erwerbs von Rechten an Hypotheken und Grundschulden; die nachfolgenden Ausführungen gelten für die Verpfändung von Grund- und Rentenschulden durch einen Nichtberechtigten sinngemäß, soweit nicht ausdrücklich differenziert wird. a) Verpfändung einer Hypothek durch einen Nichtberechtigten Soweit ein gesetzlicher Übergang der Forderung gefordert wird, ist hiermit jedenfalls nicht primär eine Verbesserung der Rechtsstellung des Erwerbers beabsichtigt.685 Schließlich wird von den Verfechtern der Lehre vom forderungslosen gutgläubigen Erwerb der Hypothek bei bestehender Forderung wie selbstverständlich vorausgesetzt, dass der Zessionar die forderungslose Hypothek abweichend von den regulären Tilgungsfolgen der §§ 1163 Abs. 1 S. 2, 1177 Abs. 1 S. 1 BGB nicht dadurch verliere, dass die Forderung erlösche.686 Mit Blick auf den Schutzzweck Erwerbers wirken. So entsteht z. B. nicht eine bereits erloschene, noch eingetragene Belastung reflexhaft durch den gutgläubigen Erwerb des vermeintlich belasteten Eigentums; auch eine im Grundbuch eingetragene forderungsbezogene Stundungseinrede oder eine sonstige Einrede, die aufgrund Erlöschens der Forderung längst obsolet ist, entsteht hiernach nicht wieder von Neuem. Dass der Erwerber dadurch besser gestellt wird, als er aufgrund der im Grundbuch dokumentierten Rechtslage annehmen durfte, darf nicht überraschen, weil der gutgläubige Erwerb nun einmal nur „zugunsten des Erwerbers“ (vgl. § 892 Abs. 1 S. 1 BGB) und auch nur „für die Hypothek“ (§ 1138 BGB), nicht aber zugunsten des Verfügenden oder unbeteiligter Dritter wirkt. Anders liegt es aber dann, wenn die Forderung und auch die gegen ihre Durchsetzbarkeit gerichtete, im Grundbuch verlautbarte Einrede wirklich bestehen; diesbezüglich besteht kein Anlass, dem redlichen Erwerber die Vollstreckung aus dem dinglichen Recht zu ermöglichen, wenn dies auch beim Übergang der Forderung nicht möglich wäre. 684 Zur Illustration möge folgendes Beispiel dienen: An einem Grundstück des E besteht zur Sicherung einer Darlehensforderung gegen S eine Buchhypothek zugunsten des G, der die Darlehensforderung an Z abtritt, welcher diese sodann an P verpfändet. Ficht G die Forderungsabtretung erfolgreich wegen arglistiger Täuschung an, erwirbt P – seine Unkenntnis von der Anfechtbarkeit des Rechtserwerbs des im Grundbuch eingetragenen Z unterstellt – zumindest ein Pfandrecht an der forthin dem G zustehenden Hypothek; fraglich ist, ob automatisch auch die Forderung des G gegen S von diesem Pfandrecht erfasst ist. 685 Siehe Karper, JuS 1989, S. 33, 35; anders Wilhelm, Sachenrecht 5, Rn. 1498, der die Erstreckung des gutgläubigen Hypothekenerwerbs auf die Forderung deshalb für erforderlich hält, weil der gutgläubige Erwerber anderenfalls durch Einziehung des Forderungsgläubigers die wohlerworbene Hypothek verlöre. 686 Petersen/Rothenfußer, WM 2000, S. 657, 659. Widersprüchlich MünchKomm (-Lieder),
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der §§ 892, 1138 BGB leuchtet dies allemal ein. Schließlich wäre der gebotene Verkehrsschutz unvollkommen, ja der gutgläubige Hypothekenerwerb praktisch zur Bedeutungslosigkeit degradiert, würde die Zahlung an den mit dem Hypothekenerwerber nicht identischen Forderungsgläubiger zum Wegfall des wohlerworbenen Rechts führen.687 Folglich soll sich die forderungsentkleidete Hypothek weder durch Leistungen des Eigentümers in eine Eigentümergrundschuld bzw. Eigentümerhypothek (§§ 1143 Abs. 1 S. 1, 1153 Abs. 1, 1163 Abs. 1 S. 2, 1177 Abs. 1, 2 BGB) verwandeln688 noch soll sie zulasten des Erwerbers auf den Schuldner gem. § 1164 Abs. 1 S. 1 BGB oder auf einen Dritten gem. §§ 1150, 268 Abs. 3, 1153 Abs. 1 BGB übergehen.689 Will man nun aber die regulären Rechtsfolgen der Forderungstilgung mittels einer durch den Schutzzweck der liegenschaftsrechtlichen Gutglaubenstatbestände veranlassten teleologischen Reduktion außer Kraft setzen,690 muss man umgekehrt effektive Schutzmechanismen etablieren, um eine kumulative Inanspruchnahme des Eigentümers und/oder den mit diesem nicht identischen Schuldners aus Forderung und Hypothek zu unterbinden. Auf der Hand liegt, dass der Zweiterwerb der Hypothek vom Nichtberechtigten primär zulasten des „enteigneten“ Altgläubigers wirkt, weshalb dieser – und nicht der Schuldner oder der Eigentümer – die Nachteile einer unterstellten Spaltung von Forderungsund Sachenrechtszuständigkeit zu tragen hat. Folglich kreist die Diskussion über die Erstreckung des gutgläubigen Zweiterwerbs der Hypothek auf die Forderung bei Zession seitens eines Scheinhypothekars darum, ob diese Rechtsfolge zwecks praktisch wirksamen Eigentümer- bzw. Schuldnerschutzes vor einer ggf. möglichen doppelten Zahlungslast zwingend geboten ist.691 BGB VII7, § 1153 Rn. 17, der einerseits argumentiert, dass die Gefahr einer doppelten Zahlungsverpflichtung schon nach dem Gesetz ausgeschlossen sei, weil bei Tilgung der Forderung eine Eigentümergrundschuld gem. §§ 1163 Abs. 1 S. 2, 1177 Abs. 1 S. 1 BGB entstehe, und andererseits doch vertritt, dass zum Schutz des Eigentümers aus dem Sicherungsvertrag eine Einrede gegen den Zahlungsanspruch folge, wenn der Gläubiger nicht zur „Rückgewähr“ der Hypothek imstande sei. Letzteres ist aber nur unter der stillschweigend zugrunde gelegten Prämisse schlüssig, dass die reguläre Rechtsfolge des §§ 1163 Abs. 1 S. 2, 1177 Abs. 1 S. 1 BGB im Fall des gutgläubigen Erwerbs der Hypothek ohne die bestehende Forderung gem. §§ 892, 1138 BGB nicht eingreift; anderenfalls wäre das aus dem Sicherungsvertrag abgeleitete Leistungsverweigerungsrecht angesichts der gesetzlichen Folge der Forderungstilgung unerklärlich. 687 Petersen/Rothenfußer, WM 2000, S. 657, 659. 688 Petersen/Rothenfußer, WM 2000, S. 657, 659. 689 Zutreffend BeckOGK BGB (-Kiehnle), Stand: 1.7.2019, § 1138 Rn. 17 in Fn. 55. 690 Kritisch hierzu – und deshalb für eine Erstreckung des gutgläubigen Hypothekenerwerbs auf die bestehende Forderung – Wilhelm, Sachenrecht5, Rn. 1498: Wenn der Forderungsgläubiger Befriedigung erlange, dürfe der Eigentümer nicht mehr mit seinem Grundstück haften. 691 Die einschlägigen Argumente für und gegen die Erstreckung des gutgläubigen Zweiterwerbs der Hypothek auf die Forderung seien in aller Kürze referiert (ausführlich Petersen/Rothenfußer, WM 2000, S. 657–662; Lieder/Selentin, JuS 2017, S. 1052, 1054 ff.). Für eine Erstreckung des gutgläubigen Erwerbs auf die Forderung wird auf das in § 1153 Abs. 2 BGB verankerte Trennungsverbot und den hypothekenrechtlichen Zessionstatbestand (§§ 1154, 1153 Abs. 1 BGB) verwiesen; daraus folge, dass Hypothek und Forderung auch beim gutgläubigen Erwerb eine unzertrennliche Einheit bilden (Baur/Stürner, Sachenrecht18 , § 38 Rn. 28; NomosKomm (-Zimmer), BGB III4, § 1153 Rn. 8; RGRK (-Mattern), BGB III/210, § 1138 Rn. 10; Soergel (-Konzen), BGB
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Spiegelbildlich verhält es sich bei der Einräumung eines Nießbrauchs oder Pfandrechts an einer „forderungsbekleideten“ Hypothek durch einen Scheinhypothekar. Selbstverständlich dürfen die Rechtsfolgen des gutgläubigen Zweiterwerbs einer Hypothek sowie des gutgläubigen Erwerbs eines Rechts an einer Hypothek weder den sachenrechtlichen Typenzwang noch das hypothekenrechtliche Akzessorietätsprinzip verletzen. Zum einen muss das wohlerworbene Recht, will man den gutgläubigen Erwerb insoweit nicht zu Grabe tragen, sachenrechtliche Qualität erheischen, was aber voraussetzt, dass dieses nicht willkürlich durch Leistungen XVI13, § 1138 Rn. 7; Wilhelm, Sachenrecht5, Rn. 1498; Wolff/R aiser, Sachenrecht10, § 137 II 1 d (S. 565)). Aus Gründen des Eigentümer- und Schuldnerschutzes sei der Gleichlauf von Forderung und Hypothek auch zwingend veranlasst. Soweit die Gegenansicht auf allfällige Leistungsverweigerungsrechte bei unterstellter Trennung von Forderung und Hypothek verweise, bieten diese keinen hinreichenden Schutz, wenn und weil der Eigentümer von der durch gutgläubigen Erwerb bewirkten Aufspaltung von Hypothek und Forderung typischerweise nichts wisse und deshalb an den Altgläubiger leiste (Karper, JuS 1989, S. 33, 34; NomosKomm (-Zimmer), BGB III4, § 1153 Rn. 8; Schulze et al. (-Staudinger), BGB10, § 1138 Rn. 9; Wilhelm, Sachenrecht5, Rn. 1498 in Fn. 2449a). Für einen forderungslosen gutgläubigen Erwerb der Hypothek wird dagegen geltend gemacht, dass sich diese Rechtsfolge aus der konsequenten Anwendung des § 1138 BGB ergebe, der ausschließlich für die Hypothek, nicht auch für die Forderung den gutgläubigen Erwerb ermögliche (MünchKomm (-Lieder), BGB VII7, § 1153 Rn. 17–18; Petersen/Rothenfußer, WM 2000, S. 657, 658). Aus Gründen des Eigentümerschutzes sei eine systemwidrige und auch nicht interessengerechte Korrektur dieser Rechtsfolge durch Mitübertragung der Sicherungsforderung auf den gutgläubigen Zessionar nicht geboten (Bülow, Recht der Kreditsicherheiten7, Rn. 300; MünchKomm (-Lieder), BGB VII7, § 1153 Rn. 17; BeckOGK BGB (-Kiehnle), Stand: 1.7.2019, § 1138 Rn. 17). Zwar müsse der Eigentümerschuldner ungeachtet der Tilgung der Sicherungsforderung die Inanspruchnahme aus der Hypothek hinnehmen, weil diese, da der redliche Erwerb der Hypothek nicht entwertet werden dürfe, abweichend von §§ 1163 Abs. 1 S. 2, 1177 Abs. 1 S. 1 BGB nicht auf den Eigentümer kraft Gesetzes übergehe (Petersen/Rothenfußer, WM 2000, S. 657, 659–660). Indes sei aus § 1163 Abs. 1 S. 2 BGB abzuleiten, dass der Eigentümerschuldner nur Zug um Zug gegen Rückgewähr der Hypothek zur Leistung verpflichtet sei, zumal ja sogar bei der nichtakzessorischen Sicherungsgrundschuld ein Anspruch auf Rückgewähr der Grundschuld bei Erfüllung der Forderung bestehe (MünchKomm (-Lieder), BGB VII7, § 1153 Rn. 17; Petersen/ Rothenfußer, WM 2000, S. 657, 659–660; ähnlich Bülow, Recht der Kreditsicherheiten7, Rn. 300; Staudinger (-Wolfsteiner), BGB (2015), § 1138 Rn. 10). Weil dem Forderungsgläubiger infolge des redlichen Erwerbs der Hypothek die Rückgewähr aber endgültig nicht möglich sei, stünde der Forderung eine peremptorische Einrede entgegen, so dass bei Zahlung auf die Forderung eine Rückforderung nach § 813 Abs. 1 S. 1 BGB möglich sei (Petersen/Rothenfußer, WM 2000, S. 657, 660). Dass der Eigentümerschuldner das Insolvenzrisiko des Forderungsgläubigers zu tragen habe, sei interessengerecht, weil er ja nur gegen Aushändigung der zur Grundbuchberichtigung erforderlichen Unterlagen gem. § 1144 BGB sowie gegen Vorlage des Hypothekenbriefs gem. §§ 1161, 1160 BGB zur Leistung auf die Forderung verpflichtet und daher auch nicht schutzwürdig sei, wenn er von seinen Einreden keinen Gebrauch mache (Petersen/Rothenfußer, WM 2000, S. 657, 660–661). Überdies werde durch einen selbsttätigen Miterwerb der hypothekengesicherten Forderung der bezweckte Eigentümerschutz überhaupt nicht erreicht, sondern vielmehr die Rechtsposition des Eigentümers sogar verschlechtert, weil dieser seine (unter der Prämisse der Aufspaltung von Hypothek und Forderung angeblich der gesicherten Forderung entgegenstehende) peremptorische Einrede verlöre und dem Hypothekengläubiger mit seinem ganzen Vermögen, nicht allein mit dem Grundstück hafte (Petersen/Rothenfußer, WM 2000, S. 657, 661–662). Schließlich erlange der redliche Erwerber einen ungerechtfertigten Vorteil, wenn er nicht nur in das Grundstück, sondern in das gesamte Vermögen des Eigentümers vollstrecken könne (Reinicke/Tiedtke, Kreditsicherung5, Rn. 1092).
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auf die Leistungen ohne den Willen des Erwerbers erlischt. Zum anderen darf sich die belastete oder transferierte Hypothek nicht qua gutgläubigen Erwerbs in eine genuine Grundschuld verwandeln, käme es doch anderenfalls zur allseits perhorreszierten doppelten Zahlungslast, was aber mit dem Primat des Eigentümer- und Schuldnerschutzes unvereinbar wäre. Nur klarstellend sei vorausgeschickt, dass sich aus dem Gesetz nicht zweifelsfrei entnehmen lässt, wie sich der gutgläubige Erwerb (eines Rechts an) einer Hypothek auf die bestehende Forderung des wahren Forderungsinhabers auswirkt.692 Einerseits ist es methodisch nicht zwingend, aus der kryptischen Vorschrift des § 1138 BGB im Wege eines argumentum e contrario zu folgern, dass sich der gutgläubige Erwerb ausschließlich auf die Hypothek beziehe und nicht zum Übergang resp. zur Mitbelastung der Sicherungsforderung führen dürfe.693 Das Verdikt der Systemwidrigkeit eines gutgläubigen Forderungserwerbs694 lässt sich durch die in § 1153 Abs. 2 BGB angeordnete Verzahnung von Hypothek und Forderung zwangslos entkräften, zumal, da der gutgläubige Erwerb an die versuchte Forderungsabtretung anknüpft, das in § 1153 Abs. 1 BGB normierte Prinzip der Übertragungsakzessorietät der Hypothek formal unangetastet bleibt. Andererseits fehlt es an einer ausdrücklichen gesetzlichen Vorgabe eines gutgläubigen Forderungserwerbs im Zusammenhang des von § 1138 BGB vorausgesetzten gutgläubigen Zweiterwerbs der Hypothek. Abgesehen davon, dass das sog. Trennungsverbot ohnehin nicht uneingeschränkt gilt (vgl. §§ 1159, 1190 Abs. 4 BGB), ist zudem fraglich, ob § 1153 Abs. 2 BGB nach Sinn und Zweck nicht ohnedies auf rechtsgeschäftliche Erwerbstatbestände zu beschränken ist.695 Wenn darüber hinaus in der Parallelkonstellation des gutgläubigen Zweiterwerbs, in der die Forderung bereits vor Abschluss des Verfügungstatbestands erloschen ist, unstreitig ein nichtakzessorisches Verwertungsrecht – sei es eine sog. forderungsentkleidete Hypothek, sei es eine Grundschuld – entsteht,696 bedürfte es schon einer sachlichen Begründung, wes692
Richtig insoweit Martinek (-Reischl), jurisPK-BGB III8 , § 1138 Rn. 26. Petersen/Rothenfußer, WM 2000, S. 657, 658 unter Verweis auf den Wortlaut des § 1138 BGB vertreten, der Gesetzgeber habe sich für eine Durchbrechung des Prinzips der Zuständigkeitsakzessorietät beim gutgläubigen Erwerb einer Hypothek vom Scheinhypothekar entschieden, ist dies nicht mehr als ein begründungsbedürftiges Postulat. Richtig ist zwar, dass § 1138 BGB nicht selbst einen gutgläubigen Forderungserwerb anordnet, sondern ausdrücklich nur die Grundlage des gutgläubigen Zweiterwerbs der Hypothek („für die Hypothek“) legt, indem sie den öffentlichen Glauben des Grundbuchs auf die Forderungszuständigkeit des Zedenten erstreckt (siehe nur Wilhelm, Sachenrecht5, Rn. 1495). Andererseits verbietet § 1138 BGB aber auch nicht den gutgläubigen Forderungserwerb, weshalb es auch fern liegt, insoweit auf die gesetzliche Regel des § 1153 Abs. 2 BGB zu verweisen und somit auch die Forderung auf den redlichen Zessionar unter den Voraussetzungen der §§ 1138, 892 BGB zu transferieren (so denn auch NomosKomm (-Zimmer), BGB III4, § 1153 Rn. 8; Wilhelm, Sachenrecht5, Rn. 1498). 694 So MünchKomm (-Lieder), BGB VII7, § 1153 Rn. 18. 695 So Petersen/Rothenfußer, WM 2000, S. 657, 659; dagegen Wilhelm, Sachenrecht 5, Rn. 1498 in Fn. 2449. 696 Dies wird von den Vertretern der „Einheits-, Mitlauf- oder Mitreißtheorie“ (so bezeichnet von Staudinger (-Wolfsteiner), BGB (2015), § 1138 Rn. 10) nicht in Abrede gestellt; siehe etwa RGRK (-Mattern), BGB III/210, § 1138 Rn. 10; Schulze et al. (-Staudinger), BGB10, § 1138 Rn. 3–4; 693 Soweit
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halb sich der redliche Erwerb in der hier relevanten Fallgestaltung auf die Forderung in inverser Geltung des Prinzips accessorium sequitur principale gem. § 1153 Abs. 2 BGB erstrecken soll. Lässt sich die richtige Lösung aus dem Gesetz nicht geradewegs herleiten, ist eine systemkonforme Lösung unter Abwägung der schutzwürdigen Interessen derjenigen Personen zu entfalten, auf deren Rechtspositionen der redliche Erwerb ausgreift.697 Wie gezeigt, ist der Zessionar im Grundfall des gutgläubigen Zweiterwerbs der Hypothek durch versuchte Zession der Hypothekenforderung nach der Lehre vom Erwerb einer forderungslosen Hypothek gegen einen willkürlichen Rechtsverlust kraft Untergangs der Sicherungsforderung oder durch gesetzlichen Forderungsübergang aufgrund teleologischer Reduktion der Vorschriften über die Tilgungswirkungen etwaiger Leistungen auf die Forderung „immunisiert“.698 Der redliche Erwerb zeitigt – ohne dass dies näher expliziert wird – eine vormerkungsäquivalente Belastung der angeblich nicht vom gutgläubigen Erwerb erfassten Hypothekenforderung: So wäre die Rechtsstellung des Erwerbers der forderungslosen Hypothek unvollkommen, wenn dieser gegen einen Rechtsverlust zwar wegen Zins- und Tilgungsleistungen, nicht aber wegen sonstiger Verfügungen über die nicht vom gutgläubigen Erwerb erfasste Forderung geschützt wäre: Aus § 1156 S. 1 BGB lässt sich e contrario folgern, dass sich der Zessionar ausschließlich die bereits bei Vollendung des Erwerbstatbestandes begründeten forderungsbezogenen Einwendungen und Einreden – vorbehaltlich gutgläubig-einredefreien Erwerbs gem. §§ 1138, 892 Abs. 1 S. 1 BGB – gem. §§ 404, 1137 BGB entgegenhalten lassen muss. Als „Gläubiger in Ansehung der Hypothek“ i. S. v. § 1156 S. 1 BGB ist der redliche Zessionar aber auch dann anzusehen, wenn er die Hypothek ohne die Sicherungsforderung erwirbt.699 Folglich sind nicht nur Zins- und TilgungsleistunSoergel (-Konzen), BGB XVI13, § 1138 Rn. 7; Wilhelm, Sachenrecht5, Rn. 1497. Außerdem kommt nach dieser Ansicht auch dann nur ein gutgläubiger Erwerb einer forderungslosen Hypothek (oder Grundschuld) in Betracht, wenn die wirklich bestehende Forderung nicht Verfügungsobjekt ist, mithin über eine rein fiktive Forderung seitens des Scheinhypothekars verfügt wird (vgl. Wilhelm, Sachenrecht5, Rn. 1498 in Fn. 2451, der beispielhaft die Konstellation erörtert, in der die gesicherte Forderung bereits vor der den gutgläubigen Erwerb der Hypothek auslösenden Verfügung durch Zahlung des Schuldners erloschen ist und die Hypothek dessen Regressanspruch gegen den Eigentümer gem. § 1164 Abs. 1 S. 1 BGB sichert: Hier erwirbt der gutgläubige Erwerber weder die bereits erloschene Forderung noch geht der Regressanspruch mitsamt der Hypothek auf den Zessionar über; dieser erwirbt vielmehr die forderungslose Hypothek, der Schuldner ist mithin ungesichert). 697 So auch – allerdings mit gegenteiligem Ergebnis – Martinek (-Reischl), jurisPK-BGB III8 , § 1138 Rn. 26. 698 Wenngleich die Forderung durch Leistungen an den lediglich hinsichtlich der Hypothek „enteigneten“ Gläubiger kraft Erfüllung erlischt, greifen die regulären Rechtsfolgen in Ansehung des akzessorischen Rechts nicht ein; der Erwerber wird so gestellt, als ob die Leistungshandlungen des Schuldners, des Eigentümers bzw. eines ablösungsberechtigten Dritten wirkungslos sind (Petersen/Rothenfußer, WM 2000, S. 657, 659). 699 Die dogmatische Klassifizierung des gutgläubigen Erwerbs als derivativer oder originärer Erwerb oder als eigenartiger Mischtypus (siehe hierzu statt vieler Planck (-Strecker), BGB III/15, § 892 Anm. III 1; Staudinger (-Picker), BGB, § 892 Rn. 11 jeweils m. w. N.) ist hier unerheblich. Denn§ 1156 BGB ist nicht ausschließlich auf den rechtsgeschäftlichen Erwerb, sondern auch auf
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gen, sondern sämtliche nach Vollendung des gutgläubigen Erwerbs entstehenden forderungsbezogenen Einreden i. w. S., z. B. der Erlass der Forderung (§ 397 Abs. 1 BGB), im Verhältnis zum gutgläubigen Erwerber unbeachtlich. Mit einer Variation im Detail zeigt sich eine vergleichbare Sicherungswirkung beim gutgläubigen konstitutiven Erwerb eines Rechts an einer Fremdhypothek. Für die aufgezeigte schutzzweckorientierte Rechtsfortbildung ist hier allerdings schon mangels planwidriger Unvollständigkeit des Gesetzes kein Raum. Eine Regelungslücke ergibt sich bei unterstellter isolierter Belastung der Hypothek ohne die Sicherungsforderung insbesondere nicht daraus, dass Zins- und Tilgungsleistungen – die §§ 1074, 1077, 1281, 1282 BGB sind mangels Erstreckung des Nießbrauchs oder Pfandrechts auf die Forderung unanwendbar – an den forthin berechtigten Hypothekengläubiger zu bewirken sind und demgemäß eine Surrogation an dem auf die Forderung gezahlten Geld (§§ 1075 Abs. 2, 1067, 1287 S. 1, 1288 Abs. 2 BGB) ausscheidet. Denn die gesetzlichen Tilgungsfolgen wirken sich ohnedies nicht sachenrechtlich nachteilig auf das Recht des Nießbrauchers oder Pfandgläubigers aus; dessen Recht besteht an der Eigentümergrundschuld unverändert fort.700 Dass es sich verbietet, die in den hypothekenrechtlichen Gutglaubenstatbeständen (§§ 1138, 1155–1157 BGB) zum Ausdruck gebrachte Wertungsentscheidung für Verkehrsleichtigkeit und -sicherheit zu konterkarieren, indem man dem wohlerworbenen Recht an einer Hypothek sachenrechtstypischen Sukzessionsschutz versagt, versteht sich von selbst. Wenn aber kraft Erfüllung der unbelasteten Forderung lediglich eine belastete Eigentümergrundschuld auf den Eigentümer übergeht, ist der Eigentümer bei Leistungsbewirkung an den wirklichen Hypothekengläubiger nicht gegen einen Eigentumsverlust durch Zwangsversteigerung gefeit; wiederum greifen die regulären Tilgungsfolgen zum Schutz des wohlerworbenen Nießbrauchs/Pfandrechts nicht ein.701 Letztlich steht der Eigentümer hier nicht besser, aber auch nicht den gesetzlichen Erwerb durch cessio legis sowie auf das Rechtsverhältnis zwischen dem Eigentümer und dem Pfändungspfandgläubiger der Hypothekenforderung anzuwenden (MünchKomm (-Lieder), BGB VII7, § 1156 Rn. 9; BeckOGK BGB (-Kiehnle), Stand: 1.7.2019, § 1156 Rn. 8–9); beim gutgläubigen Erwerb der Hypothek wird man daher nicht anders entscheiden dürfen. 700 Erwirbt der Eigentümer eine (Teil-)Eigentümergrundschuld gem. §§ 1163 Abs. 1 S. 2, 1177 Abs. 1 BGB, setzt sich das an der Fremdhypothek gutgläubig erworbene Recht kraft unmittelbarer Ersetzung an der Eigentümergrundschuld einfach fort. Nichts anderes gilt, wenn die Hypothek auf den Eigentümer (§§ 1143 Abs. 1 S. 1, 1153 Abs. 1, 1177 Abs. 2 BGB), auf den Schuldner (§ 1164 Abs. 1 S. 1 BGB) oder auf einen Dritten kraft Gesetzes übergeht (§§ 268 Abs. 3, 1150, 1153 Abs. 1 BGB). 701 Aus Wertungsgründen darf der Erwerber nicht schlechter stehen als bei der Verpfändung durch den berechtigten Hypothekengläubiger, die sich gem. §§ 1274 Abs. 1 S. 1, 1154, 1153 Abs. 1 BGB einheitlich auf die Sicherungsforderung und die Hypothek bezieht. Wenn an den Hypothekengläubiger unter Verstoß gegen §§ 1281, 1282 BGB bewirkte Leistungen im Verhältnis zum Pfandgläubiger allenfalls hinsichtlich der verpfändeten Hypothekenforderung befreiende Wirkung entfalten (§§ 1275, 406 ff. BGB), nicht aber in Ansehung der Hypothek (§§ 1275, 1156 S. 1 BGB), wäre es systematisch inkonsequent, demjenigen Pfandgläubiger, der sein Recht vom Nichtberechtigten erwirbt, die Befugnis zur Geltendmachung der Hypothek wegen nachträglicher Erfüllung der nicht vom redlichen Erwerb erfassten Sicherungsforderung zu versagen. Dies zeigt auch, dass es letztlich gar nicht entscheidend darauf ankommt, ob die Sicherungsforderung vom
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schlechter als beim gutgläubigen translativen Erwerb der Hypothek. Selbst unter der Prämisse, dass der Erwerb des Pfandrechts vom Scheinberechtigten allein die Fremdhypothek erfasst, ist die Hypothekenforderung vormerkungsgleich belastet: Obschon der Pfandgläubiger die Forderung nicht nach Maßgabe der §§ 1281, 1282 BGB einziehen kann, wirken sich allfällige Tilgungsleistungen an den beschwerten Hypothekengläubiger nicht zulasten des Pfandgläubigers aus; dieser ist so gestellt, als ob jener nicht zur Einziehung der Forderung berechtigt ist. Eine Verwertung des Grundstücks ist somit trotz Erfüllung der Hypothekenforderung zu gewärtigen.702 Dessen ungeachtet ist es aus Gründen des Eigentümer- und des Schuldnerschutzes weder bei der Zession noch bei der Belastung einer Hypothek seitens eines Scheinhypothekars geboten, den gutgläubigen Erwerb (eines Rechts an) der Hypothek ex lege und ipso iure mit einem redlichen Erwerb (eines Rechts an) der Forderung zu komplementieren. Selbstverständlich besteht der Nexus zwischen Forderung und Hypothek unter der Prämisse fort, dass sich der gutgläubige Erwerb nicht auf die Forderung erstreckt. Alles andere verstieße gegen die akzessorische Natur der Hypothek. Aus dem Sicherungsvertrag ist deshalb zumindest im Wege ergänzender Auslegung (§§ 133, 157 BGB) abzuleiten, dass der Sicherungsgeber Zug um Zug gegen Rückgewähr der lastenfreien Sicherheit zur vollständigen Zahlung auf die gesicherte Forderung verpflichtet ist; dies gilt nicht bloß für nichtakzessorische Sicherheiten, sondern unter Beachtung der regulären gesetzlichen Tilgungsfolgen auch für die Hypothek.703 Wenn aber der Eigentümer sowohl gutgläubigen Erwerb erfasst wird oder nicht. In jedem Fall bleibt eine Verwertung der Hypothek – selbst bei Erstreckung des gutgläubigen Erwerbs auf die Forderung – auch dann möglich, wenn die Forderung mit Wirkung gegenüber dem redlichen Erwerber, sei er Zessionar, sei er Pfandgläubiger, erlischt. Soll der vom Gesetz vorausgesetzte gutgläubige Pfandrechtserwerb an der Hypothek nicht unterminiert werden, kann der Erfüllung der hypothekengesicherten Forderung für das redlich erworbene Pfandrecht an der Hypothek keine Bedeutung attestiert werden. 702 Kraft des Pfandrechts an der Eigentümergrundschuld ist der Pfandgläubiger berechtigt, bei Pfandreife die Zwangsvollstreckung zum Zwecke seiner Befriedigung gem. §§ 1282 Abs. 1 S. 1, 1192 Abs. 1, 1147 BGB zu betreiben; die einschränkende Vorschrift des § 1197 Abs. 1 BGB gilt nach überzeugender und inzwischen unangefochtener Ansicht ausschließlich für den Eigentümer, nicht aber für den Pfandgläubiger (siehe BGH, Urteil v. 18.12.1987 – V ZR 163/86, NJW 1988, S. 1026, 1027 (in Bezug auf die Vollstreckung durch den Pfändungspfandgläubiger; ob § 1197 I BGB für den Vertragspfandgläubiger gilt, ließ der Senat offen); ferner BGH, Urteil v. 24.3.2016 – IX ZR 259/13, NJW 2016, S. 3239: Vollstreckung durch den Insolvenzverwalter aus einer in die Masse fallenden Eigentümergrundschuld zulässig; Staudinger (-Wolfsteiner), BGB (2015), § 1197 Rn. 5 m. w. N. auch zur früher vertretenen gegenteiligen Ansicht). Für diese restriktive Auslegung des § 1197 Abs. 1 BGB lässt sich bereits der Wortlaut der Norm anführen, denn diese bezieht sich sowohl im Tatbestand als auch in der Rechtsfolge ausschließlich auf den Eigentümer („so kann er nicht die Zwangsvollstreckung zum Zwecke seiner Befriedigung betreiben“). Entscheidend jedoch ist, dass der Normzweck nicht zutrifft, wenn und soweit ein Pfandgläubiger die ihm gem. § 1282 Abs. 1 S. 1 BGB verliehene Befugnis zur Zwangsversteigerung ausübt, denn § 1197 Abs. 1 BGB soll eine rechtsmissbräuchliche Zwangsvollstreckung in das Grundstück seitens des Eigentümers verhindern, durch welche sich dieser auf kostengünstige Weise der auf dem Eigentum lastenden Rechte Dritter, welche nicht in das geringste Gebot (§ 44 ZVG) fallen, gem. § 91 Abs. 1 ZVG entledigen könnte (BGH, Urteil v. 18.12.1987 – V ZR 163/86, NJW 1988, S. 1026, 1027). 703 Zunächst dürfte § 409 Abs. 1 BGB hinsichtlich der Forderung nicht eingreifen, wenn die Anzeige vom Scheinberechtigten und nicht vom wirklichen Forderungsgläubiger ausgeht (Münch-
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beim gutgläubigen Zweiterwerb als auch beim gutgläubigen Erwerb eines begrenzten Rechts an der Hypothek dem Zahlungsanspruch die aus dem Sicherungsvertrag herzuleitenden Einrede auf Erwerb einer lastenfreien Eigentümergrundschuld gem. § 273 Abs. 1 BGB entgegensetzen kann,704 bedarf es keiner weiterer Schutzmechanismen. Falls der gutgläubige Erwerb (des Rechts an) der Hypothek nicht rückabgewickelt wird,705 führt die Zahlung an den Gläubiger trotz Erfüllungswirkung (§ 362 Abs. 1 BGB) nicht zum Erwerb einer lastenfreien Eigentümergrundschuld gem. §§ 1163 Abs. 1 S. 2, 1177 Abs. 1 BGB; die Durchsetzbarkeit des Zahlungsanspruchs ist dauerhaft gehindert (§ 274 Abs. 1 BGB). Kann sich der Sicherungsnehmer hinsichtlich der Unmöglichkeit einer lastenfreien „Rückgewähr“ Komm (-Lieder), BGB VII7, § 1153 Rn. 17). Demgegenüber kann der Eigentümerschuldner zwar der Geltendmachung der Hypothek widersprechen, wenn ihm nicht der Hypothekenbrief und die auf den eingetragenen Gläubiger zurückreichende Kette öffentlich beglaubigter Abtretungserklärungen vorgelegt wird (§§ 1161, 1160 Abs. 1 BGB). Überdies steht es dem Eigentümer frei, auf die Forderung nur gegen Aushändigung der zur Grundbuchberichtigung resp. Löschung der Hypothek erforderlichen Unterlagen (§ 19 GBO) zu leisten, § 1144 BGB; ablösungsberechtigte Dritte können sich gleichfalls auf das Zurückbehaltungsrecht gem. §§ 1150, 1144 BGB berufen. Aus dem systematischen Zusammenhang des § 1144 BGB mit dem Tilgungsrecht aus § 1142 BGB und dem daran anknüpfenden gesetzlichen Forderungsübergang (und damit verbundenen Erwerb einer Eigentümerhypothek) gem. §§ 1143 Abs. 1 S. 1, 412, 1153 Abs. 1, 1177 Abs. 2 BGB wird gefolgert, dass sich die Norm nur auf den mit dem Schuldner nicht identischen Eigentümer beziehe (siehe Petersen/Rothenfußer, WM 2000, S. 657, 661). Dennoch soll der Eigentümerschuldner nach allgemeiner Ansicht nicht schlechter stehen und gleichfalls die in § 1144 BGB bestimmte Einrede gegen die Forderung geltend machen können (RG, Urteil vom 21.3.1931 – V 256/30, RGZ 132, S. 9, 15; Erman (-Wenzel), BGB II15, § 1144 Rn. 2; MünchKomm (-Lieder), BGB VII7, § 1144 Rn. 4). Wenn die Hypothek auf den Schuldner gem. § 1164 Abs. 1 S. 1 BGB übergehen würde oder dieser aus anderen Gründen ein rechtliches Interesse an der Grundbuchberichtigung bei Befriedigung des Gläubigers hat, muss er gleichfalls nur gegen Aushändigung des Hypothekenbriefs resp. der zur Grundbuchberichtigung erforderlichen Unterlagen auf die Forderung leisten, §§ 1167, 1144 BGB (Erman (-Wenzel), BGB II15, § 1144 Rn. 2; MünchKomm (-Lieder), BGB VII7, § 1144 Rn. 4). Abgesehen davon, dass diese gesetzliche Leistungsverweigerungsrechte in der Praxis nicht selten abbedungen werden (NomosKomm (-Zimmer), BGB III4, § 1153 Rn. 8; Schulze et al. (-Staudinger), BGB10, § 1138 Rn. 9, handelt es sich jeweils um dilatorische Einreden, weshalb in Unkenntnis des gutgläubigen Erwerbs bewirkte Leistungen an den Forderungsgläubiger nicht zurückgefordert werden könnten. Wenn im Wege teleologischer Reduktion der §§ 1150, 1163 Abs. 1 S. 2, 1164 Abs. 1 S. 1, 1177 Abs. 1 BGB der Übergang der Hypothek auf den Eigentümer, Schuldner oder regressberechtigten Dritten im Zusammenhang des redlichen Hypothekenerwerbs ausscheidet, muss demjenigen, der an den Forderungsgläubiger leistet, zumindest ein bereicherungsrechtlicher Rückforderungsanspruch zustehen. Zu diesem Zweck wird ein Leistungsverweigerungsrecht aus dem Sicherungsvertrag hergeleitet, das praktisch rechtsvernichtende Wirkung erzeugt, wenn der Gläubiger endgültig nicht imstande ist, die empfangene Sicherheit gegen Zahlung zurückzugewähren (Petersen/Rothenfußer, WM 2000, S. 657, 659–660; siehe auch BeckOGK BGB (-Kiehnle), Stand: 1.7.2019, § 1138 Rn. 17; MünchKomm (-Lieder), BGB VII7, § 1153 Rn. 17; Staudinger (-Wolfsteiner), BGB (2015), § 1138 Rn. 10). 704 Anders liegt es nur dann, wenn die Hypothek allenfalls für eine juristische Sekunde lastenfrei entsteht, weil schon bei der Bestellung vereinbart ist, dass dem Eigentümer oder einem Dritten hieran ein Nießbrauch oder ein Pfandrecht einzuräumen ist und der Eigentümer dementsprechend auch die grundbuchverfahrensrechtlich erforderliche Bewilligung erteilt. 705 Zur Konstellation des „Rückerwerbs des Nichtberechtigten“ bei der Rückabwicklung einer Belastung siehe § 12 II. 2. b).
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der Hypothek nicht entlasten, dürfte sich aus dem Sicherungsvertrag zudem ein Anspruch auf Schadensersatz statt der (ganzen) Leistung ergeben (§§ 280 Abs. 1, 3, 283, 275 Abs. 4 BGB), der, weil der Sicherungsnehmer den Sicherungsgeber so zu stellen hat, als ob die Hypothek nicht mit einem gutgläubig erworbenen Pfandrecht belastet worden wäre (§ 249 Abs. 1 BGB), gleichfalls als dauerhaftes Leistungsverweigerungsrecht dem Zahlungsanspruch entgegensetzbar ist.706 Sollte der Eigentümer in Unkenntnis dieses Umstands zahlen, kann er die geleisteten Zahlungen kondizieren (§ 813 Abs. 1 S. 1 BGB).707 Wegen des Nexus mit der Hypothek erlischt die Forderung analog § 364 Abs. 2 BGB, soweit aus der Hypothek vollstreckt 706 Selbst wenn sich der mit dem Eigentümer nicht identische Schuldner, weil er weder Partei des Sicherungsvertrages noch als Dritter gem. § 328 Abs. 2 BGB begünstigt wird, auf dieses vertragliche Leistungsverweigerungsrecht nicht berufen kann, erfährt er hierdurch keinen Nachteil. Erstens braucht der Schuldner, wenn die Hypothek gem. § 1164 Abs. 1 S. 1 BGB auf ihn übergehen würde oder er aus anderen Gründen ein rechtliches Interesse an der Grundbuchberichtigung bei Befriedigung des Gläubigers geltend machen kann, nach §§ 1167, 1144 BGB nur gegen Aushändigung des Hypothekenbriefs resp. der zur Grundbuchberichtigung erforderlichen Unterlagen auf die Forderung leisten (Erman (-Wenzel), BGB II15, § 1144 Rn. 2; MünchKomm (-Lieder), BGB VII7, § 1144 Rn. 4). Zweitens ist der Schuldner, sofern er nicht am Sicherungsvertrag beteiligt ist, vor einer doppelten Inanspruchnahme aus der Hypothekarforderung (und aus einer möglichen Regressforderung des aus der Hypothek in Anspruch genommenen Eigentümers) geschützt, da ihm ein auf Befreiung von der Regressforderung des Eigentümers gerichteter Anspruch auf Schadensersatz gem. §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB gegen den Forderungsgläubiger zusteht, sofern dieser die durch gutgläubigen Erwerb erfolgte Trennung von Forderung und Hypothek zu vertreten hat. Dies dürfte aber unproblematisch zu bejahen sein, greift doch der Gutglaubenserwerb stets nur unter der Prämisse eines zurechenbar veranlassten Rechtsscheins des potentiell zu „enteignenden“ Rechtsinhabers ein. Wenn also der Forderungsgläubiger den Verlust seiner Hypothek nicht verhindert hat, obwohl ihm dies aufgrund seiner Ansprüche auf Berichtigung des Grundbuchs bzw. Herausgabe des Hypothekenbriefs möglich war, verletzt er eine Rücksichtnahmepflicht gegenüber seinem Schuldner. Denn dieser hat ein erkennbares Interesse daran, nicht vom Eigentümer in Regress genommen zu werden, wenn der Sicherungsfall gar nicht eintritt, weil die gesicherte Forderung von ihm selbst getilgt wird. Drittens dürfte im atypischen Fall, dass der Schuldner nicht selbst aus der vertraglichen Sicherungsabrede berechtigt und verpflichtet wird, zumindest ein auftragsähnliches gesetzliches Schuldverhältnis zwischen dem Schuldner und dem Sicherungsnehmer zustande kommen, das jenen dazu berechtigt – ebenso wie bei einer Leistung erfüllungshalber (§ 364 Abs. 2 BGB) –, nur gegen lastenfreie „Rückgewähr“ der vom Sicherungsgeber bestellten Hypothek auf die Forderung zu zahlen. Aus der Annahme einer Leistung erfüllungshalber (§ 364 Abs. 2 BGB) entsteht ein auftragsähnliches Schuldverhältnis zwischen dem Schuldner und dem Gläubiger, das diesen zum sorgfältigen Umgang mit dem erfüllungshalber gewährten Gegenstand verpflichtet (RG, Urteil v. 21.2.1939 – VII 129/38, RGZ 160, S. 1; MünchKomm (-Fetzer), BGB II7, § 364 Rn. 12). Wird dem Sicherungsnehmer die Rückgewähr der Sicherheit unmöglich, ist – sofern man die Bestellung der Sicherheit nicht rechtsdogmatisch ohnehin als Annahme einer Leistung erfüllungshalber qualifiziert – eine Parallele zu den Rechtsfolgen der Annahme eines Gegenstandes erfüllungshalber zu ziehen. So folgt aus einer Scheckzahlungsabrede ein Recht des Scheckausstellers, die Bezahlung der Kausalforderung bis zur Rückgabe des unbezahlten, erfüllungshalber hingegebenen Schecks zu verweigern; diese dilatorische Einrede verwandelt sich zu einer peremptorischen Einrede, wenn die Verlustgefahr des Schecks entsprechend der getroffenen Scheckzahlungsabrede auf den Schecknehmer übergegangen ist und dieser den Scheck nicht unbezahlt zurückgeben kann, weil er von der bezogenen Bank inzwischen eingelöst worden ist (st.Rspr. des BGH, siehe zuletzt BGH, Urteil v. 29.3.2007 – III ZR 68/06, NJWRR 2007, S. 1118 Rn. 7; MünchKomm (-Fetzer), BGB II7, § 364 Rn. 12 m. w. N.). 707 Petersen/Rothenfußer, WM 2000, S. 657, 659–660.
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oder zwecks Ablösung auf die Hypothek geleistet wird, obschon weder der Verwertungserlös noch die zur Ablösung geleisteten Zahlungen dem durch den gutgläubigen Erwerb „enteigneten“ Forderungsgläubiger zustehen. Wiederum changieren die Rechtsfolgen des redlichen Erwerbes einer forderungslosen Hypothek und des redlichen konstitutiven Erwerbs eines ausschließlich die Hypothek belastenden Rechts nur im Detail.708 Während die Nachteile des redlichen Erwerbs zulasten des belasteten Hypothekengläubigers gehen, sind der Eigentümer, der Schuldner und ablösungsberechtigte Dritter nicht schlechter gestellt als bei einem rechtsgeschäftlichen Erwerb (eines Rechts an) der Hypothek vom Berechtigten. Selbstverständlich ist zwar, dass der Eigentümer und der Schuldner das Risiko der Durchsetzbarkeit von Regressansprüchen tragen, falls sie in Unkenntnis ihrer dauerhaften Leistungsverweigerungsrechte an den Hypothekengläubiger leisten. Allein dieses – jeder materiellrechtlichen Einrede inhärente – Risiko rechtfertigt freilich keine Erstreckung des gutgläubigen Erwerbs (eines Rechts an) einer Hypothek auf die Sicherungsforderung.709 Abgesehen davon, dass kein unabweisbares Schutzbedürfnis des Eigentümers und/oder des Schuldners besteht – ius civile vigilantibus scriptum est –, wäre 708 Soweit seitens des Eigentümerschuldners an den Rechtsinhaber der kraft gutgläubigen Erwerbs ohne die Sicherungsforderung übergegangenen Hypothek geleistet wird, erlischt die Forderung, obschon der Forderungsgläubiger nicht befriedigt wird, analog § 364 Abs. 2 BGB. Sofern der Hypothekengläubiger im Wege der Zwangsvollstreckung befriedigt wird, erlischt gleichfalls die Forderung analog § 364 Abs. 2 BGB ohne Rücksicht darauf, dass dem Forderungsgläubiger der Verwertungserlös nicht zugutekommt. Dieser muss sich aufgrund des Verlusts der gutgläubig „wegerworbenen“ Hypothek so behandeln lassen, als ob er selbst die geschuldete Leistung aus einem erfüllungshalber angenommenen Gegenstand erhalten hätte. Zahlt dagegen der nicht mit dem Schuldner identische Eigentümer auf die Hypothek, geht die Forderung im Wege der cessio legis mitsamt der Hypothek auf den Eigentümer über (§§ 1143 Abs. 1 S. 1, 1153 Abs. 1 BGB); wird aus der Hypothek vollstreckt, erlischt diese (§ 1181 BGB), wobei die Forderung gleichfalls auf den Eigentümer gem. § 1143 Abs. 1 S. 1 BGB übergeht. Wiederum treffen den Forderungsgläubiger bei unterstellter Trennung von Forderung und Hypothek die sich aus dem gutgläubigen Hypothekenerwerb resultierenden Rechtsnachteile. Entsprechendes gilt beim gutgläubigen Erwerb eines Pfandrechts an einer Fremdhypothek ohne die Forderung, sofern in Gemäßheit der §§ 1281, 1282 BGB auf die Hypothek geleistet wird oder aus dieser die Zwangsvollstreckung in das Grundstück betrieben wird. Ist der Schuldner zugleich Eigentümer, geht, soweit er selbst auf die Hypothek mit befreiender Wirkung gegenüber dem Pfandgläubiger analog §§ 1281, 1282 BGB leistet, die ehedem pfandrechtsbelastete Hypothek als unbelastete Eigentümergrundschuld auf den Eigentümer über; das Pfandrecht geht auf den Leistungsgegenstand analog § 1287 S. 1 BGB über, falls nicht der Pfandgläubiger selbst nach Maßgabe der §§ 1282 Abs. 1 S. 1, 1288 Abs. 2 BGB die Leistungen auf die Hypothek wirksam einzieht. In jedem Fall erlischt die Forderung des Hypothekengläubigers analog § 364 Abs. 2 BGB in entsprechendem Umfang. Bei Personenverschiedenheit zwischen Schuldner und Eigentümer, erwirbt der Eigentümer – wirksame Ablösung der Hypothek durch Leistung in Gemäßheit der §§ 1281, 1282 BGB unterstellt – die unbelastete Forderung mitsamt der unbelasteten Hypothek; das Pfandrecht geht wiederum auf den geleisteten Gegenstand über, sofern der Pfandgläubiger nicht selbst Eigentümer des gezahlten Geldes wird. Wird das Grundstück verwertet und erlischt die belastete Hypothek mit den regulären Rechtsfolgen der Erlöszuordnung zwischen Hypothekengläubiger und Pfandgläubiger im Innenverhältnis, geht die Forderung wiederum auf den Eigentümer ohne die erloschene Hypothek über. 709 MünchKomm (-Lieder), BGB VII7, § 1153 Rn. 18.
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mit dem unterstellten einheitlichen Erwerb resp. mit der symmetrischen Belastung der Forderung und der Hypothek gar kein verbesserter Schutzstandard etabliert. Zutreffend wird von den Verfechtern des Erwerbs einer forderungslosen Hypothek angemerkt, dass das Informationsrisiko den Eigentümer/Schuldner in jedem Fall trifft.710 Leistet der Eigentümer/Schuldner in Unkenntnis der Zession bzw. Verpfändung allein an den (Putativ-)Gläubiger, entfalten diese Leistungen bestenfalls hinsichtlich der Hypothekenforderung nach Maßgabe der §§ 406 ff. BGB (i. V. m. § 1275 Var. 1 BGB) befreiende Wirkung, nicht aber hinsichtlich der gutgläubig erworbenen Hypothek resp. bezüglich des gutgläubig erworbenen Pfandrechts an der Hypothek (§ 1156 S. 1 BGB). Eine Vollstreckung aus der Hypothek müsste der Eigentümer gleichfalls gewärtigen, weshalb nur der Ausweg bliebe, unter zulässigem Verzicht auf die in §§ 406 ff. BGB angeordnete Liberationswirkung die Zahlungen an den (Putativ-)Gläubiger zu kondizieren.711 Wird den berechtigten Verkehrsschutzbelangen und den Eigentümer- und Schuldnerinteressen bestmöglich ohne vollumfängliche Erstreckung des gutgläubigen Erwerbs auf die Forderung genügt, dürfte es sich aber verbieten, aus dem in §§ 892, 1138 BGB lediglich angeordneten gutgläubigen Erwerb (eines Rechts) an der Hypothek einen gutgläubigen Forderungserwerb zu extrapolieren. Dass die Rechtsstellung des Forderungsgläubigers wegen des fortbestehenden inneren Zusammenhangs mit der Hypothek ohnehin massiv geschwächt ist – das (dauerhafte) Leistungsverweigerungsrecht des Sicherungsgebers steht einer rechtsvernichtenden Einwendung praktisch gleich,712 – rechtfertigt keine andere Beurteilung. Schon das verfassungsrechtliche Übermaßverbot streitet dafür, die Rechtsfolgen des gutgläubigen Erwerbs (eines Rechts an) einer Hypothek minimalinvasiv zu konfigurieren.713 Es spricht daher im Ergebnis wenig dafür, dem Scheinhypothekar eine Verfügungsmacht auch hinsichtlich der als Verfügungsobjekt dienenden Hypothe710 Vgl.
Petersen/Rothenfußer, WM 2000, S. 657, 660–661. Petersen/Rothenfußer, WM 2000, S. 657, 661. 712 In diese Richtung Karper, JuS 1989, S. 33, 35; Wieling, Sachenrecht 5, § 27 II 4 b bb (S. 425). 713 So auch BeckOGK BGB (-Kiehnle), Stand: 1.7.2019, § 1138 Rn. 17. Dem Gläubiger kann trotz der Belastung der Hypothek mit dem wohlerworbenen Recht ein schutzwürdiges Interesse an der Durchsetzung „seiner“ „unbelasteten“ Forderung nicht schlechthin abgesprochen werden, zumal es keineswegs zwangsläufig zu einer Verwertung der Hypothek kommen muss. Selbstverständlich stehen dem „enteigneten“ Hypothekengläubiger Ansprüche gegen den Scheinhypothekar zu, der die Hypothek abtritt oder belastet. In aller Regel bestehen Ansprüche auf Herausgabe der Gegenleistung gem. § 816 Abs. 1 S. 1 BGB (und ggf. aus §§ 687 Abs. 2 S. 1, 681 S. 2, 667 Var. 2 BGB) sowie auf Schadensersatz analog §§ 989, 990 BGB (die Nebenfolgen der Vindikation gelten für den „dinglichen“ Grundbuchberichtigungsanspruch aus § 894 BGB bekanntlich entsprechend, siehe nur BGH, Urteil v. 13.12.2000 – IV ZR 239/99, NJW 2001, S. 1069) resp. aus §§ 823 Abs. 1 (i. V. m. § 992 BGB analog), 826, 687 Abs. 2 S. 1, 678 BGB. Ein Anspruch gegen den gutgläubigen Erwerber aus § 816 Abs. 1 S. 2 BGB ist prinzipiell denkbar (vgl. auch BeckOK BGB (-Wendehorst), Stand: 1.5.2019, § 816 Rn. 23; MünchKomm (-M. Schwab), BGB VI7, § 816 Rn. 68), scheidet freilich bei der Verpfändung durch einen Nichtberechtigten in aller Regel aus, da die Verpfändung aufgrund der Sicherungsabrede mit einer Gegenleistung des Erwerbers verknüpft ist – der Pfandgläubiger ist schließlich notwendigerweise Forderungsgläubiger und damit Kreditgeber. 711
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kenforderung zu attestieren, diese also auf den Zessionar überzuleiten resp. mit einem Pfandrecht zugunsten des Erwerbers zu belasten.714 Letztlich muss die aufgeworfene Streitfrage aber gar nicht abschließend entschieden werden. Viel wichtiger ist die Erkenntnis, dass eine isolierte Belastung oder Übertragung eines akzessorischen Rechts nur unter der Prämisse, dass weder die Einziehung der Sicherungsforderung noch sonstige Verfügungen seitens des Gläubigers das akzessorische Recht beeinträchtigen, eine praktisch sinnvolle Rechtsstellung dinglicher Natur verschafft. Während einerseits aus Gründen des Eigentümer- und Schuldnerschutzes der Nexus zwischen Forderung und Nebenrecht trotz gesonderter Übertragung oder Belastung des akzessorischen Rechts – die de lege lata in der Konstellation des redlichen Erwerbs vom Nichtberechtigten möglich ist, sofern man der Lehre vom Erwerb einer forderungslosen Hypothek folgt – zu wahren ist, ist es andererseits aus Gründen zweckmäßiger sachenrechtlicher Standardisierung unerlässlich, die Verfügungsmacht des Forderungsgläubigers zumindest im Verhältnis zum Erwerber zu beschränken. Dies ist keine Besonderheit des redlichen Erwerbs (eines begrenzten Rechts an) einer forderungslosen Hypothek im deutschen Liegenschaftsrecht, sondern ein jurisdiktionsübergreifendes Strukturprinzip jedes Erwerbstatbestandes, der sich auf ein akzessorisches Recht ohne das Hauptrecht bezieht. Wie die Untersuchungen des englischen und des österreichischen Rechts sichtbar machen, wird das Konzept einer gesonderten Belastung oder Übertragung eines akzessorischen Rechts in den Referenzrechtsordnungen nicht konsequent durchgeführt. Eine wahrhaft isolierte Belastung ist unmöglich – die Rechtsfolge des Erwerbsvorgangs wirkt sich zumindest auf die Einziehungs- und Verfügungskompetenz des Forderungsgläubigers aus, selbst wenn die Forderung nicht als Verfügungsobjekt gilt.
714 Schließlich erkennen auch Vertreter der Gegenansicht an, dass sich der gutgläubige Erwerb der Hypothek nicht stets auf die gesicherte Forderung erstreckt, wenn diese tatsächlich einem Dritten zusteht, sondern nur dann, wenn die gesicherte Forderung auch als Verfügungsobjekt bei der Zession oder Belastung durch den Scheinhypothekar fungiert (siehe Wilhelm, Sachenrecht5, Rn. 1498 in Fn. 2451). So soll der Erwerber z. B. dann nicht die gesicherte Forderung kraft Gesetzes miterwerben, wenn die ursprünglich gesicherte Forderung bereits durch Zahlung seitens des mit dem Eigentümer nicht identischen Schuldners erloschen ist und die Hypothek dessen Regressforderung sichert und auf den Schuldner gem. § 1164 Abs. 1 S. 1 BGB übergegangen ist; weil sich das Zessionsgeschäft auf die in Wirklichkeit erloschene Forderung beziehe, scheide ein gutgläubiger Forderungserwerb aus, die Hypothek gehe also ohne die Regressforderung des Schuldners auf den Erwerber über. Dies freilich ist inkonsequent und belegt, dass auch die sog. Einheits-, Mitlauf- oder Mitreißtheorie gezwungen ist, das in § 1153 Abs. 2 BGB normierte Trennungsverbot zu durchbrechen. Die hiermit verbundene Aufweichung des hypothekenrechtlichen Akzessorietätsprinzips ist dem Umstand geschuldet, dass das Gesetz zwar einen gutgläubigen Zweiterwerb der Hypothek in § 1138 BGB voraussetzt, diesen aber nicht mit einem ausdrücklich normierten Tatbestand eines gutgläubigen Forderungserwerbs flankiert. De lege ferenda wäre zu überlegen, den gutgläubigen Erwerb des akzessorischen Rechts mit einem gutgläubigen Forderungserwerb zu flankieren, zumal wegen der Eintragung der Forderung im Grundbuch und dem für die Übertragung oder Belastung der Forderung vorausgesetztem Modus unter Publizitätsaspekten keine Bedenken gegen die Etablierung eines Gutglaubenstatbestands bestehen.
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b) Verpfändung einer Scheinhypothek durch einen Nichtberechtigten Von der vorstehend diskutierten Fallgestaltung ist der gutgläubige Erwerb eines Rechts an einer Scheinhypothek klar zu unterscheiden.715 Wird z. B. nach Forderungstilgung durch den Eigentümer das Grundbuch nicht berichtigt, erwirbt der redliche Zessionar unstreitig ein nichtakzessorisches „Grundpfandrecht“ vom Nichtberechtigten nach Maßgabe der §§ 1138, 1140, 1155, 892 BGB.716 Umstritten ist nur, ob dieses als forderungslose Hypothek oder als Grundschuld zu behandeln ist.717 Wie gezeigt, spricht in der Parallelkonstellation, in der Hypothek und Forderung einem anderen als dem eingetragenen Scheinhypothekar zustehen, einiges dafür, das gutgläubig erworbene Recht als Hypothek zu behandeln, d. h. auch diejenigen Vorschriften anzuwenden, die Ausdruck der Forderungsbindung sind.718 Auch wenn mit der hier vertretenen Ansicht angenommen wird, dass sich der gutgläubige Erwerb der Hypothek auch bei bestehender Hypothekenforderung nicht auf die Forderung erstreckt, ist dies mit Blick auf den Schutzzweck der §§ 1138, 892 BGB folgerichtig. Schwieriger liegt es, wenn eine nicht entstandene oder erloschene Forderung lediglich zwecks gutgläubigen Erwerbs des dinglichen Rechts durch Zession seitens des bloßen Buchhypothekengläubigers zu fingieren ist.719 Hier ist nicht grundlegend anders zu entscheiden als bei der Belastung einer Scheinhypothek durch den Putativhypothekar.720 Mit der zugunsten des Erwerbers zur un715 Hiermit ist nicht der Fall gemeint, dass an einer kraft gutgläubigen Erwerbs entstandenen forderungsentkleideten Hypothek ein Nießbrauch oder Pfandrecht entsteht, sondern vielmehr die Konstellation, in der der Belastungsgegenstand überhaupt nicht existiert, sei es, weil es an einer Sicherungsforderung fehlt, sei es, weil die Hypothek aus anderen Gründen nicht entstanden oder erloschen ist, sei es, weil sowohl die Forderung als auch die Hypothek mangelbehaftet sind. Vergleichbar sind Konstellationen, in denen der wirkliche Gläubiger seine Hypothek belastet, diese aber nach Inhalt oder Rang unrichtig im Grundbuch ausgewiesen ist; zu den Rechtsfolgen des relativen Vorrangserwerbs bei der Verpfändung einer Hypothek, deren Rang durch das Grundbuch unrichtig ausgewiesen ist siehe § 5 IV. 1. c). Zu den allseits bekannten Parallelkonstellationen, in denen der Scheinhypothekar eine nicht bestehende Hypothek zediert – sei es, weil es an einer Sicherungsforderung fehlt („Mangel der Forderung“), sei es, weil die Hypothek aus anderen Gründen nicht entstanden oder erloschen ist („Mangel des dinglichen Rechts“), sei es, weil sowohl die Forderung als auch das dingliche Recht nicht wirksam bestehen („Mangel des dinglichen Rechts und der Forderung“) – siehe nur Baur/Stürner, Sachenrecht18 , § 38 Rn. 24–27; Schulze et al. (-Staudinger), BGB10, § 1138 Rn. 3–4. 716 Dies gilt nach heute ganz h. A. auch für eine Tilgungshypothek (siehe nur BeckOGK BGB (-Kiehnle), Stand: 1.7.2019, § 1138 Rn. 14; Staudinger (-Wolfsteiner), BGB (2015), Vorbem. zu §§ 1113 ff. Rn. 27 jeweils m. w. N.: Der Erwerber muss sich nur die Tilgungsleistungen entgegenhalten lassen, von denen er Kenntnis hat; die bloße Kenntnis, dass es sich um eine Tilgungshypothek handelt, führt nicht dazu, dass ein Erwerb ausschließlich hinsichtlich der noch offenen Tilgungsraten möglich ist.). 717 Siehe dazu BeckOGK BGB (-Kiehnle), Stand: 1.7.2019, § 1138 Rn. 18; MünchKomm (-Lieder), BGB VII7, § 1138 Rn. 16. 718 Zur Begründung wird auf die Ausführungen in § 5 IV. 2. a) Bezug genommen. 719 Z. B. weil das Darlehen nicht valutiert worden ist oder bereits zurückgezahlt worden ist, mithin eine (vorläufige) Eigentümergrundschuld gem. §§ 1163 Abs. 1, 1177 Abs. 1 S. 1 BGB besteht. 720 Für den Erwerber folgt aus der fehlenden Forderungsbindung kein sachenrechtlicher Nachteil. Aus einem Pfandrecht an einer Eigentümergrundschuld kann bei Pfandreife unproble-
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widerleglichen Fiktion erhobenen Richtigkeits- und Vollständigkeitsvermutung des Grundbuchs721 ist es nicht vereinbar, dem gutgläubigen Erwerber ein Recht an einer „unsichtbaren“ Eigentümergrundschuld zuzuweisen, auf die sich der gute Glaube schlechterdings gar nicht beziehen kann. Dies gilt nicht nur dann, wenn der designierte Hypothekengläubiger eine künftige Hypothek verpfändet, mithin zum Zeitpunkt des Abschlusses des Erwerbstatbestandes eine auflösend bedingte Eigentümergrundschuld (§§ 1163 Abs. 1 S. 1, 1177 Abs. 1 S. 1 BGB) besteht, sondern auch, wenn und soweit sich die Hypothek nachträglich in eine (Teil-)Eigentümergrundschuld verwandelt. Weil eine auflösend bedingte Eigentümergrundschuld durch Entstehung der aufschiebend bedingten Fremdhypothek bekanntlich uno actu erlischt,722 müsste das Pfandrecht dann untergehen, wenn der Mangel des dinglichen Rechts des verpfändenden Scheinhypothekars beseitigt ist. Parallel hierzu verlöre der Zessionar die auflösend bedingte Eigentümergrundschuld, sobald das auf Erwerb der Hypothek zielende Anwartschaftsrecht durch Valutierung zum „Vollrecht“ erstarkt. Das Ergebnis spräche der Gerechtigkeit Hohn. Es wäre geradezu absurd, den schlechtgläubigen Erwerber, der in voller Kenntnis des Mangels des dinglichen Rechts seines Kontrahenten immerhin dessen Anwartschaftsrecht oder ein (bei Bedingungseintritt sich rangwahrend fortsetzendes) Recht am Anwartschaftsrecht auf die Hypothek erwirbt,723 besser zu stellen als den redlichen Erwermatisch die Zwangsvollstreckung in das Grundstück betrieben werden, handelt es sich doch um eine „echte“ Grundschuld, bei der nur der Eigentümer persönlich gem. § 1197 Abs. 1 BGB gehindert ist, die Zwangsvollstreckung in sein eigenes Grundstück zu betreiben (vgl. BGH, Urteil v. 18.12.1987 – V ZR 163/86, NJW 1988, S. 1026, 1027; Staudinger (-Wolfsteiner), BGB (2015), § 1197 Rn. 5 m. w. N.). 721 Vgl. RG, Beschluss v. 9.5.1927 – V B 3/27, RGZ 116, S. 177, 181. 722 Die Streitfrage, ob die vorläufige Eigentümergrundschuld auflösend bedingt ist und durch die sodann entstehende Hypothek abgelöst wird (so RG, Urteil v. 18.12.1936 – V 190/36, RGZ 153, S. 167, 169–170; Baur/Stürner, Sachenrecht18 , § 46 Rn. 20; Erman (-Wenzel), BGB II15, § 1163 Rn. 8, 11) oder nur die Rechtszuständigkeit des Eigentümers auflösend bedingt ist und das dingliche Recht unverändert durch Entstehen der Sicherungsforderung zur Hypothek erstarkt (MünchKomm (-Lieder), BGB VII7, § 1163 Rn. 14), kann hier dahinstehen. Auch wenn man sich letzterer Ansicht anschließt, ändert dies nichts daran, dass der Eigentümer über sein vorläufiges Eigentümerrecht unstreitig nur verfügen kann, soweit dadurch die Anwartschaft, präziser die künftige Hypothek, des Gläubigers nicht beeinträchtigt wird (vgl. § 161 Abs. 1 BGB; siehe nur Baur/Stürner, Sachenrecht18 , § 46 Rn. 21, 25; Staudinger (-Wolfsteiner), BGB (2015), § 1163 Rn. 36; MünchKomm (-Lieder), BGB VII7, § 1163 Rn. 43). Mit dieser These wäre es aber schier unvereinbar, wenn sich etwaige Belastungen durch Verpfändung oder Pfändung der vorläufigen Eigentümergrundschuld an der Hypothek fortsetzen würden; schließlich verliert auch der Zessionar ohne weiteres die vorläufige Eigentümergrundschuld, sobald die aufschiebend bedingte Fremdhypothek entsteht. 723 Diesbezüglich kann dahinstehen, ob die gescheiterte Zession der Hypothek im Wege der ergänzenden Auslegung (§§ 133, 157 BGB) oder der Umdeutung (§ 140 BGB) der Einigung zu einer rechtsgeschäftlichen Übertragung des Anwartschaftsrechts führt. Das Anwartschaftsrecht des designierten Erwerbers der Hypothek ist allseits anerkanntes Korrelat der vorläufigen Eigentümergrundschuld in den Fällen der § 1163 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB (statt vieler Medicus/Petersen, Bürgerliches Recht 26 , Rn. 460, 470–471, 477–478, 483). Nach der Anwartschaftsdoktrin wird bekanntlich in den Formen des „Vollrechts“ über die Anwartschaft verfügt, d. h. durch Abtretung
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ber.724 Folglich muss sich der Gutgläubige auch nicht auf den Konvaleszenztatbestand des § 185 Abs. 2 S. 1 Var. 2 BGB verweisen lassen; mangels rückwirkender Vollendung des Verfügungserfolgs ist dies kein gleichwertiger Ersatz für den gutgläubigen Erwerb (eines Rechts an) einer Scheinhypothek.725 Würde der gutgläubige Erwerb eines Pfandrechts auf eine nicht durch das Grundbuch ausgewiesene nachträgliche (Teil-)Eigentümergrundschuld bezogen werden, stünde der Pfandgläubiger gleichfalls schlechter als wenn die durch das Grundbuch ausgewiesene Fremdhypothek des Verpfänders bestünde; schließlich drohte gerade bei Grundbuchberichtigung ein ersatzloser Verlust des wohlerworbenen Rechts durch anschließende Erfüllung gesetzlicher Löschungsansprüche nachrangiger Gläubiger. Wenn die Scheinhypothek zumindest zugunsten des Erwerbers zu fingieren ist oder sogar in der Person des Erwerbers originär entsteht, ist es allenfalls auf den ersten Blick paradox, auf dieses forderungslose Recht die an die Akzessorietät der Hypothek anknüpfenden Vorschriften anzuwenden. Allein dies garantiert die Gleichbehandlung wesentlich gleichartiger Sachverhalte.726 Zugegebenermaßen wirkt es zwar einigermaßen gekünstelt, das wohlerworbene Recht an eine fiktive Forderung zu „fesseln“, die der Erwerber gar nicht geltend machen kann. Überdies ist es dem liegenschaftsrechtlichen Verkehrsschutz gerade wesensimmanent, oder Belastung der künftigen Forderung gem. §§ 1154, 398, 1069, 1274 BGB (Baur/Stürner, Sachenrecht18 , § 46 Rn. 27; Staudinger (-Wolfsteiner), BGB (2015), § 1163 Rn. 36); mit Bedingungseintritt setzen sich die am Anwartschaftsrecht entstandenen Rechte rangwahrend an der perfekten Hypothek fort. 724 Zwar ließe sich die Verpfändung seitens des bereits eingetragenen Hypothekengläubigers ggf. zugunsten des gutgläubigen Erwerbers dahin auslegen (§§ 133, 157 BGB), dass hierin zugleich als „Minus“ eine Verpfändung des Anwartschaftsrechts liegt; zumindest eine Umdeutung käme in Betracht (§ 140 BGB). Indes ist das Anwartschaftsrecht kein vollwertiger Ersatz für die „Scheinhypothek“: Eine Vollstreckung aus dem Anwartschaftsrecht ist selbstredend mangels wirksamer Sicherungsforderung ausgeschlossen und ob das Anwartschaftsrecht durch Valutierung noch zum Vollrecht „erstarkt“, ist nicht gewiss. Überdies besteht nur die Alternative zwischen einem gutgläubigen Erwerb eines Pfandrechts an einer Scheinhypothek (bzw. der auflösend bedingten Eigentümergrundschuld) und einem rechtsgeschäftlichen Erwerb eines Pfandrechts an dem Anwartschaftsrecht vom berechtigten künftigen Hypothekengläubiger: Eine Einigung kann nicht kumulativ die Grundlage für zwei rechtsgeschäftliche Verfügungen über verschiedene Rechte bilden. 725 Der gutgläubige Zessionar erwirbt, wenn der Zedent über die vermeintlich valutierte Hypothek verfügt, weder die vorläufige Eigentümergrundschuld noch die bloße Anwartschaft des Zedenten, sondern sofort das „Vollrecht“, während die Eigentümergrundschuld erlischt (Baur/ Stürner, Sachenrecht18 , § 46 Rn. 28; Staudinger (-Wolfsteiner), BGB (2015), § 1163 Rn. 34). Zweifelhaft ist lediglich, ob dieses eine forderungslose Hypothek oder eine Grundschuld ist. Davon zu unterscheiden ist die Frage, ob ein gutgläubiger Erwerb eines Anwartschaftsrechts auf den Erwerb einer Hypothek vom Bucheigentümer in Betracht kommt und darüber hinaus auch das Vertrauen auf die Rechtsinhaberschaft des durch Grundbucheintragung und/oder durch Briefbesitz legitimierten designierten Hypothekengläubigers als Anwartschaftsrechtsinhaber bei der Abtretung und Belastung der künftigen Forderung geschützt ist, mithin ein fremdes oder scheinbares Anwartschaftsrecht vom Scheinberechtigten erworben werden kann (siehe hierzu Medicus/Petersen, Bürgerliches Recht 26 , Rn. 477–478). 726 Wie gezeigt, ist die forderungslose Hypothek in der Parallelkonstellation, in der die Hypothek und die Forderung nur nicht dem eingetragenen Hypothekengläubiger zustehen, gleichfalls als echte Hypothek und nicht als Grundschuld zu konfigurieren.
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dass der redliche Erwerber günstiger gestellt werden kann als wenn die im Grundbuch ausgewiesene Rechtslage in jeder Hinsicht materiellrechtlich richtig wäre.727 Schließlich gilt die im Grundbuch ausgewiesene Rechtslage nach § 892 Abs. 1 S. 1 BGB nur „zugunsten“ und nicht „zulasten“ des Erwerbers,728 zumal die Richtigkeits- und Vollständigkeitsfiktion des Grundbuchs hinsichtlich der Forderung ja nur „für“ und nicht „gegen“ die Hypothek wirkt (vgl. § 1138 BGB).729 Indes es aber schon wegen der durch das Verhältnismäßigkeitsprinzip gebotenen minimalinvasiven Wirkung des gutgläubigen Erwerbs nicht geboten, das durch den gutgläubigen Erwerb entstandene oder fingierte Recht als genuine Grundschuld zu behandeln. Von Belang ist die Alternative zwischen forderungsloser Hypothek und Grundschuld im Hinblick auf die Entgegensetzbarkeit forderungsbezogener Einreden i. S. v. § 1137 BGB, die nicht durch gutgläubigen Erwerb gem. §§ 1138, 892 Abs. 1 S. 1 BGB überwunden werden. Aus rechtsdogmatischer Sicht ist es nicht zu beanstanden, einem im Grundbuch eingetragenen Leistungsverweigerungsrecht, z. B. einer Stundungseinrede, trotz des Umstands, dass der Wirksamkeit der Forderung ohnehin rechtshindernde oder rechtsvernichtende Einwendungen entgegenstehen, materiellrechtliche Wirkungen zu attestieren, soweit es um die Durchsetzung des dinglichen Rechts geht.730 Wer das Scheinrecht als Grundschuld 727 Vgl. MünchKomm (-Kohler), BGB VII7, § 892 Rn. 72; Schulze et al. (-Staudinger), BGB10 , § 892 Rn. 29; Staudinger (-Picker), BGB (2019), § 892 Rn. 228. 728 BGH, Urteil v. 31.10.1968 – V ZR 117/67, NJW 1969, S. 93, 95; Planck (-Strecker), BGB III/15, § 892 Anm. III 5; Schulze et al. (-Staudinger), BGB10, § 892 Rn. 29; Staudinger (-Picker), BGB (2019), § 892 Rn. 228, näher Lutter, AcP 164 (1964), S. 122, 179–181. 729 Nach überwiegenden Ansicht werden schließlich auch nicht bloße Buchrechte Dritter – z. B. längst obsolete Grunddienstbarkeiten oder scheinbar vorrangige Hypotheken – durch den gutgläubigen Erwerb vom Scheinhypothekar zum Nachteil des Erwerbers originär aus der Taufe gehoben (vgl. MünchKomm (-Kohler), BGB VII7, § 892 Rn. 72; Schulze et al. (-Staudinger), BGB10, § 892 Rn. 29; Staudinger (-Picker), BGB (2019), § 892 Rn. 228 m. w. N.). Ausgehend vom Wortlaut des § 892 Abs. 1 S. 1 BGB soll der gutgläubige Erwerb nur zugunsten des Erwerbers Wirkung entfalten, so dass bloße Buchbelastungen des in Wirklichkeit insoweit unbelasteten Grundstückseigentums oder beschränkten dinglichen Rechts nicht durch den gutgläubigen Erwerb des Grundstücks, des betreffenden beschränkten dinglichen Rechts oder eines Rechts an dem vermeintlich belasteten Recht „geheilt“ werden. Außerdem wirkt sich ein redlicher Erwerb in Bezug auf ein belastetes beschränktes dingliches Recht unmittelbar zugunsten des lastenden Rechts „zweiten Grades“ aus, auch wenn dessen Inhaber an dem maßgeblichen Verkehrsgeschäft nicht beteiligt ist oder gar positive Kenntnis von der wirklichen Rechtslage hat (Staudinger (-Picker), BGB (2019), § 892 Rn. 229). Wird etwa eine vorrangige Hypothek zu Unrecht im Grundbuch gelöscht, so dass der Zessionar der nachrangigen, vor der Löschung der vorrangigen bereits verpfändeten Hypothek bei unterstellter Redlichkeit gutgläubig den Vorrang erwirbt, besteht das Pfandrecht an dieser im Rang aufrückenden Hypothek fort, wovon der Pfandgläubiger bei Geltendmachung der Hypothek profitiert (Staudinger (-Picker), BGB (2019), § 892 Rn. 229). Widersprüchlich ist dieser Befund nicht. Er bestätigt, dass ein Sachenrecht höheren Grades das rechtliche Schicksal des belasteten Sachenrechts niedrigeren Grades teilt, zumal der Pfandgläubiger umgekehrt bei zu Unrecht erfolgter Löschung des belasteten Rechts und damit verbundenen lastenfreien Eigentumserwerb oder gutgläubigen Erwerb des Vorrangs eines Dritten einen vollständigen Rechtsverlust oder zumindest eine Schmälerung seines Rechts zu gewärtigen hat. 730 I. E. wie hier Eichler, Institutionen des Sachenrechts II/2, S. 478; BeckOGK BGB (-Kiehnle), Stand: 1.7.2019, § 1138 Rn. 18 mit Fn. 62: Es sei nicht einzusehen, weshalb der Zessionar der
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konfiguriert, schlägt dem Eigentümer diese Einrede aus der Hand.731 Mit dem Schutzzweck des redlichen Erwerbs ist dies unvereinbar. Mit der Geltendmachung der im Grundbuch dokumentierten Einreden muss der Erwerber ohnehin rechnen und zudem dürfte hinsichtlich der nicht forderungsbezogenen („dinglichen“) Einreden gegen die Hypothek vorbehaltlich gutgläubigen Erwerbs gem. §§ 1157, 892 BGB nicht anders entschieden werden. Wird nun aber das Verfügungsobjekt des gutgläubigen Erwerbs (eines Rechts an) einer Hypothek – die Scheinforderung – ausschließlich zugunsten des durch den gutgläubigen Erwerb beeinträchtigten Eigentümers fingiert, ist dadurch keineswegs das Postulat der relativen Schutzwirkung des gutgläubigen Erwerbs732 in Frage gestellt. Der Eigentümer ist gerade kein „unbeteiligter Dritter“, sondern derjenige, dessen Recht durch die kraft gutgläubigen Erwerbs entstandene oder fingierte Hypothek beeinträchtigt ist. Es leuchtet nicht ein, den Eigentümer schlechter zu stellen als er stünde, wenn die Hypothek wirksam wäre: Wenn das Grundbuch forderungsbezogene Einreden verlautbart, die bei unterstellter Wirksamkeit der Hypothekenforderung dem Zessionar entgegensetzbar wären, sollte es dem Eigentümer freistehen, diese auch dem Pfandgläubiger einer Scheinhypothek entgegenzusetzen. Im Unterschied zum gutgläubigen zessionsbasierten Erwerb einer forderungsentkleideten Hypothek ist jedoch die Reichweite der aus § 892 Abs. 1 S. 1 BGB folgenden Fiktion der Hypothek beim gutgläubigen Erwerbs eines begrenzten Rechts an diesem Scheinrecht fraglich. Während dem Gebot der Rechtsfolgenkohärenz beim gutgläubigen Erwerb einer scheinbaren Hypothek – trotz (notwendigen) Fehlens einer Sicherungsforderung – noch relativ problemlos Rechnung getragen werden kann, gestaltet sich die konstruktionsjuristische Lösung des Rechtsfolgengleichlaufs beim gutgläubigen Erwerb eines Pfandrechts an einer Scheinhypothek diffiziler. Würde man mit der Hypothese Ernst machen, dass der gutgläubige Erwerb eines Pfandrechts lediglich zugunsten des Erwerbers wirke,733 wäre niemand berechtigt, die Scheinhypothek und/oder das Pfandrecht abzulösen.734 Auf der einen Seite stünden weder dem Eigentümer noch sonstigen am Grundstück berechHypothek hier bessergestellt werden solle als er aufgrund der im Grundbuch ausgewiesenen Rechtslage erwarten durfte, zumal es nicht undenkbar sei, eine (Stundungs-)Einrede – unter Bezugnahme auf die Kipp’sche Lehre von der „Doppelwirkung“ im Recht (Kipp, FS Martitz, S. 211– 233) – einer nichtigen Forderung entgegenzuhalten. 731 Deshalb für Anwendung der hypothekenrechtlichen BeckOGK BGB (-Kiehnle), Stand: 1.7.2019, § 1138 Rn. 18; MünchKomm (-Lieder), BGB VII7, § 1138 Rn. 16; ebenso – freilich ohne Begründung – Baur/Stürner, Sachenrecht18 , § 38 Rn. 25, § 46 Rn. 28. 732 Die relative Wirkung des gutgläubigen Erwerbs gem. § 892 BGB betonend BGH, Urteil v. 31.10.1968 – V ZR 117/67, NJW 1969, S. 93, 95; Wellenhofer, Sachenrecht 33, § 19 Rn. 31. 733 Siehe die Nachweise in der vorigen Fn. 734 Das allgemeine Ablösungsrecht gem. § 268 BGB und die spezielleren Ablösungsrechte der §§ 1143, 1150, 1223, 1249 BGB sind von demselben Rechtsgedanken getragen: Der Ablösungsberechtigte soll einem drohenden Rechtsverlust zuvorkommen können, indem er den Gläubiger aus eigenem Recht auch gegen den Widerspruch des Schuldners (§ 267 Abs. 2 BGB gilt nicht) befriedigen kann (vgl. Jauernig (-Stadler), BGB17, § 268 Rn. 1–2; MünchKomm (-Krüger), BGB II8 , § 268 Rn. 1–2).
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tigten Personen Ablösungsrechte hinsichtlich der fiktiven Hypothek zu.735 Auf der anderen Seite dürfte aber auch nicht das Pfandrecht (einschließlich der belasteten Scheinhypothek) durch Zahlungen an den Pfandgläubiger kraft gesetzlichen Forderungsübergangs auf den leistenden Eigentümer oder sonstige am Grundstück berechtigte Personen übergehen, weil sich aus §§ 1273 Abs. 2 S. 1, 1249 S. 1 BGB jedenfalls nicht unmittelbar eine Ablösungsberechtigung hinsichtlich des Pfandrechts ergibt.736 Dieses Ergebnis ist ersichtlich weder interessengerecht noch überzeugt es dogmatisch. Wenn der Eigentümer bei der Übertragung einer Scheinhypothek die zugunsten des Zessionars entstandene forderungslose Hypothek oder Grundschuld 735 Diese könnte sich also weder durch Zahlungen des Eigentümers in eine Eigentümergrundschuld gem. §§ 1163 Abs. 1 S. 2, 1177 Abs. 1 S. 1 BGB verwandeln noch würde sie durch Drittleistung auf den Leistenden (in Ermangelung eines komplementären gesetzlichen Forderungsübergangs) als forderungslose Hypothek gem. §§ 1150, 268 Abs. 3, 1153 BGB übergehen. Dies würde selbst dann gelten, wenn die Zahlungen an den einziehungsberechtigten Pfandgläubiger geleistet oder vor Pfandreife für diesen hinterlegt werden würden, weil es nun einmal kein übergangsfähiges Recht gäbe. 736 Das Ablösungsrecht aus § 1249 BGB ist zwar auf das Pfandrecht an Rechten entsprechend anzuwenden (siehe nur Erman (-J. Schmidt), BGB II15, § 1249 Rn. 3). Außer dem gutgläubig erworbenen Pfandrecht existiert bei rein formaler Betrachtung hier aber kein anderes „Recht an dem Pfande“ i. S. v. § 1249 S. 1 BGB, dass durch die „Veräußerung des Pfandes“ verlustig gehen kann. Überdies spricht eine verbreitete Ansicht dem Grundstückseigentümer das Recht zur Ablösung eines Pfandrechts an einer auf seinem Grundstück lastenden Hypothek schlechthin ab, weil sein Grundstück durch eine Veräußerung der Hypothek nicht berührt werde (so RG, Urteil v. 7.3.1903, JW 1903, Beilage 7 Nr. 126; zustimmend u. a. Erman (-J. Schmidt), BGB II15, § 1249 Rn. 3; Martinek (-Protz), jurisPK-BGB III8 , § 1249 Rn. 10; Palandt (-Wicke), BGB78 , § 1249 Rn. 2; Soergel (-Habersack), BGB XVI13, § 1249 Rn. 3). M. E. ist zu präzisieren: Wenn der Pfandgläubiger aufgrund vertraglich vereinbarter Verkaufsberechtigung (vgl. § 1277 S. 1, letzter Hs. BGB) die belastete Grundschuld oder Hypothek veräußert, droht dem Eigentümer durch den bloßen Übergang des belasteten Grundpfandrechts kein Rechtsnachteil. Die sachenrechtliche „Neutralität“ dieser Verfügung für das Grundstückseigentum zeigt sich darin, dass der Eigentümer in Ermangelung eines Abtretungsverbots (§ 399 Var. 2 BGB) weder die Abtretung noch die Belastung der Forderung durch den Hypothekengläubiger verhindern kann; im Verhältnis zum Pfandgläubiger kann nichts anderes gelten. Indes ist die verpfändete Grundschuld oder Hypothek nach der dispositiven gesetzlichen Regelung regulär durch „Einziehung“ gem. §§ 1281, 1282 BGB (i. V. m. § 1291 BGB), d. h. durch Zwangsvollstreckung in das Grundstück mit dem Rang der belasteten Hypothek zu realisieren, was für den Eigentümer und die Inhaber der der belasteten Hypothek im Rang nachfolgenden Rechte fraglos zu einem Rechtsverlust führen kann. Ob der Hypothekengläubiger oder ein Pfandgläubiger die Zwangsvollstreckung in das Grundstück mit dem Rang der Hypothek betreibt, ist aus Sicht des Eigentümers und derjenigen Rechtsinhaber, deren Rechte im Wege der Zwangsversteigerung erlöschen, bedeutungslos. Allerdings sind im Verhältnis zum Pfandgläubiger, sofern dieser aus der Hypothek vollstrecken will, die §§ 1142 Abs. 1, 1150 BGB anwendbar; Ablösungsleistungen sind mithin in Gemäßheit der §§ 1281, 1282 BGB (i. V. m. § 1291 BGB) zu bewirken. Es besteht insoweit kein Grund, dem Eigentümer und anderen am Grundstück berechtigten Personen ein eigenes Ablösungsrecht hinsichtlich eines Pfandrechts an einem Grundpfandrecht gem. §§ 1273 Abs. 2 S. 1, 1249 S. 1 BGB zu gewähren. Wird vor Eintritt der Pfandreife die Hypothek oder Grundschuld gem. § 1281 BGB (i. V. m. § 1291 BGB) abgelöst, setzt sich das Pfandrecht an dem Ablösungsbetrag gem. § 1287 S. 1 BGB (i. V. m. § 1291 BGB) fort. Wird nach Eintritt der Pfandreife die verpfändete Hypothek oder Grundschuld gem. § 1282 Abs. 1 S. 1 BGB (i. V. m. § 1291 BGB) abgelöst, erwirbt der Pfandgläubiger das Eigentum am Erlös, soweit ihm der Erlös zu seiner Befriedigung gebührt (vgl. § 1288 Abs. 2 BGB i. V. m. § 1291 BGB).
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ablösen kann, darf er hier nicht schlechter stehen, während der Pfandgläubiger umgekehrt nicht besserstehen kann als der Zessionar. Andererseits verbietet es sich, die verpfändete Scheinhypothek mit absoluter Wirkung kraft gutgläubigen Erwerbs eins Pfandrechts entstehen zu lassen. Anderenfalls schlüge man dem Grundstückseigentümer und den Inhabern der der Scheinhypothek nachfolgenden Rechte Ansprüche auf Berichtigung des Grundbuchs unter Vorbehalt des hypothekenbelastenden Pfandrechts aus der Hand, was noch weniger einleuchtete.737 Demgegenüber erscheint es zwar denkbar, dem Eigentümer und anderen am Grundstück berechtigten Rechtsinhabern aufgrund ihrer materiellrechtlichen Betroffenheit nicht nur unter den Voraussetzungen des § 268 Abs. 1 S. 1 BGB, sondern darüber hinaus auch außerhalb der Zwangsvollstreckung (in die Hypothek) ein Recht zur Ablösung des die fiktive Hypothek belastenden Pfandrechts gem. §§ 1273 Abs. 2 S. 1, 1249 S. 1 BGB zu gewähren. Selbst wenn man annimmt, dass dem Grundstückseigentümer grundsätzlich kein Ablösungsrecht hinsichtlich eines liegenschaftsrechtsbelastenden Pfandrechts gem. §§ 1273 Abs. 2 S. 1, 1249 S. 1 BGB zusteht,738 erscheint jedenfalls beim gutgläubigen Erwerb eines Pfandrechts an einem Scheingrundpfandrecht eine veränderte Betrachtungsweise geboten. Schließlich bestimmt das Pfandrecht Inhalt und Ausmaß der Belastung des „Grundstücks“, zumal die Ablösungsleistungen in jedem Fall nicht dem Scheinhypothekar, sondern ausschließlich dem Pfandgläubiger gebühren, soweit sein Sicherungsinteresse reicht. Dogmatisch vorzugswürdig erscheint es jedoch, dem Eigentümer und anderen regulär ablösungsberechtigten Personen die Befugnisse aus §§ 1142, 1150 BGB (ggf. i. V. m. § 1192 Abs. 1 BGB) zuzuweisen.739 Nur auf diese Weise lässt sich ein Gleich737 Wird die Hypothek forthin im Grundbuch ausgewiesen, liegt darin aber eine fortdauernde Eigentumsstörung, weil die Belastungsintensität durch weitere Verfügungen des im Buchhypothekars verschärft und vertieft werden könnte. Will man ein schutzwürdiges Abwehrinteresse nicht negieren, sind der Eigentümer und andere materiellrechtlich beeinträchtigte Inhaber von Grundstücksrechten berechtigt, vom Pfandgläubiger die Zustimmung Berichtigung des Grundbuchs unter Vorbehalt des Pfandrechts an der Scheinhypothek gem. § 894 BGB zu verlangen (siehe auch zur Fiktion eines Erbbaurechts bei gutgläubigem Erwerb einer Hypothek am Erbbaurecht BayObLG, Beschluss v. 18.7.1986 – BReg. 2 Z 60/86, BayObLGZ 1986, S. 294; MünchKomm (-Heinemann), BGB VII7, § 11 ErbbauRG Rn. 15a; NomosKomm (-U. Krause), BGB III4, § 892 Rn. 75; Rosenberg, BGB III/1, § 892 Anm. III. 3.; Staudinger (-Picker), BGB (2019), § 892 Rn. 222, 229). 738 RG, Urteil v. 7.3.1903, JW 1903, Beilage 7 Nr. 126; zustimmend u. a. Erman (-J. Schmidt), BGB II15, § 1249 Rn. 3; Martinek (-Protz), jurisPK-BGB III8 , § 1249 Rn. 10; Palandt (-Wicke), BGB78 , § 1249 Rn. 2; Soergel (-Habersack), BGB XVI13, § 1249 Rn. 3. 739 Auch mit Blick auf die Rechtsfolgen der Ablösung erscheint dieser Ansatz sachgerecht. Bei unterstellter Ablösung des Pfandrechtes würde der Eigentümer nicht eine Eigentümergrundschuld bzw. Eigentümerhypothek gem. §§ 1143 Abs. 1 S. 1, 412, 401 Abs. 1, 1153 Abs. 1, 1177 BGB, sondern die Pfandforderung einschließlich des hypothekenbelastenden Pfandrechts gem. §§ 1273 Abs. 2 S. 1, 1249, 268 Abs. 3, 412, 401 Abs. 1, 1250 Abs. 1 S. 1 BGB erwerben. Dies ist nicht geboten. Abgesehen davon, dass sich der Scheinhypothekar auf Kosten des Eigentümers einen nach § 816 Abs. 1 S. 1 BGB kondizierbaren Vermögensvorteil (zumindest in Form günstigerer Kreditkonditionen) verschafft hat, erlangt er durch die Befriedigung des Pfandgläubigers seitens des Eigentümers natürlich noch einen weiteren Vermögensvorteil, der vom Eigentümer ohnehin aufgrund der subsidiären Rückgriffskondiktion gem. § 812 Abs. 1 S. 1 Var. 2 BGB abgeschöpft werden kann.
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lauf mit dem – freilich wohl bedeutungslosen740 – gutgläubigen Erwerb eines Nießbrauchs an einer Scheinhypothek gewährleisten, weil der Nießbrauch nun einmal weder ablösungs- noch übergangsfähig ist. Mit der These, dass der gutgläubige Erwerb nur zugunsten des Erwerbers wirke, lässt sich der hier entwickelte Lösungsvorschlag durchaus vereinbaren, weil die Ablösung der fiktiven Hypothek nicht nur der Abwehr einer drohenden Zwangsvollstreckung dient, sondern auch dem durch die Ablösungsleistung auf das fiktive Grundpfandrecht befriedigten Pfandgläubiger (resp. Nießbraucher) zugutekommt. Nach alldem ist im Fall eines gutgläubigen Erwerbs eines Rechts an einer Scheinhypothek als Belastungsgegenstand eine forderungslose Hypothek und nicht eine Grundschuld zu fingieren; parallel hierzu entsteht bei der Zession durch einen Nichtberechtigten eine forderungslose Hypothek. Das Primat des Verkehrsschutzes wird dadurch nicht relativiert; der Erwerber steht nicht schlechter, aber auch nicht besser als er aufgrund der im Grundbuch dokumentierten Rechtslage erwarten konnte und durfte.741 Folglich endet die Fiktionswirkung des BelasZudem ist zu beachten, dass der Eigentümer aufgrund des gesetzlichen Forderungsübergangs einschließlich des hypothekenbelastenden Pfandrechts nicht besser stehen darf als bei der Ablösung einer Hypothek. Insbesondere muss auch hier sichergestellt sein, dass er sich nicht durch Ausübung der pfandrechtsbelasteten Hypothek im Wege der Zwangsvollstreckung in sein eigenes Grundstück gem. § 1147 BGB unliebsamer Belastungen entledigt. Während dies bei Entstehung einer Eigentümerhypothek oder Eigentümergrundschuld gem. § 1197 Abs. 1 BGB ausgeschlossen ist, gilt prinzipiell etwas anderes, wenn der Eigentümer zwar Pfandgläubiger eines Pfandrechts an einer Hypothek oder Grundschuld ist, ohne dass das verpfändete Recht selbst auch dem Eigentümer zusteht. Auch dürfen konkurrierende Hypotheken- und Grundschuldgläubiger nicht dadurch schlechter gestellt werden, weil es an der für die Entstehung des gesetzlichen Löschungsanspruchs erforderlichen Vereinigung i. S. v. § 1179a Abs. 1 S. 1 BGB fehlt. 740 Der gutgläubige Erwerb eines Nießbrauchs an einer Scheinhypothek ist freilich eher eine denktheoretische Konstruktion als ein praktisches Problem: Sofern sich der Scheinhypothekar selbst einen Nießbrauch im Kontext der Abtretung der Hypothekenforderung vorbehält, scheidet ein gutgläubiger Erwerb schon mangels Verkehrsgeschäfts im Wege teleologischer Reduktion des § 892 BGB aus; m. E. entsteht in dieser Konstellation auch nicht etwa ein Nießbrauch zugunsten des wirklichen Hypothekengläubigers resp. bei Verfügung über eine bloße Scheinhypothek zugunsten des Grundstückseigentümers (siehe § 12 II. 2. b) aa)). 741 Sollte freilich (weil im Zeitpunkt der Vollendung des Verfügungstatbestandes eine auflösend bedingte Eigentümergrundschuld und ein damit korrespondierendes Anwartschaftsrecht des Verfügenden bestehen) nachträglich noch eine vollwirksame Hypothek in der Person des Zedenten der Verpfänders entstehen, bedarf es wiederum keiner Erstreckung des gutgläubigen Erwerbs auf die Forderung, weil die Forderungsabtretung oder Forderungsverpfändung gem. § 185 Abs. 2 S. 1 Var. 2 BGB konvalesziert. Würde im Fall der Zession oder Belastung einer noch nicht valutierten Hypothek durch den bereits Eingetragenen erst bei Bedingungseintritt das Recht des Erwerbers entstehen, wäre dieser wiederum nach Maßgabe des Prioritätsprinzips gegen konkurrierende Verfügungen des Scheinhypothekars geschützt (§ 185 Abs. 2 S. 2 BGB); auch könnten Verfügungen über das Eigentum oder die vorläufige Eigentümergrundschuld die Rechtsposition des Erwerbers prinzipiell aufgrund des bedingungsrechtlichen Verfügungsschutzes nicht vereiteln oder beeinträchtigen (§ 161 Abs. 1 BGB). Allerdings steht dies zum einen unter dem Vorbehalt eines gutgläubigen Erwerbs (§§ 161 Abs. 3, 892 BGB) und zum anderen ist einfach völlig ungewiss, ob die Finanzierung gelingt und sich daher die bloße Anwartschaft in eine vollwirksame Hypothek verwandelt. Ist die Forderung dagegen im Zeitpunkt der Vollendung des gutgläubigen Erwerbs (eines Rechts an) einer Grundschuld bereits erloschen, zeigt sich einmal
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tungsgegenstandes beim gutgläubigen Erwerb eines Rechts an einer Scheinhypothek zwar grundsätzlich, aber nicht ausnahmslos mit dem Erlöschen des lastenden Rechts von selbst.742 c) Gutgläubiger Erwerb des Rangvorrechts Zieht schon der gutgläubige Erwerb eines Rechts an einer Scheinhypothek noch ungelöste Detailfragen hinsichtlich der Fiktionswirkung des Belastungsgegenstandes nach sich, bereitet der rechtskonstruktiv mögliche gutgläubige Erwerb des Vorrangs von Rechten an Hypotheken (und anderen belastbaren Grundstücksrechten) nicht nur rechtsdogmatische, sondern auch weitgehend ungelöste praktische Probleme. Voranzustellen ist, dass bei der Bestellung eines Rechts an einem Liegenschaftsrecht ein gutgläubiger Erwerb sowohl in Bezug auf den Rang des zu konstituierenden als auch in Bezug auf den Rang des zu belastenden Rechts in Betracht kommt. Möglich ist zudem ein Zusammentreffen beider Varianten des gutgläubigen Erwerbs des Vorrangs in einer Fallkonstellation. Wird z. B. ein Nießbrauch oder Pfandrecht an einer mit einem weiteren Pfandrecht zu belastenden (Brief-) Hypothek nicht im Grundbuch eingetragen oder zu Unrecht gelöscht, erheischt das konsekutiv bestellte Pfandrecht gem. § 892 Abs. 1 S. 1 BGB Vorrang vor dem älteren Nießbrauchs- oder Pfandrecht; dieses erlischt nicht mit absoluter Wirkung, sondern wird durch jenes im Rang verdrängt.743 Für die Bestellung eines Rechts an mehr, dass das Gesetz mit der Anerkennung des gutgläubigen Erwerbs vom Scheinhypothekar das Risiko einer Doppelzahlung auf Forderung und dingliches Recht billigend in Kauf nimmt. Dies aber verstärkt nochmals die bereits gegen die Erstreckung des gutgläubigen Erwerbs auf die Forderung angemeldeten Bedenken in der Konstellation, in der die Forderung im Zeitpunkt der Vollendung des Verfügungserfolgs noch nicht vollständig erloschen ist. Sollen nicht bloße Zufälligkeiten über die Rechtsfolgen des gutgläubigen Erwerbs entscheiden, ist ein gutgläubiger Forderungserwerb im Kontext der Zession oder Belastung einer vermeintlichen oder nicht dem Eingetragenen zustehenden Hypothekenforderung abzulehnen. Verliert der Eigentümer seine Eigentümergrundschuld wegen einer Verfügung des Scheinhypothekars, muss er sich an diesen halten; neben sicherungsvertraglichen kommen außervertragliche Ansprüche auf Schadensersatz und/oder Herausgabe des Erlangten in Betracht. Soweit hier auf die Eigentümergrundschuld als sonstiges Recht i. S. v. § 823 Abs. 1 BGB abgestellt wird, ist allerdings zu bemerken, dass ein Anspruch aus § 823 Abs. 1 BGB angesichts der prinzipiellen Sperrwirkung der analog anzuwendenden Vorschriften des Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses nur unter den einschränkenden Voraussetzungen des § 992 BGB in Betracht kommen dürfte. Vorrangig ist daher an einen Anspruch auf Schadensersatz analog §§ 989, 990 BGB (Unmöglichkeit der Grundbuchberichtigung durch Übertragung oder Belastung der Scheinhypothek) sowie an einen Anspruch aus § 816 Abs. 1 S. 1 BGB zu denken, wobei dies zu der umstrittenen Folgefrage der Bestimmung des durch die Verfügung „Erlangten“ bei der Belastung von Grundstücken und Grundstücksrechten führt. 742 Soweit die (fiktive) Forderung mit Wirkung gegenüber dem Pfandgläubiger getilgt wird, verwandelt sich die belastete Scheinhypothek in eine Eigentümergrundschuld oder Eigentümerhypothek gem. §§ 1163 Abs. 1 S. 2, 1177 BGB; das Pfandrecht setzt sich kraft unmittelbarer Ersetzung am Leistungsgegenstand fort, wobei für die Erlöszuordnung dahin zu unterscheiden ist, ob bereits Pfandreife vorliegt oder nicht (§§ 1281, 1282, 1287 S. 1, 1288 Abs. 2 BGB). 743 Nach zutreffender Ansicht ist ein gutgläubiger Erwerb des Vorrangs jedenfalls beim Ersterwerb eines Pfandrechts an einem Grundstücksrecht nach § 892 Abs. 1 S. 1 BGB möglich (Staudinger (-Gursky), BGB (2013), § 892 Rn. 63; Westermann/Gursky/Eickmann (-Gursky), Sachen-
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einem Grundstücksrecht gilt insoweit nichts anderes als für die Bestellung eines Rechts am Grundstück. Sofern nun der zu belastenden Hypothek ein außerhalb des Grundbuchs entstandenes oder zu Unrecht gelöschtes Recht (z. B. eine Dienstbarkeit) im Rang vorgeht, wird – Unkenntnis des Erwerbers des an der Hypothek zu bestellenden Nießbrauchs oder Pfandrechts von dem der zu belastenden Hypothek vorrangigen Recht unterstellt – dieses Recht von der belasteten Hypothek nach § 892 Abs. 1 S. 1 BGB verdrängt, soweit der Rangvortritt zur Verwirklichung des die Hypothek belastenden Nießbrauchs oder Pfandrechts erforderlich ist.744 Dies ist Ausdruck der teleologisch induzierten relativen Wirkung des gutgläubigen Erwerbs: Wenn Bestand und Inhalt eines im Grundbuch eingetragenen Belastungsgegenstandes lediglich zugunsten des Erwerbers des zu konstituierenden Rechts zu fingieren sind, ändert sich das Rangverhältnis zwischen dem ehedem vorrangigen Recht (z. B. der Dienstbarkeit) und dem belasteten Recht (z. B. der verpfändeten Hypothek) – anders als bei der Zession der Hypothek – ausschließlich in Relation zu dem lastenden Recht.745 All dies ist unproblematisch. Schwierigkeiten bereitet der gutgläubige Erwerb des Vorrangs aber dann, wenn zwischen dem zurücktretenden und dem vortretenden Recht weitere Grundstücksrechte oder Rechte an Grundstücksrechten bestehen, weil hier angeblich – wie bei der Ausnutzung von Rangvorbehalten zwischen dem im Rangvorbehalt eingewiesenen Recht, vorbehaltlosen Zwischenrechten und dem mit dem Vorbehalt belegten Recht – eine kreisförmige, relative Rangordnung ohne feste Rangpositionen entstehen soll.746 Möglich sind solche Konstellationen recht8 , § 135 Rn. 8; Wolff/R aiser, Sachenrecht10, § 175 III. 1. b) in Fn. 21 (S. 721)). Dass § 1273 Abs. 2 S. 2 BGB die Anwendbarkeit von § 1208 BGB ausschließt, steht dem schon deshalb nicht entgegen, weil § 1208 BGB ohnehin nicht auf Pfandrechte an Liegenschaftsrechten entsprechend anzuwenden wäre; diesbezüglich kommt hinsichtlich des gutgläubigen Erwerbs des Vorrangs von vornherein nur § 892 BGB in Betracht. Wenn diese Vorschrift aber nach einhelliger Ansicht auf den Ersterwerb von Pfandrechten an Liegenschaftsrechten unmittelbar anzuwenden ist, ist nicht einzusehen, weshalb die zur Fiktion erhobene Richtigkeits- und Vollständigkeitsvermutung des Grundbuchs nicht auch in Ansehung des Ranges des zu verpfändenden Grundstücksrechts, sei es eine Hypothek, eine Grundschuld, eine Reallast, maßgeblich sein soll. 744 Vgl. KG, Beschluss v. 11.9.1926, OLGE 46, S. 61, 62–63; Staudinger (-Gursky), BGB (2013), § 892 Rn. 222, 229. Dies gilt auch dann, wenn der Hypothek ein notwendigerweise zur ersten Rangstelle bestelltes Erbbaurecht (§ 10 Abs. 1 S. 1 ErbbauRG) vorgeht. Auch das Erbbaurecht wird durch einen nach § 892 BGB möglichen Vorrangserwerb nicht mit absoluter Wirkung beseitigt, sondern lediglich im Rang verdrängt (BGH, Urteil v. 31.10.1968 – V ZR 117/67, NJW 1969, S. 93, 94–95). 745 Der Hypothekengläubiger wird durch den lediglich zugunsten des Erwerbers des Nießbrauchs oder Pfandrechts fingierten Vortritt seines Rechts weder begünstigt noch benachteiligt (vgl. KG, Beschluss v. 11.9.1926, OLGE 46, S. 61, 62–63; Staudinger (-Gursky), BGB (2013), § 892 Rn. 229). 746 KG, Beschluss v. 30.6.1927, JFG 5, S. 397, 402–404: Wenn eine mit Vorrang vor anderen Rechten bestehende Hypothek zu Unrecht im Grundbuch gelöscht sei und vor Wiedereintragung derselben eine Hypothek von einem Dritten gutgläubigen erworben werde, trete dieses Recht nicht wie bei einem Rangtausch gem. § 880 BGB in die Rangstelle des gelöschten Rechts ein; die Wirkung des öffentlichen Glaubens des Grundbuchs beschränke sich darauf, dass die gutgläubig erworbene Hypothek in der Zwangsversteigerung des Grundstücks so zu berücksichtigen sei, als
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sowohl bei der Bestellung als auch bei der Belastung und der Übertragung verkehrsfähiger Grundstücksrechte, richtigerweise hingegen nicht bei der Belastung und Übertragung von Rechten an nicht dem Eigentum angeglichenen Grundstücksrechten.747 Exemplarisch zeigt sich die relative Rangzuordnung im nachfolgenden Fallbeispiel. Wird die erstrangige Hypothek (H1) zwischen der Bestellung einer zweiten Hypothek (H2) und der Bestellung einer dritten Hypothek (H3) zu Unrecht im Grundbuch gelöscht, kommt zugunsten des Erwerbers von H3 ein redlicher Erwerb des Vorrangs im Verhältnis zu H1, aber nicht in Relation zu H2 in Betracht, wohingegen das Rangverhältnis zwischen H1 und H2 unverändert fortbesteht: H1 muss sich nur H3, nicht aber H2 vorgehen lassen, während sich H2 nur H1, nicht aber H3 vorgehen lassen muss.748 Wenn nun aber erst nach Bestellung der Hypothek H3 die vorrangige Hypothek H1 zu Unrecht gelöscht und H3 verpfändet wird, tritt H3 lediglich zugunsten des Inhabers des wohlerworbenen Pfandrechts (P1) bei unterstellter Redlichkeit des Erwerbers gem. §§ 1274 Abs. 1 S. 1, 1154, 1153 Abs. 1, 892 Abs. 1 S. 1 BGB vor; auf diese relative Rangordnung kann sich der Rechtsinhaber von H3 nicht berufen, ihm gegenüber entfalten sowohl H1 als auch H2 unverändert Vorrang.749 Wenn jetzt noch H2 zu Unrecht gelöscht wird und H3 mit einem weiteren Pfandrecht (P2) belastet wird, kommt H3 insoweit sogar sowohl im Verhältnis zu H1 und H2 Vorrang zu; dies gilt natürlich nur für P2, während es für P1 bei der Rangordnung H2-H3-H1 bewendet und P1 wiederum in Relation zu P2 Vorrang gebührt. Wird sodann P1 zu Unrecht gelöscht und H3 erneut verpfändet, entsteht auch noch im Verhältnis von P1, P2 und dem dritten Pfandrecht (P3) – bei unterstelltem gutgläubigem Erwerb – wie im Verhältnis zwischen H1, H2 und H3 eine relative Rangordnung. Wird dagegen P1 erst nach der Bestellung von P3 und vor der Zession oder Belastung der durch P3 gesicherten Forderung zu Unrecht gelöscht, würde P3 nur dann im Verhältnis zu P1 vortreten, ob die zu Unrecht gelöschte Hypothek nicht vorhanden wäre. Die gutgläubig erworbene Hypothek gehe somit den bereits im Zeitpunkt des Rechtserwerbs eingetragenen Rechten am Grundstück im Rang nach. Andererseits behalte die gelöschte und sodann kraft Grundbuchberichtigung wiedereingetragene Hypothek den Vorrang vor den Rechten, den sie bereits vor Vollendung des gutgläubigen Erwerbs der konkurrierenden Hypothek im Rang vorging; die gelöschte Hypothek müsse ausschließlich der wohlerworbenen Hypothek und auch dieser nur in dem Umfang weichen, als der Versteigerungserlös den gesamten Betrag derjenigen Rechte übersteige, die der gutgläubig erworbenen Hypothek im Rang vorgehen, im Verhältnis zur gelöschten Hypothek aber nachrangig seien. Zustimmend MünchKomm (-Kohler), BGB VII7, § 881 Rn. 21, § 892 Rn. 73; Staudinger (-S. Heinze), BGB (2018), § 879 Rn. 75; Staudinger (-Picker), BGB (2019), § 892 Rn. 229. Instruktiv zu den durch Ausnutzung von Rangvorbehalten bei bestehenden vorbehaltlosen Zwischenrechten entstehenden relativen Rangordnungen Erman (-Artz), BGB II15, § 879 Rn. 10–12; BeckOGK BGB (-Kesseler), Stand: 1.1.2019, § 881 Rn. 27–31; Staudinger (-S. Heinze), BGB (2018), § 881 Rn. 33–38; Wieling, Sachenrecht5, § 21 III 2 (S. 319–320). 747 Siehe hierzu sogleich unter § 5 IV. 4. 748 Siehe auch das Fallbeispiel bei Staudinger (-S. Heinze), BGB (2018), § 879 Rn. 75. 749 Vgl. KG, Beschluss v. 11.9.1926 – x 719/26, OLGE 46, S. 61, 62–63; Staudinger (-Picker), BGB (2019), § 892 Rn. 229.
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wenn auch insoweit – entgegen der wohl h. L. – die Anwendbarkeit des § 892 BGB bejaht wird.750 Indes ist die These, dass der gutgläubige Erwerb des Vorrangs (im Rahmen der Bestellung, Übertragung oder Belastung von Hypotheken und anderen Grundstücksrechten) zu einer in Analogie zu den Grundsätzen über die Ausnutzung eines Rangvorbehalts zu bestimmenden „relativen“ Rangordnung führe,751 zweifelhaft. Mit Rücksicht auf den Schutzzweck des § 892 BGB ist es m. E. nicht zwingend veranlasst, die Rechtsfolgen des gutgläubigen Erwerbs in schematischer Parallele zur Ausnutzung eines Rangvorbehalts bei bestehenden Zwischenrechten zu entfalten. Vielmehr ist zu differenzieren: Das in § 880 Abs. 5 BGB für die rechtsgeschäftliche Rangänderung expressis verbis verankerte Neutralitätsgebot ist in der hier relevanten Konstellation des gutgläubigen Erwerbs des Vorrangs fraglos einschlägig. Das eingetragene Zwischenrecht (H2) darf durch den gutgläubigen Erwerb des Vorrangs weder Nachteile erleiden noch Vorteile erhalten.752 Demgegenüber liegen die Voraussetzungen für einen Analogieschluss zu der vielfach kritisierten Vorschrift des § 881 Abs. 4 BGB753 nicht vor. Wenngleich ein Analogieschluss nicht schon am Erfordernis planwidriger Unvollständigkeit des Gesetzes scheitern dürfte,754 ist die gesetzliche Regelung des Rangverhältnisses zwischen vorbehaltenen, vorbehaltlo750 Zum Verkehrsschutz bei der Übertragung und Belastung von scheinbar mit Pfandrechten gesicherten Forderung siehe § 5 II. 2. d). 751 KG, Beschluss v. 30.6.1927, JFG 5, S. 397, 402–404; MünchKomm (-Kohler), BGB VII7, § 881 Rn. 21, § 892 Rn. 73; Staudinger (-S. Heinze), BGB (2018), § 879 Rn. 75; Staudinger (-Picker), BGB (2019), § 892 Rn. 229. Mit dem gutgläubigen Erwerbs des Vorrangs im Verhältnis zu nicht im Grundbuch eingetragenen Rechten nicht zu verwechseln ist der gleichfalls mögliche gutgläubige Vorrangserwerb durch Einweisung in einen Rangvorbehalt seitens eines Scheineigentümers (vgl. Erman (-Artz), BGB II15, § 879 Rn. 10; BeckOGK BGB (-Kesseler), Stand: 1.1.2019, § 881 Rn. 34); auch bei unrichtiger Eintragung oder Löschung eines Rangvorbehalts greift nach h. A. Gutglaubensschutz nach § 892 BGB Platz (Staudinger (-Picker), BGB (2019), § 892 Rn. 62 m. w. N.; MünchKomm (-Kohler), BGB VII7, § 892 Rn. 16). 752 Entsprechendes gilt für den Rechtsinhaber von H3 dann, soweit der Erwerb des Vorrangs gegenüber H1 lediglich zugunsten von P1 wirkt, sowie für diesen und den Rechtsinhaber von P1, soweit der Erwerb des Vorrangs gegenüber H2 lediglich zugunsten von P2 wirkt. 753 Siehe z. B. Baur/Stürner, Sachenrecht18 , § 17 Rn. 36; NomosKomm (-Krause), BGB III4, § 881 Rn. 28; Staudinger (-S. Heinze), BGB (2018), § 881 Rn. 40–41. Laut BeckOGK BGB (-Kesseler), Stand: 1.1.2019, § 881 Rn. 4; Schulze et al. (-Staudinger), BGB10, § 881 Rn. 4 wird die Eigentümergrundschuld in der Praxis als Rangsicherungsinstrument gerade wegen der bei einem Rangvorbehalt drohenden relativen Rangverhältnisse favorisiert; der Rangvorbehalt werde allenfalls subsidiär eingesetzt, wenn eine Bestellung einer Eigentümergrundschuld gem. § 1196 BGB ausscheide. Eine weitere Gestaltungsalternative ist natürlich die Vormerkung zur Sicherung des künftigen Anspruchs auf Bestellung des vorbehaltenen Rechts (NomosKomm (-Krause), BGB III4, § 881 Rn. 33). Soweit auf den Rangvorbehalt überhaupt zurückgegriffen wird, versucht man das Entstehen vorbehaltloser Zwischenrechte möglichst zu vermeiden, indem nachfolgend bestellte Rechte entweder mit dem gleichen Rangvorbehalt belegt werden wie die vorrangigen Rechte oder aber direkt als vorbehaltene Rechte in den Rangvorbehalt eingewiesen werden, vgl. Staudinger (-S. Heinze), BGB (2018), § 881 Rn. 41; siehe auch MünchKomm (-Kohler), BGB VII7, § 881 Rn. 21, der auf die Möglichkeit eines Rangklarstellungsverfahrens nach §§ 90 ff. GBO verweist, um eine einheitliche Rangordnung zwischen den konkurrierenden Rechten herbeizuführen. 754 Nur klarstellend sei vorausgeschickt, dass das Gesetz lediglich die Möglichkeit eines gut-
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sen und mit Rangvorbehalten belegten Rechten auf den gutgläubigen Erwerb des Vorrangs nach Sinn und Zweck des § 881 Abs. 4 BGB nicht übertragbar. Diese Vorschrift soll den Inhaber des mit dem Vorbehalt belegten Rechts dagegen schützen, dass der Eigentümer entweder weitere vorbehaltlose Rechte bestellt oder aber bei Rangeinweisung des vorbehaltenen Rechts einen mehreren Rechten auferlegten Rangvorbehalt uneinheitlich ausübt.755 Anders liegt es beim gutgläubigen Erwerb des Vorrangs. Ein vergleichbares Schutzbedürfnis ist zugunsten des Rechtsinhabers des verdrängten Rechts, der sich problemlos selbst gegen die Rechtsfolgen des Rangverlusts schützen kann, nicht gegeben, zumal die Anwendung des § 881 Abs. 4 BGB zulasten des Inhabers des wohlerworbenen Rechts geht. Würde man diese Norm in der obigen Fallgestaltung auf die Bestimmung der Rangverhältnisse zwischen H1, H2 und H3 analog anwenden, käme es – so wie bei der (uneinheitlichen) Ausnutzung eines Rangvorbehalts bei vorbehaltlosen Zwischenrechten756 – zu vergleichbar paradoxen Zufallsergebnissen hinsichtlich der Zuordnung des durch die Zwangsvollstreckung in das Grundstück erzielten Erlöses.757 So sinkt die Beteigläubigen Vorrangs eines Liegenschaftsrechts bzw. eines Rechts an einem eigentumsbelastenden Grundstücksrecht durch die in § 892 BGB zur Fiktion erhobene Richtigkeits- und Vollständigkeitsvermutung des § 891 BGB voraussetzt. Die Rechtsfolgen des gutgläubigen Erwerbs des Vorrangs für den Fall, dass zwischen dem beeinträchtigten und dem begünstigten Recht Zwischenrechte rangieren, sind hingegen nicht geregelt. Aus der gesetzlichen Vorgabe, dass die Richtigkeits- und Vollständigkeitsvermutung (nur) „zugunsten des Erwerbers“ wirkt, lässt sich die Bestimmung der Rangordnung für die vorstehende Fallgestaltung gerade nicht ableiten. An einer Vorschrift, die die entsprechende Anwendung des § 881 Abs. 4 BGB anordnet oder ausschließt, fehlt es ohnedies. 755 BeckOGK BGB (-Kesseler), Stand: 1.1.2019, § 881 Rn. 27; MünchKomm (-Kohler), BGB VII7, § 881 Rn. 16; Wieling, Sachenrecht5, § 21 III 2 (S. 319–320). 756 Eingehend hierzu BeckOGK BGB (-Kesseler), Stand: 1.1.2019, § 881 Rn. 27–31; Staudinger (-S. Heinze), BGB (2018), § 881 Rn. 33–38. 757 Die Rechtsfolgen lassen sich anhand des vorstehend skizzierten Fallbeispiels demonstrieren, wobei zu unterstellen ist, dass die Haftsumme von H1 50.000 Euro, die der zweitrangigen Hypothek H2 60.000 Euro und die der dritten Hypothek H3 70.000 Euro beträgt und dass das Pfandrecht P1 eine Forderung von 40.000 Euro und das Pfandrecht P2 einen Betrag von 50.000 Euro sichert. Wird ein Erlös von 60.000 Euro erzielt, entfällt auf H2 ein Anteil von 10.000 Euro (60.000–50.000), während H1 leer ausgeht (60.000–70.000) und H3 ein Betrag von 50.000 Euro gebührt (im Innenverhältnis gebührt dieser Teil wiederum P1 zu 40.000 Euro und P2 zu 10.000 Euro, während der Inhaber von H3 leer ausgeht). Im Verhältnis von H2 und P2 wird H2 von H3 mit dem noch offenen Differenzbetrag von 20.000 Euro (70.000–50.000) verdrängt, weshalb der auf H2 entfallende Anteil von 10.000 Euro an P2 auszukehren ist. Wird hingegen ein Erlös von 75.000 Euro erzielt, entfallen auf H1 5.000 Euro (75.000–70.000), auf H2 25.000 Euro (75.000– 50.000) und auf H3 45.000 Euro [75.000 – (5.000 + 25.000)], wovon 40.000 Euro auf P1 und 5.000 Euro auf P2 entfallen. Für P2 wirkt sich dies im Ergebnis nur deshalb nicht nachteilig aus, weil dieses Recht zugleich noch H2 verdrängt, d. h. der Betrag von 25.000 Euro gebührt P2, so dass dieser insgesamt einen Betrag von 30.000 Euro erhält. Wird ein Betrag von 90.000 Euro erzielt, erhält H1 hiervon 20.000 Euro, H2 40.000 Euro und H3 lediglich noch 30.000 Euro, weshalb P1 nunmehr in Höhe von 10.000 leer ausgeht, während P2 den auf H2 entfallenden Anteil für sich beanspruchen kann. Der dem kraft gutgläubigen Erwerbs vortretenden Recht gebührende Betrag sinkt also sukzessive bis zu einem Betrag ab, der die vorrangige Hypothek H2 deckt, was bei einem Gesamterlös von 110.000 Euro der Fall ist; auf H3 entfällt dann noch ein Betrag i. H. v. 10.000 Euro. Zu einem vergleichbaren „Glücksspiel“ in der Zwangsvollstreckung kommt es auf
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ligung des kraft gutgläubigen Erwerbs vortretenden Rechts (H3 bzw. P3) am Verwertungserlös mit steigendem Erlös sukzessive bis das nicht vom gutgläubigen Erwerb betroffene Recht (H2) vollständig gedeckt ist. Wird ein über den Anteil des verdrängten Rechts hinausgehender Mehrbetrag in der Zwangsversteigerung erzielt, geht dies kurioserweise zulasten des „begünstigten“ Rechts (H3 bzw. P3); das verdrängte Recht (H1 bzw. P1) geht nur leer aus, solange der Erlös den auf das vortretende Recht entfallenden Anteil nicht übersteigt, während der Mehrbetrag dem zurücktretenden Recht zufällt. Weil sich aber das geringste Gebot (i. S. v. § 44 ZVG) praktisch gar nicht festsetzen lässt,758 sind die Vollstreckungsaussichten aus dem ausschließlich zugunsten des Erwerbs vortretenden Grundpfandrecht völlig ungewiss. Es ist nicht einzusehen, den Inhaber des kraft gutgläubigen Erwerbs verdrängten Rechts (H1) im Verhältnis zum gutgläubigen Erwerber des vortretenden Rechts (H3 bzw. P1) bei Erzielung eines Mehrbetrags in der Zwangsvollstreckung nur deshalb besser zu stellen, weil zufälligerweise zwischen dem vortretenden und dem zurücktretenden Recht ein Recht oder mehrere nicht verdrängte Rechte rangieren, während es umgekehrt nicht überzeugt, den gutgläubigen Erwerber gerade dann zu benachteiligen, wenn in der Zwangsversteigerung ein die Deckung des eigenen Rechts übersteigender Mehrbetrag erzielt wird. Steht dem gutgläubigen Erwerber aufgrund der ungewissen Erlösverteilung in der Zwangsversteigerung des Grundstücks kein wertmäßig bestimmbares Recht zu, weil er mit dem Überschuss vorliebnehmen müsste, der nach vorrangiger Bestimmung der auf das verdrängte Recht und das Zwischenrecht entfallenden Erlösanteile verbliebe,759 schmälert dies die verkehrserleichternde Wirkung des gutgläubigen Erwerbs nicht unwesentlich. Auf die Richtigkeits- und Vollständigkeitsvermutung des Grundbuchs kann sich der Rechtsverkehr in Ansehung des zu erwerbenden Ranges jedenfalls dann nicht verlassen, wenn überhaupt irgendein vorrangiges Recht existiert; sofern noch weitere „geheime“ Grundpfandrechte existieren, droht das vorbeschriebene Glücksspiel in der Zwangsversteigerung des Grundstücks. Sowohl aus Gründen praktischer Zweckmäßigkeit als auch mit Rücksicht auf die Interessenlage erscheint es vorzugswürdig, die zwischen dem kraft gutgläubigen Erwerbs vortretenden, dem zurücktretenden und den unbeteiligten intermediären Rechten Dritter entstehende Rangordnung nach Maßgabe der Bestimmungen über die rechtsgeschäftliche der nächsthöheren Ebene der Belastungsstufe aus Sicht des Inhabers von P3 hinsichtlich der Verteilung des auf die Hypothek H3 entfallenden Erlösanteils, wenn in der vorbeschriebenen Fallgestaltung das Pfandrecht P1 an der Hypothek H3 nach Bestellung von P2 und vor Erwerb von P3 gelöscht wird und der Ersterwerber von P3 gutgläubig ist. 758 Siehe zu diesem bei der Ausnutzung von Rangvorbehalten bei bestehenden Zwischenrechten entstehenden ungelösten Praxisproblem Grunsky, Rangfragen bei dinglichen Rechten, S. 118–119; BeckOGK BGB (-Kesseler), Stand: 1.1.2019, § 881 Rn. 32; Staudinger (-S. Heinze), BGB (2018), § 881 Rn. 39. 759 Zur Berechnungsmethode des auf den in den Rangvorbehalt eingewiesenen Rechts entfallenden Erlösanteil siehe nur Müller/G ruber, Sachenrecht, Rn. 3054–3056; MünchKomm (-Kohler), BGB VII7, § 881 Rn. 17–20.
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Rangänderung ohne Rekurs auf § 881 Abs. 4 BGB zu entwickeln.760 Folglich ist das zurücktretende Recht so gestellt, als ob es die Rangposition des vortretenden Rechts übernähme und somit durch Zwischenrechte verdrängt werden würde.761 d) Gutgläubiger Erwerb eines Pfandrechts zweiten Grades Fragwürdig ist hingegen, ob bei der Übertragung oder Belastung eines (Schein-) Pfandrechts an einer Hypothek sachenrechtlicher Verkehrsschutz in Betracht kommt. Diese höchstrichterlich niemals geklärte Thematik762 wird in der Litera760 Zu den Rechtsfolgen rechtsgeschäftlicher Rangänderung bei bestehenden Zwischenrechten siehe nur MünchKomm (-Kohler), BGB VII7, § 880 Rn. 21; NomosKomm (-Krause), BGB III4, § 880 Rn. 30. Das geringste Gebot (§ 44 ZVG) lässt sich hier unproblematisch bestimmen. 761 A. A. KG, Beschluss v. 30.6.1927, JFG 5, S. 397, 403–404: Soweit das KG argumentiert, dass die Annahme, das gutgläubig erworbene Recht nehme den Vorrang des gelöschten Rechtes vor anderen Rechten in dessen Höhe ein, einer gesetzlichen Grundlage entbehre, weil § 880 BGB ausschließlich rechtsgeschäftlich erfolgende Rangänderungen betreffe, verfängt dies schon deshalb nicht, weil die vom KG rechtsfortbildend entwickelten Rechtsfolgen des gutgläubigen Erwerbs des Vorrangs dem gleichen Einwand ausgesetzt sind. Die Vorschrift des § 881 Abs. 4 BGB bezieht sich tatbestandlich nun einmal ausschließlich auf die rechtsgeschäftliche Einweisung eines Grundstücksrechts in einen rechtsgeschäftlich vereinbarten Rangvorbehalt bei Existenz vorbehaltloser Zwischenrechte. Das BGB bestimmt nirgends, dass die Rechtsfolgen des gutgläubigen Erwerbs des Vorrangs gem. § 892 BGB sich mit den Rechtsfolgen der Einweisung eines Rechts in einen Rangvorbehalt decken. Vor allem aber setzt sich das KG mit den hier vorgebrachten Wertungsargumenten nicht auseinander; die verminderte Schutzwürdigkeit des Inhabers des zu Unrecht gelöschten Grundstücksrechts im Vergleich zum Inhaber eines mit einem Rangvorbehalt belegten Rechts erkennt das KG nicht. Nach hier vertretener Lösung ergibt sich bei gutgläubigem Erwerb eines Rechts an einer Hypothek mit Vorrang vor einer zu Unrecht gelöschten Hypothek in der Zwangsversteigerung des Grundstücks Folgendes: Übersteigt die Haftungssumme des kraft gutgläubigen Erwerbs verdrängten Rechts (H1 bzw. P1) die des vortretenden Rechts (H3 bzw. P3), tritt das verdrängte Recht nur in dem Umfang an die Rangstelle, die das vortretende Recht ohne Vorrangserwerb einnehmen würde, in dem das vortretende Recht den Rang des verdrängten Rechts einnimmt; der Differenzbetrag gebührt dem verdrängten Recht vor dem Zwischenrecht (H2 bzw. P2). Soweit dagegen die Haftungssumme des kraft gutgläubigen Erwerbs vortretenden Rechts die des verdrängten Rechts übersteigt, tritt es auch nur in diesem Umfang an die Stelle des verdrängten und steht mit dem Differenzbetrag im Verhältnis zu Zwischenrechten hierarchisch zurück. Sachgerecht erscheint es, den gutgläubigen Erwerb des Vorrangs auch im Übrigen an die Rechtsfolgen einer rechtsgeschäftlichen Rangänderung anzugleichen. Sobald das kraft gutgläubigen Erwerbs verdrängte Recht bestimmungsgemäß erlischt (z. B. gem. §§ 158 Abs. 2, 163, 1061, 1090 Abs. 2 BGB), tritt auch das vortretende Recht in entsprechender Anwendung von § 880 Abs. 5 BGB hinter das Zwischenrecht zurück. Wird hingegen das verdrängte Recht rechtsgeschäftlich aufgehoben, sollte dieser zufällige Umstand dem im Wege des gutgläubigen Erwerbs vortretenden Recht zum Nachteil gereichen (§ 880 Abs. 4 BGB analog). 762 So hat lediglich BGH, Urteil v. 21.6.1957 – V ZB 6/57, BGHZ 25, S. 16, 23–24 ohne nähere Begründung einen gutgläubigen Zweiterwerb einer Vormerkung jedenfalls in der Fallgestaltung für möglich erachtet, in der die Vormerkung ursprünglich von dem im Grundbuch eingetragenen scheinbaren Eigentümer einem schlechtgläubigen Käufer bewilligt wird, der den vormerkungsgesicherten Auflassungsanspruch sodann einem gutgläubigen Zessionar abtritt. Für die Übertragung und Belastung pfandrechtsgesicherter Forderungen dürfte sich hieraus nichts ableiten lassen. Abgesehen davon, dass das obiter dictum des BGH ohnehin auf erhebliche Kritik gestoßen ist und schon für die Vormerkung überwiegend die Möglichkeit eines gutgläubigen Zweiterwerbs abgelehnt wird, hat der BGH jedenfalls zur Frage, ob ein gutgläubiger Erwerb von Pfandrechten
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tur bekanntlich seit Langem kontrovers diskutiert.763 Wenngleich die Abtretung einer durch ein (scheinbares) Sachpfand gesicherten (Schein-)Forderung im Mittelpunkt der Betrachtung steht, erstreckt sich der Disput auf alle auf Erwerb gerichteten Verfügungen über liegenschaftsrechtsbelastende Pfandrechte gesicherte Forderungen. Während teilweise ein redlichen Zweiterwerb bestenfalls im Kontext eines gutgläubigen Forderungserwerb für möglich erachtet wird, soweit dem konstitutiven Pfandrechtserwerb ausschließlich forderungsbezogene Einwendungen entgegenstehen,764 plädiert eine andere Ansicht darüber hinaus für einen gutgläubigen „Zweiterwerb“ liegenschaftsrechtsbelastender Pfandrechte, wenn das Scheinpfandrecht aus anderen Gründen nicht entstanden oder untergegangen ist.765 Möglich sei ein gutgläubiger Erwerb auch dann, wenn zwar die vermeintlich gesicherte Forderung dem Zedenten zustehe, das Pfandrecht an dem Liegenschaftsrecht aber entweder schon nicht wirksam entstanden oder im Verfügungszeitpunkt durch Abtretung oder Belastung der (vermeintlich) gesicherten Forderung vom Nichtberechtigten möglich sei, niemals Stellung genommen. 763 Siehe z. B. Baur/Stürner, Sachenrecht18 , § 55 Rn. 32; NomosKomm (-Bülow), BGB III4, § 1250 Rn. 5; Staudinger (-Picker), BGB (2019), § 892 Rn. 63; Vieweg/Werner, Sachenrecht8 , § 10 Rn. 30; Westermann/Gursky/Eickmann (-Gursky), Sachenrecht8 , § 131 Rn. 3, § 135 Rn. 14; Wieling, Sachenrecht I2, § 15 VIII 1 b (S. 743); Wilhelm, Sachenrecht5, Rn. 1859–1860; monographisch Carstens, Der gutgläubige Erwerb von Pfandrechten an Grundstücksrechten, S. 37–66. Eine verbreitete Ansicht will nach dem Nichtigkeitsgrund des Pfandrechts differenzieren (so u. a. BeckOK BGB (-Schärtl), Stand: 1.8.2019, § 1250 Rn. 3; BeckOGK BGB (-Förster), Stand: 1.6.2019, § 1250 Rn. 8.1; MünchKomm (-Damrau), BGB VII7, § 1250 Rn. 3; NomosKomm (-Bülow), BGB III4, § 1250 Rn. 5). Ist das Pfandrecht ausschließlich wegen forderungsbezogener Mängel nicht entstanden, soll, soweit ausnahmsweise ein gutgläubiger Forderungserwerb möglich ist (§ 405 BGB, Art. 16 WG, Art. 21 ScheckG), zugleich auch das Pfandrecht für den redlichen Zessionar originär entstehen; demgegenüber sei ein gutgläubiger Zweiterwerb des Pfandrechts ausgeschlossen, wenn insoweit „dingliche Mängel“ bestehen (z. B. Nichtigkeit der Einigung, Erlöschen durch Pfandrückstellung gem. §§ 1253, 1278 BGB). Dezidiert auch in diesem Fall gegen einen gutgläubigen Erwerb des Pfandrechts Erman (-J. Schmidt), BGB II15, § 1250 Rn. 4; Staudinger (-D. Wiegand), BGB (2019), § 1250 Rn. 4. 764 So – allerdings ohne ausdrückliche Bezugnahme auf das Pfandrecht an einem Liegenschaftsrecht – BeckOK BGB (-Fritzsche), Stand: 1.8.2019, § 1250 Rn. 3; BeckOGK BGB (-Förster), Stand: 1.6.2019, § 1250 Rn. 8.1; MünchKomm (-Damrau), BGB VII7, § 1250 Rn. 3; NomosKomm (-Bülow), BGB III4, § 1250 Rn. 5. 765 BeckOGK BGB (-Hertel), Stand: 1.12.2017, § 892 Rn. 131; Planck (-Strecker), BGB III/15, § 892 Anm. II 1 a; Rosenberg, BGB III/1, § 892 Anm. I 1 a; Soergel (-Habersack), BGB XVI13, § 1250 Rn. 6, § 1274 Rn. 17; H. J. Wolff, JuS 1990, S. 994, 996; undeutlich NomosKomm (-Bülow), BGB III4, § 1250 Rn. 5, der nicht klar zwischen dem Ersterwerb des Pfandrechts an einer Hypothekenforderung und der Abtretung bzw. Belastung derselben unterscheidet. Grundlegend Carstens, Der gutgläubige Erwerb von Pfandrechten an Grundstücksrechten, S. 64–73, der freilich voraussetzt, dass das Pfandrecht zwar nicht selbstständig ohne die Forderung wegen § 1250 Abs. 1 S. 2 BGB, wohl aber rechtsgeschäftlich gem. §§ 413, 398 S. 2 BGB zusammen mit der Forderung übertragbar sei. Der Gesetzgeber habe sich, so Carstens a. A. O. bei der Regelung des Übertragungstatbestandes des Pfandrechts unter Verkennung der Interessenlage vom Akzessorietätsdogma leiten lassen, wohingegen der Gesichtspunkt der „Zweckgemeinschaft“ zwischen Forderung und Pfandrecht einer rechtsgeschäftlichen Übertragung nicht entgegenstehe. Wegen der Möglichkeit einer rechtsgeschäftlichen Übertragung von Pfandrechten an Grundstücksrechten sei auch § 892 BGB unmittelbar anwendbar, wenn die Parteien im Rahmen der Forderungsübertragung auch das Pfandrecht rechtsgeschäftlich auf den Zessionar mitübertragen.
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bereits erloschen sei.766 Wenn der Verfügende durch das Grundbuch (resp. den Besitz des Grundpfandrechtsbriefs) als Pfandgläubiger ausgewiesen werde, stehe einem gutgläubigen Zweiterwerb nichts entgegen.767 Unerheblich sei, dass das Pfandrecht an einer Hypothek kraft Gesetzes vermittels Forderungszession übergehe. Auf die gesetzliche Konstruktion des Pfandrechtsübergangs dürfe es nicht ankommen, zumal der Zweiterwerb des Pfandrechts immerhin mittelbar auf einem Rechtsgeschäft beruhe.768 Für einen gutgläubigen Zweiterwerb durch Abtretung der vermeintlich pfandrechtsgesicherten Forderung ließe sich weiterhin anführen, dass sich ein besonders vorsichtiger Zessionar anderenfalls erneut ein Pfandrecht vom mutmaßlichen Hypothekengläubiger einräumen lassen müsse und dann ohnehin im Wege des unstreitig möglichen gutgläubigen Ersterwerbs ein Pfandrecht erwerben könnte.769 Mit der direkten Möglichkeit eines gutgläubigen Zweiterwerbs würde dieser „Umweg“ erspart werden; die Vertraulichkeit einer Sicherungszession der (vermeintlich) pfandrechtsgesicherten Forderung bliebe gewahrt. 766 Planck (-Strecker), BGB, § 892 Anm. II 1 a; Carstens, Der gutgläubige Erwerb von Pfandrechten an Grundstücksrechten, S. 64–73; BeckOGK BGB (-Hertel), Stand: 1.12.2017, § 892 Rn. 131; H. J. Wolff, JuS 1990, S. 994, 996; ohne diese Einschränkungen Soergel (-Habersack), BGB XVI13, § 1250 Rn. 6, § 1274 Rn. 17. Hiernach dürfte jedenfalls erforderlich sein, dass der Forderungsgläubiger durch Eintragung im Grundbuch bzw. durch den Besitz (oder die Besitzverschaffungsmacht) am Hypothekenbrief und einen auf den eingetragenen Hypothekengläubiger zurückführende Kette öffentlich beglaubigter Verpfändungs- und/oder Abtretungserklärungen als Pfandgläubiger der Hypothek legitimiert erscheint. Meistens wird nicht ausdrücklich erörtert, ob für den gutgläubigen Erwerb einschränkend zu fordern ist, dass die formlos mögliche Zession in den liegenschaftsrechtlichen Formen entsprechend § 1154 BGB vollzogen wird, der Zessionar mithin als neuer Pfandgläubiger im Grundbuch einzutragen ist und/oder der Hypothekenbrief übergeben wird. Weil freilich in der Parallelkonstellation der Zession einer durch ein angebliches Sachpfand gesicherten Forderung von den Anhängern der Lehre vom gutgläubigen Zweiterwerb einschränkend ebenfalls ein Vollzugsakt, die Übergabe an den Pfandgläubiger, verlangt wird (so Heck, Grundriß des Sachenrechts2, § 105 V (S. 428–429); Wieling, Sachenrecht I 2, § 15 VIII 1 b (S. 743); Müller/G ruber, Sachenrecht, Rn. 2223), dürfte es beim gutgläubigen Zweiterwerb eines Pfandrechts an einem Liegenschaftsrecht folgerichtig darauf ankommen, dass die Zession (rein deklaratorisch) entsprechend § 1154 BGB vollzogen wird. Soweit dagegen ein bloßer Scheingläubiger über ein wirksam bestehendes fremdes Pfandrecht an einem Liegenschaftsrechts verfügt (z. B. wegen nichtiger Zession der durch ein hypothekenbelastendes Pfandrechts gesicherten Forderung und Eintragung des Putativzessionars als neuer Pfandgläubiger im Grundbuch), wird die Möglichkeit eines gutgläubigen Erwerbs auch von den Anhängern der Lehre vom gutgläubigen Zweiterwerb des Pfandrechts mehrheitlich abgelehnt (siehe Carstens, Der gutgläubige Erwerb von Pfandrechten an Grundstücksrechten, S. 68–70). Ein gutgläubiger Erwerb sei nicht gerechtfertigt, weil aufgrund der nicht eintragungsbedürftigen Übertragung der pfandrechtsgesicherten Forderung stets zu gewärtigen sei, dass der scheinbare Gläubiger nicht der wirkliche Rechtsinhaber sei. Aus Gründen des Schutzes des Erstzessionars sei es nicht zu rechtfertigen, dass der Zedent beliebig oft hintereinander die pfandrechtsgesicherte Forderung abtreten könne und der jeweils nachfolgende Zessionar dann den jeweils früheren Erwerber kraft gutgläubigen Erwerbs verdrängen könne. 767 Soergel (-Habersack), BGB XVI13, § 1250 Rn. 6, § 1274 Rn. 17. 768 Schulze et al. (-Schulte-Nölke), BGB10 , § 1250 Rn. 2; so auch – speziell für das Pfandrecht an beweglichen Sachen – Wieling, Sachenrecht I2, § 15 VIII 1 b (S. 743); ders., Sachenrecht5, § 15 VI 1 b (S. 226). 769 Mit dieser Argumentation für einen gutgläubigen Zweiterwerb eines Pfandrechts an beweglichen Sachen Müller/G ruber, Sachenrecht, Rn. 2222.
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Die mehrheitlich vertretene Gegenansicht lehnt einen gutgläubigen Zweiterwerb eines (liegenschaftsrechtsbelastenden) Pfandrechts i. E. zu Recht ab.770 Soweit auf die bekannten Argumente verwiesen wird, die dem gutgläubigen Zweiterwerb der Vormerkung sowie dem gutgläubigen Zweiterwerb eines Sachpfandes entgegengehalten werden,771 verfangen diese nur teilweise. Der doktrinäre Einwand, dass es – weil sich ja der Pfandrechtsübergang gem. §§ 1273 Abs. 2 S. 1, 1250 Abs. 1 S. 1 BGB kraft Gesetzes vollziehe772 – an dem von den sachenrechtlichen Verkehrsschutztatbeständen vorausgesetzten Erwerb „durch Rechtsgeschäft“ (vgl. § 892 Abs. 1 S. 1 BGB) fehle, ist nicht stichhaltig. § 892 Abs. 1 S. 1 BGB setzt die Möglichkeit des redlichen Erwerbs von (Pfand-)Rechten an Grundstücksrechten expressis verbis voraus, zumal sich die Richtigkeits- und Vollständigkeitsvermutung des § 891 BGB unstreitig auf Rechte an Grundstücksrechten erstreckt.773 Und obzwar es an einer § 1138 BGB entsprechenden Norm im Pfandrechtsregime fehlt, lässt sich dieser Norm entnehmen, dass die Übertragung akzessorischer Rechte nicht prinzipiell aus dem Geltungsbereich der Gutglaubenstatbestände ausgeklammert ist.774 Daher wäre der zessionsbasierte Erwerb eines nicht bestehenden Pfandrechts aufgrund der rechtsgeschäftlichen Grundlage des Erwerbsvorgangs bei extensiver Auslegung des Tatbestandsmerkmals „durch Rechtsgeschäft“ vom Normwortlaut noch gedeckt. Deshalb ist auch die apodiktische These, dass es an einer Rechtsgrundlage für den gutgläubigen (Zweit-)Erwerb eines liegenschaftsrechtsbelasten770 Erman (-J. Schmidt), BGB II15, § 1250 Rn. 4; Lutter, AcP 164 (1964), S. 122, 133; Staudinger (-D. Wiegand), BGB (2019), § 1250 Rn. 4; Staudinger (-Gursky), BGB (2013), § 892 Rn. 63; Westermann/Gursky/Eickmann (-Gursky), Sachenrecht8 , § 131 Rn. 3, § 135 Rn. 14; Wilhelm, Sachenrecht5, Rn. 1859–1860. 771 Staudinger (-Gursky), BGB (2013), § 892 Rn. 63; Westermann/Gursky/Eickmann (-Gursky), Sachenrecht8 , § 131 Rn. 3, § 135 Rn. 14. Aufgrund des gesetzlichen Übergangs des Pfandrechts seien die sachenrechtlichen Gutglaubenstatbestände, die an einen rechtsgeschäftlichen Erwerbstatbestand anknüpften, unanwendbar. Im scharfen Gegensatz zur Hypothek (vgl. §§ 1138, 1140, 1155, 1157 BGB) fehle es an einer Norm, die ausdrücklich auch bei der Übertragung von pfandrechtsgesicherten Forderung einen gutgläubigen Erwerb voraussetze und zudem durch die Fiktion der abgetretenen Forderung flankiere. Zudem vollziehe sich der Zweiterwerb des Pfandrechts anders als der einer Hypothek nun einmal nach reinem Zessionsrecht ohne einen sachenrechtlichen Publizitätstatbestand; mangels gesetzlicher Regelung eines gutgläubigen Zweiterwerbs des Pfandrechts bewende es daher beim allgemeinen Grundsatz nemo plus iuris ad alium transferre potest quam ipse habet. 772 Staudinger (-Picker), BGB (2019), § 892 Rn. 63; Westermann/ Gursky/Eickmann (-Gursky), Sachenrecht8 , § 131 Rn. 3, § 135 Rn. 14. 773 Weil jedoch die Vermutung des § 891 BGB auf „Briefgrundpfandrechte“ nach ganz überwiegender Ansicht nur dann Anwendung findet, wenn sich der eingetragene Hypothekengläubiger auch im Besitz des Hypothekenbriefs befindet (vgl. BGH, Beschluss v. 22.10.2009 – III ZR 250/08, DNotZ 2010, S. 710, 713 m. w. N.; OLG Zweibrücken, Beschluss v. 11.1.2010 – 3 W 187/09, FGPrax 2010, S. 127; zweifelnd jedoch Staudinger (-Picker), BGB (2019), § 891 Rn. 48), könnte die Vermutungswirkung für den Pfandgläubiger des Briefgrundpfandrechts in gleicher Weise nur bei Besitz am Hypothekenbrief anerkannt werden, ist doch die Briefübergabe für die Verpfändung ebenso wie für die Bestellung und Übertragung des Briefgrundpfandrechts konstitutiv (§§ 1274 Abs. 1 S. 1, 1154 Abs. 1 S. 1, 1117 Abs. 1 S. 1 BGB). 774 Vgl. Wieling, Sachenrecht I 2 , § 15 VIII 1 b (S. 743); ders., Sachenrecht 5, § 15 VI 1 b (S. 226).
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den Pfandrechts fehle,775 unrichtig. Die gegenteilige Ansicht der Gesetzesverfasser ist nicht letztverbindlich, zumal sich die Sachargumentation in dem zirkulären Verweis auf die akzessorische Natur des Pfandrechts erschöpft.776 Indes trägt § 1250 Abs. 1 S. 1 BGB – als lex specialis zu § 401 Abs. 1 BGB777 – gerade der regelmäßigen Parteiabsicht Rechnung, weshalb es den Parteien umgekehrt freisteht, den Pfandrechtsübergang auszuschließen (§ 1250 Abs. 2 BGB). Demgegenüber dient das gesetzliche Verbot einer gesonderten rechtsgeschäftlichen Übertragung des Pfandrechts (§ 1250 Abs. 1 S. 2 BGB) nicht zuletzt dem Erwerberschutz.778 Aus der gesetzlichen Konstruktion des Pfandrechtsübergangs folgt daher für die Frage der Anwendbarkeit der Gutglaubenstatbestände nichts. Auch der Umstand, dass sich die Abtretung und die Belastung der pfandrechtsgesicherten Forderung ohne liegenschaftsrechtlichen Publizitätstatbestand vollziehen,779 streitet nicht per se gegen einen gutgläubigen Erwerb.780 Dass schließlich weder der Bestand noch die Durchsetzbarkeit der gesicherten Forderung zumindest zwecks Verwirklichung des gutgläubigen Erwerbs zugunsten des Erwerbers zu fingieren sind, spricht wie ein Blick auf die Sicherungshypothek (§ 1184 Abs. 1 BGB) lehrt,781 nicht schlechthin gegen die Möglichkeit eines gutgläubigen Erwerbes. Ausschlaggebend ist vielmehr, dass sich ein gutgläubige Erwerb eines liegenschaftsrechtsbelastenden Pfandrechts oder gar eines begrenzten Rechts an einer scheinbar durch ein liegenschaftsrechtsbelastendes Pfandrecht gesicherten Forderung, wie sogleich gezeigt werden wird, nicht wertungskohärent 775
Siehe bereits Mot. III, S. 837; ebenso Erman (-J. Schmidt), BGB II15, § 1250 Rn. 4. Mot. III, S. 837. 777 Erman (-J. Schmidt), BGB II15, § 1250 Rn. 1; Staudinger (-D. Wiegand), BGB (2019), § 1250 Rn. 1. 778 Vgl. Mot. III, S. 836 zum Übergang des Fahrnispfandes durch bloßen Vertrag: „Endlich würde ein nach Abtretung der gesicherten Forderung ohne Mitübergabe des Pfandes eintretender Schwebezustand, während dessen der bisherige Gläubiger die Macht behält, das Pfandrecht durch Rechtsgeschäft aufzuheben oder dem neuen Gläubiger zu verschaffen, ein zweckloses Verbleiben des Pfandes in der Hand des bisherigen Gläubigers mit sich bringen und den neuen Gläubiger, welchem der bisherige Gläubiger zur Abtretung nur obligatorisch verbunden ist, gefährden.“ 779 Siehe § 5 IV. 1. c). 780 Schließlich wenden selbst die Vertreter der Gegenansicht auf die Aufhebung eines liegenschaftsrechtsbelastenden Pfandrechts – die nach h. A. durch einseitige Willenserklärung ohne konstitutive Eintragung im Grundbuch erfolgt (Erman (-Artz), BGB II15, § 875 Rn. 2; Erman (-Bayer), BGB II15, § 1072 Rn. 1; Staudinger (-Heinze), BGB (2017), § 1072 Rn. 6) – zugunsten des Verfügungsbegünstigten § 893 Var. 2 BGB an (vgl. Lutter, AcP 164 (1964), S. 122, 131–133; Staudinger (-Picker), BGB (2019), § 893 Rn. 44). 781 Vgl. Baur/Stürner, Sachenrecht18 , § 42 Rn. 12–14; NomosKomm (-Krause), BGB III4, § 1185 Rn. 4–5. Ein gutgläubiger Erwerb gem. § 892 BGB kommt wegen der wesensimmanenten Forderungsbindung der Sicherungshypothek (§ 1184 Abs. 1 BGB) nur dann in Betracht, wenn die Forderung besteht und lediglich das dingliche Recht nicht oder nicht dem Veräußerer zusteht (vgl. MünchKomm (-Lieder), BGB VII7, § 1185 Rn. 6–7; Schulze et al. (-Staudinger), BGB10, § 1185 Rn. 3); im Zeitpunkt der Übertragung bestehende forderungsbezogene Einreden können mangels Redlichkeitsschutzes gem. § 1138 BGB jedem Erwerber auch in Ansehung der Sicherungshypothek gem. § 1137 BGB entgegensetzt werden, zumal auch die §§ 406–408 BGB in Ansehung der Hypothek Anwendung finden (§ 1185 Abs. 2 BGB). 776
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in das sachenrechtliche Verkehrsschutzsystem einfügt. Im Mobiliarsachenrecht ist keine veränderte Betrachtungsweise angezeigt; der gutgläubige Zweiterwerb einer scheinbar durch Sachpfand gesicherten Forderung ist m. E. ebenso abzulehnen wie der denktheoretische gutgläubige Erwerb eines Rechts an einer scheinbar durch Sachpfand gesicherten Forderung. aa) Unvereinbarkeit mit der sachenrechtlichen Verkehrsschutzsystematik Mit der Übertragung der Sicherungshypothek sind Verfügungen über eine vermeintlich durch ein liegenschaftsrechtsbelastendes Pfandrecht gesicherte Forderung nicht vergleichbar. Zwar lässt sich nicht in Abrede stellen, dass sowohl eine entsprechende Eintragung des Verfügenden als auch der Besitz des Hypothekenbriefs in Verbindung mit einer vom Hypothekengläubiger herrührenden öffentlichen beglaubigten Verpfändungserklärung die behauptete Rechtsinhaberschaft objektiv indizieren. Nicht unwesentlich relativiert wird diese Indizwirkung freilich deshalb, weil Verfügungen über liegenschaftsrechtsbelastende Pfandrechte – im Gegensatz zu Verfügungen über (ggf. kraft Gesetzes entstandene) Sicherungshypotheken i. S. v. § 1184 Abs. 1 BGB – lediglich eintragungsfähig sind (vgl. § 26 Abs. 2 GBO). Schon deshalb schlagen die für den gutgläubigen zessionsbasierten Erwerb eines nicht bestehenden Pfandrechts vorgebrachten Argumente nicht mit besonderem Gewicht zu Buche, zumal es an einem komplementären Redlichkeitsschutz hinsichtlich der gesicherten Forderung entsprechend § 1138 BGB fehlt. Zudem ist weder dargetan noch ersichtlich, dass sich eine hypothetische Mitbelastung eines zu fingierenden Pfandrechts an einer (ggf. gleichfalls zu fingierenden) Hypothekenforderung in messbarer Weise transaktionserleichternd und umsatzfördernd auszuwirken vermöchte.782 Im Unterschied zur Abtretung eines vormerkungsgesicherten Auflassungsanspruchs, bei der das Interesse des Zessionars darauf zielt, selbst das Grundstück zu erwerben,783 ist fraglich, ob bei der Verpfändung von Hypothekenforderungen Anlass zur Einsichtnahme in das Grundbuch besteht.784 So würde bekanntlich der gutgläubige Erwerb in der Abtretungs- und/oder Verpfändungskette unstreitig nicht dazu führen, dass ein schein782 Die Verpfändung hypothekarisch gesicherter Forderung oder Grundschulden ist schon lange kein regelmäßiges und typisches Geschäft des Geschäfts- und Kreditverkehrs mehr (vgl. Bauer/Schaub (-Krauß), GBO4, Allg. Teil IV, Rn. 141; NomosKomm (-Bülow), BGB III4, § 1291 Rn. 2; Schimansky/Bunte/Lwowski (-Merkel), Bankrecht5, § 93 Rn. 183). Banken und andere Kreditgeber refinanzieren sich nicht gewöhnlich dadurch, dass sie Kreditforderungen an ihre Gläubiger weiterverpfänden, sondern ggf. als Kreditportfolio veräußern und abtreten oder treuhänderisch für Dritte halten (vgl. Schimansky/Bunte/Lwowski (-Merkel), Bankrecht5, § 93 Rn. 183). 783 Mit diesem Argument wird in Teilen des Schrifttums (siehe MünchKomm (-Kohler), BGB VII7, § 883 Rn. 74) für den höchst umstrittenen gutgläubigen Zweiterwerb einer Vormerkung eingetreten. 784 Dies dürfte allenfalls dann der Fall sein, wenn es dem designierten Forderungspfandrechtsnehmer gerade darauf ankäme, vermittels des sich kraft Gesetzes auf ein angeblich bestehendes Pfandrecht des Verpfänders an einer Hypothek erstreckenden Pfandrechts nötigenfalls die Verwertung des Grundstücks zu betreiben.
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bares Forderungspfandrecht in Ansehung einer angeblich verpfändeten Forderung zugunsten des Erwerbers zu fingieren ist: Ein gutgläubiger Erwerb nicht verbriefter Forderungen kommt grundsätzlich nicht in Betracht (vgl. §§ 405, 2366 BGB), weder durch Zession noch durch Verpfändung und schon gar nicht durch Erstreckung eines Forderungspfandes auf ein vermeintlich mit der verpfändeten Forderung verbundenes Pfandrecht an einer dritten Forderung. Selbst wenn sich Mängel der Hypothekenforderung unter Rekurs auf einen Analogieschluss zu § 1138 BGB überwinden lassen, scheidet ein gutgläubiger Erwerb eines Scheinpfandrechts an einer Hypothek schlechthin aus, wenn der vermeintlich pfandrechtsgesicherten Forderung rechtshindernde oder rechtsvernichtende Einwendungen entgegenstehen.785 Sollte es dem Erwerber darauf ankommen, Nebenrechte der verpfändeten Forderung im Sicherungsfall zu verwerten, ist es unter Berücksichtigung der Interessenlage keine unnötige Formalität, den Erwerber darauf zu verweisen, sich unmittelbar an denjenigen Sicherungsgeber zu wenden, der das betreffende akzessorische Sicherungsrecht eingeräumt hat.786 Wer einen gutgläubigen Zweiterwerb nur unter der Prämisse anerkennen will, dass der Zedent als Berechtigter über die Forderung verfügt und das angeblich bestehende Pfandrecht aus nicht forderungsbezogenen Mängel nichtig ist,787 trägt dem angeblich gebotenen „Verkehrsschutz“ nur halbherzig Rechnung. Das transaktionskostensenkende Potential dieses Gutglaubenstatbestands ist massiv geschwächt; ein besonders vorsichtiger Zessionar müsste zwar nicht auf eine Neubestellung des Pfandrechts an der Hypothek, wohl aber auf eine Novation der Forderung bestehen, was – weil eine Forderungsauswechslung im Gegensatz zur Hypothek ausscheidet (§ 1180 BGB) – zugleich die Neubestellung des Pfandrechts erforderlich macht.788 785 In scharfem Kontrast zum gutgläubigen Zweiterwerb der Hypothek will man auf die Forderungsinhaberschaft (resp. Verfügungsbefugnis) des Putativpfandgläubigers nicht verzichten; eine wirksame Abtretung oder Belastung der vermeintlich gesicherten Forderung seitens des Verfügenden sei unerlässlich (vgl. Carstens, Der gutgläubige Erwerb von Pfandrechten an Grundstücksrechten, S. 68–70; BeckOGK BGB (-Hertel), Stand: 1.12.2017, § 892 Rn. 131). Alles andere wäre in der Tat systemwidrig. Abgesehen davon, dass der Grundsatz singularia non sunt extenda dagegen streitet, in Analogie zur Ausnahmevorschrift des § 1138 BGB bei der Abtretung oder Belastung von Pfandrechten an Liegenschaftsrechten Bestand und Durchsetzbarkeit der pfandrechtsgesicherten Forderung zugunsten des Erwerbers zu fingieren, ist nun einmal zu respektieren, dass sich die Abtretung und Belastung pfandrechtsgesicherter Forderungen auch dann außerhalb des Grundbuchs vollzieht, wenn sich das ex lege übergehende Pfandrecht auf ein eingetragenes Liegenschaftsrecht bezieht. 786 Berechtigte Geheimhaltungsinteressen werden hierbei anders als bei der Forderungsabtretung schon mit Rücksicht auf den regulären Modus der Forderungsverpfändung (§ 1280 BGB) nicht beeinträchtigt; die Verpfändung einer durch ein Pfandrecht an einem Hypothekenforderung gesicherten Forderung bedarf mithin der Anzeige der Verpfändung an den Schuldner der zu verpfändenden Forderung, nicht jedoch der Unterrichtung des Schuldners der pfandrechtsbelasteten Hypothekenforderung. 787 Carstens, Der gutgläubige Erwerb von Pfandrechten an Grundstücksrechten, S. 68–70; BeckOGK BGB (-Hertel), Stand: 1.12.2017, § 892 Rn. 131. 788 Vgl. BGH, Urteil vom 26.11.1999 – V ZR 432/98, NJW 2000, S. 805, 806 (Erlöschen einer Vormerkung durch Novation); Erman (-Kindl), BGB I15, § 311 Rn. 11; BeckOGK BGB (-Herres thal), Stand: 1.6.2019, § 311 Rn. 177.
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Drittens wäre es bei einer „Verpfändungssequenz“ geradezu absurd, das Vertrauen auf den Bestand eines angeblich bestehenden, allenfalls indirekt mitbelasteten Pfandrechts an einem Grundstücksrecht zu schützen.789 Zudem erhöht sich 789 Exemplarisch zeigt sich dies in folgender Fallgestaltung: A lässt sich zur Sicherung seiner Forderung (F1) gegen B an dem Grundstück des C eine Briefhypothek einräumen, die z. B. wegen Geschäftsunfähigkeit des C (§§ 104 Nr. 2, 105 Abs. 1 BGB) nichtig ist, und verpfändet die vermeintlich gesicherte Forderung F1 zwecks Sicherung der Forderung F2 des D unter Übergabe des Hypothekenbriefs (§§ 1274 Abs. 1 S. 1, 1154 Abs. 1 S. 1, 1117 Abs. 1 S. 1 BGB) an D. Scheidet ein gutgläubiger Ersterwerb des Pfandrechts (P1) an der Scheinhypothek nach § 892 Abs. 1 S. 1 BGB (z. B. weil A die Verpfändung wegen arglistiger Täuschung gem. §§ 143 Abs. 1, 123 Abs. 1 BGB anficht) aus, könnte sich kraft Verpfändung von F2 an E zur Sicherung der Forderung F3 das Forderungspfandrecht (P2) des E an F2 nach der Lehre vom „gutgläubigen Zweiterwerb“ kraft Gesetzes auf das zugunsten des E zu fingierende Pfandrecht P1 an der wiederum zu fingierenden Hypothek erstrecken. Dies gilt unter der Prämisse, dass die zu verpfändende Forderung F2 wirksam ist und D zur Verfügung über diese berechtigt ist; insoweit dürfte nichts anderes gelten als bei der Zession einer vermeintlich pfandrechtsgesicherten Forderung gelten; vgl. Carstens, Der gutgläubige Erwerb von Pfandrechten an Grundstücksrechten, S. 68–70; BeckOGK BGB (-Hertel), Stand: 1.12.2017, § 892 Rn. 131. Zudem müsste D als Pfandgläubiger aufgrund des Besitzes des Hypothekenbriefs i. V. m. einer öffentlich beglaubigten Verpfändungserklärung seitens des eingetragenen Scheinhypothekengläubigers A bzw. aufgrund Eintragung der Verpfändung im Grundbuch erscheinen (§§ 1155, 892 BGB). Zweifelhaft ist demgegenüber, ob über die allgemeinen Verpfändungsvoraussetzungen hinaus – d. h. Einigung zwischen G und D sowie Anzeige der Verpfändung an H (§§ 1274 Abs. 1 S. 1, 398 S. 1, 1279 S. 1, 1280 BGB) – für den gutgläubigen Erwerb zusätzlich ein publizitätswirksamer Vollzugsakt in Form der Übergabe des Hypothekenbriefs oder der Grundbucheintragung der Verpfändung der Forderung F2 erforderlich ist. In jedem Fall würde sich P2 – bei unterstelltem gutgläubigem Erwerb – ausschließlich auf das mit der verpfändeten Forderung F2 vermeintlich verbundene Scheinpfandrecht (P1) erstrecken, soweit sich dieses auf die fiktive Hypothek bezieht. Demgegenüber wäre F1 richtiger Ansicht nach nicht von P2 erfasst. Auf die Wirksamkeit von F1 kommt es in diesem Zusammenhang nicht an. Schließlich würde bei der Abtretung der Scheinhypothek die Sicherungsforderung F1 auch nicht von einem etwaig möglichen gutgläubigen Erwerb der Hypothek gem. § 1153 Abs. 2 BGB mitgerissen werden; für die Verpfändung gilt nach hier vertretener Ansicht nichts anderes. Scheidet ein gutgläubiger Erwerb des E nach den Einzelfallumständen aus, wäre nach der vorbeschriebenen Lehre ein gutgläubiger Erwerb natürlich bei einer weiteren Abtretung oder Belastung von F3 denkbar: So würde sich das von E dem G eingeräumte Forderungspfand (P3) an F3 unter den Voraussetzungen der Lehre vom gutgläubigen Zweiterwerb – d. h. bei Wirksamkeit der Forderungen F3, F2 und F1 sowie Forderungszuständigkeit und Verfügungsbefugnis des Verpfänders E in Bezug auf F3 – kraft Gesetzes auf das Pfandrecht (P2) an F2 einschließlich des zu fingierenden Pfandrechts (P1) und der durch P1 fiktiv belasteten Hypothek beziehen. Dieses „Spielchen“ lässt sich in der Abtretungs- und/oder Verpfändungskette beliebig fortsetzen: Scheidet ein redlicher Erwerb des G nach den Fallumständen aus, könnte durch Abtretung oder Verpfändung von F4 an H zur Sicherung der Forderung F5 wiederum ein gutgläubiger Erwerb stattfinden; das Forderungspfand an F4 (P4) würde sich vermittels der jeweils mitbelasteten Pfandrechte P3 und P2 auf das zu fingierende Pfandrecht P1 an der fiktiven Hypothek beziehen. Sind alle Forderungen durchsetzbar und die Verwertungsvoraussetzungen aller aufeinander aufbauenden Pfandrechte (P1, P2, P3, P4) sowie der fiktiven Hypothek im Übrigen erfüllt, könnte H aus der Scheinhypothek kraft seiner Einziehungsermächtigung gem. § 1282 Abs. 1 S. 1 BGB die Zwangsvollstreckung in das Grundstück des C gem. § 1147 BGB betreiben. Der Verwertungserlös würde H allenfalls in dem Umfang zustehen, der bei unterstellter Wirksamkeit der Verpfändung der fiktiven Hypothek auf P1 entfiele. Wenn H nun aber in seinem Vertrauen auf die Existenz von F4 – in Ermangelung eines gutgläubigen Forderungserwerbs oder zumindest einer Fiktion der Forderung für den sachenrechtsbelastenden Pfandrechtserwerb – nicht geschützt ist, erscheint auch das Vertrauen, dass F4 durch ein Pfandrecht an einer dritten Forderung (F3) gesichert ist, für die wiederum
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das Einwendungsrisiko im Gegensatz zur „reinen“ Zessionskette – bei der lediglich die erste vermeintlich pfandrechtsgesicherte Forderung mitsamt dem (scheinbaren) Pfandrecht an der Hypothek weiterübertragen wird –, bei einer Verpfändungssequenz sowie bei einer gemischten Abfolge von Abtretungs- und Verpfändungsverfügungen für den Enderwerber nicht unwesentlich. Selbst wenn sich bei Verpfändung einer forderungspfandrechtsgesicherten Forderung – vermittels Belastung dieses und ggf. weiterer intermediärer Forderungspfandrechte – kraft gutgläubigen Erwerbs auf ein Pfandrecht an einem im Grundbuch eingetragenen Recht erstrecken würde, ändert dies nichts daran, dass die Pfandrechtspyramide wie ein Kartenhaus in sich zusammenstürzt, sobald eines der „intermediären“ Forderungspfandrechte wegfällt. Mit jeder folgenden Forderungsverpfändung höheren Grades mindert sich die ohnedies schwache verkehrserleichternde Wirkung des gutgläubigen Erwerbs hinsichtlich des höchst mediatisiert belasteten (Schein-)Pfandrechts an einer (Schein-)Hypothek.790 Wollte man dennoch einen „redlichen“ Erwerb bejahen, liefe dies letztlich auf einen Schutz nicht substantiierter Erwerbshoffnungen, nicht aber legitimer Verkehrserwartungen hinaus; das Institut des gutgläubigen Erwerbs würde zur Verwirklichung „frommer Wünsche“ pervertiert werden. Ungeachtet der fehlenden Akzessorietät der Grundschuld und der subjektivpersönlichen Reallast scheidet folgerichtig auch ein zessionsbasierter Erwerb eines (vermeintlichen) Pfandrechts an einer Grundschuld oder Reallast ebenso aus wie ein konstitutiver Erwerb eines (Pfand-)Rechts an einem (scheinbaren) Pfandrecht an einer Grundschuld oder Reallast vom Nichtberechtigten. Dies gilt auch bei
ein Pfandrecht an einer vierten Forderung (F2) besteht, für die ausweislich des Grundbuchs ein Pfandrecht an einer Hypothekenforderung bestehen soll, kaum schutzwürdig. Aus der mehrfach mediatisierten Belastung der Hypothek resultieren einfach zu viele Hindernisse, die der Geltendmachung der Hypothek durch den letzten Pfandgläubiger (H) entgegenstehen, als dass dieser ernsthaft darauf vertrauen kann, sich mit dem Rang dieser Hypothek aus dem Grundstück des C zu befriedigen, wenn F5 fällig ist. Angesichts dessen ist der Besitz des Hypothekenbriefs in Verbindung mit einer Kette öffentlich beglaubigter Verpfändungserklärungen oder auch die Grundbucheintragung des unmittelbaren Verpfänders von F4 (G) allenfalls ein äußerst schwaches Indiz für die Wirksamkeit eines am untersten Ende der Forderungspfandrechtspyramide rangierenden (Schein-)Pfandrechts an einer (Schein-)Hypothek. Denn selbst wenn dieses abweichend vom Fallbeispiel wirksam begründet sein sollte und auch die Hypothek besteht, kann ja irgendein anderes nachgelagertes Forderungspfand schlicht aus einem ganz anderen Grund erloschen oder gar von vornherein nicht wirksam entstanden sein, so dass P5 einfach deshalb nicht P1 zu „ergreifen“ vermag, weil die als notwendige Bindeglieder fungierenden Forderungspfandrecht P2, P3 und P4 nicht (mehr) bestehen. Wird aber das Vertrauen in die Existenz intermediärer Forderungspfandrechte nicht geschützt, schwächt dies ganz erheblich die Verlässlichkeit des Grundbuchs als Rechtsscheinsträger für die in der Veränderungsspalte der Hypothek gem. § 11 Abs. 6 GBV eintragungsfähigen Weiterverpfändungen der pfandrechtsgesicherten Forderung (vgl. § 26 Abs. 2 Var. 3 GBO). Denn die nötigenfalls als Rechtsfolge des gutgläubigen Erwerbs zu fingierende Existenz des hypothekenbelastenden Pfandrechts (P1) ist lediglich notwendige Bedingung dafür, dass sich P5 auf P1 erstreckt, wohingegen ein gutgläubiger Erwerb in Ansehung der erforderlichen Bindeglieder per se ausscheidet. 790 Auf das in der vorgenannten Fn. beschriebene Fallbeispiel wird insoweit Bezug genommen.
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der Übertragung und Belastung eines Pfandrechts an einer Inhabergrundschuld (§§ 1195 S. 1 BGB).791 bb) Redlichkeitsschutz gem. § 893 BGB Wie gezeigt, greift zwar nach weit verbreiteter Ansicht sowohl bei der Aufhebung eines liegenschaftsrechtsbelastenden Pfandrechts (§§ 1273 Abs. 2 S. 1, 1255 Abs. 1 BGB)792 als auch bei einer konstitutiven Zustimmung seitens des scheinbaren Pfandgläubigers (vgl. §§ 876, 877, 880 Abs. 3, 1276 BGB) gem. § 893 Var. 2 BGB zugunsten des Verfügungsempfängers Redlichkeitsschutz ein.793 Desgleichen erlischt ein (Pfändungs-)Pfandrecht an einer hypothekarisch gesicherten Forderung durch Leistung an den eingetragenen (Pfändungs-)Pfandgläubiger gem. §§ 893 Var. 1, 892 Abs. 1 S. 1 BGB.794 Auf den ersten Blick ist das nachvollziehbar. Schließlich erstreckt sich der Normwortlaut ohne nähere Differenzierung auf im Grundbuch eingetragene Rechte; erfasst sind mithin sowohl Grundstücksrechte als auch Rechte an Grundstücksrechten ohne Rücksicht darauf, ob für den Erwerb derselben die Eintragung im Grundbuch konstitutiv ist oder nicht. Die teleologische Auslegung des § 893 BGB scheint das Interpretationsergebnis zu bestätigen: Wäre die Vorschrift auf Verfügungen seitens des Scheinpfandgläubigers eines liegenschaftsrechtsbelastenden Pfandrechts resp. auf Leistungen an den Buchrechtsinhaber unanwendbar, stünde der wirkliche Gläubiger derselben paradoxerweise besser als der zu Unrecht nicht eingetragene Gläubiger einer Grundschuld oder Verkehrshypothek, obschon sich jener ebenso effektiv selbst gegen einen Rechtsverlust zu verteidigen vermag (vgl. §§ 894–899 BGB). Mit Rücksicht auf die Rechtsfolgen der Leistung an den
791 Auf die Inhabergrundschuld finden die für Schuldverschreibungen auf den Inhaber geltenden Vorschriften entsprechende Anwendung (§ 1195 S. 2 BGB). Demgemäß ist eine Inhabergrundschuld unmittelbar nach den für die Verpfändung beweglicher Sachen geltenden Vorschriften zu verpfänden (§§ 1293, 1204 ff. BGB). Selbst bei Abhandenkommen des Grundschuldbriefs ist somit zwar ein gutgläubiger Ersterwerb eines Pfandrechts vom nichtberechtigten, durch den Briefbesitz legitimierten Inhaber des Grundschuldbriefs nach §§ 1207, 1208, 932–934, 935 Abs. 2 BGB, §§ 366, 367 HGB möglich (MünchKomm (-Damrau), BGB VII7, § 1293 Rn. 3; BeckOGK BGB (-Henn), Stand: 1.7.2019, § 1293 Rn. 8). Ein gutgläubiger Zweiterwerb eines Pfandrechts an einer Inhabergrundschuld scheidet aber ebenso wie bei beim Pfandrecht an einer realen Sache richtigerweise schon deshalb aus, weil es hierfür an einer gesetzlichen Grundlage fehlt. Auf § 892 Abs. 1 S. 1 BGB kann nicht abgestellt werden, weil diese Vorschrift nicht auf den gutgläubigen Erwerb von realen Sachen und gleichstellten Inhaberpapieren anwendbar ist, wohingegen § 1207 BGB, § 366 HGB lediglich für die Bestellung des Pfandrechts auf die Vorschriften über den gutgläubigen Eigentumserwerb vom Nichtberechtigten an beweglichen Sachen verweisen. 792 Lutter, AcP 164 (1964), S. 122, 131–133; Planck (-Strecker), BGB III/15, § 893 Anm. 1 b β; Rosenberg, BGB III/1, § 876 Anm. I 1, § 893 Anm. II 2 Staudinger (-Picker), BGB (2019), § 893 Rn. 44. 793 Planck (-Strecker), BGB III/15, § 893 Anm. 1 b β; Rosenberg, BGB III/1, § 893 Anm. II 1 a; BeckOGK BGB (-Hertel), Stand: 1.12.2017, § 892 Rn. 28; NomosKomm (-U. Krause), BGB III4, § 893 Rn. 19; Staudinger (-Picker), BGB (2019), § 893 Rn. 28. 794 OLG Dresden, Beschluss v. 19.3.1912, OLGE 25, S. 185, 187; MünchKomm (-Kohler), BGB VII7, § 893 Rn. 3; Staudinger (-Picker), BGB (2019), § 893 Rn. 3.
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bloßen Buchrechtsinhaber einer Sicherungshypothek (§ 1184 Abs. 1 BGB)795 ist die Anwendung des § 893 Var. 1 BGB auf Leistungen an den eingetragenen Pfandgläubiger eines Grundpfandrechts zwar nicht über jeden Zweifel erhaben. Selbst wenn man sich aber der h. A. anschließt und insoweit die Entlastung von Grundstückseigentum und Grundpfandrechten durch § 893 BGB erleichtert, folgt hieraus nicht das inverse Gebot, die Umlauffähigkeit liegenschaftsrechtsbelastender Pfandrechte durch einen korrelativen Erwerbstatbestand gem. § 892 BGB zu fördern. Sieht man von der bloß deklaratorischen Wirkung der Eintragung einer Zuordnungsänderung hinsichtlich jedes liegenschaftsrechtsbelastenden Pfandrechts ab, lässt sich ein gutgläubiger Erwerb in Bezug auf Abtretungs- und Belastungsvorgänge einfach deshalb nicht legitimieren, weil es, wie gezeigt, an einem komplementären Vertrauensschutz hinsichtlich der Wirksamkeit und Durchsetzbarkeit der pfandrechtsgesicherten Forderung fehlt. cc) Auswirkungen des gutgläubigen Forderungserwerbs auf (Schein-)Nebenrechte Eine veränderte Betrachtungsweise ist selbst dann nicht geboten, wenn ausnahmsweise ein gutgläubiger Erwerb der vermeintlich durch ein hypothekenbelastendes Pfandrecht gesicherten Forderung in Betracht kommt resp. forderungsbezogene Einwendungen nach den allgemeinen Grundsätzen der Rechtsscheinhaftung überwunden werden.796 Der gutgläubige Forderungserwerb geht allenfalls mit einem translativen Pfandrechtserwerb einher, sofern hierdurch die der Wirksam795 Während nach Abtretung bzw. Verpfändung bewirkte schuldbefreiende Leistungen auf die Hypothekenforderung in Ansehung der akzessorischen Sicherungshypothek dem Zessionar bzw. Pfandgläubiger entgegengehalten werden können – § 1156 S. 1 BGB ist auf die Sicherungshypothek unanwendbar (§ 1185 Abs. 2 BGB) –, scheidet nach der inzwischen ganz h. L. Vertrauensschutz auf die Rechtsinhaberschaft des eingetragenen Gläubigers bei Leistung auf die Sicherungshypothek aus (Baur/Stürner, Sachenrecht18 , § 42 Rn. 16–17; BeckOGK BGB (-Deutsch), Stand: 1.8.2019, § 1185 Rn. 12; MünchKomm (-Lieder), BGB VII7, § 1185 Rn. 13; NomosKomm (-Krause), BGB III4, § 1185 Rn. 6). Wenn nämlich ein gutgläubiger Erwerb einer Sicherungshypothek vom Scheinhypothekar nicht in Betracht kommt, wenn dieser nicht Forderungsgläubiger ist (arg. e § 1185 Abs. 2 BGB), kann nicht kraft Gesetzes die Forderung mitsamt der Sicherungshypothek auf den auf das dingliche Recht leistenden Eigentümer gem. §§ 1143 Abs. 1 S. 1, 1153 Abs. 1, 1177 Abs. 2 BGB als Eigentümerhypothek übergehen. Weil sich die Legitimation des Pfandgläubigers gleichfalls ausschließlich nach der pfandrechtsgesicherten Forderung richtet, liegt es nicht ganz fern, Redlichkeitsschutz zu versagen, soweit es um Leistungen an den eingetragenen Pfandgläubiger geht. Wer an einen Buchpfandgläubiger leistet, könnte dann nur kondizieren, sofern nicht nach Maßgabe der §§ 406 ff. BGB (i. V. m. § 1275 Var. 1 BGB) mit pfandbefreiender Wirkung auf die Forderung geleistet wird. 796 Für eine Erstreckung des gutgläubigen Forderungserwerbs auf akzessorische Nebenrechte u. a. BeckOK BGB (-Schärtl), Stand: 1.8.2019, § 1250 Rn. 3; BeckOGK BGB (-Förster), Stand: 1.6.2019, § 1250 Rn. 8.1; MünchKomm (-Damrau), BGB VII7, § 1250 Rn. 3; MünchKomm (-Roth/Kieninger), BGB II7, § 405 Rn. 13; differenzierend BeckOGK BGB (-Lieder), BeckOGK BGB, Stand: 1.7.2019, § 405 Rn. 47 (ein Übergang der Nebenrechte komme nur dann in Betracht, wenn diese sowie die Sicherungsforderung bestünden, was nur beim Einwendungsausschluss gem. § 405 Var. 2 BGB möglich sei; sofern der gutgläubige Erwerb dagegen nach § 405 Var. 1 BGB konstitutive Wirkung entfalte, die Scheinforderung also in der Person des Zessionars originär entstehe, führe dies nicht dazu, dass die scheinbaren Nebenrechte kraft Gesetzes entstünden);
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keit der Verpfändung entgegenstehenden forderungsbezogenen Einwendungen beseitigt sind. Sofern eine wirksame Forderung trotz Verstoßes gegen ein vertragliches Abtretungsverbot (§ 399 Var. 2 BGB) wirksam übertragen oder verpfändet wird (§ 405 Var. 2 BGB ggf. i. V. m. § 1274 Abs. 1 S. 1 BGB), ist das Pfandrecht wie jedes andere akzessorische Nebenrecht richtiger Ansicht nach vom gutgläubigen Erwerb umfasst.797 Wird hingegen zur Sicherung einer Scheinforderung (§ 117 Abs. 1 BGB) ein Pfandrecht bestellt, geht der gutgläubige Forderungserwerb gem. § 405 Var. 2 BGB798 nicht mit einem originären Pfandrechtserwerb einher.799 Dem Hypothekengläubiger geschähe hierdurch zwar kein unbilliger Nachteil, wenn ihm der Schein einer wirksamen Sicherungsforderung durch Ausstellung der Schuldurkunde zuzurechnen ist und mit Ausnahme der Sicherungsforderung alle für die ursprüngliche Bestellung des Pfandrechts erforderlichen Voraussetzungen erfüllt sind. Maßgeblich ist jedoch, dass eine Schuldurkunde offensichtlich noch weniger als pfandrechtsindizierender Rechtsscheinsträger taugt als das Grundbuch, zumal dem gutgläubigen Erwerb aus den bereits aufgezeigten Gründen keine nennenswerte verkehrserleichternde Wirkung beschieden wäre.800 a. A. Erman (-J. Schmidt), BGB II15, § 1250 Rn. 4; Staudinger (-D. Wiegand), BGB (2019), § 1250 Rn. 4. 797 So auch BeckOGK BGB (-Lieder), Stand: 1.7.2019, § 405 Rn. 47; MünchKomm (-Roth/ Kieninger), BGB III8 , § 405 Rn. 13; MünchKomm (-Damrau), BGB VII7, § 1250 Rn. 3. Anderenfalls verstieße der gutgläubige Forderungserwerb bzw. Forderungspfandrechtserwerb gegen das in § 1250 Abs. 1 S. 2 BGB normierte Verbot der Spaltung von Sicherungsforderung und Pfandrecht, was ersichtlich systemwidrig wäre und der Interessenlage zuwiderliefe. Wieso man hier den Zedenten gegen einen Verlust des Pfandrechts schützen sollte, leuchtete schon deshalb nicht ein, weil er ja selbstbestimmt über seine Forderung verbotswidrig verfügt; aus dem der Zession oder Verpfändung zugrundeliegenden Kausalgeschäft wäre er überdies schuldrechtlich verpflichtet, seine Sicherungsrechte dem Zessionar oder Pfandgläubiger zu verschaffen. Vollends absurd wäre es die Spaltung von Forderung und Pfandrecht dadurch zu vermeiden, dass das Pfandrecht analog § 1250 Abs. 2 BGB auch dann erlischt, wenn die Parteien den Übergang des Pfandrechts nicht ausschließen und die Forderung allein kraft gutgläubigen Erwerbs auf den Zessionar übergeht. Von dem Erlöschen des hypothekenbelastenden Pfandrechts profitierte dann allein der pfandrechtsbelastete Hypothekengläubiger, obschon dieser als Schuldner der pfandrechtsgesicherten Forderung gerade für den Rechtsschein verantwortlich ist, der überhaupt erst die „Enteignung“ des ersten Pfandrechtserwerbers ermöglicht. Auch dies würde ihm aber im Ergebnis nichts nutzen, weil er aus dem der Verpfändung zugrundeliegenden Kausalgeschäft zur Wiedereinräumung eines Pfandrechts resp. zur Stellung einer Ersatzsicherheit verpflichtet wäre. 798 Zur konstitutiven Wirkung des Forderungserwerbs siehe BeckOGK BGB (-Lieder), BeckOGK BGB, Stand: 1.7.2019, § 405 Rn. 42; MünchKomm (-Roth/K ieninger), BGB II7, § 405 Rn. 9. 799 Gegen eine Miterstreckung des konstitutiven gutgläubigen Forderungserwerbs auf akzessorische Nebenrechte auch BeckOGK BGB (-Lieder), BeckOGK BGB, Stand: 1.6.2019, § 405 Rn. 47; ohne diese Einschränkung MünchKomm (-Roth/Kieninger), BGB II7, § 405 Rn. 13. 800 Die eingeschränkte Reichweite des durch gutgläubigen Forderungserwerbs bzw. Forderungspfandrechtserwerbs ermöglichten unselbstständigen Erwerbs von Pfandrechten vom Nichtberechtigten offenbart sich erneut bei der Verpfändungssequenz. Wird in der obigen Fallgestaltung die Abtretung der Forderung F4 rechtsgeschäftlich ausgeschlossen und diese gleichwohl unter Vorlage einer Schuldurkunde zur Sicherung der Forderung F5 verpfändet, erwirbt H zwar ein Pfandrecht an F4, das sich auch auf das mit F4 verbundene Pfandrecht P3 erstreckt. Selbst bei unterstellter Redlichkeit des H (und überflüssiger Übergabe des Hypothekenbriefs unter Vorlage einer lückenlosen Kette von Verpfändungserklärungen, die auf den eingetragenen
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dd) Verpfändung einer scheinbar durch Sachpfand gesicherten Forderung Angesichts der rechtsgeschäftlichen Grundlage des gesetzlichen Erwerbs pfandrechtsbelastender Pfandrechte stellt sich bei der Forderungsverpfändung – nicht anders als bei der kontrovers diskutierten Konstellation eines zessionsbasierten gutgläubigen Zweiterwerbs des Pfandrechts801 – die Frage, ob ein gutgläubiger Erwerb vom Nichtberechtigten in Betracht kommt. Wie bereits für die Abtretung oder Verpfändung einer durch ein scheinbar liegenschaftsrechtsbelastendes Pfandrecht gesicherten Forderung ausgeführt, ist ein gutgläubiger Pfandrechtserwerb m. E. prinzipiell ausgeschlossen, sofern sich nicht ausnahmsweise ein redlicher Forderungspfandrechtserwerb auf ein bestehendes (Sach-)Pfand erstreckt.802 Soweit darüber hinaus in Teilen des Schrifttums ein gutgläubiger Erwerb das Sachpfand dann für möglich erachtet wird, wenn zwar die Forderung dem Scheinpfandgläubiger zustehe, aber das Pfandrecht nicht wirksam entstanden oder ohne die Forderung bereits erloschen sei,803 kann dem nicht gefolgt werden. D als Inhaber des hypothekenbelastenden Pfandrechts P1 zurückreichen), ließe es sich aber keinesfalls rechtfertigen, die eng umgrenzten Ausnahmetatbestände des gutgläubigen Forderungserwerbs erweiternd dahin auszulegen, dass hierdurch angeblich mit einem akzessorischen Forderungspfandrecht der gutgläubig erworbenen Forderung ihrerseits akzessorisch verbundene Nebenrechte originär entstehen. Sind diese nämlich nicht wirksam entstanden, beruht dies definitiv auf anderen Gründen als auf Einwendungen gegen die das Verfügungsobjekt bildende Forderung F4. Ist das hypothekenbelastende Pfandrecht P1 nicht wirksam entstanden, wirkt sich ein etwaiger gutgläubiger Erwerb einer Forderung oder eines Forderungspfandrechts, das sich auf P1 allenfalls über ein oder mehrere intermediäre Forderungspfandrechte (P2, P3) zu erstrecken vermag, insoweit nicht aus: Mängel eines „vorgelagerten“ Pfandrechts können niemals nicht durch gutgläubigen Erwerb eines nicht unmittelbar „nachgelagerten“ Pfandrechts überwunden werden. Das kraft gutgläubigen Erwerbs an F4 entstandene Forderungspfand würde sich allenfalls dann auf alle Forderungspfandrechte erstrecken, wenn dies auch im Fall eines rechtsgeschäftlichen Erwerbs des Forderungspfandes an F4 möglich wäre. 801 Siehe u. a. Baur/Stürner, Sachenrecht18 , § 55 Rn. 32; Haag, Der gutgläubige Zweiterwerb im Sachenrecht, S. 135–144; Quantz, Besitz und Publizität im Recht der beweglichen Sachen, S. 269–272, 300–301; Westermann/Gursky/Eickmann (-Gursky), Sachenrecht8 , § 131 Rn. 3, § 135 Rn. 14; Wieling, Sachenrecht I 2, § 25 VIII 1 b (S. 743). 802 Soweit im Schrifttum die Ansicht vertreten wird, dass § 1207 BGB „grundsätzlich“ auf Pfandrechte an Rechten unanwendbar sei, ein gutgläubiger Erwerb eines Pfandrechts am Recht aber in Betracht komme, soweit ein gutgläubiger Erwerb des verpfändeten Rechts in Betracht komme (so Erman (-J. Schmidt), BGB II15, § 1273 Rn. 11; ähnlich Staudinger (-D. Wiegand), BGB (2019), § 1273 Rn. 23, 1274 Rn. 11), ist zu präzisieren: Ein gutgläubiger Erwerb eines Pfandrechts an einem Recht ist allenfalls bei der Bestellung, nicht aber bei der Übertragung oder Belastung des Rechtspfandes möglich, und dies auch nur in entsprechender Anwendung der für die Übertragung des verpfändeten Rechts geltenden Gutglaubenstatbestände (z. B. §§ 405, 892, 1138, 1155, 2366 BGB, Art. 16 Abs. 2 WG, Art. 21 ScheckG, § 16 Abs. 3 GmbHG) gem. § 1274 Abs. 1 S. 1 BGB bzw. gem. § 1292 BGB. Auf die Verpfändung von Inhaberpapieren ist § 1207 BGB ohnedies direkt anwendbar (§ 1293 BGB). 803 Grundlegend Heck, Grundriß des Sachenrechts2 , § 105 V (S. 428–429), der die seiner Ansicht nach verfehlte juristische Konstruktion des akzessorischen Übergangs des Pfandrechts für unverbindlich erklärt; ein Zessionar einer (angeblich) durch Sachpfand gesicherten Forderung sei nicht weniger schutzwürdig als ein Zessionar einer (angeblich) durch eine Sicherungshypothek gesicherten Forderung; zudem sei der „Zirkulationsschutz“ vor allem bei durch Traditionspapieren an hinterlegten Waren bestellten Pfandrechten sowie bei Pfanddepots von erheblicher prak-
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Für einen gutgläubigen Erwerb eines doppel- oder gar mehrstöckigen Pfandrechts vom Nichtberechtigten ist erst recht kein Raum. Dass fraglos ein gutgläubiger konstitutiver Erwerb eines grundpfandrechtsbelastenden Pfandrechts in den dargestellten Varianten in Betracht kommt,804 ist unerheblich. Zum einen richtet sich der Erwerb einer angeblich durch Sachpfand gesicherten Forderung nach Zessionsrecht ohne sachenrechtlichen Vollzugsakt, weshalb dieser „mittelbare“ rechtsgeschäftliche Erwerb mit der Verpfändung eines Liegenschaftsrechts unter Publizitätsgesichtspunkten inkommensurabel ist. Im Gegensatz zur Eintragung des Scheinhypothekars im Grundbuch sowie zum Besitz des Hypothekenbriefs in Verbindung mit einer vom eingetragenen Hypothekengläubiger ausgestellten öffentlich beglaubigten Abtretungs- bzw. Verpfändungserklärung gibt Besitz für sich genommen über Inhalt und Umfang der geltend gemachten Berechtigung keine verlässliche Auskunft.805 Fehlt somit schon bei der Abtretung oder Verpfändung einer angeblich durch Sachpfand gesicherten Forderung eine den gutgläubigen Erwerb tragende Legitimationsgrundlage, lässt sich ein gutgläubiger Erwerb in einer Verpfändungssequenz wegen der Verschiedenheit der jeweiligen Verfügungsobjekte und des erhöhten Einwendungsrisikos erst recht nicht legitimieren.806 Das „fortischer Bedeutung; Müller/G ruber, Sachenrecht, Rn. 2218–2223; Schulze et al. (-Schulte-Nölke), BGB10, § 1250 Rn. 2; Wieling, Sachenrecht I2, § 15 VIII 1 b (S. 743); ders., Sachenrecht5, § 15 VI 1 b (S. 226). 804 Siehe § 5 IV. 2. a)–c). 805 Umgekehrt findet dann nicht etwa ein gutgläubiger gesetzlicher (!) Forderungsübergang einschließlich des vermeintlichen Pfandrechts bei der Ablösung des Pfandes seitens des Eigentümers, des Verpfänders oder eines ablösungsberechtigten Dritten durch Leistungsbewirkung an den durch den Besitz des Pfandes scheinlegitimierten Putativgläubiger nach §§ 1225, 1249, 268 Abs. 3, 412, 401 Abs. 1, 1250 Abs. 1 S. 1 BGB statt; eingehend hierzu § 5 IV. 3. a) cc). Es fehlt – im Gegensatz zu § 893 Var. 1 BGB – an jeglicher gesetzlichen Grundlage für einen gutgläubigen Erwerb, zumal allenfalls auf die Erfüllungshandlung (vgl. § 1224 BGB) als mittelbare rechtsgeschäftliche Grundlage eines gutgläubigen Forderungs- und Pfandrechtserwerbs abgestellt werden könnte. Das Gesetz gewährt ausschließlich dem persönlichen Schuldner Vertrauensschutz, solange er vom rechtsgeschäftlichen oder gesetzlichen Forderungsübergang keine Kenntnis hat (vgl. §§ 406–408 BGB). Dagegen sind, wie noch ausführlich zu begründen sein wird, die §§ 406–408 BGB nicht entsprechend zugunsten des Eigentümers und des Verpfänders im Fall der Drittpfandbestellung anzuwenden. 806 Wie anhand der nachfolgenden Fallgestaltung einer „Verpfändungssequenz“ veranschaulicht wird, gilt bei der Abtretung und Verpfändung einer angeblich durch Sachpfand gesicherten Forderung nichts anderes als bei der Abtretung oder Verpfändung einer angeblich durch ein Pfandrecht an einem Liegenschaftsrecht gesicherten Forderung. Der gutgläubige Erwerb entbehrt jeglicher gesetzlichen Grundlage und steht überdies noch im Widerspruch zu der den expressis verbis geregelten Gutglaubenstatbeständen zugrundeliegenden Wertungsentscheidung des Gesetzgebers. Verpfändet A seinen Pkw an C zur Sicherung der Forderung F1 des C gegen B und verpfändet C wiederum F1 an seinen Gläubiger D, der seine Sicherungsforderung F2 mitsamt des Forderungspfandes (P2) an F1 an seinen Gläubiger E zur Sicherung der Forderung F3 verpfändet und verpfändet sodann E seine durch dieses Forderungspfand (P3) gesicherte Forderung F3 an seinen Gläubiger G, erstreckt sich dessen Forderungspfand (P4) kraft Gesetzes auf alle Nebenrechte von F3 einschließlich des Forderungspfandes P3 an F2, das zur Sicherung von F2 bestellte Forderungspfand P2 an F1 und an dem zur Sicherung von F1 bestellten Sachpfand (P1) am Pkw des A unter der Voraussetzung, dass jede Verpfändung wirksam und insbesondere der jeweilige Verpfänder zur Verfügung über die betreffende (normative) Sache berechtigt ist. Ist
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malistische“ Argument, es fehle an einem hinreichenden Rechtsscheinsträger – der Besitz indiziere nur das Eigentum, nicht aber ein beliebiges anderes Recht, überzeugt angesichts des Umstands, dass sich (bewegliche) körperliche Sachen im heutige Rechts- und Wirtschaftsverkehr807 gerade nicht typischerweise in einer äußernun aber (z. B. wegen arglistiger Täuschung des C) die Verpfändung des Pkw nichtig, verbietet es sich bereits bei der Verpfändung der Forderung F1, originär ein von der Forderungsverpfändung erfasstes Sachpfand, wenn auch nur zugunsten des Forderungspfandgläubigers D und nicht auch zugunsten des C aus der Taufe zu heben. Auf § 1207 BGB kann als Rechtsgrundlage des gutgläubigen Erwerbs eines Pfandrechts am Sachpfand schon deshalb nicht abgestellt werden, weil diese Norm richtigerweise vom Verweisungsbefehl des § 1273 Abs. 2 S. 1 BGB generell nicht gedeckt ist. Denn § 1207 BGB steht im systematischen Zusammenhang der Bestellung des Sachpfandes und knüpft ebenso wie die in Bezug genommenen Vorschriften der §§ 932, 934, 935 BGB an die Übergabe resp. einen Übergabeersatz als sachenrechtlichen Modus und den den gutgläubigen Erwerb tragenden Rechtsscheinstatbestand an. Eine rechtsgeschäftliche Bestellung eines Pfandrechts am Sachpfand ist indes nach §§ 1274 Abs. 2, 1250 Abs. 1 S. 2 BGB ausgeschlossen; das Pfandrecht am Sachpfand entsteht stets ohne jeglichen sachenrechtlichen Publizitätstatbestand kraft Gesetzes, mag auch der gesetzliche Erwerb „mittelbar“ auf eine Forderungsverpfändung zurückzuführen sein. Auf die Forderungsverpfändung ist § 1207 BGB fraglos nicht entsprechend anzuwenden. Ein gutgläubiger Erwerb von Pfandrechten an nichtverbrieften Forderungen ist allenfalls in entsprechender Anwendung der §§ 405, 2366 BGB möglich (die Anwendbarkeit der Tatbestände des gutgläubigen Forderungserwerbs auf die Belastung von Forderungen ist i. E. unstrittig; vgl. BeckOGK BGB (-Lieder), BeckOGK BGB, Stand: 1.6.2019, § 405 Rn. 10; Staudinger (-Busche), BGB (2017), § 405 Rn. 30). Deshalb verfängt auch der naheliegende Umkehrschluss aus § 1273 Abs. 2 S. 2 BGB nicht: Wenn expressis verbis nur die entsprechende Anwendung der im systematischen Konnex zu § 1207 BGB stehenden Verkehrsschutznorm des § 1208 BGB ausgeschlossen ist, bedeutet dies nicht, dass § 1207 BGB auf das Pfandrecht an Rechten, zumal auf die Forderungsverpfändung, entsprechend anzuwenden ist. Schließlich steht die entsprechende Anwendung der für das Sachpfand geltenden Vorschriften unter dem Vorbehalt, dass sich aus den §§ 1274–1296 BGB nichts anderes ergibt. Wenngleich die entsprechende Anwendung des § 1207 BGB auf die Verpfändung einer (scheinbar) durch Sachpfand gesicherten Forderung durch die §§ 1274–1296 BGB auch nicht ausdrücklich exkludiert wird, streitet schon die Struktur des Verpfändungstatbestandes entscheidend dagegen, einen gutgläubigen Erwerb eines sachpfandbelastenden Forderungspfandes vom Putativsachpfandgläubiger gem. §§ 1273 Abs. 2 S. 1, 1207 i. V. m. §§ 932, 934, 935 BGB zu konstruieren. Scheidet nun aber in der vorstehenden Fallgestaltung eine durch die von der Verpfändung der Forderung F3 erfassten Forderungspfandrechte P3 und P2 „mediatisierte“ Erstreckung des Forderungspfandes P4 des G auf das zur Sicherung von F1 bestellte Sachpfand (P1) am Pkw des A einfach deshalb aus, weil P1 inzwischen durch Tilgung der Forderung F1 erloschen ist, wirkt es äußerst gekünstelt, in dieser Konstellation dem Besitz des E am Pkw im Rahmen der Verpfändung von F3 einen den gutgläubigen Erwerb von P1 tragenden Rechtsschein zu attestieren. Denn die Besitzverschaffung im Rahmen dieser vierten Verpfändung kann bestenfalls als schwaches Indiz für die behauptete Verpfändung des Pkw des A an C dienen. Allein hieraus ergibt sich aber nicht, ob die durch das angebliche Sachpfand P1 gesicherte Forderung wirksam an D verpfändet worden ist und dessen Pfandrecht forthin besteht und ob dieser wiederum wirksam seine Forderung an E verpfändet hat, der sich nunmehr als Pfandgläubiger dieser Forderung berühmt. Selbst wenn der Pkw ursprünglich wirksam an C verpfändet worden sein sollte, ist völlig ungewiss, ob das nunmehr für H bestellte Pfandrecht dieses Sachpfand zu „ergreifen“ vermag, weil der Erwerber gar nicht darauf vertrauen kann, dass die Forderungspfandrechte P2 und P3 als „Bindeglieder“ existieren. Wenn H aber nicht in seinem Vertrauen auf Bestand und Durchsetzbarkeit von F4 geschützt wird, leuchtet es nicht ein, den „frommen Wunsch“, dass sich mit dieser Forderung verbundene Pfandrechte auf das Sachpfand P1 erstrecken, zu schützen. 807 Verwiesen sei nur auf Finanzierungsleasing, Ratenkauf, Kreditsicherheiten und Kommissionsgeschäfte.
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lich wahrnehmbaren Herrschaftssphäre, sondern häufig bestenfalls im mittelbaren Besitz des Eigentümers befinden, freilich kaum. Ausschlaggebend ist vielmehr die rechtstypische Struktur des Pfandrechts. Soweit nicht ausnahmsweise Redlichkeitsschutz hinsichtlich der „führenden“ Forderung gewährt wird, kann der Rechtsverkehr nicht auf Bestand und Umfang eines vom Veräußerer reklamierten Pfandrechts vertrauen. Ist der Erwerber eines Forderungspfandrechts nicht in seinem Vertrauen auf die Wirksamkeit und Durchsetzbarkeit der verpfändeten Forderung einschließlich angeblicher „intermediärer“ Forderungspfandrechte geschützt, macht ein Schutz des (unbegründeten) Vertrauens auf besitzgestützte Nebenrechte der Hauptforderung angesichts der vorbeschriebenen charakteristischen Instabilität eines „Pfandrechtskartenhauses“ keinen Sinn. Ein Analogieschluss zu § 1207 BGB bei der Zession oder Verpfändung von vermeintlich durch Sachpfand gesicherten Forderungen liefe ebenso wie die Anwendung des § 892 Abs. 1 S. 1 BGB auf die Abtretung und die Verpfändung von Forderungen, die ausweislich des Grundbuchs durch Pfandrechte an Liegenschaftsrechten gesichert erscheinen, auf einen Schutz vager Erwerbshoffnungen, nicht aber schutzwürdiger Erwartungen des Rechtsverkehrs hinaus.808
3. Sicherungswirkungen und Durchsetzung Sowohl die Sicherungswirkungen vor Eintritt der Pfandreife als auch die Durchsetzung von Pfandrechten an Verwertungsrechten werfen diverse judiziell nicht erschlossene und in der Literatur weitgehend ausgeblendete Detailprobleme auf. Zwecks Veranschaulichung liegt der Untersuchung die folgende Fallgestaltung zugrunde: Im Ausgangsfall lässt sich D eine (1.) durch ein Sachpfand (P1) an einem „Warenlager“ des A, (2.) durch ein Pfandrecht (P2) an der Forderung F1 des X gegen Y und (3.) durch eine Hypothek am Grundstück des E gesicherte Darlehensforderung F2 des C gegen B zur Sicherung seiner Forderung F3 gegen C verpfänden; diese Fallgestaltung wird, um die neuralgischen Fragen der Sicherungswirkung und der Realisierung von Pfandrechten höheren Grades zu skizzieren, ggf. erweitert und variiert.809 808 Wie unter § 5 V. 3. c) begründet wird, ist selbst dann nicht anders zu entscheiden, wenn für die Forderungsverpfändung ein Traditions- oder ein sonstiges Publikationserfordernis eingeführt werden würde. 809 Wegen der in § 1291 BGB bestimmten direkten Anwendbarkeit der §§ 1279–1290 BGB auf das Pfandrecht an der Grund- oder Rentenschuld ist der Wirkungskreis von Forderungspfandrechten und selbstständigen Pfandrechten an nichtakzessorischen Grund- und Rentenschulden praktisch identisch. Auch für das Pfandrecht an der subjektiv-persönlichen Reallast gilt infolge methodisch vertretbarer gesetzesimmanenter Rechtsfortbildung nichts anderes; mit Rücksicht auf die Pfändung und die Verwertung von (subjektiv-persönlichen) Reallasten und Grund- und Rentenschulden in § 857 Abs. 6 ZPO bestimmten Gleichlaufs (siehe nur Kindl/Meller-Hannich/Wolf (-R. Koch), Gesamtes Recht der Zwangsvollstreckung3, § 857 Rn. 64; Musielak/Voit (-Becker), ZPO16 , § 857 Rn. 19) ist es nur folgerichtig, die Vorschriften der §§ 1274–1290 BGB (i. V. m. § 1291 BGB) auf verpfändete subjektiv-persönliche Reallasten grundsätzlich entsprechend anzuwenden. Keine besondere Betrachtung bedarf dagegen die Verpfändung einer zur Sicherheit übereigneten
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a) Sicherungswirkung Während die Befugnis zur (außer-)gerichtlichen Verwertung der verpfändeten Sache an die Pfandreife geknüpft ist, entfaltet ein Pfandrecht an einem Verwertungsrecht bestimmungsgemäß mit Abschluss des Verpfändungstatbestandes gläubigerschützende Wirkungen. Auch im deutschen Recht offenbaren sich diese zuvörderst im Verfügungsschutz, in den wechselseitig beschränkten Einziehungsund Empfangszuständigkeiten sowie in den pfandrechtlichen Surrogationsmechanismen. aa) Verfügungsschutz Aufgrund der Erstreckung des Forderungspfandrechts auf die für die verpfändete Forderung bestellten akzessorischen Nebenrechte ist die Verfügungsbefugnis des belasteten Forderungsgläubigers sowohl hinsichtlich des Hauptrechts als auch hinsichtlich der forderungsgebundenen Sicherungsrechte beschränkt. So ist D im vorbeschriebenen Fall gegen die Einziehung der verpfändeten Forderung F2 des C gegen B dadurch geschützt, dass dieser vorbehaltlich § 1275 i. V. m. §§ 406, 407 BGB810 nicht mit befreiender Wirkung an C leisten kann. Eine unter Verstoß gegen Sache resp. einer zur Sicherheit abgetretenen Forderung; dass in der Verpfändung vor Eintritt der Verwertungsreife i. d. R. ein Verstoß gegen die Sicherungsabrede liegt (so NomosKomm (-Bülow), BGB III4, § 1274 Rn. 11; BeckOGK BGB (-Leinenweber), Stand: 1.10.2018, § 1274 Rn. 63), wirkt sich auf die Wirksamkeit des Sach- oder Forderungspfandrechts nicht aus. 810 Mit Ausnahme von § 408 BGB sind die §§ 404–411 BGB auf die Verpfändung von Forderungen gem. § 1275 BGB nach allg. Ansicht entsprechend anzuwenden (vgl. Erman (-J. Schmidt), BGB II15, § 1275 Rn. 3; NomosKomm (-Bülow), BGB III4, § 1275 Rn. 4; Soergel (-Habersack), BGB XVI13, § 1275 Rn. 2). Der Verweis auf § 408 BGB geht jedenfalls bei der Abtretung der verpfändeten Forderung fehl, weil das Forderungspfand von der Abtretung der verpfändeten Forderung unberührt bleibt und der Zessionar einfach an die Stelle des Zedenten tritt; soweit der Schuldner also in Unkenntnis der Verpfändung an den Zessionar leistet, ist er nach § 1275 BGB i. V. m. §§ 406, 407 BGB geschützt, weshalb für die Anwendung des § 408 BGB kein Raum ist. Sollte dagegen die verpfändete Forderung erneut verpfändet oder mit einem Nießbrauch belastet werden, ändert dies an der Forderungsinhaberschaft des Gläubigers ohnedies nicht; im Gegensatz zur Abtretung einer bereits abgetretenen Forderung durch den nicht mehr berechtigten Zedenten ist auch die erneute Belastung wirksam, wobei ein Konkurrenzverhältnis zwischen den Pfandgläubigern nach § 1290 BGB richtet. Auch insoweit ist der Schuldner, wenn er in Unkenntnis der ersten Zession an den Gläubiger leistet, durch § 1275 BGB i. V. m. §§ 406, 407 BGB geschützt; sollte er in Unkenntnis der ersten Verpfändung an den Gläubiger und den zweiten Pfandgläubiger gemeinschaftlich oder auch nach Eintritt der Pfandreife an den zweiten Pfandgläubiger allein leisten, drängt sich allerdings durchaus eine entsprechende Anwendung des § 408 BGB auf. Schließlich ist der Schuldner ja unstreitig gem. §§ 1275, 409 Abs. 1 S. 1 BGB dann geschützt, wenn er an den Scheinpfandgläubiger in Unkenntnis der Unwirksamkeit der Verpfändung aufgrund einer Verpfändungsanzeige leistet; dann ist er aber erst recht schutzwürdig, wenn er aufgrund einer Verpfändungsanzeige nur von der zweiten nachrangigen Verpfändung in Kenntnis gesetzt worden ist, während er von der ersten Verpfändung z. B. deshalb keine Kenntnis hat, weil die Anzeige – wie in der hier zugrunde gelegten Fallgestaltung entbehrlich ist. Schließlich ist § 410 BGB grundsätzlich entsprechend anwendbar, wobei dem Schuldner aber gem. §§ 1275, 410 Abs. 2 BGB dann keine Einrede wegen eines Gegenanspruch auf Aushändigung einer Verpfändungsanzeige gegenüber dem Pfandgläubiger zusteht, wenn ihm die Verpfändung seitens des Verpfänders
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§ 1281 BGB bewirkte Leistung an den Gläubiger zeitigt keine Erfüllungswirkung gem. § 362 Abs. 1 BGB.811 Aus diesem Grund erlöschen grundsätzlich weder das mitverpfändete Sachpfand noch das mitverpfändete Forderungspfand gem. § 1252 BGB, wenn B an C auf F2 leistet: Die Hypothek verwandelt sich weder in eine Eigentümergrundschuld gem. §§ 1163 Abs. 1 S. 2, 1177 Abs. 1 S. 1 BGB noch geht sie unter gesetzlicher Forderungsauswechslung auf B gem. § 1164 Abs. 1 BGB über. Aufgrund der konstitutiven schriftlichen Verpfändungsanzeige (§§ 1279 S. 1, 1280 BGB) dürften befreiende Leistungen des Schuldners in entsprechender Anwendung des §§ 1275, 407 Abs. 1 BGB i. d. R. ausscheiden.812 Abgesehen von der Einziehung der Hauptforderung wirken sich weitere Abtretungs- und Belastungsverfügungen des C über die verpfändete Forderung F2 nicht auf die Rechtsstellung des D aus; ein nicht seitens des D konsentierter Erlassvertrag betreffend F2 ist richtigerweise nicht nur relativ, sondern absolut nichtig (§ 1276 Abs. 1 S. 1 BGB).813 Darüber hinaus ist die Verfügungsbefugnis des Gläubigers der verpfändeten Forderung F2 über die von der Verpfändung betroffenen akzessorischen Rechte in sinngemäßer Anwendung der §§ 1281–1283 BGB beschränkt; eines Analogieschlusses bedarf es insoweit nicht.814 So bedürfen sämtliche nicht auf Erwerb geschriftlich angezeigt worden ist, was bei der Forderungsabtretung wegen § 1280 BGB regelmäßig erforderlich ist (vgl. MünchKomm (-Damrau), BGB VII7, § 1275 Rn. 2; NomosKomm (-Bülow), BGB III4, § 1275 Rn. 4). 811 Die Verfügung (z. B. die Eigentumsverschaffung am Bargeld) bleibt hiervon unberührt; dementsprechend kann der Schuldner die von ihm unter Verstoß gegen § 1281 BGB bewirkten Leistungen kondizieren. Allerdings schließt die Verpfändung prinzipiell nicht die Kündigungsberechtigung des Gläubigers aus (§ 1283 Abs. 1 BGB); der Schuldner kann nur wirksam gegenüber beiden kündigen (§ 1283 Abs. 2 BGB). Ein eigenes Kündigungsrecht begründet das Pfandrecht ab Eintritt der Pfandreife (§ 1283 Abs. 3 Hs. 1 BGB). Unberührt bleibt die Einziehungszuständigkeit des C – vorbehaltlich einer Anzeige des D an B, dass er von seinem Einziehungsrecht aus §§ 1281, 1282 BGB Gebrauch mache – in Ansehung der Zinsen (§ 1289 S. 2 i. V. m. § 1124 Abs. 1 BGB). Die dispositive Vorschrift des § 1289 BGB ist unanwendbar, wenn die Parteien ausdrücklich die Zinsforderung verpfänden; es gelten insoweit die §§ 1281–1290 BGB (Erman (-J. Schmidt), BGB II15, § 1289 Rn. 3; Soergel (-Habersack), BGB XVI13, § 1289 Rn. 1). Zudem ist § 1289 BGB bei der Vereinbarung eines Nutzungspfandrechts gem. §§ 1273 Abs. 2 S. 1, 1213 Abs. 1 BGB unanwendbar, stehen doch dem Pfandgläubiger die Zinsen aus eigenem Recht zu, weshalb dieser zur Einziehung derselben berechtigt ist (Erman (-J. Schmidt), BGB II15, § 1289 Rn. 3; Soergel (-Habersack), BGB XVI13, § 1289 Rn. 1). Ferner ist § 1289 BGB nicht auf die eingerechneten Zinsen einer Höchstbetragshypothek (§ 1190 Abs. 2 BGB) anzuwenden (Erman (-J. Schmidt), BGB II15, § 1289 Rn. 3; Palandt (-Wicke), BGB78 , § 1289 Rn. 1). 812 Selbst wenn eine schriftliche Unterrichtung entbehrlich ist und auch nicht erfolgt, schließt eine anderweitig erlangte Kenntnis – was vor allem bei der hier relevanten Verpfändung hypothekarisch gesicherter Forderungen naheliegt – schuldbefreiende Leistungen an den Forderungsgläubiger aus (vgl. RG, Beschluss v. 9.7.1902 – V 147/02, RGZ 52, S. 141, 143, wonach die Verpfändung hypothekarisch gesicherter Forderungen dadurch zutage trete, dass der Hypothekengläubiger nicht zur Herausgabe des Hypothekenbriefs gegen Zahlung der gesicherten Forderung imstande sei; siehe auch NomosKomm (-Bülow), BGB III4, § 1275 Rn. 4; Soergel (-Habersack), BGB XVI13, § 1275 Rn. 2 mit Fn. 9; Staudinger (-D. Wiegand), BGB (2019), § 1275 Rn. 3). Entsprechendes gilt für eine etwaige subjektive Rechtskrafterstreckung eines in einem Prozess über die verpfändete Forderung ergangenen Urteils auf D gem. §§ 1275, 407 Abs. 2 BGB. 813 Zur Begründung wird auf die Ausführungen in § 3 II. 3. c) cc) (2) Bezug genommen. 814 Aus § 1291 BGB lässt sich unschwer folgern, dass insoweit keine planwidrige Regelungs-
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richteten Verfügungen über eine mitverpfändete Hypothek wegen potentieller Rechtsbeeinträchtigung der Zustimmung des Inhabers des herrschenden Pfandrechts (P3) gem. §§ 876 S. 1, 877, 880 Abs. 3, 1168 Abs. 2 S. 2, 1178 Abs. 2 S. 2, 1180 Abs. 1 S. 2 Hs. 2, 1276 BGB. Für die Aufhebung akzessorischer Pfandrechte gilt nichts anderes (§§ 1255 Abs. 2, 1273 Abs. 2 S. 1 BGB).815 Dass die zustimmungsvermittelte Schutzwirkung in Bezug auf das akzessorisch mitverpfändete Sachpfand problemlos ausgehebelt werden kann, indem der Sachpfandgläubiger das Pfand dem Verpfänder oder dem Eigentümer gem. § 1253 Abs. 1 BGB zurückgibt, spielt keine Rolle.816 Abgesehen davon, dass dem Pfandgläubiger des sachpfandbelastenden Forderungspfandes dann sowohl vertragliche als auch außervertragliche Schadensersatzansprüche gegen den Sachpfandgläubiger zustehen,817 ist der Forderungspfandgläubiger m. E. dadurch geschützt, dass ihm bereits ab Bestellung des Forderungspfandes ein absolutes Recht zum (Mit-)Besitz an dem von der Verpfänlücke besteht. Die sinngemäße Anwendung der Vorschriften über das Forderungspfandrecht auf eine kraft Gesetzes mitverpfändete Hypothek war für den Gesetzgeber selbstverständlich, wohingegen es für das Pfandrecht an der nichtakzessorischen Grund- und Rentenschuld einer ausdrücklichen Erstreckung der für das Forderungspfandrecht geschaffenen Vorschriften bedurfte (siehe nur Erman (-J. Schmidt), BGB II15, § 1291 Rn. 1; Soergel (-Habersack), BGB XVI13, § 1291 Rn. 1). 815 Richtigerweise folgt die Zustimmungsbedürftigkeit der Aufhebung eines pfandrechtsbelasteten Pfandrechts nicht aus § 1276 Abs. 1 S. 1 BGB, sondern aus § 1255 Abs. 2 BGB (ggf. i. V. m. § 1273 Abs. 2 S. 1 BGB). Denn „verpfändetes Recht“ i. S. v. § 1276 Abs. 1 S. 1 BGB ist die durch das Pfandrecht gesicherte Forderung und nicht das von der Verpfändung dieser Forderung erfasste Pfandrecht. Die Zustimmungsbedürftigkeit ergibt sich, sofern die verpfändete Forderung durch ein Fahrnispfand gesichert ist, unmittelbar aus § 1255 Abs. 2 BGB und, sofern die verpfändete Forderung durch ein Pfandrecht an einem Recht gesichert ist, aus einer entsprechenden Anwendung der Norm (§ 1273 Abs. 2 S. 1 BGB). Zu der umstrittenen Frage, wer als Zustimmungsadressat in Betracht kommt siehe § 3 II. 3. c) bb); zu den Rechtsfolgen der Aufhebung des Pfandrechts bei fehlender Zustimmung siehe § 3 II. 3. c) cc). Auch die inhaltliche Änderung des pfandrechtsbelasteten Pfandrechts ist nicht undenkbar; eine entsprechende Anwendung von § 1276 Abs. 2 BGB ist geboten. Wer jenseits des Grundstücksrechts die Möglichkeit privatautonomer Rangänderungen beim Pfandrecht annimmt (siehe hierzu Wilhelm, JZ 2015, S. 346–351), darf die Inhaber pfandrechtsbelastender Nießbrauchs- und Pfandrechte bei der Vorrangeinräumung seitens des Inhabers des belasteten Pfandrechts nicht schlechter stellen als bei der Aufhebung. Eine analoge Anwendung der §§ 880 Abs. 3, 876 BGB zugunsten der Inhaber der auf dem zurücktretenden Pfandrecht lastenden Nießbrauchs- und Pfandrechte drängt sich auf. 816 Erman (-J. Schmidt), BGB II15, § 1255 Rn. 6; MünchKomm (-Damrau), BGB VI6 , § 1255 Rn. 4. 817 Wird das Forderungspfandrecht, was angesichts seiner absoluten Qualität nicht unvertretbar erscheint, als sonstiges Recht i. S. d. § 823 Abs. 1 BGB eingeordnet, dürfte die nicht konsentierte Rückgabe des pfandrechtsbelasteten Sachpfandes seitens des Sachpfandgläubigers eine schuldhafte Verletzung des Forderungspfandes begründen, weil dem Forderungspfandgläubiger hierdurch ohne seinen Willen die akzessorische Sicherung seines Sicherungsrechts entzogen und damit auch die Verwertungsaussichten geschmälert werden; vgl. Erman (-J. Schmidt), BGB II15, § 1255 Rn. 6; Palandt (-Wicke), BGB78 , § 1255 Rn. 2; MünchKomm (-Damrau), BGB VII7, § 1255 Rn. 4 (ohne Rekurs auf § 823 Abs. 1 BGB). Zudem kommen, unabhängig von der Qualifikation des Forderungspfandrechts, Ansprüche wegen ungerechtfertigter Bereicherung gegen den Eigentümer oder gegen nachrangig Berechtigte in Betracht (MünchKomm (-Damrau), BGB VII7, § 1255 Rn. 4).
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dung erfassten Sachpfand zusteht.818 Ferner offenbart sich die Sicherungswirkung des herrschenden Pfandrechts darin, dass der Eigentümer und der Sachpfandgläubiger für eine Vereinbarung einer von den gesetzlichen Vorschriften des Pfandverkaufs (§§ 1234–1240 BGB) abweichenden Art des Pfandverkaufs der Zustimmung der Inhaber der das Pfandrecht belastenden Nießbrauchs- und Pfandrechte jedenfalls dann bedürfen, wenn hierdurch das Verkaufsrecht erschwert wird (§§ 1071 Abs. 2, 1276 Abs. 2 BGB).819 bb) Einschränkung der Einziehungszuständigkeit Wenngleich sich die §§ 1281–1290 BGB ausdrücklich nur auf die verpfändete Forderung beziehen, belegt schon der Umkehrschluss aus § 1291 BGB, dass insoweit weder Bedarf noch Raum für eine analoge Anwendung auf die die verpfändete Forderung sichernden akzessorischen Rechte besteht. Diese Vorschriften sind unmittelbar Anwendung,820 wobei freilich der unterschiedlichen Rechtsnatur der Forderung und des akzessorischen Rechts Rechnung zu tragen ist. Zwar bedarf der Pfandgläubiger einer verpfändeten Hypothek, Grundschuld oder Reallast des in § 1281 BGB bestimmten Schutzes nicht in gleicher Weise wie bei einer in einem hoheitlich kontrollierten Verfahren durchgeführten Durchsetzung des belasteten 818 Siehe
§ 5 IV. 6. b). ist zu überlegen, ob unabhängig von §§ 1071 Abs. 2, 1276 Abs. 2 BGB ein Zustimmungserfordernis aus § 1245 Abs. 1 S. 2 BGB (als lex specialis) folgt. Zwar beziehen sich Nießbrauchs- und Pfandrechte an der pfandrechtsgesicherten Forderung lediglich „indirekt“ auf die Sache. Freilich erlöschen sie natürlich ebenso wie das Recht des betreibenden Sachpfandgläubigers und nachrangige Rechte Dritter gem. § 1242 Abs. 2 BGB mit der Verwertung der Sache; sie setzen sich allenfalls im Wege der unmittelbaren Ersetzung an dem Recht fort, welches dem betreibenden Pfandgläubiger am Erlös nach Maßgabe des § 1247 S. 2 BGB zusteht. Zudem ist die Vorschrift des § 1245 Abs. 1 S. 3 BGB ersichtlich von demselben Schutzgedanken getragen wie die §§ 876, 877 BGB (MünchKomm (-Damrau), BGB VII7, § 1245 Rn. 8; NomosKomm (-Bülow), BGB III4, § 1245 Rn. 9; Soergel (-Habersack), BGB XVI13, § 1245 Rn. 6). Bestimmungen über die Art und Weise des Pfandverkaufs betreffen unmittelbar die Verwirklichung des belasteten Sachpfandes, verändern daher den Inhalt des Pfandrechts und wirken sich nicht weniger einschneidend auf die Rechtsstellung des Inhabers eines sachpfandbelastenden Rechts aus als sonstige Inhaltsänderungen eines belasteten Rechts. Wendet man daher § 1245 Abs. 1 S. 2 BGB auf die Inhaber sachpfandbelastender Nießbrauchs- und Pfandrechte an, sind diese auch als „Beteiligte“ i. S. v. § 1246 S. 1 BGB berechtigt, eine von den Vorschriften der §§ 1234–1240 BGB abweichende Art des Verkaufs aus Billigkeitsgründen zu verlangen (zu den „Beteiligten“ zählen neben dem Eigentümer und dem Sachpfandgläubiger alle Personen, deren Rechte durch den Pfandverkauf nach § 1242 BGB erlöschen; vgl. MünchKomm (-Damrau), BGB VII7, § 1246 Rn. 2; NomosKomm (-Bülow), BGB III4, § 1246 Rn. 1; Soergel (-Habersack), BGB XVI13, § 1246 Rn. 2). 820 Demgegenüber ließ RG, Urteil vom 25.10.1919 – V 54/19, RGZ 97, S. 34, 39–40 dahinstehen, ob die Vorschriften über die Einziehung verpfändeter Forderungen (§§ 1290, 1281–1283 BGB) auf die Ausübung von nicht auf Leistung einer verpflichteten Person gerichteten Rechten, insbesondere dinglichen Rechten, anzuwenden sind; jedenfalls beim streitgegenständlichen Verkauf von Schürfrechten i. S. d. preußischen Allgemeinen Berggesetzes und des kursächsischen Mandats vom 19.8.1743 schied eine entsprechende Anwendung der §§ 1290, 1281–1283 BGB nach Ansicht des Gerichts aus, da schon der Verkauf einer Forderung oder eines Rechts nicht unter den freilich nicht eng auszulegenden Begriff der „Einziehung“ falle. 819 Zudem
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Verwertungsrechts.821 Während die Inhaber von im Grundbuch eingetragenen Nießbrauchs- und (Pfändungs-)Pfandrechten an einem belasteten Liegenschaftsrecht ohnedies Beteiligte im Vollstreckungsverfahren gem. § 9 Nr. 1 ZVG sind, steht es den Inhabern von nicht im Grundbuch eingetragenen Rechten an Grundstücksrechten frei, kraft Anmeldung die Beteiligteneigenschaft gem. § 9 Nr. 2 ZVG und die damit verbundenen verfahrensrechtlichen Befugnisse zu erlangen.822 Wird aus einem belasteten Rechts- oder Sachpfandrecht die Zwangsvollstreckung betrieben (vgl. §§ 1233 Abs. 2, 1277 S. 1, 1282 Abs. 2, 2. Hs. BGB), sind Nießbrauchs- und (Pfändungs-)Pfandrechte zumindest bei der Erlösverteilung zu berücksichtigen.823 Die Verschwendungsgefahr, der § 1281 BGB entgegenwirken soll, ist freilich stets bei einer außergerichtlichen Veräußerung eines Sachpfandes seitens des Pfandgläubigers des „dienenden“ Pfandrechts und umgekehrt auch dann gegeben, wenn der Pfandgläubiger des „herrschenden“ Pfandrechts die aus dem dienenden Pfandrecht folgende Einziehungs- oder Veräußerungsbefugnis ohne Mitwirkung des beschwerten Pfandgläubigers ausübt. Zudem ist der Normzweck fraglos dann einschlägig, wenn zur Ablösung auf ein belastetes Pfandrecht oder eine belastete Hypothekenforderung, Grund- oder Rentenschuld oder Reallast geleistet wird. Endlich ergibt sich allgemein für die Verwertung aus einer Grund- oder Rentenschuld aus § 1291 BGB die unmittelbare Anwendung der Vorschrift über die gemeinschaftliche Einziehungs- und Empfangszuständigkeit gem. § 1281 BGB. Wird 821 Deshalb ist § 1281 BGB jedenfalls dann nicht anzuwenden, wenn über das Vermögen des Gläubigers das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist. Während vor Eintritt der Pfandreife ausschließlich der Insolvenzverwalter entsprechend § 173 Abs. 2 S. 2 InsO zur Einziehung der verpfändeten Forderung des Schuldners berechtigt ist (BGH, Urteil v. 11.4.2013 − IX ZR 176/11, NZI 2013, S. 596, 597–598 Rn. 19; Uhlenbruck (-Brinkmann), InsO15, § 166 Rn. 30), ist nach Eintritt der Pfandreife der Forderungspfandgläubiger zur abgesonderten Befriedigung aus der verpfändeten Forderung des Schuldners im Wege der Einziehung gem. § 173 Abs. 1 InsO i. V. m. § 1282 Abs. 1 S. 1 BGB berechtigt; ein Einziehungsrecht des Insolvenzverwalters analog § 166 Abs. 2 InsO scheidet aus (BGH, Urteil v. 26.1.2012 − IX ZR 191/10, NJW 2012, S. 1510, 1514 Rn. 34; Uhlenbruck (-Brinkmann), InsO15, § 166 Rn. 30; MünchKomm (-Tetzlaff ), InsO II3, § 166 Rn. 63). 822 § 9 Nr. 1 ZVG stellt allein auf die formelle Eintragung ab. Entsteht z. B. ein Recht an einer Briefhypothek oder Briefgrundschuld durch Belastung oder Pfändung ohne konstitutive Eintragung im Grundbuch, ist, sofern keine Grundbuchberichtigung erwirkt wird, die Anmeldung erforderlich, um den Beteiligtenstatus zu erlangen (Böttcher (-Böttcher), ZVG6 , § 9 Rn. 8, 12). Als Beteiligte steht den Nießbrauchern und Pfandgläubigern des belasteten Grundstücksrechts z. B. die Widerspruchsbefugnis im Teilungsverfahren gem. § 115 ZVG zu (vgl. Böttcher (-Böttcher), ZVG6 , § 115 Rn. 13). 823 Wird die Vollstreckungsforderung seitens eines Gläubigers des betreibenden Vollstreckungsgläubigers gem. § 829 ZPO gepfändet, ist das Pfändungspfandrecht an der Vollstreckungsforderung bei der Auskehr des Erlöses durch den Gerichtsvollzieher zu beachten (Musielak/Voit (-Becker), ZPO16 , § 817 Rn. 4; Zöller (-Herget), ZPO32, § 819 Rn. 5). Weil aber nichts anderes für Nießbrauchs- und Vertragspfandrechte an einer Vollstreckungsforderung gelten kann, sind diese Rechte auch dann vom Gerichtsvollzieher zu beachten, wenn ein belastetes Pfandrecht an einer beweglichen Sache aufgrund eines Duldungstitels im Wege der Zwangsvollstreckung nach den Vorschriften der ZPO durchgesetzt wird. Demgegenüber ist der unselbstständige Anspruch des Vollstreckungsgläubigers auf Erlösauskehr kein Vollstreckungs- und Verfügungsobjekt; Rechte an der Vollstreckungsforderung beziehen sich ohne weiteres auf diesen Anspruch (Musielak/Voit (-Becker), ZPO16 , § 817 Rn. 4; Zöller (-Herget), ZPO32, § 819 Rn. 5).
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z. B. auf ein mitverpfändetes Pfandrecht gem. §§ 1225 S. 1, 1249 S. 1 BGB oder auf eine mitverpfändete Hypothek gem. §§ 1142 Abs. 1, 1143 Abs. 1 S. 1, 1150 BGB in Gemäßheit der §§ 1281 ff. BGB seitens des Eigentümers resp. einer anderen ablösungsberechtigten Person geleistet,824 setzt sich das Forderungspfandrecht an dem Leistungsgegenstand als „reguläres“ Pfandrecht entsprechend § 1287 S. 1 BGB fort.825 Wird ein Sachpfand (P1) vor Pfandreife des Forderungspfandes (P3) durch Pfandverkauf gemeinschaftlich von C und D durch Pfandverkauf gem. § 1228 S. 1 BGB realisiert und erwirbt C das Eigentum oder zumindest (gemeinschaftlich mit A) Miteigentum am Erlös, setzt sich das kraft der Erfüllungsfiktion des § 1247 S. 1 BGB erloschene Forderungspfand (§ 1252 BGB) – im Unterschied zu Belastungen des Pfandes (§ 1247 S. 2 BGB) – in erweiternder Auslegung des § 1287 S. 1 BGB an dem das belastete Sachpfand surrogierenden Eigentum bzw. Miteigentumsanteil des Sachpfandgläubigers (C) am Bargeld fort.826 Sollte der betreibende Sachpfandgläubiger den Zuschlag erhalten (§§ 1242 Abs. 1 S. 2, 1239 Abs. 1 S. 2 BGB), setzt sich das Forderungspfand – ohne Verstoß gegen § 1242 Abs. 2 S. 1 BGB – bei sys824 Ist die (belastete) Forderung, wie im obigen Fallbeispiel, durch mehrere akzessorische Rechte gesichert, greifen selbstverständlich zwischen dem leistenden Eigentümer und anderen Sicherungsgebern die regulären Rechtsfolgen des Ausgleichs zwischen (gesamtschuldnerisch haftenden) Sicherungsgebern ein (siehe hierzu statt vieler Schimansky/Bunte/Lwowski (-Ganter), Bankrechts-Handbuch5, § 90 Rn. 572–576; BeckOGK BGB (-Kreße), Stand: 1.6.2019), § 426 Rn. 76): Im Zweifelkann A im obigen Fallbeispiel mithin in Höhe seines im Innenverhältnis zu tragenden Kopfteils X und E gem. §§ 1225 S. 2, 774 Abs. 2, 426 Abs. 1 BGB in Regress nehmen. 825 Entsprechendes gilt für Leistungen eines Bürgen auf die verpfändete Hauptforderung: Auch diese entfalten allein nach Maßgabe von § 1281 BGB befreiende Wirkung gegenüber dem Pfandgläubiger; ob insoweit bei Unkenntnis des Bürgen von der Verpfändung Vertrauensschutz nach Maßgabe von § 1275 Var. 1 i. V. m. §§ 406 ff. BGB in Betracht kommt, erscheint fraglich. Hier gilt richtigerweise nichts anderes als bei Leistungen auf ein dingliches Verwertungsrecht; siehe hierzu sogleich. 826 Wird der Kaufpreis entgegen des in § 1238 Abs. 1 BGB bestimmten Barzahlungsgebots nicht in bar entrichtet, ist zu unterscheiden. In den Fällen des § 1238 Abs. 2 S. 1 und 2 BGB gilt der Sachpfandgläubiger im Verhältnis zum Eigentümer, zum Schuldner und anderen an der Pfandsache dinglich berechtigten Personen hinsichtlich des Kaufpreises als befriedigt (BeckOGK BGB (-Förster), Stand: 1.6.2019, § 1238 Rn. 6; Palandt (-Wicke), BGB77, § 1238 Rn. 2); die verpfändete Forderung erlischt mithin aufgrund der Erfüllungsfiktion gem. § 1247 S. 1 BGB mitsamt dem Sachpfandrecht gem. § 1252 BGB und dem sich auf Forderung und Sachpfand beziehenden Pfandrecht. Weil aber die Kaufpreisforderung im Verhältnis zum Ersteher fortbesteht (Palandt (-Wicke), BGB77, § 1238 Rn. 2; MünchKomm (-Damrau), BGB VII7, § 1238 Rn. 6), setzt sich das Forderungspfand konsequenterweise an der Kaufpreisforderung analog § 1287 S. 1 BGB fort. Zu einer Surrogation dürfte es hier auch dann kommen, wenn an die Stelle der Kaufpreisforderung wegen Nichterfüllung ein Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung gem. §§ 280 Abs. 1 und 3, 281 BGB oder wegen Rücktritts gem. § 323 BGB ein Rückübereignungsanspruch gem. § 346 Abs. 1 BGB tritt. Wird das Sachpfand aufgrund entsprechender privatautonomer Versteigerungsbedingungen gem. § 1245 Abs. 1 BGB oder auf entsprechende Anordnung des Gerichts (§ 1246 Abs. 2 BGB) auf Kredit verkauft, setzt sich das Forderungspfand aufgrund der Erfüllungsfiktion des § 1247 S. 1 BGB an der kreditierten Kaufpreisforderung des Sachpfandgläubigers fort; zugleich erwirbt der Eigentümer, soweit der Kaufpreis nicht dem Sachpfandgläubiger gebührt, eine Ausgleichsforderung gegen diesen, an der sich die eigentumsbelastenden Rechte gem. § 1247 S. 2 BGB fortsetzen (Erman (-J. Schmidt), BGB II15, § 1247 Rn. 10; Staudinger (-D. Wiegand), BGB (2019), § 1247 Rn. 24).
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tematisch kohärenter Rechtsfortbildung als Sachpfand an dem vom betreibenden Pfandgläubiger zu Eigentum erworbenen Pfand analog § 1287 S. 1 BGB fort.827 Freilich gilt für die Durchsetzung einer mitverpfändeten Hypothek sowie eines mitverpfändeten Pfandrechts im Wege der (außer-)gerichtlichen Verwertung nichts 827 Auch dieses Detailproblem der Verwertung eines Sachpfandes aufgrund eines seinerseits von einem Pfandrecht (an der gesicherten Forderung) belasteten Pfandrechts ist, soweit ersichtlich, im Schrifttum noch gar nicht erkannt worden. Wird dem betreibenden Sachpfandgläubiger selbst der Zuschlag erteilt, greift die Erfüllungsfiktion hinsichtlich der verpfändeten Sicherungsforderung gem. § 1247 S. 1 BGB ein, so dass das Sachpfand gem. § 1252 BGB und das darauf lastende Forderungspfand erlöschen; der betreibende Sachpfandgläubiger ist von der Pflicht zur Zahlung des Kaufpreises gem. § 1239 Abs. 1 S. 2 BGB befreit, soweit der Erlös nach Abzug der Kosten an ihn abzuführen wäre (vgl. MünchKomm (-Damrau), BGB VII7, § 1239 Rn. 2; Soergel (-Habersack), BGB XVI13, § 1239 Rn. 2). Das Forderungspfandrecht setzt sich analog § 1287 S. 1 BGB als Sachpfandrecht an der Pfandsache fort, an der der betreibende Sachpfandgläubiger durch den Zuschlag (§ 156 BGB), d. h. durch Insichgeschäft, Eigentum gem. § 1242 Abs. 1 S. 2 BGB erwirbt. Zwar kollidiert § 1287 S. 1 BGB insoweit mit § 1242 Abs. 2 S. 1 BGB, wonach alle „Pfandrechte an der Sache“ selbst bei Kenntnis des Erstehers auch dann erlöschen, wenn der Pfandgläubiger selbst den Zuschlag erhält (§ 1242 Abs. 1 S. 2 BGB). Indes kann dies nicht für ein Forderungspfandrecht gelten, dass sich auf die durch Sachpfand gesicherte Forderung bezieht: Zunächst ist schon fraglich, ob dieses Forderungspfand als „Pfandrecht an der Sache“ i. S. v. § 1242 Abs. 2 S. 1 BGB anzusehen ist, da es nicht das Eigentum, sondern das Pfandrecht belastet. Entscheidend ist aber, dass der Normzweck des § 1242 Abs. 2 S. 1 BGB hier nicht einschlägig, weil eine Fortsetzung des pfandrechtsbelastenden Pfandrechts am Erlös schlechterdings nicht in Betracht kommt. Gerade mit dieser Erwägung wird aber die „überschießende Wirkung“ des § 1242 Abs. 2 S. 1 BGB, wonach selbst vorrangige Pfandrechte ohne Rücksicht auf die Voraussetzungen der §§ 1244, 936 BGB durch Pfandverkauf erlöschen, gemeinhin sachlich gerechtfertigt (siehe bereits Mot. III, S. 830– 831; BeckOGK BGB (-Förster), Stand: 1.6.2019, § 1242 Rn. 10; mit berechtigter Kritik hingegen Wolff/R aiser, Sachenrecht10, § 172 III 3, IV 3 (S. 713–714)). So ist der betreibende Sachpfandgläubiger nicht sich selbst gegenüber zur Zahlung des Kaufpreises verpflichtet, wobei § 1239 Abs. 1 S. 2 BGB nur klarstellende Bedeutung hat, weil die Kaufpreisforderung wegen Schuldner- und Gläubigeridentität gar nicht entstehen kann, jedenfalls aber eine „juristische Sekunde“ nach dem Zuschlag kraft Konfusion erlöschen müsste. Soweit dem betreibenden Sachpfandgläubiger der Erlös im Verhältnis zu vorrangigen Sachpfandgläubigern oder dem Eigentümer nicht gebührt, erwirbt zwar der Eigentümer einen Ausgleichsanspruch, an dem sich die Rechte Dritter fortsetzen (Erman (-J. Schmidt), BGB II15, § 1239 Rn. 4, § 1247 Rn. 11; Staudinger (-D. Wiegand), BGB (2019), § 1247 Rn. 25), weshalb es auch dann, wenn nicht der erstrangige Pfandgläubiger den Zuschlag erhält, bei der regulären Rechtsfolge des § 1242 Abs. 2 BGB bewendet. Diese Lösung versagt aber in Bezug auf das das Sachpfand des betreibenden Pfandgläubigers belastende (Forderungs-)Pfand, weil dieses nicht das Eigentum belastet und deshalb nicht wie andere eigentumsbelastende Nießbrauchs- und Pfandrechte auf einen etwaigen Ausgleichsanspruch des Eigentümers in erweiternder Auslegung des § 1247 S. 2 BGB übergeleitet werden kann; die gesicherte Forderung des Forderungspfandgläubigers wäre, wenn der Gläubiger der verpfändeten Forderung selbst den Pfandverkauf aufgrund seines Fahrnispfandes betreibt und den Zuschlag erhält, plötzlich ungesichert. Dies widerspricht aber sowohl der mit der Anordnung des lastenfreien Erwerbs gem. § 1242 Abs. 2 S. 1 BGB verfolgten Intention des Gesetzgebers als auch dem in § 1287 S. 1 BGB positivrechtlich normierten Surrogationsgrundsatz. Schließlich kann der Forderungspfandgläubiger – im Unterschied zu einem vorrangigen Fahrnispfandgläubiger, der im Besitz des Pfandes ist (vgl. § 1232 S. 1 BGB) – dem Pfandverkauf des belasteten Sachpfandgläubigers nicht widersprechen (arg. e § 1285 Abs. 1 BGB); vielmehr ist dieser bis Eintritt der Pfandreife zur Einziehung der verpfändeten Forderung und konsequenterweise zum Verkauf des die verpfändete Forderung sichernden Pfandes aus eigenem Recht gem. § 1281 S. 2 Hs. 1 BGB berechtigt. Folglich setzt sich das Forderungspfandrecht hier an der Sache als reguläres Sachpfandrecht analog
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anderes als für die verpfändete Forderung: Sowohl der Gläubiger als auch der Forderungspfandgläubiger sind aus eigenem Recht ohne Mitwirkung des jeweils anderen zur gerichtlichen Geltendmachung der Forderung gem. § 1281 S. 2 BGB einschließlich erforderlicher Vollstreckungsmaßnahmen und zur Durchsetzung forderungssichernder Nebenrechte berechtigt.828 Die Sicherungswirkung des For§ 1287 S. 1 BGB fort, wenn der belastete Sachpfandgläubiger dieses gem. § 1242 Abs. 1 S. 2 BGB erwirbt. Wird hingegen der Kaufpreis entgegen des in § 1238 Abs. 1 BGB bestimmten Barzahlungsgebots nicht in bar entrichtet, ist zu unterscheiden: In den Fällen des § 1238 Abs. 2 S. 1 und 2 BGB gilt der Sachpfandgläubiger im Verhältnis zum Eigentümer, zum Schuldner und anderen an der Pfandsache dinglich berechtigten Personen hinsichtlich des Kaufpreises als befriedigt (Staudinger (-D. Wiegand), BGB (2019), § 1238 Rn. 6; Palandt (-Wicke), BGB77, § 1238 Rn. 2). Die verpfändete Sicherungsforderung erlischt somit aufgrund der Erfüllungsfiktion gem. § 1247 S. 1 BGB mitsamt dem Sachpfand gem. § 1252 BGB; dadurch erlischt zugleich das Forderungspfandrecht. Weil aber die Kaufpreisforderung im Verhältnis zum Ersteher fortbesteht (Palandt (-Wicke), BGB77, § 1238 Rn. 2; MünchKomm (-Damrau), BGB VII7, § 1238 Rn. 6), setzt sich das Forderungspfand an der Kaufpreisforderung analog § 1287 S. 1 BGB fort; diese entspricht nämlich bei der Verwertung eines die verpfändete Forderung sichernden Sachpfandes dem „geleisteten Gegenstand“ i. S. d. § 1287 S. 1 BGB. Zu einer Surrogation analog § 1287 S. 1 BGB dürfte es auch dann kommen, wenn an die Stelle der Kaufpreisforderung wegen Nichterfüllung ein Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung gem. §§ 280 Abs. 1 und 3, 281 BGB oder wegen Rücktritts gem. § 323 BGB ein Rückübereignungsanspruch gem. § 346 Abs. 1 BGB tritt. Wird das Sachpfand aufgrund entsprechender privatautonomer Versteigerungsbedingungen gem. § 1245 Abs. 1 BGB oder auf entsprechende Anordnung des Gerichts (§ 1246 Abs. 2 BGB) auf Kredit verkauft, setzt sich das Forderungspfand aufgrund der Erfüllungsfiktion des § 1247 S. 1 BGB an der kreditierten Kaufpreisforderung des Sachpfandgläubigers fort; zugleich erwirbt der Eigentümer, soweit der Kaufpreis nicht dem Sachpfandgläubiger gebührt, eine Ausgleichsforderung gegen diesen, an der sich die begrenzten Sachenrechte gem. § 1247 S. 2 BGB fortsetzen (Erman (-J. Schmidt), BGB II15, § 1247 Rn. 10; Staudinger (-D. Wiegand), BGB (2019), § 1247 Rn. 24). 828 Schließlich können sowohl der Gläubiger als auch der Pfandgläubiger unabhängig voneinander die verpfändete, durch Sachpfand gesicherte Geldforderung geltend machen und einklagen (vgl. Erman (-J. Schmidt), BGB II15, § 1281 Rn. 4; NomosKomm (-Bülow), BGB III4, § 1281 Rn. 10); jedem von beiden steht ein eigenes Forderungsrecht zu (BGH, Urteil v. 6.3.1952 – IV ZR 171/51, NJW 1952, S. 786, 787; Soergel (-Habersack), BGB XVI13, § 1281 Rn. 5), wobei Leistung an den Gläubiger und den Pfandgläubiger gemeinschaftlich (§ 1281 S. 2 Hs. 1 BGB) resp. Hinterlegung für beide (§ 1281 S. 2 Hs. 2 Var. 1 BGB) verlangt werden muss; § 1281 S. 2 Hs. 2 Var. 2 BGB spielt bei Geldforderungen aufgrund der Hinterlegungsfähigkeit keine Rolle. Auf die Verwertung des die verpfändete Forderung sichernden Pfandrechts ist diese gemeinschaftliche Empfangs- und Einziehungszuständigkeit mutatis mutandis anzuwenden. Hiernach sind sowohl der Sach- als auch der Forderungspfandgläubiger unabhängig voneinander zur Vornahme des Pfandverkaufs nach Maßgabe der §§ 1233–1240 BGB – vorbehaltlich abweichender Vereinbarungen zwischen den Eigentümer und dem Sachpfandgläubiger gem. § 1245 Abs. 1 BGB, die, wie gezeigt, aber nur mit Zustimmung des Forderungspfandgläubigers gem. § 1245 Abs. 1 S. 2 BGB wirksam sind – berechtigt. Nichts anderes gilt für die Verwertung im Wege der Zwangsvollstreckung. Soweit sonstige Verwertungsoptionen in Betracht kommen (z. B. ein Privatverkauf beim gewerblichen Pfand gem. § 1259 BGB), sind auch diese von der Einziehungsermächtigung des Inhabers des sachpfandbelastenden Forderungspfandrechts (D) aus § 1282 Abs. 1 S. 1 BGB gedeckt. Vereinbarungen über die Art und Weise des Verkaufs bedürfen dabei, wie gezeigt, der Zustimmung des Inhabers des pfandrechtsbelastenden Pfandrechts; bei Uneinigkeit ist ggf. eine gerichtliche Entscheidung über die Art und Weise des Verkaufs notwendig (§ 1246 Abs. 2 BGB i. V. m. § 410 Nr. 4 FamFG). Für eine gemeinschaftliche Berechtigung zur Pfandveräußerung von Sachpfandgläubiger und Forderungspfandgläubiger vor Eintritt der Pfandreife der durch das Forderungspfandrecht gesicherten Forderung spricht auch der damit bewirkte Gleichlauf bei Bestehen mehrerer gleichrangiger
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derungspfandrechts stellt sich hinsichtlich der akzessorischen Nebenrechte nicht anders dar als für das Hauptrecht. So steht es dem Sachpfandgläubiger (C) kraft der konkurrierenden Einziehungszuständigkeit frei, die Zwangsvollstreckung in die dem belasteten Pfandrecht unterliegende Sache aufgrund eines Zahlungstitels oder aus dem belasteten Pfandrecht aufgrund eines Duldungstitels (vgl. § 1233 Abs. 2 BGB) zu betreiben.829 Die Auszahlung des auf das Fahrnispfand entfallenSachpfandrechte, sind doch insoweit alle Pfandgläubiger nur gemeinschaftlich zum Verkauf entsprechend § 747 S. 2 BGB berechtigt (MünchKomm (-Damrau), BGB VII7, § 1231 Rn. 5; Soergel (-Habersack), BGB XVI13, § 1231 Rn. 3). 829 Wenn der Gläubiger einer verpfändeten Forderung berechtigt ist, Klage auf Leistung an sich und den Forderungspfandgläubiger zu erheben und aufgrund des erstrittenen Leistungstitels die Zwangsvollstreckung in das Vermögen des Schuldners zu betreiben – zur Zwangsvollstreckung ist der in Titel und Klausel bezeichnete Gläubiger schließlich auch dann berechtigt, wenn der Titel auf Leistung an einen Dritten gerichtet ist (vgl. Musielak/Voit (-Lackmann), ZPO16 , § 753 Rn. 7) –, muss es dem Gläubiger auch freistehen, unbeschadet der Rechte des Forderungspfandgläubigers die Zwangsvollstreckung in eine Sache des Schuldners zu betreiben, an der bereits ein die verpfändete Forderung sicherndes Pfandrecht oder eine Hypothek besteht; in diesem Zusammenhang kommt es nicht darauf an, ob der Gläubiger aus einem Leistungstitel (ohne Rücksicht auf das Pfandrecht oder die Hypothek) oder aus einem Duldungstitel aufgrund des innerartlich belasteten (Grund-)Pfandrechts (vgl. §§ 1147, 1233 Abs. 2 BGB) die Zwangsvollstreckung betreibt. Fraglich ist dann nur, ob dem Forderungspfandgläubiger, sofern eine bewegliche Sache seitens des betreibenden Gläubigers gepfändet wird, an der ein von der Forderungsverpfändung belastetes Mobiliarpfandrecht besteht, die Klage auf vorzugsweise Befriedigung gem. § 805 Abs. 1 ZPO oder, falls der Gläubiger ein ihm bereits verpfändetes Recht des Schuldners, z. B. eine Forderung, pfändet, Drittwiderspruchsklage gem. § 771 ZPO erheben kann. Auf den ersten Blick erscheint dies zweifelhaft, weil dem Forderungspfandgläubiger nicht ein mit dem gesetzlichen oder vertraglichen Pfandrecht des betreibenden Gläubigers konkurrierendes vorrangiges Recht (auf gleicher Belastungsstufe) zusteht, sondern ein Pfandrecht an dessen Pfandrecht, das überdies auch nur qua Verpfändung der titulierten Forderung entsteht. Indes steht der direkten Anwendung §§ 771, 805 ZPO nichts entgegen. Aus dem Wortlaut der Bestimmungen lässt sich nichts entnehmen, was die Sachbefugnis des Forderungspfandgläubigers als Inhaber des pfandrechtsbelastenden Pfandrechts ausschlösse. Würde der Schuldner die Pfandsache selbst veräußern, griffe er nicht nur in den Rechtskreis des beschwerten Sachpfandgläubigers, sondern zugleich auch in den des Forderungspfandgläubigers ein; ein Interventionsrecht wäre deshalb fraglos zu bejahen, wenn nicht der beschwerte Pfandgläubiger, sondern ein Dritter die Zwangsvollstreckung betriebe. Weil aber der Forderungspfandgläubiger vollstreckungsrechtlich nicht systemwidrig schlechter stehen kann als nach materiellem Recht und das pfandrechtsbelastende Pfandrecht sachenrechtlich richtiger Ansicht nach prinzipiell mit einem dem belasteten Pfandrecht deckungsgleichen absoluten Klageschutz ausgestattet ist (§§ 1273 Abs. 2 S. 1, 1227 BGB), ist es nur konsequent, dem Forderungspfandgläubiger im Außenverhältnis auch ein für die Sachbefugnis aus § 771 ZPO erforderliches Interventionsrecht zu attestieren. Diesbezüglich kann es aber nicht darauf ankommen, ob der beschwerte Pfandgläubiger oder ein Dritter die Zwangsvollstreckung in einen vom pfandrechtsbelastenden Pfandrecht erfassten Gegenstand betreibt. Sofern der betreibende Gläubiger nicht aus dem belasteten Pfandrecht die Zwangsvollstreckung betreibt, steht überdies außer Frage, dass das Forderungspfandrecht, soweit es sich auf das belastete gesetzliche oder vertragliche Pfandrecht erstreckt, dem Pfändungspfandrecht des betreibenden Gläubigers im Rang vorgeht. Aber auch wenn dieser aufgrund eines Duldungstitels aus dem Pfandrecht die Zwangsvollstreckung betreibt, hat der Forderungspfandgläubiger jedenfalls ab Eintritt der Pfandreife seines Forderungspfandrechts ein Recht auf vorzugsweise Befriedigung (vgl. §§ 1282 Abs. 1 S. 2, 1288 Abs. 2 BGB). Mit Eintritt der Pfandreife steht das Bestimmungs- und Initiativrecht allein dem Forderungspfandgläubiger kraft seiner ausschließlichen Einziehungszuständigkeit zu; zudem er ist er ja im Innenverhältnis verpflichtet, für die ordnungsmäßige Einziehung“ (§ 1285 Abs. 2
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den Erlösanteils ist, unabhängig davon, ob die Verwertung nach den Vorschriften der ZPO oder nach den Vorschriften über den Pfandverkauf (§§ 1234–1240 BGB) betrieben wird,830 entsprechend § 1281 S. 1 BGB zu bewirken. Das herrschende Pfandrecht des Pfandgläubigers der verpfändeten Sicherungsforderung (D) setzt sich an dem erzielten Erlös analog § 1287 S. 1 BGB fort.831 Betreibt C hingegen den Verkauf des Pfandes im Wege öffentlicher Versteigerung, erwirbt der Ersteher bei rechtmäßiger Veräußerung nach § 1242 BGB (alternativ unter den Voraussetzungen der §§ 1244, 932–934, 936 BGB) lastenfreies Eigentum, ohne dass es insoweit auf die Mitwirkung des D ankommt. Die gesetzliche Verfügungsbefugnis des Pfandgläubigers wird durch die Belastung der gesicherten Forderung richtigerweise weder aufgehoben noch gar beseitigt; die Sicherungswirkung des herrschenden Pfandrechts erschöpft sich vor Eintritt der Pfandreife in der Korrektur der Erlöszuordnung. Die Schuldsumme gebührt dem betreibenden Pfandgläubiger (C) der verpfändeten Sicherungsforderung wegen der in § 1281 BGB angeordneten gemeinschaftlichen Empfangszuständigkeit nur dann „zu seiner Befriedigung“ i. S. v. § 1247 S. 1 BGB, wenn mittels des Vollzugs der Pfandveräußerung zugleich der Sicherungs- und Befriedigungszweck des herrschenden Pfandrechts erreicht wird, d. h. bei einer in Gemäßheit des § 1281 S. 1 BGB erfolgenden Auszahlung des Erlöses an den betreibenden Sachpfandgläubiger und den Forderungspfandgläubiger (D). Wird der Erlös an den betreibenden beschwerten Sachpfandgläubiger ohne Zustimmung des Forderungspfandgläubigers (D) ausgezahlt, ist die Berichtigungsfiktion des § 1247 S. 1 BGB unanwendbar; die verpfändete Forderung wird nicht getilgt und sie geht auch nicht auf den Eigentümer analog § 1225 S. 1 BGB über. Das Forderungspfandrecht besteht fort, wobei BGB) Sorge zu tragen, was auch Vollstreckungsmaßnahmen einschließen dürfte. Unter dieser Voraussetzung muss er daher – nicht anders als ein vorrangiger Pfandgläubiger – imstande sein, seine Rechte mittels Drittwiderspruchsklage bzw. Klage auf vorzugsweise Befriedigung auch gegenüber dem beschwerten Pfandgläubiger geltend zu machen. Allerdings ist zu beachten, dass der Forderungspfandgläubiger vor Eintritt der Pfandreife seines Forderungspfandrechts gerade nicht ein Recht auf vorzugsweise Befriedigung hat; vielmehr entfaltet sein Pfandrecht nur Sicherungswirkung kraft Surrogation. Dies schließt es zwar nicht aus, die regulären vollstreckungsrechtlichen Rechtsbehelfe zu ergreifen, sofern nachrangige Gläubiger die Zwangsvollstreckung in einen dem pfandrechtsbelastenden Pfandrecht unterliegenden Gegenstand betreiben. Im Verhältnis zum beschwerten Gläubiger dürfte eine Drittwiderspruchsklage bzw. eine Klage auf vorzugsweise Befriedigung – wenngleich zulässig – unschlüssig sein, weil und soweit der betreibende Pfandgläubiger den Mitwirkungsanspruch aus § 1285 Abs. 1 BGB und damit die dolo-agit-Einrede entgegenhalten kann. 830 Der Sachpfandgläubiger hat bekanntlich bei Vollstreckung in das Pfand aus einem Duldungstitel gem. § 1233 Abs. 2 BGB die Wahl, den Verkauf nach den Vorschriften über den Pfandverkauf (§§ 1234–1240 BGB) oder nach den Vorschriften der ZPO durch den Gerichtsvollzieher bewirken zu lassen (Palandt (-Wicke), BGB78 , § 1233 Rn. 2). 831 Das (Pfändungs-)Pfandrecht an der titulierten Forderung erstreckt sich auf das Pfändungspfandrecht und das unselbstständige Nebenrecht des betreibenden Gläubigers auf Auskehr des Erlöses. Wird z. B. eine gepfändete körperliche Sache durch den Gerichtsvollzieher versteigert, muss dieser bei der Auszahlung des Erlöses die Rechte an der gem. § 819 ZPO erloschenen Forderung beachten, die sich an dem Erlös kraft Surrogation fortsetzen (vgl. Musielak/Voit (-Becker), ZPO14, § 819 Rn. 4; Zöller (-Herget), ZPO32, § 819 Rn. 5).
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das belastete Sachpfand mitsamt der Belastung auf den erzielten Erlös kraft Surrogation gem. § 1247 S. 2 BGB umgelenkt wird.832 Entsprechendes gilt für Pfandrechte an Hypothekenforderungen, Grund- und Rentenschulden und Reallasten. Wird in der obigen Fallgestaltung aus der mitver832 Dies bedarf näherer Ausführung. Zunächst folgt aus der entsprechenden Anwendung des § 1281 S. 2 Hs. 1 BGB auf die „Einziehung“ des belasteten Pfandrechts, d. h. auf die bestimmungsgemäße Ausübung desselben durch Pfandverkauf (§ 1228 Abs. 1 BGB), dass sowohl dem Sachals auch dem Faustpfandgläubiger die für den lastenfreien Eigentumserwerb des Erstehers nach § 1242 BGB erforderliche gesetzliche Verfügungsberechtigung zwecks Verschaffung lastenfreien Eigentums zusteht. Anderenfalls könnte nicht jeder von beiden ohne notwendige Mitwirkung des anderen die kaufvertragliche Pflicht zur Eigentumsverschaffung gem. § 433 Abs. 1 S. 1 BGB erfüllen. Maßgeblich ist, dass die Voraussetzungen einer rechtmäßigen Pfandveräußerung gem. § 1243 Abs. 1 BGB beachtet werden oder zumindest die Voraussetzungen des gutgläubigen Erwerbs gem. § 1244 BGB erfüllt sind. Unerheblich ist hingegen, ob der Kaufpreis in Gemäßheit des § 1281 BGB an den Sach- und den Forderungspfandgläubiger gemeinschaftlich ausgezahlt resp. auf ein gemeinschaftliches Konto überwiesen wird. Aus der gemeinschaftlichen Empfangszuständigkeit von Sach- und Forderungspfandgläubiger hinsichtlich des Verwertungserlöses dürfen zwar weder dem Eigentümer noch dem Verpfänder noch dem Schuldner der durch das Sachpfand gesicherten Forderung rechtliche Nachteile im Kontext der Pfandverwertung entstehen. Wenn schon zugunsten des Schuldners, des Eigentümers und anderer am Sachpfand berechtigter Personen die Zahlungsfiktion des § 1238 Abs. 2 S. 2 BGB bei fehlender Barzahlung des Kaufpreises gilt, wird zwar fraglos der Kaufpreis dadurch wirksam geleistet, dass der Ersteher diesen an den Versteigerer als Empfangsvertreter (und Besitzmittler) des betreibenden Sachpfandgläubigers auszahlt, auch wenn dessen Sicherungsforderung mit Rechten Dritter belastet ist. Von der Erfüllung der Kaufpreisforderung aus dem Pfandverkauf gem. § 362 Abs. 1 BGB ist die Berichtigungsfiktion des § 1247 S. 1 BGB aber scharf zu unterscheiden; nur weil der Kaufpreis durch Erfüllung erlischt, muss keineswegs auch die gesicherte Forderung erlöschen. Weil der Erlös wegen der in § 1281 BGB angeordneten gemeinschaftlichen Empfangszuständigkeit nicht dem betreibenden Pfandgläubiger (C) der verpfändeten Sicherungsforderung zu seiner Befriedigung gebührt, soweit die durch das Forderungspfandrecht gesicherte Forderung nicht vollständig getilgt ist, ist § 1247 S. 1 BGB tatbestandlich nicht erfüllt. Würde die Zahlung des Kaufpreises an den Sachpfandgläubiger die in § 1247 S. 1 BGB bestimmte Berichtigungsfiktion auslösen, wäre das Forderungspfandrecht an der gesicherten Forderung entgegen der in § 1281 BGB bestimmten Modifikation der Erfüllungswirkung massiv entwertet. Das Schutzbedürfnis des Forderungspfandgläubigers ist offensichtlich: Anderenfalls könnte sich der Gläubiger problemlos des Forderungspfandrechts entledigen, indem er sich ein Sachpfand einräumen lässt und dieses alsbald ohne Mitteilung des Forderungspfandgläubigers durch Pfandverkauf bei Fälligkeit realisiert und die Sache selbst ersteigert (§§ 1239 Abs. 1, 1242 Abs. 1 S. 2 BGB). Auch dem Eigentümer und dem Schuldner geschieht kein rechtlich relevanter Nachteil dadurch, dass die Berichtigungsfiktion des § 1247 S. 1 BGB nicht anzuwenden ist. Schließlich würden an den Sachpfandgläubiger bewirkte Leistungen des Eigentümers oder des Schuldners wegen der fehlenden alleinigen Empfangszuständigkeit des Sachpfandgläubigers ohne Zustimmung des Forderungspfandgläubigers – vorbehaltlich § 1275 i. V. m. §§ 406, 407 Abs. 1 BGB – weder schuldbefreiende noch pfandbefreiende Wirkung entfalten. Den Interessen des Eigentümers wird hinreichend dadurch Rechnung getragen, dass er kraft Surrogation das Eigentum am Barerlös gem. § 1247 S. 2 BGB erwirbt. Für den (nicht mit dem Eigentümer des Pfandes identischen) Schuldner spielt es keine Rolle, ob die Forderung forthin dem betreibenden Sachpfandgläubiger zusteht oder analog § 1225 S. 1 BGB auf den Eigentümer übergeht, wenn sich der Pfandgläubiger aus dem Pfand befriedigt. Wenn im obigen Fallbeispiel der Sachpfandgläubiger (C) allein den Pfandverkauf betreibt, zeitigt dies keine Erfüllungswirkung hinsichtlich der verpfändeten Sicherungsforderung (F2) nach Maßgabe des § 1247 S. 1 BGB. Folglich setzt sich das Forderungspfandrecht (P3) an dem kraft Surrogation gem. § 1247 S. 2 BGB entstehenden Recht des Sachpfandgläubigers (C) an dem gezahlten Geld oder an dem Kaufpreis-
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pfändeten Hypothek resp. aus einem gleich- oder vorrangigen Recht die Zwangsversteigerung in das Grundstück betrieben, manifestiert sich die Sicherungswirkung des Pfandrechts an der Hypothekenforderung (P3) darin, dass es sich vor Eintritt der Pfandreife identitätswährend an dem Recht fortsetzt, welches dem Hypothekengläubiger infolge des Erlöschens der Hypothek durch Zwangsversteigerung (§ 91 Abs. 1 ZVG, § 1181 BGB) kraft Surrogation zusteht. Das Pfandrecht wird von der Hypothekenforderung auf den Anspruch des Hypothekengläubigers auf den Versteigerungserlös „umgesteuert“, wobei sich das Pfandrecht an einer zur Sicherung des Kaufgeldanspruchs eingetragenen Sicherungshypothek rangwahrend fortsetzt (arg. e § 128 Abs. 1 ZVG).833 Wenn die Erfüllungswirkung davon abhängt, dass der Verwertungserlös in Gemäßheit des § 1281 BGB geleistet wird, gilt im Grundsatz für die Leistung auf eine gepfändete oder verpfändete Forderung in der Konstellation, dass das (Pfändungs-) Pfandrecht kraft Pfändung oder Verpfändung der gesicherten Forderung belastet ist, nichts anderes. Bspw. kann der Schuldner der Forderung F1 (Y) aufgrund der Verpfändung der durch das Forderungspfand P2 gesicherten Forderung F2 von C an D vor Eintritt der Fälligkeit der gesicherten Forderung F2 nicht an seinen Gläubiger (X) und den Pfandgläubiger (C) gemeinschaftlich und nach Eintritt der Fälanspruch aus der Versteigerung des mitbelasteten Sachpfandes (P1) in analoger Anwendung von § 1287 S. 1 BGB fort, wenn der Pfandverkauf vor Fälligkeit der durch das pfandrechtsbelastende Forderungspfand gesicherten Forderung (F3) erfolgt. Der Sachpfandgläubiger wird durch den Verkauf des Pfandes ohne Mitwirkung des Forderungspfandgläubigers nicht Eigentümer des Erlöses. Vielmehr setzt sich sein belastetes Sachpfand am Alleineigentum des Eigentümers am Barerlös gem. § 1247 S. 2 BGB fort, sofern keine vorrangigen Pfandrechte Dritter an der Sache bestehen; anderenfalls setzt sich das Sachpfand des betreibenden Gläubigers am Miteigentumsanteil des Alteigentümers fort. Ein Analogieschluss zu § 1287 S. 1 BGB ist nicht erforderlich, weil mangels Tilgung der verpfändeten Sicherungsforderung das Forderungspfand nicht erlischt und auch das mitbelastete akzessorische Nebenrecht, das Sachpfandrecht, an einer neuen Sache fortexistiert. Wenn dagegen der erzielte Erlös nur vorrangige Rechte Dritter deckt, erlischt zwar das Sachpfand ersatzlos; das Forderungspfand besteht aber an der nicht berichtigten Sicherungsforderung unverändert fort; ein sachenrechtlich relevanter Nachteil des Forderungspfandgläubigers liegt darin nicht, weil er sich unverändert aus der verpfändeten Forderung bei Fälligkeit seiner eigenen Forderung befriedigen kann. Schwieriger liegt es, wenn der Gläubiger der verpfändeten Sicherungsforderung bei Eintritt der Pfandreife der durch das Forderungspfandrecht gesicherten Forderung das mitbelastete Sachpfandrecht durchsetzt, weil dann die Einziehungsbefugnis über die verpfändete Sicherungsforderung (F2) ausschließlich dem Gläubiger des belastenden Forderungspfandes (D) zusteht; siehe hierzu sogleich. 833 RG, Urteil v. 4.3.1905 – V 402/04, RGZ 60, S. 221; Löhnig (-Hannemann), ZVG, § 128 Rn. 19; Westermann/Gursky/Eickmann (-Gursky), Sachenrecht8 , § 136 Rn. 7; BeckOGK BGB (-Leinenweber), Stand: 1.10.2018, § 1274 Rn. 47. Während die Eintragung konstitutive Voraussetzung für die Entstehung der Sicherungshypothek ist (§ 128 Abs. 3 ZVG), ist die Eintragung des Pfandrechts bei der Sicherungshypothek (in Spalte 7) nicht konstitutive Voraussetzung für die Pfandrechtssurrogation; die in § 128 Abs. 1 S. 2 ZVG vorgeschriebene Eintragung des hypothekenbelastenden Pfandrechts hat lediglich deklaratorische Bedeutung und dient primär dem Schutz des Pfandgläubigers (RG, Urteil v. 4.3.1905 – V 402/04, RGZ 60, S. 221, 224; Westermann/ Gursky/Eickmann (-Gursky), Sachenrecht8 , § 136 Rn. 7). Zu einer entsprechenden Pfandrechtssurrogation dürfte es kommen, wenn das Grundstück im Wege der Zwangsversteigerung auf Antrag des Insolvenzverwalters (§ 165 InsO, § 172 ZVG) veräußert wird (BeckOGK BGB (-Leinenweber), Stand: 1.10.2018, § 1274 Rn. 47).
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ligkeit auch nicht an den Pfandgläubiger des belasteten Forderungspfandes (C) mit befreiender Wirkung leisten; die Erfüllungswirkung ist zugunsten des Pfandgläubigers (D), dessen Forderungspfandrecht sich auf das die verpfändete Forderung F2 sichernde Forderungspfand erstreckt, in Analogie zu §§ 1281, 1282 BGB ausgeschlossen. Stattdessen kann X vor Fälligkeit der Forderungen F2 und F3 schuldbefreiend nur an C, D und X gemeinschaftlich, nach Eintritt der Fälligkeit von F2 nur an C und D gemeinschaftlich und nach Eintritt der Fälligkeit von F2 und F3 nurmehr an D mit befreiender Wirkung leisten. Wird z. B. das vom Forderungspfandrecht (P3) des D an der Forderung F2 belastete Forderungspfand (P2) an der Geldforderung F1 seitens C und D gemeinschaftlich vor Fälligkeit der Forderung F3 dadurch verwirklicht, dass die geschuldete Leistung von X kraft der dem C verliehenen Einziehungszuständigkeit eingezogen wird, setzt sich das forderungspfandrechtsbelastende Pfandrecht P3 entsprechend § 1287 S. 1 BGB an dem Recht fort, das C an dem eingezogenen Geldbetrag erwirbt. Bei Barzahlung an C entsteht ein „echtes“, und nicht ein irreguläres Pfandrecht an dem Bargeld, bei bargeldloser Zahlung entsteht ein Pfandrecht an dem Anspruch des C auf Zurverfügungstellung gegen den Zahlungsdienstleister aus § 675 t Abs. 1 S. 1 BGB und mit Gutschrift ein Pfandrecht an dem abstrakten Schuldversprechen gem. § 781 BGB. Auf die Frage, ob und, bejahendenfalls, in welchem Umfang C der eingezogene Betrag aufgrund seines Forderungspfandrechts gebührt, kommt es ausschließlich hinsichtlich der Erfüllungswirkung der eingezogenen Forderung F1 (vgl. § 1282 Abs. 1 S. 2 BGB) sowie der verpfändeten Sicherungsforderung F2 (vgl. § 1288 Abs. 2 BGB) an; die Zuordnung des geleisteten Betrages richtet sich demgegenüber nach rechtsgeschäftlichen Regeln, eine surrogationsbasierte Korrektur analog § 1247 S. 2 BGB scheidet bei der Einziehung einer verpfändeten Forderung aus.834 834 Zutreffend m. E. Erman (-J. Schmidt), BGB II15, § 1275 Rn. 7; BeckOGK BGB (-Henn), Stand: 1.7.2019, § 1288 Rn. 7; Jauernig (-Berger), BGB16 , § 1288 Rn. 2; MünchKomm (-Damrau), BGB VII7, § 1288 Rn. 5; Soergel (-Habersack), BGB XVI13, § 1288 Rn. 5). Soweit in der Literatur für eine analoge Anwendung des § 1247 S. 2 BGB bei der Einziehung einer verpfändeten Gelforderung seitens des Forderungspfandgläubigers jedenfalls plädiert wird, wenn der Schuldner in Unkenntnis des Umstands, in welchem Umfang dem Pfandgläubiger der eingezogene Betrag gebührt, an den Forderungspfandgläubiger leiste (so Palandt (-Wicke), BGB78 , § 1288 Rn. 3; Staudinger (-D. Wiegand), BGB (2019), § 1288 Rn. 6; Wolff/R aiser, Sachenrecht10, § 176 II 2 (S. 726– 727); wohl auch Baur/Stürner, Sachenrecht18 , § 62 Rn. 30), kann dem nicht gefolgt werden. Es fehlt schon an einer planwidrigen Unvollständigkeit des Gesetzes, verzichtete der Gesetzgeber doch ganz bewusst darauf, die Zuordnung des Geldbetrages bei Einziehung einer verpfändeten Geldforderung durch den Pfandgläubiger parallel zu § 1247 S. 2 BGB mittels eines Surrogationstatbestandes abweichend von den regulären rechtsgeschäftlichen Rechtsfolgen zu regeln (vgl. Mot. III, S. 865; Erman (-J. Schmidt), BGB II15, § 1288 Rn. 7). Während bei der Einziehung von nicht auf Geldzahlung gerichteten Forderungen das Surrogationsprinzip uneingeschränkt zugunsten des Pfandgläubigers jedenfalls dann zur Anwendung kommt, wenn der geschuldete Gegenstand gem. §§ 1281, 1282 BGB geleistet wird, ist ausweislich der Gesetzessystematik bei Geldforderungen klar zwischen Zahlungen vor und nach Eintritt der Pfandreife zu differenzieren. Zu einer Surrogation kommt es nur zugunsten des Pfandgläubigers, wenn die Einziehung vor Eintritt der Pfandreife gem. § 1281 BGB erfolgt. Eine Surrogation zugunsten des Gläubigers und anderer nachrangig berechtigter Personen an der verpfändeten Forderung scheidet demgegenüber generell aus, wenn die Forderung seitens des Pfandgläubigers eingezogen wird. Das Gesetz regelt insoweit
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cc) Schuldnerschutz Selbstverständlich ist, dass der Drittschuldner bei der Pfändung und Verpfändung der Forderung nicht schlechter stehen darf als bei der Abtretung; insbesondere § 407 BGB ist zugunsten des Schuldners bei fehlender Kenntnis von der Pfändung bzw. Verpfändung entsprechend anzuwenden.835 Ist nun wiederum das Recht an der Forderung mit dem Recht eines „Vierten“ belastet, kann nichts anderes gelten. In der vorbeschriebenen mehrstufigen Forderungsbelastung kraft sequentieller Forderungsverpfändungen verbietet es sich, den Schuldner schlechter zu stellen als bei einer Abtretungskette, obschon das Schutzbedürfnis hier sogar größer ist. Die Verweisungsnorm des § 1275 Var. 1 BGB ist zwar tatbestandlich nicht einschlägig, weil sie ausschließlich den Fall der Leistung des Schuldners der verpfändeten Forderung erfasst und nicht den Fall, dass der Schuldner der Forderung, die von einem von der der Forderungsverpfändung mitbelasteten Pfandrecht kraft Gesetzes erfasst wird, auf diese Forderung leistet. Ein Analogieschluss zu § 1275 Var. 1 BGB ist aber geboten.836 Umgekehrt kann sich der Forderungsschuldner auf eine Verpfändungsanzeige nebst Mitteilung der ausdrücklich nur die Erfüllungswirkung hinsichtlich der verpfändeten Forderung (vgl. § 1282 Abs. 1 S. 2 BGB) sowie – parallel zu § 1247 S. 1 BGB – hinsichtlich der gesicherten Forderung (§ 1288 Abs. 2 BGB). Überdies ist die Interessenlage beim Verkauf eines Fahrnispfandes und bei der Einziehung einer verpfändeten Forderung durch den Pfandgläubiger nicht vergleichbar. Soweit aus Gründen des Schuldnerschutzes eine Analogie zu § 1247 S. 2 BGB gefordert wird (so vor allem Staudinger (-D. Wiegand), BGB (2019), § 1288 Rn. 6; siehe auch Palandt (-Wicke), BGB78 , § 1288 Rn. 3), verfängt dies schon deshalb nicht, weil § 1247 S. 2 BGB gar nicht auf dem Gesichtspunkt des Schuldnerschutzes beruht. Vielmehr geht es darum, die scharfe Rechtsfolge der §§ 1242, 1244 BGB, den Verlust des Eigentums am Pfand sowie aller gleich- und nachrangigen Rechten Dritter, mittels des Surrogationsgrundsatzes zu kompensieren (Staudinger (-D. Wiegand), BGB (2019), § 1247 Rn. 1). Demgegenüber wahrt das Gesetz die Interessen des Schuldners bei der Forderungsverpfändung explizit durch den Verweisungsbefehl des § 1275 BGB auf die §§ 404–411 BGB. Sofern den Schuldner an einen nur vermeintlich berechtigten oder nicht in voller Höhe zur Einziehung der gesicherten Forderung befugten Pfandgläubiger leistet, wird er unter den Voraussetzungen von § 1275 BGB i. V. m. § 409 BGB von seiner Schuld frei, während der Gläubiger sich an den Pfandgläubiger halten muss (§ 816 Abs. 2 BGB). Ferner kann der Schuldner sich in jedem Fall durch Hinterlegung von seiner Schuld befreien (MünchKomm (-Damrau), BGB VII7, § 1288 Rn. 5; Soergel (-Habersack), BGB XVI13, § 1288 Rn. 5; BeckOGK BGB (-Henn), Stand: 1.7.2019, § 1288 Rn. 7.2). Mit Eintritt der Pfandreife kann sich der Pfandgläubiger den ihm gebührenden Betrag aneignen; für das Pfandrecht an einem bereits realisierten und zugleich erloschenen Pfandrecht gelten insoweit keine Besonderheiten. 835 Während sich dies für die Forderungsverpfändung ausdrücklich aus § 1275 Var. 1 BGB ergibt, ist bei der Forderungspfändung gem. § 829 ZPO allgemein anerkannt, dass der Drittschuldner durch eine Zahlung an den Schuldner von seiner Verpflichtung auch gegenüber dem Pfändungsgläubiger analog § 407 Abs. 1 BGB frei wird, wenn er von dem dem Schuldner auferlegten Verfügungsverbot und dem ihm obliegenden Zahlungsverbot bei Vornahme der Leistung keine Kenntnis hat (BGH, Urteil v. 27.10.1988 – IX ZR 27/88, NJW 1989, S. 905 m. w. N.; Musielak/Voit (-Becker), ZPO16 , § 836 Rn. 4). 836 Die Interessenlage ist mit der in § 1275 BGB geregelten Fallgestaltung der Verpfändung der Forderung vergleichbar. Mit jeder weiteren mehrstufigen Belastung der verpfändeten Forderung durch erneute Verpfändung der jeweils gesicherten Forderung steigt für den Schuldner das Risiko der Leistungsbewirkung an einen Nichtberechtigten nicht weniger als bei einer Zessions-
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Pfandreife der gesicherten Forderung ebenso verlassen wie auf eine Abtretungsanzeige (§§ 1275, 409 Abs. 1 S. 1 BGB),837 wobei dies richtigerweise sowohl bei einer konstitutiven Anzeige der Forderungsverpfändung gem. §§ 1279 S. 1, 1280 BGB als auch bei einer nicht konstitutiven Mitteilung der Belastung der gesicherten Forderung gilt. Wenn der Schuldner der verpfändeten Forderung gem. §§ 1275 Var. 1, 409 Abs. 1 BGB mit befreiender Wirkung an den Scheinpfandgläubiger gem. § 1282 Abs. 1 S. 1 BGB leisten kann, gilt für den Schuldner einer verpfändeten Forderung bei Verpfändung der durch das Pfandrecht gesicherten Forderung nichts anderes, solange er über diese Verpfändung nicht in urkundlicher Form unterrichtet wird. § 409 BGB ist zugunsten des Schuldners der „intermediär“ belasteten Forderung kette, zumal zur Wirksamkeit der Mitverpfändung akzessorischer Pfandrechte einer verpfändeten Forderung keine Anzeige erforderlich ist. Das Gesetz verlangt nur die Benachrichtigung desjenigen Schuldners, dessen Schuldforderung verpfändet wird und dies auch nur dann, wenn im Übrigen der formlose Abtretungsvertrag für den Forderungsübergang ausreichen würde (§§ 1279 S. 1, 1280 BGB). Auf der anderen Seite besteht kein Grund, denjenigen Pfandgläubiger, dessen Pfandrecht sich auf ein die verpfändete Forderung sicherndes Forderungspfand bezieht, besser zu stellen als denjenigen, der sich die betreffende Forderung abtreten oder verpfänden lässt. Das Forderungspfandrecht erheischt in Ansehung der akzessorischen Nebenrechte keinen höheren Bestandsschutz als hinsichtlich der verpfändeten Forderung: Soweit nach Maßgabe des § 1275 BGB Leistungen des Schuldners an den Gläubiger auch dem Pfandgläubiger gegenüber wirksam sind, kann nichts anderes gelten, wenn der Schuldner derjenigen Forderung, die Gegenstand des mitverpfändeten Pfandrechts ist, an den Gläubiger und den Pfandgläubiger dieser Forderung in Unkenntnis des Umstands, dass die gesicherte Forderung des Pfandgläubigers mit Nießbrauchsoder Pfandrechten Dritter belastet oder gepfändet worden ist, leistet. Schließlich ist die gesetzliche Erstreckung des Forderungspfandrechts auf die Sicherheiten der verpfändeten Forderung zumindest dann ein pures „Geschenk“, soweit diese erst nach der Bestellung des Forderungspfandrechts entstehen. Daraus ergibt sich für den Pfandgläubiger, dem ein Pfandrecht an einer ihrerseits durch Forderungspfand gesicherten Forderung zusteht, kein sachenrechtlich relevanter Nachteil. M. E. ist hier nichts anderes als bei einer nach §§ 1275, 407 Abs. 1 BGB auch gegenüber dem Forderungspfandgläubiger wirksamen Leistung des Schuldners auf die verpfändete Forderung zu entscheiden, die nach zutreffender Ansicht (Erman (-J. Schmidt), BGB II15, § 1287 Rn. 5; Westermann/Gursky/Eickmann (-Gursky), Sachenrecht8 , § 136 Rn. 7; a. A. MünchKomm (-Damrau), BGB VII7, § 1287 Rn. 7; Soergel (-Habersack), BGB XVI13, § 1287 Rn. 3 jeweils unter Verweis auf den fehlenden Besitz des Forderungspfandgläubiger am potentiellen Surrogat) im Wege der analogen Anwendung des § 1287 S. 1 BGB zu einem Ersatzpfandrecht des Pfandgläubigers am Leistungssubstrat führt. Dass der Forderungspfandgläubiger an dem gezahlten Geld keinen Besitz erlangt, ist unschädlich; vielmehr ist gerade in einer solchen Konstellation ein elementares Schutzbedürfnis des Forderungspfandgläubigers gegeben. Anderenfalls könnte sich der Gläubiger problemlos des Forderungspfandrechts entledigen, indem er sich sodann ein Forderungspfandrecht einräumen lässt und dieses alsbald ohne Mitteilung des Forderungspfandgläubigers einzieht. Selbst wenn man aber eine Analogie zu § 1287 S. 1 BGB verneint, muss man dem Forderungspfandgläubiger zumindest das Recht einräumen, die Leistung des Schuldners entsprechend § 185 Abs. 2 S. 1 Var. 1 BGB zu genehmigen, um die Rechtsfolge des § 1287 S. 1 BGB herbeizuführen (so auch die überwiegende Ansicht für den Fall einer nicht in Gemäßheit der §§ 1281, 1282 BGB erfolgenden Leistung des Schuldners an den Gläubiger der verpfändeten Forderung, die auch nicht nach § 1275, 407 Abs. 1 BGB Erfüllungswirkung zeitigt; siehe Erman (-J. Schmidt), BGB II15, § 1287 Rn. 3; Westermann/Gursky/Eickmann (-Gursky), Sachenrecht8 , § 136 Rn. 7; a. A. wiederum MünchKomm (-Damrau), BGB VII7, § 1287 Rn. 8; Soergel (-Habersack), BGB XVI13, § 1287 Rn. 9). 837 MünchKomm (-Damrau), BGB VI6 , § 1275 Rn. 2; Staudinger (-D. Wiegand), BGB (2019), § 1275 Rn. 4.
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entsprechend anzuwenden.838 Lässt sich der beschwerte Pfandgläubiger (C) die Sicherungsforderung an Zahlungs statt gem. § 1282 Abs. 1 S. 3 BGB vom Forderungsgläubiger (X) ohne Zustimmung des Pfandgläubigers (D) der verpfändeten gesicherten Forderung abtreten, steht dies der Wirksamkeit der Abtretung nach § 398 S. 1 BGB mit Rücksicht auf das Abstraktionsprinzip nicht entgegen. Indes gilt die gesicherte und zugleich belastete Forderung (F2), wenn die Abtretung der Pfand838 Wird im obigen Fallbeispiel dem Schuldner Y seitens des Verpfänders X angezeigt, er habe die Forderung F1 an C verpfändet und dessen gesicherte Forderung sei fällig, wird Y in seinem Vertrauen auf die Einziehungsermächtigung des C gem. §§ 1275, 409 Abs. 1 S. 1 BGB geschützt, auch wenn die Verpfändung nichtig oder die gesicherte Forderung F2 erloschen ist (NomosKomm (-Bülow), BGB III4, § 1275 Rn. 4; Staudinger (-D. Wiegand), BGB (2019), § 1275 Rn. 4), so dass Leistungen an C befreiende Wirkung gegenüber X zeitigen, wenn und soweit diese nach Eintritt der (vermeintlichen) Pfandreife in Gemäßheit von § 1282 Abs. 1 S. 1 BGB an C bewirkt werden (Der Schuldner hat freilich die Wahl, ob er sich auf eine schuldbefreiende Wirkung beruft oder die erbrachte Leistung als unwirksame Leistung zu behandeln ist (MünchKomm (-Roth/ Kieninger), BGB III8 , § 409 Rn. 11; Staudinger (-Busche), BGB (2017), § 409 Rn. 26). Zeigt nun C dem Y an, er habe seine Forderung (F2) an D verpfändet, obwohl eine Verpfändung dieser Forderung nicht erfolgt oder unwirksam oder die gesicherte Forderung des D inzwischen erloschen ist, kann nichts anderes gelten. Wird der Forderungsschuldner nach § 409 Abs. 1 S. 1 BGB geschützt, wenn er von einer in Wirklichkeit nicht erfolgten oder nichtigen Abtretung seitens des angeblichen Zedenten unterrichtet wird, obschon es einer Abtretungsanzeige zur Wirksamkeit des Forderungsübergangs nicht bedarf, ist es nur interessengerecht, das Vertrauen des Forderungsschuldners auf eine ihm mitgeteilte Verpfändung auch dann zu schützen, wenn diese eine Verpfändungsanzeige nicht voraussetzt (so auch MünchKomm (-Damrau), BGB VII7, § 1275 Rn. 2 für eine rechtsgeschäftliche Verpfändung, die eine Anzeige an den Schuldner nicht voraussetzt). Diesbezüglich kann es aber keinen Unterschied machen, ob eine abweichend von § 1280 BGB nicht anzeigebedürftige rechtsgeschäftliche Verpfändung seitens des Gläubigers angezeigt wird (z. B. Verpfändung einer hypothekengesicherten Forderung) oder der Forderungsschuldner seitens des Pfandgläubigers über eine kraft Gesetzes bewirkte Mitverpfändung durch rechtsgeschäftliche Verpfändung der pfandrechtsgesicherten Forderung unterrichtet wird. Dass im ersten Fall ein rechtsgeschäftlicher und im zweiten Fall ein gesetzlicher Erwerb vorliegt, ist insoweit belanglos, findet doch § 409 BGB auf den gesetzlichen Forderungsübergang gem. § 412 BGB entsprechende Anwendung (MünchKomm (-Roth/Kieninger), BGB III8 , § 409 Rn. 20; Palandt (-Grüneberg), BGB78 , § 409 Rn. 2). Irrelevant ist ferner, dass die Anzeige nicht, wie im unmittelbaren Anwendungsbereich des § 409 Abs. 1 S. 1 BGB verlangt, seitens des Gläubigers (A), sondern durch den Pfandgläubiger (C) abgegeben wird. Zum einen ist nämlich nur dieser zur Verpfändung seiner pfandrechtsgesicherten Forderung berechtigt, zum anderen dürfte die Vorschrift des § 409 Abs. 1 S. 1 BGB ohnehin entsprechende Anwendung finden, wenn seitens des Zessionars eine weitere Zession an den Schuldner angezeigt wird (demgegenüber ist § 409 BGB unanwendbar, wenn der Altgläubiger die Forderung erneut als Nichtberechtigter zediert und diese unwirksame zweite Zession dem Schuldner anzeigt, weil die Abtretungsanzeige dann nicht vom Gläubiger herrührt; allerdings wird der Schuldner hier ohnehin nach Maßgabe des § 408 BGB geschützt (vgl. MünchKomm (-Roth/Kieninger), BGB III8 , § 409 Rn. 14)), weswegen für eine Verpfändung der gesicherten Forderung durch den Pfandgläubiger nichts anderes gelten kann. Auf den Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes kommt es nach wohl überwiegender Ansicht zudem nicht an; der Schuldner wird auch dann von seiner Schuld nach § 409 Abs. 1 BGB frei, wenn er in positiver Kenntnis der mangelnden Berechtigung die geschuldete Leistung an den vermeintlichen Zessionars bewirkt (vgl. BFH, Urteil v. 25.9.1990 – VII R 114/89, NJW 1992, 198, 200 m. w. N.; kritisch einschränkend Staudinger (-Busche), BGB (2017), § 409 Rn. 29; MünchKomm (-Roth/K ieninger), BGB III8 , § 409 Rn. 12: keine schuldbefreiende Wirkung bei Kollusion mit dem Scheinzessionar gem. § 138 Abs. 1 BGB, außerdem schuldbefreiende Wirkung trotz positiver Kenntnis nur bei Aushändigung einer Abtretungsurkunde gem. § 410 Abs. 1 S. 1 BGB).
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forderung (F1) nicht entsprechend §§ 1281, 1282 BGB bewirkt wird, allenfalls dann als berichtigt, wenn der Schuldner (C) der gesicherten Forderung (F2) mit dem Gläubiger (X) der abgetretenen Forderung (F1) identisch ist und die Abtretung seitens desselben in Unkenntnis der Verpfändung der gesicherten Forderung (F2) erfolgt (§§ 1275 Var. 1, 407 Abs. 1 BGB). Im letzteren Fall ist zugunsten des Forderungspfandgläubigers (D) der gesicherten Forderung § 1287 S. 1 BGB entsprechend anzuwenden: Das Forderungspfandrecht (P2) setzt sich an der an Zahlungs statt abgetretenen Forderung fort; anderenfalls bleibt die gesicherte pfandrechtsbelastete Forderung mitsamt dem Pfandrecht bestehen, dem Zedenten bleibt die Kondiktion. In einer durch Pfändungs- oder Verpfändungssequenzen entstehenden „Belastungskaskade“ kommt es demgemäß zu einer Kumulation der Einreden und Einwendungen. Zu beachten ist, dass der Forderungsschuldner (X) der mitverpfändeten Forderung (F1) nicht nur mit Gegenansprüchen, die ihm gegenüber dem Forderungsgläubiger (Y) zustehen, nach Maßgabe des §§ 1275, 406 BGB gegenüber dem Pfandgläubiger (C),839 sondern zudem auch mit Gegenforderungen, die ihm gegenüber dem Pfandgläubiger (C) zustehen, gegenüber dessen Pfandgläubiger (D) aufrechnen kann.840 Bleiben nämlich nicht nur die gegenüber dem Zedenten, sondern auch die im Verhältnis zu Zwischengläubigern begründeten Aufrechnungsmöglichkeiten bei einer Abtretungskette gegenüber dem letzten Zessionar erhalten,841 darf der Schuldner nicht schlechter stehen, wenn die Hauptforderung verpfändet wird und dadurch begründete Aufrechnungsmöglichkeiten gegenüber (Zwischen-)Pfandgläubigern entstehen. Ferner dürfen dem Schuldner durch die kraft Gesetzes erfolgende Mitverpfändung der Forderung nicht nur die gegenüber dem Forderungsgläubiger begründeten Einwendungen nicht verloren gehen, was sich unmittelbar aus §§ 1275, 404 BGB ergibt,842 sondern auch nicht die gegenüber dem Forderungspfandgläubiger (C) begründeten Einwendungen im Verhältnis zum Forderungspfandgläubiger zweiter Stufe (D). Auch insoweit ist es geboten, eine Parallele zur „Abtretungskette“ zu entwickeln, bei der gleichfalls die gegen den jeweiligen (Zwischen-)Zedenten erworbenen Einwendungen im Verhältnis zum Endzessionar konserviert werden.843 839 Soergel (-Habersack), BGB XVI13, § 1275 Rn. 2; Staudinger (-D. Wiegand), BGB (2019), § 1275 Rn. 2. 840 Umgekehrt kann der Pfandgläubiger kraft des Einziehungsrechts aus § 1282 BGB mit der verpfändeten Forderung gegen Gegenforderungen des Schuldners aufrechnen (RG, Urteil v. 3.5.1904 – VII 372/03, RGZ 58, S. 105, 107–108; Staudinger (-D. Wiegand), BGB (2019), § 1282 Rn. 5). 841 BeckOGK BGB (-Lieder), BeckOGK BGB, Stand: 1.6.2019, § 406 Rn. 18; MünchKomm (-Roth/Kieninger), BGB III8 , § 406 Rn. 16, die auf die abweichende Vorschrift des 1442 ABGB hinweisen; Palandt (-Grüneberg), BGB78 , § 406 Rn. 10. 842 Vorausgesetzt wird, dass die Einrede im Zeitpunkt der Verpfändung in dem Schuldverhältnis zwischen Schuldner und Gläubiger bereits angelegt und damit i. S. d. § 404 BGB begründet war, s. BGH, Urteil v. 4.11.2011 – V ZR 239/10, NJW-RR 2012, S. 502 Rn. 12 (in Bezug auf die Verjährungseinrede); Erman (-J. Schmidt), BGB II14, § 1275 Rn. 3; Soergel (-Habersack), BGB XVI13, § 1275 Rn. 2. 843 BeckOGK BGB (-Lieder), BeckOGK BGB, Stand: 1.6.2019, § 404 Rn. 11; MünchKomm
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dd) Vertrauensschutz ablösungsberechtigter Dritter Wie gezeigt, wird in Teilen des österreichischen Schrifttums vertreten, dass der Eigentümer eines verpfändeten Pfandrechts bei der Drittpfandbestellung, solange er nicht von der Afterverpfändung in Kenntnis gesetzt worden sei, befreiend an den Pfandgläubiger leisten könne (arg. e § 455 ABGB).844 Zu überlegen ist deshalb, ob und, ggf., unter welchen Voraussetzungen das Vertrauen des Eigentümers (resp. des Inhabers des verpfändeten Rechts), des Verpfänders und ablösungsberechtigter Dritter auf die Empfangszuständigkeit des Gläubigers eines belasteten Pfandrechts zu schützen ist.845 Fehlt dem Gläubiger des belasteten Pfandrechts die alleinige Empfangs- und Einziehungszuständigkeit hinsichtlich der gesicherten Forderung, schlägt dies, wie gezeigt, auf akzessorische Nebenrechte durch; Dritte können weder mit schuldbefreiender Wirkung allein an den nicht uneingeschränkt empfangszuständigen Pfandgläubiger noch zwecks Ablösung des belasteten Pfandrechts leisten. Selbstverständlich stellt sich diese Frage gleichermaßen bei der Abtretung, bei der Pfändung sowie bei der Belastung der gesicherten Forderung mit einem Nießbrauch. Bereits aus interner Perspektive des österreichischen Rechts ist der vorgenannten Ansicht aus den dargelegten Gründen freilich nicht zu folgen.846 Für das deutsche Recht ist keine veränderte Betrachtungsweise veranlasst. Für (-Roth/Kieninger), BGB III8 , § 404 Rn. 18; Staudinger (-Busche), BGB (2017), § 404 Rn. 6. Sofern Einwendungen gegenüber einem Pfandgläubiger verloren gehen (z. B. durch Abgabe eines deklaratorischen Schuldanerkenntnisses), können diese dem Unterpfandgläubiger nicht entgegengehalten werden; auch insoweit sind die allgemein anerkannten Grundsätze der Abtretungskette (siehe hierzu BGH, Urteil v. 23.5.1989 – XI ZR 82/88, NJW-RR 1987, S. 1207; BeckOGK BGB (-Lieder), BeckOGK BGB, Stand: 1.6.2019, § 404 Rn. 11; MünchKomm (-Roth/K ieninger), BGB III8 , § 404 Rn. 18; Staudinger (-Busche), BGB (2017), § 404 Rn. 6) gem. § 1275 Var. 1 BGB entsprechend anzuwenden. Demgegenüber kann die Abtretungskette nicht mit einer erneuten Forderungsverpfändung seitens des Forderungsgläubigers verglichen werden, weil hierdurch nicht ein für den Schuldner nachteiliger Zuständigkeitswechsel in der Person des Pfandgläubigers einzutreten droht, sondern ein zusätzlicher Pfandgläubiger neben den forthin berechtigten Pfandgläubiger und den Gläubiger tritt, wobei die damit verbundene Pfandrechtskollision durch das Prioritätsprinzip aufgelöst wird (§ 1290 BGB); § 408 BGB ist auf die mehrfache Forderungsverpfändung daher nicht gem. § 1275 Var. 1 BGB entsprechend anzuwenden (Erman (-J. Schmidt), BGB II15, § 1274 Rn. 3; NomosKomm (-Bülow), BGB III4, § 1275 Rn. 4). 844 Der ablösende Eigentümer erwirbt die gesicherte Forderung kraft Gesetzes (§§ 1358, 1422 ABGB), wobei das afterverpfändete Pfandrecht infolge Konsolidation oder jedenfalls durch Pfandrückstellung gem. § 467 Var. 3 ABGB erlischt; siehe § 5 II. 3. a) bb). 845 In der deutschen Literatur ist die Frage, ob die §§ 404–411 BGB zugunsten des Eigentümers oder des Verpfänders einer verpfändeten Sache gem. § 413 BGB entsprechend anzuwenden sind und somit insbesondere auch in Unkenntnis eines bereits erfolgten Forderungsübergangs zwecks Pfandablösung an den Altgläubiger bewirkte Leistungen „befreiende Wirkung“ zeitigen, bislang allenfalls angerissen worden. Siehe etwa BeckOGK BGB (-Kiehnle), Stand: 1.7.2019, § 1156 Rn. 2.1, dessen Ausführungen zumindest Skepsis indizieren: Wenn nämlich § 1156 S. 1 BGB, soweit die Norm die Anwendung der §§ 406–408 BGB auf Rechtsgeschäfte zwischen dem Eigentümer und dem Zedenten hinsichtlich der Hypothek, lediglich deklaratorische Bedeutung habe, bedeutet dies im Umkehrschluss, dass die §§ 406–408 BGB auf die Hypothek schon nicht nach § 413 BGB entsprechend anzuwenden sind; in Bezug auf Rechtsgeschäfte zwischen dem Eigentümer und dem Zedenten kann dann hinsichtlich des Pfandrechts nichts anderes gelten. 846 Siehe § 5 II. 3. a) bb).
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eine entsprechende Anwendung der §§ 404–411 BGB (i. V. m. § 1275 Var. 1 BGB) zugunsten ablösungsberechtigter Personen ist bei der Abtretung oder Belastung einer durch Pfandrecht gesicherten Forderung m. E. gleichfalls kein Raum. An den Gläubiger eines mit Nießbrauchs- und/oder (Pfändungs-)Pfandrechten belasteten Pfandrechts unter Verstoß gegen §§ 1281 ff. BGB bewirkte Leistungen entfalten weder Erfüllungswirkung gem. §§ 362, 267 BGB noch führen sie gar zu einem „gutgläubigen“ gesetzlichen Forderungsübergang einschließlich des Pfandrechts gem. §§ 1225 S. 1, 1249, 268 Abs. 3, 412, 401 Abs. 1, 1250 Abs. 1 S. 1 BGB. Ein Analogieschluss zu § 1275 BGB kommt insoweit nicht in Betracht. Ob eine planwidrige Unvollständigkeit des Gesetzes gegeben ist, kann dahinstehen.847 Es fehlt jedenfalls an einer Vergleichbarkeit des in § 1275 BGB in Bezug genommenen zessionsrechtlichen Schuldnerschutzes und des hier relevanten „Vertrauensschutzes“ des Eigentümers, des Verpfänders und sonstiger Ablösungsberechtigter auf die uneingeschränkte Empfangszuständigkeit des Pfandgläubigers. Die analoge Anwendung des § 1275 BGB auf ablösungsberechtigte Dritte einer durch Sachpfand gesicherten Forderung würde gleich zu mehreren Systembrüchen führen. Erstens fehlt es – im Gegensatz zu § 893 Var. 1 BGB – an jeglicher gesetzlichen Grundlage für einen gutgläubigen Erwerb, zumal allenfalls auf die Erfüllungshandlung (vgl. § 1224 BGB) als mittelbare rechtsgeschäftliche Grundlage eines gutgläubigen Forderungs- und Pfandrechtserwerbs abgestellt werden könnte. Das Gesetz gewährt ausschließlich dem persönlichen Schuldner Vertrauensschutz, solange er vom rechtsgeschäftlichen oder gesetzlichen Forderungsübergang keine Kenntnis hat (vgl. §§ 406–408 BGB). Insbesondere ist nicht zugunsten des Eigentümers und/oder des Verpfänders zu vermuten oder gar zu fingieren, dass der ursprüngliche Pfandgläubiger forthin zur Annahme der geschuldeten Leistung berechtigt sei; eine § 893 Var. 1 BGB entsprechende Vorschrift ist im Pfandrechtsregime gerade nicht statuiert. Vielmehr wird umgekehrt ausschließlich zugunsten des Pfandgläubigers im Kontext des Pfandverkaufs gem. § 1248 BGB vermutet, dass der Verpfänder zugleich Eigentümer der Sache sei.848 Zweitens liegt ein entschei847 Im Unterschied zum Liegenschaftsrecht (vgl. § 893 Var. 1 BGB) fehlt es im Pfandrechtsregime des BGB an einer ausdrücklichen Bestimmung, die den Verpfänder im Vertrauen auf die Berechtigung des ursprünglichen Pfandgläubigers schützt. Weder für den Fall des Forderungsübergangs noch für die Belastung der pfandrechtsgesicherten Forderung mit einem Nießbrauch oder einem Pfandrecht ist bestimmt, dass der redliche Verpfänder durch Leistung an den Zedenten resp. den belasteten Pfandgläubiger das Sachpfand einzulösen und somit kraft gesetzlichen Forderungsübergangs auf sich überzuleiten vermag. Während der Eigentümer mithin durch Leistung an den durch den Hypothekenbrief oder durch Eintragung im Grundbuch ausgewiesenen Scheinhypothekar die Hypothek gem. §§ 1142, 893 Var. 1 BGB abzulösen vermag, ist der Verpfänder prima vista ungeschützt. Auf der anderen Seite gibt es im Pfandrechtsregime allerdings auch keine § 1156 S. 1 BGB vergleichbare Norm, die ausdrücklich die Anwendung der §§ 406–408 BGB in Ansehung des Pfandrechts ausschließt. 848 MünchKomm (-Damrau), BGB VII7, § 1248 Rn. 2; NomosKomm (-Bülow), BGB III4, § 1248 Rn. 2; Soergel (-Habersack), BGB XVI13, § 1248 Rn. 2; die Eigentumsvermutung des § 1248 BGB gilt zugunsten des Pfandgläubigers demgegenüber gerade nicht bei der Rückgabe des Pfandes, zumal der Pfandgläubiger auch dann, wenn er weiß, wer der Eigentümer ist, durch Rückgabe an den Verpfänder von seiner Rückgabepflicht aus § 1223 Abs. 1 BGB frei wird; wird der Pfand-
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dender Unterschied zum zessionsrechtlichen Schuldnerschutz darin, dass es hier nicht um die Befreiung von der Schuld, sondern um einen im Wege gesetzesübersteigender Rechtsfortbildung zu introduzierenden gutgläubig-lastenfreien Übergang der Forderung einschließlich des Pfandrechts ohne jegliche rechtsgeschäftliche Grundlage geht. Wer Rechte des Gläubigers ablöst, erwirbt nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen keine bessere Rechtsstellung als der Gläubiger, zumal die Rechtsprechung bekanntlich sogar einen gutgläubig-einredefreien Erwerb einer Grundschuld gem. §§ 1192 Abs. 1a S. 2, 1157 BGB kraft Ablösung durch einen nachrangigen Gläubiger ablehnt.849 Drittens fehlt es offenbar an einem Schutzbedürfnis des Ablösungsberechtigten. Das Gesetz schützt den Eigentümer und den Verpfänder bei der Drittpfandbestellung vielmehr dadurch, dass sie diesen jeweils Ansprüche auf Rückgabe des Pfandes gegen Zahlung der gesicherten Schuldsumme gem. § 1223 Abs. 2 BGB gewährt.850 So muss z. B. in der obigen Fallgestaltung der Eigentümer (A) des von der Forderungsverpfändung erfassten Sachpfandes ohnehin nicht an C leisten; er hat vielmehr einen Anspruch auf Rückgabe des Pfandes gegen Zahlung der gesicherten Schuldsumme, sobald der Schuldner zur Leistung berechtigt ist: Sollte C nicht zur Herausgabe imstande sein, besteht kein vernünftiger Grund, vorbehaltlos zu leisten, zumal sich der Eigentümer beim Schuldner der verpfändeten Forderung über den Bestand etwaiger (Pfändungs-)Pfandrechte an der gesicherten Forderung problemlos informieren kann. Überdies: Sobald der Schuldner zahlt, kommt eine Ablösung seitens eines Sicherungsgebers ohnedies nicht mehr in Frage; schon deshalb ist eine Abstimmung mit dem Schuldner hinsichtlich der Zahlung im eigenen Interesse geboten. Sollte A dennoch vorbehaltlos an C zahlen, muss er das Geleistete kondizieren und damit auch das freiwillig übernommene Insolvenzrisiko des C tragen; demgegenüber geht es nicht an, der Zahlung pfandbefreiende Wirkung zu attestieren und die belastete Sicherungsforderung kraft cessio legis auf A zu transgläubiger auf Rückgabe verklagt, kann er sich durch Streitverkündung gem. § 72 ZPO oder Urheberbenennung gem. § 76 ZPO schützen (MünchKomm (-Damrau), BGB VII7, § 1248 Rn. 2; NomosKomm (-Bülow), BGB III4, § 1248 Rn. 2). 849 BGH, Urteil v. 24.9.1996 – XI ZR 227/95, DNotZ 1997, S. 383 m. krit. Anm. Wolfsteiner. 850 Selbstverständlich gilt dies nicht nur bei der Belastung, sondern auch bei der Zession einer durch Sachpfand gesicherten Forderung. Sofern z. B. der Eigentümer nach Abtretung der gesicherten Forderung zwecks Einlösung des Pfandes an den Zedenten gegen Rückgabe des Pfandes zahlt, ist er jedenfalls durch die vom Zessionar zu widerlegende Vermutung der Rückgabe des Pfandes gem. § 1253 Abs. 2 BGB geschützt, sofern man nicht schon die Rückgabe seitens des Zedenten dem Zessionar – z. B. aufgrund eines Besitzmittlungsverhältnisses gem. § 868 BGB – mit der Folge des Erlöschens des Pfandrechts gem. § 1253 Abs. 1 S. 1 BGB zurechnet. Ist der Zedent dagegen nicht Besitzer des Pfandes, besteht aus Sicht des Eigentümers und des Verpfänders kein Grund, vorbehaltlos an den Zedenten zu zahlen. Sollte der Verpfänder dagegen im Vertrauen auf die fortbestehende Forderungsinhaberschaft des Zedenten leisten, kann er das Geleistete selbstverständlich kondizieren und ggf. auch Schadensersatz wegen Verletzung einer Aufklärungspflicht aus dem gesetzlichen Schuldverhältnis vom Zedenten verlangen; diesbezüglich greift m. E. eine gesetzlichen Schuldübernahme gem. § 1251 Abs. 2 S. 1 BGB nicht ein, weil es sich bei der Schadensersatzhaftung nicht um eine „mit dem Pfandrecht verbundene Verpflichtung“, sondern vielmehr um eine erst aus der Übertragung desselben entstandene Verbindlichkeit handelt.
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ferieren; mit Redlichkeitsschutz hätte dies nichts zu tun. Eine veränderte Betrachtungsweise ist auch nicht unter Verweis auf den Rechtsgedanken des § 851 BGB angezeigt, wenn sich der Gläubiger des dienenden Pfandrechts im Besitz des von der Forderungsverpfändung erfassten Pfandes befindet.851 Sofern sich C als Pfandgläubiger des belasteten Sachpfandrechts (noch) im (Allein-)Besitz der Sache befindet und diese (Zug um Zug gegen Ablösung) an den Eigentümer oder den Verpfänder herausgibt, kommt zwar mangels Leistungsbewirkung in Gemäßheit der §§ 1281 ff. BGB kein Forderungsübergang auf den Eigentümer resp. des Verpfänder gem. §§ 1225 S. 1, 1249, 268 Abs. 3 BGB in Betracht. Freilich erlischt das Pfandrecht schlicht durch den Realakt der Rückgabe,852 Dritte, denen Rechte an der pfandrechtsgesicherten Forderung zustehen, sind insoweit ungeschützt; dem leistenden Eigentümer droht insoweit kein Nachteil. Anders liegt es bei der Ablösung belasteter Hypotheken, Grundschulden und (nach Landesrecht ablösbarer) subjektiv-persönlicher Reallasten. An den Buchberechtigten bewirkte Leistungen entfalten jedenfalls dann, wenn das betreffende Recht wirklich besteht, der Eingetragene nicht der Rechtsinhaber oder jedenfalls nicht zur Einziehung der Leistung berechtigt ist, auf das dingliche Recht seitens des Eigentümers oder eines Ablösungsberechtigten geleistet wird und dieses ein Recht ist, aus dem die Zwangsvollstreckung betrieben werden kann, gem. § 893 Var. 1 BGB befreiende Wirkung.853 Dies gilt nicht nur für Leistungen auf Hypotheken, Grund- und Rentenschulden und Reallasten, sondern auch für Leistungen auf ein Pfandrecht an einem Liegenschaftsrecht.854 Richtigerweise greifen, wenn 851 Der Regelungszweck des § 851 BGB, die Abwicklung des Schadensfalles bei beweglichen Sachen dadurch zu erleichtern, dass dem Ersatzpflichtigen keine Nachforschungsobliegenheiten hinsichtlich der sachenrechtlichen Zuordnungsverhältnisse auferlegt werden (vgl. MünchKomm (-Wagner), BGB VI7, § 851 Rn. 1; BeckOGK BGB (-Eichelberger), Stand: 1.8.2019, § 851 Rn. 5), ist bei der Ablösung eines Pfandes ersichtlich nicht einschlägig. Weder ist der Verpfänder noch der Eigentümer zur Leistung verpflichtet noch besteht insoweit ein allgemeines Interesse daran, die Pfandhaftung zu beenden; anderenfalls wäre das Pfandrecht seiner Sicherungsfunktion beraubt. 852 Die Rückgabe ist freilich nicht notwendig Realakt; die Rückgabe erfolgt bei mittelbarem Besitz des Pfandgläubigers durch Abtretung des Herausgabeanspruchs gem. § 870 BGB, im Übrigen genügt auch die Einräumung einfachen Mitbesitzes an den Eigentümer oder Verpfänder bzw. die Umwandlung des qualifizierten Mitbesitzes i. S. v. § 1206 Var. 1 BGB in einfachen Mitbesitz (NomosKomm (-Bülow), BGB III4, § 1253 Rn. 4; Soergel (-Habersack), BGB XVI13, § 1253 Rn. 3). 853 Erman (-Artz), BGB II15, § 893 Rn. 2; MünchKomm (-Kohler), BGB VII7, § 893 Rn. 2–4; Staudinger (-Picker), BGB (2019), § 893 Abs. 3–4. 854 OLG Dresden, Beschluss v. 19.3.1912, OLGE 25, S. 185, 187; MünchKomm (-Kohler), BGB VII7, § 893 Rn. 3; Staudinger (-Picker), BGB (2019), § 893 Rn. 3. Dies gilt freilich auch nur dann, wenn nicht auf die pfandrechtsgesicherte Forderung (diesbezüglich sind die schuldnerschützenden Bestimmungen der §§ 404–410 BGB maßgeblich), sondern auf ein wirklich bestehendes liegenschaftsrechtsbelastendes Pfandrecht an den Buchberechtigten geleistet wird (Staudinger (-Picker), BGB (2019), § 893 Rn. 6). Im Unterschied zu der Fallgestaltung der Ablösung eines Grundpfandrechts ließe sich dem gutgläubigen Erwerb der gesicherten Forderung mitsamt dem gesicherten Pfand hier nicht nur entgegengehalten, dass sich der Übergang des Pfandrechts durch Ablösung kraft gesetzlichen Forderungsübergangs vollzieht, sei es nach §§ 1273 Abs. 2 S. 1, 1225 S. 1, 268 Abs. 3 S. 1, 412, 401 Abs. 1, 1250 Abs. 1 S. 1 BGB, sei es nach §§ 1273 Abs. 2 S. 1, 1249, 268 Abs. 3 S. 1, 412, 401 Abs. 1, 1250 Abs. 1 S. 1 BGB. Anders als bei der Hypothek und der Grund-
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die Voraussetzungen von § 893 Var. 1 BGB im Übrigen erfüllt sind, die regulären Rechtsfolgen des jeweiligen Ablösungstatbestands ein; ein gutgläubiger Erwerb des abzulösenden Rechts i. V. m. einem gutgläubigen Forderungserwerb ist mithin möglich, wenn dieses Recht wirksam besteht.855 Wenn die fragliche Belastung des abgelösten Grundstücksrechts, z. B. ein Pfandrecht an einer Hypothekenforderung, nicht im Grundbuch verlautbart ist, kommt mithin ein gutgläubig-lastenfreier Erwerb der Hypothekenforderung mitsamt einer (unbelasteten) Eigentümerhypothek seitens des ablösenden Grundstückseigentümers gem. § 893 Var. 1 BGB i. V. m. §§ 1143 Abs. 1 S. 1, 1177 Abs. 2 BGB durch Zahlung auf die Hypothek an den eingetragenen Hypothekengläubiger in Betracht.856 Sollte in der obigen Fallgestalschuld scheidet auch bei der rechtsgeschäftlichen Übertragung und Belastung des akzessorischen Pfandrechts ein redlicher Erwerb gem. § 892 BGB, wie gezeigt, aus. Dessen ungeachtet ist bei der Ablösung eines liegenschaftsrechtsbelastenden Pfandrechts ein gutgläubiger Erwerb möglich, weil der Ablösende nach § 893 Var. 1 BGB so zu stellen ist, als ob der eingetragene Pfandgläubiger der wirkliche Rechtsinhaber wäre; dass der Ablösende dadurch bessergestellt ist als der Zessionar einer vermeintlich pfandrechtsgesicherten Forderung, mag paradox erscheinen, ist aber mit Rücksicht auf die Schutzrichtung von § 893 Var. 1 BGB unter Wertungsgesichtspunkten vertretbar. Wird das Interesse der Inhaber belasteter Liegenschaftsrechte sowie das Interesse der Inhaber konkurrierender Belastungen an der Entlastung oder Rangverbesserung des eigenen Rechts mittels Ablösung durch den öffentlichen Glauben des Grundbuchs geschützt, sichert dies den Verkehr mit Hypotheken und Grundschulden, erleichtert mithin die Übertragung und Entlastung derselben. Überdies leuchtet es nicht ein, den wirklichen, aber nicht eingetragenen Pfandgläubiger besser zu stellen als einen nicht eingetragenen Hypotheken- oder Grundschuldgläubiger. Die davon zu unterscheidende Frage, ob bei einem gesetzlichen Forderungsübergang (und demgemäß auch beim gesetzlichen Übergang der nichtakzessorischen Grundschuld) ein gutgläubig-einredefreier Erwerb der Hypothek bzw. Grundschuld gem. §§ 1150, 268 Abs. 3 S. 1, 1157 S. 2, 892 BGB durch einen ablösungsberechtigten Dritten möglich ist (ablehnend BGH, Urteil v. 12.12.1985 – IX ZR 15/85, NJW 1986, S. 1487 m. abl. Anm. Canaris; Staudinger (-Picker), BGB (2019), § 893 Rn. 16 m. w. N. auch zur Gegenansicht; a. A. Baur/Stürner, Sachenrecht18 , § 38 Rn. 114; Staudinger (-Wolfsteiner), BGB (2015), § 1150 Rn. 44), stellt sich demgegenüber bei Leistungen auf ein grundpfandrechtsbelastendes Pfandrecht nicht, weil ein gutgläubig-einredefreier Erwerb bei der Übertragung eines Pfandrechts ohnedies ausscheidet; auch bei der Ablösung einer Grundschuld ist ein gutgläubig-einredefreier Erwerb bekanntlich in Bezug auf sicherungsvertragliche Einreden ausgeschlossen (§ 1192 Abs. 1a S. 1 BGB). 855 Ein gutgläubiger Erwerb des abgelösten Grundpfandrechts bei Leistung an den Scheingrundpfandgläubiger wird von der ganz überwiegenden Ansicht jedenfalls dann bejaht, wenn das abgelöste Recht wirklich besteht; statt vieler siehe nur Staudinger (-Picker), BGB (2019), § 893 Rn. 16 m. w. N. Allerdings gilt dies bei einer Briefhypothek auch nur dann, wenn der Hypothekengläubiger im Besitz des Briefes ist, was aufgrund des Verpfändungstatbestandes regelmäßig nicht der Fall sein dürfte; für die Verpfändung der Buchhypothek ist ohnehin die Grundbucheintragung erforderlich. Strittig ist hingegen, ob auch dann ein gutgläubiger Erwerb möglich ist, wenn auf ein bloßes Scheingrundpfandrecht geleistet wird (dezidiert ablehnend BeckOGK BGB (-Hertel), Stand: 1.12.2017, § 892 Rn. 22; Staudinger (-Picker), BGB (2019), § 893 Rn. 16; undeutlich MünchKomm (-Kohler), BGB VII7, § 892 Rn. 32 i. V. m. § 893 Rn. 16). Vgl. MünchKomm (-Kohler), BGB VII7, § 892 Rn. 32, 893 Rn. 15. 856 Vgl. Staudinger (-Picker), BGB (2019), § 893 Rn. 15. Wenn ein gutgläubiger Erwerb der abgelösten Grundschuld durch Leistung an einen vollständig nichtberechtigten Scheingrundschuldgläubiger gem. § 893 Var. 1 BGB in Betracht kommt, muss a fortiori ein gutgläubig-lastenfreier Erwerb möglich sein, wenn an den wirklichen Grundschuldgläubiger geleistet wird, dessen Einziehungszuständigkeit nach Maßgabe der §§ 1281, 1282 BGB beschränkt ist. Anderenfalls
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tung der Eigentümer (E) oder ein nachrangiger Hypothekengläubiger zwecks Ablösung der dem C bestellten Hypothek nach Eintritt der Pfandreife der Forderung F3 an den im Grundbuch eingetragenen Pfandgläubiger D gem. § 1282 Abs. 1 S. 1 BGB leisten, wird hierdurch die belastete Hypothek auch dann wirksam abgelöst, wenn D inzwischen nicht mehr zur Einziehung der verpfändeten Forderung F2 berechtigt ist, weil er F3 abgetreten oder an seinen Gläubiger G zur Sicherung der Forderung F4 verpfändet hat.857 Andererseits verstärkt sich die Sicherungswirkung eines Pfandrechts an einer hypothekarisch gesicherten Forderung dadurch, dass die schuldnerschützenden Bestimmungen in Ansehung des Pfandrechts an der Hypothek nur anzuwenden sind, soweit es um Leistungen auf die Hypothekenzinsen und sonstige Nebenforderungen geht (§§ 1275, 1156 S. 1, 1159 Abs. 1 BGB).858 Weder die Aufrechnung mit einer gegen den Hypothekengläubiger gerichteten Forderung gegen die Hypothekenforderung noch Zahlungen auf die Hypothekenforderung an den Hypothekengläubiger beseitigen das Pfandrecht an der Hypothek, es sei denn, dass zugunsten des Leistenden § 893 Var. 1 BGB eingreift.859 Wie im Kontext des gutgläubigen Ersterwerbs eines Pfandrechts an einer Hypothek ausgeführt, ist ein gutgläubiger Erwerb hinsichtlich forderungsbezogener Einwendungen und Einreden nach wäre der Pfandgläubiger bessergestellt als der Grundschuldgläubiger bei unrichtiger Verlautbarung der Rechtsinhaberschaft. 857 Im obigen Fallbeispiel erwirbt E, wenn nach Eintritt der Pfandreife der Forderung F3 an den im Grundbuch eingetragenen Pfandgläubiger D gem. § 1282 Abs. 1 S. 1 BGB aufgrund seines Ablösungsrechts aus § 1142 Abs. 1 BGB leistet, eine Eigentümerhypothek gem. §§ 1143 Abs. 1 S. 1, 1177 Abs. 2 BGB mithin auch dann, wenn die pfandrechtsgesicherte Forderung F3 bereits mit dem „geheimen“ Pfandrecht des G belastet ist. Selbstverständlich geht nicht etwa die Forderung F3 des Pfandgläubigers D, sondern die Hypothekenforderung F2 auf E mitsamt der Hypothek und den akzessorischen Sicherheiten – das Sachpfand P1 und das Forderungspfand P2 an F1 – gem. §§ 1143 Abs. 1 S. 1, 1273 Abs. 2 S. 1, 401 Abs. 1, 1250 Abs. 1 S. 1 BGB über. Zwischen E und den anderen Sicherungsgebern (A und X) finden die allgemeinen Grundsätze des Ausgleichs zwischen gesamtschuldnerisch haftenden Sicherungsgebern statt (§§ 1143 Abs. 1 S. 2, 1225 S. 2, 774 Abs. 2, 426 BGB). Im Zweifelkann E mithin nur im Umfang seines Kopfteils A und X in Regress nehmen (zum Ausgleich zwischen mehreren Sicherungsgebern siehe nur Schimansky/Bunte/Lwowski (-Ganter), Bankrechts-Handbuch5, § 90 Rn. 572–576). Demgegenüber wird die pfandrechtsgesicherte und an G verpfändete Forderung F3 in Ermangelung einer in Gemäßheit der §§ 1281 ff. BGB bewirkten Leistung nicht getilgt; das Forderungspfandrecht des G an F3 (P4) besteht zwar insoweit fort, erstreckt sich aber vermittels des mitverpfändeten Pfandrechts (P3) des D nicht mehr auf die auf E lastenfrei übergegangene Forderung F2, sondern in Analogie zu § 1287 S. 1 BGB auf den Leistungsgegenstand, d. h. das geleistete Geld, sei es eine Buchforderung, sei es Bargeld. Denn die Ablösungsleistung gebührt D, solange das Pfandrecht des G an der Forderung F3 besteht, nicht zu seiner Befriedigung; folglich besteht das zur Sicherung von F3 dienende Pfandrecht P3 an dem Leistungsgegenstand fort und an diesem Pfandrecht setzt sich das Forderungspfandrecht P4 fort. 858 Der Pfandgläubiger steht auch hier nicht schlechter als der Zessionar der Hypothekenforderung. 859 Wenn die Belastung der Hypothek weder aus dem Grundbuch noch aus dem Hypothekenbrief hervorgeht und der Gläubiger der Briefhypothek selbst durch den Besitz des Hypothekenbriefs uneingeschränkt empfangszuständig erscheint, sind befreiende Leistungen an den Hypothekengläubiger ohne Mitwirkung des Pfandgläubigers gem. § 893 Var. 1 BGB mit den regulären Tilgungsfolgen für die belastete Hypothek möglich.
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Maßgabe der §§ 1137, 1138, 1140, 892 BGB sowie hinsichtlich nicht forderungsbezogener Einwendungen und Einreden gem. §§ 1275, 1157 S. 2, 892 BGB möglich. Rechtshemmende Einreden gegen die verpfändete Hypothekenforderung hindern allenfalls die Durchsetzbarkeit des Forderungspfandrechts (§§ 1275, 404 BGB), nicht aber die Durchsetzbarkeit des Pfandrechts an der Hypothek. Anders liegt es freilich bei Verpfändung einer Sicherungsgrundschuld. ee) Ausschluss des gutgläubig-einredefreien Erwerbs Wird eine Sicherungsgrundschuld (i. S. v. §§ 1192 Abs. 1a S. 1 Hs. 1, 1193 Abs. 2 S. 2 BGB) verpfändet, muss sich der Erwerber alle sicherungsvertraglichen Einreden entgegenhalten lassen; ein gutgläubig-einredefreier Erwerb scheidet abweichend von §§ 1192 Abs. 1, 1157 S. 2, 892 BGB aus. Wird die Grundschuld als ein Recht „kraft dessen eine Leistung gefordert werden kann“ i. S. v. § 1275 Var. 1 BGB qualifiziert,860 ist auch § 1192 Abs. 1a BGB bei der Verpfändung entsprechend anzuwen860 Dies entspricht einhelliger Ansicht (vgl. RG 19.3.1909 – VII 234/08, Recht 1909 Nr. 1518; Erman (-J. Schmidt), BGB II15, § 1275 Rn. 5; Soergel (-Habersack), BGB XVI13, § 1275 Rn. 4). Mit dem Wortlaut des § 1275 BGB lässt sich die Anwendung auf eine die verpfändete Forderung sichernde Hypothek oder eine Grundschuld zwar trotz der parallel strukturierten Legaldefinitionen der Hypothek und der Grundschuld (§§ 1113 Abs. 1, 1191 Abs. 1 BGB) nicht ohne weiteres vereinbaren, wenn man der dominierenden Lehre vom Verwertungsrecht darin folgt, dass Grundpfandrechte nicht eine Zahlungspflicht des Eigentümers begründen, sondern ausschließlich auf Duldung der Zwangsvollstreckung gerichtet seien (BGH, Urteil v. 14.7.1952 – IV ZR 28/52, BGHZ 7, S. 123, 126; Baur/Stürner, Sachenrecht18 , § 36 Rn. 62; Müller/G ruber, Sachenrecht, Rn. 3214–3215; Wilhelm, Sachenrecht5, Rn. 1434–1435; eingehende Kritik bei MünchKomm (-Lieder), BGB VII7, § 1147 Rn. 4–7; Staudinger (-Wolfsteiner), BGB, Einl. zu §§ 1113 ff. Rn. 37–39). Ausschlaggebend ist jedoch, dass die Schutzrichtung der Norm auch bei der Verpfändung von Grundschulden und Hypothekenforderungen einschlägig ist, zumal § 1275 BGB gesetzessystematisch nicht im Regime der §§ 1280–1290 BGB platziert ist. Mittels der Erstreckung der für die Übertragung des verpfändeten Rechts geltenden Vorschriften über das Rechtsverhältnis zwischen Verpflichtetem und Erwerber auf das durch die Verpfändung geschaffene Rechtsverhältnis zwischen Verpflichtetem und Pfandgläubiger ist offensichtlich eine Parallelisierung des einschlägigen Schutzstandards für den Verpflichteten bezweckt, was der funktionalen Nähe zwischen Zession und Verpfändung entspricht (vgl. RG, Urteil v. 3.5.1904 – VII 372/03, RGZ 58, S. 105, 108). Wäre aber § 1157 S. 1 BGB (i. V. m. § 1192 Abs. 1 BGB) auf die Verpfändung einer Hypothek/Grundschuld unanwendbar, könnte sich der Eigentümer selbst bei Kenntnis des Pfandgläubigers von der konkreten Einrede, nicht auf die aus dem Rechtsverhältnis mit dem Gläubiger der verpfändeten Hypothek/Grundschuld resultierenden Einreden berufen, obschon es für den Eigentümer keinen Unterschied macht, ob die Grundschuld abgetreten oder verpfändet wird. Andererseits wäre der Pfandgläubiger bessergestellt als der Zessionar der Grundschuld, obwohl jenem selbst bei Pfandreife nur eine Einziehungsermächtigung, nicht aber die Grundschuld zusteht. Folgerichtig ist ein gutgläubig-einredefreier Erwerb bei der Verpfändung einer Grundschuld nur nach Maßgabe des § 1192 Abs. 1a S. 2 BGB möglich; hinsichtlich sicherungsvertraglicher Einreden scheidet demgegenüber ein gutgläubig-einredefreier Erwerb ebenso wie bei der Abtretung der Grundschuld aus. Geradezu absurd wäre es, wenn sich der bei der Verpfändung gutgläubige Pfandgläubiger sicherungsvertragliche Einreden nicht einmal dann nach § 1192 Abs. 1a BGB entgegenhalten lassen müsste, wenn er sich die verpfändete Hypothekenforderung/Grundschuld an Zahlungs statt gem. § 1282 Abs. 1 S. 3 BGB (i. V. m. § 1192 Abs. 1 BGB) abtreten lässt. Dies aber wäre die zwingende Konsequenz des gutgläubig-einredefreien Pfandrechtserwerb gem. §§ 1275, 1157 S. 2, 892 BGB, kann doch eine kraft gutgläubigen Erwerbs bereits erloschen Einrede nach ganz h. A. nicht durch
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den. Schließlich betrifft diese Norm „das Rechtsverhältnis zwischen dem Erwerber und dem Verpflichteten“ in allen Konstellationen der Einzelrechtsnachfolge, zumal der mit § 1192 Abs. 1a BGB verfolgte Schutzzweck861 problemlos ausgehebelt werden könnte, falls sich der Pfandgläubiger, wie in der Literatur noch vertreten wird, ausschließlich bei positiver Kenntnis Einreden aus dem Rechtsverhältnis des Eigentümers und des Grundschuldgläubigers entgegenhalten lassen müsste.862 Schon aus Gründen der Wertungsharmonie ist ein gutgläubig-einredefreien Pfandrechtserwerb gem. §§ 1275 Var. 1, § 1192 Abs. 1a S. 1 Hs. 2 BGB ausgeschlossen, soweit es um „sicherungsvertragliche“ Einreden geht. Sämtliche forderungsbezogenen Einwendungen und Einreden, die im Zeitpunkt der Verpfändung bestehen oder nachträglich entstehen, kann der Sicherungsgeber863 kraft des Transformatieine erneute Übertragung einer Grundschuld wiederaufleben (BGH, Urteil v. 25.10.2013 – V ZR 147/12, NJW 2014, S. 550, 551 Rn. 11; Schulze et al. (-Staudinger), BGB10, § 1192 Rn. 5); dies gilt umso mehr bei einer Abtretung an Zahlungs statt, die lediglich der Realisierung des gutgläubigeinredefrei erworbenen Pfandrechts dient (siehe bereits RG, Urteil v. 22.6.1914 – V 88/14, WarnR 1914 Nr. 253; MünchKomm (-Damrau), BGB VII7, § 1282 Rn 13; Staudinger (-Picker), BGB (2019), § 892 Rn. 217 m. w. N.). 861 Die „handwerklich“ misslungene gesetzgeberische Intervention erklärt sich im Licht des äußerst großzügigen Redlichkeitsschutzes, den der Zweiterwerber einer Grundschuld nach der st.Rspr. und der h. L. genoss; ein gutgläubig-einredefreier Erwerbs schied nur dann aus, wenn dem Erwerber sowohl der Sicherungscharakter der Grundschuld als auch die Erfüllung des fraglichen Einredetatbestands (z. B. die Nichtvalutierung des gesicherten Darlehens) bekannt war oder diese Einrede aus dem aus dem Grundbuch hervorging; die bloße Kenntnis des fiduziarischen Charakters der Grundschuldbestellung ließ der BGH im Gegensatz zur früheren Judikatur des RG nicht ausreichen (BGH, Urteil v. 21.4.1972 – V ZR 52/70, BGHZ 59, S. 1; Wolff/R aiser, Sachenrecht10, § 154 VI 2 mit Fn. 15 (S. 642); anders noch RG, Urteil v. 24.11.1917 – V 196/17, RGZ 91, S. 218, 224–225; Schulze et al. (-Staudinger), BGB10, § 1191 Rn. 41). An dieser Rechtsprechung hält der BGH fest: Soweit der sachliche oder zeitliche Anwendungsbereich des § 1192 Abs. 1 a S. 1 BGB nicht eröffnet ist, ist der Erwerber nur dann als bösgläubig anzusehen, wenn er die fragliche Einrede gekannt hat (vgl. BGH, Versäumnisurteil v. 24.10.2014 – V ZR 45/13, NJW 2015, S. 619, 620 Rn. 13–15; Palandt (-Herrler), BGB78 , § 1191 Rn. 24); § 1192 Abs. 1a BGB gilt für alle rechtsgeschäftlichen und gesetzlichen Tatbestände der Einzel- und Gesamtrechtsnachfolge, die nach dem 19.8.2008 erfolgen (Art. 228 § 18 Abs. 2 EGBGB), lässt allerdings mit Ausnahme sicherungsvertraglicher Einreden die Möglichkeit eines gutgläubig-einredefreien Erwerbs gem. §§ 1192 Abs. 1 a S. 2, 1157 S. 2, 892 BGB unberührt. 862 So Erman (-J. Schmidt), BGB II15, § 1275 Rn. 5; MünchKomm (-Damrau), BGB VII7, § 1275 Rn. 9; Palandt (-Wicke), BGB78 , § 1275 Rn. 2. Vielmehr muss sich der Pfandgläubiger ungeachtet seiner Kenntnis alle sicherungsvertraglichen Einreden entgegenhalten lassen, die auch dem Erwerber der Sicherungsgrundschuld entgegensetzbar sind. Zwar kann der Eigentümer vom Pfandgläubiger nicht verlangen, dass dieser auf die verpfändete Grundschuld verzichtet, wenn dem Eigentümer eine peremptorische Einrede gegen die Inanspruchnahme aus der Grundschuld zusteht – ein Verzicht ist dem Pfandgläubiger schließlich mangels Verfügungsbefugnis subjektiv unmöglich (vgl. § 1291, 1282 Abs. 2 Hs. 1 BGB); indes geht der Anspruch richtigerweise dahin, dass der Pfandgläubiger die für den Verzicht erforderliche Zustimmung gem. §§ 1192 Abs. 1, 1168 Abs. 2 S. 2, 876 S. 1 BGB erteilt und/oder auf sein Pfandrecht an der Grundschuld verzichtet (i. E. ebenso Erman (-J. Schmidt), BGB II15, § 1275 Rn. 5; Palandt (-Wicke), BGB78 , § 1275 Rn. 2; MünchKomm (-Damrau), BGB VII7, § 1275 Rn. 9). 863 Wird infolge eines Eigentumsübergangs der Erwerber des belasteten Eigentums aus der Grundschuld in Anspruch genommen, stehen dem Erwerber sicherungsvertragliche Einreden – vor allem die Einrede des Wegfalls des Sicherungszwecks – richtiger Ansicht nach nur dann zu,
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onsinstruments des Sicherungsvertrages864 dem Pfandgläubiger entgegensetzen.865 Soweit die betreffende Einrede nicht im Sicherungsvertrag zwischen dem Eigentümer (scil.: dem Sicherungsgeber) und dem Grundschuldgläubiger (resp. jedem wenn er kraft privativer oder kumulativer Vertragsübernahme in den Sicherungsvertrag eintritt oder sich den vertraglichen Rückgewähranspruch abtreten lässt oder eine Ermächtigung zur Einziehung des Rückgewähranspruchs hat (BGH, Urteil v. 19.10.2017 – IX ZR 79/16, DNotZ 2018, S. 375; MünchKomm (-Lieder), BGB VII7, § 1191 Rn. 162; Staudinger (-Wolfsteiner), BGB (2015), Vorbem. zu §§ 1191 ff. Rn. 304). Aus § 1192 Abs. 1 a S. 1 BGB ergibt sich – wenngleich pauschal auf den „Eigentümer“ abgestellt wird – nichts anderes (richtig m. E. Staudinger (-Wolfsteiner), BGB (2015), § 1192 Rn. 42; a. A. BeckOGK BGB (-Rebhan), Stand: 15.5.2018, § 1192 Rn. 12), weil diese Norm darauf zielt, dem Eigentümer sicherungsvertragliche Einreden bei der Übertragung der Grundschuld zu erhalten; einen gesetzlichen Erwerb sicherungsvertraglicher Ansprüche bezweckt die Norm gerade nicht. 864 Durch die Einführung des § 1192 Abs. 1 a BGB ist die Sicherungsgrundschuld daher auch nicht, soweit es um die Durchsetzung geht, in ein akzessorisches Recht verwandelt worden. Vielmehr stellt sich diese Vorschrift – ebenso wie §§ 1192 Abs. 1, 1157 S. 1 BGB – als partielle Ausnahme vom Abstraktionsprinzip dar; die kausalrechtliche Beziehung zwischen Eigentümer und Hypotheken- bzw. Grundschuldgläubiger schlägt wegen § 1157 S. 1 BGB (i. V. m. § 1192 Abs. 1 BGB) auf das Rechtsverhältnis zwischen dem Eigentümer und dem Erwerber der Hypothek bzw. der Grundschuld durch, soweit nicht ein gutgläubiger Erwerb gem. § 1157 S. 2 BGB (i. V. m. §§ 1192 Abs. 1, Abs. 1 a S. 2 BGB) in Betracht kommt. Sinnfällig zeigt sich diese Durchbrechung des Abstraktionsprinzips bei der Sicherungsgrundschuld darin, dass nach verbreiteter Ansicht der Anspruch auf Rückgewähr der Grundschuld wegen Nichtigkeit des Sicherungsvertrages jedem Erwerber der Grundschuld in teleologischer Extension des § 1192 Abs. 1 a BGB gem. § 821 BGB entgegengehalten werden kann (so Zetsche, AcP 209 (2009), S. 543, 562; Nietsch, NJW 2009, S. 3606, 3607–3608; Staudinger (-Wolfsteiner), BGB (2015), § 1192 Rn. 39; Wellenhofer, JZ 2009, S. 1077, 1081; Palandt (-Herrler), BGB78 , § 1192 Rn. 4; anders Weller, JuS 2009, S. 969, 974). Wenngleich dies nicht – wie unter einem Kausalitätsprinzip – zur Nichtigkeit der Sicherungsgrundschuld führt, ist die Grundschuld nicht durchsetzbar; die verkehrsschützende Wirkung, die dem gutgläubigen Erwerb im Verbund mit dem Abstraktionsprinzip gemeinhin zugeschrieben wird, kommt somit noch nicht einmal dann zum Tragen, wenn die Grundschuld gar keine „Sicherungsgrundschuld“ ist, weil es an einem wirksamen Sicherungsvertrag fehlt. 865 Während einerseits sicherungsvertragliche Einreden weder durch (isolierte) Abtretung noch durch (isolierte) Belastung einer Sicherungsgrundschuld mit Nießbrauchs- und Pfandrechten erlöschen, sind andererseits Leistungen auf die abgetretene bzw. verpfändete Grundschuld im Verhältnis zum Zessionar/Pfandgläubiger nur dann wirksam, wenn sie an den Zessionar bzw. an den Grundschuldgläubiger und den Pfandgläubiger gemeinschaftlich vor Pfandreife und nach Pfandreife an den Pfandgläubiger gem. §§ 1291, 1281, 1282 BGB bewirkt werden. Auf das Verhältnis zwischen dem Eigentümer und dem Pfandgläubiger sind die §§ 406–408 BGB in Ansehung der (Sicherungs-)Grundschuld gem. §§ 1275, 1192 Abs. 1, 1156 S. 1 BGB unanwendbar. Folglich erwirbt der Eigentümer, wenn er unter Verstoß gegen §§ 1281, 1282 BGB an den Grundschuldgläubiger auf die verpfändete Grundschuld leistet, nicht eine – wenngleich pfandrechtsbelastete – Eigentümergrundschuld. Zwar ist bekanntlich anerkannt, dass der Eigentümer bei Ablösung der Grundschuld ex lege und ipso iure eine Eigentümergrundschuld erwirbt (nicht auch die Forderung in entsprechender Anwendung von § 1143 BGB), wobei nur die methodische Begründung umstritten ist (nach st.Rspr. des BGH und h. L. folgt dies aus einem Analogieschluss zu §§ 1142, 1143 BGB, siehe zuletzt BGH, Urteil v. 17.9.2002 – VI ZR 147/01, NJW-RR 2003, S. 11, 12 m. w. N.; zustimmend Baur/Stürner, Sachenrecht18 , § 44 Rn. 24; MünchKomm (-Lieder), BGB VII7, § 1191 Rn. 143; für entsprechende Anwendung von § 1163 Abs. 1 S. 2 BGB hingegen Schulze et al. (-Staudinger), BGB10, § 1191 Rn. 18; Wilhelm, Sachenrecht5, Rn. 1796; auf den Rechtsgedanken der §§ 1168, 1170, 1171 BGB abstellend Wolff/R aiser, Sachenrecht10, § 156 I. 3. d) in Fn. 11 (S. 646–647)). Solange jedoch das Pfandrecht an der Grundschuld besteht, gebührt dem
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Rechtsnachfolger desselben) begründet ist, bleibt zwar ein gutgläubig-einredefreier Pfandrechtserwerb gem. §§ 1275 Var. 1, 1192 Abs. 1 a S. 2, 1157 S. 2, 892 BGB möglich; angesichts der geforderten weiten Auslegung des § 1192 Abs. 1a S. 1 BGB dürfte dies aber die Ausnahme bilden.866 Grundschuldgläubiger ein zur Ablösung gezahlter Betrag nicht zu seiner Befriedigung; die Einziehungs- und Empfangszuständigkeit ist im Interesse des Pfandgläubigers nach Maßgabe der §§ 1281, 1282 BGB beschränkt; vorbehaltlich § 893 Var. 1 BGB wird der Eigentümer durch Leistungen auf die verpfändete Grundschuld gegenüber dem Pfandgläubiger nicht frei. Mit dem Erwerb einer forthin pfandrechtsbelasteten Eigentümergrundschuld wäre dem Eigentümer nicht gedient, weil er – da § 1197 Abs. 1 BGB nicht zulasten des Pfandgläubigers gilt – wegen der Grundschuldsumme die Zwangsvollstreckung in sein Grundstück gewärtigen müsste. Mangels vollwirksamer Tilgung der Grundschuld bliebe dem Eigentümer gar nichts anderes übrig als den geleisteten Geldbetrag vom nicht einziehungsberechtigten Grundschuldgläubiger gem. § 812 Abs. 1 S. 1 Var. 1 BGB Zug um Zug gegen Rückübertragung der rechtsgrundlos erlangten Eigentümergrundschuld an den ehemaligen Grundschuldgläubiger zu kondizieren. Demgemäß erlischt die gesicherte Forderung durch Leistungen auf die verpfändete Grundschuld nur dann (bei unterstellter Identität des Schuldners und des Eigentümers) gem. § 364 Abs. 2 BGB, wenn die Tilgung der Grundschuld gem. §§ 1281, 1282 BGB erfolgt; bei Personenverschiedenheit des Schuldners und des Eigentümers erwirbt der ablösende Eigentümer gleichfalls nur durch eine gem. §§ 1281, 1282 BGB bewirkte Tilgung der Grundschuld einen aus dem Sicherungsvertrag abgeleiteten Anspruch auf Abtretung der gesicherten Forderung (Baur/Stürner, Sachenrecht18 , § 45 Rn. 83; Schulze et al. (-Staudinger), BGB10, § 1191 Rn. 46). Akzessorische Nebenrechte gehen zwar in vollem Umfang über, wobei ein Regress nach h. A. im Verhältnis zwischen den Sicherungsgebern akzessorischer und nichtakzessorischer Sicherungsrechte nach dem Rechtsgedanken der §§ 774 Abs. 2, 426 BGB nur anteilig in Betracht kommt (BGH, Urteil v. 24.9.1992 – IX ZR 195/91, NJW 1992, S. 3228; kritisch Baur/Stürner, Sachenrecht18 , § 45 Rn. 85). Nichts anderes gilt für Zahlungen eines ablösungsberechtigten Dritten; auch diese führen nur dann zu einem Übergang der Grundschuld gem. §§ 1192 Abs. 1, 1150, 268 Abs. 3 S. 1 BGB (vgl. MünchKomm (-Lieder), BGB VII7, § 1191 Rn. 144; Schulze et al. (-Staudinger), BGB10, § 1191 Rn. 46), wenn in Übereinstimmung mit §§ 1281, 1282 BGB geleistet wird. 866 Vor allem § 1192 Abs. 1 a S. 1 Hs. 1 Var. 2 BGB („Einreden, die […] sich aus dem Sicherungsvertrag ergeben“) wird parallel zu § 404 BGB weit ausgelegt; lediglich der „Rechtsboden“ der Einrede muss bereits im Zeitpunkt des Übergangs der Sicherungsgrundschuld gelegt sein. Angesichts dessen wird unter Verweis auf den Fortfall des Sicherungszwecks angenommen, dass die nachträgliche Tilgung der Forderung dem Erwerber in Ansehung der Grundschuld entgegensetzbar sei (Langenbucher, NJW 2008, S. 3169, 3172; Schulze et al. (-Staudinger), BGB10, § 1192 Rn. 4). Soweit der Schuldner also mit befreiender Wirkung an den Zedenten bzw. den Verpfänder auf die Forderung leistet (§§ 406, 407 Abs. 1 BGB i. V. m. § 1275 Var. 1 BGB), begründet dies zugleich eine Einrede gegen die Sicherungsgrundschuld, die entgegen §§ 1192 Abs. 1, 1156 S. 1 BGB dem Erwerber bzw. dem Pfandgläubiger entgegensetzbar ist; insoweit ist § 1156 S. 1 BGB nicht entsprechend anzuwenden. Unstreitig entgegensetzbar sind auch die Einrede der Nichtvalutierung sowie die Einrede fehlender Fälligkeit; dies sind Einreden „auf Grund des Sicherungsvertrags“ (OLG Brandenburg, Urteil v. 17.10.2013 – 5 U 48/12, BeckRS 2013, 19332; Langenbucher, NJW 2008, S. 3169, 3172). Nach zutreffender Ansicht erschöpft sich die Norm freilich nicht darin, Einwendungen und Einreden gegen die Forderung gegenüber jedem Erwerber einer Sicherungsgrundschuld zu erhalten. Auch nicht forderungsbezogene, im Sicherungsvertrag wurzelnde Einreden sind entgegensetzbar; nach allgemeinem Schuldrecht dürften deshalb nachträgliche vertragsändernde Vollstreckungsvereinbarungen (z. B. Stundungseinreden) grundsätzlich Einreden i. S. d. § 1192 Abs. 1 a S. 1 Hs. 1 Var. 2 BGB begründen (richtig m. E. MünchKomm (-Lieder), BGB VII7, § 1192 Rn. 17; anders OLG Brandenburg, Urteil v. 17.10.2013 – 5 U 48/12, BeckRS 2013, 19332, wonach § 1192 Abs. 1 a S. 1 BGB ausschließlich der Gefahr einer doppelten Inanspruchnahme aus Forderung und Sicherungsgrundschuld durch einen Gläubigerwechsel entgegenwirken
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b) Durchsetzung Solange das belastete Pfandrecht nicht durch Zweckerreichung oder auf andere Weise erlischt, steht dem Gläubiger des lastenden Pfandrechts bei Eintritt der Pfandreife sowohl des belasteten als auch des lastenden Pfandrechts die Befugnis zu, entweder das dienende Pfandrecht zu verwerten oder aus diesem kraft Einziehungsermächtigung resp. Abtretung der gesicherten Forderung an Zahlungs statt die durch das dienende Pfandrecht belastete Sache (i. w. S.) zu verwerten. Wird z. B. eine durch Bürgschaft, Hypothek und Pfandrecht gesicherte Forderung verpfändet, kann der Pfandgläubiger (alternativ oder kumulativ) die verpfändete Forderung und/oder die akzessorischen Rechte gem. § 1282 Abs. 1 S. 1 BGB „einziehen“, soweit der beschwerte Gläubiger hierzu berechtigt ist und der Haftungsumfang der verpfändeten Forderung reicht.867 Alternativ bietet sich die Abtretung der Sicherungsforderung mitsamt den akzessorischen Rechten an Zahlungs statt gem. § 1282 Abs. 1 S. 3 BGB an.868 Entsprechendes gilt für die Verwertung gepfändeter resp. verpfändeter Grund- und Rentenschulden (§ 1291 BGB) sowie kraft Analogieschlusses für gepfändete resp. verpfändete subjektiv-persönliche Reallasten. Abweichende Vereinbarungen über die Einziehung der akzessorischen oder nichtsolle, die aber bei einer nachträglichen Vollstreckungsvereinbarung zwischen Eigentümer und Grundschuldgläubiger nicht bestehe; Palandt (-Herrler), BGB78 , § 1192 Rn. 4). Allerdings lebt nach Ansicht des BGH eine bereits durch einen vor Inkrafttreten des § 1192 Abs. 1 a BGB erfolgten gutgläubigen Erwerb erloschene Einrede nicht wieder von neuem auf, wenn die Sicherungsgrundschuld seitens des Erwerbers nach dem maßgeblichen Stichtag (19.8.2008) übertragen wird (BGH, Urteil v. 25.10.2013 – V ZR 147/12, NJW 2014, S. 550, 551 Rn. 11; Schulze et al. (-Staudinger), BGB10, § 1192 Rn. 5). 867 Zu beachten ist, dass der Pfandgläubiger einer verpfändeten Forderung nach Eintritt der Pfandreife zur selbstbestimmten Einziehung der Forderung einschließlich ihrer Nebenrechte gem. § 1282 Abs. 1 S. 1 BGB i. V. m. § 173 Abs. 1 InsO auch bei Insolvenz des Gläubigers berechtigt ist; das Verwertungsrecht des Insolvenzverwalters aus § 166 Abs. 2 InsO ist nach allg. Ansicht nicht einschlägig, beschränkt sich vielmehr auf den Fall der Sicherungszession (vgl. BGH, Versäumnisurteil v. 26.1.2012 − IX ZR 191/10, NJW 2012, S. 1510, 1514 Rn. 34; Uhlenbruck (-Brinkmann), InsO15, § 166 Rn. 30; MünchKomm (-Tetzlaff ), InsO II3, § 166 Rn. 63). Vor Eintritt der Pfandreife ist allerdings der Pfandgläubiger nicht etwa gemeinschaftlich mit dem Insolvenzverwalter entsprechend § 1281 S. 2 Hs. 1 BGB zur Verwertung berechtigt; vielmehr ist ausschließlich der Insolvenzverwalter entsprechend § 173 Abs. 2 S. 2 InsO zur Einziehung berechtigt (BGH, Urteil v. 11.4.2013 − IX ZR 176/11, NZI 2013, S. 596, 597–598 Rn. 19; Uhlenbruck (-Brinkmann), InsO15, § 166 Rn. 30). 868 Unberührt bleibt die Befugnis zur Zwangsvollstreckung aufgrund eines auf Duldung der Zwangsvollstreckung gerichteten Titels (Palandt (-Wicke), BGB78 , § 1277 Rn. 2; Soergel (-Habersack), BGB XVI13, § 1282 Rn. 5) sowie das Recht, aufgrund eines Zahlungstitels wegen der gesicherten Forderung ohne Rücksicht auf das Pfandrecht die Zwangsvollstreckung in die verpfändete Forderung/Grundschuld/Reallast zu betreiben (vgl. Palandt (-Wicke), BGB78 , § 1277 Rn. 2). Primär bieten sich die die Pfändung und Überweisung zur Einziehung der verpfändeten Sicherungsforderung einschließlich der akzessorischen Bürgschaften und Pfandrechte gem. §§ 829, 835 Abs. 1 Var. 1 ZPO an; bei der Pfändung von Hypothekarforderungen sowie von Grundschulden und subjektiv-persönlichen Reallasten sind die §§ 830, 837 ZPO (i. V. m. § 857 Abs. 6 ZPO) zu beachten; das Pendant zu § 1282 Abs. 1 S. 3 BGB ist die Überweisung an Zahlungs statt (§§ 835 Abs. 1 Var. 2 ZPO). Denkbar ist auch die Anordnung des Verkaufs der gepfändeten Sicherungsforderung resp. der gepfändeten Grundschuld oder Reallast (§§ 844, 857 Abs. 5 ZPO).
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akzessorischen Sicherungsrechte sowie über die Art und Weise der Verwertung, z. B. ein Recht zur Veräußerung einer verpfändeten Grundschuld, sind nach Maßgabe der §§ 1277 S. 2, 1279 S. 2, 1259, 1284 BGB (i. V. m. § 1291 BGB) wirksam.869 Selbst wenn man mit der h. L. annimmt, dass dem Pfandgläubiger sämtliche Verfügungen über eine verpfändete Geldforderung gestattet sind, die in analoger Anwendung des § 1288 Abs. 2 BGB eine unmittelbare Befriedigung des Pfandgläubigers ermöglichen,870 erscheint insbesondere die Vereinbarung eines Rechts zur 869 Zwar kann vor Eintritt der Pfandreife, sofern nicht der Anwendungsbereich der §§ 1279 S. 2, 1259 BGB eröffnet ist, nicht bereits der Verfall der Forderung und auch nicht ein Recht zum Verkauf aus freier Hand (§ 385 BGB) oder zum laufenden Preis durch den Pfandgläubiger oder Dritte vereinbart werden (§ 1277 S. 2 BGB i. V. m. §§ 1229, 1245 Abs. 2 BGB). Da § 1277 S. 2 BGB insbesondere auch die in § 1245 Abs. 2 BGB in Bezug genommene Vorschrift des § 1235 BGB für zwingend anwendbar erklärt, kann ein Recht zum Verkauf der verpfändeten Forderung außerhalb öffentlicher Versteigerung (§ 383 Abs. 3 BGB), insbesondere zum Verkauf aus freier Hand allenfalls dann vor Eintritt der Fälligkeit wirksam vereinbart werden, wenn die Forderung einen Börsen- oder Marktpreis hat (§§ 1277 S. 2, 1235 Abs. 2, 1221 BGB), ohne dass es insoweit darauf ankommt, ob der persönliche Anwendungsbereich der Vorschriften über das gewerbliche Pfand gem. §§ 1279 S. 2, 1259 S. 1 BGB eröffnet ist (vgl. auch MünchKomm (-Damrau), BGB VII7, § 1284 Rn. 1; Staudinger (-D. Wiegand), BGB (2019), § 1284 Rn. 3). Wenn die Parteien Unternehmer sind und eine Forderung verpfänden, die einen Börsen- oder Marktpreis hat (§§ 1279 S. 1, 1259 S. 1 BGB), kann bereits vor Pfandreife vereinbart werden, dass der Pfandgläubiger den Verkauf der Forderung aus freier Hand (§ 385 BGB) oder zum laufenden Preis selbst oder durch Dritte vornehmen darf; desgleichen ist die Vereinbarung einer bedingten Abtretung der Forderung bei Fälligkeit der gesicherten Forderung möglich (MünchKomm (-Damrau), BGB VII7, § 1284 Rn. 6). Selbst wenn diese Voraussetzung erfüllt sind, erweitern die für die verpfändete Sicherungsforderung getroffenen Verwertungsabreden aber nicht eo ipso die gesetzlichen Verwertungsbefugnisse hinsichtlich der die verpfändete Forderung sichernden Nebenrechte, seien es Bürgschaften, Hypotheken oder Pfandrechte. Selbstverständlich ist zwar, dass die Forderungsbindung der Nebenrechte gem. §§ 401 Abs. 1, 1153, 1250 Abs. 1 S. 1 BGB erhalten bleibt, wenn die verpfändete Forderung seitens des Pfandgläubigers mittels Verkaufs oder durch „Aneignung“ entsprechend § 1259 S. 1 BGB verwertet wird. Sofern der Forderungspfandgläubiger akzessorische Nebenrechte der verpfändeten Forderung geltend macht, bleibt er an diejenigen Verwertungsbefugnisse gebunden, die dem Gläubiger der verpfändeten Sicherungsforderung selbst zustehen. Für die verpfändete Sicherungsforderung vereinbarte außergerichtliche Verwertungsbefugnisse i. S. v. §§ 1279 S. 2, 1259 S. 1 BGB schlagen somit nicht auf ein akzessorisches Sachpfand durch: Dieses ist auf die gesetzlich bestimmte Art und Weise durch Pfandverkauf im Wege öffentlicher Versteigerung (§§ 1233 Abs. 1, 1235 Abs. 1 BGB) oder im Wege der Zwangsvollstreckung (§ 1233 Abs. 2 BGB) zu verwerten; insbesondere kommt ein Verkauf des die verpfändete Forderung sichernden Pfandes aus freier Hand nur dann in Betracht, wenn dieses Pfand einen Börsen- oder Marktpreis hat (§§ 1235 Abs. 2, 1221 BGB). Sofern hingegen für das mit der verpfändeten Forderung verbundene Pfandrecht die Voraussetzungen des § 1259 S. 1 BGB erfüllt sind und die Parteien wirksam weitere außergerichtliche Verwertungsmodalitäten vereinbaren, steht es dem Pfandgläubiger, dem ein Pfandrecht an der durch dieses gewerbliche Pfand gesicherten Forderung zusteht, frei, von diesen erweiterten Verwertungsbefugnissen im Sicherungsfall Gebrauch zu machen. 870 Siehe RG, Urteil v. 3.5.1904 – VII 372/03, RGZ 58, S. 105, 108–109 (Befugnis des Pfandgläubigers zur Annahme einer Leistung an Erfüllungs statt gem. § 364 Abs. 1 BGB sowie zur Aufrechnung mit der verpfändeten Forderung gegen Gegenforderungen des Schuldners gegen den Gläubiger); RG, Urteil vom 25.10.1919 – V 54/19, RGZ 97, S. 34, 39 (Aufrechnung mit der verpfändeten Geldforderung falle unter den Begriff der „Einziehung“ i. S. d. § 1282 Abs. 1 S. 1 BGB, nicht aber der Verkauf (scil.: die Abtretung) der Forderung). Nach der gefestigten h. L. sind darüber hinaus auch die Abtretung, der Vergleich oder ein (entgeltlicher) Erlass von der Einziehungs-
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Veräußerung im Wege öffentlicher Versteigerung i. S. v. § 383 Abs. 3 BGB zweckmäßig (vgl. §§ 1277 S. 2, 1245 Abs. 2, 1235 Abs. 1 BGB).871 Dies ermöglicht – ebenso wie infolge einer Abtretung der verpfändeten Forderung an Zahlungs statt – eine „autonome“ Verwertung der verpfändeten Forderung/Grundschuld/Reallast ohne zwangsläufige Ausübung derselben. Wie angerissen, wirft die Durchsetzung von Pfandrechten an Verwertungsrechten diverse noch weitgehend ungeklärte Detailprobleme auf, die im Folgenden zu eruieren sind;872 grundlegend zu unterscheiermächtigung des Pfandgläubigers ungeachtet § 1282 Abs. 2 Hs. 1 BGB gedeckt (MünchKomm (-Damrau), BGB VII7, § 1282 Rn. 6; Soergel (-Habersack), BGB XVI13, § 1282 Rn. 7; Westermann/ Gursky/Eickmann (-Gursky), Sachenrecht8 , § 136 Rn. 11; abweichend Planck (-Flad), BGB III/24, § 1282 Anm. 1 b in Bezug auf die Abtretung der verpfändeten Forderung). Diese Rechtsfortbildung ist freilich kühn: Während die Aufrechnung und die Annahme einer Leistung an Erfüllungs statt wohl noch unter den Begriff der „Einziehung“ i. S. v. § 1282 Abs. 1 S. 1 BGB fallen, gilt dies für die Abtretung der verpfändeten Forderung nicht. Abgesehen davon, dass die Forderung durch Abtretung nicht erlischt, räumt das Gesetz dem Pfandgläubiger ausdrücklich nur einen Anspruch auf Abtretung der Forderung gegen den Gläubiger gem. § 1282 Abs. 1 S. 3 BGB ein, was zugleich impliziert, dass die Verfügungsbefugnis insoweit – auch nach Eintritt der Pfandreife – beim Pfandgläubiger verbleibt und nicht auf den Forderungspfandgläubiger übergeht. Zudem hätte es sich geradezu aufgedrängt, ein Recht zum Verkauf der gesicherten Forderung expressis verbis im Gesetz zu verankern oder aber auf die Vorschriften über den Pfandverkauf beim Pfandrecht an beweglichen Sachen (§§ 1228–1248 BGB) zu verweisen. Die Gesetzesverfasser entschieden sich indes bewusst dagegen, ein Verkaufsrecht beim Pfandrecht an Rechten zu statuieren (RG, Urteil v. 25.10.1919 – V 54/19, RGZ 97, S. 34, 39). Leitend war die Überlegung, dass sich Rechte wegen der Unsicherheiten bei der Wertschätzung nicht ebenso gut wie bewegliche Sachen zum Verkauf im Wege öffentlicher Versteigerung eigneten und dass deshalb auch im Zwangsvollstreckungsrecht der Verkauf des Rechts nur als Notbehelf (vgl. §§ 844, 857 Abs. 5 ZPO) zur Verfügung gestellt worden sei (Mot. III, S. 859, 861). Wenn ein Recht zum Verkauf (einschließlich einer Abtretungsbefugnis) somit nicht schon in erweiternder Auslegung aus § 1282 Abs. 1 S. 1 BGB folgt, handelt es sich aber um eine „andere Verfügung“, die dem Pfandgläubiger auch bei Eintritt der Pfandreife gem. § 1282 Abs. 2 Hs. 1 BGB untersagt ist. Methodisch operiert die h. L. somit mit einer Kombination aus einer teleologischen Extension des § 1282 Abs. 1 S. 1 BGB und einer teleologischen Reduktion des § 1282 Abs. 2 Hs. 1 BGB: Wenngleich es nachvollziehbar erscheint, den Einziehungsbegriff auf Erfüllungssurrogate zu erstrecken, sind keine durchschlagenden Sachargumente dargetan, weshalb dem Forderungspfandgläubiger in gesetzesübersteigender Rechtsfortbildung ein Recht zum Verkauf (einschließlich der Abtretung) der verpfändeten Forderung oder zum entgeltlichen Erlass kraft Gesetzes zustehen muss. Wenn dies gewünscht ist, können entsprechende Vereinbarungen unter den einschränkenden Vorgaben der §§ 1277 S. 2, 1229, 1245 Abs. 2 BGB getroffen werden, zudem, die Parteien ja ohnehin gleich auf ein nichtakzessorisches Verwertungsrecht durch Sicherungsabtretung statt Forderungsverpfändung ausweichen können. Der Rationalisierungsgewinn, der mit einer (ungeschriebenen) dispositiven Verfügungsbefugnis entgegen § 1282 Abs. 2 Hs. 1 BGB verbunden wäre, dürfte vor diesem Hintergrund zu vernachlässigen sein; die Einziehung dürfte sich als wesentlich effektiveres Instrument erweisen als die vom Gesetzgeber bewusst nicht positivrechtlich verankerte Befugnis zum Verkauf oder entgeltlichen Erlass der verpfändeten Forderung. 871 Zur praxisüblichen Vereinbarung eines außergerichtlichen Verkaufsrechts hinsichtlich der verpfändeten Grundschuld siehe das Musterformular bei Schöner/Stöber, Grundbuchrecht15, Rn. 2442. 872 So wird z. B. in der Literatur für den Verkauf eines Fahrnispfandes durch einen sog. Unterpfandgläubiger nur ganz allgemein ausgeführt, dass sich die Erlöszuordnung nach den §§ 1247 S. 2, 1287 S. 1, 1288 Abs. 2 BGB richte (NomosKomm (-Bülow), BGB III4, § 1274 Rn. 12; ebenso Westermann/Gursky/Eickmann (-Gursky), Sachenrecht8 , § 135 Rn. 15 mit fragwürdiger Sub-
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den ist zwischen der Verwertung der gesicherten und verpfändeten Forderung einerseits und der Realisierung der einzelnen akzessorischen und nichtakzessorischen Sicherheiten andererseits. Im Folgenden wird vorab die Durchsetzung eines Forderungspfandrechts aufgezeigt, um sodann materiellrechtlichen Einzelfragen der Verwertung eines durch ein Pfandrecht belasteten (Grund-)Pfandrechts zu erörtern. Sodann ist die Brücke vom materiellen Recht zum Verfahrensrecht zu schlagen: So drängt sich im vorliegenden Zusammenhang die Frage auf, ob mit der Durchsetzung eines belasteten (Grund-)Pfandrechts eine Rechtskrafterstreckung des im Prozess des Pfandgläubigers gegen den (Dritt-)Schuldner resp. Sicherungsgeber ergehenden Urteils auf den Gläubiger einer belasteten durch Nebenrechte gesicherten Forderungen und, vice versa, eine Rechtskrafterstreckung auf den Pfandgläubiger bei Prozessführung durch den Forderungsinhaber einhergeht. aa) Durchsetzung des Forderungspfandrechts Wird im oben dargestellten Fallbeispiel bei Pfandreife des Pfandrechts P3 die verpfändete Forderung seitens des Forderungspfandgläubigers D gem. § 1282 Abs. 1 S. 1 BGB eingezogen,873 erlischt – vorbehaltlich gesetzlichen Forderungsübergangs im Fall der Interzession gem. §§ 1273 Abs. 2 S. 1, 1225 S. 1 BGB – zum einen die gesumtion im Beispielsfall). Dies hilft nicht entscheidend weiter, weil sich die genannten Rechtsvorschriften nun einmal nicht unmittelbar auf die Fallkonstellation der Verwertung eines von einer Forderungsverpfändung erfassten unselbstständigen Sachpfandes beziehen. 873 Kraft der gesetzlichen Einziehungsermächtigung gem. § 1282 Abs. 1 S. 1 BGB kann der Forderungspfandgläubiger, wenn die Voraussetzungen der Verwertung im Übrigen erfüllt sind (vgl. § 1228 Abs. 2 S. 1 BGB i. V. m. § 1273 Abs. 2 S. 1 BGB), Leistungsklage im eigenen Namen gegen den Forderungsschuldner (in gesetzlicher Prozessstandschaft) erheben; ferner kann er fälligkeitsbegründend kündigen (§ 1283 Abs. 3 BGB), den Schuldner im eigenen Namen mahnen und in Schuldnerverzug setzen (§ 286 BGB) sowie, wenn bereits ein Titel vorliegt, eine vollstreckbare Ausfertigung gem. § 727 ZPO erwirken, löschungsfähige Quittung erteilen und Drittwiderspruchsklage gem. § 771 ZPO bei Pfändung der Forderung seitens konkurrierender Gläubiger erheben (Erman (-J. Schmidt), BGB II15, § 1282 Rn. 4; MünchKomm (-Damrau), BGB VII7, § 1282 Rn. 2; NomosKomm (-Bülow), BGB III4, § 1282 Rn. 5). Endlich steht dem Pfandgläubiger kraft der Einziehungsermächtigung berechtigt, die Eröffnung des Insolvenzverfahrens gem. § 13 Abs. 1 S. 2 InsO zu beantragen (Palandt (-Wicke), BGB78 , § 1281 Rn. 5 i. V. m. § 1282 Rn. 5; Staudinger (-D. Wiegand), BGB (2019), § 1282 Rn. 7). Umstritten ist, ob der Pfandgläubiger über die Einziehungsermächtigung gesondert, d. h. ohne die pfandrechtsgesicherte Forderung, verfügen, diese insbesondere gem. § 1274 Abs. 1 BGB verpfänden kann. Während ein Teil der Literatur dies bejaht, weil das Einziehungsrecht angeblich ein selbstständiges Recht sei (z. B. BeckOGK BGB (-Henn), Stand: 1.7.2019, § 1282 Rn. 4.1; Staudinger (-D. Wiegand), BGB (2019), § 1282 Rn. 4), lehnt die h. A. zwar die gesonderte Übertragung und Verpfändung ab, hält aber zumindest eine Ausübungsüberlassung dieses angeblich unselbstständigen Nebenrechts für möglich (so Erman (-J. Schmidt), BGB II15, § 1282 Rn. 3; MünchKomm (-Damrau), BGB VII7, § 1282 Rn. 3; NomosKomm (-Bülow), BGB III4, § 1282 Rn. 2; Palandt (-Wicke), BGB78 , § 1282 Rn. 3). Demgemäß ist nach h. A. die gesonderte Pfändung der pfandrechtlichen Einziehungsermächtigung gem. § 857 Abs. 3 ZPO zulässig (OLG Dresden, Beschluss v. 28.1.1902, Seuffert’s Archiv 57 Nr. 96; Erman (-J. Schmidt), BGB II15, § 1282 Rn. 3; MünchKomm (-Damrau), BGB VII7, § 1282 Rn. 3; Staudinger (-D. Wiegand), BGB (2019), § 1282 Rn. 4), obschon die Einziehungsermächtigung des Pfändungspfandgläubigers aus § 835 Abs. 1 Var. 1 ZPO nach überwiegender Ansicht in der prozessrechtlichen Literatur gerade nicht ohne die titulierte Forderung übertragen, belastet oder
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sicherte Forderung (F3) aufgrund der Erfüllungsfiktion gem. § 1288 Abs. 2 BGB, soweit dem Pfandgläubiger der eingezogene Geldbetrag gebührt.874 Zum anderen erlischt die verpfändete Forderung, soweit der geschuldete Betrag dem Pfandgläubiger wegen der gesicherten Forderung einschließlich Nebenforderungen und Kosten gebührt (§§ 1273 Abs. 2 S. 1, 1210 BGB). Soweit die verpfändete Forderung die gesicherte Forderung nominal übersteigt, zeitigt die Einziehung der verpfändeten Forderung seitens des Pfandgläubigers keine Erfüllungswirkung (arg. e § 362 Abs. 2 BGB); die Durchsetzungsakzessorietät des Forderungspfandes offenbart sich im Umfang der gesetzlichen Einziehungsermächtigung (§ 1282 Abs. 1 S. 2 BGB).875 Richtiger Ansicht nach gilt dies auch dann, wenn der Schuldner (B) in Unkenntnis der durch die gesicherte Forderung limitierten Einziehungsermächtigung die volle Schuldsumme an den Pfandgläubiger zahlt.876 Wird die verpfändete Forderung (F2) einschließlich Nebenforderungen und Kosten durch Leistungen an den Pfandgläubiger (D) gem. §§ 362 Abs. 1, 1282 Abs. 1 S. 2 BGB vollständig getilgt, erlöschen uno actu die Pfandrechte P1 und P2 sowie das die verpfändete Sicherungsforderung belastende Pfandrecht P3 jeweils gem. § 1252 (i. V. m. § 1273 Abs. 2 S. 1 BGB), wohingegen sich die Hypothek – vorbehaltlich eines Regressanspruchs des B gegen E (§ 1164 Abs. 1 BGB) – in eine Eigentümergrundschuld verwandelt (§§ 1163 Abs. 1 S. 2, 1177 Abs. 1 S. 1 BGB). Wird die verpfändete Forderung an Zahlungs statt gem. § 1282 Abs. 1 S. 3 BGB an den Pfandgläubiger (D) abgetreten, erlischt die gesicherte Forderung (F3) in Höhe des Nennbetrags der abgetretenen Forderung einschließlich des akzessorischen Forderungspfandes gem. § 1273 Abs. 2 S. 1, 1252 BGB. Akzessorische Sicherheiten der verpfändeten Forderung (F2) gehen auf den Pfandgläubiger gem. §§ 1282 Abs. 1 S. 3, 398, 401 Abs. 1, 1153, 1250 Abs. 1 S. 1 BGB über. Nach zutreffender Ansicht ist in diesem Zusammenhang ein „gutgläubiger“ Erwerb einer die verpfändete Forderung vermeintlich sichernden Hypothek auch dann möglich, wenn die Voraussetzungen eines zessionsbasierten Erwerbs vom Scheinhypothekar (§§ 892, selbstständig gepfändet werden kann (vgl. Musielak/Voit (-Becker), ZPO14, § 835 Rn. 11 m. w. N. auch zur Gegenansicht). 874 Anderes gilt, wenn der Gläubiger (C) der verpfändeten Forderung (F2) nicht mit dem Schuldner der gesicherten Forderung (F3) identisch ist (sog. Interzession); in diesem Fall ist § 1288 Abs. 2 BGB teleologisch zu reduzieren, die gesicherte Forderung erlischt mithin nicht, sondern geht auf den Gläubiger der verpfändeten Forderung gem. § 1225 S. 1 BGB i. V. m. § 1273 Abs. 2 S. 1 BGB mitsamt akzessorischen Sicherungsrechten (§§ 268 Abs. 3 S. 1, 412, 401 Abs. 1 BGB) über (NomosKomm (-Bülow), BGB III4, § 1288 Rn. 6; Palandt (-Wicke), BGB78 , § 1288 Rn. 2; Staudinger (-D. Wiegand), BGB (2019), § 1288 Rn. 8). 875 Soergel (-Habersack), BGB XVI13, § 1282 Rn. 6; NomosKomm (-Bülow), BGB III4, § 1282 Rn. 7. 876 Soergel (-Habersack), BGB XVI13, § 1282 Rn. 6; NomosKomm (-Bülow), BGB III4, § 1282 Rn. 7. Eine entsprechende Anwendung des § 1247 S. 2 BGB, wonach der Forderungsgläubiger kraft Gesetzes Eigentum am Mehrerlös erhält, kommt angesichts des Ausnahmecharakters der Surrogation nicht in Betracht; der Schuldner kann, soweit die Zahlung keine Erfüllungswirkung zeitigt, beim Pfandgläubiger kondizieren (Soergel (-Habersack), BGB XVI13, § 1288 Rn. 5; NomosKomm (-Bülow), BGB III4, § 1288 Rn. 7; a. A. Staudinger (-D. Wiegand), BGB (2019), § 1288 Rn. 6; Wolff/R aiser, Sachenrecht10, § 176 II (S. 726–727)).
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1138, 1140, 1155, 1157 S. 2 BGB) zwar nicht mehr im Zeitpunkt der Vollendung des Abtretungstatbestandes erfüllt sind, das Pfandrecht an der Hypothek aber im Wege des gutgläubigen Erwerbs wirksam entstanden ist.877 Wird z. B. eine nicht valutierte Hypothek an einen gutgläubigen Gläubiger verpfändet, ist eine vor Abtretung der verpfändeten (Schein-)Forderung erlangte Kenntnis unschädlich.878 Lässt sich der Pfandgläubiger vom Scheinhypothekar die vermeintliche Hypothekenforderung abtreten, verfügt dieser als Berechtigter, weil hierin die bestimmungsgemäße Ausübung des wohlerworbenen Pfandrechts liegt und insoweit Bestand und Durchsetzbarkeit der Hypothekenforderung einschließlich der Hypothek zu fingieren sind. bb) Durchsetzung eines Pfandrechts an einem Sach- oder Rechtspfandrecht Während das Forderungspfand von Gesetzes wegen alternativ mittels Einziehung (§ 1282 Abs. 1 S. 1 BGB), Abtretung an Zahlungs statt (§ 1282 Abs. 1 S. 3 BGB) oder Zwangsvollstreckung (§§ 1282 Abs. 2 Hs. 2, 1277 S. 1 BGB) realisiert wird, erweitern sich die Verwertungsoptionen des Pfandgläubigers durch akzessorische Sicherungsrechte der verpfändeten Forderung dadurch, dass die gesetzliche Ermächtigung zur Einziehung der verpfändeten (und gepfändeten) Forderung jedes Nebenrecht der Forderung ausgeübt werden kann, soweit dies der Befriedigung des Pfandgläubigers dient (§ 1282 Abs. 1 S. 2 BGB, § 803 Abs. 1 S. 2 ZPO). Sub specie des Grundsatzes der Zuständigkeitsakzessorietät (§§ 401 Abs. 1, 1153, 1250 Abs. 1 BGB) scheidet jede andere denkbare Realisierung eines Pfandrechts an einem Pfandrecht, einer Hypothek oder einer Bürgschaft aus. Lässt sich der Forderungspfandgläubiger die durch akzessorische Nebenrechte gesicherte Forderung an Zahlungs statt abtreten, ist der Zweck des i. d. R. kraft Gesetzes erloschenen Forderungspfandes erreicht.879 Sollte der „Pfandgläubiger“ die mit der abgetrete877 Siehe bereits RG, Urteil v. 22.6.1914 – V 88/14, WarnR 1914 Nr. 253; MünchKomm (-Damrau), BGB VII7, § 1282 Rn 13; Rosenberg, BGB III/1, § 892 II 4 e δ a. E.; Soergel (-Habersack), BGB XVI13, § 1282 Rn. 8; Staudinger (-Picker), BGB (2019), § 892 Rn. 217 m. w. N.; Staudinger (-D. Wiegand), BGB (2019), § 1282 Rn. 10; unklar Palandt (-Wicke), BGB78 , § 1282 Rn. 8, der für den gutgläubigen Erwerb des Pfandrechts offenbar systemwidrig nicht auf den Zeitpunkt des letzten Tatbestandserfordernisses des Verpfändungstatbestandes (mit Ausnahme der Eintragung) gem. § 892 Abs. 2 BGB, sondern auf den Eintritt der Pfandreife gem. §§ 1273 Abs. 2 S. 1, 1228 Abs. 2 S. 1 BGB abstellt. 878 Staudinger (-Gursky), BGB (2013), § 892 Rn. 217. Desgleichen verhindern weder die Eintragung eines Widerspruchs noch eine Grundbuchberichtigung – die ohnehin nur unter Wahrung der Rechte des Pfandgläubigers erfolgen dürfen (vgl. Baur/Stürner, Sachenrecht18 , § 18 Rn. 35) – den Erwerb der Hypothek seitens des Pfandgläubigers (richtig m. E. MünchKomm (-Damrau), BGB VII7, § 1282 Rn 13; Staudinger (-D. Wiegand), BGB (2019), § 1282 Rn. 10). 879 Parallel zur Überweisung einer gepfändeten Forderung an Zahlungs statt zum Nennwert (§ 835 Abs. 1 Var. 2, Abs. 2 ZPO) gilt der Pfandgläubiger mit der Abtretung an Zahlungs statt als befriedigt; präzise betrachtet handelt es sich um die Annahme einer Leistung an Erfüllungs statt gem. § 364 Abs. 1 BGB, so dass der Pfandgläubiger als Zessionar das Bonitätsrisiko übernimmt (MünchKomm (-Damrau), BGB VII7, § 1282 Rn 11; Palandt (-Wicke), BGB, § 1282 Rn. 8). Soweit die gesicherte Forderung nicht gem. § 364 Abs. 1 BGB erlischt und somit auch das Pfandrecht gem.
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nen Forderung verbundenen Bürgschaften, Hypotheken oder Pfandrechte geltend machen, übt er Befugnisse eines Rechtsinhabers aus.880 Dass dem Forderungspfandgläubiger ab Pfandreife seines eigenen Pfandrechts und auch des mit der verpfändeten Forderung verbundenen Sachpfandrechts ein Besitzrecht hinsichtlich der dem mitbelasteten Pfandrecht unterliegenden Sache im Verhältnis zum Eigentümer und zum Sachpfandgläubiger zusteht, ist zumindest unstreitig.881 Somit vermag sich der Forderungspfandgläubiger (D) im obigen Fallbeispiel aus dem von ihm selbst vermöge seiner Einziehungsermächtigung ausgeführten (rechtmäßigen) Verkauf eines die verpfändete Forderung sichernden Sachpfandes (P1) gem. § 1228 Abs. 1 BGB zu befriedigen, soweit ihm der erzielte Erlös gebührt und der Haftungsumfangs des Sachpfandes für die durch das belastete Pfandrecht gesicherte Forderung nicht überschritten wird (§ 1282 Abs. 1 S. 2 BGB).882 In diesem Ausmaß erlischt die verpfändete Forderung (F2) aufgrund der Tilgungsfiktion des § 1247 S. 1 BGB sowie das Sachpfand (P1) gem. § 1242 Abs. 2 §§ 1273 Abs. 2 S. 1, 1252 BGB endet, erlischt das Forderungspfand i. d. R. durch Konsolidation (§§ 1273 Abs. 2 S. 1, 1256 Abs. 1 S. 1 BGB). 880 Wird im obigen Beispiel die verpfändete Geldforderung F2 an Zahlungs statt an den Pfandgläubiger D des Forderungspfandes P3 abgetreten, erwirbt dieser ex lege und ipso iure die akzessorischen Sicherheiten gem. §§ 401 Abs. 1, 1153, 1250 Abs. 1 S. 1 BGB, kann sich z. B. aus dem Sachpfand (P1) im Wege des Verkaufs befriedigen (NomosKomm (-Bülow), BGB III4, § 1274 Rn. 12), trägt aber das Risiko, dass die Forderung uneinbringlich ist und die Pfandveräußerung zu einem Mindererlös führt (NomosKomm (-Bülow), BGB III4, § 1282 Rn. 8; Westermann/Gursky/Eickmann (-Gursky), Sachenrecht8 , § 135 Rn. 15, § 136 Rn. 12). Allerdings dürfte sich eine Abtretung an Zahlungs statt – trotz des somit übernommenen Bonitätsrisikos – ebenso wie die Überweisung einer gepfändeten Forderung an Zahlungs statt (§ 835 Abs. 1 Var. 2, Abs. 2 ZPO) gerade dann anbieten, wenn die verpfändete bzw. gepfändete Forderung ausreichend, insbesondere durch Hypotheken, gesichert ist (MünchKomm (-Damrau), BGB VII7, § 1282 Rn 11; MünchKomm (-Smid), ZPO II5, § 835 Rn. 24). Nichts anderes gilt für die Ausübung eines rechtsgeschäftlich vereinbarten Rechts zum Verkauf der verpfändeten Sicherungsforderung (vgl. § 1277 S. 1, letzter Hs. BGB) oder für die hoheitlich kontrollierte Verwertung der verpfändeten Sicherungsforderung durch Pfändung und Überweisung an Zahlungs statt zum Nennwert (§§ 829 Abs. 1, 835 Abs. 1 Var. 2, Abs. 2 ZPO) oder durch gerichtlich angeordneten Verkauf gem. § 844 ZPO. 881 MünchKomm (-Damrau), BGB VII7, § 1274 Rn. 9; NomosKomm (-Bülow), BGB III4, § 1274 Rn. 12; Westermann/Gursky/Eickmann (-Gursky), Sachenrecht8 , § 135 Rn. 15; BeckOGK BGB (-Leinenweber), Stand: 1.10.2018, § 1274 Rn. 64; Wolff/R aiser, Sachenrecht10, § § 175 VI (S. 723). 882 Obschon im angegeben Fallbeispiel der vom Forderungspfandgläubiger (D) ausgeführte Pfandverkauf dazu dient, sich wegen der noch offenen Forderung F3 aus dem Erlös zu befriedigen, kommt es natürlich nicht zu einer gesetzeswidrigen Auswechselung der gesicherten Forderung, die beim Pfandrecht – im Gegensatz zur Hypothek (vgl. § 1180 BGB) – schlechthin ausscheidet. Wie sich aus § 1210 Abs. 1 S. 2 BGB ergibt, kann der „Haftungsumfang“ des Pfandes, präziser der dem Pfandgläubiger wegen seiner Forderung einschließlich Nebenforderungen und Kosten gebührende Anteil am potentiellen Verwertungserlös nicht ohne Zustimmung des belasteten Eigentümers erhöht werden; dementsprechend kann sich auch nicht der „Haftungsumfang“ dadurch erweitern, dass der Pfandgläubiger seine eigene Forderung zur Sicherung eines höheren Forderungsbetrages einem Dritten verpfändet. Vielmehr wird der Eigentumserwerb des betreibenden Forderungspfandgläubigers, weil dieser schließlich das belastete Sachpfand ausübt, durch das in § 1247 S. 2 BGB verankerte Surrogationsprinzips insofern begrenzt, als diesem nur der Betrag des Veräußerungserlöses gebührt, den auch der Sachpfandgläubiger reklamieren dürfte, wenn er selbst die Verwertung betriebe.
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S. 1 BGB; soweit sich der betreibende Forderungspfandgläubiger (D) aus dem Verkauf befriedigt, erlischt die gesicherte Forderung (F3) erlischt gem. § 1288 Abs. 2 BGB und folglich auch das Forderungspfandrecht gem. §§ 1273 Abs. 2 S. 1, 1252 BGB.883 Sollte – was prinzipiell denkbar ist – der Pfandgläubiger des herrschenden Pfandrechts zugleich Inhaber des durch das dienende Pfandrecht belasteten Rechts, z. B. Eigentümer des Pfandes, sein, dürfte diese personale Identität die Befugnis zur Realisierung des Pfandrechts suspendieren, solange die „stufenüberspringende“ Personenidentität besteht. Wenn z. B. der Eigentümer des Pfandes Gläubiger einer gegen den Pfandgläubiger gerichteten Forderung ist und sich diese durch ein Pfandrecht an der gesicherten Forderung sichern lässt, ist er zwar berechtigt, die Sicherungsforderung einzuziehen.884 Fraglich ist dagegen, ob er auch berechtigt ist, 883 Zur Einziehung einer die verpfändete Forderung sichernden Bürgschaft ist der Pfandgläubiger deshalb nur berechtigt, soweit dies seiner Befriedigung dient (§ 1282 Abs. 1 S. 2 BGB). Demgemäß vermag der Bürge – nicht anders als der Hauptschuldner – mit befreiender Wirkung an den Pfandgläubiger nur zu leisten, soweit dessen Einziehungsermächtigung reicht; folglich kommt es nur in diesem Umfang zu einem gesetzlichen Übergang der bürgschaftsgesicherten Hauptforderung (unter Wegfall des gem. §§ 1273 Abs. 2 S. 1, 1252 BGB erlöschen Pfandrechts an der Hauptforderung) einschließlich der akzessorischen Nebenrechte (§§ 774 Abs. 1 S. 1, 412, 401 Abs. 1, 1273 Abs. 2 S. 1, 1250 Abs. 1 S. 1, 1153 BGB) auf den an den Pfandgläubiger leistenden Bürgen. Der Gläubiger der verpfändeten Forderung wird nicht benachteiligt; mit seiner Teilforderung einschließlich der unselbstständigen Nebenrechte hat er Vorrang gegenüber dem Bürgen (§ 774 Abs. 1 S. 2 BGB). 884 Wenn nach allgemeiner Ansicht ein Pfandrecht an einer gegen den Pfandgläubiger gerichteten Forderung bestellt werden kann – dieses sog. pignus debiti ist vor allem beim vertraglichen Pfandrecht der Banken und Sparkassen (Nr. 14 AGB-Banken, Nr. 21 AGB-Sparkassen) praktisch relevant (siehe RG, Urteil v. 22.2.1927 – II 342/26, RGZ 116, S. 198, 207; BGH, Urteil v. 9.6.1983 – III ZR 105/82, NJW 1983, S. 2701, 2702; Erman (-J. Schmidt), BGB II15, § 1279 Rn. 2) –, spricht nichts dagegen, dass sich das Pfandrecht des Schuldners auf etwaige Sicherungsrechte erstreckt, die sich gegen den Schuldner als Inhaber des belasteten Rechts richten. Was die Verwertung der pfandrechtsbelasteten (Grund-)Pfandrechte an eigener Sache anbelangt, ist eine Parallele zur Verwertung des Pfandrechts an eigener Schuld zu ziehen: So kann der Bankkunde wegen der nach §§ 1281, 1282 BGB eingeschränkten Einziehungszuständigkeit die verpfändeten Forderungen gegen die Bank nicht durchsetzen, d. h. weder Leistung an sich noch an einen Dritten verlangen, solange das Pfandrecht der Bank besteht; das Pfandrecht bewirkt praktische eine „Kontosperre“ zulasten des Bankkunden (Kümpel/Wittig (-Federlin), Bank- und Kapitalmarktrecht4, Rn. 12.649); aus forderungssichernden Nebenrechten, sollten solche ausnahmsweise bestehen, könnte sich der Kunde desgleichen nicht befriedigen, solange das Pfandrecht der Bank besteht. Der Pfandgläubiger übt das Pfandrecht im Wege der Einziehung durch eine Willenserklärung aus, die in der Rechtsfolge einer Aufrechnung entspricht; die gesicherte Forderung des Pfandgläubigers erlischt in Höhe des Nominalbetrags der verpfändeten Forderung (Erman (-J. Schmidt), BGB II15, § 1282 Rn. 4; Martinek (-Metzger), jurisPK-BGB III8 , § 1282 Rn. 3; MünchKomm (-Damrau), BGB VII7, § 1282 Rn. 4). Prinzipiell ließe sich deshalb auch nichts dagegen einwenden, dass etwaige die verpfändete Forderung sichernde Nebenrechte seitens des Pfandgläubigers geltend gemacht werden, wobei die verpfändete Forderung, soweit sich der Pfandgläubiger aus dem Erlös befriedigt und deshalb die gesicherte Forderung erlischt, dann natürlich auf den Sicherungsgeber kraft cessio legis überginge. Soweit sich nun aber ein vom Forderungspfandrecht erfasstes Pfandrecht oder eine mitbelastete Hypothek an eigener Sache besteht, liegt es nahe, den in § 1197 Abs. 1 BGB enthaltenen Rechtsgedanken fruchtbar zu machen, um eine rechtsmissbräuchliche Verwertung der eigenen Sache unter Beseitigung nachrangiger Belastungen präventiv auszuschließen (näher
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das belastete Pfandrecht an der eigenen Sache zu realisieren, könnte sich doch der Eigentümer unliebsamer nachrangiger Belastungen der Sache, indem er kraft seiner Einziehungsermächtigung als Forderungspfandgläubiger den Pfandverkauf seiner Sache betriebe und dieses dann auch selbst ersteigerte, problemlos gem. § 1242 Abs. 2 BGB entledigen. Soweit es um die Verwertung des eigenen Grundstücks aus einer zugunsten des Eigentümers verpfändeten Hypothek geht, drängt sich ein Analogieschluss zu § 1197 Abs. 1 BGB geradezu auf und nichts anderes gilt für den Pfandverkauf nach Maßgabe der §§ 1234 ff. BGB.885 Abgesehen davon stellt sich die Frage, ob eine unter Verstoß gegen § 1282 Abs. 1 S. 1 BGB betriebene Pfandverwertung seitens des Gläubigers des dienenden Pfandrechts und – spiegelbildlich hierzu – eine unter Verstoß gegen vertragliche Vereinbarungen über die Einziehungsbefugnis i. S. v. § 1284 BGB seitens des einen oder des anderen Pfandgläubigers auf die Erfüllungswirkung und die sachenrechtlichen Folgen der Verwertung des dienenden Pfandrechts durchschlagen. Dieser Frage ist im Anschluss an die Erörterung der „regulären“ Rechtsfolgen der berechtigten heteronomen Verwertung des dienenden Pfandrechts seitens des Gläubigers des herrschenden Pfandrechts nachzugehen. (1) Berechtigte Pfandverwertung Zweifelhaft sind die Tilgungswirkungen und der daran anknüpfende Surrogationserwerb, wenn die durch das Sachpfand gesicherte Forderung die durch das Forderungspfand des betreibenden Pfandgläubigers gesicherte Forderung übersteigt. Auf der Hand liegt, dass Hypotheken und Pfandrechte – im Unterschied zur verpfändeten Hauptforderung und Bürgschaften – nur vollständig mittels rechtsgeschäftlichen Verkaufs des Pfandes oder Zwangsvollstreckung in das Grundstück ausgeübt, nicht aber teilweise „eingezogen“ werden können. Auf den ersten Blick liegt es daher nahe, § 1247 S. 1 BGB dahin auszulegen, dass die gesicherte Forderung auch in Ansehung des dem betreibenden Inhaber des herrschenden Pfandrechts nicht gebührenden Differenzbetrages als berichtigt gilt. Dieser Überschuss gebührt mahierzu § 10 II. 1. b) ee)). Steht nämlich dem Eigentümer einer Sache selbst ausnahmsweise ein Pfandrecht an eigener Sache gem. § 1256 Abs. 2 S. 2 BGB zu, ist das Pfandrecht richtiger Ansicht nach lediglich als fortbestehend zu fingieren, soweit der Eigentümer ein schutzwürdiges Interesse hat: Ein schutzwürdiges Interesse, nachrangige Belastungen mittels Pfandverkaufs zu beseitigen, ist indes nicht ersichtlich; vielmehr liegt das Fortbestandsinteresse darin, ein Aufrücken nachrangiger Belastungen zu vermeiden; demgemäß wird der Eigentümer zwar, soweit ein nachrangiger Gläubiger den Pfandverkauf oder die Zwangsvollstreckung betreibt, nach dem Rang seines Eigentümerpfandrechts aus dem Erlös befriedigt und muss auch z. B. nicht einem nachrangigen Gläubiger die Sache herausgeben, um einen Pfandverkauf zu ermöglichen (§ 1232 S. 1 BGB), eine Pfandverwertung durch Zwangsvollstreckung in die eigene Sache oder Pfandverkauf ist demgegenüber in Analogie zu § 1197 Abs. 1 BGB ausgeschlossen (so auch NomosKomm (-Bülow), BGB III4, § 1256 Rn. 9; Staudinger (-D. Wiegand), BGB (2019), § 1256 Rn. 8; Wieling, Sachenrecht I2, § 15 VIII 2 d bb (S. 748); a. A. Emmerich, Pfandrechtskonkurrenzen, S. 484; Soergel (-Habersack), BGB XVI13, § 1256 Rn. 5). 885 Dieser Frage ist noch gesondert, nämlich beim Vorbehaltsnießbrauch an einer Grundschuld, nachzugehen; siehe § 10 II. 1. b) ee).
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teriellrechtlich dem beschwerten Sachpfandgläubiger; dass er nicht selbst, sondern ein anderer das belastete Sachpfandrecht ausübt, erscheint irrelevant. Andererseits läuft die Veräußerung des Sachpfandes aufgrund der Einziehungsermächtigung auf eine selbstbestimmte Aneignung der geschuldeten Schuldsumme hinaus; die Befriedigung aus dem akzessorischen Recht ist das Korrelat einer freiwilligen Leistung des Schuldners auf die gesicherte Forderung. Ist der Forderungspfandgläubiger zur Einziehung der verpfändeten Forderung aber nur in dem zur Tilgung seiner eigenen offenen Forderungen erforderlichen Ausmaß gem. § 1282 Abs. 1 S. 2 BGB berechtigt, streitet dies dafür, die Tilgungswirkung gem. § 1247 S. 1 BGB wegen des in § 1282 Abs. 1 S. 2 BGB zum Ausdruck gebrachten Prinzips der Durchsetzungsakzessorietät des Pfandrechts auf den Betrag zu beschränken, der dem betreibenden Forderungspfandgläubiger zu seiner Befriedigung gebührt.886 Nach diesem Ansatz gilt, soweit der durch Pfandverkauf erzielte Erlös die gesicherte Forderung des betreibenden Forderungspfandgläubigers übersteigt, die durch das Sachpfand gesicherte Forderung nicht als vom Eigentümer „berichtigt“; hinsichtlich des Differenzbetrages wäre sowohl ein Erlöschen der verpfändeten Sicherungsforderung als auch ein gesetzlicher Forderungsübergang auf den nicht mit dem Schuldner identischen Eigentümer ausgeschlossen.887 886 A. A. Westermann/Gursky/Eickmann (-Gursky), Sachenrecht8 , § 135 Rn. 15, der – ohne nähere Begründung – annimmt, dass die durch das Sachpfand gesicherte Forderung durch Pfandverkauf seitens des Unterpfandgläubigers auch erlösche, soweit diese Forderung die durch das Forderungspfand des betreibenden Unterpfandgläubigers gesicherte Forderung übersteigt. 887 Zur Veranschaulichung seien die konträren Lösungsansätze zur Bestimmung der Tilgungswirkungen und der Erlöszuordnung bei der Veräußerung eines Sachpfandes durch einen Unterpfandgläubiger anhand der obigen Fallgestaltung dargestellt. Wenn z. B. die verpfändete Forderung F2 100.000 € und die gesicherte Forderung F3 75.000 € betragen und durch den Verkauf des zur Sicherung von F2 bestellten Pfandrechts P1 am „Warenlager“ des A seitens des einziehungsberechtigten Forderungspfandgläubigers D ein Erlös von 125.000 € erzielt wird, ergibt sich nach dem erstgenannten Lösungsansatz Folgendes: Zunächst würde die Forderung F2 in vollem Umfang auf A gem. § 1225 S. 1 BGB i. V. m. § 1273 Abs. 2 S. 1 BGB (einschließlich der Hypothek und des Forderungspfandes P2 gem. §§ 412, 401 Abs. 1, 1153, 1273 Abs. 2 S. 1, 1250 Abs. 1 S. 1 BGB, während P1 gem. §§ 1273 Abs. 2 S. 1, 1256 Abs. 1 S. 1 BGB erlischt) kraft Gesetzes übergehen. Wäre A zugleich Schuldner (B) der gesicherten Forderung F2, würde F2 aufgrund der Erfüllungsfiktion des § 1247 S. 1 BGB gleichfalls i. H. v. 100.000 € erlöschen: Soweit der Erlös nach Abzug der auf das Forderungspfand des betreibenden Gläubigers entfallenden Erlöses zur Befriedigung des Sachpfandgläubigers wegen des noch offenen Restbetrages reicht, würde der Schuldner mithin ungeachtet des Umstands, dass eine hypothetisch freiwillige Leistung auf die Forderung an den Forderungspfandgläubiger angesichts der limitierten Einziehungsermächtigung keine Erfüllungswirkung zeitigen könnte, befreit. In jedem Fall erlischt F3 in voller Höhe gem. § 1288 Abs. 2 BGB einschließlich des akzessorischen Forderungspfandes P3 an F2 gem. § 1252 BGB i. V. m. § 1273 Abs. 2 S. 1 BGB; zudem erlischt zwangsläufig das Pfandrecht an der veräußerten Sache kraft lastenfreien Erwerbs gem. § 1242 Abs. 2 S. 1 BGB. Was die Erlöszuordnung angeht, wird man konsequenterweise annehmen müssen, dass C, D und A Miteigentümer des Erlöses in Analogie zu § 1247 S. 2 BGB werden; eine direkte Anwendung der Norm scheidet aus, weil sie den Fall, dass der betreibende Pfandgläubiger ein belastetes Sachpfand ausübt und diesem im Verhältnis zum Gläubiger dieses Pfandrechts nicht der Erlös in voller Höhe gebührt, nicht regelt. Auf der Grundlage der zweiten Lösung, wonach die Tilgungsfiktion des § 1247 S. 1 BGB auf den Umfang der Einziehungszuständigkeit des betreibenden Forderungspfandgläubigers zu beschränken ist, ergibt sich dagegen Folgendes: Die Forderung F2 geht nur in Höhe von 75.000 € auf A gem.
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Wer sich der erstgenannten Lösung anschließt, muss folgerichtig annehmen, dass der nicht betreibende Sachpfandgläubiger, soweit ihm nach Abzug des auf den vorrangig zu befriedigenden Forderungspfandgläubiger entfallenden Anteils der erzielte Erlös gebührt, Miteigentümer neben dem Forderungspfandgläubiger am Erlös wird. Sofern nach Deckung des Differenzbetrages ein Überschuss verbleibt, entstünde eine Miteigentümergemeinschaft zwischen dem Forderungs-, dem Sachpfandgläubiger und dem Alteigentümer. Eine Parallele zum Fall der Pfandveräußerung durch einen konkurrierenden Sachpfandgläubiger, bei der sich die Pfandrechte der nicht am Pfandverkauf beteiligten Gläubiger an einem Miteigentumsanteil oder Ausgleichsanspruch des Alteigentümers gem. § 1247 S. 2 BGB fortsetzen, kommt nicht in Betracht, weil das belastete Sachpfandrecht, aus dem der Forderungspfandgläubiger den Pfandverkauf betreibt, nach diesem Ansatz aufgrund der Berichtigungsfiktion des § 1247 S. 1 BGB erlischt. Aus dem Gesetz lässt sich die postulierte Rechtsfolge des Miteigentumserwerbs des nicht betreibenden Sachpfandgläubigers indes nicht herleiten. Wenn dieser nicht auf Verkäuferseite den Pfandverkauf gemeinschaftlich mit dem Forderungspfandgläubiger betreibt, wird er auch nicht (durch den Versteigerer als Hauptvertreter und den Forderungspfandgläubiger als Untervertreter sowie als Besitzmittler gem. § 868 BGB) an der Übereignung des Barerlöses seitens des Erstehers an den betreibenden Forderungspfandgläubiger beteiligt.888 Scheidet aber ein rechtsgeschäftlicher Eigentumserwerb des Sachpfandgläubigers aus, ergibt sich ein gesetzlicher Miteigentumserwerb auch nicht aus einem Analogieschluss zu § 1247 S. 2 BGB. Ausweislich des (freilich kryptischen) Wortlauts des § 1247 S. 2 BGB und der Gesetzgebungsmaterialien hat sich Gesetzgeber für eine partielle Korrektur der rechtsgeschäftlichen Rechtsfolgen der Erlöszuordnung beim Pfandverkauf entschieden.889 Tritt der „Erlös an die Stelle des Pfandes“, soweit dieser nicht dem be§ 1225 S. 1 BGB i. V. m. § 1273 Abs. 2 S. 1 BGB (einschließlich der Hypothek und des Forderungspfandes P2 gem. §§ 412, 401 Abs. 1, 1153, 1273 Abs. 2 S. 1, 1250 Abs. 1 S. 1 BGB, während P1 gem. §§ 1273 Abs. 2 S. 1, 1256 Abs. 1 S. 1 BGB erlischt) über. Wäre A zugleich persönlicher Schuldner (B) der Forderung F2, würde F2 aufgrund der Erfüllungsfiktion des § 1247 S. 1 BGB gleichfalls i. H. v. 75.000 € erlöschen. Obschon F2 nur teilweise erlischt, C also nicht vollständig befriedigt ist, erlischt zwangsläufig sein Pfandrecht an der veräußerten Sache kraft lastenfreien Erwerbs gem. § 1242 Abs. 2 S. 1 BGB. Die Restforderung i. H. v. 25.000 € ist aber nicht ungesichert, weil sich das erloschene Sachpfand des C an dem Miteigentumsanteil des Alteigentümers A am Veräußerungserlös gem. § 1247 S. 2 BGB fortsetzt; es bewendet also bei der regulären Rechtsfolge des § 1247 S. 2 BGB, es entsteht eine Miteigentümergemeinschaft zwischen D und A. 888 Schließlich agiert ja auch der Sachpfandgläubiger, wenn er selbst aus seinem Pfandrecht den Pfandverkauf betreibt, als Vertreter des Eigentümers; er veräußert im eigenen Namen aufgrund seiner gesetzlichen Veräußerungs- und Verfügungsbefugnis (siehe nur Mot. III, S. 822– 823). 889 Vgl. Mot. III, S. 833–834: „Der Mittelweg zwischen dem Prinzipe der Surrogirung, welches dem Pfandgläubiger nur ein Pfandrecht an dem Gelde verbunden mit dem in § 1168 bestimmten Selbstbefriedigungsrechte, und dem aus allgemeinen Grundsätzen folgenden Ergebnisse, welches dem Pfandgläubiger das Eigenthum an allen gezahlten Geldstücken verschafft, ist der richtige und führt dahin, daß der Gläubiger zwar nicht blos Pfandrecht, sondern Eigenthum, aber Eigenthum nur insoweit erwirbt, als der gezahlte Erlös nach seinem Rechtsverhältnisse zu den
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treibenden Gläubiger gebührt, wird (ausschließlich) der Alteigentümer neben dem betreibenden Pfandgläubiger Miteigentümer, wobei sich am ideellen Anteil des Alteigentümers die durch die Pfandveräußerung gem. § 1242 Abs. 2 S. 1 BGB (bzw. gem. §§ 1244, 936 Abs. 1 BGB) erloschenen Rechte fortsetzen. Für das belastete Pfandrecht gilt nichts anderes, soweit dieses aufgrund der limitierten Einziehungsermächtigung des betreibenden Gläubigers des herrschenden Pfandrechts nicht erlischt.890 Mit dieser regulären Rechtsfolge ist dem Interesse des Sachpfandgläubigers gedient. Seine Forderung besteht, soweit nicht durch „Einziehung“ seitens des Gläubigers des sachpfandbelastenden Pfandrechts erloschen, fort und bleibt durch das sich am Erlös surrogierenden Pfandrecht gesichert; der Pfandgläubiger steht nicht schlechter als bei hypothetischer Einziehung der durch das Sachpfand gesicherten Forderung und der Eigentümerschuldner steht umgekehrt nicht besser als bei Zuvielzahlung an den Forderungspfandgläubiger. Wenn bei der Einziehung der verpfändeten Sicherungsforderung durch den Forderungspfandgläubiger die Forderung nur in dem Umfang durch Erfüllung erlischt, indem jener zur Einziehung berechtigt ist und demgemäß ein gesetzlicher Miteigentumserwerb des Gläubigers und des Forderungspfandgläubigers in Analogie zu § 1247 S. 2 BGB ausscheidet,891 verbietet es sich bei der Veräußerung eines die verpfändete Forderung sichernden Pfandes gleichfalls, die regulären rechtsgeschäftlichen Rechtsfolgen in Analogie zu § 1247 S. 2 BGB zu manipulieren. Für eine vollständige Berichtigung der verpfändeten Sicherungsforderung gem. § 1247 übrigen Betheiligten ihm gebührt, und den Erlös, soweit derselbe ihm nicht gebührt, für diejenigen inne hat, denen derselbe kraft ihres dinglichen Rechtes gebührt. Gegen einen solchen Mittelweg läßt sich auch nicht einwenden, daß es an einer körperlichen Abgrenzung des Eigenthumserwerbes an einer Bestimmung der individuellen Geldstücke fehlt, welche dem Einen und dem Anderen gehören. Fehlt es wirklich an einer solchen Abgrenzung, so ist auf Seiten des Pfandgläubigers Miteigenthum anzunehmen und zwar nach dem Verhältnis des ihm gebührenden Betrages zu der Summe des Erlöses. Durch ein solches Mitegenthumsverhältniß wird nach allen Richtungen die erforderliche Sicherheit geschaffen.“; siehe auch Erman (-J. Schmidt), BGB II15, § 1247 Rn. 1; Staudinger (-D. Wiegand), BGB (2019), § 1247 Rn. 1. 890 Soweit der Erlös dem betreibenden Forderungspfandgläubiger wegen der gesicherten Forderung einschließlich Nebenforderungen und Kosten (§§ 1273 Abs. 2 S. 1, 1210 BGB) gebührt, wird dieser nach § 929 S. 1 BGB Eigentümer des gezahlten Geldes; soweit ihm dieser nicht gebührt, ist auch die durch das ausgeübte Sachpfand gesicherte Forderung nicht vollständig gem. § 1247 S. 1 BGB berichtigt, so dass insoweit der Eigentümer Miteigentum an dem Erlös gem. § 1247 S. 2 BGB erwirbt. An dem Miteigentumsanteil setzt sich demgemäß das ehedem belastete Sachpfand fort, soweit die gesicherte Forderung noch besteht. Wird entgegen § 1238 Abs. 1 BGB der Erlös bargeldlos an den betreibenden Forderungspfandgläubiger überwiesen, wird dieser Gläubiger des Anspruchs auf Zurverfügungstellung aus § 675 t Abs. 1 S. 1 BGB und, bei Gutschrift, Gläubiger des Anspruchs aus dem abstrakten Schuldanerkenntnis gem. § 781 BGB gegen den Zahlungsdienstleister. Soweit dem den Pfandverkauf aus dem belasteten Sachpfand betreibenden Pfandgläubiger des herrschenden Forderungspfandrechts die Gutschrift nicht gebührt, hat wiederum der Alteigentümer einen Ausgleichsanspruch gegen den Forderungspfandgläubiger, an dem sich die nach § 1242 Abs. 2 S. 1 BGB (bzw. §§ 1244, 936 Abs. 1 BGB) erloschenen Rechte einschließlich des kraft der Forderungsverpfändung mitbelasteten Mobiliarpfandes gem. § 1247 S. 2 BGB fortsetzen. 891 Siehe § 5 IV. 3. b) aa).
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S. 1 BGB und einen daran anknüpfenden Miteigentumserwerb des Forderungs-, des Sachpfandgläubigers und des Alteigentümers besteht hier erst recht keine sachliche Rechtfertigung, weil der Aspekt des Schuldnerschutzes keine Rolle spielt.892 Die Beschränkung der Tilgungswirkung gem. § 1247 S. 1 BGB auf den Umfang der Einziehungsermächtigung des betreibenden Forderungspfandgläubigers ist auch systematisch konsistent. Denn das Forderungspfand des betreibenden Gläubigers wirkt sich auf die Rechtsstellung des Gläubigers des belasteten Sachpfandes nicht anders aus als ein vorrangiges Sachpfandrecht. Würde aus diesem der Pfandverkauf betrieben werden, liegt die Rechtsfolge des § 1247 S. 2 BGB auf der Hand; da nur die Forderung des betreibenden vorrangigen Gläubigers getilgt wird und dessen Pfandrecht mitsamt allen konkurrierenden Pfandrechten erlischt (§ 1242 Abs. 2 S. 1 BGB), setzt sich das nachrangige Pfandrecht am Miteigentumsanteil des Alteigen892 So wäre A in dem obigen Fallbeispiel, wenn er freiwillig zur Ablösung des Sachpfandes an D leistete, ja nicht einmal (bei sachlich unzutreffender schriftlicher Anzeige der angeblichen Verpfändung) in seinem Vertrauen auf die Pfandgläubigerstellung des D analog § 1275 BGB i. V. m. § 409 Abs. 1 BGB geschützt. Wenn aber weder der Eigentümer noch ablösungsberechtigte Dritte – im Gegensatz zum Schuldner der verpfändeten Forderung – in ihrem Vertrauen auf den Bestand des Pfandrechts des einziehenden Putativpfandgläubigers zu schützen sind, kommt ein „redlicher“ Erwerb der verpfändeten, ihrerseits durch Sachpfand gesicherten Forderung selbstverständlich auch nicht kraft gesetzlichen Forderungsübergangs in Betracht, soweit der zur Ablösung geleistete Betrag oder aber der durch Pfandverkauf erzielte Erlös dem Forderungspfandgläubiger nicht gebührt. Für den Schuldner B macht es keinen Unterschied, ob die gesicherte Forderung nur teilweise, nämlich i. H. v. 75.000 € auf A gem. § 1225 S. 1 BGB i. V. m. § 1273 Abs. 2 S. 1 BGB übergeht, oder A vollständig in die Rechtsposition des C eintritt. Auch wenn der Schuldner (B) und der Eigentümer (A) des Pfandes personenidentisch sind, ist keine andere Beurteilung angezeigt. Zwar wird er nicht unmittelbar von seiner Schuld in Höhe des Differenzbetrages zwischen der durch Sachpfand und der durch Forderungspfand gesicherten Forderung gem. § 1247 S. 1 BGB befreit. Indes fällt dafür nach hier vertretener Lösung der potentielle Miteigentumsanteil des Eigentümerschuldners am Veräußerungserlös aufgrund der Surrogation gem. § 1247 S. 2 BGB höher aus; dieser Anteil erstreckt sich auf den gesamten Betrag, der nicht dem betreibenden Unterpfandgläubiger aufgrund seines Forderungspfandrechts an der durch Sachpfand gesicherten Forderung gem. § 1282 Abs. 1 S. 2 BGB gebührt. Zwar trägt der Eigentümer nach dieser Lösung das Insolvenzrisiko des betreibenden Unterpfandgläubigers, wenn der an den Unterpfandgläubiger ausgezahlte Veräußerungserlös nicht mehr identifizierbar im Vermögen desselben vorhanden ist und somit auch der Miteigentumsanteil des Eigentümers kraft Vermengung gem. § 948 Abs. 1 BGB i. V. m. § 947 Abs. 1 BGB erlischt, zumal der Eigentümer mit einem etwaigen Anspruch gegen den Unterpfandgläubiger aus ungerechtfertigter Bereicherung (z. B. gem. §§ 951 Abs. 1 S. 1, 812 Abs. 1 S. 1 Var. 2 BGB) mangels Gegenseitigkeit nicht gegen die noch offene Forderung des Sachpfandgläubigers aufrechnen kann. Indes wird man annehmen müssen, dass er zumindest berechtig ist, durch Abtretung des Anspruchs aus ungerechtfertigter Bereicherung (als Leistung an Erfüllungs statt gem. § 364 Abs. 1 BGB) die noch offene Forderung zu tilgen; dieses Erfüllungssurrogat kann der Sachpfandgläubiger nach dem Rechtsgedanken der §§ 162, 242 BGB nicht ablehnen, weil er keinen Vorteil daraus ziehen darf, dass er nicht selbst den Pfandverkauf betreibt, sondern – weil er seine eigene Verbindlichkeit nicht rechtzeitig zahlt – dem Unterpfandgläubiger die Einziehung der verpfändeten Forderung und somit die Einziehung derselben einschließlich des akzessorischen Sachpfandes gem. § 1282 Abs. 1 S. 1 BGB überlassen muss. Hätte er selbst den Pfandverkauf ausgeführt und einen Erlös in entsprechender Höhe erzielt, wäre die Forderung aber, soweit ihm der Erlös gebührt, kraft der Erfüllungsfiktion des § 1247 S. 1 BGB erloschen; der Eigentümer darf nicht schlechter und der Pfandgläubiger darf nicht besser stehen, wenn stattdessen ein Gläubiger des Pfandgläubigers aus dem belasteten Pfandrecht den Pfandverkauf betreibt.
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tümers fort.893 Überdies wäre bei einer Verpfändung einer durch Forderungspfand gesicherten Forderung nicht anders zu entscheiden: Weil sich die Einziehungsermächtigung des Gläubigers des herrschenden Forderungspfandrechts auf den Teilbetrag der vom dienenden Pfandrecht erfassten Forderung bezieht, der jenem im Umfang der aus dem dienenden Pfandrecht folgenden Einziehungsermächtigung gem. § 1282 Abs. 1 S. 2 BGB gebührt, wird die durch das ausgeübte dienende Pfandrecht gesicherte und zugleich mit dem herrschenden Pfandrecht belastete Forderung nur berichtigt, soweit diese für das herrschende Pfandrecht haftet. Für einen Surrogationserwerb des Gläubigers des dienenden Forderungspfandrechts ist mangels Tilgung der Restforderung kein Raum. (2) Nichtberechtigte Pfandverwertung Wird z. B. der Pfandverkauf seitens des Inhabers (C) des belasteten Sachpfandrechts (P2) nach Eintritt der Pfandreife des herrschenden Pfandrechts (P3) ohne Mitwirkung des Gläubigers (D) desselben betrieben, stellt sich die Frage, ob der Verstoß gegen die dispositive gesetzliche Vorgabe der ausschließlichen Einziehungsermächtigung des Gläubigers des Forderungspfandrechts auf die Rechtmäßigkeit der Veräußerung i. S. v. § 1243 Abs. 1 BGB durchschlägt. Desgleichen stellt sich die Frage, wie sich Verstöße gegen etwaige vertragliche Modifikationen der konkurrierenden Einziehungszuständigkeiten (§§ 1284, 1277 S. 1, letzter Hs. BGB) 894 auf die dem belasteten Pfandrecht inhärente Verfügungsbefugnis und somit auf die Wirkungen eines unter Verstoß gegen die vertraglichen Abreden durchgeführten Pfandverkaufs auswirkt. M. E. ist hier im Vergleich zur Rechtslage vor Fälligkeit der Sicherungsforderung des Forderungspfandgläubigers keine veränderte Betrachtungsweise geboten. Verstöße gegen (vertragliche) Regelungen der Einziehungszuständigkeit wirken sich allein auf die Erfüllungswirkungen, d. h. auf die Berichtigungswirkung der Pfandverwertung, nicht aber auf die Wirksamkeit der in Ausübung des belasteten Pfandrechts getroffenen Verfügungen aus. Allein diese dogmatisch vorzugswürdige Lösung garantiert in allen Richtungen und in sämtlichen Fallkonstellationen plausible und interessengerechte Ergebnisse. 893 Vgl. MünchKomm (-Damrau), BGB VII7, § 1247 Rn. 5; NomosKomm (-Bülow), BGB III4, § 1247 Rn. 3. 894 Die Grenzen der privatautonomen Gestaltungsmacht ergeben sich grundsätzlich aus § 1277 S. 2 BGB; auf die Beachtung der §§ 1229, 1245 Abs. 2 BGB kann vor Eintritt der Pfandreife nicht verzichtet werden, sofern nicht ein gewerbliches Forderungspfandrecht gem. §§ 1279 S. 2, 1259 BGB besteht (zum Ganzen MünchKomm (-Damrau), BGB VII7, § 1284 Rn. 1–7). So kann z. B. unproblematisch abweichend von § 1282 BGB bestimmt werden, dass der Gläubiger und der Forderungspfandgläubiger nur gemeinschaftlich zur Einziehung berechtigt sind; umgekehrt kann dem Forderungspfandgläubiger natürlich auch bereits vor Fälligkeit seiner Sicherungsforderung das Recht zur alleinigen Einziehung der Sicherungsforderung gewährt werden, wobei § 1288 Abs. 2 BGB dann analog gelten dürfte. Desgleichen kann bereits vor Fälligkeit dem Forderungspfandgläubiger die gesicherte Forderung an Zahlungs statt in Höhe seiner Sicherungsforderung abgetreten werden; §§ 1277 S. 2, 1229 BGB stehen dem nicht entgegen, setzt doch § 1284 BGB eine Erweiterung des in § 1282 Abs. 1 S. 3 BGB bestimmten Abtretungsanspruchs voraus.
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Erstens ändert der Eintritt der Pfandreife des herrschenden Pfandrechts nichts daran, dass der Gläubiger der verpfändeten Forderung forthin zur Kündigung berechtigt ist (arg. e § 1283 Abs. 3 BGB), Leistung an den Forderungspfandgläubiger verlangen kann und zu diesem Zweck aus eigenem Recht Klage erheben kann.895 Solange der Pfandgläubiger die verpfändete Forderung nicht pfändet und sich überweisen lässt (§§ 1282 Abs. 2 Hs. 2, 1277 S. 1 BGB, §§ 829, 835 Abs. 1 ZPO) oder sich (an Zahlungs statt) abtreten lässt (§ 1282 Abs. 1 S. 3 BGB), ist der beschwerte Gläubiger des dienenden Pfandrechts hinsichtlich der gesicherten und verpfändeten Forderung einschließlich der Nebenrechte einziehungs- und verfügungsberechtigt. Zweitens ist der Forderungspfandgläubiger, dessen Pfandrecht sich auf das die verpfändete Forderung sichernde Pfandrecht erstreckt, durch die Auszahlung eines aus der Realisierung eines forderungssichernden (Grund-)Pfandrechts erzielten Verwertungserlöses an den Gläubiger des belasteten (Grund-)Pfandrechts nicht in sachenrechtlich relevanter Weise beeinträchtigt. Löst eine hypothetische freiwillige Leistung des Schuldners keine Erfüllungswirkung aus, gilt für ein Erfüllungssurrogat und demgemäß auch für die Befriedigung aus einem akzessorischen Nebenrecht (§ 364 Abs. 2 BGB) 896 nichts anderes. Die belastete Forderung bleibt mitsamt dem Forderungspfandrecht erhalten. Drittens ist diese Lösung aus Gründen des Verkehrsschutzes alternativlos. Schließlich werden weder der Eigentümer noch andere dinglich berechtigte Personen noch der Ersteher des Pfandes über die Verpfändung der gesicherten Forderung in Kenntnis gesetzt. Erst recht gilt dies für vertragliche Modifikationen der Einziehungszuständigkeit, insbesondere da nicht einmal eine schriftliche Anzeige an den Schuldner der verpfändeten Forderung wegen des durch §§ 1275 Var. 1, 409 Abs. 1 BGB, § 94 ZPO garantierten Schuldnerschutzes erforderlich ist.897 Folglich kommt es z. B. für die Wirksamkeit der außergerichtlichen Verwertung des dienenden Pfandrechts durch Veräußerung des Sachpfandes gem. § 1228 Abs. 1 BGB nur darauf an, dass (1.) das (belastete) Pfandrecht besteht, (2.) die Verwertung von einer ausübungsberechtigten Partei, d. h. vom Gläubiger des (belasteten) Pfandrechts oder des Gläubigers eines (Pfändungs-)Pfandrechts an diesem Recht ausgeübt wird und (3.) die in § 1243 Abs. 1 BGB in Bezug genommenen Rechtsnormen beachtet werden.898 Nichts anderes gilt, wenn umgekehrt 895 RG,
Rn. 7.
Urteil v. 18.10.1911 – III 476/10, RGZ 77, S. 141, 146; Palandt (-Wicke), BGB78 , § 1282
896 Die Verschaffung eines nichtakzessorischen Sicherungsrechts, z. B. die Abtretung einer Grundschuld, erfolgt i. d. R. ebenfalls erfüllungshalber gem. § 364 Abs. 2 BGB; eine Erfüllung der gesicherten Forderung liegt daher erst bei „Zahlung“ aus dem Grundstück vor (OLG Frankfurt, Urteil v. 07.11.1978 – 22 U 65/77, BeckRS 1978, 01320; Staudinger (-Olzen), BGB (2016), § 364 Rn. 36). 897 Allg. Ansicht; siehe z. B. Erman (-J. Schmidt), BGB II15, § 1284 Rn. 1; MünchKomm (-Damrau), BGB VII7, § 1284 Rn. 4; NomosKomm (-Bülow), BGB III4, § 1284 Rn. 2; Soergel (-Habersack), BGB XVI13, § 1284 Rn. 2. 898 Aus dem Gesetz lässt sich nicht unzweideutig entnehmen, ob die mangelnde (gemeinschaftliche oder ausschließliche) Kompetenz zur Einziehung der verpfändeten Sicherungsforderung dem Pfandgläubiger zugleich die dem Pfandrecht immanente Veräußerungsbefugnis über das Eigentum aus § 1242 BGB entzieht. Auf der einen Seite ändert die Verpfändung der gesicher-
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die Einziehungs- und Empfangszuständigkeit des Forderungspfandgläubigers aus §§ 1281 S. 2, 1282 Abs. 1 S. 1 BGB vertraglich ausgeschlossen oder beschränkt wird (§ 1284 BGB). Aber selbst wenn man unterstellt, dass der Mangel der Einziehungszuständigkeit auf die Verfügungsbefugnis über die Pfandsache durchschlüge, bliebe aus Gründen der Wertungskohärenz ein gutgläubiger Erwerb vom Nichtberechtigten in Analogie zu § 1244 Var. 1 BGB i. V. m. §§ 932–934, 936 BGB möglich.899 Sowohl ten Forderung nichts daran, dass der Inhaber des belasteten Sachpfandes Pfandgläubiger ist. Wenn dem Veräußerer aber ein Pfandrecht „zusteht“ und im Übrigen die für die Rechtmäßigkeit des Pfandverkaufs unerlässlichen Voraussetzungen (§ 1243 Abs. 1 BGB) eingehalten werden, ist § 1244 BGB tatbestandlich nicht erfüllt. Auf den ersten Blick liegt daher, sofern der Sachpfandgläubiger ohne Mitwirkung des Forderungspfandgläubigers, den Pfandverkauf betreibt, eine rechtmäßige Veräußerung vor, so dass der Ersteher selbst bei Kenntnis der Belastung der gesicherten Forderung lastenfrei Eigentum gem. § 1242 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB erwirbt. Folgerichtig erwirbt der Pfandgläubiger des belasteten Sachpfandes, wenn er den Zuschlag erhält, selbst lastenfrei Eigentum gem. § 1242 Abs. 1 S. 2 BGB. Auf der anderen Seite lässt sich argumentieren, dass, wenn die Belastung der durch Sachpfand gesicherten Forderung die Einziehungsbefugnis des Pfandgläubigers des dienenden Pfandrechts zugunsten des Pfandgläubigers des herrschenden Forderungspfandrechts einschränkt, dies auch für die Befugnis zur Ausübung akzessorischer Nebenrechte gelten müsse. Dass z. B. der Mangel der Einziehungszuständigkeit hinsichtlich der Hauptforderung auf eine Bürgschaft durchschlägt, versteht sich von selbst. Für eine Beschränkung der Verfügungsbefugnis aus dem belasteten Pfandrecht kraft Verpfändung der pfandrechtsgesicherten Forderung ist weiterhin anzuführen, dass die Verfügungsbefugnis über die verpfändete Forderung (vgl. § 1276 BGB BGB) und, wie § 1255 Abs. 1 S. 2 BGB belegt, auch die Verfügungsbefugnis über das Pfandrecht zugunsten des Forderungspfandgläubigers beschränkt ist. 899 Wenn man annimmt, dass die mangelnde Einziehungszuständigkeit hinsichtlich der durch das ausgeübte Pfandrecht gesicherten Forderung dem betreibenden Pfandgläubiger die Befugnis zur Veräußerung und Übertragung des Sachpfandes gem. § 1242 BGB suspendiert, ist wegen der mit dieser „geheimen“ Beschränkung der Verfügungsbefugnis verbundenen Gefährdung der Verkehrssicherheit ein Analogieschluss zu § 1244 Var. 1 BGB unerlässlich. Schließlich hat der Gesetzgeber die Konstellation, dass der Pfandgläubiger aufgrund einer Belastung oder Pfändung der gesicherten Forderung nicht zur Durchsetzung des Pfandrechts berechtigt ist (vgl. §§ 1074, 1282 Abs. 1 BGB, § 829 Abs. 1 S. 2 ZPO), vermutlich nicht erkannt, jedenfalls aber nicht ausdrücklich geregelt. Diese Regelungslücke ist durch die in § 1244 BGB angeordnete entsprechende Anwendung der §§ 932–934, 936 BGB zu schließen. Der Rechtsverkehr ist besonders schutzwürdig, wenn zwar das Pfandrecht des betreibenden Gläubigers besteht und dieser die Sache als Pfand im Wege öffentlicher Versteigerung gem. § 1235 Abs. 1 BGB i. V. m. § 383 Abs. 3 BGB verkauft, das Pfandrecht aber aufgrund Belastung oder Pfändung der gesicherten Forderung kraft Gesetzes durch das Recht einer anderen Person belastet ist, deren Ausübungsbefugnis die des Sachpfandgläubigers verdrängt. Wenn sogar ein Nichtberechtigter als vermeintlicher Pfandgläubiger wirksam Eigentum im Wege eines Pfandverkaufs übertragen kann, sofern die Voraussetzungen von § 1244 Var. 1 BGB i. V. m. §§ 932–934, 936 BGB im Übrigen erfüllt sind, muss dies erst recht gelten, wenn der wirkliche Pfandgläubiger einen Pfandverkauf betreibt und dabei die erforderliche Zustimmung der Inhaber der die gesicherte Forderung belastenden Rechte unterlassen wird. Freilich dürfte der Sachpfandgläubiger nicht Eigentum am Erlös erwerben, weil ihm der Erlös nicht zu seiner Befriedigung gebührt, soweit sein Pfandrecht mit einem Nießbrauch oder (Pfändungs-) Pfandrecht belastet ist. Vielmehr erwirbt der Alteigentümer des versteigerten Pfandes das Alleineigentum am gesamten Erlös gem. § 1247 S. 2 BGB, an dem sich das mit dem Nießbrauch oder (Pfändungs-)Pfandrecht belastete Sachpfandrecht fortsetzt. Von diesem Erlös kann sich dann ein Forderungspfandgläubiger bei Fälligkeit seiner Forderung gem. §§ 1228 Abs. 2 S. 1 BGB i. V. m. § 1273 Abs. 2 S. 1 BGB den ihm gebührenden Teil kraft des auf dem Sachpfand am Erlös lastenden
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der Gläubiger des dienenden als auch der Gläubiger (irgend-)eines herrschenden Pfandrechts sind mithin sachenrechtlich imstande, die verpfändete Forderung und/ oder das akzessorische Pfandrecht geltend zu machen; die (Nicht-)Beachtung der (vertraglichen) Regelungen betreffend die Einziehungszuständigkeiten des Gläubigers und/oder des Pfandgläubigers wirken sich allein auf die Tilgungswirkungen aus.900 Pfandrechts aneignen. Umgekehrt kann sich der Sachpfandgläubiger den ihm gebührenden Betrag (unter Abzug des auf das Forderungspfandrecht entfallenden Anteils) aneignen, denn soweit der Haftungsumfang des Sachpfandes den des Forderungspfandrechts übersteigt, ist der Sachpfandgläubiger nicht befriedigt. Schließlich ist ein ggf. verbleibender Überschuss an den Eigentümer auszukehren. 900 Allgemein anerkannt ist auch, dass eine verpfändete Forderung, wenn es sich um eine auf Geld-/Gattungsschuld handelt, zwar durch eine unter Verstoß gegen §§ 1281, 1282 BGB bewirkte Leistung vorbehaltlich § 1275 i. V. m. §§ 406 ff. BGB nicht durch Erfüllung erlischt, dies aber nicht auf das dingliche Rechtsgeschäft durchschlägt; der Pfandgläubiger kann demgemäß nochmals Leistung verlangen (BayObLG, Beschluss v. 30.8.1967 – BReg. 2 Z 58/67, NJW 1968, S. 705, 706–707; Palandt (-Wicke), BGB77, § 1281 Rn. 3; Westermann/Gursky/Eickmann (-Gursky), Sachenrecht8 , § 136 Rn. 7). Nach zutreffender Ansicht ist nicht anders zu entscheiden, wenn es sich um eine Speziesschuld handelt. Selbst wenn der (schlechtgläubige) Schuldner, was freilich bei einer Speziesschuld keineswegs zwingend ist, nach § 275 Abs. 1 BGB durch eine allein an den Gläubiger bewirkte Leistung auch gegenüber dem Pfandgläubiger von seiner Leistungspflicht frei werden sollte und demgemäß auch das Forderungspfand erlischt, ist die Wirksamkeit der Übereignung richtigerweise nicht an die Zustimmung des Pfandgläubigers geknüpft (Erman (-J. Schmidt), BGB II15, § 1281 Rn. 8; MünchKomm (-Damrau), BGB VII7, § 1281 Rn. 5; Palandt (-Wicke), BGB77, § 1281 Rn. 3; Westermann/Gursky/Eickmann (-Gursky), Sachenrecht8 , § 136 Rn. 7; a. A. BayObLG, Beschluss v. 30.8.1967 – BReg. 2 Z 58/67, NJW 1968, S. 705, 707 (in Bezug auf einen verpfändeten Auflassungsanspruch mit der dogmatisch fragwürdigen Argumentation, dass sich das Forderungspfandrecht nicht nur auf die Forderung, sondern auch auf das bereits konkretisierte Grundstück beziehe; BayObLG, Beschluss v. 11.2.1987 – BReg. 2 Z 56/86, NJW-RR 1987, S. 793, 794; zustimmend Soergel (-Habersack), BGB XVI13, § 1287 Rn. 9; Staudinger (-D. Wiegand), BGB (2019), § 1287 Rn. 9, 13). Zwar wäre der Pfandgläubiger durch das von der Gegenansicht postulierte Zustimmungserfordernis besser geschützt, als durch die bloße Option, die Leistung an den Gläubiger nachträglich zu genehmigen und sich dadurch selbst ein Ersatzpfandrecht an dem Leistungsgegenstand zu verschaffen. So dürfte das Grundbuchamt, wenn ein verpfändeter Auflassungsanspruch unter Verstoß gegen §§ 1281, 1282 BGB durch Übereignung an den Gläubiger erfüllt wird, die Umschreibung im Grundbuchamt nicht durchführen, wenn der Pfandgläubiger nicht zustimmt und demgemäß zugleich die uno actu entstehende Sicherungshypothek gem. § 1287 S. 2 Hs. 1 BGB eingetragen wird (vgl. BayObLG, Beschluss v. 30.8.1967 – BReg. 2 Z 58/67, NJW 1968, S. 705; Soergel (-Habersack), BGB XVI13, § 1287 Rn. 9); bei wirksamer Übereignung an den Gläubiger bestünde, selbst wenn der Pfandgläubiger die Leistung genehmigt und dadurch rückwirkend gem. § 185 Abs. 2 S. 1 Var. 1 BGB eine Sicherungshypothek gem. § 1287 S. 2 Hs. 1 BGB erwirbt, stets die Gefahr eines gutgläubig-lastenfreien Erwerbs eines Dritten, solange die Sicherungshypothek nicht eingetragen ist. Für eine solche Zustimmungslösung fehlt indes eine tragfähige gesetzliche Grundlage. Ein Analogieschluss zu § 1276 Abs. 1 BGB scheidet mangels Regelungslücke aus, da die §§ 1281–1288 BGB eine ausdifferenzierte Regelung für Leistungen auf die verpfändete Forderung bestimmt und der geschuldete Leistungsgegenstand selbst nicht Gegenstand des Pfandrechts ist. Wird eine durch Pfandrecht gesicherte Forderung verpfändet, ist es erst recht nicht geboten, Leistungen auf die gesicherte und verpfändete Forderung oder gar die Ausübung des Pfandrechts seitens des Gläubigers der verpfändeten Forderung an ein ungeschriebenes Zustimmungserfordernis zugunsten des Forderungspfandgläubigers zu knüpfen. Schließlich geht es hier nicht um Leistungen auf eine Speziesschuld; die durch Pfandrecht gesicherte Forderung ist i. d. R. eine Geldforderung, muss aber zumindest in eine Geldforderung
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cc) Durchsetzung eines Pfandrechts an einem Grundpfandrecht Weil sich die ausschließliche Einziehungszuständigkeit aus § 1282 Abs. 1 S. 1 BGB auf forderungsgebundene Rechte erstreckt, ist der Forderungspfandgläubiger unstreitig ab Verwertungsreife berechtigt, wenn die Voraussetzungen im Übrigen erfüllt sind, aus der belasteten Hypothek die Zwangsvollstreckung in das Grundstück zu betreiben.901 Zudem ist der Pfandgläubiger berechtigt, gegen Zahlung seitens des Eigentümers resp. des Schuldners oder eines ablösungsberechtigten Dritten auf eine verpfändete bzw. gepfändete Hypothekenforderung ohne Zustimmung des Hypothekengläubigers eine Quittung zu erteilen; zur Erteilung einer Löschungsbewilligung hinsichtlich der belasteten Hypothek bei Einziehung der Hypothekenforderung ist der Pfandgläubiger hingegen nicht (ausschließlich) berechtigt, sondern derjenige, auf den die Hypothek kraft Gesetzes durch Zahlung übergegangen und dessen Recht deshalb durch die Löschung betroffen ist (§ 19 GBO).902 Auf die übergehen können. Die durch das Pfandrecht gesicherte Forderung erlischt aber, wenn sie gepfändet oder verpfändet ist, durch eine nicht seitens des Pfandgläubigers höheren Grades konsentierte Leistung oder Ausübung des mitbelasteten Pfandrechts nicht. 901 Allg. Ansicht; siehe RG 19.3.1909 – VII 234/08, Recht 1909 Nr. 1518; Erman (-J. Schmidt), BGB II15, § 1282 Rn. 4; MünchKomm (-Damrau), BGB VII7, § 1282 Rn. 4; Staudinger (-D. Wiegand), BGB (2019), § 1282 Rn. 5. 902 KG, Beschluss v. 23.1.1907, KGJ 34, A 309; siehe auch KG, Beschluss v. 14.10.1901, KGJ 23, A 147 (jedenfalls Zustimmung des Vollstreckungsschuldners zur Erteilung einer löschungsfähigen Quittung seitens des Vollstreckungsgläubigers, auf den die gepfändete Hypothekenforderung zur Einziehung überwiesen ist, entbehrlich); KG, Beschluss v. 25.1.1906, KGJ 31, A 315, 316; MünchKomm (-Damrau), BGB VII7, § 1282 Rn. 4; BeckOGK BGB (-Henn), Stand: 1.7.2019, § 1282 Rn. 5; Erman (-J. Schmidt), BGB II15, § 1282 Rn. 4. Zudem muss zwecks Berichtigung des Grundbuchs neben der Löschungsbewilligung bzw. einer löschungsfähigen Quittung in der in § 29 Abs. 1 S. 1 GBO vorgeschriebenen Form auch die Wirksamkeit und Durchsetzbarkeit sowohl der gepfändeten bzw. verpfändeten Hypothekenforderung als auch der gesicherten Forderung bzw. der Vollstreckungsforderung nachgewiesen werden (KG, Beschluss v. 31.1.1935 – 1 Wx 7/35, JW 1935, S. 1641; MünchKomm (-Damrau), BGB VII7, § 1282 Rn. 4). Außerdem ist der ausschließlich einziehungsberechtigte Pfandgläubiger berechtigt, falls bereits ein Vollstreckungstitel – insbesondere eine notarielle Vollstreckungsunterwerfung gem. § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO – existiert, eine vollstreckbare Ausfertigung gem. § 727 Abs. 1 ZPO zu beantragen (Erman (-J. Schmidt), BGB II15, § 1282 Rn. 4). Anderes gilt, wenn die pfandrechtsgesicherte Forderung noch nicht fällig ist oder die Einziehungsermächtigung aufgrund abweichender Parteivereinbarung gem. § 1284 BGB ausgeschlossen ist (siehe auch Zöller (-Seibel), ZPO32, § 727 Rn. 9). Denn eine „Rechtsnachfolge“ auf Seiten des Gläubigers i. S. d. § 727 Abs. 1 ZPO setzt voraus, dass eine andere Person im eigenen Namen und Interesse den Anspruch des im Titel bezeichneten Gläubigers geltend machen kann (Musielak/Voit (-Lackmann), ZPO16 , § 727 Rn. 3; Zöller (-Seibel), ZPO32, § 727 Rn. 3). Dies setzt zwar nicht zwangsläufig auch einen Übergang des titulierten Anspruchs voraus (grundlegend bereits RG, Urteil v. 4.11.1902 – VII 259/02, RGZ 53, S. 8, 10); eine Rechtsnachfolge soll aber ausscheiden, wenn der im Titel genannte Gläubiger ungeachtet der Einziehungsberechtigung einer anderen Person forthin selbst zur Einziehung berechtigt ist (vgl. BGH, Urteil v. 26.10.1984 – V ZR 218/83, NJW 1985, S. 809, 810: die bloße Vollstreckungsstandschaft ohne Übergang des titulierten Anspruchs ist keine Rechtsnachfolge i. S. d. § 727 ZPO; BeckOK ZPO (-Ulrici), Stand: 1.7.2019, § 727 Rn. 11). Angesichts dessen ist die konstitutive Sukzession in eine titulierte Forderung nicht schlechthin als Rechtsnachfolge i. S. d. § 727 Abs. 1 ZPO anzusehen (zu pauschal RG, Urteil v. 4.11.1902 – VII 259/02, RGZ 53, S. 8, 10; differenzierend hingegen MünchKomm (-Wolfsteiner), ZPO II5, § 727 Rn. 24). Vielmehr hat der Inhaber eines begrenzten Rechts an einer titulierten
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Fälligkeit der (durch das herrschende Pfandrecht) gesicherten Forderung kommt es nach den vorstehenden Ausführungen nur im Hinblick auf die Erfüllungswirkung an. Schon die Verpfändung der Hypothekenforderung bzw. der Grundschuld oder Reallast konstituiert die erforderliche (konkurrierende) Einziehungsbefugnis des Gläubigers und des Pfandgläubigers. Beide Parteien sind befugt, aus dem belasteten Verwertungsrecht ohne Mitwirkung des anderen Teils die Zwangsvollstreckung zu betreiben, soweit nichts anderes vereinbart ist (§ 1284 BGB).903 Wird z. B. im obigen Fallbeispiel die mitverpfändete Hypothek im Wege der Zwangsversteigerung seitens des Forderungspfandgläubigers (D) geltend gemacht, fällt diese unabhängig davon, in welchem Umfang der ggf. auf die Hypothek entfallende Versteigerungserlös dem betreibenden Forderungspfandgläubiger zu seiner Befriedigung wegen der gesicherten Forderungen (F3) einschließlich Nebenforderungen und Kosten gem. §§ 1273 Abs. 2 S. 1, 1210 BGB gebührt, nicht in das geringste Gebot (§ 44 ZVG). Dem steht nicht entgegen, dass der Pfandgläubiger zur Einziehung der Hypothekenforderung (F2) nur berechtigt ist, soweit der geschuldete Betrag auf die durch das Pfandrecht gesicherte Forderung anzurechnen ist (§ 1282 Abs. 1 S. 2 BGB). Denn hier gilt nichts anderes als wenn der Hypothekengläubiger wegen einer Teilforderung die Zwangsversteigerung betreiben würde; da ein dingliches Recht mit einem einheitlichen Rang anzusetzen ist, fällt es nicht in das geringste Gebot, sondern erlischt grundsätzlich kraft Zuschlagsbeschlusses (§ 91 ZVG) und setzt sich am Erlös fort.904 Soweit dem Forderungspfandgläubiger der auf die Hypothek entfallende Anteil des Erlöses gebührt, ist dieser an den Pfandgläubiger gem. § 1282 Abs. 1 S. 1 BGB auszuzahlen; der Überschuss gebührt dem Hypothekengläubiger; vor Eintritt der Pfandreife ist an den Hypothekengläubiger und den Forderungspfandgläubiger gemeinschaftlich gem. § 1281 BGB zu leisten.905 Entsprechendes gilt für freiwillige Leistungen auf die Hypothek, die geForderung nur dann Anspruch auf Erteilung einer Vollstreckungsklausel gem. § 727 Abs. 1 ZPO, wenn das betreffende Recht (1.) zur Geltendmachung des titulierten Anspruchs berechtigt und (2.) eine korrespondiere Einziehungsbefugnis des im Titel genannten Gläubigers ausgeschlossen ist. Zu verneinen ist dies aber für einen Pfändungspfandgläubiger, solange die gepfändete Forderung nicht an Zahlungs statt oder zur Einziehung überwiesen ist (Baumbach/Lauterbach/A lbers/ Hartmann (-Hartmann), ZPO76 , § 727 Rn. 20; Zöller (-Seibel), ZPO32, § 727 Rn. 9; MünchKomm (-Wolfsteiner), ZPO II5, § 727 Rn. 24); desgleichen ist der Vertragspfandgläubiger nicht „Rechtsnachfolger“, solange ihm zumindest eine Einziehung des titulierten Anspruchs im eigenen Interesse versagt ist und zudem der Gläubiger selbst noch über eine konkurrierende Einziehungsbefugnis verfügt. Entsprechendes gilt für den Nießbraucher einer verzinslichen (Hypotheken-) Forderung, wohingegen der Nießbraucher einer zinslosen Forderung aufgrund seiner ausschließlichen Einziehungsermächtigung als Rechtsnachfolger anzusehen sein dürfte (so auch Soutier, MittBayNot 2011, S. 181, 184; MünchKomm (-Wolfsteiner), ZPO II5, § 727 Rn. 24). 903 Siehe § 5 IV. 3. b) bb) (1). 904 Böttcher (-Böttcher), ZVG6 , §§ 44, 45 Rn. 14. Selbst wenn nur wegen der Zinsen die Zwangsversteigerung betrieben wird, fällt die Hauptforderung nicht in das geringste Gebot. 905 Wird bei fehlender Barzahlung die – auf Entrichtung des Bargebots (§ 49 ZVG) gerichtete – Forderung gegen den Ersteher auf den Gläubiger eines belasteten Grundpfandrechts übertragen (vgl. §§ 118, 120, 123–126 ZVG), setzt sich das begrenzte Recht nach allgemeiner Ansicht kraft Surrogation an der übertragenen Forderung fort (RG, Urteil v. 4.3.1905 – V 402/04, RGZ 60,
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genüber dem Pfandgläubiger vorbehaltlich § 893 Var. 1 BGB nur nach Maßgabe der §§ 1281, 1282 BGB wirksam sind; insbesondere gelten die schuldnerschützenden Bestimmungen der §§ 1275, 404–410 BGB nicht für das Pfandrecht an der Hypothek, sondern nur für das Pfandrecht an der gesicherten Forderung.906 Prinzipiell gilt für eine verpfändete bzw. gepfändete Grundschuld nichts anderes. Aufgrund der Einziehungsermächtigung ist der Pfandgläubiger berechtigt, wenn im Übrigen die Voraussetzungen dafür vorliegen, die Grundschuld zu verwerten, indem er die Zwangsvollstreckung in das der Grundschuld unterliegende Grundstück aus der belasteten Grundschuld betreibt.907 Desgleichen sind zwecks S. 221; Löhnig (-Hannemann), ZVG, § 128 Rn. 19). Dieser ungeschriebene Surrogationsmechanismus wird in § 128 Abs. 1 S. 2 ZVG vorausgesetzt; hiernach ist, sofern das Drittrecht aus dem Grundbuch hervorgeht als Recht an der Forderung bei der für den Gläubiger einzutragenden Sicherungshypothek miteingetragen. Entsprechendes soll gelten, wenn der Inhaber eines nicht im Grundbuch verlautbarten Rechts (z. B. eines Nießbrauchs oder Pfandrechts an einer Briefgrundschuld) dies rechtzeitig beantragt und sein Recht glaubhaft macht oder aber das Vollstreckungsgericht vor Absendung des Ersuchens um Eintragung gem. § 130 ZVG von dem Recht des Dritten Kenntnis erlangt (Löhnig (-Hannemann), ZVG, § 128 Rn. 19–20 m. w. N.). 906 Siehe § 5 IV. 3. a) dd). 907 Vgl. RG 19.3.1909 – VII 234/08, Recht 1909 Nr. 1518; Erman (-J. Schmidt), BGB II15, § 1282 Rn. 4; MünchKommBGB (-Damrau), BGB VII7, § 1282 Rn. 4; Staudinger (-D. Wiegand), BGB (2019), § 1282 Rn. 5. Bei mehrfacher Verpfändung der Grundschuld ist hierzu allerdings nur der erstrangige Pfandgläubiger berechtigt (§§ 1291, 1290 BGB). Zwecks Verwertung des Grundstücks ist dem Pfandgläubiger ab Pfandreife auch die Vollstreckungsklausel als „Rechtsnachfolger“ des im Vollstreckungstitel bezeichneten Grundschuldgläubigers gem. § 727 Abs. 1 ZPO zu erteilen. Die zwischen den Zivilsenaten des BGH strittige Frage, ob dem Zessionar einer Sicherungsgrundschuld eine Nachfolgeklausel i. S. d. § 727 Abs. 1 ZPO nur dann zu erteilen, wenn der Eintritt in den Sicherungsvertrag nachgewiesen wird – wobei die Anforderungen an den Nachweis gleichfalls strittig sind – oder ob ein Eintritt in den Sicherungsvertrag zumindest bei unterstelltem Einredeerhalt gem. § 1192 Abs. 1a BGB entbehrlich ist (siehe einerseits BGH, Versäumnisurteil v. 30.3.2010 – XI ZR 200/09, NJW 2010, S. 2041; BGH, Versäumnisurteil v. 24.10.2014 – V ZR 45/13, NJW 2015, S. 619, 622 Rn. 28; BGH, Urteil v. 6.7.2018 – V ZR 115/17, NJW 2019, S. 438, 439–440 Rn. 17–18; siehe andererseits BGH, Beschluss v. 29.6.2011 − VII ZB 89/10, NJW 2011, S. 2803; zum Ganzen Herrler, NJW 2011, S. 2762–2765), stellt sich auch bei einer Pfändung oder Belastung der Grundschuld mit Nießbrauchs- und Pfandrechten. Nach Ansicht des VII. Zivilsenats ist der Nachweis des Eintritts des Zessionars in den Sicherungsvertrag, sofern sich nicht eine entsprechende Vollstreckungsbedingung ausdrücklich aus der notariellen Vollstreckungsunterwerfung ergibt, nicht erforderlich. Für die Verwertung seitens des Pfandgläubigers – der ohnehin nicht an die Stelle des Sicherungsnehmers tritt – wird man dann erst recht nicht die Übernahme der treuhänderischen Bindungen aus der Sicherungsabrede verlangen dürfen. Wer mit dem V. und dem XI. Senat hingegen annimmt, dass die Übernahme der treuhänderischen Bindungen aus der Sicherungsabrede seitens des Zessionars zu den materiellrechtlichen Voraussetzungen für die Umschreibung einer notariell beurkundeten Unterwerfungserklärung gem. § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO auf den Rechtsnachfolger gehöre, wird nicht anders entscheiden können, wenn ein Nießbraucher oder (Pfändungs-)Pfandgläubiger eine Nachfolgeklausel i. S. d. § 727 Abs. 1 ZPO begehrt. Die Übernahme der treuhänderischen Bindungen seitens des Nießbrauchers bzw. des Pfandgläubigers ist dann eine Vollstreckungsbedingung, die in einem Verfahren nach § 768 ZPO zu klären ist. Schon bei der Zession und erst recht bei der Belastung der Sicherungsgrundschuld überzeugt diese Ansicht allerdings jedenfalls dann nicht, wenn ohnehin der sachliche und zeitliche Anwendungsbereich des § 1192 Abs. 1a BGB eröffnet ist, die Grundschuld mithin erst ab dem 19.8.2009 bestellt oder aber zeitlich früher bestellt wurde und die Abtretung, Pfändung oder Belastung erst ab dem 19.8.2009 erfolgt ist (so auch MünchKomm (-Lieder), BGB VII7, § 1192 Rn. 20; BeckOK
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Ablösung der verpfändeten (Sicherungs-)Grundschuld bewirkte Leistungen vorbehaltlich abweichender Bestimmungen (§§ 1291, 1284 BGB) allein an den Pfandgläubiger zu bewirken; vorbehaltlich § 893 Var. 1 BGB ist ein gutgläubig-lastenfreier Erwerb der verpfändeten Grundschuld durch unter Verstoß gegen §§ 1291, 1282 Abs. 1 S. 1 BGB bewirkte Leistungen an den Grundschuldgläubiger ausgeschlossen. Sofern man mit einer verbreiteten Ansicht dem Pfandgläubiger bei der Verpfändung von (Hypotheken-)Forderungen in kühner Rechtsfortbildung entgegen § 1282 Abs. 2, 1. Hs. BGB die Befugnis zur Vornahme anderer Verfügungen mit Tilgungswirkung gem. § 1288 Abs. 2 BGB zuweist,908 kann prinzipiell für eine verpfändete Grundschuld nichts anderes gelten. Schon aus Gründen der Klarstellung erscheint es freilich geboten, außergerichtliche Verwertungsbefugnisse i. S. v. § 1277 S. 1, letzter Hs. BGB, z. B. die Befugnis zur (entgeltlichen) Aufhebung oder ein Recht zur Veräußerung der verpfändeten Grundschuld (einschließlich der gesicherten Forderung) im Wege öffentlicher Versteigerung ausdrücklich zu vereinbaren.909 Sofern nicht abweichend von §§ 1291, 1281 S. 2 BGB eine ausschließliche Einziehungszuständigkeit des Pfandgläubigers vereinbart ist, bleibt der Grundschuldgläubiger vor Eintritt der Pfandreife berechtigt, die Verwertung des Grundstücks als Titelgläubiger aus einer notariellen Urkunde zu betreiben, in der sich der Eigentümer der sofortigen Zwangsvollstreckung unterworfen hat (§§ 794 Abs. 1 Nr. 5, 800 ZPO). Als Rechtsnachfolger i. S. v. § 727 Abs. 1 ZPO ist der Pfandgläubiger erst mit Eintritt der Pfandreife resp. bei Pfändung der Grundschuld m. E. nur dann anzusehen, wenn die Grundschuld zur Einziehung überwiesen worden ist (§§ 857 Abs. 6, 837 ZPO).910 Eine gesetzliche Prozessstandschaft des Grundschuldgläubigers liegt, wenn dieser auf Duldung der Zwangsvollstreckung gem. § 1147 BGB ZPO (-Ulrici), Stand: 1.7.2019, § 727 Rn. 21). Schließlich stehen Inhaber begrenzter Rechte an der Sicherungsgrundschuld nicht besser als der Zessionar. Wegen des Ausschlusses des gutgläubigeinredefreien Erwerbs hinsichtlich sicherungsvertraglicher Einreden ist dem ungeschriebenen materiellrechtlichen Erfordernis des Eintritts in den Sicherungsvertrag jede Legitimationsgrundlage entzogen. 908 Siehe § 5 IV. 3. b). 909 Vgl. KG, Beschluss v. 25.1.1906, KGJ 31, A 315: Wird die Durchsetzung des Pfandrechts an einer verpfändeten Hypothekenforderung im Wege der öffentlichen Versteigerung i. S. v. § 383 Abs. 3 BGB vereinbart, ist der Pfandgläubiger in entsprechender Anwendung von § 1239 Abs. 1 BGB berechtigt, bei der Versteigerung mitzubieten; dass § 844 ZPO für den gerichtlichen Verkauf einer gepfändeten Hypothekenforderung nicht auf § 816 Abs. 4 ZPO verweise, stehe dem nicht entgegen; mit Zuschlag und gleichzeitiger Übergabe des Hypothekenbriefs erwirbt der Pfandgläubiger die Forderung mitsamt der Hypothek; Erwerb einer verpfändeten Hypothekenforderung im Wege der öffentlichen Versteigerung der Hypothekenforderung seitens des Pfandgläubigers. Wenn der Pfandgläubiger hingegen eine verpfändete Grundschuld – aufgrund Ermächtigung (§ 185 Abs. 1 BGB) – durch freihändigen Verkauf (einschließlich Abtretung) verwertet, muss sich der Erwerber nicht etwa nach § 1192 Abs. 1 a S. 1 Var. 2 BGB eine nachträgliche Tilgung der gesicherten Forderung gegenüber dem Grundschuldgläubiger/Pfandgläubiger entgegenhalten lassen; mit Eintritt der Verwertungsreife ist der fiduziarische Charakter der Grundschuld beendet (richtig m. E. Staudinger (-Wolfsteiner), BGB (2015), § 1192 Rn. 46). 910 Zur Begründung wird auf die Ausführungen in Fn. 902 Bezug genommen.
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klagt, mit Eintritt der Pfandreife resp. bei Überweisung der Grundschuld vor; zuvor ist eine Übernahme des Prozesses gem. § 265 Abs. 2 S. 1 ZPO ausgeschlossen.911 Zwar steht dem Pfandgläubiger grundsätzlich die Aktivlegitimation sowie die Prozessführungsbefugnis zu, um den aus dem verpfändeten Recht resultierenden Anspruch auf Leistung resp. Duldung der Zwangsvollstreckung (§ 1147 BGB) in Gemäßheit der §§ 1281 S. 2, 1282 Abs. 1 S. BGB einzuziehen. Anderes gilt aber, wenn bereits eine entsprechende Klage seitens des beschwerten Grundschuldgläubigers rechtshängig ist oder gar ein Vollstreckungstitel vorliegt. Im ersten Fall greift die Rechtshängigkeitssperre gem. § 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO und im letzteren Fall steht die materielle Rechtskraft des Titels einer Klage des Pfandgläubigers entgegen (§ 325 Abs. 1 ZPO). Wird eine Eigentümergrundschuld verpfändet, ist der Pfandgläubiger nach der inzwischen ganz h. A. nicht gehindert, die Zwangsvollstreckung in das Grundstück zu betreiben; die verfahrensrechtliche Beschränkung des Eigentümers aus § 1197 Abs. 1 BGB gilt nicht zulasten des mit dem Eigentümer nicht identischen Pfandgläubigers. Desgleichen ist die in § 1197 Abs. 2 BGB bestimmte Einschränkung des Zinsgenussrechts unanwendbar, soweit sich das Pfandrecht auf den Grundschuldzins gem. § 1291 BGB i. V. m. § 1289 BGB erstreckt.912 911 In diese Richtung auch MünchKomm (-Becker-Eberhard), ZPO I5, § 265 Rn. 40; Musielak/Voit (-Foerste), ZPO15, § 239 Rn. 5: Rechtsnachfolge liege bei Belastung der in Streit befindlichen Sache nur vor, wenn, wenn die Sachbefugnis auf den Erwerber des beschränkten dinglichen Rechts (z. B. gem. §§ 1228 Abs. 2, 1282 BGB) übergehe. Soweit der BGH annimmt, dass die – nach Eintritt der Rechtshängigkeit eines Verletzungsverfahrens hinsichtlich eines Patents vollzogene – Erteilung einer ausschließlichen unbefristeten Lizenz seitens eines Patentinhabers eine Teil-Rechtsnachfolge gem. § 265 Abs. 2 ZPO konstituiere (BGH, Urteil v. 19.2.2013 – X ZR 7/12, GRUR 2013, S. 1269), überzeugt dies nicht (ebenso MünchKomm (-Becker-Eberhard), ZPO I5, § 265 Rn. 45). Selbst eine ausschließliche unbefristete Lizenz nimmt dem Inhaber des Patents nicht die Sachlegitimation; dieser kann uneingeschränkt gegen tatbestandsmäßige Schutzrechtsverletzungen prozessieren. Ungeachtet dessen greift aber die Rechtshängigkeitssperre gem. § 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO ein; der Lizenznehmer kann also nicht erneut eine Klage wegen der Schutzrechtsverletzung erheben. Außerdem erstreckt sich die Rechtskraft des Urteils gem. § 325 Abs. 1 ZPO auf den Lizenznehmer (MünchKomm (-Becker-Eberhard), ZPO I5, § 265 Rn. 45). Dieser steht nicht besser und nicht schlechter als der Inhaber eines genuinen Sachenrechts; die Lizenz ist nichts anderes als ein Analogon der konstitutiven Sukzession im Urheberrecht und im gewerblichen Rechtsschutz. 912 Siehe BGH, Urteil v. 18.12.1987 – V ZR 163/86, NJW 1988, S. 1026, 1027 (in Bezug auf die Zwangsvollstreckung aus der gepfändeten Eigentümergrundschuld durch den Pfändungspfandgläubiger; ob § 1197 I BGB für den Vertragspfandgläubiger gilt, ließ der Senat hingegen offen); BGH, Urteil v. 24.3.2016 – IX ZR 259/13, NJW 2016, S. 3239 (Vollstreckung durch den Insolvenzverwalter aus einer in die Masse fallenden Eigentümergrundschuld zulässig); Erman (-Wenzel), BGB II15, § 1197 Rn. 2; MünchKomm (-Lieder), BGB VII7, § 1197 Rn. 6–7; Palandt (-Herrler), BGB78 , § 1197 Rn. 2–3; Staudinger (-Wolfsteiner), BGB (2015), § 1197 Rn. 15. Demgegenüber vertrat RG, Urteil v. 5.4.1905 – V 454/04, RGZ 60, S. 359, 363 die Ansicht, dass der Inhaber eines Pfandrechts an einer Eigentümerhypothek gehindert sei, in der Zwangsversteigerung Zinsen aus der Eigentümerhypothek bei der Verteilung des Erlöses zu liquidieren (siehe auch Wolff/R aiser, Sachenrecht10, § 146 I 1 (S. 604): Vollstreckungsverbot des § 1197 Abs. 1 BGB gelte auch bei Pfändung und Verpfändung zulasten des (Vollstreckungs-)Gläubigers, es sei denn, dieser lasse sich die Eigentümergrundschuld an Zahlungs statt überweisen bzw. abtreten). Ein Pfandgläubiger oder Nießbraucher dürfe nicht besser stehen als der Eigentümer und müsse sich deshalb die Beschränkungen des § 1197 BGB entgegenhalten lassen. Dass der Zessionar der Eigentümergrundschuld
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Besonderheiten gelten demgegenüber für die Realisierung verpfändeter Inhabergrund- und Inhaberrentenschulden. Zum einen ist der Pfandgläubiger aufgrund der unmittelbaren Anwendbarkeit der §§ 1204 ff. BGB (§ 1293 BGB) ab Pfandreife diesen Beschränkungen nicht unterliege, rechtfertige keine andere Betrachtungsweise, weil sich die Eigentümergrundschuld durch Übertragung ohne das Grundstück in ein Fremdgrundschuld verwandele, während die Bestellung eines beschränkten dinglichen Rechts an der Qualität der Grundschuld als Eigentümerrecht nichts ändere. Diese Sichtweise korrespondiert mit der in der älteren Judikatur des RG vorherrschenden Deutung des Rechts an der eigenen Sache als ein während der Dauer der Vereinigung „ruhendes“ und mit deren Lösung „(wieder) auflebendes“ Recht (vgl. RG, Beschluss v. 26.1.1901 – V 5/01, RGZ 47, S. 202, 209). Indes widerstrebt schon der Wortlaut des § 1197 Abs. 1 BGB der vom RG vertretenen Auffassung, ist doch im Tatbestand nicht von der Eigentümergrundschuld, sondern vom Eigentümer die Rede, zumal auf der Rechtsfolgenseite nur die Vollstreckung des Eigentümers („so kann er nicht“) expressis verbis ausgeschlossen ist und dies auch nur „zum Zwecke seiner Befriedigung“ (BGH, Urteil v. 18.12.1987 – V ZR 163/86, NJW 1988, S. 1026, 1027). Systematisch konsequent ist der Ausschluss des materiellen Rechts auf die Zinsen in § 1197 Abs. 2 BGB auf den Eigentümer und nicht auf die Grundschuld bezogen. Lässt sich somit aus dem Normwortlaut nicht ableiten, die dem Eigentümer zugeordnete Grundschuld sei als abstrakt-strukturelles Recht selbst beschränkt, verfängt auch nicht der Rekurs auf den Grundsatz, dass niemand mehr Rechte einräumen könne als ihm selbst zustehen (so RG, Urteil v. 5.4.1905 – V 454/04, RGZ 60, S. 359, 363). Entlarvend ist, dass eben diese Parömie, wie auch das RG nicht verhehlt, unstreitig auf die Eigentümergrundschuld insoweit nicht anzuwenden ist, als dem Zessionar alle aus der Grundschuld fließenden Befugnisse durch Abtretung der Eigentümergrundschuld (ohne Grundstücksveräußerung) oder mittels Umwandlung in eine Hypothek gem. § 1198 S. 1 BGB verschafft werden, dieser also in Ansehung der Grundschuld resp. Hypothek zwangsläufig mehr Rechte erwirbt als dem Eigentümer zustehen (RG, Urteil v. 5.4.1905 – V 454/04, RGZ 60, S. 359, 363). Darüber hinaus streiten der Normzweck des § 1197 BGB und vor allem der Zweck des Rechtsinstituts der Eigentümergrundschuld gegen eine Erstreckung der dem Eigentümer auferlegten Beschränkungen auf Dritte. Während § 1197 Abs. 1 BGB eine sittlich anstößige Zwangsvollstreckung seitens des Eigentümers zwecks Ausschaltung nachrangiger Gläubiger, die mit ihren Rechten ausfallen könnten, unterbindet (BGH, Urteil v. 16.5.1975 – V ZR 24/74, NJW 1975, S. 1356, 1357; BGH, Urteil v. 18.12.1987 – V ZR 163/86, NJW 1988, S. 1026, 1027; MünchKomm (-Lieder), BGB VII7, § 1197 Rn. 2), liegt dem Zinsausschluss des § 1197 Abs. 2 BGB die Überlegung zugrunde, dass dem Eigentümer außerhalb der Zwangsverwaltung ohnehin die Nutzungen des Grundstücks gebühren, weshalb er nicht auch noch Zinsen aus der Grundschuld reklamieren dürfe (Mot. III, S. 734; MünchKomm (-Lieder), BGB VII7, § 1197 Rn. 4). Demgegenüber gebühren dem Pfandgläubiger weder die Nutzungen des Grundstücks noch handelt er vertragswidrig oder gar treuwidrig, wenn er durch Zwangsvollstreckung des Grundstücks die Rechte nachrangiger Gläubiger ausschaltet (ebenso MünchKomm (-Lieder), BGB VII7, § 1197 Rn. 6–7; Staudinger (-Wolfsteiner), BGB (2015), § 1197 Rn. 5, 15). Überdies wäre es geradezu sinnwidrig, eine Hypothek für Zinsrückstände entgegen der Regel des § 1178 Abs. 1 S. 1 BGB als Eigentümergrundschuld zugunsten des Nießbrauchers oder Pfandgläubigers der Zinsforderung gem. § 1178 Abs. 1 S. 2 BGB aufrechtzuerhalten, wenn der Nießbraucher oder Pfandgläubiger die rückständigen Zinsen aus der belasteten Eigentümergrundschuld gar nicht geltend machen dürfte (Staudinger (-Wolfsteiner), BGB (2015), § 1197 Rn. 15). Endlich dient das Institut der Eigentümergrundschuld doch dazu, die Rangstelle zur Sicherung potenzieller Gläubiger des Eigentümers zu reservieren. Weil sich aber der Eigentümer nicht notwendig durch Abtretung der Grundschuld oder Umwandlung derselben in eine Hypothek (§ 1198 S. 1 BGB), sondern gleichermaßen durch Bestellung eines begrenzten Rechts an der Grundschuld Kredit verschaffen kann, bedürfte es einer sachlichen Begründung, warum der Pfandgläubiger hier anders stehen soll als der Zessionar. Eine solche ist indes von RG, Urteil v. 5.4.1905 – V 454/04, RGZ 60, S. 359 nicht dargetan und auch nicht ersichtlich; die formalistische Unterscheidung zwischen translativer und konstitutiver Rechtsnachfolge rechtfertigt für sich genommen keine Ausdehnung der dem Eigentümer persönlich auferlegten Beschränkungen auf den Pfandgläubiger und den Nießbraucher einer Ei-
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zur Veräußerung der verpfändeten Inhabergrundschuld im Wege öffentliche Versteigerung nach Maßgabe der §§ 1234–1240 BGB berechtigt; selbstverständlich bleibt die Befugnis zur Verwertung aufgrund eines Duldungstitels nach Maßgabe der Vorschriften der ZPO unberührt (§ 1233 Abs. 2 BGB i. V. m. § 1293 BGB).913 Zum anderen ist der Pfandgläubiger bereits vor Pfandreife zur Kündigung und Einziehung der Grundschuld berechtigt (§ 1294 BGB); der Eigentümer kann mit befreiender Wirkung nur an den Pfandgläubiger leisten. Wird eine Rentenschuld oder eine Reallast verpfändet, sind die Zinsen bzw. die einzelnen Leistungen prinzipiell wie die Zinsen einer hypothekarisch gesicherten Forderung zu behandeln (§ 1291 BGB i. V. m. § 1289 BGB), was zugleich eine Parallele zur Erstreckung von Hypotheken, Grund- und Rentenschulden und Realasten auf mit dem belasteten Eigentum verbundenen Reallasten sichtbar macht. Im Hinblick auf die Rentenschuldzinsen und die aus der verpfändeten Reallast geschuldeten Leistungen bleibt die Einziehungs- und Verfügungszuständigkeit des Rentenschuld- bzw. Reallastgläubigers vorbehaltlich der erforderlichen Anzeige der Einziehung gegenüber dem Eigentümer des von der verpfändeten Reallast bzw. Rentenschuld betroffenen Grundstücks unberührt. Die Realisierung erfolgt regelmäßig durch Einziehung der Zinsen oder Einzelleistungen aufgrund der dem Pfandgläubiger zustehenden Einziehungsermächtigung; abweichende Vereinbarungen sind in den durch § 1277 S. 2 BGB bestimmten Grenzen zulässig. dd) Subjektive Rechtskrafterstreckung bei Prozessführung über belastete Rechte Wird kraft der Einziehungsermächtigung ein akzessorisches Nebenrecht der verpfändeten Forderung durchgesetzt, realisiert der betreibende Forderungspfandgläubiger zugleich das belastete als auch das lastende Pfandrecht.914 Richtigerweigentümergrundschuld. Hiernach dürfte der Nießbraucher bzw. der Pfandgläubiger prinzipiell die rückständigen, in der Zeit vor der Bestellung des begrenzten Rechts an der Eigentümergrundschuld aufgelaufenen Zinsen in der Zwangsvollstreckung geltend machen können; denn die Zinsen laufen uneingeschränkt auch während des belastungsfreien Zeitraums der Eigentümergrundschuld und können nur nicht vom Eigentümer persönlich in Anspruch genommen werden (vgl. Erman (-Wenzel), BGB II15, § 1197 Rn. 4; NomosKomm (-Krause), BGB III4, § 1197 Rn. 7 jeweils zur abtretungsbasierten Umwandlung der Eigentümergrundschuld in eine Fremdgrundschuld einschließlich der Zinsen; siehe auch Staudinger (-Wolfsteiner), BGB (2015), § 1197 Rn. 9–10, der Bedenken mit Blick auf § 1178 Abs. 1 S. 1 BGB anmeldet). 913 MünchKomm (-Damrau), BGB VII7, § 1293 Rn. 4; Soergel (-Habersack), BGB XVI, § 1293 Rn. 3. 914 Wird ein vom Forderungspfand (P3) erfasstes Pfandrecht (P1) im Wege des Pfandverkaufs gem. § 1228 Abs. 1 BGB seitens des Forderungspfandgläubigers (D) kraft der Einziehungsermächtigung aus § 1282 Abs. 1 S. 1 BGB ausgeübt, tritt dieser – anders als bei einer Ausübung nach Abtretung der gesicherten Geldforderung an Zahlungs statt (§ 1282 Abs. 1 S. 3 BGB) – nicht in die Rechtsstellung des Sachpfandgläubigers (C) ein und ist demgemäß nicht aus dem gesetzlichen Schuldverhältnis zwischen dem Eigentümer/Verpfänder (A) und dem Sachpfandgläubiger (C) berechtigt und verpflichtet. Der Forderungspfandgläubiger (D) übt, indem er die aus seinem Forderungspfandrecht folgende Einziehungsermächtigung geltend macht, zugleich ein eigenes (P3) und ein fremdes Recht (P1), d. h. die dem belasteten Sachpfandrecht immanente Verkaufs- und Verfügungsbefugnis über die Pfandsache, aus. Angesichts dieser Konstruktion widerspricht die
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se prozessiert der Forderungspfandgläubiger, wenn er die verpfändete Forderung oder ein diese sicherndes Nebenrecht gerichtlich geltend macht, in gesetzlicher Prozessstandschaft für den Gläubiger.915 Weil die Belastung nicht Teilübertragung des betroffenen Rechts, sondern Einschränkung desselben unter Konstitution eines neuen subjektiven Rechts ist,916 übt der Forderungspfandgläubiger – und nichts anderes gilt für einen Vollstreckungsgläubiger, der die gesicherte Forderung pfändet, sowie einen Nießbraucher – aufgrund der aus seinem belastenden Recht folgenden Einziehungsermächtigung gem. § 1282 Abs. 1 S. 1 BGB ein fremdes belastetes Recht aus. Im Anschluss an die Grundsatzentscheidung des RG vom 26.9.1913917 lehnt die h. A. zwar eine Rechtskrafterstreckung auf den Schuldner einer gepfändeten Forderung an das im Einziehungsprozess des Gläubigers gegen den Drittschuldner ergehende Urteil schlechthin ab.918 Folgerichtig wird ganz überwiegend für die Forderungsverpfändung sowie für die Einräumung eines Forderungsnießbrauchs vertreten, dass das im Rechtsstreit des Pfandgläubigers bzw. Nießbrauchers gegen den Schuldner über die belastete Forderung ergehende Urteil weder für noch gegen den Forderungsinhaber wirke und umgekehrt eine Rechtserstreckung – vorbehaltlich § 407 Abs. 2 BGB i. V. m. § 1070 Abs. 1, 1275 Var. 1 BGB – nicht zulasten des Pfandgläubigers bzw. des Nießbrauchers bei Prozessführung seitens des Gläubigers stattfinde.919 Rechtsdurchsetzung des Forderungspfandrechts durch privatautonomen Verkauf einer fremden Sache auch nicht dem Grundsatz, dass das Pfandrecht von Gesetzes wegen nicht durch den Verkauf des verpfändeten Rechts zu realisieren ist (§§ 1282 Abs. 2 Hs. 1, 1277 S. 1 BGB); der Forderungspfandgläubiger „verfügt“ schließlich über die verpfändete Forderung mittels Pfandverkaufs nur, weil und soweit diese gem. § 1247 S. 1 BGB erlischt. 915 Vgl. Jauernig (-Berger), BGB17, § 1282 Rn. 2; MünchKomm (-Damrau), BGB VII7, § 1282 Rn. 14; NomosKomm (-Bülow), BGB III4, § 1282 Rn. 4; a. A. Saenger (-Bendtsen), ZPO8 , § 51 Rn. 17; Zöller (-Althammer), ZPO32, Vorbem. zu §§ 50–58 Rn. 23. Nur klarstellend sei erwähnt, dass sich umgekehrt auch der Pfandgläubiger das Ergebnis eines vom Gläubiger geführten Prozesses als „Rechtsnachfolger“ desselben unter den Voraussetzungen von § 325 Abs. 1 ZPO entgegenhalten lassen muss; freilich kann sich der Pfandgläubiger erst nach Eintritt der Pfandreife seines herrschenden Pfandrechts eine vollstreckbare Ausfertigung gem. § 727 Abs. 1 ZPO verschaffen, wenn der Pfandgläubiger des belasteten Pfandrechts bereits einen Vollstreckungstitel gegen den Schuldner bzw. den Eigentümer auf Leistung bzw. Duldung der Zwangsvollstreckung erwirkt hat; siehe hierzu § 5 IV. 3. b) cc). 916 Eingehend hierzu § 2 III. 6. 917 RG, Urteil v. 26.9.1913 – III 249/13, RGZ 83, S. 116. 918 Baumbach/ Lauterbauch/A lbers/ Hartmann (-Hartmann), ZPO76 , § 829 Rn. 66, § 841 Rn. 1; Musielak/Voit (-Becker), ZPO16 , § 841 Rn. 1; Saenger (-Kemper), ZPO8 , § 841 Rn. 1; Schur, KTS 2001, 73, 89 ff.; grundlegend bereits Hellwig, Wesen und subjektive Begrenzung der Rechtskraft, S. 43–45. 919 RG, Urteil v. 26.9.1913 – III 249/13, RGZ 83, S. 116, 120; Hellwig, Wesen und subjektive Begrenzung der Rechtskraft, S. 43–45; Erman (-Bayer), BGB II15, § 1074 Rn. 3; MünchKomm (-Pohlmann), BGB VII7, § 1074 Rn. 6; MünchKomm (-Damrau), BGB VII7, § 1282 Rn. 14. Nach dieser Ansicht prozessiert ein Forderungspfandgläubiger, Pfändungspfändungsgläubiger oder Nießbraucher aus eigenem Recht über die zur Einziehung zugeordnete bzw. überwiesene Forderung; der Gläubiger kann daher ungeachtet eines bereits ergangenen (klageabweisenden) Urteils
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Entgegen der h. A. spricht jedoch einiges dafür, die subjektive Rechtskraft eines zwischen dem Schuldner und dem Forderungspfandgläubiger ergangenen Urteils, wenn der Pfandgläubiger im Wege gesetzlicher Prozessstandschaft die verpfändete Forderung geltend macht, auf den Gläubiger der verpfändeten Forderung zu erstrecken.920 Nichts anderes gilt, wenn der Forderungspfandgläubiger ein die verpfändete Forderung sicherndes Nebenrecht prozessual geltend macht, z. B. aufgrund eines mitverpfändeten Sachpfandrechts Duldungsklage gegen den Eigentümer zwecks Verwertung des Pfandes im Wege öffentlicher Versteigerung erhebt. Hierfür ist erstens der Gesichtspunkt des Drittschuldner- resp. Eigentümerschutzes anzuführen. Lehnt man eine subjektive Rechtskrafterstreckung auf den Forderungsgläubiger ab, sähen sich der Schuldner der verpfändeten Forderung und der (ggf. personenverschiedene) Sicherungsgeber, z. B. der Eigentümer eines die Forderung sichernden Pfandes, einer theoretisch unbegrenzten Vielzahl von Leistungs- und/oder Duldungsklagen wegen der gesicherten Forderung bzw. wegen eines akzessorischen Rechts aufgrund mehrfacher und/oder mehrstufiger Belastung ausgesetzt, weil jeder Inhaber eines die gesicherte und verpfändete Forderung mittelbar belastenden Rechts de iure proprio kraft der gesetzlichen Einziehungsermächtigung prozessieren könnte, ohne dass sich der Forderungsgläubiger und irgendein anderer Inhaber eines intermediären Forderungspfandrechts in einer potentiell unendlichen Verpfändungskaskade an dem Prozessergebnis festhalten lassen müsste.921 Dies ist nicht nur wegen des Risikos sich widersprechender Entscheidungen der Rechtssicherheit abträglich. Es läuft auch den schutzwürdigen Interessen des Eigentümers (= Sicherungsgebers) und des Schuldners der belasteten Forderung zuwider. Freilich präjudiziert der Rekurs auf allgemeine Prinzipien der Prozessführungsbefugnis über fremde Rechte nicht die Frage der Rechtskraftbindung.922 Dies gilt zumindest dann, wenn man mit der mehrheitlich vertretenen Ansicht eine Rechtserneut Leistungsklage oder Duldungsklage zwecks Durchsetzung eines Pfandrechts oder einer Hypothek im Wege der Zwangsvollstreckung erheben. 920 So – in Bezug auf das Prozessergebnis eines vom Nießbraucher gegen den Forderungsschuldner in Ausübung der Einziehungsermächtigung aus § 1074 S. 1 BGB geführten Rechtsstreits – Soergel (-Stürner), BGB XVI13, § 1074 Rn. 2; Staudinger (-C. Heinze), BGB (2017), § 1074 Rn. 9–10; ebenso für die Prozessführung über gepfändete Forderungen seitens des Forderungsinhabers resp. des Vollstreckungsgläubigers ohne den jeweils anderen Bettermann, Die Vollstreckung des Zivilurteils in den Grenzen seiner Rechtskraft, S. 146 ff.; Berger, JZ 2002, 44, 47 f.; MünchKomm (-Smid), ZPO II5, § 835 Rn. 19; Stein/Jonas (-Würdinger), ZPO VIII 23, § 829 Rn. 100; vertiefend Rieländer, ZZP 133 (2020), 163, 165 ff. 921 Wird z. B. in der obigen Fallgestaltung die durch ein Pfandrecht an einer Hypothekenforderung, durch ein Sachpfandrecht und durch ein Forderungspfandrecht gesicherte Forderung (F3) seitens des Forderungspfandgläubigers (D) an einen Gläubiger desselben (G) verpfändet und erhebt dieser nunmehr aufgrund seiner Einziehungsermächtigung aus § 1282 Abs. 1 S. 1 BGB Duldungsklage gegen den Eigentümer (E) des durch die Hypothek „belasteten“ Grundstücks zwecks Befriedigung im Wege der Zwangsvollstreckung gem. § 1147 BGB, müsste E, selbst wenn er in diesem Prozess obsiegt, eine erneute Duldungsklage seitens des Pfandgläubigers des die Hypothek belastenden Forderungspfandrechts (D) und, wenn er in diesem Prozess obsiegt, wiederum eine Klage seitens des Hypothekengläubigers (C) gewärtigen. 922 Rieländer, ZZP 133 (2020), 163, 168 ff.; Schur, KTS 2001, 73, 89 f.
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kraftbindung in Ermangelung positivrechtlicher Anordnung nur unter der einschränkenden Voraussetzung anerkennt, dass die Wahrnehmung des Interesses des Rechtsträgers der prozessführungsbefugten Partei anvertraut ist.923 Diese Voraussetzung soll grundsätzlich nur dann vorliegen, wenn die prozessführungsbefugte Partei materiellrechtlich zur Verfügung über das Recht des Inhabers oder unter Verdrängung des Rechtsinhabers zur Prozessführung berechtigt ist.924 Dies ist bei der Prozessführung seitens des (Pfändungs-)Pfandgläubigers über eine gepfändete resp. verpfändete Forderung und/oder ein akzessorisches Nebenrecht nicht der Fall. Zum einen bleibt die von der h. A. bejahte Singularprozessführungsbefugnis des Forderungsinhabers unberührt und zum anderen verschafft die Verpfändung resp. die Pfändung und Überweisung zur Einziehung (§§ 829 Abs. 1, 835 Abs. 1 Var. 1 ZPO) keine umfassende Verfügungsbefugnis, sondern eine (nicht ausschließliche) Einziehungsermächtigung. Die Prozessführung seitens eines Überweisungsgläubigers unterscheidet sich von den allgemein anerkannten Fällen der Rechtskraftbindung des Rechtsinhabers bei Prozessführung durch einen Dritten grundlegend. Mit einer primär fremdnützigen Prozessführungsbefugnis einer Partei kraft Amtes925 ist die Prozessführungsbefugnis des (Pfändungs-)Pfandgläubigers nicht vergleichbar. Vielmehr drängt sich der Vergleich mit der Singularprozessführungsbefugnis eines von mehreren Mitrechtsinhabern unter den in §§ 432 Abs. 1, 744 Abs. 2, 1011, 2039 BGB bestimmten Voraussetzungen auf. Wenngleich überwiegend vertreten wird, dass der jeweilige Mitgläubiger, Miteigentümer oder Miterbe den Rechtsstreit für alle Teilhaber bzw. für die Gesamthand in Prozessstandschaft führe,926 erstreckt sich die Rechtskraft des Urteils nach h. A. nicht auf den nicht beteiligten Mitberechtigten.927 Wird seitens eines Nießbrauchers oder (Pfändungs-)Pfandgläubigers über eine belastete oder gepfändete Forderung prozessiert, agiert dieser ebenso wie ein Mitgläubiger oder Miteigentümer primär im Eigeninteresse und nicht aufgrund einer ihm übertragenen fremdnützigen Verfügungsbefugnis, zumal, wie gezeigt, die Sachbefugnis und Prozessführungsbefugnis des Forderungsgläubigers nicht einmal temporär aufgehoben ist. Methodologisch vertretbar lässt sich eine Rechtskraftbindung des nicht prozessierenden Forderungsinhabers und, vice versa, des nicht prozessierenden (Pfändungs-)Pfandgläubigers an die im Prozess des jeweils anderen Teils gegen den (Dritt-)Schuldner resp. Sicherungsgeber ergehende Entscheidung über die gepfändete resp. verpfändete Forderung oder über ein Nebenrecht m. E. aber mit einem 923 Vgl. Stein/Jonas (-Althammer), ZPO IV23, § 325 Rn. 55; MünchKomm (-Gottwald), ZPO I5, § 325 Rn. 48. 924 Siehe die Nachweise in der vorigen Fn. 925 Zu den Parteien kraft Amtes zählen bekanntlich der Insolvenzverwalter (§ 80 InsO), der Nachlassverwalter (§§ 1984 Abs. 1, 1985 Abs. 1 BGB) sowie der Zwangsverwalter (§ 152 Abs. 2 ZVG); siehe nur Stein/Jonas (-Althammer), ZPO IV23, § 325 Rn. 56. 926 Rosenberg/Schwab/G ottwald, Zivilprozessrecht18 , § 46 Rn. 21 f., 25; Stein/ Jonas (-Althammer), ZPO IV23, § 325 Rn. 59; skeptisch jedoch Schur, KTS 2001, 73, 90. 927 St.Rspr. des BGH, vgl. BGH, Urteil v. 28.6.1985 – V ZR 43/84 NJW 1985, S. 2825 m. w. N.; Stein/Jonas (-Althammer), ZPO IV23, § 325 Rn. 59, 64.
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Analogieschluss zu § 856 Abs. 4 ZPO begründen.928 Eine ausfüllungsbedürftige Regelungslücke dürfte vorliegen. Die Interessenlage gebietet auch jenseits des geregelten Falles, in dem die Rechtskraft eines Urteils über einen Hinterlegungsbzw. Herausgabeanspruch gem. §§ 853–855 ZPO zugunsten und zulasten aller Vollstreckungsgläubiger wirkt, eine Rechtskraftbindung des nicht am Rechtsstreit auf Zahlung resp. Duldung der Zwangsvollstreckung beteiligten Forderungsinhabers resp. (Pfändungs-)Pfandgläubigers an das Prozessergebnis, sofern der jeweils andere Teil die Forderung oder ein akzessorisches Nebenrecht gegen den Schuldner einklagt. Zunächst wäre mit einer (wechselseitigen) Rechtskrafterstreckung die aus den konkurrierenden Einziehungsbefugnissen des Forderungsinhabers und aller (Pfändungs-)Pfandgläubigers resultierenden prozessualen Nachteile des (Dritt-)Schuldners bzw. Sicherungsgebers weitgehend neutralisiert und damit dem Gebot prozessualer Waffengleichheit genügt.929 Die Rechtsstellung des nicht prozessierenden Forderungsinhabers resp. (Pfändungs-)Pfandgläubigers wird hierdurch auch unter dem Gesichtspunkt des verfassungsrechtlich verbürgten Rechts auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) nicht unverhältnismäßig verschlechtert. Denn die entsprechende Anwendung des § 856 Abs. 4 ZPO ist systematisch kohärent mit der Befugnis, dem Rechtsstreit als Streitgenosse auf Seiten des betreibenden Forderungsinhabers resp. (Pfändungs-)Pfandgläubigers und nicht bloß als Streithelfer entsprechend § 856 Abs. 2 ZPO beizutreten, zu kombinieren.930 Sofern dem Inhaber einer gepfändeten Forderung durch Verzögerung der Einziehung oder Unterlassung der in § 841 ZPO vorgeschriebenen Streitverkündung seitens des Vollstreckungsgläubigers ein Vermögensschaden entstehen, kann er mit diesem gegen die titulierte Forderung des Gläubigers aufrechnen; nichts anderes gilt, wenn durch eine Verletzung der dem Vertragspfandgläubiger resp. Nießbraucher obliegenden Pflicht zur ordnungsgemäßen Einziehung (§ 1074 S. 2, 1285 Abs. 2 S. 1 BGB) dem Forderungsinhaber ein Schaden entsteht.931 Zu beachten ist zwar, dass das „Initiativrecht“ des nicht prozessierenden (Pfändungs-)Pfandgläubiger aufgrund der Anerkennung einer pfandgläubigernützigen Einziehungsbefugnis des Forderungsinhabers auch nach Eintritt der Pfandreife im Verbund mit der propagierten Rechtskrafterstreckung geschwächt wird, obschon dieses Recht dem (erstrangigen) Forderungspfandgläubiger doch nach der gesetzgeberischen Wer928 So bereits Bettermann, Die Vollstreckung des Zivilurteils in den Grenzen seiner Rechtskraft, S. 146 ff.; Berger, JZ 2002, 44, 48; Stein/Jonas (-Würdinger), ZPO VIII 23, § 829 Rn. 100; eingehend Rieländer, ZZP 133 (2020), 163, 170 ff. 929 Rieländer, ZZP 133 (2020), 163, 171 f. Dass die Rechtsstellung des Drittschuldners durch die Pfändung nicht im Vergleich zur Forderungszession verschlechtert werden darf, ist einhellig anerkannt (statt vieler Baur/Stürner/Bruns, Zwangsvollstreckungsrecht13, Rn. 30.33). 930 Rieländer, ZZP 133 (2020), 163, 172 f.; zwecks Wahrung des Grundrechts auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) ist die Rechtskraftbindung zulasten des Forderungsinhabers resp. (Pfändungs-)Pfandgläubigers an das vom jeweils anderen Teil gegen den (Dritt-)Schuldner resp. Sicherungsgeber erzielten Urteils analog § 856 Abs. 5 ZPO durch das Erfordernis einer Beteiligung bzw. Ladung eingeschränkt. 931 Rieländer, ZZP 133 (2020), 163, 172; Staudinger (-Heinze), BGB (2017), § 1074 Rn. 10.
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tungsentscheidung im Verhältnis zu nachrangigen Forderungspfandgläubigern uneingeschränkt zusteht (§ 1290 BGB). Indes schlägt dieses Argument nicht mit besonderem Gewicht zu Buche. Wird nämlich die verpfändete Forderung auch noch (mehrfach) gepfändet, gilt § 1290 BGB nicht: Gegen die Einziehungsklage des Vollstreckungsgläubigers kann der Vertragspfandgläubiger auch nicht mit einer Drittwiderspruchsklage gem. § 771 ZPO vorgehen; die Einziehungsklage begründet eine Rechtshängigkeitssperre entsprechend § 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO, es bleibt nur die Klage auf vorzugsweise Befriedigung gem. § 805 ZPO.932 Wenn aber der (Pfändungs-)Pfandgläubiger bei der Einziehungsklage seitens des Forderungsinhabers prozessual nicht schlechter gestellt wäre als bei einer Klage eines anderen Vollstreckungsgläubigers, wäre eine Rechtskrafterstreckung auf den Gläubiger nicht unzumutbar, sondern nur folgerichtig.933 Wird entgegen der hier favorisierten Lösung eine wechselseitige Rechtskraftbindung des nicht prozessierenden Forderungsinhabers resp. (Pfändungs-)Pfandgläubigers an das vom jeweils anderen gegen den (Dritt-)Schuldner resp. Sicherungsgeber erzielte Urteil verneint, ist dieser allerdings prozessual auch nicht schutzlos gestellt. So liegt es nach den von der Rechtsprechung aufgestellten Maßstäben nicht fern, ausnahmsweise eine isolierte Drittwiderklage, z. B. hinsichtlich des Bestehens der Forderung als vorgreifliches Rechtsverhältnis gem. §§ 256, 33 ZPO, des auf Leistung in Anspruch genommenen Schuldners gegen den bislang unbeteiligten Forderungsgläubiger für zulässig zu erachten.934 Sofern man mit der Rechtspre932
MünchKomm (-Damrau), BGB VII7, § 1290 Rn. 5. So im Ergebnis auch Berger, JZ 2002, 44, 48; Stein/Jonas (-Würdinger), ZPO VIII 23, § 829 Rn. 100. 934 Näher Rieländer, ZZP 133 (2020), 163, 174 ff. Zwar wird stets betont, dass eine Widerklage gem. § 33 ZPO gegen einen am Prozess unbeteiligten Dritten grundsätzlich nur zulässig sei, wenn sie als parteierweiternde Widerklage auch gegen den Kläger gestellt werde; denn die Widerklage setze begrifflich eine anhängige Klage voraus, der Widerbeklagte müsse also Kläger sein und der Widerkläger Beklagter (st.Rspr. des BGH, vgl. zuletzt BGH, Urteil v. 11.10.2018 – I ZR 114/17, NJW 2019, S. 1610 Rn. 18 m. w. N.). Indes erkennt der BGH inzwischen in gefestigter Rechtsprechung an, dass eine isolierte Drittwiderklage gegen einen bisher am Prozess unbeteiligten Dritten zulässig ist, wenn die geltend gemachten Ansprüche tatsächlich und rechtlich eng miteinander verknüpft sind und schutzwürdige Interessen des Widerbeklagten nicht entgegenstehen (siehe z. B. BGH, Urteil v. 13.3.2007 – VI ZR 129/06, NJW 2007, S. 1753; Musielak/Voit (-Heinrich), ZPO16 , § 33 Rn. 26 m. w. N.). Hiernach sind insbesondere isolierte Drittwiderklagen gegen Zedenten der Klageforderung als zulässig erachtet worden, wenn der Gegenstand der Drittwiderklage gegen den Zedenten sich mit dem Gegenstand einer hilfsweise gegenüber der Klage des Zessionars zur Aufrechnung gestellten Forderung deckte, wenn es sich um gegenseitige Ansprüche aus einem Unfallereignis handelte und einer der Unfallbeteiligten seine Ansprüche an einen unbeteiligten Dritten abgetreten hatte oder wenn die Forderung an eine Verrechnungsstelle zum Inkasso abgetreten wurde (vgl. BGH, Urteil v. 13.3.2007 – VI ZR 129/06, NJW 2007, S. 1753; BGH, Urteil v. 13.6.2008 – V ZR 114/07, NJW 2008, S. 2852 Rn. 27). Maßgeblich sind prozessökonomische Gesichtspunkte: Es geht darum, eine Vervielfältigung und Zersplitterung von Prozessen über einen einheitlichen Lebenssachverhalt mit dem Risiko sich widersprechender Entscheidungen zu vermeiden und eine gemeinsame Verhandlung und Beurteilung über innerlich zusammengehörige Ansprüche zu ermöglichen (BGH, Urteil v. 13.6.2008 – V ZR 114/07, NJW 2008, S. 2852 Rn. 27; BGH, Urteil v. 7.11.2013 – VII ZR 105/13, ZfBR 2014, 141 Rn. 15–16; BGH, Urteil v. 11.8.2018 – I ZR 114/17, NJW 2019, S. 1610 Rn. 19). 933
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chung eine isolierte Drittwiderklage des vom Zessionar in Anspruch genommenen Schuldners gegen den Zedenten der Klageforderung, mit der die Feststellung beantragt wird, dass dem Zedenten keine Ansprüche zustehen, für zulässig erachtet, wenn die Drittwiderklage auf demselben rechtlichen und tatsächlichen Verhältnis beruht wie der mit der Klage verfolgte Anspruch,935 muss dies erst recht gelten, wenn der auf Leistung verklagte Schuldner widerklagend beantragt, festzustellen, dass dem Gläubiger der gepfändeten resp. belasteten Forderung keine Ansprüche auf Leistung resp. Duldung der Zwangsvollstreckung zustehen. Anders als bei der Zession bedarf es bei der Verpfändung keiner konstitutiven Rückabtretung des Klageanspruchs an den Gläubiger, weil dessen Forderung nur belastet und die sog. restitutiven Sukzession, d. h. der Wegfalls des Pfandrechts des prozessierenden Forderungspfandgläubigers nach Eintritt der Rechtshängigkeit (§§ 253 Abs. 1, 261 Abs. 1 ZPO) in zivilprozessrechtlicher Hinsicht keine „Rechtsnachfolge“ i. S. v. § 325 Abs. 1 ZPO ist.936 Aber selbst wenn man dies anders sähe und die restitutive Sukzession als „Rechtsnachfolge“ i. S. v. § 325 Abs. 1 ZPO klassifizieren würde, wäre der Forderungsgläubiger nicht an das Prozessergebnis des vom Pfandgläubiger geführten Rechtsstreits gebunden, wenn schon die ursprüngliche Verpfändung nichtig war.937 Ein Schutzbedürfnis, das eine isolierte Drittwiderklage rechtfertigt, ist somit in jedem Fall ebenso wie bei der Zession gegeben, zumal nicht ersichtlich ist, dass insoweit schutzwürdige Belange des prozessual unbeteiligten Forderungsgläubigers entgegenstehen.938 Demgemäß bilden der Forderungsgläubiger und der (Pfändungs-)Pfandgläubiger bzw. Nießbraucher eine einfache Streitgenossenschaft, wenn sie gemeinschaftlich prozessieren. Mangels Rechtskrafterstreckung scheidet eine notwendige Streitgenossenschaft gem. § 62 Abs. 1 Var. 1 ZPO ohnedies aus,939 während eine notwendige Streitgenossenschaft aus materiellrechtlichen Gründen 935 Siehe z. B. BGH, Urteil v. 13.3.2007 – VI ZR 129/06, NJW 2007, S. 1753; Musielak/Voit (-Heinrich), ZPO16 , § 33 Rn. 26 m. w. N. 936 Rieländer, ZZP 133 (2020), 163, 183 ff.; grundlegend BGH, Urteil v. 18.12.2015 – V ZR 269/14, NJW 2016, S. 1953: Eigentümer eines vormals belasteten Grundstücks sei nicht Rechtsnachfolger des verstorbenen Nießbrauchers; die Erteilung einer mit einer Rechtsnachfolgeklausel versehenen vollstreckbaren Ausfertigung eines vom Nießbraucher erstrittenen Titels (auf Herausgabe und Störungsbeseitigung gem. § 1065 i. V. m. §§ 985, 1004 Abs. 1 S. 1 BGB) gem. § 727 ZPO scheide daher aus; siehe hierzu § 2 III. 6. a). 937 Rieländer, ZZP 133 (2020), 163, 174 f.; so auch für den Fall der Zession der geltend gemachten Forderung BGH, Urteil v. 13.6.2008 – V ZR 114/07, NJW 2008, S. 2852 Rn. 33–34; BGH, Urteil v. 11.10.2018 – I ZR 114/17, NJW 2019, S. 1610 Rn. 22). 938 Rieländer, ZZP 133 (2020), 163, 175. Der Zulässigkeit einer auf Feststellung des Nichtbestehens der Forderung gerichteten isolierten Drittwiderklage gegen den Forderungsgläubiger der verpfändeten Forderung steht nicht etwa entgegen, dass der Schuldner, wenn der Leistungsklage stattgegeben und die negative Feststellungswiderklage rechtskräftig abgewiesen wird, dieselbe Leistung zweimal zu erbringen hätte. Auch hier gilt nichts anderes als bei der Zession (siehe hierzu BGH, Urteil v. 11.10.2018 – I ZR 114/17, NJW 2019, S. 1610 Rn. 26–28). Denn in diesem Fall steht rechtskräftig fest, dass der Schuldner dem Pfandgläubiger gegenüber zur Leistung verpflichtet ist und dem Forderungsgläubiger die verpfändete Forderung zusteht. Aufgrund des im selben Prozess ergangenen Leistungsurteils zugunsten des Pfandgläubigers ist nun aber der Forderungsgläubiger daran gehindert, den Schuldner erneut auf Leistung in Anspruch zu nehmen. 939 Vgl. Musielak/Voit (-Weth), ZPO16 , § 62 Rn. 3.
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gem. § 62 Abs. 1 Var. 2 ZPO einfach deshalb nicht in Betracht kommt, weil es dem Forderungsgläubiger und dem Nießbraucher bzw. Pfändungspfandgläubiger freisteht, jeweils kraft Einzelprozessführungsbefugnis ohne Zustimmung des jeweils anderen die belastete bzw. gepfändete Forderung einzuklagen.
4. Rangverhältnisse Weil alle Rechte höheren Grades am Rang des belasteten Rechts partizipieren, ist es regelungstechnisch nur folgerichtig, die Vorrangeinräumung seitens des Inhabers eines belasteten Grundpfandrechts einem Zustimmungserfordernis zu unterwerfen (§ 880 Abs. 3 BGB). Während sich der Rang ebenso wenig wie der (sonstige) Inhalt eines belasteten Rechts rechtsgeschäftlich zum Nachteil dinglich berechtigter Dritter ohne deren konstitutive Zustimmung verändern lässt, profitieren umgekehrt abgeleitete Rechte höherer Stufe von sämtlichen rangverbessernden Modifikationen des belasteten Rechts einschließlich des gutgläubigen Erwerbs eines Rangvorrechts.940 Von der „Teilhabe am Rang“ zu unterscheiden ist die materielle Rangfähigkeit der Rechte höheren Grades. Im Ausgangspunkt ist das Rangverhältnis von Pfandrechten an (dinglichen) Rechten unproblematisch. Maßgeblich ist das Prinzip des Altersvorzugs (§§ 1273 Abs. 2 S. 1, 1209, 1290, 1291 BGB). Wenngleich weitgehend anerkannt sein dürfte, dass bei der Verpfändung von mit unrichtigem Rang verlautbarten Grundpfandrechten ein gutgläubiger Erwerb des Rangvorrechts stattfinden kann, liegt der neuralgische Punkt in den Rechtsfolgen; auf die hier entwickelte Lösung und konträre Positionen wird Bezug genommen.941 Soweit Rechte an Grundstücksrechten in Übereinstimmung mit Liegenschaftsrechten zu ihrer Entgegensetzbarkeit der Eintragung im Grundbuch bedürfen, ist es nur folgerichtig, in identischem Ausmaß Ranggestaltungsfreiheit anzuerkennen. Das Prioritätsprinzip als materielle Rangdeterminante unterliegt damit sowohl bei eintragungsbedürftigen Sachenrechten erster als auch bei eintragungsbedürftigen Sachenrechten zweiter und höherer Stufe der Parteidisposition (§§ 879 Abs. 3, 880 BGB analog).942 940 Siehe bereits § 2 III. 6. c) mit Fn. 480: Wird z. B. eine verpfändete nachrangige Grundschuld nach ungerechtfertigter Löschung der vorrangigen Grundschuld gem. §§ 1192 Abs. 1, 1154 Abs. 1, 398 BGB abgetreten, wirkt sich der gutgläubige Erwerb des Vorrangs der belasteten Grundschuld gem. § 892 BGB seitens des Zessionars reflexhaft zugunsten des Pfandgläubigers aus, auch wenn im Zeitpunkt der Verpfändung die Voraussetzungen eines gutgläubigen Erwerbs nicht erfüllt waren (Staudinger (-Picker), BGB (2019), § 892 Rn. 229). 941 § 5 IV. 2. c). 942 Siehe § 3 II. 2. Schließlich ist das Prioritätsprinzip in § 879 Abs. 1 BGB nur in einer an die Technizitäten des Grundbuchverfahrensrechts angepassten Form verschlüsselt; maßgeblich ist hiernach – ebenso wie in § 879 Abs. 2 BGB – das Prioritätsprinzip der Grundbucheintragungen (BeckOGK BGB (-Kesseler), Stand: 1.1.2019, § 879 Rn. 23). Wenngleich die im Schrifttum vertretenen Ansichten im Detail changieren, ist dabei weitgehend anerkannt, dass sich der materiellrechtliche Rang im Zweifel nach dem Zeitpunkt des tatsächlichen Vollzugs der Eintragung und nicht nach dem Zeitpunkt der Antragstellung oder dem Eintragungsort richtet (näher Stadler, AcP 189 (1989), S. 425, 440–445; Baur/Stürner, Sachenrecht18 , § 17 Rn. 16–21; MünchKomm
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Anders wird für lediglich eintragungsfähige Rechte an Grundstücksrechten entschieden, namentlich Nießbrauchs- und Pfandrechte an Briefgrundpfandrechten943 sowie kraft Surrogation (vgl. §§ 1075 Abs. 1, 1287 S. 1 BGB) entstehende Nießbrauchs- und Pfandrechte an Hypotheken, Grundschulden und Reallasten.944 Diese Betrachtungsweise korrespondiert mit der überwiegenden Ansicht, wonach der Rang zwischen Pfandrechten an beweglichen Sachen – auch mangels eines verlässlichen Rangverlautbarungsinstruments – nicht privatautonom festgelegt werden könne.945 Ausgeblendet wird in der Literatur die sich aufdrängende Frage, ob (-Kohler), BGB VII7, § 879 Rn. 17–20); verfahrensrechtliche Fehler schlagen also grundsätzlich nicht auf das Rangverhältnis durch, weshalb auch ein einmal entstandenes Recht – vorbehaltlich gutgläubigen Erwerbs – nicht durch unrichtige Verlautbarung später entstandener Rechte seines Vorrangs verlustig geht. In den Einzelheiten ist aber noch vieles strittig. So stellt sich auch im Verhältnis konkurrierender Nießbrauchs- und Pfandrechte an Grundstücksrechten die Frage, wie bei einer Divergenz von Eintragungszeitpunkt und räumlicher Reihenfolge in derselben Abteilung zu entscheiden ist. Mit Blick auf den unzweideutigen Wortlaut des § 879 Abs. 1 S. 1 BGB sowie aus Gründen der Rechtssicherheit läge es nur nahe, auf die räumliche Reihenfolge abzustellen. Mit unterschiedlichen Begründungen wird vielfach aber doch auf den wirklichen Eintragungszeitpunkt abgestellt, was von einer vordringenden Ansicht darauf gestützt wird, dass die Norm nicht mit materieller Wirkung die Rangverhältnisse bestimme, sondern die Richtigkeitsund Vollständigkeitsvermutung des Grundbuchs konkretisiere; Dritte würden somit jedenfalls durch die Möglichkeit eines gutgläubigen Erwerbs des Vorrangs geschützt. Demgegenüber ist die gleichfalls umstrittene Frage, wie bei einer Divergenz zwischen Eintragungszeiten und Datierungen das Rangverhältnis zwischen Rechten in verschiedenen Abteilungen zu bestimmen ist (vgl. Stadler, AcP 189 (1989), S. 425, 443–445; Baur/Stürner, Sachenrecht18 , § 17 Rn. 20–21 m. w. N.), bei Rechten an Grundstücksrechten wohl kaum relevant, weil diese generell in derselben Abteilung, nämlich in der Veränderungsspalte des zu belastenden Grundpfandrechts einzutragen sind. 943 Dies soll auch dann gelten, wenn das Pfandrecht an der durch Briefhypothek gesicherten Forderung im Grundbuch eingetragen wird. Weil der Zeitpunkt der Bestellung und nicht der Tag der Eintragung maßgeblich sei, werde das Grundbuch durch die Eintragung unrichtig, falls nicht ein Rangvermerk eingetragen werde (vgl. Planck (-Strecker), BGB III/15, § 879 Anm. 7 d; Staudinger (-S. Heinze), BGB (2018), § 881 Rn. 15–16; Harry Westermann, Sachenrecht5, § 81 I (S. 401); Wolff/R aiser, Sachenrecht10, § 41 VI (S. 133–134). Unmaßgeblich ist somit die räumliche Abfolge der Eintragungen der Belastungen einer Briefhypothek oder Briefgrundschuld in der Veränderungsspalte (§§ 10 Abs. 5, 11 Abs. 6 GBV).). Unanwendbar seien die §§ 879 ff. BGB ferner auf solche Rechte, die surrogationsbedingt außerhalb des Grundbuchs entstünden, z. B. durch Erfüllung eines mit Nießbrauchs- oder Pfandrechten belasteten Anspruchs auf Bestellung eines Grundstücksrechts gem. §§ 1075 Abs. 1, 1287 S. 1 BGB, § 848 Abs. 2 S. 2 ZPO (vgl. BeckOGK BGB (-Kesseler), Stand: 1.1.2019, § 879 Rn. 11; MünchKomm (-Kohler), BGB VII7, § 879 Rn. 12). 944 Für kraft Gesetzes außerhalb des Grundbuchs entstehende Grundstücksrechte und Rechte an Grundstücksrechten gelten die §§ 879 ff. BGB nicht; maßgeblich ist nicht die durch die Eintragung verlautbarte scheinbare Rangfolge, sondern allein der außerbücherliche Entstehungszeitpunkt (vgl. BeckOGK BGB (-Kesseler), Stand: 1.1.2019, § 879 Rn. 11; MünchKomm (-Kohler), BGB VII7, § 879 Rn. 12); dies ändert freilich nichts daran, dass ein außerhalb des Grundbuchs entstehendes (Recht an einem) Grundstücksrecht, sofern es nicht deklaratorisch eingetragen wird, durch gutgläubigen Erwerb gem. § 892 Abs. 1 S. 1 BGB beseitigt oder in seinem Rang verdrängt wird. 945 Siehe etwa OLG Celle, Urteil v. 14.5.2009 – 13 U 119/08, BeckRS 2009, 28334; MünchKomm (-Damrau), BGB VI6 § 1209 Rn. 1; Staudinger (-D. Wiegand), BGB (2019), § 1209 Rn. 9; Wolff/R aiser, Sachenrecht10, § 172 I (S. 712); BeckOGK BGB (-Förster), Stand: 1.6.2019, § 1209 Rn. 10). Zur Begründung wird darauf verwiesen, dass der Gesetzgeber bewusst darauf verzichtet habe, eine § 880 BGB vergleichbare Vorschrift betreffend die Rangänderung zwischen Pfandrech-
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Rechte an Grundstücksrechten mit einem Rangvorbehalt belegbar und damit korrespondierend einer Rangeinweisung analog § 881 BGB zugänglich sind. Wie bereits gezeigt, liegen die Voraussetzungen für einen Analogieschluss nicht vor; eine Rangsicherung kommt insoweit allein durch anfängliche Bestellung eines Eigenrechts in Betracht.946 Demgegenüber ist es denkbar, dass Gesamtpfandrechte an (Gesamt-)Grundpfandrechten (§§ 1132 Abs. 1 S. 1, 1192 Abs. 1 BGB) mit unterschiedlichem Rang an den einzelnen belasteten Hypotheken oder Grundschulden bestehen. Mit der Frage, ob ein Pfandrecht an einer Gesamthypothek mit unterschiedlichem Rang hinsichtlich der betroffenen Grundstücke versehen werden kann – was allgemein abgelehnt wird947 – hat dies nichts zu tun. Ein gespaltener Rang soll zwar bei Rechten an Grundstücksrechten ebenso wenig wie bei Grundstücksrechten in Frage kommen.948 Eine lückenlose Entsprechung des als singuläres Recht zu deutenden Gesamtpfandrechts an den einzelnen Hypotheken oder Grundschulden ist aber ungeachtet des in § 1222 BGB (i. V. m. § 1273 Abs. 2 S. 1 BGB) normierten Prinzips der „ungeteilten Pfandhaftung“949 nicht erforderlich.950 Folglich ist eine unten an beweglichen Sachen zu normieren. Ein schutzwürdiges Interesse, Rangänderungsvereinbarungen mit dinglichen Wirkungen zu treffen, bestehe schon deshalb nicht, weil Pfandrechtskonkurrenzen an beweglichen Sachen rechtstatsächlich kaum vorkommen (BeckOGK BGB (-Förster), Stand: 1.6.2019, § 1209 Rn. 10). Sollte es einmal anders liegen, stünde es den Parteien ja frei, das ältere Pfandrecht aufzuheben und sodann wieder neu zu bestellen, um das gewünschte Ergebnis einer dinglichen Rangänderung herbeizuführen; im Übrigen könne eine Rangänderungsvereinbarung problemlos mit schuldrechtlicher Wirkung vereinbart werden (MünchKomm (-Damrau), BGB VII7, § 1209 Rn. 1; Staudinger (-D. Wiegand), BGB (2019), § 1209 Rn. 9). Endlich fehle es jenseits des Liegenschaftsrechts an einem verlässlichen Verlautbarungsinstrument privatautonomer Rangänderungen. Nach der Gegenansicht sind vertragliche Änderungen der Rangfolge konkurrierender Pfandrechte an beweglichen Sachen prinzipiell auch ohne publizitätswirksame Manifestation möglich (Wieling, Sachenrecht I2, § 15 VI c (S. 714); Westermann/ Gursky/Eickmann (-Gursky), Sachenrecht8 , § 130 Rn. 3). Dies soll jedenfalls dann gelten, wenn eine Benachteiligung von konkurrierenden Zwischenrechten ausgeschlossen ist (so NomosKomm (-Bülow), BGB III4, § 1209 Rn. 3; Soergel (-Habersack), BGB XVI13, § 1209 Rn. 5). 946 Siehe § 3 II. 2. 947 Wird eine Gesamthypothek (resp. Gesamtgrundschuld) mehrfach verpfändet, soll zwischen den konkurrierenden Pfandrechten zwingend ein einheitliches Rangverhältnis in Bezug auf die einzelnen der Gesamthypothek verhafteten Grundstücke bestehen; ein gespaltenes nach dem Belastungsgegenstand der Gesamthypothek variierendes Rangverhältnis scheidet aus (vgl. KG, Beschluss v. 18.10.1909, KGJ 39, A 248, 253 ff.; Meikel (-Böhringer), GBO, § 48 Rn. 164; siehe hierzu bereits § 2 IV. 3. mit Fn. 656). 948 Vgl. BGH, Beschluss v. 2.10.2003 – V ZB 38/02, NJW 2004, S. 361, 362 (eine Reallast könne nicht mit unterschiedlichem Rang für rückständige und künftig fällig werdende Leistungen bestellt werden, weil die geschuldeten Leistungen in ihrer Summe das „Stammrecht“ bildeten und das materielle Recht einen gespaltenen Rang eines singulären subjektiven Rechts nicht anerkenne). Dies muss auch für Rechte an (Gesamt-)Grundpfandrechten ohne Rücksicht darauf gelten, ob das belastete Recht sich auf mehrere Grundstücke bezieht; einen unterschiedlichen Rang können Rechte an Grundpfandrechten allenfalls dann aufweisen, wenn sie sich auf mehrere (Gesamt-) Grundpfandrechte beziehen. 949 Mot. III, S. 805; Wieling, Sachenrecht I, § 15 VII 3 d (S. 729); NomosKomm (-Bülow), BGB III, § 1222 Rn. 1. 950 Ein Gesamtpfandrecht an mehreren Rechten (und/oder Sachen) ist unproblematisch gem.
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terschiedliche Rangfolge eines Gesamtpfandrechts an mehreren Hypotheken oder Grundschulden im Verhältnis zu konkurrierenden Nießbrauchs- und Pfandrechte möglich. Die Rechtsfolgen des Rangverhältnisses zwischen mehreren Pfandrechten an begrenzten Sachenrechten sind unproblematisch; auf die Art des mehrfach belasteten Rechts kommt es nicht an. So ist prinzipiell nur der erstrangige Forderungspfandgläubiger zur Einziehung der Forderung und damit auch zur Ausübung der akzessorischen Nebenrechte gem. § 1290 BGB berechtigt, wobei natürlich auch der erstrangige Forderungspfandgläubiger, sofern das belastete Pfandrecht mit anderen Pfandrechten an der Sache konkurriert, insoweit nicht anders steht als der Inhaber des belasteten Sachpfandrechts (vgl. § 1232 BGB).951 Entsprechendes gilt § 1222 BGB i. V. m. § 1273 Abs. 2 S. 1 BGB möglich (MünchKomm (-Damrau), BGB VII7, § 1273 Rn. 9; Planck (-Flad), BGB III4, § 1273 Anm. 2 p; Riedel, Abtretung und Verpfändung von Forderungen und anderen Rechten, Rn. 4.323), wobei dies auch dadurch entstehen kann, dass sukzessiv seitens unterschiedlicher Personen verschiedene Rechte an einen Gläubiger zwecks Sicherung einer Forderung verpfändet werden (Wieling, Sachenrecht I, § 15 VII 3 d (S. 729); Erman (-J. Schmidt), BGB II, § 1222 Rn. 3; Staudinger (-D. Wiegand), BGB (2019), § 1222 Rn. 1). Schon diese Möglichkeit einer schrittweisen Entstehung eines Gesamtpfandrechts impliziert die Möglichkeit, dass der Rang desselben an den einzelnen Rechten variieren kann. Dass der Pfandgläubiger von Gesetzes wegen im Unterschied zum Hypothekar einer Gesamthypothek die „Haftung“ der einzelnen Sachen für die gesicherte Forderung nicht einseitig festlegen kann, spielt keine Rolle, zumal nach verbreiteter Ansicht vertragliche Regelungen über den Haftungsumfang der einzelnen Pfänder nicht zu beanstanden sind (Erman (- J. Schmidt), BGB II15, § 1222 Rn. 4 m. w. N. auch zur Gegenansicht; BeckOGK BGB (-Förster), Stand: 1.6.2019, § 1222 Rn. 8). Ein einheitlicher Rang in Bezug auf alle von der Hypothek belasteten Grundstücke ist weder aus Gründen des Schuldnerschutzes noch aus Gründen des Schutzes dinglich berechtigter Dritter erforderlich; desgleichen sind Inhaltsänderungen der Hypothek unter Beschränkung auf einzelne Grundstücke oder ein auf einzelne Grundstücke beschränkter Verzicht (vgl. § 1175 Abs. 1 S. 2 BGB) zulässig. Für das Gesamtpfandrecht gem. § 1222 BGB (i. V. m. § 1273 Abs. 2 S. 1 BGB) kann nichts anderes gelten. Soweit demgegenüber bei der Gesamthypothek die Gleichartigkeit des dinglichen Rechts an allen Grundstücken gefordert wird, zielt dies darauf ab, eine „Vervielfältigung des hypothekarischen Rechts“ zu verhindern (RG, Urteil v. 16.3.1906 – VII 310/05, RGZ 63 S. 74, 75; Staudinger (-Wolfsteiner), BGB (2015), § 1132 Rn. 37). Demgemäß sind Abtretungen oder Belastungen einer „Gesamthypothek“, scil. der gesicherten Forderung, nach allgemeiner Ansicht nur einheitlich hinsichtlich aller von der Hypothek erfassten Grundstücke möglich (RG, Urteil v. 16.3.1906 – VII 310/05, RGZ 63 S. 74, 75; MünchKomm (-Lieder), BGB VII7, § 1132 Rn. 26). Die Abtretung oder Belastung einer Buchgesamthypothek bedarf zu ihrer Wirksamkeit daher der Eintragung auf den Grundbuchblättern aller von der Gesamthypothek erfassten Grundstücke; solange auch nur eine Eintragung fehlt, ist die Verfügung auch nicht etwa teilweise hinsichtlich derjenigen Grundstücke wirksam, für die eine Eintragung erfolgt ist (RG, Urteil v. 16.3.1906 – VII 310/05, RGZ 63 S. 74; OLG München, Beschluss v. 11.2.2014 – 34 Wx 372/13, FGPrax 2014, S. 108; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht15, Rn. 2406b). Alles andere ließe sich konstruktionsjuristisch auch gar nicht erklären, weil nicht über das Grundstück, sondern über die durch die Gesamthypothek gesicherte Forderung verfügt wird. 951 Wenn der Inhaber eines nachrangigen und mit einem Forderungspfandrecht belasteten Sachpfandrechts nicht im Besitz des Pfandes ist, kann selbstverständlich auch der Gläubiger des Forderungspfandrechts nicht das Pfand von einem vorrangigen Sachpfandgläubiger zwecks Pfandverkaufs herausverlangen (§ 1232 S. 1 BGB). Allerdings kann er ebenso wie der Gläubiger des nachrangigen belasteten Sachpfandrechts das vorrangige Pfandrecht gem. § 1249 BGB ablösen (vgl. MünchKomm (-Damrau), BGB VII7, § 1232 Rn. 2; Soergel (-Habersack), BGB XVI13, § 1232 Rn. 2). Die Einziehungsermächtigung erstreckt sich schließlich auf alle Befugnisse, die der Durchsetzung des belasteten Pfandrechts dienen einschließlich der aus dem belasteten Recht fol-
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bei einer Konkurrenz mehrerer Pfandrechte an einer Grundschuld oder Reallast (§ 1291 BGB).
5. Schuldverhältnisse Wenngleich das Gesetz primär dem (mit dem Inhaber des verpfändeten Rechts nicht zwingend personenidentischen) Verpfänder im Verhältnis zum Erwerber spezifische Rechte und Pflichten auferlegt, entstehen im Verwertungsstadium spezifische Rechte und Pflichten zwischen dem Pfandgläubiger und dem Eigentümer bzw. dem Inhaber des verpfändeten Rechts.952 Wird ein Pfandrecht mittels Forderungsverpfändung belastet, gilt nichts anderes, weil sich das gesetzliche Schuldverhältnis zwischen dem Forderungspfandgläubiger und dem Gläubiger auf die mit der verpfändeten Forderung verbundenen Nebenrechte erstreckt.953 Dabei dürfte dem Forderungspfandgläubiger – vorbehaltlich abweichender Parteivereinbarungen – ein „Entschließungs- und Auswahlermessen“ hinsichtlich der Ausübung akzessorischer Rechte im Verhältnis zum Gläubiger der gesicherten Forderung zustehen. So wie ein Zessionar einer gesicherten Forderung ist der Forderungspfandgläubiger frei, ob er kraft seiner (ausschließlichen) Einziehungsermächtigung die Hauptforderung und/oder akzessorische Nebenrechte durchsetzt oder ohne Rücksicht auf das Pfandrecht in das Vermögen des Schuldners vollstreckt.954 Selbst wenn man aus genden Ablösungsberechtigung, um ggf. durch Ablösung die gesicherte Forderung des vorrangigen Sachpfandgläubiger einschließlich des Pfandrechts gem. §§ 268 Abs. 3, 412, 401, 1250 Abs. 1 S. 1 BGB zu erwerben, Herausgabe des Pfandes nach § 1227 BGB zu verlangen und sodann dieses sowie das nachrangige belastete Pfandrecht zu verwirklichen. Wird hingegen die durch ein vorrangiges Pfandrecht gesicherte Forderung verpfändet, kann der Forderungspfandgläubiger als Inhaber des herrschenden Pfandrechts dieses zwecks Pfandverkaufs von nachrangigen Sachpfandgläubigern herausverlangen (arg. e § 1232 S. 2 BGB); anderenfalls kann auch er dem Verkauf des Pfandes durch einen nachrangigen Sachpfandgläubiger nicht, sondern nur einem Verkauf durch einen nachrangigen Forderungspfandgläubiger eines dasselbe Sachpfandrecht belastenden Pfandrechts widersprechen (vgl. § 1290 BGB). Sofern eines von mehreren gleichrangigen Pfandrechten belastet ist, hat der Gläubiger des herrschenden Pfandrechts ebenso wie der Gläubiger des dienenden Pfandrechts zumindest ein Recht zur Mitwirkung am Pfandverkauf mit den anderen gleichrangigen Pfandgläubigern; zu diesem Zweck kann Einräumung des Mitbesitzes verlangt werden (vgl. MünchKomm (-Damrau), BGB VII7, § 1232 Rn. 4; Palandt (-Wicke), BGB78 , § 1232 Rn. 2; Soergel (-Habersack), BGB XVI13, § 1232 Rn. 4). 952 Vgl. §§ 1234 Abs. 1 S. 1, § 1237 S. 2 Hs. 1, 1241, 1285, 1286, 1288 Abs. 1 BGB. 953 Hiervon zu unterscheiden ist wiederum das Schuldverhältnis zwischen dem Verpfänder der Forderung, sofern dieser mit dem Gläubiger der verpfändeten Forderung nicht identisch ist, und dem Pfandgläubiger. 954 Vgl. RG, Urteil v. 7.8.1942 – VII 33/42, RGZ 169, S. 321, 322–323 (so stehe es im Ermessen des Pfandgläubigers, welche Maßnahmen er aus einer vollstreckbaren notariellen Urkunde gegenüber dem Eigentümer des von der verpfändeten Hypothek betroffenen Grundstücks ergreife; der Pfandgläubiger könne wahlweise in das Grundstück oder in das übrige Vermögen des Eigentümers vollstrecken; da aus einem (vergeblichen) Vollstreckungsversuch in das übrige Vermögen des Eigentümers keine Rechenschaftspflicht gegenüber dem Hypothekengläubiger folge, könne der Pfandgläubiger ein etwaig erlangtes Pfändungspfandrecht nach eigenem Ermessen aufgeben (in casu: Verzicht auf ein Pfändungspfandrecht an einer Gegenforderung des Eigentümers gegen den Hypothekengläubiger aufgrund eines mit dem Eigentümer vereinbarten Vergleichs) und die
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der in § 1285 Abs. 2 S. 1 BGB bestimmten Pflicht zur ordnungsmäßigen Einziehung eine weitergehende Interessenwahrungspflicht gegenüber dem Gläubiger ableiten will,955 dürfen deren Anforderungen nicht überspannt werden.956 Zieht der Pfandgläubiger eine die verpfändete Forderung sichernde Bürgschaft ein, ist er zwar einerseits gleichfalls zur unverzüglichen Benachrichtigung und zur ordnungsmäßigen Einziehung gegenüber dem Gläubiger verpflichtet. Andererseits ist der Pfandgläubiger nicht verpflichtet, zwecks Durchsetzung der Forderung oder gar zur Deckung der die verpfändete Forderung sichernden Hypotheken bei einer von Seiten Dritter betriebenen Zwangsvollstreckung eigenes Vermögen aufzuwenden.957 Übt der Forderungspfandgläubiger ein akzessorisches Pfandrecht aus, tritt er nicht in das zwischen dem beschwerten Pfandgläubiger und dem Verpfänder bestehende Schuldverhältnis kraft Gesetzes ein. Wird z. B. eine durch Sachpfand gesicherte Forderung verpfändet, sind die Schuldverhältnisse zwischen dem Verpfänder und dem Pfandgläubiger der gesicherten und verpfändeten Forderung und zwischen diesem und dem Forderungspfandgläubiger klar zu unterscheiden. Ein Pfandgläubiger büßt seine Rechtsposition weder durch die Bestellung eines Nießbrauchs- oder Pfandrechts an seiner Forderung noch durch die Pfändung derselben ein.958 Der Zwangsvollstreckung in das Grundstück betreiben, ohne sich hierdurch wegen Verletzung der Pflicht zur ordnungsmäßigen Einziehung aus § 1285 Abs. 2 S. 1 BGB gegenüber dem Hypothekengläubiger schadensersatzpflichtig zu machen). 955 So tendenziell RG, Urteil v. 13.11 1909 – I 21/09, JW 1910, S. 20; Westermann/Gursky/ Eickmann (-Gursky), Sachenrecht8 , § 136 Rn. 12; Staudinger (-D. Wiegand), BGB (2019), § 1285 Rn. 3; gegen eine allgemeine Interessenwahrungspflicht Palandt (-Herrler), BGB77, § 1285 Rn. 2. 956 Der Pfandgläubiger hat u. a. für die rechtzeitige Geltendmachung der verpfändeten Forderung, z. B. durch Klageerhebung (§ 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB), Sorge zu tragen; außerdem ist er zur ordnungsgemäßen Annahme der Leistung und, falls er Klage erhebt, auch zur ordnungsmäßigen Prozessführung verpflichtet (Erman (-J. Schmidt), BGB II15, § 1285 Rn. 3; NomosKomm (-Bülow), BGB III4, § 1285 Rn. 3). Wegen der erforderlichen Rechtsverfolgungskosten hat der Pfandgläubiger einen Anspruch auf Kostenvorschuss gegen den Gläubiger (Erman (-J. Schmidt), BGB II15, § 1285 Rn. 3; NomosKomm (-Bülow), BGB III4, § 1285 Rn. 3; Palandt (-Herrler), BGB77, § 1285 Rn. 2). 957 RG, Urteil v. 13.11.1909 – I 21/09, JW 1910, S. 20 (die von dritter Seite betriebene Zwangsvollstreckung ist, auch wenn der Pfandgläubiger der Hypothekenforderung in der Zwangsvollstreckung die Hypothek erwirbt, aus der die Zwangsvollstreckung betrieben wird, nicht „Einziehung“ der Forderung i. S. v. § 1285 Abs. 2 S. 1 BGB; der Pfandgläubiger muss daher nicht selbst in der Zwangsversteigerung mitbieten, um ein die verpfändete Hypothek deckendes Bargebot i. S. v. § 49 Abs. 1 ZVG sicherzustellen); zustimmend Erman (-J. Schmidt), BGB II15, § 1285 Rn. 3; NomosKomm (-Bülow), BGB III4, § 1285 Rn. 3; Palandt (-Herrler), BGB77, § 1285 Rn. 2; Staudinger (-D. Wiegand), BGB (2019), § 1285 Rn. 4. Siehe auch RG, Urteil v. 7.8.1942 – VII 33/42, RGZ 169, S. 321, 322–323, wonach auch ein Vollstreckungsversuch seitens des Pfandgläubigers in das sonstige Vermögen des Schuldners der titulierten und verpfändeten Hypothekenforderung den Pfandgläubiger nicht hindert, das durch Mobiliarvollstreckung erlangte Pfändungspfandrecht nach freiem Ermessen aufzugeben und stattdessen das Grundstück kraft der Einziehungsermächtigung an der Hypothekenforderung zu verwerten; zustimmend Erman (-J. Schmidt), BGB II15, § 1285 Rn. 3; NomosKomm (-Bülow), BGB III4, § 1285 Rn. 3; Staudinger (-D. Wiegand), BGB (2019), § 1285 Rn. 4. 958 Siehe allgemein für die Forderungspfändung RG, Urteil v. 26.9.1913 – III 249/13, RGZ 83, S. 116, 118. Die Trennung der an die jeweiligen sachenrechtlichen Subordinationsverhältnisse anknüpfenden schuldrechtlichen Beziehungen sei hier nur exemplarisch anhand des obigen Beispiels aufgezeigt, dass der Pfandgläubiger (C) seine durch Fahrnispfand an dem Warenlager des E gesi-
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Forderungspfandgläubiger ist vielmehr Erfüllungsgehilfe des beschwerten Pfandgläubigers gem. § 278 S. 1 BGB.959 cherte Forderung an seinen Gläubiger (D) verpfändet. Unmittelbare Ansprüche gegenüber dem Unterpfandgläubiger D stehen dem E als Verpfänder der einzelnen, das Warenlager konstituierenden Sachen nicht zu, vielmehr muss er sich grundsätzlich an C halten. Wird z. B. das Sachpfand in einer Weise genutzt oder gebraucht, die auch dem Pfandgläubiger (C) nicht gestattet ist, kann der Verpfänder (E) ggf. Hinterlegung verlangen (§ 1217 Abs. 1 BGB) oder vorzeitig das Pfand einlösen (§ 1217 Abs. 2 BGB). Auch der Rückgabeanspruch aus § 1223 Abs. 1 BGB steht dem Verpfänder (E) ausschließlich gegenüber dem Pfandgläubiger (C), nicht auch gegenüber denjenigen Personen zu, denen – wie D – Rechte an der Pfandforderung zustehen. Sobald das die verpfändete Forderung sichernde Pfandrecht erlischt, endet freilich auch ein derivatives Besitzrecht des Drittberechtigten an der Pfandsache, so dass dieser jedenfalls aus § 985 BGB dem Eigentümer zur Herausgabe verpflichtet ist. Folglich ist der Unterpfandgläubiger (D) auch nicht zur Verwahrung der Sache gegenüber dem Verpfänder aus § 1215 BGB noch – sofern dem Sachpfandgläubiger ein Nutzungsrecht gem. § 1213 BGB zusteht – zur Nutzung des Pfandes und zur Rechenschaft gem. § 1214 Abs. 1 BGB verpflichtet. Aufgrund seiner Pflicht zur ordnungsmäßigen Einziehung muss der Forderungspfandgläubiger (D) allerdings in Ansehung akzessorischer Nebenrechte, soweit zumutbar, die Interessen des Gläubigers (C) wahren (vgl. RG, Urteil v. 13.11 1909 – I 21/09, JW 1910, S. 20; Westermann/Gursky/Eickmann (-Gursky), Sachenrecht8 , § 136 Rn. 12; Staudinger (-D. Wiegand), BGB (2019), § 1285 Rn. 3). Dies impliziert, dass der Forderungspfandgläubiger (D), wenn er ein akzessorisches Sachpfand der verpfändeten Forderung in Besitz nimmt, im Innenverhältnis zum (Pfand-)Gläubiger (C) verpflichtet ist, dieses nur in einer Weise zu gebrauchen, die auch dem belasteten Gläubiger im Verhältnis zum Eigentümer/Verpfänder (E) gestattet ist. Wenngleich also keine durch Besitzerlangung aufschiebend bedingte Substitution analog § 1251 Abs. 2 S. 1 BGB stattfindet, dürfte jedenfalls die einverständliche Besitzbegründung seitens des Forderungspfandgläubigers (D) als Erfüllungsübernahme (§ 329 BGB) im Innenverhältnis zwischen Pfand- und Unterpfandgläubiger anzusehen sein. Will der Forderungspfandgläubiger mithin ein akzessorisches Sachpfand anstelle der verpfändeten Forderung verwerten, muss er dies in jedem Fall unverzüglich seinem Gläubiger anzeigen (§ 1285 Abs. 2 S. 2 BGB). Darüber hinaus ergibt sich m. E. aus § 1285 Abs. 2 S. 1 BGB resp. aus einer Erfüllungsübernahme gegenüber dem Gläubiger gem. § 329 BGB die Pflicht, die dem belasteten Pfandgläubiger obliegenden Aufgaben beim Pfandverkauf ordnungsgemäß auszuführen. Demgemäß ist der Unterpfandgläubiger gegenüber dem Inhaber des belasteten Pfandrechts verpflichtet, dem Eigentümer (E) den Verkauf anzudrohen (§ 1234 Abs. 1 BGB) und die einschlägige Wartefrist (§ 1234 Abs. 2 BGB, § 368 Abs. 1 HGB) einzuhalten; nichts anderes gilt für die Bekanntmachungs- und Benachrichtigungspflichten aus § 1237 BGB sowie die Benachrichtigungspflicht aus § 1241 BGB (bzw. aus §§ 440 Abs. 4, 495 Abs. 4 HGB). Auf der anderen Seite kann der Inhaber des herrschenden Pfandrechts selbst keine Ansprüche aus dem gesetzlichen Schuldverhältnis zwischen dem Verpfänder und dem Pfandgläubiger herleiten; insbesondere hat er weder einen Verwendungsersatzanspruch aus § 1216 S. 1 BGB i. V. m. §§ 683 S. 1, 670, 684 S. 1, 818 BGB noch ein Wegnahmerecht aus § 1216 S. 2 BGB. Wenn jedoch der Unterpfandgläubiger Aufwendungen auf ein akzessorisches Sachpfand macht, können sich hieraus Verwendungsersatzansprüche oder Wegnahmerechte im Verhältnis zum Verpfänder der durch Sachpfand gesicherten Forderung ergeben. Überdies sind Ansprüche aus §§ 683 S. 1, 670 BGB bzw. §§ 684 S. 1, 818 BGB ohne Rückgriff auf § 1216 S. 1 BGB im Verhältnis zum Verpfänder des Sachpfandes als „Obergeschäftsherr“ – parallel zu der Fallgruppe der gestuften Nothilfe – denkbar. Weiterhin kann der Forderungspfandgläubiger kraft seiner Einziehungsermächtigung aus § 1282 Abs. 1 S. 1 BGB alle Rechte aus dem gesetzlichen Schuldverhältnis wahrnehmen, die dem belasteten Sachpfandgläubiger zustehen. Sofern dieser bei Fälligkeit einen Anspruch auf Herausgabe des Sachpfandes gegen den Verpfänder aus § 1231 S. 1 BGB hat, kann der Unterpfandgläubiger diesen aufgrund seiner Einziehungsermächtigung geltend machen. Zusätzlich ergibt sich gegenüber dem Sachpfandgläubiger ein Anspruch auf Herausgabe bereits vor Fälligkeit der durch das Forderungspfand gesicherten Forderung; dieser folgt aus der Mitwirkungspflicht des Gläubigers gem.
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6. Sachenrechtliche Rechtsbehelfe Subjektive Sachenrechte sind bekanntlich mit diversen Ansprüchen, Klagerechten und Rechtsbehelfen ausgestattet, die je nach sachenrechtlichem Typus und Belastungsgegenstand variieren. Das objektive Recht versetzt den Sachenrechtsinhaber § 1285 Abs. 1 BGB, die diesen zwar nicht dazu verpflichtet, den Sachverkauf selbst zu betreiben, aber doch die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, damit der Forderungspfandgläubiger die Forderung einziehen oder das akzessorische Pfandrecht ausüben kann (i. E. wie hier unter Rekurs auf entsprechende Anwendung des § 1231 S. 1 BGB MünchKomm (-Damrau), BGB VII7, § 1274 Rn. 9; NomosKomm (-Bülow), BGB III4, § 1274 Rn. 12; Westermann/Gursky/Eickmann (-Gursky), Sachenrecht8 , § 135 Rn. 15; Wolff/R aiser, Sachenrecht10, § § 175 VI (S. 723)). Soweit der Sachpfandgläubiger bereits vor Fälligkeit zum Pfandverkauf gem. § 1219 BGB berechtigt ist, erstreckt sich die Einziehungszuständigkeit auch auf dieses Recht zur vorzeitigen Pfandverwertung; der Forderungspfandgläubiger ist daher ab Pfandreife des Forderungspfandes nicht darauf verwiesen, den Pfandgläubiger darauf in Anspruch zu nehmen, dass dieser sein Recht zur vorzeitigen Pfandverwertung ausübt. Ferner kann der Forderungspfandgläubiger bei Mitbelastung eines Gesamtpfandrechts auswählen, welche Pfänder er zum Verkauf bringt (§ 1230 S. 1 BGB). Betreibt der Unterpfandgläubiger kraft seiner Einziehungsermächtigung den Pfandverkauf regulär durch öffentliche Versteigerung, kann er ebenso wie der Sachpfandgläubiger auch bei der Versteigerung mitbieten (§ 1239 Abs. 1 S. 2 BGB). Erhält er selbst den Zuschlag, gilt der Kaufpreis als berichtigt, während der belastete Pfandgläubiger, falls dieser bei einem vom Forderungspfandgläubiger betriebenen Pfandverkauf den Zuschlag erhält, nicht von seiner Zahlungspflicht gegenüber dem Unterpfandgläubiger befreit wird. Anderenfalls würde wegen der Zahlungsfiktion des § 1239 Abs. 1 S. 2 BGB die verpfändete Sicherungsforderung als berichtigt gelten; das Pfandrecht würde gem. § 1252 BGB erlöschen und damit zugleich das die verpfändete Forderung und das Sachpfand belastende Pfandrecht des betreibenden Gläubigers; dieser stünde dann komplett ohne Sicherheit da, weil ja mangels Zahlungspflicht auch keine Pfandrechtsersetzung am Erlös in Betracht kommt. Vielmehr bleibt der Sachpfandgläubiger zur Barzahlung verpflichtet; mit der Barzahlung gilt die verpfändete Forderung mit den üblichen Rechtsfolgen für das Pfandrecht und das darauf lastende Pfandrecht zweiten Grades. Wird das Pfand rechtswidrig veräußert, steht dem Eigentümer ein Anspruch gegen den Unterpfandgläubiger allenfalls aus allgemeinem Deliktsrecht zu, sofern er durch lastenfreien Erwerb sein Recht verliert oder in anderer Weise geschädigt wird; die §§ 989, 990 BGB sind mangels Vindikationslage – dem Forderungspfandgläubiger steht aufgrund seines Pfandrecht richtigerweise ein originäres Recht zum Besitz gem. § 986 Abs. 1 S. 1 Var. 1 BGB zu – unanwendbar. Ansprüche wegen Verletzung des gesetzlichen Schuldverhältnisses aus § 280 Abs. 1 S. 1 BGB greifen nicht ein, da der Unterpfandgläubiger nicht selbst verpflichtet, sondern als Erfüllungsgehilfe gegenüber dem Pfandgläubiger aus § 1285 Abs. 2 S. 1 BGB verpflichtet ist, den Pfandverkauf in rechtmäßiger Weise durchzuführen. Sofern allerdings der Pfandgläubiger Ansprüchen des Eigentümers, des Verpfänders oder berechtigter Dritter ausgesetzt ist, die aus einer Verletzung der Einziehungspflicht des Forderungspfandgläubigers aus § 1285 Abs. 2 S. 1 BGB resultieren, kann er bei diesem Regress nehmen; denn hierin dürfte regelmäßig eine Verletzung der Interessenwahrungspflicht aus dem gesetzlichen Schuldverhältnis, das mit der Forderungsverpfändung verbunden ist, liegen, die einen Anspruch auf Schadensersatz aus § 280 Abs. 1 S. 1 BGB begründet. 959 Die der Zurechnungsnorm des § 278 BGB zugrundeliegende gesetzgeberische Wertungsentscheidung (siehe hierzu BGH, Urteil v. 23.11.1995 – IX ZR 213/94, NJW 1996, S. 464, 465; Palandt (-Grüneberg), BGB78 , § 278 Rn. 1) erfasst auch den Fall, dass der Pfandgläubiger durch Verpfändung seiner gesicherten Forderung seinem eigenen Gläubiger den Zugriff auf die mit der belasteten Forderung verbundenen Pfänder eröffnet. Schließlich profitiert der Pfandgläubiger davon, dass er seine eigene Forderung mitsamt den Nebenrechten zu Kreditsicherungszwecken einsetzt; der Zustimmung des Eigentümers bzw. des Inhabers des vom mitverpfändeten Pfandrecht belasteten Rechts bedarf er hierzu nicht. Weil der „Unterpfandgläubiger“ wiederum hinsichtlich des mitverpfändeten Pfandrechts zur ordnungsmäßigen Einziehung gem. § 1285 Abs. 2
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in die Lage, fortdauernde und bevorstehende Beeinträchtigungen seines Rechts abzuwehren und hierdurch effektiv Vorsorge gegen einen potentiellen Rechtsverlust, sei es durch Ersitzung, gutgläubigen Erwerb oder Zwangsvollstreckung, zu treffen. Im Kern gilt dies sowohl für das Eigentum als auch für begrenzte Sachenrechte einschließlich solcher, die sich auf begrenzte Sachenrechte beziehen. Das Instrumentarium des Störungsschutzes dieser Sachenrechte zweiten oder höheren Grades ist judiziell und wissenschaftlich nur rudimentär erschlossen. So konzentriert sich die Literatur auf die Fragestellung, ob dem Pfandgläubiger einer durch Hypothek gesicherten Forderung Ansprüche gegen (drohende) Substanzeinwirkungen auf das von der Hypothek befangene Grundstück gegen den Eigentümer oder sonstige Dritte erheben kann. Diskutiert wird, ob insoweit eine entsprechende Anwendung der §§ 1133–1135 BGB oder aber ein vergleichbarer Rechtsschutz nach §§ 1273 Abs. 2 S. 1, 1227, 1004 BGB in Betracht kommt.960 Hintergrund dieser Diskussion ist eine Entscheidung des OLG Breslau, in der das Gericht dafür hielt, dass der Pfandgläubiger einer Hypothek von jedem Dritten einschließlich des Eigentümers des mit der Hypothek „belasteten“ Grundstücks Beseitigung tatsächlicher BeeinS. 1 BGB und somit zur Wahrung der Interessen des Pfandgläubigers verpflichtet ist, hat dieser auch Einwirkungsrechte gegenüber jenem, der somit als Hilfsperson bei der Erfüllung des pfandrechtsspezifischen Pflichtenprogramms, vor allem bei der Verwertung des Pfandes durch gemeinschaftliche oder alleinige „Einziehung“ seitens des Unterpfandgläubigers, zum Einsatz kommt. Daher ist es nur interessengerecht, dem Pfandgläubiger das Verhalten des Unterpfandgläubigers, soweit dieses in einem inneren sachlichen Zusammenhang mit dem Pflichtenprogramm des Pfandgläubigers gegenüber dem Verpfänder steht (vgl. BGH, Urteil v. 26.4.1991 – V ZR 165/89, NJW 1991, 2556, 2557 m. w. N.; BeckOGK BGB (-Schaub), Stand: 1.3.2019, § 278 Rn. 99), gem. § 278 S. 1 BGB zuzurechnen. Freilich hat der historische Gesetzgeber zu Recht darauf verzichtet, eine § 460 ABGB vergleichbare Haftungsnorm in das deutsche BGB einzufügen. Wie gezeigt, ist es schon aus intrasystematischer Sicht fragwürdig, an das in § 454 ABGB ausdrücklich verankerte Recht des Pfandgläubigers zur Weiterverpfändung des Pfandes eine objektive Haftung für jede im Besitz des Pfandgläubigers nicht entstandene Verschlechterung sowie den zufälligen Verlust des Pfandes zu knüpfen. Mit der in §§ 1295 S. 2, 1305 ABGB zum Ausdruck gebrachten Wertung, wonach allein die Ausübung eines Rechts keine Schadensersatzpflicht begründet, lässt sich dies kaum vereinbaren, zumal der Mieter bei Untervermietung auch nur für das Verschulden des Untervermieters haftet (§ 1111 ABGB). Das Recht zur Afterverpfändung wird hierdurch massiv entwertet, ohne dass dies aus Gründen des Eigentümerschutzes geboten ist. Schließlich müsste sich der Pfandgläubiger ohne die in § 460 ABGB bestimmte objektive Haftung jedenfalls das Verschulden des Afterpfandgläubigers nach § 1313a ABGB zurechnen lassen. Dieser kann sich jedenfalls durch ein schuldrechtliches Verbot gem. § 364c ABGB gegen die unbefugte Besitzüberlassung und/oder Weiterverpfändung des Pfandes schützen, zumal nach teilweise vertretener Ansicht auch eine auflösend bedingte Verpfändung in Betracht kommt. Im Übrigen steht dem Pfandgeber/Eigentümer bei Leistungsberechtigung des Schuldners das Einlösungsrecht zu; mittels gerichtlicher Hinterlegung kann das Pfand Zug um Zug gegen Rückgabe eingelöst werden (§ 469 S. 2 ABGB). 960 Vgl. BeckOK BGB (-Rohe), Stand: 1.8.2019, § 1133 Rn. 5; BeckOGK BGB (-Kiehnle), Stand: 1.7.2019, § 1133 Rn. 25, § 1134 Rn. 19; Erman (-J. Schmidt), BGB II15, § 1227 Rn. 2; MünchKomm (-Lieder), BGB VII7, § 1133 Rn. 20; NomosKomm (-Bülow), BGB III4, § 1227 Rn. 1; Palandt (-Herrler), BGB78 , §§ 1133–1135 Rn. 1; RGRK (-Kregel), BGB III/312, § 1227 Rn. 4; Staudinger (-D. Wiegand), BGB (2019), § 1227 Rn. 19; Soergel (-Konzen), BGB XVI13, § 1133 Rn. 2 a. E.; Soergel (-Habersack), BGB XVI13, § 1227 Rn. 1; Staudinger (-Wolfsteiner), BGB (2015), § 1133 Rn. 31.
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trächtigungen des Grundstücks gem. §§ 1227, 1004 BGB verlangen und zu diesem Zweck, falls die Sicherheit der verpfändeten Hypothek durch nicht ordnungsgemäße Bewirtschaftung des Grundstücks gefährdet werde, im Wege einer einstweiligen (Sicherungs-)Verfügung (§ 935 ZPO) die Sequestration des Grundstücks gem. § 938 Abs. 2 ZPO erwirken könne.961 Dieses von der Literatur nahezu einhellig abgelehnte Urteil bedarf hier vertiefter Auseinandersetzung, weil sich daraus wertvolle Erkenntnisse für die Wirkungen mehrstufiger Belastungen gegenüber außenstehenden Dritten im Ganzen ergeben. Denn das Pfandrecht an der Hypothek ist nur eine unter mehreren Konfigurationen mehrstufig strukturierter Verwertungsrechte, für die ein einheitliches und wertungskohärentes Schutzniveau mittels systemkonformer Fortbildung der lex lata noch zu erarbeiten ist. a) Pfandrechte an Hypotheken, Grundschulden und Reallasten Beim Forderungspfandrecht ist klar zwischen dem Störungsschutz hinsichtlich der gepfändeten oder verpfändeten Forderung und dem Störungsschutz hinsichtlich eines akzessorischen Rechts zu unterscheiden. Wenngleich die Belastung die Forderung „hypostasiert“ – dem Pfandgläubiger steht ein jedermann entgegensetzbares Recht an der Forderung zu,962 – ist bestenfalls die Forderungszuständigkeit mit dem charakteristischen Schutz absoluter Rechte versehen.963 Irgendwelcher „dinglichen“ Ansprüche zwecks Verteidigung des Forderungspfandrechts bedarf es nicht, weil sich dieses ohne weiteres gegen rechtliche Beeinträchtigungen der 961 OLG Breslau, Urteil v. 25.2.1928 – 5 U 548/27, JW 1928, S. 2474 m. abl. Anm. Walsmann. Strittig war, ob der Pfandgläubiger Ansprüche gegen den Eigentümer des von der Hypothek betroffenen Grundstücks wegen einer nicht den Grundsätzen ordnungsgemäßer Bewirtschaftung entsprechenden Nutzung erheben konnte. Der Pfandgläubiger machte geltend, dass der Eigentümer das streitgegenständliche Grundstück heruntergewirtschaftet habe – die Urteilsveröffentlichung in der JW verzichtet auf eine nähere Darstellung des Sach- und Streitstands – und begehrte deshalb die Sequestration des Grundstücks im Wege einstweiliger Verfügung (§§ 935, 938 Abs. 2 ZPO). Der Antrag hatte Erfolg. Das Gericht ließ dahinstehen, ob sich ein Anspruch des Pfandgläubigers auf Abwendung der Hypothekengefährdung aus §§ 1133, 1134 BGB ergebe, äußerte insoweit aber Zweifel, da diese Ansprüche nach dem Gesetz nur dem Hypothekengläubiger zustünden. Letztlich war dies aber nach Auffassung des Gerichts nicht entscheidungserheblich, weil der Pfandgläubiger jedenfalls nach §§ 1227, 1004 BGB von jedem Störer einschließlich des Eigentümers des mit der Hypothek belasteten Grundstücks die Beseitigung einer Beeinträchtigung seines Pfandrechts verlangen könne. Auf das Pfandrecht an Rechten sei § 1227 BGB anwendbar, da in den §§ 1273 ff. BGB die Anwendbarkeit dieser Vorschrift nicht ausdrücklich ausgeschlossen und auch nicht ersichtlich sei, weshalb der Sachpfandgläubiger besser zu stellen sei als der Rechtspfandgläubiger. Auch der Rechtspfandgläubiger müsse seine Forderung effektiv sichern können; bei Besorgnis der Gefährdung der Sicherheit der Hypothek durch Veränderung des bestehenden Zustands des Grundstücks könne der Pfandgläubiger daher eine einstweilige Verfügung gem. § 935 ZPO erwirken, um die Beeinträchtigung seines Pfandrechts abzuwenden. 962 Siehe § 2 I. 2. b). 963 Vgl. näher BeckOGK BGB (-Spindler), Stand: 1.5.2019, § 823 Rn. 192–194; Larenz/C anaris, Schuldrecht II/213, § 76 II 4 g (S. 397–398); MünchKomm (-Wagner), BGB VI7, § 823 Rn. 291– 292; Staudinger (-J. Hager), BGB (2017), § 823 Rn. B160-B166 m. w. N. zum Streitstand hinsichtlich des deliktsrechtlichen Schutzes relativer Rechte.
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Forderung bewährt.964 Anders liegt es bei Pfandrechten an Hypotheken, Grundschulden und Reallasten. Wenn das Gesetz – statt einer Legalverweisung auf die aus dem Eigentum folgenden Ansprüche (vgl. §§ 1027, 1065, 1227 BGB, § 34 Abs. 2 WEG, § 11 Abs. 1 S. 1 ErbbauRG) – einen besonderen Rechtsbehelf zur Sicherung der realen Haftungssubstanz des Grundstücks in Form eines Unterlassungsanspruchs gegenüber dem Eigentümer und Dritten gem. § 1134 (ggf. i. V. m. § 1135 BGB) zur Verfügung stellt,965 drängt sich die Frage auf, ob dieser Anspruch für den Grundpfandgläubiger „reserviert“ oder das Pfandrecht an dem Grundpfandrecht mit einem korrespondierender Anspruch komplementiert ist. Abgesehen davon wird ein besonderer Akzent auf den Schutz des Pfandgläubigers gegen unrichtige oder unvollständige Verlautbarungen des Grundbuchs gelegt. Denn wenngleich die Anwendbarkeit der §§ 894–899 BGB auf Rechte an Grundstücksrechten außer Streit steht,966 ergeben sich insbesondere dann, wenn mehrere Unrichtigkeiten im Zusammenhang der Dokumentation mehrstufiger Belastungen von Grundstücksrechten zusammentreffen, einige noch ungelöste Detailfragen; diesen ist im Anschluss an die Darstellung der Rechtsbehelfe gegen „außerbücherliche“ Beeinträchtigungen liegenschaftsrechtsbelastender Pfandrechte nachzugehen. aa) Sicherheitsgefährdung des belasteten Rechts Im Unterschied zur vorstehend referierten Judikatur des OLG Breslau967 lehnt die ganz überwiegende Ansicht pauschal sowohl eine entsprechende Anwendung der §§ 1133–1135 BGB als auch einen Rückgriff auf § 1004 Abs. 1 i. V. m. §§ 1273 964 Wird über die Forderung erneut verfügt, bleibt das Pfandrecht unberührt; es geht weder kraft lastenfreien Erwerbs verlustig noch wird es in seinem Rang durch nachfolgende Belastungen verdrängt (vgl. § 1290 BGB). Nichts anderes gilt bei der Pfändung der verpfändeten Forderung sowie in der Insolvenz des Gläubigers. Der Forderungspfandgläubiger ist gem. § 50 InsO zur abgesonderten Befriedigung berechtigt (statt vieler Erman (-J. Schmidt), BGB II15, Vorbem. vor § 1273 Rn. 2; NomosKomm (-Bülow), BGB III4, § 1273 Rn. 5); der Insolvenzverwalter ist dabei nicht zur Verwertung berechtigt, gilt doch § 166 Abs. 2 InsO expressis verbis nur für die Sicherungsabtretung, nicht aber für die Forderungsverpfändung, weshalb es insoweit bei der Verwertungsbefugnis des Pfandgläubigers bewendet (BGH, Urteil v. 26.1.2012 − IX ZR 191/10, NJW 2012, S. 1510, 1514 Rn. 34; Uhlenbruck (-Brinkmann), InsO15, § 166 Rn. 30; MünchKomm (-Tetzlaff ), InsO II3, § 166 Rn. 63). 965 Die Rechte aus § 1133 BGB und der Unterlassungsanspruch gem. § 1134 BGB stehen nicht in einem Exklusivitätsverhältnis zueinander (Palandt (-Herrler), BGB78 , §§ 1133–1135 Rn. 1); der Hypothekengläubiger kann z. B. wegen der durch eingetretene Grundstücksverschlechterung indizierten Wiederholungsgefahr den Unterlassungsanspruch geltend machen und dem Eigentümer zugleich eine Beseitigungsfrist gem. § 1133 S. 1 BGB setzen. Führt die Grundstücksverschlechterung zu Vermögensschäden des Hypothekengläubigers, sind nach der Rechtsprechung Schadensersatzansprüche gegen den Eigentümer und/oder Dritte gem. §§ 823 Abs. 1, Abs. 2, 1133, 830 BGB möglich (BGH, Urteil v. 28.10.1975 – VI ZR 24/74, NJW 1976, S. 189; BGH, Urteil v. 6.11.1990 – VI ZR 99/90, NJW 1991, S. 695, 696; Palandt (-Herrler), BGB78 , §§ 1133–1135 Rn. 3). 966 Siehe z. B. RG, Urteil v. 20.3.1907 – V 398/06, RGZ 65, S. 364; KG, Urteil v. 5.11.1935 – 2 U 4578/35, JW 1936; MünchKomm (-Kohler), BGB VII7, § 894 Rn. 15; Staudinger (-Picker), BGB (2019), § 894 Rdnr. 68. 967 OLG Breslau, Urteil v. 25.2.1928 – 5 U 548/27, JW 1928, S. 2474 mit abl. Anm. Walsmann.
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Abs. 2 S. 1, 1227 BGB ab.968 Auf eine nähere Begründung oder gar eine vertiefte Sachargumentation wird meistens verzichtet. Teilweise wird apodiktisch postuliert, dass es an einer Beeinträchtigung der dinglichen Rechtsstellung des Pfandgläubigers fehle.969 Weshalb Grundstückseinwirkungen nun aber ein Pfandrecht an einem Grundpfandrecht per se nicht beeinträchtigen, bleibt dabei im Dunkeln. Demgegenüber hatte schon Walsmann in seiner Anmerkung zum Urteil des OLG Breslau präzisierend argumentiert, dass eine Beeinträchtigung i. S. d. § 1004 Abs. 1 BGB grundsätzlich einen aktiven Eingriff in die Rechtssphäre des Anspruchstellers voraussetze, wohingegen ein bloßes Unterlassen ohne Rechtspflicht zum Handeln nicht dem Tatbestand unterfiele.970 Der Eigentümer sei aber gegenüber dem Pfandgläubiger nicht verpflichtet, das Grundstück ordnungsgemäß zu bewirtschaften, Eingriffe Dritter oder schädigende Naturereignisse abzuwehren bzw. zu beseitigen. Der Schutz des Sachpfandgläubigers gegen sicherungsgefährdende Verschlechterungen des Pfandes beschränke sich darauf, dieses vor Pfandreife nach Maßgabe der §§ 1219–1221 zu veräußern. Diese Argumentation stößt im neueren Schrifttum i. E. auf Zustimmung. Aus dem Schuldverhältnis zwischen dem Eigentümer und dem Hypothekengläubiger werde der Pfandgläubiger nun einmal nicht unmittelbar berechtigt, wohingegen dem Pfandgläubiger aus eigenem Recht bei Gefährdungen seiner Sicherheit ein vorzeitiges Verkaufsrecht gem. §§ 1219–1221 BGB zustehe.971 Nur vereinzelt werden abweichende Positionen vertreten. Konzen verneint eine analoge Anwendung der §§ 1133–1135 BGB auf das Pfandrecht an der Hypothek, will aber einen möglichen Anspruch auf Beseitigung bzw. Unterlassung tatsächlicher Beeinträchtigungen des Grundstücks nach §§ 1004, 1227, 1273 968 BeckOK BGB (-Rohe), Stand: 1.8.2019, § 1133 Rn. 5; Erman (-J. Schmidt), BGB II15, § 1227 Rn. 2; MünchKomm (-Lieder), BGB VII7, § 1133 Rn. 20; NomosKomm (-Bülow), BGB III4, § 1227 Rn. 1; Palandt (-Herrler), BGB78 , §§ 1133–1135 Rn. 1; RGRK (-Kregel), BGB III/312, § 1227 Rn. 4; Staudinger (-D. Wiegand), BGB (2019), § 1227 Rn. 19; Soergel (-Habersack), BGB XVI13, § 1227 Rn. 1; Staudinger (-Wolfsteiner), BGB (2015), § 1133 Rn. 31. Dass sich die Rechtsprechung mit dieser Thematik seit OLG Breslau, Urteil v. 25.2.1928 – 5 U 548/27, JW 1928, S. 2474 mit abl. Anm. Walsmann nicht mehr auseinandersetzen musste, darf nicht überraschen; Bauer/Schaub (-Krauß), GBO4, Allg. Teil IV, Rn. 141; NomosKomm (-Bülow), BGB III4, § 1291 Rn. 2; Schimansky/Bunte/Lwowski (-Merkel), Bankrecht5, § 93 Rn. 183t (vgl. Bauer/Schaub (-Krauß), GBO4, Allg. Teil IV, Rn. 141; NomosKomm (-Bülow), BGB III4, § 1291 Rn. 2; Schimansky/Bunte/Lwowski (-Merkel), Bankrecht5, § 93 Rn. 183). Auch dem vormerkungsgesicherten Gläubiger eines Anspruchs auf Einräumung (oder Übertragung) einer Hypothek stehen nach überwiegender Ansicht die in §§ 1133–1135 BGB bestimmten Rechtsbehelfe nicht zu (BeckOGK BGB (-Kiehnle), Stand: 1.7.2019, § 1133 Rn. 25; NomosKomm (-Zimmer), BGB III4, § 1133 Rn. 9; Palandt (-Herrler), BGB78 , §§ 1133–1135 Rn. 1; demgegenüber ist nach RG, Urteil v. 31.8.1936 – VI 459/35, JW 1936, S. 3234 der designierte Zessionar, dem der Hypothekenbrief mitsamt einer Blankoabtretungserklärung seitens des Zedenten übergeben wird, in den Schutzbereich der §§ 1134, 1135 BGB einbezogen; zustimmend RGRK (-Mattern), BGB III/212, § 1133 Rn. 3). 969 So Staudinger (-D. Wiegand), BGB (2019), § 1227 Rn. 19; ebenso Erman (-J. Schmidt), BGB II15, § 1227 Rn. 2, die aber ergänzend auf den Vorrang der §§ 1219–1221 BGB verweist. 970 Walsmann, JW 1928, S. 2474. 971 Erman (-J. Schmidt), BGB II15, § 1227 Rn. 2; MünchKomm (-Lieder), BGB VII7, § 1133 Rn. 20.
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Abs. 2 S. 1 BGB nicht ausschließen.972 Kiehnle hingegen meint, dass dem Pfandgläubiger schon deshalb keine eigenen Ansprüche wegen tatsächlicher Grundstücksverschlechterungen zustünden, da dieser ohnehin vor Pfandreife den Hypothekengläubiger zur Ausübung der in §§ 1133–1135 BGB bestimmten Rechte in entsprechender Anwendung des § 1286 S. 1 BGB auffordern und bei Pfandreife die Rechte aus §§ 11333–1135 BGB in entsprechender Anwendung der §§ 1282, 1283 Abs. 3 BGB im eigenen Namen ausüben könne.973 Die Diskussion überschneidet sich zum einen mit der Kontroverse, unter welchen einschränkenden Voraussetzungen § 1227 BGB auf Pfandrechte an Rechte entsprechend anzuwenden ist. Eine verbreitete Ansicht nimmt an, dass § 1227 BGB auf Rechtspfandrechte nur dann entsprechend anzuwenden sei, wenn die Bestellung des Pfandrechts eine Sachübergabe voraussetze (§ 1274 Abs. 1 S. 2 BGB) oder das Pfandrecht zum Besitz einer Sache berechtige.974 Nach diesem restriktiven Ansatz stünden dem Pfandgläubiger an einer durch Briefhypothek gesicherten Forderung eigentumsäquivalente Rechtsverwirklichungsansprüche (§§ 985, 1004 BGB) offenbar ausschließlich in Ansehung des von der Verpfändung umfassten Hypothekenbriefs (§ 952 Abs. 2, Abs. 1 S. 2 BGB) zu,975 was etwaige Ansprüche wegen einer die Sicherheit des Hypothek nicht miteinschlösse. Andere Autoren wenden § 1227 BGB weitergehend dann entsprechend an, wenn das verpfändete Recht ein absolutes Recht ist, ohne auf das zusätzliche Erfordernis eines Besitzrechts an einem körperlichen Gegenstand zu rekurrieren,976 während teilweise generell eine entsprechende Anwendung des § 1227 BGB auf Rechtspfandrechte einschließlich bloßer Forderungspfandrechte bejaht wird.977 Zum anderen ist die entsprechende 972 Soergel
(-Konzen), BGB XVI13, § 1133 Rn. 2 a. E. BeckOGK BGB (-Kiehnle), Stand: 1.7.2019, § 1133 Rn. 25; auf die Abtretung der durch die Hypothek gesicherten Forderung (§ 1282 Abs. 1 S. 3 BGB) soll es dabei offenbar nicht ankommen; NomosKomm (-Zimmer), BGB III4, § 1133 Rn. 9 verweist gleichfalls auf einen Anspruch des Pfandgläubigers gegen den Hypothekengläubiger auf Kündigung der gesicherten Forderung aus § 1286 S. 1 BGB, ohne aber ausdrücklich eine entsprechende Anwendung dieser Norm auf die Geltendmachung der §§ 1133–1135 BGB zu erwägen. 974 Walsmann, JW 1928, S. 2474; ebenso BeckOK BGB (-Schärtl), Stand: 1.8.2019, § 1273 Rn. 7; Martinek (-Protz), jurisPK-BGB III8 , § 1227 Rn. 22; Palandt (-Wicke), BGB78 , § 1273 Rn. 4; Staudinger (-D. Wiegand), BGB (2019), § 1273 Rn. 22; demgegenüber lehnt Planck (-Flad), BGB III/24, § 1273 Anm. 2 o) es generell ab, § 1227 BGB auf Pfandrechte an Rechten anzuwenden, fehle es doch „an der Voraussetzung der Dinglichkeit des Rechts“. 975 Vgl. BeckOK BGB (-Schärtl), Stand: 1.8.2019, § 1273 Rn. 7; Palandt (-Wicke), BGB78 , § 1273 Rn. 4; Martinek (-Protz), jurisPK-BGB III8 , § 1227 Rn. 22. 976 Soergel (-Habersack), BGB XVI13, § 1273 Rn. 10; MünchKomm (-Damrau), BGB VII7, § 1273 Rn. 9 verzichtet auf die einschränkende Voraussetzung, dass das verpfändete Recht ein absolutes Recht ist. 977 MünchKomm (-Damrau), BGB VII7, § 1273 Rn. 9; NomosKomm (-Bülow), BGB III4, § 1227 Rn. 14; NomosKomm (-Zimmer), BGB III4, § 1133 Rn. 9 meint deshalb, dass der Pfandgläubiger einer Hypothek nur ein Anspruch auf Feststellung des Forderungspfandrechts einschließlich der Erstreckung desselben auf die Hypothek gegen Dritte, die seine Rechtsposition bestreiten, zustehe; im Übrigen wird auf den Kündigungsanspruch des Pfandgläubigers aus § 1286 S. 1 BGB verwiesen, sonstige Ansprüche wegen potenzieller Gefährdungen der Sicherheit der mit verpfändeten Hypothek aus §§ 1273 Abs. 2 S. 1, 1227 BGB werden nicht erwogen. 973
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Anwendung des vorzeitigen Verkaufsrecht gem. §§ 1219–1221 BGB auf Pfandrechte an Rechten strittig: Teils wird die entsprechende Anwendung dieser Vorschriften schlechthin verneint,978 teils wird dies – mit Nuancierungen im Detail – bejaht.979 Richtiger Ansicht nach steht dem Pfandgläubiger zwar nicht ein eigentumsidentischer Beseitigungsanspruch zur Abwehr schädlicher Einwirkungen auf das der Hypothek unterliegende Grundstück gem. §§ 1004 Abs. 1, 1227, 1273 Abs. 2 S. 1 BGB zu. Andererseits ist der h. L., die dem Pfandgläubiger jegliche Ansprüche wegen (drohender) Verschlechterungen des von der belasteten Hypothek befangenen Grundstücks versagt, auch nicht zu folgen. Nähere Analyse erhellt, dass der Pfandgläubiger sich in effektiver Weise gegenüber dem Eigentümer und Dritten gegen Grundstückseinwirkungen mittels eines eigenen pfandrechtlichen Unterlassungsanspruchs zur Wehr zu setzen vermag; dieser Außenschutz des Pfandgläubigers folgt aus einer wertungskohärenten Auslegung und gesetzesimmanenten Fortbildung des Forderungspfandrechtsregimes.980 (1) Reichweite des Verweisungsbefehls der §§ 1227, 1273 Abs. 2 S. 1 BGB Da jedes „Rechtspfandrecht“ i. S. d. § 1273 Abs. 1 BGB absolute Wirkung zeitigt,981 ist es zwar nur konsequent, dieses Recht mit einem sachenrechtsspezifischen Klageschutz in entsprechender Anwendung des § 1227 BGB zu unterlegen. Wenngleich der Verweisungsbefehl des § 1273 Abs. 2 S. 1 BGB deshalb nicht auf Rechtspfandrechte zu beschränken ist, die zum Besitz einer Sache i. S. v. § 90 BGB legitimieren, verbietet es sich, bei der gebotenen entsprechenden Anwendung des § 1227 BGB auf die aus dem Eigentum fließenden Ansprüche abzustellen.982 Maßgeblich ist viel978 BeckOK BGB (-Schärtl), Stand: 1.8.2019, § 1273 Rn. 8; Erman (-J. Schmidt), BGB II15, § 1273 Rn. 10; MünchKomm (-Damrau), BGB VII7, § 1273 Rn. 8; Planck (-Flad), BGB III/24, § 1273 Anm. 2 l). 979 Für uneingeschränkte Anwendbarkeit der §§ 1218–1221 BGB Palandt (-Wicke), BGB78 , § 1273 Rn. 2; Soergel (-Habersack), XVI13, § 1273 Rn. 10; Staudinger (-D. Wiegand), BGB (2019), § 1273 Rn. 21. Demgegenüber meint NomosKomm (-Bülow), BGB III4, § 1273 Rn. 14, dass das vorzeitige Verkaufsrecht nur unter der einschränkenden Prämisse, dass dem Pfandgläubiger eine rechtsgeschäftlich eingeräumte Verkaufsbefugnis zustehe (§ 1277 S. 1, letzter Hs. BGB), auf das Pfandrecht an Rechten entsprechend anzuwenden sei. 980 Zwar darf die praktische Relevanz der gesetzlichen Rechte zur vorzeitigen Verwertung der Hypothek gem. §§ 1133, 1135 BGB nicht überschätzt werden; typischerweise werden diese Rechte durch die vertraglich vereinbarten Befugnisse des Hypothekengläubigers bei Sicherheitsgefährdungen überlagert (vgl. MünchKomm (-Lieder), BGB VII7, § 1133 Rn. 1; NomosKomm (-Zimmer), BGB III4, § 1133 Rn. 2). Anders liegt es aber hinsichtlich des gesetzlichen Außenschutzes gegenüber Dritten gem. §§ 1134, 1135 BGB; dieser lässt sich nicht durch privatautonome Vereinbarungen modifizieren oder erweitern. 981 Siehe nur Wolff/R aiser, Sachenrecht10 , § 175 I (S. 718); NomosKomm (-Bülow), BGB III4, § 1273 Rn. 1, 5. 982 Überdies ist schon beim Sachpfandrecht i. S. d. § 1204 Abs. 1 BGB die entsprechende Anwendung des § 1004 Abs. 1 BGB hinsichtlich (drohender oder fortdauernder) körperlicher Beeinträchtigungen des Pfandes mit Rücksicht auf die Ersetzungsbefugnis des Verpfänders aus § 1218 Abs. 1 BGB und das dem Pfandgläubiger zugewiesene Recht, bereits vor Pfandreife den Verkauf nach Maßgabe der §§ 1219–1221 BGB zu betreiben, nicht über jeden Zweifel erhaben. Auf das Konkurrenzverhältnis des vorzeitigen Verwertungsrechts zu eigentumsäquivalenten Beseiti-
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mehr das jeweils belastete Recht: Soweit dieses mit spezifischen Rechtsbehelfen unterlegt ist, die Störungen Dritter ausschließen, sind identische Rechtsbehelfe auch zugunsten des Pfandgläubigers anwendbar, soweit gerade das Pfandrecht an dem fraglichen Recht (potentiell) beeinträchtigt ist. Würde man pauschal auf die Ansprüche des Eigentümers abstellen, käme es in der hier relevanten Fallgestaltung zu dem absurden – vom OLG Breslau nicht einmal problematisierten – Ergebnis, dass dem Pfandgläubiger weitergehende Ansprüche und Rechtsbehelfe gegen den Eigentümer und Dritte zustünden als dem Hypothekengläubiger: Dieser könnte die ihm kraft seines dinglichen Rechts verliehenen Ausschließungsbefugnisse zulasten des gungs- und Unterlassungsansprüchen aus §§ 1227, 1004 BGB wird in der Literatur zwar nicht näher eingegangen; vielfach wird nur pauschal ausgeführt, dass der Pfandgläubiger nach § 1227 BGB auch die Ansprüche aus §§ 1004, 1005 BGB geltend machen könne (siehe z. B. BeckOK BGB (-Schärtl), Stand: 1.8.2019, § 1227 Rn. 3; MünchKomm (-Damrau), BGB VII7, § 1227 Rn. 1; Palandt (-Wicke), BGB78 , § 1227 Rn. 1). Allgemein gilt, dass die sachenrechtlichen Rechtsbehelfe des Pfandgläubigers aus § 1227 BGB neben die Ansprüche aus dem gesetzlichen Schuldverhältnis gegen den Verpfänder und ggf. gegen den Eigentümer treten (Staudinger (-D. Wiegand), BGB (2019), § 1227 Rn. 2); zudem richten sich die Ansprüche aus § 1227 i. V. m. §§ 985, 997–993, 1004, 1005 BGB gegen alle Dritte einschließlich des Schuldners, des Verpfänders und des Eigentümers (vgl. Palandt (-Wicke), BGB78 , § 1227 Rn. 1; grundsätzlich auch Staudinger (-D. Wiegand), BGB (2019), § 1227 Rn. 15, der aber davon ausgeht, dass die §§ 994–1003 BGB durch die spezielleren Regelungen des gesetzlichen Schuldverhältnisses und des der Verpfändung zugrundeliegenden Kausalgeschäfts verdrängt werden würden). Auf der Hand liegt, dass sich das vorzeitige Verkaufsrecht und Ansprüche aus §§ 1227, 1004 BGB nicht überschneiden, soweit es um die von § 1219 Abs. 1 Var. 2 BGB erfasste wesentliche Wertminderung ohne jegliche Substanzeinwirkung geht (siehe dazu Palandt (-Wicke), BGB78 , § 1218 Rn. 1; MünchKomm (-Damrau), BGB VII7, § 1218 Rn. 2), für die keine bestimmte Person als Störer identifizierbar ist (z. B. bei Gold- und Silbersachen erhebliche Kurseinbrüche). Aber auch bei körperlichen Einwirkungen auf das Pfand i. S. v. § 1219 Abs. 1 Var. 1 BGB würden etwaige Beseitigungs- und Unterlassungsansprüche aus §§ 1227, 1004 BGB gegen den Verpfänder, Eigentümer oder Dritte wegen tatsächlicher Beeinträchtigungen der Pfandsache nicht durch die §§ 1219–1221 BGB als leges speciales verdrängt werden. Nach anderer Ansicht sind das Sicherungsinteresse des Pfandgläubigers berührende Einwirkungen tatbestandlich von §§ 1004, 1227 BGB nicht erfasst (so – ohne Begründung – BeckOGK BGB (-Förster), Stand: 1.6.2019, § 1227 Rn. 10), was methodisch auf eine den Geltungsbereich des § 1004 BGB nicht unwesentlich verkürzende teleologische Reduktion hinausläuft: Soweit die körperliche Substanz der Sache verschlechtert wird (BeckOGK BGB (-Förster), Stand: 1.6.2019, § 1218 Rn. 6 führt exemplarisch das irreversibles Verrosten des verpfändeten Silberbestecks an), verringert sich regelmäßig zugleich auch der Sicherungswert; der Pfandgläubiger wäre mithin bei körperlichen Beeinträchtigungen des Pfandes, die dessen Sicherungswert gefährden, auf das vorzeitige Verkaufsrecht nach §§ 1219–1221 BGB beschränkt; zwecks schleunigen Verkaufs könnte der Pfandgläubiger zwar gem. §§ 1227, 985 BGB vindizieren, einen Beseitigungsanspruch wegen fortdauernder Einwirkungen auf das Pfand könnte er ebenso wenig geltend machen wie einen Unterlassungsanspruch. Für eine solche Einschränkung des Anwendungsbereichs des § 1004 BGB ließe sich anführen, dass der Pfandgläubiger zwar einer Verwahrungs-, nicht aber einer Erhaltungspflicht des Pfandes unterliegt; soweit physische Beeinträchtigungen des Pfandes sich aber ohnehin nicht erwartungsgemäß auf dessen Sicherungswert nachteilig auswirken, besteht daher kein besonderes Interesse des Pfandgläubigers derartige Einwirkungen abwehren zu müssen. In jedem Fall aber dürfte die entsprechende Anwendung der §§ 1227, 1004 BGB nicht dazu führen, dass der Pfandgläubiger dem Verpfänder die Ersetzungsbefugnis gem. § 1218 Abs. 1 BGB aus der Hand schlagen kann; dieses ist schließlich auch gegenüber dem vorzeitigen Verkaufsrecht des Pfandgläubigers vorrangig (arg. e § 1220 Abs. 1 S. 2 BGB; vgl. MünchKomm (-Damrau), BGB VII7, § 1219 Rn. 1; Staudinger (-D. Wiegand), BGB (2019), § 1219 Rn. 2).
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Eigentümers erweitern, indem er jenem ein vermeintlich „minderes“ Recht an seiner hypothekarisch gesicherten Forderung einräumte. Mit anerkannten Grundsätzen der Sukzessionsdogmatik wäre ein eigentumsäquivalenter Schutzstandard des Pfandgläubigers an der Hypothek unvereinbar; eine solche Rechtsfortbildung verstieße darüber hinaus gegen die Systematik des Hypothekenrechts und missachtete zudem vorrangige in der gesetzlichen Ausgestaltung des Forderungspfandrechts zum Ausdruck gebrachte Wertungen.983 Maßgeblich sind bei der gebotenen entsprechenden Anwendung des § 1227 BGB mithin die Rechtsbehelfe, die dem Hypothekengläubiger zustehen, soweit die Hypothek (potentiell) beeinträchtigt ist.984 Wenn dem Hypothekengläubiger selbst kein eigentumsäquivalenter Schutz teilhaftig ist – diesem steht ausschließlich ein Unterlassungsanspruch gegen den Eigentümer und Dritte nur unter den im Vergleich zu § 1004 Abs. 1 S. 2 BGB erhöhten Voraussetzungen des § 1134 BGB zu985 –, könnte dem Pfandgläubiger allenfalls 983
I. E. auch BeckOGK BGB (-Kiehnle), Stand: 1.7.2019, § 1133 Rn. 25. Ist nicht das Sacheigentum, sondern eine Hypothek vermittels Verpfändung der Hypothekenforderung verpfändet, ist § 1227 BGB daher so zu lesen: „Wird das Recht des Pfandgläubigers beeinträchtigt, so finden auf die Ansprüche des Pfandgläubigers die für die Ansprüche aus der Hypothek geltenden Vorschriften entsprechende Anwendung.“ Dem steht nicht entgegen, dass sich das Forderungspfandrecht kraft Gesetzes auf die Hypothek erstreckt, diese mithin nicht als selbstständiges Verpfändungsobjekt fungiert, ist doch § 1227 BGB auch auf gesetzliche Pfandrechte anwendbar (vgl. Erman (-J. Schmidt), BGB II15, § 1227 Rn. 2, 1257 Rn. 10; MünchKomm (-Damrau), BGB VII7, § 1257 Rn. 7). Entsprechend ist bei Pfandrechten an sonstigen dinglichen Rechten zu verfahren; maßgeblich sind die Ansprüche, die dem Inhaber des belasteten Sachenrechts zustehen. 985 Der Anspruch aus § 1134 Abs. 1 BGB ist jedenfalls auf Abwehr drohender verkehrswertmindernder und dadurch die Sicherheit der Hypothek gefährdender Veränderungen des physischen Substrats des Grundstücks einschließlich ungetrennter Bestandteile und Erzeugnisse desselben gerichtet (vgl. NomosKomm (-Zimmer), BGB III4, § 1133 Rn. 11–21, der exemplarisch auf Gebäudeschäden durch Naturereignisse aller Art und auf drohende Immissionen durch Bebauung unmittelbarer benachbarter Grundstücke mit Schweinemastanlagen, Windkraftanlagen, Flughäfen etc. verweist; Einwirkungen auf die rechtlichen Bestandteile des Grundstücks (§ 96 BGB), abgetrennte Erzeugnisse und sonstige von der hypothekarischen Haftung erfassten Rechte sind dagegen mit Ausnahme der Verschlechterungen des Zubehörs (§§ 97, 98 BGB) nicht erfasst (arg. e § 1135 BGB)). Umstritten ist freilich die Reichweite dieses Abwehranspruchs. Nach verbreiteter Ansicht ist der Anspruchsgegner aus § 1134 Abs. 1 BGB generell nicht zu einem aktiven Tun, vor allem nicht zur Beseitigung bereits eingetretener Verschlechterungen (in entsprechender Anwendung des § 1004 Abs. 1 S. 1 BGB) verpflichtet (NomosKomm (-Zimmer), BGB III4, § 1134 Rn. 22). Diese Auffassung entspricht sowohl dem Normwortlaut als auch der Regelungssystematik des Gesetzes – ein Anspruch auf Vornahme vorbeugender Maßnahmen kommt ausschließlich gegen den Eigentümer gem. § 1134 Abs. 2 BGB in Betracht, während bei bereits eingetretenen Verschlechterungen ausdrücklich nur ein vorzeitiges Befriedigungsrecht nach vergeblichem Fristablauf gem. § 1133 S. 2 BGB gegeben ist – als auch dem Willen des historischen Gesetzgebers (siehe Mot. III, S. 670). Zum Teil wird aber gleichwohl ein „quasinegatorischer Schutz“ des Hypothekengläubigers wegen bereits eingetretener Verschlechterungen postuliert, wobei umstritten ist, ob sich dieser bereits aus einer erweiternden Auslegung des § 1134 Abs. 1 BGB (so Staudinger (-Wolfsteiner), BGB (2015), § 1134 Rn. 11, der dafür plädiert, „§ 1004 Abs. 1 S. 1 BGB in § 1134 Abs. 1 BGB hineinzuinterpretieren“) oder allein aus entsprechenden schuldrechtlichen Vereinbarungen oder deliktsrechtlichen Ansprüchen im Wege der Naturalrestitution (§ 249 Abs. 1 BGB) gem. §§ 823 Abs. 1, 2 i. V. m. §§ 1133–1135 BGB bzw. ergibt (so MünchKomm (-Lieder), BGB VII7, § 1134 Rn. 18; Soergel (-Konzen), XVI13, § 1133 Rn. 4). Richtigerweise ist zu differenzieren: Zwar 984
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unter den Voraussetzungen des entsprechend anzuwendenden § 1134 Abs. 1 BGB ein Unterlassungsanspruch gegen den Eigentümer oder Dritte zustehen,986 nicht aber der dem Eigentümer verliehene allgemeine Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch aus § 1004 BGB. Soweit eine entsprechende Anwendung des § 1133 BGB abgelehnt wird, weil der Pfandgläubiger nicht aus dem gesetzlichen Schuldverhältnis zwischen Eigentümer und Hypothekengläubiger berechtigt und verpflichtet werde,987 rechtfertigt dieses Argument es jedenfalls nicht, dem Pfandgläubiger schlechthin einen Anspruch gegen drohende sicherheitsgefährdende Grundstückseinwirkungen gem. § 1134 Abs. 1 (ggf. i. V. m. § 1135 BGB) zu versagen. Denn ungeachtet des intrasystematischen Regelungsstandorts ist der in § 1134 Abs. 1 BGB normierte Unterlassungsanspruch nicht Bestandteil des gesetzlichen Schuldverhältnisses zwischen Eigentümer und Gläubiger, richtet sich dieser Anspruch doch steht dem Hypothekengläubiger nach der unmissverständlichen Entscheidung des Gesetzgebers ein Anspruch auf Beseitigung bereits eingetretener Verschlechterungen des Grundstücks in direkter oder entsprechender Anwendung des § 1004 Abs. 1 S. 1 BGB nicht zu. Wenngleich diese Wertungsentscheidung nicht über jede Kritik erhaben ist (BeckOGK BGB (-Kiehnle), Stand: 1.7.2019, § 1134 Rn. 20; Staudinger (-Wolfsteiner), BGB (2015), § 1134 Rn. 11), verbietet sich eine gesetzesübersteigende Rechtsfortbildung, die dem Hypothekengläubiger einen praktisch eigentumsäquivalenten Schutz gegen fortdauernde Einwirkungen auf das Grundstück vermittelt, steht doch der Hypothekengläubiger aufgrund des vorzeitigen Verwertungsrechts und allfälliger deliktsrechtlicher Ansprüche auf Naturalrestitution gem. § 249 Abs. 1 BGB keineswegs schutzlos dar, zumal er sich durch entsprechende vertragliche Vereinbarungen gegen Beeinträchtigungen der Haftungssubstanz selbst schützen kann und typischerweise auch schützt (vgl. MünchKomm (-Lieder), BGB VII7, § 1133 Rn. 1; NomosKomm (-Zimmer), BGB III4, § 1133 Rn. 2). Andererseits ist eine trennscharfe Abgrenzung des Anspruchsinhalts des Beseitigungs- und des Unterlassungsanspruchs schon im Anwendungsbereich des § 1004 Abs. 1 BGB nicht möglich, wenn man sich der Ansicht anschließt, dass § 1004 Abs. 1 S. 2 BGB der Unterbindung bevorstehender Einwirkungen und § 1004 Abs. 1 S. 1 BGB der Verhinderung der Fortsetzung gegenwärtiger Störungen diene (so Staudinger (-Gursky), BGB (2012), § 1004 Rn. 136, 211; zustimmend BeckOGK BGB (-Kiehnle), Stand: 1.7.2019, § 1134 Rn. 20); dies impliziert nämlich, dass die geschuldete Beseitigung ggf. durch bloße Aufgabe einer gegenwärtig störenden Handlung erfüllt werden kann, während umgekehrt die Verhinderung künftiger Beeinträchtigungen nötigenfalls ein positives Tun des Verpflichteten erfordert (z. B. das Fällen eines Baums, um die Ausbreitung eines die Stabilität des Nachbargebäudes gefährdenden Wurzelwerks zu verhindern), sofern allein dies die drohende Beeinträchtigung ausschließt (BGH, Urteil v. 12.12.2003 – V ZR 98/03, NJW 2004, S. 1035, 1037; Staudinger (-Gursky), BGB (2012), § 1004 Rn. 136, 211; BeckOGK BGB (-Kiehnle), Stand: 1.7.2019, § 1134 Rn. 20). Vor diesem Hintergrund erscheint es nicht undenkbar, aus § 1134 Abs. 1 BGB einen Anspruch auf Vornahme aktiver Verhinderungsmaßnahmen gegen Dritte herzuleiten, wenn nur hierdurch eine die Sicherheit der Hypothek gefährdende tatsächliche Verschlechterung des Grundstücks abgewendet werden kann, liefe der Anspruch doch anderenfalls leer; aus § 1134 Abs. 2 BGB dürfte sich jedenfalls nicht unzweideutig ergeben, dass ausschließlich dem Eigentümer aktive Maßnahmen zur Abwendung einer ihm zurechenbaren Gefährdung auferlegt werden können (i. E. ebenso BeckOGK BGB (-Kiehnle), Stand: 1.7.2019, § 1134 Rn. 20). 986 Sicher ist, dass eine direkte Anwendung deshalb ausscheidet, weil der Pfandgläubiger nicht schon durch die Verpfändung der Hypothekenforderung in die Rechtsstellung des Hypothekengläubigers einrückt (arg. e § 1282 Abs. 1 S. 3 BGB). Für eine gesetzesimmanente Rechtsfortbildung mittels Analogie ist aber mangels planwidriger Regelungslücke auch kein Raum; §§ 1273 Abs. 2 S. 1, 1227 BGB ordnen gerade die entsprechende Anwendung der aus der Hypothek folgenden Ansprüche an, soweit sich nicht aus den §§ 1274–1296 BGB ein anderes ergibt. 987 MünchKomm (-Lieder), BGB VII7, § 1133 Rn. 20.
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gegen jeden, dem die fragliche Grundstückseinwirkung zurechenbar ist.988 Soweit Ansprüche des Pfandgläubigers wegen einer die Grundsätze ordnungsgemäßer Bewirtschaftung verletzenden Grundstücksnutzung seitens des Eigentümers oder anderer Personen deshalb verneint werden, weil hierdurch die dingliche Rechtsstellung des Pfandgläubigers angeblich nicht beeinträchtige werde,989 ist dies nicht mehr als ein begründungsbedürftiges Postulat. Erstreckt sich das Pfandrecht auf die Hypothek, lässt sich nicht in Abrede stellen, dass die Verwertungsaussichten des Pfandgläubigers nachteilig betroffen sind, wenn das Grundstück heruntergewirtschaftet oder auf andere Weise substantiell verschlechtert wird. Auch das Argument, für einen (zusätzlichen) Rechtsschutz des Pfandgläubigers gegen sicherungsgefährdende Grundstückseinwirkungen nach § 1227 BGB sei kein Raum, weil diesem nach dem Gesetz nur ein vorzeitiges Verkaufsrecht gem. §§ 1219–1221 BGB zustehe,990 verfängt nicht. Erstens müsste dann auch dem Sachpfandgläubiger ein Anspruch auf Beseitigung bzw. Unterlassung sicherheitsgefährdender Verschlechterungen des Pfandes gem. § 1004 Abs. 1 BGB i. V. m. § 1227 BGB unter Verweis auf die §§ 1219–1221 BGB abgesprochen werden, was aber, soweit ersichtlich, nirgends ausdrücklich vertreten wird.991 Zweitens wird mit der ungeprüft unterstellten Anwendbarkeit der §§ 1219–1221 BGB die zuvor aufgestellte These, die dingliche Rechtsstellung sei bei (drohenden) sicherungsgefährdenden Grundstückseinwirkungen gar nicht beeinträchtigt, doch wieder entkräftet, schützt das Gesetz doch augenscheinlich das Interesse des Pfandgläubigers an der Integrität des Grundstücks. Endlich aber versagt dieses gegen die entsprechende Anwendung des § 1134 Abs. 1 BGB vorgebrachte Argument, weil es auf der unzutreffenden Prämisse beruht, dass die §§ 1219–1221 BGB auf Pfandrechte an Rechten gem. § 1273 Abs. 2 S. 1 BGB entsprechend anzuwenden seien. Eine entsprechende Anwendung dieser Normen scheidet richtigerweise aber aus, weil sich aus den §§ 1274–1296 BGB ein anderes ergibt.992 Sowohl für den Zeitraum vor Eintritt der Pfandreife als 988 Während §§ 1133, 1134 Abs. 2 BGB zum gesetzlichen Schuldverhältnis zwischen Eigentümer und Hypothekengläubiger gehören, ist § 1134 Abs. 1 BGB Ausdruck des Klageschutzes des Hypothekengläubigers im Außenverhältnis; demgemäß verzichtet das Gesetz bei der Hypothek auch – im Gegensatz zum Pfandrecht (§ 1227 BGB), zum Nießbrauch (§ 1065 BGB), der Grunddienstbarkeit (§ 1027 BGB), der beschränkten persönlichen Dienstbarkeit (§§ 1090 Abs. 2, 1027 BGB), des Erbbaurechts (§ 11 Abs. 1 S. 1 ErbbauRG) und des Dauerwohn- oder Dauernutzungsrechts (§§ 34 Abs. 2, 31 Abs. 3 WEG) auf einen ausdrücklichen Verweis auf § 1004 BGB bzw. auf die aus dem Eigentum folgenden Ansprüche. 989 Erman (-J. Schmidt), BGB II15, § 1227 Rn. 2; MünchKomm (-Lieder), BGB VII7, § 1133 Rn. 20; Staudinger (-D. Wiegand), BGB (2019), § 19. 990 Erman (-J. Schmidt), BGB II15, § 1227 Rn. 2; MünchKomm (-Lieder), BGB VII7, § 1133 Rn. 20. 991 Dies dürfte freilich, soweit der Sachpfandgläubiger selbst die tatsächliche Sachherrschaft über das Pfand ausübt, kaum relevant werden. Dies ändert aber nichts daran, dass dem Sachpfandgläubiger nach allg. Ansicht die Ansprüche aus §§ 1004, 1005 BGB bei Beeinträchtigung seines Rechts zustehen; siehe z. B. BeckOK BGB (-Schärtl), Stand: 1.8.2019, § 1227 Rn. 3; Erman (-J. Schmidt), BGB II15, § 1227 Rn. 7; MünchKomm (-Damrau), BGB VII7, § 1227 Rn. 1; NomosKomm (-Bülow), BGB III4, § 1227 Rn. 9; Palandt (-Wicke), BGB78 , § 1227 Rn. 1. 992 So auch BeckOK BGB (-Schärtl), Stand: 1.8.2019, § 1273 Rn. 8; Erman (-J. Schmidt), BGB
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auch für den Zeitraum nach Eintritt der Pfandreife ergeben sich aus dem Regime des Forderungspfandrechts spezielle Vorkehrungen gegen Gefährdungen der Sicherheit der verpfändeten Forderung einschließlich akzessorischer Nebenrechte. Mit diesem Regime verträgt sich die zusätzliche Anwendbarkeit des Veräußerungsrechts aus §§ 1219–1221 BGB ebenso wenig wie eine entsprechende Anwendung der komplementären Ersetzungsbefugnis des Verpfänders aus § 1218 Abs. 1 BGB. Sieht man einmal davon ab, dass bereits die in § 1219 Abs. 1 Var. 1 BGB bestimmte Voraussetzung des „drohenden Verderbs“993 nicht passt, ist die angeordnete Rechtsfolge des vorzeitigen Verkaufs (§§ 1218 Abs. 1, 1221 BGB) mit dem regulären Modus der Durchsetzung des Forderungspfandrechts im Wege der Einziehung resp. der Abtretung an Zahlungs statt inkompatibel.994 Vor allem aber ist der Forderungspfandgläubiger vor Pfandreife sowohl durch den in § 1286 S. 1 BGB bestimmten Kündigungsanspruch995 als auch durch den Anspruch auf Mitwirkung zur gemeinschaftlichen Einziehung der Forderung gem. § 1285 Abs. 1 BGB geschützt. So steht zwar nicht dem Pfandgläubiger, sondern nur dem Gläubiger – vorbehaltlich abweichender Vereinbarungen (§ 1284 BGB) – vor Pfandreife das Recht zur fälligkeitsbegründenden Kündigung zu (arg. e § 1283 Abs. 3 Hs. 1 BGB). Ist aber nach den Vermögensverhältnissen des Schuldners ein Forderungsausfall zu besorgen, kann der Pfandgläubiger den Gläubiger zu Kündigung gem. § 1286 S. 1 BGB auffordern.996 Sobald Pfandreife eintritt, kann Pfandgläubiger – vorbehaltlich abweiII15, § 1273 Rn. 10; MünchKomm (-Damrau), BGB VII7, § 1273 Rn. 8; Planck (-Flad), BGB III/24, § 1273 Anm. 2 l); a. A. Palandt (-Wicke), BGB78 , § 1273 Rn. 2; Soergel (-Habersack), XVI13, § 1273 Rn. 10; Staudinger (-D. Wiegand), BGB (2019), § 1273 Rn. 21. 993 Dies setzt die konkrete Gefahr einer zumindest teilweisen Substanzminderung oder einer gänzlichen Vernichtung des Pfandes voraus (NomosKomm (-Bülow), BGB III4, § 1218 Rn. 3; Soergel (-Habersack), XVI13, § 1218 Rn. 3). 994 Soweit vertreten wird, dass eine entsprechende Anwendung der §§ 1219–1221 BGB dann in Betracht komme, wenn die Parteien eine Veräußerungsbefugnis des Pfandgläubigers gem. § 1277 S. 1, letzter Hs. BGB vereinbaren (NomosKomm (-Bülow), BGB III4, § 1273 Rn. 14), kann dies jedenfalls nicht für die Forderungsverpfändung gelten. Wenn die Parteien dem Pfandgläubiger ohnehin ein Recht zum Verkauf (und zur Abtretung) der verpfändeten Forderung einräumen, können sie auch gleich entsprechende Vereinbarungen über einen Verkauf des verpfändeten Rechts vor Pfandreife wegen allfälliger Sicherheitsgefährdung vereinbaren. Wird auf eine entsprechende vertragliche Regelung aber verzichtet, ist es systemwidrig, dem Forderungspfandgläubiger dennoch ein Verkaufsrecht entsprechend §§ 1219–1221 BGB zu gewähren, weil sich insoweit aus §§ 1286 S. 1, 1285 Abs. 1 BGB „ein anderes ergibt“ (§ 1273 Abs. 2 S. 1 BGB); der Schutz des Pfandgläubigers wegen Sicherungsgefährdungen der verpfändeten Forderung richtet sich in Ermangelung vertraglicher Vereinbarungen nach den speziell für das Forderungspfandrecht bestimmten Vorschriften der §§ 1286 S. 1, 1285 Abs. 1 BGB. Entsprechendes gilt gem. § 1291 BGB für Pfandrechte an Grund- oder Rentenschulden; ein Rückgriff auf §§ 1219–1221 BGB wegen einer Gefährdung der Sicherheit der Grund- oder Rentenschuld scheidet wegen der entsprechenden Anwendung der §§ 1286 S. 1, 1285 Abs. 1 BGB aus. 995 Die wechselseitigen Ansprüche des Pfandgläubigers und des Gläubigers auf Kündigung der Forderung bzw. Zustimmung zur Kündigung verwirklichen offenbar den gleichen Schutzzweck wie die in § 1218 Abs. 1 BGB normierte Ersetzungsbefugnis des Verpfänders und das Recht des Pfandgläubigers zum vorzeitigen Verkauf der Pfandsache gem. §§ 1219–1221 BGB; vgl. NomosKomm (-Bülow), BGB III4, § 1286 Rn. 1; Soergel (-Habersack), XVI13, § 1286 Rn. 1. 996 Zu den Voraussetzungen des Kündigungsanspruchs und des korrelativen Anspruchs des
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chender Vereinbarungen (§ 1284 BGB) – selbst für eine schleunige Verwertung der Forderung ohne Mitwirkung des Gläubigers sorgen, steht ihm doch sowohl die Befugnis zur fälligkeitsbegründenden Kündigung gem. § 1283 Abs. 3 Hs. 1 BGB als auch eine Einziehungsermächtigung ohne Mitwirkung des Gläubigers gem. § 1282 Abs. 1 S. 1 BGB zu. Scheidet aber eine entsprechende Anwendung der §§ 1219–1221 BGB auf das Forderungspfandrecht aus, gilt dies natürlich nicht nur für die verpfändete Forderung, sondern auch für die akzessorischen Rechte einschließlich einer Hypothek, erstrecken sich doch die aufgezeigten Befugnisse des Pfandgläubigers, Sicherheitsgefährdungen abzuwehren, auf die Nebenrechte der Forderung. Nicht anders ist demgemäß für Pfandrechte an nichtakzessorischen Verwertungsrechten, d. h. Grundschulden und Reallasten zu entscheiden. Steht hiernach der entsprechenden Anwendung des § 1134 BGB i. V. m. § 1273 Abs. 2 S. 1, 1227 BGB auf das Pfandrecht an einem Grundpfandrecht prinzipiell nichts entgegen, folgt das entscheidende Wertungsargument aus dem systematisch-teleologischen Zusammenhang des § 1134 BGB mit dem von der Einziehungsermächtigung des Pfandgläubigers umfassten Recht zur vorzeitigen Zwangsvollstreckung in das Grundstück gem. § 1133 BGB. (2) Nexus zwischen § 1133 BGB und § 1134 BGB Ist der Pfandgläubiger somit zumindest gemeinschaftlich mit dem Hypothekengläubiger gem. § 1281 S. 2 BGB ermächtigt, aus der belasteten Hypothek in das Grundstück zu vollstrecken,997 erstreckt sich diese Ermächtigung systematisch konsequent auf die korrespondierende Befugnis wegen Sicherungsgefährdungen gem. § 1133 BGB (ggf. i. V. m. § 1135 BGB) vorzeitig zu vollstrecken.998 Dem steht nicht entgegen, dass der Pfandgläubiger ausweislich § 1282 Abs. 2, 1. Hs. BGB ausschließlich zur Einziehung der Hypothekenforderung und nicht zu anderen VerGläubigers auf Zustimmung zur Kündigung gem. § 1286 S. 2 BGB siehe NomosKomm (-Bülow), BGB III4, § 1286 Rn. 3; Soergel (-Habersack), XVI13, § 1286 Rn. 2. 997 Siehe § 5 IV. 3. b) cc). 998 Der Pfandgläubiger kann hiernach jedenfalls dann, wenn die pfandrechtsgesicherte Forderung fällig ist, zunächst eine Frist zur Beseitigung der Gefährdung der Sicherheit der vom Pfandrecht belasteten Hypothek gem. § 1133 S. 1 BGB i. V. m. § 1282 Abs. 1 S. 1 BGB setzen und nach fruchtlosem Fristablauf sofort – ohne Rücksicht auf die Fälligkeit der Hypothekenforderung – das Grundstück verwerten aus der Hypothek verwerten. Freilich ist eine Fristsetzung nach § 1133 S. 1 BGB mit Rücksicht auf den Rechtsgedanken der §§ 281 Abs. 2, 323 Abs. 2 Nr. 3 BGB entbehrlich, wenn ohnehin keine Abhilfe zu erwarten ist, z. B. weil der Eigentümer eine solche endgültig und ernsthaft verweigert (vgl. BeckOGK BGB (-Kiehnle), Stand: 1.7.2019, § 1133 Rn. 20; MünchKomm (-Lieder), BGB VII7, § 1133 Rn. 11). Sofern der Eigentümer nicht fristgemäß die Gefährdung beseitigt (z. B. durch Bestellung einer anderweitigen Sicherheit oder Grundstücksverbesserung) oder die Fristsetzung entbehrlich ist, kann der Pfandgläubiger mithin anstelle des Hypothekengläubigers sofort die Zwangsvollstreckungsvollstreckung aus dem Grundstück betreiben; ein Anspruch auf Beseitigung der Gefährdung besteht hingegen nicht. Unter den Voraussetzungen des § 1133 S. 3 BGB tritt eine Absenkung der Hypothekenforderung ein (siehe hierzu BeckOGK BGB (-Kiehnle), Stand: 1.7.2019, § 1133 Rn. 31; MünchKomm (-Lieder), BGB VII7, § 1133 Rn. 15).
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fügungen über die Hypothekenforderung berechtigt ist. Sieht man einmal davon ab, dass § 1282 Abs. 2, 1. Hs. BGB verbreitet dahingehend teleologisch reduziert wird, dass auch andere Verfügungen, wie z. B. ein entgeltlicher Erlass oder eine Abtretung, mit Tilgungswirkung entsprechend § 1288 Abs. 2 BGB zulässig sind,999 geht es hier nicht um eine „andere Verfügung“ über die akzessorische Hypothek, sondern um die bestimmungsgemäße „Einziehung“ derselben im Wege der (vorzeitigen) Zwangsvollstreckung in das Grundstück gem. § 1282 Abs. 1 S. 1 BGB. Unter Wertungsgesichtspunkten ist es nicht vertretbar, dem ab Pfandreife allein einziehungsberechtigten Pfandgläubiger die in § 1133 BGB bestimmten Befugnisse zur Fristsetzung und zur vorzeitigen Befriedigung aus dem Grundstück nach fruchtlosem Fristablauf vorzuenthalten. Denn selbst wenn man annimmt, dass der Hypothekengläubiger auch nach Eintritt der Pfandreife die Hypothekenforderung einschließlich der akzessorischen Hypothek zwecks Leistung an den Pfandgläubiger geltend machen kann, kann der Pfandgläubiger ab Eintritt der Pfandreife zum einen weder den Hypothekengläubiger auf Mitwirkung zur Einziehung in Anspruch nehmen noch von diesem verlangen, dass er in fälligkeitsbegründender Weise die Hypothek kündige, um (schleunigst) das Grundstück zu verwerten. Vielmehr ist der Pfandgläubiger, dem ja alle zur Durchsetzung der Forderung einschließlich der akzessorischen Hypothek zweckdienlichen Befugnisse zustehen,1000 gem. § 1285 Abs. 2 S. 1 BGB verpflichtet, diese Befugnisse auch, soweit nötig und zumutbar, zu ergreifen, was die Durchsetzung akzessorischer Nebenrechte einschließt.1001 Dessen ungeachtet hat der Pfandgläubiger zur Sicherung seiner eigenen Forderung ein schutzwürdiges Interesse an einer schleunigen Verwertung des Grundstücks, wenn die reale Haftungssubstanz konkret gefährdet ist. Auf die Gefährdung der Sicherheit der verpfändeten Forderung und/oder andere akzessorische Nebenrechte kommt es nicht an.1002 999 Siehe
§ 5 IV. 3. b) cc). § 5 IV. 3. b). 1001 Allerdings sind die Anforderungen an die Interessenwahrungspflicht des Pfandgläubigers in Ansehung akzessorischer Nebenrechte der verpfändeten Forderung nicht zu überspannen. Weil der Pfandgläubiger nicht auf eigene Kosten erforderliche Maßnahmen zur Eintreibung der verpfändeten Forderung ergreifen muss – vielmehr insoweit einen Vorschussanspruch hinsichtlich erforderlicher Aufwendungen gegen den Gläubiger hat –, muss auch der Pfandgläubiger einer Hypothekenforderung unstreitig nicht zwecks Deckung der Hypothek in einer von Seiten Dritter betriebenen Zwangsversteigerung mitbieten (RG, Urteil v. 13.11.1909 – I 21/09, JW 1910, S. 20; Erman (-J. Schmidt), BGB II15, § 1285 Rn. 3; NomosKomm (-Bülow), BGB III4, § 1285 Rn. 3; Palandt (-Herrler), BGB78 , § 1285 Rn. 2; Staudinger (-D. Wiegand), BGB (2019), § 1285 Rn. 4). 1002 Bei der gebotenen ex-ante-Beurteilung, ob eine tatbestandsmäßige Gefährdung der Sicherheit des Hypothekengläubigers gem. § 1133 S. 1 BGB gegeben ist, bleiben zusätzliche Sicherungsrechte des Hypothekengläubigers, z. B. Bürgschaften, Pfandrechte, Hypotheken an anderen Grundstücken, außer Betracht; maßgeblich ist vielmehr eine Prognose der Verwertungschancen im Wege der Zwangsvollstreckung (vgl. NomosKomm (-Zimmer), BGB III4, § 1133 Rn. 24). Demgemäß wird eine Sicherheitsgefährdung auch nur dann kompensiert, wenn der Eigentümer als Ersatzsicherheit eine Hypothek an einem Grundstück verschafft (NomosKomm (-Zimmer), BGB III4, § 1133 Rn. 29). Dies muss erst recht gelten, wenn der Sicherungsnehmer nicht über mehrere voneinander unabhängige Sicherungsrechte verfügt, sondern als Pfandgläubiger einer Hypothe1000 Siehe
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Auf den Anspruch des Hypothekengläubigers aus § 1134 BGB erstreckt sich die (konkurrierende) Einziehungsermächtigung des Pfandgläubigers gem. §§ 1281 S. 2 Hs. 1, 1282 Abs. 1 S. 1 BGB hingegen nicht. Zunächst steht dem in gesetzessystematischer Hinsicht entgegen, dass der alternativ zur Einziehung der verpfändeten Forderung bestimmte Anspruch auf Abtretung an Zahlungs statt gem. § 1282 Abs. 1 S. 3 BGB definitiv auf den Unterlassungsanspruch des Hypothekengläubigers nicht sinngemäß anzuwenden ist, lässt sich doch der bei jeder drohenden Beeinträchtigung der Hypothek unter den Voraussetzungen von § 1134 Abs. 1 BGB entstehende Unterlassungsanspruch nicht vom dinglichen Stammrecht trennen. Vor allem aber geht es hier nicht um die (vorzeitige) Durchsetzung der Hypothek durch Zwangsvollstreckung in das Grundstück, sondern um die Erhaltung der Haftungssubstanz und damit um sachenrechtlichen Störungsschutz; das in §§ 1281, 1282 BGB bestimmte Abgrenzungskriterium der Pfandreife ist bei unterstellter Anwendung der vorgenannten Normen auf den Unterlassungsanspruch funktionslos. Der sachenrechtliche Störungsschutz des Pfandgläubigers ergibt sich abschließend aus der entsprechend anzuwendenden Vorschrift des § 1227 BGB. Folglich ist die Vorschrift des § 1134 BGB auf ein Pfandrecht an einem Grundpfandrecht zwar nicht direkt, aber – entgegen der einhelligen Ansicht im Schrifttum1003 – gem. § 1273 Abs. 2 S. 1 BGB entsprechend anzuwenden. Für diese Betrachtungsweise spricht bereits der intrasystematische Zusammenhang mit dem von der Einziehungsermächtigung des Pfandgläubigers umfassten Recht zur vorzeitigen Verwertung der Hypothek gem. § 1133 S. 2 BGB, das tatbestandlich gleichfalls eine sicherheitsgefährdende Grundstücksverschlechterung verlangt. Sieht das Gesetz einen Verkauf der verpfändeten Hypothekenforderung zur Verwirklichung des Pfandrechts nicht vor, sofern sich der Pfandgläubiger die verpfändete Forderung nicht gem. § 1282 Abs. 1 S. 3 BGB abtreten lässt (vgl. § 1282 Abs. 2 Hs. 1 BGB), ist zwar für eine entsprechende Anwendung der §§ 1219–1221 BGB bei einer drohenden Gefährdung der Sicherheit der Hypothek kein Raum.1004 Paradox wäre es nun aber, dem, wie gezeigt, vor Eintritt der Fälligkeit der Hypothek gem. §§ 1281 S. 2 Hs. 1, 1282 Abs. 1 S. 1, 1133 S. 2, 1147 BGB zur Zwangsvollstreckung in das Grundstück berechtigten Pfandgläubiger den komplementären Anspruch zur Abwendung bevorstehender Sicherungsgefährdungen in entsprechender Anwendung des § 1134 BGB zu versagen.1005 kenforderung zwei miteinander verknüpfte Sicherungsrechte hat. Denn auch wenn die Forderung rechtlich als Hauptsache behandelt wird, dürfte es dem Pfandgläubiger vor allem auf die Sicherung durch die Hypothek ankommen, die aber nicht selbstständig, sondern nur mit der Hypothekenforderung gemeinsam verpfändet werden kann. 1003 Siehe die Nachweise in Fn. 986. 1004 Siehe § 5 IV. 6. a) aa) (1). 1005 Wie angerissen, ist § 1227 BGB jedenfalls dann auf Pfandrechte an Rechte gem. § 1273 Abs. 2 S. 1 BGB entsprechend anzuwenden, wenn das verpfändete Recht absolute Wirkung entfaltet (insoweit richtig Soergel (-Habersack), BGB XVI13, § 1273 Rn. 10). Soweit einschränkend verlangt wird, dass die Verpfändung eine Besitzübergabe voraussetze oder das Pfandrecht zum Besitz einer Sache berechtige (BeckOK BGB (-Schärtl), Stand: 1.8.2019, § 1273 Rn. 7; Martinek (-Protz), jurisPK-BGB III8 , § 1227 Rn. 22; Palandt (-Wicke), BGB78 , § 1273 Rn. 4; Staudinger (-D. Wiegand), BGB (2019), § 1273 Rn. 22), hat diese Ansicht offenbar nur die rei vindicatio
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Der Pfandgläubiger müsste den Eintritt der Grundstücksverschlechterung abwarten, um sich sodann doch vor Fälligkeit der Hypothek aus dem Grundstück mittels Zwangsvollstreckung zu befriedigen. Der entsprechenden Anwendung der §§ 1134, 1135 BGB lässt sich auch nicht entgegenhalten, dass die Verpfändung einer Hypothekenforderung allenfalls ein „mittelbares Recht an der Sache“ konstituiere, auf das die Vorschrift des § 1227 BGB nicht passe. Soweit in dem vergleichbaren Kontext einer durch Sachpfand gesicherten Forderung mit diesem Argument ein vindikationsähnlicher Anspruch des Forderungspfandgläubigers hinsichtlich des Sachpfandes in entsprechender Anwendung des § 985 BGB verneint wird,1006 wird verkannt, dass jedes veräußerliche Recht kraft einer Belastung selbst zu einer Sache i. w. S. „hypostasiert“ wird. Durch die Verpfändung der Hypothekenforderung entsteht ein (singuläres) Pfandrecht an drei „Sachen“: an der Sicherungsforderung, an der Hypothek und an dem der Hypothek unterliegenden Grundstück.1007 Die Befugnis zur Zwangsvollstreckung in das Grundstück aus dem Pfandrecht an der Hypothek ist nun aber nicht weniger „unmittelbar“ als die korrespondierende Befugnis des beschwerten Hypothekengläubigers: Jede beschränkte Herrschaftsbefugnis über eine Sache i. S. d. § 90 BGB wird durch eine Belastung des Eigentums mediatisiert, ohne dass es insoweit auf den Rang des lastenden Rechts oder die Belastungsstufe ankommt. Überdies trifft der aufgezeigte Einwand bestenfalls auf mitverpfändete akzessorische Rechte zu, nicht hingegen auf die Verpfändung von Grundschulden, auf die § 1134 BGB unstreitig entsprechend anzuwenden ist.1008 Geradezu absurd wäre es nun aber, das Pfandrecht an einer Grundschuld mit einem Unterlassungsanspruch zugunsten des Pfandgläubigers zu flankieren und umgekehrt dem Pfandgläubiger einer Hypothekenforderung einen gleichartigen Störungsschutz zu versagen. Vor allem jedoch verbietet es sich, dem Pfandgläubiger unter Missachtung des gesetzlichen Analogiegebots des § 1273 Abs. 2 S. 1 BGB diejenigen Rechtsbehelfe abzusprechen, mit denen das die verpfändete Forderung sichernde Nebenrecht kraft Gesetzes ausgestattet ist, obschon aus den §§ 1274–1296 BGB nichts gegen eine entsprechende Anwendung folgt. Unter Wertungsgesichtspunkten leuchtet es erst recht nicht ein, dem Pfandgläubiger einer Briefhypothek wegen Vorenthaltung oder Entziehung des Besitzes am Hypothekenbrief einen Herausgabeanspruch gem. §§ 985, 1227, 1273 Abs. 2 S. 1 BGB zu gewähren – obschon ja nur ein „mittelbares Recht“ am Hypothekenbrief besteht –, zugleich aber einen Schutz gegen sicherheitsgefährdende sowie die daran anknüpfenden Ansprüche des Eigentümers auf Nutzungs- und Schadensersatz im Blick. Wenn nach allgemeiner Ansicht absolute Rechte generell mit einem quasinegatorischen Schutz in Analogie zu §§ 823 Abs. 1, 1004 BGB versehen sind, kann es in Hinsicht auf den Schutz des Pfandrechts im Außenverhältnis nicht darauf ankommen, ob für die Verpfändung eine Besitzübergabe konstitutiv ist oder das Pfandrecht zum Sachbesitz berechtigt. 1006 So Westermann/Gursky/Eickmann (-Gursky), Sachenrecht8 , § 135 Rn. 15; siehe hierzu § 5 IV. 6. b). 1007 Siehe bereits § 2 I. 2. b); ebenso von Bar, Gemeineuropäisches Sachenrecht I, Rn. 163. 1008 Siehe nur MünchKomm (-Lieder), BGB VII7, § 1192 Rn. 2; Palandt (-Herrler), BGB78 , §§ 1133–1135 Rn. 4.
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Grundstücksverschlechterungen in entsprechender Anwendung von § 1134 BGB abzulehnen.1009 Dass das Pfandrecht an der Hypothek dann i. S. v. § 1227 (i. V. m. § 1273 Abs. 2 S. 1 BGB) beeinträchtigt ist, wenn infolge drohender Grundstücksverschlechterungen ein nicht unerheblicher Ausfall in der Zwangsvollstreckung des Grundstücks zu erwarten ist,1010 lässt sich nicht ernsthaft abstreiten. Dient die Hypothek ab Pfandreife der Sicherung des zur Realisierung der hypothekarischen Haftung berufenen Pfandgläubigers (vgl. § 1282 Abs. 1 S. 2 BGB), ist die sich auf die Hypothek erstreckende Einziehungsermächtigung gem. § 1282 Abs. 1 S. 1 BGB mit einem Anspruch auf Abwehr allfälliger Sicherheitsverschlechterungen gem. §§ 1134, 1227, 1273 Abs. 2 S. 1 BGB zu flankieren, der neben den konkurrierenden Unterlassungsanspruch des Hypothekengläubigers tritt.1011 1009 So aber weite Teile der Literatur, z. B. NomosKomm (-Bülow), BGB III4, § 1227 Rn. 1; BeckOGK BGB (-Leinenweber), Stand: 1.10.2018, § 1274 Rn. 49, 56. 1010 Zur Definition des Tatbestandsmerkmals der „Sicherheitsgefährdung“ i. S. d. §§ 1133, 1134 BGB siehe MünchKomm (-Lieder), BGB VII7, § 1133 Rn. 4–8; NomosKomm (-Zimmer), BGB III4, § 1133 Rn. 24. Schließlich ist der Pfandgläubiger einer Hypothek auch gegen drohende Sicherheitsgefährdungen wegen möglicher rechtlicher Beeinträchtigungen des Grundstücks geschützt: Wenn z. B. das Grundbuch die belastete Hypothek inhaltlich falsch oder mit schlechterem Rang ausweist, wird dadurch gleichermaßen das Recht des Pfandgläubigers zur Befriedigung aus der Hypothek im Wege der Ausübung derselben mittels Zwangsvollstreckung gefährdet; nichts anderes gilt, wenn mit dem betroffenen Grundstück verbundene subjektiv-dingliche Rechte, auf die sich die hypothekarische Haftung gem. §§ 1120, 1127 BGB erstreckt, im Grundbuch (des belasteten Grundstücks) nicht oder unrichtig eingetragen sind. Der Pfandgläubiger kann insoweit – ebenso wie der Nießbraucher einer Hypothekenforderung – Berichtigung des Grundbuchs nach § 894 BGB verlangen und/oder die Eintragung eines Widerspruchs gem. § 899 BGB erwirken. 1011 Der Pfandgläubiger kann mithin, wenn die Einwirkung vom Eigentümer ausgeht, im Klageweg oder im Wege eines einstweiligen Rechtsschutzantrags gem. §§ 935, 938 ZPO beantragen, dass das Gericht „die zur Abwendung der Gefährdung erforderlichen Maßregeln“ anordnet (§ 1134 Abs. 2 BGB), wobei dieser Antrag richtigerweise nicht notwendig näher konkretisiert werden muss (MünchKomm (-Lieder), BGB VII7, § 1133 Rn. 12). Als Maßregeln kommen insbesondere die Anordnung der Verwaltung durch einen Sequester, die Anordnung der Zwangsverwaltung entsprechend §§ 146 ff. ZPO, die Herbeiführung einer Feuerversicherung, ein Veräußerungsverbot oder auch die Ermächtigung des Gläubigers zur Ersatzvornahme gem. § 887 ZPO hinsichtlich der erforderlichen Schutzmaßnahmen in Betrqcht (Erman (-Wenzel), BGB II15, § 1134 Rn. 7; MünchKomm (-Lieder), BGB VII7, § 1133 Rn. 13). Selbstverständlich reicht der Klageschutz des Pfandgläubigers auch nicht über den Klageschutz des Hypothekengläubigers hinaus. So ist der Pfandgläubiger auch nur gegen tatsächliche Beeinträchtigungen des Grundstücks nach Maßgabe der §§ 1134, 1135 BGB gegenüber Dritten geschützt. Aus § 1135 BGB wird im Umkehrschluss gefolgert, dass Verschlechterungen der getrennten Erzeugnisse und sonstige Bestandteile des Grundstücks nicht von §§ 1133, 1134 BGB erfasst sind (vgl. NomosKomm (-Zimmer), BGB III4, § 1133 Rn. 13); eine Verschlechterung des Grundstücks liegt selbstverständlich auch nicht darin, dass Erzeugnisse und sonstige Bestandteile unter den Voraussetzungen der §§ 1120–1122 BGB ausscheiden. Entsprechendes gilt für Rechte, auf die sich die Hypothek erstreckt, namentlich Miet- und Pachtzinsforderungen (§ 1123–1125 BGB), Rechte auf wiederkehrende Leistungen (§ 1126 BGB), Versicherungsforderungen (§ 1127–1130 BGB); vgl. MünchKomm (-Lieder), BGB VII7, § 1133 Rn. 8; NomosKomm (-Zimmer), BGB III4, § 1133 Rn. 13. Auch richten sich die Rechte aus §§ 1133–1135 BGB lediglich gegen Grundstücksverschlechterungen, wobei sich eine extensive Auslegung dieses Begriffs aus Gründen des Eigentümerschutzes verbietet; weder die bloße Änderung der Betriebsführung noch das Unterlassen gebotener Verwaltungsmaßnahmen ist eine tatbestandliche Verschlechterung des Grundstücks i. S. d. §§ 1133, 1134 BGB (vgl.
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Entsprechendes gilt bei mehrstufiger intrafamiliärer Belastung der Hypothek für jeden einzelnen Pfandgläubiger höheren Grades.1012 Schutzwürdige Interessen Dritter werden durch diese Kumulation sachenrechtlicher Rechtsbehelfe nicht MünchKomm (-Lieder), BGB VII7, § 1133 Rn. 6; Palandt (-Herrler), BGB78 , §§ 1133–1135 Rn. 1). Eigentumsgleiche Beseitigungs- oder Unterlassungsansprüche entsprechend § 1004 Abs. 1 BGB scheiden nach der gesetzgeberischen Wertungsentscheidung aus, soweit nicht die Befriedigungsaussichten des Gläubigers mit Rücksicht auf Rang und Höhe der gesicherten Forderung gefährdet sind. Desgleichen steht dem Inhaber eines liegenschaftsrechtsbelastenden Pfandrechts prinzipiell nicht wegen eines (seitens des Grundstückseigentümers zu duldenden) Überbaus oder Notwegs an dem vom Pfandrecht erfassten Grundstück ein Beseitigungsanspruch zu; vielmehr erstreckt sich das Pfandrecht auf das vom belasteten Grundpfandrecht erfasste Rentenrecht des Inhabers des grundpfandrechtsbelasteten Rechts. Ein eigenes Rentenrecht steht schon dem Grundpfandrechtsgläubiger wegen eines Überbaus oder Notwegs nicht zu (arg. e §§ 916, 917 Abs. 2 S. 2 BGB); dem Grundpfandrechtsgläubiger geschieht kein Nachteil, weil sich das Grundpfandrecht, sei es eine Hypothek, eine Grundschuld oder eine Reallast, auf die mit dem belasteten Eigentum untrennbar verbundene Überbau- bzw. Notwegrente erstreckt (§§ 1126 S. 1, 914 Abs. 3, 917 Abs. 2 S. 2, 1110, 96, 93 BGB ggf. i. V. m. 1192 Abs. 1, 1107 BGB); vgl. Erman (-A. Lorenz), BGB II, § 916 Rn. 1; BeckOK BGB (-Fritzsche), Stand: 1.8.2019, § 916 Rn. 2; Staudinger (-H. Roth), BGB (2016), § 916 Rn. 2. Soweit sich also der Grundpfandrechtsgläubiger auch aus der Rente mit dem Rang seines Rechts zu befriedigen vermag, d. h. im Wege der Pfändung und Überweisung der fälligen Leistungen (zur Einziehung oder an Zahlungs statt) resp. im Wege der Zwangsverwaltung, umfasst die Einziehungsermächtigung des Pfandgläubigers (§§ 1281 S. 2 Hs. 1, 1282 Abs. 1 S. 1 BGB ggf. i. V. m. § 1291 BGB) auch diese Verwertungsbefugnis. Weil sich das Pfandrecht nach allgemeinen Grundsätzen auf dessen wesentliche Bestandteile erstreckt (Jauernig (-Berger), BGB17, § 1212 Rn. 1; MünchKomm (-Damrau), BGB VII7, § 1212 Rn. 1), erfasst auch das Pfandrecht an einem Dauerwohnrecht (§ 31 WEG) das mit dem Dauerwohnrecht untrennbar verbundene Rentenrecht des Dauerwohnberechtigten, sofern diesem wegen der Beeinträchtigung seines Dauerwohnrechts durch einen Überbau eine eigene Geldrente zusteht (für unmittelbare Anwendung der §§ 912 ff. BGB auf die Beeinträchtigung eines Dauerwohnrechts durch Überbau Staudinger (-H. Roth), BGB (2016), § 916 Rn. 1; für eine Analogie zu § 916 BGB hingegen BeckOK BGB (-Fritzsche), Stand: 1.8.2019, § 916 Rn. 1; Palandt (-Herrler), BGB78 , § 916 Rn. 1). Dem steht nicht entgegen, dass die Vorschrift des § 1212 BGB auf das Pfandrecht an Rechten – da ein Recht bekanntlich keine Erzeugnisse i. S. v. § 99 Abs. 1 BGB hervorbringt – nicht nach § 1273 Abs. 2 S. 1 BGB entsprechend anzuwenden ist (Erman (-J. Schmidt), BGB II15, § 1273 Rn. 13; MünchKomm (-Damrau), BGB VII7, § 1273 Rn. 8). Soweit ein Recht – wie hier das mit einem Rentenrecht in direkter oder entsprechender Anwendung der §§ 912 ff. BGB versehene pfandrechtsbelastete Dauerwohnrecht – mit Rechten i. S. v. §§ 96, 93 BGB ausgestattet ist, sind diese vom Pfandrecht erfasst. 1012 Exemplarisch sei dies anhand folgender Fallgestaltung veranschaulicht: Zur Sicherung eines dem S von der Bank B gewährten Darlehens (Forderung F1) wird eine Hypothek am Grundstücks des E bestellt; zwecks Refinanzierung wird die Forderung F1 sodann dem P zur Sicherung des der B gewährten Kredits (Forderung F2) verpfändet, wobei P seine Forderung wiederum an seinen Gläubiger G zur Sicherung eines Kontokorrentkredits (Forderung F3) verpfändet. Die Schutzstandards der Forderungspfandrechte des P und des G sind, was etwaige Gefährdungen der Sicherheit der Hypothekenforderung F1 sowie der Hypothek durch Grundstücksverschlechterungen angeht, deckungsgleich. Welche gesetzlichen Rechtsbehelfe G in Bezug auf Sicherheitsgefährdungen der vom Pfandrecht an F2 gem. §§ 1273 Abs. 2 S. 1, 1250 Abs. 1, 1153 Abs. 1 BGB erfassten akzessorischen Pfandrechte und Hypotheken geltend machen kann, richtet sich danach, ob seine gesicherte Forderung F3 fällig ist oder nicht. Solange nicht Pfandreife (§§ 1273 Abs. 2 S. 1, 1228 Abs. 2 BGB) gegeben ist, stehen G die komplementären Ansprüche auf Kündigung und Mitwirkung zur gemeinschaftlichen Einziehung von F2 gegen P aus §§ 1285 Abs. 1, 1286 S. 1 BGB zu, die sich auf die akzessorischen Nebenrechte von F2 – das Pfandrecht des P an F1 einschließlich der Hypothek – erstrecken. Der Anspruchsinhalt des Mitwirkungsanspruchs richtet sich in Ansehung der Nebenrechte danach, ob P zur Kündigung und Einziehung von F1 gem. §§ 1282
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verletzt. Was für die Rechtsbehelfe des Pfandgläubigers einer hypothekarisch gesicherten Forderung ausgeführt worden ist, gilt für die Verpfändung von Grundund Rentenschulden (§ 1291 BGB) und Reallasten entsprechend.1013 Sieht man Abs. 1 S. 1, 1283 Abs. 3 BGB berechtigt ist oder nicht. Falls P selbst auf Ansprüche auf Kündigung und Mitwirkung zur gemeinschaftlichen Einziehung von F1 resp. der Hypothek gerichtete Ansprüche aus §§ 1285 Abs. 1, 1286 S. 1 BGB verwiesen ist, kann G auch verlangen, dass P diese geltend macht, um eine schleunige Einziehung der Forderung F1 resp. eine Zwangsvollstreckung in das Grundstück des E aus der Hypothek des H zu ermöglichen. Wenn also weder P noch G in Ansehung ihrer Forderungspfandrechte einziehungsberechtigt sind, bedarf es hinsichtlich der gegen S gerichteten Forderung F1 einer gemeinschaftlichen Einziehung durch B, P und G; Entsprechendes gilt für die Realisierung der hypothekarischen Haftung im Wege der Zwangsvollstreckung. Aus dem Anspruch des G auf ordnungsgemäße Mitwirkung zur Forderungseinziehung gem. § 1285 Abs. 1 BGB folgt, dass P nötigenfalls auch dazu verpflichtet ist, seinen Anspruch gegen B aus § 1285 Abs. 1 BGB geltend zu machen, von diesem also die für eine vorzeitige Realisierung der Hypothek erforderliche Fristsetzung gem. § 1133 S. 1 BGB gegenüber E erklärt, um eine etwaig erforderliche gemeinschaftliche Ausübung und Titulierung des Anspruchs auf Duldung der Zwangsvollstreckung ungeachtet fehlender Fälligkeit der Forderung F1 analog §§ 1281, 1147, 1133 S. 2 BGB nach erfolglosem Fristablauf zu ermöglichen. Falls P hingegen selbst zur Kündigung und Einziehung von F1 gem. §§ 1282 Abs. 1 S. 1, 1283 Abs. 3 Hs. 1 BGB berechtigt ist, ist er aus dem gesetzlichen Schuldverhältnis mit G auf dessen Verlangen verpflichtet, die Hypothek gemeinschaftlich mit G regulär nach Eintritt der Fälligkeit oder – wenn ein nicht unerheblicher Ausfall in der Zwangsvollstreckung wegen Grundstücksverschlechterungen zu erwarten ist – vorzeitig unter den Voraussetzungen der §§ 1133 S. 2, 1147 BGB „einzuziehen“. Sobald G selbst zur Kündigung und Einziehung der ihm verpfändeten Forderung F2 berechtigt ist, kann und muss er nach hier vertretener Ansicht selbst die in § 1133 BGB bestimmten Rechte erheben, erstreckt sich die Einziehungsermächtigung in analoger Anwendung des § 1282 Abs. 1 S. 1 BGB doch auch auf den hypothekarischen Rechtsverwirklichungsanspruch aus § 1147 BGB. Im Übrigen steht D unter den Voraussetzungen der §§ 1134 Abs. 1, 1227, 1273 Abs. 2 S. 1 BGB wiederum ein eigener Anspruch auf Unterlassung sicherheitsgefährdender Verschlechterungen des Grundstücks gegenüber E und/oder Dritten zu; dieser Unterlassungsanspruch ist ein selbstständiger Anspruch, der neben konkurrierende Unterlassungsansprüche der B und des P tritt. Entsprechendes gilt wiederum, wenn die Verpfändungskette fortgesetzt wird; der Schutzstandard der Pfandgläubiger der aufeinander aufbauenden Forderungspfandrechte ist identisch. 1013 Der Pfandgläubiger einer Grund- und Rentenschuld genießt im Außenverhältnis zu Dritten nach hier vertretener Ansicht den gleichen Schutz wie der Pfandgläubiger einer Hypothekenforderung, kann also nach hier vertretener Ansicht von jedem Störer Unterlassung sicherheitsgefährdender Grundstücksverschlechterungen gem. §§ 1134 Abs. 1, 1135, 1192 Abs. 1, 1227, 1273 Abs. 2 S. 1 BGB verlangen. Selbstverständlich entscheidet die einhellige Ansicht im Schrifttum auch nicht anders als beim Pfandrecht an einer Hypothekenforderung; der Pfandgläubiger einer Grund- oder Rentenschuld ist mithin nach allgemeiner Ansicht nicht durch §§ 1133–1135, 1192 Abs. 1 BGB geschützt; siehe nur BeckOGK BGB (-Leinenweber), Stand: 1.8.2018, § 1274 Rn. 56. Zu unterscheiden ist dagegen beim Pfandrecht an einer (subjektiv-persönlichen) Reallast. Abgesehen davon, dass sich der Pfandgläubiger gegen fehlerhafte, den Bestand seines Rechts gefährdende Eintragungen im Grundbuch wie jeder anderer Inhaber eines eintragungsfähigen oder eintragungsbedürftigen Rechts auch gem. §§ 894–899 BGB schützen kann, ist der Pfandgläubiger konsequenterweise gem. §§ 1273 Abs. 2 S. 1, 1227 BGB in gleicher Weise wie der Reallastgläubiger gegen sicherheitsgefährdende tatsächliche Verschlechterungen des Grundstücks geschützt. Weil aber aus der Reallast ein Anspruch auf Duldung der Zwangsvollstreckung in Ansehung der den Hypothekenzinsen gleichgestellten einzelnen Leistungen gem. §§ 1147, 1107 BGB, nicht aber hinsichtlich des Stammrechts folgt (siehe nur Staudinger (-Reymann), BGB (2017), Einl. zu §§ 1105–1112 BGB Rn. 49), ist die auf vorzeitige Realisierung des Hypothekenkapitals gerichtete Vorschrift des § 1133 BGB vom gesetzlichen Analogiegebot des § 1107 BGB nicht umfasst (Dümchen, JherJb 54 (1909), S. 355, 451; MünchKomm (-Mohr), BGB VII7, § 1105 Rn. 11, 72; Staudin-
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vom sachenrechtlichen Störungsschutz ab, sind Ansprüche wegen Grundstücksverschlechterungen auf Ersatz bereits eingetretener Vermögensschäden des Pfandgläubigers aus unerlaubter Handlung denkbar.1014 ger (-Reymann), BGB (2017), Einl. zu §§ 1105–1112 BGB Rn. 44). Wenngleich der Pfandgläubiger somit ebenso wenig wie der belastete Reallastgläubiger aufgrund sicherheitsgefährdender Grundstückseinwirkungen wegen noch nicht fälliger Einzelleistungen die Zwangsvollstreckung in das Grundstück betreiben kann, hat der Pfandgläubiger ebenso wie der Reallastgläubiger ein schützenswertes Interesse daran, dass die Haftungssubstanz des Grundstücks nicht geschmälert wird, um einen Ausfall in der Zwangsvollstreckung zu vermeiden. Wenn hiernach auch der Reallastgläubiger Unterlassungsansprüche gegen den Eigentümer und Dritte in entsprechender Anwendung der §§ 1134, 1135 BGB erheben kann (RG, Urteil v. 12.12.1903 – V 254/1903, Gruchot 48, S. 351, 355; Dümchen, JherJb 54 (1909), S. 355, 451–452; MünchKomm (-Mohr), BGB VII7, § 1105 Rn. 11, 72; Staudinger (-Reymann), BGB (2017), Einl. zu §§ 1105–1112 BGB Rn. 44), stehen dem Pfandgläubiger – auch vor Fälligkeit des Pfandrechts – aus eigenem Recht inhaltsgleiche Ansprüche gem. §§ 1273 Abs. 2 S. 1, 1227 BGB zu. Demgegenüber ist es entgegen einer teilweise vertretenen Ansicht (MünchKomm (-Mohr), BGB VII7, § 1105 Rn. 72) sachlich nicht zu rechtfertigen, den Reallastgläubiger in weitergehendem Ausmaß gegen Grundstückseinwirkungen zu schützen als einen Hypothekengläubiger, zumal hierfür keine Rechtsgrundlage ersichtlich ist; negatorischer Schutz gem. § 1004 BGB scheidet mangels Legalverweisung auf die auf das Eigentum geltenden Vorschriften aus (Planck (-Strecker), BGB III/15, § 1107 Anm. 3 a); Staudinger (-Reymann), BGB (2017), Einl. zu §§ 1105–1112 BGB Rn. 44). 1014 Soweit sich das Forderungspfandrecht auf ein nach § 823 Abs. 1 BGB geschütztes Nebenrecht der verpfändeten Forderung, sei es eine Hypothek, sei es ein Pfandrecht, erstreckt, ist es gleichfalls als sonstiges Recht i. S. d. § 823 Abs. 1 BGB anzusehen. Auf die Streitfrage, ob und, bejahendenfalls, in welchem Ausmaß dem Pfandrecht an einer Forderung der deliktsrechtliche Schutz absoluter Rechte zukommt (siehe dazu RG, Urteil v. 25.6.1924 – I 282/23, RGZ 108, S. 318, 320; RG, Urteil v. 28.10.1932 – VII 141/32, RGZ 138, S. 252, 255–256; zustimmend (in Bezug auf den Nießbrauch an einer Forderung) MünchKomm (-Pohlmann), BGB VII7, § 1068 Rn. 14), kommt es in diesem Zusammenhang nicht an. Im Kern kreist diese Diskussion um die altbekannte übergreifende Thematik des deliktsrechtlichen Schutzes der Forderung. Wer die Forderungszuständigkeit nicht als sonstiges Recht anerkennt, dürfte einem begrenzten Recht an der Forderung – soweit es um den geschuldeten Gegenstand und das Verhältnis zum Schuldner geht – deliktsrechtlichen Schutz erst recht versagen (so z. B. Erman (-Schiemann), BGB I15, § 823 Rn. 37), während umgekehrt diejenigen, die der Forderung deliktsrechtlichen Schutz attestieren, für das Pfandrecht und den Nießbrauch an der Forderung nicht anders entscheiden dürften (so Staudinger (-J. Hager), BGB (2017), § 823 Rn. B 127; tendenziell auch MünchKomm (-Wagner), BGB VI7, § 823 Rn. 271). Weil aber einem Forderungspfandrecht, soweit es sich auf ein die verpfändete Forderung sicherndes dingliches Recht bezieht, sachenrechtlicher Störungsschutz teilhaftig ist, erfüllt es fraglos auch die freilich unscharfen Voraussetzungen eines „sonstigen Rechts“ i. S. v. § 823 Abs. 1 BGB, weist mithin eine positive Zuweisungs- und eine negative Ausschlussfunktion auf. Angesichts des spiegelbildlichen sachenrechtlichen Schutzes des belasteten dinglichen Rechts und des konstituierten Pfandrechts ist die Reichweite des deliktsrechtlichen Schutzes ebenfalls zu harmonisieren. Wird z. B. ein Sachpfand schuldhaft zerstört, kann der Unterpfandgläubiger sein Sicherungsinteresse gem. § 823 Abs. 1 BGB liquidieren, soweit dieses weder den Haftungsumfang des Forderungspfandrechts noch den des belasteten Sachpfandes übersteigt; im Einzelnen tauchen hier dieselben Fragen hinsichtlich der Schadensbemessung vor Eintritt der Pfandreife auf wie bei einem Fahrnispfandrecht (siehe dazu MünchKomm (-Damrau), BGB VII7, § 1227 Rn. 3; Soergel (-Habersack), BGB XVI13, § 1227 Rn. 4). Attestiert man somit dem Pfandrecht am (Grund-)Pfandrecht deliktsrechtlichen Schutz gegen tatsächliche Eingriffe auf die dem belasteten Pfandrecht unterliegende Sache, ist die hierdurch entstehende Konkurrenz deckungsgleicher Ansprüche auf Schadensersatz des beschwerten (Grund-)Pfandgläubigers und des Pfandgläubigers des (grund-)pfandrechtsbelastenden Pfandrechts nach den Regeln zu lösen, die für das Verhältnis konkurrierender Ersatzansprüche des Eigentümers und des Sachpfandgläubigers gelten, um
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bb) Unrichtigkeit des Grundbuchs Wenngleich im Grundsatz allgemein anerkannt ist, dass die §§ 894 ff. BGB auf Rechte an Grundstücksrechten anzuwenden sind,1015 werfen mehrstufige Belastungen des Grundstückseigentums diverse ungelöste Detailfragen bei den Tateine Doppel- oder Mehrfachbelastung des Schuldners auszuschließen. Sofern man mit einer teilweise vertretenen Ansicht annimmt, dass aus Gründen des Schuldnerschutzes eine Gesamtgläubigerschaft zwischen dem Eigentümer und dem Hypothekengläubiger resp. Pfandgläubiger gem. § 428 BGB entstehe (so Erman (-Wenzel), BGB II15, § 1134 Rn. 8; MünchKomm (-Wagner), BGB VI7, § 823 Rn. 275; MünchKomm (-Lieder), BGB VII7, § 1134 Rn. 17), gilt nichts anderes, wenn die gesicherte Forderung wiederum verpfändet ist; der Forderungspfandgläubiger ist gleichfalls Gesamtpfandgläubiger. Wenn man demgegenüber mit einer Gegenansicht annimmt, dass sich das Pfandrecht (vor Pfandreife) kraft dinglicher Surrogation an der Schadensersatzforderung des Eigentümers fortsetze (Staudinger (-J. Hager), BGB (2017), § 823 Rn. B 135; Staudinger (-Wolfsteiner), BGB (2017), § 1134 Rn. 32; siehe auch von Bar, Probleme der Haftpflicht für deliktsrechtliche Eigentumsverletzungen, S. 13–14: Anspruch des (Grund-)Pfandgläubigers auf Bestellung eines Pfandrechts an der Schadensersatzforderung des Eigentümers in ergänzender Vertragsauslegung oder in Analogie zu § 1127 Abs. 1 BGB), ist auch dem Unterpfandgläubiger ein eigener Anspruch auf Schadensersatz zu versagen. Das Forderungspfandrecht des Unterpfandgläubigers erstreckt sich auf das Forderungspfandrecht des beschwerten Pfandgläubigers. Nach dieser Ansicht besteht vor Eintritt der Pfandreife eines Grundpfandrechtes eine gemeinschaftliche Empfangs- und Einziehungszuständigkeit des Eigentümers und des Pfandgläubigers in entsprechender Anwendung des § 1281 BGB (Larenz/Canaris, Schuldrecht BT II/113, § 76 II 4 (S. 392–393); Medicus/Petersen, Bürgerliches Recht 26 , Rn. 609; Staudinger (-J. Hager), BGB (2017), § 823 Rn. B 135). Nach Eintritt der Pfandreife kann der Pfandgläubiger die belastete Schadensersatzforderung entsprechend § 1282 Abs. 1 S. 2 BGB geltend machen, soweit er selbst einen Ausfall bei der Pfandverwertung aufgrund des schädigenden Ereignisses erleidet (siehe Staudinger (-J. Hager), BGB (2017), § 823 Rn. B 135). Die vertretenen Ansichten unterscheiden sich also nur in Nuancen; im praktischen Ergebnis besteht jedenfalls vor Eintritt der Pfandreife kein Unterschied. Sach- und interessengerecht ist m. E., dem Gläubiger des belasteten Sachpfandrechts vor Eintritt der Pfandreife in unmittelbarer Surrogation entsprechend § 1287 S. 1 BGB ein Pfandrecht an der Schadensersatzforderung des Eigentümers zuzuweisen, an dem sich kraft Gesetzes das „herrschende“ Forderungspfandrecht an der pfandrechtsgesicherten Forderung erstreckt; solange der Sicherungsfall nicht eintritt, fehlt es an einem eigenen Vermögensschaden des Sachpfandgläubigers und auch des Forderungspfandgläubigers; erst nach Eintritt der Pfandreife des herrschenden Forderungspfandrechts ist der Forderungspfandgläubiger hinsichtlich des dem Eigentümer zugeordneten Schadensersatzanspruchs in Analogie zu § 1282 Abs. 1 S. 1 BGB allein einziehungszuständig, soweit dem Forderungspfandgläubiger ein eigener Schaden entstanden ist und Pfandreife hinsichtlich des belasteten Sachpfandrechts vorliegt. Entsprechendes gilt bei der Belastung von Grundpfandrechten, wobei sich hier bereits das Grundpfandrecht mitsamt den darauf lastenden Nießbrauchs- und/oder Pfandrechten vor Eintritt der Verwertungsreife unmittelbar auf die Schadensersatzforderung des Eigentümers in Analogie zu § 1127 Abs. 1 BGB erstreckt (siehe auch von Bar, Probleme der Haftpflicht für deliktsrechtliche Eigentumsverletzungen, S. 13–14). Nach Eintritt der Verwertungsreife des belasteten Grundpfandrechts ist der Gläubiger desselben zur Einziehung des Schadensersatzes gemeinschaftlich mit dem Nießbraucher bzw. Pfandgläubiger berechtigt, sofern nicht das Grundpfandrecht unverzinslich ist – dann ist ausschließlich der Nießbraucher einziehungsberechtigt (§ 1074 S. 1 BGB i. V. m. § 1080 BGB) – bzw. Pfandreife hinsichtlich des lastenden Pfandrechts eingetreten ist (§ 1282 Abs. 1 S. 1 BGB i. V. m. § 1291 BGB). Im Verhältnis zwischen mehreren Belastungen des (Grund-)Pfandrechts sind die allgemeinen Regeln über die Berechtigung zur Einziehung einer belasteten Forderung gem. § 1290 BGB (ggf. i. V. m. § 1291 BGB) maßgeblich; ein vorrangiger Nießbrauch geht allerdings allen Pfandrechten vor. 1015 Vgl. RG, Urteil v. 20.3.1907 – V 398/06, RGZ 65, S. 364; KG, Urteil v. 5.11.1935 –
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bestandsvoraussetzungen und Rechtsfolgen der einschlägigen Rechtsbehelfe wegen Grundbuchunrichtigkeit auf. Klärungsbedürftig ist die Aktivlegitimation als auch die Passivlegitimation bei unrichtig dokumentierten mehrstufigen Belastungen. (1) Aktivlegitimation Die Aktivlegitimation des Pfandgläubigers eines belasteten Liegenschaftsrechts ist erstens immer dann gegeben, wenn schon das belastete Recht nicht, inhaltlich unrichtig oder mit falschem Rang eingetragen oder durch die Eintragung einer nicht bestehenden Belastung oder Beschränkung unmittelbar beeinträchtigt ist.1016 Liegen diese Voraussetzungen vor, kann der Pfandgläubiger einen Widerspruch erwirken (§ 899 BGB), den eingetragenen Inhaber des belasteten Rechts auf Abgabe der erforderlichen Berichtigungsbewilligung (§§ 19, 29 GBO) aus § 894 BGB in Anspruch nehmen und/oder bei Nachweis der Unrichtigkeit ohne Mitwirkung des belasteten Rechtsinhabers die Berichtigung des Grundbuchs unter den durch § 26 Abs. 2 GBO erleichterten Voraussetzungen herbeiführen (§ 22 GBO).1017 Entsprechendes gilt – wegen der schicksalhaften Abhängigkeit des lastenden Rechts vom jeweiligen Belastungsgegenstand – für den Inhaber eines auf dem Pfandrecht lastenden Nießbrauchs oder Pfandrechts: Aus der Eintragungsfähigkeit mehrstufiger Eigentumsbelastungen folgt ein Anspruch auf Grundbuchberichtigung bei unrichtiger Dokumentation des belasteten Rechts und dieses ist immer dann unrichtig verlautbart, wenn auch nur irgendein Recht vorgelagerter Stufe nicht oder unrichtig eingetragen oder durch die Eintragung einer nicht bestehenden Belastung oder Beschränkung unmittelbar beeinträchtigt ist.1018 So kann z. B. der Gläubiger, dessen Forderungspfandrecht sich auf ein die verpfändete Forderung sicherndes Pfandrecht an einer verpfändeten Grundschuld erstreckt, Zustimmung zur Be2 U 4578/35, JW 1936, S. 1136; MünchKomm (-Kohler), BGB VII7, § 894 Rn. 15; Soergel (-Stürner), XIV13, § 894 Rn. 4; Staudinger (-Picker), BGB (2019), § 894 Rn. 68. Wird ein belastetes Liegenschaftsrecht seitens des Rechtsinhabers aufgegeben und trotz fehlender konstitutiver Zustimmung des Drittberechtigten (vgl. §§ 876, 1071 As. 1, 1276 Abs. 1 BGB) im Grundbuch gelöscht, steht freilich nach zutreffender Ansicht nicht nur dem Drittberechtigten, sondern auch dem Rechtsinhaber ein Anspruch auf Grundbuchberichtigung zu; siehe § 3 II. 3. c) cc) (2). 1016 Dies entspricht der verbreiteten, aus dem Wortlaut des § 894 BGB entnommenen Definition der „Unrichtigkeit“, vgl. nur OLG München, Beschluss v. 10.2.2016 – 34 Wx 330/15, NJW-RR 2016, S. 590, 591 Rn. 14; MünchKomm (-Kohler), BGB VII7, § 894 Rn. 20–21. 1017 Ein praktischer Anwendungsfall ist die außerhalb des Grundbuchs stattfindende Verpfändung einer Briefgrundschuld oder Briefhypothek gem. §§ 1274 Abs. 1, 1154 Abs. 1 S. 1, 1117 Abs. 1 S. 1 BGB (ggf. i. V. m. § 1192 Abs. 1 BGB); vgl. RG, Urteil v. 20.3.1907 – V 398/06, RGZ 65, S. 364. 1018 Vgl. Staudinger (-Picker), BGB (2019), § 894 Rn. 74–75. Dies gilt umgekehrt aber z. B. nicht für den Hypothekengläubiger einer verpfändeten Hypothekenforderung, wenn das Pfandrecht für einen Nichtberechtigten eingetragen ist. Schließlich steht auch dem Eigentümer kein Anspruch auf Grundbuchberichtigung aus § 894 BGB zu, wenn die Hypothek nicht für den wirklichen Rechtsinhaber eingetragen ist (BGH, Urteil v. 14.3.2000 – XI ZR 14/99, NJW 2000, S. 2021; MünchKomm (-Kohler), BGB VII7, § 894 Rn. 19).
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richtigung des Grundbuchs verlangen, wenn die belastete Grundschuld mit einem schlechteren Rang im Grundbuch ausgewiesen wird als es dem materiellrechtlichen Rangverhältnis entspricht1019 oder eine der belasteten Grundschuld gleich- oder vorrangige Grundschuld zugunsten des Rechtsinhabers mit einer zu hohen Geldsumme eingetragen ist.1020 Zweitens steht dem Pfandgläubiger natürlich dann ein Anspruch auf Zustimmung zur Grundbuchberichtigung zu, wenn (nur) sein eigenes Recht nicht, inhaltlich unrichtig, mit falschem Rang oder für eine andere Person eingetragen oder durch die Eintragung einer nicht bestehenden Belastung oder Beschränkung unmittelbar beeinträchtigt ist.1021 Aus der Zustimmungsbedürftigkeit der Aufhebung eines belasteten Grundstücksrechts gem. §§ 876, 1071 Abs. 1, 1276 Abs. 1 BGB und anderer nicht auf Rechtserwerb gerichteter Verfügungen über belastete Rechte folgt, dass das belastete Recht vorbehaltlich § 21 GBO grundsätzlich nur dann im Grundbuch gelöscht werden darf, wenn der Zustimmungsberechtigte die nach § 19 GBO erforderliche Löschungsbewilligung erteilt.1022 Für berichtigende Grundbucheintragungen, die sich gleichfalls zum Nachteil des belasteten Grundstücksrechts auswirken, gilt nichts anderes. Diese dürfen nicht ohne die verfahrensrechtlich erforderliche Bewilligung des (vermeintlichen) Inhabers 1019 Z. B. weil die vorrangige Belastung nicht wirksam entstanden oder erloschen ist oder auch weil ein im Grundbuch eingetragener Rangtausch zwischen der verpfändeten Grundschuld und einem vortretenden Grundstücksrecht mangels erforderlicher Zustimmung des Pfandgläubigers (§ 880 Abs. 3 BGB) nichtig ist (siehe auch Staudinger (-Picker), BGB (2019), § 894 Rn. 74). 1020 Staudinger (-Gursky), BGB (2013), § 894 Rdnr. 75. 1021 Nichts anderes gilt in Fallgestaltungen sog. doppelter, dreifacher oder auch mehrfacher Grundbuchunrichtigkeit, z. B. wenn die verpfändete Grundschuld und das Pfandrecht mit jeweils falschem Rang im Grundbuch eingetragen sind. Dies führt ggf. zu einer Kumulierung mehrerer unselbstständiger Hilfsansprüche aus § 895 BGB neben dem Anspruch aus § 894 BGB. Zu exemplarischen Fallgestaltungen der sog. doppelten oder dreifachen Grundbuchunrichtigkeit siehe MünchKomm (-Kohler), BGB VII7, § 895 Rn. 2; Staudinger (-Picker), BGB (2019), § 894 Rn. 2–7. Als praktisch relevanter Fall der doppelten Unrichtigkeit wird vor allem die Konstellation genannt, in der ein Grundstücksrecht außerhalb des Grundbuchs entsteht oder zu Unrecht gelöscht wird und als Eigentümer noch der verstorbene Erblasser des Grundstücks im Grundbuch eingetragen ist; der gegen den Erben gerichtete Anspruch aus § 894 BGB wird wegen § 39 GBO durch den Hilfsanspruch aus § 895 BGB ergänzt (vgl. NomosKomm (-U. Krause), BGB III4, § 895 Rn. 3). Eine dreifache Unrichtigkeit liegt z. B. dann vor, wenn der noch im Grundbuch als Eigentümer eingetragene Erblasser Vor- und Nacherbschaft (§ 2100 BGB) angeordnet hat und sodann das Anwartschaftsrecht des Nacherben gem. §§ 857 Abs. 1, 829 ZPO gepfändet wird (Staudinger (-Picker), BGB (2019), § 895 Rn. 5: der Pfändungspfandgläubiger hat dann einen Anspruch gegen den Nacherben aus § 895 BGB, dass dieser den Nacherbenvermerk gem. § 51 GBO eintragen lässt; der Nacherbe wiederum hat einen Anspruch aus § 895 BGB gegen den Vorerben, dass dieser sich als Eigentümer lässt). 1022 MünchKomm (-Kohler), BGB VII7, § 876 Rn. 14; Staudinger (-Picker), BGB (2019), § 894 Rn. 106. Verfahrensrechtlich ist die Bewilligung des nach § 876 S. 2 BGB Zustimmungsberechtigten für die Aufhebung eines subjektiv-dinglichen Rechts zwar nach § 21 GBO entbehrlich, wenn dieses nicht durch nichtkonstitutiven Herrschvermerk (§ 9 GBO) auf dem Grundbuchblatt des herrschenden Grundstücks, d. h. im Bestandsverzeichnis, (§ 7 GBV) eingetragen ist (vgl. BGH, Beschluss v. 12.12.2013 – V ZB 120/13, NJW 2014, S. 1179, 1180 Rn. 16); an der materiellrechtlichen Unwirksamkeit der nicht konsentierten Aufhebung des mittelbar belasteten subjektivdinglichen Rechts ändert dies aber nichts (BeckOGK BGB (-Enders), Stand: 1.7.2019, § 876 Rn. 68; Meikel (-Böttcher), GBO10, § 21 Rn. 21–22; MünchKomm (-Kohler), BGB VII7, § 876 Rn. 14).
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des auf dem von der begehrten Berichtigung betroffenen Grundstücksrecht lastenden Pfandrechts oder Nießbrauchs vorgenommen werden.1023 (2) Passivlegitimation Ein „herrschendes“ Pfandrecht ist nicht durch unrichtige Verlautbarungen des Grundbuchs beeinträchtigt, die dieses oder das verpfändete Grundpfandrecht besser bekunden als es der materiellen Rechtslage entspricht.1024 Vielmehr ist der Pfandgläubiger passivlegitimiert, wenn hierdurch konkurrierende Rechte Dritter beeinträchtigt sind.1025 Im Ausgangspunkt richtet sich die Passivlegitimation also nach dem Grundbuchinhalt. Anspruchsgegner ist, wer durch die begehrte Berichtigung des Grundbuchs in seiner durch das Grundbuch ausgewiesenen Rechtsstellung beeinträchtigt werden würde.1026 Wer freilich als Schuldner zur Abgabe der 1023 Nach allg. Ansicht ist jede Person aus § 894 BGB zur Zustimmung zur Grundbuchberichtigung verpflichtet, ohne deren nach Grundbuchrecht erforderliche Mitwirkung die begehrte Korrektur des Grundbuchs nicht stattfinden darf; ob der Schuldner selbst im Grundbuch eingetragen ist, spielt ausweislich § 895 BGB keine Rolle (vgl. BGH, Urteil vom 22.1.1964 – V ZR 25/62, BGHZ 41, S. 30, 32; Erman (-Artz), BGB II15, § 894 Rn. 23; Palandt (-Herrler), BGB78 , § 894 Rn. 7; Schulze et al. (-Staudinger), BGB10, § 894 Rn. 7; Staudinger (-Picker), BGB (2019), § 894 Rn. 106). Soll also ein ausweislich des Grundbuchs belastetes Grundstücksrecht im Rang zurücktreten, inhaltlich geschmälert oder gar gelöscht werden, ist auch der (vermeintliche) Inhaber des belastenden Drittrechts „durch die Berichtigung betroffen“ i. S. d. § 894 BGB und damit in prozessrechtlicher Hinsicht passivlegitimiert. 1024 Allgemein anerkannt ist, dass die Unrichtigkeit des Grundbuchs zum Nachteil des Anspruchstellers als Inhaber des geltend gemachten Rechts abweichen muss (NomosKomm (-Krause), BGB III4, § 894 Rn. 25; Staudinger (-Picker), BGB (2019), § 894 Rn. 68). Wer selbst in Abrede stellt, Rechtsinhaber des für ihn im Grundbuch verlautbarten Rechts zu sein, kann, da er sich gerade nicht auf ein dingliches Recht beruft, nicht in direkter oder analoger Anwendung von § 894 BGB einen Anspruch auf Grundbuchberichtigung gegen den wirklichen Rechtsinhaber geltend machen. Stattdessen kann der Buchrechtsinhaber durch Feststellungsklage gem. § 256 Abs. 1 ZPO die Rechtsinhaberschaft des wirklichen Rechtsinhabers feststellen lassen und aufgrund des Feststellungsurteils die Grundbuchberichtigung gem. § 22 GBO erwirken (BGH, Beschluss v. 7.12.2017 – V ZB 59/17, BeckRS 2017, 140113). 1025 Vgl. Baur/Stürner, Sachenrecht18 , § 18 Rn. 35. Schließlich kann sich z. B. nicht nur der Inhaber einer verpfändeten Hypothekenforderung, sondern auch der Pfandgläubiger auf die Richtigkeits- und Vollständigkeitsvermutung des Grundbuchs hinsichtlich der verpfändeten Hypothek gem. § 891 BGB berufen. Zudem profitiert der Pfandgläubiger ungeachtet eigener Kenntnis bei der Abtretung der verpfändeten Hypothekenforderung von einem gutgläubigen Erwerb gem. § 892 Abs. 1 S. 1 BGB, wenn die verpfändete Hypothek zugunsten des Rechtsinhabers nach Inhalt, Rang oder Umfang „zu gut“ im Grundbuch eingetragen ist oder Einreden oder Einwendungen gegen die Hypothek resp. die Hypothekenforderung nicht im Grundbuch eingetragen sind. Demgemäß sind bei der begehrten Berichtigung des Grundbuchs hinsichtlich einer „zu gut“ verlautbarten verpfändeten Hypothek sowohl der Hypothekengläubiger als auch der Pfandgläubiger jeweils betroffen i. S. d. § 894 BGB und demgemäß auch jeweils (als Teilschuldner i. S. d. § 420 BGB und nicht als Mit- oder Gesamtschuldner!) zur Erteilung der zur Anpassung des Grundbuchs an die wirkliche Rechtslage erforderlichen Bewilligungen (§§ 19, 29 GBO) verpflichtet. 1026 BGH, Urteil v. 29.3.1996 – V ZR 326/94, NJW 1996, S. 1890, 1891; Staudinger (-Picker), BGB (2019), § 894 Rn. 95–96. Berühmt sich der nicht eingetragene Anspruchsteller des zugunsten einer anderen Person eingetragenen Rechts, ist der im Grundbuch Eingetragene durch die begehrte Berichtigung i. S. d. § 894 BGB betroffen und damit passivlegitimiert.
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erforderlichen Eintragungsbewilligung verpflichtet ist, ist im Näheren unsicher. Zweifelhaft ist, ob nur der im Grundbuch eingetragene Scheininhaber des (belasteten) Grundstücksrechts oder nur der materiell Berechtigte aus § 894 BGB passivlegitimiert ist oder gar sowohl der Buchrechtsinhaber als auch der materiellrechtlich betroffene Rechtsinhaber passivlegitimiert sind und insoweit wahlweise in Anspruch genommen werden können, wenn die Rechtsinhaberschaft an dem (belasteten) Recht durch das Grundbuch unrichtig ausgewiesen wird.1027 Als Anspruchsgegner ist zumindest (auch) der wirkliche Rechtsinhaber des von der Berichtigung betroffenen Rechts anzusehen, wenn die Richtigkeitsvermutung des § 891 Abs. 1 BGB hinsichtlich der Eintragung des betroffenen Anspruchsgegners widerlegt ist. Hier ist nicht anders zu entscheiden als bei der konstitutiven Grundbucheintragung: Die verfahrensrechtliche Bewilligungsberechtigung richtet sich nach der materiellen Verfügungsbefugnis.1028 Andererseits verbietet es sich, den Buchberechtigten dann aus der Verantwortung zu nehmen, wenn der Anspruchsteller nicht das eingetragene Recht, sondern ein nicht verlautbartes begrenztes Recht an dem eingetragenen Recht geltend macht. Dass dem anspruchsberechtigten Inhaber des belastenden Rechts ggf. ein Anspruch auf Grundbucheintragung gegen den nicht eingetragenen Inhaber des belasteten Rechts aus § 895 BGB zusteht,1029 rechtfertigt keine andere Betrachtungsweise. Denn hierdurch wird die Rechtsstellung des durch § 894 BGB geschützten Inhabers eines durch die Unrichtigkeit des Grundbuchs beeinträchtigten Rechts vor allem in den Fällen erweitert, in denen das belastete Recht überhaupt nicht oder zugunsten einer verstorbenen Person eingetragen ist. Dass hier nur der wirkliche Rechtsinhaber des belasteten Rechts als Anspruchsgegner in Betracht kommt, versteht sich von selbst.1030 In allen anderen Fällen bleibt es dabei, dass auch der 1027 Diese Frage stellt sich z. B. bei zu Unrecht erfolgter Löschung eines Pfandrechts an einer (infolge nichtiger Forderungsabtretung) zugunsten eines Scheinberechtigten eingetragenen Hypothek; siehe zum Ganzen Staudinger (-Picker), BGB (2019), § 894 Rn. 101–105. 1028 Siehe BGH, Urteil v. 20.1.2006 – V ZR 214/04, NJW-RR 2006, S. 888: Aufgrund der dienenden Funktion des Grundbuchrechts dürfte sich die formelle Bewilligungsberichtigung auch bei der nicht konstitutiven berichtigenden Grundbucheintragung im Zweifel nach der Grundbuchlage richten. Ist die Vermutung des § 891 BGB hinsichtlich der Rechtsträgerschaft des durch die begehrte Grundbuchänderung belasteten Rechts widerlegt (§ 294 ZPO), ist hiernach der wirkliche Rechtsinhaber aus § 894 BGB verpflichtet, die erforderliche Bewilligung zu erteilen. Allerdings ist dann zur Berichtigung des Grundbuchs nachzuweisen, dass die Eintragung des Buchberechtigten unrichtig ist. 1029 Sofern der Gläubiger aufgrund eines Vollstreckungstitels gegen den (nicht eingetragenen) Schuldner dessen Voreintragung gem. § 14 GBO unzweifelhaft erreicht und dadurch die Berichtigung des Grundbuchs gem. § 22 GBO erwirkt werden kann, dürfte für eine Klage aus § 895 BGB ohnedies das Rechtsschutzinteresse entfallen (MünchKomm (-Kohler), BGB VII7, § 895 Rn. 4; Staudinger (-Picker), BGB (2019), § 895 Rn. 20; BeckOk GBO (-Reetz), Stand: 1.6.2019, § 14 Rn. 46). 1030 Baur/Stürner, Sachenrecht18 , § 18 Rn. 44; Staudinger (-Picker), BGB (2019), § 895 Rn. 1. Praktisch ist das vor allem dann relevant, wenn der noch eingetragene Eigentümer des mit einem zu Unrecht nicht eingetragenen Rechts belasteten Grundstücks bereits verstorben und nunmehr der Erbe aus § 894 BGB zur Zustimmung zur Grundbuchberichtigung und zusätzlich aus § 895
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im Grundbuch Eingetragene aus § 894 BGB zur Abgabe der Berichtigungsbewilligung verpflichtet ist.1031 Dieser und der wirkliche Rechtsinhaber sind in Fallkonstellation doppelter oder mehrfacher Grundbuchunrichtigkeit (z. B. bei nichtiger Übertragung der verpfändeten Grundschuld) Gesamtschuldner des Grundbuchberichtigungsanspruchs gem. § 421 BGB.1032 Anders liegt es nur dann, wenn die Richtigkeitsvermutung des Grundbuchs in Ansehung der Rechtsinhaberschaft (§ 891 Abs. 1 BGB) des von der begehrten Berichtigung betroffenen Rechts widerlegt ist (§ 292 ZPO) und der Beweis des Gegenteils seitens des Anspruchsberechtigten durch öffentlich beglaubigte Urkunden gem. § 22 GBO geführt werden kann: Eine gegen den Buchrechtsinhaber angestrengte Leistungsklage wäre mangels allgemeinen Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig.1033 Prinzipiell richtet sich der Anspruch auf Grundbuchberichtigung einschließlich des unselbstständigen Hilfsanspruchs aus § 895 BGB zwar gegen den (vermeintlichen) Inhaber des jeweils belasteten Rechts, wenn das lastende Recht nicht oder inhaltlich unrichtig eingetragen ist. Sowohl die konstitutive als auch die berichtigende Eintragung eines „herrschenden“ Pfandrechts berührt im Grundsatz nur das gepfändete oder verpfändete Grundpfandrecht, nicht das Eigentum.1034 Anders liegt es aber erstens dann, wenn das belastete Grundstücksrecht ohne die erforderliche Zustimmung des Inhabers des lastenden Rechts gelöscht oder geändert wird. Zum Schutz des zustimmungsberechtigten Inhabers des lastenden Rechts genügt es nicht, diesem ausschließlich Ansprüche auf Grundbuchberichtigung gegen den Inhaber des „unmittelbar“ belasteten Liegenschaftsrechts, nicht aber auch zugunsten der durch die nicht konsentierte Verfügung begünstigten Rechtsinhaber zu gewähBGB zur erforderlichen Eintragung seiner Eigentümerstellung verpflichtet ist (MünchKomm (-Kohler), BGB VII7, § 895 Rn. 2; Staudinger (-Picker), BGB (2019), § 895 Rn. 3). 1031 Zudem hat der Inhaber des zu Unrecht nicht eingetragenen grundstücksrechtsbelastenden Rechts gegen den Buchrechtsinhaber des belasteten Rechts einen Anspruch auf Grundbuchberichtigung aus ungerechtfertigter Bereicherung gem. § 812 Abs. 1 S. 1 Var. 2 BGB (vgl. Palandt (-Herrler), BGB78 , § 894 Rn. 13); die (unbelastete) Buchposition ist fraglos ein vermögensrelevanter Vorteil. 1032 Demgegenüber bedarf es nicht etwa sowohl der Bewilligung des wirklichen Rechtsinhabers des belasteten Grundstücksrechts und der Bewilligung des Buchrechtsinhabers; vielmehr sind diese gleichstufig zu derselben Leistung verpflichtet, wobei es dem Anspruchsberechtigten freisteht, wahlweise den einen oder den anderen oder beide in Anspruch zu nehmen, bis der Grundbuchberichtigungsanspruch durch Erfüllung erlischt (so i. E. auch Staudinger (-Picker), BGB (2019), § 894 Rn. 103). 1033 Vgl. Baur/Stürner, Sachenrecht18 , § 18 Rn. 30. 1034 Wenn die Rangverhältnisse an dem belasteten Recht unrichtig dokumentiert sind, ist der vermeintliche Inhaber des zu Unrecht mit besserem Rang ausgewiesenen Rechts zur Berichtigung verpflichtet. Wird z. B. eine verpfändete Grundschuld gepfändet und ist das eingetragene Vertragspfandrecht bereits nach § 1252 BGB erloschen, steht sowohl dem Pfändungspfandgläubiger als auch dem Grundschuldgläubiger jeweils ein Anspruch auf Grundbuchberichtigung gegen den eingetragenen Inhaber des Vertragspfandrechts zu. Für diese Anspruchskonkurrenz gilt nichts Besonderes. Stehen mehreren Personen jeweils Ansprüche aus § 894 BGB wegen derselben Grundbuchunrichtigkeit aus jeweils verschiedenen Sachenrechten zu, können sie ihre Ansprüche selbstständig und unabhängig voneinander gelten machen (NomosKomm (-Krause), BGB III4, § 894 Rn. 31).
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ren.1035 Wird bspw. eine subjektiv-dingliche Reallast (§§ 1105 Abs. 2, 1110 BGB) seitens des Eigentümers des berechtigten Grundstücks aufgehoben und die Reallast sodann ohne die materiellrechtlich (und ggf. gem. § 19 GBO verfahrensrechtlich erforderliche) Zustimmung des Grundschuldgläubigers gem. § 876 S. 2 BGB und auch ohne die analog § 876 S. 2 BGB erforderliche Zustimmung des Pfandgläubigers der verpfändeten Grundschuld im Grundbuch gelöscht, steht dem Pfandgläubiger richtigerweise nicht nur ein Berichtigungsanspruch gegenüber dem Grundschuldgläubiger, sondern gerade auch gegenüber dem unmittelbar begünstigten Eigentümer des dienenden Grundstücks sowie Inhabern gleich- und nachrangiger Grundstücksrechte zu. Nichts anderes gilt für den Grundschuldgläubiger und für den Eigentümer des reallastberechtigten Grundstücks.1036 Zweitens richtet sich der Anspruch auf Grundbuchberichtigung dann nicht gegen den „Inhaber“ des belasteten Rechts, wenn sich in der konstruktionsjuristischen Belastung eines zu Unrecht gelöschten intermediären Grundstücksrechts materiell eine Belastung des Eigentums bzw. eines Rechts vorgelagerter Belastungsstufe offenbart. Dies ist beim gutgläubigem Erwerb eines Rechts an einem im Grundbuch dokumentierten Scheinrecht, z. B. bei Verpfändung einer kraft Tilgung der gesicherten Forderung längst erloschenen Hypothek durch den Putativhypothekar, der Fall.1037 Der im Grundbuch garantierte Bestand sowie Inhalt und Rang des belasteten Scheinrechts sind ausschließlich zwecks Verwirklichung des wohlerworbenen Rechts, hier des Pfandrechts an der Scheinhypothek, zu fingieren, weshalb das Grundbuch in Ansehung des belasteten Rechts unrichtig bleibt. Wer durch die Eintragung des nur in Ansehung des belastenden Rechts zu fingierenden Scheinrechts in seinen Rechten beeinträchtigt ist, kann demgemäß unbeschadet des kraft gutgläubigen Erwerbs entstandenen Rechts die Berichtigung des 1035
So i. E. auch Staudinger (-Picker), BGB (2019), § 894 Rn. 104. sich der Ansicht anschließt, dass die ohne erforderliche Zustimmung erklärte Aufhebung nur gegenüber dem durch den Zustimmungstatbestand geschützten Rechtsinhaber nichtig sei (so vor allem Baur/Stürner, Sachenrecht18 , § 19 Rn. 49; Wolff/R aiser, Sachenrecht10, § 39 IV (S. 127–128)), muss dem Inhaber des aufgehobenen Rechts einen Zustimmungsanspruch versagen. Entsprechendes gilt, wenn man die ohne Zustimmung erklärte Aufhebung zwar als absolut nichtig betrachtet, dem Aufhebenden aber unter Verweis auf das Verbot widersprüchlichen Verhaltens gem. § 242 BGB die Berufung auf das Recht versagt. Mehrheitlich wird demgegenüber zu Recht vertreten, dass auch der Inhaber des ohne wirksame Zustimmung aufgehobenen Grundstücksrechts die Berichtigung des Grundbuchs verlangen könne und insoweit auch nicht etwa § 242 BGB entgegenstehe; hierdurch soll insbesondere gewährleistet werden, dass der Aufhebende selbst einem gutgläubig-lastenfreien Erwerbs des Grundstücks und der damit verbundenen Haftung auf Schadensersatz gegenüber dem Zustimmungsberechtigten zuvorkommen könne (siehe etwa Erman (-Artz), BGB II15, § 876 Rn. 15; MünchKomm (-Kohler), BGB VII7, § 876 Rn. 15; Staudinger (-C. Heinze), BGB (2018), § 876 Rdnr. 46 m. w. N. auch zur Gegenansicht). Differenzierend hingegen Rosenberg, BGB III/1, § 876 Erl. III 2, § 894 Erl. II 1 e α, der dem Inhaber des aufgehobenen Rechts und seinen Gläubigern zwar einen Anspruch auf Grundbuchberichtigung aus § 894 BGB versagt, solange der Drittberechtigte die Zustimmung nicht endgültig verweigere, gleichwohl aber die Möglichkeit, einen Widerspruch gegen die Löschung zu erwirken, ohne weiteres bejaht, um einen gutgläubig-lastenfreien Erwerb des Grundstücks zu verhindern. siehe zum Ganzen § 3 II. 3. c) cc). 1037 Siehe hierzu § 5 IV. 2. b). 1036 Wer
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Grundbuchs gem. §§ 894–899 BGB verlangen.1038 So wie in Österreich durch die verallgemeinerungsfähige Vorschrift des § 51 Abs. 1 GBG für die Löschung einer mit Afterpfandrechten belasteten Hypothekarforderung klargestellt ist,1039 darf bei systemkonformer Fortbildung des deutschen Grundbuchrechts das belastete Scheinrecht nach einem gutgläubigen Erwerb eines lastenden Rechts nur mit der Maßgabe gelöscht werden, dass das gelöschte Recht im Hinblick auf das durch gutgläubigen Erwerb entstandene Recht als fortbestehend gilt.1040 Wird das belaste1038 Vgl. BayObLG, Beschluss v. 18.7.1986 – BReg. 2 Z 60/86, BayObLGZ 1986, S. 294; zustimmend BeckOK GBO (-Holzer), Stand: 1.2.2018, § 53 Rn. 30; von Oefele/Winkler/Schlögel, Erbbaurecht6 , § 5 Rn. 75. Die Eintragung eines Amtswiderspruchs gem. § 53 Abs. 1 GBO gegen die Eintragung eines nichtigen, unter Verletzung von im Grundbuchverfahren zu prüfenden Voraussetzungen im Grundbuch eingetragenen Erbbaurechts komme, so das BayObLG, auch dann in Betracht, wenn zwischenzeitlich Grundpfandrechte an dem Erbbaurecht durch gutgläubigen Erwerb entstanden seien. Die Richtigkeitsfiktion des (das Erbbaurechtsgrundstück betreffenden) Grundbuchs gem. § 892 Abs. 1 S. 1 BGB wirke nur zugunsten des Erwerbers, weshalb das Grundbuch nicht in Ansehung der Eintragung des Erbbaurechts richtig werde. Zudem bestätigte der Senat, dass nicht nur die Grundpfandgläubiger, sondern auch der vermeintliche Erbbauberechtigte gegen die Eintragung von Amtswidersprüchen gegen die kraft gutgläubigen Erwerbs entstandenen Grundpfandrechte am Erbbaurecht Beschwerde gem. § 71 Abs. 1 GBO erheben könne; die Beschwerdeberechtigung des Scheinerbbauberechtigten folge insoweit daraus, dass durch die Eintragung des Amtswiderspruchs gegen die Eintragung der Grundpfandrechte seine Aussicht auf den Erwerb derselben bei Tilgung der gesicherten Forderung gem. §§ 1163 Abs. 1 S. 2, 1177 Abs. 1 S. 1 BGB bzw. aufgrund des vertraglichen Rückgewähranspruchs beeinträchtigt sei. In casu war die Beschwerde des Erbbauberechtigten insoweit schon deshalb begründet, weil die Eintragung der Grundpfandrechte nicht unter Verletzung von im Grundbuchverfahren zu prüfenden Vorschriften erfolgt war. Der Senat ließ demgemäß dahinstehen, ob die Beschwerde überdies wegen des gutgläubigen Erwerbs seitens des Grundpfandgläubigers begründet gewesen wäre. Mit modifizierter Begründung ist nach hier vertretener Ansicht im Hinblick auf die Aktivlegitimation für eine Klage wegen des Grundbuchberichtigungsanspruchs gem. § 894 BGB nicht anders zu entscheiden, wenn das Erbbaurecht im Grundbuch vorbehaltlos gelöscht wird. Wiederum dürfte dem Scheinerbbauberechtigten die Aktivlegitimation für eine gegen den Grundstückseigentümer (und konkurrierende Inhaber von Grundstücksrechten) gerichtete Klage nicht abgesprochen werden, weil aufgrund der Möglichkeit eines gutgläubig-lastenfreien Erwerb des Grundstücks die Aussicht auf eine Rechtsnachfolge in die Grundpfandrechte kraft Tilgung der Sicherungsforderungen gefährdet ist. Dem steht kein schutzwürdiges Interesse des Eigentümers entgegen. Denn inhaltlich geht der Grundbuchberichtigungsanspruch dahin, dass das vorbehaltlos gelöschte Erbbaurecht mit der Maßgabe wieder im Grundbuch eingetragen (und zugleich ein Erbbaurechtsgrundbuch mit den dort einzutragenden Grundpfandrechten angelegt) wird, dass es ausschließlich in Ansehung der gutgläubig erworbenen Grundschuld fortbesteht. 1039 Siehe hierzu § 5 II. 3. b). 1040 Vgl. Baur/Stürner, Sachenrecht18 , § 18 Rn. 35; Strohal, JherJb 28 (1889), S. 344, 383–384. Wird eine bereits erloschene Hypothek verpfändet, stehen dem Eigentümer sowie den Inhabern der der erloschenen Hypothek gleich- und nachrangigen Rechte Ansprüche auf Löschung der Buchhypothek gegen den vermeintlichen Hypothekar aus § 894 BGB unbeschadet des gutgläubig erworbenen Pfandrechts an der Scheinhypothek zu. Denn der Grundbuchberichtigungsanspruch geht nicht weiter als die Beeinträchtigung reicht (vgl. Palandt (-Herrler), BGB78 , § 894 Rn. 8). Das kraft gutgläubigen Erwerbs entstandene Pfandrecht an der Hypothek dürfte schon nicht als fortdauernde „Beeinträchtigung“ des Eigentums oder anderer Grundstücksrechte, sondern als Schaden anzusehen sein, weshalb insoweit – abgesehen vom einem Anspruch aus § 816 Abs. 1 S. 1 BGB – insbesondere ein Anspruch auf Schadensersatz des Eigentümers gegen den verfügenden Scheinhypothekar analog §§ 989, 990 Abs. 1 BGB in Betracht kommt. In jedem Fall ist die durch
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te Scheinrecht vorbehaltlos gelöscht, kann der Inhaber des scheinrechtsbelastenden Rechts die Wiedereintragung des belasteten Rechts verlangen, soweit dies zur Wahrung seines Rechts erforderlich ist. Auch mit Rücksicht auf die höchstrichterliche Rechtsprechung zur formellen Bewilligungsberechtigung bei konstitutiver Eintragung1041 ist ein Anspruch auf Zustimmung zur Grundbuchberichtigung gegen den materiellrechtlich betroffenen Rechtsinhaber des durch das fiktive Scheinrecht belasteten Rechts gegeben.1042 Der Anspruch geht dahin, die Eintragung der gelöschten Hypothek mitsamt dem Pfandrecht an der Hypothek mit der Maßgabe zu bewilligen, dass die Hypothek ausschließlich zugunsten des Pfandrechts nicht als gelöscht gilt. Die Passivlegitimation richtet sich letztlich also doch nach der materiellrechtlichen Betroffenheit; der Rekurs auf die im Grundbuch verlautbarte Rechtszuständigkeit steht unter dem Vorbehalt, dass die Richtigkeitsvermutung des § 891 Abs. 1 BGB hinsichtlich der Existenz des vermeintlich betroffenen Rechts und der Rechtsinhaberschaft des Eingetragenen nicht widerlegt ist. Dies ist Ausdruck der „Herrschaft“ des materiellen Grundstücksrechts über das dienende Grundbuchverfahrensrecht. b) Pfandrechte an Sach- und Rechtspfandrechten Die vorstehenden Ausführungen belegen, dass mit der strukturell-inhaltlichen Kongruenz des „dienenden“ und des „herrschenden“ Pfandrechts ein zwar nicht identischer, aber doch im Wesentlichen gleichartiger Klageschutz im Außenverhältnis korrespondiert. Dies gilt auch in einer sog. Verpfändungskette: Aus dem kombinierten Verweisungsbefehl der §§ 1273 Abs. 2 S. 1, 1227 BGB folgt, dass sich der Klageschutz des auf höchster Stufe rangierenden Forderungspfandgläubigers nach dem Außenschutz des auf unterster Stufe rangierenden Pfandgläubigers richtet, der durch die Natur des verpfändeten Grundrechts bestimmt wird. Dieses determiniert stufenübergreifend das „Arsenal“ der sich bei Rechtsbeeinträchtigungen aktivierenden Rechtsbehelfe.1043 Sämtliche Pfandrechte sind demgegenüber ungeachtet des jeweiligen Belastungsgegenstandes mit den einschlägigen insolvenz- und zwangsvollstreckungsrechtlichen Rechtsbehelfen (§ 50 InsO, gutgläubigen Erwerb entstandene „Beeinträchtigung“ des Eigentums oder anderer Grundstücksrechte zu dulden, soweit nicht ausnahmsweise ein Anspruch aus § 816 Abs. 1 S. 2 BGB einschlägig ist. Demgemäß darf die Löschung der verpfändeten Hypothek nur unter Wahrung der Rechte des Pfandgläubigers erfolgen. 1041 BGH, Urteil v. 20.1.2006 – V ZR 214/04, NJW-RR 2006, S. 888. 1042 Zutreffend m. E. Staudinger (-Picker), BGB (2019), § 894 Rn. 104. Im Fall des gutgläubigen Erwerbs eines Pfandrechts an einer kraft Tilgung der gesicherten Forderung längst erloschenen Hypothek an einem im Übrigen unbelasteten Grundstück und anschließender vorbehaltloser Löschung der Hypothek im Grundbuch ist somit allein der Eigentümer für den Anspruch auf § 894 BGB passivlegitimiert. 1043 Dass bei den Anspruchszielen und Rechtsschutzinteressen der Inhaber pfandrechtsbelastender Pfandrechte sachspezifische Distinktionen erforderlich sind, liegt auf der Hand. So wie der Eigentümer einer verpfändeten Sache anders geschützt ist als der Inhaber eines verpfändeten gewerblichen Schutzrechts oder der Gläubiger einer verpfändeten Forderung, unterscheiden sich die möglichen Rechtsbehelfe der Pfandgläubiger nach Art und Inhalt des verpfändeten Rechts.
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§§ 771, 805 ZPO) versehen. Die stufenübergreifende Äquivalenz des Klageschutzes gilt m. E. insbesondere auch für das Pfandrecht an einem Sachpfandrecht. Insbesondere steht dem Forderungspfandgläubiger in Ansehung eines die verpfändete Forderung sichernden Sachpfandes eine vindicatio pignoris gem. §§ 1273 Abs. 2 S. 1, 1227, 985 BGB zu. Zwar ergibt sich aus dem Gesetz unzweideutig nur der eigentumsgleiche Schutz des Sachpfandgläubigers. Diesem stehen gegen Beeinträchtigungen seines Rechts die Ansprüche zu, die dem Eigentümer einer beweglichen Sache zur Entstörung seines Rechts zugewiesen sind, namentlich bei Vorenthaltung und Entziehung des Besitzes der Herausgabeanspruch gem. § 985 BGB sowie bei anderen drohenden bzw. fortdauernden Usurpationen des Pfandrechts der Beseitigungs- oder Unterlassungsanspruch aus § 1004 BGB.1044 Soweit auf den Klageschutz von Forderungspfandrechten, die sich auf die verpfändete Forderung sichernde Sach- oder Rechtspfandrechte erstrecken, in der Literatur überhaupt erörtert wird,1045 nimmt die ganz überwiegende Ansicht zwar an, dass dem Forde1044 Wenngleich der Pfandgläubiger einer Sache hiernach durch die entsprechend anwendbaren Rechtsverwirklichungsansprüche der §§ 985, 1004, 1005 BGB geschützt ist und zudem auch die Vorschriften des Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses (§§ 987–1003 BGB) auf das Verhältnis zwischen dem Pfandgläubiger und dem nicht berechtigten Besitzer entsprechend anzuwenden sind, unterscheiden sich natürlich Inhalt und Umfang der sachenrechtlichen und außervertraglichen Ansprüche des Pfandgläubigers von den korrespondierenden Ansprüchen des Eigentümers. So muss jener, soweit er den Anspruch gegenüber dem besitzenden Eigentümer oder Verpfänder geltend macht, natürlich die für das Erlöschen des Pfandes streitende Vermutung des § 1253 Abs. 2 BGB widerlegen (§ 292 ZPO), vgl. BeckOGK BGB (-Förster), Stand: 1.6.2019, § 1227 Rn. 5. Im Verhältnis zum Verpfänder greift, sofern Mitbesitz gem. § 1206 BGB besteht, ohnehin der spezielle Herausgabeanspruch des § 1231 S. 1 BGB. Zudem schlägt der Modus der Pfandrechtsbestellung (§§ 1205, 1206 BGB) auf den Inhalt des Herausgabeanspruchs im Verhältnis zu Dritten durch: Hatte der Pfandgläubiger Mitbesitz nach Maßgabe des § 1206 BGB, richtet sich der Anspruch auf Verschaffung des Mitbesitzes an den Eigentümer und den Pfandgläubiger bzw. auf Herausgabe an den Pfandhalter; war das Pfand durch Abtretung des Herausgabeanspruchs nach § 1205 Abs. 2 BGB bestellt worden, zielt der Herausgabeanspruch primär auf Übertragung des unmittelbaren Besitzes an den ehemaligen Besitzmittler des Pfandgläubigers und, falls dieser den Besitz nicht übernehmen kann und/oder will, auf Herausgabe an den Pfandgläubiger (BeckOGK BGB (-Förster), Stand: 1.6.2019, § 1227 Rn. 6). Der Inhalt deliktsrechtlicher und bereicherungsrechtlicher Ansprüche bestimmt sich nach dem Schaden des Pfandgläubigers bzw. nach dem Eingriff in den Zuweisungsgehalt des Pfandrechts; dies gilt insbesondere auch bei den modifizierten Schadens- und Nutzungsersatzansprüchen der entsprechend anzuwendenden §§ 987–993 BGB. Steht dem Pfandgläubiger selbst kein Nutzungspfandrecht i. S. v. § 1213 Abs. 1 BGB zu, scheiden Ansprüche auf Nutzungsersatz gegenüber Dritten gem. §§ 987, 988, 990 BGB bzw. §§ 812 Abs. 1, 818 Abs. 1, 993 Abs. 1 Hs. 1 BGB aus. Selbstredend kann auch der Sachpfandgläubiger bei Besitzstörungen oder Vorenthaltung und Entziehung des Sachbesitzes die allgemeinen possessorischen und petitorischen Besitzschutzansprüche (§§ 861, 862, 1007 BGB) geltend machen; mit der Verweisung auf die aus dem Eigentum folgenden Ansprüche hat dies aber nichts zu tun. 1045 So schenkt Emmerich, Pfandrechtskonkurrenzen, S. 152–187 zwar den konkurrierenden Besitzverhältnissen zwischen mehreren Sachpfandgläubigern untereinander (siehe § 1232 BGB) sowie im Verhältnis zu anderen Personen (§ 1227 BGB) vertieft Aufmerksamkeit; das Konkurrenzverhältnis zwischen dem Pfandgläubiger und dem Pfandgläubiger, dem eine durch Sachpfand gesicherte Forderung verpfändet ist, wird freilich ausgespart; zumindest rudimentär wird die Frage der Besitzverhältnisse und des sachenrechtlichen Schutzes des Besitzes des Unterpfandgläubigers bei Düringer/Hachenburg (-Hoeniger), HGB IV3, Vorbem. zu § 368 HGB Anm. 70– 70b behandelt.
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rungspfandgläubiger gegen den Sachpfandgläubiger ein Herausgabeanspruch analog § 1231 S. 1 BGB zustehe, wenn zur Einziehung der verpfändeten Forderung gem. § 1282 Abs. 1 S. 1 BGB und demgemäß auch zum Verkauf der dem belasteten Pfandrecht unterliegenden Sache berechtigt ist.1046 Demgegenüber verneint Gursky generell einen Herausgabeanspruch des „Unterpfandgläubigers“ entsprechend § 985 BGB gegenüber Dritten; andere Autoren beziehen zumeist nicht ausdrücklich Stellung; offenbar soll der an den Eintritt der Pfandreife geknüpfte Herausgabeanspruch ausreichen.1047 Indes sind die aus dem gesetzlichen Schuldverhältnis folgenden wechselseitigen Rechte und Pflichten klar von den sachenrechtlichen Rechtsbehelfen des Forderungspfandgläubigers, dessen Recht sich auf ein Sachpfandrecht erstreckt, zu unterscheiden. Die Frage, unter welchen Voraussetzungen der Forderungspfandgläubiger das die verpfändete Forderung sichernde Pfand zwecks Verkaufs vom Sachpfandgläubiger herausverlangen kann, hat mit der hier relevanten Fragestellung, in welcher Weise sich ein Pfandrecht höheren Grades gegenüber Dritten bewährt, nichts zu tun. Soweit die entsprechende Anwendung des von § 1227 BGB in Bezug genommenen Vindikationsanspruchs gem. § 985 BGB per se verneint wird, weil angeblich § 1227 BGB auf das bloß „mittelbare“ Recht des Forderungspfandgläubigers an der Sache unanwendbar sei,1048 ist diese Ansicht weder dogmatisch stimmig noch interessengerecht. Sie konfiguriert das Pfandrecht höheren Grades ohne zureichende Begründung als merkwürdig „kupiertes“ Sachenrecht ohne komplementären Klageschutz, setzt sich über allgemeine Rechtsgrundsätze der 1046 MünchKomm (-Damrau), BGB VII7, § 1274 Rn. 9; NomosKomm (-Bülow), BGB III4, Gursky/ Eickmann (-Gursky), Sachenrecht8 , § 135 Rn. 15; Beck§ 1274 Rn. 12; Westermann/ OGK BGB (-Leinenweber), Stand: 1.8.2018, § 1274 Rn. 64; Wolff/R aiser, Sachenrecht10, § § 175 VI (S. 723); demgegenüber besteht nach Düringer/Hachenburg (-Hoeniger), HGB IV3, Vorbem. zu § 368 HGB Anm. 70 vor Eintritt der Pfandreife ein gemeinschaftliches Recht zum Besitz des Sachund des Forderungspfandgläubigers. 1047 Westermann/Gursky/Eickmann (-Gursky), Sachenrecht8 , § 135 Rn. 15; so auch Wolff/ Raiser, Sachenrecht10, § § 175 VI (S. 723): bis zur Pfandreife stehe dem Pfandgläubiger der durch Sachpfand gesicherten Forderung kein Anspruch auf den Besitz der Sache zu. Demgegenüber bejaht Planck (-Flad), BGB III4, § 1273 Anm. 2 r) eine entsprechende Anwendung des § 1251 BGB auf das Pfandrecht an einer durch Sachpfand gesicherten Forderung; der Forderungspfandgläubiger kann hiernach bereits vor Fälligkeit der gesicherten Forderung die Herausgabe des Pfandes vom Pfandgläubiger verlangen (dagegen MünchKomm (-Damrau), BGB VII7, § 1274 Rn. 9). Indes überzeugt die von Flad a. A. O. vertretene Ansicht unter Berücksichtigung der sich aus § 1251 Abs. 2 BGB ergebenden Rechtsfolgen nicht; die entsprechende Anwendung würde die Grenze zwischen einer Pfandrechtszession und der Pfandrechtsverpfändung praktisch einebnen. Düringer/Hachenburg (-Hoeniger), HGB IV3, Vorbem. zu § 368 HGB Anm. 70–70b nimmt zu der Frage, ob der Pfandgläubiger, dem eine mit einem Sachpfand verbundene Forderung verpfändet ist, bei Vorenthaltung der Entziehung des Besitzes am Sachpfand ein Herausgabeanspruch gem. §§ 1227, 985 BGB zusteht, zwar nicht ausdrücklich Stellung, bejaht aber ein Recht des Unterpfandgläubigers zum Mitbesitz vor Eintritt der Pfandreife und stellt ferner klar, dass ein dinglicher Herausgabeanspruch beim Rechtspfandrecht immer dann gegeben sei, wenn dieses mit einem Recht zum Besitz unterlegt sei. 1048 Westermann/Gursky/Eickmann (-Gursky), Sachenrecht8 , § 135 Rn. 15; implizit wohl auch Wolff/R aiser, Sachenrecht10, § § 175 VI (S. 723).
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Belastung subjektiver Rechte hinweg und missachtet die mit dem Numerus Clausus-Prinzip verfolgte zweckmäßige Rechtstypenbildung. Schon die grundlegende Unterscheidung zwischen „unmittelbaren“ und „mittelbaren“ Belastungen ist dem Gesetz fremd. Weil das Forderungspfandrecht sämtliche Nebenrechte der gepfändeten oder verpfändeten Forderung erfasst, bezieht es sich auf beliebig viele „normative“ Sachen und, falls mit der belasteten Forderung ein Sachpfand verbunden ist, auf eine Sache i. S. v. § 90 BGB.1049 Wie für die akzessorische Belastung der Hypothek ausgeführt, verleiht das Forderungspfandrecht eine nicht weniger „unmittelbare“ Herrschaftsmacht über eine körperliche Sache als das sog. Sachpfandrecht i. S. v. § 1204 Abs. 1 BGB, macht es sich doch das charakteristische Verfügungsrecht über das Pfand kraft der gesetzlichen Einziehungsermächtigung in geradezu parasitärer Weise zu eigen.1050 Da alle zeitlich oder inhaltlich begrenzten Sachenrechte aus ein- oder mehrstufigen Belastungen des Eigentums an der Sache, nicht aus Belastungen der Sache entspringen, macht die Unmittelbarkeitsterminologie keinen Sinn, müsste doch in letzter Konsequenz das sog. Sachpfandrecht selbst als „mittelbares Recht an der Sache“ klassifiziert werden, was aber nichts daran ändert, dass es mit einem dem Sacheigentum gleichartigen sachenrechtlichen Klageschutz ausgestattet ist. Mit der doktrinären Einordnung des durch Verpfändung der durch Sachpfandrecht gesicherten Forderung entstehenden Pfandrechts als „mittelbares Recht an der Sache“ wird die hier relevante Frage der entsprechenden Anwendung des § 1227 BGB nicht präjudiziert. Aus der Sicht moderner Rechtsdogmatik ist es vielmehr geboten, den Klageschutz des herrschenden Pfandrechts mittels Fortbildung der lückenhaften gesetzlichen Vorgaben zu entwickeln.1051 Der methodische Schlüssel liegt in den zu 1049 Zum Begriff der „normativen Sache“ von Bar, Gemeineuropäisches Sachenrecht I, Rn. 220. 1050 Prägnant bereits Sohm, Die Lehre vom subpignus, S. 85: „[Das Afterpfandrecht] braucht aus einem eigenen Inhalt heraus nicht mehr selbstständig schöpferisch zu sein; es genügt ihm hier, die Kräfte des ihm unterworfenen Rechts zu seinen Zwecken zu verwenden. Form und Inhalt des Pfandrechts wirken hier demnach auf dieselbe Weise; in der Ausübung seiner ihm über sein Object zustehenden Herrschaft vermag es seinen Inhalt zu befriedigen. (…) So tritt schon bei der Verpfändung von Forderungsrechten die Befugnis des Pfandgläubigers, die Forderung zu veräußern, zurück; als zunächst liegende und normale Wirkung des Pfandrechts erscheint das Recht des Pfandgläubigers, vermöge der der Forderung entspringenden Klage den Vermögenswerth der Forderung herzustellen (…). Bei der Verpfändung des Pfandrechts fällt jede Möglichkeit der Veräußerung des Objects, an dem das Pfandrecht constituiert wird, hinweg. Das Mittel, welches das Pfandrecht aus sich selbst nahm, um seinen Inhalt zu befriedigen, versagt ihm hier darum gänzlich, es bleibt ihm allein, sich der Mittel zu bedienen, die es in seinem Object selbst vorfindet. Auch genügt ihm dies völlig. Der Proceß, vermöge dessen das verpfändete Pfandrecht in seiner eigenen vollen Ausübung und Befriedigung untergeht, steht hier völlig demjenigen gleich, der sich z. B. beim Sachenpfandrecht in dem Verkauf der Sache durch den Pfandberechtigten vollzieht.“ 1051 Die arbiträre Tendenz dieses Ansatzes ist unübersehbar: Ist der Inhalt des pfandrechtsbelastenden Pfandrechts nur aus der sinngemäßen kombinierten Anwendung der Vorschriften über das Forderungspfandrecht und das Pfandrecht an Sachen zu konkretisieren, scheinen die Ergebnisse dieses rechtsschöpferischen Erkenntnisprozesses fast beliebig. So ließe sich einerseits argumentieren, dass das sachpfandrechtsbelastende Pfandrecht primär ein Forderungspfandrecht sei, demgemäß – ungeachtet der gesetzlichen Mitverpfändung akzessorischer Nebenrechte –
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kombinierenden Verweisungsbefehlen der §§ 1273 Abs. 2 S. 1, 1227 BGB. Bei entsprechender Anwendung des § 1227 BGB auf das herrschende Pfandrecht stehen dem Forderungspfandgläubiger, soweit sein Recht beeinträchtigt ist, die aus dem belasteten Sachpfandrecht resultierenden Rechtsbehelfe zu, die ihrer Art nach den aus den Eigentum folgenden Ansprüchen entsprechen. Selbstverständlich setzt die entsprechende Anwendung des § 985 BGB voraus, dass die dingliche Rechtsstellung des Forderungspfandgläubigers durch Vorenthaltung oder Entziehung des Besitzes an der dem verpfändeten Pfandrecht unterliegenden Sache „beeinträchtigt“ ist, was ein absolutes Recht zum Besitz des Pfandes voraussetzt. Diese sachlogisch vorrangige Frage lässt das Gesetz offen. Sie lässt sich nur durch eine – freilich zirkelschlussartige – rechtsfortbildende Inhaltsbestimmung des Forderungspfandrechts beantworten: Während einerseits eine entsprechende Anwendung des § 985 BGB ausscheidet, wenn ein absolutes Recht zum Besitz des Sachpfandes verneint wird, ist andererseits ein nicht mit einem vindikationsähnlichen Herausgabeanspruch versehenes Besitzrecht bei Lichte betrachtet kein „absolutes“ Recht zum Besitz; der Herausgabeanspruch ist das notwendige Korrelat des Besitzrechts. Mit Rücksicht auf die aus dem Gesetz abzuleitenden Wirkungen des herrschenden Pfandrechts1052 ist eine gesetzesimmanente Rechtsfortbildung, die dem Forderungspfandgläubiger ein mit einem Herausgabeanspruch flankiertes erga omnes wirksames Besitzrecht ohne Rücksicht auf die Fälligkeit der durch das sich auf das Sachpfandrecht erstreckenden Forderungspfandrecht gesicherten Forderung zuweist, systematisch kohärent und interessengerecht. Systemkonform ist diese unter der hier vertretenen Prämisse, dass der Forderungspfandgläubiger bereits vor Pfandreife (des Forderungspfandrechts) – bei Pfandreife des belasteten Sachpfandrechts (§ 1228 Abs. 2 BGB) – gemeinschaftlich mit dem Sachpfandgläubiger gem. § 1281 S. 2 Hs. 1 BGB und ab Pfandreife allein zum Pfandverkauf gem. § 1282 Abs. 1 S. 1 BGB berechtigt ist.1053 Steht dem Forderungsmit keinem weitergehenden Außenschutz als jedes andere Forderungspfandrecht versehen sein könne. Andererseits ließe sich die strukturelle „Nähe“ zum Pfandrecht an der Sache betonen, um die gewünschte Anwendung der aus dem Eigentum folgenden Ansprüche gegenüber Dritten zu rechtfertigen, woraus dann wiederum im Wege einer petitio principii auf die im Wege der analogen Anwendung des § 1282 Abs. 1 S. 1 BGB zu begründende ausschließliche Rechtsmacht des Forderungspfandgläubiger zum Verkauf des verpfändeten Sachpfandes nach Maßgabe der §§ 1234–1240 BGB gefolgert werden könnte. Letztlich verfängt der Vorwurf der Beliebigkeit aber auch nicht, weil in Ermangelung einer umfassenden gesetzlichen Regelung gar nichts anderes übrig bleibt als Inhalt und Wirkungen des pfandrechtsbelastenden Pfandrechts einschließlich des Klageschutzes rechtsfortbildend zu entfalten. Maßstab der Rechtsfortbildung ist das sachenrechtliche Numerus-Clausus-Prinzip: Die rechtsschöpferische Erschließung des sachpfandbelastenden Pfandrechts muss dem mit den Prinzipien des Typenzwanges und der Typenfixierung verfolgten Ziel einer zweckmäßigen Standardisierung gerecht werden, d. h. der Rechtstyp des sachpfandbelastenden Pfandrechts hat den typisierten Verkehrsinteressen Rechnung zu tragen und darf nicht gegen zwingendes Recht verstoßen oder schutzwürdige Interessen Dritter in unverhältnismäßigem Ausmaß beeinträchtigen. 1052 Siehe § 5 IV. 3. a), b). 1053 So auch Düringer/Hachenburg (-Hoeniger), HGB IV3, Vorbem. zu § 368 HGB Anm. 70. Ab Pfandreife des belasteten und des belastenden Pfandrechts gebühren sowohl die verpfändete
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pfandgläubiger ab Pfandreife nicht nur im Verhältnis zum Sachpfandgläubiger das „bessere“, sondern gegenüber jedermann das „beste“ Recht zum Besitz zu, überzeugt es nicht, den Forderungspfandgläubiger auf einen Herausgabenanspruch gegen den Sachpfandgläubiger analog § 1231 S. 1 BGB zu verweisen.1054 Zudem steht die h. L. in auffälligem Kontrast zum gemeinrechtlichen subpignus.1055 Auch nach der im pandektistischen Schrifttum vorherrschenden Konstruktion des Afterpfandrechts stand dem Afterpfandgläubiger eine der vindicatio pignoris gleichartige auf Herausgabe des Afterpfandes gerichtete actio utilis aus eigenem Recht zu.1056 Sub specie der rechtshistorischen Konzeption des Afterpfandrechts ist ungeachtet der notwendig forderungsakzessorischen Belastung des Pfandrechts keine gegenteilige Betrachtungsweise im geltenden Recht veranlasst. Dass sich das Forderungspfandrecht ohne konstitutive Übergabe auf ein die Sicherungsforderung sicherndes Sachpfandrecht erstreckt, ist belanglos, weil der Verzicht auf ein Übergabeerfordernis unter strikter Durchführung des Akzessorietätsgrundsatzes dem Erwerberschutz Rechnung tragen soll.1057 Erhebt man aber den Erwerberschutz zur Maxime, lässt sich ein auf das akzessorische Sachpfand erstreckendes schutzwürdiges Kontrollinteresse des Forderungspfandgläubigers wegen der durch das mitbelastete Pfandrecht erhöhten Verwertungsoptionen nicht bestreiten. Wer ein (mit einem Herausgabeanspruch gem. §§ 1273 Abs. 2 S. 1, 1227, 985 BGB zu ergänzendes) dingliches Besitzrecht verneint, stellt den Forderungspfandgläubiger in einem nicht unwesentlichen Punkt schutzlos, obschon dieser gegen eine rechtsgeschäftliche Aufhebung des belasteten Pfandrechts gem. § 1255 Abs. 2 S. 1 BGB Forderung als auch ihre akzessorischen Nebenrechte primär der Befriedigung des Forderungspfandgläubigers (vgl. § 1282 Abs. 1 S. 2 BGB), weshalb zumindest ab diesem Zeitpunkt ein Besitzrecht am Mobiliarpfand im Verhältnis zum Sachpfandgläubiger schon zwecks bestimmungsgemäßen Ausübung des Pfandverkaufs erforderlich ist. Dies wird von Westermann/Gursky/Eickmann (-Gursky), Sachenrecht8 , § 135 Rn. 15 (S. 1015) auch nicht in Abrede gestellt; allerdings ergibt sich der Herausgabeanspruch ausschließlich aus dem gesetzlichen Schuldverhältnis zwischen dem Sachpfandgläubiger und dem Forderungspfandgläubiger aus einer Analogie zu § 1231 S. 1 BGB. 1054 So aber Westermann/Gursky/Eickmann (-Gursky), Sachenrecht8 , § 135 Rn. 15 (S. 1015). 1055 Siehe dazu bereits § 3 I. 1. 1056 Sohm, Die Lehre vom subpignus, S. 82, 125–130, der unter Verweis auf mehrere Quellenzeugnisse die Ansicht vertritt, dass dem Afterpfandgläubiger zwar nicht dieselbe auf Herausgabe des Sachbesitzes gerichtet Klageart wie dem Pfandgläubiger und Afterverpfänder, nämlich eine actio in rem hypothecaria (bzw. utilis rei vindicatio), sondern eine actio utilis hypothecaria zustehe – das qualifizierende Adjektiv „utilis“ soll zum Ausdruck bringen, dass der Kläger nicht als Rechtsinhaber, d. h. als Pfandgläubiger, sondern als Pfandgläubiger des pfandrechtsbelastenden (After-)Pfandrechts sachlegitimiert ist –, die freilich auf das gleiche Anspruchsziel gerichtet sei. Während diese dem Schutz des Afterpfandrechts diene, sei der „Afterpfandbesitz“ durch die possessorischen Klagen geschützt. 1057 Wird die sachpfandgesicherte Forderung übertragen, geht das dem Pfandrecht inhärente absolute Besitzrecht auf den Zessionar ohne notwendige Übergabe gem. § 1250 Abs. 1 S. 1 BGB über (arg. e § 1251 Abs. 1 BGB); dass dieser erst mit der tatsächlichen Sachübergabe in das gesetzliche Schuldverhältnis mit dem Verpfänder einrückt (§ 1251 Abs. 2 S. 1 BGB), ist für den sachenrechtlichen Außenschutz bedeutungslos. Dies ist dem Umstand geschuldet, dass die Verwahrungspflicht des § 1215 BGB notwendigerweise den Alleinbesitz des Zessionars voraussetzt (vgl. BeckOGK BGB (-Förster), Stand: 1.6.2019, § 1251 Rn. 8).
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ebenso wie gegen einen konsolidationsbedingten Rechtsverlust gem. § 1256 Abs. 1 S. 2 BGB immunisiert ist.1058 Bliebe der Forderungspfandgläubiger stets der Gefahr eines ersatzlosen Rechtsverlusts hinsichtlich des mitverpfändeten Sachpfandrechts durch bloße Rückgabe (§ 1253 Abs. 1 BGB) ausgesetzt, ließe sich nicht nur – was von der h. A. bereitwillig hingenommen wird – der in § 1255 Abs. 1 S. 2 BGB bestimmte Verfügungsschutz problemlos umgehen.1059 Paradox ist auch, dass doch die vom Eigentümer Zug um Zug gegen Rückgabe des Pfandes bewirkte Leistungen zur Ablösung des Sachpfandrechts (vgl. § 1223 Abs. 2 BGB) nur unter den Voraussetzungen der §§ 1281, 1282 BGB Liberationswirkung gegenüber dem Forderungspfandgläubiger entfalten. In Ansehung der gemeinschaftlichen Verkaufsberechtigung vor Pfandreife des Forderungspfandrechts liegt die interessengerechte und systemkonforme Lösung darin, das herrschende Pfandrecht mit einem absoluten Recht auf Mitbesitz der Pfandsache auszustatten.1060 Während dem Kontrollinteresse des Forderungspfandgläubigers durch ein absolutes Recht auf Mitbesitz Genüge getan ist, ergeben sich weder für den Eigentümer noch für den Sachpfandgläubiger sowie für andere Personen, denen Recht an dem Pfand zustehen, sachenrechtlich relevante Nachteile. Durch die Verpfändung der durch das Sachpfandrecht gesicherten Forderung „verschwindet der Sachpfandgläubiger nicht von der Bühne“; das pfandrechtsspezifische Pflichtenprogramm zwischen Verpfänder und Sachpfandgläubiger bleibt unberührt. Insbesondere führt die Annahme eines Mitbesitzrechts nicht zu einem (notwendigen) Verstoß gegen die dem Sachpfandgläubiger obliegende Verwahrungspflicht gem. § 1215 BGB.1061 Setzt der Sachpfandgläubiger die gesicherte For1058 Zum Kontinuitätsschutz im Fall der Vereinigung des belasteten begrenzten Rechts mit dem Eigentum (oder einem anderen „Primärrecht“) sowie bei der Aufhebung, Inhaltsänderung oder Rangänderung des belasteten begrenzten Rechts siehe § 3 II. 3. c). 1059 In der Literatur wird dies allerdings hingenommen (vgl. MünchKomm (-Damrau), BGB VII7, § 1255 Rn. 4, § 1274 Rn. 9; BeckOGK BGB (-Förster), Stand: 1.6.2019, § 1255 Rn. 12); der zustimmungsberechtigte Forderungsnießbraucher bzw. Forderungspfandgläubiger wird auf vertragliche und deliktsrechtliche Schadensersatzansprüche gegen den Pfandgläubiger sowie auf Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung gegen den Eigentümer und die im Rang aufrückenden Rechtsinhaber eigentumsbelastender Rechte verwiesen. 1060 So auch Düringer/Hachenburg (-Hoeniger), HGB IV3, Vorbem. zu § 368 HGB Anm. 70, 70b. 1061 Wenn der Sachpfandgläubiger das Pfand anerkanntermaßen abweichend von der Vermutungsregel des § 691 S. 1 BGB zur Drittverwahrung mangels besonderer Vertrauensstellung berechtigt ist (vgl. Erman (-J. Schmidt), BGB II15, § 1215 Rn. 5; Palandt (-Wicke), BGB78 , § 1215 Rn. 1; Staudinger (-D. Wiegand), BGB (2019), § 1215 Rn. 9), spricht nichts dagegen, die Pfandsache dem Forderungspfandgläubiger zu überlassen und diesen zugleich als Drittverwahrer einzusetzen (i. E. auch Emmerich, Pfandrechtskonkurrenzen, S. 194 in Fn. 374). Selbst wenn dem Pfandgläubiger aufgrund entsprechender Vereinbarung eine Drittverwahrung untersagt ist, dürfte dies nichts daran ändern, dass dem Forderungspfandgläubiger kraft der Verpfändung ein dem Verpfänder resp. dem Eigentümer entgegensetzbares Besitzrecht gem. § 986 Abs. 1 S. 1 Var. 1 BGB zusteht; ein nach § 986 Abs. 1 S. 2 BGB auf Herausgabe an den Sachpfandgläubiger gerichteter Herausgabeanspruch des Eigentümers gegen den Inhaber des pfandrechtsbelastenden Pfandrechts aus § 985 BGB scheidet daher trotz vertragswidriger Besitzüberlassung aus. Zwar wird bei mehrstufig mittelbarem Besitz (§§ 868, 871 BGB) für ein derivatives Besitzrecht i. S. d. § 986 Abs. 1 S. 1
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derung einschließlich des Sachpfandes als Kreditsicherungsmittel ein, kann dies nicht dazu führen, dass er sich seiner gesetzlichen oder vertraglichen Pflichten gegenüber dem Verpfänder entledigt. Dies zeigt sich schon bei der Abtretung (vgl. § 1251 Abs. 2 S. 2 BGB) sowie bei der Zwangsvollstreckung in eine durch Sachpfand gesicherte Forderung (vgl. § 838 ZPO); bei einer im eigenen Interesse erfolgenden Verpfändung gilt dies erst recht. Der Haftungsmaßstab des Sachpfandgläubigers ist deshalb auch nicht etwa bei Besitzüberlassung an den Forderungspfandgläubiger auf eine bloße culpa in eligendo entsprechend § 691 S. 2 BGB zu verkürzen.1062 Die Art des Mitbesitzes des Forderungspfandgläubigers richtet sich nach der dem Var. 2 BGB bekanntlich vorausgesetzt, dass der Zwischenmann – der nicht notwendig mittelbarer Besitzer sein muss – gegenüber dem Eigentümer zum Besitz berechtigt ist und zumindest im Zeitpunkt der Besitzüberlassung zur Besitzübertragung an den unmittelbaren Besitzer berechtigt war (siehe Staudinger (-Gursky), BGB (2012), § 986 Rn. 37; NomosKomm (-Schanbacher), BGB III4, § 986 Rn. 12). Wenn sich aber der Besitzer auch de iure proprio auf ein jedermann entgegensetzbares Recht zum Besitz gem. § 986 Abs. 1 S. 1 Var. 1 BGB berufen kann, kommt es nicht darauf an, ob derjenige, der das absolute Recht zum Besitz einräumt, im Verhältnis zum Eigentümer oder einem anderen Zwischenmann innerhalb der schuldrechtlichen Besitzrechtskette pflichtwidrig agiert. So liegt es hier. Das bloße Besitzübertragungsverbot wirkt, wenn nicht zugleich die Abtretung der pfandrechtsgesicherten Forderung untersagt ist (§ 399 Var. 2 BGB), nur inter partes und vermag deshalb zwar ein schuldrechtliches Besitzrecht auszuschließen (arg. e § 986 Abs. 1 S. 2 BGB), nicht aber das dem pfandrechtsbelastenden Pfandrecht teilhaftige Recht zum Besitz. Nichts anderes gilt z. B. dann, wenn der Inhaber eines Dauerwohnrechts (§ 31 Abs. 1 S. 1 WEG) einen Nießbrauch an seinem Recht gem. §§ 1068 Abs. 2, 873 Abs. 1 BGB i. V. m. § 33 Abs. 1 S. 1 WEG bestellt und dem Nießbraucher entgegen einer schuldrechtlichen Abrede mit dem Grundstückseigentümer den Besitz an der Wohnung überlässt. Wenn der Eigentümer darauf verzichtet, sich einen Zustimmungsvorbehalt zur Übertragung des Dauerwohnrechts gem. § 35 WEG ausbedingen zu lassen, muss er sich definitiv die aus der Belastung des Dauerwohnrechts resultierenden (Besitz-)Rechte Dritter entgegenhalten lassen. Aus dem Nießbrauch folgt schließlich nach §§ 1068 Abs. 2, 1036 Abs. 1 BGB ein eigenes Recht zum Besitz des Nießbrauchers (Bärmann (-Schneider), WEG13, § 33 Rn. 58), weshalb der bloße Verstoß gegen ein schuldrechtliches Gebrauchsüberlassungsverbot belanglos ist. 1062 Der Pfandgläubiger haftet bei (unbefugter) Besitzüberlassung richtigerweise gem. §§ 276, 278 BGB; die Haftungsprivilegien der §§ 277, 691 S. 2 BGB sind unanwendbar (NomosKomm (-Bülow), BGB III4, § 1215 Rn. 9; Staudinger (-D. Wiegand), BGB (2019), § 1215 Rn. 10– 11; a. A. Erman (-J. Schmidt), BGB II15, § 1215 Rn. 5; MünchKomm (-Damrau), BGB VII7, § 1215 Rn. 3; Palandt (-Wicke), BGB78 , § 1215 Rn. 1). Der historische Gesetzgeber hat zu Recht darauf verzichtet, eine § 460 ABGB vergleichbare Haftungsnorm in das deutsche BGB einzufügen. Wie bereits gezeigt, ist es schon aus intrasystematischer Sicht fragwürdig, an das in § 454 ABGB ausdrücklich verankerte Recht des Pfandgläubigers zur Weiterverpfändung des Pfandes eine objektive Haftung für jede im Besitz des Pfandgläubigers nicht entstandene Verschlechterung sowie den zufälligen Verlust des Pfandes zu knüpfen. Mit der in §§ 1295 S. 2, 1305 ABGB zum Ausdruck gebrachten Wertung, wonach allein die Ausübung eines Rechts keine Schadensersatzpflicht begründet, lässt sich dies kaum vereinbaren, zumal der Mieter bei Untervermietung auch nur für das Verschulden des Untervermieters haftet (§ 1111 ABGB). Das Recht zur Afterverpfändung wird hierdurch massiv entwertet, ohne dass dies aus Gründen des Eigentümerschutzes erforderlich ist. Schließlich müsste sich der Pfandgläubiger ohne die in § 460 ABGB bestimmte objektive Haftung jedenfalls das Verschulden des Afterpfandgläubigers nach § 1313a ABGB zurechnen lassen. Dieser kann sich jedenfalls durch ein schuldrechtliches Verbot gem. § 364c ABGB gegen die unbefugte Besitzüberlassung und/oder Weiterverpfändung des Pfandes schützen, zumal nach teilweise vertretener Ansicht auch eine auflösend bedingte Verpfändung in Betracht kommt. Im Übrigen steht dem Pfandgeber/Eigentümer bei Leistungsberechtigung des Schuldners das Einlösungsrecht zu;
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Sachpfandgläubiger im Verhältnis zum Eigentümer zustehenden Besitzform, die sich vor Eintritt der Pfandreife des Sachpfandes nach dem Modus der Verpfändung richtet.1063 Ab Pfandreife des Sach- und des Forderungspfandrechts verwandelt sich das Mitbesitzrecht – vorbehaltlich abweichender Parteivereinbarungen – in ein Recht zum Alleinbesitz des Sachpfandes des Forderungspfandgläubigers.1064 Dieses dingliche Recht zum (Allein- oder Mit-)Besitz ist folgerichtig mit einer vindicatio pignoris zu komplementieren, ohne dass die hierdurch bewirkte Kumulation sachenrechtlicher Herausgabeansprüche schutzwürdige Interessen Dritter beeinträchtigt.1065 Auch im Übrigen stimmt der Außenschutz des „herrschenden“ Pfandrechts mit dem des „dienenden“ Pfandrechts überein.1066 mittels gerichtlicher Hinterlegung kann das Pfand Zug um Zug gegen Rückgabe eingelöst werden (§ 469 S. 2 ABGB). 1063 Wird das Sachpfandrecht gem. § 1205 Abs. 1 BGB bestellt, hat der Forderungspfandgläubiger ein Recht auf (unmittelbaren) Mitbesitz neben dem Sachpfandgläubiger; bei Vorenthaltung oder Entziehung des Mitbesitzes kann der Forderungspfandgläubiger von jedem nichtberechtigten Besitzer in entsprechender Anwendung der §§ 1011, 432 BGB Herausgabe des Pfandes an sich und den Sachpfandgläubiger gemeinschaftlich verlangen. Steht dem Sachpfandgläubiger – bei Pfandrechtsbestellung gem. § 1206 BGB vor Eintritt der Pfandreife (vgl. § 1231 S. 1 BGB) – im Verhältnis zum Eigentümer nur ein Recht zum Mitbesitz zu, richtet sich die vindicatio pignoris des Forderungspfandgläubigers auf Herausgabe des Pfandes an sich, den Sachpfandgläubiger und den Eigentümer. Wurde das Sachpfand mittels Abtretung des Herausgabeanspruchs und Verpfändungsanzeige oder unter Einschaltung eines Pfandhalters bestellt, richtet sich das vor Eintritt der Pfandreife des Forderungspfandrechts bestehende Mitbesitzrecht des Forderungspfandgläubigers auf Einräumung mittelbaren Mitbesitzes neben dem Sachpfandgläubiger (und dem Eigentümer). Demgemäß ist der Herausgabeanspruch hier – wie in allen Konstellationen, in denen der Besitz dem Besitzmittler des Anspruchstellers vorenthalten oder entzogen worden wird – in entsprechender Anwendung der §§ 986 Abs. 1 S. 2, 869 S. 2 Hs. 1 BGB primär auf Herausgabe an den Besitzmittler und nur sekundär auf Herausgabe an sich und den Sachpfandgläubiger (und den Eigentümer) gerichtet. 1064 Mit Rücksicht auf die den Parteien eingeräumte Gestaltungsfreiheit hinsichtlich der Forderungsverwertung (§§ 1277 S. 1, letzter Hs., 1279 S. 2, 1284 BGB) kann die Besitzform des Forderungspfandgläubigers privatautonom abweichend bestimmt oder auch ein Besitzrecht des Forderungspfandgläubigers gänzlich exkludiert werden. 1065 Der Forderungspfandgläubiger, der Sachpfandgläubiger, der Eigentümer und ggf. weitere besitzberechtigte Nießbraucher oder Pfandgläubiger bilden hinsichtlich des Vindikationsanspruchs weder aus materiellrechtlichen Gründen noch wegen subjektiver Rechtskrafterstreckung eine notwendige Streitgenossenschaft i. S. v. § 62 ZPO. Sie können jeweils ohne Mitwirkung des oder der anderen aus eigenem Recht auf Herausgabe der Sache klagen, wobei sich der Anspruch des belasteten Pfandgläubigers und der des Eigentümers entsprechend §§ 986 Abs. 1 S. 2, 869 S. 2 Hs. 1 BGB primär auf Herausgabe an den Unterpfandgläubiger richtet, sofern dieser allein zum Besitz berechtigt ist. Diesbezüglich kommt es nicht darauf an, ob der verklagte Anspruchsgegner selbst dem Unterpfandgläubiger den Besitz vermittelt, sondern nur, dass aufgrund der Forderungsverpfändung der Forderungspfandgläubiger gegenüber dem Sachpfandgläubiger zum Besitz berechtigt ist. 1066 Allein die konsequente Angleichung der Ansprüche und sonstigen Rechtsbehelfen wird dem Sicherungs- und Befriedigungsinteresse des Inhabers des pfandrechtsbelastenden Pfandrechts gerecht. Wird das Recht des Forderungspfandgläubigers also nicht durch Vorenthaltung oder Entziehung des Besitzes, sondern durch sonstige Rechtsanmaßungen hinsichtlich des mitverpfändeten Pfandrechts beeinträchtigt, stehen diesem negatorische Ansprüche gem. §§ 1004, 1227, 1273 Abs. 2 S. 1 BGB zu. Außerdem ist das Selbsthilferecht gem. §§ 1005, 867 BGB entsprechend anzuwenden, wenn die Pfandsache auf ein fremdes Grundstück verbracht wird, so-
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V. Ergebnisse und Entwicklungsperspektiven Die Untersuchung ergibt ein vielschichtiges Bild. Dass sämtliche Arten und Erscheinungsformen von „Verwertungsrechten höheren Grades“ nur eine geringfügige praktische Relevanz beschieden ist, darf mit Blick auf die etablierten Refinanzierungsstrategien der Banken nicht verwundern (1.). Dessen ungeachtet fördert die Untersuchung – trotz vieler Detailunterschiede – allgemeine Strukturprinzipien des Pfandrechts höheren Grades und artverwandter Belastungskonfigurationen zutage; jurisdiktionsübergreifende Gemeinsamkeiten sind sowohl beim rechtsgeschäftlichen Erwerb als auch bei der Realisierung sowie beim Bestands- und Störungsschutz sichtbar geworden (2.). Endlich verdeutlicht die Studie legislatorische Handlungsoptionen im Kreditsicherungsrechtsregime, die abschließend zu würdigen sind (3.).
1. Sozioökonomische Bedeutung Wird die gesicherte Forderung nebst dem (nicht-)akzessorischen Verwertungsrecht zur Sicherung einer Forderung übertragen oder verpfändet, liegt dieser Transaktion regelmäßig ein Refinanzierungszweck1067 zugrunde. Der erste Sicherungsnehmer verschafft sich seinerseits Kredit unter günstigeren Zins- und Tilgungsbedingungen, indem er die gesicherte Forderung und/oder die ihm eingeräumten Verwertungsrechte als Kreditsicherheiten einsetzt. Der zweite Sicherungsnehmer lange keine Inbesitznahme erfolgt. Zudem dürfte sich auch der Pfandgläubiger des herrschenden Pfandrechts auf die für den Eigentümer des vom Forderungspfandrecht erfassten Sachpfand streitende Eigentumsvermutung des § 1006 BGB berufen können. Wenn sich nämlich nach der inzwischen wohl h. A. auch der Pfandgläubiger eines besitzlosen Vermieterpfandrechts auf die für den Mieter streitende Eigentumsvermutung an den in die Mieträume eingebrachten Sachen berufen kann (so BGH, Versäumnisurteil v. 3.3.2017 – V ZR 268/15, NJW-RR 2017, S. 1097; NomosKomm (-Schanbacher), BGB III4, § 1006 Rn. 19; Soergel (-Münch), BGB, § 1006 Rn. 8; Staudinger (-Gursky), BGB (2013), § 1006 Rn. 35; a. A. RG, Urteil v. 21.1.1935 – IV 261/34, RGZ 146, S. 334, 339; Soergel (-Heintzmann), BGB13, § 562 Rn. 31) darf man für den Forderungspfandgläubiger, dessen besitzloses Pfandrecht sich auf ein die Sicherungsforderung sicherndes Sachpfand erstreckt, kaum anders entscheiden dürfen. Hinsichtlich möglicher Schadens- und Nutzungsersatzansprüche gem. §§ 987–993 BGB sowie etwaiger zusätzlicher Ansprüche aus unerlaubter Handlung oder ungerechtfertigter Berechtigung sind dementsprechend ähnliche Modifikationen zu beachten wie auch bei im Rahmen der direkten Anwendung des § 1227 BGB auf das Sachpfandrecht. Konsequenterweise sind daher im Verhältnis zwischen dem Forderungspfandgläubiger und einem nicht berechtigten Besitzer die §§ 987–1003 BGB gem. §§ 1273 Abs. 2 S. 1, 1227 BGB entsprechend anzuwenden. 1067 Zu den Funktionen dinglicher Sicherheiten aus rechtsvergleichender Sicht Brinkmann, Kreditsicherheiten an beweglichen Sachen und Forderungen, S. 50–66. Der Begriff „Refinanzierungszweck“ ist hier im weitesten Sinne zu verstehen: Erforderlich ist nur, dass die Transaktion für den Sicherungsgeber einen Liquiditätsgewinn mit sich bringt oder für die Verschaffung des betreffenden Rechts ein (marktgerechtes) Entgelt gewährt wird. Desgleichen liegt den sogleich zu betrachtenden Bestimmungen über das Refinanzierungsregister (§§ 22a–22o KWG) ein extensiver Refinanzierungsbegriff zugrunde, der sich nicht auf die gängigen Refinanzierungsstrategien der Bankwirtschaft beschränkt (siehe BT-Drucks. 15/5852, S. 17; Fleckner, WM 2006, S. 697, 700).
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ist somit gegen das Ausfallrisiko des ersten Sicherungsnehmers geschützt und partizipiert zugleich an den dem sicherungshalber transferierten oder verpfändeten Recht immanenten Zuordnungsänderungsbefugnissen sachenrechtlicher Art. a) Refinanzierungsstrategien im Bankengeschäft Im Rahmen des Bankengeschäfts ist die Verpfändung von gesicherten Darlehensforderungen nur eine mögliche Refinanzierungsstrategie unter mehreren. Der Einräumung von Verwertungsrechten höheren Grades bedarf es regelmäßig schon deshalb nicht, weil es praktisch wirksamere und leichtere Möglichkeiten der Liquiditätsbeschaffung gibt, die den gewünschten Sicherungseffekt ohne (notwendige) Änderung der sachenrechtlichen Rechtsverhältnisse verwirklichen. Zunächst bieten sich als Alternative zur Verpfändung von (grundpfandrechtlich) gesicherten Forderungen und (Grund-)Pfandrechten Treuhandkonstruktionen an. Der erste Sicherungsnehmer kann das fragliche Recht z. B. selbst oder durch einen Dritten für den zweiten Sicherungsnehmer treuhänderisch halten (lassen) oder alternativ kraft stiller Sicherungsübertragung auf den zweiten Sicherungsnehmer übertragen. Sub specie der wertpapierrechtlichen Refinanzierungstechniken des Bankengeschäfts ist die Aufnahme eines gesicherten Bankkredits betriebswirtschaftlich nicht angezeigt, soweit sich kostengünstigere Finanzierungsmöglichkeiten am Kapitalmarkt ergeben.1068 So verschaffen sich bekanntermaßen größere Kreditinstitute zuvörderst bei den Notenbanken sowie durch Emission gedeckter Schuldverschreibungen, seien es asset backed securities (ABS), Pfandbriefe oder pfandbriefähnliche Finanzinstrumente, am Kapitalmarkt Liquidität.1069 Die (umstrittenen) „Verbriefungen“ 1068 Vgl. Thom, Die Hypothekenanleihe als Instrument der Immobilienfinanzierung, S. 50; näher zu den mit der Emission von MBS und MCB verbundenen Transaktionskosten Bauersfeld, Gedeckte Instrumente zur Refinanzierung von Hypothekendarlehen, S. 223–244. 1069 Die Grundstrukturen der sog. Verbriefung (securitisation) seien hier in aller Kürze unter Rückgriff auf die von der EU-Bankenaufsichtsverordnung – CRR (Verordnung (EU) Nr. 575/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über Aufsichtsanforderungen an Kreditinstitute und Wertpapierfirmen und zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 646/2012, ABl. Nr. L 176 S. 1, ber. Nr. L 321 S. 6) verwendete Terminologie skizziert (eingehend zur Struktur der Verbriefung Arlt, True Sale Securitisation unter besonderer Berücksichtigung der Rechtslage in Deutschland und Italien, S. 126–286, passim; Boos/ Fischer/ Schulte-Mattler (-Tollmann), KWG, CRR-VO5, Vorbem. zu §§ 22a–22o KWG Rn. 6–27; Zeising, BKR 2007, S. 311–317). Mit Verbriefung (securitisation) ist die Emission von Finanzinstrumenten durch Verbriefungszweckgesellschaften gemeint, die durch bestimmte Vermögensgegenstände gegen Kapitalverlust „gedeckt“ sind (asset backed securities (ABS)). Mit Rücksicht auf die Gattung der als Deckungswerte fungierenden Gegenstände des Rechtsverkehrs wird zwischen mortgage backed securities (MBS) und non-mortgage backed securities (z. B. collateral bond obligations und collateral loan obligations) unterschieden. Präzise betrachtet handelt es sich jeweils um Wertpapiere, die Schuldverschreibungen (§§ 793 ff. BGB) oder Schuldscheindarlehen (§§ 371, 488 BGB), d. h. Ansprüche auf Rückzahlung des jeweiligen Nominalbetrages nebst Zinsen verbriefen. Diese werden wahlweise als börsennotierte Anleihen mit längerer oder mittlerer Laufzeit oder als kurzfristig abgesicherte Geldmarktinstrumente begeben (Boos/Fischer/Schulte-Mattler (-Tollmann), KWG, CRR-VO5, Vorbem. zu §§ 22a–22o KWG Rn. 21). Die Schuldverschreibungen werden nach Maßgabe der Anleihebedingungen nur bedient, soweit die Verbriefungszweckgesellschaft aus den das Deckungsportfolio bildenden Forderungen und sonstigen Vermögensgegenstände Zahlungseingänge er-
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von Darlehensforderungen mitsamt den (nicht-)akzessorischen Verwertungsrechten und die grundsätzlich vergleichbaren covered bonds erleichtern die Handelbarkeit dieser praktisch schwer veräußerlicher Gegenstände des Rechtsverkehrs hält. Die Rendite und die Ausfallwahrscheinlichkeit sind somit an die Erträgnisse der Deckungsmasse gekoppelt; das Verlustbeteiligungsrisiko bestimmt die Werthaltigkeit und das Rating des betreffenden ABS. Im Gegensatz zu Pfandbriefen und pfandbriefähnlichen Finanzinstrumenten erfolgt die Emission und Platzierung der gedeckten verzinslichen Schuldverschreibungen am Kapitalmarkt nicht durch den Forderungsgläubiger (sog. Originator) oder ein anderes Kreditinstitut, sondern durch eine vom Originator rechtlich selbstständige und unabhängige Verbriefungszweckgesellschaft („securitisation special purpose entity“ (SSPE)) i. S. v. Art. 4 Abs. 1 Nr. 6 EU-Bankenaufsichtsverordnung – CRR). Allein diese wird aus den verbrieften Forderungen verpflichtet (Boos/ Fischer/ Schulte-Mattler (-Tollmann), KWG, CRR-VO5, Vorbem. zu §§ 22a–22o KWG Rn. 16). Zudem fehlt es im Gegensatz zum Pfandbriefgeschäft an einer vereinheitlichten Vorgabe der potentiellen Deckungsgegenstände und vergleichbar strengen regulativen Deckungsvorgaben für die verbrieften Forderungen sowohl auf nationaler als auch auf supranationaler und internationaler Ebene; die einschlägigen Eigenkapitalunterlegungspflichten, Due Diligence-Anforderungen, organisatorischen Anforderungen etc. sind im Wesentlichen in Art. 109, 242–270, 404–410 EU-Bankenaufsichtsverordnung – CRR normiert. Die Zwischenschaltung des SSPE dient primär dazu, die Investoren gegen die Insolvenz des Originators abzuschirmen, was zugleich die Refinanzierungskosten aufgrund des verbesserten Ratings des ABS senkt; zudem scheiden die Vermögensgegenstände aus der Bilanz des Originators aus, senken also dessen Eigenkapitalunterlegungspflicht (Boos/ Fischer/ Schulte-Mattler (-Tollmann), KWG, CRR-VO5, Vorbem. zu §§ 22a–22o KWG Rn. 7, 22). Unter einer traditional securitisation werden die nicht als Deckungsmasse fungierenden unverbrieften Forderungen oder sonstigen Gegenstände des Rechtsverkehrs – im Fall sog. mortgage backed securities (MBS) grundpfandrechtlich gesicherte Darlehensforderungen – an die SSPE veräußert (sog. True Sale). Die SSPE finanziert den Kaufpreis durch Emission von ABS und/oder Kreditaufnahme. Nach deutschem Recht erfolgt der Forderungskauf (§ 453 Abs. 1 BGB) regelmäßig auf der Grundlage eines Rahmenvertrages, der u. a. den (revolvierenden) Asset-Pool, d. h. die zu übertragenden (künftigen) Forderungen und anderen Vermögensgegenstände generisch bestimmt und zugleich die Bedingungen des Austauschs und der Ersetzung der Deckungswerte festlegt; die einzelnen Abtretungsvorgänge erfolgen bei anderen ABS-Transaktionen zwar ebenfalls auf dieser Grundlage, wohingegen auf die umständliche Zession von Sicherungsbuchgrundschulden (und/oder durch Buchhypotheken gesicherten Forderungen) normalerweise verzichtet wird (vgl. Zeising, BKR 2007, S. 311, 312, 317). Weil die SSPE nicht über eigene personelle Ressourcen für ein aktives Forderungsmanagement verfügt und zudem eine Offenlegung der securitisation gegenüber den Darlehensnehmern des Originators meistens unerwünscht ist, wird meistens der Originator als sog. Servicer damit beauftragt, die Zins- und Tilgungsleistungen einzuziehen (Boos/Fischer/Schulte-Mattler (-Tollmann), KWG, CRR-VO5, Vorbem. zu §§ 22a–22o KWG Rn. 7). Die aus den erworbenen Deckungsgegenständen erzielten Erträge werden zur Tilgung der verbrieften Schuldforderungen eingesetzt. Ein (sachen-) rechtlicher Zuständigkeitswechsel an den Deckungsgegenständen setzt das True-Sale-Modell nicht voraus. Auch nach den CRR zeichnet sich diese Form der traditional securitisation durch einen „economic transfer of the exposures being securitised“ aus. Dieser soll zwar wahlweise durch einen „transfer of ownership of the securitised exposures from the originator institution to an SSPE“ oder kraft „sub-participation by an SSPE“ (Art. 242 Nr. 10 EU-Bankenaufsichtsverordnung – CRR) erfolgen; die CRR spezifiziert das ambivalente Erfordernis eines „(wirtschaftlichen) Eigentumswechsels“ freilich nicht. Zwecks Senkung des Verlustbeteiligungsrisikos für die Anleger ist es freilich nicht zuletzt für das Rating des betreffenden ABS entscheidend, dass der Verbriefungszweckgesellschaft eine insolvenzfeste Rechtsposition an den die Deckungsmasse der Schuldverschreibungen konstituierenden Vermögensgegenständen zusteht. Während nach englischem Recht ein Vollzug des Kaufvertrages über mortgage debts wegen der erwerbsantizipierenden Wirkungen in Equity nicht erforderlich ist, sucht man jenseits des anglo-amerikanischen
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ohne notwendigen sachenrechtlichen Übertragungs- oder Verpfändungsakt.1070 Sowohl beim Verbriefungs- als auch beim Pfandbriefgeschäft wird die Gesamtheit der emittierten Pfandbriefe bzw. ABS mittels eines ggf. revolvierenden Portfolios von (nicht verbrieften) Forderungen und anderen Vermögensgegenständen des Emittenten unterlegt. Wenngleich Hypothekenforderungen und Sicherungsgrundschulden als sog. Deckungswerte die Erfüllbarkeit der emittierten Schuldverschreibungen sichern sollen, hat dies mit einer schuldrechtlichen oder gar sachenrechtlichen Verknüpfung einer einzelnen verbrieften Forderung mit einem bestimmten Grundpfandrecht des Emissionsinstituts nichts zu tun.1071 Der Investor erwirbt nicht ein „mediatisiertes“ Verwertungsrecht an irgendeinem Grundstück; vielmehr richten sich Rendite und Marktwert des Wertpapiers nach der Werthaltigkeit der Rechtskreises zwecks Förderung von Verbriefungstransaktionen nach alternativen Lösungsvarianten, um die gewünschte Trennung der zu veräußernden Darlehensforderungen nebst ihren jeweiligen Sicherheiten vom Haftungsvermögen des Originators herbeizuführen. Dazu bietet sich nach deutschem Recht die Eintragung der Deckungsgegenstände in ein vom Originator geführtes Refinanzierungsregister gem. § 22a KWG an (eingehend näher Arlt, True Sale Securitisation unter besonderer Berücksichtigung der Rechtslage in Deutschland und Italien, S. 590–621). Von der traditional securitisation scharf zu unterscheiden ist die synthetic securitisation, die jedenfalls nicht primär auf eine Übertragung von Kreditforderungen zwecks Refinanzierung zielt, sondern der Verbesserung der eigenen Bilanzkennzahlen des Originators durch Auslagerung der Kreditrisiken auf Zweckgesellschaften durch Kreditderivate oder Garantien dient (Boos/Fischer/Schulte-Mattler (-Gerth), KWG, CRR-VO5, Art. 242 VO (EU) 575/2013 Rn. 50–53; Zeising, BKR 2007, S. 311, 313). Gebräuchlich sind Credit Default Swaps (CDS), unter denen sich der Originator zur Zahlung einer Risikoprämie an die Verbriefungszweckgesellschaft verpflichtet und die Verbriefungszweckgesellschaft bei Eintritt eines definierten Credit Default – z. B. Mahnung, Schuldnerverzug, Zwangsvollstreckung, Insolvenz – dem Originator einen Ausgleich leistet. Die Verbriefungszweckgesellschaft verlagert das Ausfallrisiko weiter, indem sie Unternehmensanleihen (credit linked notes) mit gestaffelten Verlustbeteiligungsrisiko (senior notes, mezzanine notes, junior notes) am Kapitalmarkt platziert. Die Verbindlichkeiten der Verbriefungszweckgesellschaften gegenüber den Originatoren und den Investoren werden aus dem Verkauf oder den Erträgen von Finanzinstrumenten bedient, die mit den Emissionserlösen (noteholder collateral) erworben werden; die Zins- und Tilgungsleistungen sind somit an das Kreditausfallrisiko gekoppelt (Boos/ Fischer/Schulte-Mattler (-Gerth), KWG, CRR-VO5, Art. 242 VO (EU) 575/2013 Rn. 52–53). 1070 Vgl. Zeising, BKR 2007, S. 311, 312. Dass vor allem synthetische und mehrfach gestufte Verbriefungstransaktionen im Zuge der Finanzkrise 2007 – auch mangels fundierten Verständnisses der ökonomischen und juristischen Details – in der Öffentlichkeit in Verruf gerieten und seitdem skeptisch beäugt werden, bedarf keiner Erwähnung. Diese Arbeit zielt nicht darauf ab und schickt sich auch nicht an, diese und andere Refinanzierungstechniken der Bankwirtschaft zu bewerten (zumal nach welchem Maßstab?) oder umgekehrt die in Reaktion der Finanzkrise 2007 reformierten bankenaufsichtsrechtlichen Vorgaben auf (supra-)nationaler Ebene einer näheren Analyse zu unterziehen. Entscheidend ist der Befund, dass Verbriefungen von (hypothekarisch oder durch Grundschuld gesicherten) Forderungen – ungeachtet der häufig proklamierten „Renaissance“ des Pfandbriefs und pfandbriefähnlicher covered bonds seit der Finanzkrise und trotz der inzwischen erhöhten bankenaufsichtsrechtlichen Anforderungen in der EU – in der Praxis sowohl in den USA als auch in der EU (wieder) zum Einsatz kommen und sich für Banken zur Liquiditätsbeschaffung und Risikodiversifizierung geradezu anbieten. Deshalb ist der Zusammenhang zwischen der sachenrechtlichen Übertragung und Belastung von Hypothekenforderungen und Grundschulden und des rein schuldrechtlichen Einsatzes derselben von Hypothekenforderungen und Grundschulden im Verbriefungsgeschäft nicht aus dem Blick zu verlieren. 1071 Siehe nur Wilhelm, Sachenrecht 5, Rn. 80.
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Entität der Deckungswerte. Auch das Emissionsinstitut bedarf keiner sachenrechtlichen Position an den Deckungswerten.1072 Für synthetic securitisations ist dies, da es ohnehin nur darum geht, Ausfallrisiken ohne sachenrechtlichen Zuordnungswechsel hinsichtlich der betreffenden Kredite durch Credit Default Swaps auszulagern, selbstverständlich.1073 Sachenrechtliche Übertragungs- und Belastungsvorgänge sind aber auch nicht für eine traditional securitisation – in Form des sog. true sale – geboten oder gar erforderlich. Zwecks Erfüllung der bankenaufsichtsrechtlichen Vorgaben kommt es einzig darauf an, dass der Emittentin – sei es ein Kreditinstitut, sei es eine securitisation special purpose entity (SSPE) – eine bevorrechtigte Rechtsstellung in der Insolvenz des „Originators“ (scil.: des Gläubigers der als Deckungsmasse fungierenden Forderungen) zusteht. Auf welche Weise dieses Vorrecht geschaffen wird, ist eine konstruktionsjuristische Frage des anwendbaren (unvereinheitlichten) Sachrechts.1074 Sofern die Emission von Anleihen für ein Kreditinstitut nicht in Betracht kommt, ist die traditional securitisation eine zweckmäßigere und kostengünstigere Alternative der Refinanzierung im Vergleich zur Aufnahme von Bankdarlehen unter Abtretung und Verpfändung von Sicherungsgrundschulden und Hypothekenforderungen, zumal die durch die Auslagerung der gebündelten Kreditforderungen auf eine SSPE ermöglichte Risikodiversifizierung die eigenen Bilanzkennzahlen verbessert.1075 Wie gezeigt, ermöglicht im englischen Recht der trust die für mortgage securitisations gewünschte Abschirmung der grundpfandrechtlich gesicherten Darlehensforderungen vom Haftungsvermögen des Darlehensgebers problemlos.1076 Wegen der „proleptischen“ Wirkung des schuldrechtlichen Kaufvertrages über die mortgage debts verzichten die Parteien – der Originator und die Verbriefungszweckgesellschaft (SSPE) in der Grundform einer traditional securitisation – auf 1072 Art. 4 Abs. 1 Nr. 61 EU-Bankenaufsichtsverordnung – CRR (Verordnung (EU) Nr. 575/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über Aufsichtsanforderungen an Kreditinstitute und Wertpapierfirmen und zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 646/2012, ABl. Nr. L 176 S. 1, ber. Nr. L 321 S. 6) definiert „Verbriefung“ als „ein Geschäft oder eine Struktur, durch das bzw. die das mit einer Risikoposition oder einem Pool von Risikopositionen verbundene Kreditrisiko in Tranchen unterteilt wird, und das bzw. die beiden folgenden Merkmale aufweist: a) die im Rahmen des Geschäfts oder der Struktur getätigten Zahlungen hängen von der Wertentwicklung der Risikoposition oder des Pools von Risikopositionen ab; b) die Rangfolge der Tranchen entscheidet über die Verteilung der Verluste während der Laufzeit der Transaktion oder der Struktur); als „Originator“ gilt „ein Unternehmen, das a) selbst oder über verbundene Unternehmen direkt oder indirekt an der ursprünglichen Vereinbarung beteiligt war, die die Verpflichtungen oder potenziellen Verpflichtungen des Schuldners bzw. potenziellen Schuldners begründet hat, durch die die Risikoposition entsteht, die nun Gegenstand der Verbriefung ist, oder b) Risikopositionen eines Dritten auf eigene Rechnung erwirbt und dann verbrieft (Art. 4 Abs. 1 Nr. 13 EU-Bankenaufsichtsverordnung – CRR). 1073 Siehe hierzu Boos/ Fischer/ Schulte-Mattler (-Gerth), KWG, CRR-VO5, Art. 242 VO (EU) 575/2013 Rn. 50–53; Zeising, BKR 2007, S. 311, 313. 1074 Vgl. Boos/Fischer/S chulte-Mattler (-Tollmann), KWG, CRR-VO5, Vorbem. zu §§ 22a– 22o KWG Rn. 22. 1075 Vgl. Thom, Die Hypothekenanleihe als Instrument der Immobilienfinanzierung, S. 50. 1076 Zur securitisation grundpfandrechtlich gesicherter Kreditforderungen in England siehe § 5 III. 2.
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Teil II: Innerartliche Belastungskompatibilitäten
den aufwendigen Vollzug des Rechtsübergangs an sämtlichen registered charges nach Common Law im Wege der Eintragung im register of title (vgl. sec. 27(3)(a) LRA 2002). Schon der Abschluss eines formwirksamen Kaufvertrages über die gesicherten Forderungen konstituiert i. d. R. eine insolvenzfeste Rechtsstellung des übertragungsberechtigten Käufers an den als Deckungsmasse eingesetzten Kreditforderungen einschließlich der charges unter einem constructive trust. Mit dem 2005 geschaffenen Refinanzierungsregister (§§ 22a–22o KWG) ist ein vergleichbar hoher Insolvenzsicherungsmechanismus im deutschen Recht garantiert.1077 Der Rückgriff auf die extra legem entwickelte Treuhanddoktrin ist obsolet.1078 Mit1077
Zum Refinanzierungsregister siehe z. B. Fleckner, WM 2006, S. 697–706. dem in Unterabschnitt 2a des zweiten Abschnitts des KWG (§§ 22a–22o KWG) geregelten Refinanzierungsregister hat der Gesetzgeber ein dem von Pfandbriefbanken geführten Deckungsregister vergleichbares Insolvenzsicherungsinstrument für die Gläubiger von Kreditinstituten und anderen Unternehmen hinsichtlich bestimmter Vermögensgegenstände der Schuldnerin geschaffen. Steht einer Verbriefungszweckgesellschaft oder einer anderen der in § 1 Abs. 24 S. 1 Nr. 1–6 KWG genannten Einrichtungen ein Anspruch auf Übertragung eines im Refinanzierungsregister eintragungsfähigen Gegenstandes – Forderungen, Grundpfandrechte, Schiffshypotheken und Registerpfandrechte an Flugzeugen – gegen ein Kreditinstitut oder eine der in § 2 Abs. 1 Nr. 1–3a KWG genannten Einrichtungen zu, können diese Vermögensgegenstände in ein von der Schuldnerin geführtes sog. Refinanzierungsregister eingetragen werden (§ 22a Abs. 1 S. 1 KWG); zur Überwachung der Registerführung wird eine natürliche Person als Verwalter von der BaFin auf Vorschlag des Refinanzierungsunternehmens eingesetzt (§ 22e KWG). Ein nicht vom persönlichen Anwendungsbereich des § 22a Abs. 1 S. 1 Hs. 1 KWG erfasstes Refinanzierungsunternehmen i. S. v. § 1 Abs. 24 S. 1 KWG kann ein Refinanzierungsregister für die vorgenannten Vermögensgegenstände nur von einem Kreditinstitut führen lassen. Die fakultative Registereintragung (vgl. § 22a Abs. 3 KWG) begründet ein gesetzliches Aussonderungsrecht des Übertragungsberechtigten gem. § 47 InsO an den eingetragenen Vermögensgegenständen des Refinanzierungsunternehmens in der Insolvenz desselben (22j Abs. 1 S. 1 KWG). Abweichend von der regulären dinglichen Rechtszuordnung und allgemeinen Grundsätzen des Insolvenzrechts ist mithin der Gläubiger eines bloßen Verschaffungsanspruchs zur Aussonderung in der Insolvenz des Refinanzierungsunternehmens berechtigt. Auf diese Weise sollten insbesondere MBS-Transaktionen erleichtert werden, die nach früherem Recht praktisch nur dann durchführbar waren, wenn sich das Portfolio der als Deckungswerte fungierenden Sicherungsbuchgrundschulden und Hypothekenforderungen – wie bei commercial mortgage backed securities (sog. CMBS) – in einem überschaubaren Rahmen hielt (vgl. Boos/Fischer/Schulte-Mattler (-Tollmann), KWG, CRR-VO5, Vorbem. zu §§ 22a–22o KWG Rn. 30). Anders lag es aber bei residential mortgage backed securities (sog. RMBS), die sich üblicherweise aus einer Vielzahl (ggf. revolvierender) Immobiliar-Verbraucherdarlehensverträge und Sicherungsgrundschulden zusammensetzen. Angesichts der prohibitiv hohen Kosten, die mit formwirksamen Abtretungen sämtlicher als Deckungsmasse dienenden Sicherungsbuchgrundschulden und Darlehensforderungen verbunden sind, wird bei einer traditionellen mortgage securitisation in Form des True Sale auf eine dingliche Rechtsübertragung auf die Verbriefungszweckgesellschaft regelmäßig verzichtet, zumal die in § 55 GBO vorgeschriebene Mitteilung der Grundbuchänderung gegenüber dem Eigentümer und dem Schuldner der Sicherungsforderung dem Geheimhaltungsinteresse der Parteien der Verbriefungstransaktion zuwiderläuft (Boos/Fischer/Schulte-Mattler (-Tollmann), KWG, CRRVO5, Vorbem. zu §§ 22a–22o KWG Rn. 30–31). Im Licht der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Treuhanddoktrin im Liegenschaftsrecht (vgl. BGH, Urteil v. 24.6.2003 – IX ZR 75/01, NJW 2003, S. 3414; Henssler, AcP 196 (1996), S. 37, 59–60; siehe hierzu § 4 IV. 1. a)) war äußerst ungewiss, ob eine Verbriefungszweckgesellschaft im Fall der Insolvenz des Originators die Deckungswerte hätte aussondern können, wenn, wie üblich, die verkauften Forderungen nebst Sicherheiten bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens dem Schuldner zustanden (Boos/Fischer/Schulte-Mattler 1078 Mit
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tels Eintragung der als Deckungswerte fungierenden (Hypotheken-)Forderungen und Sicherungsgrundschulden ist sichergestellt, dass der designierte Zessionar (der „Übertragungsberechtigte“) ein Aussonderungsrecht an den Deckungswerten in der Insolvenz des Refinanzierungsunternehmens gem. § 22j Abs. 1 S. 1 KWG i. V. m. § 47 S. 1 InsO zusteht.1079 Bei MBS-Transaktionen ist dies von essentiel(-Tollmann), KWG, CRR-VO5, Vorbem. zu §§ 22a–22o KWG Rn. 34–36). Schließlich ist nach der Judikatur des BGH jedenfalls in Bezug auf treuhänderisch gehaltene Grundstücke die Eintragung einer Vormerkung zur Sicherung des (Rück-)Übertragungsanspruchs des Treugebers unerlässlich, um eine insolvenzbeständige Rechtsposition zu begründen; die fiduziarische Zweckabrede entfaltet insoweit keine Außenwirkung (BGH, Urteil v. 24.6.2003 – IX ZR 75/01, NJW 2003, S. 3414). Ob dies auch für die treuhänderische Haltung von Sicherungsbuchgrundschulden und Buchhypotheken gilt, ist höchstrichterlich ungeklärt (vgl. Boos/Fischer/Schulte-Mattler (-Tollmann), KWG, CRR-VO5, Vorbem. zu §§ 22a–22o KWG Rn. 34–36). Mit der Einrichtung des Refinanzierungsregisters schuf der Gesetzgeber Abhilfe. Durch das in § 22j Abs. 1 S. 1 KWG ausdrücklich normierte Aussonderungsbefugnis ist der Rekurs auf die Treuhanddoktrin obsolet. In der Insolvenz des registerführenden Unternehmens bestellt das Insolvenzgericht auf Antrag der BaFin einen Sachwalter zur Verwaltung der im Refinanzierungsregister eingetragenen Vermögensgegenstände (§ 22l KWG). Soweit das registerführende Unternehmen befugt war, die im Refinanzierungsregister eingetragenen Gegenstände zu verwalten und über sie zu verfügen, geht dieses Recht auf den Sachwalter über (§ 22n Abs. 2 S. 1 KWG). Mit dem in 22j Abs. 1 S. 1 KWG bestimmten Aussonderungsrecht in der Insolvenz korrespondiert die Befugnis des Übertragungsberechtigten, gegen Verfügungen im Wege der Einzelzwangsvollstreckung oder Arrestvollziehung mittels Drittwiderspruchsklage vorzugehen (§ 22j Abs. 1 S. 3 KWG i. V. m. § 771 ZPO). Zudem kann das Refinanzierungsunternehmen gegenüber den Ansprüchen des Refinanzierungsunternehmens weder aufrechnen noch Zurückbehaltungsrechte gelten machen (§ 22j Abs. 3 S. 1 KWG). Demgegenüber schützt die bloße Eintragung im Refinanzierungsregister den Übertragungsberechtigten nicht vor vertragswidrigen Verfügungen des Refinanzierungsunternehmens über die eingetragenen Vermögensgegenstände; diesbezüglich bedürfte es der Eintragung einer Vormerkung im Grundbuch oder zumindest der Sicherung eines schuldrechtlichen Übertragungsverbots durch einstweilige Verfügung. Die Rechtslage des Schuldners bzw. des Sicherungsgebers der im Refinanzierungsregister eingetragenen Vermögensgegenstände verschlechtert sich allein durch die Eintragung nicht. So bestimmt § 22j Abs. 2 S. 1 KWG deklaratorisch, dass die Verlautbarung im Refinanzierungsregister Einwendungen und Einreden gegen die eingetragenen Forderungen und anderen Rechte nicht einschränkt, wobei sich der Schuldnerschutz gegenüber dem Übertragungsberechtigten nach den entsprechend anzuwendenden Vorschriften der Forderungsabtretung richtet (§ § 22j Abs. 2 S. 2 KWG i. V. m. §§ 404 ff. BGB). Außerdem ist zugunsten des Grundstückseigentümers § 1156 S. 1 BGB im Verhältnis zum Übertragungsberechtigten gem. § 22j Abs. 2 S. 3 KWG ausgeschlossen. Endlich bleiben sicherungsvertragliche Einreden gegen eine im Refinanzierungsregister eingetragene Sicherungsgrundschuld – in Übereinstimmung mit der Rechtslage bei der Zession der Grundschuld (§ 1192 Abs. 1 a S. 1 BGB) – erhalten (§ 22j Abs. 2 S. 4 KWG); ein gutgläubig-einredefreier Erwerb gem. §§ 1157 S. 2, 892 BGB ist ausdrücklich ausgeschlossen (§ 22j Abs. 2 S. 5 KWG). Erst recht ausgeschlossen ist ein „gutgläubiger Aussonderungsrechtserwerb“ an Vermögensgegenständen, die dem Refinanzierungsunternehmen von vornherein oder jedenfalls im Zeitpunkt der Geltendmachung des Aussonderungsrechts überhaupt nicht zustehen; das Aussonderungsrecht beschränkt sich ausdrücklich auf die „Gegenstände des Refinanzierungsunternehmens“ (22j Abs. 1 S. 1 KWG). 1079 Sobald sich die Vermögensverhältnisse des Refinanzierungsunternehmens verschlechtern, erscheint es zwar aus Sicht des Übertragungsberechtigten zwecks Sicherung gegen (vertragswidrige) Verfügungen über die im Register des Refinanzierungsunternehmens eingetragenen Vermögensgegenstände zweckmäßig, auf eine formwirksame Übertragung an einen Sicherheitentreuhänder hinzuwirken. Auf den mit den notwendigen Grundbuchänderungen verbundenen Zeit- und Kostenaufwand kann allerdings verzichtet werden, wenn stattdessen ein vorläufiger
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ler Bedeutung: Der Vollzug des Kaufvertrags über ein Portfolio von Sicherungsbuchgrundschulden samt Sicherungsforderungen aus Immobiliar-Verbraucherdarlehensverträgen und/oder gewerblichen Darlehensverträgen dürfte i. d. R. wegen des prohibitiv hohen Aufwands der erforderlichen Grundbuchänderungen sowie wegen der hiermit verbundenen Offenlegung der Zuordnungswechsel (vgl. § 55 Abs. 1 GBO) von den Parteien gescheut werden.1080 Flankiert wird die (systemwidrige) insolvenzrechtliche Privilegierung des Verschaffungsanspruchs aus dem Forderungs- resp. Grundschuldkauf (§ 453 Abs. 1 Var. 1 BGB) noch dadurch, dass der Eintragungsfähigkeit der Forderungen sowie der Sicherungsgrundschulden im Refinanzierungsregister ein vertragliches Abtretungsverbot gem. § 399 Var. 2 BGB nicht entgegensteht (§ 22d Abs. 4 S. 1 KWG).1081 Sind die Deckungsgegenstände ordnungsgemäß eingetragen, schließt das vertragliche Abtretungsverbot weder die rechtsgeschäftliche Übertragung an den Übertragungsberechtigten noch dessen Aussonderungsrecht in der Insolvenz aus; auf die Redlichkeit des Übertragungsberechtigten kommt es nicht an.1082 Außerdem beschränkt sich der sukzessiv erweiterte sachliche Anwendungsbereich der §§