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German Pages 928 [969] Year 2013
Sascha Ferz
Mediation im öffentlichen Bereich Eine rechtstatsächliche und rechtsdogmatische Studie für Österreich und Deutschland
Assoz. Prof. Mag. Dr. Sascha Ferz Karl-Franzens-Universität Graz
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ISBN 978-3-7046-6299-6 Verlag Österreich
Für Julchen und Benni
Vorwort Überlegungen wie jene von Elinor Ostrom, wonach Governance-Systeme, welche die Konfliktwahrscheinlichkeit im Zuge von Entscheidungen über Ressourcennutzungen ignorieren, die Konfliktanfälligkeit gar noch erhöhen oder dazu beitragen können, dass diese noch zu erheblich schmerzhafteren Konfrontationen führen, lassen ganz allgemein die Beschäftigung mit Fragen des Konfliktmanagements im öffentlichen Bereich nach wie vor zeitgemäß erscheinen. Wenn dann auch noch aktuell massiv eskalierte Auseinandersetzungen um ein – unter Ausschöpfung des gesamten Arsenals an modernen Rechtsschutzmöglichkeiten – längst genehmigtes Großprojekt dazu führen, dass an dessen Umsetzung nur schwerlich zu denken ist, muss zwangsläufig überlegt werden, ob es für funktionierende Systeme nicht unerlässlich ist, in mehreren Stufen und Umgebungen Räume zu schaffen, die Konflikte schnell sichtbar werden und zudem unter Berücksichtigung konkreter sozialer Prozesse bearbeitbar machen lassen. Genau davon, also von den grundsätzlichen Fragen, Vor- und Nachteilen, (Rahmen-)Bedingungen, Zielen betreffend den Einsatz von dialogischen Konfliktmittlungsverfahren, hier konkret von Mediation, handelt diese von der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Karl-Franzens-Universität Graz im Sommersemester 2011 als Habilitationsschrift angenommene und nunmehr für die Drucklegung aktualisierte Arbeit. Der Normenbestand sowie die Judikatur und Literatur konnten jedenfalls bis Ende des Jahres 2012 berücksichtigt werden. An dieser Stelle gebietet sich zudem folgende Selbstverständlichkeit, und zwar Dank zu sagen. Dieser richtet sich in erster Linie an meinen geschätzten akademischen Lehrer und Mentor im besten Sinn, Herrn o. Univ.-Prof. Dr. Johannes W. Pichler, für seine stete Förderung sowie den nötigen Rückhalt, den er mir in all der Zeit gab. Vor allem aber hat er mich gelehrt, auch über den fachspezifischen und nationalen Tellerrand hinauszublicken. Prodekan o.Univ.-Prof. Dr. Dr.h.c. Willibald Posch, meinem vormaligen unmittelbaren Vorgesetzten, danke ich für seinen Zuspruch und insbeson-
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Vorwort
dere für den zeitlichen Freiraum, den er mir geduldig und verständnisvoll für die Abfassung dieser Arbeit einräumte. Mein besonderer Dank gilt Prof. Dr. Thomas Würtenberger, der mich für meine Forschungsarbeiten gleich zweimal für mehrere Monate an seinem Lehrstuhl am Institut für Öffentliches Recht, Abteilung II, an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät in Freiburg aufnahm und auch als Gutachter im anschließenden Habilitationsverfahren tätig war. Überhaupt darf ich neben Herrn Prof. Würtenberger auch den weiteren Gutachtern, o.Univ.-Prof. DDr. Peter Koller, Univ.-Prof. Dr. Georg Lienbacher, Prof. Dr. Michele Luminati, zum einen für ihre Bereitschaft zur Übernahme dieser zeitintensiven Tätigkeit und zum anderen für ihre Anregungen herzlich danken. Den KollegInnen „meines“ ehemaligen Instituts für Österreichische Rechtsgeschichte und Europäische Rechtsentwicklung, das mich auch lange als Gast beherbergt hat, möchte ich für die moralische Unterstützung und den Antrieb danke sagen, unter dieser Arbeit endlich einen Schlussstrich zu ziehen. Ferner gilt mein Dank dem Fonds zur Förderung der Wissenschaftlichen Forschung, der dieses Projekt für förderungswürdig erachtet und dementsprechend unterstützt hat. Zu Dank verpflichtet bin ich weiters der Gesellschaft für Umwelt und Technik, welche mich bei der Erstellung des Fragebogens unterstützt und in Person von Frau Mag.a Anita Walter eine erste statistische Auswertung der quantitativen Rohdaten vorgenommen hat. Frau Mag.a Karin Sonnleitner danke ich herzlich für so manche Hilfestellung bei der Gestaltung der zahlreichen Abbildungen und die Durchsicht des empirischen Teils. Das Gegenlesen des restlichen Manuskripts besorgten Frau Mag.a Anna Kogler sowie die Herren Mag. Arnold Scherabon und Mag. Florian Braunstein. Ihnen sei für die Übernahme dieser wohl wenig reizvollen Tätigkeit herzlich gedankt. Danken möchte ich auch dem Verlag Österreich, namentlich insbesondere Herrn Dr. Otto Kammerlander, für die Aufnahme meines Werks in das Verlagsprogramm sowie Herrn Ing. Mag. Karim Ernst Karman für die Betreuung im Zuge der Umsetzung. Nicht zuletzt möchte ich aber meiner Familie, Waltraud, Julia und Benjamin, für deren große Geduld im Hinblick auf meine steten Abwesenheiten meinen Dank aussprechen. Ich gelobe Besserung. Innig danken darf ich schließlich meinen Eltern für ihre nie nachlassenden Unterstützungen jeglicher Art. Graz, im Januar 2013
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Inhaltsverzeichnis Vorwort.................................................................................................. VII Abbildungsverzeichnis......................................................................... XXVII Tabellenverzeichnis ........................................................................... XXIX Abkürzungsverzeichnis........................................................................ XXXIII Einleitung....................................................................................................... 1 I. Forschungsstand ................................................................................... 5 II. Untersuchungsziele und Gliederung.................................................... 12 1. TEIL Begriffs- sowie Funktionsklärung und Fallstudie................................... 17 I. Zur begrifflichen Orientierung und Abgrenzung des Unter suchungsgegenstands.............................................................................. 17 A. Definitionsvorschläge für Mediation.............................................. 17 B. Mediation im öffentlichen Bereich.................................................. 20 1. Der Konflikt................................................................................ 23 a) Der Konfliktbegriff................................................................. 23 b) Der herkömmliche Umgang mit Konflikten im öffent lichen Bereich.......................................................................... 25 c) Die Konfliktbearbeitung im Mediationssetting................... 26 2. Die Konfliktparteien................................................................... 29 3. Die MediatorInnen...................................................................... 31 4. Das Verfahren.............................................................................. 32 5. Das Ergebnis und dessen Umsetzung....................................... 35 C. Ein Definitionsversuch..................................................................... 37 II. Verfahrensablauf der Mediation im öffentlichen Bereich................... 37 A. Vorphase............................................................................................ 39 B. Vorbereitung und Eröffnung........................................................... 40 C. Bestandsaufnahme des Konflikt- und Themenspektrums............ 42 D. Bearbeitung der Konfliktthemen..................................................... 42 E. Optionensuche und Bewertung....................................................... 43 F. Vereinbarung und Implementation................................................. 44
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III. Evaluierung............................................................................................. 46 A. Empirische Untersuchung............................................................... 46 1. Hintergrund und Ziele................................................................ 46 a) Evaluation der Umsetzung von Mediationsergebnissen bereits abgeschlossener Verfahren in Österreich mit dem Ziel der „Erfolgsmessung“ von Mediation im öffentlichen Bereich ................................................................................... 46 b) Beurteilung von Mediationsverfahren durch beteiligte Gruppen................................................................................... 46 c) Beurteilung von Mediationsverfahren durch EntscheidungsträgerInnen (VertreterInnen von Behörden und politisch Verantwortliche)...................................................... 47 d) Grundlagen der Bewertung von Mediationsverfahren........ 47 2. Forschungsfragen........................................................................ 52 3. Methodische Vorgehensweise..................................................... 52 4. Untersuchungsdesign.................................................................. 56 a) Auswahl der Mediationsverfahren........................................ 56 b) Durchführung der Befragungen............................................ 58 aa) Quantitative Datenerhebung........................................... 58 aaa) Fragebogenrücklauf................................................ 58 bbb) Demographische Angaben..................................... 60 bb) Qualitative Datenerhebung............................................. 61 B. Auswertung der Fallstudien............................................................. 62 1. Zementwerk Leube..................................................................... 62 a) Ausgangssituation................................................................... 62 b) Verlauf des Verfahrens............................................................ 62 c) Ergebnisse und Umsetzung................................................... 63 2. Sägewerk Ybbs ............................................................................ 64 a) Ausgangssituation................................................................... 64 b) Verlauf des Verfahrens............................................................ 65 c) Ergebnisse und Umsetzung................................................... 66 3. Natura 2000 Gebiet Verwall....................................................... 67 a) Ausgangssituation................................................................... 67 b) Verlauf des Verfahrens............................................................ 68 c) Ergebnisse und Umsetzung................................................... 70 4. Yppenplatz & Markt................................................................... 70 a) Ausgangssituation................................................................... 70 b) Verlauf des Verfahrens............................................................ 71 c) Ergebnisse und Umsetzung................................................... 72 C. Darstellung der Ergebnisse der quantitativen Untersuchung im Detail................................................................................................. 73
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1. MediationsteilnehmerInnen und Einbindung in das Verfahren............................................................................................ 73 a) Funktionen im Mediationsverfahren.................................... 73 b) Wahrgenommene TeilnehmerInnen am Mediationsverfahren ...................................................................................... 74 c) Beteiligung aller wichtigen Betroffenen im Mediationsverfahren.................................................................................. 76 d) Gewünschte zusätzliche TeilnehmerInnen am Mediationsverfahren (offene Frage) ............................................... 77 2. Beauftragung und Kostenverteilung.......................................... 77 a) Wahrgenommene Beauftragung der MediatorInnen .......... 77 b) Wahrgenommene Kostenträger für das Mediationsverfahren....................................................................................... 79 c) Andere Kostenverteilung sinnvoll?....................................... 80 d) Gründe, warum andere Kostenaufteilung sinnvoll (offene Frage)....................................................................................... 81 e) Empfehlungen zur Kostendeckung für künftige Mediationsverfahren (offene Frage) ............................................... 81 3. Rechtliche Aspekte...................................................................... 82 a) Aufklärung über die rechtlichen Konsequenzen ................ 82 b) Grad der Aufklärung.............................................................. 83 c) Folgendes hat gefehlt (offene Frage):.................................... 84 d) Form, in der Ergebnisse der Mediation (Abschlussvereinbarung) festgehalten wurden ............................................... 85 e) Wer hat die Abschlussvereinbarung unterschrieben? (Frage 2.4)................................................................................ 86 f) Wer hat die Abschlussvereinbarung unterschrieben – Nennungen zu „einige Beteiligten“ (Mehrfachantworten). 87 g) Art der Abschlussvereinbarung zur Förderung der Umsetzung der Ergebnisse.................................................... 88 4. Umsetzung der Ergebnisse......................................................... 91 a) Weitere Treffen nach der Abschlussvereinbarung................ 91 b) Funktion der weiteren Treffen (offene Frage)...................... 92 c) Schaffung zusätzlicher Einrichtungen für die Umsetzung. 93 d) Wenn ja, welche? (Frage 2.8) ................................................. 94 e) Zusätzliche Einrichtungen hilfreich? ................................... 95 f) Bisherige Umsetzung der Ergebnisse im Verfahren............ 95 g) Gründe, warum die im Verfahren vereinbarten Ergebnisse nur teilweise bzw gar nicht umgesetzt wurden (offene Frage).......................................................................... 96 h) Abweichungen bei der Umsetzung zur Abschlussvereinbarung...................................................................................... 97
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i) Wer gab den Anstoß für die Abweichungen?....................... 97 j) Gründe für die Abweichungen (offene Frage)..................... 98 k) Wer war in die Entscheidungen über diese Abweichungen eingebunden? (offene Frage) (Frage 2.15) ............................ 99 l) Beitrag der Abweichungen zu einem insgesamt positiven Ergebnis ................................................................................... 99 m) Vereinbarung eines Zeitplans für die Umsetzung............... 100 n) Einhaltung dieses Zeitplans.................................................... 100 o) Gründe, warum der Zeitplan nicht eingehalten wurde (offene Frage).......................................................................... 101 p) Günstige Faktoren für die Einhaltung des Zeitplans (offene Frage).......................................................................... 101 q) Parteistellung im nachfolgenden Verwaltungsverfahren..... 102 r) Stellung, die die im nachfolgenden Verwaltungsverfahren entscheidenden BehördenvertreterInnen im Mediationsprozess einnahmen................................................................. 102 5. Einstellung zum konkreten Verfahren aus heutiger Sicht....... 103 a) Einschätzung des Erfolgs des Mediationsverfahrens........... 103 b) Förderliche Kriterien für das Mediationsverfahren............. 106 c) Hinderliche Kriterien für das Mediationsverfahren (offene Frage).......................................................................... 114 d) Geeigneter Zeitpunkt für Beginn des Mediationsverfahrens...................................................................................... 116 e) Effekte, die das Mediationsverfahren entfaltet..................... 117 f) Erneute Teilnahme an einem Mediationsverfahren.............. 121 6. Rechtliche Fortentwicklung der Mediation im öffentlichen Bereich ......................................................................................... 122 7. Vergleich nach Funktionsgruppen............................................. 124 a) Mittelwertsvergleiche: Erfolgseinschätzung des Mediationsverfahrens........................................................................ 124 b) Mittelwertsvergleiche: Effekte der Durchführung des Mediationsverfahrens............................................................ 126 c) Erneute Teilnahme an einem Mediationsverfahren.............. 128 d) Rechtliche Fortentwicklung der Mediation im öffentlichen Bereich.......................................................................... 129 8. Vergleich nach Geschlecht.......................................................... 130 a) Mittelwertsvergleiche: Erfolgseinschätzung des Mediationsverfahrens........................................................................ 130 b) Mittelwertsvergleiche: Effekte der Durchführung des Mediationsverfahrens............................................................ 131 c) Erneute Teilnahme an einem Mediationsverfahren.............. 133
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d) Rechtliche Fortentwicklung der Mediation im öffentlichen Bereich.......................................................................... 134 9. Vergleich nach Altersgruppen.................................................... 136 a) Mittelwertsvergleiche: Erfolgseinschätzung des Mediationsverfahrens........................................................................ 136 b) Mittelwertsvergleiche: Effekte der Durchführung des Mediationsverfahrens............................................................ 137 c) Erneute Teilnahme an einem Mediationsverfahren.............. 138 d) Rechtliche Fortentwicklung der Mediation im öffentlichen Bereich.......................................................................... 139 D. Darstellung der Ergebnisse der qualitativen Untersuchung im Detail ................................................................................................ 140 1. Persönliche Erfahrung mit Mediation....................................... 140 2. Einbindung in das Mediationsverfahren................................... 141 a) Form der persönlichen Einbindung...................................... 141 b) Welche Art der Einbindung von BehördenvertreterInnen wäre sinnvoll?......................................................................... 142 aa) Administrative Projektentscheidungen.......................... 142 bb) Genehmigungsverfahren ................................................. 142 3. Bewertung der Ergebnisse und der Umsetzung....................... 144 a) Rolle der in der Mediation erzielten Ergebnisse und Berücksichtigung derselben im nachfolgenden politischadministrativen Verfahren..................................................... 144 b) Auswirkungen des Mediationsverfahrens und dessen Ergebnisse auf die konkrete Tätigkeit und den Prozess der Entscheidungsfindung.................................................... 145 aa) Zu den Genehmigungsverfahren ................................... 145 bb) Zu den politisch-administrativen Projektentscheidungen............................................................................... 147 c) Auswirkungen des Mediationsverfahrens auf die Gesamtdauer des Entscheidungsprozesses....................................... 149 d) Positive und negative Aspekte des konkreten Mediationsverfahrens und dessen Ergebnisse........................................ 150 aa) Genehmigungsverfahren.................................................. 150 aaa) Materieller Zugewinn ............................................. 150 bbb) Formeller Zugewinn............................................... 151 ccc) Wirtschaftlicher Ausgleich..................................... 151 ddd) Problembereich Schutzinteressen.......................... 151 bb) Politisch-administrative Projektentscheidungen........... 152 aaa) Mediation als Lernprozess...................................... 152 bbb) Gesellschaftspolitische Implikationen................... 152
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ccc) Transfereffekte......................................................... 153 ddd) Gefahrenquellen...................................................... 153 e) Hilfreich oder verzichtbar?.................................................... 154 aa) Genehmigungsverfahren.................................................. 154 bb) Politisch-administrative Projektentscheidungen........... 155 4. Einstellung gegenüber Mediation im öffentlichen Bereich .... 155 a) Meinungsstand nach den gemachten Erfahrungen und Zukunftschancen..................................................................... 155 b) Vor- und Nachteile von Mediationsverfahren ..................... 157 aa) Vorteile.............................................................................. 158 aaa) Genehmigungsverfahren......................................... 158 bbb) Administrative Projektentscheidungen................. 159 bb) Nachteile........................................................................... 159 aaa) Egoismen und Kurzsichtigkeit .............................. 159 bbb) Verhandlungsgrenzen.............................................. 160 ccc) Selbstförderung auf Kosten der Allgemeinheit?... 160 ddd) Erfolgsdruck............................................................ 160 5. Rechtliche Einordnung von Mediation..................................... 161 a) Die Regelungen des UVP-G 2000 als Vorbild?.................... 161 b) Auferlegung einer Manuduktionspflicht?............................ 162 c) Gibt es an anderer Stelle Handlungsbedarf für den Gesetzgeber?....................................................................................... 163 6. Empfehlungen.............................................................................. 163 a) Vorphase ................................................................................. 163 aa) Wahl der Mediation als geeignetes Konfliktbehandlungsverfahren.................................................................. 163 bb) Abgrenzung der Verfahrenstypen................................... 164 cc) Zeitpunkt der Verfahrenseinleitung................................ 164 b) Vorbereitungs- und Verhandlungsphase............................... 165 aa) Verfahrensdesign.............................................................. 165 bb) Auftragsklärung................................................................ 165 cc) Rollenklärung................................................................... 166 dd) Aufgaben der MediatorInnen.......................................... 166 ee) Einbindung der Betroffenen............................................ 167 c) Umsetzungsphase................................................................... 168 E. Zusammenfassung der Ergebnisse der quantitativen und der qualitativen Untersuchung sowie Schlussfolgerungen.................. 168 1. Ausgangsdaten............................................................................. 168 2. Vorüberlegungen zum Einsatz von Mediation......................... 169 a) Unterschiedlichkeit der Verfahren........................................ 169 b) Prüfkriterien............................................................................ 169
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3. Finanzierung von Mediationsverfahren.................................... 171 a) Kostenträger und Finanzierungsbedarf................................ 171 b) Rückschlüsse........................................................................... 173 4. Initiierung der Verfahren ........................................................... 174 5. Auswahl und Beauftragung von MediatorInnen...................... 174 6. Anforderungsprofil für MediatorInnen und Forderungen an das Verfahren................................................................................ 175 7. MediationsteilnehmerInnen und Einbindung von BehördenvertreterInnen in das Verfahren ................................................. 177 a) Der „Parteienbegriff“ im Mediationsverfahren.................... 177 b) Einbindung von Verwaltung und Politik.............................. 179 8. Ergebnisse der Mediationsverfahren und deren Umsetzung.. 182 a) Form und Bindungskraft........................................................ 182 aa) Ergebnisse der Mediationsverfahren.............................. 182 aaa) Leube/Gartenau...................................................... 182 bbb) Ybbs.......................................................................... 182 ccc) Verwall...................................................................... 183 ddd) Yppenplatz............................................................... 183 bb) Abschlussvereinbarung.................................................... 184 b) Umsetzung der Ergebnisse.................................................... 185 aa) Begleitung der Umsetzungsphase................................... 185 bb) Grad der Umsetzung der Ergebnisse............................. 187 cc) Abweichungen von der Abschlussvereinbarung........... 188 dd) Zeitplan für die Umsetzung der Ergebnisse.................. 189 9. Auswirkungen des Mediationsverfahrens auf die behördliche Tätigkeit und den Prozess der Entscheidungsfindung.............. 189 a) Genehmigungsverfahren........................................................ 190 b) Administrative Projektentscheidungen................................. 191 10. Einstellung zum konkreten Verfahren aus heutiger Sicht....... 192 a) Ex post Einschätzung des Erfolgs der Mediationsverfahren 192 aa) Einschätzung durch die MediationsteilnehmerInnen... 192 bb) (Externe) Bewertung durch die BehördenvertreterInnen................................................................................ 195 b) Effekte des Mediationsverfahrens......................................... 196 aa) Aus Sicht der MediationsteilnehmerInnen.................... 196 bb) Aus Sicht der BehördenvertreterInnen.......................... 197 c) Kriterien .................................................................................. 199 aa) Förderliche Kriterien für das Mediationsverfahren...... 200 aaa) Nach Projekten........................................................ 200 bbb) Nach Funktionsgruppen......................................... 200 ccc) Funktion der Anwaltschaft.................................... 201 bb) Hinderliche Kriterien für das Mediationsverfahren...... 202
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11. Vergleich der untersuchten Verfahren....................................... 203 12. Rechtliche Fortentwicklung der Mediation im öffentlichen Bereich.......................................................................................... 205 a) Ergebnisse der Befragung von TeilnehmerInnen an den Mediationsverfahren ............................................................. 206 b) Ergebnisse der Befragung von BehördenvertreterInnen..... 207 13. Schlussfolgerungen...................................................................... 209 2. TEIL Mediation im öffentlichen Bereich in Deutschland................................ 213 I. Ausgangslage........................................................................................... 213 A. Vorbemerkungen .............................................................................. 214 B. Problemstellung................................................................................ 220 II. Informelles Verwaltungshandeln.......................................................... 222 A. Notwendige Abgrenzungsbemühungen......................................... 226 B. Beurteilung von informellen Verfahren und deren Verhandlungsergebnissen............................................................................... 227 1. Verwaltungswissenschaftlicher Ansatz...................................... 228 2. Rechtliche Dimension................................................................. 228 3. Zur Zulässigkeit........................................................................... 229 4. Zu den Rechtswirkungen............................................................ 230 5. Zu den Grenzen........................................................................... 233 C. Informelles Verwaltungshandeln im Vorfeld von Verwaltungsvertragsabschlüssen........................................................................... 236 D. Einsatz von MediatorInnen............................................................. 239 III. Verfassungsrechtliche Determinanten.................................................. 241 A. Demokratieprinzip und Verwaltungshandeln................................ 241 1. Demokratische Legitimation...................................................... 242 2. Staatliches Handeln als legitimationsbedürftiger Vorgang gem Art 20 Abs 2 GG................................................................. 245 3. Das Staatsvolk als Legitimationssubjekt................................... 250 4. Demokratieprinzip und Akzeptanzförderung durch konsensuales Verwaltungshandeln................................................... 253 5. Einordnung der Partizipationsdebatte in das verwaltungsrechtliche Legitimationsverständnis.......................................... 256 6. Gebot der staatlichen Letztverantwortung............................... 260 7. Demokratische Legitimation und Entscheidungsvorbereitung durch MediatorInnen......................................................... 262 8. (Private) MediatorInnen als Beliehene...................................... 263 9. VerwaltungshelferIn als MediatorIn.......................................... 266 B. Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung........................... 270 1. Der Vorrang des Gesetzes........................................................... 270
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2. Der Vorbehalt des Gesetzes – Allgemeiner Gesetzesvorbehalt ............................................................................................ 273 3. Reichweite des Gesetzesvorbehalts bei informellen Absprachen.................................................................................. 276 a) Eingriffsverwaltung und Freiwilligkeit von Vereinbarungen. 276 b) Die Hinzuziehung von privaten KonfliktmittlerInnen durch die Verwaltung............................................................. 277 aa) Die Privatisierung von Verwaltungsaufgaben................ 277 aaa) Die Beleihung von Privaten.................................... 278 bbb) Die VerwaltungshelferInnen.................................. 283 bb) Einordnung der MediatorInnen...................................... 292 aaa) MediatorInnen und die Verwaltungshilfe............. 293 bbb) Beliehene MediatorInnen....................................... 296 C. Der Einsatz von Mediation im Verwaltungsrecht im Licht der Grundrechte...................................................................................... 297 1. Gleichheitsgebot.......................................................................... 298 2. Drittschutz bei informell-konsensualem Vorverhandeln........ 300 D. Verfassungsrechtlich garantierter Rechtsschutz und Verwaltungshandeln..................................................................................... 304 E. Konsensuale Handlungsformen als Verfassungsgebot?................ 309 1. Demokratieprinzip und Akzeptanz.......................................... 309 2. Verwaltungsverfahrenseffizienz................................................. 310 3. Verhältnismäßigkeitsgrundsatz.................................................. 312 4. Kooperationsprinzip................................................................... 316 IV. Verhältnis von Mediation und Verwaltungsverfahren........................ 320 A. Zum Begriff des Verwaltungsverfahrens......................................... 322 B. Die Bedeutung des Verwaltungsverfahrens.................................... 323 C. Formen des Verwaltungsverfahrens................................................ 324 D. Einordnung von Mediationsverfahren............................................ 325 1. Abfolgemöglichkeiten................................................................. 325 2. Mediation als Teil des Verwaltungsverfahrens oder als informelle (Vor-)Verhandlung............................................................. 326 3. Begründung und Rechtsfolgen eines Verwaltungsrechtsverhältnisses...................................................................................... 327 E. Vorlaufende Mediation mit oder ohne Behördenbeteiligung....... 330 F. Mediation im Zuge des nichtförmlichen Verwaltungsverfahrens. 331 G. Integrierte Mediation........................................................................ 333 H. Mitlaufende Mediation..................................................................... 336 I. Förmliches Verwaltungs- und Planfeststellungsverfahren............ 336 1. Förmliches Verfahren (§§ 63 ff VwVfG)................................... 336 2. Planfeststellungsverfahren (§§ 72 ff VwVfG)........................... 337 3. Förmliche Verfahren und Mediation......................................... 338
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4. Verwaltungsverfahren gem §§ 63 ff VwVfG............................. 339 5. Planfeststellungsverfahren und Mediation................................ 342 J. Auswahl der TeilnehmerInnen........................................................ 344 1. Meinungsstand............................................................................. 346 2. Schlussfolgerungen zur Auswahl............................................... 348 K. Fragen zur Geheimhaltung.............................................................. 350 L. Rechtliche Stellung der MediatorInnen.......................................... 353 1. MediatorInnen als Beliehene...................................................... 356 2. MediatorInnen als VerwaltungshelferInnen............................. 359 3. Funktionale Privatisierung und Verwaltungshilfe nach Burgi 361 4. Mediation durch AmtsträgerInnen ieS...................................... 369 M. Mediation im VwVfG und in Fachgesetzen – Integrationsversuche................................................................................................... 370 1. Hauptziele ................................................................................... 370 2. Umsetzungsmaßnahmen............................................................ 370 3. Mediation als Beschleunigungsmaßnahme im Genehmigungsverfahren............................................................................. 371 4. Mediation und Immissionsschutzrecht..................................... 375 a) Vorantragsverfahren................................................................ 377 b) ProjektmanagerInnen als MediatorInnen............................. 382 c) Scoping-Verfahren im immissionsschutzrechtlichen Verfahren....................................................................................... 391 5. Mediation im Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz............. 391 6. Bauleitplanung und Mediation................................................... 397 a) Einschaltung von Dritten....................................................... 398 b) Rechtsstellung der MediatorInnen........................................ 401 c) Rechtsverhältnis Gemeinde – MediatorIn............................ 404 d) Aufgaben der Dritten, insbesondere der MediatorInnen.... 406 e) Einsatz von Mediation in der Bauleitplanung...................... 410 f) Besonderheiten hinsichtlich der Umsetzung von Mediationsvereinbarungen............................................................... 413 7. Entwurf eines Umweltgesetzbuchs........................................... 414 a) Forderung nach Interessenoptimierung................................ 415 b) Stellung der VerfahrensmittlerInnen..................................... 418 N. Umsetzung der Verhandlungsergebnisse........................................ 421 1. Bindung der Behörde an das Aushandlungsergebnis............... 422 a) Problem der (faktischen) Vorabbindung............................... 423 b) Vorabbindung und Mediationsverfahren.............................. 426 2. Rückgriff auf die Kompetenz zur einseitigen Entscheidung... 427 3. Akzeptanzmanagement und Letztverantwortung................... 429 O. Einzelfragen zur Einigung und Implementation der Verhandlungsergebnisse.................................................................................. 432
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1. Privatrechtliche Vereinbarungen zwischen behördenunabhängigen AkteurInnen und AntragstellerInnen....................... 434 2. Modifizierung des Projektantrags.............................................. 436 3. Verwaltungsvertragsrechtliche Ausgestaltung des Mediationsergebnisses – Austausch- und Vergleichsverträge....................... 440 4. Fragen zum Rechtsschutz........................................................... 445 a) Bei informellen Absprachen.................................................. 445 b) Im Zuge von verwaltungsvertraglichen Bemühungen......... 446 5. Rechtsfolgen aufgrund der Hinzuziehung von MediatorInnen........................................................................................... 447 a) Fehlerregelung des § 59 VwVfG............................................ 447 b) MediatorInnen und Verschuldenshaftung............................ 448 aa) Haftung aus Verschulden bei Vertragsabschluss........... 448 bb) Amtshaftungsanspruch nach Art 34 GG iVm § 839 BGB................................................................................... 449 V. Exkurs: Rechtsschutzverfahren und Mediation.................................. 454 A. Widerspruchsverfahren.................................................................... 454 B. Verwaltungsgerichtsbarkeit.............................................................. 458 1. Mediative Elemente im Verwaltungsprozess............................ 459 2. Gerichtsverbundene Mediation oder GüterichterIn................ 460 a) Gerichtsmediation.................................................................. 461 aa) Prozedere.......................................................................... 462 bb) Rechtliche Einordnung der mediativen Tätigkeit durch RichterInnen..................................................................... 462 b) Gütliche Streitbeilegung......................................................... 465 3. Gerichtsnahe Mediation............................................................. 466 4. Kritik ........................................................................................... 467 3. TEIL Mediation im öffentlichen Bereich in Österreich................................... 469 I. Ausgangslage........................................................................................... 469 A. Vorbemerkungen und Problemaufriss............................................ 469 B. Hinzuziehung von MediatorInnen................................................. 471 II. Staatliche Aufgabenerfüllung durch (echte) Private............................ 472 A. Der Einsatz von „Privaten“............................................................. 472 1. Privatisierungsbestrebungen...................................................... 473 2. Eckdaten zur Beleihung.............................................................. 475 3. Eckdaten zur Verwaltungshilfe.................................................. 479 a) Meinungsstand........................................................................ 479 b) Eine erste Grobskizzierung................................................... 481 c) Grenzfälle................................................................................ 483 d) Funktionale Privatisierung und Verwaltungshilfe............... 485
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B. Verfassungsrechtliche Grundlagen.................................................. 487 1. Verfassungsrechtlicher Verwaltungsbegriff............................... 488 a) Der organisatorisch geprägte Verwaltungsbegriff................ 488 b) Einordnung des Verwaltungshandelns.................................. 490 c) Verwaltung durch Private....................................................... 495 2. Gesetzmäßigkeit der Verwaltung – Legalitätsprinzip.............. 498 3. Gesetzesgebundenheit von Verordnungen............................... 503 4. Schlichthoheitliches Verwaltungshandeln................................. 507 5. Organisationsgewalt und Gesetzmäßigkeit.............................. 508 a) Hoheitsverwaltung durch Private und Gesetzmäßigkeit.... 512 b) Verwaltungshilfe und Gesetzmäßigkeit................................ 513 6. Kompetenzverteilung.................................................................. 514 a) Materien- und Organisationsgesetzgeber ............................ 515 b) Annex- und Bedarfskompetenz............................................. 518 7. Gleichheitsgrundsatz – Sachlichkeitsgebot............................... 520 8. Verfassungsrechtliches Effizienzgebot...................................... 521 9. Weitere Grenzen der Übertragung von hoheitlichen Befugnissen............................................................................................ 523 10. Einordnung der „privaten“ MediatorInnen.............................. 527 a) MediatorInnen und das Instrument der Verwaltungshilfe.. 528 b) MediatorInnen und das Instrument der Beleihung............. 530 11. Hierarchischer Aufbau der Verwaltung, demokratische Legitimation und rechtsstaatliche Funktion der Gehorsamspflicht............................................................................................ 534 a) Verfassungsrechtliche Vorgaben............................................ 534 b) Staatliche Verwaltung und Private ........................................ 537 aa) Hierarchisches Konzept, Beleihung und Mediation..... 538 bb) Hierarchisches Konzept, Verwaltungshilfe nach funktionaler Privatisierung und Mediation................... 546 12. Weisungsgebundene und weisungsfreie Verwaltungsführung 554 a) Weisungsbindung.................................................................... 555 b) Weisungsspezifische Einzelfragen......................................... 557 c) Weisungsfreiheit...................................................................... 560 aa) Die Weisungsbindung von Amtssachverständigen....... 562 bb) Die Rechtsstellung von nichtamtlichen Sachverständigen.................................................................................. 565 cc) Weisungsbindung von Spitalsärztinnen und Spitalsärzten................................................................................. 567 dd) Die Rechtsstellung der Rechtsschutzbeauftragten........ 570 ee) Die Rechtsstellung des „Vertrauensmannes“ des Gemeindevermittlungsamts............................................ 574 d) Weisungsbindung und Mediation.......................................... 586
XX
Inhaltsverzeichnis
13. Amtsverschwiegenheit................................................................ 587 14. Auskunftspflicht.......................................................................... 592 a) Die Divergenz gem Art 20 Abs 4 B-VG............................... 592 b) Einzelfragen zum Recht auf Auskunft.................................. 597 15. Amtshilfe 598 16. Amtshaftung................................................................................ 601 a) Funktionale Privatisierung und Amtshaftung...................... 606 aa) Hoheitsverwaltung und Leitungsverantwortung.......... 607 bb) Vorbereitungsprivatisierung............................................ 607 cc) Durchführungsprivatisierung.......................................... 608 dd) Amtshaftungsrechtliche Konsequenzen......................... 610 b) MediatorInnen und Amtshaftung......................................... 611 C. Beiziehung von Privaten – (Verwaltungs-)Rechtsverhältnisse und Rechtsschutz............................................................................. 615 1. Allgemeines.................................................................................. 615 2. Rechtsnatur der Beziehungen und Inhalt des Innenverhältnisses............................................................................................. 617 a) Beliehene und Staat................................................................. 617 b) VerwaltungshelferInnen und Staat........................................ 619 3. Rechtsbeziehung zwischen herangezogenen Privaten und Aufgabenbetroffenen................................................................... 624 a) Beliehene und Dritte............................................................... 624 b) VerwaltungshelferInnen und Dritte...................................... 625 4. Rechtsfolgen der Unterscheidung in Bezug auf den Rechtsschutz............................................................................................ 626 a) Rechtsschutzsystem................................................................ 626 b) Rechts(schutz)folgen betreffend das Innenverhältnis......... 630 c) Bestellungsakt und Verfahrensrechtsverhältnis.................... 630 d) Rechtsschutz im Verhältnis Dritter – Beliehene ................. 632 e) Rechtsschutz im Verhältnis Dritter – VerwaltungshelferInnen....................................................................................... 634 5. Ergebnisse aus Sicht der Mediation........................................... 635 III. Verwaltungshandeln und Teilnahme..................................................... 639 A. Informelles Verwaltungshandeln..................................................... 639 1. Informelle Verfahren und Verwaltungsrechtsverhältnisse....... 643 2. (Rechts-)Wirkungen.................................................................... 647 3. Zulässigkeit und Grenzen........................................................... 651 4. Gesetzesvorrang ......................................................................... 652 5. Gesetzesvorbehalt....................................................................... 652 6. Absprachen im Vorfeld von Einzelfallregelungen oder zur Vermeidung derselben................................................................. 654 7. Kooperationsgespräche............................................................... 655
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Inhaltsverzeichnis
8. Aushandlungsprozesse................................................................ 659 9. (Informelle) Verständigungen und Aushandlungsprozesse innerhalb bzw neben einem Verwaltungsverfahren................. 663 10. Formalisierte (informelle) Absprachen..................................... 664 11. Aushandlungsprozesse und Absprachen im Zusammenhang mit abstrakt-generellen Normen................................................ 666 B. Teilnahme bzw Mitwirkung an der administrativen Entscheidungsfindung durch private Betroffene.......................................... 668 1. Good Governance – Zur „partnerschaftlichen“ Gestaltung von Lebensbereichen................................................................... 669 2. „Führen“ der Verwaltung und Entscheidungsverantwortung 672 3. Partizipation an Sachentscheidungen der hoheitlich agierenden Verwaltung...................................................................... 673 4. Gestaltungsmöglichkeiten bei materiell-rechtlicher Unbestimmtheit des behördlichen Verhaltens................................... 677 5. Der Vertrag als Gestaltungs- und Steuerungsmittel................. 685 a) Der verwaltungsrechtliche Vertrag........................................ 686 b) Verträge subordinationsrechtlichen Charakters................... 687 aa) Zur gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage.................... 689 bb) Zur Bindungswirkung..................................................... 691 cc) Zur Stellung verwaltungsrechtlicher Verträge – rechtspolitische Anmerkungen....................................... 695 c) Verträge privatrechtlichen Charakters zwischen Privaten und der Verwaltung................................................................ 700 aa) Raumordnungsverträge................................................... 701 bb) Naturschutzverträge........................................................ 706 cc) Folgerungen aus Sicht der Öffentlichkeitsbeteiligung.. 706 d) Vereinbarungen zwischen Privaten im Bereich der Hoheitsverwaltung................................................................. 708 aa) Übereinkommen nach dem Wasserrechtsgesetz............ 708 aaa) Formalvoraussetzungen für das Zustandekommen von gütlichen Übereinkünften............... 712 bbb) Wirkungen des Übereinkommens und Aufgaben der Behörde.............................................................. 714 ccc) Wirkungen der Beurkundung................................ 716 ddd) Auslegung von Übereinkommen........................... 719 eee) Die Zuständigkeitsregel des § 111 Abs 3 Satz 2 WRG........................................................................ 720 fff) Behandlung privater Einsprüche gem § 113 WRG 721 ggg) Eigene Überlegungen zur Einordnung von Übereinkommen gem § 111 Abs 3 Satz 2 WRG.. 722
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bb) Weitere Übereinkommen zwischen Parteien im vorgegebenen Kontext ............................................................................................ 724 IV. Verwaltungsverfahren und Mediation ................................................. 725 A. Strukturelle Differenzen und Durchlässigkeit............................... 725 1. Grundsätzliches zum Verwaltungsverfahren............................ 726 2. „Verfahrensanordnung“ – zeitliche und verfahrensrechtliche Aspekte......................................................................................... 728 a) Vor-, mit- oder selbstlaufende Mediation ohne Behördenbeteiligung............................................................................... 729 b) Vor- oder selbstlaufende Mediation mit Behördenbeteiligung.......................................................................................... 730 c) Mediation im „Vorverfahren“................................................ 732 d) Mediation im Rahmen eines Verwaltungsverfahrens........... 734 3. Grobskizzierung des Verwaltungsverfahrens nach Maßgabe des AVG....................................................................................... 734 4. Verwaltungsverfahrensintegrierte Mediation............................ 738 a) Beweisverfahren...................................................................... 738 b) Mediation und behördliche Sachverhaltsermittlung............ 742 c) Exkurs: Verwaltungsverfahrensexterne Mediationen und Sachverhaltsermittlung.......................................................... 744 d) Mündliche Verhandlung und Mediation .............................. 744 aa) Grundlagen zur mündlichen Verhandlung.................... 745 bb) Das mit der Verhandlungsleitung betraute Organ........ 746 cc) Aufgaben der Verhandlungsleitung................................ 748 dd) Folgerungen hinsichtlich des Einsatzes von Mediation 750 e) Sonderbestimmungen für Großverfahren............................ 753 aa) Öffentliche Erörterung des Vorhabens.......................... 754 bb) Öffentliche mündliche Verhandlung.............................. 755 cc) Großverfahren und Mediation........................................ 757 f) Teilnahme am Mediationsverfahren...................................... 758 aa) Beteiligte und Parteien..................................................... 759 aaa) Beteiligte................................................................... 760 bbb) Parteien..................................................................... 761 bb) Ergebnisse aus Sicht der Mediation................................ 764 5. Zeitliche Direktiven – Entscheidungspflicht der Behörde...... 768 a) Damoklesschwert Devolutionsantrag?................................. 769 b) Mediation als „Vorfrage“ im Ermittlungsverfahren?........... 774 6. Informiertheit im Verfahren....................................................... 779 a) Akteneinsicht.......................................................................... 779 b) (Orts-)Augenschein................................................................ 782 7. Verwaltungsverfahrensrechtliche Vorgaben zum Einsatz von Sachverständigen......................................................................... 786
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a) Amtliche und nichtamtliche Sachverständige....................... 789 b) Privatsachverständige............................................................. 792 c) „Hereinholen“ von Sachverstand in die Mediation............. 794 aa) Einbeziehung von Befund und Gutachten von Privatsachverständigen in das behördliche Verfahren............. 795 bb) Private GutachterInnen als nichtamtliche Sachverständige.............................................................................. 797 cc) Amtssachverständige als PrivatgutachterInnen............. 798 d) Auswahl von Sachverständigen............................................. 799 e) Ausschluss- und Ablehnungsgründe.................................... 799 f) Die „vorgeschlagenen“ GutachterInnen............................... 801 B. Fragen zur Einigung und Umsetzung der Mediationsergebnisse 803 1. Disposition über öffentlich-rechtliche Rechte und Pflichten sowie der Verzicht auf dieselben durch Rechtsunterworfene.. 804 a) Disponieren in Form des „Verzichts“................................... 806 b) Exkurs: Präklusion von Einwendungen............................... 813 c) Privatrechtliche Vereinbarungen........................................... 815 d) Wirkungen des Ausgleichs gem § 43 Abs 5 AVG................ 817 e) Mediationskonsens und Rechtsmittelverzicht iwS.............. 822 aa) Öffentlich-rechtliche Ebene............................................ 823 bb) Privatrechtliche Ebene..................................................... 824 cc) Der konsentierte Verzicht............................................... 827 2. Abänderung und Zurückziehung des Antrags......................... 830 3. Nebenbestimmungen.................................................................. 833 a) Allgemeines............................................................................. 833 b) Auflage..................................................................................... 835 c) Bedingung................................................................................ 843 d) Befristung................................................................................ 843 e) Aushandlungsprozess und Nebenbestimmung.................... 844 C. Kostenregelung................................................................................. 845 D. Befangenheitsregelungen und private MediatorInnen................... 850 Resümee und administrative sowie legistische Anregungen................ 855 I. Schlussfolgerungen aus der empirischen Untersuchung..................... 855 II. Der Einsatz von Mediation................................................................... 858 A. Abfolgemöglichkeiten...................................................................... 858 B. Eingliederung in das Verwaltungsverfahren................................... 860 C. Zu berücksichtigende Grundsätze.................................................. 862 III. Partizipation und Teilhabe..................................................................... 866 IV. Vertragliche Gestaltungs- und Steuerungsmöglichkeiten................... 867 A. Subordinationsrechtliche Verträge.................................................. 867
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B. Verträge privatrechtlichen Charakters im Zusammenhang mit Planungsakten................................................................................... 868 C. Verwaltungsrechtliche Vereinbarungen zwischen Privaten.......... 869 D. Mediationskonsens und Rechtsmittelverzicht iwS........................ 870 V. Rechtsstellung der MediatorInnen........................................................ 871 A. MediatorInnen als VerwaltungshelferInnen................................... 871 B. „Beliehene“ MediatorInnen............................................................. 873 VI. Schluss..................................................................................................... 876 Literaturverzeichnis...................................................................................... 879 Stichwortverzeichnis..................................................................................... 921
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Abbildungsverzeichnis Abb 1: Abb 2: Abb 3: Abb 4:
Projekte (N=57)............................................................................. 59 Geschlecht der Befragten (N=57)................................................ 60 Altersverteilung der Befragten (N=53)........................................ 61 Wahrgenommene TeilnehmerInnen am Mediationsverfahren (N=57)............................................................................................ 76 Abb 5: Beteiligung aller wichtigen Betroffenen im Mediationsverfahren (N=57)................................................................................ 77 Abb 6: Andere Kostenaufteilung sinnvoll? (N=57)................................ 81 Abb 7: Aufklärung über die rechtlichen Konsequenzen (N=57).......... 83 Abb 8: Ausreichende Aufklärung (N=57)............................................... 84 Abb 9: Weitere Treffen nach der Abschlussvereinbarung (N=57)......... 92 Abb 10: Erfolgseinschätzung der Mediationsverfahren (N=57).............. 105 Abb 11: Förderliche Kriterien für das Mediationsverfahren nach Projekten I (Angaben in Prozent)................................................ 109 Abb 12: Förderliche Kriterien für das Mediationsverfahren nach Projekten II (Angaben in Prozent).............................................. 109 Abb 13: Förderliche Kriterien für das Mediationsverfahren nach Projekten III (Angaben in Prozent)............................................. 110 Abb 14: Förderliche Kriterien für das Mediationsverfahren nach Projekten IV (Angaben in Prozent)............................................. 110 Abb 15: Effekte der Durchführung des Mediationsverfahrens (N=57).. 120 Abb 16: Rechtliche Fortentwicklung der Mediation im öffentlichen Bereich (N=57).............................................................................. 123 Abb 17: Erfolgseinschätzung der Mediationsverfahren (nach Funktionsgruppen) (N=57).......................................................... 125 Abb 18: Rechtliche Fortentwicklung der Mediation im öffentlichen Bereich (= Umweltmediation), getrennt nach Geschlecht (N=57)............................................................................................ 135
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Tabellenverzeichnis Tab 1: Fragebogenrücklauf......................................................................... 58 Tab 2: Geschlecht der Befragten................................................................ 60 Tab 3: Funktionen der Befragten............................................................... 73 Tab 4: Wahrgenommene TeilnehmerInnen am Mediationsverfahren..... 74 Tab 5: Beteiligung aller wichtigen Betroffenen im Mediationsverfahren 76 Tab 6: Wahrgenommene Beauftragung der MediatorInnen.................... 78 Tab 7: Wahrgenommene Kostenträger für das Mediationsverfahren..... 79 Tab 8: Andere Kostenaufteilung sinnvoll?................................................ 80 Tab 9: Aufklärung über die rechtlichen Konsequenzen.......................... 82 Tab 10: Ausreichende Aufklärung............................................................... 83 Tab 11: Form, in der die Ergebnisse der Mediation festgehalten wurden 85 Tab 12: Wer hat die Abschlussvereinbarung unterschrieben?................... 86 Tab 13: Wer hat die Abschlussvereinbarung unterschrieben – Nennungen zu „einige Beteiligten“............................................... 87 Tab 14: Art der Abschlussvereinbarung zur Förderung der Umsetzung der Ergebnisse (nach Projekten)..................................................... 88 Tab 15: Art der Abschlussvereinbarung zur Förderung der Umsetzung der Ergebnisse (nach Funktion)..................................................... 89 Tab 16: Art der Abschlussvereinbarung zur Förderung der Umsetzung der Ergebnisse (nach Geschlecht)................................................... 90 Tab 17: Art der Abschlussvereinbarung zur Förderung der Umsetzung der Ergebnisse (nach Altersgruppe)............................................... 91 Tab 18: Weitere Treffen nach der Abschlussvereinbarung......................... 91 Tab 19: Schaffung zusätzlicher Einrichtungen für die Umsetzung.......... 93 Tab 20: Zusätzliche Einrichtungen hilfreich?............................................. 95 Tab 21: Bisherige Umsetzung der Ergebnisse im Verfahren..................... 95 Tab 22: Abweichungen bei der Umsetzung zur Abschlussvereinbarung 97 Tab 23: Wer gab den Anstoß für die Abweichungen?............................... 97 Tab 24: Beitrag der Abweichungen zu einem insgesamt positiven Ergebnis............................................................................................ 99 Tab 25: Vereinbarung eines Zeitplans für die Umsetzung......................... 100
XXIX
Tabellenverzeichnis
Tab 26: Einhaltung des Zeitplans................................................................. 100 Tab 27: Parteistellung im nachfolgenden Verwaltungsverfahren.............. 102 Tab 28: Stellung, die die im nachfolgenden Verwaltungsverfahren entscheidenden BehördenvertreterInnen im Mediationsprozess einnahmen........................................................................................ 102 Tab 29: Einschätzung des Erfolgs des Mediationsverfahrens.................... 103 Tab 30: Deskriptive Statistiken zur Erfolgseinschätzung getrennt nach Projekten: N=Anzahl, Mittelwerte und Standardabweichungen 104 Tab 31: Ergebnisse der Varianzanalyse: Mittelwertsvergleich zwischen den Projekten bezüglich der Erfolgseinschätzung........................ 105 Tab 32: Förderliche Kriterien für das Mediationsverfahren (nach Projekten)............................................................................... 106 Tab 33: Förderliche Kriterien für das Mediationsverfahren (nach Funktionsgruppen)................................................................ 111 Tab 34: Förderliche Kriterien für das Mediationsverfahren (nach Geschlecht)............................................................................. 112 Tab 35: Förderliche Kriterien für das Mediationsverfahren (nach Altersgruppen)....................................................................... 113 Tab 36: Geeigneter Zeitpunkt für den Beginn des Mediationsverfahrens 116 Tab 37: Deskriptive Statistiken zu den Effekten getrennt nach Projekten: N=Anzahl, Mittelwerte und Standardabweichungen.................... 117 Tab 38: Ergebnisse der Varianzanalyse: Mittelwertsvergleich zwischen den Projekten bezüglich der Effekte.............................................. 119 Tab 39: Erneute Teilnahme an einem Mediationsverfahren...................... 121 Tab 40: Deskriptive Statistiken zur rechtlichen Fortentwicklung getrennt nach Projekten: N=Anzahl, Mittelwerte und Standardabweichungen.................................................................... 122 Tab 41: Ergebnisse der Varianzanalyse: Mittelwertsvergleich zwischen den Projekten bezüglich der rechtlichen Fortentwicklung.......... 123 Tab 42: Deskriptive Statistiken zur Erfolgseinschätzung getrennt nach Funktionsgruppen: N=Anzahl, Mittelwerte und Standardabweichungen................................................................................... 124 Tab 43: Ergebnisse der Varianzanalyse: Mittelwertsvergleich zwischen den Funktionsgruppen bezüglich der Erfolgseinschätzung aus heutiger Sicht.................................................................................... 125 Tab 44: Deskriptive Statistiken zu den Effekten getrennt nach Funktionsgruppen: N=Anzahl, Mittelwerte und Standardabweichungen................................................................................... 126 Tab 45: Ergebnisse der Varianzanalyse: Mittelwertsvergleich zwischen den Funktionsgruppen bezüglich der Effekte............................... 126 Tab 46: Kreuztabelle: Erneute Teilnahme an einem Mediationsverfahren (ja/nein) getrennt nach Funktionsgruppen........................ 128
XXX
Tabellenverzeichnis
Tab 47: Deskriptive Statistiken zur rechtlichen Fortentwicklung getrennt nach Funktionsgruppen: N=Anzahl, Mittelwerte und Standardabweichungen.................................................................... 129 Tab 48: Ergebnisse der Varianzanalyse: Mittelwertsvergleich zwischen den Funktionsgruppen bezüglich der rechtlichen Fortentwicklung........................................................................................... 130 Tab 49: Deskriptive Statistiken zur Erfolgseinschätzung getrennt nach Geschlecht: N=Anzahl, Mittelwerte und Standardabweichungen............................................................................................. 131 Tab 50: Ergebnisse des t-Tests: Mittelwertsvergleich zwischen Frauen und Männern bezüglich der Erfolgseinschätzung........................ 131 Tab 51: Deskriptive Statistiken zu den Effekten getrennt nach Geschlecht: N=Anzahl, Mittelwerte und Standardabweichungen............................................................................................. 132 Tab 52: Ergebnisse des t-Tests: Mittelwertsvergleich zwischen Frauen und Männern bezüglich der Effekte.............................................. 132 Tab 53: Kreuztabelle: Erneute Teilnahme an einem Mediationsverfahren (ja/nein) getrennt nach Geschlecht..................................... 133 Tab 54: Deskriptive Statistiken zur rechtlichen Fortentwicklung getrennt nach Geschlecht: N=Anzahl, Mittelwerte und Standardabweichungen.................................................................... 134 Tab 55: Ergebnisse des t-Tests: Mittelwertsvergleich zwischen Frauen und Männern bezüglich der rechtlichen Fortentwicklung.......... 134 Tab 56: Deskriptive Statistiken zur Erfolgseinschätzung getrennt nach Altersgruppen: N=Anzahl, Mittelwerte und Standardabweichungen....................................................................................... 136 Tab 57: Ergebnisse des t-Tests: Mittelwertsvergleich zwischen Altersgruppen bezüglich der Erfolgseinschätzung................................. 136 Tab 58: Deskriptive Statistiken zu den Effekten getrennt nach Altersgruppen: N=Anzahl, Mittelwerte und Standardabweichungen.. 137 Tab 59: Ergebnisse des t-Tests: Mittelwertsvergleich zwischen Altersgruppen bezüglich der Effekte....................................................... 137 Tab 60: Kreuztabelle: Erneute Teilnahme an einem Mediationsverfahren (ja/nein) getrennt nach Altersgruppen............................................ 139 Tab 61: Deskriptive Statistiken zur rechtlichen Fortentwicklung getrennt nach Altersgruppen: N=Anzahl, Mittelwerte und Standardabweichungen.................................................................... 139 Tab 62: Ergebnisse des t-Tests: Mittelwertsvergleich zwischen Altersgruppen bezüglich der rechtlichen Fortentwicklung................... 140 Tab 63: Kostenträger und Finanzierungsbedarf......................................... 173
XXXI
Abkürzungsverzeichnis aA andere(r) Ansicht AB Ausschussbericht Abb Abbildung ABGB Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch ABl Amtsblatt der Europäischen Union Abs Absatz ADR Alternative Dispute Resolution AgrVG Agrarverfahrensgesetz AHG Amtshaftungsgesetz Alt Alternative ÄndG Änderungsgesetz Anm Anmerkung Anova analysis of variance AnwBl Anwaltsblatt AöR Archiv des öffentlichen Rechts APG Allgemeines Pensionsgesetz arg Argument Art Artikel ÄrzteG Ärztegesetz ASV Amtssachverständige/r ASVG Allgemeines Sozialversicherungsgesetz AUB-K Ausschussberichte – Österreich-Konvent Aufl Auflage Auskunftspflicht- Auskunftspflicht-Grundsatzgesetz GrundsatzG AuskunftspflichtG Auskunftspflichtgesetz Austro-ControlG Austro Control Gesellschaft mit beschränkter Haftung AVG Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz AWG Abfallwirtschaftsgesetz BAG Berufsausbildungsgesetz BAO Bundesabgabenordnung BauG Baugesetz BauGB Baugesetzbuch BauO Bauordnung BauROG Bau- und Raumordnungsgesetz BB Betriebs-Berater BbauG Bundesbaugesetz
XXXIII
Abkürzungsverzeichnis
bbl Baurechtliche Blätter Bd Band BDG Beamten-Dienstrechtsgesetz BDVR Bund Deutscher Verwaltungsrichter und Verwaltungsrichterinnen Begr BegründerIn BGB Bürgerliches Gesetzbuch BGBl Bundesgesetzblatt BGHZ Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen BGStG Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz BHO Bundeshaushaltsordnung BImSchG Bundes-Immissionsschutzgesetz BImSchV Bundes-Immissionsschutzverordnung Blg Sten Prot AH Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Abgeordnetenhauses Blg Sten Prot HH Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Herrenhauses BlgNR Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrats BM BundesministerIn BMfW Bundesministerium für Wirtschaft BMG Bundesministeriengesetz BMin Bundesminister BMJ Bundesministerium für Justiz BMLV Bundesministerium für Landesverteidigung und Sport BMU Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit BMUJF Bundesministerium für Umwelt, Jugend und Familie BMWA Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit BNatSchG Bundesnaturschutzgesetz BodenbeschaffungsG Bodenbeschaffungsgesetz BR-Drs Drucksache des Deutschen Bundesrates BremStGH Staatsgerichtshof der Freien Hansestadt Bremen BSpG Bausparkassengesetz BStG Bundesstraßengesetz BStMG Bundesstraßen-Mautgesetz BT-Drs Drucksache des Deutschen Bundestages BudwSlg Budwinski’s Sammlung der Erkenntnisse des K.K. Verwaltungsgerichtshofes BVerfG Bundesverfassungsgericht BVerfGE Senatsentscheidungen des Bundesverfassungsgerichts BVerwG Bundesverwaltungsgericht B-VG Bundes-Verfassungsgesetz BVRBG Bundesverfassungsrechtsbereinigungsgesetz BWG Bankwesengesetz bzw beziehungsweise DenkmalschutzG Denkmalschutzgesetz ders derselbe dF degrees of Freedom (Freiheitsgrade) dh das heißt
XXXIV
Abkürzungsverzeichnis
dies dieselbe DÖV Die Öffentliche Verwaltung DRiG Deutsches Richtergesetz DRiZ Deutsche Richterzeitung DStR Das deutsche Steuerrecht DStZ Deutsche Steuerzeitung dt deutsch/deutsches dUVPG deutsches Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz DVBl Deutsches Verwaltungsblatt dZPO deutsche Zivilprozessordnung E Entscheidung EB erläuternde Bemerkungen Ed Editor EDV elektronische Datenverarbeitung EG KOM Kommission der Europäischen Gemeinschaften EG Europäische Gemeinschaft(en) EGVG Einführungsgesetz zu den Verwaltungsverfahrensgesetzen EGZPO Einführungsgesetz zur Zivilprozessordnung Einf Einführung Einl Einleitung EisbEG Eisenbahn-Enteignungsentschädigungsgesetz EisbG Eisenbahngesetz EisenBEntG Eisenbahnenteignungsgesetz ELWOG Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetz EMRK Europäische Menschenrechtskonvention endg endgültig EO Exekutionsordnung E-RBG Energie-Regulierungsbehördengesetz et al und andere EU Europäische Union e.V. eingetragener Verein EWG Europäische Wirtschaftsgemeinschaft f folgende ff fortfolgende FFH-RL Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie FJ Finanz Journal FleischuntersuchungsG Fleischuntersuchungsgesetz FMA Finanzmarktsaufsichtsbehörde FN Fußnote ForstG Forstgesetz FPR Familie, Partnerschaft, Recht. Zeitschrift für die Anwaltspraxis FS Festschrift FTE-Rat Rat für Forschung und Technologieentwicklung FTFG Forschungs- und Technologieförderungsgesetz FUG Fleischuntersuchungsgesetz G Gesetz GABl Gemeinsames Amtsblatt GebAG Gebührenanspruchsgesetz gem gemäß
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Abkürzungsverzeichnis
GenTG Gentechnikgesetz GewO Gewerbeordnung GG Grundgesetz GG-K Grundgesetz-Kommentar GK-BImSchG Gemeinschaftskommentar zum Bundes-Immissionsschutzgesetz GmbH Gesellschaft mit beschränkter Haftung GOG Gerichtsorganisationsgesetz GP Gesetzgebungsperiode GTG Gentechnikgesetz GWB Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen GWG Gaswirtschaftsgesetz hA herrschende/r Ansicht Hbd Halbband Hg HerausgeberIn HK-BauGB Handkommentar zum Baugesetzbuch mit Baunutzungsverordnung hL herrschende/r Lehre HlG Hochleistungsstreckengesetz hM herrschende Meinung hrsg herausgegeben HStR Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschlands idF in der Fassung idR in der Regel idS in dem/diesem Sinne ieS im eigentlichen/engeren Sinne Imsch Immissionsschutzrecht Insb insbesondere iS im Sinne iSd im Sinne des/der iSv im Sinne von iVm in Verbindung mit IVU-Richtlinie Richtlinie 96/61/EG des Rates vom 24.September 1996 über die integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung iwS im weiteren Sinne iZm im Zusammenhang mit JAP Juristische Ausbildung und Praxisvorbereitung JBl Juristische Blätter JRP Journal für Rechtspolitik JSt Journal für Strafrecht Jud Judikation JuS Juristische Schulung JZ Juristen Zeitung kA keine Angabe K-BO Kärntner Bauordnung K-FG Kärntner Fischereigesetz KFG Kraftfahrgesetz KHSchOrgG Kunsthochschul-Organisationsgesetz
XXXVI
Abkürzungsverzeichnis
KOG KommAustria-Gesetz KOM Kommission K-PStG Kärntner Parkraum- und Straßenaufsichtsgesetz krit kritisch Ktn Kärnten/Kärntner KUOG Bundesgesetz über die Organisation der Universitäten der Künste Leit Leitlinien LEP Landesentwicklungsprogramm/plan LGBl Landesgesetzblatt LHO Landeshaushaltsordnung Lit Literatur LKV Landes- und Kommunalverwaltung LMG Lebensmittelgesetz LMSVG Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz LSG Luftfahrtsicherheitsgesetz LT Landtag LVwVfG Verwaltungsverfahrensgesetze der Länder MBG Militärbefugnisgesetz mE meines Erachtens ME Ministerialentwurf MinroG Mineralrohstoffgesetz M&R Medien und Recht MRK Europäische Menschenrechtskonvention Müko Münchner Kommentar mwH mit weiteren Hinweisen mwN mit weiteren Nachweisen N/n Number/Anzahl NJOZ Neue juristische Online-Zeitschrift NJW Neue Juristische Wochenschrift Nö Niederösterreich/Niederösterreicher Nov Novelle Nr Nummer NSchG Naturschutzgesetz NuR Natur und Recht NVwZ Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht NZ Österreichische Notariatszeitung NzBau Neue Zeitschrift für Baurecht und Vergaberecht NZS Neue Zeitschrift für Sozialrecht ÖÄZ Österreichische Ärztezeitung ÖBA Österreichisches Bankarchiv OECD Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung OEG Offene Erwerbsgesellschaft OGH Oberster Gerichtshof ÖGUT Österreichische Gesellschaft für Umwelt und Technik ÖGZ Österreichische Gemeindezeitung ÖJK Österreichische Juristenkommission ÖJT Österreichischer Juristentag
XXXVII
Abkürzungsverzeichnis
ÖJZ Österreichische Juristen Zeitung OLG Oberlandesgericht ÖNB Österreichische Nationalbank Oö Oberösterreich/Oberösterreicher oö oberösterreichische/s OrgHG Organhaftpflichtgesetz öUVP-G österreichisches Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz ÖZW Österreichische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht Pkt Punkt pm perspektive mediation PPP Public Private Partnership RDG Richterdienstgesetz RdM Recht der Medizin RdU Recht der Umwelt RFG Recht und Finanzen für Gemeinden RGBl Reichsgesetzblatt RL Richtlinie RTR-GmbH Rundfunk und Telekom Regulierungs-GmbH RV Regierungsvorlage RVG Rechtsanwaltsvergütungsgesetz Rz Randzahl RZ Österreichische Richterzeitung S Seite/n Sbg BGG Salzburger Bebauungsgrundlagengesetz Sbg Salzburg/Salzburger SchiedsVZ Die neue Zeitschrift für Schiedsverfahren Sess Session SGb Die Sozialgerichtsbarkeit Sig. Signifikanz SN Stellungnahme zu parlamentarischen Verhandlungsgegenständen sog sogenannte SpG Sparkassengesetz SPG Sicherheitspolizeigesetz StadterneuerungsG Stadterneuerungsgesetz StAG Staatsanwaltschaftsgesetz StAOG Steiermärkisches Aufsichtsorgangesetz StenProt AH Stenographische Protokolle des Abgeordnetenhauses StGB Strafgesetzbuch StGG Staatsgrundgesetz Stmk BauG Steiermärkisches Baugesetz Stmk ElWOG Steiermärkisches Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetz Stmk LStVG Steiermärkisches Landes-Straßenverwaltungsgesetz Stmk Steiermark StmkGemVermG Steiermärkisches Gesetz über die Gemeindevermittlungsämter StPO Strafprozessordnung StROG Steiermärkisches Raumordnungsgesetz StVO Straßenverkehrsordnung
XXXVIII
Abkürzungsverzeichnis
SUB Sozialarbeit und Bewährungshilfe TA Lärm Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm TA Luft Technische Anleitung zur Reinhaltung der Luft Tab Tabelle Tir Tirol TKG Telekommunikationsgesetz TSG Tierseuchengesetz ua und andere UFS aktuell Unabhängiger Finanzsenat ÜG Überleitungsgesetz UG Universitätsgesetz UGB Unternehmensgesetzbuch UGB-KomE Entwurf der Unabhängigen Sachverständigenkommission zum Umweltgesetzbuch UGB-ProfE Professorenentwurf zum Umweltgesetzbuch UOG Universitätsorganisationsgesetz UPR Zeitschrift für Umwelt- und Planungsrecht uU unter Umständen UVP Umweltverträglichkeitsprüfung UVP-G Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz UVP-RL Umweltverträglichkeitsprüfungsrichtlinie UVPVwV Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Ausführung des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung UVS Unabhängiger Verwaltungssenat VBG Vertragsbedienstetengesetz VergabeG Vergabegesetz versch verschiedene VerwArch Verwaltungs-Archiv VfGH Verfassungsgerichtshof VfSlg Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse des Verfassungsgerichtshofs VGH Verwaltungsgerichtshof vgl vergleiche VgV Vergabeverordnung Vlbg Vorarlberg/Vorarlberger VlbgGemVermG Vorarlberger Gesetz über die Gemeindevermittlungsämter VO Verordnung VOL/A Vergabe- und Vertragsordnung für Leistungen (VOL) Teil A VSchRL Richtlinie 79/409/EWG des Rates vom 2. April 1979 über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten VStG Verwaltungsstrafgesetz VVDStRL Veröffentlichungen der Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer VVG Verwaltungsvollstreckungsgesetz VwGG Verwaltungsgerichtshofgesetz VwGH Verwaltungsgerichtshof VwGO Verwaltungsgerichtsordnung VwSlg Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse des Verwaltungsgerichtshofs
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Abkürzungsverzeichnis
VwVfG Verwaltungsverfahrensgesetz Wbl Wirtschaftsrechtliche Blätter WBO Wiener Bauordnung WGarG 2008 Wiener Garagengesetz 2008 WipolBl Wirtschaftspolitische Blätter Wr Wien, Wiener WrBauO Wiener Bauordnung WRG Wasserrechtsgesetz WrGemVermG Wiener Gesetz über die Gemeindevermittlungsämter Wr VGSG Wiener Vergnügungssteuergesetz 2005 ZAS Zeitschrift für Arbeits- und Sozialrecht zB zum Beispiel zfhr Zeitschrift für Hochschulrecht, Hochschulmanagement und Hochschulpolitik ZfV Zeitschrift für Verwaltung Zif Ziffer ZivMediatG Zivilrechts-Mediations-Gesetz ZivRÄG Zivilrechtsänderungsgesetz ZKM Zeitschrift für Konfliktmanagement ZP Zusatzprotokoll ZPO Zivilprozessordnung ZRP Zeitschrift für Rechtspolitik zT zum Teil ZTG Ziviltechnikergesetz ZUR Zeitschrift für Umweltrecht ZUV Zeitschrift der Unabhängigen Verwaltungssenate ZVR Zeitschrift für Verkehrsrecht
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Einleitung Bei staatlichen bzw dem Staat zurechenbaren Entscheidungen handelt es sich in der Hauptsache jeweils um die möglichst effektive Abarbeitung der sich kontinuierlich stellenden Herausforderungen iS einer gemeinwohlorientierten Aufgabenerfüllung. Obgleich angesichts der oftmals nicht zu leugnenden Komplexität der Sachlage sowie der dynamischen Verbreiterung von (ExpertInnen-)Wissen und Ressourcen staatliche Entscheidungsträ gerInnen auf die Einbeziehung gesellschaftlicher Kräfte und eigener Problemlösungskompetenzen angewiesen sind, fehlt es – nicht zuletzt aufgrund des Widerstands innerhalb der Verwaltung – vielfach an geeigneten Modi der Problembewältigung. Ein solcher könnte sich aber, wie es Hill ventiliert1, aus dem Prinzip der Verantwortungsteilung2 ergeben, das die Aktivierung der jeweilig eigenen spezifischen Problemlösungspotenziale der verschiedenen Akteurinnen und Akteure zum Inhalt habe, ohne sogleich selbstredend den Anteil des einen durch den anderen gänzlich zu ersetzen. Ziel sei es dabei nicht, dass in einem Teilbereich Verwaltungsrecht ohne Staat entstehe. Vielmehr habe der Staat gerade dort, wo eine gemeinwohlorientierte Entscheidung anstehe, die Pflicht und spezifische Verantwortung, den übergreifenden Prozess durch Vorgabe struktureller und verfahrensmäßiger Sicherungen normativ zu umhegen. Selbst in neuartigen Governance-Strukturen sei daher ein „Public Leadership“ gefordert. Ohne hier sogleich unmittelbar auf die in Deutschland geführten, materiell viel weiterreichenden Diskussionen über die an die Stelle der staatlichen Erfüllungsverantwortung tretende staatliche Gewährleistungs-, Regulierungs-, Überwachungs- oder Auffangverantwortung eingehen zu müssen, rückt mit den vorstehenden Ausführungen doch bereits die mit dieser Arbeit verfolgte Hauptstoßrichtung, und zwar die Auslotung von Möglichkeiten eines kooperativen, iwS konsensual-partizipativen Zusammenwirkens1 2
Hermann Hill/Mario Martini, Normsetzung und andere Formen exekutivischer Selbstprogrammierung, in: Wolfgang Hoffmann-Riem et al (Hg), Grundlagen des Verwaltungsrechts II2 (2012) Rz 72. Hiezu vor allem Andreas Voßkuhle, Beteiligung Privater an der Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben und staatliche Verantwortung, in: VVDStRL 62 (2003) 285.
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Einleitung
prozesses vor allem auf verfahrensrechtlicher Ebene zwischen der staatlichen Verwaltung auf der einen und den Vollziehungsbetroffenen auf der anderen Seite, ins grob umrissene Blickfeld. Um dies weiter zu konkretisieren: Verwaltungsentscheidungen, insbesondere bei administrativen Verfahren, sei es im Zusammenhang mit der Erstellung von Plänen, Programmen oder Rechtsakten, enfalten vielfach Drittwirkungen, die in ganz unterschiedliche, zum Zeitpunkt der Entscheidung mitunter noch gar nicht erkennbaren, Interessensphären iwS eingreifen3. Demgegenüber spielen jedoch Fragen der Außendimension von Verwaltungsentscheidungen als Ergebnis formaler und informaler Kommunika tion4 in Überlegungen zu möglichen Optimierungspotenzialen zumeist eine nur untergeordnete Rolle. Dabei stellt gerade dieser Prozess in einem multipolaren Verhältnis von Bürgerschaft, ProjektwerberIn und Verwaltung einen maßgeblichen Teil der Verwaltungsrechtsverwirklichung und des Gesetzesvollzugs dar. Das fehlende Interesse daran erscheint schon deshalb wenig nachvollziehbar, da ein solcher Kommunikationsprozess, und dies nicht zuletzt bei Anlagengenehmigungen wie etwa bei der Verwirklichung von Starkstromfreileitungen, von Motorsportzentren oder von Projekten zur Massentierhaltung, mit fast naturgesetzlicher Wahrscheinlichkeit von Störungen begleitet wird, die sich mitunter zu heftigen Protesten und veritablen Konflikten mit Wirkungen weit über das eigentliche Behördenverfahren hinaus auswachsen können. Den sich daraus entwickelnden Widerständen lässt sich aber mit den tradierten Verfahren und darauf abgestimmten Verhaltensweisen5 gegebenenfalls nur bedingt begegnen. Abhilfe kann in diesen Konstellationen indessen die Bereitstellung zusätzlicher Formen von kooperativen, der Verfahrensprivatisierung nahekommenden Handlungsprozessen schaffen. Gemeint sind damit jedoch nicht geheime, intransparente Nebenabsprachen zwischen Projektgesellschaften und einzelnen Anrainern. Die Rede ist hier vielmehr von Mediation als einem auf Freiwilligkeit basierenden Verfahren zur interessenorientierten, selbstverantworteten und nachhaltigen Konfliktbearbeitung6. 3 Siehe vor allem Norbert Wimmer, Dynamische Verwaltungslehre2 (2010) 134. 4 Weiterhin Wimmer, Verwaltungslehre2 321 f. 5 Es ist ja auch nicht so, dass Tätigkeiten von OrganwalterInnen ausschließlich durch den Verwaltungsvollzug bestimmt sind. Vielmehr sind diesen von der Rechtsordnung je nach Aufgabenbereich außerdem Handlungsformen koordinierenden, beratenden und schlichtenden Charakters zugedacht. 6 Hiezu bereits Sascha Ferz, Der Beitrag der Mediation zur Optimierung von Behördenverfahren im Anlagenrecht, in: Franz Merli/Stefan Greimel (Hg), Optimierungspotenziale bei Behördenverfahren. Das Beispiel Anlagengenehmigungen (2009) 100.
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Einleitung
In Österreich wird seit einigen Jahren zumindest fallweise bei umstrittenen, insbesondere umweltrelevanten Großvorhaben (zB Gasteinertal7, Flughafen Wien8) im Vorfeld zu behördlichen Genehmigungsverfahren und auch im Planungsbereich iwS (zB Stadtplanung, Gebietsnaturschutz) auf mittlerunterstützte Konfliktbehandlung zurückgegriffen9, um auf diesem Weg einer möglicherweise langen Verfahrensdauer und einem hohen Kostenrisiko für alle Beteiligten – hervorgerufen durch den Widerstandswillen der unterschiedlichsten, längst verstärkt am staatlichen Handeln partizipierenden Gruppierungen – gegenzusteuern10. Vermieden sollen damit insbesondere auch die unbefriedigenden Situationen werden, in denen, provoziert von einem Entweder-oder-Schema, meist nur einer auf Kosten der anderen obsiegen kann und es bei den Unterlegenen Unzufriedenheit, Proteste und Vertrauensverluste vor allem gegenüber Unternehmen, der Politik und Verwaltung hinterlässt11. Die öffentlich-rechtlichen Rahmenbedingungen für derartige Verfahren – und genau darauf ist der Fokus dieser Untersuchung gerichtet – sind in Österreich jedoch noch wenig geklärt. Auch der Gesetzgeber übt sich in diesen Bereichen in Zurückhaltung. Einzig eine explizite gesetzliche Grundlage kennt das österreichische Verwaltungs(verfahrens)recht für diese Art der Konfliktbearbeitung – und zwar das UVP-G 200012. Es sieht zur „besseren Bekanntmachung“ der Mediation als Instrument der Konfliktlösung im Umweltbereich13 Verfahrensschnittstellen vor, ohne zugleich das Konzept der Eigenständigkeit der Verfahren aufzugeben. Konkret bedeutet dies, dass 7
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Thomas Flucher, Mediationsverfahren Tauern-Eisenbahnachse im Gasteinertal, in: Thomas Flucher et al (Hg), Mediation im Bauwesen (2003) 307 ff; Friederike E. Deutzmann, Umweltmediation, in: Andre Niedostadek (Hg), Praxishandbuch Mediation. Ansatzpunkte und Impulse für den öffentlichen Bereich (2010) 93 ff. Ursula König, Mediationsverfahren Erweiterung des Flughafens Wien, in: Thomas Flucher et al (Hg), Mediation im Bauwesen (2003) 335 ff sowie Larissa Krainer, Das Mediationsverfahren am Flughafen Wien-Schwechat 2001 – 2005. Chronologie, Zusammenfassung, Überblick, in: Gerhard Falk et al (Hg), Das Mediationsverfahren am Flughafen Wien-Schwechat. Dokumentation, Analyse, Hintergrundtheorien (2006) 9 ff. Vgl Umweltmediation, 42 ff; Christian Ocenasek, Mediationsverfahren in Österreich, in: Andreas Dally et al (Hg), Mediation als politischer und sozialer Prozeß2 (1995) 183 ff. Hildegund Sünderhauf, Mediation bei der außergerichtlichen Lösung von Umweltkonflikten in Deutschland (1997) 25. Hans-Joachim Fietkau, Leitfaden Umweltmediation. Hinweise für Verfahrensbeteiligte und Mediatoren (1994) 5. Sascha Ferz, Das UVP-G als Experimentierfeld für Bürgerbeteiligungstrends? – Anmerkungen zur Mediation, ZfV 2002, 318 f. So der Gesetzgeber in den EB zu § 16 Abs 2 UVP-G, 168/A NR 21. GP.
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Einführung
gem § 16 Abs 2 UVP-G ein von „großen Interessenkonflikten“ begleitetes UVP-Verfahren auf Antrag der Projektwerberin bzw des Projektwerbers zum Zweck der Durchführung eines Mediationsverfahrens unterbrochen und ein allfälliges Mediationsergebnis der Behörde übermittelt und von dieser im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten im weiteren Genehmigungsverfahren und in der Entscheidung berücksichtigt werden kann14. Zudem sieht § 24a Abs 1 UVP-G im Zusammenhang mit einer Umweltverträglichkeitsprüfung für Bundesstraßen und Hochleistungsstrecken vor, dass die/ der ProjektwerberIn im Rahmen der Antragstellung ua anzugeben hat, ob und in welcher Weise sie/er die Öffentlichkeit vom beantragten Vorhaben informiert hat. Wurde ein Mediationsverfahren durchgeführt, so sind die Ergebnisse an die Behörde zu übermitteln15. Daraus ist zu schließen, dass der Einsatz bzw die Durchführung von Mediation vorrangig nicht als staatliche Aufgabe gesehen wird; der österreichische Normgeber vielmehr ein streng paralleles Konzept favorisiert. Mediation kann daher im gegebenen Kontext nicht als Alternative respektive als Ersatz, sondern muss als Ergänzung16 bestehender partizipativer Instrumente verstanden und eingesetzt werden. Von einer Privatisierung behördlicher Verfahren kann unter den gegebenen Umständen nicht gesprochen werden – wohl auch nicht von einer partiellen17. Angesichts dieser regelungstechnischen Konstellation verwundert es letztlich nicht, dass Mediationsverfahren, die etwa in einem anlagenbezogenen Kontext durchgeführt werden, weitgehend unbehelligt vom behördlichen Verfahren verlaufen18. Anderes gilt dagegen für kooperative Planungsverfahren iwS, die in erster Linie von der Politik oder Verwaltung initiiert und getragen werden (müssen)19. Vor diesem Hintergrund offenbart sich etwa auch die Zielrichtung der im Jahr 2008 vom (österreichischen) Ministerrat beschlossenen 14 Vgl Ferdinand Kerschner et al, Umweltmediation im österreichischen Recht. Grundlagen – Potential – Instrumente (2003) 46 ff; Verena Madner, Umweltverträglichkeitsprüfung, in: Michael Holoubek/Michael Potacs (Hg), Handbuch des öffentlichen Wirtschaftsrechts I2 (2007) 873 f; Christian Schmelz/Stephan Schwarzer, Kommentar zum Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000 (2011) § 16 Rz 20 ff. 15 Siehe hiezu die Überlegungen von Schmelz/Schwarzer, UVP-G § 24 Rz 70 sowie § 24a Rz 15. 16 Siehe Martin Dolp et al, Mediation im österreichischen Umweltschutzrecht – Praktische Überlegungen für Vorhabenswerber, Beteiligte und Behörden aus Anlass des UVP-Gesetzes 2000, RdU 2001, 13. 17 Hiezu Ferz, ZfV 2002, 320 ff. 18 Siehe zB Anton Hütter, Mediationsverfahren Holzindustrie, perspektive mediation 2005, 7. 19 Vgl etwa Anita Zieher, Umweltmediation. Praktische Erfahrungen in Österreich, ÖGUT-Studie (1999) 57.
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Einleitung
„Standards der Öffentlichkeitsbeteiligung“20. Diese als Empfehlungen zu verstehenden Standards sollen nämlich OrganwalterInnen des Bundes bei der konkreten Planung, Durchführung und Evaluierung von Beteiligungsprozessen unterschiedlicher Intensitätsstufen (reichend von der informativen über die konsultative bis hin zur kooperativen Öffentlichkeitsbeteiligung) im Zusammenhang mit der Erstellung von Politiken, Plänen, Programmen und generellen Rechtsakten unterstützen. Alleinige AdressatInnen der Standards sind demnach, anders als etwa in den Regelungen des UVP-G, die Verwaltung und deren OrganwalterInnen selbst, die folglich in die Lage versetzt werden sollen, die gesteigerten Anforderungen an ihre Tätigkeiten im Hinblick auf die Beteiligung der Öffentlichkeit auch praktisch bewältigen zu können21. Dabei wird inhaltlich nicht nur an die traditionellen, gesetzlich normierten Informations-, Anhörungs- oder Stellungnahmerechte angeknüpft, sondern darüber hinaus an die vielfältigen, derzeit in Einzelfällen eingesetzten Möglichkeiten zur kooperativen Beteiligung wie zB den Stakeholderdialogen, Runden Tischen, Konsensus-Konferenzen und eben der Mediation. Zu einer Verdrängung bestehender (verfassungs-) gesetzlicher Bestimmungen darf es freilich auch hierbei nicht kommen. Lediglich dort, wo ein rechtlicher Spielraum zur Gestaltung der Öffentlichkeitsbeteiligung besteht, und letztlich nur innerhalb desselben, können die gegenständlichen Standards zur Anwendung gebracht werden22.
I. Forschungsstand Aus rechtswissenschaflticher Sicht ist der Forschungsgegenstand der Mediation in Österreich ein noch relativ junger und in weiten Bereichen kaum aufgearbeiteter. Klammert man die rechtswissenschaftlichen Untersuchungen zur Familienmediation sowie zum außergerichtlichen Tatausgleich, zum ZivMediatG23 und neuerdings zum EU-MediatG24 sowie zu den obligatorischen Schlichtungsversuchen in den Bereichen des privaten Nachbarschaftsrechts, der Behindertengleichstellung und der Lehrlingsausbildung aus, so 20 Siehe www.bka.gv.at/DocView.axd?CobId=30993 [12/2012]. 21 Siehe Kerstin Arbter/Rita Trattnigg, Standards zur Öffentlichkeitsbeteiligung. Auf dem Weg zu effizienter und effektiver Partizipation, in: Helfried Bauer et al (Hg), Public Governance. Öffentliche Aufgaben gemeinsam erfüllen und effektiv steuern (2005) 302; Harald Eberhard et al, Governance – zur theoretischen und praktischen Verortung des Konzepts in Österreich, JRP 2006, 49. 22 Christian C. Schwaighofer, Mediation im öffentlichen Baurecht II, bbl 2005, 141. 23 Zivilrechts-Mediations-Gesetz – ZivMediatG, BGBl I 29/2003. 24 Bundesgesetz über bestimmte Aspekte der grenzüberschreitenden Mediation in Zivil- und Handelssachen in der Europäischen Union (EU-Mediations-Gesetz – EU-MediatG), BGBl I 21/2011.
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Einführung
lässt sich weiterhin eine überschaubare Anzahl an Literaturhinweisen zum Einsatz von konsensual-partizipativen Konfliktbeilegungsmechanismen im öffentlich-rechtlichen Bereich finden. Eine geschlossene systematische, rechtswissenschaftliche Aufarbeitung hiezu fehlt zur Gänze. Zumindest in Ansätzen streicht die Österreichische Gesellschaft für Umwelt und Technik (ÖGUT) in zwei Studien zur Umweltmediation in Österreich die Bedeutung einer neuen Art der Konfliktregelung im Umweltbereich heraus25. In diesen Untersuchungen liegt jedoch der Fokus auf der Darstellung des Instruments der Mediation sowie auf einigen praktischen Beispielen. Rechtsfragen werden weitgehend ausgeklammert. Ähnliches gilt für die im Auftrag des damaligen BMLFUW im Jahre 2000 erschienene Studie über Erfahrungen mit Umweltmediation in Europa26. Mittlerweile kann jedoch auf einige Beiträge, die sich mit der rechtlichen Implementierung von Mediation auseinandersetzen, zurückgegriffen werden. Es handelt sich hiebei um wertvolle Arbeiten von Dolp et al zur Mediation im Umweltschutzrecht27, Kerschner et al zur mitlaufenden Mediation im österreichischen Recht28, Schwaighofer zur Mediation im öffentlichen Baurecht29, Falk zur Ergebnissicherung am Beispiel Flughafen Wien-Schwechat30 sowie Ferz über Mediation und Verwaltungsrecht31. Um einiges anders stellt sich hingegen die Situation in Deutschland dar. Hier setzte ein intensiver wissenschaftlicher Diskurs zu den konsensualen Aushandlungsprozessen bereits Ende der Achtzigerjahre ein. Hervorzuheben sind dabei vor allem zwei Arbeiten. Eine davon stammt von HoffmannRiem32, der sich mit den Möglichkeiten von mittlergestützten Verhand25 Anita Zieher/Patrizia Reidl, Umweltmediation in Österreich, Einstellung, Informationsstand und Erwartungen, ÖGUT-Studie (1998) und Zieher, Umweltmediation. 26 Status und Erfahrung mit Umweltmediation in Europa – Konfliktlösungsverfahren im Umweltbereich, Schriftenreihe des BMLFUW (2000). 27 Dolp et al, RdU 2001, 11 ff. 28 Kerschner et al, Umweltmediation. 29 Christian C. Schwaighofer, Mediation im öffentlichen Baurecht II, bbl 2005, 99 ff. 30 Gerhard Falk, Ergebnissicherung und Rechtsschutz, in: ders et al (Hg), Das Mediationsverfahren am Flughafen Wien-Schwechat. Dokumentation, Analyse, Hintergrundtheorien (2006) 225 ff. 31 Sascha Ferz, Mediation und Verwaltungsrecht in Österreich, ZKM 2001, 24 ff; ders, ZfV 2002, 318 ff; ders, „Sachverstand“ und Mediation. Ausgewählte Fragen zum Sachverständigenbeweis bei antragsbedürftigen Verwaltungsverfahren, in: Markus Steppan/Helmut Gebhardt (Hg), Zur Geschichte des Rechts. FS Gernot Kocher zum 65. Geburtstag (2006) 77 ff; ders, in: Merli/Greimel (Hg), Optimierungspotenziale 99 ff. 32 Wolfgang Hofmann-Riem, Konfliktmittler in Verwaltungsverhandlungen (1989).
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Einleitung
lungslösungen im Verwaltungsverfahren auseinandersetzte und dabei ua auf Fragen zur Sicherung staatlicher Verantwortung und zur rechtlichen Umsetzung eines erzielten Konsenses eingeht33. Die zweite Studie stellt eine Untersuchung von Würtenberger dar34, in der die Akzeptanzfrage von Verwaltungsentscheidungen behandelt wird und Wege für eine Partizipation an Verfahren der Konfliktregelung und Konsensbildung aufgezeigt werden. Darüber hinaus kann seit Mitte der Neunzigerjahre auch auf eine Fülle an einschlägiger Literatur zur Mediation im Umweltbereich zurückgegriffen werden35. Auffallend ist zudem, dass mit Ausnahme eines kurzen „Sidesteps“ zum dt UGB-KomE von Kerschner et al36 im österreichischen Schrifttum einzig und allein das weiterhin vorherrschende Konzept der Parallelität von Mediation und öffentlich-rechtlichen Verfahren behandelt wird. Überlegungen zu einer weiter verstandenen Integration von Mediation wurden bisher nicht angestellt oder als „nicht denkbar“ abgetan37. Dies mag damit zusammenhängen, dass Mediation hierzulande nicht als staatliche Aufgabe verstanden wird und insoweit auch nicht Gegenstand einer funktionalen Privatisierungsdebatte ist. Auch soll nicht unerwähnt bleiben, dass der Gedanke einer allzu engen Verschränkung von Mediation und politisch-administrativen Verfahren umstritten ist. Dabei wird gleichsam von MediatorInnen wie auch von Behördenseite ua ins Treffen geführt, dass bei einer zu weit führenden Einbindung der Behörde in das Mediationsverfahren die Gefahr be33 Vgl aber auch Wolfgang Hoffmann-Riem, Verwaltungsreform – Ansätze am Beispiel des Umweltschutzes, in: ders et al (Hg), Reform des Allgemeinen Verwaltungsrechts (1993) 157 f. 34 Thomas Würtenberger, Die Akzeptanz von Verwaltungsentscheidungen (1996). 35 So zB Sabine Runkel, Umweltkonflikte sachgerecht lösen (1996); Helmut Weidner, Umweltkooperation und alternative Konfliktregelung in Deutschland (1996); Sünderhauf, Mediation; Horst Zilleßen (Hg), Mediation. Kooperatives Konfliktmanagement in der Umweltpolitik (1998); ders, Umweltmediation, in: Fritjof Haft/Katharina von Schlieffen (Hg), Handbuch Mediation2 (2009) 729 ff; Mathias Hellriegel, Mediation im Umweltrecht (2002); Ulrike Rüssel, Mediation in komplexen Verwaltungsverfahren (2004); Christoph A. Stumpf, Alternative Streitbeilegung im Verwaltungsrecht. Schiedsgerichtsbarkeit – Schiedsgutachten – Mediation – Schlichtung (2006); Markus Kaltenborn, Streitvermeidung und Streitbeilegung im Verwaltungsrecht. Verfassungsrechtlicher Rahmen und verfahrensrechtliche Ausgestaltung der außergerichtlichen Konfliktschlichtung im Verhältnis zwischen Verwaltung und Privaten, Baden-Baden 2007; Bernd Holznagel/ Ulrich Ramsauer, Mediation im Verwaltungsrecht, in: Fritjof Haft/Katharina von Schlieffen (Hg), Handbuch Mediation2 (2009) 683 ff; Karsten-Michael Ortloff, Mediation im Verwaltungsprozess, 1007 ff. 36 Kerschner et al, Umweltmediation 48 ff. 37 Christian C. Schwaighofer, Mediation im öffentlichen Baurecht I, bbl 2005, 104.
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Einführung
stehe, einerseits die der Idee der Mediation innewohnenden Freiheiten und andererseits die Unbefangenheit sowie Unabhängigkeit der Behördenorgane aufs Spiel zu setzen38. Darüber hinaus werden die Diskussionen über BürgerInnenbeteiligung und Verfahrensbeschleunigung in Österreich – ganz allgemein und von der konkreten Aufgabenstellung der Integration von Mediation losgelöst – zumeist auf Fragen der Parteistellung und der damit verbundenen Konsequenzen39 oder des Entfalls von öffentlichkeitswirksamen Verfahrensschritten40 bzw von Instanzenzügen reduziert41. Ein Blick über den nationalen Tellerrand hinaus, im gegenständlichen Zusammenhang ein weiteres Mal nach Deutschland, lässt vordergründig einen ähnlichen Meinungsstand vermuten, wenn von einzelnen VertreterInnen des Verwaltungsrechts und der Verwaltungswissenschaft einmal mehr in Frage gestellt wird, ob angesichts der Konzeption des Rechtsstaats, der die Verwaltung an das Gesetz binde und die BürgerInnen bei rechtswidrigem Verwaltungshandeln zum Kampf um ihr Recht vor die Gerichte verweise, eine konsensfähige Schlichtung unmittelbar im Verwaltungsverfahren Platz finden solle. Das Bemühen um Interessenausgleich und Akzeptanz im Verwaltungsverfahren, führe vielmehr zu einer Loslösung der Verwaltung vom Gesetz und damit zu einer Aushöhlung ihrer rechtsstaatlichen Bindung42. In diese Richtung argumentierte beispielsweise auch schon 38 Freilich, ein Blick über die Staatsgrenzen, so beispielsweise in die Schweiz, macht rasch deutlich, dass dies, bei durchaus vergleichbaren Rechtssystemen, nicht so sein muss. In der Schweiz ermöglicht nämlich Art 33b VwVG auf der Bundesebene den Eingang von konsensualen, mediativen Prozessen in das Verwaltungsverfahrensrecht. Siehe etwa Thomas Pfisterer, Art 33b VwVG, in: Christoph Auer et al (Hg), Kommentar zum Bundesgesetz über das Verwaltungsverfahren (2008) Rz 1 ff; auch Isabelle Häner, Prozessieren im Öffentlichen Recht, Anwaltsrevue 2009, 177. 39 Siehe zB Peter Bußjäger, Der Rückzug des Rechts aus dem Gesetzesstaat (1996) 80 ff; Stephan Schwarzer, Die Beschleunigung von Genehmigungsverfahren als wirtschafts- und umweltpolitisches Anliegen, in: ders (Hg), Die Beschleunigung von Betriebsanlagengenehmigungen (1997) 4. 40 Vgl die Diskussion im Rahmen einer weiteren Novelle zum UVP-G, 236 BlgNR 24. GP, wonach die Durchführung einer mündlichen Verhandlung dann unterbleiben könne, wenn keine begründeten Bedenken in einer Stellungnahme gem § 9 Abs 5 UVP-G bestehen oder der Antrag gem § 44a AVG kundgemacht wurde, innerhalb der Ediktalfrist keine Einwendungen gegen das Vorhaben abgegeben wurden und die Behörde die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung nicht zur Erhebung des Sachverhaltes für erforderlich erachte. 41 Rudolf Donninger, Bisherige Bemühungen des Bundesgesetzgebers zur Beschleunigung der Genehmigungsverfahren, in: Stephan Schwarzer (Hg), Die Beschleunigung von Betriebsanlagengenehmigungen (1997) 53 f. 42 Hiezu überblicksmäßig Thomas Würtenberger, Akzeptanz durch Verwaltungsverfahren, NJW 1991, 259.
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Einleitung
uhmann, der in seinen Darlegungen zur Legitimation durch Verfahren das L Verwaltungsverfahren von BürgerInnenbeteiligung freistellen wollte, damit der Entscheidungsspielraum der Verwaltung nicht eingeschränkt werde. „Im Ganzen dürfte die bürokratische Verwaltung, die mit den nötigen finanziellen und kompetenzmäßigen Mitteln ausgestattet und vom Konsens der Betroffenen weitgehend unabhängig ist, die leistungsfähigere sein, weil ihre Arbeitsweise konsequent und funktionsspezifisch auf die Bearbeitung bestimmter Entscheidungsprogramme zugeschnitten werden kann.“43 Mit diesen Argumenten ist die Diskussion in Deutschland jedoch keineswegs erschöpft. Vielmehr wird solchen Ansichten entgegengehalten, dass mit den traditionellen Instrumenten vielfach kein Staat mehr zu machen sei. Lange Verfahrensdauern und mangelnde Akzeptanz der behördlichen Entscheidungen machen ein Umdenken erforderlich44. Beschleunigungsmaßnahmen, die auf eine Verkürzung von Instanzenzügen oder die Beschneidung von subjektiven Rechten hinaus laufen, seien hiefür nur bedingt geeignet, Abhilfe zu schaffen45. Hingegen komme es gerade dort, wo massive Interessengegensätze sichtbar werden, auf eine frühzeitige und umfassende Beteiligung der Öffentlichkeit an, die bereits von den VorhabensträgerInnen aktiv – auch mit Hilfe von KonfliktmittlerInnen – in den Planungsprozess berücksichtigt werden sollte46. Diesen Überlegungen trug eine Expertenkommission zur Vereinfachung und Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren mit Blick auf die Situation in den USA die Möglichkeit des Einsatzes privater VerfahrensmittlerInnen, möglicher43 Niklas Luhmann, Legitimation durch Verfahren (1969) 209. 44 Hermann Pünder, Verwaltungsverfahren, in: Hans-Uwe Erichsen/Dirk Ehlers (Hg), Allgemeines Verwaltungsrecht14 (2010) § 16 Rz 1. 45 Winfried Brohm, Beschleunigung der Verwaltungsverfahren – Straffung oder konsensuales Verwaltungshandeln? – Zugleich ein Beitrag zu den Voraussetzungen der „Mediation“ in den USA und den strukturellen Unterschieden zwischen amerikanischem und deutschem Recht, NVwZ 1991, 1029; Horst Zilleßen, Das politische, gesellschaftliche und rechtliche Umfeld für Umweltmediation in Deutschland, in: ders (Hg), Mediation. Kooperatives Konfliktmanagement in der Umweltpolitik (1998) 67 ff; Volkmar Wagner/Matthias Engelhardt, Mediation im Umwelt- und Planungsrecht als Alternative zur behördlichen oder gerichtlichen Streitentscheidung, NVwZ 2001, 371. 46 Wolfgang Hoffmann-Riem, Verwaltungsrechtsreform – Ansätze am Beispiel des Umweltschutzes, in: ders et al (Hg), Reform des Allgemeinen Verwaltungsrechts. Grundfragen (1993) 157 f; Nicolai Dose, Ursachen für langandauernde Genehmigungsverfahren, in: ders et al (Hg), Beschleunigung von Genehmigungsverfahren. Vorschläge zur Verbesserung des Industriestandortes Deutschland (1994) 102 ff; neuerdings – als Folge von „Stuttgart 21“ – etwa Reinhard Wulfhorst, Konsequenzen aus „Stuttgart 21“: Vorschläge zur Verbesserung der Bürgerbeteiligung, DÖV 2011, 584.
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Einführung
weise auch neben oder anstelle einer behördlichen Projektmanagerin bzw eines solchen Projektmanagers, Rechnung47. Dabei ging die Kommission davon aus, dass neben einer Regelbeschleunigung48 auch eine zusätzliche nachfragegerechte Sonderbeschleunigung nach Wahl eingeführt werden sollte, um den InvestorInnen die Möglichkeit einzuräumen, rascher auf den Markt zu kommen und im Wettbewerb besser zu bestehen49. Die privaten VerfahrensmittlerInnen sollten im Einvernehmen mit allen Beteiligten durch die Behörde oder eine/n private/n Verfahrensbeteiligte/n bestellt werden und als unabhängige Stelle außerhalb der öffentlichen Verwaltung an der Erarbeitung einer für alle akzeptablen Lösung mithelfen oder eine solche vorschlagen. Das hiebei angedachte Anforderungsprofil richtet sich vor allem auf einen umfassenden Interessenausgleich, wodurch letztlich die Widerstände ausgeräumt werden sollen50. Somit rückte im letzten Dezennium die Zuhilfenahme von externen, privaten Dritten als ProjektmanagerInnen und als VerwaltungshelferInnen im Rahmen von Genehmigungsverfahren in den Mittelpunkt der Auseinandersetzungen51. Es wird folglich eine Strömung erkennbar, die zur Teilprivatisierung des Verwaltungsverfahrens tendiert, um eine staatsentlastende Wirkung zu entfalten. Die Einordnung als Instrument der Verfahrensökonomie sowie die dogmatische Klassifikation als Verwaltungshilfe oder Beleihung weisen in diese Richtung. Letztlich ist dies der Anknüpfungspunkt für weiter gehende Überlegungen einer Integration von Mediation im verwaltungsrechtlichen Verfahren. Entscheidend hiefür war jedoch auch, dass der Gesetzgeber in einigen Fachgesetzen des Umwelt- und Planungsrechts „Trojaner“ – hier in einem durchaus positiven Sinn gemeint – eingeschleust hat, die den Einsatz von Mediation denkbar und rechtlich zulässig erscheinen lassen. Konkret handelt es sich um die Bestimmungen der §§ 2 Abs 2 der 9. BImSchV52, 47 Bundesministerium für Wirtschaft (Hg), Investitionsförderung durch flexible Genehmigungsverfahren. Bericht der Unabhängigen Expertenkommission zur Vereinfachung und Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren (1994) Rz 284. 48 Siehe insbesondere BMfW (Hg), Investitionsförderung Rz 210 sowie 2.I.A. 49 BMfW (Hg), Investitionsförderung Rz 211. 50 BMfW (Hg), Investitionsförderung Rz 284; siehe aber auch 2.I.A. 51 Wilfried Erbguth, Die Zulässigkeit der funktionalen Privatisierung im Genehmigungsrecht, UPR 1995, 369. 52 Im Überblick bei Nicolai Dose, Die verhandelnde Verwaltung. Eine empirische Untersuchung über den Vollzug des Immissionsschutzrechts (1997) 181 ff; weiters Sünderhauf, Mediation 185 ff; Hellriegel, Mediation 141; Hans D. Jarass, Bundes-Immissionsschutzgesetz. Kommentar unter Berücksichtigung der Bundes-Immissionsschutzverordnungen, der TA Luft sowie der TA Lärm9 (2012) § 10 Rz 20 f.
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Einleitung
4b BauGB53, 5 UVPG54 und – wenngleich mittlerweile aufgehoben – 71c VwVfG55. Nicht ausgespart werden soll – obwohl letztlich nicht in Gesetzeskraft erwachsen – § 89 UGB-KomE, der im Verfahren zur Vorbereitung der gebundenen Vorhabensgenehmigung ausdrücklich vorsieht, dass durch Ausgleich zwischen den Beteiligten eine einvernehmliche Lösung mit Hilfe einer Verfahrensmittlerin bzw eines Verfahrensmittlers angestrebt werden soll56. Abschließend kann – um die Aktualität des Themas in Deutschland zu unterstreichen – noch auf zwei derzeit bewegende Themenbereiche verwiesen werden. Zum einen hat sich an den heftigen Protesten gegen das Bahnprojekt „Stuttgart 21“ wieder einmal eine lebhafte Diskussion für und wider einer breiter angelegten BürgerInnenbeteiligung entfacht. Das Spektrum der in der dt Literatur hiezu veröffentlichten Überlegungen reicht demnach von der Mahnung zur Gelassenheit, über die Aufwertung der klassischen Verfahren der BürgerInnenbeteiligung mittels Dialogverfahren und Mediation bis hin zum Einsatz direktdemokratischer Instrumente bei der Zulassung von Infrastrukturvorhaben57. Zum anderen macht das im Sommer 2012 be53 Hiezu BMfW (Hg), Investitionsförderung Rz 284; Michael Krautzberger, § 4b, in: Werner Ernst et al, Baugesetzbuch. Kommentar I (Stand 2008) Rz 19 f; Holznagel/Ramsauer, in: Haft/Schlieffen (Hg), Handbuch2 Rz 83. 54 Siehe etwa Peter Nisipeanu, Das Scoping-Verfahren nach § 5 UVPG – Dargestellt an (ab)wasserwirtschaftlichen Genehmigungsverfahren, NVwZ 1993, 321; Wilfried Erbguth/Alexander Schink, § 5, Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung. Kommentar2 (1996) Rz 24; so auch Bernd Köster, Die Privatisierung des Bauleitplanverfahrens und der Einsatz von Mediation in den Beteiligungsverfahren (2002) 173; Winfried Haneklaus, § 5, in: Werner Hoppe (Hg), UVPG. Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung. Kommentar – Gesetzestexte2 (2002) Rz 3; Bargen, EuR 2008, 206; Holznagel/Ramsauer, in: Haft/Schlieffen (Hg), Handbuch2 Rz 52; Zilleßen, in: Haft/Schlieffen (Hg), Handbuch2 Rz 46 f. 55 Siehe ua BT-Drs. 13/3995, 8; Henning Jäde, Beschleunigung von Genehmigungsverfahren nach dem Genehmigungsverfahrensbeschleunigungsgesetz, UPR 1996, 366; Würtenberger, Akzeptanz 119; Joachim von Bargen, Außergerichtliche Streitschlichtungsverfahren (Mediation) auf verwaltungsrechtlichem Gebiet in rechtsvergleichender Perspektive, EuR 2008, 206; Holznagel/Ramsauer, in: Haft/ Schlieffen (Hg), Handbuch2 Rz 59. 56 Siehe BMfUNR (Hg), UGB-KomE; Christian Schrader, Die Vorhabengenehmigung im Kommissionsentwurf für ein Umweltgesetzbuch, NuR 1998, 288 sowie 290; Hellriegel, Mediation 162 ff. 57 Überlegungen hiezu etwa von Thomas Groß, Stuttgart 21: Folgerungen für Demokratie und Verwaltungsverfahren, DÖV 2011, 512 ff; Rudolf Steinberg, Die Bewältigung von Infrastrukturvorhaben durch Verwaltungsverfahren – eine Bilanz, ZUR 2011, 346 ff; Wulfhorst, DÖV 2011, 581; Matthias Knauff, Öffentlichkeitsbeteiligung im Verwaltungsverfahren, DÖV 2012, 1 ff.
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Einführung
schlossene Gesetz zur Förderung der Mediation58 eine Auseinandersetzung mit der (gerichtsinternen bzw richterlichen) Mediation59 im Kontext mit verwaltungsgerichtlichen Verfahren notwendig60.
II. Untersuchungsziele und Gliederung Der Einsatz der Mediation als konsensual-partizipatives Konfliktbearbeitungsinstrument im öffentlichen Bereich stellt in Österreich zweifelsohne kein Novum mehr dar. Dennoch kann von einem gesettelten Verfahren nicht gesprochen werden61. Zu viele unbekannte Variablen scheinen nach wie vor deren Entwicklung zu hemmen. Deutlich wird diese Annahme mit Blick auf die Ergebnisse erster Befragungen von Interessierten an und TeilnehmerInnen von Mediationsverfahren. Diese zeigen nämlich, dass Bedenken hinsichtlich solcher Instrumentarien gerade auf Grund mangelnder Allgemeininformationen und vor allem auch wegen der fehlenden Klarheit bei der Umsetzung der Verhandlungsergebnisse im Behördenverfahren bestehen62. Daraus lässt sich schließen, dass die dieser Verfahrensart entgegengebrachte Akzeptanz davon abhängt bzw abhängen wird, wie sehr es zukünftig gelingen mag, die Möglichkeiten und Schranken für deren Einsatz im Zusammenhang mit den förmlichen Verfahren offenzulegen und letztlich den einvernehmlich getroffenen Vereinbarungen Verbindlichkeit – vielleicht sogar über die privatrechtliche Ebene hinaus – zu verleihen. Ein solcher umfassender Reflexionsprozess hat bisher in der österreichischen Rechtswissenschaftslandschaft jedenfalls nicht stattgefunden. Dabei gilt jedoch die Notwendigkeit für eine systematisch-methodische Aufarbeitung umso mehr, wollte der Gesetzgeber, eine Intention übrigens, die ihm angesichts der Ausführungen zu den Regelungen im UVP-G durchaus zugedacht werden kann, Mediation auch im Umfeld des öffentlichen Rechts heimisch werden lassen.
58 Gesetz zur Förderung der Mediation und anderer Verfahren der außergerichtlichen Konfliktbeilegung vom 21. Juli 2012, BGBl I S 1577. 59 Hiezu etwa Martin Ahrens, Mediationsgesetz und Güterichter – Neue gesetzliche Regelungen der gerichtlichen und außergerichtlichen Mediation, NJW 2012, 2465. 60 Siehe unten 2.V.B. 61 Hingegen konstatieren Dirk Meuer/Markus Troja, Mediationsverfahren im öffentlichen Bereich. Ein Blick auf die Entwicklung der Verfahrenslandschaft in Deutschland 1996-2002, ZKM 2004, 80, für Deutschland, „dass der Einsatz von Mediation im öffentlichen Bereich über sporadische Anwendungen hinausgeht und bereits als eine alternative Möglichkeit der Konfliktregelung erkannt wird.“ 62 Zieher/Reidl, Umweltmediation 61 f.
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Ziel dieser Untersuchung muss es daher sein, einen Beitrag zu leisten, der einerseits mithelfen kann, vorhandene Hindernisse zwischen normativen Ansprüchen und einem innovativen Verfahrensinstrument aufzuzeigen und gegebenenfalls auszuräumen. Andererseits sind Aussagen zu treffen, auf deren Grundlage die gesicherte und komplikationslose Implementierung konsensualer Streitbeilegungsmechanismen betrieben63 und die rechtlich fassbar gemachte Berücksichtigung ihrer Ergebnisse erzielt werden können64. Diesem Unterfangen wird aber nur dann Erfolg zu bescheinigen sein, wenn es insbesondere festzustellen gelingt, welchen Platz diese Verfahren in der geltenden Rechtsordnung einnehmen (können), wo de lege lata ihre rechtlichen Schranken sind und was zu unternehmen ist, um ein vorhersehbares Maß an Rechtssicherheit gewährleisten zu können. Unerlässlich ist dafür die Abarbeitung eines umfangreichen Fragen- bzw Zielkatalogs. So sind zum einen die Unterschiede zu den herkömmlichen Verfahrensarten („prozessförmige“ Verwaltungsverfahren versus konsensuale Konfliktregelungsverfahren) darzustellen und den Chancen und Grenzen von Mediationsverfahren nachzuspüren. Darüber hinaus sind die Erwartungen der behördlichen EntscheidungsträgerInnen sowie deren Einstellung gegenüber konsensual-partizipativen Verfahren zu eruieren, um so Aufschlüsse zum Verhalten und Umgang der Behörde zu erhalten. Zum anderen wird zu hinterfragen sein, welche Handlungsalternativen das Verfahrens- sowie das Organisationsrecht tatsächlich zur Verfügung stellen, um konsensuale Prozesse näher an das förmliche Verfahrensrecht heranzubringen oder sie gar in den förmlichen Verfahrensablauf zu integrieren. Und schließlich wird die Frage zu beantworten sein, inwieweit die österreichische Rechtsordnung es überhaupt zulässt, die erzielten Verhandlungsergebnisse in das politisch-administrative Entscheidungssystem einzubinden und den Ergebnissen über die privatrechtliche Dimension hinaus Rechtswirkungen einzuräumen. Bei all den diesbezüglich anzustellenden Überlegungen sind freilich die Prämissen von zentraler Bedeutung, wonach hiebei weder der Grundsatz der Gesetzesbindung noch der dem österreichischen Verwaltungsrecht immanente Schutzzweck des Gemeinwohls sowie der Rechtsstaatlichkeit unterlaufen werden dürfen. Demzufolge ist außerdem die bloß schwer verrückbare Determinante, dass Mediationsverfahren de lege lata die hoheitliche Entscheidungspflicht nicht verdrängen können, nicht aus den Augen zu verlieren. Ebenso dürfen die Grundsätze der Mediation (Freiwilligkeit, All63 Zur Herausforderung vgl Hoffmann-Riem, Konfliktmittler 51. 64 Peter Böhm, Mediationsverfahren in Österreich, in: Jürgen Nautz et al (Hg), Das Rechtssystem zwischen Staat und Zivilgesellschaft. Zur Rolle gesellschaftlicher Selbstregulierung und vorstaatlicher Schlichtung (2001) 167.
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parteilichkeit, eigenverantwortliche Konsensfindung, Machtgleichgewicht65) nicht ausgehöhlt werden, um deren wirkungsvolle Besonderheit nicht ins Gegenteil zu kehren. Dementsprechend soll mit dieser Arbeit auch nicht die Verrechtlichung des Mediationsverfahrens selbst, sondern vielmehr die Sicherung der Mediation als Verfahrenshandlung und ihrer Ergebnisse erreicht werden. Methodisch umgesetzt wird dieses Vorhaben schlussendlich in drei Schritten. Demnach werden einleitend mit Hilfe eines empirischen Teils Einblicke in die Mediationspraxis freigelegt, an welche sodann die juristische Expertise angeknüpft werden kann. Bei letzterer wird indessen nicht allein auf die österreichischen Gegebenheiten abgestellt, sondern werden zuerst die bisher wesentlich intensiver diskutierten Entwicklungen in Deutschland analysiert. Dergestalt aufgezäumt erscheint in weiterer Folge sichergestellt, die rechtlichen Herausforderungen möglichst erschöpfend beschreiben und schließlich hinreichend aufarbeiten zu können. Die Arbeit selbst ist folglich in drei Teile gegliedert. Neben der Begriffsbestimmung der Mediation im öffentlichen Bereich und den Ausführungen zum idealtypischen Ablauf eines mediativen Prozesses vervollständigt ein verwaltungswissenschaftlicher Abschnitt den ersten Teil. Dabei wurde, um zumindest Anhaltspunkte für die Einschätzung der Einsatzgebiete und der Leistungsfähigkeit von Mediationsverfahren in Österreich zu erhalten, versucht, mit Hilfe empirischer Methoden (Tiefeninterviews und Fragebogen) bereits durchgeführte und abgeschlossene Mediationsverfahren zu evaluieren. Im Vordergrund standen dabei insbesondere die Erzielung von rechtspraktischen Erkenntnissen über die Anbindung von Mediationsverfahren an das behördliche Entscheidungsverfahren sowie die Umsetzung der Mediationsergebnisse. Als Zielgruppen wurden hiefür die MediationsteilnehmerInnen und vor allem auch die politisch-administrativen EntscheidungsträgerInnen identifiziert, die an einem Mediationsverfahren beteiligt bzw in ihrer Entscheidungsfindung mit einem solchen Verfahren befasst waren. Der zweite Teil ist zur Gänze den einschlägigen Überlegungen und Gesetzesvorhaben in Deutschland gewidmet. Der Hintergedanke bei der Auswahl dieses Staats war nicht allein in der Ähnlichkeit der normativen Modelle mit ihrer jeweils starken gesetzlichen Vorprogrammierung des Verwal65 Trotz aller Bemühungen in der Mediation ein Machtgleichgewicht herstellen zu wollen, müssen freilich – wie es Peter Heintel, Mediation als Widerspruchsmanagement, in: Gerhard Falk et al (Hg), Das Mediationsverfahren am Flughafen Wien-Schwechat. Dokumentation, Analyse, Hintergrundtheorien (2006) 158, eindrücklich dargestellt hat („Gleichheitsideologien verschleiern so eher auch die Rahmenbedingungen, unter denen die Mediation steht, und verhindern die Thematisierung realer Machtverhältnisse und ihre Bedeutung für den Prozess.“) – die mitgebrachten Machtunterschiede stets ins Verfahrenskalkül einbezogen werden.
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tungshandelns gelegen, sondern insbesondere in der intensiven Auseinandersetzung mit kooperativen und konsensualen Prozessen über einen Zeitraum von mittlerweile rund dreißig Jahren. Den Ausgangspunkt dieses Teils der Untersuchung bildet das „informelle Handeln“, das längst zu einem Synonym für informale, kooperative und konsensuale Handlungsformen der Verwaltung geworden ist. Weiters werden die verfassungsrechtlichen Eckpunkte dargestellt, nach denen sich Gesetzgeber und Verwaltung beim Einsatz von MediatorInnen und bei der partizipativen Entscheidungsvorbereitung zu richten haben. Sodann sind das Verhältnis von Mediation und Verwaltungsverfahren, die Integrationsversuche im Hinblick auf das VwVfG sowie einzelne Fachgesetze und Antworten auf Einzelfragen zur Beiziehung von MediatorInnen und zur Umsetzung von Mediationsvereinbarungen Gegenstand dieses Abschnitts. Ein Exkurs zu den Rechtsschutzverfahren (Widerspruchsverfahren und Verwaltungsgerichtsbarkeit), die ebenfalls durch mediative Konfliktbearbeitungsangebote angereichert werden (sollen), beschließt diesen Teil. Ähnlich gestaltet sich schließlich der Aufbau des dritten Abschnitts. Dabei wird der bereits zuvor herausgearbeitete Prüfraster quasi über die untersuchungsrelevanten Teile der österreichischen Rechtsordnung gelegt. So bildet die (verfassungs-)rechtliche Einordnung von MediatorInnen in das hoheitliche Verwaltungsgeschehen (Verwaltungshilfe und Beleihung) einen ersten inhaltlichen Schwerpunkt. Zudem wird auf das informelle, dialogische Verwaltungshandeln, ein nach wie vor in der österreichischen Diskussionslandschaft wenig ausgeleuchtetes Phänomen, und insbesondere auf die informellen Verständigungen und Aushandlungsprozesse im Zuge von Einzelfallregelungen und im Zusammenhang mit abstrakt-generellen Normen eingegangen. Damit hängen die Überlegungen zum Verwaltungsrechtsverhältnis und letztlich die Fragen zur Partizipation an der hoheitlich agierenden Verwaltung eng zusammen. Dies führt wiederum zur Feststellung, dass eine jede Mediation darauf ausgerichtet ist, einen bestehenden Konflikt aufzuarbeiten und gemeinschaftlich Regelungen für die Zukunft zu schaffen. In welche Form die Ergebnisse zu bringen sind, hängt vom Willen der Beteiligten genauso ab wie vom zu bearbeitenden Sachgebiet. Auch wenn im Zusammenhang mit Konflikten im öffentlichen Bereich der Konsens oftmals auf Empfehlungen basiert, die an private und politische EntscheidungsträgerInnen adressiert sind, darf nicht voreilig angenommen werden, dass es am Wunsch nach Verbindlichkeit mangelt. Insoweit könnte – was zu prüfen sein wird – eine Möglichkeit darin bestehen, an die kooperative Handlungsform des verwaltungsrechtlichen Vertrags anzuknüpfen. Und schließlich ist das Verhältnis von Verwaltungsverfahren und Mediation in die Untersuchung einzubeziehen. Auf der Grundlage der zuvor gewonnenen (verfas-
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sungsrechtlichen) Erkenntnisse geht es hierin darum, die Einzelaspekte zu einem Gesamtbild zusammenzufügen. Es wird einerseits zu zeigen sein, an welchen Stellen der administrativen Erledigung Mediation „andocken“ kann und inwieweit vor allem das Verwaltungsverfahrensrecht öffnende Regelungen enthält, die eine Integration von Mediation erlauben.
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1. TEIL Begriffs- sowie Funktionsklärung und Fallstudie I. Zur begrifflichen Orientierung und Abgrenzung des Untersuchungsgegenstands Eine allgemeingültige Begriffsbestimmung oder gar eine Legaldefinition von Mediation im öffentlichen Bereich ausfindig zu machen, ist selbst bei einem Studium der jüngeren einschlägigen Fachliteratur nach wie vor nicht möglich66, wodurch jedoch auch ein Umstand gegeben erscheint, der insbesondere eine Einordnung und Ausdifferenzierung von als Mediationsverfahren bezeichnete Prozesse und somit eine Vergleichbarkeit solcher Projekte nicht unbedingt erleichtert. Nichtsdestotrotz lassen sich aus Theorie und Praxis im Großen und Ganzen übereinstimmende Prinzipien und Charakteristika herausarbeiten, die den Einsatz der Mediation in diesem Bereich nicht nur beschreiben, sondern auch eine weitgehend konsentierte Abgrenzung gegenüber anderen partizipativen Verfahren sowie gegenüber weiteren Betätigungsfeldern der Mediation erlauben. A. Definitionsvorschläge für Mediation
An Definitionsversuchen mangelt es freilich nicht. Vielmehr kann aus einer Fülle an sowohl kurzen und prägnanten Begriffsbestimmungen als auch an ausführlichen Beschreibungen – unterfüttert mit Verfahrensprinzipien – gewählt werden67. Mediation wird dabei einmal als soziale Technik, als Tätig66 So schon Zieher, Umweltmediation 9 oder Dirk Meuer/Markus Troja, Mediation im öffentlichen Bereich – Status und Erfahrungen in Deutschland 1996-2002. Abschlussbericht eines Forschungsprojektes im Rahmen des DFG-Schwerpunktprogramms „Mensch und globale Umweltveränderungen“ (2004) 12, www.mediatorgmbh.de/data/downloads/projekte_forschung_bericht_dfg.pdf [12/2012]; dies, ZKM 2004, 79. 67 Eine Zusammenstellung bietet beispielsweise Gerhard Falk, in: Elisabeth Töpel/ Alfred Pritz (Hg), Mediation in Österreich. Die Kunst der Konsensfindung2 (2005) 27 ff.
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Begriffs- sowie Funktionsklärung und Fallstudie
keit, als freiwillige Selbstregulierung von Konflikten oder ein anderes Mal als alternatives, außergerichtliches Verfahren bezeichnet. Die Definitionen geben also auf den ersten Blick kein einheitliches Bild wieder. Es bedarf schon einer Zusammenschau, um die Grundsätze sichtbar zu machen. So ist etwa für Fietkau68 Mediation „eine soziale Technik, mit deren Hilfe (Interessen)Konflikte zwischen zwei oder mehr Parteien unter Hinzuziehung einer/eines neutralen Dritten zur Sprache gebracht, geklärt und möglicherweise beigelegt werden sollen. Das Ziel des Mediationsverfahrens besteht in der Suche nach Problemlösungen, die für alle am Konflikt Beteiligten akzeptabel sind.“ Aus den Standards für Umweltmediation des Fördervereins Mediation im öffentlichen Bereich69 wiederum lässt sich die Kernaussage herauslesen, dass „Mediationsverfahren freiwillige, strukturierte Verfahren seien, in denen die von einem Vorhaben betroffenen Bürger und Institutionen unter Hinzuziehung allparteilicher Dritter (MediatorInnen) versuchen, selbstbestimmte und von allen Beteiligten getragene Lösungen oder Regelungen für Konflikte zu erarbeiten.“ In enger Anlehnung an Breidenbach70 verstehen Kerschner et al71 unter Mediation „die Einschaltung eines neutralen unparteiischen Dritten in den Konflikt, der sowohl verfahrens- als auch ergebnisorientiert eingreift und die Parteien bei ihren Verhandlungs- und Lösungsversuchen unterstützt, jedoch über keine eigene Entscheidungskompetenz verfügt.“ In § 1 Abs 1 ZivMediatG72, der übrigens einzigen diesbezüglichen österreichischen Legaldefinition, ist von Mediation als eine auf Freiwilligkeit der Parteien beruhende Tätigkeit die Rede, „bei der ein fachlich ausgebildeter, neutraler Vermittler (Mediator) mit anerkannten Methoden die Kommunikation zwischen den Parteien systematisch mit dem Ziel fördert, eine von den Parteien selbst verantwortete Lösung ihres Konflikts zu ermöglichen.“ Und Hütter73 schließlich spricht von einem „effizienten und klar strukturierten Konfliktregelungsverfahren, in dem zwei oder mehrere Konfliktparteien versuchen, gemeinsam eine faire und zukunftsorientierte Lösung kooperativ zu erarbeiten.“ 68 Fietkau, Leitfaden 6. 69 Siehe umweltmediation.info/menue/standards/entstehung [10/2010]. 70 Stephan Breidenbach, Mediation. Struktur, Chance und Risiken von Vermittlung im Konflikt (1995) 4. 71 Kerschner et al, Umweltmediation 14. 72 BGBl I 29/2003. 73 Anton Hütter, Was ist Mediation im öffentlichen Bereich, in: Anton Hütter / Sigbert Riccabona (Hg), Mediation im öffentlichen Bereich. Ein effizientes Instrument der Entscheidungsfindung für die Arbeit in der Gemeinde (2005) 11.
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Zur begrifflichen Orientierung und Abgrenzung des Untersuchungsgegenstands
Was lässt sich nun an Grundsätzlichem herausdestillieren? Als unbestritten kann angenommen werden, dass Mediation eine Form der Konfliktbearbeitung ist. Eine solche erfolgt in einem strukturierten Verfahren, an dem zumindest zwei Konfliktparteien unmittelbar teilnehmen und das von einer/einem vermittelnden, in der Sache selbst nicht involvierten Dritten gestaltet und geführt aber nicht entschieden wird. Ziel ist es, dass die Konfliktparteien selbstbestimmte und auch selbstverantwortete Regelungen erarbeiten, um damit eine Beilegung ihrer Auseinandersetzung zu ermöglichen74. Diese Grundaussagen genügen für einen ersten Positionierungsversuch. Für eine – nicht nur iS dieser Untersuchung – hilfreiche Einordnung reichen sie jedoch noch nicht. Gerade unter dem Aspekt der Vertrauensbildung in ein – mittlerweile wohl nicht mehr gänzlich neues – Verfahren mögen Aussagen wie „jeder Definitionsversuch ist als vorläufig zu betrachten“ oder „je ausführlicher die Definition, desto mehr zusätzliche Fragen treten zutage und dies könne Verunsicherung bei den AdressatInnen und politisch Verantwortlichen auslösen und daher schaden“ überzeugen vor allem auch vor dem Hintergrund der in diesem Zusammenhang gerne apostrophierten Zivilgesellschaft nicht (mehr). Nunmehr gilt es also, das Instrument darzustellen und vor allem für potentiell Betroffene transparent zu machen75, um schließlich eine eindeutige Abgrenzung zu anderen – mitunter auch mediationsähnlichen bzw mit mediativen Elementen angereicherten – Verfahrenstypen gewährleisten zu können. Dieser Schritt soll freilich nicht als Plädoyer für ein finales Festschreiben, ein Versteinern, verstanden werden, wissend, dass einem Mediationsverfahren ua ein hohes Maß an Flexibilität und Kreativität eigen ist. Dies ändert aber wiederum nichts an der Tatsache, dass auch neuen „Phänomenen“ Prinzipien zugeordnet sind, die sie erst zu dem werden lassen, als was sie letztlich beschrieben werden. Eine solche ausführliche Darstellung nehmen beispielsweise Meuer/ Troja76 vor, indem sie aus verschiedenen Definitionen nachstehende „Elemente als Charakteristika für eine idealtypische Mediation“ herausschälen. Ihrer Meinung nach sind Mediationsverfahren Prozesse, „in denen ausgehend von einem abgegrenzten Konflikt die Vertreter der Konfliktparteien freiwillig, größtenteils in direkter face-to-face Kommunikation, unter Lei74 Zur Differenzierung von Konfliktlösung und Konfliktbeilegung siehe Breidenbach, Mediation 5 f. 75 Nach Meinung von Nadja Alexander, Mediation: ein Metamodell, perspektive mediation 2004, 72, fördert die Entwicklung von Praxisstandards und Regulierungen den Qualitätsanspruch in der Mediation. „Vorrausetzung dafür ist ein klares Verständnis, was Mediation ist und was nicht“. 76 Meuer/Troja, Mediation 13 f.
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tung eines neutralen Mediators, auf den sich alle Parteien haben einigen können und der die Struktur des Verfahrens vorschlägt, aufrecht erhält und für den Prozess verantwortlich ist, in einem strukturierten Kommunikationsprozess durch verhandeln und argumentieren den Konflikt gemeinsam bearbeiten mit dem Ziel einer teilweisen oder vollständigen und von allen getragenen Lösung“. Meuer/Troja grenzen demnach den Konflikt weiter ein, streichen die Freiwilligkeit der Einlassung auf dieses Verfahren als Kommunikations- und Verhandlungsprozess heraus und benennen als Ziel einen gemeinsam erarbeiteten Konsens. Darüber hinaus identifizieren sie gestützt auf Vorarbeiten von Zilleßen77 und des Fördervereins Mediation im öffentlichen Bereich als weitere idealtypische Merkmale die Ergebnisoffenheit des Verhandlungsgegenstands (= keine inhaltlichen Vorgaben), den unbeschränkten Zugang zu entscheidungsrelevanten Informationen für alle Parteien, die Beteiligung aller Konfliktbetroffenen sowie die grundsätzliche Vertraulichkeit von Mediationsverfahren78. Meuer/Troja gelangen schließlich zu dem Ergebnis, dass es solche idealtypischen Verfahren in der Realität kaum gebe und in aller Regel Abstriche in die eine oder andere Richtung in Kauf genommen würden79. Dies muss gerade, ja vor allem, für Mediationsverfahren im öffentlichen Bereich gelten. Die Gründe hiefür sind mannigfaltig. Allein schon die Tatsachen, dass sich hiebei nicht ausschließlich Parteien des Privatrechts gegenüber stehen und es zur Umsetzung der Vereinbarungen politischer und/oder administrativer Entscheidungen bedarf, denen gegebenenfalls ein eigenes förmliches Verfahren vorangestellt sein muss, erfordern ein adaptiertes Mediationsmodell. Auch die Arbeit in einem Vielparteienkonflikt oder der vertrauliche Umgang mit Informationen verlangen angesichts der Forumsgröße und der politischen Dimension solcher Projekte andere Herangehensweisen als beispielsweise eine Familienmediation. B. Mediation im öffentlichen Bereich
Bevor die Kennzeichen und Besonderheiten der Mediation und ihres Verfahrens im öffentlichen Bereich hervorgehoben werden, soll der in dieser Arbeit bisher als ganz selbstverständlich verwendete Begriff geklärt werden. Dies scheint mitunter vonnöten, da weiterhin der aus dem Englischen – „en77 Horst Zilleßen, Mediation als kooperatives Konfliktmanagement, in: ders (Hg), Mediation. Kooperatives Konfliktmanagement in der Umweltpolitik (1998) 18. 78 Abschlussbericht zum Projekt „Implementierung der Umweltmediation in Deutschland“, hrsg vom Förderverein Mediation im öffentlichen Bereich e.V. (2001) 3 f. 79 Meuer/Troja, Mediation 14.
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vironmental mediation“ – übernommene Terminus „Umweltmediation“80 für die Behandlung von Konflikten etwa bei der Realisierung von Infrastrukturprojekten, bei der Definierung von Nutzungsinteressen in Naturschutzgebieten auch bei Standortkonflikten, wo der Bau oder Ausbau von Industrie- bzw Gewerbebetrieben zur Diskussion steht, gebräuchlich ist, jedoch mittlerweile zu Recht als zu eng81 und nicht zielführend eingestuft wird. Begründet wird dies damit, dass der Begriff Umweltmediation auf Grund seiner Nähe zum Umweltschutz im engeren Sinn missverständlich und irreführend ist. Zutreffend ist vielmehr, dass der Umweltschutz einen – durchaus auch wichtigen – in der Mediation berücksichtigungswürdigen Teilaspekt darstellt, aber eben nur einen. Die ventilierten Interessen sind meist wesentlich komplexer und vielschichtiger. Die Konflikte reichen daher über eine rein ökologische Dimension weit hinaus, erfassen ökonomische sowie weitere öffentlich wirksame Themen, die sowohl staatliche als auch private Institutionen und Organisationen betreffen82. Die vom schon mehrfach zitierten Förderverein vor einigen Jahren vorgeschlagene Beschreibung „Mediation im öffentlichen Bereich“ solle demgegenüber zu realistischen und sachgerechten Vorstellungen beitragen83. Die Begriffswahl „öffentlich“ wird damit begründet, dass die Konfliktaustragung im öffentlichen Raum stattfinde und die der Mediation zugrunde liegenden Konflikte in der Öffentlichkeit diskutiert würden, wobei „Öffentlichkeit“ wiederum „den gesamten Bereich der politischen Willensbildung [beschreibe], der durch Meinungsäußerungen von Interessengruppen, Politik, Wirtschaft und Verwaltung gekennzeichnet“ sei84. So werde auch ein konstitutives und von allen anderen Anwendungsfeldern der Mediation abgrenzendes Kriterium geschaffen85. Darüber hinaus wurde die Formulierung 80 Roland Breinlinger et al, Mediation im öffentlichen Bereich: Umwelt – Wirtschaft – Politik – Soziales – eine Klärung der Begrifflichkeiten, ZKM 2000, 257. 81 So auch Zilleßen, in: Haft/Schlieffen (Hg), Handbuch2 Rz 2. 82 Breinlinger et al, ZKM 2000, 257; Marcus Hehn, Mediation im öffentlichen Bereich (Umweltmediation), in: Martin Henssler/Ludwig Koch (Hg), Mediation in der Anwaltspraxis2 (2004) 543; Zilleßen, in: Haft/Schlieffen (Hg), Handbuch2 Rz 2; jüngst Ulrike Rüssel, Grundlagen der Mediation im öffentlichen Bereich, in: Andre Niedostadek (Hg), Praxishandbuch Mediation. Ansatzpunkte und Impulse für den öffentlichen Bereich (2010) 54. 83 Siehe auch Abschlussbericht 4; Gerd Fuchs, Umweltmediation in Deutschland, in: environmental mediation in europe. 1st European Symposium. Paper (2001) 34; umweltmediation.info/menue/steckbrief/oeffentliches-konfliktmanagement [10/2010]. 84 Breinlinger et al, ZKM 2000, 257. 85 Einem Mediationsverfahren, dem ein Konflikt zwischen einer Behördenleiterin und ihrem Mitarbeiter zugrunde liegt, erfüllt demnach dieses Kriterium nicht. Hiebei handelt es sich vielmehr um eine Mediation innerhalb einer Organisation
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Begriffs- sowie Funktionsklärung und Fallstudie
Mediation im öffentlichen Bereich noch mit der Beifügung „Umwelt – Wirtschaft – Politik – Soziales“ versehen. Damit solle zum besseren Verständnis das Spannungsfeld, in dem Mediationen stattfinden, skizziert werden86. Meuer/Troja knüpfen an die Ausführungen des Fördervereins an, grenzen jedoch die ihrer Meinung nach zu weit gefasste neue Begriffsbestimmung – insbesondere hinsichtlich der Öffentlichkeit – ein. Sie schlagen nunmehr vor, es bei der Bezeichnung „Mediation im öffentlichen Bereich“ ohne dem Zusatz „Umwelt – Wirtschaft – Politik – Soziales“ zu belassen. Gegenstand der Mediation seien ihrer Meinung nach Konflikte im politisch-administrativ gestaltbaren gesellschaftlichen Bereich. Der von ihnen damit beschriebene öffentliche Raum sei sowohl als physischer iS von konkreten baulichen Projekten als auch als sozialer iS von Vorbereitung und Erstellung von Programmen zu verstehen, wodurch letztlich auch die Abgrenzung zur Sphäre des Privaten beibehalten werde. Wesentlich erscheint ihnen darüber hinaus ein weiteres Erkennungsmerkmal, um eine klare Abgrenzung zu anderen Feldern der Mediation, insbesondere zur Gemeinwesenmediation87, zu erreichen. Dieses machen Meuer/Troja in der Beteiligung von VertreterInnen aus Politik und Verwaltung aus. „Sobald Konflikte nicht oder nicht mehr auf den privaten Bereich beschränkt sind und die Einschaltung von Behörden in ihrer Gestaltungs- oder Kontrollfunktion notwendig machen, schlagen wir vor, nicht mehr von Gemeinwesenmediation, sondern von Mediation im öffentlichen Bereich zu sprechen.“88 In weiterer Folge dieser Arbeit wird – wie schon eingangs angedeutet – dieser Begriffsbestimmung, die mE als nachvollziehbar und deshalb auch als zielführend angesehen werden darf, weitgehend gefolgt. Präzisierend soll lediglich festgehalten werden, dass die zuvor genannte Beteiligung von VertreterInnen aus Politik und Verwaltung nicht mit einer Einbindung in das eigentliche Mediationsverfahren gleichgesetzt werden darf. Eine solche kann erfolgen, ist jedoch nicht Voraussetzung. Entscheidend ist vielmehr, dass die Verwirklichung von Projekten und Programmen in letzter Konse– in diesem Fall innerhalb einer Organisationseinheit der Verwaltung. Hiezu Meuer/Troja, Mediation 22. 86 Breinlinger et al, ZKM 2000, 258. Auch Zilleßen, in: Haft/Schlieffen (Hg), Handbuch2 Rz 2 f, plädiert für die Verwendung der Formulierung „Mediation im öffentlichen Bereich“, fügt dieser jedoch den Zusatz „Planen, Bauen, Umwelt“ hinzu. 87 Hiezu etwa Tilman Metzger, Gemeinwesenmediation. Von der Analyse der Justizkrise zur modernen Mediation, perspektive mediation 2004, 37 ff. 88 Meuer/Troja, Mediation 17; dies, ZKM 2004, 79. So wohl auch Thomas Flucher, Überblick Konfliktregelungsverfahren und Anwendungstypen der Mediation, in: ders et al (Hg), Mediation im Bauwesen (2003) 19, der mit der Bezeichnung „Mediation im öffentlichen Bereich“ Konflikte im Zusammenhang mit öffentlichrechtlichen Verfahren umfasst wähnt.
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quenz nicht ohne Gestaltungs-, Entscheidungs- bzw Kontrollbefugnis der Politik oder Verwaltung möglich ist89. Entsprechend der Ankündigung, nach grundsätzlich erfolgter Begriffsklärung die Kennzeichen und Eigenheiten von Mediation(-sverfahren) im öffentlichen Bereich behandeln zu wollen, darf nun gestützt auf die bereits erlangten Erkenntnisse quasi eine Annäherung an den Problemkern gewagt werden. 1. Der Konflikt
Mediation ist eine Form der Konfliktregelung und das Vorliegen eines Konflikts somit Grundvoraussetzung für deren Einsatz. Sie lässt sich – als Folge des zuvor Festgestellten – nicht ohne konflikttheoretische Grundlagen beschreiben90. a) Der Konfliktbegriff
Einen einheitlichen Konfliktbegriff gibt es bis heute nicht und dies obwohl oder gerade weil der Konfliktbegriff in allen sozialwissenschaftlichen Bereichen eine prominente Stelle einnimmt91. Drei diesbezügliche Definitionen, alle aus subjektiver Sicht, sollen hier zur Veranschaulichung der Fragestellung genügen. So versteht Röhl unter Konflikt eine Situation, „in der die Beteiligten unvereinbare Ziele anstreben und mindestens einer der Mitbewerber das Ziel auf dem Wege über die Eliminierung, Behinderung oder Bedrohung eines anderen Handlungsteilnehmers verfolgt.“92 89 Vgl hiezu auch § 1 Abs 2 ZivMediatG, worin in Anknüpfung an die Legaldefinition in Abs 1 leg cit der Begriff der Mediation in Zivilrechtssachen geprägt und somit der Geltungsbereich abgegrenzt wird. Mediation in diesem Sinn bezweckt demnach die Behandlung von Konflikten, zu deren Entscheidung abstrakt die ordentlichen Zivilgerichte zuständig sind. Siehe Sascha Ferz/Ewald Filler, Mediation. Gesetzestexte und Kommentar (2003) 29 f. 90 Zu konflikttheoretischen Grundlagen – insbesondere im Zusammenhang mit Vermittlungsstrategien – siehe ua Klaus F. Röhl, Rechtssoziologie. Ein Lehrbuch (1987) 443 ff; Breidenbach, Mediation 46 ff; Nadja Alexander, Wirtschaftsmediation in Theorie und Praxis. Eine deutsch-australische Studie (1999) 46 ff; Markus Troja, Umweltkonfliktmanagement und Demokratie. Zur Legitimation kooperativer Konfliktregelungsverfahren in der Umweltpolitik (2001) 43 ff. 91 Thorsten Bonacker, Sozialwissenschaftliche Konflikttheorien – Einleitung und Überblick, in: ders (Hg), Sozialwissenschaftliche Konflikttheorien. Eine Einführung4 (2008) 15. Siehe auch Rudolf-Christian Hanschitz, Konflikt und Konfliktbegriffe, in: Gerhard Falk et al (Hg), Handbuch Mediation und Konfliktmanagement (2005) 67; Schwaighofer, bbl 2005, 104. 92 Röhl, Rechtssoziologie 454.
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Glasl wiederum definiert einen sozialen Konflikt93 in einem sehr weit gefassten Sinn als „eine Interaktion zwischen Aktoren (Individuen, Gruppen, Organisationen usw), wobei wenigstens ein Aktor eine Differenz bzw Unvereinbarkeiten im Wahrnehmen und im Denken bzw Vorstellen und im Fühlen und im Wollen mit dem anderen Aktor (anderen Aktoren) in der Art erlebt, dass beim Verwirklichen dessen, was der Aktor denkt, fühlt oder will eine Beeinträchtigung durch einen anderen Aktor (die anderen Aktoren) erfolge.“94 Und schließlich erkennen Montada/Kals als Ausgangspunkt eines Konflikts die wahrgenommene Beeinträchtigung, Verletzung oder Gefährdung eines der Anliegen eines Subjektes (einer Person, einer Gruppe, einer Institution) durch ein anderes Subjekt. Dabei komme es aber darauf an, dass ein Subjekt das andere dafür verantwortlich mache und sein Gegenüber auffordere, die Beeinträchtigung, Verletzung oder Gefährdung des Anliegens zu unterlassen bzw wieder gut zu machen. Das Gegenüber negiere jedoch diese Aufforderung, „sodass die Beeinträchtigung, Verletzung oder Gefährdung des Anliegens fortbesteht, ohne dies mit legitimen Gründen zu rechtfertigen, ohne die Verantwortlichkeit mit einsehbaren Gründen zu bestreiten und ohne um Verzeihung zu bitten.“95 Vier Merkmale, die einen sozialen Konflikt ausmachen, werden somit sichtbar: 1. Es ist mehr als eine Person an einem interaktiven Geschehen beteiligt (Unterschied von intra- und interpersonellem Konflikt). 2. Ein solches Geschehen wird von zumindest einer Person als Beeinträchtigung der eigenen Bedürfnisse/Interessen/Gefühle wahrgenommen. 3. Die Beeinträchtigung wird als störend bzw hindernd empfunden (Unvereinbarkeit). 4. Mit der Interaktion wird die Beeinträchtigung realisiert. In welcher Erscheinungsform Konflikte letztendlich auftreten – in der Praxis wohl stets gemischt96 – muss abhängig von der Konfliktarena (mikro-, meso-, makrosozialer Raum), vom Konfliktinhalt (Sach-, Beziehungs-, Wert-, Interessen-, Strukturkonflikt) und von den beteiligten AkteurInnen (inter- und intrapersonelle Konflikte, Intergruppenkonflikt97) im Wege ei93 Die Beifügung „sozial“ schränkt den Konfliktbegriff auf interpersonelle Auseinandersetzungen ein; siehe etwa Markus Birzer et al, Warum neue Verfahren der Konfliktregelung?, in: Peter H. Feindt et al (Hg), Konfliktregelung in der offenen Bürgergesellschaft (1996) 15 f. 94 Friedrich Glasl, Konfliktmanagement. Ein Handbuch für Führungskräfte, Beraterinnen und Berater9 (2010) 17. 95 Leo Montada/Elisabeth Kals, Mediation. Lehrbuch für Psychologen und Juristen (2001) 67. 96 Troja, Umweltkonfliktmanagement 46. 97 Michael Suda/Gaby Müller, Vom Konflikt zum kooperativen Handeln: Mit Umweltmediation zu integralem Schutzwaldmanagement 9 f, www.cipra.org/competition/Umweltmediation/Wissenschaftlicher_Begleittext.pdf [12/2012].
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ner Einzelfallanalyse festgestellt werden. Dies gilt umso mehr für die Konfliktlagen im öffentlichen Bereich, die sich durch das weite Spannungsfeld von Wirtschaft, Umwelt, Politik und Verwaltung auszeichnen und die nicht zuletzt wegen der Mehrzahl an Betroffenen vielfältige und divergierende Interessenebenen erwarten lassen98. b) Der herkömmliche Umgang mit Konflikten im öffentlichen Bereich
Das Instrument der Genehmigung mit seinem vorgeschalteten Verfahren dient in erster Linie der Konkretisierung von Rechten und Pflichten und der Rechtsdurchsetzung im Einzelfall. Die zuständige Behörde hat also in Regelverfahren den Projektantrag basierend auf den materiellen und formellen Vorgaben auf seine Genehmigungstauglichkeit hin zu überprüfen, die Parteien zu hören und letztlich über diesen Antrag zu entscheiden. Der Behörde kommt hiebei nicht nur die Entscheidungskompetenz zu, sondern sie ist vielmehr auch für die Gestaltung des Verfahrens und die Klärung des Sachverhalts zuständig99. Auf den ersten Blick bleibt in diesem Zusammenhang für eine systematische Konfliktbewältigungsstrategie kein Platz. Sieht man allerdings genauer hin, dann ist zu erkennen, dass insbesondere das Verfahrensrecht Platz für flexible, ausgleichende Vorgehensweisen lässt. Zu denken ist dabei an eine kooperativ gestaltete mündliche Verhandlung, vor allem auch an den – in seiner Bedeutung über § 43 AVG hinausgehenden100 – gesetzlichen Auftrag, auf einen Ausgleich zwischen einander widersprechenden Ansprüchen und Interessen hinzuwirken, sowie an eine der Komplexitätsbewältigung dienende, transparente Gestaltung des Sachverständigenbeweises. So gesehen verfügt die Verwaltung begleitet von einer aktiven Informationstätigkeit durchaus über Möglichkeiten, mit denen Konflikte zumindest in einem thematischen Kontext, also über kurzfristig relevante und konkrete Konfliktinhalte, wie Daten und Fakten sowie inhaltliche Interessen, bewältigt werden können. Außen vor bleiben in diesem Konzept dagegen personale Konfliktfaktoren, wie etwa emotional geprägte, interpersonelle Beziehungen, subjektive Wahrnehmungen von Fakten, unterschiedliche Überzeugungen und Wertvorstellungen. Sie werden – wie es Troja formuliert101 – in ihrem Zusammenspiel in Verwaltungsverfahren und juristisch orientierter Konfliktregelung zwar unter Umständen als Realität anerkannt, können jedoch institutionell – man denke nur an die gesetzlich vorgegebene Rollenverteilung und Auf98 Zilleßen, in: Haft/Schlieffen (Hg), Handbuch2 Rz 61 f. 99 Hiezu bereits Ferz, in: Merli/Greimel (Hg), Optimierungspotenziale 100 f. 100 Siehe nur Robert Walter/Rudolf Thienel (Hg), Die österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze I2 (1998) § 43 AVG Anm 12. 101 Troja, Umweltkonfliktmanagement 107 f.
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gabenzuweisung – weder aufgearbeitet noch als Ressource systematisch in den Konfliktregelungsmechanismus einbezogen werden. Letzteres liegt wohl außerdem an der Konstruktion des Rechts selbst, genauer gesagt, an der Struktur der Rechtsnormen, die allermeist als Wenndann-Beziehungen ausgestaltet sind. Überspitzt formuliert könnte man annehmen, dass das Recht mit der Reduzierung der Konfliktwirklichkeit auf jene eingegrenzten Lebenssachverhalte, für die ein entsprechender gesetzlicher Tatbestand existiert, den Konflikt erst handhabbar gestaltet. Damit reduziert aber das Recht das für die Konfliktlösung Relevante auf einen Ausschnitt des im praktischen Leben Vorkommenden, ohne dabei zu gewährleisten, dass dieser Ausschnitt auch für die Konfliktbetroffenen das Erhebliche darstellt102. Demgegenüber gehen konsensuale Verfahren der Konfliktregelung wie eben die Mediation von der Erkenntnis aus, dass Sach- und Beziehungsebene in Konflikten ständig ineinander greifen und sich gegenseitig beeinflussen103. Soll es gelingen, tragfähige Regelungen zu erarbeiten, müssen daher die personalen bzw emotionalen Faktoren systematisch in die Konfliktregelung einbezogen werden. c) Die Konfliktbearbeitung im Mediationssetting
Wesentlich für den hier gegebenen Zusammenhang ist, dass jeder Konflikt nach seiner besonderen Bearbeitungsweise, den möglichen Interventionen sowie deren Formen, verlangt. Deutlich wird dies etwa am „kontingenztheoretischen Modell der Konfliktbehandlung“ von Glasl, womit dieser verschiedene Ansätze und Rollen für Interventionen durch Dritte primär mit dem aktuellen Eskalationsgrad des gegenständlichen Konflikts in Beziehung setzt104, also den Konfliktverlauf ins Zentrum seiner Überlegungen stellt. Entscheidend ist nach Meinung von Glasl das Erkennen und Einschätzen des Prozesses der Konfliktsteigerung, eben der Eskalationsdynamik, um letztlich eine situationsgerechte Auswahl des Konfliktbehandlungsansatzes treffen zu können105. „Art und Intensität eines Konflikts bestimmen, welche 102 Hiezu bereits Hoffmann-Riem, „Ein Mensch, der anderen hilft, den Ausgleich zu finden, kann nicht irren.“, in: Wolfgang Vögele (Hg), Mediation – vermitteln – verhandeln – schlichten2 (1999) 13 f. 103 Siehe Troja, Umweltkonfliktmanagement 108. 104 Zum neunstufigen Eskalationsmodell siehe Glasl, Konfliktmanagement9 233 ff sowie ders, Das Anwendungsspektrum unterschiedlicher Mediationsformen: Ein kontingenztheoretisches Modell, in: Gerda Mehta/Klaus Rückert (Hg), Mediation und Demokratie. Neue Wege des Konfliktmanagements in größeren Organisationen (2003) 104 f. 105 Mediation setzt demnach an dem Punkt ein, an dem das Selbsthilfepotenzial erschöpft, aber die Selbststeuerungsfähigkeit noch gegeben ist. Vgl bereits Glasl, Konfliktmanagement8 418.
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Strategien in einer gegebenen Situation am meisten erfolgsversprechend sind.“106 Dabei zieht sich die Spannbreite der Möglichkeiten einer Konfliktregelung vom kooperativen Entscheiden ohne Dritte bis hin zum Machteingriff. Mediation ist eines von mehreren Instrumenten des Konfliktmanagements, das – gegebenenfalls – als geeignetes Strategiemodell der Konfliktbehandlung zur Anwendung kommt107. Als konsequentes Fortdenken der grundsätzlichen Frage der Geeignetheit der Mediation als Vermittlungsstrategiemodell können die Ausführungen von Holznagel/Ramsauer verstanden werden, wenn sie davon ausgehen, dass für Mediation in allen (Rechts-)Bereichen gewisse Grundbedingungen gegeben sein müssen. So bedürfe es einer „gewissen Dringlichkeit“ des Konflikts, die erreicht zu sein habe, bevor eine ausreichende Bereitschaft bei den Betroffenen gegeben sei, sich auf gemeinsame Regelungen zu verständigen108. Letzterem folgt im Grunde auch Zilleßen, wobei seiner Meinung nach gerade im Zusammenhang mit umweltpolitischen Problemlagen eine absehbare Sackgasse, ein unlösbarer Konflikt als Damoklesschwert über den Köpfen der Konfliktbeteiligten schweben müsse, bevor sie sich überhaupt auf ein Mediationsverfahren einlassen109. Darüber hinaus nennen Holznagel/Ramsauer als (objektive) Voraussetzungen weiters das Erfordernis der „Kompromissfähigkeit“ des Konflikts, das Bestehen ausreichender Verhandlungsanreize für die Beteiligten und die Möglichkeit einer faktischen Bindung der Beteiligung an die Verhandlungsergebnisse110. Sie halten einen Konflikt dann für kompromissfähig, wenn Optimierungsmöglichkeiten, Spielräume, identifiziert werden können. Es müsse eine Situation gegeben sein, in der ein Verhandlungserfolg nicht auf Kosten einer Partei errungen werde111. Eine ausreichende Kompromissfähigkeit und damit auch die erforderliche Verhandlungsbereitschaft fehle hingegen einem Konflikt dann112, wenn die tangierten, sich als eine konkrete
106 Glasl, Konfliktmanagement9 394. 107 Zum Konfliktmanagement als generellen Oberbegriff für Drittparteieninterven tionen siehe Glasl, in: Mehta/Rückert (Hg), Mediation und Demokratie 117. 108 Holznagel/Ramsauer, in: Haft/Schlieffen (Hg), Handbuch2 Rz 11. 109 Zilleßen, in: Haft/Schlieffen (Hg), Handbuch2 Rz 47. Auch Meuer/Troja, Mediation 17, weisen offensichtlich in diese Richtung, wenn sie von einem „absehbaren oder bereits offenkundigen“ Konflikt sprechen. 110 Holznagel/Ramsauer, in: Haft/Schlieffen (Hg), Handbuch2 Rz 11. 111 So etwa auch Hütter, in: Hütter/Riccabona (Hg), Mediation 18. 112 Genau darüber scheiden sich – ganz aktuell – im Konflikt um das Bahnprojekt Stuttgart 21 die Geister; siehe www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/0,1518,723325, 00.html [12/2012].
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Subjekt-Objekt-Beziehung113 entfaltenden Interessen von festen (ideologischen) Grundüberzeugungen geprägt seien114, die sich nicht überwinden oder zumindest flexibilisieren lassen und auf eine Ja-Nein-Position der Betroffenen hinauslaufen115. Demgegenüber bestehen Erfolgschancen, soweit es um die Verteilung knapper Ressourcen oder um ein wechselseitiges Austarieren von Interessen, insbesondere bei der Festlegung der Modalitäten eines Vorhabens, geht. Wichtig ist dabei, dass alle Beteiligten „Tauschmacht“ in das Aushandeln einbringen können – auf Seiten der NachbarInnen wird diese vorrangig in der Drohung mit der Ergreifung von Rechtsmitteln und der Mobilisierung der Öffentlichkeit zu erblicken sein. An das zuvor genannte Erfordernis der Kompromissfähigkeit reihen Holznagel/Ramsauer weiters das Vorliegen eines Nutzenmaximierungsinteresses der Beteiligten an, wonach die MediandInnen selbst ein ausreichend starkes Interesse an einer konstruktiven Lösung des Konflikts haben müssen, da ansonsten ein Mediationsverfahren zur bloßen Verschleppung der eigentlichen Konfliktbehandlung missbraucht werden könnte116. Als ein drittes Kriterium führen Holznagel/Ramsauer die ausreichende Chance einer Bindung an die Verhandlungsergebnisse an. Dabei gelte es zum einen, dass die so erzielten Regelungen von den maßgeblichen Ent113 Helge Rossen-Stadtfeld, Beteiligung, Partizipation und Öffentlichkeit, in: Wolfgang Hoffmann-Riem et al (Hg), Grundlagen des Verwaltungsrechts II (2008) Rz 48. 114 Hütter, in: Hütter/Riccabona (Hg), Mediation 17, spricht hiebei von Werthaltungen. 115 Holznagel/Ramsauer, in: Haft/Schlieffen (Hg), Handbuch2 Rz 12 ff. Siehe auch Ivo Appel, Privatverfahren, in: Wolfgang Hoffmann-Riem et al (Hg), Grundlagen des Verwaltungsrechts II (2008) Rz 108; Rüssel, in: Niedostadek (Hg), Praxishandbuch 59 sowie Deutzmann, in: Niedostadek (Hg), Praxishandbuch 86. Troja, Umweltkonfliktmanagement 78, räumt ebenfalls ein, dass „die Wertebeladenheit von Umweltkonflikten eine zentrale Hürde für kooperatives Umweltkonfliktmanagement“ sei und meint weiter: „Die Werteorientierung der Konfliktparteien macht eine Regelung in Umweltkonflikten aus zwei Gründen so schwierig: erstens aufgrund der Funktionen, die Werte für den Einzelnen und die Gesellschaft erfüllen, und zweitens aufgrund der Interpretationsfähigkeit und Konkretisierungsnotwendigkeit, wenn die Werte als überindividuell gültige und damit kollektiv verbindliche Verhaltensprinzipien auf der instrumentellen und objektorientierten Ebene dienen sollen.“ Letztlich gelangt er jedoch zum Ergebnis (83 f), dass kooperatives Konfliktmanagement mit der Betonung gegenseitiger Anerkennung von Geltungsansprüchen ein Forum für Lernprozesse sowie die Entwicklung von Grundhaltungen bieten könne, wodurch auch wertebeladene Umweltkonflikte einer kooperativen Regelung „zumindest prinzipiell zugänglich“ seien. 116 Holznagel/Ramsauer, in: Haft/Schlieffen (Hg), Handbuch2 Rz 15.
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scheidungsträgerinnen und Entscheidungsträgern bei gleichzeitiger Einhaltung materieller und formeller (rechtlicher) Erfordernisse übernommen werden können117. Zum anderen müsse für eine entsprechende Rückbindungswirkung gesorgt werden118, wonach die von den GruppenrepräsentantInnen ausgehandelten Optionen von den betroffenen Gruppenmitgliedern mitgetragen werden können119. Schließlich erscheint für Schwaighofer der Einsatz von Mediation zudem nur dann sinnvoll, „wenn der Konflikt gegenüber der Standardkonstellation erhöhte Komplexität aufweist“. Dies wäre seiner Meinung nach dann der Fall, wenn eine große Zahl von Personen mit Interesse am Ausgang des Konflikts beteiligt und/oder die Eignung für eine „Paketlösung“ gegeben sei, bei der andere, an sich vom Verfahrensinhalt unabhängige Fragen bzw Probleme – insbesondere nachbarschaftlicher Natur – einbezogen werden können120. 2. Die Konfliktparteien
Wesentlich für ein Mediationsverfahren ist, dass – anders als im förmlichen behördlichen Verfahren, bei informellen Vorgesprächen zwischen Verwaltung und ProjektwerberIn oder auch weiteren diskursiv ausgerichteten BürgerInnenbeteiligungsformen wie beispielsweise der Planungszelle121 – 117 Hütter, in: Hütter/Riccabona (Hg), Mediation 17, fordert vertragsfähige Verhandlungsergebnisse, die nicht an politischen, rechtlichen oder technischen Hindernissen scheitern dürfen. 118 Hiezu gehören auch entsprechende zeitliche Spielräume; siehe Hehn, in: Henssler/Koch (Hg), Mediation2 560. 119 Holznagel/Ramsauer, in: Haft/Schlieffen (Hg), Handbuch2 Rz 16 ff; auch Rüssel, in: Niedostadek (Hg), Praxishandbuch 60. Katharina Holzinger/Helmut Weidner, Das Neusser Mediationsverfahren im politischen Umfeld. Befragungsergebnisse und -methodik. Schriften zu Mediationsverfahren im Umweltschutz Nr. 17 (1997) 52 f, geben in diesem Zusammenhang zu bedenken, dass Vorgaben seitens der Herkunftsorganisation an ihre RepräsentantInnen den Handlungsspielraum der Letztgenannten einschränken und damit unmittelbaren Einfluss auf das Verfahren nehmen können. Je stärker nun Mediationsverfahren als Verhandlungsund Entscheidungsvorbereitungsgremien wahrgenommen und genutzt werden, desto einschneidender können Leitlinien oder Direktiven der Herkunftsorganisationen für die Mediationsdelegationen wirken. 120 Schwaighofer, bbl 2005, 104. 121 Hierin liegt beispielsweise ein entscheidender Unterschied zur Planungszelle begründet. Dieses BürgerInnenbeteiligungsverfahren hat zum Ziel, politisch-administrative Entscheidungsprozesse durch ein Laienplanungssystem funktional zu ergänzen. Ein zentrales Element bildet dabei die zufällige Auswahl der TeilnehmerInnen. Auf die Vertretung unmittelbar Betroffener wird demnach bewusst verzichtet. Siehe hiezu etwa Adrian Vatter, Politik, in: Christoph Rehmann-
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grundsätzlich alle von einem Konflikt betroffenen Personen und VertreterInnen von Interessengruppen122 auf Basis der Freiwilligkeit zu beteiligen sind123. Der „Parteienbegriff“ ist demnach in Verbindung mit einem Mediationsverfahren umfassender zu verstehen als etwa der des Verwaltungsverfahrens. Dies führt aber gerade bei Verfahren im gegenständlichen Zusammenhang dazu, dass meist eine Vielzahl an Personen einzubeziehen ist, was wiederum die Handlungsfähigkeit des Mediationsforums einzuschränken droht. Daher muss gegebenenfalls eine Begrenzung der TeilnehmerInnenzahl angedacht und vorgenommen werden124. Dies heißt freilich nicht, dass willkürlich Konfliktbetroffenen die Teilnahme untersagt wird, sondern dass im Einverständnis und nach Absprache mit den Beteiligten ein Schlüssel iS einer Vertretungs- und Delegationsregelung erarbeitet wird, womit die Präsenz aller Interessen125 garantiert erscheint. Hinzu kommt, dass bei Mediationsverfahren im öffentlichen Bereich auch eine Beteiligung von BehördenvertreterInnen (Behörden- und/oder VerhandlungsleiterInnen, Sachverständige) und PolitikerInnen hilfreich bzw notwendig sein kann. In welcher Form letztendlich eine Einbindung geschehen soll, ist im Einzelfall flexibel festzulegen. Wesentlich werden dabei die Fragen nach dem Konfliktgegenstand und der daraus resultierenden persönlichen Betroffenheit sein. Beispielsweise wird die Einbindung von VerhandlungsleiterInnen eines gewerberechtlichen Genehmigungsverfahrens in anderer Weise erfolgen müssen als dies bei Projekten der Fall sein wird, die von der Verwaltung oder Politik getragen werden. Zu bedenken ist jedoch, dass Konsensbildung in einem mediativen Verfahren – zumindest de lege lata – nicht als gleichbedeutend mit der Bindung der hoheitlichen VerSutter et al, Partizipative Risikopolitik (1998) 280 ff und Peter H. Feindt, Regierung durch Diskussion? Diskurs- und Verhandlungsverfahren im Kontext von Demokratietheorie und Steuerungsdiskussion (2001) 345 f, der dem Modell der Planungszelle einen interessenneutralisierenden Ansatz zuschreibt, während er die Mediation den Instrument mit konfliktmittelndem Ansatz zuordnet. 122 Holzinger/Weidner, Neusser Mediationsverfahren 41, nennen drei denkbare Auswahlprinzipien: 1. Beteiligung aller derer, die Einfluss auf den Gang des förmlichen Verfahrens haben könnten, 2. Beteiligung aller Interessierten, die aus ihrem Selbstverständnis heraus betroffen sind und 3. Ausschluss solcher Interessengruppen, die unmittelbar betroffen sind. In dem von ihnen untersuchten Verfahren Neuss wurde übrigens der zweite Ansatz gewählt, der sich schließlich auch bewährt habe. 123 Zum Spannungsfeld Konfliktpartei, Konfliktbetroffene und Freiwilligkeit siehe Montada/Kals, Mediation 181 f. 124 Zilleßen, in: Haft/Schlieffen (Hg), Handbuch2 Rz 56. 125 Gerhart C. Fürst, Umweltmediation. Methoden – Verfahren – Lösungswege für Entscheidungsträger und Mediatoren (2004) 18 und 45.
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waltung an diese Entscheidung verstanden werden darf. Ein gänzliches Übergehen von wesentlichen EntscheidungsträgerInnen kann daher mitunter fatale Folgen für das Mediationsverfahren und vor allem für die Umsetzung der Ergebnisse entfalten126. Ein weiteres bedeutendes und von förmlichen Verfahren zu unterscheidendes Charakteristikum der Mediation ist die Freiwilligkeit127. Eine solche zu beachten, gebietet sich nicht bloß zu Beginn eines Mediationsverfahrens. Vielmehr ist damit auch ein umfassendes Ausstiegsrecht mit erfasst128, das zumindest den Parteien zusteht129. 3. Die MediatorInnen
Der Mediation ist die Einschaltung einer externen130 dritten Person als VermittlerIn, der unter der Voraussetzung der Unvoreingenommenheit die Strukturierung und Leitung des Verfahrens obliegt, wesensimmanent. Unvoreingenommenheit der MediatorInnen meint die Unparteilichkeit sowie die Neutralität derselben gegenüber den beteiligten Personen und den zu behandelnden Themen131. Dies sind freilich Merkmale auf die auch das RichterInnenamt und – mit Einschränkungen – die Behördenfunktion bei Ge126 Montada/Kals, Mediation 181. 127 Es soll an dieser Stelle jedoch nicht verschwiegen werden, dass auch Überlegungen angestellt, ja Schritte gesetzt werden, wonach der Freiwilligkeitsgrundsatz in der hier beschriebenen Absolutheit relativiert wird. Zu denken ist dabei an die Diskussion um die obligatorische Vorschaltung von Mediation vor Gerichtsverfahren (siehe hiezu etwa Alexander, Wirtschaftsmediation 90 ff) wie es beispielsweise das österreichische Nachbarschaftsrecht und die deutsche Öffnungsklausel des § 15a EGZPO bereits kennen. 128 Rainer Voß, § 3. Mediation im öffentlichen Bereich, in: Heribert Johlen/Michael Oerder (Hg), Münchener Anwaltshandbuch, Verwaltungsrecht3 (2012) Rz 28. 129 Kerschner et al, Umweltmediation 15, beziehen hier wohl auch die MediatorInnen mit ein. Ob eine extensive Auslegung des Freiwilligkeitsgrundsatzes bei MediatorInnen geboten erscheint, ist nicht unstrittig. Siehe hiezu Christian Fitsch, Rechtsfragen des Mediationsvertrages, JAP 2000/2001, 140; Sascha Ferz, Kenne deine Rechte und Pflichten – Das österreichische Zivilrechts-Mediations-Gesetz in der Praxis, perspektive mediation 2005, 19. 130 Meuer/Troja, Mediation 18 f, weisen eindringlich auf die Stellung der Vermittelsperson als Extranea bzw Extraneus hin. Die MediatorInnen sollen demnach weder selbst Konfliktpartei sein noch eigene Interessen verfolgen, um ihre Allparteilichkeit sicherzustellen. Als Beispiel nennen sie die Funktion einer Planerin bzw eines Planers bei Stadterneuerungsprojekten, die mit einer gleichzeitigen Ausübung der VermittlerInnenrolle nicht vereinbar ist. 131 Alexander, Wirtschaftsmediation 38 ff; Stefan Kracht, Rolle und Aufgabe des Mediators – Prinzipien der Mediation, in: Fritjof Haft/Katharina von Schlieffen (Hg), Handbuch Mediation2 (2009) Rz 30 f.
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nehmigungsverfahren aufbaut. Der wesentlichste Rollenunterschied zeigt sich jedoch in den fehlenden direkten Zwangsmitteln der MediatorInnen132. Letztgenannte begleiten und unterstützen die MediandInnen auf deren Weg zu einem möglichen Konsens, schreiten aber in keiner Phase des Verfahrens als SchiedsrichterInnen ein133. Und schließlich widerspricht – eingedenk der geforderten inhaltlichen Unabhängigkeit – dem vorherrschenden Rollenverständnis der MediatorInnen auch die Übernahme von Beratungs-, Gutachten- und Planungstätigkeiten im Zuge eines Mediationsverfahrens134. Vor allem bei Mediationen im öffentlichen Bereich sind Vielparteienkonflikte zu erwarten. Diese erfordern jedenfalls die Betrauung eines Mediationsteams. Eine Einzelperson wäre aufgrund der großen Anzahl von MediandInnen, der vielfältigen und divergierenden Interessenebenen sowie der Komplexität des Sachverhalts kaum in der Lage, das Verfahren gehörig zu führen135. 4. Das Verfahren
Wie schon mehrfach erwähnt handelt es sich bei Mediationsverfahren zwar um einen äußerst flexiblen aber keinesfalls unstrukturierten Prozess, was vor allem das noch darzustellende Ablaufschema zeigen wird136. Zutreffend ist vielmehr, dass MediatorInnen sich zur Steuerung des Verfahrens nicht auf eine rechtsverbindliche Verfahrensordnung, wie die ZPO oder das AVG, zurückziehen können. Sie müssen sich auf ihre persönliche Autorität, die mit den Parteien getroffenen Verfahrensregeln und letztlich auch auf ihr eigenes Verhandlungsgeschick stützen137. Nicht übersehen werden darf, dass die weitgehende Informalität des Verfahrens es erst ermöglicht, auf besondere Gegebenheiten sowohl inhaltlicher (Festlegen der Themen) als auch organisatorischer (Zeitraum und Fortgang des Verfahrens, Einrichtung von Arbeitsgruppen) Natur flexibel reagieren zu können. Die hierzulande favorisierte Mediationsform basiert konzeptionell überwiegend auf einem interessenorientierten und teilweise auch auf einem transformativen138, weniger auf einem distributiven Ansatz139. Demnach 132 Siehe Breidenbach, Mediation 143. 133 Siehe auch Rüssel, Mediation 92. 134 Vgl § 1 Abs 1 ZivMediatG. Für eine klare Abgrenzung und Rollenverteilung treten ua Meuer/Troja, Mediation, 18 f; dies, ZKM 2004, 79, ein. 135 Zilleßen, in: Haft/Schlieffen (Hg), Handbuch2 Rz 55. 136 Siehe unten 1.II. 137 Jörg Risse, Wirtschaftsmediation (2003) 147. 138 Suda/Müller, Konflikt 19 ff. 139 Zur Vielzahl an Mediationsmodellen Alexander, perspektive mediation 2004, 72 ff; vgl auch die unterschiedlichen Ziele der Mediation dies, Global Trends in Mediation: Riding the Third Wave, in: dies (Hg), Global Trends in Mediation2 (2006) 9 ff.
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werden nicht die von den Parteien vertretenen (Rechts-)Positionen in den Vordergrund gerückt, sondern es wird auf deren Interessen und Bedürfnisse fokussiert. Interventionen von Seiten der MediatorInnen erfolgen vorrangig prozessual (Struktur, Verfahrensablauf und -regeln) nicht aber hinsichtlich des Inhalts oder des Ergebnisses140. Die MediandInnen werden in gemeinsamen Sitzungen141 darin unterstützt, nach Schaffung eines geeigneten Verhandlungsumfelds sowie auf Basis aller notwendigen Informationen ihre Anliegen eigenverantwortlich und nicht an Dritte substituiert wahrzunehmen und vor allem im Mediationsverfahren zu vertreten142. Hiefür unumgänglich ist eine grundsätzliche Verhandlungsbereitschaft und Konsensabsicht der MediandInnen. Sie müssen bereit sein, sich von ihren Positionen zu lösen und sich auf einen sachgerechten Interessenausgleich einzustellen, um zu einem gemeinsamen Ergebnis zu finden143. Dieses Einlassen auf einen solchen Prozess bedingt jedoch auch die Selbstverpflichtung der Parteien, das Verfahren aktiv mitzugestalten. Eine stille Teilnahme reicht nicht144. Vielmehr müssen sie sich gegenüber den anderen TeilnehmerInnen öffnen, ihnen zuhören, zu verstehen versuchen, Informationen preisgeben, sich an der Suche nach Optionen beteiligen, diese bewerten und schließlich entscheiden. Ohne Vertrauen in das Verfahren und in deren TeilnehmerInnen und vor allem ohne Gewährleistung der Vertraulichkeit – einem weiteren Grundsatz der Mediation – wird jegliches Bemühen, einen offenen Umgang miteinander zu ermöglichen, zumindest erschwert145. Dies lässt sich insbesondere am Beispiel der erforderlichen Informiertheit drastisch darstellen. Zum einen soll jede einzelne Partei darauf vertrauen können, dass ihr von den anderen TeilnehmerInnen keine entscheidungsrelevanten Informationen vorenthalten werden, sondern diese offen in das Verfahren eingebracht werden146. Schließlich wird dadurch ein zielführendes Verhandeln erst ermöglicht und 140 Das Modell der moderierenden Mediation nach Alexander, perspektive mediation 2004, 78. 141 Meuer/Troja, Mediation 18, sehen in der face-to-face Kommunikation aller Betroffenen ein weiteres Kriterium von Mediation, das eine Abgrenzung zu anderen Verfahrensarten ermöglicht. 142 Etwa Voß, in: Johlen/Oerder (Hg), Anwaltshandbuch3 Rz 19 f. 143 Siehe 1.II.D. 144 Interessant erscheint in diesem Zusammenhang die von Holzinger/Weidner, Neusser Mediationsverfahren 52, getroffene Feststellung, dass bei vielen beteiligten Gruppen eine passiv-abwartende Haltung vorherrschte, die der Ergebnisfindung im Weg stand. 145 Siehe hiezu etwa Christoph Hartmann, Sicherung der Vertraulichkeit, in: Fritjof Haft/Katharina von Schlieffen (Hg), Handbuch Mediation2 (2009) Rz 2 f. 146 Zilleßen, in: Haft/Schlieffen (Hg), Handbuch2 Rz 57.
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das durch die oft komplexen wissenschaftlich-technischen Fragestellungen vorhandene Wissensungleichgewicht nivelliert. Bei Fehlen eines geeigneten Schutzes der Vertraulichkeit würden sich – zum anderen – TeilnehmerInnen, die etwa Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse im Zuge des Mediationsverfahrens preisgeben, der Gefahr einer Verwertung derselben und dadurch der Schädigung des Unternehmens aussetzen. Diese Informationen verlangen selbstredend nach gehöriger Geheimhaltung147. Folglich wird wohl erst eine Vertraulichkeitsgarantie die MediandInnen zu einer umfassenden Offenlegung veranlassen. An eine Weitergabe von Informationen nach außen ist lediglich dann zu denken, wenn die/der Betroffene, besser alle Verfahrensbeteiligten, ausdrücklich zustimmt bzw zustimmen. Eben Gesagtes gilt freilich auch für Mediationsverfahren im öffentlichen Bereich, wobei der Umgang mit Vertraulichkeitsfragen in diesen Fällen vor allem aufgrund des zumeist zu erwartenden öffentlichen sowie medialen Interesses ein anderer zu sein hat als beispielsweise in einer Familienmediation148. Aber auch das Selbstverständnis von teilnehmenden Umweltgruppen und -verbänden sowie deren Doppelstrategie in Gestalt von Forderungen nach mehr Verantwortung zum einen und der Schaffung einer kritischen Öffentlichkeit zum anderen verlangt zuweilen einen ganz eigenen, gegebenenfalls offenen Umgang mit der „Außenwelt“, um letztlich nicht als domestizierte, zahnlose und in ihrer Handlungsfreiheit beschnittene Vereinigung wahrgenommen zu werden149. Die Rede ist hier von wohl überlegten, sorgfältig geplanten und abgestimmten Informationskonzepten nach außen150, die notwendigerweise eine Begleitmaßnahme von diesen Verfahren darstellen151. Bestätigung findet dieser Ansatz ua bei Holzinger/Weidner, die infolge der Erfahrungen im „Mediationsverfahren Neuss“ zur Erkenntnis gelangen, dass „regelmäßige, die Mediation kontinuierlich begleitende Pressekonferenzen und -erklärungen wohl einen Ausweg [...] aus dem Dilemma zwischen der Notwendigkeit eines Schutzraums für die Beteiligten einerseits und der Forderung nach demokratischer Transparenz andererseits bieten können.152“ Schließlich wird als ein weiteres Kriterium für die Mediation die Ergebnisoffenheit postuliert. Vorweggenommene Verhandlungs- oder gar Zielvorgaben sind demnach möglichst hintanzustellen. Wie weit diese Offenheit 147 Kerschner et al, Umweltmediation 119. 148 Auch der Informationsaustausch im Zuge von Rückbindungsgesprächen von gewählten VertreterInnen einer Interessengruppe mit ihrer Basis ist zu beachten. 149 Zu diesem Problembereich Troja, Umweltkonfliktmanagement 153 f. 150 Zieher, Umweltmediation 13 f; auch Rüssel, in: Niedostadek (Hg), Praxishandbuch 62. 151 Zur Öffentlichkeitsarbeit siehe Fürst, Umweltmediation 79 ff. 152 Holzinger/Weidner, Neusser Mediationsverfahren 44.
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reicht, welche Parameter unverrückbar sind, ist jeweils im Einzelfall mit den Mediationsbeteiligten abzuklären. Die Bandbreite kann vom Erarbeiten einzelner verhandelbarer Planungsvarianten bis hin zum gänzlichen Verzicht auf das Vorhaben als Option, der vielzitierten „Null-Variante“, reichen153. Die Grenze für Mediation liegt letztlich wohl dort, wo es für die Betroffenen keine ausreichende Handlungsfreiheit154 oder keinen Verhandlungsanreiz mehr gibt155. Wird diese überschritten, kann es zu keinem zielführenden Aushandlungsprozess mehr kommen. Mediationsverfahren sind daher in solchen Fällen nicht nur deplatziert, sondern laufen darüber hinaus Gefahr, berechtigterweise mit Schlagwörtern wie Akzeptanzbeschaffung und Verfahrensverschleppung abgetan zu werden156. Auf diesen Aspekt kann nicht eindringlich und oft genug hingewiesen werden. Bleibt er nämlich unberücksichtigt, hinterlassen solche Verfahren mehr als nur einen bitteren Beigeschmack, denn sowohl das anvisierte Projekt, die mittelbar (Politik) und unmittelbar Betroffenen (zB teilnehmende Umweltverbände) als auch das Instrument der Mediation selbst nehmen Schaden, der hiernach nur mit einer Vielzahl an weiteren Prozessen mühsam oder schlussendlich in keiner Weise mehr repariert werden kann. 5. Das Ergebnis und dessen Umsetzung
Vorrangiges Ziel einer jeden Mediation ist es, dass die Konfliktparteien gemeinsam Regelungen erarbeiten, die eine nachhaltige Beilegung ihrer Auseinandersetzung gewährleisten und möglichst von allen Beteiligten getragen werden157. Dabei bestimmen die MediandInnen nicht nur die materielle Substanz ihrer Vereinbarung wie beispielsweise Projektoptimierungen, Vorteilsausgleiche oder Abstandnahme vom geplanten Vorhaben, sondern weit153 Fürst, Umweltmediation 47 f. 154 Nach Meinung von Holzinger/Weidner, Neusser Mediationsverfahren 53 f, müsse einerseits bereits vor Beginn einer Mediation sehr genau abgewogen werden, ob für die Beteiligten eine ausreichende Handlungsfreiheit bestehe. Sind beispielsweise aufgrund von exogenen (sachlichen, rechtlichen oder politischen) Einflussfaktoren Einschränkungen auszumachen, die ein weitgehend ergebnisoffenes Mediationsverfahren nicht erwarten lassen, ist darauf zu verzichten. Andererseits dürfe jedoch nicht übersehen werden, dass sich gerade in einer Mediation neue Handlungsalternativen ergeben können. Eine vorschnelle negative Entscheidung wäre in diesen Fällen wiederum kontraproduktiv. 155 Kerschner et al, Umweltmediation 16. 156 Siehe ua Zieher, Umweltmediation, 13. 157 Vgl hiezu Feindt, Regierung 516, der als Ziel von Diskurs- und Verhandlungsverfahren, zu denen er auch die Mediation zählt, die Beilegung von Konflikten und die Suche nach guten Sachlösungen, die auf der wechselseitigen und umfassenden Berücksichtigung der Anliegen aller Betroffenen basieren, definiert.
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gehend auch deren rechtliches Substrat (zB Empfehlung, zivilrechtlicher Vertrag)158. Zentral ist die hieraus abzuleitende Feststellung, dass den Mediatorinnen und Mediatoren keinerlei Entscheidungskompetenz zukommt, selbst Lösungsvorschläge bzw –empfehlungen werden im Unterschied zu Schlichtungsverfahren ieS159 nicht eingebracht. Eine Vereinbarung macht freilich nur dann Sinn, wenn ihre Inhalte auch tatsächlich umgesetzt werden können. Umsetzungsfragen haben im gegebenen Zusammenhang jedoch nicht ausschließlich eine ökonomische oder wissenschaftlich-technische Dimension, sondern vor allem auch eine rechtliche. Denn es darf nicht übersehen werden, dass bei Planungs- und Projektvorhaben die Entscheidungskompetenzen vielfach bei politisch-administrativen Stellen liegen, es also nicht ohne weiteres möglich ist, Vereinbarungen im Mediationsverfahren abschließend zu regeln. Sollten demnach Inhalte festgelegt werden, die über die Sphäre des Privaten ausstrahlen und Gegenstand eines behördlichen Verfahrens oder eines politischen Willensprozesses sind oder sein werden, ist zu überlegen, wie diese Vereinbarungen in den weiteren Entscheidungsprozess einfließen bzw diesen mitgestalten können160. Die Erreichung einer abschließenden Regelung im engeren Sinn ist – wie vorhin dargelegt – das Primärziel, das es mit Hilfe eines Mediationsverfahrens zu erreichen gilt. Es sind jedoch auch „Neben- bzw Transfereffekte“ beobachtbar und anzustreben, die ohne ein solches Verfahren nicht zu bewerkstelligen wären. Die Rede ist hier vom umfassenden Abstecken des Streitterrains161, von Qualitätsverbesserungen durch Entscheidungsfindung auf breiter Informations- und Argumentationsbasis (zB „Vorortwissen“), vom sozialen Lernen der MediandInnen, von der Förderung der Eigenverantwortlichkeit162 oder von der befreienden Entflechtung von der Sach- und Beziehungsebene.
158 In der Lit wird vereinzelt davon ausgegangen, dass es sich hiebei um „verbindliche“ Vereinbarungen handeln „muss“. Siehe ua Schwaighofer, bbl 2005, 100. 159 Hannes Unberath, Teil 1 (I), in: Reinhard Greger/Hannes Unberath, Mediationsgesetz. Recht der alternativen Konfliktlösung. Kommentar (2012) Rz 58. 160 Mit diesen Feststellungen wird wiederum die Unterscheidung der Mediation im öffentlichen Bereich sowohl zu anderen Anwendungsfeldern der Mediation als auch zu weiteren partizipativen BürgerInnenverfahren wie beispielsweise eine Konsensus-Konferenz manifestiert. 161 Hiezu etwa Christine von Knebel, Die Ausbauplanung des Flughafens Frankfurt/ Main – ein Praxisbericht, ZUR 2011, 353, die darin einen wesentlichen Gewinn für das nachfolgende förmliche Verfahren sieht. 162 Abschlussbericht, Anlage 2, 7.
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C. Ein Definitionsversuch
Unter Berücksichtigung der vorstehenden Überlegungen kann zum Zwecke dieser Untersuchung Mediation im öffentlichen Bereich demnach folgendermaßen definitorisch beschrieben werden: Mediation im öffentlichen Bereich ist ein Konfliktbehandlungsmodell, das ein strukturiertes Verfahren beschreibt, in dem – unter der (An)Leitung einer externen, von allen akzeptierten, neutralen und ohne Zwangsmittel ausgestatteten Person, der Mediatorin bzw dem Mediator, – von allen betroffenen Parteien als gleichberechtigte AkteurInnen gemeinsam und – weitgehend unmittelbar, – gegebenenfalls unter Mitwirkung der staatlichen EntscheidungsträgerInnen, – politisch-administrativ gestaltbare und absehbare oder bereits offenkundige Konflikte – auf Basis der Freiwilligkeit, Offenheit sowie Vertraulichkeit – mit dem Ziel bearbeitet werden, eigenverantwortlich und selbstbestimmt eine teilweise oder vollständige und von allen getragene abschließende Regelung zu finden, – die in einen politischen oder administrativen Planungs- oder Entscheidungsprozess einfließt bzw diesen (soweit rechtlich möglich) mitgestalten soll.
II. Verfahrensablauf der Mediation im öffentlichen Bereich Vor allem im deutschsprachigen Raum folgen MediatorInnen einem problembezogenen, verhandlungsorientierten Ansatz, der sich in einem klar strukturierten, in sogenannte Phasen unterteilten Ablaufschema abbilden lässt163. Das heißt jedoch nicht, dass dieses Strategiemodell starr und unflexibel ist. Vielmehr variieren die MediatorInnen ihre Vorgehensweisen fallspezifisch und unter Berücksichtigung der besonderen Bedürfnisse der Parteien. Erklärbar wird ein solches Verhältnis von Flexibilität und Strukturverbundenheit mit der der Mediation innewohnenden Verfahrenslogik, nämlich sich Schritt für Schritt an eine mögliche Beilegung des Konflikts heranzutasten. Erst die Durchbrechung herkömmlicher Konflikt- und Kommunikationsmuster und die anschließende Neustrukturierung der Ver163 Glasl, Konfliktmanagement9 473 ff, weist darüber hinaus auf Modelle der Visionsgeleiteten sowie der Prozess-folgenden Mediation hin.
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ständigung untereinander ermöglichen, so Kessen/Troja164, neue Sichtweisen und bieten die Chance auf kooperative Konfliktregelung durch Veränderungsprozesse und das Entdecken neuer Optionen165. Es wird demnach kaum ein offener Verhandlungsprozess in Gang zu setzen sein, bevor nicht die Anliegen (Bedürfnisse/Interessen) aller Beteiligten offengelegt werden konnten oder aber es werden Regelungen nicht von Dauer sein, wenn wesentliche Arbeitsthemen in die Konfliktbearbeitung nicht einbezogen wurden166. In der Regel verlaufen die Übergänge zur nächsten Phase fließend, ohne jedoch einzelne Abschnitte zu überspringen bzw gänzlich beiseite zu schieben. Auch muss es möglich sein, von einer fortgeschrittenen Stufe zu einer früheren zurückzukehren, weil sich etwa – um beim letzten Beispiel zu bleiben – ein zusätzliches, bisher noch nicht beachtetes Arbeitsthema erst im Zuge des bereits fortgeschrittenen Mediationsprozesses herauskristallisiert hat. In der hierzulande gängigen Mediationsliteratur kann jedenfalls je nach dem Grad der Untergliederung zwischen Modellen mit drei (zB Vorbereitungs-, Verhandlungs- und Umsetzungsphase) bis zu neun Phasen bzw Stufen oder Abschnitte gewählt werden167. Wesentliche Unterschiede gibt es jedoch keine. Letztlich gleichen sich die Schemata auch in den unterschiedlichen Feldern der Mediation, obgleich freilich Spezifika zu beachten sind168. 164 Stefan Kessen/Markus Troja, Die Phasen und Schritte der Mediation als Kommunikationsprozess, in: Fritjof Haft/Katharina von Schlieffen (Hg), Handbuch Mediation2 (2009) Rz 1. 165 Und auch die Konfliktparteien selbst benötigen gerade in der Situation, die ihnen die Orientierung erschwert, Interventionsstrategien, die eine möglichst konsistente Gestalt von Maßnahmen zu erkennen geben. Siehe hiezu Glasl, Konfliktmanagement9 393. 166 Die MediatorInnen sollten demnach davon Abstand nehmen, ja sich davor hüten, „voreilig auf eine Lösung zu drängen, bevor das Mediationsforum alle Phasen durchlaufen und bearbeitet hat.“ So Zilleßen, in: Haft/Schlieffen (Hg), Handbuch2 Rz 64. 167 Vgl ua Marcus Hehn, Nicht gleich vor den Richter … Mediation und rechtsförmliche Konfliktregelung (1996) 20 ff (sieben Phasen); Helmut Weidner, Umweltmediation: Erfahrungen im In- und Ausland, in: Peter H. Feindt et al (Hg), Konfliktregelung in der offenen Bürgergesellschaft (1996) 145 (drei Phasen); Alexander, Wirtschaftsmediation 80 ff (neun Stufen); Montada/Kals, Mediation 179 ff (sechs Abschnitte); Thomas Rinas/Markus G. Viering, Vorgehensmodell Mediative Sachverständigenvermittlung, in: Thomas Flucher et al (Hg), Media tion im Bauwesen (2003) 41 (fünf Phasen); Christian Duve et al, Mediation in der Wirtschaft. Wege zum professionellen Konfliktmanagement2 (2011) 71 ff (sechs Phasen); Kessen/Troja, in: Haft/Schlieffen (Hg), Handbuch2 Rz 4 ff (sechs Phasen); Zilleßen, in: Haft/Schlieffen (Hg), Handbuch2 Rz 66 (drei Phasen). 168 Montada/Kals, Mediation 179.
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Verfahrensablauf der Mediation im öffentlichen Bereich
So kommt etwa bei Mediationen im öffentlichen Bereich der intensiven Vorbereitungs- (Identifizierung der Konfliktparteien) und der oftmals diffizilen Implementationsphase (Verhältnis Mediationsvereinbarung und politischadministrative Entscheidung) besondere Bedeutung zu169. Die nachfolgende Darstellung eines idealtypischen Ablaufschemas gliedert sich schließlich in insgesamt sechs Phasen: A. Vorphase170
Der Durchführung einer Mediation gehen vier grundlegende Entscheidungen voraus: – Wird die Mediation als Konfliktbehandlungsmodell überhaupt gewünscht? – Ist sie in der jeweiligen Situation und zu diesem Zeitpunkt das geeignete Instrument? – Wer sollen die MediatorInnen sein? – Wie werden diese ausgewählt? Es bedarf hiezu keiner übermäßigen Prozesskentnnis, um erkennen zu können, dass gerade die Beantwortung dieser Fragen eine Primärvoraussetzung für ein jedes Mediationsverfahren ist. Die Initiierung kann grundsätzlich von einer vom Konflikt betroffenen Person, von beteiligten (Rechts-)BeraterInnen oder auch von einer Behörde ausgehen. Eine standardisierte Vorgehensweise ist derzeit (noch) nicht erkennbar. Ähnliches gilt auch für die MediatorInnenauswahl. Wesentlich ist hiebei jedenfalls, darauf zu achten, dass die letztlich am Mediationsverfahren beteiligten Konfliktparteien gemeinsam die MediatorInnen bestimmen, sie also die eigentlichen AuftraggeberInnen sind171. In diesem Zusammenhang plädiert insbesondere Lenz172 – vor allem bei Mediationen im öffentlichen Bereich – für den Einsatz von InitiatorInnen 169 Siehe Zilleßen, in: Haft/Schlieffen (Hg), Handbuch2 Rz 66. 170 In diesem Zusammenhang wird auch von einer Initiierungs- (Thomas Flucher, Vorgehensmodell Mediation, in: ders et al (Hg), Mediation im Bauwesen (2003) 24), Erkenntnisphase (Rinas/Viering, in: Flucher et al (Hg), Mediation 42) oder von einer prämediativen Phase (Cristina Lenz/Norbert Fackler, Pre-Mediation – Die Bedeutung der fachgerechten Initiierung einer Mediation, in: Thomas Flucher et al (Hg), Mediation im Bauwesen (2003) 85 ff sowie Cristina Lenz/Petra Wostratzky, Prozessproviding am Beispiel des Mediationsverfahrens Flughafen Wien (2004) 33 ff) gesprochen. 171 Zur Unterscheidung „innerer und äußerer“ Auftrag sogleich 1.II.B. 172 Cristina Lenz, Die Bedeutung der Pre-Mediation bei der Mediation im öffentlichen Bereich, in: Sascha Ferz/Johannes W. Pichler (Hg), Mediation im öffentlichen Bereich (2003) 105 sowie Lenz/Wostratzky, Prozessproviding 41 f; siehe auch Flucher, in: Flucher et al (Hg), Mediation 24 f, wählt hiefür die Bezeichnung
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Begriffs- sowie Funktionsklärung und Fallstudie
bzw „Prozessprovider“ oder „Case-Developer“173. Diesen soll es zumindest obliegen, Kontakt mit allen Beteiligten aufzunehmen, um das Verfahren vorzustellen sowie deren Bereitschaft zur Mediation abzuklären, und auch die Auswahl des MediatorInnenteams vorzubereiten174. B. Vorbereitung und Eröffnung
Ziel dieser Phase ist die Schaffung der notwendigen Grundlagen für ein kooperatives Miteinander175. Oberstes Gebot dafür ist eine ausführliche Konfliktanalyse. Es gilt die potenziellen TeilnehmerInnen (Einzelpersonen und Interessengruppen) für die Mediation zu identifizieren, die Sachlage und den Konfliktstatus (Konfliktdauer, Eskalationsgrad, bisherige Regelungsversuche) zu analysieren sowie die Erwartungen in das Verfahren abzuklären, ohne jedoch vorschnell inhaltliche Aspekte zu behandeln176. Auch die Klärung organisatorischer und verfahrensrelevanter Fragen wie die Absprache der Verhandlungsmandate177, die Einigung auf InteressenrepräsentantInnen178 und den Tagungsort sowie -zeit erfordert eine gediegene Vorbereitung. Hiezu dienen die meist zahlreichen Einzelgespräche mit den KonfliktpartnerInnen bereits im Vorfeld der ersten Mediationssitzung179. Mit Hilfe der so erlangten Informationen können die MediatorInnen schließlich zum einen erkennen, ob der vorliegende Konflikt überhaupt für ein Mediationsverfahren geeignet ist oder sich ein anderes Konfliktbehandlungsmodell anbietet. Zum anderen dienen die Auskünfte und die darauf aufbauenden „Initiierungsmediator“; Lenz/Fackler, in: Flucher et al (Hg), Mediation 93; Fürst, Umweltmediation 27. 173 Nach Meinung von Lenz/Wostratzky, Prozessproviding 42, sei für Case-Developer nach der Bestätigung der MediatorInnen die Tätigkeit beendet, hingegen begleite die bzw der ProzessproviderIn das Mediationsverfahren als KoordinatorIn bis zum Abschluss des Prozesses, ohne jedoch selbst als MediatorIn tätig zu werden. 174 Dabei übernehmen sie bereits die Mehrzahl der hier der zweiten Phase zugeschriebenen Aufgaben. 175 Zilleßen, in: Haft/Schlieffen (Hg), Handbuch2 Rz 66. 176 Für ein Ansprechen inhaltlicher Punkte im Vorgespräch spricht sich etwa Fürst, Umweltmediation 26, aus. Als Gründe für ein solches Vorgehen nennt er insbesondere den für die Konfliktanalyse notwendigen Informationsgewinn der MediatorInnen sowie die Möglichkeit für die MediandInnen, in einem ersten vertraulichen Gespräch offen über ihre Interessen, Befürchtungen, Strategien etc reden zu können. 177 Vgl Rüssel, in: Niedostadek (Hg), Praxishandbuch 57. 178 Zum Problem der Vertretung einer Konfliktpartei durch RepräsentantInnen siehe Montada/Kals, Mediation 76 und 181. 179 Flucher, in: Flucher et al (Hg), Mediation 25; Fürst, Umweltmediation 27.
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Verfahrensablauf der Mediation im öffentlichen Bereich
Analysen der Erarbeitung eines spezifischen Verfahrensdesigns sowie -verlaufs180. Wesentlich ist darüber hinaus, dass die Auftragsklärung transparent erfolgt. Dies vor allem deshalb, weil gerade bei Mediationen im öffentlichen Bereich die Kosten für ein solches Verfahren kaum von allen Parteien gemeinsam getragen werden. Vielmehr werden diese zumeist von öffentlichen Stellen oder aber gelegentlich von den ProjektwerberInnen bestritten181. Die Gefahr einer Vertrauensschieflage ist latent182. Diese kann sich noch verstärken, wenn die Ziele des Mediationsverfahrens oder die Entscheidungsspielräume unklar bleiben183. Um einer solchen vorzubeugen, erscheint vor allem die getrennte Abholung des äußeren (von den ZahlerInnen) und des inneren (von den KonfliktpartnerInnen) Auftrags durch die MediatorInnen und die Offenlegung derselben dringend geboten184. Die erste gemeinsame Sitzung dient sodann insbesondere der Vertrauensbildung in das Verfahren, der Schaffung eines geschützten Raums und schließlich der Klärung des Mediationsprozesses (Rolle der MediatorInnen, Verfahrensregeln, Einigung über den Einsatz von GutachterInnen und ExpertInnen, Aufgabenklärung für Mediationsforum und Arbeitskreise, Ziel der Mediation). Abgeschlossen wird die Vorbereitungsphase mit einem gemeinsam mit allen Konfliktparteien vereinbarten Arbeitsbündnis, dem Mediationsvertrag185, in dem letztlich die Ergebnisse des zuvor genannten Abklärungsprozesses sowie die Verfahrenskosten festgehalten werden186. 180 Kessen/Troja, in: Haft/Schlieffen (Hg), Handbuch2 Rz 11 ff; Zilleßen, in: Haft/ Schlieffen (Hg), Handbuch2 Rz 67 f. 181 Zilleßen, in: Haft/Schlieffen (Hg), Handbuch2 Rz 69. 182 Vgl Rüssel, in: Niedostadek (Hg), Praxishandbuch 62. 183 Montada/Kals, Mediation 180. 184 Kessen/Troja, in: Haft/Schlieffen (Hg), Handbuch2 Rz 11. 185 Montada/Kals, Mediation 185, erkennen in diesen Verträgen als primären Sinn und Zweck ihre interne Verbindlichkeit und weniger ihre gerichtliche Einklagbarkeit. Dem ist zum Teil aber nicht zur Gänze zuzustimmen. Es ist zweifellos richtig, dass der unterschriebene Mediationsvertrag moralische Geltung entfaltet und zugleich die Konfliktparteien motiviert, den Mediationsprozess auch abschließen zu wollen. Darüber hinaus darf aber die Unterschriftenleistung unter ein Vertragswerk, das Rechte und Pflichten für alle am Verfahren Beteiligten, also auch für die MediatorInnen, festschreibt, nicht zum rein symbolischen Akt degradiert werden. Eine solche Beschreibung wird der Rechtswirklichkeit keineswegs gerecht. Insbesondere von MediatorInnen sollte dieses Instrument aus Gründen der eigenen Rechtssicherheit (haftungsrechtliche Fragen) nicht leichtfertig beiseitegeschoben werden. Siehe ua Ferz, perspektive mediation 2005, 19. 186 Dass dieser Prozess mitunter Zeit braucht und die Ergebnisse nicht zwangsläufig in einem Vertragswerk festgehalten werden müssen, zeigt das prominente Beispiel
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Begriffs- sowie Funktionsklärung und Fallstudie
C. Bestandsaufnahme des Konflikt- und Themenspektrums
Ist es gelungen, eine erste Basis der Zusammenarbeit aufzubauen, kann im Zuge einer gemeinsamen Problembeschreibung mit der inhaltlichen Bearbeitung des Konflikts begonnen werden. Wesentlich für diese Phase ist die erweiterte Bestandsaufnahme des Konflikt- und Themenspektrums. Eine solche erfolgt zumeist durch die Problemschilderungen eines jeden Beteiligten. In dieser Situation sind Parteien187 und MediatorInnen gefordert. Letzteren obliegt es insbesondere, allen KonfliktpartnerInnen gleichermaßen Raum für deren Ausführungen zu geben sowie verbale Spitzen und Verletzungen durch Umformulierungen auszutarieren188, um die persönlichen Sichtweisen, die Betroffenheiten und die Weite des Konflikts für alle am Prozess Beteiligten sichtbar zu machen. Dabei haben die MediatorInnen auch danach zu trachten, dass von den Parteien alle Informationen, die für die Bearbeitung des Konflikts von Bedeutung sind, hiezu zählen etwa die Offenlegung von bisherigen und anstehenden Planungen und (Vor-)Entscheidungen, in das Verfahren eingebracht werden. Aus diesem Konglomerat an Positionen, Anliegen und Informationen gilt es schließlich, die zu behandelnden, bewertungsfreien Themen zu destillieren, an Hand derer der nächste Schritt, die Interessenklärung, gesetzt werden kann189. D. Bearbeitung der Konfliktthemen
Der zentrale Abschnitt, das „Herzstück der Mediation“190, ist die Bearbeitung der Konfliktthemen und dabei die Interessenklärung. Es muss den MediatorInnen gelingen, die MediandInnen von deren voreingenommenen Positionen und Ansprüchen zu lösen, deren Prioritätensetzungen wieder zu normalisieren und deren subjektive „mentale Einengung“ aufzuheben191, um die kompetitive Ebene zu verlassen. Funktionieren kann dies, indem die MediatorInnen die Konfliktparteien beim Erkennen und Formulieren von Interessen und Bedürfnissen unterstützen192. Die entscheidenden Punkte des Mediationsverfahrens Flughafen Wien. Siehe hiezu Fürst, Umweltmediation 28 f. Vgl ua auch Flucher, in: Flucher et al (Hg), Mediation 26; Zilleßen, in: Haft/ Schlieffen (Hg), Handbuch2 Rz 69 f. 187 Zur Bedeutung der Eröffnungserklärung der Parteien siehe Risse, Wirtschaftsmediation 200 f. 188 Vgl Kessen/Troja, in: Haft/Schlieffen (Hg), Handbuch2 Rz 21. 189 „Die Themen sind gewissermaßen das Inhaltsverzeichnis des Verfahrens.“ So Fürst, Umweltmediation 29. 190 So Kessen/Troja, in: Haft/Schlieffen (Hg), Handbuch2 Rz 26. 191 Montada/Kals, Mediation 202. 192 Montada/Kals, Mediation 194 f.
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sind das Wahrnehmen der Interessen des Gegenübers sowie die Ermöglichung eines kognitiven Nachvollziehens der Sichtweise des anderen193. Dieser eher dem verhandlungsorientierten Vorgehen194 nahe stehende Ansatz muss jedoch – insbesondere bei hocheskalierten Konflikten – für sich allein noch nicht unbedingt ein ausreichender Erfolgsgarant sein. Mitunter ist demnach ein transformativer Ansatz zielführender, der darauf ausgerichtet ist, in einem wechselseitigen, sich ständig wiederholenden Prozess vom Formulieren eigener Interessen (empowerment) und vom Anerkennen bzw Respektieren der gegenseitigen Interessen (recognition) ein „emotionales Verstehen“195 der Anliegen des Gegenüber aufzubauen. Erst wenn also gegenseitige Akzeptanz, ein wechselseitiges Problemverständnis196, tatsächlich gegeben ist, eröffnet sich aufgrund des Perspektivenwechsels197 für die Konfliktparteien das für Ausgleichshandlungen nötige größere Spektrum an effizienten Regelungsoptionen198. E. Optionensuche und Bewertung
Zur Erweiterung der Handlungsrationalität und -kapazität braucht es zum einen einer genügenden Anzahl an Optionen, also an Regelungsvarianten, die wiederum auf den zuvor ermittelten Interessen und Bedürfnisse der Parteien basieren. Als zielführend erweist sich dabei eine möglichst weit gefasste Ideensuche, die ihrerseits einen kreativen Zugang erfordert. Losgelöst von herkömmlichen Denkmustern und betrachtet aus unterschiedlichen Perspektiven199 werden die Ideen gemeinsam im Plenum oder gegebenenfalls in den einzelnen Arbeitskreisen erarbeitet und vorerst ohne Bewertung gesammelt200. Am Ende dieses Verfahrensschritts liegen dann zumeist mehrere konkrete Varianten vor, die den Verhandlungsspielraum erweitern helfen201. 193 Stefan Kessen, Wirtschaftsmediation. Neue Handlungsmöglichkeiten durch Perspektivenwechsel, in: Peter Geißler/Klaus Rückert (Hg), Mediation – die neue Streitkultur. Kooperatives Konfliktmanagement in der Praxis (2000) 107 f; Dirk Splinter/Ljubjana Wüstehube, Perspektivenwechsel: Der Weg auf den Stufen der Anerkennung, perspektive mediation 2005, 66. 194 Vgl auch den streng sachbezogenen Verhandlungsansatz bei Roger Fisher/William Ury/Bruce M. Patton, Das Harvard-Konzept23 (2009) 34. 195 Splinter/Wüstehube, perspektive mediation 2005, 71. 196 Fürst, Umweltmediation 33. 197 Kessen, in: Geißler/Rückert (Hg), Mediation 112, unterscheidet zwei Ebenen: die Sichtweise des anderen anerkennen zum einen und eine gemeinsame neue Sichtweise entwickeln zum anderen. 198 Kessen/Troja, in: Haft/Schlieffen (Hg), Handbuch2 Rz 26 f. 199 So Kessen/Troja, in: Haft/Schlieffen (Hg), Handbuch2 Rz 49 ff. 200 Flucher, in: Flucher et al (Hg), Mediation 27. 201 Flucher, in: Flucher et al (Hg), Mediation 27 f.
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Es bedarf – zum anderen – im Anschluss daran einer Operationalisierung und Entscheidung hinsichtlich der gewonnenen, neuen Argumente und Einsichten. Gemeinsam werden demnach die erarbeiteten Handlungsoptionen strukturiert, nach festgelegten, sachlichen Kriterien202 bewertet, auf ihre Umsetzbarkeit und Wirkung203 hin überprüft und schließlich die spezifischen Optionen unter der Prämisse der Interessenvermittlung bzw des -ausgleichs im Verhandlungswege ausgewählt. Sodann können die Eckpunkte festgehalten sowie die Zustimmung möglichst aller KonfliktpartnerInnen – möglichst auch von den betroffenen, im Mediationsverfahren durch RepräsentantInnen vertretenen Mitgliedern von Interessengruppen204 – dazu explizit eingeholt werden205. F. Vereinbarung und Implementation
Eingedenk des einer jeden Mediation zugrunde liegenden Ziels, zu einer Einigung zu gelangen, die auf einem allgemein akzeptierten Ergebnis fußt und Verbindlichkeit und Nachhaltigkeit ausstrahlt, gilt es nunmehr, die eben fixierten Optionen in einer gemeinsam getragenen Abschlussvereinbarung einzubetten206. Dabei sind, wohl noch bevor es zur endgültigen Verabschiedung derselben kommt, auch zahlreiche Aspekte hinsichtlich einer zügigen Umsetzung zu beachten. Hiezu zählen insbesondere bei Mediationen im öffentlichen Bereich die heiklen Fragen der (rechtlichen) Realisierbarkeit bzw Implementation der Ergebnisse, und zwar vor allem im Fall dessen, dass nachfolgende politisch-administrative Verfahren zur Verwirklichung der Programm- oder Projektentscheidung angestrengt werden müssen. Es ist folglich ua darauf Bedacht zu nehmen, dass in materieller Hinsicht das Mediationsergebnis per se mit der Rechtsordnung vereinbar ist207 und dass mitunter auch gesonderte Abreden notwendig erscheinen, die in der Phase der Um202 Montada/Kals, Mediation 215. 203 Hiezu zählt gerade im öffentlichen Bereich die Auswirkungen von möglichen Regelungen auf die Anliegen weiterer Betroffener, die im Mediationsverfahren zur Gänze unvertreten sind (zB zukünftige Generation, Umwelt ieS). Hiezu auch Montada/Kals, Mediation 213 f. 204 Vgl Holznagel/Ramsauer, in: Haft/Schlieffen (Hg), Handbuch2 Rz 19. 205 Flucher, in: Flucher et al (Hg), Mediation 28. 206 Neben der unmittelbaren Ausrichtung der Mediation mit dem Ziel, im konsensualen Wege eine Regelung für den Konflikt zu erreichen, ergeben sich aus der Einigung und deren Umsetzung mitunter auch Impulse für den zukünftigen Umgang miteinander, die eine Etablierung von langfristig tragfähigen Beziehungen zwischen den Beteiligten ermöglichen helfen. Hiezu Flucher, in: ders et al (Hg), Mediation 29; Kessen/Troja, in: Haft/Schlieffen (Hg), Handbuch2 Rz 77. 207 Holznagel/Ramsauer, in: Haft/Schlieffen (Hg), Handbuch2 Rz 17.
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setzung beispielsweise den Umgang mit veränderten Situationen (zB Einrichtung eines ständigen Beirats, Wiederaufnahme der Mediation im Fall von Projektänderungen aufgrund behördlicher Vorbehalte) regeln208. Deutlich sichtbar wird die Bedeutung dieser Vorkehrungen in dem Umstand, dass eine Mediationsvereinbarung gegenüber der Genehmigungsbehörde bzw den politisch verantwortlichen EntscheidungsträgerInnen nur unter bestimmten Voraussetzungen rechtliche Wirkungen entfalten kann. Es bleibt demnach hinsichtlich der Verwirklichung der Ergebnisse, welche die KonfliktpartnerInnen regelmäßig in mühevoller Arbeit ausgehandelt haben, ein gewisses Maß an Unsicherheit, das jedoch durch Aufklärung, geeignete Absprachen und Einbindung an dem Mediationsverfahren nicht unmittelbar teilnehmenden EntscheidungsträgerInnen in Politik und Verwaltung relativiert werden kann209. Die in aller Regel schriftliche Übereinkunft selbst wird vielfach in Form eines oder mehrerer (zivil)rechtlich verbindlicher Dokumente abgefasst210. Daneben stellen aber gerade im öffentlichen Bereich „bloß“ gemeinsame Erklärungen oder Empfehlungen, beispielsweise an politische EntscheidungsträgerInnen, weitere praktizierte Vorgehensweisen dar, deren verbindliche Kraft freilich eine lediglich faktische sein kann211. Die Inhalte derselben erstrecken sich von der Nennung der TeilnehmerInnen, dem Ziel, Aufbau und Ablauf des Mediationsverfahrens bis hin zu den Vereinbarungen, die im Zuge des Mediationsverfahrens getroffen wurden. Häufig werden auch Punkte genannt, die bis zum Ende streitig geblieben sind. Möglich sind hiebei auch Sondervoten einzelner Personen und Gruppen, in denen verbliebene Meinungsunterschiede zu bestimmten Teilaspekten ausdrücklich genannt werden212. Zusätzlich sollen – wie schon vorhin angesprochen – Regelungen für ein möglichst detailliertes Follow-up berücksichtigt werden, aufgrund dessen einerseits die Umsetzung der Ergebnisse kontrolliert213 sowie andererseits 208 Siehe auch Holznagel/Ramsauer, in: Haft/Schlieffen (Hg), Handbuch2 Rz 35 f. 209 Zilleßen, in: Haft/Schlieffen (Hg), Handbuch2 Rz 72, spricht im Zusammenhang mit der Implementation der Ergebnisse von einem „der größten Probleme“ der Mediation im öffentlichen Bereich. Siehe auch Fürst, Umweltmediation 42. 210 Eine ausführliche, mehrere Dokumente umfassende Regelung sieht beispielsweise das Verfahren Flughafen Wien vor; www.viemediation.at/ [12/2012]. 211 In diesen Fällen kommt jedoch der Unterschriftenleistung der MediandInnen unter das Abschlusspapier, auch wenn von ihnen damit ausdrücklich keine rechtlich verbindliche Erklärung angestrebt wird oder aber eine solche etwa aus (kompetenz-)rechtlichen Gründen nicht möglich ist, ein beträchtlicher symbolischer Wert zu. Siehe Kessen/Troja, in: Haft/Schlieffen (Hg), Handbuch2 Rz 75. 212 Zilleßen, in: Haft/Schlieffen (Hg), Handbuch2 Rz 71. 213 Montada/Kals, Mediation 218 f.
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ins Stocken geratene Implementationsvorgänge wieder in Fahrt gebracht werden können214.
III. Evaluierung A. Empirische Untersuchung
Aufgrund der Zielsetzung, insbesondere die Schnittstellen zwischen Mediationsregelungen und Verwaltungsentscheidungen ausmachen zu wollen, galt es, bereits abgeschlossene und – zumindest teilweise – umgesetzte Mediationsverfahren in Österreich, deren Ergebnisse zu ihrer Verwirklichung einer politisch-administrativen Entscheidung bedurften, mit Hilfe empirischer Methoden zu evaluieren. Zur Auswertung sollten Infrastrukturprojekte, Projekte zu Standortfragen sowie administrative Projektentscheidungen (Urbanprojekt, Zementwerk, Holzindustrie, Logistikzentrum ua) herangezogen werden. 1. Hintergrund und Ziele a) Evaluation der Umsetzung von Mediationsergebnissen bereits abgeschlossener Verfahren in Österreich mit dem Ziel der „Erfolgsmessung“ von Mediation im öffentlichen Bereich
Die österreichische Gesellschaft für Umwelt und Technik (ÖGUT) hat in der Studie „Umweltmediation – Praktische Erfahrungen in Österreich“ die Durchführung von Mediations- und mediationsähnlichen Verfahren zwischen 1990 und 1999 dokumentiert. Darin wurden zwar der Verlauf und die Ergebnisse von Mediationsverfahren festgehalten, nicht jedoch die Implementation(-sphase) der getroffenen Vereinbarungen215. Das Wissen über die tatsächliche Umsetzung von Mediationsergebnissen ist jedoch eine wichtige Information für potenzielle Beteiligte eines Mediationsverfahrens bzw EntscheidungsträgerInnen in Behörden und Politik. b) Beurteilung von Mediationsverfahren durch beteiligte Gruppen
Die Zufriedenheit der beteiligten Gruppen mit der Teilnahme an einem Mediationsverfahren ist eine wesentliche Information bei der Etablierung und Weiterentwicklung von Mediation im öffentlichen Bereich als Instrument der Konfliktbearbeitung und Partizipation. Um quantifizierbare Aussagen 214 So etwa wie im Zuge des Flughafenverfahrens Wien-Schwechat in Form eines Dialogforums, das über die eigentliche Mediation hinaus, den zukünftigen Diskurs sichern soll. Siehe hiezu Krainer, in: Falk et al (Hg), Mediationsverfahren 75 ff; Falk, in: ders et al (Hg), Mediationsverfahren 241 f. 215 Zieher, Umweltmediation 4.
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über den Erfolg von Mediation im öffentlichen Bereich und die Zufriedenheit der Beteiligten treffen zu können, erschien eine strukturierte Erhebung und statistische Auswertung der Beurteilung von Mediationsverfahren, ihrer Ergebnisse und der Umsetzung durch alle Beteiligten notwendig. c) Beurteilung von Mediationsverfahren durch EntscheidungsträgerInnen (VertreterInnen von Behörden und politisch Verantwortliche)
Mediationsverfahren stellen (derzeit) eine Ergänzung zu behördlichen bzw politischen Entscheidungsverfahren dar. Die Entscheidungskompetenz bleibt bei Behörden und politischen EntscheidungsträgerInnen. Aus diesem Grund ist es von besonderem Interesse zu erfahren, wie diese – die Ergebnisse des Mediationsverfahrens bei der konkreten Entscheidung berücksichtigt haben und hinsichtlich ihrer Nützlichkeit für die Entscheidungsfindung beurteilen, – in das Mediationsverfahren eingebunden waren bzw über den Verlauf und die Ergebnisse informiert wurden, – das Mediationsverfahren, die Ergebnisse und die Umsetzung bewerten, – Vorteile und Nachteile, Erfolgsfaktoren und Hindernisse wahrgenommen haben, – Mediation im öffentlichen Bereich als Instrument zur Konfliktlösung und Entscheidungsfindung einschätzen, um letztlich hieraus Erkenntnisse und Schlussfolgerungen für weitere Verfahren gewinnen zu können. d) Grundlagen der Bewertung von Mediationsverfahren
Wenn sich die Frage nach der Einstellung zum Mediationsverfahren und der Zufriedenheit damit aus einer ex post Betrachtung heraus stellt, gilt auch jene des Erfolgs als mit umfasst. Was aber diesen ausmacht und was überhaupt als Erfolg eines Mediationsverfahrens anzusehen ist, wird zwar seit geraumer Zeit diskutiert, eine allgemein akzeptierte Definition hiezu gibt es – so Meuer/Troja – jedoch nicht216. So nimmt es wohl auch nicht wunder, dass bei der Beurteilung solcher Verfahren vielfach von einer wenig differenzierten ergebniszentrierten Globalbewertung ausgegangen wird. Mediation sei demnach „nur dann erfolg216 So Meuer/Troja, Mediation 31; zu diesem Ergebnis gelangten bereits zuvor ua Ortwin Renn/Thomas Webler, Der kooperative Diskurs – Theoretische Grundlagen, Anforderungen, Möglichkeiten, in: Ortwin Renn et al (Hg), Abfallpolitik im kooperativen Diskurs. Bürgerbeteiligung bei der Standortsuche für eine Deponie im Kanton Aargau (1998) 36, hinsichtlich der Bewertung von diskursiven Verfahren zur Entscheidungsfindung bei Umweltkonflikten oder bei der planerischen Gestaltung von Umweltaufgaben.
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reich, wenn sie mit einer für alle Beteiligten zufrieden stellenden und grundsätzlich verbindlichen Vereinbarung abgeschlossen wird, die schließlich auch umzusetzen ist“217. Eine solche Betrachtungsweise wird jedoch einem derart komplexen Vorgang, wie eben ein Mediationsverfahren ein solcher ist, mE nicht gerecht. Es sind wesentlich mehr Kriterien zur Bewertung dieser Verfahren zu beachten, als „bloß“ das Erreichen oder Nichterreichen eines Konsenses. Vor allem aber, und dies soll hier ausdrücklich hervorgehoben werden, wird mit der Hochstilisierung der Vereinbarung zum alles entscheidenden Erfolgskriterium dem Instrument der Mediation wie auch den MediandInnen eine Bürde auferlegt, die sowohl das eine als auch die anderen nur schwer tragen können. Zugegeben, das Erreichen von einer Regelung zum Nutzen aller ist das primäre Ziel, aber eben nur eines. Auch soll dem Abschluss der Mediation durch eine gemeinsame Vereinbarung die immense Bedeutung nicht abgesprochen werden, was vielmehr vehement in Frage gestellt wird, ist die eindimensionale ergebnisbezogene Analyse des Erfolgs sowie das gänzliche Außerachtlassen des vielschichtigen Ertragsspektrums von Mediationsverfahren218. In diese Richtung argumentierten zB bereits Wiedemann/Claus, die – ohne näher auf Bewertungsmethoden einzugehen – festhalten, dass sich die Messung des Erfolgs von Konsensverfahren nicht allein an den erzielten Ergebnissen erschöpft. Vielmehr solle bei einem Konfliktmittlungsverfahren auch die Beurteilung des Verfahrens durch die TeilnehmerInnen erfolgen219. Auch Jeglitza/Hoyer gehen davon aus, dass Verfahrensabschluss und Ergebnisumsetzung lediglich zwei Aspekte einer Beurteilung des Erfolgs kooperativer Konfliktlösungsprozesse seien. „Letztlich misst sich der Erfolg solcher Verfahren – neben einer systembezogenen Bewertung – an der Zielsetzung, die die Beteiligten mit diesen Verfahren verbinden, und der jeweiligen, zwangsläufig in Teilen subjektiven Einschätzung, inwieweit die gesteckten Ziele erreicht wurden“220.
217 So zumindest Kerschner et al, Umweltmediation 15; ebenso Dolp et al, RdU 2001, 14. 218 Siehe schon die Analyse zur „Viemediation“ bei Falk, in: ders et al (Hg), Mediationsverfahren 245 f. 219 Peter M. Wiedemann/Frank Claus, Konfliktvermittlung bei umweltrelevanten Vorhaben – Ein Resümee, in: Frank Claus/Peter M. Wiedemann (Hg), Umweltkonflikte. Vermittlungsverfahren zu ihrer Lösung. Praxisberichte (1994) 234; so auch Zilleßen, in: ders (Hg), Mediation 36. 220 Matthias Jeglitza/Carsten Hoyer, Deutsche Verfahren alternativer Konfliktlösung bei Umweltstreitigkeiten – Eine Dokumentation, in: Horst Zilleßen (Hg), Mediation. Kooperatives Konfliktmanagement in der Umweltpolitik (1998) 183.
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Noch deutlicher sprechen sich Fietkau/Weidner gegen eine vorschnelle und verkürzende Beurteilung von Mediationsverfahren aus. Bereits in der Frage nach Erfolg oder Misserfolg sei ihrer Meinung nach ein gedanklicher Fallstrick gelegt, da die Frage nach dem Erfolg wiederum die vorgelagerte Frage nach den Effekten überspringe. Dies dürfe iS einer rationalen und empirischen Urteilsbegründung nicht ignoriert werden221. Demgegenüber könne ihrer Meinung nach in der Beschreibung der Beurteilung der Effekte bzw der Erfolge oder Misserfolge des Mediationsverfahrens verschiedenartige Aspekte und Begleitumstände nach dem folgenden, hier verkürzt dargestellten, Grundmuster berücksichtigt werden: Wer beschreibt was, in welcher Weise, wie, zu welchem Zeitpunkt im Verfahren, auf welcher Informationsbasis, in welchem situativen Kontext, mit welchem Ziel222? Dies alles sagt – mit Ausnahme der Indikatoren des Verfahrensabschlusses und der Umsetzung – freilich noch nichts Konkretes über die zusätzlich zu untersuchenden Kriterien aus. Hiefür liefert Zilleßen Anregungen, der die Etablierung der Mediation davon abhängig macht, inwieweit sich der erforderliche Aufwand (finanziell, zeitlich, organisatorisch) und der angemessene Ertrag eines Mediationsverfahrens gegenüberstehen. Der hier besonders interessierende Teil ist in den von ihm identifizierten drei Ebenen des Ertrags auszumachen. Zilleßen spricht von einer inhaltlichen, einer Beziehungs- und von einer politisch/sozialen Ebene, denen er als zusätzliche Kategorien die Perspektiven der Behörde, KonsenswerberInnen und betroffenen Dritten hinzufügt223. So können seiner Meinung nach auf der inhaltlichen Ebene neben einem möglichen Konsens oder zumindest einer kompromisshaften „Paketlösung“ häufig weitere inhaltliche Vorteile erzielt werden. Für die Behörden nennt er zB die Erweiterung ihrer Informationsbasis und ihres Kenntnisstands bei der Vorbereitung der Entscheidung, das rechtzeitige Wahrnehmen von innerbehördlichen Konflikten, die Entlastung bei Abarbeitung von Anfragen und Beschwerden sowie die Verbesserung ihres Ansehens in der Öffentlichkeit aufgrund der besseren „Kundenorientierung“. Für die KonsenswerberInnen wiederum bringe die intensive Kommunikation mit den Betroffenen die Vorteile der Optimierung der Entscheidungsvorbereitung und der Planungssicherheit durch projektrelevante Hinweise und Fakten sowie durch rechtzeitiges Abklären von Problemen in einer kooperativen Atmosphäre. Und schließlich können die betroffenen Dritten bereits im 221 Hans-Joachim Fietkau/Helmut Weidner, Mediationsverfahren im Kreis Neuss, in: Frank Claus/Peter M. Wiedemann (Hg), Umweltkonflikte. Vermittlungsverfahren zu ihrer Lösung. Praxisberichte (1994) 115. 222 Fietkau/Weidner, in: Claus/Wiedemann (Hg), Umweltkonflikte 116. 223 Zilleßen, in: ders (Hg), Mediation 28 f.
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Planungsprozess ihre Interessen und Problemsichten einbringen und mittels bereitgestellter Informationen und regelmäßiger Kommunikation ihre Argumentationsgrundlagen verbessern sowie die Durchsetzungschancen ihrer Interessen erhöhen. Auf der Beziehungsebene könne es durch die direkte und intensive Kommunikation zwischen allen Betroffenen gelingen, Missverständnisse auszuräumen, Misstrauen und wechselseitige Vorurteile abzubauen sowie eine Kooperationsbereitschaft zu schaffen, die selbst bei einem Scheitern der gegenständlichen Verhandlungen die Tür für zukünftige Zusammenarbeit offen halte. Letztlich werde auch die politisch/soziale Ebene positiv beeinflusst, indem es zu einer Verringerung des Konfliktpotenzials bei den gesellschaftlichen AkteurInnen sowie einer frühzeitigen und umfassenden Partizipation an der Entscheidungsfindung komme. Dies stärke das Vertrauen in die Fähigkeit von Politik und Verwaltung und verringere das Risiko von oft polarisierenden Auseinandersetzungen in den Medien. Insgesamt ermögliche ein solches Verfahren einen positiven Beitrag zur politischen Kultur und zum Stil gesellschaftlicher Auseinandersetzungen und erhöhe damit die Legitimation der Ergebnisse224. Zilleßen zeigt also, dass zum einen (im günstigen Fall) auf unterschiedlichen Ebenen ein wahrer Kanon von Effekten beobachtet werden kann und dass zum anderen die Effekte nicht unweigerlich alle Betroffenen gleichermaßen (be)treffen müssen. Daher erscheint es notwendig, der Explikation des Gesamtverfahrens – wie hier in Ansätzen erfolgt – einen größeren Kriterienkatalog zugrunde zu legen und darüber hinaus – soweit möglich – das jeweils individuelle Bezugssystem bzw die unterschiedlichen BeurteilerInnenperspektiven225 in die Bewertungen mit einzubeziehen. Renn/Webler führen zur Evaluierung von diskursiven „Lösungen“ von Umweltkonflikten oder diskursiven Empfehlungen zur planerischen Gestaltung von Umweltaufgaben226 vier Schlüsselkriterien inklusive der jeweiligen Zielausrichtungen an, und zwar Fairness (strukturell, prozessual), Kompetenz (sachlich, kommunikativ), Legitimation (formal, integrativ) sowie Effizienz (intern, extern). Solche Verfahren seien folglich daran zu messen, wie und mittels welcher Operationalisierungsmaßnahmen sie die Ein224 Zilleßen, in: ders (Hg), Mediation 29 ff. 225 Karin Pfingsten/Hans-Joachim Fietkau, Neusser Mediationsverfahren aus der Sicht der Beteiligten. Ergebnisdarstellung der schriftlichen Befragung (1995) 18. 226 Nach dem Verständnis von Renn/Webler, in: Renn et al (Hg), Abfallpolitik 43, haben die von ihnen angezeigten Beteiligungsmaßnahmen übrigens nicht eine integrative Legitimation, also eine 1:1 Umsetzung der Empfehlung durch die Politik, zum Ziel, sondern diese dienen der Entscheidungsvorbereitung und können demnach keine unmittelbare Übertragbarkeit beanspruchen.
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Evaluierung
haltung vorhin genannter Kriterien gewährleisten können. Dabei komme es aber auch darauf an, diese einem Steuerungsprinzip zuzuordnen, komplementäre Steuerungsmechanismen intern zu integrieren und darüber hinaus die Anschlussfähigkeit an externe Prinzipien (Einbindung in politischrechtliche Entscheidungsabläufe) herzustellen. Nötigenfalls sei dies aufgrund zwischen den Kriterien auftretenden Zielkonflikten durch eine angemessene Abwägung derselben zu erreichen227. Vatter wiederum erstellt für die erfolgreiche Gestaltung von Partizipationsverfahren bei der Regulierung von technologischen Risiken einen Prüfkatalog mit insgesamt 14 Einzelkriterien, die „ein breites Set von normativen und funktional-analytischen Verfahrensregeln“ darstellen. Davon sind die Kriterien Fairness, direkte verständliche Information sowie offene Konfliktaustragung, gemeinsame Festlegung der Entscheid- und Verfahrensregeln, Erwartungssicherheit, Sachkompetenz der Beteiligten und institutionelle Integration bereits in den Schlüsselkriterien von Renn/Webler enthalten. Darüber hinaus nennt er Transparenz (über laufende Entscheidungsprozesse nach innen und außen), Lernchancen für alle Beteiligten, frühe und iterative Beteiligung, Motivation der Beteiligten (Tauschanreize), Ausgleich zwischen den verschiedenen sozialen Schichten (Bildungsniveau), konfliktfähige und nicht-konfliktfähige Interessen (Beteiligung schwach organisierter Gruppen) sowie kurzfristige und langfristige Interessen (StellvertreterInnenrollen für zukünftige Generationen) und noch Umwandlung von Nullsummen-Konflikten in Positiv-Konflikte (Schaffung eines zusätzlichen Nutzens)228. Nach Meinung Vatters bilde die Berücksichtigung bzw Bewertung dieser Kriterien die „einzige“ Möglichkeit, unterschiedliche Partizipationsmodelle systematisch miteinander zu vergleichen und vergrößere damit auch das Verständnis hinsichtlich der Funktionsmechanismen der BürgerInnenbeteiligung. Schließlich schlägt Feindt den Einsatz eines umfassenden Beschreibungsund Beurteilungsschemas für Diskurs- und Verhandlungsverfahren vor229. Darin stellt er jedem Beschreibungsgegenstand – die Gegenstände sind in 227 Renn/Webler, in: Renn et al (Hg), Abfallpolitik 36 ff. 228 Vatter, in: Rehmann-Sutter et al, Risikopolitik 185 ff. 229 Feindt, Regierung 513 ff. Dabei baut Feindt auf bereits vorhandene Bewertungsschemata und Leistungsanforderungen für Diskurs- sowie Verhandlungsverfahren ua von Peter M. Wiedemann/Werner Nothdurft, Alle Macht den Diskursen? Über funktionale Mißverständnisse von Diskursen am Beispiel von umweltbezogenen Mediationsverfahren, in: Fritz Gloede et al (Hg), Diskursive Verständigung? Mediation und Partizipation in Technikkontroversen (1997) 185 f; Jürgen Minsch et al, Institutionelle Reformen für eine Politik der Nachhaltigkeit (1998) 123 f, Renn/Webler, in: Renn et al (Hg), Abfallpolitik 36 ff und Vatter, in: Rehmann-Sutter et al, Risikopolitik 184 ff, auf.
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drei große Abschnitte und zwar in 1. Verfahrens- und 2. Prozessmerkmale sowie 3. Ergebnisse und Funktionen unterteilt – ein Bewertungskriterium gegenüber und umgekehrt. Deutlich wird hiebei der großzügige Ansatz, dem Feindt folgt. Vor allem stellt er nicht nur auf die Beschreibung von ergebnisbezogenen Kriterien (zB Zufriedenheit der TeilnehmerInnen – gefühlte Legitimation) allein ab, sondern bezieht darüber hinaus völlig zurecht verfahrens- (zB Verfahren und Rechtfertigung der TeilnehmerInnenauswahl – strukturelle Fairness, formale Legitimation etc) und prozessbezogene Kriterien (zB Veränderung kognitiver, motivationaler und relationaler Orientierungen – diskursive Qualität, Entfeindung etc) in sein Schema ein230. Die Prüfung aller von Feindt genannten Kriterien erfordert jedenfalls eine enorme Dichte an Informationen231, die mit dem hier gewählten Methodenset jedoch nicht zur Gänze gewährleistet werden kann. 2. Forschungsfragen
Vor diesem Hintergrund und der dargelegten Zielsetzung der Untersuchung ergeben sich folgende Forschungsfragen: – Welche InteressenvertreterInnen wurden wie in das Verfahren integriert? – Wie beurteilen die beteiligten Personen das Verfahren, die Ergebnisse und die Umsetzung der Mediationsverfahren? – Wurden die Ergebnisse und Vereinbarungen des Mediationsverfahrens zur Gänze umgesetzt? – In welchen Fällen gab es Abweichungen bzw Ergänzungen? – Was waren die Gründe dafür? – Welche Folgeaktivitäten gab es? – Wie lange dauerte die Umsetzung der Ergebnisse (Einhaltung des Zeitplans)? – Gab es zusätzliche Transfereffekte? – Welche praktischen Erfahrungen haben EntscheidungsträgerInnen in Behörden und politischen Entscheidungsgremien mit Mediation im öffentlichen Bereich gemacht? – Wie beurteilen EntscheidungsträgerInnen den Wert und Beitrag von Mediation im öffentlichen Bereich in Entscheidungsfindungsprozessen? 3. Methodische Vorgehensweise
Zwei aufeinander abgestimmte Arbeitsschritte wurden bei der Durchführung der empirischen Untersuchung vorgesehen. Es waren dies zum einen eine quantitative Befragung von Beteiligten an Mediationsverfahren und 230 Feindt, Regierung 534 f. 231 Siehe auch Meuer/Troja, Mediation 32.
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Evaluierung
zum anderen eine qualitative Befragung von jenen politisch-administrativen EntscheidungsträgerInnen, die in ihrem beruflichen Kontext mit den Mediationsergebnissen konfrontiert waren. In ihrer Gesamtheit betrachtet gewährleistet die Anwendung des Methodensets (quantitative und qualitative Elemente) mE den Erhalt wertvoller, komplexer Informationen über die vorhandenen Erfahrungen in der Anwendung der Mediation sowohl von TeilnehmerInnen an solchen Verfahren als auch aus der Sichtweise von zumindest mit den Mediationsregelungen betroffenen BehördenvertreterInnen und politischen Entscheidungsträgerinnen und -trägern. 1. Das Wissen um die Zufriedenheit von Personen und Gruppen mit der Teilnahme an einem Mediationsverfahren sowie über den weiteren Umgang mit den Verhandlungsergebnissen (Grad des Eingangs des Ergebnisses in den anstehenden politisch-administrativen Entscheid, Koppelungsprozess der Verfahren), die Dauer der Umsetzungsphase und die Bestandskraft der Abschlussvereinbarung sind wichtige Informationen für potenzielle Betroffene232. Die praktischen Erfahrungen werden dabei mittels eines an alle an abgeschlossenen Mediationsverfahren Beteiligten ergehenden Fragebogens gesammelt und aufgearbeitet. Die Untersuchungstechnik einer schriftlichen Befragung wurde aufgrund der zu erwartenden Stichprobenmenge gewählt und mit vorrangig standardisierten (geschlossenen) und nur einigen wenigen offenen Fragen durchgeführt. Die geschlossenen Fragen waren vielfach mit Mehrfachantworten versehen. Mit Hilfe des Mix aus offenen und geschlossenen Fragen konnten zudem neben den quantitativen, direkt vergleichbaren Daten in begrenztem Maße auch qualitative Informationen erhoben werden. Insgesamt wurden zwei Fragebögen zum Einsatz gebracht. Mit dem „Beteiligtenfragebogen“ wurden die TeilnehmerInnen von ausgewählten Mediationsverfahren befragt. Zur Stichprobe zählten hiebei etwa ProjektwerberInnen, BürgerInnen, Bürgerinitiativen, GemeindevertreterInnen (politische VertreterInnen/DienstnehmerInnen), InteressenvertreterInnen (zB Landesumweltanwaltschaften, Naturschutzorganisationen, Wirtschaftsverbände), BehördenvertreterInnen, DienstleisterInnen (PlanerInnen, RechtsanwältInnen) und selbstverständlich auch MediatorInnen. Um möglichen Irritationen vorzubeugen, war übrigens im Fragebogen von „Umweltmediation“ die Rede, dies deshalb, weil insbesondere bei zeitlich länger zurückliegenden Verfahren die Bezeichnung „Mediation im öffentlichen Bereich“ noch nicht geläufig war. Der sechsseitige Fragebogen wurde in fünf Abschnitte mit gesamt 44 Fragen eingeteilt und deckte folgende Themenbereiche ab: – Einbindung der Betroffenen – Identifikation von Erfolgsfaktoren und negativen Erfahrungen 232 Siehe auch Meuer/Troja, Mediation 33.
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Begriffs- sowie Funktionsklärung und Fallstudie
– Rechtsqualität der Ergebnisse dieser Verfahren – Akzeptanz der Aushandlungsergebnisse – Maßnahmen zur Implementation der Ergebnisse (Zeitplan, Arbeitsausschuss etc) – Kostenaufteilung – Einstellung gegenüber Mediation im öffentlichen Bereich (Aufwand und Ertrag) – Rechtliche Fortentwicklung der Mediation im rechtspolitischen Kontext Die Fragebögen wurden bei der Fachtagung „Mediation im öffentlichen Bereich“ zur Diskussion gestellt und anschließend noch einem Pretest unterzogen, so dass die gesammelten Ergebnisse für die Feinjustierung brauchbar gemacht werden konnten. Die Österreichische Gesellschaft für Umwelt und Technik (ÖGUT), welche die Projektleitung bei der Erstellung dieses Fragebogens unterstützt hat, führte eine erste Auswertung der quantitativen Rohdaten durch. Die Ergebnisse zu sämtlichen Fragen sind in weiterer Folge dargestellt. Bei ausgesuchten Ergebnissen wurden, um spezifische Unterschiede statistisch zu überprüfen, Vergleiche nach Funktionsgruppen (MediatorInnen, BürgerInnen-/Interessenvertretung, Verwaltung), Alter und Geschlecht durchgeführt233. Für einige Fragestellungen wurden darüber hinaus statistische Verfahren mit Signifikanzprüfung herangezogen. Mit einem weiteren – kurzen – „Mantelfragebogen“ wurden im Ganzen zwölf Fragen zur Erfassung von Rahmendaten, mit denen insbesondere die Einzelfalldarstellungen ergänzt wurden, ausschließlich an die KonsenswerberInnen bzw die projektierenden Behörden gerichtet. Die Beschränkung der Stichprobe erschien deshalb notwendig, da die AdressatInnengruppe am ehesten über die gewünschten Informationen verfügen. Die Befragungsinhalte schließlich waren: – Dauer der Verfahren sowie der Umsetzung – Kostenaufteilung – Ergriffene Rechtsmittel – Beteiligte Behörden 2. Um sowohl das Wissens-Know-how und die Akzeptanz von Mediation als auch die Folgen eines solchen Verfahrens für die politisch-administrative Arbeit untersuchen zu können, wurde ein qualitativ empirisches Erhebungsverfahren gewählt. Dabei wurden problemzentrierte Interviews anhand eines semistrukturierten Leitfadens mit der Untersuchungsgruppe der politisch-administrativen Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger geführt, die an den 233 Eine weitere Ausdifferenzierung des TeilnehmerInnenkreises (zB Sachverständige, PolitikerInnen) war aufgrund zu geringer Gesamtgrößen nicht möglich.
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Evaluierung
bereits für den quantitativen Befragungsteil ausgewählten Mediationsverfahren beteiligt bzw in ihrer Entscheidungsfindung mit einem solchen Verfahren befasst waren. Die Zielgruppen waren demnach BehördenvertreterInnen und politische EntscheidungsträgerInnen. Diese methodische Vorgehensweise lässt darüber hinaus – gerade auch vor dem Hintergrund, dass es bisher in Österreich noch wenige, in diesem Kontext keine, Erkenntnisse aus empirischen Untersuchungen zur Mediation im öffentlichen Bereich gibt234 – ausreichend Offenheit zu, um auf noch wenig bzw nicht mit bedachte Sichtweisen (ua durch externe Bewertungen seitens der Akteurinnen und Akteure von Politik und Verwaltung235) eingehen zu können. Die Befragungsschwerpunkte hiezu stellen sich wie folgt dar: – Art der Einbindung (Beteiligung, Kommunikation) in das Mediationsverfahren – Bewertung des Verfahrens sowie der Ergebnisse und Umsetzung – Relevanz der Ergebnisse des Mediationsverfahrens für die Entscheidungsfindung – Vor- und Nachteile gegenüber herkömmlichen Entscheidungsverfahren – Erfolgreiche und kritische Aspekte – Identifikation von Erfolgsfaktoren und negativen Erfahrungen – Persönliche Schlussfolgerungen, Wünsche und Empfehlungen Die Auswertung erfolgte in Anlehnung an die qualitative Inhaltsanalyse nach Mayring236. Der hiebei angewendete Ansatz geht zwar vom Bestand vereinzelter theoretischer Kategorien zur Untersuchungsthematik aus, gründet jedoch die aus der Untersuchung generierten Erkenntnisse nicht auf diese, sondern hat direkt aus dem vorhandenen Material erst Kategorien entwickelt. Die Kategorienentwicklung erfolgte grundsätzlich auf induktivem Weg237, wobei auf eine naturalistische, gegenstandsnahe Abbildung des 234 Betrachtet aus dem Blickwinkel der Etablierung dieses Forschungsfelds erscheint es freilich dringend angeraten, verstärkt empirische Daten in die Fachdiskussion einfließen zu lassen und sich hiebei insbesondere der Stärken der qualitativen Forschung zu bedienen. Eindringlich Claude-Helene Mayer, Die Erforschung von Mediation durch qualitative Inhaltsanalyse. Eine kritische Betrachtung der (interkulturellen) Mediationsforschung im deutschsprachigen Raum, in: Dominic Busch/Claude-Helene Mayer (Hg), Mediation erforschen. Fragen – Forschungsmethoden – Ziele (2012) 181. 235 Siehe hiezu ua Wiedemann/Nothdurft, in: Gloede et al (Hg), Verständigung 185 sowie Feindt, Regierung 523. 236 Philipp Mayring, Qualitative Inhaltsanalyse. Grundlagen und Techniken11 (2010). 237 Zur Notwendigkeit von induktiven Ansätzen in der Mediationsforschung Henrik Hartmann, Grounded Theory als Methodik der empirischen Mediationsforschung, in: Dominic Busch/Claude-Helene Mayer (Hg), Mediation erforschen. Fragen – Forschungsmethoden – Ziele (2012) 194 ff.
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Materials238 möglichst ohne Verzerrungen durch Vorannahmen239 Wert gelegt wurde. Das Selektionskriterium wurde durch die Leitfragen und durch den Rückgriff auf die Strukturierungsdimensionen des Interviewleitfadens bestimmt. Die für die Fragestellung relevanten Interviewpassagen wurden sodann in einem selektiven Auswertungsverfahren schrittweise inhaltlich zusammengefasst (paraphrasiert), strukturiert, dargestellt und schließlich zur Gänze – unter Einschluss der Ergebnisse der quantitativen Untersuchung – interpretiert. 4. Untersuchungsdesign a) Auswahl der Mediationsverfahren
Die Auswahl der Verfahren erfolgte anhand von vier Kriterien. Erstens wurde darauf geachtet, dass es sich bei den Mediationsprozessen um solche handelte, die ihrem Kontext nach Verfahren des öffentlichen Bereichs (Abgrenzung zu anderen Mediationsfeldern) waren. Zweitens musste die Durchführung des Verfahrens den der Mediation immanenten Prinzipien entsprechen (Abgrenzung zu mediationsähnlichen Verfahren)240. Drittens sollte die Mediation wenn möglich eine breite thematische Streuung aufweisen (Standortfragen, Infrastrukturvorhaben etc). Außerdem – und damit viertens – konnten aufgrund des Befragungsschwerpunktes der Implementation nur solche Mediationsverfahren berücksichtigt werden, die als abgeschlossen galten und deren Ergebnisse bereits – zumindest teilweise – umgesetzt waren. Der Erhebungszeitraum für diese Untersuchung blieb übrigens von vornherein unbeschränkt und reicht somit bis in das Jahr 2004. Anders verhielt es sich mit dem Erhebungsgebiet. Dieses wurde auf das österreichische Staatsgebiet eingegrenzt. Wie auch schon Meuer/Troja berichteten, stellt es eine große Herausforderung dar, mangels zentraler Register die zu ermittelnden ProbandInnen – in deren Fall die MediatorInnen – für die Erhebung ausfindig zu machen241. Im gegenständlichen Fall wurde zur Identifizierung geeigneter Verfahren ua auf das Datenmaterial von Zieher zurückgegriffen242. Darüber hinaus halfen Literatur- und Internetrecherchen sowie Hinweise von MediatorInnen, die Anzahl zu untersuchender Mediationen zu vergrößern. Die Auswahl der – offenbar noch immer in recht spärlicher Anzahl vorzufindenden – Verfahren gestaltete sich jedoch äußerst schwierig. Beispiel238 Allgemein Siegfried Lamnek, Qualitative Sozialforschung5 (2010) 30 f. 239 Mayring, Inhaltsanalyse11 83 f. 240 Siehe insbesondere 1.I.A. 241 Meuer/Troja, Mediation 27; Meuer/Troja, ZKM 2004, 80. 242 Zieher, Umweltmediation 47 ff.
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Evaluierung
haft sei erwähnt, dass einige der im Vorfeld identifizierten Verfahren beim genaueren Hinsehen alles andere als Mediationsverfahren waren243. In einem Fall wiederum verweigerte eine Bürgerinitiativenvertreterin aus Sorge, hier könne das erzielte Ergebnis durch externe Rechtsexpertisen in Frage gestellt werden, die Mitwirkung an der Untersuchung. Nachdem aber die Einbeziehung des konkreten Verfahrens in die Untersuchung nur im Konsensweg mit allen Beteiligten beschlossen werden durfte, schied dieser Mediationsprozess aus. Mangels Zustimmung aller Beteiligten, sich an einer Befragung beteiligen zu wollen, mussten noch zwei weitere Verfahren unberücksichtigt bleiben. Schließlich konnte ein Verfahren, das als abgeschlossen galt, deswegen für diese Untersuchung nicht berücksichtigt werden, da Mediationsergebnis war, dass es zu keiner Verwirklichung des geplanten Bauprojekts kommen werde und somit die für diese Untersuchung entscheidende Schnittstelle zwischen privater Vereinbarung und öffentlich-rechtlichem Entscheidungsverfahren gar nicht berührt wurde. Letztendlich konnten vier Mediationsverfahren für die Untersuchung aufbereitet werden. Es sind dies die Mediationsverfahren in Gartenau/Leube (Zementwerk = Fall 1), Ybbs (Sägewerk = Fall 2), Wien - Yppenplatz (Platzneugestaltung = Fall 3) sowie Verwall (Natura 2000 Gebiet = Fall 4). Dabei handelt es sich um Mediationen im Zusammenhang mit zwei Genehmigungsverfahren (Fälle 1 und 2), einem Stadtplanungsvorhaben (Fall 3) und im vierten Fall einem Verordnungserlassungsverfahren. Die ersten beiden Mediationen können als Projektentscheidungen iS von Standortkonflikten in einem vorrangig nachbarschaftlichen Kontext beschrieben werden. Aber auch das dritte Vorhaben ist wohl – wenn auch von der Verwaltung betrieben – ein projektbezogenes Verfahren244. Das vierte Mediationsverfahren betraf schließlich die einer Programmentscheidung nachfolgende Regelung hinsichtlich der Nutzungsfestlegung sowie eines Gebietsmonitorings245. 243 Vgl hiezu auch die Aussagen bei Zieher, Umweltmediation 144. 244 Die beiden letztgenannten Projekte werden übrigens in weiterer Folge der Einfachheit halber als administrative Projektentscheidungen bezeichnet. 245 Vgl hiezu vor allem Zilleßen, in: Haft/Schlieffen (Hg), Handbuch2 Rz 52, der eine Einteilung der Mediationsverfahren nach ihren Konfliktgegenständen vornimmt und zwischen Programmentscheidungen (zB Verkehrsentwicklungsplan, Flächennutzungsplan) und Standort- bzw Projektentscheidungen (zB Flughafenbau, Ausweisung eines Großschutzgebietes) unterscheidet; so auch Meuer/Troja, Mediation 43 sowie dies, ZKM 2004, 80 f, die jedoch darüber hinaus die Kategorie der „Nachbarschaftskonflikte“ festhalten. Darunter subsumieren sie Verfahren, „deren jeweiliges Ausmaß die Einschaltung zuständiger Behörden in ihrer Aufsichts-/ Ordnungsfunktion erforderlich machte, wodurch die Grenze von privaten Konflikten zu Nachbarschaftskonflikten im öffentlichen Bereich überschritten ist.“
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Begriffs- sowie Funktionsklärung und Fallstudie
b) Durchführung der Befragungen aa) Quantitative Datenerhebung
Eine erste Kontaktaufnahme erfolgte jeweils via Mediatoren, es waren übrigens allesamt Männer, die sodann bei den MediationsteilnehmerInnen nachfragten, ob diese mit einer Untersuchung des Verfahrens und der Weitergabe ihrer Adressen einverstanden wären. Nach Erhalt der Zustimmung übermittelten die Mediatoren das Adressmaterial wiederum an die Projektleitung, die ihrerseits per Post ein Ankündigungsschreiben an alle TeilnehmerInnen aussendete. Eine Woche darauf erfolgte ebenfalls per Post die Zusendung des Fragebogens, der innerhalb zweier Wochen ausgefüllt an die Projektleitung rückübermittelt werden sollte. Um die Stichprobe noch zu vergrößern, wurde telefonisch nachgefasst und teilweise der Fragebogen ein weiteres Mal zugeschickt. aaa) Fragebogenrücklauf
(Frage 1.1 Im Rahmen welchen Projekts haben Sie mit Umweltmediation Erfahrungen gemacht?) Die Aussendung der Fragebögen, die Nachfassaktion und der tatsächliche Rücklauf der Fragebögen sind in der folgenden Tabelle dargestellt. Zudem erfolgte eine Aufteilung nach den Projekten, an welchen die Befragten teilgenommen haben. Ausgesendete Fragebögen
Erster Rücklauf
Nachfassaktion
Rücklauf gesamt
Rücklauf %
Gartenau/ Leube
18
8
2
10
55,6%
Ybbs
13
11
0
11
84,6%
Yppenplatz
29
9
4
13
44,8%
Verwall
37
17
6
23
62,2%
GESAMT
97
45
12
57
58,8%
Projekt
Tab 1: Fragebogenrücklauf
Insgesamt zeigt sich ein Rücklauf an Fragebögen von 58,8%. 97 Fragebögen wurden ausgesendet, 45 kamen im ersten Rücklauf zurück, zwölf weitere Fragebögen wurden nach nochmaliger telefonischer Erinnerung zurückgesendet, das ergibt gesamt einen Rücklauf von 57 Fragebögen. Der höchste Rücklauf erfolgte aus dem Projekt Ybbs mit 84,6%, der niedrigste aus dem Projekt Yppenplatz (44,8%).
58
Evaluierung
Gesamt betrachtet umfasst die schriftliche Befragung 57 befragte Personen, die den vier verschiedenen Mediationsprojekten wie folgt zuzuordnen sind: Zehn Fragebögen stammen aus dem Projekt „Gartenau/Leube“, elf vom Projekt „Ybbs“, 13 vom Projekt „Yppenplatz“ und 23 Fragebögen vom Projekt „Verwall“. Bortz/Döring führen in der Literatur Rücklaufquoten an, die von 10 bis 90% schwanken können. Höhere Rücklaufquoten sind im Fall von homogenen Teilpopulationen zu erwarten, wie dies bei der vorliegenden Befragung zu den Mediationsverfahren der Fall war. Durch Ankündigung und Vorinformation der Untersuchung kann im Allgemeinen – und konnte hier im Besonderen – eine höhere Rücklaufquote erzielt werden246.
Abb 1: Projekte (N=57)
In den nachfolgenden Darstellungen der Ergebnisse werden nun Prozentwerte angeführt, die sich jeweils auf die Gesamtstichprobe von 57 Befragten (= 100%) bzw auf die Teilstichproben aus den Projekten (Gartenau/Leube, Ybbs, Yppenplatz, Verwall, jeweils 100%) beziehen.
246 Jürgen Bortz/Nicola Döring, Forschungsmethoden und Evaluation für Humanund Sozialwissenschaftler4 (2009) 256 ff.
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Begriffs- sowie Funktionsklärung und Fallstudie
bbb) Demographische Angaben
Geschlecht Bezogen auf das Geschlecht der Befragten zeigt sich folgende Aufteilung: Gartenau/ Leube
Ybbs
Yppenplatz
Verwall
GESAMT
%
%
%
%
%
weiblich
20,0
18,2
30,8
8,7
17,5
männlich
70,0
81,8
69,2
91,3
80,7
k. A.
10,0
GESAMT
1,8
100%
100%
100%
100%
100%
n=10
n=11
n=13
n=23
N=57
Tab 2: Geschlecht der Befragten
Ein auffallend großer Teil der antwortenden Befragten ist männlich (80,7%, 46 Männer), demgegenüber sind nur 17,5% der antwortenden Befragten weiblich (zehn Frauen). Im Projekt Gartenau/Leube liegt der Anteil der befragten Frauen bei 20%, im Projekt Ybbs bei 18,8%, im Projekt Yppenplatz bei 30,8% und im Projekt Verwall bei lediglich 8,7%. Die Verteilung entspricht übrigens weitgehend der Geschlechteraufteilung hinsichtlich der Gesamtmenge an versendeten Fragebögen. Hiebei handelte es sich um 83,5% Männer und 16,5% Frauen.
Abb 2: Geschlecht der Befragten (N=57)
60
Evaluierung
Alter der Befragten Das Alter der Befragten liegt zwischen 30 und 71 Jahren. Der Mittelwert beträgt 46,7 Jahren mit einer Streuung von neun Jahren. Das Alter verteilt sich wie folgt:
Abb 3: Altersverteilung der Befragten (N=53)247
bb) Qualitative Datenerhebung
Die InterviewpartnerInnen konnten mithilfe der Mediatoren und einzelnen MediationsteilnehmerInnen identifiziert werden. Erstere wurden im Anschluss an die schriftliche Befragung der MediationsteilnehmerInnen allesamt von der Projektleitung telefonisch kontaktiert und im Zuge dessen um einen Interviewtermin gebeten. Im Ganzen konnte so mit acht InterviewpartnerInnen je ein Gespräch vereinbart und schließlich auch geführt werden. Mit einem per E-Mail versendeten Schreiben wurden nach dem Telefonat und noch vor dem eigentlichen Interview weitere Informationen zum Gesamtprojekt gegeben. Die Interviews fanden jeweils in den Büroräumlichkeiten der ProbandInnen statt. Sie dauerten zwischen 35 und 90 Minuten, wurden auf Tonband aufgezeichnet und zur Gänze wortwörtlich transkribiert. Besagte ExpertInneninterviews wurden mit zwei BehördenleiterInnen, zwei VerfahrensleiterInnen, zwei Amtssachverständigen und zwei politischadministrativen EntscheidungsträgerInnen geführt, die eben jeweils verantwortlich an der administrativen Entscheidungsfindung nach erfolgtem Me247 Vier Personen machten keine Altersangabe.
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Begriffs- sowie Funktionsklärung und Fallstudie
diationsverfahren beteiligt waren. Bei den Befragten handelt es sich um vier Frauen und vier Männer. B. Auswertung der Fallstudien
Der Auswertung der Befragungsergebnisse werden im folgenden die Fallgeschichten der für die Untersuchung – auf Basis von Literaturrecherchen sowie der mittels Mantelfragebogen gewonnenen Daten – aufbereiteten vier Projekte im Überblick vorangestellt. Die Beschreibungen der Ausgangssituation, des Verlaufs des Verfahrens sowie der Ergebnisse und deren Umsetzung sollen nicht nur zeigen, wie der Einsatz von Mediation im öffentlichen Bereich in der Praxis aussehen kann, sondern hilft, das Datenmaterial in dem jeweiligen, konkreten Kontext sowie in seiner Gesamtheit zu verstehen. 1. Zementwerk Leube a) Ausgangssituation
Das Vorhaben der Salzburger Baustoffgruppe Leube, zur thermischen Verwertung Ersatzbrennstoffe in Form von Altreifen zum Einsatz zu bringen, wurde bereits in den Achtzigerjahren in Folge von massiven BürgerInnenprotesten und öffentlichem Druck zurückgestellt248. Mitte der Neunzigerjahre wurde die für das Unternehmen äußerst wirtschaftliche Projektidee wieder aufgegriffen. Neuerlich ließen Bürgerproteste, die sich auf negative Erfahrungen im In- und Ausland stützten249, nicht lange auf sich warten. Diesmal sollte jedoch im Wege eines konsensualen BürgerInnenbeteiligungsverfahrens, das bereits vor Einbringung des entsprechenden Genehmigungsantrags bei der zuständigen Behörde durchgeführt werden sollte, ein gemeinsames Verhandlungsergebnis erzielt werden, zu dem nach Gesprächen mit Bürgerinitiativen und der Salzburger Müllplattform alle interessierten BürgerInnen eingeladen wurden250. b) Verlauf des Verfahrens
Das im November 1996 begonnene und zu 100% vom Projektwerber finanzierte Konsensverfahren firmierte unter der Bezeichnung „BürgerBeirat Gartenau“ und setzte sich aus VertreterInnen der Standortgemeinde, der Anrainergemeinden, der Siedlervereine, der Bürgerinitiativen, des Unter248 Zieher, Umweltmediation 50. 249 www.buergerbeirat-gartenau.at/geschich.htm [12/2012]. 250 Günter Gorbach, BürgerBeirat Gartenau 1 f, www.partizipation.at/fileadmin/ media_data/Downloads/Praxisbeispiele/bb_gartenau.pdf [12/2012].
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Evaluierung
nehmens, des Österreichischen Ökologie-Instituts sowie des Technischen Überwachungsvereins Bayern Austria zusammen. Eine mit beratender Stimme ausgestattete Vertreterin der Salzburger Umweltanwaltschaft komplettierte schließlich das Forum. Der Mediator wurde übrigens zum „Mittler“ gewählt251. Erklärtes Ziel der Verhandlungen war, eine privatrechtliche Vereinbarung zu erarbeiten, in der die Bedingungen für den Einsatz von Ersatzbrennstoffen – insbesondere dürfe dadurch keine Verschlechterung des Emissionsausstoßes erfolgen – festgeschrieben werden sollten. Dieses wurde ebenso im Arbeitsvertrag festgehalten wie die Zusammensetzung und Aufgaben des BürgerBeirats, die Rolle des Mediators, die Form der Protokollführung und der Beschlussfassungen sowie der Umgang mit den Me dien. Insgesamt wurden bis Mai 1997 zehn Sitzungen abgehalten, zwei Exkursionen und mehrere Werksbesichtigungen durchgeführt. Es wurden dabei Gutachten bezüglich der gegenständlichen Emissions- und Immissionswerte sowie über Lärm, Ökotoxikologie, Meteorologie und Umweltmedizin eingeholt und bewertet252. Vor allem wurde vor dem Einsatz von Ersatzbrennstoffen der Ist-Zustand erhoben. Mit dem Festlegen von InputGrenzwerten für die einzusetzenden Materialien sowie von Emissionszielwerten und -grenzwerten sollte der Schadstoffeintrag kontrolliert und minimiert werden253. c) Ergebnisse und Umsetzung
Die anvisierte privatrechtliche Vereinbarung zwischen dem BürgerBeirat und dem Unternehmen konnte auch tatsächlich realisiert werden. Darin wurde ua festgehalten, dass es zu keiner Umrüstung auf eine überwiegend der Abfallentsorgung dienenden Müllverbrennungsanlage kommen wird254 und dass die Emissionen von Luftschadstoffen nach dem jeweils neuesten Stand der Technik und den wirtschaftlichen Möglichkeiten des Unternehmens langfristig minimiert werden (= sog Dynamisierungsklausel)255. Weiters wurden Kontroll- und Informationsrechte für den BürgerBeirat normiert. So sollte es möglich sein, uneingeschränkt Kontrollproben der angelieferten Ersatzbrennstoffe zu ziehen und die relevanten Betriebs- und Emissionsdaten einzusehen. Überhaupt verpflichtete sich die Unternehmensgruppe, jeweils am 31. März des Folgejahres unaufgefordert einen Jah251 Zieher, Umweltmediation 51. 252 Zieher, Umweltmediation 51 f. 253 www.buergerbeirat-gartenau.at/geschich.htm [12/2012]. 254 Abfälle sollten demnach nur als Sekundärbrennstoffe eingesetzt werden. 255 www.buergerbeirat-gartenau.at/geschich.htm [12/2012].
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Begriffs- sowie Funktionsklärung und Fallstudie
resbericht über sämtliche bescheid- und vereinbarungsgemäß zu messenden betrieblichen Emissionen dem BürgerBeirat zur Verfügung zu stellen256. Im Gegenzug verpflichteten sich die Mitglieder des BürgerBeirats, auf Rechtsmittel in Behördenverfahren zu verzichten257. In eben diesem nachfolgenden behördlichen Verfahren wurde die Entscheidung nicht beeinsprucht. Auch die zivilrechtlichen Regelungen wurden nicht angegriffen. Die behördliche Genehmigung lag danach bereits im September 1997 vor. Zwölf Monate dauerte die Umsetzung der Mediationsergebnisse. Nachdem die bautechnischen Arbeiten abgeschlossen waren, wurden die Emis sionsmessungen und die Analysen der Ersatzbrennstoffe durchgeführt und es konnte auf dieser Basis die Dynamisierung der Vereinbarung, die Anpassung der Prognosewerte, erfolgen258. Eine Überarbeitung der zivilrechtlichen Vereinbarung zwischen Unternehmen und BürgerBeirat über die Art und Weise des Einsatzes von Ersatzbrennstoffen (Menge, Beschaffenheit, Grenzwerte etc) konnte im April 2004 abgeschlossen werden259. Der BürgerBeirat selbst, dessen Mitglieder ehrenamtlich wirken, ist – wie schon dem zuvor Festgehaltenem zu entnehmen ist – zu einer dauerhaften Einrichtung geworden, tagt mindestens einmal im Jahr260 und wird unter Berücksichtigung der Vereinbarungen auch von der zuständigen Behörde wahrgenommen261. 2. Sägewerk Ybbs a) Ausgangssituation
Ein prosperierendes Sägewerk in der niederösterreichischen Gemeinde Ybbs, das seine Produktionskapazität kontinuierlich steigern konnte, stieß mit seinen geplanten Ausweitungen der Betriebszeiten und letztlich mit dem notwendig gewordenen Ausbau der Betriebsanlage im Laufe der Neunzigerjahre zunehmend auf Widerstand der AnrainerInnen. Vor allem die stetig ansteigende Lärmbelastung wollten die AnwohnerInnen der dem Firmenareal nahen Siedlungen nicht länger hinnehmen. Der Zusammenschluss zu einer Bürgerinitiative und die Beauftragung eines Rechtsbeistandes, mit dessen Hilfe gegen mehrere gewerberechtliche Entscheidungen vorgegangen worden war, waren die Folge. Der Konflikt verschärfte sich zusehends. Die über mehrere Jahre andauernden Auseinandersetzungen zogen bald weite 256 Zieher, Umweltmediation 52. 257 www.buergerbeirat-gartenau.at/geschich.htm [12/2012]. 258 Gorbach, BürgerBeirat 2. 259 Gorbach, BürgerBeirat 2. 260 Zieher, Umweltmediation 53. 261 Gorbach, BürgerBeirat 3.
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Evaluierung
Kreise und wurden zur Schlagzeile in lokalen Medien. Versuche, die Situation über objektive Lärmmessverfahren zu beruhigen, scheiterten bereits an der Auswahl eines geeigneten Sachverständigen262. Erst Änderungen in der Unternehmensführung und -strategie, die grundsätzliche Bereitschaft der AnrainerInnen, sich auf weitere Verhandlungen einzulassen, sowie der Zuspruch seitens der Rechtsanwälte von Unternehmen und Bürgerinitiative, die übrigens beide über eine Mediationsausbildung verfügten bzw gerade eine solche absolvierten, Mediation als eine geeignete Möglichkeit zur Konfliktbehandlung zu verstehen, brachte Ende der Neunzigerjahre Bewegung in die verhärteten Fronten. Um dem Vorwurf der mangelnden Unabhängigkeit der Mediatorin bzw des Mediators frühzeitig zu begegnen, wurde für die Auftragerteilung die Stadtgemeinde Ybbs als Partnerin für das Mediationsverfahren und als Financier einer Mediatorin bzw eines Mediators gewonnen. In einem von der Gemeinde veranstalteten Hearing im September 1999 wählte eine Vorbereitungsgruppe gemeinsam den Mediator aus263. b) Verlauf des Verfahrens
Auf Grundlage der Ergebnisse von mehreren Einzelgesprächen mit bereits bekannten AkteurInnen entwickelte der Mediator sein Verfahrenskonzept. So sah er als nächsten Schritt die Ausrichtung einer öffentlichen Veranstaltung, zu der übrigens die Gemeinde mittels Postwurfsendung an einen Haushalt einlud, mit den Zielen vor, das Mediationsforum zu komplettieren sowie die Bevölkerung über das Mediationsverfahren und die gewählte Vorgehensweise zu informieren. Das Mediationsforum setzte sich schließlich aus je zwei VertreterInnen von vier AnrainerInnengruppen, die direkt von den Lärmemissionen betroffen waren, drei RepräsentantInnen des Unternehmens, den zuvor schon erwähnten Anwälten, – auf Wunsch der AnwohnerInnen – aus dem Bürgermeister sowie dem Stadtamtsdirektor und einem lärmtechnischen Sachverständigen, der von allen gemeinsam in der ersten Sitzung bestellt, jedoch vom Projektwerber finanziert wurde, zusammen264. Zentrale Punkte der ersten Sitzung des Mediationsforums waren die Zielsetzung des Verfahrens (Ausräumung der Streitigkeiten im Wege der Verhandlung, Berücksichtigung der Interessen und Bedürfnisse aller beteiligten KonfliktpartnerInnen gleichermaßen, Erarbeitung und Umsetzung wirtschaftlich zumutbarer Regelungen im Hinblick auf Lärmverhinderung und -dämmung, im Fall der Einigung Rückziehung der anhängigen Rechts262 Ausführlich hiezu Hütter, perspektive mediation 2005, 4 ff. 263 Hütter, perspektive mediation 2005, 5. 264 Hütter, perspektive mediation 2005, 5.
65
Begriffs- sowie Funktionsklärung und Fallstudie
mittel, Entwicklung von Zukunftsmechanismen, abfassen der Ergebnisse in einem verbindlichen Mediationsvertrag), die gemeinsame Festlegung einer Arbeitsvereinbarung (TeilnehmerInnen, Ziel des Verfahrens, Teilnahme am und Ablauf des Mediationsprozesses, Einbindung von ExpertInnen und Sachverständigen, Durchführung der Messungen, Umgang mit den Medien, Vorgehen im bereits anhängigen Behördenverfahren), eine Befundaufnahme und die Festlegung der Verhandlungsgegenstände sowie die Organisation des Sachverständigenwesens265. Wie schon aus den vorstehenden Ausführungen ersichtlich, wurde das Mediationsverfahren während eines bei der zuständigen Bezirkshauptmannschaft anhängigen gewerberechtlichen Verfahrens eingeleitet. Es wurde daraufhin von den Konfliktparteien vereinbart, dass für die Dauer der Mediation keine kontroversiellen Schritte gesetzt werden. Ein Zuwiderhandeln hätte den Abbruch der Mediation zur Folge gehabt. Die BehördenvertreterInnen wiederum wurden vom Mediator über die Durchführung der Mediation informiert266 und es wurden darüber hinaus ein gemeinsamer Antrag sowie gleichlautende von den BerufungswerberInnen eingebracht, dass die im Berufungsstadium befindlichen Bewilligungsverfahren vorerst nicht weiter betrieben werden, da es Ziel sei, bei Einigung die anhängigen Berufungen zurückzuziehen. In gesamt sieben nicht öffentlichen Verhandlungsrunden, einer Betriebsbegehung und zwei Arbeitskreissitzungen von November 1999 bis einschließlich Oktober 2000 konnte schließlich eine Regelung für den beschriebenen Konflikt erarbeitet und in einem gemeinsam unterzeichneten und rechtsverbindlichen Einigungsvertrag festgehalten werden. c) Ergebnisse und Umsetzung
Die Ergebnisse reichten hin zu baulichen, technischen und organisatorischen Maßnahmen zur Lärmreduktion seitens des Unternehmens, die mitunter über das gesetzliche Ausmaß hinausreichten, zur Zurückziehung der eingebrachten Rechtsmittel und der Implementierung eines periodischen Informationsmechanismus, der insbesondere dann greifen solle, wenn das Unternehmen neue Vorhaben anstrebt, die die AnrainerInnen betreffen267.
265 Wesentlich war, dass die Messungen so durchgeführt werden mussten, dass sie auch in einem behördlichen Verfahren dienlich wären. Hütter, perspektive mediation 2005, 7. 266 Es wurden jedoch die BehördenvertreterInnen in keiner Weise in das Mediationsverfahren eingebunden. 267 Siehe Hütter, perspektive mediation 2005, 9.
66
Evaluierung
Im Zuge des fortgesetzten behördlichen Verfahrens wurden – wie bereits dargestellt – ebenso keine Rechtsmittel eingebracht wie auch gegen die im Mediationsverfahren vereinbarten Regelungen bei einem Zivilgericht. Noch während des Mediationsverfahrens wurde mit den Planungen für die Umsetzung der Ergebnisse begonnen. Zu Ende gebracht wurde die Umsetzungsphase schließlich im Oktober 2001, also genau ein Jahr nach Abschluss des Mediationsverfahrens. 3. Natura 2000 Gebiet Verwall a) Ausgangssituation
Der Vorarlberger Verwall ist eine große Gebirgsgruppe, die zwischen Klostertal und Montafon liegt und als ursprünglich, abgeschieden sowie vom „harten“ Tourismus verschont gilt. Vor allem aber ist dieses Gebiet Heimat für seltene alpine Vogelarten, weshalb letztlich Teile davon auch als Natura 2000 Gebiet ausgewiesen wurden268. Natura 2000 wiederum ist ein europäisches Schutzgebietsystem, das der Erhaltung der biologischen Vielfalt in Europa dienen soll269. Ziel ist es, ein zusammenhängendes ökologisches Netz prioritärer natürlicher Lebensräume zu schaffen. Dabei sollen jedoch nicht „bloß“ Schutzgebiete ausgewiesen, sondern diese auch erhalten werden. So sind die Mitgliedstaaten insbesondere dazu verpflichtet, geeignete Maßnahmen zu treffen, um in den besonderen Schutzgebieten die Verschlechterung der natürlichen Lebensräume und der Habitate der Arten sowie Störungen von Arten, für die die Gebiete ausgewiesen worden sind, zu vermeiden, sofern sich solche Störungen im Hinblick auf die Ziele der FFH-RL erheblich auswirken können. Darüber hinaus soll eine Verträglichkeitsprüfung sicherstellen, dass Projekte oder Pläne die Erhaltungsziele des Natura 2000 Gebiets nicht erheblich beeinträchtigen. Die Mitgliedstaaten haben somit die nötigen Erhaltungsmaßnahmen festzulegen. Dies kann durch eigene Bewirtschaftungspläne oder durch 268 Reinhard Bösch, Natura 2000. Der Vorarlberger Weg (2004) 21, www.vorarlberg. at/pdf/broschuerenatura2000-der1.pdf [12/2012]; Helmut Hiess/Wolfgang Pfefferkorn, Mediationsverfahren Natura 2000 Gebiet Verwall, ZKM 2004, 129. 269 Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen (FFH-RL), zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr 1882/2003 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. September 2003. Demnach sind alle ausgewiesenen Gebiete in das zusammenhängende europäische ökologische Netz einzugliedern, und zwar einschließlich der nach Richtlinie 79/409/EWG des Rates vom 2. April 1979 über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten (VSchRL), zuletzt geändert durch die Richtlinie 2008/102/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. November 2008, ausgewiesenen Gebiete.
67
Begriffs- sowie Funktionsklärung und Fallstudie
Integration in bestehende Entwicklungspläne im Zusammenhang mit weiteren geeigneten Maßnahmen geschehen270. Diesem hier nur kurz angerissenen Schutzregime sind alle denkbaren Nutzungsinteressen in einem solchen Gebiet unterworfen. Im konkreten Fall des Vorarlberger Verwalls waren dies insbesondere die vier Nutzungsformen der Alp- und Forstwirtschaft, der Jagd und auch des Tourismus. Die Nennung des Verwall als Natura 2000 Gebiet und darüber hinaus die zusätzliche Ausweisung als Naturschutzgebiet verlief keineswegs ohne Widerstände seitens der GrundeigentümerInnen und anderer NutzerInnen. Ein intensiver Diskurs scheint im Vorfeld jedenfalls nicht geführt worden zu sein, sahen sich doch zahlreiche Betroffene von den Entscheidungen überrollt. Ein solcher Dialog war jedoch auch noch nach der Ausweisung des Gebiets notwendig, um die zukünftige Nutzung zwischen den schon genannten AkteurInnen, verschiedenen anderen Interessengruppen und den Behörden zu vereinbaren. Allein, die Gesprächsbasis war den handelnden Personen abhanden gekommen. Als Ausweg aus dieser schwierigen Situation wurde von der Landesregierung – auf Vorschlag der Landesumweltanwältin und auf Betreiben eines Behördenvertreters – schließlich die Durchführung eines Mediationsverfahrens vorgesehen und zu 100% finanziert. Die zuständige Umweltschutzabteilung im Amt der Vorarlberger Landesregierung beauftragte hiernach ein Wiener Planungsbüro mit der Steuerung dieses Verfahrens271. b) Verlauf des Verfahrens
Es waren letztlich zwei Mediatoren, die im Jänner 2001 begannen, das Mediationsverfahren aufzuzäumen. Mittels Vorgesprächen und Informationsveranstaltungen in den betroffenen Gemeinden verschafften sie sich einerseits einen Überblick über die Konfliktsituation und konnten anderseits die potentiellen TeilnehmerInnen am Mediationsverfahren identifizieren. In Gruppen zusammengefasst, waren die 33 ständigen Mitglieder des Verhandlungsteam, dem Mediationsforum, VertreterInnen der Land- und Forstwirtschaft, Jagd, Tourismus, Naturschutz, Bezirkshauptmannschaft Bludenz, Vorarlberger Landesregierung sowie die Bürgermeister der vier betroffenen
270 Siehe hiezu ua Volker Mauerhofer, Das Schutzgebietssystem „Natura 2000“ nach den Richtlinien 79/409/EWG („Vogelschutz-Richtlinie“) und 92/43/EWG (Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie“), RdU 1999, 88 ff; Florian Ermacora, Naturschutzrecht, in: Florian Ermacora/Ludwig Krämer, Die Umsetzung des europäischen Umweltrechts in Österreich (2000) 148 ff. 271 Hiess/Pfefferkorn, ZKM 2004, 130.
68
Evaluierung
Gemeinden, die Landesumweltanwältin und eine Vertreterin von BirdLife als Fachgutachterin272. Die Startphase des Verhandlungsteams stand ganz im Zeichen der Erarbeitung einer Geschäftsordnung, in der ua Verfahrensablauf, Rollenverständnis, Entscheidungsfindung und Kommunikationsverständnis festgelegt wurden, sowie des ersten Informationsaustauschs und vor allem -ausgleichs. Hiezu wurden an alle TeilnehmerInnen ein Unterlagenpaket über die Natura 2000 Richtlinie und die damit im Zusammenhang stehenden Rechtsnormen sowie bereits vorliegende Gutachten und Studien ausgegeben, um sie sodann gemeinsam zu erörtern273. Nur zu bald wurde sichtbar, dass nicht nur die Komplexität des Themas ein Knackpunkt für das Verfahren werden könnte, sondern dass zahlreiche Altlasten wie beispielsweise die Vorgehensweise der Behörden bei der Ausweisung als Naturschutz- und Natura 2000 Gebiet oder aber längst vergangene und auch aktuelle Nutzungskonflikte, die mit dem gegenständlichen Projekt in keinem Zusammenhang standen, jedoch für die Beziehung der einzelnen VertreterInnen untereinander von entscheidender Bedeutung waren, einen wesentlichen Stellenwert einnahmen. Es gelang dennoch vier zentrale Themenkreise herauszudestillieren, und zwar Landwirtschaft, Forstwirtschaft, Jagd und Tourismus274. Diese wurden in ebenso vielen Arbeitsgruppen, zu deren Sitzungen auch FachexpertInnen beigezogen werden konnten, im Detail bis ins Frühjahr 2002 behandelt und die Ergebnisse in Vereinbarungsentwürfen zusammengefasst275. Diese Vorlagen dienten dem Verhandlungsteam zur Vorbereitung für den Gesamtentwurf, der schließlich Ende Juni 2002 – ergänzt durch Vorschläge für das zukünftige Monitoring und die Umsetzung der Verhandlungsergebnisse – fertiggestellt werden konnte. Während der Sommermonate erfolgte die Rückbindung der Ergebnisse durch die entsendeten VertreterInnen mit deren Basis. Nach Gebietsexkursionen und einer weiteren Verhandlungsrunde, insgesamt fanden sieben Sitzungen des Verhandlungsteams und mehrere Arbeitsgruppentreffen statt, konnte schlussendlich im Dezem272 In der für die gegenständliche Untersuchung zur Verfügung gestellten Adressliste waren 37 TeilnehmerInnen angeführt. Dies ist insbesondere von Interesse, als der Fragebogen an eben diese ausgesendet wurde und in weiterer Folge auch von einer Stichprobengröße von 37 ausgegangen wird. 273 Hiess/Pfefferkorn, ZKM 2004, 130. 274 Wie groß das gegenseitige Misstrauen war, spiegelte sich in der Tatsache wider, dass sich einige Mitglieder gegen die Einrichtung von Arbeitsgruppen aussprachen und sie die Themen im Gesamtplenum abarbeiten wollten; siehe hiezu Hiess/ Pfefferkorn, ZKM 2004, 131. 275 Hiess/Pfefferkorn, ZKM 2004, 131.
69
Begriffs- sowie Funktionsklärung und Fallstudie
ber 2002 das Mediationsverfahren mit einer wohl rechtlich unverbindlichen Vereinbarung abgeschlossen werden. c) Ergebnisse und Umsetzung
Das Ergebnis bilden quasi normvorbereitende Absprachen. Es sind dies ein Abschlussprotokoll samt Vereinbarungstext mit den Nutzungsfestlegungen sowie über das Gebietsmonitoring, ein Entwurf für die entsprechende Natura 2000 Gebietsverordnung276, in der auch auf diesen Vereinbarungstext verwiesen wird, sowie ein Zusatzprotokoll, in dem die Positionen und Vorschläge festgehalten wurden, über die es im Mediationsverfahren keine Einigung gab277. Diese Inhalte sollen im Rahmen eines noch zu schaffenden Beirats Verwall, dem neben den BehördenvertreterInnen auch Betroffene bzw bereits im Mediationsverfahren vertretene Interessengruppen angehören sollen, weiter bearbeitet werden. Die Umsetzung der Ergebnisse ist mittlerweile insofern erfolgt, als im Jahr 2003 nach einer neunmonatigen Vorbereitungsdauer die Gebietsverordnung von der Vorarlberger Landesregierung iSd Mediationsvereinbarung erlassen278 und die baldige Konstituierung des besagten Beirats garantiert wurde. Rechtsmittel wurden übrigens keine ergriffen. 4. Yppenplatz & Markt a) Ausgangssituation
Die Neuordnung und vor allem Aufwertung des Yppenplatzes in Wien beschäftigte jahrelang BürgerInnen, PolitikerInnen und die Verwaltung. Jedoch konnten die zahlreichen Vorschläge und Projektideen niemals durchbzw umgesetzt werden, so dass die vielfältigen und zunehmenden Nutzungsansprüche sowie ein gehöriges Maß an Resignation die Situation weiter verschärften279. 276 Die Beteiligten strebten vorrangig eine Vereinbarung in Form privatwirtschaftlicher Verträge mit der Behörde an, um die Verbindlichkeit der Ergebnisse zu garantieren. Erst im Laufe der Verhandlung kamen die Verhandlungsteammitglieder überein, dass eine Verordnung für alle Beteiligten mehr Ergebnissicherheit biete; so Wolfgang Pfefferkorn, Mediation Natura 2000 Verwall, Vorarlberg (A), 4, www.partizipation.at/fileadmin/media_data/Downloads/Praxisbeispiele/Mediation_Verwall.pdf [12/2012]. 277 Ohne einem solchen Zusatzprotokoll hätte die letztlich getroffene Vereinbarung nicht abgeschlossen werden können; siehe Pfefferkorn, Mediation 4. 278 Verordnung der Landesregierung über das Europaschutzgebiet (Natura 2000 Gebiet) „Verwall“, Vlbg LGBl 56/2003 idF 33/2007. 279 Yppenplatz & Markt. Rahmenplan 1997, Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 21A, Band 1: Endbericht (1998) 6.
70
Evaluierung
Letztlich war es dem EU-URBAN-Programm zu verdanken, dass ein neuerlicher Planungsanlauf unternommen wurde. Im Zuge des Vorhabens Urban Wien-Gürtel Plus, das eine Aufwertung des Westgürtelbereichs sowie des anschließenden dichtbebauten Stadtgebiets zum Thema hatte und das eine Mitfinanzierung von entsprechenden Initiativen zu 50% seitens der Europäischen Union vorsah280, wurde 1997 ein neuer Ansatz gewählt. Im Rahmen eines von der Magistratsabteilung 21A initiierten, kooperativen Planungsverfahrens sollte gemeinsam mit allen maßgebenden Betroffenen ein tragfähiger Konsens in Form eines Rahmenplans, mit dem die zentralen Fragen eines Nutzungs- und Freiraumkonzepts, der Aufwertung des Markts und der Suche nach einem Identifikationsort für die vorhandenen kulturellen und sozialen Aktivitäten und Initiativen beantwortet werden sollten, entwickelt werden281. b) Verlauf des Verfahrens
Das Planungsverfahren begann im März 1997. Von der federführenden Magistratsabteilung 21A wurden zwei Vertreter eines Planungsbüros mit der Projektsteuerung und der Mittlerrolle, nicht aber mit der Planung, beauftragt und finanziert. Das in weiterer Folge entwickelte Verfahrensdesign sah die Einrichtung der Projektleitung, des Arbeitskreises und dreier Arbeitsgruppen vor. Außerdem stand für die Dauer des Planungsprozesses das Urban-Büro für Informationen und Anregungen der BürgerInnen zur Verfügung. Die Projektleitung, bestehend aus Auftraggeber, Projektsteuerung, PlanerInnen und SprecherInnen der Arbeitsgruppen, war insbesondere mit Aufgaben der Gesamtorganisation und Koordination des Verfahrens befasst. Dem Arbeitskreis, das „entscheidungsbefugte“ Organ des Beteiligungsprozesses282, gehörten neben den VertreterInnen betroffener Dienststellen, der politischen Parteien, lokaler Initiativen, den PlanerInnen und ad-hoc-ExpertInnen auch je fünf AnrainerInnen sowie Geschäftsleute als Vertrauenspersonen ihrer Gruppierungen an. Die beiden letztgenannten VertreterInnen wurden übrigens gewählt und in das Gemeinschaftsforum entsendet, nachdem im Zuge einer öffentlichen Auftaktveranstaltung, die insbesondere der Information der Bevölkerung über das Projektvorhaben diente, Interessier280 Die Gelder mussten bis zum Jahr 1999 ausgeschöpft werden; siehe hiezu Yppenplatz & Markt I 6. 281 Wolfgang Pfefferkorn, Rahmenplanung Yppenplatz und Markt, Wien (A), 2, www.partizipation.at/fileadmin/media_data/Downloads/Praxisbeispiele/yppenplatz.pdf [12/2012]; Zieher, Umweltmediation 57. 282 Siehe auch Wolfgang Pfefferkorn/Werner Rosinak, Rahmenplanung Yppenplatz, www.rosinak.at/de/project/mediation-yppenplatz-wien [12/2012].
71
Begriffs- sowie Funktionsklärung und Fallstudie
te zur Mitarbeit eingeladen wurden283. Im Arbeitskreis wurden die Regeln für das weitere Vorgehen vereinbart und in einer Geschäftsordnung festgehalten, die Grobanalyse durchgeführt, die Einschätzung der Ausgangslage vorgenommen und die Zielvorstellungen formuliert. Um die Effizienz zu steigern, wurden für die Ausarbeitung von Vorschlägen in den Bereichen Park/Freiraum, Markt sowie Verkehr drei Untergruppen eingerichtet. Die hiebei erzielten Ergebnisse wurden sodann in den Arbeitskreis eingespeist und in mehreren Sitzungen diskutiert, bewertet, nach Prioritäten gereiht und zu einem Leitbild zusammengefasst284. Das eigentliche Verfahren endete, nachdem bereits im Dezember 1997 der Rohbericht vorgelegen war, im Jänner 1998 mit der Verabschiedung eines Rahmenplans. c) Ergebnisse und Umsetzung
Die Vorlage des Rahmenplans stellte demnach das rechtlich unverbindliche Ergebnis des Verfahrens dar. Darin wurden die gemeinsam vereinbarten Vorschläge zu den drei Themenbereichen Markt, Park & Freiraum sowie Verkehr festgehalten und zu einem Gesamtkonzept verdichtet. Sowohl der Marktbereich (Detail- und Großmarkt, Abfallsammlung) als auch der angrenzende Park wurden unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Nutzungsinteressen (Jugendliche, ältere Menschen, Wirtschaftstreibende etc) und unter der Einbeziehung des städtischen Umfelds neu gestaltet bzw organisiert. Schließlich sollte eine generelle Verkehrsberuhigung eine Verringerung des Lärmaufkommens ermöglichen. Vor allem aber ein noch zuvor propagiertes Tiefgaragenprojekt, das vor Ort für Widerstand gesorgt hatte, wurde einhellig abgelehnt285. Mit der Detailplanung wurde aufgrund des budgetären Zeitdrucks (Fristablauf für die in Aussicht gestellten EU-Fördermittel) unmittelbar im Anschluss an das Konsensverfahren begonnen und dauerte ca ein Jahr. Daran anschließend konnte mit der Umsetzung der baulichen Maßnahmen begonnen und diese im Jahr 2001 abgeschlossen werden. In Folge des Verfahrens entstanden zwar Initiativen wie die der Wirtschaftstreibenden (Marktverein) und der AnrainerInnen (Kulturveranstaltungen), die ihre Aktivitäten selbständig fortsetzten, eine gemeinsame Einrichtung, die die Umsetzung der Ergebnisse begleitet hätte, wurde in diesem
283 Die Forumsgröße wird mit ca 35 Beteiligten angegeben (Rahmenplanung 2), wobei gem dem Verteiler für den Endbericht 29 Mitglieder regelmäßig an den Arbeitskreissitzungen teilnahmen. 284 Yppenplatz & Markt I 9 f. 285 Pfefferkorn/Rosinak, Rahmenplanung; Zieher, Umweltmediation 58 f.
72
Evaluierung
Fall nicht geschaffen286. Jedoch wurde für die Abwicklung der Detailplanungs- und Umsetzungsschritte von der Gemeinde eine „Projektkoordination“ eingesetzt287. C. Darstellung der Ergebnisse der quantitativen Untersuchung im Detail 1. MediationsteilnehmerInnen und Einbindung in das Verfahren a) Funktionen im Mediationsverfahren
(Frage 1.2 In welcher Funktion waren Sie in dieses Verfahren eingebunden?) Folgende Funktionen und damit auch Rollen übten bzw füllten die Befragten aus: Gartenau/ Ybbs Leube
Funktionen
Yppenplatz
Verwall GESAMT
MediatorIn
1
1
2
2
6
AnrainerIn
2
1
3
1
7
ProjektwerberIn
2
1
VertreterIn Bürgerinitiative
3
VertreterIn Interessenvertretung 2
PlanerIn
1
Rechtsanwältin/Rechtsanwalt
5
6
1
3 1
1
2 3
1
5
2
3
1
5
6
1
5
9
1
1
1
BehördenvertreterIn 1
2
Andere keine Angabe GESAMT
4
2
GutachterIn
GemeindevertreterIn
1 1
Landesumweltanwaltschaft
PolitikerIn
3
1 10
11
13
1 23
57
Tab 3: Funktionen der Befragten 286 Siehe Pfefferkorn, Rahmenplanung 3. 287 Yppenplatz & Markt I 42.
73
Begriffs- sowie Funktionsklärung und Fallstudie
Eine offene Kategorie („andere, nämlich“) ermöglichte den Befragten, den Funktionenkanon zu ergänzen. Drei der insgesamt vier getätigten Aussagen können jedoch als zusätzliche Klarstellung der vorgegebenen Kategorien gewertet werden. Dies gilt für Parteienvertreter der Betriebe (Ybbs), Fachdienststelle des Magistrats und Auftraggeber (Yppenplatz). Neu hinzu kommt im Projekt Verwall die Funktion des Vertreters der Grundbesitzer Agrargemeinschaft (Alpe), wobei wohl selbst hiebei eine Subsumtion unter dem Sammelbegriff „AnrainerInnen“ vertretbar erscheint. Augenscheinlich ist jedenfalls, dass die Funktionen der befragten Beteiligten an den Mediationsverfahren sehr vielfältig sind. Die Funktionsbereiche spiegeln vor allem auch die vielen unterschiedlichen Interessen wider, die bei solchen Verfahren aufeinander treffen und folglich berücksichtigt werden müssen. b) Wahrgenommene TeilnehmerInnen am Mediationsverfahren
(Frage 1.3 Wer hat an dem Mediationsverfahren teilgenommen? – Mehrfachnennungen möglich) Bei der Beantwortung der Frage, wer am Mediationsverfahren teilgenommen hat, handelt es sich um die von den Befragten subjektiv wahrgenommenen TeilnehmerInnen. Die Antworten bzw die in der nachfolgenden Tabelle angeführten Prozentzahlen beziehen sich auf Befragte, die der Ansicht sind, dass die angeführten Personen/Organisationen am Mediationsverfahren teilgenommen haben. Die Antworten wurden nach der Häufigkeit der Rubrik Gesamt sortiert. Funktionen
Gartenau/ Ybbs Leube
Yppenplatz
Verwall GESAMT
%
%
%
%
%
AnrainerIn
100
90,9
100
65,2
84,2
MediatorIn
100
81,8
61,5
78,3
78,9
GutachterIn
100
90,9
38,5
73,9
73,7
BehördenvertreterIn
30,0
9,1
100
100
70,2
PolitikerIn
50,0
63,6
84,6
69,6
68,4
ModeratorIn
50,0
18,2
53,8
82,6
57,9
Interessenverbände
20,0
69,2
91,3
56,1
Landesumweltanwaltschaft
90,0
15,4
87,0
54,4
Bürgerinitiative
80,0
76,9
13,0
52,6
74
81,8
Evaluierung
Funktionen
Gartenau/ Ybbs Leube 72,7
Yppenplatz
Verwall GESAMT
ProjektwerberIn
100
Umweltorganisation
60,0
Rechtsanwalt/-anwältin
20,0
WissenschafterIn
30,0
30,8
26,1
22,8
Andere
10,0
23,1
17,4
14,0
GESAMT
n=10
n=13
n=23
N=57
100
n=11
30,8
17,4
45,6
23,1
69,6
43,9
7,7
24,6
Tab 4: Wahrgenommene TeilnehmerInnen am Mediationsverfahren
Auch bei dieser Frage bestand für die UntersuchungsteilnehmerInnen die Möglichkeit, weitere, die vorgegebenen Kategorien ergänzende Angaben zu machen („andere, nämlich“). Genannt wurden beim Verfahren Gartenau/ Leube VertreterInnen der angrenzenden Gemeinden, im Zusammenhang mit dem Verfahren Yppenplatz Architektinnen und Architekten, Integrationsfonds der Stadt Wien, Gebietsbetreuung Wien XVI, Urban Büro, in Summe 35 Personen; Fachleute (ArchitektIn und LandschaftsplanerIn) und zum Mediationsprozess Verwall GrundbesitzerIn/GrundeigentümerIn (3x), GutachterIn (1x). Bei allen Kategorien zeigt sich, dass sich die Befragten keineswegs darüber einig sind, wer (= welche Funktionsträger) am Mediationsverfahren teilgenommen hat. Am auffallendsten ist, dass es nicht allen Befragten bewusst ist (Ybbs: 81,8%, Yppenplatz: 61,5%, Verwall 78,3%), dass ein Mediator am Mediationsverfahren teilgenommen hat. Einzig im Verfahren Gartenau/Leube gehen alle Befragten von der Teilnahme eines Mediators aus. Erstaunlich ist jedoch, dass in eben diesem Verfahren wiederum 50% der Befragten darüber hinaus angeben, dass auch ein Moderator am Verfahren teilgenommen habe. Eine Erklärung dafür könnte der Umstand liefern, dass die Funktion des Mediators in der mittlerweile mehrjährigen Fortführung des BürgerBeirats nunmehr ein „Mittler“ als Moderator ausübt288. Beim Projekt Ybbs gibt es hingegen keine Überschneidungen; vielmehr wurde von der Teilnahme eines Mediators oder eines Moderators ausgegangen. Anders verhält es sich wiederum beim Verfahren Yppenplatz, hier wird von der Mitwirkung eines Mediators und/oder eines Moderators berichtet. Für das Projekt Verwall lässt sich sagen, dass die überwiegende Mehrzahl der Befragten von der Teilnahme sowohl eines Mediators als auch eines Moderators ausgeht. 288 www.buergerbeirat-gartenau.at [12/2012].
75
Begriffs- sowie Funktionsklärung und Fallstudie
TeilnehmerInnen
Abb 4: Wahrgenommene TeilnehmerInnen am Mediationsverfahren (N=57)
c) Beteiligung aller wichtigen Betroffenen im Mediationsverfahren
(Frage 1.4 Sind Sie der Meinung, dass alle wichtigen Betroffenen im Mediationsverfahren beteiligt waren?) Nicht allein wesentlich ist freilich, wer nach Meinung der Befragten am Mediationsverfahren teilgenommen hat, sondern vielmehr auch die Feststellung, ob die entscheidenden Betroffenen am Verfahren partizipierten. Die Ergebnisse sind in der folgenden Tabelle dargestellt.
Ja
Gartenau/ Leube
Ybbs
Yppenplatz
Verwall
GESAMT
%
%
%
%
%
100
90,9
92,3
91,3
92,98
9,1
7,7
4,3
5,26
4,3
1,76
Nein k. A. GESAMT
100%
100%
100%
100%
100%
n=10
n=11
n=13
n=23
N=57
Tab 5: Beteiligung aller wichtigen Betroffenen am Mediationsverfahren
76
Evaluierung
Abb 5: Beteiligung aller wichtigen Akteure am Mediationsverfahren (N=57)
Trotz der zuvor so unterschiedlichen Wahrnehmung, welche Betroffenen am jeweiligen Verfahren teilgenommen haben, ist ein überzeugender Großteil der Befragten (93,0%) der Ansicht, dass alle wichtigen Betroffenen am Mediationsverfahren teilgenommen haben. Alle Befragten aus dem Projekt Gartenau/Leube bejahten diese Frage, nur je eine Person von den Projekten Ybbs (9,1%), Yppenplatz (7,7%) und Verwall (4,3%) war nicht der Ansicht. d) Gewünschte zusätzliche TeilnehmerInnen am Mediationsverfahren (offene Frage)
(Frage 1.5 Wenn nicht, wer hätte Ihrer Meinung nach zusätzlich teilnehmen sollen?) Nach eben Gesagtem mag es auch nur wenig verwundern, dass kaum Nachnennungen von potenziellen TeilnehmerInnen erfolgen. Demnach hätten am Verfahren Ybbs zusätzliche Gemeindevertreter, am Projekt Yppenplatz die Migrantinnen und Migranten sowie am Verfahren Verwall „von Anfang an die Grundeigentümer“ teilnehmen sollen. 2. Beauftragung und Kostenverteilung a) Wahrgenommene Beauftragung der MediatorInnen
(Frage 1.6 Wer beauftragte die MediatorInnen? – Mehrfachantworten möglich) Bei der Frage, wer die MediatorInnen beauftragt hatte, bekommt man wiederum Informationen über die subjektive Wahrnehmung der Untersu-
77
Begriffs- sowie Funktionsklärung und Fallstudie
chungsteilnehmerInnen. Die Antworten wurden nach der im Fragebogen vorgegebenen Reihenfolge sortiert. Auf eine Gesamtauswertung wurde bei dieser spezifischen Frage wegen der kleinen Stichprobe verzichtet. Mehrfachnennungen waren möglich.
Gartenau/ Leube
Ybbs
Yppenplatz
Verwall
%
%
%
%
alle Beteiligten des Mediationsverfahrens gemeinsam
40,0
54,5
ProjektwerberIn
60,0
18,2
7,7
72,7
76,9
Gemeinde Land
7,7
AnrainerIn
18,2
7,7
Bund
4,3
Andere
7,7
Weiß nicht
23,1
GESAMT
100
n=10
n=11
n=13
n=23
Tab 6: Wahrgenommene Beauftragung der MediatorInnen
Bezüglich dem Projekt Gartenau/Leube zeigt sich, dass 40% (vier Personen) der Befragten der Ansicht sind, alle Beteiligten des Mediationsverfahrens hätten gemeinsam eine(n) MediatorIn beauftragt, 60% (sechs Personen) meinen, der/die ProjektwerberIn hätte der/dem MediatorIn den Auftrag gegeben. Beim Projekt Ybbs sind die Uneinigkeiten ungleich größer: 72,7% (acht Personen) glauben die Gemeinde hätte die MediatorInnen beauftragt, 54,5% (sechs Personen) schreiben dies allen Beteiligten zu und je 18,2% (zwei Personen) geben ProjektwerberIn bzw AnrainerIn an. Im Projekt Yppenplatz sind je 7,7% (eine Person) für Land, ProjektwerberIn, AnrainerIn und andere, 76,9% für Gemeinde und immerhin 23,1% geben an, darüber nicht Bescheid zu wissen. Im Projekt Verwall sind sich die Befragten zu 100% einig, das Land habe den Auftrag an die MediatorInnen vergeben, eine Person gibt zusätzlich den Bund an.
78
Evaluierung
b) Wahrgenommene Kostenträger für das Mediationsverfahren
(Frage 1.7 Wer hat die Kosten für das Mediationsverfahren getragen? – Mehrfachantworten möglich) Die Antworten auf die Frage nach den Kostenträgern des Mediationsverfahrens sind nach der im Fragebogen vorgegebenen Reihenfolge sortiert. Auf eine Gesamtbetrachtung wurde auch hier verzichtet. Mehrfachnennungen waren möglich. Gartenau/ Leube
Ybbs
Yppenplatz
Verwall
%
%
%
%
alle Beteiligten des Mediationsverfahrens gem.
4,3
ProjektwerberIn
100
72,7
7,7
Gemeinde
10,0
100
76,9
Land
10,0
15,4
100
Unabhängige Fonds Private Sponsoren AnrainerIn Bund
18,2 10,0
Andere
4,3 9,1
Weiß nicht GESAMT
15,4
4,3
15,4 n=10
n=11
n=13
n=23
Tab 7: Wahrgenommene Kostenträger für das Mediationsverfahren
Zusätzlich („andere, nämlich“) wurde zum Projekt Ybbs die Bürgerinitiative als Kostenträger genannt. Beim Verfahren Yppenplatz sei im Rahmen des Urban Programms 50% der Kosten aus EU-Geldern bestritten worden (zwei Nennungen). Im Zusammenhang mit dem Mediationsverfahren Verwall wurde schließlich vorgebracht, dass die Kosten der TeilnehmerInnen bzw deren Aufwand von diesen selbst zu tragen waren. Zum Teil sehr genau wissen die an der Befragung Beteiligten über die Kostenträger Bescheid. Im Projekt Gartenau/Leube sind sich alle Befragten (100%) darüber einig, die/der ProjektwerberIn habe Kosten(anteile) des
79
Begriffs- sowie Funktionsklärung und Fallstudie
Mediationsverfahrens getragen, je 10% schreiben dies auch Land, Gemeinde und Bund zu (je eine Person). Im Projekt Ybbs geben alle UntersuchungsteilnehmerInnen an, die Gemeinde sei Kostenträger, weiters geben 72,7% ProjektwerberIn, 9,1% andere (Bürgerinitiative) und 18,2% AnrainerIn an. Im Projekt Yppenplatz schreiben 15,4% die Übernahme von Kosten dem Land zu, 76,9% der Gemeinde, 7,7% der/dem ProjektwerberIn, 15,4% anderen (EU und Bezirk) und 15,4% geben an, es nicht zu wissen. Im Projekt Verwall sind 100% der Ansicht, das Land habe Kosten getragen, je 4,3% geben zusätzlich Bund, alle Beteiligten oder andere (Eigenkostenanteil) an. Keine Rolle spielen in den hier untersuchten Fällen private SponsorInnen und unabhängige Fonds. c) Andere Kostenverteilung sinnvoll?
(Frage 1.8 Wäre es Ihrer Meinung nach sinnvoll gewesen, die Kosten anders zu verteilen?) Über Zweidrittel aller befragten Gesamtstichprobe (78,9%) sind der Ansicht, dass eine andere Kostenaufteilung nicht sinnvoll gewesen wäre, demgegenüber sind 15,8% der Meinung eine andere Kostenaufteilung wäre sinnvoll gewesen; 5,3% äußern sich nicht zu diesem Thema.
Gartenau/ Leube
Ybbs
Yppenplatz
Verwall
GESAMT
%
%
%
%
%
ja
10,0
27,3
7,7
17,4
15,8
nein
90,0
72,7
76,9
78,3
78,9
15,4
4,3
5,3
k. A. GESAMT
100%
100%
100%
100%
100%
n=10
n=11
n=13
n=23
N=57
Tab 8: Andere Kostenaufteilung sinnvoll?
10% der Befragten aus dem Projekt Gartenau/Leube, 27,3% aus dem Projekt Ybbs, 7,7% aus dem Projekt Yppenplatz und 17,4% aus dem Projekt Verwall sind der Meinung, eine andere Kostenaufteilung wäre sinnvoll gewesen.
80
Evaluierung
Abb 6: Andere Kostenaufteilung sinnvoll? (N=57)
d) Gründe, warum andere Kostenaufteilung sinnvoll (offene Frage)
(Frage 1.9 Wenn ja, warum wäre es sinnvoll gewesen, die Kosten anders zu verteilen?) Zusammenfassend können drei Aussagen festgehalten werden: – Die Kosten sollen nach dem Verursacherprinzip verteilt werden (Ybbs, Verwall). – Eine einseitige Finanzierung könne die Unabhängigkeit der MediatorInnen gefährden (Gartenau/Leube, Verwall). – Eine veränderte Vorgehensweise bei der Kostenverteilung könne zu einem (anderen) Kostenbewusstsein bei allen Beteiligten führen (Yppenplatz). e) Empfehlungen zur Kostendeckung für künftige Mediationsverfahren (offene Frage)
(Frage 1.10 Was würden Sie zur Kostendeckung für künftige Mediationsverfahren empfehlen?) Interessant erscheint die Zusammenschau mit den drei vorigen Fragen, da letztere auch von Befragten beantwortet wurde, die mit der Aufteilung der Kosten in dem Verfahren, an dem sie mitwirkten, einverstanden waren. Demnach wird mehrfach die Forderung aufgestellt, dass der Verursacher (Normengeber, ProjektwerberIn) „jedenfalls“ oder gar „verpflichtend“ zumindest zur anteiligen Kostentragung herangezogen werden solle. Gleichzeitig wird jedoch auch davor gewarnt, dass bei einer alleinigen Finanzie-
81
Begriffs- sowie Funktionsklärung und Fallstudie
rung des Mediationsverfahrens durch die ProjektwerberInnen, die MediatorInnen als VertreterInnen der ProjektwerberInnen erlebt werden und darunter die Rollenklarheit und die Transparenz leiden könnten. In diese Richtung weist wohl auch die Forderung, dass die MediatorInnen und auch die Sachverständigen von den Verfahrensbeteiligten beauftragt werden sollen. Als sinnvoll wird weiters die Verteilung der Kosten auf mehrere Parteien erachtet, um das Vertrauen zu stärken. Auch die Zahlung durch eine nicht im Verfahren vertretene Partei (EU, Bund) wird angeregt. Weiters werden als mögliche Financiers bzw Finanzierungswege ein unabhängiger öffentlicher Fonds, die Interessenverbände, die öffentliche Hand und Modelle des Public Privat Partnerships genannt. Den AnrainerInnen und den Bürgerinitiativen könne hingegen die Übernahme der Kosten nicht zugemutet werden. Überhaupt solle das Finanzierungsthema (Gesamtkosten inklusive Anwaltshonorare, Kosten der vereinbarten Maßnahmen) im Mediationsverfahren dargestellt, abgeklärt und/oder erarbeitet werden. Und schließlich wird darüber hinaus empfohlen, mehr Budget zur Verfügung zu stellen, erst zu bezahlen, wenn das Ergebnis vorliegt, und ständige Folgeeinrichtungen des Mediationsverfahrens (BürgerBeirat) mit einem Budget für „Notfälle“ auszustatten. 3. Rechtliche Aspekte a) Aufklärung über die rechtlichen Konsequenzen
(Frage 2.1 Wurden Sie über rechtliche Konsequenzen sowohl des Media tionsverfahrens als auch der Abschlussvereinbarung aufgeklärt?) Die Frage nach den rechtlichen Konsequenzen richtete sich an alle Beteiligten außer an die MediatorInnen.
ja
Gartenau/ Leube
Ybbs
Yppenplatz
Verwall
GESAMT
%
%
%
%
%
100
100
72,73
95,2
92,16
nein
27,27
k. A. GESAMT*
5,88 4,8
1,96
100%
100%
100%
100%
100%
n=9/10
n=10/11
n=11/13
n=21/23
N=51/57
* Gesamtstichprobe abzüglich der Mediatoren Tab 9: Aufklärung über die rechtlichen Konsequenzen
82
Evaluierung
Abb 7: Aufklärung über die rechtlichen Konsequenzen (N=57)
Zusammen geben demnach 92,16% an, über die rechtlichen Konsequenzen sowohl des Mediationsverfahrens als auch der Abschlussvereinbarung aufgeklärt worden zu sein. Nur 5,88% (drei Personen) verneinen die Frage, diese stammen alle aus dem Projekt Yppenplatz. b) Grad der Aufklärung
(Frage 2.2 War diese Aufklärung für Sie ausreichend?) Diese Frage (sie richtete sich ebenfalls nicht an MediatorInnen) beantwortet die überwiegende Mehrheit der UntersuchungsteilnehmerInnen (84,31%) mit ja. Lediglich eine Person verneint diese. Jedoch machen 13,73% der Stichprobe – gegenüber zuvor nur 1,96% – diesbezüglich keine Angaben.
ja
Gartenau/ Leube
Ybbs
Yppenplatz
Verwall
GESAMT
%
%
%
%
%
100
100
63,64
80,95
84,31
4,76
1,96
36,36
14,29
13,73
nein k. A. GESAMT*
100%
100%
100%
100%
100%
n=9/10
n=10/11
n=11/13
n=21/23
N=51/57
* Gesamtstichprobe abzüglich der Mediatoren Tab 10: Ausreichende Aufklärung
83
Begriffs- sowie Funktionsklärung und Fallstudie
Abb 8: Ausreichende Aufklärung (N=57)
Konkret wird die Zufriedenheit über den Aufklärungsgrad von einer Person im Projekt Verwall verneint, 14,29% machen hingegen keine Angaben. UntersuchungsteilnehmerInnen der Verfahren Gartenau/Leube und Ybbs halten allesamt die Rechtsaufklärung für ausreichend. 36,36% der Befragten des Projekts Yppenplatz äußerten sich dazu nicht. Darüber hinaus fügen insgesamt vier UntersuchungsteilnehmerInnen, die sich grundsätzlich ausreichend informiert sahen, ihrer Antwort (außerplanmäßig) Beisätze iS von „ja, aber“ hinzu. Die Antworten sind hier wörtlich wiedergebeben: Ybbs Jedoch noch intensivere Information. Yppenplatz Auskunft hätte besser sein können. Verwall Weil ich selbst ausreichend vorinformiert war. Aber Unsicherheit bezüglich Umsetzung in Verordnung. c) Folgendes hat gefehlt (offene Frage):
Hiezu gab es als einzige Antwort, dass „die Mitsprache der Grundeigentümer“ gefehlt habe (Verwall).
84
Evaluierung
d) Form, in der Ergebnisse der Mediation (Abschlussvereinbarung) festgehalten wurden
(Frage 2.3 In welcher Form wurden die bei der Mediation erzielten Ergebnisse (Abschlussvereinbarung) festgehalten?) Weiters wurden die UntersuchungsteilnehmerInnen gefragt, in welcher Form die bei der Mediation erzielten Ergebnisse (Abschlussvereinbarung) festgehalten worden sind. Die folgende Tabelle stellt die Häufigkeiten der Nennungen dar. Eine Person hat sich für zwei Möglichkeiten entschieden. Gartenau/ Leube
Ybbs
Yppenplatz
Verwall
GESAMT
%
%
%
%
%
53,8
47,8
31,6
7,7
8,7
42,1
unverbindliche Empfehlung verbindlicher, einklagbarer Vertrag
100
100
weiß nicht
7,7
andere
30,8
47,8
26,3
n=13
n=23
N=57
GESAMT*
n=10
n=11
1,8
* von einer Person wurden mehrere Alternativen angegeben Tab 11: Form, in der die Ergebnisse der Mediation festgehalten wurden
Die Mediationsergebnisse wurden nach Meinung einiger Befragten aber auch in andere Formen gebracht („andere, nämlich“): Yppenplatz Schlussbericht/Rahmenplan = Konsenspapier/Publikation Verwall (Naturschutz-, Rahmengebiets-)Verordnung (10x) Managementplan (4x) Vereinbarungstext, dessen Inhalt zu einer Verordnung komprimiert wurde, halb verbindlich, BH-Niederschrift Weiters wurden von Befragten des Projekts Verwall noch genannt: „Sehr gute Aufklärung, was in Zukunft möglich ist“, „Endgültiger Plan liegt noch nicht vor“ und „War bei Abschlussveranstaltung nicht dabei“. Auffällig ist
85
Begriffs- sowie Funktionsklärung und Fallstudie
dabei, dass in zwei Fällen die vorgegebene Kategorie „unverbindliche Empfehlung“ angekreuzt und durch die Nennung der Verordnung quasi ergänzt wird. In seiner Gesamtheit betrachtet lässt sich demnach folgendes festhalten: In den Projekten Gartenau/Leube und Ybbs geben alle Befragten an, die Mediationsergebnisse in Form eines verbindlichen, einklagbaren Vertrages festgehalten zu haben. 53,8% der Befragten zum Projekt Yppenplatz geben unverbindliche Empfehlung an, 7,7% (eine Person) glauben, es handelt sich um einen verbindlichen Vertrag, eine weitere Person gibt an, es nicht zu wissen und 30,8% nennen eine andere Form. 47,8% der Befragten zum Projekt Verwall denken, eine unverbindliche Empfehlung sei die Form, in der die Mediationsergebnisse festgehalten worden sind, 8,7% meinen, es sei ein verbindlicher Vertrag und 47,8% meinen, es sei eine andere Form. Bei den Projekten Yppenplatz und Verwall sieht man, dass sich die Befragten über die Form, in der die Ergebnisse festgehalten worden sind, nicht einig sind. Insbesondere fällt auf, dass eine Mehrzahl der Betroffenen des Verfahrens Verwall in der Verordnung das den Mediationsprozess abschließende Instrument zu erkennen glauben. Es wird demnach nicht zwischen dem Mediationsergebnis per se und dem zur Umsetzung desselben notwendigen Verwaltungsakts unterschieden. e) Wer hat die Abschlussvereinbarung unterschrieben? (Frage 2.4) Gartenau/ Leube
Ybbs
Yppenplatz
%
%
%
%
%
alle Beteiligten
90,0
90,9
7,7
8,7
38,6
einige Beteiligten → siehe auch nächste Tabelle
10,0
9,1
7,7
26,1
15,8
keine schriftl. Vereinbarung
46,2
39,1
26,3
keine Unterschriften
7,7
k. A.
30,8
26,1
17,5
GESAMT
Verwall GESAMT
1,8
100%
100%
100%
100%
100%
n=10
n=11
n=13
n=23
N=57
Tab 12: Wer hat die Abschlussvereinbarung unterschrieben?
86
Evaluierung
In den Projekten Gartenau/Leube und Ybbs ist beinahe die gesamte Stichprobe der Meinung, alle Beteiligten haben die Abschlussvereinbarung unterschrieben. Befragte der Projekte Yppenplatz und Verwall hingegen geben sehr unterschiedliche Antworten, und 30,8% bzw 26,1% machen keine Angabe zu diesem Thema. Die folgende Tabelle zeigt Häufigkeiten für jene Personen, die „einige Beteiligte“ in der obigen Frage genannt haben, was die niedrigen Häufigkeiten erklärt. f) Wer hat die Abschlussvereinbarung unterschrieben – Nennungen zu „einige Beteiligten“ (Mehrfachantworten) Gartenau/ Leube
Ybbs
Yppenplatz
%
%
%
%
%
9,1
7,7
8,7
7,0
9,1
4,3
5,3
9,1
4,3
3,5
MediatorIn ProjektwerberIn
10,0
GutachterIn
Verwall GESAMT
Bürgerinitiativen
10,0
9,1
3,5
AnrainerIn
10,0
9,1
3,5
GemeindevertreterIn
10,0
9,1
3,5
andere
8,7
3,5
Umweltorganisation
4,3
1,8
Landesumweltanwaltschaft
4,3
1,8
Rechtsanwalt /-anwältin
9,1
1,8
PolitikerIn
9,1
1,8
BehördenvertreterIn GESAMT*
n=1/10
n=1/11
n=1/13
4,3
1,8
n=4/23
N=7/57
* Die erste Zahl gibt die Anzahl der Personen an, die geantwortet haben. Tab 13: Wer hat die Abschlussvereinbarung unterschrieben – Nennungen zu „einige Beteiligten“
Je eine Person aus den Projekten Gartenau/Leube, Ybbs und Yppenplatz haben jene Personen/Organisationen angeführt, die ihrer Meinung nach die Abschlussvereinbarung unterschrieben haben. Im Projekt Verwall waren es vier Personen, die „einige Personen“ angekreuzt haben.
87
Begriffs- sowie Funktionsklärung und Fallstudie
g) Art der Abschlussvereinbarung zur Förderung der Umsetzung der Ergebnisse
(Frage 2.21 Welche Art der Abschlussvereinbarung fördert aus Ihrer Sicht die Umsetzung der Ergebnisse stärker?) Eine Person hat sich bei dieser Frage für zwei Antwortmöglichkeiten entschieden. Ihre Nennung ist in der Kategorie „keine Angabe“ enthalten. Gartenau/ Leube
Ybbs
Yppenplatz
%
%
%
%
%
8,7
3,5
30,8
69,6
68,4
46,2
8,7
15,8
9,1
23,1
13,0
12,3
n=11
n=13
n=23
N=57
Unverbindliche Empfehlung Verbindlicher, einklagbarer Vertrag
90,0
Kein Zusammenhang zw. Verbindlichkeit der Abschlussvereinbarung und Umsetzung der Ergebnisse
10,0
k. A. GESAMT
n=10
Verwall GESAMT
90,9
Tab 14: Art der Abschlussvereinbarung zur Förderung der Umsetzung der Ergebnisse (nach Projekten)
Nur sehr wenige (zwei Personen aus dem Projekt Verwall: 3,5%) sind der Ansicht, eine unverbindliche Empfehlung sei für die Umsetzung der Mediationsergebnisse am meisten förderlich. 68,4% (90% aus dem Projekt Gartenau/Leube und 90,9% aus dem Projekt Ybbs) finden einen verbindlichen und einklagbaren Vertrag am förderlichsten. 15,8% insgesamt und 46,2% aus dem Projekt Yppenplatz sehen zwischen der Verbindlichkeit der Abschlussvereinbarung und der Umsetzung der Ergebnisse keinen Zusammenhang. Funktionsgruppen In der folgenden Tabelle wird die Frage nach der Art der Abschlussvereinbarung, welche die Umsetzung der Ergebnisse fördert, getrennt nach Funktionsgruppen dargestellt. Die hiefür gebildeten Gruppen setzen sich zusammen aus:
88
Evaluierung
– MediatorInnen (n=6): alle befragten MediatorInnen aus den vier Projekten – Bürger-/Interessenvertretung: AnrainerInnen, VertreterInnen von Bürgerinitiativen, (n=17) VertreterInnen von Interessenvertretungen – Verwaltung (n=18): Landesumweltanwaltschaft, BehördenvertreterInnen, GemeindevertreterInnen Die Gruppe der Bürger-/Interessenvertretung und Befragte aus dem Bereich der Verwaltung unterscheiden sich hinsichtlich ihrer Interessen. Die restlichen Befragten (ProjektwerberInnen, PlanerInnen, Rechts anwälte/-anwältinnen, PolitikerInnen, GutachterInnen, andere) werden nicht einbezogen, weil entweder keine Zuteilung zu den vorhandenen Gruppen inhaltlich möglich ist oder weil die Anzahl zu gering ist, um eine eigene Gruppe zu bilden. Büger-/ MediatorInteressenInnen vertretung % Unverbindliche Empfehlung
Verwaltung
GESAMT
%
%
%
5,9
5,6
4,9
Verbindlicher, einklagbarer Vertrag
83,3
70,6
66,7
70,7
Kein Zusammenhang zw. Verbindlichkeit der Abschlussvereinbarung und Umsetzung der Ergebnisse
16,7
17,6
5,6
12,2
5,9
22,2
12,2
n=17
n=18
N=41
k. A. GESAMT
n=6
Tab 15: Art der Abschlussvereinbarung zur Förderung der Umsetzung der Ergebnisse (nach Funktion)
Statistische Vergleiche mittels Chi-Quadrat Test sind bei der Frage nach Unterschieden zwischen den Funktionsgruppen nicht möglich, weil die Voraussetzung, dass der erwartete Wert in den Zellen mindestens 5 beträgt (bzw die Nichterfüllung dieses Kriteriums 20% der Zellen nicht überschreitet), nicht gegeben ist. Der größte Anteil in allen drei Funktionsgruppen (70,7%) ist der Ansicht, dass ein verbindlicher, einklagbarer Vertrag die Umsetzung der Ergebnisse stärker fördert. Am deutlichsten wird dies bei der Gruppe der Media-
89
Begriffs- sowie Funktionsklärung und Fallstudie
toren (83,3%). Den 66,7% Zustimmung für einen verbindlichen Vertrag in der Gruppe der Verwaltung stehen 22,2% des Kriteriums „ohne Angabe“ gegenüber. Geschlecht In der untenstehenden Tabelle werden Aussagen zur Art der Abschlussvereinbarung, die für die Umsetzung der Ergebnisse förderlich ist, getrennt nach Geschlecht angeführt. Dabei werden zehn Frauen 46 Männern gegenübergestellt, eine weitere Person hat keine Angabe zum Geschlecht gemacht und kann deshalb in die Analyse nicht einbezogen werden. weiblich
männlich
GESAMT
%
%
%
4,3
3,6
Unverbindliche Empfehlung Verbindlicher, einklagbarer Vertrag
70,0
67,4
67,9
Kein Zusammenhang zw. Verbindlichkeit der Abschlussvereinbarung und Umsetzung der Ergebnisse
20,0
15,2
16,1
k. A.
10,0
13,0
12,5
GESAMT
n=10
n=46
N=56
Tab 16: Art der Abschlussvereinbarung zur Förderung der Umsetzung der Ergebnisse (nach Geschlecht)
Statistische Vergleiche mittels Chi-Quadrat Test sind bei der Frage nach Unterschieden zwischen Männer und Frauen ebenfalls nicht möglich, weil die Voraussetzung, dass der erwartete Wert in den Zellen mindestens 5 beträgt (bzw die Nichterfüllung dieses Kriteriums 20% der Zellen nicht überschreitet), wiederum nicht gegeben ist. Der überwiegende Anteil der Frauen (70,0%) und Männer (67,4%) finden einen verbindlichen, einklagbaren Vertrag als am stärksten förderlich zur Umsetzung der Ergebnisse. Altersgruppen Nachfolgend ist die Auswertung getrennt nach Altersgruppen dargestellt. Der Median (teilt die Stichprobe in zwei Hälften) liegt bei 47 Jahren, die Stichprobe wird nunmehr in 30–46 und in 47–71 Jährige unterteilt.
90
Evaluierung
bis 46 Jahre
>46 Jahre
GESAMT
%
%
%
7,4
3,8
Unverbindliche Empfehlung Verbindlicher, einklagbarer Vertrag
76,9
59,3
67,9
Kein Zusammenhang zw. Verbindlichkeit der Abschlussvereinbarung und Umsetzung der Ergebnisse
15,4
14,8
15,1
k. A.
7,7
18,5
13,2
n=26
n=27
N=53
GESAMT
Tab 17: Art der Abschlussvereinbarung zur Förderung der Umsetzung der Ergebnisse (nach Altersgruppe)
Statistische Vergleiche mittels Chi-Quadrat Test sind schließlich bei der Frage nach Unterschieden zwischen den zwei Altersgruppen nicht möglich, weil die Voraussetzung, dass der erwartete Wert in den Zellen mindestens 5 beträgt (bzw die Nichterfüllung dieses Kriteriums 20% der Zellen nicht überschreitet), wie schon zuvor nicht gegeben ist. Der größte Anteil aus beiden Altersgruppen ist der Ansicht ein verbindlicher, einklagbarer Vertrag sei am stärksten förderlich für die Umsetzung der Mediationsergebnisse. 18,5% der Stichprobe der älteren Personen machen diesbezüglich keine Angabe. 4. Umsetzung der Ergebnisse a) Weitere Treffen nach der Abschlussvereinbarung
(Frage 2.5 Hat es nach der Abschlussvereinbarung weitere Treffen der MediationsteilnehmerInnen oder einer Teilgruppe gegeben?) Die Antworten der UntersuchungsteilnehmerInnen auf diese Frage sind wie folgt dargestellt.
ja
Gartenau/Leube
Ybbs
Yppenplatz
Verwall
GESAMT
%
%
%
%
%
100
81,8
46,2
8,7
47,4
30,8
47,8
26,3
15,4
39,1
22,8
7,7
4,3
3,5
n=13
n=23
N=57
nein weiß nicht
18,2
k. A. GESAMT
n=10
n=11
Tab 18: Weitere Treffen nach der Abschlussvereinbarung
91
Begriffs- sowie Funktionsklärung und Fallstudie
Gesamt gibt knapp die Hälfte der Befragten an, dass weitere Treffen der MediationsteilnehmerInnen bzw einer Teilgruppe nach der Abschlussvereinbarung stattgefunden haben.
Abb 9: Weitere Treffen nach der Abschlussvereinbarung (N=57)
Alle zum Projekt Gartenau/Leube Befragten und fast alle (81,8%) aus dem Projekt Ybbs sind über Treffen informiert. Bei den Projekten Yppenplatz und Verwall ist dieser Prozentsatz entscheidend geringer, 30,8% bzw 47,8% geben an, es haben keine weiteren Treffen stattgefunden. b) Funktion der weiteren Treffen (offene Frage)
(Frage 2.6 Wenn ja, welche Funktion hatten diese Treffen?) Gartenau/Leube Die Einrichtung des Mediationsforums – des BürgerBeirats – werde nach Meinung der Befragten fortgeführt. Jährliche und anlassbezogene Sitzungen dienen dabei der Umsetzung der Mediationsergebnisse, insbesondere dem vereinbarten Ziel, langfristig eine Minimierung von Schadstoffausstoßen (= Dynamisierungsklausel) zu erreichen. Aber auch die laufende Kontrolle und Überwachung sowie die Mitwirkung an der Realisierung neuer (Teil-)Projekte und Vorhaben (Einsatz neuer, zusätzlicher Ersatzbrennstoffe) wird angeführt. Ybbs Im Zuge von jährlichen Sitzungen, deren Abhaltung in der Vereinbarung festgehalten sei, werden die AnrainerInnen in erster Linie von zukünftigen
92
Evaluierung
Investitionen unterrichtet und rechtzeitig informiert (vor gewerblichen Verhandlungen, also in Projektphase). Die Treffen dienen darüber hinaus der Information betreffend die Umsetzungsfortschritte und die Abnahme der vertraglich vereinbarten Vorkehrungen sowie auch der Pflege des guten Klimas zwischen AnrainerInnen und Betrieb (Information, Diskussion, Wünsche, Beschwerden, Anregungen). Yppenplatz Diejenigen, die von der Durchführung weiterer Treffen von zumindest einer Teilgruppe ausgehen, sehen darin die Funktionen, über weitere Bautätigkeiten bzw zwecks Detailplanungen auf Basis des Rahmenplans (im informellen Wege) zu beraten, um eine Verbesserung des gesamten Bereichs zu erzielen, oder aber die Funktionen des Monitorings und Controllings der Umsetzung und die der Fortsetzung der „neuen Aufbruchstimmung“. Verwall Die Folgetreffen hatten den Zweck der Umsetzung der Ergebnisse und der weiteren Information. Darüber hinaus solle, so die Befragten, ein Beirat für das Natura 2000 Gebiet eingerichtet werden. c) Schaffung zusätzlicher Einrichtungen für die Umsetzung
(Frage 2.7 Wurden darüber hinaus für die Umsetzung zusätzlicher Einrichtungen (zB ProjektmanagerIn, Arbeitsausschuss) geschaffen?) Die Antworten sind in der folgenden Tabelle zusammengefasst. Gartenau/ Leube
Ybbs
Yppenplatz
Verwall
GESAMT
%
%
%
%
%
ja → siehe unten
20,0
54,5
38,5
87,0
57,9
nein
80,0
36,4
38,5
9,1
23,1
weiß nicht k. A. GESAMT
29,8 8,7
10,5
4,3
1,8
100%
100%
100%
100%
100%
n=10
n=11
n=13
n=23
N=57
Tab 19: Schaffung zusätzlicher Einrichtungen für die Umsetzung
93
Begriffs- sowie Funktionsklärung und Fallstudie
Insgesamt 57,9% der Befragten geben an, dass zusätzliche Einrichtungen für die Umsetzung geschaffen worden sind. Beim Projekt Gartenau/Leube sind es nur 20%, beim Projekt Ybbs 54,5%, Yppenplatz 38,5% und 87% der Befragten aus dem Projekt Verwall. d) Wenn ja, welche? (Frage 2.8)
Gartenau/Leube Genannt werden der BürgerBeirat sowie Arbeitskreise zu verschiedenen Themen. Ybbs Eine Vielzahl an zusätzlichen Einrichtungen, die teilweise auch als Maßnahmen bezeichnet werden können, wird von den Befragten des Projekts Ybbs genannt. Es werden SprecherInnen aus den Anrainergruppen als Vertrauenspersonen gewählt (2x), die vor den gewerblichen Verhandlungen seitens des Unternehmens detailliert und auf sachlicher Ebene informiert werden. Weiters finden Evaluationen durch Sachverständigen bzw fachliche Kontrollen (Lärmschutz) neuer Projekte durch den im Mediationsverfahren bestellten Gutachter statt. Die Rede ist auch von jährlichen Informationen (2x), öffentlichen Informationsveranstaltungen, einem Störfallinformationsmodus (2x), Offenlegungspflichten des Betriebs bei Verschwiegenheitspflichten der AnrainerInnen und von einem Konsensmodus, der Konstituierung einer Verhandlungsrunde (= Arbeitsausschuss), bei neuen Projekten. AnrainerInnen werden nach Meinung einer/eines Befragten dadurch in die Planung der Lärmschutzmaßnahmen miteinbezogen und es werden gemeinsame Lösungen erarbeitet. Yppenplatz Einrichtungen, die für die Umsetzung geschaffen wurden, sind nach Meinung der Befragten die Projektorganisation, eine Projektkoordinatorin bzw eine Projektmanagerin. Aber auch die Schaffung weiterer Arbeitskreise wird genannt. Verwall Mehrfach genannt werden in diesem Fall die Einrichtung eines Beirats (9x), zusätzlich Monitoring, Lenkungsausschuss und Arbeitsausschuss sowie die Bestellung einer Gebietsbetreuerin bzw eines Gebietsbetreuers (Kontrollorgan). Aber auch Arbeitsgruppen für einzelne Fachgebiete und die Einsetzung einer Projektmanagerin bzw eines Projektmanagers werden erwähnt.
94
Evaluierung
e) Zusätzliche Einrichtungen hilfreich?
(Frage 2.9 War dies hilfreich?) Befragte, die angaben, zusätzliche Einrichtungen seien geschaffen worden, sollten angeben, ob diese als hilfreich erlebt wurden.
ja
Gartenau/ Leube
Ybbs
Yppenplatz
Verwall
GESAMT
%
%
%
%
%
20,0
45,5
30,8
47,8
38,6
nein
9,1
weiß nicht
1,8 7,7
30,4
15,8
k. A.
80,0
45,4
61,5
21,8
43,8
GESAMT
20,0
54,5
38,5
78,2
56,2
n=2/10
n=6/11
n=5/13
n=19/23
N=32/57*
* Die erste Zahl gibt die Anzahl der Personen an, die geantwortet haben. Tab 20: Zusätzliche Einrichtungen hilfreich?
Fast alle der Befragten, die angaben, dass zusätzliche Einrichtungen für die Umsetzung geschaffen wurden, sind der Ansicht, diese wären hilfreich gewesen. Acht Personen (30,4%) der Befragten aus dem Projekt Verwall sind sich dessen (noch) nicht sicher. f) Bisherige Umsetzung der Ergebnisse im Verfahren
(Frage 2.10 Wurden die im Verfahren vereinbarten Ergebnisse bis jetzt umgesetzt?) Gartenau/ Leube
Ybbs
Yppenplatz
Verwall
GESAMT
%
%
%
%
%
ja, vollständig
80,0
81,8
61,5
21,7
52,6
ja, teilweise
10,0
23,1
60,9
31,6
8,7
3,5
nein, gar nicht k. A. GESAMT
10,0
18,2
15,4
8,7
12,3
100%
100%
100%
100%
100%
n=10
n=11
n=13
n=23
N=57
Tab 21: Bisherige Umsetzung der Ergebnisse im Verfahren
95
Begriffs- sowie Funktionsklärung und Fallstudie
Insgesamt geben 52,6% an, die Ergebnisse aus dem Mediationsverfahren seien bis jetzt umgesetzt worden. Ein Großteil der Befragten vom Projekt Gartenau/Leube (80,0%) und aus dem Projekt Ybbs (81,8%) erlebte bereits eine Umsetzung der Ergebnisse. Bei Befragten aus dem Projekt Yppenplatz ist der Prozentsatz von 61,5% geringer, wenn auch 23,1% eine teilweise Umsetzung annehmen. Beim Projekt Verwall liegt der Prozentsatz hinsichtlich der vollständigen Umsetzung nur bei 21,7%. Jedoch sind 60,9% der Ansicht, die Ergebnisse wurden zumindest teilweise umgesetzt. g) Gründe, warum die im Verfahren vereinbarten Ergebnisse nur teilweise bzw gar nicht umgesetzt wurden (offene Frage)
(Frage 2.11 Warum wurden Ihrer Meinung nach die Ergebnisse nur teilweise bzw gar nicht umgesetzt?) Gartenau/Leube Die Ergebnisse seien deshalb nur teilweise umgesetzt worden, da technische und rechtliche Änderungen eine Anpassung der Vereinbarungen bedingen. Aber auch der Geldmangel des Bundes und rasch wechselnde MinisterInnen werden als Gründe für eine nicht gänzliche Umsetzung angeführt. Ybbs Im Projekt Ybbs habe ein Brand in der Betriebsstätte eine gänzliche Umsetzung der Ergebnisse vereitelt. Yppenplatz In diesem Fall scheiterte die gänzliche Umsetzung nach Meinung der Befragten an fehlenden Finanzen (2x), den faktischen Rahmenbedingungen und an der Tatsache, dass das ausgearbeitete Konzept für die Behörde nur ein Vorschlag und damit nicht bindend sei. Verwall Als Hauptgründe für die nicht oder nur teilweise Umsetzung der Ergebnisse werden die relativ kurze Zeitdauer seit Ende des Mediationsverfahrens genannt (vier Nennungen) und zudem der Umstand, dass erst einige Wochen vor Untersuchungstermin die Verordnung (acht Nennungen) in Kraft getreten ist. Erst jetzt könne der Managementplan umgesetzt werden, auch fehle noch die Bestellung der Gebietsbetreuerin bzw des Gebietsbetreuers. Zusätzlich wird festgehalten, dass eine „mangelnde Vollziehung“ sowie Verhandlungen nach dem Mediationsverfahren mit einzelnen Gruppen hinter den Kulissen bzw Interventionen bei der Gebietskörperschaft verantwortlich für das nicht bzw nicht gänzliche Umsetzen der Ergebnisse seien.
96
Evaluierung
h) Abweichungen bei der Umsetzung zur Abschlussvereinbarung
(Frage 2.12 Gab/gibt es bei der Umsetzung Abweichungen zur Abschlussvereinbarung?) Gartenau/ Leube
Ybbs
Yppenplatz
Verwall
GESAMT
%
%
%
%
%
ja
40,0
9,1
30,8
8,7
19,3
nein
50,0
72,7
38,5
21,7
40,4
weiß nicht
10,0
9,1
23,1
47,8
28,1
9,1
7,7
21,7
12,3
100%
100%
100%
100%
100%
n=10
n=11
n=13
n=23
N=57
k. A. GESAMT
Tab 22: Abweichungen bei der Umsetzung zur Abschlussvereinbarung
Im Ganzen geben 19,3% an, es gab Abweichungen zur Abschlussvereinbarung, 40,4% geben an, es gab keine Abweichungen zur Abschlussvereinbarung. Im Projekt Gartenau/Leube sind 40% der Ansicht, es gäbe Abweichungen, 50% sind nicht dieser Ansicht. Uneinigkeiten diesbezüglich sind auch im Projekt Yppenplatz (30,8% ja, 38,5% nein) und im Projekt Verwall (8,7% ja, 21,7% nein, 47,8% weiß nicht) zu beobachten. Im Projekt Ybbs sind sich die Befragten relativ einig, dass es keine Abweichungen gab (72,7%). i) Wer gab den Anstoß für die Abweichungen?
(Frage 2.13 Wer gab für die Abweichungen bei der Umsetzungen den Anstoß? – Mehrfachantworten möglich) Befragt wurden nur diejenigen, die zuvor (Frage 2.13) mit ja antworteten; dies gilt auch für die nachfolgenden Fragen 2.15 und 2.16. Die Antworten sind nach der Gesamthäufigkeit sortiert. Gartenau/ Leube
Ybbs
Yppenplatz
Verwall
GESAMT
%
%
%
%
%
23,1
4,3
7,0
Behörde ProjektwerberIn
30,0
Bürgerinitiativen
10,0
AnrainerIn
10,0
9,1
7,0 1,8
9,1
4,3
5,3
97
Begriffs- sowie Funktionsklärung und Fallstudie
Gartenau/ Leube GutachterIn
Ybbs
Yppenplatz
9,1
7,7
3,5
7,7
1,8
BehördenvertreterIn VertreterIn Interessenverband GemeindevertreterIn Andere
10,0
GESAMT*
n=4/10
n=1/11
n=3/13
Verwall
GESAMT
8,7
3,5
8,7
3,5
4,3
3,5
n=2/23
N=10/57
* Die erste Zahl gibt die Anzahl der Personen an, die geantwortet haben. Tab 23: Wer gab den Anstoß für die Abweichungen?
Die Frage wird nur vereinzelt beantwortet, so kam der Anstoß für Abweichungen laut Befragten des Projekts Gartenau/Leube von Seiten Projektwerber, Bürgerinitiativen bzw AnrainerInnen oder anderen, wobei hier nicht eine Person(engruppe), sondern Änderungen der wirtschaftlichen Marktbedingungen genannt werden. Vom Verfahren Ybbs äußert sich nur eine Person. Alle UntersuchungsteilnehmerInnen vom Projekt Yppenplatz geben an, der Anstoß für Abänderungen kam von der Behörde, und im Projekt Verwall nennen zwei Personen Behörde, AnrainerIn, Interessenverband, GemeindevertreterIn bzw andere (= GrundeigentümerIn). j) Gründe für die Abweichungen (offene Frage)
(Frage 2.14 Was waren Ihrer Meinung nach die Gründe für diese Abweichungen?) Gartenau/Leube Als Gründe werden von den Befragten Änderungen des Umfelds (Gesetze, planerische Vorhaben, ...) sowie die Verfügbarkeit von Ersatzbrennstoffen mit bestimmten Eigenschaften genannt, auf die das Unternehmen reagieren musste. Yppenplatz Änderungen seien im Zuge von Detailplanung und baulicher Ausführung erforderlich geworden (zB Baumwurzeln). Darüber hinaus habe der Bezirk weiterreichende, als im Grundkonsens vorgesehene, Lösungen realisiert. Es seien aber auch neue Lösungen von der MA42 verhindert worden. Ein/e Befragte/r erkennt in der Scheu vor dem Konflikt den Grund für die Abweichungen.
98
Evaluierung
Verwall Abweichungen werden auf Grund von Schwierigkeiten, die im Zuge der Transformation des „weichen“ Textes der Mediationsvereinbarung in die Verordnung auftraten, notwendig; dabei blieben doch die Inhalte im Wesentlichen gewahrt. Weiters werden der Tourismus und die Jagd, deren Vertreter mit dem Verhandlungsergebnis im Mediationsverfahren nicht zufrieden gewesen seien, als Gründe genannt. Auch fachlich fundierte Gegebenheiten aus der Vergangenheit und zu wenig Vorinformation sowie die „sture“ Haltung von Interessenvertreterinnen bzw -vertretern hätten zu Abweichungen geführt. Letztlich seien die schwierige Vollziehbarkeit und die zu kurze Phase, um Erfolge zu erzielen, Auslöser für Änderungen gewesen. k) Wer war in die Entscheidungen über diese Abweichungen eingebunden? (offene Frage) (Frage 2.15)
Während in den Projekten Gartenau/Leube (BürgerBeirat, alle BürgerBeiräte und Behörde, alle Betroffenen) und Verwall zumindest ein Großteil der MediationsteilnehmerInnen (Gemeinden, GrundeigentümerInnen/Großteil der Anwesenden) nach Angabe der Befragten in die Entscheidungen über diese Abweichungen eingebunden gewesen seien, haben im Anschluss an das Konsensverfahren Yppenplatz lediglich Behörden und PlanerInnen den Entscheidungsprozess mitgestaltet. l) Beitrag der Abweichungen zu einem insgesamt positiven Ergebnis
(Frage 2.16 Haben diese Abweichungen Ihrer Meinung nach zu einem insgesamt positiven Ergebnis beigetragen?) Weiters war von Interesse, ob Personen, die Abweichungen wahrgenommen haben, diese auch als positiv erlebt haben bzw ob die Änderungen im Ganzen zu einem positiven Ergebnis beitragen konnten.
ja
Gartenau/ Leube
Ybbs
Yppenplatz
Verwall
GESAMT
%
%
%
%
%
40,0
9,1
30,8
8,7
19,3
4,3
1,8
nein k. A. GESAMT
60,0
90,9
69,2
87,0
78,9
100%
100%
100%
100%
100%
n=10
n=11
n=13
n=23
N=57
Tab 24: Beitrag der Abweichungen zu einem insgesamt positiven Ergebnis
99
Begriffs- sowie Funktionsklärung und Fallstudie
Bis auf eine Person (Projekt Verwall) fanden alle Personen, die Veränderungen der Abschlussvereinbarung wahrgenommen haben, diese als Beitrag zu einem positiven Ergebnis. Jedoch machten 78,9% der Befragten zu dieser Frage keine Angabe. m) Vereinbarung eines Zeitplans für die Umsetzung
(Frage 2.17 Wurde ein Zeitplan für die Umsetzung vereinbart?) Gartenau/ Leube
Ybbs
Yppenplatz
Verwall
GESAMT
%
%
%
%
%
ja
90,0
100
100
47,8
77,2
nein
10,0
34,8
15,8
17,4
23,2
k. A. GESAMT
100%
100%
100%
100%
100%
n=10
n=11
n=13
n=23
N=57
Tab 25: Vereinbarung eines Zeitplans für die Umsetzung
Fast alle Befragten geben an, einen Zeitplan für die Umsetzung vereinbart zu haben. Lediglich im Projekt Verwall war die Vereinbarung eines Zeitplans unklar, 47,8% antworten mit ja, 34,8% mit nein und 17,4% äußern sich nicht. n) Einhaltung dieses Zeitplans
(Frage 2.18 Wenn ja, wurde dieser Zeitplan eingehalten?)
ja
Gartenau/ Leube
Ybbs
Yppenplatz
Verwall
GESAMT
%
%
%
%
%
90,0
72,7
69,2
26,1
56,1
nein k. A. GESAMT
18,2
15,4
13,0
12,3
10,0
9,1
15,4
60,9
31,6
100%
100%
100%
100%
100%
n=10
n=11
n=13
n=23
N=57
Tab 26: Einhaltung des Zeitplans
77,2% geben an, es gab einen Zeitplan (siehe oben) und 56,1% sind der Ansicht dieser wurde auch eingehalten. 12,3% geben an, der Zeitplan wurde nicht eingehalten, dies betrifft die Projekte Ybbs, Yppenplatz und Verwall.
100
Evaluierung
o) Gründe, warum der Zeitplan nicht eingehalten wurde (offene Frage)
(2.19 Warum wurde dieser Zeitplan nicht eingehalten?) Zu den Gründen für die Nichteinhaltung des Zeitplans und auch nachfolgend zu den möglichen günstigen Faktoren für die Einhaltung (Frage 2.20) wurden selbstredend nur diejenigen befragt, die zuvor (Frage 2.18) mit nein antworteten. Ybbs Befragte des Mediationsverfahrens Ybbs geben als Gründe für den Verzug äußere Einflüsse an: Brand (2x), Hochwasser 2002. Yppenplatz Hiebei werden behördeninterne Gründe und Verzögerungen ebenso angeführt, wie der Konkurs ausführender Firmen. Ein Befragter meint: „Offiziell nur Planer, inoffiziell jeder, der mit den jeweils zuständigen Personen auch nach Abschluss des offiziellen Verfahrens im Gespräch blieb.“ Verwall Es seien die zu vielen Interventionen (insbesondere der Jagdlobby) und die vielen Stellungnahmen zum Verordnungsentwurf des Landes (2x), die bearbeitet werden mussten, ausschlaggebend für die Verzögerungen gewesen. Jedoch seien geringe Abweichungen vom Zeitplan vereinbart gewesen. p) Günstige Faktoren für die Einhaltung des Zeitplans (offene Frage)
(Frage 2.20 Was hätte Ihrer Meinung nach die Einhaltung des Zeitplans begünstigt?) Gartenau/Leube Zielführend wäre eine umfassende und offene Informationspolitik gewesen. Yppenplatz Ein strafferes Projektmanagement wäre hilfreich gewesen („Kenne die Ursachen aber nicht ausreichend.“). Verwall Förderlich wären nach Meinung der Befragten klare Zielvorgaben, eine konsequente Umsetzung, das Ignorieren von Interventionen, die Verbindlichkeit für alle LandschaftsbenützerInnen, die Aufklärung und Vollziehung gewesen. Ein/e Befragte/r meint jedoch, dass es „vermutlich nicht schneller möglich“ war.
101
Begriffs- sowie Funktionsklärung und Fallstudie
q) Parteistellung im nachfolgenden Verwaltungsverfahren
(Frage 2.22 Hatten Sie im nachfolgenden Verwaltungsverfahren Parteistellung?) Gartenau/ Leube
Ybbs
Yppenplatz
Verwall
GESAMT
%
%
%
%
%
ja
30,0
18,2
23,1
13,0
19,3
nein
60,0
54,5
61,5
65,2
61,4
weiß nicht k. A. GESAMT
7,7
1,8
10,0
27,3
7,7
21,7
17,5
100%
100%
100%
100%
100%
n=10
n=11
n=13
n=23
N=57
Tab 27: Parteistellung im nachfolgenden Verwaltungsverfahren
Lediglich 19,3% geben an, im nachfolgenden Verwaltungsverfahren Parteistellung gehabt zu haben, dieser Prozentsatz ist bei allen vier Verfahren ungefähr gleich. r) Stellung, die die im nachfolgenden Verwaltungsverfahren entscheidenden BehördenvertreterInnen im Mediationsprozess einnahmen
(Frage 2.23 Welche Stellung nahmen die im nachfolgenden Verwaltungsverfahren entscheidenden BehördenvertreterInnen im Mediationsprozess ein?) Bei dieser Frage wurden Mehrfachantworten gegeben. Gartenau/ Leube
Ybbs
Yppenplatz
Verwall
GESAMT
%
%
%
%
%
war nicht anwesend
50,0
45,5
15,4
4,3
22,8
Auskunftspersonen
40,0
15,4
43,5
28,1
andere
10,0
18,2
15,4
13,0
14,0
30,8
17,4
14,0
n=9/10
n=7/11
n=10/13
n=18/23
N=44/57
weiß nicht GESAMT*
* Die erste Zahl gibt die Anzahl der Personen an, die geantwortet haben. Tab 28: Stellung, die die im nachfolgenden Verwaltungsverfahren entscheidenden BehördenvertreterInnen im Mediationsprozess einnahmen
102
Evaluierung
Insgesamt geben 22,8% an, die entscheidenden BehördenvertreterInnen waren nicht anwesend. Dieser Anteil liegt im Projekt Gartenau/Leube (50,0%) und Ybbs (45,5%) noch höher. 28,1% sahen die BehördenvertreterInnen als Auskunftspersonen. 40% aus dem Projekt Gartenau/Leube gaben dies an, 15,4% aus dem Projekt Yppenplatz und 43,5% aus dem Projekt Verwall. Keine Nennungen kommen von den UntersuchungsteilnehmerInnen des Verfahrens Ybbs. Thematisch weitgestreut sind die Antworten in der offenen Kategorie („andere, nämlich“). Dabei benennen die Befragten nicht nur die Stellung der BehördenvertreterInnen wie beispielsweise „als lärmtechnischer Fachberater der Bürgerinitiativen und AnrainerInnen im Mediationsverfahren“ (Ybbs), „Beteiligte am Planungsprozess“ (Yppenplatz) und „waren TeilnehmerInnen und voll miteingebunden“ (Verwall), sondern ventilieren vielmehr auch Auswirkungen auf das Mediations- („Positiv für Projekt“ = Gartenau/Leube) und auf das politisch-administrative Verfahren („Konnten nun rascher Bescheide erteilen, weil die Projekte vor der Verhandlung mit den AnrainerInnen gut ausgehandelt waren, worüber die Behördenvertreter des öfteren ihren Dank aussprachen“ = Ybbs). 5. Einstellung zum konkreten Verfahren aus heutiger Sicht a) Einschätzung des Erfolgs des Mediationsverfahrens
(Frage 3.1 Das Mediationsverfahren halte ich aus heutiger Sicht für ...) Die UntersuchungsteilnehmerInnen sollten den Erfolg des Mediationsverfahrens ex post auf einer vierstufigen Skala (1=erfolgreich, 2=eher erfolgreich, 3=eher nicht erfolgreich, 4=nicht erfolgreich) einschätzen289. Folgende Ergebnisse zeigen sich bei dieser Fragestellung: Gartenau/ Leube
Ybbs
Yppenplatz
Verwall GESAMT
%
%
%
%
%
Erfolgreich
80,0
90,9
38,5
34,8
54,4
Eher erfolgreich
10,0
9,1
46,2
47,8
33,3
4,3
1,8
15,4
8,7
8,8
(Dazwischen angekreuzt) Eher nicht erfolgreich
10,0
Nicht erfolgreich GESAMT
4,3
1,8
100%
100%
100%
100%
100%
n=10
n=11
n=13
n=23
N=57
Tab 29: Einschätzung des Erfolgs des Mediationsverfahrens 289 Eine neutrale Kategorie wurde bewusst vermieden.
103
Begriffs- sowie Funktionsklärung und Fallstudie
Das Mediationsverfahren im Projekt Gartenau/Leube wird von 89% als erfolgreich bewertet, von einer Person (10%) als eher erfolgreich und eine Person gibt an, das Verfahren sei eher nicht erfolgreich gewesen. Im Projekt Ybbs geben 90,9% an, das Mediationsverfahren war erfolgreich und eine Person bezeichnet es als eher erfolgreich. Das Mediationsverfahren im Projekt Yppenplatz wird von 38,5% als erfolgreich bezeichnet und von 46,2% als eher erfolgreich, das sind zusammen 84,7%. 15,4% finden es eher nicht erfolgreich. Das Mediationsverfahren im Projekt Verwall wird nur von 34,8% als erfolgreich bezeichnet und von 47,8% als eher erfolgreich. Eine Person (4,3%) hat ein Kreuz zwischen den Kategorien eher erfolgreich und eher nicht erfolgreich gesetzt, konnte sich also nicht entscheiden. 8,7% bezeichnen das Verfahren als eher nicht erfolgreich und 4,3% als nicht erfolgreich. Im Ganzen gesehen werden die Mediationsverfahren von 87,7% als erfolgreich bzw eher erfolgreich bezeichnet, von 10,6% als eher nicht oder nicht erfolgreich. Um festzustellen, ob sich die vier Projekte hinsichtlich der Erfolgseinschätzung des Mediationsverfahrens unterscheiden, werden nachfolgend Mittelwertsvergleiche mit Hilfe einfaktorieller Varianzanalysen durchgeführt. In der folgenden Tabelle sind die Mittelwerte in der Erfolgseinschätzung des Mediationsverfahrens (1=erfolgreich, 2=eher erfolgreich, 3=eher nicht erfolgreich, 4=nicht erfolgreich) dargestellt.
Deskriptive Statistiken N
Mittelwerte
Standardabweichung
Leube
10
1,300
,675
Ybbs
11
1,091
,302
Yppenplatz
13
1,769
,725
Verwall
23
1,848
,790
Total
57
1,588
,739
Tab 30: Deskriptive Statistiken zur Erfolgseinschätzung getrennt nach Projekten: N=Anzahl, Mittelwerte und Standardabweichungen
In der nächsten Tabelle findet man das Ergebnis des statistischen Mittelwertsvergleichs mit Hilfe einfaktorieller Varianzanalyse.
104
Evaluierung
ANOVA
df
F
Slg
Between Groups
3
3,901
,014
Within Groups
53
Total
56
Tab 31: Ergebnisse der Varianzanalyse: Mittelwertsvergleich zwischen den Projekten bezüglich der Erfolgseinschätzung290
Es zeigen sich signifikante Unterschiede zwischen den vier Projekten in der Einschätzung des Erfolgs der Mediationsverfahren (p=,014; p46 Jahre
GESAMT
%
%
%
Alle Akteurinnen und Akteure eingebunden
76,9
70,4
73,6
Erfahrene(n) MediatorIn
57,7
77,8
67,9
Berücksichtigung aller Interessen im Verfahren
53,8
77,8
66,0
Offenlegung über Vorhaben
61,5
70,4
66,0
Faire Diskussion verschiedener Ziele
57,7
66,7
62,3
Gute Kommunikation
53,8
66,7
60,4
Interessen aller berücksichtigt bei Lösungsfindung
38,5
70,4
54,7
Nachvollziehbarkeit der Ergebnisse
53,8
55,6
54,7
Transparenz der Entscheidungsfindung
42,3
59,3
50,9
Umsetzung der Ergebnisse
30,8
59,3
45,3
Klare Struktur im Mediationsverfahren
38,5
48,1
43,4
Verbindlichkeit der Abschlussvereinbarung
34,6
51,9
43,4
Vermeidung von Rechtsstreitigkeiten
30,8
44,4
37,7
Adäquater persönlicher zeitlicher Aufwand
26,9
37,0
32,1
Finanzierung Dritte
19,2
29,6
24,5
Projektvorgaben verhandelbar
11,5
33,3
22,6
293 Vgl oben Siehe oben 1.III.C.3.g) (nach Altersgruppen).
113
Begriffs- sowie Funktionsklärung und Fallstudie
bis 46 Jahre
>46 Jahre
GESAMT
Verkürzung der Verfahrensdauer
23,1
22,2
22,6
Gemeinsame Beauftragung der MediatorInnen
7,7
25,9
17,0
Adäquater persönlicher finanzieller Aufwand
3,8
25,9
15,1
n= 23/26
n= 26/27
N= 49/53
GESAMT*
* Die erste Zahl gibt die Anzahl der Personen an, die geantwortet haben. Tab 35: Förderliche Kriterien für das Mediationsverfahren (nach Altersgruppen)
Ein Großteil aus beiden Altersgruppen ist der Ansicht, die Einbindung aller AkteurInnen sei für ein Mediationsverfahren förderlich. Es ist der Trend zu beobachten, dass die ältere Teilgruppe allgemein den Kriterien häufiger zustimmt als die jüngere Teilpopulation, weshalb die Unterschiede nicht überbewertet werden dürfen. Dennoch soll hervorgehoben werden, dass die jüngere Altersgruppe mit 53,8% der Aussage betreffend die Berücksichtigung aller Interessen im Mediationsverfahren weniger oft als die Stichprobe der älteren Personen (77,8%) zustimmt. Noch deutlicher wird der Unterschied beim Kriterium der Berücksichtigung aller Interessen im Zuge der Lösungsfindung. Während 70,4% der älteren Befragten dieses als förderlich einschätzen, tun dies nur 38,5% der jüngeren. c) Hinderliche Kriterien für das Mediationsverfahren (offene Frage)
(Frage 3.3 Welche Kriterien waren Ihrer Meinung nach für das konkrete Mediationsverfahren hinderlich?) Trotz der erkennbaren Zufriedenheit der befragten UntersuchungsteilnehmerInnen mit dem jeweiligen Mediationsverfahren werden von diesen auch Kriterien wahrgenommen, die deren Meinung nach für das konkrete Verfahren hinderlich waren. Gartenau/Leube Als negativ wurden im gegenständlichen Verfahren insbesondere personelle Wechsel und fehlende Teilnahmekontinuität im Bürgerbeirat (4x) empfunden („Zweimaliger Wechsel des Sachverständigen des Bürgerbeirates“, „Personenwechsel beim Projektwerber“, „Keine kontinuierliche Teilnahme entscheidungsbefugter Projektvertreter“). Aber auch der Anpassungsbedarf der Vereinbarung durch Änderung der Rahmenbedingungen, die Beauftragung des Mediators und des Sachverständigen durch die/den ProjektwerberIn, politische Interessen, Emotionen, Halbwissen und die Anwesenheit von Rechtsanwälten bei diversen Mediationsterminen wurden als hinderlich eingestuft.
114
Evaluierung
Ybbs Hinderliche Kriterien wurden von den Befragten an dem zu Beginn des Verfahrens vorhandenem, gegenseitigen Misstrauen, am persönlichen finanziellen Aufwand und Risiko von Bürgerinitiativen, das im Vorhinein nicht abzuschätzen sei, und an dem Umstand ausgemacht, dass AnrainerInnen verschiedener Stadtteile (anderes Gemeindegebiet) fallweise nicht an einem Strang zogen. Yppenplatz Befragte des Verfahrens Yppenplatz hätten sich mehr Informationen im Vorfeld des Prozesses gewünscht, auch seien viele Interessierte nicht eingebunden gewesen. Darüber hinaus wurde die Gruppengröße (oft 35 Personen) als ebenso hinderlich empfunden, wie unklare Entscheidungsstruktur und Umsetzung, das „zu rasche Durchziehen“, die unzureichende Kontinuität der Beteiligten zwischen Rahmenplan und Umsetzung und die Kritik im Nachhinein von außen. Letztlich seien auch die persönlichen Interessen von AnrainerInnen und Geschäftsleuten wenig förderlich gewesen. Verwall Auch im Projekt Verwall werden von den UntersuchungsteilnehmerInnen einige hinderliche Kriterien genannt. Demnach wurden die „wenig sensible Vorgehensweise bei Natura 2000“ und der späte – erst nach Meldung des Gebiets nach Brüssel („das Land hat ohne klare Aussagen der betroffenen Gemeinden gemeldet“) – erfolgte Verfahrensstart (2x) angeführt. Darüber hinaus sei das Projekt als solches nicht verhandelbar (2x) gewesen („nur die Art der Realisierung“). Als hinderliche Kriterien werden weiters die emotionale Vorbelastung, das Misstrauen im Vorfeld, die unterschiedlichen Informationsstände (2x), die „Androhung der Behörden von Verordnung, wenn keine Einigung“ erzielt werde, und äußere Zwänge identifiziert. Auch „ungleiche Kräfteverhältnisse (politisch, Anzahl von Vertretern in Mediationsgruppe) zwischen Naturschutz und anderen“, die als zu groß empfundene Verhandlungsgruppe (>30 Personen; 2x), die wechselnde Gruppenzusammensetzung, Verhandlungsvorgänge hinter den Kulissen und zwischen Mediationssitzungen („diverse Ergebnisse tauchten plötzlich in den Verhandlungsschriften auf, einzelne Gruppen zB die Jagd wurden von der Politik zu stark gefördert“) und die Wahl des Sitzungsorts („kein unabhängiger Veranstaltungsort: Diskussionsrunden in den Räumlichkeiten des Forstamts, das Nutzer des Gebiets ist“) wurden negativ erlebt. Schließlich fanden Befragte das „Überfahren“ der GrundeigentümerInnen (2x) („Naturschutz stark gegen Grundeigentümer, aber schwach gegen Tourismusinteressen“), die „stu-
115
Begriffs- sowie Funktionsklärung und Fallstudie
re“ Haltung von Grundbesitzern und Interessenvertretern sowie den Einfluss externer Interessen als nicht förderlich. d) Geeigneter Zeitpunkt für Beginn des Mediationsverfahrens
(Frage 3.4 Wann hätte aus heutiger Sicht das Mediationsverfahren beginnen sollen?) Die Befragten sollten angeben, welchen Zeitpunkt sie für den Beginn des Mediationsverfahrens für am geeignetsten halten. Ergänzungen waren möglich, Mehrfachnennungen wurden vorgenommen. Gartenau/ Leube
Ybbs
Yppenplatz
%
%
%
%
%
90,0
27,3
61,5
26,1
45,6
10,0
27,3
23,1
39,1
vor Einreichung des Projektvorhabens
18,2
7,7
26,1
bei Konfliktbeginn
27,3
7,7
4,3
bei Eskalation des Konflikts
9,1
Zeitpunkt gut
Verwall Gesamt
Besser wäre gewesen: ab Planung des Projektvorhabens
13,0
anderer Zeitpunkt GESAMT
13,0 n=10
n=11
n=13
n=23
N=57
Tab 36: Geeigneter Zeitpunkt für den Beginn des Mediationsverfahrens
Lediglich 45,6% aller Befragten sind aus heutiger Sicht der Meinung, dass der Zeitpunkt gut gewählt war. Am zufriedensten sind dabei die UntersuchungsteilnehmerInnen vom Projekt Gartenau/Leube mit 90%. Im Projekt Ybbs finden dies hingegen nur 27,3%, weitere 27,3% hätten den Zeitpunkt ab der Planung des Projektvorhabens besser gefunden, 18,2% wählen „vor Einreichung des Projektvorhabens“, 27,3% bei Konfliktbeginn und 9,1% bei Eskalation des Konfliktes. 61,5% der Befragten des Projekts Yppenplatz bezeichnen den Zeitpunkt als gut, 23,1% wären für einen Beginn des Mediationsverfahrens ab Planung des Projekts gewesen. Vom Projekt Verwall finden nur 26,1% den Zeitpunkt gut gewählt, 39,1% würden ab Planung des Projektvorhabens den Beginn ansetzen und 26,1% vor Einreichung des Projektvorhabens. Zu letzterem zählen wohl auch die von zwei Befragten eigens genannten Zeitpunkte: Vor der Gebietsmeldung nach Brüssel und vor Ausarbeitung des ersten Verordnungsentwurfs.
116
Evaluierung
e) Effekte, die das Mediationsverfahren entfaltet
(Frage 3.5 Welche Effekte hatte die Durchführung des Mediationsverfahrens?) Die UntersuchungsteilnehmerInnen sollten auf einer vierstufigen Skala (Wertebereich 1–4, 1=ganz sicher, 4=keinesfalls) angeben294, welche Effekte die Durchführung des Mediationsverfahrens hatte. Es werden hiefür Mittelwertsvergleiche durchgeführt, um einen Vergleich der Projekte zu ermöglichen. In der nächsten Tabelle sind deskriptive Statistiken dargestellt. Deskriptive Statistiken N
Mittelwerte
Standardabweichung
verbesserte Beziehung zwischen den Konfliktparteien
Leube Ybbs Yppenplatz Verwall Total
9 11 13 23 56
1,00 1,00 1,45 2,13 1,59
,00 ,00 ,66 ,69 ,73
reibungslosere Genehmigungsverfahren
Leube Ybbs Yppenplatz Verwall Total
8 11 12 18 49
1,13 1,55 1,92 2,22 1,82
,35 ,69 ,29 ,81 ,73
Kostenersparnis
Leube Ybbs Yppenplatz Verwall Total
9 10 11 19 49
1,56 1,80 2,27 3,05 2,35
1,13 ,79 1,10 ,85 1,11
Zeitersparnis
Leube Ybbs Yppenplatz Verwall Total
8 11 11 19 49
1,88 1,45 2,45 2,53 2,16
1,13 ,82 ,82 1,02 1,03
Verzögerung des Projekts
Leube Ybbs Yppenplatz Verwall Total
9 8 11 18 46
3,22 3,13 3,09 2,50 2,89
,67 1,36 ,83 ,71 ,90
294 Auf eine neutrale Kategorie wurde wiederum bewusst verzichtet.
117
Begriffs- sowie Funktionsklärung und Fallstudie
N
Mittelwerte
Standardabweichung
verstärkte Berücksichtigung verschiedener Interessen im Verfahren
Leube Ybbs Yppenplatz Verwall Total
9 10 13 23 55
1,56 1,50 1,62 2,00 1,75
1,01 ,71 ,65 ,74 ,78
verstärkte Berücksichtigung verschiedener Interessen im Entscheidungsprozess
Leube Ybbs Yppenplatz Verwall Total
10 9 12 18 49
1,10 1,33 1,75 2,06 1,65
,32 ,50 ,62 ,87 ,75
Tab 37: Deskriptive Statistiken zu den Effekten getrennt nach Projekten: N=Anzahl, Mittelwerte und Standardabweichungen
Die UntersuchungsteilnehmerInnen hatten wiederum die Möglichkeit, weitere Effekte zu nennen: Gartenau/Leube Von einer bzw einem Befragten wird hiezu geäußert, dass der Bekanntheitsgrad des Projektwerbers gestiegen sei und dass dies als positives Faktum empfunden werde. Ybbs Von TeilnehmerInnen dieses Projekts wird ergänzt, dass eine „Vertrauensbasis“ aufgebaut werden konnte sowie dass Lärmverbesserungen an den genehmigten Anlagen vorgenommen wurden, die im Behördenverfahren nicht vorgeschrieben werden hätten können. Yppenplatz UntersuchungsteilnehmerInnen vom gegenständlichen Projekt geben an, dass Impulse für die Entwicklung am Platz (Kulturinitiativen, etc) und ein Empowerment im „Grätzl“ feststellbar seien und sich das Verständnis für kommunale Abläufe verbessert habe, so dass sich „aus städtischer Anonymität (tendenziell) ein dörflicher Zusammenhalt“ entwickeln konnte. Verwall Im Fall Verwall entfaltete nach Meinung der Befragten die Durchführung des Mediationsverfahrens Effekte wie „das mangelhafte Vorgehen der Landesregierung wurde vielen bewusst, die sonst nichts erfahren hätten“ und „Tourismus/Mensch hat gegenüber dem Schutz der Natur sehr großes Übergewicht“.
118
Evaluierung
Die folgende Tabelle zeigt die Ergebnisse der Mittelwertsvergleiche zwischen den vier Projekten bezüglich der angeführten Effekte des Mediationsverfahrens (einfaktorielle Varianzanalysen). ANOVA df
F
Signifikanz
verbesserte Beziehung zwischen den Konfliktparteien
between groups within groups total
3 52 55
15,008
,000
reibungslosere Genehmigungsverfahren
between groups within groups total
3 45 48
6,566
,001
Kostenersparnis
between groups within groups total
3 45 48
6,648
,001
Zeitersparnis
between groups within groups total
3 45 48
3,517
,022
Verzögerung des Projekts
between groups within groups total
3 42 45
2,030
,124
verstärkte Berücksichtigung verschiedener Interessen im Verfahren
between groups within groups total
3 51 54
1,504
,225
verstärkte Berücksichtigung verschiedener Interessen im Entscheidungsprozess
between groups within groups total
3 45 48
5,231
,003
Tab 38: Ergebnisse der Varianzanalyse: Mittelwertsvergleich zwischen den Projekten bezüglich der Effekte295
Es zeigen sich signifikante Unterschiede zwischen den Projekten in der Einschätzung der Effekte bezüglich verbesserte Beziehung (p=,000), reibungslosere Genehmigungsverfahren (p=,001), Kostenersparnis (p=,001), Zeitersparnis (p=,022) und Berücksichtigung verschiedener Interessen im Entscheidungsprozess (p=,003). In der folgenden Abbildung sind die Mittelwerte der vier Verfahren dargestellt. 295 Ad Tab: Anova=analysis of variance; df = degrees of freedom (Freiheitsgrade), F=F-Wert, unter „Signifikanz“ ist der p-Wert angegeben. Ist dieser kleiner als die a priori angenommene Irrtumswahrscheinlichkeit von ,05 (5%), liegen signifikante Mittelwertsunterschiede vor.
119
Begriffs- sowie Funktionsklärung und Fallstudie
Effekte der Durchführung des Mediationsverfahrens
Abb 15: Effekte der Durchführung des Mediationsverfahrens (N=57)
Verbesserte Beziehung zwischen den Konfliktparteien Dieser Effekt wird von TeilnehmerInnen der Projekte Gartenau/Leube und Ybbs am stärksten bewertet, gefolgt von Yppenplatz und am wenigsten von TeilnehmerInnen des Projekts Verwall. Reibungslosere Genehmigungsverfahren Befragte zum Projekt Gartenau/Leube sind am stärksten der Ansicht, das Mediationsverfahren habe reibungslosere Genehmigungsverfahren ermöglicht, gefolgt von Ybbs, Yppenplatz und am wenigsten von Befragten zum Projekt Verwall. Kostenersparnis Befragte des Projekts Gartenau/Leube gefolgt von Ybbs stimmen dem Argument der Kostenersparnis am meisten zu, Befragte zum Projekt Yppenplatz sind weniger der Ansicht und Befragte zum Projekt Verwall sind deutlich am wenigsten der Meinung, das Verfahren habe Kostenersparnis gebracht. Zeitersparnis Die TeilnehmerInnen des Projekts Ybbs finden am meisten, das Mediationsverfahren habe zu Zeitersparnis geführt, gefolgt von Befragten zum Projekt Gartenau/Leube. TeilnehmerInnen der Projekte Yppenplatz und Verwall
120
Evaluierung
sind deutlich weniger der Ansicht, dass das Mediationsverfahren Zeit erspart hat. Verzögerung des Projekts Hier zeigt sich, dass Befragte zum Projekt Verwall im Vergleich zu den anderen Projekten etwas mehr der Verzögerung des Projekts durch das Mediationsverfahren zustimmen, die Unterschiede sind aber nicht signifikant. Verstärkte Berücksichtigung verschiedener Interessen im Verfahren Diesem Effekt wird von Befragten zum Projekt Verwall etwas weniger zugestimmt, der Unterschied ist aber nicht signifikant. Verstärkte Berücksichtigung verschiedener Interessen im Entscheidungsprozess TeilnehmerInnen des Projekts Gartenau/Leube gefolgt von Ybbs sind deutlich mehr der Ansicht, das Verfahren habe zu einer verstärkten Berücksichtigung verschiedener Interessen im Entscheidungsprozess geführt, TeilnehmerInnen am Verfahren Verwall gefolgt von Yppenplatz sind weniger dieser Ansicht. f) Erneute Teilnahme an einem Mediationsverfahren
(Frage 3.6 Würden Sie grundsätzlich wieder an einem Mediationsverfahren teilnehmen?) Gartenau/ Leube ja
Ybbs
GESAMT
Verwall
GESAMT
%
%
%
%
%
90,0
100
92,3
87,0
91,2
7,7
4,3
3,5
8,7
5,3
nein k. A.
Yppenplatz
10,0 100%
100%
100%
100%
100%
n=10
n=11
n=13
n=23
N=57
Tab 39: Erneute Teilnahme an einem Mediationsverfahren
Beinahe sämtliche Personen (91,2%) geben an, auch zukünftig an einem Mediationsverfahren teilnehmen zu wollen. Lediglich 3,5% insgesamt, 7,3% aus dem Projekt Yppenplatz und 4,3% aus dem Projekt Verwall würden nicht mehr an einem Mediationsverfahren teilnehmen.
121
Begriffs- sowie Funktionsklärung und Fallstudie
6. Rechtliche Fortentwicklung der Mediation im öffentlichen Bereich
(Fragen 4.1 bis 4.3) Zur rechtlichen Fortentwicklung der Mediation im öffentlichen Bereich wurden folgende Fragen gestellt, die auf einer vierstufigen Antwortskala (1=ja, 2=eher ja, 3=eher nein, 4=nein) zu bewerten waren296: – Sollte der Gesetzgeber verstärkt Vorkehrungen treffen, die ein zeitliches und inhaltliches Miteinander von behördlichen Genehmigungsverfahren und Mediation erleichtern (zB grundsätzliche Möglichkeit zur Unterbrechung des Verwaltungsverfahrens)? – Sollte der Versuch, ein Mediationsverfahren durchzuführen, bei großen Interessenkonflikten im Umweltbereich verpflichtend vorgeschrieben werden? – Sollte für BehördenvertreterInnen die Pflicht bestehen, auf mögliche alternative Konfliktlösungsverfahren (wie zB Mediation) hinzuweisen bzw Auskunft darüber zu erteilen? Um etwaige Unterschiede zwischen den Projekten bezüglich der Bewertung der drei Möglichkeiten zur rechtlichen Fortentwicklung der Mediation im öffentlichen Bereich herauszufinden, werden Mittelwertsvergleiche (einfaktorielle Varianzanalysen) durchgeführt, deskriptive Statistiken werden in der folgenden Tabelle dargestellt. Deskriptive Statistiken
Gesetzgeber
Versuch
Pflicht
Leube Ybbs Yppenplatz Verwall Total Leube Ybbs Yppenplatz Verwall Total Leube Ybbs Yppenplatz Verwall Total
N
Mittelwerte
9 11 13 22 55 9 11 13 23 56 9 11 13 23 56
1,56 1,45 1,69 1,95 1,73 1,67 2,18 2,08 2,22 2,09 1,56 1,55 1,46 1,65 1,57
Standardabweichung 1,01 ,69 ,85 ,90 ,87 1,00 1,17 ,95 ,74 ,92 1,01 1,04 ,66 ,78 ,83
Tab 40: Deskriptive Statistiken zur rechtlichen Fortentwicklung getrennt nach Projekten: N=Anzahl, Mittelwerte und Standardabweichungen 296 Auf eine neutrale Kategorie wurde neuerlich verzichtet.
122
Evaluierung
Die Ergebnisse der Mittelwertsvergleiche zwischen den vier Projekten bezüglich der Zustimmung bzw Ablehnung der drei Statements mittels einfaktorieller Varianzanalyse sind in der nächsten Tabelle dargestellt. ANOVA Gesetzgeber Versuch
Pflicht
Between Groups Within Groups Total Between Groups Within Groups Total Between Groups Within Groups Total
df
F
Slg
3 51 54 3 52 55 3 52 55
,983
,408
,811
,494
,147
,931
Tab 41: Ergebnisse der Varianzanalyse: Mittelwertsvergleich zwischen den Projekten bezüglich der rechtlichen Fortentwicklung297
Es zeigen sich keine signifikanten Unterschiede zwischen den Projekten bezüglich der Zustimmung zu den drei Statements (alle p>,05). Rechtliche Fortentwicklung der Umweltmediation
Abb 16: Rechtliche Fortentwicklung der Mediation im öffentlichen Bereich (N=57) 297 Ad Tab: Anova=analysis of variance; df = degrees of freedom (Freiheitsgrade), F=F-Wert, unter „Sig.“ ist der p-Wert angegeben. Ist dieser kleiner als die a priori angenommene Irrtumswahrscheinlichkeit von ,05 (5%), so liegen signifikante Mittelwertsunterschiede vor.
123
Begriffs- sowie Funktionsklärung und Fallstudie
Dem ersten Statement, das gesetzliche Vorkehrungen anspricht, die ein zeitliches und inhaltliches Miteinander von behördlichen Genehmigungsverfahren und Mediation erleichtern, wird im Durchschnitt mit einem Wert von 1,73 zugestimmt, trifft also eher auf Zustimmung. Dem zweiten Statement wird insgesamt mit einem Mittelwert von 2,09 am wenigsten zugestimmt, es betrifft eine mögliche Verpflichtung zum Mediationsverfahren. Aber der Wert liegt im Bereich der positiven Zustimmung (eher ja). Zumindest ein verpflichtender Verweis auf alternative Konfliktlösungsverfahren wie der Mediation findet die höchste Zustimmung (Mittelwert 1,57). 7. Vergleich nach Funktionsgruppen
Im Folgenden werden Befragte in Funktionsgruppen (MediatorInnen, BürgerInnen-/Interessenvertretung, Verwaltung)298 eingeteilt und deren Antworten zu verschiedenen Fragen gegenübergestellt. Dazu werden Mittelwertsvergleiche bzw Häufigkeitsvergleiche durchgeführt. a) Mittelwertsvergleiche: Erfolgseinschätzung des Mediationsverfahrens
Es soll festgestellt werden, ob sich die drei Funktionsgruppen MediatorInnen, BürgerInnen-/ Interessenvertretung und Verwaltung hinsichtlich der Einschätzung des Erfolgs des Mediationsverfahrens signifikant unterscheiden. Die Signifikanzprüfung erfolgt mittels einfaktorieller Varianzanalyse. In der nächsten Tabelle sind die Mittelwerte in der Erfolgseinschätzung des Mediationsverfahrens (Wertebereich 1 bis 4, niedrige Werte = erfolgreich) dargestellt. Deskriptive Statistiken N
Mittelwerte
Standardabweichung
MediatorInnen
6
1,000
,000
Bürger-/Interessenvertretung
17
1,676
,728
Verwaltung
18
1,778
,808
Total
41
1,622
,748
Tab 42: Deskriptive Statistiken zur Erfolgseinschätzung getrennt nach Funktionsgruppen: N=Anzahl, Mittelwerte und Standardabweichungen
In der nächsten Tabelle findet man das Ergebnis des statistischen Mittelwertsvergleichs mittels einfaktorieller Varianzanalyse. 298 Zur Gruppenzusammensetzung siehe oben 1.III.C.3.g).
124
Evaluierung
ANOVA
df
F
Sig
Between Groups
2
2,725
,078
Within Groups
38
Total
40
Tab 43: Ergebnisse der Varianzanalyse: Mittelwertsvergleich zwischen den Funk tionsgruppen bezüglich der Erfolgseinschätzung aus heutiger Sicht299
Es zeigen sich keine signifikanten Unterschiede zwischen den drei Funk tionsgruppen in der Erfolgseinschätzung des Mediationsverfahrens aus heutiger Sicht (p=,078). Das Ergebnis (p,05). Lediglich die Frage, ob die Durchführung des Mediationsverfahrens zu einer verstärkten Berücksichtigung verschiedener Interessen im Verfahren geführt hat, führt zu tendenziellen Unterschieden (p,05). 8. Vergleich nach Geschlecht
Im folgenden Abschnitt werden Frauen und Männer303 hinsichtlich der Erfolgseinschätzung des Mediationsverfahrens, der Effekte der Durchführung des Mediationsverfahrens, einer erneuten Teilnahme und der rechtlichen Fortentwicklung der Mediation im öffentlichen Bereich verglichen. a) Mittelwertsvergleiche: Erfolgseinschätzung des Mediationsverfahrens
Es soll festgestellt werden, ob Männer und Frauen den Erfolg des konkreten Mediationsverfahrens aus heutiger Sicht unterschiedlich einschätzen. Ein Mittelwertsvergleich für die zwei unabhängigen Stichproben wird mittels t-Test durchgeführt. Deskriptive Statistiken dazu sind in der folgenden Tabelle ersichtlich. 302 Ad Tab: Anova=analysis of variance; df = degrees of freedom (Freiheitsgrade), F=F-Wert, unter „Sig.“ ist der p-Wert angegeben. Ist dieser kleiner als die a priori angenommene Irrtumswahrscheinlichkeit von ,05 (5%), so liegen signifikante Mittelwertsunterschiede vor. 303 Siehe oben 1.III.C.3.g) (nach Geschlecht).
130
Evaluierung
Deskriptive Statistiken
Erfolg aus heutiger Sicht
Geschlecht
N
Mittelwerte
Standardabweichung
weiblich männlich
10 46
1,500 1,620
,707 ,754
Tab 49: Deskriptive Statistiken zur Erfolgseinschätzung getrennt nach Geschlecht: N=Anzahl, Mittelwerte und Standardabweichungen
Die Ergebnisse des t-Tests für unabhängige Stichproben gehen aus der nächsten Tabelle hervor. Independent Samples Test t-test for Equality of Means
Erfolg aus heutiger Sicht
t
df
Sig. (2-tailed)
Mean Difference
–,459
54
,648
–,120
Tab 50: Ergebnisse des t-Tests: Mittelwertsvergleich zwischen Frauen und Männern bezüglich der Erfolgseinschätzung304
Es zeigen sich keine signifikanten Geschlechterunterschiede hinsichtlich der Erfolgseinschätzung des Mediationsverfahrens (p=,648). Frauen (Mittelwert=1,50) und Männer (Mittelwert=1,62) schätzen den Erfolg des Mediationsverfahrens aus heutiger Sicht gleich ein, leichte Unterschiede sind als Zufallsschwankungen zu werten. b) Mittelwertsvergleiche: Effekte der Durchführung des Mediationsverfahrens
In der Folge werden die Frauen und Männer bezüglich der Effekte der Durchführung des Mediationsverfahrens mittels t-Test verglichen. Deskriptive Statistiken sind in der nachfolgenden Tabelle angeführt. Die angeführten Effekte waren auf einer vierstufigen Skala (1=ganz sicher, 2=eher ja, 3=eher nein, 4=keinesfalls) zu bewerten. 304 Ad Tab: Independent Samples Test=t-Test für unabhängige Stichproben, t=tWert; df = degrees of freedom (Freiheitsgrade); unter „Sig. (2-tailed)“ ist der pWert angegeben. Ist dieser kleiner als die a priori angenommene Irrtumswahrscheinlichkeit von ,05 (5%), so liegen signifikante Mittelwertsunterschiede vor; Mean Difference = Mittelwertsdifferenz.
131
Begriffs- sowie Funktionsklärung und Fallstudie
Deskriptive Statistiken N
Mittelwerte
Standardabweichung
verbesserte Beziehung zwischen den Konfliktparteien
weiblich männlich
9 46
1,44 1,63
,73 ,74
reibungslosere Genehmigungsverfahren
weiblich männlich
9 40
1,67 1,85
,50 ,77
Kostenersparnis
weiblich männlich
8 40
2,13 2,38
,99 1,15
Zeitersparnis
weiblich männlich
7 41
2,14 2,15
,69 1,09
Verzögerung des Projekts
weiblich männlich
7 38
3,00 2,87
1,15 ,88
verstärkte Berücksichtigung verschiede- weiblich ner Interessen im Verfahren männlich
9 45
1,44 1,82
,73 ,78
verstärkte Berücksichtigung verschiede- weiblich ner Interessen im Entscheidungsprozess männlich
9 39
1,56 1,69
,73 ,77
Tab 51: Deskriptive Statistiken zu den Effekten getrennt nach Geschlecht: N=Anzahl, Mittelwerte und Standardabweichungen
Aufgrund fehlender Angaben kommt es zu Schwankungen bei den Stichprobengrößen. Die nächste Tabelle zeigt die Ergebnisse der t-Tests. Independent Samples Test t-test for Equality of Means t
df
Sig. (2-tailed)
Mean Difference
verbesserte Beziehung zw. den Konfliktparteien
-,691
53
,493
-,19
reibungslosere Genehmigungs verfahren
-,680
47
,500
-,18
Kostenersparnis
-,574
46
,569
-,25
Zeitersparnis
-,008
46
,994
-3,48E-03
Verzögerung des Projekts
,348
43
,730
,13
-1,344
52
,185
-,38
verstärkte Berücksichtigung verschiedener Interessen im Verfahren
132
Evaluierung
t-test for Equality of Means
verstärkte Berücksichtigung verschiedener Interessen im Entscheidungsprozess
t
df
Sig. (2-tailed)
Mean Difference
-,487
46
,629
-,14
Tab 52: Ergebnisse des t-Tests: Mittelwertsvergleich zwischen Frauen und Männern bezüglich der Effekte305
Mittelwertsvergleiche mit Hilfe von t-Tests zeigen keine signifikanten Geschlechterunterschiede hinsichtlich der angeführten Effekte der Durchführung des Mediationsverfahrens (alle p>,05). c) Erneute Teilnahme an einem Mediationsverfahren
Ein Vergleich von Frauen und Männern hinsichtlich der Frage, ob sie grundsätzlich wieder an einem Mediationsverfahren teilnehmen würden, wird mittels Kreuztabelle durchgeführt. Erneute Teilnahme – Geschlecht Kreuztabelle Geschlecht Erneute Teilnahme an einem Mediationsverfahren Gesamt
ja
Anzahl % von Geschlecht nein Anzahl % von Geschlecht Anzahl % von Geschlecht
weiblich
männlich
10 100,0%
41 95,3% 2 4,7% 43 100,0%
10 100,0%
Gesamt 51 96,2% 2 3,8% 53 100,0%
Tab 53: Kreuztabelle: Erneute Teilnahme an einem Mediationsverfahren (ja/nein) getrennt nach Geschlecht
Ein statistischer Vergleich hinsichtlich der Unterteilung von Frauen und Männern auf die Kategorien der erneuten Teilnahme an einem Mediationsverfahren (ja/nein) ist aufgrund der kleinen Gruppengröße derjenigen, die nicht mehr teilnehmen würden (2 Personen, männlich), nicht zulässig oder sinnvoll. Es kann kein Zusammenhang zwischen Geschlecht und einer erneuten Teilnahme ermittelt werden. 305 Ad Tab: Independent Samples Test=t-Test für unabhängige Stichproben, t=tWert; df = degrees of freedom (Freiheitsgrade); unter „Sig. (2-tailed)“ ist der pWert angegeben. Ist dieser kleiner als die a priori angenommene Irrtumswahrscheinlichkeit von ,05 (5%), liegen signifikante Mittelwertsunterschiede vor; Mean Difference = Mittelwertsdifferenz.
133
Begriffs- sowie Funktionsklärung und Fallstudie
d) Rechtliche Fortentwicklung der Mediation im öffentlichen Bereich
Um etwaige Geschlechterunterschiede zur rechtlichen Fortentwicklung der Mediation im öffentlichen Bereich festzustellen, werden t-Tests für unabhängige Stichproben durchgeführt. Die nächste Tabelle zeigt deskriptive Statistiken getrennt nach dem Geschlecht. Deskriptive Statistiken Geschlecht
N
Mittelwerte
Standardabweichung
Gesetzgeber
weiblich männlich
10 45
1,30 1,82
,67 ,89
Versuch
weiblich männlich
10 46
1,50 2,22
,53 ,94
Pflicht
weiblich männlich
10 46
1,40 1,61
,97 ,80
Tab 54: Deskriptive Statistiken zur rechtlichen Fortentwicklung getrennt nach Geschlecht: N=Anzahl, Mittelwerte und Standardabweichungen
Die nachfolgende Tabelle zeigt die Ergebnisse der t-Tests für unabhängige Stichproben. Independent Samples Test t-test for Equality of Means t
df
Sig. (2-tailed)
Mean Difference
Gesetzgeber
–1,749
53
,086
–,52 –,52
Versuch
–2,322
54
,024
–,72 –,72
Pflicht
–,719
54
,475
–,21 –,21
Tab 55: Ergebnisse des t-Tests: Mittelwertsvergleich zwischen Frauen und Männern bezüglich der rechtlichen Fortentwicklung306 306 Ad Tab: Independent Samples Test=t-Test für unabhängige Stichproben, t=tWert; df = degrees of freedom (Freiheitsgrade); unter „Sig. (2-tailed)“ ist der pWert angegeben. Ist dieser kleiner als die a priori angenommene Irrtumswahrscheinlichkeit von ,05 (5%), liegen signifikante Mittelwertsunterschiede vor; Mean Difference = Mittelwertsdifferenz.
134
Evaluierung
Es zeigen sich signifikante Unterschiede zwischen Frauen und Männern hinsichtlich einer möglichen Verpflichtung zum Versuch eines Mediationsverfahren („Versuch“) (p=,024). Demgegenüber lassen sich bezüglich der anderen Statements zur rechtlichen Fortentwicklung der Mediation im öffentlichen Bereich im gegenständlichen Zusammenhang keine signifikanten Unterschiede (p>,05) ausmachen. Wohl zeigen sich tendenzielle Geschlechterunterschiede bei der Frage, ob der Gesetzgeber verstärkt Vorkehrungen treffen sollte, die ein zeitliches und inhaltliches Miteinander von behördlichen Genehmigungsverfahren und Mediation erleichtern („Gesetzgeber“: p=,086; p 46 Jahre
26 27
1,712 1,407
,802 ,572
Tab 56: Deskriptive Statistiken zur Erfolgseinschätzung getrennt nach Altersgruppen: N=Anzahl, Mittelwerte und Standardabweichungen
In der folgenden Tabelle ist das Ergebnis des t-Tests dargestellt. Independent Samples Test t-test for Equality of Means
Erfolg aus heutiger Sicht
t
df
Sig. (2-tailed)
Mean Difference
1,594
51
,117
,304
Tab 57: Ergebnisse des t-Tests: Mittelwertsvergleich zwischen Altersgruppen bezüglich der Erfolgseinschätzung308
Der t-Test für unabhängige Stichproben zeigt ein nicht signifikantes Ergebnis (p>,05), dh es zeigen sich keine signifikanten Altersunterschiede bezüglich der Einschätzung des Erfolgs des Mediationsverfahrens. 307 Siehe oben 1.III.C.3.g) (nach Altersgruppen). 308 Ad Tab: Independent Samples Test=t-Test für unabhängige Stichproben, t=tWert; df = degrees of freedom (Freiheitsgrade); unter „Sig. (2-tailed)“ ist der p-Wert angegeben. Ist dieser kleiner als die a priori angenommene Irrtumswahrscheinlichkeit von ,05 (5%), liegen signifikante Mittelwertsunterschiede vor; Mean Difference = Mittelwertsdifferenz.
136
Evaluierung
b) Mittelwertsvergleiche: Effekte der Durchführung des Mediationsverfahrens
Die beiden Altersgruppen werden bezüglich der Effekte der Durchführung des Mediationsverfahrens mittels t-Test verglichen. Deskriptive Statistiken sind in der nachfolgenden Tabelle angeführt. Die angeführten Effekte waren auf einer vierstufigen Skala (1=ganz sicher, 2=eher ja, 3=eher nein, 4=keinesfalls) zu bewerten. Deskriptive Statistiken Alters gruppen
N
Mittelwerte
Standardabweichung
verbesserte Beziehung zwischen den Konfliktparteien
bis 46 Jahre > 46 Jahre
26 26
1,77 1,42
,82 ,64
reibungslosere Genehmigungs verfahren
bis 46 Jahre > 46 Jahre
21 26
1,76 1,88
,70 ,77
Kostenersparnis
bis 46 Jahre > 46 Jahre
22 23
2,27 2,35
1,08 1,15
Zeitersparnis
bis 46 Jahre > 46 Jahre
23 22
2,09 2,18
1,00 1,05
Verzögerung des Projekts
bis 46 Jahre > 46 Jahre
24 18
2,88 2,94
,80 1,11
verstärkte Berücksichtigung verschiedener Interessen im Verfahren
bis 46 Jahre > 46 Jahre
26 25
1,85 1,68
,83 ,75
verstärkte Berücksichtigung verschiedener Interessen im Entscheidungsprozess
bis 46 Jahre > 46 Jahre
24 21
1,67 1,67
,76 ,80
Tab 58: Deskriptive Statistiken zu den Effekten getrennt nach Altersgruppen: N=Anzahl, Mittelwerte und Standardabweichungen
Es folgt die Tabelle mit den Ergebnissen der t-Tests für unabhängige Stichproben. Independent Samples Test t-test for Equality of Means Sig. Mean (2-tailed) Difference
t
df
verbesserte Beziehung zwischen den Konfliktparteien
1,700
50
,095
,35
reibungslosere Genehmigungsverfahren
–,567
45
,573
–,12
137
Begriffs- sowie Funktionsklärung und Fallstudie
t-test for Equality of Means Sig. Mean (2-tailed) Difference
t
df
Kostenersparnis
–,226
43
,823
–7,51E-02
Zeitersparnis
–,311
43
,758
–9,49E-02
Verzögerung des Projekts
–,236
40
,814
–6,94E-02
verstärkte Berücksichtigung verschiedener Interessen im Verfahren
,748
49
,458
,17
verstärkte Berücksichtigung verschiedener Interessen im Entscheidungsprozess
,000
43
1,000
,00
Tab 59: Ergebnisse des t-Tests: Mittelwertsvergleich zwischen Altersgruppen bezüglich der Effekte309
Die Gruppenvergleiche mittels t-Tests zeigen in keinem der angeführten Effekte von Mediationsverfahren signifikante Unterschiede zwischen der jüngeren und der älteren Stichprobe (alle p-Werte liegen oberhalb des Signifikanzniveaus von 0,05). Es zeigt sich lediglich eine Tendenz bei dem Effekt „verbesserte Beziehung zwischen den Konfliktparteien“ (p=,095; p 46 Jahre
Total
Erneute Teilnahme ja Count an einem Media % within Altersgruppen tionsverfahren nein Count % within Altersgruppen
25 96,2%
24 96,0%
49 96,1%
1 3,8%
1 4,0%
2 3,9%
Total
26 100,0%
25 100,0%
51 100,0%
Count % within Altersgruppen
Tab 60: Kreuztabelle: Erneute Teilnahme an einem Mediationsverfahren (ja/nein) getrennt nach Altersgruppen
Von einer Signifikanzprüfung ist abzusehen, da die Anzahl der Personen, welche nicht mehr an einem Mediationsverfahren teilnehmen würden, mit zwei Personen (eine Person pro Altersgruppe) insgesamt zu gering ist. d) Rechtliche Fortentwicklung der Mediation im öffentlichen Bereich
Mittels t-Tests für unabhängige Stichproben soll festgestellt werden, ob bei den Antworten hinsichtlich der Altersstruktur der Befragten Unterschiede bezüglich der rechtlichen Fortentwicklung der Mediation im öffentlichen Bereich erkennbar sind. Die nächste Tabelle stellt deskriptive Statistiken dar. Deskriptive Statistiken Geschlecht
N
Mittelwerte
Standardabweichung
Gesetzgeber
bis 46 Jahre > 46 Jahre
25 27
1,64 1,67
,81 ,83
Versuch
bis 46 Jahre > 46 Jahre
26 27
2,15 2,00
,83 1,04
Pflicht
bis 46 Jahre > 46 Jahre
26 27
1,62 1,48
,75 ,89
Tab 61: Deskriptive Statistiken zur rechtlichen Fortentwicklung getrennt nach Altersgruppen: N=Anzahl, Mittelwerte und Standardabweichungen
Es folgt wiederum die Tabelle mit den Ergebnissen der t-Tests.
139
Begriffs- sowie Funktionsklärung und Fallstudie
Independent Samples Test t-test for Equality of Means t
df
Sig. (2-tailed)
Mean Difference
Gesetzgeber
–,117
50
,907
-2,67E-02
Versuch
,594
51
,555
,15
Pflicht
,589
51
,558
,13
Tab 62: Ergebnisse des t-Tests: Mittelwertsvergleich zwischen Altersgruppen bezüglich der rechtlichen Fortentwicklung
Die Mittelwertsvergleiche mit Hilfe von t-Tests führen zu keinen signifikanten Ergebnissen in keinen der drei angeführten Möglichkeiten der rechtlichen Fortentwicklung der Mediation im öffentlichen Bereich (alle p>,05). Somit steht das Alter in keinem Zusammenhang mit der Bewertung dieser Möglichkeiten. D. Darstellung der Ergebnisse der qualitativen Untersuchung im Detail 1. Persönliche Erfahrung mit Mediation
Für alle InterviewpartnerInnen stellte das jeweils konkret untersuchte Mediationsverfahren die erste Berührung mit dem Konfliktregelungsinstrument Mediation sowohl im beruflichen als auch im privaten Umfeld dar. Dementsprechend als gering wird von ihnen der Informationsgrad eingestuft. „Ja, bis dato nur so vom Hörensagen.“ (B1/26). „Dass es Mediationsverfahren gibt, habe ich in gerichtlichen Verfahren sowie in einem Verfahren bei den U-Bahnen in Wien gehört.“ (B3/6). „Ich muss sagen, wie ich den Akt übernommen habe, habe ich mit Mediationsverfahren keinerlei Erfahrungen gehabt und mit dem Schlagwort noch wenig anfangen können.“ (B7/212). Einzig die im Zusammenhang mit dem Urbanprojekt Befragten (Fall 3) geben an, dass ihnen dieses Instrument im weitergefassten Kontext der BürgerInnenbeteiligung keinesfalls neu sei310. Die noch relativ junge Bezeich310 Diese Beobachtung deckt sich mit den Annahmen von Meuer/Troja, Mediation, 45 sowie dies, ZKM 2004, 81, die auf Basis ihres Forschungsergebnisses, wonach ein hoher Anteil an Mediationsverfahren in Deutschland im Planungsbereich auszumachen sei, davon ausgehen, dass der Grund hiefür in der langen Tradition von BürgerInnenbeteiligungsinstrumenten im Stadt- und Raumplanungsbereich liege. „Mittlerweile haben offenbar diejenigen Prinzipien, die auch die Mediationsidee prägen, verstärkt Einzug in diese partizipativen Ansätze gehalten.“
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nung Mediation stehe dabei vielmehr für Vorgänge innerhalb von gängig gewordenen gruppendynamischen Meinungsbildungsprozessen. „Vor allem wo es sehr konträre Ansichten gibt oder wo erwartet werden darf, dass das Meinungsbild sehr polarisierend ist, gehen wir fast routinemäßig daran, solche Bürgerbeteiligungsabläufe zu beauftragen, daran teilzunehmen und dieses Projekt zu definieren und schließlich abzuarbeiten.“ (B8/46). 2. Einbindung in das Mediationsverfahren a) Form der persönlichen Einbindung
Betrachtet man die Vorgehensweisen beim ersten Kontakt mit Mediation im konkreten Verfahren, lassen sich sogleich zwei unterschiedliche Ausgangssituationen festhalten. Während bei privaten Projekten die Initiative von den Betroffenen bzw von deren Umfeld (zB von den beteiligten Anwälten) ausging und die BehördenvertreterInnen im Zuge des laufenden Verfahrens einerseits durch die/den MediatorIn oder andererseits durch Schriftstücke aus einem von einer anderen Behörde übertragenen Verwaltungsakt vom Mediationsverfahren Kenntnis erlangten, waren in den von der Verwaltung getragenen Projekten deren Verantwortliche die InitiatorInnen und in weiterer Folge Promotorinnen und Promotoren des Mediationsverfahrens. „Wir machen das Projektdesign, sind Auftraggeber, wir budgetieren, rechnen es ab, beteiligen uns, weil wir neben anderen Dienststellen teilweise auch inhaltlich berührt sind und machen auch einen Abschlussbericht, Evaluierungen wenn Sie wollen, und setzen das, was als Empfehlung und Ergebnis herauskommt, dann quasi in ein Maßnahmenprogramm um.“ (B8/288). Die Unterschiede bei den Ausgangssituationen spiegeln sich sodann auch bei der Form der Einbindung der InterviewpartnerInnen in die Mediationsverfahren wider. Hier lassen sich drei Szenarien darstellen: – Die BehördenvertreterInnen, die das Mediationsverfahren initiierten, nahmen auch selbst – zumeist federführend – daran teil. – Amtssachverständige waren teilweise Mitglieder des Mediationsforums oder aber wurden als sachverständige Auskunftspersonen zu einzelnen (technischen) Themen beigezogen. – Die VerhandlungsleiterInnen der Genehmigungsverfahren (Fälle 1 und 2) und der Behördenleiter im Fall 4 waren nicht Teil des Mediationsforums und wurden erst mit den in der Mediation erzielten Ergebnissen konfrontiert. Für die politisch-administrativen EntscheidungsträgerInnen lässt sich folgendes festhalten. Während in einem Fall der Interviewte nicht am Media tionsverfahren teilnahm, ihm aber zu Beginn bei vorbereitenden Gesprächen und vor allem nicht zuletzt wegen der Zurverfügungstellung der Fi-
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nanzmittel für dieses Verfahren ein entscheidender Part zukam, war im zweiten Fall die Entscheidungsträgerin in ihrer Funktion als Bezirksvorsteherin in die Vorbereitung und letztlich in das gesamte Verfahren eingebunden. b) Welche Art der Einbindung von BehördenvertreterInnen wäre sinnvoll?
Von allen Befragten wird die Art der Einbindung als ausreichend und für den Ablauf der beiden Verfahren, also Mediations- und politisch-administratives Verfahren, grundsätzlich als passend empfunden. aa) Administrative Projektentscheidungen
In den von der Verwaltung angestrengten Vorhaben erscheint die vollständige Einbeziehung der von den in der Mediation zu erzielenden Ergebnissen betroffenen BehördenvertreterInnen unbestritten. „Die Einbindung, wie sie dort vorgenommen wurde, war schon richtig so. Es sind noch andere Behördenvertreter eingebunden worden, zB im Bereich Jagdwirtschaft, der Landeswildbiologe und im Bereich der Forstwirtschaft war es ein Sachbearbeiter in der Abteilung Forstwirtschaft, der das Förderungswesen unter sich hat und das war auch sehr wichtig, dass dieser eingebunden war. Eine Hauptthese war nämlich, dass wir gesagt haben, wenn durch das Natura 2000 mehr Leistungen erforderlich oder Mindererträge verursacht werden, also die über das hinausgehen, was gesetzlicher Standard ist, dann muss es hiefür Entschädigungen geben.“ (B1/135). „Nein, ich glaube, das hat so gepasst, weil die Vorbereitungsphase ist noch von meinem Vorgänger zwar nicht konzipiert aber mit allen besprochen worden, dass man gesagt hat, die Abteilungen, die in diesem Bereich auch später zu arbeiten haben, genauso wie die politischen Parteien, die müssen wir hier einspannen. Es ist ja so, es gibt ja auch Gesetze. [...] Das heißt, die müssen natürlich dort dabei sein, sonst kommt ein Katalog zustande und in weiterer Folge streichen die das alle weg und dann sind alle, die da mit dabei waren, frustriert.“ (B5/118). bb) Genehmigungsverfahren
Hingegen wird dies von den Kolleginnen und Kollegen bei Vorhaben von privaten Einschreitern mit Zurückhaltung kommentiert oder als nicht notwendig erachtet. „Ich kann nur von dem Ergebnis ausgehen, wie es bei uns gelaufen ist. Also für mich bedeutete das den wenigsten Aufwand und den besten Erfolg. Wir haben das optimal gelöst.“ (B2/52). Die Begründungen für diese Haltung reichen von der Sorge, dass mit einer intensiven Mitarbeit der Behörden möglicherweise falsch verstandene Signale ausgesendet werden könnten, die letztlich die Objektivität der Behörde in Frage stellen, dass
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verschiedentlich die Amtsverschwiegenheit tangiert werde311 bis hin zum Argument, man dürfe sich außerhalb des eigentlichen Behördenverfahrens auf nichts festlegen, sich also nicht binden312, und müsse sich daher auf allgemeine Auskünfte zurückziehen313, was aber wiederum in der konkreten Diskussionssituation als schwierig empfunden wird. Es reiche vielmehr aus, wenn die Behörde rechtzeitig darüber in Kenntnis gesetzt werde, dass ein Mediationsverfahren durchgeführt werden soll, wer die Beteiligten sind und wie der grobe Ablauf sein wird (B4/30). Letztlich werde sich die Behörde aber nicht dem Ansinnen eines Mediationsforums verschließen, auf mögliche rechtliche Irrwege hinzuweisen, sofern sie während des Mediationsverfahrens begleitend informiert und um Unterstützung angefragt werde. Wird ein Mediationsergebnis erzielt, so solle damit aber jedenfalls die Behörde befasst werden (B7/59). Darüber hinaus gebe es beispielsweise bei der Projektvorbesprechung und auch noch bei der mündlichen Verhandlung zwischen den beiden Verfahren Berührungspunkte mit Querflussmöglichkeiten. Bei all den Verquickungsgedanken müsse schließlich aber auch beachtet werden, dass – nicht am Mediationsverfahren teilnehmende Personen nicht vom Verhandlungsvorgang ausgeschlossen werden und darüber hinaus – die Interessen (Schutzinteressen, öffentliche Bedenken) zu berücksichtigen sind, die gerade nicht unmittelbar die AnrainerInnen betreffen mögen und im Mediationsverfahren nicht gehörig berücksichtigt werden314. Die Aufgabe der Behörde ist es jedenfalls, das verwaltungsrechtliche Verfahren lege artis abzuführen. „Die Beweisfragen, die eine Behörde abzuarbeiten hat, sind in einem Mediationsprozess ja nicht zu klären oder abzuwickeln. Das ist immer der Platz für das ordentliche Genehmigungsverfahren.“ (B4/37). 311 „Weil über Tatsachen geredet wird, die ich (als Behördenvertreterin) nicht öffentlich machen kann, weil einfach Rechte Dritter berührt werden. Das ist dann einfach die Grenze zur Amtsverschwiegenheit auf der einen Seite und dann einer großen Transparenz auf der anderen Seite, was halt dieses eiertanzartige Verhalten dann hervorruft.“ (B4/87). 312 Zu einer inhaltlichen Enthaltsamkeit der Verwaltungsbehörde im Mediationsverfahren rät auch Martin Dolp, Wann kann/soll gewagt werden, das Verwaltungsverfahren für „Umweltmediation“ zu unterbrechen?, in: Sascha Ferz/Johannes W. Pichler (Hg), Mediation im öffentlichen Bereich (2003) 82 f, da die Behörde ansonsten dahingehend unter Druck wäre, „dass sie das Ergebnis dieser von ihr mitgestalteten Mediation eher annimmt.“ 313 „Ich hätte natürlich kein Problem, meine Position als Behörde darzulegen aber etwas ganz anderes kann ich auch nicht. Ich kann sehr wohl eine vermittelnde Funktion darlegen und ich kann natürlich den Verfahrensstand präsentieren, das steht sicher außer Frage, das man so etwas machen kann.“ (B2/443). 314 Siehe näherin 3.IV.A.
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3. Bewertung der Ergebnisse und der Umsetzung a) Rolle der in der Mediation erzielten Ergebnisse und Berücksichtigung derselben im nachfolgenden politisch-administrativen Verfahren
Bei den beiden Genehmigungsverfahren handelte es sich zum einen um ein parallel zur Mediation abgeführtes Verfahren und zum anderen um ein solches, das erst nach erfolgter Mediation angestrengt wurde. In Fall 1 wurde die Mediationsvereinbarung, die als zivilrechtlicher Vertrag zu werten ist, als weitere Unterlage zusätzlich mit dem ergänzten Projektantrag und den technischen Unterlagen für die Gesamtbewertung (Sachverständigengutachten) herangezogen315 und – soweit (öffentlich-)rechtlich möglich – auch im Bescheid in Form etwa von Auflagen berücksichtigt316. Darüber hinaus „waren auch sehr viele Punkte in der Bürgervereinbarung, die einfach in einem Bescheid keinen Platz haben, zB irgendwelche Betretungs- oder Informationsrechte etc. Diese sind meiner Meinung nach in diesem Vertrag verbindlich festgelegt und die Betroffenen hätten die Möglichkeit, diese im Zivilrechtsweg durchzusetzen.“ (B7/121). Im zweiten Fall fanden sich Teile der Mediationsvereinbarung im Projektantrag wieder. Der Behörde selbst wurden lediglich die sie unmittelbar betreffenden Ergebnisse ausdrücklich mitgeteilt, nicht aber die gesamte zivilrechtliche Vereinbarung vorgelegt. Dabei handelte es sich in erster Linie um die Zurückziehung sämtlicher bereits anhängigen Rechtsmittel und um den Wunsch, in Folgeverfahren unkonventionell zusätzlich vier AnrainervertreterInnen zu laden, die ansonsten nicht mit einzubeziehen wären. „Das haben wir gemacht, obwohl ich die einzige Diskrepanz darin sehe, was jetzt gesetzlich vielleicht nicht ganz gedeckt ist, die GewO gibt vor, wer zu laden ist. Einen Anrainervertreter, der weiß Gott wo sitzt, den würde ich von Amts wegen nicht laden. In gegebenen Anlass hingegen schon. Aber das ist gerade der erste Ausfluss solcher Verfahren, wo man dann sagt, man geht weiter, als es das Gesetz vorsieht.“ (B2/164). Die Ergebnisse des Urbanprojekts, Fall 3, wurden nach Rückbindung mit mehreren anderen Geschäftsgruppen (zB Marktamt), von denen die politische und budgetmäßige Zustimmung einzuholen war, soweit vorberei-
315 „Es wird als Grundlage für einen Teil der Bewertung herangezogen. Ich habe ein Projekt, ich habe technische Unterlagen, darüber hinaus Normen, Regeln, rechtliche Vorgaben und ich bekomme dann auch zusätzlich die in der Mediation erzielten Vereinbarungen als Unterlage. Die sehe ich mir dann an und überlege, wie ich aus dieser detaillierte Regeln für mein Verfahren herleiten kann und wie das Projekt konkret zu errichten oder zu betreiben ist.“ (B4/128). 316 „Indirekt durch die Sachverständigengutachten, aber es hat keine direkte Berücksichtigung im Bescheid gegeben.“ (B7/195).
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tet317, dass mit der Umsetzung des Vorhabens durch die ausführenden Dienststellen unmittelbar nach Abschluss der Mediation begonnen werden konnte. Im Verfahren von Fall 4 wurde aus der schriftlichen Mediationsvereinbarung eine Gebietsverordnung erarbeitet318, mit der es letztlich gelang, Schutzmaßnahmen mit Nutzungsrechten in Einklang zu bringen. Sie bildete also die Grundlage für den Verwaltungsakt. Von gegenständlichem Interesse ist auch, dass besagte Verordnung die Institutionalisierung eines Beirats vorsieht, dem es insbesondere auch obliegen soll, all die in einem Zusatzprotokoll zur Mediationsvereinbarung festgehaltenen Positionen und Vorschläge, über die es im Verfahren keine Einigung gab, zu behandeln319. „Die Leute, die im Mediationsverfahren waren, schaffen jetzt in einem Beirat weiter, gestalten die Zukunft. Ich kann auch im Mediationsverfahren nicht die nächsten 15 Jahre fixieren, sondern Weichen stellen und sagen, das entwickeln wir gemeinsam weiter. Das ist wichtig.“ (B6/349). b) Auswirkungen des Mediationsverfahrens und dessen Ergebnisse auf die konkrete Tätigkeit und den Prozess der Entscheidungsfindung
Eine getrennte Darstellung von Genehmigungsverfahren und Projektentscheidungen erscheint aufgrund der Unterschiedlichkeit der Prozesse geboten. aa) Zu den Genehmigungsverfahren
Die VerfahrensleiterInnen halten ganz im Sinne der tradierten Lehre eingangs unisono fest, dass die Mediationsvereinbarung jedenfalls keinerlei Präjudiz schaffe und auch sonst für sie keine bindende Wirkung entfalte. Vielmehr müsse das Behördenverfahren immer gesetzeskonform abgeführt werden. Das bedinge freilich auch, dass die Projektanträge und alle technischen Unterlagen trotz Mediationsverfahren inhaltlich geprüft werden und dass sie, also die Verfahrensleiterinnen, letztlich auch theoretisch zu einund demselben Bescheid gelangen müssten320. Daneben aber lassen sich – wie ebenfalls von allen Befragten bestätigt – zum Teil äußerst hilfreiche Ausflüsse des Mediationsverfahrens und dessen 317 „Das auf Schiene zu setzen, ist dann noch ein bisschen unsere Aufgabe und dann ist unser Part geleistet.“ (B8/3003). 318 „Aus dem Papier haben wir sozusagen die Verordnung extrahiert.“ (B1/233). 319 „Das haben sie [die Mediatoren] gemacht, damit diejenigen, die in der Mediationsgruppe drinnen waren und die Rechenschaft ihren Leuten schuldig sind und wenn die sagen, was hast du denn da zugestimmt, dann kann auf das Zusatzprotokoll hingewiesen werden.“ (B1/125). 320 „Ich behaupte, man müsste theoretisch auch ohne Mediationsverfahren zum selben Bescheid kommen.“ (B7/202).
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Ergebnisse auf die behördliche Entscheidungsfindung ausmachen321. Zusammengefasst können folgende Gründe angeführt werden: – Der Projektantrag und die technischen Unterlagen waren von besserer Qualität und höherer Dichte322. – Im Mediationsverfahren wurden bereits Daten erhoben und Beweissicherungsmaßnahmen ergriffen, die sonst von der Behörde oft mühsam vom Projektwerber eingeholt werden müssen323. – Der bereits zuvor erfolgte Abbau von Vorurteilen und inneren Widerständen, der Wegfall von Emotionen324 sowie die Verlagerung der Verhandlungen auf eine fachliche Ebene und einem kleinen Personenkreis half den Arbeits- und Zeitaufwand der Behörde zu verringern (ua intensiverer Informationsfluss zu den AnrainerInnen, Vereinfachung und Verkürzung der Organisation sowie Dauer der mündlichen Verhandlung, kein aufreibender Kampf an Nebenschauplätzen)325. 321 Allgemein dazu Kerschner et al, Umweltmediation 53 ff; weiters Waltraud Petek, Mediation im Verhältnis zum Verwaltungsverfahren und Berücksichtigung bei behördlichen Entscheidungen, in: environmental mediation in europe (2001) 47. 322 „Bei Verfahren, die so weitreichend sind, dass Mediation eingesetzt wird, hat das auch den Effekt, dass man bald gute Unterlagen bekommt, dank derer der technische Teil des Genehmigungsprozesses verkürzt und gestrafft wird.“ (B4/205). Überhaupt sei das Problem der mangelhaften Projektunterlagen ein leidiges Thema. Nicht nur, dass dadurch die Arbeit der Behörde erschwert werde, verunsichere ein mehrmaliges Überarbeiten der Unterlagen die AnrainerInnen und löse Unverständnis aus, so dass es nicht weiter verwunderlich sei, dass das Misstrauen größer werde. 323 „Es hat sich in einigen Bereichen für mich etwas wesentlich verbessert, weil bei manchen Punkten musste ich – einfach gesagt – nicht mehr streiten. Im Zuge des Mediationsprozesses müssen sich die Betreiber auf eine wesentlich erweiterte Bekanntgabe von Daten, Durchführung von Beweissicherungsmaßnahmen etc auch einlassen und da muss ich dann nicht immer darum streiten. Das ist zu diesem Zeitpunkt, wenn wir mit einem Projekt konfrontiert werden, schon gegessen.“ (B4/103). 324 „Atmosphärisch ist es natürlich wesentlich angenehmer, wenn man in aller Sachlichkeit über ein Projekt reden kann.“ (B4/108). „Es beruhigt das gesamte Verfahren ganz gewaltig und es trägt meistens auch dazu bei, dass man ein bisschen von dieser emotionalen Ebene herunterkommt, dass dann mehr auf Sachfragen, auf technische Anforderungen etc abgestellt wird und eventuell diese beiden Extremstandpunkte vom Betreiber: ‚Mein Projekt passt technisch, das ziehe ich durch, ganz egal was passiert‘, und von den Anrainern: ‚Ich will das Projekt nicht, ganz egal wie es ausschaut‘, eben ein wenig angenähert werden können.“ (B7/132). 325 „Genau, es kommen dann noch immer wieder Interessierte, aber wie gesagt, es erfolgt alles nur mehr im Rahmen einer Information. Es ist nicht mehr so, dass sie das Projekt nicht kennen. Ich würde sagen, der ganze Aufwand, den ich im Zuge einer Verhandlung hätte, der wird einfach um das verringert, was ich sonst in einer
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– Amtssachverständige konnten – wie schon zuvor hervor gestrichen – sich bei ihrer gutachterlichen Tätigkeit auch auf die Mediationsvereinbarung stützen. Teile daraus wurden sodann auch in Form von Auflagen im Bescheid verwertet. – Es kam zur Zurückziehung von bereits anhängigen Rechtsmitteln bzw es wurden keine (weiteren) ergriffen. Der damit einhergehende Zeit- und Arbeitsvorteil für die Behörde braucht hier wohl nicht weiter vertieft zu werden. Demgegenüber als schwierig und „mühsam“ wurde der behördliche Auftrag zur Bewertung von jenen allgemeinen Schutzinteressen326 (zukünftige Generationen etc) erlebt, die aber gerade von der Behörde geprüft und abgewogen werden müssen, wenn „die im Mediationsprozess völlig untergegangen sind oder nicht von Relevanz waren. Da haben wir dann keine Partner mehr dafür. Da kann ich mir mit meinem allgemeinen Immissionsschutz interesse oder allgemeinem Interesse an einer geregelten Abfallwirtschaft die größte Mühe machen zu sagen: ‚Aber das ist auch noch wichtig!‘ Also da komme ich dann mit irgendetwas daher, wo mich alle völlig entgeistert anschauen – na was will sie jetzt – überspitzt ausgedrückt.“ (B4/115). Wenn nun solche Interessen im Mediationsverfahren nicht berücksichtigt werden, im Verwaltungsverfahren aber sehr wohl, dann könne es in der behördlichen Entscheidung unweigerlich zu Abweichungen vom Mediationsergebnis kommen. Was aber wiederum zu Unverständnis bei den MediandInnen führe. bb) Zu den politisch-administrativen Projektentscheidungen
Für die Projektentscheidungen lässt sich nur bedingt ähnliches sagen, weil die Aufgaben und die dabei eingenommenen Rollen zu unterschiedlich sind. Dies wird insbesondere – wie bereits eingangs angesprochen – bei der persönlichen Betroffenheit einzelner BehördenvertreterInnen sichtbar, weil sie eben fast ausschließlich InitiatorInnen bzw Initiatoren und Teilnehmende am Mediationsverfahren waren. Gerade aber diese Form der Einbindung erklärt wiederum, warum von diesen InterviewpartnerInnen die Mediation an sich als „harte“ und zeitintensive Arbeit aber gleichzeitig auch als (sozialer) Lernprozess erlebt wurde.
Verhandlung durch die Anrainer zusätzliche Aufgaben wahrzunehmen hätte. Und das ist für mich eigentlich der absolut beste Vorteil, den ich haben kann.“ (B2/408). 326 Zur Problematik der gesetzlichen Schutzstandards im gegenständlichen Zusammenhang siehe Kerschner et al, Umweltmediation 64 f.
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„Erstens habe ich gelernt, wie die Mediatoren die Sitzungen leiten, mit welcher unendlichen Geduld. Das war für mich äußerst bemerkenswert. Also ich wäre da einfach explodiert oder ich hätte die Unterlagen auf den Tisch geworfen und gesagt, auf Wiedersehen [...] Und sie [die Mediatoren] sind wirklich auf jeden Einzelnen eingegangen, und da habe ich gelernt, dass das halt doch auch als Beamter wichtig ist, dass man einfach hören muss, was die Menschen bedrückt, auch wenn es unheimlich viel Geduld braucht. Aber es ist einfach notwendig. Das habe ich gelernt und der direkte Nutzen für mich war der, es haben ja x Sitzungen stattgefunden und die Protokolle haben alle sie [die Mediatoren] gemacht und die Protokollführung ist ja ganz etwas Wichtiges, dass für diejenigen, die an der Mediation teilnehmen, dadurch deutlich wird, da geht es um Spielregeln und das ist nicht nur ein Witz, dass man so ein Verfahren nicht aus Jux und Tollerei veranstaltet.“ (B1/163). Überhaupt ziehen sich, ohne ausdrücklich danach befragt worden zu sein, Aussagen von den GesprächspartnerInnen über persönliche Lerneffekte und Erkenntnisgewinne, die wiederum deren zukünftiges Handeln mitbestimmen sollen, wie ein roter Faden durch die Interviews. „Ich sage auch dazu, ich habe gelernt, dass man bei vielen Fragen Zeit braucht. Dass du eine Geschichte, es gibt überall Geschichten in diesen Regionen, nicht innerhalb von vierzehn Tagen aufarbeiten kannst. Da liegt vieles in der Vergangenheit. [...] Man muss Zeit haben, um die Dinge aufzuarbeiten. Und mich hat es bestärkt und bestätigt, dass ich sage, wir müssen weg vom Verbotsnaturschutz und vielmehr hinüber kommen zum Verständnis, Natur als Erlebnis, Natur als Freude zu begreifen und miteinander Verantwortung für die Natur wahrnehmen.“ (B6/144). Darüber hinaus lassen sich – wie schon bei den Genehmigungsverfahren – zahlreiche weitere Ausflüsse ausmachen: – So wurde eine Entlastung dahingehend verspürt, nicht in der gewohnten Doppelrolle, nämlich als BehördenvertreterIn und als ModeratorIn, im Prozess tätig sein zu müssen. – Auf Altlasten327 basierende Emotionen waren bald aus dem Verfahren „draußen“ und es wurde dadurch ein konstruktives Arbeiten erst möglich. – Es wurde für alle Beteiligten sichtbar, dass die Betroffenen in vielen Bereichen dieselben Ziele erreichen wollten, dabei aber andere Wege vor Augen hatten.
327 „...wo vieles ein bisschen falsch gelaufen ist. Die Leute sind nicht genügend informiert, nicht genügend eingebunden worden und das war so eine brutale Altlast, dass man mit dem neuen Thema eigentlich gar nicht kommen durfte.“ (B1/16).
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– Es wurden mehr Lösungsoptionen erarbeitet, wodurch Schutz und Nutzen gemeinsam optimiert werden konnten328. – Das Wissen (Fachwissen, Wissen um Alltäglichkeiten vor Ort) der TeilnehmerInnen wurde für alle offengelegt und letztlich für das Projekt genutzt. – Zusätzliche behördliche Überprüfungen wurden teilweise überflüssig. – Schließlich ließen sich in beiden Fällen die Ergebnisse ohne größere Widerstände von außen umsetzen. Entscheidend war dabei die Akzeptanz der Betroffenen bzw zumindest das Akzeptieren und das Wissen darüber, warum es zu gerade dieser Entscheidung gekommen ist. Auch wenn das Endergebnis nicht von allen mitgetragen wurde, so half die grundsätzliche Akzeptanz der Entscheidung, das Ergebnis in der Regel zu akzeptieren. Nicht unerwähnt bleiben darf jedoch, dass die unmittelbare Umsetzung der Mediationsergebnisse im Zuge des untersuchten Verordnungsverfahrens aus legistischen (rechtstechnischen/sprachlichen) Gründen nicht möglich war, was in weiterer Folge auch als ein sehr schwieriger behördeninterner Prozess erlebt wurde und zur Forderung veranlasst, zukünftig jedenfalls eine/einen Verwaltungsjuristin bzw Verwaltungsjuristen ins Mediationsverfahren zu entsenden329. Damit kristallisiert sich – wie schon bei den Genehmigungsverfahren – gerade an der Schnittstelle von öffentlichem Recht und Mediationsergebnis eine ernstzunehmende Gefahrenquelle heraus, die im Fall der Missachtung zu unerwarteten Schwierigkeiten bei der Umsetzung der gemeinsam erarbeiteten Ergebnisse führen kann. c) Auswirkungen des Mediationsverfahrens auf die Gesamtdauer des Entscheidungsprozesses
Zurückhaltend schätzten die Befragten die Auswirkungen des Mediationsverfahrens auf die Gesamtdauer des Entscheidungsprozesses ein. Vor allem 328 „Ich meine, Nachhaltigkeit ist Nutzungsart und Optimierung von Nutzung und es geht nun einfacher im Dialog. Wir haben vom Naturschutz eine Ahnung, können schutzgutbezogen formulieren, also wie der Wald ausschauen soll und welche Pflanzen vorhanden sein müssen. Aber wir haben keine Ahnung von der Nutzung als solcher. Und da ist ein Link eben besser und ich habe obendrein einiges über die Forstwirtschaft und zB auch über die Jagdwirtschaft gelernt. Ich war früher der Meinung, das Ausmaß der Jagd zu bestimmen ist ja total daneben, das braucht es nicht. Und da habe ich auch gemerkt, gut, das sind zum Teil schon Naturkenner. Sie sind immer draußen, sie wissen, wie es draußen ausschaut und dass man da durchaus auch Kooperationen schaffen könnte.“ (B1/460). 329 „Im Nachhinein hat sich herausgestellt, dass die Einbindung eines Juristen der Fachabteilung jedenfalls von Vorteil gewesen wäre. Es hätten eventuell einige Angelegenheiten in andere Bahnen gelenkt werden können.“ (B3/31).
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von VertreterInnen der administrativen Projektentscheidungen wurde darauf hingewiesen, dass wegen der fehlenden Vergleichsmöglichkeiten Aussagen nur bedingt möglich seien. Vielmehr könne es schon sein, dass eine andere Vorgehensweise zum schnelleren Erfolg geführt hätte. Andererseits war es letztlich keine Frage der Dauer, sondern eher der Ermöglichung des Projekts. Bezogen jedenfalls auf das konkrete Mediationsverfahren selbst, sahen die in die Verfahren unmittelbar eingebundenen Befragten nur wenig Zeiteinsparungspotenzial. Nur eine der InterviewpartnerInnen wagte eine konkrete Einschätzung: „Das hätte sich sonst wahrscheinlich über drei Jahre gezogen.“ (B5/352). Bei den Genehmigungsverfahren wiederum bewerteten die InterviewpartnerInnen den Verzicht auf Rechtsmittel als größte Zeitersparnis. Aber auch schon das erstinstanzliche Verfahren werde durch das Mediationsverfahren beschleunigt. Dies beginnt bereits mit den eingereichten Unterlagen des Projektwerbers, die nach einem Mediationsverfahren in einer geeigneteren Form aufbereitet sind. Dadurch bedarf es weiters keiner Verbesserungsaufträge und der technische Teil des Genehmigungsverfahrens kann gestrafft und gekürzt werden. Schließlich beschleunigt das Verfahren auch der Umstand, dass die mündliche Verhandlung mit einem kleinen Personenkreis von Technikern und einigen informierten BürgervertreterInnen sachlich und konzentriert durchgeführt werden kann330. d) Positive und negative Aspekte des konkreten Mediationsverfahrens und dessen Ergebnisse aa) Genehmigungsverfahren
aaa) Materieller Zugewinn „Ich glaube, dass sicher nicht alle Punkte dieser Bürgervereinbarung im Bescheid wiederzufinden gewesen wären und lassen sich diese ja auch nicht wiederfinden. Ich glaube, es hat für beide Seiten positive Punkte gegeben. Die Nachbarn können wahrscheinlich mehr durchsetzen als in einem normalen Behördenverfahren und natürlich hat es für den Projektwerber den Vorteil, dass er seine Genehmigung wahrscheinlich rascher bekommen hat und dass er auch keine Berufungen gegen diese Genehmigung hinnehmen musste, was für ihn ein großer wirtschaftlicher Vorteil ist, wenn er seine Anlage ein Jahr länger nicht betreiben kann und er spart sich so und so viel Geld damit. Das ist für ihn sicher ein großer wirtschaftlicher Vorteil.“ (B7/161). 330 „Gut, die wirkliche Auswirkung auf meine Verfahren ist, wie wir es vorhin schon erwähnt haben, eine wesentlich kürzere Verhandlungsdauer, wobei sich natürlich hinsichtlich der inhaltlichen Prüfung nichts ändert, weil ich muss es ja genauso rechtlich prüfen und die Gutachten einholen, aber einfach der zeitliche Aufwand wird dadurch sicher wesentlich verringert.“ (B2/126).
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Diese positiven Aspekte gewinnen zweifelsfrei noch mehr an Relevanz, wenn man sich vor Augen führt, dass es genügend Vorhaben gebe, „die aufgrund von Anrainerbeschwerden irgendwann zurückgestellt werden, weil es einfach eine wirtschaftliche Frage ist, wie lange ich mir es leisten kann, dass ich zuwarte, bis ich die Genehmigung effektiv rechtskräftig habe.“ (B2/139). bbb) Formeller Zugewinn Eigens hervorgehoben wird die Transparenz in den Mediationsverfahren, die es vor allem den AnrainerInnen ermöglicht, nicht „nur“ auf schriftlichen Unterlagen basierende Informationen über das geplante Projekt zu erhalten. „Das Öffnen der Anlage für Interessierte und Beteiligte zur eigenen Beweissicherung, das Aufmachen und sagen, schau, das ist konkret das, was man tut, das ist das, was man einsetzen will und das ist das, was dabei herauskommt.“ (B4/147). So ein Informationsgewinn sei aber nur dann möglich, wenn die „Streitparteien“ sich an einen Tisch setzen und sich die Vorgehensweisen ausreden. „Das kann man niemandem auf´s Auge drücken. Man kann nicht einem Anrainer – es gibt ja gar kein rechtliches Mittel – sagen: ‚Geh‘ hin und schau!‘ Zwar kann man schon den Betreiber zur Veröffentlichung von Daten von Gesetzes wegen verpflichten, aber das ist etwas anderes, wenn einer von Gesetzes wegen verpflichtet ist, irgendwo einen Zettel aufzuhängen, als wenn der sagt, kommt und schaut euch das an, und vereinbaren wir etwas.“ (B4/153). ccc) Wirtschaftlicher Ausgleich Eine entscheidende Rolle spielt dabei auch das wirtschaftliche Ungleichgewicht von Unternehmen und BürgerInnen. „Es ist für einen Anrainer schwierig, selbst wenn er das Recht hat, Proben zu nehmen, das muss ihm wer zahlen. Und er braucht Fachleute, da muss ihm die Firma bei der technischen und finanziellen Abwicklung helfen. Zum Anrainer sagen, kannst eh und nimm dir selbst Proben und analysiere sie selbst, ist ein Hohn. Er dürfte es zwar, aber was nutzt ihm das?“ (B4/159). Jedenfalls wären diese positiven Aspekte nach Meinung der BehördenvertreterInnen ohne Mediationsverfahren kaum zu erreichen gewesen. ddd) Problembereich Schutzinteressen Negative Aspekte werden von den BehördenvertreterInnen kaum wahrgenommen. „Nein, für mich als Verwaltungsbehörde möglicherweise insofern, also ob das Mediationsverfahren jetzt stattfindet oder nicht, ich muss jedenfalls das Verfahren gesetzeskonform abführen. Also ich kann mich sowieso über gesetzliche Vorgaben nicht hinwegsetzen. Das ist sonnenklar, insofern gibt es für mich eigentlich wirklich nur die Erleichterung daraus und ich finde, man kann so etwas nur begrüßen.“ (B2/154).
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Einzig der bereits angesprochene (Nicht-)Umgang mit allgemeinen Schutzinteressen in Mediationsverfahren kann im Verwaltungsverfahren zu Problemen führen. „Wo wir dann untergehen, ist mit unseren allgemeinen Schutzinteressen, wenn es nicht möglich ist, die zu Gehör zu bringen. Und selbst das reicht nicht. Dann stehen wir da mit den Problemen, die wir wirklich haben, und das nimmt dann keiner mehr ernst [...] Das ist in der Regel schwierig. Weil diese Schutzinteressen, die entweder nicht personifiziert sind oder keine Lobby haben, für niemanden mehr nützlich sind. Und da wird es mühsam.“ (B4/167). bb) Politisch-administrative Projektentscheidungen
aaa) Mediation als Lernprozess Einig sind sich alle ProbandInnen darin, dass die Ergebnisse (in dieser Qualität) ohne Mediationsverfahren (eher331) nicht erzielt worden wären. Vielmehr bewirkten diese Verfahren die Realisierung von sonst nur schwer zu bewältigenden Aufgaben. Gelungen sei dies mitunter deshalb, da das Mediationsverfahren alle Interessierten, die Fachabteilungen und die Politik zusammenbrachte und so einen Lernprozess stimulierte, der jedem gut tat. Wichtig dabei war vor allem, dass die Abteilungsbeamten ihre Entscheidungen nicht fern vom Schreibtisch aus, sondern abgestimmt auf die Bedürfnisse der unterschiedlichen Zielgruppen trafen. „Und diese Verfahren sind ja auch wichtig, um praktisch allen Beteiligten das Gesicht wahren zu lassen. In der damaligen Situation hätte irgendjemand, egal wie entschieden worden wäre, das Gesicht verloren. Darum war dieser Zwischenschritt sehr, sehr wichtig, um auch gesprächsfähig zu sein. Sonst hätte ich nur die Chance gehabt, mindestens einmal zwei, drei Jahre ins Land ziehen zu lassen.“ (B8/413). bbb) Gesellschaftspolitische Implikationen In einem Statement wird vor allem auch der positive Nebeneffekt der deutlich feststellbaren Wirkung des Mediationsprojekts, dem von Anfang an eine starke soziale Komponente zukam, auf die zahlreichen, lokalen Bevölkerungsgruppen und deren Selbstverständnis sowie Selbstbewusstsein als großer gesellschaftlicher Wert hervor gestrichen. Dadurch, dass RepräsentantInnen von unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen gemeinsam am Tisch saßen und die erlebte gegenseitige Akzeptanz zu den von ihnen vertretenen Gruppen weiter transportiert konnten, wurde es zu einem „Bilderbuchbeispiel für die lokale Bezirkspolitik.“ „Und ich finde, dass trotz aller Gegensätze, die noch immer da sind und auch hin und wieder zum Ausdruck 331 „Und es hat sich dort ein bisschen etwas bewegt, ein bisschen etwas nicht bewegt.“ (B5/297).
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kommen, vorgeführt zu bekommen, dass meine unterschiedliche Gruppe, die wirklich nicht unterschiedlicher sein kann, die eigentlich miteinander etwas zusammenbringt, war ein großes Erlebnis für alle. Das ist für das Selbstbewusstsein sehr wichtig und das Schöne ist, wenn ich jetzt durch die Stadt gehe und Leute treffe, diese noch immer freundlich grüßen. Es war für alle Beteiligten letztlich eine sehr angenehme Erfahrung, nämlich das Bewusstsein, miteinander etwas bewirkt zu haben. Wie oft hat das der einzelne Bürger auch? Das habe ich schon oft nicht, weil bis das zur Ausführung kommt, vergehen fünf Jahre. Ich mache am Tisch einmal irgendein Projekt, bis es dann Realität wird und eröffnet wird, vergehen Jahre. Da ist die Distanz schon sehr groß. Die Bürger haben dort wirklich den Eindruck gehabt bzw bekommen, wir haben das jetzt bewerkstelligt und ein halbes Jahr später ist dann tatsächlich das dort verändert worden.“ (B8/376). ccc) Transfereffekte Aber auch mittelbare Folgewirkungen waren zu beobachten. So gelang es zum einen teilweise, bei Betroffenen den Willen zur Selbstförderung zu stärken, sie also unter den gemeinsam erarbeiteten Rahmenbedingungen auch zu privaten Investitionen zu animieren332. Zum anderen hat der gesamte Bezirk von dem Projekt profitiert. Dies wurde durch die überregionale Resonanz verstärkt. „Das war schon auch der Grund, weil das ja in allen Zeitungen gestanden ist, dass sich da etwas bewegt, dass man da etwas tun kann, dass man neue und frische Ideen hat.“ (B5/329). ddd) Gefahrenquellen Wohl nur wenig überraschend erscheint nach dem zuvor Ausgeführten, dass es an ausführlichen Berichten über negative Aspekte mangelt. „Dass vielleicht nicht alles so gelungen ist, jetzt auch in der Umsetzung wie erträumt, habe ich schon ein bisschen angedeutet. Das sind aber sehr kleine Dinge. [...] Ehrlich gesagt, das sind Dinge, die passieren bei allen diesen Planungen. Auch ein Kinderspielplatz muss manchmal nochmals verbessert werden, weil die Benützung ein wenig anders ist, wie ursprünglich berechnet. Trotzdem im Großen und Ganzen funktioniert es.“ (B8/438). „Die Bewohner sind bis heute weitgehend zufrieden.“ (B8/470). Ebenfalls bereits zuvor angesprochen wurde jedoch der als schwierig empfundene behördeninterne Prozess der unmittelbaren Umsetzung der Mediationsergebnisse in eine rechtlich vollziehbare Form. „Zuerst gab es 332 Eine Probandin gab in diesem Zusammenhang jedoch zu bedenken, dass bei BürgerInnenbeteiligungsverfahren die TeilnehmerInnen zwar gerne mit planen, nach Abschluss jedoch zumeist davon ausgehen, dass die öffentliche Hand für alle Investitionen aufkommen soll.
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Verordnungen, die die Vereinbarungen eins zu eins umsetzen sollten und das war dann nicht möglich, weil in den Vereinbarungen steht zB drinnen ‚sollen und wenn möglich‘ und das ist die schwierige Frage, wie man solche Formulierungen in eine Verordnung packt. Aber wir haben dann einmal die Aussagen, die sich an Dritte wenden, also die nicht eine Vereinbarung zwischen Behörde und Nutzung darstellen, als absolute Verbote formuliert, also es ließen sich einige absolute Verbote heraus destillieren. Bei den anderen Geschichten, also nicht streng rechtlich normierten, sondern die Bestimmungen ‚sollen oder wenn möglich‘, haben wir als Zielsetzungen in die Verordnung gepackt. Das Konstrukt ist meines Erachtens recht passabel oder es ist wirklich, sozusagen, die rechtliche Implementierung des Managementplanes.“ (B1/236). „Weil es dort auch klar war, wo es darum gegangen ist, so, jetzt wird eine Verordnung gemacht. Das muss man den Kollegen [von der Legistik] klar machen, da drüben. Nachdem man sich das angetan hat, das durchzuziehen, und das waren ja doch fast zwei Jahre, kann es nicht sein, dass das umsonst war, und wenn das jetzt umsonst war, wird es nie irgendeine Regelung geben.“ (B1/378). e) Hilfreich oder verzichtbar? aa) Genehmigungsverfahren
Auch wenn – wie gesagt – die Behördenverfahren selbst bei zeitlich vorgelagerter oder parallel abgeführter Mediation immer gesetzeskonform erledigt werden müssen und die Behörde nach eigenen Angaben auch ohne Mediati333 on grundsätzlich zu demselben Bescheid gelangen müsste , wird das Mediationsverfahren als hilfreich angesehen. Begründet wurde dies einmal mehr mit der Vereinfachung und Verkürzung des Verwaltungsverfahrens, die wiederum an den Einflussfaktoren des besseren Informationsflusses und dem vorzeitigen Abbau der Emotionen dingfest gemacht wurden. „In einem kleinen überschaubaren technischen Verfahren, in dem es nur um irgendein minding geht, kann man das straff mit den bestehenden gesetzlichen Regeln noch durchziehen. Bei einem Großverfahren mit vielen Beteiligten, zum Abgleich aller Interessen, da bleibt kein Raum für diese Erörterungen. Das hängt wahnsinnig von den einzelnen Persönlichkeiten ab. Das ist meiner Meinung nach in der Komplexität und aufgrund der Anzahl der Beteiligten nicht mehr durchführbar. Die Frage stellt sich gar nicht mehr.“ (B4/230). 333 „Aber für meine Verfahren ändert sich eigentlich dadurch nichts. Es sind dieselben Verfahrensschritte und es ist eigentlich alles wie immer beibehalten worden.“ (B2/196).
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bb) Politisch-administrative Projektentscheidungen
Wesentlich deutlicher als noch zuvor bei den Genehmigungsverfahren tritt in den Fällen 3 und 4 der Nutzen der Mediation für die Behördentätigkeit zum Vorschein. „Wir sind da eher so Verwaltungsmenschen, die wir unsere Akten haben, aber so ein großes Projekt, wo man so viele Leute einbinden muss, ich glaube, das hätte ich ohne diese [Mediation] nicht geschafft.“ (B1/267). „Ohne das [Mediationsverfahren] wäre ich verzweifelt. [...] Eine Durchführung wäre mit den herkömmlichen Mitteln also unmöglich.“ (B1/397). Hervorgehoben wurde auch das bessere Vertrauensverhältnis, das letztlich durch den Umstand bedingt war, dass ein/e Außenstehende/r die Gespräche mit den Betroffenen geführt hat. Überhaupt brachten es diese bürgerbezogenen Verfahren mit sich, dass – indem ua auf das Wissen der Betroffenen von örtlichen Gegebenheiten zurückgegriffen wurde – mehr Lösungsoptionen in Erwägung gezogen und dadurch die Ergebnisse optimiert werden konnten. Selbst die in Fall 4 angesprochenen neuen Arbeitskooperationen wären ohne Dialogprozess nicht zustande gekommen. Von einem Interviewpartner wird aber auch zu bedenken gegeben, dass sich der Erfolg nicht automatisch einstellt. „Das muss ich schon sagen. Den muss man sich erarbeiten. Das gilt jetzt nicht nur für den Auftraggeber, sondern für alle Beteiligten.“ (B8/509). 4. Einstellung gegenüber Mediation im öffentlichen Bereich a) Meinungsstand nach den gemachten Erfahrungen und Zukunftschancen
Ausnahmslos alle Befragten begrüßen ausdrücklich den Einsatz von Mediation, wenn auch mit zum Teil unterschiedlicher Intensität. „Mediationsverfahren im Umweltbereich sind meiner Meinung nach jedenfalls positiv.“ (B3/113). „Mediation ist ja an sich kein Zauberinstrument.“ (B1/521). Diese Verfahrensart werde ihrer Meinung nach zweifellos verstärkt bei öffentlichkeitstangierenden Projektvorhaben zur Anwendung kommen, wenn auch die Auswahl eines solchen Verfahrens immer vom Anlassfall abhängig sei und Aufwand, Zweck und Nutzen in gehöriger Relation zueinander stehen müssen. „Ich würde sagen, in einer Demokratie gibt es immer Gesprächsbedarf. [...] Wie gesagt, aus Mücken Elefanten machen, indem jetzt eine tolle Mediation aufgezogen wird, ist lächerlich. Also nicht alles ist wirklich wichtig genug. Übrigens sehen das auch teilweise die Bürger so. Wenn es irgendeine banale Geschichte ist, muss man es nicht so breittreten. Da erwarten sie sich Lösungen.“ (B8/567). Ein Automatismus bei der Vergabe solcher Verfahren sei demnach nicht erstrebenswert. Jedenfalls können die Befragten ein Steigen des Bekanntheitsgrades von Mediation bei allen relevanten Gruppen – gerade auch in der eigenen Kol
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legInnenschaft – beobachten, wodurch sich ihrer Meinung nach wohl auch die Wahrscheinlichkeit vergrößere, dass der Einsatz dieser Konfliktregelungsmethode zumindest angedacht werde. Darüber hinaus werden der Wunsch nach Demokratisierung von Entscheidungsprozessen, die zunehmende Verdichtung des Lebensraums und letztlich auch die ständig steigende Komplexität von Frage- bzw Aufgabenstellungen – gerade im Umweltbereich – ihren Teil dazu beitragen. Dass es sich dabei übrigens nicht um bloß leere Worthülsen handelt, zeigt der Umstand, dass von einigen der Befragten gerade auf Grund ihrer positiven Erfahrungen bereits weitere Mediationsverfahren angeregt und zum Teil initiiert wurden, was übrigens auf Genehmigungsverfahren ebenso zutrifft wie auf administrative Projektentscheidungen. Für erstgenannte Verfahren gilt freilich auch, dass die Entscheidung, ob ein solcher Prozessversuch unternommen werden soll, bei den unmittelbar Projektbetroffenen iSd Bewahrung des Grundsatzes der Freiwilligkeit bleibt bzw bleiben sollte. Ein entscheidender Faktor wird schließlich die Finanzierung solcher Verfahren sein. Während im administrativen Planungsbereich davon ausgegangen wird, dass solche Verfahren jeweils die öffentliche Hand tragen muss, und mitunter auch die Forderung aufgestellt wird, dass regelmäßig betroffene Verwaltungseinheiten bereits etatmäßig ein gehöriges Budget zugewiesen bekommen sollen, liegt bei privaten Vorhaben die Kostenlast wohl bei der Projektwerberin bzw beim Projektwerber. Das wirtschaftliche Kalkül werde in einem jeden Einzelfall eine entscheidende Rolle spielen. Stehen dabei die Kosten für ein Mediationsverfahren, die wiederum nur schwer abschätzbar sind, in keiner Relation zur Anlageninvestition, werden sich die ProjektwerberInnen kaum darauf einlassen oder aber gegebenenfalls das Verfahrensdesign entsprechend anpassen334. Letztlich ließen diese Annahmen den verallgemeinerten Schluss zu, dass nur finanzstarke Unternehmen sich Mediation leisten werden. Abhilfe könne hiebei eventuell ein öffentlicher Fonds schaffen, der zB zum Umweltministerium ressortiert. Eine solche Lösung habe darüber hinaus den Charme, die Unabhängigkeit der Mediatorinnen und Mediatoren sowie der Sachverständigen zu stärken. Im Zuge der Abhandlung des Kostenthemas wurde schließlich von zwei ProbandInnen, übrigens jeweils eine Person von jedem der beiden admi334 „Die Frage ist, wenn ich jetzt so kleinere Anlagen habe, wie groß da ein Media tionsverfahren sein soll, weil es kann nicht sein, dass dann das Mediationsverfahren schon so viel wie die Projektänderung kostet, also da muss man dann sicher noch einfachere und weniger aufwendigere Mediationsverfahren finden.“ (B7/419).
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nistrativen Planungsprojekte, auch die Frage betreffend einer möglichen finanziellen Abgeltung von Sitzungstätigkeiten im Rahmen eines Mediationsverfahrens aufgeworfen, aber keineswegs einheitlich beantwortet. „Du hast Leute dabei, die kommen aus den Ämtern, die kommen aus den Behörden, die sind im Mediationsverfahren im Stundenlohn, also mit einem fixen Gehalt drinnen. Der andere ist ein Landwirt oder ein Unternehmer, der bekommt nichts, der nimmt zum Nulltarif daran teil. Das ist bei beiden Verfahren im Nachhinein gekommen, als sie gesagt haben, ja es ist großartig, aber wir sitzen da zum Nulltarif und die sitzen mit ihrem Stundenlohn da. Über das sollte man vorher miteinander reden. Da habe ich gespürt, [...] man sollte wahrscheinlich eine Gage fixieren. Es gibt für so und so viele Sitzungen ein Sitzungsgeld, für diejenigen die kommen, oder ein Kilometergeld. Das ist der einzige Punkt, den ich für mich ändern würde. Weil da ist im Nachhinein ein bisschen was übrig geblieben. Die anderen haben ein Geschäft gemacht und ich habe mein ganz privates, nicht nur die Zeit eingebracht, sondern ich habe noch bares Geld darauf gelegt. Weil ich das Benzin selber bezahlt habe. Und da macht es Sinn [...] die und die Personen sind so abgedeckt und bei denen gibt es ein Tagesgeld. Es muss nicht hoch sein. Das soll auch nicht hoch sein. Das muss nieder sein. Weil sonst bleiben sie zulange sitzen. Oder man kann auch sagen, für das Gesamtprojekt gibt es für den Einzelnen ein kleines Anerkennungsgeld. Freilich darf man nicht sagen, da verdient einer was, aber er soll zumindest seine Unkosten gedeckt bekommen.“ (B6/296). Diese Meinung blieb jedoch nicht unumstritten. „Das ist natürlich eine Möglichkeit oder Hinweis, was auch immer kommt, die Gefahr, die ich ein bisschen sehe, wenn man so einen Posten mehr oder weniger bezahlt bekommt, ob nicht da dann irgendwo Leute „ein bisschen zum Geldverdienen“ drinnen sitzen wollen oder sollen. Das ist die Frage, ob man jetzt wirklich für diese Stunden, die sie da sitzen, was bezahlt bekommen soll. Weil es ist ja auch in gewisser Weise ihr Interesse. Genauso wie der Einschreiter Zeit in diesen Bürgerbeirat investiert und er auch nichts dafür bekommt und es aber auch sein Interesse ist. Ich weiß nicht, ob das so gut ist, wenn die einzelnen Parteien nach irgendwelchen Werkvertragssätzen bezahlt werden.“ (B7/380).
b) Vor- und Nachteile von Mediationsverfahren
Losgelöst von den eigentlichen Fallgeschichten wurde nach den besonderen Vor- und Nachteilen von Mediationsverfahren im öffentlichen Bereich – und dies noch mit dem Zusatz „gegenüber den herkömmlichen Entscheidungsverfahren“ – gefragt.
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aa) Vorteile
Als ein bedeutender, allgemeiner Vorteil von einem von Projektunabhängigen gestalteten konsensualen Verfahren335 wird die Chance des Vertrauensaufbaus angesehen, der es letztlich erst ermöglicht, dass innerhalb des Forums ein ernsthafter Informationsfluss bzw -austausch zustande kommt. Die damit verbundene Verlagerung der Diskussionen auf eine fachliche Ebene hilft wiederum, Ängste, Vorurteile und innere Widerstände zu überwinden336, Positionen aufzuweichen und konkret nach Lösungsoptionen zu suchen. Die so erzielten Ergebnisse sind in der Regel abgerundeter und erscheinen den TeilnehmerInnen dann auch klarer, werden von ihnen eher akzeptiert und fördern eine nachhaltigere positive Einstellung zur Projektentscheidung. aaa) Genehmigungsverfahren Bezogen auf die Genehmigungsverfahren bedeutet dies weiters, dass ein vorgeschaltetes oder parallel abgeführtes Mediationsverfahren zu keiner Mehrbelastung der Behörden führt. Vielmehr werden diese dahingehend entlastet, als das Verwaltungsverfahren beschleunigt wird. Letzterer Vorzug wird dadurch erzielt, indem die Organisation der mündlichen Verhandlung vereinfacht und die Verhandlungs- und schließlich auch die Verfahrensdauer verkürzt werden. Wesentlich hiefür ist die Erkenntnis, dass es der Schaffung eines geeigneten (Frei-)Raums – der aber gerade im klassischen Behördenverfahren kaum zu bewerkstelligen erscheint – bedarf, in dem die Erfassung des Projektthemas in seiner gesamten Komplexität, das offene Ansprechen von Ängsten, die vor allem im gegenständlichen Kontext obligat sind, und auch das Aushandeln von erweiterten Ausgleichsmaßnahmen sowie attraktiven Zugeständnissen gewährleistet wird. „Ich bin sehr froh, wenn solche Sachen gemacht werden. Weil es hundert Dinge gibt, die man in einem Be335 Während die Behörde nach Meinung einer Befragten meist von keinem der Beteiligten zur Gänze als unbefangen angesehen werde, haben die MediatorInnen den Vorteil, von außen und völlig unverdächtig an das Projekt heranzugehen. 336 „Wenn die Betroffenen in all ihren Ängsten die dümmsten Argumente herholen, finde ich es trotzdem wichtig, dass man zumindest auf sie eingeht und wenn sie dumm sind, die Argumente, dann stellen sie sich automatisch als solche heraus, weil ich im Mediationsteam gemerkt habe, dass einer, der ganz penetrant war, dann plötzlich vor den anderen Kollegen, die eigentlich im selben Boot sitzen, angehalten wird, bitte es reicht. Es stellt sich rasch heraus, da ist nichts dahinter.“ (B1/410). „Wenn sich einer zu sehr exponiert hätte, wäre er wahrschein-lich sehr schnell als Außenseiter abgestempelt gewesen. Es ist schon so, dass man Sachargumente einbringen kann, aber wenn sich einer zu sehr emotionell exponiert oder zu wenig sachlich agiert oder untergriffig wird, oder zu weit vom Thema entfernt ist, wird er schon zum Außenseiter.“ (B8/202).
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hördenverfahren zwar formal abhandeln kann, aber das führt zu nichts. Vieles spielt sich auf einer anderen Ebene ab. Im Behördenverfahren kann heutzutage keine Anlage mehr genehmigt werden, die irgendwen gefährdet oder belästigt. Ich meine, das geht schon von Gesetzes wegen nicht mehr. Aber es gibt darüber hinaus andere hundert Fragen, für die es einfach keinen Raum und keinen Rahmen in einem Behördenverfahren gibt. Die Dialogverbesserungen im Mediationsverfahren sind praktisch unschätzbar und von sehr großem Wert.“ (B4/8). bbb) Administrative Projektentscheidungen Für Mediationen bei administrativen Planungsverfahren wird darüber hinaus hervorgehoben, dass die Auslagerung der Verantwortung im Aushandlungsprozess eine nicht zu unterschätzende Entlastung mit sich bringt und dadurch zugleich Ressourcen für die inhaltliche Aufgabenstellung freimacht. Auch kann im Rahmen eines konstruktiven Gesprächs eher auf das Fachwissen der Betroffenen zurückgegriffen werden, als dies vom Reißbrett aus oder in einem kontradiktorischen Verfahren der Fall ist. bb) Nachteile
Wesentliche Voraussetzung für ein jedes Mediationsverfahren ist, dass es zielgerichtet eingesetzt und das Mandat des Verfahrens337 zu Beginn offengelegt wird. Gerade darin sehen aber einige der Interviewten Gefahrenquellen für das Instrument und auch für die Betroffenen. Wird nämlich ein solches Verfahren nur als „Feigenblatt“ missbraucht, dann merken das die TeilnehmerInnen sehr rasch und das Vertrauen in ein solches Verfahren ist nachhaltig gestört. Weiters wird zu bedenken gegeben, dass ein gewisses Risiko gegeben ist, dass das Vertrauen der Nachbarinnen und Nachbarn unterlaufen werden kann, sie quasi „über den Tisch gezogen werden“. Davor gefeit sind aber auch ProjektwerberInnen nicht, müssen sie doch trotz Mediation zumindest theoretisch mit Rechtsmitteln rechnen und dies nicht nur ausgehend von den MediationsteilnehmerInnen, sondern auch von möglicherweise nicht am Mediationsverfahren beteiligten Dritten. aaa) Egoismen und Kurzsichtigkeit Als Nachteil wird einmal mehr die fehlende Sensibilisierung der Betroffenen für Fragen zum allgemeinen Schutzinteresse angeführt, die aber im Umweltbereich vielfältiger sind als angenommen. Bei anschließenden Bescheidverfahren kann dies – wie schon zuvor mehrfach angesprochen – unweigerlich zu Schwierigkeiten führen338. 337 Vgl hiezu insbesondere Troja, Umweltkonfliktmanagement 370 f. 338 „Es bleiben sehr oft Schutzinteressen außen vor und die bringt man dann nur sehr mühsam rein.“ (B4/258).
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Überhaupt geht durch den Umstand, dass die TeilnehmerInnen zumeist nur ihre eigenen Interessen vertreten, vielfach der Blick für das Ganze verloren und Egoismen greifen Platz. Vor allem in administrativen Planungsprozessen kann diese Haltung zu irreversiblen Vorgängen führen, sei es, dass die Realisierung von „guten“ Projekten erschwert oder gar verhindert wird oder aber die erzielten Ergebnisse mit anderen, gebietsübergreifenden Maßnahmen nicht kompatibel sind. bbb) Verhandlungsgrenzen Verstärkt wird diese Gefahr noch durch die Suggestion, im Zuge einer Mediation sei ohne jeglichen Rahmen alles „verhandel- und vereinbar“. Dies schafft jedoch falsche Erwartungen und Hoffnungen, sofern nicht bereits möglichst zu Beginn an einer deutlichen Klärung des Auftrags sowie des Verhandlungsrahmens gearbeitet wird. ccc) Selbstförderung auf Kosten der Allgemeinheit? Der zuvor angesprochene positive Aspekt der Selbstförderung lässt sich jedoch auch ins Gegenteil kehren. Von Nachteil bei BürgerInnenbeteiligungsverfahren ist nämlich, dass am Ende solcher Prozesse die Forderung laut wird, die Gemeinschaft solle die Umsetzung finanzieren. Private Investitionen werden oft nicht bzw nicht ausreichend getätigt. „Da gibt es Probleme. Weil die sagen, nein. Das ist zu teuer oder was kriegen wir von der Stadt gefördert, dafür gibt es jedoch keine Förderung. Überhaupt in Zeiten wie diesen, wo das Geld ein bisschen weniger wird, also das ist dann die Problematik. Es ist zwar schön am Papier, die Beteiligung war toll, es waren auch alle damit einverstanden, aber jetzt soll es die Gemeinschaft machen. Und das geht auch nicht.“ (B5/210). ddd) Erfolgsdruck Schließlich ist eine ergebnislos beendete Mediation – und das vor allem für die politisch-administrativen VertreterInnen – nicht unproblematisch. „Wenn ein Mediationsverfahren gescheitert ist, was ist am Tag danach? Für mich als Verantwortungsträger? Da muss ich trotzdem eine Entscheidung treffen. Ja und welche? Da nehme ich zur Kenntnis, dass da zwei Jahre lang die Leute, lauter ganz gescheite Leute, miteinander diskutiert aber kein Ergebnis zusammengebracht haben und dann soll ich als Politiker die Entscheidung treffen. Mit was, mit welcher Grundlage, mit welcher Unterlage?“ (B6/213). „Weil im Endeffekt sind die Mediationsverfahren, bleiben sie ohne Ergebnis, sicher alle kaputt. Es ist gegenüber dem Steuerzahler nicht mehr vertretbar, dass ich ohne Ergebnis Geld ausgebe. Ja, das ist nicht vertretbar, ich muss es verantworten.“ (B6/200).
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5. Rechtliche Einordnung von Mediation
Sehr zurückhaltend argumentieren die InterviewpartnerInnen, auf die Frage nach einer gehörigen rechtlichen Einordnung der Mediation. Insbesondere mit ihrer jeweils ersten, spontanen Antwort spricht sich die überwiegende Mehrheit gegen eine rechtliche oder zumindest zu weitgehende rechtliche Implementierung der Mediation aus. „Also, ich finde es an und für sich gut, wenn das Ganze eher im informellen Bereich bleibt und nicht bis ins letzte Detail geregelt wird. Man ist einfach flexibler.“ (B7/301). Jedenfalls abgelehnt wird eine jegliche Form von obligatorischer Mediation. „Es den Leuten vorzuschreiben, dass sie miteinander reden müssen, wird nicht möglich sein. Man kann niemanden dazu zwingen: ‚Setzt euch hin und redet miteinander.‘“ (B4/286). Demgegenüber fördere die Freiwilligkeit bei allen Betroffenen eher eine positive Einstellung als normierte Zwangsbestimmungen339. a) Die Regelungen des UVP-G 2000 als Vorbild?
Die angesprochene Möglichkeit, der Gesetzgeber könne Vorkehrungen schaffen, die ein zeitliches und inhaltliches Miteinander von hoheitlichem Handeln und Mediation erleichtern340, wie es beispielsweise das Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz (UVP-G 2000) vorsieht, stieß mehrheitlich auf wenig Zustimmung. „Ich glaube, das ist nicht unbedingt ein Verfahren, das ich mit irgendwelchen gesetzlichen Regelungen in Gang bringen kann. Da kommt mir vor, dass zB diese Regelung im UVP-G jetzt nicht wirklich in Anspruch genommen worden ist.“ (B7/284). Die Regelungen würden viel zu weit gehen und schaffen nur ein Verzögerungsinstrument. Vielmehr seien die derzeitigen Bestimmungen für die Praxis völlig ausreichend. Es bedarf zB keiner verfahrensrechtlichen Normen, um einen geeigneten Freiraum für eine noch während des Verwaltungsverfahrens stattfindende Mediation, was an sich schon als sehr später Zeitpunkt eingeschätzt wird, zu schaffen. Auch wenn es zweifelsfrei nicht formalrechtlich gedeckt sei, werde die Behörde im Fall dessen, dass sich alle Betroffenen für ein Mediationsverfahren entscheiden, keine Verfahrensaktivitäten entfalten, wenn für sie erkennbar werde, dass sich keine Partei durch ihr Nichthandeln beschwert fühle. 339 „Bei privaten, nachbarschaftlichen oder familienrechtlichen Mediationen ist eine Vorschreibung vorstellbar, da in solchen Fällen zumindest der Adressatenkreis überschaubar ist. Im Gegensatz dazu ließe sich das bei Anlagenverfahren im Vorfeld nie abschätzen, wen und wie viele Personen es treffen wird.“ (B4/299). 340 Ferz, ZfV 3/2002, 319 ff; Kerschner et al, Umweltmediation 46 ff und 172; Ferdinand Kerschner, Die Umsetzung von Mediationsvereinbarungen, in: Sascha Ferz/ Johannes W. Pichler (Hg), Mediation im öffentlichen Bereich (2003)
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Zwei InterviewpartnerInnen räumen im Laufe des Gesprächs aber ein, dass es durchaus eine unverfängliche Möglichkeit wäre, eine dem UVP-G nachgebildete Norm ins AVG bzw ins Naturschutzgesetz aufzunehmen. Ein Interviewpartner hält den Ansatz für gut, gibt jedoch zu bedenken, dass so eine Regelung immer „nur dann einen Wert [hat], wenn die handelnden Personen bereit sind, für eine Lösung zu arbeiten. Sonst kann man es vergessen.“ (B6/232). Lediglich eine Interviewpartnerin hält diese Öffnungsklausel uneingeschränkt für nützlich, da ihrer Meinung nach so die Vorwürfe betreffend Verfahrenslänge in jedem Fall ins Leere gehen würden. Auch diene diese Bestimmung als geeigneter Hinweis. „Dann kann keiner sagen, ich habe es nicht gewusst oder es interessiert mich nicht.“ (B4/285). Das könne wiederum die Behörde nutzen, um konkret nachzufragen und die Betroffenen müssen sich dann deklarieren. b) Auferlegung einer Manuduktionspflicht?
Eine weitere Frage betraf die Vorsehung einer der Zivilprozessordnung nachgebildeten Verpflichtung341 von BehördenvertreterInnen, auf mögliche Verfahrensalternativen (zB Mediation) hinzuweisen bzw darüber Auskunft erteilen zu müssen. Auch hier herrscht Skepsis vor, wenn auch die Hälfte der Befragten einräumt, damit im Bedarfsfall kein „Problem“ zu haben. „Wir haben ja zB bei uns die Einrichtung der Bausprechtage, anlässlich derer man sich mit den Technikern und mit dem Konsenswerber zusammensetzt und eine Verfahrensanleitung gibt oder eben Rechtsauskünfte erteilt. Ich denke man spricht das dort so oder so an.“ (B2/324). „Ja, ich bin der Meinung, bei der alternativen Suche sollte man immer mit überlegen, ob ich mit einem Mediationsverfahren weiterkomme.“ (B6/250). Zu bedenken wird jedoch postwendend gegeben, dass eine derartige gesetzliche Hinweispflicht in den meisten Verfahren nicht angebracht bzw nicht notwendig sein werde und die/der VerhandlungsleiterIn grundsätzlich angehalten sei, auf eine Einigung der Parteien hinzuwirken. Auch müsse begleitend dafür gesorgt werden, dass ausreichende Informationen an die BehördenvertreterInnen ergehen, die Wesen, Wirkung sowie Chance der Mediation deutlich machen. Überhaupt sei es zum jetzigen Zeitpunkt zielführender, erst ausreichend Erfahrungen mit dem Instrument Mediation zu sammeln und einschlägige Untersuchungsergebnisse abzuwarten. Mit einer Passage im AVG sei noch nicht viel erreicht. Eher werden positive Erfah-
341 Vgl § 204 ZPO; hiezu auch Ferz/Filler, Mediation 76 f.
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rungen die Bereitschaft der BehördenvertreterInnen fördern, ein solches Verfahren vorzuschlagen342. c) Gibt es an anderer Stelle Handlungsbedarf für den Gesetzgeber?
Die allgemeine Frage schließlich, ob noch an anderer Stelle Handlungsbedarf für den Gesetzgeber bestehe, wird überhaupt verneint. Wenn daran gedacht wird, dann sei jedenfalls sehr genau zu differenzieren, in welchen Verfahren und bis zu welchem Zeitpunkt Mediation eingesetzt werden solle. „Im Widmungsverfahren, das ja ohnehin durch öffentliche Auflagen gekennzeichnet ist und mehrere Prüfungsvorgänge – amtsintern, amtsextern und noch öffentlich und von lokalen Bezirksvertretungen usw – verlangt, und das damit schon sehr lange und umständlich läuft, hat meiner Meinung nach dieser zusätzliche Vorgang keinen Platz. Wenn doch, muss es davor stattfinden.“ (B8/625). Von der Mehrzahl der InterviewpartnerInnen wird nochmals hervorgestrichen, dass die Aufnahme von Mediationsbestimmungen nicht zwingend notwendig sei, da die derzeitigen von der Mediation tangierten Regelungen völlig ausreichend seien. Der Einsatz von Mediation sei vom Einzelfall abhängig. „Also zum richtigen Zeitpunkt das richtige Thema aufzugreifen, das ist, ehrlich gesagt, ein bisschen die Kunst, ich glaube nicht, dass man das alleine mit Gesetzen schafft.“ (B8/651). Hilfreicher wäre in dieser Situation zB die Zurverfügungstellung eines Handbuchs über Mediation, die Einrichtung einer Informationsstelle oder aber – bezogen auf administrative Projektentscheidungen – die planmäßige Bereitstellung von entsprechenden Budgets, die es erlauben, in einem nennenswerten Umfang solche Verfahren durchzuführen. 6. Empfehlungen a) Vorphase aa) Wahl der Mediation als geeignetes Konfliktbehandlungsverfahren
Wesentlich ist den Befragten die Feststellung, dass kein Projektvorhaben dem anderen gleiche, da sowohl die Rahmenbedingungen, die zu lösenden Probleme als auch die handelnden Personen jeweils unterschiedlich seien, und somit – unabhängig von vereinzelten Zurufen343 – die Auswahl des ge342 Siehe hiezu die gleichlautende Forderung von Barbara Soder, Alter Wein in neuen Schläuchen? Umweltmediation aus der Sicht der Verwaltung, in: Sascha Ferz/ Johannes W. Pichler (Hg), Mediation im öffentlichen Bereich (2003) 75. 343 „Das einzige, das ich da finden würde, dass man nicht jedem Wunsch, das habe ich heute schon ein paar Mal vermittelt, nachkommen sollte, weil ich glaube, dass das dann auf jeden Fall länger dauert. Das zweite ist aber, wenn es viele betrifft, wo man auch das Gefühl hat, es nutzt allen, dann soll man es machen.“ (B5/641).
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eigneten Verfahrens entsprechend der Ausgangssituation immer wieder aufs Neue hin gehörig geprüft werden müsse. Mediation biete sich jedenfalls dort an, wo viele unterschiedliche Interessen zu wahren jedoch die Fronten derart verhärtet seien und sonst keine Möglichkeit für einen Konsens bestehe. „Ich möchte aber nicht, dass man Mediationsverfahren dafür verwendet, um einfach Zeit zu schinden. Das kann es nicht sein. Oder Mediationsverfahren, um Ego-Interessen umzusetzen. Es muss immer das Gemeinsame im Mittelpunkt stehen. Wenn es nur um Ego-Interessen geht, dann ist das Mediationsverfahren auch fehl am Platz. Oder wenn es Interessen gibt, die gegen das Gesetz sind. Da muss man klar entscheiden und sagen, dann wäre es schade um das Geld und schade um die Zeit.“ (B6/251). Auch müsse man berücksichtigen, ob es einen Handlungsspielraum gebe und ob dieser gemeinsam mit den Betroffenen sowie mit den zur Verfügung stehenden Instrumentarien zielführend ausgefüllt werden könne344. bb) Abgrenzung der Verfahrenstypen
Ebenfalls deutlich gemacht wird, dass es zu keinen Mogelpackungen bei der Anwendung des gewählten Verfahrens kommen dürfe. Wird Mediation vorgeschlagen, dann dürfe dies nicht bloß eine BürgerInneninformationsveranstaltung iS einer Einbahnkommunikation sein, wo gerade keine gemeinsame Problemlösung angestrebt werde. Ein Missbrauch der Mediation als Feigenblatt für Beteiligungsprozesse werde von den VerfahrensteilnehmerInnen nur zu schnell erkannt und dann sei die Gefahr der „verbrannten Erde“ umso größer. cc) Zeitpunkt der Verfahrenseinleitung
Entscheidet man sich zur Durchführung eines Mediationsverfahrens, dann solle dies schon möglichst in einem frühen Projektstadium geschehen345 und dabei müsse auch der Zeitrahmen großzügig angesetzt werden, um in der Folge seriös arbeiten zu können. „Der Bürger hat ein gutes Gespür, vielleicht teilweise intuitiv, ob etwas schräg läuft, ob das nur ein Verfahren ist, um etwas durchzudrücken, wie viel Gestaltungsmöglichkeit steckt da drinnen. Und wie 344 „Wenn der Verfahrensaufwand höher ist, wie die Maßnahme, die ich zu setzen habe [...] wenn ich da zwei oder drei Parkbänke aufstelle, da wird das Thema nicht ganz reichen. Die Relationen müssen schon stimmen.“ (B8/431). 345 „Dass sich grundsätzlich die öffentliche Hand mehr um solche Sachen bemühen sollte ist ein anderes. Weil ja die öffentliche Hand gerade in Straßenbauverfahren oder in Tunnelverfahren selbst Projektbetreiber ist, zB die Asfinag. Und die machen das jetzt schon sehr oft, aber manchmal denke ich mir auch, immer erst wenn gar nichts anderes geht.“ (B4/328).
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gesagt, für manche dieser Prozesse brauche ich ausreichend Zeit. Unter Zeitdruck geht das nicht, sonst fange ich erst gar nicht an.“ (B8/668). b) Vorbereitungs- und Verhandlungsphase aa) Verfahrensdesign
Für das Mediationsverfahren selbst erwarten sich die BehördenvertreterInnen einen gut organisierten Prozess, der möglichst straff und effizient – zB durch Einrichtung von kleineren, einzelthemenbezogenen Arbeitsforen, gute Sitzungs- und Protokollführung – gestaltet wird. „Es kann nicht eine Diskussionsquatscherei werden und es kommt dann im Endeffekt nichts heraus.“ (B5/355). Demgegenüber muss jedoch genügend Raum bleiben, um ohne Druck ein aktives Wahrnehmen der Ängste und Emotionen der Betroffenen gewährleisten und die Möglichkeit einräumen zu können, diese auch auszusprechen346. Nur so könne man die geforderte Offenheit und Transparenz erzielen und folglich auch Vertrauen und Akzeptanz aufbauen. „Sich hinstellen und sagen, ok. Und nicht so tun, nein wir machen nur was Kleines und da fahren eh nur drei LKW und es passiert schon nichts. [...] Es bedarf der Offenheit von Anfang an. Man muss sich hinstellen und sagen, wir bauen etwas Großes. Es tun nur alle so in ihrer Angst, nein es wird eh nur so ein kleines Straßerl, so ein kleiner Tunnel. [...] Und für mich selbst bedeutet das, dass ich auch lernen muss, dass das eine andere Denkweise ist. Dass Leute, die mit einem Projekt konfrontiert werden und von mir aus auch keine technische Ausbildung haben, aber die als Anrainer betroffen sind, einfach andere Ängste und Sorgen wie ich haben.“ (B4/351). bb) Auftragsklärung
Zum Aspekt der Offenheit zähle aber auch, von Anfang an mit aller Deutlichkeit zu sagen, welche Ausgangslage und welche rechtlichen sowie faktischen Handlungsspielräume (mit oder ohne Nulllösung und vorgefassten Zielen) bestehen, um ein gutes Fundament für die Zusammenarbeit zu schaffen und zu keinem Zeitpunkt falsche Erwartungen bzw Hoffnungen aufkommen zu lassen347. 346 Hilfreich hiebei seien auch Begehungen vor Ort. „Ganz wichtig ist, ich halte auch nichts davon, dass die Mediationsverfahren am grünen Tisch irgendwo weit ab von der Natur gemacht werden, ganz wichtig, miteinander in der Natur die Problematik anschauen, die unterschiedlichen Standpunkte miteinander zu diskutieren, in der Natur kennen lernen, warum hat der andere einen anderen Standpunkt, weil er vielleicht geprägt ist, weil er für den anderen Standpunkt Vorurteile hat.“ (B6/93). 347 „Was ich vielleicht anders machen würde, ist das, dass ich bei der ersten Sitzung schon klarlegen würde, was die Ziele dieses Projekts sind und wo die Limits sind.“
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cc) Rollenklärung
Auch müsse dafür gesorgt werden, dass die Rollen der Betroffenen im und außerhalb des Verfahrens freigelegt werden. So könne es beispielsweise nicht angehen, dass während der Mediation von Einzelpersonen Zwischenverhandlungen mit nicht eingebundenen politisch-administrativen EntscheidungsträgerInnen geführt werden. Dies nähre die Gefahr, dass sich andere TeilnehmerInnen ausgebootet fühlen oder auch falsch verstandene Informationen in die Gruppe fließen. Überhaupt müsse jeder Einzelne bzw auch die Gruppe als Einheit Verantwortung für den Prozess und darüber hinaus für die Erreichung des gemeinsamen Ziels, nämlich ein tragfähiges und realisierbares Ergebnis348 zu erarbeiten, übernehmen. „Entscheidend ist das Ergebnis. Ich halte nichts von Mediationsverfahren ohne Ergebnis [...] Es geht nicht, dass man zwei Jahre über Dinge diskutiert und am Ende sagt, wir haben kein Ergebnis. Es ist schade um die Zeit, es ist schade um die Ressourcen, das bringt nur Misstrauen. Was ganz wichtig ist, dass es ein Ergebnis geben muss.“ (B6/15). dd) Aufgaben der MediatorInnen
Gefordert sind dabei vor allem die Mediatorinnen und Mediatoren349. Ihnen obliegt es jedenfalls, nach eingehender Konfliktanalyse ein elastisches, flexibles Verfahren hauptverantwortlich zu konzipieren und zu leiten. Sie müssen neben sozialer Kompetenz und einem großen Engagement auch Durchhalte- und Konzentrationsvermögen sowie Einfallsreichtum einbringen. Mitunter wird von ihnen auch ein Grundverständnis von der zu behandelnden Materie erwartet, um den meist erforderlichen Übersetzungsdienst tatsächlich leisten zu können. „Nur ein Stichwortgeber ist zu wenig. Das heißt, im Zweifelsfall muss jener, der jetzt die Gesprächsführung leitet, schon die Möglichkeiten oder die Brisanz mancher Aussagen einschätzen können. Wo ist der Knackpunkt an der ganzen Geschichte und wie gesagt, manchmal genügt es, wenn man ein gezieltes Rollenspiel vereinbart. Nicht jetzt um andere auszubremsen, sondern um eine geordnete sachliche Abwicklung eines Diskussionsablaufes zu sichern, wo ein jeder zu Wort kommt oder wo einer (B1/301). „Mediationsverfahren vermitteln vielleicht den Eindruck, dass es da mehr Optionen gibt und dass die Vorgabe nicht so ganz ernst ist, dass das staatlich umgesetzt werden muss.“ (B1/406). 348 Um dieses erzielen zu können, wird von einem Interviewpartner angeraten, eine/n rechtskundige/n BehördenvertreterIn in das gesamte Mediationsverfahren einzubinden. Nur so sei es seiner Meinung nach möglich, rechtlichen Irrwegen sogleich entgegen wirken zu können. 349 Diese ausfindig zu machen, sei übrigens mangels entsprechender Informationen kein leichtes Unterfangen.
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in der Lage ist zu sagen, das Problem ist jetzt noch nicht auf den Punkt gebracht. Gibt es jetzt eine Pluralität an Meinungen oder kann es eine Meinung geben und da gehört schon mehr Feeling dazu und bei vielen Dingen auch eine gewisse Sachkenntnis.“ (B8/549). Der „Erfolg“ eines Mediationsverfahrens hängt stark vom Wirken der MediatorInnen ab. Es ist letztlich ihre Aufgabe und ihr Handwerk, den Mediationsprozess zu einem – freilich nicht vorgegebenen – Ergebnis zu steuern. Nur am Ergebnis werden ihre Qualitäten und letztlich auch das Instrument Mediation selbst gemessen. Folglich müsse es den MediatorInnen klar sein, dass ein enormer Erfolgsdruck auf ihnen laste, der durch leistungsbezogene Verträge (= Erzielung eines Ergebnisses) iS eines Erfolgszwangs noch erhöht werden soll. ee) Einbindung der Betroffenen
Bei Mediationen im Zusammenhang mit genehmigungspflichtigen Vorhaben wird wiederum an die Verantwortlichen appelliert, Personen in das Mediationsverfahren einzubeziehen, die die allgemeinen Schutzinteressen thematisieren. Dabei müsse es sich nicht unbedingt um Sachverständige handeln, „es geht um die Themen, es geht nicht etwa um Personen oder Positionen oder Aufgaben, sondern es geht um Schutzinteressen. Es ist die Wohlfahrtsabwägung, die Abwägung von sonstigen Interessen, die ich nicht wiederfinde und womit ich mir schwer tue.“ (B4/371). Es komme der Mediationsprozess in Misskredit, wenn im Nachhinein von der Behörde die Ergebnisse auf den Kopf gestellt werden. Weiters dürfe im Zusammenhang mit Genehmigungsverfahren – letztlich wohl auch bei administrativen Planungsvorhaben – nicht übersehen werden, dass Parteien, die in keiner Weise am Mediationsverfahren partizipieren, möglicherweise Einwendungen oder Rechtsmittel gegen die behördliche (Folge-)Entscheidung erheben bzw die Vereinbarungen faktisch negieren. Deshalb sei es unumgänglich, sowohl möglichst alle Betroffenen direkt oder indirekt einzubinden350 als auch in der Zeit nach dem eigentlichen Mediationsverfahren offen für neu hinzutretende NachbarInnen zu sein. „Ein gewisses Problem, das auch aufgetaucht ist, könnte sein, dass in so einem Mediationsteam oder in dieser Bürgerinitiative immer nur ein gewisser Kreis 350 Wird die Zahl der VerfahrensteilnehmerInnen zu groß, müsse ein Auswahlverfahren für RepräsentantInnen (Delegationsprinzip) ausgearbeitet werden, wobei wenn möglich „die Leute erstens einmal angesehen sein und wichtig sein müssen und das, was sie im Mediationsteam ausmachen, das müssen sie auch vor ihren Leuten vertreten können. Also wenn man so will, ist das Mediationsteam wie ein Parlament.“ (B1/59). Auch sei es mitunter notwendig, bei der Zusammenstellung des Mediationsforums auf eine altersmäßige, geschlechterspezifische und eventuell herkunftsmäßige Schichtung zu achten.
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von Nachbarn oder Anrainern vertreten ist, und die Gefahr, die dann im weiteren Betrieb besteht, ist, dass dann ein anderer Nachbar kommt und sagt, ja, er ist nicht durch diese Bürgerinitiative vertreten und hat aber auch noch diese Anregung oder diese Einwendung etc. Eine Empfehlung wäre wahrscheinlich auch einfach das Bemühen dieser Bürgerinitiative, dass sie relativ offen ist und dass auch dann neue Vertreter, die sagen, sie wollen sich auch wirklich einlesen und damit beschäftigen, neue Nachbarn, dass die dann in diesen Bürgerbeirat oder in dieser Bürgerinitiative auch noch Eingang finden können.“ (B7/324). c) Umsetzungsphase
Zu guter Letzt wird mit allem Nachdruck dargelegt, dass nur ein realisierbares Ergebnis zähle, das auch tatsächlich und sehr rasch umgesetzt werden müsse, um schließlich den MediationsteilnehmerInnen das Gefühl zu geben, dass ihre Wünsche ernst genommen werden sowie ihre Arbeit Früchte trage. E. Zusammenfassung der Ergebnisse der quantitativen und der qualitativen Untersuchung sowie Schlussfolgerungen 1. Ausgangsdaten
Vier Mediationsverfahren wurden in diese Untersuchung aufgenommen. Es sind dies die Verfahren Gartenau/Leube (Zementwerk), Ybbs (Holzindustrie), Yppenplatz (Platzneugestaltung) und Verwall (Natura 2000 Gebiet). Bei den beiden erstgenannten Prozessen handelt es sich um solche dem behördlichen Genehmigungsverfahren vorgelagerte bzw parallel dazu abgeführte Verfahren und bei den restlichen zwei um jeweils administrative Projektentscheidungen. Die Stichprobe für die quantitative Untersuchung bildeten die TeilnehmerInnen an den vorgenannten Konsensverfahren. Hiefür konnten insgesamt 97 potentielle UntersuchungsteilnehmerInnen identifiziert werden. Der Rücklauf der Fragebögen beläuft sich auf 57 Stück (58,8%) und teilt sich auf die vier Mediationsprojekte wie folgt auf: Zehn Fragebögen stammen aus dem Projekt „Gartenau/Leube“, elf vom Projekt „Ybbs“, 13 vom Projekt „Yppenplatz“ und 23 Fragebögen vom Projekt „Verwall“. Die absolute Mehrheit der Befragten wird von männlichen Teilnehmern (80,7%, 46 Männer) repräsentiert, bloß 17,5% der Befragten sind weiblich (zehn Frauen). Der größte Anteil an befragten Frauen ist übrigens im Projekt Yppenplatz mit 30,8% (vier Frauen von n=13) auszumachen, der geringste Anzahl im Projekt Verwall mit zwei Frauen (8,7% von n=23). Die Geschlechterverteilung ist übrigens bei den befragten Mediatoren noch eindeutiger; sie sind allesamt männlich (Gartenau/Leube und Ybbs je ein, Yppen-
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platz und Verwall je zwei Vermittler). Das Alter der Befragten liegt zwischen 30 und 71 Jahren mit einem Mittelwert von 46,7 Jahren und einer Streuung von neun Jahren. Der qualitative Teil der Untersuchung wiederum basiert auf acht ExpertInneninterviews (vier Frauen und vier Männer), woran zwei BehördenleiterInnen, zwei VerfahrensleiterInnen, zwei Amtssachverständige und zwei politisch-administrative EntscheidungsträgerInnen teilnahmen. 2. Vorüberlegungen zum Einsatz von Mediation
Wie bereits eingangs im Zuge der Ausführungen zum Ablauf eines Mediationsverfahrens angeführt, stehen in der Vorphase jeweils die Entscheidungen an, ob Mediation in der vorgegebenen Situation und zu diesem Zeitpunkt das geeignete Instrument darstellt und ob Mediation als Konfliktbehandlungsmodell überhaupt von den Konfliktbetroffenen gewünscht wird351. a) Unterschiedlichkeit der Verfahren
Den Befragten der qualitativen Untersuchung ist hiezu die Feststellung wichtig, dass kein Projektvorhaben dem anderen gleiche, da sowohl die Rahmenbedingungen, die zu lösenden Probleme als auch die handelnden Personen jeweils unterschiedlich seien, und somit – unabhängig von vereinzelten Zurufen – die Auswahl des geeigneten Verfahrens entsprechend der Ausgangssituation immer wieder aufs Neue geprüft werden müsse. Ein standardisiertes Vorgehen oder gar eine normierte Verpflichtung zur Durchführung eines Mediationsverfahrens wird demnach von den politisch-administrativen EntscheidungsträgerInnen abgelehnt. b) Prüfkriterien
Mediation biete sich ihrer Meinung nach jedenfalls dort an, wo zahlreiche unterschiedliche Interessen zu berücksichtigen, jedoch die Fronten derart verhärtet sind und auch sonst keine Möglichkeit für einen Konsens besteht, aber der grundsätzliche Wille aller Beteiligten erkennbar ist, gemeinsam an der Aufarbeitung des Problems mitzuwirken. Damit ist wohl ein bereits besonderer Leidensdruck bei allen Betroffenen gemeint. Ein Blick auf die Fallgeschichten der hier untersuchten Mediationsverfahren macht dies auch deutlich, scheiterten doch zuvor in sämtlichen Projekten die Versuche zur Verwirklichung der Vorhaben entweder an massiven Protesten oder sie wurden „leidenschaftlich“ bekämpft. Nicht zuletzt bestätigen diese Aussagen die These ua von Zilleßen352, der davon ausgeht, dass „eine abzusehende 351 Siehe 1.II.A. 352 Zilleßen, in: Haft/Schlieffen (Hg), Handbuch2 Rz 47.
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Sackgasse, der nicht zu lösende Konflikt, als faktische Voraussetzung für Mediationsverfahren anzusehen ist, da sonst Verwaltung und Vorhabenträger kein Interesse an einer breiteren Öffnung des Verfahrens haben“. Weiters müsse man nach Meinung der BehördenvertreterInnen berücksichtigen, ob es einen (Ver-)Handlungsspielraum gebe und ob dieser gemeinsam mit den Betroffenen mit den zur Verfügung stehenden Instrumentarien zielführend ausgefüllt werden könne. Ebenfalls deutlich gemacht wird, dass es zu keinen Mogelpackungen bei der Anwendung des gewählten Verfahrens kommen dürfe. Mediation sei eben keine BürgerInneninformationsveranstaltung iS einer Einwegkommunikation. Wesentliche Voraussetzung für ein jedes Mediationsverfahren ist also, dass es zielgerichtet eingesetzt und das Verfahrensmandat353 zu Beginn offengelegt wird. Gerade darin sehen aber einige der Interviewten Gefahrenquellen für das Instrument und auch für die Betroffenen. Wird nämlich ein solches Verfahren nur als „Feigenblatt“ missbraucht, dann merken das die TeilnehmerInnen sehr rasch. Das Vertrauen in ein solches Verfahren sei dann nachhaltig gestört und die Gefahr der „verbrannten Erde“ werde umso größer. Entscheide man sich – so die Befragten – zur Durchführung eines Mediationsverfahrens, dann solle dies schon in einem frühen Projektstadium geschehen354 und dabei müsse auch der Zeitrahmen großzügig angesetzt werden, um in der Folge seriös arbeiten zu können. Das heiße aber nicht, dass Mediation zum bloßen Zeitgewinn eingesetzt werden darf. Die Forderung nach einem zeitgerechten Einsatz von Mediationsverfahren wird auch von den Befragten der quantitativen Stichprobe nachdrücklich bestätigt, bezeichnet doch die überwiegende Mehrheit den Zeitpunkt ab der Planung eines Vorhabens für geeignet. Aber auch der Beginn vor Einreichung des Projektantrags bei der Behörde bzw vor Durchführung von behördlichen Maßnahmen (zB Gebietsausweisung) wird von mehreren Befragten als zielführend angesehen355. Demgegenüber zeigt die Untersuchung jedoch auch, dass – trotz geringer Zufriedenheit mit dem tatsächlich gewählten Zeitpunkt356 – im Zuge von Mediationsverfahren, die zu einem vergleichsweise späten Projektstadium angesetzt werden, dennoch akkurate Ergebnisse erarbeitet werden können. 353 Vgl hiezu insbesondere Troja, Umweltkonfliktmanagement 370 f. 354 Fraglich bleibt freilich, ob mit dieser Erkenntnis auch ein Abrücken von der zuvor erwähnten „Sackgassensituation“ einhergeht. 355 Siehe hiezu auch die Empfehlung für einen frühzeitigen Verfahrensbeginn von Hiess/Pfefferkorn, ZKM 2004, 132. 356 Nur 45,6% aller schriftlich Befragten halten aus heutiger Sicht den für das Mediationsverfahren gewählten Zeitpunkt für gut.
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3. Finanzierung von Mediationsverfahren
Sehr genau wissen die befragten MediationsteilnehmerInnen über die Kostenverteilung im jeweiligen Mediationsverfahren Bescheid. Sowohl in den Projekten Gartenau/Leube (Projektwerber zu 100%) und Ybbs (Gemeinde: Mediator; Projektwerber: Sachverständigen) als auch Verwall (Land zu 100%) werden die Finanzierungsträger von allen Befragten genannt. Der hohe Wissensgrad trifft trotz verschiedener Antworten wohl auch für das Verfahren Yppenplatz zu, bedenkt man allein die Stellung Wiens als Gemeinde und Bundesland und den Umstand, dass diesem Prozess Fördermittel der Europäischen Union zugestanden wurden. Die gewählte Vorgehensweise betreffend die Kostenverteilung wird schließlich auch von 78,9% der Befragten für zielführend erachtet. Lediglich 15,8% sind der Ansicht, dass eine andere Aufteilung sinnvoller gewesen wäre. a) Kostenträger und Finanzierungsbedarf
Keineswegs zurückhaltend waren die Befragten bei der Angabe von Empfehlungen hinsichtlich der Kostendeckung für künftige Mediationsverfahren. Interessant erscheint dabei die Zusammenschau mit den zuvor dargestellten Ergebnissen, da letztere Aussagen auch von UntersuchungsteilnehmerInnen getätigt wurden, die mit der Aufteilung der Kosten in dem Verfahren, an dem sie mitwirkten, einverstanden waren. Dabei fällt zum einen auf, dass die MediationsteilnehmerInnen trotz der – vorhin dargestellten – überwiegenden Zustimmung zur Kostenaufteilung in den jeweiligen Verfahren zahlreiche Empfehlungen abgeben und dass zum anderen sinngemäß gleichlautende Anregungen von Befragten unterschiedlicher Verfahren gemacht werden. Die Angaben dürfen mE demnach durchaus losgelöst von der erlebten Einzelsituation betrachtet und auf eine allgemeinere Ebene gehoben werden. Es wird dabei mehrfach die Forderung aufgestellt, dass der Verursacher (Normengeber, ProjektwerberIn) „jedenfalls“ oder gar „verpflichtend“ zumindest zur anteiligen Kostentragung herangezogen werden müsse. Jedoch wird auch davor gewarnt, dass bei einer ausschließlichen Finanzierung des Mediationsverfahrens durch die ProjektwerberInnen iwS, die MediatorInnen als VertreterInnen der ProjektwerberInnen erlebt werden und darunter die Rollenklarheit, die Transparenz und Neutralität leiden könnten. In diese Richtung weist wohl auch die Forderung, dass die MediatorInnen und auch die Sachverständigen von den Verfahrensbeteiligten beauftragt werden müssen. Als zielführend wird die Verteilung der Kosten auf mehrere Parteien erachtet, um das Vertrauen zu stärken. Weiters werden als mögliche Financiers
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bzw Finanzierungswege ein unabhängiger öffentlicher Fonds, die Interessenverbände, die öffentliche Hand (Gemeinde, Land, Bund, EU) und die Nutzung von Public-Privat-Partnership-Konzepten genannt. Den AnrainerInnen und den Bürgerinitiativen könne nach Meinung einer/eines Befragten hingegen die Übernahme der Kosten nicht zugemutet werden. Überhaupt solle das Finanzierungsthema (Gesamtkosten inkl Anwaltshonorare, Kosten der vereinbarten Maßnahmen) im Mediationsverfahren dargestellt, abgeklärt und/oder erarbeitet werden. Und schließlich wurde darüber hinaus empfohlen, mehr Budget zur Verfügung zu stellen sowie ständige Folgeeinrichtungen des Mediationsverfahrens, wie sie der BürgerBeirat darstellt, mit einem Budget für „Notfälle“ auszustatten. Stellt man den aus der schriftlichen Befragung erzielten Ergebnissen die Aussagen der BehördenvertreterInnen gegenüber, wird wenig Kontroverses sichtbar. Im Planungsbereich wird ohne Umschweife davon ausgegangen, dass solche Verfahren jeweils die öffentliche Hand tragen müsse. Mitunter wird auch die Forderung aufgestellt, dass Verwaltungseinheiten, die in regelmäßigen Abständen mit der Notwendigkeit zur Ausrichtung von BürgerInnenbeteiligungsverfahren konfrontiert sind, bereits etatmäßig ein gehöriges Budget zugewiesen bekommen sollen. Ein interessanter möglicher Transferaspekt wird von den beiden politischen EntscheidungsträgerInnen ins Treffen geführt und zwar, ob es für Sitzungstätigkeiten für private TeilnehmerInnen im Rahmen eines Mediationsverfahrens eine finanzielle Abgeltung („Anerkennungsgeld“, Fahrtkosten) geben soll. Die Antworten decken sich nicht, vielmehr werden Kontrapositionen bezogen (fairer Ausgleich der Unkosten und Motivation versus Geldverdienen und absitzen). Dass jedoch die Idee eines Sitzungsgeldes für Verfahrensmitglieder keine neue ist, beweist das BürgerInnenbeteiligungsverfahren bei der Standortsuche für eine Deponie im Kanton Aargau im Jahr 1992, im Zuge dessen den TeilnehmerInnen ein Sitzungsgeld ausgezahlt wurde357. Bei privaten Vorhaben liegt, so die Vermutung der Befragten, die Kostenlast wohl vorrangig bei den ProjektwerberInnen. Das wirtschaftliche Kalkül werde in einem jeden Einzelfall eine entscheidende Rolle spielen. Stehen dabei die Kosten für ein Mediationsverfahren, die wiederum nur schwer abschätzbar sind, in keiner Relation zur Anlageninvestition, werden sich – so die UntersuchungsteilnehmerInnen – die ProjektwerberInnen kaum darauf einlassen oder aber gegebenenfalls das Verfahrensdesign entsprechend anpassen. Letztlich ließen diese Annahmen den verallgemeinerbaren Schluss zu, dass sich nur finanzkräftige Unternehmen Mediation leisten werden. Abhilfe könne hiebei eventuell ein öffentlicher Fonds schaffen, 357 Renn et al, in: Renn et al (Hg), Abfallpolitik 109.
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der zB zum Umweltministerium ressortiert. Eine solche Lösung habe darüber hinaus den Charme, die Unabhängigkeit der MediatorInnen sowie der Sachverständigen zu stärken. 358
Kostenträger
Finanzierungsbedarf
VerursacherIn
MediatorInnen GutacherInnen, Rechtsbeistände „Anerkennungsgeld“, Fahrtkosten, Kommissionsgebühren Raummieten, Exkursionen, Aufbereitung von Materialien, Bewirtung Nachfolgendes Monitoring Eventuell Prozessprovider, BürgerInnenbüro, Pressearbeit358
Öffentliche Hand Interessenverbände Öffentlicher Fonds Public-Privat-Partnership Alle Beteiligten anteilig
Tab 63: Kostenträger und Finanzierungsbedarf
Resümierend kann festgehalten werden, dass ein einheitliches Finanzierungsmodell von Mediationsverfahren nicht erkennbar ist. Es lässt sich vielmehr beinahe die gesamte von Meuer/Troja angeführte Finanzierungspalette abbilden (Finanzierung durch die öffentliche Hand oder durch staatliche Fördermittel, privatwirtschaftliche und gemischte Finanzierungen)359. Eine Tendenz kann hier freilich aufgrund der kleinen Stichprobe nicht ausgemacht werden. b) Rückschlüsse
Interessant wäre gewesen, hätten Meuer/Troja in ihrer Studie eine Querverbindung zwischen Konfliktgegenstand, Verfahrensinitiative und Finanzierung gezogen, um so aussagekräftige Feststellungen für mögliche Finanzierungsmuster bezogen auf die Ausgangssituation zu erzielen. Denn angesichts der gegenständlichen Untersuchung kann zumindest die Vermutung angestellt werden, dass die Finanzierungslast grundsätzlich nach dem Verursacherprinzip verteilt wird, sie also den trifft, dem das Vorhaben zuzurechnen ist360. Dass eine daraus folgende einseitige Finanzierung unter anderem zu Neutralitätsproblemen für die MediatorInnen führen kann, wird zwar mehrfach angesprochen, eine prinzipielle Unvereinbarkeit ist daraus mE je358 Siehe auch die Auflistung möglicher Kosten bei Oppermann/Langer, Umweltmediation2 45 ff. 359 Meuer/Troja, Mediation 71. 360 So bereits Zieher/Reidl, Umweltmediation 68.
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doch nicht zwangsläufig abzulesen361. Vielmehr gilt es, die Frage der Finanzierung in jeder Phase des Mediationsverfahren transparent zu gestalten und das Verfahrensdesign durch ausgleichende Vorkehrungen wie etwa mit der Vorgabe anzureichern, dass die MediatorInnen und Sachverständigen von allen Verfahrensbeteiligten beauftragt werden. Freilich steht dem nicht entgegen bzw es gebietet sich, weitere Modelle ins Kalkül mit einzubeziehen. So könnte etwa mit Mischfinanzierungen – wie sie Meuer/Troja iS einer Public-Private-Partnership aufzeigen und letztlich auch propagieren362 – die Finanzierungslast auf mehreren Schultern verteilt und auch die Bindung der finanzierenden Parteien an das Verfahren gesteigert werden363. Demgegenüber könnte wiederum ein beispielsweise von der öffentlichen Hand und der Wirtschaft gemeinsam gespeister öffentlicher Fonds zumindest für die Bestreitung der MediatorInnen- und Sachverständigenhonorare den Kostendruck bereits im Vorfeld nehmen und somit positiver Anreiz für EinschreiterInnen unabhängig von deren Finanzkraft oder für jene Behörden sein, denen keine Budgetmittel für BürgerInnenbeteiligungsverfahren etatmäßig zur Verfügung stehen, Mediation als ein mögliches Konfliktbehandlungsmodell in ihren Projektplanungen zu berücksichtigen. Darüber hinaus würde die Unabhängigkeit sowohl der MediatorInnen als auch der Sachverständigen gestärkt werden. 4. Initiierung der Verfahren
Bei den privaten Projekten ging die Initiative zur Durchführung eines Mediationsverfahrens einerseits vom Projektwerber sowie andererseits von den Rechtsbeiständen des Unternehmens und der Bürgerinitiative (beide übrigens selbst Mediatoren) gemeinsam aus. Anders verhielt es sich in den von der Verwaltung getragenen Projekten, deren Verantwortliche die HauptinitiatorInnen und in weiterer Folge PromotorInnen des Mediationsverfahrens waren. 5. Auswahl und Beauftragung von MediatorInnen
Eine einheitliche Vorgehensweise bei der Beauftragung der Mediatoren ist im Zuge dieser Untersuchung nicht zu erkennen. Während in den beiden von der 361 Dies zeigen auch die Ergebnisse von Meuer/Troja, Mediation 72, wonach beispielsweise die privat finanzierten Verfahren ohne erkennbare Schwierigkeiten hinsichtlich der Neutralität der MediatorInnen mit einer Vereinbarung endeten. 362 Meuer/Troja, ZKM 2004, 82. 363 Nicht außer Acht gelassen sollten dabei jedoch auch die Ausführungen von Zieher/Reidl, Umweltmediation 70, werden, die zum Ergebnis kommen, dass die Zustimmung der AkteurInnen zu jenen Finanzierungsformen, an denen diese jeweils selbst beteiligt wären, deutlich vorsichtiger bis ablehnend ausfällt.
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Verwaltung initiierten Projekten die Mediatoren von den federführenden BehördenvertreterInnen ausgewählt und beauftragt wurden, fand beispielsweise im Verfahren Ybbs ein von der Gemeinde initiiertes Hearing statt, auf dessen Grundlage die Mitglieder der Vorbereitungsgruppe den Mediator auswählten und mit der Durchführung der Mediation beauftragten. Im Zuge des Verfahrens Gartenau/Leube schließlich kam es zu keiner offenen Ausschreibung und auch keinem Auswahlverfahren; der letztlich mit der Vermittlerfunktion Beauftragte wurde jedoch einstimmig vom BürgerBeirat gewählt. Das Vorgehen im Projekt Ybbs – also dem Verfahren, in dem die aufwendigste Form der Beauftragung gewählt wurde – scheint sich jedenfalls dahingehend bezahlt gemacht zu haben. Denn die Mehrheit der Befragten dieses Projekts (63,6%) anerkennt gerade die gemeinsame Auftragserteilung als ein förderliches Kriterium für das Mediationsverfahren. Auch wird die klare Trennung von innerem (Auswahl durch MediationsteilnehmerInnen) und äußerem Auftrag (Bezahlung durch Dritte) von einer bzw einem Befragten ausdrücklich an anderer Stelle positiv hervorgehoben. Aufgrund der Vorgehensweisen im Zuge der anderen Verfahren ist es wohl wenig verwunderlich, dass die Form der Beauftragung keine wesentliche Rolle spielt, wenn auch ein/e UntersuchungsteilnehmerIn vom Verfahren Gartenau/Leube die Art der Beauftragung des Mediators sowie des Sachverständigen durch die/den ProjektwerberIn als hinderlich empfand. 6. Anforderungsprofil für MediatorInnen und Forderungen an das Verfahren
Eine zentrale Rolle in Konsensverfahren nehmen unweigerlich die MediatorInnen ein. Die besondere Verantwortung, die sie für den Mediationsprozess tragen, wird ihnen von den Befragten auch ausdrücklich zugeschrieben. Nach Meinung der BehördenvertreterInnen etwa obliegt es den Mediatorinnen und Mediatoren, nach eingehender Konfliktanalyse ein geeignetes Verfahren hauptverantwortlich zu konzipieren und zu leiten. Sie müssen neben sozialer Kompetenz und einem großen Engagement auch Durchhalte- und Konzentrationsvermögen sowie Einfallsreichtum einbringen. Mitunter wird von ihnen auch ein Grundverständnis bzw Sachkenntnis von der zu behandelnden Materie erwartet, um den gegebenenfalls erforderlichen Übersetzungsdienst tatsächlich leisten zu können. Überhaupt hängt ihrer Meinung nach der „Erfolg“ eines Mediationsverfahrens364 stark vom Wirken der MediatorInnen ab365. Es ist letztlich deren 364 Zum Erfolg bzw Misserfolg von Mediationsverfahren siehe bereits 1.III.A.1.d). 365 So schon Zieher/Reidl, Umweltmediation 72, wonach professionell ausgebildete MediatorInnen von den UntersuchungsteilnehmerInnen als wesentlich für den Mediationserfolg erachtet werden.
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Aufgabe und deren Handwerk, den Mediationsprozess zu einem – freilich nicht inhaltlich vorgegebenen – Ergebnis zu steuern. Nur am Ergebnis werden – so die Interviewten – ihre Qualitäten und letztlich auch das Instrument Mediation selbst gemessen. Folglich müsse es den MediatorInnen klar sein, dass ein enormer Erfolgsdruck auf ihnen laste, der übrigens nach (jedoch für die neutrale Stellung der MediatorInnen nicht unproblematischen) Meinung eines Interviewten noch durch den Einsatz leistungsbezogener Verträge (= Zahlung bei Erzielung eines Ergebnisses) iS eines Erfolgszwangs erhöht werden solle366. Zur Bewältigung dieser Aufgaben bedarf es nach Ansicht der befragten MediationsteilnehmerInnen folglich des Einsatzes von professionellen und erfahrenen MediatorInnen, was zugleich einem der am häufigsten genannten förderlichen Kriterien für ein Mediationsverfahren entsprach367. Für das Mediationsverfahren selbst erwarten sich die BehördenvertreterInnen einen gut organisierten Prozess, der straff und effizient – zB durch Einrichtung von kleineren, einzelthemenbezogenen Arbeitsforen, gute Sitzungs- und Protokollführung – gestaltet wird. Demgegenüber müsse jedoch genügend Raum bleiben, um ohne Druck ein aktives Wahrnehmen der Ängste und Emotionen der Betroffenen gewährleisten und die Möglichkeit einräumen zu können, diese auch auszusprechen. Nur so werde die erforderliche Offenheit und Transparenz gewährleistet und folglich auch Vertrauen und Akzeptanz aufgebaut. Zum Aspekt der Offenheit zähle aber auch, von Anfang an mit aller Deutlichkeit festzuhalten, welche Ausgangslage und welche rechtlichen sowie faktischen Handlungsspielräume (mit oder ohne Nulllösung und vorgefassten Zielen) bestehen, um ein gutes Fundament für die Zusammenarbeit zu schaffen und so zu keinem Zeitpunkt falsche Erwartungen bzw Hoffnungen aufkommen zu lassen368. Schließlich muss – insbesondere von den MediatorInnen – dafür gesorgt werden, dass die Rollen der Betroffenen im und außerhalb des Verfahrens freigelegt werden. So könne es beispielsweise nicht angehen, dass während der Mediation von Einzelpersonen Zwischenverhandlungen mit nicht eingebundenen politisch-administrativen Entscheidungsträgerinnen bzw Entscheidungsträgern geführt werden. Dies berge die Gefahr in sich, dass sich 366 Schließlich sei aus Sicht der Behörde/Politik eine ergebnislos beendete Mediation angesichts des Einsatzes von Steuermitteln – und das für die politisch-administrativen EntscheidungsträgerInnen und dem Instrument der Mediation selbst – realpolitisch nicht unproblematisch. 367 Anders scheint hier die Einschätzung der MediatorInnen zu sein. Diese halten im Gegensatz zur BürgerInnen-/Interessenvertretung und der Verwaltung diese Vorgabe für kein wesentliches Erfolgskriterium. 368 Siehe oben 1.I.B.1.c).
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andere TeilnehmerInnen ausgebootet fühlen oder dadurch falsch verstandene Informationen in die Gruppe einfließen. Gefordert sind aber alle am Aushandlungsprozess Beteiligten. Jeder Einzelne bzw auch die Gruppen müssen als Einheit Verantwortung für das Verfahren und darüber hinaus für die Erreichung des gemeinsamen Ziels, nämlich ein tragfähiges und realisierbares Ergebnis zu erarbeiten, übernehmen. 7. MediationsteilnehmerInnen und Einbindung von BehördenvertreterInnen in das Verfahren
Für ein Mediationsverfahren ist wesentlich, dass alle am Konflikt persönlich Betroffenen unmittelbar oder zumindest mittelbar durch Delegierte am Aushandlungsprozess beteiligt werden. Dass dadurch die in einem Mediationsverfahren involvierten „Funktionen“ (AnrainerIn, ProjektwerberIn, BürgerinitiativenvertreterInnen, Sachverständige, BehördenvertreterInnen mit und ohne Entscheidungsbefugnisse im nachfolgenden politisch-administrativen Verfahren etc) vielfältig sein können, wird in der vorliegenden Untersuchung augenscheinlich. Vor allem aber spiegeln die identifizierten Funktionsbereiche – zwischen sieben und neun in den untersuchten Projekten – die vielen unterschiedlichen Interessen wider, die bei solchen Verfahren aufeinander treffen bzw berücksichtigt werden müssen. a) Der „Parteienbegriff“ im Mediationsverfahren
Der Parteienbegriff ist in Verbindung mit einem Mediationsverfahren umfassender zu verstehen als etwa der des Verwaltungsverfahrens. Nicht ein Rechtsanspruch oder ein rechtliches Interesse allein grenzen den hier propagierten Begriff ab, sondern die sich aus dem Selbstverständnis der Konfliktparteien ergebende Betroffenheit369. Dies wird mit dieser Untersuchung eindrücklich bestätigt, sind doch trotz der großen persönlichen Betroffenheit lediglich eine geringe Anzahl der Befragten (19,3%) in den nachfolgenden politisch-administrativen Verfahren Beteiligte im verwaltungsrechtlichen Sinn gewesen. Dieser Prozentsatz variiert bei allen vier Verfahren kaum. Selbst bei den „klassischen“ Genehmigungsverfahren ist der Wert gering (Gartenau/Leube 30%, Ybbs 18,2%), was demnach einmal mehr die Feststellung zulässt, dass der Tatbestand der Parteistellung im Gegensatz zum behördlichen Verfahren für sich allein noch keine maßgebliche Kennzahl für eine abschließende Identifizierung von potentiellen Konfliktbetroffenen darstellt. Die Notwendigkeit und Sinnhaftigkeit eines solchen, im Zuge der Aufzäumung und Durchführung einer Mediation geübten Beteiligungssystems 369 Vgl oben 1.I.B.2.
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bestätigen nicht zuletzt die UntersuchungsteilnehmerInnen, die zu einem überzeugenden Großteil (93%) der Ansicht sind, dass in den durchwegs breit angelegten Forumstrukturen der jeweiligen untersuchten Mediationsverfahren alle wichtigen Betroffenen am Mediationsverfahren teilgenommen haben, und dieses Vorgehen darüber hinaus von der Mehrheit der Befragten als wesentliches förderliches Kriterium für ein Mediationsverfahren empfunden wird. Dies führt aber sogleich zu weiteren Überlegungen. Wenn nämlich von der Einbeziehung aller für die Behandlung des gegenständlichen Konflikts wichtigen Betroffenen die Rede ist, gilt iSd Mediation auch das Hereinholen aller wesentlichen Interessen als mitgedacht. Dass dies – mangels persönlicher Betroffenheit – jedoch nicht selbstredend der Fall sein muss, lässt sich aus dem Appell einiger der befragten BehördenvertreterInnen ablesen, bei Mediationen im Vorfeld von genehmigungspflichtigen Vorhaben doch Personen in das Verfahren einzubeziehen, welche die allgemeinen Schutzinteressen thematisieren. Dabei müsse es sich nicht zwangsläufig um Sachverständige handeln. Jedenfalls komme aber der Mediationsprozess in Misskredit, wenn die Ergebnisse von der Behörde im Nachhinein „auf den Kopf gestellt“ werden. Und weiters dürfe ihrer Meinung nach im Zusammenhang mit Genehmigungsverfahren – letztlich wohl auch bei Planungsvorhaben – nicht übersehen werden, dass Parteien, die in keiner Weise am Mediationsverfahren partizipieren, möglicherweise Einwendungen oder Rechtsmittel gegen die behördliche (Folge-)Entscheidung erheben bzw die Vereinbarungen faktisch negieren. Deshalb sei es unumgänglich, sowohl möglichst alle Betroffenen direkt oder zumindest indirekt mittels Delegiertenkonzept einzubinden als auch in der Zeit nach dem eigentlichen Mediationsverfahren offen für neu hinzutretende Nachbarinnen und Nachbarn zu sein. Im Zusammenhang mit den vorangestellten Ausführungen sind drei Aspekte, die insbesondere die Frage der Legitimation solcher Verfahren berühren, zu bedenken: zum einen die Gruppengröße, zum zweiten das Stärkeverhältnis und zum dritten die Kontinuität der Teilnahme. Gerade bei Mediationen im öffentlichen Bereich muss – erstens – damit gerechnet werden, dass bei Einbeziehung aller Betroffenen das Mediationsforum eine kritische Größe erreicht, die ein zielführendes Arbeiten nicht mehr gewährleisten lässt und somit hinderlich für den gesamten Prozess wird370. Es scheint also mitunter eine Begrenzung der TeilnehmerInnenzahl geboten371 oder 370 ZB führen Hiess/Pfefferkorn, ZKM 2004, 132, das oft sehr angespannte Verhandlungsklima im Plenum auf die große TeilnehmerInnenzahl zurück. 371 Siehe zB Zilleßen, in: ders (Hg), Mediation 34, der die Grenze bei maximal 25 Beteiligten zieht. Rüssel, in: Niedostadek (Hg), Praxishandbuch 57, geht von maxi-
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aber es sind speziell auf die Gruppengröße abgestimmte Verfahrensstrukturen vorzusehen372. In welcher Weise dies geschehen soll (etwa Repräsenta tionssystem, Arbeitsgruppen etc), ist jeweils im konkreten Verfahren – im Einverständnis mit den Konfliktparteien373 – zu entscheiden. Wie schmal dabei der Grad sein kann, den es zu bewältigen gilt, lässt sich an einem der untersuchten Beispiele demonstrieren. Demnach wuchs trotz eines Delegiertensystems die Mediationsrunde auf 35 Personen an. Hiebei wurde nun auf der einen Seite die Gruppengröße als hinderlich angesehen, auf der anderen Seite wurde jedoch das Fehlen von weiteren InteressenträgerInnen moniert374. Zweitens muss bei der Zusammenstellung das Stärkenverhältnis der Gruppen innerhalb des Forums Berücksichtigung finden, um nicht, wie von UntersuchungsteilnehmerInnen gerügt, Gefahr zu laufen, einzelne Interessenvertretungen zu überrepräsentieren. Und schließlich stellt die Teilnahmekontinuität das dritte zu beachtende Kriterium dar. Der Wechsel von key playern während dem Mediationsverfahren oder eine veränderte Zusammensetzung des Forums im Zuge der Umsetzung der Ergebnisse wird von einzelnen UntersuchungsteilnehmerInnen dieser Studie als hinderlich und den Prozess störend empfunden375. b) Einbindung von Verwaltung und Politik
Dem noch nicht genug, eröffnet sich eine weitere Fragenwelt, nämlich wie gerade bei Mediationsverfahren im öffentlichen Bereich eine Beteiligung von BehördenvertreterInnen (Behörden- und/oder VerhandlungsleiterInnen, Amtssachverständige) und PolitikerInnen geartet sein muss, wenn gleichzeitig zu bedenken ist, dass Konsensbildung in einem mediativen Vermal 30 TeilnehmerInnen aus. Dass diese Zahlen freilich nur einen Richtwert darstellen, beweist etwa Zilleßen selbst, leitete er doch als Mediator des Mediationsverfahrens Flughafen Wien-Schwechat ein Mediationsforum mit bis zu 80 Personen; siehe hiezu Prader, in: Gruber/Pichler (Hg), Wirtschaftsmediation 82. Auch Meuer/Troja, Mediation 56 f sowie dies, ZKM 2004, 81 f berichten in ihrer Untersuchung davon, dass Mediationsverfahren mit einer großen Anzahl an TeilnehmerInnen (bis zu 120 Personen) zu einem Abschluss mit Ergebnissen gebracht werden können, ohne jedoch anschließend die Frage zu stellen, ob es sich bei den Verfahren mit mehr als 70 TeilnehmerInnen noch um Mediations- oder vielmehr um Beteiligungsverfahren mit Informationsfunktion zur Erhebung von Meinungsbildern handelt. 372 So Meuer/Troja, Mediation 57. 373 Vgl Zilleßen, in: Haft/Schlieffen (Hg), Handbuch2 Rz 56. 374 Zu den hinderlichen Kriterien siehe bereits 1.III.C.5.c). 375 Weiterhin 1.III.C.5.c).
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fahren nicht als gleichbedeutend mit der Bindung der hoheitlichen Verwaltung an diese Entscheidung verstanden werden darf. Diese Gedanken greifen Meuer/Troja in ihrer Studie – bezogen auf die Situation in Deutschland – im Zusammenhang mit der ihrer Meinung nach häufig von VerwaltungsjuristInnen vorgebrachten etwaigen Gefahr einer unzulässigen Vorabbindung der BehördenvertreterInnen durch deren Teilnahme an einem Mediationsverfahren auf376. Ihre Untersuchung zeigt jedoch, dass die für die Entscheidung der anstehenden Sachfragen wesentlichen AkteurInnen in 88% (n=67) der Verfahren zu einem großen Teil oder ganz beteiligt waren und lediglich in 4% (= drei Verfahren) der Fälle nicht daran teilnahmen377. Dies lädt mE zu den Überlegungen ein, ob die bezeichnete Gefahr in der Praxis von den Betroffenen als wenig evident angesehen wird und/oder ihre Funktion und Stellung im Verfahrensdesign gehörig berücksichtigt wurde und somit den Vorbehalten rechtzeitig begegnet werden konnte? Solche Schlussfolgerungen könnten mitunter auf ein weiteres Untersuchungsergebnis von Meuer/Troja gestützt werden, wonach allein wegen der Beteiligung der wesentlichen politisch-administrativen VertreterInnen kein signifikanter Einfluss auf den Eingang der Inhalte der Ergebnisse in politischadministrative Beschlüsse als auch auf die Umsetzung der Ergebnisse festgestellt werden konnte378. Hilfreich wäre es freilich gewesen, hätten die Autoren zum einen Begründungen für die Nichtteilnahme der BehördenvertreterInnen an den drei Verfahren ausgewiesen und zum anderen eine Querverbindung zu den Konfliktgegenständen hergestellt. Vor allem letzteres Ergebnis hätte in Zusammenschau mit den hier vorgestellten Daten wohl interessante Aspekte ergeben, lassen sich doch – wie nunmehr aufgezeigt – zwischen privaten und solchen von der Verwaltung getragenen Projekten entscheidende Unterschiede bei der Form der Einbindung der politisch-administrativen EntscheidungsträgerInnen in das Mediationsverfahren festmachen. Während nämlich die administrativen BehördenvertreterInnen, die das Mediationsverfahren initiierten, auch selbst – zumeist federführend – daran teilnahmen, waren die VertreterInnen der behördlichen Genehmigungsverfahren, und zwar die VerhandlungsleiterInnen, nicht Teil des privat ange376 Meuer/Troja, Mediation 63 f. 377 Meuer/Troja, Mediation 64 f halten diese Ergebnisse vor dem Hintergrund der angesprochenen Vorabbindungsmöglichkeit zwar für sehr interessant und leiten daraus ab, dass die Verfahren von der Verwaltung ernst genommen werden, weitere Schlussfolgerungen stellen sie jedoch nicht an. 378 Meuer/Troja, Mediation 91.
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triebenen Mediationsforums und wurden letztlich erst mit den in der Mediation erzielten Ergebnissen konfrontiert. Die Amtssachverständigen wiederum waren teilweise Mitglieder des Mediationsforums oder aber wurden als sachverständige Auskunftspersonen zu einzelnen (technischen) Themen beigezogen. Die EntscheidungsträgerInnen schließlich, die im konkreten Verfahren vorrangig eine politische Funktion ausübten, waren zum einen nicht zur Gänze am Mediationsverfahren beteiligt oder aber zum anderen ständiges Mitglied. Von den befragten BehördenvertreterInnen wird die Art der Einbindung übrigens als durchwegs ausreichend und für den Ablauf der beiden Verfahren, also Mediations- und politisch-administratives Verfahren, grundsätzlich als passend empfunden, wenn auch hiebei wiederum zwingend zu unterscheiden gilt, wer der Projektträger iwS ist. In den von der Verwaltung angestrengten Vorhaben ist die vollständige Einbeziehung der von den in der Mediation zu erzielenden Ergebnissen betroffenen BehördenvertreterInnen unbestritten. Diese müssen nach Meinung der Befragten zB schon allein deshalb integriert sein, um rechtzeitig, also bereits in der Verhandlungsphase, auf angedachte Lösungsoptionen hinsichtlich deren Realisierbarkeit reagieren zu können. Von den KollegInnen – sowohl von den VerhandlungsleiterInnen als auch den Amtssachverständigen – bei Vorhaben von privaten Einschreitern wird dies hingegen entweder zurückhaltend kommentiert oder als nicht notwendig erachtet. Die Begründungen für diese Haltung reichen von der Sorge über die Objektivität der Behörde, einem möglichen Konflikt mit der Amtsverschwiegenheit bis hin zum Argument, man dürfe sich außerhalb des eigentlichen Behördenverfahrens auf nichts festlegen, sich also nicht binden, und müsse sich daher auf allgemeine Auskünfte zurückziehen, was aber wiederum in der konkreten Diskussionssituation als schwierig empfunden wird. Es erscheint den Befragten ausreichend, wenn die Behörde rechtzeitig über die Durchführung eines Mediationsverfahren informiert und ihr mitgeteilt wird, wer die Beteiligten sind und wie der grobe Ablauf sein wird. Sofern es jedoch gewünscht sei, werde die Behörde jedenfalls unterstützend mitwirken. Bei den kontextuellen Schilderungen zur Einbindung der Behörde iwS wird also vor allem der wesentliche Unterschied in der „persönlichen Betroffenheit“ augenscheinlich, womit gleichsam ein Indikator angesprochen wird, der zur Annahme herausfordert, dass die Wahrscheinlichkeit eines Engagements von BehördenvertreterInnen für Mediation bei eigenverantwortlichen Projekten ungleich größer ist als bei „bloß“ privatwirtschaftlich initiierten Vorhaben.
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8. Ergebnisse der Mediationsverfahren und deren Umsetzung a) Form und Bindungskraft
Die im Zuge eines Mediationsverfahrens erzielten Ergebnisse stehen freilich bei der Bewertung solcher Prozesse im Mittelpunkt. Dabei kommt es neben den inhaltlichen Erkenntnissen vor allem auch auf die Form, in die eine Vereinbarung gebracht wird (privatrechtlicher Vertrag, Empfehlung), sowie die Realisierbarkeit der Vereinbarung an. Gemeinsam mit dem Wissen vom Umsetzungsgrad der Regelungen können letzlich ein Einblick in die rechtliche und faktische Bindungskraft gewonnen und die Auswirkungen des Mediationsverfahrens auf den politisch-administrativen Entscheidungsprozess sichtbar gemacht werden379. aa) Ergebnisse der Mediationsverfahren
aaa) Gartenau/Leube Unternehmen und BürgerBeirat, der zur ständigen Einrichtung wurde, einigten sich in Form einer privatrechtlichen Vereinbarung. Die Kerninhalte sind: Verzicht des Unternehmens auf Umrüstung der Verbrennungsanlage zum Zwecke der Abfallentsorgung; Emissionen von Luftschadstoffen müssen nach dem jeweils neuesten Stand der Technik und den wirtschaftlichen Möglichkeiten des Unternehmens langfristig minimiert werden (= sog Dynamisierungsklausel); umfassende Kontroll- (Ziehen von Proben) und Informationsrechte (Jahresbericht über betriebliche Emissionen); Verzicht der Mitglieder des BürgerBeirats auf Rechtsmittel in den korrespondierenden Behördenverfahren. Im behördlichen Genehmigungsverfahren wurde die Mediationsvereinbarung als weitere Unterlage zusätzlich mit dem ergänzten Projektantrag und den technischen Unterlagen für die Gesamtbewertung (Sachverständigengutachten) herangezogen und – soweit (öffentlich-)rechtlich möglich – indirekt über die Sachverständigengutachten auch im Bescheid in Form etwa von Auflagen berücksichtigt. Zwölf Monate dauerte es, bis die Mediationsergebnisse umgesetzt werden konnten. bbb) Ybbs Die erarbeiteten Ergebnisse fanden Eingang in einen von den TeilnehmerInnen des Mediationsforums gemeinsam unterzeichneten und verbindlichen (privatrechtlichen) Einigungsvertrag. Die Kerninhalte sind: Bauliche, technische und organisatorische Maßnahmen zur Lärmreduktion seitens des Unternehmens, die mitunter über das gesetzliche Ausmaß hinausreichten; Zurückziehung der bereits im behördlichen Verfahren eingebrachten 379 Siehe hiezu auch Meuer/Troja, Mediation 77 ff.
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Rechtsmittel; Implementierung eines periodischen Informationsmechanismus. Teile der Mediationsvereinbarung fanden sich schließlich im neuen Projektantrag wieder. Der zuständigen Behörde selbst wurden jedoch lediglich die sie unmittelbar betreffenden Ergebnisse ausdrücklich mitgeteilt, nicht aber die gesamte zivilrechtliche Vereinbarung vorgelegt. Dabei handelte es sich in erster Linie um die Zurückziehung sämtlicher bereits anhängigen Rechtsmittel und um den Wunsch, in Folgeverfahren unkonventionell zusätzlich vier AnrainervertreterInnen zu laden, die ansonsten nicht mit einzubeziehen wären. Die Dauer der Umsetzungsphase betrug letztlich ein Jahr, gerechnet ab dem Abschluss des Mediationsverfahrens. ccc) Verwall Die Aushandlungsergebnisse wurden in einem – rechtlich wohl unverbindlichen – Abschlussprotokoll festgehalten. Teil desselben sind ein Vereinbarungstext betreffend die Nutzungsfestlegungen sowie des Gebietsmonitorings, ein Entwurf für die entsprechende Natura 2000 Gebietsverordnung sowie ein Zusatzprotokoll, in dem die Positionen und Vorschläge festgehalten wurden, über die es im Mediationsverfahren keine Einigung gab. Diese Inhalte sollen im Rahmen eines mit BehördenvertreterInnen und Betroffenen besetzten Beirats Verwall weiter bearbeitet werden. Die entscheidenden Etappen der Umsetzung der Ergebnisse sind zum Zeitpunkt der Untersuchung insoweit durchlaufen worden, als nach einer neunmonatigen Vorbereitungsdauer die Gebietsverordnung von der Landesregierung auf Grundlage und iSd Mediationsvereinbarung erlassen und die Konstituierung des besagten Beirats erfolgt ist. ddd) Yppenplatz Die Vorlage des Rahmenplans stellt das rechtlich unverbindliche Ergebnis des Verfahrens dar. Darin wurden die gemeinsam vereinbarten Vorschläge zu den drei Themenbereichen Markt (Detail- und Großmarkt, Abfallsammlung), Park & Freiraum (Berücksichtigung unterschiedlicher Nutzungsinteressen von Jugendlichen, älteren Menschen, Wirtschaftstreibenden etc; Einbeziehung des weiteren städtischen Umfelds) sowie Verkehr (Verkehrskonzept, Verzicht auf ein zuvor angedachtes Tiefgaragenprojekt) festgehalten und zu einem Gesamtkonzept verdichtet. Die Ergebnisse des Urbanprojekts wurden von der zuständigen Magistratsabteilung nach Rückbindung mit mehreren anderen Geschäftsgruppen (zB Marktamt), von denen vor allem die politische und budgetmäßige Zustimmung einzuholen war, soweit auf Schiene gebracht, dass mit der Detailplanung und Umsetzung des Vorhabens durch die ausführenden Dienststel-
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Begriffs- sowie Funktionsklärung und Fallstudie
len unmittelbar nach Abschluss der Mediation begonnen werden konnte. Die Detailplanung dauerte ca ein Jahr. Die Umsetzung der Maßnahmen erforderte nochmals ca zwei Jahre. Eine gemeinsame Einrichtung, die die Umsetzung der Ergebnisse begleitet hätte, wurde in diesem Fall nicht geschaffen, jedoch eine „Projektkoordination“ eingesetzt. bb) Abschlussvereinbarung
Die Antworten zur Frage hinsichtlich der Form der Abschlussvereinbarung zeigen, dass den Befragten der beiden Verfahren Gartenau/Leube und Ybbs, deren Ergebnisse jeweils in zivilrechtlich ausgestaltete Verträge gefasst wurden, die Vorgehensweise voll und ganz bewusst (jeweils 100%) ist. Deutlich weniger klar scheint diese Situation für die Beteiligten der beiden administrativen Projektentscheidungen Yppenplatz und Verwall zu sein, in denen – wie schon mehrfach erwähnt – die Ergebnisse in einem rechtlich unverbindlichem Abschlussprotokoll und einem ebenso unverbindlichen Rahmenplan ihren Niederschlag fanden. Lediglich 53,8% (Yppenplatz) und 47,8% (Verwall) der Befragten erkennen in der gewählten Form ein Instrument zur Ergebnisdarstellung mit Empfehlungscharakter an Politik und Verwaltung. Insbesondere fällt auf, dass eine Mehrzahl der Befragten des Verfahrens Verwall die Verordnung als das den Mediationsprozess abschließende Instrument nennen, was den Schluss nahe legt, dass diese nicht zwischen dem Mediationsergebnis per se und dem zur Umsetzung desselben notwendigen Verwaltungsakt unterscheiden. Eine solche Unterscheidung ist aber deshalb von größter Bedeutung, als mit der Entscheidung, die in der Mediation erzielten Vereinbarungen als Empfehlungen an den Verordnungsgeber formulieren zu wollen, das Verlassen ihrer Rechtssphäre einher geht und sie, die MediationsteilnehmerInnen, somit den unmittelbaren Einfluss auf die Ausgestaltung des Umsetzungsergebnisses verlieren und auch die Rechtsschutzmöglichkeiten andere werden. Freilich darf dabei nicht die faktische Verbindlichkeit übersehen werden, der es – auch aufgrund der bei den BehördenvertreterInnen erkennbaren Akzeptanz für die Qualität der Aushandlungsergebnisse – zu einem großen Teil zuzuschreiben ist, dass die erarbeiteten Maßnahmen und Vorkehrungen letztlich auch weitgehend umgesetzt wurden. Mit einer rechtsverbindlichen Übereinkunft ist dieses Vorgehen jedoch nicht gleichzusetzen. Grundsätzlich müsste gem der erhobenen Daten dies den Befragten bekannt gewesen sein, meinen doch 92,16% aller Befragten, über die rechtlichen Konsequenzen sowohl des Mediationsverfahrens als auch hinsichtlich der Abschlussvereinbarung aufgeklärt worden zu sein und immer noch 84,31% sind der Ansicht, dass die Aufklärungsbemühungen ausreichend waren.
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Von der Mehrheit aller Befragten (68,4%) wird übrigens ein verbindlicher und einklagbarer Vertrag als förderliches Instrument zur Umsetzung der Mediationsergebnisse anerkannt380. Nur sehr wenige (3,5% = zwei Personen) sind hingegen der Ansicht, eine unverbindliche Empfehlung sei für die Umsetzung der Mediationsergebnisse am meisten geeignet und insgesamt 15,8% sowie auffallende 46,2% aus dem Projekt Yppenplatz sehen zwischen der Verbindlichkeit der Abschlussvereinbarung und der Umsetzung der Ergebnisse keinen Zusammenhang. 12,3% machen hiezu keine Angaben. Aufgeschlüsselt nach den Funktionsgruppen MediatorInnen, Bürger-/ Interessenvertretung und Verwaltung verschiebt sich das Bild kaum. Der größte Anteil in allen drei Funktionsgruppen (70,7%) ist der Ansicht, dass ein verbindlicher, einklagbarer Vertrag die Umsetzung der Ergebnisse stärker fördert. Am deutlichsten wird dies bei der Gruppe der MediatorInnen (83,3%). Ein Vergleich zwischen Frauen und Männer bringt kein statistisch signifikantes Ergebnis. Ähnliches gilt auch für den Vergleich der beiden Altergruppen, wobei hier – mit aller Vorsicht zwar – die Tendenz feststellbar ist, dass die Gruppe der jüngeren Befragten stärker dem Erfordernis eines verbindlichen Vertrags zuspricht (76,9%) als die Gruppe der älteren UntersuchungsteilnehmerInnen (59,3%). b) Umsetzung der Ergebnisse
Als ein wesentliches Kriterium von Mediationsverfahren gilt das vereinbarungsgemäße und rasche Verwirklichen der Mediationsergebnisse, um – so auch die Meinung der BehördenvertreterInnen – den MediationsteilnehmerInnen das Gefühl zu geben, dass ihre Wünsche ernst genommen werden sowie ihre Arbeit Früchte trage. Daher erscheint es von angemessenem Interesse, den Verlauf der Umsetzungsphase in den Vordergrund zu stellen. aa) Begleitung der Umsetzungsphase
Vorausschickend sei festgehalten, dass es in allen vier untersuchten Projekten – wenn auch in jeweils verschiedener Form und Intensität – zu einer Fortführung des Kommunikationsprozesses kam bzw kommt. Allein die gewählten Formen könnten in ihrer Ausprägung unterschiedlicher nicht sein, was wiederum selbstredend unmittelbare Auswirkungen auf den Mitwirkungs- und vor allem den Informationsgrad der MediationsteilnehmerInnen mit sich bringt. 380 Zieher/Reidl, Umweltmediation 79 f, berichten von einer Zustimmung von 82% hinsichtlich der Verbindlichkeit der Verhandlungsergebnisse als entscheidenden Erfolgsfaktor für Mediationsverfahren.
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Am Beispiel des Projekts Gartenau/Leube dargestellt bedeutet dies, dass das Mediationsforum, der BürgerBeirat, fortgeführt wird, dieses Gremium also zur ständigen Einrichtung geworden ist. Es oblag demnach den MediandInnen nicht nur die Umsetzung der Mediationsergebnisse zu begleiten, sondern auch an weiteren zukünftigen Unternehmensentscheidungen teilzuhaben. Sehr informiert sind folglich auch die befragten Mitglieder hinsichtlich der Funktion und Aufgaben des BürgerBeirats. So dienen die jährlich und anlassbezogen durchgeführten Sitzungen ihren Angaben gem der Umsetzung der Mediationsergebnisse, insbesondere dem vereinbarten Ziel, langfristig eine Minimierung von Schadstoffausstoßen (= Dynamisierungsklausel) zu erreichen. Aber auch die laufende Kontrolle und Überwachung sowie die Mitwirkung an der Realisierung neuer (Teil-)Projekte und Vorhaben (etwa Einsatz neuer, zusätzlicher Ersatzbrennstoffe) wird angeführt. Als zusätzliche Einrichtungen werden noch Arbeitskreise zu verschiedenen Themen genannt. Ähnliches gilt auch für das Verfahren Ybbs. Die einheitlichen Aussagen der Befragten lassen ebenfalls einen hohen Informiertheitsgrad annehmen. So werden im Zuge von jährlichen Sitzungen, deren Abhaltung in der Abschlussvereinbarung vorgesehen wurde, die AnrainerInnen in erster Linie von zukünftigen Investitionen unterrichtet und vor allem rechtzeitig informiert (bereits in der Projektphase und noch vor gewerblichen Verhandlungen). Die Treffen dienen nach Angabe der UntersuchungsteilnehmerInnen darüber hinaus der Information betreffend die Umsetzungsfortschritte, der Abnahme der vertraglich vereinbarten Vorkehrungen sowie der Pflege des „Klimas“ zwischen den AnrainerInnen und dem Betrieb (Information, Diskussion, Wünsche, Beschwerden, Anregungen). Darüber hinaus wird von den Befragten eine Vielzahl an zusätzlichen Einrichtungen, die teilweise auch als Maßnahmen bezeichnet werden können, genannt. Demnach wurden SprecherInnen aus den Anrainergruppen als Vertrauenspersonen gewählt, die vor gewerblichen Verhandlungen seitens des Unternehmens detailliert und auf sachlicher Ebene informiert werden. Weiters finden Evaluationen durch Sachverständige bzw fachliche Kontrollen (Lärmschutz) neuer Projekte durch die/den im Mediationsverfahren bestellte/n GutachterIn statt. Die Rede ist – wie schon zuvor anlässlich der Folgetreffen – auch von jährlichen Informationen, öffentlichen Informationsveranstaltungen sowie von einem Störfallinformationsmechanismus, Offenlegungspflichten des Betriebs bei Verschwiegenheitspflichten der AnrainerInnen und von einem Konsensmodus, der Konstituierung einer Verhandlungsrunde (= Arbeitsausschuss), bei neuen Projekten. AnrainerInnen werden nach Meinung einer/eines Befragten dadurch in die Planung der Lärmschutzmaßnahmen einbezogen und es werden gemeinsame Lösungen erarbeitet.
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Für das Projekt Verwall lässt sich festhalten, dass es während der Phase der Verordnungserrichtung keine gemeinsamen (offiziellen) Folgetreffen des Mediationsforums gab. Sehr wohl aber soll nach Angabe der meisten UntersuchungsteilnehmerInnen – wie auch bereits in der Schutzgebietsverordnung vorgesehen – ein Beirat für das Natura 2000 Gebiet eingerichtet werden. Darüber hinaus werden von Befragten als weitere Einrichtungen ein Lenkungs- und Arbeitsausschuss, die Bestellung einer Gebietsbetreuerin bzw eines Gebietsbetreuers als Kontrollorgan, Arbeitsgruppen zu einzelnen Fachgebieten und die Einsetzung einer Projektmanagerin bzw eines Projektmanagers genannt. Im Rahmen des Projekts Yppenplatz fanden nach dem eigentlichen Mediationsprozess keine weiteren gemeinsamen (offiziellen) Sitzungen mehr statt. Dass es jedoch Treffen von Teilgruppen gab, belegen die Aussagen einzelner Befragter, indem sie als Funktionen dieser Treffen Beratungen im informellen Weg hinsichtlich der weiteren Bautätigkeiten bzw der Detailplanungen auf Basis des Rahmenplans zur Erzielung von Verbesserungen im gesamten Bereich oder aber die des Monitorings und Controllings der Umsetzung nennen. Zum Zwecke der Abwicklung wurden nach Meinung einiger jedoch auch zusätzliche Einrichtungen für die Umsetzung geschaffen. Es seien dies die Projektorganisation, ein/e ProjektkoordinatorIn bzw ein/e ProjektmanagerIn. Auch die Schaffung weiterer Arbeitskreise wird genannt. Auffallend ist hiebei jedenfalls die große Uneinheitlichkeit bei den Antworten der UntersuchungsteilnehmerInnen, was darauf hindeutet, dass möglicherweise die Informationen betreffend den geplanten Umsetzungsprozess nicht oder nicht in vollem Ausmaß bei den MediandInnen ankamen. In diese Richtung deuten auch zwei Aussagen von Befragten, wonach einerseits die unklare Entscheidungs- und Umsetzungsstruktur sowie andererseits die unzureichende Kontinuität der Beteiligten zwischen Rahmenplan und Umsetzung als hinderlich empfunden wurden. bb) Grad der Umsetzung der Ergebnisse
Insgesamt geben 52,6% der UntersuchungsteilnehmerInnen an, die Ergebnisse aus dem Mediationsverfahren seien bis jetzt vollständig umgesetzt worden und 31,6% meinen, eine zumindest teilweise Umsetzung sei erfolgt. Vor allem ein Großteil der Befragten der Projekte Gartenau/Leube (80,0%) und Ybbs (81,8%) gehen von einer vollständigen Umsetzung der Ergebnisse aus. Bei Befragten aus dem Verfahren Yppenplatz ist der Prozentsatz von 61,5% geringer, wenn auch 23,1% eine teilweise Umsetzung annehmen. Beim Projekt Verwall liegt der Prozentsatz hinsichtlich der vollständigen Umsetzung bei 21,7%. Jedoch sind 60,9% der Ansicht, die Ergebnisse wurden zumindest teilweise umgesetzt.
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Als Gründe für eine nur teilweise bzw nicht erfolgte Umsetzung werden ua technische und rechtliche Änderungen, die eine Anpassung der Vereinbarungen bedingt haben, der Geldmangel des Bundes und rasch wechselnde MinisterInnen (Gartenau/Leube), ein Brand in der Betriebsstätte (Ybbs), fehlende Finanzen, faktische Rahmenbedingungen und die Tatsache, dass das ausgearbeitete Konzept für die Behörde nur ein Vorschlag und damit nicht bindend gewesen sei (Yppenplatz), angeführt. Darüber hinaus – so im Fall des Verfahrens Verwall – müsse eben noch zugewartet werden, bis endgültige Aussagen getätigt werden können. Erst jetzt nach dem Inkrafttreten der Verordnung könne der verhandelte Managementplan umgesetzt werden, auch fehle noch die Bestellung der Gebietsbetreuerin bzw des Gebietsbetreuers und vor allem die Einrichtung des Beirats. Zusätzlich wird jedoch angemerkt, dass eine „mangelnde Vollziehung“ und Interventionen verantwortlich für das nur teilweise Umsetzen der Ergebnisse seien. cc) Abweichungen von der Abschlussvereinbarung
Lediglich 19,3% der Gesamtstichprobe meinen, es gab Abweichungen von der Abschlussvereinbarung, 40,4% verneinen dies und immerhin 28,1% der Befragten wissen darüber nicht Bescheid bzw 12,3% äußern sich nicht dazu. Anstöße für Abweichungen kamen laut Befragten des Projekts Gartenau/ Leube seitens des Projektwerbers, der Bürgerinitiativen bzw AnrainerInnen oder „anderen“, wobei hier nicht eine Person(engruppe), sondern Änderungen der wirtschaftlichen Marktbedingungen genannt werden. Vom Projekt Ybbs äußert sich lediglich eine Person und nennt dabei Projektwerber, AnrainerInnen und die/den GutachterIn. 23,1% der Befragten des Projekts Yppenplatz geben an, der Anstoß für Abänderungen kam von der Behörde, und im Projekt Verwall nennen zwei Personen Behörde, AnrainerIn, Interessenverband, GemeindevertreterIn bzw GrundeigentümerInnen. Als Gründe für die Abweichungen werden von den Befragten die Änderungen des Umfelds (Gesetze, planerische Vorhaben, ...), die Verfügbarkeit von Ersatzbrennstoffen mit bestimmten Eigenschaften (Gartenau/Leube), notwendig gewordene Änderungen, die sich erst im Zuge der Detailplanung und baulichen Ausführung ergaben, sowie – und dies erscheint gerade im gegenständlichen Zusammenhang ein wenig überraschend – die „Scheu vor dem Konflikt“ (Yppenplatz) angeführt. Und schließlich werden von Befragten des Verfahrens Verwall als Gründe Schwierigkeiten, die im Zuge der Transformation des „weichen“ Textes der Mediationsvereinbarung in die Verordnung auftraten und Abweichungen erforderten, ebenso genannt wie die Unzufriedenheit von VertreterInnen des Tourismus und der Jagd, fachlich fundierte Gegebenheiten aus der Vergangenheit und zuwenig Vorinformation sowie die unnachgiebige Haltung von InteressenvertreterInnen.
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In die Entscheidungen hinsichtlich der Abweichungen waren nach Angabe der Befragten in den Projekten Gartenau/Leube (BürgerBeirat, alle Mitglieder des BürgerBeirats und die Behörde, alle Betroffenen) und Verwall (Gemeinden, Grundeigentümer/Großteil der Anwesenden) übrigens ein Großteil der MediationsteilnehmerInnen eingebunden. Demgegenüber haben im Anschluss an das Konsensverfahren Yppenplatz „offiziell“ lediglich Behörden und PlanerInnen diesen Entscheidungsprozess mitgestaltet. dd) Zeitplan für die Umsetzung der Ergebnisse
Beinahe alle Befragten der Projekte Gartenau/Leube, Ybbs und Yppenplatz geben an, einen Zeitplan für die Umsetzung der Mediationsergebnisse vereinbart zu haben. Lediglich im Projekt Verwall war die Vereinbarung eines solchen unklar, 47,8% antworten hiezu mit ja, 34,8% mit nein und 17,4% äußern sich zu dieser Frage nicht. Mehrheitlich (56,1%) wird davon ausgegangen, dass der Zeitplan auch eingehalten wurde und lediglich 12,3% geben an, der Zeitplan wurde nicht eingehalten, dies betrifft die Projekte Ybbs, Yppenplatz und Verwall. Als Auslöser für den Verzug werden behördeninterne Gründe und Verzögerungen, der Konkurs ausführender Firmen (Yppenplatz), äußere Einflüsse (Ybbs: Brand, Hochwasser) und die vielen zu bearbeitenden Stellungnahmen zum Verordnungsentwurf des Landes sowie Interventionen angesehen (Verwall). Zielführend und hilfreich wären in dieser Situation nach Meinung der Befragten ua eine umfassendere und offenere Informationspolitik, ein strafferes Projektmanagement, klare Zielvorgaben, eine konsequentere Umsetzung sowie das Ignorieren von Interventionen gewesen. 9. Auswirkungen des Mediationsverfahrens auf die behördliche Tätigkeit und den Prozess der Entscheidungsfindung
Eine zusätzliche Herausforderung bei Mediationen im öffentlichen Bereich ist in dem Umstand zu erkennen, dass es zur Umsetzung der Mediationsvereinbarungen – zumindest jener Teile, die über die Sphäre des Privaten ausstrahlen – zusätzlich politischer und/oder administrativer Entscheidungen bedarf, an die das Mediationsergebnis in geeigneter Weise gekoppelt werden muss, soll dieses seine (Rechts-)Wirkungen entfalten können381. Dieser trotz seiner hohen Relevanz für den Grad des Eingangs der erarbeiteten Regelungen oft unbegleitete und in der Literatur vielfach ausgeblendete Koppelungsprozess stellt somit die Verbindung zwischen Mediationsverfahren und politischer und/oder verwaltungsrechtlicher Umsetzung der erarbeiteten Ergebnisse dar. Wohlgemerkt, es handelt sich dabei um ei381 Siehe auch Meuer/Troja, Mediation 79 f.
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nen Prozess, der – wie nachfolgend zu zeigen sein wird – mittelbar und unmittelbar auf das politisch-administrative Verfahren sowie auf die daraufhin zu ergehenden Entscheidungen einwirkt, er demnach nicht bloß den Entscheid betrifft, sondern auch den Weg dorthin beeinflusst. Einen Beleg für diese These liefern die BehördenvertreterInnen mit ihren Ausführungen zur Frage nach den Auswirkungen des Mediationsverfahrens auf deren berufliche Tätigkeit. Alle UntersuchungsteilnehmerInnen gehen dabei einhellig davon aus, dass das eigene Handeln und der Prozess der Entscheidungsfindung durch das Mediationsverfahren in erkennbarem Maße berührt und – in den vorliegenden Fällen – letztlich erleichtert wurden, wenn auch, dies darf nicht verschwiegen werden, vereinzelte Problemlagen an den Schnittstellen zum Vorschein traten. a) Genehmigungsverfahren
Einmal mehr ziehen die Befragten von den in die Untersuchung aufgenommenen Genehmigungsverfahren eine klare Trennlinie, indem sie allesamt deutlich machen, dass die Mediationsvereinbarung jedenfalls keinerlei Präjudiz schaffe und auch sonst für sie keine bindende Wirkung entfalte. Vielmehr müsse das Behördenverfahren immer gesetzeskonform abgeführt werden. Das bedinge freilich auch, dass alle ex lege einzubeziehenden Personen gehört, die Projektanträge und technischen Unterlagen trotz Mediationsverfahren inhaltlich geprüft und hinsichtlich aller Interessen selbständig abgewogen werden und dass sie, also die VerfahrensleiterInnen, letztlich auch theoretisch zu ein- und demselben Bescheid gelangen müssten. Daneben aber lassen sich – wie von allen Befragten angeführt – zum Teil hilfreiche Ausflüsse des Mediationsverfahrens und von dessen Ergebnisse auf die behördliche Entscheidungsfindung ausmachen. Die Rede ist hier etwa von Projektanträgen und technischen Unterlagen, die von einer besseren Qualität und höheren Dichte sind, als es üblicherweise der Fall ist, aber auch von Messdaten und Beweissicherungsmaßnahmen, die bereits im Mediationsverfahren erhoben bzw ergriffen wurden. Die BehördenvertreterInnen berichten weiters von bereits im Mediationsverfahren abgebauten Vorurteilen sowie aufgelösten inneren Widerständen, wodurch für sie die Organisation der mündlichen Verhandlung vereinfacht sowie die Dauer derselben verkürzt werden kann. Am meisten freilich beschleunigen der Verzicht auf Rechtsmittel bzw die Zurückziehung derselben das Verfahren. Demgegenüber wurde von den Befragten der behördliche Auftrag einer Bewertung von allgemeinen Schutzinteressen (zukünftige Generationen, öffentliche Bedenken) nach erfolgter Mediation als schwierig erlebt, insoweit solche Interessen, die vor allem im Umweltbereich vielfältiger sind als zumeist angenommen, im zeitlich vorgelagerten Mediationsverfahren mangels Sensibilisierung der Betroffenen nicht berücksichtigt werden. Die Befragten
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bestätigen hiemit exakt den Aspekt, vor dem die KritikerInnen bereits die längste Zeit über warnen. Die Verwaltung hat aufgrund seines Gemeinwohlfindungsauftrags sämtliche berührten Belange, insbesondere die der „nicht anwesenden“, von sich aus und vollständig zu berücksichtigen. Dieser Auftrag ist rechtlich geboten und kann zumindest de lege lata nicht etwa in Folge von Effektivitätsüberlegungen aufgegeben werden382. Spätestens im Verwaltungsverfahren darf darüber nicht hinweggesehen werden. Dadurch – so die InterviewpartnerInnen weiter – könne es in der behördlichen Entscheidung unweigerlich zu Abweichungen vom Mediationsergebnis kommen. Das wiederum führe zu Unverständnis bei den MediandInnen und möglicherweise zu einem Aufschnüren des Ergebnispakets. Verstärkt werde diese Gefahr noch durch die Suggestion, im Zuge einer Mediation sei ohne jeglichen Rahmen alles „verhandel- und vereinbar“. Dies schaffe jedoch falsche Erwartungen und Hoffnungen, sofern nicht bereits möglichst zu Beginn an einer deutlichen Klärung des Auftrags sowie des Verhandlungsrahmens gearbeitet werde. Resümierend wird von den Befragten festgestellt, dass im Fall der untersuchten Projekte weder das vorgeschaltete noch das parallel abgeführte Mediationsverfahren zu einer Mehrbelastung der Behörden führte. Vielmehr wurden diese aufgrund der Beschleunigung des Verwaltungsverfahrens entlastet. Sie gelangen schließlich zur Erkenntnis, dass es gegebenenfalls der Schaffung eines geeigneten (Frei-)Raums – der aber gerade im klassischen Behördenverfahren kaum zu bewerkstelligen erscheint – bedürfe, in dem durch die Verlagerung der Diskussionen auf eine fachliche Ebene die Erfassung des Projektthemas in seiner gesamten Komplexität, das offene Ansprechen von Ängsten, die vor allem im gegenständlichen Kontext obligat seien, und auch das Aushandeln von erweiterten Ausgleichsmaßnahmen sowie attraktiven Zugeständnissen gewährleistet werde. Dabei wird es als ein bedeutender, allgemeiner Vorteil angesehen, dass ein solcher Freiraum eine vom Projekt unabhängige – also auch behördenferne – Person mit einem von ihr gestalteten konsensualen Verfahren ausfüllt. Dadurch erhöhe sich ihrer Meinung nach die Chance des Vertrauensaufbaus, der es letztlich erst ermögliche, dass innerhalb des Forums ein ernsthafter Informationsfluss bzw -austausch zustande komme. b) Administrative Projektentscheidungen
Für die beiden Projektentscheidungen lässt sich nur bedingt ähnliches aussagen. Die Aufgaben und die dabei eingenommenen Rollen sind doch zu unterschiedlich. Dies wird insbesondere durch das Faktum der persönlichen 382 Siehe zur ähnlich gelagerten Diskussion in Deutschland Brohm, NVwZ 1991, 1032; zustimmend Erbguth, NVwZ 1992, 551.
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Betroffenheit einzelner BehördenvertreterInnen sichtbar, weil sie eben mehrheitlich InitiatorInnen und Teilnehmende am Mediationsverfahren waren. Gerade aber diese Form der Einbindung erklärt wiederum, warum von diesen InterviewpartnerInnen der Prozess der Mediation einerseits als zeitintensives Instrument und andererseits als persönlich hilfreiche (soziale) Lernerfahrung empfunden wurde. Darüber hinaus werden – wie bei den Genehmigungsverfahren – weitere Auswirkungen des Mediationsverfahrens wie zB die persönliche Entlastung im Planungsprozess durch die Auslagerung der Verantwortung im Aushandlungsprozess, wodurch zugleich Ressourcen für die inhaltliche Aufgabenstellung frei werden, das „entemotionalisierte“ Arbeiten mit den Projektbetroffenen, das Aufzeigen anderer Handlungsoptionen, die Optimierung der Ergebnisse sowie die Akzeptanz der Beteiligten genannt. Auch könne im Rahmen eines konstruktiven Gesprächs eher auf das Fachwissen der Betroffenen zurückgegriffen werden, als dies vom Reißbrett aus oder in einem kontradiktorischen Verfahren der Fall sei. Die so erzielten Ergebnisse sind in der Regel abgerundeter und erscheinen den TeilnehmerInnen dann auch klarer, werden von ihnen eher akzeptiert und fördern eine nachhaltigere positive Einstellung zur Projektentscheidung. Jedoch darf auch an dieser Stelle nicht unerwähnt bleiben, dass die unmittelbare Umsetzung der Mediationsergebnisse im Zuge des untersuchten Verordnungsverfahrens aus legistischen (rechtstechnischen/sprachlichen) Gründen nicht möglich war, was in weiterer Folge auch als ein sehr schwieriger behördeninterner Prozess erlebt wurde und zur Forderung veranlasste, zukünftig eine Verwaltungsjuristin bzw einen Verwaltungsjuristen ins Mediationsverfahren zu entsenden. Darüber hinaus gehe nach Aussage der BehördenvertreterInnen durch den Umstand, dass die TeilnehmerInnen zumeist nur ihre eigenen Interessen vertreten, vielfach der Blick für das Ganze verloren und Egoismen greifen Platz. Gerade aber in Planungsprozessen kann diese Haltung zu irreversiblen Vorgängen führen, sei es, dass die Realisierung von „guten“ Projekten erschwert oder gar verhindert werde oder aber die erzielten Ergebnisse mit anderen, gebietsübergreifenden Maßnahmen nicht kompatibel seien. 10. Einstellung zum konkreten Verfahren aus heutiger Sicht a) Ex post Einschätzung des Erfolgs der Mediationsverfahren aa) Einschätzung durch die MediationsteilnehmerInnen
Die Mediationsverfahren werden von beachtlichen 87,7% aller UntersuchungsteilnehmerInnen als erfolgreich bzw eher erfolgreich bezeichnet und lediglich von 10,6% als eher nicht oder nicht erfolgreich.
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Das Konsensverfahren im Projekt Gartenau/Leube wird von 89% der Befragten und das Verfahren Ybbs von 90,9% als erfolgreich bewertet. Das Verfahren im Projekt Yppenplatz wird von 84,7% als erfolgreich bzw eher erfolgreich (38,5% und 46,2%) bezeichnet. 15,4% finden es eher nicht erfolgreich. Das Mediationsverfahren im Projekt Verwall schließlich wird von 34,8% als erfolgreich bezeichnet und von 47,8% als eher erfolgreich. 8,7% bezeichnen das Verfahren als eher nicht erfolgreich und eine Person als nicht erfolgreich. Aufgrund der erkennbaren Divergenz boten sich hier Mittelwertsvergleiche zwischen den vier Projekten an und es zeigen sich tatsächlich signifikante Unterschiede. Das bedeutet, dass der Erfolg der Mediationsverfahren unterschiedlich eingeschätzt wird. Dabei wird das Verfahren im Projekt Ybbs am erfolgreichsten bewertet (Mittelwert=1,09), gefolgt vom Verfahren im Projekt Gartenau/Leube (1,30). Die Projekte Yppenplatz (1,77) und Verwall (1,85) heben sich davon ab. Die Mediationsverfahren werden demnach im Vergleich zu den beiden erstgenannten Projekten in Richtung eher bis mittelmäßig erfolgreich eingeschätzt. Soweit die statistischen Daten, wie aber ist nun die Beurteilung des Erfolgs zu interpretieren383? Die subjektive Bewertung des Erfolgs eines Mediationsverfahrens kann grundsätzlich als Zufriedenheitsindikator angesehen werden, der wiederum ein wichtiges Kriterium für die Einschätzung des gesamten Konfliktbeilegungsprozesses darstellt384. Die Ergebnisse müssen jedoch vor dem Hintergrund betrachtet werden, dass bei Zufriedenheitserhebungen meist mit sehr hohen Raten an Zufriedenheit zu rechnen ist. Büssing et al berichten beispielsweise von erhobenen Werten von 60 bis 80% aus den verschiedensten Bereichen der Arbeitszufriedenheit385, wobei die gemeinsame Arbeit am Mediationsverfahren freilich nur eingeschränkt im Kontext der Arbeitszufriedenheit gesehen werden kann. Die „schiefe Verteilung“ der Zufriedenheitswerte ist in der Zufriedenheitsforschung bekannt und wird schon seit längerer Zeit heftig diskutiert386. Ulich etwa kritisiert das Konstrukt der Zufriedenheit in einer generellen 383 Siehe auch unten 1.III.E.11. 384 Feindt, Regierung 523, geht davon aus, dass sich die Zufriedenheit der TeilnehmerInnen, die einen Indikator für den Grad der gefühlten Legitimation bildet, die mit dem Verfahren erreicht wurde, sowohl auf die Ergebnisse wie auf das Konzept des Verfahrens, den Diskurs- und/oder Verhandlungsprozess sowie auf andere TeilnehmerInnen beziehen kann. 385 Andre Büssing et al, A Dynamic Model of Work Satisfaction: Qualitative Approaches, Human Relations 1999, 1000; so schon zuvor Lorenz Fischer, Strukturen der Arbeitszufriedenheit. Zur Analyse individueller Bezugssysteme (1989) 65. 386 Büssing et al, Human Relations 1999, 1000 f.
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und statischen Fassung des Begriffs dahingehend, dass Zufriedenheit auf sehr unterschiedliche Weise entsteht, weshalb Aussagen hiezu auch ganz unterschiedliche Bedeutungen haben können387. Ulich nennt in diesem Zusammenhang die Überlegungen von Fischer, der im Rahmen der Problematisierung des individuellen Bezugssystems388 in der Arbeitszufriedenheitsforschung Zufriedenheitsurteile mit einer Selbstschutzfunktion in Zusammenhang bringt. Demnach müsse eine Person, die Unzufriedenheit äußert, damit rechnen, gefragt zu werden, warum sie in dem unzufriedenen Zustand verharre, oder schlicht als inkompetent eingeschätzt werde389. Darüber hinaus führt Fischer eine weitere wesentliche Bestimmungsgröße des individuellen Bezugsrahmens an und zwar die wahrgenommene Veränderbarkeit der objektiven Verhältnisse. Demnach falle Kritik an der Arbeit dann schwer, wenn keine bessere Alternative zur Verfügung stehe. Gleichzeitig steige aber notgedrungenermaßen die Zufriedenheit390. Nichtsdestotrotz scheint es – mit der Einschränkung, dass die Höhe der Werte mit Vorsicht zu interpretieren ist – sinnvoll, Vergleiche hinsichtlich der Zufriedenheit anzustellen. Die in der vorliegenden Untersuchung erzielten Werte von ca 88%, wonach das Mediationsverfahren als erfolgreich bzw eher erfolgreich einschätzt wird, liegen jedenfalls deutlich im oberen Bereich und sind zweifellos als positiv zu werten391. Darüber hinaus kann als ein zusätzliches Indiz392 für den Erfolg des Mediationsverfahrens die hohe Bereitschaft für eine neuerliche Teilnahme an einem Mediationsverfahren gewertet werden393. Fast alle Personen (91,2%) geben nämlich an, zukünftig wieder daran teilnehmen zu wollen. Lediglich 3,5% insgesamt, 7,3% aus dem Projekt Yppenplatz und 4,3% aus dem Pro387 Eberhard Ulich, Arbeitspsychologie7 (2011) 143. 388 Vgl hiezu die einleitenden Ausführungen zur Erfolgsmessung 1.III.A.1.d). 389 Fischer, Strukturen 66 sowie Ulich, Arbeitspsychologie7 143. 390 Fischer, Strukturen 66. 391 Die Urteilstendenz verstärkt mE auch der Umstand, dass der Messzeitpunkt nach erfolgter Umsetzung der Ergebnisse angesetzt wurde, wodurch – dies kann freilich nur als These formuliert werden – die unmittelbar nach Sitzungsende gegebenenfalls vorherrschenden emotionalen Belastungen (Enttäuschung gleichermaßen wie Freude und Erleichterung) der Befragten bereits abgeklungen sind bzw von diesen selbst relativiert wurden und nunmehr von einer „nüchteren“ Erfolgseinschätzung auszugehen ist. 392 So schon Wiedemann/Claus, in: Claus/Wiedemann (Hg), Umweltkonflikte 234, die als wesentliches Beurteilungskriterium von Konfliktmittlungsverfahren das Bejahen der Frage einer Wiederholung dieses Vorgehens durch die Beteiligten bei Verfahrensabschluss anführen. 393 Damit kann bis zu einem gewissen Grad auch das zuvor angeführte Verharrungsargument abgeschwächt werden.
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jekt Verwall würden nicht mehr an einem solchen Verfahren teilnehmen wollen394. Weitere Vergleiche auf Basis soziodemographischer Variablen betreffend Geschlecht und Alter der Befragten offenbaren keine signifikanten Unterschiede. Hingegen fällt hinsichtlich der Funktionsgruppen auf, dass die befragten MediatorInnen (n=6) das jeweilige Mediationsverfahren allesamt erfolgreicher bewerten (Mittelwert=1,00) als die Gruppen der BürgerInnen-/Interessenvertretung (1,68) und die der Verwaltung (1,78). Es wird somit die Tendenz erkennbar, dass die Gruppe der MediatorInnen am stärksten vom Erfolg „ihres“ Mediationsverfahrens überzeugt ist395. Freilich dürfen diese Ergebnisse nicht überinterpretiert werden, sind doch trotz der im Mediationsverfahren vertretenen divergenten Interessen die gemessenen Unterschiede gering. Dies kann durchaus eine Folge der kleinen Stichprobengröße sein, wenn auch eine Homogenität bei der Beantwortung der Fragestellungen in dieser Untersuchung zu beobachten ist. bb) (Externe) Bewertung durch die BehördenvertreterInnen
Ausgehend von der Tatsache, dass für sämtliche InterviewpartnerInnen das jeweils untersuchte Mediationsverfahren die erste Berührung mit dem Konfliktregelungsinstrument Mediation sowohl im beruflichen als auch im privaten Umfeld darstellte und der Informationsgrad nach deren eigener Einschätzung davor gering und wenig differenziert war, lässt sich nunmehr aus Sicht der Behörden ein für das Instrument der Mediation freundliches Bild zeichnen. Ausnahmslos alle Befragten begrüßen ausdrücklich den Einsatz von Mediation, wenn auch mit zum Teil unterschiedlicher Intensität. Diese Verfahrensart werde ihrer Meinung nach verstärkt bei öffentlichkeitstangierenden Projektvorhaben zur Anwendung kommen. Die Auswahl eines solchen Verfahrens werde jedoch immer vom Anlassfall abhängig sein und es müssen Aufwand, Zweck und Nutzen in gehöriger Relation zueinander stehen. Ein Automatismus bei der Initiierung solcher Verfahren sei demnach nicht geeignet. 394 Statistische Vergleiche hinsichtlich Funktion, Geschlecht und Alter sind hier aufgrund der kleinen Gruppengröße derjenigen, die nicht mehr an einem Mediationsverfahren teilnehmen würden, weder sinnvoll noch zulässig. 395 Vgl hiezu die These von Meuer/Troja, Mediation 88, dies, ZKM 2004, 83, wonach bei Abfragen der Ergebnisse den MediatorInnen ein gewisses Maß an Eigeninteresse unterstellt werden könne, diese „besonders positiv“ darzustellen. Noch schärfer formulieren Pfingsten/Fietkau, Neusser Mediationsverfahren 147, die anraten, Ergebnisse der Mediationsforschung, die nur die Perspektive der MediatorInnen einbeziehen, „mit besonders kritischen Augen zu betrachten“.
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Jedenfalls können die Befragten ein Steigen des Bekanntheitsgrades von Mediation bei allen relevanten Gruppen – gerade auch in der eigenen Kol legInnenschaft – beobachten, wodurch sich ihrer Ansicht nach wohl auch die Wahrscheinlichkeit vergrößere, dass zukünftig der Einsatz dieser Konfliktregelungsmethode zumindest angedacht werde. Darüber hinaus werden die (gesellschaftlichen) Anforderungen wie der Wunsch nach Demokratisierung von Entscheidungsprozessen, die zunehmende Verdichtung des Lebensraums und letztlich auch die ständig steigende Komplexität von Fragebzw Aufgabenstellungen – gerade im Umweltbereich – ihren Teil dazu beitragen. Dass es sich dabei nicht um leere Worthülsen handelt, zeigt der Umstand, dass von einigen der Befragten gerade aufgrund der persönlichen positiven Erfahrungen bereits weitere Mediationsverfahren angeregt und zum Teil initiiert wurden, was übrigens auf Genehmigungsverfahren ebenso zutrifft wie auf administrative Projektentscheidungen. Für erstgenannte Verfahren gilt jedoch, dass die Entscheidung, ob ein solcher Prozessversuch unternommen werden soll, bei den unmittelbar Projektbetroffenen iSd Bewahrung des Grundsatzes der Freiwilligkeit bleibt bzw bleiben sollte. b) Effekte des Mediationsverfahrens
Die Ergebnisse zur Frage nach den Effekten, die das konkrete Mediationsverfahren ausgelöst hat, sollen offen legen, ob neben dem „Erfolgskriterium“ der Erzielung von abschließenden Vereinbarungen betreffend die veritablen Konfliktthemen und deren Umsetzung noch weitere Effekte zu beobachten sind, und welche Wertigkeit diese bei den befragten MediationsteilnehmerInnen einnehmen396. aa) Aus Sicht der MediationsteilnehmerInnen
Hinsichtlich der sieben vorgegebenen Kategorien397 lässt sich eine durchwegs hohe Zustimmungsquote feststellen398, wenngleich diese in den einzelnen Verfahren variiert. Insbesondere werden dabei vor allem im Vergleich zwischen den Genehmigungsprojekten einerseits, deren TeilnehmerInnen in allen Kategorien höhere Zustimmung signalisieren, und den Planungsvorha396 Vgl Meuer/Troja, Mediation 83 f. 397 Der Auswahl der Kategorien wurden mit den Effekten der Kosten- und Zeitersparnis zum einen zwei der „klassischen Verkaufsargumente“ für den Einsatz von Mediationsverfahren sowie zum anderen mit den Fragen zur Berücksichtigung der Interessen im Verfahren und im Entscheidungsprozess Ziele der interessengeleiteten Mediationstheorie zugrunde gelegt. 398 Das Ergebnis zur (Kontroll-)Frage der Verzögerung des Projekts muss freilich als negative Zustimmung verstanden werden.
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ben andererseits Abweichungen sichtbar. Signifikante Unterschiede zeigen sich jedenfalls in den Kategorien der verbesserten Beziehung, der reibungsloseren Genehmigungsverfahren, der Kosten- und Zeitersparnis sowie der Berücksichtigung verschiedener Interessen im Entscheidungsprozess. Auffallend ist zweifellos der Effekt der verbesserten Beziehung zwischen den Konfliktparteien, der von den TeilnehmerInnen der beiden Genehmigungsprojekte mit einem bemerkenswerten Mittelwert von jeweils 1,00 am stärksten, gefolgt von Yppenplatz (1,54) und entschieden am wenigsten von den TeilnehmerInnen des Projekts Verwall (2,13) bewertet wird. Keine signifikanten Unterschiede, dafür aber Tendenzen bei zwei Effekten lassen sich übrigens bei den Vergleichen nach den Funktionen, dem Alter und dem Geschlecht feststellen. Zum einen handelt es sich dabei um die Frage, ob die Durchführung des Mediationsverfahrens zu einer verstärkten Berücksichtigung verschiedener Interessen im Verfahren geführt hat. Vergleicht man hiezu die Mittelwerte, so stimmen die MediatorInnen am deutlichsten (Mittelwert=1,17) zu, gefolgt von BürgerInnen-/ Interessenvertretung (1,53) und Verwaltung (1,94). Und zum anderen lässt sich im Altersvergleich eine Tendenz bei dem Effekt „verbesserte Beziehung zwischen den Konfliktparteien“ ausmachen, wonach Personen der älteren Altersgruppe tendenziell stärker eine Verbesserung der Beziehung zwischen den Konfliktparteien sehen (Mittelwert=1,42; im Vergleich dazu die jüngere Gruppe 1,77). Darüber hinaus werden von den Befragten in der offenen Kategorie „Weitere“ fünf positive und zwei negative, besser wohl resignative, Effekte genannt. So werden die Steigerung des Bekanntheitsgrads des Projektwerbers, der Aufbau einer Vertrauensbasis, die Vereinbarung von Lärmverbesserungen, die im Behördenverfahren nicht vorgeschrieben werden hätten können, Impulse für die zukünftige Entwicklung (Kulturinitiativen, etc) und ein empowerment im „Grätzl“ sowie die Verbesserung des Verständnisses für kommunale Abläufe als jeweils positive Fakten empfunden. Hingegen entfaltete in einem Projekt nach Meinung der Befragten die Durchführung des Mediationsverfahrens auch „Effekte“ wie die Erkenntnisse, dass „das mangelhafte Vorgehen der Landesregierung vielen bewusst wurde, die sonst nichts erfahren hätten“ und dass der „Tourismus/Mensch gegenüber dem Schutz der Natur sehr großes Übergewicht“ habe. bb) Aus Sicht der BehördenvertreterInnen
Von den befragten BehördenvertreterInnen der Genehmigungsverfahren399 werden insbesondere die stärkere Berücksichtigung von AnrainerInneninteressen sowie die zügige Genehmigung von Vorhaben und der damit verbundene wirtschaftliche Gewinn für die KonsenswerberInnen als Transfer399 Siehe auch oben 1.III.E.9.
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ergebnisse hervorgehoben. Gerade letztgenannter Aspekt gewinne ihrer Meinung nach noch mehr an Relevanz, wenn man sich vor Augen führe, dass es genügend Vorhaben gebe, die aufgrund von AnrainerInnenbeschwerden zurückgestellt werden. Eigens hervorgehoben wird darüber hinaus die Transparenz in den Mediationsverfahren, die es vor allem den AnrainerInnen ermöglichte, nicht „nur“ auf schriftlichen Unterlagen basierende Informationen über das geplante Projekt zu erhalten. Der Informationsgewinn sei aber nur dann möglich, wenn sich die „Streitparteien“ an einen Tisch setzen und sich die Vorgehensweisen ausreden. Eine entscheidende Rolle spielt dabei – so die Befragten – auch das wirtschaftliche Ungleichgewicht von Unternehmen und BürgerInnen. Selbst wenn zB den Letztgenannten das Recht zugestanden wird, Proben zu ziehen oder Messungen durchzuführen, sei damit noch nicht viel erreicht. Es bedürfe hiefür geeigneter Fachleute, die jedoch auch finanziert werden wollen. Diese Kostenlast wird sodann zumeist die NachbarInnen treffen. Wesentlich deutlicher als noch zuvor bei den Genehmigungsverfahren tritt in den Planungsverfahren – dies wohl auf Grund des schon mehrfach hervorgehobenen Umstands des weit gehenden persönlichen Involvierens der Befragten in das Mediationsverfahren – der Nutzen der Mediation für die Behördentätigkeit zum Vorschein400. Einig sind sich alle Befragten darin, dass die Ergebnisse in dieser Qualität ohne Mediationsverfahren kaum erzielt worden wären. Vielmehr bewirkten diese Verfahren die Realisierung von sonst nur schwer zu bewältigenden Aufgaben. Gelungen sei dies mitunter deshalb, da das Mediationsverfahren alle Interessierten, die Fachabteilungen und die Politik zusammenbrachte und so einen Lernprozess stimulierte. Wichtig dabei war, dass die Entscheidungen nicht fern der alltäglichen Realität vom Schreibtisch aus, sondern abgestimmt auf die Bedürfnisse der unterschiedlichen Zielgruppen getroffen wurden. Mit aller Deutlichkeit wird darüber hinaus das bessere Vertrauensverhältnis herausgestellt, das letztlich durch den Umstand bedingt war, dass ein/e Außenstehende/r die Gespräche mit den Betroffenen geführt hat. Überhaupt brachten es diese bürgerbezogenen Verfahren mit sich, dass – indem ua auf das (lokale, anekdotische) Wissen der Betroffenen von örtlichen Gegebenheiten zurückgegriffen wurde401 – mehr Lösungsoptionen in Erwägung gezogen und dadurch die Ergebnisse optimiert werden konnten. Selbst die in einem Fall angesprochenen neuen Arbeitskooperationen wären 400 Siehe hiezu ebenfalls oben 1.III.E.9. 401 Zur Frage der Berücksichtigung des lokalen Wissens als Teil des Bewertungsgrundsatzes der Kompetenz vgl auch Schild et al, in: Renn et al (Hg), Abfallpolitik 169.
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ohne Dialogprozess nicht zustande gekommen. Von einem Interviewpartner wird aber auch zu bedenken gegeben, dass sich der Erfolg nicht automatisch einstellt. Dieser muss von allen Beteiligten erarbeitet werden. In einem Statement wird vor allem auch der positive und nachhaltige Effekt der deutlich feststellbaren Wirkung des Mediationsprojekts, dem von Anfang an eine starke soziale Komponente zukam, auf die zahlreichen, lokalen Bevölkerungsgruppen und deren Selbstverständnis sowie Selbstbewusstsein als großer gesellschaftlicher Wert hervor gestrichen. Aber auch mittelbare Folgewirkungen waren zu beobachten. So gelang es zumindest teilweise, bei Betroffenen den Willen zur Selbstförderung zu stärken, sie also unter den gemeinsam erarbeiteten Rahmenbedingungen zu privaten Investitionen zu animieren. Es wird jedoch auch nicht verhehlt, dass – grundsätzlich bei BürgerInnenbeteiligungsverfahren – dahingehend Forderungen laut wurden bzw werden, die Gemeinschaft solle die Umsetzung der Ergebnisse finanzieren. Private Investitionen werden demnach nicht selbstredend getätigt. Keine Angaben wollten die Befragten der Planungsprozesse betreffend die Auswirkungen des Mediationsverfahrens auf die Gesamtdauer des Entscheidungsprozesses machen. Sie weisen darauf hin, dass wegen der fehlenden Vergleichsmöglichkeiten Aussagen nur bedingt möglich seien. Jedoch war es letztlich auch keine Frage der Verfahrensdauer, sondern vielmehr eine solche der grundsätzlichen Ermöglichung der Projektverwirklichung. Bei den Genehmigungsverfahren wiederum bewerteten die InterviewpartnerInnen den Verzicht auf Rechtsmittel als größte Zeitersparnis. Aber auch schon das erstinstanzliche Verfahren werde durch das Mediationsverfahren beschleunigt. Als Gründe hiefür werden die besseren Einreichunterlagen und die Straffung der mündlichen Verhandlung genannt. Die eben vorgestellten Ergebnisse aus den beiden Befragungsteilen erlauben mE das Resümee, dass die hier angeführten Effekte zweifelsohne wesentliche Indikatoren des Erfolgs eines Mediationsverfahrens darstellen und deshalb – wie zuvor angesprochen – in die Darstellung des Gesamtverfahrens mit einzubeziehen sind. Eine isolierte Betrachtung lediglich der Abschlussvereinbarung erscheint folglich für eine Bewertung solcher Verfahren jedenfalls als zu kurz gegriffen. Vor allem werden so Informationen für potenzielle MediationsteilnehmerInnen verschüttet, die ansonsten als wertvolle Entscheidungshilfen herangezogen werden können. c) Kriterien
Aber auch mit den Effekten allein ist das Auslangen für die Bewertung der Verfahren noch nicht gefunden. Im Rahmen dieser Untersuchung soll darüber hinaus – eingedenk der Leistungsgrenzen der hier verwendeten quanti-
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tativen Erhebungsmethode zwar – in Erfahrung gebracht werden, welche Kriterien für das konkrete Mediationsverfahren förderlich und welche hinderlich waren, um so zumindest einen Einblick in den Verlauf des Gesamtprozesses zu erhalten und schließlich weitere Rückschlüsse auf die Ergebnisse der Projekte anstellen zu können. Es gilt nun also nicht nur ergebnisbezogene, sondern auch, soweit im gegenständlichen Vorhaben möglich, verfahrens- und prozessbezogene Kriterien zu identifizieren, die vermeintlich auf den Fortgang des Verfahrens Auswirkungen entfalteten. aa) Förderliche Kriterien für das Mediationsverfahren
Hiezu weisen die Gesamtergebnisse die Einbindung aller betroffenen AkteurInnen (71,9%) als eindeutig am häufigsten angeführt aus, gefolgt von den Kriterien der Berücksichtigung aller Interessen im Verfahren (64,9%), des Einsatzes professioneller und erfahrener MediatorInnen (63,2%), der Offenlegung von Informationen über das Vorhaben (63,2%), der fairen Diskussionen verschiedener Ziele (59,6%) und einer guten sowie konstruktiven Kommunikation (56,1%). Nur wenige Nennungen erfolgen hingegen zu den Kriterien eines adäquaten persönlichen finanziellen (14%) sowie zeitlichen (31,6%) Aufwands, der Verkürzung der Verfahrensdauer (21,1%) oder zum Kriterium, dass alle etwaigen Projektvorgaben verhandelbar waren (22,8%). aaa) Nach Projekten Wie unterschiedlich jedoch die Ergebnisse ua bezogen auf die jeweiligen Projekte sein können, lässt sich beispielsweise am Kriterium der guten Kommunikation darlegen. Diese empfanden nur 17,4% der TeilnehmerInnen des Projekts Verwall in ihrem Verfahren als förderlich402, während in allen anderen Projekten ein Wert von ≥80% eruierbar ist. Weitere auffallende Einzelergebnisse können auch im Projekt Ybbs ausgemacht werden. Demnach sind alle Befragten der Meinung, dass die Nachvollziehbarkeit der Ergebnisse für ihr Mediationsverfahren förderlich war403. Demgegenüber halten im Projekt Gartenau/Leube 40%, im Projekt Yppenplatz 38,5% und im Projekt Verwall 39,1% dieses Kriterium für hilfreich. bbb) Nach Funktionsgruppen Interessant erscheinen weiters die erkennbaren Unterschiede zwischen den Funktionsgruppen, womit gleichzeitig die subjektive Dimension solcher 402 Demgegenüber erlebte ein/e Befragte/r dieses Verfahrens vor allem die Schaffung einer besseren Gesprächsbasis als hilfreich. 403 Überhaupt ist zu beobachten, dass die Stichprobe Ybbs allgemein den Kriterien häufiger zustimmt als die Befragten der anderen Projekte.
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Aussagen sowie aber auch die Schwierigkeit bei deren Beurteilung – vor allem im Kontext mit der quantitativen Erhebungsmethode – sichtbar werden. Zwei Beispiele sollen hiezu hervorgehoben werden. Während zum einen 41,2% der Stichprobe der BürgerInnen-/Interessenvertretung das Kriterium eines adäquaten persönlichen zeitlichen Aufwands als förderlich ansieht, scheinen diese Transaktionskosten404 für die VertreterInnen der Behörde (27,8%) und der MediatorInnen (16,7%) deutlich weniger zuzutreffen. Es steht nun die Vermutung nahe, dass VertreterInnen der BürgerInnen-/Interessenvertretung für gewöhnlich in ihrer Freizeit am Mediationsverfahren mitwirken und für sie deshalb die Berücksichtigung dieses Kriteriums einen nicht zu vernachlässigenden Wert darstellt. Für Behördenangehörige und MediatorInnen hingegen, deren Teilnahme wohl berufsbedingt erfolgt, drängt sich eine solche Frage zumeist gar nicht auf. Letztlich muss hier festgestellt werden, dass es zur Absicherung dieser Hypothese noch genauerer und umfangreicherer Informationen bedurft hätte405. Zum zweiten halten sowohl die Stichproben der Verwaltung (77,8%) als auch der BürgerInnen-/Interessenvertretung (76,5%) den Einsatz einer/eines professionellen, erfahrenen MediatorIn für ein Mediationsverfahren besonders förderlich. Dies erscheint nur wenig überraschend, kommen bereits Zieher/Reidl in ihrer Studie zum Ergebnis, dass die Vermittlungstätigkeit durch professionell ausgebildete MediatorInnen voraussichtlich mitentscheidend für ein „erfolgreiches“ Mediationsverfahren ist406. Im Gegensatz dazu nennen in der hier vorliegenden Untersuchung die MediatorInnen selbst dieses Kriterium auffallend seltener (33,3%). Mehrere Interpretationsmöglichkeiten stehen offen (kein subjektiv erkennbarer Einfluss der eigenen Tätigkeit auf das konkrete Verfahren, Zurückhaltung bei der Bewertung des persönlichen Wirkens). Empirisch belegbar sind diese hier jedoch nicht, dies wohl auch, da eine Zielbeurteilung durch Befragte schon grundsätzlich schwer deskriptiv fassbar ist407. ccc) Funktion der Anwaltschaft Von den Aussagen, die im Rahmen einer offenen Kategorie zur Frage der förderlichen Kriterien genannt werden, erscheint eine von besonderem Interesse. Gleich mehrere Befragte des Verfahrens Ybbs geben an, dass sie das Agieren der beiden Rechtsanwälte, vor allem deren objektive Haltung, als förderlich empfanden. Zur Erinnerung sei erwähnt, dass auch die Durch404 Wiedemann/Nothdurft, in: Gloede et al (Hg), Verständigung 185 f; siehe auch Feindt, Regierung 522. 405 Vgl hiezu auch Meuer/Troja, Mediation 32. 406 Zieher/Reidl, Umweltmediation 79. 407 Fietkau/Weidner, in: Claus/Wiedemann (Hg), Umweltkonflikte 116.
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führung des Mediationsverfahrens auf deren Initiative zurückging, sie also von Beginn an eine wesentliche Rolle in diesem sowie Verantwortung für dieses Verfahren übernahmen. Dieses Ergebnis bestätigt einmal mehr die grundsätzliche Forderung, dass die Konfliktbehandlung als ein ganzheitlicher Prozess verstanden werden soll, in den alle beteiligten Personen und vor allem auch Professionen integriert werden müssen408. bb) Hinderliche Kriterien für das Mediationsverfahren
Trotz der erkennbaren Allgemeinzufriedenheit der befragten UntersuchungsteilnehmerInnen mit dem jeweiligen Mediationsverfahren werden von diesen auch zahlreiche Kriterien angeführt, die für das konkrete Verfahren hinderlich waren. Dies betrifft übrigens alle Projekte. Auffallend ist jedoch, dass die meisten Nennungen von Befragten des Verfahrens Verwall stammen. Hier sollen nun einige Aussagen exemplarisch angeführt werden, die letztlich drei nicht unbedeutende Punkte eines jeden Mediationsverfahrens betreffen: – Zusammensetzung des Mediationsforums – Wahl des Sitzungsorts – Altlasten und emotionaler Einstieg Dass es sich bei der Zusammenstellung des TeilnehmerInnenkreises – und damit erstens – gerade bei Mediationen im öffentlichen Bereich um eine sehr heikle und für das gesamte Verfahren richtungsweisende Aufgabe handelt, wurde zuvor bereits ausführlich dargelegt, soll jedoch an dieser Stelle nochmals ausdrücklich Erwähnung finden409. Zum zweiten werden mit der Wahl des Sitzungsorts bei den MediationsteilnehmerInnen unweigerlich Assoziationen ausgelöst. So können beispielsweise Sitzungen in Räumlichkeiten von unmittelbar vom Projekt Betroffenen zumindest in den ersten Phasen der Mediation von den anderen KonfliktpartnerInnen als hinderlich empfunden werden. Dass sich dieses negative subjektive Empfinden störend auf den weiteren Verfahrensablauf auswirken kann, verwundert freilich nicht und sollte auch nicht mit dem Argument, es handle sich dabei bloß um einen Anstrich anmutender Objektivität, leichtfertig abgetan werden. Und drittens fällt auf, dass mehrfach die emotionale Vorbelastung der Betroffenen und das – zumindest zu Beginn des Aushandlungsprozesses – spürbare Misstrauen als hinderliche Kriterien für das Mediationsverfahren genannt werden. Altlasten aus den der Mediation zeitlich vorgelagerten Be408 Nachdrücklich Sascha Ferz et al, Resümee und Ausblick, in: ders et al (Hg), Zivilgerichte und Mediation. Widerspruch, Ergänzung, Symbiose (2004) 178 f. 409 Siehe oben 1.III.E.7.
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gegnungen der KonfliktpartnerInnen untereinander wie insbesondere fehlende Informationen und einseitiges Vorgehen führten zu Verunsicherung, Vorurteilen, Widerständen und letztlich eben Misstrauen, das – wenn überhaupt410 – in der Mediation nur langsam abgebaut werden konnte411. Dies lässt nun wiederum zwei Schlüsse zu, welche die in der Mediationsliteratur gebetsmühlenartig wiederholten Thesen bestätigen. Je länger nämlich mit der Konfliktbearbeitung zugewartet wird, desto schwieriger wird es auch in einem Mediationsverfahren, die geschehenen Irritationen und aufgebauten Widerstände aufzulösen und verlorenen gegangenes Vertrauen wieder aufzubauen. Die Mediation – noch dazu in einem Vielparteienverfahren – stößt hier an ihre Grenzen, die auch nicht mit besonderem Geschick und Engagement aufgeweicht werden können. 11. Vergleich der untersuchten Verfahren
Beim Versuch eines Vergleichs der Projekte auf Grundlage der vorangestellten Ergebnisse fällt zuallerst die unterschiedliche Einschätzung des Erfolgs der Mediationsverfahren auf. Zwei Projekte scheinen demnach für die Befragten erfolgreicher gewesen zu sein. Die beiden anderen Projekte werden vergleichsweise etwas weniger erfolgreich eingeschätzt. Bei der Suche nach möglichen Indikatoren kann man sich auf mehrerlei Unterschiede und Diskrepanzen zwischen den zu vergleichenden Gruppen beziehen, wobei es der Messzeitpunkt, der nach erfolgter Umsetzung der Ergebnisse angesetzt wurde, erlaubt, sämtliche Aussagen über die Bewertungen der Konfliktbehandlung (Mediationsverfahren, Koppelungsprozess, Umsetzung) für den Vergleich heranzuziehen. Die vier Projekte lassen sich jedenfalls grob zwei Konfliktgegenständen zuordnen. Während die beiden erfolgreicher eingeschätzten Mediationsverfahren in einem vorrangig nachbarschaftlichen Kontext mit „Vis-à-visProblemen“412 vor bzw parallel zu behördlichen Genehmigungsverfahren durchgeführt wurden, ressortieren die beiden anderen Verfahren zu den administrativen Projektentscheidungen. 410 Manche Aussagen deuten eher darauf hin, dass es in keiner Phase des Mediationsverfahrens gelungen ist, das Misstrauen gänzlich abzubauen. Siehe 1.III.C.5.c). 411 Hiess/Pfefferkorn, ZKM 2004, 131, berichten vom Mediationsverfahren Verwall, dass es „nur in kleinen und mühsamen Schritten [gelang], ein gewisses Vertrauen zwischen den Beteiligten herzustellen: fast ein Drittel der gesamten Verfahrensdauer wurde dafür benötigt, die Komplexität des Themas und die bisherigen Ereignisse so aufzuarbeiten, dass an eine weitere gemeinsame Arbeit zu denken war.“ 412 Feindt, in: Feindt et al (Hg), Konfliktregelung 186.
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Im Vergleich fallen auch die unterschiedlichen Gruppengrößen des jeweiligen Mediationsforums auf. Während in den beiden erfolgreicher eingestuften Verfahren die entscheidungsbefugten Gremien mit weniger als 20 Personen besetzt waren, arbeiteten die Mediatoren im Zuge der beiden anderen Verfahren mit Gruppen in einer Stärke von 29 und 37 TeilnehmerInnen. Die Gruppengröße der beiden letztgenannten Verfahren wurde von einzelnen Befragten als hinderlich empfunden413. Unterschiede sind hinsichtlich der Verfahrens- und Umsetzungsdauer festzustellen. Mit 19 bzw 25 Monaten dauerte es bei den als erfolgreicher eingeschätzten Verfahren von der Einleitung des Mediationsverfahrens bis zum Ende der Umsetzungsphase weniger lang. Im Vergleich dazu vergingen 28 bzw 34 Monate bis der (vorläufige) Schlussstein bei den beiden anderen Projekten gelegt werden konnte. Die Verfahren unterscheiden sich weiters bezüglich der Form, in der die Mediationsergebnisse festgehalten wurden. Bei den als erfolgreicher eingestuften Projekten dienten verbindliche (zivilrechtliche) Verträge der Festlegung der Aushandlungsergebnisse. Und gerade die Verbindlichkeit der Abschlussvereinbarung halten die Befragten dieser beiden Verfahren zu einem hohen Maß für hilfreich414. Im Gegensatz dazu wurden die Mediationsergebnisse der beiden anderen Verfahren in unverbindlichen Abschlussdokumenten mit Empfehlungscharakter festgeschrieben, wobei in einem Fall Inhalte der Vereinbarung ausdrücklich Eingang in die im Anschluss daran erlassene Verordnung fanden. Eine gewisse Form der Verbindlichkeit kann demnach einen Einfluss auf die Bewertung des Verfahrens entfalten. Unterschiede werden darüber hinaus in den Effekten der Mediationsverfahren sichtbar: Die beiden erfolgreicher eingeschätzten Projekte nehmen deutlich stärker verbesserte Beziehungen zwischen den Konfliktparteien, reibungslosere Genehmigungsverfahren, Zeit- und Kostenersparnis sowie stärkeres Einbeziehen in Entscheidungen wahr. Auffällig sind bei den etwas weniger erfolgreich bewerteten Projekten die größeren Unklarheiten in Bezug auf die Beauftragung der MediatorInnen und auch der Aufklärungsgrad über die rechtlichen Konsequenzen wird hier deutlich geringer bewertet. Vereinzelte Kritik an einer – zumindest von TeilnehmerInnen so „gefühlten“– weniger transparenten Entscheidungsstruktur vor allem in der Umsetzungsphase ist ebenfalls auszumachen. 413 So auch Hiess/Pfefferkorn, ZKM 2004, 132. 414 Von der Mehrheit aller Befragten (68,4%) wird – wie schon oben in 1.III.E.8.a). bb) dargelegt – ein verbindlicher und einklagbarer Vertrag als förderliches Instrument zur Umsetzung der Mediationsergebnisse anerkannt. Bezogen auf das konkrete Verfahren empfanden gar 90,9% der Befragten des Projekts Ybbs und 70% des Projekts Gartenau/Leube die Verbindlichkeit der Abschlussvereinbarung für hilfreich.
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Überhaupt scheint in den beiden weniger erfolgreichen Projekten dem Informationstransfer mitunter während des Koppelungsprozesses geringere Aufmerksamkeit geschenkt worden zu sein. So ist beispielsweise auch ein niedrigerer Informationsgrad bezüglich weiterer Treffen nach der Abschlussvereinbarung sowie hinsichtlich der Vereinbarung und Einhaltung eines Umsetzungszeitplans zu erkennen415. Demgegenüber werden aber eine umfassendere und offenere Informationspolitik eingefordert. Dieses Ergebnis hängt letztlich wohl ua damit zusammen, dass bei den erfolgreicheren Verfahren im Gegensatz zu den anderen in der Phase der Umsetzung bereits eine Art des „BürgerInnen-Monitorings“ (Fortführung des BürgerBeirats, Bestellung von Vertrauenspersonen und Folgetreffen) eingerichtet war, und dadurch der Informationsfluss zu keiner Zeit unterbrochen wurde. 12. Rechtliche Fortentwicklung der Mediation im öffentlichen Bereich
Eine Möglichkeit zur Fortentwicklung und Beförderung des Instruments der Mediation im öffentlichen Bereich besteht zweifelsohne in der legistischen Erfassung desselben, wie sie der Gesetzgeber in Ansätzen bereits am Beispiel des § 16 Abs 2 UVP-G vorgezeigt hat – soweit die Theorie. Angesichts der Diskussionen im Zuge der Rechtsakzeptanzforschung und dabei vor allem hinsichtlich rechtssoziologischer Überlegungen, dass Rechtsnormen von den Rechtsadressatinnen und -adressaten nicht um ihrer selbst Willen befolgt werden, sondern diese vielmehr in das Bewusstsein derselben gerückt werden müssen, sollten bereits im Vorfeld die Fragen der Effektivität und Wirksamkeit solcher Normen gestellt werden416. Dies gilt wohl umso mehr für den hier zu untersuchenden Bereich. Zum einen stellt die Mediation nämlich alles andere als ein Massenphänomen dar. Vielmehr ist die Anzahl bisher durchgeführter Konsensverfahren überschaubar und die Erfahrungen mit diesem Instrument sind dementsprechend gering. Zum anderen ist zu berücksichtigen, dass der Mediation der Nimbus der Freiwilligkeit und der weitgehenden rechtlichen Formlosigkeit anhaftet und ihre VerfechterInnen in einer jeden Reglementierung von Mediation einen hinderlichen Eingriff in die Wirksamkeit des Instituts erkennen. Damit ist aber auch die Steuerungsdiskussion im Verwaltungsrecht angesprochen, womit der Blick auf die Eigenschaft des Rechts an sich als ein taugliches und unverzichtbares Steuerungsmittel und dabei insbesondere auf die vom Recht zur Verfügung gestellten Steuerungsinstrumente gerichtet wird. Überlegungen zur Steuerungsdiskussion zeigen beispielsweise, 415 Der – wenn auch nur vereinzelt – vorgebrachte Interventionsvorwurf könnte hiemit im Zusammenhang stehen. 416 Siehe etwa Pichler/Giese, Rechtsakzeptanz 40 f sowie 259.
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dass neben regulativen Instrumenten ua der gezielte Einsatz von Informationen steht. Zudem greift die Verwaltung, wenn – wie gerade die Fälle 3 und 4 zeigen – mit imperativen Maßnahmen kein Auslangen mehr zu finden ist, auf die Steuerungsmittel Konsens und Kooperation zurück417. Geht man, so wie Schmidt-Aßmann418, davon aus, dass für alle Steuerungsinstrumente ein rechtlicher Ordnungsrahmen zu schaffen ist, es aber nicht ausreicht, alles informale Verwaltungshandeln bloß zu reformalisieren, gilt es daher, sich zuvor mit den unterschiedlichen Motivationsmustern des erweiterten Instrumentariums auseinanderzusetzen und für sie geeignete Regeln parat zu halten, die den Schutz der Beteiligten und die Handlungsfähigkeit der Verwaltung sicherstellen. a) Ergebnisse der Befragung von TeilnehmerInnen an den Mediationsverfahren
Vor dem Hintergrund dieser Überlegungen wurden im Rahmen der Untersuchung zur rechtlichen Weiterentwicklung der Mediation im öffentlichen Bereich drei Fragen gestellt, die auf einer vierstufigen Antwortskala zu bewerten waren: Dem ersten Statement, das gesetzliche Vorkehrungen anspricht, die ein zeitliches und inhaltliches Miteinander von behördlichen Genehmigungsverfahren und Mediation erleichtern (zB grundsätzliche Möglichkeit zur Unterbrechung des Verwaltungsverfahrens wie es das UVP-G 2000 vorsieht), wird von der Gesamtstichprobe mit einem Mittelwert von 1,73 zugestimmt, trifft also eher auf Zustimmung. Dem zweiten Statement wird im Durchschnitt mit einem Wert von 2,09 am wenigsten zugestimmt, es betrifft die Verpflichtung zur Durchführung eines Mediationsverfahrens bei großen Interessenkonflikten im Umweltbereich. Die größte Zustimmung (1,57) findet schließlich die Frage, ob eine Hinweis- bzw Auskunftspflicht auf alternative Konfliktlösungsverfahren wie der Mediation für die BehördenvertreterInnen geschaffen werden soll. Mittelwertvergleiche zeigen übrigens weder hinsichtlich dem Alter, noch – und das ist weitaus überraschender – zwischen den drei Funktionsgruppen bezüglich der Bewertung der drei Statements zur rechtlichen Fortentwicklung der Mediation im öffentlichen Bereich signifikante Unterschiede. Die meisten zustimmenden Nennungen zu allen drei Fragen kommen von der Stichprobe der BürgerInnen-/Interessenvertretung. Die MediatorInnen halten sich – wie erwartet – hinsichtlich des verpflichtenden Mediationsversuches am stärksten zurück, die VertreterInnen der Verwaltung wiederum bei 417 Hoffmann-Riem, Konfliktmittler 8. 418 Eberhard Schmidt-Aßmann, Das allgemeine Verwaltungsrecht als Ordnungsidee. Grundlagen und Aufgaben der verwaltungsrechtlichen Systembildung2 (2006) 20 f.
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den beiden restlichen Statements, wobei in keinem Fall eine klare ablehnende Haltung zu den gemachten Vorschlägen erkennbar ist. Anders verhält es sich bei den Stichproben der Frauen und Männer. Hier sind signifikante Unterschiede hinsichtlich einer möglichen Verpflichtung zum Versuch eines Mediationsverfahrens feststellbar. Dabei sind Frauen stärker für einen verpflichtenden Versuch, ein Mediationsverfahren bei großen Interessenkonflikten im Umweltbereich durchzuführen. Bezüglich der anderen Statements zur rechtlichen Fortentwicklung der Mediation im öffentlichen Bereich zeigen sich im gegenständlichen Zusammenhang zwar keine signifikanten Unterschiede, jedoch sind Tendenzen bei der Frage zu beobachten, ob der Gesetzgeber verstärkt Vorkehrungen treffen sollte, die ein zeitliches und inhaltliches Miteinander von behördlichen Genehmigungsverfahren und Mediation erleichtern. Frauen stimmen demnach auch hiebei tendenziell stärker den gesteigerten Vorkehrungen des Gesetzgebers zu, die ein zeitliches und inhaltliches Miteinander von behördlichen Genehmigungsverfahren und Mediation erleichtern. Es kann also – vorbehaltlich der geringen Stichprobenmenge bei den Frauen – festgehalten werden, dass diese einer rechtlichen Implementierung der Mediation im hier vorgeschlagenen Sinn eher näher treten würden als die befragten Männer. Aus den gewonnenen Daten folgernd kann nunmehr die Hypothese formuliert werden, dass Personen, insbesondere Frauen, die an einem Mediationsverfahren teilgenommen haben, einer Positivierung zumindest der vorgeschlagenen Rechtsnormen betreffend die Ermöglichung eines zeitlichen und inhaltlichen Miteinanders von behördlichen Genehmigungsverfahren und Mediation sowie einer Hinweis- und Auskunftspflicht mehrheitlich zustimmen. b) Ergebnisse der Befragung von BehördenvertreterInnen
Soweit die Ergebnisse im Rahmen der quantitativen Befragung – wie aber argumentieren die InterviewpartnerInnen bei den Fragen zur gehörigen rechtlichen Einordnung der Mediation? Die Antworten sind allesamt gekennzeichnet von Zurückhaltung und von Ambivalenz. Insbesondere in ihrem jeweils ersten, spontanen Statement spricht sich die überwiegende Mehrheit gegen eine rechtliche oder zumindest zu weitreichende rechtliche Implementierung der Mediation aus. Jedenfalls strikt abgelehnt – und dies differiert zu den vorigen Ergebnissen deutlich – wird eine jegliche Form von obligatorischer Mediation. Demgegenüber fördere nach Meinung der interviewten BehördenvertreterInnen die Freiwilligkeit bei allen Betroffenen eher eine positive Einstellung als normierte Zwangsbestimmungen. Auch das Statement, der Gesetzgeber könne Vorkehrungen schaffen, die ein zeitliches und inhaltliches Miteinander von hoheitlichem Handeln und
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Mediation erleichtern, wie es das UVP-G 2000 vorsieht, findet im Gegensatz zu den schriftlich Befragten wenig Zustimmung. Solche Regelungen führen nach Meinung der Befragten zu weit und würden lediglich ein Verzögerungsinstrument schaffen. Vielmehr halten sie die bestehenden Bestimmungen für ausreichend. Es bedürfe zB keiner verfahrensrechtlichen Normen, um einen geeigneten Freiraum für eine noch während des Verwaltungsverfahrens stattfindende Mediation zu schaffen, was an sich schon als sehr später Zeitpunkt eingeschätzt wird. Auch wenn es formalrechtlich nicht gedeckt sei, werde die Behörde in jenem Fall, dass sich alle Betroffenen für ein Mediationsverfahren entscheiden, keine Verfahrensaktivitäten entfalten, wenn für sie erkennbar werde, dass sich keine Partei durch ihr Nichthandeln beschwert fühle. Zwei InterviewpartnerInnen räumen im Laufe des Gesprächs jedoch ein, dass es durchaus eine „unverfängliche“ Möglichkeit wäre, eine dem UVP-G 2000 nachgebildete Norm beispielsweise ins AVG oder ins jeweilige Naturschutzgesetz aufzunehmen. Ein Interviewpartner befindet den Ansatz für sinnvoll, gibt jedoch zu bedenken und spricht dabei die notwendige Verhandlungsbereitschaft und Konsensabsicht als Voraussetzung für die inhaltliche Einlassung in das Mediationsverfahren an, dass eine Regelung immer nur dann einen Wert habe, wenn die handelnden Personen auch tatsächlich bereit sind, gemeinsam für eine Regelung des Konflikts zu arbeiten419. Lediglich eine Interviewpartnerin hält diese Öffnungsklausel (für Administrativverfahren) uneingeschränkt für nützlich. Ihrer Meinung nach würden so die Vorwürfe betreffend Verfahrenslänge in jedem Fall ins Leere gehen. Auch diene diese Bestimmung als geeigneter Hinweis an die handelnden AkteurInnen. Das könne die Behörde nutzen, um konkret nachzufragen, und die Betroffenen müssten sich sodann deklarieren. Weiters herrscht hinsichtlich der Frage Skepsis vor, ob für BehördenvertreterInnen die Pflicht bestehen soll, auf mögliche alternative Konfliktbehandlungsverfahren hinweisen bzw darüber Auskunft erteilen zu müssen, wenn auch die Hälfte der Befragten einräumt, im Bedarfsfall mit einer Manuduktionspflicht kein „Problem“ zu haben. Zu bedenken wird jedoch postwendend gegeben, dass eine gesetzliche Hinweispflicht in den meisten Verfahren nicht angebracht bzw nicht notwendig sein werde. Es könne sich dabei lediglich um Einzelfallentscheidungen handeln. Darüber hinaus sei in klassischen Genehmigungsverfahren die Verhandlungsleiterin bzw der Verhandlungsleiter grundsätzlich dazu angehalten, auf eine Einigung der Parteien hinzuwirken. Mit einer Passage im AVG sei also noch nicht viel erreicht. Überhaupt sei es zum jetzigen Zeitpunkt zielführender, erst ausreichend Praxis mit dem Instrument Mediation zu sammeln und einschlägige 419 Vgl 1.I.B.1.c).
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Untersuchungsergebnisse abzuwarten. Ihrer Ansicht nach werden positive Erfahrungen eher die Akzeptanz und damit die Bereitschaft der BehördenvertreterInnen fördern, ein Mediationsverfahren vorzuschlagen420. Begleitend solle jedoch dafür gesorgt werden, dass die BehördenvertreterInnen genügend Informationen (zB Handbuch über Mediation, Einrichtung einer Informationsstelle) erhalten, womit Wesen, Wirkung sowie Aufwand und Nutzen der Mediation deutlich gemacht werden sollen421. In der heutigen Situation wäre wohl auch – bezogen auf administrative Projektentscheidungen – die planmäßige Bereitstellung von entsprechenden Budgets hilfreicher, die es erlauben, in einem nennenswerten Umfang solche Verfahren durchzuführen422. Die Frage schließlich, ob an anderer Stelle noch Handlungsbedarf für den Gesetzgeber bestehe, wird von den Befragten ausnahmslos verneint. Wenn in diese Richtung dennoch an eine legistische Maßnahme gedacht werden sollte, dann sei jedenfalls sehr genau zu überlegen, bei welchen Verfahrensarten und bis zu welchem Zeitpunkt – der Grundtenor weist auf ein möglichst frühzeitiges Projektstadium hin423 – Mediation eingesetzt werden solle. 13. Schlussfolgerungen
Bevor auf einzelne Schlussfolgerungen eingegangen werden soll, ist nochmals die weitgehend positive Bewertung der Mediation bzw der Mediationsverfahren durch die Befragten sowie deren Bereitschaft in Erinnerung zu rufen, gegebenenfalls wiederum an dieser Form der Konfliktbearbeitung teilnehmen oder gar einen solchen Prozess initialisieren zu wollen. Demgegenüber ist die reservierte Haltung der interviewten BehördenvertreterInnen im Hinblick auf Überlegungen zur Formalisierung solcher Vorgänge nicht zu leugnen. Unverkennbar ist dabei die Sorge, dass die in solcher Art angedachten Steuerungsvorstellungen mechanistisch wirken könnten. Zweifelsohne ist den BehördenvertreterInnen darin zuzustimmen, dass – ganz grundsätzlich – bereits die bestehende Rechtsordnung den Einsatz von Mediation nicht vereitelt. Dies betrifft insbesondere die von der Verwal420 Dies bestätigt auch das Ergebnis von Troja, Umweltkonfliktmanagement 299 f; siehe hiezu weiters Zieher, Umweltmediation 147. 421 Der Appell kommt in dieser Intensität mE doch überraschend. Dennoch erscheint, soll die Mediation in diesem Bereich verstärkt in den Blickpunkt gerückt werden, ein verbessertes Informationsangebot – trotz der bereits zahlreichen einschlägigen Veranstaltungen und in letzter Zeit auch Publikationen – unumgänglich; so bereits Ferz, in: Gruber/Pichler (Hg), Wirtschaftsmediation 78. 422 Vgl oben 1.III.E.3. 423 Siehe bereits 1.III.E.2.b).
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Begriffs- sowie Funktionsklärung und Fallstudie
tung betriebenen projektbezogenen Verfahren und Programmentscheidungen sowie bis zu einem gewissen Grad auch Projektentscheidungen iSv Standortkonflikten in einem vorrangig nachbarschaftlichen Kontext. Gerade aber bei letzteren Vorhaben greift jene Erklärung zu kurz, wonach die Behörde in den Fällen, in denen sich alle Betroffenen mit der Durchführung eines Mediationsverfahrens einverstanden erklären, keine Verfahrensaktivitäten entfalten werde, wenn für sie erkennbar sei, dass sich keine Partei durch ihr Nichthandeln beschwert fühle. Nachdem – wie sich auch aus den Interviews ergibt – am Grundsatz der Freiwilligkeit nicht gerüttelt werden soll, kann nicht davon ausgegangen werden, dass sich alle Parteien einem solchen Verfahren unterwerfen werden. Rechtssicherheit sieht wohl anders aus. Darüber hinaus ist als weiterer Aspekt zu bedenken, dass derzeit nur schwerlich angenommen werden kann, dass jede Partei von sich aus das Instrument der Mediation als eine Form der Konfliktbearbeitung erkennt und in ihre Abwägungen einbezieht. Dies erscheint schon allein vor dem Hintergrund unwahrscheinlich, dass selbst die BehördenvertreterInnen, die in verwaltungsrechtlichen Angelegenheiten wohl als die eigentlichen ExpertInnen anzusehen sind, für sich nach wie vor ein verstärktes Informationsangebot betreffend Mediation einfordern. Auch ergibt sich aus den Ergebnissen der schriftlichen Befragung quasi in umgekehrter Weise gerade das Bedürfnis der Konfliktbetroffenen, seitens der Behörde auf mögliche alternative Konfliktlösungsverfahren (wie eben Mediation) hingewiesen zu werden bzw Auskunft darüber zu erhalten. Folglich ist hiemit eine Hürde angesprochen, die mit den Ideen einer „Public Leadership“424 so gar nicht zusammengehen will und selbstredend eine gravierende Lücke in der Governance-Diskussion hinterlässt. Ebenso wurde vorgebracht, dass Mediation zu einem möglichst frühen Zeitpunkt einzusetzen ist. Diese Forderung bedingt jedoch wiederum, dass die Konfliktbetroffenen rechtzeitig über Wesen und Wirken der Mediation Bescheid wissen. Wenn man sich jedoch vor Augen führt, dass selbst die in die Untersuchung aufgenommenen, von der Verwaltung angestrengten Mediationsverfahren erst nach langer Konfliktgeschichte und gehörigem Leidensdruck zustande kamen, erscheint es als zu kurz gegriffen, ausschließlich auf die gesellschaftliche Selbstregulierung oder auf ambitionierte private Initiativen zu vertrauen, die dann auch noch zeitgerecht erfolgen sollen. Es liegt freilich in erster Linie am Gesetzgeber, entsprechende Maßnahmen zu ergreifen. Sollen aber letztendlich die Phase des bloßen Experimentierens mit kooperativen und konsensorientierten Instrumenten – wie eben mit der Mediation im öffentlichen Bereich – auf Basis eines mehr oder weniger „zufälligen“ Engagements Einzelner in einer mittelfristigen Perspektive überwunden werden und die ausgleichfördernden Verfahrensinstrumen424 Hill/Martini, in: Hoffmann-Riem et al (Hg), Grundlagen II2 Rz 73.
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Evaluierung
te stärker ins Blickfeld der betroffenen AkteurInnen rücken, wird die Legislative wohl nicht umhin kommen, weitere sinnstiftende Akzente zu setzen. Möglichkeiten bieten sich hiefür jedenfalls mehrere an, wenn auch jeweils nach der Art des Verfahrens zu differenzieren ist. Handelt es sich um ein „klassisches“ Administrativverfahren, würde ein frühzeitiges „Hinweisen“ auf zusätzliche Mittel zur Bewerkstelligung eines Interessenausgleichs durch die Behörden die Projektbetroffenen425 in die Lage versetzen, ihre Strategien zu überdenken oder neu zu ordnen. Der Sorge der BehördenvertreterInnen, hiemit nicht bloß einen ineffizienten Automatismus zu schaffen, könnte mit einem dem § 204 Abs 1 ZPO adaptierten Einschub begegnet werden, wonach auf konsensorientierte Instrumente als Mittel des Interessenausgleichs dann hinzuweisen ist, wenn dies nach Prüfung des konkreten Sachverhalts zweckmäßig erscheint. Selbstredend würde hiedurch den VertreterInnen der Behörden als betroffene NormadressatInnen eine bedeutende Rolle zugedacht werden426. Gleichzeitig besteht aber die Gefahr, dass bei Fehlen des Wissens über Einsatz und Ertrag der Mediation sowie jeglicher Akzeptanz für dieses Instrument427 solche legistischen Ambitionen ins Leere gehen428. Demzufolge und angesichts des von den BehördenvertreterInnen geäußerten Bedürfnisses nach verstärkter Information erscheint es unvermeidlich, entsprechende Begleitmaßnahmen zu setzen, welche die hinter den zu schaffenden Normen stehenden Zweckmäßigkeitserwägungen darlegen helfen429.
425 Relevant erscheint hiebei auch die Frage, wem gegenüber eine solche behördliche Hinweispflicht wirksam werden soll. Im Zusammenhang mit § 16 Abs 2 UVP-G ist jedenfalls zu berücksichtigen, dass bei Unterlassung eines entsprechenden Hinweises auf die Möglichkeit der Mediation einzig die Konsenswerberin, nicht aber die sonstigen Verfahrensparteien, gegebenenfalls die Verletzung einer solchen Hinweispflicht zulässigerweise vorbringen kann. Siehe hiezu etwa die Entscheidung des Umweltsenats vom 8.3.2010, US 2B/2008/23-62. 426 Infolge der Interviews kann übrigens der Eindruck nicht verhehlt werden, dass die BehördenvertreterInnen ihre eigene Rolle in Bezug auf eine kooperative Gestaltung der ihnen anvertrauten Verfahren unterschätzen. Sie sind – und das sei hier eigens herausgestrichen – schon jetzt als key player anzusehen; dies gilt für Genehmigungsverfahren ebenso wie für Programmentscheidungen. 427 Siehe hiezu die Ausführungen von Manfred Rehbinder, Rechtssoziologie7 (2009) Rz 127, zu den Maßnahmen gegenüber dem Rechtsstab zur Gewährleistung der Effektivität des Rechts (hier insbesondere der Akzeptanz). 428 Zur ähnlich gelagerten Diskussion betreffend entsprechender Aufgaben der RichterInnen in zivilgerichtlichen Verfahren vgl Sascha Ferz, Zivilgericht und Mediation – ein notwendigerweise praxisorientiertes Forschungsprojekt, in: ders et al (Hg), Zivilgerichte und Mediation. Widerspruch, Ergänzung, Symbiose (2004) 21 f. 429 So schon Rehbinder, Rechtssoziologie7 Rz 127.
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Begriffs- sowie Funktionsklärung und Fallstudie
Um dem Aspekt der Rechtzeitigkeit gerecht zu werden, müsste eine dementsprechende Manuduktionspflicht bereits zu Beginn des Verfahrens, oder, wenn ein solches vorgesehen ist bzw in Anspruch genommen wird, im Zuge des Vorverfahrens seine Wirkung entfalten können. Diese Forderung ist jedoch nicht so zu verstehen, dass es nicht auch in späteren Phasen des Verwaltungsverfahrens notwendig werden könnte, in diese Richtung aktiv zu werden. Weiters ist noch an ein „Aussetzen“ des bereits eingeleiteten Verwaltungsverfahrens für die Dauer des Konsensverfahrens, wie es vor allem § 16 Abs 2 UVP-G 2000 vorsieht, zu denken. Eine solche Bestimmung ist nicht nur vor dem Hintergrund möglicher Säumnisfolgen als sinnvoll einzustufen, sondern entspricht letztlich auch dem Grundgedanken, durch Schaffung des nötigen Freiraums eine von verfahrensrechtlichen, möglicherweise von taktischen Notwendigkeiten befreite, intensive Auseinandersetzung aller Betroffenen mit dem anstehenden Projekt bis hin zu einer ergebnisorientierten Vereinbarung zu ermöglichen430. Zu überlegen bliebe schlussendlich, ob eine solche Regelung Eingang in das AVG oder eher in die einzelnen Materiengesetze finden soll. Auf den ersten Blick zielführender erscheint – gerade im Hinblick auf die Befragungsergebnisse – eine bedarfsgerechte Einordnung in bestimmten Materiengesetzen, wofür sich nicht nur das schon mehrfach zitierte UVP-G 2000, sondern auf Bundesebene etwa auch die GewO, das AWG 2002, das M inroG oder das WRG sowie auf Länderebene die Bauordnungen bzw Baugesetze anbieten, deren Regelungsinhalte allesamt durch multipolare Interessenlagen gekennzeichnet sind. Jedoch spricht im Hinblick auf eine verstärkte Anwendung alternativer Konfliktlösungsvarianten auch einiges für eine Konzentrierung im AVG. Anderes hat freilich bei Verordnungserlassungsverfahren zB im raumordnungsrechtlichen oder im naturschutzrechtlichen Kontext zu gelten. In diesem Zusammenhang machen weder Regelungen, die eine Auskunftspflicht umfassen, noch solche, die eine Unterbrechung des Verfahrens vorsehen, Sinn. Der entscheidende Punkt ist hiebei, die zuständigen Behörden in die Lage zu versetzen, im Bedarfsfall von sich aus einen Interessenausgleich mithilfe konsensualer Instrumente in Gang setzen zu können. Selbst das „Ringen“ um Budgetmittel für ein Mediationsverfahren ließe sich – denkt man etwa an die bestehenden naturschutzrechtlichen Regelungen betreffend den Stmk Landschaftspflegefonds bzw Vlbg Naturschutzfonds431 – vermeiden. 430 Siehe hiezu insbesondere 3.IV.A.5. 431 Allgemein Matthias Köhler, Naturschutzrecht, in: Erich Pürgy (Hg), Das Recht der Länder II/2 (2012) Rz 55.
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2. TEIL Mediation im öffentlichen Bereich in Deutschland I. Ausgangslage Das Thema Mediation hat per se in Deutschland zweifelsohne nach wie vor flächendeckend Konjunktur und beschränkt sich dabei nicht auf die Erfassung einzelner weniger (Rechts-)Bereiche bzw Praxisfelder432. Demgegenüber wird quasi bereits mit dem zweiten Atemzug klargestellt, dass es derzeit mancherorts (noch) an der grundsätzlichen Akzeptanz und schließlich auch an einem gefestigten Wissen über Mediation mangelt433. Das Potenzial gilt folglich auch allgemein als noch nicht hinreichend ausgeschöpft. So konstatiert beispielsweise Gottwald, der übrigens die gegenwärtige Entwicklung von alternativen Streitbeilegungsmethoden in Deutschland iSv ADR-Verfahren ausschließlich auf Mediation reduziert sieht, dass neben der Familien- und der Wirtschaftsmediation auch die „Umweltmediation“ ein sich entwickelnder Sektor sei434. Dennoch sind nach Meinung mancher KommentatorInnen noch zahlreiche Anstrengungen notwendig, um die Mediation tatsächlich zu settlen. Von einer verbesserten Informationslage der Parteien sowie von einer gehörigen Institutionalisierung des Zugangs zur Mediation435 ist dabei ebenso die Rede wie von einer verbesserten Koordination und Kooperation von ADR-AnbieterInnen436. 432 Aus öffentlich-rechtlicher Sicht Thomas Würtenberger, Verwaltungsprozessrecht. Ein Studienbuch3 (2011) Rz 67b. 433 Jan Ziekow, Mediation in der Verwaltungsgerichtsbarkeit – Möglichkeiten der Implementation und rechtliche Folgerungen, NVwZ 2004, 390. 434 Gottwald, Alternative Streitbeilegung (Alternative Dispute Resolution, ADR) in Deutschland – Wege, Umwege, Wegzeichen, FPR 2004, 164 f; siehe auch Tochtermann, Alternative Dispute Resolution – Einführung in die alternative Streitbeilegung, JuS 2005, 131. 435 Tochtermann JuS 2005, 135. 436 Gottwald, FPR 2004, 167 f.
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Mediation im öffentlichen Bereich in Deutschland
Demgegenüber wird freilich auch immer wieder Skepsis an der Sinnhaftigkeit eines derartigen dialogischen Instruments im Kontext des Verwaltungsrechts angemeldet. Zu eng seien die Grenzen, die etwa das Demokratie- und das Rechtssstaatsprinzip ziehen, sodass deshalb die Bedeutung der Mediation in diesem Bereich „gewaltig überschätzt“ werde437. A. Vorbemerkungen
Überlegungen zum Einsatz von Mediation im öffentlichen Bereich können weder sinnstiftend noch abschließend angestellt werden, ohne dass zugleich das Verwaltungshandeln und Verwaltungsverfahren in die Betrachtungen mit einzubeziehen sind. Denn erst die Vergewisserung über die Grundlagen des bestehenden Verwaltungsmodells im Allgemeinen und der verwaltungsrechtlichen Anforderungen im Besonderen eröffnet die Möglichkeit einer sach- und verfahrensadäquaten Einordnung der Mediation in die vorgegebenen Strukturen. Bereits ein erster kurzer Blick in die Fachliteratur reicht aus, um erkennen zu können, dass die Thematik der Mediation die Verwaltungs(rechts) wissenschaft nicht gänzlich unvorbereitet trifft. Vielmehr hat sich in der Verwaltungsrealität – quasi im „Schatten der Rechtsformenlehre“ – längst eine reichhaltige Sammlung ergänzender Handlungsformen438, Verfahrensgestaltungen und Verhaltensstrategien herausgebildet439. Die Rede hier ist in erster Linie von kooperativen Formen des Verwaltungshandelns außerhalb des geregelten Verfahrens wie zB (Vor-)Verhandlungen, Absprachen und Vereinbarungen unterschiedlicher Intensitätsstufen, die im Verwaltungsvollzug bei komplexen Verwaltungsverfahren und zur Erzielung maßgeschneiderter Einzelfallentscheidungen zur Anwendung gelangen440. Die Motive für ihren Einsatz können mit drei Schlagworten umrissen werden: Beschleunigung, Entlastung und Akzeptanzsteigerung. Dass es sich dabei nicht um eine kurzlebige Erscheinung der jüngsten Vergangenheit, sondern um Bedürfnisse handelt, die in den letzten, nunmehr beinahe dreißig Jahren kontinuierlich seitens der Praxis und Wissenschaft geäußert worden sind, wird – stellvertretend für zahlreiche weitere Beiträge – anhand der Ausführungen von Hill deutlich. Demzufolge seien 437 So jüngst Franz-Joseph Peine, Entwicklung des Verwaltungsverfahrensrechts – ein Forschungsprogramm, LKV 2012, 6. 438 Allgemein Wolfgang Hoffmann-Riem, Rechtsformen, Handlungsformen, Bewirkungsformen, in: Wolfgang Hoffmann-Riem et al (Hg), Grundlagen des Verwaltungsrechts II (2008) Rz 34 f. 439 Wolfgang Hoffmann-Riem, Konfliktmittler in Verwaltungsverhandlungen (1989) 1. 440 Manfred Bulling, Kooperatives Verwaltungshandeln (Vorverhandlungen, Arrangements, Agreements und Verträge) in der Verwaltungspraxis, DÖV 1989, 278.
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Ausgangslage
die Lebensverhältnisse vielfältiger und umfassender geworden, damit verbunden auch die Aufgaben der Verwaltung und die Ansprüche, die an sie gestellt werden. Rechtsstaatliche Bestimmtheit und bürokratische Herrschaft reichen allein nicht mehr aus, um den Anforderungen an die Verwaltung zu genügen. Es bedürfe einer behutsamen Öffnung und Ergänzung durch eine situationsgerechte Flexibilität des Verwaltungshandelns441. Und tatsächlich ist ein Trend zum flexiblen Verwaltungshandeln, genauer gesagt, zur Kooperation nicht zu verleugnen. Zwar bleiben nach wie vor wesentliche Bereiche des Verwaltungshandelns, insbesondere in der sogenannten Massenverwaltung, davon weitgehend unberührt. Allerdings sind die Felder daneben größer geworden, auf denen nach Möglichkeiten gemeinsam abgestimmten Verwaltungshandelns gesucht wird442. Der Grund dafür wird – wie schon von Hill herausgestrichen – vor allem in der hohen Komplexität einzelner Projektvorhaben gesehen, bei deren Beurteilung es nicht mehr ausreiche, den Sachverhalt zu ermitteln und sodann im Zuge der Subsumtion unter die Tatbestandsmerkmale des Gesetzes eine Rechtsfolge zu finden und in die Form des Verwaltungsakts zu bringen. Dagegen sprechen die bei einer Genehmigungsabwicklung auftretenden Schwierigkeiten wie beispielsweise bei der Sammlung der maßgeblichen Informationen, dem Erfordernis von komplizierten Folgenanalysen oder den häufigen Widerständen nachteilig Betroffener gegen die Entscheidung. Diese veränderten Umstände verlangen ua nach neuen, „modernen“ Wegen, auf denen Verwaltungsentscheidungen getroffen werden. Insbesondere außerhalb der massenhaft auftretenden Verwaltungsvorgänge sei die Verwaltung bemüht, das einseitig-hoheitliche Entscheiden behutsam zurückzudrängen und um Kooperation und Konsens zu werben443. Es drängt also das konsensuale Element des kooperativen Verwaltungshandelns – das auch in den bereits zuvor angeführten Absprachen zum Tragen kommt – verstärkt in den Vordergrund444. Die Annahmen, die Fragen zur Integration konsensualer Handlungsformen in das herkömmliche Instrumentarium seien längst geklärt und ihr Einsatz mittlerweile unumstritten, treffen jedoch nicht zu. Die Bedenken hinsichtlich einer Aushöhlung von öffentlich-rechtlichen Prinzipien 441 Hermann Hill, Rechtsstaatliche Bestimmtheit oder situationsgerechte Flexibilität des Verwaltungshandelns, DÖV 1987, 885. 442 Wolfgang Hoffmann-Riem, Verhandlungslösungen und Mittlereinsatz im Bereich der Verwaltung: Eine vergleichende Einführung, in: Wolfgang Hoffmann-Riem/ Eberhard Schmidt-Aßmann (Hg), Konfliktbewältigung durch Verhandlung I (1990) 15. 443 Hoffmann-Riem, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann (Hg), Konfliktbewältigung I 16 ff. 444 Zur begrifflichen Abgrenzung Meinhard Schröder, Konsensuale Instrumente des Umweltschutzrechts, NVwZ 1998, 1012 sowie unten 2.II.A.
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Mediation im öffentlichen Bereich in Deutschland
sind weiterhin präsent und reichen etwa von der Sorge verdeckter Eingriffe in grundrechtsgeschützte Rechtspositionen, Risiken zu Lasten Dritter bis hin zur Erschwernis des Rechtsschutzes445. Die Frage, ob damit aber bereits grundsätzlich das geeignete Umfeld für Mediation aufbereitet ist, kann aufgrund dieser Ausführungen und im Hinblick auf die gesetzgeberischen Aktivitäten noch nicht zweifelsfrei beantwortet werden. Gerade normative Änderungen etwa durch das Genehmigungsbeschleunigungsgesetz446 zeigen, dass Beschleunigungseffekte nicht bloß durch die Normierung von informellen, dialogischen und kooperativen Verfahrensformen erzielt werden sollen. Vielmehr rücken darüber hinaus etwa die weder unumstrittene noch für die Qualität und Güte des Verwaltungs(verfahrens)handelns unerhebliche Ausweitung der Heilungsmöglichkeiten in § 45 leg cit447 sowie teilweise neue Frist- und Präklusionsregelungen ins Zentrum der Überlegungen448. Somit darf auch nicht verhehlt werden, dass die Beschleunigungs- und Deregulierungsgesetzgebung aus dem Blickwinkel der Mediationsentwicklung zuweilen mit gemischten Gefühlen beobachtet wird. Nach Meinung von Schrader etwa würden sich die Bedingungen für die Mediation deshalb gar verschlechtern, da aufgrund fehlender Öffentlichkeitsbeteiligung, Information, Betroffenheit in subjektiven Rechten oder mangels der Erheblichkeit von Verfahrensfehlern rechtlich risikolos über Umwelt- und NachbarInneninteressen hinweggegangen werden könne449. Die vorhin genannten Motive der Beschleunigung und Entlastung bekommen somit wohl eine andere Bedeutung. Bemerkenswert für die gegenständliche Untersuchung ist dieses Maßnahmenbündel vor allem aber auch deshalb, weil in Vorbereitung auf besagte Reform bereits 1994 von der Expertenkommission zur Vereinfachung und Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren unter Hinweis auf die Situation in den USA450 die Möglichkeit des Einsatzes pri445 Vgl etwa Schröder, NVwZ 1998, 1012. 446 Gesetz vom 12. September 1996, BGBl I 1996/46 S 1354, zur Beschleunigung von Genehmigungsverfahren (Genehmigungsbeschleunigungsgesetz – GenBeschlG). 447 Siehe hiezu Heribert Schmitz/Franz Wessendorf, Das Genehmigungsverfahrensbeschleunigungsgesetz – Neue Regelungen im Verwaltungsverfahrensgesetz und der Wirtschaftsstandort Deutschland, NVwZ 1996, 957 f; Heinz Joachim Bonk, Strukturelle Änderungen des Verwaltungsverfahrens durch das Genehmigungsverfahrensbeschleunigungsgesetz, NVwZ 1997, 324 ff sowie 330; Ralf Peter Schenke, Das Nachschieben von Ermessenserwägungen – BVerwG 106, 351, JuS 2000, 230 ff. 448 Schmitz/Wessendorf, NVwZ 1996, 956; Heribert Schmitz, Moderner Staat – Modernes Verwaltungsverfahrensrecht, NVwZ 2000, 1238. 449 Christian Schrader, Mediation im Umweltgesetzbuch, Konsens 1999, 156. 450 Zu Aushandlungsprozessen in den USA ausführlich Bernd Holznagel, Konfliktlösung durch Verhandlungen. Aushandlungsprozesse als Mittel der Konfliktver-
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Ausgangslage
vater VerfahrensmittlerInnen, gegebenenfalls auch neben oder anstelle von behördlichen ProjektmanagerInnen, aufgezeigt wurde451. Dabei geht die Expertenkommission davon aus, dass neben einer Regelbeschleunigung452 auch eine zusätzliche nachfragegerechte Sonderbeschleunigung nach Wahl eingeführt werden solle, um InvestorInnen die Möglichkeit einzuräumen, rascher auf den Markt zu kommen und im Wettbewerb besser zu bestehen453. Private VerfahrensmittlerInnen – von Mediation ist nicht ausdrücklich die Rede, sie findet in diesen Überlegungen aber genauso Platz wie andere Formen der Schlichtung bzw Konfliktmittlung – sollen im Einvernehmen mit allen Beteiligten durch die Behörde oder eine/n private/n Verfahrensbeteiligte/n bestellt werden. Als unabhängige Stelle außerhalb der öffentlichen Verwaltung sollten sie sodann an der Erarbeitung einer für alle akzeptable, Lösung mithelfen oder diese gar vorschlagen. Das hiebei konkret angedachte Anforderungsprofil richtet sich vor allem auf einen umfassenden Interessenausgleich, wodurch letztlich die Widerstände ausgeräumt werden sollen454. Auch wenn nun die hier aufgezeigten Überlegungen der Expertenkommission vom Gesetzgeber nicht zur Gänze übernommen wurden und mitunter das Bild von einer unternehmerfreundlichen Gesetzgebung entstand, soll nicht zugleich der Eindruck erweckt werden, dass offene, kooperative arbeitung bei der Ansiedlung von Entsorgungsanlagen für besonders überwachungsbedürftige Abfälle in den Vereinigten Staaten und der Bundesrepublik Deutschland (1990) 103 ff; siehe auch die diesbezüglichen Schwerpunktbeiträge in: Wolfgang Hoffmann-Riem/Eberhard Schmidt-Aßmann (Hg), Konfliktbewältigung durch Verhandlung. Informelle und mittlerunterstützte Verhandlungen in Verwaltungsverfahren I (1990) von Lawrence Susskind/Gerard McMahon, Theorie und Praxis ausgehandelter Normsetzung in den USA 67 ff; Frank E. A. Sander, Alternative Methods of Dispute Resolution: A US Perspective 141 ff; Denise Magidan/Lawrence Susskind/Alan Weinstein, Vorüberlegungen für eine verbesserte Konfliktbewältigung im Umweltbereich 151 ff; Connie P. Ozawa/Lawrence Susskind, Konfliktmittlung in Verfahrensstreitigkeiten mit wissenschaftlichem Bezug 177 ff; Michael O`Hare, The Importance of Compensation and Joint Gains in Environmental Disputes 191 ff; Joan N. Gardner, Massachusetts Siting Act and Experience to Date 205 ff. 451 BMfW (Hg), Investitionsförderung Rz 284. 452 „Gesetze und Verwaltungsvorschriften sollten ein Beschleunigungsmittel allgemein und zwingend nur festlegen (Regelbeschleunigung), wenn dies aller Voraussicht nach erforderlich ist, um die Genehmigungsbehörde trotz steigender Prüfungs- und Verfahrenslasten in die Lage zu versetzen, dem durchschnittlichen Eilbedarf eines Investors Rechnung zu tragen.“ BMfW (Hg), Investitionsförderung Rz 210. 453 BMfW (Hg), Investitionsförderung Rz 211. 454 BMfW (Hg), Investitionsförderung Rz 284.
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Mediation im öffentlichen Bereich in Deutschland
und konsensorientierte Maßnahmen ausgeschlossen wären. Es ist jedoch dieser ökonomisch dominierte Umstand bei der weiteren Prüfung und vor allem auch bei Auslegung einzelner Bestimmungen – wie beispielsweise hinsichtlich des § 2 der 9. BImSchV – zu berücksichtigen. Dass die Beschleunigungsgesetzgebung aus mehreren Gründen nicht frei jeglicher Kritik blieb, wurde oben bereits angedeutet und braucht hier nicht weiter vertieft zu werden. Erwähnung finden soll aber – um hier auch die Bandbreite der Diskussion darzulegen –, dass diese Novellierung ua von Weinreich zum Anlass genommen wurde, der Intention des Gesetzgebers die Forderung nach dem Ausbau von Zulassungsverfahren zu Verhandlungsverfahren entgegenzusetzen. Die Verwaltung sei seiner Meinung nach nämlich nicht mehr alleinige Hüterin des Gemeinwohls, sondern mehr Moderatorin oder Schlichterin beim Ausgleich unterschiedlicher Interessen. Zur Stärkung der Ausgleichsfunktion eines Zulassungsverfahrens kommen unterschiedliche Maßnahmen in Betracht. So schlägt er etwa eine „institutionalisierte Konfliktverarbeitung“ im Zulassungsverfahren vor. Als eine hilfreiche Maßnahme könne sich dabei im Bedarfsfall eine behördliche oder private Mediation bewähren. Ganz allgemein aber solle die Verwaltung iSd vorgeschlagenen § 89 Abs 1 UGB-KomE verpflichtet werden, auf einen Interessenausgleich und eine einvernehmliche Lösung hinzuwirken und den Erörterungstermin entsprechend offen auszugestalten455. Für die Einbegleitung in die gegenständliche Untersuchung können hieraus wiederum zweierlei erwägenswerte Aspekte gewonnen werden. Zum einen ist dies der Ansatz einer verwaltungsverfahrensintegrierten Konfliktbearbeitung, mit dem eine Verzahnung beider Verfahrensarten zu gewährleisten wäre456. Dies erscheint nicht bloß aus Gründen der Veränderung des hoheitlichen Aufgaben- und Rollenverständnisses sowie der (verfassungsund verwaltungs-)rechtlichen Herausforderungen einer solchen Einordnung von Interesse, sondern vielmehr auch schon deshalb, da in Deutschland bisher Mediation wohl vorrangig außerhalb des formellen Verwaltungsverfahrens stattfand457. Zum anderen wird von Weinreich die Möglichkeit des Einsatzes von privaten MediatorInnen angesprochen. Damit rückt zugleich das Diskussionsfeld der Verfahrensprivatisierung – ausgerichtet an den Zielen der Verfahrensbeschleunigung und der Verantwortungsverlage455 Weinreich, Integration versus Flexibilisierung der umweltrechtlichen Zulassungsverfahren: Menü oder a la carte?, NVwZ 1997, 956. 456 Vgl Rainer Pitschas, Mediation als Methode und Instrument der Konfliktmittlung im öffentlichen Sektor, NVwZ 2004, 398, der die Mediation in diesem Sinn als ein Produkt der staatlichen Verantwortungsgemeinschaft mit der Bürgergesellschaft versteht. 457 So jüngst Meuer/Troja, Mediation 65.
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Ausgangslage
rung auf Private – in den Brennpunkt458. Die Fragen, die sich in diesem Zusammenhang aufdrängen, ranken sich in erster Linie um die Schnittstelle der Wahrung hoheitlicher Aufgaben (Letztentscheidungspflicht, Kontrollmaßnahmen) und der partiellen Übertragung von behördlichen Verfahrensschritten an verwaltungsexterne, private Dritte (zB an Beliehene oder VerwaltungshelferInnen)459. Um für ein Erstes die Tour d´horizon durch die Befindlichkeiten des Verwaltungshandelns beenden zu können, bleibt noch die Frage nach der Notwendigkeit der Akzeptanz von Verwaltungsentscheidungen, die letztlich auch wieder zurück zum Thema des kooperativen Staats führt und somit quasi den Erkundungskreis schließen lässt. Würtenberger etwa hält die Akzeptanzfrage für keine dogmatische; vielmehr handle es sich dabei um nichts weniger als die Legitimation der öffentlichen Verwaltung durch die Erledigung von Verwaltungsaufgaben, die von den BürgerInnen anerkannt wird460. Eine Verwaltungsentscheidung finde seines Erachtens dann Akzeptanz, wenn sie als richtige oder gerade noch vertretbare Regelung angesehen werde, obwohl einzelne BürgerInnen mitunter für sich eine andere Entscheidung vorgezogen hätten461. Solle das Erreichen bzw die Stärkung der Akzeptanz Ziel des Verwaltungsverfahrens sein, dann bedürfe es der Kompromissfindung durch frühzeitige und nachhaltige Prozesse eines gemeinsamen Dialogs und des Aushandelns bzw der Konsensbildung zwischen vielfältigen öffentlichen und privaten Belangen462, die teils von den Betroffenen und teils von der Verwaltung in den Entscheidungsvorgang eingebracht
458 Vgl Jost Pietzcker, Verfahrensprivatisierung und staatliche Verfahrensverantwortung, in: Wolfgang Hoffmann-Riem/Jens-Peter Schneider (Hg), Verfahrensprivatisierung im Umweltrecht (1996) 302; Appel, in: Hoffmann-Riem et al (Hg), Grundlagen II Rz 1. 459 Erbguth, UPR 1995, 369. 460 Siehe auch Horst Zilleßen, Demokratietheoretische Aspekte der Mediation, in: Gerhard Falk et al (Hg), Handbuch Mediation und Konfliktmanagement (2005) 88. 461 Würtenberger, NJW 1991, 258. 462 Für eine frühzeitige Hinzuziehung von Betroffenen Thomas Würtenberger, Die Akzeptanz von Verwaltungsentscheidungen (1996) 163 f, der darin ua die Chance erkennt, ein gemeinsames Problembewusstsein zu vermitteln, was wiederum zur Mitübernahme von Verantwortung im Verwaltungsverfahren führen möge. Ebenfalls für eine rechtzeitige Beiziehung – mit den Argumenten des Vertrauens-, Sach- und Demokratiegewinns – appelliert zB Volker Weber, Beschleunigung von Genehmigungsverfahren unter besonderer Berücksichtigung der Beteiligung Betroffener, in: Nicolai Dose et al (Hg), Beschleunigung von Genehmigungsverfahren. Vorschläge zur Verbesserung des Industriestandortes Deutschland (1994) 143 und weiters Dose, in: ders et al (Hg), Beschleunigung 102 ff.
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Mediation im öffentlichen Bereich in Deutschland
werden463. Die Umsetzung der von ihm propagierten Neuorientierung des traditionellen, einseitig-hoheitlich agierenden Verwaltungsverfahrens und zur Optimierung einer Entscheidung verlange jedenfalls nach einer geeigneten Strategie, eines Akzeptanzmanagements, in dem nicht nur die Betroffenen, sondern nötigenfalls auch die für die Konfliktschlichtung erforderlichen neutralen VerfahrensmanagerInnen ihren gehörigen Platz finden464. Auf diesem Weg könne das Gesamtverfahren demokratisiert und beschleunigt werden465. Wohl zu Recht streicht Würtenberger letztere Folgeerscheinung im Besonderen hervor, denn gerade der Beschleunigungseffekt durch Akzeptanzgewinn erscheint im Hinblick auf die den VorhabengegnerInnen – trotz (wie bereits erwähnt) manch gegenteiliger Tendenzen – zur Verfügung stehenden rechtlichen und faktischen Reaktionsmitteln (zB Einwendungen, Widerspruchsverfahren, gerichtliche Entscheidungen, Formierung des Widerstands über die Standortgemeinde), mit denen gegen die Ansiedlung, den Bau oder Betrieb einer Anlage vorgegangen werden kann, ein nicht unbeachtet zu lassendes Argument für ein gewisses Maß an produktiver Offenheit für situationsgerechte Flexibilisierungsstrategien im Verwaltungsverfahren zu sein. B. Problemstellung
Angesichts der Vorbemerkungen lässt sich nun das hier abzuarbeitende Thema der Mediation im öffentlichen Bereich vor dem Hintergrund eines kooperativen, partnerschaftlichen Rechtsstaatsverständnisses einordnen, in dem mittels Verhandeln, Konfliktbearbeitung und -mittlung sowie Absprachen das Verwaltungsverfahren iwS466 als Prozess komplexer Entscheidungsbildung beschleunigt und die Akzeptanz der Verwaltungsentscheidung befördert werden soll. Es ist dabei aber davon auszugehen, dass Verhandlungsvorgänge sowohl im Rahmen formeller Verwaltungsverfahren als auch außerhalb, in informellen „Aushandlungsprozessen“, vor sowie neben (nicht)förmlichen Verwaltungsverfahren stattfinden können. Da nun gerade letztgenannte Aushandlungsprozesse oftmals in Regelungsbereichen ge463 Würtenberger, NJW 1991, 261 464 Thomas Würtenberger, Rechtliche Optimierungsgebote oder Rahmensetzungen für das Verwaltungshandeln?, in: VVDStRL 58 (1999) 166 f. 465 Würtenberger, NJW 1991, 261. Gegenüber dem Beschleunigungsargument durch frühzeitige Betroffenenbeteiligung hingegen skeptisch Herbert Hirschler, Genehmigungsverfahren aus der Sicht der öffentlichen Verwaltung, in: Nicolai Dose et al (Hg), Beschleunigung von Genehmigungsverfahren. Vorschläge zur Verbesserung des Industriestandortes Deutschland (1994) 64. 466 Zum Begriff des Verwaltungsverfahrens iwS Hartmut Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht18 (2011) § 19 Rz 1.
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Ausgangslage
wählt werden, in denen das Ergebnis rechtlich nur begrenzt vorprogrammiert ist oder in denen die inhaltliche Programmierung zur Konflikterledigung nicht reicht, liegt es – so Hoffmann-Riem – nahe, den Blick vorrangig auf das Verfahren zu richten467. Bei allen nachfolgenden Überlegungen gilt es jedenfalls ganz grundsätzlich zu beachten, dass staatliche Maßnahmen in normativer Hinsicht nur soweit gerechtfertigt sind, als die Rechtsordnung als Ganzes die staatliche Gewalt hiezu ermächtigt und ihr einen Entscheidungsspielraum belässt. Letztlich sind es aber die Ermächtigungsnormen und vor allem diese Spielräume wie zB Ermessens- und Planungsermächtigungen, Ausdeutung unbestimmter Rechtsbegriffe, Tatsachenabklärungen, welche die Anknüpfungspunkte für einen Interessenausgleich im Zuge eines mittlergestützten Verfahrens bieten und die Herbeiführung eines Konsenses und in weiterer Folge einer politischen Akzeptanz staatlicher Entscheidung ermöglichen468. Diese Ausführungen machen bereits deutlich, dass die Behördenstellung keinesfalls losgelöst von verfassungs- und verwaltungsrechtlichen Vorgaben gesehen werden darf – ganz im Gegenteil. Vor allem aber ist die Behörde in ihren Entscheidungsmöglichkeiten und in Anbetracht ihrer Rolle als Verantwortliche für das Gemeinwohl nicht frei von Bindungen. Dies hat wiederum unmittelbare Auswirkungen auf die Verwaltungsautonomie, ist es doch zu verneinen, dass dem im Rahmen einer Mediation erzielten Konsens automatisch der Vorrang einzuräumen wäre469. Es wird folglich zu hinterfragen sein, ob Aushandlungsverfahren zwischen Konfliktbetroffenen und den zur Entscheidung berufenen Behörden überhaupt von der Rechtsordnung gebilligt werden und folglich rechtlich unproblematisch sind und inwieweit die Strukturen des Verwaltungsrechts an der Entscheidungszuständigkeit der Verwaltung, der rechtlichen Einheit von Verwaltungsentscheidung und Verwaltungsverfahren sowie am Grundsatz der (ungeteilten) Verfahrensherrschaft festhalten470. Wie schon angedeutet, wird es dabei weiters zu unterscheiden sein, ob solche Aushandlungsprozesse informell oder im Rahmen eines formellen, hoheitlichen Verfahrens durchgeführt werden. Letzteres bringt es mit sich, für konsensuales Handeln öffnende Bestimmungen im Verwaltungsverfahrensgesetz sowie auch in Materiengesetzen zu identifizieren. Und schließlich sind daran anknüpfend Überlegungen mit dem Blick auf die Verfahrens privatisierungsdiskussion dermaßen anzustellen, inwieweit und in welcher 467 Hoffmann-Riem, Konfliktmittler 37. 468 Vgl Hoffmann-Riem, Konfliktmittler 36. 469 Pitschas, NVwZ 2004, 399. 470 Vgl Pietzcker, in: Hoffmann-Riem/Schneider (Hg), Verfahrensprivatisierung 304 ff.
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Form KonfliktmittlerInnen in solche Aushandlungsverfahren einbezogen werden dürfen bzw können. In dieser Untersuchung stehen übrigens jene multipolaren Aushandlungsprozesse zwischen BürgerInnen und Verwaltung im Vordergrund, die hoheitliche Maßnahmen auslösen bzw in weiterer Folge auslösen sollen. Typische Beispiele hiefür sind staatliche Genehmigungen, Planfeststellungen oder Duldungen, die je für sich – begünstigende und/oder belastende – Auswirkungen sowohl für das Gemeinwohl, für Private als auch für Dritte zeitigen. Davon erfasst sind letztlich nicht nur mittlergestützte Verfahren, die iSv ausgleichszentrierten Vorverhandlungen471 oder im Zuge eines Verwaltungsverfahrens zum Einsatz gebracht werden, sondern auch solche selbstlaufenden, die ohne Beteiligung der Behörde und abseits förmlicher Verfahren durchgeführt werden472. Denn spätestens mit der Antragsstellung beginnen wiederum die öffentlich-rechtlichen Mechanismen zu greifen, sodass auch in diesen Fällen zumindest die Fragen der Letztentscheidungsverantwortung der Behörde und folglich der Umsetzbarkeit erzielter Vereinbarungen einer entsprechenden Aufarbeitung zuzuführen sind. Soweit es für das Gesamtverständnis nicht notwendig ist, werden hier bipolare Aushandlungsverfahren und solche innerhalb der Verwaltung oder zwischen verschiedenen Behörden nicht berücksichtigt. Auch ist das Augenmerk nicht auf die erwerbswirtschaftliche bzw fiskalisch tätig werdende Verwaltung gerichtet. Im Mittelpunkt steht der hoheitliche Verwaltungsvollzug, sodass in dieser Untersuchung darüber hinaus mediationsrelevante Bestimmungen des Verwaltungsprozessrechts der Vollständigkeit halber lediglich in Form eines Abrisses dargestellt werden. Gleiches gilt auch für das Widerspruchsverfahren.
II. Informelles Verwaltungshandeln Auf der Suche nach einer relevanten Einordnungsstrategie der Mediation im öffentlichen Bereich erscheinen die im Zuge der in den Achtzigerjahren des vorigen Jahrhunderts losgetretenen Diskussion zum informellen Verwaltungshandeln (auch informellen Hoheitshandeln oder informalen, konsensualen Verwaltungshandeln473) als Mittel der Flexibilisierung und mitunter 471 Gemeint sind hiebei multipolare Aushandlungsprozesse und nicht bipolare Vorverhandlungen. Vgl Michael Fehling, Informelles Verwaltungshandeln, in: Wolfgang Hoffmann-Riem et al (Hg), Grundlagen des Verwaltungsrechts II2 (2012) Rz 31. 472 Siehe unten 2.IV.D.1. 473 Siehe etwa Eberhard Bohne, Informales Verwaltungs- und Regierungshandeln als Instrument des Umweltschutzes, VerwArch 1984, 343; Heinz Joachim Bonk, § 54,
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Modernisierung der Verwaltung hervorgebrachten Überlegungen zielführend zu sein. Gemeint sind damit faktische, rechtlich nicht geregelte kooperative Handlungsweisen wie Aushandlungsprozesse, Absprachen oder sonstige Kontakte unterhalb der förmlichen Vertragsebene474, die zwischen der Behörde und den BürgerInnen – meist jedoch nur den AntragstellerInnen und nicht den Drittbetroffenen475 – vor dem oder während des Verwaltungsverfahrens sowie vor dem Erlass oder an Stelle einer behördlichen Entscheidung erfolgen476. Ein allgemein anerkannter Begriff des informellen Verwaltungshandelns und vor allem eine abschließende Ausdifferenzierung der Erscheinungstypen fehlen aber nach wie vor477. So zählt beispielsweise Erichsen hiezu als charakteristische Erscheinungsformen etwa Verhandlungen zwischen VorhabenträgerIn und Behörde im Vorfeld von Genehmigungsverfahren, Absprachen über die freiwillige Beseitigung rechtswidriger Zustände zur Vermeidung staatlicher Eingriffsmaßnahmen oder Gespräche zwischen VeranstalterIn und Polizei zur Vorbereitung einer Demonstration478. in: Paul Stelkens et al (Hg), Verwaltungsverfahrensgesetz. Kommentar7 (2008) Rz 41; krit zur Begriffsdiskussion Josef Isensee, Besprechung. Helmuth SchulzeFielitz. Der informale Verfassungsstaat, DVBl 1986, 955 f; Bulling, DÖV 1989, 277 f sowie 287 f, der für die Verwendung des Terminus „kooperatives Verwaltungshandeln“ plädiert. 474 Bonk, in: Stelkens et al (Hg), VwVfG7 § 54 Rz 40. 475 Vgl ua Ulrich Beyerlin, Schutzpflicht der Verwaltung gegenüber dem Bürger außerhalb des formellen Verwaltungsverfahrens? – Überlegungen zu Problemen der heutigen Umweltschutzpraxis, NJW 1987, 2713 f; Schröder, NVwZ 1998, 1013 und 1016. 476 Bohne, VerwArch 1984, 344, identifiziert drei allgemeine Merkmale informalen Verwaltungshandelns: die rechtliche Nichtregelung und Unverbindlichkeit, das Alternativverhältnis zu rechtlichen Handlungsformen und schließlich das Tauschprinzip. Im Gegensatz dazu können – so Bohne – als „formal“ alle rechtlich geregelten tatsächlichen Verfahrenshandlungen und alle Entscheidungen bezeichnet werden, die auf die Bewirkung von Rechtsfolgen gerichtet sind. 477 Vgl zB Hans-Uwe Erichsen, Das Verwaltungshandeln, in: Hans-Uwe Erichsen/ Dirk Ehlers (Hg), Allgemeines Verwaltungsrecht12 (2002) 470 f; Maurer, Verwaltungsrecht18 § 15 Rz 14 ff; Barbara Remmert, Schlichtes Verwaltungshandeln, in: Hans-Uwe Erichsen/Dirk Ehlers (Hg), Allgemeines Verwaltungsrecht14 (2010) § 37 Rz 5. Extensivere Erklärungsmodelle stellen neben den kooperativen Handlungen auch einseitige Maßnahmen der Verwaltung; so etwa Hans-Günter Henneke, Informelles Verwaltungshandeln im Wirtschaftsverwaltungs- und Umweltrecht, NuR 1991, 270 f. 478 Erichsen, in: Erichsen/Ehlers (Hg), Verwaltungsrecht12 471; siehe ua auch Bohne, VerwArch 1984, 347 ff; Maurer, Verwaltungsrecht18 § 15 Rz 16.
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Diese Handlungsweisen sind – hier mit Maurer – zumeist Produkt der vor allem im Vorfeld komplexer Projekte „notwendigerweise“ stattfindenden bipolaren Gesprächen, in denen die Behörde und die AntragstellerInnen ihre Einschätzungen, Vorbehalte oder auch Interessen darlegen und so die Gegenseite zu näheren Erläuterungen, Änderungen oder Absprachen veranlassen479. Dies schließt jedoch – folgt man etwa Kopp/Ramsauer – nicht aus, dass informelle Verhandlungen und Absprachen auch neben sowie außerhalb eines bereits eingeleiteten Verwaltungsverfahrens oder anstelle eines Verwaltungsverfahrens, dessen Durchführung nach Umsetzung der Absprachen entbehrlich werden könnte, denkbar sind480. Diese Aussagen spiegeln sich auch in der bereits zuvor von Bohne vorgenommenen Unterscheidung zwischen normvertretenden Absprachen, die zur Vermeidung von Rechtsetzungsakten getroffen werden, normvollziehenden Verfahrenshandlungen und Absprachen, die im Normvollzug rechtlich geregelte Verfahren und Rechtsfolgeentscheidungen ersetzen und schließlich in Absprachen mit normvollziehenden und normvertretenden Elementen, die an die Stelle von Rechtsetzungsakten und Vollzugsakten treten, wider481. Letztlich orientiert sich auch die Typisierung von Kaltenborn an diesem Systematisierungsversuch. Er nennt neben normvollziehenden (frühzeitige Klärung der Voraussetzungen für die Realisierung eines Projekts), weiters normvermeidende bzw normabwendende und normvorbereitende Absprachen. Während normvermeidende Vereinbarungen darauf gerichtet seien, vor dem Hintergrund einer administrativen „Drohkulisse“482 eine staatliche Auffangregelung in Form des Erlasses bestimmter Rechtsnormen durch Selbstverpflichtungen abzuwenden483, gehen normvorbereitende Absprachen auf informelle Aushandlungsprozesse zurück, in denen 479 Maurer, Verwaltungsrecht18 § 15 Rz 18. 480 So noch in einer älteren Auflage von Ferdinand O. Kopp/Ulrich Ramsauer, Verwaltungsverfahrensgesetz7 (2000) § 9 Rz 5; siehe aber auch Heribert Schmitz, § 9, in: Paul Stelkens et al (Hg), Verwaltungsverfahrensgesetz. Kommentar7 (2008) Rz 181 f. 481 Bohne, VerwArch 1984, 345. Siehe weiters Hill, DÖV 1987, 890; siehe auch Henneke, NuR 1991, 270; Schröder, NVwZ 1998, 1012. Hellriegel, Mediation 44, scheint hingegen die normvollziehenden Absprachen nicht im Blickfeld zu haben, wenn er vom informellen Verwaltungshandeln in Form von Absprachen und Agreements zwischen der Verwaltung und den BürgerInnen spricht, die an Stelle des Erlasses einer behördlichen Entscheidung in Form von Zwang oder Befehl treten. 482 Hoffmann-Riem, in: Hoffmann-Riem et al (Hg), Grundlagen II Rz 92. 483 Zu normvermeidenden oder normersetzenden Selbstverpflichtungen als rechtlich unverbindliche Zusagen von Unternehmen gegenüber dem Staat siehe etwa Andreas Schendel, Selbstverpflichtungen der Industrie als Steuerungsinstrument im Umweltschutz, NVwZ 2001, 494 ff; vgl auch Ulrike Rüssel, Mediation in komplexen Verwaltungsverfahren (2004) 149 f.
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unter anderem planerische Vorhaben im Vorfeld kommunaler Rechtsetzung partizipativ erarbeitet werden. Bespielt werden hiefür etwa BürgerInnenforen, Planungszellen, Zukunftswerkstätten und vergleichbare informelle Gremien. Darüber hinaus zählt Kaltenborn hiezu die frühzeitige Einflussnahme von Privaten, wie beispielsweise von Lobbyverbänden, auf den Prozess der Verordnungsgebung484. Den Anreiz für ein bewusstes Ausweichen auf Alternativverhältnisse zu rechtlichen Handlungsformen bilden die darin zweifelsohne zu erblickenden Vorteile. Diese lassen sich insbesondere in der Verbesserung der Akzeptanzquote für staatliche Entscheidungen, dem rechtzeitigen, flexiblen Reagieren auf sich verändernde Umstände, in der Verbesserung des projektspezifischen Informations- und Kenntnisstands, der Entlastung des eigentlichen Verwaltungsverfahrens, dem Abbau von Rechtsunsicherheiten und der gegebenenfalls zu erzielenden Zeit- und Kostenersparnis ausmachen. Demgegenüber bergen aber solche Vorgehensweisen auch Gefahren485 wie das (un)bewusste Umgehen von gesetzlichen Vorgaben oder gar das Hinwegsetzen über dieselben, die Eingriffe in Rechtspositionen der Allgemeinheit und Drittbetroffenen, die fehlende Unparteilichkeit486 sowie – vor allem bei bloß bipolaren Aushandlungsprozessen – die mangelnde Transparenz und letztlich die eingeschränkte Überprüfbarkeit in sich487, die 484 Markus Kaltenborn, Streitvermeidung und Streitbeilegung im Verwaltungsrecht. Verfassungsrechtlicher Rahmen und verfahrensrechtliche Ausgestaltung der außergerichtlichen Konfliktschlichtung im Verhältnis zwischen Verwaltung und Privaten (2007) 88 ff. 485 Effizienzgewinn und Umgehungsgefahr liegen nach Meinung von Schmidt- Aßmann, Verwaltungsrecht2 350, hier dicht beieinander. 486 Schmidt-Aßmann, Verwaltungsrecht2 370, spricht von verfahrensbezogener Unparteilichkeit. 487 Sowohl zu den vermeintlichen Vor- und Nachteilen siehe ua Carl-Eugen Eberle, Arrangements im Verwaltungsverfahren, Die Verwaltung 1984, 441 ff; Bulling, DÖV 1989, 277 f; Henneke, NuR 1991, 272 f; weiters Hoffmann-Riem, Konfliktmittler 46; ders, Verwaltungsrechtsreform – Ansätze am Beispiel des Umweltschutzes, in: Wolfgang Hoffmann-Riem et al (Hg), Reform des Allgemeinen Verwaltungsrechts. Grundfragen (1993) 154; Roman Seer, Das Rechtsinstitut der sog. tatsächlichen Verständigung im Steuerrecht, BB 1999, 85, spricht von zweifelhaften Tauschlösungen; Schmitz, in: Stelkens et al (Hg), VwVfG7 § 9 Rz 173; Erichsen, in: Erichsen/Ehlers (Hg), Verwaltungsrecht12 472 f; Kaltenborn, Streitvermeidung 90 f; Maurer, Verwaltungsrecht18 § 15 Rz 18. Jedenfalls ablehnend Joachim Burmeister, Verträge und Absprachen zwischen der Verwaltung und Privaten, in: VVDStRL 52 (1993) 241, dem nach die (regelungsersetzende) Absprachepraxis zwischen Verwaltung und Privaten von einzelnen Ausnahmen abgesehen „weniger von funktionsgerechtem Ausgleichsbemühen als von einer – an der Grenze des „Faulen“ stehenden – Kompromissbereitschaft der Verwaltung zeugt“, und
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wiederum zu rechtlich problematischen (Vorab-)Bindungen führen können488. A. Notwendige Abgrenzungsbemühungen
Der Begriff „informelles Verwaltungshandeln“ ist mittlerweile, was auf den ersten Blick auch durchaus nachvollziehbar erscheint, zu einem Sammelbecken für informale, kooperative und konsensuale Handlungsformen der Verwaltung geworden. A la longue wird so aber ein Zustand geschaffen, der aus rechtlicher Sicht jedenfalls zu beachten geforderte Unterschiede zwischen den einzelnen Instrumenten hinsichtlich ihrer Funktionsweisen und vor allem ihrer Rechtsfolgen verschüttet. Vor diesem Hintergrund ist es dann auch zu verstehen, dass beispielsweise Schröder für eine begriffliche Abgrenzung in informelles, kooperatives und konsensuales Verwaltungshandeln eintritt. Er bestreitet dabei etwa nicht die sich großteils überschneidenden Stoßrichtungen der einzelnen Handlungsformen, zeigt jedoch auf, dass sie nicht deckungsgleich sind489. Folglich trachte eine um Konsens bemühte Verwaltung nach Ergebnissen, die auf Entscheidungsvorgängen beruhen, die im Wege der partnerschaftlichen Verhandlung und Verständigung sowie durch Willensübereinstimmung oder Mitentscheidung „konsentiert“ werden. Von daher leitet er auch die innere Berechtigung von Aufgliederungen des konsensualen Verwaltungshandelns in konsentierte Einzelfallentscheidungen und konsensuale Normsetzung bzw -ersetzung oder die Unterscheidung zwischen Verträgen und informellen Absprachen ab490. Zugleich werden so Abgrenzungen zum kooperativen und informellen Verwaltungshandeln möglich. Denn demgegenüber würden konsensuale Instrumente nur einen Ausschnitt des kooperativen Verwaltungshandelns erfassen. Zwar sei Konsens ohne Kooperationswillen nicht denkbar, doch könne deshalb nicht selbstredend von einer Deckungsgleichheit ausgegangen werden. Kooperatives Handeln beziehe seine Berechtigung vielmehr aus dem Gegensatz zum einseitig hoheitlichen staatlichen Handeln, worunter auch Instrumente zusammengefasst werden können, die den zuvor aufgezeigten Merkmalen konsensualen Verwaltungshandelns nicht unweigerlich genügen. Ihre Hauptstoßrichtung umfasse etwa Partizipation, Aufgabenteilung oder Optimierung kein Anlass bestehe, „diesen Befund durch eine verfehlte Idealisierung von kooperationsrechtlichen und konsensualen Handlungsformen zu vernebeln“. 488 Helge Rossen-Stadtfeld, Gesetzesvollzug durch Verwaltung – Kann der Verwaltungsrichter von der Verwaltung lernen?, NVwZ 2001, 370. 489 Schröder, NVwZ 1998, 1011 f, tut dies im Hinblick auf das Umweltschutzrecht. 490 Schröder, NVwZ 1998, 1012.
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der Verwaltungsentscheidung, nicht aber zugleich im Konsensweg erzielte Ergebnisse491. Weiters hält Schröder fest, dass die Informalität per se noch keine Maßstäbe für die rechtliche Beurteilung von konsensualen Instrumenten liefere. Informales konsensuales Verwaltungshandeln sei weder a priori zulässig noch unzulässig. Vielmehr ergeben sich die Beurteilungskriterien erst dadurch, dass das Verwaltungshandeln zur jeweiligen Fachgesetzgebung sowie zur Verfassungs- und sonstigen Rechtsordnung gehörig in Beziehung gesetzt werde. Und schließlich müsse noch die bereits stattfindende Formalisierung von Teilen der informellen konsensualen Handlungsformen berücksichtigt werden492. Bezogen auf das Instrument der Mediation, einem – um es mit den Worten von Schmidt-Aßmann auszudrücken – „Sonderfall“ des informalen Verwaltungshandelns493, werden diese Differenzierungen, aber auch die Vermischung einzelner Merkmale im Besonderen sichtbar. In einem größeren Zusammenhang gesehen kann sie nämlich durchaus unter dem Begriff des kooperativen Verwaltungshandelns subsumiert werden, doch stellt sie dabei eben nur eines von mehreren Instrumenten dar. In erster Linie ist die Mediation eine auf Konsens gerichtete Methode, die es zum Ziel hat, die Beteiligten zu einem gemeinsamen und eigenverantwortlichen Interessenausgleich zu veranlassen. Inwieweit sie sich schlussendlich als Instrument des informellen oder aber formellen Verwaltungshandelns einordnen lässt, ist wiederum einzelfallbezogen und dabei nicht zuletzt anhand der mittlerweile in diversen Fachgesetzen geregelten Formalisierungstatbeständen zu ermitteln494. B. Beurteilung von informellen Verfahren und deren Verhandlungsergebnissen
Erklärungsmodelle hiezu stützen sich einerseits auf einen verwaltungswissenschaftlichen und andererseits auf einen rechtsdogmatischen Zugang. 491 Schröder, NVwZ 1998, 1012. 492 Schröder, NVwZ 1998, 1012. Vgl aber auch Rossen-Stadtfeld, NVwZ 2001, 369, der den Versuchen zur Reformalisierung im Verwaltungsvollzug keinen Erfolg zuspricht. 493 Siehe Schmidt-Aßmann, Verwaltungsrecht2 350 sowie 354. 494 Mediation zum Zweck der (frühzeitigen) Verständigung mit Betroffenen und Interessengruppen als weitere Form des informellen Verwaltungshandelns einordnend Erichsen, in: Erichsen/Ehlers (Hg), Verwaltungsrecht12 471 f; hiezu schon zuvor Henneke, NuR 1991, 274 f; siehe auch Schmitz, in: Stelkens et al (Hg), VwVfG7 § 9 Rz 190. Zu eng wohl Hellriegel, Mediation 45, der die Mediation nicht im Alternativverhältnis zu formalisierten Verfahren stehen sieht, sondern sie als Brückenelement zwischen informellen Vorverhandlungen und förmlichen Verfahren versteht.
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1. Verwaltungswissenschaftlicher Ansatz
Einen solchen verwaltungswissenschaftlichen Erklärungsversuch im Hinblick auf flexibles Verwaltungshandeln wählt beispielsweise Hill, indem er „für die Erhaltung der Funktionsfähigkeit der Verwaltung und der Effektivität ihrer Aufgabenerfüllung“ es für notwendig erachtet, situationsgerechte Flexibilisierungsstrategien zu entwickeln. Informelle Verhaltensweisen tragen zur Stabilisierung des formalen Rechts- und Verwaltungssystems bei, ein Verbot oder eine Verrechtlichung informeller Verhaltensweisen durch die Verwaltungsrechtsdogmatik erscheine daher weder geboten noch angemessen. Unbestimmtheit, Informalität und Spontaneität seien darüber hinaus zur Aufrechterhaltung und Belebung formaler Strukturen notwendig. Daneben aber brauche das Informelle das Formelle als Leitlinie. Daraus folge letztlich, dass das eine das andere nicht ausschließe. Der Übergang müsse weitgehend offen sein, um je nach Situation flexibel handeln zu können. Hiefür bedürfe es wiederum eines stabilen Rahmens, in dem Flexibilität stattfinden könne. Nicht aber solle damit die Aufgabe von rechtsstaatlichen Erfordernissen propagiert werden, sondern vielmehr eine Öffnung, Erweiterung und funktionale Ergänzung rechtsstaatlicher Prinzipien im Lichte der Verfassung erreicht werden495. Diesen Überlegungen hält aber beispielsweise Hoffmann-Riem entgegen, dass der Grundsatz der Effektivität nicht geeignet sei, rechtliche Grenzen außer Kraft zu setzen. Der Hinweis auf den „das Mittel heiligenden Zweck“ könne verwaltungsrechtlich keine Überzeugungskraft entfalten. Auch würde seiner Meinung nach die Überlegung betreffend das Fehlen eines pauschalen Verbots informeller Verhaltensweisen in der geltenden Rechtsordnung nicht ausreichen. Hoffmann-Riem schlägt vielmehr vor, zuvorderst aufgrund des Vorrangs des Gesetzes zu klären, ob informelle Verhaltensweisen unter Einschluss von Verhandlungsverfahren überhaupt den Bestimmungen des Verwaltungsverfahrens entsprechen. Sollten schließlich anwendbare Normen fehlen, sei weiters zu prüfen, ob der Gesetzesvorbehalt eingreife496. 2. Rechtliche Dimension
Auch wenn die „rechtsstaatliche Disziplinierung“ von informellen Instrumenten nach wie vor weitgehend aussteht497, ist doch unbestritten, dass 495 Hill, DÖV 1987, 892 f. 496 Hoffmann-Riem, Konfliktmittler 38. So aber bei Hartmut Bauer, Informelles Verwaltungshandeln im öffentlichen Wirtschaftsrecht, VerwArch 1987, 260, der es allein aus diesem Grund für verfehlt hält, die vielfältigen informellen Kontakte zwischen BürgerInnen und Verwaltung generell als rechtswidrig abzutun. 497 Friedrich Schoch, Der Verwaltungsakt zwischen Stabilität und Flexibilität, in: Wolfgang Hoffmann-Riem/Eberhard Schmidt-Aßmann (Hg), Innovation und Flexibilität des Verwaltungshandelns (1994) 230.
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Aushandlungskonzepte nicht dazu verwendet werden dürfen, um rechtsstaatliche Bindungen auszuhebeln. Dies reicht von den Bereichen der Erfüllung ihr rechtlich zugeschriebener Aufträge bis hin zur Zurückstellung der Implementation behördlicher Entscheidungen oder der Sanktionierung von Normverstößen als Gegenleistung für Kooperationsbemühungen oder Konsense498. Informelle Aushandlungsprozesse dürfen also nicht dazu dienen, dass die Verwaltung die rechtlichen Grenzen ihres Handelns außer Acht lässt. 3. Zur Zulässigkeit
Die grundsätzliche Zulässigkeit informellen Verwaltungshandelns sowohl vor, während als auch anstelle eines Verwaltungsverfahrens wird kaum in Frage gestellt499. Vielmehr – so die Begründung – kenne das Verwaltungsverfahren selbst derartige Anknüpfungspunkte. Genannt werden hiezu die gesetzlichen Aufklärungs- oder Beratungspflichten, die vorbereitende Kontakte zwischen Behörden und BürgerInnen sogar zur rechtlichen Notwendigkeit machen, wenngleich in diesen Fällen meist keine umfassenden, materiellen Beratungspflichten der Behörde begründet seien500. Die Befugnis der Behörde zur Setzung informeller Verfahrenshandlungen wird für zumindest bereits anhängige Verwaltungsverfahren von Teilen der Lehre aber auch aus § 10 VwVfG abgeleitet501, wonach eine Bindung der Verwaltungstätigkeit an bestimmte Handlungsformen, soweit freilich keine Rechtsvorschriften ausnahmsweise etwas anderes bestimmen, vordergründig nicht bestehe, sondern die Behörde das (nichtförmliche) Verfahren formlos und nach Zweckmäßigkeitserwägungen auszugestalten habe502. Dies führt zur Folgeüberlegung, dass im Stadium vor Beginn des Verwal498 Vgl Hoffmann-Riem, Konfliktmittler 73. 499 Siehe etwa Helmuth Schulze-Fielitz, Der Konfliktmittler als verwaltungsverfahrensrechtliches Problem, in: Wolfgang Hoffmann-Riem/Eberhard Schmidt- Aßmann (Hg), Konfliktbewältigung durch Verhandlungen. Konfliktmittlung in Verwaltungsverfahren II (1990) 68; Bonk, in: Stelkens et al (Hg), VwVfG7 § 54 Rz 41; Remmert, in: Erichsen/Ehlers (Hg), Verwaltungsrecht14 § 37 Rz 7. 500 Vgl Schmitz, in: Stelkens et al (Hg), VwVfG7 § 9 Rz 177; Erichsen, in: Erichsen/ Ehlers (Hg), Verwaltungsrecht12 472 f; Kaltenborn, Streitvermeidung 91 ff; siehe weiters 2.IV.M.4.a) und 2.IV.M.5. 501 Etwa Heribert Schmitz, § 10, in: Paul Stelkens et al (Hg), Verwaltungsverfahrensgesetz. Kommentar7 (2008) Rz 9; Pitschas, NVwZ 2004, 399; offen lassend Hoffmann-Riem, Konfliktmittler 40 f. 502 Erichsen, in: Erichsen/Ehlers (Hg), Verwaltungsrecht12 473. Ein numerus clausus der Handlungsformen der Verwaltung ist also nicht normiert; so Maurer, Verwaltungsrecht18 § 15 Rz 19; weiters auch Franz-Joseph Peine, Allgemeines Verwaltungsrecht10 (2011) Rz 309.
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tungsverfahrens erst recht der Einsatz informellen Verwaltungshandelns legitimiert sein503 bzw sich dies aus der allgemeinen Aufgabenzuweisung ergeben müsse504. 4. Zu den Rechtswirkungen
Ein wesentlicher Klärungsbedarf herrscht weiters hinsichtlich des (Un-) Verbindlichkeitsaspekts von gegebenenfalls getroffenen informellen Absprachen, womit zugleich ein Kernbereich dieser Untersuchung angesprochen wird. Gerade die Unverbindlichkeit mache – so Maurer – letztlich die Besonderheit des informellen Verwaltungshandelns aus505. Diese dürfe auch nicht etwa durch Selbstbindung der Behörde umgangen oder mit dem Hinweis auf den Grundsatz des Vertrauensschutzes und dem von Treu und Glauben „durch die Hintertür“ ins Gegenteil verkehrt werden506. Auch Schmitz hält unmissverständlich fest, dass selbst eine „de facto Vor-Entscheidung“ regelmäßig nicht bewirke, dass ein Verfahren iSd § 9 VwVfG begonnen werde, eine Vor-Entscheidung iS eines Verwaltungsakts noch in Form eines Vorbescheides oder eines öffentlich-rechtlichen Vertrags vorliege. Ebenfalls scheide in der Regel eine Zusicherung nach § 38 VwVfG aus507. Anders gewendet bedeutet dies, dass immer dann, wenn Verbindlichkeit im öffentlich-rechtlichen Sinn erreicht werden soll, eine informelle Abspra503 Bohne, VerwArch 1984, 350, anerkennt Genehmigungs- und Planfeststellungsverfahren als Verwaltungsrechtsverhältnisse, die bereits vor Verfahrensbeginn Rechtswirkungen entfalten. Rechtsgrundlage für die Beurteilung von Vorverhandlungen seien die Bestimmungen der §§ 10, 40 VwVfG. Siehe auch HoffmannRiem, Konfliktmittler 41; Kaltenborn, Streitvermeidung 93 mwN. 504 Schmitz, in: Stelkens et al (Hg), VwVfG7 § 10 Rz 9, geht jedenfalls davon aus, dass für informelles Verwaltungshandeln vor einem oder anstelle eines Verwaltungsverfahrens iSd § 9 VwVfG die Befugnis aus der allgemeinen Aufgabenzuweisung und nicht aus § 10 VwVfG folge. 505 Maurer, Verwaltungsrecht18 § 15 Rz 20; in diese Richtung auch Erichsen, in: Erichsen/Ehlers (Hg), Verwaltungsrecht12 472. Siehe auch Seer, BB 1999, 84: „Für Absprachen gilt der Grundsatz der rechtlichen Unverbindlichkeit und Formlosigkeit.“ Differenzierter hingegen Bulling, DÖV 1989, 279 ff, der zwischen Vorverhandlungen, Arrangements und Agreements unterscheidet. Während er die Vorverhandlungen als nicht rechtsverbindliche Aussagen zum Gegenstand, jedoch der/dem AntragstellerIn Anhaltspunkte für ihre/seine weitere verfahrensmäßigen Entscheidungen gebend charakterisiert, erkennt er in den Arrangements mündliche Absprachen zwischen Behörde und Betroffenen, die „verbindlich gemeint“, aber bei Nichteinhaltung „ohne festgelegte Sanktion versehen“ seien. Die Agreements stellen letztlich Arrangements in Schriftform dar. 506 Maurer, Verwaltungsrecht18 § 15 Rz 20. 507 Schmitz, in: Stelkens et al (Hg), VwVfG7 § 9 Rz 180.
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che gerade nicht (mehr) vorliegt508. Ist es folglich erklärtes Ziel, eine rechtsverbindliche Absprache im Vorfeld eines einseitig zu erlassenden Verwaltungsakts mit der Behörde zu erlangen, eine solche wird jedoch in dem hier zu diskutierenden Kontext zuweilen angestrebt509, stehen hiefür die traditionellen Instrumente des Verwaltungshandelns wie der öffentlich-rechtliche Vertrag510, der Vorbescheid511, die Zusage oder die Zusicherung iSv § 38 VwVfG zur Verfügung. Weitgehend Einigkeit scheint also – soweit überblickbar – darin zu bestehen, dass es, um ein solches informelles Aushandlungsergebnis in ein rechtsverbindliches Konstrukt zu bringen, grundsätzlich eines weiteren Akts, wenn auch nicht notwendigerweise eines Verwaltungsakts, bedarf512. Maurer geht darüber hinaus davon aus, dass aufgrund der Unverbindlichkeit solcher Absprachen – sowohl von der Behörde wie auch von den BürgerInnen – rechtsfolgenlos einseitig von den Abspracheergebnissen abgegangen werden könne; ein Anspruch auf Erfüllung oder schadenersatzrechtliche Forderungen seien nicht ableitbar513. Was jedoch bleiben könne, sei eine bloße „faktische“ Bindung der Behörde an die Verhandlungsergebnisse. Diesen Aussagen wird aber zuweilen entgegengehalten, dass noch keineswegs abschließend geklärt sei, ob das informelle Verwaltungshandeln „schlechthin“ einer rechtlichen Bindungswirkung entbehre514. So äußert sich Schmitz dahingehend, dass es sich bei Verwaltungsrechtsverhältnissen 508 So wohl auch Bonk, in: Stelkens et al (Hg), VwVfG7 § 54 Rz 42. 509 Siehe etwa Bernd Holznagel, Mediation im Verwaltungsrecht, in: Stephan Breidenbach/Martin Henssler (Hg), Mediation für Juristen. Konfliktbehandlung ohne gerichtliche Entscheidung (1997) 153. 510 Aus dem Blickwinkel der Umweltabsprachen Wilfried Erbguth/Sabine Schlacke, Umweltrecht4 (2012) § 5 Rz 111 ff. 511 Vgl hiezu Bulling, DÖV 1989, 279. 512 Bezogen auch auf Mediation Ferdinand O. Kopp/Ulrich Ramsauer, Verwaltungsverfahrensgesetz12 (2011) § 9 Rz 12a. 513 Andererseits hält Maurer, Verwaltungsrecht18 § 15 Rz 20, jedoch eine Haftung nach den Grundsätzen der culpa in contrahendo unter Umständen für möglich. Für eine Schadenersatzpflicht wegen der Verletzung von aus dem Verfahrensrechtsverhältnis entspringenden Amtspflichten (grundloses Abweichen vom Arrangement) Eberle, Die Verwaltung 1984, 450; die Frage der culpa in contrahendo bei Vorverhandlungen offen lassend, im Zusammenhang mit Arrangements die Möglichkeit von Schadenersatzansprüchen aufgrund von Amtspflichtverletzungen aufzeigend Bulling, DÖV 1989, 279. Gegen eine Bejahung von Amtshaftungsansprüchen stellt sich Burmeister, in: VVDStRL 52, 242, da informelle Absprachen keine Rechtspflichten begründen, weshalb ihre Nichteinhaltung durch den Verwaltungsträger oder den Privaten auch keinen Verstoß darstelle. 514 In diese Richtung grundsätzlich Hoffmann-Riem, Konfliktmittler 60. AA wohl Eberle, Die Verwaltung 1984, 449.
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um konkrete Lebenssachverhalte handle, welche die Grundlage der Rechtsbeziehung zwischen BürgerIn und Staat bilden. Soweit die Beziehungen vom Verwaltungsrecht bestimmt werden, handle es sich um Verwaltungsrechtsverhältnisse. Dabei könne auch ein informelles Verfahren ein Verwaltungsverhältnis begründen, aus dem Nebenpflichten (zB § 25 VwVfG) erwachsen, die unter Umständen amtshaftungsrechtliche Folgen auslösen515. Zuvor hat schon Bohne festgehalten, dass beispielsweise Genehmigungsund Planfeststellungsverfahren Verwaltungsrechtsverhältnisse seien, die bereits während der Vorbereitungsphase Rechtswirkungen entfalten und auch das Verfahrensermessen der Behörde gem § 40 VwVfG binden. Insbesondere ergebe sich aus der Ermessensbindung die Pflicht, Vorverhandlungen so durchzuführen, dass sie den allgemeinen gesetzlichen Zwecken von Genehmigungs- und Planfeststellungsverfahren entsprechen516. Und auch Bauer weist auf die „eigengeartete Sonderstellung zwischen den Polen rechtlicher Unverbindlichkeit und rechtlicher Verbindlichkeit“ hin, wonach in dem allmählichen Prozess der Verdichtung BürgerInnen und Verwaltung Rechte sowie Pflichten regelnde Verwaltungsakte und öffentliche Verträge vorbereiten oder auf den Abschluss von sonstigen Absprachen und Vereinbarungen sowie auf die Abstimmung künftigen Verhaltens hinarbeiten. Er gibt in diesem Zusammenhang zu bedenken, dass auch im öffentlichen Recht Kontaktverhältnisse zwischen Verwaltung und BürgerInnen nicht als generell rechtlich irrelevant anzusehen seien. Vielmehr müsse in diesen Situationen auf den Umstand der Begründung bzw Entstehung sowie dem Inhalt von (Verwaltungs-)Rechtsverhältnissen517 Rücksicht genommen werden518. Bauer propagiert hiebei die Lehre vom Rechtsverhältnis als Ordnungsrahmen für das informelle Verwaltungshandeln als Orientierungshilfe519. Die Rechtsverhältnislehre sei auch deshalb hilfreich, da sie 515 Schmitz, in: Stelkens et al (Hg), VwVfG7 § 9 Rz 16 ff und 179. 516 Bohne, VerwArch 1984, 350. 517 Allgemein zum Verwaltungsrechtsverhältnis etwa Schmidt-Aßmann, Verwaltungsrecht2 301 ff; Schmitz, in: Stelkens et al (Hg), VwVfG7 § 9 Rz 16 ff. 518 Bauer, VerwArch 1987, 262 ff; ders, Anpassungsflexibilität im öffentlich-rechtlichen Vertrag, in: Wolfgang Hoffmann-Riem/Eberhard Schmidt-Aßmann (Hg), Innovation und Flexibilität des Verwaltungshandelns (1994) 256 ff. Für eine Rechtsdogmatik, die auf komplexe mehrdimensionale und polygonale Entscheidungssituationen zugeschnitten ist, spricht sich auch Wolfgang Hoffmann-Riem, Selbstbindungen der Verwaltung, in: VVDStRL 40 (1982) 217 f, aus. Folglich seien materiellrechtlich mehrpolige Interessenbeziehungen als mehrseitige Verwaltungsrechtsverhältnisse auszugestalten. Eberle, Die Verwaltung 1984, 446, spricht von verfahrensbezogenen Rechtsbeziehungen zwischen Behörde und AntragstellerIn. 519 Siehe insbesondere auch Schmidt-Aßmann, Verwaltungsrecht2 352, der mit der Rechtverhältnislehre die Möglichkeit gegeben sieht, Gefährdungssituationen genauer zu identifizieren.
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nicht ausschließlich auf bipolare Beziehungen bezogen sei. Vielmehr stelle sie mit den mehrseitigen Rechtsverhältnissen dogmatische Grundfiguren bereit, mit denen sich mehrpolige Interessen- und Konfliktbeziehungen520 erfassen lassen521. 5. Zu den Grenzen
Neben der grundsätzlichen Zulässigkeit und den Wirkungen informellen Verwaltungshandelns sind schließlich noch die verfassungs- und auch die einfachrechtlichen Grenzen, die beim informellen Verwaltungshandeln Beachtung finden müssen, ins erweiterte Blickfeld zu rücken522. Von einer uneingeschränkten Zulässigkeit darf nämlich auch bei angenommener Unverbindlichkeit nicht ausgegangen werden. Dies verbietet schon allein der Grundsatz des Gesetzesvorrangs nach Art 20 Abs 3 GG, wonach die Verwaltung in all ihren Äußerungen ohne Rücksicht auf ihren Formalisierungsgrad, also auch im tatsächlichen und informellen Bereich, an das Gesetz und die rechtlichen Grundsätze gebunden ist523. Es ist demnach darauf zu sehen, wo das materielle (gesetzesfreie Verwaltung, Ermessensbereich, unbestimmter Gesetzesbegriff) und das formelle Recht entsprechende Spielräume lassen524. Die Verwaltung darf jedenfalls keine Zugeständnisse machen – fraglich ist aber allein schon, ob sie überhaupt solche treffen darf –, die mit dem geltenden Recht nicht vereinbar sind und abschließend in eine rechtswidrige Entscheidung münden oder zu einem rechtswidrigen Zustand führen würden525. Unabhängig vom Formalisierungsgrad des behördlichen Handelns werden wohl auch der Gleichheitssatz526, die staatliche Kompetenzordnung oder das Koppelungsverbot ebenso schlagend wie in verfahrensrechtlicher Hinsicht besondere Rücksichtnahmepflichten527. So dürfen zB die sich aus dem Untersuchungsgrundsatz (§ 24 VwVfG) ergebende Pflicht zur umfassenden Aufklärung des Sachverhalts nicht eingeschränkt528 oder die Anhö520 Solche stehen gerade bei mediativen Aushandlungsprozessen im Vordergrund. 521 Bauer, VerwArch 1987, 266 f; in diese Richtung auch Schoch, in: HoffmannRiem/Schmidt-Aßmann (Hg), Innovation 213; vgl darüber hinaus Schmitz, in: Stelkens et al (Hg), VwVfG7 § 9 Rz 25 ff. 522 Siehe zu den Grenzen der Absprachen über die Verfahrensgestaltung etwa Schmitz, in: Stelkens et al (Hg), VwVfG7 § 9 Rz 183 ff. 523 Vgl Schmidt-Aßmann, Verwaltungsrecht2 349. 524 Erichsen, in: Erichsen/Ehlers (Hg), Verwaltungsrecht12 473. 525 Siehe unten 2.III.B. 526 Siehe unten 2.III.C.1. 527 Bauer, VerwArch 1987, 262; Erichsen, in: Erichsen/Ehlers (Hg), Verwaltungsrecht12 473 f; Kaltenborn, Streitvermeidung 103. 528 Vgl Eberle, Die Verwaltung 1984, 451 ff, der zum Ergebnis kommt, dass der Untersuchungsgrundsatz Arrangements nicht grundsätzlich ausschließe, jedoch im
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rungs-529 und Beteiligungsrechte des weiteren Betroffenenkreises durch „geheimes“ informelles Handeln nicht unterlaufen werden, was letztlich so viel heißt, dass das förmliche Verfahren als Folge einer faktischen Bindung der Behörde an die informellen Verhandlungsergebnisse nicht zu einer „leeren Hülse“530 verkommen und der Drittschutz vereitelt werden darf531. Einzelfall Grenzen setze. Normativ vorgeschriebene Untersuchungsstandards dürfen nicht unterlaufen werden und objektive Anhaltspunkte für weitere Ermittlungen nicht überspielt werden. Letztlich sei zu beachten, dass die Rechtswirkungen der Absprachen unter dem Vorbehalt der sich verändernden Rechts- und Sachlage stehen. 529 Zur verfassungsrechtlichen Dimension des Rechts auf Gehör im Verwaltungsverfahren siehe etwa Eberhard Schmidt-Aßmann, Art 103 Abs 1 GG, in: Theodor Maunz/Günter Dürig (Begr), Grundgesetz. Kommentar VI (Stand 2006) Rz 62 ff. 530 So Eberhard Schmidt-Aßmann, Konfliktmittlung in der Dogmatik des deutschen Verwaltungsrechts, in: Wolfgang Hoffmann-Riem/Eberhard Schmidt-Aßmann (Hg), Konfliktbewältigung durch Verhandlung II. Konfliktmittlung in Verwaltungsverfahren (1990) 27; weiters Kopp/Ramsauer, VwVfG12 Einf I Rz 76. 531 Fraglich ist schließlich, ob an eine analoge Anwendung der entsprechenden Vorschriften des VwVfG auf informelles Verwaltungshandeln gedacht werden kann. Krit Eberle, Die Verwaltung 1984, 456; Hill, DÖV 1987, 892; Fehling, in: Hoffmann-Riem et al (Hg), Grundlagen II2 Rz 93 f (im Zusammenhang mit Vorverhandlungen; anderes gebiete sich bei normvollziehenden Absprachen, da hiernach gerade kein Verwaltungsverfahren stattfindet); ebenso Kopp/Ramsauer, VwVfG12 Einf I Rz 76 sowie § 9 Rz 12a, wenn auch letztlich die Einhaltung von rechtsstaatlichen Mindeststandards gefordert und insoweit von Vorwirkungen der §§ 10 ff leg cit ausgegangen wird, bei deren Nichtbeachtung eine Implementation der Ergebnisse informeller Verhandlungen sowie Absprachen fehlerfrei nicht möglich sei; Kaltenborn, Streitvermeidung 93 f sowie 102 ff, der aufgrund des langen Zeitraums der Kenntnis des Gesetzgebers von der Besonderheit der informellen Absprachen nicht (mehr) von einer planwidrigen Regelungslücke ausgeht. Vor allem wurde das Verwaltungsverfahrensgesetz in den letzten Jahren mehrfach geändert, insbesondere hinsichtlich der Beschleunigung von Genehmigungsverfahren und der dabei erfolgten partiellen rechtlichen Einbindung informeller Vorverständigungen, von einer weiteren Ausgestaltung des informellen Verwaltungshandelns wurde demnach – aus Sicht von Kaltenborn bewusst – abgesehen; siehe weiters Erichsen, in: Erichsen/Ehlers (Hg), Verwaltungsrecht12 473 ff; Maurer, Verwaltungsrecht18 § 15 Rz 21, der davor warnt, dass als Folge einer Verrechtlichung des Informalen sich davor wiederum informelle Kontakte und Absprachen ansiedeln werden; für eine analoge Anwendung der Beteiligungsvorschriften des VwVfG auf Vorverhandlungen Hoffmann-Riem, in: VVDStRL 40, 224; ders, Konfliktmittler 44 f; einschränkend hiezu, wenn auch grundsätzlich in diese Richtung weisend bereits zuvor Bohne, VerwArch 1984, 352 f, der von bestimmten Verhaltenspflichten spricht; ebenso Philip Kunig/Susanne Rublack, Aushandeln statt Entscheiden? Das Verwaltungsverfahrensrecht vor neuen Herausforderungen, Jura 1990, 6; von eingeschränkten Vorwirkungen der Beteiligungsrechte geht Beyerlin, NJW 1987, 2719 f aus; ihm zustimmend Henneke, NuR 1991, 275.
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Hoffmann-Riem verweist bezogen auf die konsensualen Absprachen und angesichts fehlender Regeln des Verwaltungsverfahrens für informelle Verwaltungsweisen532 vor allem auch auf den Gesetzesvorbehalt533, wonach dessen Maßgeblichkeit nicht bereits deshalb entfalle, weil Verhandlungslösungen regelmäßig nicht zu rechtlich unmittelbar wirkenden Maßnahmen der Verwaltung führe. Vielmehr sei das Vorbehaltsprinzip „in manchen Fällen“ im Hinblick auf das Verhandlungsergebnis zu beachten. Er begründet dies mit der eingriffsgleichen Wirkung von Aushandlungsergebnissen aufgrund ihrer möglichen faktischen Bindungen, die eben wiederum grundrechtsrelevant sein und deshalb dem Gesetzesvorbehalt unterliegen können534. Als Beispiel führt er hiezu einen informellen bipolaren Aushandlungsprozess zwischen einer/einem KonsenswerberIn und der Behörde über die Errichtung einer ortsgebundenen Anlage an. Werde im Zuge dessen ein Konsens erzielt und werde dieser faktisch bindend, so könne dies im Hinblick auf eine/n nachteilig betroffene/n Nachbarin bzw Nachbarn die Bewertung rechtfertigen, dass ihre/seine Rechte in eingriffsgleicher Weise bereits durch die tatsächlichen Wirkungen der vorgeschalteten Maßnahme beeinträchtigt worden seien. Daran ändere auch eine anschließend zB im Erörterungstermin erfolgende gehörige Beteiligung nichts mehr. HoffmannRiem schließt darüber hinaus nicht aus, soweit das Verfahrensrecht als dem vorgezogenen Grundrechtsschutz dienend anerkannt werde, dass Entscheidungen über die Beteiligung oder Nichtbeteiligung Betroffener an den Verhandlungsverfahren Grundrechtsrelevanz entfalten und daher dem Gesetzesvorbehalt unterliegen535. 532 Für ein striktes Abspracheverbot im Bereich gesetzlich oder grundrechtlich geschützter Teilhabe von Dritten am Verfahren administrativer Entscheidungsbildung Burmeister, in: VVDStRL 52, 241 f, der die Bindung an den normativen Auftrag des Verwaltungsträgers zur Durchsetzung des Gemeinwohls durch Regelung für indisponibel hält, wenn für deren Vornahme die Durchführung eines förmlichen Verfahrens iSd §§ 63 ff VwVfG gesetzlich vorgeschrieben sei oder sich dieses Erfordernis unmittelbar aus der Existenz grundrechtsgeschützter Teilhabe Dritter am Verfahren der behördlichen Entscheidungsbildung über den Regelungserlass ergebe. 533 Siehe auch unten 2.III.B.2. 534 Siehe unten 2.IV.N.1.a). Hiezu auch Schmidt-Aßmann, Verwaltungsrecht2 350 f. 535 Hoffmann-Riem, Konfliktmittler 38 ff. Es soll aber hier nicht der Eindruck entstehen, dass sich Hoffmann-Riem gegen das informelle Verwaltungsverfahren stemmen würde, ganz im Gegenteil. Vielmehr plädiert er auf Grundlage eines zur Sicherung der Rechtsstaatlichkeit umorientierten Konzepts für die Wahrung der Flexibilitätsvorteile informellen Aushandelns. Da aber das Vertrauen auf formale Verfahrensanforderungen und deren gerichtliche Kontrolle hinsichtlich der Folgen informellen Verwaltungshandelns nicht mehr ausreiche, müsse eben einer
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Dass damit schließlich aber auch Fragen des demokratischen Prinzips und der daraus folgenden Entscheidungsmacht der Verwaltung aufgeworfen werden, wird noch zu zeigen sein. C. Informelles Verwaltungshandeln im Vorfeld von Verwaltungsvertragsabschlüssen
Nicht auszuschließen ist, dass infolge des Verlaufs informeller Vorverhandlungen der Abschluss von Verwaltungsverträgen angestrebt wird oder aber Absprachen überhaupt auf den späteren Abschluss eines Vertrags ausgerichtet sind536. Letztere Vorgehensweise ist freilich für die Anbahnung von Verträgen nicht ungewöhnlich, sondern naheliegend. Die vorvertragliche Kontaktaufnahme und die gegebenenfalls geführten Vorgespräche garantieren wegen ihrer Informalität sowie Unverbindlichkeit ebenso ein gewisses Maß an Beweglichkeit und ermöglichen am Ende des „Interessen-Clearings“ die Einschätzung der Aussicht auf vertragliche Einigung537. Unterscheiden lassen sich der Verwaltungsvertrag und das informelle Verwaltungshandeln schließlich am ausdrücklichen Rechtsbindungswillen der Beteiligten bei der Abgabe ihrer Erklärungen. Daraus ist wiederum zu folgern, dass das Gesamtverhalten aller Beteiligten sowie sämtliche Umstände für den Einzelfall dahingehend zu überprüfen sind538, ob im Einzelfall eine nicht verbindliche Absprache oder ein öffentlich-rechtlicher Vertrag zwischen den Beteiligten vorliegt539. Von Bedeutung ist weiters, dass bereits im Vorfeld des in Aussicht gestellten Vertragsabschlusses Verfahrensbindungen die grundsätzliche Flexibilität insbesondere der Behörde schmälern. Deutlich wird dies anhand der Bestimmungen der §§ 9 und 62 Satz 1 VwVfG, wonach ein Verwaltungsverfahren auch auf den Abschluss eines Verwaltungsvertrags gerichtet sein kann und hiefür, soweit sich aus den §§ 54 ff VwVfG nichts Abweichendes ergibt, die übrigen Vorschriften dieses Gesetzes gelten. Somit finden in ein solches Verfahrensrechtsverhältnis die behördlichen Pflichten zur Beratung, Belehrung und Auskunft, die Ausschluss- und Befangenheitsvorschriften und grundsätzlich die Regelungen über die Sachverhaltsermittlung Eingang540. Bei drittbelastenden Verfügungsverträgen gebietet § 58 Abs 1 VwVfG Aushöhlung formeller Sicherungen geeignet und vor allem rechtzeitig entgegengewirkt werden; siehe hiezu insbesondere ders, Konfliktmittler 46 f. 536 Kopp/Ramsauer, VwVfG12 § 54 Rz 25. 537 Vgl Bauer, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann (Hg), Innovation 257 f. 538 Bonk, in: Stelkens et al (Hg), VwVfG7 § 54 Rz 41. 539 Kopp/Ramsauer, VwVfG12 § 54 Rz 25 f. 540 Walter Krebs, Verträge und Absprachen zwischen der Verwaltung und Privaten, in: VVDStRL 52 (1993) 260 f; Bauer, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann
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darüber hinaus die (schriftliche) Zustimmung der Betroffenen. Krebs geht hiebei davon aus, dass die materiell-rechtliche Einbeziehung der Dritten vertragsrechtliche Vorwirkungen auf den Verfahrensschutz Dritter haben müsse und folglich die Verfahrensnormen über die obligatorische Hinzuziehung der Dritten gem § 13 Abs 2 Satz 2 VwVfG rechtsdogmatisch mit § 58 Abs 1 VwVfG abzugleichen seien. Dieses Verständnis lege letztlich die Ansicht nahe, soweit bereits die vertragliche Verpflichtung zu einer drittbelastenden Maßnahme dem Zustimmungsvorbehalt unterliege, dass die Beteiligung Dritter am Verfahren vor Vertragsabschluss zu erfolgen habe541. Das zweiseitige Rechtsverhältnis erweitere sich somit im Einzelfall zur mehrseitigen Rechtsbeziehung542. Bauer streicht hiezu aber auch materiell-rechtliche Stabilisierungsansätze hervor. Dabei zielt er jedoch nicht auf die jedenfalls stets zu beachtende allgemeine Gesetzesbindung der Behörde ab, sondern auf Obliegenheiten, die teilweise an das Verfahrensrecht anknüpfen und deren Verletzung Haftungsansprüche auslösen könne. Als Anspruchsgrundlagen nennt Bauer die Amtshaftung sowie das auch im Verwaltungsvertragsrecht zu beachtende, nunmehr mit § 311 Abs 2 BGB543 gesetzlich gefasste Institut der culpa in contrahendo544. Gerade letzterer Haftungsanspruch lasse sich aus dem durch die Vertragsverhandlungen begründeten besonderen Naheverhältnis herleiten, das die Beteiligten zu loyalem und redlichem Verhalten verpflichte545. Grundlage für eine solche Haftung sei – hier mit Jäckle – das Vertrauen, das durch einen grundlosen Abbruch von Vertragsverhandlungen, durch verletzte Aufklärungs- und sonstige Sorgfaltspflichten oder durch Vertretungsmängel und ein dadurch verfehlter oder verzögerter Vertragsschluss enttäuscht werde. Es ist also unerheblich, ob es im konkreten Fall zu einem Vertragsabschluss kommt oder nicht546. (Hg), Innovation 259 f; Bonk, in: Stelkens et al (Hg), VwVfG7 § 62 Rz 10 ff. Zur umstrittenen (Nicht-)Anwendung der Anhörungsregelung in § 28 VwVfG siehe darüber hinaus Kaltenborn, Streitvermeidung 158 f; Kopp/Ramsauer, VwVfG12 § 62 Rz 7. 541 Krebs, in: VVDStRL 52, 261 f; zustimmend Bauer, in: Hoffmann-Riem/SchmidtAßmann (Hg), Innovation 260. 542 So Bauer, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann (Hg), Innovation 260. 543 Vgl etwa Markus Gehrlein/Holger Sutschet, § 311, in: Heinz Georg Bamberger/ Herbert Roth (Hg), BGB. Beck’scher Online-Kommentar II (Stand 2012) Rz 37 ff. 544 Siehe hiezu auch 2.IV.O.5.b).aa). 545 Bauer, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann (Hg), Innovation 260 f. 546 Vgl Wolfgang Jäckle, Die Haftung der öffentlichen Verwaltung aus culpa in contrahendo im Licht der oberinstanzlichen Rechtsprechung, NJW 1990, 2521 ff; weiters Bonk, in: Stelkens et al (Hg), VwVfG7 § 62 Rz 45 ff.
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Im Zusammenhang mit vorvertraglichen Verhandlungen sind also bereits mögliche rechtliche Bindungswirkungen zu berücksichtigen. Damit ist jedoch noch nicht dargetan, ob darüber hinaus – nämlich in einem fortgeschrittenen Stadium der Vertragsverhandlungen – weitere Rechtsfolgen zu beachten sind. Gemeint sind hiemit die vom informellen Verwaltungshandeln her bekannten faktischen Vorausbindungen. Bauer etwa spricht von einer gestuften vorvertraglichen Problemabschichtung, wonach bei komplexen Sachverhalten im Rahmen der Verhandlungen Fragen des Vertragsinhalts Schritt für Schritt abgearbeitet und so die Grundlagen für weitere Verhandlungsrunden sowie für den potenziellen Vertragsabschluss gelegt werden. Zwei Fragenkomplexe werden hiebei aufgeworfen: zum einen das Problem der Zulässigkeit von faktischen Vorausbindungen und zum anderen die Frage, ob dem faktischen Bindungsbedarf bei sachlich zulässigen Abreden auch rechtlich Rechnung zu tragen ist. Während hinsichtlich der Diskussion um die Rechtmäßigkeitskriterien für faktische Bindungen auf die Ausführungen zur sogenannten Flachglas-Entscheidung des BVerwG verwiesen werden kann547, soll hier zur Frage der Rechtsfolgen bei sachlich zulässigen Abreden jedoch zumindest auf die Erörterungen von Bauer hingewiesen werden. Dieser greift auf – seiner Meinung nach „erwägenswerte“ – Überlegungen aus dem Steuerrecht zurück, wonach eine „tatsächliche Verständigung“ zwischen Behörde und Steuerpflichtiger bzw Steuerpflichtigem „über schwierig zu ermittelnde tatsächliche Umstände“ nicht nur zulässig, sondern auch bindend sei548. Für das (allgemeine) Verwaltungsvertragsrecht hält Bauer eine Übertragung dieser Fallkonstellation gebündelt mit dem Verbot widersprüchlichen Verhaltens und neben anderen Voraussetzungen unter den Vorbehalt einer Änderung der Sach- und Rechtslage stellend für denkbar. Das schaffe Stabilität und sichere gleichzeitig Flexibilität bei neuen Erkenntnissen sowie unerwarteten Entwicklungen und außerdem harmo-
547 Siehe 2.IV.N.1.a). 548 Die Bindungswirkung wird sowohl von der Rechtsprechung als auch im Schrifttum anerkannt. Strittig bleibt die Grundlage, worauf die Bindung der Beteiligten beruht. Die Verständigung als öffentlich-rechtlichen Vertrag deutend Seer, BB 1999, 80 f; so auch Klaus Offerhaus, Die tatsächliche Verständigung – Voraussetzungen und Wirkung, DStR 2001, 2097 f; Kaltenborn, Streitvermeidung 74 f. Hingegen als Rechtsgrundlage der Bindungswirkung den Grundsatz von Treu und Glauben ansehend Heinz Mösbauer, Die tatsächliche Verständigung – ein vages Beweismittel-Surrogat im Besteuerungsverfahren, BB 2003, 1040. Zur „tatsächlichen Verständigung“ siehe weiters Herbert Fittkau, Die Genehmigung einer tatsächlichen Verständigung durch das Veranlagungsfinanzamt, DStZ 2003, 231 f; Doris Wünsch, § 88, in: Armin Pahlke/Ulrich Koenig (Hg), Abgabenordnung. §§ 1 bis 368. Kommentar2 (2009) Rz 47 ff.
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niere dieser Ansatz mit den betreffend das Institut der culpa in contrahendo hier eingangs getroffenen Feststellungen549. Nicht ohne Konsequenz bleiben diese Ausführungen für Mediationsverfahren550; und zwar dann, wenn die Verhandlungen zwischen Behörde und Beteiligten auf die Erzielung rechtlich verbindlicher Ergebnisse ausgerichtet sind. Ein solches Vorgehen widerspricht auch nicht vordergründig dem Gedanken der Mediation, vielmehr ist grundsätzlich davon auszugehen, dass die Parteien nicht bloß auf die Aufarbeitung des Konflikts, sondern darüber hinaus auf eine rechtliche Erfassung der erarbeiteten Vereinbarung abstellen. Dabei bietet sich als eine mögliche Handlungsform der Verwaltungsvertrag an551. Wird nun der Abschluss eines solchen angestrebt, dann sind aber folglich die vorhin angeführten Konsequenzen zu beachten. Es erscheint daher notwendig, nicht nur zu Beginn, sondern vielmehr in jedem Stadium eines Mediationsverfahrens die formelle Zielrichtung der Verhandlungen zu hinterfragen. Verdichten sich also die Anzeichen für einen Rechtsbindungswillen der Beteiligten, verringert sich zugleich deren Flexibilität und das informelle Verwaltungshandeln wird letztlich zum Verwaltungsverfahren iSv § 9 VwVfG552. D. Einsatz von MediatorInnen
Das Wesen der Mediation erschöpft sich nun aber nicht in ihrer Eigenart als ein strukturierter Aushandlungsprozess, sondern baut darüber hinaus auf die tragende Figur der/des neutralen Dritten. Und es ist gerade diese exponierte, aus dem Interessenwiderstreit herausgehobene Stellung der MediatorInnen, die den Unterschied zu den Amtswaltern sichtbar werden lässt. Zwar ist auch die Verwaltung nach den normativen Vorgaben angehalten, interessenneutral zu entscheiden553. Allein der äußere Anschein deutet in manchen Situationen aber darauf hin, dass es ihr nicht stets gelingt, den Eindruck der gebotenen Distanz zu vermitteln554. Darüber hinaus darf freilich 549 Bauer, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann (Hg), Innovation 262 f. 550 Siehe hiezu auch unten 2.IV.D.2. 551 Vgl jedoch krit Rüssel, Mediation 141 ff. 552 Hiezu etwa Hellriegel, Mediation 45 ff. 553 Die Unparteilichkeit ist Ausdrucksform der notwendigen Distanz, die ihrerseits ein Gebot des Rechtsstaats- (autonomiewahrende Distanz) und des Demokratieprinzips (Distanz gegenüber Sonderinteressen) darstellt; so Schmidt-Aßmann, Verwaltungsrecht2 44 f und 370; siehe weiters etwa auch Schmitz, in: Stelkens et al (Hg), VwVfG7 § 9 Rz 62. 554 Eberhard Schmidt-Aßmann, Die Bedeutung von Verhandlungslösungen im Verwaltungsverfahren. Generalbericht, in: Eibe Riedel (Hg), Die Bedeutung von Verhandlungslösungen im Verwaltungsverfahren (2002) 47, führt hiezu das Beispiel
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nicht übersehen werden, dass die Behörde selbst Interessen zu vertreten hat555. An dieser Stelle soll es ausreichen, bloß ihre Aufgaben zur Sicherung des Gemeinwohls, also des aus den besonderen privaten und öffentlichen Interessen zusammengeführte Gemeininteresses556, und vor allem ihre Entscheidungsmacht in Erinnerung zu rufen. Im Gegensatz dazu stellt die Einschaltung von KonfliktmittlerInnen insofern eine Möglichkeit dar, den Konflikt aus den eigentlichen verwaltungsrechtlichen Entscheidungsvorgängen herauszuheben, Informationsasymmetrien abzubauen, Probleme abzuschichten und private sowie öffentliche Interessenwiderstände auszugleichen557. Die Behörde wird dadurch zur Wahrnehmung ihrer eigentlichen Aufgaben freigespielt, ohne zugleich – vor allem bei multipolaren Sachlagen – selbst in eine vermittelnde Rolle gedrängt zu werden, die sie oft nicht erfüllen kann und bis zu einem gewissen Grad auch gar nicht auszufüllen hat558. Die Umsetzung der im Zuge von drittunterstützten Aushandlungsverfahren zwischen den Beteiligten erzielten Ergebnisse in eine verbindliche öffentlich-rechtliche Entscheidung ist jedoch nicht Aufgabe der MediatorInnen, sondern erfolgt durch die zuständige Behörde559. Hoffmann-Riem und wohl auch Schulze-Fielitz560 erkennen im Einsatz von KonfliktmittlerInnen außerdem den Versuch, die Schwierigkeiten der rechtlichen Programmierung des Rahmens von informellen Aushandlungs-
der Gemeinde an, die das bereits vorgezeichnete Ziel der Kommunalpolitik mit Hilfe des Bebauungsplans nachträglich abzusichern sucht. Die Neutralität und Objektivität etwa der Raumordnungsbehörde im Zusammenhang mit dem Einsatz von KonfliktmittlerInnen hervorhebend Winfried Brohm, Konfliktmittlung bei der Umweltverträglichkeitsprüfung in Raumordnungsverfahren, in: Wolfgang Hoffmann-Riem/Eberhard Schmidt-Aßmann (Hg), Konfliktbewältigung durch Verhandlung. Konfliktmittlung in Verwaltungsverfahren II (1990) 231 ff. 555 Holznagel, Konfliktlösung 208; Hellriegel, Mediation 34 f. 556 Zur Definition siehe Schmidt-Aßmann, Verwaltungsrecht2 152. 557 Vgl Bonk, in: Stelkens et al (Hg), VwVfG7 § 54 Rz 42c. 558 Durch die Zwischenschaltung der KonfliktmittlerInnen zwischen Verwaltung und Betroffenen könne – so zu Recht Schulze-Fielitz, in: Hoffmann-Riem/ Schmidt-Aßmann (Hg), Konfliktbewältigung II 70 – das Eigeninteresse der Behörde als solcher durch die KonfliktmittlerInnen neutralisiert und in einen positiv-produktiven, gemeinsamen Entscheidungsvorschlag für die Verwaltung transformiert werden. 559 Würtenberger, Akzeptanz 137. 560 Siehe Schulze-Fielitz, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann (Hg), Konfliktbewältigung II 68 f, der das Institut der KonfliktmittlerInnen „auf der Nahtstelle zwischen rechtlichem Verwaltungsverfahren und informalem Begleitverfahren angesiedelt sieht.
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bemühungen durch den Einsatz des Steuerungsfaktors Verfahren abzumildern bzw Defizite zu kompensieren561. Damit ist aber noch keineswegs geklärt, inwieweit es überhaupt zulässig ist, MediatorInnen im gegenständlichen Zusammenhang einzusetzen562. Gleiches gilt für die Fragen der zu wählenden Form. Es wird demnach noch zu prüfen sein, wie das Handeln der MediatorInnen rechtlich zu qualifizieren ist, ob es durch deren Einschaltung zu einer Verlagerung der faktischen Verantwortung kommen kann bzw darf und wie mit einer möglichen Abschwächung der Verfahrensdominanz der Verwaltung umzugehen ist.
III. Verfassungsrechtliche Determinanten Wie diese rechtliche Bestandsaufnahme zum informellen Verwaltungshandeln deutlich macht, stellen sich hier – wie wohl nicht anders zu erwarten war – vor allem auch zahlreiche verfassungsrechtliche Fragen, die es vorrangig zu beantworten gilt, um in weiterer Folge die entsprechende Rahmensetzung, Zielvorgabe und Entwicklungsperspektive für das allgemeine Verwaltungsrecht respektive für den Themenkomplex des konsensualen Handelns reflektieren zu können563. A. Demokratieprinzip und Verwaltungshandeln
Konsensorientiertes Handeln zum einen und die Beteiligung Betroffener sowie privater KonfliktmittlerInnen an administrativen Entscheidungsverfahren zum anderen berühren unweigerlich das Demokratieprinzip. Dies lässt sich insbesondere bei der damit einhergehenden Veränderung von Stellung und Funktion staatlicher Organe nicht vermeiden. Der Unterschied, ob der Staat allein nach der Lösung von Entscheidungsaufgaben sucht und zu diesem Zweck Stellungnahmen der Betroffenen zur Kenntnis nimmt oder ob die BürgerInnen mit seinen Organen gemeinsam Alternativen erör561 Hoffmann-Riem, Konfliktmittler 47 f. Garant hiefür ist aber freilich nicht ausschließlich die Person der Vermittlerin oder des Vermittlers, sondern bereits das gesamte Verfahrenskonzept einer Mediation. Dieses beruht – im Gegensatz zu den üblichen bipolaren Aushandlungen zwischen KonsenswerberIn und Behörde – eben auf den Grundsätzen der Einbeziehung aller Konfliktbetroffenen sowie des fairen und offenen Austauschs. 562 „Die Integration eines Privaten in das Verwaltungsverfahren bereitet erhebliche Schwierigkeiten.“ So Würtenberger, Akzeptanz 138. Siehe auch Bonk, in: Stelkens et al (Hg), VwVfG7 § 54 Rz 42e. 563 Vgl auch Eberhard Schmidt-Aßmann, Zur Reform des Allgemeinen Verwaltungsrechts – Reformbedarf und Reformansätze, in: Wolfgang Hoffmann-Riem et al (Hg), Reform des Allgemeinen Verwaltungsrechts. Grundlagen (1993) 16 f.
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tern und Kompromisse ausarbeiten, hat unmittelbar Folgen für die Letztverantwortung des Staates. Und diese gibt er im letzteren Fall – zumindest faktisch – zum Teil ab564. Damit stößt aber die konkrete Einordnung bzw Einbindung solcher Instrumente in die Ministerialverwaltung auf mitunter strikte legitimationsbedingte Vorgaben. Es wird zu zeigen sein, welche – teils umstrittenen – Grenzen Art 20 Abs 2 GG dem mit seinen BürgerInnen paktierenden Staat setzt. 1. Demokratische Legitimation
Einleitend kann festgehalten werden, dass Art 20 Abs 2 Satz 1 GG mit dem Gebot der Rückbindung aller Staatsgewalt an das Staatsvolk, dem primären Träger der Staatsgewalt565 und Legitimationssubjekt566, einen wesentlichen Grundgedanken des demokratischen Prinzips formuliert567. Dieses Verfassungsprinzip erfährt sogleich durch Art 20 Abs 2 Satz 2 GG eine weitere Konkretisierung. Demnach erfolgt die Ausübung der Staatsgewalt einerseits durch das Volk selbst in Wahlen568 und Abstimmungen sowie andererseits durch besondere, demokratisch legitimierte Organe, nämlich der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung569. Um einen effektiven Einfluss des Volks auf die Ausübung der Staatsgewalt durch diese Organe zu gewährleisten, erfordert jede Ausübung von Staatsgewalt eine hinreichende demokratische Legitimation auf Basis des durch Normprogramme, Personal- und Organisationsvorgaben sowie insbesondere Weisungshierarchien vermittelten Zurechnungszusammenhang zwischen Volk, Parlament und Verwaltung570. Die demokratische Legitimation bildet also die Klammer zwischen dem Volk(swillen) auf der einen so564 Vgl Kunig/Rublack, Jura 1990, 3. 565 Reinhold Zippelius/Thomas Würtenberger, Deutsches Staatsrecht. Ein Studienbuch32 (2008) § 10 Rz 10. 566 Siehe BVerfGE 107, 59 [87]; Eberhard Schmidt-Aßmann, Verwaltungslegitima tion als Rechtsbegriff, AöR 1991, 348. 567 Siehe Friedrich E. Schnapp, Art 20, in: Ingo von Münch/Philip Kunig (Hg), Grundgesetz-Kommentar I6 (2012) Rz 23. 568 Vgl auch Hans Meyer, Demokratische Wahl und Wahlsystem, in: Josef Isensee/ Paul Kirchhof (Hg), Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland III3 (2005) Rz 4. 569 Hartmut Maurer, Staatsrecht I. Grundlagen, Verfassungsorgane, Staatsfunktionen6 (2010) § 7 Rz 22 f. 570 BVerfGE 83, 60 [71 f]. Wolfgang Hoffmann-Riem, Organisationsrecht als Steuerungsressource – Perspektiven der verwaltungsrechtlichen Systembildung, in: Eberhard Schmidt-Aßmann/Wolfgang Hoffmann-Riem (Hg), Verwaltungsorganisationsrecht als Steuerungsressource (1997) 375; Schmidt-Aßmann, Verwaltungsrecht2 89.
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wie der Erfüllung der hoheitlichen Aufgaben durch Staatsorgane auf der anderen Seite571. Zur Erreichung des mit der demokratischen Legitimation verfolgten Ziels bedarf es verschiedener Legitimationsformen. Neben der institutionellen demokratischen Legitimation, wonach der Verfassungsgeber selbst ausdrücklich bestimmte Staatsorgane einrichtet und mit der Erfüllung öffentlicher Aufgaben demokratisch legitimiert572, sind es vor allem die personellorganisatorische und die sachlich-inhaltliche Legitimation. So ist also erstens von dem Erfordernis der hinreichenden personellen Legitimation der Staatsgewalt durch das im Parlament repräsentierte573 Volk auszugehen574. Der Prozess staatlicher Entscheidungsfindung muss demnach von Organen getragen werden, deren Befugnisse in einer ununterbrochenen Legitimationskette und durch individuelle Berufung (un)mittelbar575 vom Willen des Staatsvolks hergeleitet werden können576. „Ein Amtsträger ist uneingeschränkt personell legitimiert, wenn er sein Amt im Wege einer 571 Vgl Eberhardt Schmidt-Aßmann, Zur Reform des Allgemeinen Verwaltungsrechts – Reformbedarf und Reformansätze, in: Wolfgang Hoffmann-Riem et al (Hg), Reform des Allgemeinen Verwaltungsrechts. Grundfragen (1993) 22; Martin Burgi, Privat vorbereitete Verwaltungsentscheidungen und staatliche Strukturschaffungspflichten. Verwaltungsverfassungsrecht im Kooperationsspektrum zwischen Staat und Gesellschaft, Die Verwaltung 2000, 192. 572 Siehe Ernst-Wolfgang Böckenförde, Demokratie als Verfassungsprinzip, in: Josef Isensee/Paul Kirchhof (Hg), Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland II3 (2004) Rz 15, demzufolge die jeweiligen OrganwalterInnen der institutionell demokratisch legitimierten Gewalten darüber hinaus personell und ihr Handeln inhaltlich legitimiert sein müssen. Siehe weiters Karl-Peter Sommermann, Art 20, in: Hermann v. Mangoldt et al, Das Bonner Grundgesetz. Kommentar II6 (2010) Rz 169; Schmidt-Aßmann, Verwaltungsrecht2 97 f. 573 Zum Begriff und Inhalt demokratischer Repräsentation Ernst-Wolfgang Böckenförde, Demokratische Willensbildung und Repräsentation, in: Josef Isensee/Paul Kirchhof (Hg), Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland III3 (2005) Rz 26 ff; zur Repräsentativfunktion Michael Brenner, Das Prinzip Parlamentarismus, in: Josef Isensee/Paul Kirchhof (Hg), Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland III3 (2005) Rz 25. 574 Vgl Matthias Jestaedt, Demokratieprinzip und Kondominialverwaltung. Entscheidungsteilhabe Privater an der öffentlichen Verwaltung auf dem Prüfstand des Verfassungsprinzips Demokratie (1993) 267 ff; Bodo Pieroth, Art 20, in: Hans D. Jarass/Bodo Pieroth, Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland11 (2011) Rz 9 f. 575 Böckenförde, in: Isensee/Kirchhof (Hg), HStR II3 Rz 16. 576 BVerfGE 47, 253 [275]; 77, 1 [40]; 83, 60 [72 f]; Kunig/Rublack, Jura 1990, 8; Thomas Mayen, Der Umweltgutachterausschuss – ein strukturelles Novum ohne hinreichende demokratische Legitimation?, NVwZ 1997, 217; Böckenförde, in: Isensee/Kirchhof (Hg), HStR III3 Rz 17; Horst Dreier, Art 20 (Demokratie), in:
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Wahl durch das Volk oder das Parlament oder durch einen seinerseits personell legitimierten Amtsträger oder mit dessen Zustimmung erhalten hat“577. Zur personellen Legitimation tritt darüber hinaus – und somit zweitens – die sachlich-inhaltliche bzw materielle Legitimation hinzu, der zu Folge die Tätigkeit des Staates, sei es das Handeln der Regierung oder der Vollzugsverwaltung als solche, inhaltlich an den Willen des vom Volk gewählten Parlaments gebunden ist. Hergestellt wird diese Legitimationsform einerseits durch die Verankerung des Gesetzgebungsrechts beim Parlament und andererseits durch die Bindung aller staatlichen Organe an die von der Volksvertretung beschlossenen Gesetze578. Bezeichnend für die Durchsetzbarkeit des parlamentarischen Gestaltungswillens ist aber auch die grundsätzliche Weisungsgebundenheit579 aller mit staatlichen Aufgaben betrauten Organe und Amtswalter gegenüber der Regierung und deren demokratisch sanktionierte Verantwortlichkeit, einschließlich der dazu gehörigen Kontrolle, gegenüber dem Parlament580. Für die Beurteilung schließlich, ob tatsächlich ein ausreichender Gehalt demokratischer Legitimation erreicht wird, ist nicht die Ausgestaltung der einzelnen Form der demokratischen Legitimation und deren von einander losgelöste Betrachtung entscheidend. Vielmehr kommt es auf die Wirksamkeit bzw Effektivität demokratischer Legitimation staatlichen Handelns als solches an. Daher wird ihre Bedeutung nicht nach einem mechanistischen Modell bestimmt581, sondern in einer Zusammenschau der unterschiedlichen Legitimationsformen bewertet, um so letztlich bei den verschiedenen Erscheinungsformen von Staatsgewalt im allgemeinen und der vollziehenden Gewalt im besonderen das Legitimationsniveau als Ganzes feststellen zu können582. Damit ist vor allem eine gewisse Offenheit und Flexibilisierung des Legitimationskonzepts mehr als nur angedeutet. Allerdings ist daders (Hg), Grundgesetz. Kommentar II2 (2006) Rz 115; Sommermann, in: Mangoldt et al, GG II6 Art 20 Rz 164. 577 BVerfGE 107, 59 [88]. 578 Schmidt-Aßmann, Verwaltungsrecht2 91, zählt hiezu als weiteres Hauptelement das Haushaltsrecht. 579 BVerfGE 83, 60 [72]; 107, 59 [88]. 580 BVerfGE 83, 60 [73]; Jestaedt, Demokratieprinzip 270 ff; Mayen, NVwZ 1997, 217; Böckenförde, in: Isensee/Kirchhof (Hg), HStR II3 Rz 21; Dreier, in: ders (Hg), Grundgesetz-Kommentar II2, Art 20 (Demokratie) Rz 116; Zippelius/ Würtenberger, Staatsrecht32 § 10 Rz 17; Sommermann, in: Mangoldt et al, GG II6 Art 20 Rz 168; Pieroth, in: Jarass/Pieroth, GG11 Art 20 Rz 10. 581 Schmidt-Aßmann, Verwaltungsrecht2 88. 582 BVerfGE 83, 60 [72]; 107, 59 [87]; siehe vor allem Böckenförde, in: Isensee/Kirchhof (Hg), HStR II3 Rz 23 und Schmidt-Aßmann, AöR 1991, 366 ff; weiters M artin Schulte, Schlichtes Verwaltungshandeln. Verfassungs- und verwaltungsrechtsdogmatische Strukturüberlegungen am Beispiel des Umweltrechts (1995) 164 f.
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bei (nach derzeitiger hM) nicht von einer beliebigen Ausgleichsfähigkeit einzelner Mängel durch eine gesteigerte Dichte anderer Legitimationszusammenhänge oder von einer vollständigen Substituierung eines Legitimationsfaktors auszugehen583. Ganz wesentlich für die Tätigkeit der MediatorInnen sind diese Ausführungen im Zusammenhang mit der Ausgestaltung von Weisungsmöglichkeiten. Nicht gänzlich unumstritten ist, ob und unter welchen Voraussetzungen eine Weisungsfreistellung und damit ein sog ministerialfreier Raum statthaft ist. Das Demokratieprinzip verbietet es jedenfalls grundsätzlich, Teile der Verwaltung der Aufsicht und damit demokratischer Kontrolle und Verantwortung zu entziehen. Nur ausnahmsweise und bei Vorliegen gewichtiger Gründe – wie beim Bedürfnis nach Neutralität der Aufgabenwahrnehmung – ist es per parlamentsbeschlossenem Gesetz gerechtfertigt, den Grundsatz der Weisungsabhängigkeit zu durchbrechen584. 2. Staatliches Handeln als legitimationsbedürftiger Vorgang gem Art 20 Abs 2 GG
Das demokratische Legitimationsobjekt stellt das Tatbestandsmerkmal „alle Staatsgewalt“ dar585. Welches staatliche Handeln darunter zu verstehen ist, 583 Jestaed, Demokratieprinzip 288 FN 98, spricht vom verfassungsrechtlich unerlässlichen Mindestniveau demokratischer Legitimation; weiters Schmidt- Aßmann, AöR 1991, 368; ders, Verwaltungsorganisationsrecht als Steuerungsressource – Einleitende Problemskizze, in: Eberhard Schmidt-Aßmann/Wolfgang Hoffmann-Riem (Hg), Verwaltungsorganisationsrecht als Steuerungsressource (1997) 58 f; Böckenförde, in: Isensee/Kirchhof (Hg), HStR II3 Rz 23; Sommermann, in: Mangoldt et al, GG II6 Art 20 Rz 170. Für eine Erweiterung des Spielraums für Substitutionsmöglichkeiten durch Akzeptanz, Garantie von Entscheidungsrichtigkeit, Effizienz und andere Legitimationsmodi tritt beispielsweise Dreier, in: ders (Hg), Grundgesetz-Kommentar II2, Art 20 (Demokratie) Rz 117, ein. In diese Richtung auch Hoffmann-Riem, in: Schmidt-Aßmann/HoffmannRiem (Hg), Verwaltungsorganisationsrecht 376 und 393 f, der für die Einkalkulierung von Legitimationsfaktoren in situationsangemessener Weise plädiert; Faktoren also, die ergänzend, verstärkend oder gegebenenfalls sogar substituierend zu der über die Gesetzesbindung und Regierungsverantwortlichkeit abgesicherten Legitimation wirken. Zur – auch hier interessierenden – Legitimationsdiskussion im Zuge der Erörterung des Neuen Steuerungsmodells bzw New Public Managements als Ansatz zur Modernisierung der Verwaltungsorganisation siehe schließlich Jens-Peter Schneider, Das Neue Steuerungsmodell als Innovationsimpuls für Verwaltungsorganisation und Verwaltungsrecht, in: Eberhard Schmidt-Aßmann/ Wolfgang Hoffmann-Riem (Hg), Verwaltungsorganisationsrecht als Steuerungsressource (1997) 137. 584 Siehe hiezu nur Zippelius/Würtenberger, Staatsrecht32 § 42 Rz 14. 585 Dreier, in: ders (Hg), Grundgesetz-Kommentar II2, Art 20 (Demokratie) Rz 90.
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scheint aber nicht gänzlich geklärt, sondern bereitet nach wie vor Auslegungsschwierigkeiten586. Grundsätzlich wird davon ausgegangen, dass die Staatsgewalt alle dem Staat zuzurechnenden, die Wahrnehmung seiner Aufgaben betreffende Verhaltensweisen und Äußerungen erfasse587. Auch mache es dabei keinen Unterschied, ob das Handeln nur tatsächlicher oder rechtsförmlicher Art sei588. Nachdem jedoch eine Verengung auf das Eingriffshandeln des Staates mit dem Hinweis auf den planenden, lenkenden und leistenden Sozialstaat abgelehnt wird, hätte dies zur Folge, dass jedwede Betätigung von Verwaltungseinheiten überhaupt mit dem Legitimationsgebot in Einklang zu bringen wäre589. Eine Konkretisierung erfährt der Begriff der Staatsgewalt aber durch das BVerfG dahingehend, dass mit der Tätigkeit des Staates „jedenfalls alles amtliche Handeln mit Entscheidungscharakter“ gemeint sei590. Wie sich aus dem Wort „jedenfalls“ ergibt, kann jedoch auch diese Aufzählung nicht abschließend verstanden werden. Allerdings wird deutlich, dass die Entscheidungsbefugnis ein Charakteristikum der Ausübung von Staatsgewalt darstellt591. Das BVerfG geht dabei davon aus, dass Entscheidungen die staatliche Herrschaft steuern und sich daher vom Volk herleiten müssen. Dies gelte sowohl für Entscheidungen, die unmittelbar nach außen wirken als auch nur behördenintern die Voraussetzungen für die Wahrnehmung der Amtsaufgaben schaffen, die folglich erst durch einen anderen Verwaltungsträger umgesetzt werden müssen, sofern dieser dazu rechtlich verpflichtet ist. Entscheidungscharakter habe auch die Wahrnehmung von Mitentscheidungsbefugnissen. Dazu gehöre die Ausübung von Vorschlagsrechten, wenn ein ande-
586 Aus dem Grundgesetz selbst lässt sich hiefür nur wenig gewinnen. Siehe hiezu Schmidt-Aßmann, AöR 1991, 338 f; Ernst Thomas Emde, Die demokratische Legitimation der funktionalen Selbstverwaltung. Eine verfassungsrechtliche Studie anhand der Kammern, der Sozialversicherungsträger und der Bundesanstalt für Arbeit (1991) 211 ff; Schulte, Verwaltungshandeln 161. 587 Vgl BVerfGE 47, 253 [273], wonach sich das demokratische Prinzip nicht nur auf bestimmte, sondern auf alle Arten der Ausübung von Staatsgewalt erstreckt. Siehe etwa auch Maurer, Staatsrecht I6 § 7 Rz 25. 588 Böckenförde, in: Isensee/Kirchhof (Hg), HStR II3 Rz 13. 589 Emde, Legitimation 211 f und 214. 590 BVerfGE 83, 60 [73]; 93, 37 [68]; 107, 59 [87]. In BVerfGE 47, 253 [273] ist von Entscheidungsbefugnissen die Rede. 591 Emde, Legitimation 214; jedoch für einen umfassenden Begriff der Staatsgewalt, der sich unabhängig von den Entscheidungsqualitäten im juristischen Sinn auf das gesamte Handlungsinstrumentarium bezieht, tritt etwa Voßkuhle, in: VVDStRL 62, 294 FN 110, ein.
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rer Verwaltungsträger bei der Ausübung seiner Entscheidungsbefugnis von ihnen rechtlich abhängig sei592. Weiters mache es nach Meinung des BVerfG für das Erfordernis der demokratischen Legitimation auch keinen Unterschied, wenn die Wahrnehmung von Entscheidungsbefugnissen mit den Zuständigkeiten eines anderen Verwaltungsorgans verschränkt sei und daher nicht völlig unabhängig erfolgen könne. „Entscheidungsbefugnisse können im Bereich der Verwaltung auch einem unbegrenzt weisungsabhängigen Amtsträger oder Organ zukommen. Das Mittel der Weisung kennzeichnet vor allem die zentralisierte und dekonzentrierte Verwaltung; die Zuständigkeiten der weisungsunterworfenen Organe verlieren dadurch ihren Charakter als Entscheidungskompetenzen nicht“593. Auch das Bestehen von Selbsteintritts-, Letztentscheidungs- oder Abänderungsrechten eines übergeordneten aufsichtführenden Organs in Konfliktfällen ändert an der Legitimationspflicht nichts. „Solange und soweit derartige Ingerenzrechte nicht ausgeübt werden, kommt die Entscheidungsgewalt des weisungsunterworfenen Amtsträgers zur Geltung; er übt insoweit, auch wenn er eine ihm bekannte allgemeine Haltung der Aufsichtsbehörde bei seiner Entscheidungsfindung berücksichtigt, selbst staatliche Herrschaft aus“594. Unter Einbeziehung dieser Judikatur des BVerfG kommt Emde zum Ergebnis, dass nicht alles, was sich „unter dem Dach des Staates“ vollzieht, auch unter dem Begriff Ausübung von Staatsgewalt zu subsumieren sei. Dieser umfasse nur solche Akte, denen gewisse rechtliche Qualitäten zukommen595. Die Regelung des Art 20 Abs 2 Satz 1 GG sei auf all jene OrganwalterInnen zugeschnitten, welche die Befugnis haben, Entscheidungen mit rechtlicher Wirkung zu treffen. Nur auf diese OrganwalterInnen finde sie Anwendung. Sofern die Entscheidung den Bereich des rechtlich Unverbindlichen und den des rein Tatsächlichen verlasse und im Rahmen der staatlichen Normenordnung rechtliche Wirkungen entfalte, unterliege sie den Legitimationsprinzipien für staatliches Handeln596. Dieser Ansatz, die/den OrganwalterIn als EntscheidungsbefugnisträgerIn als Bezugspunkt für die Definition des Staatsgewaltbegriffs zu wählen, überzeugt aber nicht vollends. Zwar mag man im Ergebnis mit Emde weitgehend übereinstimmen, doch allein die Ausgangsfrage scheint eine andere. Es kommt nämlich hiebei nicht darauf an, welche Entscheidungsbefugnisse 592 BVerfGE 83, 60 [73]; 93, 37 [68]; 107, 59 [87]. 593 BVerfGE 47, 253 [274]; 83, 60 [74]. 594 BVerfGE 83, 60 [73]; Emde, Legitimation 215. 595 Emde, Legitimation 214. 596 Emde, Legitimation 215.
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die/der OrganwalterIn innehat, sondern vielmehr auf die Klärung der Frage, welche staatlichen Handlungen auf den Volkswillen rückzuführen sind, um die dem Gebot demokratischer Legitimation entsprechende Innehabung sowie das maßgebliche Steuerungsrecht der organisierten staatlichen Macht597 nicht zu gefährden oder gar – zumindest partiell – zu unterlaufen. Eingedenk der Judikatur des BVerfG stellt der Entscheidungscharakter nur ein Definitionsmerkmal dar, das mehr als Leit- bzw Grenzlinie zu verstehen ist und für Überlegungen zur Relativierung der demokratischen Legitimation in Anlehnung an das Legitimationsniveau herangezogen wird. Daneben bleibt jedoch festzuhalten, dass eine verfassungsrechtlich gewollte oder auch nur angedeutete Beschränkung des Staatsgewaltbegriffs nicht erkennbar ist. Auch die gelegentlich vorgebrachte Feststellung des BVerfG, wonach „unwichtige“ Aufgaben nicht unter den Terminus der Ausübung der Staatsgewalt fallen und deshalb auf Institutionen ohne ausreichende demokratische Legitimation übertragen werden können598, ändert daran nichts. Einerseits wird diese Aussage mittlerweile wegen der schwierigen Abgrenzung von wichtigen und unwichtigen Aufgaben als wenig hilfreich kritisiert und andererseits wegen des unmissverständlichen Wortlauts des Art 20 Abs 2 GG abgelehnt. Ein sog „Bagatellvorbehalt“ sei jedenfalls dem Demokratieprinzip fremd599. In einem nachfolgenden Erkenntnis äußert sich das BVerfG übrigens sehr zurückhaltend600. Demnach belassen Entscheidungsbefugnisse Amtsoder Organträgern zumeist auch Spielräume zur eigenen Ausgestaltung. Sie sind abgestuft etwa von Ermessensentscheidungen über die Inangriffnahme einer öffentlichen Aufgabe bis hin zur gebundenen Anwendung kasuistisch ausformulierter Rechtssätze auf bestimmte Sachverhalte. Dies gilt es im Einzelfall zu prüfen, denn – so das BVerfG weiter – haben die Aufgaben einer Amtsträgerin bzw eines Amtsträgers einen „besonders“ geringen Entscheidungsgehalt, so könne dafür eine demokratische Legitimation ausreichen, bei der einzelne Legitimationselemente zurücktreten. Das komme in Betracht, wenn Kompetenzen gegenständlich im einzelnen und auch ihrem Umfang nach eng begrenzt und die zu treffenden Entscheidungen inhaltlich soweit vorstrukturiert seien, dass sie sich etwa auf die messbar richtige Planoder Gesetzesdurchführung beschränken601. Das BVerfG schließt folglich 597 So schon Böckenförde, in: Isensee/Kirchhof (Hg), HStR II3 Rz 12. 598 BVerfGE 47, 253 [274]. 599 Ausführlich Schulte, Verwaltungshandeln 165 ff; Dreier, in: ders (Hg), Grundgesetz-Kommentar II2, Art 20 (Demokratie) Rz 92. 600 Siehe hiezu Schulte, Verwaltungshandeln 166. 601 Schmidt-Aßmann, AöR 1991, 367 spricht hiebei von einer „grundsätzlichen Standardisierung des Wirksamkeitsgebotes“, mit dem der Gefahr einer Relativierung des einzelnen Entscheidungszusammenhangs begegnet werden solle.
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auch nicht aus, dann geringere Anforderungen an die Legitimation zu stellen, „wenn die Zuständigkeit eines Entscheidungsträgers nur auf einen eng umgrenzten, wenig bedeutsamen Bereich gerichtet ist602 und außerdem einem umfassenden Evokations- oder Letztentscheidungsrecht eines übergeordneten Organs unterliegt“603. Für den Staatsgewaltbegriff ist hierin vordergründig nicht viel zu gewinnen. Es darf aber nicht übersehen werden, dass von den Ausführungen zum Begriff des Legitimationsniveaus auch legitimationsbedürftige Akte staatlicher Gewalt betroffen sind und deren Bestimmung davon zumindest beeinflusst wird604. Ausdrücklich werden in diesem Erkenntnis von der Legitimationspflicht lediglich die Erfüllung rein tatsächlicher Hilfsdienste sowie bloß vorbereitende und rein konsultative Handlungen ausgenommen. Dies betrifft vor allem die Tätigkeit von Beiräten, Kommissionen oder sonstigen organisatorisch nicht verfestigten ExpertInnengremien, die mit beratenden Aufgaben befasst sind, ohne zugleich Mitbestimmungsbefugnisse zu haben605. „In diesem Bereich können Vertreter gesellschaftlicher Interessen an der Wahrnehmung von Verwaltungsaufgaben teilnehmen. Verdichtet sich indes die unverbindliche, bloß beratende Teilhabe an der Verwaltung zur Mitentscheidung, so wird staatliche Herrschaft ausgeübt, die stets demokratisch, dh vom Staatsvolk, legitimiert sein muss.“ Von „unwichtigen“ Aufgaben ist nicht mehr die Rede606. Auch wenn angesichts dieser Ausführungen manches auf eine Verengung des Staatsgewaltbegriffs auf rechtsförmliches (rechtsverbindliches) Handeln des Staats hinweist, wird hier gemeinsam mit Schulte dennoch für ein weites Verständnis des Entscheidungsbegriffs ein- und der Herauslösung des für die Verwaltungspraxis wesentlichen Bereichs des informellen Verwaltungshandelns aus dem Legitimationszusammenhang sowie der Entziehung des Steuerungs- und Kontrollrechts des Volks entgegengetreten. Schulte liefert hiefür auch die Begründung, wonach „das Grundgesetz 602 Wie bereits zuvor angeführt, weitergehend BVerfGE 47, 253 [274], der zu Folge „so unwichtigen“ Aufgaben „nicht mehr unter den Begriff ‚Ausübung der Staatsgewalt‘ fallen und deshalb auf Institutionen ohne ausreichende demokratische Legitimation übertragen werden könnten“. 603 BVerfGE 83, 60 [74]. 604 Schulte, Verwaltungshandeln 165. 605 Krit hiezu Schulte, Verwaltungshandeln 163 f; siehe aber auch Winfried Brohm, Sachverständige Beratung des Staates, in: Josef Isensee/Paul Kirchhof (Hg), Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland II2 (1998) 236 Rz 41; Böckenförde, in: Isensee/Kirchhof (Hg), HStR II3 Rz 13; Sommermann, in: Mangoldt et al, GG II6 Art 20 Rz 146 FN 7. 606 So BVerfGE 83, 60 [74]; vgl hiezu auch Emde, Legitimation 215; Schmidt- Aßmann, AöR 1991, 342.
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Grundlage aller staatlichen Betätigung ist und für die Anerkennung außerhalb der Verfassung liegender Reservate staatlichen Wirkens deshalb heute kein Raum mehr ist“. Folglich fällt – zu Recht – das schlichte Verwaltungshandeln607, etwa als Kooperation zwischen der Verwaltung und Privaten zB durch Absprachen, unter den Begriff der Verwaltungsentscheidung608. Es ist jedoch gemeinsam mit Schmidt-Aßmann sowie Schulte davon auszugehen, dass bei kooperativen Handlungsformen lediglich der Verwaltungsanteil, nicht aber der Kooperationsbereich als solcher einer demokratischen Legitimation bedarf609. Dabei ist es unbeachtlich, dass auch nicht demokratisch legitimierte Private hieran mitwirken. Staatsgewalt iSd Art 20 Abs 2 GG übt allein die Verwaltung aus. Sie muss folglich in der Lage sein, für getroffene Entscheidungen die Letztverantwortung zu übernehmen610. Keiner demokratischen Legitimation bedürftig ist aber die außerbehördliche Tätigkeit rein privater Gremien – so zB bei selbstlaufenden Mediationsverfahren, die keinen unmittelbaren Bezug zu einem anhängigen Verfahren aufweisen611 –, auch wenn deren Entscheidungen von staatlicher Stelle zu einem späteren Zeitpunkt aus freien Stücken und nach eigener Abwägung rezipiert werden. Ob dabei die Mitwirkung der Verwaltung in solchen Gremien unbeachtlich bleibt612, ist aber zumindest fraglich. Jedenfalls muss mE dann, wenn es im Zuge dessen zu Absprachen zwischen der Behörde und den Beteiligten oder auch zu faktischen Bindungen der Verwaltung kommt, die bereits zuvor festgestellte Legitimationspflicht für den administrativen Beitrag gelten. 3. Das Staatsvolk als Legitimationssubjekt
Es ist nochmals zum Volk als Bezugssubjekt demokratischer Legitimation zurückzukommen. Dies erscheint deshalb geboten, da das Volk gem Art 20 Abs 2 Satz 1 GG – wie zuvor bereits angedeutet – nicht nur Ausgangspunkt aller staatlichen Gewalt ist, sondern es eben über Steuerungs- und Kontrollrechte in die Ausübung derselben entscheidend eingebunden wird613. Als 607 Für eine Ausgrenzung des informellen Verwaltungshandelns aus der Begriffskategorie des schlichten Verwaltungshandelns und letztlich für eine Eigentypisierung tritt übrigens Georg Hermes, Schlichtes Verwaltungshandeln, in: HoffmannRiem et al (Hg), Grundlagen II Rz 30, ein. 608 Schulte, Verwaltungshandeln 163. Im Ergebnis auch Schmidt-Aßmann, AöR 1991, 342; Dreier, in: ders (Hg), Grundgesetz-Kommentar II2, Art 20 (Demokratie) Rz 91 und Kaltenborn, Streitvermeidung 218 f. 609 Schmidt-Aßmann, AöR 1991, 342 sowie Schulte, Verwaltungshandeln 163 FN 34. 610 Kaltenborn, Streitvermeidung 219 FN 8. 611 Zu diesem Begriff siehe 2.IV.D.1. 612 So wohl Schmidt-Aßmann, AöR 1991, 342. 613 Schmidt-Aßmann, AöR 1991, 348.
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Volk wird letztlich die Gesamtheit der in dem jeweiligen Wahlgebiet – Bund, Länder, Kreise, Gemeinden614 – ansässigen Deutschen begriffen615. Von staatlichen Maßnahmen Betroffene, Bürgerinitiativen oder Basisgruppen sind – so Böckenförde – nicht das Volk im demokratischen Sinn, noch repräsentieren sie es616. Darüber hinaus hat das BVerfG nur in Einzelfällen dahingehend eine Abkehr von der Gesamtheit der Staatsangehörigen als Legitimationssubjekt als verfassungsrechtlich unbedenklich angesehen, indem einer durch örtlichen oder sachlichen Bezug verbundenen, gesetzlich gebildeten kleineren Gesamtheit des Staatsvolks Legitimationskraft zuerkannt wird. Konkret handelt es sich dabei um die Bezirksvertretungen bzw Bezirksversammlungen sowie den Bereich der funktionalen Selbstverwaltung. Begründet wird dies im Zusammenhang mit der Einrichtung von Bezirksvertretungen bzw Bezirksversammlungen damit, „dass das Anliegen, Bürger an der Ausübung der Staatsgewalt durch besondere Vertretungen teilnehmen zu lassen, nicht nur in den kommunalen Gebietskörperschaften besteht. Es hat seine Berechtigung ebenso in Stadtstaaten wie in Großstädten, in denen die Bürger für die anfallenden öffentlichen Aufgaben mit engerem örtlichem Bezug über die Wahl der Gemeindevertretung nicht hinreichend aktiviert werden können. Dies gilt insbesondere für Stadtstaaten, die nach Größe und Bevölkerungszahl hinter der eines Flächenstaats nicht wesentlich zurückbleiben, in denen aber – traditionsgemäß – keine Gebietskörperschaften mit Selbstverwaltungsfunktionen errichtet sind“617. Ein Wegfall der Legitimationspflicht wird damit freilich nicht propagiert, sondern vielmehr habe der Landesgesetzgeber einen hinreichenden Gehalt an demokratischer Legitimation sicherzustellen. Dem demokratischen Prinzip iS des Grundgesetzes werde dann entsprochen, „wenn die Wahl allein den Willen des örtlich begrenzten Teils des Staatsvolkes zur Geltung bringt, dh durch die in den Bezirken wohnenden Deutschen vorgenommen wird“618. Außerhalb der unmittelbaren Staats- sowie der gemeindlichen Selbstverwaltung sei das Demokratiegebot des Art 20 Abs 2 GG nach Meinung des 614 Den Ländern, Gemeinden und Kreisen ordnet Art 28 Abs 1 Satz 2 GG ausdrücklich ein „Volk“ zu. 615 BVerfGE 83, 60 [71]; 107, 59 [87]; so etwa auch Emde, Legitimation 325 f; Böckenförde, in: Isensee/Kirchhof (Hg), HStR II3 Rz 26 f; Dreier, in: ders (Hg), Grundgesetz-Kommentar II2, Art 20 (Demokratie) Rz 94 ff; Sommermann, in: Mangoldt et al, GG II6 Art 20 Rz 148 ff; Maurer, Staatsrecht I6 § 7 Rz 22. 616 Böckenförde, in: Isensee/Kirchhof (Hg), HStR II3 Rz 27. 617 Zur Einrichtung von Bezirksversammlungen siehe BVerfGE 83, 60 [75 f]; zu den Bezirksvertretungen siehe BVerfGE 47, 253 [272 ff]. 618 BVerfGE 83, 60 [81]; vgl auch BVerfGE 47, 253 [275].
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BVerfG offen für spezifische Organisations- und Ausübungsformen von Staatsgewalt, die vom Erfordernis lückenloser personeller demokratischer Legitimation aller Entscheidungsbefugten abweichen können. Es erlaube dem parlamentarischen Gesetzgeber, für einzelne Bereiche der Erledigung öffentlicher Aufgaben besondere Organisationsformen der funktionalen Selbstverwaltung – zu deren TrägerInnen zählen zB die diversen Berufskammern oder die Sozialversicherungsträger619 – zu schaffen. Begründet wird dies damit, dass das demokratische Prinzip und die Selbstverwaltung nicht im Gegensatz zueinander stehen. Beide verwirklichen „die sie verbindende Idee des sich selbst bestimmenden Menschen in einer freiheitlichen Ordnung“. Dem Gesetzgeber sei es somit gestattet, ein wirksames Mitspracherecht für sachnahe Betroffene an den sie berührenden Entscheidungen zu kreieren, verwaltungsexternen Sachverstand zu aktivieren und einen sachgerechten Interessenausgleich zu erleichtern, um die von ihm beschlossenen Zwecke und Ziele effektiver erreichen zu können620. Dabei gelte es, für die Selbstverwaltungseinheit eine Organisationsstruktur zu schaffen, die ausreichende institutionelle Vorkehrungen enthalte, wonach die betroffenen Interessen entsprechend berücksichtigt und nicht einzelne davon bevorzugt werden621. Dem Gesetzgeber sei es schließlich auch erlaubt, den Selbstverwaltungsträgern zu verbindlichem Handeln mit Entscheidungscharakter zu ermächtigen. Um dem Volk jedoch sein Selbstbestimmungsrecht zu wahren, müsse es weiterhin maßgeblichen Einfluss auf das Handeln der Organe der Selbstverwaltungsträger behalten. Dies gelinge letztlich dadurch, dass die Aufgaben und Handlungskompetenzen der Organe in einem von der Volksvertretung beschlossenen Gesetz ausreichend vorherbestimmt seien und ihre Wahrnehmung der Aufsicht personell demokratisch legitimierter Amtswalter unterliege622. Das demokratische Prinzip lässt es nach Ansicht des BVerfG also nicht beliebig zu, anstelle des gesamten Staatsvolks lediglich Teilen der StaatsbürgerInnen Legitimationskraft zuzuerkennen. Daran ist auch der einfache Gesetzgeber gebunden. Folglich sind nach dieser Sichtweise „Teilvölker“, wie von konkreten Verwaltungsentscheidungen betroffene BürgerInnen oder Interessenvertretungen, zur Vermittlung demokratischer Legitimation nicht fähig623. 619 Böckenförde, in: Isensee/Kirchhof (Hg), HStR II3 Rz 33; Schmidt-Aßmann, Verwaltungsrecht2 95. 620 BVerfGE 107, 59 [92]. 621 BVerfGE 107, 59 [93]; siehe hiezu auch Emde, Legitimation 331. 622 BVerfGE 107, 59 [94]; vgl weiters Böckenförde, in: Isensee/Kirchhof (Hg), HStR II3 Rz 34; Schmidt-Aßmann, Verwaltungsrecht2 96 f. 623 Der Judikatur folgend etwa Schmidt-Aßmann, AöR 1991, 374; Kaltenborn, Streitvermeidung 128 f. Siehe auch Jestaedt, Demokratieprinzip 504 ff, demzufolge die
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4. Demokratieprinzip und Akzeptanzförderung durch konsensuales Verwaltungshandeln
Zippelius/Würtenberger werfen die Frage auf, ob demokratische Legitimation iS eines monistischen Demokratieverständnisses nur vom Volk über Legitimationsketten vermittelt werden könne. Sie erkennen nämlich neben der vom Grundgesetz erfassten repräsentativen Demokratie – und damit ergänzend – als zweite Säule die partizipatorische bzw responsiv-kommunikative Demokratie, die nicht bloß von oben, sondern durch BürgerInnenbeteiligung auch von unten eine Stiftung demokratischer Legitimation bewirke624. Angelpunkt ist die Vorstellung vom sich selbst bestimmenden Menschen, die eine Beteiligung der sachnah Betroffenen an den ihren lokalen und regionalen Lebensbereich berührenden Entscheidungen fordere. Soweit der Verwaltung Gestaltungsspielräume eingeräumt werden, sei durch ein konsensuales und kooperatives Verwaltungsverfahren auf Konsens und Akzeptanz der staatlichen Entscheidung hinzuwirken625. Würtenberger sieht – wie er selbst ausführt – „mit aller Vorsicht“ die Idee der responsiven Demokratie (zumindest) in Verfahren der planenden Verwaltung übertragbar; dies deshalb, da behördliche Planungsentscheidungen stets an „Wünsche, Forderungen und Bedürfnisse der betroffenen Öffentlichkeit zurückzukoppeln“ seien. Können sich die BürgerInnen in den Verwaltungsentscheidungen wiederfinden, wie es die responsive Demokratie für Entscheidungen des Parlaments fordert, werden sie diese als Grundlage Kategorie der Betroffenheit nicht als das Volkszugehörigkeitsmerkmal im Rahmen des Art 20 Abs 2 GG angesehen werden könne. Betroffenheit als solche konstituiere nicht das Volk iSd Art 20 Abs 2 GG. 624 Würtenberger, Akzeptanz 56 ff, findet für die seiner Meinung nach „überkommenen ehernen Regeln des demokratischen Rechtsstaats“ und dem „Gesetz ist Gesetz-Standpunkt“ sehr deutliche Worte: „Gleichwohl entspricht eine rigorose und nicht nach Sachbereichen differenzierende Durchsetzung dieses Standpunktes eher einem vordemokratischen und positivistischen Denkmuster. Man läuft Gefahr, das demokratische Element im Verhältnis von staatlichem Befehl und bürgerlichem Gehorsam zu vernachlässigen und soziale Entwicklungen nicht hinreichend in die Bewältigung der Verwaltungsaufgaben einzubeziehen. Daher wird bereits seit langem gefordert: Im demokratischen Rechtsstaat muss das Recht breiten Konsens finden und freiwillig befolgt werden. Demokratischer Konsens und effektive Rechtsgeltung bedingen sich insbesondere im Verwaltungsrecht. [...] In einem modernen kommunikativen Staat führen Prozesse der Rückkoppelung von Verwaltung und Bürger zu Selbstkontrolle, wird durch einen öffentlichen Diskurs ein neues kollektives Bewusstsein geschaffen, führt die Einbeziehung des Bürgers in die Arbeit der Verwaltung zu Innovation und sichert bürgerschaftliche Partizipation letztlich die Effizienz der Verwaltung und die Legitimität des politischen Systems insgesamt.“ 625 Zippelius/Würtenberger, Staatsrecht32 § 10 Rz 20 f.
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eines geordneten Zusammenlebens auch akzeptieren626. Allein der Vollzug des Gesetzes reiche nicht mehr aus, demokratische Legitimation von Verwaltungsentscheidungen herzustellen. Vielmehr seien nach dem Prinzip der responsiven Demokratie eben auch die Wünsche und Forderungen der Öffentlichkeit zu berücksichtigen627. Wird Akzeptanz als Ziel des Verwaltungsverfahrens formuliert, verlange dieses eine Kompromissfindung zwischen vielfältigen öffentlichen und privaten Belangen, die teils von Betroffenen oder Interessenten, teils aber auch von der Verwaltung in den Entscheidungsprozess eingebracht werden628. Würtenberger stellt aber auch klar, dass er hiemit weder Abstimmungsverfahren für die betroffene Öffentlichkeit über Verwaltungsentscheidungen präferiere noch dass nunmehr die Verwaltung ihre Entscheidung an dem im Partizipationsverfahren geäußerten BürgerInnenwillen „populistisch“ ausrichten solle. Vielmehr gehe es ihm darum, „wie die demokratische Legitimation von Verwaltungsentscheidungen, die sie durch den Vollzug von Gesetzen und die Mechanismen parlamentarischer Kontrolle von Regierung und Exekutive ohnehin besitzen, weiter verbessert werden kann. Dies kann durch Strategien der Information und der kooperativen Konfliktverarbeitung in Verwaltungsverfahren geleistet werden“629. Dieser Ansatz bleibt nicht unwidersprochen. Beispielhaft hiefür sollen die Ausführungen von Schmidt-Aßmann genügen. Für ihn vermitteln weder Akzeptanz630 noch Partizipationsformen, wie sie sich bei Verwaltungsentscheidungen finden lassen, demokratische Legitimation631. Letztere können umgekehrt die von Art 20 Abs 2 GG vorgezeichneten Legitimationszüge beeinträchtigen632. Er stellt dabei den Wert der Akzeptanzsicherung ebenso wenig in Frage wie den Beitrag von Partizipationsformen zu einer rechtlich beachtlichen Verbesserung der gesetzesvermittelten sachlich-in626 Würtenberger, NJW 1991, 261; ders, Akzeptanz 58; ders, Akzeptanz als Leitlinie des Verwaltungsermessens, in: Johannes W. Pichler (Hg), Rechtsakzeptanz und Handlungsorientierung (1998) 287 f. 627 Würtenberger, Akzeptanz 57 f sowie 64 f. 628 Würtenberger, NJW 1991, 261. 629 Würtenberger, Akzeptanz 65. 630 Dies mangels rechtsnormativen Bezugs so Schmidt-Aßmann, AöR 1991, 369 ff; diesem sich anschließend Schulte, Verwaltungshandeln 169 f und Kaltenborn, Streitvermeidung 130 ff. 631 So zB auch Kaltenborn, Streitvermeidung 219 f, demzufolge weder die Beteiligung der einzelnen Bürgerin bzw des einzelnen Bürgers an der Vorbereitung einer Verwaltungsentscheidung noch deren/dessen explizites Einverständnis mit einer sie/ihn betreffenden administrativen Maßnahme eine legitimationsstiftende Wirkung entfalten vermag. 632 Schmidt-Aßmann, AöR 1991, 349.
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haltlichen demokratischen Legitimation. Er gesteht der Betroffenenbeteiligung auch eine legitimatorische Bedeutung iS einer immanenten Verbesserung der in Art 20 Abs 2 GG vorgeschriebenen demokratischen Legitimation zu, will aber darin keine zusätzliche neue Art von Verwaltungslegitimation erkennen633. Darüber hinaus gibt Schmidt-Aßmann zu bedenken, dass selbst schlichte Mitwirkungsformen634 rechtliche Konsequenzen auslösen können, bieten sie doch die Möglichkeit zur Beeinflussung des demokratischen Willensbildungsprozesses durch Dritte635. Solche Einflussnahmechancen bleiben verwaltungsrechtlich nicht ohne Relevanz und dürfen deshalb nicht beliebig eröffnet oder vorenthalten werden. Gerade hinsichtlich der Beteiligung starker Kräftegruppierungen bedürfe es der rechtlichen Ordnung636 und dies könne nicht losgelöst vom Kontext der demokratischen Legitimation des Art 20 Abs 2 GG gesehen werden. Vielmehr stellen sich hiebei die Fragen nach dem Legitimationsniveau und von hieraus die einer „vorwirkenden Legitimationsverantwortung“ des Staates für den Partizipationsbereich637.
633 Schmidt-Aßmann, AöR 1991, 349 sowie 373; außerdem ders, in: Schmidt- Aßmann/Hoffmann-Riem (Hg), Verwaltungsorganisationsrecht 59, demzufolge andere Elemente des demokratischen Prinzips, er nennt hiezu die Akzeptanz und die Partizipation, vom Begriff der demokratischen Legitimation getrennt zu halten seien und nicht unkontrolliert in das normative Legitimationskonzept einfließen dürfen. Siehe weiters Schulte, Verwaltungshandeln 170. 634 Schmidt-Aßmann, AöR 1991, 373, zählt hiezu die Information, Anhörung, Kooperation und Verständigung. 635 Kaltenborn, Streitvermeidung 219 f, weist ebenfalls auf die Gefahr hin, dass Gemeinwohlentscheidungen des demokratischen Gesetzgebers durch interessenselektive Partizipation ausgehebelt werden können. Allein die Ermessens-, Beurteilungs- und Abwägungsspielräume, welche die materiell-rechtliche Grundlage für derartige Verhandlungssituationen und vor allem für die Entscheidung darstellen, öffnen mitunter Einfallstore, die einer dem Gemeinwohl zuwider laufenden Beeinflussung des Verwaltungshandelns durch Einzelne Vorschub leisten können. 636 An anderer Stelle weist Schmidt-Aßmann, Verwaltungsrecht2 371 f, auf die Gefahren hin, die bei der Einbeziehung der Öffentlichkeit als Gestaltungselement in ein Verfahrenskonzept zu beachten seien. Ein solches Ansinnen verlange, auf strukturelle Asymmetrien zu achten und gegebenenfalls Gegengewichte vorzusehen. Ansonsten könne nicht ausgeschlossen werden, dass nur jene Interessen zu Wort kommen, denen die Aktivierung der Öffentlichkeit leicht falle. Öffentlichkeit im Verwaltungsverfahren dürfe demnach nicht zum „Vehikel einseitiger Interessenselektion“ werden. 637 Schmidt-Aßmann, AöR 1991, 373 f.
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5. Einordnung der Partizipationsdebatte in das verwaltungsrechtliche Legitimationsverständnis
Mit den vorangehenden Darstellungen wird also eine weitere Flanke in der Legitimationsdiskussion aufgetan – und zwar die der hier interessierenden Beteiligung der Betroffenengemeinschaft an den Verwaltungsentscheidungen638. Wesentlich erscheint nun, noch auf die Typen von Betroffenen, die Arten möglicher Betroffenheit639 sowie die Intensität bzw rechtlichen Wirkungen von Mitwirkungsformen am Staatswillensbildungsprozess640 einzugehen. So lassen sich nach Betroffenheitstypen verschiedene Rechtssubjekte bestimmen, die als PartizipationsträgerInnen in Frage kommen. Dies können zum einen einzelne BürgerInnen und zum anderen Verbände sowie Interessengemeinschaften sein, die wiederum entweder durch ihre Organe oder durch entsandte VertreterInnen tätig werden. Weiters ist zwischen verschiedenen Arten möglicher Betroffenheit zu differenzieren. Dabei handelt es sich um jene, die durch den Eingriffstatbestand unmittelbar in ihren Rechten betroffen sind, und solchen, deren von der Rechtsordnung nicht besonders rechtlich geschützten Interessen von Verwaltungsentscheidungen berührt oder tangiert werden. Der Kreis wird damit größer und unbestimmter. Die Ausweitung des Interessenfeldes bringt es letztlich auch mit sich, dass sich die Partizipationssystematik ändert. Ist bei der Mitwirkung von Rechtsbetroffenen von Individuen auszugehen, vergrößert sich der immer inhomogener werdende Kreis der Interessenbetroffenen um VertreterInnen von Vereinigungen, Verbänden oder Bürgerinitiativen bis hin zur Öffentlichkeit als äußersten Punkt des Begriffsspektrums der Betroffenenbeteiligung641. Damit ist freilich noch keine Aussage darüber getroffen, in welcher Intensität sie am Entscheidungsprozess teilhaben. Dies kann im Wege der schlichten Mitwirkung oder aber der (Mit-)Entscheidung erfolgen. Dass die BürgerInnen nicht bloß die von der Verwaltung geschaffenen Tatsachen zur Kenntnis zu nehmen haben, hat das BVerfG bereits 1977 ausdrücklich festgehalten und mit der Notwendigkeit des Gesprächs zwischen Verwaltung und BürgerIn, die dem grundgesetzlichen Verständnis von der Stellung der BürgerInnen im Staat entspricht, begründet642. Darüber hinaus eröffnen An638 Vgl hiezu Emde, Legitimation 353 f. 639 Siehe Rossen-Stadtfeld, in: Hoffmann-Riem et al (Hg), Grundlagen II Rz 17 ff. 640 Zur Unterscheidung von Staats- und Volkswillensbildungsprozess siehe Walter Schmitt Glaeser, Die grundrechtliche Freiheit des Bürgers zur Mitwirkung an der Willensbildung, in: Josef Isensee/Paul Kirchhof (Hg), Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland II2 (1998) 63 f Rz 28 ff. 641 Schmidt-Aßmann, AöR 1991, 371 f; ders, Verwaltungsrecht2 105 f. 642 BVerfGE 45, 297 [335]; siehe auch Schmidt-Aßmann, Verwaltungsrecht2 106.
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hörungsrechte von einzelnen Beteiligten bis hin zur Öffentlichkeit im Verwaltungsverfahren gewisse Partizipationsmöglichkeiten. Wie weit jedoch Mitwirkungsrechte reichen dürfen, um der hierarchischen Verwaltungsordnung zu entsprechen, darüber wird nach wie vor diskutiert. Die Grenze ist (derzeit) aber wohl dort erreicht, wo die Legitimationskette endet, also bei der Verantwortung der zuständigen Behörde für die Sachentscheidung643. Für den Bereich der gesetzlich geregelten Beteiligung an Verwaltungsentscheidungen warnt – wie schon zuvor von Schmidt-Aßmann hervor gestrichen – auch Emde644 aufgrund der Einflussmöglichkeiten durch Mitwirkungsrechte vor der Gefährdung der Neutralität der Verwaltung und der Verstärkung der Tendenz, „die dienende Rolle als Vollzugsinstrument der politischen Führung zu überschreiten und eine eigenständige politische Gestaltungsfunktion zu usurpieren“645. Letztendlich gelangt er jedoch zu einem den Nutzen der Partizipation in das Modell der demokratischen Legitimation zu integrierenden Ergebnis. Als Kernargument führt Emde an, dass das Gebot der demokratischen Legitimation sich auf staatliche Entscheidungen beziehe und nichts darüber aussage, wie der vorgelagerte Prozess der Entscheidungsfindung der legitimierten EntscheidungsträgerInnen strukturiert zu sein habe. Die dabei gewählte Vorgehensweise sei grundsätzlich in das behördliche Ermessen gestellt646. Vielmehr erfordern vor allem der Informations- und auch der Konsensbedarf des Staates eine partizipationsgeneigte Verwaltung und weisen somit die BürgerInnenbeteiligung am Verwaltungshandeln als notwendige Funktionsbedingung des demokratischen Staates aus. Emde spricht in diesem Zusammenhang auch von demokratieförderlichen Aspekten und von der Funktion als Scharnier und Bindeglied zwischen BürgerIn und Staat, wodurch die Chance erhöht werde, eine konsensfähige Entscheidung zu finden und zugleich die Legitimation staatlicher Herrschaft zu stärken. Personelle und materielle Legitimation der Staatsgewalt stelle jedenfalls nur einen verfassungsrechtlichen Mindeststandard dar und der Gesetzgeber sei gut beraten, „als flankierende Maßnahme zur Verwirklichung der Demokratie, verstanden als auf dem Prinzip der Selbstbestimmung basierender Herrschaftsordnung, das Gewicht der ‚Wil643 Vgl Burgi, Privatisierung 367; Christian Starck, Grundrechtliche und demokratische Freiheitsidee, in: Josef Isensee/Paul Kirchhof (Hg), Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland III3 (2005) Rz 42 f. 644 Emde, Legitimation 353, geht in seinen diesbezüglichen Ausführungen zur BürgerInnen- und Verbandsbeteiligung ausdrücklich nicht von echten (Mit)entscheidungsrechten der Betroffenen aus, sondern führt in der Begriffsklärung zur Partizipation als typische Erscheinungsformen Anhörungs-, Vorschlags-, Einwendungs- und sonstige Mitwirkungsbefugnisse an. 645 Emde, Legitimation 354. 646 Emde, Legitimation 355.
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lensbildung von unten‘ im Entscheidungsprozess der Exekutive zu verstärken. Akzeptiert man dies als Sinn und Nutzen der Partizipation, so erweist sie sich nicht als Durchbrechung, sondern als immanente Fortentwicklung der grundgesetzlichen Verwaltungsordnung“647. Folgt man dieser Einschätzung, dann bedürfen solche partizipativen Mitwirkungsrechte am Verwaltungshandeln, solange sie nicht zu (Mit-)Entscheidungsbefugnissen ausgestaltet werden und das demokratisch legitimierte Organ im Konfliktfall selbst eine mit dem Volkswillen zu vermittelnde Entscheidung herbeiführen kann, ohne wiederum vom Votum eines demokratisch nicht Legitimierten rechtlich abhängig zu sein, keiner weiteren demokratischen Legitimationsüberlegungen648. Mit Schmidt-Aßmann lässt sich aber darüber hinaus der Frage nachgehen, ob aus der Betroffenenpartizipation nicht auch ein neben das Konzept des Art 20 Abs 2 GG tretendes Legitimationsmodell entwickelt werden kann. Dies wäre seiner Meinung nach dann zumindest theoretisch denkbar, „wenn die Frage nach der Legitimation die Frage nach der Rechtfertigung der Herrschaft ist“ und „Partizipation als Mitentscheidung gedacht wird“. Solle das Modell der partizipativen (Mit)Entscheidung, deren Betroffenenkreis nicht wie das Volk nach allgemeinen Merkmalen, sondern durch ein Sonderinteresse bestimmt werde, eine weitere Art der Verwaltungslegitimation sein, dann dürfe sie der in Art 20 Abs 2 GG normierten demokratischen Legitimation nicht nachstehen und sei somit durch ranggleiche verfassungsrechtliche Grundlagen abzusichern649. Mit der Heranziehung des Rechtsstaatsprinzips etwa könne nach Meinung von Schmidt-Aßmann die Frage jedoch nicht gelöst werden, sichere doch dieses den Einzelnen durch eine Reihe von materiellen und verfahrensmäßigen Vorkehrungen gegen staatliche Eingriffe ab. Von einem Mitbestimmungsvorbehalt oder einem Zustimmungsrecht der Betroffenen sei hiebei nicht auszugehen. Selbst die Vertragsabschlusskompetenz der Verwaltung wirke nicht legitimationsstiftend. Ebenfalls negativ fällt sein Befund hinsichtlich einer der demokratischen Legitimation nach Art 20 Abs 2 GG zur Seite gestellten weiteren Form der demokratischen Legitimation, die neben dem am Ergebnis orientierten Legitimationskonzept auf ein stärker auf die Beteiligten fokussierendes Modell abziele, mangels verfassungsrechtlicher Norm aus650. Und schließlich lassen sich auch nicht Schwächen des Konzepts der demokratischen Legitimation durch die Mitentscheidung von Betroffenen kompensieren; dies deshalb, da das Grundanliegen demokrati647 Emde, Legitimation 356 f. 648 So vor allem Böckenförde, in: Isensee/Kirchhof (Hg), HStR II3 Rz 20. 649 Schmidt-Aßmann, AöR 1991, 374. 650 Siehe hiezu auch Schmitt Glaeser, in: Isensee/Kirchhof (Hg), HStR II2 62 Rz 27.
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scher Herrschaft, die Entscheidungsqualität in der Idee des Allgemeinen zu sichern, nicht durch eine partizipative Legitimation erreicht werden könne. Letztere beruhe gerade nicht auf der Annahme einer Berechtigung zur Mitentscheidung nach allgemeinen Maßstäben, sondern nach Maßgabe eines in der Betroffenheit wirksamen Sonderinteresses. Dies liege schon allein in der unterschiedlichen Struktur der Legitimationssubjekte, Volk und Betroffenenkreis, begründet651. Schulte weist eingedenk der Ausführungen von Schmidt-Aßmann darauf hin, dass die Gestaltungsräume für eine Verbesserung der demokratischen Legitimation des Verwaltungshandelns durch die Betroffenenbeteiligung, wenn überhaupt vorhanden, sehr beschränkt seien. Er führt dazu die Überlegungen von Brohm an, wonach sich bei einem begrenzten Wirkungskreis der Verwaltungsmaßnahmen, etwa auch bei einzelnen Planungsmaßnahmen im Mikrobereich, eine eigenständige demokratische Legitimation auf die Betroffenen begrenzen ließe. Voraussetzung hiefür sei, dass die Betroffenen im Hinblick auf die wahrzunehmende Aufgabe als eine einheitliche Gruppe angesehen werden könne, die insoweit konkrete eigene Angelegenheiten von begrenztem Zweck und räumlichen Wirkungsradius sowie von kürzerer Dauer erledige652. Gestützt auf den von Brohm getätigten Hinweis, dass „in Anbetracht der starken Interdependenz aller Lebensverhältnisse“ der praktische Anwendungsbereich dieser rechtlichen Möglichkeiten nicht überschätzt werden dürfe653, gelangt Schulte letztlich zum Ergebnis, dass es bei Interaktionen zwischen der Verwaltung und Privaten im Umweltbereich wie beispielsweise Absprachen und Konfliktmittlung verfassungsrechtlich nicht zulässig erscheint, die Beteiligung Betroffener an die Stelle notwendiger demokratischer Legitimation für das staatliche Handeln treten zu lassen654. 651 Schmidt-Aßmann, AöR 1991, 375 f; zustimmend Schulte, Verwaltungshandeln 172; so auch Kaltenborn, Streitvermeidung 130 ff, der davor warnt, dass sich Partizipation und Akzeptanz als „hinderlich“ für die Wahrung der Interessen des Gemeinwohls erweisen können, da die BürgerInnen in erster Linie ihre eigenen Belange durchsetzen wollen. Um folglich nicht mittels Kompromisse Sonderinteressen gegen zu berücksichtigende Belange des Gemeinwohls durchsetzen zu können, verlange Art 20 Abs 2 Satz 1 GG geradezu nach entsprechenden Sicherungsvorkehrungen, über die sich letztlich der vollständige Verbleib der Entscheidungsverantwortung bei den demokratisch legitimierten AmtsträgerInnen wahren lässt. 652 Siehe Winfried Brohm, Die Dogmatik des Verwaltungsrechts vor den Gegenwartsaufgaben der Verwaltung, in: VVDStRL 30 (1972) 269 ff (insbesondere FN 68 f). 653 Brohm, in: VVDStRL 30, 270 f FN 69. 654 Schulte, Verwaltungshandeln 172 f.
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Diese Darstellung erscheint mE jedoch die Aussagen von Brohm unvollständig widerzugeben, wodurch auch Schultes Begründung für eine Ablehnung der demokratischen Legitimation durch Betroffenenbeteiligung zu kurz greift. Brohm selbst geht davon aus, dass Gestaltungsmaßnahmen, die über den Lebenskreis der zur eigenständigen Legitimation berufenen Gruppe hinausreichen, durch das Gesamtvolk des Staats legitimiert sein müssen. Er sieht es dabei für ausreichend an, wenn nur die den begrenzten Wirkungsbereich überschreitenden Festlegungen durch das Gesamtvolk erfolgen. Für die Ausgestaltung im Einzelnen bleiben sodann sehr wohl immer noch Möglichkeiten dezentralisierter Legitimation. Als Beispiel nennt er die Präzisierungen für die Sanierung eines Stadtteils durch die damit unmittelbar angesprochenen und auch besonders fachkundigen Kreise. Der Gesetzgeber habe aber in einem solchen Fall die Aufgabe, das Ziel und die wesentlichen für die Allgemeinheit bedeutsamen Grundentscheidungen in der Gemeindesatzung oder im Parlamentsgesetz zu fixieren. Letztlich bestehe auch immer die Möglichkeit, dass die Vertretung des Gesamtvolks die Entscheidung wieder an sich ziehe oder korrigierend eingreife655. Auch wenn nun Brohm hier die Möglichkeiten für die Betroffenenbeteiligung gehörig einschränkt, so bleibt – folgt man grundsätzlich seinen Ausführungen – dennoch ein Gestaltungsspielraum gegebenen, der mE Absprachen und Konfliktmittlungen weder gänzlich ausschließt noch verunmöglicht. 6. Gebot der staatlichen Letztverantwortung
Das staatliche Letztverantwortungsgebot – als bereits zuvor angezeigte Forderung des Demokratieprinzips für das gesamte Verwaltungshandeln656 – umfasst die Befugnis der Behörde zur einseitigen Entscheidung. Demnach darf ein hoheitliches Entscheidungsverhalten von Verhandlungsprozessen auch nicht blockiert657 bzw an das Einverständnis von Betroffenen gekoppelt werden658. Weiters verlangt es, nach herkömmlicher Ansicht, von der 655 Brohm, in: VVDStRL 30, 271 FN 69. 656 Philip Kunig, Alternativen zum einseitig-hoheitlichen Verwaltungshandeln, in: Wolfgang Hoffmann-Riem/Eberhard Schmidt-Aßmann (Hg), Konfliktbewältigung durch Verhandlung. Informelle und mittlerunterstützte Verhandlungen in Verwaltungsverfahren I (1990) 62; Schulte, Verwaltungshandeln 173. 657 So schon Hoffmann-Riem, Konfliktmittler 57, der darüber hinaus in der staatlichen Entscheidungsmacht und damit in der Letztverantwortung aus Zweckmäßigkeitsgründen ein „wichtiges“ Drohpotenzial erkennt. Die Möglichkeit der einseitig-hoheitlichen Entscheidung solle als „drohende“ Alternative präsent bleiben, sollte ein Konsensfindungsverfahren zur Blockade des Vorhabens missbraucht werden. 658 Siehe auch Kaltenborn, Streitvermeidung 221.
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Behörde, zB im Planungsverfahren stets selbst die Bewertung und Gesamtabwägung aller betroffenen Belange vorzunehmen – womit deutlich werden soll, dass nicht bloß die in der Verhandlungsrunde repräsentierten Gemeinwohlinteressen gemeint sind659 – und ihre Entscheidung ausschließlich auf diesen Abwägungsergebnissen aufzubauen660. Private können dabei Mitverantwortung lediglich in der sie persönlich betreffenden Rechtssphäre übernehmen. Bei der Verwirklichung des Gebots des Gemeinwohlbezugs sowie der Wahrung der Interessen von Drittbetroffenen, Nichtvertretenen oder Nichtbeteiligten bleibt aufgrund der Legitimationsbedürftigkeit staatlichen Handelns die Entscheidungsverantwortung hingegen ausschließlich bei der demokratisch legitimierten Behörde und darf auch nicht beliebig abgegeben bzw delegiert werden661. Folglich ist es auch nicht möglich, dass die Verwaltung in von ihr zu entscheidenden öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten die Rolle einer bloßen Mittlerin zwischen konfliktverfangenen InteressenträgerInnen einnimmt oder dass sie gemeinsam mit Privaten zur gleichberechtigten Verhandlungsteilnehmerin wird. Darüber hinaus hat dies zur Konsequenz, dass der Einsatz von privaten, demokratisch nicht legitimierten, weisungsfreien VermittlerInnen in der Funktion von „SchiedsrichterInnen“ zwischen den Beteiligten an einer administrativen Sachentscheidung jedenfalls gegen das verfassungsrechtlich gewährleistete Letztverantwortungsgebot verstoßen würde662. Somit stehen sich ein Aushandlungsprozess und die Verwaltungsentscheidung auch nicht als frei wählbare Alternativen gegenüber663. Die Behörde kann zwar im Rahmen ihrer rechtlichen Vorgaben Rücksicht auf eine im Konsens erzielte Vereinbarung nehmen und gegebenenfalls sich eine solche als inhaltliche Entscheidung zu eigen machen, dieser unterwerfen darf 659 Siehe insbesondere Kunig/Rublack, Jura 1990, 9; Schulte, Verwaltungshandeln 174 f. 660 Vgl Pietzcker, in: Hoffmann-Riem/Schneider (Hg), Verfahrensprivatisierung 304. 661 Kaltenborn, Streitvermeidung 223; auch Pünder, in: Erichsen/Ehlers (Hg), Verwaltungsrecht14 § 16 Rz 11. Betreffend den verwaltungsrechtlichen Vertrag ausdrücklich Volker Schlette, Die Verwaltung als Vertragspartner. Empirie und Dogmatik verwaltungsrechtlicher Vereinbarungen zwischen Behörde und Bürger (2000) 105 FN 234. 662 Schulze-Fielitz, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann (Hg), Konfliktbewältigung II 60; Schröder, NVwZ 1998, 1016. 663 Folglich ist wohl auch eine gänzliche Privatisierung der Konfliktmittlung ausgeschlossen, wonach der Aushandlungsprozess ohne die Verwaltung stattfindet und diese lediglich eine zwischen Privaten getroffene Vereinbarung zu akzeptieren oder zu verwerfen hätte. So Gunnar Folke Schuppert, Konfliktmittlung bei Verhandlungen und Verwaltungsverfahren, in: Wolfgang Hoffmann-Riem/Eberhard Schmidt-Aßmann (Hg), Konfliktbewältigung durch Verhandlung. Konfliktmittlung in Verwaltungsverfahren II (1990) 50.
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sie sich allerdings nicht. Vielmehr hat sie sich die Möglichkeit zu einer – auch späteren – einseitigen Regelung stets zu bewahren664. In diese Richtung weisen ebenso die Überlegungen von HoffmannRiem, demzufolge für eine Ersetzung administrativer Entscheidungsverantwortung durch konsensuale Interessenabklärung verfassungsrechtlich kein Raum sei und eine Übertragung der Entscheidungsmacht auf eine externe „Konsensbildungsinstanz“, quasi ein Verantwortungsverzicht, dem im Demokratie- und Rechtsstaatsprinzip verankerten Verantwortungsmodell widersprechen würde. Demgegenüber sei seiner Meinung nach in einer faktischen Verantwortungsentlastung durch mittlergestützte Verhandlungsergebnisse kein Hindernis zur Wahrung der rechtlichen Letztentscheidung des Staates zu erblicken665. Schließlich räumt auch Kaltenborn ein, dass Verhandlungs- und Vertragslösungen nicht „prinzipiell“ im Widerspruch zum Demokratieprinzip des Grundgesetzes stehen. Das Bemühen um eine vom Konsens getragene administrative Entscheidungsfindung diene ja nicht ausschließlich den individuellen, sondern auch den öffentlichen Interessen. Selbst der Gesetzgeber habe sich etwa ausdrücklich für die Anerkennung des öffentlich-rechtlichen Vertrags (§§ 54 ff VwVfG) als eine neben dem Verwaltungsakt gleichberechtigte Handlungsform ausgesprochen666. Darüber hinaus würden die (grund) rechtlich verbürgten individuellen Beteiligungsrechte der Betroffenen im Verwaltungsverfahren deutlich machen, dass die Einflussnahme auf das Staatshandeln durchaus gewollt sei. Die Grenze sei jedoch dort zu ziehen, wo die Verdrängung von Gemeinwohlbelangen drohe. Einer solchen Gefahr könne aber mit der Beibehaltung der staatlichen Letztverantwortung der demokratisch legitimierten Verwaltung begegnet werden; die Behörde dürfe daher ihre Befugnis zu – auch nachträglichen – einseitigen Regelungen nicht aufgeben bzw diese verlieren und sie habe letztlich – wie schon erwähnt – für die zu treffende Entscheidung jeweils selbst die Gesamtabwägung aller betroffenen Belange vorzunehmen667. 7. Demokratische Legitimation und Entscheidungsvorbereitung durch MediatorInnen
Wenn nun der Prozess staatlicher Entscheidungsfindung von Organen, die wiederum ihre Befugnisse in einer Legitimationskette vom Willen des Volks herleiten, getragen werden muss668 und auch das informelle Verwaltungs664 Kunig/Rublack, Jura 1990, 9; Schulte, Verwaltungshandeln 174. 665 Hoffmann-Riem, Konfliktmittler 58. 666 So bereits zuvor Schlette, Verwaltung 105. 667 Kaltenborn, Streitvermeidung 220 ff. 668 Kunig/Rublack, Jura 1990, 8.
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handeln etwa iSd Konfliktmittlung nicht aus dem Legitimationszusammenhang herauszulösen ist669, stellt sich im gegenständlichen Zusammenhang weiters die Frage, inwieweit das Demokratieprinzip durchschlägt, wenn die Verwaltung im Zuge der Vorbereitung der anstehenden Entscheidungen zu ihrer Unterstützung private MediatorInnen heranzieht. Es ist hier also in erster Linie der Blick auf die Organisationsformen der Staatsgewalt zu richten. Während Einrichtungen in öffentlich-rechtlichen Organisationsformen grundsätzlich als TrägerInnen staatlicher Gewalt iSd Art 20 Abs 2 GG anzusehen sind, trifft dies auf Privatrechtssubjekte nicht zu. Es ist dabei gegebenenfalls zu entscheiden, „ob die staatlichen oder die privaten Faktoren überwiegen, die Einrichtung folglich ein Repräsentant staatlicher Gewalt oder trotz gewisser Bindungen an den Staat letztlich nicht-staatlich und folglich vom Legitimationsgebot des Art 20 Abs 2 GG nicht erfasst ist“670. Es gilt daher, auch für den Einsatz von KonfliktmittlerInnen die Ausgestaltung der Stellung derselben jeweils im Einzelfall darzulegen671. 8. (Private) MediatorInnen als Beliehene
Sollte beim Einsatz von privaten KonfliktmittlerInnen auf das Instrument der Beleihung zurückgegriffen werden672, sind sich aus dem Demokratieprinzip ergebende verfassungsrechtliche Grenzen zu beachten. Hoheitsrechte dürfen im Rahmen von Privatisierungsmaßnahmen nicht ohne weiteres an Private übergeben werden. Doch ist es auch trotz der Voraussetzung einer ununterbrochenen Legitimationskette nicht generell ausgeschlossen, dass sich der Staat zur Erfüllung von Hoheitsaufgaben der Hilfe Privater bedient. Das Verwaltungshandeln der Beliehenen bedarf aber der demokratischen Legitimation673. Die Beliehenen haben schließlich die ihnen übertragenen öffentlichen Aufgaben selbständig in den Formen des öffentlichen Rechts zu erfüllen. Sie sind also TrägerInnen der staatlichen Gewalt iSd Art 20 Abs 2 GG. Demokratisch legitimiert werden sie in sachlich-inhaltlicher Hinsicht durch die 669 Siehe oben 2.III.A.2. Im Gegensatz zur hier favorisierten Ansicht wären bei einer Anknüpfung an ein enges Verständnis des Entscheidungsbegriffs vorbereitende und beratende Tätigkeiten, wozu wohl letztlich auch Konfliktmittlungsversuche oder informelle Absprachen im Vorfeld einer Entscheidung zu zählen wären, im Hinblick auf deren Vereinbarkeit mit dem Demokratieprinzip nicht weiter zu prüfen. 670 Schmidt-Aßmann, AöR 1991, 343. 671 Schmidt-Aßmann, AöR 1991, 347. 672 Siehe hiezu auch 2.III.B.3.b).aa).aaa). 673 Olaf Reidt, Verfassungsrechtliche Aspekte der Mautfinanzierung von Fernstraßen, NVwZ 1996, 1158.
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materiellen Vorgaben eines Beleihungsgesetzes oder auf Grundlage eines sonstigen Gesetzes und durch die staatliche Aufsicht. In personeller Hinsicht erfolgt die Vermittlung demokratischer Legitimation durch den Beleihungsakt674. Zu der hier ebenfalls interessierenden Ausgestaltung der staatlichen Aufsicht stellt der Bremische Staatsgerichtshof grundsätzlich die Forderung nach einem diesbezüglichen Effektivitätsgebot auf, das aus dem Demokratieprinzip abzuleiten sei675. In seinem Erkenntnis geht er davon aus, dass Beliehene in Bezug auf die ihnen übertragenen öffentlichen Aufgaben und Befugnisse grundsätzlich wie eine nachgeordnete Behörde der hierarchischen Weisungsgewalt unterliegen. Eine effektive Aufsicht mache es darüber hinaus gerade bei Aufgaben, die nur in geringem Maß inhaltlich gesetzlich gesteuert werden, notwendig, dass die Aufsichtsausübung über eine bloß rechtliche Dimension hinausreiche. Die Rede ist hier demnach von der Fachaufsicht676. Außerdem müsse der Staat darauf achten, dass die funktionelle Privatisierung von Verwaltungsaufgaben nicht zur Entstehung kontrollfreier Räume öffentlicher Verwaltung führe. Dies verlange wiederum das Mindesterfordernis, auf Seiten des Staates für ausreichend Personal mit der einschlägigen Sachkunde und die sonst erforderlichen Verwaltungsmittel zu sorgen, um von letztlich formal bestehenden Aufsichts- und Weisungsrechten wirksam Gebrauch machen zu können677. Folglich genügt es für die Gewährleistung einer ununterbrochenen Legitimation hinsichtlich der Ausübung staatlicher Gewalt durch Private, wenn dem demokratisch legitimierten Hoheitsträger die notwendigen Kontrollund Einwirkungsrechte auf diese verbleiben. Die Privaten handeln also grundsätzlich nicht weisungsfrei678. Dies verunmöglicht es aber wiederum 674 Markus Heintzen, Beteiligung Privater an der Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben und staatliche Verantwortung, in: VVDStRL 62 (2003) 242. Dreier, in: ders (Hg), Grundgesetz-Kommentar II2, Art 20 (Demokratie) Rz 117 FN 336 sowie Rz 125, erkennt aber in der Beleihung ein Beispiel dafür, dass das erforderliche Legitimationsniveau bei Fehlen eines zusätzlichen Akts der Bestellung (= fehlende personelle Legitimation) im Einzelfall auch ausschließlich über die sachlichinhaltliche Komponente gewährleistet werden könne; aA Sommermann, in: Mangoldt et al, GG II6 Art 20 Rz 176, wonach sich der Staat nicht völlig der Auswahlpflicht entledigen dürfe. 675 BremStGH, Urteil vom 15. 1. 2002 - St 1/01 = NVwZ 2003, 81 ff. 676 BremStGH, Urteil vom 15. 1. 2002 - St 1/01 = NVwZ 2003, 83 f; vgl weiters Martin Burgi, Verwaltungsorganisationsrecht, in: Hans-Uwe Erichsen/Dirk Ehlers (Hg), Allgemeines Verwaltungsrecht14 (2010) § 10 Rz 29. 677 BremStGH, Urteil vom 15. 1. 2002 - St 1/01 = NVwZ 2003, 84; siehe auch Heintzen, in: VVDStRL 62, 242 f. 678 Reidt, NVwZ 1996, 1158.
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auch nicht, in Einzelfällen weisungsfreie Räume zu schaffen679. Das BVerfG hält etwa eine Unterbrechung der Weisungshierarchie – außer in Fällen besonderer politischer Tragweite – für verfassungsrechtlich zulässig680. Die Frage nach solchen Angelegenheiten von politischem Gewicht lasse sich jedoch nur von Fall zu Fall beurteilen681. Restriktiv argumentiert hier auch Böckenförde. Ihm zufolge sei jener der parlamentarischen Verantwortung von Regierung und MinisterInnen sowie dazu korrelierend der Bindung an die Gesetze unterliegende Typ der Ministerialverantwortung vom Grundgesetz erfasst. Organe innerhalb der Verwaltung, die von ministerieller Weisungsgewalt freigestellt und zu autonomer Entscheidung berufen seien, durchbrechen daher die Verantwortlichkeit und die durch sie vermittelnde Legitimationskette, wofür aber letztlich kein verfassungsrechtlicher Rückhalt bestehe. Ein solcher könne auch nicht aus einem Verzicht des Parlaments auf seine Kontrollkompetenz hergeleitet werden. Nur ausnahmsweise können – so Böckenförde – weisungsfreie Entscheidungsräume insoweit verfassungsrechtlich gerechtfertigt sein, als die gesetzlich übertragene und umschriebene Aufgabe nach ihrer spezifischen Eigenart die Weisungsfreiheit notwendig erfordert682. Darüber hinaus erfordere die Einsetzung sachlich-unabhängiger Organe, dass iS einer effektiven demokratischen Legitimation deren organisatorisch-personelle Legitimation umfassend gewährleistet und auch ihr Handlungsbereich gesetzlich geregelt und umgrenzt sei683. Beliehene MediatorInnen wären demnach organisationsrechtlich als Verwaltungsträger anzusehen. In Folge dessen unterlägen sie wegen ihrer Stellung grundsätzlich der staatlichen Aufsicht und damit der hoheitlichen Weisungsgewalt, wenn auch Ausnahmen hievon aus verfassungsrechtlicher Sicht denkbar erscheinen684. Darüber hinaus könnten sie – je nach Umfang der Kompetenzübertragung – in die Lage versetzt werden, Verantwortung für Aushandlungsergebnisse übernehmen zu „müssen“685.
679 BVerfGE 9, 268 [282] = NJW 1959, 1172. 680 Vgl BVerfGE 9, 268 [282] = NJW 1959, 1172; BVerfGE 83, 130 [150] = NJW 1991, 1474. 681 BVerfGE 9, 268 [282] = NJW 1959, 1172. Siehe auch Mayen, NVwZ 1997, 218; Christoph Möllers, Zur demokratischen Legitimation der Enteignungsbehörde nach dem Baugesetzbuch, NVwZ 1997, 859 f. 682 Böckenförde, in: Isensee/Kirchhof (Hg), HStR II3 Rz 22 und 24. 683 Weiterhin Böckenförde, in: Isensee/Kirchhof (Hg), HStR II3 Rz 23; vgl weiters Mayen, NVwZ 1997, 218; Möllers, NVwZ 1997, 859. 684 Vgl 2.IV.M.7.a) und 2.IV.M.7.b). 685 Siehe Rüssel, Mediation 125.
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9. VerwaltungshelferIn als MediatorIn
Bedient sich die Verwaltung hingegen einer Konfliktmittlerin bzw eines Konfliktmittlers iSv VerwaltungshelferInnen, könnte man vorschnell zum Ergebnis gelangen, dass der Grundsatz der demokratischen Legitimation nicht berührt werde, da der/dem von der verantwortlichen Behörde herangezogenen MediatorIn ja keine formelle Entscheidungsgewalt verliehen wird, ihre/seine Beiträge vorbereitender, möglicherweise auch durchführender Natur sind und keine eigenständigen rechtlichen Konsequenzen entfalten. VerwaltungshelferInnen selbst stehen außerhalb eines Legitimationszusammenhangs und sind – wie noch zu zeigen sein wird686 – bloß in die Vorbereitung der letztendlichen Verwaltungsentscheidung eingebunden, für die wiederum ausschließlich das demokratisch legitimierte Verwaltungsorgan verantwortlich ist687. Verfassungsrechtliche Relevanz gewinnt die Ausgangssituation ua dann, wenn auch die Tatsache Berücksichtigung finden soll, dass kooperative Vorbereitungshandlungen per se Wirkungen auf die hoheitlichen Entscheidungen entfalten können688. Es gilt nämlich anzunehmen, dass die Entscheidungsfindung nicht bloß auf den abschließenden Verwaltungsakt reduziert werden darf. Vielmehr wird durch die schrittweise Er- und Aufarbeitung des Tatsachenmaterials der materielle Entscheidungsinhalt durch das vorgelagerte Verfahren bereits in hohem Maß vorprogrammiert689. Pietzcker geht davon aus, dass gerade bei Verwaltungsentscheidungen mit großen Spielräumen die Verfahrensherrschaft eher gefährdet sei, wenn Teile der Entscheidungsvorbereitung, welche die Zusammenstellung und eine erste Bewertung des abwägungserheblichen Materials betreffen, auf Private übertragen werden. Im Zuge dessen sei eine „Vorformung“ der endgültigen hoheitlichen Entscheidung nicht auszuschließen, welche die Behörde dann nicht mehr kontrollierend nachvollziehen könne690. Nachdem die Verwaltung ihre Entscheidung aber auch infolge von Verfahrensprivatisierungsbemühungen691 zu verantworten habe und im gegebenen Zusammenhang jedenfalls nicht von einem Entscheidungsverzicht ausgegangen werden könne, müsse sie in die Lage versetzt werden, das Verfahren in dem Maß beeinflussen zu können, dass sie ihre Entscheidung auch inhaltlich tragen könne. 686 Siehe auch 2.III.B.3.b).aa).bbb). 687 So Kaltenborn, Streitvermeidung 225 f. 688 Zum Gefährdungspotenzial privater Entscheidungsvorbereitung ausführlich Burgi, Die Verwaltung 2000, 192 ff. 689 Hellriegel, Mediation 123 f. 690 Pietzcker, in: Hoffmann-Riem/Schneider (Hg), Verfahrensprivatisierung 306. 691 Den Begriff der Verfahrensprivatisierung als zu undifferenziert ablehnend Burgi, Privatisierung 139.
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Dies sei ihr tatsächlich dann möglich, wenn sie „die Entscheidungsvorbereitung im Verwaltungsverfahren in der Hand hat und sich die einzelnen Schritte und Ergebnisse zu eigen machen kann“692. Außerdem vermögen gerade informelle Absprachen zwischen BürgerInnen und Verwaltung im Vorfeld oder im Rahmen eines Verwaltungsverfahrens solche faktischen Bindungswirkungen zu erzielen, wobei vor allem bei einem vielbeachteten Mehrparteienverfahren – wie es der Mediationsprozess eines sein kann – der Erwartungsdruck auf die Behörde ein Ausmaß annehmen kann, das es ihr bei der abschließenden Entscheidungsfindung schwer macht, von einem zuvor erarbeiteten Konsens abzuweichen. Die Gefahren der faktischen Präjudizierung der Verwaltung und damit einer Aushöhlung der Entscheidungsträgerschaft und der daraus folgenden Unterschreitung des verfassungsrechtlich gebotenen Legitimationsniveaus sind demnach nicht leichtfertig von der Hand zu weisen693, weshalb davon auszugehen ist, dass den Staat eine Pflicht zur Absicherung der Letztverantwortung der Verwaltung an sich und für ein mit Privaten gemeinsam gestaltetes Verfahrensergebnis im Besonderen trifft694. Die rechtliche Relevanz von Einflussnahmen durch Private wurde bereits vorhin im Zusammenhang mit der Betroffenenbeteiligung angezeigt695. Insbesondere wurde hiebei aber auch auf die Überlegung von Schmidt- Aßmann verwiesen, der hinsichtlich der Einflussnahmechancen von Dritten bei schlichten Mitwirkungsprozessen von einer vorwirkenden Legitimationsverantwortung des Staates für den Partizipationsbereich ausgeht696. Die hier allgemein für die kooperative Mitwirkung von Privaten geäußerten verfassungsrechtlichen Bedenken treffen konsequenterweise aber auch auf die Situation zu, wonach sich die Behörde privater VerwaltungshelferInnen bedient, die mit Teilaufgaben der Verfahrensbewältigung betraut werden. Die Verwaltung hat sich folglich über die Ausübung von Steuerungs- und Kontrollrechten ihre (ungeteilte) Verfahrensherrschaft zu sichern. In einem solchen Zusammenhang von legitimatorischen Vor- und Nachwirkungen sind nun die Ausführungen von Burgi zu verstehen. Dieser schlägt nämlich zur Auflösung der von ihm aufgezeigten „Begründungslücke zwischen abstrakten Verfassungsgeboten und der Postulierung konkreter Formalanforderungen“ an das behördliche Vollzugshandeln im Hinblick 692 So Pietzcker, in: Hoffmann-Riem/Schneider (Hg), Verfahrensprivatisierung 305. 693 Kaltenborn, Streitvermeidung 226 ff; siehe auch Schulte, Verwaltungshandeln 121, der hiebei jedoch auf den Einsatz von der staatlichen Kontrolle entzogenen, mit der selbständigen Durchführung der die Entscheidung vorbereitenden Verhandlungen betrauten Privaten (= KonfliktmittlerInnen) abzielt. 694 Vgl etwa Kunig/Rublack, Jura 1990, 8. 695 Siehe oben 2.III.A.4. 696 Schmidt-Aßmann, AöR 1991, 373 f.
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auf die von Privaten – hier nun eben nicht mehr iS von Betroffenen, sondern vielmehr von privaten AufgabenträgerInnen – erfüllten Vorbereitungstätigkeiten697 die Ausgestaltung einer sogenannten „Strukturschaffungspflicht“ vor, mit der im Wege eines gerechten Ausgleichs zwischen dem Interesse an einer formalen Gemeinwohlsicherung und der Zielsetzung einer gelungenen Vorbereitung der staatlichen Entscheidung flexible Ergebnisse ermöglicht werden sollen698. Dabei hält Burgi am Erfordernis des Vorliegens einer im Rahmen der Erfüllung einer Staatsaufgabe getroffenen Entscheidung im herkömmlichen Verständnis fest, wonach vorbereitende Tätigkeiten das demokratische Legitimationsgebot nicht auszulösen vermögen, „auch, und erst recht, dann nicht, wenn sie von Privaten wahrgenommen werden“. Den aus der Einbeziehung Privater drohenden Gefahren könne auf dem Boden des geltenden Verfassungsrechts allenfalls mit einer Rechtsfolgenlösung begegnet werden. Diese bestehe darin, an das Vorliegen der von einer/einem AmtsträgerIn getroffenen Entscheidung die zusätzliche Rechtsfolge einer Pflicht zur Schaffung von entsprechenden Sicherungsvorkehrungen in Form bestimmter formaler Standards gegenüber der/dem betreffenden privaten AufgabenträgerIn, mithin eine Vorwirkung der in Frage stehenden formalen Verfassungsanforderungen zu knüpfen699. Es gehe nach Meinung von Burgi hiebei nicht um die unveränderte Übertragung der organisatorischen und verfahrensrechtlichen Anforderungen an AmtsträgerInnen auf die VerwaltungshelferInnen, sondern um die Schaffung spezifischer Strukturen, die im Hinblick auf das Tätigwerden von außerhalb der Verwaltungshierarchie stehenden Einheiten aus Sicht der verfassungsrechtlichen Vorgaben zur formalen Gemeinwohlsicherung notwendig seien700. Im Detail sieht Burgi Vorkehrungen etwa hinsichtlich der Sicherstellung der erforderlichen Sachkunde sowie der objektiven Erfüllung 697 Burgi, Die Verwaltung 2000, 201, zählt hiezu jene Vorbereitungsbeiträge, die von Privaten erledigt werden und klar erkennbare Teilstücke bilden, welche ihrerseits – gegenüber der im Normalfall staatseigenen Entscheidungsvorbereitung – gezielt verselbständigt und aus dem staatlichen Entscheidungsprozess „herausgegliedert“ worden seien. 698 Siehe auch Voßkuhle, in: VVDStRL 62, 295 f. 699 Martin Burgi, Funktionale Privatisierung und Verwaltungshilfe. Staatsaufgabendogmatik. Phänomenologie – Verfassungsrecht (1999) 378 ff sowie ders, Die Verwaltung 2000, 201 f; zustimmend Voßkuhle, in: VVDStRL 62, 296; ders, Sachverständige Beratung des Staates, in: Josef Isensee/Paul Kirchhof (Hg), Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland III3 (2005) 461 Rz 61, der – im Zusammenhang der faktischen Einflussnahme durch private Sachverständige – in dieser Sichtweise eine verfassungsrechtliche Verpflichtung begründet sieht, „den Mangel an tatsächlicher inhaltlicher Entscheidungsbeherrschung durch entsprechende Sicherungsvorkehrungen adäquat auszugleichen“. 700 Burgi, Privatisierung 379; ders, Die Verwaltung 2000, 202.
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der Aufgaben durch VerwaltungshelferInnen, dem Publizitätsgebot betreffend die Übertragung der Vorbereitungsverantwortung sowie des Vorgangs der Verwaltungshilfe und der Ergebnisse, der Etablierung von Kontrollmöglichkeiten und des an die/den VerwaltungshelferIn gerichteten Begründungsgebots für deren/dessen Handlungen für erforderlich701. Die Konkretisierung habe jeweils im Hinblick auf den Einzelfall zu erfolgen, weil die formalen Anforderungen aufgabenabhängig seien und unter Berücksichtigung des Charakters der vorzubereitenden Entscheidung sowie des Umfangs des eingeräumten Spielraums sowie jenes der übertragenen Teilbeiträge berücksichtigt werden müssen702. Konkret bedeutet dies mehrerlei703. Die Behörde ist zum einen bei der Auswahl der MediatorInnen angehalten, auf deren Zuverlässigkeit, Neutralität und Fachkunde zu achten. Zum anderen muss zumindest der Übertragungsakt nach außen erkennbar, also transparent erfolgen. Den (anhörungsberechtigten) Betroffenen ist – eingedenk den Grundsätzen der Flachglasentscheidung – darüber hinaus die Möglichkeit einzuräumen, sich zu äußern. Wesentlich ist schließlich die Schaffung von Kontrollmöglichkeiten, um eine weitgehende Sicherstellung einer auftragsgemäßen Aufgabenerfüllung zu gewährleisten704. Dies kann etwa im Wege der Präventivsteuerung, so dass die Aufgaben sowie Verfahrenspflichten und -rechte der VerwaltungshelferInnen im Veranlassungsakt möglichst detailliert festgehalten werden705, oder auch iS einer engen Begleitung der Tätigkeit der Privaten durch die Behörde (zB Anwesenheit bei den Aushandlungsgesprächen706) geschehen. Ist eine ordnungsgemäße Erfüllung der Staatsaufgaben durch die Privaten nicht mehr zu erwarten, muss letztlich auch eine Möglichkeit vorgesehen sein, die hiefür vereinbarte Rechtsbeziehung zu beenden707. 701 Burgi, Privatisierung 381 ff. 702 Burgi, Die Verwaltung 2000, 203 f. 703 Hiezu umfassend Burgi, Privatisierung 382 ff sowie ders, Die Verwaltung 2000, 204 ff. 704 Allgemein zur Ausgestaltung von Einflussnahme-, Abstimmungs- und Kontrollrechten beim Einsatz von VerwaltungshelferInnen siehe Hans-Heinrich Trute, Die Verwaltung und das Verwaltungsrecht zwischen gesellschaftlicher Selbstregulierung und staatlicher Steuerung, DVBl 1996, 961. 705 Fällt der Einsatz von Privaten unter den Gesetzesvorbehalt, wird dahingehend der Gesetzgeber oder gegebenenfalls der Verordnungsgeber entsprechende Bestimmungen erlassen müssen. Siehe hiezu 2.III.B.3.b).aa).bbb). 706 Diese Voraussetzung stellt im gegebenen Zusammenhang wohl keine größere Herausforderung dar, ist doch die Behörde in der Regel eine am Mediationsverfahren teilnehmende Akteurin. 707 Dazu unten sogleich mehr; vgl auch Kaltenborn, Streitvermeidung 230 sowie 291 f; zur Beendigung der Zusammenarbeit mit Privaten Voßkuhle, in: VVDStRL 62, 326.
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Hiemit wird also einmal mehr deutlich, dass die Behörde zur Erzielung einer rechtmäßigen Entscheidung danach zu trachten hat, dass ihr die Verfahrensherrschaft nicht abgenommen wird708, sie also ihre Kontrollmöglichkeit nicht verliert709. Darüber hinaus hat die Behörde dafür zu sorgen, dass die Handlungen der Privaten nicht zu einer ungerechtfertigten Beschränkung (verfassungsrechtlich) geschützter Verfahrensrechte führen. Denn sie selbst bleibt beim Einsatz Privater alleiniger Adressatin der grundrechtlich verbürgten Verfahrenspflichten. Eine Delegierung dieser Aufgaben an VerwaltungshelferInnen ist nicht möglich710. B. Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung
Als eine weitere wesentliche verfassungsrechtliche Leitlinie und damit auch Vorgabe für die konsensuale Konfliktbeilegung zwischen BürgerInnen und Verwaltung ist das dem Rechtsstaat711 immanente Prinzip der Gesetzmäßigkeit hervorzuheben, dem die beiden Komponenten, zum einen der Grundsatz des Vorrangs des Gesetzes und zum anderen der des Vorbehalts des Gesetzes, zugezählt werden712. 1. Der Vorrang des Gesetzes
Ganz allgemein kann festgehalten werden, dass einerseits der für den gesamten Bereich der Verwaltung unbestrittenermaßen uneingeschränkt geltende Grundsatz des Gesetzesvorrangs die vollziehende Gewalt an Gesetz und Recht – also an die Verfassung und die förmlichen Gesetze sowie die Rechtsverordnungen, die Satzungen und das Gewohnheitsrecht – bindet und seine 708 Siehe weiters Trute, DVBl 1996, 961. 709 Für Pietzcker, in: Hoffmann-Riem/Schneider (Hg), Verfahrensprivatisierung 306, hängt übrigens die Beurteilung der Mediation davon ab, in welcher Situation sie stattfinde und in welchen Formen sie durchgeführt werde. Er sieht dabei als Konditionalis für die behördliche Kontrollmöglichkeit das Ausmaß des vorgegebenen Gestaltungsspielraums. Handle es sich etwa um eine gestaltungsoffene Planungsentscheidung, seien die Anforderungen an die hoheitliche Kontrolle durch die Mediation nicht verringert, sondern eher gesteigert. 710 Kaltenborn, Streitvermeidung 290 f. 711 Zur Verfassungsrechtsdogmatischen Einordnung des grundgesetzlichen Rechtsstaats und seiner Kernelemente siehe etwa Helmuth Schulze-Fielitz, Art 20 (Rechtsstaat), in: Horst Dreier (Hg), Grundgesetz. Kommentar II2 (2006) Rz 38 ff. 712 Hiezu ua Schulze-Fielitz, in: Dreier (Hg), Grundgesetz-Kommentar II2, Art 20 (Rechtsstaat) Rz 92 und 105; Rainer Pitschas, Maßstäbe des Verwaltungshandelns, in: Wolfgang Hoffmann-Riem et al (Hg), Grundlagen des Verwaltungsrechts II (2008) Rz 78; Maurer, Staatsrecht I6 § 8 Rz 19; Schnapp, in: Münch/Kunig (Hg), GG-K I6 Art 20 Rz 65.
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Bestätigung in Art 20 Abs 3/Zweiter Halbsatz GG findet713. Davon gilt jegliches Verwaltungshandeln umfasst, sei es informell oder vom Gesetzgeber ausdrücklich normiert714. Für die Rechtsbindung der vollziehenden Gewalt hält beispielsweise Schulze-Fielitz neben der materiellen Qualität des staatlichen Handelns darüber hinaus weder die privatrechtliche oder öffentlichrechtliche Handlungsform noch die Art der handelnden Personen des öffentlichen Rechts für erheblich715. Bezogen auf die sich hier stellenden Fragen hinsichtlich der nicht geregelten, informellen Handlungsformen ist das Interesse auf die Situation zu fokussieren, in der die Verwaltung im Zuge von Absprachenvorgängen und deren faktischen Verhaltensabstimmungen Gefahr laufen könnte, rechtsstaatlichen Bindungen zu entgehen. Die Befürchtungen reichen somit dahin, dass der Gesetzesvollzug zum Tauschobjekt716 wird, übereilte Entscheidungen auf nicht vollständig ermittelten Tatsachengrundlagen getroffen werden, Ungleichheiten in der Rechtsanwendung provoziert und letztlich eine Gefährdung der Rechtspositionen Dritter in Kauf genommen werden717. Als das Problem verschärfend wirken, nach Meinung von Bohne, darüber hinaus „die Geräuschlosigkeit und weitgehende Sanktionslosigkeit informaler Arrangements“, werden doch die Absprachen den vorgesetzten Behörden, den Gerichten und der Öffentlichkeit nicht bekannt. Auch können so gesetzlich geschützte Belange der Allgemeinheit rasch mit Individualinteressen in Konflikt geraten, die jedoch mangels unmittelbar Betroffener auch kaum gerichtliche oder verwaltungsrechtliche Konsequenzen erwarten lassen718.
713 So etwa BVerfGE 40, 237 [246 ff] = NJW 1976, 34 f; siehe auch Hans D. Jarass, Art 20, in: ders/Bodo Pieroth, Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland11 (2011) Rz 38; Maurer, Verwaltungsrecht18 § 6 Rz 2; Schnapp, in: Münch/ Kunig (Hg), GG-K I6 Art 20 Rz 66 f; weiters Michael Sachs, Art 20, in: ders (Hg), Grundgesetz. Kommentar3 (2003) Rz 103 ff sowie 95 und 110 ff, der hiebei jedoch von einer Verpflichtungswirkung des Gesetzes spricht und diese ausdrücklich vom Vorrang des Gesetzes abgrenzt. Letzterer Grundsatz bedeute vielmehr, dass die verfassungsmäßige gesetzliche Willensäußerung über der gesamten übrigen Staatstätigkeit stehe (= Vorrang der Verfassung). 714 Bauer, VerwArch 1987, 260; Kaltenborn, Streitvermeidung 145 f. 715 Schulze-Fielitz, in: Dreier (Hg), Grundgesetz-Kommentar II2, Art 20 (Rechtsstaat) Rz 95; siehe auch Schlette, Verwaltung 81 f. 716 Eberhard Bohne, Der informale Rechtsstaat. Eine empirische und rechtliche Untersuchung zum Gesetzesvollzug unter besonderer Berücksichtigung des Immissionsschutzes (1981) 224 f. 717 Kaltenborn, Streitvermeidung 147. 718 Bohne, Rechtsstaat 225.
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Bauer, der ebenfalls auf die vorhin genannten Gefahren hinweist, hält jedoch auch ausdrücklich fest, dass die Rechtsordnung kein generelles Verbot für informelle Verhaltensweisen enthält, weshalb es seiner Meinung nach schon aus diesem Grund verfehlt wäre, informelle Kontakte und Vereinbarungen zwischen BürgerInnen und Verwaltung pauschal als rechtswidrig anzusehen. Vielmehr belasse die Rechtsordnung auch in Bereichen, in denen sie an sich auf den einseitigen Erlass verbindlicher Regelungen durch die Exekutive ausgerichtet sei, der Verwaltung Spielräume für informelle Verständigungen und Absprachen719. An diese eingeräumten oder belassenen Handlungs- und Entscheidungsspielräume ist sie gebunden und nur darin hat sie sich zu bewegen720. Für die gegenständliche Untersuchung von Interesse ist aber auch die Frage, ob das Gesetzbindungsgebot der Verwaltung eine Abweichung „zum Besseren“ verunmöglicht, also sich die Behörde von BürgerInnen keine Leistungen versprechen lassen darf, die über die gesetzlichen (Mindest-)Anforderungen hinausreichen? Zu denken ist dabei etwa an die Verpflichtung einer Antragstellerin bzw eines Antragstellers, sich zu einer Reduktion von Emissionen zu verpflichten, die über die Vorgaben des BImSchG hinausreichen721. In einem solchen Fall konterkariert der überschießende Teil einer Leistungsverpflichtung das Gesetz nicht in der Weise, dass die gesetzlichen Vorgaben an sich unbeachtet bleiben. Wenn auch die Verpflichtung in diesem Ausmaß gesetzlich nicht vorgesehen ist, so entspricht die Maßnahme der grundsätzlichen Zielrichtung des Gesetzes. Bejaht wird ein solches Vorgehen schließlich zum einen in jenen Fällen, in denen die entgegenstehenden Normen als Mindeststandard zu verstehen sind722. Sind hingegen besondere Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Gesetzgeber auch eine zum Besseren hin abschließende Regelung treffen wollte, was etwa zum Schutz der VertragspartnerInnen oder Dritten vor überhöhten Belastungen oder sonstiger Gemeinwohlgüter vor Beeinträchtigungen angenommen werden kann, dürfen die normativen Anforderungen weder unter- noch überschritten werden. Notwendig ist folglich eine differenzierte Betrachtung des Einzelfalls anhand des jeweils anzuwendenden Fachgesetzes723. Außerdem hat – und somit zum anderen – sich die/der Private den strengeren Maßstäben 719 Bauer, VerwArch 1987, 260 f. 720 Vgl Bauer, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann (Hg), Innovation 269, wenn auch dort zur Beachtung des Gesetzesvorbehalts bei der inhaltlichen Ausgestaltung von Verwaltungsverträgen. 721 Weitere Beispiele bei Schlette, Verwaltung 90 f. 722 Zu den Grenzen aufgrund der rechtsstaatlichen Bindung der Verwaltung siehe etwa Würtenberger, Akzeptanz 159. 723 Schlette, Verwaltung 91 f.
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freiwillig (vertraglich) – nicht hingegen aufgrund einseitig-hoheitlicher Maßnahmen – zu unterwerfen724. 2. Der Vorbehalt des Gesetzes – Allgemeiner Gesetzesvorbehalt
Das allgemeine Vorbehaltsprinzip wiederum – und somit andererseits –, dessen Geltung verschiedentlich aus Art 20 Abs 3 GG725 oder aus den verfassungsrechtlich verankerten Grundsätzen der parlamentarischen Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit hergeleitet wird726, verlangt eine gesetzliche Grundlage für staatliches Handeln. Fehlt es an einer (förmlichen) legislativen Tätigkeitsbeschreibung für die Verwaltung, ist ein solches Handeln nach dem Vorbehaltsprinzip grundsätzlich ausgeschlossen727. Daraus wird aber kein „Totalvorbehalt“ für die gesamte Verwaltungstätigkeit abgeleitet728. Vielmehr erfolgt die Konkretisierung der Reichweite des Vorbehalts (nunmehr) über die nicht unumstrittene, vom BVerfG fortentwickelte und in erster Linie dem Grundrechtsbezug folgende729 724 Zum Zweck des vorbeugenden Umweltschutzes bejahend BVerwGE 84, 236 [241] = NVwZ 1990, 666 f. Siehe auch Bauer, in: Hoffmann-Riem/Schmidt- Aßmann (Hg), Innovation 273; Kaltenborn, Streitvermeidung 151. 725 Vgl insbesondere BVerfGE 40, 237 [248 f] = NJW 1976, 34 f; siehe auch Sachs, in: ders (Hg), GG3 Art 20 Rz 114; Kaltenborn, Streitvermeidung 144 f mwN. 726 So zB Brenner, in: Isensee/Kirchhof (Hg), HStR III3 Rz 28; Schulze-Fielitz, in: Dreier (Hg), Grundgesetz-Kommentar II2, Art 20 (Rechtsstaat) Rz 105; Jarass, in: ders/Pieroth, GG11 Art 20 Rz 46; Maurer, Verwaltungsrecht18 § 6 Rz 4; ders, Staatsrecht I6 § 8 Rz 20. 727 BVerfGE 40, 237 [249] = NJW 1976, 35; vgl Michael Sachs, § 44, in: Paul Stelkens et al (Hg), Verwaltungsverfahrensgesetz. Kommentar7 (2008) Rz 46; auch Eberhard Schmidt-Aßmann, Der Rechtsstaat, in: Josef Isensee/Paul Kirchhof (Hg), Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland II3 (2004) Rz 63. 728 BVerfGE 40, 237 [250 und 252 f] = NJW 1976, 35; Maurer, Verwaltungsrecht18 § 6 Rz 11; siehe ua auch Schulze-Fielitz, in: Dreier (Hg), Grundgesetz-Kommentar II2, Art 20 (Rechtsstaat) Rz 108 ff; Hans Peter Bull/Veith Mehde, Allgemeines Verwaltungsrecht mit Verwaltungslehre8 (2009) Rz 195 sowie 516, die ausdrücklich keinen Totalvorbehalt des förmlichen Gesetzes oder überhaupt des Gesetzes für Verfahren und Organisation der Verwaltung annehmen. Zurückhaltend Jörn Ipsen, Staatsrecht I. Staatsorganisationsrecht23 (2011) Rz 799. 729 Vgl BVerfGE 98, 218 [251] = NJW 1998, 2520. Zum klassischen – auf die Eingriffsverwaltung gerichteten – Inhalt dieses Prinzips, wonach eine formellgesetzliche Grundlage immer dann zwingend erforderlich ist, wenn der Staat in Grundrechte eingreift, siehe etwa Udo Di Fabio, Information als hoheitliches Gestaltungsmittel, JuS 1997, 4; siehe auch Schmidt-Aßmann, in: Isensee/Kirchhof (Hg), HStR II3 Rz 64 f; Schulze-Fielitz, in: Dreier (Hg), Grundgesetz-Kommentar II2, Art 20 (Rechtsstaat) Rz 113.
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„Wesentlichkeitstheorie“730, wofür wiederum eine – so von Maurer bezeichnet – „Gleitformel“ aufgestellt wurde731. Demnach ergeben sich Bestimmungsverhältnis und Regelungsdichte nach dem Grad der Wesentlichkeit, der Intensität und im Hinblick auf den betroffenen Sachbereich sowie der Eigenart des jeweiligen Regelungsgegenstands732. Je „wesentlicher“ die Angelegenheit – mittlerweile unabhängig von der Frage der Eingriffs- oder Leistungsverwaltung733 – desto höher sind die Anforderungen an den Gesetzgeber zu stellen und die Regelungsdichte muss umso präziser und enger sein, je nachhaltiger die tragenden Prinzipien des Grundgesetzes und insbesondere die darin verbürgten Grundrechte der BürgerInnen betroffen734 sowie je gewichtiger die Auswirkungen für die Allgemeinheit sind735. Die sich daraus ergebende Stufenfolge kann von engen und ausschließlichen Regelungen durch den Parlamentsgesetzgeber bis hin zu unwesentlichen Angelegenheiten reichen, die nicht dem Gesetzesvorbehalt unterliegen und demnach im Einzelfall von der Exekutive eigenständig geregelt werden können736. Das Rechtsstaatsprinzip und Demokratiegebot737 verlangen zudem, dass wesentliche Fragen – zumindest solche, die einen Grundrechtseingriff implizieren – vom Parlament selbst entschieden und nicht anderen Normge730 So BVerfGE 83, 130 [152] = NJW 1991, 1475. 731 Maurer, Verwaltungsrecht18 § 6 Rz 14. 732 BVerfGE 98, 218 [251] = NJW 1998, 2520. 733 So etwa Ernst-Wolfgang Böckenförde, Organisationsgewalt und Gesetzesvorbehalt, NJW 1999, 1235; weiters Sachs, in: Stelkens et al (Hg), VwVfG7 § 44 Rz 47 f. 734 Zur „Grundrechtsberührung“ Ipsen, Staatsrecht I23 Rz 800. 735 Siehe etwa Bull/Mehde, Verwaltungsrecht8 Rz 171 ff. 736 Maurer, Verwaltungsrecht18 § 6 Rz 14; mittlerweile äußerst zurückhaltend Schnapp, in: Münch/Kunig (Hg), GG-K I6 Art 20 Rz 78; siehe im gegebenen Zusammenhang weiters Hellriegel, Mediation 101. 737 Nach Meinung von Maurer, Verwaltungsrecht18 § 6 Rz 5 f, sei mit dem Rechtsstaatsprinzip die Forderung verbunden, dass die Rechtsbeziehungen zwischen BürgerInnen und Staat durch Gesetze zu regeln seien, die „eindeutig, berechenbar und stabil sind und nicht nur das Verwaltungshandeln determinieren, sondern auch subjektive, im Streitfall gerichtlich durchsetzbare Rechte vermitteln“. Das Demokratieprinzip verlange wiederum, dass das Parlament, das durch unmittelbare Volkswahl und durch sein Verfahren besondere demokratische Legitimität besitze, die grundlegenden Entscheidungen des Gemeinwesens zu treffen und insbesondere die allgemeinen, für die BürgerInnen bedeutsamen Regelungen zu erlassen habe. Das werde über den Vorbehalt des Gesetzes erreicht, der die von ihm erfassten Angelegenheiten der Regelung durch den Gesetzgeber vorbehalte. Daraus folge, dass die Verwaltung insoweit nur aufgrund einer gesetzlichen Ermächtigung tätig werden dürfe; siehe weiters Schulze-Fielitz, in: Dreier (Hg), Grundgesetz-Kommentar II2, Art 20 (Rechtsstaat) Rz 126.
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bern zB in Form von Rechtsverordnungen nach Maßgabe des Art 80 GG überlassen werden (= Parlamentsvorbehalt)738. „Wie weit der Gesetzgeber die für den fraglichen Lebensbereich erforderlichen Leitlinien selbst bestimmen muss, richtet sich nach dessen Grundrechtsbezug. Eine Pflicht dazu besteht, wenn miteinander konkurrierende grundrechtliche Freiheitsrechte aufeinander treffen und deren jeweilige Grenzen fließend und nur schwer auszumachen sind.“739 Schließlich darf nicht übersehen werden, dass hiedurch auch die Forderung nach Bestimmtheit eines jeden förmlichen Gesetzes als umfasst gilt. Die Tatbestände müssen demnach so formuliert werden, dass die NormadressatInnen ihr Handeln kalkulieren können, die Folgen der gesetzlichen Regelung also für sie voraussehbar und berechenbar sind740. In Folge des Wesentlichkeitsprinzips wird letztlich angenommen, dass die Vorgaben des förmlichen Gesetzgebers umso genauer sein müssen, je schwerwiegender die Auswirkungen einer Rechtsnorm sind741. Das Vorbehaltsprinzip entfaltet aber nicht bloß für materiell-rechtliche Beziehungen zwischen BürgerInnen und Hoheitsgewalt seine Wirkung, sondern erstreckt sich auch auf die Verwaltungsorganisation742 und das Verwaltungsverfahren. Hievon erfasst sind der Verwaltungsaufbau und dessen Struktur, die Errichtung der Verwaltungsträger, die Zuständigkeiten der Behörden und die Ausgestaltung des Verwaltungsverfahrens. Herleitbar ist dies einerseits aus der sachlichen Bedeutung von Organisation sowie Verfahren und andererseits aus grundrechtlichen Erfordernissen zur gehörigen Gestaltung der Organisation und des Verfahrens743.
738 BVerfGE 95, 267 [307 f] = NJW 1997, 1977: „Auf diese Weise soll sichergestellt werden, dass derartige Regelungen aus einem Verfahren hervorgehen, das sich durch Transparenz auszeichnet, die Beteiligung der parlamentarischen Opposition gewährleistet und auch den Betroffenen und dem Publikum Gelegenheit bietet, ihre Auffassungen auszubilden und zu vertreten.“ Siehe auch BVerfGE 98, 218 [251] = NJW 1998, 2520. Weiters Schulze-Fielitz, in: Dreier (Hg), Grundgesetz-Kommentar II2, Art 20 (Rechtsstaat) Rz 120 ff; Sommermann, in: Mangoldt et al, GG II6 Art 20 Rz 187 ff; Jarass, in: ders/Pieroth, GG11 Art 20 Rz 44 und 53; Bull/Mehde, Verwaltungsrecht8 Rz 175 ff; Schnapp, in: Münch/Kunig (Hg), GG-K I6 Art 20 Rz 77; auch Sachs, in: Stelkens et al (Hg), VwVfG7 § 44 Rz 50. 739 BVerfGE 108, 282 [311] = NJW 2003, 3116. 740 Schulze-Fielitz, in: Dreier (Hg), Grundgesetz-Kommentar II2, Art 20 (Rechtsstaat) Rz 129. 741 Jarass, in: ders/Pieroth, GG11 Art 20 Rz 47 ff. 742 Vgl Schulze-Fielitz, in: Dreier (Hg), Grundgesetz-Kommentar II2, Art 20 (Rechtsstaat) Rz 125. 743 So Maurer, Verwaltungsrecht18 § 6 Rz 30.
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3. Reichweite des Gesetzesvorbehalts bei informellen Absprachen a) Eingriffsverwaltung und Freiwilligkeit von Vereinbarungen
Ein erster hier interessierender Aspekt der Reichweite des Vorbehalts des Gesetzes betrifft die Grundrechtsrelevanz der Freiwilligkeit von Versprechen, die Private gegebenenfalls als Alternative oder Ergänzung zu formalisierten Einzelmaßnahmen im Rahmen informeller Verfahren abgeben. Die Frage hier reicht nun ganz iSd Diskussion um die klassische Eingriffsverwaltung dahin, ob es hiefür überhaupt eines Vorbehalts des Gesetzes bedarf? Die Geltung eines solchen Vorbehalts für die Formen des kooperativen Verwaltungsvollzugs wird ua mit den Argumenten abgelehnt, dass staatliche Eingriffe in die Rechtssphäre der BürgerInnen mit dessen Zustimmung erlaubt sein sollen. Geben folglich BürgerInnen freiwillig ihre ausdrückliche oder konkludente Einwilligung zu Absprachen oder zum rechtsförmlichen vertraglichen Verwaltungshandeln, komme es auch nicht zu Grundrechtseingriffen744. Der Konsens und das dadurch als ebenfalls umfasst geltende spezielle Einverständnis der Betroffenen ersetzt demnach die allgemeine parlamentarische Zustimmung745. Die Gefahr, die dabei letztlich aber bestehen bleibt, ist jene, dass Private im Fall einer fehlenden Verständigungsbereitschaft eventuell mit nachteiligen Konsequenzen zu rechnen haben könnten und somit die Freiwilligkeit keine tatsächliche mehr wäre746. Zu denken ist dabei an die Möglichkeit, dass die Behörde ihre Handlungsmacht missbräuchlich als „Drohpotenzial“ einsetzt747. Dadurch könnte von Absprachen, iSv unverbindlichen, nicht einklagbaren Zusagen, auch eine grundrechtserhebliche Zwangswirkung ausgehen748. Kaltenborn wählt zur Beantwortung dieser Frage eine auf die Gesamtbetrachtung der materiell-rechtlichen und verfahrensrechtlichen Maßstäbe ausgerichtete Perspektive. Einerseits werde die Intensität des Eingriffs durch den Umstand der mangelnden Rechtsverbindlichkeit der zwischen Behörde und BürgerInnen getroffenen Vereinbarungen gemildert. Andererseits zeige sich bei näherer Betrachtung überdies, dass die informellen Absprachen außerhalb der dafür vom Gesetzgeber vorgesehenen Handlungsformen kei744 BVerwGE 42, 331 [335] = NJW 1973, 1896; Max Reicherzer, Reform des öffentlich-rechtlichen Vertrags, ZRP 2004, 113. 745 Kaltenborn, Streitvermeidung 160 f. Aus der Sicht des kontraktuellen Verwaltungshandelns hiezu krit Schlette, Verwaltung 96 ff; siehe schon zuvor Bauer, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann (Hg), Innovation 268 f. 746 Siehe BVerwGE 42, 331 [335] = NJW 1973, 1898. 747 Hoffmann-Riem, Konfliktmittler 59 f. 748 Kaltenborn, Streitvermeidung 166 f.
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neswegs ungeregelt erfolgen bzw solche Absprachen nicht im rechtsfreien Raum getroffen werden. In materiell-rechtlicher Hinsicht unterliege die informale Kooperation denselben verfassungs- und einfachgesetzlichen Bedingungen wie der formale Verwaltungsvollzug. Darüber hinaus müssen einige zentrale verfahrensrechtliche Grundsätze – Kaltenborn zählt hiezu beispielhaft das Gebot der unparteiischen Amtsführung oder die Pflicht zur Anhörung Drittbetroffener – von der Verwaltung beachtet werden749. Er kommt letztlich zum Ergebnis, dass die gesetzlich normierten materiellrechtlichen Vorgaben und die verfahrensrechtlichen Anforderungen, denen „das informale, lediglich faktische Bindungswirkungen auslösende Verwaltungshandeln bereits heute auf einfachrechtlicher Ebene unterliegt, insgesamt sogar ein deutlich höheres Niveau an rechtlicher Vorstrukturierung erreichen, als der Vorbehalt des Gesetzes angesichts der zumeist vergleichsweise geringen Eingriffsintensität unverbindlicher Übereinkünfte vom Gesetzgeber einfordern würde“750. Ganz allgemein kann – folgt man den Überlegungen von Kaltenborn – hier also festgehalten werden, dass es einer formellen Regelung bzw Ermächtigungsnorm im Hinblick auf Art 20 Abs 3 GG für die informelle Verständigung im Verwaltungsverfahren demnach nicht bedarf751. b) Die Hinzuziehung von privaten KonfliktmittlerInnen durch die Verwaltung
Ein weiterer im Hinblick des Vorbehaltsprinzips prüfungsnotwendiger Aspekt ergibt sich aus dem Einsatz von MediatorInnen im Rahmen eines Verwaltungsverfahrens und dabei insbesondere bei der Erledigung von Verwaltungsaufgaben. Es drängen sich also Fragen betreffend den Status von KonfliktmittlerInnen auf. aa) Die Privatisierung von Verwaltungsaufgaben
Im Zuge der Privatisierungsdiskussionen um Aufgaben der Verwaltung752 haben sich bisher vier Grundformen herausgebildet: die Organisationsprivatisierung oder formelle Privatisierung, die Erfüllungsprivatisierung oder funktionale Privatisierung, die Aufgabenprivatisierung oder materielle Pri749 Kaltenborn, Streitvermeidung 167 f. 750 Kaltenborn, Streitvermeidung 167 f. 751 So im Ergebnis auch Fehling, in: Hoffmann-Riem et al (Hg), Grundlagen II2 Rz 71 f. 752 Solche Privatisierungstendenzen werden übrigens mehrheitlich befürwortet; so jedenfalls Friedrich Schoch, Privatisierung von Verwaltungsaufgaben, DVBl 1994, 966.
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vatisierung und schließlich noch die Vermögensprivatisierung753. Von diesen Gruppen interessieren hier die beiden zuerst genannten, sind doch in diese die Rechtsinstitute der Beleihung sowie der Verwaltungshilfe einzuordnen, die wiederum für gegenständliche Fragestellung von Belang sind. aaa) Die Beleihung von Privaten Sogenannte Beliehene oder beliehene UnternehmerInnen zählen zu den Verwaltungsträgern, die mit der Wahrnehmung von Verwaltungsaufgaben betraut sind. Zu einer solchen Beleihung, die der Organisationsprivatisierung zugerechnet wird754, kommt es, wenn der Staat als originärer Verwaltungsträger darauf verzichtet, in einem gewissen Umfang bestimmte Verwaltungsaufgaben selbst zu erfüllen und sie anstelle dessen an private Einzelpersonen oder an juristische Personen des Privatrechts755 überträgt. Dabei weist bzw teilt ihnen der Staat zur selbständigen Erfüllung dieser – weiterhin staatlichen – Aufgaben insoweit hoheitliche Befugnisse zu756. Mit dem konkreten Akt der Beleihung entsteht ein öffentlich-rechtliches Auftrags- und Treueverhältnis zwischen dem beauftragenden Verwaltungsträger, konkret der beleihenden Körperschaft, und der Privatperson757. Ein solcher Akt muss – wie noch zu zeigen sein wird – immer durch Gesetz oder auf Grundlage einer gesetzlichen Ermächtigung erfolgen758, da damit Ho-
753 Vgl etwa Schoch, DVBl 1994, 962 f; Hellriegel, Mediation 48 f; Schmidt-Aßmann, Verwaltungsrecht2 270; Burgi, in: Erichsen/Ehlers (Hg), Verwaltungsrecht14 § 10 Rz 7 ff; Maurer, Verwaltungsrecht18 § 23 Rz 61 ff; siehe weiters Hartmut Bauer, Privatisierung von Verwaltungsaufgaben, in: VVDStRL 54 (1995) 251 ff; Heribert Schmitz, § 1, in: Paul Stelkens et al (Hg), Verwaltungsverfahrensgesetz. Kommentar7 (2008) Rz 122. 754 Rupert Scholz, Verkehrsüberwachung durch Private?, NJW 1997, 15; Burgi, Privatisierung 79; ders, in: Erichsen/Ehlers (Hg), Verwaltungsrecht14 § 10 Rz 11; weiters Kaltenborn, Streitvermeidung 172 mwN. AA Arno Scherzberg, Der private Gutachter im Umweltschutz, NVwZ 2006, 383, der hinsichtlich der Beleihung von einer „unechten funktionalen Privatisierung“ spricht. Ebenfalls von einer funktionalen Privatisierung ausgehend Hellriegel, Mediation 50. 755 Burgi, in: Erichsen/Ehlers (Hg), Verwaltungsrecht14 § 10 Rz 25. 756 Scholz, NJW 1997, 15 f; Burgi, Privatisierung 81; Schlette, Verwaltung 158 f; Maurer, Verwaltungsrecht18 § 21 Rz 11 sowie § 23 Rz 56; Kopp/Ramsauer, VwVfG12 § 1 Rz 58. Zu Abgrenzungsfragen siehe zB BVerwGE 81, 185 [189 f] = NVwZ 1989, 865 (Auflage zur Einrichtung eines bewaffneten Werkschutzes). 757 Burgi, in: Erichsen/Ehlers (Hg), Verwaltungsrecht14 § 10 Rz 25; ders, Der Verwaltungsvertrag im Vergaberecht, NZBau 2002, 61. 758 Vgl BVerwGE 81, 185 [188] = NVwZ 1989, 865; BremStGH, Urteil vom 15. 1. 2002 – St 1/01 = NVwZ 2003, 82.
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heitsrechte übertragen759 und die „neuen“ Verwaltungsträger für außenwirksame Tätigkeiten zuständig werden760. Die Verpflichtung zur ausdrücklichen Regelung eines Ermächtigungstatbestands lässt sich anhand von Überlegungen zur Verteilung der Organisationsgewalt im Verhältnis zwischen Parlament und vollziehender Gewalt begründen. Burgi geht davon aus, dass die Beleihung dem ungeschriebenen institutionell-organisatorischen Gesetzesvorbehalt für die Verselbständigung von Verwaltungseinheiten unterfalle761. Die Grundlage hiefür bilden einerseits der organisatorische Grundrechtsgehalt und der Gedanke der Wesentlichkeit der Verwaltungsorganisation für die Erfüllung der jeweiligen Sachaufgaben762. Die formelle gesetzliche Regelung muss demnach zumindest die Art und den Umfang der Befugnisse enthalten. Fehlen diese, liegt eine faktische und damit rechtswidrige Beleihung vor763. Eine weitere Schranke, die hier Erwähnung finden soll, stellt der sogenannte Funktionsvorbehalt des Art 33 Abs 4 GG dar764, wonach die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse als ständige Aufgabe „in der Regel“ Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen ist, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen765. Abweichungen sind demnach möglich, wenn sie auch einer ausdrücklichen sachlichen Begründung bedürfen766. Somit bilde diese Organisationsnorm, hier wiederum 759 Scholz, NJW 1997, 16; Schmitz, in: Stelkens et al (Hg), VwVfG7 § 1 Rz 256 f; Kopp/Ramsauer, VwVfG12 § 1 Rz 59; siehe weiters Kaltenborn, Streitvermeidung 171. 760 Scherzberg, NVwZ 2006, 380 f. 761 Burgi, in: Erichsen/Ehlers (Hg), Verwaltungsrecht14 § 10 Rz 27. 762 Burgi, in: Erichsen/Ehlers (Hg), Verwaltungsrecht14 § 8 Rz 4; siehe auch Schoch, DVBl 1994, 970, dem nach die Errichtung eines Privatrechtssubjekts und seine Betrauung mit Verwaltungsaufgaben nach der Wesentlichkeitstheorie den demokratisch-institutionellen Gesetzesvorbehalt auszulösen vermag; weiters SchmidtAßmann, Verwaltungsrecht2 254; Kaltenborn, Streitvermeidung 171 f. 763 Burgi, in: Erichsen/Ehlers (Hg), Verwaltungsrecht14 § 10 Rz 27. 764 Der Sinn des Funktionsvorbehalts bestehe, so der BremStGH, Urteil vom 15. 1. 2002 – St 1/01 = NVwZ 2003, 85 f, in „der Garantie sachlicher, neutraler und rechtsgebundener Verwaltungsentscheidungen“ in Bereichen, in denen die BürgerInnen mit der Hoheitsgewalt konfrontiert sind. Sie, die Garantie, sei aber nicht auf eine lückenlose Verbeamtung aller hoheitlichen Befugnisse gerichtet. 765 Siehe bereits BVerfGE 9, 268 [284]: „Soweit von dieser Regel abgewichen wird, ist die Tätigkeit des mit Hoheitsfunktionen betrauten Angestellten allerdings der des Beamten gleichzuhalten. Es darf sich hier aber nach Art 33 Abs 4 GG nur um Ausnahmefälle handeln. Würde die ständige Ausübung hoheitlicher Befugnisse in größerem Umfang auf Nichtbeamte übertragen, so wäre dies mit dem Grundgesetz nicht vereinbar.“ 766 Pieroth, in: Jarass/Pieroth, GG11 Art 33 Rz 42; Reidt, NVwZ 1996, 1159. Vgl auch BremStGH, Urteil vom 15. 1. 2002 – St 1/01 = NVwZ 2003, 86.
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mit Burgi, für die Beleihungsgesetze einen „zentralen verfassungsrechtlichen Maßstab“767, der bei der Schaffung von neuen Beleihungstatbeständen zu berücksichtigen sei. Dabei müsse erstens der jeweils konkrete Legitimationsgrund768 geprüft und im Anschluss daran – somit zweitens – anhand der Kriterien der Intensität der eingesetzten Hoheitsmittel und dem Vorliegen eines Sanktionscharakters eine Rechtfertigungsprüfung vorgenommen werden. Es sei letztlich ausschlaggebend, dass das Schwergewicht der hoheitlichen Aufgabenerfüllung weiterhin bei den staatlichen Bediensteten liege769. Aus dem bereits angesprochenen – unmittelbar durch das Gesetz, durch Verwaltungsakt oder durch öffentlich-rechtlichem „Beleihungsvertrag“, jedoch nicht durch privatrechtlichen Vertrag bewirkten770 – Auftragsverhältnis erwachsen den Beliehenen, die statusmäßig unverändert Privatsubjekte sind, persönliche Rechte771 und freilich auch Pflichten772. Von besonderem 767 Martin Burgi, Der Beliehene – ein Klassiker im modernen Verwaltungsrecht, in: Max-Emanuel Geis/Dieter Lorenz (Hg), Staat. Kirche. Verwaltung. FS Hartmut Maurer (2001) 590. 768 Solche sind nach Burgi, in: Erichsen/Ehlers (Hg), Verwaltungsrecht14 § 10 Rz 9 sowie ders, in: Geis/Lorenz (Hg), FS Maurer 584 f, die Staatsentlastung, Mobilisierung der gesellschaftlicher Potenziale (zB durch Fachkenntnisse) zur Verbesserung der Aufgabenerfüllung und Stärkung des Freiheitsinteresses der gesellschaftlichen TrägerInnen. Zur Notwendigkeit von Privatisierungsmaßnahmen insbesondere im Verwaltungsverfahren (Staatsentlastung und Beschleunigung als Modell einer Teilprivatisierung von Verwaltungsaufgaben) siehe auch Schoch, DVBl 1994, 967 f. 769 Weiterführend Burgi, in: Geis/Lorenz (Hg), FS Maurer 590 f; ders, in: Erichsen/ Ehlers (Hg), Verwaltungsrecht14 § 10 Rz 28; siehe auch Reidt, NVwZ 1996, 1159. 770 Siehe hiezu insbesondere Burgi, in: Geis/Lorenz (Hg), FS Maurer 588 f; ders, NZBau 2002, 61; weiters Matthias Schmidt-Preuß, Das neue Atomrecht, NVwZ 1998, 558; Schlette, Verwaltung 159; Kaltenborn, Streitvermeidung 171. Für das Rechtsverhältnis zwischen beliehenen MediatorInnen und Verwaltungsträger Hellriegel, Mediation 213, mit der Konsequenz, dass ein „Mediationsauftrag“ als verwaltungsrechtlicher Vertrag einzuordnen sei. 771 Hiezu zählt insbesondere auch die Honorierung ihrer Tätigkeiten. Diese erfolgt entweder durch die Abgeltung der Bemühungen durch die verantwortlichen staatlichen Stellen und auf Grundlage des Auftragsverhältnisses oder aber die Beliehenen sind zur eigenständigen Einhebung von Gebühren bei den Aufgabenbetroffenen legitimiert; so Burgi, in: Erichsen/Ehlers (Hg), Verwaltungsrecht14 § 10 Rz 25. 772 Für Streitigkeiten zwischen dem beleihenden Staat und der/dem Beliehenen steht der Verwaltungsrechtsweg offen. Materiell-rechtlich von Relevanz sind die in den Nebenbestimmungen des „Beleihungs-Verwaltungsakts“ bzw die in den Abreden des Beleihungsvertrags festgelegten Vorgaben; siehe Schmidt-Preuß, NVwZ 1998, 559.
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Interesse ist, dass bei der Erfüllung ihrer Tätigkeiten die Beliehenen als Hoheitsträger nach außen Beiträge selbständiger Natur773 erbringen und somit dem Behördenbegriff des § 1 Abs 4 VwVfG unterfallen774. Die Handlungsrationalität von Beliehenen ist die der öffentlichen Verwaltung775. Im Rahmen des ihnen eingeräumten Kompetenzbereichs können sie die notwendigen hoheitlichen Entscheidungen (zB Verwaltungsakte776) mittels dem ansonsten dem Staat vorbehaltenen öffentlich-rechtlichen Instrumentarium777 verfügen778. Sie haben sich bei Ausübung ihrer Kompetenzen bzw bei der Erfüllung der Staatsaufgaben – in Folge des Fortbestehens der staatlichen Erfüllungsverantwortung779 – an den öffentlich-rechtlichen Vorschriften (Bindung an die Grundrechte, Staatsziel- und Schutzpflichtbestimmungen etc) zu orientieren780 und unterliegen aufgrund des Erfordernisses demokratischer Legitimation nach innen der Rechts- und wohl auch Fachaufsicht der beleihenden Stelle781. Die Ausgestaltung der Aufsichtspflicht ist wiederum abhängig von der Intensität der übertragenen Befugnisse und von der Berührung von Dritt- und Gemeinwohlinteressen782. Als verwaltungsrecht773 Burgi, in: Geis/Lorenz (Hg), FS Maurer 586. 774 Schmidt-Preuß, NVwZ 1998, 557; Burgi, in: Geis/Lorenz (Hg), FS Maurer 593; Schmitz, in: Stelkens et al (Hg), VwVfG7 § 1 Rz 256; ; Kopp/Ramsauer, VwVfG12 § 1 Rz 63. 775 Schmidt-Aßmann, Verwaltungsrecht2 272. 776 Kopp/Ramsauer, VwVfG12 § 35 Rz 66. 777 Burgi, in: Geis/Lorenz (Hg), FS Maurer 585; ders, in: Erichsen/Ehlers (Hg), Verwaltungsrecht14 § 10 Rz 11 sowie 24. 778 Gegen die von Beliehenen getroffenen hoheitlichen Maßnahmen ist ebenfalls der Verwaltungsrechtsweg eröffnet; Schmidt-Preuß, NVwZ 1998, 559. Zuständige Widerspruchsbehörde ist gem § 73 Abs 1 Satz 2 VwGO die nächsthöhere Behörde. KlagsgegnerIn im Verwaltungsprozess ist die/der Beliehene selbst. Siehe hiezu Burgi, in: Geis/Lorenz (Hg), FS Maurer 594. 779 Burgi, in: Erichsen/Ehlers (Hg), Verwaltungsrecht14 § 10 Rz 21. 780 Burgi, Privatisierung 325; Sachs, in: ders (Hg), GG3 Art 20 Rz 109; Maurer, Verwaltungsrecht18 § 23 Rz 58. 781 Burgi, Privatisierung 326; ders, in: Geis/Lorenz (Hg), FS Maurer 592; Schmitz, in: Stelkens et al (Hg), VwVfG7 § 1 Rz 256; Maurer, Verwaltungsrecht18 § 23 Rz 57. 782 Burgi, in: Geis/Lorenz (Hg), FS Maurer 592, verlangt zudem, dass die entsprechenden Vorgaben in dem die Beleihung vorsehenden Gesetz bereits enthalten sein müssen und diese sodann im Rahmen des Bestellungsakts, ja schon zuvor im Zuge der Auswahl von zu beleihenden Rechtssubjekten, an den Gegebenheiten des Einzelfalls auszurichten seien. Das betreffe sowohl die materiellen Handelsmaßstäbe als auch die personellen Anforderungen sowie die Aus- und Fortbildung der einzelnen MitarbeiterInnen. Siehe weiters ders, in: Erichsen/Ehlers (Hg), Verwaltungsrecht14 § 10 Rz 29 und Bauer, in: Hoffmann-Riem/SchmidtAßmann (Hg), Innovation 281, der die Aufsichtspflicht durch entsprechende Sonderrechte der Verwaltung abzusichern verlangt. „Insofern kann auch von ei-
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liche Konsequenz ist noch zu berücksichtigen, dass die §§ 20 f VwVfG (betreffend die Befangenheit) auch unmittelbar Beliehene erfassen783. Bedeutungsvoll ist und hier nicht gänzlich ausgespart soll schließlich die Haftungsfrage beim Einsatz von Beliehenen werden. Entscheidend hiefür sind jene, die Staatshaftung regelnden Bestimmungen des Art 34 GG iVm § 839 BGB, wonach etwaige Ansprüche im Wesentlichen aus zwei Gründen in Betracht kommen: einerseits wegen eines unmittelbar der/dem Beliehenen, die als Beamtin bzw der als Beamter im haftungsrechtlichen Sinn verstanden wird784, anzulastenden Fehlverhaltens und andererseits aus Anlass eines Fehlverhaltens der mit der Auswahl und Überwachung der Beliehenen betrauten staatlichen Bediensteten785. Verletzen demnach Beliehene oder der sie beauftragende Amtswalter bei Wahrnehmung hoheitlicher Aufgaben schuldhaft eine Amtspflicht, die der/dem Geschädigten gegenüber bestand, ist diese Verletzung zugleich ursächlich für den Schaden und liegt auch kein Ausschließungsgrund (etwa in Form der Subsidiaritätsklausel) vor, ist ein Amtshaftungsanspruch der Bürgerin bzw des Bürgers gegenüber dem Staat zu bejahen786. Allgemein anerkannt ist, dass die Haftung bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen jene Körperschaft – also zB Bund, Bundesland oder Gemeinde – trifft, die Beliehene mit der Aufgabenwahrnehmung betraut hat787. nem gesetzlichen Mindestinhalt bzw von gesetzlichen Mindestinhaltsklauseln von Beleihungsverträgen gesprochen werden.“ 783 Burgi, in: Geis/Lorenz (Hg), FS Maurer 593 f; Heinz Joachim Bonk/Heribert Schmitz, § 20, Stelkens et al (Hg), Verwaltungsverfahrensgesetz. Kommentar7 (2008) Rz 26. 784 Vgl dazu allgemein Hans-Jürgen Papier, Staatshaftung, in: Josef Isensee/Paul Kirchhof (Hg), Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland VI (1989) 1362 Rz 21; Burgi, Privatisierung 318; Hans-Jürgen Papier, § 839, in: Franz J. Säcker/Roland Rixecker (Hg), Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch V5 (2009) Rz 132; Maurer, Verwaltungsrecht18 § 26 Rz 13; Elke Gurlit, Art 34, in: Ingo von Münch/Philip Kunig (Hg), Grundgesetz-Kommentar I6 (2012) Rz 13; für beliehene MediatorInnen Hellriegel, Mediation 248 f; für beliehene Sachverständige Scherzberg, NVwZ 2006, 382. Darüber hinaus Steffen Detterbeck, Der praktische Fall – Öffentliches Recht: Ende eines Diensttages, JuS 2000, 575 sowie Wolfgang Durner, Grundfälle zum Staatshaftungsrecht, JuS 2005, 794. 785 Siehe Burgi, in: Geis/Lorenz (Hg), FS Maurer 593. 786 Allgemein Maurer, Verwaltungsrecht18 § 26 Rz 16 ff. 787 Vgl etwa Wolfgang Schlick, Die Rechtsprechung des BGH zum Staatshaftungsrecht (Teil 1), NVwZ 1997, 1067; Schmidt-Preuß, NVwZ 1998, 558; Burgi, in: Geis/Lorenz (Hg), FS Maurer 593; Ulrich Stelkens, Die Stellung des Beliehenen innerhalb der Verwaltungsorganisation – dargestellt am Beispiel der Beleihung nach § 44 III BHO/LHO, NVwZ 2004, 305; Maurer, Verwaltungsrecht18 § 26 Rz 43; Gurlit, in: Münch/Kunig (Hg), GG-K I6 Art 34 Rz 34.
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bbb) Die VerwaltungshelferInnen Der Rechtsfigur der Verwaltungshelferin bzw des Verwaltungshelfers entsprechen hingegen Personen, die, anders als die Beliehenen, nicht über die Berechtigung zur Ausübung von Hoheitsgewalt verfügen und demnach auch nicht selbst als Behörden zu verstehen sind. Ihnen fehlt es also an der eigenen Entscheidungsmacht. Vielmehr leisten sie als Private unter Leitung der Behörde und auf Basis eines Verwaltungsakts mit Nebenbestimmungen, in der Regel jedoch eines verwaltungs- oder privatrechtlichen Veranlassungsvertrages788 funktional auf eine Staatsaufgabe bezogene Dienste für eben diese Behörde789. Der Beitrag kann sowohl im Zuge der administrativen Entscheidungsvorbereitung (zB Anfertigung von Plänen, Beratung durch Sachverständige/r, VerfahrensmanagerIn) als auch der Durchführung bestimmter Aufgaben dienen (etwa staatlich veranlasstes Tätigwerden eines privaten Abschleppunternehmens)790. Die Aufgabenzuständigkeit und letztlich die (hoheitliche) Leitungsverantwortung verbleiben also im Fall der funktionalen Privatisierung unmittelbar beim Träger der öffentlichen Verwaltung und lediglich der Vollzug einzelner Teile der Staatsaufgabe wird auf ein Privatrechtssubjekt übertragen791. Dabei könne – so Burgi – nicht von einer Gleichwertigkeit der Leitungsverantwortung ausgegangen werden. Jene den Privaten übertragene bleibe dienend und auf die des Staates bezogen792. Dadurch werde auch nicht die Organisationsstruktur, sondern die 788 Weiterführend Burgi, Privatisierung 162 ff. Zur Zuordnungsfrage siehe auch Schlette, Verwaltung 160 ff. 789 Schmitz, in: Stelkens et al (Hg), VwVfG7 § 1 Rz 261. 790 Burgi, in: Erichsen/Ehlers (Hg), Verwaltungsrecht14 § 10 Rz 31; Kaltenborn, Streitvermeidung 173. 791 Vgl Erbguth, UPR 1995, 369; Scholz, NJW 1997, 16. 792 Burgi, Privatisierung 146. Vgl aber auch ders, in: Erichsen/Ehlers (Hg), Verwaltungsrecht14 § 10 Rz 32, der sich übrigens entschieden gegen eine Umschreibung der Figur der VerwaltungshelferInnen als unselbständig tätige Private ausspricht, da daraus für die Begriffsbestimmung nichts zu gewinnen sei. So nunmehr auch Maurer, Verwaltungsrecht18 § 23 Rz 59; zustimmend Kaltenborn, Streitvermeidung 175; so schon zuvor Voßkuhle, in: VVDStRL 62, 299 f, der das Kriterium der Unselbständigkeit als inhaltlich vage bezeichnet und zur Abgrenzung zu anderen Instrumenten sowie zur Sicherung der Einflussmöglichkeiten des hoheitlichen Aufgabenträgers auf die VerwaltungshelferInnen für nicht notwendig erachtet; Thomas Würtenberger, Öffentliches Ersatzleistungsrecht. Anmerkung, JZ 1993, 1004, der insbesondere auf die Rechtsfolgen hinsichtlich der Haftungsfrage (öffentliches oder privates Haftungsrecht) abstellt; anders etwa Schlette, Verwaltung 160 ff insbesondere FN 284, der hiebei zwischen der weisungsgebundenen unselbständigen Hilfstätigkeit durch Private und dem Typus der Einschaltung Privater in die (selbständige) Erfüllung öffentlicher Aufgaben unterscheidet; Holznagel/Ramsauer, in: Haft/Schlieffen (Hg), Handbuch2 Rz 8 (insbesondere
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Verantwortungsstruktur der zu erledigenden Staatsaufgabe verändert, indem eben Teilbeiträge von der umfassenden hoheitlichen Erfüllungsverantwortung abgetrennt und Privaten übertragen werden793. Die/der VerwaltungshelferIn wird folglich (im Gegensatz zu den Beliehenen) auch nicht Behörde iSd § 1 Abs 4 VwVfG794. Die/der VerwaltungshelferIn selbst ist nicht Teil der Verwaltungsorganisation795. Dies und der damit einhergehende Umstand, dass den Verwaltungshelferinnen und Verwaltungshelfern gerade keine hoheitlichen Befugnisse eingeräumt werden, erlaubt die Ansicht, dass es für ihren Einsatz keiner gesetzlichen Grundlage bedarf. Vielmehr seien – so Kaltenborn – ihre Handlungen der Verwaltungsbehörde zuzurechnen und infolgedessen von der ursprünglichen für das unmittelbar grundrechtsbeeinträchtigende Verhalten des Staats normierten Bestimmung mit abgedeckt. Demnach komme es auch nicht darauf an, ob in der betreffenden Norm die Option der Einschaltung Privater in die Aufgabenerfüllung eine ausdrückliche Erwähnung gefunden habe796. Davon sei schließlich auch hinsichtlich des institutionellen Gesetzesvorbehalts auszugehen, da durch die funktionale Privatisierung zwar eine Modifizierung der Verantwortungsstruktur in Bezug auf die Wahrnehmung der Staatsaufgabe erfolge, eine Änderung der Organisationsstruktur aber gerade nicht stattfinde. Somit könne keine Verpflichtung des Gesetzgebers zur Schaffung gesetzlicher Ermächtigungsgrundlagen erkannt werden797. Die Verwaltung darf hier selbst entscheiden, ob sie Private betraut oder nicht798. Darüber hinaus bleibe nach Meinung von Schoch aber zu prüfen, inwieweit eine systematische Übertragung von Daueraufgaben der Verwaltung an Private als VerwaltungshelferInnen aus Gründen der Wesentlichkeitstheorie der gesetzlichen Steuerung bedürfe799. FN 9), die ebenfalls vom Merkmal der Unselbständigkeit ausgehen; Papier, in: Säcker/Rixecker (Hg), MüKo BGB V5, § 839 Rz 135 f, der zB die „Unselbständigkeit und Werkzeug-Eigenschaft“ bei den Schülerlotsen bejaht. 793 So Burgi, in: Erichsen/Ehlers (Hg), Verwaltungsrecht14 § 10 Rz 31. Siehe auch Schlette, Verwaltung 162. 794 Kopp/Ramsauer, VwVfG12 § 1 Rz 66. 795 Vgl Burgi, in: Erichsen/Ehlers (Hg), Verwaltungsrecht14 § 10 Rz 32. 796 Kaltenborn, Streitvermeidung 176. 797 Kaltenborn, Streitvermeidung 177 f sowie jedoch 181 FN 167. 798 Schmidt-Aßmann, Verwaltungsrecht2 254 f, hält aber nur Leistungs- und Planungsaufgaben für freigestaltbar. Bei Aufgaben, die üblicherweise unter Einsatz von Befehl und Zwang wahrgenommen werden, müsse alles, was über die rein technische Vollzugshilfe hinausgehe, selbst dann gesetzlich fundiert sein, wenn es sich nur um eine gelegentliche Heranziehung Privater handle. 799 Schoch, DVBl 1994, 970. Im Zusammenhang mit externen Gutachterinnen bzw Gutachtern Scherzberg, NVwZ 2006, 381.
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Burgi differenziert in diesem Zusammenhang zwischen dem einzelnen Privatisierungsvorgang und den umfassenderen Maßnahmen einer Privatisierungspolitik800. Letztere sieht er vom Gesetzesvorbehalt erfasst. Dies deshalb, da die aufgabentypusübergreifende Etablierung einer veränderten Struktur der Verantwortungsverteilung mit der sonst üblichen Praxis staatlicher Aufgabenerfüllung breche. Zum Teil würde ein solches Vorgehen auch erhebliche Konsequenzen finanzieller, verwaltungspraktischer und nicht zuletzt (verfassungs-)rechtlicher Art bedingen, die sich von der den staatlichen Instanzen wie den Aufgabenbetroffenen gleichermaßen vertrauten Normallage der Erfüllungsverantwortung unterscheiden und die Tragweite einzelner organisatorischer Maßnahmen bei weitem übertreffen können. Der Charakter der privatisierungspolitischen Maßnahmen, also die größere Weite und die Zukunftsgerichtetheit begründe ihre Wesentlichkeit und bedinge eine staatliche Regelung, der sich der Gesetzgeber nicht entziehen dürfe. Eine Privatisierungspolitik durch Verwaltungsvorschrift sei daher „grundsätzlich nicht statthaft“801. Kaltenborn geht wiederum davon aus, dass es sich bei einem systematisch und auf Dauer angelegten Einsatz von VerwaltungshelferInnen um eine Konstellation handle, die – ohne Einschränkung wie sie Burgi vorschlägt – zur Anwendung des demokratischen Gesetzesvorbehalts führe. Er stützt sich dabei auf einen bei der Prüfung der Wesentlichkeit heranzuziehenden Anhaltspunkt. Demnach spreche es dafür, eine in Aussicht genommene Maßnahme, die verhältnismäßig viele Einzelsachverhalte und insofern einen großen Kreis an Personen betreffe sowie eine für die Gesamtstruktur des Verwaltungsvollzugs so wesentliche Veränderung schaffen werde, in dem auf eine öffentlich-politische Auseinandersetzung angelegten Entscheidungsverfahren vorab festzulegen802. Dieser Umstand verlange folglich nach 800 Burgi, Privatisierung 289 f. Eine solche Unterscheidung ließe sich anhand des Kriteriums des „Staatsaufgaben-Typus“ – ders, Privatisierung 63, differenziert hiebei zwischen der einzelnen Staatsaufgabe und dem Staatsaufgaben-Typus, nämlich der Gruppe aller sachlich identischen Staatsaufgaben, denen sie zugehört – durchführen. Wenn demnach von der Verwaltung „aufgabentypusübergreifend“ Maßnahmen zur Etablierung der Verwaltungshilfe ergriffen werden (zB Einsatz privater BeraterInnen bei sämtlichen Aufgaben der Umweltüberwachung), handle es sich um ein Vorgehen, das über die Durchführung der einzelnen, konkreten funktionalen Privatisierung (zB landesweite Hinzuziehung von privaten Sachverständigen zur Ermittlung der Gewässerqualität per Erlass) hinaus auf die Veränderung der Verantwortungsstruktur zielt. Daran anknüpfend Schmidt-Aßmann, Verwaltungsrecht2 255, demzufolge bei Etablierungsversuchen von Instituten der Verwaltungshilfe der institutionelle Gesetzesvorbehalt greife. 801 Burgi, Privatisierung 290 f; hinsichtlich der Notwendigkeit einer ausdrücklichen gesetzlichen Grundlage zustimmend Voßkuhle, in: VVDStRL 62, 296. 802 Kaltenborn, Streitvermeidung 178 f.
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einer gesetzlichen Regelung von zumindest den zentralen Rahmenvorgaben wie der Einsatzermächtigung, den Anforderungen an die Person der Verwaltungshelferin bzw des Verwaltungshelfers, Verfahrensvorkehrungen für den Kontakt mit den vom Verwaltungshandeln desselben Betroffenen sowie Kontrollmechanismen der Verwaltung803. Die bereits vorhin erwähnte Leitungsverantwortung der staatlichen Stellen erfordert letztlich gerade bei Vorbereitungsprivatisierungen – Burgi ordnet die Mediation übrigens den Teilbeiträgen „durchführend-vorbereitenden Charakters“ zu804 –, die sich die Verwaltungsbehörde für ihre Entscheidung zu eigen macht, eine Kontrollpflicht betreffend die Arbeit von VerwaltungshelferInnen805. Diese Befugnisse sind im Veranlassungsakt gemeinsam mit Flexibilitäts- und Beendigungsregelungen vorzusehen806. Aber auch Anpassungen innerhalb der Verwaltungsorganisation können – so Burgi – notwendig werden. Insbesondere aus dem Gebot demokratischer Legitimation ergebe sich, wie oben ausgeführt807, darüber hinaus eine „Strukturschaffungspflicht“, auf die seitens der betroffenen staatlichen Stellen hinzuwirken sei808. Mit der Schaffung von Organisations- und Verfahrensstrukturen bei den privaten VerwaltungshelferInnen solle eben darauf reagiert werden, dass der Staat in den Fällen der Vorbereitungsprivatisierung wie gerade bei der Erstellung von Planungsentwürfen durch Private809 oft nur noch formal, nicht aber materiell betrachtet Inhaber der Entscheidungsgewalt sei810. Der Veranlassungsakt nimmt also eine wesentliche Stellung für die Gestaltung des Rechtsverhältnisses zwischen VerwaltungshelferIn und Staat ein, weshalb hier nochmals auf dessen Rechtsnatur zurückzukommen ist. Grundsätzlich denkbar ist, dass hiefür das Instrument des Verwaltungsakts mit Nebenbestimmungen zur Anwendung gebracht wird. Es ist jedoch davon auszugehen, dass hiefür in der Regel der Veranlassungsmodus Vertrag gewählt wird, und zwar sowohl der verwaltungs- als auch der privatrechtliche811.
803 Kaltenborn, Streitvermeidung 179 f; vgl auch Voßkuhle, in: VVDStRL 62, 296. 804 Burgi, Privatisierung 137 f. 805 Vgl Trute, DVBl 1996, 961. 806 Burgi, in: Erichsen/Ehlers (Hg), Verwaltungsrecht14 § 10 Rz 35. 807 Siehe 2.III.A.9. 808 Burgi, Privatisierung 370 ff. 809 Zum Problem einer faktischen (Vor)Selektion von Standorten für Abfallentsorgungsanlagen aufgrund einer Beauftragung eines privaten Planungsbüros vor Einleitung des eigentlichen Planungsverfahrens siehe Schoch, DVBl 1994, 976; ebenso Schmitz, in: Stelkens et al (Hg), VwVfG7 § 1 Rz 134. 810 Burgi, in: Erichsen/Ehlers (Hg), Verwaltungsrecht14 § 10 Rz 35. 811 Burgi, Privatisierung 162 f.
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Nicht ohne Belang ist dabei die entsprechende Qualifizierung der Verträge, hängt doch – ganz allgemein betrachtet – von der Klärung dieser Frage etwa ab, welches Vertragsrecht anzuwenden ist, welcher Rechtsweg im Streitfall offen steht und mitunter welche Haftungsregelungen gelten812. Maßgeblich für die Beurteilung der Rechtsnatur von diesen Verträgen sind nun die Ermittlung des Vertragsgegenstands, die Zuordnung zu Rechtsnormen und daraufhin die Qualifizierung dieser Rechtsnormen. Im gegebenen Zusammenhang der funktionalen Privatisierung werde – so Burgi – der Gegenstand eines Vertrags durch die Festlegung der Verantwortungsstrukturen hinsichtlich der konkret betroffenen finalen Staatsaufgabe gebildet. Dabei sei es irrelevant, dass die Privaten nicht zum öffentlich-rechtlichen Handeln veranlasst werden, und ebenso gleichgültig sei es, dass das, was sie tun sollen, nicht der Wahrnehmung von Staatsaufgaben entspreche. „Dreh- und Angelpunkt des Veranlassungsvertrags ist die in Bezug genommene Staatsaufgabe, um die Strukturen bei ihrer Wahrnehmung geht es.“ Die VerwaltungshelferInnen werden zwar zu einer Leistung veranlasst oder als NachfolgerInnen bzw PartnerInnen einer/eines staatlichen Auftraggeberin oder Aufgabenträgers eingesetzt, sie werden aber vor allem zur Mitwirkung an der Wahrnehmung einer als solcher unberührt bleibenden finalen Staatsaufgabe verpflichtet813. Die daran anschließende Zuordnung zum Öffentlichen Recht oder zum Privatrecht hänge wiederum von der Rechtsnatur der für die in Erfüllung der betreffenden Staatsaufgabe vorgenommenen Handlungen maßgeblichen materiell-rechtlichen Normen ab. Lassen sich diese eindeutig dem Öffentlichen Recht zuordnen814, dann seien die Veranlassungsverträge als Verwaltungsverträge iSd §§ 54 ff VwVfG zu verstehen815. Der Vollständigkeit halber soll noch die Amtshaftungsproblematik Erwähnung finden, in deren Sog ja auch lange Zeit die Qualifizierung der Figur der Verwaltungshilfe (im Kontext mit der mittlerweile selbst weitge812 Arno Scherzberg, Grundfragen des verwaltungsrechtlichen Vertrages, JuS 1992, 206; Maurer, Verwaltungsrecht18 § 14 Rz 8. 813 Burgi, Privatisierung 167 f. 814 Die Frage nach der Qualifizierung der Rechtsnormen lasse sich anhand der Sonderrechtstheorie (modifizierten Subjektstheorie) beantworten. Danach sei zu prüfen, „ob ein Sachverhalt Rechtssätzen unterworfen ist, die für jedermann gelten, oder einem Sonderrecht des Staates, das im Interesse der Erfüllung öffentlicher Aufgaben das allgemeine (bürgerliche) Recht durch Einführung einer für den konkreten Normenkomplex neuen Rechtsfigur abändert“; so etwa Kopp/ Ramsauer, VwVfG12 § 1 Rz 15. Siehe jedoch auch Scherzberg, JuS 1992, 206; Martin Burgi, Die Vergabe von Dienstleistungskonzessionen: Verfahren, Vergabekriterien, Rechtsschutz, NZBau 2005, 614 FN 50. Zurückhaltend Maurer, Verwaltungsrecht18 § 3 Rz 17 ff. 815 Burgi, Privatisierung 168.
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hend überholten sog. Werkzeugtheorie816) stattgefunden hat817. Von Interesse ist hier aber nicht die Begriffsbestimmung der Verwaltungshilfe, sondern vielmehr die Frage, unter welchen Voraussetzungen den Staat Haftungsobliegenheiten infolge des Einsatzes von Privaten treffen, die – anders als Beliehene – in den Handlungsformen des Privatrechts agieren. Wesentlich ist hiebei, dass ein Zusammenhang zwischen der schadensverursachenden (Real-)Handlung der Privaten und dem Staat als Aufgabenträger hergestellt werden kann. Die Rechtsnatur des Veranlassungsakts ist folglich für die Beantwortung dieser Frage irrelevant818, demgegenüber entscheidend ist das Außenrechtsverhältnis zur/zum Geschädigten819; es kommt dabei auf das „nach außen manifestierte Handeln als Erfüllungsgehilfe des Trägers öffentlicher Gewalt“820 an821. Danach ist jede/jeder als AmtsträgerIn iSd Amtshaftungsrechts (Art 34 GG iVm § 839 BGB) anzusehen, die/der Handlungen in Ausübung öffentlich-rechtlicher Aufgaben für den Hoheitsträger und gegenüber Dritten setzt822. Somit kann auch das Fehlverhalten von (selbständigen) Werk- oder DienstunternehmerInnen dem Staat über Art 34 Satz 1 GG zugerechnet werden823. Dieser Auffassung ist mittlerweile auch der BGH – die Durchsetzung von Schadenersatzansprüchen der BürgerInnen aus der Verletzung öffentlich-rechtlicher Pflichten hat grundsätzlich vor den Zivilgerichten zu erfolgen (§ 40 Abs 2 Satz 1 3. Alt VwGO)824 – weitgehend gefolgt825. Ist letztlich bei Vorliegen der übri816 BGHZ 48, 98 = NJW 1967, 1857 [1858]. 817 Burgi, Privatisierung 123 f und 388; Patrick Reinert, § 839, in: Heinz Georg Bamberger/Herbert Roth (Hg), BGB. Beck´scher Online-Kommentar II (Stand 2012) Rz 12; Gurlit, in: Münch/Kunig (Hg), GG-K I6 Art 34 Rz 14. 818 Burgi, Privatisierung 390. 819 Würtenberger, JZ 1993, 1004. So auch Detterbeck, JuS 2000, 576. 820 Papier, in: Säcker/Rixecker (Hg), MüKo BGB V5, § 839 Rz 138. In der Mediationsliteratur Hellriegel, Mediation 249. Krit Burgi, Privatisierung 399 f, welcher die Figur der Erfüllungsgehilfin bzw des Erfüllungsgehilfen nach § 278 BGB für die Begründung der Zurechnung des VerwaltungshelferInnenhandelns für nicht geeignet hält, da es an einer spezifischen öffentlich-rechtlichen Rechtsbeziehung zwischen der Verwaltung und den geschädigten Aufgabenbetroffenen fehle. 821 BGHZ 121, 161 [167]. 822 Vgl auch Gurlit, in: Münch/Kunig (Hg), GG-K I6 Art 34 Rz 14 und 16. 823 Nach Meinung von Bull/Mehde, Verwaltungsrecht8 Rz 1110, komme es auf den Status der/des Handelnden nicht mehr an. Insoweit sei § 839 BGB von Art 34 GG verdrängt. Deshalb könne auch eine Privatperson, der die Erfüllung von Verwaltungsaufgaben übertragen ist, eine Amtshaftung auslösen. 824 Vgl Dirk Ehlers, § 40, in: Friedrich Schoch et al (Hg), Verwaltungsgerichtsordnung (Stand Grundwerk) Rz 517, 519 und 541. 825 Am Beispiel des Abschleppunternehmens BGHZ 121, 161 [165 f], sieht der BGH private UnternehmerInnen – zumindest für den Bereich der Eingriffsverwaltung
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gen Voraussetzungen (Drittbezogenheit der Amtspflicht, Kausalität, Verschulden, Fehlen von Ausschließungsgründen) das Bestehen eines Amtshaftungsanspruchs im konkreten Fall zu bejahen, sind darüber hinausgehende privatrechtliche Ansprüche sowohl gegen den Staat als auch gegen die/den handelnde/n Private/n ausgeschlossen. Bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit bleibt dem Staat der Rückgriff (Innenregress) auf die Privatperson vorbehalten826. Einen selbständigen, zum Teil von der bisherigen Judikatur und Literatur abweichenden Lösungsansatz stellt wiederum Burgi vor. Entscheidend sei, dass zwischen der schadensverursachenden privaten Handlung und dem Staat als dem Aufgabenträger ein Zusammenhang hergestellt werden könne. Dabei komme es aber nicht auf den Veranlassungsakt, sondern vielmehr auf das Vorliegen einer Staatsaufgabe und zusätzlich auf die fragliche Handlungsform an, die ihrerseits dem Öffentlichen Recht zuzuordnen sei. Für die vorliegende Untersuchung nicht uninteressant erscheint nun die von Burgi in weiterer Folge vorgenommene Differenzierung des Komplexes der Amtshaftung nach funktionaler Privatisierung in Haftungsansprüche aufgrund des Fehlverhaltens in Ausübung der staatlichen Leitungsverantwortung, der Vorbereitungs- sowie der Durchführungsprivatisierung827. Hinsichtlich des Umfangs und unter welchen Voraussetzungen ein etwaiges Fehlverhalten der mit der Ausübung der Leitungsverantwortung befassten staatlichen Bediensteten Amtshaftungsansprüche hervorrufen könne, unterscheidet Burgi einerseits zwischen den beim Staat verbliebenen, mit unmittelbarer Wirkung nach außen getroffenen Maßnahmen, wie die jeweils erlassenen Verwaltungsakte (zB Anordnung des Abschleppens von Fahrzeugen) und denjenigen Maßnahmen, mit denen die Verwaltung im Notfall für (etwa insolvente) VerwaltungshelferInnen einspringt. Diesbezügliche Handlungen unterliegen regelmäßig der Bindung an die Grundrechte sowie an das jeweils einschlägige einfache Öffentliche Recht, mithin an Vorschrif– dann als AmtsträgerInnen an, wenn sie mit der vom Hoheitsträger wahrzunehmenden Aufgabe in einer derart engen Verbindung stehen und bei der Ausführung ihrer Tätigkeit einen so begrenzten Entscheidungsspielraum haben. Die vom BGH hinzugefügten Einschränkungen blieben nicht ohne Kritik: so etwa von Papier, in: Säcker/Rixecker (Hg), MüKo BGB V5, § 839 Rz 138, für den die Restriktionen nicht sachgerecht seien und sich als Relikte der alten Werkzeugtheorie erwiesen. Die Einschränkungen für verzichtbar hält weiters Würtenberger, JZ 1993, 1004; krit auch Maurer, Verwaltungsrecht18 § 26 Rz 13. 826 Allgemein etwa Gurlit, in: Münch/Kunig (Hg), GG-K I6 Art 34 Rz 35; siehe aber auch Burgi, Privatisierung 408 f, der als Voraussetzung hiefür einen ausdrücklichen Hinweis auf die Beachtung der bei der Ausübung des fraglichen öffentlichen Amts zu beachtenden Amtspflichten im Veranlassungsakt ansieht. 827 Burgi, Privatisierung 390 ff.
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ten, deren Beachtung den handelnden Beamtinnen und Beamten als Amtspflichten im Interesse der BürgerInnen auferlegt sei. Die Verletzung einer solchen Amtspflicht vermöge daher einen Amtshaftungsanspruch zu begründen828. Andererseits können mitunter haftungsrechtliche Konsequenzen eines Fehlverhaltens bei der Auswahl, der Veranlassung, der Determinierung und der Kontrolle der VerwaltungshelferInnen schlagend werden. Voraussetzungen bleiben auch in diesen Fällen, dass ein Handeln in den Formen des Öffentlichen Rechts in Frage stehe und das öffentlich-rechtliche Handeln in Ausübung der Leitungsverantwortung eine der/dem geschädigten Dritten gegenüber bestehende Amtspflicht (etwa Überwachungs- und Aufsichtspflichten hinsichtlich der Einhaltung der grundrechtlichen Anforderungen oder der Verkehrssicherungspflichten829) verletzt habe sowie die Amtspflichtverletzung letztlich kausal für den entstandenen Schaden gewesen sei830. Amtshaftungsüberlegungen aufgrund eines Fehlverhaltens in Ausübung der staatlichen Leitungsverantwortung treten – so Burgi – vor allem bei Handlungen der VerwaltungshelferInnen nach einer Vorbereitungsprivatisierung in den Vordergrund. In diesen Fällen komme wegen der fehlenden unmittelbaren Kausalität für einen später entstehenden Schaden und mangels einer Beziehung zwischen – wohl gemerkt – VorbereitungshelferInnen und Geschädigten ein Haftungsanspruch allein aufgrund der Handlungen von Privaten nicht in Betracht. Amtshaftungsrechtlich relevante Wirkungen entfalten privat erbrachte Vorbereitungshandlungen erst, wenn diese von der Behörde aufgenommen werden und (un- oder nicht sorgfältig geprüft) in konkrete staatliche Maßnahmen gegenüber den Aufgabenbetroffenen einfließen. Liege nun ein schuldhaftes Fehlverhalten der mit Teilbeiträgen vorbereitenden Charakters befassten VerwaltungshelferInnen vor, sei die fragliche staatshaftungsrechtliche Prüfung folglich auf die sich daran anschließenden staatlichen Hoheitsakte in Ausübung der Leitungsverantwortung oder auf die staatlichen Handlungen in Erfüllung darauf aufbauender Staatsaufgaben zu richten831. Seien jedoch Handlungen mit durchführendem Charakter betroffen und könne den in Ausübung der Leitungsverantwortung handelnden oder auch pflichtwidrig nicht handelnden staatlichen Bediensteten kein Vorwurf gemacht werden, entstehe das mitunter schwierig aufzulösende Zurechnungsproblem, wonach ein Amtshaftungsanspruch nach Art 34 GG iVm § 839 828 Burgi, Privatisierung 394. 829 Zu letzterer Amtspflicht siehe zB BGH, NJW 1982, 2187 sowie jüngst OLG Karlsruhe: 7 U 161/03 vom 26.01.2005. 830 Burgi, Privatisierung 394 ff. 831 Burgi, Privatisierung 397 f.
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BGB ein Handeln der Privaten in den Rechtsformen des Öffentlichen Rechts erfordere. VerwaltungshelferInnen handeln demgegenüber jedoch privatrechtsförmig. Fraglich sei dabei, auf welcher Grundlage und unter welchen Voraussetzungen die Zurechnung zu erfolgen habe. Burgi hält eine Zuordnung zum Öffentlichen Recht jedenfalls dann für gegeben, wenn sich das Handeln der Privaten als die Durchführung einer vom Staat vorgegebenen Handlung darstelle, wenn demnach das betreffende private Handeln zuvor vom Staat nach außen zu seinem eigenem Handeln erklärt worden sei. Eine Zurechnung komme nur zustande, wenn es gelinge, eine Verbindung zwischen dem Staat – dessen Auftritt ja an sich schon die Vermutungsregel auslöse, also dass für das Handeln der staatlichen Behörden grundsätzlich das Öffentliche Recht als das Sonderrecht des Staats anwendbar sei832 – und der von den privaten HelferInnen vorgenommenen Handlung herzustellen. Die Zuordnung der fraglichen privatrechtsförmigen Handlung zum Staat sei letztlich jedoch nur möglich, wenn der Staat zu jener Handlung eine dermaßen enge Beziehung habe, dass sie sich als eigentlich staatliche Handlung darstelle. Das Sonderrecht des Staates könne lediglich dann eingreifen, wenn die nachzuweisende Beziehung zum Staat ein mit der Eigenwahrnehmung vergleichbares Maß an Intensität aufweise. Burgi führt hiefür das Zurechnungskriterium des „Charakters als bloße Durchführungshandlung“ ein. Er zielt dabei auf solche Handlungen ab, die vom Staat selbst in einem gewissen Maß konkret vorherbestimmt werden. Darauf fokussierend gelinge endlich der Nachweis der formalen Beteiligung des Staats, denn dieser sei es, auf den in dieser Situation einzig abgestellt werde. „Immer dann, wenn die Interpretation der relevanten Vorgänge ergibt, dass der Staat eine Realhandlung von vornherein und nach außen als staatliche, wenn auch von einem Privaten durchgeführte Handlung deklariert hat, ist diese dem Öffentlichen Recht zuzuordnen, wenn sie auch im Fall der Eigenwahrnehmung als öffentlich-rechtlich zu beurteilen gewesen wäre.“ Liege hingegen keine „bloße Durchführungshandlung“ vor, dann habe der Staat unmittelbar mit ihr nichts zu tun und sie stelle sich als eine Handlung dar, die auch ganz außerhalb jeglichen Bezugs zu einer Staatsaufgabe hätte erfolgen können. Demnach reiche das Vorliegen eines funktionalen Bezugs zu einer Staatsaufgabe allein für die Annahme eines Amtshaftungsfalls nicht hin. Letztlich könne aber immer nur anhand des Einzelfalls, insbesondere in Folge einer Analyse des Verhaltens der staatlichen Verwaltung bei der Veranlassung der Verwaltungshelferin bzw des Verwaltungshelfers und bei der Ausübung der Leitungsverantwortung, der Nachweis der Zurechnung zum Staat erbracht werden833. 832 Burgi, Privatisierung 401. 833 Burgi, Privatisierung 405 f.
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bb) Einordnung der MediatorInnen
Unternimmt man nun angesichts der zuvor angestellten verfassungsrechtlichen Überlegungen einen ersten organisationsrechtlichen Einordnungsversuch von „privaten“ KonfliktmittlerInnen, so ist anhand der nachgewiesenen Kriterien zu untersuchen, ob es sich hiebei um ein Instrument der Verwaltungshilfe oder der Beleihung handeln kann. Wie die Untersuchungen zum Demokratieprinzip zeigen834, ist eine das Verwaltungsverfahren abschließende Entscheidung in formalrechtlicher Sicht der Behörde vorbehalten. Dies gilt auch in Fällen des Einsatzes von MediatorInnen. Demnach können Ergebnisse, die im Rahmen eines Mediationsverfahrens konsensual erarbeitet werden, ohne Zutun der Behörde keine unmittelbaren öffentlich-rechtlichen, die staatliche Gewalt bindenden Rechtsfolgen entfalten835. Der Umstand, dass diese Vereinbarungen gegebenenfalls faktische Bindungskraft entfalten vermögen, löst zwar zuweilen gravierende verwaltungsrechtliche Konsequenzen aus, ändert aber an der Letztentscheidungskompetenz der Behörde nichts836. Damit nicht genug, erfährt die Einordnung von Mediation noch dadurch eine Einschränkung, als auch das der eigentlichen hoheitlichen Entscheidung vorgelagerte Ermittlungsverfahren einem strengen rechtlichen Regime unterliegt und somit nicht ohne weiteres unterlaufen werden darf. Dies bedeutet nun wiederum, dass Mediationsverfahren den behördlichen Entscheidungsprozess höchstens vorbereiten oder begleiten dürfen, eine generelle Ersetzung des rechtlich vorgesehenen Verwaltungsverfahrens bzw auch nur von Teilen – beispielsweise des Anhörungsverfahrens – kommt nicht in Betracht. Die Behörde muss jedenfalls ihre Verfahrensherrschaft wahren und darf sie grundsätzlich nicht an Private abgeben837. Bevor nun organisationsrechtliche Einordnungsmöglichkeiten geprüft werden, muss in aller Kürze die Rolle der MediatorInnen in Erinnerung gerufen und sodann den verwaltungsrechtlichen Vorgaben gegenübergestellt werden. Erstgenannten eigen ist jedenfalls die unbedingte Unparteilichkeit und Neutralität gegenüber den Konfliktbetroffenen sowie gegenüber den zu behandelnden Themen. Auf diesen Merkmalen baut letztlich 834 Siehe 2.III.A.6. 835 Anderes gilt freilich für zivilrechtliche Wirkungen einer solchen Vereinbarung. Es sollte daher – auch wenn vorrangig die Wirkungen auf ein mögliches Verwaltungsverfahren aufgezeigt werden – im Mediationskontext nicht ohne nähere Erläuterungen von bloßen Absichtserklärungen oder unverbindlichen Gentlemen’s Agreements gesprochen werden. Solche können sie sein, müssen es aber nicht. Siehe jedoch Holznagel/Ramsauer, in: Haft/Schlieffen (Hg), Handbuch2 Rz 4 und Kaltenborn, Streitvermeidung 181. 836 Vgl Kaltenborn, Streitvermeidung 181. 837 Vgl Trute, DVBl 1996, 961; Kaltenborn, Streitvermeidung 182.
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mit Einschränkungen838 auch die Behördenfunktion auf. Der augenscheinlichste Unterschied wird jedoch in den fehlenden direkten Zwangsmitteln der MediatorInnen sichtbar, denn sie agieren in keiner Phase der Entscheidungsfindung als „SchiedsrichterInnen“839. Vielmehr haben sie das Verfahren zu gestalten und alle MediandInnen gleichermaßen auf deren Weg zu einem konsensualen Ergebnis zu unterstützen840. Führt man nun die Aussagen zusammen, dann wird deutlich, dass der Einsatz von MediatorInnen im Verwaltungsverfahren nicht mit dem der BehördenvertreterInnen gleichzusetzen ist und ihre Einordnung letztlich in einem dem eigentlichen behördlichen Entscheidungsvorgang vorgelagerten Verfahrensabschnitt zu erfolgen hat. Aber selbst dort setzt die zu beachtende Verfahrensherrschaft der Verwaltung Grenzen. Das heißt jedoch nicht, dass keine Verknüpfung der beiden Verfahren denkbar wäre, wenn auch die Position der MediatorInnen sowie das Konzept der Mediation im Fall einer Integration nicht frei von Anpassungsnotwendigkeiten sind841. aaa) MediatorInnen und die Verwaltungshilfe Ist es Ziel, das Verwaltungsverfahren von Fall zu Fall mit Hilfe der Mediation vorzubereiten, zu begleiten oder zu ergänzen, ohne dabei die Verfahrensleitung der öffentlichen Verwaltung anzugreifen, stellt die organisationsrechtliche Stellung der MediatorInnen als VerwaltungshelferInnen eine naheliegende Variante dar. Einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung bedarf es hiefür, soweit der Aufgabenkatalog der MediatorInnen eben auf vorbereitende und unterstützende Tätigkeiten beschränkt bleibt, im Gegensatz zur Beleihung nicht842. Das hat aber auch zur Folge, dass hoheitliche Verfahrenselemente und Befugnisse durch Mediation nicht ersetzt werden können. Dies macht etwa die vollständige Übertragung der Durchführung eines Anhörungsverfahrens auf die MediatorInnen ebenso unmöglich wie beispielsweise die Einräumung der Kompetenz zur selbständigen Festlegung des Verfahrensgegenstands und der Beweismittel, zur Entgegennahme der Einwendungen und auch schon zur eigenverantwortlichen Auswahl der Verfahrensbeteiligten843. Diese Grenzen lassen es vor allem bei einer das Verwaltungsverfahren begleitenden oder in dieses integrierten Mediation erforderlich erscheinen, dass Vorkehrungen getroffen werden, die ein rechtlich geordnetes und letzt838 Gemeint ist hier insbesondere die Gemeinwohlbindung der Behörde. 839 Ortloff, in: Haft/Schlieffen (Hg), Handbuch2 Rz 66. 840 Vgl insbesondere oben 1.I.B.3. 841 Siehe hiezu unten etwa 2.IV.L.3. 842 Hellriegel, Mediation 121. 843 Vgl Kaltenborn, Streitvermeidung 182.
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lich zielführendes Miteinander der beiden Verfahrensarten und vor allem der Tätigkeiten der ProtagonistInnen – den MediatorInnen und der Verwaltung – gewährleisten. Der Verfahrensanteil der MediatorInnen „erschöpft“ sich demnach im Zuge der Verhandlungsführung auf die Gestaltung und Moderation eines diskursiven Konfliktbewältigungsprozesses. Dieser kann etwa in Form einer Vor-Antragskonferenz oder auch einem Erörterungstermin der Fall sein. MediatorInnen leisten im Zuge dessen ua Übersetzungshilfen, fördern den Kommunikationsfluss, strukturieren den Verlauf der Konfliktmittlung, leiten Perspektivenwechsel ein, fassen Zwischenergebnisse zusammen und unterstützen die TeilnehmerInnen bei den Aushandlungsvorgängen. Im gegebenen Zusammenhang reichen diese Beiträge jedoch nicht hin, um von einem Übergang der Verfahrensherrschaft auf die privaten KonfliktmittlerInnen auszugehen. Aus rein rechtlicher Sicht übernehmen MediatorInnen folglich (nur) der Staatsaufgabe dienende Funktionen844. Der Sorge, dass die Behörde mit einem solchen Vorgehen ihre Verfahrensherrschaft aufgebe, kann allein schon dadurch begegnet werden, dass die zur Verwaltungsentscheidung berufenen AmtsträgerInnen in den zentralen Phasen des Mediationsverfahrens anwesend sind845, um so ihre Kontrollaufgaben betreffend den Verfahrensgang unmittelbar ausüben zu können und iS einer vollständigen Ermittlung des Sachverhalts von den entscheidungserheblichen Einwendungen und Vorbringen der anzuhörenden Beteiligten – auch durch eigene Fragen – gehörig informiert zu werden846. Gerade der Informationsgewinn stellt aber nicht nur für die Behörde, sondern für alle Beteiligten einen unermesslichen Wert dar, liegt doch in den unterschiedlichen Informationsniveaus meist ein Großteil des Konfliktpotenzials begründet. Es gereicht demnach sowohl dem Verwaltungs- als auch dem Mediationsverfahren zum Vorteil, werden alle entscheidungsrelevanten Fakten offengelegt. Ein unüberbrückbarer Widerspruch zwischen den beiden Verfahrenstypen ist also grundsätzlich nicht ersichtlich. Bleiben die Verfahrensherrschaft und die Entscheidungskompetenz der Verwaltung gewahrt und werden in Einzelfällen private KonfliktmittlerInnen herangezogen, denen wiederum 844 Siehe Kaltenborn, Streitvermeidung 185 f. 845 Kaltenborn, Streitvermeidung 184, geht davon aus, dass eine durchgehende Teilnahme der Behörde und somit deren Verhandlungsleitung nicht notwendig sei. Dies eröffne darüber hinaus die Möglichkeit von Shuttle-Gesprächen. Zu denken ist aber auch an die Abarbeitung einzelner Konfliktthemen in Subgruppen, an denen zuweilen keine BehördenvertreterInnen teilnehmen. 846 Eine Teilnahme der Behörde ist allein schon iS des Mediationskonzepts zielführend und ist, wie im Zusammenhang der demokratischen Legitimation bereits nachgewiesen, auch rechtlich erforderlich.
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„lediglich“ funktional bezogene Teilbeiträge der Verfahrensbewältigung wie die Strukturierung und Moderation von Vor-Antrags-Konferenzen oder des Anhörungsverfahrens übertragen werden, ist auch kein Rückgriff auf das Institut der Beleihung erforderlich. Das Wirken der MediatorInnen, das übrigens nicht auf einer gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage fußen muss, steht somit einer organisationsrechtlichen Qualifikation als VerwaltungshelferIn nicht entgegen. Apropos Ermächtigungsgrundlage: Anderes dürfte jedoch gelten, wenn eine generell auf Dauer angelegte und für eine Vielzahl von Anwendungsfällen vorgesehene Institutionalisierung von Mediationsverfahren angestrebt wird. Ein solches Ansinnen würde – eingedenk der bereits angeführten Überlegungen von Kaltenborn847 – wegen der bedeutsamen Strukturveränderung des Verwaltungsvollzugs und als Folge der Wesentlichkeitstheorie zur Anwendung des demokratischen Gesetzesvorbehalts führen848. In diesem Fall zweifelt Kaltenborn auch die Rechtmäßigkeit einer bloß generellen gesetzlichen Ermächtigung zum Einsatz Dritter im Rahmen des Verwaltungsverfahrens an. Eine solche Vorgehensweise sei nicht ausreichend und schon gar gelte dies für eine Heranziehung des Zweckmäßigkeitsgebots nach Maßgabe des § 10 VwVfG. Es fehle dabei etwa an den zentralen Rahmenvorgaben wie den Anforderungen an die Person der Verwaltungshelferin bzw des Verwaltungshelfers, den Verfahrensvorkehrungen für den Kontakt mit vom Verwaltungshandeln desselben Betroffenen sowie den Kontrollmechanismen der zur Entscheidung berufenen Verwaltung. Hiefür müsse jedenfalls der Gesetzgeber in die Pflicht genommen werden849. Die als VerwaltungshelferInnen eingeordneten MediatorInnen unterliegen übrigens selbst nicht der Gesetzesbindung nach Art 20 Abs 3 GG. Daran in vollem Umfang gebunden ist vielmehr die sie heranziehende Behörde850. Diese ist es auch, die mit den im Veranlassungsakt vorzusehenden 847 Siehe oben 2.III.B.3.b).aa).bbb). 848 So auch Hellriegel, Mediation 120; siehe weiters Schulze-Fielitz, in: HoffmannRiem/Schmidt-Aßmann (Hg), Konfliktbewältigung II 65, der aufgrund des in der deutschen Verwaltungskultur neuartigen Charakters von KonfliktmittlerInnen – ein Institut, das zu einer wesentlichen reformerischen Veränderung der Verwaltungspraxis führt – hiefür eine klare Entscheidung des Gesetzgebers für geboten hält. 849 Kaltenborn, Streitvermeidung 187 f insbesondere auch FN 193, fordert zudem, dass im Mediationsvertrag jedenfalls Bestimmungen über Inhalt und Umfang der von den MediatorInnen zu erbringenden Leistungen sowie über Informations-, Kontroll- und Rückholrechte der Verwaltung enthalten sein sollten. 850 Allgemein im Zusammenhang mit Grundrechtsbeeinträchtigungen Michael Sachs, § 78 Grundrechtseingriff und Grundrechtsbetroffenheit, in: Klaus Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland III/2 (1994) 164 ff; betreffend
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Beschreibungen des Tätigkeitsfelds sowie jenen den privaten KonfliktmittlerInnen im Verwaltungsverfahren zukommenden Rechten und Pflichten sowie darüber hinaus mit ihren Kontrollbefugnissen darauf zu achten hat, dass die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben bei der Einbeziehung von Privaten jederzeit gewahrt bleibt851. In Anlehnung an die zuvor angeführten grundsätzlichen Überlegungen von Burgi hinsichtlich der Qualifizierung und Einordnung des Veranlassungsakts im Kontext der funktionalen Privatisierung852 erscheint es zutreffend, die Hinzuziehung von MediatorInnen aufgrund eines verwaltungsrechtlichen Veranlassungsvertrags zu gewährleisten. Kaltenborn etwa gelangt zum Ergebnis, dass die Konfliktmittlung als von Privaten erbrachter Teilbeitrag der finalen Staatsaufgabe der Verfahrensbewältigung diene853. Die hiebei in Erfüllung dieser Aufgabe vorgenommenen Handlungen maßgeblichen Normen, also die einschlägigen Verfahrensgesetze des Bundes und der Länder, seien wiederum dem öffentlichen Recht zuzuordnen, weshalb für eine vertragliche Veranlassung die Form des öffentlich-rechtlichen Vertrags gewählt werden müsse854. bbb) Beliehene MediatorInnen Sollen die eben gezogenen Grenzen hinsichtlich der Tätigkeit der MediatorInnen jedoch ausgeweitet werden, bleibt grundsätzlich nur noch die Möglichkeit der Beleihung. Dies wäre dann der Fall, wenn den MediatorInnen – auch nur punktuell – die Verfahrensherrschaft übertragen werden würde. Zu denken ist dabei etwa an die Überantwortung eines gesamten Verfahrensschritts an die KonfliktmittlerInnen, wie beispielsweise die selbstständige Durchführung des Erörterungstermins855, und an die Vorstellung, den die Stellung von MediatorInnen Ortloff, in: Haft/Schlieffen (Hg), Handbuch2 Rz 64. 851 Kaltenborn, Streitvermeidung 188 f. 852 Siehe 2.III.B.3.b).aa).bbb). 853 Dies entspricht letztlich auch den im Zusammenhang mit ProjektmanagerInnen angestellten Ausführungen von Burgi, Privatisierung 138 ff. 854 Kaltenborn, Streitvermeidung 183 FN 171. 855 Krit hiezu Pietzcker, in: Hoffmann-Riem/Schneider (Hg), Verfahrensprivatisierung 307, demzufolge es zweifelhaft sei, ob dem Erfordernis der Verfahrensherrschaft durch den Formalakt der Beleihung Genüge getan werde. Die Behörde, welche die Ergebnisse des vom Beliehenen durchgeführten öffentlichen Anhörungsverfahrens übernehme, müsse seiner Ansicht nach auch insoweit eine hinreichende Verfahrenskontrolle behalten. Den Bedenken von Pietzcker lässt sich jedoch damit begegnen, dass Beliehene nicht außerhalb der hoheitlichen Aufsichtsgewalt stehen. Folgt man hiebei nämlich dem – vorhin bereits zitierten – Erkenntnis des BremStGH, Urteil vom 15. 1. 2002 - St 1/01 = NVwZ 2003, 83 f, macht es eine effektive Aufsicht gerade bei Aufgaben, die nur in geringem Maß inhaltlich
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VerfahrensmittlerInnen die alleinige Verantwortung für die Auswahl und die Modalitäten bei der Heranziehung Drittbetroffener einzuräumen856. Hiebei würde zum einen den MediatorInnen hoheitliche Entscheidungsbefugnisse zugestanden, die über einen funktionalen Teilbeitrag bzw eine bloße „Hilfstätigkeit“ hinausreichen. Zum anderen handelt es sich bei der Einbeziehung Drittbetroffener in die behördliche Entscheidungsfindung um ein zentrales Element des Verwaltungsverfahrens. Beide Umstände zusammengenommen deuten darauf hin, dass ein solches, wenn auch konfliktvermittelndes Vorgehen mit dem Institut einer „Verfahrenshelferin“ bzw eines „Verfahrenshelfers“ nicht mehr abgedeckt werden kann. Die Möglichkeit, die jedoch grundsätzlich offen steht, ist eben die der Beleihung857. Dafür ist aber eine ausdrückliche gesetzliche Grundlage erforderlich, welche die Zulässigkeit der Beauftragung von MediatorInnen mit der Wahrnehmung hoheitlicher Befugnisse sowie die besonderen fachlichen Anforderungen normiert, die an die Person der privaten KonfliktmittlerInnen zu stellen sind. Spezielle, auf die Mediation bezogene Verfahrensanordnungen können hiernach Inhalt des konkretisierenden Beleihungsakts sein858. Die MediatorInnen würden letztlich unter den Behördenbegriff des § 1 Abs 4 VwVfG fallen und wie jede/r TrägerIn der öffentlichen Verwaltung den Bindungspflichten des Art 20 Abs 3 GG – somit auch der staatlichen Aufsicht – unterliegen859. Vor allem wären sie darüber hinaus angehalten, ihre Amtspflichten anhand der einschlägigen Gesetze einschließlich des Verwaltungsverfahrensgesetzes auszuführen860. C. Der Einsatz von Mediation im Verwaltungsrecht im Licht der Grundrechte
Weitere Eckpunkte für die (aus)handelnde Verwaltung und auch für den Gesetzgeber sind aus den Grundrechten zu gewinnen. Insbesondere der Gleichheitssatz zum einen und der Drittschutz bei informellem Verwaltungshandeln zum anderen drängen sich hier in den Vordergrund.
gesetzlich gesteuert werden, notwendig, dass die Aufsichtsausübung über eine bloß rechtliche Dimension hinausreiche und demnach zur Fachaufsicht ausgebaut werden muss. Bei Mediationsverfahren tritt darüber hinaus der Aspekt hinzu, dass die zur Entscheidung berufene Behörde (zumeist) Teilnehmerin am Aushandlungsprozess ist. 856 Siehe Hoffmann-Riem, Konfliktmittler 49 f und 52. 857 Vgl Hellriegel, Mediation 120 f; Kaltenborn, Streitvermeidung 195 FN 185. 858 Kaltenborn, Streitvermeidung 188. 859 Siehe oben 2.III.A.8. 860 Kaltenborn, Streitvermeidung 189.
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Mediation im öffentlichen Bereich in Deutschland
1. Gleichheitsgebot
Eine wesentliche Rolle bei der Entscheidungsfindung spielt mitunter der in Art 3 Abs 1 GG normierte Gleichheitssatz, der die Verwaltung bindet, sofern und soweit ihr rechtliche Handlungsspielräume zustehen. Dies gilt insbesondere bei Ermessensentscheidungen und Beurteilungsfreiräumen861. Nunmehr sind es gerade diese Beiden, die mit einer der konsensual erarbeiteten Entscheidungsalternativen ausgefüllt werden sollen. Die Behörde hat demnach bei Erlass ihrer Entscheidung darauf zu achten, dass sie durch die Berücksichtigung oder Übernahme etwa des in einer Mediation erzielten Verhandlungsergebnisses in materiell-rechtlicher Hinsicht keinen Verstoß gegen den Gleichheitssatz provoziert862. Der Grundsatz verlangt aber neben einer einheitlichen inhaltlichen Entscheidung weiters auch nach der Unparteilichkeit des Staats und der Neutralität gegenüber aus Rechtsgründen gleich zu erachtenden Interessen, was unmittelbare Folgen für die Wahl der Handlungsform, die Anforderungen an das Verwaltungsverfahren sowie an die Auswahl der Verhandlungsbeteiligten hat863. Die Ermessensausübung ist nicht uneingeschränkt, sondern die berufene Behörde hat sich gem § 40 VwVfG ausdrücklich am Zweck der jeweiligen Ermächtigungsnorm zu orientieren und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten. Schranken bilden jedoch nicht bloß die in der Ermessensvorschrift selbst normierten Anforderungen, sondern auch verfassungsrechtliche, die sich aus den Verfassungsstrukturprinzipien und den Grundrechten ergeben864. Darüber hinaus ist nach Meinung von Sachs davon auszugehen, dass auch Rechtsbindungen in Bereichen, in denen der Behörde Handlungsspielräume zustehen, die jedoch – wie zB informelle Absprachen865 oder die Hinzuziehung von MediatorInnen zur Unterstützung der Behörde bei einzelnen Verfahrensabschnitten – nicht dem Vorbehalt des Gesetzes unterfallen und auch nicht gesetzlich geregelt sind, den Grenzen der Ermessensverwaltung zu entsprechen haben866. 861 Jarass, in: ders/Pieroth, GG11 Art 3 Rz 34. 862 Kaltenborn, Streitvermeidung 278 f. 863 Siehe etwa Kunig, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann (Hg), Konfliktbewältigung I 61 und Kaltenborn, Streitvermeidung 277. 864 Michael Sachs, § 40, in: Paul Stelkens et al (Hg), Verwaltungsverfahrensgesetz. Kommentar7 (2008) Rz 82 ff; Maurer, Verwaltungsrecht18 § 7 Rz 22 f; Kopp/ Ramsauer, VwVfG12 § 40 Rz 22. 865 Siehe oben 2.III.B.3.a). 866 Zum Bereich „frei gestaltender Verwaltung“ siehe Sachs, in: Stelkens et al (Hg), VwVfG7 § 40 Rz 31; so auch schon Bohne, VerwArch 1984, 350; Kaltenborn, Streitvermeidung 278.
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Zurückkommend auf das Gleichbehandlungsgebot lassen sich für Handlungen zur Vermeidung oder Beilegung von Konflikten im öffentlichen Bereich Konsequenzen ausmachen. Kursorisch sollen hier einige Möglichkeiten angeführt werden: So könnte demnach eine Ungleichbehandlung bereits auf der Ebene der Formenwahl erfolgen, wenn die Behörde mit einer Verhandlungspartnerin bzw einem Verhandlungspartner im Wege informeller Absprachen das verwaltungsrechtlich relevante Vorhaben abzuklären sucht, jedoch bei vergleichbarer Sachlage gegenüber dessen KonkurrentInnen die Angelegenheit verbindlich durch Verwaltungsakt regelt867. Aber auch den Grundsatz der prozeduralen Waffengleichheit gilt es zu beachten, also einerseits die Verpflichtung der Behörde zur Einräumung der gleichen Partizipationsmöglichkeiten bei mehrseitigen Verfahrenskonstellationen wie sie zB bei Genehmigungsverfahren gegeben sind, in denen sich ein/e private/r ProjektwerberIn und AnrainerInnen gegenüberstehen, und andererseits der Ausgeglichenheit des Verhältnisses zwischen BürgerInnen und Verwaltung. Letzterer Aspekt verlangt wiederum ein grundrechtlich geschütztes Mindestmaß an fairen Verfahrensbedingungen868. Schließlich bleibt noch ein weiterer Grundsatz, nämlich jener der Selbstbindung der Verwaltung, wonach ein willkürliches Abrücken der Behörde von ihrer eigenen bzw sonst ganz üblichen Verwaltungspraxis in vergleichbaren Fällen unzulässig sein kann869. Zu berücksichtigen gilt dies sowohl in formeller als auch in materiell-inhaltlicher Hinsicht. Außerdem greift die Selbstbindung darüber hinaus in den Bereich „frei gestaltender Verwaltung“ durch870. Ein Abgehen von der Verwaltungspraxis, das etwa bei einzelnen atypischen Fällen mit Ausnahmecharakter oder nach Erlangen einschlägiger Erfahrungen der Behörde angezeigt sein kann, ist demnach sachlich zu begründen. Abgesehen davon steht dem informellen Handeln oder der Einschaltung von MediatorInnen das Selbstbindungsgebot jedoch nicht grundsätzlich entgegen871. 867 Zum Verwaltungsvertrag Schlette, Verwaltung 75; hinsichtlich Absprachen Kaltenborn, Streitvermeidung 279 f. 868 Kaltenborn, Streitvermeidung 284 f, leitet die Grundlage hiefür nicht aus Art 3 Abs 1 GG ab, sondern knüpft vielmehr an einen grundrechtsgebotenen Verfahrensschutz an. 869 Allgemein Lerke Osterloh, Art 3, in: Michael Sachs (Hg), Grundgesetz. Kommentar3 (2003) Rz 118 f; Maurer, Verwaltungsrecht18 § 7 Rz 23 sowie § 24 Rz 21; Kopp/Ramsauer, VwVfG12 § 40 Rz 25 ff; aus Sicht des Verwaltungsvertragsrechts Krebs, in: VVDStRL 52, 263. 870 Sachs, in: Stelkens et al (Hg), VwVfG7 § 40 Rz 31. Vgl auch Reiner Schmidt, Flexibilität und Innovationsoffenheit im Bereich der Verwaltungsmaßstäbe, in: Wolfgang Hoffmann-Riem/Eberhard Schmidt-Aßmann (Hg), Innovation und Flexibilität des Verwaltungshandelns (1994) 96. 871 Siehe hiezu Kaltenborn, Streitvermeidung 285 ff.
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Resümierend kann festgehalten werden, dass aus der Forderung des Gleichheitsgrundsatzes gem Art 3 Abs 1 GG, Gleiches gleich und Ungleiches ungleich zu behandeln, keine starre, formale Einheitlichkeit iS einer alles erfassenden Gleichbehandlung abzuleiten ist. Abweichungen vom Normalen sind demnach zulässig, soweit sachliche Gründe diese rechtfertigen872. Somit steht der Gleichheitssatz einem Mediationsverfahren und dessen Ergebnissen nicht grundsätzlich im Weg, wenn auch die (Ermessens-) Entscheidung jeweils im Einzelfall neu zu prüfen ist873. 2. Drittschutz bei informell-konsensualem Vorverhandeln
Wie eingangs dargestellt, passieren Vorverhandlungen und Absprachen zumeist zwischen AntragstellerIn und entscheidungsbefugter Behörde; Drittbetroffene werden daran in der Praxis nur selten beteiligt874. Aus der Sicht des Drittschutzes wird diese Vorgehensweise nicht nur dann rechtlich bedeutsam, wenn aus den vorangegangenen bipolaren Agreements Vorabbindungen und folglich Präjudizierungen der abschließenden Genehmigungsentscheidung zum Nachteil von Drittbetroffenen resultieren875. Die grundsätzlichen Schwierigkeiten der Bewertung dieser Situation setzen schon damit ein, dass für die Konfliktbeilegung durch informelle Absprachen weder ausdrückliche Rechtsnormen bestehen noch – wie bereits gezeigt876 – die Bestimmungen des Verwaltungsverfahrensgesetzes analog anzuwenden sind877. Dennoch scheint die Verwaltung hier nicht in einen verfahrensfreien Raum einzudringen, sondern sie unterliegt vielmehr auf einfachrechtlicher Ebene für jegliches Verwaltungshandeln geltenden allgemeinen Verfahrensprinzipien sowie dem Grundsatz von Treu und Glauben878, aus dem sich 872 Schlette, Verwaltung 75 f, weist – bezogen auf das vertragliche Handeln, das im gegenständlichen Kontext jedoch ebenfalls Relevanz zeitigt – mit Recht darauf hin, dass Gleichheitsverstöße im Bereich der Massenverwaltung eher zu erwarten seien, als in komplexen, besonders gelagerten Fallgestaltungen, die aufgrund ihrer spezifischen Gegebenheiten und den folglich fehlenden Vergleichsfällen wiederum kaum Anhaltspunkte für eine Prüfung anhand von Art 3 GG bieten. 873 Hill, DÖV 1987, 894, der darin einen Ansatz für eine Öffnung und Flexibilisierung des Verwaltungshandeln und vor allem ein Gebot zu Einzelfallgerechtigkeit und Differenzierung begründet sieht. 874 Siehe oben 2.II. 875 Relativierend Bulling, DÖV 1989, 289. 876 Siehe oben 2.II.B.2. 877 Kaltenborn, Streitvermeidung 103 f und 273. 878 Bull/Mehde, Verwaltungsrecht8 Rz 311, gehen davon aus, dass hier vor allem bei auf Kooperation der Beteiligten angelegten Verwaltungsrechtsverhältnissen die Pflichten zur gegenseitigen Information, Rücksichtnahme und Fürsorge zu beachten sind.
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wiederum wechselseitige Schutz- und Rücksichtnahmepflichten ergeben879. Damit verbunden ist auch ein auf Dritte wirkender Verfahrensschutz, wonach die Anhörungs- und Beteiligungsrechte Dritter nicht unterlaufen werden dürfen880, sondern – so Kaltenborn – die Drittbetroffenen zu den Vorverhandlungen hinzuzuziehen und über den Inhalt getroffener Absprachen zu informieren seien881. Darüber hinaus habe sich die Behörde bereits zu diesem Zeitpunkt mit den Einwendungen der Dritten auseinander zu setzen. Nur so könne der Grundsatz der prozeduralen Waffengleichheit gewahrt bzw sichergestellt werden. Es genüge nicht, die Betroffenen erst ins formelle Verfahren einzubeziehen, wenn die Entscheidungsfindung bereits vor Verfahrensbeginn faktisch ihren Abschluss gefunden habe. Eine verfassungsrechtliche Absicherung erfolge – ohne dass es hiefür einer ausdrücklichen rechtlichen Normierung bedürfe – außerdem durch die Grundrechte, die eben unabhängig vom Formalisierungsgrad des Verwaltungshandelns einen Mindeststandard an Beteiligungsrechten garantieren882. Den Ausführungen ist jedoch sogleich zu entgegnen, dass es folglich wohl zu einer bloßen Vorverlegung des Verwaltungsverfahrens kommen wird, die dann wiederum die Suche nach anderen, neuen Formen der informellen Absprache provozieren883. Dies erkennt freilich auch Kaltenborn, dennoch tritt er für eine gesetzliche Festlegung der Beteiligungsrechte ein. Eine solche „rechtliche Domestizierung der informellen Kooperation“884 sei nun zwar nicht aus verfassungsrechtlichen Gründen zwingend nötig, würde aber eine aus rechtspolitischer Sicht erstrebenswerte Maßnahme darstellen. So könne nämlich der verfahrensrechtliche Grundrechtsschutz zusätzlich gestärkt werden und Rechtsstreitigkeiten zwischen den Absprachebeteiligten und davon betroffenen, aber nicht hinzugezogenen Dritten vermeiden helfen885. Bereits in den Achtzigerjahren traten vor allem Bohne und HoffmannRiem für eine frühzeitige Hinzuziehung der Beteiligten ein. Das Verwaltungsrechtsverhältnis eines Genehmigungs- und Planfeststellungsverfahrens begründe – so Bohne – bereits vor der Antragstellung für die Behörde nicht nur gegenüber den VorhabenträgerInnen, sondern auch gegenüber 879 Kaltenborn, Streitvermeidung 103; Erichsen, in: Erichsen/Ehlers (Hg), Verwaltungsrecht12 473 f. 880 Siehe wiederum oben 2.II.B.2. 881 Eine „vorsichtige Erstreckung von Beteiligungsmöglichkeiten in den Stadien der Vorverhandlungen“ hält auch Schmidt-Aßmann, Verwaltungsrecht2 352, für denkbar. 882 Kaltenborn, Streitvermeidung 273 ff. 883 So schon zuvor 2.II.B.5.; analog Maurer, Verwaltungsrecht18 § 15 Rz 21. 884 Kaltenborn, Streitvermeidung 105. 885 Kaltenborn, Streitvermeidung 104 f sowie 275 ff.
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drittbetroffenen BürgerInnen bestimmte Verhaltenspflichten886. Dabei handle es sich allerdings nicht um die Vorverlegung sämtlicher drittbezogener Beteiligungs- und Anhörungsrechte. Vielmehr sei von der Verwaltung über die Einbeziehung im Rahmen pflichtgemäßen Ermessens zu entscheiden. Drei Gruppen von BürgerInnen seien zu beachten. So dürfen Dritte, die gem § 13 Abs 2 Satz 2 VwVfG im Verwaltungsverfahren einen Rechtsanspruch auf Beteiligung haben (zB NachbarInnen im Einwirkungsbereich einer Anlage = sog notwendige Hinzuziehung), nicht schlechter behandelt werden als andere Beteiligte, wie zB die AntragstellerInnen. Ihnen sei daher schon aus Gründen des Gleichbehandlungsgebots rechtzeitig Gelegenheit zu geben, sich an solchen (Vor-)Verhandlungen zu beteiligen, die zu faktischen Vorabbindungen der Behörde führen können. Demgegenüber haben Beteiligte nach Maßgabe von § 13 Abs 2 Satz 1 VwVfG zwar keinen Rechtsanspruch auf Beteiligung, wohl aber ein subjektiv-öffentliches Recht auf fehlerfreie Ermessensentscheidung über ihre Beteiligung (sog einfache Hinzuziehung). Dies gelte auch im Hinblick auf die informellen Verhandlungen. Die dritte Gruppe schließlich, und hiemit sei aufgrund der Nähe zu diesem Themenabschnitt auch sogleich das Planungs- sowie das förmliche Verfahren iwS angesprochen, die der Einwendungsbefugten (zB § 73 Abs 4 und 6 VwVfG), habe nur ein Recht auf Teilnahme am Erörterungstermin. Wegen der Vorwirkungen der informellen Verhandlungen auf die nach der Erörterung zu treffenden Entscheidung sei aber auch ihnen im Rahmen pflichtgemäßen Ermessens in geeigneter Weise Gelegenheit zu geben, ihre Belange frühzeitig vorbringen und mögliche Einwendungen formulieren oder ankündigen zu können. Dies funktioniere aber nur, wenn sie zuvor über das geplante Vorhaben so rechtzeitig und so detailliert informiert werden, dass ihre Beteiligung Sinn mache und insbesondere zur Erledigung der Einwendungen führen könne887. Um letztendlich die hier angesprochenen Dritten auch in die Lage zu versetzen, an solchen Aushandlungsverfahren teilnehmen zu können, müssen sie hievon in geeigneter Form benachrichtigt werden888. 886 Bohne, VerwArch 1984, 352. Hoffmann-Riem, Konfliktmittler 44, führt hiebei den normativen Grundsatz der Zweckmäßigkeit des Verfahrens und das Umgehungsverbot an, die zu einer Art Obliegenheit führen, drittbetroffene BürgerInnen auch in die informellen Abklärungen einzubeziehen. 887 Siehe insbesondere hinsichtlich der Rechtsprobleme bei faktischen Vorabbindungen auch die Ausführungen in 2.IV.N.1.a). 888 Bohne, VerwArch 1984, 352 f; Hoffmann-Riem, Konfliktmittler 44 f. In diesem Sinn wohl auch Holznagel/Ramsauer, in: Haft/Schlieffen (Hg), Handbuch2 Rz 6 f und 70, denen zufolge der Schutzgehalt von Verfahrensregelungen bzw -garantien (eben etwa das Recht auf Gehör der Beteiligten) wegen möglicher faktischer Vorabbindungen vorgezogen werden muss. Das bedeute aber nicht, so weiters,
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Von einem Mindestmaß an Drittschutz bei informellen Vorverhandlungen geht weiters Beyerlin aus, der jedoch hinsichtlich der Frage der Beteiligung Dritter insofern einen anderen Zugang wählt, indem er hiefür dem „schlichten“ Verwaltungsverfahrensrechtsverhältnis eine rechtsdogmatische Funktion zuweist. Das durch die Aufnahme von Vorverhandlungen zwischen Verwaltung und VorhabenträgerIn entstehende Rechtsverhältnis habe insofern vielfältige Wirkungen, als es auch Dritte, die vom geplanten Vorhaben in ihren Rechten und Interessen betroffen oder berührt sein könnten, ohne weiteres Zutun der Behörde oder der Betroffenen gewisse Rechtsansprüche vermittle. Die Reichweite des Schutzes müsse soweit gewährleistet sein, als sichergestellt sei, dass Dritte trotz Vorverhandlung im späteren Genehmigungsverfahren ihre Beteiligungsrechte – quasi ihre „Hauptschutzan sprüche“889 – noch wirksam ausüben können. Hiefür erachtet Beyerlin es als ausreichend, wenn besagten Beteiligungsrechten eine gewisse Vorwirkung zuerkannt werde890. Konkret bedeute dies, dass Dritte im Rahmen von Vorverhandlungen mindestens so weit zu beteiligen seien, als sie bereits zu diesem Zeitpunkt mit ihrem Vorbringen Gehör zu finden haben. Für jene Dritte, die durch das Vorhaben in einem Grundrecht betroffen oder berührt sein könnten, sei eine solche Beteiligung mit Rücksicht auf die Gewährleistung eines effektiven Grundrechtsschutzes gar verfassungsgeboten891. Schröder schließlich, der eine obligatorische Beteiligung betroffener Dritter an Vorverfahren oder Vorabfestlegungen mangels Offenheit während des Abklärungsprozesses, wegen der Gefahr von Ausweichgesprächen und letztlich wegen der in dieser Phase nur schwer möglichen Identifizierung des Kreises der Betroffenen für nicht zielführend erachtet, erinnert in diesem Zusammenhang an die Verantwortung der Behörde für einen rechtsdass alle nach § 13 VwVfG zwingend oder potenziell Beteiligten auch an einem Mediationsverfahren teilnehmen müssten. Als ausreichend erachten sie, dass den Beteiligten bereits in einem vorgelagerten Stadium Gelegenheit gegeben werde, ihre Interessen zu artikulieren. 889 Henneke, NuR 1991, 275. 890 Beyerlin, NJW 1987, 2719; aA Kaltenborn, Streitvermeidung 103 FN 184, demzufolge es einer solchen Konstruktion nicht bedürfe, da die Bindungen der Verwaltung allein aus der Anwendung einer Rechtsnorm auf einen konkreten Sachverhalt folge. 891 Zu beachten bleibe darüber hinaus, dass die Einbeziehung von Dritten nicht nur deren Schutz bezwecke, sondern die Funktion von Beteiligungsrechten zudem der Gewährleistung der Vollständigkeit des für die materiell richtige Verwaltungsentscheidung von der Behörde notwendigerweise zu berücksichtigenden Entscheidungsmaterials diene. Eine etwaige nachträgliche Information betreffend das erzielte Abspracheergebnis reiche daher nicht hin. Beyerlin, NJW 1987, 2720; zustimmend Kunig/Rublack, Jura 1990, 6; Henneke, NuR 1991, 275; Schoch, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann (Hg), Innovation 213 f. Siehe auch SchmidtAßmann, Verwaltungsrecht2 352 f.
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staatlich einwandfreien Gesetzesvollzug zu sorgen892. Zu diesem gehöre, dass Verfahrensfehler zu unterbleiben haben, die auf einer Ungleichbehandlung und unvollständigen Abwägung der beteiligten Interessen beruhen. In weiterer Folge stützt sich Schröder ausschließlich auf das förmliche Verfahren, in dem die behördliche Entscheidung rechtlich wie faktisch so lange offengehalten werden müsse, bis Drittbetroffene ausreichend Gelegenheit hatten, ihre Interessen im Entscheidungsprozess gelten zu machen893. Er greift hiezu auch den gelegentlich geäußerten Vorschlag der Dokumentation des Verhandlungsverlaufs und der Ergebnisse auf, wodurch der wirksame Rechtsschutz Drittbetroffener erleichtert werden könnte894. Schröder gibt jedoch zugleich zu bedenken, dass diese Maßnahme „voraussichtlich wenig aussagekräftig ausfallen“ werde. Die Rechtmäßigkeitskontrolle der Genehmigung müsse seiner Meinung nach jedenfalls unabhängig von Abspracheergebnissen zwischen AntragstellerIn und Verwaltung erfolgen895. D. Verfassungsrechtlich garantierter Rechtsschutz und Verwaltungshandeln
Art 19 Abs 4 GG stellt die zentrale verfassungsrechtliche Bestimmung des Verwaltungsprozesses dar896, welche die Brücke zur Verfassungsstaatlichkeit 892 Siehe hiezu auch Schulze-Fielitz, in: Dreier (Hg), Grundgesetz-Kommentar II2, Art 20 (Rechtsstaat) Rz 174. 893 Schröder, NVwZ 1998, 1016. 894 Vgl hiezu Kunig/Rublack, Jura 1990, 8, die Verlaufsprotokolle als denkbares Instrument bezeichnen, „um den Abwägungsprozess auch im Hinblick auf Drittund Gemeinwohlinteressen widerzuspiegeln“. Sie geben jedoch zu bedenken, dass es ein für informale Kooperation typisches Bedürfnis der Parteien sei, über das Ergebnis hinaus die Transparenz der Verhandlungen so gering wie möglich zu halten. Edmund Brandt, Umsetzung von Ergebnissen informeller Aushandlungen in formelle Entscheidungen, in: Wolfgang Hoffmann-Riem/Eberhard Schmidt-Aßmann (Hg), Konfliktbewältigung durch Verhandlungen II (1990) 250, hält es aus Gründen der Fairness, der Gleichbehandlung und der Rechtsstaatlichkeit für „zumindest“ angezeigt, den Planungsunterlagen den informell ausgehandelten Kompromiss einschließlich aller dazu vorausgegangener Verfahrensschritte und eine Übersicht über die beteiligten Akteurinnen und Akteure beizufügen, wodurch die nach § 73 VwVfG zu Beteiligenden Art und Umfang der vorausgegangenen Aushandlungsprozesse nachvollziehen können. Schließlich sieht Schmidt-Aßmann, Verwaltungsrecht2 370, die verfahrensbezogene Unparteilichkeit der Behörde bei intensiven einseitigen Vorgesprächen in Gefahr, die durch eine gewisse Formalisierung des Kontakts, durch eben Dokumentations- und Transparenzpflichten, abgewendet werden könne. 895 Schröder, NVwZ 1998, 1016; siehe sogleich 2.III.D. 896 Eberhard Schmidt-Aßmann/Wolfgang Schenk, Einleitung, in: Friedrich Schoch et al (Hg), Verwaltungsgerichtsordnung (Stand 2012) Rz 2.
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und Gewaltenteilung schlägt897. Bedeutung und Tragweite dieses Grundrechts sind gerade auch für die konkrete Untersuchung von Relevanz, da ja nahezu jedes administrative Handeln, das Beeinträchtigungen rechtlich geschützter Interessen auslöst, der richterlichen Kontrolle zugeführt werden kann898. Diese Feststellung lässt sich aus dem Begriff der „öffentlichen Gewalt“ herleiten, der ua nicht nur Verwaltungsakte ieS mit einbezieht, sondern jede Tätigkeit des Verwaltungsvollzugs unabhängig von der hiefür gewählten Rechtsform umfasst. Hiezu zählen neben dem öffentlich-rechtlichen Vertragsrecht899 vor allem auch das informelle Handeln und die infolgedessen erzielten Absprachen900. Die von der Verwaltung gewählte Rechtsform muss übrigens keine einfache Zugänglichkeit des Rechtswegs vorsehen. So geht etwa Schmidt- Aßmann davon aus, dass die adäquate Formenwahl von Kriterien wie zB der Flexibilität oder Stabilität im Rechtsverkehr und der Sicherstellung des Beteiligungsverfahrens bestimmt werde. Selbst Überlegungen betreffend einer Einschränkung oder Konzentrierung des Rechtsschutzes auf bestimmte Phasen stehe Art 19 Abs 4 GG nicht entgegen901. Die Grenzen sind jedoch dann erreicht bzw überschritten, wenn die Formenwahl willkürlich ist oder der Zugang zum Gericht vereitelt oder unzumutbar erschwert wird902. Somit kann wohl festgehalten werden, dass ein Rückgriff auf informelles Verwaltungshandeln per se keine Verletzung der Rechtsschutzgarantie bedeutet. Jedoch dürfen Ergebnisse, die anlässlich des konsensualen Zusammenwirkens von Privaten und Behörde erzielt wurden, nicht der richterlichen Kontrolle entzogen werden oder diese zu einer Begrenzung der gerichtlichen Kontrolldichte führen903. Überlegungen, wonach im Einvernehmen mit Privaten geschaffene Normen, die auf besonderem, gerichtlich nicht in Frage zu stellenden Sachverstand beruhen, nur einer beschränkten Gerichtskontrolle zugänglich sein sollen, lehnen etwa Kunig/Rublack ausdrücklich ab. Auch dem Vorschlag in der Mitwirkung Privater an der Normentstehung eine Art der demokratischen Legitimation erkennen zu können, die es wiederum denkbar erscheinen lasse, Konsens und Kooperation 897 Starck, in: Isensee/Kirchhof (Hg), HStR III3 Rz 18. 898 Schmidt-Aßmann, in: Isensee/Kirchhof (Hg), HStR II3 Rz 72 f; Ipsen, Staatsrecht I23 Rz 809. 899 Schlette, Verwaltung 78. 900 Schmidt-Aßmann/Schenk, in: Schoch et al (Hg), VwGO Einl Rz 10; siehe weiters Kaltenborn, Streitvermeidung 315. 901 Jedoch könne auch das „bestausgestattete Verwaltungsverfahren“ den Gerichtsschutz nicht ersetzen; so Schmidt-Aßmann, Verwaltungsrecht2 374. 902 Schmidt-Aßmann/Schenk, in: Schoch et al (Hg), VwGO Einl Rz 11; siehe auch ders, Verwaltungsrecht2 374 f und BVerfGE 22, 49 [81 f]. 903 Kunig/Rublack, Jura 1990, 8; Schulte, Verwaltungshandeln 145.
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zu Lasten der gerichtlichen Kontrolle zu privilegieren, wird von ihnen nicht zugestimmt. Sie begründen dies mit der Feststellung, dass konkrete Projekte und Planungskonflikte gerade nicht mit unabhängigen Sachverständigen, sondern mit den betroffenen InteressenträgerInnen ausgehandelt werden904. Am Beispiel der normvermeidenden bzw normersetzenden Absprachen zwischen Privaten und der Verwaltung werden die eben dargelegten verfassungsrechtlichen Bedenken besonders deutlich. Zwar wird das Treffen solcher Absprachen an sich als weitgehend unproblematisch eingestuft, wenn der Exekutive Ermessen zum Verordnungserlass eingeräumt ist. Jedoch fehlt es diesen „Arrangements“ oder „Agreements“ bis zu einem gewissen Grad an der nötigen Transparenz. Diese würde aber die Legislative und die Gerichte, die interessierte Öffentlichkeit sowie letztlich auch die mittelbar beeinträchtigten Dritten905 erst in die Lage versetzen, die Ziele und Auswirkungen solcher Absprachen sowie die Möglichkeiten eines gerichtlichen Rechtsschutzes nachvollziehen bzw beurteilen zu können906. Wesentlich erscheint daher bei informell-konsensualem Verwaltungshandeln auf der Programmierungsebene dem Gebot der Transparenz durch Veröffentlichung zu entsprechen907. Eine solche Pflicht kann aus dem Grundsatz der demokratischen Kontrolle sowie aus dem Gedanken des rechtsstaatlich garantierten Individualrechtsschutzes abgeleitet werden908. Weiters ist zu fragen, ob es – trotz der strikten organisationsrechtlichen Trennung von Verwaltungs- und Verwaltungsgerichtsverfahren – in Bezug auf deren Verhältnis nicht gewisser (besonderer) Vorkehrungen bedarf. Wirkungen auf die Ausgestaltung des dem gerichtlichen Verfahren vorgelagerten Verwaltungsverfahrens leitet nämlich das Bundesverfassungsgericht aus der Rechtsschutzgarantie des Art 19 Abs 4 GG sehr wohl ab. Konkret ergeben sich danach aus dem Umstand, dass ein Verwaltungsverfahren nicht so angelegt werden dürfe, dass der gerichtliche Rechtsschutz, wie oben ausgeführt, über Gebühr erschwert oder gar verunmöglicht werde, Anforderungen an das Verhalten der Verwaltungsbehörde909. Die Behörde dürfe dem904 Kunig/Rublack, Jura 1990, 7 f; so auch Schulte, Verwaltungshandeln 146. 905 Hiezu können etwa KonkurrentInnen, Zulieferunternehmen, benachbarte Wirtschaftsbereiche und auch KonsumentInnen zählen; siehe Schmidt-Aßmann, Verwaltungsrecht2 353. 906 Ein Höchstmaß an Transparenz und Nachvollziehbarkeit auch bei Verhandlungsverfahren fordernd Kunig, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann (Hg), Konfliktbewältigung I 59; ebenso für Mediationsverfahren beispielsweise Rüssel, Mediation 194. 907 Kunig/Rublack, Jura 1990, 8. 908 Schulte, Verwaltungshandeln 147. Siehe auch Schmidt-Aßmann, Verwaltungsrecht2 354. 909 Siehe auch Schmitz, in: Stelkens et al (Hg), VwVfG7 § 9 Rz 63.
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nach die BürgerInnen nicht über ihre gerichtlichen Rechtsschutzmöglichkeiten in die Irre leiten oder die Nachprüfmöglichkeiten des Gerichts ausschalten910. Gerade die letztgenannte Forderung veranlasst nun dazu, die informellen Aushandlungsprozesse auch im Hinblick auf eine mögliche gerichtliche Auseinandersetzung zu betrachten911. Wesentlich erscheint hiebei die „grundsätzlich“ bestehende externe Begründungspflicht912 bei Erlassung von schriftlichen oder schriftlich bestätigten Verwaltungsakten zu sein. Eine solche formelle Pflicht ist auch ausdrücklich in § 39 Abs 1 VwVfG normiert. Fehlt es nun an der erforderlichen und nicht ausnahmsweise hinfälligen (zB § 39 Abs 2 VwVfG)913 Begründung, ist eine Fremdkontrolle und somit ein effektiver Rechtsschutz, wie ihn Art 19 Abs 4 GG fordert, mangels Nachprüfbarkeit der Verwaltungsentscheidung durch das Gericht nicht gegeben. Aber auch unmittelbar gegenüber den Betroffenen würde so die Rechtsschutzfunktion erschwert werden. Es wäre ihnen kaum möglich, sich über die tatsächlichen und rechtlichen Entscheidungsgründe914 der Behörde zu informieren und sich gegebenenfalls wirksam dagegen zu wehren. Schließlich wird in der Begründungspflicht auch ein „Ausdruck des modernen Verständnisses einer Verwaltung“ gesehen, das die BürgerInnen als PartnerInnen und nicht als Untertanen versteht, wodurch die Begründungspflicht zugleich auch eine Ausprägung des Grundsatzes der Verfahrensfairness wird915. Kaltenborn sieht darin auch eine Akzeptanz- bzw Befriedungsfunktion verwirklicht916. Damit ist nun aber noch nicht geklärt, ob auch informelle Handlungen und Absprachen von der Behörde mit einer Begründung versehen werden müssen, wenn diese nicht zum Erlass eines Verwaltungsakts führen oder in einem solchen aufgehen. Diese Frage zur Ausstrahlungswirkung der Recht910 BVerfGE 61, 82 [110]. 911 Zur Ausgestaltung einzelner Institute des Verwaltungsverfahrens wie der Bekanntgabe und Veröffentlichung, der Begründungspflicht, der Auskunft und Akteneinsicht sowie der Bestandskraft im Zusammenhang mit der Rechtschutzgarantie siehe Schmidt-Aßmann/Schenk, in: Schoch et al (Hg), VwGO Einl Rz 203 ff. 912 Kaltenborn, Streitvermeidung 298 f. 913 Weitere Ausnahmen von der Begründungspflicht und zur Frage der dadurch möglichen Unterschreitung des verfassungsrechtlich gebotenen Mindeststandards bei Kaltenborn, Streitvermeidung 40 ff sowie 300 ff. 914 Es muss daraus hervorgehen, von welchen wesentlichen Fragen, Voraussetzungen sowie Überlegungen die Behörde bei ihrer Entscheidung ausging und welche Gründe letztlich im Stande sind, die Entscheidung der Behörde zu tragen; Kopp/ Ramsauer, VwVfG12 § 39 Rz 18. 915 Kopp/Ramsauer, VwVfG12 § 39 Rz 4; siehe auch Maurer, Verwaltungsrecht18 § 10 Rz 13. 916 Kaltenborn, Streitvermeidung 39 f.
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schutzgarantie auf das Verwaltungsverfahren wird im Schrifttum nicht einheitlich beantwortet. Zum einen wird eine Begründungspflicht mit dem Hinweis verneint, dass – wie insbesondere aus § 39 VwVfG hervorgehe – die damit zu erreichenden besonderen Schutzfunktionen nur bei einseitig-hoheitlichem Handeln der Behörden relevant seien917. Von der Begründungspflicht nicht umfasst seien demnach Realakte und konsensuale Handlungsformen ebenso wie Rechtsetzungsakte der Verwaltung. Die Begründungspflicht für Maßnahmen rein tatsächlichen Charakters sei als solche regelmäßig schon aus praktischen Gründen ausgeschlossen. Die Anwendbarkeit des § 39 VwVfG wäre nur dann denkbar, wenn vorab eine Pflicht der Behörde zur schriftlichen Bestätigung des Realakts gem § 37 Abs 2 Satz 2 VwVfG angenommen wird. Auch auf den Erlass abstrakt-genereller Regelungen ließe sich der Rechtsgedanke des § 39 VwVfG nicht übertragen, da nur bei einer einzelfallbezogenen (belastenden) Maßnahme eine mit dem Erlass eines Verwaltungsakts vergleichbare Interessenlage vorliegen könne. Soweit keine Begründungspflicht und dennoch Erklärungsbedarf bestehe, könne er nur durch eine allgemeine Auskunft, durch Aufklärungs- und Darlegungspflichten als Nebenpflichten aus dem jeweiligen Rechtsverhältnis oder durch Darlegungspflichten in einem gerichtlichen Verfahren erfüllt werden918. Zum anderen fordern Schmidt-Aßmann/Schenk als Mindestgewährleistung, dass diejenigen, die gegen die betreffende Maßnahme klagebefugt sind, zu einer inhaltlichen Auseinandersetzung mit ihr in die Lage versetzt werden müssen. Ausnahmen vom Begründungszwang bedürfen verfassungsrechtlicher Gegengründe erheblichen Gewichts. Bloße Gründe der Verwaltungspraktikabilität genügen ihrer Meinung nach nicht919.
917 So noch Paul Stelkens/Ulrich Stelkens, § 39, in: Paul Stelkens et al (Hg), Verwaltungsverfahrensgesetz. Kommentar6 (2001) Rz 8a. Differenzierter nunmehr Ulrich Stelkens, § 39, in: Paul Stelkens et al (Hg), Verwaltungsverfahrensgesetz. Kommentar7 (2008) Rz 18, der für eine analoge Anwendung des § 39 VwVfG in den Bereichen plädiert, in denen sich die Sachlage im Hinblick auf die Begründungsfunktionen und auch die verfassungsrechtliche Ausgangslage nicht wesentlich von den Verwaltungsakten ieS unterscheiden. 918 Hiezu vor allem P. Stelkens/U. Stelkens, in: P. Stelkens et al (Hg), VwVfG6 § 39 Rz 8c f. Kaltenborn, Streitvermeidung 303 f, sieht zwar keinen Begründungszwang für Realakte und konsensuale Handlungsformen, hält jedoch eine generelle Ablehnung der Begründungspflicht von Rechtsetzungsakten der Verwaltung insbesondere dann für nicht geboten, wenn sich die Rechtsnorm „vom abstraktgenerellen Gesetz entfernt und in die Nähe der Einzelfallregelung rückt“. 919 Schmidt-Aßmann/Schenk, in: Schoch et al (Hg), VwGO Einl Rz 206.
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E. Konsensuale Handlungsformen als Verfassungsgebot?
Angesichts der vorhin aufgezeigten zahlreichen verfassungsrechtlichen Vorgaben scheint es zielführend, – wie schon zuvor Kunig920 – den Betrachtungswinkel umzukehren, und zwar dahingehend, dass nach gegenläufigen Verfassungsprinzipien Ausschau gehalten wird, die konsensuale Handlungsformen gebieten mögen und verfassungsrechtliche Defizite ausgleichen sowie mit den angesprochenen grundgesetzlichen Determinanten verquickt werden können. 1. Demokratieprinzip und Akzeptanz
Anlässlich der inhaltlichen Auseinandersetzung mit dem Demokratieprinzip und dabei insbesondere hinsichtlich des Akzeptanzgedankens wurde für eine solche Suche nach „Streitbeilegungsimpulsen“921 in der Verfassung bereits vieles vorweggenommen922. Es ist aber davon auszugehen, dass eine verfassungsrechtliche Relevanz überwiegend abgelehnt wird. Argumentiert wird etwa dahingehend, dass das Demokratieprinzip selbst keine konkreten partizipativen Elemente im Verwaltungsverfahren gebiete923 und die Frage nach der Akzeptanz des Verwaltungshandelns aus rechtsdogmatischer Sicht mangels normativer Anknüpfung gar ohne Bedeutung sei924. Selbst dann, wenn Akzeptanzförderung als ein im Demokratieprinzip verankertes Leitziel verstanden werde, könne diese nur auf die Grundwerte der Staatsordnung gerichtet sein, die wiederum als Leitlinien für Einzelfallentscheidungen dienen und „bei deren mangelnder Konsensfähigkeit Staatsorgane außerstande geraten, ihre verfassungsgegebenen Handlungsaufträge umzusetzen“925. Nicht aber dürfe aus dem Demokratieprinzip eine Modifikationsbefugnis oder -pflicht von Einzelfallentscheidungen um der Akzeptanz willen abgeleitet werden, soweit sie sich an gesetzlichen Maßstäben orientieren, die ihrerseits konsens- und akzeptanzgetragen sind926. Ein verfassungsunmittelbares Gebot zur Vermeidung und Beilegung von Konflik-
920 Kunig, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann (Hg), Konfliktbewältigung I 63. 921 Zum Begriff siehe Kaltenborn, Streitvermeidung 124. 922 Siehe oben 2.III.A.4. 923 Kunig, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann (Hg), Konfliktbewältigung I 63. 924 So zB Schulte, Verwaltungshandeln 169. Zustimmend Kaltenborn, Streitvermeidung 131; aA Wolfgang Hoffmann-Riem, in: ders et al (Hg), Reform 134, demzufolge die Entscheidungsoptimierung mit dem Ziel, Akzeptanz „im Rahmen des Möglichen“ zu erreichen, im demokratischen Rechtsstaat einem verfassungsrechtlichen Auftrag entspreche. 925 Kunig/Rublack, Jura 1990, 11. 926 Kunig/Rublack, Jura 1990, 11.
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ten im Verwaltungsrecht kann dem Demokratieprinzip daher wohl nicht entnommen werden927. Demgegenüber knüpft Würtenberger, der die Akzeptanzfrage als keine dogmatische versteht, sondern es seiner Meinung nach bei dieser vielmehr um eine der Legitimation der öffentlichen Verwaltung durch eine Erledigung von Verwaltungsaufgaben gehe, die von den BürgerInnen anerkannt werde928, an die Idee der responsiven Demokratie an929. Er folgert daraus den Grundsatz, dass eine einseitige staatliche Konfliktschlichtung erst dann zu erfolgen habe, wenn zwischen den Beteiligten im Verwaltungsverfahren nach einer sorgfältigen Konfliktmittlung kein einverständlicher Interessenausgleich zu erreichen war. „Im Sinne der Subsidiarität werden der Selbstregulierung durch Partizipation Entscheidungsspielräume belassen.“ Bei erfolgreicher gemeinsamer Kompromissfindung im Zuge des Verwaltungsverfahrens, selbst unter Mithilfe von KonfliktmittlerInnen, dürfe sich die entscheidende Behörde nicht dem ausgehandelten Ergebnis verschließen930. 2. Verwaltungsverfahrenseffizienz
Eventuell lässt sich jedoch bzw auch mit dem Gebot der rechtsstaatlichen Effizienz – gerade im Zusammenhang mit Aushandlungsprozessen wird dieses oft als schlagendes Argument vorgebracht – ein möglicher, auch den Akzeptanzgedanken vermittelnder Anhaltspunkt finden, der eines der vorhin angesprochenen gegenläufigen Verfassungsprinzipien sein könnte931. Ein solches Effizienzgebot gilt sowohl für die Rechtspflege932 als auch für die Verwaltung als durchaus anerkannt933. Für letztere – so Kunig – lasse 927 Schulte, Verwaltungshandeln 175; Kaltenborn, Streitvermeidung 132. Im Kontext des verwaltungsrechtlichen Vertrages vgl auch Schlette, Verwaltung 105. 928 Würtenberger, NJW 1991, 258. 929 Siehe vor allem oben 2.III.A.4. sowie Würtenberger, in: Pichler (Hg), Rechtsakzeptanz 287. 930 Würtenberger, in: Pichler (Hg), Rechtsakzeptanz 288. 931 Kunig, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann (Hg), Konfliktbewältigung I 64; Kunig/Rublack, Jura 1990, 10; siehe auch Schulte, Verwaltungshandeln 175. 932 So zB in BVerfGE 107, 395 [401]. 933 Vgl Philip Kunig, Das Rechtsstaatsprinzip. Überlegungen zu seiner Bedeutung für das Verfassungsrecht der Bundesrepublik Deutschland (1986) 174 ff sowie 438 ff; weiters Steffen Detterbeck, Allgemeines Verwaltungsrecht mit Verwaltungsprozessrecht10 (2012) Rz 255. Rainer Wahl, Verwaltungsverfahren zwischen Verwaltungseffizienz und Rechtsschutzauftrag, in: VVDStRL 41 (1983) 163 FN 32, stimmt dem insoweit zu, als er Effizienz als ein rechtlich anerkanntes Gut ansieht, ein (Verfassungs-)Rechtsprinzip stelle sie jedoch nicht dar. Die Rechtsordnung anerkenne die Verwaltungseffizienz als eines der Güter und Ziele, die im Gesamtauftrag der Verwaltung enthalten seien. Sie mache aber die Effizienz nicht zum Maßstab für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Verwaltungshandelns.
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sich das Postulat der Effizienz den Vorgaben der Grundrechte und dem rechtsstaatlichen Prinzip der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung zuordnen, die ihrerseits nach einer wirksamen Umsetzung der Schutz- und Handlungsaufträge verlangen934. Effizienz ist dabei aber nicht nur an der zügigen Umsetzbarkeit oder Verwirklichung einer materiellen Zielvorgabe zu messen, sondern bedarf gleichzeitig einer wirksamen Weise der Verfahrenssicherung und des rechtmäßigen Ausgleichs öffentlicher sowie privater Interessen im Zuge des Entscheidungsprozesses935. Diese letztgenannte Ansicht entspricht den Ausführungen von Wahl, der einen ständigen Konflikt zwischen Effizienz – als ein bestimmter Verwirklichungsgrad des komplexen Verwaltungsauftrags und der sachrichtigen Verwirklichung desselben – und Rechtswahrung – wiederum als Absicherung der Rechts- und Interessensphären der/des Einzelnen – bestehen sieht936. Einem solchen Konflikt sei die Verwaltung nach Pietzcker zumindest dann ausgesetzt, wenn sie über Handlungsspielräume verfügt. In diesem Fall sei sie befähigt und zugleich gezwungen, selbst die Gewichte zwischen Rechtmäßigkeit und Rechtschutz einerseits und Sparsamkeit sowie vernünftiger Erfüllung des Gesamtauftrags andererseits zu verteilen937. Kunig kommt schließlich zum Ergebnis, dass dann, wenn die Bewerkstelligung dieser Anforderungen unter den gegebenen Bedingungen nur durch die Einführung „akzeptanzfördernder Verhandlungslösungen“ zu bewältigen wären, das im Verhältnis zum derzeit bestehenden Rechtszustand Einbußen in der demokratischen Legitimationskette und im Rechtsschutz als „hinnehmbar erscheinen lassen“ könnte. Wesentlich hiefür sei jedoch, dass zuerst geklärt werde, in welchen Bereichen die begründete Wahrscheinlichkeit für einen Effizienz- und Richtigkeitsgewinn durch koEffizienz sei ein Sammelbegriff für weitere Ziele, welche die Verwaltung im Rahmen der Rechtsordnung zu verfolgen habe. In der späteren Diskussion aber – ders, 294 – widerspricht bzw relativiert er seine Aussagen dahingehend, dass er Effizienz weder für ein Rechts- noch ein Verfassungsrechtsprinzip hält. „Die Effizienz lebt nicht von Bezügen zu verschiedenen Verfassungspostulaten, sondern aus der Kraft dessen, was im Verwaltungshandeln verwirklicht werden soll. Die Rechtsordnung stellt nicht neben jede Kompetenz, die sie der Verwaltung einräumt, noch ein zusätzliches Rechtsgebot an die Verwaltung, diese Kompetenz effizient auszuüben, sondern die Rechtsordnung begnügt sich damit, Zuständigkeiten und Handlungspflichten zu statuieren; Effizienz ist ein Sammelbegriff für weitere Ziele, die die Verwaltung im Rahmen der Rechtsordnung zu verfolgen hat.“ 934 Kunig/Rublack, Jura 1990, 10. 935 Kunig/Rublack, Jura 1990, 11. 936 Wahl, in: VVDStRL 41, 160 ff. 937 Jost Pietzcker, Verwaltungsverfahren zwischen Verwaltungseffizienz und Rechtsschutzauftrag, in: VVDStRL 41 (1983) 196 ff.
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operativ erarbeitete Verhandlungslösungen bestehe, der die erwähnten Einbußen zu legitimieren vermöge938. Gefordert sei in diesem Stadium der Dingfestmachung eine durch die Sozialwissenschaft zu erfolgende empirische Gesamtbetrachtung in Form eines direkten Vergleichs der Wirkungen von gesetzlich ausgeformten Verfahrensinstrumenten und konsensualen Verhandlungsmodellen939. Sollte der Befund tatsächlich nach Verhandlungslösungen verlangen, wären – um die Verfassungsmäßigkeit des Ganzen zu garantieren – sodann Einzelheiten der Verfahrens- und Entscheidungsausgestaltung (Wahrnehmung der staatlichen Letztverantwortung, Auswahl der Beteiligten, Kontinuität der Entscheidungsrunde) näher zu betrachten940. 3. Verhältnismäßigkeitsgrundsatz
Denkbar ist weiters ein über den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz (Übermaß verbot)941 definiertes Verfassungsgebot. Als Ausgangspunkt soll hier die Aussage von Bauer herangezogen werden, wonach im Einzelfall eine einfachgesetzliche Verpflichtung der Behörde zum Erlass verbindlicher Regelungen bzw zu bestimmten Maßnahmen durch das Verhältnismäßigkeitsprinzip relativiert werden könne, „was wiederum Bereiche für informelle Verständigungen mit dem Bürger eröffnet“942. Der Grundgedanke dieses verfassungsrechtlichen, vereinzelt aus dem Rechtsstaatsprinzip und mittlerweile zumeist aus dem Wesen der Grundrechte selbst943 abgeleiteten Grundsatzes besagt jedenfalls, dass der Staat die 938 Kunig, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann (Hg), Konfliktbewältigung I 64 f; siehe auch Schulte, Verwaltungshandeln 175; Kaltenborn, Streitvermeidung 132 ff. 939 Eine solche Forderung nach Hilfestellung durch die Sozialwissenschaft ist der verwaltungs(verfahrens)rechtlichen Diskussion gerade hinsichtlich der (direkten) Beziehungen von Verwaltung und BürgerInnen keineswegs neu; vgl hiezu Wolfgang Hoffmann-Riem, Chancengleichheit durch kompensatorische Rechtsanwendung, in: ders (Hg), Bürgernahe Verwaltung? Analysen über das Verhältnis von Bürger und Verwaltung (1980) 88 FN 41; Wahl, in: VVDStRL 41, 165. 940 Kunig, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann (Hg), Konfliktbewältigung I 65 f. 941 Zur Begrifflichkeit siehe etwa Sommermann, in: Mangoldt et al, GG II6 Art 20 Rz 312 f. 942 Bauer, VerwArch 1987, 261; so auch Gerhard Robbers, Schlichtes Verwaltungshandeln – Ansätze zu einer dogmatischen Strukturierung, DÖV 1987, 278 f, im Kontext der Duldung als regelungsvermeidende Tätigkeit iS schlichten Verwaltungshandelns; weiters Hill, DÖV 1987, 890. 943 Vgl hiezu Kunig, Rechtsstaatsprinzip 354 ff; Schulze-Fielitz, in: Dreier (Hg), Grundgesetz-Kommentar II2, Art 20 (Rechtsstaat) Rz 179; Sommermann, in: Mangoldt et al, GG II6 Art 20 Rz 308; Jarass, in: ders/Pieroth, GG11 Art 20 Rz 80; Kaltenborn, Streitvermeidung 135 f; Detterbeck, Verwaltungsrecht10 Rz 229; Schnapp, in: Münch/Kunig (Hg), GG-K I6 Art 20 Rz 44.
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einzelnen BürgerInnen in ihrer Freiheitssphäre nur so weit beschränken bzw in diese eingreifen darf, wie das verhältnismäßig und im gemeinem Interesse erforderlich ist. Hievon erfasst ist alles staatliche Handeln – formelle Gesetze ebenso wie das Verwaltungshandeln –, wenn es subjektive Rechte der BürgerInnen beeinträchtigt. Die hier vorrangig interessierende Prüfung der Verhältnismäßigkeit des Verwaltungshandelns bezieht sich grundsätzlich auf das Verhältnis zwischen der von der Verwaltung konkret ergriffenen Maßnahme wie zB der Erlassung eines Verwaltungsakts oder einer Rechtsverordnung und dem von ihr verfolgten legitimen Zweck944. Im Ergebnis darf es letztlich kein geeigneteres, milderes, die Grundrechte weniger intensiv einschränkendes und angemesseneres Mittel geben, mit dem sich das Ziel der staatlichen Maßnahme gleichwertig sowie gleich effektiv erreichen ließe945. Das Hauptaugenmerk der hiezu entsprechenden Überlegungen wurde und wird auf den verwaltungsrechtlichen Vertrag gelegt946. Ein dazu gemäßer, von Di Fabio vorgebrachter Ansatz ist, dass das der Exekutive zustehende Auswahlermessen betreffend die Handlungsform durch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ausnahmsweise begrenzt werden könnte und somit eine Rechtspflicht, kooperative oder auf Vertragsschluss gerichtete Verfahrenshandlungen anzustreben, abzuleiten wäre947. Das Ermessen hinsichtlich der Wahl der Verfahrensart werde als Verfahrensermessen iwS angesehen948. Stehe der Verwaltung eine Handlungsformenwahl zu und schlage außerdem die Beachtung der Grundrechte bis auf die formelle Ebene der Handlungsformenwahl durch, bestünde insoweit ein Einfallstor für ein aus der Verfassung abgeleitetes Vertragsformgebot. Zumindest müsste die Behörde andere Handlungsmöglichkeiten in ihre Überlegungen mit einbeziehen, auch wenn sie im Ergebnis dann doch eine einseitige Handlungsform wählt. „Vor dem Hintergrund einer deutlicher werdenden Konnexität von materieller Rechtssteuerung und verfahrens- responsive formbestimmter Realisierung des Gesetzes drängt sich der Gedanke auf, ob 944 Schulze-Fielitz, in: Dreier (Hg), Grundgesetz-Kommentar II2, Art 20 (Rechtsstaat) Rz 181; Sommermann, in: Mangoldt et al, GG II6 Art 20 Rz 314; Detterbeck, Verwaltungsrecht10 Rz 230. 945 Schulze-Fielitz, in: Dreier (Hg), Grundgesetz-Kommentar II2, Art 20 (Rechtsstaat) Rz 182 ff; Kaltenborn, Streitvermeidung 136; Sommermann, in: Mangoldt et al, GG II6 Art 20 Rz 315. 946 Gegen die Ableitung eines allgemeinen Vertragsgebots aus dem Übermaßverbot etwa Krebs, in: VVDStRL 52, 263. 947 Udo Di Fabio, Vertrag statt Gesetz? Gesetzesvertretende und gesetzesausfüllende Verwaltungsverträge im Natur- und Landschaftsschutz, DVBl 1990, 345. 948 So bereits Hermann Hill, Verfahrensermessen der Verwaltung, NVwZ 1985, 449 f.
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nicht bei einem intensiven staatlichen Eingriff in individuelle Rechtspositionen, dem materiell wenig Schutz gegenübersteht, die Verwaltung nicht das schonendere Handlungsmittel zumindest vorrangig in Erwägung ziehen muss“949. Di Fabio kommt – hier hinsichtlich des Natur- und Landschaftsrechts – jedoch zum Ergebnis, dass ohne einfachgesetzlicher Anordnung950 ein aus den Grundrechten und dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz abgeleitetes Gebot zur schonenden Wahl der Handlungsform keinen Zwang zur Wahl einer bestimmten Handlungsform auslöse951. Demgegenüber formulieren das verfassungsrechtliche Gebot „zur grundrechtsschonenden Herrschaftsausübung“ und das umweltrechtliche Kooperationsprinzip952 den Abwägungsauftrag der Behörde, im Rahmen ihrer pflichtgemäßen Ermessensbetätigung beim Erlass einer Schutzverordnung die Möglichkeit des Vertragsnaturschutzes in Erwägung zu ziehen, wodurch sie letztlich angehalten sei, Überlegungen darüber anzustellen, ob das gesetzliche Ziel nicht ebenso gut oder mitunter auch besser mit einem milderen Handlungsmittel zu erreichen sei953. 949 Di Fabio, DVBl 1990, 345 f. 950 Mittlerweile sieht – wie schon zuvor seit 1998 § 3a BNatSchG sowie § 8 Satz 1 BNatSchG 2002 – § 3 Abs 3 BNatSchG 2009 mit dem Vertragsnaturschutzes ein kooperatives Instrument vor, wonach bei Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege vorrangig zu prüfen ist, ob der Zweck mit angemessenem Aufwand auch durch vertragliche Vereinbarungen erreicht werden kann. Den Behörden wird damit ein Ermessen für die Handlungsformenwahl zwischen VA und öffentlich-rechtlichem Vertrag eröffnet. Ein subjektives Recht auf Vertragsabschluss scheidet demgemäß aus; vgl Susan Krohn, § 3, in: Sabine Schlacke (Hg), GK-BNatSchG. Bundesnaturschutzgesetz (2012) Rz 55 f; zu vormals § 8 Satz 1 BNatSchG 2002 etwa Bonk, in: Stelkens et al (Hg), VwVfG7 § 54 Rz 158; Martin Gellermann, § 8 BNatSchG, in: Robert von Landmann/Gustav Rohmer, Umweltrecht IV (Stand 2009) Rz 2 ff. 951 In diese Richtung wohl auch Eberhard Schmidt-Aßmann, Öffentliches Recht und Privatrecht: Ihre Funktionen als wechselseitige Auffangordnungen – Einleitende Problemskizze, in: Wolfgang Hoffmann-Riem/Eberhard Schmidt-Aßmann (Hg), Öffentliches Recht und Privatrecht als wechselseitige Auffangordnungen (1996) 37, der eine allgemeine Regel, der zufolge vor einem einseitig-hoheitlichen Vorgehen zwingend kooperative vertragliche oder privatrechtliche Lösungswege aus Rücksicht auf das Übermaßverbot gesucht werden müssten, als nicht nachweisbar erachtet. Siehe darüber hinaus ders, Verwaltungsrecht2 350, wonach das Verhältnismäßigkeitsprinzip keine allgemeine Regel ausweise, die zurückhaltende Art eines Verwaltungshandelns ohne Regelungsabsicht dem rechtlich verpflichteten Handeln vorzuziehen. 952 Siehe hiezu unten 2.III.E.4. 953 Di Fabio, DVBl 1990, 346. Zum Entschließungs- und Auswahlermessen der Behörde hinsichtlich des Verwaltungsvertrags im Allgemeinen siehe Bonk, in: Stelkens et al (Hg), VwVfG7 § 54 Rz 90 ff.
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Kaltenborn geht – im Ergebnis ähnlich wie Di Fabio – davon aus, dass der Behörde ein nicht unerheblicher Beurteilungsspielraum hinsichtlich der Verhältnismäßigkeit der Formenwahlentscheidung zukomme. Dass es letztlich in der Praxis nur selten zu einem Vorzug streitbeilegender Instrumente aufgrund des Übermaßverbots kommen könne, lasse sich auf die Vielzahl von zu berücksichtigenden Kriterien im Zuge der Erforderlichkeitsprüfung954 zurückführen. Dennoch bestehe die Möglichkeit, dass es mehrere erforderliche Maßnahmen und Instrumente geben könne955, so dass in bestimmten Einzelfallkonstellationen durchaus die Auswahl zwischen mehreren Handlungsformen offen stehe, die als erforderlich iSd Übermaßverbots anzusehen seien956. Im Verlauf seiner Erörterungen räumt Kaltenborn jedoch ein, dass dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz nur wenige konkrete Maßstäbe für das Auswahlermessen entnommen werden können957. Ähnlich lautet auch sein Resümee hinsichtlich einer Bereitstellungspflicht eines ausdifferenzierten verwaltungsrechtlichen Handlungsinstrumentarienkanons durch den Gesetzgeber. Einen solchen Kanon zu schaffen, sei zwar eine verfassungsrechtlich begründete Aufgabe des Gesetzgebers, doch habe dieser in Bezug auf die abstrakt-generelle Formulierung der verfahrensrechtlichen Vorgaben einen weiten Einschätzungs- und Beurteilungsspielraum958. Das Übermaßverbot biete daher keine Grundlage für konkrete Rechtsetzungspflichten auf dem Gebiet der verwaltungsrechtlichen Konfliktbeilegung959. Zumeist wird jedoch ein Durchschlagen des Übermaßverbots auf die Handlungsformenwahl abgelehnt. So verneint etwa Scherzberg960 eine Determinierung der Form des Verwaltungshandelns durch diesen Grundsatz. Er argumentiert, dass die Grundrechte in Bezug auf ihre Bedeutung für die Verfahrensgestaltung nicht in ihrer abwehrrechtlichen, sondern in einer objektivrechtlichen Regelungskomponente einschlägig seien. Dabei gehe es aber lediglich um die Bereitstellung eines grundrechtlich geforderten und daher vom Gesetzgeber nicht zu unterschreitenden Minimums an prozedu954 Hinsichtlich der berücksichtigungsfähigen Gesichtspunkte bei der Prüfung des Gebots der Erforderlichkeit siehe zB Klaus Stern, § 84 Übermaßverbot und Abwägungsgebot, in: ders, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland III/2 (1994) 781; Schulze-Fielitz, in: Dreier (Hg), Grundgesetz-Kommentar II2, Art 20 (Rechtsstaat) Rz 183. 955 So schon zuvor Stern, in: ders, Staatsrecht III/2, 782. 956 Kaltenborn, Streitvermeidung 137. 957 Kaltenborn, Streitvermeidung 140 ff. 958 Zum gesetzgeberischen Ermessen vgl auch Schulze-Fielitz, in: Dreier (Hg), Grundgesetz-Kommentar II2, Art 20 (Rechtsstaat) Rz 190 f. 959 Kaltenborn, Streitvermeidung 142 f. 960 Scherzberg, JuS 1992, 209.
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ralem Grundrechtsschutz961. Die Ausgestaltung des Verwaltungsverfahrensrechts unterliege deshalb auch nicht dem Übermaß-, sondern letztlich dem Untermaßverbot962. Darüber hinaus sei weiters ein Rückgriff auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz vor dem Hintergrund der materiell-rechtlichen Bedeutung der Formenwahl nur eingeschränkt denkbar. Letztlich geht Scherzberg von einer primären Abwägungsaufgabe der sich gegenüberstehenden (auch) verfassungsrechtlich verfolgten Belange der Grundrechtseffektivität und Verwaltungseffizienz durch den Gesetzgeber aus. Dieser habe daher ein ausdifferenziertes System von Beteiligungsformen zu schaffen. Sofern nun die Verwaltung ohne Vorbehalt zur Nutzung der Handlungsform des Verwaltungsakts ermächtigt sei, habe sie auch nicht vor Erlass einseitiger Regelungen die Möglichkeit, andere Handlungsformen zu prüfen. Lediglich dann, wenn das Gesetz keine Entscheidung über die Regelform des Gesetzesvollzugs getroffen habe und der Behörde deshalb ein noch weitergehender Ermessensspielraum eingeräumt sei, werde ihr eine grundsätzliche Entscheidungsprärogative einzuräumen sein963. Eine ebenfalls ablehnende Haltung nimmt Kunig ein, dem nach der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz nicht nach Subsidiarität der staatlichen Entscheidung im Verhältnis zur konsensual ermittelten Entscheidung verlange. Es gebe kein verfassungsrechtliches Verbot, ein zur Zielerreichung geeignetes Gruppenhandeln durch einseitige Entscheidungen zu substituieren964. 4. Kooperationsprinzip
Schließlich könnte noch aus dem insbesondere vom Umwelt(schutz)recht – und dabei von der umweltrechtlichen Prinzipientrias gemeinsam mit dem Vorsorge- und dem Verursacherprinzip – her bekannt gewordenen Kooperationsprinzip965 ein verfassungsrechtlicher Impuls zur Streitvermeidung und -beilegung extrahiert werden. Die Suche nach einer eindeutigen Antwort gestaltet sich aber auch hier schwierig, da es bis heute als umstritten gilt, ob es sich beim Kooperationsprinzip um eine rechtspolitische Handlungsmaxime oder um einen norma961 Vgl auch Dieter Grimm, Verfahrensfehler als Grundrechtsverstöße, NVwZ 1985, 867. Allgemein zum Maßstab des Untermaßverbots Pitschas, in: Hoffmann-Riem et al (Hg), Grundlagen II Rz 110. 962 Scherzberg, JuS 1992, 209. 963 Scherzberg, JuS 1992, 209 f. 964 Kunig, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann (Hg), Konfliktbewältigung I 64; so auch Kunig/Rublack, Jura 1990, 11. Vgl jedoch Würtenberger, in: Pichler (Hg), Rechtsakzeptanz 289 f. 965 Zu den Prinzipien des Umweltrechts im Aufriss Gerhard Schnedl, Umweltrecht im Überblick (2012) 49 ff.
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tiven Rechtsgrundsatz handelt966. Dies liegt mitunter auch darin begründet, dass es bisher noch nicht gelungen ist, eine weitgehend anerkannte, die Erscheinungsformen systematisierende und in sich konsistente Definition hervorzubringen967. In den Leitlinien der Bundesregierung zur Umweltvorsorge aus dem Jahr 1986 war hinsichtlich des Kooperationsprinzips etwa von einem politischen Verfahrensprinzip die Rede, „das auf eine möglichst einvernehmliche Verwirklichung umweltpolitischer Ziele gerichtet ist“968. Hiefür verlange das Kooperationsprinzip ein faires Zusammenwirken aller staatlichen und gesellschaftlichen Kräfte im Willensbildungs- und Entscheidungsprozess. Zentral für die vorliegende Untersuchung erscheint, dass seitens der damaligen Regierung mit dem Kooperationsprinzip die Hoffnung verbunden wurde, dass durch die Mitwirkung der gesellschaftlichen Kräfte die Informationslage der Beteiligten sowie die Akzeptanz und damit die Wirksamkeit umweltpolitischer Entscheidungen verbessert sowie Konflikte, Verwaltungsaufwand und Kosten vermieden oder zumindest vermindert werden sollten. In der Leitlinie wurde aber auch unmissverständlich auf die Grenzen einer Kooperation zwischen staatlichen und gesellschaftlichen Stellen hingewiesen. So dürfe der Staat nicht auf ihm von der Verfassung oder durch Gesetz zugewiesene Kompetenzen verzichten. Demgegenüber könne aber dieser gesellschaftliche Gruppen und einzelne BürgerInnen mitverantwortlich an der Umweltgestaltung beteiligen969. Die Terminologie hat sich gegenüber der in älteren Umweltberichten, wonach insbesondere an der Trennung der Verantwortungsbereiche festgehalten und dadurch die Beteiligung der gesellschaftlichen Kräfte auf das Vorfeld eingreifender staatlicher Entscheidungen beschränkt werden sollte970, zwar geändert, auf ein damit gewolltes inhaltliches Abrücken von den herkömmlichen Positionen kann aber wohl nicht geschlossen werden. 966 Oliver Lepsius, Vom Abfall zum Produkt – Wie Gegenstandserweiterungen Regelungsprobleme im Umweltrecht verursachen, NVwZ 2003, 1187. Sie zB auch Schmidt-Aßmann, Verwaltungsrecht2 115, der in den Prinzipien des Umweltrechts Leitprinzipien, nicht aber Rechtsprinzipien erkennt, und sie folglich in der Regel keine eindeutigen Antworten auf rechtsdogmatische Fragen geben können. 967 Eine Bestandsaufnahme bei Christian Schrader, Das Kooperationsprinzip – ein Rechtsprinzip? Vorschlag für eine neue Fundierung, DÖV 1990, 329 ff; weiters Udo Di Fabio, Das Kooperationsprinzip – ein allgemeiner Rechtsgrundsatz des Umweltrechts, NVwZ 1999, 1153; Lars Jaeschke, Das Kooperationsprinzip im (Umwelt-)Recht – Abschied von einem Trugbild!, NVwZ 2003, 563. 968 BT-Drs. 10/6028, 11. Zum Kooperationsprinzip in älteren Umweltberichten siehe Schrader, DÖV 1990, 327 ff. 969 BT-Drs. 10/6028, 11. 970 Vgl Schrader, DÖV 1990, 327 f.
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Unter Bezugnahme auf diese Leitlinie geht auch Ritter von einem lediglich politischen Verfahrensprinzip aus, das dogmatisch und instrumentell noch unzureichend aufgearbeitet sei. Dennoch werde seiner Meinung nach gerade am Kooperationserfordernis der Wandel des – vom im Wesentlichen durch einseitige Anweisungen handelnden zum kooperativen, auf aktive Mitarbeit der gesellschaftlichen Kräfte angewiesenen – Staates sichtbar971. Schrader kommt in seiner Bestandsaufnahme zu einem weitgehend übereinstimmenden Ergebnis. Kooperation sei kein Selbstzweck, sondern nur ein Hilfsmittel zur Erfüllung der staatlichen Politik. Ein solches Prinzip gebiete keinen Vorrang möglichst einvernehmlicher Lösungen, denn auch das im Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verankerte Gebot des geringsten Eingriffs könne niemanden einen Anspruch darauf geben, „außerhalb der vom Gesetz vorgesehenen Wege eine staatliche Leistung zu erhalten“972. Schließlich halte das Kooperationsprinzip mangels Konturen, ausdrücklicher Zuordenbarkeit und zahlreicher verfassungsrechtlicher Einwände einer entsprechenden rechtlichen Überprüfung nicht stand. Es fehle einem derart konzipierten Grundsatz der „überzeugungskräftige Sinnzusammenhang“, der zur Begründung juristischer Einzelfallentscheidungen notwendig sei. Er spricht diesbezüglich von einem „halbierten Kooperationsprinzip“ als bloß politische Parole ohne Bestimmtheit, der darauf beruhe, dass das Grundmodell hoheitlicher Aufgabenwahrnehmung in die Informalität weitergezogen werde973. Die Wirkung eines (verfassungsrechtlichen) Rechtsprinzips misst weiters Kunig dem Kooperationsprinzip nicht bei. Insbesondere vermöge es – wie auch von Schrader ins Treffen geführt – keine Entscheidungsmitwirkung vorzuschreiben. Die Grundrechtsordnung gebiete zwar den Abbau einer möglichen Entfremdung durch obrigkeitliche Entscheidungen und verlange hiefür auch die Berücksichtigung von Artikulationsmöglichkeiten, aber sie versetzt nicht den Einzelnen in die Rolle des Subjekts bezüglich von Entscheidungen, für die der Staat die Verantwortung trägt974. Eine Bewertung des Kooperationsgrundsatzes als ein allgemeines Rechtsprinzip erfolgt jedoch durch das BVerfG 1998 in seinen Entscheidungen in Sachen einer landesrechtlichen Abfallabgabe975 und der kommunalen Verpackungssteuer976. Das Bundesverfassungsgericht sieht vor allem im hier zweitgenannten Judikat das vormals politische Prinzip ausdrücklich als im 971 Ernst-Hasso Ritter, Umweltpolitik und Rechtsentwicklung, NVwZ 1987, 936. 972 Schrader, DÖV 1990, 328 f. 973 Schrader, DÖV 1990, 331. 974 Kunig, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann (Hg), Konfliktbewältigung I 63 f. 975 BVerfGE 98, 83 [99 f] = NJW 1998, 2348. 976 BVerfGE 98, 106 [121 f] = NJW 1998, 2343.
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(damaligen) Abfallgesetz des Bundes, indem dem Staat eine Kooperationspflicht auferlegt werde, die nur im Fall des Scheiterns aufgegeben und somit auf einseitige Verhaltensregeln umgestellt werden dürfe977, konkretisiert und damit als rechtlich verbindlich an978. Daraus könnte nun abgeleitet werden, dass ein vom Staat herbeigeführtes Kooperationsverhältnis eine Art hoheitliches Friedensgebot begründet und dass ein so in die gemeinsame Verantwortung genommenes Privatsubjekt einen Abwehranspruch gegen kooperationsfeindliche obrigkeitliche Maßnahmen hat979. Di Fabio gesteht anknüpfend an die beiden Erkenntnisse des Bundesverfassungsgerichts dem Kooperationsgrundsatz die Wirkung eines die öffentliche Gewalt bindenden Rechtsprinzips zu. Dabei habe ein als Verfassungsinstitut verstandenes Kooperationsprinzip hinsichtlich der Unverletzlichkeit der Verantwortung einem Distanz- und wegen der Vertrauensbindung einem Konsistenzgebot zu unterliegen. Kooperative Verwaltungsstrukturen seien so auszugestalten, dass in einem substantiellen Sinn Freiheiten der eingebundenen (privaten) Kräfte erhalten bleiben. Weiters seien Funktionslogik der unterschiedlichen gesellschaftlichen Sphären zu beachten, wobei demgegenüber Marktmechanismen nicht die rechtsstaatlich geforderte Dominanz der gesetzmäßigen Verwaltung sowie die politische Verantwortlichkeit gefährden dürfen. Und letztlich sei die staatliche Entscheidung sichtbar zu halten980. Die Rechtsansicht des Bundesverfassungsgerichts und folglich auch die von Di Fabio blieb jedoch nicht unwidersprochen. Von Überinterpretation ist dabei ebenso die Rede981 wie von einer Zurechtformung des einfachen Gesetzes nach dem eigenen Bild des Bundesverfassungsgerichts982 und einem möglichen Schaden für das Umweltrecht983. Murswiek, welcher der auf Grundlage eines Verstoßes gegen das Kooperationsprinzips angestellten Begründung des Bundesverfassungsgerichts nicht folgt, stellt insbesondere auch die von Di Fabio angestellte Interpretation in Frage, wonach das Bundesverfassungsgericht das Kooperationsprinzip zu einem Verfassungsprinzip erhoben habe. Vielmehr erfolgte seiner Meinung nach die gerichtliche Erörterung des abfallrechtlichen Kooperati977 BVerfGE 98, 106 [127] = NJW 1998, 2344. 978 BVerfGE 98, 106 [130] = NJW 1998, 2345. 979 So zumindest Di Fabio, NVwZ 1999, 1156. 980 Di Fabio, NVwZ 1999, 1157. 981 Eckard Rehbinder, Das deutsche Umweltrecht auf dem Weg zur Nachhaltigkeit, NVwZ 2002, 665. 982 Vgl Dietrich Murswiek, Umweltrecht und Grundgesetz, Die Verwaltung 2000, 278. 983 Krit aus umweltrechtlicher Sicht Michael Bothe, Zulässigkeit landesrechtlicher Abfallabgaben, NJW 1998, 2334 f.
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onsprinzips auf der Ebene der Interpretation des einfachen Gesetzesrechts und deshalb könne von einem verfassungsrechtlichen Kooperationsgebot auch nicht die Rede sein984. Als politisches Gestaltungsprinzip sei es rechtlich nicht verbindlich. Sollte das Kooperationsprinzip dennoch rechtlich normiert werden, bedürfe es der gesetzlichen Ausgestaltung985. Resümierend muss, folgt man der hL, festgehalten werden, dass ein generelles Streitbeilegungsgebot in der deutschen Verfassungsrechtsordnung nicht nachgewiesen werden kann986. Die hier angeführten Gebote bzw Grundsätze geben zwar einzelfallbezogen bedingte Anhaltspunkte, als richtunggebende Maßstäbe rechtlicher Normierung, die – wie eingangs gefragt – konsensuale Handlungsformen geboten erscheinen lassen und zum Ausgleich verfassungsrechtlicher Defizite taugen könnten, vermögen sie nicht zu dienen.
IV. Verhältnis von Mediation und Verwaltungsverfahren Wie nun schon die vorangestellten Ausführungen deutlich machen, sind für die Mediation im öffentlichen Bereich zwingend zu beachtende Besonderheiten vorgegeben. Ganz grundsätzlich kann festgehalten werden, dass zum einen die Gesetzesbindung der Verwaltung einer Mediation Grenzen setzt und zum anderen der Vorbehalt des Gesetzes eine Fülle an gesetzlichen Normierungen bedingt, die das Verhältnis zwischen BürgerInnen und Staat vorherbestimmen und damit zugleich den Handlungsspielraum der Konfliktparteien einengen. Außerdem zielen diese Regelungen nicht vorrangig auf den Ausgleich zwischen privaten Interessen ab, sondern es sind diesen vor allem der Schutz der wenig disponiblen öffentlichen Interessen wesensimmanent, der folglich auch in einem Mediationsverfahren seine entsprechende Berücksichtigung finden muss987. Und schließlich darf nicht übersehen werden, dass der Gesetzesvorbehalt nicht bloß für die materiell-rechtli984 Murswiek, Die Verwaltung 2000, 279. 985 Murswiek, Die Verwaltung 2000, 268 f. Das Kooperationsprinzip als Schlagwort ohne ein politisches oder gar rechtliches Prinzip im präzisen Wortsinn verstehend und durch den Begriff Kooperationskonzept zu ersetzen plädierend Jaeschke, NVwZ 2003, 566. Kaltenborn, Streitvermeidung 143 FN 83, schließlich hält als Destillat aus dem Kooperationsprinzip allenfalls eine einfachrechtliche Verpflichtung zur Zusammenarbeit zwischen Verwaltung und Privaten in dem von Kooperationsgrundsatz spezifisch erfassten verwaltungsrechtlichen Bereichen für denkbar. 986 Vgl Kaltenborn, Streitvermeidung 143. 987 Wolf-Rüdiger Schenke, Mediation und verwaltungsgerichtliches Verfahren, in: Manfred Aschke et al (Hg), Selbstbestimmung und Gemeinwohl (2005) 138 f.
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chen Beziehungen zwischen Staat und Gesellschaft seine Geltung entfaltet, sondern sich darüber hinaus auf die Verwaltungsorganisation und das Verwaltungsverfahren erstreckt988. Daraus und letztlich auch aus dem Grundrechtsschutz durch Organisation und Verfahren ist zu folgern, dass die Durchführung eines selbständigen Verwaltungsverfahrens zur Wahrung sämtlicher Beteiligtenrechte nicht ohne weiteres bzw von vornherein umgangen werden darf, was wiederum unmittelbare Folgen für ein Mediationsverfahren zeitigt. Dennoch bleiben aber noch ausreichend Freiräume, die ein Aushandeln in solchen Konstellationen nicht nur bloß möglich erscheinen lassen. Relevant wird dies insbesondere im Zusammenhang mit der Ermessenanwendung der Verwaltung und der Auslegung unbestimmter Rechtsbegriffe. Selbst in jenen Sektoren des Verwaltungshandelns, die der Gesetzgeber nicht reglementiert hat und für die der Gesetzesvorbehalt nicht greift, besteht ein gewisses Maß an rechtlicher Bewegungsfreiheit989. Darüber hinaus anerkennen zB Hoffmann-Riem und Schenke Einsatzmöglichkeiten der Mediation in Bereichen strikter Gesetzesbindung der Verwaltung. Demnach sei es auch für die gebundene Verwaltung folgenreich, dass unbestimmte Rechtsbegriffe oft mit Konkretisierungsspielraum versehen seien, und dass Tatsachenunsicherheiten ausgeräumt werden müssen. Es können also Ungewissheiten hinsichtlich der für die Rechtsbeziehungen zwischen den Konfliktbeteiligten maßgeblichen Rechtslage sowie der Tatsachen bestehen bleiben. Die Regelung des Vergleichsvertrags nach § 55 VwVfG indiziere nun, dass es vor dem Hintergrund des Art 20 Abs 3 GG rechtens sei, wenn die Beteiligten sich durch gegenseitiges Nachgeben um eine konsensuale Ausräumung der Unsicherheiten bemühen und in Folge dessen die Behörde von der sonst auch für Verträge geltenden strengen Bindung an die zu beachtenden Rechtsvorschriften990, insbesondere auch von der Verpflichtung zur umfassenden Aufklärung des Sachverhalts, (in „besonderen Grenz- und Zweifelsfällen“991) teilweise abweiche992. Die dadurch geschaffenen Verhaltensalternativen können – so Hoffmann-Riem – auch der Konfliktbearbeitung im Rahmen der sonstigen Aushandlungsprozesse dienen993. 988 Maurer, Verwaltungsrecht18 § 6 Rz 30; siehe auch schon 2.III.B.2. 989 Pitschas, NVwZ 2004, 399; Schenke, in: Aschke et al (Hg), Selbstbestimmung 139. 990 Zur Frage der Durchbrechung der Gesetzesbindung durch Vergleichsverträge etwa Kaltenborn, Streitvermeidung 151 ff. 991 Bauer, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann (Hg), Innovation 272. 992 Vgl hiezu auch Schlette, Verwaltung 85 ff; Heinz Joachim Bonk, § 55, in: Paul Stelkens (Hg), Verwaltungsverfahrensgesetz. Kommentar7 (2008) Rz 1 ff; Kopp/ Ramsauer, VwVfG12 § 55 Rz 1 f und 13 ff. 993 Siehe Hoffmann-Riem, Konfliktmittler 65 sowie weiters Schenke, in: Aschke et al (Hg), Selbstbestimmung 140 und auch Schulze-Fielitz, in: Hoffmann-Riem/
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Für das Handeln der Verwaltung bedeutet all dies, dass ihr einerseits engere Grenzen wie beispielsweise den Privatrechtssubjekten gesetzt werden und andererseits es einer gehörigen Abstimmung der beiden Verfahrensarten bedarf, um die freilich auch bei öffentlich-rechtlichen Konflikten ausreichend vorhandenen Handlungsspielräume tatsächlich ausfüllen zu können994. Für die gegenständliche Untersuchung ergibt sich aus diesen hier eben dargestellten Vorgaben das Erfordernis, zu klären, ob informelle Verhaltensweisen unter Einschluss von mediativen Verhandlungsverfahren den Normen des Verwaltungsverfahrens entsprechen. Fehlen hiebei anwendbare Regeln, wird darüber hinaus zu fragen sein, ob der Gesetzesvorbehalt eingreift und möglicherweise Grenzen setzt. Werden diese überschritten und mangelt es an einer entsprechenden gesetzlichen Ermächtigung, wäre von der Rechtswidrigkeit auszugehen995. A. Zum Begriff des Verwaltungsverfahrens
Verwaltungsverfahren iS des VwVfG ist nach der Legaldefinition des § 9 VwVfG nur die nach außen wirkende, also den BürgerInnen gegenüber rechtserhebliche öffentlich-rechtliche Tätigkeit der (Bundes-)Behörden im Zusammenhang mit dem Erlass eines Verwaltungsakts oder dem Abschluss eines öffentlich-rechtlichen Vertrags996. Keine Verwaltungsverfahren in diesem Verständnis sind zB der Erlass einer Rechtsverordnung oder die auf informelle Absprachen zielenden Verhandlungen, die im Zuge der Deregulierung an Stelle von Genehmigungsverfahren tretenden Freistellungs- oder Anzeigeverfahren, die Vorbereitung öffentlicher Warnungen und die der Vornahme aller sonstigen Realakte, zu denen ja auch die Formen des informellen Verwaltungshandelns gezählt werden, dienenden Verfahren997. Demgegenüber stellt ein Verwaltungsverfahren iwS jede auf den Erlass einer Entscheidung, die Vornahme einer sonstigen Maßnahme oder den Abschluss eines Vertrags gerichtete Tätigkeit der Verwaltungsbehörden dar. Ein solches Verständnis schließt demnach auch Maßnahmen wie etwa den Erlass von Rechtsverordnungen, innerdienstliche Anordnungen sowie Realakte, folglich auch Formen informellen Verwaltungshandelns, mit ein. Schmidt-Aßmann (Hg), Konfliktbewältigung II 71 f, demzufolge die Handlungsspielräume der KonfliktmittlerInnen nicht selbstredend mit den Spielräumen einzelner Rechtsnormen identisch seien. 994 Schenke, in: Aschke et al (Hg), Selbstbestimmung 139. 995 Siehe auch Hoffmann-Riem, Konfliktmittler 38; Hellriegel, Mediation 111. 996 Kopp/Ramsauer, VwVfG12 § 9 Rz 1. 997 Siehe etwa Beyerlin, NJW 1987, 2718; Schmitz, in: Stelkens et al (Hg), VwVfG7 § 9 Rz 86; Maurer, Verwaltungsrecht18 § 19 Rz 2; Kopp/Ramsauer, VwVfG12 § 9 Rz 13.
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Hierin zusammengefasst sind also unterschiedliche Typen von Verwaltungsverfahren, die aufgrund ihrer jeweiligen Eigenart wiederum divergenter Regelungen bedürfen998. B. Die Bedeutung des Verwaltungsverfahrens
Dem Verwaltungsverfahren kommt, auch wenn es vorrangig der Durchsetzung und Verwirklichung des materiellen Rechts dient, in Folge der Entscheidungsorientierung mehr als nur eine Hilfsfunktion zu. Dieser Umstand liegt darin begründet, dass durch die Festlegung von Verfahrensbestimmungen die Erzielung von rechtlich einwandfreien, sachlich angemessenen und verbindlicher Entscheidungen gewährleistet werden soll. Darüber hinaus hat das Verwaltungsverfahren durch die Realisierung der Grundrechte durch Organisation und Verfahren sowie durch das Rechtsstaatsprinzip einen unmittelbaren Verfassungsbezug999. Die daraus folgenden verfahrensrechtlichen Auswirkungen binden nicht nur den Gesetzgeber, der ein sachgerechtes, geeignetes, zumutbares, und faires sowie „grundrechtseffektuierendes“ Verfahren bereitstellen muss, sondern ebenso die Verwaltung, die das bestehende Verfahrensrecht gegebenenfalls grundrechtskonform auslegen und anwenden muss1000. Rechtmäßig hat also nicht nur die materielle Entscheidung zu sein. Auch der Weg dorthin muss den rechtsstaatlichen Anforderungen Rechnung tragen1001. Das VwVfG gibt seinerseits aber nur bestimmte Rahmenbedingungen vor, ohne zugleich die Verfahrensabläufe abschließend zu regeln. Dies gilt genau genommen auch für die speziellen Bestimmungen des Besonderen Verwaltungsrechts. Es bleibt daher jeweils genügend Raum für eigenständige und ergänzende Verfahrensgestaltungen1002. An dieser Stelle sei auch eindringlich auf die Position der Behörde bei Erfüllung ihrer diesbezüglichen Aufgaben hingewiesen. Damit ist gemeint, dass BehördenvertreterInnen durchaus eine neutrale und vermittelnde Position bei Verwaltungsakten mit Drittwirkungen einnehmen können und mitunter auch müssen. Sie bleiben aber zugleich „Partei“ im Verwaltungs 998 Maurer, Verwaltungsrecht18 § 19 Rz 1. 999 Bonk, NVwZ 1997, 322. 1000 Maurer, Verwaltungsrecht18 § 19 Rz 9; Kopp/Ramsauer, VwVfG12 Einf I Rz 17 ff. 1001 Detterbeck, Verwaltungsrecht10 Rz 940. Zu den vom BVerfG entwickelten Mindeststandards rechtsstaatlichen Verwaltungsverfahrens wie zB die Gewährleistung eines fairen und objektiven Verfahrens, die Wahrung des rechtlichen Gehörs sowie des gerichtlichen Rechtsschutzes siehe Bonk, NVwZ 1997, 322 f. 1002 Hoffmann-Riem, Konfliktmittler 46, spricht davon, dass das VwVfG gar kein Verfahrensgesetz sei, dh ein Gesetz, das die Verfahrensabläufe regle.
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rechtsstreit1003. Folglich dürfen sie sich keineswegs auf die Rolle von VermittlerInnen zwischen den divergierenden Bedürfnissen der Parteien zurückziehen, sondern haben stets das öffentliche Interesse im Auge zu behalten und gegebenenfalls zu verteidigen1004. Gerade bei komplexen, multipolaren Aushandlungsprozessen können eine solche vermittelnde und neutrale Instanz jedoch MediatorInnen ausfüllen, die interessenneutral die Aufgaben der VerfahrensmittlerInnen situationsbezogen übernehmen1005. Diese knappe Einbegleitung macht bereits die für nachfolgende Überlegungen betreffend mittlergestützter Prozesse zentrale Bedeutung des Verwaltungsverfahrens sichtbar. An ein Ersetzen des Verwaltungsverfahrens durch Abwicklung einer Mediation ist, um nicht mit der Rechtsordnung zu brechen, demnach nicht zu denken. Was jedoch an Möglichkeiten sehr wohl bleibt, ist, neben dem Einordnen informeller Formen des Verwaltungshandelns, das Andocken an vorhandene materiell- und verfahrensrechtliche Elemente. C. Formen des Verwaltungsverfahrens
Die weiteren Überlegungen beziehen sich nun auf das deutsche Verwaltungsverfahrensgesetz1006. Dieses sieht für die Verwaltung grundsätzlich die Einräumung des sogenannten Verfahrensermessens iSd §§ 10 und 22 VwVfG hinsichtlich der Bewertung vor, ob, wann und wie ein solches Verfahren durchzuführen ist. Damit soll ein gewisses Maß an Flexibilität und Situationsgerechtigkeit gewahrt bleiben1007. Grundsätzlich meint hier, dass von der Nichtförmlichkeit des Verwaltungsverfahrens nur soweit auszugehen ist, als nicht ausdrücklich anderes klargestellt wird, also keine besonderen Bestimmungen bzw Rechtsvorschriften für die Form des Verfahrens bestehen1008. Wie nun nur unschwer zu erkennen ist, nennt das Verwaltungsverfahrensgesetz selbst neben dem allgemeinen Verwaltungsverfahren noch besondere Verfahrensarten. Es sind dies das förmliche Verfahren ieS (§§ 63 ff VwVfG) und das Planfeststellungsverfahren (§§ 72 ff VwVfG)1009. 1003 Nach Schrader, Konsens 1999, 158, muss nun die Behörde – überspitzt formuliert – „in dieser Schizophrenie“ das Verfahren durchführen. 1004 Schmidt-Aßmann, Verwaltungsrecht2 374; Kaltenborn, Streitvermeidung 35. 1005 Vgl Hoffmann-Riem, Konfliktmittler 47 f. 1006 Hier ist nur die Rede vom Verwaltungsverfahrensgesetz des Bundes. 1007 Hill, DÖV 1987, 891, erkennt hiebei übrigens einen wesentlichen Unterschied zum österreichischen Verwaltungsverfahren, das er als vergleichsweise streng formalisiert ansieht. 1008 Kopp/Ramsauer, VwVfG12 § 10 Rz 7 ff. 1009 Zum förmlichen Verfahren allgemein Kopp/Ramsauer, VwVfG12 § 63 Rz 1 f.
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Davon zwingend zu unterscheiden sind die normativ nicht besetzten Begriffe „formell“ und „informell“, die der Kennzeichnung des Gegensatzes zwischen verfahrensrechtlich geregelten und eben nicht geregelten Elementen des Verwaltungshandelns dienen. „So gibt es informelles Verwaltungshandeln vor bzw neben dem förmlichen bzw nicht förmlichen Verwaltungsverfahren. Insbesondere gibt es in beiden Verfahrenstypen formelles Verwaltungshandeln, dh Verwaltungshandeln unter Beachtung besonderer Verfahrensnormen.“1010 D. Einordnung von Mediationsverfahren
Angesichts dieser Überlegungen gilt es, noch bevor der Detailblick auf den Einsatz der Mediation im Verwaltungsverfahren freigegeben werden soll, die Frage der Einordnung der Mediation in die Verfahrensabfolge sowohl in zeitlicher als auch in organisatorischer Hinsicht aufzuwerfen. Zwingend notwendig erscheint dies deshalb, da die Mediation unweigerlich mit anderen förmlichen Verfahren konkurriert1011 und mit einer diesbezüglichen Entscheidung jeweils von einander zu unterscheidende Herangehensweisen sowie vor allem Rechtsfolgen verbunden sind. 1. Abfolgemöglichkeiten
Bei den hier angesprochenen konsensualen Einsatzmodellen kann es sich – in Anlehnung an Ramsauer1012 – um vor-, mit- und selbstlaufende sowie integrierte Mediationsverfahren handeln, deren Ergebnisse wiederum im Rahmen „informeller“ Abklärungsprozesse oder aber in förmlichen Verfahren erzielt werden können1013. Hiebei ist nun aber nicht nur die zeitliche Abfolge zu beachten, sondern auch die Art der Verquickung der beiden Verfahrenstypen, die Frage der Beteiligung der Behörde und die Ausrichtung der Zielsetzung der Verwaltungshandlung1014. 1010 Vgl Hoffmann-Riem, Konfliktmittler 40 FN 157. 1011 Vgl Schenke, in: Aschke et al (Hg), Selbstbestimmung 143. 1012 Ulrich Ramsauer, Mediation im Umweltrecht, in: Stephan Breidenbach/Martin Henssler (Hg), Mediation für Juristen. Konfliktbehandlung ohne gerichtliche Entscheidung (1997) 166 f; weitgehend gleichlautend Holznagel/Ramsauer, in: Haft/Schlieffen (Hg), Handbuch2 Rz 20 f. Siehe auch Rüssel, Mediation 98 ff; Christoph A. Stumpf, Alternative Streitbeilegung im Verwaltungsrecht. Schiedsgerichtsbarkeit – Schiedsgutachten – Mediation – Schlichtung (2006) 298 f; Appel, in: Hoffmann-Riem et al (Hg), Grundlagen II Rz 117. 1013 Hoffmann-Riem, Konfliktmittler 37 f. 1014 Eine Unterscheidung in bloß zeitlicher Hinsicht erscheint nicht ausreichend, um die Einordnungsfrage abschließend zu erfassen. Ohne Einbeziehung der Parameter „Behörde“ und Zweck- sowie Zielsetzung können die (Rechts-)Folgen
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Als vorlaufende Mediation soll demnach jenes Verfahren bezeichnet werden, das vor der Einleitung des eigentlichen Verwaltungsverfahrens durchgeführt wird. Daran können die in weiterer Folge zur Entscheidung berufenen Behörden nicht beteiligt, so im Fall von Verfahren zwischen Privaten, oder teilweise bzw zur Gänze als InteressenträgerInnen involviert sein (mit Einschränkungen zB § 5 dUVPG1015). Demgegenüber wird die selbstlaufende Mediation als eine verstanden, die in keinem unmittelbaren Bezug zu einem konkreten, rechtshängigen Verwaltungsverfahren steht, sondern vielmehr zur Klärung einzelner Vorfragen eines möglichen späteren Verwaltungsverfahrens dient, womit sie aber wiederum dem Erklärungsmodell der vorlaufenden Mediation sehr nahe kommt. Die mitlaufende Mediation wiederum wird zeitlich parallel zu einem anhängigen Verwaltungsverfahren und ohne aktive Behördenbeteiligung durchgeführt. Sie stellt keinen Teil des Verwaltungsverfahrens dar. In zeitlicher Hinsicht kann dieses Mediationsverfahren sogleich nach Antragstellung, vor der Erörterung oder auch noch unmittelbar vor Entscheidungsfällung durchgeführt werden. Schließlich bleibt in diesem Kanon noch die verwaltungsverfahrensintegrierte Mediation. Eine solche, aus dem Informellen herausgehobene, kommt während und vor allem im Zuge eines Verwaltungsverfahrens unter Beteiligung oder aber unter der Verantwortung der entscheidenden Behörde mit der Zielsetzung des Erlasses eines Verwaltungsakts oder des Abschlusses eines Verwaltungsvertrags zum Einsatz (zB § 4b BauGB1016). 2. Mediation als Teil des Verwaltungsverfahrens oder als informelle (Vor-)Verhandlung
Auch mit diesen Feststellungen ist jedoch noch nicht viel gewonnen. Vielmehr muss nunmehr darauf aufbauend der Frage nach den Konsequenzen eines solchen Kategorisierungsversuches nachgegangen werden. Für die verwaltungsverfahrensintegrierte Mediation bedeutet dies – folgt man Hellriegel – etwa, dass sie einen Teil des Verwaltungsverfahrens darstellt. Dies treffe jedoch nicht zugleich auch auf vor- oder mitlaufende Mediationsverfahren zu, da diese das Verwaltungsverfahren insgesamt und nicht bloß die abschließende Entscheidung vorbereiten1017. Fraglich bleibt, ob trotz ihres vorbereitenden Charakters konsequenterweise hiezu nicht auch Mediationsverfahren zu zählen sind, die gegebenenfalls aufgrund der Vorverhandlungen formalisierenden Bestimmungen der § 5 dUVPG und § 2 Abs 2 der eines solchen Unterfangens nicht abschließend beurteilt und beschrieben werden. 1015 Siehe unten 2.IV.M.5. 1016 Hiezu unten 2.IV.M.6. 1017 Vgl Hellriegel, Mediation 46 f.
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9. BImSchV sowie des mittlerweile vom Gesetzgeber als entbehrlich eingestuften und aufgehobenen § 71c VwVfG1018 initiiert und durchgeführt werden bzw wurden1019. Nachdem § 9 VwVfG nun nicht nur auf den Erlass eines Verwaltungsakts, sondern auch auf den Abschluss eines Verwaltungsvertrags abziele, geht Hellriegel darüber hinaus davon aus, dass Mediationsverfahren, die ihrerseits auf einen Verwaltungsvertragsabschluss ausgerichtet sind, als Verwaltungsverfahren iSd § 9 VwVfG zu verstehen seien1020. Davon erfasst sind seiner Meinung nach nicht bloß Mediationen integrierter, sondern auch solche, die vor1021 und parallel1022 zum Verwaltungsverfahren durchgeführt werden, da selbst in diesen Fällen Teilvereinbarungen in einem öffentlichrechtlichen Vertrag festgehalten werden können. Unerheblich sei schließlich, ob es zum tatsächlichen Vertragsabschluss komme oder nicht1023. Die weitere Folge dieser Überlegungen muss sein, dass für die eben besprochenen Mediationsverfahren das VwVfG, sofern dieses grundsätzlich Geltung entfaltet1024, unmittelbar Anwendung zu finden hat. Demgegenüber sind die davon nicht betroffenen Mediationsprozesse als informelle, kooperative (Vor-)Verhandlungen mit Agreementintention und, wenn keine Behörden als Interessenträgerinnen beteiligt sind, als Verfahren zwischen Privaten zu verstehen. 3. Begründung und Rechtsfolgen eines Verwaltungsrechtsverhältnisses
Aber welche Rechtsnatur kommt nun jenen Mediationsverfahren zu, die hier als informelle, kooperative (Vor-)Verhandlungen bezeichnet werden, 1018 Die damit beabsichtigte Signal- und Anstoßwirkung sei inzwischen erreicht worden; siehe Kopp/Ramsauer, VwVfG12 § 71a Rz 1 Fn 3. 1019 Allgemein Schmitz, in: Stelkens et al (Hg), VwVfG7 § 9 Rz 176, der grundsätzlich von informellen Vorverhandlungen ausgeht, die noch nicht Teil des Verwaltungsverfahrens sind. Jedoch sei ein fließender Übergang in das Verwaltungsverfahren nicht ausgeschlossen. 1020 Siehe bereits oben 2.II.C. 1021 Rüssel, Mediation 144, lehnt hingegen die direkte Anwendung der verwaltungsvertraglichen Bestimmungen bei vorlaufenden Mediationsverfahren strikt ab, da solche Verfahren nicht ein konkretes, auf Abschluss durch VA oder Vertrag gerichtetes Verwaltungsverfahren abschließen, sondern dieses nur vorbereiten. Siehe allgemein zu informellen Vorverhandlungen Schmitz, in: Stelkens et al (Hg), VwVfG7 § 9 Rz 180, demzufolge eine „de facto Vor-Entscheidung“ regelmäßig nicht bewirke, dass mit informellen Vorverhandlungen ein Verfahren iSd § 9 VwVfG begonnen werde, noch sei die Vorentscheidung ein Verwaltungsvertrag. 1022 Parallel abgeführte Verfahren entsprechen nach Maßgabe der hier angestellten Einordnung der integrierten Mediation. 1023 Hellriegel, Mediation 47. 1024 Allgemein Kopp/Ramsauer, VwVfG12 Einf I Rz 47.
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und welche Rechtsfolgen für die Beteiligten erwachsen daraus? Zur Beantwortung dieser Frage erscheint es zielführend, den am Anfang dieser Arbeit ausgelegten Faden betreffend die Begründung eines Verwaltungsrechtsverhältnisses nochmals aufzunehmen1025. Dort ist etwa dargelegt, dass auch im öffentlichen Recht Kontaktverhältnisse zwischen Verwaltung und BürgerInnen vor dem bzw außerhalb des eigentlichen Verwaltungsverfahren iSd § 9 VwVfG nicht als generell rechtlich irrelevant anzusehen seien. Vielmehr müsse in solchen Situationen auf den Umstand der Begründung bzw Entstehung sowie dem Inhalt von (Verwaltungs-)Rechtsverhältnissen Rücksicht genommen werden1026. Die Rechtsverhältnislehre könne auch deshalb hilfreich sein, da sie nicht ausschließlich auf bipolare Beziehungen bezogen sei, denn sie stelle mit den mehrseitigen Rechtsverhältnissen dogmatische Grundfiguren bereit, mit denen sich mehrpolige Interessen- und Konfliktbeziehungen erfassen lassen1027. Ein solches mehrseitiges Interessengeflecht und folglich auch Rechtsverhältnis liegt wohl einer Mediation zugrunde, die als Verhandlungsverfahren zwischen Verwaltung und BürgerInnen mit dem Zweck der konsensualen Erarbeitung einer Absprache bzw eines Agreements ausgestaltet ist. So kommt zB auch Rüssel im Rahmen ihrer Untersuchung zum Ergebnis, dass das durch die Mediation entstehende Rechtsverhältnis ein Verwaltungsrechtsverhältnis darstelle, und dies deshalb, weil einerseits das zwischen den MediandInnen begründete Rechtsverhältnis letztlich dem Vorrang des öffentlichen Rechts unterliege, da sich die gefundenen Ergebnisse in das Verwaltungsrecht einpassen lassen müssen, und weil sich – damit andererseits – (zumindest) ein Träger öffentlicher Verwaltung auf dieses Verfahren einlasse, in dem dieser die anderen Beteiligten als PartnerInnen anerkenne und sich dem gemeinsamen Ziel der Konfliktbearbeitung aktiv unterwerfe1028. Ein solches Verhältnis bleibt nun aber gerade nicht rechtsfolgenlos, sondern es erwachsen daraus vor allem besondere Rücksichtnahmepflichten, für die Behörde zB Kooperations- und Beratungs-1029 sowie Aufklärungsund Beschleunigungspflichten. Darüber hinaus entfalten der Grundsatz von 1025 Siehe 2.II.B.4. 1026 Vgl Hoffmann-Riem, in: VVDStRL 40, 217 f; Eberle, Die Verwaltung 1984, 446; Bauer, VerwArch 1987, 262 ff; ders, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann (Hg), Innovation 256 ff. 1027 Bauer, VerwArch 1987, 266 f; in diese Richtung auch Schoch, in: HoffmannRiem/Schmidt-Aßmann (Hg), Innovation 213. 1028 Rüssel, Mediation 152. 1029 Eberle, Die Verwaltung 1984, 446 ff.
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Treu und Glauben, das Verhältnismäßigkeitsgebot, das Verbot von Vereinbarungen zu Lasten Dritter und letztlich auch das Gleichbehandlungsgebot ihre Wirkungen1030, die allesamt jedenfalls die Behörde sowohl hinsichtlich ihres Handelns während der Mediation als auch nach dem Treffen einer Absprache verpflichten1031. Somit hat die Behörde etwa die Beteiligten über ihre Absichten im Verfahren aufzuklären, Betroffene nicht über Gebühr verfahrensmäßig zu belasten und sich nicht widersprüchlich zu verhalten1032. Für die erzielten Absprachen hat dies wiederum zur Folge, dass sie, wenn sie sich im Rahmen des Rechts halten, eine faktische Bindungswirkung entfalten1033, die Abweichungen im Zuge der Umsetzung, also bei Durchführung des Verwaltungsverfahrens, zwar nicht verunmöglichen, aber zumindest einschränken. Änderungen werden etwa dann notwendig, wenn – insbesondere von am Mediationsverfahren nicht beteiligten Dritten – nachträglich wesentliche, zuvor nicht berücksichtigte Gesichtspunkte vorgebracht werden, die das Ergebnis faktisch und rechtlich entscheidungserheblich beeinträchtigen1034. 1030 Vgl Hoffmann-Riem, Konfliktmittler 60; Rüssel, Mediation 152 ff. 1031 Die Frage, inwieweit hieraus auch für die anderen, also nichtbehördlichen Beteiligten faktische Verpflichtungen entstehen, wird zB von Rüssel, Mediation 153 f, dahingehend beantwortet, dass die beteiligten BürgerInnen zum Unterlassen vom Ergreifen rechtlicher Schritte gegen eine vereinbarungsgemäß umgesetzte Maßnahme verpflichtet seien, andererseits sie sich treuwidrig verhalten würden. Diese Überlegungen erscheinen durchaus nachvollziehbar, insbesondere wenn man bedenkt, dass es sich bei Mediationen zumeist um ein mehrseitiges Aushandlungsverfahren handelt, in dem mühsam um einen Konsens gerungen wird, der dann aber von Einzelnen ohne einsichtigen Grund und quasi mut- oder gar böswillig hintertrieben werden könnte. Von Rüssel jedoch offen gelassen, wurden die konkreten Rechtsfolgen infolge eines pflichtwidrigen Verhaltens. Diese werden wohl zivilrechtlicher Natur (in Form sekundärer Haftungsansprüche) sein. Beschränkungen der Verfahrensrechte und in weiterer Folge eine Verkürzung des Rechtsschutzes sind hingegen nicht anzunehmen, es sei denn, es werden ausdrücklich Präklusionsregelungen geschaffen, die an die Verhandlungsteilnahme anknüpfen. Vgl hiezu auch Bauer, in: Hoffmann-Riem/Schmidt- Aßmann (Hg), Innovation 260 ff, der im Rahmen vorvertraglicher Verhandlungen zwischen Verwaltung und BürgerInnen gegenseitige Loyalitäts- und Treuepflichten bejaht; verneinend – wenn auch bezogen auf bipolare Absprachen – Bulling, DÖV 1989, 280. 1032 Siehe Eberle, Die Verwaltung 1984, 449. 1033 Siehe außerdem unten 2.IV.N.1 sowie 2.IV.N.3. 1034 So vor allem Rüssel, Mediation 155. Zum Verhältnis des Untersuchungs- und des Gesetzmäßigkeitsgrundsatzes zu Absprachen im Verwaltungsverfahren siehe Eberle, Die Verwaltung 1984, 451 ff.
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E. Vorlaufende Mediation mit oder ohne Behördenbeteiligung
Für Mediationsverfahren, die im Vorfeld eines Verwaltungsverfahrens von „privater“ Seite initiiert und ohne Beteiligung der zum späteren Zeitpunkt zur Entscheidung berufenen Behörden durchgeführt werden, bestehen keinerlei öffentlich-rechtliche Beschränkungen. Die Auswahl der MediatorInnen und der Beteiligten, die Gestaltung des Mediationsverfahrens und letztlich auch die getroffenen Vereinbarungen erfolgen auf privatautonomer Ebene durch die Verfahrensbeteiligten selbst, also in deren alleinigen Verantwortung1035. Daran ändert wohl auch der Umstand nichts, dass BehördenvertreterInnen zu einzelnen Themen als Auskunftspersonen beigezogen werden. Die Grenze der Unbeachtlichkeit wird aber dann überschritten, und dies unabhängig davon, ob eine gesetzliche Regelung hiefür parat steht oder nicht, sollte die Verwaltung aktiv sowie gestalterisch an solchen informellen Aushandlungsprozessen teilnehmen. Als ein für die Prüfung entscheidender Parameter tritt hier der mögliche Bindungswille der Behörde hinzu. Die Fragen, die sich nunmehr in einem nächsten Schritt stellen, sind die der grundsätzlichen Befugnis der Verwaltung zur Teilnahme an solchen informellen Aushandlungen sowie auch zu deren Initiierung und Durchführung. Wie schon zu Beginn dieser Arbeit dargelegt, wird die Legitimation der Behörde für informelle Verfahren für zumindest bereits anhängige Verwaltungsverfahren verschiedentlich aus § 10 VwVfG abgeleitet1036. Aufgrund dieser Bestimmung bestehe eine Bindung der Verwaltungstätigkeit an bestimmte Handlungsformen vordergründig nicht, soweit freilich keine Rechtsvorschriften ausnahmsweise etwas anderes bestimmen, sondern die Behörde habe das (nichtförmliche) Verfahren formlos und nach Zweckmäßigkeitserwägungen1037 auszugestalten. Daraus wird schließlich gefolgert, dass im Stadium vor Beginn des Verwaltungsverfahrens erst recht der Einsatz informellen Verwaltungshandelns legitimiert sein müsse1038. An diesem Ergebnis, nämlich der grundsätzlichen Zulässigkeit solcher Verfahren, ändert auch der davon zu unterscheidende Ansatz – zB von Holznagel/Ramsauer – nichts, obwohl dieser einem gänzlich anderen Erklärungsstrang folgt. Demnach bedürfe Mediation im Verwaltungsrecht überhaupt keiner expliziten Rechtsgrundlage. Der Einsatz von MediatorIn1035 Vgl Stumpf, Streitbeilegung 297. 1036 Siehe auch sogleich 2.IV.F. 1037 Zum Gebot der Zweckmäßigkeit als Verfahrensgrundsatz der für die Mediation spricht Pünder, in: Erichsen/Ehlers (Hg), Verwaltungsrecht14 § 16 Rz 10 und 12. 1038 Vgl 2.II.B.3 sowie Pitschas, NVwZ 2004, 399.
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nen unterliege weder dem allgemeinen Gesetzesvorbehalt noch den verschiedenen grundrechtlichen Gesetzesvorbehalten, da, so wird von ihnen argumentiert, der Einsatz von Instrumenten der Mediation die Durchführung der gesetzlich vorgesehenen Verwaltungsverfahren nicht erübrige, sondern diese nur vorbereite oder begleite. Außerdem entfalte das erzielte Mediationsergebnis den betroffenen BürgerInnen gegenüber keine unmittelbare rechtliche Verbindlichkeit1039. Eine besondere Stellung – wenn auch in dem hier vorgestellten System an der Schnittstelle von Vorbereitung und Verwaltungsverfahren angesiedelt – nehmen schließlich die konkretisierenden Bestimmungen der §§ 5 d UVPG und 71c VwVfG ein, die der Behörde ausdrücklich frühzeitig einsetzbare Elemente für ein flexibles, dialogisches und kooperatives Verfahren anbieten1040. Zu beachten bleiben letztlich bei allen „behördenrelevanten“ Verfahren die Fragen der Beteiligungsrechte iSd VwVfG1041, der Wirkung von Aushandlungsergebnissen und der (Vorab)Bindung der Behörde an eben diese1042. F. Mediation im Zuge des nichtförmlichen Verwaltungsverfahrens
Als Regelform ist im VwVfG die Durchführung eines nichtförmlichen Verwaltungsverfahrens vorgesehen. Dieses kommt immer dann zur Anwendung, wenn keine andere Verfahrensart angeordnet oder vorgesehen ist. Es gelten hiefür die allgemeinen Bestimmungen der §§ 9 bis 62 VwVfG sowie die sie ergänzenden allgemeinen Verfahrensprinzipien. Die zu beachtenden Formvorschriften beschränken sich auf das gebotene Mindestmaß und lassen in weitem Umfang für Fälle, die nicht kontrovers sind oder bei denen die Beachtung von Förmlichkeiten untunlich wäre, darüber hinaus Ausnahmen zu1043. Dabei ist besonders der Grundsatz der Nichtförmlichkeit (§ 10 Satz 1 VwVfG) hervorzuheben, wodurch die Behörden weitgehend frei in ihren Gestaltungsmöglichkeiten sind. Ihnen ist also Ermessen eingeräumt. Eine willkürliche Verfahrensgestaltung hat das aber freilich nicht zur Folge1044. Die Behörden sind gem § 10 Satz 2 VwVfG jedenfalls 1039 Holznagel/Ramsauer, in: Haft/Schlieffen (Hg), Handbuch2 Rz 4 f; so wohl letztlich auch Bonk, in: Stelkens et al (Hg), VwVfG7 § 54 Rz 42d. Siehe aber Hoffmann-Riem, Konfliktmittler 38 ff. 1040 Diese sollen der Vollständigkeit halber hier erwähnt, jedoch an anderer Stelle näher erläutert werden; siehe unten 2.IV.M. 1041 Siehe 2.IV.J. 1042 Hinsichtlich der beiden letzten Punkte siehe 2.IV.N.1.a). 1043 So Kopp/Ramsauer, VwVfG12 Einf I Rz 45. 1044 Kopp/Ramsauer, VwVfG12 § 10 Rz 8.
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dazu verpflichtet, ein solches allgemeines Verfahren einfach, zweckmäßig und – mittlerweile auch – zügig1045 durchzuführen1046. Eine explizite rechtliche Grundlage für Mediation bietet das VwVfG nicht. Es kann jedoch davon ausgegangen werden, dass der Einsatz von Mediation im nichtförmlichen Verfahren grundsätzlich zulässig ist. Wohl aber sind die die Integration allesamt bejahenden Erklärungsversuche in der Lit nicht einheitlich. Wie bereits erwähnt1047, wird zum einen aufgrund der Regelung des § 10 VwVfG teilweise angenommen, dass die Entscheidung betreffend den Einsatz von Mediation dem Verfahrensermessen der Behörde überlassen sei1048. Die Grenze gebe auch hier § 40 VwVfG vor, wonach die Behörde ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten habe. Zum anderen bedürfe Mediation im Verwaltungsrecht überhaupt keiner expliziten Rechtsgrundlage, da, so wird argumentiert, der Einsatz von Instrumenten der Mediation die Durchführung der gesetzlich vorgesehenen Verwaltungsverfahren nicht erübrige, sondern diese nur vorbereite oder begleite, und außerdem das erzielte Mediationsergebnis keine unmittelbare rechtliche Verbindlichkeit entfalte1049. Schließlich wird noch von Hellriegel ins Treffen geführt, dass § 10 VwVfG weder als ein Mediationsverbot noch ein Mediationsgebot zu verstehen sei. Die Norm verhalte sich neutral zu den Fragen der Einschaltung von Privaten, sie könne mangels Konkretisierung Mediation nicht legitimieren, stehe ihr aber auch nicht entgegen1050. Deshalb
1045 Zur Einführung des Beschleunigungsgedankens und der Ergänzung der allgemeinen Maximen der Einfachheit und Zweckmäßigkeit durch die Zügigkeit siehe BMfW (Hg), Investitionsförderung Rz 905; Bonk, NVwZ 1997, 323; Schmitz, NVwZ 2000, 1238; ders, in: Stelkens et al (Hg), VwVfG7 § 10 Rz 25. 1046 Allgemein Kunig/Rublack, Jura 1990, 4 f; Maurer, Verwaltungsrecht18 § 19 Rz 3; Kopp/Ramsauer, VwVfG12 § 10 Rz 15 ff. 1047 Vgl 2.IV.E. 1048 Hoffmann-Riem, Konfliktmittler 40 f; Ines Härtel, Mediation im Verwaltungsrecht, JZ 2005, 757 f. 1049 Holznagel/Ramsauer, in: Haft/Schlieffen (Hg), Handbuch2 Rz 5; ebenso Bonk, in: Stelkens et al (Hg), VwVfG7 § 54 Rz 42e. Siehe aber Hoffmann-Riem, Konfliktmittler 38 ff. 1050 Schon Kunig/Rublack, Jura 1990, 5, gehen davon aus, dass die Regelung des § 10 VwVfG sich neutral zu der Fragestellung konsensualer Elemente des Verwaltungsverfahrens verhalte. Deren Offenheit für Kooperation beruhe zunächst auf der Nichtförmlichkeit. Die Frage, welche Art des Entscheidungsprozesses einfach und zweckmäßig sei, müsse einzelfallabhängig beantwortet und könne nicht generell zugunsten kooperativer Vorgehensweisen entschieden werden. Überhaupt gelangen sie zum Resümee, dass die verfahrensbezogenen Bestimmungen für die Durchführung von Mediation zwar Spielräume belassen, für ihr
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sei in diesem Fall auf die Grundsätze der funktionalen Privatisierung1051 zurückzugreifen. Sehe nun der Verfahrensgang nichts anderes vor, könne die Behörde grundsätzlich Verfahrensschritte auf Private übertragen1052. G. Integrierte Mediation
Unabhängig von der grundsätzlichen Zulässigkeit ist jedoch zu bedenken, dass für das Verwaltungsverfahrensrecht der Untersuchungsgrundsatz von entscheidender Bedeutung ist (§ 24 VwVfG). Danach ist es allein Aufgabe der zuständigen Behörde, den gesamten für ihre Entscheidung maßgeblichen Sachverhalt von Amts wegen ordnungsgemäß und vollständig zu ermitteln. Sie ist auch nicht an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten gebunden1053. Es kann also nicht angenommen werden, dass es zur Disposition der Beteiligten oder anderer Betroffener steht, welches Entscheidungsmaterial und welche Interessen in die Abwägung einzubeziehen sind1054. Pitschas schließt daraus, dass sich hiedurch der zur Verfügung stehende Mediationsspielraum von vornherein verkleinert1055. Dennoch regen Holznagel/Ramsauer den integrierten Einsatz von Mediation im Rahmen der behördlichen Sachverhaltsermittlung (§§ 24, 26 VwVfG) an. Ihnen zufolge würden der Behörde im Hinblick auf die Festlegung des Umfangs der Sachaufklärung und der Mittel, derer sie sich hiebei bediene, Entscheidungsspielräume zustehen. Sie begründen dies damit, dass gem § 24 Abs 1 Satz 2 VwVfG die Behörde zwar allein Art und Umfang der Ermittlungen bestimmt und an keine Beweisanträge der Beteiligten gebunden ist, die Behörde sich aber nach Maßgabe von § 26 Abs 1 VwVfG als Beweismittel aller Erkenntnisquellen bedienen darf, die sie nach pflichtgemäßem Ermessen zur Ermittlung des Sachverhalts für erforderlich hält1056. Demonstrativ1057 sind in § 26 Abs 1 VwVfG übrigens die Einholung von Auskünften jeder Art, die Anhörung von Beteiligten, die Vernehmung von Sachverständigen und ZeugInnen, die Einholung von schriftlichen Äußerungen von Beteiligten, ZeugInnen und Sachverständigen, die Beiziehung von Urkunden und Akten und schließlich der Augenschein aufgezählt. notwendiges Ziel – ein gemeinsam festgelegter Interessenausgleich und damit geteilte Entscheidungsmacht – sich aber kein Ansatzpunkt biete. 1051 Zur Einordnung der MediatorInnen durch Hellriegel, Mediation 50. 1052 Hellriegel, Mediation 136 f. 1053 Holznagel/Ramsauer, in: Haft/Schlieffen (Hg), Handbuch2 Rz 47; Maurer, Verwaltungsrecht18 § 19 Rz 18. 1054 Vgl Kunig/Rublack, Jura 1990, 5. 1055 Pitschas, NVwZ 2004, 399; so auch Härtel, JZ 2005, 758. 1056 Holznagel/Ramsauer, in: Haft/Schlieffen (Hg), Handbuch2 Rz 48. 1057 Vgl Kopp/Ramsauer, VwVfG12 § 26 Rz 9.
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Holznagel/Ramsauer folgend kann es nun etwa bei drohenden zeit- und kostenaufwendigen Ermittlungen durchaus im Interesse der Beteiligten und der Behörde sein, zur Sachverhaltsklärung eine/n MediatorIn hinzuziehen1058. Die Entscheidung für ein solches Vorgehen liegt im Ermessen der Behörde und ist in einem jeden Einzelfall neu zu treffen. Die MediatorInnen übernehmen hiebei die Funktion von „VerfahrensmittlerInnen“. Sie sind jedenfalls nicht als Sachverständige iSd § 26 Abs 1 Zif 2 VwVfG zu verstehen. Als Sachverständige werden vielmehr jene Personen herangezogen, die der Behörde das ihr fehlende Fachwissen zur Beurteilung von Tatsachen vermitteln1059. Sachverständige sind demnach Quellen entscheidungsrelevanter Informationen. Auf die Gestaltung oder den Ablauf des Verwaltungsverfahrens haben sie aber keinen Einfluss. Deshalb gehen auch Überlegungen, wonach MediatorInnen als „Sachverständige für Verfahrensfragen“ eingeschaltet werden können, ins Leere1060. Und schließlich ändert an diesem Negativbefund die Tatsache nichts, dass die MediatorInnen eventuell über einschlägige Sachkunde verfügen. Die MediatorInnen leisten vielmehr solche Aufgaben wie etwa die Aufarbeitung von Konfliktpotenzialen, die Strukturierung der Informationen und gegebenenfalls Übersetzungsdienste bei Gutachtenserörterungen, um das Wissens- und Informationsniveau auszugleichen. Letztlich darf aber nicht übersehen werden, dass die Durchführung eines Mediationsverfahrens de lege lata die Verwaltung nicht von der für das Verwaltungsverfahren aus § 24 VwVfG folgenden Verantwortung und der Verpflichtung, sich hinsichtlich des der Begutachtung unterworfenen Sachverhalts und der Ergebnisse selbst eine Überzeugung zu bilden hat, entbindet. Die Feststellungen und Schlussfolgerungen, die in der Mediation erarbeitet wurden, müssen von der Behörde eigenverantwortlich überprüft und nachvollzogen werden. Es wäre demnach rechtswidrig, würden die Mediationsergebnisse ohne weiteres an die Stelle der gebotenen behördlichen Willensbildung und Entscheidung treten1061. Für diese Untersuchung sind darüber hinaus die Stellung der Beteiligten und deren Anhörung notwendig herauszugreifen1062. Ihnen stehen nun nicht nur die Rechte zur Einbringung von Beweismitteln (§§ 24 Abs 3 iVm 26 Abs 2 VwVfG) und der Akteneinsicht (§ 29 VwVfG) zu, sondern sie sind, 1058 Holznagel/Ramsauer, in: Haft/Schlieffen (Hg), Handbuch2 Rz 49. 1059 Siehe etwa Dieter Kallerhoff, § 26, in: Paul Stelkens et al (Hg), Verwaltungsverfahrensgesetz. Kommentar7 (2008) Rz 68; Scherzberg, NVwZ 2006, 378; Kopp/ Ramsauer, VwVfG12 § 26 Rz 27. 1060 Hellriegel, Mediation 140. 1061 Holznagel/Ramsauer, in: Haft/Schlieffen (Hg), Handbuch2 Rz 50. Siehe weiters 2.III.A.6. 1062 Zu den Beteiligten nach § 13 VwVfG siehe 2.IV.J.
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bevor ein Verwaltungsakt erlassen wird, der in ihre Rechte eingreift, grundsätzlich zu hören (§ 28 VwVfG). Die Anhörung ist nicht als mündliche Verhandlung zu verstehen und auch ein Recht der Beteiligten auf Erörterung der vorgebrachten Tatsachen und der von ihnen getätigten Rechtsausführungen ist mit dem Anspruch auf Anhörung nicht umfasst1063. Selbst wenn den Beteiligten kein echtes Mitentscheidungsrecht eingeräumt wird, so bleiben ihnen doch Möglichkeiten, an dem Entscheidungsprozess teilzuhaben und bis zu einem gewissen Maß inhaltlich auf ihn Einfluss zu nehmen1064. Dennoch kann schon eine kooperative Form der Anhörung grundsätzlich die Chance bieten, den Informations- sowie den Kommunikationsfluss gegenüber den Vorhabensbetroffenen zu stärken und dadurch dem einzelnen Beteiligten Ängste zu nehmen sowie Widerstände aufzulösen. Einem solchen Unterfangen stellt sich auch § 28 VwVfG nicht entgegen, demzufolge keine bestimmte Form der Anhörung vorgesehen ist. Die Art der Ausgestaltung liegt vielmehr im Ermessen der Behörde1065. So ist wohl auch Pitschas zu verstehen, wenn er meint, dass die Anhörung insoweit ein „mediatives Element“ enthalte, das dann zum Tragen komme, wenn die Anhörung von der Behörde nicht bloß als Gelegenheit zur rechtlich gebotenen Äußerung verstanden werde1066. Mit dem eben Dargelegten soll nun aber nicht – wie es Pitschas zu Recht für einfach gelagerte Konflikte zwischen BürgerInnen und Verwaltung indiziert – vorschnell eine Variante der entschlackten und kostengünstigen Mediationssequenz propagiert werden, sondern vielmehr deutlich gemacht werden, dass das nichtförmliche Verfahren bereits de lege lata Platz für konfliktmittelnde Prozesse belässt. Es gilt unter Zugrundelegung der bestehenden verwaltungsverfahrensrechtlichen Vorgaben in weiterer Folge zu prüfen, ob darüber hinaus ein Mediationsverfahren mit einem der Verwaltung dermaßen verknüpft werden kann, ohne damit zugleich die Besonderheiten der Mediation zu deformieren.
1063 Kopp/Ramsauer, VwVfG12 § 28 Rz 42. 1064 Siehe auch Kaltenborn, Streitvermeidung 30. 1065 Allgemein Kopp/Ramsauer, VwVfG12 § 28 Rz 39 ff. Kunig/Rublack, Jura 1990, 5, stellen jedoch klar, dass dies „keine Pflicht zu aufeinander bezogenem, gemeinsamen Verarbeiten von Information oder ein Erarbeiten gemeinsamer Standpunkte, wie es Grundlage eines Aushandlungsprozesses“ sei, beinhalte. 1066 Ebenso sieht Pitschas, NVwZ 2004, 400 f, diesbezügliche Ansätze im Amtsermittlungs- und Untersuchungsgrundsatz. Beide zielen seiner Meinung nach in einem partnerschaftlichen Verständnis auf kooperative Sachverhaltsermittlung und -entwicklung durch die Beteiligten. Siehe auch Härtel, JZ 2005, 759.
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H. Mitlaufende Mediation
Hinsichtlich mitlaufender Mediationsverfahren stellt § 26 Abs 1 Zif 3 VwVfG eine solche „Verknüpfungsmöglichkeit“ dar, und zwar dahingehend, dass die in einem Mediationsverfahren erzielten Vereinbarungen iS dieser Bestimmung Urkunden und Akten darstellen, die als Beweismittel von der Behörde zur vollständigen Ermittlung des Sachverhalts herangezogen werden können1067. Vor allem können, ja „sollen“ die Beteiligten nach Maßgabe des § 26 Abs 2 VwVfG ihnen bekannte Tatsachen und Beweismittel angeben1068. Auch wenn nun die Behörde auf Grundlage von § 24 Abs 1 VwVfG nicht an die Beweisanträge der Beteiligten gebunden ist, hat sie alle für den Einzelfall bedeutsamen, auch die für die Beteiligten günstigen Umstände, in den Entscheidungsprozess einzubeziehen, sofern sie für die Entscheidung objektiv erheblich sind (Abs 2)1069. I. Förmliches Verwaltungs- und Planfeststellungsverfahren 1. Förmliches Verfahren (§§ 63 ff VwVfG)
Das VwVfG sieht in den §§ 63 bis 71 eigene, das nichtförmliche Verfahren ergänzende Vorschriften für ein förmliches Verwaltungsverfahren vor, wodurch eine stärkere Beteiligung der Betroffenen und eine erhöhte Richtigkeitsgewähr einhergehen soll1070. Gemeint sind hiemit – schlagwortartig aufgezählt – die Festlegung der Form des Antrags, die Mitwirkung von Zeuginnen sowie Zeugen und Sachverständigen, die Verpflichtung zur Anhörung von Beteiligten, das Erfordernis und der Ablauf der mündlichen Verhandlung, die Entscheidung sowie deren Anfechtung. Die übrigen Bestimmungen des VwVfG gelten subsidiär, soweit diese Sondernormen Spielräume belassen1071. Ein förmliches Verwaltungsverfahren ist gem § 63 Abs 1 VwVfG jedoch nur dann durchzuführen, wenn dies Rechtsvorschriften des Besonderen Verwaltungsrechts ausdrücklich anordnen. Gerade von dieser Möglichkeit hat aber der Gesetzgeber nur selten unmittelbar Gebrauch gemacht. Vielmehr enthalten zahlreiche Materiengesetze selbst besondere Verfahrensvorschriften, ohne zugleich das förmliche Verfahren nach §§ 63 ff VwVfG für anwendbar zu erklären. Man spricht dabei von förmlichen Verfahren im weiteren Sinn1072. 1067 Rüssel, Mediation 185. 1068 Kallerhoff, in: Stelkens et al (Hg), VwVfG7 § 26 Rz 47; Kopp/Ramsauer, VwVfG12 § 26 Rz 33 ff. 1069 Zum Berücksichtigungsgebot Kopp/Ramsauer, VwVfG12 § 24 Rz 54 ff. 1070 Kopp/Ramsauer, VwVfG12 § 63 Rz 2a. 1071 Hoffmann-Riem, Konfliktmittler 41; Kopp/Ramsauer, VwVfG12 § 63 Rz 11. 1072 Kopp/Ramsauer, VwVfG12 § 63 Rz 2.
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2. Planfeststellungsverfahren (§§ 72 ff VwVfG)
Von solchen Verfahren sind wiederum raumbezogene Fachpläne betroffen, die als Planfeststellungsbeschlüsse oder in einfachgelagerten bzw interessenwiderstreitfreien Fällen als Plangenehmigungen1073 ergehen (§ 74 VwVfG). Planfeststellungsbeschlüsse bilden jeweils die Rechtsgrundlage für die Errichtung bestimmter raumbeanspruchender Anlagen wie zB von Planung und Bau von Flughäfen, Bundesfernstraßen, Bahntrassen1074, Abfallbeseitigungsanlagen oder Zwischenlagern für radioaktive Abfälle1075. Dieses konzentrierte Verfahren ist stärker formalisiert als das förmliche Verwaltungsverfahren und gilt als dessen Spezialfall. Insbesondere hat vor Planfeststellungsbeschlüssen gem § 73 VwVfG zur Sammlung des Abwägungsmaterials und zur Gewährung rechtlichen Gehörs ein (zeitlich) gestrafftes1076 Anhörungsverfahren mit einer mündlichen Verhandlung stattzufinden1077. Wesentlich ist darüber hinaus, dass der Gesetzgeber hiebei in der Regel eine Trennung von Anhörungs- und Planfeststellungsbehörde vorsieht1078. Anderes gilt jedoch bei einer Plangenehmigung gem § 74 Abs 6 VwVfG. In diesem Fall liegt es im Ermessen der zuständigen Behörde anstelle eines Planfeststellungsverfahrens ein Plangenehmigungsverfahren durchzuführen, wenn die Voraussetzungen des § 74 Abs 6 Satz 1 VwVfG erfüllt sind1079. Entscheidet sich die Behörde zur Durchführung eines Plangenehmigungsverfahrens, sind nicht die Vorschriften über das Planfeststellungsverfahren, sondern – sofern Fachgesetze (zB § 9 dUVPG) nichts anderes bestimmen – die allgemeinen Verfahrensregeln des VwVfG anzuwenden. Das hat insbe1073 Davon ist dann auszugehen, wenn erstens keine Beeinträchtigung von Rechten Dritter gegeben ist oder die Betroffenen sich mit der Inanspruchnahme ihrer von dem Vorhaben beeinträchtigten Rechte schriftlich einverstanden erklärt haben und zweitens mit den TrägerInnen öffentlicher Belange das Benehmen – nicht Einvernehmen – hergestellt worden ist (§ 74 Abs 6 Satz 1 VwVfG). 1074 Siehe das Beispiel Stuttgart 21 bei Groß, DÖV 2011, 510. 1075 Das Planfeststellungsverfahren ist nur durchzuführen, soweit es von anderen Rechtsvorschriften ausdrücklich angeordnet ist (§ 72 VwVfG). 1076 Schmitz/Wessendorf, NVwZ 1996, 960; Bonk, NVwZ 1997, 329. 1077 Rainer Wahl/Johannes Dreier, Entwicklung des Fachplanungsrechts, NVwZ 1999, 611, halten übrigens die Beschneidung von Beteiligungsrechten zum Zweck der Verfahrensbeschleunigung für nicht zielführend, da die Öffentlichkeitsbeteiligung zur Verbesserung der Informationsgrundlagen sowie der Erhöhung der Akzeptanz und somit zur Beschleunigung der Planung führe und darüber hinaus zur Verhinderung materieller Fehler beitrage. Für einen zielgerichteten Einsatz der Öffentlichkeitsbeteiligung Steinberg, ZUR 2011, 343; allgemein etwa Maurer, Verwaltungsrecht18 § 19 Rz 5; Detterbeck, Verwaltungsrecht10 Rz 944 ff. 1078 Kopp/Ramsauer, VwVfG12 § 73 Rz 13 ff. 1079 So Kopp/Ramsauer, VwVfG12 § 74 Rz 155 sowie 167.
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sondere zur Folge, dass lediglich eine Anhörung gem § 28 VwVfG aber kein Anhörungsverfahren durchgeführt werden muss1080. Dennoch handelt es sich bei der Plangenehmigung um eine echte Planungsentscheidung, auf die das Abwägungsgebot uneingeschränkt Anwendung findet1081. Die Rechtswirkungen sind grundsätzlich die gleichen wie bei einem Planfeststellungsbeschluss. Vor allem ist auch die Konzentrationswirkung uneingeschränkt1082. Schließlich eröffnet § 74 Abs 7 VwVfG noch eine dritte Möglichkeit. Hiebei ergeht in Fällen von unwesentlicher Bedeutung1083 kein Planfeststellungsbeschluss und auch keine Plangenehmigung1084. Mit der behördlichen Entscheidung, in einem solchen Fall von der Durchführung eines Planungsverfahrens abzusehen, wird lediglich verbindlich festgestellt, dass die Voraussetzungen des Abs 7 vorliegen. Die Rechtmäßigkeit des Vorhabens wird nicht geprüft. Nach anderen Vorschriften notwendige Genehmigungen müssen eigens eingeholt werden1085. 3. Förmliche Verfahren und Mediation
Rechtlich differenzierter sind die Überlegungen hinsichtlich der Verknüpfung von Mediation und den förmlichen Verwaltungsverfahren. Der Gesetzgeber ist hiebei davon ausgegangen, dass dem Schutz der Rechte der Vorhabenträgerin bzw des Vorhabenträgers, der Wahrung betroffener öffentlicher Belange oder privater Interessen besser gedient ist, wenn Verfahren mit einer höheren Regelungsdichte, als dies im nichtförmlichen Verfahren der Fall ist, zur Verfügung gestellt werden. Mediation kommt in diesen Vorschriften übrigens nicht vor, was aber – wie schon bei den nichtförmli1080 Zum Verzicht auf das „zeitraubende“ Anhörungsverfahren als Beschleunigungsmaßnahme Schmitz/Wessendorf, NVwZ 1996, 960; Bonk, NVwZ 1997, 329. 1081 Kopp/Ramsauer, VwVfG12 § 74 Rz 156. 1082 Durch die Plangenehmigung wird wie durch den Planfeststellungsbeschluss über Lage des Vorhabens, Zulässigkeit der Errichtung und Nutzung von Anlagen, der Erforderlichkeit von Folgemaßnahmen, Schutzvorkehrungen etc entschieden. Vgl Kopp/Ramsauer, VwVfG12 § 74 Rz 170b. 1083 Gemeint sind hiemit – so Kopp/Ramsauer, VwVfG12 § 74 Rz 175 – etwa die Verbreiterung eines Gehwegs oder das Anlegen eines Radfahrwegs. 1084 Voraussetzungen hiefür sind erstens die Nichtberührung anderer öffentlicher Belange, es sei denn, dass insoweit bereits vorhabenkonforme behördliche Entscheidungen (Genehmigungen, Erlaubnisse etc) vorliegen. Zweitens dürfen Rechte anderer nicht beeinflusst werden oder es müssen entsprechende Vereinbarungen mit den vom Vorhaben Betroffenen bereits wirksam getroffen worden sein (§ 74 Abs 7 VwVfG). 1085 Kopp/Ramsauer, VwVfG12 § 74 Rz 175 und 181.
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chen Verfahren – nicht zwangsläufig dazu führt, dass ein Einsatzverbot für konfliktmittelnde Verfahrensschritte indiziert wird. Mangels gesetzlicher Ermächtigung und aufgrund des Gesetzesvorrangs erscheint ein Abrücken von den gesetzlich ausdrücklich zugewiesenen Verfahrensschritten zugunsten eines Mediationsverfahrens jedenfalls nicht rechtens1086. Eine grundsätzliche „Lücke“ ergibt sich aber dennoch; und zwar nach Maßgabe der §§ 63 Abs 2 und 72 Abs 1 VwVfG. Demnach gelten auch in förmlichen Verfahren die allgemeinen Verfahrensgrundsätze ergänzend, soweit sich aus den Sonderregelungen nichts Abweichendes ergibt. Insofern kann auf § 10 VwVfG zurückgegriffen werden, wenn die besonderen Verfahrensbestimmungen Spielräume belassen1087. Es bleiben also, sofern Ausnahmenormen nichts anderes vorsehen, das förmliche Verfahren ergänzende – nicht aber ersetzende – Verfahrensschritte. Folglich ist jeweils zu klären, inwieweit Aushandlungsverfahren entweder in informeller Weise vor oder neben dem förmlichen Verfahren ablaufen dürfen oder sie in das förmliche Verfahren integrierbar sind. Zweierlei ist dabei zu berücksichtigen. Zum einen dürfen informelle Verfahrensschritte nicht in Widerspruch zu Sicherungen des förmlichen Verfahrens geraten und diese unterlaufen werden. Zum anderen müssen solche Verfahrensmaßnahmen zweckdienlich und effizient sein (§ 10 VwVfG)1088. Damit ist mE für informelle Abklärungsprozesse zwischen BürgerInnen und Verwaltung im Vorfeld von und auch parallel zu förmlichen Verfahren – auf die Vorkehrungen hinsichtlich der Beteiligung drittbetroffener BürgerInnen sei hier nur hingewiesen1089 – bereits alles Wesentliche festgehalten. Offen bleibt noch die Frage von der Integrierbarkeit von Aushandlungsprozessen in festgeschriebene Verfahrenselemente. Zu denken ist dabei in erster Linie an die mündliche Verhandlung (§ 67 VwVfG) und an das Anhörungsverfahren (§ 73 VwVfG). 4. Verwaltungsverfahren gemäß §§ 63 ff VwVfG
In förmlichen Verwaltungsverfahren ist nach Maßgabe des § 67 Abs 1 VwVfG, welcher der allgemeinen Vorschrift des § 28 VwVfG vorgeht, also grundsätzlich zwingend (Ausnahmen § 67 Abs 2 leg cit1090) die Durchführung einer mündlichen Verhandlung vorgesehen. Der Zweck der mündlichen Verhandlung ist vor allem in der Klärung des entscheidungserhebli1086 Hellriegel, Mediation 128. 1087 Vgl Hoffmann-Riem, Konfliktmittler 41. 1088 Hoffmann-Riem, Konfliktmittler 42. 1089 Siehe 2.IV.J. 1090 Michael Sachs, § 67, in: Paul Stelkens et al (Hg), Verwaltungsverfahrensgesetz. Kommentar7 (2008) Rz 1 und 3.
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chen Sachverhalts unter Mitwirkung der Beteiligten und der Erhebung von Beweisen – wie beispielsweise durch oft heftig umstrittene Sachverständigengutachten1091 – gelegen. So soll die Schaffung einer besonders gründlichen Entscheidungsbasis gewährleistet werden1092. Die Entscheidung selbst ist letztlich aufgrund von § 69 Abs 1 VwVfG unter Würdigung des Gesamtergebnisses des Verfahrens zu treffen1093. Wann und wo eine mündliche Verhandlung durchgeführt werden soll, bleibt im Verfahrensermessen der Behörde. Den eigentlichen Verfahrensablauf der nicht allgemein öffentlichen1094 mündlichen Verhandlung bestimmt § 68 VwVfG. Ein/e wesentliche/r AkteurIn ist dabei die/der VerhandlungsleiterIn. Dieser/diesem obliegt es, die Sache mit den Beteiligten zu erörtern. Sie/er hat darauf hinzuwirken und hinzuweisen, dass alle für die Feststellung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden, unklare Anträge erläutert, sachdienliche Anträge gestellt sowie ungenügende Angaben ergänzt werden (Abs 2)1095. Darüber hinaus ist sie/er für die Ordnung während der Verhandlung verantwortlich und hat dafür zu sorgen, dass eine Niederschrift über die mündliche Verhandlung erstellt wird (Abs 3 und 4). Weiterführende Bestimmungen enthält § 68 VwVfG nicht, insbesondere ist der Gang der Verhandlung nicht näher fixiert. Nach Meinung von Sachs könne insoweit die/der VerhandlungsleiterIn den Ablauf nach Zweckmäßigkeitsgesichtspunkten gestalten1096. Es bleibt also ein gewisser Spielraum1097. Rüssel stellt daher Überlegungen in die Richtung an, dass die vorhin genannten Aufgaben der VerhandlungsleiterInnen grundsätzlich „in großen Teilen“ denen von MediatorInnen entsprechen und daher zu fragen sei, ob damit nicht den MediatorInnen die Leitung einer mündlichen Verhandlung iS dieser Vorschrift übertragen und die mündliche Verhandlung als Mediation ausgestaltet werden kann1098. 1091 Zum GutachterInnenstreit und dessen Nutzbarmachung im Konfliktmittlungsprozess Würtenberger, in: Ferz/Pichler (Hg), Mediation 44 ff. 1092 Sachs, in: Stelkens et al (Hg), VwVfG7 § 67 Rz 4. 1093 Kopp/Ramsauer, VwVfG12 § 67 Rz 5 sowie § 69 Rz 3. 1094 Zum Grundsatz der Nichtöffentlichkeit etwa Michael Sachs, § 68, in: Paul Stelkens et al (Hg), Verwaltungsverfahrensgesetz. Kommentar7 (2008) Rz 4 ff; Kopp/Ramsauer, VwVfG12 § 68 Rz 3 ff. 1095 Kopp/Ramsauer, VwVfG12 § 68 Rz 10 ff. 1096 Sachs, in: Stelkens et al (Hg), VwVfG7 § 68 Rz 18 und 23. 1097 Vgl Stumpf, Streitbeilegung 286. 1098 Rüssel, Mediation 219. Eine bloße Moderation der mündlichen Verhandlung durch MediatorInnen entspricht freilich nicht der Mediation ieS. Im Ergebnis so schon Zilleßen, in: Haft/Schlieffen (Hg), Handbuch2 Rz 40.
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Dies erscheint auch nicht gänzlich ausgeschlossen1099. Teile der Lehre gehen nämlich davon aus, dass gegebenenfalls und soweit Sondernormen nichts anderes bestimmen, von der Behördenleiterin bzw vom Behördenleiter auch unabhängige Außenstehende als VerhandlungsleiterInnen bestellt werden können; dies insbesondere mit dem Argument, dass § 68 VwVfG keine Regelung enthalte, wonach die/der VerhandlungsleiterIn ein/e VertreterIn der Behörde sein müsse1100. Doch Rüssel selbst kommt letztlich zum Ergebnis, dass bereits der Umstand der Rechtsstellung der VerwaltungshelferInnen den Anschein der Parteilichkeit vermitteln könne und die damit einhergehende Gefährdung der Neutralität bewirke1101. Zielführender hält Rüssel die Leitung einer mündlichen Verhandlung durch eine/n in Mediation geschulte/n VerfahrensleiterIn oder aber überhaupt die Durchführung eines sogenannten mitlaufenden Mediationsverfahrens. Sollte es nämlich dann im Rahmen eines solchen Mediationsverfahrens gelingen, ein Ergebnis iSd Antrags zu erzielen1102, könnte die Durchführung der mündlichen Verhandlung gem § 67 Abs 2 Zif 1 VwVfG entfallen1103. Von einer mündlichen Verhandlung kann aber weiters dann abgesehen werden, wenn kein/e Beteiligte/r innerhalb einer hiefür gesetzten Frist Einwendungen gegen die vorgesehene Maßnahme1104 erhoben hat (§ 67 Abs 2 1099 Zur Frage der Freiwilligkeit siehe 2.IV.L.1. 1100 Günter Hirsch/Andrea Schmidt-Didczuhn, Gentechnik und Öffentlichkeit. Das Anhörungsverfahren nach § 18 GenTG, DVBl 1991, 433, welche das Recht der Bestellung einer „unabhängigen Persönlichkeit“ kraft ihrer Verfahrensherrschaft und Organisationsgewalt der Behörde zuordnen. In diese Richtung wohl auch Rainer Wahl, Die Einschaltung privatrechtlich organisierter Verwaltungseinrichtungen in den Straßenbau, DVBl 1993, 525; ausdrücklich auch Rüssel, Mediation 219; ebenso Groß, DÖV 2011, 512, wenngleich ohne Begründung aber mit dem Beispiel des Einsatzes eines externen Sitzungsleiters im Zuge der Erweiterung des Flughafens Frankfurt. Differenzierend Kopp/Ramsauer, VwVfG12 § 68 Rz 9; ablehnend Hoffmann-Riem, Konfliktmittler 49 f, der sich jedoch den Einsatz von KonfliktmittlerInnen zur Unterstützung der behördlichen Verhandlungsleiterin bzw des Verhandlungsleiters vorstellen kann. Dabei solle den MediatorInnen aber nur die Aufgabe der Mitwirkung an der Verhandlungslösung übertragen werden. Diese könnten in dem von der Verhandlungsleitung vorgegebenen Rahmen ein umfassendes „Verfahrensmandat“ erhalten, ohne selbst einen solchen Verhandlungsrahmen eigenständig zu setzen. 1101 Rüssel, Mediation 219 f. 1102 Voraussetzung ist darüber hinaus, dass dem Antrag vollen Umfangs entsprochen wird; so Kopp/Ramsauer, VwVfG12 § 67 Rz 13. 1103 Rüssel, Mediation 220. 1104 Damit ist die im Verfahren zu erwartende oder jedenfalls mögliche Entscheidung der Behörde iSd § 69 leg cit gemeint; vgl Kopp/Ramsauer, VwVfG12 § 67 Rz 14.
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Zif 2 leg cit) oder alle Beteiligten auf sie ausdrücklich verzichten (§ 67 Abs 2 Zif 4 leg cit). Auch diese Voraussetzungen können im Einzelfall mit einem entsprechenden Mediationsergebnis erfüllt werden. 5. Planfeststellungsverfahren und Mediation
Eine Möglichkeit, wenn auch in einem sehr späten Verfahrensstadium1105, Mediation ins förmliche Verfahren zu integrieren, bietet weiters das Anhörungsverfahren gem § 73 VwVfG. Im Zuge dieses Verfahrens kann jede/r, deren/dessen Belange durch das Vorhaben berührt werden, gegen den Plan Einwendungen erheben (§ 73 Abs 4 leg cit). Nach Ende der Einwendungsfrist sind die Einwendungen und die Stellungnahmen der Behörden mit der/ dem TrägerIn des Vorhabens, den Behörden, den Betroffenen sowie den Personen, die Einwendungen erhoben haben, in bloß parteiöffentlicher Sitzung1106 zu erörtern (§ 73 Abs 6 leg cit). Dass der Erörterungstermin nicht nur der Feststellung des jeweils maßgeblichen Sachverhalts und der tatsächlichen und rechtlichen Entscheidungsgrundlagen dient sowie aus Sicht der Betroffenen dem Gebot des rechtlichen Gehörs zu entsprechen hat, sondern darüber hinaus auch Ausgleichs- und Einigungszwecke – die manche aus rechtstatsächlicher Sicht vehement in Abrede stellen1107 – erfüllen soll, kann aus § 74 Abs 2 VwVfG geschlossen werden1108. Hoffmann-Riem geht folglich davon aus, dass der Erörterungstermin geradezu darauf angelegt sei, eine Einigung über die Einwendungen zu erzielen. Das Gesetz lasse offen, zwischen wem und in welcher Rechtsform diese Einigung getroffen werde und verdeutliche damit, dass alle rechtlich zulässigen Formen in Betracht kommen. Darüber hinaus dürfen alle Personen beteiligt werden, die den Anlass der Einwendungen ausräumen helfen können. Dabei sei es nach der Systematik des VwVfG nicht einmal erforderlich, dass die Einigung im Erörterungstermin selbst erzielt werde. Gelinge es, sie parallel zum Termin oder im Anschluss daran zu erzielen, seien die 1105 Zu diesem Zeitpunkt können schon vielfältige Vorklärungen und faktische Bindungen erfolgt sein, die ein Loslassen und Abweichen schwierig werden lassen; so insbesondere Hoffmann-Riem, Konfliktmittler 43; Groß, DÖV 2011, 512. 1106 Kritik hiezu von Würtenberger, Akzeptanz 121, der einen öffentlichen und auch gegenüber den ZuhörerInnen (eingeschränkt) dialoghaft geführten Erörterungstermin fordert. 1107 Dies etwa Steinberg, ZUR 2011, 344, demzufolge zumindest bei hocheskalierten, mehrstufigen und multipolaren Verfahren der Erörterungstermin kaum seiner Funktion (Entscheidungsverbesserung, Ausgleich, Akzeptanzerhöhung) gerecht werde. In diese Richtung auch Groß, DÖV 2011, 512. 1108 Nur soweit es zu keiner Einigung kommt, ist über die Einwendungen hoheitlich zu entscheiden. Kopp/Ramsauer, VwVfG12 § 73 Rz 110 f, spricht von der Befriedungsfunktion des Erörterungstermins. Siehe auch Rüssel, Mediation 221.
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Einwendungen erledigt und das Aushandlungsverfahren somit erfolgreich1109. Überhaupt seien Einigungen auch nach der gesetzlichen Systematik einer einseitigen hoheitlichen Entscheidung vorzuziehen. Da solche Einigungen regelmäßig nur nach Verhandlungen über die Berechtigung von Einwendungen und nach Auffinden von Lösungsansätzen zu ihrer Erledigung stattfinden werden, seien auch die Aushandlungsverfahren mittelbar gesetzlich legitimiert1110. Nicht unerwähnt bleiben soll, dass für die Durchführung des Erörterungstermins die Vorschriften über die mündliche Verhandlung im förmlichen Verfahren entsprechend gelten1111, so dass über die Bestimmung § 68 VwVfG in den zuvor aufgezeigten Grenzen Raum für die Durchführung von Mediationsverfahren gegeben ist1112. Der ausdrückliche rechtliche Hinweis, wonach die Erörterung innerhalb von drei Monaten nach Ablauf der Einwendungsfrist abgeschlossen werden soll (§ 73 Abs 6 leg cit), steht einem Mediationsverfahren, das gegebenenfalls länger dauern sollte, übrigens nicht gänzlich entgegen. Nach Meinung von Kopp/Ramsauer handelt es sich dabei um eine Obliegenheit der Anhörungsbehörde. Im Einzelfall könne von dieser Frist auch abgewichen werden, sofern sachgerechte Erwägungen dies erfordern1113. Als Besonderheit muss Beachtung finden, dass die Anhörungsbehörde grundsätzlich nicht mit der Planfeststellungsbehörde ident ist. Dieser Umstand gewinnt dann an Relevanz, wenn eine zu erarbeitende Mediationsvereinbarung faktische Bindungswirkungen auf den späteren Planfeststellungsbeschluss entfalten soll. Es ist also zielführend, entweder die Planfeststellungsbehörde am Aushandlungsprozess zu beteiligen oder aber über interne 1109 Der Erörterungstermin kann jedoch nicht mehr für das Einbringen neuer Einwendungen genutzt werden. Siehe etwa Stumpf, Streitbeilegung 285, der in diesem Umstand eine Einschränkung für die Durchführung einer Mediation im Rahmen des Erörterungstermins konstatiert. 1110 Hoffmann-Riem, Konfliktmittler 43 f. Demgegenüber hält er Aushandlungsprozesse zwischen einzelnen Beteiligten – etwa zwischen VorhabenträgerIn und einzelnen Behörden –, die im Vorstadium vor Einbeziehung anderer Beteiligter stattfinden, für problematisch. Jedenfalls werden solche Abklärungen seiner Meinung nach durch die zitierten Regelungen des Anhörungsverfahrens nicht zusätzlich legitimiert. Sie können allerdings im Rahmen des § 10 VwVfG unbedenklich sein. Insofern gelte auch für sie die Grenze, dass sie nur dann zulässig seien, wenn sie die Sicherungen des förmlichen Verfahrens nicht zu unterlaufen drohen. 1111 Vgl Kopp/Ramsauer, VwVfG12 § 73 Rz 109. 1112 Siehe oben 2.IV.I.4. sowie Rüssel, Mediation 221. 1113 So Kopp/Ramsauer, VwVfG12 § 73 Rz 106a; im gegenständlichen Zusammenhang aA Schulze-Fielitz, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann (Hg), Konfliktbewältigung II 62, der mehrmonatige Verhandlungen darin nicht mehr gerechtfertigt sieht.
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Absprachen zwischen den beiden Behörden zu klären, ob die mit der Anhörungsbehörde getroffenen Vereinbarungen von der Planfeststellungsbehörde übernommen werden können1114. Rüssel hält demgegenüber – wie schon zuvor Hoffmann-Riem1115 und letztlich auch Schulze-Fielitz1116 – bei einem Planungsverfahren ein vorlaufendes Mediationsverfahren für besonders geeignet, um die Erörterung zu einem rechtzeitigen und tatsächlichen BürgerInnenbeteiligungsverfahren zur Interessenfindung und zu deren Ausgleich auszugestalten1117. Zu einem solchen frühen Zeitpunkt würden „die Problemlösungsvorschläge erst gesucht statt bloß ratifiziert“. Für den Erörterungstermin hätte dies zur Folge, dass er teilweise von seinen Aufgaben, die übrigens schon bisher nicht geleistet werden konnten, entlastet und „zum selbständigen Medium der Rückkoppelung der Interessenvertreter mit den Vertretenen, zur Kontrollinstanz des Verhandlungsergebnisses“ werde1118. In diesem Sinn dürfte auch jener Vorschlag von Schmidt-Aßmann zu verstehen sein, öffentliche Anhörungen in Planfeststellungsverfahren, deren bisherige Praxis sich seiner Meinung nach als unzulänglich erweise, durch Konfliktmittlung als vorordnende Maßnahme zu ergänzen1119. J. Auswahl der TeilnehmerInnen
Wenn Kaltenborn meint, dass Erfolg bzw Misserfolg der Verhandlungen im Rahmen des Mediationsverfahrens nur in geringem Maß davon abhängen, ob die Zusammenstellung des TeilnehmerInnenkreises maßgeblich auf Überlegungen der MediatorInnen beruhe oder aber von einer Teilnehmerin, in diesem Fall von der Verwaltung, vorgenommen werde, und es deshalb nicht zwingend notwendig erscheine, diese Aufgabe den MediatorInnen zuzuerkennen1120, verkennt er Wesen und Zweck dieses Unterfangens. Zwar ist 1114 Holznagel/Ramsauer, in: Haft/Schlieffen (Hg), Handbuch2 Rz 74. 1115 Gem Hoffmann-Riem, Konfliktmittler 51, erlauben es der späte Verfahrenszeitpunkt, an dem der Erörterungstermin stattfinde, und die rechtlichen Restriktionen inhaltlicher und zeitlicher Art nicht, das Entscheidungsproblem in seiner vollen Komplexität abzuarbeiten. In diese Richtung argumentiert letztlich auch Pünder, in: Erichsen/Ehlers (Hg), Verwaltungsrecht14 § 16 Rz 7. 1116 Schulze-Fielitz, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann (Hg), Konfliktbewältigung II 84 f, nennt hiefür die Zeitpunkte vor dem Erörterungstermin und vor dem Beginn des Planfeststellungsverfahrens. 1117 Rüssel, Mediation 221; so auch jüngst Groß, DÖV 2011, 512 f. 1118 Siehe Schulze-Fielitz, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann (Hg), Konfliktbewältigung II 85. 1119 Dies etwa bei Verfahren mit stark wissenschaftlichem Einschlag; so SchmidtAßmann, Verwaltungsrecht2 371. 1120 Kaltenborn, Streitvermeidung 113.
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ihm dahingehend zu folgen, dass im Zuge eines Verwaltungsverfahrens die Hinzuziehung möglicher Drittbetroffener nach § 13 Abs 2 VwVfG, also der sog „gekorenen“ Beteiligten, Aufgabe der Verwaltung ist1121, doch ändert dieser Umstand – wie sogleich zu zeigen sein wird – nichts an der Zweckmäßigkeit dieser Kompetenz der MediatorInnen. Wie bereits einleitend dargestellt, ist es ua Ziel der Konfliktanalyse, die potenziellen TeilnehmerInnen (Einzelpersonen, Interessengruppen und auch VertreterInnen von Fachbehörden1122) für die Mediation zu identifizieren. Dies gilt umso mehr, da alle vom Konflikt Betroffenen einzubeziehen sind1123. Darüber hinaus bietet sich im Zuge dessen die Möglichkeit, die Sachlage und den Konfliktstatus (Konfliktdauer, Eskalationsgrad, bisherige Regelungsversuche) zu analysieren sowie die Erwartungen in bzw an das Verfahren abzufragen. Auch die Klärung organisatorischer und verfahrensrelevanter Fragen wie die Absprache der Verhandlungsmandate und die Einigung auf InteressenrepräsentantInnen zählt zu diesen Vorbereitungsaufgaben. Hiezu dienen die meist zahlreichen Einzelgespräche mit den KonfliktpartnerInnen bereits im Vorfeld der ersten Mediationssitzung. Mit Hilfe der so erlangten Informationen können die MediatorInnen schließlich zum einen erkennen, ob der vorliegende Konflikt überhaupt für ein Mediationsverfahren geeignet ist oder sich ein anderes Konfliktbehandlungsmodell anbietet. Zum anderen dienen die Auskünfte und die darauf aufbauenden Analysen der Erarbeitung eines spezifischen Verfahrensdesigns sowie -verlaufs1124. Letztlich ändert das freilich nichts daran, dass viele der Betroffenen erst mit Hilfe der Verwaltung identifiziert werden können und somit die Behörde zur wesentlichen Informationsquelle wird. 1121 Stumpf, Streitbeilegung 283 sowie 301 f, wiederum sieht darin eine Mitwirkungsschranke für die Verwaltung, wonach die Behörde nicht gestaltend an einem Mediationsverfahren teilnehmen dürfe, wenn die Beteiligung von rechtlich betroffenen Dritten nicht garantiert sei. Nachdem er aber die Durchführung eines solchen Mediationsverfahrens nicht unbedingt als Aufgabe der öffentlichen Verwaltung sieht, reicht seine Forderung eben nur dahin, dass die Verwaltung auf die Teilnahme der Betroffenen hinzuwirken habe und widrigenfalls sie ihre eigene „aktive Mitwirkung“ einzustellen habe. 1122 Vgl Holznagel, Konfliktlösung 211; Zilleßen, in: Haft/Schlieffen (Hg), Handbuch2 Rz 67. 1123 Siehe auch Würtenberger, Akzeptanz 139, der für die Einbeziehung von allen TrägerInnen von Tauschmacht eintritt. Vor allem seien – völlig zu Recht – auch alle Behörden, deren Aufgabenbereiche durch die Verwaltungsentscheidung berührt werden, an der Konfliktmittlung zu beteiligen. Durch diese Vorkehrung lasse sich nicht zuletzt dem Einwand begegnen, dass aus dem Aushandlungsprozess jene öffentlichen Interessen ausgeschlossen seien, die nicht ihrerseits durch BürgerInnen formuliert werden. 1124 Siehe oben 1.II.B.
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Der Auswahlprozess der TeilnehmerInnen ist aber nun nicht nur für das Mediationsverfahren von essentieller Bedeutung, sondern auch im Hinblick rechtsstaatlicher Gesichtspunkte und den daraus resultierenden verwaltungsrechtlichen Obliegenheiten der Behörde wesentlich. Damit sind gleich mehrere Funktionskreise angesprochen. Bezogen auf das Mediationsverfahren kann als Grundsatz festgehalten werden, dass alle vom Konflikt Betroffenen am Verfahren zu beteiligen sind, womit auch deutlich wird, dass die Beteiligten iSd VwVfG mitunter nur eine Teilmenge der TeilnehmerInnen an einer Mediation darstellen1125. Aus Sicht des öffentlich-rechtlichen Verfahrens wiederum stellt das Recht der BürgerInnen auf Teilnahme an Verfahren, die ihre Rechte betreffen, nicht weniger als eine der wichtigsten Errungenschaften des Rechtsstaats dar1126. Als Folge daraus ordnen für das Verwaltungsverfahren die Bestimmungen der §§ 11 bis 20 VwVfG an, wer individuell befähigt und generell berechtigt ist, an einem Verwaltungsverfahren beteiligt zu sein und Verfahrenshandlungen vorzunehmen. Während für das eigentliche Verwaltungsverfahren Zeitpunkt, Inhalt und Form der Beteiligung drittbetroffener BürgerInnen weitgehend normiert sind, fehlen solche Regelungen für informelle Abklärungen, unabhängig davon, ob sie vor oder während eines (nicht)förmlichen Verwaltungsverfahrens stattfinden. Die „Sorge“, die in diesem Zusammenhang häufig geäußert wird, ist die, dass VorhabenträgerIn und Verwaltung sich bipolar auf bestimmte Voraussetzungen der Vorhabensverwirklichung einigen, ohne den drittbetroffenen BürgerInnen Mitwirkungschancen einzuräumen, und sie dadurch ein Unterlaufen der BürgerInnenbeteiligung provozieren1127. 1. Meinungsstand
Hoffmann-Riem warnt hinsichtlich der Rechtsmäßigkeitsanforderungen für Vorausbindungen davor, dass der Ausschluss von im Verwaltungsverfahren beteiligungsbefugten InteressenträgerInnen die Art und Weise der Alternativwahl nachhaltig beeinflusse, auch wenn im Rahmen der nachfolgenden auf die formelle Entscheidung bezogene Begründungskontrolle kein Abwägungsmangel zu beanstanden sein sollte1128. Es liege daher im pflichtgemäßen Ermessen der Verwaltung, über die Einbeziehung drittbetroffener BürgerInnen zu entscheiden1129. 1125 Vgl Schenke, in: Aschke et al (Hg), Selbstbestimmung 143. 1126 Kopp/Ramsauer, VwVfG12 § 13 Rz 3; siehe auch Schenke, in: Aschke et al (Hg), Selbstbestimmung 142. 1127 Vgl die bereits oben 2.II.B.4 sowie 2.III.C.2. 1128 Hoffmann-Riem, in: ders et al (Hg), Reform 153. Zum Drittschutz bei informellem Verwaltungshandeln siehe ausführlich 2.III.C.2. 1129 Hoffmann-Riem, Konfliktmittler 44 f.
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In diese Kerbe schlägt weiters Schenke, wenn er fordert, dass den durch eine Mediation betroffenen RechtsträgerInnen ebenfalls die Möglichkeit der Einflussnahme auf die Mediation offen stehen müsse. Sie dürfen demnach nicht zum bloßen Objekt der Verhandlungen anderer gemacht werden. Solle nun – so Schenke weiter – die Konfliktbeilegung in einem Mediationsverfahren erfolgen, müsse folglich allen Konfliktbetroffenen die Möglichkeit geboten werden, sich daran zu beteiligen. Eine bloß formale Beteiligung an einer späteren Umsetzungsentscheidung könne jedenfalls nicht die vorgegangenen verfahrensrechtlichen Defizite ausgleichen und würde sich aufgrund des Mangels an rechtzeitiger Einflussnahme als ermessensfehlerhaft erweisen1130. Auch Holznagel/Ramsauer weisen, um die Implementationsfähigkeit eines Mediationsergebnisses zu gewährleisten, auf die Notwendigkeit der Rücksichtnahme von (potenziellen) Beteiligten hin. Es sei dabei jedoch grundsätzlich nicht erforderlich – und letztlich wohl auch nicht effizient und praktikabel1131 –, dass alle iSd § 13 VwVfG Beteiligten am Mediationsverfahren teilnehmen. Ausreichend sei vielmehr, dass ihnen bereits in diesem Stadium Gelegenheit gegeben werde, sich zu äußern und darüber hinaus zu den Grundzügen der im Mediationsverfahren verhandelten Konfliktlösungsvorstellungen Stellung zu nehmen, sofern sie von diesen Plänen in ihren eigenen rechtlichen Interessen betroffen sein können. Werde – etwa aus Gründen der Handlungsfähigkeit des Verhandlungsplenums – darüber hinaus eine Begrenzung der TeilnehmerInnenanzahl angestrebt, dann dürfe ein Ausschluss aufgrund des Grundsatzes des fairen Verfahrens nicht aus unsachlichen Gründen erfolgen. Es sei folglich mit allen Beteiligten darüber Einvernehmen herzustellen, wer von ihnen an den Mediationsverhandlungen teilnimmt und wer durch beauftragte RepräsentantInnen vertreten werde1132. Schließlich spricht sich auch Rüssel nachdrücklich – und zwar unabhängig vom Zeitpunkt der Abführung eines Mediationsverfahrens – für eine Beteiligung aller von der zu regelnden Materie sowohl in materiellen als auch in bloß ideellen Interessen Betroffenen aus. Davon erfasst seien nun 1130 Schenke, in: Aschke et al (Hg), Selbstbestimmung 142 f, meldet hiezu außerdem Bedenken hinsichtlich des Aspekts des Gleichheitssatzes an. Dies deshalb, da einem Teil der Betroffenen das Privileg eingeräumt würde, selbst vorab „mitzuentscheiden“, während anderen nur noch die gegebenenfalls wenig nutzbringende Möglichkeit des später schlagend werdenden formalen Anhörungsrechts bliebe. 1131 So auch Schenke, in: Aschke et al (Hg), Selbstbestimmung 143. 1132 Holznagel/Ramsauer, in: Haft/Schlieffen (Hg), Handbuch2 Rz 70 und 72. Siehe auch Schulze-Fielitz, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann (Hg), Konfliktbewältigung II 79 f.
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nicht nur die nach § 13 VwVfG zwingend zu berücksichtigenden geborenen und gekorenen Beteiligten, sondern darüber hinaus auch „GemeinwohlvertreterInnen“ wie etwa Naturschutzverbände und lokale PolitikerInnen. Zu Recht weist sie auch darauf hin, dass jedenfalls der Blickpunkt auf potenziell Widerspruchs-, Einwendungs- oder Klageberechtigte gelegt werden müsse, da nur so die Grundlage für die Akzeptanz der Entscheidung und in weiterer Folge für die Vermeidung von Widersprüchen, Einwendungen oder eben Klagen geschaffen werden könne1133. Wie schon zuvor Holznagel/Ramsauer hält auch Rüssel eine Beschränkung des TeilnehmerInnenkreises bei Großverfahren für unerlässlich und plädiert daher ebenfalls für die Anwendung eines RepräsentantInnensystems. Der Einsatz von InteressenvertreterInnen sei ihrer Meinung nach mangels normativer Vorgaben allein unter inhaltlichen Gesichtspunkten zu beurteilen. InteressenvertreterInnen müssen demnach über die zeitlichen Ressourcen zur Teilnahme und den Rückhalt in der von ihnen vertretenen Gruppe verfügen, die sie darüber hinaus mit einem entsprechenden Entscheidungspouvoir ausstattet1134. 2. Schlussfolgerungen zur Auswahl
Aus den dargestellten Überlegungen können nun wertvolle Erkenntnisse für die Auswahl der Beteiligten und auch für die Gestaltung des Mediationsverfahrens destilliert werden. So ist wohl aus Mediationssicht unumstritten, dass der Personenkreis der zu beteiligenden Betroffenen großzügig anzulegen ist und sich dieser nicht zwingend in der Hinzuziehung der von § 13 VwVfG erfassten Beteiligten erschöpft. Es ist dabei aber darauf zu achten, dass zumindest diejenigen, denen ein potenzielles Widerspruchs-, Einwendungs- oder Klagerecht zusteht, an einem solchen Verfahren teilnehmen. Bei integrierten Verfahrenskonzeptionen, wonach zB der Erörterungstermin oder die mündliche Verhandlung zum Mediationsverfahren ausgestaltet werden soll, ist dies hingegen zwingend vorzusehen. Damit ist aber noch nichts darüber ausgesagt, in welcher Form die Betroffenen am Mediationsverfahren teilzunehmen haben. Hiefür drängen sich grundsätzlich drei Denkvarianten auf. Sie können zum einen unmittelbar und zum anderen mittelbar durch InteressenvertreterInnen an einem solchen Prozess beteiligt werden. Als dritte Möglichkeit bietet sich eine öffentliche Aussprache zumindest vor Abschluss des Verhandlungsverfahrens an, in dessen Rahmen sie iSd Grundsatzes auf rechtliches Gehör ihre Belange formulieren und vorbringen können. Werden alle drei Varianten kumulativ ausgeschöpft, ist nicht bloß den Forderungen jener KritikerInnen von informellen Verhandlungen, die aus guten Gründen eine Einbezie1133 Rüssel, Mediation 108 f. 1134 Rüssel, Mediation 110 ff.
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hung von drittbetroffenen BürgerInnen für unerlässlich halten, jedenfalls Genüge getan, sondern es wird auch dem Zweck der Mediation entsprochen. Der hier aufgezeigte Dreierweg macht zugleich deutlich, dass nicht zwangsläufig alle Betroffenen unmittelbar an den Verhandlungen zu partizipieren haben. Dies ist schon aus organisatorischen Überlegungen kaum bewerkstelligbar, nachdem Mediationen im öffentlichen Bereich ja zumeist Vielparteienverfahren sind. Eine unbegrenzte Teilnahme der Betroffenen ist einer produktiven Konfliktbearbeitung schon deshalb nicht dienlich, wenn man bedenkt, dass Großgruppen mitunter träge und nur schwer zu manövrieren sind. Außerdem macht es die intensive Auseinandersetzung erforderlich, dass bei den Einzelnen zeitliche Kapazitäten vorhanden sind, die eine regelmäßige und aktive Teilnahme erlauben. Eine Beschränkung der TeilnehmerInnen tut also Not1135. In dieser Situation gilt es zuvorderst zu beachten, dass den verfahrensrechtlichen Grundrechtsschutz nicht nur die von einer Verwaltungsentscheidung unmittelbar Betroffenen, die sog geborenen Beteiligten, genießen, sondern darüber hinaus auch all jene, die durch die Entscheidung einer Behörde mittelbar berührt werden und dadurch in ihren Grundrechten verletzt werden könnten1136. Der Vorgang der Hinzuziehung von Beteiligten gem § 13 Abs 2 VwVfG stellt wiederum einen verfahrensrechtlichen Verwaltungsakt dar und zählt demnach zu den Aufgaben der Behörde und steht in deren pflichtgemäßen Ermessen1137. Eine Übertragung der Entscheidung auf Privatpersonen erscheint somit nicht rechtens zu sein1138. Schließt man sich außerdem den dargelegten Bedenken an, die auf ein Vorziehen von Teilen verfahrensrechtlicher Bestimmungen oder gar auf eine analoge Anwendung der Bestimmungen des VwVfG abzielen (so zB Hoffmann-Riem), dann macht es darüber hinaus auch keinen Unterschied, ob es sich dabei um informelle Abklärungen vor oder während eines Verwaltungsverfahrens handelt1139. Den für die Beteiligung zentralen verwaltungsverfahrensrechtlichen Anforderungen wird nun damit entsprochen, dass die (potenziell) zu Beteiligenden von der Behörde zu einem Besprechungstermin respektive zur vor1135 Die von Holznagel, Konfliktlösung 277, de lege ferenda angedachte Fixierung einer TeilnehmerInnenhöchstgrenze darf als überschießende Maßnahme angesehen werden, da hiemit ohne Notwendigkeit die Flexibilität von Mediationsverfahren eingeschränkt werden würde. 1136 So etwa Kaltenborn, Streitvermeidung 267. 1137 Kopp/Ramsauer, VwVfG12 § 13 Rz 28. 1138 Anderes würde freilich, falls vom Beleihungsakt umfasst, bei beliehenen KonfliktmittlerInnen gelten; siehe auch oben 2.III.A.8. 1139 Hoffmann-Riem, Konfliktmittler 44.
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bereitenden oder ersten Mediationssitzung geladen werden1140. Die sich an die (Ein-)Ladung möglicherweise aufgrund der Vielzahl an Betroffener anschließende Beschränkung der TeilnehmerInnenzahl für das Mediationsverfahren stellt dann auch insoweit keine rechtliche Herausforderung mehr dar, wenn allen nach § 13 VwVfG zu Beteiligenden zumindest eine der drei zuvor aufgezeigten Partizipationsmöglichkeiten eingeräumt wird. Die Auswahl selbst, die bereits einen wesentlichen Verfahrensteil der Mediation bildet, erfolgt grundsätzlich im Einvernehmen mit allen Betroffenen, wobei in dem Sonderfall, dass darüber keine Einigung erzielt werden kann – in dieser Situation ist aber vielmehr die Geeignetheit des Mediationsverfahrens zu prüfen –, die Behörde als Herrin des Verwaltungsverfahrens wiederum im pflichtgemäßen Ermessen über die Einbeziehung Einzelner zu entscheiden hat. Eine unmittelbare Beteiligung der Betroffenen am Verhandlungsprozess erscheint – mit Ausnahme von integrierten Mediationsverfahren – angesichts der Vorüberlegungen jedenfalls nicht zwingend und auch die Beschreitung des Umweges über die Bestimmungen der §§ 17 ff VwVfG hinsichtlich der Bestellung von VertreterInnen in sog Massenverfahren ist aus verfahrensrechtlichen Gründen nicht notwendig. Abschließend sei jedoch einmal mehr darauf hingewiesen, dass die Teilnahme an einer Mediation auf dem Grundsatz der Freiwilligkeit beruht und sie aus diesen Gründen auch nicht erzwungen werden soll1141. Gegebenenfalls ist – insbesondere bei Teilnahmeverweigerungen durch sog Stakeholder – der Entschluss zur Durchführung eines Mediationsverfahrens nochmals zu überdenken1142. K. Fragen zur Geheimhaltung
Ein nicht zu vernachlässigender Aspekt eines jeden Mediationsverfahrens ist jener der Vertraulichkeit, denn Transparenz und Offenheit, zwei wesentliche Parameter für eine jede Konfliktbewältigung, verlangen nach Schutz. Für den Mediationsprozess an sich fehlt es im Gegensatz zum verwaltungsrechtlichen Verfahren (zB §§ 29 Abs 2, 30 VwVfG) jedoch weitgehend an solchen rechtlich gestützten Abschottungsregelungen1143. 1140 Vgl weiters Kopp/Ramsauer, VwVfG12 § 13 Rz 31, denen zu folge die Behörde dann, wenn die rechtlichen Voraussetzungen nicht gegeben sind, die Hinzuziehung jederzeit wieder aufheben kann. 1141 Siehe hiezu unten 2.IV.L.1. 1142 Vgl etwa Rüssel, Mediation 108. 1143 Zur berufsrechtlichen Absicherung der Verschwiegenheit von als MediatorInnen tätige Anwältinnen und Anwälte siehe Hellriegel, Mediation 198. Zu den Überlegungen im Zusammenhang mit dem Entwurf eines dt Mediationsgesetzes
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Der vertrauliche Umgang mit von den Parteien offengelegten Informationen muss also grundsätzlich von den TeilnehmerInnen selbst in sogenannten „Verfahrensregeln“ und/oder im Mediations- bzw Mediationsverfahrensvertrag1144, also jenem Vertragskonstrukt, in dem sich die Parteien und die MediatorInnen auf die Durchführung einer Mediation und die jeweils auf den Einzelfall bezogenen Bedingungen (zB über Beginn und Ende des Verfahrens, Ablaufgestaltung, Informationszugang, Vertraulichkeit, Umgang mit der Öffentlichkeit) verständigen1145, festgelegt werden1146. SchmidtAßmann geht aber davon aus, dass zumindest innerhalb eines laufenden Verwaltungsverfahrens für KonfliktmittlerInnen die allgemeinen Vorschriften der Geheimhaltung analog heranzuziehen sein werden1147. Hellriegel sieht hiebei im Ergebnis für als VerwaltungshelferInnen eingesetzte MediatorInnen, dass diese zwar nicht unmittelbar den gesetzlichen Pflichten des allgemeinen Verwaltungsrecht unterliegen, jedoch auf die Einhaltung der rechtsstaatlichen Grundsätze (Unparteilichkeit, Neutralität und Verschwiegenheit) im Mediationsauftrag verpflichtet werden müssen1148. Darüber hinaus seien die Vorschriften der §§ 81 ff VwVfG – insbesondere § 84 Abs 1 leg cit, der über § 30 VwVfG hinausgehe1149 – auf den Einsatz von MediatorInnen als VerwaltungshelferInnen analog anwendbar1150. Angesichts der Forderung nach Einhaltung eines bestimmten Legitimationsniveaus auch im Fall der Überantwortung vorbereitender Teilbeiträge an gesellschaftliche TrägerInnen schlägt Burgi eine Rechtsfolgenlösung in der Form vor, dass an das Vorliegen einer von einer Amtsträgerin bzw einem Amtsträger getroffenen Entscheidung die zusätzliche Rechtsfolge zu knüpfen sei, eine Pflicht zur Etablierung bestimmter formaler Standards gegenüber den betreffenden Annette Guckelberger, Einheitliches Mediationsgesetz auch für verwaltungsrechtliche Konflikte?, NVwZ 2011, 393. 1144 Die Diktion ist noch uneinheitlich. Sowohl in Deutschland als auch in Österreich scheinen sich hiefür jedoch der Begriff des Mediationsvertrags und gegebenenfalls Mediationsverfahrensvertrag durchzusetzen, während übrigens die Verhandlungsergebnisse mit dem Terminus Mediationsvereinbarungen umschrieben werden. 1145 Keine Einigkeit herrscht hinsichtlich der Rechtsnatur eines solchen Vertrags. Während Hellriegel, Mediation 186 ff, von einem öffentlich-rechtlichen Vertrag ausgeht, lehnt Rüssel, Mediation 134 ff, dies kategorisch ab. 1146 Hiezu auch Rüssel, Mediation 131. 1147 Schmidt-Aßmann, in: Riedel (Hg), Bedeutung 48. Zur Verschwiegenheitspflicht von privaten BeraterInnen, die im Zuge der Besorgung öffentlicher Aufgaben mit entsprechenden Informationen vertraut gemacht werden, siehe etwa Brohm, in: Isensee/Kirchhof (Hg), HStR II2 245 Rz 53. 1148 Hellriegel, Mediation 204 f. 1149 Hellriegel, Mediation 199. 1150 Hellriegel, Mediation 206 f.
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privaten Aufgabenträgerinnen und -trägern, mithin eine Vorwirkung der in Frage stehenden formalen Verfassungsanforderungen anzunehmen1151. Gemeint ist hiemit die schon mehrfach bezeichnete Strukturschaffungspflicht, zu deren Bestandteile er – nun bezogen auf den gegenständlichen Diskussionspunkt – eben auch die Geheimhaltung zählt. Sie bedürfe jeweils der näheren Regelung im Veranlassungsakt, unter Orientierung an den für die Verwaltung selbst einschlägigen einfachgesetzlichen Bestimmungen des Verwaltungsverfahrensrechts1152. Anderes gilt freilich für Behörden – im Fall der Einordnung als „beliehene“ MediatorInnen auch für diese1153 –, die im Vorfeld oder im Zuge der Antragstellung oder im Verlauf des Verwaltungsverfahrens Kenntnis von Geheimnissen und geheim zu haltenden Unterlagen erlangen oder ihnen diese überlassen werden1154. Die Verpflichtung zur Wahrung der Geheimnisse der Betroffenen macht darüber hinaus nicht vor Verhandlungen halt. Vielmehr werden durch Genehmigungsverfahren wirtschaftliche Verhältnisse, vor allem jene der VorhabenträgerInnen, maßgeblich gestaltet, worin wiederum das legitime Interesse erkannt werden kann, eben auch Verhandlungen geheim zu halten1155. Letztlich sind – folgt man der Lehre des Verwaltungsrechtsverhältnisses – neben den Hauptpflichten auch Nebenpflichten zu beachten und dies vor, neben oder nach Abschluss des Verfahrens. Als eine solche behördliche Nebenpflicht, die jederzeit zu berücksichtigen ist, zählt der Schutz des persönlichen Geheimnisses1156. Damit wird aber deutlich, dass ein auf Transparenz und Offenheit aufgebauter Prozess, wie es die Mediation einer ist, die Behörde nicht selbstredend von dem von Amts wegen zu beachtenden Geheimnisschutz nach Maßgabe des §§ 29 Abs 2 sowie 30 VwVfG frei spielt; dies letztlich unabhängig davon, ob ein Mediationsverfahren innerhalb oder außerhalb des Anwendungsbereichs des VwVfG durchgeführt wird1157. 1151 Burgi, Privatisierung 378 f. Siehe auch oben 2.III.A.9. 1152 Burgi, Privatisierung 384. 1153 So auch Hellriegel, Mediation 198 f, demzufolge die Verschwiegenheit von beliehenen MediatorInnen sich aus dem Gesetz – §§ 30, 84 Abs 1 VwVfG analog – ergebe. 1154 Allgemein etwa Heinz Joachim Bonk/Dieter Kallerhoff, § 30, in: Paul Stelkens et al (Hg), Verwaltungsverfahrensgesetz. Kommentar7 (2008) Rz 5 f; Kopp/ Ramsauer, VwVfG12 § 30 Rz 8 ff. 1155 Hellriegel, Mediation 199. 1156 Schmitz, in: Stelkens et al (Hg), VwVfG7 § 9 Rz 33. 1157 Kopp/Ramsauer, VwVfG12 § 30 Rz 5 geht jedenfalls davon aus, dass § 30 VwVfG als Ausdruck eines verfassungsrechtlich begründeten allgemeinen Rechtsgedankens zu verstehen sei und somit auch außerhalb des Anwendungsbereichs des VwVfG und ohne notwendigen Zusammenhang mit einem Verwaltungsverfah-
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Die/der AmtsträgerIn wird also ohne Einwilligung der Berechtigten1158 weder befugt sein, von sich aus geheim zuhaltende Unterlagen nach außen noch im Zuge der Mediation nach innen offen zu legen. Dies trifft übrigens gegenüber den Beteiligten ebenso zu wie – so Schmidt-Aßmann – gegenüber (behördenunabhängigen) MediatorInnen1159. Fraglich erscheint letztere Beschränkung jedoch im Fall des Einsatzes von beliehenen MediatorInnen, denen gem § 1 Abs 4 VwVfG selbst Behördenqualität zukommt. Hier könnten in letzter Konsequenz die Maßstäbe des Amtshilfeverkehrs1160 zum Tragen kommen1161. L. Rechtliche Stellung der MediatorInnen
In Bezug auf die rechtliche Stellung von MediatorInnen lässt sich im einschlägigen Schrifttum keine einheitliche Linie ausfindig machen. Dies verwundert aber auch nicht sonderlich, da gesetzliche Regelungen zur Einordnung von MediatorInnen weitgehend fehlen. Vielmehr muss auf Grundlage der bestehenden Rechtsordnung ein Konzept entworfen werden, das einerseits den normativen Vorgaben und andererseits den Anforderungen an die Aufgaben der MediatorInnen entspricht1162. Wie weit die angestellten Überlegungen vielfach einen vorrangig modellhaften Charakter haben, zeigen etwa jene von Schmidt-Aßmann hinsichtlich der von ihm vorgenommenen Statusbestimmung der MediatorInnen. ren gem § 9 leg cit sinngemäß auf sonstiges öffentlich-rechtliches Verwaltungshandeln angewandt werden müsse. 1158 Vgl hiezu auch Kopp/Ramsauer, VwVfG12 § 29 Rz 39 und § 30 Rz 15. 1159 Zu den MediatorInnen siehe etwa Schmidt-Aßmann, in: Hoffmann-Riem/ Schmidt-Aßmann (Hg), Konfliktbewältigung II 27. 1160 Zur umstrittenen Frage der Offenbarung von Geheimnissen durch Amtshilfe siehe etwa Bonk/Kallerhoff, in: Stelkens et al (Hg), VwVfG7 § 30 Rz 23. 1161 Hier nur erwähnt, wenn auch nicht weniger brisant, sei das Problem des Zeugnisverweigerungsrechts für MediatorInnen; siehe hiezu jedoch Hellriegel, Mediation 199 ff, demzufolge den MediatorInnen gem §§ 96 Abs 1 Satz 2 VwGO iVm 383 Abs 1 Zif 6 ZPO ein Zeugnisverweigerungsrecht zusteht. 1162 Für eine zukünftige gesetzliche Regelung der grundlegenden Pflichten, des Rahmens für die Ausgestaltung des Auftragsverhältnisses oder der Haftungsfragen plädieren etwa Hoffmann-Riem, Konfliktmittler 51 ff; Schmidt-Aßmann, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann (Hg), Konfliktbewältigung II 25 f; SchulzeFielitz, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann (Hg), Konfliktbewältigung II 64 ff sowie 74 ff, der die Normierung des fakultativen Einsatzes von KonfliktmittlerInnen für verfassungsrechtlich geboten erachtet, plädiert für zumindest bereichsspezifisch angelegte, „relativ offene Experimentierklauseln“. Außerdem würde – aus rechtspolitischer Sicht – eine gesetzliche Regelung den KonfliktmittlerInnen Normalität verschaffen und sie für die Verwaltung akzeptabel machen; Holznagel/Ramsauer, in: Haft/Schlieffen (Hg), Handbuch2 Rz 8.
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Ganz allgemein hält er eine rein private Stellung von MittlerInnen auf Basis eines Vertrags mit allen Beteiligten oder eines Vertrags mit Schutzwirkung zugunsten aller dieser für „zu diffus“, um die mit der Ausübung einer bestimmten Verfahrensverantwortung verbundenen Kompetenzen allseits hinreichend abzusichern. Aber auch eine Zuordnung als „normale Amtsträger der Exekutive“ erachtet Schmidt-Aßmann für nicht zielführend. Hiebei wären zwar die Standards rechtlich einwandfreier Amtsführung auf sie zumindest analog anwendbar, jedoch schiene dadurch die ausreichende Distanz zwischen MediatorInnen und Verwaltung nicht gewahrt. Als Konsequenz schlägt er daher eine Zwischenform vor, die aber nur de lege ferenda verwirklichbar ist. Demnach könne hiefür das Institut des „Beauftragten“ herangezogen werden. Dies solle ein gesetzlich nur vorgesehenes, mit gewissen Verfahrenspflichten in der Art und Weise der für ehrenamtlich Tätige (§§ 81 ff VwVfG) geltenden Pflichten gekoppeltes und im Übrigen jedoch durch Willensübereinkunft der Beteiligten verliehenes Amt sein1163. So interessant dies erscheinen mag, für die derzeitige Situation ist damit aber noch nicht viel gewonnen. Als geradezu unabdingbar bezeichnet wiederum Schuppert die Weisungsfreiheit der KonfliktmittlerInnen, sollen diese in ein rechtlich geregeltes Verwaltungsverfahren eingebettet werden und an die Stelle der Anhörungsbehörde treten. Nur durch das Herauslösen aus der Weisungshierarchie könne der notwendige Spielraum für die Mittlertätigkeit geschaffen werden und würde dadurch die Chance vergrößert, dass die Betroffenen die MediatorInnen als neutrale Person wahrnehmen werden. Überhaupt bedürfe es einer näheren gesetzlichen Ausgestaltung eines amtlichen Status der KonfliktmittlerInnen, wodurch sie aus der Sphäre der Privatperson herausgehoben werden bzw woran ihre Rechte und Pflichten angeknüpft werden können. Den von ihm angesprochenen „öffentlichen Status“ konkretisiert Schuppert jedoch nicht1164. Würtenberger schließlich hält die Einbeziehung von Privaten bzw einer Gesellschaft des Privatrechts ohne eigene Entscheidungsbefugnis in das Verfahren der Konfliktmittlung für eher zweifelhaft. Die Integration Privater in das Verwaltungsverfahren bereite erhebliche Schwierigkeiten und führe in letzter Konsequenz dazu, dass aufgrund einer derartigen „Beleihung“ die/der MediatorIn stark in die Nähe zu einer Amtsperson gerückt werde. Daher erscheine es vorzugswürdiger, durch verfahrensmäßige Absicherun-
1163 Schmidt-Aßmann, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann (Hg), Konfliktbewältigung II 26 f. 1164 Schuppert, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann (Hg), Konfliktbewältigung II 52 f.
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gen eine neutrale Konfliktmittlung durch die Verwaltung selbst zu garantieren1165. Für die vorliegende Untersuchung erscheint es jedenfalls zielführend, eine getrennte Betrachtung der jeweiligen Ausgangssituationen für Mediationen anzustellen, also zum einen ob ein Mediationsverfahren vor oder bereits nach Beginn eines Verwaltungsverfahrens bzw im Rahmen eines solchen durchgeführt wird. Zum anderen ist darauf zu achten, wer sich der Dienste der MediatorInnen zu welchem Zweck bedient. Für „privat“ von NormadressatInnen (etwa den AntragstellerInnen) initiierte und weitgehend behördenunabhängige Aushandlungsprozesse kann mangels unmittelbarer Verknüpfung mit dem Verwaltungsverfahren angenommen werden, dass keine öffentlich-rechtlich dominierten Überlegungen hinsichtlich der Stellung von MediatorInnen notwendig erscheinen1166. Dies gilt für vorlaufende Mediationsverfahren gleichermaßen wie für mitlaufende1167. Hiebei ist letztlich davon auszugehen, dass die MediatorInnen auf Grundlage eines privatrechtlichen Rechtsverhältnisses (Werk- oder Dienstvertrag) tätig werden. Die zu beachtenden Besonderheiten betreffend der Implementationsfähigkeit von Vereinbarungen bleiben hievon unberührt1168. Insoweit ist auch Holznagel/Ramsauer zu folgen, wenn sie festhalten, dass die MediatorInnen regelmäßig privatrechtlich handeln und ihnen keinerlei hoheitliche Befugnisse zukommen. Sie werden aufgrund eines privatrechtlichen Auftrags tätig. Dabei seien die Rechte und Pflichten der MediatorInnen im Rahmen der für den Dienstvertrag geltenden Vorschriften der §§ 611 ff BGB einer vertraglichen Vereinbarung zugänglich. Fraglich erscheint jedoch die pauschale Feststellung von Holznagel/Ramsauer, wonach aufgrund fehlender Regelungen überhaupt von einer privatrechtlichen Tätigkeit zu sprechen sei, weil im Normalfall weder eine Beleihung noch die Form der Verwaltungshilfe vorliege. Letztere könne schon deshalb ausgeschlossen werden, da MediatorInnen weder allein von der Verwaltung beauftragt werden, noch bei deren Tätigkeit als verlängerter Arm, als Werkzeug der Verwaltung tätig werden und schließlich nicht den Weisungen der Behörde unterliegen1169. Der bloße Anschein, dass Mediation sich auf Ver1165 Würtenberger, in: Ferz/Pichler (Hg), Mediation 37. 1166 Schmidt-Aßmann, Verwaltungsrecht2 355, spricht hiebei vom Grundmodell einer frei vereinbarten und einvernehmlich organisierten Mediation, in dem Rechtsregeln zunächst nur eine Bereitstellungsfunktion haben. 1167 Hinsichtlich mitlaufender Mediationsverfahren Hellriegel, Mediation 135. Zu den Abfolgemöglichkeiten siehe oben 2.IV.D.1. 1168 Vgl Schmidt-Aßmann, Verwaltungsrecht2 355. 1169 Die MediatorInnen handeln nicht für die Verwaltung, sondern gleichermaßen im Interesse aller Konfliktparteien. Ihnen fehle das für VerwaltungshelferInnen typische Abhängigkeitsverhältnis. So Kopp/Ramsauer, VwVfG12 Einf I Rz 83.
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waltungsverfahren beziehe, indem sie diese vorbereite und erleichtere, führe für sich allein noch nicht zur Annahme einer öffentlich-rechtlichen Tätigkeit. Eine solche müsse erst dann angenommen werden, wenn und soweit den MediatorInnen „andere Aufgaben innerhalb eines Verwaltungsverfahrens“ – wie etwa die Leitung und Durchführung von Anhörungen und Erörterungsterminen – übertragen werden1170. Der von Holznagel/Ramsauer unter Umständen vermittelte Eindruck von einer „im Normalfall“ weitest gehenden Unberührtheit der Tätigkeit der MediatorInnen von öffentlich-rechtlichen Wirkungen darf angesichts der neueren Privatisierungsdebatte freilich nicht zu der Einsicht verleiten, dass in diesem Zusammenhang keinerlei öffentlich-rechtlich relevante Konstellationen möglich wären. Eine diesbezügliche Prüfung wird vor allem immer dann notwendig sein, wenn KonfliktmittlerInneneinsätze von der Behörde initiiert und im Rahmen von Verwaltungsverfahren durchgeführt werden1171. 1. MediatorInnen als Beliehene
Diese Frage stellt de lege lata eine mehr theoretische dar, fehlt es doch derzeit an den für die Beleihung notwendigen Ermächtigungsnormen1172. Eine gesetzliche Grundlage wäre jedenfalls immer dann erforderlich, wenn den MediatorInnen – auch nur punktuell – die eigenständige Verfahrensherrschaft übertragen werden würde. Gemeint ist damit etwa die selbstständige Durchführung des Erörterungstermins sowie die Vorstellung, den VerfahrensmittlerInnen die alleinige Verantwortung für die Auswahl und die Modalitäten bei der Heranziehung Drittbetroffener einzuräumen. Hiebei würde einerseits den MediatorInnen hoheitliche Entscheidungsbefugnisse zugestanden, die über einen funktionalen Teilbeitrag bzw eine bloß unterstützende Tätigkeit hinausreichen. Andererseits handelt es sich bei der Einbeziehung Drittbetroffener in die behördliche Entscheidungsfindung um ein zentrales Element des Verwaltungsverfahrens. Beide Aspekte zusammengenommen deuten darauf hin, dass ein solches, wenn auch konfliktvermittelndes Vorgehen mit dem Institut der Verwaltungshilfe nicht mehr abgedeckt werden kann1173.
1170 Holznagel/Ramsauer, in: Haft/Schlieffen (Hg), Handbuch2 Rz 8 und 74. Im letztgenannten Fall geht Ramsauer nunmehr von einer Beleihung aus; so Kopp/ Ramsauer, VwVfG12 Einf I Rz 83. 1171 Auf diesen Unterschied verweist ausdrücklich auch Schmidt-Aßmann, Verwaltungsrecht2 355. 1172 Vgl jedoch 2.IV.M.7. 1173 Siehe oben 2.III.B.3.b).bb).bbb).
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Die folglich demokratisch zu legitimierenden MediatorInnen würden unter den Behördenbegriff des § 1 Abs 4 VwVfG fallen, organisationsrechtlich als Verwaltungsträger angesehen werden und wie jede/r TrägerIn der öffentlichen Verwaltung den Bindungspflichten des Art 20 Abs 3 GG – somit auch der hierarchischen Weisungsgewalt – unterliegen. Vor allem wären sie angehalten, ihre Amtspflichten anhand der einschlägigen Gesetze einschließlich des Verwaltungsverfahrensgesetzes wahrzunehmen1174. Darüber hinaus könnten sie – je nach Umfang der Kompetenzübertragung – in die (Zwangs-)Lage versetzt werden, Verantwortung für Aushandlungsergebnisse übernehmen zu müssen1175. Dieser Umstand ist es ua, der Rüssel zum Ergebnis kommen lässt, dass eine Übertragung der Aufgaben an MediatorInnen iS einer Beleihung nicht zielführend sei, gegebenenfalls sogar das gesamte Verfahren konterkarieren würde1176. Der Einwand ist nicht leichtfertig von der Hand zu weisen und es kann ihm nur bedingt begegnet werden. Jedoch ist mE in diesem Zusammenhang die Ausgangsfrage eine andere. Es geht nämlich zuallererst nicht um die rechtliche Einordnung der MediatorInnen, sondern vielmehr um die Identifizierung jener Aufgaben und Mittel, die KonfliktmittlerInnen notwendigerweise zu erfüllen haben, um schließlich das Ziel einer Mediation bestmöglich erreichen zu können. Erst wenn dies geklärt ist, und dies kann sinnvoller Weise nur jeweils bezogen auf den Einzelfall geschehen, stellt sich die Frage betreffend der entsprechenden Einordnung und – im Fall der Übertragung von hoheitlichen Befugnissen – darüber hinaus jene der Ausgestaltung des Beleihungsakts. Reichen, um zum Ausgang dieser Überlegungen zurückzukehren, die identifizierten Aufgaben der MediatorInnen über die Verfahrensverantwortung bis hin zur Ergebnisverantwortung, dann ist gegebenenfalls sowohl der Grundsatz der Neutralität gegenüber dem Konfliktthema als auch jener der Selbstverantwortlichkeit der Parteien in Gefahr. Aufgrund der organisationsrechtlichen Stellung der MediatorInnen treten allerdings noch weitere Einwände hinzu. So werden Bedenken dahingehend geäußert, dass MediatorInnen als Verwaltungsträger von dieser abhängig und „möglicherweise“ zumindest in den Augen der Beteiligten nicht mehr neutral erscheinen würden1177 bzw „noch zu eng mit typischen Organisationsformen von Herrschaft verbunden“ seien1178. Die hier aufgezeigten 1174 Vor allem unterfallen sie unmittelbar den Befangenheitsregelungen der §§ 20 f VwVfG. 1175 Vgl auch 2.III.B.3.b).aa).aaa). 1176 Rüssel, Mediation 125. 1177 Rüssel, Mediation 125. 1178 So Schmidt-Aßmann, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann (Hg), Konfliktbewältigung II 26.
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Abstimmungsschwierigkeiten hinsichtlich eines verträglichen Verhältnisses von Mediation und Verwaltungsverfahren werden um ein weiteres sichtbarer, wenn ins Kalkül gezogen wird, dass das Erfordernis demokratischer Legitimation auch nach dem Beleihungsakt in der Form zu beachten bleibt, dass die Unterwerfung der beliehenen MediatorInnen unter die Rechts- und gegebenenfalls auch Fachaufsicht erfolgt. Deren Ausgestaltung hat in Abhängigkeit von der Intensität der übertragenen Befugnisse und von den berührten Dritt- sowie Gemeinwohlinteressen zu erfolgen1179. Die notwendigen Vorgaben haben in dem die Beleihung ermächtigenden Gesetz enthalten zu sein und sind in Folge dessen im Wege der Bestellung an den Gegebenheiten des Einzelfalls auszurichten1180. Es hängt also einerseits davon ab, welchen Spielraum die Ermächtigungsnormen einräumen, und andererseits wie die von den MediatorInnen zu erledigenden Aufgaben in dieses Gefüge einzubinden sind, um der fortbestehenden Erfüllungsverantwortung des Staates bestmöglich entsprechen zu können. Ein gänzliches Freispielen von jeglicher Aufsichtsnotwendigkeit der Behörde erscheint dabei aufgrund des verfassungsrechtlichen Erfordernisses demokratischer Legitimation nicht denkbar, wenn auch Unterschiede hinsichtlich ihrer Intensität bis hin zu einem Mindestmaß1181 möglich sind1182. Vor allem aber bietet der Beleihungsakt – insbesondere in einem verwaltungsrechtlichen Beleihungsvertrag1183 – die Chance, die Aufgaben und Rollen in aller Deutlichkeit zu definieren und festzulegen1184. Zwar kann auch auf diese Weise die unbestrittenermaßen vorhandene Nähe zur Verwaltung nicht weg diskutiert werden, doch wird durch das Festhalten der Rollenverteilung sowie die damit zwangsläufig einhergehende Gewährung der größtmöglichen Transparenz gegenüber den Aufgabenbetroffenen – eben durch Offenlegung des Beleihungsakts innerhalb des Mediationsforums – den oftmals als „Schreckgespenster“ vorangestellten Weisungs- und Beeinflussungsargumenten die Durchschlagskraft genommen. Dreh- und Angelpunkt bleiben die Einhaltung des Verfahrensrahmens und damit verbunden die Wahrung der Rollenklarheit. Solange dies iSd herkömmlichen Grund1179 Vgl auch Hellriegel, Mediation 202. 1180 Siehe Burgi, in: Erichsen/Ehlers (Hg), Verwaltungsrecht14 § 10 Rz 29. 1181 Zum Erfordernis eines gesetzlichen Mindestinhalt bzw von gesetzlichen Mindestinhaltsklauseln von Beleihungsverträgen allgemein Bauer, in: HoffmannRiem/Schmidt-Aßmann (Hg), Innovation 281. 1182 Hellriegel, Mediation 203, weist darüber hinaus – zu Recht – darauf hin, dass sich die entscheidende Behörde im Fall einer Mediation nicht aus dem Verfahren zurückziehen, sondern vielmehr weiter daran teilnehmen soll. 1183 Siehe oben 2.III.B.b).aa).aaa). 1184 Vgl hiezu die Ausführungen zum Veranlassungsakt beim Einsatz von VerwaltungshelferInnen sogleich 2.IV.L.2.
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sätze gewährleistet wird, und dies ist im gegenständlichen Zusammenhang durchaus möglich, spricht nicht mehr alles dagegen, von einem Mediationsverfahren ieS auszugehen. Zu bedenken bleibt jedoch, dass eine zu engagiert angedachte Verknüpfung von Mediations- und Verwaltungsverfahren das Prinzip der Freiwilligkeit aushöhlen bzw ihm zur Gänze widersprechen kann1185. Die Gefahr besteht nämlich dann, wenn es keine oder zumindest nur bedingte Möglichkeiten gibt, sich ohne Nachteil dem Mediationsverfahren zu entziehen und dennoch in geeigneter Weise das eigene Anliegen rechtswirksam vorbringen zu können. Konkret könnte dies etwa der Fall sein, wenn das Mediationsverfahren die mündliche Verhandlung iSv § 68 VwVfG quasi ersetzen würde. Bei diesen Überlegungen spielt es übrigens keine Rolle, ob die Media torInnen als Beliehene oder als VerwaltungshelferInnen zum Einsatz kommen. 2. MediatorInnen als VerwaltungshelferInnen
Wie schon in Folge der vorangestellten verfassungsrechtlichen Überlegungen ersichtlich geworden ist, führt der Einsatz von VerwaltungshelferInnen – sofern keine auf Dauer angelegte und für eine Vielzahl von Anwendungsfällen vorgesehene Institutionalisierung angestrebt wird – nicht zur Anwendung des Gesetzesvorbehalts1186. Daraus lässt sich ganz allgemein folgern, dass sich die Behörde MediatorInnen dieses Typs bedienen kann. Wesentlich ist aber, dass aufgrund der (Vor- bzw Nach-)Wirkungen des Demokratieprinzips ein gänzlich kontrollfreies Agieren der privaten VerwaltungshelferInnen nicht selbstredend angenommen werden darf1187. Dass dies nun gerade beim Themenkomplex der Konfliktmittlung und dabei angesichts der fundamentalen Bedeutung der Unabhängigkeit, Selbständigkeit und Neutralität der MediatorInnen für ein solches Verfahren zu divergierenden Meinungen führt, verwundert freilich nicht. So sieht zB Hellriegel, dem zufolge die Bestellung der MediatorInnen zur Herstellung demokratischer Legitimation übrigens durch die Verwaltung erfolgen müsse, in der Tatsache, dass VerwaltungshelferInnen grundsätzlich der Verwaltung zuzuordnen seien, keine unüberwindbaren Hürden hinsichtlich der besonderen Stellung von MediatorInnen. Es erscheine seiner Meinung nach gerade nicht die rechtliche Zuordnung maßgeblich, sondern das konkrete Aufgabenfeld der MediatorInnen und die Ausgestaltung 1185 Davor warnt zB auch Mathias Preussner, Mediation im öffentlichen Recht, in: Martin Henssler/Ludwig Koch (Hg), Mediation in der Anwaltspraxis (2000) 430. 1186 Siehe oben 2.III.B.3.b).aa).bbb). 1187 Siehe oben 2.III.A.9.
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ihres Rechtsverhältnisses zur Verwaltung. Für das Konzept der Mediation sei es nicht relevant, von wem die KonfliktmittlerInnen die Verfahrensgewalt erhalten, sondern ob ihre persönliche Rolle und die Ausgestaltung des Verfahrens den Grundsätzen der Mediation entsprechen. Sehr wohl beachtlich sei hingegen die Ausgestaltung der Beauftragung der MediatorInnen und hiebei sei es auch Usus, dass die Parteien gemeinsam eine Mediatorin bzw einen Mediator ihres Vertrauens auswählen, der erst danach von der Verwaltung bestellt werde. Ein/e von den Beteiligten nicht akzeptierte/r MediatorIn könne von der Behörde folglich nicht durchgesetzt werden, da ansonsten der für die auf Freiwilligkeit basierende Mediation erforderliche Konsens durchbrochen werde. Gleiches gelte für eine dominante Rolle der Verwaltung im Verfahren, wenn sie also einen iSd Mediation unzulässigen Einfluss auf die KonfliktmittlerInnen nehmen wolle1188. Ein mögliches Weisungsrecht stehe übrigens eben Dargelegtem nicht entgegen. Ausreichend und gleichzeitig erforderlich sei nach Ansicht Hellriegels, dass die Behörde gewisse Einwirkungs- und Kontrollmöglichkeiten erhalte. Das Modell der Mediation eröffne der Verwaltung aber die Alternativen, im Rahmen ihrer verfassungsrechtlich zugewiesenen Letztentscheidungsbefugnis eine getroffene Vereinbarung zu bestätigen oder aber den Aushandlungsprozess jederzeit zu verlassen. Nachdem die Behörde in der Regel auch am Mediationsverfahren teilnehme1189, könne sie außerdem das gesamte Verfahren unmittelbar kontrollieren1190. Köster knüpft an dieser Stelle unmittelbar an die Forderung nach Weisungsfreiheit von KonfliktmittlerInnen an und leitet angesichts der Sicherung einer „zumindest punktuellen“ Weisungsbefugnis gegenüber der/dem – hier – in das Bauleitplanverfahren eingebundenen Privaten eine Inkompatibilität der Stellung von MediatorInnen mit der dem Planungsrecht eigenen Verantwortungsstruktur ab. Möglich erscheint ihm deshalb lediglich der Einsatz von einzelnen mediativen Elementen in den herkömmlichen Verwaltungsverfahren1191. Auch für Rüssel, die ebenso das tradierte Bild der unselbständigen, weisungsgebundenen HelferInnen vor Augen hat, scheidet die Tätigkeit der MediatorInnen als VerwaltungshelferInnen aus. Schon allein aufgrund der Rückkoppelung der VerwaltungshelferInnen an die Behörde könne ihrer Meinung nach der Eindruck erweckt werden, dass die MediatorInnen als verlängerter Arm der Verwaltung wirken und deren Interessen vertreten. 1188 Hellriegel, Mediation 124 f. 1189 Zur Notwendigkeit der Behördenbeteiligung siehe etwa auch Rüssel, Mediation 110. 1190 Hellriegel, Mediation 122 f. 1191 Köster, Privatisierung 111 f.
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Durch die mangelnde Distanz zur Behörde sei letztlich die Neutralität und damit der Erfolg des gesamten Mediationsverfahrens gefährdet1192. Rüssel schlägt zur Gewährleistung des Neutralitätsprinzips vor, dass die Behörde MediatorInnen mittels „Werk- oder ähnlicher Verträge“ beauftragen solle. Die KonfliktmittlerInnen handeln dann im Rahmen ihres Auftrags selbständig, nicht aber hoheitlich. Aufgrund fehlender Weisungsgebundenheit seien sie folglich auch nicht als VerwaltungshelferInnen, wegen der privatrechtlichen Tätigkeit nicht als Beliehene anzusehen1193. Darüber hinaus komme schließlich eine Beauftragung durch sogenannte Beteiligungsgesellschaften in Betracht. Rüssel bezieht sich dabei auf die im Zuge der Auseinandersetzung mit § 4b BauGB gesehenen Möglichkeit, dass die Gemeinde jene sich aus § 4b BauGB ergebenden Aufgaben auf eine eigene privatrechtlich organisierte (Projekt)Gesellschaft unter Beteiligung der Gemeinde übertragen könne1194. Dabei verbleibe die Verwaltungsaufgabe im Einflussbereich des Verwaltungsträgers und lediglich die Erfüllung der Aufgabe werde privatisiert. Die MediatorInnen könnten so von dem Beteiligungsunternehmen beauftragt werden, ohne von dessen Weisungen oder von gesetzlichen Grundlagen abhängig zu sein. Demgegenüber müsse die Verwaltungsverantwortung durch Vertragsklauseln abgesichert werden. Dies beinhalte neben Informationspflichten, Mitteilungs-, Auskunfts- und Beteiligungspflichten für die Gemeinde, um ihr so die Prüfung, Kontrolle und Überwachung des Verfahrens zu gewährleisten1195. 3. Funktionale Privatisierung und Verwaltungshilfe nach Burgi
Demgegenüber kann mE das Modell von Burgi betreffend die funktionale Privatisierung gemeinsam mit den Überlegungen von Kaltenborn diese scheinbar unauflösbaren Differenzen bis zu einem gewissen Grad überwinden helfen. Bevor jedoch auf den Neutralitätsaspekt eingegangen wird, erscheint es notwendig, mehrerlei zu prüfen. Damit ist zu hinterfragen gemeint, ob sich zur Aufgabenbewältigung der Staat oder andere Rechtsträger Privater bedienen, ob der Staat eine Staatsaufgabe wahrnimmt, in welcher Beziehung der Private zu dieser Aufgabe steht, ob die Organisationsstruktur verändert wird und ob das Tätigwerden der/des Privaten funktional unverändert auf ein staatliches Tätigwerden bezogen ist? 1192 Rüssel, Mediation 126 f. 1193 Rüssel, Mediation 127 f. 1194 Siehe hiezu auch Olaf Reidt, § 4b BauGB – Die Einschaltung Dritter in die Bauleitplanung, NVwZ 1998, 592 f; Ulrich Battis, § 4b, in: ders et al (Hg), Baugesetzbuch11 (2009) Rz 6. 1195 Rüssel, Mediation 128 ff.
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Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass sich die Behörde zur Bewältigung ihrer Aufgaben Dritter bedienen und diese – etwa auf Grundlage einer dies ausdrücklich hervorhebenden Bestimmung wie zB § 4b BauGB1196 – zum Zweck der Verfahrensbeschleunigung oder der weitestgehend interessengerechten Erledigung von hochkomplexen Genehmigungssachverhalten heranziehen kann. Hat gerade dies die Verwaltung im Sinn, dann bedeutet das nicht, dass sie sich der (Teil-)Aufgaben entledigen möchte, sondern vielmehr dass sie zur verbesserten Wahrnehmung ihrer Staatsaufgaben auf Teilbeiträge zu eben diesen Staatsaufgaben von Privaten, in diesem Fall von MediatorInnen, zurückgreift. Deren Beitrag steht demnach in einem funktionalen Bezug zu einer Staatsaufgabe, wie zB der Bewältigung des Anhörungsverfahrens im Rahmen der Planfeststellung. Bezugsobjekt des hier privat zu erbringenden Teilbeitrags ist also die anhand des jeweils einschlägigen Verfahrensgesetzes zu ermittelnde Staatsaufgabe der Verfahrensbewältigung. Am Vorliegen einer Staatsaufgabe ändert sich durch die Einschaltung von MediatorInnen nichts. Unverändert bleibt auch, dass die Behörde als Aufgabenträgerin vorhanden ist. Entscheidend ist weiters, dass die Erbringung von Teilbeiträgen mit funktionalem Bezug zu einer Staatsaufgabe selbst keine Wahrnehmung von Staatsaufgaben darstellt. Somit ist die funktionale Privatisierung auch keine Teil-Organisationsprivatisierung1197. Die Umstände, dass das Tätigwerden der Privaten funktional unverändert auf ein staatliches Tätigwerden bezogen ist und dass die Privaten nicht zum Einsatz öffentlich-rechtlicher Befugnisse berechtigt sind, machen nun auch den Unterschied zum Instrument der Beleihung aus. Die/der VerwaltungshelferIn wird demzufolge auch nicht Teil der Verwaltungsorganisation1198. Die Besonderheit der funktionalen Privatisierung besteht in der Veränderung der Verantwortungsstruktur im Hinblick auf eine fortbestehende Staatsaufgabe. Privaten wird infolgedessen je nach Fallgestaltung Verantwortung für die Vorbereitung und/oder Durchführung übertragen. Die Leitungsverantwortung verbleibt hingegen beim Staat1199. 1196 Eine ausdrückliche gesetzliche Grundlage ist, wie schon gezeigt, beim gelegentlichen Einsatz aber nicht erforderlich. 1197 Burgi, Privatisierung 158. 1198 Burgi, in: Erichsen/Ehlers (Hg), Verwaltungsrecht14 § 10 Rz 32. 1199 Burgi, Privatisierung 160. Nicht unerwähnt bleiben soll in diesem Zusammenhang die von Pitschas, NVwZ 2004, 400, angestellten und dem von Burgi vorgebrachten Ansatz nicht unähnlichen Überlegungen. Auch dieser geht von einer Leitungsverantwortung der zuständigen Behörde für das Gesamtverfahren aus. Seiner Meinung nach treten die neutralen Dritten in den Ablaufphasen des Verwaltungsverfahrens jedoch weder als (unselbständige) VerwaltungshelferInnen noch als Beliehene auf. Sie handeln vielmehr in Verwaltungssubstitution. Denn die Vorbereitung und Durchführung bestimmter Verfahrensschritte werde, wie
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Priorität muss dabei das Ziel genießen, die staatlichen EntscheidungsträgerInnen nicht ihres Einflusses zu entkleiden. Ihre Leitungsverantwortung darf demnach nicht derart untergraben werden, dass ihre Entscheidungen de facto zu einem bloßen „Absegnen“ der von VerwaltungshelferInnen bzw mit deren Unterstützung erarbeiteten Ergebnisse führt1200. Dafür gilt es in entsprechender Reaktion für die Vorbereitung von Verwaltungsentscheidungen die geeigneten Strukturen zu schaffen1201. Burgi führt nur einige – wie er selbst meint –, die wichtigsten Bestandteile der Strukturschaffungspflicht an1202. Hiezu zählt er zunächst eine die Person und das Amt der Verwaltungshelferin bzw des Verwaltungshelfers bezogene Komponente. Dabei müsse der Staat darauf achten, dass die/der mit der Vorbereitung ihrer/seiner Entscheidung betraute VerwaltungshelferIn über die erforderliche Sachkunde1203 verfüge und darüber hinaus zuverlässig, objektiv sowie neutral sei1204. In weiterer Folge müsse im Interesse der Verfahrenstransparenz ein gewisses Maß an Publizität gewährleistet etwa durch § 4b BauGB, der eigenverantwortlichen Interessenmittlung durch die MediatorInnen an Stelle der Verfahrensführung durch die Behörde überantwortet. Der Staat nimmt also Teile seiner eigenen Kompetenzen zurück und ersetzt diese durch die Tätigkeit der MediatorInnen, ohne zugleich die Verantwortung für die Gesamtaufgabe aufzugeben [siehe hiezu auch Rainer Pitschas, Duale Umweltverantwortung von Staat und Wirtschaft, in: Klaus Lüder (Hg), Staat und Verwaltung. Fünfzig Jahre Hochschule für Verwaltungswissenschaften Speyer (1997) 284 und 292 f]. Dabei müsse sich die Verfahrensgestaltung im Rahmen des Rechts halten. Sie dürfe ua nicht eindeutig rechtswidrige Ergebnisse anstreben. Überdies gelten gesetzliche Verfahrensregelungen im Raum der Mediation fort, wie etwa das Recht auf Gehör oder auch allgemeine Verfahrensgrundsätze wie zB jene der Waffengleichheit und der Verfahrensfairness. Diese Bindungen reichen bis in eine Handlungsverpflichtung der MediatorInnen zum Abbau der von ihnen erkannten verfahrensimmanenten Macht- und Wissensasymmetrien hinein. Härtel, JZ 2005, 759, hält entgegen, dass eine „echte Verwaltungssubstitution“ ausscheide, weil die MediatorInnen nicht an die Stelle der Verwaltung treten. Mediation ersetze nicht das Verwaltungsverfahren, sondern könne dieses nur begleiten oder ergänzen. 1200 Die Gefahr im Zusammenhang mit dem privaten Projektmanagements nach § 4b BauGB ansprechend Burgi, Privatisierung 140. 1201 Burgi, Privatisierung 380 f. 1202 Zur Strukturschaffungspflicht siehe oben 2.III.A.9 sowie 2.III.B.3.b).aa).bbb). 1203 Zu den Qualifikationsanforderungen von MediatorInnen siehe etwa Hellriegel, Mediation 35 ff; hingegen Volljuristinnen bzw Volljuristen als MediatorInnen fordert Schenke, in: Aschke et al (Hg), Selbstbestimmung 144 f. 1204 Burgi, Privatisierung 382. Überhaupt, so Schmidt-Aßmann, Verwaltungsrecht2 370, treffe die Verwaltung besondere Neutralitätssicherungspflichten beim Einsatz von VerwaltungshelferInnen, seien diese doch eine Konsequenz einer vorwirkenden Legitimationsverantwortung.
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werden. Daran knüpft Burgi nun nicht die Forderung nach allgemeiner Öffentlichkeit, sondern vielmehr die verpflichtende Informierung der Aufgabenbetroffenen über die mit dem Wandel der Verantwortungsstruktur einhergehende Veränderung der formalen Determinierung der Aufgabenerfüllung nach außen1205. Ein dritter Komplex betrifft schließlich die Ausübung der Kontrolle gegenüber den VerwaltungshelferInnen. Wenn von ihm auf die Kontrollpflicht der staatlichen Verwaltung verwiesen wird, dann ist hiemit eine breite Palette an Möglichkeiten zur Sicherstellung einer den materiellen Vorgaben entsprechenden Aufgabenerfüllung zu verstehen. Die nachträgliche Weisung stellt in seinem Ansatz neben etwa der Präventivsteuerung oder der Auflösung der Verbindung zur/zum VerwaltungshelferIn nur einen von mehreren gangbaren Wegen dar. Ein Automatismus sei damit nicht verbunden. Die entscheidende Voraussetzung bleibe, dass die betreffende Staatsaufgabe iSd verfassungs- und einfachrechtlichen Vorgaben erfüllt werde und es dabei folglich zu keiner Unterschreitung des Legitimationsniveaus komme. So ist es auch zu verstehen, wenn Burgi in jenen Fällen von einer „Zurücknahme bzw situationsgerechten Handhabung staatlicher Kontrolle“ spricht, in denen „die Freiheit von staatlicher Weisung das einer sachangemessenen Aufgabenerfüllung geschuldete Spezifikum des privaten (sachverständigen) Tätigwerdens“ darstelle. Bezogen auf die Stellung von Sachverständigen konkretisiert Burgi, dass der Kontrollmechanismus gegebenenfalls nicht in der Form der die sachliche Unabhängigkeit in Frage stellenden Einzelweisung eingreife, sondern sich vielmehr in einer präzisen Umschreibung des ihnen erteilten Auftrags äußern könne1206. Kaltenborn lehnt seine Überlegungen weitgehend an jene von Burgi an. Er geht hiebei folglich von der verfassungsrechtlichen Schranke hinsichtlich der Einbeziehung Privater in den Verwaltungsvollzug aus, wonach das Demokratieprinzip ein völlig selbständiges sowie „gänzlich“ weisungs- und kontrollfreies Tätigwerden privater Dritter nicht erlaube1207. Er gesteht zwar den MediatorInnen einen gewissen inhaltlichen bzw prozeduralen Freiraum zur Bewältigung der ihnen aufgetragenen Aufgaben der Verhandlungsführung und Moderation zu, fordert jedoch gleichzeitig die Ausübung eines Kontrollrechts der Verwaltung. Diese sieht er wiederum „ausschließlich“ in den Fällen unabdingbar, in „denen der Konfliktmittler von der ihm übertragenen Aufgabe abweicht oder die an ihn gestellten qualitativen Anforderungen nicht erfüllt“. Es müsse der Verwaltung daher rechtlich möglich sein, auf die MediatorInnen einwirken und in letzter Konsequenz ihnen das 1205 Burgi, Privatisierung 382 f. 1206 Burgi, Privatisierung 383 f. 1207 Kaltenborn, Streitvermeidung 230 f.
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Mandat entziehen zu können1208. Jedenfalls nicht umfasst sei aber – und dies ist auch als die direkte Replik von Kaltenborn auf die hier vorhin dargestellten Ausführungen von Schuppert zu verstehen – eine einseitige inhaltliche oder prozedurale Beeinflussung und Steuerung der MediatorInnen von den Weisungsrechten der Verwaltung1209. Aufbauend auf diese Überlegungen kann festgehalten werden, dass die Anforderungen an die VerwaltungshelferInnen und jene an die MediatorInnen nicht unbedingt auseinander fallen. Wenn der Staat zB darauf Bedacht zu nehmen hat, dass die beizuziehenden VerwaltungshelferInnen die erforderliche (den Mediationsprozess betreffende) Sachkenntnis mitzubringen und darüber hinaus zuverlässig, objektiv und neutral1210 zu sein haben, dann entspricht dies zur Gänze den Kriterien, die auch bei der Auswahl von MediatorInnen heranzuziehen sind. Das Argument, dass es letztlich die Behörde ist, welche die VerwaltungshelferInnen bestellt, kann dahingehend entkräftet werden, dass die Auswahl der MediatorInnen im Mediationsforum, in dem die zur Entscheidung berufene Behörde in der Regel selbst vertreten ist, erfolgen soll1211. Die Behörde ist freilich auch bei einer solchen Vorgehensweise gefordert, ihren Anforderungskatalog gegenüber den anderen TeilnehmerInnen offen und im Zuge der „Eignungsfeststellung“ an die BewerberInnen anzulegen. Wenn nun zwar die einzelnen Anforderungen weitgehend nicht verhandelbar sind – die aufgrund ihrer Deckungsgleiche zu jenen der MediatorInnen vordergründig aber auch nicht umstritten erscheinen – besteht so die Möglichkeit, eine/n von allen im Konflikt verstrickten Parteien akzeptierte/n MediatorIn im Konsensweg zu beauftragen. Kommt es dennoch zu keiner gemeinsamen Auswahl, ist vielmehr bereits die Bereitschaft, in diesem Fall ein Mediationsverfahren initiieren und durchführen zu wollen, grundsätzlich in Frage zu stellen. Der eigentliche Akt der Veranlassung privaten Tätigwerdens mit funktionalem Bezug erfolgt sodann durch die Behörde im Einvernehmen mit der/ dem ausgewählten privaten AufgabenträgerIn. Aufgrund der besonderen Situation wird es hiebei zielführend sein, dass die von Burgi geforderte Publizität hinsichtlich der Information der Aufgabenbetroffenen über die mit 1208 Ein Austritt aus dem Verhandlungsteam erscheint aber allein schon aufgrund des Prinzips der Freiwilligkeit grundsätzlich möglich. 1209 Kaltenborn, Streitvermeidung 231 FN 69. 1210 Jedenfalls ist davon auszugehen, dass die Befangenheitsregelungen der §§ 20 f VwVfG auch auf private Beauftragte und somit auf KonfliktmittlerInnen bzw MediatorInnen anzuwenden sind; so Bonk/Schmitz, in: Stelkens et al (Hg), VwVfG7 § 20 Rz 26. 1211 Einen grundrechtlich abgestützten Anspruch auf Vornahme einer funktionalen Privatisierung gibt es nicht; so Burgi, Privatisierung 251 f; wohl ist der Konkurrenzschutz bei mehreren BewerberInnen zu beachten; ders, Privatisierung 272 ff.
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dem Wandel der Verantwortungsstruktur einhergehenden Veränderung der formalen Bestimmung der Aufgabenerfüllung nicht erst schlagend wird, wenn der Veranlassungsakt vollzogen ist. Dies erscheint aus zwei Gründen wesentlich, und zwar, um den hohen Anforderungen an Transparenz und Offenheit in einem Mediationsverfahren im Allgemeinen und wegen der Festschreibung des Auftrags im Speziellen gerecht zu werden. Gerade letztgenannter Aspekt erfordert aufgrund seiner Bedeutung für die Kontrolle der MediatorInnentätigkeit aus Sicht der Behörde und vor allem auch aufgrund seiner Anscheinswirkung nach außen größter Sorgfalt. Wie schon vorhin ausgeführt, kann und soll iSd Präventivsteuerung der Auftrag an die VerwaltungshelferInnen möglichst umfassend beschrieben werden. Dass dies aber auch dem Modell der Mediation nicht unbekannt ist, darf hier nicht unerwähnt bleiben. Selbst bei Zweiparteienkonflikten werden zu Beginn der Mediation die Rolle und Aufgaben der MediatorInnen dargelegt und in einem Arbeitsübereinkommen mit den MediandInnen festgehalten. Außerdem kommt es in der Praxis nicht selten vor, dass die Konfliktbeteiligten selbst als de facto AuftraggeberInnen für die Mediation nicht identisch mit den eigentlichen, meist zahlenden AuftraggeberInnen sind1212. Eine vergleichbare Situation liegt auch hier vor1213. Als äußerer Auftrag ist der Veranlassungsakt der Behörde hinsichtlich der Einschaltung der MediatorInnen anzusehen. Demgegenüber müssen sich letztere ihren inneren Auftrag von den MediandInnen „abholen“. Da der äußere Auftrag bei mangelnder Offenheit aber für Irritationen sorgen kann, wird der Beachtung des Grundsatzes der Informiertheit1214 besondere Bedeutung zuzumessen sein. Dies trifft umso mehr zu, wenn – wie hier der Fall – die Behörde angehalten ist, den Auftrag an die/den MediatorIn möglichst genau zu definieren, um dadurch in die Lage versetzt zu werden, ihre Staatsaufgabe auch tatsächlich erfüllen zu können. Da nun die Behörde ihre Entscheidung in Folge von Privatisierungsmaßnahmen ebenso zu verantworten hat, darf sie ihren Einfluss auf die Entscheidungsvorbereitung auch im Fall der Durchführung eines Mediationsverfahrens nicht aus der Hand geben. Soweit es also für die rechtmäßige Erfüllung der Staatsaufgabe notwendig ist, muss sie danach trachten, ihre Letztverantwortungspflicht zu wahren. Wie bereits angezeigt, hat dies nicht ausnahmslos durch Weisungen zu erfolgen. Vor allem in Fällen, in denen die Loslösung von der staatlichen Weisung das einer sachangemessenen Aufgabenerfüllung geschuldete Spezifikum des privaten Tätigwerdens darstellt, ist eine situationsgerechte Handhabung der staatlichen 1212 Siehe etwa Kessen/Troja, in: Haft/Schlieffen (Hg), Handbuch2 Rz 11. 1213 Dies übersehen Holznagel/Ramsauer, in: Haft/Schlieffen (Hg), Handbuch2 Rz 8. 1214 Kracht, in: Haft/Schlieffen (Hg), Handbuch2 Rz 114 ff.
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Kontrolle gefordert. Eine solche Besonderheit kann in der Funktionsweise der Mediation und folglich im Tätigwerden der MediatorInnen erblickt werden. Ihre herausragende, für das Wirken der Mediation wesensimmanente neutrale Stellung ist dabei von fundamentaler Bedeutung. Diese beinahe pathetisch anmutende Aussage lässt sich zwar nicht (verfassungs) rechtlich unterlegen, aber mit der Position der MediatorInnen innerhalb des Mediationsverfahrens durchaus begründen. Diesen kommt vom Staat bzw vom Gesetz grundsätzlich keinerlei Autorität zu. Die entsprechende Hauptquelle hiefür ist vielmehr die der Neutralität. Geht diese verloren, werden MediatorInnen auch einen Teil ihres Ansehens einbüßen, was unmittelbar negative Auswirkungen für ihre Verfahrensleitungskompetenz provoziert. Wesentlich erscheint weiters, dass – wie es Kracht ausdrückt – die Neutralität der MediatorInnen aus zwei Komponenten besteht: einerseits aus deren Neutralität im Verfahren gegenüber den Parteieninteressen und andererseits aus deren Neutralität als Person, wonach eine jegliche Abhängigkeit und Nahebeziehung zu einer der Parteien auszuschließen ist1215. Die beiden Komponenten sind keineswegs beliebig austauschbar, sondern unbedingt zu gewährleisten. Dies könne – wiederum mit Kracht – zum einen durch das Auswahlverfahren der Parteien und zum anderen durch die MediatorInnen selbst geschehen1216. In der hier zu beurteilenden Situation tritt jedoch noch ein drittes Element hinzu, nämlich jenes der Auftragsgestaltung. Der Veranlassungsakt wird somit zu einer wesentlichen Grundlage sowohl für die Verwaltung und die MediatorInnen als auch für das Mediationsverfahren im Allgemeinen. Aus Sicht der Behörde stellt er jedenfalls die zentrale Möglichkeit dar, um die Leitungsmaßnahmen zu fixieren und um folglich insbesondere auch den Kontrollaufgaben in geeigneter Weise nachkommen zu können. Für die MediatorInnen konkretisiert der Veranlassungsakt in erster Linie ihre Rechtsstellung gegenüber der Verwaltung und zu einem großen Teil ihre Rolle im Mediationsverfahren, bildet darüber hinaus die Richtschnur für ihr Handeln und markiert zugleich die Grenze, für die Leitungsmaßnahmen der Behörde. Die MediatorInnen haben somit einen Anspruch darauf, dass das im Zuge der Veranlassung Vereinbarte auch tatsächlich eingehalten wird1217. Dass dies nicht ohne unmittelbare Auswirkungen auf das Mediationsverfahren im Allgemeinen bleibt, liegt auf der Hand. Von entscheidender Bedeutung ist demnach, dass die Inhalte der Übertragung offen gelegt werden. Nur so kann Klarheit hinsichtlich der eigenständigen Rolle der MediatorInnen, der Behörde und letztlich auch der MediandInnen geschaffen und fehlgeleitete Vorstellungen sowie falsche Er1215 Kracht, in: Haft/Schlieffen (Hg), Handbuch2 Rz 30. 1216 Kracht, in: Haft/Schlieffen (Hg), Handbuch2 Rz 32. 1217 Vgl Burgi, Privatisierung 426.
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wartungen hintangestellt werden1218. Dieses Vorgehen wird vielmehr zur Stärkung der Stellung der MediatorInnen sowie der MediandInnen beitragen und dadurch den Betroffenen die zur Einlassung auf ein solches Verfahren notwendige Sicherheit geben. Gehörig eingesetzt kann der Veranlassungsakt also geradezu zum vertrauens- und akzeptanzstiftenden Instrument werden. Bezogen auf den konkreten Inhalt bedeutet dies, dass darin nun die Rolle sowie die Aufgaben der MediatorInnen – wie etwa die Verpflichtung zur neutralen und objektiven Ausführung der Tätigkeit, die Gestaltung des Verfahrens, hier insbesondere die Kriterien der Hinzuziehung und Auswahl von MediandInnen sowie Äußerungsmöglichkeiten von nicht einbezogenen Dritten1219 –, vor allem auch deren Freiräume hinsichtlich dem selbständigen Setzen von Verhandlungsschritten definiert und letztlich die Möglichkeiten der (vorzeitigen) Beendigung1220 des Auftragsverhältnisses sowie die Honorierung der MediatorInnentätigkeit festgelegt werden1221. Darüber hinaus wird hierin auch die Stellung der Behörde im Mediationsverfahren offen zu legen sein. Davon hängt es schließlich ab, welche weiteren Kontrollmaßnahmen ergriffen werden müssen. Gemeint sind hiemit Informations-, Auskunfts- oder Dokumentationspflichten gegenüber dem Verwaltungsträger1222. Ist die Behörde selbst unmittelbar am Mediationsverfahren beteiligt, was nicht nur für den eigentlichen Aushandlungsprozess von großem Vor-
1218 Damit erscheint auch die von Rüssel, Mediation 126 f, geäußerte Sorge der mangelnden Distanz zu überwinden sein. 1219 Allgemein hiezu Burgi, Privatisierung 426 ff. 1220 Zumeist wird in der verwaltungsrechtlichen Literatur die vorzeitige Beendigung eines Mediationsverfahrens – Stichwort Rückholrechte der Verwaltung – ausschließlich aus der Perspektive des Staates betrachtet; so etwa Kaltenborn, Streitvermeidung 187. Hellriegel, Mediation 202, spricht zudem auch die „Kündigungsmöglichkeit“ der MediatorInnen an. Wenn Hellriegel – wie hier – jedoch ohne weitere Begründung davon ausgeht, dass den MediatorInnen keine besonderen Kündigungsgründe zuzubilligen seien, und sie daher den Mediationsauftrag nur aus wichtigem Grund kündigen können, ist ihm wohl – bei Fehlen entsprechender Regelungen – letztlich zuzustimmen. Selbstredend ist dieses Ergebnis aber keineswegs. Zu bedenken ist nämlich, dass das jederzeitige Beendigungsrecht Ausfluss des Grundsatzes der Freiwilligkeit ist, der wiederum für alle am Verfahren, also auch für MediatorInnen, zu beachten ist. Zur Diskussion betreffend das einseitige Beendigungsrecht in Österreich siehe etwa Ferz, pm 1/05, 19. 1221 Zu denken ist darüber hinaus auch an einen Nachweis des Abschlusses einer Haftpflichtversicherung. 1222 Zu Mindestinhaltsklauseln im „Mediationsvertrag“ Kaltenborn, Streitvermeidung 187 FN 193.
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teil ist, können solche Maßnahmen letztlich eingeschränkt werden oder gar unterbleiben1223. Ein Unterschreiten des Legitimationsniveaus wird also dann nicht zu befürchten sein, wenn es, wie hier vorgeschlagen, zu einer detaillierten Umschreibung des den MediatorInnen erteilten Auftrags kommt. Insbesondere erscheint es somit auch vertretbar, von Leitungsmaßnahmen der Behörde in Form von Einzelweisungen abzusehen. Letztlich wird aber auch davon auszugehen sein, dass die Regelungsdichte des Veranlassungsakts immer mehr zunimmt, je weiter das Mediationsverfahren in das der eigentlichen Verwaltungsentscheidung vorgelagerte Verfahren integriert werden soll. Der Vollständigkeit halber ist schließlich noch ein weiterer zu berücksichtigender Aspekt hinzuzufügen. Es ist nämlich zu beachten, dass nicht bloß Private, sondern auch der Staat als Vorhabenträger in Erscheinung treten kann. In einem solchen Fall erscheint das – zumindest zu Beginn einer jeden Mediation – fragile Vertrauensband zwischen den Vorhabensbetroffenen und den MediatorInnen einer noch größeren Reißprobe ausgesetzt, als dies bereits in der zuvor geschilderten Situation der Fall ist. Am Ergebnis ändert diese Konstellation zwar nichts, jedoch wird dadurch der Prüfmaßstab für den Neutralitätsanschein der MediatorInnen wohl noch ein Stück weiter angehoben. 4. Mediation durch AmtsträgerInnen ieS
Nicht auszuschließen ist letztlich, dass die Verwaltung selbst in Person ihrer AmtsträgerInnen die Funktion einer Mediatorin oder eines Mediators ausübt. Ein solches Vorgehen könnte sich etwa im Rahmen des förmlichen Verfahrens und hiebei insbesondere im vorhin angesprochenen Planfeststellungsverfahren und dabei im Zuge des eigentlichen Anhörungsverfahrens anbieten, dies insbesondere dann, wenn die grundsätzlich vorgesehene Trennung zwischen Planfeststellungs- und Anhörungsbehörde gegeben ist1224. Der entscheidende Unterschied zur Mediation ieS und auch zur Funktion der Verwaltungshelferin bzw des Verwaltungshelfers ist jedoch der, dass die in einem solchen Fall mediativ agierenden Personen AmtsträgerInnen sind, folglich in keiner Weise losgelöst von der hierarchischen Wei1223 Um Rollenkonflikte der verfahrensverantwortlichen Behörde zu vermeiden und ihre hinreichende Distanz zu gewährleisten, schlägt Schmidt-Aßmann, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann (Hg), Konfliktbewältigung II 28, vor, dass diese nicht Beteiligte eines Mediationsverfahrens sein solle. Die Trennung zwischen verfahrensverantwortlicher und verhandelnder Behörde könne die Verhandlungsfreiheit der öffentlichen Verwaltung insgesamt steigern. 1224 Vgl hiezu Siehe auch Würtenberger, Akzeptanz 140; Pitschas, NVwZ 2004, 400 f; Härtel, JZ 2005, 759.
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sungsgewalt gesehen werden können und noch dazu – jedenfalls im Planfeststellungsverfahren – als VertreterIn der Anhörungsbehörde eine eigene Stellungnahme mit wertenden Inhalten abzugeben haben1225. Dies zusammen genommen lässt im Hinblick auf das Rollenverständnis und die sich daraus ergebende Außenwirkung eine Differenzierung notwendig werden1226. M. Mediation im VwVfG und in Fachgesetzen – Integrationsversuche 1. Hauptziele
Ausgehend von der Modernisierungs- und Demokratisierungsdiskussionen sowie der Standortsicherungsdebatte in den Neunzigerjahren sind letztlich zwei Hauptzielrichtungen zu erkennen: einerseits die Erzielung von Beschleunigungseffekten durch Flexibilisierung des Verwaltungsverfahrens, durch die Entlastung der Behörde sowie durch Vermeidung von behördlichen wie auch gerichtlichen Folgeverfahren und andererseits die Förderung der Akzeptanz von Verwaltungsentscheidungen durch ausgeweitete Partizipationsmöglichkeiten und vor allem durch die konsensuale Erarbeitung von akzeptanzfähigen Konsensen1227. 2. Umsetzungsmaßnahmen
Anknüpfend an die eingangs angestellten Vorüberlegungen betreffend dem informellen Verwaltungshandeln, zu dessen Formen eben auch der gemeinsame Interessenausgleich zwischen Betroffenen, Interessengruppen und Behörden unter Hinzuziehung neutraler KonfliktmittlerInnen gezählt wird, 1225 Siehe Kopp/Ramsauer, VwVfG12 § 73 Rz 125, wonach die Stellungnahme Wertungen (zB eigene Beurteilung des Projekts, Bedenken, erhebliche und unbedeutende Einwendungen) enthalten solle; siehe auch Heinz Joachim Bonk/Werner Neumann, § 73, in: Paul Stelkens et al (Hg), Verwaltungsverfahrensgesetz. Kommentar7 (2008) Rz 139. 1226 Der in diesem Zusammenhang von Kaltenborn, Streitvermeidung 112 f, vorgebrachte Aspekt der fehlenden Freiwilligkeit trifft aber nicht nur hier zu, sondern vielmehr auf all die Fälle der integrierten Mediation, die den Parteien keine Umgehungsmöglichkeiten, also keine Alternative belassen. An diesem Umstand ändert selbst die Einschaltung von „privaten“ MediatorInnen nichts. 1227 Im Zusammenhang mit der gegenständlichen Diskussion ist davon auszugehen, dass sich der Gesetzgeber bei Realisierung der Integrationsversuche vorrangig von ökonomischen Überlegungen leiten ließ; er also Feststellungen wie jene von Würtenberger, NJW 1991, 261, dass die Akzeptanz als Ziel des Verwaltungsverfahrens nicht bloß Bezüge zum Demokratieprinzip hat, sondern die Akzeptanz von Verwaltungsentscheidungen auch der Verfahrensökonomie dient, in erster Linie dem Kontext der Verfahrensbeschleunigung unterstellte.
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könnte hinsichtlich der Integrationsbemühungen, solche kooperativen Instrumentarien in einzelnen Fachgesetzen anzuordnen, von einer Tendenz zur „Reformalisierung“ informellen Verwaltungshandelns gesprochen werden1228. Die Alternativen, die sich dabei der Legislative anbieten, sind, wie oben schon gezeigt, aber nicht unbegrenzt. Dies zum einen – so Schröder – wegen der Aufgaben und der Verantwortung, welche die Verwaltung selbst für eine einwandfreie Gesetzesanwendung zu tragen habe, und zum anderen wegen der Tatsache, dass sich die Verfahrensbeteiligten einem zu engmaschigen normativen Zugriff durch neue informelle Handlungsweisen sehr rasch wieder entziehen würden1229. Es würden, wiederum mit Schröder, folglich dem Gesetzgeber auch nur zwei Möglichkeiten zur Verfügung stehen. Er könne erstens das gesamte Verwaltungsverfahren zur Vorbereitung der Genehmigungsentscheidung unter die bindende Maxime des Interessenausgleichs und einer möglichst einvernehmlichen Lösung stellen, um dadurch die Konsensfindung und Entscheidungsakzeptanz zu steigern. Darüber hinaus könne der Gesetzgeber – und damit zweitens – zur Unterstützung konsensfördernde Instrumente wie eben die Mediation in das Verwaltungsverfahren integrieren1230. Die diesbezüglichen, mit einer Ausnahme mittlerweile in Geltung stehenden Bestimmungen, die im deutschen VwVfG, BImSchG, dUVPG, BauGB sowie im Entwurf für ein Umweltgesetzbuch ihren Niederschlag fanden1231, erfüllen jedoch im Wesentlichen nur bedingt die vorgezeichneten Voraussetzungen. 3. Mediation als Beschleunigungsmaßnahme im Genehmigungsverfahren
In Folge der Diskussionen um die Beschleunigung und Flexibilisierung von Genehmigungsverfahren – vor allem im Hinblick auf die Verbesserung der Rahmenbedingungen des Wirtschaftsstandortes Deutschland – hatte mit den §§ 71a bis 71e VwVfG ein neuer, mittlerweile aber wieder aufgehobe1228 Erichsen, in: Erichsen/Ehlers (Hg), Verwaltungsrecht12 472; allgemein zur Reformalisierungsdebatte siehe Kaltenborn, Streitvermeidung 104 f. 1229 Siehe auch Hellriegel, Mediation 98 f. 1230 Schröder, NVwZ 1998, 1015, mit Verweis auf die Bestimmungen §§ 85 und 89 UGB-KomE. 1231 Überlegungen zur Ausgestaltung des wettbewerblichen Dialogs im Vergaberecht (vormals § 6a VgV; vgl nunmehr etwa § 10 EG VOL/A) zum mittlergesteuerten Verhandlungsmodell – wie von Josef Ruthig, Vergaberechtsnovelle ohne Gesetzgeber – Zum GWB-Vergaberecht nach Ablauf der Umsetzungsfrist – Teil I, NZBau 2006, 143, angedacht – sollen hier der Vollständigkeit halber Erwähnung finden, jedoch nicht weiter verfolgt werden.
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ner1232, für die gegenständliche Arbeit dennoch interessanter Abschnitt Eingang in das Verwaltungsverfahrensgesetz gefunden1233. Damit sollte nach Meinung der Bundesregierung die Verwaltung dazu ermutigt werden, moderne Verfahrensmodelle, die zum Teil bereits nach bisherigem Recht möglich und zulässig waren1234, einzusetzen, um Genehmigungsverfahren iwS1235 zu beschleunigen und effektiver zu gestalten. Dabei dienten die Vorschriften der rechtssystematischen Fortentwicklung des bisherigen Verfahrensrechts und enthielten insbesondere „Elemente des informellen, dialogischen und kooperativen Verfahrens“1236. Der gewählte weite Spielraum gewährte den Behörden, die genannten Leistungen flexibel einzusetzen1237. Neben der Verpflichtung zur Verfahrensbeschleunigung (§ 71b), der gleichzeitigen Beteiligung von TrägerInnen öffentlicher Belange im Sternverfahren (§ 71d) sowie gemeinsamer Besprechungstermine mit allen beteiligten Stellen in einer Antragskonferenz (§ 71e) erscheint für die gegenständliche Untersuchung die über § 25 VwVfG hinausgehende Auskunftsund Beratungsverpflichtung1238 der Verwaltung gegenüber der Konsenswerberin bzw dem Konsenswerber bereits vor Antragstellung nach Maßgabe von § 71c VwVfG zentral zu sein1239. Dabei sollte neben den zentralen Fragen zur Antragstellung auch erörtert werden, in welcher Weise die Beteiligung Dritter oder der Öffentlichkeit vorgezogen werden konnte, um das Genehmigungsverfahren zu entlasten (§ 71c Abs 2 Zif 3 leg cit)1240. Zudem war ausdrücklich vorgesehen, zu diesem Vor-Antrags-Verfahren andere Behörden wie auch Dritte – letztere nur mit Zustimmung der zukünftigen An1232 ÄndG vom 17. Juli 2009, BGBl I S 2091. 1233 Siehe oben 2.I.A. 1234 Hellriegel, Mediation 143. 1235 Gem § 71a VwVfG waren hievon Genehmigungen betroffen, die der Realisierung von Vorhaben im Rahmen einer wirtschaftlichen Unternehmung der Antragstellerin bzw des Antragstellers dienen. Genehmigungen, die allein auf den privaten Lebensbereich abzielten, waren demnach hievon nicht umfasst. Siehe Schmitz/Wessendorf, NVwZ 1996, 959; Bonk, NVwZ 1997, 327. 1236 Vgl Schmitz, NVwZ 2000, 1238; Bonk, NVwZ 1997, 326; ders, § 71a, in: Stelkens et al (Hg), Verwaltungsverfahrensgesetz. Kommentar7 (2008) Rz 4 f; krit zur Ökonomisierung des Rechts und der Verrechtlichung des Informellen Schmitz, in: Stelkens et al (Hg), VwVfG7 § 9 Rz 175. 1237 BT-Drs. 13/3995, 8. Dieser Ansatz des offenen Modells einer flexiblen, nachfragegerechten und kooperativen Beschleunigung geht auf die (noch weiterreichenden) Überlegungen der Schlichter-Kommission zurück; siehe BMfW (Hg), Investitionsförderung Rz 919 ff. 1238 Bonk, NVwZ 1997, 327. 1239 Rüssel, Mediation 216, spricht dabei von einer Konkretisierung des Kooperationsprinzips. 1240 Siehe ua Jäde, UPR 1996, 366.
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tragstellerin bzw des zukünftigen Antragstellers – hinzuziehen zu können1241. So eine verfahrensvorbereitende Beratung barg jedoch auch Gefahren in sich; dies zuweilen deshalb, als es sich im Wesenskern um einen bipolaren Abklärungsprozess zwischen Behörde sowie KonsenswerberIn handelte1242 und ein solches informales Verwaltungshandeln von der Öffentlichkeit als intransparente Vorverhandlung widerstrebend wahrgenommen werden konnte1243; dies umso mehr, als es in dieser Phase bereits zu Einigungen über zentrale Bedingungen der Projektrealisierung kommen konnte. „Die Folge ist, dass später vorgesehene förmliche Verfahren zur Anhörung oder Beteiligung der Betroffenen oder der Öffentlichkeit zu einer bloßen Pflichtübung werden“1244 und somit die Funktion des Verwaltungsverfahrens ausgehöhlt wird1245. Diese Feststellungen nahmen Holznagel/Ramsauer zum Anlass, für die Einschaltung von MediatorInnen zu plädieren. Mit ihnen konnte es gelingen, die bipolaren Vorverhandlungen in multipolare Aushandlungsprozesse zu transferieren. Ziel musste es sein, die Flexibilität informeller Vorgehensweisen zu erhalten und frühzeitig die Drittinteressen einzubeziehen. Hiedurch ließ sich die Qualität der späteren Verwaltungsentscheidung verbessern und die Akzeptanz für dieselbe steigern1246. Holznagel/Ramsauer stützten sich bei ihren nachfolgenden Aussagen insbesondere auf die Bestimmungen des § 71c Abs 2 Satz 1 Zif 3 und Satz 2 VwVfG. Demnach konnten Dritte von der Behörde zu diesen Treffen hinzugezogen werden. Zwar hielten es Holznagel/Ramsauer für „zweifelhaft“, ob sich unter dem Begriff „Dritte“ nicht bloß die BürgerInnen, die am späteren Genehmigungsverfahren zu beteiligen waren1247, sondern darüber hinaus auch MediatorInnen subsumieren ließen1248, doch war ihrer Meinung 1241 Bonk, NVwZ 1997, 327 f; siehe auch Hellriegel, Mediation 144. 1242 Das heißt aber freilich nicht, dass es sich hiebei „um die verbindliche Abklärung einzelner Fragen, die dem eigentlichen Genehmigungsverfahren überlassen bleiben soll“, handelte. So schon BT-Drs. 13/3995, 9. 1243 Aufgrund der Regelungen von § 71c VwVfG in der Behörde „in gewisser Weise sogar [einen] Partner des Antragstellers“ zu erkennen, wurde das Vertrauensband zur Öffentlichkeit aber nicht unbedingt stärken. 1244 Holznagel/Ramsauer, in: Haft/Schlieffen (Hg), Handbuch2 Rz 58. 1245 Würtenberger, Akzeptanz 119. 1246 Holznagel/Ramsauer, in: Haft/Schlieffen (Hg), Handbuch2 Rz 58. 1247 So schon Bonk, § 71c, in: Stelkens et al (Hg), Verwaltungsverfahrensgesetz. Kommentar7 (2008) Rz 27 und 37, der auch festhält, dass Zif 3 den Personenkreis nicht erweitert(e). 1248 AA Rüssel, Mediation 216 f; Hellriegel, Mediation 144 und Kaltenborn, Streitvermeidung 117 f.
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nach unabhängig davon anzunehmen, dass zumindest mit dem Einverständnis aller Beteiligten im Rahmen der vorgezogenen Erörterung nach § 71c Abs 2 VwVfG auch MediatorInnen eingeschalten werden „konnten“1249. Für die Zulässigkeit der Hinzuziehung von MediatorInnen sprach letztlich auch, dass sich der Gesetzgeber selbst in den EB mittelbar auf die Ergebnisse der Schlichter-Kommission bezog1250, die ihrerseits den Einsatz von privaten KonfliktmittlerInnen als sonderbeschleunigendes Verfahrensmodell vorstellte1251. Somit wäre der Weg für einen Einsatz von MediatorInnen im Rahmen der vorgezogenen Erörterung grundsätzlich frei gewesen, vorausgesetzt es waren erhebliche Widerstände gegen das Vorhaben zu erwarten und die/der InvestorIn stimmte einem vorlaufenden Mediationsverfahren zu1252. Hellriegel wies ergänzend darauf hin, dass § 71c Abs 2 VwVfG keinerlei Angaben zur Übertragung von Aufgaben an Dritte machte und demnach einem eingeschalteten Dritten jedenfalls keine erweiterten hoheitlichen Kompetenzen zukamen. Ein/e von der Behörde hinzugezogener Dritte/r war folglich als VerwaltungshelferIn anzusehen1253. Und noch eine weitere, als denkbare Einschränkung für das Mediationsverfahren zu bewertende Überlegung muss hier angestellt werden. Wenn nämlich § 71c Abs 2 Satz 2 VwVfG und die darin beschriebene Hinzuziehung von Dritten dahingehend interpretiert wird, dass hievon lediglich jene Personen umfasst waren, „die als potentiell Betroffene in ihrer eigenen Rechtssphäre beeinträchtigt sein können und nach § 13 hinzuzuziehen wären“1254, hätte die Mediation möglicherweise eine ihrer Stärken verloren. Gemeint ist die Einbindung aller Betroffenen mitsamt ihren Interessen. Der angestrebte TeilnehmerInnenkreis könnte demnach umfassender sein, als es das Verfahrensrecht gem § 13 VwVfG vorsieht. Hiezu kann jedoch – gestützt auf die Ausführungen von Jäde – eingewendet werden, dass der hier verwendete Begriff der Hinzuziehung keinen sachlichen Zusammenhang mit der Hinzuziehung nach § 13 Abs 1 Zif 4 iVm Abs 2 VwVfG hat, „sondern [...] den schlichten Lebenssachverhalt der Teilnahme an der Erörterung auf Bitte der Genehmigungsbehörde [meint]“1255. Dem Problem der faktischen (Vorab-)Bindung bei Erzielung eines Konsenses noch vor der eigentlichen Antragstellung begegneten Holznagel/ Ramsauer mit der Aufforderung, für den Funktionsverlust des förmlichen 1249 Holznagel/Ramsauer, in: Haft/Schlieffen (Hg), Handbuch2 Rz 61. 1250 Siehe BT-Drs. 13/3995, 1. 1251 Vgl BMfW (Hg), Investitionsförderung Rz 284. 1252 Siehe auch Holznagel/Ramsauer, in: Haft/Schlieffen (Hg), Handbuch2 Rz 61. 1253 Hellriegel, Mediation 144. 1254 Siehe Bonk, in: Stelkens et al (Hg), VwVfG7 § 71c Rz 37. 1255 Jäde, UPR 1996, 367.
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Beteiligungsverfahrens geeignete kompensatorische Vorkehrungen zu treffen1256. Dies hätte als ausgleichende Maßnahme verlangt, dass noch vor Unterzeichnung einer Mediationsvereinbarung eine Anhörung der BürgerInnen und der zu beteiligenden Behörden durchgeführt werden musste, wobei bei der Ausgestaltung derselben der Mediatorin bzw dem Mediator hinreichender Entscheidungsspielraum zustehen sollte. Eine solche Kompensation hätte auch der Gesetzgeber dadurch anerkannt, als gem § 71c Abs 2 Zif 3 VwVfG ein Gegenstand der Erörterungen auch sein sollte, „in welcher Weise die Beteiligung Dritter oder der Öffentlichkeit vorgezogen werden kann, um das Genehmigungsverfahren zu entlasten“1257. 4. Mediation und Immissionsschutzrecht
Das öffentlich-rechtliche Immissionsschutzrecht dient gemeinhin dem Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen auf ua Menschen, Tiere und Pflanzen1258, aber auch, soweit es sich um genehmigungsbedürftige Anlagen handelt, dem Schutz vor Gefahren, erheblichen Nachteilen und Belästigungen, die auf andere Weise herbeigeführt werden, und schließlich dem Vorbeugen von schädlichen Umweltauswirkungen1259. Dabei beziehen sich beinahe alle gesetzlichen Bestimmungen unmittelbar oder mittelbar auf die Errichtung und den Betrieb von Anlagen (zB industrielle und sonstige gewerbliche Produktionsbetriebe, Handwerksbetriebe)1260. Von gegenständlichem Interesse ist das förmliche Genehmigungsverfahren – im Wesentlichen in § 10 BImSchG und in der 9. BImSchV näher bestimmt1261 – und dabei vor allem das Vor-Antrags-Verfahren sowie das zur Verfahrensbeschleunigung gedachte Instrument der Projektmanagerin bzw des Projektmanagers1262. Gem § 2 Abs 2 der 9. BImSchV1263 soll die Geneh1256 Holznagel/Ramsauer, in: Haft/Schlieffen (Hg), Handbuch2 Rz 62. 1257 Holznagel/Ramsauer, in: Haft/Schlieffen (Hg), Handbuch2 Rz 62. 1258 Zu Schutzgegenstand, Gefahrenabwehr und Vorsorge siehe § 1 BImSchG. 1259 Reinhard Sparwasser et al, Umweltrecht. Grundzüge des öffentlichen Umweltschutzrechts5 (2003) § 10 Rz 87; Johannes Dietlein, § 1 BImSchG, in: Robert von Landmann/Gustav Rohmer, Umweltrecht I (Stand 2011) Rz 8 ff. 1260 Gerhard Feldhaus/Horst D. Hansel, Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG)14 (2001) X. 1261 Im Überblick bei Dose, Verwaltung 181 ff; sowie Dieter Czajka, § 10 BImSchG, in: Gerhard Feldhaus/Horst D. Hansel (Hg), Bundesimmissionsschutzrecht I/12 (Stand 2011) Rz 12 ff. 1262 Der Begriff des „Projektmanagers“ wurde 1996, BGBl I S 1498, anstelle der Bezeichnung „Dritten“ eingefügt; siehe BT-Drs. 13/3996, 11. 1263 Siehe die VO über das Genehmigungsverfahren – 9. BImSchV idF der Bek. v. 29. 5. 1992 (BGBl I S 1001), zuletzt geänd durch Art 4 G zur Reduzierung und Beschleunigung von immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren v.
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migungsbehörde nach der Unterrichtung durch die/den ProjektwerberIn, ein Vorhaben beantragen zu wollen1264, diese/n im Hinblick auf die Antragstellung beraten und mit ihr/ihm gemeinsam den zeitlichen Ablauf des Genehmigungsverfahrens sowie sonstige für die Durchführung des Verfahrens erhebliche Fragen erörtern1265. Dabei soll ua geklärt werden, welche Antragsunterlagen vorgelegt werden müssen (§ 2 Abs 2 Zif 1 leg cit), welche voraussichtlichen Auswirkungen das Vorhaben auf die Allgemeinheit und die Nachbarschaft haben kann (§ 2 Abs 2 Zif 2 leg cit), welche Gutachten voraussichtlich erforderlich sind (§ 2 Abs 2 Zif 3 leg cit), wie der zeitliche Ablauf des Genehmigungsverfahrens ausgestaltet werden kann (§ 2 Abs 2 Zif 4 leg cit), welche Behörden voraussichtlich im Verfahren zu beteiligen sind (§ 2 Abs 2 Zif 6 leg cit) und „ob eine Verfahrensbeschleunigung dadurch erreicht werden kann, dass der behördliche Verfahrensbevollmächtigte1266, der die Gestaltung des zeitlichen Verfahrensablaufs sowie die organisatorische und fachliche Abstimmung überwacht, sich auf Vorschlag oder mit Zustimmung und auf Kosten des Antragstellers eines Projektmanagers bedient“ (§ 2 Abs 2 Zif 5 leg cit). Wenn es zweckmäßig erscheint, können auch andere Behörden zur Erörterung hinzugezogen werden. Dies liegt wohl im Ermessen der Genehmigungsbehörde. Mit dieser Vorausinformation durch die Verwaltung will der Normgeber jedenfalls die sowohl frühzeitige wie auch vollständige Information von VorhabenwerberInnen und Behörde sowie dadurch die Beschleunigung des nachfolgenden Genehmigungsverfahrens fördern1267. Von Konfliktmittlung oder Mediation ist auch in diesem Verordnungstext vordergründig nicht die Rede. Dennoch lassen sich Wege aufzeigen, die einen von der Behörde getragenen Einsatz von Mediation oder mediativen Elementen rechtfertigen. Ein solcher ist im Vor-Antrags-Verfahren oder aber im eigentlichen Genehmigungsverfahren vorstellbar. 23. Oktober 2007 (BGBl I S 2470). Die VO selbst basiert auf einer entsprechenden Ermächtigung zur Regelung des Genehmigungsverfahrens nach Maßgabe des § 10 Abs 10 BImSchG; siehe ua Jarass, BImschG9 § 10 Rz 4 f. 1264 Eine Unterrichtungspflicht besteht für die/den ProjektwerberIn nicht; siehe Rudolf Stich/Karl-Wilhelm Porger, Immissionsschutzrecht des Bundes und der Länder I (Stand 2000) § 10 Rz 7; Jarass, BImschG9 § 10 Rz 20. 1265 Walter Frenz, § 10 BImSchG, in: Michael Kotulla (Hg), Bundes-Immissionsschutzgesetz. Kommentar und Vorschriftensammlung I (Stand 2011) Rz 55 ff. 1266 Zur Rolle des Verfahrensverantwortlichen siehe Hofmann, Beschleunigung von Genehmigungsverfahren: Aufgaben und Möglichkeiten einer obersten Landesbehörde, in: Dose et al (Hg), Beschleunigung von Genehmigungsverfahren. Vorschläge zur Verbesserung des Industriestandortes Deutschland (1994) 126 f. 1267 Rudolf Stich/Karl-Wilhelm Porger, Immissionsschutzrecht des Bundes und der Länder II (Stand 2000) I A 10/49 f.
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a) Vorantragsverfahren
Im Gegensatz zu § 71c Abs 2 VwVfG und auch § 2a Abs 1 der 9. BImSchV1268 ist in § 2 Abs 2 der 9. BImSchV offensichtlich kein Hinweis auf eine Beteiligung Dritter an der Beratung der Vorhabenträgerin bzw des Vorhabenträgers durch die Behörde auszumachen. Die Norm, die sich an die Genehmigungsbehörde richtet1269, sieht hiefür lediglich einen TeilnehmerInnenkreis von VorhabenträgerIn, Genehmigungsbehörde und – wenn erforderlich – auch anderer Behörden vor1270. Der Fokus scheint also auf ein bloß bipolares Beratungsverhältnis gelegt zu sein1271. Zu überlegen – wenn auch nunmehr nur mehr als theoretisches Gedankenspiel – ist aber, ob nicht eine Anknüpfung an den Regelungsinhalt des bereits vorhin dargestellten § 71c Abs 2 VwVfG denkbar gewesen wäre, normierte doch dieser ebenfalls einen umfangreichen Abklärungsprozess noch vor Antragstellung zum Genehmigungsverfahren1272. Bei der Prüfung von „Andockmöglichkeiten“ an das VwVfG stellt sich sogleich die Frage, ob das VwVfG des Bundes überhaupt auf das immissionsschutzrechtliche Verfahren durchschlägt, denn gem § 1 Abs 3 VwVfG gilt dieses Gesetz nicht für die Ausführung von Bundesrecht durch die Länder, soweit die öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit der Behörden landesrechtlich durch ein Verwaltungsverfahrensgesetz geregelt ist1273. Ein solches haben jedoch alle Länder erlassen und diese stimmen mit wenigen Ausnahmen auch inhaltlich mit dem VwVfG des Bundes überein1274. Damit findet folglich das VwVfG des Bundes auf das immissionsschutzrechtliche Genehmigungsverfahren keine Anwendung1275.
1268 Das Scoping-Verfahren bei UVP-pflichtigen Vorhaben. 1269 Dieter Czajka, § 2 – 9. BImSchV, in: Gerhard Feldhaus/Horst D. Hansel (Hg), Bundes-Immissionsschutzrecht II2 (Stand 2011) Rz 21. 1270 So auch BMfW (Hg), Investitionsförderung Rz 559 ff. 1271 Die interessierte Öffentlichkeit nimmt folglich an solchen Vorverhandlungen wohl nicht teil, vielmehr finden die Beratungen hinter verschlossenen Türen statt; siehe bereits oben 2.IV.M.3. sowie Alexander Roßnagel, § 10 Genehmigungsverfahren (mit 9. BImSchV), in: Hans-Joachim Koch et al (Hg), Gemeinschaftskommentar zum Bundes-Immissionsschutzgesetz I (Stand 2003) Rz 132. 1272 Zum längst erkannten Problem der Deregulierungsnotwendigkeit des Spezialrechts – hier bezogen auf die Bestimmungen der §§ 71a ff VwVfG – siehe Bonk, NVwZ 1997, 326 f. 1273 Schmitz, § 1, in: Stelkens et al (Hg), Verwaltungsverfahrensgesetz. Kommentar7 (2008) Rz 71 sowie 75. 1274 Schmitz, in: Stelkens et al (Hg), VwVfG7 § 1 Rz 71; Maurer, Verwaltungsrecht18 § 5 Rz 12; Kopp/Ramsauer, VwVfG12 § 1 Rz 39 f. 1275 Roßnagel, in: Koch et al (Hg), GK-BImSchG I § 10 Rz 127.
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Aber auch die VwVfG der Länder können ihre Geltung gegenüber § 10 BImSchG sowie die 9. BImSchV subsidiär nur insoweit entfalten, als die gegenständlichen bundesrechtlichen Vorschriften Regelungslücken enthalten1276. Grund dafür ist § 84 Abs 1 GG, wonach die Länder – bei Ausführung von Bundesgesetzen als eigene Angelegenheiten – das Verwaltungsverfahren nur regeln können, wenn nicht ein Bundesgesetz mit Zustimmung des Bundesrats etwas anderes bestimmt. Dies ist aber gerade in den immissionsschutzrechtlichen Regelungen der Fall1277. Es war nun weiters zu prüfen, ob die auch in den LVwVfG enthalten gewesene Norm des § 71c Abs 2 VwVfG nicht an die Seite der Bestimmungen des § 10 BImSchG und damit auch des § 2 Abs 2 der 9. BImSchV treten konnte. Zielrichtung und Zweck der hier herangezogenen Regelungsinhalte widersprechen einander nicht, waren/sind sie doch allesamt auf die Ausgestaltung des behördlichen Genehmigungsverfahrens, das der Verwirklichung von Vorhaben im Rahmen einer wirtschaftlichen Unternehmung der Antragstellerin bzw des Antragstellers dient/e, ausgerichtet. Und hiezu zählen auch Vorhaben, die einer Genehmigung nach dem BImSchG bedürfen1278. Als ein das Genehmigungsverfahren verbesserndes und vor allem beschleunigendes, der Praxis nicht unbekanntes, Instrument sahen bzw sehen beide Bestimmungen ein Vor-Antrags-Verfahren vor, das flexibel und situationsangemessen durchgeführt werden soll. Zu diesem Zweck kann es im Einzelfall geboten sein, zur Abklärung der Antragstellung und des zeitlichen Ablaufs des Genehmigungsverfahrens neben anderen Behörden auch Dritte hinzuzuziehen. Gerade eine solche Erweiterung des TeilnehmerInnenkreises bei Erörterungen im Vor-Antrags-Verfahren fehlt in § 2 Abs 2 der 9. BImSchV. Für einen Ausschluss dieser Möglichkeit bei immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren drängt sich jedoch vorerst kein überzeugender sachlicher Grund auf. Vielmehr kann gegebenenfalls eine solche Einschränkung dem Ziel einer optimalen und vor allem beschleunigten Vorbereitung des Genehmigungsverfahrens1279 zuwiderlaufen. Folgt man Kopp/Ramsauer, so wären die Bestimmungen der §§ 71a bis 71e VwVfG nur im Rahmen von Verwaltungsverfahren nach dem VwVfG anzuwenden gewesen, soweit spezialgesetzlich nicht inhaltsgleiche oder ab1276 Jarass, BImschG9 § 10 Rz 9; Czajka, in: Feldhaus/Hansel (Hg), Bundesimmis sionsschutzrecht I/12, § 10 BImSchG Rz 13. 1277 Roßnagel, in: Koch et al (Hg), GK-BImSchG I § 10 Rz 129. 1278 So ausdrücklich Holznagel/Ramsauer, in: Haft/Schlieffen (Hg), Handbuch2 Rz 59. 1279 Dieses Ziel wurde vom Verordnungsgeber auch dezidiert formuliert; siehe den Nachweis bei Roßnagel, in: Koch et al (Hg), GK-BImSchG I § 10 Rz 134 ff; weiters Czajka, in: Feldhaus/Hansel (Hg), Bundes-Immissionsschutzrecht II2, § 2 – 9. BImSchV Rz 16.
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Verfassungsrechtliche Determinanten
weichende Regelungen getroffen worden wären. Entsprechendes gelte auch für die Verwaltungsverfahrensgesetze der Länder1280. Nachdem nun eine nach dem BImSchG genehmigungsbedürftige Anlage in der Regel einer wirtschaftlichen Unternehmung der Antragstellerin/des Antragstellers dient1281, ist folglich zu prüfen, ob § 10 BImSchG als spezielle Norm eine abweichende Regelung vorsieht. Dies ist zu verneinen. § 10 leg cit enthält keinerlei Hinweis auf eine Vor-Antrags-Konferenz, schließt eine solche also auch nicht aus. Nicht unbeachtet darf aber § 2a der 9. BImSchV bleiben. § 2 Abs 2 letzter Satz der 9. BImSchV besagt, dass bei UVP-pflichtigen Vorhaben § 2a leg cit ergänzend gilt. In § 2a Abs 1 der 9. BImSchV ist ausdrücklich festgelegt, dass Dritte zu einer Besprechung über Art und Umfang der Unterlagen, Gegenstand, Umfang und Methoden der Umweltverträglichkeitsprüfung sowie sonstige für die Durchführung der Umweltverträglichkeitsprüfung erhebliche Fragen hinzugezogen werden können. Damit wird deutlich, dass der Verordnungsgeber die Möglichkeit der Antragskonferenz sehr wohl vor Augen hatte und diese für die Bewerkstelligung von besonderen Vorhaben letztendlich auch ausdrücklich normiert hat1282. Somit kann festgehalten werden, dass hier eine abweichende Regelung zur Anwendung kommt. Dies führt aber sogleich zu einer weiteren Prüffolge. Es ist nämlich zu fragen, in welchem Verhältnis die 9. BImSchV zu den Landesverwaltungsverfahrensgesetzen steht. Maurer hält grundsätzlich fest, dass Rechtsverordnungen am Rang ihres jeweiligen Rechtskreises teilnehmen. Daher gehe eine Rechtsverordnung des Bundes allen landesrechtlichen Bestimmungen, auch den Landesgesetzen, vor1283. Nachdem § 10 Abs 10 BImSchG die formelle gesetzliche Ermächtigungsgrundlage des § 2 der 9. BImSchV bildet, nach der die Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrats das Genehmigungsverfahren regeln darf, ressortiert besagte BImSchV zum Bundesrecht und geht demnach den Verwaltungsverfahrensgesetzen der Länder vor1284. Da auf diesem Weg keine Ergänzung des immissionsschutzrechtlichen Verfahrens bewerkstelligbar erscheint, ist zu fragen, ob hiefür nicht andere Möglichkeiten offen stehen oder aber hiefür rechtliche Notwendigkeiten bestehen. 1280 Siehe Ferdinand O. Kopp/Ulrich Ramsauer, Verwaltungsverfahrensgesetz10 (2008) § 71a Rz 2 und 8. 1281 Holznagel/Ramsauer, in: Haft/Schlieffen (Hg), Handbuch2 Rz 59. 1282 AA hier wohl Holznagel/Ramsauer, in: Haft/Schlieffen (Hg), Handbuch2 Rz 60, die – ohne weitere Begründung – keinen Unterschied zwischen den Regelungsinhalten von § 71c VwVfG und § 2 Abs 2 der 9. BImSchV kenntlich machten. 1283 Maurer, Staatsrecht I6 § 17 Rz 136. 1284 Im Ergebnis so wohl auch Roßnagel, in: Koch et al (Hg), GK-BImSchG I § 10 Rz 129.
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Mediation im öffentlichen Bereich in Deutschland
Die hier auf ein bipolares Beratungsgespräch zugeschnittene Erörterung von antrags- sowie verfahrensrechtlichen Fragen sind derart weitreichend1285, so dass das Ergebnis – und dies vor allem unter Ausschluss der Öffentlichkeit – faktisch vorweggenommen werden kann. Die Gefahr ist jedenfalls groß, dass in dieser Ausgangssituation nicht repräsentierte Belange und Interessen in den Hintergrund treten und folglich vernachlässigt werden1286. Eine Korrektur im anschließenden Genehmigungsverfahren ist mitunter nur noch schwer zu bewerkstelligen1287. Aber auch wenn das nachfolgende Genehmigungsverfahren ordnungsgemäß abgeführt wird, bleibt zumindest bei den Betroffenen der wenig akzeptanz-, dafür aber eskala tionsfördernde Eindruck, die Erteilung der Genehmigung sei bereits zugesagt, ein Eintreten für die eigenen Interessen vergebens1288. Angesichts der vom Verordnungsgeber angestrebten Verfahrensbeschleunigung einerseits und der eben aufgezeigten Gefahren ausgehend von lediglich zweiseitigen Kontakten andererseits ist es nach Maßgabe des Zweckmäßigkeitsgebots und auch der Gewährleistung eines fairen Entscheidungsprozesses1289 zielführend bzw geboten, im Zuge der Erörterung nicht nur Überlegungen darüber anzustellen, in welcher Weise die Beteiligung Dritter oder eine Beteiligung der Öffentlichkeit vorgezogen werden kann, um das Verwaltungsverfahren zu entlasten1290. Vielmehr erscheint darüber hinaus im Einzelfall und nach pflichtgemäßer Ermessensausübung eine iS, jedoch nicht aufgrund des § 71c Abs 2 Satz 2 VwVfG gedachte Ergänzung des bipolaren Beratungsprozesses mit der partiell vorgezogenen Beteiligung Dritter oder der Öffentlichkeit zum Zweck der zügigen Durchführung des Vorhabens gerechtfertigt. Eine so verstandene zeitliche Vorverlagerung der Beteiligung modifiziert die Willensrichtung des Normgebers nicht und steht, sofern sie weder die Beratungsaufgaben der Behörde vereitelt noch das anschließende Genehmigungsverfahren unterläuft, der hier besprochenen speziellen Regelung wohl nicht entgegen.
1285 Die Ausgestaltung des § 2 Abs 2 der 9. BImSchV belässt der Behörde im Hinblick auf die zu klärenden Themen einen immens weiten Ermessensspielraum. Dies macht schon allein der keineswegs als abschließend („... soll insbesondere ...“) zu verstehende Kanon an zu klärenden Genehmigungsfragen deutlich. 1286 Siehe hiezu bereits zuvor 2.IV.M.3. 1287 Vgl Jarass, BImschG9 § 10 Rz 21, der darüber hinaus deutlich macht, dass ein Überschreiten des zulässigen Handlungsmaßes rechtswidrig sei. 1288 Siehe hiezu auch die bereits in 2.IV.J.2. angestellten Überlegungen. 1289 Bohne, VerwArch 1984, 350. 1290 Der Klärungsauftrag dieser Frage ist mit § 2 Abs 2 Satz 1 der 9. BImSchV („... sowie sonstige für die Durchführung dieses Verfahrens erhebliche Fragen erörtern ...“) jedenfalls vereinbar.
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Verfassungsrechtliche Determinanten
Für eine frühzeitige Hinzuziehung Dritter tritt jedenfalls auch Roßnagel ein, demzufolge „die Mehrpoligkeit von Interessen dadurch tendenziell verdeckt wird, was zur Folge haben kann, dass die Realisierungschancen von Drittpositionen beschnitten werden“1291. Um diesen Gefahren entsprechend begegnen zu können, fordert er eindringlich nicht nur eine restriktive Interpretation der behördlichen Erörterungsaufgaben, wonach Beratungen auf den bloßen Informationsaustausch im Hinblick auf die Antragstellung zu beschränken seien1292, sondern auch die Hinzuziehung von voraussichtlich zu beteiligenden Behörden und betroffener Dritter1293. Dabei geht Roßnagel jedoch nicht von einer schematischen Vorverlagerung sämtlicher drittbezogener Verfahrensabschnitte und Beteiligungsrechte aus. Die Behörde habe dabei angemessen an das Vorhaben und in geeigneter Weise etwa durch Benachrichtigung der betroffenen NachbarInnen von den Vorverhandlungen zu reagieren. Überhaupt stünden Zeitpunkt, Inhalt und Form der Beteiligung Dritter an den Vorverhandlungen im Ermessen der Genehmigungsbehörde1294. Auch Jarass schließt sich im Ergebnis wohl diesen Ausführungen an, wenn er meint, dass trotz Nichtnennung auch eine Beteiligung Dritter nicht ausgeschlossen sei. Er führt die fehlende Erwähnung in der 9. BImSchV auf die Tatsache zurück, dass die Beiziehung von Dritten in diesem Anwendungsbereich „nur selten in Betracht kommen dürfte“1295. Dem hält jedoch Czajka, der freilich den schmalen Bewegungsgrat der Behörde erkennt1296, entgegen, das sich eine uneingeschränkte Beteiligung Dritter an den Vorgesprächen nicht mit den Gesichtspunkten eines vorverlagerten Drittrechtsschutzes rechtfertigen lasse. Hiefür biete das eigentliche Genehmigungsverfahren mit der darin vorgesehenen Öffentlichkeitsbeteiligung ausreichend Raum1297. 1291 Roßnagel, in: Koch et al (Hg), GK-BImSchG I § 10 Rz 144. 1292 Darauf aber ausdrücklich hinweisend Czajka, in: Feldhaus/Hansel (Hg), Bundes-Immissionsschutzrecht II2, § 2 – 9. BImSchV Rz 23; Stich/Porger, Immis sionsschutzrecht II, I A 10/49. 1293 Roßnagel, in: Koch et al (Hg), GK-BImSchG I § 10 Rz 145 ff. 1294 Roßnagel, in: Koch et al (Hg), GK-BImSchG I § 10 Rz 151 f. 1295 Jarass, BImschG9 § 10 Rz 20, der aber auch festhält, dass die Beratungspflicht die Beschleunigung des Genehmigungsverfahrens und die vollständige Information der Behörde bezweckt, nicht aber die positive Bescheidung des Antrags. 1296 Czajka, in: Feldhaus/Hansel (Hg), Bundes-Immissionsschutzrecht II2, § 2 – 9. BImSchV Rz 39 f, der aber gleichsam betont, dass der Zweck des § 2 Abs 2 leg cit eine restriktive Interpretation der Beratungspflicht verbiete, da ansonsten der praktische Wert der Erörterung verloren gehen würde. 1297 Czajka, in: Feldhaus/Hansel (Hg), Bundes-Immissionsschutzrecht II2, § 2 – 9. BImSchV Rz 44.
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Der frühe Zeitpunkt der Kontaktnahme mit der Behörde und – wie oben gezeigt – gegebenenfalls mit betroffenen Dritten bietet sich für einen breit angelegten, multipolar ausgerichteten Informationsaustausch förmlich an und dürfte durch § 2 Abs 2 Zif 4 der 9. BImSchV auch gedeckt sein1298. Ob sich ein solches Vorgehen letztendlich empfiehlt, hängt jedoch jeweils davon ab, welche Auswirkungen dieses auf die Effizienz und die Zügigkeit des Genehmigungsverfahrens insgesamt zeitigt. Stellt sich weiters heraus, dass mit erheblichen Widerständen gegen das Projekt zu rechnen sein wird, dann ist darüber hinaus ins Kalkül zu ziehen, ob nicht zur Überwindung der Konflikte die Durchführung eines Mediationsverfahrens zielführend sein kann. Ein solcher Vermittlungsprozess darf jedenfalls losgelöst vom eigentlichen Vorantragsverfahren in Form eines informellen Aushandlungsverfahrens durchgeführt werden1299. Aber selbst die Ausgestaltung des Vorantragsverfahrens zur mittlergestützten Antragskonferenz erscheint unter den Prämissen der Aufgabenerfüllung nach Maßgabe des § 2 Abs 2 der 9. BImSchV, des Beschleunigungsaspekts und wohl auch des Einverständnisses der potentiellen Vorhabenträgerin bzw des Vorhabenträgers denkbar1300. Zu beachten bleiben hiebei freilich einmal mehr die Fragen der Beteiligungsrechte, der Wirkung von Aushandlungsergebnissen und der (Vorab)Bindung der Behörde an eben diese1301. b) ProjektmanagerInnen als MediatorInnen
Von gegenständlichem Interesse sind darüber hinaus die in § 2 Abs 2 Zif 5 der 9. BImSchV erwähnten Figuren der/des behördlichen Verfahrensbevollmächtigten und der Projektmanagerin bzw des Projektmanagers. Konkret heißt es hierin, dass zu klären ist, ob eine Verfahrensbeschleunigung dadurch erreicht werden kann, dass die/der behördliche Verfahrensbevollmächtigte, die/der die Gestaltung des zeitlichen Verfahrensablaufs sowie die organisatorische und fachliche Abstimmung überwacht, sich auf Vorschlag
1298 Demnach soll die Erörterung auch der Klärung dienen, welche sonstigen Maßnahmen zur Vereinfachung und Beschleunigung des Genehmigungsverfahrens von der/dem TrägerIn des Vorhabens und von der Genehmigungsbehörde getroffen werden können. Zif 4 zielt jedenfalls nicht bloß auf die Erörterung eines Zeitplans ab; so aber Roßnagel, in: Koch et al (Hg), GK-BImSchG I § 10 Rz 138 und Czajka, in: Feldhaus/Hansel (Hg), Bundes-Immissionsschutzrecht II2, § 2 – 9. BImSchV Rz 30. 1299 Siehe auch oben 2.IV.E. 1300 Vgl aber auch Holznagel/Ramsauer, in: Haft/Schlieffen (Hg), Handbuch2 Rz 61, die sich – wie schon zuvor erwähnt – hiebei auf § 71c Abs 2 VwVfG stützten. 1301 Siehe 2.IV.N.1.a). Hinsichtlich kompensatorischer Maßnahmen Holznagel/ Ramsauer, in: Haft/Schlieffen (Hg), Handbuch2 Rz 63.
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oder mit Zustimmung und auf Kosten der Antragstellerin bzw des Antragstellers einer Projektmanagerin bzw eines Projektmanagers bedient. Der Einsatz von ProjektmanagerInnen geht auf einen Ausschussbericht an den Bundesrat aus dem Jahre 1993 zurück, in dem zur Unterstützung der Behörden die Einführung einer/eines nichthoheitlich agierenden „Dritten“ vorgeschlagen1302 wurde, die/der letztendlich noch im selben Jahr Eingang in die BImSchV fand. Zudem riet 1994 die Schlichter-Kommission zum verstärkten Gebrauch der Möglichkeit, behördliche oder behördlich bestellte private ProjektmanagerInnen im Zusammenwirken mit den unternehmerischen ProjektmanagerInnen zur Verfahrensbeschleunigung einzusetzen, liege doch zwischen der Antragsberatung und der Antragstellung die Vorbereitung des vollständigen Genehmigungsantrags1303. Die Kommission verweist in diesem Zusammenhang auch ausdrücklich auf ihre Ausführungen zur „nachfragegerechten Sonderbeschleunigung nach Wahl“, wonach Gesetze und Verwaltungsvorschriften, statt sich für das eine oder andere Modell zu entscheiden, iS eines beweglichen Systems die Bestellung einer/eines besonderen Verfahrensbevollmächtigten trotz mancher Bedenken in allen Ausgestaltungen freigeben sollten1304. Die/der private VerfahrensmittlerIn, die/der neben der/dem behördlichen oder der/ dem behördlich beauftragten privaten ProjektmanagerIn sowie Standortgemeinden als HelferIn beim Verfahrensmanagement zum Einsatz kommen könnte1305, wird hiebei als eine Ausprägung des Verfahrensverantwortlichen genannt und wie folgt charakterisiert: „Er [die/der private VerfahrensmittlerIn] ist vor allem dazu bestimmt, durch einen umfassenden Interessenausgleich Widerstände in der Öffentlichkeit und bei Drittbetroffenen auszuräumen, eine Aufgabe, die beim behördlichen Projektmanager nicht im Vordergrund steht.“ Nachdem eine solche ausgleichende Rolle nun der/dem behördlichen ProjektmanagerIn nicht selbstredend zuzuschreiben sein werde, überschneiden sich die Aufgaben der beiden „Sonderverantwortlichen“ 1302 „Insbesondere bei größeren Vorhaben können bei Behörden personelle Engpässe auftreten. In solchen Fällen kann ein durch private Sachverständige unterstütztes Projektmanagement Beschleunigungseffekte erzielen. Die Übernahme bestimmter organisatorischer, nichthoheitlicher Aufgaben durch Dritte, wie die Beschaffung von Räumen für den Erörterungstermin oder Protokollierung von Beratungsgesprächen, entlastet die Genehmigungsbehörde und schafft Freiräume für die Sachbearbeitung von Genehmigungsanträgen.“ BR-Drs. 869/92, 3 = Stich/Porger, Immissionsschutzrecht II, I A 10/51; siehe auch Sünderhauf, Mediation bei der außergerichtlichen Lösung von Umweltkonflikten in Deutschland (1997) 185; Rüssel, Mediation 231. 1303 Siehe BMfW (Hg), Investitionsförderung Rz 563 (Vorschlag Imsch 21). 1304 BMfW (Hg), Investitionsförderung Rz 277. 1305 BMfW (Hg), Investitionsförderung Rz 278 ff.
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nur teilweise und es erscheine nicht ausgeschlossen, beide Einrichtungen gemeinsam zum Einsatz zu bringen. Die/der VerfahrensmittlerIn wäre entweder durch die Behörde oder eine/n private/n Verfahrensbeteiligte/n zu bestellen. Dies müsse aber jeweils im Einvernehmen mit allen anderen Beteiligten erfolgen1306. In den EB zum Reformentwurf des Gesetzes zur Beschleunigung und Vereinfachung immissionsschutzrechtlicher Genehmigungsverfahren aus dem Jahr 1996 heißt es zur Abänderung des Begriffs „Dritte“ in „Projektmanager“ schließlich: „Der Vorschlag beruht auf der grundsätzlichen Überlegung, dass zu den Maßnahmen der Sonderbeschleunigung nach Wahl auch die Möglichkeit gehören sollte, das Verfahren durch einen besonderen Beauftragten aktiv koordinieren und in einem nachfragegerechten Zeitraum entscheidungsreif machen zu lassen (vgl „Vorschlag Leit 22“ der Koalitions-/Ressort-Arbeitsgruppe1307). Dem Beauftragten kann auf gesetzlicher Grundlage auch die Aufgabe und Befugnis übertragen werden, die vorgeschriebenen Anhörungen durchzuführen. Die Koalitions-/Ressort-Arbeitsgruppe hat jedoch auch klargestellt, dass Interessenabwägungen, die der Behörde obliegen, nicht auf private Sachverständige übertragen werden können.“1308 Der Bundesrat hat sich zur Ambition der Begriffsänderung übrigens ablehnend geäußert. Nach dessen Meinung werde das sachlich nicht begründbare Ersetzen des umfassenderen Begriffs des „Dritten“ durch den engeren des „Projektmanagers“ die Handlungsmöglichkeiten der Antragstellerin bzw des Antragsstellers wie auch der Genehmigungsbehörde eher einengen. Infolgedessen werde sich die Erörterung zur Verfahrensbeschleunigung auf die Einschaltung einer umfassend tätigen Projektmanagerin bzw eines solchen Projektmanagers, nicht aber auch an der Frage ausrichten, ob durch gezielte Vergabe von Einzelaufträgen das Verfahren vorangebracht werden könne1309. Angesichts dieser Ausführungen stellen sich nun die Fragen, ob das hier favorisierte Projektmanagementmodell mit dem gegenständlichen Konzept der Mediation grundsätzlich und ob gerade der vorgeschlagene Weg einer Integration von Projektmanagement mit Mediation in Einklang zu bringen ist. Zurückgehend auf die Ergebnisse der Schlichter-Kommission, die – wie schon dargestellt – Pate für die hier zu besprechende Norm gestanden ha1306 BMfW (Hg), Investitionsförderung Rz 284. 1307 Entspricht dem in BMfW (Hg), Investitionsförderung fälschlich als „Vorschlag Leit 23“ ausgewiesenen Vorschlag. 1308 BT-Drs. 13/3996, 11. 1309 BT-Drs. 13/3996, 15.
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Verfassungsrechtliche Determinanten
ben, lässt sich die Funktion der Projektmanagerin bzw des Projektmanagers in den Bereich des Verfahrensmanagements einordnen. Dabei solle es der/ dem behördlichen und auch der/dem behördlich beauftragten privaten ProjektmanagerIn obliegen, durch aktive Koordination und Straffung der Verfahrensabläufe für eine zeitgerechte Erledigung des Genehmigungsverfahrens zu sorgen1310, ohne aber zugleich mit Entscheidungsgewalt ausgestattet zu werden1311. Eine weitere Konkretisierung ihrer/seiner Aufgaben findet – wie oben schon angeführt – bloß dahingehend statt, dass die/der private ProjektmanagerIn etwa bei der Beschaffung von Grundstücken und deren Erschließung behilflich sein könne1312. Schließlich sei sie/er aber nicht dazu bestimmt, durch einen umfassenden Interessenausgleich ein konsensuales Ergebnis zu erreichen. Diese quasi Negativkompetenz wird vielmehr der/ dem privaten VerfahrensmittlerIn zugeschrieben1313. Schließlich nicht unerwähnt bleiben soll, dass die beiden Leitvorschläge der Schlichter-Kommission1314 – wovon ersterer ja ausdrücklich in den Begründungen zum Gesetzesentwurf angeführt wird1315 – nicht getrennt voneinander gelesen werden dürfen. Vorschlag Leit 23 enthält insbesondere die schon zuvor angezeigten unterschiedlichen Formen der Verfahrensverantwortlichen. Fraglich ist nun, ob der Normgeber private VerfahrensmittlerInnen überhaupt im Blick hatte1316. Zudem ist zu beachten, dass sich die Behörde bzw ihr/e Verfahrensbevollmächtigte/r nach Maßgabe des § 2 Abs 2 Zif 5 der 9. BImSchV der Dienste der Projektmanagerin oder des Projektmanagers „bedient“, sie/er also von ihr beauftragt wird. Darüber hinaus wird die Verantwortung für die Gestaltung des zeitlichen Verfahrensablaufs sowie die organisatorische und fachliche Abstimmung von der bzw vom behördlichen Verfahrensbevollmächtigten überwacht. Weitere Äußerungen zur Rechtsstellung und zu den Funktionen der Projektmanagerin und des Projektmanagers enthält die 9. BImSchV übrigens nicht. Als konkreter Regelungsinhalt kann Zif 5 lediglich noch entnommen werden, dass die ProjektmanagerInnen auf Vorschlag oder mit Zustimmung der AntragstellerInnen eingesetzt werden sollen und dass diese hiefür die Kosten zu tragen haben. 1310 BMfW (Hg), Investitionsförderung Rz 278 und 283. 1311 BMfW (Hg), Investitionsförderung Rz 278 und Vorschlag Leit 22. Die privaten ProjektmanagerInnen könnten hoheitliche Aufgaben überhaupt erst infolge besonderer gesetzlicher Ermächtigung erledigen (Rz 283). 1312 BMfW (Hg), Investitionsförderung Rz 283. 1313 BMfW (Hg), Investitionsförderung Rz 284; weiters siehe Hellriegel, Mediation 53. 1314 Vorschlag Leit 22 und 23 in BMfW (Hg), Investitionsförderung als Vorschlag Leit 23 und 24 ausgewiesen. 1315 BT-Drs. 13/3996, 11. 1316 BT-Drs. 13/3996, 11.
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Czajka erkennt in der Funktion der Projektmanagerin bzw des Projektmanagers eine/n nicht der Genehmigungsbehörde angehörigen Außenste hende/n, die/der als VerwaltungshelferIn zur Unterstützung der Behörde herangezogen werde. Demgegenüber sei die/der behördliche Verfahrensbevollmächtigte nicht Bevollmächtigte/r iS einer/eines nach außen hin eigenverantwortlich handelnden Vertreterin/Vertreters der Genehmigungsbehörde, sondern ein/e Angehörige/r derselben, deren/dessen Bestellung bloß behördeninterne Bedeutung erlange1317. Czajka weist auch darauf hin, dass der Normgeber eine klare Einordnung und Abgrenzung der beiden Figuren vermissen lasse. So werde in den Materialien1318 im Zusammenhang mit der/ dem ProjektmanagerIn ausdrücklich auf konkretisierende Verwaltungsvorschriften der Länder – konkret auf Nr 3 der Verwaltungsvorschrift des Umweltministeriums zur Beschleunigung von Zulassungsverfahren im Umweltbereich des Landes Baden-Württemberg, GABl 1993, 15 – verwiesen. Darin ist aber von einer/einem ProjektmanagerIn die Rede, die/der gerade nicht vom behördlichen Verfahrensbevollmächtigten abgegrenzt, sondern vielmehr mit diesem identisch ist1319. Von gegenständlichem Interesse ist aber auch die Ansicht von Czajka, dass trotz der Ersetzung des Worts „Dritte“ in der früheren Fassung der Zif 5 durch den „Projektmanager“ der Behörde nicht sogleich die Möglichkeit genommen werden sollte, Einzelaufträge im Rahmen des Genehmigungsverfahrens mit Zustimmung der Antragstellerin bzw des Antragstellers an Dritte zu vergeben, sofern durch diese Maßnahme im Einzelfall ein Zeitgewinn und folglich eine Beschleunigung des Verfahrens zu erwarten sei1320. Als Beispiel führt er die Prüfung der Vollständigkeit der Antragsunterlagen durch eine/n private/n Sachverstän dige/n an. Von privaten VerfahrensmittlerInnen ist bei ihm nicht die Rede1321; so wohl aber bei Roßnagel, der – ohne weiterführende Aussagen zu treffen – die Aufgaben der Konfliktmittlung auch mit dem Projektmanagement nach § 2 Abs 2 Zif 5 der 9. BImSchV vereinbar erachtet1322. Uneinheitlich erweist sich hiezu die mediationsrelevante Literatur. Hellriegel sieht in der vorliegenden Norm des § 2 Abs 2 Zif 5 der 9. BImSchV lediglich den Beratungsumfang der Behörde gegenüber der/dem AntragstellerIn als festgelegt. Daher stelle diese Bestimmung auch keine Ermächtigung 1317 Czajka, in: Feldhaus/Hansel (Hg), Bundes-Immissionsschutzrecht II2, § 2 – 9. BImSchV Rz 32. 1318 BT-Drs. 13/3996, 11. 1319 Czajka, in: Feldhaus/Hansel (Hg), Bundes-Immissionsschutzrecht II2, § 2 – 9. BImSchV Rz 34 f. Siehe weiters Sünderhauf, Mediation 187. 1320 So wohl auch Roßnagel, in: Koch et al (Hg), GK-BImSchG I § 10 Rz 139. 1321 Czajka, in: Feldhaus/Hansel (Hg), Bundes-Immissionsschutzrecht II2, § 2 – 9. BImSchV Rz 36. 1322 Roßnagel, in: Koch et al (Hg), GK-BImSchG I § 10 Rz 152a.
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Verfassungsrechtliche Determinanten
zur Privatisierung von Aufgaben, insbesondere nicht in Form einer Beleihung dar. Vielmehr sei dem Gesetzgeber bloß daran gelegen, im Rahmen der vorhandenen Möglichkeiten der Verwaltungshilfe, den Einsatz von ProjektmanagerInnen im Immissionsschutzrecht zu fördern. Die Verwaltung könne in diesem Zusammenhang aber zumindest die Möglichkeiten der Mediation in die Diskussion in Form eines Hinweises einbringen1323. Im Gegensatz dazu erkennt Schröder in der Einschaltung von ProjektmanagerInnen einen Ansatzpunkt für die Konsenssuche. Mit diesen habe erstmals das Konzept mittlerunterstützter Verfahrensgestaltung „in einer allerdings zurückhaltenden Form Eingang in das geltende Umweltrecht gefunden“1324. Sünderhauf geht wiederum davon aus, dass § 2 Abs 2 Zif 5 der 9. BImSchV die Hinzuziehung von externen Dritten ermöglicht, verneint jedoch zugleich einen Einsatz von Mediation auf Grundlage dieser Norm. Er begründet dies damit, dass wesentliche Merkmale des Mediationsverfahrens nicht erfüllt seien. Vor allem sei die Aufgabe der Dritten nicht unabhängig ausgestaltet, da sie von der Behörde eingesetzt und von den AntragstellerInnen bezahlt werden. Auch handle es sich dabei nicht um eine eigens abgeführte Mediation, sondern um das immissionsschutzrechtliche Verfahren selbst, wodurch die Freiwilligkeit der Betroffenen nicht mehr gewahrt sei. Insbesondere sei hiebei nicht von einem Vermittlungsverfahren auszugehen, da es an einer eskalierten Konfliktlage fehle. Das Ziel der Einschaltung der Dritten sei – bestärkt durch die Begriffsänderung in ProjektmanagerIn – ausschließlich in der Verfahrensbeschleunigung zu erblicken und letztlich sei das angestrebte Ergebnis auch kein Kompromiss, vielmehr die Entscheidung der Behörde, „bloß unter erleichterten Bedingungen“1325. Nach Meinung von Rüssel scheide die Durchführung eines Mediationsverfahrens im idealtypischen Sinn ua deshalb aus, weil – wie schon Sünderhauf – hier das von einer/einem Dritten durchzuführende Verfahren das immissionsschutzrechtliche selbst sei. Die Durchführung eines solchen könne die Behörde nur insoweit delegieren, als sie weisungs- und kontrollbefugt bleibe1326. Zudem werde die/der Dritte allein durch den behördlichen 1323 Vgl Hellriegel, Mediation 141. 1324 Eine weitere Differenzierung bzw Einordnung nimmt Schröder, NVwZ 1998, 1013, jedoch nicht vor. 1325 Sünderhauf, Mediation 186 f. 1326 Inwieweit hierin, wie Rüssel, Mediation 231, anführt, ein Unterschied zur Bestimmung des § 4b BauGB gegeben ist, bleibt fraglich. Auch im Bauleitplanverfahren wirkt die/der hinzugezogene Dritte im Rahmen eines Verfahrens – gemeint ist das Aufstellungsverfahren – mit und sieht sich mit der Zuständigkeitswahrnehmungspflicht der Gemeinde und den daraus folgenden Konsequenzen konfrontiert.
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Mediation im öffentlichen Bereich in Deutschland
Verfahrensbevollmächtigten, nicht aber von allen Beteiligten des Verfahrens bestimmt. Weiters könne die/der Dritte als von der Genehmigungsbehörde bestimmte/r VerhandlungsleiterIn im Erörterungstermin tätig werden. Eine Wahl der Verhandlungsleiterin bzw des -leiters aus der Mitte der Versammlung sei aber unzulässig1327. Demzufolge habe die Dritte bzw der Dritte als VertreterIn der Genehmigungsbehörde aufzutreten und handle als ein/e von ihr Beauftragte/r, die/der an die für die Behörde geltenden Vorschriften gebunden sei. Dabei werde sie/er aber weder neutral agieren können, noch von den Beteiligten des Verfahrens als neutral wahrgenommen, sodass auch deshalb die Durchführung eines Erörterungstermins in Form eines Mediationsverfahrens ausscheide1328. Für Rüssel vorstellbar bliebe jedoch, dass in diesem Setting mediative Elemente „als ein Gestaltungsmittel unter anderen im Projektmanagement“ Platz haben können. Darüber hinaus sei es möglich, einzelne Fragen, die im Erörterungstermin nicht ohne Widerstände aufgearbeitet werden können, in gesonderte, mittlerunterstützte Verhandlungsrunden zu verlagern und das hiernach erzielte Verhandlungsergebnis sodann entweder in den Erörterungstermin einzubringen oder der behördlichen Entscheidungsgrundlage hinzuzufügen1329. Letztgenannte mediative „Subprozesse“ entsprechen übrigens einem Vorschlag von Holznagel/Ramsauer1330, die aber im Gegensatz zu Rüssel darüber hinausgehend auch die Durchführung der gesamten Erörterung einer Mediatorin bzw einem Mediator als übertragbar erachten1331. Den verfahrensrechtlichen Anknüpfungspunkt hiefür stelle § 10 Abs 6 BImSchG dar. Die – mittlerweile abgeänderte1332 – Bestimmung des § 18 Abs 1 9. BImSchV, wonach die/der VerhandlungsleiterIn des Erörterungstermins ein/e VertreterIn der Genehmigungsbehörde zu sein habe, stehe deshalb nicht entgegen, da diese so zu verstehen sei, dass die Genehmigungsbehörde lediglich die Verhandlungsleiterin bzw den -leiter zu bestimmen habe. Soweit es sich also im konkreten Verfahren als sinnvoll erweise, könne mit dieser Aufgabe eben auch ein/e MediatorIn beauftragt werden. Wegen der sich dadurch veränderten Position und Rolle habe die/der MediatorIn schließlich darauf zu achten, dass die „Nähe zur Behörde“ nicht zu groß werde, da ansonsten die Vertrauensbasis genommen und die Neutralität aufs Spiel gesetzt werde1333. 1327 Siehe auch Johannes Dietlein, § 10 BImSchG, in: Robert von Landmann/Gustav Rohmer, Umweltrecht I (Stand 2009) Rz 222; Jarass, BImschG9 § 10 Rz 84. 1328 Rüssel, Mediation 231. 1329 Rüssel, Mediation 231 f. 1330 Siehe Holznagel/Ramsauer, in: Haft/Schlieffen (Hg), Handbuch2 Rz 66. 1331 Zu den Ausführungen betreffend den Einsatz von MediatorInnen noch vor Antragstellung siehe zuvor 2.IV.M.4.a). 1332 Geändert durch G vom 27. Juli 2001, BGBl I S 1950. 1333 Holznagel/Ramsauer, in: Haft/Schlieffen (Hg), Handbuch2 Rz 64 f.
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Resümierend ist festzuhalten, dass nicht bloß – wie bereits zuvor dargelegt – im Vorfeld des immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahrens drittunterstützte Aushandlungsprozesse denkbar sind, wenn auch der Normgeber diese Möglichkeit nicht ausdrücklich in den Vordergrund stellt. Ihm geht es in erster Linie um die Verfahrensbeschleunigung. Im Rahmen seiner Erläuterungen verweist er aber ausdrücklich auf die grundsätzlichen Überlegungen der Schlichter-Kommission, die wiederum unter der sperrig anmutenden Bezeichnung der nachfragegerechten Sonderbeschleunigung nach Wahl einen Kanon an Figuren von Verfahrensverantwortlichen mit unterschiedlichen Ausprägungen aufgestellt hat. Hiezu zählen die/der ProjektmanagerIn ebenso wie die/der VerfahrensmittlerIn. Man kann nun freilich darüber lamentieren, ob die durch den Normgeber vollzogene Abänderung der Bezeichnung „Dritter“ in „Projektmanager“ zielführend war. Angesichts der hier angestellten Überlegungen erscheint ein solches Klagen aus rechtlicher Sicht jedoch verzichtbar. Es ist weder der Begriff der Projektmanagerin bzw des Projektmanagers definiert, noch sind die Aufgaben derselben beschrieben1334. Außerdem ist abgesehen von der Anforderung der Verfahrensbeschleunigung nichts darüber ausgesagt, für welche Verfahrensschritte die/der behördliche Verfahrensbevollmächtigte sich gegebenenfalls ProjektmanagerInnen bedienen könnte1335. Es ist demnach davon auszugehen, dass hier im Zusammenhang mit einem modernen Verfahrensmanagement ein dynamischer Begriff Einzug gehalten hat, der zugleich genügend Spielraum für eine einzelfallbezogene und bedarfsgerechte Ausgestaltung – bis hin zur/zum privaten VerfahrensmittlerIn – gewährt. Hellriegel ist jedenfalls dahingehend zuzustimmen, dass mit § 2 Abs 2 Zif 5 der 9. BImSchV lediglich der Beratungsumfang der Behörde gegenüber den AntragstellerInnen festgelegt wird und folglich diese Bestimmung auch keine Ermächtigung zur Privatisierung von Aufgaben, insbesondere nicht in Form einer Beleihung darstellt1336. Die Genehmigungsbehörde, an die sich diese Bestimmung richtet1337, soll die/den AntragstellerIn auf deren/dessen Initiative hin im Hinblick auf die 1334 So auch Pietzcker, in: Hoffmann-Riem/Schneider (Hg), Verfahrensprivatisierung 297. 1335 Ua kann deshalb auch eine pauschalierte Verneinung der Durchführung eines Mediationsverfahrens nicht damit begründet werden, dass hier das von einer/ einem Dritten durchzuführende Verfahren das immissionsschutzrechtliche selbst sei. So aber Sünderhauf, Mediation 186, und Rüssel, Mediation 231. Für welche Aufgaben die/der Dritte letztlich hinzugezogen werden soll, ist mit der/dem AntragstellerIn auf Grundlage der Möglichkeiten der Verwaltungshilfe zu erörtern. 1336 Vgl Hellriegel, Mediation 141. 1337 Czajka, in: Feldhaus/Hansel (Hg), Bundes-Immissionsschutzrecht II2, § 2 – 9. BImSchV Rz 21.
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Antragstellung beraten sowie mit ihr/ihm gemeinsam sonstige für die Durchführung des immissionsschutzrechtlichen Verfahrens erhebliche Fragen erörtern. Hiezu nennt der Verordnungsgeber auch Maßnahmen, wie eben die Hinzuziehung von ProjektmanagerInnen, mit denen eine Verfahrensbeschleunigung erreicht werden kann. Infolge der vorangestellten Ausführungen zur Sonderbeschleunigung nach Wahl ist vom Begriff der Projektmanagerin bzw des Projektmanagers, der gerade nicht abschließend definiert und zugleich einer Auslegung zugänglich ist, etwa auch die/der neutrale private VerfahrensmittlerIn umfasst. Die Genehmigungsbehörde ist demnach angehalten1338, die unterschiedlichen Ausprägungen von Verfahrensverantwortlichen in die „Vorerörterung“ einzubringen und gegebenenfalls den Einsatz von solchen Kräften gemeinsam mit der/dem AntragstellerIn zu beraten. Die eigentliche Hinzuziehung von Dritten, zB auch MediatorInnen, erfolgt, wenn die/der AntragstellerIn einem solchen Vorgehen zustimmt und die hiefür entstehenden Kosten übernimmt, sodann – hier wiederum mit Hellriegel 1339 – im Rahmen der vorhandenen Möglichkeiten der funktionalen Privatisierung und Verwaltungshilfe1340. Betreffend der Beantwortung der Fragen, inwieweit die vorgegebenen immissionsschutzrechtlichen Rahmenbedingungen dem Verfahrensdesign einer Mediation entsprechen oder aber diesem entgegenstehen (etwa hinsichtlich der Freiwilligkeit bei mediativ ausgestalteten Erörterungsterminen oder den Neutralitätsanforderungen an MediatorInnen), kann auf die obigen Überlegungen zum Verhältnis von Mediation und Verwaltungsverfahren verwiesen werden. Abschließend soll aber noch einmal auf die Figur der/des behördlichen Verfahrensbevollmächtigten zurückgekommen werden. Dieser/diesem obliegt es, den/die Dritte zu bestimmen. Es ist in § 2 Abs 2 Zif 5 der 9. BImSchV jedoch nichts darüber ausgesagt, wie die/der Verfahrensbevollmächtigte bei der Auswahl der/des Dritten vorzugehen hat. Daher erscheint es auch nicht ausgeschlossen, dass die Verfahrensbeteiligten an dem vor allem für ein Mediationsverfahren so essentiellen Auswahlprozess partizipieren1341. Vielmehr bietet es sich in einer solchen Situation geradezu an, dass die/der Verfah1338 Zur Diskussion betreffend des Verständnisses der in diesem Zusammenhang verwendeten „Soll“-Vorschrift siehe Czajka, in: Feldhaus/Hansel (Hg), BundesImmissionsschutzrecht II2, § 2 – 9. BImSchV Rz 22. 1339 Hellriegel, Mediation 141; so wohl auch Pietzcker, in: Hoffmann-Riem/ Schneider (Hg), Verfahrensprivatisierung 297. 1340 Siehe hiezu auch 2.IV.L.3. Hiebei wird auch der entscheidende Unterschied zu den Ausführungen von Sünderhauf und Rüssel deutlich, die § 2 Abs 2 Zif 5 der 9. BImSchV als Grundlage für die Hinzuziehung von Dritten erkennen. 1341 Siehe auch oben 2.IV.L.3.
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rensbevollmächtigte ihre/seine Rolle als Prozessprovider dergestalt wahrnimmt, dass sie/er den Kontakt mit den potenziellen Beteiligten herstellt, um zuvorderst die Funktionsweisen eines Mediationsverfahrens darzulegen sowie deren Bereitschaft zur Teilnahme abklärt, und auch bereits die Auswahl der Mediatorinnen und Mediatoren vorbereitet1342. c) Scoping-Verfahren im immissionsschutzrechtlichen Verfahren
Wie auch – im sogleich zu behandelnden – dUVPG sieht das immissionsschutzrechtliche Genehmigungsverfahren ein Scoping-Verfahren für UVPpflichtige Projekte vor. Die hiefür geschaffene Regelung des § 2a Abs 1 der 9. BImSchV entspricht dem Normgehalt des § 5 dUVPG, weshalb hier auch auf die unmittelbar folgenden, einschlägigen Ausführungen verwiesen werden kann. 5. Mediation im Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz
Das deutsche dUVPG könnte ein weiteres dieser vorhin angesprochenen Einfallstore für Mediation sein. Konkret handelt es sich dabei um die als Teil-Formung des informalen Verwaltungshandeln1343 bezeichnete Bestimmung des § 5 leg cit, die das sog. „Scoping-Verfahren“ regelt1344. Damit ist gemeint, dass die zur Zulassung berufene oder aber federführende Behörde1345 mit der Vorhabenträgerin bzw dem Vorhabenträger möglichst schon vor Eintritt in das förmliche Verwaltungsverfahren, also noch vor Stellung des förmlichen Genehmigungsantrags, Abstimmungsgespräche aufnehmen solle1346. Ein solches „Vorklärungsverfahren“1347 bzw eine solche „VorabVerständigung“1348 dient vor allem der Hilfestellung für ProjektwerberIn1342 Zum Prozessproviding vgl 1.II.A. Weiters Lenz, in: Ferz/Pichler (Hg), Media tion 105 sowie Lenz/Wostratzky, Prozessproviding 41 f; siehe auch Flucher, in: Flucher et al (Hg), Mediation 24 f; Lenz/Fackler, in: Flucher et al (Hg), Media tion 93; Fürst, Umweltmediation 27. 1343 So von Hoffmann-Riem, in: Hoffmann-Riem et al (Hg), Grundlagen II Rz 86. 1344 Zu den Ausnahmebereichen, in denen § 5 dUVPG keine Anwendung findet, und den vorrangigen Fachrechtsregelungen siehe Erbguth/Schink, Umweltverträglichkeitsprüfung2 § 5 Rz 6a; Martin Kment, § 5, in: Werner Hoppe/Martin Beckmann (Hg), UVPG. Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung4 (2012) Rz 6 f. 1345 Bei parallelen Zulassungsverfahren gem § 14 dUVPG. 1346 Der Gesetzgeber wollte hiemit die bereits zuvor verbreitete Praxis von informellen Abstimmungsgesprächen meist zwischen VorhabenträgerIn und Behörden normativ erfassen. Siehe BR-Drs. 335/88, 64. 1347 BMfW (Hg), Investitionsförderung Rz 253. 1348 So Schoch, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann (Hg), Innovation 230.
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nen1349, wonach die Behörde ihnen, entsprechend dem Planungsstand des Vorhabens, frühzeitig Klarheit über die Reichweite der Untersuchung des Vorhabens und über Inhalt und Umfang der beizubringenden Unterlagen (§ 6 leg cit) verschaffen sowie sie über Gegenstand, Umfang und Methoden der UVP aufklären soll, um so das bevorstehende Genehmigungsverfahren zu vereinfachen und durch optimale Vorbereitung zu beschleunigen1350. Dieses fakultative und normativ nur wenig durchformte Vorverfahren hat auf Ersuchen der ProjektwerberInnen vor Beginn des eigentlichen Verwaltungsverfahrens zu erfolgen oder aber es kann von der zuständigen Behörde nach Beginn eben dieses Verfahrens angestrengt werden1351. Bevor die Behörde nun der/dem VorhabenträgerIn die nötigen Auskünfte erteilt, diesen „unterrichtet“, gibt sie ihm und auch den (voraussichtlich) zu beteiligenden Behörden Gelegenheit zu einer gemeinsamen „Vorbesprechung“ vor allem über Inhalt und Umfang der Unterlagen. Dabei handelt es sich wegen des grundsätzlich informellen Charakters des Scopings nicht um einen Erörterungstermin iS des Verwaltungsverfahrensgesetzes. „Hinzugezogen“ – sowohl einzeln als auch gemeinsam – können weitere Behörden, Sachverständige (GutachterInnen) und Dritte (Standortgemeinden, Bürgerinitiativen) werden. Ein Zwang zur Durchführung einer solchen gemeinsamen Besprechung besteht aber nicht1352. Die/der VorhabenträgerIn kann darauf auch verzichten. Form und Gestaltung sind gesetzlich nicht geregelt. Die Ausgestaltung obliegt der Behörde im Rahmen ihres Verfahrensermessens, wenn auch eine solche Besprechung einfach, zweckmäßig und zügig durchzuführen ist1353. Sind die Themen komplex, kann das Scoping-Verfahren auch über mehrere Termine hinweg reichen; eine Fristvorschrift besteht nicht. Die Auswahl der hinzuzuziehenden Personen(verbände) kann die/ der VorhabenträgerIn (mit)bestimmen1354. 1349 Erbguth/Schink, Umweltverträglichkeitsprüfung2 § 5 Rz 3. 1350 Zur ökonomischen Zielrichtung siehe Erbguth/Schink, Umweltverträglichkeitsprüfung2 § 5 Rz 6; Sparwasser et al, Umweltrecht5 § 4 Rz 22; Kment, in: Hoppe/ Beckmann (Hg), UVPG4 § 5 Rz 3 und 14. 1351 BT-Drs. 14/4599, 98. 1352 Kment, in: Hoppe/Beckmann (Hg), UVPG4 § 5 Rz 4. 1353 Siehe UVPVwV (GMBl 1995 S 671) 0.4.3 sowie Nisipeanu, NVwZ 1993, 323 f; Erbguth/Schink, Umweltverträglichkeitsprüfung2 § 5 Rz 13a; Kment, in: Hoppe/Beckmann (Hg), UVPG4 § 5 Rz 21, hält darüber hinaus fest, dass VorhabenträgerInnen „praktisch bestimmen“ können, „welche Behörde, Sachverständige oder Dritte zu welchen Themen hinzugezogen werden sollen“. 1354 Die Einräumung einer solchen Möglichkeit lässt allein schon Geheimhaltungsinteressen der Projektwerberin und des Projektwerbers an bestimmten Tatsachen erwarten; Erbguth/Schink, Umweltverträglichkeitsprüfung2 § 5 Rz 13a; vgl hiezu auch die bereits von der Expertenkommission geäußerten Befürchtungen BMfW (Hg), Investitionsförderung Rz 254.
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Die Besprechung kann schließlich iS einer Antragskonferenz1355 entsprechend § 71e VwVfG erfolgen1356, was letztlich die gemeinsame Aufarbeitung der durch das Vorhaben berührten Interessen, darüber hinaus unter Beteiligung von BürgerInnen1357, ermöglichen und die Akzeptanz der UVP sowie damit auch des Verfahrensergebnisses bei den Verfahrensbeteiligten fördern soll1358. Ziel ist es aber nicht – freilich auch nicht rechtens –, zum Schutz von Dritten eine vorzeitige Behandlung von Einwendungen zu garantieren1359 oder gar die Genehmigungsfähigkeit festzustellen1360. Letztgenannte Aufgaben sind von der Behörde im eigentlichen Genehmigungsverfahren wahrzunehmen1361. Die das Scoping abschließende, wohl in Schriftform ergehende, Unterrichtung1362 stellt übrigens keinen Verwaltungsakt dar, sondern einen Verfahrensrealakt, der nicht gesondert anfechtbar ist1363. Die nicht unumstrittenen Überlegungen, Mediation im Scoping-Verfahren einzusetzen, knüpfen einerseits an die Möglichkeit einer frühzeitigen Diskussion über das voraussichtlich konfliktbeladene Umweltverträglichkeitsprüfungsverfahren1364 und andererseits an die Regelung in – nunmehr 1355 Die Antragskonferenz als Beschleunigungsinstrument bei BMfW (Hg), Investitionsförderung Rz 257. 1356 Erbguth/Schink, Umweltverträglichkeitsprüfung2 § 5 Rz 13a. 1357 Davon geht wohl auch der Gesetzgeber aus, wenn er im Zusammenhang mit der Vorhabenerörterung festhält: „Im Einzelfall kann in diesem frühen Planungsstadium auch schon eine Unterrichtung der Öffentlichkeit über die Planungen zweckmäßig sein.“ BR-Drs. 335/88, 65. Würtenberger, Akzeptanz 141, schlägt vor, zumindest die „WortführerInnen“ des Bürgerprotests im Vorfeld des Scoping-Verfahrens zu laden und am Scoping-Termin zu beteiligen. 1358 Sparwasser et al, Umweltrecht5 § 4 Rz 22. 1359 Überhaupt werden Rechte Dritter durch dieses Vorverfahren nicht tangiert, so insbesondere BVerwG 9.11.2006, 4 A 2001/06. 1360 Erbguth/Schink, Umweltverträglichkeitsprüfung2 § 5 Rz 13a; Haneklaus, in: Hoppe (Hg), UVPG2 § 5 Rz 10; Hellriegel, Mediation im Umweltrecht (2002) 146. 1361 Köster, Privatisierung 173. 1362 Zum Inhalt einer Unterrichtung vgl Erbguth/Schink, Umweltverträglich keitsprüfung2 § 5 Rz 14b ff; Kment, in: Hoppe/Beckmann (Hg), UVPG4 § 5 Rz 23. 1363 UVPVwV 0.4.7 („keine rechtliche Bindungswirkung“); Erbguth/Schink, Umweltverträglichkeitsprüfung2 § 5 Rz 14a; Kment, in: Hoppe/Beckmann (Hg), UVPG4 § 5 Rz 25. 1364 Siehe Holznagel/Ramsauer, in: Haft/Schlieffen (Hg), Handbuch2 Rz 52; auch Zilleßen, in: Haft/Schlieffen (Hg), Handbuch2 Rz 46 f, der beispielsweise davon ausgeht, dass als faktische Voraussetzung für Mediationsverfahren im Rahmen des Scoping-Termins erst die Erkenntnis von Verwaltung und VorhabenträgerIn vom nicht zu lösenden Konflikt anzusehen sei.
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– Satz 41365 der hier diskutierten Bestimmung an, wonach „Dritte“ zur Besprechung hinzugezogen werden können. Wie schon vorhin angedeutet, werden darunter in erster Linie Standort- sowie Nachbargemeinden, Bürgerinitiativen und Naturschutzverbände verstanden, wobei Dritte gem Verwaltungsvorschrift grundsätzlich sowohl juristische als auch natürliche Personen sein können1366 – also auch MediatorInnen? Wie bereits oben festgehalten, dient dieses Vorverfahren weder der vorgezogenen Behandlung von Einwendungen Dritter noch einer Vorwegnahme der UVP an sich1367. In erster Linie sollen Inhalt und Umfang der voraussichtlich beizubringenden Unterlagen abgeklärt und darüber hinaus – vor allem im Zuge der Besprechung – Gegenstand, Umfang und Methoden der UVP sowie sonstige für die UVP erhebliche Fragen aufgeworfen werden. Von Konfliktbearbeitung oder -regelung ist nicht die Rede1368, sehr wohl aber von Akzeptanzaufbau1369. Erbguth/Schink gehen angesichts der hier angeführten Primärziele davon aus, dass bei komplexen Verfahren die Einbeziehung der Standortgemeinden sowie von möglichen Drittbetroffenen und Umweltverbänden durchaus angezeigt sei, da sich so die für die Bestimmung des Untersuchungsrahmens notwendige Informationslage der Genehmigungsbehörde über die Umweltauswirkungen des Vorhabens wesentlich verbessern ließe. Auch vermeide ihrer Meinung nach die Einbeziehung Dritter den Anschein, es werde das Ergebnis hinter verschlossenen Türen zwischen ProjektwerberIn und Behörde bereits im Vorfeld abgesprochen. Somit ließe sich die Akzeptanz des Verfahrens vergrößern1370. Jedoch habe das Scoping, das eine „verwaltungsrechtliche (Teil-)Formalisierung ansonsten informalen Verwaltungshandelns“ darstelle, nichts mit den Entwicklungen des Verfahrensmanagements wie „Runden Tischen“ oder Mediation zu tun1371. Demgegenüber wird in § 5 dUVPG durchaus ein möglicher Ansatzpunkt zur Integration von Elementen eines Mediationsverfahrens erkannt. Dies geht beispielsweise aus einem Bericht der Bundesregierung über die Möglichkeiten einer weiteren Beschleunigung und Vereinfachung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren aus dem Jahr 1994 her1365 IdF der Bekanntmachung der Neufassung des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung vom 5. September 2001, BGBl I S 2350. 1366 UVPVwV 0.4.6. 1367 Eindringlich Kment, in: Hoppe/Beckmann (Hg), UVPG4 § 5 Rz 22. 1368 Siehe BR-Drs. 335/88 und BT-Drs. 14/4599. 1369 UVPVwV 0.4.1; weiters Nisipeanu, NVwZ 1993, 321; Kment, in: Hoppe/ Beckmann (Hg), UVPG4 § 5 Rz 3. 1370 Erbguth/Schink, Umweltverträglichkeitsprüfung2 § 5 Rz 13a. 1371 Erbguth/Schink, Umweltverträglichkeitsprüfung2 § 5 Rz 24; so auch Köster, Privatisierung 173.
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vor, wenn auch einschränkend festgehalten wird, dass erst durch entsprechende gesetzliche Änderungen das Scoping-Verfahren zu einem Mediationsverfahren ausgebaut werden könne1372. Nach Meinung von Hellriegel verfolgen Scoping-Termin und Mediation dieselben Ziele. Beide seien darauf gerichtet, die durch das Vorhaben berührten Interessen unter Beteiligung der BürgerInnen zu einem möglichst frühen Zeitpunkt zu erforschen1373. Auch sei im Zuge des Besprechungstermins – trotz eingeschränkter inhaltlicher Reichweite – genügend Raum für Verhandlungen vorhanden, wodurch ein sinnvoller Anknüpfungspunkt für Mediation gegeben sei1374. Als Argumente dafür nennt Hellriegel die fehlenden Formvorschriften sowie das weite Verwaltungsermessen1375. Allerdings stelle § 5 dUVPG keine Ermächtigung zur Übertragung von Verhandlungsbefugnissen an private MediatorInnen dar. Die verblieben allesamt bei der Behörde; sehr wohl aber könne ein/e MediatorIn im Rahmen der Verwaltungshilfe tätig werden. Begründet wird dieser Ansatz damit, dass Dritte/r iS von § 5 dUVPG jedermann sein könne. Es gäbe hiezu auch keine gesetzlichen Einschränkungen, weshalb daraus geschlossen werden dürfe, dass ein/e Dritte/r eben auch ein/e hinzugezogene/r KonfliktmittlerIn sei1376. Auch Holznagel/Ramsauer1377 gehen davon aus, dass unter den Begriff „Dritter“ die MediatorInnen fallen. Dies entspreche dem Sinn und Zweck des Scoping-Verfahrens, nämlich eine optimale Vorbereitung des Zulassungsverfahrens iS der Beschleunigung und Vereinfachung zu gewährleisten 1372 BT-Drs. 12/6923, 20. 1373 So schon zuvor Gaßner/Holznagel/Lahl, Mediation. Verhandlungen als Mittel der Konsensfindung bei Umweltstreitigkeiten (1992) 98 f, die sich in weiterer Folge jedoch nicht auf eine rechtsdogmatische Auseinandersetzung betreffend der Zulässigkeit des Einsatzes von KonfliktmittlerInnen einlassen, sondern vielmehr (rechts)politische Gedanken ins Treffen führen. 1374 Hellriegel, Mediation 148. 1375 Hellriegel, Mediation 147. 1376 Siehe aber auch Christian Loosen, Pragmatischer Interessenausgleich versus verfahrensförmige Rechtsverwirklichung – Ein Beitrag zur Mediation im Verwaltungsrecht (1999) 182 f, der die Möglichkeit eines KonfliktmittlerInneneinsatzes in diesem Rahmen insbesondere deshalb verneint, da seiner Meinung nach „der Begriff Dritte regelmäßig – siehe § 80a VwGO – im Zusammenhang mit einer eigenen rechtlichen Betroffenheit verwendet“ werde. Potenzielle MediatorInnen stünden aber vor Hinzuziehung zum Verfahren gerade in keinem rechtlich bedeutsamen Zuordnungsverhältnis zu den Verfahrensbeteiligten. 1377 Holznagel/Ramsauer, in: Haft/Schlieffen (Hg), Handbuch2 Rz 53; siehe auch Holznagel, Beschleunigung von Genehmigungsverfahren durch den Einsatz von Konfliktmittlern, in: Dose et al (Hg), Beschleunigung von Genehmigungsverfahren. Vorschläge zur Verbesserung des Industriestandortes Deutschland (1994) 165; ders, in: Breidenbach/Henssler (Hg), Mediation 158.
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und Akzeptanz zu fördern. Der Gesetzgeber selbst1378 habe der Behörde bei der Ausgestaltung dieses Vorverfahrens weitgehend freie Hand gelassen, um möglichst die Flexibilität zu erhalten1379. Gestützt auf die Ausführungen von Holznagel1380 kommt schließlich auch Zilleßen zum Ergebnis, dass ein Scoping-Verfahren den nötigen Spielraum für die Lösung von Interessenkonflikten mit Hilfe von Mediation biete. Er weist aber zu Recht darüber hinaus darauf hin, dass es nichts mit Mediation als Prozess zu tun habe, wenn ein einziger Termin von einem neutralen Dritten moderiert werde. Vielmehr könne es seiner Meinung nach im Rahmen der UVP darum gehen, den Scoping-Termin durch Mediation vorzubereiten und zu entlasten1381. Trieb1382 wiederum kommt zum Ergebnis, dass die hier besprochene Bestimmung dann für Mediationsverfahren aufbereitet werden könne, wenn zur Erörterung auch die Öffentlichkeit beigezogen werde. Da aber die Behörde ein Ermessen bei der Hinzuziehung der Öffentlichkeit habe und letztere jedoch meist nicht benachrichtigt und hinzugezogen werde, könne von einer Förderung der Mediation nicht ausgegangen werden. Er regt daher zum einen die Einschränkung des Ermessens der Behörde dahingehend an, dass in Fällen von „schwierigen und komplexen Verwaltungsverfahren“ immer die Öffentlichkeit einzubinden sei, und zum anderen, dass Experimentierklauseln festgeschrieben werden sollen, wonach Mediationsverfahren durchzuführen seien1383.
1378 Siehe BR-Drs. 335/88, 65. 1379 Zu diesem – aber nicht weiter begründeten – Ergebnis kommen auch HoffmannRiem, in: ders et al (Hg), Reform 157, der sich für eine experimentelle Erprobung ausspricht sowie Rüssel, Mediation in komplexen Verwaltungsverfahren (2004) 230. Der Meinung Rüssels zufolge zählen zu den Dritten iS dieser Vorschrift „unstreitig“ auch MediatorInnen. Dadurch sei es möglich und letztlich auch gewinnbringend, im inhaltlich festgesetzten Rahmen Mediationsverfahren durchzuführen. Dem Einsatz von MediatorInnen zustimmend auch Schäfer, NVwZ 2006, 40; Kaltenborn, Streitvermeidung 116 f. Noch einen Schritt weiter gehen Wagner/Engelhardt, Mediation im Umwelt- und Planungsrecht als Alternative zur behördlichen oder gerichtlichen Streitentscheidung, NVwZ 2001, 372, wonach „Mediatoren auch mit der vollständigen Durchführung der Umweltverträglichkeitsprüfung beauftragt werden können.“ 1380 Holznagel, in: Dose et al (Hg), Beschleunigung 165. 1381 Zilleßen, in: Haft/Schlieffen (Hg), Handbuch2 Rz 46. 1382 Trieb, Konsens und Verwaltungsverfahren. Mediation und immissionsschutzrechtliches Genehmigungsverfahren (1997) 99 f. 1383 Trieb, Konsens 298 f; warum dann dieser im Schlusssatz festhält, dass de lege lata im Scoping-Verfahren keine Mediationen möglich seien, obwohl er zuvor deren Durchführung nicht ausgeschlossen hat, bleibt unbeantwortet.
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Rüssel erwähnt in diesem Zusammenhang übrigens § 16 Abs 2 UVP-G, ohne aber näher darauf einzugehen1384. Bei dieser österreichischen Bestimmung handelt es sich jedoch um die Regelung eines entschieden anderen Zugangs, der mit der von § 5 dUVPG geschaffenen Ausgangsituation nicht vergleichbar ist. So schafft die österreichische Norm zur Abführung eines Mediationsverfahrens vorrangig ein Zeitfenster im behördlichen Verfahren zur Durchführung eines gänzlich ausgelagerten Mediationsverfahrens, während die hier dargestellte deutsche Regelung einen integrativen Weg wählt. Sollen Parallelen zwischen den deutschen und den österreichischen Regelungen hergestellt werden, dann müsste dies wohl die Bestimmungen des § 5 dUVPG sowie des § 4 UVP-G betreffen1385. 6. Bauleitplanung und Mediation
Ein interessanter Anknüpfungspunkt für Mediation innerhalb eines formellen Verfahrens lässt sich im Baugesetzbuch ausmachen, in dem vor allem die Aufgaben der Bauleitplanung im innerstädtischen Bereich, nämlich die bauliche und sonstige Nutzung von Grundstücken in einer Gemeinde vorzubereiten und zu leiten, geregelt sind (§ 1 Abs 1 BauGB)1386. So normiert § 4b BauGB, der erst 1998 in Kraft trat und 20011387 sowie 20041388 erweitert wurde, ausdrücklich, dass die Gemeinde im Bauleitplanverfahren „insbesondere zur Beschleunigung“ desselben die Vorbereitung und Durchführung von bestimmten Verfahrensschritten – Erstellung der Begründung zum Bauleitplanentwurf sowie des Umweltberichts (§ 2a), Öffentlichkeitsbeteiligung (§ 3), Beteiligung von Behörden und sonstigen TrägerInnen öffentlicher Belange (§ 4) und grenzüberschreitende Unterrichtung und Konsultation (§ 4a Abs 5) – einer Dritten bzw einem Dritten „übertragen“ kann1389. Die allgemeinen Vorschriften (§§ 2–4c leg cit) gelten 1384 Rüssel, Mediation 230. 1385 Siehe 3.III.A.10. 1386 Bauleitpläne iwS sind gem § 1 Abs 2 BauGB der Flächennutzungsplan (vorbereitender Bauleitplan, § 5 ff leg cit) und der daraus zu entwickelnde Bebauungsplan (verbindlicher Bauleitplan, § 8 ff leg cit); allgemein hiezu etwa Michael Krautzberger, § 1, in: Ulrich Battis et al (Hg), Baugesetzbuch11 (2009) Rz 10 ff und 24. 1387 Bekanntmachung der Neufassung des Baugesetzbuches vom 27. August 1997, BGBl I S 2141; ergänzt durch das Gesetz vom 27. Juli 2001 zur Umsetzung der UVP-Änderungsrichtlinie, der IVU-Richtlinie und weiteren EG-Richtlinien zum Umweltschutz, BGBl I S 1950. 1388 BauGB in der Fassung der Bekanntmachung vom 23. September 2004, BGBl I S 2414 (ergänzt um die Umweltprüfung). 1389 Gaentzsch, in: Schlichter et al (Hg), BauGB3 § 4a Rz 10; Krautzberger, in: Ernst et al, BauGB I § 4b Rz 1; Battis, in: ders et al (Hg), BauGB11 § 2 Rz 2; siehe auch Kaltenborn, Streitvermeidung 116.
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übrigens für beide Arten der Bauleitplanung, also für den Flächennutzungsplan und den Bebauungsplan1390. a) Einschaltung von Dritten
Damit soll zweierlei bewirkt werden. Einerseits liegt nunmehr eine Klarstellung1391 vor, dass jedenfalls, so wie bereits nach der zuvor geltenden – nicht gänzlich unumstrittenen1392, aber von der Verwaltungspraxis dennoch favorisierten – Rechtslage, die Möglichkeit besteht, Dritte einzuschalten. Andererseits soll – nach Vorstellung des Gesetzgebers1393 – ein häufigerer Gebrauch des verfahrensbeschleunigenden Instruments von Projekt- und VerfahrensmittlerInnen befördert werden1394. Hauptzielrichtung dieser Regelung bleibt freilich die Intensivierung von Maßnahmen zur Beschleunigung der Bauleitplanverfahren1395. Zusätzlich aber soll durch die rechtliche Legitimierung und Ermöglichung der Privatisierung bei der Vorbereitung und Durchführung von einzelnen Verfahrensschritten1396 eine höhere Akzeptanz für städtebauliche Planungen erreicht werden. Gegebenenfalls könne dies insbesondere bei umstrittenen Vorhaben in Anlehnung an das „im angloamerikanischen Raum erfolgreich praktizierte Modell der Mediation“ mit privaten VerfahrensmittlerInnen gewährleistet werden1397. Ein möglicher unauflösbarer Widerspruch von Beschleunigungsinteressen und aufwendigen Konsensverfahren wird dabei nicht gesehen, wenn auch – so Battis1398 – der hier gewählte Ansatz einer partiellen Verfahrensprivatisierung nicht ausschließe, dass die Vorbereitungen und Ausführungen der übertragenen Verfahrensschritte durch die/den Dritte/n zu Verzögerungen führen können. Auch ein professionell aufbereiteter Kommunikationsprozess koste eben Zeit. Demgegenüber sei jedoch eine bessere Planungs1390 Krautzberger, in: Battis et al (Hg), BauGB11 § 1 Rz 2. 1391 Siehe Hehn, in: Henssler/Koch (Hg), Mediation2 553. 1392 Vgl etwa Michael Oerder, Städtebaulicher Vertrag nach dem Bau- und Raumordnungsgesetz 1998 – Gesetzesänderungen und aktuelle Probleme, NVwZ 1997, 1191; Reidt, NVwZ 1998, 592; Battis, in: ders et al (Hg), BauGB11 § 4b Rz 1. 1393 BR-Drs. 635/96, 47 = BT-Drs. 13/6392, 47. 1394 Siehe auch Krautzberger, in: Ernst et al, BauGB I § 4b Rz 1 und 9. 1395 Ulrich Battis et al, Die Neuregelungen des Baugesetzbuches zum 1.1.1998, NVwZ 1997, 1151; Stephan Gatz, § 4b, in: Otto Schlichter et al (Hg), Berliner Kommentar zum Baugesetzbuch3 (Stand 2007) Rz 2; Rüssel, Mediation 226. 1396 BT-Drs. 13/7589, 16; so auch Hellriegel, Mediation 148. In der RV, BT-Drs. 13/6392, 47, stand noch ausschließlich der verfahrensbeschleunigende Aspekt im Vordergrund. 1397 Zur Förderung neuer Konfliktbehandlungsmethoden durch § 4b BauGB siehe Rüssel, Mediation 227. 1398 Battis, in: ders et al (Hg), BauGB11 § 4b Rz 5.
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qualität und ein auf Dauer von allen Beteiligten akzeptiertes Ergebnis zu erwarten1399. Und auch der Gesetzgeber hätte dies nach Meinung von Holznagel/Ramsauer so gesehen, weise doch das Wort „insbesondere“ in § 4b BauGB darauf hin, dass es beim Einsatz einer/eines privaten Dritten nicht nur um das Erzielen von Beschleunigungseffekten gehe. Vielmehr solle mit diesem Instrument auch der Interessenausgleich und die Befriedung raumbezogener Konflikte ermöglicht werden, weshalb eine Beurteilung der Tätigkeit der/des Dritten nicht auf die Erzielung von Beschleunigungseffekten reduziert werden dürfe1400. Bei der Frage nach dem Einsatz von privaten VerfahrensmittlerInnen, gerade auch iSv MediatorInnen, hat sich der Gesetzgeber1401 übrigens ausdrücklich auf Ausführungen der „Unabhängigen Expertenkommission“ gestützt, die eine Erprobung der Tauglichkeit dieses Instituts eindringlich anrät1402. Damit scheint darüber hinaus die Frage geklärt, ob „Dritter“ iS dieses Gesetzes auch ein/e MediatorIn sein kann, und ist somit wohl zu bejahen1403. Die Entscheidung darüber, ob und zu welchem Zweck Dritte mit Aufgaben beauftragt werden, bleibt allein bei der Gemeinde. Der Gesetzgeber räumt der Gemeinde also Auswahlermessen ein1404. Einzig die sachgerechte Wahrnehmung der ihr per Gesetz auferlegten Aufgaben dürfe sie nach Meinung von Gaentzsch dabei nicht gefährden1405. Damit und eingedenk der Tatsache, dass Dritte in diesem Sinn für Verfahrensschritte, die systematisch nach dem Aufstellungsbeschluss – also dem ersten formalen Akt des Bauleitplanverfahrens – herangezogen werden 1399 Von einer Beschleunigungspflicht als Voraussetzung für § 4b leg cit könne laut Hellriegel, Mediation 149, nicht ausgegangen werden. Zu verwaltungspolitischen Aspekten Krautzberger, in: Ernst et al, BauGB I § 4b Rz 4. 1400 Holznagel/Ramsauer, in: Haft/Schlieffen (Hg), Handbuch2 Rz 83. 1401 BR-Drs. 635/96, 47 = BT-Drs. 13/6392, 47. 1402 BMfW (Hg), Investitionsförderung Rz 284. 1403 So auch in 2.4.4.2 des Einführungserlasses zum Bau- und Raumordnungsgesetz 1998 (BauROG) – Vorschriften mit Bezug zum allgemeinen Städtebaurecht; siehe weiters Lüers, Die Bauleitplanung nach dem BauROG, DVBl 1998, 444; Günter Gaentzsch, § 4b, in: Otto Schlichter et al (Hg), Berliner Kommentar zum Baugesetzbuch3 (Stand 2002) Rz 2; Rüssel, Mediation 226 f; Krautzberger, in: Ernst et al, BauGB I § 4b Rz 4 und 31; Hilmar Ferner, § 4b, in: Hilmar Ferner et al (Hg), Baugesetzbuch mit Baunutzungsverordnung. Handkommentar2 (2008) Rz 1; Holznagel/Ramsauer, in: Haft/Schlieffen (Hg), Handbuch2 Rz 83; Klaus Finkelnburg et al, Öffentliches Baurecht I. Bauplanungsrecht6 (2011) § 6 Rz 14. Zurückhaltend etwa Bernhard Stüer, Handbuch des Bau- und Fachplanungsrechts. Planung – Genehmigung – Rechtsschutz4 (2009) Rz 2119. 1404 Ein Anspruch auf Aufgabenübertragung besteht nicht, so Hellriegel, Mediation 149 f. Siehe weiters Kaltenborn, Streitvermeidung 277 f. 1405 Gaentzsch, in: Schlichter et al (Hg), BauGB3 § 4b Rz 2.
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können, wird aber auch deutlich, dass die hier vor allem interessierende Verfahrensmittlung nach § 4b BauGB kein informelles Verwaltungshandeln außerhalb des Rechts mehr darstellt. Diese Verfahren vor Dritten sind demnach gebunden an die gegenständlichen Rechtsvorschriften und befreien nicht von den materiellen Anforderungen des § 1 leg cit1406. Auch sind solche Handlungen, die eine umfassende Abwägung durch die Gemeinde beeinträchtigen, nicht erlaubt1407. Nicht die/der private Dritte darf im Verfahren Entscheidungen treffen, sondern nur die Gemeinde, die gerade selbst die erforderliche Abwägung aller öffentlicher und privater Belange (insbesondere § 1 Abs 7 BauGB) als Kernbereich interessenneutraler hoheitlicher Normsetzung vornehmen muss und somit sich nicht auf eine bloß abschließende Rechtmäßigkeitskontrolle zurückziehen darf. Die Letztentscheidungsverantwortung hat demnach bei der Gemeinde zu verbleiben1408. Dies wird ua damit begründet, dass sich im deutschen Verwaltungsrecht – schon aus Gründen der Amtsermittlungspflicht1409 – die Behörde nicht in die Rolle der neutralen Richterin bzw des neutralen Richters zurückziehen darf, auch tritt sie den BürgerInnen nicht auf der Ebene der Gleichordnung gegenüber und letztlich hat sie die Planungshoheit auszufüllen, deren sie sich nicht durch Übertragung an eine/n VerfahrensmittlerIn entledigen kann1410. Diese ergebe sich – so Krautzberger – schon aus der in § 4b leg cit vorgesehenen Beschränkung auf einzelne Verfahrensschritte, weshalb davon auszugehen sei, dass das Bauleitverfahren als solches, also die zu treffenden Entscheidungen, nicht übertragbar seien, sondern die Gemeinde für dieses Verfahren verantwortlich bleibe1411. Damit sind nun auch die zusätzlichen Grenzen für den Einsatz von Dritten angesprochen. Diese bilden eben diejenigen ausdrücklich im § 4b ge1406 Battis, in: ders et al (Hg), BauGB11 § 4b Rz 3. 1407 Battis, in: ders et al (Hg), BauGB11 § 4b Rz 4. 1408 BT-Drs. 13/6392, 47; BT-Drs. 13/7589, 21; Battis et al, NVwZ 1997, 1151; Wolfgang Hadlich/Michael Rennhack, Mediation im öffentlichen Baurecht – Chancen einer neuen Planungskultur, LKV 1999, 10; Hellriegel, Mediation 151 f; Pitschas, NVwZ 2004, 400; Battis, in: ders et al (Hg), BauGB11 § 4b Rz 2 und 7; Ferner, in: Ferner et al (Hg), HK-BauGB2 § 4b Rz 1; Krautzberger, in: Ernst et al, BauGB I § 4b Rz 15 und 41; Holznagel/Ramsauer, in: Haft/Schlieffen (Hg), Handbuch2 Rz 84; Henning Jäde, § 4b, in: ders et al, Baugesetzbuch. Baunutzungsordnung6 (2010) Rz 2. 1409 Köster, Privatisierung 142. 1410 Krautzberger, in: Ernst et al, BauGB I § 4b Rz 4. 1411 Michael Krautzberger, Vorb §§ 1-13a, in: Werner Ernst et al, Baugesetzbuch. Kommentar I (Stand 2011) Rz 68 und ders, in: Ernst et al, BauGB I § 4b Rz 15; so auch Battis, in: ders et al (Hg), BauGB11 § 4b Rz 7; im Ergebnis auch Wolfgang Schrödter, § 4b, in: Hans Schrödter (Hg), Baugesetzbuch7 (2006) Rz 7 und Gatz, in: Schlichter et al (Hg), BauGB3 § 4b Rz 3.
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nannten Aufgaben, welche die Gemeinde in der Bauleitplanung übertragen darf. Die Aufzählung ist – wie schon oben angesprochen – abschließend zu verstehen1412. b) Rechtsstellung der MediatorInnen
Nicht gänzlich unumstritten ist, welche Rechtstellung nun der/dem Dritten und somit auch den MediatorInnen zukommt. Überwiegend wird angenommen, dass diese keine Hoheitsträger, vielmehr VerwaltungshelferInnen iS der verwaltungsrechtlichen Terminologie sind, denen gerade keine selbständigen hoheitlichen Befugnisse eingeräumt sind1413. Sie handeln folglich im Auftrag der Gemeinde und sind auch an ihre Weisungen gebunden1414; ein Ergebnis, das Jäde annehmen lässt, dass – wie schon bisher – den Dritten lediglich die „technische Abwicklung des Verfahrens bzw einzelner Verfahrensschritte“ übertragen werden dürfen1415. Schrödter knüpft daran wiederum die Forderung, dass die (gebundenen) Kompetenzen und die Zurechenbarkeit der Tätigkeiten der Dritten für die BürgerInnen stets erkennbar sein müssen1416. Zu einer anderen Erkenntnis gelangen etwa Reidt und Hellriegel. Erstgenannter mahnt etwa zu einer sorgfältigen Unterscheidung von vorbereitenden und durchführenden Tätigkeiten von Dritten. Während für die Einbindung von Privaten in die Bauleitplanung im Zuge der Vorbereitung von Verfahrensschritten wie schon bisher keine gesetzliche Legitimation vorliegen müsse, gestalte sich dies für Tätigkeiten iS der Durchführung anders, da die „Durchführung dieser Verfahrensschritte im Unterschied zu ihrer bloßen Vorbereitung auf das Planungsergebnis unmittelbar durchschlagen“1417 könne und die übertragenen Aufgaben demnach auch die Einräumung von planungsrelevanten Befugnissen und letztlich somit auch von materiellen Kompetenzen ermögliche. Wie fließend jedoch die Grenzen seien, zeigt 1412 Battis, in: ders et al (Hg), BauGB11 § 4b Rz 4; Krautzberger, in: Ernst et al, BauGB I § 4b Rz 13. 1413 Lüers, DVBl 1998, 444; W. Schrödter, in: H. Schrödter (Hg), BauGB7 § 4b Rz 3; Martin Oldiges, Baurecht, in: Udo Steiner (Hg), Besonderes Verwaltungsrecht8 (2006) Rz 68b; Krautzberger, in: Ernst et al, BauGB I § 4b Rz 15 und 37 ff; B attis, in: ders et al (Hg), BauGB11 § 4b Rz 6, für eine Einordnung als Hoheitsträger fehle die gesetzliche Ermächtigung; Ferner, in: Ferner et al (Hg), HK-BauGB2 § 4b Rz 1. 1414 Zur Frage der Weisungsgebundenheit von MediatorInnen siehe unten 2.IV.M.6.c. 1415 Jäde, in: ders et al, BauGB6 § 4b, Rz 2; hiezu krit etwa Krautzberger, in: Ernst et al, BauGB I § 4b Rz 9. 1416 W. Schrödter, in: H. Schrödter (Hg), BauGB7 § 4b Rz 3. 1417 So Olaf Reidt, Das Aufstellungsverfahren für Bauleitpläne, in: Konrad Gelzer et al, Bauplanungsrecht7 (2004) Rz 543.
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Reidt ua am Beispiel der Verhandlungsleitung der BürgerInnenversammlung durch eine/n Dritte/n. Allein der dabei mögliche steuernde Umgang mit den Planungsvorschlägen der BürgerInnen durch die/den VerhandlungsleiterIn könne nachhaltige Bedeutung für das Planungsergebnis entfalten. Die Übertragung derartiger öffentlich-rechtlicher Befugnisse stelle demnach unabhängig von ihrer Integration in das gesamte Planungsverfahren einen Akt der Beleihung dar, der nach einer gesetzlichen Ermächtigung verlange. Diese sei mit § 4b BauGB nunmehr gegeben1418. Für den möglichen Einsatz von Mediation, „also zur Suche nach einer interessengerechten kooperativen Konfliktlösung zwischen den Beteiligten durch Einschaltung eines neutralen Dritten, der weder Entscheidungsbefugnis hat noch Zwangsmittel ergreifen kann“, sieht er übrigens eine gesetzliche Normierung im Baugesetzbuch für nicht notwendig an1419. Wesentlich für die Einordnung sei hiebei aber der gemeindliche Auftrag an die/den MediatorIn, da § 4b BauGB eben eine gesetzliche Einräumung von planungsrelevanten Befugnissen an Dritte vorsieht und somit eine Überschreitung der einer/einem bloßen VerwaltungshelferIn eingeräumten Kompetenzen denkbar und rechtlich möglich sei1420. Von einem Akt der Beleihung geht auch Hellriegel aus; dafür spreche seiner Meinung nach allein schon die Verwendung des Terminus „übertragen“ sowie die Begründung des Gesetzgebers, wonach die/der ProjektmittlerIn „an die Stelle“ der Gemeinde treten solle. Seines Erachtens könne also lediglich über den Umfang der durch die Bestimmung legitimierten Aufgaben diskutiert werden, nicht aber über das Vorliegen einer Ermächtigung. Darüber hinaus hält er, wie zuvor Reidt, fest, dass es sich bei einer Moderation eines Beteiligungsverfahrens um planungsrelevante Befugnisse handle und somit materielle Kompetenzen eingeräumt seien. Damit werde aber die Grenze der Verwaltungshilfe überschritten1421. Demgegenüber gehen Gaentzsch und Gatz davon aus, dass von einer Beleihung der/des Dritten deshalb nicht gesprochen werden könne, da bei hoheitlichen Aufgaben, bei deren Wahrnehmung – wie im gegenständlichen Fall – Freiräume für politische Gestaltung bestehen, die Übertragung von Aufgaben an Private zur Erfüllung in eigener Verantwortung ausgeschlossen sei1422. Dadurch werde jedoch deutlich, dass alle von Dritten zu erledigenden Aufgaben nur im Auftrag und nach Weisung der Gemeinde erfüllt 1418 Vgl Reidt, NVwZ 1998, 592 sowie ders, in: Gelzer et al, Bauplanungsrecht7 Rz 543. 1419 Reidt, in: Gelzer et al, Bauplanungsrecht7 Rz 541. 1420 Reidt, NVwZ 1998, 592. 1421 Hellriegel, Mediation 154 f. 1422 Gaentzsch, in: Schlichter et al (Hg), BauGB3 § 4b Rz 7. So auch Gatz, in: Schlichter et al (Hg), BauGB3 § 4b Rz 7.
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und mit dem Willen derselben zum Gegenstand von Verfahrensschritten gemacht werden dürfen1423. Wohl gesteht Gatz zu, dass VerfahrensmittlerInnen eine weisungsunabhängige Stellung zugedacht werden könne, solange nur die Gemeinde ihre (Entscheidungs-)Verantwortung tragen könne1424. Köster seinerseits warnt vor allem vor einer Aushöhlung der vom BauGB vorgegebenen materiellen Kompetenzaufteilung. Gerade der Planungsprozess sehe „sich ohnehin bereits durch die Einschaltung Privater in die Ausarbeitung der Planungsunterlagen und die Verfahrensvorbereitung vielfachen Gefährdungen ausgesetzt.“ Auch wenn der Gesetzgeber eher auf die Einbindung „neutraler“ Dritter abziele, so hindere § 4b BauGB die Gemeinde nicht, auch nicht Neutrale in das Bauleitplanverfahren einzubeziehen. Es bestehe daher keinerlei Veranlassung für eine großzügige Auslegung von Mitwirkungsverboten, durch die Neutralität und Objektivität der Abwägung gefährdet werden können1425. Holznagel/Ramsauer lösen die Frage der Übertragbarkeit von Aufgaben, mit denen die Wahrnehmung von materiellen Kompetenzen verbunden sein könnte, für Mediationsverfahren dahingehend auf, als sie eine solche Übertragung als Widerspruch zur Rolle der Mediatorin bzw des Mediators per se ansehen1426. Für Mediationsverfahren bleibe angesichts der vorhin festgehaltenen Einschränkung der Kompetenzen von Dritten auf organisatorisch-funktionelle Aufgaben laut Krautzberger in materieller Hinsicht wenig Raum. Das hieße aber nicht – insbesondere aus verwaltungspolitischer Sicht –, dass der Einsatz von Mediation eingedenk der Vorteile von Neutralität, Beschleunigung und Optimierung des Interessenausgleichs nicht plausibel wäre1427. Rüssel wiederum verneint die Übertragung von materiellen Entscheidungsbefugnissen an Dritte mit der Begründung, dass die Selbstverwaltungsgarantie des Art 28 Abs 2 GG der Gemeinde die Verantwortung für die Bauleitplanung überträgt. Diese Grundentscheidung könne § 4b BauGB nicht modifizieren. Aber auch die Festlegung der Dritten auf die Stellung von VerwaltungshelferInnen sei angesichts der Neutralitätsanforderungen an MediatorInnen nicht hilfreich. Vielmehr sollten diese – wie schon ausgeführt1428 – von einer „Beteiligungsgesellschaft“, an der auch die Gemeinde 1423 Zu der in diesem Zusammenhang bereits mehrfach indirekt angesprochenen demokratischen Legitimation und ihren Auswirkungen auf die Weisungsgewalt siehe grundlegend Böckenförde, in: Isensee/Kirchhof (Hg), HStR II3 Rz 21 ff. 1424 Gatz, in: Schlichter et al (Hg), BauGB3 § 4b Rz 8. 1425 Köster, Privatisierung 142 f. 1426 Holznagel/Ramsauer, in: Haft/Schlieffen (Hg), Handbuch2 Rz 84. 1427 Krautzberger, in: Ernst et al, BauGB I § 4b Rz 4. 1428 Siehe hiezu 2.IV.L.2.
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partizipiert, beauftragt und als WerkvertragsnehmerInnen tätig werden1429. Die Gemeinde treffe in diesem Fall allerdings Kontrollpflichten, die sie jedoch durch die Teilnahme am Mediationsverfahren erfüllen könne1430. c) Rechtsverhältnis Gemeinde – MediatorIn
Krautzberger geht grundsätzlich von einer „strikten“ Weisungsgebundenheit und von einer korrespondierenden Aufsichtspflicht der Gemeinde gegenüber Dritten – garantiert mittels regelmäßiger Berichtspflicht durch die Dritten – aus1431. Will man diese Anforderungen unmittelbar auch auf Mediationsverfahren bzw auf die Funktion der MediatorInnen umlegen, dann wirkt sich dies entscheidend auf die Rolle Letztgenannter aus. Davon scheint letztlich auch Krautzberger auszugehen, betont er zwar, dass trotz der modelltheoretisch unabhängigen Stellung der Mediatorin bzw des Mediators gegenüber der Gemeinde die Besonderheiten des deutschen Verwaltungsrechts nicht negiert werden dürfen und insoweit die Einwirkungspflicht, also Weisung und Aufsicht, der Gemeinde unangetastet zu sein habe1432. Jedoch sieht er – gestützt auf die Ausführungen im Einführungserlass1433 – für das Rechtsverhältnis zwischen Gemeinde und Dritte die Möglichkeit gegeben, mittels zivilrechtlicher Vereinbarung, und dabei in der Regel auf der Grundlage eines Werkvertrags1434, Regelungen über die Reichweite der Weisungsbefugnis, eine adäquate Berichtspflicht, die Interessenneutralität, den vertraulichen Umgang mit erhaltenen Kenntnissen und hinsichtlich eines angemessenen Entgelts zu treffen1435; dies aber lediglich in den schon bekannten engen Grenzen. Zu nennen sind nochmals die Nachvollziehbarkeit der von Dritten gesetzten „Schritte in den Verfahrensschritten“ und freilich auch die unumschränkte Entscheidungshoheit der Gemeinde, die sich im 1429 Rüssel, Mediation 128 ff; vgl auch Krautzberger, in: Ernst et al, BauGB I § 4b Rz 31. 1430 Siehe Rüssel, Mediation 228. 1431 Krautzberger, in: Ernst et al, BauGB I § 4b Rz 38 f. 1432 „So gesehen kann von einer wirklichen Unabhängigkeit des Mediators aufgrund des systematischen Zusammenhangs des bundesdeutschen Bauplanungsrechts nicht ausgegangen werden.“ Krautzberger, in: Ernst et al, BauGB I § 4b Rz 44 sowie allgemein iSv Dritten §§ 1-13a Vorb Rz 68. Zur Möglichkeit des Outsourcings durch Gründung einer Gesellschaft der Gemeinde zum Zweck der Verfahrensunterstützung und der damit verbundenen Freistellung der MediatorInnen von den Weisungen der Gemeinde ders, in: Ernst et al, BauGB I § 4b Rz 31. 1433 2.4.4.3 Einführungserlass zum BauROG. 1434 AA Schlette, Verwaltung 274, der jedenfalls von einem öffentlich-rechtlichen Vertrag mit der/dem kommunalen PlanungsträgerIn ausgeht. 1435 Siehe auch Krautzberger, in: Ernst et al, BauGB I § 4b Rz 37 und 39.
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gegebenen Zusammenhang übrigens nicht auf den Beschluss des Bebauungsplan reduzieren lässt1436. Zurückkommend zum Weisungsverhältnis kann festgehalten werden, dass – unter Berücksichtigung der soeben angeführten Beschränkungen – die Einräumung eines gewissen Maßes an Unabhängigkeit der MediatorInnen gegenüber der Gemeinde denkbar erscheint. So sehen es etwa Lüers, demgemäß die Mediatorin bzw der Mediator als VerwaltungshelferIn „zunächst unabhängig von Weisungen der Gemeinde und damit von neutraler Warte aus die genannten Verfahrensschritte“ durchführt1437, Ferner, wenn er meint, dass MediatorInnen die genannten Verfahrensschritte als VerwaltungshelferInnen ohne hoheitliche Befugnisse „unabhängig“ vornehmen1438 und wohl auch Battis, demzufolge die Aufsicht nicht derart ausgestaltet werden dürfe, dass der Sinn der Mediation vereitelt werde1439. Die Weisungsungebundenheit wird sich demnach auf den eigentlichen Zweck des Einsatzes einer Verfahrensmittlerin bzw eines Verfahrensmittlers, nämlich zwischen unterschiedlichen Positionen vermittelnd und ausgleichend zu wirken, beschränken müssen. MediatorInnen sind aber auch nur insoweit „befreit“, als sie weder unmittelbar durch ihr Handeln noch durch das von ihnen gewählte Verfahrensdesign in behördeneigene Kompetenzen eingreifen bzw ein solches eingreifen indizieren. Die Grenzen sind hiebei sehr eng, oft wohl auch fließend. Ein Beispiel kann dies verdeutlichen. Im Rahmen der Planungshoheit der Gemeinde kommt es vor allem im BürgerInnenbeteiligungsverfahren nach § 3 Abs 2 leg cit nicht nur darauf an, dass die Gemeinde die Verantwortung für die im Mediationsforum ausgearbeiteten Lösungen, sollen diese zur Grundlage für das weitere Verfahren gemacht werden1440, zu tragen hat. Sie ist auch angehalten, die im Mediationsverfahren eingebrachten Anregungen1441 eigenverantwortlich zu prüfen und folglich dem eigenen Abwägungsprozess zugrunde zu legen. Dies bedingt aber frei1436 Beispielsweise ist eine Entscheidung darüber, ob von der Unterrichtung und Erörterung der Öffentlichkeit gem. § 3 Abs 1 Satz 2 abgesehen werden kann, ausschließliche Befugnis der Gemeinde und nicht die des Dritten oder des Mediationsforums. 1437 Die Ausführungen von Lüers, DVBl 1998, 444, fußen wiederum auf die Erläuterungen des 2.4.4.3 Einführungserlass zum BauROG; so wohl auch Gaentzsch, in: Schlichter et al (Hg), BauGB3 § 4b Rz 8 und Gatz, in: Schlichter et al (Hg), BauGB3 § 4b Rz 8. 1438 Ferner, in: Ferner et al (Hg), HK-BauGB2 § 4b Rz 1. 1439 Battis, in: ders et al (Hg), BauGB11 § 4b Rz 7. 1440 Gaentzsch, in: Schlichter et al (Hg), BauGB3 § 4b Rz 8. 1441 Denkbar sind auch von nicht am Mediationsverfahren beteiligten BürgerInnen eingebrachte Anregungen, die selbstverständlich ebenfalls Berücksichtigung finden müssen.
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lich einen funktionierenden Informationsfluss, der seitens der Gemeinde zu garantieren ist1442. Mögliche Vorgehensweisen könnten eine regelmäßige Berichtspflicht der MediatorInnen oder aber – und dies erscheint die wesentlich angemessenere und angesichts des Verfahrensdesigns einer Mediation zielführendere Maßnahme zu sein – die Anwesenheit der Behörde bei den Mediationssitzungen sein1443. Das zentrale sowie vertrauens- und akzeptanzstiftende Instrument bildet auch hier – folgt man den vorangestellten Ausführungen zur funktionalen Privatisierung – der gehörig eingesetzte Veranlassungsakt1444. d) Aufgaben der Dritten, insbesondere der MediatorInnen
Möchte man Mediation und die schon einmal genannten und vom Gesetzgeber ausdrücklich als an private Dritte übertragbar bezeichneten Verfahrensschritte in gehörige Korrelation bringen, so drängen sich die nächsten Fragen auf: Lässt sich das Gebot der planerischen Konfliktbewältigung mit dem Modell der Mediation in Übereinstimmung bringen? Was soll mit den übertragenen Aufgaben gewährleistet werden? In welchem systematischen und zeitlichen Zusammenhang stehen sie zum Bauleitverfahren? Die Erörterung sollte deshalb nicht unberücksichtigt bleiben, da die Gesetzesbestimmung ja nicht ausschließlich auf den Einsatz von VerfahrensmittlerInnen abzielt, sondern auch „andere“ Dritte wie zB private Planungsbüros, ArchitektInnen oder spezialisierte Anwältinnen und Anwälte im Blickfeld hat1445. Im Rahmen der Bauleitplanung ist davon auszugehen, dass – wie es Krautzberger ausdrückt – von einem jeden Bauleitplan zu verlangen ist, dass er die ihm zuzurechnenden Konflikte bewältigt. Er hat also alle Belange untereinander zu einem gerechten Ausgleich zu bringen1446. Dabei gilt es, über unterschiedliche, meist miteinander konfligierende Nutzungsansprüche zu entscheiden. Dies erfolgt anhand der Abwägung der vorhin angesprochenen öffentlichen und privaten Belange gegen- und untereinander. Anders als etwa bei Anlagengenehmigungen machen die am Planungsverfahren beteiligte Öffentlichkeit, die InvestorInnen und die Behörden sowie sonstigen 1442 Finkelnburg et al, Baurecht I6 § 6 Rz 14. 1443 Eine generelle Anwesenheitspflicht bei mündlichen Anhörungsterminen wird nicht angenommen etwa von Krautzberger, in: Ernst et al, BauGB I § 4b Rz 45 und Gaentzsch, in: Schlichter et al (Hg), BauGB3 § 4b Rz 8; jedoch diese bejahend 2.4.4.5 des Einführungserlasses zum BauROG. 1444 Siehe 2.IV.L.3. 1445 Siehe 2.4.4.3 Einführungserlass zum BauROG; Reidt, NVwZ 1998, 592 f; Reidt, in: Gelzer et al, Bauplanungsrecht7 Rz 544; Krautzberger, in: Ernst et al, BauGB I § 4b Rz 31. 1446 Krautzberger, in: Battis et al (Hg), BauGB11 § 1 Rz 115.
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TrägerInnen öffentlicher Belange1447 nun nicht einander ausschließende subjektive Rechte geltend, sondern eben ihre Belange, oder anders ausgedrückt, ihre Interessen. Ziel ist also eine tauschförmige „Interessenoptimierung“. Aus Sicht der Mediation können infolge der Tatsache, dass der planerische Gestaltungsspielraum typischerweise zahlreiche Kompromissmöglichkeiten eröffnet, jedenfalls wesentliche Voraussetzungen als gegeben angesehen werden, die ihren Einsatz grundsätzlich zielführend erscheinen lassen1448. Wie bereits mehrfach erwähnt, sieht das BauGB mit dem Verweis auf die Bestimmungen der §§ 2a bis 4a mehrere Verfahrensschritte vor, die zur Vorbereitung und Durchführung einem Dritten übertragen werden können, um letztlich die Beschleunigung der Bauleitplanung zu bewerkstelligen und die Planungsqualität zu verbessern1449. Gem § 2a leg cit wird die Gemeinde angehalten, dem Entwurf des Bauleitplans eine zweiteilige Begründung beizufügen, in der entsprechend dem Stand des Verfahrens einerseits die Ziele, der Zweck und die wesentlichen Auswirkungen des Bauleitplans und andererseits ein gesonderter Umweltbericht darzulegen sind. Als vorbereitende Handlungen iSv § 4b kommen hiebei etwa die Aufbereitung und Zusammenstellung von Unterlagen für die Erstellung des Umweltberichts und/oder für die Anhörung in der frühzeitigen Öffentlichkeitsbeteiligung in Betracht1450. § 3 BauGB regelt die zweiphasige, grundsätzlich verpflichtend durchzuführende Öffentlichkeitsbeteiligung1451. Dabei ist zum einen die Öffentlichkeit möglichst frühzeitig über die allgemeinen Ziele und Zwecke der Planung zu unterrichten (Unterrichtungsgebot) und ihr ist darüber hinaus die Gelegenheit zur Äußerung und Erörterung zu geben (Anhörungsgebot), um damit im Dialog die Stoffsammlung für den Abwägungsprozess und die Erarbeitung verschiedener Planungsalternativen zu fördern1452. Angespro1447 Siehe hiezu die von Hadlich/Rennhack, LKV 1999, 9 f dargelegten, zahlreichen horizontalen wie auch vertikalen Konfliktlinien, die ein Planungsverfahren erheblich hemmen können. 1448 Vgl Battis et al, NVwZ 1997, 1151; Battis, in: ders et al (Hg), BauGB11 § 4b Rz 3; so auch Hadlich/Rennhack, LKV 1999, 10. 1449 Battis, in: ders et al (Hg), BauGB11 § 4b Rz 4 f. 1450 Battis, in: ders et al (Hg), BauGB11 § 4b Rz 4; Krautzberger, in: Ernst et al, BauGB I § 4b Rz 21. 1451 Siehe aber Oldiges, in: Steiner (Hg), Verwaltungsrecht8 Rz 66; weiters Battis, in: ders et al (Hg), BauGB11 § 3 Rz 6; Stephan Gatz, § 3, in: Otto Schlichter et al (Hg), Berliner Kommentar zum Baugesetzbuch3 (Stand 2011) Rz 12 ff. 1452 In welcher Form (etwa als öffentliche Informationsveranstaltung, BürgerInnenversammlung) der Dialog geführt wird, bleibt der Gemeinde überlassen; Günter Gaentzsch, § 3, in: Otto Schlichter et al (Hg), Berliner Kommentar zum Baugesetzbuch3 (Stand 2005) Rz 5 und 11; siehe auch Holznagel/Ramsauer, in: Haft/ Schlieffen (Hg), Handbuch2 Rz 86, wonach vom Gesetzgeber die Form der Un-
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chen werden hiebei alle BürgerInnen, die von der Bauleitplanung betroffen oder an ihr interessiert sind (Abs 1)1453. Zum anderen ist im Anschluss an Stufe eins, wenn die Entwürfe der Bauleitpläne samt Begründung und Umweltbericht aus Sicht der Gemeinde erörterungsreif sind, die zeitlich und sachlich selbständige zweite Phase1454 und damit das förmliche Verfahren der BürgerInnenbeteiligung durch den Auslegungsbeschluss der Gemeinde und die ortsübliche Bekanntmachung einzuleiten. Für die Dauer von mindestens einem Monat kann jede/r Interessierte ihre/seine Stellungnahme zum Planungsvorhaben abgeben1455. Alle fristgerecht eingebrachten Einwendungen bzw Anregungen sind von der Gemeindeverwaltung zu prüfen und das Ergebnis der Prüfung ist der/dem jeweilig Betroffenen mitzuteilen (Abs 2)1456. § 4 leg cit zielt auf die Einbeziehung und Beteiligung von Behörden und sonstigen TrägerInnen öffentlicher Belange, deren Aufgabenbereich durch die Planung berührt werden kann, ab. Auch hiebei sind analog zu § 3 Abs 1 zu Beginn ein möglichst frühzeitiger Informations- sowie ein Wissensaustausch – letzterer insbesondere hinsichtlich der Umweltprüfung – zu gewährleisten. Im Anschluss daran holt die Gemeinde von den durch diese Bestimmung angesprochenen Betroffenen die Stellungnahmen zum Planentwurf und der Begründung ein. Die verlängerbare Frist für die Stellungnahmen beträgt ein Monat. Diese Verfahrensschritte können gleichzeitig mit jenen des § 3 leg cit durchgeführt werden (§ 4a Abs 2)1457. § 4a Abs 5 Satz 1 BauGB trägt schließlich der Tatsache Rechnung, dass sich die Wirkungen von Bauleitplänen nicht immer auf das eigene Staatsgebiet beschränken. Er ordnet an, dass in den Fällen grenzüberschreitender Auswirkungen sowohl die Gemeinden als auch die Behörden des Nachbarstaats, deren Interessen und Aufgaben betroffen sein können, zu unterrichterrichtung und Erörterung im Einzelnen nicht geregelt wurde. Nach Meinung von Battis, in: ders et al (Hg), BauGB11 § 3 Rz 9, sei gemäß Abs 1 jedenfalls kein Scoping vorgesehen. 1453 Siehe ua Battis, in: ders et al (Hg), BauGB11 § 3 Rz 3 und 6; Ferner, in: Ferner et al (Hg), HK-BauGB2 § 3 Rz 1; Frank Stollmann, Öffentliches Baurecht8 (2011) § 6 Rz 22. 1454 Vgl Battis, in: ders et al (Hg), BauGB11 § 3 Rz 1. 1455 Eine längere Auslegung ist unschädlich; Gaentzsch, in: Schlichter et al (Hg), BauGB3 § 3 Rz 18. Zum (teils mühsamen) Zugang der BürgerInnen zu ausgelegten Unterlagen siehe Christoph Mecking, Zum Umfang des Rechts auf Einsichtnahme in ausgelegte Unterlagen, NVwZ 1992, 316 ff. 1456 Battis, in: ders et al (Hg), BauGB11 § 3 Rz 19; Gatz, in: Schlichter et al (Hg), BauGB3 § 3 Rz 23 f. 1457 Siehe hiezu auch § 4a BauGB über die gemeinsamen Vorschriften zur Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung. Näherhin Günter Gaentzsch, § 4a, in: Otto Schlichter et al (Hg), Berliner Kommentar zum Baugesetzbuch3 (Stand 2005) Rz 3.
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ten sind. Diese Unterrichtung hat nach den Grundsätzen der Gegenseitigkeit und Gleichwertigkeit zu geschehen. Im Fall erheblicher Umweltauswirkungen auf einen anderen Staat ist übrigens – mit Ausnahme der Regelungen betreffend des Umgangs mit den Stellungnahmen – nach den Bestimmungen des dUVPG vorzugehen1458. Die in den §§ 3 bis 4a BauGB nunmehr dargelegten Aufgaben der Bauleitplanung können mittels Durchführungshandlungen iSv § 4b leg cit dadurch beschleunigt bzw die zu erzielenden Ergebnisse optimiert werden, indem zB ein Erörterungstermin nach § 3 leg cit, ein Anhörungstermin nach § 4 leg cit oder die Unterrichtungen und Konsultationen nach § 4a Abs 5 leg cit von Dritten „moderiert“ werden1459. Krautzberger weist darüber hinaus darauf hin, dass eine sinngemäße Anwendung von § 4b leg cit und des hiezu bestehenden rechtlichen Verständnisses auch für informelle städtebauliche Planungen Geltung habe, die gegebenenfalls die förmliche Bauleitplanung vorbereiten1460. Gemeint sind etwa städtebauliche Entwicklungskonzepte (§ 1 Abs 6 Zif 11 BauGB) oder Planungen betreffend städtebauliche Sanierungsmaßnahmen (§ 140 Zif 4 BauGB). Im Zusammenhang mit der förmlichen Bauleitplanung ist insbesondere zu beachten, dass gem § 3 Abs 1 Zif 2 leg cit von der frühzeitigen Öffentlichkeitsbeteiligung abgesehen werden darf, wenn die Unterrichtung und Erörterung bereits zuvor auf anderer Grundlage erfolgt sind. Die informellen Planungen etwa in Form von BürgerInnenversammlungen1461 müssen dabei – einschließlich des geübten Verfahrens – jedoch den qualitativen Anforderungen entsprechen, die an eine vorgezogene Öffentlichkeitsbeteiligung zu stellen sind1462. Hiebei erscheint von gegenständlichem Interesse, dass Verfahrensschritte bei informellen Planungen entsprechend und unter Beachtung der rechtlichen Vorgaben der Regelung Dritten übertragen werden können1463. Nach gänzlichem Abschluss der Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung erfolgt die Beschlussfassung des Bauleitplans, also des Flächennutzungs- oder des Bebauungsplans, durch die Gemeindevertretung1464. Diese Tätigkeit ist jedenfalls von § 4b BauGB nicht mehr umfasst und demnach auch nicht auf Dritte übertragbar. 1458 Vgl Battis, in: ders et al (Hg), BauGB11 § 4a Rz 7. 1459 Battis, in: ders et al (Hg), BauGB11 § 4b Rz 4. 1460 Krautzberger, in: Ernst et al, BauGB I § 4b Rz 19. 1461 Battis, in: ders et al (Hg), BauGB11 § 3 Rz 10. 1462 Zur vorangegangenen Öffentlichkeitsbeteiligung weiterführend Michael Krautzberger, § 3, in: Werner Ernst et al, Baugesetzbuch. Kommentar I (Stand 2011) Rz 25 ff; siehe auch Battis, in: ders et al (Hg), BauGB11 § 3 Rz 8. 1463 Vgl Krautzberger, in: Ernst et al, BauGB I § 4b Rz 19. 1464 Siehe etwa Stollmann, Baurecht8 § 6 Rz 29.
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e) Einsatz von Mediation in der Bauleitplanung
Angesichts des soeben Dargestellten verbunden mit den Ausführungen zu den Stellungen der Gemeinde und der MediatorInnen ist nunmehr zu fragen, welche der vorgesehenen Verfahrensschritte für Mediation oder – wohl eher – für eine Anreicherung mit mediativen Elementen geeignet sind. Holznagel/Ramsauer gehen davon aus, dass sowohl die BürgerInnenbeteiligungsverfahren als auch die Beteiligung der Behörden und TrägerInnen öffentlicher Belange Platz für Mediation bieten1465. So wäre es ihrer Meinung nach denkbar, dass bei stark interessenbestimmten Planverfahren die – in der Praxis übliche – BürgerInnenversammlung nach § 3 Abs 1 BauGB nicht von VertreterInnen der Gemeinde moderiert, sondern diese Aufgabe von einer Mediatorin bzw einem Mediator wahrgenommen werde. Dieser/ diesem käme eine Vermittlerfunktion zwischen der Gemeinde, den TrägerInnen öffentlicher Belange und Privaten zu, um iS des Ausgleichs eine sachgerechte Diskussion und einen daraus gewünschten Erkenntnisgewinn zu fördern1466. Ebenso erscheint ihnen der Einsatz von MediatorInnen im Auslegungs- und Einwendungsverfahren gem § 3 Abs 2 leg cit zielführend, wobei die/der VermittlerIn die Funktion haben könne, Unterlagen aufzubereiten und zusammenzustellen. Auch wäre es denkbar, dass diese/dieser in genanntem Zusammenhang auf das Instrument der Data-Mediation1467 zurückgreife, um die Beurteilungsgrundlagen zu verbessern. Darüber hinaus könne die/der MediatorIn für die Art und Weise der Auslegung die Verantwortung oder zudem die Auswertungen der Einwendungen übernehmen, ohne jedoch der Gemeinde ihr Recht auf Letztentscheidung zu vereiteln1468. Wegen der großen Zahl von Personen mit noch dazu sich im Laufe des Planungsprozesses verändernden Interessen sehen Holznagel/Ramsauer die Identifizierung der an den Verhandlungen beteiligten Interessen wie auch die Auswahl von RepräsentantInnen als schwierig an, die MediatorInnen müssen im Hinblick auf diese Aufgaben eine eher aktive Rolle wahrnehmen, so dass ihre Tätigkeit vieles von der einer Planerin bzw eines Planers und weniger von der einer/eines „(Schieds-)Richterin bzw (Schieds-)Richters“ habe1469. Schließlich könne der Einsatz von MediatorInnen bei Konflikten 1465 Holznagel/Ramsauer, in: Haft/Schlieffen (Hg), Handbuch2 Rz 82. 1466 Holznagel/Ramsauer, in: Haft/Schlieffen (Hg), Handbuch2 Rz 86. 1467 Die Data-Mediation eigne sich insbesondere zur Wiederherstellung der Gesprächsbasis – vor allem zwischen GutachterInnen und den sie tragenden Gruppen – sowie zur Vereinfachung der Sachaufklärung bei komplizierten technischen und ökonomischen Fragestellungen; Holznagel/Ramsauer, in: Haft/ Schlieffen (Hg), Handbuch2 Rz 45. 1468 Holznagel/Ramsauer, in: Haft/Schlieffen (Hg), Handbuch2 Rz 88. 1469 Holznagel/Ramsauer, in: Haft/Schlieffen (Hg), Handbuch2 Rz 80.
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wegen divergierender Auffassungen der TrägerInnen öffentlicher Belange ebenso nutzbringend sein. Im Einzelfall biete sich darüber hinaus an, Mediationsverfahren mit den BürgerInnen und den TrägerInnen öffentlicher Belange gemeinsam durchzuführen1470. Zu einem differenzierteren Ergebnis gelangt Köster in einem Zwischenresümee. Vor allem versucht er, den Einsatz von Mediation im Bauleitplanverfahren zu relativieren. Von einer eigenverantwortlichen Ausarbeitung einer verbindlichen Lösung durch die Konfliktparteien könne seiner Ansicht nach keine Rede sein. Köster stellt vielmehr die Frage, ob bei subordinationsrechtlichen Beziehungen überhaupt noch von Mediation gesprochen werden könne. Dies treffe auch auf den Einsatz von Mediation iS des § 4b BauGB zu. Zur Nutzung als Möglichkeit der Verfahrensprivatisierung in der Bauleitplanung müsse das Mediationskonzept wesensverändernd relativiert werden. Es fehle den Mediationsparteien nicht nur an der Möglichkeit des Abweichens von objektiv-rechtlichen Vorgaben und an der rechtsverbindlichen Letztentscheidungskompetenz für die von ihnen erarbeiteten Lösungen, sondern auch die Stellung der MediatorInnen als neutrale Dritte sei in einem anderen Licht zu sehen. Eine gänzlich unabhängige Stellung könne von der Verwaltung nicht übertragen werden. Letztendlich gelte es, sich vom Gedanken der Mediation ieS zu verabschieden und „zutreffender von der Anreicherung herkömmlicher Verfahren mit mediativen Elementen zu sprechen“1471. Unter diesen Voraussetzungen sei es durchaus denkbar, situationsabhängig1472 Bauleitplanverfahren mit einzelnen mediativen Elementen anzureichern. Es könnten MediatorInnen zur Unterstützung der Moderation von Öffentlichkeitsterminen oder informellen Vorgesprächen ebenso hinzugezogen, wie auch Erörterungstermine zugleich als Konfliktschlichtungstermine ausgestaltet werden. Damit wäre die Chance gegeben, zu einer umfassenden Informationssammlung und Interessenklärung zu gelangen, wodurch darüber hinaus Übereinstimmungen aufgezeigt und Konflikte entschärft werden könnten1473. Weiters rät Köster zu einem möglichst frühzeitigen Einsatz von Mediation, wenn also die Planungsdichte noch hinreichende Gestaltungsspielräume offen lässt. Demgemäß biete sich an, Mediation bereits im Rahmen der informellen Stadtentwicklungsplanung durchzuführen1474. Aber auch die frühzeitige BürgerInnenbeteiligung gem 1470 Holznagel/Ramsauer, in: Haft/Schlieffen (Hg), Handbuch2 Rz 90. 1471 Köster, Privatisierung 144 ff. 1472 Für Köster, Privatisierung 148, sollte der Einsatz von Mediation auf besonders „prekäre Konfliktsituationen“ beschränkt bleiben. Mediation sei gerade keine standardisierbare Methode der BürgerInnenpartizipation. 1473 Köster, Privatisierung 147. 1474 Köster, Privatisierung 150, geht davon aus, dass gem § 3 Abs 1 Zif 2 BauGB von einer frühzeitigen BürgerInnenbeteiligung abgesehen werden könne, wenn eine
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§ 3 Abs 1 BauGB biete im Gegensatz zur öffentlichen Auslegung nach § 3 Abs 2 leg cit unter dem Aspekt des noch für gehörige Änderungen offen stehenden Planungsstadiums genügend Spielraum „zur experimentellen Erprobung neuer Beteiligungsmodelle“1475. Erschwerend komme dabei jedoch hinzu, dass wegen des vom Gesetzgeber ausdrücklich vorgesehenen unbestimmten TeilnehmerInnenkreises die Öffentlichkeitsbeteiligung gegebenenfalls in einem Massenverfahren durchzuführen sei, wofür eine Mediation folgerichtig nicht geeignet erscheine. Hiefür angedachte Repräsentationsmodelle seien jedenfalls nur bedingt tauglich, da die mit § 3 leg cit bestimmte Form des Beteiligungsverfahrens nicht unterlaufen werden dürfe. Ein Ersatz des Verfahrens der frühzeitigen BürgerInnenbeteiligung durch mediative Verfahren komme demnach nur bei einer verhältnismäßig geringen Anzahl an Beteiligter in Betracht1476. Nach Meinung von Rüssel belassen die Beteiligungsverfahren nach § 3 ff BauGB Raum für die Durchführung von Mediationsverfahren, wobei die Beteiligungsverfahren selbst „zumindest“ mit mediativen Elementen ausgestaltet werden können. Bei „massivem“ Konfliktpotenzial biete sich zur Sicherstellung der Funktionsgewährleistung die Durchführung eines (mitlaufenden) Mediationsverfahrens an1477. Für den Fall einer Ausgestaltung des Beteiligungsprozesses als Mediationsverfahrens, schlägt Rüssel zur Wahrung der Neutralität der MediatorInnen jedoch die Zwischenschaltung einer Beteiligungsgesellschaft vor1478. Battis hält wohl nicht nur ein solches Vorgehen für möglich, sondern es sei darüber hinaus denkbar, dass die Gemeinde die „Verfahrensprivatisierung“ des § 4b BauGB dazu nutze, ihre Aufgaben auf eine/n InvestorIn, zB auf eine/n VorhabenträgerIn nach § 12 BauGB, zu übertragen. Battis gibt jedoch sogleich zu bedenken, dass von der/vom InvestorIn „beherrschte“ KonfliktmittlerInnen regelmäßig der Vertrauensvorsprung fehle und die Mediation dadurch in Frage gestellt werden könne und somit dem erwünschten Beschleunigungseffekt zuwiderlaufe1479. Unterrichtung und Erörterung über die Ziele und Zwecke der Planung bereits auf anderer Grundlage und durch eine andere Verfahrensweise, wie eben Mediation, stattgefunden habe. 1475 Köster, Privatisierung 151. 1476 Köster, Privatisierung 152. 1477 Rüssel, Mediation 226. Für eine parallel zum Planaufstellungsverfahren durchgeführte Mediation plädiert auch Voß, in: Johlen/Oerder (Hg), Anwaltshandbuch3 Rz 80. 1478 Siehe oben 2.IV.M.6.b). 1479 Battis, in: ders et al (Hg), BauGB11 § 4b Rz 6; so auch schon zuvor Battis et al, NVwZ 1997, 1151. Allgemein zum nicht unumstrittenen Verhältnis Dritter iSv § 4b BauGB und InvestorInnen siehe etwa Lüers, DVBl 1998, 444; Reidt, NVwZ
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Nach Meinung von Reidt eröffne aber § 11 Abs 1 Zif 3 BauGB die Möglichkeit, dass ein/e Planbegünstigte/r gegenüber der Gemeinde die Kosten für die Einschaltung von Dritten iSv § 4b BauGB durch die Gemeinde im Innenverhältnis übernehme. In einem solchen Fall seien die Dritten folglich allein gegenüber der Gemeinde vertraglich verpflichtet und die allgemeinen rechtsstaatlichen Anforderungen bleiben gewahrt1480. f) Besonderheiten hinsichtlich der Umsetzung von Mediationsvereinbarungen
Was schließlich die Implementation betrifft, so ist festzuhalten, dass es nicht möglich ist, im Zuge eines Mediationsverfahrens einen verbindlichen Bauleitplan zu beschließen und somit die Entscheidungsbefugnis der Gemeindevertretung auszuhebeln1481. Zudem schließt § 1 Abs 3 Satz 2 BauGB ausdrücklich einen Anspruch auf einen Bebauungsplan aus1482. Jedoch heißt dies auch nicht, dass die in der Mediation erzielten Ergebnisse nicht faktische Auswirkungen auf die gemeindliche Entscheidung haben können1483 oder dass nicht zwischen den „privaten“ Parteien über das Thema des Bauleitplans hinausgehende Absprachen in Form von zivilrechtlichen Verträgen (zB Klageverzicht) getätigt werden können1484.
1998, 593; ders, in: Gelzer et al, Bauplanungsrecht7 Rz 544; Krautzberger, in: Ernst et al, BauGB I § 4b Rz 34 und Stephan Gatz, § 12, in: Otto Schlichter et al (Hg), Berliner Kommentar zum Baugesetzbuch3 (Stand 2010) Rz 14. 1480 Reidt, in: Gelzer et al, Bauplanungsrecht7 Rz 545. Vgl hiezu auch Rudolf Stich, § 11, in: Otto Schlichter et al (Hg), Berliner Kommentar zum Baugesetzbuch3 (Stand 2002) Rz 28 f, der hier zwar auf § 11 Abs 1 Zif 1 abstellt. Stich hält es für nicht ausgeschlossen, dass in einem städtebaulichen Vertrag mit der Übertragung der Vorbereitung und Durchführung von städtebaulichen Maßnahmen auch die Übertragung der Vorbereitung und Durchführung von Verfahrensschritten nach den §§ 2a bis 4a verbunden werden. Mitumfasst erscheint außerdem § 4b, wenngleich für den Fall der bloßen Übertragung von Aufgaben an eine/n sog VerfahrensmittlerIn (MediatorIn) von einem zwischen der Gemeinde und der/dem Dritten abgeschlossenen Werkvertrag auszugehen sei. Jedenfalls lehnt Stich in jenen Fällen eine Übertragung derartiger Aufgaben auf VertragspartnerInnen ab, in denen sich städtebauliche Maßnahmen (und Verfahrensschritte) in der Planungshoheit der Gemeinde und der aus dieser fließenden Verfahrensherrschaft manifestieren. 1481 Hellriegel, Mediation 155; aber auch Holznagel/Ramsauer, in: Haft/Schlieffen (Hg), Handbuch2 Rz 77 und sehr eindringlich Köster, Privatisierung 144. 1482 Krautzberger, in: Battis et al (Hg), BauGB11 § 1 Rz 31. 1483 Siehe 2.IV.N.1.a); weiters Holznagel/Ramsauer, in: Haft/Schlieffen (Hg), Handbuch2 Rz 77, 84 sowie 91; Battis, in: ders et al (Hg), BauGB11 § 4b Rz 3. 1484 Battis, in: ders et al (Hg), BauGB11 § 4b Rz 3.
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7. Entwurf eines Umweltgesetzbuchs
Bereits seit Mitte der Siebzigerjahre wird in Deutschland aufgrund der dynamischen Entwicklung und der Zerklüftung der einzelnen umweltrechtlichen Materien regelmäßig die Harmonisierung derselben im Zuge einer weitreichenden Kodifizierung gefordert1485. Erste konkrete Ergebnisse stellten schließlich zwei Professorenentwürfe aus den Jahren 1990 (UGB-AT) und 1993/94 (UGB-BT) dar, die sodann von einer weiteren Sachverständigenkommission überarbeitet und in einem Gesamtentwurf für ein einheitliches Umweltgesetzbuch (UGB-KomE)1486 1997 dem damaligen BMU vorgelegt wurden1487. Das BMU wiederum stellte 1998 einen Arbeitsentwurf für ein Umweltgesetzbuch – Erstes Buch (UBG I) vor, der aber (offiziell) wegen kompetenzrechtlicher Divergenzen nicht umgesetzt werden konnte1488. Ein weiterer Vorstoß im Jahr 2009 blieb ebenfalls erfolglos1489. Somit kam es (bisher) trotz der generellen Anerkennung durch die Lehre nicht zur Realisierung des Vorhabens, wenn auch das Projekt als noch nicht endgültig gescheitert angesehen wird1490. Die diesbezüglichen Ambitionen sind im gegebenen Zusammenhang deshalb von Interesse, da § 89 UGB-KomE zur Vorbereitung von Entscheidungen bei gebundenen Vorhabengenehmigungen ausdrücklich die Möglichkeit des Einsatzes von VerfahrensmittlerInnen regelt1491, nachdem bereits der UGB-ProfE (§ 54 Abs 4 UGB-AT) das Institut der Konfliktmittlung vorsah1492. Begründet wird die Berücksichtigung von „neuen Ansätzen zur Konsensfindung und Konfliktmittlung“ von der Expertenkommission 1485 Schmitz, NVwZ 2000, 1242. 1486 Siehe Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (Hg), Umweltgesetzbuch (UGB-KomE). Entwurf der Unabhängigen Sachverständigenkommission zum Umweltgesetzbuch beim Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (1998). 1487 Kloepfer, Umweltrecht3 (2004) § 1 Rz 44 ff; weiters ua Schrader, NuR 1998, 285; ders, Konsens 1999, 157; Peter-Christoph Storm, Umweltgesetzbuch (UGBKomE), Einsichten in ein Jahrhundertwerk, NVwZ 1999, 35 f; Sparwasser et al, Umweltrecht5 § 1 Rz 31 ff. 1488 Schmitz, NVwZ 2000, 1242; Hellriegel, Mediation 158. 1489 Erbguth/Schlacke, Umweltrecht4 § 2 Rz 14. 1490 Rüssel, Mediation 229; jüngst Deutzmann, in: Niedostadek (Hg), Praxishandbuch 97. 1491 Im Gesetzesentwurf wird der Begriff der Mediation übrigens nicht verwendet, sehr wohl aber im Begründungsteil. 1492 Der Professorenentwurf überließ den Ländern die Einführung der Regelung, dass die zuständige Behörde die Vorbereitung und Durchführung des Erörterungstermins unbeschadet ihrer Verfahrensverantwortung unbeteiligten Dritten (VerfahrensmittlerInnen) anvertrauen kann. Weiterführend und vor allem sehr kritisch Sünderhauf, Mediation 189 ff sowie 199 ff; siehe aber auch Schröder,
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zum einen damit, „dass die Beurteilungs- und Entscheidungsspielräume bei der Zulassung von Vorhaben, die dabei auftretenden Konflikte und auch die zum Teil sehr lange Verhandlungsdauer miteinander im direkten Zusammenhang stehen“. Zum anderen werden ihrer Meinung nach damit die Möglichkeiten zur Befriedung gesellschaftlicher Konflikte durch das Zulassungsverfahren verbessert1493. Erst wenn dies gelänge, werde es zu einer Verkürzung der Verfahrensdauer „bei besonders umstrittenen Vorhaben“ kommen1494. Ziel der Kommission ist es demnach, mit den vorgebrachten Änderungsvorschlägen die dem Erörterungstermin und der Regelung der Öffentlichkeitsbeteiligung zugedachten Funktionen – wie dem Informationsbedürfnis der Verwaltung zur Optimierung ihrer Entscheidung, der Gewährung von Beteiligungsrechten für die Effektivierung des Grundrechtsschutzes der durch die Verwaltungsentscheidungen Betroffenen und dem inzwischen zunehmenden gesellschaftlichen Mitwirkungsverlangen an der Konkretisierung der Belange des Gemeinwohls im Rahmen der Verwaltungsentscheidungen über komplexe Vorhaben – allesamt zu verwirklichen1495. a) Forderung nach Interessenoptimierung
Konkret heißt dies, dass im Zuge von gebundenen Vorhabengenehmigungen1496 nicht nur ein obligatorischer Erörterungstermin vorgesehen wird (§ 88 Abs 1 UGB-KomE), sondern dieser – abweichend vom geltenden Recht – zur Förderung der Akzeptanz für die Behördenentscheidung und aus Gründen der Transparenz der Entscheidungsfindung öffentlich sein soll, womit neben den AntragstellerInnen, den EinwenderInnen und Sachverständigen auch der Öffentlichkeit unmittelbar Informationszugang zu einem zentralen Verfahrensschritt, also dem Erörterungstermin, gewährt wird1497. Darüber hinaus soll die Genehmigungsbehörde während des gesamten Genehmigungsverfahrens, also nicht nur bloß im Erörterungstermin1498, bestrebt sein, einen Interessenausgleich herbeizuführen und eine einvernehmNVwZ 1998, 1013; ebenfalls krit Hellriegel, Mediation 156 f; Kloepfer, Umweltrecht3 §1 Rz 45. 1493 BMU (Hg), UGB-KomE 621. 1494 Demgegenüber erkennt Jürgen Fluck, Die Vorhabengenehmigung im Kommis sionsentwurf eines Umweltgesetzbuches aus Unternehmenssicht – eine erste Kritik, NVwZ 1998, 1019 f, vor allem in den Vorschriften über die Mediation ein Verzögerungspotenzial. 1495 BMU (Hg), UGB-KomE 639 f. 1496 Siehe Hellriegel, Mediation 158. 1497 BMU (Hg), UGB-KomE 640 f. 1498 BMU (Hg), UGB-KomE 641.
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liche Lösung zu erreichen (§ 89 Abs 1 UGB-KomE)1499. Damit verbunden wäre nun nicht nur ein starkes Signal gegen ein von gegenläufigen anderen Interessen losgelöstes investorenorientiertes Genehmigungsverfahren, sondern vielmehr eine rechtlich verpflichtende Interessenoptimierung1500. Um zu einem konsensual motivierten Ergebnis zu gelangen, kann – der Verwaltung soll also Ermessen zukommen1501 – die Genehmigungsbehörde selbst Verhandlungen zwischen den Beteiligten leiten oder aber die Durchführung einzelner Abschnitte des Verfahrens, vor allem des Erörterungstermins, einer/einem (privaten) VerfahrensmittlerIn (MediatorIn)1502, einer anderen Behörde oder einer anderen Stelle1503 übertragen (Abs 2)1504. Daraus wird ersichtlich, dass der UGB-KomE der Behörde keinesfalls die Verantwortung für das Gesamtverfahren entzieht1505. Vielmehr bleibt Letztgenannter die Ermessensentscheidung überlassen, in welcher Verfahrensphase sie die Einsetzung von VerfahrensmittlerInnen für zielführend erachtet. Der ausdrücklich genannte Erörterungstermin stellt dabei nur eine von mehreren Optionen dar (arg „insbesondere“). Aus Sicht der Mediation erscheint die situationsorientierte, offen gehaltene Wahlmöglichkeit durchaus fruchtbringend und keineswegs einengend. Damit wird gewährleistet, dass bereits frühzeitig ein Mediationsverfahren initiiert und eingeleitet werden kann sowie auch eine prozessbegleitende Mediation – unter Voraussetzung der Einhaltung der Verfahrensverantwortung der Behörde – nicht ausgeschlossen ist1506. 1499 Die Entscheidungsherrschaft und -pflicht der Behörde bleibt davon unberührt; Schrader, NuR 1998, 288 sowie 290. Ein „Zwang zum Konsens“ ist dieser Bestimmung nicht zu unterstellen; vgl hiezu Schrader, Konsens 1999, 158; Hellriegel, Mediation 161 f. 1500 Vgl Schrader, Konsens 1999, 158. 1501 Die Einräumung der Wahlmöglichkeit wird damit begründet, dass der mit einem solchen Verfahren verbundene Aufwand nicht bei jedem Genehmigungsverfahren erforderlich sei. Siehe BMU (Hg), UGB-KomE 621. Siehe aber auch krit Schrader, Konsens 1999, 160, der hiefür einen ermessensleitenden Kriterienkatalog fordert. 1502 Schrader, NuR 1998, 288. 1503 Damit sind sowohl öffentliche als auch private Einrichtungen gemeint, die vor allem zur sachverständigen Unterstützung der entscheidungsbefugten Behörde einbezogen werden können; siehe BMU (Hg), UGB-KomE 641. 1504 BMU (Hg), UGB-KomE 640 f. 1505 Dass die Genehmigungsbehörde ihre Letztentscheidungsbefugnis nicht aus der Hand geben darf, ergibt sich insbesondere aus § 90 Abs 1 UGB-KomE. Darüber hinaus wird aber auch deutlich, dass die abschließende Bewertung der Umweltauswirkungen ausschließlich die Genehmigungsbehörde durchzuführen hat (§ 90 Abs 1 und 2 UGB-KomE). 1506 So wohl auch Hellriegel, Mediation 162 f; Schrader, Konsens 1999, 159, kritisiert hiebei jedoch die im Entwurf gewählte Formulierung, welche die Durchführung
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Im Fall eines von VerfahrensmittlerInnen geleiteten Erörterungstermins hat die Genehmigungsbehörde übrigens aus Gründen der umfassenden Informiertheit sowie zur Vorbereitung ihrer eigenen Entscheidung am Erörterungstermin jedenfalls teilzunehmen (Abs 5)1507, wodurch sie in die Funktion einer einfachen Teilnehmerin verwiesen wird1508. Die somit ausdrücklich normierte Teilnahmepflicht der Behörde an der Erörterung schließt – ganz iS der hier vertretenen Auffassung1509 – eine Beteiligung der Verwaltung an anderen von VerfahrensmittlerInnen gestalteten Verfahrensschritten freilich nicht aus1510. Die/der VerfahrensmittlerIn selbst, die/der laut der Materialien eine anerkannte Person sein soll und über Erfahrungen und Kenntnisse betreffend der entsprechenden Verfahren und Vorhaben zu verfügen hat1511, ist zur Wahrung ihrer/seiner neutralen Stellung in ihrer/seiner Tätigkeit unabhängig und an keine Weisungen gebunden1512. Bekleidet diese/r ein öffentliches Amt, so darf sie/er nicht der Dienststelle angehören, die das Vorhaben beantragt hat oder die für die Genehmigung eben dieses Vorhabens zuständig ist (Abs 3). Bei ihrer/seiner Tätigkeit bedient sich die/der VerfahrensmittlerIn einer von der Genehmigungsbehörde bestimmten Geschäftsstelle, die jedoch in Bezug auf das übertragene Verfahren nur ihren/seinen Weisungen unterliegt (Abs 4)1513. Die/der VerfahrensmittlerIn hat schließlich zum Ergebnis der übertragenen Verfahrensabschnitte eine Stellungnahme abzugeben. Der Kommission schwebt dabei eine Stellungnahme vor, in der auf die Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens Bezug genommen werden kann eines mediativen Verfahrens über den Erörterungstermin hinaus nicht nahe lege, wenn es auch der UGB-KomE ermögliche. 1507 BMU (Hg), UGB-KomE 642. 1508 Hellriegel, Mediation 164, hält diese Regelung für entbehrlich, da seiner Meinung nach „zur Sicherstellung der Anforderungen aus dem Amtsermittlungsgrundsatz [...] unmittelbar die Pflicht der Behörde zur Teilnahme an den Sitzungen“ folgt. Siehe auch Rüssel, Mediation 229. 1509 Siehe oben 2.III.B.3.bb).aaa). 1510 Wie schon oben in 2.III.A.8. ausgeführt, bleibt – für alle Verfahrensbeteiligten – zu bedenken, dass eine zu engagiert angedachte Verknüpfung von Mediationsund Verwaltungsverfahren das Prinzip der Freiwilligkeit aushöhlen bzw ihm zur Gänze widersprechen kann. Die Gefahr besteht nämlich dann, wenn es keine oder zumindest nur bedingte Möglichkeiten gibt, sich ohne Nachteil dem Mediationsverfahren zu entziehen und dennoch in geeigneter Weise das eigene Anliegen rechtswirksam vorbringen zu können. Konkret ist dies hier der Fall. 1511 BMU (Hg), UGB-KomE 641. 1512 Zum Neutralitätserfordernis von MediatorInnen siehe Rüssel, Mediation 229. 1513 Hellriegel, Mediation 164, hält diese Regelung für überflüssig, da die in den Entwurfserläuterungen angeführten kompetenzrechtlichen Probleme (BMU (Hg), UGB-KomE 641) bereits von § 89 Abs 2 UGB-KomE gedeckt seien.
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oder die auch eine Darstellung des Verfahrensablaufs sowie eventueller Einigungsergebnisse oder noch offener Konfliktpunkte enthalten kann. Als maßgeblich wird dafür die Funktion der Aufgabenübertragung im Einzelfall angesehen1514. Die Stellungnahme ist möglichst innerhalb eines Monats zusammen mit den Antragsunterlagen, den eingegangenen behördlichen Stellungnahmen und Sachverständigengutachten sowie den gegebenenfalls nicht erledigten Einwendungen an die Genehmigungsbehörde zu übermitteln1515. b) Stellung der VerfahrensmittlerInnen
Hellriegel leitet nun aus den Umständen des unabhängigen und weisungsfreien Status sowie aus der Stellungnahmepflicht ab, dass die Voraussetzungen einer eigenverantwortlichen Beleihung zu bejahen seien und nicht wie etwa bei § 4b BauGB in Frage gestellt werden können1516. Dahingehend, dass es sich bei § 89 UGB-KomE um die für eine Beleihung von Mediato1514 BMU (Hg), UGB-KomE 642. Während eine solche Verpflichtung in von VerfahrensmittlerInnen geführten Erörterungsterminen aufgrund der obligatorischen Teilnahme der Genehmigungsbehörde verzichtbar erscheint, wird gerade in jenen Fällen, in denen die Genehmigungsbehörde nicht an Verfahrensschritten unmittelbar beteiligt ist, eine eingeschränkte, dem Mediationskonzept und der Informationsbedürftigkeit der Verwaltung gleichermaßen entsprechende Stellungnahmepflicht vorzusehen sein. Ein diesbezüglicher, unmissverständlicher Kriterienkatalog könnte übrigens gem § 92 UGB-KomE durch Rechtsverordnung festgelegt werden. Zur aus Sicht von MediatorInnen nicht unproblematischen Stellungnahmepflicht nach Maßgabe des § 73 Abs 9 VwVfG siehe aber bereits oben 2.IV.L.4. 1515 Sind die Unterlagen gem § 86 Abs 1 UGB-KomE vollständig, hat die Genehmigungsbehörde über den Antrag innerhalb einer Frist von sechs Monaten zu entscheiden. Diese kann jedoch um drei Monate verlängert werden, wenn dies ua wegen der ausstehenden Stellungnahme der VerfahrensmittlerInnen erforderlich ist. Darüber hinaus dürfen weitere Fristverlängerungen nur im Ausnahmefall mit Zustimmung der Aufsichtsbehörde erfolgen (§ 90 Abs 1 UGB-KomE). Eine gewisse zeitliche Enge ist hier also nicht von der Hand zu weisen. Durch die Festlegung der Entscheidungsfrist für die Behörde von grundsätzlich sechs Monaten kann es trotz möglicher Fristverlängerung im Einzelfall, und nur darauf kommt es jeweils an, zu einem Zeitdruck im Mediationsverfahren kommen, gerade wenn man bedenkt, dass das Instrument der Verfahrensmittlung vor allem bei sehr komplexen und umstrittenen Verfahren zum Einsatz gelangen soll. Eine generelle Aussage – wie von Hellriegel, Mediation 163 f getätigt –, dass zeitliche Rahmenbedingungen quasi als Leitlinie für eine konstruktive Verhandlung und damit für das Mediationsverfahren förderlich seien sowie „endlose Diskussionen“ verhindern helfen, wird der sich hier stellenden Frage aber nicht gerecht. Gegenüber der zeitlichen Enge krit auch Schrader, NuR 1998, 290 FN 81. 1516 Hellriegel, Mediation 165.
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rInnen notwendige Ermächtigungsnorm handelt, ist Hellriegel wohl zuzustimmen; dies insbesondere deshalb, da die Norm die Möglichkeit der Übertragung der alleinigen, selbstverantwortlichen Leitung des Erörterungstermins eben an (private) VerfahrensmittlerInnen vorsieht und darüber hinaus die Genehmigungsbehörde in diesem Fall ausdrücklich als „bloße“ Teilnehmerin in die Erörterung einbezieht. Die Gestaltung und Leitung der Verhandlung liegt demnach ausschließlich im Verantwortungsbereich der VerfahrensmittlerInnen. Zu ihren Kompetenzen zählen etwa das Entscheiden über Akteneinsichtsrechte, Anträge zur Einräumung einer Frist für schriftliche Stellungnahmen, gegebenenfalls über den Ausschluss der Öffentlichkeit und letztlich auch darüber, ob Einwendungen, die auf besonderen privatrechtlichen Titeln beruhen, auf den Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten zu verweisen sind. Diese übertragenen Befugnisse, zu deren selbständigen Wahrnehmung eben § 89 UGB-KomE die (privaten) VerfahrensmittlerInnen betraut, dienen jedenfalls der Ausübung „öffentlicher Gewalt“1517. Die vorhin genannten Merkmale der Unabhängigkeit und Weisungsfreiheit sind deshalb von Relevanz, da grundsätzlich davon auszugehen ist, dass Beliehene unter staatlicher Aufsicht an der Erfüllung bestimmter Verwaltungsaufgaben mitwirken1518. Weisungsfreie Räume sind verfassungsrechtlich aber nur eingeschränkt zulässig1519. Zu ernsthaften Bedenken führen die Regelungen des § 89 UGB-KomE letztlich wohl nicht. Die nun den VerfahrensmittlerInnen gesetzlich übertragenen und umgrenzten Aufgaben sind nach Art und Umfang nicht von einer solchen besonderen Tragweite, dass unter dem Gesichtspunkt eines weisungsfreien Raums Bedenken bestünden1520. Die Spielräume, die der UGB-KomE den KonfliktmittlerInnen belässt, sind überschaubar, betreffen lediglich Teilabschnitte des Verfahrensgangs und greifen vor allem nicht die Letztentscheidungsverantwortung der Genehmigungsbehörde an. Darüber hinaus erscheint die gesetzlich eingeräumte Weisungsfreiheit aufgrund der für die Wahrnehmung der spezifischen Aufgaben des Interessenausgleichs durch VerfahrensmittlerInnen notwendigen Neutralität und Unabhängigkeit gerechtfertigt1521. Der Vollständigkeit halber ist schließlich festzuhalten, dass auch der Funktionsvorbehalt (Art 33 Abs 4 GG) der vorgesehenen Übertragung von Aufgaben auf Private nicht entgegensteht. Konkrete Legitimationsgründe 1517 Vgl oben 2.IV.L.1. 1518 Hiezu 2.III.A.8; Burgi, NZBau 2002, 61. 1519 Grundsätzlich zur Zulässigkeit eines ministerialfreien Raumes etwa Zippelius/ Würtenberger, Staatsrecht32 § 42 Rz 12 ff. 1520 Vgl BVerfGE 9, 268 [282] = NJW 1959, 1172; BVerfGE 83, 130 [150] = NJW 1991, 1474. 1521 Siehe 2.III.A.8.
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sind einerseits mit der Mobilisierung von Fachkenntnissen zur Verbesserung der Aufgabenerfüllung sowie andererseits dadurch gegeben, dass ein Interessenausgleich – in den gegebenenfalls die Genehmigungsbehörde selbst einbezogen wird – möglichst in einer gewissen Staatsferne erfolgen soll. Zudem handelt es sich hiebei einerseits nicht um eine „ständige“ Aufgabe und andererseits ist die Intensität der eingesetzten Hoheitsmittel begrenzt. Vor allem aber verbleibt das Schwergewicht der hoheitlichen Aufgabenerfüllung weiterhin bei den staatlichen Bediensteten1522. Die vorgeschlagene Regelung sieht also die Institutionalisierung der Rechtsfigur der Mediation im umweltrechtlichen Verwaltungsverfahren vor1523, ohne zugleich die Durchführung der schon bisher angewandten „informellen“ Mediation auszuschließen1524 oder eine Formalisierung des Informalen zu bewirken1525. Jedoch darf hiebei auch nicht übersehen werden, dass das Konzept der Mediation gerade dann beeinflusst wird, wenn MediatorInnen die Leitung des Erörterungstermins übertragen bekommen; dies deshalb, weil sie bei der Durchführung der Verfahrensabschnitte zum einen an die konkreten verfahrensrechtlichen Vorgaben gebunden sind1526 und zum anderen weil sie zur Durchsetzung derselben mit hoheitlichen Entscheidungsbefugnissen ausgestattet werden. Eine Unvereinbarkeit ist darin letztlich aber doch nicht zu erblicken, da ihre Befugnisse allesamt einen verfahrensrechtlichen Konnex aufweisen, die Gestaltung und Leitung des Mediationsverfahrens obliegt schließlich auch den MediatorInnen, und sie im Fall des Scheiterns nicht in die Lage versetzt werden, über die Genehmigung des Vorhabens absprechen zu müssen. Einen wesentlichen Faktor stellt hier einmal mehr das Transparentmachen von Rolle und Aufgaben der MediatorInnen dar. Abschließend bleibt zu erwähnen, dass Mediationsergebnisse die behördliche Genehmigung nicht ersetzen können. Für die Behörde besteht darüber hinaus keine grundsätzliche Pflicht, die Mediationsergebnisse in die Genehmigungsentscheidung zu übernehmen, wenn auch diese in Form von – geeigneten, erforderlichen und angemessenen – Auflagen hierin Eingang finden können. Von diesen Einschränkungen unberührt bleiben freilich andere Möglichkeiten, zumindest Teile des Vereinbarten in rechtsverbindlicher Weise fassbar zu machen. Zu denken ist dabei an den einvernehmlichen 1522 Zu den Legitimationsgründen siehe oben 2.III.B.3.b).aa).aaa). 1523 Anders als übrigens im öUVP-G ließe sich somit nicht bloß ein Zeitfenster während des behördlichen Verfahrens für mitlaufende Mediationen öffnen, sondern es würde vielmehr die Mediation ein integrierter Verwaltungsverfahrensbestandteil werden. 1524 BMU (Hg), UGB-KomE 639 und 641; siehe auch Schrader, Konsens 1999, 159. 1525 Hellriegel, Mediation 162 und 165. 1526 Siehe Schrader, Konsens 1999, 159.
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Abschluss eines öffentlich-rechtlichen Umweltschutzvertrags nach § 38 UGB-KomE und – soweit möglich – an zivilrechtliche Vereinbarungen1527. Sollte es, man muss es so sagen, wider Erwarten gelingen, diesen Entwurf doch noch umzusetzen1528, dann könnte nach durchgängiger Meinung die vorhin beschriebene Bestimmung den Einsatz von Mediation nicht nur im Umweltrecht fördern sondern im gesamten Verwaltungsrecht vorantreiben1529. N. Umsetzung der Verhandlungsergebnisse
Anders als beispielsweise im Privatrecht können die in der Mediation im öffentlichen Bereich ausgehandelten Vereinbarungen in der Regel – wenn auch die Möglichkeit des Abschlusses von Verwaltungsverträgen nicht vorschnell verworfen werden darf – nicht als Ergebnisse einer freien vertraglichen Vereinbarung unmittelbar wirksam werden1530. Pitschas spricht daher auch zu Recht von einer Strukturdifferenz zum herkömmlichen Verständnis der Mediation im privatrechtlichen Kontext. Vor allem ist die Behördenstellung keinesfalls losgelöst von verfassungs- und verwaltungsrechtlichen Vorgaben zu sehen. Es ist, wie schon mehrfach erwähnt, die Verwaltung in ihren Entscheidungsmöglichkeiten und in Anbetracht ihrer Rolle als Verantwortliche für das Gemeinwohl nicht frei von Bindungen – und dies gilt eben auch für verwaltungsrechtliche Verträge. Dieser Umstand hat nun freilich direkte Auswirkungen auf die Verwaltungsautonomie1531. Das heißt aber nicht, dass als Verhandlungsergebnisse nicht auch diesbezügliche, zwischen den „privaten“ Betroffenen (AntragstellerIn, BürgerInnen, Umweltgruppen, Standortgemeinde usw) abgeschlossene, zivilrechtliche Vereinbarungen zielführend sein können, die in weiterer Folge ihre Rechtswirkungen entfalten und gegebenenfalls vorbereitend oder gar präjudizierend auf die behördliche Entscheidung wirken. In solchen Verträgen kann ein/e (zukünftige/r) VorhabenträgerIn ihre/seine Leistungen (Veränderung der Dimension des Bauvorhabens, Einbau von zusätzlichen Filter1527 Vgl Schrader, Konsens 1999, 160; zur Aufwertung des öffentlichen-rechtlichen Vertrags durch den UGB-KomE Schröder, NVwZ 1998, 1014. 1528 Siehe Wolfgang Hopp, 1. Speyerer Forum zum Umweltgesetzbuch – Umsetzung der IVU-, UVP- und Seveso II-Richtlinien in Europa, DVBl 2000, 400. 1529 So etwa Wagner/Engelhardt, NVwZ 2001, 372; Hellriegel, Mediation 164. 1530 Zum Versuch der – für die Mediation als zu einengend angesehenen – abschließenden Einordnung der Mediationsvereinbarung als „schriftlich dokumentierte Absprache“ ohne festgelegte Sanktion unter den Begriff des Agreements siehe Rüssel, Mediation 147 ff, die diesen wiederum in Anlehnung an Bulling, DÖV 1989, 280 f, verwendet. 1531 Pitschas, NVwZ 2004, 399.
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anlagen oder Errichtung weiterer Lärmschutzmaßnahmen etc) grundsätzlich von vereinbarten Gegenleistungen (zB Einwendungs-1532 oder Klageverzicht gegen das geplante Vorhaben) abhängig machen1533. Darüber hinaus ist jedoch – soweit hiedurch öffentlich-rechtliche Belange tangiert werden – ein entsprechender Umsetzungsprozess erforderlich, bei dem die Ergebnisse der Mediation in das gesetzlich vorgesehene Verwaltungsverfahren, zB in ein Genehmigungs- oder Planfeststellungsverfahren, eingeführt und durch Verwaltungsakt, gegebenenfalls durch verwaltungsrechtlichen Vertrag oder auch durch Normsetzung mit rechtlicher Wirksamkeit ausgestattet werden1534. Da die AkteurInnen und Akteure auf Seiten des Staates dabei an das Gesetz gebunden sind und in der Regel auch einer gerichtlichen Kontrolle unterliegen, steht die Transformation der Media tionsergebnisse gleichsam unter dem Vorbehalt ihrer Vereinbarkeit mit dem materiellen und formellen Verwaltungsrecht. Das bedeutet, dass die beiden unterschiedlichen Verfahren – Mediation und Verwaltungsverfahren – auch hinsichtlich der Ergebnisverwertung in eine Wechselbeziehung zueinander gebracht werden müssen, also wenn möglich miteinander abgestimmt werden sollen. 1. Bindung der Behörde an das Aushandlungsergebnis
Ein entscheidender Faktor für die Einlassung in ein und die Teilnahme an einem aufwendigen Aushandlungsverfahren stellt für VorhabenträgerInnen und BürgerInnen gleichermaßen die möglichst weitreichende Sicherheit dar, dass die Verhandlungsergebnisse auch tatsächlich umgesetzt bzw implementiert werden können1535. Dies bedingt nun wiederum zweierlei; zum einen bedarf es des Bindungswillens der VerhandlungsteilnehmerInnen, an eben diesen Aushandlungsergebnissen festhalten zu wollen, und zum anderen muss die Vereinbarung den materiell und formell-rechtlichen Vorgaben standhalten können. Für die Bewerkstelligung dieses Ziels unumgänglich und gleichzeitig – in ihrem Bemühen, die divergierenden Interessen auszugleichen – wichtiger Garant der Entscheidungsrichtigkeit ist die Verwaltung. Dies ergibt sich letztlich, wie den vorhergegangenen Ausführungen unschwer zu entneh1532 Stumpf, Streitbeilegung 306 f. 1533 Vgl Härtel, JZ 2005, 756; Holznagel/Ramsauer, in: Haft/Schlieffen (Hg), Handbuch2 Rz 42. 1534 Siehe hiezu die Aufbereitung eines fiktiven Falles zur Errichtung einer thermischen Behandlungsanlage bei Brandt, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann (Hg), Konfliktbewältigung II, 242 ff. 1535 Holznagel, Konfliktlösung 213; Brandt, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann (Hg), Konfliktbewältigung II, 239.
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men ist, aus dem Umstand, dass „die gesetzlich angeleitete und politisch verantwortete Verwaltung [...] bei der Administration des öffentlichen Rechts eine besonders bedeutsame Stellung und eine komplexere Legitimation und Verantwortung als alle anderen am Verfahren Beteiligten“ innehat1536. Als zentrale verfassungsrechtliche Vorgabe soll dabei das bereits anlässlich der Ausführungen zum Demokratieprinzip angesprochene Letztverantwortlichkeitsgebot in Erinnerung gerufen werden, das – zB in Planungsverfahren – nach einer von der Behörde selbst vorzunehmenden Gesamtabwägung aller betroffenen Belange sowie als Verfahrensergebnis einer ausschließlich auf dieser Abwägung beruhenden Entscheidung verlangt1537. Daraus ist zu folgern, dass nur ein begrenzter Handlungsspielraum ausgefüllt werden kann. Deshalb überrascht es, dass in der Mediationsliteratur Überlegungen zur Umsetzungsproblematik mitunter vorschnell und oftmals unreflektiert mit dem Hinweis zu Ende geführt werden, dass Mediationsergebnisse faktische (Vorab- bzw Voraus-)Bindungen der Beteiligten ermöglichen. Dies sollte aber so nicht unkommentiert stehen bleiben. Grundsätzlich muss festgehalten werden, dass ein verbindliches Übernehmen eines Konsenses durch die Verwaltung, ohne selbst am Aushandlungsverfahren mitgewirkt zu haben, gänzlich ausgeschlossen ist1538. Aufgrund ihrer Aufgaben und vor allem ihrer Verantwortung für das Gemeinwohl erscheint weiters auch ein bloßes Moderieren oder lediglich ein Ausgleichen von divergierenden Sonderinteressen durch die entscheidende Behörde im Rahmen des Verwaltungsverfahrens rechtlich kein gangbarer Weg zu sein. Demgegenüber nicht undenkbar – wenn auch zu Recht von Teilen der Lehre mit mahnenden Ausführungen begleitet1539 – ist es aber, dass sich die Verwaltung an Verhandlungen mit dem Willen zur „faktischen“ Bindung selbst beteiligen kann. Darunter ist nach Meinung von HoffmannRiem ihre Bereitschaft zu verstehen, ein mit ihrer Zustimmung erzieltes Aushandlungsergebnis, wenn notwendig, in eine rechtlich verbindliche Form umsetzen zu wollen1540. a) Problem der (faktischen) Vorabbindung
Nicht übersehen werden darf, dass solche – gerade im Zuge von Mediationen durchaus gewollten, für den mediativen Aushandlungsmechanismus ja 1536 Hoffmann-Riem, Konfliktmittler 54. 1537 Siehe 2.III.A.6. 1538 „Ein Abdanken zugunsten privater Selbstregulierung scheidet im Bereich des Verwaltungshandelns aus“, so Hoffmann-Riem, Konfliktmittler 54 FN 195. 1539 Etwa von Bauer, VerwArch 1987, 254 ff. 1540 Hoffmann-Riem, Konfliktmittler 55.
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wesensimmanenten – faktisch verbindlichen, auf gegenseitigem Vertrauen basierenden Absprachen zwischen BürgerInnen und Behörde unweigerlich die eigentliche rechtliche Entscheidung und die dafür zuständigen AmtsträgerInnen präjudizieren1541. Schnell zu einem rechtlichen Problem wird die Vorwegnahme der behördlichen Entscheidung, wenn die dem informellen Verwaltungshandeln immanenten Gefahren, die den rechtspolitischen Vorzügen zweifelsohne entgegen stehen, leichtfertig ausgeblendet werden. Gemeint sind die etwa von Bauer ventilierten Gefahren wie die etwaige Relativierung gesetzlicher Regelungen und normativer Vorgaben, die Ausblendung und damit verbundene Gefährdung von Drittpositionen, die Erschwerung der Kontrolle und des effektiven Rechtsschutzes sowie eine mögliche Behinderung zügiger und effektiver Verwaltungstätigkeit1542. Dass jedoch solche getroffenen Vorentscheidungen, die rechtliche oder auch nur tatsächliche Bindungen für das entscheidende Behördenorgan bewirken, als nicht schlechthin rechtswidrig einzustufen sind, hielt das BVerwG bereits 1974 in einem als „FlachglasEntscheidung“ in die Literatur1543 eingegangenen Judikat zu einer kommunalen planungsrechtlichen Auseinandersetzung nach dem damaligen BBauG fest1544. Das Gericht nennt hiezu aber drei kumulative Kriterien, die eine Verkürzung des an sich von Gesetzes wegen geforderten Abwägungsvorgangs aufgrund selbstbindender, offensichtlich eine bestimmte Planung in eine gewisse Richtung beeinflussende Entscheidungen aus besonderen Gründen ausgleichen und im Einzelfall daher rechtfertigen können. Demnach muss zum einen die Vorwegnahme der Entscheidung – auch unter dem Blickwinkel des dadurch belasteten Anregungsverfahrens – als solche sachlich gerechtfertigt sein. Zum anderen hat bei einer Vorwegnahme die planungsrechtliche 1541 Vgl Schulze-Fielitz, Jura 1992, 206. 1542 Siehe hiezu Bauer, VerwArch 1987, 254 ff; ders, in: Hoffmann-Riem/SchmidtAßmann (Hg), Innovation 257 f. 1543 So etwa bei Ernst-Hasso Ritter, Abwägungsgesichtspunkte für die Bauleitplanung in Gemengelagen, NVwZ 1984, 615 f; Brandt, in: Hoffmann-Riem/ Schmidt-Aßmann (Hg), Konfliktbewältigung II, 251; Holznagel, Konfliktlösung 214 ff; Helmuth Schulze-Fielitz, Das Flachglas-Urteil des Bundesverwaltungsgerichts – BVerwGE 45, 309 – Zur Entwicklung der Diskussion um das planungsrechtliche Abwägungsgebot, Jura 1992, 206; Hoffmann-Riem, in: ders et al (Hg), Reform 153; Bauer, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann (Hg), Innovation 261 f; Birthe Pasemann/Stefan Baufeld, Verfassungsrecht und Gesetzgebung auf Grundlage von Konsensvereinbarungen, ZRP 2002, 120; Rüssel, Mediation 172 f; Schmidt-Aßmann, Verwaltungsrecht2 352; Lars Schäfer, Mediation im öffentlichen Bereich braucht gesetzliche Regeln, NVwZ 2006, 43 f; Holz nagel/Ramsauer, in: Haft/Schlieffen (Hg), Handbuch2 Rz 77. 1544 BVerwGE 45, 309 [317 ff] = NJW 1975, 70 ff.
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Zuständigkeitsordnung insoweit gewahrt zu bleiben, dass im gegenständlichen Fall der Bauleitplanung die Mitwirkung des Gemeinderats an den Vorentscheidungen in einer Weise gesichert wird, die es gestattet, die Vorentscheidungen auch ihm zuzurechnen. Schließlich und endlich darf die vorgezogene Entscheidung – und auch dies wiederum unter Beachtung gerade ihrer planerischen Auswirkung – nicht inhaltlich zu beanstanden sein. Sie muss dabei den Anforderungen genügen, denen sie zu entsprechen hätte, wenn sie als Bestandteil des abschließenden Abwägungsvorgangs getroffen worden wäre1545. Ergänzend wird übrigens von Teilen der Lehre als viertes Kriterium gefordert, dass die von der Planungsentscheidung betroffenen BürgerInnen noch vor der informellen Entscheidungsfällung Gelegenheit zur Artikulation ihrer Interessen gehabt haben müssen1546. Nur so erschiene es möglich, ein Unterlaufen der BürgerInnenbeteiligung im Planungsverfahren und einen daraus resultierenden verfahrensrechtlichen Fehler zu verhindern und dem Risiko eines Abwägungsdefizits entgegenzusteuern1547. Demgegenüber um einiges kritischer und hinsichtlich der Aushandlungsprozesse distanzierter äußert sich das BVerwG in dem ebenfalls zu einem Planfeststellungsverfahren – hier im Kontext der Missachtung der gebotenen Unparteilichkeit der entscheidenden Behörde – ergangenen Urteil aus dem Jahr 19861548. Zentrales Element ist auch hiebei die Verpflichtung der Behörde, die sachbezogene Abwägung selbst zu treffen. Um dies ua garantieren zu können, habe ein Planfeststellungsverfahren dem rechtsstaatlichen Gebot fairer Verfahrensgestaltung zu genügen, weswegen sich die berufene Behörde in ihrer Verfahrensgestaltung keiner Einflussnahme aussetzen dürfe, die ihr die Freiheit zur eigenen planerischen Gestaltung faktisch nehme oder diese zumindest weitgehend einschränke. Vor allem dürfe die Behörde dabei den Abwägungsvorgang „nicht zu einem Aushandeln der zu beachtenden Belange degenerieren lassen“1549. Dies gelte auch für „Besprechungen auf politischer Ebene“, wenn hiedurch die verfahrensrechtlich geordneten Entscheidungsebenen nicht mehr 1545 BVerwGE 45, 309 [321] = NJW 1975, 73. 1546 Konsequenterweise wird diese Forderung aber wohl nicht nur in den Konstellationen Gewicht haben, in denen lediglich die Behörde mit der/dem ProjektwerberIn zu Verhandlungen zusammentrifft, sondern darüber hinaus auch bei multipolaren Konsensfindungsgesprächen. 1547 Siehe etwa Hoffmann-Riem, in: VVDStRL 40, 224 und 229 ff; ders, Konfliktmittler 55 f; Holznagel, Konfliktlösung 216 f; Schulze-Fielitz, Jura 1992, 206 f; in diese Richtung wohl auch Ritter, NVwZ 1984, 616. 1548 BVerwGE 75, 214 [214 ff] = NVwZ 1987, 579 ff. 1549 BVerwGE 75, 214 [231] = NVwZ 1987, 582. Vgl jedoch hiezu die Urteilskritik von Würtenberger, NJW 1991, 263, sowie ders, Akzeptanz 153 f.
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getrennt, einseitige Absprachen über die weitere Verfahrensgestaltung getroffen und der Gestaltungsspielraum der Planfeststellungsbehörde von vornherein durch aktive Einflussnahmen sachwidrig eingeengt werde und die Behörde in Folge dessen ihre erforderliche innere Distanz und Neutralität verliere. Zudem verfehle sodann die Beteiligung Dritter im Rahmen des weiteren Verfahrensablaufs ihren gesetzlichen Zweck und zwar, dass die Planfeststellungsbehörde in die Lage versetzt werde, durch Aufnahme der erforderlichen Informationen, die Unterrichtung und Anhörung der Betroffenen zu einer problemabgewogenen Entscheidung gelangen zu können1550. Auf Grundlage der beiden skizzierten Entscheidungen des BVerwG wird deutlich, dass informelle Absprachen bzw Agreements rechtlich nicht schlechthin schädlich sind. Dennoch zeigt gerade das zweite Erkenntnis, dass hiebei der Grat sehr schmal ist und die gesetzlichen Abwägungspflichten1551 nicht relativiert werden sowie solche Aushandlungsergebnisse nicht zu nachteiligen Vorabfestlegungen für Drittbetroffene führen dürfen. Inwieweit nun diese vom BVerwG für Planfeststellungsverfahren herausgearbeiteten Anforderungen auch in anderen Entscheidungszusammenhängen zur Geltung kommen, ist zwar jeweils einzelfallbezogen zu prüfen, dennoch scheint nichts Grundsätzliches dagegen zu stehen, dass diese oder modifizierte Kriterien auch für andere faktische Bindungen erzeugende Formen informellen Verwaltungsverhandelns heranzuziehen sind1552. b) Vorabbindung und Mediationsverfahren
Vorabbindungen ändern also nichts an der rechtlichen Verantwortlichkeit der Verwaltung für das Ergebnis. Die entscheidende Behörde muss in jeder Phase in der Lage bleiben, die ordnungsgemäße Durchführung des Verfahrens und die Recht- bzw Zweckmäßigkeit des Ergebnisses überprüfen zu können und sie darf sich folglich erst nach einer solchen abschließenden Prüfung in welcher Art auch immer binden1553. Dies gilt es freilich auch im Zuge von Mediationsverfahren zu bedenken. Wird ein solcher informeller Aushandlungsprozess aus der Verantwortung 1550 BVerwGE 75, 214 [230 f] = NVwZ 1987, 582. Siehe auch Holznagel, Konfliktlösung 215 FN 196. 1551 Das Gebot der Abwägung für die planende Verwaltung beinhaltet übrigens die Pflicht zur Berücksichtigung und Abwägung aller öffentlichen und privaten Interessen mit dem Ziel, sie einem gerechten Ausgleich zuzuführen. Siehe hiezu etwa Hellriegel, Mediation 228 ff; Kopp/Ramsauer, VwVfG12 § 74 Rz 51 ff. 1552 Bejahend Hoffmann-Riem, Konfliktmittler 56; Schulze-Fielitz, Jura 1992, 206; Kaltenborn, Streitvermeidung 222 FN 23, nimmt eine solche Verallgemeinerung zumindest für die Voraussetzung der Zuständigkeitsordnung an. 1553 Hoffmann-Riem, Konfliktmittler 57.
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der Verwaltung herausgelöst und letztere an diesem überhaupt nicht beteiligt, vermögen die den öffentlich-rechtlichen Sachverhalt nicht unmittelbar tangierenden Inhalte eines Mediationsergebnisses gegebenenfalls zwischen VorhabenträgerIn und NachbarInnen zivilrechtliche Folgen auszulösen1554, die Möglichkeit einer Vorabbindung der entscheidenden Behörde scheidet in diesem Fall aber aus1555. Werden demgegenüber Aushandlungsprozesse zwischen BürgerInnen und VorhabenträgerIn mittlergestützt und unter Beteiligung der Verwaltung sowie gegebenenfalls auch der Politik durchgeführt1556, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass die – vom BVerwG im Jahr 1974 herausgearbeiteten sowie mit der insbesondere von der Lehre vertretenen Forderung nach rechtzeitigen Beteiligungsmöglichkeiten von Entscheidungsbetroffenen versehenen – Kautelen gehörig erfüllt werden und eine so hin erzielte Vereinbarung rechtlich unschädlich ist1557. MediatorInnen werden, sofern sie in solchen „verwaltungsnahen“ Verfahren die ihrer Rolle zugeschriebenen Aufgaben wahrnehmen1558, zu einem wesentlichen Steuerungsfaktor, womit wiederum die Interessenoptimierung gesichert und – im Planfeststellungsverfahren – die Durchführung einer gerechten Abwägung widerstreitender Belange zusätzlich gewahrt werden kann1559. 2. Rückgriff auf die Kompetenz zur einseitigen Entscheidung
Schließlich ist eingedenk der Ausführungen zum verfassungsrechtlichen Gebot der staatlichen Letztverantwortung1560 grundsätzlich davon auszugehen, dass die Fähigkeit der Verwaltung zur einseitig-hoheitlichen Entscheidung jederzeit gewahrt zu bleiben hat. Ihre nach pflichtgemäßer Ermessensübung1561 eingegangene Bereitschaft zur Mitwirkung an einer Verhand1554 Zu den ebenfalls denkbaren öffentlich-rechtlichen Verträgen ausschließlich zwischen Privaten siehe etwa Kopp/Ramsauer, VwVfG12 § 54 Rz 7. Im untersuchungsgegenständlichen Zusammenhang auch Hoffmann-Riem, Konfliktmittler 60 f. 1555 Hoffmann-Riem, Konfliktmittler 54. 1556 Siehe bereits oben 2.IV.D.3. 1557 Vgl vor allem Pünder, in: Erichsen/Ehlers (Hg), Verwaltungsrecht14 § 16 Rz 15. 1558 Gedacht ist dabei – grob skizziert – an deren Aufgabe, das Verfahren so zu gestalten, dass die verfahrensrechtlichen Sicherungen und die Verfahrenschancengleichheit aller Konfliktbetroffenen, und nicht nur zB jene der Projektwerberin bzw des Projektwerbers, gewahrt bleiben. 1559 Vgl Hoffmann-Riem, Konfliktmittler 47 f; im Kontext von Planfeststellungsverfahren Holznagel, Konfliktlösung 216 f; das Mediationsverfahren dem Abwägungsgebot gerade nicht entgegenstehend Rüssel, Mediation 172. 1560 Siehe oben 2.III.A.6. 1561 Holznagel, Konfliktlösung 214.
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lungslösung kann also nicht dazu führen, dass mit der Einleitung des Verfahrens ein einseitiges Verwaltungshandeln ausgeschlossen ist1562. Die Verhandlungssysteme – so Hoffmann-Riem – sollen eine zusätzliche Möglichkeit der Interessenoptimierung eröffnen, nicht aber staatliches Entscheidungsverhalten blockieren1563. Dies bedeutet jedoch zweierlei nicht, nämlich einerseits, dass die Behörde nicht etwa eine Frist zur Erzielung eines Konsens einräumen kann, bis zu deren Ablauf sie von einseitigen Entscheidungen absieht, und andererseits, dass sie sich am Ende eines solchen Prozesses unter Einhaltung der oben genannten Kautelen nicht an gemeinsam erarbeitete Ergebnisse binden kann. Aus rechtspolitischer und vor allem rechtssoziologischer Sicht vermag die staatliche Entscheidungsmacht und damit verbunden ihre Letztverantwortung darüber hinaus auch als mitunter zweckmäßiges Droh- und Tauschpotenzial wirken bzw als ein solches nutzbar gemacht werden. So ist den Beteiligten zum einen der Umstand deutlich zu machen, dass die Chance eines Konsenses von ihnen verspielt werden kann, da die Möglichkeit einseitig-hoheitlicher Entscheidung als „drohende“ Alternative stets erhalten bleibt. Davon umfasst sind beispielsweise Blockaden durch Private, mit denen das Ziel der gänzlichen Verhinderung eines an sich rechtmäßigen Projekts verfolgt wird oder mit denen etwa finanzielle Vorteile quasi „erpresst“ werden sollen. Hoffmann-Riem geht in diesem Fall davon aus, dass die Rechtsmacht der entscheidenden Behörde mithelfen könne, einen solchen unberechtigten Widerstand zu überwinden1564. Wieweit reicht aber demgegenüber ein von der Behörde initiierter Einsatz der ihr zustehenden Droh- und Tauschmacht, bevor dieser die Grenze der rechtsnormativen Unschädlichkeit überschreitet? Grundsätzlich ist es als rechtlich unbedenklich anzusehen, wollte die Verwaltung ihr hoheitliches Entscheiden vorerst zurückstellen, um den Beteiligten eine konsensuale Erledigung des Vorhabens zu ermöglichen. Dies gilt wohl auch dann, wenn sie diesen eine solche Vorgehensweise mit dem Argument einer optimaleren Konfliktbewältigung anrät. Die Grenze überschritten wäre allerdings, wenn eine Rechtspflicht zum sofortigen Handeln besteht oder eine Zustimmung zum konsentierten Vorgehen dadurch einer sich verweigernden Partei abgenötigt wird, dass im Fall eines fehlenden Konsenses eine Alternative einseitig-hoheitlicher Entscheidung gewählt werden würde, „die für die sich zuvor verweigernde Partei besonders ungünstig ist“1565.
1562 Vgl hiezu das Praxisbeispiel bei Bulling, DÖV 1989, 283 f. 1563 Hoffmann-Riem, Konfliktmittler 57. 1564 Hoffmann-Riem, Konfliktmittler 58 f. 1565 Hoffmann-Riem, Konfliktmittler 59.
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3. Akzeptanzmanagement und Letztverantwortung
An einigen – nicht unwesentlichen – Anknüpfungspunkten müssen selbstredend die Schlussfolgerungen von Würtenberger anders lauten. Er geht in seinem Modell des Akzeptanzmanagements, das er in allen Planfeststellungs- und Genehmigungsverfahren für anwendbar hält, die eine Nutzung von Land für industrielle Anlagen, für öffentliche Infrastruktur oder in sonstiger Weise zu einer Vielzahl von Einwendungen Anlass geben1566, im Gegensatz zu den vorangestellten Ausführungen davon aus, dass die Verwaltung erst dann einseitige staatliche Entscheidungsmaßnahmen zu ergreifen habe, wenn zuvor zwischen den Beteiligten kein einvernehmlicher Interessenausgleich erzielt werden konnte; es folglich an der Fähigkeit zu gesellschaftlicher Selbstregulierung mangelte. Würtenberger begründet die Zulässigkeit der Öffnung staatlicher Aufgabenerfüllung für die gesellschaftliche Gestaltungskraft mit dem Subsidiaritätsprinzip, denn daraus gebiete sich, Akzeptanz als Ermessens- und Planungsdirektive zu berücksichtigen. Die Grenze für eine örtlich ausgehandelte Gemeinwohlkonkretisierung bilden dabei die Freiräume, die vom Recht gelassen werden. Einengend wirken demnach zwingende Rechtsvorschriften oder „gewichtige überörtliche Belange“1567. Die Verwaltung habe also, gegebenenfalls aus überwiegenden Gründen des Gemeinwohls, Entscheidungen zu treffen und zwangsweise durchzusetzen, auch wenn diese bei den Beteiligten nicht auf breite Akzeptanz stoßen1568. Ein im diskursiven Wege erzieltes Verhandlungsergebnis bezeichnet er als Entscheidungsvorschlag1569, welcher der entscheidenden Behörde vorzulegen sei. Letztere habe sodann „im Prinzip nur noch eine Rechtmäßigkeitskontrolle“ durchzuführen, sofern sie am Verfahren der Konfliktmittlung maßgeblich beteiligt war und der ausgehandelte sowie Akzeptanz findende Kompromiss in die Form des öffentlichen Rechts übergeführt werde. Die Beifügung „im Prinzip“ soll wohl ausdrücken, dass bei erfolgreicher Konfliktmittlung durch die Anhörungsbehörde, durch ProjektmanagerInnen oder durch MediatorInnen die entscheidende Behörde sich der starken faktischen Bindungswirkung der erzielten Vereinbarung nicht entziehen könne, wenn sie auch keineswegs daran rechtlich gebunden sei und sie ihre Entscheidung in eigener Verantwortung fällen könne. Insofern verbleibe der Verwaltung die Letztentscheidungskompetenz, jedoch werde – de facto – 1566 Würtenberger, Akzeptanz 169. 1567 Würtenberger, in: Pichler (Hg), Rechtsakzeptanz 289 f; ders, Akzeptanzmanagement von Verwaltungsentscheidungen mittels Mediation, in: Sascha Ferz/Johannes W. Pichler (Hg), Mediation im öffentlichen Bereich (2003) 46 f. 1568 Hiezu Würtenberger, Akzeptanz 163. 1569 Würtenberger, Akzeptanz 146.
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ihr Prüfungsumfang beschränkt1570. Wird folglich bei einer Planungsentscheidung das Konfliktmittlungsverfahren vollständig sowie ordnungsgemäß durchgeführt und ist das ausgehandelte Ergebnis rechtlich vertretbar – Abwägungsvorgang und Abwägungsergebnis sind nachvollziehbar1571, ein unbestimmter Rechtsbegriff in rechtmäßiger Weise konkretisiert –, „widerspräche es dem Prinzip der demokratischen Dezentralisation, wenn die Verwaltung ihre Gemeinwohlvorstellungen an die Stelle der von den ‚Parteien‘ im behördlichen Verfahrensmanagement ausgehandelten Gemeinwohloptimierungen setzen würde“. Die Behörde habe oder sie solle zumindest im Regelfall das durch die Konfliktmittlung gefundene Ergebnis übernehmen. Würtenberger lässt dabei jedoch offen, ob und wie dies verfahrensrechtlich geregelt oder ob dies jenseits rechtlicher Normierung nur als Maxime für ein gutes Verwaltungsverfahren gelten solle1572. Seine Ausführungen hält er darüber hinaus grundsätzlich auch für Verfahrensprojekte zutreffend, in denen die entscheidende Behörde nicht unmittelbar und maßgeblich an der Konfliktmittlung beteiligt ist. Demnach entfalte der etwa in Mediationsverfahren erzielte Konsensvorschlag ebenfalls hohe faktische Bindungswirkung, unabhängig davon ob das Verfahren von unabhängigen KonfliktmittlerInnen gestaltet werde und ob die entscheidende Behörde ihre Verantwortung für ein ausgewogenes Ergebnis direkt einbringe. Die betroffene Behörde werde ihrer Gemeinwohlverantwortung letztlich dadurch gerecht, indem sie die Vereinbarung vor Entscheidungsfällung selbst auf deren Nachvollziehbarkeit und Rechtmäßigkeit hin überprüft. Es widerspräche dem Subsidiaritätsprinzip, würde die entscheidende Behörde ihre Gemeinwohlvorstellungen an die Stelle der von den Verfahrensbeteiligten und von den hinzugezogenen Fachbehörden ausgehandelten Gemeinwohloptimierung setzen. Demgemäß sei im Fall des Abweichens zu begründen, warum das Aushandlungsergebnis nicht rechtlich sanktioniert werde1573. Dem Einwand, die Behörde würde einen Ermessensfehler oder ein Abwägungsdefizit provozieren, wenn sie sich an ausgehandelte Kompromisse gebunden fühle, stellt Würtenberger ua Überlegungen zur Fortentwicklung der Rechtsstaatsprinzip orientierten Entscheidungslehre für die öffentliche Verwaltung hin zu einer demokratischen Ermessens- und Entscheidungs1570 Würtenberger, Akzeptanz 146. 1571 Die zur Entscheidung berufene Behörde sei deshalb auch gut beraten, wenn all jene Fachbehörden in den Aushandlungsprozess einbezogen werden, die Interessen des Gemeinwohls vertreten, die letztlich in der Entscheidung zu berücksichtigen seien; so Würtenberger, Akzeptanz 148. 1572 Würtenberger, Akzeptanz 146 f; weiters ders, in: Pichler (Hg), Rechtsakzeptanz 288. 1573 Würtenberger, Akzeptanz 147 f.
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lehre gegenüber. Diese definiere die Akzeptanz von Verwaltungsentscheidungen als einen unter mehreren entscheidungsleitenden Gesichtspunkten, wobei die Akzeptanz wiederum dem rechtsstaatlichen Entscheidungsziel Rechtmäßigkeit der Verwaltungsentscheidung nachgeordnet bleibe, jedoch neben den anderen gleichberechtigt stehe. Die Akzeptanz wirke demnach auch nicht ermessensreduzierend, sondern sei nur einer der Gesichtspunkte, den die Behörde bei ihrer Ermessensentscheidung bzw in ihrem Abwägungsvorgang einzubeziehen habe1574. Den Bedenken gegen eine zu weitgehende Bindung der Behörde an ausgehandelte Konsense und der dadurch bedingten Beschneidung von Kontroll- und Weisungsrechten sowie der Beschränkung parlamentarischer Verantwortlichkeit der Verwaltung begegnet Würtenberger einerseits damit, dass in seinem Modell die Verwaltung jedenfalls für die Rechtmäßigkeit der Entscheidung, die sie zu treffen habe, verantwortlich bleibe und dass anderseits eine Beschränkung der Kontrolle von Entscheidungen und Maßnahmen dezentraler Einrichtungen auf ihre Rechtmäßigkeit mit den Kontrollmechanismen in einer parlamentarischen Demokratie in Einklang stehe. Das Aushandeln und die Konfliktmittlung sei außerdem keine Angelegenheit allein des gesellschaftlichen Bereichs, in dem der Verwaltung bloß verfahrensleitende und kontrollierende Funktionen zukomme. Vielmehr werden alle von der Entscheidung betroffenen Behörden in den Aushandlungsvorgang einbezogen, sodass die vielfältigen Belange des Gemeinwohls hinreichend Gehör finden1575. Würtenberger beschließt seine Überlegungen – freilich eingedenk der rechtsstaatlichen Bindung der Verwaltung – letztendlich mit der Frage, ob bei Akzeptanz einer Entscheidung eine „weitergehende Lösung von rechtlichen Vorgaben statthaft“ sei, also Konflikte zwischen rechtsstaatlicher Bindung und Entfaltung lokaler bzw regionaler Autonomie nicht in „kompromisshafter Weise“ aufgelöst werden können? Würtenberger greift dabei – wie er selbst ausführt – auf die diskursethischen Begründungen des Demokratieprinzips und die neueren Strömungen der Wahrheitstheorie zurück. Die diskursive Entwicklung von Verwaltungsentscheidungen solle dazu führen, dass alle betroffenen Behörden und BürgerInnen aufgrund ihrer Teilnahme am rationalen Diskurs diese für richtig oder zumindest für vertretbar halten können. Eine solche diskursive Begründung sei naheliegend, wenn es Prinzipien und Interessen zu gewichten und gegeneinander abzuwägen gelte1576. Dies könne aber nur im Hinblick auf die Interessen der Verfahrensbeteiligten und die jeweiligen örtlichen und zeitlichen Verhältnisse 1574 So eben Würtenberger, Akzeptanz 153 ff. 1575 Würtenberger, Akzeptanz 157 f. 1576 Würtenberger, Akzeptanz 152 f.
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erfolgen. Die Gewährung von Spielräumen bei der Gewichtung der Prinzipien und Interessen sowie bei der Abwägung führe schließlich zur Optimierung lokaler Autonomie1577. Ein solches Vorgehen könne wiederum „gewisse Verluste“ an rechtsstaatlicher Bindung ausgleichen. Aus staatstheoretischer Sicht gehe es hier um eine Optimierung der Prinzipien des Rechtsstaats und der demokratischen Dezentralisation. Bei bloß lokal und regional geltendem Recht lasse sich – so Würtenberger – darüber diskutieren, ob der Konsens der Betroffenen und der das öffentliche Interesse repräsentierenden Behörden als autonome Rechtskonkretisierung – und dies wohl aufgrund eines erweiterten Verständnisses der Legitimation1578 – ebenbürtig der Rechtskonkretisierung und rechtlichen Gestaltung durch die Organe kommunaler Selbstverantwortung zur Seite treten könne1579. Als weitere Folge der Ausgestaltung des Verwaltungsverfahrens zu einem sachgerechten Optimierungsverfahren nimmt Würtenberger an, dass es sodann für den verwaltungsgerichtlichen Schutz genüge, wenn die nach wie vor umstrittenen Punkte in einem diskursiven Gerichtsverfahren mit den Verfahrensbeteiligten am Maßstab einer Plausibilitäts- und Willkürkontrolle nachgearbeitet werden. Eine verwaltungsgerichtliche Überprüfung der Entscheidungsrichtigkeit erübrige sich1580. O. Einzelfragen zur Einigung und Implementation der Verhandlungsergebnisse
Wie bei meist jeder anderen Übereinkunft auch ist es Ziel eines Mediationsverfahrens, dass sich einerseits die Beteiligten an die im Verhandlungsweg erarbeiteten Vereinbarungen gebunden fühlen und andererseits die erzielten Ergebnisse tatsächlich umgesetzt werden (können). Damit ist aber freilich noch nichts darüber ausgesagt, ob und wenn ja, welche weiteren konkreten Schritte, in welcher Rechtsform, es hiefür bedarf. Sehr wohl wurde aber bereits oben festgehalten, dass hier von einer Strukturdifferenz zum herkömmlichen Verständnis der Mediation im privatrechtlichen Kontext auszugehen ist, da anders als im Privatrecht die in der Mediation im öffentlichen Bereich ausgehandelten Vereinbarungen in der Regel nicht als Ergebnisse einer freien vertraglichen Vereinbarung unmittelbar wirksam wer1577 Würtenberger, in: VVDStRL 58, 168. 1578 „Im Idealfall werden Verwaltungsentscheidungen durch Elemente der repräsentativen wie auch der partizipativen Demokratie legitimiert, dh durch eine Verantwortungsteilung zwischen Staat und gesellschaftlichem Bereich.“ So Würtenberger, in: VVDStRL 58, 175. 1579 Würtenberger, in: Ferz/Pichler (Hg), Mediation 47 f. 1580 Würtenberger, in: VVDStRL 58, 169 f und 277.
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den1581. Gemeint ist damit, dass – soweit hiedurch öffentlich-rechtliche Belange tangiert werden – ein entsprechender Umsetzungsprozess erforderlich ist, bei dem die Ergebnisse der Mediation in das gesetzlich vorgesehene Verwaltungsverfahren, zB in ein Genehmigungs- oder Planfeststellungsverfahren, eingeführt und durch Verwaltungsakt oder auch durch Normsetzung mit rechtlicher Wirksamkeit ausgestattet werden1582. Dennoch bleiben – soweit faktische Bindungswirkungen infolge der getroffenen Absprachen1583 von den Verhandlungsparteien als nicht ausreichend betrachtet werden1584 – als typische Umsetzungsinstrumente für (Teil-)Inhalte der Media1581 Hinsichtlich des Bauleitplanverfahrens nachdrücklich Köster, Privatisierung 144 f; siehe auch Rüssel, Mediation 146. 1582 Vgl insbesondere 2.IV.N. Zur Planfeststellung siehe die Entscheidung des VGH Kassel vom 21.8.2009 – 11 C 227/08.T, 11 C 312/08.T, 11 C 321/08.T, 11 C 329/08.T, 11 C 336/08.T, 11 C 359/08.T, 11 C 499/08.T, 11 C 509/08.T (= NJOZ 2010, 355) zum Planfeststellungsverfahren zum Ausbau des Flughafens Frankfurt/Main, wonach das Ergebnis des Mediationsverfahrens mit geringen Abstrichen Eingang in die LEP-Änderung 2007 gefunden habe und dadurch über die Bedeutung eines schlichten abwägungserheblichen Belangs hinaus die Funktion einer planerischen Abwägung steuernden Gewichtungsvorgabe erlangt habe. Die Rechtsfolge ergebe sich aber nicht aus dem Mediationsverfahren, sondern aus der in der Gestalt einer Rechtsnorm erlassenen LEP-Änderung 2007. Krit hiezu Rudolf Steinberg, Das Nachtflugverbot im Urteil des VGH Kassel zum Flughafen Frankfurt a.M., NVwZ 2010, 277. 1583 Siehe hiezu bereits 2.II.B.4. 1584 Als Gründe, die gegen eine vertragliche Verankerung sprechen könnten, nennen etwa Hoffmann-Riem, Konfliktmittler 61, die Entlastung des Konsenses von rechtstechnischen Details oder Formalitäten und Rüssel, Mediation 144 f, die Einschränkung der Flexibilität von Mediationsverfahren aufgrund der engen Voraussetzungen der §§ 54 ff VwVfG sowie das Ziel eines Mediationsverfahrens, gerichtliche Streitigkeiten zu vermeiden. Letzterem Gedanken würde es zuwiderlaufen, müsste beim Abschluss einer Mediationsvereinbarung auf deren Gerichtsfestigkeit geachtet werden. Deshalb solle das Ergebnis in der Regel nicht einklagbar sein. Grundsätzlich ist anzumerken, dass es ausschließlich den selbstverantwortlich agierenden Mediationsbeteiligten – vorbehaltlich des rechtlich Möglichen – überlassen ist, in welcher Form sie das von ihnen erarbeitete Ergebnis festhalten wollen. Das Argument aber, dass eine Vereinbarung nicht einklagbar sein solle, da es ansonsten nicht dem Gedanken der Mediation, gerichtliche Streitigkeiten vermeiden zu wollen, entspreche, kann nicht vollends überzeugen. Dies würde, konsequent weiter gedacht, nämlich vielmehr indizieren, dass jedes – auch in anderen Kontexten – vertraglich ausgestaltete Rechtsverhältnis bloß daraufhin ausgerichtet wäre, umgehend nach Vertragsabschluss mit allen erdenklichen Rechtsmitteln bekämpft zu werden. Auch das Argument, dass die Chancen, „eine wirksame [gemeint ist hier wohl eine von den Beteiligten schlussendlich eingehaltene] faktische, soziale (Vorab-)Bindung der Beteiligten an die Verhandlungsergebnisse zu erzielen“, erfahrungsgemäß gut seien (Rüssel, Medi-
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tionsvereinbarung der öffentlich-rechtliche sowie der privatrechtliche Vertrag und die Nebenbestimmungen zum Verwaltungsakt1585. 1. Privatrechtliche Vereinbarungen zwischen behördenunabhängigen AkteurInnen und AntragstellerInnen
Eine Möglichkeit zur rechtlichen Bindung der „privaten“ Betroffenen (AntragstellerIn, BürgerInnen, Umweltgruppen, Standortgemeinde usw) an die Verhandlungsergebnisse bieten zivilrechtliche Vereinbarungen, die in weiterer Folge ihre Rechtswirkungen entfalten und gegebenenfalls vorbereitend oder gar präjudizierend auf die behördliche Entscheidung wirken können. Solche Verträge können privatrechtlich einräumbare Leistungen wie etwa die Zusage der (zukünftigen) Projektträgerin bzw des Projektträgers zur Ausgestaltung oder gegebenenfalls Abänderung des Projektantrags iS der Verhandlungsergebnisse, zum Einbau von zusätzlichen Filteranlagen oder zur Leistung kompensatorischer Art zB in Form von Geld zum Gegenstand haben1586. Für die Bereitschaft zur Abänderung des Vorhabenprojekts oder zu kompensatorischen Leistungen bietet sich quasi als Gegenleistung der Einwendungs- oder Klageverzicht der vom Vorhaben nachteilig Betroffenen an1587. Dass ein Rechtsbehelfsverzicht grundsätzlich wirksam erklärt werden kann, ist jedenfalls aus der Sicht des BVerfG unstreitig1588. Fraglich ist jedoch, ob eine vertragliche Vereinbarung mit dem zuvor angedeuteten Inhalt nicht einen Verstoß gegen § 138 Art Abs 1 und 2 BGB und darüber hinaus gegen 19 Abs 4 GG mit den Folgen der Nichtigkeit des Vertrages nach § 134 ation 145), stützt in diesem Zusammenhang die vorangestellte Aussage nicht. Abgesehen davon, dass der grundsätzliche Bindungswille nicht die darüber hinausgehende Absicherung des Ergebnisses durch vertragliche Ausgestaltung ausschließt, ist im Einzelfall einmal mehr danach zu fragen, was denn das eigentliche Bedürfnis der Mediationsparteien ist. Nur darauf kommt es zuvorderst an. Schließlich ist zu bedenken, dass ein Vertrag nicht nur Rechtsfolgen auslöst, die freilich mitunter gerichtlich angegriffen werden, sondern den Betroffenen auch (Rechts-)Sicherheit gibt; Sicherheit, die wiederum den Mediationsprozess als solchen stützt und fördert. 1585 Hoffmann-Riem, Konfliktmittler 60; Holznagel, Konfliktlösung 217; Stumpf, Streitbeilegung 291; Holznagel/Ramsauer, in: Haft/Schlieffen (Hg), Handbuch2 Rz 36. 1586 Hoffmann-Riem, Konfliktmittler 61 f und vor allem im Hinblick auf Kompensationsleistungen durch den Staat 69 ff. Zur Ausgestaltung und Rechtsnatur des Umsetzungsvertrags Holznagel, Konfliktlösung 230 f. 1587 Vgl Härtel, JZ 2005, 756; Holznagel/Ramsauer, in: Haft/Schlieffen (Hg), Handbuch2 Rz 42. 1588 BVerfGE 9, 194 [199]. Siehe auch Gerhard Robbers, Der Grundrechtsverzicht. Zum Grundsatz „volenti non fit iniuria“ im Verfassungsrecht, JuS 1985, 930.
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BGB befürchten lässt. Diese möglichen Schranken der Wirksamkeit werden in dem hier zu prüfenden Zusammenhang – soweit überblickbar – im Schrifttum allerdings verneint1589. Wesentlich für diesen Meinungsstand ist ein Erkenntnis des BGHZ aus dem Jahr 1980, das sich mit der Frage der Wirksamkeit von Verträgen auseinander zu setzen hatte, durch die betroffene AnwohnerInnen sich verpflichteten, ihren Widerspruch gegen die nach dem BImSchG erteilte Genehmigung einer gewerblichen Anlage gegen Zahlung eines Entgelts zurückzunehmen1590. Im Ergebnis nimmt der BGH an, dass ein solcher Vertrag weder gegen ein gesetzliches Verbot (§ 134 BGB) noch gegen die guten Sitten verstößt (§ 138 BGB). Den ersten Ausspruch begründet er damit, dass Art 19 Abs 4 GG den betroffenen BürgerInnen lediglich ein subjektives Recht zur Beschreitung des Rechtswegs einräume, sie aber diese nicht hiezu verpflichte. Es liege demnach im Rahmen der Dispositionsbefugnis der/des Einzelnen, ob sie/er Rechtsschutz in Anspruch nehmen will1591. Hinsichtlich der zu prüfenden Sittenwidrigkeit hält der BGH fest, dass weder der Tatbestand der Zwangslage1592 noch jener des Wuchers erfüllt seien (§ 138 Abs 2 BGB)1593. Schließlich verstoße auch die vertragliche Verknüpfung der Aufgabe möglicher Abwehransprüche mit den dadurch erworbenen Zahlungsansprüchen nicht gegen die guten Sitten (§ 138 Abs 1 BGB). Dies ua deshalb, als zum einen sich das Koppelungsverbot als Ausfluss der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung nicht auf privatrechtliche Verträge übertragen lasse. Außerdem verbiete – und damit zum anderen – der Charakter der geltend gemachten Abwehransprüche eine solche Verknüpfung nicht. Insbesondere die hier in Frage stehende verfassungsrechtliche Grundentscheidung der durch Art 2 Abs 2 Satz 1 GG geschützten individuellen Gesundheit bewirke keine Nichtigkeit. Es sei in dem vorliegenden Fall die Grenze, von der an die Preisgabe des individuellen Interesses an der eigenen körperlichen Unver1589 Vgl ua Hoffmann-Riem, Konfliktmittler 62 f; Brandt, in: Hoffmann-Riem/ Schmidt-Aßmann (Hg), Konfliktbewältigung II, 247; Holznagel, Konfliktlösung 232 ff; Rüssel, Mediation 140 f; Holznagel/Ramsauer, in: Haft/Schlieffen (Hg), Handbuch2 Rz 43. 1590 Siehe BGHZ 79, 131 ff. 1591 BGHZ 79, 131 [135]. Zustimmend Hans-Georg Knothe, Die Rücknahme von Widersprüchen gegen Errichtungsgenehmigungen von Kraftwerken gegen Entgelt – BGHZ 79, 131, JuS 1983, 19. 1592 „Aber auch im Übrigen erscheint es fraglich, ob allein die durch Einlegung eines Widerspruchs gegen eine Anlagengenehmigung geschaffene Lage ohne zusätzlich erschwerende Umstände als eine Zwangslage iS des § 138 Abs 2 BGB anzuerkennen wäre.“ BGHZ 79, 131 [138]. 1593 Siehe aber auch die Kritik zu einzelnen Punkten betreffend der Frage der Sittenwidrigkeit von Knothe, JuS 1983, 19 ff.
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sehrtheit im Austausch gegen eine Geldleistung zu missbilligen wäre, nicht überschritten1594. Aus eben Gesagtem wird also gefolgert, dass VorhabenträgerIn und behördenunabhängige MediationsteilnehmerInnen sich durch einen zwischen ihnen abgeschlossenen Umsetzungsvertrag an die Verhandlungsergebnisse binden können1595. Vor allem aber sei es den Betroffenen grundsätzlich erlaubt, ihre „Tauschmacht“ iS einer Rechtsschutzmöglichkeit einzusetzen1596. Außerdem stelle – so Hoffmann-Riem – die Einschaltung von KonfliktmittlerInnen eine mögliche Sicherung gegen den Abschluss sittenwidriger Verträge dar1597. Holznagel/Ramsauer halten schließlich einen Verstoß gegen die guten Sitten überhaupt für „schwer vorstellbar“, wenn der Aushandlungsprozess lege artis durchgeführt werde1598. 2. Modifizierung des Projektantrags
Mediationsvereinbarungen können uU Änderungen betreffend die ursprüngliche Vorhabenplanung bedingen. Erfolgt dabei die Einigung vor der eigentlichen Antragstellung, dann wird – sofern die Verwirklichung des Projekts eines Erlasses von Verwaltungsakten bedarf – der spätere Antrag infolgedessen wohl dem ausgehandelten Konsens entsprechen1599. Aber auch noch während eines Verwaltungsverfahrens sind in der Regel Antragsänderungen möglich1600, wenn auch – wie beispielsweise beim Planfeststellungs1594 BGHZ 79, 131 [141 f]. Siehe weiters Holznagel, Konfliktlösung 233 f; Rolf Sack, § 138 BGB, in: Julius von Staudinger (Begr), BGB. Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch mit Einführungsgesetz und Nebengesetzen I (Stand 2003) Rz 480. 1595 Holznagel, Konfliktlösung 237. 1596 Hoffmann-Riem, Konfliktmittler 62. 1597 Hoffmann-Riem, Konfliktmittler 63 und 71 f, wobei seiner Meinung nach die VerfahrensmittlerInnen auch darüber zu wachen haben, dass Verhandlungsmacht nicht dazu missbraucht werde, den Schutz von Allgemeininteressen für individuelle, persönliche Vorteile zu opfern. Hoffmann-Riem führt hiezu jedoch nicht näher aus, wie ein „Überwachen“ ausgestaltet sein soll bzw welche Konsequenzen für die Tätigkeit der VerfahrensmittlerInnen daran zu knüpfen sind. Aus Sicht der Mediation ist eine solche Forderung jedenfalls nicht unproblematisch. In dem hier verfolgten Verständnis haben sich MediatorInnen neutral gegenüber den Konfliktbetroffenen und dem Konfliktgegenstand zu verhalten, dies muss mE aber auch hinsichtlich der Interessen der Allgemeinheit gelten, da ihnen ansonsten eine mit ihren Aufgaben nicht zu vereinbarende Kuratorenrolle auferlegt werden würde. 1598 Holznagel/Ramsauer, in: Haft/Schlieffen (Hg), Handbuch2 Rz 43 sowie Rüssel, Mediation 140. 1599 Siehe etwa Rüssel, Mediation 157. 1600 Weiterführend Kopp/Ramsauer, VwVfG12 § 22 Rz 59 ff.
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verfahren (§ 73 Abs 8 VwVfG) – gegebenenfalls ergänzende Verfahrensschritte zu setzen sind1601. Letztlich stehen selbst die Regelungen zur Rücknahme eines Antrags, etwa infolge des Abstandnehmens vom Projekt1602, den Gestaltungsmöglichkeiten im Rahmen eines Mediationsverfahrens nicht entgegen1603. Modifizierungen des Antrags sind jedoch nicht in jedem Fall notwendig, um den vereinbarten Ergebnissen Rechnung zu tragen. Eine Möglichkeit hiefür stellt der Erlass von zweckmäßigen Nebenbestimmungen dar. Ist im Rahmen des Mediationsverfahrens etwa eine hinreichend konkretisierte Einigung darüber erzielt worden, mit welchen Maßnahmen Emissionen reduziert oder beseitigt und mittels eines gemeinsam ausgearbeiteten Messprogramms überwacht werden sollen oder nach der Zu- und Abfahrt zu einer Anlage nur über eine bestimmte Straße erfolgen darf, kann die/der VorhabenträgerIn hieran durch den Erlass einer entsprechenden Auflage, als öffentlich-rechtliche Verpflichtung zu einem Tun, Dulden oder Unterlassens1604, gebunden werden1605. Dabei sind allerdings die einschlägigen Regelungen über den Erlass von Nebenbestimmungen zu beachten1606, denn ein Verwaltungsakt, auf den ein Anspruch besteht, darf mit einer Nebenbestimmung nur versehen werden, wenn sie durch Rechtsvorschrift zugelassen ist oder wenn sie sicherstellen soll, dass die gesetzlichen Voraussetzungen des Verwaltungsakts erfüllt werden (§ 36 VwVfG). Eine solche, normativ bedingt unterschiedliche Vorgehensweise wird an den Beispielen des immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahrens und jenem der Planungsentscheidung sichtbar1607. Gem § 12 Abs 1 BImSchG dürfen Auflagen nur erlassen werden, wenn sie im konkreten Fall jeweils geeignet, erforderlich und angemessen sind, um die Erfüllung der Voraussetzungen der Genehmigung sicherzustellen1608. Der Behörde verbleibt 1601 Vgl Kopp/Ramsauer, VwVfG12 § 73 Rz 115 ff; weiters Brandt, in: HoffmannRiem/Schmidt-Aßmann (Hg), Konfliktbewältigung II, 251; Holznagel/ Ramsauer, in: Haft/Schlieffen (Hg), Handbuch2 Rz 76. 1602 Zur sogenannten Nullvariante Hellriegel, Mediation 219. 1603 Eine solche ist grundsätzlich zulässig; siehe Kopp/Ramsauer, VwVfG12 § 22 Rz 65. 1604 Als Nebenbestimmung denkbar wäre hiebei zB auch eine Bedingung. Zur Abgrenzung von Bedingung und Auflage siehe Ulrich Stelkens, § 36, in: Paul Stelkens et al (Hg), Verwaltungsverfahrensgesetz. Kommentar7 (2008) Rz 70 ff und 82 ff. 1605 Im gegebenen Zusammenhang Brandt, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann (Hg), Konfliktbewältigung II, 252 ff. 1606 Vgl Stumpf, Streitbeilegung 294; Holznagel/Ramsauer, in: Haft/Schlieffen (Hg), Handbuch2 Rz 37. 1607 Holznagel/Ramsauer, in: Haft/Schlieffen (Hg), Handbuch2 Rz 67. 1608 Ludger Giesberts, § 12 BImSchG, in: Ludger Giesberts/Michael Reinhardt (Hg), Umweltrecht. Beck´scher Online-Kommentar (2012) Rz 11 und 18; auch Gerhard Feldhaus, Bundes-Immissionsschutzgesetz (2012) § 12 Rz 1.
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hiebei nur ein Auswahlermessen zwischen den konkret möglichen Auflagen, wodurch der Gestaltungsspielraum stark eingeschränkt erscheint1609. Strittig ist, inwieweit im ausdrücklichen Einverständnis mit der/dem AntragstellerIn Nebenbestimmungen festgesetzt werden können. Ramsauer schließt dies im Zusammenhang mit § 36 Abs 2 VwVfG aus. Es müsse die Behörde auch dann über die Beifügung von Nebenbestimmungen nach pflichtgemäßem Ermessen entscheiden, wenn die/der AntragstellerIn sich mit weitergehenden Nebenbestimmungen einverstanden erklärt habe. Für die Ermessensausübung gelte, dass Nebenbestimmungen nur dann zulässig seien, wenn sie zum Hauptverwaltungsakt in einem sachlichen und angemessenen Zusammenhang stehen, insbesondere dazu dienen, die Voraussetzungen für die Begünstigung zu schaffen und zu sichern1610. Des Weiteren verneint wohl auch Giesberts die Möglichkeit, dass im immissionsschutzrechtlichen Verfahren Nebenbestimmungen, die über die Grenzen des § 12 BImSchG hinausreichen, vereinbart werden können. Daran ändere auch ein solcher öffentlich-rechtlicher Vertrag nichts, worin Anforderungen im Immissionsschutzrecht vereinbart werden. Der strikt abschließende Charakter des § 12 BImSchG sei zum Schutz der Antragstellerin bzw des Antragstellers zu befürworten1611. Demgegenüber verbleibt im Planungsverfahren nach § 74 Abs 2 Satz 2 VwVfG der Planfeststellungsbehörde bei Auferlegung von Schutzvorkehrungen und Anlagen insoweit ein größerer Freiraum, als ihr dabei erlaubt ist, mit Hilfe der Auferlegung von Schutzvorkehrungen zwischen widerstreitenden Interessen der Vorhabenträgerin bzw des Vorhabenträgers, der Betroffenen und den öffentlichen Interessen zu einem Ausgleich zu gelangen. Damit ist die rechtliche Grundlage gegeben, das Ziel einer umfassenden und gerechten planerischen Interessenabwägung zu erreichen1612. Zu beachten 1609 Siehe Giesberts, in: Giesberts/Reinhardt (Hg), § 12 BImSchG Rz 14 und 18; Jarass, BImschG9 § 12 Rz 24. 1610 Kopp/Ramsauer, VwVfG12 § 36 Rz 49. 1611 Giesberts, in: Giesberts/Reinhardt (Hg), § 12 BImSchG Rz 10.2; aA Jarass, BImschG9 § 12 Rz 2, der zwar auch von einer abschließenden Regelung der Nebenbestimmungen zu einer Genehmigung ausgeht und demnach das Vorsehen von Nebenbestimmungen im Einverständnis mit der/dem AntragstellerIn nur für zulässig erachtet, soweit § 12 BImSchG dies vorsehe. Jedoch hält er – in Anlehnung an die BVerwGE 84, 236 [241 f] = NVwZ 1990, 665 (Verfolgung von Immissionsschutz durch öffentlich-rechtlichen Vertrag) – die Vereinbarung strengerer Vorgaben in einem „eigenen“ Vertrag zwischen erkennender Behörde und AntragstellerIn für möglich. Siehe hiezu auch oben 2.III.B.1. 1612 Heinz Joachim Bonk/Werner Neumann, § 74, in: Paul Stelkens et al (Hg), Verwaltungsverfahrensgesetz. Kommentar7 (2008) Rz 54 und 167. Die Entscheidung über die Notwendigkeit von Schutzauflagen und -vorkehrungen gem § 74 Abs 2 Satz 2 leg cit sei – so Kopp/Ramsauer, VwVfG12 § 74 Rz 114 – nicht Ge-
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bleibt jedoch, dass Voraussetzungen für die Anordnung von Schutzvorkehrungen und Anlagen der erforderliche Schutz des Gemeinwohls und die Vermeidung von nachteiligen, nicht mehr zumutbaren Wirkungen auf Rechte anderer sind1613. Schließlich soll nicht unerwähnt bleiben, dass nach Maßgabe des § 74 Abs 2 Satz 3 VwVfG ein primärer Anspruch auf technisch-reale Schutzvorkehrungen durch einen Anspruch auf angemessene Entschädigung in Geld für den Fall ersetzt werden kann1614, dass die Vorkehrungen und Anlagen nach Satz 2 untunlich oder mit dem Vorhaben unvereinbar sind und die Behörde trotz der unzumutbaren Beeinträchtigungen durch das Vorhaben nach einer sachgerechten Planabwägung dennoch den Plan feststellt1615. Zu einem anderen Ergebnis gelangt aber Würtenberger. Seines Erachtens seien solche Aushandlungen und Kompromisse vorstellbar und zulässig, die belastende Auflagen oder Kompensationen zum Gegenstand haben, die zwar rechtlich nicht vorgesehen sind, jedoch von den AntragstellerInnen deshalb in Kauf genommen werden, um ihrerseits Akzeptanz für das in Frage stehende Projekt zu finden und so von einer rasch eintretenden Bestandskraft der Genehmigung ökonomisch profitieren zu können. Würtenberger greift bei derartigen Tauschverfahren auf Überlegungen hinsichtlich des Bereichs der „einvernehmlichen Gesetzesanwendung“ und einen Randbereich der „legalen Lösung vom Gesetzmäßigkeitsprinzip“ zurück1616, wenn die AntragstellerInnen von verzichtbaren Rechtspositionen freiwillig abrücken und eine Entscheidung getroffen werde, die einseitig getroffen unrechtmäßig wäre. Die Einwilligung der BetreiberInnen bzw der AntragstellerInnen gestatte es der Behörde, Betreiber schützende Regelungen nicht anwenden zu müssen; dies nicht zuletzt deshalb, da es zur grundrechtlichen Freiheit gehöre, von den einfachgesetzlichen freiheitsschützenden Vorschriften keinen Gebrauch zu machen1617. genstand der Abwägung, sondern dieser vorgelagert und insoweit von der Festlegung von Schutzvorkehrungen im Rahmen der planerischen Abwägung zum Schutz bzw zum Ausgleich abwägungserheblicher Belange zu unterscheiden. 1613 Kopp/Ramsauer, VwVfG12 § 74 Rz 104 ff. Während übrigens die Ermittlung der Zumutbarkeitsgrenze keine Entscheidung planerischer Gestaltungsfreiheit, sondern die Auslegung eines unbestimmten Rechtsbegriffs darstellt, ist die Frage der Ausführung der Schutzvorkehrungen wiederum planerischer Art. Erstere ist somit gerichtlich überprüfbar, die Auswahl der konkreten Schutzmaßnahmen hingegen nicht; siehe hiezu Wahl/Dreier, NVwZ 1999, 619 f. 1614 Wahl/Dreier, NVwZ 1999, 620. 1615 Bonk/Neumann, in: Stelkens et al (Hg), VwVfG7 § 74 Rz 188 ff. 1616 Siehe hiezu auch Schmidt-Aßmann, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann (Hg), Konfliktbewältigung II 16. 1617 Würtenberger, Akzeptanz 149 f; siehe auch ders, in: Ferz/Pichler (Hg), Media tion 47.
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3. Verwaltungsvertragsrechtliche Ausgestaltung des Mediationsergebnisses – Austausch- und Vergleichsverträge
Wie bereits mehrfach dargelegt sind Verwaltungsverträge zwischen Behörde1618 und BürgerInnen zur Regelung von Verhandlungsbeziehungen weder rechtlich unzulässig noch prinzipiell untauglich, sondern gerade bei komplexen, inhaltlich schwierigen Regelungsgegenständen flexibilitätsfördernd. Bei aller Flexibilitätsdiskussion bleibt jedoch zu beachten, dass anders als bei Verträgen unter Privaten die Verwaltungspraxis bei Abschluss und inhaltlicher Ausgestaltung von Verwaltungsverträgen zum Teil engen normativen Rahmenbedingungen unterliegt. Insbesondere der durchgängigen Gesetzesbindung der Verwaltung und der Zweckbindung der Verwaltungsverträge zur Wahrnehmung von Staatsaufgaben ist hiebei in jedem Fall Rechnung zu tragen1619. Wird nun eine vertragliche Verankerung des Mediationsergebnisses zwischen Behörde und VorhabenträgerIn grundsätzlich in Betracht gezogen, bleibt mehrerlei zu berücksichtigen: Zu bedenken ist etwa, dass ein Verwaltungsvertrag in aller Regel nicht das vom Gesetz vorausgesetzte Verwaltungshandeln wie zB den Erlass einer Anlagengenehmigung oder eines Planfeststellungsbeschlusses ersetzen kann1620. So bezweifelt auch Brandt, dass die Rechtswirkungen einer auf dem Immissionsschutzrecht basierenden Anlagengenehmigung oder eines Planfeststellungsbeschlusses durch einen verwaltungsrechtlichen Verpflichtungs- oder Verfügungsvertrag herbeigeführt werden können; dies selbst dann, wenn zuvor ein Mediationsverfahren in Übereinstimmung mit den entsprechenden Verfahrensvorschriften (zB § 73 VwVfG) durchgeführt worden wäre. Einerseits wäre die rechtliche Zulässigkeit einer vertraglichen Verpflichtung der Behörde zum Erlass einer mit der/dem VorhabenträgerIn ausgehandelten Planungsentscheidung wegen ihrer abwägungsdeterminierenden Wirkung zweifelhaft1621 und andererseits stehen die speziellen Formvorschriften der gegenständlichen Gesetze einer verwaltungsvertraglichen Regelung entgegen1622. Nur so könne aber 1618 Genauer gesagt mit dem mit Rechtsfähigkeit ausgestattetem Verwaltungsträger wie Bund, Bundesland, Gemeinde etc; siehe Schlette, Verwaltung 438 f mwN. 1619 Vgl etwa Krebs, in: VVDStRL 52, 256 f; Bauer, in: Hoffmann-Riem/SchmidtAßmann (Hg), Innovation 254 f; Maurer, Verwaltungsrecht18 § 14 Rz 24 f. 1620 Hoffmann-Riem, Konfliktmittler 61. 1621 So auch Holznagel, Konfliktlösung 213 f. 1622 Zur Frage, ob baurechtliche oder gewerberechtliche Genehmigungen durch Verwaltungsvertrag ausgesprochen werden können, siehe ua Maurer, Verwaltungsrecht18 § 14 Rz 27, der es nicht für gänzlich ausgeschlossen hält, eine Baubefugnis in Form eines Verwaltungsvertrags einzuräumen. Auch sei es möglich, dass eine Bauerlaubnis im Rahmen eines Verwaltungsvertrags ausgesprochen werde, aber rechtlich als selbständiger Verwaltungsakt zu werten sei. Die Vertragsurkunde
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letztlich gewährleistet werden, dass die Genehmigung den materiell-rechtlichen Anforderungen der jeweiligen Gesetze entspreche1623. Aus Gründen der mangelnden Praktikabilität werde es darüber hinaus mitunter schwierig, die insbesondere als Folge des Schutzes Dritter und anderer Behörden1624 gem § 58 Abs 1 VwVfG geforderte schriftliche Zustimmung für den verwaltungsrechtlichen Vertrag von allen in ihren Rechten betroffenen Dritten zu bekommen1625. enthalte sodann neben den eigentlichen vertraglichen Regelungen eine rein äußerlich damit verbundene behördliche Erklärung, die den Charakter eines Verwaltungsakts habe. So auch Kaltenborn, Streitvermeidung 156, demzufolge jedoch zu gewährleisten sei, dass die Verfahrensvorkehrungen (zB Anhörung, Begründung der Verwaltungsmaßnahme), die in den jeweiligen Fachgesetzen regelmäßig auf den Verwaltungsakt zugeschnitten seien, eine ausreichende Berücksichtigung bei den Vertragsverhandlungen bzw im Vertragstext finden. 1623 Brandt, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann (Hg), Konfliktbewältigung II, 245 f; Holznagel, Konfliktlösung 213, hält etwa die Erteilung eines Planfeststellungsbeschlusses durch einen Verfügungsvertrag, wonach die/der VorhabenträgerIn ihre/seine Leistungen von einer in dem Vertrag erteilten Planfeststellung abhängig macht, von vornherein für unwirksam, da § 74 Abs 1 VwVfG für die Planfeststellung als Handlungsform der Verwaltung ausschließlich den Verwaltungsakt vorsehe. Auch Bonk, in: Stelkens et al (Hg), VwVfG7 § 62 Rz 19 und nochmals Heinz Joachim Bonk/Werner Neumann, § 72, in: Paul Stelkens et al (Hg), Verwaltungsverfahrensgesetz. Kommentar7 (2008) Rz 120, gehen davon aus, dass durch einen öffentlich-rechtlichen Vertrag oder Mediation nicht auf ein gesetzlich angeordnetes Planfeststellungsverfahren verzichtet werden könne. Sie halten es jedoch für zulässig, dass über konkrete, einzelfallbezogene Teilaspekte und Ansprüche einzelner Beteiligter, Betroffener oder Behörden Vergleichsverträge abgeschlossen werden; so auch Kaltenborn, Streitvermeidung 156 f. Ebenso verneint Hell riegel, Mediation 228, für den Bereich des Umweltrechts ein generelles Vertragsformverbot, schränkt aber ein, dass der Verwaltungsvertrag grundsätzlich nur verpflichtende Wirkungen entfalten und nicht die Vorhabensgenehmigung oder den Planfeststellungsbeschluss und in keinem Fall das förmliche Verwaltungsverfahren ersetzen könne. Dennoch sei, Hellriegel, Mediation 230 f, in Anlehnung an die vom BVerwG getroffene Entscheidung hinsichtlich der Ausnahmen vom Abwägungsverbot, BVerwGE 45, 309 ff, eine (Vorab-)Bindung der Verwaltung in einem im Rahmen von Planfeststellungsverfahren erzielten öffentlich-rechtlichen Mediationsvertrag (= im hier verwendeten Verständnis Mediationsvereinbarung) zulässig. Er hält eine Differenzierung zwischen rechtlichen und tatsächlichen Bindungen für „nicht stimmig“; maßgeblich sei allein die Verlagerung der Entscheidung als solche, weshalb hier die Art und Weise bzw die rechtliche Einordnung der Vorabfestlegung irrelevant sei. Siehe hiezu auch oben 2.IV.N.1.a). 1624 Siehe hiezu etwa Krebs, in: VVDStRL 52, 261 f; Bonk, in: Stelkens et al (Hg), VwVfG7 § 54 Rz 30 sowie § 58 Rz 1 ff. 1625 Brandt, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann (Hg), Konfliktbewältigung II, 246; Holznagel, Konfliktlösung 214; Hellriegel, Mediation 232 f; Kaltenborn,
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Nichtsdestotrotz erscheint es nicht ausgeschlossen, dass sich AntragstellerInnen und Behörde vertraglich dahingehend verpflichten können, die von ihnen im Mediationsverfahren ausgehandelten Inhalte zu erfüllen. Angesichts der zuvor festgestellten Beschränkungen bei der hoheitlichen Umsetzung von Verhandlungsergebnissen durch die Anordnung von Auflagen könne in dieser Form der Verwaltung – nach Meinung von Holznagel/ Ramsauer – etwa eine Verteilerrolle zugeschrieben werden, wonach sie die von den VorhabenträgerInnen versprochenen (Gegen-)Leistungen an die begünstigten MediationsteilnehmerInnen weiterzuleiten habe. Da die im Mediationsverfahren getroffene Übereinkunft quasi als „Geschäftsgrundlage“ der späteren Verwaltungsentscheidung zu werten sei, müsse ein darauf basierender Umsetzungsvertrag – wohl iS eines Austauschvertrags – wegen der inhaltlich engen Verknüpfung zu hoheitlichen Befugnissen in der Regel dem öffentlichen Recht zugeordnet werden1626. Darüber hinaus eröffnet der Verwaltungsvertrag weitere Gestaltungschancen, die für die Absicherung von Mediationsergebnissen nutzbar gemacht werden können. So anerkennt das BVerwG etwa eine Übereinkunft als öffentlich-rechtlichen Vertrag, in dem ein Industrieunternehmen sich bei gleichzeitiger Zuerkennung einer gewerblichen Investitionsförderung durch die Gemeinde, auf die das Unternehmen keinen gesetzlichen Anspruch hat, freiwillig bereit erklärt hatte, den Immissionsschutz über das gesetzlich geforderte Mindestmaß hinaus zu gewährleisten. Einseitighoheitlich wäre diese Regelung jedenfalls nicht zu treffen gewesen, da sich die zuständige Behörde im Fall des Erlasses eines Verwaltungsakts an den immissionsschutzrechtlichen Vorgaben zu orientieren gehabt hätte1627. Dabei sind im Rahmen der Gesamtbetrachtung der zwischen den Vertragsparteien bestehenden Rechtsbeziehungen bei sonstiger Nichtigkeit – wie die eben zitierte gerichtliche Entscheidung deutlich macht – insbesondere die in §§ 56 Abs 1 iVm 59 Abs 2 VwVfG festgelegten Anforderungen an den Abschluss solcher öffentlich-rechtlicher Austauschverträge zu beStreitvermeidung 84 ff. Dem kann freilich entgegengehalten werden, dass gerade in dieser Frage das Mediationsverfahren die Voraussetzungen für eine breite Zustimmung schaffen kann. 1626 Holznagel/Ramsauer, in: Haft/Schlieffen (Hg), Handbuch2 Rz 38; siehe auch Holznagel, Konfliktlösung 219 ff und Rüssel, Mediation 158. 1627 BVerwGE 84, 236 [238 ff] = NVwZ 1990, 666 f. Siehe etwa auch Bauer, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann (Hg), Innovation 273; Helmut Roithmaier, Der gemeindliche Zwischenerwerb als Aufgabenerfüllungsvertrag – Gibt es eine Kompensation bei der Angemessenheitsprüfung?, NVwZ 2005, 56; Kaltenborn, Streitvermeidung 66 f.
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achten1628. So müssen zum einen die (Gegen-)Leistungen der AntragstellerInnen den gesamten Umständen nach in Folge des Verhältnismäßigkeitsprinzips angemessen sein, der Erfüllung der jeweiligen behördlichen Aufgaben dienen und für einen bestimmten Zweck vereinbart werden1629. Grenzen für einen Austauschvertrag setzt zum anderen das aus dem Rechtsstaatsprinzip folgende Koppelungsverbot (§§ 56 iVm 59 Abs 2 Zif 4 VwVfG), womit zum einen der Gefahr der Verbindung von Leistungen, die sachlich in keinem Zusammenhang zueinander stehen1630, insoweit entgegengewirkt werden soll, dass die Behörde ihre Machtstellung ausnützt und ihre Befugnisse ausdehnt, indem sie ihre hoheitlichen Maßnahmen von einer nach dem geltenden Recht nicht vorgesehenen und sachlich ungerechtfertigten, unangemessenen wirtschaftlichen oder sonstigen Gegenleistung der BürgerInnen abhängig macht1631. Zum anderen dient dieses Verbot dazu, einen Ausverkauf von Hoheitsrechten bzw eine Kommerzialisierung des Rechts zu vermeiden1632, durch den sich die Behörde möglicherweise zusätzliche Einnahmequellen erschließen und sich gar ungerechtfertigt bereichern kann1633. 1628 Kaltenborn, Streitvermeidung 80, spricht von „flexibilitätshemmenden Anforderungen des Verwaltungsrechts“. 1629 Holznagel, Konfliktlösung 221 f; Kopp/Ramsauer, VwVfG12 § 56 Rz 7 ff. 1630 Unter welchen Voraussetzungen der sachliche Zusammenhang zwischen Leistung und Gegenleistung zu bejahen sei, lasse sich kaum abstrakt-generell umschreiben oder gar festlegen. Entscheidend seien vielmehr Inhalt und Begleitumstände des konkreten Vertrags; so BVerwG 16.5.2000, 4 C 4/99 = NVwZ 2000, 1287. Allgemein Kopp/Ramsauer, VwVfG12 § 56 Rz 16 ff; Schlette, Verwaltung 480 ff. 1631 Zur Konkretisierung des sachlichen Zusammenhangs müsse letztlich das Fachgesetz herangezogen werden. Daraus folge erst der eigentliche Umfang des rechtlichen Rahmens vertraglichen Verwaltungshandelns; so Krebs, in: VVDStRL 52, 267. Ein mittelbarer sachlicher Zusammenhang zwischen behördlicher Leistung und Gegenleistung der BürgerInnen reiche aus. Die Gegenleistung müsse durch die fachgesetzlichen Zweckvorgaben gerechtfertigt sein; so Würtenberger, Akzeptanz 150 f. 1632 So vor allem Rudolf Steinberg, Kritik von Verhandlungslösungen, insbesondere von mittlerunterstützten Entscheidungen, in: Wolfgang Hoffmann-Riem/ Eberhard Schmidt-Aßmann (Hg), Konfliktbewältigung durch Verhandlung. Informelle und mittlerunterstützte Verhandlungen in Verwaltungsverfahren I (1990) 303; gegen eine pauschale Ablehnung Schulze-Fielitz, in: HoffmannRiem/Schmidt-Aßmann (Hg), Konfliktbewältigung II 83; siehe weiters Kopp/ Ramsauer, VwVfG12 § 59 Rz 28 f. 1633 Hiezu allgemein etwa Schlette, Verwaltung 478 ff; Peine, Verwaltungsrecht10 Rz 830 ff; aus der Mediationsliteratur zB Holznagel, Konfliktlösung 222 ff; Holznagel/Ramsauer, in: Haft/Schlieffen (Hg), Handbuch2 Rz 40; weiters Rüssel, Mediation 158. Zum Problem der Nichtigkeitsfolgen zB Schmitz, NVwZ 2000, 1241.
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Würtenberger stellt darüber hinaus vor dem Hintergrund eines möglichen Rechtsverzichts durch die AntragstellerInnen oder die BetreiberInnen, um so zur Akzeptanz der Entscheidung beizutragen, die Verfahrensgerechtigkeit als Leitidee und ein wichtiges Rechtmäßigkeitskriterium des öffentlich-rechtlichen Vertrags heraus. Dabei rückt er nicht die Behörde ins Blickfeld seiner Überlegungen, sondern vielmehr die EinwenderInnenseite. Schließlich sei ein solcher freiwilliger Verzicht nur statthaft, wenn er das Ergebnis eines gerechten und fairen Verfahrens sei. Der ausgehandelte Konsens müsse für alle Betroffenen in sachgerechter Weise zur Lösung des Konflikts beitragen, zumutbar sein und die öffentlichen Belange angemessen berücksichtigen1634. Garanten für ein fehlerfreies, sachadäquates Vorgehen sind nach Meinung von Holznagel/Ramsauer die MediatorInnen1635. Ein Verstoß gegen das Gebot der Angemessenheit der Gegenleistung könne demnach dann nicht eintreten, wenn die MediatorInnen – wie es gerade das Konsensverfahren auszeichnet – für einen fairen und offenen Aushandlungsprozess sorgen. Bei der Koppelung von Rechtsverhältnissen werde wiederum zu berücksichtigen sein, dass sie das Ergebnis eines lege artis durchgeführten Mediationsverfahrens sei, das eben zur Optimierung einer Konflikterledigung führen solle. Der Aspekt der Optimierungsfunktion der Koppelung werde wohl regelmäßig die vorgenommene sachliche Verknüpfung rechtfertigen, weshalb ein Verstoß unter diesen Umständen „wenig wahrscheinlich“ erscheine1636. Nicht auszuschließen ist – wie auch bereits ausgeführt1637 –, dass bei Ungewissheiten über Sachverhalt und Rechtslage ein Vergleichsvertrag gem
1634 Hiezu und hinsichtlich hilfreicher Kriterien zur Einschätzung der Verfahrensgerechtigkeit Würtenberger, Akzeptanz 160 f. Weiters Pünder, in: Erichsen/Ehlers (Hg), Verwaltungsrecht14 § 16 Rz 16. 1635 So schon eindringlich Hoffmann-Riem, Konfliktmittler 69. 1636 Zur Begründung siehe Holznagel, Konfliktlösung 228 ff; vgl weiters Holznagel/ Ramsauer, in: Haft/Schlieffen (Hg), Handbuch2 Rz 41 und Rüssel, Mediation 157 f. Siehe aber auch die Überlegungen von Hoffmann-Riem, Konfliktmittler 65 ff, zur Ermöglichung von (politischen) Verbundlösungen, also von der Verbindung von mehreren verschiedenen Projekten zu einem Gesamtpaket, im Hinblick auf das Koppelungsverbot. Weiters auch Kaltenborn, Streitvermeidung 83 f, der de lege ferenda eine Lockerung der Anforderungen dann für gerechtfertigt erachtet, wenn in die Vertragsverhandlungen neutrale KonfliktmittlerInnen einbezogen würden. Auf diese Weise könnte das Risiko des behördlichen Machtmissbrauchs „deutlich minimiert“ werden. 1637 Siehe oben 2.IV.
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§ 55 VwVfG1638 und bei entsprechender Leistung auch zugleich ein Austauschvertrag gem § 56 leg cit abgeschlossen werden kann1639. 4. Fragen zum Rechtsschutz a) Bei informellen Absprachen
Gerade vor dem Hintergrund, dass bei der Erzielung von Aushandlungserfolgen in multipolaren Interessenbeziehungen keine Garantie gegeben ist, der zu Folge alle Betroffenen einer gemeinsamen Erledigung des Konflikts zustimmen werden bzw sich an eine konsensual erzielte Vereinbarung binden lassen wollen, muss immer auch die Möglichkeit mit bedacht werden, dass sich Teile der Betroffenen weiterhin gegen das Vorhaben und die Umsetzung des Konsenses wenden1640. „Ausgehandelte“ Verwaltungsentscheidungen unterliegen dabei grundsätzlich den gleichen gerichtlichen Überprüfungsmaßstäben, wie „sonstige“ behördliche Akte, die ohne Bezug zu einem Verhandlungsverfahren ergangen sind. Demgegenüber gibt Hoffmann-Riem zu bedenken, ob nicht eine mittlergestützte Verhandlungslösung als Anlass dafür genommen werden könne, die gerichtliche Kontrollintensität gegenüber einer (weitgehend) konsenshaften Konflikterledigung anders zu bestimmen als gegenüber einer einseitig-hoheitlichen Entscheidung. Er schlägt vor, einen Verstoß gegen das Abwägungsverbot im Hinblick auf Belange von jenen Personen indiziell auszuschließen, die in den Konsens eingebunden seien. Die Indizwirkung des Konsenses könnte gegebenenfalls nur bei Vorliegen besonderer Umstände überwunden werden. Umgekehrt könnte jedoch eine intensivierte Abwägungskontrolle im Hinblick auf die in das Aushandlungsergebnis nicht eingebundenen Belange angezeigt sein1641. 1638 Würtenberger, Akzeptanz 158 f, hält hiebei zB in Situationen, in denen trotz umfassender Sachverhaltsaufklärung die Wirkungen von Emissionen einer Anlage streitig geblieben seien, einen Vergleich über Schutz- Kompensations- und Kontrollmaßnahmen für denkbar. Vertragsgegenstände können etwa eine dynamische Anpassung an den Stand der Technik, Festlegung von Einzugsgebieten oder Kapazitäten, Informationsrechte der BürgerInnen oder Schiedsklauseln sein. Siehe auch Stumpf, Streitbeilegung 293. 1639 So Kopp/Ramsauer, VwVfG12 § 55 Rz 8. 1640 Vgl Hoffmann-Riem, Konfliktmittler 63; Holznagel, Konfliktlösung 237 f. 1641 Hoffmann-Riem, Konfliktmittler 63 f. Eine Abänderung des gerichtlichen Kontrollumfangs würde nach Meinung von Holznagel, Konfliktlösung 238, nicht nur den Besonderheiten von ausgehandelten Verwaltungsentscheidungen Rechnung tragen, sondern zudem Anreiz für eine Teilnahme an solchen multipolaren Aushandlungsprozessen und für die praktische Umsetzung ihrer Resultate schaffen.
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Zu erinnern ist hier schließlich auch an die Ausführungen von Würtenberger, der – wie zuvor schon dargelegt – als weitere Folge der Ausgestaltung des Verwaltungsverfahrens zu einem sachgerechten Optimierungsverfahren annimmt, dass dem verwaltungsgerichtlichen Schutz Genüge getan sei, wenn die nach wie vor umstrittenen Punkte im diskursiven Gerichtsverfahren mit den Verfahrensbeteiligten am Maßstab einer Plausibilitäts- und Willkürkontrolle nachgearbeitet werden. Die Verfahrenskontrolle trete in den Vordergrund, die Inhaltskontrolle werde sekundär1642. b) Im Zuge von verwaltungsvertraglichen Bemühungen
Das VwVfG selbst enthält über das Vertragsrecht grundlegende, aber keine abschließenden Regelungen, sondern verweist in § 62 Satz 2 VwVfG vielmehr auf die entsprechende, modifizierte Anwendung der Vorschriften und Grundsätze des BGB. Folglich sind etwa die diesbezüglichen Bestimmungen über das Zustandekommen von Verträgen ebenso zu beachten wie allgemeine schuldrechtliche Regeln und die Grundsätze des BGB über die Erfüllung und über Leistungsstörungen1643. Daraus ergibt sich aber keine pauschale Übernahmeverpflichtung von Vorschriften des BGB. Ausdrücklich geregelte öffentlich-rechtliche Bestimmungen zum Vertragsrecht wie etwa über die Fehlerregelung des § 59 VwVfG sind demnach allein maßgeblich1644. Für Konflikte aus einem verwaltungsrechtlichen Vertrag wie eben Erfüllungs-, Ausgleichs- und Schadenersatzansprüche bis zur Vollstreckung aus einem Verwaltungsvertrag ist gemäß § 40 Abs 2 Satz 1 VwGO ausschließlich der Verwaltungsrechtsweg eröffnet1645. Ob für Ansprüche aus culpa in contrahendo, also aus der Anbahnung von Vertragsverhandlungen, und solchen, die im Sachzusammenhang mit einer Amtspflichtverletzung erhoben werden, ebenfalls die Verwaltungsgerichte zuständig sind, ist hingegen strittig1646.
1642 Würtenberger, in: VVDStRL 58, 169 f. 1643 Hiezu ua Max-Emanuel Geis, Die Schuldrechtsreform und das Verwaltungsrecht, NVwZ 2002, 386; Bonk, in: Stelkens et al (Hg), VwVfG7 § 62 Rz 22 ff; Maurer, Verwaltungsrecht18 § 14 Rz 52; Kopp/Ramsauer, VwVfG12 § 62 Rz 8 ff. 1644 Kopp/Ramsauer, VwVfG12 § 62 Rz 8. 1645 Bonk, in: Stelkens et al (Hg), VwVfG7 § 54 Rz 164; ders, in: Stelkens et al (Hg), VwVfG7 § 62 Rz 61. 1646 Bejahend Kopp/Ramsauer, VwVfG12 § 62 Rz 27; Maurer, Verwaltungsrecht18 § 14 Rz 57; für den Zivilrechtsweg etwa Ehlers, in: Schoch et al (Hg), VwGO § 40 Rz 544 f mwN; Würtenberger, Verwaltungsprozess3 Rz 185; differenzierend Bonk, in: Stelkens et al (Hg), VwVfG7 § 62 Rz 61. Zum Problem der „Rechtswegspaltung“ im Zusammenhang mit Amtshaftungsansprüchen Papier, in: Säcker/Rixecker (Hg), MüKo BGB V5, § 839 Rz 377 ff.
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5. Rechtsfolgen aufgrund der Hinzuziehung von MediatorInnen
Abgesehen davon, dass für das Zustandekommen von Verwaltungsverträgen und deren ordnungsgemäße Erfüllung die beteiligten BürgerInnen und Behörden selbst verantwortlich sind, stellt sich im vorliegenden Zusammenhang die weitergehende Frage, ob die Hinzuziehung von MediatorInnen gegebenenfalls zu beachtende Rechtsfolgen auslösen kann. Ein solcher Gedanke drängt sich zuvorderst nicht zwangsläufig auf, da KonfliktmittlerInnen hiebei gerade nicht als Vertragsparteien anzusehen sind. Demgegenüber darf aber keineswegs außer Acht gelassen werden, dass MediatorInnen einen nicht unmaßgeblichen Anteil am Zustandekommen des Mediationsergebnisses respektive des Verwaltungsvertrags haben können und ihr Wirken zumindest mittelbar Einfluss auf das Verhandlungsergebnis entfalten kann1647. Anhaltspunkte für eine Pflichtenverletzung ergeben sich vor allem aus dem Veranlassungsakt, aber auch aus den allgemeinen Grundsätzen für Rechts- und Vertragsverhältnisse. Dabei sind es insbesondere die fehlende Neutralität, der Verstoß gegen die Vertraulichkeitsverpflichtung und sonstige Sorgfaltspflichten wie eine unrichtige oder unvollständige Beratung, die mitunter für den Bestand des Vertrags soweit schädlich sein können, dass die Folgen der Nichtigkeit nach § 59 VwVfG eintreten, und/oder haftungsrechtliche Konsequenzen auslösen können. a) Fehlerregelung des § 59 VwVfG
Hellriegel etwa bejaht zum einen die Anfechtungsmöglichkeit mit Nichtigkeitsfolge nach §§ 59 Abs 1 VwVfG iVm 119 Abs 2, 142 Abs 1 BGB wegen Irrtums über die Neutralität der Mediatorin bzw des Mediators und stützt dabei sein Erklärungsmodell auf die Neutralität als verkehrswesentliche Eigenschaft einer Person, die letztlich auch eine dritte, also nicht VertragspartnerIn sein könne1648. Die Neutralität der MediatorInnen sei außerdem kausal für den Abschluss eines Mediationsergebnisses in Form eines Verwaltungsvertrags, hätten sich doch die Parteien mit dem Wissen vom Vorliegen der mangelnden Neutralität nicht auf ein Mediationsverfahren, das gerade auf die Person der/des neutralen Dritten aufbaut, eingelassen1649.
1647 Vgl Hellriegel, Mediation 240. 1648 Jürgen Ellenberger, § 119, in: Otto Palandt (Begr), Bürgerliches Gesetzbuch71 (2012) Rz 26; die grundsätzliche Möglichkeit, auf die Eigenschaft von Dritten abzustellen, ebenso bejahend Christian Armbrüster, § 119, in: Jürgen Säcker/ Roland Rixecker (Hg), Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch I16 (2012) Rz 127. 1649 Hellriegel, Mediation 242 f.
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Ebenfalls mit Nichtigkeit bedroht seien seiner Meinung nach Erklärungen von Vertragsparteien, die infolge einer Täuschung über das Vorhandensein der Neutralität der MediatorInnen oder aber dadurch, dass die/der MediatorIn die Parteien über bestimmte rechtliche oder tatsächliche Umstände des Verhandlungsgegenstands getäuscht hat, abgegeben werden (§§ 59 Abs 1 VwVfG iVm 123 Abs 1 BGB)1650. b) MediatorInnen und Verschuldenshaftung
Neben den – wohl nur in Ausnahmefällen schlagend werdenden – Nichtigkeitsfolgen sind bei Pflichtenverletzungen durch MediatorInnen gegebenenfalls haftungsrechtliche Konsequenzen zu beachten, die einerseits wegen Verschuldens beim Vertragsabschluss oder andererseits aufgrund der Amtshaftungsregelungen entstehen können1651. aa) Haftung aus Verschulden bei Vertragsabschluss
Die mittlerweile in § 311 Abs 2 BGB ausdrücklich gesetzlich anerkannte culpa in contrahendo ist – wie schon mehrfach angedeutet – auch auf Verhandlungen anwendbar, die zum Abschluss eines Verwaltungsvertrags führen sollen. Diese Haftung ist bekanntermaßen eine solche aus einem vorvertraglichen Rechtsverhältnis, das mit der Aufnahme von Vertragsverhandlungen entsteht und die Beteiligten zu redlichem Verhalten verpflichtet. Ohne Belang ist für den Haftungsanspruch, ob es im konkreten Einzelfall zu einem Vertragsabschluss kommt oder nicht1652. Die Grundlage einer solchen Haftung bildet das enttäuschte Verhandlungsvertrauen, das etwa durch den grundlosen Abbruch von Vertragsverhandlungen1653 oder durch verletzte Aufklärungs- und sonstige Sorgfaltspflichten erschüttert wird1654. In Frage stehen hier jene Fälle, in denen MediatorInnen von der Verwaltung zur Verfahrensbewältigung herangezogen werden, sei es als Beliehene oder als VerwaltungshelferInnen. Soll nun ein Anspruch auf Grundlage der culpa in contrahendo geprüft werden, dann rücken Verletzungen von allge1650 Hellriegel, Mediation 243 f, welcher die MediatorInnen übrigens nicht als Dritte iSv § 123 Abs 2 BGB qualifiziert, sofern sie als Beliehene oder VerwaltungshelferInnen für den Staat tätig werden. Zur Person der/des Dritten siehe etwa Ellenberger, in: Palandt (Begr), BGB71 § 123 Rz 13 f; Armbrüster, in: Säcker/ Rixecker (Hg), MüKo BGB I16, § 123 Rz 23 f. 1651 An Stelle der MediatorInnen oder zusätzlich zu ihnen können freilich auch staatliche Bedienstete aufgrund eigenen Fehlverhaltens in Ausübung ihrer staatlichen Leitungsverantwortung Amtshaftungsansprüche auslösen. Diese werden hier jedoch nicht weiter behandelt. 1652 Siehe oben 2.II.C. 1653 Papier, in: Säcker/Rixecker (Hg), MüKo BGB V5, § 839 Rz 73 ff. 1654 Vgl Bonk, in: Stelkens et al (Hg), VwVfG7 § 62 Rz 46 ff.
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meinen Sorgfaltspflichten im Stadium der Anbahnung bzw Vorbereitung eines Verwaltungsvertrags, an dem die MediatorInnen selbst nicht als Parteien teilhaben, in den Blickpunkt1655. Wesentlich ist in diesem Zusammenhang, dass die Pflichtverletzung der Mediatorin bzw des Mediators der Verwaltung zugerechnet werden kann. Hellriegel wählt hiefür den Zugang über den Rechtsgedanken des § 278 BGB1656, wonach der Verwaltung das Verschulden von Dritten, derer sie sich als „Erfüllungsgehilfen“ bedient, wie ihr eigenes zugerechnet wird. MediatorInnen, die von der Verwaltung unterstützend zur Durchführung des Verwaltungsverfahrens bzw zur Konfliktmittlung eingeschalten werden, komme seiner Meinung nach die Eigenschaft einer solchen Gehilfin respektive eines solchen Gehilfen zu. Bei der Bewertung von (schuldhaften) Pflichtverstößen durch MediatorInnen sei schließlich darauf zu achten, dass als Prüfmaßstab die Pflichten der Verwaltung und nicht jene der MediatorInnen, die aus dem Mediationsauftrag resultieren, heranzuziehen seien. Da jedoch die Verwaltung – wie eben die MediatorInnen – etwa zur fehlerfreien und ordnungsgemäßen Beratung, zur Neutralität und Verschwiegenheit verpflichtet sei, lasse sich daraus folgern, dass sie sich einen Verstoß durch die MediatorInnen gegen diese allgemeinen Pflichten zurechnen lassen müsse1657. bb) Amtshaftungsanspruch nach Art 34 GG iVm § 839 BGB
Auf grundsätzliche Fragen zur Amtshaftung ist bereits im Zusammenhang mit der Abgrenzung der Rechtsinstitute der Beleihung und der Verwaltungshilfe eingegangen worden. Als vorläufiges Ergebnis konnte festgehalten werden, dass Körperschaften für Fehlverhalten der von ihnen hinzugezogenen Beliehenen oder der sie beauftragenden Amtswalter haften, wenn letztere bei Wahrnehmung hoheitlicher Aufgaben und bei Vorliegen der sonstigen Haftungsvoraussetzungen schuldhaft eine Amtspflicht (hier zB die neutrale und verschwiegene Amtsführung sowie die Wahrung der Beratungsgrundsätze), die gegenüber der/dem Geschädigten bestand, verletzen. Ebenso kann den Staat bei Hinzuziehung von VerwaltungshelferInnen eine Haftungsobliegenheit auf Grundlage von Art 34 GG iVm § 839 BGB treffen. Offen geblieben ist dabei jedoch vor allem der konkretisierte Umstand
1655 Eine Unterscheidung ist deshalb von Relevanz, da auch an eine Verletzung wirksamer Vertragspflichten, also an eine auf den Veranlassungsakt abzielende, positive Vertragsverletzung, zu denken ist. Siehe hiezu Hellriegel, Mediation 246 f. 1656 Grundsätzlich für die Geltung des § 278 BGB im öffentlichen Recht Papier, in: Säcker/Rixecker (Hg), MüKo BGB V5, § 839 Rz 77; Christian Grüneberg, § 278, in: Otto Palandt (Begr), Bürgerliches Gesetzbuch71 (2012) Rz 3. 1657 Hellriegel, Mediation 247 f.
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der Beiziehung von MediatorInnen und deren Einordnung in das Normengefüge des Amtshaftungsrechts. Keine großen Schwierigkeiten bereitet die Zuordnung von beliehenen MediatorInnen, wenn ihnen durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes die hoheitliche Wahrnehmung bestimmter staatlicher Aufgaben – wie eben hier der Konfliktmittlung im Rahmen eines (zB planungs- oder immissionsschutzrechtlichen) Verwaltungsverfahrens oder gar der selbständigen Abführung des Erörterungstermins – übertragen worden ist1658. Unbestreitbar ressortieren diese Tätigkeiten zum öffentlichen (Verfahrens-)Recht, sodass folglich für diese Beliehenen die „Beamteneigenschaft“ im haftungsrechtlichen Sinn bejaht werden kann1659. Anders zu beurteilen ist hingegen der Einsatz von VerwaltungshelferInnen, die bekanntlich selbst keine Hoheitsträger sind und grundsätzlich nur privatrechtlich handeln. Jedoch ist mittlerweile in Rechtsprechung und (weitgehend) im Schrifttum anerkannt, dass jede/jeder als AmtsträgerIn iSd Amtshaftungsrechts (Art 34 GG iVm § 839 BGB) anzusehen ist, die/der Handlungen in Ausübung öffentlich-rechtlicher Aufgaben für den Hoheitsträger und gegenüber Dritten setzt. Wesentlich ist dabei, dass ein Zusammenhang zwischen der schadensverursachenden (Real-)Handlung der Privaten und dem Staat als Aufgabenträger hergestellt werden kann1660. Bezogen auf die Tätigkeit der MediatorInnen als VerwaltungshelferInnen bedeutet dies, dass ihr Handeln, um einen Amtshaftungsanspruch auszulösen, als öffentlich-rechtliches zu qualifizieren ist. Davon geht etwa Hellriegel in jenen Fällen aus1661, in denen Mediationsprozesse einerseits in das Verwaltungsverfahren integriert und andererseits auf einen Abschluss eines Verwaltungsvertrags gerichtet seien1662. Im Hinblick auf die von Burgi vertretene Ansicht zur Amtshaftung nach funktionaler Privatisierung gestalten sich die Zuordnungsversuche der Handlungen von MediatorInnen derart, dass zuvorderst danach zu fragen ist, ob das Tatbestandsmerkmal des öffentlich-rechtlichen Handelns erfüllt ist, und sodann, ob Amtshaftungsansprüche für Schäden aufgrund eines Handelns des Staats in Ausübung seiner Leitungsverantwortung vorliegen oder ob Haftungssituationen nach Vorbereitungs- bzw nach Durchführungsprivatisierung entstehen können. Dies erscheint deshalb von Interesse, da – folgt man auch hiebei der Meinung von Burgi – den an die 1658 Mangels gesetzlicher Ermächtigungsgrundlagen derzeit wohl treffender „wäre“. 1659 Siehe bereits oben 2.III.B.3.b).aa).aaa). 1660 Siehe oben 2.III.B.3.b).aa).bbb). 1661 Hellriegel, Mediation 249. 1662 Überhaupt handle es sich – so Hellriegel, Mediation 45 ff – in diesen Konstellationen um Verwaltungsverfahren iSd § 9 VwVfG.
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MediatorInnen übertragenen Tätigkeiten zwar ein durchführender Charakter innewohnt, die betreffende Staatsaufgabe jedoch ihrerseits unmittelbar vorbereitenden Charakter im Hinblick auf eine weitere, sich daran anschließende Staatsaufgabe trägt1663. In concreto bedeute dies, dass das Bezugsobjekt des privat erbrachten Teilbeitrags die anhand des jeweils einschlägigen Verfahrensgesetzes zu ermittelnde Staatsaufgabe der Verfahrensbewältigung sei. Da diese Staatsaufgaben jedoch ihrerseits unmittelbar in Beziehung zur jeweiligen Staatsaufgabe der Planung oder der Verhaltenssteuerung stehen, handle es sich im Hinblick auf diese zugleich um einen Teilbeitrag vorbereitenden Charakters. In Anbetracht einer klaren phänomenologischen Bestimmung von betroffener Staatsaufgabe und übertragenem Teilbeitrag seien deshalb in Abhängigkeit von der jeweiligen gesetzlichen Ausgestaltung zB die Staatsaufgaben der Bewältigung des Raumordnungsverfahrens, der Umweltverträglichkeitsprüfung oder des Anhörungsverfahrens im Rahmen der Planfeststellung voneinander zu unterscheiden1664. Diese nun vor allem verfassungsrechtliche Bedenken (= Aushöhlung der Verfahrensherrschaft der Behörde) auslösende Erkenntnis, dürfte gegebenenfalls wohl auch differenzierende haftungsrechtliche Überlegungen erforderlich machen. Im Zusammenhang mit der Durchführungsprivatisierung – und damit zurückkommend zum öffentlich-rechtlichen Handeln – gilt zu prüfen, ob die fraglichen Tathandlungen von MediatorInnen nun dem Öffentlichen Recht zugeordnet werden können oder nicht. Burgi sieht eine Zuordnung zum Öffentlichen Recht dann für gegeben an, wenn sich das Handeln der Privaten als die Durchführung einer vom Staat vorgegebenen Handlung darstelle, die, wenn er sie in Eigenwahrnehmung ausübe, dem Öffentlichen Recht zuzuordnen wäre1665. Dass die Verwaltung bei Erfüllung der Verwaltungsverfahrensvorschriften öffentlich-rechtlich handelt, kann nicht zweifelhaft sein. Im Zuge dessen ist auch nicht ausgeschlossen bzw mitunter gefordert – wie etwa im Erörterungstermin im Planungsverfahren (§ 72 Abs 2 VwVfG) –, dass die Behörde zur Verfahrensbewältigung eine vermittelnde und ausgleichende Rolle einnimmt und das Verfahren mit dem Ziel der Beschleunigung und Steigerung der Akzeptanz durch Setzen entsprechender Handlungen verhandlungsoffen und interessengerecht ausgestaltet. Die hier betreffenden Tathandlungen wie die Einrichtung eines Mediationsforums oder von Arbeitsgruppen, die Interessenklärung und die Erarbeitung von Handlungsoptionen können dem Öffentlichen Recht zugeordnet werden, da sie in unmittelbarer Nähe und in engem Zusammenhang mit den eindeu1663 Burgi, Privatisierung 137. 1664 Burgi, Privatisierung 139 f. 1665 Burgi, Privatisierung 401 f.
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tig öffentlich-rechtlichen Handlungen bei der Erfüllung der Staatsaufgabe der Verfahrensbewältigung und – weiter gedacht – der Staatsaufgabe der Bewältigung des Raumordnungsverfahrens, der Umweltverträglichkeitsprüfung oder des Anhörungsverfahrens der Planfeststellung erfolgen. Damit ist jedoch erst die Zurechnungsgrundlage für eine Durchführungsprivatisierung ausgelotet, ohne zugleich die entsprechenden Zurechnungskriterien für das Handeln von Privaten an die Hand zu bekommen. Vielmehr ist es notwendig, eine Verbindung zwischen dem Staat und der von der/dem privaten HelferIn vorgenommenen Handlung herzustellen. Dies gelinge, so Burgi, indem die nachzuweisende Beziehung zum Staat ein mit der Eigenwahrnehmung vergleichbares Maß an Intensität aufweise. Es komme dabei auf die konkrete Determinierung der fraglichen privatrechtsförmigen Handlung durch den Staat an, sodass lediglich Handlungen, die in einem Maß vorherbestimmt seien, dass man sie als bloße Durchführungshandlungen bezeichnen müsse, dem Staat zugerechnet werden können. Dies treffe hingegen ebenso wenig auf Handlungen zu, die vollständig vom Staat als Inhaber der Leitungsverantwortung vorgenommen werden, wie auf solche, die ohne konkret determiniert zu sein, von der/dem VerwaltungshelferIn erbracht werden1666. Zieht man nun dieses (sehr enge) Zurechnungskriterium bei der Beurteilung der konkreten Fallkonstellation, hier der Durchführung einer Mediation durch private KonfliktmittlerInnen, heran, ist eine einzelfallbezogene Analyse des Verhaltens der staatlichen Verwaltung bei der Veranlassung der VerwaltungshelferInnen und bei der Ausübung der Leitungsverantwortung erforderlich. Indizielle Bedeutung kommt dabei, wiederum mit Burgi, etwa den Gesichtspunkten der Unselbständigkeit des Handelns und der Nähe zu den jeweiligen staatlichen Aktivitäten zu1667. Die Zurechnung der Handlungen von MediatorInnen schwierig erscheinen lassen hiebei einerseits die Einschränkung auf konkret festgeschriebene Durchführungshandlungen und auch die zumindest als Indiz zu verstehende Unselbständigkeit. Gerade wenn man bedenkt, dass zum einen Mediation ein flexibles, auf die Bedürfnisse der Beteiligten rasch reagierendes Instrument sein soll und zum anderen die MediatorInnen eine auf Neutralität und Selbständigkeit aufbauende Rolle auszufüllen haben, ist ein gewisser Widerspruch zum Kriterium des Charakters als bloße Durchführungshandlung nicht von der Hand zu weisen. Anderseits wurde in dieser Untersuchung aber auch vorgeschlagen, dass der Veranlassungsakt an sich dafür genutzt werden solle, die Durchführung des Verfahrens, die Rolle und Aufgaben der MediatorInnen, die Einbeziehung der Behörde sowie die Kontroll- und Weisungsrechte fest- und of1666 Burgi, Privatisierung 405 f. 1667 Burgi, Privatisierung 406.
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fen zu legen1668. Werden demnach all diese Gesichtspunkte in den Veranlassungsakt aufgenommen, spricht wohl einiges für ein dem Öffentlichen Recht zuordenbares Handeln und somit bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzung für die Bejahung eines Amtshaftungsanspruchs nach Art 34 GG iVm § 839 BGB. Gelingt es im Einzelfall hingegen nicht, das Handeln der Mediatorin bzw des Mediators als Ausübung eines ihr/ihm anvertrauten öffentlichen Amts zu qualifizieren, kann die Prüfung auf ein etwaiges Fehlverhalten der mit der Ausübung der Leitungsverantwortung befassten BehördenvertreterInnen abgestellt werden. Von Interesse könnten hinsichtlich des vorliegenden Untersuchungsgegenstands Fehlverhalten insbesondere bei der Auswahl, der Veranlassung, der Determinierung und der Kontrolle der MediatorInnen sein. Die zu beachtenden Voraussetzungen sind in diesen Fällen, dass ein Handeln in den Formen des Öffentlichen Rechts in Frage stehe – hievon ist, wie oben bereits betreffend der Einschaltung von MediatorInnen durch die Verwaltung angenommen1669, bei Vorliegen eines öffentlich-rechtlichen Veranlassungsvertrags, in dem grundsätzlich sowohl die Auswahlhandlungen als auch die Leitungsmaßnahmen geregelt sind, auszugehen – und das öffentlich-rechtliche Handeln in Ausübung der Leitungsverantwortung eine dem geschädigten Dritten gegenüber bestehende Amtspflicht (hier insbesondere Aufsichtspflichten) verletzt habe1670. Schließlich muss die Amtspflichtverletzung wiederum schuldhaft erfolgt und kausal für den entstandenen Schaden gewesen sein. Von Bedeutung ist die Amtshaftung aufgrund eines Fehlverhaltens in Ausübung der staatlichen Leitungsverantwortung insbesondere dann, wenn eine Vorbereitungsprivatisierung vorliegt. Wie bereits zuvor angedeutet, stehen die Staatsaufgaben der Verfahrensbewältigung unmittelbar in Beziehung zur jeweiligen Staatsaufgabe der Planung oder der Verhaltenssteuerung, etwa der (Nicht-)Erteilung einer beantragten Genehmigung, und es handle sich daher im Hinblick auf diese um einen Teilbeitrag vorbereitenden Charakters. Burgi hat hiebei insbesondere die beratenden und planenden ProjektmanagerInnen und auch die auf Staatsaufgaben der Anlagenüberwachung bezogene Sachverständigentätigkeit vor Augen, nennt aber in diesem Zusammenhang gleichwohl, ohne jedoch näher darauf einzugehen, die MediatorInnen1671. Für amtshaftungsrechtliche Überlegungen hat die 1668 Siehe oben 2.IV.L.3. 1669 So bereits oben in 2.III.B.3.bb).aaa). 1670 Zur Ermittlung des Dritte schützenden Charakters vgl Burgi, Privatisierung 395 f. 1671 Hiebei sind aber ganz gravierende Unterschiede zu beachten. Anders als die PlanerInnen oder Sachverständige sind MediatorInnen nicht für das eigentliche Ergebnis verantwortlich. Sie liefern keine Pläne, stellen keine Messungen oder Be-
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Vorbereitungsprivatisierung jedenfalls zur Folge, dass – so Burgi – eine Haftung aufgrund von schadensverursachenden Handlungen der VerwaltungshelferInnen nicht in Betracht komme, da deren Handlungen, die im Innenverhältnis zwischen Staat und VerwaltungshelferInnen anzusiedeln seien, nicht unmittelbar kausal für einen später entstehenden Schaden sein können. Die privat erbrachten Vorbereitungshandlungen wirken sich erst ab dem Zeitpunkt beeinträchtigend aus, wenn sie von der Behörde aufgenommen und in konkreten staatlichen Maßnahmen gegen die Aufgabenbetroffenen umgesetzt werden. Liege nun ein schuldhaftes Fehlverhalten der mit einem Teilbeitrag vorbereitenden Charakters befassten VerwaltungshelferInnen vor, müssen sich die amtshaftungsrechtlichen Überlegungen „automatisch“ auf die sich daran anschließenden staatlichen Hoheitsakte in Ausübung der Leitungsverantwortung oder auf staatliche Handlungen in Erfüllung darauf aufbauender Staatsaufgaben richten. Aber erst dann, wenn das fehlerhafte Ergebnis der vorbereitenden Tätigkeit zB ohne nähere bzw ohne sorgfältige Prüfung übernommen und dem weiteren staatlichen Handeln zugrunde gelegt wird, sich sozusagen eine Fehlerkette aufbaut, entstehen, soweit auch die übrigen Voraussetzungen erfüllt sind, Amtshaftungsansprüche1672.
V. Exkurs: Rechtsschutzverfahren und Mediation Die zahlreich angestellten Überlegungen zum Einsatz von Mediation im verwaltungsrechtlichen Kontext beschränken sich aber längst nicht mehr nur auf das Verwaltungsverfahren selbst. Vielmehr werden diesbezügliche Diskussionen auch im Zusammenhang mit Reformbestrebungen hinsichtlich eines funktionsadäquateren Vorverfahrens sowie einer Erweiterung des gerichtlichen Konfliktbearbeitungsangebots im gerichtlichen Rechtschutzverfahren geführt. A. Widerspruchsverfahren
Zwischen Verwaltungsverfahren und Verwaltungsprozess ist das Vorverfahren (= Widerspruchsverfahren) quasi als Bindeglied angesiedelt. Dieses als Rechtsschutzinstrument der BürgerInnen gedachte Verfahren dient darüber hinaus der Selbstkontrolle der Verwaltung und der Entlastung der Gerichrechnungen an und bewerten auch keine Standortalternativen. Ihre Handlungen beschränken sich auf die Gestaltung und Führung des Kommunikationsprozesses. Gegebenenfalls obliegt ihnen die Dokumentation des Verhandlungsverlaufs und/oder der erzielten Ergebnisse. 1672 Siehe auch oben 2.III.B.3.b).aa).bbb).
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te1673. Der Normzweck des Vorverfahrens besteht nach Maßgabe des § 68 VwGO in der Nachprüfung der Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des Verwaltungsakts und stellt die Voraussetzung für die Anfechtungs- und Verpflichtungsklage dar1674. Das Widerspruchsverfahren wird jedoch mehrfach als nicht effektiv angesehen1675, so dass zur Verkürzung und damit Beschleunigung der gerichtlichen Kontrolle mitunter die Abschaffung desselben gefordert wird – mittlerweile auch bereits in einigen Ländern auf Grundlage von § 68 Abs 1 Satz 2 VwGO teilweise umgesetzt1676 –, um so gegen Verwaltungsakte unmittelbar die Klagemöglichkeit zu eröffnen. Dieser Entwicklung kritisch gegenüber steht etwa Würtenberger, der von einer Zunahme der Verfahrenslänge bei den Verwaltungsgerichten berichtet und einem reformierten, mit mediativen Elementen angereichertem Widerspruchsverfahren das Wort redet1677. Ramsauer hält dieses Vorgehen für rechtspolitisch und finanzpolitisch verfehlt. Die Länder wären seiner Meinung nach besser beraten, wenn sie sich um eine sinnvolle Ausgestaltung des Widerspruchsverfahrens bemühen würden1678. Damit ließe sich ein wesentlicher Teil der Konflikte unstreitig und kostengünstiger sowie letztlich auch rascher erledigen1679. Schließlich eigne sich das Widerspruchsverfahren – so Ramsauer – auch zum Einsatz von Instrumenten der Mediation sowie zur Durchführung eines „echten“ Mediationsverfahrens1680. 1673 Friedhelm Hufen, Verwaltungsprozessrecht6 (2005) 65 ff; Ulrike Rüssel, Zukunft des Widerspruchsverfahrens, NVwZ 2006, 524 f; Schmidt-Aßmann/Schenk, in: Schoch et al (Hg), VwGO Einl Rz 200; Gero Vaagt, Der Abbau des Widerspruchsverfahrens im öffentlichen Baurecht, ZRP 2011, 213. 1674 Klaus-Peter Dolde/Winfried Porsch, § 68, in: Friedrich Schoch et al (Hg), Verwaltungsgerichtsordnung (Stand 2005) Rz 2 f. 1675 Siehe hiezu etwa Stefan Vetter, Mediation und Vorverfahren. Ein Beitrag zur Reform des verwaltungsgerichtlichen Vorverfahrens (2004) 120 ff. 1676 Joachim von Bargen, Vetter Stefan, Mediation und Vorverfahren, Der Staat 2006, 150; Rüssel, NVwZ 2006, 523 f; Christine Steinbeiß-Winkelmann, Abschaffung des Widerspruchsverfahrens – ein Fortschritt?, NVwZ 2009, 686 f; Würten berger, Verwaltungsprozess3 Rz 344a. 1677 Würtenberger, Verwaltungsprozess3 Rz 344a. 1678 In diese Richtung auch Hermann Plagemann, Durchsetzung sozialer Rechtspositionen – Beratung und Prozessvertretung aus anwaltlicher Perspektive und Erfahrung, NZS 2006, 172 f, hinsichtlich sozialrechtlicher Auseinandersetzungen. 1679 Dahingehend für die Wiedereinführung des Widerspruchsverfahrens im öffentlichen Baurecht in Bayern plädierend Vaagt, ZRP 2011, 213. 1680 Kopp/Ramsauer, VwVfG12 § 79 Rz 5 ff; in diese Richtung letztlich auch Steinbeiß-Winkelmann, Abschaffung des Widerspruchsverfahrens – ein Fortschritt?, NVwZ 2009, 692. Voß, in: Johlen/Oerder (Hg), Anwaltshandbuch3 Rz 54, spricht sich zwar entschieden für den Einsatz von Mediation aus, hält
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In diese Richtung weisen auch die Ausführungen von Ortloff, wonach die zur Überprüfung zuständige, gegenüber der Ausgangsbehörde nächsthöhere Behörde auf eine gütliche Beilegung des Konflikts hinwirken und sie somit durchaus mediativ handeln darf1681. Daran knüpft wiederum Pitschas an, wenn er meint, dass darin eine erhebliche Entlastungswirkung für die Verwaltungsgerichtsbarkeit liege. Die Korrekturfunktion des Widerspruchsverfahrens sei seiner Meinung nach geradezu darauf ausgelegt, kommunikative Defizite zwischen den vom Verwaltungsakt betroffenen BürgerInnen und der Verwaltung auszugleichen. Für ihn wäre folglich fakultativ – keinesfalls jedoch zwingend – eine „Verfahrensmediation“ vorstellbar1682, die als ein außergerichtliches Vorverfahren dem eigentlichen verwaltungsgerichtlichen Prozess vorgeschaltet werden könnte1683. Für eine Einbindung der Mediation in das Vorverfahren tritt schließlich auch Schenke ein. Er verfolgt jedoch wohl nicht das von Pitschas angeregte Modell, sondern spricht sich für ein eigenständiges, das Vorverfahren ergänzendes Mediationsverfahren aus. Der Grund liege im Umstand, dass die Widerspruchsbehörde primär staatliche Interessen wahrzunehmen habe und daher nicht die in solchen Fällen hilfreiche Neutralität einer Mediatorin bzw eines Mediators aufweisen könne. § 10 Satz 2 VwVfG biete jedenfalls die Basis dafür, das Widerspruchsverfahren für die Dauer der Mediation auszusetzen1684. Den aus dem Blickwinkel der Mediation weitreichendsten Vorschlag zu dieser Debatte unterbreitet Vetter1685. Dieser tritt für eine Totalrevision des seines Erachtens mittlerweile „leblosen“ normativen Konzepts eines veraber das Widerspruchsverfahren für wenig geeignet bzw sinnvoll. Auch Paul Stelkens/Berthold Clausing, § 2 VwGO, in: Friedrich Schoch et al (Hg), Verwaltungsgerichtsordnung (Stand 1998) Rz 7 FN 14, geben zu bedenken, dass das Vorhaben, die Mediation zur Entlastung der Verwaltungsgerichtsbarkeit – auch im Hinblick auf einen Ersatz für ein Vorverfahren – nutzbar zu machen, schon deshalb nicht überschätzt werden sollte, da nur ein Bruchteil der von der Verwaltungsgerichtsbarkeit betreuten Sachbereiche mediationsgeeignet sein dürfte. 1681 Ortloff, in: Haft/Schlieffen (Hg), Handbuch2 Rz 71; so auch Pitschas, NVwZ 2004, 401. 1682 Als „Verfahrensmediation“ bezeichnet Pitschas, NVwZ 2004, 398, jene gesetzlich geregelten Fälle der Konflikt- bzw Verfahrensmittlung (zB § 4b BauGB), die zweckhaft eingesetzt werde, um zu einer konsensualen Konfliktbewältigung zu gelangen. 1683 Pitschas, NVwZ 2004, 401, gibt aber auch zu bedenken, dass ein solches mediatives Vorverfahren solange als bloße Durchlaufstation auf dem Weg zur/zum RichterIn betrachtet werde, als die KlägerInnen die Verantwortlichkeit für eine Streitlösung ausschließlich bei Gericht liegen sehen. 1684 Schenke, in: Aschke et al (Hg), Selbstbestimmung 144. 1685 Vetter, Mediation 162 ff.
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waltungsgerichtlichen Widerspruchsverfahrens ein und schlägt hiefür die Verwirklichung eines obligatorischen „mediativen Vorverfahrens“ in den Fällen der Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (Versagungsgegenklage) vor. Ein Mediationsverfahren1686 sei folglich zwingend dem Gerichtsverfahren vorzuschalten und ersteres müsse vor Klageerhebung durchgeführt und abgeschlossen werden1687. Die/der KlägerIn habe demnach bereits unmittelbar bei Einreichung der Klageschrift mittels Bescheinigung nachzuweisen, dass zuvor ein mediatives Widerspruchsverfahren und damit verbunden ein erfolgloser Einigungsversuch unternommen worden sei. Bei Fehlen dieser Zugangsvoraussetzungen sei die Klage als unzulässig zurückzuweisen1688. Das so geänderte Widerspruchsverfahren solle letztlich Ausdruck eines neuen Verwaltungsrechtsverständnisses und einer akzeptanzfördernden Verwaltungskultur sein und den grundlegenden Wandel im Verhältnis zwischen Staat und BürgerInnen berücksichtigen1689. Dieser Vorstoß blieb in seiner Tragweite freilich nicht ohne Widerspruch. So begrüßt zwar v. Bargen die grundsätzliche Idee der Integration von Mediation im Widerspruchsverfahren1690, doch votiert er – wohl zu Recht – für eine flexiblere Handhabung des Einsatzes von Mediation. Dies begründet v. Bargen damit, dass er bei der überwiegenden Anzahl von Fällen im Vorverfahren die Klärung von Rechtsfragen als im Vordergrund stehend erachtet. Diese habe vor allem für die Ausgangsbehörden besondere Bedeutung, indem im Zuge des Widerspruchsverfahrens Zweifel dahingehend ausgeräumt werden sollten, wie zukünftig in vergleichbaren Fällen zu verfahren sei. Näher liege es seiner Meinung nach, das Vorverfahren nicht zwingend auf die Mediation aufzusetzen, sondern letztere ergänzend neben dem konventionellen Widerspruchsverfahren anzubieten. Dadurch würde der Spielraum sowohl für die Parteien als auch für die Widerspruchsbehörde erweitert und der Anwendungsbereich könnte im Fall einer positiven Resonanz nach Bedarf ausgedehnt werden1691. Schümann berichtet übrigens von der erfolgreichen Implementation der Mediation im Widerspruchsverfahren durch die Techniker Krankenkasse. Dabei werde in geeigneten Fällen den VersicherungsnehmerInnen die Durchführung von Mediationsverfahren vorgeschlagen. Als MediatorIn fungiere bei Zustimmung der Versicherten – ganz iSv Vetter – ein/e pensio 1686 Die Funktion der MediatorInnen sollten seiner Ansicht nach erfahrene VerwaltungsrichterInnen, ProfessorInnen des öffentlichen Rechts oder auch Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte ausfüllen; Vetter, Mediation 220 f. 1687 Vetter, Mediation 191 ff. 1688 Vetter, Mediation 204 f. 1689 Vetter, Mediation 173 f. 1690 V. Bargen, Der Staat 2006, 151 f. 1691 V. Bargen, Der Staat 2006, 152.
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nierte/r RichterIn eines Landessozialgerichts. Für die Dauer des Mediationsverfahrens werde das Widerspruchsverfahren ausgesetzt1692. Nicht die Mediation an sich steht schließlich bei einem von Rüssel geleisteten Diskussionsbeitrag im Vordergrund. Sie hält das Vorverfahren beispielsweise dann für entbehrlich, wenn seine Funktionen auf andere Art erfüllt werden können. Rüssel schlägt hiefür ua eine Stärkung kooperativer Entscheidungen durch aktivere Einbeziehung der Betroffenen bereits im Ausgangsverfahren sowie die Einführung eines Beschwerdemanagements vor. Bei letztgenannter Maßnahme solle es sich um ein formloses, entbürokratisiertes Verfahren handeln, im Zuge dessen sich Betroffene an eine dem Ombudswesen vergleichbare Beschwerde- und Informationsstelle wenden können. Deren VertreterInnen, die in Mediation oder im „Beschwerdemanagement“ geschult sein müssten, sollen in der Lage sein, auf die Einwände der Betroffenen einzugehen, ihnen den Entscheidungsvorgang zu erläutern und Akteneinsicht zu gewähren. Gelange die Beschwerdekommission letztlich zum Ergebnis, dass die Entscheidung nicht recht- und/oder zweckmäßig sei, solle die Ausgangsbehörde den Ausgangsverwaltungsakt aufheben1693. B. Verwaltungsgerichtsbarkeit
Eine für Österreich in der ausprägten Form (bald nicht mehr) fremde Konstellation hinsichtlich des Einsatzes von Mediation ergibt sich aus der Unterschiedlichkeit des Rechtsschutzes im Verwaltungsrecht. Die deutsche Rechtsordnung kennt nämlich im Gegensatz zur hiesigen einen umfassenden verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutz mit einem grundsätzlich dreigliedrigen Instanzenzug (§ 2 VwGO)1694. In der soeben zitierten VwGO steht wiederum unmissverständlich die Beendigung des Konflikts durch eine autoritative Entscheidung des Gerichts im Vordergrund. Über die konsensuale Streitschlichtung und die gütliche Beilegung des Rechtsstreits lassen sich hingegen kaum Regelungen finden1695. Demgegenüber werde jedoch – so etwa Ziekow – nunmehr die Verwaltungsgerichtsbarkeit von dem sich im Verwaltungsverfahren festsetzenden Kooperationsgedanken eingeholt. Schlagworte wie KundInnenori1692 Siehe Inken Schümann, Mediation außerhalb und innerhalb des sozialgerichtlichen Verfahrens, SGb 2005, 31. 1693 Rüssel, NVwZ 2006, 527 f. 1694 Siehe etwa Wolf-Rüdiger Schenke, Verwaltungsprozessrecht12 (2009) Rz 13 f; Stelkens/Clausing, in: Schoch et al (Hg), VwGO § 2 Rz 9 ff; Würtenberger, Verwaltungsprozess3 Rz 92. 1695 Karsten-Michael Ortloff, § 106, in: Friedrich Schoch et al (Hg), Verwaltungsgerichtsordnung (Stand 2010) Rz 4 f.
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entierung und New Public Management weisen in eine Richtung, die einen Paradigmenwechsel erkennen lassen, der auch die Verwaltungsgerichtsbarkeit nicht mehr ausschließe1696. Letztlich führen aber auch die Forderung nach einer Entlastung der Justiz1697 und die Erkenntnis, die Qualität der verwaltungsgerichtlichen Arbeit steigern zu wollen1698, zu Überlegungen hinsichtlich einer Erweiterung des gerichtlichen Konfliktbearbeitungsangebots mit Hilfe des Einsatzes von Mediation1699. 1. Mediative Elemente im Verwaltungsprozess
Denkbar ist dabei zuvorderst die Einflechtung mediativer Elemente in das verwaltungsgerichtliche Verfahren im Rahmen der Tätigkeit der gesetzlichen Richterin bzw des gesetzlichen Richters. Gemeint sind damit Situationen, in denen die/der zur Entscheidung berufene RichterIn versucht, quasi in einem ergebnisoffenen Trialog die Parteien zur gütlichen, auf Konsens basierenden Beilegung des Rechtsstreits anzuleiten. Gelingt dies nicht, hat sie/er das gerichtliche Verfahren fortzusetzen und letztlich die Entscheidung in der Sache selbst zu treffen1700. Als mögliche prozessrechtliche Ansatzpunkte werden die Vergleichsverhandlungen (§ 106 VwGO)1701, das Rechtsgespräch im Ablauf der mündlichen Verhandlung bei der Erörterung der Streitsache (§ 104 Abs 1 VwGO)1702, die Abgabe von Erklärungen im Rahmen der Sachverhaltsermittlung (§ 86 1696 Ziekow, NVwZ 2004, 392. 1697 Härtel, JZ 2005, 759. 1698 Zu Fragen hinsichtlich der Qualität in der Justiz Joachim von Bargen, Gute Rechtsprechung – Ein Plädoyer für eine engagierte Qualitätsdiskussion in den Gerichten, NJW 2006, 2531 ff. 1699 Joachim von Bargen, Mediation im Verwaltungsprozess – Eine neue Form konsensualer Konfliktlösung vor Gericht, DVBl 2004, 469 f; ders, NJW 2006, 2535; Rainer Pitschas, Verwaltungsrechtsschutz durch Gerichtsmediation?, in: Rainer Pitschas/Harald Walther (Hg), Mediation in der Verwaltungsgerichtsbarkeit (2005) 33 f; Schenke, Verwaltungsprozessrecht12 Rz 12b. Siehe aber auch RossenStadtfeld, NVwZ 2001, 370, der bei aller Sympathie für die Konzepte der Mediation und sonstiger Konfliktmittlung eindringlich an die Aufgabe der Verwaltungsjustiz, nämlich die unabhängige Kontrolle anhand demokratisch vorgegebener und legitimierter Maßstäbe, erinnert. 1700 Ziekow, NVwZ 2004, 392 f, bezeichnet diese Form als „prozessuale EntscheiderMediation“. Siehe weiters Schenke, in: Aschke et al (Hg), Selbstbestimmung 134 f. 1701 Pitschas, in: Pitschas/Walther (Hg), Mediation, 36. 1702 Zur diskursiven Kommunikation im Zuge des Rechtsgesprächs siehe Ortloff, in: Haft/Schlieffen (Hg), Handbuch2 Rz 78 ff; ders, § 104, in: Friedrich Schoch et al (Hg), Verwaltungsgerichtsordnung (Stand 2010) Rz 30 ff sowie (mediationsspezifisch) 78 ff.
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Abs 3 VwGO) und der gesonderte frühe Termin iSd § 87 Abs 1 Zif 1 und 5 VwGO mit dem Ziel einer gütlichen Bereinigung des Rechtsstreits genannt1703. 2. Gerichtsverbundene Mediation oder GüterichterIn
Die Aktivitäten, die sich seit dem Jahr 2000 in Form von Mediationsprojekten an den Verwaltungsgerichten, in Kassel etwa auch am Verwaltungsgerichtshof und in Hannover am Sozialgericht, in mehreren Bundesländern entfaltet haben, weisen jedoch in eine andere Richtung1704. Es wurden nämlich Konflikte in erster Linie weder im Rahmen des ordentlichen Gerichtsverfahrens mit Hilfe mediativer Elemente bearbeitet noch an externe MediatorInnen ausgelagert, sondern das jeweilige Gericht bot bei anhängigen Verwaltungsrechtsstreitigkeiten selbständige Mediationsverfahren durch eigens hiefür ausgebildete RichterInnen desselben Gerichts an1705. Die hiebei ins Treffen geführten Argumente lassen sich dergestalt zusammenfassen, dass einerseits die RichterInnen aufgrund ihrer Erfahrungen mit Vergleichsgesprächen die Besonderheiten der Mediation rasch internalisieren und die notwendigen Fertigkeiten einsetzen können und andererseits die allgemeine Akzeptanz von GerichtsmediatorInnen durch die Parteien höher als die von außergerichtlichen MediatorInnen sei. Überhaupt solle vor dem Hintergrund der Multi-Door-Courthouse-Idee nicht übersehen werden, dass die Parteien zu dem Zeitpunkt, an dem ein Mediationsvorschlag von Seiten des Gerichts unterbreitet werde, bereits bei Gericht sind. 1703 Pitschas, NVwZ 2004, 402; ders, in: Pitschas/Walther (Hg), Mediation, 38; Claudia Kern, Mediation und Verwaltungsprozessrecht, in: Rainer Pitschas/ Harald Walther (Hg), Mediation in der Verwaltungsgerichtsbarkeit (2005) 158 ff; Härtel, JZ 2005, 760 f. 1704 Siehe zB v. Bargen, DVBl 2004, 471 ff; ders, Mediation im Verwaltungsrecht, BDVR 2004, 55 ff; Karsten-Michael Ortloff, Mediation außerhalb und innerhalb des Verwaltungsprozesses, NVwZ 2004, 386; ders, Gerichtsmediation: Rechtliche Strukturen und praktische Erfahrungen, in: Rainer Pitschas/Harald Walther (Hg), Mediation in der Verwaltungsgerichtsbarkeit (2005) 344 f; Harald Walther, Richter als Mediatoren – Ein Modellprojekt in der hessischen Verwaltungsgerichtsbarkeit, DRiZ 2005, 127 ff; ders, Mediation und Verwaltungsgerichte, ZKM 2005, 53 ff; ders, Mediation in der Verwaltungsgerichtsbarkeit – Eine Einführung in die Speyerer Mediationsinitiative, in: Rainer Pitschas/Harald Walther (Hg), Mediation in der Verwaltungsgerichtsbarkeit (2005) 13 f; Schenke, in: Aschke et al (Hg), Selbstbestimmung 131 f; Härtel, JZ 2005, 759. 1705 Ortloff, NVwZ 2004, 388; Ziekow, NVwZ 2004, 392. Vgl etwa auch das von Peter Knorr, Mediation im Verwaltungsprozess – Der praktische Fall: Der „unfaire“ Erschließungsbeitrag, NVwZ 2006, 914 f, geschilderte Mediationsverfahren.
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Die Parteien wiederum weiterzuvermitteln würde die Chance verringern, dass diese an solch einem Verfahren teilnehmen1706. Die erzielten Projektergebnisse waren jedenfalls ermutigend und scheinen die (vorhin) formulierten Thesen zu stützen1707. Zudem haben sie nicht nur in der RichterInnenschaft ein positives Echo bewirkt1708, sondern – wie nachfolgend zu zeigen sein wird – auch beim Gesetzgeber einiges an Bewegung ausgelöst. Letzteres scheint umso beachtlicher, da dies – anders als bei den europarechtlich motivierten Regelungen in Zivil- und Handelssachen1709 – im Bereich des Verwaltungsprozessrechts nicht gezwungenermaßen hätte der Fall sein müssen. Gleichsam ist jedoch hervorzuheben, dass der Einsatz der gerichtsverbundenen Mediation1710 als weitgehend aber eben nicht gänzlich unbestritten galt. a) Gerichtsmediation
Angesichts dieser Ausgangssituation erscheint es daher auch wenig überraschend, dass die im Zuge der besagten Projekte gewählten äußeren Rahmenbedingungen und rechtlichen Einordnungsversuche in deren Detailausführungen stark voneinander divergierten, was wiederum einen aufmerksamen Blick auf die gesetzten Maßnahmen und Überlegungen notwendig macht.
1706 V. Bargen, DVBl 2004, 476; ders, BDVR 2004, 57 f; Härtel, JZ 2005, 760. 1707 Siehe ua v. Bargen, DVBl 2004, 472 f; Walther, in: Pitschas/Walther (Hg), Mediation, 19; Sabine Reichenbach/Patricia Helbig, Hessischer Verwaltungsgerichtshof Kassel und Verwaltungsgericht Kassel, in: Rainer Pitschas/Harald Walther (Hg), Mediation in der Verwaltungsgerichtsbarkeit (2005) 311 ff; Projektabschlussbericht 51 ff, www.mediation-in-niedersachsen.de/Abschlussbericht.pdf [12/2012]. 1708 Karsten-Michael Ortloff, Vom Gerichtsmediator zum Güterichter im Verwaltungsprozess, NVwZ 2012, 1057. 1709 RL 2008/52/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Mai 2008 über bestimmte Aspekte der Mediation in Zivil- und Handelssachen. 1710 Hiefür werden auch die Bezeichnungen gerichtliche und gerichtsinterne Mediation sowie Gerichtsmediation verwendet; Ziekow, NVwZ 2004, 392 f. Der etwa im Rahmen des niedersächsischen Gerichtsprojekts ebenfalls gebräuchliche Begriff „gerichtsnahe Mediation“ – siehe Projekt Gerichtsnahe Mediation in Niedersachsen. Projektabschlussbericht, hrsg vom Niedersächsischen Justizministerium und Konsens e.V. (2005) 5, www.mediation-in-niedersachsen.de/Abschlussbericht.pdf [12/2012] sowie Walther Gottwald, Gerichtsnahe Mediation – Erfahrungen und Lehren aus dem Modellprojekt in Niedersachsen, in: Fritjof Haft/Katharina von Schlieffen (Hg), Handbuch Mediation2 (2009) Rz 1 – ist mE jedoch bereits besetzt und beschreibt in concreto die Situation, in der bei bereits gerichtsanhängigen Verfahren Mediation von gerichtsexternen MediatorInnen durchgeführt wird. Vgl etwa Ferz, in: ders et al (Hg), Zivilgerichte 22 f.
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Mediation im öffentlichen Bereich in Deutschland
aa) Prozedere
So konnte bei diesen Projekten grundsätzlich davon ausgegangen werden, dass die/der gesetzliche RichterIn den offensichtlich mediationsfähigen Fall an die bzw den GerichtsmediatorIn, der übrigens nach der Geschäftsverteilung nicht an der Streitentscheidung des konkreten Falles mitwirkte, weitergab, nachdem die Parteien vom Mediationsanbot, das auf Grundlage der Freiwilligkeit auch ieS als bloßes Angebot zu verstehen war, unterrichtet worden waren und sie diesem zustimmt hatten1711. Hienach ordnete die/der gesetzliche RichterIn das Ruhen des gerichtlichen Verfahrens an (§ 87a Abs 1 Zif 1 VwGO im vorbereitenden Verfahren; § 173 Satz 1 VwGO aF iVm § 251 dZPO1712). Im Anschluss daran vereinbarte die/der GerichtsmediatorIn mit den Parteien einen ersten Mediationstermin. Das Verfahren selbst fand – quasi als äußeres Zeichen der Verschiedenartigkeit der Verfahrensarten – nicht in den Gerichtssälen, sondern in eigens dafür eingerichteten Konferenzräumen statt. Auch wurde zB sowohl von den MediatorenrichterInnen, die den Parteien übrigens Vertraulichkeit zusicherten, als auch von den Anwältinnen und Anwälten im Zuge dessen auf das Tragen der Robe verzichtet1713. Im Fall der Erzielung einer Vereinbarung konnte diese im Wege eines Prozessvergleichs gem § 106 VwGO1714, der darüber hinaus den Parteien einen Vollstreckungstitel an die Hand gab (§ 168 VwGO), eine den Prozess beendende Wirkung entfalten. Kam es zu keiner abschließenden Regelung des Konflikts, wurde das Verfahren von der bzw dem gesetzlichen RichterIn fortgesetzt1715. bb) Rechtliche Einordnung der mediativen Tätigkeit durch RichterInnen
Eine ebenso interessante wie auch schwierig zu beantwortende rechtliche Fragestellung warf schließlich die zu ermittelnde Ermächtigungsgrundlage für die gerichtsverbundene Mediation auf, wurden doch die RichterInnen – so zumindest mehrheitlich angenommen – auch im Rahmen ihrer MediatorInnenrolle als Hoheitsträger tätig. Mangels expliziter Rechtsnormen waren vordergründig drei Argumentationsstränge beobachtbar, die jedoch selbstredend allesamt nicht unstrittig waren. 1711 Die im gegenständlichen gerichtlichen Verfahren entscheidungsbefugten RichterInnen wurden etwa im Vorfeld zum Gerichtsprojekt in Niedersachsen hinsichtlich der Auswahlkriterien geschult, um sodann als „FallmanagerInnen“ mediationsgeeignete Konflikte erkennen und die Betroffenen informieren zu können; siehe www.verwaltungsgericht-hannover.niedersachsen.de/master/C4563428_ N4562974_L20_D0_I3748247.html [12/2012]. 1712 Würtenberger, Verwaltungsprozess3 Rz 67b. 1713 Siehe hiezu ua Ortloff, NVwZ 2004, 388; Härtel, JZ 2005, 760. 1714 Allgemein hiezu Schenke, Verwaltungsprozessrecht12 Rz 1102 ff. 1715 Härtel, JZ 2005, 760.
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Zum einen wurde vertreten, dass Mediation als eine Aufgabe der Gerichtsverwaltung zu betrachten wäre und von den RichterInnen auf Grundlage des § 4 Abs 2 Zif 1 DRiG wahrgenommen werden dürfte1716. Wird ein solcher Auflösungsversuch der Ausgangsfrage konsequent zu Ende gedacht, bedeutet dies einerseits die Beiordnung der Mediation zu Angelegenheiten wie zB dem Personalwesen, der EDV oder der RichterInnenfortbildung. Diese gelten als Aufgaben, die mit der Kerntätigkeit der Gerichte, nämlich der Rechtsprechung, in einer unmittelbaren Beziehung, ja in einem dienenden Verhältnis stehen. Ob hiezu auch die Mediation gezählt und somit der Begriff der Justizverwaltung extensiv ausgelegt werden darf, bleibt zumindest fraglich1717. Andererseits würde hiedurch eine keinesfalls zu vernachlässigende Weisungs- und Steuerungsproblematik eröffnet1718, die dem Grundverständnis der Mediation und vor allem der Rolle der Mediatorin bzw des Mediators entgegensteht1719. Zum anderen wurde argumentiert, dass es sich hiebei grundsätzlich um eine Tätigkeit der rechtsprechenden Gewalt iSv Art 92 GG und § 4 Abs 1 DRiG handle, zu der – letztlich nach Maßgabe des § 278 Abs 1 dZPO – auch die Aufgabe gehöre, in jeder Lage des Verfahrens auf eine gütliche Beilegung bedacht zu sein1720. Eine solche spezielle Regelung fehle allerdings im verwaltungsgerichtlichen Verfahren, weshalb diese über eine Analogie hergeleitet werden müsse. Die somit bestehende Lücke könne über die Verweisung gemäß § 173 Satz 1 VwGO aF und mittels korrespondierender Anwendung des § 278 Abs 5 dZPO aF geschlossen werden1721, wonach das Gericht die Parteien für eine „Güteverhandlung“, die der mündlichen Verhandlung vorausgehe, vor eine/n ersuchte/n RichterIn verweisen könne, die/der in analoger Anwendung der Bestimmung auch ein/e RichterIn desselben Gerichts sein dürfe1722. 1716 Siehe Projektabschlussbericht 9, www.mediation-in-niedersachsen.de/Abschlussbericht.pdf [12/2012]; vgl auch Ortloff, in: Haft/Schlieffen (Hg), Handbuch2 Rz 87. 1717 Vgl v. Bargen, DVBl 2004, 474; Pitschas, in: Pitschas/Walther (Hg), Mediation, 35 f; Kern, in: Pitschas/Walther (Hg), Mediation, 171; Sven Mohr, Richteramt und Mediation, in: Rainer Pitschas/Harald Walther (Hg), Mediation in der Verwaltungsgerichtsbarkeit (2005) 200; Schümann, SGb 2005, 32; Jan Malte von Bargen, Gerichtsinterne Mediation. Eine Kernaufgabe der rechtsprechenden Gewalt (2008) 264 ff. 1718 Ortloff, NVwZ 2004, 389, sieht die GerichtsmediatorIn jedoch weisungsunabhängig, wenn auch nicht iS einer richterlichen Unabhängigkeit tätig werden. 1719 Vgl Walther, in: Pitschas/Walther (Hg), Mediation, 20 f. 1720 So zB v. Bargen, DVBl 2004, 474 f. 1721 Siehe die Ausführungen von J v. Bargen, Mediation 269 ff. 1722 V. Bargen, DVBl 2004, 475 (Anwendung des § 278 ZPO mit Ausnahme der Bestimmung über die obligatorische Güteverhandlung); ders, BDVR 2004, 58; ders,
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Die Schwierigkeiten, die hiebei einer zweifelsfreien Einordnung der Mediation im Wege stehen, würden aber schon allein in Art 92 GG begründet liegen, der den RichterInnen die rechtsprechende Gewalt überträgt. Strittig ist im gegebenen Zusammenhang, ob die Tätigkeit als GerichtsmediatorIn, die/der eben gerade nicht streitentscheidend tätig wird, diesem verfassungsrechtlich normierten Auftrag der Rechtsprechung auch tatsächlich entspricht1723. Als weitere Hindernisse könnten darüber hinaus die in § 4 Abs 2 DRiG normierten Unvereinbarkeitsregelungen gesehen werden, die derzeit die Tätigkeit der Mediation (noch) in keiner Weise berücksichtigen, und schließlich die Frage, ob der Verfahrensschritt der Güteverhandlung gem § 278 Abs 5 dZPO aF über § 173 Satz 1 VwGO aF im Verwaltungsprozess überhaupt anwendbar sei1724. Einen dritten Lösungsweg schlug schließlich Schenke vor. Er widersprach dem Einordnungsvorschlag unter die Gerichtsverwaltung mit der Begründung, dass zwar der richterliche Beitrag zur Rechtsfindung bei einer gerichtlichen Mediation geringer ausfalle als bei einer autoritativen Entscheidung, es sich jedoch bei der Herbeiführung einer gütlichen Konfliktbeilegung um einen typischen Bestandteil richterlicher Tätigkeit handle. Einen Anhaltspunkt hiefür liefere § 278 Abs 1 dZPO, wonach die/der RichterIn in jeder Phase des Verfahrens auf eine gütliche Beilegung des Rechtsstreits Bedacht nehmen solle. Vor allem aber gehe dieser Rechtsgrundsatz in der Regelung des § 87 Abs 1 Zif 1 VwGO, die ebenfalls von der Bemühung des Gerichts zur Erzielung einer gütlichen Beilegung des Rechtsstreits ausgeht, als lex specialis auf1725. Dieser Erkenntnis konnte nur bedingt zugestimmt werden. Einigkeit herrschte lediglich in der Feststellung, dass es sich in diesem Zusammenhang um eine rechtsprechende Tätigkeit handle, die Schließung der vermeintlichen Regelungslücke mittels § 278 Abs 5 Satz 1 dZPO aF iVm § 173 Satz 1 VwGO aF aber aufgrund der gegenüber § 278 Abs 2 dZPO – in desDer Richter als Mediator, in: Fritjof Haft/Katharina von Schlieffen (Hg), Handbuch Mediation2 (2009) Rz 25. So wohl auch Max-Jürgen Seibert, Verwaltungsgerichtsordnung. Kommentar. Von Ferdinand O. Kopp und Wolf-Rüdiger Schenke, NVwZ 2006, 916; vgl weiters Ortloff, in: Haft/Schlieffen (Hg), Handbuch2 Rz 87. AA Schenke, Verwaltungsprozessrecht12 Rz 12b, demzufolge die spezielle Regelung des § 87 Abs 1 Satz 2 Zif 1 VwGO einer Generalverweisung über § 173 Satz 1 VwGO auf die ZPO entgegenstehe. 1723 Vgl Pitschas, in: Pitschas/Walther (Hg), Mediation, 34 f und 40; siehe auch Kern, in: Pitschas/Walther (Hg), Mediation, 169 f. 1724 Krit jedenfalls Ziekow, NVwZ 2004, 394; Kern, in: Pitschas/Walther (Hg), Mediation, 173; Schenke, in: Aschke et al (Hg), Selbstbestimmung 148; ders, Verwaltungsprozessrecht12 12b. 1725 Schenke, in: Aschke et al (Hg), Selbstbestimmung 147.
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sen engen Zusammenhang wiederum § 278 Abs 5 Satz 1 dZPO aF stehe – speziellen Bestimmung des § 87 Abs 1 Zif 1 VwGO, die gerade keine obligatorische Güteverhandlung vorsehe, nicht zur Anwendung kommen könne1726. Das Problem, das somit bestehen blieb, war an der Tatsache auszumachen, dass § 87 Abs 1 Zif 1 VwGO einen Vergleichsversuch explizit nur durch die/den Vorsitzende/n oder die/den BerichterstatterIn vorsah. Ein Ersuchen an eine/n RichterIn, die/der nicht dem Spruchkörper angehörte, die Güteverhandlung zu führen, war deshalb wohl nicht möglich1727. Vielmehr reichten die Pflicht, sich um eine einvernehmliche Beilegung des Konflikts zu bemühen, sowie § 87 Abs 1 Zif 1 VwGO als begründete Befugnis hin, die Beteiligten zu einer Güteverhandlung zu laden und – falls von diesen eine Mediation gewünscht wurde – das Verfahren zur Inanspruchnahme einer außergerichtlichen Streitbeilegung gem § 173 Satz 1 VwGO aF iVm § 251 dZPO ruhend zu stellen. Wäre in dieser Situation ein/e GerichtsmediatorIn als MittlerIn gewünscht worden, wäre nicht anders als in den gleichgelagerten Fällen der außergerichtlichen Streitbeilegung zu verfahren gewesen. Damit tat sich jedoch ein entscheidender (wohl nicht gewollter) Unterschied zu den beiden anderen Lösungsversuchen auf. Die GerichtsmediatorInnen agierten – so Schenke – mangels spezialgesetzlicher Bestimmung privatrechtlich und folglich nicht als Hoheitsträger1728. b) Gütliche Streitbeilegung
Nunmehr ist aber nach Maßgabe des heftig diskutierten und jüngst novellierten § 173 VwGO, insofern die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten dies nicht ausschließen, § 278 Abs 5 dZPO jedenfalls im verwaltungsgerichtlichen Verfahren zu berücksichtigen. Demgemäß kann 1726 In diese Richtung auch Ziekow, NVwZ 2004, 394. Claus Meissner, § 173, in: Friedrich Schoch et al (Hg), Verwaltungsgerichtsordnung (Stand 2008) Rz 204, ging von einer planmäßigen Lücke aus, die nicht mit Hilfe des § 173 VwGO aF hätte geschlossen werden können. 1727 Schenke, in: Aschke et al (Hg), Selbstbestimmung 148; ders, Verwaltungsprozessrecht10 5; siehe hiezu jedoch auch v. Bargen, DVBl 2004, 475. 1728 Schenke, in: Aschke et al (Hg), Selbstbestimmung 149 f. Vgl hiezu auch Hans Helmut Bischof, RVG: Erste Gebührenprobleme für Schiedsverfahren und Mediation, SchiedsVZ 2004, 254, der gem § 278 Abs 5 Satz 2 dZPO aF davon ausging, dass es sich hiebei um eine außergerichtliche Mediation handeln würde und damit die RichterInnenmediatorInnen im Rahmen der von ihnen durchgeführten Mediationen nicht in ihrer richterlichen Funktion tätig geworden wären. Sie wären dann weder ersuchte RichterInnen, noch wäre das Mediationsverfahren in eine Güteverhandlung analog § 278 Abs 5 Satz 1 dZPO aF und demnach nicht in eine gerichtliche Handlung eingebettet gewesen. In weiterer Konsequenz konnte bei einer so erzielten Mediationsvereinbarung auch nicht von einem gerichtlich protokollierten Vergleich ausgegangen werden.
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Mediation im öffentlichen Bereich in Deutschland
das Gericht die Parteien für die Güteverhandlung sowie für weitere Güteversuche vor einen hiefür bestimmten und nicht entscheidungsbefugte/n RichterIn (GüterichterIn) verweisen. Die/der GüterichterIn kann dabei alle Methoden der Konfiktbeilegung einschießlich der Mediation einsetzen1729. Es wird also mittlerweile – entgegen den Vorstellungen der RichterInnenschaft1730 – nicht mehr von der/dem GerichtsmediatorIn gesprochen, sondern ausdrücklich die/der GüterichterIn propagiert. Zweifellos ist hierin eine Entscheidung für eine stärkere Differenzierung von Gerichtsangebot auf der einen sowie außergerichtlicher Mediation auf der anderen Seite auszumachen, wenngleich es den GüterichterInnen weiterhin offensteht, durch Annahme der Methode der Mediation wie die bisherigen GerichtsmediatorInnen zu arbeiten1731. 3. Gerichtsnahe Mediation
Nicht unerwähnt soll in diesem Kontext weiters die Möglichkeit der zuvor angesprochenen außergerichtlichen Mediation bleiben. Es ist den Betroffenen jedenfalls unbenommen, vor oder auch noch während eines Verwaltungsprozesses selbst ein Mediationsverfahren zu initiieren und sich dabei einer/eines gerichtsfremden Mediatorin bzw Mediators zu bedienen. Im Fall einer vorprozessualen Mediation muss jedoch ua bedacht werden, dass es an Normen fehlt, die eine Fristenhemmung garantieren würden, ein Umstand, der dazu führen kann, dass noch während des Mediationsverfahrens eine Klage einzubringen ist. Wie eben angedeutet, steht es den Beteiligten offen, sich auch noch nach Einleitung eines Verwaltungsprozesses selbst auf ein Mediationsverfahren zu einigen1732. Von Interesse ist dabei aber, ob neben der oben dargestellten gerichtsverbundenen Mediation iS einer „angebotsorientierten Rechts schutzordnung“1733 auch die Aufnahme der externen Mediation in den Kanon der Möglichkeiten, auf die das Verwaltungsgericht hinweisen oder diese vorschlagen soll, erkennbar ist. Wegen der bisher fehlenden einschlägigen Bestimmung wurde darüber nämlich kontrovers diskutiert1734. 1729 Zu den Kompetenzen der GüterichterInnen siehe etwa Ortloff, NVwZ 2012, 1059. 1730 Siehe etwa www.drb.de/cms/index.php?id=754&L=0&no_cache=1&sword_ list%5B0%5D=mediation [12/2012]. 1731 Ortloff, NVwZ 2012, 1060. 1732 Ortloff, NVwZ 2004, 387. 1733 Ziekow, NVwZ 2004, 395. 1734 Folgte man Schenke, in: Aschke et al (Hg), Selbstbestimmung 148, wäre eine solche Regelung gar nicht notwendig gewesen. In diese Richtung argumentierte auch Ziekow, NVwZ 2004, 396, der in § 87 Abs 1 Satz 2 Zif 1 VwGO die Möglichkeit eröffnet sah, dass das Gericht die Gelegenheit zur Erläuterung der vor-
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Nunmehr kann tatsächlich auf den novellierten § 173 VwGO zurückgegriffen werden, wonach ua § 278a dZPO anzuwenden ist1735, wenn es die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten nicht ausschließen. Die zuletzt genannte Bestimmung enthält die Ermächtigungen des Gerichts, den Parteien Mediation vorschlagen, und nach Entschluss der Parteien, Mediation durchführen zu wollen, das Ruhen des Gerichtsverfahrens anordnen zu dürfen. 4. Kritik
Es ist sicherlich nicht übertrieben, wenn im gerade vorgestellten Kontext insbesondere der gerichtsverbundenen Mediation von einem möglichen Funktions- und Rollenwandel der Verwaltungsgerichtsbarkeit gesprochen wird, der – so Pitschas kritisch – darauf hinauslaufe, dass der effiziente Rechtsschutz durch die Verwaltungsgerichte „eben nicht (mehr nur) durch spruchrichterliche Tätigkeit, sondern durch außergerichtliche Streitbeilegung im Gericht“ zu organisieren sein werde1736. Ein solcher Versuch der Neudefinition der Rechtsschutzfunktion der Verwaltungsgerichtsbarkeit bleibt zu Recht nicht ohne Bedenken. Ua warnen Ziekow und Schenke – ganz iS des herrschenden Verständnisses – davor, die Bedeutung der Rechtsprechung als Fortbildungsinstrument des Verwaltungsrechts an sich nicht außer Acht zu lassen, da eine der Klärung einer umstrittenen Rechtsfrage dienende gerichtliche Entscheidung weit über den Einzelfall hinausreichende, rechtskonkretisierende Wirkung entfalte und für die Verwaltung eine wichtige Orientierungshilfe darstelle. In Fällen von allgemeiner Bedeutung würde ein „Wegmediieren“ nicht nur den Verlust an Rechtssicherheit mit sich bringen, sondern auch aus verfahrensökonomi-
handenen Mediationsangebote wahrnehmen durfte. Wären die Parteien zum Ergebnis gelangt, eine Mediation durchführen zu wollen, so hätte das Verfahren zur Inanspruchnahme einer außergerichtlichen Streitbeilegung gem § 173 Satz 1 VwGO aF iVm § 251 dZPO ruhend gestellt werden können. Ein weiteres Erklärungsmodell boten v. V. Bargen, BDVR 2004, 58, und Ortloff, NVwZ 2004, 387, an, die § 278 Abs 5 Satz 2 dZPO aF als Grundlage für eine Vorschlagsunterbreitung zur Durchführung einer Mediation durch eine/einen freiberuflichen, außergerichtlichen MediatorIn durch das Gericht ansahen. So wohl auch Meissner, in: Schoch et al (Hg), VwGO § 173 Rz 206 sowie Kern, in: Pitschas/Walther (Hg), Mediation, 174 f. 1735 Reinhard Greger, Teil 4, in: Reinhard Greger/Hannes Unberath, Mediationsgesetz. Recht der alternativen Konfliktlösung. Kommentar (2012) Rz 57. 1736 Siehe Pitschas, NVwZ 2004, 402.
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Mediation im öffentlichen Bereich in Deutschland
schen Gesichtspunkten – gemeint wohl à la longue – kontraproduktiv wirken1737. Diesen Argumenten kann jedoch, ohne zugleich die Grundintension auszuhebeln, begegnet werden. Zum einen kennt die Verwaltungsgerichtsbarkeit selbst das Instrument des gerichtlichen Vergleichs. Die Beendigung des Rechtsstreits ohne Gerichtsurteil ist ihr also keineswegs fremd. Außerdem – und damit zum anderen – ist selbst nach der expliziten gesetzlichen Einbindung der Mediation in das Regelungswerk der VwGO kaum davon auszugehen, dass die Mediation zukünftig das gerichtliche Verfahren ersetzen wird. Dagegen sprechen schon die ersten Erfahrungen, wonach nicht jeder Konflikt „mediationsgeeignet“ ist und es darüber hinaus unwahrscheinlich erscheint, dass sich das Gros der Parteien überhaupt auf ein Mediationsverfahren einlässt. Ganz unaufgeregt betrachtet, ist hierin bloß ein weiteres Modul zu erkennen, dessen Einsatz nunmehr positivrechtlich normiert wurde. Zweifellos wird dieses das gerichtliche Verfahren partiell auch beeinflussen, das System als solches aber kaum verändern.
1737 Ziekow, NVwZ 2004, 395; Schenke, in: Aschke et al (Hg), Selbstbestimmung 145 f; so auch Kern, in: Pitschas/Walther (Hg), Mediation, 176.
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3. TEIL Mediation im öffentlichen Bereich in Österreich I. Ausgangslage A. Vorbemerkungen und Problemaufriss
Die österreichische Rechtsordnung sieht die Mediation in öffentlich-rechtlichen Verfahren – sofern überhaupt ausdrücklich geregelt – nicht als eine integrierte Methode zur Konfliktmittlung vor. Der Einsatz bzw die Durchführung von Mediation im öffentlichen Bereich wird vielmehr nicht als staatliche Aufgabe wahrgenommen. Der Normgeber favorisiert, wie noch am Beispiel des § 16 Abs 2 UVP-G zu zeigen sein wird, letztlich ein streng paralleles Konzept1738. Wenig überraschend ist es daher, dass diesbezügliche Implementationsoptionen im verwaltungsrechtlichen und verwaltungswissenschaftlichen Schrifttum kaum aufgearbeitet, ja die Möglichkeit eines integrativen Ansatzes bisher mit einer Ausnahme1739 nicht einmal angedacht wurde. Diese Lücke gilt es nun zu schließen. Wie bereits in den Ausführungen zur dt Rechtslage deutlich gemacht wurde, ist das gegenständliche Thema der Mediation im öffentlichen Bereich vor dem Hintergrund eines Rechtsstaatsverständnisses einzuordnen, in dem mittels Verhandeln, Konfliktbearbeitung und -mittlung sowie Absprachen das Verwaltungsverfahren iwS als multipolarer Prozess komplexer Entscheidungsbildung aufbereitet sowie beschleunigt und dadurch letztlich die Akzeptanz der Verwaltungsentscheidung befördert werden soll1740. Mit derartigen Überlegungen, dem ein Entscheidungsmodell durch Einbeziehung kommunikativer Aspekte zugrundeliegt1741, gehen jedoch ganz grundsätzlich die Einschränkungen einher, dass staatliche Maßnahmen in norma1738 Hiezu Ferz, ZfV 2002, 320 ff. 1739 Vgl Kerschner et al, Umweltmediation 48 ff, im Zusammenhang mit dem deutschen UGB-KomE. 1740 Siehe 2.I.B. 1741 Vgl Wimmer, Verwaltungslehre2 323.
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Mediation im öffentlichen Bereich in Österreich
tiver Hinsicht nur soweit gerechtfertigt sind, als die Rechtsordnung die Verwaltung hiezu ermächtigt und ihr darüber hinaus einen Entscheidungsspielraum belässt. Dabei sind es gerade die Ermächtigungsnormen und vor allem die Spielräume, die Anknüpfungspunkte für einen Interessenausgleich im Zuge eines mittlergestützten Verfahrens bieten und die Herbeiführung eines Konsenses und in weiterer Folge einer (gesellschafts-)politischen, den demokratischen Ansatz fördernden Akzeptanz staatlicher Entscheidung ermöglichen. Freilich ist dies nicht mit der Annahme gleichzusetzen, dass die Stellung der Verwaltung in einer von verfassungs- und verwaltungsrechtlichen Vorgaben abgekoppelter Weise gesehen wird. Insbesondere ist die handelnde Behörde in ihren Entscheidungsmöglichkeiten und in Anbetracht ihrer Rolle als Verantwortliche für das Gemeinwohl nicht frei von Bindungen. Dies hat wiederum unmittelbare Auswirkungen auf die Autonomie der Verwaltung, ist es doch zu verneinen, dass einem in Folge einer kooperativ angelegten Form der Öffentlichkeitsbeteiligung erzielten Konsens automatisch der Vorrang einzuräumen wäre. Es wird folglich auch hier zu hinterfragen sein, ob ein „Aushandlungsverfahren“ zwischen Konfliktbetroffenen und den zur administrativen Entscheidung berufenen Organen, ein Verfahren also, wie es die Mediation eines ist, überhaupt von der Rechtsordnung gebilligt wird und rechtlich unproblematisch ist. Im Mittelpunkt des Interesses stehen weiterhin jene multipolaren Aushandlungsprozesse zwischen den BürgerInnen und gegebenenfalls der Verwaltung, die hoheitliche Maßnahmen auslösen bzw in weiterer Folge auslösen sollen. Typische Beispiele hiefür sind Genehmigungsentscheide und generelle Rechtsakte im Planungsrecht, die je für sich – begünstigende und/ oder belastende – Auswirkungen sowohl für das Gemeinwohl, für Private als auch für Dritte herbeiführen1742. Davon erfasst sind letztlich nicht nur mittlergestützte Verfahren, die iSv Vorverhandlungen oder im Zuge eines Verwaltungsverfahrens zum Einsatz gebracht werden, sondern auch solche selbstlaufenden, die ohne Beteiligung der Behörde und abseits förmlicher Verfahren durchgeführt werden. Die Differenzierung ist notwendig, da erst mit der Antragsstellung respektive mit der Fortsetzung des Verfahrens die öffentlich-rechtlichen Mechanismen zu greifen beginnen. In diesen Fällen sind zumindest die Fragen der Entscheidungsverantwortung der Behörde
1742 Bipolare Aushandlungsverfahren und solche innerhalb der Verwaltung oder zwischen verschiedenen Behörden finden, soweit nicht für das Gesamtverständnis unbedingt notwendig, in weiterer Folge keine Berücksichtigung. Auch ist das Hauptaugenmerk nicht auf die erwerbswirtschaftliche bzw fiskalisch tätig werdende Verwaltung gerichtet.
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Ausgangslage
und folglich der Umsetzbarkeit erzielter Vereinbarungen einer entsprechenden Aufarbeitung zuzuführen. Zudem ist zu unterscheiden, ob diese Prozesse informell oder im Rahmen eines formellen, hoheitlichen Verfahrens durchgeführt werden. Dabei sind neben der zeitlichen Abfolge auch die Art der Verknüpfung der beiden Verfahrenstypen, die Zielrichtung der (Verwaltungs-)Handlung und die Frage nach der Einbindung der Behörde zu beachten. Letzteres bringt es nämlich mit sich, einerseits für konsensuales Handeln öffnende Bestimmungen im Verwaltungsverfahrensgesetz sowie in den Materiengesetzen zu identifizieren und andererseits – mit dem Blick auf die weitläufige Privatisierungsdiskussion – zu prüfen, inwieweit und in welcher Form (Beleihung oder Verwaltungshilfe) KonfliktmittlerInnen in solche Aushandlungsverfahren hinzugezogen werden dürfen bzw aus Sicht der grundlegenden Vorgaben der Mediation überhaupt einbegezogen werden sollen. B. Hinzuziehung von MediatorInnen
Einen zentralen Eckpfeiler der Mediation stellt zweifelsohne die Figur der/ des neutralen Dritten dar. Dabei ist es vor allem die exponierte, aus dem Interessenwiderstreit herausgehobene Stellung der MediatorInnen, die den Unterschied zu den OrganwalterInnen sichtbar werden lässt. Zwar ist auch die Verwaltung nach den normativen Vorgaben angehalten, interessenneutral zu entscheiden, doch allein der äußere Anschein deutet in manchen Situationen darauf hin, dass es ihr mitunter schwer fällt, den Eindruck der gebotenen Distanz zu vermitteln1743. Darüber hinaus darf freilich nicht übersehen werden, dass die Behörde selbst Interessen zu vertreten hat. An dieser Stelle soll es ausreichen, bloß ihre Aufgaben zur Sicherung des Gemeinwohls und vor allem ihre Entscheidungsmacht in Erinnerung zu rufen. Im Gegensatz dazu stellt die Einschaltung von KonfliktmittlerInnen (MediatorInnen) eine Möglichkeit dar, den Konflikt aus den eigentlichen verwaltungsrechtlichen Entscheidungsvorgängen herauszuheben, Informationsasymmetrien abzubauen, Probleme abzuschichten und private sowie öffentliche Interessenwiderstände ausgleichen zu versuchen. Die Behörde wird dadurch zur Wahrnehmung ihrer eigentlichen Aufgaben freigespielt, ohne zugleich – vor allem bei multipolaren Sachlagen – selbst in eine vermittelnde Rolle gedrängt zu werden, die sie oft gar nicht erfüllen kann und bis zu einem gewissen Grad auch gar nicht auszufüllen hat. Hingegen kann mit 1743 Hiezu schon Heinz Mayer, Verwaltungsrecht vor neuen Herausforderungen: Bürgerbeteiligung und Umweltverträglichkeitsprüfung, AnwBl 1992, 356; siehe aber auch Peter Fessler, 60 Jahre Verwaltungsverfahrensgesetze – Verwaltungsstrafrechtsreform: Sind die österreichischen Verwaltungsstrafgesetze noch zeitgemäß?, 9. ÖJT Bd II/2 (1985) 9 f.
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Mediation im öffentlichen Bereich in Österreich
dem Einschieben einer neuen „Instanz“ in Form einer/eines neutralen Mittlerin/Mittlers das Eigeninteresse der Behörde sichtbar gemacht und dadurch neutralisiert in einen produktiven, gemeinsamen Entscheidungsvorschlag für die Verwaltung transformiert werden1744. Die Umsetzung der im Zuge von drittunterstützten Aushandlungsverfahren zwischen den Beteiligten erzielten Ergebnisse in eine verbindliche öffentlich-rechtliche Entscheidung ist nicht Aufgabe der MediatorInnen, sondern erfolgt durch die zuständige Behörde1745. Damit ist aber freilich noch keineswegs geklärt, inwieweit es überhaupt zulässig ist, „private“ MediatorInnen im vorgegebenen Zusammenhang einzusetzen. Gleiches gilt für die Fragen der zu wählenden Form. Es wird demnach in weiterer Folge zu prüfen sein, wie das Handeln der MediatorInnen rechtlich zu qualifizieren ist, ob es durch deren Einschaltung zu einer Verlagerung der faktischen Verantwortung kommen kann bzw darf und wie mit einer möglichen Abschwächung der Verfahrensdominanz auf Seite der Verwaltung umzugehen ist.
II. Staatliche Aufgabenerfüllung durch (echte) Private A. Der Einsatz von „Privaten“
Die Hinzuziehung intermediärer Akteurinnen und Akteure im Rahmen der Besorgung von Aufgaben der Verwaltung ist der Rechtsordnung keineswegs fremd. So sind die Institute der Beleihung sowie der Verwaltungshilfe etwa zum Zweck der Nutzung des Sachverstands von Privaten, aber auch die Partizipation als Formen der Mitwirkung generell bekannt. Eine neue Dimension erhielten diesbezügliche Überlegungen aber im Kontext der ansteigenden Privatisierungstendenz1746 und dabei insbesondere hinsichtlich der Ausgliederungsbestrebungen aufgrund der damit einhergehenden Effizienz- und Flexibilitätsmotiven1747. 1744 Vgl insbesondere Schulze-Fielitz, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann (Hg), Konfliktbewältigung II 70. 1745 Siehe bereits 2.II.D. 1746 So schon Friedrich Koja, Die Erfüllung hoheitlicher Verwaltungsaufgaben durch Private, in: Felix Ermacora et al (Hg), Allgemeines Verwaltungsrecht (1979) 440 f. 1747 Zu letzterem Argument siehe etwa Bernd-Christian Funk, Allgemeine verwaltungsrechtliche und verwaltungswissenschaftliche Probleme, in: ders (Hg), Die Besorgung öffentlicher Aufgaben durch Privatrechtssubjekte. Rechtsprobleme der Ausgliederungen des Staates in Form von privatrechtlich organisierten Rechtsträgern ohne imperium (1981) 29 ff und Gabriele Kucsko-Stadlmayer,
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Staatliche Aufgabenerfüllung durch (echte) Private
1. Privatisierungsbestrebungen
Die seit drei Jahrzehnten andauernde öffentliche Privatisierungsdiskussion iwS und die seit Beginn der Neunzigerjahre erfolgte Umsetzung der Reformbestrebungen verläuft in Österreich durchaus ähnlich wie in Deutschland1748. Wenig überraschend erscheint es deshalb, dass selbst die Diktion im Zusammenhang mit einer Begriffsklärung und Typologisierung weitgehend übereinstimmt1749. Deutlich wird dies an den Ausführungen von KucskoStadlmayer, die zwischen den Formen der Organisationsprivatisierung (formellen Privatisierung)1750, der funktionalen Privatisierung1751, der Aufgabenprivatisierung (materiellen Privatisierung)1752, der Vermögensprivatisie-
Grenzen der Ausgliederung, 15. ÖJT Bd I/1 (2003) 27 ff; hiezu jüngst auch Franz Merli, Die Zukunft der Verwaltung (2010) 36. 1748 Zur Privatisierung in der kontroversen politischen Diskussion siehe etwa Johannes Hengstschläger, Privatisierung von Verwaltungsaufgaben, in: VVDStRL 54 (1995) 166 ff; die Umsetzungsbemühungen skizzierend Gerhard Baumgartner, Ausgliederung und öffentlicher Dienst (2006) 1 ff. 1749 Siehe 2.III.B.3.b).aa). 1750 Anders als in der deutschen Verwaltungsrechtswissenschaft, die auf Rechtssubjekte des Privatrechts abstellt, wird in Österreich etwa von der Organisationsprivatisierung darüber hinaus die Schaffung von juristischen Personen des öffentlichen Rechts zur Erledigung von bisher durch die von Gebietskörperschaften wahrgenommenen Aufgaben als mit umfasst angesehen, weshalb zB auch vorrangig von Ausgliederung bestehender Verwaltungseinheiten gesprochen wird. Vgl Kucsko-Stadlmayer, 15. ÖJT Bd I/1, 17 ff mwN, die unter Ausgliederung (des Bundes) übrigens einen Vorgang versteht, „bei dem 1. eine Gebietskörperschaft 2. eine Aufgabe, die sie bisher selbst erfüllt hat, 3. auf eine andere, meist mit Sondergesetz neu geschaffene 4. juristische Person überträgt, die keine Gebietskörperschaft ist, 5. die aber in einem Naheverhältnis zur ausgliedernden Gebietskörperschaft verbleibt“. Die so neu geschaffenen Rechtssubjekte werden von ihr als „ausgegliederte Rechtsträger“ bezeichnet, die, insoweit ihnen Hoheitsbefugnisse übertragen werden, wiederum als Beliehene anzusehen seien (19 f und 76). Eine klare Trennlinie zieht insbesondere Baumgartner, Ausgliederung 127 f. Weiters Manfred Matzka, Das B-VG und die atypischen Organisationsformen der österreichischen Verwaltung, in: Stefan Hammer et al (Hg), Demokratie und sozialer Rechtsstaat in Europa. FS Theo Öhlinger (2004) 687; Thomas E. Walzel von Wiesentreu, Entscheidungsbesprechung zu VfGH 2.10.2003, G 121/03 ua, ÖZW 2004, 129. 1751 Zur Heranziehung von (echten) Privaten und dem vielschichtigen Begriff der funktionellen Privatisierung Baumgartner, Ausgliederung 111 ff. 1752 Darunter ist die vom Staat veranlasste Entledigung von einzelnen, bisher von diesem wahrgenommenen, Aufgaben zu verstehen, die in weiterer Folge dem gesellschaftlich-wirtschaftlichen Bereich, dem privaten Sektor, überlassen werden; Kucsko-Stadlmayer, 15. ÖJT I/1, 11.
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Mediation im öffentlichen Bereich in Österreich
rung1753 und – als einer weiteren Spielart – der Finanzierungsprivatisierung, etwa im Hinblick auf PPP-Projekte, unterscheidet1754. Von gegenständlichem Interesse sind aber vor allem die Organisationsprivatisierung, zu der iwS die Beliehenen gezählt werden können1755, als auch die funktionale Privatisierung, die ua die VerwaltungshelferInnen mit umfasst1756. Im Vordergrund stehen also Privatisierungsmaßnahmen, denen zufolge Verwaltungsaufgaben1757 weitgehend in der Hand des Staates verbleiben. Die Aufgaben selbst oder zumindest Teile davon werden jedoch 1753 Zur Veräußerung von Anteilsrechten an einem öffentlichen Unternehmen durch öffentliche Unternehmensträger oder andere öffentliche Unternehmen etwa auch Michael Potacs, Öffentliche Unternehmen, in: Bernhard Raschauer (Hg), Grundriss des österreichischen Wirtschaftsrechts2 (2003) Rz 912; im Überblick Baumgartner, Ausgliederung 107 ff. 1754 Im Überblick Kucsko-Stadlmayer, 15. ÖJT I/1, 10 ff; in diese Richtung bereits zuvor dies, Verfassungsrechtliche Schranken der Reduzierung und Ausgliederung von Staatsaufgaben, in: ÖJK (Hg), Kritik und Fortschritt im Rechtsstaat. Rechtsstaat – Liberalisierung und Strukturreform (1998) 173 ff. Zur Privatisierung und deren Typologisierung siehe weiters Hengstschläger, in: VVDStRL 54, 170 f; Bernd-Christian Funk, Ausgliederungen im Landesbereich. Allgemeine verfassungs- und verwaltungsrechtliche Aspekte, in: Amt der Kärntner Landesregierung (Hg), Bildungsprotokolle I (1997) 16 f; ders, Entscheidungsbesprechung zu VfSlg 14473/1996, ÖZW 1997, 60; Thomas E. Walzel von Wiesentreu, Rechtsfragen der Ausgliederung öffentlicher Aufgaben, insbesondere im kommunalen Bereich, ÖGZ 12/1997, 12; Peter Bußjäger, Die Organisationshoheit und Modernisierung der Landesverwaltung. Eine verfassungsdogmatische und verwaltungswissenschaftliche Untersuchung (1999) 311 ff; Katharina Pabel, Verfassungsrechtliche Grenzen der Ausgliederung, JRP 2005, 221; Baumgartner, Ausgliederung 116 ff; Bernhard Raschauer, Verwaltungsaufgaben, in: Gerhart Holzinger et al (Hg), Österreichische Verwaltungslehre2 (2006) 226 f; Ludwig K. Adamovich et al, Österreichisches Staatsrecht IV (2009) Rz 46.047; Christoph Grabenwarter/Michael Holoubek, Verfassungsrecht – Allgemeines Verwaltungsrecht (2009) Rz 830 ff. 1755 Am Ende der Organisationsprivatisierung steht unverändert eine Staatsaufgabe, die entweder durch eine dem Staat zurechenbare Organisationseinheit oder durch einen Beliehenen wahrgenommen wird. Hier mit Blick auf die deutsche Lehre siehe 2.III.B.3.b).aa).aaa). 1756 Hengstschläger, Aussprache, in: VVDStRL 54, 351, zB zählt die Einbindung Privater in das Verwaltungsverfahren durch Zukauf von Fachwissen übrigens nicht zu den Privatisierungsvorgängen. 1757 Wenn hier von Verwaltungsaufgaben die Rede ist, dann sind – in Anlehnung an Hengstschläger, in: VVDStRL 54, 173 – davon jene staatlichen Agenden erfasst, die einem Verwaltungsorgan entweder ausdrücklich per Gesetz übertragen wurden oder ihm zumindest mittelbar gem dem Sinn und Zweck der einschlägigen Norm überantwortet sind. Der Untersuchung wird also ein formaler Aufgabenbegriff zugrunde gelegt. Siehe auch Bernhard Raschauer, Allgemeines Verwal-
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Staatliche Aufgabenerfüllung durch (echte) Private
von hiefür eigens betrauten Privaten, dh „grundsätzlich“ von natürlichen oder juristischen Personen des Privatrechts, erledigt1758. 2. Eckdaten zur Beleihung
Die Beleihung stellt ein Rechtsinstitut dar, das die Stellung von jenen RechtsträgerInnen zu umschreiben versucht, denen als natürliche1759 oder juristische Personen des Privatrechts1760 nach außen wirkende, hoheitliche Kompetenzen übertragen werden und die außerhalb der Verwaltungsorganisation stehen1761. Die auf diese Weise Beliehenen werden demnach dazu ermächtigt, bestimmte einzelne hoheitliche Befugnisse in den Formen des öffentlichen Rechts (= den hoheitlichen Verwaltungsakten1762) selbständig (in eigetungsrecht3 (2009) Rz 686, demzufolge die Verwaltungsaufgaben eine Teilmenge der Staatsaufgaben bilden. 1758 Vgl hiezu aus der deutschen Lit Burgi, in: Erichsen/Ehlers (Hg), Verwaltungsrecht14 § 10 Rz 7 ff. 1759 Martin Krajcsir, Staatliche Hoheitsverwaltung durch Private. Inhaltliche Bestimmungen, ordnende Typologie und verfassungsrechtliche Erwägungen (1999) 114 ff, qualifiziert in diesem Kontext als private natürliche Personen jene, die weder Beamtinnen bzw Beamten im Rahmen ihrer Dienstausübung noch sonstige (ehrenamtliche) Funktionäre des Staates im Rahmen ihrer Amtsausübung sind. Erfasst sind also Personen, die im Hinblick auf die konkrete Handlungsermächtigung weder durch ein Dienstverhältnis noch durch Wahl in die Staatsorganisation eingeordnet und dadurch bereits zu einer/einem OrganwalterIn eines Organs im organisatorischen Sinn werden. 1760 Zur Diskussion um die Übertragung von Hoheitsaufgaben auf juristische Personen des öffentlichen Rechts und deren Nichtzuordnung zu den Beleihungsphänomenen trotz der „gleichen“ verfassungsrechtlichen Anforderungen etwa Kucsko-Stadlmayer, 15. ÖJT Bd I/1, 76 f; Erich Pürgy, Eigener und übertragener Wirkungsbereich der nicht territorialen Selbstverwaltung, JRP 2006, 305; Baumgartner, Ausgliederung 250 f. 1761 Kucsko-Stadlmayer, 15. ÖJT Bd I/1, 75; Theo Öhlinger, Verfassungsrecht8 (2009) Rz 571. 1762 Hiezu zählen auch Befugnisse zur Ausübung behördlicher Befehls- und Zwangsgewalt; Martin Köhler, Art 129a B-VG, in: Karl Korinek/Michael Holoubek (Hg), Österreichisches Bundesverfassungsrecht. Textsammlung und Kommentar II/2 (Stand 1999) Rz 53. Im vorgegebenen Kontext dienen als Beispiel die Fleischuntersuchungsorgane, die vormals gem § 26 FleischuntersuchungsG und mittlerweile gem § 35 Abs 2 LMSVG, BGBl I 13/2006 idF BGBl I 95/2010, zur Entnahme von Proben ermächtigt waren bzw sind. Ernst Muhr, Fleischuntersuchungsorgane, ÖJZ 1991, 773, folgert daraus, dass es sich hiebei um Beliehene handelt. Eine diesbezügliche Qualifizierung – von einer solchen geht übrigens auch Andreas Hauer, Lebensmittelrecht im Wandel. Das Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz im Überblick, ÖJZ 2007, 319, aus – ist nach der neuen Rechtslage wohl unumstritten, da die Aufsichtsorgane darüber hinaus
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Mediation im öffentlichen Bereich in Österreich
nem Namen1763) wahrzunehmen1764. Sie bleiben im Kern ihrer Betätigung Private1765, werden jedoch Organe im funktionellen Sinn, ohne zugleich in den Behördenorganismus organisatorisch eingegliedert zu sein1766. Die Bebefugt sind, bei der Wahrnehmung von Verstößen gegen lebensmittelrechtliche Vorschriften eine Organstrafverfügung gem § 50 VStG erlassen oder nach Maßgabe von § 21 VStG vorgehen zu können. Zur Zulässigkeit der Ermächtigung von Beliehenen zur Erteilung von Organmandaten iSd § 50 VStG aus verfassungsrechtlicher Sicht siehe wiederum Theo Öhlinger, Überlegungen zu den rechtlichen Möglichkeiten und Grenzen einer Verkehrsüberwachung durch Private, ZVR 1992, 155. AA hinsichtlich der Feststellung, dass die Einräumung von Befugnissen zur Ausübung behördlicher Befehls- und Zwangsgewalt die Qualifizierung von Privaten als Beliehene rechtfertigt, ist Karl Weber, Die Betriebsfeuerwehr – ein Verwaltungsinstitut im Spannungsfeld von Bundes- und Landesrecht, ZfV 1982, 455 f, der im Zusammenhang mit der Einrichtung von Betriebsfeuerwehren – trotz Darlegung der Befugnis zur Setzung von Akten der unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt – von einer „administrativen Inpflichtnahme eines Unternehmens zu einer feuerpolizeilichen Exekutionsfunktion“ spricht. Zur eingeschränkten Befugnis der Verordnungserlassung siehe unten 3.II.B.3. 1763 Krajcsir, Hoheitsverwaltung 132, schlägt hiefür die Wendung „in eigener Entscheidungskompetenz“ vor. Siehe im deutschen Schrifttum etwa Burgi, in: Geis/ Lorenz (Hg), FS Maurer 586, der hiebei von der Erbringung der intendierten Verwaltungstätigkeit „aus einer Hand“ spricht. Die Formulierung „in eigenem Namen“ sei hingegen unglücklich, da es sich nicht um die Abgabe und Entgegennahme von Willenserklärungen handle. 1764 Heinz Schäffer, Erfüllung von Verwaltungsaufgaben durch Private (Beleihung und Inpflichtnahme), in: Bundeskammer der gewerblichen Wirtschaft (Hg), Erfüllung von Verwaltungsaufgaben durch Privatrechtssubjekte (1974) 71. Die Ermächtigung zu hoheitlichem Handeln stellt eine Zurechnungsregel dar, wonach Private innerhalb der ihnen zugewiesenen Handlungsermächtigung als Staatsorgane tätig werden; so Krajcsir, Hoheitsverwaltung 59 f. 1765 Außerhalb des spezifischen hoheitlichen Ermächtigungsbereichs besteht jedoch keine Sonderstellung; so Raschauer, Verwaltungsrecht3 Rz 116 mit Hinweis ua auf VwGH 19.9.2001, 99/09/0248, in dem der VwGH festhält, dass Mittel, die eine juristische Person des Privatrechts (hier ÖNB; zur Frage, ob diese überhaupt als juristische Person des Privatrechts anzusehen ist, Theo Öhlinger, Die Stellung der Österreichischen Nationalbank im Kontext des Gemeinschaftsrechts, in: ÖJK (Hg), Neuere Entwicklungen des österreichischen Bankenrechts im europäischen Zusammenhang – eine verfassungsrechtliche und grundrechtliche Analyse (2002) 16) ihren DienstnehmerInnen aufgrund einer ihr geschaffenen privatrechtlichen Vorsorge auszahlt, auch dann nicht als öffentliche Mittel angesehen werden können, wenn die juristische Person in Teilbereichen hoheitliche Funktionen ausübt, sofern die Mittel zur Bedeckung von Versorgungsleistungen ebenfalls privatrechtlichen Quellen entfließen. 1766 Schäffer, in: Bundeskammer (Hg), Erfüllung 62; Karl Wenger, Grundriss des österreichischen Wirtschaftsrechts. Allgemeine Grundlagen. Wirtschaftsverfas-
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leihung selbst erfolgt durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes durch sonstigen Hoheitsakt, also zB durch Bescheid1767. Die hoheitlichen Akte der Beliehenen bzw durch deren OrganwalterInnen gelten im Rechtssinn jeweils als Hoheitsakte der betreffenden Gebietskörperschaft1768. Beendet sungsrecht I (1989) Rz 518; Öhlinger, ZVR 1992, 146; Karl Korinek/Rudolf Jirovec, Die Zustimmung der Verbundgesellschaft zum Abschluss von Stromlieferungsverträgen mit dem Ausland, in: Michael Enzinger et al (Hg), Aktuelle Probleme des Unternehmensrechts. FS Gerhard Frotz zum 65. Geburtstag (1993) 624; Walter Antoniolli/Friedrich Koja, Allgemeines Verwaltungsrecht. Lehr- und Handbuch für Studium und Praxis3 (1996) 401; Krajcsir, Hoheitsverwaltung 60; Funk, in: Amt (Hg), Bildungsprotokolle I 27; Walzel von Wiesentreu, ÖZW 2004, 129. 1767 Siehe bereits Koja, in: Ermacora et al (Hg), Verwaltungsrecht 457, der im ersten Fall von einer gesetzlichen Kompetenzzuweisung und im zweiten von einer administrativen Delegierung hoheitlicher Befugnisse spricht; weiters Heinz Peter Rill, Zum Verwaltungsbegriff, in: Felix Ermacora et al (Hg), Allgemeines Verwaltungsrecht (1979) 55; Raschauer, Verwaltungsrecht3 Rz 116; Arno Kahl/Karl Weber, Allgemeines Verwaltungsrecht3 (2011) Rz 280. Während Schäffer, in: Bundeskammer (Hg), Erfüllung 79 f, darüber hinaus davon ausgeht, dass neben dem Bestellungsakt ein privatrechtlicher Vertrag die Dienstleistungen bedingen könne, setzt Walter Schragel, Kommentar zum Amtshaftungsgesetz (AHG)3 (2003) Rz 29, ganz grundsätzlich voraus, dass „die Beleihung auch durch einen Vertrag erfolgen kann; zwischen dem Beleiher und dem Beliehenen gilt im Innenverhältnis sodann Privatrecht, wogegen die Beziehung zwischen dem Beliehenen und dem Dritten als Folge der privatrechtlichen Einräumung hoheitlicher Befugnisse hoheitlicher Natur ist“. Schragel stützt sich dabei auf das Judikat des OGH vom 4.6.1996, 1 Ob 27, 28/95. Hierin hält der Gerichtshof fest, dass ein/e UnternehmerIn, der/dem ein/e Strafgefangene/r auf Grund eines privatrechtlichen Vertrags mit der Strafvollzugsbehörde (namens des Bundes) im Zuge des gelockerten Strafvollzugs zu Arbeitsleistungen überlassen werde, die Stellung eines Organs iSd § 1 Abs 2 AHG zukomme. Es ist damit aber keineswegs ausgesagt, dass die Privatperson als Beliehene/r in dem hier verfolgten Verständnis anzusehen ist. Auch der OGH differenziert, wenn er ausführt, dass es gleichgültig sei, ob die Privatperson mit Hoheitsrechten mit der Verpflichtung, diese wahrzunehmen, beliehen und dadurch mit der Kompetenz, über die Erlassung von Hoheitsakten selbständig zu entscheiden, ausgestattet oder bloß in die Erfüllung hoheitlicher Aufgaben eingebunden werde, um andere Organe bei deren Besorgung hoheitlicher Aufgaben zu unterstützen oder zu entlasten, ohne dass damit eine Kompetenz zur Setzung von Hoheitsakten kraft selbständiger Entschließung verbunden wäre, weil in jedem Fall eine Heranziehung von Privatpersonen zur Besorgung hoheitlicher Aufgaben und damit deren Organstellung zu bejahen ist. Nicht unerwähnt bleiben soll, dass der OGH seinerseits den Begriff der Beleihung mitunter weiter fasst, als dies hier vorgeschlagen wird; siehe hiezu insbesondere 3.II.16. 1768 Adamovich et al, Staatsrecht IV Rz 46.040; Raschauer, Verwaltungsrecht3 Rz 116.
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wird das Verhältnis der Beleihung entweder ex lege mit Eintritt gesetzlicher Erlöschungstatbestände (Erreichen der Altersgrenze, Zeitablauf) oder mittels Widerruf1769. Im Zweifelsfall kann das Bestehen einer organisatorischen Verbindung von Privaten und Gebietskörperschaft als wichtiges Indiz für die Beliehenenqualität herangezogen werden. Ausdrücklich normierte Akte der behördlichen Bestellung, der Beeidigung, der Ausfolgung eines Dienstausweises, der Ingerenz sowie der Abberufung stellen dabei für den Abgrenzungsvorgang einzelne Anhaltspunkte dar, die für das Vorliegen von hoheitlichen Handlungsermächtigungen und folglich für ein dem Staat zurechenbares Handeln sprechen1770. Daraus kann wiederum umgekehrt gefolgert werden, dass dort, wo jegliche Verbindung von Funktion und organisatorischer Zuordnung fehlt, im Zweifel keine Kompetenz zur Setzung von hoheitlichen Akten durch Private vorliegt1771. Immer kommt es aber auf eine Gesamtbetrachtung der – sich insbesondere aus dem Bestellungsakt und seiner gesetzlich normierten Folgen ergebenden1772 – organisatorischen Beziehung an, denn nicht in jedem Fall liegen alle typischen Merkmale für ein „Bestellt-Sein“ (iSd § 1 Abs 2 AHG) vor bzw sind diese gleichermaßen stark ausgeprägt1773. Keine Beleihung liegt hingegen dann vor, wenn Private von der Behörde für lediglich vorbereitende oder vollziehende Tätigkeiten im Rahmen der Hoheitsverwaltung herangezogen werden (Verwaltungshilfe), sie zur Erledigung von Aufgaben der Privatwirtschaftsverwaltung1774 (zB als SubventionsmittlerInnen1775) bevollmächtigt oder privatrechtlich (etwa zur Sachmittelbeschaffung für Zwecke der Hoheitsverwaltung) beauftragt oder aber lediglich zur Erfüllung von öffentlich-rechtlichen Pflichten (zB zur Lohnsteuerabfuhr durch die ArbeitgeberInnen) unterworfen werden1776. 1769 Schäffer, in: Bundeskammer (Hg), Erfüllung 80; Wenger, Grundriss Rz 520. 1770 Siehe auch Krajcsir, Hoheitsverwaltung 70 ff. 1771 „Einen Hoheitsakt, der nicht dem Staat zugerechnet werden kann, gibt es nicht“; so Bußjäger, Organisationshoheit 224 f. 1772 Vgl Krajcsir, Hoheitsverwaltung 79. 1773 Siehe Bernd-Christian Funk, Der verfahrensfreie Verwaltungsakt. Die „faktische Amtshandlung“ in Praxis und Lehre. Eine Integration von Ordnungsvorstellungen auf dem Gebiete des Verwaltungsaktes (1975) 161 ff, insbesondere FN 152 sowie Josef Aichlreiter, Österreichisches Verordnungsrecht. Ein systematisches Handbuch I (1988) 316. 1774 Auf Aspekte der Privatwirtschaftsverwaltung wird hier übrigens nur in den Fällen notwendiger Abgrenzungsfragen eingegangen. 1775 Zur Betrauung von Privatrechtssubjekten mit Aufgaben der nichthoheitlichen Verwaltung siehe schon Elmar Puck, Nichthoheitliche Verwaltung. Typen und Formen, in: Felix Ermacora et al (Hg), Allgemeines Verwaltungsrecht (1979) 301 f; Adamovich et al, Staatsrecht IV Rz 46.044. 1776 Raschauer, Verwaltungsrecht3 Rz 117 f.
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3. Eckdaten zur Verwaltungshilfe
Auch wenn die Heranziehung von VerwaltungshelferInnen kein neuartiges Phänomen darstellt1777, präsentieren sich im Schrifttum, anders als für den Bereich der Beleihung, die Begriffsbildungsversuche zur Verwaltungshilfe uneinheitlich und für eine präzise Abgrenzung nur bedingt geeignet1778. a) Meinungsstand
Für die verschiedenen Formen der Mitwirkung Privater an der Erfüllung von Aufgaben der Verwaltung werden – oft ohne weitere Differenzierung – der Begriff der Inpflichtnahme1779 und/oder jener der Indienstnahme1780 in einem mitunter engen oder auch weiten Verständnis verwendet1781. Noch 1777 Siehe Baumgartner, Ausgliederung 112, der dem Begriff jedoch ein sehr weites Verständnis zugrundelegt und vor allem keinerlei Differenzierung zwischen Hoheits- und Privatwirtschaftsverwaltung vornimmt. 1778 Zusammenfassend und mit weiteren Hinweisen Krajcsir, Hoheitsverwaltung 46 ff. 1779 Koja, in: Ermacora et al (Hg), Verwaltungsrecht 442; Wenger, Grundriss Rz 519; Antoniolli/Koja, Verwaltungsrecht3 401; Bußjäger, Organisationshoheit 230; Gerhart Holzinger, Die Organisation der Verwaltung, in: Gerhart Holzinger et al (Hg), Österreichische Verwaltungslehre2 (2006) 170 sowie 172. Differenzierter Adamovich et al, Staatsrecht IV Rz 46.044, die darunter die Beiziehung von Privaten zu unterstützenden und verwaltungsentlastende Tätigkeiten verstehen, welche aufgrund gesetzlicher Bestimmungen unabhängig von deren Zustimmung zur Erfüllung von Aufgaben der öffentlichen Verwaltung verpflichtet werden können. So auch Weber, ZfV 1982, 456: „administrative Inpflichtnahme“ eines Unternehmens als Folge gesetzlicher (Zwangs-)Verpflichtungen. 1780 Adamovich et al, Staatsrecht IV Rz 46.044, bezeichnen hiemit jene Betrauungsverhältnisse zwischen Verwaltung und Privaten, die aufgrund einer vorherigen Zustimmung der/des Betroffenen entstehen. 1781 So erkennt etwa Puck, in: Ermacora et al (Hg), Verwaltungsrecht 302, im Zusammenhang mit Tätigkeiten der nichthoheitlichen Verwaltung in der Inpflichtnahme zur Erbringung besonderer nicht (unmittelbar) in Geld bestehender öffentlich-rechtlich geregelter Leistungspflichten noch eine Heranziehung zu öffentlicher Verwaltungshilfe. In diesem Sinn auch Adamovich et al, Staatsrecht IV Rz 46.044. Demgegenüber schränkt Wenger, Grundriss Rz 523, ein, dass sich die den Privaten „übertragenen Hilfsfunktionen bei der Besorgung von Aufgaben der öffentlichen Verwaltung (...) nur auf nichthoheitliches Verwaltungshandeln, insbesondere die vertragliche Gewährleistung von Subventionen, beziehen“ können. Das Problem der Abgrenzung in Folge der unterschiedlichen Verwendung des Begriffs der Indienstnahme veranschaulichend Holoubek, SUB extra 1992, 23 FN 37, der selbst zu einem engeren Begriffsverständnis neigt, wonach mit der Indienstnahme eine derart enge, in einem unmittelbaren Zusammenhang stehende Mitwirkung von Privaten an der Verwaltung gemeint sei, dass auch die entsprechende Tätigkeit der/des Privaten als Verwaltung im verfassungsrechtli-
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diffiziler wird es, wenn – in diesem Kontext aber wohl zu Recht – begrifflich zwischen dem grundsätzlichen Vorgang der staatlichen Veranlassung einerseits, also der Indienstnahme oder Inpflichtnahme, und dessen Ergebnis andererseits, hier eben nicht bloß Indienstgenommene/r bzw In pflicht ge nommene/r, sondern VerwaltungshelferIn, unterschieden wird1782. Aber nicht nur deswegen kommt es vereinzelt zur nicht unberechtigten Kritik an dieser Begriffswahl. So hält etwa Raschauer den Terminus der Indienstnahme deshalb für nicht treffend, da weder ein öffentlich-rechtliches noch ein privatrechtliches Dienstverhältnis begründet werde. Auch die Verwendung des Begriffs der Inpflichtnahme könne Abgrenzungsprobleme gegenüber dem Feld der öffentlich-rechtlichen (Bürger-)Pflichten (zB Gehsteigreinigung, Abführen der Lohnsteuer durch die/den DienstgeberIn1783)1784 auslösen, die selbst in keinster Weise mit den Fragen der Organstellung oder der Beleihung in Verbindung stehen1785. Raschauer selbst zielt übrigens einzig auf die Kennzeichnung der/des Privaten ab und verwendet hiefür die Bezeichnung der VerwaltungshelferInnen1786. Krajcsir wiederum lehnt die Verwendung dieser beiden Begriffe ebenso ab wie jenen der Verwaltungshilfe1787. Er schlägt demgegenüber die Etablierung einerseits des in erster Linie aus dem deutschen Schrifttum entlehnten Begriffs der „(technischen) Erfüllungshilfe“ für Private, die dienende und chen Sinn zu qualifizieren sei. Damit könne jedoch nur jene – vom Instrument der Beleihung zu unterscheidende – Mitwirkungsmöglichkeit Privater erfasst werden, die in einer Hilfsfunktion für die staatliche Verwaltung bestehe, wobei das Handeln der/des Privaten aber letztlich jedenfalls einem Verwaltungsorgan zurechenbar sein müsse. 1782 In diese Richtung zB Weber, ZfV 1982, 456, wenn er zum einen hinsichtlich der Einrichtung der Betriebsfeuerwehr von einem Fall der administrativen Inpflichtnahme und zum anderen von der Einbindung dezentralisierter Institute der Verwaltungshilfe spricht. So im Grund auch Adamovich et al, Staatsrecht IV Rz 46.044, die jene Privatpersonen, die zur vorbereitenden oder ausführenden Unterstützung im Rahmen der Hoheitsverwaltung herangezogen werden, als VerwaltungshelferInnen bezeichnen. 1783 Hingegen schlichthoheitliches Handeln annehmend Schäffer, in: Bundeskammer (Hg), Erfüllung 66; ihm folgend Koja, in: Ermacora et al (Hg), Verwaltungsrecht 454. 1784 Wobei sich mE gerade auf diese Pflichten bezogen der Begriff Inpflichtnahme eignet. 1785 Raschauer, Verwaltungsrecht3 Rz 121; vgl hiezu auch Michael Holoubek, Durchführung der Vereinsaufgaben mit öffentlichen Mitteln. Zu allgemein verwaltungsrechtlichen und haushaltsrechtlichen Bindungen des Vereins für Bewährungshilfe, SUB extra 1992, 23 FN 37 sowie Krajcsir, Hoheitsverwaltung 84 ff. 1786 Etwa Raschauer, Verwaltungsrecht3 Rz 119. 1787 Hiezu Krajcsir, Hoheitsverwaltung 55 f sowie 119 f.
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unselbständige Funktionen erfüllen und als Werkzeug der Verwaltung agieren, und andererseits jenen der „Verwaltungsassistenz“ vor, womit „relativ“ selbständige schlichthoheitliche Handlungen von Privaten, die jedoch nicht zur Erlassung von Hoheitsakten ermächtigt sind, erfasst werden sollen1788. Ob nun diese grundsätzlich nachvollziehbaren Begriffskreationen tatsächlich helfen, die hier angesprochenen Tätigkeiten von Privaten in geeigneterer Weise einzuordnen, darf aus mehrerlei Gründen bezweifelt werden. Zum einen räumt Krajcsir selbst ein, dass eine klare Abgrenzung zwischen den beiden Begriffen nicht immer möglich sei bzw in einigen Fällen insofern Probleme bereite, da auch den ErfüllungshelferInnen bei der Durchführung ihrer aufgrund behördlicher Anordnungen zu erfolgenden Tätigkeiten ein gewisser – wenn auch nur geringer – selbständiger Handlungsspielraum verbleibe. Deshalb sei der sich aus der typologischen Zuordnung ergebende Gegensatz zur Verwaltungsassistenz auch nur ein relativer1789. Zum anderen ist nicht zu erkennen, dass für die einzelnen Anlassfälle, die hier von ihm (künstlich) auseinander dividiert werden, unterschiedliche rechtliche Anordnungen zutreffen. Selbst im dt Schrifttum, das ja Krajcsir für seine Überlegungen fruchtbar zu machen versucht, wird etwa das Unterscheidungsmerkmal der Unselbständigkeit, das hierin als inhaltlich vage und zur Abgrenzung zu anderen Instituten für nicht notwendig beschrieben wird, mittlerweile in Frage gestellt1790. Und schließlich soll noch auf Funk verwiesen werden, der die zur Vorbereitung und Unterstützung der Verwaltung bei der Erfüllung von hoheitlichen und nichthoheitlichen Aufgaben Privaten als „private VerwaltungshelferInnen“ bezeichnet. Dabei handle es sich um einen „ausgliederungsähnlichen Vorgang“, der in die Kategorie der Funktionsprivatisierung falle1791. b) Eine erste Grobskizzierung
Letztlich wird aber ähnlich der traditionellen deutschen Lehre zur Verwaltungshilfe1792 auch im österreichischen Verständnis hiebei grundsätzlich von Privaten ausgegangen, die aufgrund eines konkreten Auftrags mittels Bescheid oder Vertrag1793 zur Leistung von (unselbständigen) Beiträgen im 1788 Krajcsir, Hoheitsverwaltung 120 ff. 1789 Siehe Krajcsir, Hoheitsverwaltung 140 FN 606. 1790 Vor allem im Sog der Amtshaftungsproblematik hat die Qualifizierung der Figur der unselbständigen Verwaltungshilfe (im Kontext mit der mittlerweile selbst weitgehend überholten sog. Werkzeugtheorie) lange Zeit eine Rolle gespielt; vgl 2.III.B.3.b).aa).bbb). 1791 Vgl Funk, in: Amt (Hg), Bildungsprotokolle I 29. 1792 Siehe 2.III.B.3.b).aa).bbb). 1793 Raschauer, Verwaltungsrecht3 Rz 119. Ob die Bestellung aufgrund eines Bescheids oder mittels privatrechtlichem Vertrag erfolgt, ist in erster Linie den An-
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Rahmen der (Hoheits-)Verwaltung beauftragt sind, um sodann vorbereitende, unterstützende oder durchführende Aufgaben privatrechtsförmig oder in Formen eines Realakts zu besorgen. Hoheitliche Befugnisse – und hierin liegt das zentrale Unterscheidungsmerkmal zu den Beleihungen – werden ihnen dabei nicht übertragen1794. Auch wenn, wie hieraus abzuleiten ist, den ordnungen des jeweiligen Gesetzes zu entnehmen; siehe hiezu auch VwGH 27.6.1995, 94/07/0102. Fehlen diesbezüglich ausdrückliche oder implizite Regelungen, seien – so Andreas Hauer, Unternehmen im Dienst der Hoheitsverwaltung, JBl 1993, 483 f – in einem jeden Einzelfall die verfassungs- und einfachgesetzlichen Rahmenbedingungen dahingehend zu überprüfen, welchem der Gestaltungsmittel der Vorzug einzuräumen sei. Hauer folgert dies insbesondere aus den verfassungsrechtlichen Prinzipien der Zweckmäßigkeit und der Sachlichkeit. Sowohl für die bescheidmäßig zu erfolgende Hinzuziehung Privater als auch für den Abschluss privatrechtlicher Verträge sei die jeweils im hoheitlichen Bereich, für dessen Bewältigung die Beiziehung von Privaten notwendig werde, vollzugskompetente Behörde zuständig (486 f). Im Rahmen der mittelbaren Bundesverwaltung seien – so Hauer weiter – die privatrechtlichen Verträge von den Landesbehörden für den Bund als Träger von Privatrechten abzuschließen (siehe auch VwGH 12.11.1991, 91/07/0115). Art 104 Abs 1 B-VG stehe dieser Vorgehensweise nicht entgegen (487 f). Handle es sich um Angelegenheiten der Landesverwaltung nach Maßgabe der Art 11 und 12 B-VG, sei der Bundesgesetzgeber zuständig, die Beiziehung Privater aufgrund eines Vertrags durch Organe der Länder und damit einen Teilbereich der Privatwirtschaftsverwaltung der Länder zu regeln; dem stehen seiner Meinung nach keine kompetenzrechtlichen Bedenken entgegen (490; vgl auch schon Heinz Schäffer, Die sogenannte Privatwirtschaftsverwaltung und das Gesetz, in: Felix Ermacora et al (Hg), Allgemeines Verwaltungsrecht (1979) 270 FN 65). Zur Abgrenzung der Kompetenzen des Materien- sowie Organisationsgesetzgebers bei hoheitlicher Rechtsgestaltung siehe weiters 3.II.B.6.a). 1794 Besonders sichtbar wird dies am klassischen Beispiel des Entfernens von Kraftfahrzeugen gem § 89a Abs 2 StVO, BGBl 159/1960 idF BGBl I 50/2012, sowie bei unverzüglich durchzuführenden Sicherungsmaßnahmen iSd §§ 62 Abs 1, 73 Abs 2 AWG 2002, BGBl I 102/2002 idF BGBl I 35/2012 (vgl bereits Martin Kind, § 32 AWG, in: ders et al (Hg), AWG. Abfallwirtschaftsgesetz (1999) § 32, 522; weiters Andreas Hauer, § 73 AWG, in: ders et al (Hg), Abfallwirtschaftsgesetz 2002. AWG 2002. Kommentar (2004) 436; Wolfgang List, § 73 AWG, in: ders/Christian Schmelz, Abfallwirtschaftsgesetz 2002. AWG 2002. Kommentar3 (2009) 455), und bei der Durchführung notstandspolizeilicher Maßnahmen nach § 31 Abs 3 WRG 1959, BGBl 215/1959 idF BGBl I 14/2011 (zur Beauftragung mittels zivilrechtlichen Vertrag siehe Richard Kaan (Hg), Wasserrechtsgesetz 1959 in der Fassung der Novelle BGBl 252/902 (1990) 148; Bernhard Raschauer, Kommentar zum Wasserrecht (1993) § 31 Rz 12; siehe aber auch Franz Oberleitner, Das österreichische Wasserrechtsgesetz 1959 idF der WRG-Novelle 2003. Kurzkommentar (2004) § 31 WRG Rz 10), wobei in diesen Fällen die Privaten allesamt aufgrund von privatrechtlichen Verträgen zur Aufgabenerledigung beigezogen werden. Zum Einsatz Privater im Zuge der Ersatzvornahme gem § 4
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VerwaltungshelferInnen keine selbständige Organstellung eingeräumt wird1795, so bedingt jedoch der gegebene enge Zusammenhang zwischen dem Handeln der VerwaltungshelferInnen und der Verwaltung, dass die Tätigkeiten der Privaten dem Staat zuzurechnen sind1796. c) Grenzfälle
Abgrenzungsversuche zum Instrument der Beleihung gestalten sich mitunter nicht immer einfach. Dies zeigt sich etwa an den Beispielen von Aufsichts- bzw Überwachungstätigkeiten von Privaten. So bezeichnet R aschauer die Tätigkeiten jener Privaten als Grenzfälle, die quasi als „verlängerter Arm der Behörde“ fungieren1797. In diesem Kontext werden etwa die Institute der Regierungskommissäre nach Maßgabe des § 70 Abs 3 BWG1798, die Bauaufsichtsorgane für Deponien sowie die Deponieaufsichtsorgane gem §§ 49 und 63 Abs 3 AWG 20021799, nicht aber zB die der staatlich veranlassten gesellschaftlichen Selbstregulierung zuzurechnenden betriebsinternen Abfallbeauftragten iSd § 11 AWG 20021800, genannt. Der Unterschied zur vorhin gezeigten Form der (mehr oder weniger unselbständigen) VerwaltungshelferInnen ergibt sich bei diesen durch deren verstärktes eigenständiges TätigVVG ua Kurt Ringhofer, Die österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze samt den einschlägigen Gesetzen und Verordnungen, erläuternden Anmerkungen und einer ausführlichen Übersicht über die Rechtsprechung II (1992) § 4 VVG Anm 7; darauf aufbauend Robert Walter/Rudolf Thienel (Hg), Die österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze II2 (2000) § 4 VVG Rz 11; dies, Die österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze17 (2008) § 4 VVG Anm 4; sowie bei der Gefahrenabwehr siehe schließlich Hauer, JBl 1993, 482. 1795 Siehe Raschauer, Verwaltungsrecht3 Rz 119; bereits Ludwig K. Adamovich/ Bernd-Christian Funk, Allgemeines Verwaltungsrecht3 (1987) 328, sprechen hiebei von der Begründung einer unselbständigen Organfunktion der/des Privaten. 1796 Vgl Holoubek, SUB extra 1992, 23. 1797 Raschauer, Verwaltungsrecht3 Rz 120. Siehe auch UVS Stmk 30.1.2006, 30.1.–1, 2, 3, 4/2006-2 = UVS-Slg 2006/54, UVS aktuell 2006, 63. 1798 BGBl 532/1993 idF BGBl I 20/2012. Siehe bereits Rene Laurer, § 70 BWG, in: ders et al (Hg), Bankwesengesetz3 (Stand 2008) Rz 9 ff. 1799 Vgl hiezu Christian Schmelz, §§ 49 und 63 AWG, in: Wolfgang List/Christian Schmelz, Abfallwirtschaftsgesetz 2002. AWG 2002. Kommentar3 (2009) 337 f und 417 ff. 1800 So schon Werner Hochreiter, Die Rechtsstellung des Umweltbeauftragten im Betrieb am Beispiel des Abfallbeauftragen I, RdU 1994, 46 sowie 49, wenn auch auf Grundlage der mittlerweile überholten Bestimmung des § 9 AWG. Ebenso Dietmar Pauger, Verhältnis zum gewerberechtlichen Geschäftsführer, in: Ferdinand Kerschner (Hg), Der Umweltbeauftragte im Betrieb. Aufgaben und Haftung (1997) 79.
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werden1801. Die Eigenständigkeit reicht aber auch hier (meist) nicht so weit, dass von einer Übertragung von Hoheitsgewalt – mithin mit Kompetenz zu rechtssetzenden Akten oder zu Zwangsakten – zu sprechen wäre1802. Vielmehr trifft die Entscheidungen für mögliche Maßnahmen ausschließlich die zuständige Behörde. Eine Organstellung im organisatorischen Sinn scheidet wohl aufgrund der Tatsache, dass es sich hiebei um Privatpersonen und nicht um OrganwalterInnen einer Gebietskörperschaft handelt, ebenso aus, wie letztlich auch eine funktionelle Organstellung, da die von den Privaten auszuübenden (schlichthoheitlichen) Tätigkeiten dahingehend beschränkt sind, als in jedem Fall die Letztentscheidungsbefugnis der Behörde unangetastet bleibt1803. Deshalb sind sie auch nicht als Beliehene, sondern ebenfalls als VerwaltungshelferInnen zu qualifizieren. Ebenfalls zu den Grenzfällen – wenn auch wegen des eingeräumten, selbständig wahrzunehmenden Einspruchsrechts1804 letztlich der Gruppe der Beliehenen zugeschlagen – werden die FunktionsträgerInnen der Staatskommissäre gem § 76 BWG1805 gezählt. Sie gelten also im Gegensatz zu den VerwaltungshelferInnen als mit eigener Organstellung ausgestattete Private1806. 1801 Siehe Nicolas Raschauer/Wolfgang Wessely, Ausgewählte Fragestellungen zum Staatskommissär im Wirtschaftsaufsichtsrecht, ÖZW 2004, 79 f. 1802 Auch diese Aussage kann nicht für alle Anwendungsfelder einheitlich getroffen werden. So besteht gerade hinsichtlich „besonders geschulter Organe der öffentlichen Aufsicht“ die Möglichkeit, diese zur Einhebung von Geldstrafen mit Organstrafverfügungen nach § 50 VStG zu ermächtigen; siehe etwa zu den wasserrechtlichen Aufsichtsorganen § 132 Abs 5 WRG. 1803 Vgl jedoch 3.II.B.11.b).bb). 1804 Umstritten ist die Einordnung der Befugnis von Staatskommissären, Einsprüche gegen Beschlüsse der Hauptversammlung, der Generalversammlung oder sonstiger Mitgliederversammlungen eines Kreditinstituts zu erheben (§ 76 Abs 5 BWG). Durch den Einspruch wird nämlich die Wirksamkeit eines solchen Beschlusses lediglich bis zur aufsichtsbehördlichen Entscheidung aufgeschoben. Krajcsir, Hoheitsverwaltung 143 f insbesondere FN 626, der die Institute der Staats- und Regierungskommissäre übrigens im Kapitel über ausgewählte Fälle der „Verwaltungsassistenz“ behandelt, jedoch letztlich von einem Akt der Beleihung ausgeht, qualifiziert diese (wenngleich aufgrund mittlerweile überholter Bestimmungen, für die hier darzulegende Frage jedoch weiterhin relevante) Art des Einspruchs grundsätzlich als Bescheid. Verneinend N. Raschauer/Wessely, ÖZW 2004, 80 FN 100, wenn auch schlussendlich die Staatskommissäre als Beliehene qualifizierend. Rene Laurer, § 76 BWG, in: ders et al (Hg), Bankwesengesetz3 (Stand 2008) Rz 5, erkennt hierin eine selbständige Anordnungsbefugnis. 1805 Entsprechende Aufsichtseinrichtungen lassen sich weiters in § 14 BSpG, BGBl 532/1993 idF BGBl I 35/2012, und § 29 SpG, BGBl 64/1979 idF BGBl I 152/2009, finden, die wiederum ausdrücklich auf § 76 BWG verweisen. 1806 Im Vergleich dazu siehe aber auch die Ausführungen zu den Rechtsschutzbeauftragten in 3.II.B.12.c).dd).
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d) Funktionale Privatisierung und Verwaltungshilfe
In Anlehnung an die neuere deutsche Lit und hiebei in erster Linie an die Überlegungen von Burgi zum Phänomen der Verwaltungshilfe soll dieser Arbeit ein modifizierter Ansatz zur Stellung von durch die Verwaltung herangezogener Privater zur Erledigung einzelner Beiträge im Rahmen der Hoheitsverwaltung zu Grunde gelegt werden. Dies soll dergestalt erfolgen, indem die Verwaltungshilfe als ein auf einer funktionalen Privatisierung beruhendes Instrument verstanden wird1807. Damit ist gemeint, dass Private auf der Basis von entsprechenden Veranlassungs- bzw Beauftragungsakten für den Staat und unter dessen Leitung einen funktional auf eine bestimmte, im hoheitlichen Bereich angesiedelte Verwaltungsaufgabe bezogenen Teilbeitrag erbringen. Dieser kann für sich genommen einen vorbereitenden (zB Planentwürfe, Gutachten) oder durchführenden (zB Entfernen eines Kfz aufgrund staatlicher Anordnung, Erfüllung einer Ersatzvornahme gem § 4 VVG), gegebenenfalls auch durchführend-vorbereitenden Charakter (zB Bau- und Anlagenüberwachung, Mediation) aufweisen1808. Die Aufgabenzuständigkeit verbleibt dabei bei der/dem TrägerIn der öffentlichen Verwaltung, die/der iS einer effizienten und sachlich gerechtfertigten Aufgabenwahrnehmung die adäquaten Mittel zu ergreifen hat. Die Aufgabe selbst wird dadurch nicht privatisiert. Jedoch wird der Vollzug eines Teils der betreffenden Aufgabe auf ein echtes Privatrechtssubjekt übertragen1809. Damit verändert sich letztlich auch nicht die Organisationsstruktur, sondern vielmehr die Verantwortungsstruktur in Bezug auf die weiterhin fortbestehende Verwaltungsaufgabe. Der Staat behält seine Leitungsbzw Gewährleistungsverantwortung1810 bei, während, je nach Fallgestaltung zum Teil oder auch in vollem Umfang, die Vorbereitungs- bzw Durchführungsverantwortung, die dienend auf die staatliche Leitungsverantwortung bezogen ist1811, von der umfassenden staatlichen Erfüllungsverantwortung abgespalten und Privaten zugeteilt wird1812. Der beim Staat verbleibende Beitrag umfasst im äußersten Fall, also auch bei einer vollständigen Übertragung der Vorbereitungs- oder Durchführungsverantwortung, zum einen die (hoheitliche) Letztentscheidungsgewalt ieS und zum anderen, was noch zu zeigen sein wird, die Aufgabe, die Tätigkeiten der als VerwaltungshelferInnen eingesetzten Privaten zu determinieren bzw zu kontrollieren. 1807 Hiezu bereits 2.III.B.3.b).aa).bbb). 1808 Siehe insbesondere Burgi, Privatisierung 100 ff. 1809 Vgl Erbguth, UPR 1995, 369; Scholz, NJW 1997, 16. 1810 Wird auch diese aufgegeben, liegt endlich eine Aufgabenprivatisierung vor; so Burgi, Privatisierung 160. 1811 Burgi, Privatisierung 146. 1812 Burgi, in: Erichsen/Ehlers (Hg), Verwaltungsrecht14 § 10 Rz 31.
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Demgegenüber beschränkt sich das Handlungsspektrum der VerwaltungshelferInnen ausschließlich auf die Formen des Privatrechts1813. Vor allem ist ihnen – im Gegensatz zu den Beliehenen – keine Befugnis zum Einsatz hoheitlicher Mittel eingeräumt1814. Auch werden sie nicht Teil der Verwaltungsorganisation; und schließlich ist ihr Handlungsbeitrag, da von der staatlichen Erfüllungsverantwortung abgespalten, nicht mehr Bestandteil der Verwaltungsaufgabe1815. Dennoch ist hiebei nicht von einer teilweisen Aufgabenprivatisierung, also einer solchen der privaten Initiative überlassenen, auszugehen. Der entscheidende Unterschied liegt hier nämlich in der funktionalen Bezogenheit des übertragenen Teilbeitrags auf die eigentliche Verwaltungsaufgabe begründet, oder anders ausgedrückt, die weiterhin staatliche Aufgabe bildet das Bezugsobjekt für das VerwaltungshelferInnenhandeln1816. Ein Rückzug des Staats aus der Verantwortung erfolgt mit der funktionalen Privatisierung jedenfalls nicht. Letztendlich kann darüber hinaus festgehalten werden, dass das oftmals – auch in der österreichischen Lit – vorgebrachte, inhaltlich aber vage Kriterium der Unselbständigkeit im Handeln von Verwaltungshelferinnen bzw Verwaltungshelfern weder als Abgrenzungskriterium zu anderen Formen der Beteiligung Privater noch zur Sicherung der Einflussmöglichkeiten des hoheitlichen Aufgabenträgers auf die VerwaltungshelferInnen geeignet ist, weshalb es auch keiner Erweiterung der bestehenden Beteiligungsformen wie etwa dem Institut der „(technischen) Erfüllungshilfe“1817 bedarf1818. Ausschlaggebend für den grundsätzlich unterstützenden Charakter der Verwaltungshilfe ist vielmehr allein der Umstand, dass das Handeln der Privaten funktional weiterhin unverändert auf ein staatliches Tätigwerden bezogen bleibt1819. Dies schließt es zwar nicht aus, dass – wie noch zu zeigen sein wird – die Frage, in welchem Maß Private unter staatlicher Aufsicht zu handeln haben, sehr wohl auf der Ebene der verfassungsrechtlichen Schranken der Verwaltungshilfe Bedeutung erlangen kann, jedoch ist sie für die Begriffsbestimmung nicht unmittelbar relevant1820. 1813 Burgi, Privatisierung 147. 1814 Kaltenborn, Streitvermeidung 172 ff. 1815 Burgi, in: Erichsen/Ehlers (Hg), Verwaltungsrecht14 § 10 Rz 32. Das Tun der VerwaltungshelferInnen als Bestandteil der Wahrnehmung einer Verwaltungsaufgabe zu qualifizieren, würde hingegen – wie es Burgi, Privatisierung 152 ff, bezeichnet – eine Etatisierung der Privaten bewirken; siehe auch Voßkuhle, in: VVDStRL 62, 295. 1816 Burgi, Privatisierung 159. 1817 So jedoch Krajcsir, Hoheitsverwaltung 120 ff. 1818 Vgl Voßkuhle, in: VVDStRL 62, 299 FN 138. 1819 Burgi, in: Geis/Lorenz (Hg), FS Maurer 586. 1820 Siehe hiezu Kaltenborn, Streitvermeidung 175.
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B. Verfassungsrechtliche Grundlagen
Noch bevor auf die beiden, eben in einem ersten Aufriss dargestellten Rechtsinstitute im Kontext der Mediation näher eingegangen wird, sind die verfassungsrechtlichen Determinanten für ein solches Vorgehen auszumachen, denn sowohl die Gesetzgebung als auch die öffentliche Verwaltung im Allgemeinen und ihre Institutionen sowie Tätigkeiten im Besonderen können gerade nicht losgelöst von den Anforderungen der Bundesverfassung analysiert werden. Hier ist nun nicht der Ort, um den Besonderheiten der Ausgliederung per se nachzuspüren1821, vielmehr ist der Fokus auf jene Grenzen zu richten, die Leitlinien in erster Linie für die Beleihung und in weiterer Folge auch für die Verwaltungshilfe vorgeben. Wesentlich für die vorliegende Untersuchung sind demnach die Erfassung des verfassungsrechtlichen Verwaltungsbegriffs, der Grundsatz der Gesetzmäßigkeit (Art 18 B-VG) und das sich aus Art 20 Abs 1 B-VG ergebende „hierarchische“ Verwaltungsprinzip1822. Diese bilden gemeinsam mit den Vorgaben des Sachlichkeitsgebots, des Effizienzprinzips und der Kompetenzverteilung die verfassungsrechtlichen Schranken, oder anders formuliert, die Rahmenbedingungen für den Einsatz von Privatrechtssubjekten zur Erledigung von Aufgaben der (hoheitlichen) Verwaltung1823. Hilfreich bei der Identifizierung der wesentlichen verfassungsrechtlichen Determinanten sind dabei vor allem zwei Erkenntnisse des VfGH aus der jüngeren Vergangenheit1824. Konkret handelt es sich dabei 1821 Mit dem umfassenden Begriff der Ausgliederung werden ja auch die Übertragung der Besorgung von öffentlichen bzw hoheitlichen Aufgaben auf öffentlichrechtliche Rechtsträger wie Anstalten umfasst; so schon Öhlinger, in: ÖJK (Hg), Entwicklungen 13 FN 24. 1822 Siehe etwa VfSlg 17101/2004; darüber hinaus ua Richard Novak, Verfassungsrechtliche Grundsatzfragen, in: Bernd-Christian Funk (Hg), Die Besorgung öffentlicher Aufgaben durch Privatrechtssubjekte. Rechtsprobleme der Ausgliederungen des Staates in Form von privatrechtlich organisierten Rechtsträgern ohne imperium (1981) 40 f. Ludwig K. Adamovich et al, Österreichisches Staatsrecht II (1998) Rz 27.042; Christoph Grabenwarter/Michael Holoubek, Demokratie, Rechtsstaat und Kollegialbehörden mit richterlichem Einschlag. Zu den verfassungsrechtlichen Grenzen der Einrichtung von Kollegialbehörden nach Art 20 Abs 2 und Art 133 Zif 4 B-VG, ZfV 2000, 202 ff; Michael Holoubek, Organisation und Aufgaben der Elektrizitätsaufsicht, in: Dietmar Pauger (Hg), Das Elektrizitätsrecht nach der ElWOG-Novelle (2001) 71; Heinz Mayer, Das österreichische Bundes-Verfassungsrecht. Kurzkommentar4 (2007) 154; Öhlinger, Verfassungsrecht8 Rz 519; Raschauer, Verwaltungsrecht3 Rz 356. 1823 Baumgartner, Ausgliederung 253 f. 1824 Zusammenfassend etwa Konrad Lachmayer, Ausgliederungen und Beleihungen im Spannungsfeld der Verfassung. Reflexionen zur verfassungsgerichtlichen Rsp
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um die verfassungsgerichtliche Überprüfung der Einrichtungen der Austro Control GmbH1825 und der Bundes-Wertpapieraufsicht1826. 1. Verfassungsrechtlicher Verwaltungsbegriff
Bereits die Erfassung eines allgemeinen verfassungsrechtlichen Verwaltungsbegriffs stellt kein einfaches Unterfangen dar, verwendet doch das B-VG den Rechtsbegriff Verwaltung je nach Zielrichtung des Regelungsgegenstands unterschiedlich (zB Art 18 Abs 1, 20 Abs 1, 22, 23, 94 B-VG). Wie bei jedem Rechtsbegriff ist der Inhalt daher erst entsprechend den allgemeinen Auslegungsregeln im Wege der Interpretation zu ermitteln1827; so auch in diesem Fall. Auf eine – wenn auch nur verkürzte – Darstellung der Merkmale eines solchen Begriffs soll jedoch gerade in der gegenständlichen Untersuchung nicht verzichtet werden, kommt ihm doch eine wesentliche (Ein-)Ordnungs- und Systematisierungsfunktion zu, mit deren Hilfe die Trennlinie zwischen Handlungen der Verwaltung und nicht mehr der staatlichen Verwaltung unmittelbar zurechenbarer Tätigkeiten aufgezeigt werden kann1828. a) Der organisatorisch geprägte Verwaltungsbegriff
Ganz allgemein formuliert lässt sich Verwaltung zum einen als Organisation bzw Organisationskomplex und zum anderen als Tätigkeit verstehen. Während letztere begrifflich die Gesamtheit jener Tätigkeiten, die funktionell der Staatsfunktion Verwaltung zugeordnet werden, umfasst, sind mit der Verwaltung im organisatorischen Sinn all jene Organe gemeint, die zur Ausübung von Verwaltungstätigkeiten ermächtigt sind1829. In konkreterer Weise kann Verwaltung also dermaßen zusammengefasst werden, dass alles Handeln Verwaltung (im funktionellen Sinn1830) ist, das – nach Maßgabe des organisatorischen Verwaltungsbegriffs1831 – durch Bundes- und Landesorgane in der Ausgliederungsdebatte, JBl 2007, 750 f. Zur höchstgerichtlichen „Reaktion auf die Ausweichbewegung der Verwaltung“ Merli, Zukunft 41 ff. 1825 VfSlg 14473/1996. 1826 VfSlg 16400/2001. 1827 Adamovich et al, Staatsrecht II Rz 26.004; Raschauer, Verwaltungsrecht3 Rz 30. 1828 Vgl etwa auch Baumgartner, Ausgliederung 47. 1829 Hiezu Adamovich et al, Staatsrecht II Rz 26.001; Raschauer, Verwaltungsrecht3 Rz 10 ff. 1830 Adamovich et al, Staatsrecht II Rz 26.001, sprechen hiebei von der Verwaltung im materiellen Sinn. 1831 Siehe ua Funk, Verwaltungsakt 116; Rill, in: Ermacora et al (Hg), Verwaltungsrecht 38 ff; Antoniolli/Koja, Verwaltungsrecht3 5 ff; Michael Holoubek, Verfassungs- und verwaltungsrechtliche Konsequenzen der Ausgliederung, Privatisierung und Beleihung, ÖZW 2000, 34; Baumgartner, Ausgliederung 47.
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sowie auch durch territoriale (Gemeinden und Gemeindeverbände) und letztlich durch nichtterritoriale Selbstverwaltungskörper (wie beispielsweise den Kammern), nicht aber durch die Gesetzgeber oder die RichterInnen im Zuge der Rechtsprechung1832, gesetzt wird. Dabei macht es keinen Unterschied, ob ein solches Handeln normativer oder nicht-normativer, öffentlich-rechtlicher oder privatrechtlicher Natur ist1833. Wie sich hieraus ersehen lässt, kommt den organisatorischen Kriterien1834 primäre Relevanz zu. Tätigkeiten, die von den erfassten Organen im organisatorischen Sinn besorgt werden, sind demnach Verwaltung iSd B-VG, oder wie es Rill sinngemäß formuliert: Verwaltung ist die Zuständigkeitswahrnehmung durch Bundes-, Landes- und Gemeindeorgane im organisatorischen Sinn, die weder Organe der Gesetzgebung noch der Gerichtsbarkeit sind1835. Von einer primären Relevanz ist hier deshalb die Rede, da nicht außer Acht gelassen werden darf, dass die organisatorische Abgrenzung sehr wohl in jenen Fällen durchbrochen wird, in denen Hoheitsgewalt funktionell durch (beliehene) Private ausgeübt wird1836, was wiederum aus verfassungsrechtlicher Sicht unter Berücksichtigung verschiedener Bedingungen durchaus zulässig ist1837. Es handelt sich dabei – sofern nicht der Gesetzgebung oder der Gerichtsbarkeit zuzuordnen – ebenfalls um Verwaltung iS des 1832 Damit wird – iS einer negativen Beschreibung – zum einen die Abgrenzung zur Staatsfunktion der Gesetzgebung und zum anderen zu jener der Gerichtsbarkeit deutlich, wobei ja gerade letztere ihrerseits nach der verfassungsrechtlichen Terminologie gemeinsam mit der Verwaltung die Vollziehung bildet. 1833 Siehe hiezu Raschauer, Verwaltungsrecht3 Rz 12. 1834 Ob dabei übrigens der Weisungszusammenhang zwischen den einzelnen Organen als typisches Bestimmungs- bzw Abgrenzungsmerkmal dienen kann, ist spätestens seit den die Tauglichkeit der Weisungsgebundenheit als Abgrenzungsmerkmal mangels Problemlösungsfunktion in Frage stellenden Ausführungen von Funk, Verwaltungsakt 118 ff, umstritten und wird in der Folge insbesondere mit den Argumenten der fehlenden Einbeziehung weisungsfrei gestellter Organe und verwaltungsführender Teile der Gesetzgebung sowie Gerichtsbarkeit abgelehnt, so von Adamovich et al, Staatsrecht II Rz 26.011 ff, die sich daher für eine schrittweise Erarbeitung des Verwaltungsbegriffs in Abgrenzung gegenüber den anderen Staatsfunktionen und gegenüber nichtstaatlichen Tätigkeiten aussprechen. Dazu seien inhaltliche und auch organisatorische Merkmale heranzuziehen; ebenfalls ablehnend etwa Rill, in: Ermacora et al (Hg), Verwaltungsrecht 44; K rajcsir, Hoheitsverwaltung 58. Zumindest relativierend Bußjäger, Organisationshoheit 199 f. AA hingegen Adolf Merkl, Allgemeines Verwaltungsrecht (1927) 42; weiters Günther Winkler, Der Bescheid. Ein Beitrag zur Lehre vom Verwaltungsakt (1956) 75 und auch Antoniolli/Koja, Verwaltungsrecht3 7, denen zufolge die Verwaltung der Tätigkeitsbereich der weisungsbindbaren Staatsorgane sei. 1835 Rill, in: Ermacora et al (Hg), Verwaltungsrecht 56 f. 1836 Grabenwarter/Holoubek, Verfassungsrecht Rz 708. 1837 Lachmayer, JBl 2007, 752.
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B-VG, da eben hoheitliche Tätigkeiten immer dem Staat zugerechnet werden1838, anders ausgedrückt, da die Ausübung von Hoheitsgewalt immer eine staatliche Tätigkeit ist1839. Hier steht also in besonderer Weise die Frage der (funktionellen) Zurechnung des jeweiligen Handelns im Vordergrund, sodass folglich auch nicht von einer Eingliederung eines solchen Organs in den organisatorischen, staatlichen Organkomplex auszugehen ist1840. Umgekehrt fallen aber Private, soweit sie nicht zur Ausübung von Hoheitsgewalt ermächtigt sind bzw sie Handlungen außerhalb des Wirkungsbereichs dieser Ermächtigung setzen, nicht unter den verfassungsrechtlichen Begriff der Verwaltung. Ihre „nichtstaatlichen“ Tätigkeiten unterliegen damit weder den verfassungsrechtlichen Bindungen, noch sind sie (grundsätzlich) dem Staat zuzurechnen1841. Schwierig bleibt angesichts dieser Überlegungen die Qualifikation von (bloß) verwaltungsunterstützenden Tätigkeiten durch Private und folglich auch deren Einordnung, wenn man daran festhält, dass ihre Handlungen, die außerhalb der konkreten Ermächtigung zur Ausübung von Hoheitsgewalt gesetzt werden, grundsätzlich ihnen selbst und daher nicht dem Staat zuzurechnen sind. Bevor aber nun auf dieses Phänomen näher eingegangen werden kann, erscheint es notwendig, einen weiteren wesentlichen Systematisierungsvorgang nachzuvollziehen, nämlich jenen der Abgrenzung der hoheitlichen von der nichthoheitlichen Verwaltung. b) Einordnung des Verwaltungshandelns
Mit der Klärung der Frage der juristischen Zurechnung allein kann zumindest festgehalten werden, unter welchen Vorrausetzungen grundsätzlich von Verwaltung iSd B-VG auszugehen ist. Es ist nun aber noch nichts darüber ausgesagt, ob im Einzelfall hoheitliches, nichthoheitliches (= privatwirtschaftliches1842) oder eventuell schlichthoheitliches Verwaltungshandeln vorliegt1843. 1838 Ua Rudolf Thienel, Kontrolle privater Vergabeentscheidungen durch die UVS?, ecolex 1998, 79; Adamovich et al, Staatsrecht II Rz 26.020; Krajcsir, Hoheitsverwaltung 59 f; Baumgartner, Ausgliederung 48. 1839 Raschauer, Verwaltungsrecht3 Rz 14. 1840 Krajcsir, Hoheitsverwaltung 60. 1841 Siehe Adamovich et al, Staatsrecht II Rz 26.020; Holoubek, ÖZW 2000, 34; Baumgartner, Ausgliederung 48 f. 1842 Zum Begriff siehe etwa Karl Korinek/Michael Holoubek, Grundlagen staatlicher Privatwirtschaftsverwaltung. Verfassungsrechtliche und einfachgesetzliche Rahmenbedingungen nicht hoheitlicher Verwaltung (1993) 10; Adamovich et al, Staatsrecht II Rz 27.001. 1843 Ein Großteil der Lehre geht aber von lediglich zwei Bereichen der Staatstätigkeit Verwaltung aus: von der Hoheits- und der Privatwirtschaftsverwaltung. Die Unterscheidung sei eine ausschließliche und beziehe sich auf alle Bereich der Verwaltung, sie umfasse demnach jede Vollzugshandlung, die nicht der Gerichtsbar-
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Wesentlich ist eine diesbezügliche Abgrenzung aber gerade für die Beantwortung der Frage nach der Einordnung all dieser Arten des Verwaltungshandelns im Hinblick auf die Hinzuziehung von außerhalb der Staatsverwaltung stehenden Privaten. Freilich ist vorweg festzuhalten, dass sich aus der Qualifikation eines bestimmten Handelns als beispielsweise Hoheitsverwaltung per se noch keine Rechtsfolgen ableiten lassen. Aussagen darüber können wiederum erst nach einem Auslegungsprozess der jeweils konkreten Verfassungsbestimmungen wie etwa Art 18 Abs 1, 20 Abs 1 B-VG oder – ganz signifikant – Art 23 B-VG getroffen werden. Es ist demnach immer von Fall zu Fall zu ermitteln, welchen Inhalt die jeweils an unterschiedlichen Stellen des B-VG verwendeten Begriffe der Verwaltung zuweisen1844. Zum Ersten ist hier auf die Zuordnungskriterien von einzelnen Handlungen von Verwaltungsorganen zur hoheitlichen oder nichthoheitlichen Verwaltung hinzuweisen. Der VfGH1845 sieht es bei der Lösung dieser Frage als (einzig) entscheidend an, welche rechtstechnischen Mittel – wie Bescheid, Verordnung und Akte unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt, aber auch Weisungen – die Gesetzgebung zur Verwirklichung der von der Verwaltung zu erfüllenden Aufgaben bereitstelle. Auf die Motive und den Zweck der Tätigkeit komme es dabei jedenfalls nicht an1846. Habe der Gesetzgeber im konkreten Fall den Verwaltungsträger mit keinen solchen formellen Zwangsbefugnissen ausgestattet, dann liege auch keine Hoheitsverwaltung vor, sondern vielmehr – auch, wie sich letztlich aus Art 18 Abs 1 B-VG ergibt, im Zweifelsfall1847 – Privatwirtschaftsverwaltung1848. keit zuzuordnen ist, und müsse daher entweder der hoheitlichen oder nichthoheitlichen Verwaltung angehören; so zB Korinek/Holoubek, Grundlagen 9; zuvor bereits Erwin Melichar, Zur Problematik der Privatwirtschaftsverwaltung, JBl 1956, 429 ff, insbesondere hinsichtlich des hier verwendeten Verständnisses FN 15; siehe aber auch Funk, Verwaltungsakt 127 ff, im Zusammenhang mit dem verfahrensfreien Verwaltungsakten. 1844 Holoubek, ÖZW 2000, 35; Grabenwarter/Holoubek, Verfassungsrecht Rz 710. 1845 VfSlg 3262/1957; bestätigt etwa durch VfSlg 16104/2001. 1846 Hiezu etwa Grabenwarter/Holoubek, Verfassungsrecht Rz 716 sowie 985. Siehe zum Rechtswegproblem jedoch auch Richard Novak, Hoheitsverwaltung und Privatwirtschaftsverwaltung. Eine Abgrenzung im Spannungsfeld zwischen Verfassungsrecht und Verfassungsreform, ÖJZ 1979, 9 f. 1847 Krit hiezu etwa Theo Öhlinger, Der Anwendungsbereich des Amtshaftungsgesetzes, in: Josef Aicher (Hg), Die Haftung für staatliche Fehlleistungen im Wirtschaftsleben (1988) 127; ders, Rechtsverhältnisse in der Leistungsverwaltung, in: VVDStRL 45 (1987) 186; siehe auch Korinek/Holoubek, Grundlagen 195 f, welche die Aussage des VfGH auf den konkreten Einzelfall bezogen verstanden wissen wollen; weiters Krajcsir, Hoheitsverwaltung 92 f mwN. 1848 Das Abstellen auf das formelle, auf die Hoheitsakte bezugnehmende Kriterium ist im Schrifttum weiterhin herrschende Auffassung; siehe hiezu Melichar, JBl
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Wann die Verwaltung Hoheitsverwaltung einzusetzen hat bzw ob ein bestimmtes Handeln als Ausübung von einseitigen Eingriffen der Verwaltung gegenüber der/dem Einzelnen zu verstehen ist, hat der Gesetzgeber nach Maßgabe der verfassungsrechtlichen Determinanten festzulegen. Nur tut er dies nicht immer in einer eindeutigen Weise1849. Vielmehr sind die RechtsanwenderInnen oftmals gefordert, dies im Wege der Interpretation anhand des Gesetzes und der Verfassung zu ermitteln1850. In diesem Zusammenhang sind aber – damit zum Zweiten – darüber hinaus Akte zu berücksichtigen, die einerseits nicht dem formellen Abgrenzungskriterium (Einsatz von Instrumenten hoheitlichem Verwaltungshandeln) entsprechen, andererseits von Rechtsträgern vorbereitend, begleitend oder durchführend (vollziehend) im Rahmen der Hoheitsverwaltung gesetzt werden und selbst nicht als solche normativer – etwa anordnender oder gebietender – Natur und somit nicht als Rechtsakte ieS angesehen wer1956, 429; Öhlinger, in: Aicher (Hg), Haftung 126 ff; Karl Korinek, Das Zusammenspiel hoheitlicher und privatrechtlicher Gestaltungsakte in der kommunalen Wirtschaftsverwaltung, in: Heinz Krejci/Hans Georg Ruppe (Hg), Rechtsfragen der kommunalen Wirtschaftsverwaltung (1992) 35; Korinek/Holoubek, Grundlagen 10; Holoubek, ÖZW 2000, 34; Krajcsir, Hoheitsverwaltung 60; Manfred Stelzer, Grundzüge des Öffentlichen Rechts (2005) 89 f; Baumgartner, Ausgliederung 259; Raschauer, Verwaltungsrecht3 Rz 694 ff. Vgl nunmehr das Erkenntnis zur Einordnung der Rechtsschutzbeauftragten, VfSlg 17102/2004, wenn auch hierin nicht vorrangig eine Unterscheidung zwischen hoheitlicher und privatwirtschaftlicher Verwaltung zu treffen war: „Mit Blick auf diese Aufgaben und Befugnisse ist aber von einem hoheitlichen Tätigwerden des Rechtsschutzbeauftragten auszugehen.“ Dabei stehen den Rechtsschutzbeauftragten aber gerade nicht die klassischen Zwangsbefugnisse wie Bescheid, Verordnung sowie Akte unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt zur Verfügung, sondern vielmehr Kontroll- und Informationsrechte. 1849 Siehe bereits Adamovich/Funk, Verwaltungsrecht3 147. 1850 Holoubek, ÖZW 2000, 34. So tritt mitunter die Schwierigkeit hinzu, dass aus den anzuwendenden Rechtsvorschriften nicht eindeutig hervorgeht, ob überhaupt ein Akt hoheitlicher Verwaltungsbesorgung vorliegt. Betreffend der Lösung dieses Problems ist mit der Rechtsprechung davon auszugehen, dass es sich dann um einen Hoheitsakt handelt, wenn eine Erledigung „gegenüber individuell bestimmten Personen eine Verwaltungsangelegenheit in einer der Rechtskraft fähigen Weise normativ regelt, wenn sie also für den Einzelfall bindend die Gestaltung oder Feststellung von Rechtsverhältnissen zum Inhalt hat“; VfSlg 16807/2003 mwH. Siehe auch Korinek/Jirovec, in: Enzinger et al (Hg), Probleme 623 f. Zur Schwierigkeit der Einordnung von grenzüberschreitenden Tätigkeiten der Länder Gerhart Wielinger, Die „regionale Außenpolitik“ der Länder als Realität und als Problem der verfassungsrechtlichen Kategorisierung, in: Stefan Hammer/Peter Bußjäger (Hg), Außenbeziehungen im Bundesstaat (2007) 19 f.
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den können1851. Die Rede ist hier von jenen Tätigkeiten, die in Teilen des Schrifttums mit den Begriffen der schlichten, nicht-obrigkeitlichen Hoheitsverwaltung oder des faktischen bzw hoheitlichen Realakts umschrieben werden1852. Gegen eine solche Begriffsbildung wird ua eingewendet, dass sie zwar durchaus zur inhaltlichen Beschreibung eines bestimmten Bereichs der Verwaltungstätigkeit zweckmäßig sein möge, sie jedoch im Fall der formellen Abgrenzung der hoheitlichen und nichthoheitlichen Verwaltung für die österreichische Rechtsordnung nicht geeignet sei, als eigenständiger Zuordnungsbereich zu fungieren. Schließlich seien auch die als „schlichte Hoheitsverwaltung“ – in diesem Zusammenhang wohl „schlichtes Verwaltungshandeln“ – bezeichneten Akte entweder dem Bereich der Hoheitsverwaltung oder eben jenem der Privatwirtschaftsverwaltung zuzuordnen1853. Ein Aufweichen der beiden Zurechnungsbereiche ist aber mit dem Heranziehen des Einordnungsvehikels der schlichten Hoheitsverwaltung nicht zwangsläufig verbunden. Vielmehr gilt es mit der systematisierenden Bündelung typischer Erscheinungen der Verwaltungspraxis1854 zu bewerkstelligen, dass ein nach außen hin neutrales, tatsächliches Verhalten – als konkrete Beispiele für solche Akte dienen etwa Informationen, Auskünfte1855, Mitteilungen, Belehrungen1856, (schlichte) Beurkundungen1857, Geschwindig1851 Siehe schon Elmar Puck, Haftung des Staates für informelle Zusagen und Auskünfte, in: Josef Aicher (Hg), Die Haftung für staatliche Fehlleistungen im Wirtschaftsleben (1988) 176. 1852 Siehe Öhlinger, in: Aicher (Hg), Haftung 134; Puck, in: Aicher (Hg), Haftung 176; Bruno Binder, Wirtschaftsrecht. Systematische Darstellung2 (1999) Rz 0706; Baumgartner, Ausgliederung 259; Grabenwarter/Holoubek, Verfassungsrecht Rz 717 und 983; Raschauer, Verwaltungsrecht3 Rz 699 ff; Kahl/Weber, Verwaltungsrecht3 Rz 388 f; Harald Stolzlechner, Einführung in das öffentliche Recht5 (2011) Rz 619; Walter Berka, Verfassungsrecht. Grundzüge des österreichischen Verfassungsrechts für das juristische Studium4 (2012) Rz 660; auch Schragel, AHG3 Rz 87. 1853 Krit hinsichtlich dieser Begriffsbildung vor allem Korinek/Holoubek, Grundlagen 22; in diese Richtung auch Adamovich et al, Staatsrecht II Rz 27.005. 1854 Siehe schon zur diesbezüglichen Diskussion in Deutschland Hoffmann-Riem, in: Hoffmann-Riem et al (Hg), Grundlagen II Rz 35. 1855 Getraude Langheinrich/Wolfgang Ryda, Die Staatshaftung, die Amtshaftung und die Organhaftung im Steuerrecht I, FJ 2003, 322; Tina Ehrke, Verbindliche Auskünfte im österreichischen Abgabenrecht? (2003) 46 f; dies, Sind die Auskünfte der Abgabenbehörden verbindlich?, UFS aktuell 2004, 55. 1856 Puck, in: Aicher (Hg), Haftung 176. 1857 Walter Berka, Identitätsnachweis und Legalitätsprinzip. Rechtsfragen einer Identitätsbeurkundung durch die Behörden des öffentlichen Sicherheitswesens, ÖJZ 1984, 342.
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keitsmessungen mit Radarmessgeräten1858, Archivierung von Schriftstücken der öffentlichen Verwaltung1859, Auszahlungen von Geldsummen oder auch schlichte Aufsichtstätigkeiten1860 –, das keine selbständige Normativität aufweist, eben entweder dem Bereich der Hoheitsverwaltung oder jenem der Privatwirtschaftsverwaltung zugeordnet wird1861. Die Handlung für sich genommen sei demnach, so eindringlich Raschauer, grundsätzlich neutral. Erst der eigentliche Kontext, in dem sie gesetzt werde1862, mache sie zum hoheitlichen oder nichthoheitlichen Handeln1863. Folglich gelte es, Materien, Tätigkeitsbereiche oder Angelegenheiten als hoheitlich oder nichthoheitlich geprägte zu bestimmen, um dadurch einen konkreten rechtlichen Zusammenhang herstellen und letztlich zur Beurteilung gelangen zu können, ob es sich im Einzelfall um Akte, die der hoheitlichen Sphäre zuzuordnen sind, handelt oder aber nicht1864. Es ist dabei unerheblich, dass es letztlich tatsächlich zur Erlassung eines Hoheitsakts kommt bzw die Tätigkeit in die Erlassung eines solchen mündet1865. Ausschlaggebend ist also vielmehr, dass ein Handeln dieser Art im Kontext der Hoheitsverwaltung, oder anders – freilich auch nur bedingt präziser – ausgedrückt, in deren engem (funktionellen1866) inneren und äußeren Zusammenhang erfolgt1867. Gelingt ein diesbezüglicher Nachweis, dann sind diese Akte – trotz Zweifelsregel – wohl auch nicht der Privatwirtschaftsverwaltung zuzuordnen1868. Die Argumentati1858 Claudia Riccabona-Zecha, Geschwindigkeitsmessungen in Gemeinden durch Private?, RFG 2006, 133. 1859 Peter Bußjäger, Verfassungsrechtliche Grundlagen des Archivrechts, ZfV 2005, 327. 1860 Raschauer, Verwaltungsrecht3 Rz 700. 1861 Vgl auch Günther Winkler, Die Zuständigkeit des Bundesministeriums für Landesverteidigung zur Verwaltung von Liegenschaften, JBl 1996, 615. 1862 Siehe schon Puck, in: Aicher (Hg), Haftung 177. 1863 Adamovich et al, Staatsrecht II Rz 27.004, sprechen hier vom „Grundsatz der relativen Nähe des Verhaltens zu einem Hoheitsakt“, wobei für die Beurteilung systematische und teleologische Gesichtspunkte maßgebend seien. 1864 Raschauer, Verwaltungsrecht3 Rz 701. Siehe auch Stelzer, Grundzüge 91, der damit Tätigkeiten beschreibt, „die aufgrund ihres Naheverhältnisses zu Verwaltungsakten, ihrer Struktur, ihrer Vergleichbarkeit mit anderen Rechtsgebieten oder weil sie im Dienste von genuin ordnungsstaatlichen Interessen stehen, der Hoheitsverwaltung zugerechnet werden“. Am Beispiel des Archivwesens dargelegt von Bußjäger, ZfV 2005, 327. Vgl aber auch Korinek/Holoubek, Grundlagen 21 ff. 1865 Adamovich et al, Staatsrecht II Rz 27.004; Krajcsir, Hoheitsverwaltung 62. 1866 Krajcsir, Hoheitsverwaltung 61 f; Ehrke, Auskünfte 46; Stolzlechner, Einführung5 Rz 620. 1867 Winkler, JBl 1996, 625. 1868 Nicht der Hoheitsverwaltung seien vor allem Hilfstätigkeiten zur Beschaffung und Bewirtschaftung von Sachmitteln für die Hoheitsverwaltung zuzurechnen; so Adamovich et al, Staatsrecht II Rz 27.004.
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onslinie des VfGH wird mit diesem Ansatz nicht ausgehebelt. Unverändert bleibt, dass die verfassungsrechtlich beigestellten rechtstechnischen Mittel maßgeblich für die Abgrenzung sind. Jedoch hat sich – hier wiederum mit Raschauer – derjenige Bereich erweitert, „in dem die für die Beurteilung eines Funktionsbereichs maßgeblichen rechtstechnischen Mittel herangezogen werden“1869. c) Verwaltung durch Private
Für die Überlegungen zum Einsatz von Privaten lassen sich infolge der vorangestellten Ausführungen nunmehr klarere Aussagen treffen. So ist nicht bloß das Verwaltungshandeln von Organen im organisatorischen Sinn als Verwaltung iSd B-VG zu qualifizieren. Vielmehr nehmen jedenfalls auch Private, sofern ihnen hoheitliche Befehls- und Zwangsgewalt übertragen wird und sie innerhalb dieses spezifischen Ermächtigungsbereichs handeln, behördliche Befugnisse wahr. Dieser Teil ihrer Tätigkeit stellt folglich Hoheitsverwaltung dar1870. Durch die Übertragung erfolgt zwar keine organisatorische Eingliederung in den staatlichen Organkomplex, ihnen wird aber eine funktionelle Organstellung zuteil1871. Die Ermächtigung zum hoheitlichen Handeln ist so hin als Zurechnungsregel zu deuten1872. Aus dieser Konstellation ergibt sich wiederum, dass in diesen Fällen auch Verwaltung iSd B-VG und damit letztlich die spezifischen rechtsstaatlichen und demokratischen Bindungen, vor allem auch an die Grundrechte1873, vorgegeben sind, welche die Verfassung der hoheitlichen Verwaltung auferlegt1874. In den darüber hinausreichenden Bereichen handeln die beigezogenen Privaten jedoch wie alle anderen privaten Rechtsträger, nämlich in den Formen privatautonomer Rechtsgestaltung. Überhaupt stellt das Handeln Privater, sofern sie eben nicht im Zuge der Hoheitsverwaltung herangezogen 1869 Raschauer, Verwaltungsrecht3 Rz 704. 1870 Siehe Korinek/Holoubek, Grundlagen 9. 1871 So bereits Schäffer, in: Bundeskammer (Hg), Erfüllung 72, der hiebei von einer „Form der funktionellen Angliederung“ ausgeht; ihm zustimmend Wenger, Grundriss Rz 518. 1872 Raschauer, Verwaltungsrecht3 Rz 113. Siehe aber auch Krajcsir, Hoheitsverwaltung 59 f. 1873 Der Grundrechtsschutz für die von der Entscheidung Betroffenen ist demnach in gleichem Umfang zu gewährleisten, wie in jenen Fällen, in denen die hoheitliche Aufgabe von einem staatlichen Organ im organisatorischen Sinn erledigt wird. So Pabel, JRP 2005, 229. 1874 Holoubek, ÖZW 2000, 34. Zumindest von der Gesetzes- und Grundrechtsbindung der Beliehenen geht Schäffer, in: Bundeskammer (Hg), Erfüllung 83 aus; eine Grundrechtsbindung nimmt auch Pürgy, JRP 2006, 307, an.
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werden, keines der Verwaltung dar, somit auch nicht im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung1875, und sie werden durch den (privatrechtlichen) Auftrag insbesondere nicht zu staatlichen Organen. Ebenso handeln sie nicht hoheitlich, wenn sie privatrechtsspezifische Befehls- und Zwangsakte setzen (zB Ordner bei Veranstaltungen)1876. Diese, ihre als nichtstaatlich qualifizierten Tätigkeiten unterliegen damit auch weder den verfassungsrechtlichen Bindungen und Grundsätzen für die Führung der Verwaltung1877, noch sind sie (grundsätzlich) dem Staat zuzurechnen1878. Im thematischen Zusammenhang mit dem Institut der Beleihung weist aber Kucsko-Stadlmayer1879 in Anlehnung an Holoubek darauf hin, dass dieser Begriff insofern Unschärfen aufweise, als der Terminus der Hoheitsverwaltung, an den nun gerade die Beleihung anknüpfe, sowohl enger als auch weiter verstanden werden könne. Dies hänge davon ab, ob auf die Ermächtigung zur selbständigen Setzung von Hoheitsakten wie Bescheide, Verordnungen sowie Akte unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt abgestellt werde1880 oder darüber hinaus Realakte, die unmittelbar Hilfsfunktionen für die Hoheitsverwaltung ieS erfüllen, mit einbezogen werden1881. Letztere Tätigkeiten werden jedoch – wenn sie nicht im unmittelbaren Kontext zu eingeräumten staatlichen Befugnissen stehen – nicht in der Gedankenfolge mit der Beleihung gesehen. Vielmehr haben sich hiefür – immer den Einsatz Privater vorausgesetzt – in Judikatur und Lehre die Begriffe der Indienstnahme oder der Inpflichtnahme1882 festgesetzt1883. Angesprochen ist hier also der zuvor aufgearbeitete Fragenkomplex der Einordnung des Verwaltungshandelns und dabei vor allem jene Akte der 1875 Handeln in Formen des Privatrechts sei nur dann als staatliches anzusehen, wenn es durch staatliche Organe im organisatorischen Sinn erfolgt, so Thienel, ecolex 1998, 79. Weiters Holoubek, ÖZW 2000, 34 f; Korinek, Staatsrechtliche Bedingungen und Grenzen der Ausgliederung und Beleihung, ÖZW 2000, 47; Baumgartner, Ausgliederung 49 f; Grabenwarter/Holoubek, Verfassungsrecht Rz 826. Siehe aber auch Raschauer, Verwaltungsrecht3 Rz 40 ff. 1876 Raschauer, Verwaltungsrecht3 Rz 117. 1877 Vgl Thienel, ecolex 1998, 80. 1878 Siehe Adamovich et al, Staatsrecht II Rz 26.020; Holoubek, ÖZW 2000, 34; Baumgartner, Ausgliederung 49. 1879 Kucsko-Stadlmayer, 15. ÖJT Bd I/1, 77. 1880 Holoubek, ÖZW 2000, 34, spricht hiebei von Hoheitsakten im formellen Sinn. 1881 Es handelt sich also dabei – hier mit Holoubek, ÖZW 2000, 35 – nicht um die Differenzierung von Hoheitsverwaltung und Privatwirtschaftsverwaltung, sondern vielmehr um die Frage, ob im Zusammenhang mit der Beleihung Hoheitsverwaltung oder gar keine Verwaltung vorliegt. 1882 Zur Begriffsdefinition siehe oben 3.II.A.3.a). 1883 Kucsko-Stadlmayer, 15. ÖJT Bd I/1, 77 mwN.
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sog schlichten Hoheitsverwaltung. Wie gezeigt werden konnte, zählen auch vorbereitende, begleitende oder vollziehende Handlungen von Verwaltungsträger zur Hoheitsverwaltung, wenn diese Akte der hoheitlichen Sphäre zuzuordnen sind1884. Sie sind jedenfalls kein „rechtliches Nichts“1885. Mitunter werden diese Tätigkeiten aber nicht von Organen im organisatorischen Sinn, sondern eben von Privatpersonen ausgeführt. Keine Schwierigkeiten bereitet dabei mittlerweile die Zurechnung solcher im Rahmen der Tätigkeit von Beliehenen gesetzten Akte. Handeln diese innerhalb der ihnen übertragenen Befugnisse zum Einsatz spezifischer staatlicher Befehls- und Zwangsgewalt, so sind auch die von ihnen durchzuführenden Verrichtungen tatsächlicher Art, die in einem funktionellen Zusammenhang mit der Erzeugung solcher hoheitlichen Akte stehen, der Hoheitsverwaltung zuzurechnen1886. Anderes gilt jedoch für jene Privaten, die zur Besorgung von (Teil-)Beiträgen von Verwaltungsaufgaben herangezogen werden, ohne selbst zur Erlassung von Hoheitsakten ermächtigt zu sein. Da sie als Privatpersonen einerseits in keiner Weise in den staatlichen Organkomplex eingebunden sind, kommt ihnen keine Organschaft im organisatorischen Sinn zu. Nachdem ihnen aber auch keine sonstigen hoheitlichen Befugnisse eingeräumt sind und daher die (Letzt-)Entscheidung – selbst bei weitestgehend selbständigen Tätigkeiten (so zB bei den Bauaufsichtsorganen1887) – bei der sie heranziehenden Behörde verbleibt, scheidet andererseits eine, wie den Beliehenen zukommende, selbständige funktionelle Organstellung ebenfalls aus. Die Privaten werden hiebei zwar faktisch für die betroffene Behörde tätig1888, treten jedoch nicht an deren Stelle, sondern – so Raschauer – lediglich an die Stelle von ansonsten behördenintern zu betrauenden öffentlichen Bediensteten. Die Organstellung der Behörde bleibt unberührt1889. Im Rechtssinn
1884 Vgl etwa Adamovich et al, Staatsrecht II Rz 27.004. 1885 So Raschauer, Verwaltungsrecht3 Rz 700. 1886 Krajcsir, Hoheitsverwaltung 62. 1887 Siehe zuvor 3.II.A.3.c). 1888 Siehe auch Funk, Verwaltungsakt 135, der auf eine Unterscheidung zwischen juristisch und faktisch handelndem „Organ“ dringt, um so einen Anknüpfungspunkt für die Bestimmung der Aktautorin/des Aktautors (= willensbildendes und somit juristisches Organ) zu gewinnen. Denn nach der/dem AktautorIn richte sich dann in weiterer Folge die Bestimmung des Zurechnungsorgans, das im Fall der Hoheitsverwaltung immer eine Verwaltungsbehörde sei, sowie die Bestimmung der Zurechnungsperson, das sei jene juristische Person, die als potenzielles Haftungssubjekt (insbesondere Bund, Land, Gemeinde) in Frage komme. 1889 Raschauer, Verwaltungsrecht3 Rz 120.
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wird demnach allein diejenige Behörde tätig, für die Private derartige (Teil-) Akte im Bereich der Hoheitsverwaltung ausführen. 2. Gesetzmäßigkeit der Verwaltung – Legalitätsprinzip
Wegen der spezifischen, im Dienst respektive zur Sicherung des rechtsstaatlichen und demokratischen Prinzips stehenden Gesetzmäßigkeitsverpflichtung der Verwaltung1890 gem Art 18 Abs 1 B-VG darf die gesamte staatliche Verwaltung nur „aufgrund der Gesetze“ ausgeübt werden1891. Die verfassungsrechtlich abgesicherte strenge Gesetzesbindung bringt es demnach zum einen mit sich, dass – im Unterschied zum dt GG1892 – (zumindest) die hoheitliche Verwaltung1893 ohne eine allgemeine gesetzliche Ermächtigung überhaupt nicht rechtserheblich handeln darf (= umfassender Gesetzesvor 1890 Siehe hiezu bereits Hans Kelsen, Demokratisierung der Verwaltung, ZfV 1921, 12, der ausführt: „Nur die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung garantiert dem in der Gesetzgebung sich manifestierenden Volkswillen seine Durchführung, bewirkt, dass diese Demokratie nicht bloß in den gedruckten Gesetzblättern seine Scheinexistenz führe, sondern in den konkreten Rechtsverhältnissen Realität gewinne.“ 1891 Korinek/Holoubek, Grundlagen 59 ff; Peter Pernthaler, Der Kern und die Allotropien des Rechtsstaates, in: Hedwig Kopetz et al (Hg), Soziokultureller Wandel im Verfassungsstaat. Phänomene politischer Transformation. FS Wolfgang Mantl zum 65. Geburtstag I (2004) 150 f. 1892 Siehe 2.III.B.2. 1893 Es ist nunmehr wohl davon auszugehen, dass das umfassende verfassungsrechtliche Legalitätsprinzip des Art 18 Abs 1 B-VG nur für die Hoheitsverwaltung und nicht in dem Maß auch für die Privatwirtschaftsverwaltung, die an die Schranken der Gesetze gebunden ist, gilt. Letztere bedarf wohl keiner gesetzlichen Ermächtigung für ein Tätigwerden iSd Vorbehalts des Gesetzes. Zum Diskussionsstand, welche Wirkung Art 18 Abs 1 B-VG auf die nichthoheitliche Verwaltung ausübt, siehe etwa Korinek/Holoubek, Grundlagen 68 ff; Hengstschläger, in: VVDStRL 54, 176 ff; Antoniolli/Koja, Verwaltungsrecht3 246 f; Franz Merli, Rechtsstaatlichkeit in Österreich, in: Rainer Hofmann et al (Hg), Rechtsstaatlichkeit in Europa (1996) 93; Adamovich et al, Staatsrecht II Rz 27.007, 27.026 sowie 27.041; Mayer, B-VG4 134; Christian Brünner/Werner Hauser, (Verfassungs-)Rechtliche Aspekte des Bundesstraßen-Mautgesetzes, ZVR 2006, 303; Öhlinger, Verfassungsrecht8 Rz 594 f; Raschauer, Verwaltungsrecht3 Rz 561 ff; Berka, Verfassungsrecht4 Rz 496 ff. Für ein „differenziertes Legalitätsprinzip“ („erwerbswirtschaftliche“ oder „leistende öffentliche Verwaltung“) Peter Pernthaler, Österreichisches Bundesstaatsrecht. Lehr- und Handbuch (2004) 596. Zur Wirkung des Legalitätsprinzips auch auf privatrechtliche Regelungen VfSlg 15059/1997 (hier im Zusammenhang mit dem RFG); hiezu Michael Potacs, Entscheidungsbesprechung zu VfSlg 15059/1997, ÖZW 1998, 118 ff.
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behalt)1894. Ein hoheitliches Wirken im gesetzesfreien Raum ist ihr folglich verwehrt1895. Für die obrigkeitliche Verwaltung ist zum anderen von Bedeutung, dass sie in ihrem Handeln an die in Gesetzen, Verordnungen, unmittelbar anwendbaren Verfassungsgesetzen sowie Staatsverträgen und weiters an die in unmittelbar anwendbarem Gemeinschaftsrecht1896 enthaltenen Vorgaben gebunden ist (= Vorrang des Gesetzes)1897. Alle ihre behördlichen Entscheidungen (Hoheitsakte), insbesondere die Erlassung von Bescheiden, aber auch von Verordnungen oder die Setzung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsakte, dürfen nicht in Widerspruch zur Gesetzgebung stehen1898 und müssen – entsprechend der rechtsstaatlichen Dimension des Art 18 Abs 1 B-VG – auf Grund der Gesetze nachvollziehbar und einer höchstgerichtlichen Überprüfung zugänglich sein1899; dh, sie haben nicht nur den materiellen Vorgaben zu entsprechen, sondern auch in einem förmlichen Verfahren durch ein zuständiges Organ erlassen zu werden1900. 1894 Vgl etwa Berka, ÖJZ 1984, 342, der von einem unbeschränkten Allgemeinvorbehalt spricht; Adamovich et al, Staatsrecht II Rz 27.007; Holoubek, ÖZW 2000, 38. Zum Totalvorbehalt des Gesetzes Korinek/Holoubek, Grundlagen 65; Grabenwarter/Holoubek, Verfassungsrecht Rz 733; so wohl auch Raschauer, Verwaltungsrecht3 Rz 559, demzufolge „das Gesetz als Voraussetzung“ von Verwaltungshandeln gelte. Es begründe die Zuständigkeit und ermächtige zum Handeln. Mangels gesetzlicher Grundlage solle die Verwaltung nicht tätig werden. Insoweit sei das Gesetz Ermächtigung und Schranke zugleich. Weiters Harald Eberhard, Der „Österreich-Konvent“: was kann er leisten?, JRP 2003, 134 f. Zur abweichenden Situation in Deutschland betreffend Eingriffsvorbehalt und Wesentlichkeitstheorie siehe 2.III.B.2. 1895 Berka, Verfassungsrecht4 Rz 493. 1896 Die Bindung der Verwaltung erfolgt in diesem Zusammenhang jedoch nicht auf Grundlage des Art 18 B-VG; siehe hiezu Pernthaler, Bundesstaatsrecht 584 und 601 ff. Zur Abschwächung des Legalitätsprinzips durch unmittelbar anwendbares Gemeinschaftsrecht aufgrund eines großzügigeren Maßstabs an Bestimmtheit Öhlinger, Verfassungsrecht8 Rz 593; Berka, Verfassungsrecht4 Rz 510. Zur Anpassung des spezifischen Legalitätsprinzips Österreichs an einen tendenziell lockereren europäischen Standard Eberhard, JRP 2003, 134. 1897 Antoniolli/Koja, Verwaltungsrecht3 228 f. 1898 Stelzer, Grundzüge 86. 1899 Berka, ÖJZ 1984, 342; Grabenwarter/Holoubek, Verfassungsrecht Rz 743. 1900 Gunther Gruber, Das Verwaltungsverfahren, in: Bundeskanzleramt (Hg), Die öffentliche Verwaltung in Österreich (1992) 145; Antoniolli/Koja, Verwaltungsrecht3 229; Adamovich et al, Staatsrecht II Rz 27.007; Johannes Hengstschläger/ David Leeb (Hg), Kommentar zum Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetz I (2004) § 1 Rz 1; Robert Walter et al, Grundriss des österreichischen Bundesverfassungsrechts10 (2007) Rz 573.
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Daraus lässt sich also zunächst folgern, dass Art 18 Abs 1 B-VG die Verwaltung als solche bindet1901. Jedoch impliziert der Gesetzesvorbehalt darüber hinaus, quasi als „doppelte Stoßrichtung“1902, dass nicht nur die Vollziehung an sich gefordert ist, sondern auch der Gesetzgeber1903, und zwar zur Gewährleistung der entsprechenden Rechtssicherheit durch Vorhersehbarkeit inklusive effektivem Rechtsschutz1904. Der Gesetzgeber ist demnach verpflichtet, die Verwaltung und dabei vor allem deren hoheitliches Handeln – wie zuvor bereits angedeutet und in weiterer Folge noch näher auszuführen sein wird – in organisatorischer (zumindest betreffend die äußere Organisation1905)1906, inhaltlicher und verfahrensmäßiger Hinsicht hinrei1901 Richard Novak, Die verfassungsrechtlichen Grundlagen der Verwaltung, in: Bundeskanzleramt (Hg), Die öffentliche Verwaltung in Österreich (1992) 69. 1902 Kahl/Weber, Verwaltungsrecht3 Rz 148. 1903 Zur Diskussion hinsichtlich der Geltung von Art 18 Abs 1 B-VG für den Bereich der kommunalen Selbstverwaltung Heinz Peter Rill, Gemeindeselbstverwaltung und Bundesverfassung, in: Robert Rebhahn (Hg), Beiträge zum Kärntner Gemeinderecht (1998) 11 f sowie Michael Potacs, Gemeindeorganisation und Verfassung, in: Michael Potacs/Franz Sturm (Hg), Reform der Kärntner Gemeindeverwaltung (2006) 10. 1904 Berka, ÖJZ 1984, 342. Zur Funktion des rechtsstaatlichen Bestimmungsgebot, durch Vorgabe von Kontrollmaßstäben, um die gerichtliche Kontrolle zu ermöglichen, Christoph Grabenwarter, Verfahrensgarantien in der Verwaltungsgerichtsbarkeit. Eine Studie zu Artikel 6 EMRK auf der Grundlage einer rechtsvergleichenden Untersuchung der Verwaltungsgerichtsbarkeit Frankreichs, Deutschlands und Österreichs (1997) 681 f. Aus dem Rechtsstaatsgebot folgt weiters, dass der Gesetzgeber die Bescheidform und damit den Rechtsweg an die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts immer dann vorzuschreiben hat, wenn Erledigungen einer Verwaltungsbehörde, welche die Rechtssphäre individuell bezeichneter Personen gestalten oder feststellen, Verwaltungsangelegenheiten rechtsverbindlich entscheiden; so in VfSlg 11590/1987; siehe weiters Christoph Grabenwarter, Art 130 Abs 1 B-VG, in: Karl Korinek/Michael Holoubek (Hg), Österreichisches Bundesverfassungsrecht. Textsammlung und Kommentar II/2 (Stand 1999) Rz 5. 1905 Hiezu zählt – im Hinblick auf Art 18 Abs 1 B-VG sowie Art 83 Abs 2 B-VG – insbesondere die präzise Festlegung der Behördenzuständigkeit; siehe VfSlg 13021/1992 mwH. Siehe 3.II.B.5. 1906 Siehe – zur mittlerweile aufgehobenen bzw abgeänderten Bestimmung des § 70a Wr BauO – VfSlg 16049/2000 sowie 16215/2001, wonach es das Rechtsstaatsprinzip erfordere, dass nicht ZiviltechnikerInnen die Entscheidung, ob eine Bauausführung wegen Übereinstimmung mit den zwingenden Bestimmungen des Baurechts öffentlich-rechtlich zu gestatten sei, bereits durch deren Erklärung vorwegnehmen dürfen, sondern allein die Baubehörde diese Entscheidung zu treffen habe. Dies sei jedoch nur dann sichergestellt, wenn die Baubehörde in die Lage versetzt werde, die Bestätigung der ZiviltechnikerInnen in jede Richtung hin zu überprüfen und, wenn sie feststelle, dass das Bauvorhaben mit zwingen-
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chend zu bestimmen bzw zu determinieren1907, andernfalls jene, die Bestimmtheitserfordernisse unterschreitenden Gesetze von der Verfassungswidrigkeit bedroht sind1908. Wie bestimmt nun Gesetze tatsächlich zu sein haben und wo die Grenzen verlaufen, lässt sich nicht pauschal aussagen und auch nicht allein aus Art 18 B-VG ableiten1909. Anhaltspunkte dafür sind in der Bundesverfassung rar, wenn man von den allgemeinen Vorgaben des rechtsstaatlichen und demokratischen Grundsatzes einmal absieht. Als ein entsprechendes Beispiel kann zumindest der gem Art 130 Abs 2 B-VG zulässige Entscheidungsspielraum der Verwaltung genannt werden. Daraus lässt sich immerhin folgern, dass das Verwaltungshandeln nicht bis ins letzte Detail gesetzlich vorherbestimmt sein muss und dass Ermessensspielräume – freilich insoweit der Sinn der Ermessensübung ausdrücklich oder schlüssig festgelegt ist1910 – möglich sind1911. den Bestimmungen des Baurechts nicht übereinstimme, die Errichtung des Bauvorhabens zu untersagen. Habe aber die Baubehörde keine oder nur eine eingeschränkte Möglichkeit, ein allfälliges rechtswidriges Bauvorhaben zu versagen, so sei der Umstand, dass sich die Baubehörde entschlossen habe, eine rechtswidrige Bauführung nicht zu untersagen, einer Kontrolle im Instanzenzug und der nachprüfenden Kontrolle durch die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts nicht mehr zugänglich. Hiezu auch Bernd-Christian Funk/Sabine Kettenbach, Ziviltechniker als Quasi-Beliehene. Privatisierung behördlicher Aufgaben durch die Verfahrensnovelle 1996 zur Wiener Bauordnung, ZfV 1997, 574 ff, die von einer „Quasi-Beleihung“ sprechen, da die Funktion der ZiviltechnikerInnen über die Rolle der Sachverständigen hinausgehe und eine behördenentlastende Entscheidungstätigkeit mit verbindlicher Wirkung darstelle; weiters Wolfgang Hauer, Zur Verfassungswidrigkeit des vereinfachten Baubewilligungsverfahrens nach § 70a der Bauordnung für Wien (WBO), bbl 2001, 146; Bernd-Christian Funk/ Gerda Marx, Ziviltechnikerurkunden im Verwaltungsverfahren. Zur Auslegung des § 4 Abs 3 ZTG, ÖJZ 2002, 537. 1907 Siehe etwa VfSlg 9226/1981. 1908 „Der Gesetzgeber hat die Zuständigkeit der Behörde, den Inhalt des verwaltungsbehördlichen Handelns und das Verfahren der Setzung von Verwaltungsakten mit der verfassungsrechtlich geforderten Genauigkeit zu regeln“, so Pernthaler, Bundesstaatsrecht 584. Siehe auch Merli, in: Hofmann et al (Hg), Rechtsstaatlichkeit 92; Adamovich et al, Staatsrecht II Rz 27.031; Mayer, B-VG4 136 ff; Öhlinger, Verfassungsrecht8 Rz 583; Berka, Verfassungsrecht4 Rz 495. 1909 Siehe hiezu Bernhard Raschauer, Gesetzmäßigkeitsgrundsatz und Wirtschaftsrecht, in: Stefan Griller et al (Hg), Grundfragen und aktuelle Probleme des öffentlichen Rechts. FS Heinz Peter Rill zum 60. Geburtstag (1995) 515; Merli, in: Hofmann et al (Hg), Rechtsstaatlichkeit 92; Rill, in: Rebhahn (Hg), Beiträge 11 FN 43; Grabenwarter/Holoubek, Verfassungsrecht Rz 742. 1910 Adamovich et al, Staatsrecht II Rz 27.035; Pernthaler, Bundesstaatsrecht 589; Grabenwarter/Holoubek, Verfassungsrecht Rz 748 f. 1911 Öhlinger, Verfassungsrecht8 Rz 585.
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Ebenso ergibt sich aus der grundsätzlich zulässigen Verwendung von unbestimmten Gesetzes- oder Rechtsbegriffen ein gewisser Handlungs- bzw Entscheidungsspielraum für die Behörde1912. Angesichts dieser Voraussetzungen überrascht es wohl auch kaum, dass zu den Fragen der Determinierungspflicht mittlerweile eine reichhaltige (zum Teil kasuistische) Judikatur des Verfassungsgerichtshofs vorliegt1913. Ein Blick auf die Rechtsprechung macht aber jedenfalls deutlich, dass die Bestimmung der Intensität an gesetzlicher Determinierung des Verwaltungshandelns letztlich nicht in schematischer Weise erfolgt. Vielmehr wird nach den Eigen- und Gegebenheiten sowie Möglichkeiten der zu normierenden Sachverhalte bzw -gebiete differenziert1914. So sind gesteigerte (konditionale) Bestimmtheitserfordernisse dort anzunehmen, wo gesetzliche Bestimmungen zu Eingriffen in „legalitäts-sensible Bereiche“ wie den Grundrechten1915 (etwa im Straf-, Steuer- und Sozialversicherungsrecht1916) ermächtigen1917. Hingegen sind diese Erfordernisse im wirtschaftsrechtlichen Kontext1918, im Universitätsrecht1919 oder im Planungsrecht (zB durch finale Programmierung bzw finale Bindung1920) kombi1912 Vgl VfSlg 10737/1985 mwH; 9.3.2007, G 174/06. Siehe auch Walter et al, Bundesverfassungsrecht10 Rz 574 sowie aus der Sicht der Verwaltungspraxis Gunther Gruber, Legalitätsprinzip und Praxis, in: Der Jurist im Steirischen Landesdienst 2/1984, 56 f. 1913 Überblicksmäßig Walter/Mayer/Kucsko-Stadlmayer, Bundesverfassungsrecht10 Rz 573. 1914 Siehe etwa VfSlg 13785/1994; 15177/1998; aus der Vielzahl an Lit zB Berka, ÖJZ 1984, 341; Novak, in: Bundeskanzleramt (Hg), Verwaltung 72; ders, Das „differenzierte Legalitätsprinzip“ in der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung, in: Bernd-Christian Funk et al (Hg), Staatsrecht und Staatswissenschaften in Zeiten des Wandels. FS Ludwig Adamovich zum 60. Geburtstag (1992) 494 ff; Rill, in: Rebhahn (Hg), Beiträge 12 f; Barbara Weichselbaum, Das Legalitätsprinzip als Nahtstelle zwischen den Grundprinzipien der österreichischen Bundesverfassung, in: Stefan Hammer et al (Hg), Demokratie und sozialer Rechtsstaat in Europa. FS Theo Öhlinger (2004) 644 f; Potacs, in: Potacs/Sturm (Hg), Reform 110, im Hinblick auf die kommunalen Handlungsspielräume. Im Vergleich dazu die vom dt BVerfG fortentwickelte „Wesentlichkeitstheorie“ in 2.III.B.2. 1915 Korinek/Holoubek, Grundlagen 67 f. 1916 VfSlg 11938/1988; 13785/1994; Novak, in: Funk et al (Hg), FS Adamovich 496 ff. 1917 Vgl auch Pabel, JRP 2005, 228 f; Grabenwarter/Holoubek, Verfassungsrecht Rz 744 f. 1918 Bezogen auf den Bereich des Wirtschaftsrechts ausdrücklich in VfSlg 15468/1999. 1919 Hiezu etwa Stefan Huber et al, Rechtliche Rahmenbedingungen für eine verfassungskonforme Ausgestaltung von Leistungsvereinbarungen, zfhr 2005, 8 f. 1920 Siehe zur konditionalen und finalen Programmierung Theo Öhlinger, Grundfragen einer Planung der Gesetzgebung, in: Methodik der Gesetzgebung. Legistische Richtlinien in Theorie und Praxis (1982) 35 ff; Gruber, in: Landesdienst
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niert mit einem erhöhten Maß an Verfahrensbindung1921 in abgeschwächter Form zulässig1922. 3. Gesetzesgebundenheit von Verordnungen
Im Hinblick darauf, dass gerade im planenden Bereich die Verwaltung selbst informelle Beteiligungsprozesse durchführt und dabei mitunter auf die Unterstützung von Privaten zurückgreift1923, drängt sich zudem eine Beschäftigung mit der administrativen Rechtssetzung auf. Wenn nun hier von der Gesetzmäßigkeit der Hoheitsverwaltung die Rede ist, dann ist hievon eben auch die Gesetzesgebundenheit der Verordnungen, der Gesetze im materiellen Sinn, umfasst, denn wie bereits ausgeführt, dürfen keine behördlichen Entscheidungen, und hiezu zählen eben auch die Verordnungen, in Widerspruch zur Gesetzgebung stehen. Sie müssen – entsprechend der rechtsstaatlichen Dimension des Art 18 Abs 1 B-VG – „auf Grund der Gesetze“ nachvollziehbar und einer höchstgerichtlichen Überprüfung zugänglich sein1924. Die ausdrückliche Ermächtigung der Verwaltungsbehörden, innerhalb ihres Wirkungsbereichs Allgemeinregelungen in Form von Verordnungen zu schaffen, enthält Art 18 Abs 2 B-VG. Diese Bestimmung ist – so etwa Adamovich et al – eine lex specialis zum allgemeinen Legalitätsprinzip des Art 18 Abs 1 B-VG1925. Dies ändert aber nichts daran, dass auch die Bindungswirkung des Art 18 Abs 2 B-VG zwei Stoßrichtungen verfolgt1926. Zum einen wird der Gesetzgeber angehalten, Ver2/1984, 57; vor allem aber auch Josef Aichlreiter, Österreichisches Verordnungsrecht. Ein systematisches Handbuch II (1988) 1023 f, der einer bloß terminologischen Abgrenzung vermeintlicher struktureller Besonderheiten insbesondere für die Rechtsdogmatik nichts abgewinnen kann. 1921 Zur „Legitimation durch Verfahren“ VfSlg 12687/1991 (Bildung eines Schulsprengels), wonach ein geringeres Maß an gesetzlicher Vorherbestimmung eines Verordnungsinhalts aus der Sicht des Grundsatzes der Gesetzesgebundenheit der Verwaltung unbedenklich sei, wenn es durch das Bestehen verhältnismäßig detaillierter Verfahrensvorschriften aufgewogen werde; bestätigt VfGH 26.2.2009, V 69/07 ua. Siehe auch schon Aichlreiter, Verordnungsrecht II 1026 f. 1922 Siehe etwa Novak, in: Funk et al (Hg), FS Adamovich 494 f; Adamovich et al, Staatsrecht II Rz 27.036 f; Wolfgang Kleewein, Vertragsraumordnung. Zugleich ein Beitrag zum Einsatz privatrechtlicher Verträge im Verwaltungsrecht (2003) 117 ff; Pernthaler, Bundesstaatsrecht 592; Huber et al, zfhr 2005, 10; Brünner/ Hauser, ZVR 2006, 303; Öhlinger, Verfassungsrecht8 Rz 586 ff; Berka, Verfassungsrecht4 Rz 506 ff. 1923 Im gegebenen Zusammenhang sei insbesondere an das Mediationsverfahren Verwall erinnert; siehe hiezu 1.III.B.3. 1924 Merli, in: Hofmann et al (Hg), Rechtsstaatlichkeit 93. 1925 Adamovich et al, Staatsrecht II Rz 27.025. 1926 Kahl/Weber, Verwaltungsrecht3 Rz 400.
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ordnungsermächtigungen inhaltlich dergestalt ausreichend zu determinieren, dass alle wesentlichen Merkmale der Regelung bereits dem Gesetz selbst zu entnehmen sind, und zum anderen dürfen die Verwaltungsbehörden – ganz grundsätzlich – Verordnungen nur zur näheren Ausführung bzw Präzisierung des Gesetzes erlassen1927. Verordnungen sind also dem formellen, parlamentarisch erzeugten Gesetz untergeordnet1928. Sie dürfen nur ausnahmsweise und mit verfassungsrechtlicher Ermächtigung an die Stelle von Gesetzen treten oder diese abändern (gesetzesergänzende, gesetzesvertretende und gesetzesändernde Verordnungen1929). Im Mittelpunkt der vorliegenden Untersuchung stehen freilich die als Durchführungsverordnungen bezeichneten abstrakt-generellen1930 Rechtsnormen, die – wie etwa Flächenwidmungspläne im Hinblick auf die Landesraumordnungsgesetze – konkretisierende Regelungen zur Präzisierung des Inhalts bestehender Gesetze treffen. Wenn von solchen die Rede ist, dann sind hoheitliche Allgemeinregelungen für einen generellen AdressatInnenkreis mit Wirkungen im Außenverhältnis gemeint. Im Detail bedeutet dies, dass es sich hiebei erstens um einen einseitig von Verwaltungsbehörden erlassenen hoheitlichen Verwaltungsakt handelt1931, der keiner Zustimmung durch die Rechtsunterworfenen bedarf1932. Zweitens werden mit den Verordnungen subjektive Rechte oder Pflichten von Rechtsunterworfenen gestaltet. Eine Verordnung ist aber schließlich nur dann gegeben, wenn sich – und damit drittens – ihre Anordnungen an die Allgemeinheit oder zumindest an einen nach Gattungsmerkmalen bestimmten Personenkreis richten1933. Erst auf Grundlage dieser Wesensmerkmale ist es nämlich möglich, 1927 Aus der Lit Adamovich et al, Staatsrecht II Rz 27.106. 1928 Verordnungen können übrigens zueinander in einer Art hierarchischem Verhältnis stehen, ohne dass damit jedoch eine „höherrangige“ Verordnung die Ermächtigungsgrundlage für eine „nachgeordnete“ Verordnung zu bilden. Beispiele hiefür liefert das Raumplanungsrecht in Form einer Rangfolge von kommunalen Flächenwidmungs- und Bebauungsplänen. Die einzelnen Rechtsakte sind allesamt Verordnungen, die jedoch einander „von Stufe zu Stufe“ konkretisieren. Siehe hiezu Adamovich et al, Staatsrecht II Rz 27.110. Vgl auch Raschauer, Verwaltungsrecht3 Rz 784, der sich gegen die Verwendung der Bezeichnung vom „Stufenbau von Verordnungen“ ausspricht. Weiters Walter et al, Bundesverfassungsrecht10 Rz 597. 1929 Zu diesen Arten von selbständigen Verordnungen zB Raschauer, Verwaltungsrecht3 Rz 772 ff; Walter et al, Bundesverfassungsrecht10 Rz 599 ff; Kahl/Weber, Verwaltungsrecht3 Rz 404. 1930 Zur mangelnden Aussagekraft des Begriffs „abstrakt“ iZm Verordnungen Aichlreiter, Verordnungsrecht I 86 ff. 1931 Kahl/Weber, Verwaltungsrecht3 Rz 391. 1932 Aichlreiter, Verordnungsrecht I 76. 1933 Vgl Stolzlechner, Einführung5 Rz 719.
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Verordnungen von anderen Instrumenten wie den unverbindlichen oder annahmebedürftigen Rechtsakten, generellen Weisungen (sog Verwaltungsverordnungen) und den Bescheiden zu unterscheiden1934. Im gegebenen Zusammenhang erscheint es wesentlich, dass es zur Erlassung solcher Verordnungen keiner ausdrücklichen einfachgesetzlichen Ermächtigung bedarf1935. Das heißt aber wiederum nicht, dass der einfache Gesetzgeber die Verwaltungsbehörden nicht ausdrücklich zur Erlassung von solchen Regelungen ermächtigen kann1936. Dies entspricht auch der üblichen Vorgehensweise in der Praxis1937. Entscheidend bleibt in jedem Fall das Gebot der Determinierung, oder anders ausgedrückt, das Gebot der Vorausbestimmung des Verordnungsinhalts durch das Gesetz, um so die Überprüfbarkeit der Verordnung auf ihre inhaltliche Gesetzmäßigkeit zu wahren1938. Zur Erlassung von Durchführungsverordnungen ist grundsätzlich jede Verwaltungsbehörde1939 in dem Umfang berechtigt, in dem gesetzliche Be1934 Zu den Abgrenzungsschwierigkeiten etwa Walter et al, Bundesverfassungsrecht10 Rz 593 ff. 1935 Vgl zB VfSlg 14146/1995. 1936 Das heiße – so Raschauer, Verwaltungsrecht3 Rz 777 –, dass der einfache Gesetzgeber die Behörden weder zur Erlassung von Durchführungsverordnungen verpflichten noch sie in ihrer Befugnis zur Erlassung solcher Verordnungen beschränken dürfe. Es sei dem Gesetzgeber auf der Grundlage ausreichender inhaltlicher Vorherbestimmung jedoch unbenommen, über die bloße Durchführung hinausgehende Ermächtigungen zur Erlassung von Verordnungen vorzusehen. In diesen Fällen sei nur jenes Organ zur Verordnungserlassung berechtigt und gegebenenfalls verpflichtet, das in der speziellen Ermächtigung angeführt sei. Walzel von Wiesentreu, ÖZW 2004, 128, hält dem Argument von Raschauer, wonach der einfache Gesetzgeber die Verordnungserlassungsbefugnis nicht beschränken dürfe, entgegen, dass der aus Art 18 Abs 2 B-VG ableitbare Gesetzesvorrang es nahe lege, dass dem Gesetzgeber hinsichtlich der konkreten Ausgestaltung der Verordnungsermächtigung durchaus ein gewisser „quantitativer Spielraum“ verbleibe. Walter et al, Bundesverfassungsrecht10 Rz 596, gehen wiederum davon aus, dass sich aus Art 18 Abs 2 B-VG keine Erlassungspflicht folgern lasse, es sich jedoch durch einfaches Gesetz oder durch Änderung der Sachlage (VfSlg 9588/1982; 12755/1991; 17468/2005) eine solche Verpflichtung ergeben könne. In diesem Zusammenhang eigens zu erwähnen geboten erscheint das verfassungsgerichtliche Erkenntnis VfSlg 12555/1990, wonach aus Art 18 Abs 2 B-VG ganz allgemein eine Verpflichtung des Verordnungsgebers abgeleitet werden müsse, eine rechtswidrige Verordnung zu beseitigen oder durch eine rechtmäßige zu ersetzen. 1937 Adamovich et al, Staatsrecht II Rz 27.107 f; Berka, Verfassungsrecht4 Rz 666. 1938 Zur bloß formalgesetzlichen Delegation etwa VfSlg 10296/1984 mwH; 15944/2000. Hiezu auch Aichlreiter, Verordnungsrecht II 986 f. 1939 Nur Verwaltungsbehörden können Urheber von Verordnungen sein. Die Rede ist also von Verwaltungseinrichtungen, die zumindest in abstracto zu hoheitlichem Handeln ermächtigt sind; siehe Raschauer, Verwaltungsrecht3 Rz 734.
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stimmungen zu ihrem örtlichen und sachlichen Wirkungsbereich gehören1940. Im Regelfall hat die Behörde dabei von Amts wegen vorzugehen, obgleich auch „antragsbedürftige“ Konstellationen möglich sind1941. Für das Verordnungsverfahren selbst bestehen keine allgemeinen verfahrensrechtlichen Bestimmungen1942. Jedenfalls ist das der Bescheiderlassung dienende AVG nicht anzuwenden1943. Es lässt sich aber durchaus eine Vielzahl an punktuellen Regelungen wie Informations-, Anhörungs- oder Stellungnahmerechte von Gebietskörperschaften, Dritten, Interessenvertretungen, Beiräten oder anderen Verwaltungsorganen (zB § 2a Abs 3 DenkmalschutzG1944, § 56 Abs 1 GTG1945, § 5a Abs 3 HlG1946, § 94f StVO, §§ 29 und 30 ZivMediatG) sowie – in speziellen Zusammenhängen – umfassende Verfahrensregelungen auffinden (§§ 14, 24 und 38 f StROG1947, § 24 UVP-G)1948. Dies entspricht auch den Überlegungen von Antoniolli/Koja, die im Zusam1940 Raschauer, Verwaltungsrecht3 Rz 786; Walter et al, Bundesverfassungsrecht10 Rz 598. 1941 Verfassungsgesetzlich zB Art 67 Abs 1, 118 Abs 7 B-VG; einfachgesetzlich etwa § 5 Abs 1 StadterneuerungsG, BGBl 287/1974 idF BGBl I 2/2008 und § 5 Abs 2 BodenbeschaffungsG, BGBl 288/1974 idF BGBl I 112/2003. Vgl auch hiezu Raschauer, Verwaltungsrecht3 Rz 788; jüngst Walter et al, Bundesverfassungsrecht10 Rz 598, die darüber hinaus auf jene – insbesondere in 3.II.B.9 angezeigte – Judikatur des VfGH, VfSlg 16995/2003, verweisen, wonach Beliehene nur dann generelle Normen erlassen dürfen, wenn ihnen die entsprechende Befugnis aufgrund einer speziellen gesetzlichen Ermächtigung eingeräumt werde. Die auf Grundlage des Art 18 Abs 2 B-VG basierende Befugnis zur Verordnungserlassung lehnt also der VfGH für Beliehene ab; dem VfGH zustimmend Walzel von Wiesentreu, ÖZW 2004, 128 f; siehe schon zuvor Doris Hattenberger, Zur Grenzziehung zwischen Verordnung und Nicht-Verordnung. Zugleich ein Beitrag zur Lehre von der absoluten Nichtigkeit von Verwaltungshandeln, ZfV 2001, 562 f; weiters Berka, Verfassungsrecht4 Rz 666; Kahl/Weber, Verwaltungsrecht3 Rz 401. 1942 Merli, in: Hofmann et al (Hg), Rechtsstaatlichkeit 93; Kahl/Weber, Verwaltungsrecht3 Rz 405. 1943 Vgl etwa VfSlg 17517/2005; VfGH 2.10.2006, V79/03. 1944 BGBl 533/1923 idF BGBl I 2/2008. 1945 BGBl 510/1994 idF BGBl I 114/2012. 1946 BGBl 135/1989 idF BGBl I 154/2004. 1947 Stmk LGBl 44/2012. 1948 Nicht zuletzt können Verpflichtungen der zur Verordnungserlassung zuständigen Behörde auch dergestalt bestehen, dass mit bestimmten anderen Behörden das Einvernehmen herzustellen ist (§ 48 ForstG, BGBl 440/1975 idF BGBl I 55/2007; § 56 Abs 1 GTG) und letztendlich sind Verordnungen von Selbstverwaltungskörpern denkbar, die gegenüber der Aufsichtsbehörde anzeigepflichtig oder genehmigungspflichtig sind (Art 119a Abs 6 und 8 B-VG). Siehe Raschauer, Verwaltungsrecht3 Rz 788 ff.
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menhang mit der Demokratisierungsdiskussion der Verwaltung eine stärkere und frühzeitige Einschaltung der Betroffenen bei der Erlassung bestimmter Verordnungen für geeignet halten, um zu verhindern, dass die Verwaltung größere Gestaltungsspielräume missbraucht oder auch nur unzweckmäßig nützt1949. Raschauer geht eingedenk dieser Ausführungen nun davon aus, dass – soweit die vorhin genannten verfahrensrechtlichen Bindungen nicht bestehen – die verordnungserlassende Behörde in ihrer Vorgehensweise grundsätzlich frei sei. Allerdings stelle die Durchführung der nach Art des Gegenstands sachlich erforderlichen Ermittlungen ein rechtsstaatlich gebotenes Grunderfordernis dar, das gesetzlich nur präzisiert werden könne, jedoch auch bei Fehlen ausdrücklicher gesetzlicher Regelung maßgeblich sei1950. Walter et al, verweisen hiebei insbesondere auf die Judikatur des VfGH1951, wonach dieser eine Fehlerhaftigkeit der Verordnung auch darin erkennt, dass die tatsächlichen Voraussetzungen, die für die Erlassung einer Verordnung geboten sind, nicht ausreichend erhoben wurden1952. Die Behörde ist also dazu verpflichtet, Handlungen zur Ermittlung der maßgeblichen Entscheidungsgrundlagen und zur Abschätzung der durch die Erlassung der Verordnung zu erwartenden Folgen zu setzen1953. 4. Schlichthoheitliches Verwaltungshandeln
Wie aber ist es in diesem Problemkreis um das sog schlichthoheitliche Handeln bestellt? Der Wortlaut des Art 18 Abs 1 B-VG gibt zumindest keinen Anlass zur Annahme, dass Akte, die der hoheitlichen Sphäre zugeordnet werden, aber keine selbständige Normativität aufweisen, nicht dem Geltungsanspruch des Legalitätsprinzips unterliegen würden. Unter dieser Prämisse gelangt beispielsweise Berka im Zusammenhang mit seinen Überlegungen hinsichtlich der „schlichten Identitätsbeurkundung“, durch die we1949 Antoniolli/Koja, Verwaltungsrecht3 411. Der VfGH legt übrigens bei Verordnungen, die final oder gesetzlich in sehr allgemein gehaltener Weise determiniert sind, mitunter großen Wert auf die Einhaltung dieser verfahrensrechtlichen Ansätze (wie etwa Anhörungs- und Informationsrechte); vgl VfSlg 16096/2001; 16242/2001, 16567/2002. Siehe auch Walter et al, Bundesverfassungsrecht10 Rz 596. 1950 Raschauer, Verwaltungsrecht3 Rz 792. 1951 Zur Durchführung eines „Ermittlungsverfahrens“ bzw einer „Grundlagenforschung“ etwa VfSlg 15765/2000; 17572/2005; 17793/2006. 1952 Walter et al, Bundesverfassungsrecht10 Rz 596. 1953 So auch schon Aichlreiter, Verordnungsrecht I 738 ff; Kahl/Weber, Verwaltungsrecht3 Rz 405, auf Grundlage der vorhin genannten verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung. Siehe darüber hinaus Merli, in: Hofmann et al (Hg), Rechtsstaatlichkeit 93 sowie 3.III.A.11.
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der Rechte oder Pflichten gestaltet noch Rechte oder rechtserhebliche Tatsachen in verbindlicher Weise festgestellt werden, zum Ergebnis, dass Akte der schlichthoheitlichen Verwaltung ebenfalls dem Bestimmtheitsgebot des Art 18 B-VG zu unterliegen haben. Jedoch fordere das Legalitätsprinzip keine gleichförmige gesetzliche Determinierung des behördlichen Handelns, sondern begründe differenzierte Bestimmtheitserfordernisses, die an unterschiedliche Gesichtspunkte anknüpfen können. Für schlichte Beurkundungen erweise es sich als maßgeblich, dass mit dieser Rechtsform keine verbindlichen, rechtsgestaltenden oder rechtsfeststellenden Wirkungen verbunden seien. Im Hinblick auf diese gegenüber normativen Verwaltungsakten abgestufte Rechtserheblichkeit könne nun zwar auf eine ausdrückliche, „spezialgesetzliche“ Ermächtigung für den einzelnen Beurkundungsvorgang verzichtet werden, jedoch müsse sich aus der Rechtsordnung das Verfahren, der Inhalt des Akts und die Behördenzuständigkeit erschließen lassen. Es verlangt somit nach einer Rückführbarkeit der schlichthoheitlichen Handlung auf bestehende gesetzliche Rechtsgrundlagen1954. Darüber hinaus weist Berka noch darauf hin, dass unabhängig von den hier auf den Gesetzesvorbehalt bezogenen Ausführungen sehr wohl auch die auf den Gesetzesvorrang basierenden Determinanten des Verwaltungshandelns zu berücksichtigen bleiben1955, sowie, dass ein subjektiv öffentlich-rechtlicher Anspruch auf Ausstellung einer Beurkundung mangels zwingender gesetzlicher Norm nicht bestehen könne1956. 5. Organisationsgewalt und Gesetzmäßigkeit
In engem Zusammenhang zu dem hier zu bearbeitenden Thema steht weiters die Frage nach dem Verhältnis der Organisationsgewalt zum Legalitätsprinzip. Unter dem – weitgefassten – Begriff der Organisationsgewalt verstehen etwa Antoniolli/Koja die „Gesamtheit der Befugnisse eines Rechtsträgers, öffentlich-rechtliche Maßnahmen zur Schaffung von Organen, zur Verteilung von Kompetenzen, zur Einrichtung (Zuweisung von Personalund Sachmitteln), zur Auswahl und Bestellung von OrganwalterInnen sowie zur Regelung des inneren Betriebs zu setzen“. In einem engeren Sinn verwendet, seien darunter nur diejenigen Organisationsbefugnisse erfasst, die sich auf die Einrichtung der Verwaltung beziehen1957. 1954 Berka, ÖJZ 1984, 342 f und 347. Zum informellen Verwaltungshandeln siehe weiters 3.III.A.3. 1955 Im gegebenen Zusammenhang betreffe es die dem Datenschutzrecht zu entnehmenden Handlungsschranken; siehe Berka, ÖJZ 1984, 345. 1956 Berka, ÖJZ 1984, 346. 1957 Antoniolli/Koja, Verwaltungsrecht3 328. Siehe hiezu aber auch die den Begriff der Organisationsgewalt als jene Befugnis, „solche Organisationsstrukturen und
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Nun kann aber – gerade angesichts der vorangestellten Ausführungen zum Legalitätsprinzip – nicht davon ausgegangen werden, dass es in einem jeden Fall allein der Vollziehung offen stehen würde, die dem Organisationsgewaltbegriff zugeordneten Befugnisse selbständig zu regeln. Vielmehr gilt es dabei zwischen der „äußeren“ und der „inneren Organisation“ zu unterscheiden, wenn auch – dies sei sogleich vorangestellt – eine exakte Grenzbestimmung schwierig ist1958. Wie aus der ständigen Judikatur des VfGH zur Zuständigkeitsordnung hervorgeht, folge aus Art 18 Abs 1 sowie aus Art 83 Abs 2 B-VG für den Gesetzgeber das Gebot, die Behördenzuständigkeit entweder im Gesetz selbst zu regeln oder so festzulegen, dass diese in verfassungsrechtlich zulässiger Weise auf ein Gesetz zurückgeführt werden könne (= Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter)1959. ZB habe die Schaffung neuer Behördentypen „mit einem besonderen, ressortmäßig abgegrenzten Wirkungsbereich“ nur durch Gesetz zu erfolgen, da mit der Errichtung der Behörde „in jedem Fall“ eine Änderung der bestehenden Rechtslage verbunden ist1960. Weiters bedürfe die Festlegung des Sitzes und des Sprengels einer Behörde des Gesetzes oder der gesetzlichen Grundlage1961. Schließlich stelle die Eingliederung einer Behörde in den Organisationsaufbau der Verwaltung samt Schaffung einer Berufungsinstanz keine interne Maßnahme mehr dar, die ohne ein ausreichend determiniertes Gesetz gesetzt werden dürfe, da sie mit der Einräumung von Rechtsmitteln der BürgerInnen einhergehe -abläufe zu regeln, die keiner ausdrücklichen gesetzlichen Grundlage bedürfen, sondern aus der Existenz eines Rechtsträgers mit Eigenstaatlichkeit oder Selbstverantwortung resultieren“, – also auf die innere Organisation – einschränkenden Ausführungen von Bußjäger, Organisationshoheit 12 f, der vielmehr von der „Organisationshoheit“ spricht. Darunter versteht er die allgemeine Befugnis der Rechtsträger, Verwaltungsorgane einzurichten und ihr Verhältnis zueinander zu regeln. Weiters grenzt Peter Oberndorfer, Die Verwaltung im politisch-gesellschaftlichen Umfeld, in: Gerhart Holzinger et al (Hg), Österreichische Verwaltungslehre2 (2006) 50, den Organisationsgewaltbegriff auf die Befugnisse der politischen Leitung, über ihren Verwaltungsapparat zu verfügen, ein. 1958 Heinz Peter Rill, Art 18 B-VG, in: Heinz Peter Rill/Heinz Schäffer (Hg), Bundesverfassungsrecht. Kommentar I (Stand 2001) Rz 33. 1959 VfSlg 13021/1992. Vgl weiters Merli, in: Hofmann et al (Hg), Rechtsstaatlichkeit 96; Bußjäger, Organisationshoheit 217; Ludwig K. Adamovich et al, Österreichisches Staatsrecht III (2003) Rz 42.108 ff; Raschauer, Verwaltungsrecht3 Rz 238; Hengstschläger/Leeb (Hg), AVG I § 1 Rz 2; Grabenwarter/Holoubek, Verfassungsrecht Rz 600 ff. 1960 Siehe zB VfSlg 2650/1954; 2709/1954; 3662/1959; 13021/1992. Vgl weiters Manfred Matzka, Organisationskreation in der österreichischen Verwaltungsordnung, JBl 1980, 513. 1961 VfSlg 2650/1954; 2709/1954.
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und für die Rechtskraft von Bedeutung sei1962. Solche Regelungsbereiche richten sich nach außen und entfalten allesamt Wirkungen für die Normunterworfenen1963. Sie werden deshalb – sowohl im Schrifttum als auch mittlerweile in der Judikatur – mitunter als Angelegenheiten der „äußeren Organisation“ bezeichnet1964. Demgegenüber bedürfen Regelungen der „inneren Organisation“ prinzipiell keines Gesetzes bzw keiner gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage1965. Sie können, insofern nicht verfassungsgesetzliche Vorschriften auch für die innerorganisatorischen Angelegenheiten gesetzliche Regelungen vorschreiben1966, durch verwaltungsinterne Maßnahmen erfolgen1967. Der VfGH hält hiezu etwa fest, dass die innere Einrichtung der Behörden und ihre (Unter-) Gliederung eine Angelegenheit der Verwaltung sei, die durch interne Verwaltungsmaßnahmen geregelt werden könne1968. So sei auch eine Regelung, wonach eine Dienststelle einer Behörde im Einzelfall die derjenigen Behörde zukommenden Aufgaben vorzusehen habe1969, letztlich keine Frage der Zuständigkeit, sondern eine solche, welche die innere Gliederung der Behörde betreffe1970. Zur inneren Organisation zählt der VfGH schließlich
1962 VfSlg 3994/1961; 12883/1991. Ebenso hat eine Delegation iS der Übertragung der Zuständigkeit einer Behörde zur Vornahme bestimmter Amtshandlungen nicht ohne entsprechende gesetzliche Grundlage zu erfolgen; siehe Bußjäger, Organisationshoheit 245. 1963 Siehe etwa auch 13578/1993. 1964 Vgl das Erkenntnis des VfGH vom 30.11.2005, B 1158/03; Antoniolli/Koja, Verwaltungsrecht3 329; Bußjäger, Organisationshoheit 16 f und 46. 1965 Wie Antoniolli/Koja, Verwaltungsrecht3 329 und Bußjäger, Organisationshoheit 53, unisono festhalten, führe diese Feststellung nicht dazu, dass der Gesetzgeber die innere Organisation überhaupt nicht zu regeln habe. Vielmehr dürfe er – sofern nicht verfassungsrechtlich anderes vorgesehen – jederzeit die Organisationsgewalt an sich ziehen und auf diese Weise die Organisation lenken und inhaltlich binden. So auch Rill, in: Rill/Schäffer (Hg), Bundesverfassungsrecht I, Art 18 B-VG Rz 32; Potacs, in: Potacs/Sturm (Hg), Reform 11. 1966 So insbesondere Art 77 Abs 2 B-VG, wonach die Zahl der Bundesministerien, ihr Wirkungsbereich und ihre Einrichtung durch das BMG zu bestimmen sind. 1967 Es steht dabei der Verwaltung frei, Vorkehrungen durch Weisungen oder insbesondere durch sog Verwaltungsverordnungen, also generelle Weisungen, zu treffen. Selbst im Wege des schlichten Verwaltungshandelns kann die innere Organisation gestaltet werden. Vgl hiezu Bußjäger, Organisationshoheit 56 f. 1968 VfSlg 2650/1954; 2709/1954; 3662/1959; 13578/1993. 1969 Siehe aber auch zu den Ausführungen betreffend einer „Dienstelle mit teilweise behördenartigem Charakter“ VfSlg 13578/1993 sowie Bußjäger, Organisationshoheit 52 f. 1970 So bereits VfSlg 1704/1948.
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auch die Ordnung des Aktenbestands bzw das Anlegen von Karteien nach bestimmten Ordnungskriterien zum Auffinden von Akten1971. Mit der bloßen Feststellung, dass Angelegenheiten der inneren Organisation auch ohne explizite gesetzliche Ermächtigung geregelt werden können bzw die äußere Organisation stets einer ausreichenden gesetzlichen Normierung bedürfe, sei – so Antoniolli/Koja – das Abgrenzungsproblem jedoch noch nicht gelöst. Da sich der Bereich der organisatorischen Maßnahmen durch eine besondere Vielfalt und Vielgestaltigkeit auszeichne, falle eine abstrakte Grenzziehung zwischen den Regelungsbereichen schwer. Letztlich könne eine solche auch nur an Hand organisationsrechtlicher Einzelfragen beantwortet werden1972, wobei der Grundgedanke der Abgrenzung – so auch ausdrücklich der VfGH – der Umstand sei, ob die Rechtssphäre der Normunterworfenen gestaltet werde1973. Mit Antoniolli/Koja lässt sich aus dem eben Gesagten folgern, dass zum einen überall dort, wo die Organisation der Verwaltung weder Rechte noch Pflichten der/des Einzelnen regelt, keine Notwendigkeit zur Schaffung einer gesetzlichen Regelung besteht1974. Sobald jedoch durch Organisationsmaßnahmen Rechts-, insbesondere Rechtsschutzpositionen von Normunterworfenen berührt werden (sollen), muss ein derartiges Vorgehen jedenfalls auf den Willen des demokratisch legitimierten Gesetzgebers rückführbar sein. Zum anderen ist zu berücksichtigen, dass die Übertragung von Entscheidungskompetenzen immer auf einer ausreichenden gesetzlichen Grundlage zu beruhen hat. Das Gesetz muss also Aussagen etwa darüber enthalten, ob eine monokratische bzw kollegiale Entscheidung vorgesehen ist oder wie viele Mitglieder ein Kollegialorgan hat1975. Hingegen darf die 1971 Siehe VfGH, 30.11.2005, B 1158/03; 26.1.2006, B 764/04. Siehe auch Bußjäger, ZfV 2005, 333, der die Archivierung von Schriftgut der Verwaltung als einen Akt der inneren Organisation der Verwaltung ansieht. Dieser bedürfe daher insoweit keiner gesetzlichen Grundlage, als das Archiv nicht gegenüber Dritten hoheitlich auftrete und zB Beschränkungen des Zugangs zu Archivalien verfüge. Berühre die Archivierung subjektive Reche oder haben interne Vorschriften außenwirksamen Charakter, dann müsse jedoch eine explizite gesetzliche Grundlage vorliegen. Siehe auch ders, Organisationshoheit 241 f, wonach die Approbationsbefugnis, also das Unterfertigen von Entscheidungen und Verfügungen im Auftrag der Behördenleiterin/des Behördenleiters, grundsätzlich ebenfalls der inneren Organisation zuzurechnen sei; so vor allem schon VfSlg 10338/1985 mwH. 1972 Antoniolli/Koja, Verwaltungsrecht3 330. 1973 VfGH vom 30.11.2005, B 1158/03. Siehe aber Bußjäger, Organisationshoheit 48, der zu Recht darauf hinweist, dass auch jeder interne Ablauf mit Auswirkungen auf eine Partei verbunden sei. 1974 Vgl auch Raschauer, Verwaltungsrecht3 Rz 239. 1975 So im Ergebnis auch Bußjäger, Organisationshoheit 48 ff.
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Einrichtung von Verwaltungsorganen für bloß ausführende Tätigkeiten durch internen Verwaltungsakt erfolgen1976. a) Hoheitsverwaltung durch Private und Gesetzmäßigkeit
Aus der Erkenntnis, dass in Österreich unabhängig von der Organisationsform alle Verwaltungshandlungen, sofern sie hoheitlicher Natur sind, gesetzlich gedeckt sein müssen1977, ist zu folgern, dass auch eine Übertragung von hoheitlichen Befugnissen auf Private nur vorbehaltlich einer gesetzlichen Grundlage erfolgen darf1978. Die Gesetzmäßigkeit der Hoheitsakte ist, wie es Pernthaler im Zusammenhang mit der Selbstverwaltung und Ausgliederung darlegt, letztlich deshalb von entscheidender Bedeutung, da diese Rechtsakte die gleichen Rechtswirkungen gegenüber den davon Betroffenen entfalten, wie eben jene von VerwaltungsvertreterInnen gesetzte1979. Dabei muss zwar der Rechtsakt der Beleihung nicht unmittelbar durch Gesetz („gesetzliche Kompetenzzuweisung“1980), sondern kann auch administrativ auf Grund des Gesetzes durch Verwaltungsakt erfolgen, doch hat die gesetzliche Grundlage eine ausreichend bestimmte Ermächtigung für die Übertragung hoheitlicher Aufgaben zu enthalten. Eine bloß „allgemeine“ Ermächtigung zur Übertragung außenrechtswirksamer Befugnisse an Private wird – eingedenk des rechtsstaatlichen und wohl auch demokratischen Prinzips – hiefür nicht ausreichen1981. Wo nun aber die Grenzen einer adäquaten Bestimmtheit gezogen werden können, ist wiederum nur in einer Gesamtsicht der Einsatzzusammenhänge von Fall zu Fall zu beantworten. Es ist aber zumindest davon auszugehen, dass das vorgesehene funktionell zuständige Organ – wohl samt der Bestellungs- und Abberufungsvoraussetzungen1982 – zu bezeichnen ist, dass das Organ zur Ausübung von Hoheits1976 Antoniolli/Koja, Verwaltungsrecht3 330 f. Für den kommunalen Bereich insbesondere Peter Oberndorfer, Gemeinderecht und Gemeindewirklichkeit. Eine verfassungsrechtliche und verwaltungswissenschaftliche Untersuchung zur Problematik der Einheitsgemeinde (1971) 84 ff; Hans Neuhofer, Gemeinderecht. Organisation und Aufgaben der Gemeinden in Österreich2 (1998) 142 f. 1977 Vgl Antoniolli/Koja, Verwaltungsrecht3 239. 1978 Lachmayer, JBl 2007, 764. 1979 Pernthaler, Bundesstaatsrecht 594. 1980 Schäffer, in: Bundeskammer (Hg), Erfüllung 79. 1981 Vgl Udo Steiner, Fragen der Beleihungsdogmatik aus österreichischer und deutscher Sicht, in: Heinz Schäffer et al (Hg), Staat – Verfassung – Verwaltung. FS Friedrich Koja zum 65. Geburtstag (1998) 612 f; Kucsko-Stadlmayer, 15. ÖJT Bd I/1, 80; Lachmayer, JBl 2007, 764. 1982 Eine ausreichend bestimmte Normierung der Abberufungskriterien erscheint im Hinblick auf die gem Art 6 StGG grundrechtlich geschützte und auch die staatliche Vollziehung bindende Erwerbsfreiheit geboten; im Zusammenhang mit den Mautaufsichtsorganen Wolfgang Wessely, Zum Bundesstraßen-Mautgesetz
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akten – ausreichend bestimmt – zu ermächtigen ist, dass die einzelnen übertragenen Aufgaben ausdrücklich normiert sowie als solche gekennzeichnet1983 zu sein haben, und schließlich, dass Regelungen betreffend das einzuhaltende Verfahren getroffen werden müssen. Welche Schwierigkeiten dabei aber zB die Beantwortung der Frage nach der Intensität zu regelnder persönlicher und sachlicher Anforderungen an die einzusetzenden Privaten bereitet, zeigen etwa die Ausführungen von Brünner/Hauser zur Verlässlichkeit und Qualifikation der Mautaufsichtsorgane1984. b) Verwaltungshilfe und Gesetzmäßigkeit
Wie verhält es sich nun aber mit der Hinzuziehung von Privaten zur Erfüllung vorbereitender oder durchführender Handlungen bezogen auf eine Verwaltungsaufgabe? Von Bedeutung ist in diesem Zusammenhang ein Erkenntnis des VfGH aus dem Jahr 19801985, im Zuge dessen sich der Gerichtshof über die Zulässigkeit der Heranziehung von VerwaltungshelferInnen zu befassen hatte1986. In dieser Entscheidung betreffend die rechtswidrige Untersagung der beabsichtigten Gründung des Vereins „Vorarlberger Gemeinderechenzentrum“ hält der VfGH ua fest, dass, sofern das Gesetz nicht ausdrücklich anderes verfüge1987, es Staatsorganen und in gleicher Weise jenen von Selbstverwaltungskörpern freistehe, ihre innere Organisation1988 – unabhängig davon, ob es sich um Maßnahmen der Besorgung hoheitlicher oder privatwirtschaftlicher Maßnahmen handle – „nach Belieben zu gestalten“1989. Es sei den TrägerInnen der Verwaltung demnach auch unbenommen, sich zur Besorgung solcher Angelegenheiten1990 außerhalb des Or2002, ZVR 2004, 235; allgemein zu Erwerbsfreiheit und Vollziehung Adamovich et al, Staatsrecht III Rz 42.251. 1983 Siehe VfSlg 16995/2003 sowie 3.II.B.9. 1984 Brünner/Hauser, ZVR 2006, 304 f. 1985 VfSlg 8844/1980. 1986 Siehe hiezu auch Funk, in: Amt (Hg), Bildungsprotokolle I 28 f. 1987 Darauf zu achten ist freilich, ob einer entsprechenden Regelung eine Verpflichtung der Behörden zu entnehmen ist, die Aufgabe eigenständig, also ohne Inanspruchnahme der Hilfe von Privaten, zu erfüllen. Ansonsten ist die Kompetenz der Verwaltung zur Bestellung von VerwaltungshelferInnen von der ihr gesetzlich eingeräumten Aufgabenbefugnis wohl mit eingeräumt. 1988 Siehe oben 3.II.B.5. 1989 Grenzen iS einer (verfassungs-)gesetzlichen Bindung ergeben sich dabei jedoch aus dem Sachlichkeits- und dem Effizienzgebot. Siehe auch Bernd-Christian Funk, Gestaltungsformen kommunaler Wirtschaftsverwaltung, in: Heinz K rejci/ Hans Georg Ruppe (Hg), Rechtsfragen der kommunalen Wirtschaftsverwaltung (1992) 18. 1990 Der VfGH spricht in gegebenen Zusammenhang in erster Linie von „technischen Hilfstätigkeiten“ (Lagerung von Akten in nicht behördeneigenen Räum-
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gankomplexes stehender Einrichtungen zu bedienen1991. Wesentlich bleibe dabei jedoch, dass diese Maßnahmen keine rechtsbegründeten Wirkungen entfalten dürfen1992, dass nur die vom (Verfassungs-)Gesetz hiezu ermächtigten Organe den Organwillen bilden sowie nach außen hin für den Verwaltungsträger handeln, und schließlich, dass die nach außen hin in Erscheinung tretende Erledigung in jedem Einzelfall auf den Willen des durch (Verfassungs-)Gesetz zur Entscheidung berufenen Organs rückführbar sei1993. Private – hier der Verein – dürfen also weder die Entscheidung des staatlichen Organs präjudizieren noch darf ihre Entscheidung an die Stelle dieses Organs gesetzt werden1994. 6. Kompetenzverteilung
Nicht unerwähnt sollen die Herausforderungen im Hinblick auf die bundesstaatliche Kompetenzverteilung bleiben, die bei der Einrichtung eines Amts und der Übertragung von Aufgaben der Hoheitsverwaltung Beachtung zu finden haben. Der Gesetzgeber benötigt hiefür jedenfalls eine kompetenzrechtliche Grundlage, wobei sich die Abgrenzung von Organisatilichkeiten, Anfertigen von Reinschriften durch externe Schreibkräfte) sowie von Vorkehrungen und Einrichtungen bürotechnischer Art (Schreibgeräte, Registraturen und Karteien). Neuhofer, Gemeinderecht2 167, nennt hiezu weiters die Ausarbeitung von Verordnungs- und Bescheidentwürfen; zum Geschäftsbesorgungsmonopol des Gemeindeamts bereits Oberndorfer, Gemeinderecht 86 ff. 1991 Werde hingegen ein neuer Behördentypus „mit besonderen, ressortmäßig abgegrenzten Zuständigkeitsbereich“ geschaffen, dürfe dies – so der VfGH etwa in VfSlg 13021/1992 mwH (betreffend Auflassung von bestimmten Gendarmerieposten) – nur durch Gesetz vorgenommen werden (siehe hiezu 3.II.B.5). Öhlinger, ZVR 1992, 148 f, folgert daraus, dass durch die Hinzuziehung von Privatpersonen (hier als Organe der öffentlichen Aufsicht zur Überwachung von Kurzparkzonen ohne Ermächtigung zur Erlassung von Organstrafmandaten) lediglich die Schaffung von „Hilfsorganen der Behörde“ vorliege und demnach als eine Angelegenheit der inneren Einrichtung anzusehen sei, was wiederum kein Tätigwerden des Gesetzgebers erfordere. 1992 Vgl schon VfSlg 4890/1964: „Rechte zu konstituieren, ist keine bloße innere Angelegenheit einer Gebietskörperschaft.“ 1993 Siehe auch VfSlg 7264/1974. In einem Erkenntnis betreffend automationsunterstützt erzeugte Bescheide hält der VfGH, VfSlg 11590/1987, unter Verweis auf sein Judikat VfSlg 8844/1980 außerdem fest, dass die Behörde, welcher der Bescheid rechtlich zuzurechnen sei und die ihn daher zu verantworten habe, auch in die Lage versetzt sein müsse, auf den automationsunterstützt ablaufenden Vorgang der Bescheidausfertigung bestimmenden Einfluss zu nehmen. Aus der Lit auch Wenger, Grundriss Rz 527; Funk, in: Amt (Hg), Bildungsprotokolle I 29. 1994 Christine Rose-Kaan, Entscheidungsbesprechung zu VfSlg 8844/1980, ÖZW 1980, 122.
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onsrecht, materiellem Recht und Verfahrensrecht mitunter schwierig gestalten kann1995. a) Materien- und Organisationsgesetzgeber
Im gegenständlichen Kontext der Übertragung von Verwaltungsaufgaben auf (Hilfs-)Organe im Allgemeinen sowie auf Private im Besonderen ist grundsätzlich davon auszugehen, dass die Kompetenz zur Schaffung gesetzlicher Grundlagen für die Einräumung und Ausgestaltung staatlicher Befugnisse sowie für die Ermächtigung zur Hinzuziehung Privater1996 dem nach der bundesstaatlichen Kompetenzverteilung gem Art 10 bis 12 und 15 B-VG für die jeweilige Materie berufenen Gesetzgeber zusteht1997. Diese Feststellung lässt sich im Hinblick auf Tätigkeiten von Hilfsorganen jedenfalls schon mit der Judikatur des VfGH belegen1998. Auch im Schrifttum offenbart sich nichts Gegenteiliges. Stoitzner etwa gelangt infolge einer von ihr vorgenommenen, letztlich negativen Abgrenzung des verfassungsrechtlichen Begriffs der „Organisation der Verwaltung“ zum Ergebnis1999, dass der Materiengesetzgeber berechtigt sei, Normen der sachlichen und funktionellen Zuständigkeit2000, der territorialen Anknüpfung2001 1995 Siehe etwa Heinz Mayer, Ein „Umweltanwalt“ im österreichischen Recht?, JBl 1982, 114. 1996 Zur Beiziehung von VerwaltungshelferInnen Hauer, JBl 1993, 490; siehe aber bereits oben 3.II.3.b). 1997 Vgl hiezu die Ausführungen von Korinek, ÖZW 2000, 48, der für Ausgliederungsgesetze eine „Annexkompetenz“ zu den einzelnen Kompetenztatbeständen annimmt, da seiner Meinung nach der jeweils zuständige Materiengesetzgeber angesichts seiner Organisationsgewalt im Rahmen der sonstigen verfassungsrechtlichen Vorgaben die Organisation der Vollziehung regeln könne. In diese Richtung zuvor schon Korinek/Holoubek, Grundlagen 91. Siehe weiters auch Kucsko-Stadlmayer, 15. ÖJT Bd I/1, 65 und 80, ebenfalls betreffend die Erlassung von Ausgliederungsgesetzen. Ihrer Meinung nach liege die Zuständigkeit des Bundes hiefür grundsätzlich dann vor, wenn die Regelung der Aufgabe nach den Kompetenztatbeständen der Bundesverfassung dem Bund zustehe. 1998 „Ob und inwieweit den Organen der Bundesgendarmerie das Recht und die Pflicht zukommt, als Hilfsorgan einer Behörde tätig zu werden, bestimmt das die einzelne Materie regelnde Gesetz.“ So VfSlg 8035/1977. 1999 Bettina Stoitzner, Ist der Organisationsgesetzgeber berechtigt, Zuständigkeitsnormen zu erlassen? Eine kompetenzrechtliche Untersuchung des verfassungsrechtlichen Begriffs „Organisation der Verwaltung“, ÖJZ 1986, 143. 2000 Siehe hiezu auch Öhlinger, ZVR 1992, 154; Hengstschläger/Leeb (Hg), AVG I § 1 Rz 7 f. 2001 Dies betrifft aber nicht die Festlegung des Amtssprengels, die durch den zur Organisationsgesetzgebung kompetenten Gesetzgeber zu erfolgen hat; so Stoitzner, ÖJZ 1986, 140; Robert Walter et al, Grundriss des österreichischen
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sowie solcher betreffend Zuständigkeitskonkurrenz und Zuständigkeitskonflikt2002 zu erlassen. Demgegenüber ergebe sich – so Stoitzner weiter – aus den Bestimmungen des Art 10 Abs 1 Zif 16 und Art 15 Abs 1 B-VG2003 und unter Berücksichtigung von Art 15 Abs 10 sowie Art 102 Abs 1 leg cit, dass die Gebietskörperschaften für die jeweils eigene Verwaltungsorganisation der zuständige Gesetzgeber und somit der Organisationsgesetzgeber sei2004. Demnach sind die Auswahl und Bestellung von OrganwalterInnen sowie deren Eingliederung in die Behördenstruktur als Funktionen des Organisationsrechts zu werten2005. Mitunter schwierig wird die präzise Abgrenzung der Kompetenz des Organisationsgesetzgebers und des Materiengesetzgebers immer dann, „wenn der bundesstaatlichen Kompetenzverteilung zufolge die Zuständigkeit zur Regelung der Behördenorganisation und jene zur Regelung einer bestimmten Materie jeweils verschiedenen Autoritäten (Bund, Land) zukommt“2006. Der VfGH macht hiezu deutlich, dass zwischen Organisation (Einrichtung) und Funktion (Aufgaben) von Behörden stets ein Verhältnis gegenseitiger Abhängigkeit bestehe2007; dies nämlich insofern, „als jede organisatorische Regelung notwendig auf die Bewältigung irgendwelcher Funktionen ausgerichtet ist und umgekehrt die Regelung jeglicher Funktion auf ihre organisatorische Bewältigung Bedacht nehmen muss. Niemals kann daher eine organisatorische Regelung auf zumindest globale Aussagen über die Art der der Behörde zukommenden Funktionen zur Gänze verzichten und es enthält umgekehrt jede funktionelle (materiell-rechtliche) Regelung notwendig auch organisatorische Bezüge, das heißt Aussagen, die sich als konkrete Ergänzung des abstrakten Organisationsrechts darstellen. Organisation und Funktion fließen sohin derart ineinander, dass im Grenzbereich Verwaltungsverfahrensrechts9 (2011) Rz 37; Hengstschläger/Leeb (Hg), AVG I § 1 Rz 9. 2002 AA Walter et al, Verwaltungsverfahrensrecht9 Rz 37 und Bußjäger, Organisationshoheit 104 f. 2003 Bußjäger, Organisationshoheit 68; Mayer, B-VG4 62 sowie 110. 2004 Stoitzner, ÖJZ 1986, 136. 2005 Vgl Bußjäger, Organisationshoheit 106 sowie zur Regelung von Qualifikationserfordernissen 109 f und 276 f. 2006 Siehe VfSlg 8466/1978. Siehe hiezu bereits VfSlg 4609/1963, wonach die Normierung eines bestimmen Aufgabenkreises einer Behörde und die damit einhergehende Verpflichtung, sich bei Erfüllung dieser Aufgaben einer qualifizierten Person bzw einer geeigneten Einrichtung zu bedienen, nicht dem Organisationsrecht zufalle, soweit hinsichtlich deren Organisationsstruktur und Eingliederung in die Behörde keine näheren Regelungen getroffen werden. 2007 Siehe hiezu auch Matzka, JBl 1980, 505; Mayer, JBl 1982, 114.
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eine eindeutige Zuordnung allein vom Begriff her nicht möglich ist. Die Zuordnung muss sich deshalb in Zweifelsfällen daran orientieren, ob der Bezug der fraglichen Norm zur abstrakten Organisation oder ob der – voraussetzungsgemäß ebenfalls vorhandene – Bezug der Norm zur konkreten Funktion im Vordergrund steht“2008. Der VfGH kommt in den beiden zitierten Erkenntnissen – einerseits hinsichtlich der Hinzuziehung von besonders geschulten Organen als Aufsichtsorgane im Zuge der Bewältigung von Überwachungsaufgaben nach dem vormaligen LMG 1975 und andererseits betreffend die Beiziehung von Tierärztinnen und Tierärzten zum Zweck der Schlachttier- und Fleischuntersuchung gem dem damaligen FleischuntersuchungsG – jeweils zum Ergebnis, dass bei Regelungen, die qualifizierende Vorgaben für die Beauftragung von Organen enthalten2009, der Bezug der zu prüfenden Vorschriften der konkreten Materie „unverhältnismäßig“ näher sei als jener der bloßen Behördenorganisation. Letztere sei – so der VfGH in einem von ihm selbst vorgebrachten Beispiel – durch die Anordnung betroffen, dass zur Bezirkshauptfrau bzw zum Bezirkshauptmann lediglich ein/e rechtskundige/r Beamtin bzw Beamter bestellt werden dürfe. In einem solchen Fall überwiege dann der Bezug zur organisatorischen Einrichtung der Behörde2010. Exemplarisch kann hier außerdem auf die Überlegungen von Öhlinger hinsichtlich des Einsatzes von beliehenen Aufsichtsorganen im Rahmen der Parkraumüberwachung und vor allem einzelner Straftatbestände der StVO hingewiesen werden. Demnach lege der Bundesgesetzgeber, der gem Art 11 Abs 1 Zif 4 B-VG für die Materie „Straßenpolizei“ der zuständige Gesetzgeber sei, fest, dass als Straßenaufsichtsorgane neben (arg „insbesondere“2011) den Organen der Bundespolizei und gegebenenfalls der Gemeindewachkörper auch sonstige Organe in Betracht kommen. Nach § 97 Abs 2 StVO seien die zuletzt genannten Organe der Straßenaufsicht auf ihre Dienstpflichten zu vereidigen und mit einem Dienstabzeichen auszustatten. Die weitere organisatorische Ausgestaltung dieser Organe falle jedoch in die Organisati2008 VfSlg 8466/1978; daran anknüpfend VfSlg 12331/1990. 2009 Siehe hiezu auch Matzka, JBl 1980, 522, der bei der Festlegung von Qualifikationskriterien für OrganwalterInnen in Materiengesetzen dann ein Überschreiten des Kompetenzbereichs der Regelung der Sachmaterie annimmt, wenn es solche OrganwalterInnen dem Typus nach in dem gegenständlichen Behördenapparat zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Regelung nicht gab. Weiters auch Buß jäger, Organisationshoheit 109. 2010 VfSlg 8466/1978. Krit Bußjäger, Organisationshoheit 108 f, wegen der Gefahr des Unterwanderns der Organisationskompetenz durch den Materiengesetzgebers. 2011 Siehe auch Edmund Primosch, Aufsichtsorgane für straßenpolizeiliche Überwachungen im Land Kärnten, ZVR 2005, 276.
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onskompetenz des Landesgesetzgebers. Dieser habe die Rechtsbeziehungen solcher Straßenaufsichtsorgane zum Land zu bestimmen und demzufolge festzulegen, ob als solche Aufsichtsorgane lediglich Landesbedienstete oder aber auch Beliehene in Betracht kommen2012. Dies bedeute aber wiederum nicht, dass spezifische Befugnisse der Aufsichtsorgane auf landesgesetzlicher Ebene festgelegt werden können. Die Regelung des Aufgabenbereichs, also der sachlichen Zuständigkeit und auch die Festlegung des Instanzenzuges (= funktionelle Zuständigkeit) bleibe ausschließlich Aufgabe des Materiengesetzgebers. Nun würde es zwar bereits die geltende Rechtslage zulassen, dass das Land auf der Ebene der Vollziehung Personen, die nicht in einem Dienstverhältnis ieS zum Land stehen, als Überwachungsorgane für bestimmte Überwachungsaufgaben einsetze. Doch wäre es nach Meinung von Öhlinger „korrekter“, würde der Bundesgesetzgeber das zuständige Landesorgan (Bezirksverwaltungsbehörde oder Landesregierung) ermächtigen, die Überwachung des Verkehrs mit den in der StVO im einzelnen zu konkretisierenden Befugnissen auf Beliehene, die sodann bestimmte (in der StVO näher zu präzisierende) Kriterien zu erfüllen haben, zu übertragen2013. b) Annex- und Bedarfskompetenz
Für die gegenständliche Untersuchung bedeutsam sind vor allem auch die Regelungen des Verwaltungsverfahrensrechts. Diese gelten als ein Standardbeispiel für Annexkompetenzen2014, und zwar deshalb, da der zur Erlassung materiell-rechtlicher Vorschriften berufene Gesetzgeber (Bund oder Länder) grundsätzlich auch zur Regelung des Verfahrensrechts kompetent ist2015, ihm demnach als – für die Regelung der Hauptmaterie zuständigen Gesetzgeber – zusätzlich die Ausgestaltung dieser Kompetenzinhalte „anhaften“2016. 2012 Vgl hiezu sowie hinsichtlich der landesgesetzlichen Regelungen der §§ 14a f Kärntner Parkraum- und Straßenaufsichtsgesetz – K-PStG, Ktn LGBl 55/1996 idF Ktn LGBl 43/2012, Primosch, ZVR 2005, 277 f. 2013 Öhlinger, ZVR 1992, 154. 2014 Bernd-Christian Funk, Das System der bundesstaatlichen Kompetenzverteilung im Lichte der Verfassungsrechtsprechung (1980) 84; Stolzlechner, Einführung5 Rz 303 f. 2015 Siehe bereits VfSlg 3054/1956, 3061/1956, 6937/1972, 8035/1977. 2016 Es wird in diesem Zusammenhang auch vom Adhäsionsprinzip bzw Adhäsionskompetenz gesprochen; so etwa von Heinz Schäffer, Verfassungsinterpretation in Österreich. Eine kritische Bestandsaufnahme (1971) 121 f; Heinz Mayer, Die Zuständigkeit der Verwaltungsbehörden im Vollstreckungsverfahren (1974) 10 f; Bußjäger, Organisationshoheit 104; Hengstschläger/Leeb (Hg), AVG I § 1 Rz 4; Mayer, B-VG4 71; Walter et al, Bundesverfassungsrecht10 Rz 259; Adamovich et al, Staatsrecht IV Rz 61.014; Öhlinger, Verfassungsrecht8 Rz 279; Walter et al, Verwaltungsverfahrensrecht9 Rz 33.
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Darüber hinaus erlaubt jedoch Art 11 Abs 2 B-VG in Ausnahmefällen eine bundesgesetzliche Regelung auch dort, wo nach dem Annexprinzip eigentlich die Länder zuständig wären. Dadurch wird die annexweise Aufteilung von Kompetenzen im Bereich der Verfahrensrechte2017 inklusive des Verwaltungsstrafrechts sowie des Vollstreckungsrechts eingeschränkt2018. Zum Tragen kommt die Bedarfskompetenz des Bundes dann, wenn ein „Bedürfnis nach Erlassung einheitlicher Vorschriften als vorhanden erachtet wird“2019. Die hiefür erforderliche Beurteilung des Bedarfs nach Rechtseinheit liegt beim Bundesgesetzgeber. Insoweit dieser von der Bedarfskompetenz tatsächlich Gebrauch gemacht und einheitliche Regelungen erlassen hat, dürfen sowohl er selbst als auch die Länder abweichende Bestimmungen – demnach in Durchbrechung der Bedarfskompetenz – lediglich dann vorsehen, wenn diese zur Regelung des betreffenden Gegenstands (objektiv) erforderlich – VfGH: „unerlässlich“2020 – sind2021. Das Kriterium der Zweckmäßigkeit allein reicht somit nicht hin2022. Auf der kompetenzrechtlichen Grundlage des Art 11 Abs 2 B-VG basieren heute jedenfalls die – der gänzlichen Rechtszersplitterung der Verfahrensrechte vorzubeugen versuchenden – Verwaltungsverfahrensgesetze (EGVG, AVG, VStG, VVG)2023. 2017 Siehe schon Heinz Mayer, Bemerkungen zum „Entwurf eines Umweltverträglichkeitsgesetzes“, ÖJZ 1990, 386 f. 2018 Hengstschläger/Leeb (Hg), AVG I § 1 Rz 4; Mayer, B-VG4 72; Walter et al, Bundesverfassungsrecht10 Rz 262; Wolfgang Wessely, Eckpunkte der Parteistellung. Wegweiser für Gesetzgebung und Vollziehung (2008) 11; Öhlinger, Verfassungsrecht8 Rz 252; Walter et al, Verwaltungsverfahrensrecht9 Rz 34. 2019 Vgl Ewald Wiederin, Bundesrecht und Landesrecht (1995) 90 ff; Walter et al, Bundesverfassungsrecht10 Rz 262, verneinen eine Anknüpfung an objektive Kriterien bei der Bedarfsprüfung (arg „erachten“). 2020 Siehe VfSlg 15351/1998 mwH; hiezu ausführlich Wessely, Eckpunkte 18 ff. 2021 Vgl Paul Sieberer, Gemeinschafts- und verfassungsrechtliche Anforderungen an § 42 AVG, ZfV 2000, 740; Hengstschläger/Leeb (Hg), AVG I § 1 Rz 5; Johannes Hengstschläger, Verwaltungsverfahrensrecht. Ein systematischer Grundriss4 (2009) Rz 3 ff; Ludwig K. Adamovich et al, Österreichisches Staatsrecht I2 (2011) Rz 19.007 ff. Krit zur Durchbrechung der Bedarfskompetenz Walter et al, Bundesverfassungsrecht10 Rz 262, da diese Normierung ihrer Meinung nach von „unklarer Weite“ sei und dem Gedanken der Vereinheitlichung des Verfahrensrechts zuwiderlaufe. 2022 Andreas Janko, Zur Neuordnung der Rechtsstellung übergangener Nachbarn durch die AVG-Novelle 1998 und die oö Bauordnungs-Novelle 1998, bbl 2000, 144. 2023 Zur Einordnung der bereits seit 1925 bestehenden und zu diesem Zeitpunkt auf der verfassungsrechtlichen Grundlage des Art 11 Abs 1 Zif 7 B-VG, BGBl 271/1925, basierenden allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetze in die erst 1929 erfolgte Normierung des Art 11 Abs 2 B-VG, BGBl 392/1929, siehe Mayer,
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Die Bedarfskompetenz wird aber nach Ansicht des VfGH dann nicht berührt, wenn Verwaltungsvorschriften (= Materiengesetze2024) die Subsidiärbestimmungen des AVG betreffen (zB § 39 Abs 2 AVG). Solche Vorschriften gelten nicht als „abweichende Regelungen“ iSd Art 11 Abs 2 zweiter Halbsatz B-VG, womit auch die Prüfung, ob sie „zur Regelung des Gegenstands erforderlich“ sind, nicht notwendig sei2025. In diesen Fällen bleibt es also dem Materiengesetzgeber überlassen, das Verfahren durch Sondervorschriften zu regeln2026. Die Vollziehung iSd Handhabung des Verfahrensrecht, das auf Grundlage von § 11 Abs 2 B-VG durch Bundesgesetze einheitlich geregelt wurde, steht wiederum abhängig davon, ob die den Gegenstand des Verfahrens bildende Sachmaterie der Vollziehung nach Bundes- oder Landessache ist, entweder dem Bund oder den Ländern zu, sie richtet sich somit nach dem Annexprinzip (Art 11 Abs 4 B-VG)2027. 7. Gleichheitsgrundsatz – Sachlichkeitsgebot
Wie der VfGH bereits in mehreren seiner Entscheidungen festgehalten hat2028, muss die Beleihung ausgegliederter Rechtsträger wie jeder Akt der Gesetzgebung dem aus dem Gleichheitsgrundsatz erfließenden Sachlichkeitsgebot entsprechen2029. Gleichheitswidrig wäre – nach Meinung von Korinek – eine Beleihung dann, wenn sie sachlich nicht rechtfertigbar wäre2030. Bei der Beurteilung der Sachlichkeit werde letztlich ein Vergleich Zuständigkeit 21 ff; weiters ua Gruber, in: Bundeskanzleramt (Hg), Verwaltung 146 f. 2024 Vgl Art II Abs 2 EGVG. 2025 VfSlg 16285/2001. Hiezu auch Hengstschläger/Leeb (Hg), AVG I § 1 Rz 5; Mayer, B-VG4 72. Krit vor allem Wessely, Eckpunkte 12 ff. 2026 Hengstschläger, Verwaltungsverfahrensrecht4 Rz 8; Erich Pürgy, Bundesverfassungsrecht und Landesrecht, in: ders (Hg), Das Recht der Länder I (2012) Rz 41. 2027 Hengstschläger, Verwaltungsverfahrensrecht4 Rz 4; Mayer, B-VG4 72; Adamovich et al, Staatsrecht I2 Rz 19.012. 2028 VfSlg 14473/1996; 16048/2000; 16400/2001. 2029 Der Gleichheitsgrundsatz (Art 7 B-VG) bindet eben auch den Gesetzgeber und setzt ihm insofern inhaltliche Schranken, indem er ihm verbietet, sachlich nicht begründbare Regelungen zu treffen. Dies betrifft sowohl die angestrebten Ziele als auch die Auswahl der zur Zielerreichung einzusetzenden Mittel. Siehe VfSlg 11369/1987; 11693/1988; 12182/1989; weiters das Erkenntnis des VfGH vom 11.12.2002, B 1546/01. 2030 Demgegenüber nimmt etwa jüngst Magdalena Pöschl, Gleichheit vor dem Gesetz (2008) 277 f mwN, an, dass es sich hiebei überhaupt nicht um eine Frage des Gleichheitssatzes handle. Vielmehr beruhen die Gründe der Rechtfertigungsbedürftigkeit von Ausgliederungen bzw Beleihungen auf staatsorganisatorischen, demokratischen und rechtsstaatlichen Überlegungen.
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zwischen der konkret zu beurteilenden Regelung mit anderen Bestimmungen oder – dies sei der Regelfall – mit den Grundgedanken, die sich aus anderen Regelungen ableiten lassen, anzustellen sein. Die Gleichheitsmäßigkeit der Ausgliederung einer bestimmten Aufgabe sei dann kritisch zu hinterfragen, wenn die Besorgung anderer vergleichbarer Aufgaben im überwiegenden Maß nicht ausgegliedert erfolge und für die Sonderbehandlung eine sachliche Rechtfertigung fehle. Stehen sich jeweils gute, sachlich gerechtfertigte Gründe gegenüber, sei es Aufgabe des Gesetzgebers zu entscheiden, welche davon die besseren seien2031. Einzig bei Grundrechtseingriffen müsse aufgrund des Verhältnismäßigkeitsprinzips nach den besseren, „allenfalls sogar den besten Gründen“ gefragt werden2032. Dies sei aber in der Regel bei der Klärung der Frage nach der geeigneten Organisationsform zur Bewältigung einer bestimmten Staatsaufgabe nicht anzunehmen, so dass in diesem Bereich ein weiter rechtspolitischer Gestaltungsspielraum des einfachen Gesetzgebers anzuerkennen sei und sich der VfGH daher bewusst auf eine bloße Vertretbarkeitskontrolle zurückziehen könne2033. 8. Verfassungsrechtliches Effizienzgebot
Der Auftrag zur sparsamen, wirtschaftlichen und zweckmäßigen Gebarung der Gebietskörperschaften ist in der Bundesverfassung in unterschiedlichen Zusammenhängen normiert2034. Alle drei Kriterien zusammengenommen stellen ein verfassungsrechtliches Gebot zur Optimierung der Effizienz der Verwaltungsleistungen dar2035. Und auch der VfGH hat diesem mit dem 2031 Für eine strenge Prüfung der vom Gesetzgeber vorgebrachten Gründe zur Rechtfertigung einer Ausgliederung (am Beispiel der Wertpapieraufsicht) Heinz Peter Rill, Grenzen der Ausgliederung behördlicher Aufgaben aus der unmittelbaren Staatsverwaltung – Überlegungen anlässlich der geplanten Betrauung eines eigenen Rechtsträgers mit der Wertpapieraufsicht, ÖBA 1996, 754 ff; seine Forderung wiederholend ders, Verfassungsrechtliche Fragen der Finanzmarktaufsicht, in: ÖJK (Hg), Neuere Entwicklungen des österreichischen Bankenrechts im europäischen Zusammenhang – eine verfassungsrechtliche und grundrechtliche Analyse (2002) 31 f; sowie ders, Staatliche „Kernaufgaben“ – Notwendigkeit oder Fiktion?, in: ÖJK (Hg), Entstaatlichung. Gefahr für den Rechtsstaat? (2002) 102 f. 2032 Vgl die Kritik von Brünner/Hauser, ZVR 2006, 301, zur weitgehend fehlenden Begründung des Gesetzgebers im Zusammenhang mit der Erlassung des B StMG. 2033 Korinek, ÖZW 2000, 48 f; siehe auch Pabel, JRP 2005, 223 sowie mwN Baumgartner, Ausgliederung 241. 2034 So insbesondere in Art 51a Abs 1, 126b, 127, 127a B-VG; siehe auch Art 116a Abs 1 und 119a Abs 2 B-VG. 2035 Siehe bereits Adamovich/Funk, Verwaltungsrecht3 141; weiters Korinek, in: Krejci/Ruppe (Hg), Rechtsfragen 42 f; Baumgartner, Ausgliederung 245; Grabenwarter/Holoubek, Verfassungsrecht Rz 788.
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Überbegriff des Effizienzprinzips versehenen Grundsatz mittlerweile die Bedeutung eines allgemeinen, auch für die Gesetzgebung geltenden Prinzips beigemessen2036. In seinem Erkenntnis zur Austro Control GmbH hält er dies ausdrücklich für die, einen Ausnahmefall zum regulären Schema der staatlichen Vollziehung darstellende2037 Beleihung ausgegliederter Rechtsträger fest2038. Folglich ist nicht nur die Vollziehung, sondern auch der Gesetzgeber gefordert, von Fall zu Fall die denkbaren Alternativen und deren komparative Kosten sowohl in einer betrieblichen als auch in einer gesamtwirtschaftlichen Relation zu erfassen2039. Korinek gesteht – ähnlich wie beim zuvor angesprochenen Sachlichkeitsprinzip – dem Gesetzgeber hiebei jedoch einen „relativ“ weiten Gestaltungs-, Einschätzungs- und Prognosespielraum zu2040. Beachtung habe bei der Prüfung der Voraussetzungen aber jedenfalls zu finden, ob eine Ausgliederung an sich effizient sei und darüber hinaus ob sich die gewählte Form der Ausgliederung als geeignet erweise2041. Nicht unberücksichtigt bleiben darf schließlich, dass Fehleinschätzungen Maßnahmen in Richtung gesetzliche Anpassungen bis hin zur Rückeingliederung in die Verwaltung gebieten können2042. Der nachprüfende VfGH ist hinsichtlich des Effizienzgebots in seinem Wirken wiederum dahingehend eingeschränkt, als er, so Korinek, ein Ausgliederungsgesetz – hiebei mit gemeint ist wohl auch die Beleihung – dann als dem Effizienzgebot widersprechend werde aufzuheben haben, wenn es in keiner Weise mehr vertretbar sei, die Maßnahme als wirtschaftlich, spar2036 Etwa Baumgartner, Ausgliederung 246. 2037 Vgl Eberhard et al, JRP 2006, 56. 2038 VfSlg 14473/1996; vgl auch Kucsko-Stadlmayer, 15. ÖJT Bd I/1, 61. 2039 Siehe Adamovich et al, Staatsrecht II Rz 27.102. 2040 Eine bestimmte inhaltliche Festlegung von Staatsaufgaben ist mit dem Effizienzgebot nicht verbunden. Es ist gegenüber staatlichen Zielsetzungen insofern „neutral“. Siehe hiezu schon Korinek/Holoubek, Grundlagen 176. 2041 Davon erfasst sind aber nicht bloß Ausgliederungsgesetze oder Beleihungen, sondern, so Korinek, auch die Entscheidung darüber, ob eine privatrechtlich zu besorgende Staatsaufgabe durch eine Gebietskörperschaft selbst wahrgenommen oder auf einen ausgegliederten Rechtsträger übertragen werden solle. Solche Vorgänge haben sich ebenfalls am verfassungsrechtlichen Effizienzprinzip zu orientieren, denn dieses binde als umfassende Handlungsmaxime eben gerade auch die nichthoheitliche Verwaltungstätigkeit; vgl Korinek/Holoubek, Grundlagen 173; Korinek, ÖZW 2000, 49. Siehe auch die von Matzka, in: Hammer et al (Hg), FS Öhlinger 691, als erforderlich angesehenen (Prüfungs-)Schritte, die vor der Verwirklichung von Ausgliederungen in einem jeden Einzelfall gesetzt werden sollen (zB Erstellung eines Ausgliederungskonzepts, Definition von Effizienzkriterien, Festlegung des Rechnungswesens, Maßnahmen zur Sicherstellung des staatlichen Einflusses auf ausgegliederte Rechtsträger). 2042 Kucsko-Stadlmayer, 15. ÖJT Bd I/1, 63.
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sam und zweckmäßig zu bewerten2043. Es steht ihm also lediglich eine Vertretbarkeitskontrolle zu2044. Werden aber infolge von Ausgliederungen und Beleihungen Fehleinschätzungen und -prognosen erkennbar und reagiert sodann der Gesetzgeber daraufhin nicht durch Setzen gehöriger Maßnahmen, kann der VfGH diesem gegebenenfalls in einem Gesetzprüfungsverfahren die Verletzung des verfassungsrechtlichen Effizienzprinzips entgegenhalten2045. Nicht ausgespart werden darf hier freilich die Bedeutung der Kriterien der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit für die Verwaltung und für deren gesamtes Handeln. Dabei stehen die Kriterien im engen Zusammenhang mit dem Verhältnismäßigkeitsprinzip und dienen, so Korinek/Holoubek, als dessen gebarungsrechtliche Ausprägung dazu, Handlungsmaßstäbe für die Verwaltung dort zu setzen, wo der Gesetzgeber Handlungsspielräume gelassen hat. Sie bilden also einen für die Beurteilung der Frage, welches von mehreren einsetzbaren hoheitlichen oder nicht hoheitlichen Vollzugsmitteln dem Gesetz im konkreten Fall entspricht, relevanten Maßstab2046. 9. Weitere Grenzen der Übertragung von hoheitlichen Befugnissen
Hoheitliche Tätigkeiten dürfen nicht in Bausch und Bogen übertragen werden, sondern die Übertragung hat auf vereinzelte Aufgaben beschränkt zu bleiben2047. Ein solches Vorgehen steht zum einen den „relativ dichten Staatsorganisationsnormen des B-VG in Art 20 und 21“ entgegen2048 und könnte zum anderen nur zu leicht zum Umgehen bzw zur Unterlaufung des verfassungsrechtlich vorgegebenen Organisationskonzepts führen2049. Dies lässt sich mit Art 77 B-VG begründen, woraus hervorgeht, dass zur Besorgung der Geschäfte der Bundesverwaltung ausschließlich die Bundesminis2043 Korinek, ÖZW 2000, 49. Siehe hiezu aber auch die krit Anmerkungen von Funk, ÖZW 1997, 60 f, der die „Erinnerung an das Effizienzgebot“ zwar begrüßt, eine solche aufgrund der Schwierigkeiten bei einer konkreten Prüfung durch den VfGH (arg Gefahr politischer Lösungen, Problem der verlässlichen Feststellung oder Prognose des komparativen Nutzens) aus juristischer Sicht aber als „letzten Endes in den Wind gesprochen und damit ineffektiv“ ansieht. Weiters Brünner/ Hauser, ZVR 2006, 301 f. 2044 So Korinek/Holoubek, Grundlagen 177; zustimmend Kucsko-Stadlmayer, 15. ÖJT Bd I/1, 61; Baumgartner, Ausgliederung 248; Grabenwarter/Holoubek, Verfassungsrecht Rz 790. 2045 Siehe hiezu Korinek/Holoubek, Grundlagen 178; Korinek, ÖZW 2000, 49. 2046 Korinek/Holoubek, Grundlagen 178 f. 2047 Adamovich et al, Staatsrecht II Rz 26.028. 2048 Kucsko-Stadlmayer, 15. ÖJT Bd I/1, 85. 2049 Siehe auch VfSlg 16400/2001 und 17101/2004.
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terien, die wiederum von den BundesministerInnen geleitet werden, und die ihnen unterstellten Ämter berufen sind2050. Ähnliches gilt auch für die Situation in den Ländern2051. Das bedeutet, wie eingangs skizziert, nun aber nicht, dass keinerlei Möglichkeiten bestehen, Aufgaben der Hoheitsverwaltung zB auf Organe von Nicht-Gebietskörperschaften zu übertragen2052. Dies geht etwa bereits aus der „Nationalbank-Entscheidung“ des VfGH hervor, der darin festhält, dass es sowohl mit Art 20 als auch mit Art 77 B-VG vereinbar „erscheine“, „private physische oder juristische Personen durch Gesetz zur Besorgung von öffentlichen Angelegenheiten [zu] berufen und dadurch in die öffentliche Verwaltung“ einzugliedern2053. An dieser Auffassung hielt der VfGH in weiterer Folge auch fest, so etwa in einem – zwar nicht auf „echte“ Private bezogenen – Erkenntnis aus dem Jahr 1960, in dem er unter Anwendung der historischen Interpretation zum Ergebnis gelangt, dass der Bundes-Verfassungsgesetzgeber es „stillschweigend als verfassungsrechtlich zulässig ansah, für vereinzelte Aufgaben Organe von Nicht-Gebietskörperschaften mit der Vollzugsgewalt des Bundes oder eines Landes auszustatten, ihnen also Behördenqualität zu geben“2054. Eine weitere Frage, die noch unbeantwortet ist, ist jene der Grenzziehung. Im vorstehenden Erkenntnis hält der VfGH jedenfalls fest, dass eine Übertragung von Hoheitsaufgaben nur insofern zulässig sei, als sich nicht aus dem durch den Wesensgehalt der Bundesverfassung bestimmten Aufbau der Staatsverwaltung oder aus einzelnen besonderen Bestimmungen der Bundesverfassung Einschränkungen ergeben2055. Er zieht aber auch insoweit eine verfassungsrechtlich bedingte (quantitative) Grenze für Ermächtigun2050 Siehe hiezu VfSlg 4117/1961, wonach den Bundesministerien nebengeordnete Dienststellen im Widerspruch zu Art 77 B-VG stehen; weiters VfSlg 16400/2001, demzufolge von unterstellten Ämtern dann nicht mehr die Rede sei, wenn einerseits die Besorgung der Verwaltungsaufgaben einer eigenen juristischen Person (des öffentlichen Rechts) übertragen werde (zB die Bundes-Wertpapieraufsicht), da eine unmittelbare Zurechnung der von einem solchen Rechtsträger gesetzten Akte an die/den BundesministerIn nicht möglich sei. 2051 Vgl Korinek, ÖZW 2000, 50. 2052 Siehe auch Lachmayer, JBl 2007, 753 f; Michael Holoubek, Dynamische Verwaltungsorganisation und das Verwaltungsorganisationskonzept der Bundesverfassung, in: Konrad Arnold et al (Hg), Recht. Politik. Wirtschaft. Dynamische Perspektiven, FS für Norbert Wimmer (2008) 227. 2053 VfSlg 1455/1932. Funk, in: Amt (Hg), Bildungsprotokolle I 27, stellt klar, dass die Eingliederung keine organisatorische Vereinnahmung, sondern eine funktionelle Zugehörigkeit des Beliehenen zur Verwaltung darstellt. 2054 VfSlg 3685/1960. Hiezu auch Aichlreiter, Verordnungsrecht I 315; Walzel von Wiesentreu, ÖGZ 12/1997, 14. 2055 Siehe auch VfSlg 3096 sowie 14473/1996.
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gen zu Beleihungen, als lediglich einzelne Aufgaben übertragen werden dürfen2056. Eine rechtswissenschaftliche Methode zur Bestimmung der Grenze zwischen vereinzelten Aufgaben und gesamten Bereichen gäbe es – so Korinek – jedoch nicht2057. Er verweist dabei auf das Austro Control-Erkenntnis des VfGH, im Zuge dessen der Gerichtshof quasi eine Gegenüberstellung der Aufgaben zwischen Gesellschaft und Staatsorganen vornimmt und schließlich zum Ergebnis gelangt, dass angesichts des Umfangs und der Bedeutung jener, der Hoheitsverwaltung unmittelbar verbliebenen Kompetenzen die der Austro Control GmbH zur Besorgung übertragenen Aufgaben als bloß vereinzelte zu werten seien2058. Schließlich hat der Gerichtshof in einem nachfolgenden Erkenntnis zum ElWOG darüber hinaus festgehalten, dass nicht nur nicht Aufgaben pauschal übertragen werden dürfen, sondern diese im Gesetz auch ausdrücklich bezeichnet werden müssen. Dies gelte für die Erlassung genereller Normen durch die Beliehenen ebenso. Die Berufung auf andernorts normierte Befugnisse – in diesem Fall eben auf die allgemeine Ermächtigung zur Verordnungserlassung gem Art 18 Abs 2 B-VG – stehe den Beliehenen nicht zu2059. Außerdem sei die Übertragung einer solchen Befugnis – womit bereits ein nächster Anhaltspunkt für die Differenzierung der Grenzen der Übertragbarkeit von Staatsaufgaben auf Private angesprochen wird – verfassungs-
2056 VfSlg 3685/1960; siehe auch Korinek, ÖZW 2000, 50. 2057 Korinek, ÖZW 2000, 50. Rill, in: ÖJK (Hg), Entstaatlichung 104, hält hiefür die strengere Handhabung des Sachlichkeitsgebots für hilfreich. Siehe weiters die Diskussionsbeiträge von Raschauer, Öhlinger und Rill, in: ÖJK (Hg), Entwicklungen 40 ff sowie Baumgartner, Ausgliederung 254 f und Holoubek, in: Arnold et al (Hg), FS Wimmer 232 f. 2058 VfSlg 14473/1996. Siehe weiters Kucsko-Stadlmayer, 15. ÖJT Bd I/1, 85; Grabenwarter/Holoubek, Verfassungsrecht Rz 826; krit hinsichtlich des quantitativen Kriteriums Öhlinger, in: ÖJK (Hg), Entwicklungen 14; Pabel, JRP 2005, 223. Zur Schwierigkeit der Beurteilung im Zusammenhang mit der ElektrizitätsControl GmbH Dietmar Pauger, Die wesentlichen Änderungen des Elektrizitätswirtschaftsrechts durch das Energieliberalisierungsgesetz, in: ders (Hg), Ein Jahr ElWOG. Rückblick und Ausblick auf die Liberalisierung der österreichischen Elektrizitätswirtschaft (2001) 153 f. Im Hinblick auf die Übertragung von Aufgaben der Hoheitsverwaltung auf die „Kärntner Jägerschaft“ Charlotte Havranek, Reformen im Kärntner Jagdrecht, in: Michael Potacs (Hg), Beiträge zum Kärntner Jagd- und Fischereirecht (2003) 102 f. In seinen Überlegungen den Fokus auf das Effizienzprinzip richtend Walzel von Wiesentreu, ÖZW 2004, 130. Auf die Wirkungen des demokratischen Prinzips abstellend und letztlich für die Ausgestaltung in Form eines beweglichen Systems plädierend Lach mayer, JBl 2007, 762. 2059 Hiezu auch Walzel von Wiesentreu, ÖZW 2004, 129 f.
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rechtlich dann nicht mehr gedeckt, wenn sich eine solche Übertragung der Aufgaben in einem Kerngebiet der Staatsaufgaben bewege2060. Angesprochen sind hiemit die von Lehre und Judikatur identifizierten genuinen Aufgaben des Staats2061 und die daraus abgeleitete Kernbereichsthese als Grenze der Ausgliederung. Das stark organisationsrechtlich ausgerichtete B-VG enthält aber hiezu keine ausdrücklichen Regelungen2062 und auch auf einen durch die rechtswissenschaftliche Lehre entwickelten, allgemein anerkannten sowie abschließenden Aufgabenkanon kann nicht zurückgegriffen werden2063. Dennoch herrscht weitgehend Einigkeit darüber, dass Aufgaben des Staats bestehen, die dieser nicht aufgeben kann, ohne sich selbst nicht aufgeben zu wollen2064; oder wie es Raschauer formuliert: „Kernaufgaben sind demnach solche, bei denen die Wirkungszusammenhänge nicht an Staatsorganen im organisatorischen Sinn vorbei gestaltet werden sollen“2065. Welche Aufgaben sind nun dem Kernbereich zuzurechnen? Von Hengstschläger werden zB neben der Gesetzgebung und Rechtsprechung etwa die Landesverteidigung2066, Angelegenheiten der Sicherheitspolizei2067, die Währungshoheit oder die Finanzverwaltung zum engen Kernbestand bzw Kernbereich geborener Staatsaufgaben gezählt2068 und vor allem auch der VfGH hat in seinen Erkenntnissen einerseits zur Austro Control GmbH2069 mit der 2060 Siehe VfSlg 16995/2003. 2061 Korinek, ÖZW 2000, 51. 2062 Rill, in: ÖJK (Hg), Entwicklungen 37; Kucsko-Stadlmayer, 15. ÖJT Bd I/1, 86 und 88. 2063 Siehe Rill, in: ÖJK (Hg), Entstaatlichung 104 ff; Raschauer, in: Holzinger et al (Hg), Verwaltungslehre2 225 f; Pabel, JRP 2005, 224. 2064 Vgl Kucsko-Stadlmayer, 15. ÖJT Bd I/1, 86. 2065 Bernhard Raschauer, Staatliche Kernaufgaben – Notwendigkeit oder Fiktion, in: ÖJK (Hg), Entstaatlichung. Gefahr für den Rechtsstaat? (2002) 110. 2066 Explizit auch in VfSlg 17341/2004 (Erkenntnis zur Zivildienstverwaltung). Zum Militärwesen zähle insbesondere die Feststellung der Wehrpflicht und, da es sich beim Zivildienst um einen Wehrersatzdienst handle, folglich auch die Feststellung des Eintritts der Zivildienstpflicht. Krit hinsichtlich der Begründung des Gerichtshofs Pabel, JRP 2005, 226 f; siehe weiters Richard Novak, Lebendiges Verfassungsrecht (2004), JBl 2007, 221. 2067 Hiezu zählen aber nicht verwaltungspolizeiliche Aufgaben von (privaten) Wachund Aufsichtsorganen wie etwa der Land- und Forstwirtschaftsverwaltung, die dem Schutz bestimmter Verwaltungsrechtsgüter und der Abwehr von Gefahren von diesen dienen. Allgemein zur Unterscheidung von Sicherheits- und Verwaltungspolizei Walter et al, Bundesverfassungsrecht10 Rz 724 ff. 2068 Hengstschläger, in: VVDStRL 54, 174; siehe weiters Holzinger, in: ders et al (Hg), Verwaltungslehre2 171. 2069 VfSlg 14473/1996; ausdrücklich auch in VfSlg 16400/2001.
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Vorsorge für die Sicherheit im Inneren und nach außen sowie die Ausübung der (Verwaltungs-)Strafgewalt2070 und andererseits zum ElWOG2071 mit den „außenpolitischen Beziehungen zu anderen Staaten“ nicht ausgliederbare Aufgabenbereiche explizit genannt2072. Die Frage, ob aufgrund des „ausgliederungsfesten Kernbestands“ Beleihungen nur dann verfassungswidrig seien, wenn sie großflächig oder flächendeckend ausfallen, oder sie dieses Schicksal auch ereile, wenn nur vereinzelte Tätigkeiten übertragen werden2073, ist mittlerweile vom VfGH beantwortet. Im Erkenntnis zur Bundes-Wertpapieraufsicht hält dieser nämlich ausdrücklich fest, dass im Bereich der Kernaufgaben des Staats die Betrauung von außerhalb der Staatsorganisation stehenden Rechtsträgern schlechthin unzulässig ist2074. 10. Einordnung der „privaten“ MediatorInnen
Vor dem Hintergrund der vorangestellten verfassungsrechtlichen Überlegungen und der Ausdifferenzierung der Instrumente der Verwaltungshilfe und Beleihung kann nun nicht nur ein erstes Zwischenresümee angestellt werden, sondern zugleich ein organisationsrechtlicher Einordnungsversuch von MediatorInnen erfolgen. Vorneweg aber noch einmal zur Klarstellung: Die Rede ist hier von „privaten“ KonfliktmittlerInnen, deren Rolle sich einerseits über die Merkmale der unabdingbaren Unparteilichkeit und Neutralität gegenüber den Konfliktbetroffenen sowie gegenüber den zu behandelnden Themen und andererseits über das Kennzeichen fehlender Zwangsmittel definieren lässt. Vor allem agieren sie in keiner Phase der Entscheidungsfindung als „Schieds2070 Zu den dadurch bedingten und damit einhergehenden praktischen Problemen bei der Ansiedlung der Strafbehörde für Luftfahrtssachen siehe Hubert Resch, Die Austro Control GmbH, ZfV 1998, 279; iZm den Mautaufsichtsorganen Alexander Klingenbrunner, Was ist die Ersatzmaut? Verfassungsrechtliche Fragen der Ausgliederung von Verwaltungsstrafkompetenzen im Mautrecht, ZVR 2007, 291 f. 2071 VfSlg 16995/2003; aus der Lit krit Walzel von Wiesentreu, ÖZW 2004, 131. 2072 Raschauer, in: ÖJK (Hg), Entstaatlichung 116 f, stellt in seiner Analyse dem jedoch die Ansicht entgegen, dass es nicht bestimmte Kernaufgaben des Staats gebe, sondern unzählig viele einzelne verfassungsrechtlich verankerte Aufgaben. Auch Pabel, JRP 2005, 229 f, hält die These von den ausgliederungsfesten Kernaufgaben der Verwaltung für nicht überzeugend. 2073 Siehe etwa Funk, ÖZW 1997, 60; Korinek, ÖZW 2000, 51 f; Ronald Faber, Private Wachdienste in Österreich – Gewerbe, Tätigkeitsfelder und Befugnisse, ZfV 2000, 853 f. 2074 VfSlg 16400/2001; weiters Kucsko-Stadlmayer, 15. ÖJT Bd I/1, 85 f sowie Baumgartner, Ausgliederung 259.
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richterInnen“. Vielmehr haben sie das Verfahren zu gestalten und alle MediandInnen gleichermaßen auf deren Weg zu einem konsensualen Ergebnis zu unterstützen2075. a) MediatorInnen und das Instrument der Verwaltungshilfe
Sollen ein von Konflikten begleitetes traditionelles Genehmigungs- oder Verordnungsverfahren mit Hilfe der Mediation vorbereitet oder ergänzt werden, ohne dass dadurch die Verfahrensleitungskompetenz der öffentlichen Verwaltung angegriffen wird, stellt die organisationsrechtliche Einordnung der MediatorInnen als VerwaltungshelferInnen eine naheliegende Variante dar. Der Vorteil beruht schon allein auf der Tatsache, dass es hiezu „grundsätzlich“ keiner ausdrücklichen gesetzlichen Regelung bedarf, insoweit der Aufgabenkatalog der MediatorInnen auf vorbereitende und unterstützende Tätigkeiten beschränkt bleibt. Dies ist damit zu begründen, dass es sich bei der Hinzuziehung von MediatorInnen um eine Gestaltungsmaßnahme handelt, die der inneren Organisation zuzurechnen ist. Jedenfalls wird hiemit kein neuer Behördentypus, sondern vielmehr ein „Hilfsorgan der Behörde“ geschaffen2076. Solange zudem der Gesetzgeber nicht explizit verfügt, dass die Aufgabe von der Behörde eigenständig zu erfüllen ist, bleibt es den TrägerInnen der Verwaltung unbenommen, sich zur Besorgung solcher Angelegenheiten außerhalb des Organkomplexes stehender Einrichtungen zu bedienen. Derartige Vorkehrungen kann die Verwaltung durch internen Verwaltungsakt treffen2077. Freilich, die Gratwanderung ist eine schmale und Rechtsunsicherheiten, deren weitgehende Hintanhaltung nur eine positivrechtliche Normierung gewährleisten könnte, sind nicht auszuschließen. Entscheidend ist, dass diese Maßnahmen keine rechtsbegründeten Wirkungen entfalten dürfen. Nur die vom (Verfassungs-)Gesetz dazu ermächtigten Organe bilden den Organwillen. Sie handeln nach außen hin für den Verwaltungsträger und es ist schließlich auch zu gewährleisten, dass die nach außen hin in Erscheinung tretende Erledigung in jedem Einzelfall auf den Willen des durch (Verfassungs-)Gesetz zur Entscheidung berufenen Organs rückführbar ist. Private MediatorInnen dürfen also weder die Entscheidung des staatlichen Organs präjudizieren noch darf ihre Entscheidung an die Stelle dieses Organs gesetzt werden2078. 2075 Vgl bereits oben 1.I.B.3. 2076 Vgl Öhlinger, ZVR 1992, 148 f (Organe der öffentlichen Aufsicht zur Überwachung von Kurzparkzonen ohne Ermächtigung zur Erlassung von Organstrafmandaten). 2077 Siehe 3.II.B.5. 2078 Siehe 3.II.B.5.b).
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Für die Tätigkeit der MediatorInnen ist daraus zu folgern, dass Verfahrenselemente nicht ersetzt und hoheitliche Befugnisse nicht substituiert werden können. Eine vollständige Übertragung der Befugnis zur eigenständigen Durchführung einer mündlichen Verhandlung iSd §§ 40 ff AVG auf MediatorInnen wäre demnach ebenso rechtswidrig wie beispielsweise die Einräumung der Kompetenz zur eigenverantwortlichen Auswahl der Verfahrensbeteiligten, zur selbständigen Festlegung des Verfahrensgegenstands und der Beweismittel oder zur Entgegennahme von Einwendungen2079. Der Verfahrensanteil der MediatorInnen hat sich demnach im Zuge der Verhandlungsführung auf die Gestaltung und Moderation eines diskursiven Konfliktbewältigungsprozesses zu beschränken. MediatorInnen leisten im Rahmen dessen ua Übersetzungshilfen, fördern den Kommunikationsfluss, strukturieren den Verlauf der Konfliktmittlung, leiten Perspektivenwechsel ein, fassen Zwischenergebnisse zusammen und unterstützen die Teilnehmenden bei den Aushandlungsvorgängen. Im gegebenen Zusammenhang reichen diese Beiträge jedenfalls nicht hin, um von einem Übergang der Verfahrensherrschaft auf die privaten KonfliktmittlerInnen auszugehen. Aus rein rechtlicher Sicht übernehmen MediatorInnen folglich (nur) der Verwaltungsaufgabe „dienende“ Funktionen. Da die als VerwaltungshelferInnen einzuordnenden privaten MediatorInnen zum einen in keiner Weise in den staatlichen Organkomplex eingebunden sind, kommt ihnen keine Organschaft im organisatorischen Sinn zu. Nachdem ihnen zum anderen auch keinerlei hoheitliche Befugnisse eingeräumt sind, vielmehr die Aufgabenzuständigkeit und dabei jedenfalls die (Letzt-)Entscheidung ieS bei der sie heranziehenden Behörde verbleiben2080, scheidet eine, wie den Beliehenen zukommende, funktionelle Organstellung ebenfalls aus. Die MediatorInnen werden hiebei zwar faktisch im Aufgabenvollzug für die betroffene Behörde tätig2081, treten jedoch hinsichtlich der Erfüllung der eigentlichen Verwaltungsaufgabe nicht an deren Stelle. Die Organstellung der Behörde bleibt somit letztlich unberührt. Im Rechtssinn wird demnach allein diejenige Behörde tätig, für die MediatorInnen unterstützende (Teil-)Beiträge, die wiederum auf die eigentliche Verwaltungsaufgabe funktional bezogen sind, im Bereich der Hoheitsverwaltung – nicht aber so im Bereich der Privatwirtschaftsverwaltung – ausführen2082.
2079 Vgl etwa 3.IV.A.4.d).dd). 2080 Hiezu bereits in 3.II.A.3.d). 2081 Siehe Funk, Verwaltungsakt 135 sowie oben 3.II.B.1.c). 2082 Siehe 3.II.B.1.c).
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b) MediatorInnen und das Instrument der Beleihung
Sollen die eben gezogenen Grenzen hinsichtlich der Tätigkeit der privaten MediatorInnen jedoch ausgeweitet werden, bleibt grundsätzlich nur die Möglichkeit der Beleihung. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn den MediatorInnen – sei es auch nur punktuell – die Verfahrensherrschaft übertragen werden soll. Zu denken ist dabei etwa an die Überantwortung eines gesamten Verfahrensabschnitts an KonfliktmittlerInnen, wie beispielsweise die selbstständige Durchführung der mündlichen Verhandlung, und an die Vorstellung, den VerfahrensmittlerInnen die alleinige Verantwortung für die Auswahl und die Modalitäten bei der Hinzuziehung der Beteiligten in das Mediationsverfahren einzuräumen. Hiedurch würden zum einen den MediatorInnen hoheitliche Entscheidungsbefugnisse zugestanden, die über einen funktionalen Teilbeitrag bzw eine bloße „Hilfstätigkeit“ hinausreichen. Zum anderen handelt es sich bei der Einbeziehung der Beteiligten in die behördliche Entscheidungsfindung um ein zentrales Element des Verwaltungsverfahrens. Beides zusammengenommen lässt einzig die Annahme zu, dass ein solches, wenn auch konfliktmittelndes Vorgehen mit dem Institut einer/eines „Verfahrenshelferin bzw Verfahrenshelfers“ nicht mehr beschrieben werden kann. Jedoch müssen, angesichts der Tatsache, dass in diesen Fällen Rechtspositionen von Normunterworfenen berührt werden, solche Befugnisse jedenfalls auf den Willen des demokratisch legitimierten Gesetzgebers rückführbar sein2083. Es bedarf also einer ausdrücklichen gesetzlichen Grundlage, welche die Zulässigkeit der Beauftragung von MediatorInnen mit der Wahrnehmung ausreichend bestimmter hoheitlicher Befugnisse und Aufgaben, die Bestellungs- und Abberufungsvoraussetzungen, das einzuhaltende Verfahren sowie die besonderen fachlichen Anforderungen, die an die Person der privaten KonfliktmittlerInnen zu stellen sind, normiert2084. Spezielle, auf die Mediation bezogene Verfahrensanordnungen können darüber hinaus Inhalt des konkretisierenden Beleihungsakts sein2085, wie überhaupt der Rechtsakt der Beleihung nicht unmittelbar durch Gesetz erfolgen muss, sondern auch administrativ auf Grund des Gesetzes durch Verwaltungsakt erfolgen kann. 2083 Siehe 3.II.B.5. 2084 Einen Anknüpfungspunkt für die Regelung persönlicher und fachlicher Anforderungen an MediatorInnen könnte etwa das ZivMediatG bilden. Der Gesetzgeber greift mehrfach auf diese Möglichkeit zurück, indem er ausdrücklich den Einsatz von eingetragenen MediatorInnen iSd ZivMediatG vorschreibt (siehe zB Art III Zif 2 ZivRÄG 2004, BGBl I 91/2003; § 15 Abs 2 BGStG, BGBl I 82/2005 idF BGBl I 7/2011; § 15a Abs 4 BAG, BGBl 142/1969 idF BGBl I 38/2012). 2085 Vgl 3.II.A.2.
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Durch die Übertragung von Hoheitsrechten werden MediatorInnen nicht in den staatlichen Organkomplex eingegliedert, wohl wird ihnen dem ungeachtet eine funktionelle Organstellung zuteil. Die Ermächtigung zum hoheitlichen Handeln ist sohin als Zurechnungsregel zum Staat zu deuten, woraus sich ergibt, dass alle Handlungen von MediatorInnen, die von diesen innerhalb des Wirkungsbereichs der Ermächtigung gesetzt werden, auch Verwaltung iSd B-VG darstellen2086. Damit sind aber auch die spezifischen rechtsstaatlichen sowie demokratischen Bindungen und – wie noch gesondert zu erörtern sein wird2087 – die staatliche Aufsichtspflicht grundgelegt. Die „beliehenen“ MediatorInnen selbst sind folglich jedenfalls angehalten, die ihnen übertragenen hoheitlichen Kompetenzen auf Grund der einschlägigen (Verfahrens-)Gesetze auszuüben2088. Die Normierung und Übertragung von spezifischen, hoheitlichen Befugnissen bzw Aufgaben für Private obliegt dem jeweiligen Materiengesetzgeber. Hingegen zählt die Einrichtung, also die Auswahl und Bestellung derartiger Organe, zum Organisationsrecht. Zuständig für deren Regelung ist folglich der Organisationsgesetzgeber2089. Dieser Feststellung kommt hier insbesondere deshalb Relevanz zu, da die bundesstaatliche Kompetenzverteilung oft ein Auseinanderfallen der Zuständigkeiten bedingt. Würde nun etwa der Bund als Materiengesetzgeber im Bereich des Anlagenrechts zur Überzeugung gelangen, dass die Hinzuziehung von MediatorInnen im Rahmen des Genehmigungsverfahrens zweckmäßig wäre, könnte er bei gleichzeitiger Umschreibung der einzelnen Befugnisse samt qualifizierender Vorgaben entsprechendes in der GewO verfügen. Die weitere organisatorische Ausgestaltung dieser Organe würde indessen in die Organisationskompetenz der Landesgesetzgeber fallen, die also diesbezüglich tätig werden müssten2090. Anderes würde wiederum beim Gegenstand des Baurechts gelten. Die Regelung desselben fällt in die Landeskompetenz, jedoch ist das Baurecht nicht von den Landesverwaltungsorganen, sondern (überwiegend) von den Gemeinden im eigenen Wirkungsbereich zu vollziehen. Der Gemeinde kommt aber keine Organisationsgewalt zu. Es bedarf daher zur Einrichtung von Gemeindeorganen eigens einer gesetzlichen Regelung oder einer ausreichenden gesetzlichen Ermächtigung für den Verordnungsgeber durch den Landesgesetzgeber2091. 2086 Siehe 3.II.B.1.a). 2087 Hiezu 3.II.B.11.b).aa). 2088 Hiezu 3.II.B.1.c) sowie 3.II.B.11. 2089 Vgl 3.II.B.6.a). 2090 Vgl etwa betreffend die Bestellung von Aufsichtsorganen das Stmk Aufsichtsorgangesetz – StAOG, Stmk LGBl 95/2007. 2091 Siehe etwa Neuhofer, Gemeinderecht 140 und Thomas E. Walzel von Wiesentreu, Die Wirtschaftsfreiheit der Gemeinde – Verfassungsdogmatische Anmer-
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Zu bedenken bleibt weiters, dass der Zweck des Einsatzes von MediatorInnen in erster Linie an seiner verfahrensrechtlichen Dimension festzumachen ist. Es ist daher davon auszugehen, dass – vergleichbar mit den Sachverständigen2092 – zu den verfahrensrechtlichen Bestimmungen auch jene über MediatorInnen zählen, die im jeweiligen Verfahren beigezogen werden. Für die kompetenzrechtliche Ausgangssituation hat dies nun grundsätzlich zur Folge, dass der zur Regelung des Sachgebiets zuständige Gesetzgeber auch zur Normierung des Verfahrens auf diesem Gebiet berufen ist. Es gilt jedoch im Einzelnen zu prüfen, ob das Regelungssystem nicht möglicherweise dem Gebot des Art 11 Abs 2 B-VG widersprechen könnte. Dies ist, wie schon zuvor angezeigt, dann der Fall, wenn die von einer Regelung der unter Inanspruchnahme der Bedarfsgesetzgebungskompetenz erlassenen Verwaltungsverfahrensgesetze abweichende Bestimmung im Regelungszusammenhang mit den materiellen Vorschriften gar nicht erforderlich, also keineswegs unerlässlich ist2093. Betroffen sind hievon freilich nur Verwaltungsgebiete, die die Verwaltungsverfahrensgesetze anzuwenden haben2094; nicht aber etwa Verordnungsverfahren. Darüber hinaus wird die Bedarfskompetenz dann nicht berührt, wenn die Verwaltungsvorschrift Subsidiärbestimmungen des hier interessierenden AVG betrifft. Demzufolge kommt dem AVG gegenüber den in den einzelnen Verwaltungsvorschriften enthaltenen besonderen Bestimmungen zB betreffend das Ermittlungsverfahren (§§ 37 bis 55 AVG) keine vorrangige Stellung zu2095. Solche Sonderverfahrensrechtsvorschriften gelten nicht als abweichende Regelungen iSd Art 11 Abs 2 B-VG, womit auch die „Erforderlichkeitsprüfung“ nicht zu erfolgen hat. Soll also etwa im Rahmen eines Umweltverträglichkeitsprüfungsverfahrens hinsichtlich Angelegenheiten des § 3 UVP-G zur effektiven Bewältigung von Interessenkonflikten der Einsatz von Mediation dergestalt vorgesehen werden, dass der Prozess des Interessenausgleichs iSd § 43 Abs 5 AVG in Form eines eigenen Abschnitts der mündlichen Verhandlung als Mediationsverfahren oder die obligatorische mündliche Verhandlung gem § 16 Abs 1 UVP-G von MediatorInnen durchzuführen ist oder ein Mediationsverfahren die mündliche Verhandlung gar ersetzt, stellt dies für sich keine verfassungsrechtliche Frage im Licht des Art 11 Abs 2 B-VG dar. In diesen kungen zur Zulässigkeit der Ausgliederung von Gemeindeaufgaben, in: Konrad Arnold et al (Hg), Recht. Politik. Wirtschaft. Dynamische Perspektiven, FS für Norbert Wimmer (2008) 677. 2092 Vgl VfSlg 8035/1977. 2093 Vgl insb VfSlg 11564/1987, 13831/1994, 14153/1995 sowie 3.II.B.6.b). 2094 Siehe VfSlg 13831/1994. 2095 VfSlg 16285/2001.
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Fällen bleibt es somit dem Materiengesetzgeber überlassen, das Verfahren durch derartige Sondervorschriften zu regeln2096. Überhaupt kommt dem einfachen Gesetzgeber zur Klärung der Frage nach der geeigneten Organisationsform zur Bewältigung einer bestimmten Staatsaufgabe grundsätzlich ein weiter rechtspolitischer Gestaltungsspielraum zu. Darüber hinausgehende verfassungsrechtliche Bedenken wie die Verletzung des Sachlichkeits- und Effizienzgebots stehen der Hinzuziehung von MediatorInnen demzufolge insoweit nicht entgegen, als diese für Tätigkeiten im hier präferierten Sinn herangezogen werden. Gemeint ist damit, dass sich die Beiziehung von externen, aus dem Interessenwiderstreit herausgehobenen MediatorInnen zum einen sachlich damit rechtfertigen lässt, dass im Gegensatz zum traditionellen Verwaltungsverfahren die Einschaltung von MediatorInnen eine Möglichkeit darstellt, den Konflikt aus den eigentlichen verwaltungsrechtlichen Entscheidungsvorgängen herauszuheben, Informationsasymmetrien abzubauen, Probleme abzuschichten und private sowie öffentliche Interessenwiderstände ausgleichen zu versuchen. Die Behörde wird dadurch zweifellos entlastet und zur Wahrnehmung ihrer eigentlichen Aufgaben freigespielt, ohne zugleich – vor allem bei multipolaren Sachlagen – selbst in eine vermittelnde Rolle gedrängt zu werden, die sie oft gar nicht erfüllen kann und bis zu einem gewissen Grad auch gar nicht auszufüllen hat. Mit dem Einschub einer neuen „Instanz“ in Form einer/eines neutralen Mittlerin/Mittlers kann jedoch das Eigeninteresse der Behörde sichtbar gemacht und dadurch neutralisiert in einen produktiven, gemeinsamen Entscheidungsvorschlag für die Verwaltung transformiert werden. Zum anderen kann auf diese Weise das Gesamtverfahren nicht nur – im weiten Verständnis – demokratisiert, sondern durch den erzielten Akzeptanzgewinn vor allem mittelbar beschleunigt werden. Gerade der Beschleunigungseffekt ist im Hinblick auf die den VorhabengegnerInnen zur Verfügung stehenden rechtlichen und faktischen Reaktionsmitteln (Einwendungen, Formierung des Widerstands über die Standortgemeinde), mit denen zB gegen die Ansiedlung, den Bau oder Betrieb einer Anlage vorgegangen werden kann, ein nicht unbeachtet zu lassendes Effizienzargument für ein gewisses Maß an produktiver Offenheit für situationsgerechte Flexibilisierungsstrategien im Verwaltungsverfahren. 2096 Anderes würde hingegen gelten, wenn etwa im Anlagenrecht in Folge eines Verfahrens auf nachträgliche Vorschreibung von Auflagen gem § 79 GewO die Kostentragungsregelung in der Form gestaltet werden würde, dass dem Inhaber die Bestreitung der Barauslagen der Behörde für die Tätigkeit der MediatorInnen auch dann vorzuschreiben wäre, wenn diesen kein Verschulden an der Amtshandlung träfe. In einem solchen Fall würde also sehr wohl eine abweichende Regelung vorliegen.
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Letztlich kommt es angesichts der auf einzelne Verfahrensabschnitte begrenzten Tätigkeit auch nicht zu einer Übertragung von hoheitlichen Aufgaben in Bausch und Bogen, wie sie im Zusammenhang mit der Ausgliederungsdiskussion oft ins Treffen geführt wird. Selbst von einer Ausgliederung von Kernaufgaben des Staats ist gegenständlich nicht auszugehen. Die Umsetzung der im Zuge von drittunterstützten Aushandlungsverfahren zwischen den Beteiligten erzielten „akzeptablen“ Ergebnisse in eine verbindliche öffentlich-rechtliche Entscheidung bleibt freilich Aufgabe des zuständigen Verwaltungsorgans. Zu beachten ist jedoch, ob durch entsprechende verfahrensrechtliche Regelungen nicht das rechtsstaatliche Prinzip verletzt werden könnte. Dies wäre zB dann der Fall, wenn zur effizienteren Handhabung des Mediationsprozesses Beschränkungen hinsichtlich der Anzahl der MediationsteilnehmerInnen vorgesehen werden. Solchen Verletzungen könnte wohl nur insoweit begegnet werden, indem begleitende Maßnahmen dergestalt getroffen werden, dass allen Beteiligten gleichermaßen ihr Recht auf Gehör (insbesondere gem § 45 Abs 3 AVG) gewährleistet wird. 11. Hierarchischer Aufbau der Verwaltung, demokratische Legitimation und rechtsstaatliche Funktion der Gehorsamspflicht a) Verfassungsrechtliche Vorgaben
Die Gestaltung der Aufsichts- und Leitungsverhältnisse zwischen dem Staat einerseits und Privaten, die mit der Erledigung von Verwaltungsaufgaben betraut werden, andererseits, stellt sowohl in Deutschland als auch in Österreich eine zentrale verfassungsrechtliche Frage dar2097. Ausgangspunkt für die entsprechenden österreichischen Überlegungen ist der – wie schon oben angedacht – mit den Bestimmungen des Art 1 B-VG sowie Art 20 iVm Art 19, 76, 77, 105 und 142 B-VG verfassungsmäßig vorgegebene autokratisch-hierarchische Aufbau der staatlichen Verwaltung bzw das Organisationskonzept der Bundesverfassung2098. Dies bedeutet zum einen, dass sich aus dem in Art 1 Satz 2 B-VG programmatisch grundgelegten demokratischen Prinzip ein Gebot der grundsätzlich hierarchisch organisierten Ver2097 Hinsichtlich der Beleihung (rechts)vergleichend Steiner, in: Schäffer et al (Hg), Staat 614. 2098 Zur Frage des Verhältnisses von Autokratie (insbesondere in Form des BerufsbeamtInnentums) und Demokratie in der verfassungsrechtlich vorgezeichneten Verwaltungsorganisation siehe schon Adolf Merkl, Demokratie und Verwaltung (1923) 20 f sowie ders, Verwaltungsrecht 334 ff; ein Gleichgewicht der Kräfte von Demokratie und Bürokratie schon zuvor fordernd Kelsen, ZfV 1921, 15. Zur Diskussion über die „Demokratisierung der Verwaltung“ siehe ua auch Antoniolli/Koja, Verwaltungsrecht3 409 ff; Öhlinger, Verfassungsrecht8 Rz 520.
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waltung ergibt2099, und zum anderen, dass prinzipiell alle nach den Bestimmungen der Gesetze auf Zeit gewählten oder ernannten berufsmäßigen oder vertraglich bestellten2100 Verwaltungsorgane2101, welche „die Verwaltung führen“2102, der Leitungsbefugnis eines parlamentsabhängigen obersten Organs des Bundes oder der Länder (Art 19 B-VG) aus organisatorischer Sicht unterstellt und diesem gegenüber verantwortlich sind2103. Letztere sind wiederum selbst – und damit zur parlamentarisch-demokratischen Legitimation – gegenüber der Volksvertretung2104 und, um den Gedanken des Legitimationszusammenhanges zum Volk herzustellen, auch diesem gegenüber verantwortlich2105. 2099 Raschauer, Verwaltungsrecht3 Rz 356. 2100 Die Vertragsbediensteten sind seit der B-VGNov2008 explizit in Art 20 Abs 1 Satz 1 B-VG ausgewiesen. 2101 Für ein umfassendes Verständnis des Organbegriffs spricht sich Bernhard Raschauer, Art 20 Abs 1 B-VG, in: Karl Korinek/Michael Holoubek (Hg), Österreichisches Bundesverfassungsrecht. Textsammlung und Kommentar II/1 (Stand 2000) Rz 35, aus, der hiezu alle Menschen (OrganwalterInnen) und Einrichtungen (Organe) zählt, die zum betreffenden obersten Organ in einem Überund Unterordnungsverhältnis stehen. Für eine extensive Auslegung des Organbegriffs auch Baumgartner, Ausgliederung 362. 2102 Ua Raschauer, in: Korinek/Holoubek (Hg), Bundesverfassungsrecht II/1, Art 20 Abs 1 B-VG Rz 57, geht beim Begriff Verwaltung von einem weiten funktionellen Begriff aus, sodass in Art 20 Abs 1 leg cit unter „Verwaltung“ jegliche Wahrnehmung von staatlichen Angelegenheiten außerhalb der Gesetzgebung und der Rechtsprechung zu verstehen sei. 2103 Siehe etwa VfSlg 16400/2001; 17101/2004; aus dem Schrifttum Wolfgang Mantl, Die Partizipation in der Verwaltung, in: Felix Ermacora et al (Hg), Allgemeines Verwaltungsrecht (1979) 498; Heinz Peter Rill/Heinz Schäffer, Art 1 B-VG, in: Heinz Peter Rill/Heinz Schäffer (Hg), Bundesverfassungsrecht. Kommentar I (Stand 2001) Rz 54; Bernhard Raschauer, Keine Grenzen für Privatisierung?, ecolex 1994, 434; ders, in: Korinek/Holoubek (Hg), Bundesverfassungsrecht II/1, Art 20 Abs 1 B-VG Rz 34 ff; Kucsko-Stadlmayer, 15. ÖJT Bd I/1, 67. 2104 Zur parlamentarischen Verantwortlichkeit der Mitglieder der Bundesregierung und der Kontrollbefugnisse des Parlaments Art 52, 53 bzw 74 B-VG. 2105 Betreffend die demokratische Verantwortlichkeit siehe ua Markus Grimm, Die Weisungsbindung des Spitalarztes (1999) 14 f; Raschauer, in: Korinek/Holoubek (Hg), Bundesverfassungsrecht II/1, Art 20 Abs 1 B-VG Rz 6 und 8; Holoubek, in: Pauger (Hg), Elektrizitätsrecht 71 f; Rill, in: ÖJK (Hg), Entstaatlichung 101; Raschauer, Verwaltungsrecht3 Rz 356; Stelzer, Grundzüge 65; Baumgartner, Ausgliederung 83 ff; Eberhard et al, JRP 2006, 55; Holoubek, in: Arnold et al (Hg), FS Wimmer 228 f; Berka, Verfassungsrecht4 Rz 645. Grabenwarter/ Holoubek, ZfV 2000, 203 und 205, gehen in diesem Zusammenhang übrigens davon aus, dass das hierarchische Modell demokratischer Verwaltungsorganisation nicht das einzige im B-VG vorgesehene Organisationsmodell der Verwaltung sei. Sie verweisen dabei vor allem auf die Einrichtung von Selbstverwal-
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Vermittelt wird die demokratische Legitimation somit einerseits personell über Bestellungsakte und andererseits inhaltlich über den Weisungszusammenhang, der den spezifischen Verantwortungskonnex zwischen Parlament und Verwaltungsapparat herstellt2106 und somit die Exklusivität der Einflussnahme auf die Verwaltungsorgane garantiert2107. Außerdem ist darüber hinaus sichergestellt, dass iSd demokratischen Prinzips jeder Akt der staatlichen Verwaltung auf das Volk mittelbar rückführbar ist2108. In Verbindung mit Art 18 Abs 1 B-VG bildet Art 1 leg cit die rechtliche Basis für den demokratischen Legitimationszusammenhang aus funktioneller Sicht. Damit ist gemeint, dass es Aufgabe aller Verwaltungsorgane ist, den in Gestalt der parlamentarisch beschlossenen Gesetze erzeugten Volkswillen zu vollziehen. Die Verwaltung wird so zu einer vom Gesetz abhängigen Staatsfunktion2109. Dies scheint nun aber auch zugleich die geeignete Stelle zu sein, auf das Zusammenspiel von verfassungsrechtlicher Gehorsamspflicht und Legalitätsprinzip hinzuweisen. Beide stellen nämlich unzweifelhaft weitere wesentliche Elemente einer rechtsstaatlichen Demokratie dar. Dabei verbindet vor allem das Legalitätsprinzip die Prinzipien des Rechtsstaats einerseits und der Demokratie andererseits. Aus dem rechtsstaatlichen Blickwinkel ist – ganz allgemein – die Gewährleistung der Rechtssicherheit das Ziel, indem das Verhalten der Verwaltung für die/den Einzelne/n vorhersehbar und berechenbar gestaltet2110, die Willkür durch enge Ermessensspielräume hintan gehalten und eine gleichmäßige Behandlung der NormadressatInnen gesitungskörpern sowie von unabhängigen Verwaltungsbehörden. Auch eine verfassungsrechtliche „Präferenzregel“ für ein bestimmtes Organisationsmodell lasse sich nicht begründen. Der Verfassungsgesetzgeber habe ihrer Meinung nach vielmehr für die von ihm vorgesehenen Organisationsmodelle der Verwaltung jeweils auch ein entsprechendes Maß an demokratischer Legitimation und jenen Weg vorgegeben, wie die von ihm als ausreichend erachtete demokratische Legitimation personell bzw inhaltlich sichergestellt werden solle. 2106 Öhlinger, Weisungsfreie Verwaltungsbehörden nach der B-VGNovelle BGBl I 2008/2. Verfassungs- und Verwaltungsreform 2008, JRP 2008, 88; ders, Verfassungsrecht8 Rz 519; Grabenwarter/Holoubek, Verfassungsrecht Rz 766 f. 2107 Clemens Jabloner, Ist das Weisungsprinzip überholt?, in: Stefan Hammer et al (Hg), Demokratie und sozialer Rechtsstaat in Europa. FS Theo Öhlinger (2004) 710. 2108 Peter Oberndorfer, Art 1 B-VG, in: Karl Korinek/Michael Holoubek (Hg), Österreichisches Bundesverfassungsrecht. Textsammlung und Kommentar II/1 (Stand 2000) Rz 22. 2109 Oberndorfer, in: Korinek/Holoubek (Hg), Bundesverfassungsrecht II/1, Art 1 B-VG Rz 22. Auch Baumgartner, Ausgliederung 84. 2110 Zum Zusammenhang des Transparenzgedankens als Aspekt des Demokratiegrundsatzes und jenem dem Legalitätsprinzips immanenten Grundsatz der
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chert wird. Wohl auch in jenen Fällen, in denen der/dem Einzelnen keine eigene Rechtsmacht zukommt, gilt es, das objektiv Gesetzmäßige zu wahren bzw durchzusetzen. Letztlich bedarf gerade diese Funktion des Legalitätsprinzips zu ihrer Absicherung eines auf Verantwortlichkeit und Weisungsgebundenheit basierenden Konzepts2111. Zur rechtsstaatlichen Dimension tritt der demokratische Aspekt des Legalitätsprinzips hinzu, wonach die bindende Rechtsquelle primär das im Parlament zu beschließende Gesetz darstellt2112. Wie schon Kelsen ausführt, garantiere (nur) die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung die Durchführung des parlamentarisch gebildeten Volkswillens. Um die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung aber auch tatsächlich erzielen zu können, sei das verfassungstechnisch beste Mittel wiederum das Ministerialsystem, indem die Durchführung der Gesetze einer/einem einzelnen, für die Gesetzmäßigkeit der gesetzgebenden Körperschaft persönlich verantwortlichen OrganwalterIn übertragen werde2113. Durch die Bindung aller staatlichen Organe an das Gesetz iSd Legalitätsprinzips gelinge – so nun mit Öhlinger – die durchgängige Unterordnung dieser Organe unter die parlamentarische Herrschaft2114. Damit noch nicht genug: Aus der Kombination von Legalitätsprinzip und Gehorsamspflicht erhalte nach Meinung von Jabloner letztere auch eine rechtsstaatliche Funktion. Aus der Perspektive des zur Setzung eines Verwaltungsakts ermächtigten Organs zeigen sich Gesetzes- und Weisungsbindung komplementär: „Je dichter die Determination durch das Gesetz ist, desto relativ bedeutungsloser ist die Determination durch Weisung, je größer die Ermessensräume sind, desto bedeutsamer die Weisung“2115. Somit könne aber gewährleistet werden, dass – trotz Bestehen eines strengen Legalitätsprinzips – die bei der Rechtsanwendung im Einzelfall notwendigerweise gegebenen Ermessensräume durch Weisungen von übergeordneten Organen geschlossen werden2116. b) Staatliche Verwaltung und Private
Die Frage ist nun, inwieweit die staatliche Leitungs- und Organisationsverantwortung auf die Tätigkeit der zur (schlicht)hoheitlichen Aufgabenbewältigung hinzugezogenen privaten Rechtsträgern durchschlägt; diese stellt Vorhersehbarkeit und Berechenbarkeit staatlichen Handelns Weichselbaum, in: Hammer et al (Hg), FS Öhlinger 647. 2111 Eindringlich Jabloner, in: Hammer et al (Hg), FS Öhlinger 711 f. 2112 Siehe hiezu auch Weichselbaum, in: Hammer et al (Hg), FS Öhlinger 641 f. 2113 Kelsen, ZfV 1921, 12, zielt dabei freilich auf die von Beamtinnen und Beamten geführte Verwaltung ab. 2114 Öhlinger, Verfassungsrecht8 Rz 356. 2115 Jabloner, in: Hammer et al (Hg), FS Öhlinger 712. 2116 Jabloner, in: Hammer et al (Hg), FS Öhlinger 712 f.
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sich nämlich gerade im Hinblick auf den Umstand, dass Private als nicht in den Verwaltungsorganismus eingegliedert gelten und dadurch die Legitimationskette durchbrochen bzw das „Band zur Gebietskörperschaft“ zumindest als gelockert anzusehen ist2117. Ist infolgedessen – wie es etwa schon Schäffer und Koja sowohl für die Beliehenen als auch für die VerwaltungshelferInnen tun2118 – anzunehmen, dass das Weisungsrecht entfalle2119 und eine bloß „kontrollierende Aufsicht“ gegeben sei? aa) Hierarchisches Konzept, Beleihung und Mediation
Ganz allgemein kann mit Raschauer festgehalten werden, dass Verwaltung im organisatorischen Sinn bei Personen und Einrichtungen, die in keiner Dienststelle und in keinem Ressortzusammenhang eingegliedert sind, nicht vorliegt, wohl aber gegebenenfalls Verwaltung im funktionellen Sinn. Denn Verwaltung im zweitgenannten Sinn wird auf Grund besonderer Zurechnungsregeln auch von anderen (privaten) Personen und Einrichtungen als Organe im funktionellen Sinn geführt. Diese Organe könn(t)en in funktioneller Weise Weisungs- und Aufsichtsbefugnissen anderer Verwaltungsorgane unterliegen2120. Die hier interessierende Sonderkonstellation der Einbeziehung von Privaten in die Erfüllung hoheitlicher Aufgaben iS eines – die Sphären staatlichen und privaten Handelns in einer eigenen Weise verschmelzenden – „partnerschaftlichen Netzwerkkonzepts“2121 trifft jedenfalls nicht auf ein 2117 Korinek, ÖZW 2000, 47 und 52. 2118 Schäffer, in: Bundeskammer (Hg), Erfüllung 73 f, und ihm folgend Koja, in: Ermacora et al (Hg), Verwaltungsrecht 460 sowie Antoniolli/Koja, Verwaltungsrecht3 18 f und 406, nehmen an, dass trotz der (meritorischen) Unbeeinflussbarkeit des Verwaltungshandelns der Privaten „an sich“ Verantwortlichkeit im weitesten Sinn der staatlichen Behörden infolge Zurechnung des Verwaltungshandelns zum Staat anzunehmen sei. Fehle darüber hinaus auch eine Rechtsaufsicht iS einer Behebbarkeit rechtlicher Mängel, so müsse zumindest die organisatorische Maßnahme der Abberufung aus der Verwaltungsfunktion vorgesehen sein. 2119 Siehe hiezu auch Öhlinger, in: ÖJK (Hg), Entwicklungen 15, der gestützt auf Schäffer zum Schluss kommt, dass Beleihungen als weisungsfreie Besorgung öffentlicher Aufgaben zulässig seien; weiters aber Öhlinger, Verfassungsrecht8 Rz 571. 2120 Raschauer, Verwaltungsrecht3 Rz 109, 113 und 376 ff. 2121 So Eberhard et al, JRP 2006, 55 f, die bei Beleihungen von einem Netzwerk von staatlicher Verwaltung und privaten Rechtspersonen sprechen, wie es im Erfordernis demokratischer Rückkoppelung für Governance-Konzepte typisch sei. Als Fall einer funktionellen Verwaltungsführung stelle sich die Frage der demokratischen Legitimation, die durch (Weisungs- und) Ingerenzbefugnisse sichergestellt werden müsse.
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rechtlich unbearbeitetes Terrain2122. Vielmehr nahm mittlerweile der VfGH im Hinblick auf das Instrument der Beleihung zur Leitungs- und Organisationsverantwortung schon mehrfach Stellung. Grundlegend äußerte er sich dahingehend in den Erkenntnissen zur Austro Control GmbH sowie zur Bundes-Wertpapieraufsicht. Der VfGH fordert für die Besorgung von Verwaltungsaufgaben mit Mitteln der Hoheitsverwaltung durch ausgegliederte Rechtsträger die Wahrung bzw Einräumung von effektiven – von keinesfalls illusorischer oder bloß theoretischer Natur2123 – Aufsichts-2124, Leitungs- sowie Steuerungsbefugnissen2125, insbesondere in Form von umfassenden, laufenden und rechtzeitigen Informationsrechten2126 sowie uneingeschränkten, direkten und sanktionierbaren Weisungsbefugnissen2127, des obersten Verwaltungsorgans gegenüber dem beliehenen Rechtsträger2128. Der Gerichtshof nimmt sie quasi (wieder) an die „staatliche Leine“2129. 2122 Siehe bereits Schäffer, in: Bundeskammer (Hg), Erfüllung 72 f. 2123 Vgl VfSlg 16400/2001. 2124 Raschauer, in: Korinek/Holoubek (Hg), Bundesverfassungsrecht II/1, Art 20 Abs 1 B-VG Rz 18, macht deutlich, dass sich die Aufsicht auf das Führen der Verwaltung beziehe. Demzufolge umfasse die Aufsichtskompetenz durch das oberste Organ etwa bei Beliehenen nur das ordnungsgemäße Führen der übertragenen Verwaltungsaufgaben. 2125 Vgl hiezu die äußerst kritische Auseinandersetzung mit der Einrichtung der Austro Control GmbH im Hinblick auf die verfassungsgesetzlich vorgegebene umfassende Leitungsbefugnis oberster Organe von Raschauer, ecolex 1994, 435. 2126 Kucsko-Stadlmayer, 15. ÖJT Bd I/1, 82. 2127 Siehe auch Funk, in: Amt (Hg), Bildungsprotokolle I 28; Korinek, ÖZW 2000, 52; Rill, in: ÖJK (Hg), Entstaatlichung 103 sowie Stelzer, Grundzüge 76, der darauf hinweist, dass im Unterschied zu Privaten gegenüber Verwaltungsbeamtinnen und -beamte das Dienstrecht und vor allem das Disziplinarrecht geeignete Mittel bereitstellen, die Weisungsbindung effektiv zu gestalten. Bei Privaten käme als Sanktion für die Nichtbefolgung von Weisungen allenfalls die Rücknahme der Beleihung infrage, die jedoch den obersten Verwaltungsbehörden gegebenenfalls dann nicht offen stehe, wenn die Beleihung aufgrund des Gesetzes erfolge. Insofern sei der Weisungszusammenhang zwischen den obersten Organen und Beliehenen auf jeden Fall abgeschwächt. AA aber etwa noch Antoniolli/ Koja, Verwaltungsrecht3 19, die aufgrund der bloß „funktionellen Angliederung“ von Beliehenen annehmen, dass anders als bei einer organisatorischen Eingliederung das Weisungsrecht entfalle. Dem Staat bleibe lediglich ein Aufsichtsrecht. 2128 VfSlg 14473/1996. Vgl hiezu Kucsko-Stadlmayer, 15. ÖJT Bd I/1, 80 ff; weiters Korinek, ÖZW 2000, 52; Jabloner, in: Hammer et al (Hg), FS Öhlinger 710 f; Bußjäger, ZfV 2005, 336; Adamovich et al, Staatsrecht IV Rz 46.041. Mit Muhr, ÖJZ 1991, 774, ist jedenfalls festzuhalten, dass mangels Begründung eines Dienstverhältnisses dienstrechtliche Weisungen an Beliehene unzulässig sind. 2129 So Magdalena Pöschl, Die Zukunft der Verfassung (2010) 21.
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Nach Meinung des VfGH2130 könne – entgegen der bisherigen Lehre2131 – dabei jedoch nicht davon ausgegangen werden, dass sich aus Art 20 Abs 1 B-VG selbst eine umfassende Weisungsbefugnis gegenüber den Organen ausgegliederter Rechtsträger ergebe. Diese Bestimmung wirke lediglich innerhalb der Verwaltungsorganisation des Bundes sowie der Länder und beziehe sich nicht unmittelbar auf Organe selbständiger Rechtsträger. In solchen Fällen erlaube es die eigene Rechtsträgerschaft weder, die Handlungen der Rechtsträger unmittelbar dem Bund bzw einem Land zuzurechnen, noch ermögliche sie es, einen weisungsmäßigen Durchgriff anzunehmen. Der VfGH verweist in diesem Zusammenhang auf die Ausführungen von Adamovich et al, die – bezogen ua auf Beliehene – ihrerseits davon ausgehen, dass das Weisungsprinzip des Art 20 Abs 1 B-VG auch dort gelte, wo Verwaltungsgeschäfte durch Rechtsträger privaten Rechts besorgt werden, die außerhalb der staatlichen Verwaltungsorganisation stehen. Das Weisungsrecht der obersten Organe der Verwaltung müsse jedoch nicht auf dem (öffentlichen) Staatsorganisationsrecht beruhen. Vielmehr könne es sich auch auf privatrechtliche (sondergesellschaftsrechtliche) Normen stützen, welche die Einrichtung solcher Rechtsträger und deren Beziehungen zum Staat bestimmen2132. Der VfGH kommt sodann zum Schluss, dass der Gesetzgeber ausdrücklich für die Erlassung von Rechtsvorschriften sorgen müsse die einem obersten Organ die den sich aus Art 20 Abs 1 und 77 B-VG ergebenden Anforderungen entsprechend effektive Leitungs- und Steuerungsfunktion – „insbesondere“ durch ein umfassendes Weisungsrecht2133 – 2130 Vgl VfSlg 14473/1996, 15946/2000 und ausdrücklich in VfSlg 16400/2001. 2131 Zum keineswegs einheitlichen Meinungsstand betreffend Beleihung und Weisungsbindung bis einschließlich dem Austro-Control-GmbH-Erkenntnis des VfGH siehe zusammenfassend Krajcsir, Hoheitsverwaltung 80 ff; ebenso mwN Raschauer, in: Korinek/Holoubek (Hg), Bundesverfassungsrecht II/1, Art 20 Abs 1 B-VG Rz 92 ff, der selbst zu diesem Zeitpunkt noch eine verfassungsunmittelbare Weisungsbindung für den Bereich der Verwaltung durch Beliehene annimmt, sodass nur allenfalls zweifelhafte Regelungen verfassungskonform zu interpretieren seien (Rz 99). 2132 Adamovich et al, Staatsrecht II Rz 27.052. Siehe auch Heinz Schäffer, Wirtschaftsaufsichtsrecht, in: Bernhard Raschauer (Hg), Grundriss des österreichischen Wirtschaftsrechts2 (2003) Rz 506. 2133 Siehe aber Öhlinger, in: ÖJK (Hg), Entwicklungen 15 FN 35, der – wie schon erwähnt – im Fall der Beleihung grundsätzlich von einer weisungsfreien Besorgung öffentlicher Aufgaben ausgeht, stemmt sich zwar nicht gegen die Einräumung von Ingerenzbefugnissen im Hinblick auf das verfassungsrechtlich gebotene Aufsichtsrecht des Staats als Korrelat der Beleihung. Er hält in diesem Zusammenhang aber – zutreffend – fest, dass es sich bei „Weisungen“ jedoch nicht um eine interne Norm im strengen Sinn des Art 20 Abs 1 B-VG handle, da die AdressatInnen einer solchen Weisung keine Organe, sondern Privatrechtssubjek-
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sichern2134. Ihn trifft folglich eine entsprechende Gewährleistungspflicht2135. Die Einräumung eines bloßen Aufsichtsrechts und die ausdrückliche Normierung einer Haftungspflicht reiche hiefür übrigens ebenso wenig aus2136, wie zB die Befugnisse der Bestellung bzw Abberufung von Mitgliedern einer Berufungskommission, die als Rechtmittelinstanz gegenüber den hoheitlichen Entscheidungen des Beliehenen fungiert2137. Damit ist über die Leitungsbefugnis und die Verantwortlichkeit vor allem der parlamentarisch-demokratische Legitimationszusammenhang der te seien. Ob es jedoch, wie es Öhlinger annimmt, letztlich ausschließlich die Angelegenheit des einfachen Gesetzgebers ist, ein Weisungsrecht in diesem Sinn als ein nicht notwendiges, aber zulässiges Element einer Aufsicht vorzusehen, ist dann doch zumindest hinterfragenswürdig. Jedenfalls bleibt Öhlinger hiemit hinter den Forderungen des VfGH zurück. Siehe auch nunmehr ders, JRP 2008, 89. 2134 VfSlg 16400/2001; in diese Richtung auch 17421/2004 (fehlende Weisungsbefugnis der wrLReg gegenüber der GIS bei Einhebung des Kulturförderungsbeitrags). Siehe auch VfSlg 17023/2003 (Herstellung des Weisungszusammenhangs zwischen einem mit hoheitlichen Aufgaben betrauten Organ eines Selbstverwaltungskörpers, das jedoch den verfassungsrechtlichen Kriterien eines Selbstverwaltungsorgans nicht genügt, und einem seinerseits demokratisch legitimierten Verwaltungskörper); aus dem Schrifttum Resch, ZfV 1998, 274; Havranek, in: Potacs (Hg), Beiträge 103 f und 106; Kucsko-Stadlmayer, 15. ÖJT Bd I/1, 83; Bußjäger, ZfV 2005, 336; Baumgartner, Ausgliederung 256 f; Grabenwarter/ Holoubek, Verfassungsrecht Rz 776 und 826; Raschauer, Verwaltungsrecht3 Rz 376; Kahl/Weber, Verwaltungsrecht3 Rz 229 sowie 280. Vgl auch die Ausführungen von Martin Winner, Öffentlich-rechtliche Anforderungen und gesellschaftliche Probleme bei Ausgliederungen. Unter besonderer Berücksichtigung der Austro Control GmbH, ZfV 1998, 112 f, zum (funktionellen oder organisatorischen) Verwaltungsbegriff sowie zur Anwendbarkeit des Art 20 Abs 1 B-VG. Eine Übertragung der Rechtsprechung des VfGH zur Weisungsunterworfenheit von juristischen Personen, wonach Art 20 Abs 1 B-VG nicht unmittelbar wirke, auf natürliche Personen als Beliehene hält Andreas Hauer, Fischereiaufsichtsund Jagdschutzorgane im Kärntner Landesrecht, in: Michael Potacs (Hg), Beiträge zum Kärntner Jagd- und Fischereirecht (2003) 60, für fraglich. AA als der VfGH jedenfalls Georg Ganner/Nicolas Raschauer, Fischereirecht, in: Erich Pürgy (Hg), Das Recht der Länder II/2 (2012) Rz 37, die im Zusammenhang mit den Fischereiaufsichtsorganen eine Weisungsbindung von Beliehenen trotz Fehlens einer einfachgesetzlichen Herstellung des Weisungszusammenhangs iSd Art 20 Abs 1 B-VG bejahen, da dies ansonsten die Verfassungswidrigkeit sämtlicher die Weisungsbindung der Aufsichtsorgane nicht einfachgesetzlich einrichtenden Fischereigesetze zur Folge hätte. Letztlich Eberhard et al, JRP 2006, 56, zur Selbstverwaltung und der damit einhergehenden demokratischen Rückbindung im Licht des Governance-Konzepts. 2135 Holoubek, in: Arnold et al (Hg), FS Wimmer 231 f. 2136 VfSlg 17023/2003. 2137 VfSlg 17421/2004.
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Verwaltung gewahrt. Das Parlament kann somit seine Befugnisse (Interpellation, Enqueterecht, Misstrauensvotum) nicht nur politisch nutzen, sondern darüber hinaus zum Anlass nehmen, die rechtliche Verantwortlichkeit gegenüber dem Verfassungsgerichtshof geltend zu machen2138. Es ist somit vorerst festzuhalten, dass bei Beleihungen aus verfassungsstrukturellen Gründen und angesichts der gegenüber von bloßen Ausgliederungen noch gesteigerten Anforderungen zur Sicherung der Leitungsbefugnisse durch die obersten Organe eine Lockerung des Leitungs- und Verantwortungszusammenhangs durch den einfachen Gesetzgeber grundsätzlich nicht zulässig ist. Neuerdings ist aber ebenso zu beachten, dass Art 20 Abs 2 B-VG durch die B-VGNov 20082139 dahingehend eine entscheidende Änderung erfuhr, als nun nicht mehr nur Kollegialbehörden richterlichen Einschlags auf Grundlage eines einfachen Gesetzes weisungsfreie Verwaltungsbehörden darstellen, sondern innerhalb „weisungsfreier Zonen“2140 bestimmte Kategorien von Organen weisungsfrei gestellt werden können2141. Somit bedarf es in diesen Fällen keiner verfassungsrechtlichen Sonderregelung außerhalb des B-VG mehr2142. Wie Öhlinger darüber hinaus zu verstehen gibt, solle die Weisungsfreistellung nicht bloß auf die Verwaltungsbehörden ieS, sondern auch auf ausgegliederte Rechtsträger und Beliehene zutreffen. Die Verfassungslage sei nämlich insofern maßgeblich geändert worden, als nunmehr weisungsfreie Organe auch auf bestimmten Sachgebieten und nicht bloß Kollegialbehörden richterlichen Einschlags durch einfaches Gesetz vorgesehen werden können. Es wäre daher sE „inkonsequent“, diese Ermächtigung auf Verwaltungsbehörden ieS einzuschränken. Vielmehr erscheine es „selbstverständlich“, dass auf diesen Sachgebieten auch ausgegliederte Rechtsträger und Beliehene weisungsfrei gestellt werden dürfen2143. 2138 Korinek, ÖZW 2000, 47; ua auch Baumgartner, Ausgliederung 84. 2139 Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert und ein Erstes Bundesverfassungsrechtsbereinigungsgesetz erlassen wird, BGBl I 2/2008. 2140 Vgl den Bericht des Ausschusses 6 vom 23.3.2004 (6/AUB-K) des ÖsterreichKonvents, S 15; siehe www.konvent.gv.at/K/DE/AUB-K/AUB-K_00006/fname_017366.pdf [12/2012]. 2141 Sollen andere, als die in Art 20 Abs 2 B-VG festgelegten Kategorien von weisungsfrei gestellten Organen geschaffen werden, dann ist dies zwar zulässig, es müssten aber diese durch eine eigene Verfassungsbestimmung geschaffen werden. Hiezu ua Georg Lienbacher, Der erste Teil der Verfassungsreform. Verfassungs- und Verwaltungsreform 2008, JRP 2008, 80. 2142 Bernhard Raschauer, Aspekte der Bundesverfassungsrechtsbereinigung. Verfassungs- und Verwaltungsreform 2008, JRP 2008, 117. 2143 Öhlinger, JRP 2008, 89. Siehe auch schon Baumgartner, Ausgliederung 544; in diese Richtung ebenso Adamovich et al, Staatsrecht IV Rz 46.041; Raschauer, Verwaltungsrecht3 Rz 382.
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Den Überlegungen Öhlingers steht aber unverändert die Rechtsansicht des VfGH gegenüber, wonach Art 20 Abs 1 B-VG lediglich innerhalb der Verwaltungsorganisation des Bundes sowie der Länder wirke und sich nicht unmittelbar auf Organe selbständiger Rechtsträger beziehe. Insbesondere geht aus dem novellierten Art 20 Abs 1 B-VG nichts Gegenteiliges hervor2144. Daher werden auch die Forderungen des VfGH2145 an den einfachen Gesetzgeber, nämlich diejenigen Leitungsbefugnisse des verantwortlichen obersten Organs sicherzustellen, die es ihm ermöglichen, für die Gesetzmäßigkeit der Vollziehung zu sorgen, mit der Neuformulierung des Art 20 B-VG nicht obsolet. Entscheidend für die weitere Auslegung sind mE jedoch folgende Aussagen des VfGH: „Angesichts dieser Umstände sind dem Bund hinsichtlich der Aufgabenbesorgung durch die Austro Control GmbH jene Leitungsbefugnisse gesichert, von denen Art 20 Abs 1 B-VG ausgeht.“2146, sowie weiters: „Freilich darf eine Ausgliederung in eine öffentlich-rechtliche Institution, deren Handeln den obersten Organen nicht direkt zurechenbar ist, nur soweit erfolgen, als das Organisationskonzept der Bundesverfassung nicht umgangen wird, das im Prinzip eine Unterstellung der hoheitlich zu besorgenden Verwaltungstätigkeiten unter die obersten Organe iSd Art 19 Abs 1 B-VG verlangt, die ihrerseits der parlamentarischen Kontrolle unterliegen und insbesondere dem Parlament gegenüber verantwortlich sind.“2147 Daraus kann nur der Schluss gezogen werden, dass sich der einfache Gesetzgeber bei der Übertragung von Hoheitsbefugnissen auf Rechtsträger außerhalb der staatlichen Verwaltungsorganisation an den Vorgaben des Art 20 Abs 1 B-VG zu orientieren und er dabei die Wahrung des Organisationskonzepts des B-VG zu gewährleisten hat. Exakt an dieser Stelle soll nun nochmals die Überlegung von Öhlinger aufgegriffen werden, wenn er meint, dass die Verfassungslage durch die B-VGNov 2008 insofern geändert worden sei, als nunmehr weisungsfreie Organe auch auf bestimmten Sachgebieten und nicht einzig Kollegialbehörden richterlichen Einschlags durch einfaches Gesetz vorgesehen werden können. Der Verfassungsgesetzgeber hat jedenfalls insoweit das Verwaltungsorganisationskonzept modifiziert, als nunmehr die in Art 20 Abs 2 B-VG umschriebenen Kategorien an weisungsfreien Organen, auf die wiederum Art 20 Abs 1 B-VG explizit verweist und die in Folge der Kompetenzverschiebung zugunsten des einfachen Gesetzgebers von diesem eingerichtet werden kön2144 Zur fehlenden Klarheit hinsichtlich der Auslegung des Begriffs des Organs in Art 20 B-VG siehe vor allem Dragana Damjanovic, Weisungsfreie Behörden: der Vorschlag für eine Neufassung des Art 20 Abs 2 B-VG, JRP 2007, 227. 2145 VfSlg 16400/2001. 2146 VfSlg 14473/1996. 2147 VfSlg 16400/2001.
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nen sowie dabei unter einer „angemessenen“ Aufsicht zu stehen haben, in den demokratischen Legitimationszusammenhang eingefügt sind und sie daher nicht mehr dem Demokratieprinzip der Verfassung widersprechen2148. Dies muss nun notwendigerweise auch zu geänderten Anforderungen an die Ausgliederungs- und Beleihungsvorhaben des einfachen Gesetzgebers führen. Zwar ist mE weiterhin nicht von einer unmittelbaren Wirkung des Art 20 Abs 1 B-VG auszugehen; nichtsdestotrotz hat sich der einfache Gesetzgeber an dem darin zum Ausdruck gebrachten Organisationsprogramm zu orientieren. Hierin kommt aber gerade nicht bloß die grundsätzliche Leitungs- und Steuerungsverantwortung der obersten Verwaltungsorgane zum Ausdruck, sondern nunmehr auch die Möglichkeit einer Regelung der Weisungsfreistellung in bestimmten Sachgebieten und das bei gleichzeitiger Schaffung eines im Hinblick auf die Tätigkeit und Bedeutung der (hoheitlichen) Aufgaben angemessenen Aufsichts- und Kontrollrechts der obersten Organe. In ihrer Gesamtheit ändert diese Novelle übrigens nichts an der Grundaussage, dass ein Überschreiten der bereits aufgezeigten zahlreichen Grenzen (Sachlichkeits- und Effizienzgebot, ausgliederungsfeste Kernbereiche etc) einen jeglichen Beleihungsversuch verfassungsgesetzlich unzulässig macht2149. Die Legitimation von Weisungsfreiheit auf der einen und die Ausgliederung und Beleihung auf der anderen Seite unterscheidet sich nämlich aus verfassungsrechtlicher Sicht; aus Art 20 Abs 2 B-VG lässt sich jedenfalls für die Frage der Zulässigkeit und der Grenzen der Ausgliederung und Beleihung nichts gewinnen2150. Für das Tätigwerden von „beliehenen“ MediatorInnen bleiben diese Feststellungen freilich nicht ohne Konsequenzen. In Folge ihrer Organstellung im funktionellen Sinn unterliegen ihre Handlungen, die sie innerhalb des Wirkungsbereichs der Ermächtigung setzen, rechtsstaatlichen sowie demokratischen Bindungen. Die mit Mitteln der Hoheitsverwaltung ausgestatteten MediatorInnen sind also zum einen angehalten, die ihnen übertragenen hoheitlichen Kompetenzen auf Grund der einschlägigen (Verfahrens-)Gesetze auszuüben2151. Zum anderen scheint im Hinblick auf die demokratische Legitimation eine über die bloß kontrollierende Aufsicht hinausreichende – aus Sicht der Mediation nicht unproblematische2152 – Weisungsgebundenheit der MediatorInnen auch in den Fällen geboten, in denen private MediatorInnen als Beliehene Verwaltungsaufgaben wahrnehmen. 2148 Siehe auch Grabenwarter/Holoubek, Verfassungsrecht Rz 820. 2149 So noch auf Grundlage der alten Rechtslage dezidiert Korinek, ÖZW 2000, 53. 2150 Öhlinger, JRP 2008, 90. 2151 Vgl 3.II.B.1.c) sowie 3.II.B.11. 2152 Hiezu ausführlich 3.II.B.12.
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Da nach Auffassung des VfGH Art 20 Abs 1 B-VG auf außerhalb der Staatsorganisation stehende Rechtsträger nicht unmittelbar durchschlägt, muss der Weisungszusammenhang grundsätzlich auf einfachgesetzlicher Ebene in den einschlägigen Verwaltungsvorschriften explizit hergestellt werden. Neu hinzu tritt, wie bereits angeführt, aber die Ermächtigung, durch einfachgesetzliche Regelung Organe weisungsfrei zu stellen. Einen mit der Funktion der Mediation korrespondierenden Tatbestand führt Art 20 Abs 2 Zif 4 B-VG explizit an, nämlich Organe, die mit Vermittlungsaufgaben2153 befasst sind. Gleichwohl sieht Art 20 Abs 2 Satz 3 B-VG quasi als Ausgleich zur Weisungsfreistellung wiederum die Verpflichtung zur Normierung eines der Aufgabe des Organs „angemessenen“ Aufsichtsrechts des zuständigen obersten Organs vor. Das Tatbestandsmerkmal der „Angemessenheit“ wird insoweit konkretisiert, als es sich hiebei um ein Informationsrecht und – abgesehen von hier nicht relevanten Ausnahmen – das Recht, weisungsfrei gestellte Organe aus wichtigem Grund abzuberufen, handeln muss2154. Den EB zur RV ist zu dieser wichtigen Komponente der demokratischen Legitimation dieser Organe2155 noch zu entnehmen, dass die konkrete Ausgestaltung dem einfachen Gesetzgeber obliege und es durch die Bezugnahme auf die Angemessenheit des Aufsichtsrechts ermöglicht werden solle, eine nach der Tätigkeit und Bedeutung des weisungsfrei gestellten Organs abgestufte Ingerenz vorzusehen2156. Der einfache Gesetzgeber hat hiebei also bei der näheren Ausgestaltung der Aufsicht zwischen den unterschiedlichen Typen von Organen zu differenzieren. Die verfassungsrechtliche Grenze sieht zB Öhlinger zumindest dort, „wo Aufsicht in eine ‚Führung‘ der Verwaltung iSd Art 20 B-VG umschlagen würde“2157. Eine die Weisungsfreiheit absichernde Regelung könnte in der Tat ein für die Mediation respektive die/den MediatorIn bestehendes Hemmnis, nämlich den mit der Weisungsbindung
2153 Im Bericht über die gemeinsamen Beratungen der Ausschüsse 6 und 7 vom 27.10.2004 (17/AUB-K) des Österreich Konvents, S 7, war hiezu noch von „Mediationseinrichtungen“ die Rede; siehe www.konvent.gv.at/K/DE/AUB-K/ AUB-K_00017/imfname_029466.pdf [12/2012]. 2154 In Art 52 Abs 1a B-VG ist zudem nunmehr als weiteres Kontrollrecht vorgesehen, dass die zuständigen Ausschüsse des NR und des BR befugt sind, die Anwesenheit der Leiterin bzw des Leiters eines gem Art 20 Abs 2 B-VG weisungsfreien Organs in den Sitzung der Ausschüsse zu verlangen und diesen zu allen Gegenständen der Geschäftsführung zu befragen. 2155 Konrad Lachmayer, Zwischen Ordnung und Chaos. Von der Notwendigkeit der Verfassungsbereinigung und der Illusion des Inkorporationsgebotes, JRP 2007, 206. 2156 RV 314 BlgNR 23. GP. 2157 Öhlinger, JRP 2008, 88.
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nach außen unbestreitbar gegenwärtigen Eindruck der fehlenden Unabhängigkeit, beseitigen helfen. bb) Hierarchisches Konzept, Verwaltungshilfe nach funktionaler Privatisierung und Mediation
Mit den vorangestellten Ausführungen ist aber bisher – mit Ausnahme des Hinweises auf die Ansichten von Schäffer und Koja, die beide sowohl hinsichtlich der Beliehenen als auch der VerwaltungshelferInnen ein Weisungsrecht iSd Art 20 Abs 1 B-VG ausschließen2158 – lediglich die Zulässigkeit der Beleihung privater Rechtsträger mit der Wahrnehmung von Aufgaben der Hoheitsverwaltung sowie deren Unterstellung unter die Leitungs- und Organisationsgewalt eines obersten Organs beschrieben worden. Es ist folglich noch nichts Abschließendes darüber ausgesagt, welche rechtliche Stellung die von einer Behörde herangezogenen VerwaltungshelferInnen im Hinblick auf den hierarchischen Aufbau der gesamten Verwaltung einnehmen. Wie schon ausgeführt, handelt es sich bei der Verwaltungshilfe um Tätigkeiten von privaten physischen oder juristischen Personen. Im Unterschied zum Instrument der Beleihung wirken die VerwaltungshelferInnen jedoch „lediglich“ unterstützend im Bereich der Hoheitsverwaltung mit, während die Letztentscheidungsbefugnis der sie beiziehenden Behörde unangetastet bleibt. Aufgrund dieser Tatsache scheidet eine Organstellung im funktionellen Sinn ebenso aus, wie letztlich eine solche im organisatorischen Sinn, da es sich hiebei auch nicht um OrganwalterInnen einer Gebietskörperschaft, sondern um schlicht private Rechtsträger handelt2159. Schäffer und sich ihm anschließend Koja gehen davon aus, dass hiebei das Weisungsrecht deshalb zu entfallen habe, da „bloß Angliederung und nicht Eingliederung in den Verwaltungsorganismus“ vorliege. Jedoch müsse als organisatorischer Verbindungsstrang zur Staatsverwaltung infolge der Zurechnung des Handelns der VerwaltungshelferInnen zum Staat zumindest eine Leitungsbefugnis dergestalt vorgesehen sein, dass eine „kontrollierende Aufsicht“ möglich werde. Als „äußerstes und schwächstes Reaktionsmittel“ müsse in letzter Konsequenz zumindest die organisationsrechtliche Maßnahme der Funktionsenthebung vorgesehen sein, läge doch ansonsten „verfassungswidrigerweise ein völlig unkontrollierter und daher verantwortungsfreier Bereich des Verwaltungshandelns vor“2160. 2158 Siehe oben 3.II.B.11. 2159 Siehe oben 3.II.A.3.b). 2160 Schäffer, in: Bundeskammer (Hg), Erfüllung 73 f und Koja, in: Ermacora et al (Hg), Verwaltungsrecht 460, die aber – entgegen der neueren Judikatur des VfGH – ihre gegenständlichen Ausführungen auch auf das Rechtsinstitut der Beleihung beziehen. Offenlassend Aichlreiter, Verordnungsrecht I 312 f. Mehr-
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Auch die knappen Ausführungen von Hauer weisen in diese Richtung, wenn er meint, dass aus Art 20 Abs 1 B-VG eine Weisungsbindung der VerwaltungshelferInnen deshalb nicht abgeleitet werden könne, da die beigezogenen Privaten keine Organe iSd Art 20 Abs 1 B-VG seien. Zur Untermauerung seiner Aussage verweist Hauer auf Walter/Mayer2161 und dabei insbesondere auf die nicht unumstrittene Stellung der nichtamtlichen Sachverständigen, worauf in weiterer Folge noch zurückzukommen sein wird2162, die keine Verwaltungsorgane und eben deshalb auch nicht weisungsgebunden seien2163. Demgegenüber halten Adamovich et al die Aufzählung der Organe in Art 20 Abs 1 B-VG für weder vollständig noch ausschließlich. Demnach können ihrer Meinung nach Organfunktionen in der Verwaltung ua auf gesetzlicher Beleihung und – ohne, dass die Autoren hiezu eine Spezifizierung vornehmen – formloser Indienstnahme beruhen. Schließlich unterliege den Grundsätzen des Art 20 Abs 1 B-VG, wer immer mit einer Funktion in hoheitlicher oder nichthoheitlicher Verwaltung betraut werde2164. An anderer Stelle – zur Abgrenzung der Verwaltung gegenüber nichtstaatlichen Tätigkeiten – führen sie außerdem aus: „Problematisch bleibt die Qualifikation als Verwaltungstätigkeit (...) bei verwaltungsunterstützenden Tätigkeiten Privater (Verwaltungshelfer, zB Privatunternehmen, die mit der Durchführung straßenpolizeilicher Maßnahmen, wie dem Abschleppen von verkehrsbehindernd abgestellten Fahrzeugen, betraut werden).“2165 Erkenntnisse des VfGH, in denen unmittelbar auf Fragen der Einordnung der VerwaltungshelferInnen eingegangen wird, sucht man vergebens. Jedoch sind aus der neueren Judikatur zum Beleihungsphänomen (iwS) und deutig Bußjäger, Organisationshoheit 227 sowie 230 f, der einerseits der verfassungsgerichtlichen Auffassung betreffend die Beleihung von ausgegliederten Rechtsträgern ua dahingehend folgt, als er hervorhebt, dass der Weisungsdurchgriff der Verwaltungsorgane ieS auf den ausgegliederten Rechtsträger den Kriterien des Art 20 Abs 1 B-VG genügen müsse, sich aber dann – somit andererseits – den Meinungen von Schäffer und Koja insofern anschließt, als er die Ausübung des Weisungsrechts gegenüber Beliehenen und Inpflichtgenommenen von der Sache her gewissen bedeutsamen Schranken unterliegen sieht, welche die Rolle des Staats gegenüber den beliehenen oder „in Pflicht genommenen“ Privaten letztlich auf eine Art Aufsichts- oder Leitungsrecht beschränke, so wie es eben Schäffer konstruiere. 2161 Robert Walter/Heinz Mayer, Grundriss des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechts8 (2003) Rz 367 (unverändert Walter et al, Verwaltungsverfahrensrecht9 Rz 367). 2162 Siehe 3.II.B.12.c).bb). 2163 Hauer, JBl 1993, 491. 2164 Adamovich et al, Staatsrecht II Rz 27.046. 2165 Adamovich et al, Staatsrecht II Rz 26.020.
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dabei insbesondere zur Leitungs- und Organisationsverantwortung Anhaltspunkte zur Abgrenzung und Einordnung destillierbar. So hält der VfGH in seiner Entscheidung zur Bundes-Wertpapieraufsicht fest: „Art 20 Abs 1 B-VG unterstellt die den obersten Organen nachgeordneten Organe den Weisungen der ihnen vorgesetzten Organe, wirkt also innerhalb der Verwaltungsorganisation des Bundes und der Länder, bezieht sich aber nicht unmittelbar auf Organe von Rechtsträgern, die aus der staatlichen Verwaltungsorganisation ausgegliedert sind. Die eigene Rechtsträgerschaft erlaubt es in solchen Fällen nämlich weder, die Handlungen dieser Rechtsträger unmittelbar dem Bund bzw einem Land zuzurechnen, noch ermöglicht sie es, einen weisungsmäßigen Durchgriff anzunehmen. Art 20 Abs 1 B-VG korrespondiert damit – auf Bundesebene – mit Art 77 Abs 1 B-VG, der von den den Bundesministerien ‚unterstellten Ämtern‘ spricht“2166. Diese Aussagen müssen mE uneingeschränkt auch für beliehene physische Personen2167 und außerdem erst recht für die privaten VerwaltungshelferInnen gelten, die allesamt gerade nicht in die staatliche Verwaltungsorganisation eingegliedert sind. Demgegenüber sei jedoch – so der VfGH weiter und hier unter Bezugnahme auf Rill2168 – für die Besorgung von Verwaltungsaufgaben des Bundes „mit Mitteln der Hoheitsverwaltung“ bzw „unter Einsatz von imperium“2169 durch ausgegliederte Rechtsträger zu verlangen, dass ein der Volksvertretung gegenüber verantwortliches oberstes Organ jene Steuerungsmöglichkeiten besitze, die es ihm ermöglichen, für die Gesetzmäßigkeit der Vollziehung in effektiver Weise zu sorgen2170. Die Folgen für den Bereich der Beleihung sind bereits bekannt bzw zuvor aufgearbeitet worden2171. Der einfache Hinweis auf die Verpflichtung des Gesetzgebers, solche Rechtsvorschriften im Fall von Beleihungen zu erlassen, die einem obersten Organ ausdrücklich eine effektive Leitungs- und Steuerungsfunktion einräumen und dabei insbesondere ein umfassendes „Weisungsrecht“ vorzusehen haben, kann an dieser Stelle also genügen. Die Fragen, die aber hiernach für die Situation der VerwaltungshelferInnen nach funktionaler Privatisierung weiterhin zu beantworten sind, reichen dahin, ob und inwieweit für die Besorgung von Teilbeiträgen zu Verwaltungsaufgaben durch diejenigen Privaten, die ihre Tätigkeiten nicht mit 2166 VfSlg 16400/2001. 2167 So auch Bernd Wieser, Zur materiellen Gewaltentrennung zwischen Justiz und Verwaltung – im Besonderen: Zum Funktionsvorbehalt zugunsten der Verwaltung, JBl 2009, 361. 2168 Rill, ÖBA 1996, 754. 2169 Der VfGH spricht hier auch von „der Übertragung der Zuständigkeit zur Erlassung von Hoheitsakten“; so in VfSlg 16400/2001 und 17421/2004. 2170 VfSlg 16400/2001. 2171 Siehe 3.II.B.11.b).aa).
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Mitteln der Hoheitsverwaltung – diese sind als formelles Kriterium zur Unterscheidung von hoheitlichem und nicht hoheitlichem Handeln zu verstehen2172 – erledigen, ebenfalls effektive Steuerungsmöglichkeiten seitens des obersten Organs zu schaffen sind. Zuallererst ist nun das Augenmerk auf die Qualifikation des Handelns von VerwaltungshelferInnen zu richten. Würde man dieses als nichthoheitliches Handeln qualifizieren, dann würde kein staatliches Verhalten und damit auch nicht „Verwaltung“ im verfassungsrechtlichen Sinn vorliegen2173. Jegliche weitere Überlegungen im Zusammenhang mit Art 20 Abs 1 B-VG wären somit hinfällig. Geht man hiebei aber davon aus, dass dieses Handeln zwar nicht als solches normativer Natur angesehen werden kann, jedoch in einem engen inneren und äußeren Zusammenhang mit der Hoheitsverwaltung erfolgt, es demnach iSd schlichten Hoheitsverwaltung einzuordnen ist2174, erscheint eine weiter differenzierte Betrachtung notwendig. Wie schon mit Holoubek festgehalten wurde, lassen sich aus der Qualifikation des Handelns per se noch keine Rechtsfolgen ableiten. Vielmehr folgen diese aus den jeweils konkreten Verfassungsbestimmungen bzw allenfalls aus Verfassungsbestimmungen in ihrem Zusammenhang2175. Es kommt also in weiterer Folge auf eine Auslegung des Art 20 Abs 1 B-VG an. Eingedenk der Judikatur des VfGH lässt sich festhalten, dass Art 20 Abs 1 B-VG nur innerhalb der Verwaltungsorganisation wirkt2176, womit klar zum Ausdruck gebracht worden ist, dass Art 20 Abs 1 B-VG nicht unmittelbar an Private adressiert ist. Nachdem nun die hier angesprochenen Tätigkeiten von selbständigen, in den Verwaltungsorganismus gerade nicht eingegliederten Privaten durchgeführt werden, scheint eine den Staat treffende unmittelbare Zurechnung der Handlungen ebenso wenig erlaubt zu sein wie ein weisungsmäßiger Durchgriff. Diese Feststellung allein gewährt aber noch immer keine abschließende Antwort, trifft sie ja auch auf Beliehene zu, die – wie anhand der verfassungsgerichtlichen Judikatur gezeigt – wiederum mittelbar durch einfachgesetzliche Regelungen der staatlichen Leitungsund Steuerungsfunktion zu unterliegen haben; dies letztlich deshalb, weil einerseits die Ausübung von Hoheitsverwaltung funktionell immer der Gebietskörperschaft zuzurechnen ist2177 und andererseits ein dem Nationalrat gegenüber verantwortliches oberstes Organ in die Lage versetzt werden 2172 Vgl oben 3.II.B.1.b). 2173 Siehe auch Raschauer, in: Korinek/Holoubek (Hg), Bundesverfassungsrecht II/1, Art 20 Abs 1 B-VG Rz 63. 2174 So bereits oben 3.II.B.1.b). 2175 Holoubek, ÖZW 2000, 35. 2176 VfSlg 16400/2001. 2177 Hiezu Kucsko-Stadlmayer, 15. ÖJT Bd I/1, 81.
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muss, für die Gesetzmäßigkeit der Vollziehung in effektiver Weise zu sorgen2178. Ein wesentlicher Unterschied zwischen Beliehenen und VerwaltungshelferInnen ist in der Ermächtigung oder eben der fehlenden Ermächtigung auszumachen, Rechtsakte ieS setzen zu dürfen. Es geht also in dem einen Fall die Verwaltungsaufgabe als Ganzes verbunden mit der formellen Entscheidungsmacht auf Private über, während in dem anderen Teilbeiträge bezogen auf eine staatliche Tätigkeit erbracht werden, wobei die Entscheidungs- und Ergebnisverantwortung – zumindest formal gesehen – uneingeschränkt bei dem zuständigen staatlichen Organ verbleiben. Macht dieser Umstand im Hinblick auf die gegenständlichen Ausführungen nun einen berücksichtigungswürdigen Unterschied in der Behandlung der beiden Instrumente? Davon geht wohl Raschauer aus, wenn er festhält, dass im Gegensatz zu den Beliehenen den VerwaltungshelferInnen keine selbständige (funktionelle) Organstellung zukomme, da die Letztentscheidungsbefugnis allein bei der Behörde verbleibe. Eine weiterführende Begründung liefert er hiefür aber nicht2179. Eine solche kann mE jedoch mit den Argumenten nachgeschoben werden, dass sich als Ausübung von Hoheitsgewalt alles staatliche Handeln mit Entscheidungscharakter qualifizieren lässt. Wenn man weiters davon ausgeht, dass hoheitliche Entscheidungen grundsätzlich die staatliche Herrschaft steuern, dann ist auch beim Einsatz von Privaten im Hinblick auf das Fortbestehen der staatlichen Erfüllungsverantwortung die Einhaltung der unverändert geltenden verfassungsrechtlichen Bindungen, wie eben an das Erfordernis der inhaltlichen demokratischen Legitimation, zu gewährleisten. Nur so kann weitgehend sichergestellt werden, dass die obersten Verwaltungsorgane das Handeln der nachgeordneten Behörden und Ämter dermaßen effektiv zu steuern vermögen, sodass sie dieses Handeln auch tatsächlich gegenüber der jeweiligen Volksvertretung verantworten können2180. Dabei darf es eben keinen Unterschied bedeuten, ob Verwaltungsorgane im organisatorischen Sinn oder aber Private als Organe im bloß funktionellen Sinn tätig werden. Aus diesem Umstand und daraus, dass Art 20 Abs 1 B-VG lediglich innerhalb der Verwaltungsorganisation der Gebietskörperschaften wirkt, ist letztlich die – im Kontext mit dem Beleihungsphänomen ausgesprochene – Verpflichtung des Gesetzgebers zur Schaffung von effektiven Steuerungsmöglichkeiten und damit eines funktionierenden Leitungszusammenhangs beim Einsatz von Beliehen abzuleiten.
2178 VfSlg 16400/2001. 2179 Siehe Raschauer, Verwaltungsrecht3 Rz 119. 2180 Raschauer, Verwaltungsrecht3 Rz 356.
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Die Feststellung, dass die VerwaltungshelferInnen gerade nicht mit hoheitlichen Entscheidungsbefugnissen ausgestattet sind, lädt nun zur Überlegung ein, dass ihre bloß vorbereitenden oder vollziehenden Tätigkeiten kein auf Grundlage des Art 20 Abs 1 B-VG demokratisch zu legitimierendes Handeln darstellen. Dies lässt sich weiterhin damit begründen, dass VerwaltungshelferInnen nicht Teil der Verwaltungsorganisation sind und dass das nach funktionaler Privatisierung abgekoppelte VerwaltungshelferInnenhandeln nicht mehr Bestandteil der staatlichen Verwaltungsaufgabe ist. Damit wird aber zudem deutlich, dass auf der Tatbestandsebene des Art 20 Abs 1 B-VG nichts mehr zu gewinnen ist2181. Unklar bleibt hingegen, inwieweit möglicherweise Vor- und Nachwirkungen der Legitimationsverantwortung des Staats Einfluss auf die Tätigkeiten von Privaten nach funktionaler Privatisierung haben, nachdem die staatliche Verwaltungsaufgabe an sich, insbesondere die hoheitliche Entscheidung, nicht der privaten Initiative überlassen wird und – wie oben gezeigt – dem staatlichen Träger seine Leitungs- bzw Gewährleistungsverantwortung verbleibt. Keine solchen Wirkungen in den gesellschaftlichen Wirkungsbereich hinein ergeben sich zumindest bei Beiträgen durchführender Natur. Wie nicht nur aus der deutschen Lit bekannt2182, sondern sich auch aus den vorangestellten Überlegungen ergebend, endet letztlich die Legitimationskette bei der hoheitlichen Entscheidung. Durch die Durchführungshandlung wird diese inhaltlich nicht beeinflusst, selbst dann nicht, wenn den privaten HelferInnen ein großer Handlungsspielraum eingeräumt ist. Es lässt sich demnach aus Verfassungssicht keine Rechtfertigung finden, die eine Ausdehnung der verfassungsrechtlichen Bindungen auf durchführende Tätigkeiten gebieten würde. Das bedeutet nun wiederum nicht, dass die Handlungen in einem völlig verantwortungsfreien Bereich erfolgen. Vielmehr ergibt sich aus der Leitungsverantwortung des Staats die Aufgabe, die Tätigkeiten der als VerwaltungshelferInnen eingesetzten Privaten durch Schaffung von Kontrollbefugnissen bis hin zu Anpassungs- und Kündi-
2181 Vom Ergebnis her lässt sich insoweit an die Meinungen von Schäffer, in: Bundeskammer (Hg), Erfüllung 73 f, und Koja, in: Ermacora et al (Hg), Verwaltungsrecht 459 f, anknüpfen. In diese Richtung auch Baumgartner, Ausgliederung 261, demzufolge es sich bei auf ausgegliederte Rechtsträger übertragene Aufgaben der schlichten Hoheitsverwaltung wegen des Fehlens von imperium nicht mehr um Verwaltung handelt. 2182 Stellvertretend Burgi, Privatisierung 366.
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gungsklauseln2183 im Privatrechtsweg zu determinieren bzw zu kontrollieren2184. Daneben aber lässt sich das Bestehen eines immanenten Gefährdungspotenzials bei der Übertragung von vorbereitenden Handlungen auf Private, die den abschließenden Entscheidungen von staatlichen AmtsträgerInnen vorgeschalten sind, nicht leugnen. Dieses Gefahrenpotenzial nimmt hierin seinen Ausgang, dass das Verwaltungsorgan zwar weiterhin formal entscheidet, die eigentliche Entscheidungsgewalt jedoch dergestalt aus der Hand gibt, als es letztlich das übernimmt bzw übernehmen „muss“, was im Entscheidungsvorfeld von Privaten erarbeitet worden ist. Als Gefahrenursachen lassen sich insbesondere mangelnde Sachkunde, fehlende Zeitressourcen und beschränkte Verwaltungskapazitäten identifizieren. Mitunter können einzelne vorbereitende Schritte zum Entscheidungszeitpunkt überhaupt nicht mehr nachvollzogen werden, da sie situationsbezogen erfolgen und damit bereits erledigt sind, wie dies zB bei der Entgegennahme von Äußerungen in einer mündlichen Verhandlung der Fall sein könnte. In einer solchen Situation wäre die/der OrganwalterIn darauf angewiesen, dass die ihr/ihm übermittelten Verhandlungsergebnisse ordnungsgemäß zusammengestellt und abschließend erhoben worden sind. Schließlich bleibt zu bedenken, dass staatliche Aufgaben durch das Bestehen materieller Spielräume gekennzeichnet sind, was zur Konsequenz hat, dass den formalen Sicherungen eine umso größere Bedeutung im Hinblick auf die Richtigkeit der in weiterer Folge vom Verwaltungsorgan zu treffenden Entscheidungen zukommt2185. Nachdem für den Bereich der funktionalen Privatisierung auf der Tatbestandsebene des Art 20 Abs 1 B-VG aber keine Antworten zu finden sind, erscheint es notwendig darüber zu räsonieren, ob nicht vielmehr das Rechtsfolgenregime zu erweitern ist, um Möglichkeiten der staatlichen Einflussnahme gewährleisten zu können. Die Rede ist aber nicht von der Ingerenzpflicht, wie sie die Lehre für die Bewältigung des Phänomens der Ausgliederungen (im Bereich der Privatwirtschaftsverwaltung) fordert2186. Vielmehr 2183 Dies entspricht der Forderung von Schäffer, in: Bundeskammer (Hg), Erfüllung 73 f, und von Koja, in: Ermacora et al (Hg), Verwaltungsrecht 460, wonach als „äußerstes oder schwächstes Reaktionsmittel“ die organisationsrechtliche Maßnahme der Abberufung vorgesehen sein müsse. 2184 Aus deutscher Sicht Burgi, in: Erichsen/Ehlers (Hg), Verwaltungsrecht14 § 10 Rz 35. 2185 Burgi, Die Verwaltung 2000, 194 f; Voßkuhle, in: VVDStRL 62, 295. 2186 Vgl etwa Funk, in: Krejci/Ruppe (Hg), Rechtsfragen 19 f; ders, Budgetausgliederungen aus juristischer Sicht, in: Manfried Gantner (Hg), Budgetausgliederungen – Fluch(t) oder Segen? (1994) 34 f; ders, in: Amt (Hg), Bildungsprotokolle I 23; Walter Berka, Die Gemeinde als Unternehmer, in: Robert Rebhahn (Hg),
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sollen in diesem Zusammenhang jene Ausführungen von Burgi herangezogen werden2187, wonach dieser den Mangel an tatsächlicher inhaltlicher Entscheidungsbeherrschung durch entsprechende Sicherungsvorkehrungen in Form einer „Strukturschaffungspflicht“ auszugleichen sucht2188. Es gehe nach Meinung von Burgi hiebei nicht um die unveränderte Übertragung der organisatorischen und verfahrensrechtlichen Anforderungen an AmtsträgerInnen auf die VerwaltungshelferInnen, sondern um das Erfordernis der Schaffung von spezifischen Strukturen, die im Hinblick auf ein Tätigwerden von außerhalb der Verwaltungshierarchie stehenden Einheiten aus Sicht der verfassungsrechtlichen Vorgaben zur formalen Gemeinwohlsicherung notwendig seien2189. Im Detail sieht Burgi Vorkehrungen etwa hinsichtlich der Sicherstellung der erforderlichen Fachkunde sowie der objektiven Erfüllung der Aufgaben durch VerwaltungshelferInnen, dem Publizitätsgebot betreffend die Übertragung der Vorbereitungsverantwortung sowie des Vorgangs der Verwaltungshilfe und der Ergebnisse, der Wahrung der Geheimhaltungspflicht, der Etablierung von Kontrollmöglichkeiten und des an die/den VerwaltungshelferIn gerichteten Begründungsgebots für deren/ dessen Handlungen für erforderlich2190. Die Konkretisierung habe jeweils im Hinblick auf den Einzelfall zu erfolgen, da die formalen Anforderungen aufgabenabhängig seien und unter Berücksichtigung des Charakters der vorzubereitenden Entscheidung sowie des Umfangs des eingeräumten Spielraums sowie jenes der übertragenen Teilbeiträge berücksichtigt werden müssen2191. Konkret bedeutet dies2192, dass die Behörde zum einen bei der Auswahl der VerwaltungshelferInnen angehalten ist, auf deren Zuverlässigkeit, Neutralität und Fachkunde zu achten. Zum anderen muss zumindest der Übertragungsakt nach außen erkennbar, also transparent erfolgen. Wesentlich ist schließlich die Schaffung von Kontrollmöglichkeiten, um eine weitgehende Sicherstellung einer auftragsgemäßen Aufgabenerfüllung zu gewährleisten2193. Dies kann insbesondere im Wege der Präventivsteuerung, so dass die Beiträge zum Kärntner Gemeinderecht (1998) 199 ff; Korinek, ÖZW 2000, 52; Kucsko-Stadlmayer, 15. ÖJT Bd I/1, 43 ff; Baumgartner, Ausgliederung 87 f; Potacs, in: Potacs/Sturm (Hg), Reform 15 f. 2187 Siehe bereits 2.III.A.9. 2188 Burgi, Privatisierung 378 ff sowie ders, Die Verwaltung 2000, 201 f; zustimmend Voßkuhle, in: VVDStRL 62, 296. 2189 Burgi, Privatisierung 379; ders, Die Verwaltung 2000, 202. 2190 Burgi, Privatisierung 381 ff. 2191 Burgi, Die Verwaltung 2000, 203 f. 2192 Hiezu umfassend Burgi, Privatisierung 382 ff sowie ders, Die Verwaltung 2000, 204 ff. 2193 Siehe aus dem dt Schrifttum Trute, DVBl 1996, 961.
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Aufgaben sowie Verfahrenspflichten und -rechte der VerwaltungshelferInnen im Bestellungsakt möglichst detailgerecht festgehalten werden, oder auch iS einer engen Begleitung der Tätigkeit der Privaten durch die Behörde geschehen. Ist eine ordnungsgemäße Erfüllung der Verwaltungsaufgaben durch die Privaten nicht mehr zu erwarten, muss letztlich – womit die Forderung von Schäffer und Koja nach dem schwächsten Reaktionsmittel einmal mehr Berücksichtigung findet2194 – eine Möglichkeit der Beendigung der Rechtsbeziehung vorgesehen sein. Für MediatorInnen, die als VerwaltungshelferInnen herangezogen werden sollen, hat dieses Ergebnis zur Folge, dass ihre Tätigkeiten zwar kein auf Grundlage des Art 20 Abs 1 B-VG demokratisch zu legitimierendes Handeln darstellen und es der umfassenden Leitungs- und Organisationsbefugnisse, wie sie für Beliehene gefordert sind, nicht bedarf. Sehr wohl aber ist die staatliche Einflussnahme dergestalt zu gewährleisten, dass die Handlungen Privater nicht in einen völlig verantwortungsfreien Bereich abgleiten. Dies gilt eben gerade für die Tätigkeiten der MediatorInnen, deren Beiträge ja vor allem vorbereitender Natur sind und somit die Verwaltungsentscheidungen mitunter massiv beeinflussen können. In Anbetracht der hier vertretenen Ansicht hinsichtlich der Absicherung der Leitungsverantwortung durch die „Strukturschaffungspflicht“ ist die zuständige Behörde daher auch im Hinblick auf den Einsatz von MediatorInnen angehalten, Vorkehrungen zu treffen, mit denen ein jeglicher Mangel an tatsächlicher behördlicher Entscheidungsbeherrschung ausgeglichen werden kann. Wie dazu schon gezeigt werden konnte, stehen die von der betroffenen Behörde zu ergreifenden Maßnahmen (Auswahl, Publizität, Tätigkeitsumschreibung, Kontrollaufgaben, Abberufung) grundsätzlich auch nicht im Widerspruch zum Wesen der Mediation2195. 12. Weisungsgebundene und weisungsfreie Verwaltungsführung
Zentrales Thema für alle an einer Mediation Beteiligten bleibt die Gewährleistung der neutralen Stellung der MediatorInnen, auf die letztlich ihre Kompetenz in erster Linie aufbaut. Diese zu sichern, gilt demnach als eines der obersten Gebote von Mediationsvorhaben. Denn nimmt die Neutralität Schaden, werden MediatorInnen einen wesentlichen Teil ihres Ansehens einbüßen, was aber unweigerlich (negative) Auswirkungen für ihre Verfahrensleitungskompetenz provoziert2196. Dabei ist zu beachten, dass sich das Merkmal der Neutralität von MediatorInnen vorrangig in zwei Bestandteile 2194 Schäffer, in: Bundeskammer (Hg), Erfüllung 74, und ihm folgend Koja, in: Ermacora et al (Hg), Verwaltungsrecht 460. 2195 Siehe 2.IV.L.3. 2196 Weiterhin 2.IV.L.3.
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zerlegen lässt: einerseits in deren Neutralität im Verfahren gegenüber den Parteieninteressen und andererseits in deren Neutralität als Person, wonach eine jegliche Abhängigkeit und Nahebeziehung zu einer der Parteien auszuschließen ist2197. Nun ist aber der „Parteienbegriff“ in Verbindung mit einem Mediationsverfahren im öffentlichen Bereich umfassender zu verstehen als etwa der in einem Verwaltungsverfahren. Insbesondere nehmen die BehördenvertreterInnen in einem solchen Konfliktbearbeitungsprozess eine gewichtige Rolle wahr. Sie sind dabei entweder selbst „Partei“ oder aber gelten zumindest als Stakeholder des gegenständlichen Konflikts2198. Angesichts des hier vorliegenden multipolaren Interessengeflechts lässt es sich folglich nur unschwer verkennen, dass auch eine jede Art der Abhängigkeit oder des Naheverhältnisses der MediatorInnen zu den eingebundenen Verwaltungsorganen Wirkungen auf die Beziehungen zu den anderen Teilnehmenden und damit auf das Verfahren selbst entfaltet. Dies gilt es zu berücksichtigen, wenn im gegenständlichen Kontext von der spezifischen Rechtsstellung der MediatorInnen die Rede ist. Im verwaltungsrechtlichen Zusammenhang ist das Kriterium der „Unabhängigkeit“ jedenfalls eng mit der Weisungsfreiheit, also dem Dispens von der behördlichen Abhängigkeit, verbunden2199. Demgegenüber sieht jedoch, wie schon im Zusammenhang mit dem Rechtsphänomen der Beleihung dargelegt2200, Art 20 Abs 1 B-VG grundsätzlich die Weisungsgebundenheit von Organen, welche „die Verwaltung führen“, vor, sodass es besonderer (mittlerweile aber nicht nur verfassungsrechtlicher) Vorkehrungen bedarf, um diese Organe weisungsfrei zu stellen. a) Weisungsbindung
In jedem Fall ist zu beachten, dass die das Innenverhältnis der Verwaltung gestaltende Weisung als zentrales Element der Leitungsgewalt2201 in der 2197 Kracht, in: Haft/Schlieffen (Hg), Handbuch2 Rz 30. 2198 Siehe 1.I.B.2; auch Sascha Ferz, Mediation im öffentlichen Bereich. Zur Stellung der Behörde als „dritte Partei“, in: Michael Gruber/Johannes W. Pichler (Hg), Wirtschaftsmediation zwischen Theorie und Praxis (2005) 69 f. 2199 Die Weisungsfreiheit bilde – mit Blick auf die Systematik des B-VG – quasi den Kern der Unabhängigkeit, wobei letztere noch weitere Garantien enthalten könne; so Clemens Jabloner, Verfassungsrechtliche Probleme um die Rechtsschutzbeauftragten, in: Walter Pilgermair (Hg), FS Herbert Steininger zum 70. Geburtstag (2003) 34 FN 54. Siehe auch Magdalena Pöschl, Der Menschenrechtsbeirat, JRP 2001, 53 f. 2200 Siehe 3.II.B.11.b).aa). 2201 Raschauer, in: Korinek/Holoubek (Hg), Bundesverfassungsrecht II/1, Art 20 Abs 1 B-VG Rz 17 ff; ders, Verwaltungsrecht3 Rz 358, nennt als weitere Kompo-
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Bundes-Verfassung ausdrücklich geregelt ist. Der hiefür relevante Art 20 Abs 1 B-VG stellt – so Raschauer – nicht nur organisatorisch auf dienststellen- und ressortmäßige Organisationshierarchien, sondern vielmehr tatbestandsmäßig auf das „Führen der Verwaltung“ ab2202. Wie bereits aus den vorangestellten Ausführungen hervorgeht, ist die grundsätzliche Weisungsbindung demnach auf alle Personen, die mit der Führung respektive Besorgung von Verwaltungsangelegenheiten betraut sind, also auch zu Privaten geboten, wenn sie als Organe im funktionellen Sinn Verwaltungsaufgaben wahrnehmen2203. Nachdem Art 20 Abs 1 B-VG jedoch nach Auffassung des VfGH auf außerhalb der Staatsorganisation stehende Rechtsträger nicht unmittelbar anwendbar ist, bedarf es zudem der positivrechtlichen Herstellung eines Weisungszusammenhangs2204. Zu beachten ist dabei, dass die Bestimmungen über Weisungsbefugnisse in den entsprechenden Verwaltungsvorschriften hinsichtlich ihrer Intensität und Form zuweilen sehr unterschiedlich ausgestaltet sind. Während etwa gem § 3 Austro Control-G die/der zuständige BMin der Austro Control GmbH im Zuge ihres/seines Aufsichtsrechts „allgemeine Weisungen oder Weisungen im Einzelfall“ erteilen darf, sind zB mit § 17h FTFG in Erfüllung des Aufsichtsrechts „erforderliche“ Weisungen durch die/den zuständige 2205 BMin in „schriftlicher Form“ zu erteilen2206. Wohl ist hiezu anzumerken, nenten der Leitungsgewalt die allgemeine Aufsichtsbefugnis, die Organisationsgewalt sowie die Personal- und die Finanzhoheit. 2202 Raschauer, in: Korinek/Holoubek (Hg), Bundesverfassungsrecht II/1, Art 20 Abs 1 B-VG Rz 67 f. Zum „Führen der Verwaltung“ siehe ua auch Wolfgang Pesendorfer, Zur Weisungsgebundenheit des sachverständigen und wissenschaftlichen Dienstes einer Gebietskörperschaft, ZfV 1983, 234 ff; Adamovich et al, Staatsrecht II Rz 27.044. 2203 Raschauer, in: Korinek/Holoubek (Hg), Bundesverfassungsrecht II/1, Art 20 Abs 1 B-VG Rz 76; ders, Verwaltungsrecht3 Rz 361. 2204 Siehe oben 3.II.B.11.b).aa). 2205 Grundsätzlich bestehen keine besonderen Formvorschriften. Weisungen können daher im Allgemeinen (formfrei) sowohl schriftlich als auch mündlich erteilt werden. Vgl VwSlg 12894 A/1989; siehe bereits Walter Barfuß, Die Weisung. Eine verfassungs- und verwaltungsrechtliche Studie (1967) 52 ff; Karl Leng heimer, Die Weisung, in: Felix Ermacora et al (Hg), Allgemeines Verwaltungsrecht (1979) 220; weiters Bernd Wieser, Der Staatssekretär. Eine Untersuchung zum Organtypus des politischen Ministergehilfen (1997) 146; Thomas E. Walzel von Wiesentreu, Die Stellung des Sachverständigen im Gefüge der Verfassung, in: Martin Attlmayr/Thomas E. Walzel von Wiesentreu (Hg), Handbuch des Sachverständigenrechts. Praxisleitfaden für das Verwaltungsverfahren (2006) Rz 2.011; Raschauer, Verwaltungsrecht3 Rz 940; Gabriele Kucsko-Stadlmayer, Das Disziplinarrecht der Beamten4 (2010) 225. 2206 Ein interessantes diesbezügliches Beispiel stellt die mittlerweile nicht mehr in Kraft befindliche Bestimmung des § 21 Abs 2 E-RGB dar, wonach gegenüber der
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dass sich diese Problematik nunmehr angesichts der B-VGNov 2008 in einer entschärften Form darstellt. b) Weisungsspezifische Einzelfragen
Das eben Gesagte macht sogleich die Aufarbeitung weiterer Einzelaspekte grundsätzlicher Natur hinsichtlich des verfassungsrechtlichen Weisungsprinzips notwendig. So stellt die (öffentlich-rechtliche) Weisung an sich eine interne hoheitliche Anordnung (Akt2207, Norm2208, Befehl2209) dar, die abstrakt oder konkret, generell oder individuell ausgestaltet werden kann. Entsprechend ihrer bloß nach innen gerichteten Wirkung schafft sie für die von einem Verwaltungshandeln Betroffenen schon aus Rechtsschutzgründen Energie-Control GmbH die Befugnis des obersten Organs auf „begründete schriftliche“ Weisungen beschränkt war. Nicht von ungefähr wurde dieser Regelung unterstellt, hinter Art 20 Abs 1 Satz 2 B-VG zurückzubleiben, vgl schon Pauger, in: ders (Hg), ElWOG 153. Hervorzuheben ist weiters § 22 E-RBG, worin eine Transparenzbestimmung hinsichtlich der Weisungen gem § 21 Abs 2 leg cit enthalten war, wonach solche unter Berücksichtigung datenschutzrechtlicher Bestimmungen in geeigneter Weise zu veröffentlichen waren. Damit sollte die weitgehende Unabhängigkeit der Regulierungsbehörde gesichert werden; siehe hiezu Dietmar Pauger/Harald Pichler, Das österreichische Elektrizitätsrecht. Kommentar zum ElWOG 2000, zum RegulierungsbehördenG und zum VerrechnungsstellenG2 (2002) 228 und 246 f. Holoubek, in: Pauger (Hg), Elektrizitätsrecht 62, wiederum erkennt hierin den Ausdruck einer Globalsteuerung und nicht einer Einzelfallkorrektur durch das BMWA; krit Bernhard Raschauer, Elektrizitätswirtschaft zwischen Politik und Recht, in: Hedwig Kopetz et al (Hg), Soziokultureller Wandel im Verfassungsstaat. Phänomene politischer Transformation. FS Wolfgang Mantl zum 65. Geburtstag I (2004) 399, der hinsichtlich der einschränkenden Formulierung (begründete schriftliche Weisungen) von einer „abschreckenden Intention“ spricht. Vgl auch – quasi als Vorbild für das Elektrizitätsrecht (siehe ua Wolfgang Feiel/Wolfgang Urbantschitsch, Die neuen StromRegulatoren. Elektrizitäts-Control GmbH und Elektrizitäts-Control Kommission, ecolex 2000, 826 f; Harald Pichler, Braucht die E-Wirtschaft einen Regulator?, in: Dietmar Pauger (Hg), Ein Jahr ElWOG. Rückblick und Ausblick auf die Liberalisierung der österreichischen Elektrizitätswirtschaft (2001) 127 ff) – die Bestimmungen gem § 6 Abs 1 sowie 7 Abs 1 KOG betreffend das eingeschränkte und formgebundene Weisungsrecht gegenüber der RTR-GmbH (dies deshalb, um zu erreichen, dass sich der Einfluss der obersten Organe in Grenzen hält, so etwa Philipp Lust, Telekommunikationsrecht im Überblick. Auf Grundlage des TKG 2003 (2004) 25). Vgl weiters § 79 Abs 2 EisbG (hier gegenüber der Schienen-Control GmbH); hiezu Schäffer, in Raschauer (Hg), Wirtschaftsrecht2 Rz 513. 2207 Wieser, Staatssekretär 140. 2208 Barfuß, Weisung 12 f; Friedrich Koja, Die rechtliche Stellung der Codexkommission, ZfV 1979, 101; Lengheimer, in: Ermacora et al (Hg), Verwaltungsrecht 217; Walter et al, Bundesverfassungsrecht10 Rz 612. 2209 Berka, Verfassungsrecht4 Rz 647.
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weder Rechte noch Pflichten2210. Weisungen berühren also nicht die Außenrechtslage2211, andernfalls sind solche Verwaltungsakte – je nach AdressatInnenkreis – als Bescheide oder Verordnungen anzusehen2212. Eine Weisung hat – dem hierarchischen Konzept der Über- und Unterordnung entsprechend – jeweils an ein organisatorisch oder funktionell nachgeordnetes Organ gerichtet zu werden. Dabei steht nicht nur den obersten Organen die Befugnis zur Erteilung von Weisungen zu, sondern einem jeden der/dem eigentlichen WeisungsempfängerIn vorgesetzten Verwaltungsorgan2213. Auf die Art der rechtlichen Bestellung (öffentlich-rechtlich oder privatrechtlich) von vorgesetzten und nachgeordneten Organen bzw OrganwalterInnen (gemeint sind dabei insbesondere die Vertragsbediensteten) – nach Raschauer handelt es sich bei den in Art 20 Abs 1 B-VG geregelten Weisungen um die Ausübung einer Befehlsgewalt kraft „Vorgesetzt-Seins“2214 – kommt es übrigens ebenso wenig an, wie darauf, ob Tätigkeiten der hoheitlichen oder der privatwirtschaftlichen Verwaltung zu erfüllen sind2215. Eine wesentliche Folge der hierarchischen Organisation und dabei insbesondere der Letztverantwortung der obersten Organe für die gesamte Verwaltung stellt außerdem die Zulässigkeit der Weisung einer Oberbehörde dar, die den Inhalt eines Bescheids einer unteren Instanz bestimmt. Selbst die Ausschaltung der eigenen Willensbildung einer nachgeordneten Verwaltungsbehörde durch die Erteilung einer Weisung seitens der vorgesetzten Behörde verfängt sich nach Meinung des VfGH nicht in einer Verfassungswidrigkeit2216. Weisungen sind aber freilich nicht ausschließlich darauf gerichtet, im Zuge materiell-rechtlicher Entscheidungen die Einheitlichkeit der Verwaltungstätigkeit bzw die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung zu sichern. Vielmehr können sich Weisungen – so Raschauer2217 –, die in einem 2210 Siehe auch Adamovich et al, Staatsrecht IV Rz 50.077; Grabenwarter/Holoubek, Verfassungsrecht Rz 942. 2211 Mayer, B-VG4 156; Raschauer, Verwaltungsrecht3 Rz 935 und 947; Stelzer, Grundzüge 65. Siehe auch VwGH 5.6.2002, 2002/08/0044. 2212 Kucsko-Stadlmayer, Disziplinarrecht4 229. 2213 Auf eine besondere gesetzliche Grundlage für die Erlassung einer nach Art 20 Abs 1 B-VG zulässigen Weisung kommt es nicht an; so Raschauer, in: Korinek/ Holoubek (Hg), Bundesverfassungsrecht II/1, Art 20 Abs 1 B-VG Rz 73. 2214 Die Weisungsgebundenheit bestehe demnach unabhängig von dienstrechtlichen Verpflichtungen; so Raschauer, in: Korinek/Holoubek (Hg), Bundesverfassungsrecht II/1, Art 20 Abs 1 B-VG Rz 72. 2215 Vgl ua Barfuß, Weisung 80 f; Lengheimer, in: Ermacora et al (Hg), Verwaltungsrecht 214; Mayer, ÖZW 1982, 2; Wieser, Staatssekretär 145; Adamovich et al, Staatsrecht II 27.050; Raschauer, in: Korinek/Holoubek (Hg), Bundesverfassungsrecht II/1, Art 20 Abs 1 B-VG Rz 62; ders, Verwaltungsrecht3 Rz 936 f. 2216 Siehe etwa VfSlg 10041/1984. 2217 Raschauer, Verwaltungsrecht3 Rz 939.
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organisatorischen oder funktionellen Über- und Unterordnungsverhältnis gründen, auf alles beziehen, was zum übertragenen „Führen der Verwaltung“ gehört. Werden Weisungen darüber hinaus auch durch einen dienstrechtlichen Zusammenhang begründet, können sich diese auf alles beziehen, was zu den Amts- und Dienstpflichten des Verpflichteten ressortiert. Die Gewährleistung der vorhin bereits angeführten Gesetzmäßigkeit der Verwaltungsführung ist – so Mayer2218 – als ein „strikter Verfassungsauftrag“ zu verstehen, der sowohl auf Art 18 Abs 1 B-VG als auch auf Art 20 Abs 1 B-VG fuße. Daraus folgt nun zweierlei, nämlich erstens, dass Weisungen dann zu erteilen sind, wenn dies zur Gesetzmäßigkeit der Verwaltung notwendig ist2219, und zweitens, dass die Weisungen selbst gesetzmäßig sein müssen. Die Beurteilung, ob eine Weisung nun gesetzmäßig ist oder nicht, obliegt letztlich der/dem WeisungsgeberIn. Wie jedoch aus Art 20 Abs 1 letzter Satz B-VG hervorgeht, trifft die/den angewiesene/n OrganwalterIn bzw die/den OrganwalterIn eines angewiesenen Organs, die/der grundsätzlich zur unverzüglichen2220 Befolgung einer Weisung angehalten ist (unbedingte Gehor samspflicht)2221, gegebenenfalls die Verpflichtung („kann“ bedeutet hier jedenfalls bei strafgesetzwidrigen Weisungen „muss“, da den Angewiesenen kein Wahlrecht zukommt2222), von sich aus eine rechtswidrige Weisung abzulehnen; und zwar dann, wenn die – mit Nichtigkeit bedrohte2223 – Weisung von einem unzuständigen, also nicht vorgesetzten Organ erteilt wurde oder die Befolgung gegen (justiz)strafgesetzliche Bestimmungen2224 verstoßen 2218 Mayer, B-VG4 157. 2219 Eine allgemeine Pflicht vorgesetzter Verwaltungsorgane zur Erteilung von Weisungen sei aus der Ermächtigung des Art 20 Abs 1 B-VG jedoch nicht abzuleiten, wenn auch dann und insoweit eine tatsächliche Verpflichtung bestehe, als lediglich damit die Verwaltung in den Bahnen der Gesetzmäßigkeit sowie der Wirtschaftlichkeit, Zweckmäßigkeit und Sparsamkeit zu halten sei – so Jabloner, in: Hammer et al (Hg), FS Öhlinger 703. 2220 VfSlg 10510/1985. 2221 Hiezu etwa Wieser, Staatssekretär 157 f; Raschauer, Verwaltungsrecht3 Rz 941; Berka, Verfassungsrecht4 Rz 647. 2222 Siehe Raschauer, Verwaltungsrecht3 Rz 943; vgl weiters Kucsko-Stadlmayer, Disziplinarrecht4 235 f. 2223 Ua Antoniolli/Koja, Verwaltungsrecht3 347 f; Adamovich et al, Staatsrecht II Rz 27.053; Kucsko-Stadlmayer, Disziplinarrecht4 232 (im Hinblick auf dienstrechtliche Regelungen); aA Raschauer, in: Korinek/Holoubek (Hg), Bundesverfassungsrecht II/1, Art 20 Abs 1 B-VG Rz 110 ff. 2224 Zur Diskussion, ob hievon sowohl justiz- als auch verwaltungsstrafrechtliche Vorschriften umfasst sind, siehe etwa Wieser, Staatssekretär 156 f; Adamovich et al, Staatsrecht II Rz 27.054; Winner, ZfV 1998, 114; Raschauer, in: Korinek/ Holoubek (Hg), Bundesverfassungsrecht II/1, Art 20 Abs 1 B-VG Rz 108; Stelzer, Grundzüge 66; ; Kucsko-Stadlmayer, Disziplinarrecht4 236.
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würde2225. Daraus folgt wiederum, dass Weisungen, die von zuständigen Organen herrühren, auch dann zu befolgen sind2226, wenn sie „bloß“ rechtswidrig sind bzw ein rechtswidriges, nicht jedoch strafgesetzwidriges, Verhalten von den Angewiesenen verlangen2227. c) Weisungsfreiheit
Von den Organen, die den obersten Verwaltungsorganen unterstellt sind, dürfen Verwaltungsgeschäfte nur dann weisungsfrei geführt werden, wenn dies verfassungsgesetzlich bestimmt ist bzw hiefür eine verfassungsrechtliche Ermächtigung an den einfachen Gesetzgeber besteht (Art 20 Abs 1 Satz 2 B-VG). Damit ist auch bereits zweierlei klargestellt, nämlich erstens, dass weisungsfreigestellte Verwaltungsbehörden den bestimmenden Organisationsplan der Bundes-Verfassung durchbrechen2228, und zweitens, dass (mittlerweile) in bestimmten Fällen eine auf einfachem Gesetz basierende 2225 Zur Problematik der Verlagerung der Verantwortung für die Richtigkeit der Beurteilung der Gesetzmäßigkeit einer Weisung durch den Empfänger insbesondere im Hinblick auf deren Strafgesetzwidrigkeit siehe etwa Kucsko-Stadlmayer, Disziplinarrecht4 235 f; weiters Mayer, B-VG4 157 f; Walter et al, Bundesverfassungsrecht10 Rz 617. Exemplarisch siehe auch das Erkenntnis des VwGH 19.3.2004, 2000/12/0008. 2226 Dienstrechtliche Bestimmungen (§ 44 Abs 3 BDG) sehen jedoch eine sog Remonstrationspflicht bzw eine solche Pflicht vor, wonach WeisungsempfängerInnen der/dem anweisenden Vorgesetzten ihre rechtlichen Bedenken hinsichtlich einer von ihnen als rechtswidrig eingeschätzten Weisung (schlichte Rechtswidrigkeit) mitteilen können bzw müssen; Kucsko-Stadlmayer, Disziplinarrecht4 236 ff. Siehe auch VwGH 19.3.2004, 2000/12/0008; weiters Adamovich et al, Staatsrecht II Rz 27.058; Raschauer, in: Korinek/Holoubek (Hg), Bundesverfassungsrecht II/1, Art 20 Abs 1 B-VG Rz 106; ders, Verwaltungsrecht3 Rz 942; Walter et al, Bundesverfassungsrecht10 Rz 617. Auf den Umstand, dass der VwGH (VwSlg 14856 A/1998) das Remonstrationsrecht als Instrument der „objektiven Rechtmäßigkeitskontrolle“ der Weisung anerkennt, hinweisend Jabloner, in: Hammer et al (Hg), FS Öhlinger 715. 2227 Siehe Antoniolli/Koja, Verwaltungsrecht3 348 f; Adamovich et al, Staatsrecht II Rz 27.057; Bußjäger, Organisationshoheit 201 f; Raschauer, in: Korinek/Holoubek (Hg), Bundesverfassungsrecht II/1, Art 20 Abs 1 B-VG Rz 75; Jabloner, in: Hammer et al (Hg), FS Öhlinger 714; Stelzer, Grundzüge 66; Walter et al, Bundesverfassungsrecht10 Rz 617; Öhlinger, Verfassungsrecht8 Rz 522; KucskoStadlmayer, Disziplinarrecht4 233; Berka, Verfassungsrecht4 Rz 648. 2228 Bezogen auf die Regelungen vor der B-VGNov 2008 vgl Grabenwarter/ Holoubek, ZfV 2000, 202, die dabei von einer Öffnung des hierarchischen Organisationsmodells für abweichende Organisationsformen ausgehen, womit der Verfassungsgesetzgeber auch zu erkennen gibt, dass Art 20 Abs 1 B-VG kein geschlossenes und ausschließliches Organisationsmodell für die Verwaltung erreichen wolle; weiters Holoubek, in: Pauger (Hg), Elektrizitätsrecht 71.
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Minderung der Weisungsgewalt oder gar eine Freistellung von Weisungen nicht mehr2229 dem demokratischen Konzept der Verfassung widerspricht2230. Schon bisher war trotz der strengen Vorgaben die weisungsfreie Behörde aber alles andere als ein verfassungsrechtliches Phantom. Sowohl in der Bundes-Verfassung als auch in zahlreichen bundes- und landesverfassungsrechtlichen Bestimmungen lassen sich weisungsfreie Organe bzw OrganwalterInnen aus unterschiedlichen Gründen und Ausformungen aufspüren. Die Auswahl reicht etwa von der diffizilen Form der Weisungsfreiheit betreffend die Stadt-, Bezirks- und Landesschulräte (Art 81a Abs 4 B-VG)2231, über die ausdrückliche Ermächtigung zur Einrichtung von weisungsfreien – und damit von der Leitungsbefugnis der unmittelbar politisch legitimierten obersten Organe herausgenommenen2232 – unabhängigen Kollegialbehörden mit richterlichem Einschlag durch den einfachen Gesetzgeber (nunmehr Art 20 Abs 2 Zif 3 sowie Art 133 Zif 4 B-VG)2233 bis hin zu Verfassungsbestimmungen in einfachen Gesetzen, die OrganwalterInnen bestimmter Rechtsmittelbehörden in Dienstrechts- und Abgabensachen in Ausübung dieses Amts weisungsfrei stellen, und zu solchen Verfassungsbestimmungen, womit einzelnen Verwaltungsorganen, die bestimmte Interessen – wenn nötig – auch gegen die Verwaltung vertreten sollen, Weisungsfreiheit2234 eingeräumt werden2235. 2229 Zur Rechtslage vor der B-VGNov 2008 ua Raschauer, in: Korinek/Holoubek (Hg), Bundesverfassungsrecht II/1, Art 20 Abs 1 B-VG Rz 74. 2230 Öhlinger, JRP 2008, 88. 2231 Im Überblick bei Walter et al, Bundesverfassungsrecht10 Rz 700 ff; Öhlinger, Verfassungsrecht8 Rz 530 ff. 2232 Grabenwarter/Holoubek, ZfV 2000, 202 f. 2233 Vgl die nunmehr gegen eine überhandnehmende Ausbreitung und Aufgabenfülle der gerichtsähnlichen Kollegialbehörden einschränkende (arg „besonderer Rechtfertigungsgrund“) Auffassung des VfGH in VfSlg 15886/2000; 16189/2001. Siehe hiezu im Überblick Richard Novak, Lebendiges Verfassungsrecht (2002), JBl 2005, 230 f; weiters Pernthaler, Bundesstaatsrecht 181. 2234 Zu berücksichtigen ist hiebei, wie weit die Weisungsfreiheit reichen soll. So können trotz grundsätzlicher Weisungsungebundenheit – wie etwa Pöschl, JRP 2001, 52 f mwN, im gegebenen speziellen Zusammenhang aufzeigt – (möglicherweise) Entscheidungen über Vorgehensweisen in prozeduraler Hinsicht (zB Sitzungseinberufung, Themenstellung) Gegenstand einer Weisung sein. Siehe hiezu aber schon Karl Korinek, Beiräte in der Verwaltung, in: Felix Ermacora et al (Hg), Allgemeines Verwaltungsrecht (1979) 472, der, obwohl er betreffend Beiräte selbst von einer nicht die Verwaltung führenden und daher gegenüber dem zu beratenden Organ weisungsungebundenen Hilfseinrichtung der Verwaltung und nicht von Verwaltungsorganen ausgeht, vor der Einflussnahme auf den eigentlichen Inhalt durch Weisungen hinsichtlich formeller Fragen warnt. 2235 Zusammenfassend Adamovich et al, Staatsrecht II Rz 27.048 f; Bußjäger, Organisationshoheit 198 f; Raschauer, in: Korinek/Holoubek (Hg), Bundesverfassungsrecht II/1, Art 20 Abs 1 B-VG Rz 14 und 79 f; Jabloner, in: Hammer et al
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Trotz der die Weisungsfreistellung neuformulierenden B-VGNov 2008 sind für die gegenständliche Untersuchung darüber hinaus Überlegungen zur funktionellen Weisungsfreiheit, genauer gesagt jene, die diesen strukturell ähneln, von Interesse. Angesprochen sind damit etwa die Funktion der Sachverständigen, aber auch die ärztliche Eigenverantwortung, die Stellung der Rechtsschutzbeauftragten und jene der „Vertrauensmänner“, die allesamt nach ihrer spezifischen Eigenart ein gewisses Maß an Weisungsfreiheit erforderlich erscheinen lassen. aa) Die Weisungsbindung von Amtssachverständigen
Die Amtssachverständigen sind – wie der VfGH im Zusammenhang mit der Frage der Objektivität und Unparteilichkeit derselben ausdrücklich festhält – bei der Erstattung ihrer Gutachten ausschließlich der Wahrheit verpflichtet und hinsichtlich des Inhalts ihrer Gutachten an keine Weisungen gebunden. Dies ergebe sich aus § 289 StGB, wonach die – auch weisungsgemäße – Erstattung eines falschen Befunds sowie eines falschen Gutachtens2236 strafbar sei2237. Trotz des vorangestellten Erkenntnisses ist die Stellung der Amtssachverständigen wohl noch nicht abschließend dargelegt. Es gebietet sich daher etwas weiter auszuholen, dies auch deshalb, da gerade die Weisungs(un)gebundenheit der Sachverständigen kontroversiell und mitunter sehr heftig diskutiert wird. Ganz allgemein ist zunächst anzumerken, dass von Amtssachverständigen nach § 52 Abs 1 AVG dann gesprochen wird, wenn es sich hiebei um zur Begutachtung von Fachfragen regelmäßig dauernd bestellte OrganwalterInnen handelt. Diese sind entweder der Behörde beigegeben oder stehen ihr von einer anderen Stelle der Verwaltung zur Verfügung2238. Die amtlichen Sachverständigen sind also Angehörige der hierarchischen Organisation der Verwaltung. Somit rücken auch hier Art 20 Abs 1 und 2 B-VG unweigerlich ins Zentrum des Interesses.
(Hg), FS Öhlinger 716 f; Stelzer, Grundzüge 77 f; Berka, Verfassungsrecht4 Rz 741 ff. 2236 Tatbildlich handelt, so Franz Plöchl/Wilfried Seidl, § 289 StGB, in: Frank H öpfel/ Eckart Ratz (Hg), Wiener Kommentar zum Strafgesetzbuch2 (Stand 2010) Rz 2 und 13, wer als Sachverständige/r – iSd § 52 Abs 1 und 2 AVG – einen falschen Befund oder ein falsches Gutachten erstattet. 2237 Siehe VfSlg 16567/2002. 2238 Allgemein etwa Martin Attlmayr, Das Recht des Sachverständigen im Verwaltungsverfahren (1997) 80; Johannes Hengstschläger/David Leeb (Hg), Kommentar zum Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetz II (2005) § 52 Rz 25 f; Rudolf Thienel/Eva Schulev-Steindl, Verwaltungsverfahrensrecht5 (2009) 200 f. Siehe aber auch 3.IV.A.7.
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Ist nun das Weisungsprinzip als funktionsunabhängig anzusehen, dann folge – wie von einem großen Teil der Lehre argumentiert2239 – daraus, dass jedes Verwaltungsorgan, demnach auch die Amtssachverständigen, nach Art 20 Abs 1 B-VG unter Leitung des jeweiligen obersten Organs an dessen Weisungen gebunden seien. Mangels ausdrücklicher (verfassungs-)rechtlicher Ausnahmebestimmungen bleibe diesen folglich nur in den Fällen einer strafgesetzwidrigen Weisung (hier iVm § 289 StGB2240) oder einer von einem unzuständigen Organ stammende Anordnung die Verpflichtung, diese abzulehnen. Einer solchen Ansicht wird jedoch entgegen gehalten, dass amtliche Sachverständige bei der Ausübung ihrer eigentlichen Sachverständigentätigkeit, wenn auch nicht in dienstlich-organisatorischen Belangen außerhalb dieser konkreten Aufgabe2241, autonom zu agieren haben2242. Dies liege – so etwa Funk – schon in den Begriffen der/des Sachverständigen und des Gutachtens begründet2243. Ein Gutachten, das nach Maßgabe einer Weisung er2239 In aller Deutlichkeit Heinz Mayer, Der Begriff der „Anstaltsgutachten“ im Verwaltungsrecht. Dargestellt am Beispiel der Lebensmitteluntersuchungsanstalten, ÖZW 1982, 3; und bestätigend in ders, Zur Frage der Weisungsgebundenheit von Amtssachverständigen – Eine Antwort, ÖZW 1983, 97 ff; zuvor bereits Kurt Gallent, Notizen zur „Weisungsfreiheit“ der Amtssachverständigen, ÖGZ 1981, 495; weiters zB Grabenwarter, Verfahrensgarantien 646 f; zustimmend Raschauer, in: Korinek/Holoubek (Hg), Bundesverfassungsrecht II/1, Art 20 Abs 1 B-VG Rz 102 insbesondere FN 236; zudem in die Richtung der Weisungsgebundenheiten auch Walter et al, Verwaltungsverfahrensrecht9 Rz 363, 367 und 369; weiters Hauer/Leukauf (Hg), Handbuch6 § 52 AVG Anm 6; Hengst schläger/Leeb (Hg), AVG II § 52 Rz 51; Thienel/Schulev-Steindl, Verwaltungsverfahrensrecht5 201 f. 2240 Zu beachten ist, dass § 289 StGB tatbildmäßig auf die Erstellung eines (falschen) Gutachtens im Rahmen eines Verwaltungsverfahrens abzielt; siehe hiezu schon Gallent, ÖGZ 1981, 488. 2241 Zur besonderen doppelfunktionalen Stellung von Amtssachverständigen siehe Attlmayr, Recht 133 ff; weiters Walzel von Wiesentreu, in: Attlmayr/Walzel von Wiesentreu (Hg), Handbuch Rz 2.022. 2242 In diese Richtung Heinrich Geuder, Überlegungen zur Gutachtertätigkeit des Sachverständigen in der Verwaltung, ÖGZ 1982, 436, der nur dann eine Beeinflussung bei der Erstellung des Gutachtens durch Weisung für zulässig erachtet, wenn die/der WeisungsgeberIn damit die ausschließliche wissenschaftliche Verantwortung übernimmt. Zustimmend, wenn auch ohne Begründung, Bußjäger, ZfV 2005, 335. 2243 Grundsätzlich in diese Richtung bereits Hans R. Klecatsky, Der Sachverständige im modernen Rechtsstaat, WipolBl 1969, 3, der aus der Natur des Gutachtens ableitet, dass Amtssachverständige bei Abgabe eines Gutachtens weisungsfrei seien, da sie nicht eine verwaltende Tätigkeit ausüben, sondern nur einem anderen Organ ihre persönliche fachliche Überzeugung darlegen sollen. Vom Ergeb-
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stellt werde, sei nicht geeignet, die wesentlichen Voraussetzungen der Wahrheit und Objektivität zu erfüllen. Auch könne mit § 289 StGB, der lediglich auf „falsche“ Befunde und Gutachten abstelle, nicht verhindert werden, dass quasi im Vorhof dieser Norm mit Hilfe von Nuancierungen oder Präferenzsetzungen (Vorgabe einer von mehreren anerkannten Methoden) die Gutachtertätigkeit – in eine bestimmte Richtung – beeinflusst werde. Solche dogmatischen Schwierigkeiten fallen seiner Meinung nach jedoch dann weg, wenn die Funktion der/des Sachverständigen als eine „ungeschriebene Ausnahme vom allgemeinen Weisungsprinzip des Art 20 Abs 1 B-VG“ angesehen werde2244. Attlmayr, der dieser Ansicht weitgehend folgt, verweist aber nachdrücklich darauf, dass die Amtssachverständigen entsprechend ihrer doppelfunktionalen Stellung zum einen den dienstlichen Anordnungen einer/eines Vorgesetzten und zum anderen den fachlichen Weisungen der verfahrensführenden Behörde unterliegen2245. Einzig die fachliche Weisung stehe hier zur Diskussion und dabei betreffe es wiederum nur die eigentliche fachliche Erstellung eines Gutachtens. Demnach können Weisungen betreffend die Formulierung des Beweisthemas oder den Abgabezeitpunkt des Gutachtens von den amtlichen Sachverständigen nicht abgelehnt werden2246. Sehr wohl sieht er aber im Hinblick vor allem auf die Wahrheitspflicht der fachlichen Weisungsbindung Grenzen gesetzt, die angesichts eines „Graubereichs“ der Einflussnahme nicht nur mit einem Hinweis auf § 289 StGB ausgestaltet werden können. Attlmayr nimmt dabei einerseits auf die – hier bereits vorhin dargelegten – Ausführungen von Funk betreffend die den Sachverständigen innewohnende Autonomie2247 Bezug und verweist in diesem Zusammenhang darüber hinaus auf das oftmals zitierte Judikat des VfGH, VfSlg 4501/1963, in dem letzterer knapp festhält, dass die Sachverständigentätigkeit in Bezug auf die Voraussetzungen für die Gutachtenerstellung, die „nach Meinung der/des Sachverständigen“ die Gewähr dafür bieten, dass die Befunde und Gutachten auch richtig erstellt werden, als notwendigernis her so auch Pesendorfer, ZfV 1983, 237 FN 52, demzufolge es an der Tatbestandsvoraussetzung „Führen“ mangle, da der Zurechnungsrahmen des Art 20 Abs 1 B-VG wegen der persönlichen Verantwortung des amtlichen Sachverständigen (kraft Sachverstand) nicht bestehe. AA jedoch Mayer, ÖZW 1983, 99 f. 2244 Bernd-Christian Funk, Die Aufgaben des Sachverständigen im Rahmen rechtlicher Entscheidungen – Verfassungsfragen der Sachverständigentätigkeit, in: Josef Aicher/Bernd-Christian Funk (Hg), Der Sachverständige im Wirtschaftsleben (1990) 14 ff. 2245 Attlmayr, Recht 133 f. Eine doppelfunktionelle Stellung der Amtssachverständigen annehmend schon zuvor Mayer, ÖZW 1983, 100. 2246 Attlmayr, Recht 136. 2247 Funk, in: Aicher/Funk (Hg), Sachverständige 16.
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weise freie Tätigkeit zu werten sei, da es auf die nach freier Überzeugung gewonnene Sachverständigenmeinung ankomme2248. Damit erhalte, so wiederum Attlmayr, die Sachverständigentätigkeit auch jenes subjektive Element, das erst die freie Beweiswürdigung im Verwaltungsverfahren rechtfertige. Denn das Beweisrecht beruhe gerade auf subjektiven und objektiven Elementen. Daraus sei zu folgern, dass die Erstellung des Gutachtens der Weisung nicht zugänglich erscheine. Bei den hier widerstreitenden Grundsätzen der materiellen Wahrheit und der Weisungsbindung sei letztlich Ersterem der Vorzug einzuräumen2249. Aber noch einmal: Folgt man dieser Meinung, dann wird jedoch im Wesentlichen nur der eigentliche Prozess der Gutachtenerstellung, der mit der Aufnahme des Befunds beginnt und gegebenenfalls mit der mündlichen Erörterung des Gutachtens endet, vor rechtswidrigen bzw vor unzulässigen Beeinflussungen durch Weisungen geschützt 2250. Damit bleibt der Spielraum der Weisungsungebundenheit im Ganzen besehen gering2251. Insbesondere muss hier hervorgehoben werden, dass nicht nur Beeinflussungen bezogen auf die Gutachtenerstellung Relevanz entfalten können, sondern dass auch – hier nun mit Klecatsky – die Grenzlinien zwischen dem Erstellen des eigentlichen Gutachtens und der bloßen Mitwirkung eines fachkundigen Verwaltungsorgans an der Vorbereitung einer Entscheidung schwer zu ziehen sind2252. bb) Die Rechtsstellung von nichtamtlichen Sachverständigen
Treibt man die vorhin angestellten Gedanken konsequent voran, dann erscheint es erforderlich, nunmehr auch die Stellung der nichtamtlichen Sachverständigen (§ 52 Abs 2 und 3 AVG2253) zu klären, um dadurch eventuell entscheidende Hinweise für die Heranziehung von „privaten“ MediatorInnen zu erhalten. Dabei stellt sich neuerlich die Frage, ob diese Sachverständigen durch die behördliche Bestellung die Stellung eines Verwaltungsorgans erlangen und sie somit zu WeisungsadressatInnen gem Art 20 Abs 1 B-VG werden2254. Selbst die Lösung dieses Einordnungsproblems ist in der Rechtsprechung und der Lit nicht unumstritten. Der VfGH nimmt an, dass die nicht2248 Siehe auch Pesendorfer, ZfV 1983, 238. Hinsichtlich der Deutungsschwierigkeiten dieses Erkenntnisses siehe jedoch Mayer, ÖZW 1983, 103. 2249 Attlmayr, Recht 137 f. 2250 So auch Walzel von Wiesentreu, in: Attlmayr/Walzel von Wiesentreu (Hg), Handbuch Rz 2.023. 2251 Attlmayr, Recht 138; so auch Bußjäger, ZfV 2005, 335. 2252 Siehe Klecatsky, WipolBl 1969, 3. 2253 Hiezu allgemein 3.IV.A.7.a). 2254 Siehe schon 3.II.B.11.b).bb).
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amtlichen Sachverständigen Hilfsorgane der Behörde und nach Vorschrift des Gesetzes zu vereidigen seien sowie in ein Unterordnungsverhältnis zur Behörde gelangen, nach deren näheren „Weisungen“ sie tätig zu werden haben2255. In Folge dieses Ansatzes würden also die nichtamtlichen Sachverständigen der fachlichen Weisungsbefugnis jener verfahrensleitenden Behörde unterliegen, die sie bestellt und beeidet hat. Demgegenüber hält der OGH in seiner Judikatur zu den haftungsrechtlichen Fragen fest, dass nichtamtliche Sachverständige nicht in den hoheitlichen Meinungsbildungsprozess eingebunden seien und nur in Verfahren herangezogen werden, in denen nach den Verfahrensgesetzen die hoheitlichen Handlungen der Amtsorgane von den Handlungen der Verfahrensbeteiligten (Parteien, ZeugInnen, Sachverständige) deutlich getrennt werden2256. Solche Sachverständigen seien – anders als die Amtssachverständigen, deren Wissen oder Nichtwissen als jenes der Behörde gelte, für das letztere einzustehen habe2257 – somit nach dem Willen des Gesetzes nicht als Teil der hoheitlichen Entscheidungsfindung anzusehen, sondern lediglich als Beweismittel zu qualifizieren. Auch Funk macht deutlich2258, dass die bescheidmäßige Bestellung und die Beeidigung der nichtamtlichen Sachverständigen für deren Organstellung sprechen könnten2259. Jedoch sei, wie er weiters betont, die verfahrensrechtliche Stellung derselben jener der ZeugInnen nachgebildet, was wiederum gegen eine solche Annahme vorgebracht werden könne. In diesem Fall scheide folglich ein Weisungsverhältnis iSd Art 20 Abs 1 B-VG aus, wenn auch die Behörde nicht ohne jegliche Ingerenzrechte gegenüber den nichtamtlichen Sachverständigen bleibe. Vielmehr sei aufgrund des behördlichen Bestellungsakts davon auszugehen, dass ein Aufsichts- und Leitungsverhältnis begründet werde, das es der Behörde ermögliche, ihre Betreuungspflichten zum Nutzen der Verfahrensökonomie und im Interesse der Parteien in entsprechender Weise wahrzunehmen2260. 2255 VfSlg 2847/1955. In diese Richtung wohl auch Alfons Zechner, Der gerichtliche Sachverständige – Privater oder Beweisorgan iSd § 1 Abs 2 AHG? Zugleich eine Besprechung zur E JBl 1985, 628, JBl 1986, 422. 2256 OGH, 17.11.1987, 4 Ob 306/86. 2257 Siehe auch OGH, 20.3.1985, 1 Ob 7/85. 2258 Funk, in: Aicher/Funk (Hg), Sachverständige 16. 2259 Krajcsir, Hoheitsverwaltung 180, hält dem etwa entgegen, dass allein die im AVG normierte grundsätzliche Leistungspflicht der nichtamtlichen Sachverständigen und damit verbunden die zwangsweise Hinzuziehung Privater einen hoheitlichen Bestellungsakt bedinge. Darüber hinaus deutet er die Beeidigung als ein Instrument der Verstärkung privater Pflichten. 2260 Funk, in: Aicher/Funk (Hg), Sachverständige 16 f; ebenso Hengstschläger/Leeb (Hg), AVG II § 52 Rz 54.
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So ist letztlich wohl auch Attlmayr zu verstehen, wenn er meint, dass die nichtamtlichen Sachverständigen der verfahrensführenden Behörde nicht ungebunden gegenüber stehen. Dies ergebe sich seines Erachtens bereits aus der Prozessleitungsbefugnis der Behörde. Für eine aus Art 20 Abs 1 B-VG resultierende Weisungsbindung fehle es aber an der hiefür notwendigen Organstellung2261. Aus Sicht der hier vertretenen funktionalen Privatisierung handelt es sich bei nichtamtlichen Sachverständigen zweifelsohne um VerwaltungshelferInnen, die mit ihrer Expertise (Prüfung von Genehmigungsvoraussetzungen) „lediglich“ einen Teilbeitrag vorbereitenden Charakters zur Erfüllung der eigentlichen Verwaltungsaufgabe (Genehmigung bzw Nichterteilung der Genehmigung) leisten. Daran ändern letztlich die verwaltungsverfahrensrechtlichen Bestimmungen nichts. Die nichtamtlichen Sachverständigen werden dadurch insbesondere weder zu „untergeordneten“ Organen im organisatorischen noch zu solchen im funktionellen Sinn. cc) Weisungsbindung von Spitalsärztinnen und Spitalsärzten
Von Interesse ist im gegebenen Zusammenhang auch die Frage hinsichtlich der Weisungsbindung von Spitalsärztinnen und Spitalsärzten. Grimm geht hiebei jedenfalls davon aus, dass die öffentlich-bediensteten Spitalsärztinnen bzw Spitalsärzte dem umfassenden Weisungsregime des Art 20 Abs 1 B-VG unterliegen2262. Demgegenüber sieht jedoch § 3 Abs 2 iVm § 2 Abs 2 und 3 ÄrzteG 19982263 auf einfachgesetzlicher Ebene die eigenverantwortliche Berufsausübung vor. Dabei kommt es ausdrücklich nicht darauf an, ob die ärztlichen Tätigkeiten freiberuflich oder im Rahmen eines Dienstverhältnisses ausgeübt werden. Von einem Teil der – vorwiegend älteren – Lehre wird aus den Bestimmungen des ÄrzteG nun die Weisungsfreiheit in fachlicher Hinsicht für alle jene anstaltsbediensteten Ärztinnen und Ärzte abgeleitet, die sich nicht (mehr) in Ausbildung befinden (§ 3 Abs 3 ÄrzteG 1998). Beispielsweise hält Krejci fest, dass Weisungen im medizinischen Bereich den Vorschriften des ÄrzteG widersprechen. Ein Weisungsrecht von DienstgeberInnen oder vorgesetzten Krankenhausärztinnen bzw -ärzten angestellter MitarbeiterInnen des ärztlichen Dienstes dürfe sich – (wohl) infolge des grundsätzlich gegebe2261 Attlmayr, Recht 131 f. Die Organstellung ebenfalls ablehnend Hengstschläger, Verwaltungsverfahrensrecht4 Rz 406; Thienel/Schulev-Steindl, Verwaltungsverfahrensrecht5 204; Walter et al, Verwaltungsverfahrensrecht9 Rz 367. 2262 Grimm, Weisungsbindung 56 ff, kommt letztlich zum Ergebnis, dass alle angestellten Anstaltsärztinnen und Anstaltsärzte in umfassende Weisungszusammenhänge eingebettet seien. 2263 ÄrzteG 2008, BGBl I 169/1998 idF BGBl I 80/2012.
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nen Weisungszusammenhangs bei Arbeitsverhältnissen – zwar auf organisatorische und sonstige Fragen, nicht jedoch auf die Ausübung der (fachlichen) ärztlichen Tätigkeit beziehen, da ansonsten die Regel über die selbständige Berufsausübung der Ärztin bzw des Arztes im Rahmen eines Dienstverhältnisses keinen Sinn ergebe und keine selbständige Ausübung des Arztberufs mehr vorläge2264. Ebenso leiten Kux et al vom Begriff der Eigenverantwortlichkeit (§ 2 Abs 2 ÄrzteG 1984 – nunmehr § 3 Abs 2 ÄrzteG 1998) die fachliche Weisungsfreiheit jeder/jedes zur Berufsaus übung berechtigten Ärztin bzw Arztes gegenüber jedermann, somit auch gegenüber anderen Ärztinnen und Ärzten ab. Daran ändere ein Dienstverhältnis nichts, wenngleich in organisatorischen Einheiten, wie den Krankenanstalten, hierarchische Strukturen gegeben sein müssen. Diese entfalten ihre Wirksamkeit jedoch auf dienstrechtlichen, organisatorischen und sonstigen administrativen Gebieten sowie im generellen medizinischen Bereich, nicht aber für die eigentliche medizinische Tätigkeit2265. In diese Richtung weisen auch die Überlegungen von Brodil, der ausführt, dass einerseits die/ der DienstgeberIn mangels spezifisch fachlicher Kenntnisse ihren/seinen bediensteten Ärztinnen und Ärzten „in den seltensten Fällen“ fachliche Weisungen erteilen könne und dass andererseits eine solche Weisung gegen das ÄrzteG verstieße. Letzteres normiere die ärztliche Eigenverantwortlichkeit, was zur fachlichen Weisungsfreiheit der Ärztinnen und Ärzte gegenüber jedermann führe. Überhaupt ergebe sich im Zusammenspiel eine faktisch umfassende Weisungsfreiheit der bediensteten Ärztinnen und Ärzte in fachlicher Hinsicht, die – durch ihre Ausstrahlung vor allem in organisatorischer Hinsicht – auch in anderen Bereichen wirksam werde2266. Diese Ansichten sind jedoch nicht unumstritten und dürfen mittlerweile als überholt angesehen werden2267. So halten Walter/Mayer ohne weitere Begründung die Befugnis zur selbständigen Berufsausübung für keinen Ausschließungsgrund, wonach praktische Ärztinnen und Ärzte oder Fachärztinnen und Fachärzte im Rahmen eines Dienstverhältnisses nicht fachlichen Weisungen vorgesetzter Ärztinnen und Ärzte unterworfen seien2268. 2264 Heinz Krejci, Zur rechtlichen Verantwortung der Krankenhausärzte, ÖÄZ 1981, 1052. 2265 Karl-Heinz Kux et al, Ärztegesetz mit Kommentar3 (1988) § 2 Rz 2 und 4; zustimmend Michaela Windisch-Graetz, Selbständiges Ambulatorium und ärztliche Ordination, RdM 1995, 149. 2266 Wolfgang Brodil, Arzthaftung und Dienstnehmerhaftpflichtgesetz (Teil I), RdM 1994, 51. 2267 Siehe Gerhard Aigner et al (Hg), Ärztegesetz 1998 samt erläuternden Anmerkungen3 (2007) § 3 Rz 3. 2268 Robert Walter/Heinz Mayer, Grundriss des Besonderen Verwaltungsrechts2 (1987) 620. Zustimmend wohl Helmut Schwamberger, Bundesgesetz über die
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Einen Erklärungsansatz hiezu liefert hingegen Mazal. Eingedenk des Grundsatzes des Weisungszusammenhanges für den öffentlichen Dienst2269 richtet er sein Augenmerk auf die berufsrechtlichen Bestimmungen über die Selbständigkeit der Berufsausübung. Dabei knüpft Mazal an die ärztliche Eigenverantwortung an, die ein Agieren nach Maßgabe des aktuellen Stands der medizinischen Wissenschaft bedinge. Diese „Regeln der ärztlichen Kunst“ seien es, die wiederum jene Grenze markieren, welche die Balance von ärztlicher Autonomie und Weisungsbindung im Dienstverhältnis gewährleisten. Die Ärztinnen bzw Ärzte seien folglich verpflichtet, in eigener Verantwortung lege artis zu handeln. Darin sei ein gewisser Entscheidungsspielraum für ihr Handeln zu erblicken, was jedoch nicht ausschließe, dass sie innerhalb der Regeln der ärztlichen Kunst fachlichen Weisungen von Vorgesetzten unterworfen seien. Aus dem Umstand der Eigenverantwortlichkeit ergebe sich allerdings auch, dass die Ärztinnen und Ärzte nicht von der Pflicht entbunden seien, solche Weisungen auf die Kompatibilität mit den Regeln der ärztlichen Kunst zu prüfen und bei Unvereinbarkeit die Anordnung abzulehnen2270. Schließlich hält Grimm – gestützt auf die Ausführungen von Mazal – dem Ansinnen nach fachlicher Weisungsfreistellung insbesondere mit Blick auf verfassungsrechtliche Vorgaben zweierlei entgegen. Zum einen sei zumindest die Kategorie der anstaltsbediensteten Ärztinnen und Ärzte gem Art 20 Abs 1 B-VG in fachlicher Hinsicht – nur diese soll in diesem Zusammenhang Erwähnung finden – den Weisungen der ihnen vorgesetzten Ärztinnen und Ärzte und den obersten Verwaltungsorganen unterworfen. Ausnahmen seien angesichts der verfassungsrechtlichen Verankerung dieses Grundsatzes nur unter der Einschränkung möglich, dass die Weisungsfreiheit ausdrücklich auf einer verfassungsrechtlichen Grundlage basiere. Die in Frage kommende berufsrechtliche Bestimmung des ÄrzteG 1998 stehe jedoch in einfachgesetzlichem Rang. Darüber hinaus gebe der Wortlaut des Art 20 Abs 1 B-VG für eine Auffassung nichts her, wonach die spezifische Tätigkeit einer Ärztin bzw eines Arztes für die Frage der Weisungsgebundenheit von Relevanz sein solle2271. Und selbst die Suche nach historischen Anknüpfungspunkten für eine mögliche Weisungsfreistellung bliebe erfolgAusübung des ärztlichen Berufes und die Standesvertretung der Ärzte (1998) § 3 Rz 2. 2269 Wolfgang Mazal, Zur Zusammenarbeit unter Ärzten sowie zwischen Ärzten und Nichtärzten in Krankenanstalten, in: Theodor Tomandl (Hg), Sozialrechtliche Probleme bei der Ausübung von Heilberufen (1996) 36 f. 2270 Mazal, in: Tomandl (Hg), Probleme 38 ff. 2271 Eine Änderung bewirkt auch die B-VGNov 2008 nicht, sofern es sich bei der ärztlichen Tätigkeit nicht um eine sachverständige Prüfung gem Art 20 Abs 2 B-VG handelt.
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los2272. Zum anderen müsse § 3 Abs 2 ÄrzteG 1998 derart verstanden werden, dass der Ärztin bzw dem Arzt die Freiheit eingeräumt sei, sich innerhalb der Grenzen der Regeln der ärztlichen Kunst eigenverantwortlich, also ohne Beeinflussung von dritter Seite, ein Urteil über den Gesundheitszustand, die Behandlungsnotwendigkeit und die Therapiemöglichkeiten zu bilden. Dadurch werde aber keineswegs die Weisungsbefugnis der Vorgesetzten ausgeschlossen. Vielmehr bringt Grimm das Tatbestandsmerkmal der eigenverantwortlichen Berufsausübung in Beziehung mit der verfassungsrechtlich geforderten und am PatientInnenwohl ausgerichteten Prüfpflicht der Ärztin bzw des Arztes (Art 20 Abs 1 letzter Satz 2. Fall B-VG). Folglich habe die Ärztin bzw der Arzt fachlich-medizinische Weisungen, die sich im Rahmen der Vorgaben der ärztlichen Kunst bewegen und in weiterer Folge nicht gegen strafgesetzliche Bestimmungen verstoßen, auch entsprechend zu befolgen2273. Die Auffassungen von Mazal und Grimm führen demnach dazu, dass den nachgeordneten Anstaltsärztinnen und -ärzten letztlich ein höherer Prüfmaßstab (arg „besonders kritische Auseinandersetzung mit der Materie“2274) zugedacht wird, was freilich auch haftungsrechtliche Konsequenzen mit sich bringt. Von einer fachlichen Weisungsfreistellung kann jedenfalls nicht mehr ausgegangen werden. dd) Die Rechtsstellung der Rechtsschutzbeauftragten
Ein weiterer für diese Arbeit interessierender Aspekt weisungsfreier Aufgabenerledigung kann schließlich im Zusammenhang mit der Installierung von (neuartigen) Rechtsschutzbeauftragten in den Bereichen der StPO, des SPG und des MBG gesehen werden, welche die Rechtsstaatlichkeit der vorgesehenen (verdeckten) Fahndungs- bzw der Aufklärungs- und Abwehrmethoden im Anwendungsfall garantieren und Grundrechtsverletzungen verhindern sollen. Deren Stellung sorgt aber seit ihrer einfachgesetzlichen Normierung2275 2272 Grimm, Weisungsbindung 53 ff. 2273 Grimm, Weisungsbindung 71 ff und 77 f; zustimmend Gerhard Aigner, Zur Haftung von Notarzt und Sanitäter, RdM 2002, 104. 2274 Grimm, Weisungsbindung 77. 2275 Siehe etwa Bernd-Christian Funk/Theo Öhlinger, Verfassungsrechtliche Beurteilung des Entwurfes eines Strafprozessreformgesetzes (Neugestaltung des Vorverfahrens). Rechtsgutachten (2002) 82 f, welche die/den Rechtsschutzbeauf tragte/n im Strafprozessrecht „als Verfahrensanwalt zur Wahrung objektiven Rechts und zum kommissarischen Schutz von Rechten und Interessen von Parteien im Ermittlungsverfahren“ qualifizieren. Ihre/seine spezifische Nähe zur Justiz mache sie/ihn zu einer systemkonformen Innovation einer in der Strafrechtsprechung tätigen Verwaltungseinrichtung, „deren besondere Rechtsstellung durch die Grundsätze und das System des Strafverfahrens-Verfassungsrechts legitimiert wird“. Kritik am Gesetzgeber kommt hingegen von Jabloner,
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und nicht zuletzt wegen eines richtunggebenden Entscheids des VfGH zum MBG2276 für Diskussionen. So sah der einfache Gesetzgeber in § 57 MBG die Einrichtung einer/eines Rechtsschutzbeauftragten zur Prüfung der Rechtmäßigkeit (Abs 1) und der rechtlichen Kontrolle von Maßnahmen der nachrichtendienstlichen Aufklärung oder Abwehr vor (Abs 4). Diese/r war befugt, bei ihr/ihm zur Kenntnis gelangten Verletzungen von Rechten Betroffener durch Verwendung von Daten diese Betroffenen zu informieren oder – unter gewissen Voraussetzungen ohne Wissen und Zustimmung der Betroffenen – eine Bein: Pilgermair (Hg), FS Steininger 33 und 39 f, der die Rechtsschutzbeauftragten der drei Bereiche, also nach der StPO, dem SPG und dem MBG, ausnahmslos als Verwaltungsorgane iSd Art 20 Abs 1 B-VG qualifiziert und es demnach lediglich dem Verfassungsgesetzgeber zustehe, deren Einrichtung als weisungsfreie Organe zu normieren. Interessant sind aber auch die von ihm angestellten Alternativüberlegungen. Demnach erschiene es – wenn eine Einbindung in die Staatsorganisation nicht angenommen werde – nicht denkunmöglich, von einer Form der Beleihung auszugehen. Jedoch stünden dieser Überlegung die vom VfGH aufgestellten Voraussetzungen des erst recht zu regelnden Weisungszusammenhangs sowie wohl auch der Beachtung des ausgliederungsfesten Kernbereichs der „inneren Sicherheit“ entgegen. Wollte man diesen Gedanken konsequent weiter führen, dann stellt sich mE aber die Frage, ob die den Rechtsschutzbeauftragten zugewiesenen Aufgaben überhaupt als Hoheitsakte im engeren Sinn qualifiziert werden können, sodass folglich ein die Belieheneneigenschaft kennzeichnendes wesentliches Merkmal nicht vorzuliegen scheint. In diesem Fall bliebe jedoch nur noch die Einordnung der Beauftragten als VerwaltungshelferIn (siehe oben 3.II.A.3). Ein solches Ergebnis scheidet letztlich aber wiederum deshalb aus, da ein als Rechtsschutzeinrichtung konzipiertes Organ keine der Verwaltungsentscheidung dienende Tätigkeit im vorbereitenden oder durchführenden Sinn ausübt. Zum Meinungsstand in der Lit weiters Rudolf Machacek, Der Rechtsschutzbeauftragte nach der StPO: Weisungsfreier Sachwalter des Rechtsschutzes oder weisungsgebunden eine Horrorversion. Ein Thema für den Verfassungskonvent, AnwBl 2004, 91 f, der in der Institution der/des Rechtsschutzbeauftragten im Strafprozess ein Justizorgan erkennt. Susanne Reindl, §§ 149n-o StPO (altes Vorverfahren), in: Helmut Fuchs/Eckart Ratz (Hg), Wiener Kommentar zur Strafprozessordnung (Stand 2005) Rz 23, geht bei der Beurteilung der/des Rechtsschutzbeauftragten nach der StPO (nunmehr geregelt in §§ 47a und 147 StPO) in jedem Fall von einem Verwaltungsorgan aus; Gottfried Strasser, Die Rolle des Rechtsschutzbeauftragten im Verfassungsgefüge. Allfällige Konsequenzen eines aktuellen Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes, JSt 2005, 12, der zum einen auf Art 8 und 13 EMRK abstellt und hierin – als Sonderfälle außerhalb des Art 20 Abs 1 B-VG – bereits die (materielle) verfassungsrechtliche Grundlage für die Rechtsschutzbeauftragten und deren Unabhängigkeit erkennt und zum anderen die/den Rechtsschutzbeauftragte/n nach der StPO – iSv Machacek – als Organ der Rechtspflege ansieht (14). 2276 VfSlg 17102/2004.
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schwerde an die Datenschutzkommission zu erheben (Abs 6). Ihr/ihm war dafür Einsicht in grundsätzlich alle erforderlichen Unterlagen zu gewähren und die erforderlichen Auskünfte zu erteilen. Die Amtsverschwiegenheit konnte ihr/ihm gegenüber nicht geltend gemacht werden (Abs 4). Sehr wohl aber unterlag sie/er einer solchen. Insbesondere aber war diese/r in Ausübung ihres/seines Amts unabhängig und an keine Weisungen gebunden (Abs 3). Gerade der Umstand der Weisungsfreistellung rückt aber unweigerlich in den Mittelpunkt fortführender Überlegungen. Die Fragen, die sich dabei vorerst stellen, sind jene der Qualifikation der Tätigkeit von Rechtsschutzbeauftragten sowie deren Stellung im organisatorischen Sinn. Bezugnehmend auf die Ausführungen von Jabloner2277 kommt der VfGH in seinem Erkenntnis betreffend die Stellung der/des Rechtsschutzbeauftragten nach dem MBG zum Ergebnis, dass angesichts der Art der Aufgaben und der Befugnisse der Rechtsschutzbeauftragten von einem hoheitlichen Tätigwerden auszugehen sei, da eine effiziente Wahrnehmung dieser Aufgaben anders nicht möglich erscheine. Darüber hinaus qualifiziert der Gerichtshof die Rechtsschutzbeauftragten ausdrücklich als Verwaltungsorgane im organisatorischen Sinn – also auch nicht als richterliche Organe2278. Dafür spreche die Bestellung durch den BMLV, die Bindung an die Amtsverschwiegenheit, die jährliche Berichtspflicht an den BMLV, das Stellen des notwendigen Personals, die Bestreitung des Sachaufwands, die Bemessung der Entschädigungspauschale durch VO2279. Interessant erscheint hiebei aber auch der weitere Prüfvorgang des VfGH, da dieser nun in seiner Beurteilung nicht kurzer Hand – mangels verfassungsrechtlicher Normierung – auf die Weisungsgebundenheit der/ des Rechtsschutzbeauftragten abstellt und damit von der Verfassungswidrigkeit der vorliegenden Bestimmung ausgeht, sondern vielmehr seiner Prüfung „eine Gesamtbetrachtung“ der Rolle und der Aufgaben der Rechtsschutzbeauftragten voranstellt. Dabei gelangt er zum Ergebnis, dass es de2277 Vgl Jabloner, in: Pilgermair (Hg), FS Steininger 28 ff, der dem Gesetzgeber schließlich zwei verfassungskonforme Wege vorschlägt: und zwar zum einen die Einrichtung der Rechtsschutzbeauftragten mittels Verfassungsgesetz als unabhängiges Verwaltungsorgan und zum anderen die einfachgesetzliche Normierung eines Weisungsrechts der zuständigen BundesministerInnen gegenüber den Rechtsschutzbeauftragten sowie eine entsprechende Regelung zur Geltendmachung ihrer Verantwortung iSd „Beleihungs-Judikatur“ des VfGH (35). 2278 Siehe auch Rudolf Machacek, Der Rechtsschutzbeauftragte als Instrument zur Wahrung effektiven Rechtsschutzes bei besonders intensiven Eingriffen in Grundrechte zur Wahrung der Sicherheit, JSt 2005, 15. 2279 VfSlg 17102/2004; siehe hiezu auch Michael Holoubek/Michael Lang, Rechtsprechungsübersicht Verfassungsgerichtshof, ecolex 2004, 496.
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ren zentrale Aufgabe sei, „als Organ mit spezifischer Zuständigkeit über die Rechtmäßigkeit des Verwaltungshandelns zu wachen. Beim Rechtsschutzbeauftragten handle es sich also um eine Rechtsschutzeinrichtung, die – bedenkt man die besondere Grundrechtsnähe der diese Kontrolle auslösenden Eingriffe – darauf abziele, im Interesse der Betroffenen das verfassungsrechtlich gebotene Mindestmaß an faktischer Effizienz des Rechtsschutzes bei Maßnahmen der nachrichtendienstlichen Aufklärung oder Abwehr zu gewährleisten“2280. Der VfGH verweist in diesem Kontext auf eines seiner älteren Erkenntnisse, worin er festhält, dass der Sinn des Rechtsstaatsprinzips darin gipfle, dass alle Akte staatlicher Organe im Gesetz und mittelbar letzten Endes in der Verfassung begründet sein müssen und ein System von Rechtsschutzeinrichtungen die Gewähr dafür biete, dass nur solche Akte in ihrer Existenz als dauernd gesichert erscheinen, die in Übereinstimmung mit den sie bedingenden Akten höherer Stufe erlassen wurden2281. Mit Blick auf die Verfassung zeige sich aber, dass die Weisungsfreistellung von administrativen Rechtsschutzeinrichtungen – wie beispielsweise der UVS, des unabhängigen Bundesasylsenats sowie des Finanzsenats oder der Kollegialbehörden richterlichen Einschlags – eben verfassungsrechtlich verankert sei. Nachdem nun die/der Rechtsschutzbeauftragte des MBG eine solche der Materie angepasste Rechtsschutzeinrichtung iSd verfassungsrechtlichen Systematik sei, ergebe sich daraus, dass auch sie/er verfassungsrechtlich weisungsfrei zu stellen sei, um somit zu gewährleisten, dass die/der Rechtsschutzbeauftragte die Rechtmäßigkeitskontrolle zumindest aus formaler Sicht unabhängig von den ihrer/seiner Kontrolle unterliegenden Verwaltungsorganen ausüben könne2282. Mit anderen Worten: Die damit verbundene Herauslösung aus der hierarchischen Verwaltungsorganisation verlangt nach einer verfassungsrechtlichen Grundlage2283. 2280 VfSlg 17102/2004. 2281 VfSlg 11196/1986. 2282 Siehe hiezu auch Novak, JBl 2007, 221, der hervorhebt, dass der VfGH offenbar eine doppelte Notwendigkeit einer verfassungsrangigen Absicherung der Unabhängigkeit sieht; formell aus der expliziten Anordnung des Art 20 B-VG und materiell aus der zugewiesenen Rechtsschutzfunktion. 2283 VfSlg 17102/2004. Der Gesetzgeber reagierte übrigens auf dieses Erkenntnis mit der Normierung einer Verfassungsbestimmung (BGBl I 115/2006), die jedoch bereits wieder hinfällig ist (§ 5 Abs 2 Zif 16 1. BVRBG, BGBl I 2/2008). Quasi vorsorglich – wie den parlamentarischen Materialien zu entnehmen ist (vgl RV 1188 BlgNR 22. GP) – wurde zwischenzeitig auch die Weisungsfreistellung der Rechtsschutzbeauftragten gem § 91a SPG verfassungsrechtlich abgesichert (SPG-Novelle 2006, BGBl I 158/2005; siehe auch Theodor Thanner/Mathias Vogl, § 91a SPG, in: SPG. Sicherheitspolizeigesetz4 (2010) 269) und mittlerweile wieder zum einfachen Gesetz „zurückgestuft“ (§ 5 Abs 2 Zif 8 1. BVRBG). Demgegenüber hält der Gesetzgeber an den mit BGBl I 19/2004 geschaffenen
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Die Voraussetzung der verfassungsrechtlichen Absicherung einer Weisungsfreistellung ist mit der B-VGNov 2008 gefallen. Art 20 Abs 2 Zif 2 B-VG erlaubt dem einfachen Gesetzgeber die Einrichtung von weisungsfrei gestellten Organen zur Kontrolle der Wahrung der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung. Dazu zählen die EB zur RV präventive oder begleitende Rechtsschutzeinrichtungen wie die Rechtsschutzbeauftragten2284. Folgt man dem VfGH in seiner Ansicht, dass es sich bei den Rechtsschutzbeauftragten um Verwaltungsorgane handelt, stellt sich darüber hinaus auch nicht die Frage nach der unmittelbaren Anwendbarkeit des Art 20 Abs 2 B-VG. ee) Die Rechtsstellung des „Vertrauensmannes“ des Gemeindevermittlungsamts
Die Bundes-Verfassung selbst nennt öffentliche Einrichtungen zur außergerichtlichen Vermittlung von Streitigkeiten; dies zum einen in einem ihrer Kompetenzartikel (Art 12 Abs 1 Zif 2 B-VG), wonach in diesen Angelegenheiten die Grundsatzgesetzgebung dem Bund und die Ausführungsgesetzgebung sowie Vollziehung den Ländern zukommt2285. Zum anderen sieht – seit der Gemeindeverfassungsnovelle 19622286 – Art 118 Abs 3 Zif 10 B-VG einfachgesetzlichen Regelungen zur/zum Rechtsschutzbeauftragten nach der StPO fest, wonach dieser/diesem eine unabhängige und weisungsfreie Stellung eingeräumt ist. 2284 RV 314 BlgNR 23. GP. 2285 Dieser Kompetenztatbestand fand bereits im B-VG 1920 Eingang und ist seit 1925 in Geltung; siehe hiezu Peter G. Mayr, Rechtsschutzalternativen in der österreichischen Rechtsentwicklung unter besonderer Berücksichtigung der Gemeindevermittlungsämter und Friedensgerichte sowie des gerichtlichen Vergleichsversuches und des vollstreckbaren Notariatsaktes (1995) 293 f. Wie übrigens aus § 10 des Reichsgesetzes über die Erfordernisse der Exekutionsfähigkeit der vor Vertrauensmännern aus der Gemeinde abgeschlossenen Vergleich und über die von denselben zu entrichtenden Gebühren, RGBl 150/1869, hervorgeht (daran änderte auch Art III der Novelle RGBl 59/1907, der heute noch in Kraft ist, nichts), wurde die Angelegenheit der Gemeindevermittlungsämter schon ursprünglich in ihren Grundsätzen reichsgesetzlich geregelt, die Bestimmung der Einzelheiten jedoch der Landesgesetzgebung vorbehalten. Siehe hiezu auch Karl Weber/Thomas E. Walzel von Wiesentreu, Öffentlichrechtliche Fragen der Organisation und der Funktionen der Gemeindevermittlungsämter, in: Peter G. Mayr (Hg), Öffentliche Einrichtungen zur außergerichtlichen Vermittlung von Streitigkeiten (1999) 81. 2286 BGBl 205/1962. Bis dahin stand aufgrund von § 8 Abs 5 lit f Übergangsgesetz, BGBl 368/1925, weiterhin das Reichsgemeindegesetz, RGBl 18/1862, in Geltung, das wiederum in Art V Zif 11 leg cit im Aufgabenkatalog betreffend den eigenen Wirkungskreis der Gemeinde die Möglichkeit des Vergleichsversuchs zwischen streitenden Parteien durch aus der Gemeinde gewählte Vertrauensmänner vorsah.
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vor, dass die Besorgung eben solcher Angelegenheiten dem eigenen Wirkungsbereich der Gemeinden zugewiesen wird2287. Es sind nun diese Bestimmungen, welche die verfassungsrechtliche Grundlage für die diesbezüglichen Regelungen des Bundes2288 und der Länder2289 betreffend die – (nicht nur heute2290) wenig etablierten2291 – Gemeindevermittlungsämter bilden. Grob zusammengefasst ist es Zweck eines Gemeindevermittlungsamts, eine Plattform für einen Vergleichsversuch zwischen Konfliktparteien in Auseinandersetzungen hinsichtlich bürgerlicher Rechtssachen (etwa Geldforderungen, Grenz- und Dienstbarkeitsstreitigkeiten) und/oder für Sühneversuche in Ehrenbeleidigungssachen zu schaffen. Den dabei ehrenamtlich agierenden und vom Gemeinderat gewählten „Vertrauensmännern“ kommt vorrangig eine vermittelnde, mediative und gegebenenfalls protokollierende Verfahrensrolle zu. Zu den einzelnen Agenden der also im Wesentlichen formellen Prozessgestaltung und -leitung zählen etwa die Ladung und Anhörung der Parteien, die Erwägung der Beweismittel, das Stellen von „zweckmäßigen Fragen“ zur Aufklärung des Sachverhalts2292, gegebenen2287 Siehe Rudolf Petz, Gemeindeverfassung 1962 (1965) 75 und 79 f. Zur kompetenzrechtlichen Einordnung Weber/Walzel von Wiesentreu, in: Mayr (Hg), Einrichtungen 80 ff. 2288 RGBl 150/1869 idF BGBl 1 151/2004. Zur fehlenden Bezeichnung als Grundsatzgesetz nach Maßgabe des Art 12 Abs 4 B-VG und den Folgen der Verfassungswidrigkeit siehe Mayr, Rechtsschutzalternativen 348; Weber/Walzel von Wiesentreu, in: Mayr (Hg), Einrichtungen 61; allgemein Mayer, B-VG4 78; Adamovich et al, Staatsrecht I2 Rz 19.015. 2289 Entsprechende Ausführungsgesetze der Länder stehen heute noch in der Steiermark, Stmk LGBl 23/1915, in Tirol, Tir LGBl 9/1915, Vorarlberg, Vlbg LGBl 158/1909 idF Vlbg LGBl 2/1930, und in Wien, Wr LGBl 15/1984 idF Wr LGBl 30/2001, in Geltung. 2290 Ferdinand Schmid, Gemeinde-Vermittlungsämter oder Gemeinde-Gerichte?, ZfV 1891, 8. 2291 Karl Weber, Gemeindeaufgaben, in: Österreichischer Gemeindebund/Österreichischer Städtebund (Hg), 40 Jahre Gemeindeverfassungsnovelle 1962. Aktuelle Rechtsfragen und Entwicklungen der kommunalen Selbstverwaltung (2002) 53 f; Hans Kohler, Die Vorarlberger Gemeindevermittlungsämter. Verwaltungsvereinfachung durch praktizierte Nachbarschaft, ÖGZ 11/2003, 26 f. 2292 Ob die Vertrauensmänner auch eigene Lösungsvorschläge zur Konfliktbewältigung einbringen dürfen, ist strittig. Während Ena-Marlis Bajons, Außergerichtliche Güteverfahren als Mittel der Prozessvermeidung und Konfliktlösung, ÖJZ 1984, 370, dies ablehnt, bejahen Weber/Walzel von Wiesentreu, in: Mayr (Hg), Einrichtungen 62 f FN 10, ein solches Vorgehen. Sie verweisen dabei auf die Aufgaben der Vertrauensmänner die Parteien anzuhören, Beweismittel zu erwägen und die Verhandlungen solange fortzusetzen, bis entweder ein Vergleich erzielt werden könne oder die Erfolglosigkeit dieses Unterfangens offensichtlich sei. Gerade die Fortsetzungspflicht mache wenig Sinn, würde nicht implizit das
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falls die Durchführung eines Lokalaugenscheins, die Protokollierung des Vergleichs und auf Ansuchen die Ausfertigung desselben in Form einer Amtsurkunde2293. Zu erwähnen ist darüber hinaus die Ordnungsstrafkompetenz des Gemeindevermittlungsamts für den Fall des unentschuldigten Fernbleibens einer Partei vom Vergleichstermin. Aber eines steht den Vertrauensmännern jedenfalls in keiner Weise zu, nämlich die verbindliche Klärung der in Frage stehenden Rechtsverhältnisse. „Herren des Verfahrens“ bleiben somit weitgehend die Parteien. Sie entscheiden, ob ein Vergleichsversuch unternommen werden soll bzw ob sie sich auf einen solchen einlassen und gegebenenfalls ob sie ihn fortsetzen wollen2294, weiters ob bzw welche Beweismittel sie einbringen und schließlich ob sie einen möglichen Vergleich eingehen wollen. Recht des Schlichtungsorgans, über konkrete Vorstellungen der Streitparteien hinaus gleichzeitig auch von sich aus Lösungsvorschläge unterbreiten zu dürfen, angenommenen werden. Angesichts der rudimentären Regelungen des Vermittlungsverfahrens und mangels eines ausdrücklichen Schlichtungsauftrags ist mE wohl davon auszugehen, dass die Vertrauensmänner zur Vorantreibung des Aushandlungsprozesses bei Bedarf den Parteien eigene, unverbindliche (partielle) Lösungsvorschläge unterbreiten dürfen, sie sind aber keinesfalls angehalten, einen umfassenden (verbindlichen) Schlichtungsvorschlag vorzulegen. 2293 Hierin liegt auch die Besonderheit dieses Vermittlungsverfahrens begründet. Der vor den Vertrauensmännern abgeschlossene Vergleich hat nämlich von Gesetzes wegen die Kraft eines gerichtlichen Vergleichs und es ist die über den abgeschlossenen Vergleich ausgefertigte Amtsurkunde den amtlichen Ausfertigungen gerichtlicher Vergleiche gleichzuhalten. Er bildet folglich einen eigenständigen Exekutionstitel gem § 1 Zif 15 EO. 2294 Wenn Weber/Walzel von Wiesentreu, in: Mayr (Hg), Einrichtungen 63 in diesem Zusammenhang – gestützt auf § 20 Satz 1 WrGemVermG – zum Ergebnis kommen, dass es nicht im ausschließlichen Belieben der Streitteile stehe, den Vergleichsversuch zu beenden, da § 20 Satz 1 WrGemVermG, Wr LGBl 15/1984 idF Wr LGBl 30/2001 normiert, dass die begonnene Vergleichsverhandlung so lange fortzusetzen ist, bis ein Vergleich erzielt wird oder bis das Vermittlungsamt die Überzeugung von der Erfolglosigkeit des Vergleichsversuches erlangt, so ist ihnen aus formeller Sicht grundsätzlich zuzustimmen. Jedoch ist mE relativierend hinzuzufügen, dass es letztlich in den Händen der beteiligten Parteien liegt, von weiteren Vermittlungsversuchen Abstand zu nehmen. Eröffnen sie ausdrücklich gegenüber dem Gemeindevermittlungsamt ihren Willen, die Verhandlungen nicht weiterführen zu wollen, werden die Vertrauensmänner wohl kaum eine erfolgsversprechende Verfahrensfortführungsprognose anstellen können, die eine gegenteilige Entscheidung rechtfertigen würde. Überhaupt ist die Zielrichtung der besagten Norm so zu verstehen, dass den Vertrauensmännern in jenen Fällen, in denen etwa aus Gründen der Untätigkeit oder des Taktierens zumindest durch eine der Parteien kein Vermittlungserfolg mehr zu erwarten ist, eine Beendigungsmöglichkeit eingeräumt wird, um einerseits die (einzelnen) Parteien
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Vor dem Hintergrund dieser einleitenden Darstellung stellt sich nunmehr die Frage nach der rechtsdogmatischen Einordnung eines Gemeindevermittlungsamts, liegt doch ein Konstrukt aus einer Art judizieller Funktion und administrativer Organisation vor. Eine Zuordnung der Tätigkeiten der Gemeindevermittlungsämter zur ordentlichen Gerichtsbarkeit ist trotz des zivil- und strafrechtlichen Bezugs der zu vermittelnden Angelegenheiten sowohl aus formeller als auch materieller Sicht nicht geboten. So handelt es sich bei den Vertrauensmännern zum einen um keine Organe der Gerichtsbarkeit. Deren Amt ist – wie noch zu zeigen sein wird – schon durch das Fehlen der für jede richterliche Tätigkeit immanenten Garantiemittel der Unabhängigkeit, nämlich der Unabsetzbarkeit sowie der Unversetzbarkeit2295, nicht privilegiert (Art 86 ff B-VG). Außerdem sprechen deren Wahl und Einsetzung durch den Gemeinderat wie auch der Umstand, dass es sich hiebei im Regelfall nicht um Rechtskundige oder Fachkundige handelt2296, gegen eine Annahme der organisatorischen Zuordnung zur Gerichtsbarkeit. Selbst von einer Mitwirkung aus dem Volk (Geschworene und Schöffen gem Art 91 B-VG) kann hiebei nicht gesprochen werden2297. Zum anderen kommt ihnen – will man hier auch auf materiell-inhaltliche Kriterien abstellen2298 – keine wie immer geartete eigenständige Entscheidungsbefugnis iSv Streitentscheidung im Parteienkonflikt und Strafentscheidung im Einzelfall in jenen den Gemeindevermittlungsämtern zugewiesenen zivil- oder strafrechtlich relevanten Angelegenheiten zu2299. Sie vermitteln, sprechen aber niemals Recht. Zu letzterem ist eben im funktionellen Sinn die Gerichtsbarkeit berufen, während die im Vorfeld einer gerichtlichen Auseinandersetzung angesiedelte Vermittlungstätigkeit der Vertrauensmänner ja gerade der Vermeidung der Prozessführung und des „Rechtsprechens“ dienen soll. An der negativen Abgrenzung ändert letztlich auch der Umstand nichts, dass RichterInnen im Zuge eines zivilgerichtlichen Verfahrens in jeder Lage der Sache auf Antrag oder von Amts wegen einen Vergleichsversuch unternehmen können. Ihnen, und jedenfalls nicht den Vertrauensmännern, bleibt in vor unmäßigen Verzögerungen zu bewahren und andererseits die Einhaltung der Grundsätze der Rechtspflege iwS zu gewährleisten. 2295 Vgl Merkl, Verwaltungsrecht 41. 2296 RichterInnen sind gar explizit vom Amt des Vertrauensmanns ausgeschlossen; siehe etwa § 6 WrGemVermG. 2297 Siehe auch Adamovich et al, Staatsrecht II Rz 34.005. 2298 Aus verfassungsrechtlicher Sicht kommt es jedoch, so ua Adamovich et al, Staatsrecht II Rz 34.001, nicht auf den Inhalt an. Die Gerichtsbarkeit wird durch die handelnden Organe bestimmt, sodass die Frage der Qualifikation des Vollzugshandelns nur nach organisatorischen nicht aber nach inhaltlichen Kriterien zu lösen ist. Siehe hiezu schon 3.II.B.1.a). 2299 Weber/Walzel von Wiesentreu, in: Mayr (Hg), Einrichtungen 65 ff.
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letzter Konsequenz die Entscheidungsbefugnis über alle Rechtsfragen einer Streitsache; und das – im Gegensatz zu den Vertrauensmännern – außerdem auf Grundlage der von ihnen selbst getroffenen Sachverhaltsfeststellungen. Es ist vielmehr, wie schon Weber/Walzel von Wiesentreu dargelegt haben2300, von einem gemeindlichen (Kollegial)Organ2301 im organisatorischen Sinn auszugehen. Hiefür sprechen die ausdrückliche verfassungsrechtliche Zuordnung der Gemeindevermittlungsämter in den eigenen Wirkungsbereich der Gemeinden, die Einsetzung der Vermittlungsämter und die Festsetzung von deren Zuständigkeit aufgrund eines grundsätzlich freien Entschlusses des Gemeinderats2302, die Wahl der Vertrauensmänner „auf Zeit“ durch den Gemeinderat2303, deren Angelobung vor Amtsantritt, die Bestreitung des Sachaufwands durch die Gemeinde und die – wenn auch nur in den gesetzlichen Bestimmungen in Ansätzen ersichtliche2304 – Eingliederung des Vermittlungsamts in die Gemeindeverwaltung. Wie noch zu zeigen sein wird, steht das Gemeindevermittlungsamt in einem Verantwortungsverhältnis zum Gemeinderat. Darüber hinaus kommt der Landesregierung als Aufsichtsbehörde gem Art 119a Abs 4 B-VG in den hier interessierenden Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereichs der Gemeinden ein umfassendes Auskunfts- und Einschaurecht zu2305. Dies schließt die Tätigkeiten des Gemeindevermittlungsamts mit ein2306. Einzelne landesgesetzliche Regelungen hinsichtlich der Vermittlungstätigkeiten sehen außerdem im Fall mangelhafter Geschäftsführung explizit die Absetzung und Neuwahl von Vertrauensmännern vor2307. 2300 Weber/Walzel von Wiesentreu, in: Mayr (Hg), Einrichtungen 68 ff. 2301 So – ohne weitere Begründung – auch Neuhofer, Gemeinderecht2 278. 2302 Art III RGBl 59/1907; Ausnahmen bilden Wien, wonach gem § 1 WrGemVermG in einem jeden Gemeindebezirk ein Vermittlungsamt einzurichten ist, und Vorarlberg, wo in § 1 VlbgGemVermG die Gemeinden, in denen Gemeindevermittlungsämter einzurichten sind, explizit aufgezählt sind. 2303 Allgemein zu den auf Zeit gewählten Organen im Zusammenhang mit Art 20 Abs 1 B-VG Raschauer, in: Korinek/Holoubek (Hg), Bundesverfassungsrecht II/1, Art 20 Abs 1 B-VG Rz 35. 2304 Etwa in Form der gemeinsamen Unterschriftenleistung durch die Bürgermeisterin bzw den Bürgermeister und einem Mitglied des Vermittlungsamts sowie des Anbringens des Gemeindesiegels im Zuge der Ausfertigung des abgeschlossenen Vergleichs als Amtsurkunde (vgl § 24 StmkGemVermG, § 25 Abs 2 WrGemVermG). 2305 Allgemein zu den Aufsichtsmitteln Raschauer, Verwaltungsrecht3 Rz 399. Das Aufsichtsrecht gegenüber den Gemeinden als Instrument der ex-post-Kontrolle Karl Weber, Art 118/1-7 B-VG, in: Karl Korinek/Michael Holoubek (Hg), Österreichisches Bundesverfassungsrecht. Textsammlung und Kommentar II/2 (Stand 1999) Rz 28; weiters Bußjäger, Organisationshoheit 253. 2306 Weber/Walzel von Wiesentreu, in: Mayr (Hg), Einrichtungen 71. 2307 So etwa § 7 StmkGemVermG und § 6 VlbgGemVermG.
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Dazu kommt, dass angesichts der Aufgaben der Vertrauensmänner wohl von einem hoheitlichen Tätigwerden auszugehen ist2308 und dies letztlich trotz der Tatsache, dass die eigentlichen Vermittlungs- und Schlichtungstätigkeiten nicht als Verwaltungsakte zu qualifizieren sind. Die Befugnisse der Gemeindevermittlungsämter lassen sich nämlich im Wesentlichen auf die formelle Prozessleitung reduzieren. Insbesondere kommt der den Verwaltungsverfahren immanente Grundsatz der arbiträren Ordnung in keinster Weise zur Geltung; dies vor allem deshalb, da kein entsprechendes Ermittlungsverfahren amtswegig durchzuführen ist. Die Vertrauensmänner sind vielmehr auf die von den Parteien aus freien Stücken beigebrachten Beweismittel angewiesen. Die Ladung von Sachverständigen oder Zeuginnen und Zeugen durch die Gemeindevermittlungsämter ist sogar ausgeschlossen2309. Außerdem ist ihr Handeln mangels Entscheidungsbefugnis nicht als Entscheidung über zivilrechtliche Ansprüche anzusehen. Der Vergleich wird privatautonom zwischen den Konfliktparteien geschlossen und dient der Bereinigung ihres Streits. Die Aufgabe der Vertrauensmänner beschränkt sich dabei auf die Protokollierung desselben im Amtsbuch und – sofern von den Parteien gewünscht – auf die Ausstellung einer diesbezüglichen (Vergleichs)Amtsurkunde. Daraus sind nun aber keine hoheitlichen Zwangsbefugnisse ableitbar. Vor allem liegt keine Willenserklärung eines Verwaltungsorgans und folglich auch kein Bescheid vor2310. Die Vermittlungstätigkeit stellt also keinen Einsatz von imperium dar2311. Anderes gilt aber für die in den Gemeindevermittlungsgesetzen vorgesehene „Geldstrafe“ bei unentschuldigtem Fernbleiben einer geladenen Partei von der bereits anberaumten Vergleichsverhandlung. Es handelt sich dabei weder um ein Verwaltungsdelikt noch um eine Verpflichtung zum Ersatz der durch die ungerechtfertigte Säumnis verursachten Kosten, sondern um ein Disziplinarmittel, mit dem die Sicherung einer zügigen Handhabung des 2308 So zumindest Petz, Gemeindeverfassung 74, der in den in Art 118 Abs 3 B-VG demonstrativ aufgezählten behördlichen Tätigkeiten – ohne nähere Begründung – Aufgaben der Hoheitsverwaltung erkennt. 2309 Vgl zB § 18 Satz 4 StmkGemVermG; § 19 Satz 3 WrGemVermG. 2310 Weber/Walzel von Wiesentreu, in: Mayr (Hg), Einrichtungen 73 FN 67. 2311 Gleichfalls ist – wenn auch für die gegenständliche Frage irrelevant, weil die Weisungsbindung sowohl für die Fälle der Hoheits- als auch Privatwirtschaftverwaltung anzunehmen ist (vgl oben 3.II.B.12.b)) – nicht davon auszugehen, dass die zu besorgenden Tätigkeiten als solche der nichthoheitlichen Verwaltung zu qualifizieren sind. Weder die Einleitung solcher Vermittlungsverfahren noch die eigentliche Schlichtungstätigkeit stellen in privatrechtlichen Formen wahrzunehmende Aufgaben dar. Was bleibt, ist die Qualifizierung dieser Tätigkeiten als schlichthoheitliche Verwaltung; siehe hiezu schon Weber/Walzel von Wiesentreu, in: Mayr (Hg), Einrichtungen 74.
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Vermittlungsverfahrens durch Vermeidung eines unnötigen Zeit- und Sachaufwands bezweckt werden soll. Mit der Verhängung einer solchen Geldstrafe2312 durch das Vermittlungsamt wird jedenfalls einseitig, autoritativ in die persönliche Rechtssphäre der/des Betroffenen eingegriffen. Ein Blick auf die in §§ 34 bis 36 AVG geregelten Disziplinarmaßnahmen – die darin enthaltenen Ordnungs- und Mutwillensstrafen stellen gerade keine Strafen für Verwaltungsübertretungen dar2313 – macht deutlich, dass die Verhängung einer Ordnungs- oder Mutwillensstrafe durch verfahrensrechtlichen Bescheid zu erfolgen hat, auf den die Vorschriften des AVG anzuwenden sind. Zuständig für die Erlassung des Bescheids ist wiederum das Organ, das die betroffene Amtshandlung leitet, wobei es sich um eine Angelegenheit handeln muss, in der das Organ in der Hoheitsverwaltung tätig wird2314. Bezogen auf die Gemeindevermittlungsämter kann per Analogie2315 gefolgert werden, dass auch hiebei eine bescheidförmige Entscheidung vorliegt2316, gegen die – da ja (grundsätzlich) eine Angelegenheit des eigenen Wirkungsbereichs der Gemeinde vorliegt2317 – innerhalb des gemeindlichen Instanzenzugs berufen (Art 118 Abs 4 B-VG) und danach durch Vorstellung an die Aufsichtsbehörde des Landes vorgegangen werden kann (Art 119a Abs 5 B-VG)2318. Die Gemeindevermittlungsämter handeln in diesem – und nur in diesem – Fall als Behörde2319. Wie aber ist es nun – um zur eigentlichen Ausgangsfrage zurückzukehren – um die Einbindung der Gemeindevermittlungsämter in den verfassungsrechtlich gebotenen Verantwortungskonnex und dabei spezifisch um 2312 Weber/Walzel von Wiesentreu, in: Mayr (Hg), Einrichtungen 75 FN 73, gehen dabei von einer Mutwillensstrafe aus. 2313 Christian Schmied, Verwaltungsrechtliche Ordnungsstrafen – Zuständigkeiten der Unabhängigen Verwaltungssenate und andere ausgewählte Rechtsfragen, ZUV 2003, 46. 2314 Siehe Hengstschläger, Verwaltungsverfahrensrecht4 Rz 275 ff; weiters etwa Hengstschläger/Leeb (Hg), AVG I § 34 Rz 12 sowie § 35 Rz 6; Walter/Thienel (Hg), Verwaltungsverfahrensgesetze17 § 34 AVG Anm 6 und § 35 AVG Rz 1; Walter et al, Verwaltungsverfahrensrecht9 Rz 255. 2315 Weber/Walzel von Wiesentreu, in: Mayr (Hg), Einrichtungen 76. 2316 Ein Anspruch auf die Erlassung eines solchen Bescheids steht niemandem zu (so im Zusammenhang mit § 35 AVG VwGH 20.8.1987, 85/12/0022), demnach wohl auch nicht der vergebens wartenden Partei. 2317 Grundlegend zur Wahrung des gemeindlichen Instanzenzugs im Zusammenhang mit den Ordnungs- und Mutwillensstrafen VfSlg 16320/2001. 2318 Siehe hiezu auch Weber, in: Korinek/Holoubek (Hg), Bundesverfassungsrecht II/2, Art 118 B-VG Rz 28; Hengstschläger/Leeb (Hg), AVG I § 36 Rz 5; Hengstschläger, Verwaltungsverfahrensrecht4 Rz 277 und 279. 2319 Weber/Walzel von Wiesentreu, in: Mayr (Hg), Einrichtungen 76 f, die außerdem davon ausgehen, dass es sich hiebei um keine Strafe iSd Art 6 EMRK handelt.
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mögliche Weisungsbefugnisse bestellt? Als ein erster denkbarer Einwand gegen eine allfällige Weisungsgebundenheit könnte vorgebracht werden, dass Art 20 Abs 1 B-VG deshalb nicht anwendbar sein könnte, weil es sich bei den zu besorgenden Angelegenheiten der Vertrauensmänner nicht um ein Führen der Verwaltung handelt. Adamovich et al etwa schließen aus der Vorgabe, dass unter der Leitung der obersten Organe weisungsgebundene Organe die Verwaltung führen, dass das Weisungsprinzip so weit wie die Besorgung von Verwaltungsgeschäften reiche. Das Führen solcher Geschäfte umfasse jedenfalls alle hoheitlichen Vollzugstätigkeiten außerhalb der Gerichtsbarkeit, nichthoheitliches Handeln jedoch nur soweit, als es einer Gebietskörperschaft oder einem anderen öffentlich-rechtlichen Verwaltungsträger zugerechnet werde2320. Raschauer spricht sich für einen weiten funktionellen Verwaltungsbegriff aus, wonach in Art 20 Abs 1 B-VG unter Verwaltung jegliche Wahrnehmung von staatlichen Angelegenheiten außerhalb der Gesetzgebung und der Rechtsprechung zu verstehen sei2321. Dass es sich dabei übrigens nicht zwangsläufig um Einrichtungen handeln muss, die zu entscheiden oder zu verfügen haben, also mit imperium ausgestattet sind, ist von der Judikatur etwa bei der Qualifikation des Rechtsschutzbeauftragten2322 und der Lehre, vor allem im Zusammenhang mit dem Institut der Beiräte2323, schon klargestellt worden. Im Hinblick auf die bereits vorhin angestellten Überlegungen zu den Gemeindevermittlungsämtern kann jedoch davon ausgegangen werden, dass diese als Organe im organisatorischen Sinn zu qualifizieren sind, die – 2320 Adamovich et al, Staatsrecht II Rz 27.044, die aber an anderer Stelle im Zusammenhang mit Art 20 Abs 1 B-VG festhalten, dass Organfunktionen in der Verwaltung außerdem auf Entsendung, gesetzlicher Beleihung und formloser Indienstnahme beruhen können (Rz 27.046). 2321 Raschauer, in: Korinek/Holoubek (Hg), Bundesverfassungsrecht II/1, Art 20 Abs 1 B-VG Rz 57. 2322 VfSlg 17102/2004. 2323 Vgl Raschauer, in: Korinek/Holoubek (Hg), Bundesverfassungsrecht II/1, Art 20 Abs 1 B-VG Rz 68, der dann einen für eine arbeitsteilige Verwaltungsorganisation typischen Teilbereich des Führens der Verwaltung erkennt, wenn eine Einrichtung auf eine Weise institutionalisiert sei, dass ihr ein bestimmter Aufgabenbereich zugeordnet werden könne, mag dieser auch nur in der Erstellung von Vorschlägen usw bestehen, wie dies in der Regel bei Beiräten der Fall sei. In diese Richtung schon zuvor Elmar Puck, Die Beiräte in der Verwaltung, WipolBl 1970, 41; ausdrücklich auch Koja, ZfV 1979, 101 f; weiters Antoniolli/Koja, Verwaltungsrecht3 367 f; aA Korinek, in: Ermacora et al (Hg), Verwaltungsrecht 472, demzufolge Beiräte Verwaltung nicht iSd Art 20 Abs 1 B-VG führen und daher auch nicht der Weisungsbindung unterliegen. Sie seien vielmehr Hilfseinrichtungen der staatlichen Verwaltung mit einem lediglich nach innen gerichteten Tätigkeitsbereich.
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neben der behördlichen Funktion im Zuge der Verhängung der Geldstrafe – (schlicht)hoheitliche Tätigkeiten außerhalb der Bereiche der Gesetzgebung und der Rechtsprechung ausüben, was schlussendlich zur Feststellung gelangen lässt, dass es sich hiebei grundsätzlich um ein weisungsgebundenes Verwaltungsorgan handelt. Für die Annahme einer Weisungsfreistellung der Vertrauensmänner im Zusammenhang mit der Ausübung ihrer Tätigkeit ist aus den betreffenden (Verfassungs-)Rechtsquellen jedenfalls nichts zu gewinnen. Sie enthalten darüber keinerlei Aussagen, sie entbinden also – auch wenn dies rechtspolitisch durchaus sinnvoll erscheinen möge – die Vertrauensmänner nicht explizit von Weisungen. Vielmehr lassen sich aus der Regelung des Art V RGBl 59/1907, wonach die/der JustizministerIn berechtigt war, in die Tätigkeit der Vermittlungsämter jederzeit Einsicht zu nehmen und ihnen die zur Aufrechterhaltung einer ordnungsgemäßen Geschäftsführung erforderlichen Belehrungen und Weisung zu erteilen2324, – wenn auch dieser Bestimmung spä2324 Die Einräumung eines Weisungsrechts an den Justizminister war jedoch – wie die parlamentarische Diskussion anlässlich der Novellierung der Bestimmungen hinsichtlich der Einrichtung von Gemeindevermittlungsämtern zeigt – wegen des befürchteten Eingriffs in das Prinzip der Autonomie der Gemeinde umstritten; vgl StenProt AH, XVII. Sess 41569 sowie 41570 f. Überhaupt deuten die parlamentarischen Materialien auf eine gewollte Normierung von zwei einander zum Teil überschneidende Aufsichtsrechtsstränge hin. Aus den EB zum Regierungsentwurf, 11. Blg StenProt HH, XVII. Sess, geht hiezu hervor, dass es – im Hinblick auf die der „Rechtsverfolgung dienenden Gestion der Vermittlungsämter“ – „dem Justizminister möglich sein [solle], in autoritärer Weise auf die Abstellung von Gebrechen und Irrtümern in der Gebarung der Vermittlungsämter zu dringen, wenn etwa solche Mängel von den staatlichen Gerichten gelegentlich des zwischen ihnen und den Vermittlungsämtern stattfindenden Wechselverkehres, bei Bewilligung von Executionen u.s.f. wahrgenommen würden“. Es entspreche geradezu der Natur der Sache und verheiße weit mehr Erfolg, wenn das staatliche Gericht in einem solchen Fall das Einschreiten des Justizministers veranlasst, als wenn es die ihm ferner stehende politische Behörde um Abstellung der bemerkten Fehler ersuchen müsste. In Handhabung der „Oberaufsicht“ können daher vom Justizminister Belehrungen erteilt und Weisungen über die „richtige Anwendung des Gesetzes erlassen werden“. Außerdem „dürfen“ jene Behörden, – und dies soll gerade hier besonders hervorgehoben werden – deren unmittelbarer Beaufsichtigung das Vermittlungsamt als Gemeindeorgan unterliegt, von den etwaigen Beobachtungen in Kenntnis gesetzt werden, damit sie sodann im eigenen Wirkungsbereich die erforderliche Abhilfe treffen. Im Zuge der weiteren Beratungen, 2707 Blg StenProt AH, XVII. Sess, wurde der Begriff der „Oberaufsicht“ noch in einer – „der Stellung der Vermittlungsämter als autonome Organe und ihrem Verhältnisse zu den staatlichen Behörden“ gemäßen, „sowie auch der bisher gebräuchlichen legislativen Ausdrucksweise“ entsprechenden – Art konkretisiert, als schließlich von „in die Tätigkeit der Vermittlungsämter jederzeit Ein-
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testens2325 durch die Vorschriften des Gemeinderechts nach Maßgabe der B-VG-Novelle 19622326 (Art 118 Abs 4 B-VG2327) derogiert worden ist2328 – eindeutig nicht bloß Aufsichtsrechte, sondern auch Weisungsverhältnisse ableiten. Folglich muss dem Bundes-Verfassungsgesetzgeber von 1920, der wiederum selbst in Art 12 Zif 4 B-VG die wenn auch „nur“ kompetenzrechtliche Grundlage für die Einrichtung von Gemeindevermittlungsämtern geschaffen hat2329, sowie von jenem des Jahres 19252330, dem Zeitpunkt der Versteinerung des selbständigen Wirkungsbereichs der Gemeinden2331, zugestanden werden, dass er die Weisungsbefugnis der Justizministerin bzw des Justizministers gekannt und es offensichtlich für nicht notwendig erachtet hat, im Fall der Gemeindevermittlungsämter vom Grundsatz der Weisungsgebundenheit abzurücken. Somit ist hier allein aus diesen Gründen ein Schweigen des Gesetzgebers2332, das – wie es etwa Funk für die Jagdaufsichtsorgane nachzuweisen versucht2333 – als Weisungsfreistellung aufgefasst werden könnte, nicht anzunehmen. sicht zu nehmen“ die Rede war. Dieser an die Stellung einer Aufsichtsbehörde erinnernde Passus wurde aber ausdrücklich mit der Zuerkennung eines zur Aufrechterhaltung einer ordnungsgemäßen Geschäftsführung Belehrungs- und Weisungsrecht des Justizministers ergänzt (Art V leg cit). Siehe hiezu auch Siegmund Grünberg, Die Gemeindevermittlungsämter I, JBl 1907, 255. 2325 Fraglich ist nämlich, ob dieser Bestimmung nicht bereits durch die Regelungen der § 8 Abs 5 lit e iVm lit f ÜG, BGBl 2/1920 idF BGBl 269/1925, derogiert worden ist. 2326 BGBl 205/1962. Die Kompetenzartikel traten nicht sogleich, sondern tatsächlich erst 1925 infolge der Novellierung des ÜG 1920, BGBl 269/1925, in Kraft. 2327 Weisungen von staatlichen Organen sind demnach ausgeschlossen; vgl Mayer, B-VG4 382. 2328 Siehe hiezu etwa auch die Erläuterungen betreffend Streichung des § 38 WrGemVermG, Nö LGuVBl 124/1907 idF Wr LGBl 10/1951, in Pkt 13 der Beilage 20/1969 Wr LT. 2329 BGBl 1/1920. 2330 Die B-VG-Novelle 1925, BGBl 268/1925, enthält keine diesbezüglich relevanten (kompetenzrechtlichen) Änderungen. Jedoch stellte der Verfassungsgesetzgeber mit der Novellierung des § 8 Abs 5 lit f ÜG 1920, BGBl 269/1925, außerdem die Grundsätze der gemeindlichen Selbstverwaltung des Reichsgemeindegesetzes 1862, wovon auch die Einrichtung der Gemeindevermittlungsämter mit umfasst war, unter Verfassungsschutz. Allgemein hiezu etwa Neuhofer, Gemeinderecht2 7 f; Gernot Kocher, Gemeindeautonomie zwischen Gegenwart und Vergangenheit, in: Klaus Ebner/Martin F. Polaschek (Hg), 40 Jahre Gemeindeautonomie (2003) 21. 2331 Oberndorfer, Gemeinderecht 213. 2332 Zur Argumentationsfigur des „beredten Schweigens“ der Verfassung allgemein Adamovich et al, Staatsrecht I2 Rz 03.027. 2333 Bernd-Christian Funk, Beeidete Jagdaufsichtsorgane – eine Erscheinungsform dezentralisierter Verwaltung, JBl 1972, 461 f; Kahl/Weber, Verwaltungsrecht3 Rz 257.
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Um einen weiteren möglichen Einwand zu begegnen, gilt es schließlich noch zu ermitteln, ob Art 20 Abs 1 B-VG überhaupt (in gewisser Weise) auf den eigenen Wirkungsbereich der Gemeinden durchschlägt. Dies wird zumindest von der Judikatur und Teilen der Lehre bejaht. So hält etwa der VfGH fest, dass der aus Art 20 Abs 1 Satz 2 B-VG erfließende Verfassungsgrundsatz auch für die nachgeordneten OrganwalterInnen im Bereich der Gemeinden – einschließlich deren eigenen Wirkungsbereichs (Art 118 Abs 2 und 3 B-VG) – gelte. Insbesondere schließe die aus Art 118 Abs 4 B-VG hervorgehende verfassungsrechtlich normierte Weisungsfreistellung lediglich die Erteilung von Weisungen durch staatliche Organe in Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereichs aus2334, löse damit aber nicht das Weisungsrecht innerhalb der Gemeinde auf2335. Außerdem stehe diesem Gedanken Art 118 Abs 5 B-VG entgegen. Danach seien – neben den BürgermeisterInnen und den Mitgliedern des Gemeindevorstands – allenfalls andere bestellte Organe der Gemeinde für die Erfüllung ihrer dem eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde zugehörigen Aufgaben dem Gemeinderat verantwortlich. Der Gemeinderat sei damit in den Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereichs der Gemeinde ein den übrigen Gemeindeorganen vorgesetztes Organ. Die übrigen Gemeindeorgane seien demnach in diesen Angelegenheiten dem Gemeinderat gegenüber weisungsgebunden; und letztlich sei die Einrichtung eines weisungsfreien Organs im eigenen Wirkungsbereich ohne verfassungsgesetzliche Ermächtigung unzulässig2336. Hinsichtlich der Gemeindevermittlungsämter kann nun folgendes festgehalten werden: Nach Art 118 Abs 3 Zif 10 B-VG fallen die öffentlichen Einrichtungen zur außergerichtlichen Vermittlung von Streitigkeiten in den 2334 Siehe zB Antoniolli/Koja, Verwaltungsrecht3 346 f. 2335 Vgl schon Merkl, Verwaltungsrecht 351; weiters Barfuß, Weisung 82; Leng heimer, in: Ermacora et al (Hg), Verwaltungsrecht 216; Neuhofer, Gemeinderecht2 201. 2336 VfSlg 13304/1992; zum demokratisch-parlamentarischen System der Gemeindeselbstverwaltung vgl auch VfSlg 13500/1993 (Bürgermeisterdirektwahl); siehe weiters Neuhofer, Gemeinderecht2 204; Bußjäger, Organisationshoheit 247 f; Weber, in: Korinek/Holoubek (Hg), Bundesverfassungsrecht II/2, Art 118 B-VG Rz 28 ff; Raschauer, in: Korinek/Holoubek (Hg), Bundesverfassungsrecht II/1, Art 20 Abs 1 B-VG Rz 78 mwN; ders, Verwaltungsrecht3 Rz 139 und 322; Harald Stolzlechner, Art 118 B-VG, in: Heinz Peter Rill/Heinz Schäffer (Hg), Bundesverfassungsrecht. Kommentar II (Stand 2004) Rz 26 und vor allem 30; Potacs, in: Potacs/Sturm (Hg), Reform 11 f. Differenzierend Rill, in: Rebhahn (Hg), Beiträge 26 f; Doris Hattenberger, Die Rechtsstellung des Bürgermeisters, in: Robert Rebhahn (Hg), Beiträge zum Kärntner Gemeinderecht (1998) 108 ff.
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eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde2337. Die von den Gemeindevermittlungsämtern zu besorgenden Angelegenheiten sind demnach solche des eigenen Wirkungsbereichs. Wie nun schon vorhin dargelegt, handelt es sich bei den Gemeindevermittlungsämtern um verwaltungsführende, „allenfalls bestellte andere Organe der Gemeinde“2338. Sie sind also in Ansehung der Stellung des Gemeinderats als dem obersten Organ in den Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereichs, da eben die von ihnen zu besorgenden Angelegenheiten dem selbständigen Wirkungsbereich der Gemeinde zuzurechnen sind, gegenüber dem Gemeinderat als dem ihnen obersten Organ weisungsgebunden. Wohl aber ist nunmehr Art 20 Abs 2 Zif 4 B-VG zu beachten, wonach Organe mit Vermittlungsaufgaben durch einfaches Gesetz von der Bindung an Weisungen freigestellt werden dürfen. Diese Ermächtigungsgrundlage könnte also der Grundsatzgesetzgeber aufgreifen und für die Einrichtung der Gemeindevermittlungsämter und vor allem für die vermittelnde Tätigkeit der VertreterInnen dieser „Ämter“ nutzbringend einsetzen.
2337 Nicht bloß aus Gründen der Vollständigkeit sei hier erwähnt, dass der verfassungsrechtlich vorgesehenen Bezeichnungspflicht betreffend die Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereichs gem 118 Abs 2 B-VG, die sich ebenso auf die Angelegenheiten des Abs 3 erstreckt (VfSlg 5409/1966; Petz, Gemeindeverfassung 74 f; Neuhofer, Gemeinderecht2 229 f; Weber, in: Korinek/Holoubek (Hg), Bundesverfassungsrecht II/2, Art 118 B-VG Rz 10) und auch Altbestandsregelungen erfasst (vgl Adamovich et al, Staatsrecht I2 Rz 19.015), lediglich im WrGemVermG (§ 34) entsprochen wird. Die anderen derzeit noch in Geltung stehenden Gemeindevermittlungsgesetze sind folglich aufgrund des Fehlens einer solchen Bezeichnung verfassungswidrig; so bereits Mayr, Rechtsschutzalternativen 348; Weber/Walzel von Wiesentreu, in: Mayr (Hg), Einrichtungen 61 f. Fraglich ist dabei, wie die Vollziehung angesichts der fehlenden Bezeichnung vorzugehen hat. Der VfGH hält jedenfalls fest, dass im Fall einer verfassungswidrigerweisen Unterlassung der Bezeichnung der Inhalt dieser Gesetze nicht im eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde vollzogen werden dürfe; siehe VfSlg 5409/1966; 11653/1988; 17557/2005; so auch Mayer, B-VG4 379. Dies müsste aber zur Folge haben, dass in jenen Ländern, in denen der Bezeichnungspflicht bisher noch nicht entsprochen wurde, etwa die Weisungsverhältnisse anders zu deuten sind (Art 119 Abs 2 B-VG) und dass der gegen die wegen unentschuldigtem Fernbleiben von den Vergleichsverhandlungen durch die/den BürgermeisterIn zu erlassende Geldstrafe gerichtete Instanzenzug an die staatlichen Behörden geht; allgemein Neuhofer, Gemeinderecht2 321; Mayer, B-VG4 387. 2338 Vgl auch Harald Stolzlechner, Art 117 B-VG, in: Heinz Peter Rill/Heinz Schäffer (Hg), Bundesverfassungsrecht. Kommentar II (Stand 2010) Rz 5.
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d) Weisungsbindung und Mediation
Die angeführten Beispiele lassen nun einzig den Schluss zu, dass im Hinblick auf die hierarchische Organisation der Verwaltung die Weisungsfreistellung von Organen im organisatorischen wie auch im funktionellen Sinn nur insoweit zulässig ist, als die Bundes-Verfassung selbst, einfache Gesetze in den von der Verfassung explizit genannten Sachgebieten oder eine eigens hiefür geschaffene Verfassungsbestimmung ausdrücklich eine derartige (Ausnahme-)Regelung vorsehen. Besteht eine solche Regelung nicht, muss sich letztlich – im Gegensatz zur dt Rechtslage2339 – selbst die Schaffung von weisungsfreien Entscheidungsräumen für einfachgesetzlich übertragene und umschriebene Aufgaben, die nach ihrer spezifischen Eigenart die Weisungsfreiheit erforderlich machen, in der Verfassungswidrigkeit verfangen. Und auch eine auf einfachem Gesetz basierende Einschränkung der Weisungsgewalt kann nur in den in Art 20 Abs 2 B-VG genannten Fällen verfassungsrechtlich gerechtfertigt sein. Wenn eingangs von der Notwendigkeit der Wahrung der unabhängigen Stellung von MediatorInnen sowie von der damit in engem Konnex stehenden Weisungsfreiheit gesprochen wurde2340, so ist nunmehr zu konstatieren, dass sich beliehene KonfliktmittlerInnen, solange eben einfachgesetzlich auf Grundlage der verfassungsrechtlichen Ausnahmeregelung des Art 20 Abs 2 Zif 4 B-VG nicht explizit anderes bestimmt ist, im hierarchischen Konzept der Über- und Unterordnung bewähren müssen. Nachdem sich Weisungen aber auf alles beziehen können, was zum übertragenen „Führen der Verwaltung“ gehört, womit auch die Mittlertätigkeit als davon umfasst angesehen werden muss, erscheint zweifelsohne die Gefahr gegeben, dass die Beteiligten die MediatorInnen nicht in einer aus dem Gesamtszenario herausgehobenen Stellung und vor allem nicht als gegenüber allen Akteurinnen und Akteuren unabhängige, in ausreichender Distanz zur Verwaltung stehende Personen wahrnehmen werden. Dabei kommt es auch gar nicht mehr darauf an, dass die grundsätzliche Möglichkeit besteht, dass die MediatorInnen infolge ihrer Gehorsamspflicht selbst rechtswidrige Weisungen zu befolgen hätten, sondern es reicht allein schon der äußere Anschein aus, um die Stellung der MediatorInnen zu schwächen und damit letztlich das Gesamtgefüge der Mediation ins Wanken zu bringen2341.
2339 Vgl 2.III.A.8. 2340 Hiezu 3.II.B.12. 2341 Zur Problematik ausführlich schon in 2.IV.L sowie 2.IV.L.1.
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Staatliche Aufgabenerfüllung durch (echte) Private
13. Amtsverschwiegenheit
Ein weiterer wesentlicher Aspekt eines jeden Mediationsverfahrens ist jener der Vertraulichkeit, denn Transparenz und Offenheit, zwei unerlässliche Parameter für eine jede mediative Konfliktbewältigungsstrategie, verlangen nach gehörigem Schutz. Somit drängt sich unweigerlich auch im gegenständlichen Zusammenhang die Frage nach der Behandlung der Verschwiegenheit von (behördenunabhängigen) MediatorInnen auf, welche aufgrund ihrer Funktion zwangsläufig als GeheimnisträgerInnen fungieren. Eine verfassungsrechtliche inhaltliche Determinante für das Verwaltungshandeln – die Staatsfunktionen der Legislative und der Gerichtsbarkeit sind (außer sie werden als Verwaltungsorgane tätig) hievon nicht erfasst2342 – stellt die in Art 20 Abs 3 B-VG geregelte Verschwiegenheitsverpflichtung dar2343. Demnach sind grundsätzlich alle mit Aufgaben der Bundes-, Landes- und Gemeindeverwaltung betrauten Organe sowie die Organe anderer Körperschaften des öffentlichen Rechts, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist2344, zur Verschwiegenheit über alle ihnen ausschließlich aus ihrer amtlichen Tätigkeit bekannt gewordenen Tatsachen, deren Geheimhaltung zum einen im Interesse der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit, der umfassenden Landesverteidigung, der auswärtigen Beziehungen, im wirtschaftlichen Interesse einer Körperschaft des öffentlichen Rechts2345, zur Vorbereitung einer Entscheidung oder – und 2342 Siehe etwa Johannes Hengstschläger, Die Geheimhaltungspflichten des Rechnungshofes (1990) 18 f; auch Rudolf Feik, Art 20 Abs 3 B-VG, in: Heinz Peter Rill/Heinz Schäffer (Hg), Bundesverfassungsrecht. Kommentar I (Stand 2007) Rz 7. 2343 Raschauer, Verwaltungsrecht3 Rz 620 f. 2344 Eine (einfach)gesetzliche Regelung, die eine Lockerung (iSd Einschränkung) nicht aber Verschärfung (iSd Ausdehnung) der Verschwiegenheitspflicht vorsieht, ist nach Meinung des VfGH zulässig; so VfSlg 6288/1970; siehe etwa auch Hengstschläger, Geheimhaltungspflichten 24 f, der vom subsidiären Charakter des Art 20 Abs 3 B-VG spricht; weiters Wolfgang Ellinger, Die abgabenrechtliche Geheimhaltungspflicht aus verfassungsrechtlicher Sicht, in: Werner Doralt et al (Hg), Steuern im Rechtsstaat. FS für Gerald Stoll zum 65. Geburtstag (1990) 296 f; Adamovich et al, Staatsrecht II Rz 27.066; Bußjäger, Organisationshoheit 204, der die Kompetenz zur Gestaltung von Verschwiegenheitspflichten in erster Linie beim Organisationsgesetzgeber gelegen sieht; Bernd Wieser, Art 20 Abs 3 B-VG, in: Karl Korinek/Michael Holoubek (Hg), Österreichisches Bundesverfassungsrecht. Textsammlung und Kommentar II/1 (Stand 2001) Rz 11 mwN sowie 39 und 42 ff; Wolfgang Zagler, § 310 StGB, in: Otto Triffterer et al (Hg), StGB. Salzburger Kommentar zum Strafgesetzbuch V (Stand 2002) Rz 16. 2345 Die Aufzählung der öffentlichen Interessen sind taxativ zu verstehen; so Wieser, in: Korinek/Holoubek (Hg), Bundesverfassungsrecht II/1, Art 20 Abs 3 B-VG Rz 24.
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damit zum anderen – im überwiegenden Interesse2346 der Parteien geboten ist2347. Erfasst sind folglich im ersten Fall unmittelbar all jene OrganwalterInnen2348, die (funktionell) mit hoheitlichen oder nicht hoheitlichen Verwaltungsaufgaben der Gebietskörperschaften betraut sind2349. Auf die Art und Weise der Begründung ihrer Rechtsstellung kommt es dabei nicht an. Aufgrund der funktionellen Ausrichtung des ersten Falls (arg „betrauten“) ist davon auszugehen, dass von der verfassungsrechtlich normierten Verschwiegenheitsverpflichtung auch Beliehene erfasst sind2350. Demgegenüber „scheinen“ – so zB Mayer – hinsichtlich der Organe der anderen Körperschaften des öffentlichen Rechts (zweiter Fall) nur solche im organisatorischen Sinn erfasst zu sein2351. VerwaltungshelferInnen unterliegen diesem verfassungsrechtlichen Verschwiegenheitspostulat nicht. Ihr Handlungsbeitrag ist, da von der staatlichen Erfüllungsverantwortung abgespalten, nicht mehr Bestandteil der Verwaltungsaufgabe, sodass eine unmittelbare verfassungsrechtliche Bindung nicht mehr besteht. In diese Richtung dürfte im Ergebnis auch der VfGH zu verstehen sein, wenn er in dem bereits zitierten Erkenntnis betreffend das „Vorarlberger Gemeinderechenzentrum“ ausdrücklich darauf hinweist, dass das Amtsgeheimnis auf Grundlage des Art 20 Abs 3 B-VG gewahrt werden müsse und die Behörde demnach verhalten sei, die Einhaltung der Geheimhaltungsverpflichtung auch in jenen Fällen zu gewährleisten, in denen sie zur Unterstützung bei der Besorgung – hier der automationsunterstützten Datenverarbeitung durch einen Verein – von hoheitlichen (Teil-) 2346 Dies kann ein rechtliches, persönliches, ökonomisches oder politisches Interesse sein; vgl Bettina Perthold-Stoitzner, Die Auskunftspflicht der Verwaltungsorgane. Eine systematische Darstellung des Auskunftsrechts nach Art 20 Abs 4 B-VG und den ausführenden Gesetzen2 (1998) 164; Wieser, in: Korinek/ Holoubek (Hg), Bundesverfassungsrecht II/1, Art 20 Abs 3 B-VG Rz 35. 2347 Siehe auch Walter Berka, Whistleblower and Leaks. Von den Schwierigkeiten das Amtsgeheimnis zu wahren, in: ÖJK (Hg), Recht und Öffentlichkeit (2004) 71 sowie 73 ff. 2348 Siehe Perthold-Stoitzner, Auskunftspflicht2 145 ff; Wieser, in: Korinek/Holoubek (Hg), Bundesverfassungsrecht II/1, Art 20 Abs 3 B-VG Rz 19; Feik, in: Rill/ Schäffer (Hg), Bundesverfassungsrecht I, Art 20 Abs 3 B-VG Rz 7. 2349 Wieser, in: Korinek/Holoubek (Hg), Bundesverfassungsrecht II/1, Art 20 Abs 3 B-VG Rz 15 f. 2350 Holoubek, ÖZW 2000, 42; vgl auch Pürgy, JRP 2006, 307; Feik, in: Rill/Schäffer (Hg), Bundesverfassungsrecht I, Art 20 Abs 3 B-VG Rz 7. 2351 So Mayer, B-VG4 160; aber auch Hengstschläger, Geheimhaltungspflichten 15 f; Adamovich et al, Staatsrecht II Rz 27.065; Wieser, in: Korinek/Holoubek (Hg), Bundesverfassungsrecht II/1, Art 20 Abs 3 B-VG Rz 17 f; Feik, in: Rill/Schäffer (Hg), Bundesverfassungsrecht I, Art 20 Abs 3 B-VG Rz 7.
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Aufgaben auf Private zurückgreife2352. Die obrigkeitliche Verwaltung wird also durch die Verlagerung einzelner unterstützender Aufgabenelemente zwar keineswegs von ihrer Pflicht freigespielt, die ihr zukommenden verfassungsrechtlichen Verpflichtungen zu erfüllen und gegebenenfalls auf indirektem Weg den Schutz der Rechte Dritter durch geeignete Vorkehrungen zu deren Sicherung zu treffen2353, doch unterfallen die von ihr für die Erledigung einzelner Beiträge vorbereitenden bzw durchführenden Charakters herangezogenen Privaten nicht selbstredend und unmittelbar Art 20 Abs 3 B-VG2354. Davon geht wohl auch der einfache Gesetzgeber aus, wenn er etwa die Bauaufsichtsorgane für Deponien gem § 49 Abs 4 AWG 2002 ausdrücklich zur Wahrung der ihnen zur Kenntnis gelangenden Betriebs- sowie Geschäftsgeheimnisse verpflichtet und damit zugleich einen strafrechtlichen Tatbestand iZm § 122 StGB schafft2355. Weiters hervorzuheben ist, dass die Geheimhaltungspflicht nur tatsächlich geheime, aus der amtlichen Tätigkeit bekannt gewordene Tatsachen umfasst. Als solche Schutzobjekte sind jene zu betrachten, deren Kenntnis sich auf einen geschlossenen oder schließbaren Kreis von Personen bezieht. Hingegen unterliegen allgemein bekannte oder jene Tatsachen, die einem größeren Kreis von Personen, die selbst nicht zur Verschwiegenheit verpflichtet sind, bekannt sind, nicht dem Verschwiegenheitstatbestand. Zusätzlich hat jeweils ein berücksichtigungswürdiges Erfordernis eines konkreten Geheimhaltungsinteresses zu bestehen; das Vorliegen an sich geheimer, amtlicher Tatsachen reicht demnach nicht aus. Vielmehr muss an der Geheimhaltung ein rechtlich zu schützendes öffentliches oder privates Interesse bestehen und die Geheimhaltung in einem der genannten Interessen auch geboten sein2356. Zur Feststellung der Begrenzung der Amtsverschwiegenheit ist folglich eine Interessenabwägung durchzuführen2357. Was schließlich den Begriff der Partei betrifft, so ist dieser umfassend zu verstehen, wonach je2352 VfSlg 8844/1980. 2353 Durch statutarische oder vertragliche Vorsorge; so Funk, in: Krejci/Ruppe (Hg), Rechtsfragen 18; vgl weiters Schäffer, in: Bundeskammer (Hg), Erfüllung 84. Aus der deutschen Lit zum „Gewährleistungsverwaltungsrecht“ Voßkuhle, in: VVDStRL 62, 319. 2354 Rose-Kaan, ÖZW 1980, 122. 2355 Vgl hiezu auch VwGH 19.11.1998, 98/07/0165; zum strafrechtlichen Geheimnisschutz etwa Peter Lewisch, § 122 StGB, in: Frank Höpfel/Eckart Ratz (Hg), Wiener Kommentar zum Strafgesetzbuch2 (Stand 2008) Rz 3 ff. Siehe aber auch sogleich die Ausführungen zu § 310 StGB. 2356 Kucsko-Stadlmayer, Disziplinarrecht4 273 f. 2357 Ellinger, in: Doralt et al (Hg), FS Stoll 298; zumindest im Hinblick auf den Schutz privater Geheimhaltungsinteressen Feik, in: Rill/Schäffer (Hg), Bundesverfassungsrecht I, Art 20 Abs 3 B-VG Rz 10 und 12 f.
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der geschützt ist, auf den sich Verwaltungstätigkeit mittelbar oder unmittelbar – unabhängig von einem konkreten Verwaltungsverfahren – bezieht2358. Wie zumindest der VfGH mehrfach aussprach, besteht kein subjektives Recht auf Wahrung der Amtsverschwiegenheit aufgrund von Art 20 Abs 3 B-VG2359. Sehr wohl kann sich ein solches aber etwa aus dem Grundrecht auf Datenschutz für personenbezogene Daten ergeben2360. Eine Verletzung der Amtsverschwiegenheit bleibt darüber hinaus freilich nicht sanktionslos. Strafrechtlich ist die Wahrung des Amtsgeheimnisses durch den Tatbestand der Verletzung des Amtsgeheimnisses nach Maßgabe des § 310 StGB2361, dienstrechtlich insbesondere aus §§ 46 iVm 91 2358 Ausführlich Wieser, in: Korinek/Holoubek (Hg), Bundesverfassungsrecht II/1, Art 20 Abs 3 B-VG Rz 21 ff; siehe weiters Ellinger, in: Doralt et al (Hg), FS Stoll 299; Novak, in: Bundeskanzleramt (Hg), Verwaltung 76; Adamovich et al, Staatsrecht II Rz 27.068; Perthold-Stoitzner, Auskunftspflicht2 149 ff; Feik, in: Rill/Schäffer (Hg), Bundesverfassungsrecht I, Art 20 Abs 3 B-VG Rz 12; Mayer, B-VG4 161. Bußjäger, ZfV 2005, 334, bezieht sowohl lebende als auch verstorbene Personen sowie deren Angehörige mitein. 2359 Etwa VfSlg 12838/1991 mwH; ablehnend zB Perthold-Stoitzner, Auskunftspflicht2 147 f; krit auch Wieser, in: Korinek/Holoubek (Hg), Bundesverfassungsrecht II/1, Art 20 Abs 3 B-VG Rz 38; Feik, in: Rill/Schäffer (Hg), Bundesverfassungsrecht I, Art 20 Abs 3 B-VG Rz 14. 2360 Siehe Adamovich et al, Staatsrecht II Rz 27.069; dies, Staatsrecht III Rz 42.083 ff; Mayer, B-VG4 161. 2361 Den strafrechtlichen Schutz der in Art 20 Abs 3 B-VG normierten Tatbestände zur Amtsverschwiegenheit gewährt insbesondere § 310 StGB; Manfred Hohenecker, Der Notstand und das Amtsgeheimnis. Eine Besprechung der Entscheidungen des OLG Graz vom 8.4.1992 und vom 28.7.1992, ÖJZ 1993, 505; zudem etwa Christian Bertel, § 310 StGB, in: Frank Höpfel/Eckart Ratz (Hg), Wiener Kommentar zum Strafgesetzbuch2 (Stand 2010) Rz 4 ff; Hubert Hinterhofer/Christian Rosbaud, Strafrecht. Besonderer Teil II5 (2012) 442 f. Der in § 310 StGB verwendete BeamtInnenbegriff ist gem § 74 Abs 1 Zif 4 StGB als ein rein „funktionaler“ zu verstehen. Demnach ist Beamtin bzw Beamter iSd StGB jede physische Person, die dazu bestellt ist, namens einer Gebietskörperschaft oder einer anderen Person des öffentlichen Rechts als deren Organ allein oder gemeinsam mit einem anderen Rechtshandlungen vorzunehmen (1. Fall) oder die sonst mit Aufgaben der Bundes-, Landes- oder Gemeindeverwaltung betraut ist (2. Fall); siehe Maria-Luise Nittel, § 74 StGB, in: Otto Triffterer et al (Hg), StGB. Salzburger Kommentar zum Strafgesetzbuch II (Stand 2006) Rz 12 ff und 25). Daraus wird geschlossen, dass ein dienstrechtliches Ernennungs- oder Anstellungsverhältnis, die Einbindung in die Organisationsstruktur des Rechtsträgers oder die Dauer der Verwendung keine Voraussetzungen der gegenständlichen BeamtInneneigenschaft seien (SSt 53/40). Wesentlich sei allein die im Namen und mit Willen des Rechtsträgers erfolgte Ausübung der betreffenden Funktion; vgl Robert Jerabek et al, § 74 StGB, in: Frank Höpfel/Eckart Ratz (Hg), Wiener Kommentar zum Strafgesetzbuch2 (Stand 2010) Rz 2 ff. Zum
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BDG2362 sowie § 5 Abs 1 VBG und staatsrechtlich infolge von Art 142 f B-VG abgesichert2363. Für die in ihren Rechten Verletzten steht, folgt man der Ansicht des VfGH, mangels eines subjektiven öffentlichen Rechts – bei 1. Fall zählen auch unstreitig die Beliehenen (Nittel, in: Triffterer et al (Hg), SbgKom II § 74 StGB Rz 16 und 25); so zB die Mautaufsichtsorgane (Wessely, ZVR 2004, 235), Jagd- und Forstschutzorgane (Christian Bertel, § 302 StGB, in: Frank Höpfel/Eckart Ratz (Hg), Wiener Kommentar zum Strafgesetzbuch2 (Stand 2010) Rz 9) oder die Organe beliehener Unternehmen etwa bei wiederkehrenden Gutachten nach § 57a KFG (so Wolfgang Zagler, § 302 StGB, in: Otto Triffterer et al (Hg), StGB. Salzburger Kommentar zum Strafgesetzbuch V (Stand 2002) Rz 35; ebenso Bertel, in: Höpfel/Ratz (Hg), WK2 § 302 StGB Rz 12 f; so mittlerweile auch Hinterhofer/Rosbaud, Strafrecht BT II5 399). Schwieriger gestaltet sich die Umschreibung des 2. Falls, also die Zurechnung jener „sonst mit Aufgaben der Bundes-, Landes-, oder Gemeindeverwaltung“ betrauten Organe. Abgesehen davon, dass im Gegensatz zum 1. Fall das Kompetenzfeld des Beamtentypus grundsätzlich auf den Vollziehungsbereich der Gebietskörperschaften eingeschränkt ist, nennt § 74 Abs 1 Zif 4 StGB als Tätigkeitsbereich die umfassenden „sonstigen Aufgaben“, die weithin als „faktische Verrichtungen“ bezeichnet werden (Zagler, in: Triffterer et al (Hg), SbgKom V § 302 StGB Rz 50 ff). Der OGH hat hiezu – konkret im Zusammenhang mit § 302 StGB – etwa jene freiberuflich tätigen Tierärztinnen und Tierärzte subsumiert, die, ohne als Fleischuntersuchungsorgane beauftragt worden zu sein, bei Notschlachtungen zur Vornahme einer Schlachttieruntersuchung befugt waren und die dabei erzielten Ergebnisse (iSd mittlerweile außerkraftgetretenen § 45 FUG) aufzuzeichnen hatten. Mit der generellen Ermächtigung zur Schlachttieruntersuchung vor Notschlachtungen und der daran geknüpften Protokollierung des Untersuchungsergebnisses wurden – so der OGH – den Tierärztinnen und Tierärzten in gleicher Weise wie einem bestellten Untersuchungsorgan „hoheitliche Aufgaben der Bundesverwaltung, nämlich die wesentliche Mitwirkung an der Lebensmittelkontrolle, übertragen“, sodass sie daher (funktional) als Beamte iSd § 74 Abs 1 Zif 4 (2. Fall) StGB handelten. Aus diesem Erkenntnis wäre nun abzuleiten, dass der BeamtInnenbegriff des § 74 Abs 1 Zif 4 (2. Fall) StGB grundsätzlich auch jene echten Privaten erfassen würde, die lediglich einen (Teil-)Beitrag zur Erfüllung einzelner hoheitlicher Aufgaben leisten, ohne dass diesen die Kompetenz zur Setzung von Hoheitsakten ieS eingeräumt wäre. Infolge des hier verfolgten Ansatzes der funktionalen Privatisierung soll jedoch zu bedenken gegeben werden, dass in diesen Fällen nicht vom Vorliegen einer Organstellung der Privaten auszugehen ist und vor allem der Handlungsbeitrag dieser, da ja von der staatlichen Erfüllungsverantwortung abgespalten, gar nicht mehr Bestandteil der Verwaltungsaufgabe ist. Die Konsequenz müsste daher sein, dass VerwaltungshelferInnen nicht als Beamte gem § 74 Abs 1 Zif 4 StGB anzusehen sind. 2362 Siehe insbesondere Kucsko-Stadlmayer, Disziplinarrecht4 264; weiters Wolfgang Fellner (Hg), § 46 BDG, Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 (Stand 2012) Anm 1 und 4. 2363 Zu den Folgen der Verletzung der Amtsverschwiegenheitspflicht auch Feik, in: Rill/Schäffer (Hg), Bundesverfassungsrecht I, Art 20 Abs 3 B-VG Rz 19.
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Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen – aber lediglich der indirekte Weg der Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen im Rahmen der Amtshaftung zur Verfügung2364. 14. Auskunftspflicht
Im systematischen Kontext zur Amtsverschwiegenheit – und damit auch verbunden mit der Frage nach der Beziehung von Geheimnisschutz und Transparenz im Mediationsverfahren – steht quasi als Gegenstück die allgemeine Auskunftspflicht der Verwaltung gem Art 20 Abs 4 B-VG2365, womit grundsätzlich das Informationsbedürfnis der BürgerInnen über die Verwaltung(stätigkeit) befriedigt werden soll. Hienach haben jedenfalls alle genannten Organe2366 über Angelegenheiten ihres Wirkungsbereichs Auskünfte zu erteilen, soweit eine (einfach- oder verfassungs-)gesetzliche Verschwiegenheitspflicht dem nicht entgegensteht2367. Nähere Regelungen zu Umfang und Verfahren der Auskunftsverpflichtung sind vom zuständigen einfachen (Bundes- oder Landes-)Gesetzgeber2368 zu treffen2369. a) Die Divergenz gem Art 20 Abs 4 B-VG
Wie schon bei der Regelung der Amtsverschwiegenheit wird bei der Auskunftspflicht (zumindest in Abs 4 Satz 1 leg cit) grundsätzlich ebenso auf einen funktionellen Organbegriff abgestellt, wodurch – wie es auf den ersten Blick scheint – auch in diesem Fall die Beliehenen2370, nicht aber die VerwaltungshelferInnen, in gleichem Maße miterfasst gelten. Jedoch schränkt der Verfassungsgesetzgeber den Kreis der verpflichteten Organe in Satz 2 2364 Siehe Adamovich et al, Staatsrecht II Rz 27.069; Wieser, in: Korinek/Holoubek (Hg), Bundesverfassungsrecht II/1, Art 20 Abs 3 B-VG Rz 55. 2365 Siehe etwa Feik, in: Rill/Schäffer (Hg), Bundesverfassungsrecht I, Art 20 Abs 3 B-VG Rz 3 f. 2366 Nach Meinung etwa von Perthold-Stoitzner, Auskunftspflicht2 115 ff sowie 146 f, Organe iSv Organisationseinheiten; ebenso Wieser, in: Korinek/Holoubek (Hg), Bundesverfassungsrecht II/1, Art 20 Abs 4 B-VG Rz 25. 2367 Berufliche Vertretungen sind nur gegenüber ihren Mitgliedern bzw Zugehörigen auskunftspflichtig. 2368 Vgl hiezu das AuskunftspflichtG, BGBl 287/1987 idF BGBl I 158/1998, das Auskunftspflicht-GrundsatzG, BGBl 286/1987 idF BGBl I 158/1998, und die diversen Ausführungsgesetze der Länder. 2369 Adamovich et al, Staatsrecht II Rz 27.070; Walter et al, Bundesverfassungsrecht10 Rz 586. 2370 Bernd Wieser, Art 20 Abs 4 B-VG, in: Karl Korinek/Michael Holoubek (Hg), Österreichisches Bundesverfassungsrecht. Textsammlung und Kommentar II/1 (Stand 2001) Rz 14. Ohne Differenzierung eine Auskunftspflicht für Beliehene annehmend Pürgy, JRP 2006, 307.
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dem Wortlaut nach sogleich ein, indem er hinsichtlich der dem einfachen Gesetzgeber einzuräumenden Kompetenz, nähere Regelungen für die Auskunftspflicht zu treffen, ausdrücklich auf einen organisatorischen Organbegriff umschwenkt2371, demzufolge Satz 2 nicht alle in Satz 1 verpflichteten Organe umfasst. Die Divergenz, die dadurch entsteht, betrifft diejenigen Organe, die zwar nicht organisatorisch dem Bund, einem Land oder einer Gemeinde zuzurechnen sind, wohl aber, wie gerade die Beliehenen, funktionell deren Verwaltungsaufgaben zu besorgen haben2372. Es drängt sich also die Frage auf, ob für die nicht genannten Organe überhaupt eine Verpflichtung zur Auskunftserteilung besteht. Dies zu beantworten, stellt aber kein einfaches Unterfangen dar. So bildet bereits eine hiemit im engen Zusammenhang stehende erste Schwierigkeit die Beurteilung der in Art 20 Abs 4 Satz 1 B-VG geregelten Verpflichtung der Organe zur Erteilung von Auskünften, denn es ist aufgrund des Wortlauts der Norm keinesfalls eindeutig2373, ob sich daraus ein objektives oder vielleicht doch subjektives öffentliches Recht ableiten lässt. Dementsprechend uneinheitlich sind auch die Meinungen in Schrifttum und Rechtsprechung. Im Gegensatz zur älteren Lit2374 verneint insbesondere der VfGH das Vorliegen eines subjektiven Rechts auf Auskunftserteilung wegen des fehlenden „hinlänglich individualisierten Parteiinteresses“. Besagte Norm sei nur als objektive verfassungsrechtliche Verpflichtung betreffend den in dieser Bestimmung für zuständig erklärten einfachen Gesetzgeber zu verstehen, den Umfang und das Verfahren der Auskunftsverpflichtung näher auszugestalten und dabei den AuskunftswerberInnen auch entsprechende, aber eben auf einfachgesetzlicher Ebene fußende subjektive Rechte auf Erteilung der Auskunft einzuräumen. Außerdem deute schon der Umstand, dass Art 20 Abs 4 B-VG eine kompetenzrechtliche Bestimmung enthalte, darauf hin, dass es sich dabei lediglich um eine objektive Norm handle. Und schließlich müsse beachtet werden, dass diese Regelung systematisch in unmittelbarem Anschluss an das Legalitätsprinzips des Art 18 B-VG, der Verpflichtung zur Amtsverschwiegenheit in Art 20 Abs 3 B-VG und jener der Amtshilfe in 2371 Walter et al, Bundesverfassungsrecht10 Rz 586/1. Ohne Unterscheidung und dabei wohl auf einen funktionellen Organbegriff abstellend Novak, in: Bundeskanzleramt (Hg), Verwaltung 76. 2372 Perthold-Stoitzner, Auskunftspflicht2 194 ff; Johannes Hengstschläger/David Leeb, Verfahrensrechtliche Fragen der Auskunftspflicht gem Art 20 Abs 4 B-VG unter besonderer Berücksichtigung des APG des Bundes und des oö APG (Teil I), JBl 2003, 271 f. 2373 Perthold-Stoitzner, Auskunftspflicht2 60. 2374 Nachweise hiezu bei Wieser, in: Korinek/Holoubek (Hg), Bundesverfassungsrecht II/1, Art 20 Abs 4 B-VG Rz 7.
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Art 22 B-VG eingebettet sei, denen allesamt kein verfassungsgesetzlich gewährleistetes subjektives Recht entnommen werden könne2375. Von der Lehre wurde jene, die Auskunftspflicht auf eine bloß objektivrechtliche Verpflichtung einschränkende, Auffassung des VfGH durchwegs kritisch aufgenommen und mit den – freilich zumeist näher ausgeführten – Überlegungen abgelehnt, dass diese nicht den Intentionen des historischen Verfassungsgesetzgebers, nämlich eine auf die zuvor bestehende Bestimmung des § 3 Zif 5 BMG abgestimmte und möglichst einheitliche Regelung des Auskunftsrechts zu schaffen, entspräche2376. Demgegenüber unstrittig ist zumindest, dass der einfache Gesetzgeber dazu verfassungsgesetzlich verpflichtet ist, den AuskunftswerberInnen ein subjektives Recht auf Erteilung der begehrten Auskunft verbunden „mit der rechtlichen Garantie, dieses als Partei in einem gehörigen Verwaltungsverfahren und letztlich vor dem VwGH durchsetzen zu können“2377, einzuräumen. Ebenso unumstritten erscheint die Meinung, dass auf einfachgesetzlicher Ebene auch tatsächlich ein derartiges subjektives Recht besteht2378. Nachdem aber nun – wie vorhin festgestellt – Art 20 Abs 4 Satz 2 B-VG nicht alle in Satz 1 genannten Organe erfasst, und sich darüber hinaus der einfache (Bundes- sowie Landes-)Gesetzgeber an der verfassungsgesetzlichen Umschreibung orientiert, könnte davon ausgegangen werden, dass hinsichtlich der Tätigkeit von Beliehenen kein einfachgesetzlich gewährleistetes Recht auf Auskunft existiert2379 bzw – nachdem Art 20 Abs 4 Satz 2 B-VG primär eine Kompetenzbestimmung darstellt – hinsichtlich der nicht genannten Organe auch keine Ausgestaltungsermächtigung vorliegt2380. 2375 VfSlg 12838/1991. 2376 So etwa von Walter et al, Bundesverfassungsrecht10 Rz 586/4, die hierin sowohl einen einfach- als auch verfassungsgesetzlichen Rechtsanspruch erkennen; ablehnend ebenfalls Perthold-Stoitzner, Auskunftspflicht2 59 ff, die angesichts der Auslegung der Gesetzesmaterialien und des in diesen enthaltenen Verweises auf den zuvor in Geltung gestandenen § 3 Zif 5 BMG und des systematischen Zusammenhangs mit dem Rechtsstaatsprinzips darin ein verfassungsgesetzlich gewährleistetes subjektives Recht auf Auskunft normiert sieht. Krit darüber hinaus Hengstschläger/Leeb, JBl 2003, 270 f; zur gegensätzlichen Diskussion siehe weiters Wieser, in: Korinek/Holoubek (Hg), Bundesverfassungsrecht II/1, Art 20 Abs 4 B-VG Rz 8 f; Mona Konecny/Susanne Augenhofer, Amtshaftung für falsche Auskünfte, JAP 2000/2001, 167. 2377 So Wieser, in: Korinek/Holoubek (Hg), Bundesverfassungsrecht II/1, Art 20 Abs 4 B-VG Rz 10. 2378 Vgl Wieser, in: Korinek/Holoubek (Hg), Bundesverfassungsrecht II/1, Art 20 Abs 4 B-VG Rz 11; Hengstschläger/Leeb, JBl 2003, 271; Schragel, AHG3 Rz 94. 2379 Hengstschläger/Leeb, JBl 2003, 272. 2380 Perthold-Stoitzner, Auskunftspflicht2 197.
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Angesichts der Begründungslinie des VfGH im vorhin angeführten Erkenntnis, wonach die Auskunftspflicht gem Art 20 Abs 4 B-VG lediglich als eine – objektive – verfassungsrechtliche Verpflichtung des in dieser Vorschrift für zuständig erklärten einfachen Gesetzgebers zu verstehen sei2381, scheint von besagter Norm ausschließlich der jeweilige Ausführungsgesetzgeber in die Pflicht genommen, die einzelnen Organe jedoch gar nicht angesprochen zu sein. Dies ließe aber – in Anbetracht der divergenten Erfassung der Organe in Satz 1 und 2 leg cit – das Ergebnis zu, dass für die von den einfachen Gesetzen nicht erfassten Organe überhaupt keine Verpflichtung zur Auskunftserteilung besteht2382. Dieser Ansicht und vor allem der zuvor dargelegten Divergenz in Art 20 Abs 4 B-VG tritt jedoch Perthold-Stoitzner – ihr folgend Wieser2383 – mit weiterführenden Überlegungen entgegen, die sodann zu einem anderen Ergebnis führen. Sie löst nämlich diese vermeintliche Einschränkung methodisch insofern auf, als sie die („offensichtlich unbeabsichtigte“) Nichtberücksichtigung einzelner Organe in Satz 2 gegenüber Satz 1 als eine „echte Lücke“ qualifiziert2384, die sich – trotz der Generalklausel des Art 15 Abs 1 B-VG – durch analoge Anwendung der Kompetenzverteilungsregeln von Satz 2 auf die nicht erfassten Fälle von Satz 1 schließen lasse2385. Diese Ansicht hat zur Folge, dass sich die Ausgestaltungsermächtigung des Art 20 Abs 4 Satz 2 B-VG auch auf Verwaltungsorgane des Bundes, des Landes und der Gemeinden im bloß funktionellen Sinn, also auch auf die Beliehenen2386, erstreckt. Fraglich bleibt hiebei, ob der Lückenschluss bloß auf verfassungsgesetzlicher Ebene erfolgt. Ausdrücklich bejaht dies Wieser, der schließlich, insoweit nun in den einfachgesetzlichen Ausführungsbestimmungen hinsicht2381 VfSlg 12838/1991. 2382 So wohl (mittlerweile) Mayer, B-VG4 162. 2383 Wieser, in: Korinek/Holoubek (Hg), Bundesverfassungsrecht II/1, Art 20 Abs 4 B-VG Rz 22. 2384 Zur Überwindung planwidriger Unvollständigkeiten im Verfassungsrecht durch Analogie siehe zB Schäffer, Verfassungsinterpretation 68 f; Hengstschläger, Geheimhaltungspflichten 20 f. 2385 Perthold-Stoitzner, Auskunftspflicht2 196 ff. Sowohl eine extensive Interpretation des Art 20 Abs 4 Satz 2 B-VG im Hinblick auf Satz 1 als auch umgekehrt eine einschränkte Interpretation des Satzes 1 lehnt sie angesichts des klaren Wortlauts der Bestimmung und der Entstehungsgeschichte ab. Ihr folgend Bußjäger, Organisationshoheit 208 f; Wieser, in: Korinek/Holoubek (Hg), Bundesverfassungsrecht II/1, Art 20 Abs 4 B-VG Rz 22 sowie grundsätzlich Hengstschläger/ Leeb, JBl 2003, 272. 2386 Hinsichtlich des Bundes etwa die Österreichische Nationalbank, im Bereich der Länder zB die Jagd- und Fischereiaufsichtsorgane; so Perthold-Stoitzner, Auskunftspflicht2 199 und 201.
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lich des personellen Geltungsbereichs weitgehend an den Wortlaut des 2. Satzes angeknüpft werde2387, davon ausgeht, dass die zuständigen Gesetzgeber die ihnen eingeräumte Ermächtigung (derzeit) nicht zur Gänze ausschöpften2388. Dies habe wiederum unter Berücksichtigung des verfassungsgerichtlichen Erkenntnisses für die einfachgesetzlich nicht erfassten Fälle zur Konsequenz, dass diese Organe demnach im Umfang der besorgten Verwaltungsaufgaben der objektiv-rechtlichen Auskunftsverpflichtung unmittelbar nach Maßgabe des Art 20 Abs 4 Satz 1 B-VG unterliegen2389. Während den betroffenen AuskunftswerberInnen gegenüber den von den einfachen Gesetzen erfassten Organen ein subjektives Recht auf Erteilung einer Auskunft zukommt, scheint damit ein unmittelbar durchsetzbares Recht auf Auskunft für die nicht erfassten Fälle aber nicht gegeben zu sein. Anders beurteilt dies Perthold-Stoitzner, die – entgegen der Ansicht des VfGH – weiterhin vom Vorliegen sowohl einer materiellen als auch einer prozessualen Berechtigung ausgeht, sodass ihrer Meinung nach das Recht auf Auskunft nach Art 20 Abs 4 B-VG unmittelbar auf Grund der Verfassung durchsetzbar sei. Die verpflichtenden Organe seien demnach auch in jenen Fällen, in denen einfachgesetzliche Ausführungsbestimmungen nicht ergangen sind, verpflichtet, bescheidmäßig über die Ablehnung eines Auskunftsbegehrens abzusprechen2390. Hengstschläger/Leeb gelangen demgegenüber mit gewichtigen Argumenten zum Ergebnis, dass jene Bestimmungen in den Auskunftspflichtgesetzen, die deren Anwendungsbereich regeln, analog auf die ungeregelten Fälle anzuwenden seien2391. Ihrer Meinung nach schlage nämlich die planwidrige Lücke auf der Kompetenzebene auf die einfachgesetzliche Ebene durch, weshalb auch in diesem Bereich eine echte Lücke anzunehmen sei. Somit unterliegen die in Art 20 Abs 4 Satz 2 B-VG nicht genannten Organe der (einfachgesetzlich geregelten) Auskunftspflicht und es bestehe folglich auch in diesem Bereich ein subjektives Recht auf Auskunft. Eine Analogie bloß auf verfassungsrechtlicher Ebene – wie sie Wieser und Perthold- 2387 So jedenfalls in § 1 Abs 1 AuskunftspflichtG, § 1 Auskunftspflicht-GrundsatzG sowie auf landesgesetzlicher Ebene etwa in § 1 Abs 1 Stmk AuskunftspflichtG. 2388 Wieser, in: Korinek/Holoubek (Hg), Bundesverfassungsrecht II/1, Art 20 Abs 4 B-VG Rz 23. Im Ergebnis so auch Perthold-Stoitzner, Auskunftspflicht2 200 sowie 202. 2389 Wieser, in: Korinek/Holoubek (Hg), Bundesverfassungsrecht II/1, Art 20 Abs 4 B-VG Rz 23. 2390 Perthold-Stoitzner, Auskunftspflicht2 195 FN 40. 2391 Hengstschläger/Leeb, JBl 2003, 272, verweisen in diesem Zusammenhang auf die Judikatur des VfGH, worin dieser in einzelnen Fällen vermeintlich gleichheitswidrige Ergebnisse durch einen analogen Lückenschluss abwendet; VfSlg 10612/1985; VfSlg 13486/1993; zuletzt VfGH 9.3.2006, V 96/05.
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Stoitzner präferieren – hätte ihrer Meinung nach zur Folge, dass die einfachgesetzlichen Bestimmungen über den Anwendungsbereich der Auskunftspflichtgesetze verfassungswidrig wären, da sie dann dem Gebot des Art 20 Abs 4 Satz 1 B-VG nur unvollständig entsprechen würden2392. b) Einzelfragen zum Recht auf Auskunft
Die Auskunftspflicht besteht sowohl für Angelegenheiten der Hoheits- als auch für jene der Privatwirtschaftsverwaltung, nicht jedoch für die der Gerichtsbarkeit und die Organe der Gesetzgebung ieS2393. Schwierig gestaltet sich die Beschreibung des Auskunftsbegriffs, der erst im Zuge der mittlerweile ergangenen Judikatur an Profil gewann. Nunmehr kann in erster Linie von Auskünften in Form von Wissenserklärungen ausgegangen werden, die Rechte weder gestalten noch bindend feststellen2394. Zu Erklärungen mit Rechtsfolgewillen sind die Organe nicht verpflichtet, ebenso wenig ist die Verwaltung zu umfangreichen Ausarbeitungen oder zur Erstellung von Gutachten angehalten2395. Der Gegenstand einer Auskunft hat aber auf gesichertem und zum Zeitpunkt der Anfrage der Verwaltung bereits bekanntem Wissen zu beruhen2396. Ein Recht auf Akteneinsicht ist damit aber nicht verbunden, es kann jedoch die Einsicht gewährt werden2397. Restriktiv ist außerdem das aus der allgemeinen Auskunftsverpflichtung prinzipiell erfließende Recht auf Erteilung von Rechtsauskünften zu verstehen2398. Wesentlich ist auch, dass die Wissenserklärungen richtig und vollständig sind2399. Darüber hinaus soll im Hinblick auf die gegenständliche Untersuchung einer der Auskunftsverweigerungsgründe hervorgehoben werden: und zwar jener der gesetzlichen Verschwiegenheitspflichten. Erfasst sind hievon sowohl verfassungs- als auch einfachgesetzliche, nicht jedoch untergesetzrangige Verschwiegenheitsbestimmungen. Das um Auskunft ersuchte Organ hat im jeweiligen Fall zu beurteilen bzw abzuwägen, ob und inwieweit eine Verpflichtung zur Verschwiegenheit dem Auskunftsbegehren entgegen2392 Hengstschläger/Leeb, JBl 2003, 272. 2393 Wieser, in: Korinek/Holoubek (Hg), Bundesverfassungsrecht II/1, Art 20 Abs 4 B-VG Rz 26 ff; Schragel, AHG3 Rz 94; Mayer, B-VG4 163. 2394 Vgl Heribert Harbich, Auskunftspflicht in der Justizverwaltung, RZ 1992, 171 f. 2395 Schragel, AHG3 Rz 94 sowie 295. 2396 Siehe zB OGH 1.7.2004, 1 Ob 173/03b. Aus der Lit insbesondere zur Absichtserklärung Peter Mader, Zur Amtshaftung der Gemeinde, in: Robert Rebhahn (Hg), Beiträge zum Kärntner Gemeinderecht (1998) 177 ff. 2397 So auch Bußjäger, ZfV 2005, 333. 2398 Hiezu Wieser, in: Korinek/Holoubek (Hg), Bundesverfassungsrecht II/1, Art 20 Abs 4 B-VG Rz 29 ff; vgl Mayer, B-VG4 163. 2399 So bereits Puck, in: Aicher (Hg), Haftung 180 f. Siehe auch OGH 22.2.2000, 1 Ob 14/00s; hiezu Konecny/Augenhofer, JAP 2000/2001, 168.
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steht. Vorrangig werden dabei die Amtsverschwiegenheitspflichten nach Art 20 Abs 3 B-VG zu berücksichtigen sein. Diese bestehen – es sei wiederholt – bezüglich aller ausschließlich aus der amtlichen Tätigkeit bekannt gewordenen Tatsachen, deren Geheimhaltung im dort näher umschriebenen öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse der Parteien geboten ist2400. Abschließend ist hier auch schon im Hinblick auf die Tätigkeit von MediatorInnen auf die amtshaftungsrechtlichen Folgen zu verweisen. Sowohl die Erteilung der Auskunft gem Art 20 Abs 4 B-VG bzw den einfachgesetzlichen Ausführungsbestimmungen als auch deren Verweigerung stellen Verhaltensweisen dar, die, zumindest soweit sie im Rahmen der Hoheitsverwaltung erfolgen2401, aufgrund des inhaltlichen Nahebezugs zur Setzung hoheitlicher Akte als Hoheitsverwaltung iSd Art 23 B-VG („in Vollziehung der Gesetze“) und des dazu ergangenen Amtshaftungsgesetzes zu qualifizieren sind. Vorbehaltlich des Vorliegens der weiteren Voraussetzungen (Vorliegen eines Schadens etc) kann daher eine fehlerhafte Auskunft ebenso zu amtshaftungsrechtlichen Ansprüchen führen2402 wie die rechtswidrige Unterlassung der Auskunftserteilung2403. 15. Amtshilfe
Aus Art 22 B-VG geht hervor, dass alle Organe des Bundes, der Länder, der Gemeinden und jüngst2404 auch explizit der Gemeindeverbände sowie der sonstigen Selbstverwaltungskörper im Rahmen ihres gesetzmäßigen Wirkungsbereichs2405 zur Amtshilfe, also zur notwendigen Unterstützung und 2400 Vgl Wieser, in: Korinek/Holoubek (Hg), Bundesverfassungsrecht II/1, Art 20 Abs 4 B-VG Rz 38 ff. Siehe auch Schragel, AHG3 Rz 94. 2401 Perthold-Stoitzner, Auskunftspflicht2 39, geht davon aus, dass in diesem Fall keine Unterscheidung zwischen Hoheits- und Privatwirtschaftsverwaltung vorzunehmen sei; ebenso Schragel, AHG3 Rz 94; aA Harbich, RZ 1992, 172. 2402 Etwa zur Wahrung des Dispositionsschutzes vgl OGH 22.2.2000, 1 Ob 14/00s; OGH 1.7.2004, 1 Ob 173/03b. 2403 OGH 1.7.2004, 1 Ob 173/03b; aus dem Schrifttum etwa Schragel, AHG3 Rz 295. Explizit zur unrichtigen Wissenserklärung, die mit Rechtsmitteln nicht angefochten werden kann, Wieser, in: Korinek/Holoubek (Hg), Bundesverfassungsrecht II/1, Art 20 Abs 4 B-VG Rz 76; Johannes Hengstschläger/David Leeb, Verfahrensrechtliche Fragen der Auskunftspflicht gem Art 20 Abs 4 B-VG unter besonderer Berücksichtigung des APG des Bundes und des oö APG (Teil II), JBl 2003, 356; zu letzterer Aussage aA wohl Perthold-Stoitzner, Auskunftspflicht2 247. 2404 Siehe die B-VG-Novelle, BGBl I 51/2012. 2405 Zum Wirkungsbereich Ewald Wiederin, Art 22 B-VG, in: Karl Korinek/Michael Holoubek (Hg), Österreichisches Bundesverfassungsrecht. Textsammlung und Kommentar II/1 (Stand 1999) Rz 27 ff.
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kooperativen Zusammenarbeit im Einzelfall2406, verpflichtet und umgekehrt befugt sind, diese auf Ersuchen in Anspruch zu nehmen2407. Die Amtshilfe stellt dabei also bloß darauf ab, tatsächliche Schwierigkeiten bei der Tätigkeit der Organe zu überwinden und die Effizienz zu erhöhen. Sie darf jedoch nicht rechtliche Unzulänglichkeiten überspielen. Folglich muss dem ersuchenden Organ die konkrete und dem ersuchten Organ die abstrakte Kompetenz zukommen. Ob diese Voraussetzungen vorliegen, hat das ersuchte Organ bei jedem einzelnen Ersuchen zu prüfen2408. Der – insbesondere gegenüber Art 20 Abs 3 B-VG – eingeschränkte AdressatInnenkreis deutet auf einen Organbegriff im organisatorischen Sinn hin2409, demzufolge ua beliehene Rechtsträger und insbesondere VerwaltungshelferInnen von der verfassungsrechtlich normierten Hilfeleistungspflicht nicht erfasst sind. Rechtlich unbedenklich sei – so insbesondere Wiederin2410 – jedoch eine Ausdehnung der wechselseitigen Hilfeleistung auf Organe, die nicht in Art 22 B-VG genannt sind2411, durch den einfachen Gesetzgeber2412, da Art 22 leg cit Amtshilfe zwischen Gebietskörperschaften außer Streit stelle, sie jedoch nicht auf deren Organe beschränkt wissen wolle. Damit scheidet aber die Hilfeleistungspflicht bzw -befugnis für behördenunabhängige KonfliktmittlerInnen bzw für beliehene MediatorInnen zumindest ohne eine entsprechende gesetzliche Regelung jedenfalls aus. Art 22 B-VG ist übrigens unmittelbar anwendbar. Ein subjektives öffentliches Recht gewährt diese Bestimmung jedoch nicht; dies insbesondere 2406 Siehe 17102/2004. Hiezu Wiederin, in: Korinek/Holoubek (Hg), Bundesverfassungsrecht II/1, Art 22 B-VG Rz 13 f. 2407 Walter et al, Bundesverfassungsrecht10 Rz 581. 2408 Hengstschläger, Geheimhaltungspflichten 65; Walter et al, Bundesverfassungsrecht10 Rz 581. 2409 So die hL wie etwa Wiederin, in: Korinek/Holoubek (Hg), Bundesverfassungsrecht II/1, Art 22 B-VG Rz 19 ff mwN; Holoubek, ÖZW 2000, 41; Raschauer, Verwaltungsrecht3 Rz 421; Mayer, B-VG4 169. 2410 Wiederin, in: Korinek/Holoubek (Hg), Bundesverfassungsrecht II/1, Art 22 B-VG Rz 23 und 50; weiters Pürgy, JRP 2006, 307; so wohl auch Adamovich et al, Staatsrecht II Rz 27.074. Auch Holoubek, ÖZW 2000, 41, hält eine solche Vorgehensweise grundsätzlich für denkbar, schränkt aber ein, dass eine Ausdehnung der Amtshilfepflicht nur insoweit zulässig sei, als dem betreffenden (ausgegliederten) Rechtsträger überhaupt gesetzlich Aufgaben zur Besorgung übertragen sind. Denn das ersuchte Organ nehme bei der Amtshilfe seinen eigenen „gesetzmäßigen Wirkungsbereich“ wahr. Es handle sich dabei also nicht um Fälle des funktionellen Organhandelns für das ersuchende Organ. 2411 Vgl etwa § 14 Abs 1 Devisengesetz 2004. 2412 Bußjäger, Organisationshoheit 212, weist darauf hin, dass nähere Bestimmungen zur Amtshilfeleistung immer nur vom zuständigen „gegenbeteiligten“ Gesetzgeber zu treffen seien.
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deshalb, da die Amtshilfe in einer Pflichtenbeziehung zwischen Staatsorganen besteht2413 und bloß den staatlichen Binnenbereich regelt. Die Rechtssphäre der BürgerInnen tangiert Art 22 B-VG nicht2414. Soll jedoch die Amtshilfe mit Eingriffen in Rechte Außenstehender verbunden sein, dann bedarf dies einer anderweitigen, eigenen gesetzlichen Grundlage2415. Nicht unerwähnt soll gerade in diesem Kontext das Spannungsverhältnis zwischen Amtshilfe iSv Informationshilfe2416 und Amtsverschwiegenheit bleiben2417. Auch wenn es sich hiebei um staatsinterne Vorgänge (zB Ermitteln, Verarbeiten und Übermitteln von personenbezogenen Daten) handelt, sind diese als grundrechtlich relevante Eingriffe zu deuten, die als solche wiederum einer gesetzlichen Legitimation bedürfen2418. Außerdem besteht darüber hinaus die Pflicht zur Wahrung der Amtsverschwiegenheit gegenüber solchen Personen, die ihrerseits zur Verschwiegenheit verpflichtet sind2419. Es könne – so Adamovich et al – daher die Informationshilfe in Form der Übermittlung von personenbezogenen Daten nicht ohne weiteres und ausschließlich auf die in Art 22 B-VG verankerte Amtshilfe gestützt werden. Vielmehr bedürfe es einer besonderen gesetzlichen Regelung, die zur informationellen Amtshilfe ermächtige2420. Dies führt sogleich zur Frage nach der staatlichen Verantwortlichkeit bei hoheitlicher Schadenszufügung. Als amtshaftungsrechtlich relevant erkennt Wiederin hiebei einerseits das rechtswidrige Verhalten des ersuchenden Organs für das Ersuchen sowie für die Weiterverwendung der erbrachten Hilfeleistungen und andererseits das ersuchte Organ für die Amtshilfehandlung und für die Amtshilfeleistung2421. 2413 Adamovich et al, Staatsrecht II Rz 27.075. 2414 Wiederin, in: Korinek/Holoubek (Hg), Bundesverfassungsrecht II/1, Art 22 B-VG Rz 11; Grabenwarter/Holoubek, Verfassungsrecht Rz 1019. 2415 Wiederin, in: Korinek/Holoubek (Hg), Bundesverfassungsrecht II/1, Art 22 B-VG Rz 51 ff. 2416 Vgl hiezu HiHWiederin, in: Korinek/Holoubek (Hg), Bundesverfassungsrecht II/1, Art 22 B-VG Rz 41. 2417 Hengstschläger, Geheimhaltungspflichten 64 FN 175 mwN; Bußjäger, Organisationshoheit 205 und 212; Feik, in: Rill/Schäffer (Hg), Bundesverfassungsrecht I, Art 20 Abs 3 B-VG Rz 18. 2418 Adamovich et al, Staatsrecht II Rz 27.077. 2419 VwSlg 6147 F/1986; 6780 F/1993; siehe aber auch Mayer, B-VG4 170; Bußjäger, ZfV 2005, 335. 2420 Adamovich et al, Staatsrecht II Rz 27.077; in diese Richtung auch Wiederin, in: Korinek/Holoubek (Hg), Bundesverfassungsrecht II/1, Art 22 B-VG Rz 51 und 62. Siehe aber auch Ellinger, in: Doralt et al (Hg), FS Stoll 300 f. 2421 Wiederin, in: Korinek/Holoubek (Hg), Bundesverfassungsrecht II/1, Art 22 B-VG Rz 64. Auf das ersuchte Organ abstellend Raschauer, Verwaltungsrecht3 Rz 423.
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16. Amtshaftung
Wesentlich erscheint schließlich der Verweis auf das Amtshaftungsrecht. Dieses erfährt zum einen seine verfassungsgesetzliche Verankerung in Art 23 B-VG2422 und zum anderen seine nähere Ausgestaltung, zu der Art 23 Abs 4 B-VG den einfachen Bundesgesetzgeber ausdrücklich verpflichtet2423, im AHG2424 und OrgHG2425. Art 23 Abs 1 B-VG sieht jedenfalls vor, dass der Bund, die Länder, die Gemeinden und die sonstigen Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts (etwa die Kammern und die Träger der Sozialversicherung) für den Schaden haften, den die als ihre Organe handelnden physischen Personen2426 in Vollziehung der Gesetze durch rechtswidriges und schuldhaftes Verhalten im Bereich der Hoheitsverwaltung (und Gerichtsbarkeit) – nicht aber in jenen der Gesetzgebung und den dazu erfolgenden vorbereitenden legistischen Tätigkeiten durch Verwaltungsorgane2427 sowie (aus historischen Gründen) der nichthoheitlichen Verwaltung (= Privatwirtschaftsver waltung)2428 – wem immer2429 zugefügt haben. Es haften also grundsätzlich die in Abs 1 leg cit abschließend aufgezählten Rechtsträger2430. Demgegen2422 Woraus aber keine Ansprüche unmittelbar ableitbar sind; siehe Gabriele KucskoStadlmayer, Art 23 B-VG, in: Karl Korinek/Michael Holoubek (Hg), Österreichisches Bundesverfassungsrecht. Textsammlung und Kommentar II/1 (Stand 1999) Rz 6. 2423 Vgl VfSlg 13476/1993. 2424 BGBl 20/1949 idF BGBl I 194/1999. 2425 BGBl 181/1967 idF BGBl 104/1985. 2426 Zum Organbegriff siehe zB Schragel, AHG3 Rz 23 f. 2427 OGH 12.8.2004, 1 Ob 231/03g. 2428 Etwa Kucsko-Stadlmayer, in: Korinek/Holoubek (Hg), Bundesverfassungsrecht II/1, Art 23 B-VG Rz 19 ff; Schragel, AHG3 Rz 55 ff und 72; Mayer, B-VG4 177; Raschauer, Verwaltungsrecht3 Rz 705 und 1324; ambivalent Hans Georg Koppensteiner, Privatrechtliche Aspekte der Erfüllung von Verwaltungsaufgaben durch Privatrechtssubjekte, in: Bundeskammer der gewerblichen Wirtschaft (Hg), Erfüllung von Verwaltungsaufgaben durch Privatrechtssubjekte (1974) 94 f. 2429 Art 23 Abs 1 B-VG enthält keine Einschränkung der Haftung auf näher bezeichnete Geschädigte; gehaftet wird grundsätzlich gegenüber jedermann; KucskoStadlmayer, in: Korinek/Holoubek (Hg), Bundesverfassungsrecht II/1, Art 23 B-VG Rz 36. Jedoch findet, um die Haftpflicht der Rechtsträger nicht uferlos werden zu lassen, auch im Amtshaftungsrecht die Lehre vom Schutzzweck der Normen Anwendung; siehe Willibald Posch, Rechtswidrigkeit, Verschulden und Schaden im Amtshaftungsrecht, in: Josef Aicher (Hg), Die Haftung für staatliche Fehlleistungen im Wirtschaftsleben (1988) 156. 2430 Kucsko-Stadlmayer, in: Korinek/Holoubek (Hg), Bundesverfassungsrecht II/1, Art 23 B-VG Rz 12.
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über sind zB beliehene Private nicht Rechtsträger im amtshaftungsrechtlichen Sinn und damit auch nicht passivlegitimiert2431, wenngleich für deren (hoheitliche) Schadenszufügung wiederum die Gebietskörperschaft einzustehen hat, der das – innerhalb des Beleihungsbereichs gesetzte2432 – Verhalten funktionell zuzurechnen ist2433. Keine Haftung trifft in diesen Fällen daher den Rechtsträger, dem das Organ organisatorisch zuzuordnen ist, auch wenn diesem bei der Bestellung allenfalls ein Auswahlverschulden vorgeworfen werden kann. Ist eine Zuordnung nicht möglich, kann – im Interesse der Geschädigten2434 – jedoch (zusätzlich) eine Haftung zur ungeteilten Hand der beiden Rechtsträger eintreten (§ 1 Abs 3 AHG)2435. Letztlich hat aber – so der VfGH – derjenige Rechtsträger für den Schaden einzustehen, zu dessen Vollzugsbereich das Verhalten des Organs zähle und der jenes Verhalten im Weisungsweg beeinflussen vermöge2436. Damit ist zugleich offengelegt, dass der Rechtsträger iSd Funktionstheorie2437 nicht nur für seine im eigenen Vollzugsbereich rechtswidrig handelnden Organe im organisatorischen Sinn, sondern darüber hinaus für jedes rechtswidrige Verhalten einer physischen Person verantwortlich ist, das im Zusammenhang mit einer dieser Person übertragenen (hoheitlichen) Befugnis gesetzt wird und ihm, dem Funktionsrechtsträger, zum Zeitpunkt der schuldhaften Handlung funktionell zurechenbar ist2438. Die rein organisatorischen Zusammenhänge sind gem Art 23 B-VG also nicht ausschlaggebend. Wie aus § 1 Abs 2 AHG konkretisierend hervorgeht, kommt es bei der Bestellung von Organen auf eine bestimmte qualifizierte Art und Form nicht an. Es ist also im vorgegebenen Zusammenhang irrelevant, ob sie dauernd oder vorübergehend oder für einen einzigen Fall bestellt, gewählt, er2431 Schragel, AHG3 Rz 19. 2432 Bernhard Raschauer, Bankaufsicht, Amtshaftung und Beihilfenverbot, ÖJZ 2005, 8. 2433 Siehe Koppensteiner, in: Bundeskammer (Hg), Erfüllung 94; Öhlinger, in: Aicher (Hg), Haftung 144; Pürgy, JRP 2006, 307; Raschauer, Verwaltungsrecht3 Rz 1326; Berka, Verfassungsrecht4 Rz 834; noch von einem bloß organisatorischen Organverhältnis ausgehend und folglich den Amtshaftungsanspruch ausschließend Elmar Puck, Erfüllung von Verwaltungsaufgaben durch juristische Personen des Privatrechts, die von der öffentlichen Hand beherrscht werden, in: Bundeskammer der gewerblichen Wirtschaft (Hg), Erfüllung von Verwaltungsaufgaben durch Privatrechtssubjekte (1974) 49. 2434 Hiezu VfSlg 13476/1993. 2435 So Kucsko-Stadlmayer, in: Korinek/Holoubek (Hg), Bundesverfassungsrecht II/1, Art 23 B-VG Rz 16; weiters Schragel, AHG3 Rz 22. 2436 VfSlg 13476/1993. 2437 Vgl Öhlinger, in: Aicher (Hg), Haftung 143. 2438 Siehe VfSlg 13476/1993; OGH 4.6.1996, 1 Ob 3/96; auch Raschauer, Verwaltungsrecht3 Rz 1331; Schragel, AHG3 Rz 51.
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nannt oder sonst wie herangezogen wurden und ob deren Verhältnis zum Rechtsträger nach öffentlichem oder nach privatem Recht (zB aufgrund eines Werkvertrags) zu beurteilen ist2439. Die Personen müssen nur auf „irgendeine Weise“ bestellt sein und von den zuständigen Organen der juristischen Person beauftragt sein, Aufgaben von ihr wahrzunehmen2440. § 1 Abs 2 AHG zieht also einen sehr weiten Kreis2441. Raschauer hebt hiebei darüber hinaus hervor, dass einerseits jedes Organ im organisatorischen Sinn – hiezu zählt er gerade jedes zur Wahrnehmung von Aufgaben der juristischen Person bestellte Organ – amtshaftungsrechtlich auch ein Organ im funktionellen Sinn sei. Jedoch sei demgegenüber, und damit andererseits, ein Organ im lediglich funktionellen Sinn jede andere Person, „insoweit und in dem Umfang als ihr Verhalten aufgrund einer generell-abstrakten Rechtsvorschrift (‚Zurechnungsregel‘) als Verhalten der juristischen Person“ gelte. Eine solche funktionelle Regel finde sich bei den Rechtsträgern iSd AHG in der Form der mittelbaren Verwaltung oder der gesetzlichen Beleihung2442. Es ist also davon auszugehen, dass auch beigezogenen physischen Privaten Organstellung zukommen kann – den Beliehenen im funktionellen und den iSd § 1 Abs 2 AHG „bestellten“ VerwaltungshelferInnen im organisatorischen Sinn2443. Somit macht es für die amtshaftungsrechtliche Prüfung grundsätzlich keinen Unterschied, ob Private als Beliehene bzw als Organe und RepräsentantInnen von beliehenen Unternehmen oder von der Verwaltung als Hilfsorgane (= VerwaltungshelferInnen) bei der Bewältigung von Teilen der hoheitlichen Aufgaben herangezogen werden2444. 2439 Die in § 1 Abs 2 AHG aufgezählten „Typen von Verleihungsakten“ sind nur demonstrativer Art; so OGH 9.6.1998, 1 Ob 56/98m; vgl auch OGH 23.11.1999, 1 Ob 103/99z. Aus dem Schrifttum Schragel, AHG3 Rz 25. 2440 Im bejahenden Sinn geklärt scheint das Problem der Haftung des Rechtsträgers für Handlungen von juristischen Personen des Privatrechts. Für die/den Geschädigten macht es demnach keinen Unterschied, ob ihr/ihm der Schaden von einer mit dem staatlichen Rechtsträger kontrahierende Einzelperson (= natürliche Person) zugefügt, oder ob dieses schädliche Verhalten von einem Organ eines von der Behörde beigezogenen privaten Unternehmens gesetzt wird. Siehe hiezu Hauer, JBl 1993, 492; Thomas Rabl, Umweltinformationsgesetz – Wer haftet für Falschauskünfte von Privaten?, RdU 2006, 67. 2441 Zum Innenverhältnis zwischen Staat und Hilfskraft Andreas Hauer, Entscheidungsbesprechung zu OGH 9.6.1998, 1 Ob 56/98m, RdU 1999, 116. 2442 Raschauer, ÖJZ 2005, 7 f. 2443 Raschauer, ÖJZ 2005, 8. 2444 Siehe zum ersten Fall OGH 17.10.1995, 1 Ob 8/95, zu letzterem OGH 9.6.1998, 1 Ob 56/98m; weiters Raschauer, Verwaltungsrecht3 Rz 1331 und auch Schragel, AHG3 Rz 28 f.
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Entscheidend für ein haftungsrechtliches Einstehen eines Rechtsträgers ist nun, ob zum einen das Verhalten der herangezogenen physischen Person dem Rechtsträger auf Grund einer Vorschrift funktionell zuzurechnen2445 und zum anderen ob dieses Verhalten dem Bereich der Hoheitsverwaltung (bzw Gerichtsbarkeit) zuzuordnen ist („in Vollziehung der Gesetze“)2446. Damit ist aber auch schon ein weiteres entscheidendes Tatbestandselement angesprochen, nämlich jenes des „Verhaltens in Vollziehung der Gesetze“. Dieser materielle Aspekt stellt seinerseits nicht bloß auf bestimmte Arten von formalen Hoheitsakten im eigentlichen Sinn ab, sondern schließt darüber hinaus das „sonstige“ Verhalten – das sich in einem Tun oder Unterlassen manifestiert – im Bereich der Hoheitsverwaltung mit ein. Gemeint sind jene faktischen Handlungen, die im Dienst der Erreichung der eigentlichen hoheitlichen Zielsetzung und in einem unmittelbaren inneren und äußeren Zusammenhang mit einer hoheitlichen Tätigkeit stehen2447. Anders formuliert: Auch Handlungen iS schlichthoheitlicher Verhaltensweisen, also administrative „Hilfstätigkeiten“ bzw sonst „unselbständige Akte“2448, und schließlich ein strafgesetzwidriges Handeln im Zusammenhang mit der Ausübung von Amtspflichten sind vom Amtshaftungsrecht erfasst2449. Nicht unbeachtet kann in diesem Kontext der formell-organisatorische Aspekt bleiben2450. So differenziert der OGH dahingehend, dass nicht jede/r, 2445 Mayer, B-VG4 176. 2446 Vgl Heinz Krejci, Amtshaftung und allgemeines Schadenersatzrecht, in: Josef Aicher (Hg), Die Haftung für staatliche Fehlleistungen im Wirtschaftsleben (1988) 104 f; Schragel, AHG3 Rz 24. 2447 Vgl hiezu auch die Judikatur OGH 27.10.1999, 1 Ob 117/99h; OGH 11.7.2006, 1 Ob 54/06g sowie VwGH 27.4.2004, 2003/05/0082; siehe auch Öhlinger, in: Aicher (Hg), Haftung 134 f sowie Baumgartner, Ausgliederung 260 FN 1242. 2448 Siehe weiters OGH 4.6.1996, 1 Ob 27,28/95, wonach Private, denen die Strafvollzugsbehörde Strafgefangene zur Arbeitsleistung im Freigang zuweist, in Vollziehung der Gesetze handeln. „Ob die Privatperson mit Hoheitsrechten mit der Verpflichtung, diese wahrzunehmen, beliehen und dadurch mit der Kompetenz, über die Erlassung von Hoheitsakten selbständig zu entscheiden, ausgestattet oder bloß in die Erfüllung hoheitlicher Aufgaben eingebunden wird, um andere Organe bei deren Besorgung hoheitlicher Aufgaben zu unterstützen oder zu entlasten, ohne dass damit eine Kompetenz zur Setzung von Hoheitsakten kraft selbständiger Entschließung verbunden wäre [...], ist dabei gleichgültig, weil in jedem Fall eine Heranziehung von Privatpersonen zur Besorgung hoheitlicher Aufgaben und damit deren Organstellung zu bejahen ist.“ 2449 Vgl Kucsko-Stadlmayer, in: Korinek/Holoubek (Hg), Bundesverfassungsrecht II/1, Art 23 B-VG Rz 20; Mayer, B-VG4 177; Grabenwarter/Holoubek, Verfassungsrecht Rz 986; Raschauer, Verwaltungsrecht3 Rz 706; Berka, Verfassungsrecht4 Rz 836. 2450 Öhlinger, in: Aicher (Hg), Haftung 122.
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die/der zur Erfüllung einer hoheitlichen Aufgabe beitrage, zugleich Organ iSd § 1 Abs 2 AHG sei. Demnach sei die Bestellung einer natürlichen oder juristischen Person nur dann eine „Beleihung“2451 mit der Ausübung einer hoheitlichen Funktion, wenn mit ihr der Auftrag verbunden sei, selbst für den Rechtsträger hoheitliche Handlungen zu setzen bzw solche zumindest mit zu vollziehen2452. Es müsse hier „die Erfüllung der hoheitlichen Aufgabe selbst übertragen werden“. Sehr wohl gebe es jedoch Aufgaben, die zwar eindeutig der Vollziehung dienen, hingegen durch hoheitlichen Akt, durch Gesetz oder VO aus der Vollziehung ausgeschieden und Außenstehenden unter eigener Verantwortung, aber ohne Einräumung der Befugnis, selbst Hoheitsakte zu setzen, übertragen werden. Diesen Außenstehenden komme sodann nicht die in § 1 Abs 2 AHG vorgesehene Organstellung zu2453. 2451 Der OGH scheint mit dem in diesem Kontext verwendeten Beleihungsbegriff auch die VerwaltungshelferInnen zu umfassen; so etwa OGH 17.10.1995, 1 Ob 8/95, wenn er als Beliehene ua natürliche Personen ansieht, die „mit der Wahrnehmung einzelner Hoheitsaufgaben bzw mit der unterstützenden Mitwirkung bei der Besorgung solcher Aufgaben betraut werden“. Krit anlässlich einer späteren Entscheidung Hauer, RdU 1999, 116. 2452 Vgl hiezu etwa auch die Überlegungen von Ferdinand Kerschner, Haftung der Umweltbetriebsprüfer und Umweltgutachter, ÖZW 1999, 44 f, hinsichtlich der Einordnung und haftungsrechtlichen Verantwortung der „im Auftrag“ der Unternehmen handelnden UmweltgutachterInnen. Siehe schon zuvor ders, Zivilrechtliche Verantwortung der Umweltbeauftragten (insb der Abwasser- und Abfallbeauftragten), in: ders (Hg), Der Umweltbeauftragte im Betrieb. Aufgaben und Haftung (1997) 90 f, wonach Umweltbeauftragte im überwiegenden Interesse des Betriebs tätig seien und daher die Amtshaftung ausscheide. 2453 Siehe OGH 9.6.1998, 1 Ob 56/98m, wonach der im Zusammenhang mit dem WRG von der Bezirksverwaltungsbehörde auf Grundlage eines Werkvertrags nach einem Tankwagenunfall zur Entfernung kontaminierten Erdreichs herangezogene Baggerführer für die Behörde als deren „Hilfsorgan“ eine hoheitliche Tätigkeit ausführe. Demgegenüber sei ein Facharzt, so OGH 23.11.1999, 1 Ob 103/99z, an den ein Stellungspflichtiger von der Stellungskommission zur weiteren Untersuchung überwiesen wurde, nicht Organ iSd AHG, da ihm als Außenstehender lediglich beratende Funktion zukomme, jedoch vom Gesetz keinerlei hoheitliche Aufgaben übertragen werden. Ähnlich gestaltet sich die Diskussion um die Einordnung der Funktion der Amtssachverständigen im Verwaltungsverfahren und den nichtamtlichen oder gerichtlichen Sachverständigen. Den beiden Letztgenannten wird von der Rechtsprechung (OGH 20.3.1985, 1 Ob 7/85; 14.1.1987, 1 Ob 679/86) die Organstellung deshalb nicht zuerkannt, da sie lediglich für die Feststellung des Sachverhalts ein Beweismittel liefern und ihre Tätigkeit daher nicht als Mitwirkung an der Entscheidung zu qualifizieren sei. Sie haften demnach unmittelbar und persönlich; dies letztlich auch deshalb, da – wie der OGH 20.3.1985, 1 Ob 7/85 festhält – sich die nichtamtlichen Sachverständigen selbst schon zuvor durch die Eintragung als allgemein beeidete Sachverständige oder iSd § 1299 ABGB sonst zu ihrem Wissen öffentlich bekannt oder ohne
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a) Funktionale Privatisierung und Amtshaftung
Bedingt die hier vertretene Ansicht der funktionalen Privatisierung einen abweichenden Lösungsansatz2454? Die entscheidende Herausforderung ist auch in diesem Kontext, dass zwischen der schadensverursachenden Handlung von „beauftragten“ Privaten und dem Staat als dem eigentlichen Aufgabenträger ein Zusammenhang hergestellt werden kann, der es erlaubt, ein Fehlverhalten dem Amtshaftungsrecht zuzuordnen. Dabei erscheint es notwendig, den Komplex der Amtshaftung nach funktionaler Privatisierung in Haftungsansprüche aufgrund eines schädigenden Verhaltens in Ausübung der staatlichen Leitungsverantwortung und weiters in jene der Vorbereitungs- und der Durchführungsprivatisierung zu differenzieren2455.
Not freiwillig ein Geschäft übernommen haben, sodass auch ihre persönliche Haftung gerechtfertigt sei. Zustimmend Schragel, AHG3 Rz 41; krit hiezu Friedrich Harrer, Die zivilrechtliche Haftung des Sachverständigen, in: Josef Aicher/Bernd-Christian Funk (Hg), Der Sachverständige im Wirtschaftsleben (1990) 189 ff; siehe weiters Hauer, JBl 1993, 493; Kucsko-Stadlmayer, in: Korinek/Holoubek (Hg), Bundesverfassungsrecht II/1, Art 23 B-VG Rz 14. Vgl auch Funk, in: Aicher/Funk (Hg), Sachverständige 18, der hinsichtlich des Einsatzes der beiden letztgenannten Sachverständigen – wohl zu Recht – amtshaftungsrechtliche Konsequenzen für Fehlleistungen der Behörde bei der Auswahl bzw bei der Leitung und Überwachung dieser Personen, sofern ein Ingerenzrecht der Behörde gegenüber solchen Sachverständigen anerkannt werde, auszulösen für möglich hält. Und schließlich soll ein weiteres Erkenntnis des OGH vom 25.3.2003, 1 Ob 188/02g, angeführt werden, worin der Gerichtshof zur Stellung von BankprüferInnen aufgrund § 63 BWG folgendes festhält: „Sofern die Aufsichtsbehörde aus verwaltungsökonomischen Gründen nicht über einen angemessenen eigenen Prüferstab verfügt und deshalb die bankaufsichtlichen Prüfungsberichte der Bankprüfer heranzieht, um ihrer Überwachungsfunktion nachzukommen [...], wird der Bankprüfer in die Besorgung hoheitlicher Aufgaben in augenfälliger Weise und ganz entscheidend eingebunden. Daran mag auch die Tatsache nichts ändern, dass der Bankprüfer erst auf Grund des ihm vom Kreditinstitut erteilten Auftrags zur Prüfung der Gesetzmäßigkeit des Jahresabschlusses verpflichtet ist, den bankaufsichtlichen Prüfungsbericht zu erstatten. Dieser Bericht stellt nämlich ein ganz wesentliches Hilfsmittel für die Behörde dar, um auf dessen Grundlage allenfalls nötige Maßnahmen im Rahmen der Bankaufsicht zu treffen. Der Umstand, dass der Bankprüfer organisatorisch nicht in die Aufsichtsbehörde eingebunden ist und er materiell bei Erstattung des bankaufsichtlichen Prüfungsbericht keiner Weisung durch die Aufsichtsbehörde unterliegt, kann nichts daran ändern, dass er eine im Dienst der Erreichung der hoheitlichen Zielsetzung gelegene Aufgabe zu besorgen hat.“ 2454 Siehe bereits 2.III.B.3.b).aa).bbb). 2455 Burgi, Privatisierung 390 ff; siehe außerdem ausführlich 2.III.B.3.b).aa).bbb).
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aa) Hoheitsverwaltung und Leitungsverantwortung
In Bezug auf den Umfang und unter welchen Voraussetzungen ein etwaiges Fehlverhalten der mit der Ausübung der Leitungsverantwortung befassten staatlichen Bediensteten Amtshaftungsansprüche hervorrufen kann, lässt sich in Anlehnung an Burgi zum einen zwischen den beim Staat verbliebenen, mit unmittelbarer Wirkung nach außen getroffenen Maßnahmen, wie die jeweils erlassenen Verwaltungsakte (zB Anordnung des Abschleppens von Fahrzeugen) und denjenigen Maßnahmen unterscheiden, mit denen die Verwaltung im Notfall für (etwa insolvente) VerwaltungshelferInnen einspringt bzw einspringen muss. Diesbezügliche Handlungen unterliegen regelmäßig den verfassungsrechtlichen Bindungen sowie jenen des jeweils einschlägigen einfachen Verwaltungsrechts, mithin den Vorschriften, deren Beachtung dem Rechtsträger als Pflichten im Interesse der einzelnen BürgerInnen auferlegt ist. Die Verletzung einer solchen Pflicht vermag daher einen Amtshaftungsanspruch zu begründen2456. Zum anderen können zuweilen haftungsrechtliche Konsequenzen eines Fehlverhaltens bei der Auswahl, der Beauftragung, der Determinierung sowie der Kontrolle der VerwaltungshelferInnen und deren Handeln schlagend werden. Voraussetzungen sind in diesen Fällen, dass ein hoheitliches Handeln in Frage steht und dieses in Ausübung der Leitungsverantwortung eine dem geschädigten Dritten gegenüber bestehende Amtspflicht (zB Überwachungs- und Aufsichtspflichten hinsichtlich der Einhaltung der verfassungsrechtlichen Anforderungen) verletzt hat sowie dass diese Amtspflichtverletzung letztlich kausal für den entstandenen Schaden gewesen ist2457. bb) Vorbereitungsprivatisierung
Amtshaftungsüberlegungen sind also – hier wiederum in Anlehnung an Burgi – vor allem aufgrund eines Fehlverhaltens in Ausübung der staatlichen Leitungsverantwortung bei Handlungen von VerwaltungshelferInnen nach einer Vorbereitungsprivatisierung anzustellen2458. In diesen Fällen kommt allein schon wegen der fehlenden unmittelbaren Kausalität für einen erst in einem späteren Stadium entstehenden Schaden ein Haftungsanspruch nicht in Betracht, denn die privaten Handlungen sind ausschließlich im Innenverhältnis zwischen Staat und VerwaltungshelferInnen angesiedelt und bedürfen, um überhaupt für die Aufgabenbetroffenen, die außerdem in keinerlei Beziehung zu den VerwaltungshelferInnen stehen, Relevanz entfalten zu können, eines eigenständigen Akts der Verwaltung. Insofern können pri2456 Burgi, Privatisierung 394. 2457 Burgi, Privatisierung 394 ff. 2458 Burgi, Privatisierung 397 f.
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vat erbrachte Vorbereitungshandlungen erst amtshaftungsrechtlich relevante Wirkungen entfalten, wenn diese von der Behörde aufgenommen werden und in konkrete staatliche Maßnahmen gegenüber den Aufgabenbetroffenen einfließen. Liegt dabei ein schuldhaftes Fehlverhalten der mit Teilbeiträgen vorbereitenden Charakters befassten VerwaltungshelferInnen vor, ist folglich die amtshaftungsrechtliche Prüfung auf die sich daran anschließenden staatlichen Hoheitsakte in Ausübung der Leitungsverantwortung oder auf die staatlichen Handlungen in Erfüllung darauf aufbauender Verwaltungsaufgaben zu richten2459. Damit wird aber auch deutlich, dass es eines Zurechnungsversuchs von vorbereitenden Tätigkeiten der Verwaltungshelferin bzw des Verwaltungshelfers – wie er in der Judikatur des OGH unternommen wird2460 – gar nicht bedarf. cc) Durchführungsprivatisierung
Anders verhält es sich hingegen bei Handlungen mit durchführendem Charakter. Trifft das in Ausübung der Leitungsverantwortung handelnde oder auch nicht handelnde staatliche Organ kein Verschulden, offenbart sich das schwierige Zurechnungsproblem der privatrechtsförmigen Handlungen von VerwaltungshelferInnen. Wie schon zuvor ausgeführt, kommt es auf das Innenverhältnis, also auf die Ausgestaltung des Verhältnisses zwischen Staat und Privaten, nicht an. Gem § 1 Abs 2 AHG sind Organe iS dieses Gesetzes alle physischen Personen, wenn sie in Vollziehung der Gesetze (Gerichtsbarkeit oder Verwaltung) handeln. Es gilt also, zuvorderst die eigentliche Verwaltungsaufgabe, zu deren Bewältigung gegebenenfalls Private (Teil-)Beiträge leisten, als hoheitliche qualifizieren zu können. Lässt sich eine solche Qualifikation aus den konkreten Vorschriften ableiten, dann gelten auch alle mit ihrer Erfüllung verbundenen und zu ihr in einem hinreichend engen inneren und äußeren Zusammenhang stehenden Verhaltensweisen, seien sie auch bloß vorbereitender oder sonst hoheitlichen Zielsetzungen dienender Natur, als hoheitlich2461. Somit ist zumindest einmal die Zurechnungsgrundlage für eine mögliche Zuordnung von Realhandlungen Privater zum Staat gefunden, wenngleich noch nichts darüber ausgesagt ist, unter welchen Voraussetzungen die Zurechnung der privatrechtsförmigen Beiträge von VerwaltungshelferInnen zu erfolgen hat. Der Judikatur des 2459 Die Prüfung richtet sich demnach auf die nachfolgenden Handlungen des Staats, dessen VertreterInnen beispielsweise einen Vorplaner ungenügend instruiert oder mit falschen Vorgaben bedient oder aber den fehlerhaften privaten Planentwurf ohne eingehende Prüfung übernommen haben. 2460 So etwa OGH 23.11.1999, 1 Ob 103/99z, hinsichtlich der Tätigkeit eines HNOFacharztes im Zusammenhang mit den Aufgaben einer Stellungskommission. 2461 OGH 27.10.1999, 1 Ob 117/99h.
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OGH ist hiezu zu entnehmen, dass die Bestellung einer Person nur dann eine „Beleihung“ mit der Ausübung einer hoheitlichen Funktion iSd § 1 Abs 2 AHG sei, wenn mit ihr der Auftrag verbunden werde, selbst für den Rechtsträger hoheitliche Handlungen zu setzen bzw zumindest solche mit zu vollziehen. Es müsse also die Erfüllung der hoheitlichen Aufgabe selbst übertragen werden2462. An dieser Stelle kommt nun ein offensichtlicher Widerspruch zu der hier vertretenen Ansicht der funktionalen Privatisierung zum Vorschein, und zwar dahingehend, dass – im Gegensatz zur Auffassung des OGH – beauftragte VerwaltungshelferInnen gerade nicht „als behördliche Hilfsorgane hoheitlich“ handeln2463. Vielmehr tun sie dies in den Formen des Privatrechts. Ihr Handlungsbeitrag ist, da von der staatlichen Erfüllungsverantwortung abgespalten, nicht mehr Bestandteil der Verwaltungsaufgabe. Burgi hält – freilich bezogen auf die deutsche Rechtslage – eine Zuordnung der fraglichen privatrechtsförmigen Handlung zum Staat, und damit zum Öffentlichen Recht, jedenfalls dann für gegeben, wenn sich das Handeln der Privaten als die Durchführung einer vom Staat vorgegebenen Handlung darstelle, wenn demnach das betreffende private Handeln zuvor vom Staat nach außen gewissermaßen zu seinem eigenem Handeln erklärt worden ist. Die Zuordnung der fraglichen privatrechtsförmigen Handlung zum Staat sei letztlich jedoch nur möglich, wenn der Staat zu jener Handlung eine dermaßen enge Beziehung habe, dass sie sich als eigentlich staatliche Handlung darstelle. Das Sonderrecht des Staats könne lediglich dann eingreifen, wenn die nachzuweisende Beziehung zum Staat ein mit der Eigenwahrnehmung vergleichbares Maß an Intensität aufweise. Burgi führt hiefür das Zurechnungskriterium des „Charakters als bloße Durchführungshandlung“ ein. Er zielt dabei folglich auf solche Handlungen ab, die vom Staat selbst in einem hohen Maß vorherbestimmt werden, das es erlaube, von konkret determinierten Durchführungshandlungen ausgehen zu können. Darauf fokussierend gelinge endlich der entscheidende Nachweis der formalen Beteiligung des Staats, denn dieser sei es, auf den in dieser Situation primär abgestellt werde2464. Umgelegt auf die österreichische Rechtsordnung hat dies zur Folge, dass erst dann, wenn es möglich ist, ein Realhandeln als der hoheitlich tätig werdenden Verwaltung zuzuordnendes Verwaltungshandeln zuzurechnen, feststeht, dass VerwaltungshelferInnen „Organe“ iSd § 1 Abs 2 AHG sind, dass deren rechtswidriges Verhalten in Vollziehung des Gesetzes erfolgt ist, und, 2462 OGH 9.6.1998, 1 Ob 56/98m; bestätigt etwa mit OGH 23.11.1999, 1 Ob 103/99z. 2463 So jedenfalls OGH 9.6.1998, 1 Ob 56/98m. 2464 Burgi, Privatisierung 405 f.
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dass somit ein Haftungsanspruch der Geschädigten gegenüber den in § 1 Abs 1 leg cit genannten Rechtsträgern als InhaberInnen der Leitungsverantwortung besteht. dd) Amtshaftungsrechtliche Konsequenzen
Aus Sicht der betroffenen Dritten ist im Hinblick der Amtshaftung von entscheidender Bedeutung, dass gegenüber den durch einen hoheitlichen Akt Geschädigten der Staat und nicht die/der schädigende OrganwalterIn ersatzpflichtig ist. Letztere können lediglich vom Rechtsträger im Wege einer Regressforderung bei vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführten Schäden zur Verantwortung gezogen werden. Demgegenüber sind hinsichtlich der Organhaftung keine Beschränkungen der Haftung für Schäden vorgesehen, die ein/e OrganwalterIn unmittelbar dem Rechtsträger bei der hoheitlichen Vollziehung zufügt2465. Gehaftet wird nach den Bestimmungen des bürgerlichen Rechts; der entstandene Schaden ist nur in Geld auszugleichen (§ 1 Abs 1 AHG). Die Voraussetzungen für die Amtshaftung wie den Eintritt des Schadens, das Verhalten des Organs, die Kausalität, die Rechtswidrigkeit2466, der Rechtswidrigkeitszusammenhang (Schutzzweck der Verhaltensnorm)2467 und das Verschulden normiert außerdem bereits Art 23 Abs 1 B-VG2468. Haftungsausschlussgründe ergeben sich neben allgemeinen Grundsätzen der Verjährung insbesondere aus §§ 2 Abs 2 und 3 AHG. Danach besteht grundsätzlich kein Ersatzanspruch, wenn erstens die/der Geschädigte den Schaden durch ein 2465 Kucsko-Stadlmayer, in: Korinek/Holoubek (Hg), Bundesverfassungsrecht II/1, Art 23 B-VG Rz 8. Siehe hiezu aber auch Hauer, JBl 1993, 492, der auf das Problem der fehlenden Organstellung von juristischen Personen des Privatrechts aufmerksam macht und hiebei zum Ergebnis gelangt, dass im Verhältnis zwischen dem Rechtsträger und einem beigezogenen privaten Unternehmen das AHG sowie das OrgHG insoweit keine Anwendung finde, als für Rückersatzforderungen lediglich die allgemeinen Regelungen des Schadenersatzrechts bzw des Vertragsrechts heranzuziehen sind. So im Ergebnis auch Rabl, RdU 2006, 67 f. Jeglichen amtshaftungsrechtlichen Anspruch verneinend hingegen Kind et al (Hg), AWG § 32, 523. 2466 Die Verletzung eines subjektiven Rechts der Geschädigten ist für das Vorliegen von Amtshaftungsansprüchen nicht erforderlich; so Kucsko-Stadlmayer, in: Korinek/ Holoubek (Hg), Bundesverfassungsrecht II/1, Art 23 B-VG Rz 28 und 35. 2467 Siehe etwa OGH 17.10.1995, 1 Ob 8/95. Vgl aber auch Posch, in: Aicher (Hg), Haftung 154 ff; Josef Aicher, Haftungsfragen kommunaler Wirtschaftsverwaltung, in: Heinz Krejci/Hans Georg Ruppe (Hg), Rechtsfragen der kommunalen Wirtschaftsverwaltung (1992) 184 f; Schragel, AHG3 Rz 130 ff. 2468 Ausführlich zu den Voraussetzungen Kucsko-Stadlmayer, in: Korinek/Holoubek (Hg), Bundesverfassungsrecht II/1, Art 23 B-VG Rz 23 ff sowie Schragel, AHG3 Rz 140 ff.
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Rechtsmittel hätte verhindern können2469. Außerdem kann – und damit zweitens – ein solcher jedenfalls nicht aus einem höchstgerichtlichen Erkenntnis abgeleitet werden2470. Über Schadenersatzanforderungen aus dem Titel der Amtshaftung (auch jener der Organhaftung) entscheiden schließlich die ordentlichen Gerichte (§ 9 AHG, § 8 Abs 1 OrgHG)2471. b) MediatorInnen und Amtshaftung
Im Hinblick auf die Hinzuziehung von MediatorInnen lässt sich aus den vorangestellten Aussagen endlich folgern, dass die Gebietskörperschaften grundsätzlich für den Schaden haften, den die als ihre Organe handelnden beliehenen MediatorInnen und weitgehend auch jene als VerwaltungshelferInnen herangezogenen MediatorInnen verursachen. Keine Schwierigkeiten bereitet dabei die Zurechnung im Zusammenhang mit beliehenen MediatorInnen, wenn diesen durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes die Wahrnehmung bestimmter staatlicher Aufgaben – wie etwa die selbständige Abführung der mündlichen Verhandlung – übertragen wird. Unbestreitbar ressortieren diese vor allem verfahrensrechtlichen Tätigkeiten zum Bereich der Hoheitsverwaltung und sind folglich vom Amtshaftungsrecht erfasst. Insofern also Beliehene innerhalb des ihnen übertragenen hoheitlichen Kompetenzbündels tätig werden, sind die dabei erfolgten Fehlleistungen dem die MediatorInnen beauftragenden Rechtsträger zurechenbar. Demgegenüber gestaltet sich die Beurteilung des Verhaltens von MediatorInnen als VerwaltungshelferInnen um einiges aufwendiger2472, sind sie doch selbst keine TrägerInnen von Hoheitsrechten und auch ihr Handeln ist bloß privatrechtlicher Natur. Zudem wohnt ihrer Tätigkeit ein sowohl vorbereitender als auch durchführender Charakter inne. Daher ist zu allererst zu prüfen, ob ihre (Teil-)Beiträge überhaupt im Dienst der Erreichung der eigentlichen hoheitlichen Zielsetzung und in einem unmittelbaren inneren und äußeren Zusammenhang mit der hoheitlichen Tätigkeit stehen. Und 2469 Siehe OGH 28.11.2006, 1 Ob 210/06y; Hinweise zur älteren Judikatur etwa bei Aicher, Haftungsfragen kommunaler Wirtschaftsverwaltung, in: Krejci/Ruppe (Hg), Rechtsfragen 186 f. Zur „Rettungspflicht“ als Sonderregelung des AHG siehe Schragel, AHG3 Rz 181 ff. 2470 Vgl hiezu auch OGH 17.101995, 1 Ob 8/95, der festhält, dass § 2 Abs 3 AHG demnach auch nicht auf Behörden, die funktionell als letzte Instanz entscheiden, anzuwenden seien. 2471 Siehe Kucsko-Stadlmayer, in: Korinek/Holoubek (Hg), Bundesverfassungsrecht II/1, Art 23 B-VG Rz 51; weiters Alexander Balthasar, Das subjektive (öffentliche) Recht im Amtshaftungsverfahren, ÖJZ 1998, 322; Schragel, AHG3 Rz 246 f; Mayer, B-VG4 173. 2472 Ausführlich bereits in 2.IV.O.5.b).bb).
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erst danach ist der Frage nachzugehen, ob Amtshaftungsansprüche für Schäden aufgrund eines Handelns des Staats in Ausübung seiner Leitungsverantwortung vorliegen oder ob Haftungssituationen infolge der Durchführungs- bzw Vorbereitungsprivatisierung entstanden sind. Eine solche Vorgehensweise ist schon deshalb erforderlich, da den an die MediatorInnen übertragenen Tätigkeiten zwar ein durchführender Charakter innewohnt, die betreffende Verwaltungsaufgabe jedoch ihrerseits unmittelbar vorbereitenden Charakter im Hinblick auf eine weitere, sich daran anschließende hoheitliche Aufgabe trägt. Bezugsobjekt eines in Form des Privatrechts erbrachten Teilbeitrags ist nämlich die anhand des jeweils einschlägigen Verfahrensgesetzes zu ermittelnde Verwaltungsaufgabe der Verfahrensbewältigung. Da diese Aufgaben jedoch ihrerseits unmittelbar in Beziehung zur jeweiligen Verwaltungsaufgabe der Verhaltenssteuerung oder Planung stehen, handelt es sich im Hinblick auf diese zugleich um einen Teilbeitrag vorbereitenden Charakters. Angesichts der Notwendigkeit einer klaren phänomenologischen Bestimmung von betroffener Verwaltungsaufgabe und übertragenem Teilbeitrag sind deshalb in Abhängigkeit von der jeweiligen gesetzlichen Ausgestaltung die Verwaltungsaufgaben zB der Bewältigung des gewerberechtlichen Genehmigungsverfahrens, der Bewältigung der sich ihrerseits in weitere Unteraufgaben untergliedernden Umweltverträglichkeitsprüfung oder der Bewältigung der mündlichen Verhandlung im Rahmen des Ermittlungsverfahrens voneinander zu differenzieren. Im Zusammenhang mit der Durchführungsprivatisierung ist jedenfalls zu prüfen, ob die fraglichen Tathandlungen von MediatorInnen der Hoheitsverwaltung zugerechnet werden können oder nicht. Dafür gilt es an erster Stelle, die notwendige Zurechnungsgrundlage zu identifizieren. Ein Indiz dafür stellt jedenfalls der Umstand dar, dass sich das Handeln der Privaten als die Durchführung einer von der Verwaltung vorgegebenen Handlung offenbart, die, wenn diese sie in Eigenwahrnehmung ausübt, der Hoheitsverwaltung zuzurechnen wäre2473. Dass nun die Verwaltung bei Erfüllung der Verwaltungsverfahrensvorschriften hoheitlich handelt, kann nicht zweifelhaft sein. Im Zuge dessen ist es auch nicht ausgeschlossen, ja zuweilen gefordert – wie vor allem im Rahmen der mündlichen Verhandlung (§ 43 Abs 5 AVG) –, dass die Behörde eine vermittelnde und gütliche Rolle einnimmt2474 und das Verfahren mit dem Ziel der Steigerung der Akzeptanz durch Setzen entsprechender Handlungen verhandlungsoffen und interes2473 Vgl einmal mehr Burgi, Privatisierung 401 f. 2474 Das darf aber freilich nicht dazu führen, dass die Behörde namens einer Partei in Vergleichsverhandlungen mit einer anderen Partei eintritt; hiezu bereits VwSlg 8713 A/1974; weiters Hengstschläger/Leeb (Hg), AVG II § 43 Rz 7.
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sengerecht ausgestaltet2475. Die hier betreffenden Tathandlungen wie die Einrichtung eines Mediationsforums oder von Arbeitsgruppen, die Interessenklärung und die Erarbeitung von Handlungsoptionen können der Hoheitsverwaltung zugerechnet werden, da sie in unmittelbarer Nähe und in engem Zusammenhang mit den eindeutig hoheitlichen Handlungen bei der Erfüllung der Verwaltungsaufgabe der Verfahrensbewältigung und darüber hinaus bei der Bewältigung der Verwaltungsaufgabe des gewerberechtlichen Genehmigungsverfahrens, der Umweltverträglichkeitsprüfung oder der mündlichen Verhandlung im Rahmen des Ermittlungsverfahrens erfolgen. Damit ist nun zwar die Zurechnungsgrundlage für eine Durchführungsprivatisierung ausgelotet, es fehlt aber allein noch an den entsprechenden Zurechnungskriterien für das Handeln von Privaten. Hiefür ist es wiederum notwendig, eine Verbindung zwischen der hoheitlich agierenden Verwaltung und der von den HelferInnen vorgenommenen privatrechtsförmigen Handlung herzustellen. Dies gelingt lediglich dann, wenn die nachzuweisende Beziehung zur Verwaltung ein mit der Eigenwahrnehmung vergleichbares Maß an Intensität aufweist2476. Dabei kommt es also auf solche Handlungen an, die vom Staat selbst in einem derart hohen Maß vorherbestimmt werden, das es letztlich erlaubt, von konkret determinierten, „bloßen Durchführungshandlungen“ ausgehen zu können. Dies trifft freilich weder auf Handlungen zu, die vollständig von der Verwaltung als Inhaberin der Leitungsverantwortung vorgenommen werden, noch auf solche, die ohne explizit determiniert zu sein, von VerwaltungshelferInnen erbracht werden2477. Zieht man dieses Zurechnungskriterium bei der Beurteilung der konkreten Fallkonstellation, hier der Durchführung einer Mediation durch private KonfliktmittlerInnen, heran, ist nun eine Analyse des Verhaltens der staatlichen Verwaltung bei der Beauftragung der VerwaltungshelferInnen und bei der Ausübung der Leitungsverantwortung erforderlich. Da hiebei etwa den Gesichtspunkten der Unselbständigkeit des Handelns und der Nähe zu den jeweiligen hoheitlichen Aktivitäten zumindest indizielle Wirkung zukommt2478, lassen einerseits die Einschränkung auf konkret festgeschriebene Durchführungshandlungen und die eben als Indiz zu verstehende Unselbständigkeit die Zurechnung der Handlungen von MediatorInnen schwierig erscheinen. Gerade wenn man bedenkt, dass zum einen Mediation ein flexibles, auf die Bedürfnisse der Beteiligten rasch reagierendes Instrument sein soll und zum anderen die MediatorInnen eine auf Neutralität und Selbstän2475 Wimmer, Verwaltungslehre2 325. 2476 Siehe 3.II.B.16.a).cc). 2477 Hiezu bereits 2.IV.O.5.b).bb). 2478 Burgi, Privatisierung 406.
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digkeit aufbauende Rolle auszufüllen haben, ist ein gewisser Widerspruch zum Kriterium des Charakters als bloße Durchführungshandlung nicht von der Hand zu weisen. Anderseits wurde in dieser Untersuchung aber auch davon ausgegangen, dass die Beauftragung an sich in der Form zu gestalten ist, dass die Durchführung des Verfahrens, die Rolle und Aufgaben der MediatorInnen, die Einbeziehung der Behörde sowie die Kontroll- und Überwachungsrechte fest- und offengelegt werden. Werden demnach all diese Gesichtspunkte in den Beauftragungsakt aufgenommen, spricht einiges für ein determiniertes, der Hoheitsverwaltung zurechenbares Handeln und somit bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzung für die Bejahung eines Amtshaftungsanspruchs. Ist es hingegen nicht möglich, den Handlungsbeitrag der privaten MediatorInnen als eine der hoheitlich tätig werdenden Verwaltung zuzuordnende bloße Durchführungshandlung zuzurechnen, bleibt die Prüfung auf ein etwaiges Fehlverhalten der mit der Ausübung der Leitungsverantwortung befassten BehördenvertreterInnen. Von Interesse sind hinsichtlich des vorliegenden Untersuchungsgegenstands Fehlverhalten insbesondere bei der Auswahl, der Beauftragung, der Determinierung der Aufgaben und der Kontrolle der MediatorInnen. Die zu beachtenden Voraussetzungen sind in diesen Fällen, dass ein hoheitliches Handeln in Frage steht und das hoheitliche Handeln in Ausübung der Leitungsverantwortung eine dem geschädigten Dritten gegenüber bestehende Amtspflicht (hier etwa Kontroll- und Geheimhaltungspflichten) verletzt hat2479. Von Bedeutung ist die Amtshaftung aufgrund eines Fehlverhaltens in Ausübung der staatlichen Leitungsverantwortung vor allem dann, wenn eine Vorbereitungsprivatisierung vorliegt. Wie bereits zuvor deutlich gemacht, stehen die Verwaltungsaufgaben der Verfahrensbewältigung unmittelbar in Beziehung zur jeweiligen Aufgabe der Planung oder der Verhaltenssteuerung, etwa der (Nicht-)Erteilung einer beantragten Genehmigung. Es handelt sich daher im Hinblick auf diese um einen Teilbeitrag vorbereitenden Charakters. Für amtshaftungsrechtliche Überlegungen hat die Vorbereitungsprivatisierung jedoch zur Folge, dass eine Amtshaftung aufgrund von schadensverursachenden Handlungen der VerwaltungshelferInnen nicht in Betracht kommt, da deren Handlungen, die im Innenverhältnis zwischen Verwaltung und VerwaltungshelferInnen anzusiedeln sind, nicht unmittelbar kausal für einen später entstehenden Schaden sein können. Die privatrechtsförmig erbrachten Vorbereitungshandlungen wirken sich erst ab jenem Zeitpunkt beeinträchtigend aus, zu dem sie von der Behörde aufgenommen und in konkreten staatlichen Maßnahmen gegen die Aufgabenbe2479 Schließlich muss die Amtspflichtverletzung wiederum schuldhaft erfolgt und kausal für den entstandenen Schaden gewesen sein. Siehe 3.II.B.16.a).aa).
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troffenen umgesetzt werden. Liegt nun ein schuldhaftes Fehlverhalten der mit einem Teilbeitrag vorbereitenden Charakters befassten MediatorInnen vor, müssen sich die amtshaftungsrechtlichen Überlegungen zwangsläufig auf die sich daran anschließenden staatlichen Hoheitsakte in Ausübung der Leitungsverantwortung oder auf staatliche Handlungen in Erfüllung darauf aufbauender Verwaltungsaufgaben richten. Aber erst dann, wenn das fehlerhafte Ergebnis der vorbereitenden Tätigkeit etwa ohne sorgfältige Prüfung durch die befugten OrganwalterInnen übernommen und dem weiteren hoheitlichen Handeln zugrunde gelegt wird sowie auch alle übrigen Voraussetzungen für die Amtshaftung erfüllt sind, entstehen tatsächlich Amtshaftungsansprüche. C. Beiziehung von Privaten – (Verwaltungs-)Rechtsverhältnisse und Rechtsschutz
Nach der Aufarbeitung der wesentlichen verfassungsrechtlichen Determinanten für die Hinzuziehung von Privaten im Rahmen der Besorgung von Aufgaben der Verwaltung sind für deren Einsatz nunmehr vor allem die Fragen nach der Art sowie der Begründung, Gestaltung und Beendigung des jeweiligen Rechtsverhältnisses zwischen Privaten und Verwaltung bzw BürgerInnen in den Vordergrund zu stellen. 1. Allgemeines
Vorneweg kann hiezu ganz allgemein festgehalten werden, dass eine isolierte Betrachtung einzelner Rechte und Pflichten, wie es die auf den Verwaltungsakt konzentrierte Sichtweise der traditionellen Dogmatik annehmen lässt, oft nicht ausreicht, um deren Wirkungen bzw Rechtsfolgen im verwaltungsrechtlichen Gesamtkontext erkennen zu können. Vielmehr ist es zielführend, diese in ihrer Bezogenheit auf andere zu erfassen. Ein Rückgriff auf die Kategorie der allgemeinen Rechtslehre ist regelmäßig dann erforderlich, wenn die Erfüllung einer bestimmten Pflicht durch den Einen den Inhalt eines Rechts des Anderen bedingt. Das Recht des Einen und die Pflicht es Anderen stehen folglich zueinander in (wechselseitiger) Beziehung; es besteht ein juristisches Band, ein (Rechts-)Verhältnis2480. Der Grund, warum gerade hier auf die Beschreibung von Rechtsverhältnissen abgezielt wird, ist der, dass allein schon im Zusammenhang mit Mediationsverfahren regelmäßig mehrpolige Beziehungen zu erwarten sind, 2480 Zur neueren, weiterreichenden (Verwaltungs-)Rechtsverhältnislehre und der hiezu – im Gegensatz zu Österreich (vgl aber jedenfalls Öhlinger, in: VVDStRL 45, 189 ff) – heftig geführten Diskussion in Deutschland siehe etwa Schoch, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann (Hg), Innovation 210 ff.
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die wiederum auf verschiedenartigen Rechtsgrundlagen fußen und demzufolge unterschiedliche Wirkungen bzw Rechtsfolgen entfalten können. Quasi als weitere Herausforderung tritt nun aber noch die Figur der/des Privaten hinzu, wodurch sich das Beziehungsgeflecht nicht bloß um ein zusätzliches Element erweitert, sondern in sich immer verwobener wird. Letztlich ist es aber notwendig, ein solches Knäuel an Beziehungen zu entwirren, da beispielsweise erst im Wege der bzw im Anschluss an die eindeutige Identifizierung des jeweiligen Rechtsverhältnisses die Fragen der Rechtsformenwahl, der sich möglicherweise entfaltenden Wirkungen gegenüber Dritten und insbesondere des einzuschlagenden Rechtswegs beantwortet werden können2481. Ist demnach eine Rechtsbeziehung, sei es eine bloß bipolare oder eine mehrseitige, sei es eine das Innen- oder das Außenverhältnis tangierende, als solche ausgemacht, gilt es in einem weiteren Schritt, diese dem öffentlichen oder dem privaten Recht zuzuordnen. Die Bezugsquelle hiefür stellt die jeweils einschlägige Rechtsgrundlage dar, die das Rechte- und Pflichtenverhältnis zwischen (natürlichen und juristischen) Personen begründet. Auf die Rechtsstellung der Beteiligten kommt es dabei nicht an, sondern eben vielmehr auf die jeweils heranzuziehende Rechtsgrundlage und darüber hinaus auf den Inhalt des einzelnen Rechtsverhältnisses2482. Mit anderen Worten: Die im Einzelfall zur Beurteilung relevanten (öffentlich-rechtlichen) Bestimmungen sind im Auslegungsweg darauf hin zu prüfen, welche Rechtsträger hievon als Parteien erfasst und welche Verhältnisse (im öffentlichen Interesse) geregelt werden2483. Enthält die einschlägige normative Grundlage keinerlei Hinweise darüber, ob es sich um eine öffentlich-rechtliche Angelegenheit handelt, ist insbesondere im Hinblick auf Art 18 Abs 1 B-VG und dem damit bestimmten Legalitätsprinzip davon auszugehen, dass eine solche des Privatrechts vorliegt2484. 2481 Zur Theorie vom Verwaltungsrechtsverhältnis, wonach die Beziehungen zwischen Staat und BürgerInnen rechtlich vollständiger erfasst werden können, im Überblick Kahl/Weber, Verwaltungsrecht3 Rz 375. 2482 Raschauer, Verwaltungsrecht3 Rz 1188. Zur Abgrenzungsdiskussion von öffentlichem und privatem Recht schon Novak, ÖJZ 1979, 10, demzufolge als rechtstechnisches Mittel zur Abgrenzung der Zuständigkeit der Gerichte und der Verwaltungsbehörden die auf materiellen, rechtsinhaltlichen und rechtsimmanenten Elementen aufbauende Interessentheorie dient. Siehe aber auch Antoniolli/Koja, Verwaltungsrecht3 117 f, deren Überlegungen wiederum darauf abzielen, was traditionell als zum Bereich des öffentlichen bzw jenem des privaten Rechts gehörig angesehen wird. 2483 Siehe VfSlg 14553/1996. 2484 VwGH 17.10.2006, 2004/11/0226 (betreffend Kostenersatzanspruch zwischen Sozialversicherungsträgern und Mitarbeitervorsorgekassen).
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Im gegenständlichen Kontext gilt es also zu unterscheiden, in welcher Rechtsform der Bestellungsakt der beizuziehenden Privaten zu erfolgen hat, welche Verhältnisse dadurch oder durch (weitere) gesetzliche Vorgaben zum Staat und zu Dritten entstehen sowie letztlich welcher Rechtsweg den Beteiligten im Streitfall offen steht2485. 2. Rechtsnatur der Beziehungen und Inhalt des Innenverhältnisses
Die vermeintlichen Antworten auf die Frage nach der hier interessierenden Rechtsbeziehung zwischen hinzugezogenen Privaten und dem Staat und damit jene nach der Rechtsnatur des Grundverhältnisses liegen nicht immer offen auf der Hand; zu unterschiedlich gestalten sich die Begründungsakte bzw die ihnen zugrundeliegenden gesetzlichen Bestimmungen. Schon Funk führt zur Identifikation von Organbestellungsakten aus, dass die Frage, ob der betreffende Akt ein Bescheid bzw ob er als solcher gesetzlich vorzusehen oder von der Behörde zu erlassen sei, vom Gesichtspunkt der jeweils erledigungszugehörigen Rechtsfolgen, Rechtsschutzerwartungen und Rechtsschutzbedürfnissen der davon betroffenen Personen her (inklusive Drittbetroffener) beantwortet werden müsse2486. Eine Beurteilung solcher Rechtsverhältnisse kann demnach jeweils nur im Wege einer Einzelfallbetrachtung erfolgen. a) Beliehene und Staat
Im Hinblick auf die Beleihung erfolgt, wie schon eingangs angeführt2487, die eigentliche Bestellung entweder durch Gesetz2488 oder aber aufgrund des 2485 Zur Beziehung zwischen Verwaltung und Bürgerschaft im Hinblick auf die Verfahrensrechtsverhältnisse siehe jedoch 3.III.A.1. 2486 Funk, Verwaltungsakt 77, der hierin eine Ebenenpluralität dergestalt erkennt, wonach erstens der Gesetzgeber die Konstruktionsform zu wählen habe. Zweitens müsse die Vollziehung eine Formalauswahl treffen, wenn ihr der Gesetzgeber die Handlungsform nicht klar vorgebe, und drittens müsse die konkrete Fallbeurteilung ergeben, ob es sich im Einzelfall um einen Bescheid oder um einen „Organisationsakt sui generis“ handle. 2487 Siehe oben 3.II.A.2. 2488 Dies ist in erster Linie infolge von Ausgliederungen wie zB beim „Klassiker“ ÖNB auf Grundlage des § 4 Devisengesetzes 2004, BGBl I 123/2003 idF BGBl I 50/2012, oder bei den zur Erlassung hoheitlicher Akte ermächtigten Einrichtungen wie der Austro Control GmbH der Fall. Letztlich zählen hiezu aber auch die in § 89a Abs 3 StVO normierte Befugnis ua des Straßenerhalters oder eines Kraftfahrlinienunternehmens, im Fall der Unaufschiebbarkeit ohne vorherigen behördlichen Auftrag verkehrsbehindernde Gegenstände von der Straße entfernen zu lassen, sowie in der Zivilluftfahrt gem § 125 Luftfahrtgesetz, BGBl 253/1957 idF BGBl I 77/2012, die Befugnis des verantwortlichen Piloten, alle
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Gesetzes durch Verwaltungsakt, also durch Bescheid2489. Schäffer und Koja sprechen hiebei im ersten Fall von einer gesetzlichen Kompetenzzuweisung und in den beiden anderen Fällen von einer administrativen Delegierung hoheitlicher Befugnisse. Auch gehen sie davon aus, dass es sich bei der Beleihung – betroffen ist wohl letzterer Fall2490 – regelmäßig um einen zumindest konkludent zustimmungsbedürftigen Verwaltungsakt handle2491. Dass Beliehene nicht frei jeglicher Aufsicht handeln dürfen, braucht hier nicht mehr weiter ausgeführt zu werden2492. In aller Kürze nur so viel: Die im Einzelfall gesetzlich vorzusehenden Leitungs-, Aufsichts- und Steuerungsmittel sind mitunter vielfältig. Zur (grundsätzlich) obligaten und gerade für ein mögliches Mediationsverhältnis heiklen „Weisungsbefugnis“ können demnach weitere gebietende Normen wie die Berichtspflichten, Kontrollmaßnahmen, die Verwarnung gepaart mit der Möglichkeit des Wizur Aufrechterhaltung von Ordnung und Sicherheit an Bord des Luftfahrtzeuges notwendigen Maßnahmen zu treffen. Zu letzterer „subsidiarpolizeilichen Befugnis“ etwa Krajcsir, Hoheitsverwaltung 213. 2489 Dies ist insbesondere bei Bestellungen von natürlichen Personen der Fall, so etwa bei Bestellungen von Aufsichtsorganen gem § 24 Abs 4 iVm § 28 LMSVG sowie gem § 7 Abs 2 Stmk Parkgebührengesetz 2006, Stmk LGBl 37/2006 idF LGBl 33/2012; vgl zu letzterer Norm – wenn auch noch auf Grundlage der mittlerweile abgeänderten, im vorgegebenen Zusammenhang inhaltlich aber weiterhin interessierenden Bestimmung – Öhlinger, ZVR 1992, 151. An der Rechtsnatur des Beleihungsakts als Bescheid ändern (bloß vordergründige) Besonderheiten, wie sie beispielsweise in den Jagdgesetzen der Bundesländer in Form der behördlichen Bestätigung anzutreffen sind, übrigens nichts; siehe hiezu etwa § 34 Stmk Jagdgesetz 1986, Stmk LGBl 23/1986 idF Stmk LGBl 42/2012. Vielmehr stelle die Bestätigung, so schon Funk, JBl 1972, 460 f, einen konstitutiven verwaltungsbehördlichen Akt dar, der einerseits eine notwendige Bedingung für den Erwerb der amtlichen Stellung des Aufsichtsorgans sowie andererseits für die Bestellungspflicht des Jagdausübungsberechtigten sei. Durch so einen Akt werden letztlich Rechte im Einzelfall hoheitlich gestaltet; zustimmend Krajcsir, Hoheitsverwaltung 189; Rudolf Gürtler/Peter Lebersorger, Niederösterreichisches Jagdrecht7 (2010) 270 Anm 5. Dass es sich hiebei um bescheidmäßige Erledigungen handelt, macht mittlerweile der Gesetzgeber wohl dadurch deutlich, indem – ohne weitere Differenzierung – gem § 74a leg cit über Berufungen gegen Bescheide der Bezirksverwaltungsbehörden betreffend § 34 leg cit der UVS zu entscheiden hat. Zum Rechtscharakter der Bestellung von Fischereiaufsichtsorganen sowie der „Genehmigung“ im Zusammenhang mit dem Ktn Fischereigesetz – K-FG, Ktn LGBl 62/2000 idF Ktn LGBl 89/2012; siehe weiters Hauer, in: Potacs (Hg), Beiträge 52 ff. 2490 Klarstellend Antoniolli/Koja, Verwaltungsrecht3 406. 2491 Schäffer, in: Bundeskammer (Hg), Erfüllung 80; Koja, in: Ermacora et al (Hg), Verwaltungsrecht 457. Ausdrücklich normiert etwa in § 28 Abs 1 LMSVG; § 7 Abs 2 Stmk Parkgebührengesetz 2006. 2492 Ausführlich bereits 3.II.B.11.b).aa).
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derrufs bzw der Abberufung oder einer (verwaltungs-)strafrechtlichen Sanktion hinzutreten. Über die Dauer des Rechtsverhältnisses bestehen nur selten ausdrückliche Bestimmungen2493. Das Verhältnis der Beleihung kann ex lege mit Eintritt gesetzlicher Erlöschenstatbestände (Erreichen der Altersgrenze, Zeitablauf der Beauftragung), mittels Widerrufs durch Bescheid der Aufsichtsbehörde2494 oder schlicht durch Verzicht der/des Beauftragten enden2495. Die Beendigung wirkt im Allgemeinen ex nunc, also ab dem Eintritt des Endigungstatbestands2496. Ebenso oft fehlt es an normativen Regelungen hinsichtlich des Honoraranspruchs. Dies allein führe jedoch – so der VwGH – nicht zur Verfassungswidrigkeit infolge mangelnder Determinierung. Vielmehr sei von der analogen Anwendung des aus § 1152 ABGB hervorgehenden Rechtsgrundsatzes über die Entgeltlichkeit von Leistungen auszugehen2497. b) VerwaltungshelferInnen und Staat
Die Beiziehung von VerwaltungshelferInnen erfolgt entweder aufgrund des Gesetzes durch Verwaltungsakt2498 oder schlicht durch privatrechtlichen Vertrag2499. In welcher Form die Beauftragung tatsächlich zu erfolgen hat, ist 2493 § 76 Abs 1 BWG normiert zB eine fünfjährige Funktionsperiode für Staatskommissäre. 2494 Fehlen gesetzliche Vorschriften, die eine Bindung der Behörde in Bezug auf die Dauer der Beauftragung oder in Bezug auf die Gründe eines Wiederrufs annehmen lassen, und ergebe sich auch aus dem Bescheid keine solche Bindung der Behörde, dann sei – so der VfGH in VfSlg 5433/1966 sowie 5710/1968 – die Behörde, ohne jedoch dabei willkürlich vorgehen zu dürfen, berechtigt, den Widerruf jederzeit auszusprechen. Durch den Widerruf einer „amtlichen“ Bestellung, welche eine in das öffentliche Recht fallende Aufgabe, nicht aber die freiberufliche Tätigkeit berühre, werde nicht in das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht der Freiheit der Erwerbsbetätigung eingegriffen. Siehe weiters Funk, JBl 1972, 462 f. 2495 Eine sehr umfassende Regelung sieht etwa § 9 Stmk Parkgebührengesetz 2006 vor. Siehe weiters Schäffer, in: Bundeskammer (Hg), Erfüllung 80; Wenger, Grundriss Rz 520. 2496 Zur Wirkung der Beendigung von Rechtsverhältnissen allgemein Raschauer, Verwaltungsrecht3 Rz 1207. 2497 VwGH 19.11.1998, 98/07/0165. Siehe auch Raschauer, Verwaltungsrecht3 Rz 1209 f. 2498 So etwa die nichtamtlichen Sachverständigen nach § 52 Abs 2 AVG (siehe schon VwGH 17.5.1988, 87/04/0277); vgl hiezu 3.II.B.12.c).bb) und dabei insbesondere Krajcsir, Hoheitsverwaltung 180. 2499 Insbesondere bei Aufträgen an Private im Zuge der Ersatzvornahme nach Maßgabe des § 4 VVG oder betreffend das Abschleppen eines KFZ nach § 89a Abs 2 StVO. Siehe bereits 3.II.A.3.a); weiters Raschauer, Verwaltungsrecht3 Rz 1190.
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in erster Linie den entsprechenden Anordnungen des jeweiligen Gesetzes zu entnehmen2500. Fehlt es – wie derzeit für MediatorInnen – an einer speziellen öffentlich-rechtlichen Regelung und sind auch keine sonstigen Hinweise für einen hoheitlichen Eingriff2501 in subjektive Rechte2502 erkennbar, übernimmt hiebei schließlich das allgemeine Privatrecht eine Auffangfunktion2503. Zu beobachten sind jedoch auch zum Teil ineinander verschränkte bzw sich tangierende – vor allem multipolare – Rechtsbeziehungen, die einerseits auf dem öffentlichen Recht und andererseits auf dem Privatrecht fußen. Dabei gilt es aber jeweils zu unterscheiden, welches Rechtsverhältnis angesprochen bzw ausgestaltet werden soll2504. Ein anschauliches Beispiel hiefür liefert § 120 WRG, womit die Bestellung einer wasserrechtlichen Bauaufsicht geregelt wird2505. Demnach kann die Wasserrechtsbehörde zur Überwachung der Bauausführung bewilligungspflichtiger Wasseranlagen2506 geeignete physische Personen2507 durch Bescheid als Aufsichtsorgane bestellen (Abs 1). Die Bauaufsicht erstreckt sich gem Abs 2 leg cit auf die abschließend aufgezählten Aufgaben2508 wie die fach- und vorschriftsmäßige Aus2500 Raschauer, Verwaltungsrecht3 Rz 119. 2501 Siehe schon Winkler, Bescheid 81. 2502 Solche Hinweise können insbesondere in den gesetzlich normierten Handlungsverpflichtungen gegenüber heranzuziehenden Privaten erkannt werden; so zB in § 52 Abs 4 AVG betreffend nichtamtliche Sachverständige oder in § 2a Abs 4 TSG, RGBl 177/1909 idF BGBl I 50/2012, im Hinblick auf freiberuflich tätige Tierärztinnen und Tierärzte im Zuge der Tierseuchenbekämpfung, wobei in diesem Fall darüber hinaus noch der Aspekt der temporär eingeschränkten (privaten) Berufsausübung hinzutritt (Abs 2). Siehe auch Walter/Thienel (Hg), Verwaltungsverfahrensgesetze II2 § 4 VVG Rz 11. 2503 Schäffer, in: Bundeskammer (Hg), Erfüllung 79. 2504 Raschauer, Verwaltungsrecht3 Rz 1185. 2505 Sinngemäß gilt dies auch für die – zwingend zu bestellenden – Aufsichtsorgane nach § 49 AWG (Bauaufsicht) sowie § 63 Abs 3 AWG (Überwachung bestehender Deponien). Siehe auch Schmelz, in: List/Schmelz, AWG 20023, § 49 AWG, 338. 2506 Demgegenüber sei das Bauaufsichtsorgan aber weder für die Überwachung der Ausführung von wasserpolizeilichen Aufträgen noch zur Bearbeitung von Interessenkonflikten zwischen KonsensinhaberIn und berührten Dritten zu bestellen – so VwGH 28.9.2006, 2006/07/0004. 2507 So Franz Oberleitner/Wolfgang Berger, § 120 WRG, Kommentar zum Wasserrechtsgesetz 19593 (2011) Rz 2. 2508 Die Verlagerung weiterer behördlicher Aufgaben, insbesondere der Festlegung des endgültigen Inhalts der wasserrechtlichen Bewilligung, auf das Bauaufsichtsorgan entspreche nicht nur nicht dem Gesetz, sondern stelle auch eine Einschränkung der Rechtsschutzmöglichkeiten Dritter dar; VwGH 24.2.2005, 2004/07/0030.
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führung der Bauarbeiten und die Einhaltung der einschlägigen Bedingungen des Bewilligungsbescheids. Auf Grundlage von Abs 3 leg cit sind die wasserrechtlichen Aufsichtsorgane berechtigt, jederzeit Untersuchungen, Vermessungen und Prüfungen an der Baustelle vorzunehmen, Einsicht etwa in Behelfe oder Unterlagen zu verlangen und erforderlichenfalls Baustoffe, Bauteile und bautechnische Maßnahmen zu beanstanden. Wird dabei keine Übereinstimmung erzielt, so ist unverzüglich die Entscheidung der Wasserrechtsbehörde einzuholen. Gem Abs 5 wird die Verantwortlichkeit der UnternehmerInnen und der den Bau Ausführenden durch die Bestellung einer wasserrechtlichen Bauaufsicht aber nicht eingeschränkt. Abs 6 sieht schließlich vor, dass die Kosten der gegenständlichen Bauaufsicht die UnternehmerInnen zu tragen haben. Der VwGH hat in diesem Kontext festgehalten, dass § 120 WRG zum einen Anordnungen über das Rechtsverhältnis zwischen der/dem KonsensinhaberIn und dem Aufsichtsorgan und zum anderen zwischen der/dem KonsensinhaberIn und der Behörde enthalte. Über das Rechtsverhältnis zwischen Aufsichtsorgan und Behörde sage diese Bestimmung jedoch nichts aus. Folglich sei daraus zu schließen, dass letztere Rechtsbeziehung keine solche des öffentlichen, sondern – wie etwa bei der Durchführung der Ersatzvornahme im Rahmen der Zwangsvollstreckung2509 – eine des privaten Rechts in Form eines Werkvertrags darstelle2510. Es zeigt sich also, dass die jeweiligen Rechtsverhältnisse notwendigerweise einzeln zu erfassen sind und dass gerade in Fällen mehrpoliger Konstellationen diese nicht einheitlicher Rechtsnatur sein müssen2511. Aber auch die Fragen betreffend Dauer und Beendigung solcher Rechtsverhältnisse sind differenziert zu beantworten. Während hinsichtlich der Beziehungen des öffentlichen Rechts auf die vorhin im Hinblick auf das Rechtsinstitut der Beleihung angestellten Ausführungen verwiesen werden kann, gilt im Zusammenhang mit den vertraglichen gestalteten Rechtsverhältnissen anderes. Sei nämlich, wie der VwGH in dem bereits zitierten Beschluss zur Stellung des wasserrechtlichen Aufsichtsorgans weiter ausführt, das Verhältnis zwischen der Behörde und der zur Bauaufsicht bestellten Person in dieser Hinsicht nach privatem Recht zu beurteilen, dann gelte dies im Verhältnis zum Aufsichtsorgan auch für die Frage der behördlichen Berechtigung, die insoweit privatrechtlich erfolgte Bestellung zu widerrufen 2509 Siehe hiezu Walter/Thienel (Hg), Verwaltungsverfahrensgesetze II2 § 4 VVG Rz 11, wonach die gegenständliche Bestimmung keine Grundlage für eine bescheidförmige Verpflichtung privater UnternehmerInnen enthalte, sodass die Heranziehung derselben mittels privatrechtlicher Auftragsvergabe zu erfolgen habe. 2510 VwGH 27.6.1995, 94/07/0102. 2511 Siehe vor allem Raschauer, Verwaltungsrecht3 Rz 1190.
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und im Verhältnis zur/zum bestellten Privaten das Werkvertragsdauerschuldverhältnis zu beenden. Der bescheidmäßige Abspruch über die Enthebung einer Person von ihrer Betrauung mit einer wasserrechtlichen Aufsichtsfunktion gestalte wiederum nicht bloß das Rechtsverhältnis zwischen KonsensinhaberIn und Aufsichtsorgan, indem es die Duldungspflichten der Konsensinhaberin bzw des Konsensinhabers diesem gegenüber beendet. Der Bescheid erfasse vielmehr auch das Rechtsverhältnis zwischen Konsensinhaber und Behörde, indem er die Kostenersatzpflicht der Konsensinhaberin respektive des Konsensinhabers für eine weitere Tätigkeit dieses Aufsichtsorgans aufhebe. Hingegen enthalte der Enthebungsbescheid gegenüber dem Aufsichtsorgan lediglich die zivilrechtlich relevante Willenserklärung der einseitigen Beendigung des Werkvertragsverhältnisses namens des von der Behörde repräsentierten Rechtsträgers2512. Beachtenswert erscheinen in diesem Kontext darüber hinaus die gesetzlichen Regelungen zur Übertragung der Sicherheitskontrollen auf Unternehmen nach Maßgabe des Luftfahrtsicherheitsgesetzes 20112513, worin nämlich einmal mehr die Möglichkeiten einer engen Verflechtung von öffentlichem und privatem Recht deutlich werden. So ist es Angelegenheit von zumindest jenen ZivilflugplatzhalterInnen, deren Flughäfen ein jährliches Passagieraufkommen von mindestens 100.000 abfliegenden Passagieren zu bewältigen haben, für die Sicherheitsbehörden die Durchführung von Sicherheitskontrollen an Flughäfen zu gewährleisten (§ 5 LSG 2011). Um dies bewerkstelligen zu können, sind die ZivilflugplatzhalterInnen ermächtigt, mit der Durchführung derartiger Durchsuchungen geeignete UnternehmerInnen oder Gesellschaften vertraglich zu beauftragen (§ 6 Abs 1 leg cit). Der Gesetzgeber selbst trifft also eine weitgehende Zuordnung des Rechtsverhältnisses zum Privatrecht2514. Wohl aber sieht § 6 Abs 1 LSG 2011 iVm § 5 leg cit einen ganzen Verpflichtungskanon für das zu beauftragende Unternehmen vor. Beispielhaft soll die Verbindlichkeit herausgegriffen werden, wonach jene DienstnehmerInnen, welche letzten Endes die Sicherheitskontrollen besorgen, zur Befolgung von „Anordnungen“2515 der Organe des öffentlichen Sicherheitsdiensts im Zusammenhang mit der Durchführung von Sicherheitskontrollen zu verpflichten sind2516. Eine weitere öffentlich-rechtliche Verschränkung tut sich dahingehend auf, dass es der/dem Landespoli2512 Vgl auch Oberleitner/Berger, WRG3 § 120 Rz 7. 2513 BGBl I 111/2010 idF BGBl I 50/2012. 2514 Zur Zuordnung durch den Gesetzgeber siehe auch Raschauer, Verwaltungsrecht3 Rz 1189. 2515 Vgl etwa § 5 Abs 1 Zif 8 LSG 1992, worin unzutreffend von „Weisung“ die Rede war. 2516 Aber auch der Zivilflugplatzhalter ist bei der Wahrnehmung von Aufgaben gem § 5 leg cit nicht frei, sondern untersteht dabei nach Maßgabe des § 13 Abs 1 LSG
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zeidirektorIn, in deren/dessen örtlichem Wirkungsbereich sich der Zivilflugplatz befindet, obliegt, schriflich ihr/sein Einverständnis zur Heranziehung von mit Durchsuchungen betraute Personen und von leitenden MitarbeiterInnen in der Passagierdurchsuchung vorab zu erklären (§ 7 Abs 2 leg cit). Dass es sich hiebei übrigens nicht um eine materielle, sondern um eine funktionale Privatisierung handelt2517, macht letztlich auch der Gesetzgeber mit § 8 Abs 1 LSG 2011 deutlich, wonach der Bund für Schäden, die DienstnehmerInnen oder sonstige Beauftragte eines Zivilflugplatzhalters am Vermögen oder an der Person von Passagieren und Dritten zufügen, nach dem AHG haftet2518. Schlussendlich bleiben noch – ganz allgemein – die Kontrollbefugnisse und Sanktionsmittel der Behörde zu erwähnen. Befugnisse dieser Art können gesetzlich geregelt sein2519 oder sind mangels entsprechender Normen vertraglich zu bedingen2520. Die Notwendigkeit der Vorsehung von Kontrollbefugnissen ergibt sich für VerwaltungshelferInnen, die wie etwa Medi2011 der Aufsicht und Anordnung der Sicherheitsbehörde erster Instanz, in deren örtlichen Wirkungsbereich sich der Zivilflugplatz befindet. 2517 Von einer Beleihung ist übrigens schon mangels Befugnis zur Ausübung von Hoheitsgewalt, diese steht lediglich den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes zu (§ 3 Abs 5 LSG 2011), nicht auszugehen; siehe bereits Krajcsir, Hoheitsverwaltung 147 f; Faber, ZfV 2000, 855. 2518 Vgl hiezu die Regelungen betreffend Sicherheitskontrollen in Gerichtsgebäuden (§§ 9 ff GOG, RGBl 217/1896 idF BGBl I 35/2012). Auch in diesen Fällen ist eine Beauftragung von privaten Unternehmen aufgrund eines Vertrags vorgesehen. Die Kontrollorgane sind jedoch – anders als jene an den Flughäfen – zur Setzung hoheitlicher Zwangsmaßnahmen (Wegweisung, Waffengebrauch) ermächtigt (§ 11 Abs 1 Zif 3 GOG); siehe hiezu Herbert Spehar/Wolfgang Fellner, §§ 9 ff GOG, in: Richterdienstgesetz (RDG) und Gerichtsorganisationsgesetz (GOG) samt dem Staatsanwaltschaftsgesetz (StAG) und den wichtigsten sonstigen einschlägigen Rechtsquellen (1999). 2519 Als ein Beispiel für eine gesetzlich normierte Sanktion ist § 137 Abs 1 Zif 23 WRG 1959 zu nennen, wonach das Bauaufsichtsorgan dem verwaltungsstrafrechtlichen Regime – es handelt sich in diesem Fall also um keine Disziplinarstrafe, sondern um Strafen, welche die Privaten als selbständige Subjekte treffen – insoweit unterliegt, als eine grobe Vernachlässigung von der dem Aufsichtsorgan obliegenden Überwachungs- und Informationspflichten strafbar ist. Solche disziplinären oder (verwaltungs-)strafrechtlichen Verantwortlichkeiten (vgl auch § 99 Zif 10 BWG betreffend Bankprüfer) müssen jedoch keineswegs vorgesehen sein. Vielmehr können diese gänzlich fehlen, sodass die Abberufung aus der Funktion oder die Nichtverlängerung der Befugnis als einzige Reaktionsmöglichkeiten verbleiben. 2520 Bei privatrechtlich Herangezogenen können etwa Konventionalstrafen und sonstige Sanktionen der Vertragsverletzung in Betracht kommen. Vgl Schäffer, in: Bundeskammer (Hg), Erfüllung 81.
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atorInnen mit Beiträgen vorbereitenden Charakters betraut werden, schon allein aus der hier vertretenen Strukturschaffungspflicht2521. 3. Rechtsbeziehung zwischen herangezogenen Privaten und Aufgabenbetroffenen
Neben den nach innen gerichteten Rechtsbeziehungen zwischen herangezogenen Privaten und Behörden ist regelmäßig auch das Außenverhältnis, also die Beziehung zwischen Beliehenen bzw VerwaltungshelferInnen und Dritten, zu beachten. Gleichwohl ist schon eingangs festzuhalten, dass es ein einheitliches Erscheinungsbild auch in diesen Fällen nicht gibt. Die – wenn überhaupt – in den unterschiedlichen gesetzlichen Normen geregelten Anforderungen, Aufgaben und Pflichten gleichen sich nicht notwendigerweise. Folglich können konkrete Schlüsse immer nur im Hinblick auf die für ein bestimmtes Rechtsverhältnis geltenden Regelungen gezogen werden, sodass es sich ebenfalls nur anhand des Einzelfalls beurteilen lässt, ob auf diese zur Diskussion stehenden Rechtsbeziehungen öffentliches oder privates Recht anzuwenden ist bzw überhaupt ein Rechtsverhältnis besteht. a) Beliehene und Dritte
In erster Linie ist hiebei an jene Fälle zu denken, in denen die Rechtsbeziehung auf die Ausübung der verliehenen Hoheitsgewalt beschränkt bleibt. Die Rede ist also von einer öffentlich-rechtlichen Beziehung, in welcher die Beliehenen in Ausübung der ihnen übertragenen hoheitlichen Befugnisse gegenüber allen Aufgabenbetroffenen jedenfalls immer als „obrigkeitliche Personen“ auftreten. Jedoch kann vorab nicht generell ausgeschlossen werden, dass zum öffentlich-rechtlichen Verhältnis nicht noch ein privatrechtlicher Aspekt hinzutritt und dadurch eine Gemengelage bestehend aus Privatrecht und öffentlichem Recht entstehen kann2522. Aufmerksamkeit verdient dabei sicher2521 Siehe oben 3.II.B.11.b).bb). Aus der Aufsichtstätigkeit an sich lassen sich ein Weisungsrecht der Behörde an Private, und solche sind nun mal Aufsichtsorgane im gegenständlichen Kontext, oder eine Berichtspflicht jedenfalls nicht ableiten. Vielmehr ist die Behörde aufgrund ihrer Leitungsverantwortung angehalten, – bereits im privatrechtlichen Veranlassungsakt – sichernde Maßnahmen vorzusehen, um eine weitgehende Sicherstellung einer auftragsgemäßen Aufgabenerfüllung durch das Aufsichtsorgan zu gewährleisten. Dies kann im Wege der Präventivsteuerung, so dass die Aufgaben bzw Rechte und Pflichten (wie etwa die Berichterstattung) der VerwaltungshelferInnen im Veranlassungsakt möglichst detailgerecht festgehalten werden, oder auch iS einer engen Begleitung der Tätigkeit der Privaten durch die Behörde (stichprobenartige Kontrolle vor Ort) geschehen. 2522 Schäffer, in: Bundeskammer (Hg), Erfüllung 83.
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lich die Stellung des Jagdaufsichtsorgans2523. Dieses agiert nämlich nicht nur gegenüber Dritten als obrigkeitliches Organ, sondern unterliegt gleichzeitig einem privatrechtlich gestalteten Verhältnis zur/zum Jagdaufsichtsberechtigten, die/der für die Besorgung des Jagdschutzes verpflichtet ist2524. Aus diesem doppelten Funktionsverhältnis ergibt sich, dass es Sache der/des Jagdausübungsberechtigten ist, das Aufsichtsorgan anzuweisen, wie es im einzelnen ihre/seine dienstlichen Obliegenheiten zu erfüllen hat. Das Anweisungsrecht der/des Jagdausübungsberechtigten erstreckt sich aber nicht – wie schon Funk ausführt – auf die Anwendung der Zwangsbefugnisse durch das Aufsichtsorgan. In diesem Zusammenhang handelt das Aufsichtsorgan in eigener Verantwortung. Es hat somit jeweils im Einzelfall selbständig die Voraussetzungen zu prüfen und kann sich nicht auf eine Anweisung der Dienstgeberin bzw des Dienstgebers berufen2525. Erkennbar wird das Ineinandergreifen von öffentlichem und privatem Recht beispielsweise auch bei jenen Rechtsverhältnissen, die im Zuge der wiederkehrenden Begutachtung von Kraftfahrzeugen nach § 57a KFG entstehen. In diesem Fall führt der Umstand der Ermächtigung zur Ausübung der als hoheitliche Tätigkeiten2526 zu beurteilenden Begutachtung von Fahrzeugen und komplementär jener der Verpflichtung zum Begutachtenlassen dazu, dass die Beliehenen mit den ZulassungsbesitzerInnen in eine vertragliche und außerdem in eine öffentlich-rechtliche Beziehung treten2527. b) VerwaltungshelferInnen und Dritte
Anhand des Beispiels der Bauaufsichtsorgane nach dem WRG lässt sich zeigen, dass individuelle Rechtsverhältnisse zwischen Dritten und VerwaltungshelferInnen, hier KonsensinhaberIn und Aufsichtsorgan, vom Gesetzgeber öffentlich-rechtlich geprägt sein können. Davon ist immer dann auszugehen, wenn – abgesehen von Fällen des Privatzwangs2528 – einseitig in Rechte Einzelner eingegriffen2529 bzw diesen eine spezielle Pflicht mittels normativen Verwaltungsakts aufgebürdet werden soll. Im gegenständlichen 2523 In diese Richtung auch jene der Fischereiaufsichtsorgane; hiezu ua § 7 Stmk Fischereigesetz 2000, Stmk LGBl 85/1999 idF Stmk LGBl 78/2005. 2524 Siehe auch Kahl/Weber, Verwaltungsrecht3 Rz 257. 2525 Siehe Funk, JBl 1972, 462; auch Schäffer, in: Bundeskammer (Hg), Erfüllung 62 f; Koja, in: Ermacora et al (Hg), Verwaltungsrecht 447. 2526 Hiezu jedoch Krajcsir, Hoheitsverwaltung 160 ff. 2527 Vgl Schragel, AHG3 Rz 29. 2528 Siehe Krajcsir, Hoheitsverwaltung 87; Raschauer, in: Korinek/Holoubek (Hg), Bundesverfassungsrecht II/1, Art 20 Abs 1 B-VG Rz 60. 2529 Siehe bereits VfSlg 5433/1966 im Zusammenhang mit den Verhältnissen von behördlich beauftragten, freiberuflichen Tierärztinnen bzw -ärzten und TierhalterInnen.
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Kontext erfolgt dies dahingehend, dass der/dem KonsensträgerIn Duldungspflichten dergestalt auferlegt werden (können), als das Aufsichtsorgan jederzeit Untersuchungen, Vermessungen etc an der Baustelle vornehmen bzw Einsicht in Unterlagen udgl verlangen kann (§ 120 Abs 3 WRG)2530. Das privatrechtlich gestaltete Rechtsverhältnis zwischen Aufsichtsorgan und Behörde wird hievon jedoch ebenso wenig berührt, wie auch aus der Kostentragungspflicht der KonsensinhaberInnen für das Tätigwerden des Aufsichtsorgans (§ 120 Abs 6 WRG) kein rechtlicher Einfluss der UnternehmerInnen auf die Tätigkeit des Aufsichtsorgans abzuleiten ist2531. Somit lässt sich anhand dieser mehrpoligen Konstellation der Beweis führen, dass die jeweils zu differenzierenden Rechtsverhältnisse keineswegs einheitlicher Natur sein müssen2532. Eine Verquickung von öffentlichem und privatem Recht ist – folgt man insbesondere dem OGH2533 – weiters im Rahmen der Heranziehung von BankprüferInnen zur Prüfung des Jahresabschlusses auf Grundlage von §§ 60 ff BWG zu beobachten. Diese werden, ähnlich den Jagdaufsichtsorganen2534, von den Kreditinstituten selbst und nicht von der Aufsichtsbehörde bestellt, wenngleich deren Bestellung der FMA schriftlich anzuzeigen ist und letztere dagegen Widerspruch erheben kann (§ 63 Abs 1 leg cit). Die zentralen Aufgaben der gegenständlichen PrüferInnen bestehen in der Anzeigepflicht gegenüber der FMA bei begründeten Missständen sowie der Erstellung des Jahresabschlusses (Konzernabschlusses)2535. 4. Rechtsfolgen der Unterscheidung in Bezug auf den Rechtsschutz
Wie schon eingangs angedeutet, gelingt es letzten Endes erst durch die Identifizierung des Rechtsverhältnisses und durch dessen Einordnung in das öffentliche oder private Recht, die Fragen des Rechtsschutzes im Allgemeinen und jene des Rechtswegs im Besonderen beantworten zu können. a) Rechtsschutzsystem
Im Hinblick auf das zur Anwendung kommende Rechtsschutzsystem sei trotz der vermeintlichen Selbstverständlichkeit vorausgeschickt, dass zur Geltendmachung und Durchsetzung von Rechtsansprüchen der/dem Einzelnen im hoheitlichen Bereich andere Verfahrensweisen zur Verfügung ste2530 Siehe hiezu auch §§ 49 Abs 3 sowie 63 Abs 3 AWG. 2531 Etwa Oberleitner/Berger, WRG3 § 120 Rz 10. 2532 Siehe bereits Raschauer, Verwaltungsrecht3 Rz 1190. 2533 OGH 25.3.2003, 1 Ob 188/02g. 2534 Vgl 3.II.C.3.a). 2535 An die Befugnis zur Erledigung des Prüfberichts knüpft der OGH übrigens seine amtshaftungsrechtlichen Überlegungen; siehe schon 3.II.B.16.
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hen als auf dem Gebiet der privatrechtlich handelnden nichthoheitlichen Verwaltung2536. Den Betroffenen eröffnet sich gegenüber dem hoheitlich agierenden Staat jedenfalls ein selbständiges öffentlich-rechtliches Rechtsschutzsystem. Dieses knüpft wiederum grundsätzlich an die zur Anwendung gelangenden Rechtsformen hoheitlichen Verwaltungshandelns an und kennzeichnet so die Wahl des Rechtswegs2537. Damit ist gemeint, dass ein administrativer Rechtsschutz sowie gem Art 129 ff B-VG ein solcher verwaltungsrechtlicher Natur durch die UVS (Akte verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt ieS, Bescheide2538) und schließlich gem Art 130 ff leg cit eine nachprüfende Kontrolle durch die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts nur bei Verwaltungsakten ieS gegeben ist2539. Die Fokussierung des Rechtsschutzsystems auf die Rechtssatzformen bringt es jedoch mit sich, dass, soweit keine (sonder-)gesetzlich eingeräumten Rechtsmittel bestehen2540, die Ausübung von staatlicher Hoheitsgewalt, die nicht in einer dieser Formen erfolgt, auch nicht direkt bekämpft werden kann2541. Somit ist schlichtho2536 Siehe bereits Melichar, JBl 1956, 429; weiters Adamovich et al, Staatsrecht II Rz 27.009. 2537 So schon Novak, ÖJZ 1979, 6 f; Schäffer, in: Bundeskammer (Hg), Erfüllung 83; weiters Clemens Jabloner, Art 129 B-VG, in: Karl Korinek/Michael Holoubek (Hg), Österreichisches Bundesverfassungsrecht. Textsammlung und Kommentar II/2 (Stand 2009) Rz 9. 2538 Zur Zuständigkeit des UVS zur Überprüfung von nicht bescheidförmigem Verwaltungshandeln ohne Vorschaltung eines Administrativbescheids sogleich unten. 2539 Zu den Beschwerden an den VwGH betreffend Bescheide und Weisungen etwa Grabenwarter, in: Korinek/Holoubek (Hg), Bundesverfassungsrecht II/2, Art 130 Abs 1 B-VG Rz 5. Betreffend die Bescheidbeschwerde an den VfGH zB Benjamin Kneihs, Art 144 B-VG, in: Karl Korinek/Michael Holoubek (Hg), Österreichisches Bundesverfassungsrecht. Textsammlung und Kommentar II/2 (Stand 2005) Rz 10 ff. 2540 So zB in § 88 Abs 2 SPG, wonach die UVS über Beschwerden betreffend schlichtes Polizeihandeln erkennen, sofern ein solches in Rechte einer/eines Betroffenen eingreift, ein Mindestmaß an Außenwirkung aufweist und sich individuell gegen eine/n Rechtsunterworfenen richtet (vgl VwGH 25.6.1997, 95/01/0600). Siehe hiezu – insbesondere die jeweiligen Erkenntnissammlungen – Gerhard Pürstl/Manfred Zirnsack (Hg), Sicherheitspolizeigesetz mit erläuternden Anmerkungen unter Berücksichtigung der Gesetzesmaterialien sowie einer Übersicht der Rechtsprechung2 (2011) 432 ff; auch Theodor Thanner/Mathias Vogl, SPG. Sicherheitspolizeigesetz. Kommentar (2005) 452 ff; weiters Daniel Ennöckl, Der Rechtsschutz gegen sicherheitsbehördliche Maßnahmen nach Inkrafttreten des Strafprozessreformgesetzes, JBl 2008, 411; Grabenwarter/Holoubek, Verfassungsrecht Rz 753. Krit Thienel, ecolex 1998, 81. 2541 Merli, in: Hofmann et al (Hg), Rechtsstaatlichkeit 105; Stelzer, Grundzüge 92.
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heitliches Verwaltungshandeln mangels einer bestimmten Rechtssatzform weder beim VwGH noch beim VfGH unmittelbar bekämpfbar. Lediglich im Fall der Schadenszufügung können sich die Betroffenen auf Grundlage des Amtshaftungsrechts rechtlich zur Wehr setzen2542. Für die in den Formen des Privatrechts agierende Verwaltung bleibt bei Streitigkeiten zwischen dem Staat und Privaten im Allgemeinen der Rechtsschutz durch die ordentlichen Gerichte2543. Holoubek weist aber gerade im Kontext der Phänomene der Ausgliederung und Beleihung auf die beobachtbaren „Erosionstendenzen“ hin, wonach der (einfache) Gesetzgeber unter Billigung des VfGH öffentlich-rechtliche Rechtsschutzeinrichtungen vorsehe, die einerseits Rechtsschutz gegen öffentlich-rechtlich bestimmtes Handeln einräumen, auch wenn kein Verwaltungsakt ieS vorliegt, und andererseits – noch weitergehend – bei privatrechtlichem Handeln. In erster Linie bezieht er sich dabei zum einen auf die Administrativkompetenz der UVS betreffend die Bekämpfung von schlichthoheitlichen (Polizei-)Handlungen2544 und zum anderen auf die Entscheidung des VfGH im Zusammenhang mit dem Vergaberecht2545. Demzufolge sei nach Meinung des Gerichtshofs dem Art 129a B-VG die Zielsetzung zu entnehmen, dass die UVS nicht zur Führung der Verwaltung in erster Instanz berufen werden können, es aber auch nichts „verschlage“, wenn – wie in dem zu behandelnden Fall betreffend die (zu diesem Zeitpunkt geltenden) §§ 18 ff Nö VergabeG – die Kontrolle über Akte privatrechtsförmiger Verwaltung bei den UVS ohne Vorschaltung einer Verwaltungsbehörde, die über die Frage der Rechtmäßigkeit dieser Akte hoheitlich, also mittels Bescheid zu befinden hätte, konzentriert werde. Die Berufung der UVS zur Kontrolle von Entscheidungen von „Staatsorganen“, die nicht hoheitlich handeln, sondern im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung getroffen werden, sei von der Bundesverfassung nicht ausgeschlossen. Insbesondere habe der Verfassungsgesetzgeber die zuständigen (einfachen) Gesetzgeber mit Art 129a Abs 1 Zif 3 B-VG generalklauselartig ermächtigt, ihnen auch weitere Angelegenheiten zur Entscheidung zuzuweisen2546. Die Besonderheiten dieses Erkenntnisses sind nun aber nicht nur in der Annahme des VfGH festzumachen, dass die UVS auf Grundlage einfachgesetzlicher Regelungen auch zur Kontrolle von Akten der Privatwirtschafts2542 Stolzlechner, Einführung5 Rz 620. 2543 Adamovich et al, Staatsrecht II Rz 27.009. 2544 Hiezu etwa Alfred Grof, Unabhängige Verwaltungssenate, in: Rudolf Machacek (Hg), Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof und vor dem Verwaltungsgerichtshof. Leitfaden für die Praxis mit Darlegungen auch zu UVS- und EMRKBeschwerden und zum Asylgerichtshof6 (2008) 257 f. 2545 Holoubek, ÖZW 2000, 36. 2546 VfSlg 14891/1997.
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verwaltung berufen werden können, sondern vielmehr in dem um einiges brisanteren Aspekt, dass es sich hiebei gar nicht um Entscheidungen von staatlichen Organen im organisatorischen Sinn handeln muss. Zwar spricht der VfGH selbst – jedoch ohne eingehende Begründung – von der Kontrolle der „Staatsorgane“ im Rahmen der Privatwirtschaft, doch ist dem konkret zu prüfenden Sachverhalt ua eine nichthoheitliche Vergabeentscheidung durch die Nö Landeshauptstadt-PlanungsgesmbH, und damit wohl eine durch einen ausgegliederten Rechtsträger, zugrundegelegen. Dessen nicht hoheitliches Handeln lässt sich auf der Grundlage eines ausschließlich organisatorischen Verständnisses des maßgeblichen Verwaltungsbegriffs des Art 129 B-VG aber gerade nicht als eine Entscheidung von Staatsorganen im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung qualifizieren2547. Gestützt auf dieses Erkenntnis meint Holoubek – entgegen anderslautender Auffassungen2548 – gute Gründe dafür zu erkennen, dass für die Beurteilung, was Art 129 B-VG unter „der gesamten öffentlichen Verwaltung“ verstehe, nicht bloß die organisationsrechtliche Einordnung maßgeblich sei, sondern auch die inhaltliche Qualifikation des jeweiligen Handelns. Es bleibe zu unterscheiden, ob dieses spezifisch öffentlich-rechtlich oder zumindest weitgehend öffentlich-rechtlich bestimmt sei, oder aber ein rechtserhebliches Handeln darstelle, das tatsächlich für echte Private typisch sei2549. Je mehr es sich jedoch um die Erfüllung genuin staatlicher Aufgaben, insbesondere (verwaltungs)polizeilichen oder regulierenden Inhalts, handle, desto näher liege eine Zuständigkeitszuweisung zum öffentlich-rechtlichen Rechtsschutzsystem. Diese Auslegung nehme zum einen den einfachen Gesetzgeber dergestalt in die Pflicht, einen effizienten Rechtsschutz bei solchen durch Private erfolgenden Tätigkeiten zu garantieren. Zum andern biete Art 129 B-VG für den Gesetzgeber die Möglichkeit, Handlungen ausgegliederter Rechtsträger bzw von einem Privaten, auch wenn sie nicht hoheitliche Aufgaben erfüllen, dann dem öffentlich-rechtlichen Rechtsschutzsystem (den UVS und damit in weiterer Folge grundsätzlich dem VwGH sowie gegebenenfalls dem VfGH2550) zu unterwerfen, wenn der ausgeglie2547 Auf die sich daraus ergebenden, unbeantworteten Fragen (insbesondere hinsichtlich des verfassungsrechtlichen Verwaltungsbegriffs) weist eindringlich Thienel, ecolex 1998, 80 f, hin. Siehe auch Köhler, in: Korinek/Holoubek (Hg), Bundesverfassungsrecht II/2, Art 129a B-VG Rz 68. 2548 Siehe etwa Thienel, ecolex 1998, 80. 2549 Holoubek, ÖZW 2000, 36 f. 2550 Allgemein am Beispiel des Vergaberechts Oliver Walther/Dieter Hauk, Zersplitterung des Rechtsschutzes, in: Heid Schiefer Rechtsanwälte OG/Preslmayr Rechtsanwälte OG (Hg), Handbuch Vergaberecht3 (2010) Rz 1715 f sowie Hubert Reisner, Rechtsschutz gegen Bescheide des BVA, in: Heid Schiefer Rechtsanwälte OG/Preslmayr Rechtsanwälte OG (Hg), Handbuch Vergabe-
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derte Rechtsträger bzw Private öffentliche Aufgaben wahrnehme, die dem (nicht hoheitlich handelnden) Staat zugerechnet werden können. Aus verfassungsrechtlicher Sicht liege die Grenze für eine Unterstellung unter das öffentlich-rechtliche Rechtsschutzsystem dort, wo keine Zurechnung zum Staat mehr gegeben sei, also das Handeln von Privaten in Rede stehe, die über keine qualifizierte, hoheitlich eingeräumte Sonderstellung verfügen2551. b) Rechts(schutz)folgen betreffend das Innenverhältnis
Welche Folgen sind nun hieraus für das jeweilige Innenverhältnis abzuleiten? Bezogen auf die vorangestellten Ausführungen lässt sich festhalten, dass die mittels Bescheid bestellten Privaten (zB nichtamtliche Sachverständige2552) ihre Ansprüche im öffentlich-rechtlichen Rechtsweg durchsetzen können. Alle hievon nicht erfassten Fälle, wie eben etwa die zwischen Behörde und VerwaltungshelferIn privatrechtlich zu erfolgende Bestellung eines wasserrechtlichen Aufsichtsorgans, sind jedoch grundsätzlich nach den Normen des Zivilrechts zu beurteilen2553. Folglich sind auch die aus einer solchen rechtsgeschäftlichen Willenserklärung resultierenden Ansprüche der/des Privaten im Zivilrechtsweg zu verfolgen2554. Jedenfalls wird in diesen Fällen durch den Bestellungsakt der/dem Privaten gegenüber kein subjektiv-öffentliches Recht eingeräumt2555. c) Bestellungsakt und Verfahrensrechtsverhältnis
Auch wenn das Rechtsverhältnis zwischen Behörde und Privaten im Allgemeinen nur nach innen wirkt, so bleibt dennoch zu hinterfragen, ob nicht zumindest den Parteien eines Verwaltungsverfahrens im Zuge der Auswahl von Privaten ein Mitwirkungs- oder ein gegenüber diesen gerichtetes Abrecht3 (2010) Rz 2126 ff. Weiters Bernt Elsner/Robert Keisler/Katharina Hahnl, Vergaberechtsschutz in Österreich. Kommentierung aller 10 Vergabenachprüfungsgesetze in systematischer Gesamtdarstellung (2004) Rz 222 ff. 2551 Holoubek, ÖZW 2000, 37 f. 2552 Vgl etwa die Entscheidung des VwGH 7.9.1993, 93/05/0188, wonach die Bestellung einer bestimmten Person als nichtamtlicher Sachverständiger dieser gegenüber einen im Instanzenzug anfechtbaren verfahrensrechtlichen Bescheid darstellt. 2553 Allgemein Winkler, Bescheid 81. 2554 So zB der Honoraranspruch. Anderes könnte, will man die vorhin referierten, von Holoubek, ÖZW 2000, 36, auf Grundlage des Erkenntnisses des VfGH, VfSlg 14891/1997, angestellten Überlegungen im Hinblick auf die Rechtsbeziehungen von privaten „HelferInnen“ und Verwaltung fruchtbar machen, aber gelten, wenn der einfache Gesetzgeber die UVS befugt, auch die Kontrolle von derartigen nicht in hoheitlicher Form ergehenden Akten auszuüben. 2555 VwGH 27.6.1995, 94/07/0102.
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lehnungsrecht zukommt. Eine solche Überlegung gebietet der Umstand, dass die Verfahrensparteien grundsätzlich in verfahrensrechtlichen Verhältnissen gegenüber der die Gebietskörperschaft vertretende Behörde stehen, womit wiederum Rechte und Pflichten wie vor allem die Gewährung des Parteiengehörs verbunden sind, welche die Parteien in die Lage versetzen sollen, Einwendungen gegen die Bestellung etwa im Hinblick auf die Befangenheit oder die mangelnde Fachkenntnis von Privaten vorzubringen. Für die Beantwortung dieser Frage sind letztlich allein die einschlägigen Spezialregelungen und die klare Identifizierung der betroffenen Rechtsverhältnisse entscheidend. Deutlich wird dies etwa am Beispiel der Bestellung von nichtamtlichen Sachverständigen gem § 52 Abs 2 AVG. Der VwGH hat in diesem Zusammenhang schon mehrfach unmissverständlich festgehalten, dass im Instanzenzug anfechtbare Bescheide, mit denen nichtamtliche Sachverständige bestellt werden, immer nur diesen gegenüber, nicht auch gegenüber den Verfahrensparteien ergehen. Letzteren gegenüber sei die Bestellung von nichtamtlichen Sachverständigen als Verfahrensanordnung iSd § 63 Abs 2 AVG zu qualifizieren, die zumindest im Zuge der Anfechtung des das Verfahren erledigenden Bescheids (insbesondere im Zusammenhang mit der Vorschreibung der Sachverständigengebühren gem § 76 AVG) bekämpft werden könne2556. Es zeigt sich also, dass die Reaktionsmöglichkeit der Verfahrensparteien vornehmlich auf einen Zeitpunkt fern ab vom eigentlichen Bestellungsakt von Privaten einsetzen soll. Wohl aber ist in dem speziellen Kontext noch § 53 Abs 1 AVG zu berücksichtigen, demzufolge nichtamtliche Sachverständige von einer Partei aus Gründen der Befangenheit sowie der fehlenden Fachkunde abgelehnt werden können. Verallgemeinernd kann vorerst jedenfalls festgehalten werden, dass in den Fällen, in denen kein öffentlich-rechtlich zu gestaltendes Rechtsverhältnis zwischen den Parteien und den beizuziehenden Privaten vorliegt und auch den Verfahrensgesetzen nicht zu entnehmen ist, dass den Parteien des Verwaltungsverfahrens zur Frage der Hinzuziehung von Privaten Parteiengehör einzuräumen ist, konsequenterweise auch kein Verfahrensmangel darin bestehen kann, wenn es die Behörde unterlässt, den Parteien vor der Bestellung von Privaten die Möglichkeit zur Äußerung zu gewähren2557. Abweichendes ist jedoch dort anzunehmen, wo aus der Verwaltungsvorschrift hervorgeht, dass im Hinblick auf die Bestellung von Privaten die Verfahrenspartei selbst AdressatIn eines sie belastenden Bescheids wird. Dazu soll noch einmal § 120 WRG als Anschauungsmaterial dienen, und dabei jener Umstand, wonach die Bestellung des Aufsichtsorgans mit Bescheid zu er2556 VwGH 7.9.1993, 93/05/0188; 8.6.2005, 2002/03/0076. 2557 Ein Recht auf Parteiengehör bei der Bestellung von Sachverständigen verneinend VwGH 26.5.1993, 92/12/0096; 8.6.2005, 2002/03/0076.
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folgen hat2558. Anders als dies zB bei nichtamtlichen Sachverständigen der Fall ist, muss in diesem Zusammenhang von einer öffentlich-rechtlichen Regelung der Rechtsverhältnisse zwischen der/dem KonsensinhaberIn und dem Aufsichtsorgan sowie zwischen der/dem KonsensinhaberIn und der Behörde ausgegangen werden2559. Auch in einer solchen Konstellation ist zwar von einer Mitwirkungsmöglichkeit der/des zu Beaufsichtigenden am Auswahlprozess nicht auszugehen, wohl aber ergibt sich aus dem allgemeinen Rechtschutzgedanken2560, dass solche Maßnahmen prinzipiell nicht ohne Anhörung der vom belastenden Bescheid betroffenen Partei erfolgen dürfen2561. In diese Richtung argumentiert ferner der VwGH in seiner Judikatur betreffend die Beiziehung wasserrechtlicher Aufsichtsorgane2562. Demnach sei der beaufsichtigten Partei aufgrund allgemeiner Verfahrensgrundsätze im Verfahren zur Installierung eines Aufsichtsorgans insoweit Parteiengehör einzuräumen2563, als ihr die Möglichkeit zur Erhebung von Einwendungen zumindest soweit offen zu stehen habe, als sie die mangelnde Fachkunde oder Befangenheit des Organs – nicht aber etwa wirtschaftliche Aspekte – geltend machen könne. Eine weitergehende Mitwirkung des zu Beaufsichtigenden bei der Auswahl eines Deponieaufsichtsorgans oder gar ein Ablehnungsrecht iSd Bestellung von nichtamtlichen Sachverständigen gem § 53 Abs 1 zweiter Satz AVG sei demgegenüber aber nicht anzunehmen2564. d) Rechtsschutz im Verhältnis Dritter – Beliehene
Wie im Verhältnis zwischen Staat und beigezogenen Privaten hängt freilich auch im Außenverhältnis die Frage des Rechtsschutzes, in diesem Fall von den betroffenen Dritten, von jener nach der Natur der Rechtsbeziehung ab. Als ein erstes Beispiel für ein rein öffentlich-rechtliches Verhältnis dient die Ausübung von Hoheitsgewalt durch Beliehene. Deren Verwaltungsakte ieS, die im Rahmen der ihnen zugestandenen hoheitlichen Kompetenzaus2558 Siehe bereits 3.II.C.2.b). 2559 Diese Feststellungen ändern freilich nichts daran, dass daneben weiterhin das Rechtsverhältnis zwischen Behörde und Aufsichtsorgan besteht. 2560 Siehe 3.IV.A.1. 2561 Aus der Verankerung der Bescheidform in den Art 130 Abs 1 und 131 Abs 1 B-VG folge – so Grabenwarter, in: Korinek/Holoubek (Hg), Bundesverfassungsrecht II/2, Art 130 Abs 1 B-VG Rz 6 – die verfassungsrechtliche Garantie eines der Verwaltungskontrolle vorangehenden Verwaltungsverfahrens, an dem diejenigen, deren Rechtssphäre betroffen sei, als Parteien teilnehmen dürfen. 2562 VwGH 29.6.1995, 91/07/0095; bestätigt durch VwGH 19.11.1998, 98/07/0165. 2563 Die Gewährung des Parteiengehörs schon vor dem gegenständlichen Erkenntnis des VwGH fordernd Raschauer, WRG § 120 Rz 3. 2564 Vgl auch Oberleitner/Berger, WRG3 § 120 Rz 9. Im Hinblick auf die Bauaufsicht nach dem AWG Schmelz, in: List/Schmelz, AWG 20023, § 49 AWG, 338.
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übung ergehen, sind eben obrigkeitlicher Natur und dementsprechend mitunter der verwaltungsrechtlichen Kontrolle der UVS (insbesondere betreffend „faktischer Amtshandlungen“2565), der nachprüfenden gerichtlichen Kontrolle des VwGH und gegebenenfalls des VfGH2566 zugänglich. Ob hiefür jedoch bereits administrative Rechtmittel und Rechtsbehelfe zur Verfügung stehen, ist anhand des Einzelfalls zu beurteilen2567. Im gegenständlichen Zusammenhang weist zB Schäffer darauf hin, dass infolge der bloß funktionellen Betrauung mit einzelnen Verwaltungsaufgaben an der Stellung einer/eines Beliehenen als einer außerhalb des eigentlichen staatlichen Verwaltungsapparats stehenden Person nichts geändert werde, weshalb es bei der Setzung von Verwaltungsakten für die Ergreifung eines ordentlichen Rechtsmittels durch Dritte einer besonderen gesetzlichen Bestimmung bedürfe2568. In diesem Sinn – wenn auch die Einrichtung eines öffentlich-rechtlichen Rechtsschutz fordernd – lassen sich auch die Ausführungen von KucskoStadlmayer verstehen, die unter Berufung auf das Austro Control GmbH Erkenntnis festhält, dass aus dem Rechtsstaatsprinzip eine Gewährleistungspflicht des Staats zur Sicherung eines effizienten Rechtsschutzes zu folgern sei. In besagtem Erkenntnis begründet der VfGH die Verfassungskonformität der Beleihung nämlich gerade damit, dass sich der Instanzenzug gegen die von der Austro Control GmbH erlassenen Bescheide an die/ den zuständige/n BundesministerIn als übergeordnete staatliche Oberbehörde richte2569. 2565 Siehe etwa im Zusammenhang mit der Tätigkeit von Fischereiaufsichts- und Jagdschutzorganen Hauer, in: Potacs (Hg), Beiträge 69 f. 2566 Hiezu Kneihs, in: Korinek/Holoubek (Hg), Bundesverfassungsrecht II/2, Art 144 B-VG Rz 19. 2567 Kahl/Weber, Verwaltungsrecht3 Rz 280. 2568 Schäffer, in: Bundeskammer (Hg), Erfüllung 73 sowie 83; zustimmend Koja, in: Ermacora et al (Hg), Verwaltungsrecht 460. Siehe aber auch § 15 Abs 1 Devisengesetz 2004, wonach ein administrativer Instanzenzug zB ausdrücklich ausgeschlossen ist. 2569 Siehe VfSlg 14473/1996; Kucsko-Stadlmayer, 15. ÖJT Bd I/1, 90 f. Einen Instanzenzug offenbar ausschließend Stolzlechner, Einführung5 Rz 701, demzufolge Bescheide der Austro Control GmbH unmittelbar beim VwGH und VfGH anfechtbar seien. Richtigerweise ist davon auszugehen, dass die/der zuständige BMin bzw BM gem § 140 Abs 1 LuftfahrtG gegenüber der in Angelegenheiten der Zivilluftfahrt als Behörde tätig werdenden Austro Control GmbH nicht nur die sachlich in Betracht kommende Oberbehörde, sondern auch die im Instanzenzug übergeordnete Behörde ist. Siehe hiezu auch Iris Eisenberger/Alexander Zuser, Behörden und Zuständigkeiten nach dem Telekommunikationsgesetz 1997 unter Berücksichtigung der neu geschaffenen Regulierungsbehörde, M&R 1998, 95.
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Noch deutlicher wird der VfGH in seiner Entscheidung zum TKG2570: Nur unter der Voraussetzung, dass die entscheidende Behörde organisatorisch als Behörde des Bundes eingerichtet wurde, sei bei Fehlen einer ausdrücklichen gesetzlichen Anordnung für die unmittelbare Bundesverwaltung vom grundsätzlich unbeschränkten administrativen Instanzenzug bis zur/zum zuständigen BundesministerIn auszugehen. Wenn Hoheitsaufgaben von nicht staatlichen Verwaltungsträgern, etwa von Beliehenen, wahrgenommen werden, sei bei Fehlen einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung die Zulässigkeit eines administrativen Rechtsmittels an staatliche Behörden, insbesondere an die/den sachlich in Betracht kommende/n BundesministerIn zu verneinen. Aufsichtsund Weisungsbefugnisse ändern daran nichts, sie begründen zwar die verfahrensrechtliche Stellung der Bundesministerin bzw des Bundesministers als sachlich in Betracht kommende Oberbehörde, jedoch sei daraus allein kein Argument für die Zulässigkeit einer Berufung zu gewinnen2571. Aufgrund ihrer Besonderheit zu erwähnen sind schließlich noch die Fälle der Erlassung von Organstrafverfügungen gem § 50 VStG durch (beliehene) Organe der öffentlichen Aufsicht, wozu etwa solche der Parkraumbewirtschaftung und jene der Mautaufsicht gezählt werden. Diese Maßnahme sui generis ist dann abgeschlossen, wenn die/der TäterIn die Geldstrafe fristgerecht begleicht. Verweigert hingegen die/der Beanstandete die Zahlung des Strafbetrags wird die Organstrafverfügung gegenstandslos. Ein Rechtsmittel hiegegen ist nicht vorgesehen; vielmehr hat sodann das Aufsichtsorgan eine Anzeige an die zuständige Behörde zu erstatten, von welcher schließlich das eigentliche Strafverfahren einzuleiten ist2572. e) Rechtsschutz im Verhältnis Dritter – VerwaltungshelferInnen
Auch die Tätigkeiten von VerwaltungshelferInnen sind – unabhängig davon, dass ihnen keine obrigkeitlichen Entscheidungsbefugnisse zukommen und sie auch keine sonstigen Akte unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt, sondern lediglich Realakte in Form des Privatrechts setzen – kein rechtliches Nichts. Es handelt sich zumindest immer dann um eine Rechtsbeziehung öffentlich-rechtlicher Natur, wenn von Gesetzes wegen – wie zB in § 120 WRG – die einseitig verfügte Aufgabenerledigung durch VerwaltungshelferInnen mit Eingriffen in die Rechte Dritter verbunden wird, der sich die betroffenen Dritten aufgrund eigener komplementärer Verpflichtung nicht entziehen können2573. 2570 VfSlg 16369/2001. 2571 Siehe auch Kucsko-Stadlmayer, 15. ÖJT Bd I/1, 81 FN 362. 2572 Vgl zB Hengstschläger, Verwaltungsverfahrensrecht4 Rz 876 und 883. 2573 Vgl Schäffer, in: Bundeskammer (Hg), Erfüllung 65.
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Ein unmittelbarer verwaltungsrechtlicher Rechtschutz bzw eine nachprüfende Kontrolle der beiden Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts steht den betroffenen Dritten gegenüber den Tätigkeiten der VerwaltungshelferInnen – mangels zur Anwendung gelangender Verwaltungsakte ieS – aber grundsätzlich nicht zur Verfügung. Die Verteidigungsmöglichkeiten sind demnach eingeschränkt2574. Sie hängen in erster Linie von der Ausgestaltung der konkreten öffentlich-rechtlichen Bestimmungen ab. Zieht man wiederum die Deponieaufsicht gem § 120 Abs 3 WRG als Exempel heran, kann eine Abwehrhandhabe darin erblickt werden, dass bei fehlender Übereinstimmung zwischen Beaufsichtigten und Bauaufsicht hinsichtlich der Befugnisse des jeweiligen Aufsichtsorgans, Untersuchungen, Vermessungen oder Prüfungen etc an der Baustelle durchzuführen, eine Entscheidung der Wasserrechtsbehörde, der ja letztlich auch die Tätigkeiten der betrauten Aufsichtsorgane zuzurechnen sind, einzuholen ist. Im Regelfall ist aber davon auszugehen, dass ein Vorgehen gegen (vorbereitende) Handlungen von VerwaltungshelferInnen erst mit jenen Rechtsmitteln geboten ist, die gegen den das Verfahren abschließenden Bescheid zur Verfügung stehen. Unabhängig davon verbleibt den Parteien jedenfalls die Möglichkeit einer allfälligen Amtshaftungsklage für Schäden, die durch (schlicht)hoheitliches Organverhalten im Bereich der Vollziehung rechtswidrig und schuldhaft zugefügt wurden2575. 5. Ergebnisse aus Sicht der Mediation
Die zuvor genannten Beispiele lassen die Vielfalt an Verwaltungsrechtsverhältnissen sehr deutlich erkennen. Insbesondere wird auch offensichtlich, dass in mehrpoligen Konstellationen von einander zu trennende Rechtsverhältnisse vorliegen können, die zudem nicht von einheitlicher Natur sein müssen. Der Materiengesetzgeber nutzt jedenfalls seinen vorgegebenen (verfassungsrechtlichen) Gestaltungsspielraum mithin sehr unterschiedlich aus, sodass eine Beurteilung der Gesamtsituation immer nur anhand des jeweiligen Einzelfalls erfolgen kann.
2574 Auch in diesem Zusammenhang scheint es im Hinblick auf das verfassungsgerichtliche Erkenntnis, VfSlg 14891/1997, prüfenswert, ob es nicht dem einfachen Gesetzgeber zusteht, auf Grundlage von Art 129a Abs 1 Zif 3 B-VG Regelungen dergestalt zu erlassen, dass nicht formgebundene Akte von Privaten der Kontrolle der UVS unterliegen. Siehe schon zuvor 3.II.C.4.a). 2575 Siehe oben 3.II.B.16. Bei Fehlleistungen im Zuge der nichthoheitlichen Verwaltung sind übrigens die allgemeinen Bestimmungen des privatrechtlichen Schadenersatzrechts bestimmend. Hiezu etwa Adamovich et al, Staatsrecht II Rz 27.015.
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Zur Beiziehung von beliehenen MediatorInnen lässt sich festhalten, dass das Verhältnis zwischen der/dem MediatorIn und der die Gebietskörperschaft vertretenden Behörde ein öffentlich-rechtliches zu sein hat – gestaltet auf der Grundlage einer expliziten, ausreichend bestimmten gesetzlichen Ermächtigung durch Verwaltungsakt2576. Die hinreichenden Vorgaben müssen demnach in dem die Beleihung vorsehenden Gesetz bereits enthalten sein und sind im Rahmen des Bestellungsakts, ja schon zuvor im Zuge der Auswahl von zu beleihenden Rechtssubjekten, an den Gegebenheiten des einzelnen Falls auszurichten. Betroffen sind hievon sowohl die materiellen Handlungsmaßstäbe als auch die personellen Anforderungen (Ausbildung, einschlägige Kenntnisse) sowie die Dauer des Rechtsverhältnisses und gegebenenfalls die Honorierung. Im Fall von Streitigkeiten zwischen Behörde und beliehenen MediatorInnen bedingt das herrschende öffentlich-rechtliche Verhältnis auch die Inanspruchnahme des öffentlich-rechtlichen Rechtsschutzsystems. Insbesondere dann, wenn es an einer Weisungsfreistellung der MediatorInnen mangelt, erscheint es schon allein aus Sicht der Mediation zielführend zu sein, im Beleihungsakt die Aufgaben und Rollen in aller Deutlichkeit zu definieren und festzulegen. Zwar kann auf diese Weise die unbestrittenermaßen vorhandene Nähe zur Verwaltung nicht überspielt werden, doch wird durch das Festhalten der Rollenverteilung sowie die damit zwangsläufig einhergehende Gewährung der größtmöglichen Transparenz gegenüber den Aufgabenbetroffenen – eben durch Offenlegung des Beleihungsakts innerhalb des Mediationsforums – den oftmals als unüberwindbare Hürden vorangestellten Weisungs- und Beeinflussungsargumenten die Durchschlagskraft genommen2577. Nichtsdestotrotz entsteht wie im Allgemeinen zwischen den Parteien und der entscheidungsbefugten Behörde auch zwischen den Parteien und den mit Hoheitsgewalt ausgestatteten MediatorInnen ein öffentlich-rechtliches Verfahrensrechtsverhältnis, das im Fall der Übertragung etwa der mündlichen Verhandlung ein entsprechendes Bündel von Rechten und Pflichten umfasst. So sind zB die Akteneinsicht, die Mitwirkung an der Beweiserhebung, das Parteiengehör im Allgemeinen, das Anbringen von Einwendungen und die Vornahme eines Interessenausgleichs gleichermaßen zu 2576 Wie das bereits genannte Beispiel der Jagdaufsichtsorgane zeigt, ist aber durchaus auch eine Verknüpfung von öffentlich-rechtlichem und privatrechtlichem Verhältnis denkbar, wenn auch ein solcher doppelfunktionaler Charakter im Kontext der Mediation wenig zielführend erscheint. Sehr wohl aber könnte der Einsatz von MediatorInnen an den Vorschlag oder die Zustimmung der KonsenswerberInnen und weiters an deren Bereitschaft zur Kostenübernahme gekoppelt werden. Siehe 2.IV.M.4.b). 2577 Hiezu bereits ausführlich 2.IV.L.1.
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gewährleisten wie die Aufrechterhaltung der Ordnung und die Wahrung des Anstands. Der Rechtsschutz hat auch in diesen Fällen öffentlich-rechtlicher Natur zu sein. Inwieweit jedoch administrative Rechtsmittel und Rechtsbehelfe gegen von Beliehenen gesetzten Verwaltungsakten zur Verfügung stehen, ist ausschließlich den jeweiligen Verwaltungsvorschriften zu entnehmen. Auch wenn nämlich aus dem Rechtsstaatsprinzip eine Gewährleistungspflicht des Staats zur Sicherung eines effizienten Rechtsschutzes zu folgern ist, ist jedenfalls nicht davon auszugehen, dass bei Fehlen einer gesetzlichen Anordnung die Zulässigkeit eines administrativen Rechtsmittels an staatliche Behörden gegeben ist2578. Mangelt es letztlich an solchen Bestimmungen, ist beispielsweise für von MediatorInnen im Rahmen ihrer Verhandlungsleitungsfunktion ergangene Ordnungsstrafen die Ergreifung eines ordentlichen Rechtsmittels zu verneinen. Im Zusammenhang mit einem Genehmigungsverfahren ist – sofern in den Verwaltungsvorschriften nicht anders geregelt – gegenüber den Verfahrensparteien der Akt der Beiziehung von MediatorInnen vergleichbar mit jenem der Bestellung von nichtamtlichen Sachverständigen als Verfahrensanordnung (§ 63 Abs 2 AVG) zu qualifizieren. Folglich ist hiegegen auch keine abgesonderte Berufung zulässig, sondern kann erst, insoweit ein solcher Akt überhaupt von Einfluss auf den in der Sache ergehenden Bescheid ist2579, mit dem Rechtsmittel gegen den das Verfahren abschließend erledigenden Bescheid bekämpft werden. Sieht der Gesetzgeber keine verfahrensrechtlichen Anordnungen vor, die es gebieten würden, einer Partei des Verwaltungsverfahrens zur Frage der Bestellung der MediatorInnen das Parteiengehör zu gewähren, besteht für die Behörde auch keine Verpflichtung, den Parteien die Möglichkeit zur Äußerung einzuräumen2580. Selbst wenn aus rechtlicher Sicht die Bestellung von MediatorInnen ohne jegliche Beteiligung durch die Parteien erfolgen kann, bedeutet dies aber nicht, dass angesichts der exponierten Stellung und vermittelnden Rolle der MediatorInnen ein solches Vorgehen auch zielführend ist. Anders verhält es sich zum Teil bei der Beiziehung von MediatorInnen als VerwaltungshelferInnen, deren Rechtsverhältnisse entweder auf Grundlage des Gesetzes oder schlicht durch privatrechtlichen Vertrag gestaltet sein können. Angesichts des Umstands, dass es derzeit an spezifischen öffent2578 Siehe 3.II.C.4.d). 2579 Vgl etwa Antoniolli/Koja, Verwaltungsrecht3 518. 2580 Demgegenüber wäre jedoch jenen Verfahrensparteien Gehör einzuräumen, die gegebenenfalls die Kosten für die Mediation zu tragen haben, und dies hinsichtlich der konkreten Vorschreibung der Gebühren.
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lich-rechtlichen Anordnungen hinsichtlich der Tätigkeit von MediatorInnen mangelt, ist ausschließlich von einer Rechtsbeziehung des privaten Rechts auszugehen, die außerdem lediglich zwischen Behörde und MediatorInnen nach innen wirkt. Die Beteiligten sind davon bloß mittelbar betroffen. Zu beinhalten hat ein solches Vertragskonstrukt die Umschreibung der Funktion sowie die Aufgaben der MediatorInnen – wie etwa die Verpflichtung zur neutralen und objektiven Ausführung der Tätigkeit, die Gestaltung des Verfahrens, hier insbesondere die Kriterien der Hinzuziehung und Auswahl von MediandInnen sowie Äußerungsmöglichkeiten von nicht einbezogenen Dritten –, vor allem auch deren Freiräume hinsichtlich dem selbständigen Setzen von Verhandlungsschritten. Weiters sind die Möglichkeiten der (vorzeitigen) Beendigung des Auftragsverhältnisses und das Honorar festzulegen sowie, unter Orientierung an den für die Verwaltung selbst einschlägigen Bestimmungen, auch die Maßnahmen zur Wahrung der Geheimhaltung näher zu bestimmen. Darüber hinaus wird hierin explizit die Stellung der Behörde im Mediationsverfahren offen zu legen sein. Davon hängt es nämlich ab, welche Kontrollmaßnahmen von ihr im Zuge eines Mediationsverfahrens ergriffen werden müssen. Gemeint sind hiemit Informations-, Auskunfts- oder Dokumentationspflichten der MediatorInnen gegenüber der Behörde. Ist die Behörde zB selbst unmittelbar am Mediationsverfahren beteiligt, was nicht nur für den eigentlichen Prozess von großem Vorteil wäre, können solche Maßnahmen letztlich eingeschränkt werden oder gar entfallen2581. Überhaupt stellt die vertragliche Ausgestaltung des Rechtsverhältnisses eine ganz wesentliche Grundlage sowohl für die Verwaltung und die MediatorInnen als auch für die Konfliktbetroffenen und damit für das Mediationsverfahren im Allgemeinen dar. Aus Sicht der Behörde bietet der Vertrag, wie eben erwähnt, die zentrale Möglichkeit, die Leitungsmaßnahmen zu fixieren, um den Kontrollaufgaben in geeigneter Weise nachkommen zu können. Den MediatorInnen verschafft der Veranlassungsakt in erster Linie deren Rechtsstellung gegenüber der Verwaltung und konkretisiert zu einem großen Teil deren Rolle im Mediationsverfahren, bildet darüber hinaus die Richtschnur für das mediative Handeln und markiert zugleich die Grenze für die Leitungsmaßnahmen der Behörde. Für die Konfliktbetroffenen ist schließlich von entscheidender Bedeutung, dass Klarheit hinsichtlich der Funktionsweise der Mediation und dem Verhältnis zwischen MediatorInnen, Behörde und letztlich auch den MediandInnen geschaffen und dadurch fehlgeleitete Vorstellungen sowie falsche Erwartungen hintangestellt werden. Kombiniert mit einer offensiven Informationspolitik wird ein solches 2581 Siehe 2.IV.L.3.
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Vorgehen zur Stärkung der Stellung der MediatorInnen beitragen und dadurch den Betroffenen die zur Einlassung auf ein solches Verfahren notwendige Sicherheit geben. Professionell vorbereitet und transparent eingesetzt kann der Veranlassungsakt also geradezu zum vertrauens- und akzeptanzstiftenden Instrument werden. Unabhängig vom geltend zu machenden Inhalt sind Rechtsstreitigkeiten aus dem Innenverhältnis zwischen Behörde und MediatorInnen angesichts der Tatsache, dass es sich hiebei aufgrund der derzeitigen Ausgangslage ausschließlich um ein privatrechtliches Verhältnis handeln kann, im Zivilrechtsweg zu verfolgen. Jedenfalls werden subjektiv-öffentliche Rechte den MediatorInnen gegenüber nicht eingeräumt. Wie eben im Hinblick auf die beliehenen MediatorInnen ausgeführt, stellt in Genehmigungsverfahren, sofern die öffentlich-rechtliche Vorschriften nichts anderes bestimmen, der Akt der Beiziehung von MediatorInnen gegenüber den Parteien eines Konsensverfahrens eine Verfahrensanordnung gem § 63 Abs 2 AVG dar, sodass dagegen keine abgesonderte Berufung zulässig ist. Gleichermaßen können auch die einzelnen zu erbringenden Beiträge der MediatorInnen, insoweit sie überhaupt von Einfluss auf den in der Sache ergehenden Bescheid sind, erst mit dem Rechtsmittel gegen den das Verfahren abschließend erledigenden Bescheid bekämpft werden2582. Vom Vorliegen einer Pflicht der Behörde, den Verfahrensparteien zur Frage der Bestellung der MediatorInnen das Parteiengehör einzuräumen, ist ohne expliziter verfahrensrechtlicher Anordnung ebenfalls nicht auszugehen.
III. Verwaltungshandeln und Teilnahme A. Informelles Verwaltungshandeln
Die Mediation im öffentlichen Bereich bietet eine Plattform zur frühzeitigen und umfassenden Beteiligung von Privaten und Behörden an bevorstehenden oder laufenden Verwaltungsverfahren, dient der Sachverhaltsfeststellung und Entscheidungsvorbereitung, enthält Elemente von Beratung und Auskunft sowie der Erörterung von Sach- oder Rechtsfragen. Rechtssystematisch stellt sie in aller Regel ein formloses Verfahren dar, das, insoweit die mit der Entscheidung befasste Behörde an diesem gestalterisch beteiligt ist, zum sog informellen Verwaltungshandeln zählt2583. In der österreichischen Diskussionslandschaft ist jedoch den Fragen zum informellen Verwaltungshandeln bisher kein prominenter Platz eingeräumt 2582 Hiezu 3.II.C.4.c). 2583 Siehe Bonk, in: Stelkens et al (Hg), VwVfG7 § 54 Rz 42d.
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worden2584. Mit Ausnahme einiger weniger einschlägiger Beiträge2585 ist es – wenn überhaupt – mit einem kurzen Abriss und einem Hinweis auf die diesbezüglichen Auseinandersetzungen im dt Schrifttum getan2586. Zu Recht? Nicht unbedingt, wenn man beispielsweise mit Hill informelle Verhaltensweisen als einen wesentlichen Beitrag zur Stabilisierung des formalen Rechts- und Verwaltungssystems ansieht2587. Auch die von außen im Zuge der Überlegungen zu den „Good Governance“-Konzepten hereingetragenen Kriterien der Offenheit, Partizipation, Verantwortlichkeit (democratic accountability2588), Effektivität und Kohärenz2589, wovon unweigerlich informelles Handeln als mit umfasst gilt, und die von der Verwaltungspraxis forcierten Standards der Öffentlichkeitsbeteiligung2590 lassen anderes vermuten. Und selbst die Ausführungen von Raschauer, wonach es sich um Fallkonstellationen handle, wie sie in der Vielfalt des Verwaltungshandelns, und nicht bloß in komplexen Verwaltungsverfahren, seit jeher vorkommen2591, sowie derartige Vorgehensweisen „empirisch betrachtet normale und übliche Konsequenzen des unmittelbaren Kundenkontakts“ seien2592, könnten einer anderen Lesart unterzogen werden. Was aber soll eigentlich mit dem Begriff „informelles (auch informa2593 les ) Verwaltungshandeln“ ausgesagt werden? Gemeint sind damit in der Verwaltungswirklichkeit gängige faktische, nicht ausdrücklich gesetzlich 2584 Vgl Wimmer, Verwaltungslehre2 323. 2585 So zB von Benjamin Davy, Die soziale Verträglichkeit technischer Großprojekte. Erörtert am Beispiel des Genehmigungsrechts für Kraftwerke, ÖJZ 1985, 513 ff; Martin Kind, Umweltabsprachen – eine neue Handlungsform des Staates?, ÖJZ 1998, 893 ff; Eberhard et al, JRP 2006, 56 ff. 2586 Siehe etwa Raschauer, in: Holzinger et al (Hg), Verwaltungslehre2 213; ders, Verwaltungsrecht3 Rz 682. 2587 Hill, DÖV 1987, 892. 2588 Zum alles andere als einheitlichem Begriffsverständnis Elisabeth Rumler- Korinek, „Governance“ und „Accountability“ – Reine Modeworte oder Schlüsselbegriffe einer Demokratie auf EU-Ebene?, JRP 2004, 233. 2589 Betreffend Good Governance siehe etwa das Weißbuch der Kommission der EG KOM (2001) 428 endg; weiters Eberhard et al, JRP 2006, 43 ff; außerdem Rumler-Korinek, JRP 2004, 229 ff; Rudolf Feik, Good Governance und Transparenz im Recht der EU, in: ÖJK (Hg), Recht und Öffentlichkeit (2004) 184 ff; Kerstin Arbter, Politiken und Rechtsakte, die zu einer nachhaltigen Entwicklung beitragen. Welche Wege führen dorthin?, juridikum 2005, 38. 2590 Zu den vom Ministerrat 2008 beschlossenen „Standards der Öffentlichkeitsbeteiligung“ siehe www.bka.gv.at/DocView.axd?CobId=30993 [12/2012]. 2591 Raschauer, Verwaltungsrecht3 Rz 682. 2592 Raschauer, in: Holzinger et al (Hg), Verwaltungslehre2 213. 2593 So etwa Raschauer, in: Holzinger et al (Hg), Verwaltungslehre2 213; ders, Verwaltungsrecht3 Rz 682.
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normierte kooperative und zuweilen konsensuale Handlungsweisen zwischen dem Staat und der Gesellschaft bzw einzelnen gesellschaftlichen AkteurInnen. Dies können Vorgespräche zwischen KonsenswerberInnen und Verwaltung zum Zweck der frühzeitigen Abklärung der Voraussetzungen für eine Bauprojektrealisierung (normvollziehende oder projektbezogene Absprachen), Aushandlungsprozesse im Zusammenhang mit abstrakt-generellen Regelungen wie bei kommunalen Planungsvorhaben (normvorbereitende Absprachen), normvermeidende bzw normvertretende Absprachen durch freiwillige Selbstverpflichtungen2594 oder sonstige Kontakte sein, die zwischen Verwaltung und BürgerInnen – oft nur zwischen AntragstellerInnen und nicht Drittbetroffenen – vor dem oder während des verwaltungsrechtlichen (Planungs-)Verfahrens sowie vor dem Erlass oder an Stelle einer behördlichen Entscheidung erfolgen2595. Nicht unerwähnt bleiben dürfen weiters solche Verhandlungsprozesse, die etwa im Zuge der Initiierung eines Public-Privat-Partnership-Projekts geführt werden oder – ganz grundsätzlich – dem Abschluss eines zivilrechtlichen Vertrags vorausgehen2596. Anreize für ein Ausweichen auf Alternativverhältnisse zu formalen rechtlichen Handlungsformen bilden die in einem solchen Vorgehen zweifelsohne zu erblickenden gewichtigen Vorteile. Diese lassen sich insbesondere in dem rechtzeitigen, flexiblen Reagieren auf sich verändernde Umstände, in der Verbesserung des projektspezifischen Informations- und Kenntnisstands, der Entlastung des eigentlichen Verwaltungs- oder Verordnungserlassungsverfahrens, dem Abbau von Rechtsunsicherheiten, der Umgehung der Schwierigkeiten aufgrund gesetzlicher Kompetenzaufsplitterung2597, der Förderung der Selbstverantwortung, der Verbesserung der Akzeptanzquote für staatliche Entscheidungen und der gegebenenfalls zu erzielenden Zeit- und Kostenersparnis ausmachen. Demgegenüber bergen solche (formungebundenen) Vorgehensweisen – quasi als negatives Spiegel2594 ZB der österreichischen Getränkewirtschaft www.mehrweg.at/file/000253.pdf [12/2012]. Zum Phänomen der Selbstverpflichtung vor allem Kind, ÖJZ 1998, 894 f. 2595 Nicht im unmittelbaren Blickfeld dieser Einordnungsversuche sind demnach allgemeine staatliche Informationsrealakte als Formen des schlichthoheitlichen Verwaltungshandelns wie zB die Herausgabe und Verbreitung einer Sektenbroschüre durch ein Bundesministerium (OGH 19.1.1999, 1 Ob 306/98a); so aber Raschauer, Verwaltungsrecht3 Rz 682. 2596 Vgl Kahl/Weber, Verwaltungsrecht3 Rz 389; Stolzlechner, Einführung5 Rz 620, die dabei von „schlichter Privatwirtschaftsverwaltung“ sprechen. 2597 Aus der österreichischen Lit hiezu etwa Volkmar Lauber, Freiwillige Umweltvereinbarungen in der Europäischen Union und in Österreich: Bestandsaufnahme und Perspektiven, RdU 1997, 108.
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bild – aber auch zu beachtende Gefahrenquellen wie das (un)bewusste Umgehen von gesetzlichen Vorgaben oder gar das Hinwegsetzen über dieselben, übereilte Entscheidungen ohne vollständig erörterten Sachverhalt, den Machtmissbrauch durch „sanften“ Druck, die Eingriffe in Rechtspositionen der Allgemeinheit und von Drittbetroffenen, die gefährdete Unparteilichkeit sowie – vor allem bei bloß bipolaren Aushandlungsprozessen – die fehlende Transparenz und folglich die mangelnde Akzeptanz in der Öffentlichkeit2598 sowie schließlich die eingeschränkte Überprüfbarkeit in sich, die wiederum zu rechtlich problematischen faktischen (Vorab-)Bindungen führen können2599. Letztlich ist es aber angesichts der Fülle von unterschiedlichen Beispielen und Konstellationen untunlich, ein Pauschalurteil zu fällen2600. Eigen ist diesen Vorgehensweisen, dass sie eben außerhalb von bzw parallel zu formell geregelten Verfahrensabläufen als Ergänzung oder gar Alternative zu einer staatlichen Regelung oder zu einem rechtlich durchformten Verfahren unter Einbeziehung der von der potenziellen Regelung Betroffenen eingesetzt werden. Jedenfalls stellen sie keine Verwaltungsakte ieS dar. Sie sind der Sache nach letztlich formlose, gewissermaßen faktische Realakte, die ihrerseits sowohl in einem engen funktionalen Zusammenhang mit der hoheitlichen als auch mit jener der nichthoheitlichen Verwaltung stehen können. Folglich ist auch jeweils im Einzelfall des einschlägigen Umfelds zu beurteilen, ob schlichthoheitliche2601 oder nichthoheitliche Verwaltung vorliegt. Wenn also Raschauer zum Ergebnis gelangt, dass diese Arten von Verwaltungshandlungen keine weiteren Kategorien von Verwaltungshandeln bilden und sie rechtlich jeweils für sich genommen danach zu beurteilen seien, ob nun ein Akt im Bereich der Hoheitsverwaltung oder ein solcher im Bereich der Privatwirtschaftsverwaltung vorliegt, ist ihm – bei bloß rechtsdogmatischer Betrachtung – zuzustimmen2602. 2598 Zur mangelnden Transparenz bei Umweltabsprachen Lauber, RdU 1997, 110; im Zusammenhang mit dem Vorverfahren gem § 4 UVP-G Verena Madner, Umweltverträglichkeitsprüfung, in: Franz Merli/Stefan Greimel (Hg), Optimierungspotenziale bei Behördenverfahren. Das Beispiel Anlagengenehmigungen (2009) 94. 2599 Siehe die Ausführungen in 2.II. Für Österreich zum „informalen Rechtsstaat“ am Beispiel Hainburg eindringlich Davy, ÖJZ 1985, 519 f; weiters Lauber, RdU 1997, 109 f; Kind, ÖJZ 1998, 894; Eberhard et al, JRP 2006, 57; Schnedl, Umweltrecht 109. 2600 Siehe schon Remmert, in: Erichsen/Ehlers (Hg), Verwaltungsrecht14 § 37 Rz 7. 2601 So Kind, ÖJZ 1998, 895, hinsichtlich der Absprachen zwischen Verwaltung und Wirtschaftsverbänden oder einzelnen Unternehmen. 2602 Raschauer, Verwaltungsrecht3 Rz 682. Demgegenüber erweist sich der Begriff des informellen Verwaltungshandelns zur inhaltlichen Beschreibung eines be-
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1. Informelle Verfahren und Verwaltungsrechtsverhältnisse
Auf den Bestand der Figur des Rechtsverhältnisses wurde schon Bezug genommen und zwar im Zusammenhang mit der Hinzuziehung von Privaten2603. Dabei diente der Blick auf die Verwaltungsrechtsverhältnisse vorrangig einem „analytischen“ Zugang2604, nämlich zur Identifizierung von Rechtsform und Rechtsschutzweg. Im gegenständlichen Kontext soll nun in aller Kürze auf die Beziehung zwischen Hoheitsverwaltung und Bürgerschaft und dabei insbesondere auf die verfahrensrechtliche Komponente abgestellt werden, um so eine erste Annäherung an die rechtlichen Fragen (Rechtswirkungen, Zulässigkeit, Grenzen) im Zusammenhang mit dem informellen Verwaltungshandeln gewährleisten zu können, die dann in weiterer Folge noch zu verdichten sein werden. Von zentraler Bedeutung ist dabei die in Österreich herrschende, im Gegensatz zur dt Diskussion2605 grundsätzlich enger angedachte Erkenntnis, dass Verwaltungsrechtsverhältnisse in erster Linie unmittelbar auf Grundlage genereller Normen entstehen. Ebenso können sie auf Grund eines Verwaltungsakts, durch (schlichtes) Verwaltungshandeln oder durch Parteienerklärung und Realakt der Rechtsunterworfenen „begründet“ werden. Letzteren ist jedoch eigen, dass es infolge des Grundsatzes der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung immer eines gesetzlichen Tatbestands für die Entstehung und Gestaltung von Rechtsverhältnissen bedarf2606. Dies gilt grundsätzlich auch für Verwaltungsverfahrensrechtsverhältnisse, die durch die Verwaltungsverfahrensgesetze vorgezeichnet sind und etwa bei antragsbedürftigen Verfahren durch die Einbringung eines geeigneten, auf die Erlassung eines Bescheids gerichteten Antrags iSd § 13 AVG aktiviert werden, infolge dessen dann die gesetzlich vorbestimmten (Verfahrens-)Rechte und Pflichten zur Anwendung gelangen und die Parteien ihre Rechte durchsetzen bzw sich gegenüber unrechtmäßig auferlegte Pflichten wehren können. Bloß, die Verwaltungsverfahrensgesetze erfassen nicht zwangsläufig das gesamte komplexe Geschehen zwischen Behörde und Betroffenen. Genau genommen regeln sie nur das Verfahren der Erlassung des Verwaltungsakts2607, stimmten Bereichs der Verwaltungstätigkeit aus Sicht der Verwaltungslehre allein schon deshalb als zweckmäßig, da mit ihm Phänomene erfasst werden, die an Schnittstellen respektive in einer Grauzone staatlicher Tätigkeiten angesiedelt sind und eigenen Dynamiken unterliegen. 2603 Siehe bereits 3.II.C.1. 2604 Vgl Raschauer, Verwaltungsrecht3 Rz 1185. 2605 Hier nur Schoch, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann (Hg), Innovation 214 f. 2606 Siehe hiezu etwa Antoniolli/Koja, Verwaltungsrecht3 278 f; differenzierend Raschauer, Verwaltungsrecht3 Rz 1197 f. 2607 Hiezu Öhlinger, in: VVDStRL 45, 195.
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wodurch zugleich deutlich wird, dass der Zeitraum eines „Kontaktverhältnisses“ zwischen BürgerInnen und Behörde ein anderer als jener sein kann, der etwa durch das AVG konkretisiert wird2608. Außen vor bleiben bei einer derartigen dem Legalitätsprinzip verbundenen, auf den Verwaltungsakt fokussierten Konzeption solche in der Verwaltungsrealität gängigen2609, oft das Verfahren begleitende oder diesem vorgelagerte Handlungen wie etwa Beratungen, Verständigungen, Absprachen oder wechselseitige Zusagen2610, insofern sie freilich nicht (ausnahmsweise) in Verbindung mit einer gesetzlichen Regelung zum Entstehen von Rechten und Pflichten führen. Die durch einseitige Rechtsgestaltungsbefugnisse der Behörde gegenüber der/dem Einzelnen gekennzeichnete Struktur der Verwaltungsrechtsverhältnisse verunmöglicht es quasi, eine auf einer Willensübereinkunft zwischen Parteien und Behörde beruhende Form der Erledigung der Rechtssache bzw des Verfahrens herbeizuführen2611. Dem steht einzig die wenig ausgebaute Figur des verwaltungsrechtlichen Vertrags gegenüber2612, die es zumindest zulässt, öffentlich-rechtliche Rechtsverhältnisse zu gestalten. Alle anderen, gesetzlich nicht vorgesehenen Formen einer Verständigung oder eines Übereinkommens, entfalten dann auch lediglich durch die Akzeptanz eines sie berücksichtigenden Rechtsakts Bedeutung2613. Folglich mangelt es in jenen Fällen, in denen Abmachungen dieser Art verletzt werden, selbstredend weitgehend an einem wirksamen Rechtsschutz; es fehlt an Verbindlichkeit und Rechtssicherheit, wenngleich ansatzweise die Rechtsprechung diesen Phänomenen Rechnung trägt, indem sie sich ausnahmsweise privatrechtlicher Prinzipien wie jenes von Treu und Glauben2614 bedient2615. Es tritt aber noch ein weiteres Problemfeld hinzu, nämlich in der Art, dass „informelle Verabredungen“ zumeist nur zwischen der/dem AntragstellerIn sowie der Behörde oder zwischen einzelnen Betroffenen und der Verwaltung erfolgen. Eingedenk einer mehrseitigen Interessen- und Kon2608 Siehe auch Adamovich et al, Staatsrecht IV Rz 51.001, die in diesem Zusammenhang ua von „vernetzten Handlungsabläufen“ sprechen. 2609 Norbert Wimmer, Allgemeine Strukturprobleme des Rechtsschutzes, JBl 1986, 615; Peter Pernthaler, Neue Probleme des Rechtsschutzes in der österreichischen Verwaltung, JBl 1988, 359. 2610 Öhlinger, in: VVDStRL 45, 192, übertitelt diese als Betreuungspflichten der Verwaltung. 2611 Vgl Bernd-Christian Funk, Sensible und defizitäre Bereiche des Rechtsschutzes in der öffentlichen Verwaltung, JBl 1987, 150. 2612 Siehe hiezu 3.III.B.5.a). 2613 Raschauer, Verwaltungsrecht3 Rz 1202. 2614 Hiezu sogleich 3.III.A.2. 2615 Funk, JBl 1987, 151.
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fliktbeziehung bekommt dieses, vor allem im Vorfeld des eigentlichen Verwaltungsverfahrens erfolgende Vorgehen notwendigerweise eine zusätzliche kritische Note. Jedenfalls ist die Gefahr der Aushöhlung des Ermittlungsverfahrens und vor allem des Drittschutzes immanent. Hiezu sind die in großen Teilen der dt Literatur vor allem im Zusammenhang mit dem Grundrechtsschutz durch Verfahren und jenem im Verfahren angestellten Überlegungen in Erinnerung zu rufen. In Diskussion steht dabei in erster Linie der Drittschutz bei informell-konsensualem Vorverhandeln, wonach ein Mindestmaß an Gehör gefordert wird. Außerdem wird zu bedenken gegeben, dass die Einbeziehung von Dritten nicht nur deren Schutz bezwecke, sondern die Funktion von Beteiligungsrechten zudem der Gewährleistung der Vollständigkeit des für die materiell richtige Verwaltungsentscheidung von der Behörde notwendigerweise zu berücksichtigenden Entscheidungsmaterials diene. Eine etwaige nachträgliche Information betreffend das erzielte Abspracheergebnis reiche daher nicht hin2616. Obgleich die Gefahr der Fehler- und Missbrauchsanfälligkeit infolge derartigen Verwaltungshandelns freilich auch in Österreich besteht, findet eine Diskussion zur Wahrung der Rechte Drittbetroffener im gegenständlichen Kontext nicht statt. Wohl kann aufgrund der vorgegebenen Verfassungsrechtslage eine dem Grundrechtsschutz durch Verfahren vergleichbare Debatte hierzulande nicht geführt werden, doch ändert dies nichts an der Tatsache, dass es sich hiebei um eine nicht unwesentliche Frage zur Gewährleistung des Rechtsstaats handelt. Die Herausforderung liegt nun darin, dass diese Handlungen grundsätzlich2617 (noch) nicht Teil des Verwaltungsverfahrens sind, sondern vor dessen Beginn liegen oder ein solches überhaupt nicht in Gang setzen sollen. Das bedeutet aber auch, dass etwa das im AVG niedergelegte Recht auf Parteiengehör nicht unmittelbar zur Anwendung kommt. Zu überlegen ist jedoch, ob diesen Konstellationen nicht die allgemeinen Grundsätze eines rechtsstaatlichen Verwaltungsverfahrens, als solcher wurde ja das Recht auf Parteiengehör erkannt2618, zugrundezulegen sind. Hiegegen spricht wiederum, dass diese Grundsätze ganz allgemein auf Verfahren zur Bescheiderlassung anzuwenden sind, für die die Verwaltungsverfahrensgesetze nicht gelten. So ein Verfahren liegt aber gerade nicht vor. Ein anderer Ansatz könnte in den Überlegungen von Öhlinger zum schlichten Verwaltungshandeln im Zuge 2616 Siehe 2.III.C.2. 2617 Eine Ausnahme bildet die gesetzlich anerkannte Vorab-Verständigung durch das Scoping-Verfahren gem § 4 UVP-G. Siehe hiezu 3.III.A.10; aus dem Schrifttum Madner, in: Merli/Greimel (Hg), Optimierungspotenziale 93 f. 2618 Siehe bereits 3.II.C.4.c).
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der Leistungsverwaltung erkannt werden. Dieser verneint dabei nämlich die Frage, ob ein dem allfälligen Bescheid vorgelagertes schlichtes Verwaltungshandeln in einem rechtsfreien Raum erfolge. Vielmehr sei auch Leistung in Form schlichten Verwaltungshandelns Gesetzesvollzug. Als solcher unterliege dieser von Verfassung wegen nicht nur einer materiell-rechtlichen Determination, sondern auch verfahrensrechtlichen Bindungen. Obwohl die Verwaltungsverfahrensgesetze, lediglich das Verfahren der Erlassung eines Bescheids regeln, werde man daher eine gewisse „Vorwirkung“ bereits auf das einen Bescheid substituierende schlichte Verwaltungshandeln annehmen müssen (so zB die Regelungen des AVG über das Parteiengehör2619). Öhlinger hat dabei jene kraft Gesetzes entstehenden Verwaltungsrechtsverhältnisse im Blick, die ausdrücklich nur dann durch Bescheid aktualisiert werden müssen, wenn es etwa zu keiner Einigung kommt2620 oder die Partei die Erlassung eines solchen verlangt2621. Ob es dabei aber der Konstruktion der „Vorwirkung“ zumindest im Bereich der Sozialversicherung braucht, ist fraglich. Wie Antoniolli/Koja zu den diesbezüglichen Regelungen des ASVG festhalten, werde der Sozialversicherungsträger auch in den Verfahren als Behörde tätig, in denen das ASVG auf die Erlassung eines (positiven) Bescheids verzichtet2622. Insoweit unterliege der Sozialversicherungsträger daher auch den entsprechenden verwaltungsverfahrensrechtlichen Regelungen2623. Unter Berücksichtigung der Vorüberlegungen ist letztlich aber wohl folgendes anzunehmen: Informelle Vorverständigungen begründen kein Rechtsverhältnis zwischen Behörde und BürgerInnen. Auf informelle Vorverständigungen und Absprachen, die einem Verwaltungsverfahren vorausgehen, sind darüber hinaus die Verwaltungsverfahrensgesetze nicht anwendbar. Das „offizielle“ Verwaltungsverfahren ist gegenüber dieser Art des Verwaltungshandelns blind. Vorwirkungen derselben iSd Gewährung rechtlichen Gehörs wären zwar – insbesondere bei projektbezogenen Absprachen – zielführend, rechtlich begründbar ist ein derartiger Anspruch jedoch nicht. Zumindest kann aber nicht davon ausgegangen werden, dass es sich hiebei um einen rechtsfreien Raum handelt. Informelle Verwaltungshandlungen dürfen jedenfalls weder die materiell-rechtlichen noch die verfahrensrechtlichen Bindungen des (nachfolgenden) Verwaltungsverfahrens konterkarieren, indem sich die zuständige Behörde zu Lasten Einzelner 2619 Öhlinger, in: VVDStRL 45, 195. 2620 ZB hinsichtlich des Orts der Aufstellung von Abfallbehälten durch die GrundeigentümerInnen § 11 Oö AWG 2009, Oö LGBl 71/2009 idF Oö LGBl 32/2011. 2621 Vgl zu den Bescheiden der Versicherungsträger in Leistungssachen § 367 ASVG, BGBl 189/1955 idF BGBl I 123/2012. 2622 Antoniolli/Koja, Verwaltungsrecht3 605 f. 2623 Dazu wiederum § 357 ASVG.
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oder der Allgemeinheit in eine „Ratifikationslage“ manövriert und dadurch das Legalitätsprinzip verletzt und das eigentliche Verfahren sinnentleert wird. Die Behörde trägt jeweils die Verantwortung, für einen rechtsstaatlich einwandfreien Gesetzesvollzug zu sorgen. Zu diesem gehört schon aus grundrechtlichen Überlegungen, dass Verfahrensfehler zu unterbleiben haben, die auf einer Ungleichbehandlung, einer unvollständigen Ermittlungstätigkeit sowie dem Außer-Acht-Lassen des konkreten Sachverhalts beruhen2624. Daher muss im „förmlichen“ Verfahren die behördliche Entscheidung rechtlich wie faktisch so lange offengehalten werden, bis Drittbetroffene ausreichend Gelegenheit hatten, ihre Interessen im Entscheidungsprozess gelten zu machen2625. 2. (Rechts-)Wirkungen
Kennzeichen des informellen Handelns sind nicht nur in dessen Situierung „außerhalb“ normierter, formeller Handlungsweisen und in der weitgehenden Formfreiheit auszumachen, sondern auch in der grundsätzlichen Unverbindlichkeit. Anders als bei einem Verwaltungsakt ieS, einem verwaltungsrechtlichen oder privatrechtlichen Vertrag, mit denen allesamt rechtliche Wirkungen ausgelöst werden, sollen hiedurch zumeist gerade keine unmittelbar rechtsverbindlichen Rechtsakte gesetzt werden2626. Der verwendete Terminus „Absprache“ lässt zugegebenermaßen eine andere Interpretation zu, dennoch ist im gegenständlichen Verständnis davon auszugehen, dass es sich hiebei um solche Vereinbarungen handelt, die von den Betroffenen ohne rechtliche Verpflichtung freiwillig eingehalten werden2627. 2624 Zum Willkürverbot VfSlg 18061/2007 mwN; aus dem Schrifttum zB Merli, in: Hofmann et al (Hg), Rechtsstaatlichkeit 102. 2625 Ein hiezu in Deutschland aus Gründen der Verfahrensfairness, Gleichbehandlung und Rechtsstaatlichkeit vorgebrachter Vorschlag ist jener der Dokumentation und Transparenz des Verhandlungsverlaufs und der Ergebnisse, wodurch der wirksame Rechtsschutz Drittbetroffener erleichtert und die Unparteilichkeit der Behörde trotz intensiver Vorgespräche gewahrt werden könnte. Siehe 2. III.C.2 mwN. 2626 Zum Wesen der Absprache Lauber, RdU 1997, 108 f; Kind, ÖJZ 1998, 895; Harald Eberhard, Der verwaltungsrechtliche Vertrag. Ein Beitrag zur Handlungsformenlehre (2005) 31 f. 2627 Vgl hiezu auch die „Soft Law-Diskussion“ bei Robert Walter, Soft Law aus rechtstheoretischer und verfassungsrechtlicher Sicht, in: Michael Lang et al (Hg), Soft Law in der Praxis. Corporate Governance Codes, internationale Bilanzierungsregeln, Richtlinien und Rechtsauskünfte der Finanzverwaltung, Code of Conduct der EU, Kommentare der OECD (2005) 23 ff; Heinz Krejci, Sind Corporate Governance Codes Soft Law?, ebda 66 ff.
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Es müsste folglich – vorsichtig formuliert – angenommen werden, dass für alle Betroffenen ein jederzeitiges Abweichen bzw Abgehen von der Absprache grundsätzlich sanktionslos möglich zu sein habe2628. Die hier gebotene Zurückhaltung lässt sich auf die Frage zurückführen, ob ein solches Handeln, das sich möglicherweise aus einem Bündel von Erklärungen der Verwaltung (Auskünfte, Zusagen, Zusicherungen) zusammensetzt, nicht doch unter gewissen Umständen ein schützenswertes Vertrauen der Beteiligten auszulösen vermag. Dabei geht es nun nicht in erster Linie um die amtshaftungsrechtliche Relevanz, die bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen zu bejahen ist2629, sondern vielmehr darum, ob eine solche Äußerung der Behörde quasi einen „Erfüllungsanspruch“ auf eine entsprechende Vorgehensweise nach sich ziehen könnte2630. Nimmt man das Legalitätsprinzip ernst, dann ist für die Behörde ein Abrücken von einer solchen Erklärung jedenfalls dann unumgänglich, wenn es zu einer Änderung der Rechts- und/oder Sachlage kommt bzw sobald eine behördliche Vorgehensweise als rechtswidrig erkannt wird2631. Der VwGH hält außerdem fest, dass mangels einer gesetzlich angeordneten bindenden Wirkung von behördlichen Auskünften, Zusagen oder „dergleichen“ derartige Äußerungen behördlicher Organe die Nichtanwendung zwingender gesetzlicher Regelungen nicht zu rechtfertigen vermögen2632. Zusagen im Bereich des der Parteiendisposition entzogenen öffentlichen Rechts seien unbeachtlich. Und schließlich stellt er in diesem Kontext klar, dass dem Grundsatz von Treu und Glauben das Legalitätsprinzip vorgehe2633. Umfassend zum Phänomen von Treu und Glauben äußert sich der VwGH in einem Judikat aus dem Jahr 19992634, in dem der Gerichtshof die Geltung von Treu und Glauben ganz grundsätzlich im öffentlichen Recht anerkennt. Dieser Grundsatz werde in jenen Bereichen des Normenvollzugs wirksam, „die erkennbar vom Vertrauensprinzip getragen sind, die Billigkeits- und Zweckmäßigkeitserwägungen gebieten oder zufolge ihrer Ausgestaltung (Ermessen, unbestimmte Rechtsbegriffe) entsprechende Spielräume für die Entfaltung der letztlich gebotenen Entscheidung frei 2628 Siehe die Diskussion in der dt Lit in 2.II.B.4. 2629 Vgl Johannes Hengstschläger, Verträge und Absprachen zwischen der Verwaltung und Privaten in Österreich, in: VVDStRL 52 (1993) 313. 2630 Vgl Raschauer, Verwaltungsrecht3 Rz 1284. 2631 VwGH 8.11.2000, 97/21/0462. 2632 VwGH 10.6.1991, 90/15/0115; 25.1.1999, 98/17/0222; 22.3.2001, 97/03/0082; 16.112005, 2004/08/0021. 2633 VwGH 21.12.2001, 2001/02/0084. Siehe schon Hengstschläger, in: VVDStRL 52, 312. So im Ergebnis etwa auch Adamovich et al, Staatsrecht IV Rz 51.012. 2634 VwGH 25.1.1999, 98/17/0222 (betreffend ZeugInnengebühren).
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lassen“2635. Weiters formuliert er – bezugnehmend auf Stoll 2636 – die Voraussetzungen für die Anwendung von Treu und Glauben. Demnach müsse der eine Teil innerhalb des bestehenden Verhältnisses durch sein Verhalten beim anderen Teil ein bestimmtes Vertrauen ausgelöst haben, auf das wiederum der andere Teil aufgebaut und seine wirtschaftlichen Belange geordnet, insbesondere seine Vermögensdispositionen getroffen bzw seine Rechtspositionen danach eingerichtet und bezogen hatte, wodurch schließlich bei einer Nichterfüllung seiner gerechtfertigten Vertrauenserwartung letzterer einen Nachteil erleiden würde2637. Die Ausdifferenzierung des Grundsatzes von Treu und Glauben ist vor allem in der Rechtsprechung zum Abgabenrecht erfolgt, in der im Zusammenhang mit behördlichen Erklärungen wie Auskünften und verbindlichen Zusagen im Einzelfall2638 und bei Vorliegen besonderer Umstände (tatsächliche Vertrauenssituation, Disposition aufgrund der Vertrauenslage, Eintritt eines Schadens) Treu und Glauben als subsidiäre Interpretationshilfe2639 ins Spiel gebracht wird2640. Zwar schließt es der VwGH vor dem Hintergrund des Legalitätsprinzips auch in diesen Fällen aus, dass die Wirkungen von Treu und Glauben dem gesatzten Recht vorgehen können2641. Doch schlage der Grundsatz in den Bereichen des echten Ermessens und bei unbestimm2635 Vgl Hengstschläger, in: VVDStRL 52, 312 f. 2636 Gerold Stoll, Bundesabgabenordnung. Kommentar II (1994) 1293. 2637 Zur Maßgeblichkeit des im Zivilrecht wurzelnden Grundsatzes von Treu und Glauben auch im öffentlichen Recht VwGH 25.1.1999, 98/17/0222; aus dem Schrifttum etwa Stoll, BAO II 1298; Tina Ehrke, Konsenstechniken im Abgabenrecht. Frankreich als Inspiration für Österreich? (2002) 60 ff; Raschauer, Verwaltungsrecht3 Rz 1289 f; Nikolaus Zorn, Schutz des Abgabenpflichtigen durch den Grundsatz von Treu und Glauben, in: Michael Lang et al (Hg), Soft Law in der Praxis. Corporate Governance Codes, internationale Bilanzierungsregeln, Richtlinien und Rechtsauskünfte der Finanzverwaltung, Code of Conduct der EU, Kommentare der OECD (2005) 89 f. 2638 Erlässen und Richtlinien wird unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben grundsätzlich keine vergleichbare Wirkung beigemessen, wie dies etwa bei verbindlichen Zusagen oder (unrichtigen) Auskünften der Fall ist. Der Grundsatz setze ein konkretes Verhältnis zwischen der/dem Abgabepflichtigen und der Abgabebehörde voraus, bei dem (allein) sich eine Vertrauenssituation ergeben könne; so VwGH 25.10.2006, 2005/15/0012. Aus dem Schrifttum (differenzierend) Werner Doralt/Hans Georg Ruppe/Tina Ehrke-Rabel, Grundriss des österreichischen Steuerrechts II6 (2011) Rz 41. 2639 Ehrke, Konsenstechniken 66. 2640 VwGH 24.5.2007, 2005/15/0052; weiters Zorn, in: Lang et al (Hg), Soft Law 90 ff. 2641 Das Legalitätsprinzip sei grundsätzlich stärker als jeder andere Grundsatz, insbesondere jener von Treu und Glauben; soweit VwGH 3.11.2005, 2003/15/0136; siehe weiters VwGH 18.9.2000, 2000/17/0048; 7.6.2001, 98/15/0065.
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ten Gesetzesbegriffen durch2642. Daraus folgt jedenfalls im Steuerrecht, dass jene, die im Vertrauen auf einen ihnen gegenüber gesetzten behördlichen Akt disponiert haben, jedoch die Behörde in weiterer Folge innerhalb ihres Handlungsspielraums anders entscheidet, zumindest im Ausmaß des Vertrauensschadens geschützt sind2643. Der VwGH hält darüber hinaus aber auch fest, dass der Grundsatz von Treu und Glauben nicht bloß zum Ersatz des Vertrauensschutzes, sondern im Einzelfall zu einer der Vertrauenslage entsprechenden Entscheidung führen könne („Erfüllungsanspruch“)2644. Schlussendlich hat sich der VfGH im Zusammenhang mit dem Vorwurf einer Gleichheitsverletzung in regelmäßigen Abständen mit dem Phänomen von Treu und Glauben auseinander zu setzen. Konkret erfasst sind jene Fälle, in denen ein willkürliches Verhalten einer Behörde behauptet wird. Der Gerichtshof nimmt ein solches Verhalten etwa dann an, wenn die Behörde jegliche Ermittlungstätigkeit in einem entscheidenden Punkt, insbesondere in Verbindung mit einem Ignorieren des Parteivorbringens – hier der Behauptung durch den Beschwerdeführer, dass dieser nur aufgrund einer unrichtigen Auskunft seitens der Dienstbehörde von einer rechtzeitigen Antragstellung abgehalten wurde – unterlässt2645. Demgegenüber hindere es die Behörde jedoch nicht, von einer (vertretbaren) Rechtsauffassung abzuweichen, auch wenn sie von der Behörde jahrelang eingenommen worden sei. Es komme dabei vielmehr auf den Inhalt der neuen Gesetzesauslegung an und auf die Ursachen, die ihr zugrunde liegen. Ein Verstoß gegen Treu und Glauben und demnach Willkür könne aber wiederum dann angenommen werden, wenn die Behörde ihren nunmehrigen Rechtsstandpunkt in der Einzelentscheidung nicht begründet, also grundlos von der einmal eingenommenen Rechtsauffassung abweiche2646. Der Grundsatz für Treu und Glauben, der ja auf den Überlegungen eines funktionierenden Rechtsverhältnisses fußt, gilt wohl auch für die Privaten im Verkehr mit Behörden. Letztere sollen sich folglich ebenso auf das Ver2642 Fehle ein solcher Vollzugsspielraum, entfalte zB die Rechtsauskunft aber wiederum keine Auswirkungen auf die Abgabenvorschreibung; siehe VwGH 16.11.2006, 2002/14/0007. 2643 Siehe Hengstschläger, in: VVDStRL 52, 313; Zorn, in: Lang et al (Hg), Soft Law 100. 2644 VwGH 26.1.1993, 89/14/0234. Weiters Zorn, in: Lang et al (Hg), Soft Law 97. 2645 VfSlg 16841/2003; der VfGH hat aber nicht – wie Raschauer, Verwaltungsrecht3 Rz 1299, behauptet – die Abweisung wegen Verjährung gerügt, die deshalb eingetreten war, weil die Behörde selbst von einer Antragstellung abgeraten hatte, sondern eben das Unterlassen der Ermittlung, ob tatsächlich eine solche (unrichtige) Auskunft vorgelegen habe. 2646 VfSlg 8725/1980; weiters Doralt et al, Grundriss II6 Rz 40; Raschauer, Verwaltungsrecht3 Rz 1299.
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halten der BürgerInnen verlassen können2647. Sie sind demnach grundsätzlich gleichfalls an die von ihnen abgegebenen Erklärungen und bisher gesetzten Verhaltensweisen gebunden. Insbesondere können sie sich nicht auf Treu und Glauben berufen, wenn sie selbst ihren Erklärungs- und Aufklärungspflichten nicht nachkommen, bei der gebotenen Sorgfalt die Unrichtigkeit der Äußerung hätten erkennen müssen2648 oder das behördliche Verhalten, auf das sie sich berufen, gar arglistig erwirkt haben2649. Zurückkommend zum Wirkungsunterschied von unverbindlichen Absprachen: Dieser macht letzten Endes die Besonderheit des informellen Verwaltungshandelns aus. Wird Gegenteiliges angestrebt, liegt demnach keine informelle Absprache (mehr) vor. Dies schließt es aber nicht aus, dass durch solches Handeln – gewollt oder ungewollt – faktische Bindungen entstehen können, denen vor allem im Kontext der Hoheitsverwaltung, und dieser Bereich steht in weiterer Folge auch im Vordergrund anzustellender Überlegungen, mit Vorsicht zu begegnen ist. 3. Zulässigkeit und Grenzen
Informelles Verwaltungshandeln ist nicht per se unzulässig. Dem steht – etwa im Gegensatz zum Theorem der (relativen) Geschlossenheit des verfassungsrechtlichen Rechtsquellenkatalogs iwS2650 – auch kein numerus clausus der individuellen Handlungsformen der Verwaltung entgegen2651. Deshalb betritt die Verwaltung mit ihrem informellen Handeln aber keineswegs einen rechtsfreien Raum; darüber kann selbst der Aspekt der Unverbindlichkeit nicht hinwegtäuschen2652. Vielmehr erfährt dieses Handeln Grenzen durch die allgemeinen Grundsätze der Verfassung, insbesondere durch das demokratische und das rechtsstaatliche Prinzip (insbesondere im Hinblick auf den Rechtsschutz), durch die Grundrechte und durch einfach2647 Raschauer, Verwaltungsrecht3 Rz 1300. 2648 Vgl hiezu VfSlg 17426/2004. 2649 Siehe Ehrke, Konsenstechniken 67; zum allgemeinen Verwaltungsrecht Raschauer, Verwaltungsrecht3 Rz 1288 f und 1300. 2650 Hiezu Harald Eberhard, Altes und Neues zur „Geschlossenheit des Rechtsquellensystems“, ÖJZ 2007, 680 ff; schon zuvor Hengstschläger, in: VVDStRL 52, 310; Eberhard, Vertrag 258 ff. Siehe aber auch Antoniolli/Koja, Verwaltungsrecht3 538 f; Berka, Verfassungsrecht4 Rz 664. 2651 So ist wohl auch Raschauer, Verwaltungsrecht3 Rz 673 sowie 681, zu verstehen, wenn er auf die bevorzugte Darstellung bestimmter förmlicher Verwaltungsakte, wie den Bescheid und die Verordnung, verweist, wohingegen in der großen Masse an Fällen „irgendeine Form“ von Verwaltungshandeln vorliege und diese Verwaltungstätigkeiten eben nicht bloß in der Erlassung von Bescheiden oder Verordnungen bestehe. 2652 Vgl Kind, ÖJZ 1998, 896.
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gesetzliche Regelungen, mit denen der Gesetzgeber ausdrücklich vorgibt, welchem Normenregime das Verwaltungshandeln zu folgen hat, womit wiederum ein verfassungsrechtlicher Grundsatz, nämlich jener des Gesetzesvorrangs2653, angesprochen ist. 4. Gesetzesvorrang
Der Vorrang des Gesetzes, wonach die Verwaltung in all ihren Handlungen und dabei ohne Rücksicht auf ihren Formalisierungsgrad, also auch im tatsächlichen und informellen Bereich, an das Gesetz und die rechtlichen Grundsätze gebunden ist, gebietet es, jeweils darauf zu achten, ob das materielle (Ermessensbereich, unbestimmter Gesetzesbegriff) und das formelle Recht (allgemeine Verfahrensgrundsätze, Verfahrensrechte der anderen Beteiligten) entsprechende Spielräume lassen. An diese ist die Verwaltung gebunden und nur innerhalb der Handlungsgrenzen hat sie sich zu bewegen. Daraus wird schon ersichtlich, dass die Verwaltung keine informellen Verfahrenshandlungen setzen darf, wenn das Verfahrensrecht anderes gebietet. Auch sind jedenfalls keine Absprachen zu treffen, die mit dem materiellen Recht nicht vereinbar sind und in eine rechtswidrige Entscheidung münden oder – wie vor allem bei normvermeidenden Absprachen denkbar – zu einem rechtswidrigen Zustand führen würden2654. 5. Gesetzesvorbehalt
Mit den Überlegungen zur Zulässigkeit von informellem Verwaltungshandeln eng verbunden ist – gerade wenn anwendbare Regelungen fehlen – weiters der Grundsatz des Gesetzesvorbehalts. Angesichts der auf dem Gesetzesvorbehalt fußenden Anforderungen an das Verwaltungshandeln2655 kann nun entgegengebracht werden, dass die hoheitliche Verwaltung, die nichts ohne das Gesetz bzw ohne gesetzliche Ermächtigung tun darf, sie also auf das formelle und darüber hinaus ausreichend bestimmte Gesetz als Grundlage ihres Handelns angewiesen ist, bei Fehlen einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung – wie dies gerade bei informellen Handlungsweisen der Fall ist – nicht tätig werden dürfe. Daran schließen sich aber sogleich die Fragen an, ob es einer allgemeinen, normierten (Verfahrens-)Regelung für informelle Verständigungen im Verwaltungsrecht überhaupt braucht oder ob dem Gesetzmäßigkeitsprinzip auch in einer anderen Weise entsprochen wird bzw werden kann. 2653 Siehe oben 3.II.B.2. 2654 Vgl auch 2.III.B.1. 2655 Siehe schon oben 3.II.B.2.
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Wie schon zuvor festgehalten, sind Handlungen der Verwaltung, die im Kontext der Hoheitsverwaltung bzw in deren engem (funktionellen) inneren und äußeren Zusammenhang erfolgen, unbeschadet der Tatsache, dass ein Handeln dieser Art keinen selbständigen normativen Inhalt aufweist, solche hoheitlicher Natur2656. Hiezu zählen auch – wie ebenfalls bereits angedeutet2657 – informelle Handlungen, die im Vorfeld eines bzw parallel zu einem Verwaltungsverfahren oder vor der Erlassung einer Durchführungsverordnung gesetzt werden. Zentrales Element des informellen Verwaltungshandelns ist dessen Unverbindlichkeit. Anders als bei einem Verwaltungsakt ieS, wo die rechtsstaatliche Komponente des Legalitätsprinzips ins Zentrum rückt2658, werden hiedurch gerade keine unmittelbar rechtsverbindlichen Rechtsakte gesetzt. Es werden also hiemit weder Rechte oder Pflichten unmittelbar gestaltet noch Rechte oder rechtserhebliche Tatsachen in verbindlicher Weise festgestellt. Dieser Art des Handelns fehlt folglich der normative rechtsgestaltende Abspruch. Daraus wird schon ersichtlich, dass die Intensität des Eingriffs durch die mangelnde Rechtsverbindlichkeit der zwischen Verwaltung und BürgerInnen getroffenen Absprachen erheblich gemildert wird. Nicht übersehen werden darf freilich, dass das Legalitätsprinzip nicht bloß auf die Auseinandersetzung mit der Eingriffsverwaltung abzielt, sondern längst zu einem unbeschränkten Allgemeinvorbehalt erweitert wurde. Dessen ungeachtet erfolgt – wie ein Blick auf die Rechtsprechung zeigt – die Bestimmung der Dichte an gesetzlicher Determinierung des Verwaltungshandelns letztlich nicht in schematischer Weise2659. Bezogen auf den Zusammenhang der normativen Wirksamkeit eines Verwaltungsakts iwS und den daraus abgeleiteten Rechtsschutzbedürfnissen und den zu beobachtenden Determinierungserfordernissen lassen sich eindeutige Unterschiede in der Judikatur des VfGH erkennen. Einerseits leitet der VfGH aus dem Rechtsstaatsprinzip das Gebot ab, dass die an Einzelne gerichteten konkreten Normen voraussehbar und überprüfbar zu sein haben und hält weiters etwa für die Normierung von Straftatbeständen und von Abgabepflichten2660 sowie im Bereich der Grundrechtssphäre2661 die Aufstellung besonderer Anforderungen 2656 Vgl 3.II.B.1.b). 2657 Siehe 3.III.A. 2658 Zur „verwaltungsbehördlichen Vollziehung im engsten Sinn“ Rill, in: Rill/ Schäffer (Hg), Bundesverfassungsrecht I, Art 18 B-VG Rz 31. 2659 Siehe bereits 3.II.B.2. 2660 VfSlg 13785/1994. 2661 VfSlg 10737/1985; 11455/1987. Siehe auch Walter Berka, Das „eingriffsnahe Gesetz“ und die grundrechtliche Interessenabwägung, in: Heinz Mayer et al (Hg), Staatsrecht in Theorie und Praxis. FS Robert Walter zum 60. Geburtstag (1991) 42 ff; Raschauer, in: Griller et al (Hg), FS Rill 529.
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für geboten. Andererseits anerkennt er im Bereich der sich nicht in der Rechtssphäre eines Normunterworfenen auswirkenden Organisationsakte der Verwaltung eine aufgelockerte Legalitätsbindung2662. Geht man nun zwar davon aus, dass jegliches hoheitliches Handeln ohne Rücksicht auf den Formalisierungsgrad auf eine dem Art 18 B-VG entsprechende Rechtsgrundlage zurückgeführt werden muss, die Bindung an eine gesetzliche Grundlage also immer gefordert ist, so bedeutet dies aber nicht, dass es in einem jeden Fall einer ins Detail gehenden gesetzlichen Determinierung bedarf2663. Berka nimmt für schlichthoheitliches Verwaltungshandeln – sofern hiemit nicht Grundrechtseingriffe erfolgen – jedenfalls ein abgeschwächtes Bestimmtheitserfordernis an, wonach dieses seine Grundlagen in den ausdrücklich durch Gesetz eingeräumten hoheitlichen Befugnissen haben könne2664. Schon zuvor hat Berka anlässlich seiner Untersuchung betreffend die „schlichte Beurkundung“ festgehalten, dass auf das Erfordernis einer speziellen, ins Detail gehenden Ermächtigung verzichtet werden könne, wenn die allgemeinen Erzeugungsbedingungen (Inhalt, Verfahren, Zuständigkeit) für rechtserhebliche Beurkundungen gesetzlich geregelt seien2665. Was bedeutet dies nun für das informelle Verwaltungshandeln iS kooperativer oder konsensualer Handlungen? Wie eingangs festgehalten, sollen darunter Vorgespräche zwischen KonsenswerberInnen und Verwaltung zum Zweck der frühzeitigen Abklärung der Voraussetzungen für eine Bauprojektrealisierung oder zur Vermeidung von nachträglichen behördlichen Anordnungen ebenso verstanden werden, wie Aushandlungsprozesse bei kommunalen Planungsvorhaben und normvermeidende bzw normvertretende Absprachen durch freiwillige Selbstverpflichtungen, die vor dem oder während des verwaltungsrechtlichen (Planungs-)Verfahrens sowie vor dem Erlass oder an Stelle einer behördlichen Entscheidung in kooperativer Weise erfolgen. 6. Absprachen im Vorfeld von Einzelfallregelungen oder zur Vermeidung derselben
Als erstes ins Blickfeld rücken hier jene, die Planungssicherheit erhöhenden, informellen Kooperationsformen, die als Alternative bzw Ergänzung zu formalisierten Einzelmaßnahmen gewählt werden, wie etwa Verständigungen zwischen Verwaltung und BürgerInnen im Vorfeld von Genehmigungsverfahren. Aus der Sicht von KonsenswerberInnen wesentliche Inhalte solcher normvollziehenden Vorverständigungen sind mitunter die Abklärung, 2662 Vgl Berka, ÖJZ 1984, 342. 2663 Siehe 3.II.B.4. 2664 Berka, Verfassungsrecht4 Rz 508. 2665 Berka, ÖJZ 1984, 342 f.
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ob ein Standort zur Ansiedlung einer Betriebsanlage überhaupt geeignet ist, welche Einzelgenehmigungen eingeholt werden müssen, welche Angaben die Einreichunterlagen zu enthalten haben und in welcher Form diese einzubringen sind2666, mit welchen (rechtlichen) Widerständen seitens der AnrainerInnen eventuell zu rechnen sein wird, welche konkreten gewerbe-, naturschutz- oder wasserrechtlichen Auflagen gegebenenfalls zu erwarten oder welche Gutachten voraussichtlich erforderlich sind. Aber auch die BehördenvertreterInnen haben mitunter ein Interesse daran, möglichst frühzeitig Informationen über Art und Umfang etwa einer angedachten Anlage zu erhalten, die Qualität der Anbringen zu steigern und die Mängel rechtzeitig zu minimieren2667. Nicht von ungefähr sind Anregungen auszumachen, diesen Vorbereitungsprozess unter dem Schlagwort der Genehmigungsverfahrensbeschleunigung etwa durch Vorprüfungen anlässlich von Projektsprechtagen zu optimieren2668. Weiterhin sind zu diesem Komplex von Aushandlungsprozessen die zur Vermeidung von Einzelfallregelungen führenden Absprachen zu zählen. Eine solche liegt beispielsweise vor, wenn die zuständige Behörde in Bezug auf eine technisch überholte genehmigungspflichtige Anlage iSd GewO eine nachträgliche Anordnung gem § 81b GewO plant2669, hievon jedoch gegebenenfalls absieht, wenn der Betreiber nach Aufklärung durch die Behörde respektive in Folge der Vorgespräche zusagt, die notwendigen Anpassungsmaßnahmen aus freien Stücken zu setzen. 7. Kooperationsgespräche
In der Hauptsache handelt es sich – vor allem bei den Absprachen im Vorfeld von Einzelfallregelungen – also um Maßnahmen, die nach Verfahren2666 Siehe Wolfgang Huber, Dauer und Verzögerungsfaktoren gewerberechtlicher Genehmigungsverfahren – Ergebnisse einer Unternehmensbefragung, in: Stephan Schwarzer (Hg), Die Beschleunigung von Betriebsanlagengenehmigungen (1997) 20 f. 2667 Ingrid Eigner, Betriebsanlagengenehmigungen in Wien und Niederösterreich – Ergebnisse einer Behördenbefragung, in: Stephan Schwarzer (Hg), Die Beschleunigung von Betriebsanlagengenehmigungen (1997) 44 f. 2668 Josef Öberseder/Wolfgang Hüthmair, Beschleunigung der Betriebsanlagenverfahren. Maßnahmen und praktische Erfahrungen der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen, in: Stephan Schwarzer (Hg), Die Beschleunigung von Betriebsanlagengenehmigungen (1997) 66 ff. Siehe aber auch Puck, in: Aicher (Hg), Haftung 189 f, betreffend besonderer Einrichtungen der Rechtsträger im Dienst von Information und Auskunftserteilung (zB „Bürgerservice-Einrichtungen“). 2669 Dietmar Pauger, Gewerberecht, in: Bernhard Raschauer (Hg), Grundriss des österreichischen Wirtschaftsrechts auf der Grundlage des von Karl Wenger herausgegebenen „Grundriss des österreichischen Wirtschaftsrechts“2 (2003) Rz 428.
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seinleitung weitgehend jenen entsprechen, welche die Behörde zur Bewältigung verfahrensrechtlicher Anforderungen jedenfalls zu berücksichtigen hat. So sind insbesondere die in §§ 13 und 13a AVG geregelten Aufgaben der Verwaltung im Zuge des „Verkehrs zwischen Beteiligten und Behörden (aus der Sicht der Beteiligten)“2670 ins Kalkül zu ziehen2671. Dabei erfasst § 13 Abs 1 AVG alle Arten von Verfahrenshandlungen, mit denen Beteiligte an die Behörde, also an das zu entscheidende Organ herantreten können2672. Es sind dies Anträge, Gesuche, Anzeigen, Beschwerden und sonstige Mitteilungen2673. Für solche „Anbringen“ gilt – soweit in den Verwaltungsvorschriften nicht ausdrücklich anderes geregelt ist oder „es der Natur nach tunlich erscheint“ – grundsätzlich Formfreiheit. Sie können also schriftlich oder mündlich eingebracht werden2674. Von gegenständlichem Interesse erscheint hiebei, dass die Behörde nach Maßgabe von § 13 Abs 3 AVG nicht nur ermächtigt, sondern darüber hinaus verpflichtet ist, Mängel2675 schriftlicher2676 Anbringen2677 unverzüglich gegen2670 Vgl Hengstschläger/Leeb (Hg), AVG I § 13 Rz 1. 2671 In diesem Zusammenhang nicht unerwähnt bleiben dürfen die sowohl verfassungs- als auch einfachgesetzlich geregelte Auskunftspflicht der Behörde (siehe schon 3.II.B.14) sowie vor allem der in seiner Geltung über § 13a AVG hinausgehende, die „bürgernahe Verwaltung“ charakterisierende § 43 Abs 3 BDG. Die darin normierte – jedoch kein subjektives Recht darstellende – „Beamtenpflicht“ zur Unterstützung und Information der Parteien, die wiederum die Rechtsbelehrung mit umfasst, ist nämlich auch dort geboten, wo das AVG nicht anwendbar ist; dies etwa außerhalb eines Verwaltungsverfahrens oder im Bereich der Privatwirtschaftsverwaltung. Siehe hiezu insbesondere Kucsko-Stadlmayer, Disziplinarrecht4 204 f. Weiters Johann Schwabl/Herbert Chilf (Hg), Disziplinarrecht der Bundesbeamten, Landeslehrer und Soldaten2 (1989) § 43 BDG Anm 21 ff. 2672 Thienel/Schulev-Steindl, Verwaltungsverfahrensrecht5 110. 2673 Ob es sich dabei um einen verfahrenseinleitenden Antrag oder um eine bloße Mitteilung (Meldung, Anzeige) handelt, ergibt sich aus dem Inhalt des Anbringens iVm den einschlägigen Verwaltungsvorschriften. Hiezu etwa Hengst schläger, Verwaltungsverfahrensrecht4 Rz 113. 2674 Hengstschläger/Leeb (Hg), AVG I § 13 Rz 6 ff; Thienel/Schulev-Steindl, Verwaltungsverfahrensrecht5 112; Walter et al, Verwaltungsverfahrensrecht9 Rz 154. 2675 Der Begriff des Mangels ist weit auszulegen. Damit sind jedenfalls solche Fehler gemeint, die darin bestehen, dass gesetzlich erforderliche Angaben im Anbringen oder ebenso gesetzlich geforderte Beilagen (sog Formgebrechen) oder ein begründeter Berufungsantrag (sog Inhaltsmängel; vgl VwGH 12.9.2006, 2003/03/0074) fehlen; so im Schrifttum schon Robert Walter/Rudolf Thienel (Hg), Die österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze I2, Ergänzungsband 1998 (1998) § 13 AVG Anm b; weiters Hans-Paul Fuss, Welche Mängel eines schriftlichen Anbringens sind verbesserungsfähig? Zur Auslegung des § 13 Abs 3 AVG idF der Nov BGBl I 1998/158, ZfV 2000, 227 ff; Wolfgang Hauer/Otto Leukauf (Hg), Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6 (2004)
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über der/dem EinschreiterIn aufzuzeigen und deren Behebung nachweislich sowie innerhalb angemessener Frist zu veranlassen. Die Auftragserteilung zur Mängelbehebung liegt also nicht im Ermessen der Behörde2678, ein solches kommt ihr lediglich bei der Beantwortung der Frage nach der Form zu. Die Behörde hat die Mängelbehebung jedenfalls in geeigneter Weise2679 zu veranlassen. Der Verbesserungsauftrag kann demnach förmlich mittels Verfahrensanordnung2680 oder eben auf andere Weise erteilt werden2681. Erst nach fruchtlosem Verstreichen der eingeräumten Frist ist die Behörde befugt, das mangelhafte Anbringen zurückzuweisen2682. Wird hingegen ein Mangel innerhalb der gesetzten Frist beseitigt, bewirkt dies die Annahme, dass das Anbringen als ursprünglich fehlerfrei eingebracht gilt2683. Der Judikatur des VwGH lässt sich darüber hinaus entnehmen, dass die Behörde – auch die Berufungsbehörde2684 – verpflichtet ist, nach Prüfung des Anbringens sowie der dazu vorgelegten Unterlagen die AntragstellerInnen zu einer Änderung ihres Vorhabens aufzufordern2685, wenn ein Versagungsgrund durch eine „unwesentliche“ Modifikation2686 des Antrags beseitigt werden könne2687 oder wenn ein „verfehlter Antrag, der zur Gänze ab§ 13 AVG Anm 10; Hengstschläger, Verwaltungsverfahrensrecht4 Rz 128; Thienel/Schulev-Steindl, Verwaltungsverfahrensrecht5 118 f. Nicht aber sind Mängel verbesserungsfähig, die bloß zur Abweisung des Begehrens, also zu einer negativen Sachentscheidung führen. Siehe hiezu VwGH 29.4.2005, 2005/05/0100; hiezu ua Fuss, ZfV 2000, 234; Hengstschläger/Leeb (Hg), AVG I § 13 Rz 26; Walter/Thienel (Hg), Verwaltungsverfahrensgesetze17 § 13 AVG Anm 11; Thienel/Schulev-Steindl, Verwaltungsverfahrensrecht5 119. 2676 Entgegen einem Großteil der Lehre (darauf hinweisend Thienel/Schulev-Steindl, Verwaltungsverfahrensrecht5 118 mwN) nimmt übrigens der VwGH 6.5.2004, 2001/20/0195 (verst Senat) mittlerweile an, dass auch bei protokollierten mündlichen Anbringen ein Verbesserungsauftrag zulässig sei. In diese Richtung bereits zuvor Fuss, ZfV 2000, 237 f. 2677 Fuss, ZfV 2000, 226 f, zählt hiezu alle Varianten von schriftlichen Anbringen nach § 13 Abs 1 AVG, somit auch Anzeigen und Anmeldungen. 2678 Fuss, ZfV 2000, 235. 2679 VwGH 19.3.2002, 99/10/0203; Hengstschläger/Leeb (Hg), AVG I § 13 Rz 28. 2680 Ua Walter/Thienel (Hg), Verwaltungsverfahrensgesetze17 § 13 AVG Anm 15. 2681 Fuss, ZfV 2000, 236; Hengstschläger/Leeb (Hg), AVG I § 13 Rz 28. 2682 Im Überblick zB Hengstschläger/Leeb (Hg), AVG I § 13 Rz 25 ff; Hengst schläger, Verwaltungsverfahrensrecht4 Rz 128. 2683 Ua Walter et al, Verwaltungsverfahrensrecht9 Rz 161. 2684 Vgl auch Walter/Thienel (Hg), Verwaltungsverfahrensgesetze I2 § 66 AVG Anm 12; Hengstschläger/Leeb (Hg), AVG I § 13 Rz 47. 2685 Siehe Adamovich et al, Staatsrecht IV Rz 62.032, die hiebei von einer Manuduktionspflicht in materiell-rechtlichen Fragen ausgehen. 2686 Zur Antragsänderung siehe insbesondere 3.IV.B.2. 2687 Aus jüngerer Zeit VwGH 8.5.2008, 2004/06/0227.
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zuweisen sei“, also ein „unmögliches“ Begehren vorliege2688. Unternehme die Behörde keinen solchen Versuch, belaste sie das Verfahren mit einem wesentlichen Verfahrensmangel2689. Hingegen sei die Behörde – im Hinblick auf Bausachen – nicht verhalten, die Einbringung eines gänzlich anderen Projekts – eines „aliud“ – zu ermöglichen2690. Aus § 13a AVG ergibt sich weiters, dass die Behörde in Bezug auf ein konkretes Verfahren, das bereits anhängig ist oder durch ein Anbringen anhängig gemacht werden soll2691, angehalten ist, die nicht von berufsmäßigen ParteienvertreterInnen vertretenen Personen bezüglich der Vornahme von notwendigen Verfahrenshandlungen mündlich anzuleiten und diese darüber hinaus dahingehend – nicht jedoch inhaltlicher Natur2692 – zu belehren (Manuduktionspflicht), welche unmittelbaren Rechtsfolgen diese verfahrensrechtlichen Handlungen oder Unterlassungen nach sich ziehen2693. Die Wahl der Form sowohl der Verständigung als auch der Rechtsbelehrung obliegt der Behörde. Sie kann demnach einen förmlichen Verbesserungsauftrag erteilen oder die Behebung des Mangels „auf andere Weise“ veranlassen2694. Ebenso ist es ihr freigestellt (arg „in der Regel“), Anleitungen mündlich, auch telefonisch, oder schriftlich zu geben2695. Aus den Ausführungen kann nun gefolgert werden, dass der sachlich und örtlich zuständigen Behörde die Kompetenzen und auch Verpflichtungen zukommen, ein Anbringen von Beteiligten anzunehmen, zu prüfen, gegebenenfalls zur Verbesserung zurückzustellen und darüber hinaus den Betroffenen die zur Vornahme ihrer Verfahrenshandlungen nötigen Anleitungen zu geben und diese über die mit diesen Handlungen oder Unterlassungen unmittelbar verbundenen Rechtsfolgen zu belehren. Bei der Wahl der Form ist – wie eben aufgezeigt wurde – die Behörde außerdem weitgehend 2688 Krit hiezu Fuss, ZfV 2000, 230, da sich für ein solches Handeln zumeist keine gesetzliche Grundlage finden ließe. Jedenfalls könne ein solcher Auftrag nicht § 13 Abs 3 AVG entnommen werden. 2689 Der VwGH 17.8.2000, 99/12/0164, verweist hiebei – unter Hinweis auf Walter/ Mayer, Verwaltungsverfahrensrecht8 Rz 270 – auf das „Überraschungsverbot“, wonach die Behörde verpflichtet sei, ihre Rechtsauffassung der Partei, und dies vor allem vor Erlassung des abweisenden Bescheids, bekannt zu geben. 2690 VwGH 20.6.2002, 2000/06/0204. 2691 Hinsichtlich des Zeitpunkts der Antragstellung siehe VwGH 23.10.2002, 2002/08/0041. Vgl weiters Hengstschläger/Leeb (Hg), AVG I § 13a Rz 5. 2692 Siehe etwa VwGH 22.3.2001, 97/03/0082; 23.4.2003, 98/08/0270. 2693 Zu den Einschränkungen der Belehrungspflicht etwa Hengstschläger/Leeb (Hg), AVG I § 13a Rz 5 ff; Hengstschläger, Verwaltungsverfahrensrecht4 Rz 132; Thienel/Schulev-Steindl, Verwaltungsverfahrensrecht5 123; Walter et al, Verwaltungsverfahrensrecht9 Rz 163 f. 2694 Hengstschläger/Leeb (Hg), AVG I § 13 Rz 28. 2695 Hengstschläger/Leeb (Hg), AVG I § 13a Rz 8.
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frei. Dem AVG lässt sich also – schon allein mit Blick auf die hier besprochenen Kompetenzen – entnehmen, dass zum einen den Behörden eine über die „bloße“ Entscheidung hinausreichende unterstützende Funktion zugedacht wird und ihnen zum anderen Handlungsspielräume bei der Bewältigung ihrer Aufgaben eingeräumt sind. Welche Bedeutung haben nun, um auf die gegenständliche Frage der ausreichenden Legitimierung von informellen Handlungen zurückzukommen, die im gegebenen Zusammenhang angestellten Überlegungen zu den Regelungen des allgemeinen Verwaltungsverfahrens? Hiebei ist es nicht entscheidend, dass diese Aufgaben auf Handlungen in Bezug auf ein konkretes Verfahren, das bereits anhängig ist oder durch das Anbringen bzw von Amts wegen anhängig gemacht werden soll, abzielen. Insbesondere wird mit diesen Ausführungen auch nicht unmittelbar einer Vorverlagerung oder Ausdehnung der behördlichen Pflichten bzw von gegebenenfalls vorgesehenen subjektiven Rechten iS einer analogen Anwendung einzelner gesetzlich geregelter Verfahrensvorkehrungen das Wort geredet2696. Vielmehr ist zu sehen, dass die hier als normvollziehende bzw projektbezogene Kooperationsgespräche bezeichneten (vorbereitenden) Verwaltungshandlungen in einem derart engen sachlichen Konnex zum „Verkehr zwischen Beteiligten und Behörden“ im Rahmen der einer Behörde zugewiesenen Ermächtigungen zur Bewältigung von Verwaltungsverfahren stehen, sodass das konkrete verwaltungsbehördliche Handeln gesetzlich vorgegeben ist und jenes „informeller“ Natur keiner weitergehenden besonderen Determinierung bedarf, um den Anforderungen des Art 18 B-VG zu entsprechen. Mit der Ermächtigung zur Erledigung der Verwaltungssache gelten demnach auch die zur Anbahnung des Verwaltungsverfahrens notwendigen und zielführenden behördlichen Handlungsschritte als mit umfasst. Diese Feststellung hat freilich nichts mit der Frage zu tun, ob die einzelne informelle Handlung im konkreten Anlassfall zulässig ist. Eine solche ist vielmehr anhand des materiellen und formellen Verwaltungsrechts, der für das gesamte behördliche Handeln bedeutenden Kriterien der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit sowie anhand des damit im engen Zusammenhang stehenden Verhältnismäßigkeitsprinzips zu beurteilen2697. 8. Aushandlungsprozesse
Wenn von normvollziehenden Absprachen die Rede ist, dann sind auch jene Fälle mitzudenken, in denen nicht bloß informelle Kooperationsverhältnis2696 Es wird aber noch zu prüfen sein, ob nicht gewisse „Vorwirkungen“ auf das dem eigentlichen Genehmigungsverfahren vorangehende Verwaltungshandeln anzunehmen sind. Siehe hiezu 3.IV.A.2.b). 2697 Siehe schon 3.II.B.8 sowie insbesondere Korinek/Holoubek, Grundlagen 178 f.
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se zwischen Behörde(n) und ProjektwerberInnen bestehen, sondern darüber hinaus auch „Dritte“ wie zB VertreterInnen von Standort- sowie Nachbargemeinden, Bürgerinitiativen, Naturschutzverbänden, Umweltanwaltschaften und die Öffentlichkeit an sich zum Vorabklärungsprozess beigezogen werden. Der frühe Zeitpunkt der Kontaktnahme mit der Behörde und eben mit betroffenen Dritten bietet sich zumindest für einen breit an- und multipolar ausgelegten Informationsaustausch an. Ob sich ein solches Vorgehen im Einzelfall empfiehlt, hängt jeweils davon ab, welche Auswirkungen dieses auf die Effizienz und die Zügigkeit des Genehmigungsverfahrens insgesamt zeitigt. Stellt sich bereits in dieser Projektphase heraus, dass mit erheblichen Widerständen gegen das Projekt zu rechnen sein wird, dann ist weiters ins Kalkül zu ziehen, ob nicht zur Überwindung der Konflikte die Durchführung eines Mediationsverfahrens zielführend sein kann. So verstanden, erhält das „Vorverfahren“ aber eine andere Ausrichtung. Es steht nun nicht bloß ein Abklären von Antragsvoraussetzungen im Vordergrund, sondern darüber hinaus ein Ausloten der Genehmigungswahrscheinlichkeit, ein Austarieren der einzelnen, oft sehr unterschiedlichen Interessen von Betroffenen. Zudem dient es der Sachverhaltsfeststellung sowie Entscheidungsvorbereitung und enthält Elemente von Beratung und Auskunft. Die vorhin herangezogenen Regelungen der §§ 13 und 13a AVG umfassen ein solches Handeln wohl nicht mehr zur Gänze, sodass sich folglich die Frage stellt, ob ein auf Ausgleich und Konsens ausgerichteter informeller Abklärungsprozess auf allgemeine Grundsätze und/oder auf andere positivierte Bestimmungen zurückgeführt werden kann. Geht man davon aus, dass es der Behörde in einem jeden Fall zur Aufgabe gemacht wird, bei ihren Entscheidungen den „entscheidungsrelevanten Prozessstoff“ von Amts wegen zu ermitteln und dabei den Betroffenen die Möglichkeit einzuräumen, ihre Rechtsansprüche bzw rechtlichen Interessen geltend zu machen und insbesondere vom Ergebnis der Beweisaufnahme Kenntnis zu erlangen sowie dazu Stellung zu nehmen, und darüber hinaus Interessenkollisionen im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben mit zu berücksichtigen2698, dann erscheint der Versuch einer Behörde nicht von vornherein unzulässig zu sein, ihre Entscheidungsgrundlagen im Wege von (informellen) Aushandlungsprozessen mit den Betroffenen zu erweitern. Anhaltspunkte für derartige Überlegungen bieten bereits zum einen allgemeine (verfassungsrechtliche) Grundsätze wie jene der Effizienz, des Parteiengehörs und der materiellen Wahrheit, wenngleich, und dies sei einmal mehr klargelegt, die „definitive“ Entscheidung ein einseitiger hoheitlicher Akt zu bleiben hat. Zum anderen lässt wohl auch das AVG selbst eine derartige Annahme zu. So ist – wie schon Walter/Thienel festhalten – das Ermitt2698 Siehe hiezu 3.IV.A.3.
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lungsverfahren durch die Umschreibung seines Zwecks in § 37 AVG, den wahren Sachverhalt festzustellen, „nur“ final determiniert. Ansonsten bleibt der Behörde eine weitgehende Gestaltungsfreiheit, wie sie der Gesetzgeber angesichts der Vielzahl an denkbaren Fällen des Einschreitens der Behörde für unumgänglich ansah2699. Deutlich wird dies vor allem daran, dass die Bestimmungen im II. Teil des AVG vorrangig allgemeine Grundsätze im Hinblick auf die Ausgestaltung des Ermittlungsverfahrens enthalten (Amtswegigkeit, Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit, Wirtschaftlichkeit, Mittelbarkeit der Beweisaufnahme, Unbeschränktheit von Beweismittel, freie Beweiswürdigung) und bloß zu Einzelfragen punktuelle Regelungen normieren. „Die Behörde hat nun – soweit die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen – ‚unter Beobachtung‘ dieser Vorschriften, die lediglich einen Rahmen abstecken, ‚den Gang des Ermittlungsverfahrens zu bestimmen‘, dh sie hat im Rahmen dieser Regelungen das Ermittlungsverfahren nach eigener Entschließung zu gestalten, uzw derart, dass es seinem Zweck bestmöglich gerecht wird“2700. Darüber hinaus stellt jedoch eine der vorhin angesprochenen punktuellen, konkretisierenden Regelungen im gegebenen Zusammenhang einen wesentlichen Aspekt dar. Es lassen sich nämlich den Ausgleich noch stärker konturierende gesetzliche Bestimmungen im Kontext mit der Abführung der mündlichen Verhandlung im Rahmen eines Verwaltungsverfahrens (§§ 40 bis 44 AVG) finden. Der VwGH hält hiezu fest, dass die mündliche Verhandlung nicht allein dazu bestimmt sei, den objektiven Sachverhalt zu klären, sondern sie „soll auch durch Gegenüberstellung der am Verfahren Beteiligten die Erörterung der in Betracht kommenden Interessen fördern und nach Möglichkeit einen Ausgleich zwischen konkurrierenden Interessen herbeiführen helfen“2701. Ausdrücklich genannt wird der Interessenausgleich in § 43 Abs 5 AVG, wonach die VerhandlungsleiterInnen bei einander widersprechenden Ansprüchen von zwei oder mehreren Parteien auf das Zustandekommen eines Ausgleichs dieser Ansprüche mit den öffentlichen und den von anderen Beteiligten geltend gemachten Interessen – und zwar bis vor Ende der mündlichen Verhandlung2702 – hinzuwirken haben. In welcher Weise ein Einigungsversuch zu erfolgen hat, bleibt der Entscheidung der Verhandlungsleiterin bzw des Verhandlungsleiters überlassen. Den Par2699 „Die Gegenstände der Verwaltungstätigkeit sind zu vielfältig, die Aufgaben der Verwaltung wechseln, die Behörden sind gezwungen, ihre Tätigkeit im Rahmen der Gesetze den Erfordernissen des einzelnen Falles anzupassen. Das Verfahren kann deshalb nicht in eine starre Form gepresst werden, wenn anders die Verwaltung selbst nicht erstarren und ersterben soll.“ So EB zu 116 BlgNR 2. GP. 2700 Walter/Thienel (Hg), Verwaltungsverfahrensgesetze I2 § 39 AVG Anm 3. 2701 VwSlg 14654 A/1997. 2702 VwSlg 8713 A/1974; weiters Hengstschläger/Leeb (Hg), AVG II § 43 Rz 7.
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teien kommt jedenfalls – so der VwGH – kein Recht auf einen bestimmten Verlauf des Versuchs zu2703. Im gegenständlichen Zusammenhang kann es genügen2704, festzuhalten, dass den Parteien ein verfahrensrechtlicher Anspruch auf einen solchen Vermittlungsversuch durch die Behörde eingeräumt ist2705 und dass es sich hiebei sowohl um Ansprüche zivilrechtlicher und öffentlich-rechtlicher Natur als auch – in Anbetracht der fehlenden Einschränkung – um solche handeln kann, die durch den Verfahrensgegenstand bloß faktisch berührt werden, über die aber gerade nicht im anhängigen Verfahren zu entscheiden ist2706. Es wird also deutlich, dass dem System des Verwaltungsverfahrens konsensorientierte Elemente keineswegs fremd sind2707, vielmehr den VertreterInnen der Behörde ein ausgleichendes Vorgehen, das über ein bloßes Stattgeben bzw Ablehnen hinausgeht2708, ohne aber selbst für eine Partei in Vergleichsverhandlungen mit einer anderen Verfahrenspartei einzutreten2709, zugesonnen wird. Diese Bestimmungen könnten nun so verstanden werden, dass dann und nur dann, wenn eine mündliche Verhandlung durchgeführt wird bzw gegebenenfalls durchzuführen ist, auch ein Vergleichsversuch zu erfolgen hat. Dies erscheint aber zu kurz gegriffen. Zwar hat die Behörde, wenn sie von der ihr im § 39 Abs 2 AVG eingeräumten Ermächtigung Gebrauch macht, die Vorschriften in §§ 40 ff AVG zu beachten, doch ist mit Walter/Thienel letztlich anzunehmen, dass der gesetzliche Auftrag, auf einen Ausgleich zwischen einander widersprechenden Ansprüchen und Interessen hinzuwirken, in seiner Bedeutung über § 43 AVG hinausgeht2710. Aus diesen Ausführungen ergibt sich mE nun zweierlei. Zum einen wird im Zusammenhalt von § 37 AVG mit § 39 Abs 2 AVG die den vorgegebenen Handlungsspielraum auszufüllende Befugnis der Behörde erkennbar, auf 2703 VwSlg 8713 A/1974. 2704 Siehe aber auch 3.IV.B sowie insbesondere 3.IV.B.1.d). 2705 Der Vollständigkeit halber sei aber darauf hingewiesen, dass bei Unterbleiben eines solchen Ausgleichsversuchs kein wesentlicher, zur Aufhebung des Bescheids führender Verfahrensmangel vorliegt; siehe etwa VwGH 29.8.2000, 2000/05/0096. 2706 Hiezu Walter/Thienel (Hg), Verwaltungsverfahrensgesetze I2 § 43 AVG Rz 12; Hengstschläger/Leeb (Hg), AVG II § 43 Rz 8; Hengstschläger, Verwaltungsverfahrensrecht4 Rz 341; Thienel/Schulev-Steindl, Verwaltungsverfahrensrecht5 176. 2707 Siehe bereits Ferz, ZfV 2002, 323. Auch Kerschner et al, Umweltmediation 72. 2708 Wimmer, Verwaltungslehre2 325. 2709 VwSlg 8713 A/1974; weiters Hengstschläger/Leeb (Hg), AVG II § 43 Rz 7, die ein solches Verwaltungshandeln als mit der Stellung der Behörde unvereinbar ansehen. 2710 So schon Walter/Thienel (Hg), Verwaltungsverfahrensgesetze I2 § 43 AVG Rz 12.
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Grund einer zweckmäßigen Verfahrensgestaltung auch im Rahmen des Verwaltungsverfahrens informelle, mitunter konsensuale Verfahrenshandlungen vorzunehmen und dies insoweit, als die Materiengesetze nicht bestimmte Verfahrensschritte förmlicher Natur vorschreiben. Zum anderen ist – ähnlich wie bei den Kooperationsgesprächen – zu sehen, dass die hier als normvollziehende bzw projektbezogene Absprachen bezeichneten, vor Beginn eines Verwaltungsverfahrens ausgeübten administrativen Tätigkeiten gleichsam in einem derart engen sachlichen Konnex zu den einer Behörde zugewiesenen Ermächtigungen zur Bewältigung des Ermittlungsverfahrens stehen. Das konkrete verwaltungsbehördliche Handeln ist gesetzlich ausreichend vorgezeichnet und jenes informeller Natur bedarf folglich, selbst wenn es auf einen Ausgleich konfligierender Ansprüche gerichtet ist, keiner weitergehenden besonderen Determinierung mehr, um den Anforderungen des Art 18 B-VG zu entsprechen. Von der Aufgabenzuweisung zur Erledigung der Verwaltungssache gelten also auch die „konsensualen Vorverhandlungen“ als mit umfasst. 9. (Informelle) Verständigungen und Aushandlungsprozesse innerhalb bzw neben einem Verwaltungsverfahren
Die Aufgabenzuweisung kann sogleich als Stichwort für die Überleitung zu jenen informellen Verständigungen dienen, die innerhalb bzw neben einem Verwaltungsverfahren stattfinden. Die Befugnis zum informellen Verfahren gründet nach der Aktualisierung des Verwaltungsverfahrensrechtsverhältnisses nämlich im Gegensatz zu Vorverständigungen gerade nicht in einer allgemeinen Aufgabenzuweisung, sondern in § 39 Abs 2 AVG. Auf die Freiheit der Behörde bei der Gestaltung des Ermittlungsverfahrens braucht hier angesichts der vorhin getroffenen Aussagen nicht mehr im Einzelnen eingegangen zu werden2711. Der Hinweis, dass der Verwaltung bei der Gestaltung des Ermittlungsverfahrens Entscheidungsspielräume und Handlungsalternativen eingeräumt sind2712, wobei sich die Behörde bei der Festlegung des Verfahrensablaufs und den daraufhin zu ergehenden Verfügungen von Rücksichten auf „möglichste“ Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis leiten zu lassen hat, kann ebenso genügen, wie die Annahme, dass der gesetzliche Auftrag, auf einen Ausgleich zwischen einander widersprechenden Ansprüchen und Interessen hinzuwirken, in seiner Bedeutung über § 43 AVG hinausgeht. Hervorzuheben sind jedoch noch drei Aspekte, und zwar, dass dem historischen Gesetzgeber selbst „möglichst freie Formen der behördlichen Be2711 3.III.A.8. 2712 Siehe Walter/Thienel (Hg), Verwaltungsverfahrensgesetze I2 § 39 AVG Anm 3.
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tätigung nach Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Ersparnis“2713 vorschwebten, dass kein numerus clausus öffentlich-rechtlicher Handlungsformen besteht2714, und letztlich die Erkenntnis, dass die in § 39 Abs 2 AVG grundgelegten Ermessensdeterminanten nicht bloß für die Gestaltung des Ermittlungsverfahrens, sondern darüber hinaus für das Verwaltungsverfahren als solches Relevanz entfalten2715. 10. Formalisierte (informelle) Absprachen
Die – wenn auch nur wenigen – ausdrücklichen Spezialermächtigungen, die als ein Herauslösen der informellen Handlungselemente aus der Informalität gedeutet werden können, stellen übrigens kein schlagendes Gegenargument für die Rückführbarkeit informellen Handelns auf eine dem Art 18 B-VG entsprechende allgemeine Rechtsgrundlage dar. Deren Sinn liegt vielmehr darin, spezielle über Akte der informellen Handlungen hinausgehende Regelungen, vor allem mit der Verwaltungstätigkeit verknüpfte Rechte und Pflichten, zu gestalten2716. So würde etwa ein Rechtsanspruch auf die Durchführung eines Vorverfahrens gesetzliche Vorkehrungen erfordern. Ein Beispiel hiefür liefert das in § 4 UVP-G vorgesehene (nunmehr2717) fakultative und normativ nur grob durchformte, flexible Vorverfahren. Dieser die UVP vorbereitende Prozess ist gerade nicht Teil des eigentlichen Genehmigungsverfahrens, sondern letzterem zeitlich vorgelagert. Der Zweck eines solchen Verfahrensinstruments ist in der Spezifizierung der Prüfungsschwerpunkte für die Umweltverträglichkeitserklärung, der Abklärung des Untersuchungsrahmens auszumachen2718 und soll insbesondere durch die Problemanalyse seitens der Behörde möglichst frühzeitig Mängel des Projekt- bzw UVE-Konzepts aufzeigen helfen2719. Die Einräumung der Möglichkeit eines Vorabklärungsverfahrens, des „Scopings“, 2713 EB zu RV 116 BlgNR 2. GP. 2714 Siehe schon 3.III.A.3. 2715 Siehe Hengstschläger/Leeb (Hg), AVG II § 39 Rz 39; Thienel/Schulev-Steindl, Verwaltungsverfahrensrecht5 150. 2716 Betreffend die Beurkundung Berka, ÖJZ 1984, 343. 2717 In der „Urfassung“ des § 4 UVP-G, BGBl 697/1993, war noch eine verpflichtende „Abklärung des Untersuchungsrahmens“ vorgesehen. 2718 Siehe hiezu die EB betreffend § 4 in 168/A NR 21. GP. Weiters Johann Wimmer/ Wilhelm Bergthaler, Abklärung des Untersuchungsrahmens, in: Wilhelm Bergthaler et al (Hg), Die Umweltverträglichkeitsprüfung. Praxishandbuch für Juristen und Sachverständige (1998) 134 ff. Vgl auch die Ausführungen zum Scoping-Verfahren in 2.IV.M.5. 2719 Madner, in: Holoubek/Potacs (Hg), Handbuch I2 866; dies, in: Merli/Greimel (Hg), Optimierungspotenziale 93; Schmelz/Schwarzer, UVP-G § 4 Rz 2.
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ist demnach in erster Linie als Instrument der Verfahrensökonomie2720 oder – wenn man so will – als Dienstleistung2721 für die AntragstellerInnen zu verstehen, um das bevorstehende Genehmigungsverfahren zu entlasten sowie durch eine projekt- und situationsbezogene Vorbereitung zu optimieren bzw beschleunigen2722. Für die Gewährleistung der zuletzt genannten Aspekte bietet die Scoping-Phase zudem die Plattform für eine frühzeitige und professionelle Kommunikation mit der Öffentlichkeit. Der entscheidende Unterschied zu der hier verfolgten Frage ist nun darin zu erblicken, dass die Behörde einen mit den geeigneten Unterlagen versehenen Antrag in Behandlung zu ziehen und innerhalb einer Frist von drei Monaten nach Beiziehung der mitwirkenden Behörden und allenfalls auch Dritter, worauf später noch eigens zurückzukommen ist2723, Stellung zu nehmen hat2724. Mit einer solchen Gebundenheit der Behörde wird – abgesehen davon, dass in diesem Fall der Gesetzgeber aufgrund von Art 5 Abs 2 der UVP-RL geeignete Vorkehrungen hinsichtlich Maßnahmen zur Abgabe einer behördlichen Stellungnahme zu treffen hat2725 – die Verwaltung zu einer Reaktion, nämlich jedenfalls zum Konzept (formlos) Stellung zu nehmen und allfällige zusätzliche Anordnungen an die Umwelterklärung mitzuteilen2726, verpflichtet, nicht aber informelles Handeln per se ausgeschlossen2727. 2720 Wimmer/Bergthaler, in: Bergthaler et al (Hg), Umweltverträglichkeitsprüfung 135. 2721 Der serviceorientierte Ansatz wird seit der UVP-G-Novelle 2009, BGBl I 87/2009, zweifelsohne noch verstärkt hervorgehoben. 2722 Ob eine solche „Vorabverständigung“ dem „Sondieren der Erfolgsaussichten für eine spätere Anlagengenehmigung“ – wie es Daniel Ennöckl/Nicolas Raschauer, Kommentar zum UVP-G. Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz2 (2006) § 4 Rz 2, annehmen – dienen soll, ist dem Gesetzestext und den entsprechenden Erläuterungen nicht unmittelbar zu entnehmen, wenngleich dies letztendlich wohl der Hauptantrieb der ProjektwerberInnen für die Beantragung eines solchen Vorverfahrens sein müsste. 2723 3.IV.A.2.c). 2724 Ennöckl/Raschauer, UVP-G2 § 4 Rz 4 f. 2725 RL 97/11/EG vom 14.3.1997, ABl L 073, S 5, zur Änderung der RL 85/337/ EWG vom 5.7.1985, ABl L 175, S 40, über die Umweltverträglichkeit bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten. 2726 Vgl die EB betreffend § 4 in 168/A NR 21. GP. Ennöckl/Raschauer, UVP-G2 § 4 Rz 5, erkennen hierin einen schlichthoheitlichen Informationsakt. Siehe auch Wimmer/Bergthaler, in: Bergthaler et al (Hg), Umweltverträglichkeitsprüfung 138, die von einem „Randphänomen des Verwaltungsakts“ ohne Bindungswirkung „im strengen verwaltungsrechtlichen Sinn“ ausgehen. 2727 Trotz seiner Frühwarnfunktion wird dem formellen Verfahren übrigens keine große praktische Bedeutung zugeschrieben. Vielmehr seien stattdessen gerade informelle Vorverständigungen zur Abklärung des Untersuchungsrahmens im
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11. Aushandlungsprozesse und Absprachen im Zusammenhang mit abstrakt-generellen Normen
Es bleiben nun noch diejenigen Prozesse und Absprachen, die im Kontext mit abstrakt-generellen Regelungen zur Anwendung kommen. Denkbar sind hiebei vorrangig (informelle) Prozesse, in denen Inhalte künftiger Normen, etwa kommunaler Planungsvorhaben, in nicht bloß konsultativer, sondern kooperativer oder mediativer Weise vorabgestimmt werden. Und gleichermaßen kann auch eine auf Selbstverpflichtungen basierende Absprache zur Vermeidung einer generellen staatlichen Regelung – so geschehen vor allem im wirtschaftlichen Bereich2728 – erfolgen. Wenn hier von abstrakt-generellen Vorschriften die Rede ist, dann sind damit in erster Linie Durchführungsverordnungen gemeint, die konkretisierende Regelungen zur Determinierung des Inhalts bestehender Gesetze treffen. Auch in diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, ob mit der Ermächtigung zur Erlassung von Verordnungen, wozu grundsätzlich jede Verwaltungsbehörde in dem Umfang berechtigt ist, in dem gesetzliche Bestimmungen zu ihrem örtlichen und sachlichen Wirkungsbereich gehören, darüber hinaus das verwaltungsbehördliche Handeln informeller Natur mit umfasst ist. Wie bereits zuvor ausgeführt, können zwar – vor allem in den Bereichen bloß finaler gesetzlicher Determinierung – für das Verordnungserlassungsverfahren besondere gesetzliche Vorschriften informativen und konsultativen Charakters (Informations- und Stellungnahmerechte, Herstellung des Einvernehmens) bestehen. Die Regel sind solche verfahrensrechtlichen Vorgaben aber nicht2729. Daraus abzuleiten, dass Verwaltungsbehörden bei der Erlassung von Verordnungen beliebig vorgehen dürfen, wäre jedoch verfehlt. Wenn auch ein Rückgriff auf Bestimmungen des Verwaltungsverfahrensrechts wie bei den informellen Kooperationsformen hinsichtlich der Einzelfallregelungen hier ausscheidet, so sind in den vorliegenden Fällen jedoch die allgemeinen rechtsstaatlichen Grundsätze maßgeblich2730. Insbesondere ist der Verordnungsgeber jeweils angehalten, Handlungen zur Ermittlung der maßgeblichen Entscheidungsgrundlagen und zur Abschätzung der durch die Erlassung der Verordnung zu erwartenden Folgen zu setzen2731. Darauf verweist der VfGH in seinem Erkenntnis zur Verordnungsermächtigung des § 42 Abs 5 StVO (LKW-Fahrverbot) unmissverständlich, Vorfeld der Projekteinreichung gängige Übung. So Madner, in: Merli/Greimel (Hg), Optimierungspotenziale 93. 2728 Hiezu Lauber, RdU 1997, 107 ff; weiters Pöschl, Zukunft 26 f. 2729 Siehe 3.II.B.3. 2730 Vgl Raschauer, Verwaltungsrecht3 Rz 560. 2731 Hiezu eindringlich Aichlreiter, Verordnungsrecht I 738 ff.
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indem er auch in jenen Fällen, in denen keine spezifischen gesetzlichen Anordnungen bestehen, die Durchführung eines Informations-, Anhörungsoder Begutachtungsverfahrens als Teil des Ermittlungsverfahrens dann jedenfalls für erforderlich hält, wenn damit erst die gebotene Interessenabwägung vorgenommen und folglich das gesamte Spektrum der entscheidungsrelevanten Sachverhalte ermittelt werden könne2732. Darüber hinaus ist im Zusammenhang mit den Bereichen finaler Determinierung auch darauf hinzuweisen, dass trotz der durch die „Ausdünnung“ der gesetzlichen Regelungsdichte bzw der Vorherbestimmung den strengen Anforderungen des Legalitätsprinzips dadurch entsprochen wird, dass dem Verfahren mittels Partizipation der Entscheidungsbetroffenen und durch die Einbindung von Sachverstand eine besondere legitimatorische Bedeutung zukommt2733. Aus alledem ist zumindest zweierlei für die gegenständlichen Überlegungen von bedeutender Relevanz. So sind zum einen die betroffenen Behörden2734 bei der Gestaltung des Verordnungserlassungsverfahrens, sofern spezielle verfahrensrechtliche Bindungen fehlen, grundsätzlich frei. Zum anderen stellt die Durchführung der sachlich erforderlichen Ermittlungen ein rechtsstaatliches Grunderfordernis dar. Die berufene Behörde hat jedenfalls dafür zu sorgen, dass die von ihr zu erlassende Verordnung gesetzmäßig ist. In welcher Weise nun der entscheidungsrelevante Sachverhalt im Einzelfall ermittelt werden soll, steht, sofern nicht ausdrücklich anderes geregelt ist, jedoch wiederum im Ermessen der Behörde. Daraus lässt sich folgern, dass die Behörden durchaus befugt und unter der Maßgabe des rechtlichen Erfordernisses sowie der Effizienz mitunter gar verpflichtet sind, im Rahmen des Verordnungserlassungsverfahrens konsultative Vorgespräche mit den von der zu treffenden Maßnahme Betroffenen zu führen2735. Darüber hinaus steht weder eine Einschränkung von Handlungsformen einem solchen verwaltungsbehördlichen Handeln entgegen, noch bedarf es hiefür einer besonderen Determinierung, sodass letztlich konstatiert werden kann, dass nicht nur ein partizipativ gestalteter Vorabklärungsprozess zulässig ist, sondern auch das Verordnungsverfahren, soweit es überhaupt normativ näher ausgestaltet ist, mit konsensorientierten Handlungsformen, wie es zB die Mediation eine ist, angereichert werden darf. Somit erscheint nicht bloß deren grundsätzliche Zulässigkeit gegeben, sondern sie dienen als Begleitinstrument geradezu vorzüglich dem Auftrag zur vollständigen Ermittlung 2732 VfSlg 15765/2000. 2733 Adamovich et al, Staatsrecht I2 Rz 14.008. 2734 Zu den Zuständigkeitsfragen im Zusammenhang mit Absprachen Kind, ÖJZ 1998, 899 f. 2735 Hiezu Aichlreiter, Verordnungsrecht I 664.
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des Sachverhalts und damit auch der Erfüllung von materiellen Erlassungsvoraussetzungen der jeweiligen Verordnung2736. Vor allem bei Planungsakten fördert zudem eine frühzeitige Einbindung der Betroffenen die Identifizierung von Konfliktlagen und auch die Ausschöpfung des kreativen Potenzials der Beteiligten, was im Ergebnis wiederum zu einer Entlastung der nachfolgenden Einzelgenehmigungsverfahren beitragen kann2737. B. Teilnahme bzw Mitwirkung an der administrativen Entscheidungsfindung durch private Betroffene
Auf die durch einseitige Rechtsgestaltungsbefugnisse der Behörde gegenüber der/dem Einzelnen gekennzeichnete Struktur der Verwaltungsrechtsverhältnisse wurde ebenso bereits hingewiesen2738, wie auf den Problemkreis der demokratischen Legitimation im Zusammenhang mit den Fragen nach der staatlichen Leitungs- und Organisationsverantwortung sowie der Hinzuziehung von Privaten zur Erledigung von (schlicht)hoheitlichen Aufgaben. Insbesondere konnte im Hinblick auf das demokratische Prinzip festgehalten werden, dass sich aus dem in Art 1 Satz 2 B-VG formulierten demokratischen Grundsatz iVm Art 20 Abs 1 B-VG ein Gebot der grundsätzlich hierarchisch organisierten, vertikal aufgebauten2739 Verwaltung zu ergeben hat und dass prinzipiell alle, „die Verwaltung führenden“ Administrativorgane der Leitungsgewalt eines parlamentsabhängigen obersten Organs des Bundes oder der Länder unterstellt und diesem gegenüber verantwortlich sind. Letztere unterliegen wiederum selbst der Verantwortung gegenüber der Volksvertretung und, um den Gedanken des Legitimationszusammenhangs zum Volk als dem Legitimationssubjekt aufzugreifen, auch gegenüber diesem. Zur Wahrung des Willens des Staatsvolks bedarf es also – hier mit den Worten von Merkl ausgedrückt – der „strenge[n] Unterstellung der in einer Kette von Delegationsprozessen fortschreitend delegierten Organe unter die delegierten Organe, letztlich unter das Volk“2740. Hergestellt wird die demokratische Legitimation(skette) schlussendlich auf personeller Ebene über den Bestellungsakt und auf inhaltlicher Ebene über den Weisungszusammenhang2741. Zudem wurde bereits die in der Verbindung mit Art 18 Abs 1 B-VG und Art 1 leg cit bestehende rechtliche Basis für den demokratischen Legitimati2736 Kerschner et al, Umweltmediation 102. 2737 Vgl die von Schwaighofer, bbl 2005, 146 ff, genannten Beispiele. 2738 Siehe 3.III.A.1. 2739 Vgl Rumler-Korinek, JRP 2004, 237 mwH. 2740 Merkl, Verwaltungsrecht 339. 2741 Siehe schon 3.II.B.11.
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onszusammenhang aus funktioneller Sicht offengelegt, womit in erster Linie gemeint ist, dass es Aufgabe aller Verwaltungsorgane ist, den in Gestalt der parlamentarisch beschlossenen Gesetze erzeugten Volkswillen zu vollziehen. Vor allem aber ist zu beachten, dass auch in jenen Fällen, in denen der/dem Einzelnen keine eigene Rechtsmacht zukommt, von der Verwaltung im Hinblick auf die Legalität das objektiv Gesetzmäßige zu wahren bzw durchzusetzen ist2742. Unbeantwortet geblieben sind bisher jedoch das Ausmaß des in Art 20 Abs 1 B-VG angeführten Verwaltungs- sowie des staatlichen Verantwortungsbegriffs und weiters die Auswirkungen des verfassungsrechtlichen Organisationsmodells auf die Verwirklichung der Teilnahme oder gar Teilhabe von Betroffenen an administrativen Entscheidungen. Doch bevor hierauf näher einzugehen ist, erscheint es zielführend, die im Zuge der Verwaltungsreformdiskussionen unter dem Begriff „Good Governance“ artikulierte Notwendigkeit der Aktivierung von staatlichen, halbstaatlichen und privaten Akteurinnen und Akteuren zur gemeinsamen Bewältigung der Herausforderungen der Verwaltung in die weitere Aufarbeitung des gegenständlichen Themas einzubeziehen. 1. Good Governance – Zur „partnerschaftlichen“ Gestaltung von Lebensbereichen
In der verwaltungswissenschaftlichen Diskussion von „Governance-Konzepten“, die insbesondere auch auf das rechtlich relevante Handeln der Staatsgewalt sowie auf die partnerschaftliche Beziehung von staatlichen und privaten Akteurinnen und Akteuren abzielen2743, stellen vor allem Überlegungen zur demokratischen Verantwortlichkeit einen berücksichtigungswürdigen Aspekt für die Einordnung von konsensstiftenden Instrumenten dar. Augenscheinlich ist, dass zum Zweck der „Gestaltung von Lebens bereichen“2744 in staatliche Entscheidungsprozesse gerade solche Personen und/oder Personengruppen einbezogen werden (sollen), die den hoheitlichen Entscheidungsorganen nicht angehören. Vor diesem Hintergrund offenbart sich etwa auch die Zielrichtung der im Jahr 2008 vom Ministerrat beschlossenen und als Beitrag zu Good Governance zu verstehenden „Standards der Öffentlichkeitsbeteiligung“2745. Mit diesen – bloß als Empfehlungen zu verstehenden und einer Verdrän2742 Weiterhin 3.II.B.11. 2743 Zu den Verwaltungsaufgaben und Governance allgemein Raschauer, in: Holzinger et al (Hg), Verwaltungslehre2 234 f. 2744 Gudrun Trauner, E-Government, in: Gerhart Holzinger et al (Hg), Österreichische Verwaltungslehre2 (2006) 272. 2745 Siehe www.bka.gv.at/DocView.axd?CobId=30993 [12/2012].
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gung bestehender (verfassungs-)gesetzlicher Bestimmungen an sich nicht fähiger – Standards sollen nämlich Verwaltungsbedienstete des Bundes bei der konkreten Planung, Durchführung und Evaluierung von Beteiligungsprozessen unterschiedlicher Intensitätsstufen (reichend von der informativen über die konsultative bis hin zur kooperativen Öffentlichkeitsbeteiligung) im Zusammenhang mit der Erstellung von Politiken, Plänen, Programmen und generellen Rechtsakten unterstützt werden2746. AdressatInnen der unverbindlichen Standards sind eben die OrganwalterInnen des Bundes, die in die Lage versetzt werden sollen, die gesteigerten Anforderungen an ihre Tätigkeiten im Hinblick auf die Beteiligung der Öffentlichkeit auch praktisch bewältigen zu können2747. Dabei wird inhaltlich nicht nur an die traditionellen, gesetzlich normierten Informations-, Anhörungs- oder Stellungnahmerechte angeknüpft, sondern darüber hinaus an die vielfältigen, derzeit in Einzelfällen eingesetzten Möglichkeiten zur kooperativen Beteiligung wie zB den Stakeholderdialogen, Runden Tischen, Konsensus-Konferenzen und eben die Mediation. In solchen Fällen käme es – so Eberhard et al – nicht nur zu einer Transferierung von Kompetenzen von oberen zu unteren Ebenen, sondern vielmehr zu einer solchen außerhalb von Regierung und Verwaltung. Als Korrektiv wirke hiebei der Faktor einer demokratischen Verantwortlichkeit. Es sei nämlich die demokratische Verantwortlichkeit, welche die Wahrung des Volkswillens in einer umfassenden Betrachtung sicherstellen solle. Eberhard et al verweisen in diesem Zusammenhang auf die notwendige Differenzierung und letztlich auf die strikte Trennung der Sphären von öffentlichem Interesse, das sie wiederum mit dem durch demokratische Verantwortlichkeit der handelnden staatlichen Organe sichergestellten Volkswillen gleichsetzen, einerseits und solchen partikulärer Natur einer bestimmten Repräsentantin bzw eines bestimmten Respräsentanten oder einer Gruppe von RepräsentantInnen der Gesellschaft andererseits. Die Aufgabe von Good Governance könne es nun sein, den Einsatz von einseitiger staatlicher Machtausübung und von Kooperation auszugleichen. Dafür sei ein bewegliches System notwendig, das sich abgestuft nach der demokratischen Verantwortlichkeit beurteilen lasse. In jenen Fällen, in denen Kooperation Bereiche betreffe, in denen öffentliche Interessen „leicht“ beeinträchtigt werden könnten2748, werde das Einsetzen von einseitigen Regelungsbefug2746 Vorbilder für die österreichische Initiative waren insbesondere die Mindeststandards der Europäischen Kommission für die Konsultation betroffener Parteien, Mitteilung der Kommission, KOM (2002) 704 endg = eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=COM:2002:0704:FIN:DE:PDF [12/2012]. 2747 Siehe bereits Arbter/Trattnigg, in: Bauer et al (Hg), Public Governance 302; Eberhard et al, JRP 2006, 49. 2748 Welche dies sein sollen, verschweigen die AutorInnen.
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nissen erwünscht und adäquat sein. Insoweit sei es erforderlich, dass der Staat in seiner Funktion als Treuhänder von Gemeinwohlinteressen nicht um jeden Preis auf Konsenssuche ausgerichtet sein müsse – de lege lata wohl „dürfe“. Bestehe hingegen keine Gefahr einer Beeinträchtigung dieser Interessen, könne die Einbindung von Privaten aus demokratischen Gesichtspunkten sogar erforderlich sein2749. Letztendlich zeigen sich angesichts des geltenden Verfassungssystems aber rasch die Grenzen einer weitgehenden Umsetzbarkeit insbesondere der dem Governance-Konzept immanenten Aspekte der Kooperation und des Ausgleichs. Verfassungsrechtliche Determinanten wie vor allem das Legalitätsprinzip und die demokratische Legitimation der Verwaltung sowie die Entscheidung für ganz bestimmte verfassungsgesetzlich legitimierte Handlungsformen markieren sehr deutlich den zumindest de lege lata vorgegebenen Handlungsspielraum für konkrete Veränderungen. Dies kommt bei den Ausführungen von Eberhard et al insbesondere dann zum Vorschein, wenn sie daran gehen, die Anliegen von Good Governance im Lichte deren rechtlichen Gehalts zu betrachten2750. Zwei der für die vorliegende Arbeit zentralen Ergebnisse sollen dennoch herausgegriffen werden: Zum einen wird von ihnen unter dem Eindruck der fortschreitenden Entparlamentarisierung sowie Informalisierung von Entscheidungsprozessen und dem daraus folgenden Verlust an Vorhersehbarkeit und an gerichtlicher Kontrolldichte gegen eine Lockerung des Ausmaßes an gesetzlicher Bindung des Verwaltungshandelns Stellung bezogen. Vielmehr betonen sie die Funktion des Legalitätsprinzips dergestalt: „Je mehr Rückkoppelung an parlamentarische Akte – und damit an Gesetze – besteht, umso mehr wird auch der Effektuierung des Gedankens einer demokratischen Verantwortlichkeit der handelnden staatlichen Akteure Rechnung getragen.“ Daraus folge wiederum, dass eine Bindung des Staats im Hinblick auf die Nichterlassung von Rechtsvorschriften, die aus „normersetzenden“ – im hier gegenständlichen Verständnis normvermeidende bzw normvertretende2751 – Absprachen resultieren könnten, abzulehnen sei2752. Somit dürfe die Teilhabe von Privaten nur eine solche beratender Natur sein, die aber letztlich die Qualität der Gesetzgebung durch die Berücksichtigung verschiedener Interessenlagen steigern helfen könne2753. Und zum anderen halten Eberhard et al im Kontext der einseitig, autoritativ handelnden Hoheitsverwaltung fest, dass es zum Ausgleich – wie es 2749 Eberhard et al, JRP 2006, 55. 2750 Eberhard et al, JRP 2006, 55 ff. 2751 Vgl 3.III.A. 2752 Siehe sogleich 3.III.B.2. 2753 Eberhard et al, JRP 2006, 58.
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jedoch Good Governance erfordern würde – an kooperativen Handlungsformen fehle. Zwar könne durchaus eine Einbindung von Betroffenen und Interessierten etwa durch Stellungnahmerechte in einem AVG-Verfahren institutionalisiert werden, doch bringen zweiseitige Instrumente, so vor allem das (verfassungs)gesetzlich nur ungenügend abgestützte – in weiterer Folge aber noch näher zu präzisierende – Rechtsinstitut des verwaltungsrechtlichen Vertrags, den Kooperationsaspekt deutlicher zum Ausdruck2754. 2. „Führen“ der Verwaltung und Entscheidungsverantwortung
Noch einmal ist hier auf das System der autokratisch-hierarchischen Verwaltung zurückzukommen, wonach damit ja grundsätzlich gewährleistet werden soll, dass ein jedes Vollzugsorgan eine demokratische Legitimation aufweist und – in letzter Konsequenz – ein jeder Staatsakt zumindest indirekt auf den Volkswillen zurückgeführt werden kann. Wenn man nun so wie Raschauer annimmt, dass in Art 20 Abs 1 B-VG unter Verwaltung jegliche Wahrnehmung von staatlichen Angelegenheiten außerhalb der Gesetzgebung und der Rechtsprechung zu verstehen ist2755, dann fällt hierunter letztlich das gesamte Spektrum der administrativen Handlungen. Kooperative Handlungsweisen in Form informeller Absprachen zwischen BürgerInnen und Verwaltung sind somit hievon nicht auszunehmen. Für eine Einschränkung des Verwaltungsbegriffs etwa auf rein rechtsförmliches (rechtsverbindliches) und damit für ein Herauslösen des für die Verwaltungspraxis interessanten Bereichs des schlichten (informellen) Verwaltungshandelns aus dem Legitimationszusammenhang sowie der Entziehung des Steuerungs- und Kontrollrechts des Volks lassen sich jedenfalls keine verfassungsrechtlichen Gründe finden. Jedoch ist relativierend davon auszugehen, dass bei kooperativen, vorbereitenden Handlungsformen lediglich der Verwaltungsanteil, nicht aber der Kooperationsbereich als solcher einer demokratischen Legitimation bedarf2756. Folglich ist es rechtlich unbeachtlich, wenn nicht demokratisch legitimierte Private an Aushandlungsprozessen „mitwirken“. Die grundsätzliche Zulässigkeit eines solchen Vorgehens gründet schon allein in den subjektiven Beteiligungsrechten der Betroffenen im Verwaltungsverfahren. Dies ändert aber wiederum nichts an der Feststellung, dass Verwaltungshandlungen iSd Art 20 Abs 1 B-VG weiterhin ausschließlich die staatliche Verwaltung ausübt. So bleibt sichergestellt, dass die obersten Verwaltungsorgane das Handeln der nachgeordneten Behörden und Ämter in der Weise effektiv zu 2754 Eberhard et al, JRP 2006, 59; ausführlich schon Eberhard, Vertrag 227 ff. 2755 Raschauer, in: Korinek/Holoubek (Hg), Bundesverfassungsrecht II/1, Art 20 Abs 1 B-VG Rz 57. 2756 Zum demokratischen Legitimationsobjekt vgl schon 2.III.A.2.
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steuern vermögen, dass sie dieses Handeln auch tatsächlich gegenüber dem jeweiligen Parlament verantworten können2757. Sie müssen also dabei jederzeit in der Lage sein, für getroffene Entscheidungen die Verantwortung übernehmen zu können. Demnach darf ein hoheitliches Entscheidungsverhalten grundsätzlich auch nicht an das Einverständnis der Betroffenen gebunden oder von Verhandlungsprozessen blockiert werden. Dementsprechend ist es weiters nicht möglich, dass die Verwaltung in von ihr zu entscheidenden öffentlichrechtlichen Angelegenheiten die Rolle einer bloßen Mittlerin bzw Mittlers zwischen konfliktverfangenen InteressenträgerInnen einnimmt oder dass sie zur gleichberechtigten Verhandlungsteilnehmerin wird. Darüber hinaus hat dies zur Konsequenz, dass sich ein Einsatz von privaten, demokratisch nicht legitimierten (weisungsfreien) KonfliktmittlerInnen als „SchiedsrichterInnen“ zwischen den Beteiligten an einer hoheitlichen Sachentscheidung nicht mit dem demokratischen Grundsatz vereinbaren lässt. Daraus folgt wiederum, dass sich ein Aushandlungsprozess und die Verwaltungsentscheidung nicht als frei wählbare Alternativen gegenüber stehen. Es ist demzufolge auch eine gänzliche Privatisierung der Konfliktmittlung, eine Übertragung der Entscheidungsmacht auf eine externe „Konsensbildungsinstanz“, quasi ein Verantwortungsverzicht, ausgeschlossen, wonach der Aushandlungsprozess gewissermaßen ohne die Verwaltung stattfindet, letztere jedoch die – lediglich zwischen Privaten – getroffene Vereinbarung zu übernehmen hätte. Freilich kann die Behörde im Rahmen ihrer rechtlichen Vorgaben und Möglichkeiten eine im Konsens erzielte Vereinbarung berücksichtigen und gegebenenfalls sich eine solche als inhaltliche Entscheidung zu eigen machen2758; einzig an diese binden bzw dieser unterwerfen darf sie sich in aller Regel nicht2759. Vielmehr hat sie sich die Möglichkeit zu einer – auch späteren – einseitigen Regelung stets zu bewahren2760. Nicht zuletzt gebietet dies der verfassungsrechtliche Auftrag zur Wahrung sowie Durchsetzung des objektiv Gesetzmäßigen und damit der Gemeinwohlbelange. 3. Partizipation an Sachentscheidungen der hoheitlich agierenden Verwaltung
In diese staatsrechtliche Konstellation wirkt unmittelbar die insbesondere am Synonym Hainburg festzumachende, zumindest von Mitte der Achtziger- bis Mitte der Neunzigerjahre lebhaft geführte Diskussion um die „De2757 Siehe ua Raschauer, Verwaltungsrecht3 Rz 356. 2758 Siehe jedoch sogleich 3.III.B.3. 2759 Gegen eine Bindung des Staats etwa Eberhard et al, JRP 2006, 58, hinsichtlich normvertretender Absprachen. Weiters Wimmer, Verwaltungslehre2 328. 2760 Vgl hiezu die dt Rechtssituation in 2.III.A.6.
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mokratisierung des Verwaltungsverfahrens“2761 hinein2762, die von der Frage bestimmt wird, in welcher Form eine Beteiligung der „neuen Betroffenheit“ der BürgerInnen (vor allem im Zuge der Verwirklichung von umweltrelevanten Projekten) erfolgen kann2763. Dabei steht aber weniger die Ausgestaltung der klassischen individuellen Beteiligten- und Parteistellung in Rede als vielmehr die Öffnung des Verwaltungs(verordnungs)verfahrens für das Einbringen von eigenen politischen, mitunter auf öffentliche Interessen abzielende Vorstellungen der Betroffenen in den (Sach-)Entscheidungsprozess2764, womit die politische Mediatisierung des Einzelnen überwunden und eine Optimierung der Verwaltungsentscheidung gerade ermöglicht werden soll2765. Allein, die rechtliche Umsetzung von umfassenden Teilhaberechten2766 mag nicht so recht gelingen2767. Vorneweg ist ganz allgemein zu konstatieren, dass die Bundesverfassung – im Gegensatz zur Rechtsprechung (Art 91 Abs 1 B-VG) – keine ausdrückliche Bestimmung enthält, wonach das Volk unmittelbar an der Verwaltung, sei es nun an der Einzelentscheidung oder an der Erlassung eines generellen Verwaltungsakts, mitzuwirken hat2768. Vielmehr ist, wie nun schon mehrfach hervorgehoben wurde, das „Führen der Verwaltung“ grundsätzlich den in den Art 19 und 20 B-VG aufgezählten, in einem Leitungs- und Verantwortungszusammenhang stehenden Organen bzw OrganwalterInnen vorbehalten2769. Zum 2761 Zu unterscheiden sind davon Überlegungen zur Abänderung des Systems autokratisch-hierarchischer Verwaltung im Zusammenhang mit der „Demokratisierung der Verwaltung“ (zB der Bezirksverwaltung); siehe etwa bei Robert Walter, Partizipation an Verwaltungsentscheidungen, in: VVDStRL 31 (1973) 156 f; Antoniolli/Koja, Verwaltungsrecht3 409 ff. 2762 Wie aber allein die Entwicklung zum UVP-G erkennen lässt, gehen längst schon zahlreiche Impulse in diese Richtung auf europäische Umweltpolitiken zurück. 2763 Heinz Mayer, Bürgerbeteiligung zwischen Rechtsstaat und Demokratie (1988) 41 f; Christian Schmelz, Rechtsfragen des Bürgerbeteiligungsverfahrens, ecolex 1994, 723; Wimmer, Verwaltungslehre2 330. 2764 Mayer, Bürgerbeteiligung 44 f; ders, AnwBl 1992, 358; Aichlreiter, Verordnungsrecht I 702 f. 2765 Vgl Wimmer, Verwaltungslehre2 329. 2766 Andreas Hauer, Bürgerbeteiligung, in: Wilhelm Bergthaler/Karl Weber/Johann Wimmer (Hg), Die Umweltverträglichkeitsprüfung. Praxishandbuch für Juristen und Sachverständige (1998) 547, spricht im Zusammenhang mit dem BürgerInnenbeteiligungsverfahren des UVP-G vom Versuch des Gesetzgebers, Teilhabebegehrlichkeiten zu befriedigen, ohne jedoch Teilhaberechte zu gewähren. 2767 Vgl jedoch das den Bürgerinitiativen gem § 19 Abs 4 UVP-G eingeräumte subjektive Recht, die Einhaltung von Umweltschutzvorschriften im Verfahren geltend zu machen. 2768 Siehe Mantl, in: Ermacora et al (Hg), Verwaltungsrecht 497. 2769 Vgl Walter, in: VVDStRL 31, 159.
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einen bedeutet dies, dass physische (Privat-)Personen – wie ebenfalls schon gezeigt – erst durch spezifische Rechtsakte in diesen Organisationszusammenhang einbezogen werden müssen, ehe sie Aufgaben der hoheitlichen Verwaltung besorgen dürfen2770. Zum anderen ist daraus zu folgern, dass nach diesem Konzept eine entscheidungsförmige Partizipation in Form der Mitbestimmung oder Mitentscheidung im Zuge der Vollziehung unmittelbar durch „nicht legitimierte“ einzelne BürgerInnen, Gruppierungen oder etwa durch das Volk unzulässig ist2771. Wollte man hingegen ein allgemeines Modell der partizipativen (Mit-)Entscheidung, deren Betroffenenkreis nicht wie das Volk nach allgemeinen Merkmalen2772, sondern vielmehr durch ein Sonderinteresse bestimmt würde, als eine weitere Art der Verwaltungslegitimation schaffen, dann dürfte sie der in Art 20 Abs 1 B-VG normierten demokratischen Legitimation nicht nachstehen und müsste somit durch ranggleiche (verfassungs-)rechtliche Grundlagen abgesichert werden2773. Hingegen verhält es sich mit den „bloß“ auf Mitwirkung iwS an der Vollziehung abzielenden Partizipationsarten anders2774. Solche nichtentscheidungsförmigen Teilnahmen von außerhalb der Verwaltung stehenden Betroffenen an Sachentscheidungen stellen in erster Linie die dem Individualrechtsschutz dienenden und auf die Gesetzmäßigkeit verwaltungsbehördlicher Entscheidungen hinwirkenden Parteirechte2775 sowie die zur Mitwirkung an der Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts ausgerichteten Beteiligtenrechte in einem mit Bescheid abschließenden Administrativverfahren dar. Hiezu zählen aber auch die bei Verordnungserlassungsverfahren anzutreffenden formalisierten Beteiligungsformen wie zB Informations-, Anhörungs-, Stellungnahme- und Antragsrechte2776. Eigen ist den angeführ2770 Siehe Schwaighofer, bbl 2005, 141. 2771 So schon Mantl, in: Ermacora et al (Hg), Verwaltungsrecht 500. 2772 Siehe auch Art 117 Abs 8 B-VG, wonach in den Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereichs der Gemeinde der Landesgesetzgeber eine direkt-demokratische Teilnahme und Mitwirkung der zum Gemeinderat Wahlberechtigten vorsehen kann (Volksbegehren, Volksbefragungen und Volksabstimmungen). Hiezu ua Mayer, B-VG4 375. 2773 Vgl hiezu 2.III.A.5. 2774 Die verfassungsrechtliche Zulässigkeit der „Mitwirkung“ an der Verwaltung lasse sich übrigens – so Mantl, in: Ermacora et al (Hg), Verwaltungsrecht 502 – aus dem Umstand erklären, dass der Verfassungsgesetzgeber diese in der Rechtsordnung bereits vorgefunden, stillschweigend anerkannt und übernommen habe. 2775 Zum Individualrechtsschutz als Form der Partizipation Mayer, Bürgerbeteiligung 43. 2776 Siehe hiezu auch Oberndorfer, in: Holzinger et al (Hg), Verwaltungslehre2 90; Adamovich et al, Staatsrecht IV Rz 46.046. Als partizipatorische Einflussnahmemöglichkeit auf die Verwaltung wird darüber hinaus das in Art 11 StGG geregelte Petitionsrecht genannt. Auf diesem Grundrecht beruhen Bürgerinitiativen
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ten Partizipationsmöglichkeiten, dass sie in erster Linie in der Phase der Entscheidungsvor- bzw -aufbereitung angesiedelt sind und damit die Verwaltungshoheit bzw Entscheidungsverantwortung durch Mitentscheidung nicht angegriffen wird. Vor allem aber bleibt eines: Eine Ermächtigung zur Beeinträchtigung der Gesetzmäßigkeit ist darin nicht zu erkennen. Vielmehr lässt, wie es schon Mayer formulierte, die verfassungsrechtlich bestimmte Bindung der Verwaltung an das demokratisch erzeugte Gesetz eine autonome Gegenkraft nicht zu2777. Beachtung zu finden hat in diesem Kontext jedoch die durch die B-VGNovelle 1993 geschaffene, in Art 11 Abs 6 B-VG normierte Bedarfskompetenz2778 für die Regelung von BürgerInnenbeteiligungsverfahren2779, die nicht zuletzt für die Mediation oder andere Formen der Öffentlichkeitsbeteiligung und vor allem für die Berücksichtigung der im Zuge solcher Verfahren erzielten Ergebnisse nutzbar gemacht werden könnte. Denn die Bestimmung ermächtigt den Bundesgesetzgeber nicht nur zur Regelung solcher, den erforderlichen Genehmigungsverfahren vorgelagerten Verfahren2780, sondern ua auch zur Normierung, bei welchen Vorhaben es zur BürgerInnenbeteiligung kommen soll, und inwieweit die Ergebnisse des und sonstige Formen der BürgerInnenbeteiligung außerhalb der Parteistellung im Verwaltungsverfahren (Karl Korinek, Das Petitionsrecht im demokratischen Rechtsstaat (1977) 31 f sowie 41; Oberndorfer, in: Holzinger et al (Hg), Verwaltungslehre2 90; Öhlinger, Verfassungsrecht8 Rz 899). Das Petitionsrecht, wonach es jeder physischen und juristischen Person – ohne Rechtsnachteile befürchten zu müssen (Walter et al, Bundesverfassungsrecht10 Rz 500, 1505) – zusteht, Anträge allgemeiner Art an die Organe der Gesetzgebung und Vollziehung zu stellen und die Erlassung bestimmter genereller Anordnungen oder die Abstellung bestimmter rechtlicher Zustände zu begehren (siehe VfSlg 4295/1962; 6441/1971), ist durch Formenfreiheit gekennzeichnet (Korinek, Petitionsrecht 33; Mantl, in: Ermacora et al (Hg), Verwaltungsrecht 502). Das Staatsorgan, an das sich die Petition richtet, ist jedoch lediglich zur Entgegennahme, nicht aber auch zur Behandlung derselben oder zur Stellungnahme verpflichtet (hiezu ua Korinek, Petitionsrecht 37; Ludwig K. Adamovich/Bernd-Christian Funk/Gerhart Holzinger, Österreichisches Staatsrecht. Grundrechte III (2003) Rz 42.177). 2777 Mayer, Bürgerbeteiligung 45. 2778 Allgemein zur Bedarfskompetenz bereits 3.II.B.6.b). 2779 BGBl 508/1993. Die Regelung fand im Zusammenhang mit der Schaffung des UVP-G, BGBl 697/1993, Eingang in die Rechtsordnung. Krit zur Instrumentalisierung des Verfassungsrechts für Anliegen des einfachen Bundesgesetzgebers Peter Bußjäger, Die Kompetenz des Bundes zur Regelung der „Umweltverträglichkeit“ und „Bürgerbeteiligung“, JBl 1995, 690. 2780 Vgl aber auch die mittlerweile ergangenen Regelungen für Großverfahren in §§ 44b bis 44c AVG, BGBl I 158/1998, die mit der öffentlichen Einsicht sowie der Erörterung Elemente der BürgerInnenbeteiligung enthalten.
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BürgerInnenbeteiligungsverfahrens bei der Erteilung der für die betroffenen Vorhaben erforderlichen Genehmigungen zu berücksichtigen sind. Mayer hält die gegenständliche Ermächtigung jedenfalls für weitgehend und erkennt darin keine Beschränkung der zu bestimmenden Vorhaben2781, wonach wohl auch Vorhaben, die der Landeskompetenz unterliegen, betroffen sind, sowie auch nicht hinsichtlich der Art und des Umfangs der „Berücksichtigung“ der Ergebnisse des BürgerInnenbeteiligungsverfahrens in den nachfolgenden Genehmigungsverfahren2782. Erstere Ansicht deckt sich weitgehend mit der von Bußjäger, wenn auch letzterer dahingehend differenziert, dass die Kompetenz „BürgerInnenbeteiligung“ in ihren Grundzügen auf das im UVP-G enthaltene Modell, das eine projektbezogene BürgerInnenbeteiligung vorsieht, beschränkt sei, und dass er im Hinblick auf die Berücksichtigung der Ergebnisse nur das Eingehen in der Bescheidbegründung auf die im Zuge des Verfahrens hervorgekommenen Gutachten und Stellungsnahmen der BürgerInnen umfasst sieht2783. 4. Gestaltungsmöglichkeiten bei materiell-rechtlicher Unbestimmtheit des behördlichen Verhaltens
Im Zuge der Auseinandersetzung mit dem Legalitätsprinzip wurde bereits festgehalten, dass das Verwaltungshandeln durch abstrakte Normen nicht bis ins letzte Detail gesetzlich determiniert sein muss und dass Ermessensspielräume, insoweit der Sinn der Ermessensübung ausdrücklich oder schlüssig im Gesetz grundgelegt ist, zulässig sind. Darüber hinaus ergibt sich aus der grundsätzlich vorgesehenen Verwendung von unbestimmten Gesetzesbegriffen im Rahmen der Auslegung und Anwendung derselben ein gewisser Handlungs- bzw Entscheidungsspielraum für das Vollzugsorgan2784. Nachdem in diesen Fällen die Bindung der Verwaltung an das Gesetz keine vollständige ist2785, stellt sich im gegenständlichen Zusammenhang sogleich die Frage, ob sich innerhalb des offen gebliebenen Bereichs partizipative Gestaltungsmöglichkeiten auftun könnten, die eine Teilhabe an der Er2781 Siehe AB 1142 BlgNR 18. GP. 2782 Mayer, B-VG4 73. 2783 Bußjäger, JBl 1995, 698; Schmelz, ecolex 1994, 724 f, qualifizierte die Ergebnisse eines BürgerInnenbeteiligungsverfahrens nach § 38 Abs 1 UVP-G idF BGBl 697/1993 als Beweismittel, die wie andere Beweismittel auch in den einzelnen Genehmigungsverfahren zu würdigen waren. Wie Schmelz auch Hauer, in: Bergthaler et al (Hg), Umweltverträglichkeitsprüfung 580 f, demzufolge keine Bindung an die Ergebnisse der BürgerInnenbeteiligung iSd UVP-G angeordnet sei und die Regeln der Beweiswürdigung nicht beseitigt werden. 2784 Hiezu 3.II.B.2. 2785 Siehe auch Kerschner et al, Umweltmediation 74.
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messensentscheidung oder am Auslegungsvorgang zulässig erscheinen lassen. Diese Überlegungen drängen sich schon allein deshalb auf, da es sich bei der Ermessenentscheidung, einem Willensakt der Behörde2786, letztlich um eine politische Entscheidung handelt, die auch nicht durch den VwGH ersetzt werden kann2787. Insoweit stellt sich – so schon Walter2788 – in diesem Bereich die Frage nach der Legitimität der administrativen Entscheidung und folglich auch jene nach der Einführung einer demokratischen Struktur. Für eine Demokratisierung dieses Bereichs bieten sich nach Meinung von Mayer zwei Ansätze an. Demnach könne einerseits eine Verstärkung der demokratischen Legitimation über eine Umgestaltung des Organisationsrechts erfolgen2789 und andererseits könne am Verfahren, das die Rechtserzeugung durch die zur Entscheidung berufenen Organe regle, angesetzt werden2790. Hier soll dem zweiten Ansatz von Mayer, genauer gesagt dem Instrument der Parteistellung, nachgegangen werden2791. Sehr schnell wird dabei deutlich, dass sich ihre Wirkungsmöglichkeit enden wollend darstellt. In Rede stehen hier vorrangig Anlagengenehmigungen iwS, die aufgrund eines Antrags der Konsenswerberin bzw des Konsenswerbers zu erteilen sind. Entspricht das Projekt dem Gesetz, hat die/der AntragstellerIn ein subjektives Recht darauf, dass ihr/sein Antrag auch genehmigt wird. Räumt dabei das Gesetz der Behörde einen Spielraum ein, hat die/der KonsenswerberIn einen Anspruch darauf, dass die Behörde diesen Freiraum iSd Gesetzes ausfüllt. Weiter reicht der durchsetzbare Anspruch aber nicht. Kurzum, die/der KonsenswerberIn kann ein bestimmtes behördliches Vorgehen anregen, sie/ er hat jedoch keinen Rechtsanspruch darauf, dass die Behörde eine bestimmte von ihr/ihm gewünschte Maßnahme setzt oder eine gesetzlich vorgesehene Maßnahme belastender Art unterlässt2792. Als Pendant stehen der/dem AntragstellerIn in einem regelmäßig als Mehrparteienverfahren zu führenden Anlagengenehmigungsverfahren die NachbarInnen, im UVP-G-Verfahren zudem gegebenenfalls eine Bürgerinitiative gegenüber. Ihnen allen kommt – insoweit ihre subjektiven Rechte von dem Vorhaben betroffen sind – ebenfalls Parteistellung zu. Damit gelten auch ihnen gegenüber alle Parteirechte wie insbesondere das Recht auf Akteneinsicht, auf Gehör, auf Teilnahme an der mündlichen Verhandlung, auf Bescheidzustellung und letztlich auf Ergreifung der zur Verfügung ste2786 Antoniolli/Koja, Verwaltungsrecht3 270. 2787 Statt vieler Antoniolli/Koja, Verwaltungsrecht3 274 f. 2788 Walter, in: VVDStRL 31, 157. 2789 Wiederum Walter, in: VVDStRL 31, 166 ff. 2790 Mayer, Bürgerbeteiligung 46 f. 2791 Umfassend Mayer, Bürgerbeteiligung 48 ff. 2792 Siehe bereits 3.III.B.2; weiters Antoniolli/Koja, Verwaltungsrecht3 275.
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henden Rechtsmittel als eingeräumt. Der Bürgerinitiative gem § 19 Abs 4 UVP-G kommt darüber hinaus das subjektive Recht zu2793, im ordentlichen UVP-Verfahren die Einhaltung von Umweltschutzvorschriften geltend zu machen2794. Die Parteien können somit insbesondere ihre Beiträge zur Sachverhaltsfeststellung leisten und auf die Gesetzmäßigkeit der Entscheidung hinwirken, womit sie weiters verhindern können, dass die/der KonsenswerberIn rechtswidrig begünstigt wird. All das ändert aber nichts an der Tatsache, dass sie in diesem Projektstadium nur noch bedingt Einfluss auf die planerische Ausgestaltung des Vorhabens haben, und schließlich, dass sie dessen Genehmigung, sofern freilich der Antrag ein rechtlich zulässiges Projekt beinhaltet, nicht verhindern können. Ebenso beschränkt sind ihre Gestaltungsmöglichkeiten in jenem Grenzbereich, in dem die Behörde tatsächlich frei ist. Wie gegenüber der/dem KonsenswerberIn wirkt die Freiheit der Behörde auch gegenüber NachbarInnen und Bürgerinitiativen, womit klar wird, dass die zuletzt Genannten behördliche Maßnahmen wie etwa die Beifügung von Auflagen nicht durchsetzen können. Lässt das Gesetz mehrere verschiedene administrative Entscheidungen zu, dann kann also im Regelfall niemand außer der Behörde eine davon auswählen. Den Parteien bleibt einzig die Möglichkeit im Zuge des Verfahrens auf ein entsprechendes Verhalten der Verwaltung hinzuwirken, es anzuregen. Die Behörde kann dazu aber nicht gezwungen werden. Somit ist eine Demokratisierung im Bereich legislativer Unbestimmtheit durch die Schaffung neuer Parteistellungen nicht bewerkstelligbar2795. Weiters weist Mayer in seinen Überlegungen zur Demokratisierung des Verwaltungsverfahrens zu Recht darauf hin, dass die Einräumung einer bloßen Parteistellung nicht ein Hineinwirken in die Rechtsansprüche der Antragstellerin bzw des Antragstellers ermöglichen kann. Daran ändert auch eine objektivrechtliche Kontrollfunktion, wie sie etwa der Bürgerinitiative gem § 19 Abs 4 UVP-G eingeräumt wird, nichts. Jedoch erscheint es nicht von vorneherein als denkunmöglich, mittels materiell-rechtlichen Bestimmungen besondere Gestaltungsmöglichkeiten zu schaffen. Im Hinblick auf das Gedankenmodell einer „BürgerInnenpartei“ führt Mayer ins Treffen, dass iS einer Weiterentwicklung des traditionellen Nachbarrechts daran gedacht werden könnte, die Zulässigkeit von bestimmten Maßnahmen – etwa die Errichtung einer Anlage – an die „Zustimmung“ einer solchen BürgerInnenpartei zu binden. Regle folglich der Gesetzgeber 2793 Vgl Madner, in: Holoubek/Potacs (Hg), Handbuch I2 882; Schnedl, Umweltrecht 116 sowie 143. 2794 Siehe hiezu auch VfSlg 17389/2004, worin der Gerichtshof die Einrichtung der „Bürgerinitiative“ als verfassungsrechtlich unbedenklich einstuft. 2795 Mayer, Bürgerbeteiligung 65.
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die Voraussetzungen, unter denen eine Genehmigung erteilt werden darf, insoweit nicht vollständig, indem er deren Zulässigkeit an einen positiven Willensakt einer anderen Stelle – einer BürgerInnenpartei – binde, habe der Gesetzgeber eine unbestimmte Regelung geschaffen, deren nähere inhaltliche Ausgestaltung nicht der Behörde, sondern eben der BürgerInnenpartei übertragen sei. Derartige Zustimmungsbefugnisse würden dann ihre demokratietheoretische Rechtfertigung finden, wenn die BürgerInnenpartei eine entsprechende demokratische Legitimation aufweise. In einem solchen Fall könnte man argumentieren, so Mayer weiter, dass die Unbestimmtheit des demokratischen Gesetzes durch einen weiteren, ebenfalls demokratischen Akt ausgefüllt werde2796. Mayer gelangt aber schlussendlich zu einem negativen Befund. Es sei seiner Meinung nach in der Abgrenzung von öffentlichen und privaten Interessen das entscheidende Kriterium für die Zulässigkeit der Bindung von subjektiv öffentlichen Rechten einer/eines Rechtsunterworfenen an die Zustimmung einer/eines anderen Rechtsunterworfenen zu sehen. Dabei gelte es zu erkennen, dass ein Gesetz, welches das Erfordernis einer solchen Zustimmung vorsehe, eine Regelungsbefugnis delegiere. Verfassungsrechtlich sei eine solche Delegation aber nur zulässig, wenn es sich dabei um private Interessen handle, wie es beispielsweise bei der Zustimmung der Nachbarin bzw des Nachbarn hinsichtlich der Unterschreitung des Abstands eines Bauwerks von der eigenen Grundstücksgrenze der Fall sei2797. Anderes gelte jedoch für öffentliche, von der Verwaltung zu wahrende Interessen wie etwa der Schutz vor gesundheitlichen Beeinträchtigungen durch Emissionen. Hier habe Heteronomie, verstanden als Bindung an das durch strikte Vorherbestimmung charakterisierte, demokratisch erzeugte Gesetz, zu herrschen. Lasse der Gesetzgeber in diesem Bereich die Grenzen der Bindung offen, indem er wesentliche Willensentscheidungen nicht selbst trifft, sondern an Rechtsunterworfene als TrägerInnen des von ihm zu wahrenden öffentlichen Interesses delegiere, dann übertrage er heteronome Normsetzungsbefugnisse. Nur die privaten Interessen seien aber der Willensmacht Privater zugänglich, wohingegen das Interesse der Allgemeinheit, das keine/n individualisierbare/n Rechtsunterworfene/n als TrägerIn habe, der Normsetzungsbefugnis des repräsentativ-demokratischen Gesetzgebers unterliege2798. Für die Überlegungen hinsichtlich einer Verquickung von Mediation und administrativen Entscheidungen sind die vorangestellten Aussagen von großer Relevanz. Es steht hier die Frage zur Diskussion, ob durch die Ge2796 Mayer, Bürgerbeteiligung 50. 2797 Siehe auch 3.IV.B.1.c). 2798 Mayer, Bürgerbeteiligung 52 ff.
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staltung materiell-rechtlicher Bestimmungen die Ergebnisse eines Mediationsverfahrens über die privatrechtliche Ebene hinaus auch öffentlich-rechtliche Wirkungen dergestalt entfalten können, dass die Behörde an einen erzielten Konsens gebunden wird. Als ein Anknüpfungspunkt für weitere Ausführungen soll die mediationsrelevante Bestimmung des § 16 Abs 2 UVP-G dienen. Demnach „können“ der Behörde im Zuge eines UVP-pflichtigen Verfahrens die Ergebnisse eines extern abgeführten Mediationsverfahrens übermittelt und von dieser im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten im weiteren Genehmigungsverfahren und in der Entscheidung berücksichtigt werden. Damit ist zumindest einmal klargestellt, dass die Behörde solche Vereinbarungen berücksichtigen darf. Ob hiemit aber ein „pflichtgemäßes Ermessen“ iS einer Verpflichtung der Behörde bei mehreren gleichartigen Lösungsmöglichkeiten jene zu wählen, die mit der Mediationsvereinbarung übereinstimmt, wie es Kerschner andeutet2799, gemeint ist, geht aus dem bloßen Gesetzestext nicht hervor2800. Den EB des Initiativantrags2801 lässt sich jedenfalls entnehmen, dass die Bestimmung des § 16 Abs 2 UVP-G „dieses Instrument der alternativen Konfliktlösung auch im Umweltbereich besser bekanntmachen“ soll. Darüber hinaus können die Mediationsergebnisse „im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten (insbesondere der Genehmigungstatbestände nach § 17) bei der Entscheidung berücksichtigt werden. Dabei handelt es sich jedoch nicht um ein ‚außer Streit stellen‘, wie dies im Rahmen eines Zivilprozesses möglich ist, die materielle Ermittlungspflicht der Behörde wird dadurch nicht eingeschränkt“. Nicht unerwähnt darf im Hinblick auf die Gesetzesgenese außerdem zweierlei bleiben. Zum einen ordnete – wie oben ausgeführt – bereits die Grundfassung des UVP-G die Berücksichtigung der Ergebnisse der BürgerInnenbeteiligung durch die Behörden an (§ 38 Abs 1 leg cit idF BGBl 697/1993). Der Gesetzgeber bediente sich dabei aber der Diktion „haben zu berücksichtigen“. Daraus leitete wiederum die Lehre ab, dass es sich bei den Ergebnissen der BürgerInnenbeteiligungsverfahren um Beweismittel handelte, die wie andere Beweismittel auch in den einzelnen Genehmigungsverfahren zu würdigen waren. Eine Bindung an die Ergebnisse war nicht angeordnet2802. Und zum anderen sah der, jedoch wieder zurückgestellte, Ministerialentwurf für ein völlig überarbeitetes UVP-G2803 2799 Kerschner, in: Ferz/Pichler (Hg), Mediation 59; ebenso Kerschner et al, Umweltmediation 47. 2800 Nach Schmelz/Schwarzer, UVP-G § 16 Rz 26, habe sich die Behörde „im Rahmen ihrer Beurteilungsspielräume insb bei der Vorschreibung von Nebenbestimmungen tunlichst“ an den Mediationsergebnissen zu „orientieren“. 2801 168/A NR 21. GP, BT zu § 16 Abs 2. 2802 Siehe 3.III.B.3. 2803 BMUJF GZ 11 4751/14-I/1/99 = 386/ME NR 20. GP, § 14 Abs 2.
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vor, dass die Mediationsergebnisse der Behörde zu übermitteln und von dieser im weiteren Genehmigungsverfahren sowie in ihrer Entscheidung zu berücksichtigen „sind“2804. Warum der Gesetzgeber letzten Endes von der verpflichtenden Formulierung Abstand genommen hat, geht aus den EB nicht hervor. Jedoch lässt sich einigen Stellungnahmen zum ME entnehmen, dass zum Gegenstand der Mediation zumindest weiterer Aufklärungs- und/ oder Konkretisierungsbedarf geherrscht hat2805, was letztlich wohl dazu geführt hat, dass der Gesetzgeber die „weichere“, die Behörde nicht bindende Regelungsvariante gewählt hat. Angesichts der Entstehungsgeschichte und dabei insbesondere im Hinblick auf den Umstand, dass es sich um einen ersten legistischen Anerkennungsschritt der (privaten) Mediation im Umweltbereich handelt, ist also anzunehmen, dass der Gesetzgeber ganz bewusst eine Bestimmung schaffen wollte, welche die Behörde zwar dazu ermächtigt nicht aber zugleich verpflichtet, Aushandlungsergebnisse resultierend aus einem (neuartigen) externen, „privaten“ Verfahren in die Entscheidungsfindung einzubeziehen und dort, wo das Gesetz Handlungsspielräume (arg „im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten“)2806, also Ermessen zulässt oder es sich unbestimmter Gesetzesbegriffe bedient, insofern zu berücksichtigen, als sie den privaten Konsens, der iSd Gesetzes ist, gegenüber den anderen gleichartigen Lösungsmöglichkeiten vor- bzw ihn als sachliches Abwägungskriterium bei der Auslegung von unbestimmten Gesetzesbegriffen heranzieht2807. Dieses Interpretationsergebnis ist für sich genommen zweifelsohne nicht spektakulär, noch dazu wenn man mit Kerschner davon ausgeht, dass unter den Voraussetzungen einer zulässigen Ermessensentscheidung die Behörde grundsätzlich bereits de lege lata den privaten Konsens berücksichtigen kann2808. Jedoch soll aufbauend auf den darin – wie eben angemerkt – ersten Ansatz für die Berücksichtigung eines in einem Mediationsprozess erzielten Konsenses die Möglichkeit der Einbeziehung einer Parteienvereinbarung in die behördliche Entscheidungsfindung soweit verdichtet werden, dass zur Stärkung des Instruments der Mediation im öffentlichen Bereich de lege ferenda der Mediationskonsens bei einer Ermessensentscheidung oder Auslegung unbestimmter Gesetzesbegriffe berücksichtigt werden „muss“, wenn er iSd Gesetzes ist. Damit würde aber freilich eine Bindung der Behörde angestrebt werden, die über den Umfang hinausreicht, der regelmäßig mit 2804 Siehe bereits Ferz, ZfV 2002, 319 ff. 2805 Etwa 3/SN-386/ME, 9/SN-386/ME, 14/SN-386/ME, 15/SE-386/ME. 2806 Vgl Kerschner, in: Ferz/Pichler (Hg), Mediation 59. 2807 Vgl auch Schwaighofer, bbl 2005, 112, der aus § 16 Abs 2 UVP-G ableitet, „dass diese ‚Ergebnisse‘ als Abwägungsgrundlagen als außergesetzliche Rahmenbedingungen in die Beurteilung einfließen dürfen“. 2808 Kerschner, in: Ferz/Pichler (Hg), Mediation 62 ff.
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der Formulierung der „Berücksichtigung“ der Ergebnisse in den nachfolgenden Genehmigungsverfahren erfasst ist2809. Ziel wäre es nämlich nicht, wie es schon § 38 Abs 1 UVP-G idF 697/1993 und nunmehr mit Abstrichen § 24h Abs 3 UVP-G vorsieht, „bloß“ eine Verpflichtung zu schaffen, dass die Behörde das sachliche Mediationsergebnis in der Beweiswürdigung sowie in der Bescheidbegründung zu berücksichtigen hat, sondern vielmehr dass sie bei Vorliegen der Voraussetzungen (Vorliegen von mehr als einer Auslegungsmöglichkeit, iSd Gesetzes) zwingend nach dieser zu entscheiden hat. Die Annahme allein, dass es dann, wenn es verfassungsrechtlich zulässig ist, der Behörde „freies“ Ermessen „im Sinne des Gesetzes“ einzuräumen, es wohl dem einfachen Gesetzgeber auch anzuordnen möglich sein müsse, zwingend bei Vorliegen einer Mediationsvereinbarung nach dieser zu entscheiden, wenn diese iS einer der gleichwertigen Alternativen sei, reicht als Begründung für deren Zulässigkeit aber nicht aus2810. Die erste Schwierigkeit, die sich einer solchen Überlegung in den Weg stellt, ist jene, dass die Behörde an einen Willensakt von Privaten gebunden werden würde, der in dieser Generalität über die bloß privaten Interessen und damit über die Willensmacht einzelner Privater hinausreicht. Hiefür ist an die schon zuvor gestellte Frage anzuknüpfen, ob sich nicht innerhalb des offen gebliebenen Entscheidungsbereichs partizipative Gestaltungsmöglichkeiten auftun könnten, die eine über die Parteistellung hinausreichende Teilhabe an der Ermessensentscheidung oder am Auslegungsvorgang zulässig erscheinen lassen. Aufgrund der Tatsache, dass für die Behörde in diesen Fällen nur eine Bindung an einen mehr oder weniger weiten Rahmen besteht2811, stellt sich in diesen Bereichen die demokratische Legitimation verwaltungsbehördlicher Akte als verdünnt heraus. Soll jedoch das Ausfüllen dieser zulässigen Freiräume „demokratisch legitimer“ gestaltet werden, dann ist dies über den individuellen Rechtsschutz in der herkömmlichen Form der Parteistellung nur bedingt bewerkstelligbar. Ein Ansatz könnte zwar im Organisationsrecht gefunden werden, indem über diesen Weg demokratisch Legitimierte an der Willensbildung der Behörde beteiligt werden2812, doch spreche dagegen – so Walter –, dass es in der Regel unmöglich sei, beim Treffen der Verwaltungsentscheidung zwischen der Rechtsanwendung einerseits und der Ermessensübung andererseits eine Trennung derge2809 Siehe 3.III.B.3. 2810 So zumindest Kerschner, in: Ferz/Pichler (Hg), Mediation 64. 2811 Siehe hiezu auch Schwaighofer, bbl 2005, 109 ff, welcher ob der zum Großteil nicht vorhandenen oder aber mitunter sehr bescheidenen Entscheidungsspielräume die Bedeutung der unbestimmten Gesetzesbegriffe sowie des Ermessens für die Mediation als gering und die von Teilen der Lit vermittelten Partizipationshoffnungen als übersteigert einstuft. 2812 Mayer, Bürgerbeteiligung 65.
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stalt vorzunehmen, dass die beiden Aufgaben von verschiedenen Organen vorgenommen werden. Letztlich kann es aber gerade im Hinblick auf die Mediation nicht Ziel sein, eine Konstruktion zu finden, mit der ein demokratisch legitimiertes Organ geschaffen wird, das zudem der effektiven Leitungs- und Steuerungsfunktion eines obersten Organs zu unterliegen hat2813. Hingegen soll noch einmal auf die Funktion des Verfahrens und zwar in jenen Bereichen der Verwaltung, die von abgeschwächten Bestimmtheitserfordernissen gekennzeichnet sind, zurückgekommen werden2814. In diesen hält der VfGH ein geringeres Maß an gesetzlicher Vorherbestimmung aus Sicht des Legalitätsprinzips jedenfalls dann für unbedenklich, wenn die Unbestimmtheit durch das Bestehen verhältnismäßig detaillierter Verfahrensvorschriften aufgewogen wird2815. Dem Verfahren wird somit eine legitimatorische Kraft zugestanden, indem im Wege des Diskurses, also durch Partizipation der Entscheidungsbetroffenen und durch die Einbindung von Sachverständigen sowie durch die Ausweitung der Kontrollbefugnisse, die Entscheidungsrichtigkeit herbeigeführt wird2816. Umgelegt auf die Ermessenentscheidung könnte nun argumentiert werden, dass mit dem Mediationsprozess ein diskursives Verfahren bzw ein solcher Verfahrensteil vorgegeben wäre, mit dem die Entscheidungsrichtigkeit herbeigeführt und die Legitimität der administrativen Entscheidung hergestellt werden könnte. Soweit darüber hinaus gewährleistet wäre, dass die Behörde eine solche Vereinbarung nach allen Seiten hin zu überprüfen und diese nur in jenen Fällen, in denen nach Beachtung aller gesetzlichen Vorgaben eine tatsächlich gleichwertige Alternative iSd Gesetzes vorliegt, zu übernehmen hätte, erscheint auch aus rechtsstaatlichen Erwägungen nichts gegen eine Bindung an den Konsens zu sprechen. Fraglich ist freilich, ob allein der Umstand des Vorliegens einer Mediationsvereinbarung jene die Behörde bindende Wirkung auslösen können dürfte oder, ob aus Gründen des Rechtsschutzes nicht weitere verfahrensrechtliche Voraussetzungen zu erfüllen wären. So ist zB ein Grundsatz der Mediation die Freiwilligkeit. Es ist demnach niemand gegen seinen Willen an einem solchen Verfahren zu beteiligen. Zudem besteht aber auch kein Zwang, die erarbeiteten Ergebnisse mitzutragen. Dies könnte dazu führen, dass die Mediationsvereinbarung lediglich den Willen von Teilen der Parteien abbildet und dadurch eine Konstellation geschaffen werden würde, die 2813 Auch die als „Bürgerinitiative“ bezeichnete Personengruppe gem § 19 Abs 4 UVP-G ist kein staatliches Organ, das gesetzlich übertragene, im öffentlichen Interesse gelegene Staatsaufgaben wahrzunehmen hat; so VfSlg 17389/2004. 2814 Siehe oben 3.II.B.2 sowie 3.III.A.11. 2815 Vgl VfSlg 12687/1991; bestätigt VfGH 26.2.2009, V 69/07 ua. 2816 Adamovich et al, Staatsrecht I2 Rz 14.008.
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nicht nur eine Bindung der Behörde an das Aushandlungsergebnis bewirken könnte, sondern auch gegenüber unbeteiligten Parteien schlagend werden würde. Eine derartige Regelung könnte aber insbesondere infolge der allgemeinen Unzulässigkeit von Vertragsverhältnissen zulasten unbeteiligter Dritter keinen Bestand haben, sodass bereits die Mediationsvereinbarung, die den Rechtspositionen nicht beteiligter Dritter zuwiderliefe, unzulässig (nichtig) sein müsste2817. Selbst der Versuch, eine solche Vereinbarung als Vertrag zugunsten Dritter zu qualifizieren, muss hier wohl scheitern. Insoweit würde also eine solche Vereinbarung aber auch keine bindende Wirkung gegenüber der Behörde entfalten, was aber letztlich nicht verhindert, dass die Behörde das ausgehandelte Ergebnis einer „Teilgruppierung“ nicht doch von sich aus ihren Überlegungen zugrunde legt und – sofern zulässig – berücksichtigt. 5. Der Vertrag als Gestaltungs- und Steuerungsmittel
Eine jede Mediation ist darauf ausgerichtet, einen bestehenden Konflikt aufzuarbeiten und gemeinschaftlich Regelungen für die Zukunft zu treffen. In welche Form die Ergebnisse zu bringen sind, hängt vom Willen der Beteiligten genauso ab wie vom zu bearbeitenden Sachgebiet. Auch wenn im Zusammenhang mit Konflikten im öffentlichen Bereich der Konsens oftmals auf Empfehlungen basiert, die an politische EntscheidungsträgerInnen adressiert sind, darf nicht voreilig angenommen werden, dass es am Wunsch nach Verbindlichkeit mangelt. Vielmehr ist es für den Stellenwert eines Mediationsverfahrens und vor allem für die Motivation zur Kooperation bei den Beteiligten vielfach entscheidend, dass die Verhandlungsergebnisse abschließend mit Hilfe rechtlicher Instrumentarien abgesichert werden2818. Ein geeignetes Instrument, um den Verhandlungsergebnissen einen verbindlichen Charakter zu geben, stellt zweifelsohne der Vertrag dar. Angesichts der bisher in Österreich beobachtbaren Erfahrungen ist anzunehmen, dass es sich hiebei ausschließlich um zwischen ProjektwerberInnen und den behördenunabhängigen Betroffenen im Rahmen der Selbstbestimmung abgeschlossene privatrechtliche Verträge handelt. Dabei ist – grob skizziert – davon auszugehen, dass iSd Grundsatzes der Privatautonomie als Vertragsinhalt alles erlaubt ist, was weder gesetzlich noch sittlich verboten ist. Es können so zB der Projektantrag konkretisiert, die Bereitschaft einer Projektwerberin bzw eines Projektwerbers zur Verwendung bestimmter besonders umweltschonender Technologien dokumentiert, zusätzliche Maßnahmen im Bereich von Infrastrukturprojekten oder Emissionsvermeidungs2817 Vgl Kerschner et al, Umweltmediation 161 f. 2818 Siehe 1.I.B.5.
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maßnahmen vorgesehen sowie künftige Informations- und Besichtigungsrechte von Betroffenen eingeräumt werden2819. Außen vor bleibt bei derartigen Konstruktionen die Verwaltung. Dies verwundert auf den ersten Blick auch nicht weiter, lassen sich doch Konstellationen, in denen die hoheitlich agierende Behörde als gleichberechtigte Partnerin in Aushandlungsprozessen auftritt, nur schwer mit den verfassungsrechtlichen Gegebenheiten vereinbaren. Nichtsdestotrotz könnte jedoch eine Möglichkeit darin bestehen, an die kooperative Handlungsform des verwaltungsrechtlichen Vertrags anzuknüpfen. Auch jene Verträge privatrechtlichen Charakters zwischen Privaten und der Verwaltung, deren Einsatz etwa im Raumordnungs- und Naturschutzrecht als zusätzliche Steuerungsmittel forciert wird, dürfen als mögliche Instrumentarien mit Integrativfunktion zwischen informellem Verwaltungshandeln, privatrechtlichem Vertrag und heteronomer Erledigung nicht außer Acht gelassen werden. Schließlich ist zu berücksichtigen, dass die zwischen MediationsteilnehmerInnen geschlossenen zivilrechtlichen Verträge einerseits und die öffentlich-rechtlichen Entscheidungen andererseits grundsätzlich unabhängig voneinander bestehen und ein unmittelbarer Wirkungsaustausch vordergründig nicht stattfindet. Wohl aber kennt das Verwaltungs(verfahrens) recht durchaus Parteienvereinbarungen mit öffentlich-rechtlichem Charakter, die auch für die Behörde bindende Wirkungen entfalten können. Zu denken ist dabei insbesondere an die Übereinkommen mit „friedensstiftender Funktion“2820 nach dem WRG. a) Der verwaltungsrechtliche Vertrag
Wenn hier von verwaltungsrechtlichen Verträgen die Rede ist, dann sind damit in Anlehnung an Raschauer2821 zwei Arten von Vereinbarungen auf den Gebieten des öffentlichen Rechts gemeint. Zum einen sind es Verträge subordinationsrechtlichen Charakters, also Vereinbarungen zwischen dem Staat und Privatpersonen über einen Gegenstand der Hoheitsverwaltung, zum anderen verwaltungsrechtliche Verträge zwischen Privaten2822. Eigen 2819 Siehe Ferz, ZfV 2002, 324 f. 2820 Raschauer, WRG § 111 Rz 11. 2821 Raschauer, Verwaltungsrecht3 Rz 1217 ff. 2822 Koordinationsrechtliche Vereinbarungen stehen nicht im Fokus dieser Untersuchung. Zur Unterscheidung dieser zwischen gleichberechtigten PartnerInnen, insbesondere zwischen TrägerInnen der öffentlichen Verwaltung, abgeschlossenen Vereinbarungen siehe ua Harald Eberhard, Der verwaltungsrechtliche Vertrag – Kritische Überlegungen zu einem rechtlichen Phänomen, JAP 2002/2003, 207; ders, Vertrag 20 ff; Harald Stolzlechner/Andreas Wimmer, Rechtsstaatsprinzip und verwaltungsrechtlicher Vertrag, in: Armin Bammer et al (Hg),
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ist beiden Vertragskategorien, dass sie auf nicht hierarchischer Ebene durch übereinstimmende Willenserklärungen zustande kommen und folglich der vereinbarte, einer vertraglichen Regelung zugängliche Inhalt (Entstehung und Beendigung von Rechten und Pflichten) entgegen den heteronom gestalteten Verwaltungsakten nur mit Zustimmung aller Vertragsparteien in Geltung treten kann. b) Verträge subordinationsrechtlichen Charakters
Die Besonderheit der subordinationsrechtlichen bzw verwaltungsrechtlichen Verträge – um sogleich bei der zuerst angeführten Kategorie zu verbleiben – ist bereits darin zu ersehen, dass die Bundesverfassung sie nicht ausdrücklich vorsieht2823, sie also nicht im verfassungsrechtlichen Rechtsquellensystem aufscheinen2824. Schon allein deshalb erweist sich ihre Einordnung in Österreich als schwierig2825. Folglich verwundert es auch nicht, dass die Diskussion darüber kontroversiell geführt wird2826. Ein Blick auf Rechtschutz gestern – heute – morgen. FS Rudolf Machacek und Franz M atscher zum 80. Geburtstag (2008) 444; Adamovich et al, Staatsrecht IV Rz 50.070 und 51.026. 2823 Werner Doralt, Der verwaltungsrechtliche Vertrag, in: Felix Ermacora et al (Hg), Allgemeines Verwaltungsrecht (1979) 207 ff; Gerhart Wielinger, Was bringt der verwaltungsrechtliche Vertrag? Bemerkungen zu zwei höchstgerichtlichen Erkenntnissen, ZfV 1983, 14; Hengstschläger, in: VVDStRL 52, 299 f. 2824 Antoniolli/Koja, Verwaltungsrecht3 538 f; Kleewein, Vertragsraumordnung 61; siehe auch Grabenwarter/Holoubek, Verfassungsrecht Rz 980. 2825 Demgegenüber wird in Deutschland der verwaltungsrechtliche Vertrag mittlerweile als ein notwendiges und legitimes Regelungsinstrument der Verwaltung angesehen. Den entscheidenden Schub in diese Richtung erhielt er zweifelsohne durch den Erlass des VwVfG, das 1977 in Kraft getreten ist und nunmehr den Vertrag gleichwertig neben dem Verwaltungsakt in Erscheinung treten lässt (§§ 9, 54 ff leg cit); hier nur Maurer, Verwaltungsrecht16 § 14 Rz 21 ff. 2826 Überblicksmäßig zur ablehnenden Haltung der älteren Lehre Theo Öhlinger, Das Problem des verwaltungsrechtlichen Vertrages. Ein Baustein eines Allgemeinen Verwaltungsrechts des leistenden und planenden Staates (1974) 42. Stellvertretend für die Meinungsunterschiede Heinz Mayer, Der öffentlich-rechtliche Vertrag im österreichischen Abgabenrecht, JBl 1976, 636 f, der für den verwaltungsrechtlichen Vertrag konstatiert, dass dieser als solcher in der österreichischen Verfassungsrechtsordnung grundsätzlich unzulässig sei, da ihn letztere nicht vorsehe. Mayer selbst gelangt übrigens zum Ergebnis, dass die Vereinbarungen im abgabenrechtlichen Kontext als antragsbedürftige Bescheide zu qualifizieren seien. Gegen diese Ansicht wendet sich wiederum Bernd-Christian Funk, Der Verwaltungsakt im österreichischen Rechtssystem (1978) 71, der es bereits zu diesem Zeitpunkt als gesichert ansieht, dass es den subordinationsrechtlichen Vertrag als selbständiges Institut des einfachgesetzlichen Rechts in Österreich gebe.
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die Verwaltungspraxis offenbart jedoch, dass es sich hiebei nicht bloß um ein Phantom des allgemeinen Verwaltungsrechts handelt. Vielmehr lassen sich solche Verträge – wenn auch in einer überschaubaren Anzahl – vor allem im Abgabenrecht sowie auch im Universitätsrecht in Form der sog Leistungsvereinbarung finden2827. Angesichts des uneinheitlichen Meinungsstands wurde daher das richtungsweisende Erkenntnis2828 des VfGH „dankbar“ auf- und angenommen. Der Gerichtshof erachtet darin solche Vereinbarungen dann für verfassungsrechtlich zulässig bzw dem Legalitäts- sowie dem Rechtsstaatsprinzip nicht widersprechend2829, wenn erstens der von der gesetzlichen Ermächtigung zum Abschluss von Vereinbarungen eingeräumte Entscheidungsspielraum der Behörde im Hinblick auf seinen Umfang2830 und seine hinreichende Bestimmtheit mit Art 18 B-VG in Einklang stehe und zweitens die Behörde in die Lage versetzt sei, im „Streitfall“ in Bescheidform entscheiden zu können2831. Übrigens bestätigte der VfGH seine Entscheidung in dem Erkenntnis betreffend die Ausgestaltung der als „öffentlich-rechtlicher Vertrag“ bezeichneten Leistungsvereinbarung zwischen Universität und dem Bund im UG 2002 dahingehend, dass er Teile des § 13 UG 2002 aufgrund des Widerspruchs zum verfassungsrechtlichem Rechtsschutzsystems (konkret wegen des fehlenden mittelbaren bescheidförmigen Rechtsschutzes) als verfassungswidrig aufhob2832. 2827 So in § 13 Abs 1 UG 2002, BGBl I 120/2002 idF BGBl I 52/2012. Siehe etwa Adamovich et al, Staatsrecht IV Rz 50.074. 2828 VfSlg 9226/1981 (betreffend das Abgabenrecht, in concreto das Wr. Vergnügungssteuergesetz). 2829 AA nach wie vor Walter et al, Bundesverfassungsrecht10 Rz 589. 2830 Im vorliegenden Fall handelt es sich um die Auslegung der konkret anzuwendenden Gesetzesbestimmung (§ 6 Abs 7 Wr VergnügungssteuerG 1963; nunmehr § 18 Wr VGSG, Wr LGBl 56/2005 idF Wr LGBl 19/2011), die – laut VfGH (siehe auch schon VwSlg 2413 F/1961) – nicht so verstanden werden dürfe, dass über die Anwendung und Nichtanwendung gesetzlicher Bestimmungen, in denen Steuertatbestände festgelegt seien, eine Vereinbarung zwischen Behörde und Abgabenpflichtigen getroffen werden könnte. Zulässig seien lediglich Vereinbarungen über vereinfachte Verrechnungsmodalitäten zwecks Ermittlung der Höhe der Abgabe, allenfalls zwecks einer Pauschalierung. 2831 In diese Richtung zuvor schon Funk, Verwaltungsakt 72; ders, Verwaltungshandeln und Verwaltungsakt, in: Felix Ermacora et al (Hg), Allgemeines Verwaltungsrecht (1979) 172 und Puck, in: Ermacora et al (Hg), Verwaltungsrecht 296 f; siehe weiters auch Öhlinger, Problem 32 ff; Antoniolli/Koja, Verwaltungsrecht3 537 ff; Stolzlechner/Wimmer, in: Bammer et al (Hg), FS Machacek/Matscher 453; Adamovich et al, Staatsrecht IV Rz 50.072. 2832 VfSlg 17101/2004. Hiezu ausführlich Eberhard, Vertrag 417 ff, und Huber et al, zfhr 2005, 1 ff; siehe weiters Novak, JBl 2007, 224.
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Unter dem Eindruck des Rechtsschutzaspekts erscheint diese „ExitStrategie“2833 zweifelsohne nachvollziehbar. Ohne die Möglichkeit des Umwegs über die bescheidmäßige Erledigung wäre nämlich den Parteien der Rechtsschutz versagt, da zur Entscheidung über Ansprüche aus dem Vertrag weder die ordentlichen Gerichte noch die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts zuständig wären2834. Folglich würde das bundesverfassungsrechtlich vorgezeichnete Rechtsschutzsystem schlicht leer laufen2835. Damit ist aber zugleich – folgt man der (nicht nur älteren) Lehre – angedeutet, dass der Vertrag insoweit eine „akzessorische“ Handlungsform2836 bzw „unselbständige“ Rechtsquelle2837 darstellt, indem er einen allenfalls zu ergehenden Bescheid nicht ersetzen kann, sondern diesem lediglich (zeitlich) vorangeht, bis nicht die Behörde von Amts wegen oder die Partei durch einen Antrag die verbindliche Klärung der Rechtslage eben durch Bescheid erwirkt2838. Auch scheint klargestellt, dass der verwaltungsrechtliche Vertrag keine Bescheidqualität iSd Sechsten Hauptstücks des B-VG hat2839. aa) Zur gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage
In der Judikatur des VwGH sowie des OGH und auch im Schrifttum hat sich nicht zuletzt aufgrund des einschlägigen Erkenntnisses des VfGH2840 die Annahme durchgesetzt, dass das Erfordernis der expliziten gesetzlichen 2833 Eberhard, Vertrag 456. 2834 Raschauer, Verwaltungsrecht3 Rz 1218; Kleewein, Vertragsraumordnung 62 f. Die in diesem Zusammenhang übrigens angedachte Möglichkeit, die Kausalgerichtsbarkeit durch den VfGH (Art 137 B-VG) nutzbar zu machen, ist umstritten. Zum einen wird vorgebracht, dass es hiebei zu keiner inhaltlichen Prüfung des Vertrags komme, sondern (expressis verbis) lediglich ein Absprechen über vermögensrechtliche Ansprüche aus diesem Vertrag möglich sei. Zum anderen wird zu bedenken gegeben, dass lediglich die nichtstaatlichen VertragspartnerInnen aktivlegitimiert seien, was nicht zuletzt zu einer Ungleichbehandlung führe. So schon Puck, in: Ermacora et al (Hg), Verwaltungsrecht 296; Eberhard, JAP 2002/2003, 211; Stolzlechner/Wimmer, in: Bammer et al (Hg), FS Machacek/ Matscher 449. 2835 Siehe Stolzlechner/Wimmer, in: Bammer et al (Hg), FS Machacek/Matscher 448. 2836 Öhlinger, in: VVDStRL 45, 186. 2837 Raschauer, Verwaltungsrecht3 Rz 1220; ihm folgend Kerschner et al, Umweltmediation 99. 2838 Josef Aichlreiter, Wohin entwickelt sich das Legalitätsprinzip? Eine Köpenickiade der Hoheitsverwaltung?, in: Heinz Schäffer et al (Hg), Staat – Verfassung – Verwaltung. FS Friedrich Koja zum 65. Geburtstag (1998) 512; Eberhard, Vertrag 102 ff. 2839 Hengstschläger, in: VVDStRL 52, 306 ff; Stolzlechner/Wimmer, in: Bammer et al (Hg), FS Machacek/Matscher 449. 2840 VfSlg 9226/1981.
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Ermächtigung ein Zulässigkeitskriterium für den Abschluss von verwaltungsrechtlichen Verträgen darstellt2841. Mangle es an einer solchen Ermächtigung, sei folglich der Vertrag mit Nichtigkeit bedroht2842. Allein der VfGH hat sich dazu in dieser Klarheit und Grundsätzlichkeit nicht geäußert2843. Dieser Umstand wird ua in der Literatur zum Abgabenrecht zum Anlass genommen, Ansätze zu entwickeln, die über den bisherigen Stand der Überlegungen hinausreichen2844. So seien etwa nach Ehrke Vereinbarungen, die ohne Vorliegen einer expliziten gesetzlichen Ermächtigung getroffen werden, insoweit zulässig, als sich der Inhalt der Vereinbarung im Rahmen der durch die (Abgaben-)Rechtsordnung gezogenen Grenzen bewege. Ehrke stellt dabei zum einen darauf ab, dass sich das Legalitätsprinzip insbesondere auf den Inhalt des verwaltungsbehördlichen Handelns bezieht, das seinerseits in engem Kontext mit dem diesbezüglichen rechtsformgebundenen Rechtsschutz steht. Wenn nun im gegebenen Fall der Rechtsschutz gewährleistet sei, dann müsse folglich jedes Mittel des Verwaltungshandelns zulässig sein, solange es sich nur im Rahmen des Gesetzes bewege, also gerade nicht gegen die Postulate des Legalitätsprinzips verstoße. Die Wahl des Mittels könnte demnach nur unter verwaltungsökonomischen Gesichtspunkten unzulässig sein. Zum anderen müsse sich die Zulässigkeit eines konsensualen Zusammenwirkens zwischen Verwaltung und Privatem implizit aus dem Gesetz ergeben. Überall dort, wo das Gesetz ein solches Zusammenwirken vorsehe, ohne zugleich ausdrücklich die Bescheidform vorzuschreiben, müsse aus verfassungsrechtlicher Sicht der Abschluss eines Vertrags, insoweit sich dessen Inhalt wiederum auf ein Gesetz zurückführen ließe, denkbar sein2845. Einschränkungen erfahre die Zulässigkeit verwaltungsrechtlicher Verträge, die auf keine explizite gesetzliche Ermächtigung zurückzuführen sind, hingegen auf einfachgesetzlicher Ebene. So sei § 4 BAO in der Weise zu verstehen, dass zwar Vereinbarungen über das Bestehen der gesetzlichen Steuerpflicht nicht zulässig seien, wohl aber könne der Zeitpunkt einer Abgabenschuld bzw eines Abgabenanspruchs sowie die Modalitäten 2841 VwGH 26.4.1999, 95/17/0119; SZ 64/92; aus dem Schrifttum Hengstschläger, in: VVDStRL 52, 300 f; Antoniolli/Koja, Verwaltungsrecht3 537; Peter Rummel, § 859 ABGB, in: ders (Hg), Kommentar zum Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuch I3 (2000) Rz 40; Raschauer, Verwaltungsrecht3 Rz 1220 und so wohl auch Stolz lechner/Wimmer, in: Bammer et al (Hg), FS Machacek/Matscher 445. Siehe auch die Überlegungen von Ingrid Nowotny, Zur Möglichkeit der Einführung des verwaltungsrechtlichen Vertrages in die österreichische Rechtsordnung, ÖJZ 1973, 91 f. 2842 Siehe etwa VwGH 19.6.1997, 95/20/0538. 2843 So auch Huber et al, zfhr 2005, 3 FN 17. 2844 Auf die Entwicklung aufmerksam machend Christoph Ritz, Bundesabgabenordnung. Kommentar4 (2011) § 4 BAO Rz 10. 2845 Ehrke, Konsenstechniken 108 f.
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der Ermittlung und Entrichtung bei Vorliegen der entsprechenden gesetzlichen Ermächtigung grundsätzlich der Disposition durch die Parteien zugänglich sein. Demnach schließe § 4 BAO nicht die Konkretisierung für den Einzelfall, also die Subsumtion eines Sachverhalts unter den entsprechenden Tatbestand und damit die Bewertung dieses Sachverhalts mittels Vereinbarung, aus. Weiterhin stehe aber der Grundsatz der Amtswegigkeit des (Abgaben-)Verfahrens einer übereinstimmenden Parteienerklärung insoweit entgegen, als die rechtliche Beurteilung eines bestimmten Sachverhalts ausschließlich der Behörde vorbehalten sei. Handle es sich jedoch bloß um Sachverhaltsfragen, so dürften weder der besagte Grundsatz noch § 4 BAO Hindernisse für den Abschluss einer Vereinbarung darstellen. Vereinbarungen kommen – nach Meinung von Ehrke – daher im Bereich der Ermittlung des maßgeblichen Sachverhalts in Betracht, da dort gesetzlich Mitwirkungsrechte und -pflichten der Abgabepflichtigen vorgesehen seien2846. An diese Aussagen knüpft wiederum Ruppe an, der seinerseits Vereinbarungen, die ohne entsprechende gesetzliche Ermächtigung getroffen werden, im Bereich der Sachverhaltsermittlung und der Rechtsfolgenbestimmung soweit für nicht grundsätzlich ausgeschlossen hält, als hiefür einerseits jeweils ein Beurteilungs- und Konkretisierungsspielraum bestehe und andererseits die exakte Ermittlung auf unüberwindbare Schwierigkeiten stoße oder einen unangemessenen Aufwand erfordere2847. bb) Zur Bindungswirkung
Im Zusammenhang mit der Rechtsschutzproblematik stellt sich zugleich die Frage nach der Bindungswirkung von Vereinbarungen. Hiezu bleibt der VfGH in dem vorhin zitierten Erkenntnis die zentralen Antworten schuldig. Er hält nämlich lediglich fest, dass der VwGH im Zuge der Prüfung der Gesetzmäßigkeit des entsprechenden Bescheids auch zu prüfen habe, ob sich die abgeschlossene Vereinbarung an die, ihr vom Gesetz gezogenen Grenzen halte. Die Vereinbarung, die „nur im Rahmen des Gesetzes“ geschlossen werden könne, entfalte bloß insoweit Bindungswirkung, als sie sich innerhalb dieser Grenzen bewege2848. Heißt dies nun, dass eine gesetzwidrige Vereinbarung, die einem Bescheid vorangeht, in keinem Fall eine Bindungswirkung entfalten kann? Und was passiert im Streitfall mit einem gesetzmäßigen verwaltungsrechtlichen Vertrag? Kann etwa die Behörde, die in einem späteren hoheitlichen Ermittlungsverfahren zu einem anderen Ergebnis gelangt, als zuvor vertraglich vereinbart wurde, ohne weiteres von der Vereinbarung abrücken? Fällt 2846 Ehrke, Konsenstechniken 110 f. 2847 Ruppe, in: Leitner (Hg), Finanzstrafrecht 25 f. 2848 VfSlg 9226/1981.
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also der verwaltungsrechtliche Vertrag bei Streitanhängigkeit dahin oder stellt dieser vielmehr einen normativen Akt dar, durch den öffentlich-rechtliche Rechte und Pflichten gestaltet werden, sodass die Behörde, sofern sich der Vertrag an die ihm vom Gesetz gezogenen Grenzen hält, den Inhalt dieses Vertrags ihrer Entscheidung zu Grunde zu legen hat bzw so zu entscheiden, wie es die Vertragsparteien zuvor vereinbart haben2849? Aus der dem Erkenntnis des VfGH nachfolgenden Judikatur des VwGH geht zumindest hervor, dass die aufrechten, gesetzmäßigen (Pauschalierungs-)Vereinbarungen Bindungswirkung entfalten und entgegenstehende Vorschriften, wie hier jene auf die Nichtentrichtung einer Abgabe abstellenden Strafbestimmungen, überlagern. Ein dennoch ergangener (Straf-)Bescheid leide somit unter der Rechtswidrigkeit seines Inhalts2850. Eberhard folgert daraus, dass der verwaltungsrechtliche Vertrag, solange sich die Privaten an den vereinbarten Inhalt halten, ein die Strafbarkeit nach anderen Bestimmungen ausschließendes Tatbestandsmerkmal darstelle. Aufgrund der Tatsache, dass damit der Vertrag der Erlassung eines Strafbescheids entgegenstehe, sei naheliegend, von der Normativität des verwaltungsrechtlichen Vertrags auszugehen2851. Desgleichen nimmt Ruppe zur Frage der Bindungswirkung eine den verwaltungsrechtlichen Vertrag stützende Stellung ein. Er hält in seinen Überlegungen unter Bezugnahme auf das eingangs zitierte VfGH-Erkenntnis insbesondere fest und tritt damit beispielsweise der Meinung von Antoniolli/ Koja dahingehend entgegen2852, dass bei gesetzlich vorgesehenen, wirksam abgeschlossenen Vereinbarungen ganz grundsätzlich von einer Bindungswirkung (Tatbestandswirkung2853) auszugehen sei2854. Liege eine gesetzmäßi2849 Zu den offen gebliebenen Fragen schon Wielinger, ZfV 1983, 17 f. 2850 VwGH 16.11.1998, 94/17/0009; bestätigt durch VwGH 30.4.2002, 98/17/0166. 2851 Eberhard, Vertrag 282. Die Normativität des verwaltungsrechtlichen Vertrags verneinend Aichlreiter, in: Schäffer et al (Hg), FS Koja 512 f. 2852 Antoniolli/Koja, Verwaltungsrecht3 539, halten den verwaltungsrechtlichen Vertrag insoweit für unbedenklich, „wenn durch seine Verwendung die bescheidmäßige Gestaltungskompetenzen der Behörde unberührt bleiben“. 2853 Auf die Tatbestandswirkung von (gesetzlich vorgesehenen) Vereinbarungen schon zuvor verweisend Gerold Stoll, Das Steuerschuldverhältnis in seiner grundlegenden Bedeutung für die steuerliche Rechtsfindung (1972) 67 f, sowie ders, Bundesabgabenordnung. Kommentar I (1994) 64, der seinerseits zum Ergebnis gelangt, dass sich Vereinbarungen wie etwa auch gesetzlich vorgesehene Feststellungsbescheide zwischen die ursprüngliche Rechtsgrundlage und den letzten Vollzugsakt schieben. Sei nun ein Vertrag vorgesehen, erfolge seine Erfüllung mit Hilfe des auf die Vertragslage aufbauenden Bescheids. Siehe auch Funk, Verwaltungsakt 71 f; aA Mayer, JBl 637. 2854 Hans Georg Ruppe, Einfachgesetzliche Ansätze und verfassungsrechtliche Grenzen von Vergleichen im österreichischen Abgabenrecht, in: Roman Leitner
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ge Vereinbarung vor, sei es folglich der Behörde bei sonstiger Gesetzwidrigkeit2855 verwehrt, eine vom Vereinbarunginhalt abweichende bescheidförmige Festsetzung vorzunehmen, auch wenn sich letztere ihrerseits im Rahmen des Gesetzes halte2856. Noch um einiges schwieriger ist die Frage zu beantworten, was rechtens ist, wenn die Vereinbarung sich nicht innerhalb der gesetzlichen Ermächtigung hält, somit objektiv gesetzwidrig ist. Es scheint durchaus vertretbar, und man befindet sich hiemit freilich auf der sicheren Seite, aus dem VfGHErkenntnis – wie es die hL tut2857 – abzuleiten, dass im Fall des Vorliegens einer gesetzwidrigen Vereinbarung diese jedenfalls keine Bindungswirkung entfalten könne, woraus sich aber wiederum ergebe, dass der VfGH dem verwaltungsrechtlichen Vertrag keinerlei Fehlerresistenz beimisst2858. Aus (Hg), Finanzstrafrecht 2002. Absprache/Vergleiche im Abgaben- und Finanzstrafrecht (2003) 16 f, unterscheidet hiebei nicht zwischen der Konstellation einer „Ersetzung“ der Vereinbarung durch einen anderslautenden Bescheid im Streitfall und jener im Fall von behördlichen Ermessensspielräumen. So aber Eberhard, Vertrag 282 ff. 2855 Ehrke, Konsenstechniken 112, geht hiebei von einem rechtswidrigen Bescheid aus. Ihr zustimmend Eberhard, Vertrag 281. 2856 Explizit in Bezug auf die Pauschalierungsvereinbarung Ruppe folgend VwGH 13.5.2004, 2001/16/0565. Für eine Bindungswirkung im Fall des Vorliegens eines gesetzmäßigen und damit gültigen Vertrags tritt auch Funk, Verwaltungsakt 72 FN 260, ein, der für eine Ersetzung einer solchen Vertragsregelung durch einen später ergangenen Bescheid das Vorliegen von zureichenden Gründen fordert (Streitigwerden der Vertragsregelung, Nichterfüllung durch die Abgabepflichtigen, Wegfall der gesetzlichen Grundlage für den Vertrag). Siehe diesbezüglich weiters Hengstschläger, in: VVDStRL 52, 307 f, der sich für eine Verpflichtung der Behörde zur Zugrundelegung des Vertragsinhalts im Zuge ihrer Entscheidungsfindung ausspricht. Er verweist hiezu aber letztlich auf die Kompetenz des einfachen Gesetzgebers. Dieser habe festzulegen, ob und welche Wirkungen ein verwaltungsrechtlicher Vertrag zeitigen solle; Hengstschläger folgend Kleewein, Vertragsraumordnung 63; in diese Richtung auch Eberhard, Vertrag 287. Ein Beispiel für das Tätigwerden des Gesetzgeber stellen die neugefassten Regelungen zur Leistungsvereinbarung (§§ 13, 13a UG 2002) dar. Von gegenständlichem Interesse erscheint dabei vor allem § 13 Abs 9 leg cit, wonach die/der BundesministerIn von Amts wegen oder auf Antrag durch Bescheid die Gültigkeit oder allfällige Ungültigkeit jener Leistungsvereinbarung feststellt, die nicht von der Schlichtungskommission durch Bescheid errichtet wurde. Siehe hiezu Huber et al, zfhr 2005, 3 f; Stolzlechner/Wimmer, in: Bammer et al (Hg), FS Machacek/ Matscher 452 f. 2857 Von der Nichtigkeit des Vertrags geht etwa ausdrücklich Hengstschläger, in: VVDStRL 52, 308, aus; weiters auch Ehrke, Konsenstechniken 112 und 114; Eberhard, Vertrag 278 sowie 288. 2858 Hierin spiegelt sich im Übrigen ein weiterer Unterschied zur dt Rechtslage wider. So sehen §§ 59 f VwVfG etwa ausdrücklich eine differenzierende Fehlerre-
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dem Blickwinkel der Kalkulierbarkeit sowie der Rechtssicherheit ist aber somit diesem Instrument eine schwere Bürde auferlegt, die den praktischen Wert derartiger Vereinbarungen beträchtlich reduziert und sie in die Nähe der sog informellen Absprachen rückt2859. Ruppe hält dieser Einschätzung – wenn nicht besondere Umstände vorliegen, die eine Wiederaufnahme des Verfahrens von Amts wegen aufgrund von Mängeln (etwa irreführende oder unrichtige Angaben der/des Steuerpflichtigen) gebieten – entgegen, dass eine nachfolgende bescheidmäßige Festsetzung wegen unrichtiger Selbstbemessung nicht möglich sei, da die wirksam geschlossene Vereinbarung ebenso wie ein objektiv unrichtiger Feststellungsbescheid Tatbestandswirkung entfalte2860. Der nachfolgende Bescheid, in dem vom Inhalt der getroffenen Vereinbarung abgewichen und die Selbstbemessung, die sich an die Vereinbarung halte, für unrichtig erklärt werde, sei demnach rechtswidrig2861. gelung vor, wonach rechtswidrige Verwaltungsverträge nur in bestimmten Fällen nichtig sind. Hiezu zB Maurer, Verwaltungsrecht16 § 14 Rz 36 ff; Kopp/ Ramsauer, VwVfG12 § 59 Rz 1 ff. 2859 Zur unbefriedigenden Situation aufgrund des Fehlens eines Fehlerkalküls Wielinger, ZfV 1983, 18; Eberhard, Vertrag 279 f. Den verwaltungsrechtlichen Vertrag zwar nicht als informelle Absprachen bezeichnend, ihn aber als Verhalten qualifizierend, „das unter Ausschöpfung einer spezifischen – im Gesetz vorgesehenen – (schlicht) hoheitliche Verfahrensweise gesetzt“ werde, Aichlreiter, in: Schäffer et al (Hg), FS Koja 512, und weiter: „Vermeint jedoch die Behörde oder der Rechtsunterworfene, dass die im verwaltungsrechtlichen Vertrag vorgesehene Vorgangsweise oder die Umsetzung verfehlt ist, so hat ein etwaiges nachfolgendes Bescheidverfahren weder die Frage zum Gegenstand, ob überhaupt ein Vertrag zustande gekommen ist und ob seine Erzeugung und sein Inhalt im Einklang mit den maßgeblichen Rechtsvorschriften steht noch geht es darum, das was im Vertrag ‚festgelegt‘ wurde, im Bescheidwege umzusetzen, also aus dem Vertrag zu ‚klagen‘. [...] Kommt dem subordinationsrechtlichen Vertrag demgemäß diesem Verständnis seiner Einbindung in das österreichische Rechtssystem nicht die Funktion zu, Recht zu setzen (zu gestalten, festzustellen), enthält er also keine sanktionsbewehrte Sollensanordnung, so fehlt es ihm an dem grundlegenden Erfordernis, ihn als Rechtsnorm zu deuten“. 2860 Siehe hiezu auch Gerold Stoll, Bundesabgabenordnung. Kommentar I (1994) 64. 2861 Ruppe, in: Leitner (Hg), Finanzstrafrecht 17 f. AA wohl der Großteil der Lehre: so etwa Hengstschläger, in: VVDStRL 52, 308, der ausdrücklich hervorhebt, dass ein außerhalb des Rahmens der gesetzlichen Ermächtigung abgeschlossener Vertrag keine Bindungswirkung entfalte; Ehrke, Konsenstechniken 112, die einen Bescheid nicht nur dann für rechtswidrig erachtet, wenn Vereinbarungen mit einem Willensmangel behaftet seien, sondern auch in jenen Fällen, in denen der Bescheid auf einer die Grenzen der gesetzlichen Ermächtigung überschreitenden Vereinbarung basiere, da die vertragliche Regelung dadurch nicht in den Anwendungsbereich des die Grundlage des Bescheids bildenden Gesetzes falle.
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Nach Meinung von Ruppe stehe die Annahme einer solchen Bindungswirkung mit den rechtsstaatlichen Anforderungen und den verfahrensrechtlichen Prinzipien nicht in Widerspruch. Er hebt vielmehr den Aspekt hervor, dass die betroffenen Abgabepflichtigen grundsätzlich mit dem Vereinbarungsinhalt einverstanden seien, andernfalls sie der Vereinbarung überhaupt nicht zugestimmt hätten2862. Demnach könne angenommen werden, dass der individuelle Rechtsschutz bei Vereinbarungen wegen der zugrunde liegenden Willensübereinkunft in den Hintergrund trete. Die objektive Richtigkeitsprüfung sei wiederum eine Frage der Kontrolle der behördlichen Entscheidungen. Das Kontrollinstrument sei aber bei Vereinbarungen nicht fundamental schwächer ausgebildet als bei (Feststellungs-)Bescheiden und letztlich finden allfällige Unterschiede ihre sachliche Rechtfertigung gerade im Umstand der gesetzlichen Anerkennung solcher Vereinbarungen2863. cc) Zur Stellung verwaltungsrechtlicher Verträge – rechtspolitische Anmerkungen
Unabhängig davon, ob man den öffnenden Ausführungen von Ruppe und auch Ehrke folgen möchte, bleibt der verwaltungsrechtliche Vertrag ein – in erster Linie von der Gesetzgebung – stiefmütterlich behandeltes Rechtsinstitut. Die weitgehend fehlende gesetzliche Implementierung samt einer Fehlerregelung und dem (Verfahrens-)Schutz Dritter2864 sowie die nicht zuletzt damit verbundene Rechtsunsicherheit hemmen und begrenzen de lege lata die Leistungsfähigkeit und die Fortentwicklung des Vertragsinstruments2865. Angesichts dieser Voraussetzungen kann es nicht überraschen, dass der ver2862 Dieser Ansatz muss sich aber den Einwand gefallen lassen, dass die Gefahr besteht, dass Private im Fall einer fehlenden Verständigungsbereitschaft eventuell mit nachteiligen Konsequenzen zu rechnen haben könnten und somit die Freiwilligkeit keine tatsächliche mehr wäre. Zu denken ist dabei an die Möglichkeit, dass die Behörde ihre Handlungsmacht missbräuchlich als „Drohpotenzial“ einsetzt. Vgl hiezu die Diskussion hinsichtlich der Freiwilligkeit in Deutschland in 2.III.B.3.a). 2863 Ruppe, in: Leitner (Hg), Finanzstrafrecht 18 f. 2864 Zu bedenken ist zudem, dass es sich bei den „klassischen“ Praxisbeispielen aus dem Abgabenrecht sowie neuerdings dem Universitätsrecht jeweils um bipolare Rechtsverhältnisse handelt, die Rechtsfolgen lediglich zwischen den VertragspartnerInnen (Staat und einzelne/r BürgerIn) auslösen sollen, ohne Rechte Dritter zu berühren. Dies führt aber bei mulitpolaren Rechtsverhältnisse zu weitreichenden Fragen: Wer ist Vertragspartei? Bedarf es der Regelung von Zustimmungsrechten für Dritte und andere beteiligte Behörden? Wie ist es um den Rechtsschutz privater Dritter bestellt? Vgl hingegen Bonk, in: Stelkens et al (Hg), VwVfG7 § 58 Rz 1 ff. 2865 Siehe auch Kerschner et al, Umweltmediation 100.
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waltungsrechtliche Vertrag bisher lediglich eine eingeschränkte praktische Bedeutung erlangt hat2866. Dabei würde sich – um in den Kontext dieser Arbeit zurückzukehren – das Verfahrensrecht im Allgemeinen und etwa die planende Verwaltung (Raumordnungs- und Baurecht2867) im Speziellen als taugliche Anwendungsfälle für solche Vereinbarungen anbieten2868. Demgegenüber werden jedoch im Raumordnungsrecht Vereinbarungen trotz aller damit verbundenen rechtlichen Herausforderungen2869 im Rahmen der „Vertragsraumordnung“ nicht als verwaltungsrechtliche Verträge ausgestaltet, sondern sind als Ermächtigungen von Gemeinden zu verstehen, privatrechtliche Gestaltungsmittel zur Verwirklichung von Raumplanungszielen einzusetzen2870. In eben diese Richtung zielt schließlich auch der Vertragsnaturschutz2871. Gerade aber die Ausgestaltung solcher Vereinbarungen als verwaltungsrechtlicher Vertrag könnte dabei helfen, den in solchen Konstellationen vor allem vom VfGH mitunter als unzureichend angesehenen zivilgerichtlichen Rechtsschutz2872 zu vermeiden2873. Eng verbunden mit den rechtlichen Fragen der Einordnung des verwaltungsrechtlichen Vertrags ist darüber hinaus die rechtspolitische Diskussion um die Partizipation. Die Figur des verwaltungsrechtlichen Vertrags stellt nämlich an sich ein durchaus taugliches Mittel der partizipativen Gestaltung 2866 So etwa Antoniolli/Koja, Verwaltungsrecht3 541. 2867 Denkbar wäre zB die vertragliche Ausgestaltung der Verpflichtung zur Schaffung von Stell- bzw Garagenplätzen im Zusammenhang mit einem Bauvorhaben (vgl hiezu die derzeitige Gesetzeslage etwa in §§ 48 ff WGarG 2008, Wr LGBl 34/2009 idF Wr LGBl 46/2010, oder § 89 Abs 6 Stmk BauG, Stmk LGBl 59/1995 idF Stmk LGBl 78/2012). Hiezu schon Eberhard, Vertrag 392. Für Deutschland Bonk, in: Stelkens et al (Hg), VwVfG7 § 54 Rz 150 f. 2868 Eberhard, JAP 2002/2003, 209 und 212; aA Kleewein, Vertragsraumordnung 253 ff. 2869 Siehe unten 3.III.B.5.c).aa). So tritt etwa Weber, JBl 2000, 703, für die Realisierung des verwaltungsrechtlichen Vertrags anstelle der zivilrechtlichen Instrumente ein. 2870 Stolzlechner/Wimmer, in: Bammer et al (Hg), FS Machacek/Matscher 450. 2871 Karl Weber, Stand und Entwicklung des österreichischen Naturschutzrechts, JBl 2000, 703; überblicksmäßig Gerhard Cech, Naturschutzrecht, in: Roland Norer (Hg), Handbuch des Agrarrechts2 (2012) 637 f; Dietmar Jahnel, Naturschutzrecht, in: Susanne Bachmann et al (Hg), Besonderes Verwaltungsrecht9 (2012) 557. 2872 So der VfGH in dem Erkenntnis, VfSlg 15625/1999, betreffend das Konzept der Sbg Vertragsraumordnung. 2873 Hiezu mit Nachdruck Theo Öhlinger, Phantasie und Recht oder Vertragsraumordnung und Bundesverfassung, in: Carl Baudenbacher et al (Hg), Ein Leben in Praxis und Wissenschaft. FS Walter Barfuß zum 65. Geburtstag (2002) 208; vgl auch Eberhard, JAP 2002/2003, 209; ders, Vertrag 400 ff.
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der Beziehung zwischen Verwaltung und BürgerInnen dar2874, mit dem infolge der systemimmanenten Transparenz des Teilhabeprozesses letztlich auch die Akzeptanz von Verwaltungsentscheidungen und damit die Effizienz des Verwaltungshandelns erhöht werden kann2875. Auch ist nicht zu übersehen, dass der so erzielte Konsens zwischen Behörde und Privaten eine formale Entsprechung findet2876. Dies ist insbesondere im Hinblick darauf, dass die Verwaltungspraxis, wie es schon Öhlinger ausdrückt, selbst in den klassisch hoheitlichen Bereichen von mannigfachen Formen des „Arrangements“ zwischen BürgerInnen und Behörde – mehr als dies die Rechtsvorschriften erkennen lassen2877 – beherrscht ist, von nicht zu unterschätzender rechtlicher Relevanz. Man muss sich wohl auch die Frage stellen, ob gegebenenfalls nicht ein kooperatives Vorgehen mit der Handlungsform des Vertrags dem Rechtsstaat dienlicher ist als eine informelle Absprache zwischen Behörde und Unternehmen, die auf einem „intransparenten Kompromiss“ aufbaut. Dabei ist nicht bloß an die Gefährdung des Individualrechtsschutzes zu denken, sondern es hat vor allem auch die objektive Rechtskontrolle im Blickfeld zu bleiben. Es braucht hier aber nicht der Institutionalisierung bzw Verrechtlichung solcher informalen Aushandlungsprozesse das Wort geredet werden – dies schon allein aufgrund der Annahme, dass auf einen Reformalisierungsvorgang gegebenenfalls wieder die Suche nach Informalität folgt2878. Vielmehr scheint es zielführend, im Hinblick auf eine mögliche Implementierung des verwaltungsrechtlichen Vertrags folgendes hervorzuheben: Das einen jeden Vertrag begleitende dialogische Moment ist der Verwaltungsrealität keineswegs fremd. So ist auch das Phänomen des „Gentlemen’s Agreement“ zwischen Behörde und Parteien selbst im Bereich der eingreifenden Verwaltung längst Teil des Repertoires des Verwaltungshandelns. Aufbauend auf diese Erkenntnis kann nun der verwaltungsrechtliche Vertrag, insofern gesetzlich vorgesehen und von den Vertragsparteien gewollt, den verbindlichen und einer nachträglichen verwaltungsrechtlichen Kontrolle zugänglichen Endpunkt eines Dialogprozesses bilden2879. Gerade so einen kooperativen Dialogprozess stellt die Mediation dar. Dabei kommt es aber nicht allein darauf an, bestehende Konflikte aufzuarbeiten, sondern vor allem auch auf die Erzielung einer gemeinsam erarbeite2874 Siehe schon Öhlinger, Problem 25 f. 2875 Hiezu Eberhard, Vertrag 230; auch Wimmer, Verwaltungslehre2 325 f. 2876 Eberhard, JAP 2002/2003, 209. 2877 Öhlinger, Problem 26 f. Vgl auch Funk, JBl 1987, 150 f. 2878 Eberhard, Vertrag 397 f. 2879 Vgl Norbert Wimmer/Konrad Arnold, Dialogisches Verwaltungshandeln im Lichte des Legalitätsprinzips, in: Hermann Hill (Hg), Verwaltungshandeln durch Verträge und Absprachen (1990) 56 f.
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ten Einigung, die auf einem allgemein akzeptierten Ergebnis fußt und Verbindlichkeit und Nachhaltigkeit ausstrahlt2880. Als zusätzliche Herausforderung tritt bei Mediationen im öffentlichen Bereich der Umstand hinzu, dass es zur Umsetzung der Mediationsvereinbarungen – zumindest jener Teile, die Wirkungen über die Sphäre des Privaten ausstrahlen sollen – politischer und/oder administrativer Entscheidungen bedarf, an die das Mediationsergebnis in geeigneter Weise gekoppelt werden muss, soll dieses seine (Rechts-) Wirkungen voll entfalten können. Dieser Koppelungsprozess stellt somit die Verbindung zwischen Mediationsverfahren und politischer und/oder verwaltungsrechtlicher Umsetzung der erarbeiteten Ergebnisse dar. Wohlgemerkt, es handelt sich dabei um einen Prozess, der sowohl mittelbar als auch unmittelbar auf das politisch-administrative Verfahren sowie auf die daraufhin zu ergehenden Entscheidungen einwirkt, der aber demnach nicht bloß den Entscheid betrifft, sondern auch den Weg dorthin, also zudem das Verfahren mitgestaltet bzw mitgestalten soll2881. Wenn nun Kerschner et al ausführen, dass der Überlegung, wonach der zwischen Parteien geschaffenen Mediationsübereinkunft allgemeine Wirkung zukommen soll, indem sich die Behörde dieser Vereinbarung anschließe, eine Absage zu erteilen sei2882, dann ist ihnen freilich zuzustimmen. Insbesondere stehen de lege lata mit den Prinzipien der Gesetzmäßigkeit, der demokratischen Legitimation und des Rechtsstaats verfassungsrechtliche Determinanten entgegen, die kaum zu überwinden sind. Diese Aussage ist aber dann nicht mehr in dem Maße aufrecht zu erhalten, wenn man von ihrer Generalität absieht und zudem der einfache Gesetzgeber aktiviert werden kann. In Anbetracht der (verfassungs)rechtlichen Ausgangslage und im Hinblick auf die Konstellation von Mediationsprozessen und Verwaltungsverfahren kommt es nämlich darauf an, die Verfahren und deren (Teil-)Ergebnisse zumindest partiell in der Form miteinander zu verknüpfen, dass öffentlich-rechtliche Wirkungen entstehen können, die wiederum zur Bindung der Behörde und damit einem Mehr an Rechtssicherheit führen. Anleihen hiezu lassen sich etwa bei Funk nehmen, der für eine gesetzliche Anerkennung von verfahrensrechtlichen Vereinbarungen zwischen Behörde und Parteien in Form des verwaltungsrechtlichen Vertrags eintritt. Er hält dies mit Blick auf die Verwaltungspraxis deshalb für „wünschenswert“, weil schon bisher „zahlreiche Fragen im Verfahren formell zwar durch einseitige behördliche Anordnungen, materiell jedoch auf der Grundlage einer entsprechenden Übereinkunft mit den Parteien geregelt“ werden. Als Beispiele nennt er „Angelegenheiten, wie die Anberaumung von Terminen, die 2880 Siehe bereits 1.II.F. 2881 1.I.B.5 und 1.III.E.9. 2882 Kerschner et al, Umweltmediation 99.
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Anordnung von Beweisen, aber auch Zusagen inhaltlicher Art betreffend die Erledigung selbst, etwa die Vorschreibung von Auflagen“2883. Auch wenn dem Verfahrensrecht trotz seines formal subordinativen Charakters die Rücksichtnahme auf derartige koordinative Grundlagen (Grundsatz der Verfahrensökonomie, Formfreiheit, Manuduktionspflicht, Berufungsverzicht) nicht fremd sei, reichen sie jedoch in ihrer Gesamtheit nicht aus, um den koordinativen Bedürfnissen und Komponenten im Verfahren hinreichend Rechnung zu tragen. Es fehle an einem gesetzlich verankerten Verfahrensinstrument für die Umsetzung solcher Elemente. Der Mangel werde dann spürbar, wenn Abmachungen zwischen Parteien und Behörden über den Gang des Verfahrens und dessen meritorische Erledigung angedacht werden. Derzeit könne eine solche Abmachung nur begrenzt (Grundsatz von Treu und Glauben2884) berücksichtigt werden. Damit sei aber vor allem nicht genug Sicherheit für das Verfahren gewährleistet. Zur Überwindung dieses Zustandes schlägt Funk eben die positivrechtliche Verankerung des verwaltungsrechtlichen Vertrags vor. Freilich müsse auch eine solche Vereinbarung im vollen Umfang dem Legalitätsprinzip unterliegen und wäre ihre Zulässigkeit und Wirksamkeit durch zwingendes Recht begrenzt. Demgegenüber wäre eine Bindung auch der Behörde für ihre Verfahrenshandlungen und Enderledigungen gegeben, insoweit mit solchen Verträgen in erlaubter Weise disponiert werde2885. Angesichts dieser Überlegungen erscheint also sowohl in verfahrensrechtlicher als auch materiell-rechtlicher Hinsicht ausreichend Platz für Flexibilisierungsstrategien, die mit Hilfe des verwaltungsrechtlichen Vertrags bewerkstelligt werden können. Eine solche Vereinbarung könnte jedenfalls dann, wenn sie gesetzlich vorgesehen ist, und soweit im Bereich der Sachverhaltsermittlung sowie der Rechtsfolgenbestimmung ein Beurteilungsund Konkretisierungsfreiraum besteht, gerade im Hinblick auf das Einfließenlassen von Mediationsergebnissen das Ausfüllen der Gestaltungsspielräume ermöglichen und vor allem gegenüber den MediationsteilnehmerInnen Rechtssicherheit bieten. Sofern nämlich ein solcher Vertrag den gesetzlichen Voraussetzungen entspricht, ist es – in Anlehnung an Ruppe2886 – der Behörde verwehrt, eine inhaltlich abweichende bescheidmäßige Erledigung vorzunehmen, selbst wenn diese ebenfalls dem Gesetz entspricht. Setzt sie sich darüber hinweg und negiert sie somit die Tatbestandswirkung, die von einer solchen Vereinbarung ausgeht, so ist der Bescheid mit Gesetzwidrig-
2883 Funk, JBl 1987, 150. 2884 Siehe oben 3.III.A.2. 2885 Weiterhin Funk, JBl 1987, 150 f. 2886 Ruppe, in: Leitner (Hg), Finanzstrafrecht 17.
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keit bedroht, weil die Behörde die getroffene Vereinbarung und eben deren Bindungswirkung nicht beachtet hat. Anders als bei den regelmäßig bipolaren Rechtsverhältnissen im Abgabenrecht wird jedoch in den hier berücksichtigten Bereichen von multipolaren Beziehungen auszugehen sein. Folglich darf nicht übersehen werden, dass insbesondere auch darauf Bedacht genommen wird, ob durch eine Vereinbarung in subjektive Rechte Dritter eingegriffen wird bzw werden könnte. Ebenso sind gegebenenfalls Mitwirkungsbefugnisse von anderen Behörden zu beachten2887. Demnach erscheint es notwendig, mit der Schaffung der Ermächtigungsgrundlage gleichzeitig auch Regelungen im Hinblick auf die Zustimmung betroffener Dritter sowie Formen der Mitwirkung von zu beteiligenden Behörden vorzusehen. Als Ergebnis kann nunmehr mitgenommen werden, dass es nicht nur Sinn macht, die flexibilitätsfördernden Elemente des verwaltungsrechtlichen Vertrags zu nutzen, sondern – sofern man das Phänomen des Vertrags als individuelle Rechtsquelle nicht überhaupt ablehnt – es auch keiner verfassungsrechtlichen, gar einen Strukturbruch provozierenden, Regelung bedarf, um ein solches auf Willenserklärungen basierendes Instrument in das Verwaltungsrecht zu implementieren. Der praktische Nutzen von derartigen Vereinbarungen reicht über die Realisierung von Partizipation und der damit verbundenen Akzeptanzsteigerung hinaus. Vielmehr kann damit dem Rechtssicherheitsbedürfnis der Parteien entsprochen und die Effizienz des Verfahrens gesteigert werden. Freilich bleibt bei aller Flexibilitätsdiskussion die Grenze bestehen, dass anders als bei Verträgen unter Privaten die Verwaltung bei Abschluss und inhaltlicher Ausgestaltung von Verwaltungsverträgen engen normativen Rahmenbedingungen unterliegt. Insbesondere der durchgängigen Gesetzesbindung der Verwaltung, die auch den Vertragsinhalt erfassen muss2888, ist hiebei in jedem Fall Rechnung zu tragen. c) Verträge privatrechtlichen Charakters zwischen Privaten und der Verwaltung
Schon aus der Natur der allgemeinen Privatrechtsfähigkeit des Staats ist zu folgern, dass sich die Verwaltung grundsätzlich der rechtlichen Formen und Instrumente des Privatrechtsverkehrs bedienen darf, ihr also auch der Abschluss zivilrechtlicher Verträge offen steht2889. Angesprochen sind in erster Linie die Tätigkeitsbereiche der nichthoheitlichen Verwaltung wie etwa die 2887 Vgl insbesondere § 58 VwVfG; siehe auch 2.IV.O.3. 2888 Öhlinger, Problem 33. 2889 Grundsätzlich Adamovich et al, Staatsrecht II Rz 27.001.
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Subventionsverwaltung, das öffentliche Auftragswesen, die unternehmerische Tätigkeit des Staats und die sog fiskalischen Hilfsgeschäfte2890. Sieht man von diesen „typischen“ privatwirtschaftlichen Beispielen – die hier nicht weiter zur Diskussion stehen sollen – ab, dann lassen sich darüber hinaus auch an der Schnittstelle zwischen öffentlichem und privatem Recht2891 Tätigkeitsfelder der Verwaltung ausmachen, in denen ihr zweckmäßigerweise vertragliche Gestaltungsmöglichkeiten eingeräumt werden (können). Die Rede ist von den Raumordnungsverträgen und vom Vertragsnaturschutz. Auch wenn von der Lehre mitunter vehement für die Forcierung des verwaltungsrechtlichen Vertrags eingetreten wird2892, basieren diese (planerischen) Maßnahmen allesamt auf dem Zivilrecht. aa) Raumordnungsverträge
Um insbesondere der – zumindest regional wahrgenommenen – Baulandverknappung2893 beizukommen, setzen mittlerweile die meisten Landesgesetzgeber zur Unterstützung der herkömmlichen Instrumente der Raumordnung, also der Flächenwidmungs- und Bebauungspläne, ua auch auf den Einsatz privatrechtlicher Mittel2894. Derartige Überlegungen lassen sich auf den Umstand zurückführen, dass die traditionellen Planungsinstitute lediglich die Untersagung einer widmungswidrigen Verwendung vor Augen haben, diese für sich genommen jedoch keine plankonforme Umsetzung bewirken sowie kaum die konkreten Nutzungsabsichten der Planungsbetroffenen berücksichtigen können2895. Ein Mehr an unmittelbarer Steuerungsmöglichkeit gegenüber den GrundeigentümerInnen versprechen sich die Länder bzw Gemeinden daher vom Hinzutreten von privatwirtschaftlichen Maßnahmen. Im Besonderen handelt es sich dabei um vertragliche Mittel. So berechtigen und zum 2890 Vgl zB Raschauer, Verwaltungsrecht3 Rz 715 ff; im Überblick Stolzlechner, Einführung5 Rz 621 ff. 2891 Hiezu bereits Peter Pernthaler/Meinrad Purtscheller, Die Gemeinde im Spannungsfeld von privatrechtlicher Vertragsbindung und öffentlich-rechtlicher Aufgabenerfüllung, JBl 1979, 281 f. 2892 In diese Richtung vor allem Eberhard, Vertrag 403 ff mwN. 2893 Siehe ua Susanne Kalss, Vereinbarungen über die Verwendung von Grundflächen, ZfV 1993, 551 f; Benjamin Davy, Baulandsicherung: Ursache oder Lösung eines raumordnungspolitischen Paradoxons?, ZfV 1996, Wolfgang Kleewein, Konsequenzen aus dem Erkenntnis des VfGH zur Salzburger Vertragsraumordnung, JBl 2000, 562 f; Adamovich et al, Staatsrecht IV Rz 55.020. 2894 So etwa §§ 18 f Sbg ROG 2009, Sbg LGBl 30/2009 idF Sbg LGBl 53/2011, oder § 35 StROG. 2895 Wolfgang Kleewein, Vertragsraumordnung in der Praxis, RFG 2005, 52; siehe auch Schwaighofer, bbl 2005, 143.
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Teil verpflichten die Regelungen der einschlägigen Raumordnungsgesetze die Gemeinden, zur Verwirklichung von Planungszielen privatrechtliche Verträge einzusetzen, aufgrund derer mit den GrundeigentümerInnen die konkrete Verwendung der Grundstücke innerhalb angemessener Frist entsprechend der beabsichtigten Flächenwidmung und den beabsichtigten Festlegungen des Bebauungsplans (Verwendungsverträge), die Überlassung von Teilen der in ihrem Eigentum befindlichen, als Bauland auszuweisenden Flächen an die Gemeinde oder an Baulandsicherungsfonds bzw -gesellschaften (Überlassungsverträge) oder die Tragung von Infrastruktur(Aufschließungsverträge) sowie Planungskosten vereinbart werden sollen2896. Der hier interessierende Aspekt der Ausformung dieser Positivplanung2897, die eine aktive Bodenpolitik für eine effektive Baulandmobilisierung bewirken soll2898, besteht nun in der auf Gesetzesebene vorgesehenen Kombination von privatrechtlicher Handlungsmöglichkeit einerseits und Hoheitsverwaltung andererseits2899, die nicht zuletzt aufgrund des einschlägigen Erkenntnisses des VfGH aus dem Jahr 1999 ins nähere Blickfeld gerückt worden ist2900. Dem VfGH oblag dabei nämlich die Prüfung jener im Vergleich zu den anderen Landesgesetzen am weitestreichenden Bestimmungen des Sbg ROG2901, nach denen grundsätzlich nur dann unbebautes Bauland neu- bzw wiederausgewiesen werden durfte, wenn sich die/der GrundeigentümerIn gegenüber der Gemeinde vertraglich zu einer widmungskonformen Verwendung oder zur Überlassung eines Teils der umzuwidmenden Fläche verpflichtete. Als Folge des Nichtzustandekommens einer solchen Vereinbarung oder der ungenügenden Umsetzung der vorgeschriebenen privatwirtschaftlichen Maßnahmen hatte die Aufsichtsbehörde dem Flächenwidmungsplan die Genehmigung zu versagen. Es wurde also
2896 Karl Weber, Tiroler Vertragsraum(un)ordnung, ecolex 2000, 162 f; Georg Lienbacher, Raumordnungsrecht, in: Susanne Bachmann et al (Hg), Besonderes Verwaltungsrecht9 (2012) 478 f. Zu den einzelnen Vertragstypen Kleewein, RFG 2005, 54 f. 2897 Das Sbg ROG sieht übrigens auch die Nutzungserklärung der GrundeigentümerInnen als Voraussetzung für eine Baulandausweisung vor (§ 29 leg cit). Hiezu unter Bezugnahme auf verfassungsrechtliche Vorgaben krit Lienbacher, in: Bachmann et al (Hg), Verwaltungsrecht9 473. 2898 Krit Aichlreiter, in: Schäffer et al (Hg), FS Koja 516 und 518; ebenso Weber, ecolex 2000, 162. 2899 Öhlinger, in: Baudenbacher et al (Hg), FS Barfuß 200. 2900 VfSlg 15625/1999, krit schon zuvor Heinz Peter Rill, Hoheitsverwaltung im Schafspelz: ein verfassungsrechtlicher Einspruch, Raum 30/98, 26 f. 2901 Siehe schon Aichlreiter, in: Schäffer et al (Hg), FS Koja 514.
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zwischen Gesetz und Verordnung ein Privatrechtsakt als Auslöser für die Erlassung einer Verordnung geschoben2902. Der VfGH führt in diesem Erkenntnis einen ganzen – wenn auch im Einzelnen nicht unumstritten gebliebenen2903 – Kanon an Gründen an, die seines Erachtens die Aufhebung der zu prüfenden Regelungen unumgänglich gemacht haben. Es sind dies Bedenken im Hinblick auf das Legalitätsprinzip, das Rechtsstaatsgebot, den Eigentumseingriff, den Gleichheitssatz und die Kompetenzverteilung2904. Im Zentrum der gerichtlichen Überlegungen steht dabei jeweils die zwingende Verknüpfung von Hoheitsakten und privatrechtlichen Verträgen2905. Der VfGH zielt in seiner Prüfung also auf die obligatorischen Raumordnungsverträge ab, die er vom System der Bundesverfassung als nicht vorgesehen und daher schon deshalb als verfassungswidrig erachtet2906. Ausgehend von dieser Annahme sieht der Gerichtshof etwa das im Art 18 Abs 2 B-VG verankerte Legalitätsprinzip dahingehend verletzt, als die obligatorische Vertragsraumordnung die Erlassung und Änderung von Verordnungen vom Inhalt privatrechtlicher Verträge zwischen der Gemeinde und den einzelnen GrundeigentümerInnen abhängig mache, sodass die Raumordnungspläne nicht mehr ausschließlich auf das Gesetz rückführbar seien bzw der notwendigen gesetzlichen Grundlage „zu entraten schei nen“2907. 2902 Weber, ecolex 2000, 163; Lienbacher, in: Bachmann et al (Hg), Verwaltungsrecht9 478. 2903 Vgl insbesondere Kleewein, JBl 2000, 566 ff; ders, Vertragsraumordnung 87 ff; Öhlinger, in: Baudenbacher et al (Hg), FS Barfuß 201 ff. 2904 Die kompetenzrechtlichen Einwände werden hier in weiterer Folge nicht näher ausgeführt. Vgl hiezu etwa die Ausführungen von Kleewein, JBl 2000, 575 f. 2905 Zur Diskussion, ob überhaupt eine zwingende Verknüpfung vorlag, bereits vor Ergehen des VfGH-Erkenntnisses Aichlreiter, in: Schäffer et al (Hg), FS Koja 514 ff. 2906 Krit Öhlinger, in: Baudenbacher et al (Hg), FS Barfuß 202. 2907 Aichlreiter, in: Schäffer et al (Hg), FS Koja 521, spricht von einem „Systembruch im Konzept des Legalitätsprinzips“. Auch Kleewein, JBl 2000, 568; ders, Vertragsraumordnung 275, hält eine Bindung des Verordnungsgebers an den Inhalt von zuvor mit den Planungsbetroffenen abgeschlossenen Verträge dem Legalitätsprinzip widersprechend, da die Verordnungserzeugung zumindest teilweise vom Willen Dritter abhängig und nicht mehr auf das demokratisch zustande gekommene Gesetz rückführbar wäre. Siehe weiters Öhlinger, in: Baudenbacher et al (Hg), FS Barfuß 205, der in der Tatsache des Vertragsabschlusses ein die Erlassung eines Raumordnungsplans bedingendes Sachverhaltselement erkennt. Folglich könne auch nicht davon ausgegangen werden, dass die privatrechtliche Vereinbarung den hoheitlichen Planungsakt iS einer – von Art 18 B-VG geforderten – gesetzlichen Grundlage determiniere. Überhaupt müsse im Lichte des
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Im Hinblick auf das Rechtsstaatsgebot begründet der VfGH seine Bedenken damit, dass diejenigen LiegenschaftseigentümerInnen, die dem Druck der Gemeinde nicht standhalten und durch die drohende Rückwidmung widerstrebend in den Vertragsabschluss gedrängt werden, „jeder“ Rechtsschutzmöglichkeit gegen die Vorgehensweise der Gemeinde verlustig gehen2908. Die Nichtigkeit des Vertrags könne nur bei entsprechender Beweislage sowie unter erheblichem Prozessrisiko vor den Zivilgerichten durchgesetzt werden und darüber hinaus drohe im Fall der tatsächlichen Nichtigkeit der Vereinbarung wiederum die Umwidmung bei der nächsten Änderung des Flächenwidmungsplans2909. Endlich sei auch das aufsichtsbehördliche Verfahren nicht ausreichend, da den GrundeigentümerInnen darin keine Parteistellung zukomme und die Aufsichtsbehörde außerdem auf die Gültigkeit der abgeschlossenen Verträge keinen Einfluss habe2910. In der gegenständlichen Entscheidung setzt der VfGH darüber hinaus den verfassungsgesetzlichen Schutz des Eigentumsrechts in der nichthoheitlichen Verwaltung voraus. Im Detail geht er davon aus, dass die in Prüfung gezogenen Bestimmungen der Gemeinde ein Mittel in die Hand geben, womit die verkaufswilligen (privaten) GrundeigentümerInnen vor die Alternative gestellt werden, das Grundstück entweder zu einem nicht von den VertragspartnerInnen bestimmten Preis zu verkaufen oder die Rückwidmung Legalitätsprinzips vielmehr die Frage daraufhin eingeengt werden, inwieweit die konkrete gesetzliche Bezugnahme auf derartiges Verhalten in jenem Ausmaß hinreichend bestimmt sei, das die Rechtsprechung allgemein von gesetzlichen (Ermächtigungs-)Grundlagen für Verordnungen verlange. 2908 In diese Richtung auch Weber, ecolex 2000, 163. Kleewein, JBl 2000, 571, erkennt die Verletzung des Rechtsstaatsgebots darin, dass der Landesgesetzgeber, indem er Verordnungen als Druckmittel zum Abschluss von Vereinbarungen einsetzte, den Gemeinden die Möglichkeit einräumte, den GrundeigentümerInnen sittenwidrige bzw grob benachteiligende Verträge aufzudrängen. 2909 Vgl weiterhin Öhlinger, in: Baudenbacher et al (Hg), FS Barfuß 206 f, der in der Begründung des VfGH nicht bloß ein isoliertes Rechtsschutzproblem im Zusammenhang mit der speziellen Kombination von Verträgen mit hoheitlichen Maßnahmen erkennt, sondern vielmehr ein Infragestellen des Rechtsschutzes in der Privatwirtschaftsverwaltung schlechthin. Die Argumentation des VfGH, den „zivilgerichtlichen Rechtsschutz durch einen dem ‚Übergewicht‘ der Verwaltung adäquaten Rechtsschutz zu ersetzen, läuft auf eine – verfassungsrechtlich gebotene – Transformation der Privatwirtschaftsverwaltung in eine durch öffentliches Recht geregelte und damit öffentlich-rechtliche Verwaltung hinaus“ (Hervorhebung im Original). 2910 Die Gemeindeaufsichtsbehörde kann – so schon Antoniolli/Koja, Verwaltungsrecht3 466 – zumindest den diesen Vertrag genehmigenden Beschluss des Gemeinderats, also die Grundlage des Vertrags, aufheben. Im gegebenen Zusammenhang zB Weber, ecolex 2000, 165; Mast, Vertrag 93 f.
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in Grünland und die damit verbundene Entwertung des Grundstücks in Kauf nehmen zu müssen. Die Regelungen bewirken nach Ansicht des Gerichtshofs folglich massive Eigentumsbeschränkungen, ohne dass effektive Rechtsschutzmöglichkeiten gegen die unter Druck der drohenden Rückwidmung zustande gekommenen Übertragungsvereinbarung offen stehen, und zudem einen unverhältnismäßigen Eigentumseingriff zum angestrebten raumordnungspolitischen Ziel darstellen. All dies stehe zu Art 5 StGG und Art 1 1. ZP EMRK in Widerspruch2911. Und letztlich stellt der VfGH auch noch eine Verletzung des Gleichheitssatzes fest. Eine solche erkennt der Gerichtshof nämlich darin, dass das Sbg ROG die Neu- und Wiederausweisung von Bauland ausschließlich vom Abschluss von Verträgen und nicht von der raumordnungsfachlichen Beurteilung abhängig mache und damit im Ergebnis der Gemeinde – bei fehlender Vereinbarung – die Baulandwidmung selbst dann verbiete, wenn an der Verbauung ein raumordnungsfachliches Interesse bestehe. Es gebe keine sachliche Rechtfertigung dafür, eine im öffentlichen Interesse gelegene Bebauung nur deshalb zu verhindern, weil deren EigentümerInnen nicht bereit seien, die Liegenschaft zu einem bestimmten Preis zu verkaufen2912. In Anbetracht der zahlreichen verfassungsrechtlichen Bedenken bleibt als wesentlicher Ergebniskern, dass zumindest eine bloß fakultative, also eine nicht zwingende Verknüpfung von Vertrag und Widmung vorsehende Vertragsraumordnung zur Umsetzung öffentlicher Planungsziele als rechtlich erlaubt erachtet werden kann2913. Es bedarf für ein solches Vorgehen jedoch im Hinblick auf das Legalitätsprinzip einer ausreichend bestimmten gesetzlichen Ermächtigung2914, die den wesentlichen Vertragsinhalt determiniert2915. Zudem hat der Vertrag ein Tatbestandsmerkmal für die Erzeugung 2911 Vgl Weber, ecolex 2000, 164, der diese verfassungsrechtlichen Bedenken im Zusammenhang mit dem Tir ROG äußert. Dem VfGH grundsätzlich zustimmend Öhlinger, in: Baudenbacher et al (Hg), FS Barfuß 202. 2912 Kritisch einmal mehr Öhlinger, in: Baudenbacher et al (Hg), FS Barfuß 204. Kleewein, JBl 2000, 574; ders, Vertragsraumordnung 213, führt darüber hinaus noch zwei weitere Gründe an, die eine Verletzung des Gleichheitsgebots vermuten lassen. Zum einen könne nämlich in der sbg Regelung ein überschießender Mitteleinsatz (Rückwidmung in Grünland bzw nicht Ausweisung als Bauland infolge der Verweigerung des Vertragsabschlusses durch die/den GrundeigentümerIn) gesehen werden und zum anderen lasse sich die Gleichheitswidrigkeit mit der diskriminierenden Behandlung der abschlussunwilligen gegenüber den abschlusswilligen LiegenschaftseigentümerInnen begründen. Zu letzterem Aspekt auch Mast, Vertrag 82 f. 2913 Etwa Martin Auer, Salzburger Vertragsraumordnung verfassungswidrig!, bbl 2000, 8; Kleewein, JBl 2000, 576; Eberhard, Vertrag 411. 2914 Siehe hiezu schon Kalss, ZfV 1993, 566. 2915 Vgl Kleewein, Vertragsraumordnung 419.
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des Raumordnungsplans zu bilden, das der uneingeschränkten Überprüfung durch die Behörde unterliegt2916. bb) Naturschutzverträge
Als eine weitere besondere Form der Regelung planungsrechtlicher Aufgaben drängt noch das Phänomen des sog „vertraglichen Naturschutzes“ ins Blickfeld kooperativer Maßnahmen. Zur Wahrung bzw Durchsetzung von natur- und landschaftsschutzrechtlichen Zielen sehen nämlich Naturschutzgesetze einzelner Länder2917 nicht bloß hoheitliche Maßnahmen vor, sondern darüber hinaus auch einvernehmliche Lösungen mit GrundeigentümerInnen und sonstigen Nutzungsberechtigten2918. Diese basieren – im Gegensatz zur dt Verwaltungspraxis2919 – allein auf Vereinbarungen mit rein privatrechtlichem Charakter und stellen trotz der anzuwendenden Verwaltungsmaterie folglich Instrumente der Privatwirtschaftsverwaltung dar2920. Angestrebt wird mit dem Vertragsnaturschutz eine Ergänzung der Hoheitsverwaltung zur besseren Umsetzung öffentlicher Planungsziele2921, wenngleich auch gewissermaßen Anhaltspunkte für eine Hoheitsakte ersetzende Wirkung solcher Verträge erkennbar sind. So geht beispielsweise aus § 32a Stmk NschG hervor, dass die Behörde vor Erlassung von Verordnungen zu prüfen hat, ob der Zweck der angestrebten Maßnahme nicht ebenso durch Vereinbarungen insbesondere mit GrundeigentümerInnen oder sonstigen Nutzungsberechtigten erreicht werden kann. Solche Vereinbarungen können sich zB auf die entgeltliche Pflege von Natur und Landschaft durch eine bestimmte oder durch den Verzicht auf eine bestimmte bisher ausgeübte und rechtmäßige Nutzung sowie deren vermögensrechtliche Abgeltung beziehen2922. cc) Folgerungen aus Sicht der Öffentlichkeitsbeteiligung
Für die gegenständliche Untersuchung von Bedeutung sind diese Maßnahmen im Zusammenhang mit Planungsakten zum einen deshalb, weil deut2916 Kleewein, JBl 2000, 576; ders, RFG 2005, 57. 2917 Siehe ua § 32a Stmk NschG, Stmk LGBl 65/1976 idF Stmk LGBl 44/2012; § 37 Abs 4 des Vlb Gesetz über Naturschutz und Landschaftsentwicklung, Vlbg LGBl 22/1997 idF Vlbg LGBl 72/2012. 2918 Weber, JBl 2000, 703; Peter Bußjäger, Föderalismus als Entdeckungsverfahren – Zur Theorie und Empirie des innovativen Bundesstaates am Beispiel Österreichs, JRP 2008, 197. 2919 Vgl 2.III.E.3; Eberhard, Vertrag 108 f. 2920 Eberhard, Vertrag 372 und 389 f; Cech, in: Norer (Hg), Handbuch2 637 f. 2921 Kleewein, Vertragsraumordnung 59. 2922 Siehe auch Jahnel, in: Susanne Bachmann et al (Hg), Verwaltungsrecht9 557; Köhler, in: Pürgy (Hg), Länder II/2 Rz 54.
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lich wird, dass die Kombination von privatwirtschaftlichen sowie hoheitlichen Maßnahmen nicht generell unzulässig ist2923 und mitunter zweckmäßiger als ein rein hoheitliches Verwaltungshandeln sein kann2924. Zum anderen sind hierin – wie Schwaighofer2925 betont – obgleich der nicht wegzuleugnenden begünstigten Stellung der Behörde2926 im Gegensatz zur sonstigen Teilhabe an der Entscheidungsvorbereitung Ansätze eines tatsächlichen Aushandlungsprozesses zu erkennen, die es den BürgerInnen in gewisser Weise ermöglichen, bei bestimmten vorhabensbezogenen (Planungs-)Akten der Behörde zumindest punktuell auf Augenhöhe zu begegnen. Die Behörde agiert an dieser Schnittstelle zwischen öffentlichem und privatem Recht ausnahmsweise als gleichrangige (Verhandlungs-)Partei. Nichtsdestotrotz zeigt sich vor allem im Hinblick auf die Vertragsraumordnung aber auch, dass die Einbeziehung nichtbehördlicher Akteurinnen und Akteure in die hoheitliche Planentscheidungserlassung iSv „echten“ Aushandlungsprozessen wegen der zu beachtenden verfassungsrechtlichen Grenzen nur punktuell eröffnet werden kann und – folgt man der weitreichenden Ansicht von Kleewein2927 – darüber hinaus die formelle Bindung der Hoheitsgewalt an Willenserklärungen in Form privatrechtlicher Akte jedenfalls durch Gesetz2928 ausreichend vorherbestimmt ist. Somit bleibt die Grundaussage unverändert bestehen, dass der Mitwirkung an der Erlassung von Verordnungen ganz grundsätzlich ein informativer und/oder konsultativer, nicht jedoch bindender Charakter zugedacht ist und die strukturellen Voraussetzungen einer partizipativen Willensbildung rasch an (verfassungs-) rechtliche Grenzen stoßen. Organisationsrechtliche Schranken und das Gebot der Gesetzmäßigkeit, dem das verordnungserlassende Organ Rechnung zu tragen hat2929, machen dies deutlich. Wohl aber wäre es unrichtig, aus dem Fehlen eines individuellen Rechtsanspruchs auf Verfahrensteilhabe zu folgern, dass eine solche gänzlich unzulässig wäre2930. Vielmehr kann gerade im Zuge des meist nur rudimentär durchformten Verordnungsverfahren über die gesetzlichen Verpflichtungen 2923 Weiterhin skeptisch Lienbacher, in: Bachmann et al (Hg), Verwaltungsrecht9 478 f, der solche Regelungen weder mit dem Rechtsstaatsprinzip, dem Grundrecht auf Eigentum noch mit dem Legalitätsprinzip vereinbar sieht. 2924 Öhlinger, in: Baudenbacher et al (Hg), FS Barfuß 208. 2925 Schwaighofer, bbl 2005, 143. 2926 Zur Monopolstellung der Gemeinde im örtlichen Planungsbereich zB Mast, Vertrag 56 f. 2927 Kleewein, Vertragsraumordnung 418 f. 2928 Siehe schon die diesbezüglichen Forderungen nach einer gesetzlichen Grundlage bei Pernthaler/Purtscheller, JBl 1979, 286. 2929 Vgl etwa Aichlreiter, Verordnungsrecht I 729. 2930 So zB Schwaighofer, bbl 2005, 144.
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hinaus eine mehr oder weniger intensive Mitwirkung der Öffentlichkeit stattfinden2931. Dabei obliegt es in erster Linie den Behörden, die Möglichkeiten kooperativer Handlungsformen zu forcieren und das Potenzial von Partizipationsprozessen – wie etwa die Erzeugung von Problembewusstsein, die Identifizierung von divergierenden privaten wie auch öffentlichen Interessenlagen und den Gewinn von zusätzlichen Vorortinformationen – auszuschöpfen2932. d) Vereinbarungen zwischen Privaten im Bereich der Hoheitsverwaltung
Von den subordinationsrechtlichen Verträgen sind schließlich jene Vereinbarungen im Kontext von Genehmigungsverfahren zu unterscheiden, die ausschließlich auf einer Willenseinigung von Privaten untereinander auf den Gebieten des Verwaltungsrechts beruhen. Das Interesse an solchen dem Ausgleich dienenden Rechtsinstituten lässt sich vorrangig an jener Feststellung ausmachen, wonach grundsätzlich zu berücksichtigen gilt, dass öffentlich-rechtliche subjektive Rechte und Pflichten nicht Gegenstand eines zivilrechtlichen Rechtsgeschäfts sein können2933. Demgegenüber zeigen jedoch die nachfolgend angeführten Beispiele, dass die Rechtsordnung durchaus gestaltbare subjektive öffentliche-rechtliche Rechte vorsieht und einem dazu erfolgten Ausgleich eine nicht nur die Parteien, sondern auch die Behörde bindende Wirkung sowie die behördliche Entscheidung vertretende Funktion zuerkennt2934. aa) Übereinkommen nach dem Wasserrechtsgesetz
Solche Parteienvereinbarungen sieht also beispielsweise das vielfach ebenfalls an Schnittstellen von öffentlichem Recht und Privatrecht operierende Wasserrecht vor2935. Die im gegenständlichen Kontext zentrale Norm stellt § 111 Abs 3 WRG dar, wonach alle im Zuge eines wasserrechtlichen Verfahrens getroffenen „gütlichen Übereinkommen“ auf Antrag der Beteiligten mit Bescheid zu beurkunden sind. Über die Auslegung und Rechtswirkungen dieser Übereinkommen hat im Streitfall die Wasserrechtsbehörde zu entscheiden, sofern den Gegenstand der Vereinbarungen Rechtsverhältnisse bilden, zu deren Regelung im Entscheidungsweg die Wasserrechtsbehörde in Ermangelung eines Übereinkommens zuständig gewesen wäre2936.
2931 Siehe bereits 3.III.A.11. 2932 Vgl auch www.bka.gv.at/DocView.axd?CobId=30993 [12/2012]. 2933 Siehe unten 3.IV.B.1.c). 2934 Hiezu weiters 3.IV.B.1.b). 2935 Christoph Twaroch, Eigentum und Grenzen an Gewässern, NZ 1992, 121 f. 2936 Siehe VwGH 23.11.2000, 2000/07/0216.
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Daraus wird abgeleitet, dass der auf der Willenseinigung der Beteiligten beruhenden vertraglichen Übereinkunft betreffend wasserrechtliche Fragen „entscheidungsersetzende“ Bedeutung zukommt, da die Wasserrechtsbehörde angesichts des ihr vorgelegten bzw vor ihr getroffenen Übereinkommens2937 gerade nicht mehr im Bescheid (über zB die Einräumung von Zwangsrechten, Mitbenutzungsrechten oder Nutzungseinschränkungen) zu entscheiden hat2938. Solche Verträge bilden also eine wesentliche Grundlage des behördlichen Konsenses. Es stellt sich nun die zuweilen kontrovers behandelte Frage nach der Rechtsnatur dieser gütlichen Übereinkünfte. Gemeint sind damit ihre Einordnung entweder in das öffentliche Recht oder in das Privatrecht und die daraus wiederum zu beantwortenden Zuständigkeitsfragen. Schon Layer spricht im Zusammenhang mit dem Wasserrecht von gesetzlich vorgesehenen Übereinkommen der Parteien untereinander, denen unmittelbar öffentlich-rechtliche Wirkungen, also Wirkungen gegenüber der öffentlichen Verwaltung, beigelegt werden und wonach die gesetzliche Regelung nur als eine subsidiäre mangels des Zustandekommens eines solchen Übereinkommens zu gelten habe. Es liege – so Layer – in diesen Fällen ein öffentlich-rechtlicher Vertrag vor, da die Vereinbarung unmittelbar gegenüber der öffentlichen Verwaltung rechts- und pflichtbegründend wirkt2939. Haager-Vanderhaag nimmt hiezu an, dass die an sich privatrechtlichen Vereinbarungen durch die bei der mündlichen Verhandlung erfolgte Kenntnisnahme und Beurkundung seitens der Wasserrechtsbehörde „öffentlichrechtlichen Charakter“ erlangen2940. Er stützt sich dabei wiederum auf ein Erkenntnis des VwGH aus dem Jahr 1918, in dem der Gerichtshof konkretisierend festhält, dass dadurch, dass die grundsätzlich privatrechtliche Vereinbarung, deren Inhalt ein „Wasserrecht im technischen Sinne“ darstelle, von der Behörde genehmigend zur Kenntnis genommen wurde, ein „Vertrag öffentlich-rechtlichen Charakters“ zustande gekommen sei, der sich als eine „Ergänzung der dispositiven Vorschriften des Gesetzes bzw als eine Ergänzung der dispositiven Bestimmungen der einschlägigen wasserrechtli2937 Vgl Erika Wagner, Gestaltung von privatrechtlichen Übereinkommen im Rahmen wasserrechtlicher Verfahren, in: Herbert Rössler/Ferdinand Kerschner (Hg), Wasserrecht und Privatrecht (2006) 65. 2938 Raschauer, WRG § 111 Rz 11; ders, Verwaltungsrecht3 Rz 1229; so auch Kerschner et al, Umweltmediation 100; Wagner, in: Rössler/Kerschner (Hg), Wasserrecht 62. 2939 Max Layer, Zur Lehre vom öffentlich-rechtlichen Vertrag. Eine Studie aus dem österreichischen Verwaltungsrecht (1916) 33 f. 2940 Karl Haager-Vanderhaag, Das neue österreichische Wasserrecht. Kommentar zum Wasserrechtsgesetz (1936) 402.
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chen Konzessionsbestimmungen darstelle und daher als solcher der Judikatur der Wasserrechtsbehörden“ unterliege2941. Zuvor hat der VwGH bereits – im gegenständlichen Zusammenhang von „öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten“ des Wasserrechts – festgestellt, dass dem öffentlichen Recht eine vergleichsweise Erledigung von Streitfragen nicht fremd sei. Werde ein solcher unter den Parteien geschlossener Vergleich von der Wasserrechtsbehörde genehmigt, sei ein Rechtsboden geschaffen, der ein Bestandteil des öffentlichen Rechts bleibe und von den Behörden des öffentlichen Rechts zu schützen sei, wenn er angegriffen werde2942. Keinesfalls mehr eindeutig äußert sich der VwGH in seiner neueren Judikatur. In einem Erkenntnis aus dem Jahr 1978 wirft er selbst die Frage nach dem rechtlichen Gehalt von einem vor der Wasserrechtsbehörde geschlossenen und gem § 111 Abs 3 WRG beurkundeten Übereinkommen auf. Bloß eine Antwort darauf liefert er nicht, sondern begnügt sich mit dem Hinweis auf den Meinungsstand in Lehre und Rechtsprechung2943. Der VwGH verweist darin übrigens auf eines seiner früheren Erkenntnisse, in dem dieser Übereinkommen als auf Willensübereinstimmung beruhende Rechtsgeschäfte (Verträge) qualifiziert, die auch dann nach bürgerlichem Recht zu beurteilen seien, wenn sie in einem wasserrechtlichen Bescheid beurkundet werden. In erster Linie handelt es sich dabei aber um die Frage der Auslegung von Inhalten des Übereinkommens2944. In die Richtung von Haager-Vanderhaag weisen weiters die Überlegungen von Krzizek, wenn er meint, dass Übereinkommen auf Grundlage von § 111 Abs 3 WRG, die Gegenstände betreffen, zu deren bescheidmäßiger Regelung die Wasserrechtsbehörde zuständig sei, insbesondere im Gegensatz zu jenen nach § 113 Abs 1 WRG, ihre Eigenschaft als privatrechtliche Verträge verlieren und zu öffentlich-rechtlichen Verträgen werden2945. Ihnen ausdrücklich folgend geht der OGH davon aus, dass durch die Beurkundung eines solchen Übereinkommens im Bescheid, wodurch Rechtsverhältnisse berührt wurden, zu deren Regelung in Ermangelung des Übereinkommens die Wasserrechtsbehörde berufen gewesen wäre, die Vereinbarung ihre Eigenschaft als privatrechtlicher Vertrag verliere und sodann 2941 VwGH 28.5.1918, Z 7641, BudwSlg 12.135/A. 2942 VwGH 14.9.1912, Z 10.138, BudwSlg 9078/A. 2943 VwSlg 9559 A/1978. 2944 VwGH 4.10.1968, Z 248/68; siehe unten 3.III.B.5.d).aa).ddd). 2945 Friedrich Krzizek, Kommentar zum Wasserrechtsgesetz (1962) 452, der in diesem Zusammenhang übrigens auf das Erkenntnis des VwGH 11.4.1916, Z 2750, BudwSlg 11.354/A, hinweist, wobei dieses Zitat hier irreführend erscheint, da der Gerichtshof in diesem Judikat Fragen zur Behandlung privatrechtlicher Einsprüche zu behandeln hatte.
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als öffentlich-rechtlicher Vertrag zu qualifizieren sei2946. An seiner Rechtsauffassung hält der OGH übrigens auch nach den WRG-Novellen 1988 und 1990 fest2947. In diesem Sinn argumentiert weiters Rossmann, der in den Übereinkommen ganz grundsätzlich auf Willensübereinstimmung beruhende Rechtsgeschäfte erkennt, die auch dann nach bürgerlichem Recht zu beurteilen seien, wenn sie in einem wasserrechtlichen Verfahren beurkundet werden. Hätte die Wasserrechtsbehörde ohne Vorliegen des gem § 111 Abs 3 leg cit beurkundeten Übereinkommens eine Entscheidung zu treffen gehabt, sei dieses Übereinkommen jedoch als öffentlich-rechtlicher Vertrag zu beurteilen2948. Bei ihren Überlegungen stützt sich auch Ramsebner ausdrücklich auf die Rechtsprechung des OGH. Sie spricht zwar nicht von öffentlich-rechtlichen Verträgen, wohl aber von einem Vertrag mit öffentlich-rechtlicher Wirkung2949. Raschauer nimmt angesichts der Tatsache, dass der strittige Punkt durch das im Bescheid zu beurkundende Übereinkommen rechtsverbindlich geregelt werde, ebenfalls das Vorliegen eines Vertrags an. Da hier der Vereinbarungsgegenstand wasserrechtliche Fragen betreffe, die in Ermangelung eines Übereinkommens von der Behörde zu entscheiden wären, handle es sich um „verwaltungsrechtliche Verträge zwischen Privaten“2950. Eberhard spricht wiederum von koordinationsrechtlichen Verwaltungsverträgen zwischen Privaten. Zum einen seien diese von den subordinationsrechtlichen Verträgen zu unterscheiden, da sie ausschließlich zwischen gleichrangigen Privaten abgeschlossen werden. Da sie aber eine die behördliche Entscheidung ersetzende Funktion haben, bestehe ein qualitativer Unterschied zu rein privatrechtlichen Verträgen. Rechtliche Relevanz erhalten wasserrechtliche Übereinkommen durch die Beurkundung im gegenständlichen Bescheid2951. Oberleitner/Berger ist zu entnehmen, dass ein solches Übereinkommen auf einer Willenseinigung der Beteiligten zu beruhen habe. Ein Übereinkommen nach Maßgabe des § 111 Abs 3 WRG habe – so Oberleitner/Berger 2946 OGH 3.11.1982, 1 Ob 41/82. Die Ausführungen beruhen aber noch auf Grundlage des § 111 Abs 3 WRG vor der WRG-Nov 1990, BGBl 252/1990. 2947 Siehe OGH 23.6.1995, 1 Ob 40/94, der weiters festhält, dass der zwangsweisen Einräumung einer Dienstbarkeit eine nach § 111 Abs 3 WRG beurkundete Vereinbarung, womit eine sonst zwangsweise einzuräumende Dienstbarkeit „freiwillig“ bestellt wurde, gleichstehe. 2948 Harald Rossmann, Das österreichische Wasserrechtsgesetz3 (1993) 310. 2949 Eva-Maria Ramsebner, Das Recht am Grundwasser. Zivil-, verwaltungs- und europarechtliche Aspekte (2003) 103. 2950 Raschauer, Verwaltungsrecht3 Rz 1229. 2951 Eberhard, Vertrag 27 f.
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bezugnehmend auf die ältere Judikatur des VwGH2952 – die Bedeutung einer rechtserzeugenden Tatsache in dem Sinn, dass es unmittelbar ein Recht schaffe und dass die Behörde an das Übereinkommen gebunden sei2953. Stolzlechner/Wimmer gehen davon aus, dass es sich hiebei um eine Ermächtigung zum Abschluss von koordinationsrechtlichen Verträgen zwischen Privaten, unter spezieller Beteiligung von Verwaltungsbehörden, handle. In diesem Fall dürfe eine behördliche Entscheidung nur erlassen werden, wenn eine gütliche Übereinkunft zwischen den Privaten nicht zustande komme2954. Demgegenüber erkennt Wagner darin das Vorliegen eines ausschließlich privatrechtlichen Vertrags. Die Annahme eines öffentlich-rechtlichen Vertrags scheide schon allein deshalb aus, da es sich um keine Vereinbarungen zwischen Behörde und Privaten handle. Die Übereinkunft bleibe zivilrechtlicher Natur2955. Das Übereinkommen erhalte durch die Beurkundung, und gerade auf die Wirkung derselben rekurrieren ihre Überlegungen, keine normative Bescheidwirkung. Es handle sich dabei lediglich um eine Wissenserklärung der Behörde, wenn auch die Vereinbarung durch die behördliche Beurkundung die Beweiskraft einer öffentlichen Beweisurkunde iSd § 292 ZPO entfalte2956. aaa) Formalvoraussetzungen für das Zustandekommen von gütlichen Übereinkünften Ein iSd § 111 Abs 3 WRG beurkundungsfähiges Übereinkommen liegt – so die höchstgerichtliche Judikatur – jedenfalls nur dann vor, wenn von den bindungswilligen Vereinbarungsparteien festgelegt und (aus)formuliert worden ist, wie die von ihnen zu unterzeichnende Übereinkunft wörtlich lauten soll. Eine (einseitige) Parteienerklärung allein reicht, selbst wenn sie im Bescheid beurkundet worden ist, demnach nicht aus bzw stellt kein Übereinkommen iSd § 111 Abs 3 leg cit dar2957. Da in solchen Fällen die Beurkundung keine Wirkung entfaltet, kann demnach auch kein Wider2952 VwGH 23.1.1926, A 576/25, BudwSlg 14.123/A. 2953 Oberleitner/Berger, WRG3 § 111 Rz 16. 2954 Stolzlechner/Wimmer, in: Bammer et al (Hg), FS Machacek/Matscher 444 FN 6. 2955 Wagner, in: Rössler/Kerschner (Hg), Wasserrecht 73, bezieht sich dabei auch auf den Hinweis in den EB zur RV der WRG-Nov 1990, RV 1152 BlgNR 17. GP, worin – ohne nähere Begründung – der zivilrechtliche Charakter von Übereinkommen unterstrichen wird. 2956 Wagner, in: Rössler/Kerschner (Hg), Wasserrecht 72 ff sowie 77. 2957 Hiezu etwa VwGH 26.3.1980, Z 1571, 1576/77; 25.4.1996, 95/07/0114; 23.11.2000, 2000/07/0216; restriktiv OGH 23.6.1995, 1 Ob 2/95; bestätigt in 27.10.1999, 1 Ob 265/99y. Aus dem Schrifttum bereits Raschauer, WRG § 111 Rz 12; weiters Oberleitner/Berger, WRG3 § 111 Rz 16.
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spruch vorliegen, wenn der Bewilligungsbescheid anderes vorsieht als das vermeintliche, beurkundete Übereinkommen gem § 111 Abs 3 WRG2958. Darüber hinaus ist zu beachten, dass durch ein Übereinkommen der behördliche Ausspruch nur dann ersetzt wird, wenn das Übereinkommen alle jene Elemente enthält, die Gegenstand der behördlichen Entscheidung sein müssen (vollständige Einigung über den Rechtseingriff und die hiefür zu leistende Entschädigung). Ansonsten liegt ebenfalls keine Vereinbarung iSd § 111 Abs 3 WRG vor2959. Zu berücksichtigen ist ferner, dass solche Übereinkommen seit der WRG-Novelle 1990 lediglich auf Antrag der Beteiligten mit Bescheid zu beurkunden sind2960. Mangelt es gegebenenfalls an einem solchen Antrag, darf die Wasserrechtsbehörde eine gütliche Übereinkunft nicht beurkunden. Folglich hat auch der VwGH es für rechtmäßig erachtet, wenn die Berufungsbehörde ein Übereinkommen ersatzlos behebt, sofern kein Antrag der Vertragsparteien zur Beurkundung vorliegt2961. Ein Mitwirken der Wasserrechtsbehörde am Abschluss der Vereinbarung ist übrigens nicht gefordert. Die Übereinkunft muss lediglich im Zusammenhang mit dem Gegenstand der wasserrechtlichen Bewilligung getroffen und bis vor Abschluss des wasserrechtlichen Verfahrens der Behörde vorgelegt werden, sie muss also auch nicht unmittelbar vor der Behörde zustande kommen2962. Letztere hat aber sehr wohl zu prüfen, ob ein rechtswirksames, beurkundungsfähiges Übereinkommen vorliegt, andernfalls sie dieses nicht zu beurkunden hat. Tut sie es – bei gleichzeitiger Hintanhaltung 2958 VwGH 27.9.2000, 2000/07/0045. 2959 Siehe VwGH 26.3.1980, Z 1571, 1576/77; OGH 14.10.1974, 1 Ob 143/74; so auch schon Krzizek, Wasserrechtsgesetz 452; siehe weiters Wagner, in: Rössler/ Kerschner (Hg), Wasserrecht 62 und 79 f; Oberleitner/Berger, WRG3 § 111 Rz 15. 2960 Bis zur WRG-Novelle 1990 waren Übereinkünfte, sofern diese den formellen Voraussetzungen entsprachen, jedenfalls von der Behörde zu beurkunden. Über die Beweggründe der Abänderung schweigen die EB zur gegenständlichen RV; vgl RV 1152 BlgNR 17. GP. 2961 VwGH 25.4.1996, 95/07/0114. Vgl auch VwGH 27.4.2006, 2005/07/0177, wonach die Berufungsbehörde den Teil des Bescheidspruchs, der eine auf Grundlage eines vermeintlichen Übereinkommens eingegangene Verpflichtung der berufenden Partei vorsah, mit der Begründung ersatzlos behob, dass kein Antrag der Beteiligten zur Beurkundung vorgelegen wäre. Diese Begründung geht aber ins Leere. Vielmehr ist davon auszugehen, dass gar kein Übereinkommen zustande gekommen ist – wie auch in den weiteren Erläuterungen hervorkommt, hat die berufende Partei zu keinem Zeitpunkt der Parteienäußerung der Antragsgegner in irgendeiner Form zugestimmt –, sich also die Frage des „Antrags“ auf Beurkundung erst gar nicht stellen konnte. 2962 Siehe OGH 3.11.1982, 1 Ob 41/82; 23.6.1995, 1 Ob 40/94.
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der behördlichen Entscheidung (etwa über die Einräumung eines notwendigen Zwangsrechts) – dennoch, stellt dies einen Eingriff in Rechte der Parteien dar2963. bbb) Wirkungen des Übereinkommens und Aufgaben der Behörde In den vorangestellten Ausführungen wurde bereits angedeutet, dass derartigen Übereinkommen eine die Wasserrechtsbehörde bindende Wirkung und die behördliche Entscheidung vertretende Funktion zukommen2964. Zu fragen bleibt jedoch, ob solche Übereinkünfte in jedem Fall für die Behörde beachtlich sind und ob ihr eine über die formalen Voraussetzungen hinausreichende Prüfpflicht zukommt. Antworten hiezu gibt der VwGH schon in seinen älteren Erkenntnissen, wenn er etwa ausführt, dass die Behörde „nur mehr die Aufgabe [hatte] zu prüfen, ob aus Rücksicht des öffentlichen Interesses hiergegen etwas einzuwenden war, fand sie dies – wie hier – zu verneinen, so war sie an diese Vereinbarung der Parteien gebunden“2965. An dieser Rechtsauffassung hält der VwGH fest, indem er wenig später folgendermaßen argumentiert: „Dem öffentlichen Rechte war und ist die vergleichsweise Erledigung auftauchender Streitfragen nicht fremd, selbstverständlich mit dem Vorbehalte der Prüfung durch die zuständige Staatsbehörde vom Standpunkt öffentlicher Rücksichten aus, welche dahin führen kann, dass eine unter den Parteien getroffene Vereinbarung nicht genehmigt werden wird, falls solche Rücksichten dagegen sprechen“2966. Auch in der Lehre wird die Auffassung vertreten, dass von Übereinkommen gem § 111 Abs 3 WRG die Behörde bindende Wirkungen nur in einem gewissen Umfang ausgehen können. So hält zB Raschauer eine Vereinbarung insoweit für unzulässig und daher unbeachtlich, als sie den von der Wasserrechtsbehörde zu wahrenden öffentlichen Interessen zuwiderliefe. Darüber hinaus könne eine Bindung der Behörde insoweit nicht eintreten, als sie gegen ausdrückliche Bestimmungen des WRG verstößt. Die Übereinkunft müsse sich auf jene Gegenstände beschränken, die der Disposition der Vertragsparteien offen stehen. Vor allem können die Parteien nicht rechtswirksam über wasserrechtlich bewilligungspflichtige Tatbestände disponieren2967. Seien ferner Inhalte der Vereinbarung von Bedingungen abhängig, so 2963 VwGH 26.3.1980, Z 1571, 1576/77; Oberleitner/Berger, WRG3 § 111 Rz 17. 2964 Siehe insbesondere VwGH 16.2.1909, Z 1078, BudwSlg 6533/A; 23.1.1926, A 576/25, BudwSlg 14.123/A; 25.4.1996, 95/07/0114. 2965 VwGH 16.2.1909, Z 1078, BudwSlg 6533/A. 2966 VwGH 14.9.1912, Z 10.138, BudwSlg 9078/A. 2967 Siehe auch VwGH 27.9.2000, 2000/07/0045. „Über öffentliche Interessen können die Parteien auch in einem von der Behörde beurkundeten Übereinkommen nicht wirksam disponieren.“
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sei die Vereinbarung auf Antrag der Vertragsparteien zwar zu beurkunden, sie könne ihren entscheidungsvertretenden Zweck aber nur dann erfüllen, wenn die Vertragsparteien der Behörde bis zur Erlassung des Bescheids übereinstimmend mitteilen, dass die Bedingungen erfüllt seien2968. Den Ausführungen von Oberleitner/Berger ist schließlich zu entnehmen, dass der Behörde hinsichtlich der Ausgestaltung einer Parteienvereinbarung keine inhaltliche Ingerenz zukomme, sondern für sie infolge eines entsprechenden Antrags der Vertragsparteien lediglich die Pflicht bestehe, die ordnungsgemäß zustande gekommene Vereinbarung zu beurkunden. Zugleich gehen Oberleitner/Berger – wie schon erwähnt – in Anlehnung an die ältere VwGH-Judikatur2969 von einer Bindung der Behörde an das Übereinkommen aus. Jedoch habe sie unter dem Gesichtspunkt der Realisierungsvorsorge2970 zu prüfen, ob das Übereinkommen tatsächlich ausreiche, um die uneingeschränkte Erteilung der beantragten wasserrechtlichen Bewilligung zu gewähren. Andernfalls müsse entweder das Übereinkommen ergänzt oder mit Auflagen bzw Nebenbestimmungen und gegebenenfalls mit Abweisung des Bewilligungsantrags vorgegangen werden2971. Die Bindungswirkung von gütlichen Übereinkünften trifft aber freilich nicht nur die Wasserrechtsbehörde, sondern vor allem die Vertragsparteien selbst2972. Diese Feststellung ergibt sich schon allein aus dem Umstand, dass es sich hiebei eben um auf Willensübereinstimmung beruhende Rechtsgeschäfte handelt, deren rechtsverbindliche Wirkung aus § 859 ABGB erfließt2973. Ein einseitiges Abgehen ist also nicht zulässig, es sei denn, die/ der KonsenswerberIn reicht ein neues Projekt zur Bewilligung ein. In diesem Fall werden – so der VwGH – im Zuge eines wasserrechtlichen Verfahrens abgeschlossene Übereinkommen im wasserrechtlichen Konsens, den die/der Berechtigte nicht mehr in Anspruch nehmen will, gegenstandslos2974. 2968 Raschauer, WRG § 111 Rz 13. 2969 VwGH 23.1.1926, A 576/25, BudwSlg 14.123/A. 2970 Siehe hiezu VwGH 10.3.1992, 91/07/0132, wonach „grundsätzlich gleichzeitig mit der Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung für ein bestimmtes Projekt Vorsorge für dessen Realisierung, insbesondere im Hinblick auf die Inanspruchnahme fremder Liegenschaften, zu treffen (so genannte Realisierungsvorsorge)“ sei. Diese könne etwa in der Beurkundung eines Übereinkommens nach § 111 Abs 3 WRG oder in der Einräumung eines Zwangsrechts nach § 111 Abs 1 WRG bestehen; die Rechtsauffassung bestätigend VwGH 29.3.2007, 2006/07/0082. 2971 Oberleitner/Berger, WRG3 § 111 Rz 16. 2972 Vgl bereits VwGH 16.2.1909, Z 1078, BudwSlg 6533/A. 2973 Siehe insbesondere 3.III.B.5.d).aa).ddd). 2974 VwGH 25.4.1996, 95/07/0114. Siehe auch 3.III.B.5.d).aa).ddd).
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ccc) Wirkungen der Beurkundung Es kann also infolge der vorangestellten Überlegungen als unbestritten angenommen werden, dass beurkundungsfähige Übereinkommen grundsätzlich Bindungswirkungen sowohl für die Parteien als auch für die Wasserrechtsbehörde auslösen. Damit ist aber noch nicht geklärt, welche Wirkungen der Akt der Beurkundung entfaltet. Der OGH knüpft in seinen gegenständlichen Erkenntnissen jedenfalls konsequent an das Element der Beurkundung an. So führt er zum einen aus, dass durch die Beurkundung eines Übereinkommens im Bescheid die Vereinbarung dann ihre Eigenschaft als privatrechtlicher Vertrag verliere, wenn ohne sie die Wasserrechtsbehörde entscheiden hätte müssen2975. Zum anderen hält er fest, dass das Übereinkommen mit seiner Beurkundung notwendiger Bestandteil und in der Regel Grundlage des weiteren Entscheidungsinhalts werde. Konkret bedeute dies, dass durch die Beurkundung des Übereinkommens von der Wasserrechtsbehörde kundgetan werde, dass sie dieses als Grundlage ihrer Entscheidung anerkenne und es anstelle einer Regelung im Bescheid in ihr Verfahren einbeziehe2976. Überhaupt werde ein derartiges Übereinkommen erst kraft des Hoheitsakts der Beurkundung zu einem Übereinkommen iSd § 111 Abs 3 WRG2977. Demgegenüber scheint der VwGH davon auszugehen, dass die entscheidungsersetzende Wirkung des Übereinkommens schon allein dadurch einsetzt, dass eine solche Übereinkunft einerseits grundsätzlich beurkundungsfähig ist und andererseits in der Verhandlungsschrift enthalten ist oder der Behörde vorgelegt und von dieser zu den Akten genommen wird. Nur so ist es zu verstehen, wenn der Gerichtshof im Zusammenhang mit einem (zB mangels Parteienantrag) nicht beurkundeten Übereinkommen ausführt, dass ein im Zuge des wasserrechtlichen Verfahrens zwischen den Beteiligten geschlossenes gütliches Übereinkommen „die Bedeutung einer rechtserzeugenden Tatsache in dem Sinne [hat], dass es unmittelbar ein Recht schafft und dass die Behörde an das Übereinkom2975 OGH 3.11.1982, 1 Ob 41/82. Die Ausführungen beruhen zwar noch auf Grundlage des § 111 Abs 3 WRG vor der WRG-Nov 1990, wurden jedoch durch das spätere höchstgerichtliche Erkenntnis, OGH 23.6.1995, 1 Ob 40/94, bestätigt. 2976 OGH 3.11.1982, 1 Ob 41/82; 23.6.1995, 1 Ob 2/95. 2977 OGH 27.10.1999, 1 Ob 265/99y. Ähnlich wohl auch Bernhard Raschauer, Mitbenutzung von Leitungen und Netzzugang, ÖZW 2000, 65, wenn er ausführt, dass im Fall des Abschlusses von Übereinkommen zwischen den beteiligten Wasserberechtigten über die Mitbenutzung, die im Zuge eines wasserrechtlichen Verfahrens getroffen und im Bescheid beurkundet werden, eine verwaltungsrechtliche Vereinbarung vorliege, über die gem § 111 Abs 3 WRG im Streitfall die Wasserrechtsbehörde zu entscheiden habe.
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men gebunden ist“2978. Ergebe sich – so der VwGH in einem früheren Erkenntnis – aus der Auslegung der im Übereinkommen enthaltenen Parteienerklärungen, dass hinsichtlich der projektgemäßen Beanspruchung des Grundeigentums eine Übereinkunft zwischen ProjektwerberIn und Projektbetroffenen zustande gekommen sei und diese im Bescheid zu beurkunden gewesen wäre, müsse die wasserrechtliche Bewilligung in dieser Hinsicht nicht mit einem Zwangsrecht verbunden werden2979. Die divergenten Rechtsansichten der beiden Gerichtshöfe sind freilich nicht bloß akademischer Natur, sondern werfen vielmehr Fragen im Zusammenhang mit dem Ausspruch über die Notwendigkeit, den Gegenstand und den Umfang von Zwangsrechten, der Zuständigkeitsregel des § 111 Abs 3 Satz 2 WRG2980 und der Qualität des Übereinkommens als Urkunde auf. Folgt man der Rechtsauffassung des OGH, müsste zum einen – sofern aufgrund der angestrebten wasserrechtlichen Bewilligung notwendig – mangels einer gütlichen Übereinkunft iSd § 111 Abs 3 WRG die Behörde über die Einräumung von Zwangsrechten absprechen. Zum anderen, und davon geht der OGH unmissverständlich aus, wäre über Streitigkeiten aufgrund eines im Zuge eines wasserbehördlichen Verfahrens geschlossenen Parteiübereinkommens, das der Beurkundung in einem wasserbehördlichen Bescheid entbehrt, ausschließlich im streitigen Rechtsweg zu verhandeln und zu entscheiden2981. Nimmt man hingegen auf Grundlage der vorhin zitierten Judikatur des VwGH2982 an, dass grundsätzlich beurkundungsfähige, der Wasserrechtsbehörde zur Kenntnis gebrachte Übereinkommen für die Behörde ebenfalls beachtlich sind und in einem solchen Fall ein ansonsten notwendiges Zwangsrecht nicht eingeräumt werden muss, erscheint die Annahme zulässig, dass über Umfang und Inhalt der eingeräumten Rechte – freilich nicht über die in diesem Zusammenhang allenfalls vereinbarten Entschädigungen und Ersätze – die Wasserrechtsbehörde und erst im Rahmen der sukzessiven Zuständigkeit nach § 117 Abs 4 und 6 WRG das ordentliche Gericht zu entscheiden hat. Zu beachten ist ferner, dass von diesen Erwägungen letztlich auch die Verfahrensart betroffen wäre. In diesem Fall ist nämlich nicht das streitige Verfahren, sondern jenes außer Streitsachen die maßgebliche Verfahrensnorm2983. Dies lässt wiederum den Schluss zu, dass es der Ent2978 VwGH 25.4.1996, 95/07/0114 (mit Hinweis auf VwGH 23.1.1926, A 576/25, BudwSlg 14.123/A). 2979 VwSlg 6589 A/1965. 2980 Siehe insbesondere unten 3.III.B.5.d).eee). 2981 Hier nur OGH 27.10.1999, 1 Ob 265/99y. 2982 Vor allem VwGH 25.4.1996, 95/07/0114. 2983 Die Rechtsprechung des OGH zur Zuständigkeitsregel im Überblick OGH 29.1.2008, 1 Ob 189/07m.
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scheidung der Parteien, indem sie die Beurkundung des Übereinkommens beantragen oder eben nicht, obliegen würde, welche Verfahrensart im Streitfall zur Anwendung gelangen soll. Und letztlich ist in beiden Fällen davon auszugehen, dass, insoweit das Übereinkommen nicht in die Verhandlungsniederschrift aufgenommen wurde2984, mangels Beurkundung die Übereinkunft lediglich eine Privaturkunde darstellt. Unabhängig von der sich vorhin stellenden Frage lässt sich mit dem VwGH festhalten, dass durch ein Tätigwerden einer Wasserrechtsbehörde als Beurkundungsorgan Rechte weder begründet noch festgestellt oder abgeändert werden. Daran ändert selbst eine Aufnahme der Beurkundung in den Bescheidspruch nichts. Durch die behördliche Beurkundung wird im öffentlich-rechtlichen Bereich lediglich bezeugt, dass vor der Behörde bestimmte vertragliche Vereinbarungen getroffen worden sind2985. Das beurkundete Übereinkommen iSv § 111 Abs 3 WRG stellt folglich eine öffentliche Urkunde dar und begründet somit vollen Beweis dessen, was darin von der Behörde bezeugt wird2986. Da ein solches Übereinkommen nicht Gegenstand des behördlichen Ausspruchs zu sein hat, bildet es auch keinen selbständigen Exekutionstitel iSd § 1 VVG bzw § 1 EO2987. Der VwGH hält zudem fest, dass Inhalt eines Übereinkommens nach § 111 Abs 3 leg cit ausschließlich Rechtsverhältnisse zwischen den VertragspartnerInnen sein können. Diese wirken aber nicht gegen Dritte. Die öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen aus dem Konsens werden also durch die Beurkundung nicht berührt, da diese allein keinen meritorischen Ausspruch der Wasserrechtsbehörde darstellt. Gegenteiliges wäre – so die hypothetischen Überlegungen des VwGH2988 – nur anzunehmen, wenn die Einhaltung bzw Erfüllung des Übereinkommens im Bewilligungsbescheid (etwa in Form von Auflagen) ausdrücklich vorgeschrieben und an normative Konsequenzen geknüpft2989 würde und damit in dessen Rechtsinhalt einginge2990. Dann wäre
2984 Zur Qualifizierung des Verhandlungsprotokolls als öffentliche Urkunde VwGH 6589 A/1964. 2985 VwSlg 6477 A/1964. Siehe auch VwSlg 9559 A/1978. 2986 VwSlg 6477 A/1964; 9559 A/1978; Rossmann, Wasserrechtsgesetz3 310; Wagner, in: Rössler/Kerschner (Hg), Wasserrecht 73. 2987 VwSlg 9559 A/1978; Raschauer, WRG § 111 Rz 14. 2988 VwGH 2.10.1997, 97/07/0082; 8.7.2004, 2003/07/0097. 2989 Vgl VwGH 23.11.2000, 2000/07/0216. 2990 Wohl nicht anders ist das Erkenntnis des VwGH 23.1.1926, A 576/25, BudwSlg 14.123/A, zu verstehen, wenn dieser meint, dass durch die Aufnahme des Übereinkommens unter die Konsensbedingungen der aufrechte Bestand der erteilten wasserrechtlichen Bewilligung von der Einhaltung des Übereinkommens abhängig gemacht werde. Damit sei – so im entscheidungsgegenständlichen Fall – das
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auch eine Wirkung auf Dritte, sei es zu ihren Gunsten, sei es iSd Verpflichtung zu einer Duldung, durchaus denkbar2991. ddd) Auslegung von Übereinkommen Da wie schon angezeigt die Beurkundung eines Übereinkommens iSd § 111 Abs 3 WRG im wasserrechtlichen Verfahren dieses nicht in einen Bescheid umwandelt, stellen – so Rechtsprechung2992 und Lehre2993 – die gütlichen Übereinkommen auf Willensübereinstimmung beruhende Verträge dar. Zu beurteilen seien sie nach bürgerlichem Recht. Daraus ist nun nicht zwangsläufig zu folgern, dass es sich bei den gütlichen Übereinkünften gem § 111 Abs 3 WRG um zivilrechtliche Verträge handelt. Vielmehr ist die Rechtsanwendung in Ermangelung expliziter öffentlich-rechtlicher Vorschriften mitunter „zu einer rechtsgrundsatzanalogen Heranziehung zivilrechtlicher Bestimmungen“2994 genötigt2995. Bestätigung findet diese Auffassung etwa auch in der Judikatur des VwGH zur Bedeutung einer Willenserklärung, wenn der Gerichtshof ausführt, dass die Heranziehung des ABGB in dieser Frage berechtigt sei, da allgemeine Regelungen über die Wertung von Willenserklärungen in Verwaltungsvorschriften oder in Verfahrensvorschriften nicht enthalten seien2996. Im Zuge der Auslegung des Vertragsinhalts ist – zurückkommend zum gegenständlichen Kontext – folglich gem § 914 ABGB nicht bloß auf die enge Wortbedeutung zu achten, sondern die tatsächliche Parteienabsicht, hier der Geschäftszweck, zu erforschen und der Vertrag so zu verstehen, wie es der Übung des redlichen Verkehrs entspricht2997. Aber auch die Hindernisse, die einem mangelfreien Vertragsabschluss sowie in der Folge der Vertragsabwicklung im Weg stehen können (zB ursprüngliche Unmöglichkeit, Willensmängel), sind nach dem Privatrecht zu bestimmen. Insofern ist die Zustandekommen eines Wasserwirtschaftsplans zu einem öffentlich-rechtlichen, von der Wasserbehörde selbst zu überwachenden Interesse erklärt worden. 2991 Siehe weiters VwGH 31.1.2002, 2000/06/0107. Zustimmend Wagner, in: Rössler/ Kerschner (Hg), Wasserrecht 76 f. 2992 VwGH 4.10.1968, Z 248/68; 22.9.1992, 91/07/0007. 2993 Oberleitner/Berger, WRG3 § 111 Rz 18. 2994 Raschauer, Verwaltungsrecht3 Rz 1209 sowie 1280. 2995 Zu eben dieser Fragestellung hinsichtlich des öffentlich-rechtlichen Vertragsrechts Ehrke, Konsenstechniken 112; ausführlich Eberhard, Vertrag 139 ff. 2996 VwGH 21.4.1999, 94/12/0110 mwH. 2997 Zur Auslegung weiters VwGH 27.11.1990, 90/07/0026. Ebenso ist der Wegfall bzw die Änderung der Geschäftsgrundlage nach den Vorgaben des Privatrechts zu behandeln. Eine Berufung auf den Wegfall der Geschäftsgrundlage entspricht im Ergebnis der Geltendmachung eines Anfechtungsrechts; vgl VwGH 22.9.1992, 91/07/0007.
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Vereinbarung rechtsunwirksam, als sie zivilrechtliche Nichtigkeitstatbestände (zB Gesetz- und Sittenwidrigkeit) erfüllt2998. eee) Die Zuständigkeitsregel des § 111 Abs 3 Satz 2 WRG Über die Auslegung und die Rechtswirkungen solcher Vereinbarungen hat – wie insbesondere aus der kompetenzmäßigen Zuordnungsvorschrift in § 111 Abs 3 Satz 2 iVm § 117 WRG hervorgeht – im Streitfall im Allgemeinen die zuständige Verwaltungsbehörde mit Bescheid zu entscheiden2999. Anderes gilt jedoch, nämlich die Zuständigkeit der Zivilgerichte3000, erstens bei Einigungen gem § 113 WRG3001, die gerade nicht von § 111 Abs 3 Satz 2 leg cit erfasst sind3002, weiters seit den WRG-Novellen 1988 sowie 19903003 – und damit zweitens – bei Übereinkommen, in denen Entschädigungs-, Ersatz- oder Beitragsleistungen ausbedungen werden (§ 117 Abs 7 leg cit)3004 sowie drittens bei Streitigkeiten aufgrund eines im Zuge eines wasserbehördlichen Verfahrens geschlossenen Parteienübereinkommens, das jedoch nicht im wasserrechtlichen Bescheid beurkundet wurde3005 oder – trotz Beurkundung – sonstige formale Voraussetzungen nicht erfüllt und demgemäß nicht hätte beurkundet werden dürfen3006. Viertens schließlich entscheidet das Gericht auch im Rahmen der „sukzessiven Zuständigkeit“3007 nach § 117 2998 Siehe schon Raschauer, WRG § 111 Rz 12; weiters Wagner, in: Rössler/Kerschner (Hg), Wasserrecht 68. 2999 Raschauer, WRG § 111 Rz 14; ders, Verwaltungsrecht3 Rz 1229; Kerschner et al, Umweltmediation 100. 3000 Siehe OGH 25.1.1994, 1 Ob 27/93, der hiebei weitgehend der Rechtsansicht von Raschauer, WRG § 111 Rz 14, folgt; über die Frage der Zuständigkeit der Wasserrechtsbehörden bzw der Gerichte grundsätzlich OGH 23.6.1995, 1 Ob 40/94. 3001 Zu den privatrechtlichen Einwendungen siehe sogleich 3.III.B.5.d).aa).fff). 3002 Siehe auch VwGH 8.7.2004, 2003/07/0097. 3003 Maßgeblich für die Neuregelung der Zuständigkeitsfrage war die Auffassung des VfGH, VfSlg 11760/1988, dass Entschädigungsansprüche als zivilrechtliche nach Art 6 Abs 1 EMRK anzusehen seien. Hiezu RV 762 BlgNR 17. GP sowie Josef Aichlreiter, Zur Wasserrechtsgesetznovelle 1988 (Teil I), AnwBl 1989, 595. 3004 Vgl VwGH 27.9.2000, 2000/07/0045. Siehe auch Julia Juri, Die Parteistellung des Fischereiberechtigten im Wasserrechtsverfahren (2011) 120 f. 3005 Hiezu bereits oben 3.III.B.5.d).aa).ccc). 3006 Siehe OGH 23.6.1995, 1 Ob 2/95; 27.10.1999, 1 Ob 265/99y, mit der Begründung, dass es sich in diesen Fällen jeweils nicht um Übereinkommen iSd § 111 Abs 3 WRG handle. 3007 Zur sukzessiven Zuständigkeit bzw Kompetenz allgemein Antoniolli/Koja, Verwaltungsrecht3 56 f; Bernd-Roland Killmann, Einschränkung des verwaltungsrechtlichen Rechtsschutzes im Rahmen der sukzessiven Zuständigkeit bei Festsetzung der Enteignungsentschädigung. Bemerkungen zu VwGH 20.6.2001, 99/06/0200 und 11.7.2001, 2001/03/0089, ZfV 2002, 747 ff; Mayer, B-VG4 331; Grabenwarter/Holoubek, Verfassungsrecht Rz 780.
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Abs 4 und 6 leg cit, soweit in Übereinkommen „freiwillig“3008 zivilrechtliche Rechte (Eigentum und Dienstbarkeiten) eingeräumt werden, die sonst grundsätzlich auch zwangsweise von der Behörde eingeräumt werden oder die als kraft Gesetzes (§§ 72, 111 Abs 4 leg cit) eingeräumt gelten könnten3009. Im 1. und 3. Fall ist übrigens im streitigen Rechtsweg zu verhandeln und zu entscheiden, in den Fällen 2 und 4 kommt hingegen die Verfahrensart außer Streitsachen zur Anwendung3010. fff) Behandlung privater Einsprüche gem § 113 WRG Von den vorangestellten Überlegungen nicht betroffen sind aber bloß privatrechtliche Rechtsverhältnisse. Damit sind nämlich jene Vereinbarungen gemeint, die auf zivilrechtlichen Einwendungen gegen das wasserrechtliche Vorhaben beruhen, zu deren Entscheidung die Wasserrechtsbehörde gerade nicht berufen ist. Entscheidend ist hiebei, ob die Einwendungen subjektive öffentliche Rechte betreffen oder sie ausschließlich im Zivilrecht wurzeln wie beispielsweise geltend gemachte Wertminderungen, Beeinträchtigungen von Wegeund Pachtrechten oder der Bestand von dem Vorhaben entgegenstehenden zivilrechtlichen Verträgen3011. Nur die zuletzt Genannten sind von § 113 WRG umfasst3012. In diesen Fällen hat die Behörde, wenn sie im Wege der Einwendung im wasserrechtlichen Verfahren vorgebracht werden, auf eine gütliche Einigung hinzuwirken3013. Schlägt der Einigungsversuch im wasserrechtlichen Verfahren fehl, ist die einwendende Partei3014 hinsichtlich deren privatrecht3008 Zur „Freiwilligkeit“ vgl etwa OGH 23.6.1995, 1 Ob 40/94 (Duldung der Ausübung einer Dienstbarkeit). 3009 OGH 27.10.1999, 1 Ob 265/99y. 3010 Siehe zusammenfassend OGH 29.1.2008, 1 Ob 189/07m; weiters Josef Aichl reiter, Zur Wasserrechtsgesetz-Novelle 1988 (Teil II), AnwBl 1989, 662 f (wenn auch noch vor der WRG-Nov 1990); Rossmann, WRG3 311; Wagner, in: Rössler/ Kerschner (Hg), Wasserrecht 68 ff. 3011 Zu den privatrechtlichen Einwendungen im Überblick schon Friedrich Krzizek, Das öffentliche Nachbarrecht (1959) 118 f. 3012 Siehe Raschauer, WRG § 107 Rz 8 sowie § 113 Rz 2; Wagner, in: Rössler/ Kerschner (Hg), Wasserrecht 63. 3013 Ein „besonderes Bemühen“ seitens der Behörde ist von Gesetzes wegen nicht zu fordern. Ein bloßes Ansprechen der Möglichkeit durch die/den VerhandlungsleiterIn genügt; siehe Raschauer, WRG § 113 Rz 4. 3014 Als Parteien sind in diesem Zusammenhang übrigens nur jene Personen zu verstehen, die von § 102 Abs 1 WRG erfasst sind. Beteiligten iSd § 102 Abs 2 leg cit kommt hingegen kein Recht auf Erhebung von (privatrechtlichen) Einwendungen zu. Siehe hiezu VwGH 30.6.1992, 89/07/0160; 20.2.2003, 2000/07/0211; Raschauer, WRG § 113 Rz 2.
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lichen Vorbringen an die ordentlichen Gerichte zu verweisen. Kommt allerdings eine Vereinbarung zustande, ist diese mit Bescheid zu beurkunden. Die Beurkundung selbst hat – wie bei Übereinkommen iSd § 111 Abs 3 WRG – nicht im Spruch zu erfolgen, da die Übereinkunft keinen der Rechtskraft fähigen behördlichen Abspruch darstellt3015. Wohl aber ist – mit Krzizek und Wagner – anzunehmen, dass die Beurkundung den Übereinkommen die Qualität einer öffentlichen Urkunde iSd § 292 ZPO verleiht3016. Streitigkeiten aus solchen Vereinbarungen sind ausschließlich vor den Zivilgerichten, und dabei im streitigen Verfahren, zu verhandeln und zu entscheiden3017. Die Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung bleibt von solchen zivilrechtlichen Fragen jedenfalls unbeeinflusst, sei es, dass nun eine Einigung erzielt wird oder nicht. Dessen ungeachtet kann sich – so schon Raschauer – aufgrund eines Verfahrens vor dem Zivilgericht herausstellen, dass ein wasserrechtlich bewilligtes Vorhaben zivilrechtlich unzulässig ist und aus diesem Grund nicht realisiert werden darf3018. ggg) Eigene Überlegungen zur Einordnung von Übereinkommen gem § 111 Abs 3 Satz 2 WRG In Anbetracht der vorangestellten Ausführungen und des Meinungsstands kann als unstrittig zumindest angenommen werden, dass es sich bei den „gütlichen Übereinkünften“ um auf einer Willenseinigung der beteiligten Privaten beruhende Übereinkommen, also um Verträge, handelt. Was die Einordnung dieser Art von Verträgen betrifft, ist der Umstand als entscheidend anzunehmen, dass der Gesetzgeber eine Ermächtigung zum Abschluss von Vereinbarungen zwischen Privaten vorsieht, deren Gegenstand wasserrechtliche Fragen berührt, die – mangels eines solchen Übereinkommens – von der Wasserrechtsbehörde hoheitlich zu entscheiden „wären“. Daraus ist wiederum abzuleiten, dass nach dem Willen des Gesetzgebers eine behördliche Entscheidung nur ergehen soll, wenn es den Betroffenen nicht gelingt, zuvor eine gütliche Übereinkunft zu schließen. Allein mit dem Argument, dass das Materiengesetz der Sphäre des öffentlichen Rechts zuzurechnen ist bzw die hier zur Diskussion stehenden Verträge im Kontext des wasserrechtlichen Verfahrens geschlossen werden, ist freilich noch nichts zu gewinnen. Vielmehr besteht der qualitative Unterschied die3015 Raschauer, WRG § 111 Rz 7. 3016 Krzizek, Wasserrechtsgesetz 452; Wagner, in: Rössler/Kerschner (Hg), Wasserrecht 72 f. 3017 Siehe bereits 3.III.B.5.d).aa).eee). 3018 Raschauer, WRG § 113 Rz 6; so auch Wagner, in: Rössler/Kerschner (Hg), Wasserrecht 64.
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ser „verwaltungsrechtlichen Vereinbarungen“ zu „rein privatrechtlichen Verträgen“ zum einen darin, dass den einschlägigen Vereinbarungen ausdrücklich eine in Hinsicht der damit geregelten wasserrechtlichen Tatbestände die behördliche Entscheidung, deren wesentliche Grundlage sie bildet, ersetzende Funktion zugedacht ist3019, und zum anderen, dass grundsätzlich die Wasserrechtsbehörde über die Auslegung und die Rechtswirkungen solcher Übereinkommen – wenn auch nach Maßgabe des § 117 WRG – im Streitfall mit Bescheid entscheidet. Damit lässt sich insbesondere auch der Unterschied zu den nach § 113 WRG ebenfalls im Zuge des wasserrechtlichen Verfahrens zu schließenden sowie zu beurkundenden (auf privatrechtlichen Einwendungen beruhenden) Übereinkünften verdeutlichen, zu deren Entscheidung im Konfliktfall jedenfalls nicht die Behörde, sondern das Gericht berufen ist3020. Dass hiebei sodann von koordinations3019 Siehe zur unterschiedlichen Einordnung von Übereinkommen im WRG und im EisbEG – hier noch auf Grundlage des WRG vor den Novellen 1988 sowie 1990 und insbesondere des EisenbEntG, BGBl 71/1954, wobei die Grundaussagen auch nach der Novelle, BGBl I 112/2003, Gültigkeit haben – die Ausführungen von Max Brunner, Das „Übereinkommen“ in den Enteignungs- und Entschädigungsverfahren nach dem Eisenbahnenteignungsgesetz und dem Bundesstraßengesetz, ÖJZ 1976, 340, der annimmt, dass § 111 Abs 3 WRG Übereinkommen über Rechtsverhältnisse, zu deren Regelung im Entscheidungsweg die Wasserrechtsbehörde zuständig sei, ausdrücklich für zulässig erkläre und zur Entscheidung für Streitigkeiten aus einem derartigen, in einem wasserrechtlichen Verfahren geschlossenen Übereinkommen die Wasserrechtsbehörde berufe. Solche Bestimmungen fehlen jedoch im EisbEG. Die einschlägigen Regelungen (§§ 16, 17 EisbEG) sprechen vielmehr gegen die Zulässigkeit derartiger, die Entscheidung der Enteignungsbehörde ersetzenden Übereinkommen. Die Zustimmung des Enteigneten enthebe die Behörde weder ihrer Pflicht, über den Enteignungsantrag bescheidmäßig abzusprechen, noch ihrer Obliegenheit, die Zulässigkeit und sachliche Rechtfertigung des Enteignungsantrags zu prüfen und ihn bei mangelnder Berechtigung trotz Zustimmung des Enteignungsgegners abzuweisen. Zu den Übereinkünften infolge des EisbEG, die im Fall eines Übereinkommens über Enteignungsgegenstand und die Enteignungsentschädigung zumindest jeweils als zivilrechtliche Verträge (iSv Kaufverträgen) qualifiziert werden, vgl auch Josef Kühne, Zur Enteignung für Bundesstraßen. Anfechtung von Entschädigungsübereinkommen nach § 20 BStG 1971 und §§ 22 ff EisenbEntG 1954? Ein exemplarisches Rechtsproblem, ÖJZ 1981, 143 f; weiters Max Brunner, Zur Enteignung für Bundesstraßen – Anfechtung von Entschädigungsübereinkommen nach § 20 BStG und §§ 22 ff EisbEG. Eine Erwiderung auf den gleichnamigen Aufsatz von Kühne in ÖJZ 1981, 141, ÖJZ 1981, 426; Josef Aicher, Entsprechen die Bestimmungen über die Enteignung, insbesondere nach dem Bundesstraßengesetz, und ihre Praxis dem Grundrechtsschutz?, 9. ÖJT Bd I/1 (1985) 86 f. 3020 So hält schon der VwGH in einem älteren Erkenntnis – 10.4.1916, Z 2750, BudwSlg 11354/A – fest, dass die privatrechtliche Eigenschaft einer Parteieneini-
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rechtlichen und nicht von subordinationsrechtlichen Verwaltungsverträgen auszugehen ist, ergibt sich wiederum aus der Feststellung, dass nicht hoheitlich handelnde Verwaltungsträger mit Privaten, sondern ausschließlich gleichgeordnete (nicht hoheitlich tätig werdende) Personen mit einander kontrahieren3021. bb) Weitere Übereinkommen zwischen Parteien im vorgegebenen Kontext
Wie vor allem Raschauer aufzeigt, sind verwaltungsrechtliche Verträge zwischen Privaten nicht nur dem WRG zu entnehmen3022. So kennt etwa auch das Forstrecht im Zusammenhang mit der Bringung von Holz und sonstiger Forstprodukte über fremden Boden das Instrument einer entscheidungsersetzenden gütlichen Einigung. Konkret sieht § 66 Abs 4 ForstG die subsidiäre Kompetenz der Behörde vor, über die Notwendigkeit und die Art und Weise der Bringung zu entscheiden, wenn hierüber nicht zuvor zwischen den Parteien ein Übereinkommen geschlossen werden konnte3023. Eine weitere gegenständliche (Sonder-)Regelung enthält § 7 Abs 4 AgrVG3024, womit die Möglichkeit geschaffen wird, nach Entscheidung der I. Instanz und noch vor Vorlage von Berufungen oder Aufsichtsbeschwerden an die Oberbehörde die Bereinigung der Angelegenheit durch Parteienübereinkommen zu versuchen. Einer solchen rechtmäßigen, vor allem einschlägigen öffentlichen Interessen und zwingenden gesetzlichen Schranken nicht entgegenstehenden Übereinkunft kommt sodann dahingehend entscheidungsersetzende Wirkung zu, dass die Behörde I. Instanz ihren Bescheid selbst entsprechend abändern kann („Selbstabänderungsrecht“)3025. Letztlich geht aus den Vorschriften der Bodenreform, genauer gesagt aus dem eine Möglichkeit des Flurbereinigungsverfahrens regelnden § 50 Abs 2 gung (hier betreffend einer Regelungen des Ersatzes von zukünftigen Schäden, die durch den Betrieb der projektierten Stauanlage entstehen können) dadurch, dass letztere im Zuge eines Konsensverfahrens erzielt und in einem Verhandlungsprotokoll beurkundet wurde, keine Änderung erfahren habe und deshalb auch keinen wasserrechtlichen Schutz erlange. 3021 So Eberhard, Vertrag 27; Stolzlechner/Wimmer, in: Bammer et al (Hg), FS Machacek/Matscher 444 FN 6; Raschauer, Verwaltungsrecht3 Rz 1229. 3022 Raschauer, Verwaltungsrecht3 Rz 1231 f. 3023 Vgl auch OGH 26.7.2006, 3 Ob 112/06a, ohne sich aber mit der Qualifizierung der Parteienübereinkommen auseinander zu setzen. 3024 BGBl 173/1950 idF BGBl I 57/2002. 3025 Vgl hiezu Helmut Schwamberger, Zum Selbstabänderungsrecht der Agrarbehörde (§ 7 Abs 4 AgrVG), ZfV 1980, 408 f; Nikolaus Bachler/Roman Haunold, Bodenreformrecht, in: Roland Norer (Hg), Handbuch des Agrarrechts2 (2012) 565.
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Flurverfassungs-Grundsatzgesetz, hervor, dass von der Erlassung des Einleitungsbescheids und eines Flurbereinigungsplans Abstand genommen werden kann, wenn die Parteien Verträge in verbücherungsfähiger Form („Flurbereinigungsverträge“) oder Übereinkommen, die von der Agrarbehörde in einer Niederschrift beurkundet werden („Flurbereinigungsübereinkommen“), abgeschlossen haben. Diese Vereinbarungen sind dem Flurbereinigungsverfahren zu Grunde zu legen, wenn die Behörde mit Bescheid feststellt, dass sie zur Durchführung der Flurbereinigung erforderlich sind3026.
IV. Verwaltungsverfahren und Mediation A. Strukturelle Differenzen und Durchlässigkeit
Die vorangestellten Überlegungen machen deutlich, dass ein paradigmatischer Vergleich zwischen Familien- bzw Scheidungskonflikten – dem (nach wie vor) Hauptanwendungsfeld der Mediation – und solchen des politischadministrativen Bereichs nicht ohne weiteres angestellt werden darf, ohne die Unterschiede zwischen dem öffentlichen Recht und dem Zivilrecht zu berücksichtigen3027. Vor allem spiegelt sich die etwa von Adamovich/Funk getroffene Feststellung wider, dass der/dem Einzelnen grundsätzlich alles erlaubt ist, was ihm von der Rechtsordnung nicht verboten wird, während die Verwaltung auf Grund des Legalitätsprinzips auf positivrechtliche Ermächtigungen angewiesen ist3028 – dies sowohl aus inhaltlicher als auch formaler Sicht – und der Dispositionsfreiheit demnach entscheidende Grenzen gesetzt sind. Es ist wesentlich hervorzuheben, dass ein Verwaltungsakt als Ergebnis eines rationalen Prozesses der Auslegung von Rechtsvorschriften verstanden wird, der darüber hinaus zumindest de lege lata nicht derart an privatrechtliche Vereinbarungen geknüpft werden darf, sodass er nur mit einem zuvor zwischen diversen Betroffenen ausgehandelten Inhalt ergehen soll3029. Schließlich ist bei der Entscheidungsfindung, also bereits im Zuge eines je3026 Siehe Walter/Mayer, Besonderes Verwaltungsrecht 273; VwGH 27.4.2006, 2003/16/0511. 3027 Ferz, ZfV 2002, 324. 3028 Ludwig K. Adamovich/Bernd-Christian Funk, Österreichisches Verfassungsrecht3 (1985) 243. Siehe auch Brigitte Gutknecht et al, Umweltverfassungsrecht als Grundlage und Schranke der Umweltpolitik, ZfV 1990, 560; Antoniolli/Koja, Verwaltungsrecht3 536; Raschauer, Verwaltungsrecht3 Rz 557. 3029 Vgl etwa Aichlreiter, in: Schäffer et al (Hg), FS Koja 521, im Zusammenhang mit der Vertragsraumordnung. Im mediativen Kontext Wimmer, Verwaltungslehre2 328.
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den Verwaltungsverfahrens, im Unterschied zu Verhandlungsprozessen im Zivilrecht vom Staat das öffentliche Interesse, das Gemeinwohl aus eigenem zu wahren3030. Dabei wird auch deutlich, dass sich eine Verwaltungsentscheidung nicht ausschließlich auf einzelne partikuläre Interessen der Betroffenen konzentrieren darf, sondern ständig die weitergehenden, zum Teil nicht repräsentierten Interessen – selbst die von zukünftigen Generationen – mit zu berücksichtigen hat3031. Wohl aber sei einmal mehr festgehalten, dass dem öffentlichen Recht an sich und dem Verwaltungsverfahren im Besonderen nicht jeglicher Aushandlungsprozess fremd und er demnach nicht als unzulässig zu qualifizieren ist. Vielmehr kommt – wie insbesondere im Zusammenhang mit der Erarbeitung des Zwecks einer mündlichen Verhandlung gezeigt wird3032 – der Verwaltung schon jetzt die Pflicht zu, bei ihren Entscheidungen die vielfältigen Interessenkollisionen (sowohl öffentlich-rechtlicher als auch privatrechtlicher Prägung) mit zu berücksichtigen und im Rahmen gesetzlicher Vorgaben einen Ausgleich anzustreben, wenn auch die Hoheitsentscheidung letztlich ein einseitig heteronomer Akt, erlassen infolge eines Verfahrens und von einem hiezu ermächtigten Organ, bleiben muss. Damit ist auch schon angedeutet, dass der Vollzug des materiellen Verwaltungsrechts eben nicht ungeregelt, sondern auf Basis eines gesetzlich normierten Verfahrens erfolgt. Für das Handeln der Verwaltung hat dies wiederum zur Konsequenz, dass es einer gehörigen Abstimmung der beiden Verfahrensarten bedarf, um die auch bei öffentlich-rechtlichen Konflikten ausreichend vorhandenen Handlungsfreiräume tatsächlich ausfüllen und die Interessen der verschiedenen Betroffenen kanalisieren und in das öffentlich-rechtliche Gefüge einpassen zu können. Für die weitere Untersuchung ergibt sich aus diesen hier eben dargestellten Vorgaben somit das Erfordernis, zu klären, ob (informelle) staatliche Handlungsformen unter Einschluss von Konsensverfahren den Vorgaben des Verwaltungsverfahrensrechts entsprechen. 1. Grundsätzliches zum Verwaltungsverfahren
Wie schon im Zusammenhang mit der verfassungsrechtlich gewährleisteten Gesetzmäßigkeit der Verwaltung ausgeführt wurde, ist für das Tätigwerden der obrigkeitliche Verwaltung von essentieller Bedeutung, dass sie in ihrem Handeln an die in Gesetzen, Verordnungen, unmittelbar anwendbaren Verfassungsgesetzen sowie Staatsverträgen und weiters an die in unmittelbar 3030 Heinz Mayer, Verwaltungsrecht vor neuen Herausforderungen: Bürgerbeteiligung und Umweltverträglichkeit, AnwBl 1992, 357. 3031 Siehe hiezu auch schon die Ausagen der BehördenvertreterInnen im Zuge der empirischen Untersuchung in 1.III.D.2.b)bb). 3032 Vgl 3.III.A.8, 3.IV.A.4.d) und 3.IV.B.
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anwendbarem Gemeinschaftsrecht enthaltenen Vorgaben gebunden ist. Alle ihre behördlichen Entscheidungen dürfen nicht in Widerspruch zur Gesetzgebung stehen und müssen – entsprechend der rechtsstaatlichen Dimension des Art 18 Abs 1 B-VG – auf Grund der Gesetze nachvollziehbar sowie einer höchstgerichtlichen Überprüfung zugänglich sein; dh, sie haben nicht nur den materiellen Vorgaben zu entsprechen, sondern sind darüber hinaus in einem förmlichen Verfahren durch ein zuständiges Organ zu erlassen. Art 18 Abs 1 B-VG bindet folglich die Verwaltung als solche. Jedoch impliziert der Gesetzesvorbehalt, dass nicht nur die Vollziehung an sich gefordert ist, sondern auch der Gesetzgeber, und zwar zur Gewährleistung der entsprechenden Rechtssicherheit durch Vorhersehbarkeit inklusive effektivem Rechtsschutz. Der Gesetzgeber ist demnach verpflichtet, die Verwaltung und dabei vor allem deren hoheitliches Handeln in organisatorischer, inhaltlicher und verfahrensrechtlicher Hinsicht hinreichend zu bestimmen bzw zu determinieren3033. Damit ist klargestellt, dass der Vollzug des materiellen Verwaltungsrechts nicht ungeregelt, sondern auf Basis solcher gesetzlichen Vorschriften zu erfolgen hat, die den rechtlich gebundenen „Erzeugungsweg von Rechtsakten aus anderen Rechtsakten“3034 bzw das formale Vorgehen der Verwaltungsbehörden bei der Konkretisierung des materiellen Verwaltungsrechts näher bestimmen3035. Mit anderen Worten: Es braucht bei den hier interessierenden Bescheidverfahren (ermächtigender) Normen für ein prozessförmiges Vorgehen zur Erlassung individueller verwaltungsbehördlicher Entscheidungen3036. Deutlich wird somit aber auch, dass neue, (noch) nicht gesetzlich vorgesehene Elemente der Verfahrensbewältigung – wie eben die Mediation – nur insoweit Berücksichtigung finden können, als dies das bestehende Rechtsregime zulässt. Als „der“ Repräsentant einer zentralen („allgemeinen“), die Außenbeziehungen von Verwaltungsbehörden regelnden „Verfahrensanordnung“ für die hoheitliche Verwaltung3037 hat – allein schon wegen der verfassungsrechtlichen Grundlagen (Art 11 Abs 2 B-VG)3038 – zweifelsohne das AVG zu gelten3039, das neben Zuständigkeits-, Beteiligungs- und Kostenfragen vor 3033 Vgl 3.II.B.2. 3034 Antoniolli/Koja, Verwaltungsrecht3 601 f. 3035 Gerhart Wielinger, Einführung in das österreichische Verwaltungsverfahrensrecht12 (2010) Rz 3. 3036 Stolzlechner, Einführung5 Rz 739. 3037 Hiezu etwa Antoniolli/Koja, Verwaltungsrecht3 604 f. 3038 Siehe schon 3.II.B.6.b). 3039 Die darin enthaltenen Rechtsinstitute und Grundsätze finden zu einem erheblichen Teil auch in anderen Bereichen der hoheitlichen Verwaltung Anwendung; vgl Gruber, in: Bundeskanzleramt (Hg), Verwaltung 148.
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allem das eigentliche Verwaltungsverfahren und die Rechtsschutzmöglichkeiten gegen (behauptete) rechtswidrige Entscheidungen erfasst. Freilich bleibt zu berücksichtigen, dass das AVG zwar auf große Teile der hoheitlichen Bundes-, Landes- und der Selbstverwaltung nicht aber auf alle Bereiche der Verwaltung Anwendung findet. Vielmehr ist es in seiner Rechtswirkung allein insofern eingeschränkt, als einzelne Bestimmungen ausdrücklich nur subsidiär gelten („soweit in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist“3040)3041 und manche Bestimmungen in gewisser Hinsicht abweichende Regelungen zulassen3042. Auch sieht der Gesetzgeber – wie etwa für die Finanzverwaltung – mitunter eigene Verfahrensgesetze vor oder schließt – so zB bei der Durchführung von Wahlen und von Prüfungen (Art I Abs 4 EGVG) – die Anwendbarkeit des AVG explizit aus3043. Letztlich nicht unerwähnt bleiben soll, dass der VwGH auch in solchen Verfahren, für die keine Verwaltungsverfahrensvorschriften gelten, die Anwendung der allgemeinen Grundsätze eines rechtsstaatlichen Verwaltungsverfahrens, die im AVG ihren Niederschlag gefunden haben, für geboten hält3044. Somit seien die allgemeinen Verfahrensgrundsätze, wozu er das Parteiengehör3045, den Ausschluss wegen Befangenheit, die Bescheidbegründungspflicht und die außerordentlichen Rechtsmittel der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und die Wiederaufnahme des Verfahrens zählt, auch in „anderen“ Verfahren sinngemäß anzuwenden3046. 2. „Verfahrensanordnung“ – zeitliche und verfahrensrechtliche Aspekte
Wie schon im Zusammenhang mit der dt Rechtslage ausführlich dargestellt3047, gilt es, noch bevor der Blick auf Implementierungsmöglichkeiten von Mediation im Verwaltungsverfahren freigemacht werden kann, die Frage der Einordnung der Mediation in die Verfahrensabfolge sowohl in zeitlicher als auch in verfahrensrechtlicher Hinsicht zu beantworten. Notwendig 3040 Siehe aber auch die Derogationsklausel in § 82 Abs 7 AVG; hiezu Robert Walter/ Rudolf Thienel, Die Verwaltungsverfahrensnovellen 1998 (1999) 144 ff; Wessely, Eckpunkte 31 ff. 3041 Hengstschläger, Verwaltungsverfahrensrecht4 Rz 7 f. 3042 Wielinger, Einführung12 Rz 8; Walter et al, Verwaltungsverfahrensrecht9 Rz 15. 3043 Vgl etwa Gruber, in: Bundeskanzleramt (Hg), Verwaltung 147 und 162; Stolzlechner, Einführung5 Rz 741. 3044 VwSlg 1196 A/1950. 3045 VwGH 19.11.1998, 98/07/0165. Siehe auch Hauer/Leukauf (Hg), Handbuch6 § 37 AVG Anm 4. 3046 Vgl VwGH 21.11.2002, 2001/07/0027; siehe weiters Antoniolli/Koja, Verwaltungsrecht3 603; Merli, in: Hofmann et al (Hg), Rechtsstaatlichkeit 98; Wielinger, Einführung12 Rz 32. 3047 Siehe 2.IV.D.
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Verwaltungsverfahren und Mediation
ist dies deshalb, da eine diesbezügliche Entscheidung jeweils zu unterschiedlichen (rechtlichen) Herangehensweisen sowie vor allem Rechtsfolgen führt. Die Rede ist hier einmal mehr von den vor-, mit- und selbstlaufenden sowie integrierten Mediationsverfahren, deren Ergebnisse im Rahmen „informeller“ Abklärungsprozesse oder aber in förmlichen Verwaltungsverfahren zu erzielen sind. Es bleibt aber freilich nicht nur die zeitliche Abfolge zu beachten, sondern auch die Art der Verknüpfung der beiden Verfahrenstypen, die Zielrichtung der (Verwaltungs-)Handlung und die Frage nach der Einbindung der Behörde3048. Ganz grundsätzlich kann aber schon vorweg folgendes festgehalten werden: Je weiter die Integration von mediativen Prozessen in die behördliche Entscheidungsstruktur vorangetrieben werden soll, umso größer werden die Herausforderung aus (verwaltungs-)rechtlicher und mediativer Sicht. a) Vor-, mit- oder selbstlaufende Mediation ohne Behördenbeteiligung
In diesem Kontext ist zu sehen, dass zumindest die vor- und selbstlaufenden Mediationsverfahren, wohl auch die mitlaufenden informellen Prozesse, die nicht von den Behörden im Zuge eines hoheitlichen Entscheidungsverfahrens getragen werden, keinerlei öffentlich-rechtlichen Beschränkungen unterliegen und sie vor allem auch keinen Teil des Verwaltungsverfahrens darstellen. Diese vor- und selbstlaufenden – mit Abstrichen auch die mitlaufenden – Verfahren zwischen Privaten dienen in erster Linie der Vorbereitung des (zukünftigen) Verwaltungsverfahrens und nicht bloß der abschließenden Entscheidung desselben. Die Auswahl der MediatorInnen und der TeilnehmerInnen, die Gestaltung des Mediationsverfahrens und letztlich auch die getroffenen Vereinbarungen erfolgen daher auf privatautonomer Ebene durch die Verfahrensbeteiligten selbst. Am „privaten Charakter“ eines solchen Mediationsverfahrens ändert letztlich auch der Umstand nichts, dass VertreterInnen der betroffenen Verwaltungsorgane zu einzelnen (verfahrens-)rechtlichen Themen als Auskunftspersonen beigezogen werden bzw ihnen eine Beobachterrolle zugedacht wird. Fraglich könnte in diesem Zusammenhang sein, ob in einem solchen Fall das Handeln der Behörde einer gesetzlichen Ermächtigung bedarf. Dies ist aber zu verneinen. Vielmehr ist auf die infolge des Art 20 Abs 4 B-VG auf Bundes- und Landesebene geregelten Auskunftspflichtgesetze zu verweisen, die eine allgemeine Auskunftspflicht vorsehen, wonach jedermann berechtigt ist, Auskünfte zu Angelegenheiten im hoheitlichen oder nichthoheitlichen Bereich zu erhalten. Selbst die Verpflichtung zur Erteilung von Rechtsauskünften ist hievon prinzipiell erfasst3049. 3048 So schon umfassend in 2.IV.D.1. 3049 Siehe hiezu schon 3.II.B.14.b).
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Mediation im öffentlichen Bereich in Österreich
Auch Raschauer erkennt keine Hindernisse für eine Teilnahme von BehördenvertreterInnen. Diese haben lediglich die Zustimmung ihrer Dienstvorgesetzten einzuholen; jedenfalls sei die Teilnahme weder rechtlich noch sachlich ausgeschlossen. Insbesondere bei „eigenen“ oder nahestehenden Projekten könne seiner Meinung nach die „passive“ Beteiligung durchaus im dienstrechtlichen Interesse gelegen sein. Im Fall der Teilnahme bleibe jedoch zu beachten, dass die BehördenvertreterInnen erhöhten Sorgfaltspflichten, hier gewissen Warnpflichten, nach dem Standard des § 1299 ABGB, bei sonstiger Amtshaftung, unterliegen3050. Sie seien somit zumindest indirekt zu einer aktiven Mitwirkung an den Beratungen verpflichtet3051. Ohne nähere Begründung halten auch Kerschner et al die Teilnahme von BehördenvertreterInnen an einem Mediationsverfahren für möglich. Sie streichen darüber hinaus – völlig zu Recht – die Sinnhaftigkeit der passiven Beteiligung der Behörde heraus. Diese könne hiedurch nämlich wertvolle Einblicke in das Gesamtprojekt bekommen, die im Rahmen des formellen Verfahrens nicht möglich gewesen wären. Auch sei die faktische Einbindung für die Umsetzung der Mediationsvereinbarung hilfreich3052. b) Vor- oder selbstlaufende Mediation mit Behördenbeteiligung
Die Grenze der „Unbeachtlichkeit“ aus Sicht der Verwaltung wird aber dann überschritten sein, und dies unabhängig davon, ob eine gesetzliche Regelung hiefür parat steht3053 oder nicht, sollte die Verwaltung initiierend tätig werden oder zumindest aktiv, also gestalterisch an solchen informellen Aushandlungsprozessen teilnehmen. In diesen Fällen ist letztlich ein Ebenenwechsel zu konstatieren, der sich in der Verschiebung vom „rein“ Privaten hin zu einem öffentlich-rechtlich dirigierten Handeln manifestiert. Die ersten Fragen, die sich nunmehr in einem nächsten Schritt stellen, sind die nach der grundsätzlichen Befugnis der Verwaltung zur aktiven Teilnahme an diesen informellen Aushandlungen sowie insbesondere zu deren Initiierung und Durchführung. Hiefür kann jedoch auf die bereits getätigten einschlägigen Aussagen verwiesen werden. Ganz grundsätzlich wurde hiezu festgehalten, dass sowohl bei Kooperationsgesprächen als auch im Zusammenhalt mit den als normvollziehende, -vorbereitende bzw -vermeidende Absprachen bezeichneten Verwaltungstätigkeiten, also einerseits Absprachen im Vorfeld von Einzelfallregelungen oder zur Vermeidung derselben und andererseits im Zusammenhang mit abstrakt-generellen Normen, ge3050 Siehe auch 3.III.A.2. 3051 Bernhard Raschauer, Großverfahren, UVP und Öffentlichkeitsarbeit, in: ÖJK (Hg), Recht und Öffentlichkeit (2004) 92 f. 3052 Kerschner et al, Umweltmediation 70. 3053 Siehe sogleich 3.IV.A.2.c).
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Verwaltungsverfahren und Mediation
folgert werden kann, dass diese, sofern sie in einem derart engen sachlichen Konnex zu den, den jeweils zuständigen Behörden zugewiesenen Ermächtigungen zur Bewältigung der gegenständlichen Verwaltungsaufgaben stehen, bereits ausreichend gesetzlich determiniert sind und es keiner weiteren besonderen Ermächtigung bedarf, um den Anforderungen des Legalitätsprinzips zu entsprechen3054. Des Weiteren ist angesichts der Vorüberlegungen3055 davon auszugehen, dass informelle Vorverständigungen kein Rechtsverhältnis zwischen Behörde und BürgerInnen begründen. Auf solche Verständigungen und Absprachen, die einem Verwaltungsverfahren vorausgehen, sind darüber hinaus die Verwaltungsverfahrensgesetze nicht anwendbar. Das formale Verwaltungsverfahren ist gegenüber dieser Art des Verwaltungshandelns blind. Vorwirkungen derselben insbesondere iSd Gewährung rechtlichen Gehörs wären zwar zielführend, de lege lata ist ein derartiger Anspruch jedoch rechtlich nicht ableitbar. Dennoch kann aber nicht davon ausgegangen werden, dass es sich hiebei um einen gänzlich rechtsfreien Raum handelt. Informelle Verwaltungshandlungen dürfen jedenfalls weder die materiell-rechtlichen noch die verfahrensrechtlichen Bindungen des (nachfolgenden) Verwaltungsverfahrens konterkarieren, indem sich die zuständige Behörde zu Lasten Einzelner oder der Allgemeinheit in eine „Ratifikationslage“ manövriert und dadurch das Legalitätsprinzip verletzt und das eigentliche Verfahren sinnentleert wird. Die Behörde trägt somit in jedem Fall die Verantwortung für einen rechtsstaatlich einwandfreien Gesetzesvollzug. Zu diesem gehört schon aus rechtsstaatlichen Überlegungen, dass Verfahrensfehler zu unterbleiben haben, die auf einer Ungleichbehandlung, einer unvollständigen Ermittlungstätigkeit sowie dem Außer-Acht-Lassen des konkreten Sachverhalts beruhen. Daher muss im „förmlichen“ Verfahren die behördliche Entscheidung rechtlich wie faktisch so lange offengehalten werden, bis Drittbetroffene ausreichend Gelegenheit hatten, ihre subjektiven Rechte im Entscheidungsprozess geltend zu machen. Gleichsam muss dies auch hinsichtlich der sog Formalparteien und anderer am Verfahren zu beteiligende Behörden gelten. In dem Fall, dass die Behörde zur Stützung des Aushandlungsprozesses private MediatorInnen hinzuzieht, sind letztere übrigens als VerwaltungshelferInnen zu qualifizieren. Die Rechtsbeziehung wird auf Grundlage eines privatrechtlichen Vertrags zu gestalten sein3056. Einer gesetzlichen Ermächtigung bedarf es hiefür nicht3057. 3054 Siehe 3.III.A.7 sowie 3.III.A.8. 3055 Siehe 3.III.A.1. 3056 Hiezu ausführlich 3.II.C.5. 3057 Siehe 3.II.B.10.a).
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Mediation im öffentlichen Bereich in Österreich
c) Mediation im „Vorverfahren“
Im Zuge der Auseinandersetzung mit formalisierten (informellen) Vorabverständigungen und Aushandlungsprozessen wurde bereits auf die Besonderheit des fakultativen „Scoping-Prozesses“ gem § 4 UVP-G eingegangen und dabei dessen Schlüsselfunktion für den weiteren Verlauf des UVP-Verfahrens angedeutet3058. Dem Sinn und Zweck dieses mit § 5 dUVPG vergleichbaren Vorverfahrens, nämlich für eine gründliche Vorbereitung insbesondere der Antragstellung letztlich aber auch des eigentlichen Genehmigungsverfahrens verbunden mit den Aspekten der Vereinfachung, Optimierung und Beschleunigung zu sorgen, würde es durchaus entsprechen, wollte man darüber hinaus darin bereits de lege lata einen Freiraum für die frühzeitige Aufarbeitung von Interessenkonflikten mit Hilfe von Mediation erkennen; denn, obgleich dieses Vorverfahren einen starken bipolaren Charakter aufweist, verunmöglicht es der Gesetzgeber auch nicht, dass neben den zwingend zu beteiligenden mitwirkenden Behörden3059 allenfalls weitere Dritte in eine solche Vorabstimmung einbezogen werden können3060. Ja, das Gegenteil ist der Fall. § 4 Abs 2 UVP-G überlässt es vielmehr der Behörde, wie sie das Verfahren zweckmäßig ausgestaltet und ob sie hiezu Dritte wie zB die (betroffene) Öffentlichkeit, VertreterInnen der Umweltanwaltschaft oder von Bürgerinitiativen hinzuzieht3061. Folgt man zudem den Ausführungen von Madner, wonach die öffentliche Akzeptanz eines Projekts wesentlich vom Verlauf der Scoping-Phase geprägt werde und der Ausschluss der bereits formierten kritischen Öffentlichkeit vom Vorverfahren die Ablehnung eines Vorhabens fundamental verstärken sowie die Behörden dem Vorwurf mangelnder Objektivität aussetzen könne3062, so wird sichtbar, dass die Entscheidung über die Gestaltung der Vorabverständigung nicht ohne Auswirkungen auf den Verlauf des UVP-Verfahrens bleibt. Zu diesem Ergebnis gelangen insbesondere Klaffl et al in ihrer Studie, denen zufolge die Frage der frühzeitigen Einbindung der Öffentlichkeit auch eine „verfahrensstrategische Risikoentscheidung“ ProjektwerberInnen sei. Nehmen diese nämlich Abstand von einer Öffentlichkeitsbeteiligung, nehmen sie auch ein erhöhtes Risiko an Ergebnisoffenheit in Kauf. Im umgekehrten Fall vergrößere sich aber die Chance einer erhöhten Planungssicherheit3063. 3058 Siehe 3.III.A.10. 3059 Madner, in: Merli/Greimel (Hg), Optimierungspotenziale 93. 3060 Schmelz/Schwarzer, UVP-G § 4 Rz 21. 3061 Vgl EB zu § 4 in 168/A NR 21. GP. 3062 Madner, in: Merli/Greimel (Hg), Optimierungspotenziale 94. 3063 Ingrid Klaffl et al, UVP-Evaluation. Evaluation der Umweltverträglichkeitsprüfung in Österreich (2006) 137.
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Damit ist einmal geklärt, dass in dieser vorbereitenden Phase grundsätzlich ohne Einschränkung alle Konfliktbetroffenen beteiligt werden dürfen und es der Behörde obliegt, wie sie die Einbindung derselben gewährleistet. Zu prüfen bleibt jedoch, ob unter dem Begriff „Dritte“ gegebenenfalls auch MediatorInnen fallen können. Dies erscheint – eingedenk insbesondere auch der Überlegungen in der dt Literatur3064 – im Hinblick auf den Zweck des Vorverfahrens und vor allem auch im Hinblick auf die demonstrative Aufzählung in den EB nicht ausgeschlossen. Und selbst dann, wollte man in § 4 Abs 2 UVP-G keine rechtliche Grundlage für die Hinzuziehung von MediatorInnen erkennen, müsste der Einsatz von MediatorInnen insoweit zulässig sein, als damit keine Verfrachtung der Verfahrensleitungskompetenz der öffentlichen Verwaltung auf die privaten MediatorInnen verbunden wird3065. Solange also die MediatorInnen eine der Verwaltungsaufgabe dienende Funktion ausüben, steht ihrem Einsatz als VerwaltungshelferInnen, und das gerade in diesem wenig durchformten Vorverfahren, nichts entgegen. Anders als die dt Regelung in § 5 dUVPG sieht § 4 Abs 2 UVP-G eine dreimonatige Frist von der Antragstellung durch die ProjektwerberInnen bis zur Stellungnahme der Behörde vor. Dieses Zeitkorsett könnte also für die Durchführung einer Mediation einengend wirken. Dem ist aber zumindest aus verfahrensrechtlicher Sicht entgegenzuhalten, dass ein solches Vorverfahren nicht durch einen Bescheid zu entscheiden ist, stellt doch die behördliche formlose Stellungnahme wohl „nur“ einen Realakt ohne Bescheidqualität dar3066. Nachdem aber ein Devolutionsantrag gem § 73 Abs 2 AVG lediglich dann zulässig ist, wenn die Behörde verpflichtet war, mit Bescheid zu entscheiden3067, so fehlt im gegenständlichen Zusammenhang den ProjektwerberInnen der geeignete Rechtsbehelf; dies insbesondere dann, wenn man wie Ennöckl/Raschauer annimmt, dass es sich bei der Frist bloß um eine an die Behörde gerichtete Ordnungsvorschrift handelt3068. Abgesehen von der Möglichkeit der Einbindung eines Mediationsprozesses in das Vorverfahren bietet der frühe Zeitpunkt, zu dem das Scoping naturgemäß angesetzt ist, die Chance, die ProjektwerberInnen rechtzeitig auf die Gelegenheit der Durchführung von Öffentlichkeitsbeteiligungspro3064 Hiezu 2.IV.M.5. 3065 Siehe einmal mehr 3.II.B.10.a). 3066 Vgl Ennöckl/Raschauer, UVP-G2 § 4 Rz 5, erkennen darin eine „schlicht-hoheitlichen Informationsakt eigener Art“. Siehe auch schon Wimmer/Bergthaler, in: Bergthaler et al (Hg), Umweltverträglichkeitsprüfung 138, die von einem „Randphänomen“ des Verwaltungsakts sprechen, „das am ehesten mit der behördlichen Auskunft vergleichbar ist“. 3067 Nur Hengstschläger/Leeb (Hg), AVG IV § 73 Rz 151. 3068 Ennöckl/Raschauer, UVP-G2 § 4 Rz 5.
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zessen unterschiedlicher Intensitätsstufen hinzuweisen. In Anlehnung an die Regelung des § 204 ZPO könnte daher vom Gesetzgeber eine Manuduktionspflicht dahingehend vorgesehen werden, dass die Behörde, wenn dies insbesondere aufgrund der zu erwartenden Widerstände der Öffentlichkeit zweckmäßig erscheint, auch auf Möglichkeiten zur kooperativen Beteiligung wie zB den Stakeholderdialogen, Runden Tischen, Konsensus-Konferenzen und eben die Mediation hinzuweisen hat. d) Mediation im Rahmen eines Verwaltungsverfahrens
Noch einmal anders einzuordnen sind schließlich jene „Aushandlungsprozesse“, die während und vor allem im Zuge eines konkreten Verwaltungsverfahrens unter der Verantwortung der entscheidenden Behörde mit der Zielsetzung des Erlasses eines Verwaltungsakts angestrengt werden. In diesen Fällen bildet ein Mediationsprozess quasi einen Teil des Verwaltungsverfahrens, sodass das AVG bzw die entsprechenden Materiengesetze, sofern diese grundsätzlich Geltung entfalten, unmittelbar Anwendung finden und folglich die konsensualen Verfahren erst in das formale Regelungsregime einzupassen sind. 3. Grobskizzierung des Verwaltungsverfahrens nach Maßgabe des AVG
Das in Teilbereichen stark formalisierte Verwaltungsverfahren3069 erster Instanz lässt sich grundsätzlich in drei Abschnitte gliedern und zwar in die Verfahrenseinleitung, in das Ermittlungsverfahren und in die Erledigung3070. Hinzu treten schließlich die dem Rechtsschutz dienenden Möglichkeiten3071. Eingeleitet können Verwaltungsverfahren in zweierlei Weise werden, einerseits von Amts wegen (amtswegiges Verfahren3072) und andererseits auf Antrag (Antragsverfahren3073). Die entsprechenden Regelungen hiefür sind aber nicht vorrangig dem AVG, sondern vielmehr den jeweils anzuwendenden Verwaltungsvorschriften zu entnehmen3074. Solche Regelungen 3069 Eine Legaldefinition des Verwaltungsverfahrens ist dem AVG, ja der österreichischen Rechtsordnung, im Gegensatz beispielsweise zum VwVfG (siehe 2.IV.A) nicht zu entnehmen. 3070 Walter et al, Verwaltungsverfahrensrecht9 Rz 259. 3071 Stolzlechner, Einführung5 Rz 742. 3072 Vgl beispielsweise § 68 Abs 7 AVG. 3073 Antragsrechte werden regelmäßig dann festgelegt, wenn der Verfahrensgegenstand im ausschließlichen oder zumindest überwiegenden Interesse bestimmter Personen liegt, wie dies vor allem bei Anträgen bzw Ansuchen um (Bau-)Bewilligungen (zB § 22 Abs 1 Stmk BauG) der Fall ist. 3074 Siehe auch VwGH 24.3.1998, 97/05/0258.
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können mitunter auch vorsehen, dass ein Verwaltungsverfahren sowohl von Amts wegen als auch auf Antrag einzuleiten bzw durchzuführen ist3075. Wird nun ein Genehmigungsverfahren durch einen verfahrenseinleitenden Parteienantrag – so zB auf Grundlage des § 5 Abs 1 UVP-G 2000 – in Gang gesetzt, dann definiert damit die Partei gegenüber der Behörde den Verfahrens- bzw Prozessgegenstand3076. Letzterer obliegt es daraufhin, zur Feststellung des für die Erledigung der Verwaltungssache maßgeblichen Sachverhalts bei gleichzeitiger Wahrung des Parteiengehörs, womit einerseits den Parteien die Gelegenheit eingeräumt wird, alles vorzubringen, was ihren Rechtsstandpunkt stützt, und andererseits die Verpflichtung zum Ausdruck kommt, dass die Behörde sich mit den Parteienvorbringen auch auseinander zu setzen hat3077, regelmäßig ein Ermittlungsverfahren durchzuführen (§§ 56 iVm 37 AVG). Nach dem Konzept des AVG hat die Behörde dabei – unabhängig davon, ob das Verfahren auf Antrag oder von Amts wegen eingeleitet wurde – von Amts wegen vorzugehen („Offizialmaxime“)3078 und von sich aus den „entscheidungsrelevanten Prozessstoff“ beizuschaffen (Untersuchungsgrundsatz)3079. Sie ist darüber hinaus ermächtigt, den Gang des Ermittlungsverfahrens, also das „Wie“ zu bestimmen (Grundsatz der arbiträren Ordnung), insoweit die betreffenden Verwaltungsvorschriften hierüber keine näheren Anordnungen treffen3080. Sowohl für das Einleitungs- als auch für das Ermittlungsverfahren gilt, wie Walter et al betonen, weitgehend Formfreiheit3081. Das Ermittlungsverfahren dient gem § 37 AVG – wie eben angedeutet – nicht nur der objektiven Sachverhaltsfeststellung, sondern auch dazu, den Parteien die Möglichkeit zu geben, ihre Rechtsansprüche bzw rechtlichen Interessen geltend zu machen. Der damit angezeigte und präzisierte Grundsatz des Parteiengehörs soll insbesondere gewährleisten, dass die Parteien vom Ergebnis der Beweisaufnahme Kenntnis erlangen und dazu Stellung
3075 Allgemein Walter et al, Verwaltungsverfahrensrecht9 Rz 261 ff. 3076 VwGH 21.12.1987, 87/10/0051; siehe auch Walter/Thienel (Hg), Verwaltungsverfahrensgesetze17 § 8 AVG Anm 2; Hengstschläger, Verwaltungsverfahrensrecht4 Rz 116; Walter et al, Verwaltungsverfahrensrecht9 Rz 162/1. 3077 Im Überblick etwa Hengstschläger, Verwaltungsverfahrensrecht4 Rz 372 ff; siehe auch Wielinger, Einführung12 Rz 96. 3078 Walter/Thienel (Hg), Verwaltungsverfahrensgesetze I2 § 39 AVG Anm 2. 3079 Siehe etwa VwGH 27.6.1997, 96/19/0256. 3080 VwGH 2.6.1998, 97/01/1146; Adamovich/Funk, Verwaltungsrecht3 396 f; Thienel/Schulev-Steindl, Verwaltungsverfahrensrecht5 149 f; Wielinger, Einführung12 Rz 93; Walter et al, Verwaltungsverfahrensrecht9 Rz 273. 3081 Walter et al, Verwaltungsverfahrensrecht9 Rz 259.
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nehmen können (§ 45 Abs 3 AVG)3082. Nicht zuletzt soll mit dem Mitwirkungsrecht3083 der Parteien die Möglichkeit geschaffen werden, dass die erlassene Entscheidung weitgehend frei von Verfahrensfehlern ergeht, die ihren Grund in der unterlassenen Kenntnisnahme und Nichtberücksichtigung des Sachvortrags der Parteien haben kann. Es dient folglich, und damit schließt sich der Kreis, der Ermittlung der materiellen (wirklichen) Wahrheit. Dem Recht auf Gehör kommt – so schon Hengstschläger/Leeb – damit nicht nur eine rechtstaatliche, sondern auch eine demokratische Funktion insofern zu, als die Parteien dadurch auch an der Erzeugung der sie betreffenden individuellen Normen mitwirken können3084. Gegenstand des Parteiengehörs ist aber – wie etwa Antoniolli/Koja deutlich machen – bloß der von der Behörde festzustellende Sachverhalt und nicht auch die darauf beruhenden rechtlichen Schlussfolgerungen; diese obliegen der Behörde3085. Im Dienste des Grundsatzes des Parteiengehörs3086 steht außerdem die mündliche Verhandlung, die eine spezielle kontradiktorische Form der Durchführung (eines Teils) des Ermittlungsverfahrens darstellt3087. Ihr kommt neben der Funktion der Feststellung des objektiven Sachverhalts auch jene zu, einen Ausgleich zwischen konkurrierenden Interessen von Parteien und zwischen deren Ansprüchen und den öffentlichen Interessen herbeizuführen3088. Bei der Gestaltung des Ermittlungsverfahrens selbst sind nach Maßgabe des AVG der Behörde Entscheidungsspielräume oder Handlungsalternativen eingeräumt3089, wobei sie sich bei deren Ausfüllen bzw Auswahl jeweils 3082 Klaus Berchtold, Verfahrensgarantien im Bereich des öffentlichen Rechts: Die Rechtslage in Österreich, in: Franz Matscher (Ed), Verfahrensgarantien im Bereich des öffentlichen Rechts (1989) 137 f; Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2 § 45 Anm 5; Antoniolli/Koja, Verwaltungsrecht3 611; Hauer/ Leukauf (Hg), Handbuch6 § 37 AVG Anm 2 sowie § 45 AVG Anm 10; Hengstschläger, Verwaltungsverfahrensrecht4 Rz 373. 3083 Zur Frage, ob die Mitwirkung der Parteien an der Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts als Recht oder gegebenenfalls als Pflicht zu verstehen ist, (auch iZm der Frage der Beweiswürdigung) etwa Heinz Bachler, Die allgemeine Mitwirkung der Parteien im Verwaltungsverfahren – „Pflicht“ oder „Recht“?, ÖJZ 1995, 404 ff; Hauer/Leukauf (Hg), Handbuch6 § 37 AVG Anm 4; Walter et al, Verwaltungsverfahrensrecht9 Rz 321. 3084 Hengstschläger/Leeb (Hg), AVG II § 37 Rz 11. 3085 Antoniolli/Koja, Verwaltungsrecht3 611 f. 3086 Egbert Mannlicher/Heimgar Quell, Das Verwaltungsverfahren I8 (1975) § 43 AVG Anm 6. 3087 Siehe etwa Grabenwarter, Verfahrensgarantien 561; Walter et al, Verwaltungsverfahrensrecht9 Rz 278. 3088 Hengstschläger/Leeb (Hg), AVG II § 40 Rz 3; Wielinger, Einführung12 Rz 101. 3089 Siehe Walter/Thienel (Hg), Verwaltungsverfahrensgesetze I2 § 39 AVG Anm 3.
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am Effizienzprinzip bzw am Grundsatz der Verfahrensökonomie3090 zu orientieren hat3091. Damit ist gemeint, dass sie sich bei der Festlegung des Verfahrensablaufs und den daraufhin zu ergehenden Verfügungen3092 von Rücksichten auf „möglichste“ Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis leiten zu lassen hat3093 (§ 39 Abs 2 AVG)3094. Darüber hinaus bleibt für sie die – gegenüber dem Effizienzprinzip vorrangig zu beachtende – Verpflichtung, die Einhaltung der in § 37 AVG normierten Zwecke des Ermittlungsverfahrens zu gewährleisten3095. Aus dem Zusammenhalt der Ermessensdeterminanten der §§ 37 und 39 Abs 2 AVG leiten Judikatur und Lehre folglich ab, dass die Behörde auf der einen Seite nicht willkürlich vorgehen und etwa aus Gründen der Verfahrenseffizienz die Durchführung eines Ermittlungsverfahren unterlassen bzw abkürzen3096 oder das Recht auf Parteiengehör unterlaufen darf3097. Auf der anderen Seite ist sie jedoch angehalten, nicht notwendige Kosten für die Parteien zu vermeiden3098. Ist demnach der Sachverhalt ausreichend geklärt, ist die Behörde verpflichtet, von weiteren objektiv nicht zielführenden Ermittlungen (zB auf Grund neuer Beweisanträge)3099 Abstand zu nehmen und ihre Entscheidung zu treffen3100. IdS ist wohl auch § 56 AVG zu verstehen, wonach ein Ermittlungsverfahren dann entfallen kann, wenn der Sachverhalt „von vornherein klar gegeben ist“3101. 3090 Antoniolli/Koja, Verwaltungsrecht3 610, sprechen ihrerseits vom Grundsatz der raschen Entscheidung. 3091 Siehe Thienel/Schulev-Steindl, Verwaltungsverfahrensrecht5 150. 3092 Diese stellen idR Verfahrensanordnungen dar, die nicht gesondert, sondern erst in der Berufung gegen den die Angelegenheit erledigenden Bescheid angefochten werden können (§ 63 Abs 2 AVG); siehe Thienel/Schulev-Steindl, Verwaltungsverfahrensrecht5 150. 3093 ZB hinsichtlich der Abhaltung einer mündlichen Verhandlung VwGH 24.2.2000, 99/06/0168. 3094 Vgl auch Hengstschläger/Leeb (Hg), AVG II § 39 Rz 39; Thienel/SchulevSteindl, Verwaltungsverfahrensrecht5 150, die hiebei von allgemeinen Ermessensdeterminanten ausgehen, die nicht bloß für die Gestaltung des Ermittlungsverfahrens, sondern darüber hinaus für das Verwaltungsverfahren als solches Relevanz entfalten. 3095 Hengstschläger/Leeb (Hg), AVG II § 39 Rz 40; Walter et al, Verwaltungsverfahrensrecht9 Rz 275; vgl weiters Thienel/Schulev-Steindl, Verwaltungsverfahrensrecht5 151. 3096 Vgl etwa VwGH 25.3.1996, 95/10/0073; 8.7.2004, 2004/07/0002. 3097 Antoniolli/Koja, Verwaltungsrecht3 610. 3098 VwGH 17.6.1994, 91/17/0195. 3099 Bachler, ÖJZ 1995, 403. 3100 Walter et al, Verwaltungsverfahrensrecht9 Rz 275. 3101 Thienel/Schulev-Steindl, Verwaltungsverfahrensrecht5 151 sowie 206.
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Erachtet die Behörde das eingeleitete Verfahren schließlich für entscheidungsreif, kann sie das Ermittlungsverfahren – durch Verfahrensanordnung – für geschlossen erklären (§ 39 Abs 3 AVG)3102; jedenfalls hat sie es gehörig zu „erledigen“ (§ 73 Abs 1 AVG). Der häufigste und gegenständlich relevante Fall ist die Erledigung in Form des Bescheids3103. 4. Verwaltungsverfahrensintegrierte Mediation
Auch wenn das AVG keine explizite rechtliche Grundlage für Mediation enthält, so ist dennoch davon auszugehen, dass die Integration eines solchen Verfahrens zulässig ist. Die Begründung hiefür wurde bereits im Zusammenhang mit der Frage der Zulässigkeit von informellen Aushandlungsprozessen angeführt3104. Die zentrale Aussage reicht nämlich dahin, dass im Zusammenhalt von §§ 37 mit § 39 Abs 2 AVG sowie unter Berücksichtigung des Vermittlungsauftrags gem § 43 Abs 5 AVG die den vorgegebenen Handlungsspielraum auszufüllende Befugnis der Behörde erkennbar wird, dass auf Grund einer zweckmäßigen Verfahrensgestaltung konsensuale Verfahrenshandlungen im Rahmen des Verwaltungsverfahrens gesetzt werden dürfen. Letztlich wird aber die Frage, welche Art des Ermittlungsverfahrens einfach und zweckmäßig ist, von der Behörde einzelfallabhängig zu beantwortetn sein. Sie ist jedenfalls – dagegen spricht schon der Grundsatz der möglichst raschen und effizienten Erledigung – nicht generell zugunsten konsensualer Vorgehensweisen zu entscheiden. Die Durchführung einer Mediation kann aber in keinster Weise das förmliche Verfahren substituieren. Vielmehr hat die Behörde trotz aller Kooperationsbestrebungen stets die ihr nach dem Konzept des AVG in Gestalt von Grundsätzen zugewiesenen Aufgaben während des gesamten Verfahrens wahrzunehmen. Folglich sind aber auch dem Mediationsspielraum Grenzen gesetzt, die zu übersteigen de lege lata nicht zulässig ist. Voreilig erscheint aber die Schlussfolgerung, wie vor allem am Beispiel des Beweisverfahrens und der mündlichen Verhandlung zu zeigen sein wird, dass damit kein Platz für, das förmliche Verfahren ergänzende, Verfahrensschritte wie eben die Mediation bestehe3105. a) Beweisverfahren
Wenn davon ausgegangen wird, dass das Ermittlungsverfahren vor allem bezweckt, den maßgeblichen, entscheidungsrelevanten Sachverhalt zu ermit3102 Hiezu krit Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensnovellen 1998, 22 f; Hauer/ Leukauf (Hg), Handbuch6 § 39 AVG Anm 15. 3103 Walter et al, Verwaltungsverfahrensrecht9 Rz 373 ff. 3104 Siehe 3.III.A.8. 3105 So jedoch zB Wimmer, Verwaltungslehre2 328.
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teln, dann ist damit in erster Linie das Beweisverfahren angesprochen3106. Auch hiezu sind dem AVG Grundsätze zu entnehmen bzw entfalten die für das Ermittlungsverfahren, wovon ja das Beweisverfahren einen Teil bildet3107, geltenden Grundsätze für letzteres (Teil-)Verfahren ihre Wirkung. So führt das Prinzip der Offizialmaxime in diesem Zusammenhang dazu, dass die Behörde den Sachverhalt von Amts wegen festzustellen sowie die Art und die Reihenfolge der aufzunehmenden Beweise zu bestimmen hat3108. Beweisanträge der Parteien sind freilich schon aus Rücksicht auf das Recht auf Parteiengehör3109 zulässig und von der Behörde zu beachten respektive dahingehend zu überprüfen, ob die vorgebrachten Beweisthemen oder Beweismittel tatsächlich der Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts dienen3110 oder aber offenbar unerheblich sind3111. Solche Beweisanträge können die Behörde jedoch weder binden3112, noch ist sie auf solche Anträge der Verfahrensparteien angewiesen3113. Es obliegt der Behörde also die Wahrung des Grundsatzes der materiellen Wahrheit3114. Dieser, als Ausfluss des Offizialprinzips (§ 39 Abs 2 iVm § 37 AVG) geltende3115 Grundsatz verpflichtet die Behörde zur „vollständigen“ Feststellung des objektiven Sachverhalts3116 durch Aufnahme aller hiefür notwendigen Beweise, ohne dabei – wie schon angedeutet – zugleich an ein Parteienvorbringen gebunden zu sein (Untersuchungsgrundsatz)3117. Insbesondere darf von der Behörde ohne zweckdienliche Ermittlungen respektive ohne Prüfung des Wahrheitsgehalts nicht für wahr gehalten werden, was von den Parteien „außer Streit“ gestellt wird3118. Folglich muss die Pflicht zum amtswegigen Vorgehen auch 3106 Hengstschläger, Verwaltungsverfahrensrecht4 Rz 368. 3107 Hengstschläger/Leeb (Hg), AVG II § 45 Rz 1. 3108 Siehe Antoniolli/Koja, Verwaltungsrecht3 608; Thienel/Schulev-Steindl, Verwaltungsverfahrensrecht5 185; Walter et al, Verwaltungsverfahrensrecht9 Rz 320. 3109 Vgl VwGH 20.12.2005, 2005/12/0157. 3110 Bachler, ÖJZ 1995, 404. 3111 Walter et al, Verwaltungsverfahrensrecht9 Rz 321. 3112 Hauer/Leukauf (Hg), Handbuch6 § 37 AVG Anm 2; Stolzlechner, Einführung5 Rz 746. 3113 Berchtold, in: Matscher (Ed), Verfahrensgarantien 139. 3114 Hengstschläger/Leeb (Hg), AVG II § 37 Rz 5. 3115 Antoniolli/Koja, Verwaltungsrecht3 608. 3116 Siehe auch Walter/Thienel (Hg), Verwaltungsverfahrensgesetze I2 § 45 AVG Anm 4. 3117 Hengstschläger/Leeb (Hg), AVG II § 39 Rz 7; vgl auch Ehrke, Konsenstechniken 49. 3118 VwGH 30.4.1998, 97/06/0225; siehe auch Gruber, in: Bundeskanzleramt (Hg), Verwaltung 149; Antoniolli/Koja, Verwaltungsrecht3 609; Walter/Thienel (Hg), Verwaltungsverfahrensgesetze I2 § 39 AVG Anm 2; Wolfgang Fasching/Walter Schwartz, Verwaltungsverfahrensrecht im Überblick4 (2009) 31; Stolzlechner,
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immer als Pflicht zur Berücksichtigung des öffentlichen Interesses – als Schranke der Freiheit der/des Einzelnen – in einer dem Gesetz entsprechenden Weise gedeutet werden3119. Überhaupt unterliegen die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens nicht der Disposition der Parteien3120. Demzufolge kann also weder angenommen werden, dass es zur Disposition der TeilnehmerInnen eines Mediationsverfahrens steht, welches Entscheidungsmaterial und welche Interessen in die Erledigung einzubeziehen sind, noch, dass die Behörde an Beweisanträge der Parteien gebunden ist. Insofern liegt der Schluss nahe, dass sich hiedurch der zur Verfügung stehende Mediationsspielraum von vornherein verkleinert3121. Das AVG sieht keine abschließende Typologie zulässiger Beweismittel vor, sondern folgt vielmehr dem Prinzip der Unbeschränktheit der Beweismittel3122. Als solche können die erhebenden Behörden gem dem Grundsatz der arbiträren Ordnung3123 daher alles heranziehen, was ihnen zur Feststellung des maßgebenden Sachverhalts geeignet erscheint und nach Lage des Falls zweckdienlich ist (§ 46 AVG)3124. Dabei ermöglicht § 55 AVG den Behörden – außer in Verfahren vor den UVS, insoweit eine mündliche Verhandlung durchgeführt wird, und in solchen vor Verwaltungsbehörden mit Tribunalcharakter im Anwendungsbereich des Art 6 MRK3125 – mittelbare Beweisaufnahmen und Erhebungen (Grundsatz der Mittelbarkeit des Verfahrens3126)3127. Die erkennende Behörde ist daher nicht angehalten, die Beweisaufnahmen selbst vorzunehmen. Nach Maßgabe des § 55 AVG ist es jedenfalls zulässig, die Beweisaufnahme durch andere ersuchte oder beauftragte „Verwaltungsbehörden“ oder einzelne dazu bestimmte „amtliche Organe“ (der Verwaltungsbehörden3128) sowie in gesetzlich besonders beEinführung5 Rz 747; weiters Dolp, Umweltmediation aus der Sicht der Verwaltungsbehörde – „Alter Wein in neuen Schläuchen?“, ÖGZ 9/01, 14; Petek, in: Environmental Mediation, 47; Schwaighofer, bbl 2005, 106 f. 3119 Wielinger, Einführung12 Rz 95. 3120 Hengstschläger/Leeb (Hg), AVG II § 37 Rz 5. 3121 Vgl auch 2.IV.F. und 2.IV.G. 3122 Walter/Thienel (Hg), Verwaltungsverfahrensgesetze I2 § 46 AVG Anm 2. 3123 Hengstschläger/Leeb (Hg), AVG II § 46 Rz 2. 3124 Die im AVG genannten Beweismittel sind demnach auch nicht iS einer abschließenden Aufzählung zu verstehen; vgl Hauer/Leukauf (Hg), Handbuch6 § 46 AVG Anm 2; Stolzlechner, Einführung5 Rz 749. 3125 Hengstschläger, Verwaltungsverfahrensrecht4 Rz 416; Thienel/Schulev-Steindl, Verwaltungsverfahrensrecht5 191. 3126 Siehe schon Wurst, JBl 1960, 637. 3127 Vgl Hengstschläger/Leeb (Hg), AVG II § 55 Rz 4 ff. 3128 Der VwGH, VwSlg 4557 A/1958, hebt in diesem Zusammenhang nämlich ausdrücklich die Unterscheidung zwischen Behörden und behördlichen Organen ieS und den Organen der öffentlichen Sicherheit oder Organen der öffentlichen
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stimmten Fällen durch Gerichte vornehmen zu lassen. Darüber hinaus kann die Behörde die Beweisaufnahme auch durch formlose sonstige Erhebungen ersetzen oder ergänzen3129. Damit sind wiederum „allgemein gehaltene Aufklärungen, Informationen“ gemeint, „die ohne Bezugnahme auf eine bestimmte Form oder Art eines Beweises“ eingeholt werden (zB Erhebungsmaterialien, formlose Befragung von Personen)3130. Deren Einholung kann durch andere Behörden oder auch durch andere nichtbehördliche, „zu solchen Aufgaben berufene“ amtliche Organe – zB durch jene der Exekutive – erfolgen3131. Daraus wird aber außerdem abgeleitet, dass die erkennende Behörde selbst formlose Ermittlungen durchführen darf und die förmliche Beweisaufnahme durch die sonstigen Erhebungen ersetzen kann3132. An der Mittelbarkeit der Beweisaufnahme ändert letztlich auch eine mündliche Verhandlung nichts. Diese stellt lediglich eine Handlungsalternative zur Feststellung des objektiven Sachverhalts und damit auch zur Aufnahme von Beweisen dar3133. Ihr besonderer Wert liegt zweifellos in ihrer Konzentrationswirkung begründet, demzufolge durch die gleichzeitige Teilnahme aller Verfahrensbeteiligten an einem gemeinsamen Termin die Sachverhaltsermittlung und Beweiserhebung zügig vorangetrieben werden kann3134. Diese Vorgehensweise der Behörde bringt es aber nicht mit sich, dass auch alle Beweise im Rahmen dieser Verhandlung erhoben werden müssen; es reicht vielmehr zur Erfüllung des Grundsatzes auf Parteiengehör aus, dass den Parteien anderweitig Gelegenheit eingeräumt wird, vom Ergebnis der außerhalb der mündlichen Verhandlung durchgeführten Beweisaufnahmen Kenntnis und dazu Stellung nehmen zu können3135. Die Beweisergebnisse dürfen die entscheidenden Behörden, womit ein weiterer Grundsatz, nämlich jener der freien Beweiswürdigung angesproAufsicht hervor. Dies führe seiner Meinung nach zum Ergebnis, dass Beweisaufnahmen im Gegensatz zu sonstigen Erhebungen den Organen der Behörden vorbehalten blieben. Siehe auch Hengstschläger/Leeb (Hg), AVG II § 55 Rz 5. 3129 Walter et al, Verwaltungsverfahrensrecht9 Rz 330. 3130 Siehe die EB zu RV 116 BlgNR 2. GP sowie AB 360 BlgNR 2. GP; siehe auch Mannlicher/Quell, Verwaltungsverfahren I8 § 55 AVG Anm 2. 3131 Mannlicher/Quell, Verwaltungsverfahren I8 § 55 AVG Anm 2 und 4; Hengstschläger/Leeb (Hg), AVG II § 55 Rz 8; Walter et al, Verwaltungsverfahrensrecht9 Rz 332. 3132 Hengstschläger/Leeb (Hg), AVG II § 46 Rz 5 ff sowie § 55 Rz 9. 3133 Siehe schon 3.IV.A.4.d).aa). 3134 Freilich trägt auch die an die Durchführung einer mündlichen Verhandlung geknüpfte Möglichkeit der Präklusion jener Parteien, die sich an der Verhandlung oder spätestens einen Tag vor deren Beginn nicht am Verfahren in besonderer Form beteiligen, zu deren Konzentrationswirkung bei. Siehe bereits 3.IV.B.1.b). 3135 Mannlicher/Quell, Verwaltungsverfahren I8 § 55 AVG Anm 8; Hengstschläger/ Leeb (Hg), AVG II § 39 Rz 27.
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chen ist, nach eigener, freier Überzeugung als glaubwürdig oder unglaubwürdig qualifizieren (§ 45 Abs 2 AVG)3136. Die Behörden sind dabei an keine Beweisregeln gebunden3137. Auch bedeuten diese Vorgaben – wie übrigens auch jene des § 46 AVG –, dass die einzelnen Beweismittel als objektiv gleichwertig gelten und dass sich die Beweiskraft der einzelnen Beweismittel nicht nach formalen Rangordnungen richtet (Grundsatz der Gleichwertigkeit aller Beweismittel)3138. Die Behörden haben aber bei der Feststellung des inneren Wahrheitsgehalts3139 jedenfalls schlüssig iSd Denkgesetze vorzugehen3140. Die eigentliche „außerordentliche Freiheit des Beweisverfahrens“ offenbart sich aber vor allem in der Zusammenschau mit § 46 AVG, wonach als Beweismittel alles in Betracht kommt, was zur Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts geeignet und nach Lage des Einzelfalls zweckdienlich ist3141. b) Mediation und behördliche Sachverhaltsermittlung
An die zuletzt getätigte Aussage ist auch im Hinblick auf die Fragestellung der Integration der Mediation anzuknüpfen und zwar konkret an die Wendung „außerordentliche Freiheit des Beweisverfahrens“. Diese kann aber gleichsam in die „außerordentlichen Freiheiten der Behörde im Beweisverfahren“ abgewandelt werden. Begründen lässt sich dies damit, dass es der Behörde nicht nur erlaubt ist, alles, der Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts geeignete als Beweismittel in ihren Ermittlungen in Betracht zu ziehen, sondern sie darüber hinaus ermächtigt ist, über die Art und den Umfang der Ermittlung selbst zu bestimmen, insoweit Verwaltungsvorschriften keine Anordnungen enthalten (§§ 37 iVm 39 Abs 2 AVG). Der Behörde kommt also ein derart weiter Entscheidungsspielraum zu, aufgrund dessen es grundsätzlich zulässig erscheint, im Einzelfall eine konsensuale, durch KonfliktmittlerInnen unterstützte Ausgestaltung der Sachverhaltsklärung durchzuführen. Dafür spricht darüber hinaus der ausgleichende Grundtenor, der dem AVG zugrunde gelegt ist. Freilich verhält sich das AVG zu den Fragen der 3136 Wurst, JBl 1960, 637; Fasching/Schwartz, Verwaltungsverfahrensrecht4 32; Stolzlechner, Einführung5 Rz 748. 3137 Damit wird weder ein willkürliches Vorgehen gerechtfertigt, noch ermächtigt die freie Beweiswürdigung zur Ausübung von Ermessen. Hiezu etwa Antoniolli/ Koja, Verwaltungsrecht3 609; Hauer/Leukauf (Hg), Handbuch6 § 45 AVG Anm 6; Hengstschläger, Verwaltungsverfahrensrecht4 Rz 371. 3138 Hengstschläger/Leeb (Hg), AVG II § 45 Rz 10 sowie § 46 Rz 1. 3139 Hauer/Leukauf (Hg), Handbuch6 § 45 AVG Anm 8. 3140 Vgl Hengstschläger/Leeb (Hg), AVG II § 45 Rz 8; Walter et al, Verwaltungsverfahrensrecht9 Rz 325 f und 329. 3141 So Antoniolli/Koja, Verwaltungsrecht3 609.
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Verwaltungsverfahren und Mediation
Einschaltung von privaten MediatorInnen neutral. Insbesondere fehlt es an einer diesbezüglichen, konkretisierenden Regelung. Deshalb ist hiebei auch auf die Grundsätze der funktionalen Privatisierung zurückzugreifen. Sieht demnach der Verfahrensgang nichts anderes vor3142, kann die Behörde grundsätzlich Verfahrensschritte auf Private übertragen. Im gegebenen Kontext ist jedoch § 55 Abs 1 AVG zu beachten, wonach die Beweisaufnahmen nicht unmittelbar von der entscheidenden Behörde selbst vorzunehmen sind, sondern diese Aufgabe auch durch ersuchte oder beauftragte Verwaltungsbehörden oder einzelne dazu bestimmte amtliche Organe zu erledigen ist. Die MediatorInnen sind nun aber nicht als „Verwaltungsbehörden“ zu qualifizieren und selbst eine Einordnung als amtliche Organe, sie sind insbesondere auch keine Amtssachverständigen iSd § 52 Abs 1 AVG, muss zumindest de lege lata fehlschlagen, weshalb ihnen die Aufgabe der Durchführung von Beweisaufnahmen nicht übertragen werden darf. Dennoch ist ein solches mediatives Vorgehen bei der Erledigung eines konfliktträchtigen Verfahrens denkbar, dessen Bewältigung zeit- und kostenaufwendige Ermittlungen erwarten lässt3143. Gerade unter diesen Voraussetzungen kann es im Interesse der Behörde und vor allem auch der Beteiligten liegen, zur Sachverhaltsklärung die Hinzuziehung einer Mediatorin oder eines Mediators anzudenken. Den beigezogenen MediatorInnen kommt hiebei die Funktion von „VerfahrensmittlerInnen“ zu. Sie leisten Aufgaben wie insbesondere die Aufarbeitung von Konfliktpotenzialen, die Strukturierung der Informationen und gegebenenfalls Übersetzungsdienste bei der Konkretisierung des Beweisthemas, um das Wissens- und Informationsniveau auszugleichen und den Diskurs in der Weise zu fördern, dass Einvernehmen etwa in zuvor strittigen Punkten der Befundaufnahme hergestellt werden kann. Die Beweisaufnahmen selbst führen sie – wie schon angeführt – jedoch nicht durch. Unter dem Einsatz der Mediation zur Sachverhaltsermittlung ist nun aber keine Auslagerung ins Private oder gar eine Privatisierung des Beweisverfahrens zu verstehen, sondern lediglich eine Ergänzung des förmlichen Verfahrens. Auch löst die Einbindung von MediatorInnen nicht die Verpflichtung der Behörde auf, sich hinsichtlich des der Begutachtung unterworfenen Sachverhalts und der Ergebnisse selbst eine Überzeugung zu bilden. Die Feststellungen und Schlussfolgerungen, die in der Mediation erarbeitet wurden, müssen letztlich von der Behörde eigenverantwortlich überprüft und nachvollzogen, im Bedarfsfall – also insoweit der maßgebliche Sachverhalt nicht vollständig erhoben ist – auch ergänzt werden. Es wäre demnach rechtswid3142 Auch § 55 Abs 1 Satz 1 AVG steht dem Ansatz nicht entgegen, da es sich hiebei nicht unmittelbar um die Beweisaufnahme selbst handelt. 3143 Siehe bereits die Überlegungen zur dt Rechtslage 2.IV.G.
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Mediation im öffentlichen Bereich in Österreich
rig, würden die Mediationsergebnisse ohne weiteres an die Stelle der gebotenen hoheitliche Willensbildung und Entscheidung treten. c) Exkurs: Verwaltungsverfahrensexterne Mediationen und Sachverhaltsermittlung
Für „private“ Mediationsverfahren stellt die in § 46 AVG grundgelegte Unbeschränktheit der Beweismittel eine Verknüpfungsmöglichkeit mit dem Verwaltungsverfahren dar, und zwar dergestalt, dass etwa die in einem Mediationsverfahren erstellten Gutachten oder die im Zuge dessen erzielten Vereinbarungen3144 als Beweisthemen oder Beweismittel in das Beweisverfahren eingebracht werden können3145. Diese hat die Behörde, sofern die Vorbringen nach der Lage des Falls zweckdienlich sind, zur vollständigen Ermittlung des Sachverhalts heranzuziehen. Daran ändert auch der Grundsatz der materiellen Wahrheit nichts, wonach die Behörde nicht an die Beweisanträge der Beteiligten gebunden ist. Sie hat allein schon aus Rücksicht auf das Parteiengehör alle für den Einzelfall bedeutsamen, auch die für die Beteiligten günstigen Umstände, in den Entscheidungsprozess einzubeziehen, sofern sie für die Entscheidung erheblich sind. Eine Bindung der Behörde besteht auch in diesem Fall nicht. d) Mündliche Verhandlung und Mediation
Die Behörde ist im Verwaltungsverfahren grundsätzlich nicht zum „mündlichen Verkehr“ mit den Parteien verpflichtet, sondern kann ein solches Verfahren auch bloß schriftlich führen3146. Sofern die Verwaltungsvorschriften nicht ausdrücklich Gegenteiliges vorsehen3147, liegt es demnach im Ermessen der Behörde, eine mündliche Verhandlung von Amts wegen oder infolge eines entsprechenden Antrags anzuberaumen3148. Dies ergibt sich schon allein aus § 39 Abs 2 AVG3149. Damit verbunden ist die vorhin angesprochene Verpflichtung der Behörde, sich bei der Gestaltung des Ermittlungsverfah3144 Eine Mediationsvereinbarung wäre als Urkunde iSd § 47 AVG zu qualifizieren. 3145 Siehe insbesondere Kerschner et al, Umweltmediation 98. 3146 Walter/Thienel (Hg), Verwaltungsverfahrensgesetze I2 § 39 AVG Anm 4; Thienel/Schulev-Steindl, Verwaltungsverfahrensrecht5 151; Wielinger, Einführung12 Rz 101. 3147 So zB §§ 29 Abs 1, 116 Abs 7 und 119 Abs 2 MinroG, BGBl I 38/1999 idF BGBl I 144/2011. 3148 Die Parteien haben keinen Rechtsanspruch auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung; Grabenwarter, Verfahrensgarantien 561; Walter/Thienel (Hg), Verwaltungsverfahrensgesetze I2 § 39 AVG Anm 5; Hengstschläger/Leeb (Hg), AVG II § 39 Rz 26; Hengstschläger, Verwaltungsverfahrensrecht4 Rz 311; Walter et al, Verwaltungsverfahrensrecht9 Rz 278 f. 3149 Vgl etwa VwGH 28.4.2008, 2005/12/0268.
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Verwaltungsverfahren und Mediation
rens von den in § 37 AVG normierten Zweckbestimmungen und den Vorgaben des Effizienzprinzips leiten zu lassen3150. Während damit die Regelungen, ob eine mündliche Verhandlung durchzuführen ist, angesprochen werden, ist den mitunter sehr detaillierten Regelungen der §§ 40 ff AVG zu entnehmen, wie bei deren Anberaumung und Durchführung vorzugehen ist bzw welche Rechtsfolgen damit verbunden sind. In eben diesen verfahrensrechtlichen Kontext soll nun die Mediation gestellt werden. aa) Grundlagen zur mündlichen Verhandlung
Die mündliche Verhandlung ist eine besondere, ausschließlich mündliche, kontradiktorische Form der Durchführung (eines Teils) des Ermittlungsverfahrens3151. Auf den kontradiktorischen Diskurs verweisen auch ausdrücklich Hengstschläger/Leeb sowie Wielinger, denen zufolge sich aus dem Zusammenhang der §§ 40 bis 44 AVG ergebe, dass die mündliche Verhandlung neben der Feststellung des objektiven Sachverhalts auch dazu beitragen solle, einen Ausgleich zwischen konkurrierenden Interessen von Parteien und zwischen deren Ansprüchen und den öffentlichen Interessen herbeizuführen3152. Diese Ansicht findet ihre Deckung bereits ganz grundsätzlich darin, dass die mündliche Verhandlung gem § 40 Abs 1 AVG unter Hinzuziehung aller bekannten Beteiligten sowie der erforderlichen Zeuginnen und Zeugen sowie Sachverständigen vorzunehmen ist und sie – so ferner die Meinung des VwGH – dazu dient, den am Verfahren Beteiligten Gelegenheit zur Darstellung ihres Standpunkts und zur Erörterung der betroffenen Interessen zu bieten3153. Vor allem aber soll – wie noch eingehend zu betrachten sein wird – die mündliche Verhandlung für einen Ausgleichsversuch gem § 43 Abs 5 AVG genutzt werden. Damit steht die mündliche Verhandlung außerdem insbesondere im Dienste der Grundsätze des Parteiengehörs3154, der Mündlichkeit3155 und – insoweit die/der VerhandlungsleiterIn die Verwaltungssache selbst zu erledigen hat – der Unmittelbarkeit des Verfahrens, worauf im Einzelnen noch zurückzukommen ist. Hervorzuheben ist, dass der Grundsatz der Öffentlichkeit des Verfahrens im Allgemeinen nicht für das Verwaltungsverfahren gilt. Soweit näm3150 Grabenwarter, Verfahrensgarantien 561; Hengstschläger/Leeb (Hg), AVG II § 39 Rz 26. 3151 Siehe etwa Grabenwarter, Verfahrensgarantien 561; Walter et al, Verwaltungsverfahrensrecht9 Rz 278. 3152 Hengstschläger/Leeb (Hg), AVG II § 40 Rz 3; Wielinger, Einführung12 Rz 101. 3153 VwGH 3.2.1987, 87/07/0005. 3154 Egbert Mannlicher/Heimgar Quell, Das Verwaltungsverfahren I8 (1975) § 43 AVG Anm 6. 3155 Vgl Robert Wurst, Die Verfahrensgrundsätze im Zivilprozess und im allgemeinen Verwaltungsverfahren, JBl 1960, 636.
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lich mündliche Verhandlungen durchgeführt werden, sind diese regelmäßig nicht volks-, sondern lediglich beteiligtenöffentlich (§ 40 Abs 1 AVG)3156. Anderes ist nur dann anzunehmen, wenn die Verhandlung explizit als volksöffentlich vorgesehen ist, es sich insbesondere um Großverfahren3157 oder um Verfahren vor den UVS handelt3158. Letztlich ist nach Meinung des VfGH von einer Durchführung einer volksöffentlichen Verhandlung aber auch bei Verfahren vor Tribunalen in Angelegenheiten des Art 6 Abs 1 MRK auszugehen3159. bb) Das mit der Verhandlungsleitung betraute Organ
Bei der Durchführung der mündlichen Verhandlung nimmt die/der vom Gesetz bzw vom Behördenvorstand betraute VerhandlungsleiterIn eine zentrale, mit erheblichen Ermächtigungen und zahlreichen Aufgaben3160 versehene Rolle ein. Unmittelbar aus § 43 Abs 1 AVG ist über die Stellung der Verhandlungsleiterin bzw des Verhandlungsleiters nur so viel in Erfahrung zu bringen, dass es sich dabei um ein „betrautes Organ (Verhandlungsleiter)“ zu handeln hat. Im Schrifttum finden sich hiezu Aussagen dergestalt, dass die Leitung der mündlichen Verhandlung durch das vom Gesetz bzw vom Vorstand der Behörde betraute Organ (die/den OrganwalterIn) erfolgt3161. Der VwGH geht zum einen ganz allgemein davon aus, dass – sofern Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen – idR die Aufgaben einer Behörde jedenfalls nicht von deren/dessen LeiterIn selbst auszuüben seien, sondern ihre Besorgung von der Behördenleitung auch ihr unterstellten Or3156 Hengstschläger/Leeb (Hg), AVG II § 40 Rz 4; Wielinger, Einführung12 Rz 105. 3157 Zur mündlichen Verhandlung gem §§ 44d iVm 44e AVG ua Hengstschläger/ Leeb (Hg), AVG II § 44e Rz 1; siehe auch 3.IV.A.4.e).bb). 3158 Thienel/Schulev-Steindl, Verwaltungsverfahrensrecht5 151 und 162 f; Walter et al, Verwaltungsverfahrensrecht9 Rz 279. 3159 Siehe VfSlg 16704/2002; 17373/2004; 17710/2005; ausführlich zum Recht auf eine öffentliche Verhandlung nach Art 6 MRK Grabenwarter, Verfahrensgarantie 467 ff; siehe auch mit zT anderer (extensiver) Rechtsansicht Christoph Herbst, Die Bedeutung des Öffentlichkeitsgebots des Art 6 Abs 1 MRK für Verhandlungen im österreichischen Verwaltungsverfahren, JBl 1990, 296 ff; weiters Hengstschläger/Leeb (Hg), AVG II § 39 Rz 28. 3160 Nach Meinung von Hauer/Leukauf (Hg), Handbuch6 § 43 AVG Anm 2, solle die/der VerhandlungsleiterIn dabei aber mit der Rechtslage vertraut sein und gut vorbereitet in die Verhandlung gehen. Darüber hinaus solle es sich um eine für den Umgang mit Parteien besonders geeignete und geschulte Person handeln, deren Kunst es vor allem bei entgegengesetzten Interessen sein solle, ein gutes „Verhandlungsklima“ zu gewährleisten und ausgleichend zu wirken. 3161 Hengstschläger/Leeb (Hg), AVG II § 43 Rz 1; Walter et al, Verwaltungsverfahrensrecht9 Rz 298.
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ganen übertragen werden könne und dürfe, solange nur die Verantwortung der/des LeiterIn für die „richtige Erfüllung“ dieser Aufgabe gewahrt bleibe3162. Zum anderen hält der VwGH im gegenständlichen Kontext fest, dass es sich beim „betrauten Organ“ nicht notwendigerweise um das zur Entscheidung berufene Organ handeln müsse. Der VwGH begründet dies damit, dass eine mündliche Verhandlung zur Feststellung des Sachverhalts und folglich auch zur Aufnahme von Beweisen durchzuführen sei. Gem § 55 Abs 1 AVG könne die Behörde Beweisaufnahmen aber auch durch ersuchte oder beauftragte „Verwaltungsbehörden“ oder einzelne dazu bestimmte „amtliche Organe“ vornehmen lassen3163. Aus dieser Regelung ergebe sich eindeutig, dass die einen Teil des Ermittlungsverfahrens darstellende mündliche Verhandlung nicht von der für die Entscheidung zuständige (Kollegial-)Behörde als solcher – ebenso wenig in deren gesetzmäßigen Zusammensetzung – vorgenommen werden müsse3164. Und letztlich hat der VwGH auch keine Bedenken, wenn die Verhandlungsleitung an einen „Organwalter“ (hier AmtsleiterIn) der Gemeinde übergeben werde3165. Ausführungen zur Stellung der Verhandlungsleiterin bzw des Verhandlungsleiters lassen sich dem Schrifttum aber auch im Hinblick auf deren/ dessen Aufgaben als Sitzungspolizei und letztlich auf Erledigung nach Maßgabe von § 18 AVG entnehmen. Nachdem § 34 Abs 1 AVG selbst in diesem Zusammenhang den Begriff des „Verwaltungsorgans“, das als solches eine Verhandlung, Vernehmung, einen Augenschein oder eine Beweisaufnahme leitet, verwendet, gehen Thienel/Schulev-Steindl hiebei davon aus, dass es sich nicht notwendigerweise um die/den in der Sache zur Entscheidung berufene/n OrganwalterIn handeln müsse, sondern es auch ein bloß zur Durchführung der Amtshandlung ermächtigtes Organ sein könne3166. 3162 VwSlg 628 A/1948. 3163 Siehe auch 3.IV.A.4.a). 3164 VwGH 8.4.1975, 1031/73. Nach der Rechtsansicht des VwGH seien schließlich auch Amtssachverständige zur Leitung der Verhandlung befugt und dies selbst dann, wenn sie in diesem Verfahren gleichzeitig mit gutachtlichen Tätigkeiten betraut seien (VwSlg 8303 A/1972). Er hält diese Konstellation weder für inkompatibel noch erkennt er darin einen die Befangenheit auslösenden Tatbestand (siehe auch VwGH 18.5.1993, 92/05/0098). Ablehnend jedoch Hengstschläger/ Leeb (Hg), AVG II § 43 Rz 1; Martin Attlmayr, Die Tätigkeit des Sachverständigen im Verwaltungsverfahren, in: Martin Attlmayr/Thomas E. Walzel von Wiesentreu (Hg), Handbuch des Sachverständigenrechts. Praxisleitfaden für das Verwaltungsverfahren (2006) Rz 5.108; Thienel/Schulev-Steindl, Verwaltungsverfahrensrecht5 175 FN 546 sowie 201. Von einem Verstoß gegen Art 6 MRK (fehlender äußerer Anschein der Unparteilichkeit ausgehend Walzel von Wiesentreu, in: Attlmayr ders (Hg), Handbuch Rz 2.072. 3165 VwGH 26.9.2002, 2000/06/0075. 3166 Thienel/Schulev-Steindl, Verwaltungsverfahrensrecht5 144.
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Hengstschläger/Leeb nennen darüber hinaus mit Hinweis auf § 18 AVG die Approbationsbefugten, also diejenigen – bereits zuvor mit dem erstgenannten VwGH Erkenntnis3167 angezeigten – untergeordneten OrganwalterInnen (MitarbeiterInnen3168), die von der Behördenleiterin bzw vom Behördenleiter innerhalb deren/dessen Behörde (bloß innenrechtlich3169) zu Erledigungen in ihrem/seinem Namen ermächtigt werden3170, und schließlich die OrganwalterInnen einer iSd § 55 AVG ersuchten Behörde3171. cc) Aufgaben der Verhandlungsleitung
Nach Maßgabe des § 43 Abs 1 AVG hat sich die/der VerhandlungsleiterIn vor Eröffnung der mündlichen Verhandlung von der Identität der Erschienenen zu überzeugen und deren Stellung als Parteien oder sonstige Beteiligte zu prüfen (Einlasskontrolle)3172. Erst dann hat das mit der Durchführung betraute Organ die Verhandlung zu eröffnen und den Prozessgegenstand darzulegen. Es kann die Verhandlung in Abschnitte gliedern und einen Zeitplan erstellen3173. Auch bestimmt es die Reihenfolge, in der die Beteiligten zu hören, die Beweise aufzunehmen und die Ergebnisse früher aufgenommener Beweise oder Erhebungen vorzutragen und zu erörtern sind. Die/der VerhandlungsleiterIn entscheidet dabei über Beweisanträge und hat offenbar unerhebliche Anträge zurückzuweisen3174. Auch steht es in ihrem/seinem Ermessen, Verhandlungen nach Bedarf zu unterbrechen oder zu vertagen und den Zeitpunkt für die Fortsetzung der Verhandlung zu bestimmen (§ 43 Abs 2 AVG)3175. Die Anweisungen an die/den VerhandlungsleiterIn3176 sehen darüber hinaus vor, dass das betraute Organ die Verhandlung unter 3167 VwSlg 628 A/1948. 3168 Raschauer, Verwaltungsrecht3 Rz 239. 3169 Walter et al, Verwaltungsverfahrensrecht9 Rz 107. Siehe aber auch 3.II.B.5. 3170 Zum „innerbehördlichen Mandat“ weiters Raschauer, Verwaltungsrecht3 Rz 175. 3171 Siehe Hengstschläger/Leeb (Hg), AVG I § 18 Rz 4 und § 34 Rz 2. 3172 Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensnovellen 1998, 35; Hengstschläger/Leeb (Hg), AVG I § 8 Rz 30; Hengstschläger, Verwaltungsverfahrensrecht4 Rz 93; Thienel/Schulev-Steindl, Verwaltungsverfahrensrecht5 175; Walter et al, Verwaltungsverfahrensrecht9 Rz 298. 3173 Thienel/Schulev-Steindl, Verwaltungsverfahrensrecht5 175. 3174 Die Ablehnung von nicht zielführenden Beweisanträgen lässt sich mit dem Grundsatz der Verwaltungsökonomie rechtfertigen; vgl Hauer/Leukauf (Hg), Handbuch6 § 39 AVG Anm 9. 3175 Die einzelnen Verhandlungsteile bilden zusammen eine Einheit. Präklusionshindernde Einwendungen können demnach bis zum Schluss der letzten fortgesetzten mündlichen Verhandlung erhoben werden. Siehe hiezu Hengstschläger/Leeb (Hg), AVG II § 42 Rz 41und § 43 Rz 10. 3176 Siehe AB 1167 BlgNR 20. GP.
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Bedachtnahme auf ihren Zweck, ohne Zulassung von Abschweifungen oder Weitläufigkeiten3177, so zu führen hat, dass den Parteien das Recht auf Gehör gewahrt, anderen Beteiligten aber Gelegenheit geboten wird, bei der Feststellung des Sachverhalts mitzuwirken3178. An der Sache nicht beteiligte Personen dürfen in der Verhandlung nicht das Wort ergreifen (§ 43 Abs 3 AVG)3179. Im Hinblick auf den Grundsatz des Parteiengehörs3180 muss (lediglich) der Partei von der Verhandlungsleiterin bzw vom Verhandlungsleiter insbesondere die Möglichkeit eingeräumt werden, alle zur Sache gehörenden Gesichtspunkte vorbringen und unter Beweis stellen, Fragen an die anwesenden ZeugInnen und Sachverständigen richten und sich über die von anderen Beteiligten, den ZeugInnen und Sachverständigen vorgebrachten oder die als offenkundig behandelten Tatsachen sowie über die von anderen gestellten Anträge und über das Ergebnis amtlicher Erhebungen äußern zu können (§ 43 Abs 4 AVG)3181. Darüber hinaus enthält § 43 Abs 5 AVG die – im gegenständlichen Zusammenhang besonders interessierende, zuvor schon aufgezeigte3182 und in weiterer Folge noch näher zu betrachtende3183 – Verpflichtung3184 der Verhandlungsleiterin bzw des Verhandlungsleiters, in einem Mehrparteienverfahren bis vor Ende der mündlichen Verhandlung3185 auf das Zustandekommen eines Ausgleichs von sich mit einander widersprechenden Ansprüchen zweier oder mehrerer Parteien untereinander sowie mit den öffentlichen und den von anderen Beteiligten geltend gemachten Interessen hinzuwirken3186. Die im Zuge der mündlichen Verhandlung ergangenen Verfügungen der Verhandlungsleiterin bzw des Verhandlungsleiters stellen übrigens idR Verfahrensanordnungen dar, gegen die eine gesonderte Berufung nicht zulässig ist. Die behauptete Rechtswidrigkeit derartiger Verfügungen kann daher lediglich als Verfahrensmangel bei der Anfechtung des in der Sache ergehen3177 So Walter et al, Verwaltungsverfahrensrecht9 Rz 299. 3178 Vgl Wielinger, Einführung12 Rz 116. 3179 Zu den Aufgaben der Verhandlungsleitung zählen weiters die Angelegenheiten der Sitzungspolizei iSd § 34 AVG. 3180 Zum Recht auf Parteiengehör iZm dem Beweisverfahren Hengstschläger/Leeb (Hg), AVG II § 43 Rz 4 sowie § 45 Rz 23. 3181 Siehe Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensnovellen 1998, 35 f. 3182 Siehe auch 3.III.A.6. 3183 Hiezu 3.IV.B.1.d). 3184 Wohl ist zu berücksichtigen, dass bei Unterbleiben eines solchen Ausgleichsversuchs kein wesentlicher, zur Aufhebung des Bescheid führender Verfahrensmangel vorliegt; siehe etwa VwGH 29.8.2000, 2000/05/0096; aus dem Schrifttum ua Thienel/Schulev-Steindl, Verwaltungsverfahrensrecht5 176. 3185 VwSlg 8713 A/1974; weiters Hengstschläger/Leeb (Hg), AVG II § 43 Rz 7. 3186 Wielinger, Einführung12 Rz 118.
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den Bescheids geltend gemacht werden. Demgegenüber sind jedoch die Verhängung einer Ordnungs- und Mutwillensstrafe sowie die förmliche Aussetzung des Verfahrens auf Grund von § 38 AVG im Allgemeinen als verfahrensrechtliche Bescheide zu qualifizieren3187. Sind schließlich die zulässigen Vorbringen aller Beteiligten aufgenommen und ist die Beweisaufnahme beendet, hat das betraute Organ die Verhandlung, gegebenenfalls nach Wiedergabe der Verhandlungsschrift, die sie/ er über jede mündliche Verhandlung in Form einer Niederschrift nach Maßgabe der §§ 14 AVG3188 aufzunehmen hat (§ 44 Abs 1 AVG), und nach mündlicher Verkündung des Bescheids, für geschlossen zu erklären (§ 44 Abs 3 AVG). dd) Folgerungen hinsichtlich des Einsatzes von Mediation
Angesichts des Zwecks und der Zielrichtung einer mündlichen Verhandlung sowie der vorhin genannten Aufgaben der VerhandlungsleiterInnen, die in gewichtigen Teilen jenen der MediatorInnen entsprechen, erscheint die Frage berechtigt, ob nicht den MediatorInnen die Leitung einer mündlichen Verhandlung iSd Regelungen des AVG übertragen und die mündliche Verhandlung als Mediation ausgestaltet werden kann. Allein, der Befund muss aus Sicht der Mediation grundsätzlich ein negativer sein. Ausschlaggebend dafür sind letztlich aber nicht solche, von Teilen der dt Literatur vorgebrachten Argumente, wonach eine unmittelbare, formale Einbeziehung von MediatorInnen in das Verwaltungsverfahren und ihre daraus resultierende Rechtsstellung schon an sich den Anschein der Parteilichkeit vermitteln könne und mit ihr die Gefährdung der Neutralität einhergehe3189. Die Unzulässigkeit ergibt sich vielmehr aus mehreren, in erster Linie aber (verfassungs-)rechtlichen Gründen. So stößt die Übertragung der Leitung der Verhandlung nämlich nicht nur an einfachgesetzliche, sondern bereits an verfassungsrechtliche Grenzen. Nachdem das AVG keine gesetzliche Ermächtigung für die Hinzuziehung von privaten KonfliktmittlerInnen und folglich auch keine Verschiebung von behördlichen Aufgaben vorsieht, stünde es der Verwaltung lediglich zu, MediatorInnen in Form der Verwaltungshilfe zu aktivieren. Ent3187 Adamovich et al, Staatsrecht IV Rz 50.069; Thienel/Schulev-Steindl, Verwaltungsverfahrensrecht5 176; Walter et al, Verwaltungsverfahrensrecht9 Rz 302. 3188 Gem § 14 Abs 1 AVG sind Verhandlungsschriften dergestalt abzufassen, dass bei Weglassung alles nicht zur Sache Gehörige der Verlauf und Inhalt der Verhandlung richtig und verständlich wiedergegeben wird. Insbesondere muss es möglich sein, anhand der Niederschrift den festgestellten Sachverhalt einer verwaltungsgerichtlichen Überprüfung zugänglich zu machen. Siehe etwa Hengst schläger/Leeb (Hg), AVG II § 44 Rz 3. 3189 Siehe nur 2.IV.I.4.
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scheidend hiefür ist wiederum, dass mit derartigen Maßnahmen der Behörde keine Rechte konstituiert werden, dass nur die vom (Verfassungs-)Gesetz dazu ermächtigten Organe den Organwillen bilden sowie nach außen hin für den Verwaltungsträger handeln, und schließlich, dass die nach außen hin in Erscheinung tretende Erledigung in jedem Einzelfall auf den Willen des durch (Verfassungs-)Gesetz zur Entscheidung berufenen Organs rückführbar ist. Private MediatorInnen im gegenständlichen Sinn dürfen also weder die Entscheidung des staatlichen Organs präjudizieren noch darf ihre Entscheidung an die Stelle dieses Organs gesetzt werden. Die Vornahme einer vollständigen Übertragung der Befugnis zur eigenständigen Durchführung einer mündlichen Verhandlung iSd §§ 40 ff AVG auf MediatorInnen würde aber über diese Grenzen hinausreichen, sind doch mit dieser Verfahrenshandlung etwa die Entscheidung über Beweisanträge, die Durchführung der Beweisaufnahme selbst und die verhandlungspolizeilichen Befugnisse verbunden3190. Sollen die eben gezogenen Grenzen hinsichtlich der Tätigkeit der privaten MediatorInnen jedoch ausgeweitet werden, bleibt grundsätzlich nur die Möglichkeit der Beleihung, die aber wiederum nach einer expliziten gesetzlichen Regelung verlangt. Eine solche würde dann auch nicht dem Konzept des AVG widersprechen, da – so jedenfalls die Rechtsprechung – die mündliche Verhandlung nicht von der für die Entscheidung zuständige Behörde selbst vorgenommen werden muss3191. Darüber hinaus erscheint es äußerst fraglich, dass der Gesetzgeber3192 bei der Übertragung der Verhandlungsleitung überhaupt Private im Blick hat. Aufgrund des § 43 Abs 1 AVG lässt sich zwar keine abschließende Aussage über die Rechtsstellung des als VerhandlungsleiterIn „betrauten Organs“ treffen; insbesondere die Verwendung der Begriffe „betraut“ und „Organ“ sagen darüber nichts aus. Wohl aber ergibt sich aus §§ 54 und 55 Abs 1 AVG eine klare Präferenz des Gesetzgebers für staatliche Organe bei der selbständigen Durchführung von Verfahrenshandlungen. So sind gem § 54 AVG zum Augenschein nötigenfalls „Sachverständige“ zuzuziehen, während nach Maßgabe des § 55 Abs 1 Satz 2 AVG ausdrücklich nur „Amtssachverständige“ und nicht auch nichtamtliche Sachverständige mit der selbstständigen Vornahme eines Augenscheins betraut werden können. Darüber hinaus ist die für das Ermittlungsverfahren wesentliche Beweisaufnahme den Organen der Behörden und nicht etwa jenen der öffentlichen Aufsicht vorbehalten (§ 55 Abs 1 Satz 1 AVG). 3190 Vgl 3.II.B.10.a). 3191 Siehe oben 3.IV.A.4.d).bb). 3192 Den Materialien, RV 116 BlgNR 2. GP, sind dazu keine Anmerkungen zu entnehmen.
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Endlich ist auch die Übertragung der Durchführung der mündlichen Verhandlung an private MediatorInnen aus Sicht der Mediation abzulehnen. Die Absage liegt aber nicht – wie schon zuvor angedeutet – vorrangig in der zugegebenermaßen heiklen Konstellation der Leitungsverantwortung der Behörde begründet, sondern ergibt sich aus dem Bündel an Obliegenheiten, das in einem solchen Fall den MediatorInnen überantwortet werden würde. MediatorInnen wären nicht mehr „bloß“ für die Gestaltung und Moderation eines diskursiven Konfliktbewältigungsprozesses verantwortlich, sondern hätten darüber hinaus Entscheidungen in der Sache selbst zu treffen. Ist diese Situation schon nicht mit dem Mediationskonzept zu vereinbaren, so tritt an dieser Stelle zudem die Schwierigkeit der Wahrung (des Anscheins) der Neutralität ganz offensichtlich zu Tage, wenn ins Kalkül gezogen wird, dass derartige Entscheidungen – sofern vom Gesetzgeber nicht Ausnahmen getroffen werden (Art 20 Abs 2 Zif 4 B-VG) – mittels Weisung gesteuert werden können. Denkbar erscheint jedoch der Einsatz von MediatorInnen zur Unterstützung der VerhandlungsleiterInnen. Dabei soll – in Anlehnung an Hoffmann-Riem3193 und umgelegt auf die österreichischen Spezifika – den MediatorInnen aber nur die Aufgabe der Mitwirkung am Vergleichsversuch (§ 43 Abs 5 AVG) übertragen werden. Diese könnten in dem von der Verhandlungsleitung vorgegebenen Rahmen ein umfassendes „Verfahrensmandat“ erhalten, ohne dabei selbst einen solchen Verhandlungsrahmen eigenständig zu setzen. Eine solche Konstruktion hätte außerdem den Charme, im Einzelfall situations- und bedarfsgerecht sowie vor allem ohne Vorleistungen durch den Gesetzgeber auf widerstreitende Ansichten der Parteien reagieren zu können. Damit wäre aber auch in einem weiter verstandenen Sinn der Forderung von Wielinger entsprochen, wonach die/der VerhandlungsleiterIn ihre/seine spezifische Rolle niemandem anderen überantworten darf3194. Unmittelbar zu berücksichtigende Verfahrensanordnungen stehen diesen Überlegungen jedenfalls nicht entgegen. Vielmehr bleibt es der Entscheidung der Verhandlungsleiterin bzw des Verhandlungsleiters überlassen, in welcher Weise ein Einigungsversuch zu erfolgen hat3195. Die leitende Behörde wird hiebei einzig im Zusammenhalt mit § 43 Abs 3 AVG angehalten sein, die Verhandlung trotz Bemühen um einen Ausgleich stets zwecko-
3193 Hoffmann-Riem, Konfliktmittler 49 f. 3194 Wielinger, Einführung12 Rz 117, hat hiebei freilich das Verhältnis der Verhandlungsleiterin bzw des Verhandlungsleiters zu den Sachverständigen im Blick. 3195 Den Parteien kommt übrigens – so der VwGH mit VwSlg 8713 A/1974 – kein Recht auf einen bestimmten Verlauf des Versuchs zu.
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rientiert und zügig zu führen3196. Auch die mit § 43 AVG an die/den VerhandlungsleiterIn gegebenen Anweisungen lassen für eine solche Vorgehensweise genügend Raum, dies insbesondere auch im Hinblick auf die terminliche Gestaltung. Gemeint sind damit die Möglichkeiten der Einteilung der Verhandlung in Abschnitte sowie jene der Vertagung. Gerade letztere Vorkehrung ist unumgänglich, scheint es doch unwahrscheinlich, dass ein solcher mediativer „Aushandlungsprozess“ im Zuge einer Sitzung zu Ergebnissen führen wird. Damit ist aber auch schon klargestellt, dass ein Vorgehen dieser Art sich nicht darin erschöpfen kann, dass MediatorInnen bloß den streitigen Teil der herkömmlichen mündlichen Verhandlung „moderieren“ bzw die Verhandlungsführung mit mediativen Elementen angereichert wird. Selbstverständlich wäre eine derartige Initiative in jedem Fall und insbesondere bei einfach gelagerten Konflikten zu begrüßen, unzutreffend wäre es aber, sie als eine Variante der entschlackten und kostengünstigen Mediationssequenz zu propagieren. e) Sonderbestimmungen für Großverfahren
Eine auch für den Einsatz von Mediation nicht uninteressante flexible Verfahrensgestaltungsmöglichkeit schuf der Gesetzgeber mit der AVG-Nov 19983197, womit Verfahren mit einer großen Zahl an Beteiligten gem § 8 AVG im Hinblick auf Zeitmanagement und Kosten besser bewältigt und effizienter gestaltet werden sollen. Die Sonderregelungen zielen in erster Linie darauf ab, Zustellvorgänge mittels Kundmachung durch Edikt zu erleichtern, das Verfahren zu beschleunigen, die Publizität des Verfahrensgegenstands zu erhöhen und die Transparenz – insbesondere durch Elemente der Öffentlichkeitsbeteiligung – zu vergrößern3198. Voraussetzungen für ein Vorgehen nach Maßgabe der §§ 44a ff AVG sind ein auf Antrag einzuleitendes Verfahren3199 sowie die prognostizierte, nicht aber bloß geschätzte3200, Beteiligung von insgesamt mehr als 100 Personen an einer Verwaltungssache oder an verbundenen Verwaltungssachen. Der Behörde ist bei ihrer Entscheidung (Auswahl-)Ermessen iSd Art 130 Abs 2 B-VG eingeräumt, sie kann also situationsabhängig, wenn es ihr nach Abwägung aller Vor- und Nachteile geeigneter erscheint, anstelle des Großver3196 Hauer/Leukauf (Hg), Handbuch6 § 43 AVG Anm 20. 3197 BGBl I 158/1998. 3198 Siehe etwa Grabenwarter, ZfV 2000, 719; Wielinger, Einführung12 Rz 122. 3199 Auf von Amts wegen einzuleitende Verfahren sind demnach diese Bestimmungen nicht anzuwenden; siehe etwa Hengstschläger/Leeb (Hg), AVG II § 44a Rz 3; Daniela M. Reitshammer, Einmal Ediktalverfahren, immer Ediktalverfahren? Über das Verfahren bei Zivilflugplatz-Bewilligungen, wbl 2007, 55. 3200 AB 1167 BlgNR 20. GP; Reitshammer, wbl 2007, 56.
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fahrens ein „normales“ Ermittlungsverfahren durchführen3201. Zulässig ist auch noch der spätere Umstieg vom Großverfahren in ein herkömmliches Verfahren, nicht aber der umgekehrte Weg3202. Für die gegenständliche Untersuchung von Bedeutung sind vor allem die Bestimmungen zur Durchführung einer von der Behörde auszurichtenden öffentlichen Erörterung (§ 44c AVG) sowie einer mündlichen Verhandlung (§§ 44d bis 44e AVG), deren beider Anberaumung und Ausrichtung wiederum im Ermessen der Behörde liegt. Die beiden Verfahrensteile sind aber als voneinander unabhängig zu sehen und – sofern beide abgeführt werden – voneinander zu trennen. aa) Öffentliche Erörterung des Vorhabens
Eine öffentliche Erörterung kann die Behörde immer dann abhalten, wenn im Zeitpunkt der Anberaumung voraussichtlich mehr als 100 Personen an einer Verwaltungssache beteiligt sind. Demnach ist die – fakultative – Durchführung nicht nur im Zuge eines Großverfahrens vorgesehen, sondern auch im Rahmen des traditionellen Ermittlungsverfahrens zulässig. Einer vorangehenden Kundmachung des Antrags durch Edikt bedarf es nicht3203. Mit einer solchen Art des Hearings3204 soll jedenfalls die Schaffung eines die Transparenz fördernden, aufklärend und konsensstiftend3205 wirkenden Diskussionsforums bezweckt werden, das es „jedermann“ ermöglicht, sich über das Vorhaben zu informieren, Fragen an die AntragstellerInnen und an die gegebenenfalls beigezogenen Sachverständigen zu stellen und seine Meinung zum konkreten Projekt kundzutun3206. Aus der Formulierung „jedermann“ ist ersichtlich, dass es sich hiebei um eine Informationsveranstaltung für die Öffentlichkeit schlechthin handelt. Es sind also nicht nur die Beteiligten nach § 8 AVG zur aktiven Mitwirkung befugt, sondern alle BürgerInnen und Initiativen, denen im weiteren Verfahren keine 3201 Ausführlich Reitshammer, wbl 2007, 59 ff; siehe weiters Grabenwarter, ZfV 2000, 723 insbesondere auch FN 53; Thienel/Schulev-Steindl, Verwaltungsverfahrensrecht5 177. 3202 Hengstschläger/Leeb (Hg), AVG II § 44a Rz 8 f; Wielinger, Einführung12 Rz 123. 3203 Grabenwarter, ZfV 2000, 726; Hengstschläger/Leeb (Hg), AVG II § 44c Rz 1; Hengstschläger, Verwaltungsverfahrensrecht4 Rz 358; aA wohl Wielinger, Einführung12 Rz 127. 3204 Siehe Hauer/Leukauf (Hg), Handbuch6 § 44c AVG Anm 3. 3205 Vgl auch Wielinger, Einführung12 Rz 122. 3206 Wenn Wimmer, Verwaltungslehre2 331, zu verstehen gibt, dass die öffentliche Erörterung für die BürgerInnen den letztmöglichen Zeitpunkt darstelle, um gegen ein bestimmtes Projekt im Verfahren auftreten zu können, dann kann dies aber nur für diejenigen gelten, die im konkreten Fall nicht von der Parteistellung gem § 8 AVG erfasst sind.
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Mitsprache (mehr) zukommt3207. Die öffentliche Erörterung nimmt aber auch noch aus weiteren Gründen – bezogen auf das Gesamtverfahren – eine Sonderstellung ein. Vom Gesetzgeber ist nämlich weder vorgesehen, dass die Beteiligten anlässlich der Erörterung Einwendungen gegen das Vorhaben erheben, noch dass die Ergebnisse der Erörterung als Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens in das Verfahren einfließen dürfen3208. Selbst eine Niederschrift über die Erörterung ist nicht zu erstellen3209. Die öffentliche Erörterung dient also – um es mit Hengstschläger/Leeb auszudrücken – lediglich der Information und dem Meinungsaustausch und ist „keine auf die Ermittlung des Sachverhalts und Gewährung des Parteiengehörs ausgerichtete zweite mündliche Verhandlung“3210. Im Bericht des Verfassungsausschusses ist gar davon zu lesen, dass die Hintanhaltung von Einwendungen und Ergebnissen dazu diene, jene der mündlichen Verhandlung eigenen „Atmosphäre der Konfrontation“, „die eine unbelastete sachliche Auseinandersetzung mit dem Vorhaben erschwert“, vermeiden zu wollen3211. Abgesehen vom Äußerungs- und Fragerecht der TeilnehmerInnen enthält § 44c AVG übrigens keinerlei Vorgaben zum eigentlichen Ablauf einer solchen Erörterung. Aufgrund ihrer Sonderstellung erscheint es auch nicht zulässig, quasi ergänzend auf die Regelungen der §§ 40 ff AVG abzustellen; vor allem handelt es sich bei dem gegenständlichen Verfahrenselement, wie eben erwähnt, nicht um eine mündliche Verhandlung. Vielmehr wird sich die Behörde bei der Auswahl und der Gestaltung der Handlungsalternativen vom allgemeinen Effizienzprinzip nach Maßgabe des § 39 Abs 2 AVG zu leiten haben. Die/der „DiskussionsleiterIn“ wird folglich die öffentliche Erörterung sachgerecht zu gestalten, zweckentsprechend zu führen3212 sowie unnötige Kosten zu vermeiden haben (§§ 75 ff AVG). bb) Öffentliche mündliche Verhandlung
Voraussetzungen für die Durchführung einer mündlichen Verhandlung gem §§ 44d und 44e AVG sind zum einen, dass der verfahrenseinleitende Antrag 3207 Grabenwarter, ZfV 2000, 726; Hauer/Leukauf (Hg), Handbuch6 § 44c AVG Anm 2; Thienel/Schulev-Steindl, Verwaltungsverfahrensrecht5 180. 3208 Hengstschläger, Verwaltungsverfahrensrecht4 Rz 360, weist zu Recht darauf hin, dass unabhängig davon die Erörterung für die amtswegige Wahrheitsfindung hilfreich sein kann. 3209 Selbst wenn ein Protokoll verfasst werden würde, könnte dieses nicht mehr sein als eine bloße Gedächtnisstütze, denn eine das Ermittlungsverfahren ersetzende Wirkung kommt einer solchen Niederschrift zweifelsohne nicht zu; so ausdrücklich Hengstschläger/Leeb (Hg), AVG II § 44c Rz 6. 3210 Hengstschläger/Leeb (Hg), AVG II § 44c Rz 2. 3211 Siehe AB 1167 BlgNR 20. GP. 3212 Vgl Hengstschläger/Leeb (Hg), AVG II § 44c Rz 4.
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durch großes Edikt nach § 44a Abs 1 AVG kundgemacht wurde, und zum anderen, dass die Verhandlung selbst mittels Edikt kundgemacht wird. Steht für die Behörde von vornherein fest, dass eine mündliche Verhandlung gem § 44d und 44e AVG anberaumt werden soll, dann kann die Kundmachung auch gleichzeitig mit dem Edikt nach § 44a AVG erfolgen3213. Ob und wann die Behörde eine solche mündliche Verhandlung durchführt, liegt – wie bereits erwähnt – ausschließlich in ihrem Ermessen. Der Behörde ist es darüber hinaus unbenommen, trotz einer Beteiligung von voraussichtlich mehr als 100 Personen und selbst noch nach bereits erfolgter Kundmachung des Antrags durch Edikt lediglich eine „normale“ Verhandlung nach §§ 40 ff AVG anzuberaumen3214. Der entscheidende Unterschied zur herkömmlichen mündlichen Verhandlung3215, die (bloß) beteiligtenöffentlich ist3216, besteht in der Volksöffentlichkeit (§ 44e Abs 1 AVG), womit allen Interessierten die Teilnahme an der Verhandlung ermöglicht wird3217. Die bloß als TeilnehmerInnen an der öffentlichen mündlichen Verhandlung auftretenden Personen haben jedoch keinerlei Mitwirkungsbefugnisse; diese stehen auch in diesem Fall lediglich den Beteiligten zu3218. § 44e Abs 2 AVG enthält darüber hinaus einen ausdrücklichen Verweis auf die einschlägigen Regelungen im Verfahren vor dem UVS nach § 67e AVG, womit letztlich gewährleistet werden soll, dass die Öffentlichkeit gegebenenfalls von der Verhandlung ausgeschlossen werden darf3219. Im Übrigen gelten aber weitgehend dieselben Bestimmungen wie für die traditionelle Verhandlung. Lediglich in § 44e Abs 3 AVG sieht der Gesetzgeber eine lex specialis gegenüber § 14 Abs 6 und 7 AVG betreffend die Publikation der Verhandlungsschrift vor3220. Sie ist spätestens eine Woche nach Schluss der mündlichen Verhandlung bei der Behörde und der 3213 Thienel/Schulev-Steindl, Verwaltungsverfahrensrecht5 180. 3214 Zur „à-la-carte-Lösung“ Grabenwarter, ZfV 2000, 732; siehe weiters Hengstschläger, Verwaltungsverfahrensrecht4 Rz 361. 3215 Zu berücksichtigen sind aber auch die abweichenden Regelungen hinsichtlich der Form der Einwendungen und der Präklusion. Einwendungen sind in Großverfahren nämlich grundsätzlich nur schriftlich bis zum Ablauf der im Edikt genannten (verfahrensrechtlichen) Frist einzubringen (§§ 44a Abs 2 Zif 2 iVm 44b Abs 1 AVG). Die Frist ist demnach von der Abhaltung der mündlichen Verhandlung gänzlich unabhängig. Siehe hiezu ua Hengstschläger/Leeb (Hg), AVG II § 44b Rz 2 ff. 3216 Siehe 3.IV.A.4.d).aa). 3217 Hauer/Leukauf (Hg), Handbuch6 § 44e AVG Anm 1. 3218 Hengstschläger, Verwaltungsverfahrensrecht4 Rz 362; Walter et al, Verwaltungsverfahrensrecht9 Rz 304/7a. 3219 Hiezu Grabenwarter, Verfahrensgarantien 567 f; ders, ZfV 2000, 727. 3220 Hauer/Leukauf (Hg), Handbuch6 § 44e AVG Anm 3.
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Verwaltungsverfahren und Mediation
Gemeinde während der Amtsstunden durch mindestens drei Wochen zur öffentlichen Einsicht aufzulegen3221. cc) Großverfahren und Mediation
Mit dieser „à-la-carte-Lösung“ für Großverfahren hat der Gesetzgeber zweifelsohne zu verstehen gegeben, dass die Behörde situationsabhängig handeln soll, ist doch jeder der Verfahrensschritte dem Ermessen der Behörde, das sich wiederum an den Effizienzkriterien des § 39 Abs 2 AVG zu orientieren hat, anheimgestellt. Selbst ein Abweichen vom ursprünglichen Verfahrensplan ist zulässig. Einzige Voraussetzung für die Qualifizierung und damit für die Anwendung der für Großverfahren spezifischen Handlungen ist die voraussichtliche Anzahl von mehr als 100 Beteiligten. Nun ist zwar zugegebenermaßen hieraus für die Durchführung eines Mediationsverfahrens nicht unmittelbar etwas zu gewinnen, doch eröffnet der positivierte Gestaltungsfreiraum und die Intention der gesteigerten Erfordernisse im Hinblick auf Publizität und Transparenz Dispositionsmöglichkeiten, die iS eines konsensorientierten Vorgehens ausgefüllt werden können. Eine entscheidende Rolle könnte in diesen Überlegungen die fakultative öffentliche Erörterung des Vorhabens einnehmen. Auf welche Weise der Zweck der Erörterung, nämlich ein Forum zu bilden, „auf dem sich jedermann über das Vorhaben informieren, Fragen an Antragsteller und Sachverständige richten und seine Meinung zum Projekt äußern kann“3222, erreicht werden soll, bestimmt § 44c AVG nicht. Der Gesetzgeber erwartet sich hievon jedenfalls eine „unbelastete sachliche Auseinandersetzung mit dem Vorhaben“, und sucht dadurch eine konfrontative Atmosphäre zu verhindern, die – so indiziert dies wohl letztlich der Gesetzgeber selbst3223 – in einer mündlichen Verhandlung nicht erreicht werden könne. Ob aber vor allem bei umstrittenen Vorhaben allein der Umstand, dass es weder möglich sein soll, Einwendungen gegen das Projekt zu erheben, noch die Ergebnisse der Erörterung als Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens in das Verfahren einfließen zu lassen, erscheint mehr als fraglich. Vielmehr ist die Sorge evident, mit der öffentlichen Erörterung geradezu eine Plattform für den organisierten „Bürgerwiderstand“ zu initiieren. Von ganz wesentlicher Bedeutung ist daher nicht nur die Entscheidung, ob eine öffentliche Erörterung durchgeführt, sondern auch wie ihr Ablauf professionell gestaltet werden soll, um tatsächlich eine sachliche, dialoghaft geführte Auseinandersetzung zu ermöglichen. 3221 Hengstschläger/Leeb (Hg), AVG II § 44e Rz 3; Thienel/Schulev-Steindl, Verwaltungsverfahrensrecht5 180. 3222 AB 1167 BlgNR 20. GP. 3223 Weiterhin AB 1167 BlgNR 20. GP.
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Mediation im öffentlichen Bereich in Österreich
Als eine Handlungsalternative könnte dabei die Übertragung der Leitung der gesamten Anhörung auf eine/n neutrale/n Dritte/n in Betracht gezogen werden. Dieser Gedanke drängt sich aus zweierlei Gründen auf. Zum einen enthält § 44c AVG wie auch die Erläuternden Bemerkungen keine spezifischen Angaben zur „Diskussionsleitung“ und zum anderen dürfen eben keine rechtswirksamen Einwendungen erhoben werden sowie die im Zuge der öffentlichen Erörterung erzielten Ergebnisse nicht als Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens in das Verfahren Eingang finden. Dennoch ist letztlich von dieser Überlegung aus dem gleichen, schon zuvor hinsichtlich der Gestaltung der mündlichen Verhandlung geäußerten Grund (Präferenz des Gesetzgebers für staatliche Organe3224) Abstand zu nehmen. Hingegen erscheint der Einsatz von MediatorInnen zur Unterstützung der behördlichen „DiskussionsleiterIn“ bei der Durchführung des Erörterungstermins, wenn mit erheblichen Widerständen gegen das Vorhaben zu rechnen ist, nicht ausgeschlossen. Mit einer derartigen Hinzuziehung einer neutralen Person zur öffentlichen Erörterung allein ist freilich noch kein Mediationsverfahren in Gang gesetzt. Überhaupt scheidet im Hinblick auf den Zweck der öffentlichen Erörterung ein Ausbau des Erörterungstermins zum Mediationsverfahren aus. Jedoch kann es sich empfehlen, diese Art des volksöffentlichen „Hearings“ als Vehikel für die Initiierung eines mitlaufenden, also externen, gegebenenfalls aber auch verfahrensintegrierten Mediationsverfahrens – wie am Beispiel der Sachverhaltsermittlung bereits gezeigt3225 – zu nutzen. Hinsichtlich der Frage nach der Übertragung der Leitung der (öffentlichen) mündlichen Verhandlung nach §§ 44d und 44e AVG durch MediatorInnen und der Durchführung von Konfliktmittlungsverfahren als Subprozesse3226 kann auf die entsprechenden Ausführungen zur mündlichen Verhandlung gem §§ 40 ff AVG verwiesen werden3227. Daran ändert auch der Umstand der Volksöffentlichkeit nichts, soll doch die aktive Teilnahme auf die Beteiligten iSd § 8 AVG begrenzt bleiben3228. f) Teilnahme am Mediationsverfahren
Eine weitere, vor allem rechtliche Herausforderung stellt die Zusammensetzung des Mediationsforums dar. An dieser Stelle braucht nun nicht mehr eigens auf die Bedeutung des Vorgangs der Auswahl der TeilnehmerInnen 3224 3.IV.A.4.d).dd). 3225 Siehe 3.IV.A.4.b). 3226 Zur Möglichkeit der Führung von Unterverhandlungen siehe etwa Holznagel/ Ramsauer, in: Haft/Schlieffen (Hg), Handbuch2 Rz 66. 3227 Hiezu bereits 3.IV.A.4.d).dd). 3228 Vgl AB 1167 BlgNR 20. GP.
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Verwaltungsverfahren und Mediation
aus der Sicht der Mediation eingegangen zu werden, vielmehr soll es genügen, auf die obenstehenden Ausführungen zu verweisen3229. Wohl aber ist hier den verfahrensrechtlichen Vorgaben nachzugehen, die im Zuge der Auswahl und Hinzuziehung von Konfliktbetroffenen zu berücksichtigen sind. Die wesentlichen Parameter dafür sind im bereits deutlich gemachten Fehlen des Grundsatzes der Öffentlichkeit3230 sowie vor allem in der Beteiligtenstellung und den daraus erfließenden Rechten und Pflichten auszumachen. aa) Beteiligte und Parteien
Angesichts der gesetzlich eingeräumten Mitwirkungsbefugnis der Beteiligten kommt der nicht immer einfach zu beantwortenden Frage3231, unter welchen Voraussetzungen die/der Einzelne/n bzw der/dem Einzelnen als TrägerIn eines bestimmten (materiellen) Rechts verfahrensrechtliche Mittel zur Durchsetzung oder Verteidigung der eigenen Rechtsposition zustehen3232, beachtliche Bedeutung zu3233. Und auch der gerade für Mediationsverfahren wesentliche Umstand, dass subjektiv-öffentliche Rechte nur von Personen releviert werden können, denen Parteistellung zukommt3234, macht eine klare Abgrenzung notwendig3235. Die zentrale Norm hiefür stellt im Anwendungsbereich des AVG jedenfalls dessen § 8 dar, wonach einerseits Personen, die eine Tätigkeit der Behörde in Anspruch nehmen oder auf die sich die Tätigkeit der Behörde bezieht, „Beteiligte“ sind, und andererseits Personen „Parteistellung“ gewährt wird, die „an der Sache vermöge eines Rechtsanspruchs oder eines rechtlichen Interesses beteiligt sind“. Somit ist zwischen zwei Arten von „Betroffenen“ zu unterscheiden3236. 3229 Siehe 3.IV.A.4.f).bb). 3230 Hiezu bereits 3.IV.A.4.d).aa). 3231 Stolzlechner, Einführung5 Rz 751. 3232 Raschauer, Verwaltungsrecht3 Rz 1099; Hengstschläger/Leeb (Hg), AVG I § 8 Rz 1. 3233 Eine verfassungsrechtliche Garantie für die Einräumung von Parteirechten in einem Verfahren bestehe – wie der VfGH, zB VfSlg 13646/1993, festhält – grundsätzlich nicht. Jedoch unterliege das die Parteirechte bestimmende Gesetz dem aus dem Gleichheitssatz abzuleitenden Sachlichkeitsgebot, weshalb die Zuerkennung subjektiver Rechte „in aller Regel“ auch die Zuerkennung von Parteirechten erfordern werde. Siehe hiezu Merli, in: Hofmann et al (Hg), Rechtsstaatlichkeit 98; Pöschl, Gleichheit 271. 3234 Hiezu Kerschner et al, Umweltmediation 90. 3235 Siehe 3.IV.B.1. 3236 Antoniolli/Koja, Verwaltungsrecht3 288; Adamovich et al, Staatsrecht IV Rz 62.014.
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Mediation im öffentlichen Bereich in Österreich
aaa) Beteiligte Wenn nun von Beteiligten die Rede ist, dann sind damit aber grundsätzlich alle am Verfahren partizipierenden Personen gemeint, demnach auch die sog Parteien3237. Als Partei soll aber nur jene Person verstanden werden, die – wie noch näher auszuführen sein wird – kraft eines Rechtsanspruchs oder eines rechtlichen Interesses beteiligt ist. Werden also aus der Gesamtmenge der Beteiligten diejenigen herausgenommen, denen Parteistellung zugedacht wird, verbleibt eine Restmenge, die sog „bloß“ Beteiligten. Diese repräsentiert – so der VwGH in Anlehnung an Walter/Mayer – wiederum jene Personen, die an einem Prozessgegenstand des Verwaltungsverfahrens „weniger“ als rechtlich geschützte Interessen haben3238. Wesentlich ist die Differenzierung zum einen deshalb, weil mit der Einräumung der Parteistellung gegenüber dem bloßen Beteiligtenstatus eine Mehrzahl an Verfahrensrechten verbunden ist. Während nämlich den Parteien Befugnisse wie die Akteneinsicht, das Parteiengehör, die Ablehnung von nichtamtlichen Sachverständigen, die Geltendmachung der Entscheidungspflicht, die Mitteilung des Bescheids oder die Stellung eines Wiedereinsetzungs- oder Wiederaufnahmeantrags zustehen3239, räumt das AVG den Beteiligten lediglich die Möglichkeit der Mitwirkung an der Feststellung des für die Verwaltungssache maßgeblichen Sachverhalts (zB in Form von Anhörungsrechten im Rahmen einer mündlichen Verhandlung gem § 40 Abs 1 AVG) ein, ohne dass ihnen irgendein (subjektives) Recht auf Erhebung von Anträgen, auf eine Entscheidung über die Anregung oder auf Bescheidzustellung zukommt3240. Zum anderen zeigt sich, dass nicht jede Person Beteiligte eines Verfahrens ist, sind doch von den „bloß“ Beteiligten nach außen hin die „nicht“ Beteiligten respektive „unbeteiligten Dritten“ abzugrenzen. Denn um den Kreis der Beteiligten nicht gänzlich zu öffnen und dadurch letztlich die Durchführung einer mündlichen Verhandlung weitgehend zu verunmöglichen, erscheint es dem Gesetzgeber unumgänglich, nicht jede/n, die/der in irgendeiner Form an der Sache interessiert ist (zB aus Neugier oder aus gesellschaftspolitischen Gründen), am Verfahren zu beteiligen. Hengstschläger/ 3237 Hauer/Leukauf (Hg), Handbuch6 § 8 AVG Anm 6; Hengstschläger/Leeb (Hg), AVG I § 8 Rz 29; Thienel/Schulev-Steindl, Verwaltungsverfahrensrecht5 91; Walter et al, Verwaltungsverfahrensrecht9 Rz 114. 3238 VwGH 7.11.1991, 91/06/0082; Walter/Mayer, Verwaltungsverfahrensrecht8 Rz 128 f (in der Grundaussage unverändert Walter et al, Verwaltungsverfahrensrecht9 Rz 128. 3239 Siehe etwa Walter/Thienel (Hg), Verwaltungsverfahrensgesetze17 § 8 AVG Anm 5. 3240 Antoniolli/Koja, Verwaltungsrecht3 288 f; Hauer/Leukauf (Hg), Handbuch6 § 8 AVG Anm 3 f und 7; Walter/Thienel (Hg), Verwaltungsverfahrensgesetze17 § 8 AVG Anm 1; Thienel/Schulev-Steindl, Verwaltungsverfahrensrecht5 91.
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Verwaltungsverfahren und Mediation
Leeb gehen daher bei den „bloß“ Beteiligten von Personen aus, die im Gegensatz zur Allgemeinheit schlechthin eine „stärkere Nahebeziehung“ zur bzw ein „besonderes faktisches Interesse“ an der verfahrensgegenständlichen Verwaltungssache haben3241. Beteiligtenstellung ist aber jedenfalls dann anzunehmen, wenn Personen, mitunter auch Gemeinden und andere Verwaltungsorgane (zB Sicherheitsbehörden)3242, im Verwaltungsverfahren „anzuhören“ sind, ohne dass damit zugleich die Absicht verbunden ist, dass ein solches Anhörungsrecht einen Anspruch auf Berücksichtigung bestimmter Interessen einräumt3243. Strittig ist aber, ob bei Unterbleiben der Beiziehung von (anzuhörenden) Beteiligten im Verfahren, diese durch die Entscheidung der Verwaltungssache in keinem Recht verletzt werden, sodass ihnen dagegen auch kein Rechtsmittel zusteht3244, oder aber, ob diesen als „reine Formalparteien“ einzelne prozessuale subjektive Rechte übertragen sind und sie dementsprechend durch den Bescheid in ihren formalen Rechten verletzt sein können3245. bbb) Parteien Für die Beantwortung der Frage, ob einer Person in einem Verwaltungsverfahren Parteistellung zukommt, ist die Ortung deren subjektiven öffentlichen Rechte im Hinblick auf die konkrete Verwaltungssache entscheidend3246, oder anders gewendet: Es bedarf hiefür der Prüfung, ob die/der zu Beteiligende einen Rechtsanspruch oder ein rechtliches Interesse an der Hauptfrage, über die im Bescheidspruch entschieden werden soll, hat3247. Die definitorische Unterscheidung zwischen Rechtsanspruch, also Anspruch auf eine bestimmte behördliche Tätigkeit (Erteilung einer Baubewilligung), und rechtlichem Interesse, somit Anspruch auf ein bestimmtes Verfahren (etwa bei Ermessensentscheidungen), gilt heute aus Sicht der prozessualen Stellung einer Partei übrigens als überholt, da das AVG hinsichtlich der Parteistellung und der Parteirechte keinen Unterschied
3241 Hengstschläger/Leeb (Hg), AVG I § 8 Rz 31 f; zustimmend Thienel/SchulevSteindl, Verwaltungsverfahrensrecht5 99 FN 107. 3242 So zB ausdrücklich gem § 355 Abs 1 GewO. 3243 Siehe VwGH 7.11.1991, 91/06/0082 sowie den Beschluss des VwGH 23.5.2007, 2004/04/0196. 3244 Nochmals VwGH 7.11.1991, 91/06/0082; 23.5.2007, 2004/04/0196. 3245 Hiezu Walter et al, Verwaltungsverfahrensrecht9 Rz 128 f; darüber hinaus Hengstschläger/Leeb (Hg), AVG I § 8 Rz 32; Hengstschläger, Verwaltungsverfahrensrecht4 Rz 93. 3246 Walter/Thienel (Hg), Verwaltungsverfahrensgesetze17 § 8 AVG Anm 1. 3247 Vgl Antoniolli/Koja, Verwaltungsrecht3 291 f; Hengstschläger/Leeb (Hg), AVG I § 8 Rz 9.
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macht3248. Es sei – so Antoniolli/Koja – einzig maßgeblich, ob der betroffenen Person Rechte eingeräumt sind, ihr also von der Rechtsordnung eine subjektive Berechtigung zugestanden wird3249. Zum Schutz der Freiheit der/ des Einzelnen vor nicht gesetzmäßigen Belastungen kommt aber freilich auch jenen Personen Parteistellung zu, denen von der Hoheitsverwaltung lediglich Verpflichtungen auferlegt werden3250. Wem welche Rechtsansprüche eingeräumt sind oder wer welche rechtlichen Interessen hat, geht aus dem AVG nicht hervor. Vielmehr knüpft § 8 AVG an die in den Materiengesetzen vorgesehenen materiellen Berechtigungen an und macht sie durch die Einräumung von subjektiven prozessualen Rechten durchsetzbar3251. Diese Frage lässt sich also in erster Linie aus dem Inhalt – mitunter auch explizit (Legal- und Formalpartei3252) – der auf den Sachverhalt konkret anzuwendenden materienspezifischen Verwaltungsvorschrift und gegebenenfalls auf Grund der Bestimmungen des formellen Verwaltungsrechts (Verfahrensrechts) sowie auch aus dem Zivil-3253, Verfassungs- und dem unmittelbar anwendbaren Unionsrecht3254 im Wege der Auslegung beantworten3255. Dabei ist insbesondere zu beachten, dass das materielle Recht der/dem Einzelnen zuweilen sehr unterschiedlich weit reichende Ansprüche einräumt, was zur Folge hat, dass die prozessualen Rechte des AVG auch nur zur Durchsetzung dieser (eingeschränkten, limitierten) Ansprüche dienen können3256.
3248 Hengstschläger/Leeb (Hg), AVG I § 8 Rz 2; Hengstschläger, Verwaltungsverfahrensrecht4 Rz 83. 3249 Antoniolli/Koja, Verwaltungsrecht3 289 ff mwN insbesondere auch der älteren Lit. 3250 Hengstschläger, Verwaltungsverfahrensrecht4 Rz 86: Walter et al, Verwaltungsverfahrensrecht9 Rz 119. 3251 Hengstschläger, Verwaltungsverfahrensrecht4 Rz 87; siehe auch Antoniolli/Koja, Verwaltungsrecht3 292; Hauer/Leukauf (Hg), Handbuch6 § 8 AVG Anm 1a; Walter/Thienel (Hg), Verwaltungsverfahrensgesetze17 § 8 AVG Anm 3; Adamovich et al, Staatsrecht IV Rz 62.017. 3252 Vgl hiezu etwa Raschauer, Verwaltungsrecht3 Rz 1105; aber auch Antoniolli/ Koja, Verwaltungsrecht3 294 f; Hengstschläger/Leeb (Hg), AVG I § 8 Rz 12 ff; Thienel/Schulev-Steindl, Verwaltungsverfahrensrecht5 96. 3253 Vgl Antoniolli/Koja, Verwaltungsrecht3 292 f. 3254 Walter/Thienel (Hg), Verwaltungsverfahrensgesetze17 § 8 AVG Anm 3; Thienel/ Schulev-Steindl, Verwaltungsverfahrensrecht5 93; Walter et al, Verwaltungsverfahrensrecht9 Rz 121/1. 3255 Hengstschläger/Leeb (Hg), AVG I § 8 Rz 4; Hengstschläger, Verwaltungsverfahrensrecht4 Rz 84. 3256 Hengstschläger/Leeb (Hg), AVG I § 8 Rz 15 f; Hengstschläger, Verwaltungsverfahrensrecht4 Rz 87.
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Während bei bloß bipolaren Rechtsverhältnissen idR kein aufwendiger Auslegungsprozess vonnöten ist (zB AntragstellerIn, unmittelbare Einschränkung oder Entzug von Rechten infolge behördlicher Tätigkeit), gestaltet sich dieses Unterfangen freilich immer dann schwierig, wenn in einem Mehrparteienverfahren die Stellung der Nebenparteien (zB NachbarInnen3257) zu ermitteln ist und es hiebei vor allem an einer ausdrücklichen oder ausreichenden rechtlichen Regelung mangelt3258. Entscheidend für die Feststellung der Parteistellung ist jedenfalls, ob der konkret zu erlassende Bescheid unmittelbare Auswirkungen auf die Rechtsstellung einer Person haben kann. Somit ist Partei, wem von der Rechtsordnung eine Verpflichtung bzw Belastung auferlegt wird oder dessen Interessen die Rechtsordnung ausdrücklich für schutzwürdig befunden hat3259. Beeinträchtigungen öffentlicher, bloß faktischer oder auch wirtschaftlicher Interessen, die durch keine ausdrückliche Anordnung des Gesetzgebers als „rechtliche Interessen“ qualifiziert werden3260, reichen beispielsweise nicht aus, die Parteistellung zu begründen3261. Die Frage, die sich in diesem Zusammenhang daher stellt, ist, ob eine Norm lediglich objektives Recht beinhaltet oder aber eine subjektive Berechtigung in sich trägt. Es kommt also auf den Schutzzweck der Bestimmung an, sodass folglich zu prüfen ist, ob diese Norm die Verwaltung zu einem bestimmten Verhalten verpflichtet3262 und – zumindest auch – individuellen Interessen von Einzelpersonen dient. Steht sie allein im Interesse der Allgemeinheit, kann hieraus folglich auch keine Parteistellung abgeleitet werden3263. Vom VwGH wird aber im Zweifel dann ein subjekti3257 Zum Nachbarschaftsbegriff im Überblick Alexander Illedits/Karin IlleditsLohr, Handbuch zum Nachbarrecht. Die Rechtsstellung der Nachbarn im öffentlichen und zivilen Recht2 (2008) Rz 1 ff. 3258 Antoniolli/Koja, Verwaltungsrecht3 294. 3259 Thienel/Schulev-Steindl, Verwaltungsverfahrensrecht5 91. 3260 Antoniolli/Koja, Verwaltungsrecht3 293; Hengstschläger, Verwaltungsverfahrensrecht4 Rz 84; Walter et al, Verwaltungsverfahrensrecht9 Rz 120. 3261 VwGH 11.10.2007, 2007/04/0043; siehe auch Hengstschläger/Leeb (Hg), AVG I § 8 Rz 7. Krit zur Zweifelsregel zu Lasten des subjektiven Rechts bei „wirtschaftlichen Interessen“ Magdalena Pöschl, Wirtschaftliche Interessen und subjektive Rechte, in: Konrad Arnold et al (Hg), Recht. Politik. Wirtschaft. Dynamische Perspektiven, FS für Norbert Wimmer (2008) 524 f. 3262 Antoniolli/Koja, Verwaltungsrecht3 298. 3263 Judikatur, zB VfSlg 17220/2004, und Lehre sprechen hiebei von der „Schutznormtheorie“. Siehe Hengstschläger/Leeb (Hg), AVG I § 8 Rz 6; Hengstschläger, Verwaltungsverfahrensrecht4 Rz 85; weiters Raschauer, Verwaltungsrecht3 Rz 1093; Christoph Grabenwarter, Parteistellung und subjektive Rechte von Gemeinden in naturschutzrechtlichen Verfahren, RFG 2008, 4 f; Grabenwarter/ Holoubek, Verfassungsrecht Rz 1001; Thienel/Schulev-Steindl, Verwaltungsverfahrensrecht5 92.
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Mediation im öffentlichen Bereich in Österreich
ves Recht angenommen, „wenn zumindest auch das Interesse einer – im Besonderen betroffenen und damit von der Allgemeinheit abgrenzbaren – Person für die gesetzliche Festlegung der verpflichtenden Norm maßgebend war“3264. Zu beachten bleibt außerdem, dass es Ziel des Verwaltungsverfahrens ist, darüber abzusprechen, ob das Gesetz einer Person einen Rechtsanspruch einräumt. Es ist letztlich ja erst zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung gewiss, wer durch den Spruch des am Ende des Verfahrens zu erlassenden Bescheids in seinen Rechten betroffen ist3265. Parteistellung kommt daher grundsätzlich auch jener Person zu, die einen Rechtsanspruch oder ein rechtliches Interesse vor der Behörde behauptet und das Zutreffen dieser Behauptung zumindest möglich ist3266. Die verfahrensrechtliche Legitimation kann also nicht vom unstrittigen Vorliegen einer Parteistellung abhängen. Ist die Stellung einer Person als Partei strittig, ist demnach hierüber förmlich zu entscheiden3267. Wird hingegen von der Behörde einer Person – aus welchem Grund immer – zu Unrecht die Parteistellung und damit die Sachentscheidung verweigert, verletzt sie dadurch das Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter3268. Auch verliert eine Person, der im Verfahren zu Unrecht keine Stellung einer Partei eingeräumt wurde und ihr gegenüber keine Bescheiderlassung erfolgte, obwohl sie rechtliche Interessen oder einen Rechtsanspruch an der Verwaltungssache hat („übergangene“ Partei), idR ihre Parteistellung nicht3269. bb) Ergebnisse aus Sicht der Mediation
Aus der obigen Darstellung lässt sich unschwer erkennen, dass der Gesetzgeber in einem auf Erlassung eines Bescheids hin angelegten Verwaltungsverfahren nur einem eingeschränkten Teil an Interessierten eine weitgehende Mitwirkung an der Erzeugung der individuellen Rechtsnorm zugesteht. Zudem knüpft das AVG insbesondere an die Stellung der Partei ex lege eine 3264 VwGH 11.10.2007, 2007/04/0043. Aus dem Schrifttum Hengstschläger/Leeb (Hg), AVG I § 8 Rz 6; Hengstschläger, Verwaltungsverfahrensrecht4 Rz 84; Fasching/Schwartz, Verwaltungsverfahrensrecht4 38; zur rechtsstaatlichen Dimension der Bedeutung von subjektiven öffentlichen Rechten Antoniolli/Koja, Verwaltungsrecht3 300 f. 3265 Hengstschläger/Leeb (Hg), AVG I § 8 Rz 9. 3266 Walter/Thienel (Hg), Verwaltungsverfahrensgesetze17 § 8 AVG Anm 3. 3267 Hauer/Leukauf (Hg), Handbuch6 § 8 AVG Anm 1a sowie 8. 3268 Hiezu Hengstschläger/Leeb (Hg), AVG I § 8 Rz 23; Hengstschläger, Verwaltungsverfahrensrecht4 Rz 89; Walter et al, Verwaltungsverfahrensrecht9 Rz 124 f. 3269 Vgl Antoniolli/Koja, Verwaltungsrecht3 299; Hengstschläger/Leeb (Hg), AVG I § 8 Rz 20 ff; Hengstschläger, Verwaltungsverfahrensrecht4 Rz 90; Thienel/ Schulev-Steindl, Verwaltungsverfahrensrecht5 97 f.
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Vielzahl von prozessualen Rechten, die es ihr ermöglichen sollen, ihre subjektiven Rechte der Behörde gegenüber durchzusetzen. Es sind demnach diese Verfahrensrechte und die mit einem Verwaltungsverfahren einhergehenden Pflichten der Behörde, an denen sich letztlich ein von dieser initiiertes Mediationsverfahren zu orientieren hat. Die Behörde ist nicht nur angehalten darauf zu achten, dass das Verfahrensrecht überhaupt einen Freiraum für die Ausrichtung eines Mediationsverfahrens belässt, sondern vielmehr auch darauf, dass durch ein solches Verfahren keinesfalls Beteiligtenrechte unterlaufen oder konterkariert werden. Dies muss für den Vorgang der Auswahl der TeilnehmerInnen ebenso gelten wie für den Aushandlungsprozess selbst und die nachfolgende Implementierung der Ergebnisse. In Rede stehen damit in erster Linie das Recht, an der Sachverhaltsermittlung mitzuwirken, und jenes des Parteiengehörs. Wie die Behörde im Einzelfall die Verfahrensrechte der Beteiligten gewährleistet, verbleibt weitgehend in ihrem Ermessen. Für bloß Beteiligte kann sich das Mitwirkungsrecht schon allein in der Abgabe einer Stellungnahme erschöpfen. Ein den Parteien vergleichbares Parteiengehör steht ihnen jedenfalls nicht zu. Aber auch das Parteiengehör schränkt den Gestaltungsspielraum der Behörde nicht ein. Insbesondere ist den Parteien kein subjektives Recht eingeräumt, vor der Behörde mündlich gehört zu werden. Sie haben etwa weder einen Rechtsanspruch auf persönliche Anwesenheit bei der Beweisaufnahme3270 noch auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung. Daraus lässt sich aber wiederum folgern, dass ihnen auch kein subjektives Recht auf Teilnahme an einem Mediationsverfahren zur Sachverhaltsermittlung3271 zusteht. Insoweit kann sie eine Verfahrensanordnung3272, der zufolge nur einzelne Parteien zur Mediation beigezogen werden sollen, nicht in ihren Rechten verletzen. Wohl muss der Ausschluss Einzelner aus dem Mediationsverfahren schon aus Rücksicht auf den Gleichheitssatz3273 aus sachlichen Erwägungen erfolgen. Ein solcher Grund kann zB darin liegen, dass mit der Mediation ein Problemaspekt bearbeitet werden soll, der nur einzelne Parteien betrifft. Ob jedoch ein sachlicher Grund auch in der für das Mediationsverfahren notwendigen Begrenzung der Zahl der VerhandlungsteilnehmerInnen liegen kann, erscheint allerdings fraglich3274. In letzterem Fall empfiehlt sich vielmehr unter den Beteiligten Einvernehmen darüber herzu3270 Hengstschläger, Verwaltungsverfahrensrecht4 Rz 374. 3271 Siehe oben 3.IV.A.4.b). 3272 Eine solche Verfahrensanordnung hat letztlich nur die Behörde, nicht aber ein/e als VerwaltungshelferIn zu qualifizierende/r MediatorIn zu treffen. 3273 Zum Gleichheitssatz und Entscheidungsspielraum jüngst Pöschl, Gleichheit 744 ff. 3274 Siehe hingegen – bezogen auf Deutschland – Holznagel/Ramsauer, in: Haft/ Schlieffen (Hg), Handbuch2 Rz 72.
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stellen, wer von ihnen am Mediationsverfahren teilnimmt und wer gegebenenfalls durch andere TeilnehmerInnen repräsentiert wird3275. Gegenüber den nichtteilnehmenden Parteien ist die Behörde aufgrund des von Amts wegen zu beachtenden Parteiengehörs jedenfalls verpflichtet, sicherzustellen, dass ihnen die im Mediationsverfahren erarbeiteten Ergebnisse zur Kenntnis gebracht werden und sie darüber hinaus Gelegenheit haben, insoweit sie von diesen Plänen in ihren subjektiven Rechten betroffen sein könnten, zu diesen Stellung zu nehmen3276. Dabei hat die Behörde ausdrücklich, in förmlicher Weise, unter Einräumung einer angemessenen Frist und unter Beachtung der Bestimmungen des § 13a AVG vorzugehen3277. Noch einmal anders zu beurteilen sind jene integrierten Verfahrenskonzeptionen, wonach zB Teile der mündlichen Verhandlung zu einem mittlergestützen Aushandlungsverfahren oder zu einem Mediationsverfahren ausgestaltet werden sollen. Dabei ist jedenfalls zwingend vorzusehen, dass die (potentiellen) Parteien an einem solchen Verfahren teilnehmen können. Eine im Hinblick auf eine zu große TeilnehmerInnenzahl erfolgende Teilhabebeschränkung durch Verfahrensanordnung ist somit nicht zulässig, vielmehr wäre die Entscheidung gegenüber den so ausgeschlossenen Parteien mit einem Verfahrensmangel bedroht. Ähnliches muss letztlich auch für die bloß Beteiligten gelten, verpflichtet doch § 40 Abs 1 AVG die Behörde, alle bekannten Beteiligten der mündlichen Verhandlung beizuziehen. Außerdem sind sie von der Anberaumung einer mündlichen Verhandlung persönlich zu verständigen (§ 41 Abs 1 AVG) und hat die/der VerhandlungsleiterIn gem § 43 Abs 1 AVG die Stellung der Erschienenen als Parteien oder „sonst Beteiligte“ zu prüfen und den „anderen Beteiligten“ nach Maßgabe des § 43 Abs 3 AVG die Gelegenheit einzuräumen, bei der Feststellung des Sachverhalts mitwirken zu können. Angesichts dieser Vorgaben ist davon auszugehen, dass auch die bloß Beteiligten nicht von einem mediativen Prozess im Zusammenhang mit einer mündlichen Verhandlung ausgeschlossen werden dürfen3278. Um der Schwierigkeit des zu großen Mediationsforums zu entgehen, könnte aber der Umweg über die Bevollmächtigung gem § 10 AVG eingeschlagen werden, wonach Beteiligte, also Parteien und „bloß“ Beteiligte, 3275 Hiefür bietet sich als formales Instrument die Bevollmächtigung gem § 10 AVG an. 3276 Allgemein Hengstschläger, Verwaltungsverfahrensrecht4 Rz 373; Stolzlechner, Einführung5 Rz 750. 3277 VwGH 20.12.2005, 2005/12/0157; weiters Hengstschläger/Leeb (Hg), AVG II § 45 Rz 32 ff. 3278 Offen bleibt freilich die strittige Frage, ob sie als Formalpartei zu qualifizieren sind, welche durch die Entscheidung der Verwaltungssache in ihren formalen Rechten verletzt sein könnte. Siehe hiezu oben 3.IV.A.4.f).aa).
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sofern sie handlungsfähig sind und am Verfahren nicht teilnehmen, auch nicht teilnehmen wollen, eine/n VertreterIn bestellen können3279. Als VertreterInnen eignen sich eine jede eigenberechtigte natürliche Person, juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften. Dies können auch andere, am in Frage kommenden Verwaltungsverfahren Beteiligte sein. Bei der gewillkürten Vertretung sind sowohl Umfang als auch Inhalt der Vertretungsbefugnis in Form einer schriftlichen oder mündlichen Vollmacht auf das Verfahren oder auf jene Verfahrensschritte beschränkt, für das bzw die sie eingeräumt wurde3280. Folglich muss es auch zulässig sein, sie gegebenenfalls lediglich für ein Mediationsverfahren zu erteilen. Die Beteiligtenstellung der/des Vertretenen bleibt davon jedenfalls unberührt. Daher können diese weiterhin selbst rechtswirksam Verfahrenshandlungen setzen. Zu beachten ist jedoch, dass die Verfahrenshandlungen der bevollmächtigten VertreterInnen nicht ihnen, sondern den MachtgeberInnen zuzurechnen sind, die dafür auch einzustehen haben. Hingegen kommt im Fall des Widerspruchs zwischen den Erklärungen einer Partei und denen ihrer/ihres eigenen Vertreterin/Vertreters der Erklärung der Partei der Vorrang zu3281. Aus dem Grundsatz der Vertretungsfreiheit ergibt sich schließlich, dass die Behörde eine solche Vorgehensweise weder schlechthin ausschließen3282 noch, sofern nicht ausdrücklich anderes bestimmt ist, den Beteiligten auftragen kann. Einschränkend kommt bei der Zusammensetzung des Mediationsforums noch hinzu, dass gem § 40 Abs 1 AVG zur mündlichen Verhandlung andere Personen als die (bekannten) Parteien und Beteiligten sowie die erforderlichen Zeuginnen und Zeugen, Sachverständigen sowie gegebenenfalls gesetzliche sowie bevollmächtigte VertreterInnen (§§ 10 ff AVG) nicht beizuziehen sind3283. Im Ergebnis ändert an dem Grundsatz der bloßen Beteiligtenöffentlichkeit auch die Sonderbestimmung des § 44e Abs 1 AVG für durch Edikt anberaumte mündliche Verhandlungen nichts. Auch wenn diese volksöffentlich sind und allen Interessierten die Teilnahme an der Verhandlung zu ermöglichen ist, stehen den als TeilnehmerInnen an der öffentlichen mündlichen Verhandlung auftretenden Personen jedoch keine Mitwirkungsbefugnisse zu3284. Es steht somit in diesen Fällen ein weiteres formales Hindernis einem freien Auswahl- und Beteiligungsprozess entgegen, das die Hinzuziehung etwa von Bürgerinitiativen verhindert, soweit sie im 3279 Hengstschläger, Verwaltungsverfahrensrecht4 Rz 101. 3280 Hengstschläger, Verwaltungsverfahrensrecht4 Rz 106. 3281 Weiterhin Hengstschläger, Verwaltungsverfahrensrecht4 Rz 109. 3282 So schon Ringhofer, Verwaltungsverfahrensgesetze I § 10 AVG Anm 4. 3283 Siehe 3.IV.A.4.d).aa). 3284 So schon 3.IV.A.4.e).bb).
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Mediation im öffentlichen Bereich in Österreich
gegenständlichen Verwaltungsverfahren über keine Beteiligtenstellung verfügen. 5. Zeitliche Direktiven – Entscheidungspflicht der Behörde
Im Hinblick auf die Überlegungen einer Eingliederung der Mediation in den Ablauf eines verwaltungsbehördlichen Ermittlungsverfahrens stellt sich notwendigerweise auch die Frage, wie die Behörde gegebenenfalls ihrer Pflicht zur fristgerechten Entscheidung nachkommen kann, ohne selbst säumig zu werden. Gleichermaßen ist die zeitliche Koordination auch im umgekehrten Fall von Relevanz, könnte doch eine mitlaufende Mediation Gefahr laufen, quasi vom Verwaltungsverfahren überholt zu werden. Die zuständige Behörde respektive deren VertreterInnen sind jedenfalls nicht nur verpflichtet, das Verfahren zu entscheiden, sodass sie folglich die Erlassung des Bescheids nicht verweigern können. Vielmehr sieht § 73 Abs 1 AVG darüber hinaus vor, dass die behördlichen Organe eine anstehende Entscheidung auch nicht verzögern dürfen. Sie sind also angehalten, ohne unnötigen Aufschub3285, innerhalb einer Frist von sechs Monaten ab Einlangen des Parteienantrags, der wiederum auf die Erlassung eines Bescheids gerichtet sein muss3286, zu entscheiden3287. Gesetzlich vorgesehen ist die Möglichkeit der Hemmung der Entscheidungsfrist lediglich infolge der von dem Gedanken der Verfahrensökonomie getragenen3288 Aussetzung des Verfahrens wegen einer ausständigen Vorfragenentscheidung (§ 38 AVG)3289 und im Fall dessen, dass ein gesetzliches Hindernis – wie etwa das Zuwarten auf eine Vorabentscheidung vom EuGH (§ 38a AVG)3290 – der Bescheiderlassung entgegensteht. 3285 Nach Ansicht des VwGH 12.9.1985, 85/07/0109 mwH, habe sich die Beurteilung des Tatbestandsmerkmals „unnötiger Aufschub“ nach den Umständen des konkreten Falls zu richten. Siehe ua auch Hengstschläger/Leeb (Hg), AVG IV § 73 Rz 46 f. 3286 Hiezu etwa Thienel/Schulev-Steindl, Verwaltungsverfahrensrecht5 334. 3287 Siehe Berchtold, in: Matscher (Ed), Verfahrensgarantien 139; Walter et al, Verwaltungsverfahrensrecht9 Rz 636. 3288 Hannes Lattenmayer, Zivilgerichte versus Regulatoren. Zuständigkeitsabgrenzung, Vorfragen und Bindung, ÖJZ 2004, 16. 3289 Siehe 3.IV.A.5.b). 3290 Im Gegensatz zur förmlichen Aussetzung des Verfahrens iZm der Vorfragenklärung sieht das AVG für den Fall der Vorabentscheidung lediglich eine Verpflichtung der Behörde vor, mit ihrer Entscheidung bis zum Abschluss des Vorabentscheidungsverfahrens zuzuwarten; zur „Quasi-Unterbrechung“ Walter et al, Verwaltungsverfahrensrecht9 Rz 313/1 f; weiterführend, auch hinsichtlich der Frage, ob eine zur Vorabentscheidung vorgelegte Fragestellung eine Vorfrage iSd § 38 AVG sei, ua Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensverfahrensnovellen
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a) Damoklesschwert Devolutionsantrag?
Einen subjektiven Anspruch auf Erledigung räumt das Gesetz ausnahmslos der Antragstellerin bzw dem Antragsteller3291 und darüber hinaus jenen Parteien ein, die durch die Untätigkeit der Behörde in ihren rechtlichen Interessen beeinträchtigt sind3292. Ihnen gibt das AVG als Rechtsbehelf den bei der Oberbehörde bzw beim UVS schriftlich zu stellenden Devolutionsantrag an die Hand, der darauf ausgerichtet ist, dass anstelle der säumigen Behörde deren sachlich in Betracht kommende Oberbehörde3293 bzw, wenn gegen den Bescheid Berufung an den UVS erhoben werden könnte, dieser zur Entscheidung in der Sache zuständig wird3294. Ist schließlich eine Behörde mit der Bescheiderlassung säumig, der keine Oberbehörde mehr zuordenbar ist, steht den Betroffenen quasi in Fortführung der Verwaltungssache auf Gerichtsebene die Säumnisbeschwerde an den VwGH zur Verfügung (Art 132 B-VG)3295. Im gegenständlichen Zusammenhang ist gleichsam von Belang, dass ein Devolutionsantrag dann abzuweisen ist, wenn zwar die zeitliche Vorausset1995, 7 f; Hengstschläger/Leeb (Hg), AVG II § 38a Rz 12 ff; Thienel/SchulevSteindl, Verwaltungsverfahrensrecht5 158. 3291 Siehe Mayer, B-VG4 444. 3292 Hiezu etwa VwGH 21.6.2007, 2004/07/0203 mwN, wonach in einem (wasserrechtlichen) Bewilligungsverfahren ein Eingriff in die Rechtssphäre der/des von der möglichen Bewilligung Betroffenen solange nicht vorliege, als die angestrebte Bewilligung nicht erteilt und über die Einwendungen abgesprochen wurde. Daher könne während des Ermittlungsverfahrens auch nur die/der BewilligungswerberIn die Verletzung der Entscheidungspflicht geltend machen. Hingegen ist in Fällen, in denen durch die Nichtentscheidung auch andere Parteien (zB NachbarInnen) in ihrer rechtlichen Sphäre beeinträchtigt sind, von einer Geltendmachung der Entscheidungspflicht durch Stellung eines Devolutionsantrags auszugehen; hiezu VwSlg 8635 A/1974. Siehe auch Grabenwarter, Verfahrensgarantien 407 ff; Hauer/Leukauf (Hg), Handbuch6 § 73 Abs 1 AVG E 33 ff sowie Abs 2 E 51; weiters Thienel/Schulev-Steindl, Verwaltungsverfahrensrecht5 336; Walter et al, Verwaltungsverfahrensrecht9 Rz 635; ausführlich etwa Clemens Jabloner, Art 132 B-VG, in: Karl Korinek/Michael Holoubek (Hg), Österreichisches Bundesverfassungsrecht. Textsammlung und Kommentar II/2 (Stand 2009) Rz 36 ff; Hengstschläger/Leeb (Hg), AVG IV § 73 Rz 21 ff. 3293 Zum Aspekt der sachlich in Betracht kommenden Oberbehörde vgl etwa Grabenwarter, Verfahrensgarantien 405 FN 196; Raschauer, Verwaltungsrecht3 Rz 454. 3294 Vgl Hengstschläger/Leeb (Hg), AVG IV § 73 Rz 111 ff sowie 141 ff; Thienel/ Schulev-Steindl, Verwaltungsverfahrensrecht5 340; Walter et al, Verwaltungsverfahrensrecht9 Rz 639 und 644. 3295 Hiezu Jabloner, in: Korinek/Holoubek (Hg), Bundesverfassungsrecht II/2, Art 132 B-VG Rz 13; aber auch Grabenwarter, Verfahrensgarantien 406; Mayer, B-VG4 444 f.
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zung der Säumnis der Unterbehörde gegeben ist, jedoch die Verzögerung nicht zumindest auf ein „überwiegendes Verschulden“ der Behörde zurückgeführt werden kann (§ 73 Abs 2 letzter Satz AVG)3296. Wann diese Voraussetzung vorliegt, lässt sich nur anhand des Einzelfalls beurteilen3297 – ein Umstand, der eine bisweilen reichhaltige, kasuistische verwaltungsgerichtliche Judikatur zur Folge hatte bzw hat. So hält der VwGH etwa in seiner älteren Rechtsprechung, die auch nach der Novelle 1998 keinesfalls obsolet ist3298, fest, dass die Entscheidungsverzögerung dann „ausschließlich“ auf ein Verschulden der Behörde zurückzuführen ist, wenn diese Verzögerung weder durch das Verschulden der Partei noch durch unüberwindliche, dem Einflussbereich der Behörde entzogene Hindernisse verursacht wurde3299. Zu Letzteren zählt er aber zB nicht das Zuwarten auf eine in Aussicht gestellte Änderung einer generellen Norm3300 oder eine bloße Überlastung der Behörde3301. Ebenso liege ein Alleinverschulden der Berufungsbehörde dann vor, wenn ausschließlich Beweisaufnahmen durchgeführt oder sonstige Verfahrenshandlungen vorgenommen werden, die nicht die „Sache“ iSd § 66 Abs 4 AVG betreffen3302. Infolge des nunmehrigen Abstellens auf das überwiegende Verschulden tritt verstärkt ein Abwägungsprozess in den Vordergrund, der das von Untätigkeit der Behörde und Handlungen jener Partei, die den Devolutionsantrag gestellt hat, bestimmte Spannungsfeld auszuleuchten hat3303. Ein überwiegendes Verschulden der Behörde nimmt der Gerichtshof demnach für den Fall an, dass sie bei Mängeln schriftlicher Anbringen nicht unverzüglich – jedenfalls innerhalb von vier Wochen – die Behebung des Mangels veranlasst3304. Nicht denkunmöglich ist auch, dass (freilich auf den Einzelfall bezogen) die Behörde bei Erfüllung ihrer Aufgaben im Zuge von Projektänderungen (§§ 37 iVm 13 Abs 8 AVG) säumig werden kann3305. Demgegenüber wird ein Verschulden aber der den Devolutionsantrag stellenden Partei an3296 Der Säumnisschutz ist mit der AVG-Nov 1998 dahingehend verstärkt worden, als nunmehr eben auch Devolutionsanträge zulässig sind, die auf einem „überwiegenden“ und nicht wie zuvor bloß auf einem „ausschließlichen“ Verschulden der Behörde fußen. 3297 Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensnovellen 1998, 130. 3298 Hengstschläger/Leeb (Hg), AVG IV § 73 Rz 125. 3299 Siehe etwa VwGH 14.4.1983, 82/08/0129; 21.5.1992, 92/09/0048. 3300 Vgl hiezu VwGH 18.12.2007, 2006/06/0226. 3301 So schon VwGH 21.12.1959, 0007/59. 3302 VwGH 20.6.1980, 1567/76. 3303 Siehe Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensnovellen 1998, 130 f; Hengst schläger/Leeb (Hg), AVG IV § 73 Rz 127. 3304 VwGH 18.12.2007, 2006/06/0226. 3305 Hauer/Leukauf (Hg), Handbuch6 § 13 AVG Anm 26.
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gerechnet, wenn die Gründe für die tatsächlich eingetretene Verzögerung des Verfahrens in deren Person selbst liegen, etwa weil sie kurz vor Ablauf der Entscheidungspflicht den verfahrenseinleitenden Antrag so abgeändert hat, dass deshalb zusätzliche Sachverhaltsermittlungen notwendig werden3306. Von besonderem gegenständlichem Interesse ist schließlich jenes VwGH-Erkenntnis, wonach es am ausschließlichen Verschulden der Behörde fehle, wenn diese auf Wunsch der Partei mit der Entscheidung – etwa zum Führen von Vergleichsgesprächen – zuwarte3307. Aus dieser Entscheidung lässt sich des Weiteren ableiten, dass der VwGH das Vorgehen der Behörde, nämlich das Zuwarten mit ihrer Entscheidung infolge des Parteiwunsches, ganz grundsätzlich für zulässig erachtet. Ausdrücklich hält der Gerichtshof fest, dass zwar eine „formelle Aussetzung“ des von Amts wegen fortzuführenden (Berufungs-)Verfahrens über bloßen Parteiwunsch im Gesetz nicht vorgesehen sei, es der Behörde im Verhältnis zu jener Partei, die diesen Wunsch geäußert habe, jedoch nicht zum ausschließlichen Verschulden angerechnet werden könne, wenn sie mit der Entscheidung zuwarte3308. An dieser Rechtsansicht hält der VwGH auch weiterhin fest. In einem Erkenntnis aus jüngerer Zeit führt er unter Bezugnahme auf die vorhin genannte Entscheidung zum Begehren einer Partei, das Verfahren „ruhen“ zu lassen, aus, dass zwar eine formelle Aussetzung des von Amts wegen zu führenden Verwaltungsverfahrens über bloßen Parteiwunsch im Gesetz nicht vorgesehen sei, es aber dennoch zu keiner Verletzung der behördlichen Entscheidungspflicht kommen könne, solange kein Weiterführungsantrag gestellt werde. Ein solcher „Ruhensantrag“ stelle einen zulässigen „befristeten Verzicht“ auf die Behandlung der Angelegenheit und damit auf das Recht auf Entscheidung der Behörde dar3309. Wohl eingedenk der zivilverfahrensrechtlichen Diskussion um die Verfahrenshemmung kommt – ohne jedoch selbst darauf zu verweisen – der VwGH weiters zum Ergebnis, dass im Anwendungsbereich des § 73 Abs 2 AVG die Entscheidungsfrist während der Dauer des „Ruhens des Verfahrens“ gehemmt sei, und jedenfalls nach Wegfall des Verzichts nicht von neuem zu laufen begänne. Daraus folge 3306 VwGH 18.11.2003, 2003/05/0115. 3307 „Dadurch, dass die belangte Behörde mit dem beanstandeten Zuwarten einem Wunsch der Beschwerdeführer entsprochen hat, hat sie somit deren subjektive Rechte nicht verletzt.“ So VwGH 8.11.1991, 91/07/0049. Siehe auch Thienel/ Schulev-Steindl, Verwaltungsverfahrensrecht5 342; Walter et al, Verwaltungsverfahrensrecht9 Rz 646. 3308 VwGH 8.11.1991, 91/07/0049. Weiters VwGH 19.3.2001, 2001/17/0024; 19.7.2001, 99/12/0201. Krit Mayer, B-VG4 775. 3309 Hiezu etwa 3.IV.B.1.a).
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wiederum, dass die Behörde, um nicht Gefahr zu laufen, das Verschulden für die Verzögerung angerechnet zu bekommen, nach Fortsetzung des Verfahrens sofort über den verfahrenseinleitenden Antrag zu entscheiden hat, sofern bei Einlangen dieses Antrags die Frist des § 73 Abs 1 AVG bereits verstrichen war3310. Der Judikatur lässt sich also zweifelsohne entnehmen, dass trotz der fehlenden formellen Aussetzungsmöglichkeiten ein „informaler Antrag“, ja eine bloße „Anzeige“, an die Behörde mit dem Inhalt, Vergleichsgespräche respektive ein mitlaufendes Mediationsverfahren (durch)führen zu wollen3311, ausreicht, um ein administratives Verfahren in einen „Ruhenszustand“ zu versetzen, der es der Behörde erlaubt, ohne Säumnisfolgen befürchten zu müssen, bis zum Einlangen eines „Fortsetzungsantrags“ der Parteien keine weiteren Verfahrenshandlungen zu setzen3312. Ein dennoch eingebrachter Devolutionsantrag wird folglich nicht zum Erfolg führen3313. Die Beurteilung jener Konstellation, in der die Behörde ihr Ermittlungsverfahren mit einem Mediationsverfahren ergänzt, bereitet hingegen größere Schwierigkeiten. Mit dem Argument allein, dass es sich im konkreten Fall um einen solchen mit „großen Interessenkonflikten“ handelt und es deshalb notwendig wäre, ein Mediationsverfahren in die Wege zu leiten, das sich gegebenenfalls über einen längeren Zeitraum erstreckt, ist der fristgerechten Wahrnehmung der Entscheidungskompetenz in dieser Allgemeinheit freilich nicht entgegenzutreten. Vor allem rechtfertigt der im § 39 Abs 2 AVG ausgesprochene Grundsatz der Amtswegigkeit allein keine Durchbrechung der durch § 73 AVG normierten Frist3314. Wohl aber lassen sich der Judikatur Aussagen dergestalt entnehmen, dass das Überschreiten der sechsmonatigen Frist wegen eines umfangreichen Ermittlungsverfahrens nicht zwangsläufig der Behörde anzurechnen ist. So schließe nach Ansicht des VwGH insbesondere die Notwendigkeit eines trotz zügiger Betreibung länger als sechs Monate dauernden Ermittlungsverfahrens das ausschließliche Verschulden der Behörde an der Nichtbeendigung des Verfahrens innerhalb dieser Frist 3310 VwGH 29.3.2007, 2006/07/0108. Siehe auch Hengstschläger/Leeb (Hg), AVG IV § 73 Rz 75 f sowie 139. 3311 Siehe auch 1.III.B.2.b). 3312 Wie zu sehen ist, kommt es in diesem Fall darauf, dass ein Zuwarten der Behörde mit der Entscheidung „im Interesse des Rechtsfriedens und der Verfahrensökonomie“ gelegen sein könnte, wie es aber Schwaighofer, bbl 2005, 106, vorbringt, nicht an. Solche Überlegungen sind jedoch – wie sogleich zu zeigen sein wird – bei integrierten Mediationsverfahren, die aber gerade von Schwaighofer (104) schon ganz prinzipiell abgelehnt werden, anzustellen. 3313 Siehe hiezu insbesondere 3.IV.B.1.a). 3314 VwGH 20.6.1980, 1567/76; 14.4.1983, 82/08/0129. Nachdrücklich auch Hengstschläger/Leeb (Hg), AVG IV § 73 Rz 77.
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aus. Für die Verschuldensfrage sei nicht der fiktive Verlauf des Ermittlungsverfahrens entscheidend, sondern, ob tatsächlich eingetretene Verzögerungen ausschließlich auf ein Verschulden der Behörde zurückzuführen seien3315. So begründe eine grundlose Untätigkeit der Behörde in einem Verfahren während zweier Monate ein solches ausschließliches Verschulden der Behörde iSd § 73 Abs 2 AVG, auch wenn bei zügiger Betreibung das Verfahren nicht in sechs Monaten hätte abgeschlossen werden können3316. Die Durchführung eines hier vorgeschlagenen verfahrensintegrierten Mediationsprozesses etwa zur Sachverhaltsermittlung oder zum Interessenausgleich würde jedenfalls einen Teil des Ermittlungsverfahrens darstellen. Sofern es nun die Umstände des Einzelfalls notwendig machen, das Ermittlungsverfahrens mit konsensualen Verfahrenshandlungen zu ergänzen und die Behörde diese auch durchgängig zügig betreibt und nicht etwa grundlos mit der Setzung weiterer Verfahrensschritte zuwartet oder überflüssige, nicht die konkrete Verwaltungssache betreffende Verfahrenshandlungen setzt, kann hierin ein Hindernis, das ein ausschließliches, ja selbst ein überwiegendes Verschulden der Behörde an der Säumnis ausschließt, erkannt werden. Freilich darf dies bei widerstreitenden Parteieninteressen nicht dazu führen, dass die Geltendmachung der Entscheidungspflicht durch eine Partei der einen Interessengruppe das Mitverschulden von Parteien der anderen Interessengruppe an der Verzögerung entgegengehalten wird. Vielmehr kann in einem Mehrparteienverfahren das Unterlassen der Setzung von geeigneten Maßnahmen gegen Verzögerungen anderer Parteien der Behörde als Alleinverschulden für die nicht rechtzeitige Erlassung der Sachentscheidung zugerechnet werden3317. Die Behörde hat also darauf zu achten, dass die einander gegenüberstehenden Parteien an einer gemeinsamen Lösung und an einem gemeinsamen Weiterkommen interessiert sind und sie dies auch durch Zustimmung kundtun. Wird hingegen offensichtlich, dass eine Partei das Mediationsverfahren lediglich zur Blockade der Entscheidung nutzt, ist die Behörde angehalten, dagegen zu wirken und gegebenenfalls das Ermittlungsverfahren auf herkömmliche Weise voranzutreiben, andernfalls sie sich eben die Unterlassung zurechnen zu lassen hat3318. Überhaupt entheben – so der VwGH im Kontext eines Zusammenlegungsverfahrens3319 – Versuche zur Herbeiführung eines gütlichen Interessenausgleichs nach Maßgabe des § 43 Abs 5 AVG, auch wenn er sinnvoll und zweckmäßig ist, die Behörde nicht der Pflicht, ohne unnötigen Aufschub an einer be3315 VwGH 14.4.1983, 82/08/0129; siehe auch VwGH 15.6.1982, 82/07/0024. 3316 Einmal mehr VwGH 14.4.1983, 82/08/0129; weiters VwGH 20.6.1980, 1567/76. 3317 Siehe VwSlg 8635 A/1974. 3318 Hengstschläger/Leeb (Hg), AVG IV § 73 Rz 127. 3319 Siehe VwGH 15.6.1982, 82/07/0024.
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scheidmäßigen Lösung zu arbeiten, zu der es im Fall des Scheiterns des angestrebten Ausgleichs jedenfalls kommen muss. Letztlich ist bei der Wahl dieser Konstruktion wohl immer mitzudenken, dass es nicht auszuschließen ist, dass eine durch die „Untätigkeit“ der Behörde in ihren rechtlichen Interessen vermeintlich beeinträchtigte Partei nach Ablauf von sechs Monaten einen Devolutionsantrag gem § 73 Abs 2 AVG stellt und damit die im Instanzenzug übergeordnete Behörde in die Lage versetzt, die das Verfahren verzögernden Maßnahmen und damit auch die Sinnhaftigkeit des Mediationsverfahrens an sich im konkreten Verfahren zu überprüfen3320. b) Mediation als „Vorfrage“ im Ermittlungsverfahren?
Eine Möglichkeit, um aus Sicht der Behörde eine fristgerechte Entscheidung trotz Verzögerungen infolge eines eingeschobenen Mediationsverfahrens auch formal zu gewährleisten, könnte in der Annahme gesehen werden, dass es sich bei der Mediation um eine Vorfrage iSd § 38 AVG handelt. Als solche werden im Allgemeinen diejenigen Rechtsfragen qualifiziert, für deren Beantwortung die betreffende verfahrensführende Behörde sachlich nicht zuständig ist3321, deren Lösung aber unentbehrliche Voraussetzung für die Beantwortung einer anderen (Haupt-)Frage ist3322. Anders gewendet, was für die eine Behörde eine Vorfrage (ein einzelnes Tatbestandsmerkmal) darstellt, ist für die andere eine Hauptfrage (vollständiger Tatbestand)3323, die wiederum die bindende Entscheidung3324 über ein Element der Verwaltungssache (den Verfahrensgegenstand) bildet3325. § 38 AVG präzisiert den Vorfragenbegriff in verfahrensrechtlicher Sicht noch dahingehend, dass dieser nur solche 3320 Vgl hiezu – wenn auch im Zusammenhang mit mitlaufenden Mediationsverfahren – Kerschner et al, Umweltmediation 79. 3321 Zur Frage der Zuständigkeit vgl Heinz Mayer, Die Vorfrage – Ein unbekanntes Wesen?, ecolex 1997, 303 f. 3322 Im gegenständlichen Kontext interessiert in erster Linie die Frage, was unter einer Vorfrage iSd § 38 AVG zu verstehen ist, sodass eine eingehende Erörterung der Behandlung der Vorfrage hintangehalten und dafür auf die einschlägige Literatur verwiesen werden kann. 3323 Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2 § 38 Anm 1. 3324 Ein gerichtlicher Vergleich stellt keine Entscheidung im gegenständlichen Sinn dar und vermag daher auch nicht die Behörde zu binden; so ua VwGH 27.3.1987, 86/11/0032. 3325 Hiezu ua Antoniolli/Koja, Verwaltungsrecht3 83; Raschauer, Verwaltungsrecht3 Rz 569; Hengstschläger, Verwaltungsverfahrensrecht4 Rz 283; Hengstschläger/ Leeb (Hg), AVG II § 38 Rz 2 ff; Walter/Thienel (Hg), Verwaltungsverfahrensgesetze17 § 38 AVG Anm 2; Thienel/Schulev-Steindl, Verwaltungsverfahrensrecht5 152 f; Walter et al, Verwaltungsverfahrensrecht9 Rz 306.
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Vorfragen zum Gegenstand hat, die als Hauptfragen anderer Verwaltungsbehörden oder von Gerichten zu entscheiden wären. Die hA geht – in analoger Anwendung des § 38 AVG – außerdem davon aus, dass für die Entscheidung einer Vorfrage als Hauptfrage darüber hinaus dieselbe Behörde berufen sein kann, sofern sie über die Hauptfrage in einem anderen Verfahren zu entscheiden hat3326. Demzufolge liegt zB keine Vorfrage iSd § 38 AVG vor, wenn die betreffende Rechtsfrage von keiner Behörde oder kein Gericht als Hauptfrage zu entscheiden ist3327. Folglich muss die betreffende Hauptfrage möglicher Gegenstand eines selbständigen rechtsfeststellenden oder rechtsgestaltenden Abspruchs sein, der als Hauptfrage einem Gericht, einer anderen Behörde oder derselben Behörde in einem anderen Verfahren aufgetragen ist3328. Nicht als Vorfrage, sondern vielmehr jeweils als einzelne Hauptfrage, zu beurteilen ist darüber hinaus der Fall, dass für ein Vorhaben mehrere Bewilligungen erforderlich sind, die in verschiedenen Verfahren zu erteilen sind (Kumulationsprinzip). Auch liegt keine Vorfrage im gegenständlichen Sinn vor, wenn zwei verschiedene Behörden über dieselbe Rechtsfrage als Hauptfrage zu entscheiden haben3329. Ebenso wenig zählt hiezu die Ankündigung, dass es – allenfalls – zu einer Änderung der Rechtslage kommen könnte3330, und etwa die Rechtmäßigkeitsprüfung einer generellen Norm3331. Ist hingegen vom Vorliegen einer Vorfrage auszugehen, dann hat die Behörde zunächst zu prüfen, ob diese als Hauptfrage nicht bereits rechtskräftig entschieden wurde. Ist letzteres der Fall, kommt die Anwendung von § 38 AVG nicht in Betracht. Vielmehr ist die Behörde an die vorliegende Entscheidung innerhalb der Grenzen ihrer Rechtskraft gebunden3332. Liegt demgegenüber noch keine diesbezügliche Entscheidung vor, hat die Behörde – sofern gesetzlich nicht ausdrücklich anderes bestimmt ist3333 – grundsätzlich Wahlmöglichkeiten. Aber auch hiebei hat sie zuallererst zu eruieren, ob bereits ein Verfahren anhängig ist oder gleichzeitig (von ihr) anhängig 3326 Hengstschläger/Leeb (Hg), AVG II § 38 Rz 5. 3327 Raschauer, Verwaltungsrecht3 Rz 569. 3328 Vgl Hengstschläger/Leeb (Hg), AVG II § 38 Rz 6 ff, mit zahlreichen weiteren Beispielen. 3329 Siehe etwa VwSlg 8635 A/1974. 3330 VwGH 20.6.2002, 2000/06/0204. 3331 Beispiele hiefür auch bei Hengstschläger, Verwaltungsverfahrensrecht4 Rz 284; Thienel/Schulev-Steindl, Verwaltungsverfahrensrecht5 153. 3332 Siehe zB Helmut Pichler, Der Bindungskonflikt – Stand und Weiterführung der Diskussion, ÖJZ 1978, 267; Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2 § 38 Anm 2. 3333 Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2 § 38 Anm 5. Siehe auch Lattenmayer, ÖJZ 2004, 16.
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gemacht wird bzw werden kann3334. Ist dies nicht der Fall, hat sie die Vorfrage jedenfalls selbst zu beurteilen3335. Ist jedoch die Vorfrage Gegenstand eines anhängigen Verfahrens vor der (anderen) zuständigen Behörde, liegt es im Ermessen3336 der Behörde zu entscheiden, ob sie zum einen selbst die Vorfrage beurteilt – verbindlich absprechen kann sie darüber freilich nicht3337 – und diese Beurteilung ihrer Entscheidung zugrunde legt3338, oder zum anderen, ob sie ihr Verfahren bis zur rechtskräftigen – und für sie dann auch verbindlichen3339 – Entscheidung der Vorfrage aussetzt. Auf eine den Lauf der Entscheidungsfrist jedenfalls hemmende Aussetzung des Verfahrens3340 hat die Partei weder einen Anspruch noch bedarf es zur Rechtmäßigkeit des Aussetzungsbescheids der Zustimmung einer Partei3341. Die Aussetzung selbst hat aber grundsätzlich durch verfahrensrechtlichen, und somit durch einen selbstständig bekämpfbaren Bescheid zu erfolgen, wenngleich die Judikatur3342 bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 38 letzter Satz AVG ein formloses Zuwarten, also eine „tatsächliche“ oder „faktische“ Aussetzung, durch die Behörde mit der Konsequenz zulässt, Rechtsschutzmöglichkeiten der Parteien einzuschränken und durch den ungehinderten Lauf der behördlichen Entscheidungsfrist die objektive Säumnis nicht zu verhindern3343. 3334 Hengstschläger/Leeb (Hg), AVG II § 38 Rz 43 ff. 3335 Walter et al, Verwaltungsverfahrensrecht9 Rz 307. 3336 Hiezu ausführlich Hengstschläger/Leeb (Hg), AVG II § 38 Rz 59 ff; siehe aber auch Antoniolli/Koja, Verwaltungsrecht3 84; Walter et al, Verwaltungsverfahrensrecht9 Rz 307. 3337 Hengstschläger/Leeb (Hg), AVG II § 38 Rz 33 f; Hengstschläger, Verwaltungsverfahrensrecht4 Rz 294. 3338 Weicht die nachträgliche Entscheidung der Vorfrage als Hauptfrage der zuständigen Behörde bzw des Gerichts von der Beurteilung der Vorfrage ab, bildet diese rechtskräftige Entscheidung gem § 69 Abs 1 Zif 3 AVG einen Wiederaufnahmegrund für das von der Vorfrage abhängige Verfahren. Solange aber der Bescheid nicht in Rechtskraft erwachsen ist, ist eine unrichtige Beurteilung der Vorfrage zusammen mit dem in der Sache ergehenden Bescheid zu bekämpfen. Hengstschläger, Verwaltungsverfahrensrecht4 Rz 294 f; Walter et al, Verwaltungsverfahrensrecht9 Rz 311. 3339 Siehe hiezu bereits Adamovich/Funk, Verwaltungsrecht3 99 f; Richard Winkelhofer, Säumnis von Verwaltungsbehörden. Behördliche Untätigkeit und ihre Bekämpfung (1991) 106. 3340 Siehe etwa VwGH 20.6.1980, 1567/76. 3341 Vgl Walter et al, Verwaltungsverfahrensrecht9 Rz 308. 3342 Jüngst bestätigend VwGH 27.9.2007, 2007/11/0074. 3343 Hiezu krit ua Winkelhofer, Säumnis 110 ff; Antoniolli/Koja, Verwaltungsrecht3 85; Hengstschläger/Leeb (Hg), AVG II § 38 Rz 54 ff. Siehe auch Thienel/SchulevSteindl, Verwaltungsverfahrensrecht5 154; Walter et al, Verwaltungsverfahrensrecht9 Rz 310.
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Angesichts dieser Vorgaben ist de lege lata aus § 38 AVG für die Verfahrensaussetzung infolge eines Einsatzes der Mediation, und zwar unabhängig davon, ob es sich dabei um eine verfahrensintegrierte Lösung oder um einen mitlaufenden Mediationsprozess handelt, nichts zu gewinnen. Es fehlt dafür schon an Grundsätzlichem. So handelt es sich in diesem Fall weder um eine Rechtsfrage ieS, für deren Beantwortung die betreffende verfahrensführende Behörde sachlich nicht zuständig ist, noch ist für die „Entscheidung“ eine andere Verwaltungsbehörde oder ein Gericht zuständig3344. Denkbar wäre aber – wie Kerschner et al3345 und Schwaighofer3346 dies andeuten – de lege ferenda der Behörde eine mit der Konstellation des § 38 AVG vergleichbare Möglichkeit einzuräumen, um das Ermittlungsverfahren zum Zweck der Durchführung einer Mediation mittels verfahrensrechtlichen Bescheid zu unterbrechen. Dies wäre bezogen auf die grundsätzliche Intention freilich nicht neu, enthält doch bereits die lex specialis des § 16 Abs 2 UVP-G eine ähnliche Regelung. Demnach kann die Behörde ihr Verfahren bei Vorliegen „großer Interessenkonflikte“ zwischen der Konsenswerberin bzw des Konsenswerbers und den sonstigen Parteien und Beteiligten auf Antrag der Projektwerberin bzw des Projektwerbers zur Einschaltung eines mitlaufenden Mediationsverfahrens unterbrechen3347. Der Unterschied zu § 16 Abs 2 UVP-G wäre demzufolge in erster Linie in der grundsätzlich bescheidmäßigen Erledigung der Verfahrensunterbrechung gelegen. Darüber hinaus ist aber auch an eine Ausweitung der Wahlmöglichkeiten zu denken. Während § 16 Abs 2 UVP-G ausschließlich solche Mediationsverfahren im Blick hat, die privat initiiert werden und parallel zum eigentlichen Verwaltungsverfahren „mitlaufen“, könnten nunmehr auch jene mediativen Konfliktbearbeitungsprozesse erfasst werden, die gegebenenfalls von der Behörde veranlasst und als Ergänzung zum Ermittlungsverfahren eingesetzt werden. Sinnvoll erscheint daher die Gewährung der Möglichkeit zur Aussetzung des Ermittlungsverfahrens sowohl von Amts wegen wie auch auf Grundlage eines Antrags, wenngleich der Behörde Ermessen einzuräumen wäre. Dabei bliebe außerdem zu unterscheiden, ob es sich hiebei um ein verfahrensintegriertes oder ein mitlaufendes Mediationsverfahren handeln soll. Während im ersten Fall die Behörde jedenfalls auch von Amts wegen die Aussetzung 3344 So auch schon Schwaighofer, bbl 2005, 106. 3345 Kerschner et al, Umweltmediation 77. 3346 Schwaighofer, bbl 2005, 106, demzufolge zur Klärung „zivilrechtlicher Belange“ die Behörde das Verfahren aussetzen können solle. Letztlich müsse der Gesetzgeber hiefür lediglich die mit dem ZivMediatG eingeleitete Entwicklung auf das Verwaltungsverfahren umlegen. 3347 Siehe hiezu etwa die Entscheidung des Umweltsenats vom 8.3.2010, US 2B/2008/23-62.
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des Verfahrens veranlassen können soll, könnte dies im zweiten Fall lediglich auf Parteienantrag erfolgen. Das Antragsrecht auf Einleitung eines Mediationsverfahrens müsste dann zumindest den ProjektwerberInnen zustehen. Es erscheint aber zudem nichts verbaut, wenn grundsätzlich allen Beteiligten iSd § 8 AVG ein solches Antragsrecht zukommen würde. Für die Behörde würde es keinen Unterschied machen, wer einen Aussetzungsantrag einbringt. Sie wäre jedenfalls in ihrem Handeln dahingehend gefordert, mit der ihr zu Gebote stehenden Sorgfalt den eingeräumten Beurteilungsspielraum auszufüllen und zwar unter sachlicher Abwägung der Vor- und Nachteile eines Mediationsverfahrens in der konkreten Situation bei gleichzeitiger Berücksichtigung weitreichender wirtschaftlicher Interessen und letztlich geleitet vom Grundsatz der Verfahrensökonomie. Damit wäre letztlich gewährleistet, dass die Behörde, falls sie auch nur den geringsten Druck von außen verspürte, diesem keinesfalls leichtfertig – eine Sorge die verständlicherweise seitens der ProjektwerberInnen vorgebracht werden könnte – in der Form einer Aussetzung des Verfahrens nachgäbe3348. Anderes müsste jedoch für die Wiederaufnahme des Verwaltungsverfahrens gelten. Verfahren, die von Amts wegen ausgesetzt wurden, müssten jedenfalls wieder von der Behörde selbst aktiviert und von ihr an sich gezogen werden können. Zudem müsste den ProjektwerberInnen das Recht eingeräumt werden, zumindest im Fall der Aussichtslosigkeit bzw der drohenden Verschleppung eines Mediationsverfahrens mittels Fortsetzungsantrag eine Sachentscheidung durch die Behörde herbeiführen zu können. Fraglich ist hingegen, ob auch den ProjektgegnerInnen ein gleichgeartetes Recht einzuräumen wäre. Beispielsweise halten Kerschner et al hiezu fest, dass es die anzustrebende Chancengleichheit der Konfliktparteien im Mediationsverfahren nicht zwingend gebiete, das Gleichgewicht im Hinblick auf die Balance von Tausch- und Drohmacht auch in jeder verfahrensrechtlichen Position zu manifestieren. Auch komme hinzu, dass auf Seiten der ProjektgegnerInnen nicht unbedingt mit einer homogenen Meinungslage zu rechnen sei. Vielmehr bestünde infolge divergenter Auffassungen – ein Teil möchte die Mediation fortsetzen, ein anderer nicht – die Gefahr des Scheiterns des Mediationsprozesses3349. Dieser Ansicht ist zweifelsohne im Hinblick auf die besondere Dynamik von Mehrparteienverfahren weitgehend zuzustimmen. Dennoch ist zu bedenken, dass zumindest das Verschleppungsargument, das für die Einräumung des Rechts auf einen Fortsetzungsantrag für KonsenswerberInnen ins Kalkül zu ziehen ist, gleichsam auch für diejenigen Parteien zutreffend ist, die durch eine Verzögerung der behördlichen Entscheidung in ihren rechtlichen Interessen beeinträchtigt sind. Insoweit er3348 Siehe schon Ferz, ZfV 2002, 322. 3349 Kerschner et al, Umweltmediation 79.
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scheint eine differenzierende Regelung, die ein auf die ProjektwerberInnen beschränktes Antragsrecht beinhalten würde, als unsachlich und daher als nicht gerechtfertigt. 6. Informiertheit im Verfahren
Die Basis für ein zielführendes Verhandeln und damit für das gemeinsame Erarbeiten eines selbstverantworteten Ergebnisses bildet in erster Linie die Informiertheit der Betroffenen. Es kommt demnach der Forderung höchste Relevanz zu, dass die Konfliktparteien über alle entscheidungsspezifischen Tatsachen und auch die vorgegebene Rechtslage Kenntnis erlangen müssen. Zusätzlich gilt zu beachten, dass es durch eine transparente Gestaltung des Kommunikationsprozesses erst möglich wird, das wegen der oftmals komplexen wissenschaftlich-technischen Fragestellungen vorhandene Wissensungleichgewicht zu nivellieren und dadurch letztlich unbegründete Ängste der Konfliktparteien abbauen sowie Verhandlungsblockaden beseitigen zu helfen3350. Eine der zentralen Aufgaben der MediatorInnen kann es also nur sein, darauf zu dringen, dass alle notwendigen Informationen möglichst umfassend in das Mediationsverfahren transferiert, für deren Offenlegung gesorgt und diese für alle Beteiligten transparent aufbereitet werden3351. a) Akteneinsicht
Einen wesentlichen Informationsspeicher bildet – zumindest spätestens ab dem Zeitpunkt der Antragstellung – zweifelsohne die entscheidungsbefugte Behörde. Um Sachinformationen zu erhalten und Kenntnis vom Gang oder Stand des Verwaltungsverfahrens zu bekommen3352, ist es daher mitunter notwendig, in die bei der Behörde befindlichen, den Verfahrensgegenstand betreffende Akte unmittelbar Einsicht nehmen zu können3353. Aus diesem Grund sieht § 17 Abs 1 AVG vor, dass die Verwaltungsbehörden – soweit in den Verwaltungsvorschriften nichts anderes bestimmt ist3354 – den Parteien 3350 Siehe 1.I.B.4. 3351 Vgl Zilleßen, in: Haft/Schlieffen (Hg), Handbuch2 Rz 57. 3352 Das Recht auf Akteneinsicht besteht – schon allein aus Gründen des Rechtsschutzes (Wiederaufnahmeantrag) – für (übergangene) Parteien nach rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens weiterhin; so etwa Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2 § 17 Anm 3; Hengstschläger/Leeb (Hg), AVG I § 17 Rz 2 f; Hengstschläger, Verwaltungsverfahrensrecht4 Rz 157 FN 305; siehe auch Hauer/Leukauf (Hg), Handbuch6 § 17 AVG Anm 2. 3353 Vgl Richard Novak, Rechtsfragen der Akteneinsicht im Verwaltungsverfahren, ÖJZ 1973, 253 f; Hengstschläger/Leeb (Hg), AVG I § 17 Rz 1; Wielinger, Einführung12 Rz 67; Walter et al, Verwaltungsverfahrensrecht9 Rz 173. 3354 Mit weiteren Hinweisen Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2 § 17 Anm 2.
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eines Verwaltungsverfahrens auf formloses Verlangen Einsicht in die ihre Sache betreffenden Akten (hiezu zählen alle Schriftstücke, Pläne, Fotografien, Filme etc) zu gewähren und ihnen darüber hinaus vor Ort das Anfertigen von Abschriften sowie, sofern die technischen Voraussetzungen gegeben sind, von Kopien aus den Akten zu gestatten haben3355. Insoweit die technischen Möglichkeiten bestehen, ist die Behörde zudem verpflichtet, Einsicht in elektronisch geführte Akten in jeder technisch möglichen Form zu gewähren3356. Den Parteien steht somit ein subjektives prozessuales Recht auf Akteneinsicht zu3357. Jedoch ist dessen (unmittelbare) Durchsetzbarkeit dahingehend eingeschränkt, als kein Rechtsmittel gegen deren Verweigerung zulässig ist (§ 17 Abs 4 AVG), was wiederum zur Folge hat, dass die rechtswidrige Verweigerung der Akteneinsicht, die als Verfahrensanordnung qualifiziert wird, erst im Zuge der Bekämpfung des die Verwaltungssache entscheidenden Bescheids geltend gemacht werden kann. Anderes gilt für ein Akteneinsichtsbegehren einer nicht am Verfahren beteiligten Person bzw nach Abschluss des Verwaltungsverfahrens. In diesen Fällen muss durch Bescheid förmlich abgesprochen werden3358. Wesentlich im Zusammenhang mit einem mitlaufendem sowie insbesondere mit einem integriertem Mediationsverfahren ist vor allem die Beantwortung der Frage nach dem Kreis der Berechtigten, denn § 17 Abs 1 AVG nennt ausdrücklich (nur) die Parteien, nicht aber die bloß Beteiligten3359. Dies bedeutet aber nicht selbstredend, dass diejenigen Personen, denen keine Parteistellung im Verfahren zukommt, jedenfalls von der Möglichkeit der Akteneinsicht ausgeschlossen sind. Ausschlaggebend hiefür ist der Umstand, dass § 17 Abs 1 AVG auf die Gewährung eines subjektiven Rechts gerichtet ist, es also den „Parteien“ vorbehalten bleiben soll, einen Anspruch auf Akteneinsicht zu haben. Dies heißt aber umgekehrt, dass es den Behörden nicht verwehrt ist, auch anderen Personen, ja der/dem Interessierten 3355 Siehe etwa; Hengstschläger/Leeb (Hg), AVG I § 17 Rz 5 ff; Thienel/SchulevSteindl, Verwaltungsverfahrensrecht5 127. 3356 Walter et al, Verwaltungsverfahrensrecht9 Rz 175. 3357 Novak, ÖJZ 1973, 255; Hauer/Leukauf (Hg), Handbuch6 § 17 AVG Anm 2; Hengstschläger/Leeb (Hg), AVG I § 17 Rz 2; Fasching/Schwartz, Verwaltungsverfahrensrecht4 46; Hengstschläger, Verwaltungsverfahrensrecht4 Rz 148; Walter et al, Verwaltungsverfahrensrecht9 Rz 173. 3358 Hiezu Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2 § 17 Anm 9; Walter et al, Verwaltungsverfahrensrecht9 Rz 176; auch Hauer/Leukauf (Hg), Handbuch6 § 17 AVG Anm 3; Hengstschläger/Leeb (Hg), AVG I § 17 Rz 13 ff; Hengstschläger, Verwaltungsverfahrensrecht4 Rz 156 ff; siehe auch Adamovich et al, Staatsrecht IV Rz 62.040; Thienel/Schulev-Steindl, Verwaltungsverfahrensrecht5 129. 3359 Novak, ÖJZ 1973, 254 f.
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schlechthin, insoweit Akteneinsicht zu ermöglichen, als dem keine Geheimhaltungspflichten entgegenstehen3360. Die Behörde hat bei der Gewährung der Akteneinsicht weiters zu beachten, dass allen an einem Verfahren beteiligten Parteien auf Verlangen die Akteneinsicht in gleichem Umfang eingeräumt wird (§ 17 Abs 2 AVG). Sie ist also im Mehrparteienverfahren verpflichtet, alle Parteien gleich zu behandeln, und darf daher nicht einer Partei Aktenbestandteile vorenthalten, während sie einer anderen Partei gerade in diese Einsicht gewährt. Die hL erachtet darüber hinaus eine Ungleichbehandlung selbst dann nicht als zulässig, wenn die Behörde bereits zu Unrecht einer Partei Akteneinsicht in einem § 17 Abs 3 AVG übersteigenden Umfang gewährt hatte3361. Wie schon im Zusammenhang mit der Gewährung der Akteneinsicht für „Nichtparteien“ und soeben auch in jenem des Gleichbehandlungsgebots angedeutet, gilt es, den Inhalt der Akten oder Teile davon mitunter geheim zu halten. Diesbezügliche Vorkehrungen sieht das AVG im Hinblick auf das Recht auf Akteneinsicht der Parteien auch ausdrücklich vor. Demnach sind von der Akteneinsicht jene Aktenbestandteile ausgenommen, deren Einsichtnahme eine Schädigung „berechtigter“ Interessen einer Partei oder dritter Personen oder eine Gefährdung der Aufgaben der Behörde herbeiführen oder den Zweck des Verfahrens beeinträchtigen würde (§ 17 Abs 3 3360 Novak, ÖJZ 1973, 255; Hengstschläger, Verwaltungsverfahrensrecht4 Rz 152. Zu beachten sind hiebei jedenfalls die Verschwiegenheitsverpflichtung gem Art 20 Abs 3 B-VG sowie die Geheimhaltung aus grundrechtlichen Gewährleistungen (Achtung des Privatlebens, Grundrecht auf Datenschutz). Siehe hiezu auch die Ausführungen in 3.II.B.13. Weiters Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2 § 17 Anm 3. Die Konstruktion eines Anspruchs auf Akteneinsicht aus der Auskunftspflicht gem Art 20 Abs 4 B-VG bzw der einfachen Auskunftspflichtgesetze des Bundes und der Länder wird übrigens von der Judikatur und der hL verneint, wenn auch die Behörde ihre Auskunftspflicht durch Gewährung der Akteneinsicht erfüllen kann; siehe etwa VwGH 22.2.1991, 90/12/0214; 17.3.2005, 2004/11/0140; sowie Perthold-Stoitzner, Auskunftspflicht2 15 ff; auch Walter et al, Verwaltungsverfahrensrecht9 Rz 173; Hengstschläger/Leeb (Hg), AVG I § 17 Rz 1 und 4. 3361 Vgl Novak, ÖJZ 1973, 255 f; Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2 § 17 Anm 7; Hengstschläger/Leeb (Hg), AVG I § 17 Rz 12; Hengstschläger, Verwaltungsverfahrensrecht4 Rz 150; Thienel/Schulev-Steindl, Verwaltungsverfahrensrecht5 128 f; Walter et al, Verwaltungsverfahrensrecht9 Rz 181. Die Ansicht „vom Recht auf Gleichbehandlung im Unrecht“ und folglich vom Vorrang des Gebots der Gleichbehandlung gegenüber jenes der Geheimhaltung erscheint aber vor allem deshalb nicht unproblematisch, als ein solches Vorgehen vor allem im Mehrparteienverfahren dazu führen kann, dass die mitunter vom Verfassungsgesetzgeber als schutzwürdig anerkannten Interessen von AntragstellerInnen oder Dritten mit dem Argument des „gleichmäßigen Rechtschutzes“ gar mehrmals verletzt werden.
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AVG). Der Behörde kommt hiebei die Aufgabe der Abwägung (und nicht der Ermessensübung3362) einerseits zwischen den Interessen einer Partei auf Akteneinsicht und dem entgegenstehenden legitimen Interesse einer anderen Partei bzw einer/eines Dritten auf Geheimhaltung3363 und andererseits zwischen den Interessen einer Partei auf Akteneinsicht und den gegebenenfalls gefährdeten öffentlichen Interessen zu3364. Als Maßstab dient hiefür letztlich Art 20 Abs 3 B-VG, nachdem der einfache Gesetzgeber eine Lockerung (iSd Einschränkung) nicht aber eine Verschärfung (iSd Ausdehnung) der Verschwiegenheitspflicht vorsehen darf. Infolge verfassungskonformer Interpretation ist die Einschränkung der Akteneinsicht in § 17 Abs 3 AVG folglich so zu verstehen, dass den Einzelnen jedenfalls nicht weniger Informationen bekannt gegeben werden dürfen, als ihnen nach Maßgabe von Art 20 Abs 3 B-VG zustehen3365. b) (Orts-)Augenschein
Um den Informationsstand der Konfliktbetroffenen zu aktualisieren sowie dadurch falsche Vorstellungen hintanzuhalten und gegebenenfalls neue Vorort-Kenntnisse zu gewinnen, finden im Rahmen von Mediationsverfahren regelmäßig Betriebsbegehungen und „Exkursionen“ statt. Im Zusammenhang mit einer verfahrensintegrierten Mediation können diese Handlungsschritte jedoch durch die Vornahme eines (Orts-)Augenscheins bewerkstelligt werden. Der Augenschein iSd § 54 AVG gilt jedenfalls als eines der klassischen, im AVG ausdrücklich, wenn auch nur rudimentär, normierten Beweismit3362 Hengstschläger/Leeb (Hg), AVG I § 17 Rz 9. 3363 Der Begriff der „Interessen“ wird – schon im Hinblick auf die Einbeziehung „Dritter“ – weit verstanden. So zählen hiezu nicht bloß solche rechtlicher, sondern auch wirtschaftlicher (vgl Wielinger, Einführung12 Rz 70) und sonstiger Natur (zB Repressalien gegenüber ZeugInnen und Auskunftspersonen; vgl VwGH 19.12.2000, 95/12/0007). Vgl ua Walter et al, Verwaltungsverfahrensrecht9 Rz 179; Hengstschläger/Leeb (Hg), AVG I § 17 Rz 10; Hengstschläger, Verwaltungsverfahrensrecht4 Rz 154. Siehe auch bereits Krzizek, Nachbarrecht 108 f, der davon ausgeht, dass den AntragstellerInnen im nachbarrechtlichen Verfahren ein berechtigtes Interesse auf Geheimhaltung insbesondere dann zukomme, wenn im Zuge der Akteneinsicht ein Kunst-, Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis preisgeben werden würde. Die Wahrung dieser Geheimnisse könne nicht nur für den Ortsaugenschein (§ 40 Abs 2 AVG) Geltung entfalten, sondern müsse für die mündliche Verhandlung schlechthin Berücksichtigung finden. 3364 Hengstschläger/Leeb (Hg), AVG I § 17 Rz 10. Hiezu auch Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2 § 17 Anm 8. 3365 Hengstschläger/Leeb (Hg), AVG I § 17 Rz 8; Hengstschläger, Verwaltungsverfahrensrecht4 Rz 155. Siehe auch Thienel/Schulev-Steindl, Verwaltungsverfahrensrecht5 129.
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tel3366, worunter eine von einem Behördenorgan zu Beweiszwecken vorgenommene unmittelbare, in jeglicher Form erfolgende, sinnliche Wahrnehmung von Tatsachen oder Vorgängen verstanden wird3367. Einen solchen Augenschein kann die Behörde, de lege lata allerdings nicht die/der MediatorIn, auf Antrag oder von Amts wegen3368 vornehmen bzw anordnen. Soweit Verwaltungsvorschriften nichts Gegenteiliges anordnen, liegt die Entscheidung über die Durchführung jeweils im Ermessen der Behörde, die sich bei ihren Abwägungen im Hinblick auf §§ 37 iVm 39 AVG davon zu leiten lassen hat, ob auch ohne Augenschein der Sachverhalt einwandfrei feststellbar ist3369. Die Entscheidung über die Durchführung eines Augenscheins stellt letztlich eine Verfahrensanordnung iSd § 63 Abs 2 AVG dar. Somit kann die Vornahme oder auch Unterlassung eines Augenscheins lediglich zusammen mit dem in der Sache ergehenden Bescheid bekämpft werden3370. Die knappe Formulierung des § 54 AVG, die vor allem als Ermächtigungsnorm für das gegenständliche behördliche Handeln bezüglich der Anordnung und Durchführung des Augenscheins anzusehen ist3371, wirft aber auch zahlreiche Fragen auf. Eine davon betrifft die Stellung von Verfügungsberechtigten. Das AVG enthält nämlich keine explizite Vorschrift darüber, inwieweit die Beteiligten und allfällige andere Personen eine Pflicht etwa zur Duldung eines Augenscheins an unbeweglichen Sachen trifft. Die hL schließt daraus, dass durch § 54 AVG grundsätzlich keine Duldungsverpflichtung begründet werde und dieser auch keine gesetzliche Grundlage für Eingriffe in Rechte der Verfügungsberechtigten dar3366 Wolfgang Pesendorfer, Zur Durchsetzung eines von der Behörde angeordneten Augenscheines nach AVG, ZfV 1977, 508. 3367 Hengstschläger/Leeb (Hg), AVG II § 54 Rz 1 f; Hengstschläger, Verwaltungsverfahrensrecht4 Rz 411. Wenn die Wahrnehmung, nach Lage der Dinge lediglich an einem bestimmten Ort außerhalb des Amts gemacht werden kann, ist von einem Orts-(Lokal-)Augenschein zu sprechen; so Walter/Thienel (Hg), Verwaltungsverfahrensgesetze I2 § 54 AVG Anm 1. 3368 Hiezu zählt letztlich auch der mitunter gebotene „unangesagte“ (Orts-)Augenschein; siehe hiezu etwa Hengstschläger/Leeb (Hg), AVG II § 54 Rz 10. 3369 Walter/Thienel (Hg), Verwaltungsverfahrensgesetze I2 § 54 AVG Anm 2; Hengstschläger/Leeb (Hg), AVG II § 54 Rz 3. 3370 Walter/Thienel (Hg), Verwaltungsverfahrensgesetze I2 § 54 AVG Anm 2; Hauer/ Leukauf (Hg), Handbuch6 § 54 AVG Anm 2; Hengstschläger/Leeb (Hg), AVG II § 54 Rz 14 f; Hengstschläger, Verwaltungsverfahrensrecht4 Rz 413. Walter et al, Verwaltungsverfahrensrecht9 Rz 372, gehen weiters davon aus, dass in den Fällen, in denen eine zwangsweise Durchsetzung in Betracht kommt, eine derartige Anordnung den Charakter eines – verfahrensrechtlichen – Bescheids erhalte. 3371 Pesendorfer, ZfV 1977, 509.
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stelle3372. Folglich ist davon auszugehen, dass, sofern gesetzlich nichts anderes vorgesehen oder das Betreten einer Liegenschaft oder einer Wohnung zur Erfüllung der eigentlichen, gesetzlich vorgesehenen Verwaltungsaufgabe (insbesondere im Strafverfahren) unumgänglich erscheint3373, die Einwilligung der/des Verfügungsberechtigten zur Vornahme des Augenscheins notwendig ist. Weigert sich eine Partei, einem Lokalaugenschein zuzustimmen, wird dies jedoch im Rahmen der freien Beweiswürdigung zu beurteilen und somit „mittelbar“ – im Zusammenhang mit der mangelnden Mitwirkungsbereitschaft – zu berücksichtigen sein3374. Die Zulässigkeit der genannten Maßnahmen ist übrigens auch jeweils anhand der verfassungsrechtlich gewährleisteten Rechte auf persönliche Freiheit und des Eigentums sowie auf Unverletzlichkeit des Hausrechts3375 zu prüfen3376. Fraglich erscheint weiters, ob die anderen Verfahrensbeteiligten zu einem (Orts-)Augenschein hinzugezogen werden dürfen oder gar müssen. Das AVG enthält auch darüber keine entsprechenden Regelungen3377. Grundsätzlich kann aber, sofern wiederum gesetzlich nichts Gegenteiliges vorgesehen ist, angenommen werden, dass den Parteien kein subjektives Recht dergestalt zusteht, der Aufnahme eines Beweises durch Augenschein beigezogen zu werden3378. Sehr wohl sind ihnen die Ergebnisse im Hinblick auf den Grundsatz des Parteiengehörs bekanntzugeben und die Möglichkeit einzuräumen, dazu Stellung zu nehmen3379. Der VwGH anerkennt aber dann die Notwendigkeit der Beiziehung der Parteien eines Verfahrens, „wenn ohne Anwesenheit derselben eine einwandfreie Sachverhaltsfeststellung nicht möglich ist“3380. Die Behörde wird also – wie schon bei ihrer Prüfung, ob überhaupt ein Augenschein durchzuführen ist – bei der Ermessensübung hinsichtlich der Beiziehung der Parteien zu einem Augenschein dar3372 Vgl vor allem Hengstschläger/Leeb (Hg), AVG II § 54 Rz 12. Siehe auch T hienel/ Schulev-Steindl, Verwaltungsverfahrensrecht5 205. 3373 VfSlg 3352/1958; auch Pesendorfer, ZfV 1977, 509. 3374 Pesendorfer, ZfV 1977, 511; Hengstschläger/Leeb (Hg), AVG II § 54 Rz 13; Walter et al, Verwaltungsverfahrensrecht9 Rz 371. 3375 VfSlg 3352/1958. 3376 Hengstschläger, Verwaltungsverfahrensrecht4 Rz 412. 3377 Walter/Thienel (Hg), Verwaltungsverfahrensgesetze I2 § 54 AVG Anm 5. 3378 Siehe zB VwGH 29.5.2000, 97/10/0231; 21.12.2001, 98/02/0304; 27.5.2003, 2002/07/0104; aus dem Schrifttum ua Hengstschläger/Leeb (Hg), AVG II § 54 Rz 9; Walter et al, Verwaltungsverfahrensrecht9 Rz 370. 3379 Hiezu VwGH 27.5.2003, 2002/07/0104; weiters Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2 § 45 Anm 5; Thienel/Schulev-Steindl, Verwaltungsverfahrensrecht5 205. 3380 VwGH 10.11.1986, 83/10/0008.
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auf abzustellen haben, ob auch ohne Anwesenheit der Parteien der Sachverhalt vollständig feststellbar ist3381. Einzig wenn die Behörde den Augenschein mit einer mündlichen Verhandlung koppelt, ist sie verpflichtet, zum Augenschein auch die Parteien hinzuzuziehen3382. Wenn es der Zweck des Ermittlungsverfahrens erforderlich macht bzw die Verwertung der Wahrnehmungen ein besonderes Fachwissen voraussetzt3383, können von der Behörde auch Sachverständige zum Augenschein hinzugezogen werden (§ 54 AVG). Überhaupt muss der Augenschein nicht unmittelbar durch die zur Entscheidung befugte Behörde vorgenommen werden (zB amtsärztliche Untersuchung). Vielmehr ist es nach Maßgabe des § 55 Abs 1 Satz 2 AVG zulässig, Amtssachverständige3384 mit der selbständigen Durchführung eines Augenscheins zu betrauen3385. Eine Betrauung von Amtssachverständigen zur selbstständigen Vornahme eines Augenscheins hat übrigens gem § 55 Abs 1 Satz 2 AVG jedoch dann nicht zu erfolgen, wenn der Augenschein mit einer mündlichen Verhandlung verbunden ist3386. Mit dieser Feststellung ist aber auch schon angedeutet, dass ein Augenschein mit einer mündlichen Verhandlung gekoppelt werden kann. Dies legt das AVG nahe, indem es vorgibt, dass die mündliche Verhandlung, insofern sie mit einem Augenschein verbunden wird, „womöglich an Ort und Stelle“ abzuhalten ist (§ 40 Abs 1 AVG). Die Auswahl3387 hat sie – unter Beachtung des in § 39 Abs 2 AVG (Effizienzgebot) – nach pflichtgemäßem Ermessen zu treffen3388. Darüber hinaus sehen aber einzelne Verwaltungsvorschriften überhaupt die Durchführung einer Augenscheinverhandlung zwingend vor3389. 3381 Hengstschläger, Verwaltungsverfahrensrecht4 Rz 412; Walter et al, Verwaltungsverfahrensrecht9 Rz 372. 3382 Hengstschläger/Leeb (Hg), AVG II § 40 Rz 15 sowie dies (Hg), AVG II § 54 Rz 9. 3383 Hengstschläger/Leeb (Hg), AVG II § 54 Rz 8. 3384 Hengstschläger/Leeb (Hg), AVG II § 52 Rz 57, gehen davon aus, dass nur Wahrnehmungen durch die Amtssachverständigen als Augenschein iSd § 54 AVG und damit als förmliche Beweisaufnahme durch die Behörde gelten können. 3385 Hengstschläger, Verwaltungsverfahrensrecht4 Rz 411 und 414. 3386 Siehe auch Walter/Thienel (Hg), Verwaltungsverfahrensgesetze I2 § 54 AVG Anm 5; Hengstschläger/Leeb (Hg), AVG II § 55 Rz 6. 3387 § 40 Abs 1 AVG sieht neben dem Lokalaugenschein auch den „Sitz der Behörde“ und den „nach der Sachlage zweckmäßigsten Ort“ als Verhandlungsortalternativen vor. 3388 Siehe Walter/Thienel (Hg), Verwaltungsverfahrensgesetze I2 § 40 AVG Anm 5; Hengstschläger/Leeb (Hg), AVG II § 40 Rz 13 und 15 sowie dies (Hg), AVG II § 54 Rz 6. 3389 So etwa § 24 Abs 1 Stmk BauG.
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In diesem Fall hat die Behörde schließlich darüber zu wachen3390, dass der Augenschein nicht zur Verletzung eines Kunst-, Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisses missbraucht wird (§ 40 Abs 2 AVG)3391. Zu beachten wird diese Einschränkung aber sowohl für den „sonstigen“, nicht im Rahmen einer mündlichen Verhandlung anberaumten Augenschein3392 als auch für die mündliche Verhandlung schlechthin sein3393. 7. Verwaltungsverfahrensrechtliche Vorgaben zum Einsatz von Sachverständigen
Der behördliche Alltag ist von der Tätigkeit der Sachverständigen zuweilen dermaßen geprägt3394, dass die Diskussionen rund um das Sachverständigenwesen keineswegs als bloß akademische angesehen werden können – dies letztlich auch deshalb, weil Regelungstatbestände zahlreicher Rechtsvorschriften zur Entscheidungsvorbereitung mehr denn je den spezifischen, oft wissenschaftlich fundierten Sachverstand von ExpertInnen einfordern3395. Es kann also auch nicht weiter verwundern, wenn im Rahmen eines Mediationsverfahrens dem Thema Sachverständige ein prominenter Platz zugewiesen wird3396. Diese Tatsache erscheint noch dadurch an Gewicht zu gewinnen, indem vor allem bei Mediationen im öffentlichen Bereich zumeist komplexe Fragestellungen, zu deren umfassenden Klärung und abschlie3390 Spezifische Verwaltungsvorschriften enthalten mitunter explizitere Regelungen. So bestimmt § 356 Abs 2 GewO, dass bei Gefahr der Verletzung eines Kunst-, Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisses iSd § 40 AVG den NachbarInnen die Teilnahme an der Besichtigung der Anlage nur mit Zustimmung der Projektwerberin bzw des Projektwerbers gestattet ist, wenngleich auch in diesem Fall das Recht auf Parteiengehör zu wahren ist. Siehe hiezu auch Hengstschläger/Leeb (Hg), AVG II § 40 Rz 23. 3391 Hengstschläger, Verwaltungsverfahrensrecht4 Rz 313; Walter et al, Verwaltungsverfahrensrecht9 Rz 370. 3392 Hengstschläger/Leeb (Hg), AVG II § 40 Rz 22 sowie § 54 Rz 11. 3393 Vgl Krzizek, Nachbarrecht 108 f. Vgl hiezu auch die Ausführungen zur Akteneinsicht in 3.IV.A.6.a). 3394 Eigner, in: Schwarzer (Hg), Beschleunigung 34; Martin Attlmayr, Der Sachverständige, in: ders/Thomas E. Walzel von Wiesentreu (Hg), Handbuch des Sachverständigenrechts. Praxisleitfaden für das Verwaltungsverfahren (2006) Rz 1.002. 3395 So insbesondere Gerhard Aigner, Der (Amts)sachverständige im Lichte der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, JBl 1983, 352; zustimmend Hauer/ Leukauf (Hg), Handbuch6 § 52 AVG Anm 3; siehe weiters Ulrich E. Zellenberg, Der Sachverständige im Bereich des Verwaltungsrechts, in: Martin Attlmayr/ Thomas E. Walzel von Wiesentreu (Hg), Handbuch des Sachverständigenrechts. Praxisleitfaden für das Verwaltungsverfahren (2006) Rz 3.001. 3396 Hiezu schon Ferz, in: Steppan/Gebhardt (Hg), FS Kocher 77 ff.
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ßenden Bewertung die Heranziehung von Sachverständigen von Nöten ist, abzuarbeiten sind3397. Zur Beantwortung der Frage, wann Sachverständige3398 im Beweisverfahren beizuziehen sind, trägt das AVG nicht gerade viel bei. Aus § 52 Abs 1 leg cit geht lediglich hervor, dass eine Beiziehung von Sachverständigen zur Aufnahme von Beweisen zu erfolgen hat, wenn es „notwendig“ ist. Dies kann nun dann der Fall sein, wenn dies in den Materiengesetzen ausdrücklich vorgesehen ist, oder, folgend aus dem Grundsatz der materiellen Wahrheit (§ 39 Abs 2 AVG)3399, wenn zur Beantwortung entscheidungserheblicher Tatfragen besonderes Fachwissen und Erfahrung, über welche die Verwaltungsorgane nicht verfügen, erforderlich sind3400. Lediglich dann, wenn OrganwalterInnen der Behörde entsprechende Fachkenntnisse besitzen, ist es ihr erlaubt, auch Fachfragen selbst zu beurteilen3401. Daraus wird schon deutlich, dass die Entscheidung darüber, ob ein Sachverständigenbeweis notwendig ist oder nicht, ausschließlich – aber nicht im freien Ermessen3402 – die zuständige Behörde trifft3403. Den Parteien kommt dabei keine Form der Mitbestimmung zu; wohl können sie die Einholung eines Gutachtens 3397 Man denke nur an das Mediationsverfahren Flughafen Wien-Schwechat; www.viemediation.at [12/2012]. Siehe aber auch Dolp et al, RdU 2001, 13. 3398 Sachverständige sind – insofern gesetzlich nichts anderes vorgesehen ist – nur natürliche Personen. Vgl Willibald Liehr, Wechselbeziehungen zwischen dem Behördenorgan und dem Amtssachverständigen im Verwaltungsverfahren, in: Manfred Straube/Robert Weimar (Hg), Jurist und Technik zwischen Wissenschaft und Praxis, FS Josef Kühne zum 60. Geburtstag (1984) 117; Hengst schläger/Leeb (Hg), AVG II § 52 Rz 18 f; Hengstschläger, Verwaltungsverfahrensrecht4 Rz 398 FN 679. 3399 Hauer/Leukauf (Hg), Handbuch6 § 52 AVG Anm 2. 3400 VwGH 21.12.1999, 97/19/0787. So schon Kurt Ringhofer, Die österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze samt den einschlägigen Gesetzen und Verordnungen, erläuternden Anmerkungen und einer ausführlichen Übersicht über die Rechtsprechung I (1987) § 52 AVG Anm 2; darauf aufbauend Walter/Thienel (Hg), Verwaltungsverfahrensgesetze I2 § 52 AVG Anm 2; weiters Hengst schläger/Leeb (Hg), AVG II § 52 Rz 8 f; Attlmayr, in: Attlmayr/Walzel von Wiesentreu (Hg), Handbuch Rz 5.007; Hengstschläger, Verwaltungsverfahrensrecht4 Rz 401; Thienel/Schulev-Steindl, Verwaltungsverfahrensrecht5 200; Walter et al, Verwaltungsverfahrensrecht9 Rz 361. 3401 VwGH 3.7.2003, 99/07/0178 (hier: Landesagrarsenat). 3402 Siehe hiezu schon Liehr, in: Straube/Weimar (Hg), FS Kühne 115; weiters Attlmayr, in: ders/Walzel von Wiesentreu (Hg), Handbuch Rz 5.0017; Thienel/ Schulev-Steindl, Verwaltungsverfahrensrecht5 200. 3403 Verzichtet die Behörde auf die Beiziehung von Sachverständigen, obwohl dies notwendig gewesen wäre, belastet sie den in der Sache ergehenden Bescheid mit einem wesentlichen Verfahrensmangel. Hengstschläger/Leeb (Hg), AVG II § 52 Rz 9; Hengstschläger, Verwaltungsverfahrensrecht4 Rz 401.
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Mediation im öffentlichen Bereich in Österreich
beantragen, doch entscheidet darüber die Behörde allein mit bloßer Verfahrensanordnung3404. Weiters ist zu beachten, dass dem Sachverständigenbeweis eine spezifische, unterstützende Funktion im Zuge des Ermittlungsverfahrens zukommt3405. Daraus folgt auch, dass sich Sachverständige, die eben als persönliche Beweismittel zu qualifizieren sind3406, nicht zu Fragen der Beweiswürdigung oder zu den Rechtsfragen äußern dürfen3407. Diese zu beantworten, ist, wie auch die für Sachverständige verbindliche Vorgabe des Beweisthemas3408, Aufgabe der Behörde. Die Sachverständigen haben in jedem Fall im Bereich der Tatsachen zu bleiben. Die Mitwirkung von Sachverständigen bei der Feststellung des – für die Behörde – entscheidungsrelevanten Sachverhalts beschränkt sich also darauf, die Tatsachen zu erheben und aus diesen „auf Grund besonderer Fachkundigkeit“ Schlussfolgerungen zu ziehen3409. Dementsprechend haben die von Sachverständigen zu erstattenden Gutachten iwS jeweils aus dem Befund (Aufnahme und Klarstellung der Tatsachen) und aus dem eigentlichen Gutachten (Rückschlüsse auf allfällige Ursachen oder Wirkungen) zu bestehen3410. Letztendlich obliegt es der Behörde, das Gutachten, das der freien Beweiswürdigung unterliegt, auf seine Vollständigkeit, Richtigkeit sowie Schlüssigkeit hin zu überprüfen3411. Entspricht dieses den genannten Anforderungen nicht, hat sie es gegebenenfalls durch Einholung weiterer gutachtlicher Äußerungen verbessern bzw ergänzen zu lassen3412. Führt auch dies nicht zu einem mangelfreien Gutachten, ist letzteres als Beweismittel unbrauchbar3413. 3404 Hengstschläger/Leeb (Hg), AVG II § 52 Rz 9 und 11. 3405 Vgl Hengstschläger/Leeb (Hg), AVG II § 52 Rz 4. 3406 Attlmayr, in: ders/Walzel von Wiesentreu (Hg), Handbuch Rz 5.003. 3407 VwGH 14.6.2005, 2004/02/0347; 30.3.2007, 2006/02/0292. Walter/Thienel (Hg), Verwaltungsverfahrensgesetze I2 § 52 AVG Anm 1; Hauer/Leukauf (Hg), Handbuch6 § 52 AVG Anm 3; Hengstschläger/Leeb (Hg), AVG II § 52 Rz 6 f; Hengstschläger, Verwaltungsverfahrensrecht4 Rz 399. 3408 Hengstschläger/Leeb (Hg), AVG II § 52 Rz 5; Attlmayr, in: ders/Walzel von Wiesentreu (Hg), Handbuch Rz 5.0081 ff. 3409 VwGH 14.6.2005, 2004/02/0347. 3410 Siehe hiezu schon Liehr, in: Straube/Weimar (Hg), FS Kühne 118 ff; Walter/ Thienel (Hg), Verwaltungsverfahrensgesetze I2 § 52 AVG Anm 1; Hauer/ Leukauf (Hg), Handbuch6 § 52 AVG Anm 4; Hengstschläger/Leeb (Hg), AVG II § 52 Rz 59 f; Attlmayr, in: ders/Walzel von Wiesentreu (Hg), Handbuch Rz 5.085 ff; Thienel/Schulev-Steindl, Verwaltungsverfahrensrecht5 199; Walter et al, Verwaltungsverfahrensrecht9 Rz 358. 3411 Hengstschläger/Leeb (Hg), AVG II § 52 Rz 61 f. 3412 Aigner, JBl 1983, 360. 3413 Thienel/Schulev-Steindl, Verwaltungsverfahrensrecht5 200. Zur Widerlegung eines Sachverständigengutachtens durch die Partei siehe 3.IV.A.7.b).
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a) Amtliche und nichtamtliche Sachverständige
Das Verwaltungsverfahren wird vom Prinzip des Amtssachverständigen beherrscht3414, was so viel heißt, dass die erkennende Behörde gem § 52 Abs 1 AVG vorrangig beigegebene, also fachkundige Personen, die ihrem „Hilfsapparat“ angehören3415, oder zur Verfügung stehende Sachverständige, die zwar nicht unmittelbar bei der heranziehenden Behörde aber bei einer solchen desselben Organisationsapparats eingegliedert sind3416, beizuziehen hat3417. Das Primat der/des Amtssachverständigen lässt sich einerseits mit dem Gebot der Verfahrensökonomie3418 und andererseits damit begründen, dass die Parteien vor möglichen unnötigen Kosten, die mit der Bestellung einer/ eines nichtamtlichen Sachverständigen einhergehen, geschützt werden sollen3419. Konkret bedeutet dies, dass nichtamtliche Sachverständige für ihre Mühewaltung Anspruch auf Gebühren nach dem GebAG (§ 53a Abs 1 AVG) haben3420, während die Amtssachverständigen grundsätzlich in einem Dienstverhältnis zur Behörde stehen und auf Grundlage dieses Rechtsverhältnisses ihr Gehalt beziehen3421. Ein zusätzlicher Gebührenanspruch gegenüber den Parteien besteht nicht. Diese Feststellungen beruhen ua auf § 75 Abs 1 AVG, wonach die Kosten für die Tätigkeit der Behörden im Verwaltungsverfahren von Amts wegen zu tragen sind. Eine Ausnahme ist in § 76 Abs 1 AVG dahingehend normiert, wonach für Barauslagen, hiezu zählen eben die Gebühren für nichtamtliche Sachverständige nicht aber jene für Amtssachverständige (§ 75 Abs 2 AVG)3422, die der Behörde bei einer konkreten notwendigen
3414 Peter Bußjäger/Harald Kraft, Sachverstand, Privatisierung und Kostentragung Verfahrensrechtliche, organisatorische und finanzrechtliche Aspekte des Sachverständigendienstes der Gebietskörperschaften, ZfV 1999, 12. 3415 Hengstschläger/Leeb (Hg), AVG II § 52 Rz 25. 3416 Siehe insbesondere Attlmayr, Recht 80; weiters Walter/Thienel (Hg), Verwaltungsverfahrensgesetze I2 § 52 AVG Anm 3; Hengstschläger/Leeb (Hg), AVG II § 52 Rz 26; Thienel/Schulev-Steindl, Verwaltungsverfahrensrecht5 200 f; Walter et al, Verwaltungsverfahrensrecht9 Rz 363. 3417 Die Missachtung des Gebots der vorrangigen Beiziehung von amtlichen Sachverständigen stellt eine Verletzung der Verfahrensvorschriften dar; VwSlg 3906 A/1955; Hengstschläger/Leeb (Hg), AVG II § 52 Rz 29. 3418 Benjamin Davy, Betriebliche Anlagengenehmigung, Berufsschadensverhütung und technische Sachverständige, ZAS 1987, 43. 3419 Thienel/Schulev-Steindl, Verwaltungsverfahrensrecht5 202. 3420 Zur Gebührenfrage Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensnovellen 1998, 54 ff. 3421 Siehe auch 3.IV.C. 3422 Attlmayr, Recht 141; Bußjäger/Kraft, ZfV 1999, 15; Ennöckl, ecolex 2004, 823.
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Amtshandlung erwachsen, grundsätzlich die Partei aufzukommen hat, die den verfahrensleitenden Antrag gestellt hat3423. Aufgrund dieser Regelungen soll es der Behörde auch nur ausnahmsweise erlaubt sein, andere geeignete Personen als Sachverständige – sog nichtamtliche Sachverständige – heranzuziehen (§ 52 Abs 2 und 3 AVG)3424. Zulässig ist deren Einsatz etwa dann, wenn „geeignete“ Amtssachverständige nicht zur Verfügung stehen (1. Fall)3425 oder wenn ein Heranziehen von nichtamtlichen Sachverständigen mit Rücksicht auf die „Besonderheit des Falls“ geboten ist (2. Fall). Das Vorhandensein von amtlichen Sachverständigen bleibt hiebei unberücksichtigt. Vielmehr begründen Zweckmäßigkeitsüberlegungen den Vorzug gegenüber Amtssachverständigen3426. Und schließlich eröffnet § 52 Abs 3 AVG mit dem Verfahrensbeschleunigungsargument noch eine weitere Möglichkeit für die Hinzuziehung nichtamtlicher Sachverständiger. Ziel dieser mitunter heftig kritisierten3427 Bestimmung soll es sein, die in der Praxis sich auf Grund der Aus- und Überlastung von Amtssachverständigen und der in mehrerlei Hinsicht eingeschränkten Heranziehung von nichtamtlichen Sachverständigen ergebenden Verfahrensverzögerungen hintan zuhalten3428. Demnach muss der Behörde grundsätzlich ein/e Amtssachverständige/r zur Verfügung stehen und darf darüber hinaus die Besonderheit des Falls die Bestellung von nichtamtlichen Sachverständigen nicht gebieten3429. Die in Abs 2 genannten Bedingungen sind somit gleichzeitig negatives Tatbestandsmerkmal des Abs 3 und erfordern eine chronologische Prüfreihenfolge3430. Entscheidend sind die erwähnte Arbeitsüberlastung und der Umstand, dass mit dem Ausweichen auf nichtamtliche Sachverständige eine „wesentliche“ Verfahrensbeschleu-
3423 Vgl jedoch die engen Grenzen des § 76 Abs 2 AVG, wonach auch andere Parteien als die/der AntragstellerIn zum Ersatz der Barauslagen verpflichtet werden können (Verursacher- und Verschuldensprinzip); Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensnovellen 1998, 132; Ennöckl, ecolex 2004, 824. 3424 Siehe etwa VwGH 15.9.1987, 87/07/0012; VwGH 8.6.2005, 2002/03/0076. 3425 VwGH 11.9.1997, 97/07/0074; weiters Hengstschläger/Leeb (Hg), AVG II § 52 Rz 32 ff. 3426 Attlmayr, Recht 85. 3427 Siehe vor allem Rudolf Thienel, Neuerungen zum nichtamtlichen Sachverständigen im AVG, RdU 1996, 57 ff; Hengstschläger/Leeb (Hg), AVG II § 52 Rz 36 ff; Thienel/Schulev-Steindl, Verwaltungsverfahrensrecht5 202; weiters Attlmayr, Recht 86 ff. 3428 AB 238 BlgNR XIX GP, 2; Robert Walter/Rudolf Thienel, Die Verwaltungsverfahrensnovellen 1995 (1995) 23. 3429 Thienel, RdU 1996, 59. 3430 So VwGH 28.4.2004, 2001/03/0128; Hengstschläger/Leeb, AVG II § 52 Rz 42.
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nigung zu erwarten ist. Hauer/Leukauf verweisen dabei auch auf die gängige Praxis, wonach bei größeren Vorhaben bereits vor Stellung des Antrags Gutachten eingeholt werden, um Probleme zu lösen oder zur Lösung beizutragen und/oder auf diese Weise das Verfahren zu beschleunigen. Durch ein solches Vorgehen sollen letztlich auch die OrganwalterInnen der Behörde sowie NachbarInnen und die Öffentlichkeit generell von der Gesetzmäßigkeit des Vorhabens überzeugt werden3431. Die Heranziehung ist aber nur in Antragsverfahren3432 sowie dann zulässig, wenn die/der KonsenswerberIn bzw bei mehreren verfahrenseinleitenden Parteien eine von diesen ein solches Vorgehen anregt und sich darüber hinaus zur Übernahme der Kosten ausdrücklich bereit erklärt. Die/der AntragstellerIn erwirkt durch die weitgehend formlose „Anregung“ jedoch kein subjektives Recht auf Bestellung einer/eines nichtamtlichen Sachverständigen3433. Auch steht es der antragstellenden Partei nicht zu, einen bestimmten nichtamtlichen Sachverständigen auszuwählen3434 oder das Beweisthema festzulegen3435. Darüber entscheidet – wie schon ausgeführt – ausschließlich die verfahrensführende Behörde3436. Es bleibt der Partei jedoch unbenommen, der Verwaltung diesbezüglich Vorschläge – etwa in Form von Beweisanträgen – zu unterbreiten3437.
3431 Hauer/Leukauf (Hg), Handbuch6 § 52 AVG Anm 7. 3432 Thienel/Schulev-Steindl, Verwaltungsverfahrensrecht5 203. 3433 So Attlmayr, Recht 87; Wolfgang Pesendorfer, Das Recht des Sachverständigen im Verwaltungsverfahren, ÖJZ 1999, 375; Daniel Ennöckl, Der Sachverständige im Verfahren vor den UVS, ecolex 2004, 823; Hauer/Leukauf (Hg), Handbuch6 § 52 AVG Anm 8. Differenzierter und letztlich weitergehend Thienel, RdU 1996, 59, der zum Ergebnis gelangt, dass bei Vorliegen der Voraussetzungen trotz des Wortes „kann“ eine Pflicht der Behörde zur Bestellung einer/eines nichtamtlichen Sachverständigen und „damit auch ein Anspruch des Antragstellers“ auf die Bestellung einer/eines Sachverständigen anzunehmen sei. Einzig ein gesondertes Rechtsmittel stehe den AntragstellerInnen nicht zu. 3434 AB 238 BlgNR XIX GP, 2; Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensnovellen 1995, 24; Thienel, RdU 1996, 59; Ennöckl, ecolex 2004, 823; Hauer/Leukauf (Hg), Handbuch6 § 52 AVG Anm 8; Hengstschläger/Leeb, AVG II § 52 Rz 49. 3435 Vgl AB 238 BlgNR XIX GP, 2; vgl aber auch Thienel, RdU 1996, 59 f, der festhält, dass es zulässig sei, die Anregung derart zu konkretisieren, dass die Beiziehung von nichtamtlichen Sachverständigen nur für ein bestimmtes Beweisthema erfolgen solle. 3436 Thienel, RdU 60. 3437 AB 238 BlgNR XIX GP, 2; Attlmayr, Recht 88 f.
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b) Privatsachverständige
Gutachten der Sachverständigen iSd § 52 AVG müssen von den Parteien jedoch nicht widerspruchslos hingenommen werden. Ihnen ist vielmehr auf Grund des Rechts auf Parteiengehör (§ 45 Abs 3 AVG) Gelegenheit zu geben, Mängel von behördlichen Gutachten in Bezug auf ihre Grundlagen oder hinsichtlich der Schlüssigkeit und Vollständigkeit aufzuzeigen und etwa das Gutachten durch ein (privates) Gegengutachten zu entkräften3438. Die Behörde wiederum ist dazu verpflichtet, sich mit Einwendungen auseinander zu setzen, selbst wenn diese nicht sachverständig untermauert sind. Es bedarf hiezu also nicht unbedingt eines Gegengutachtens3439. Ist eine Partei darüber hinaus willens, außer den bereits vorliegenden amtlichen noch weitere Gutachten in das Verfahren einbezogen zu wissen, steht es ihr frei, selbst innerhalb angemessener Frist ein solches von einer/ einem Privatsachverständigen beizubringen3440. Dabei nennt das AVG die privaten Sachverständigen gar nicht. Doch lässt sich aus dem Grundsatz der Unbeschränktheit und Gleichwertigkeit der Beweismittel im Verwaltungsverfahren (§§ 45 Abs 2 und 46 AVG) folgern, dass Gutachten von ExpertInnen, die von einer Partei „privat“ in Auftrag gegeben werden3441, verfahrensrechtlich als abstrakt gleichwertige sonstige Beweismittel geeignet sind3442. Überhaupt ist damit den Parteien die weitreichendste Möglichkeit eingeräumt3443, den von der Behörde in Auftrag gegebenen Sachverständigengutachten auf fachlicher Ebene gehörig entgegenzutreten3444. Dies ist deshalb von Bedeutung, als nach Ansicht des VwGH durch eine durch nichts bewiesene Behauptung einer/eines Nichtfachkundigen ein Sachverständigengutachten nicht entkräftet werden kann3445. Selbst „weitwendig vorgetragenen Einwänden auf Sachverhaltsebene ist zu erwidern, dass ein von einem tauglichen Sachverständigen erstelltes, mit den Erfahrungen des täglichen Le3438 Hauer/Leukauf (Hg), Handbuch6 § 45 AVG Anm 10. 3439 VwGH 19.10.2004, 2001/03/0077; Hengstschläger/Leeb, AVG II § 52 Rz 64 f. 3440 VwGH 8.5.2002, 2000/04/0186; Hengstschläger/Leeb, AVG II § 52 Rz 15. 3441 Martin Attlmayr, Der private Sachverständige, in: ders/Thomas E. Walzel von Wiesentreu (Hg), Handbuch des Sachverständigenrechts. Praxisleitfaden für das Verwaltungsverfahren (2006) Rz 4.005 ff. 3442 Siehe schon 3.IV.A.4.a). Weiters Hengstschläger/Leeb, AVG II § 45 Rz 12. 3443 Zur Stellung des Privatgutachtens im Zusammenhang mit Art 6 EMRK vgl etwa Attlmayr, Recht 166 ff; Grabenwarter, Verfahrensgarantien 649 f; Hengst schläger/Leeb, AVG II § 52 Rz 41; Walzel von Wiesentreu, in: Attlmayr/ders (Hg), Handbuch Rz 2.071 ff; Walter et al, Verwaltungsverfahrensrecht9 Rz 369; siehe aber auch Pesendorfer, ÖJZ 1999, 374 f. 3444 Siehe bereits VwSlg 4896 A/1959; siehe weiters Thienel/Schulev-Steindl, Verwaltungsverfahrensrecht5 204 f. 3445 VwSlg 8504 A/1973.
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bens und den Denkgesetzen nicht in Widerspruch stehendes Gutachten in seiner Beweiskraft nur durch ein gleichwertiges Gutachten bekämpft werden kann“3446. Folglich muss mit einem Privatgutachten dem der Behörde vorliegenden Sachverständigengutachten auf demselben Niveau entgegengetreten werden3447 und es hat sich die/der Privatsachverständige bei der Begutachtung am Maßstab der objektiven Wahrheit zu orientieren sowie jeder Parteilichkeit zu enthalten3448. Somit muss aber auch die zuvor getätigte Aussage relativiert werden, wonach ein Gegengutachten nicht „unbedingt“ notwendig ist. Mit den vorangestellten Ausführungen soll jedoch nicht zum Ausdruck kommen, dass allein schon aus dem Umstand des Vorliegens eines Privatgutachtens seitens der Behörde auf ein Sachverständigengutachten nach Maßgabe des § 52 AVG, sofern freilich ein Sachverständigenbeweis überhaupt notwendig ist3449, verzichtet werden kann3450. Vielmehr ist das von einer Partei vorgelegte Privatgutachten grundsätzlich einer Überprüfung durch Sachverständige iSd § 52 AVG zu unterziehen3451. Damit wird aber auch deutlich, dass sich die Behörde mit dem privaten Gegengutachten auseinandersetzen muss3452. Sie hat dabei zum einen im Zuge der freien Beweiswürdigung die Sachverständigengutachten nach ihrer Schlüssigkeit und dem Wahrheitsgehalt („inneren Wahrheitswert“3453) zu bewerten3454 und zum anderen auf Grundlage der Gleichwertigkeit der Be3446 VwGH 25.2.2005, 2003/05/0099; auch 18.3.2004, 2001/05/1102. Aus dem Schrifttum Hauer/Leukauf (Hg), Handbuch6 § 52 AVG Anm 4; Thienel/ Schulev-Steindl, Verwaltungsverfahrensrecht5 200. 3447 Aigner, JBl 1983, 358; Bußjäger/Kraft, ZfV 1999, 14; Hengstschläger/Leeb, AVG II § 52 Rz 15, 65; Attlmayr, in: ders/Walzel von Wiesentreu (Hg), Handbuch Rz 4.040. 3448 Franz Oberleitner, Aufgaben und Pflichten des Sachverständigen in Umweltverfahren, in: Georg A. Janauer et al (Hg), Der Sachverständige in Umweltverfahren (1999) 7. 3449 Zur Frage der Notwendigkeit siehe bereits oben 3.IV.A.7. 3450 Der VwGH erkannte in diesem Zusammenhang, dass eine in der Bescheidbegründung wörtlich wiedergegebene Äußerung einer von der/dem ProjektwerberIn beauftragten Person, die von der Behörde nicht formell zur/zum Sachverständigen bestellt worden war, eine klare und übersichtliche, auf eigenständigen Erwägungen bei der Würdigung der vorliegenden Beweismittel gegründete Sachverhaltsfeststellungen der Behörde über die relevanten Umstände nicht ersetzen kann; VwGH 14.9.2004, 2001/10/0089. 3451 Siehe ua VwSlg 10908 A/1982; weiters auch VwGH 25.2.2005, 2003/05/0099; VwGH 31. 3. 2005, 2002/05/0751. 3452 VwSlg 8807 A/1975. Thienel/Schulev-Steindl, Verwaltungsverfahrensrecht5 200. 3453 VwGH 19.3.1992, 91/09/0007. 3454 Hengstschläger/Leeb, AVG II § 52 Rz 61.
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weismittel in nachvollziehbarer Weise darzutun, warum sie gerade dem einen und nicht eben dem anderen Gutachten folgt3455. Diese Abwägungspflichten ändern jedoch nichts an der Tatsache, dass Privatsachverständige im Gegensatz zu denjenigen, die von der erkennenden Behörde herangezogen bzw bestellt werden3456, keine Sachverständigen iSd § 52 AVG und somit auch nicht im prozessualen Sinn sind3457. Der Unterschied ist somit an der Art der Einbeziehung in das Verfahren und nicht am Beweiswert der Gutachten auszumachen3458. c) „Hereinholen“ von Sachverstand in die Mediation
Die Einholung von privatem Sachverstand dient freilich nicht ausschließlich der Erschütterung der Gutachten von Sachverständigen iSd § 52 AVG. Vielmehr wird den Privatsachverständigen mitunter bereits vor Einleitung eines Verwaltungsverfahrens eine entscheidende Rolle zugedacht3459. Zudem trifft dies gerade bei vorlaufenden Mediationen zu. In einer solchen Situation können die Aufgaben von PrivatgutachterInnen vielfältiger Natur sein. Denkbar sind beispielsweise der Ausgleich des Informationsniveaus zwischen den Betroffenen, die Beratung sowie Begleitung derselben im Zuge der Projektplanung3460, die grundsätzliche Identifizierung der Beweisthemen und der damit verbundenen fachlichen Qualifikation von notwendig werdenden Sachverständigen, die Erhebung einzelner Befunde, die gutachtliche Abklärung von Teilen oder des gesamten Projektvorhabens („technische Berichte“) und schließlich die Erstellung der Antragsunterlagen3461. 3455 Ua VwGH 17.10.2002, 2002/07/0106; 2.10.2003, 2000/09/0128. Siehe auch Liehr, in: Straube/Weimar (Hg), FS Kühne 126. 3456 PrivatgutachterInnen können aber die Stellung von Sachverständigen nach § 52 AVG durch ausdrückliche Bestellung erlangen; Attlmayr, Recht 50. 3457 Hengstschläger, Verwaltungsverfahrensrecht4 Rz 403; Thienel/Schulev-Steindl, Verwaltungsverfahrensrecht5 204; Walter et al, Verwaltungsverfahrensrecht9 Rz 363. 3458 Liehr, in: Straube/Weimar (Hg), FS Kühne 126; Hengstschläger, Verwaltungsverfahrensrecht4 Rz 371. 3459 Siehe schon Hauer/Leukauf (Hg), Handbuch6 § 52 AVG Anm 7; auch Attlmayr, in: ders/Walzel von Wiesentreu (Hg), Handbuch Rz 4.004, 4.016 sowie 4.038. Dh weiters nicht, dass Privatsachverständige nicht auch während des behördlichen Verfahrens und im Zuge der Umsetzung eines Vorhabens wertvolle Dienste leisten können; vgl hiezu etwa Oberleitner, in: Janauer et al (Hg), Sachverständige 12 ff. 3460 Zur Tätigkeit der PlanerInnen siehe Oberleitner, in: Janauer et al (Hg), Sachverständige 11 f. 3461 Als häufige Ursachen für Verfahrensverzögerungen werden seitens der Behörde mangelndes Wissen über Inhalt und Umfang der Projektanforderungen und dementsprechend unvollständige Projektanträge sowie technische Unterlagen
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Werden diese Tätigkeiten vorausschauend im Hinblick auf ein nachfolgendes Verwaltungsverfahren eingesetzt und mit den Mitgliedern des Mediationsforums sowie den Behörden akkordiert, bietet sich hiebei eine Mehrzahl an Möglichkeiten, zeit- und kapitalschonend sowie akzeptanzfördernd zu agieren3462. aa) Einbeziehung von Befund und Gutachten von Privatsachverständigen in das behördliche Verfahren
Ein für die Behörde nicht unbedeutendes Entlastungspotenzial kann die Übernahme von im Zuge eines Mediationsverfahrens mitunter erhobenen Daten und von „privaten“ ExpertInnen durchgeführten Beweissicherungsmaßnahmen bewirken, die ansonsten von der Behörde oft erst mühsam von den ProjektwerberInnen eingefordert bzw selbst ergriffen werden müssen3463. So ist zB als zulässig anzusehen3464, dass amtliche oder nichtamtliche Sachverständige den ihrem Gutachten zugrunde liegenden Befund nicht selbst erheben3465. Folglich genügt es, wenn sich aus dem Amtsgutachten die Grundlagen und die Art der Beschaffung der Befunde nachvollziehbar ergeben3466. Die Sachverständigen iSd § 52 AVG haben dabei jedenfalls die Tatsachen klarzustellen und auf Grund ihrer Sachkenntnis deren Ursachen und Wirkungen zu beschreiben. Es muss also, um eine Schlüssigkeitsprüfung von Gutachten ieS vornehmen zu können, dargelegt werden, auf welchem Weg die Sachverständigen zu ihren Schlussfolgerungen gekommen sind3467. Lässt demgegenüber ein Gutachten jede Bezugnahme auf die erhobenen Tatsachen vermissen, dann ist ein auf dieses Gutachten gestützter Bescheid infolge Fehlens einer „Brücke zur Lösung der Rechtsfrage“ unüberprüfbar und infolgedessen mangelhaft begründet. genannt; siehe Eigner, in: Schwarzer (Hg), Beschleunigung 44 f; Josef Öberseder, Kooperation zwischen Behörde und ASV, in: Janauer et al (Hg), Der Sachverständige in Umweltverfahren (1999) 60; Ferz, in: Gruber/Pichler (Hg), Wirtschaftsmediation 73. 3462 Vgl Ferz, in: Merli/Greimel (Hg), Optimierungspotenziale 108. 3463 Ferz, in: Gruber/Pichler (Hg), Wirtschaftsmediation 73. Siehe auch Falk, in: ders et al (Hg), Mediationsverfahren 228. 3464 Gesetzliche Bestimmungen stehen nicht entgegen; Hengstschläger/Leeb, AVG II § 52 Rz 58. 3465 Kerschner et al, Umweltmediation 61. 3466 VwGH 25.9.1990, 90/04/0058. Siehe auch VwGH 4.5.1999, 97/08/0061, wonach er sich auf die Aktenlage stützen kann. Siehe weiters Ringhofer, Verwaltungsverfahrensgesetze I § 52 AVG E 48 ff. 3467 VwGH 16.11.1994, 94/12/0158; Oberleitner, in: Janauer et al (Hg), Sachverständige 7.
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Dieser Umstand ergibt sich schon aus der Aufgabe der Behörde als erkennende Instanz, die sich nicht etwa als Vollzugsorgan der/des Sachverständigen zu betätigen, sondern an Hand der dem Gutachten zugrunde gelegten Tatsachen die Schlüssigkeit des Gutachtens zu überprüfen und gem § 45 Abs 2 AVG einer sorgfältigen Beweiswürdigung zu unterziehen hat3468. Eine sachverständige Äußerung, die sich in der Abgabe eines Urteils erschöpft, ohne die Tatsachen erkennen zu lassen, auf die sich dieses Urteil gründet, ist mit einem wesentlichen Mangel behaftet und als Beweismittel unbrauchbar. Letztlich wird die Behörde, die eine so geartete Äußerung ihrem Bescheid zugrunde legt, nicht ihrer Pflicht nach §§ 37 iVm 39 Abs 2 AVG zur Feststellung des für die Erledigung der Verwaltungssache maßgeblichen Sachverhalts gerecht3469. Für die Erstellung eines Befunds durch Sachverständige, die nicht vom § 52 AVG erfasst sind, bedeutet dies wiederum, dass deren Befunde den behördlichen Anforderungen entsprechen müssen. Sie dürfen demnach nicht allein auf Annahmen und Erfahrungswerten beruhen und es sind jene Hilfsmittel heranzuziehen, die die jeweilige Wissenschaft entwickelt hat. Weiters darf die gewählte Methode zur Aufnahme ausschließlich von objektiven fachlichen Kriterien abhängen und nicht zur Disposition der Parteien gestellt werden3470. Um schließlich die Nachvollziehbarkeit zu gewährleisten, müssen die Methoden und Prüfverfahren beschrieben und die dabei erzielten Ergebnisse angeführt werden. Gegebenenfalls ist zu begründen, warum Testergebnisse nicht in der Norm liegen3471. Es ist aber nicht nur die Integration von Befunden in das behördliche Verfahren zulässig, sondern auch diejenigen von Privatgutachten iwS. Wie zwar schon vorhin klargestellt wurde, reicht allein der Umstand des Vorliegens eines Privatgutachtens nicht hin, um seitens der Behörde auf zumindest eine Überprüfung desselben durch Sachverständige gem § 52 AVG zu verzichten3472. Es ist aber durchaus denkbar und vor allem auch rechtmäßig, dass ein Privatgutachten von (nicht)amtlichen Sachverständigen bestätigt wird3473. In diesem Fall ist dann – so der VwGH – nicht noch ein (zusätzliches) Gutachten einer/eines Sachverständigen iSd § 52 AVG notwendig3474. 3468 Hengstschläger/Leeb, AVG II § 52 Rz 61. 3469 VwGH 22.12.1982, 82/11/0033. Hengstschläger/Leeb, AVG II § 52 Rz 62. 3470 Hengstschläger/Leeb, AVG II § 52 Rz 57. 3471 Siehe hiezu stellvertretend die Judikatur zur verkehrspsychologischen Stellungnahme VwGH 23.3.2004, 2002/11/0131 mwN. 3472 Siehe VwGH 2.6.1999, 98/04/0242. 3473 VwGH 3.7.2003, 2002/07/0097. 3474 VwGH 25.2.2005, 2003/05/0099; VwGH 31.3.2005, 2002/05/0751.
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Private Gutachten bzw Teile davon können darüber hinaus dem Amtsgutachten zu Grunde gelegt oder in dieses integriert werden3475. Dabei ist, um eine Schlüssigkeitsprüfung vornehmen zu können, von den amtlichen und nichtamtlichen Sachverständigen darzulegen, auf welchem Weg sie zu ihren Schlussfolgerungen gekommen sind. Und folglich haben die Gutachten, die Bestandteile der Gutachten von Sachverständigen gem § 52 AVG geworden sind, den Anforderungen zu entsprechen, die an ein Sachverständigengutachten zu stellen sind3476. Eine solche Vorgehensweise ermöglicht nicht nur einen Verfahrensbeschleunigungseffekt, sondern kann auch kostensparend wirken; dies insbesondere dann, wenn im Verwaltungsverfahren nichtamtliche Sachverständige heranzuziehen sind, da die Tätigkeit der Letztgenannten nach Maßgabe des GebAG abzurechnen ist. Es ist demnach davon auszugehen, dass etwa Reise- und Aufenthaltskosten oder Kosten für Hilfskräfte und vor allem Gebühren für die eigentliche Mühewaltung, also für Befund und Gutachten, nicht ein weiteres Mal bzw in einem bloß geringeren Ausmaß anfallen werden3477. bb) Private GutachterInnen als nichtamtliche Sachverständige
Wie vorhin deutlich gemacht, reicht allein der Umstand des Vorliegens eines Privatgutachtens nicht aus, um seitens der Behörde auf eine Überprüfung nach Maßgabe des § 52 AVG gänzlich zu verzichten. Jedoch ist auch nicht ausgeschlossen, dass bei Eintritt der Voraussetzungen von § 52 Abs 2 1. Fall AVG ein/e „geeignete/r“, bereits zuvor für eine Partei tätige/r private/r GutachterIn von der Behörde als nichtamtliche/r Sachverständige/r bestellt wird. Der VwGH hält hiezu jedoch einschränkend fest, dass im Fall der Notwendigkeit der Bestellung einer/eines nichtamtlichen Sachverständigen die Behörde nicht selbstredend einen von der Partei beigezogenen Sachverständigen zum nichtamtlichen Sachverständigen zu bestellen hat3478.
3475 So ist zB die Übernahme der Kostenschätzung für ein Alternativprojekt zu einem beantragten Rodungsvorhaben aus einem Privatgutachten durch die/den wasserbautechnische/n Amtssachverständige/n ebenso zulässig (VwGH 27.3.1995, 91/10/0090) wie die der Annahme der/des von der/dem ProjektwerberIn beauftragten Gutacherin bzw Gutachters, welche die Grundlage für die weiteren Wasserspiegelberechnungen bildete (VwGH 3.7.2003, 2002/07/0097). 3476 VwGH 16.11.1994, 94/12/0158; Ringhofer, Verwaltungsverfahrensgesetze I § 52 AVG E 60. 3477 Zur Entlohnung der/des nichtamtlichen Sachverständigen siehe Thomas E. Walzel von Wiesentreu, Die Vergütung des Sachverständigen, in: Martin Attlmayr/ ders (Hg), Handbuch des Sachverständigenrechts (2006) Rz 8.017 ff. 3478 VwGH 11.9.1997, 97/07/0074.
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Darüber hinaus kann uU die besondere Vertrautheit mit einem Vorhaben dazu führen, dass die/der private Sachverständige von der Behörde ausnahmsweise als nichtamtliche/r Sachverständige/r herangezogen werden darf. Dies ist dann der Fall, wenn es die Besonderheit des Falles erfordert (§ 52 Abs 2 2. Fall). Ein solches Vorgehen steht entsprechend der Judikatur des VwGH dem Vorrang des § 52 Abs 1 AVG ua dann nicht entgegen, wenn außergewöhnlich verschiedenartige und in zeitlicher Hinsicht umfängliche Untersuchungen notwendig sind3479, wenn zur Erstellung eines Gutachtens umfangreiche, technische und wissenschaftliche Ausrüstung erforderlich ist3480, wenn bestimmte Sachverständige bereits mit der zu beurteilenden Sachlage vertraut sind und deshalb eine Verfahrensbeschleunigung erreicht werden kann3481 oder – unter Berücksichtigung der in § 39 Abs 2 letzter Satz AVG normierten Grundsätze – Sachverständige zuvor von der Partei mit der Erstellung eines Privatgutachtens betraut worden sind3482. Die Vorteile einer solchen Vorgehensweise liegen auf der Hand und treffen wiederum die Faktoren Zeit, Kosten und Akzeptanz. cc) Amtssachverständige als PrivatgutachterInnen
Denkbar ist weiters, dass von den MediationsteilnehmerInnen amtliche Sachverständige, die voraussichtlich im Verwaltungsverfahren von der Behörde heranzuziehen sind, mit Beratungs- oder Gutachtenstätigkeiten beauftragt werden. Die entsprechende Judikatur des VwGH steht einer solchen Möglichkeit – etwa aus Gründen der Befangenheit – nicht entgegen3483. Die Vorteile hiebei sind, dass die amtlichen Sachverständigen die neuralgischen Punkte des Projektvorhabens benennen könnten, sie bereits frühzeitig mit dem Sachverhalt vertraut wären und in ihrem Amtsgutachten auf die Vorarbeiten aufbauen könnten. Neben den Aspekten der höheren Planungssicherheit und der zu erwartenden Verfahrensbeschleunigung ist darüber hinaus zu berücksichtigen, dass durch den Einsatz von Amtssachverständigen im Verwaltungsverfahren für deren Gutachtenerstellung keine 3479 VwGH 4.3.2003, 2001/05/0076. 3480 VwGH 2.11.1993, 92/06/0234. 3481 So zB ein Ortsplaner hinsichtlich Raumordnungsfragen, VwGH 24.1.1991, 89/06/0013; siehe auch Attlmayr, Recht 89. 3482 VwGH 22.3.1990, 90/06/0032; Hengstschläger/Leeb, AVG II § 52 Rz 40; Attlmayr, in: ders/Walzel von Wiesentreu (Hg), Handbuch Rz 4.038. 3483 VwGH 5.11.1991, 89/04/0273. Siehe hiezu auch Walter/Thienel (Hg), Verwaltungsverfahrensgesetze I2 § 53 AVG E 46. Vgl weiters, freilich aus einem anderen Blickwinkel Marlies Meyer, Erwartungen der Betroffenen in Umweltverfahren, in: Janauer et al (Hg), Der Sachverständige in Umweltfragen (1999) 31.
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weiteren Gebühren mehr anfallen (§§ 75 Abs 2 iVm 76 Abs 5 AVG)3484. Und schließlich wird wohl auch die Behörde denselben Amtssachverständigen mangels Alternativen oder aber auf Grund des § 39 Abs 2 AVG, also aus Effizienzgründen, heranzuziehen haben. d) Auswahl von Sachverständigen
Konflikte ergeben sich oftmals im Zusammenhang mit der Heranziehung von (Amts)Sachverständigen. So werden von den Parteien immer wieder Zweifel an der Unbefangenheit oder der fachlichen Eignung einzelner Sachverständiger vorgebracht und gegebenenfalls von ihnen einzelne GutachterInnen abgelehnt3485. Während die Frage der Ablehnung von Sachverständigen in Mediationsverfahren im Wege des Diskussionsprozesses abgearbeitet und im Idealfall von den Betroffenen gemeinsam ein/e Sachverständige/r bestellt wird3486, ist dies im Verwaltungsverfahren so nicht möglich. Dies soll nun nicht heißen, dass die Behörde einen solchen Einwand der Partei grundsätzlich negieren und ihrem Bescheid in jedem Fall ein Gutachten zugrunde legen darf, das von befangenen Sachverständigen erstellt wurde. Vielmehr soll damit angedeutet werden, dass hiebei den Parteien und letztlich der Behörde nur ein eingeschränkter Handlungsspielraum zur Verfügung steht. e) Ausschluss- und Ablehnungsgründe
Entscheidend hiefür ist § 53 Abs 1 AVG. Demnach unterliegen erstens die Amtssachverständigen gem § 53 Abs 1 erster Satz AVG unmissverständlich dem für Verwaltungsorgane geltenden Regime des § 7 leg cit. Das bedeutet mitunter, dass befangene Amtssachverständige zwar nicht von den Parteien formell abgelehnt werden können3487, sie sich jedoch bei Vorliegen eines in § 7 AVG genannten Grunds von Amts wegen3488, also von sich aus, der Ausübung ihrer Tätigkeit zu enthalten haben3489. Auch wenn hiedurch kein Ablehnungsrecht der Parteien normiert ist, stellt die Missachtung eines erfüllten Befangenheitstatbestands aber einen Verfahrensmangel dar, der von der Partei bereits im Verwaltungsverfahren rechtzeitig sowie konkret angezeigt 3484 Walzel von Wiesentreu, in: Attlmayr/ders (Hg), Handbuch Rz 8.003 f. 3485 Maria Zenkl, Die Zumutung. Über unerwünschte Wirkungen von Amtssachverständigen, in: Zenkl (Hg), Umwelt- und Sozialverträglichkeit von Projekten und Maßnahmen (1991) 94 ff; Meyer, in: Janauer et al (Hg), Sachverständige 23. 3486 Dolp et al, RdU 2001, 13. 3487 ZB VwGH 12.11.2002, 2000/05/0230. 3488 VwGH 8.9.2004, 2001/03/0223. 3489 Hengstschläger, Verwaltungsverfahrensrecht4 Rz 79 f sowie 402.
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werden muss3490 und schließlich mit dem Rechtsmittel gegen den die Sache erledigenden Bescheid geltend gemacht werden kann3491. § 53 Abs 1 AVG hat zweitens die Befangenheit „anderer“ Sachverständiger zum Gegenstand. Umfasst sind hievon die nichtamtlichen Sachverständigen3492. Diese sind von ihrer gutachtlichen Tätigkeit dann ausgeschlossen, wenn einer der absoluten Befangenheitsgründe des § 7 Abs 1 Zif 1, 2 und 4 AVG auf sie zutrifft. Die Behörde hat darauf jedenfalls von Amts wegen Bedacht zu nehmen3493. Die Partei kann aber auf entsprechende Umstände hinweisen, die einen derartigen Ausschließungsgrund bedeuten3494. Neben den eben dargestellten amtswegig wahrzunehmenden Befangenheitsgründen eröffnet § 53 Abs 1 zweiter Satz zweiter Halbsatz AVG darüber hinaus der Partei die Möglichkeit, einen nichtamtlichen Sachverständigen abzulehnen. Hiefür muss sie Umstände glaubhaft machen, womit sie die Unbefangenheit oder Fachkunde der/des Sachverständigen in Zweifel zieht3495. Diese Ablehnungsgründe müssen grundsätzlich vor der Vernehmung der/des Sachverständigen vorgebracht werden. Eine spätere Ablehnung ist nur zulässig, wenn die Partei glaubhaft darlegen kann, dass sie entweder den Ablehnungsgrund nicht vorher erfahren hat oder wegen eines unüberwindbaren Hindernisses nicht rechtzeitig geltend machen konnte. Auf Grundlage von § 53 Abs 2 AVG entscheidet die Behörde über einen solchen Ableh-
3490 Zur gegenständlichen Mitwirkungspflicht der Parteien siehe VwSlg 8807 A/1975 sowie Ringhofer, Verwaltungsverfahrensgesetze I § 37 AVG Anm 4; krit Martin Attlmayr, Die Tätigkeit des Sachverständigen im Verwaltungsverfahren, in: ders/ Thomas E. Walzel von Wiesentreu (Hg), Handbuch des Sachverständigenrechts (2006) Rz 5.021 ff. 3491 Walter/Thienel (Hg), Verwaltungsverfahrensgesetze I2 § 7 AVG Anm 4 sowie § 53 AVG Anm 2; weiters Attlmayr, Recht 150 f und 161 ff; Hengstschläger/ Leeb, AVG II § 53 Rz 12 f. 3492 Hengstschläger/Leeb, AVG II § 53 Rz 14, geht davon aus, dass auch ein bei PrivatgutachterInnen vorliegender, in § 7 Abs 1 AVG genannter Befangenheitsgrund bei der Würdigung der betreffenden Äußerung zu berücksichtigen sei. In der Zugrundelegung eines solchen Gutachtens könne ein Verfahrensmangel liegen. 3493 Walter/Thienel (Hg), Verwaltungsverfahrensgesetze I2, § 53 AVG Anm 3 f; Hengstschläger/Leeb, AVG II § 53 Rz 15 und 20; Thienel/Schulev-Steindl, Verwaltungsverfahrensrecht5 204; aA wohl Attlmayr, Recht 151 ff, der auch bei den „ausgeschlossenen“ Sachverständigen gem § 53 Abs 1 zweiter Satz erster Halbsatz AVG von der Normierung eines Ablehnungsrechts der Parteien ausgeht. 3494 Hengstschläger/Leeb, AVG II § 53 Rz 15. 3495 Attlmayr, Recht 159 f; Hauer/Leukauf, Handbuch6 584; Walter et al, Verwaltungsverfahrensrecht9 Rz 368.
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nungsantrag3496 endgültig in Form einer Verfahrensanordnung gem § 63 Abs 2 AVG3497. Im Ergebnis kann daher eine Ablehnung nur mit jenen Rechtsmitteln angefochten werden, die gegen den das Verfahren abschließenden Bescheid zur Verfügung stehen. Dabei ist zu beachten, dass – so die Judikatur des VwGH – das Einschreiten einer/eines von der Partei zu Recht abgelehnten befangenen nichtamtlichen Sachverständigen nicht zwangsläufig zur Rechtsungültigkeit oder Nichtigkeit der Amtshandlung führt, sondern eine Verletzung von Verfahrensvorschriften darstellt. Sie ist folglich im gerichtlichen Verfahren lediglich dann mit der Aufhebung des angefochtenen Bescheids nach § 42 Abs 2 Zif 3 lit c VwGG bedroht, wenn nicht auszuschließen ist, dass die Behörde bei rechtmäßigem Vorgehen zu einem anderen Bescheid hätte kommen können3498. Schließlich ist noch davon auszugehen, dass die Heranziehung nichtamtlicher Sachverständiger in den Fällen des § 53 Abs 1 zweiter Satz zweiter Halbsatz AVG erst dadurch unzulässig wird, wenn die Partei diesen rechtzeitig ablehnt. Umgekehrt bedeutet dies, dass ein solcher Verfahrensmangel bei Untätigkeit der Partei heilt3499. f) Die „vorgeschlagenen“ GutachterInnen
Die vorangestellten Darlegungen machen deutlich, dass den Parteien vom Verwaltungsverfahrensrecht einige, aber nicht unumschränkte Möglichkeiten zur Ablehnung von Sachverständigen an die Hand gegeben werden. Insbesondere ist zu bedenken, dass gegen eine diesbezügliche Entscheidung der Behörde erst sehr spät, in concreto im Zuge der Bekämpfung des verfahrensabschließenden Bescheids vorgegangen werden kann. Angesichts dieser Situation regen Kerschner et al an, für die im Zuge der Verfahrenseinleitung heikle Phase der Sachverständigenbestellung durch Nominierungs-, Vorschlags- oder Anhörungsmodelle ein Forum zu schaffen, in dem von Betroffenen Befangenheitsgründe angezeigt und damit der/ dem VerfahrensleiterIn wesentliche Entscheidungshilfen geboten werden können. Die Autoren weisen in diesem Zusammenhang zu Recht darauf hin, mit solchen Maßnahmen die behördliche Entscheidungskompetenz 3496 Zum Zeitpunkt der Einbringung, dem Aufbau sowie zur Konkretisierung des Ablehnungsantrags siehe Attlmayr, Recht 152 und 160 f; Hengstschläger/Leeb, AVG II § 53 Rz 17. 3497 VwGH 11.9.1997, 97/07/0074; Walter/Thienel (Hg), Verwaltungsverfahrensgesetze I2 § 53 AVG Anm 6; Hengstschläger, Verwaltungsverfahrensrecht4 Rz 408; Thienel/Schulev-Steindl, Verwaltungsverfahrensrecht5 204. 3498 VwGH 26.5.1998, 97/04/0220. 3499 Hengstschläger/Leeb, AVG II § 53 Rz 20; Hengstschläger, Verwaltungsverfahrensrecht4 Rz 408.
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nicht aushebeln zu wollen3500. Dies wäre nach derzeitigem Rechtsbestand freilich nicht rechtens, ist es doch unumstrittener Maßen die Aufgabe der Behörde, die Auswahl der konkreten Person der/des amtlichen und bei Vorliegen der Voraussetzung der/des nichtamtlichen Sachverständigen von Amts wegen zu erledigen3501. Auch darf nicht übersehen werden, dass die Behörde selbst aufgrund des Vorrangs der Amtssachverständigen in ihren Auswahlmöglichkeiten eingeschränkt ist3502. Den Parteien bleibt aus verfahrensrechtlicher Sicht – iS eines Beweisantrags gem § 43 Abs 2 und 4 AVG3503 – lediglich Vorschläge zu unterbreiten3504, nicht aber ein unmittelbarer Rechtsanspruch auf Einholung eines Gutachtens oder gar auf die Beiziehung von bestimmten Sachverständigen3505. Nach Meinung von Kerschner et al haben sich „pragmatische Vorgehensweisen“ bereits bewährt, demzufolge im Mediationsforum die kritischen Fachbereiche sowie Fachleute ausgelotet und sodann den Behördenorganen ein „akzeptabler“ Auswahlvorschlag unterbreitet werden. Die Behörde werde, sofern sie an einem konsensualen Verfahrensbeginn interessiert sei, die Vorschläge nicht unbeachtet lassen. Ein solches Prozedere hätte darüber hinaus den verfahrensökonomischen Vorteil, dass durch die indirekte Einbindung der Parteien es diesen angesichts der Mitwirkungspflicht und bei nichtamtlichen Sachverständigen hinsichtlich § 53 Abs 1 dritter Satz AVG schwer fallen würde, mit einer später geäußerten Ablehnung rechtlich durchdringen zu können3506. Während die Autoren mit ihren Aussagen, denen grundsätzlich zuzustimmen ist, ab der Einleitung des behördlichen Verfahrens ansetzen, darf mE darüber hinaus nicht die Möglichkeit außer Acht gelassen werden, dass solche Überlegungen bereits in einem früheren Stadium angestellt werden sollen. Ist nämlich die Einholung von Gutachten voraussichtlich notwendig, so können bereits in einem zeitlich dem Verwaltungsverfahren vorgelagerten Mediationsprozess mit Hilfe von (privaten) GutachterInnen und in Absprache mit den nachfolgend zu befassenden Behörden vorläufige Beweisthemen und die Fachgebiete heranzuziehender Sachverständiger identifiziert werden. Von Vorteil ist eine solche Vorgehensweise deshalb, da frühzeitig abgeklärt wird, ob der Behörde „geeignete“ Amtssachverständige beigegeben sind oder ihr gegebenenfalls von der ersuchten (Ober- bzw Unter-)Behörde solche zur Verfügung gestellt werden und vor allem wer dies 3500 Kerschner et al, Umweltmediation 177. 3501 Hengstschläger/Leeb, AVG II § 52 Rz 21. 3502 Siehe oben 3.IV.A.7.a). 3503 Hengstschläger/Leeb, AVG II § 39 Rz 21 f. 3504 Siehe jedoch die Ausführungen zu § 52 Abs 3 AVG. 3505 VwGH 11.9.1997, 97/07/0074; Hengstschläger/Leeb, AVG II § 52 Rz 21. 3506 Kerschner et al, Umweltmediation 60 f. Siehe auch oben 3.IV.A.7.e).
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gegebenenfalls sein wird. Stehen zB amtliche Sachverständige wegen personeller Engpasssituationen nicht oder nicht sogleich zur Verfügung, können im Mediationsforum konkrete Vorüberlegungen hinsichtlich der Hinzuziehung von nichtamtlichen Sachverständigen gem § 52 Abs 2 AVG, die sodann von Amts wegen vorzusehen wäre3507, und eventuell gem § 52 Abs 3 leg cit angestellt werden. So gesehen wird zugleich die Gelegenheit geschaffen, rechtzeitig fachliche Zuständigkeiten, personelle Verfügbarkeiten und wohl auch vorhandene Akzeptanzprobleme gegenüber potentiellen (Amts)Sachverständigen abzuklären. B. Fragen zur Einigung und Umsetzung der Mediationsergebnisse
Schon mehrfach wurde im Verlauf dieser Arbeit auf den Vergleichsversuch iSd § 43 Abs 5 AVG Bezug genommen3508. Regelmäßig standen hiebei jedoch die formellen Voraussetzungen im Mittelpunkt des Interesses. Nun aber soll darüber hinaus auch auf die materiell-rechtliche Ebene abgestellt werden. Wenn im Zusammenhang mit § 43 Abs 5 AVG von sich widersprechenden Ansprüchen die Rede ist, dann kann es sich sowohl um solche zivilrechtlicher3509 als auch öffentlich-rechtlicher Natur handeln3510. Hauer/ Leukauf begründen dies etwa damit, dass zwar ein Vorhaben bei der Verhandlung von Amts wegen daraufhin zu überprüfen sei, ob es mit den von der Behörde wahrzunehmenden Vorschriften übereinstimmt, doch seien auch Änderungen des Vorhabens zum Zweck einer (besseren) Berücksichtigung von Beteiligteninteressen zu beachten. Das Bemühen um einen Ausgleich habe daher neben den privatrechtlichen auch öffentlich-rechtliche Einwendungen zum Gegenstand3511. Und selbst Interessen, die durch den 3507 VwSlg 9370 A/1977; VwGH 20.1.1994, 90/06/0193. 3508 Vgl 3.III.A.8, 3.IV.A.4.d).cc), 3.IV.A.4.d).dd). 3509 Bei zivilrechtlichen Einwendungen sehen darüber hinaus zahlreiche bundesrechtliche und landesrechtliche Verwaltungsvorschriften ausdrücklich einen gütlichen Einigungsversuch der Behörde vor; so etwa § 45 AWG, § 7 Abs 5 Zif 2 EG-K, BGBl I 150/2004 idF BGBl I 65/2010, §§ 19 Abs 7, 63 Abs 3, 91 Abs 3 ForstG 1975, § 151 Abs 3 GWG 2011, § 357 GewO, § 113 WRG 1959; weiters zB § 26 Abs 3 Stmk BauG, § 8 Abs 2 Stmk ElWOG, Stmk LGBl 70/2005 idF Stmk LGBl 81/2010, § 4 Abs 2 Stmk LStVG, Stmk LGBl 154/1964 idF Stmk LGBl 60/2008. Mannlicher/Quell, Verwaltungsverfahren I8 § 43 AVG Anm 8, gehen wohl davon aus, dass die/der VerhandlungsleiterIn bei zivilrechtlichen Ansprüchen dann auf einen Ausgleich hinzuwirken habe, wenn dies in den Materiengesetzen vorgesehen sei. 3510 Hauer/Leukauf (Hg), Handbuch6 § 43 AVG Anm 20; Hengstschläger, Verwaltungsverfahrensrecht4 Rz 340 FN 574; Walter et al, Verwaltungsverfahrensrecht9 Rz 301. 3511 Hauer/Leukauf (Hg), Handbuch6 § 43 AVG Anm 20.
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Verfahrensgegenstand bloß faktisch berührt werden, über die nicht im anhängigen, sondern in einem anderen Verfahren abzusprechen ist, können – angesichts der fehlenden Einschränkung – einem Ausgleichsversuch zugeführt werden3512. Die ganz herrschende Lehre geht aber letztlich davon aus, dass ein Ausgleich über öffentlich-rechtliche Ansprüche iSd § 43 Abs 5 AVG – aufgrund des Legalitätsprinzips – nur insoweit zulässig sei, als die gesetzlich normierten öffentlichen Interessen überhaupt eine Dispositionsbefugnis vorsehen3513, oder um es mit Walter/Thienel auszudrücken, dass der Ausgleichsanordnung bloß soweit entsprochen werden könne, als die Behörde – unter Bedachtnahme auch auf private Interessen – zu konkretisieren ermächtigt sei, was das öffentliche Interesse im Einzelfall erfordere3514. Es hat sich folglich die/der VerhandlungsleiterIn, trotz des Bemühens um einen Ausgleich, stets vom öffentlichen Interesse leiten zu lassen3515. Die Frage, die sich hier vorrangig, insbesondere auch in Verbindung mit einem Mediationsverfahren, stellt, ist jene, ob die Parteien überhaupt rechtswirksam über öffentlich-rechtliche Rechtspositionen disponieren können. Im Hinblick auf die sich widersprechenden Ansprüche und Interessen sind jedenfalls jene subjektiven Rechte gemeint, die gestaltbar sind (zB das prozessuale Recht zur Abänderung des Antrags durch die/den ProjektwerberIn) bzw auf die im Einzelfall verzichtet werden kann (zB Verzicht auf die Einhaltung der Abstandsbestimmungen durch die/den NachbarIn3516)3517. Aufgrund der Tatsache, dass jene Ansprüche, auf die eine Partei zugunsten einer anderen verzichten könne, aber kaum Eingang in die Rechtsordnung gefunden haben, wird mitunter – so ausdrücklich von Hengstschläger – die rechtliche Bedeutung des § 43 Abs 5 AVG als „bescheiden“ eingestuft3518. 1. Disposition über öffentlich-rechtliche Rechte und Pflichten sowie der Verzicht auf dieselben durch Rechtsunterworfene
Ganz allgemein ist mit Kucsko-Stadlmayer festzuhalten, dass subjektive Rechte und Pflichten nur aus dem objektiven Recht abgeleitet und diese le3512 Hiezu Walter/Thienel (Hg), Verwaltungsverfahrensgesetze I2 § 43 AVG Anm 12; Hengstschläger/Leeb (Hg), AVG II § 43 Rz 8; Hengstschläger, Verwaltungsverfahrensrecht4 Rz 341; Thienel/Schulev-Steindl, Verwaltungsverfahrensrecht5 176. 3513 Hengstschläger/Leeb (Hg), AVG II § 43 Rz 8. 3514 Walter/Thienel (Hg), Verwaltungsverfahrensgesetze I2 § 43 AVG Anm 12. 3515 Walter et al, Verwaltungsverfahrensrecht9 Rz 301. 3516 Siehe jedoch VwGH 21.2.2007, 2005/06/0128. 3517 Thienel/Schulev-Steindl, Verwaltungsverfahrensrecht5 176. Siehe auch Schwaighofer, bbl 2005, 107 f. 3518 Hengstschläger, Verwaltungsverfahrensrecht4 Rz 341.
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diglich dann rechtswirksam gestaltet werden können, wenn es die Rechtsordnung vorsieht3519. Das Bestehen einer Verfügungsbefugnis ist folglich ohne spezifischen positivrechtlichen Anhaltspunkt für die Dispositionsfähigkeit eines solchen Rechts in der Regel nicht anzunehmen3520. Damit zeigt sich bereits, dass die Dispositionsmöglichkeiten eingeschränkt sind3521. Jedoch heißt dies nicht zwangsläufig, dass das subjektive Recht, das ja der/dem Einzelnen die Rechtsmacht zur Durchsetzung des objektiven Rechts, einer staatlichen Pflicht, verleiht3522, nicht auch ein gewisses Maß an (Handlungs-)Freiheit einräumt, es sei denn, das Gesetz bestimmt ausdrücklich anderes. Gemeint ist damit, dass RechteinhaberInnen ihr subjektives (materielles) Recht nicht zwingend ausüben und dieses prozessual geltend machen müssen. Darin komme – so Kucsko-Stadlmayer – eine „Verfügbarkeit des subjektiven Rechts“ zum Ausdruck. Sie bedeute, dass dann, wenn die Rechtsordnung eine solche Ausübung oder Geltendmachung vorsehe3523, die Berechtigten darüber durch faktisches Handeln disponieren können, sie also selbst zu entscheiden befugt seien, ob sie die mit ihrem Recht korrelierende staatliche Pflicht in Gang setzen wollen3524. Das führt aber umgekehrt dazu, dass in jenen Fällen, in denen weder die Ausübung noch die Geltendmachung eines subjektiven öffentlichen Rechts vorgesehen sind, den Berechtigten also Rechte zustehen sollen, ohne dass es eines weiteren spezifischen Handelns mehr bedarf (wie zB das gesetzlich zustehende BeamtInnengehalt), darüber nicht disponiert werden kann3525.
3519 Siehe auch Raschauer, Verwaltungsrecht3 Rz 1152. 3520 Gabriele Kucsko-Stadlmayer, Der Verzicht auf öffentliche Rechte, in: Heinz Schäffer et al (Hg), Staat – Verfassung – Verwaltung. FS Friedrich Koja zum 65. Geburtstag (1998) 574 und 577. 3521 Hiezu auch Raschauer, Verwaltungsrecht3 Rz 1154. 3522 Kucsko-Stadlmayer, in: Schäffer et al (Hg), FS Koja 585. 3523 Antoniolli/Koja, Verwaltungsrecht3 283 ff, unterscheiden die subjektiven öffentlichen Rechte in Mitwirkungs-, Anspruchs- und Freiheitsrechte. Bezogen auf die gegenständliche Fragestellung der Ausübung und Geltendmachung heißt dies, dass bei Mitwirkungsrechten (Teilhabe am Prozess der Erlassung eines Staatsakts) die Mitwirkung unterlassen werden kann, bei Anspruchsrechten (zB Recht auf Bescheiderlassung) ein allenfalls erforderlicher Antrag nicht gestellt oder zurückgezogen wird und schließlich bei Freiheitsrechten (zB Eigentumsfreiheit) ein Eingriff in diese nicht mit einem Rechtsmittel bekämpft werden muss. Siehe insbesondere Kucsko-Stadlmayer, in: Schäffer et al (Hg), FS Koja 580. 3524 Kucsko-Stadlmayer, in: Schäffer et al (Hg), FS Koja 579. 3525 Kucsko-Stadlmayer, in: Schäffer et al (Hg), FS Koja 580.
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a) Disponieren in Form des „Verzichts“
Ein – vom privatrechtlichen Denkmuster beeinflusster3526 – Verzicht ieS stellt eine gegenüber einem Verwaltungsorgan freiwillig3527 abgegebene, keinen Zweifel offen lassende3528 öffentlich-rechtliche Willenserklärung3529 dar, die auf die Aufgabe bzw das Erlöschen eines subjektiven Rechts gerichtet ist3530. Dabei müsse es sich – so Raschauer – um ein konkretes, individuell zustehendes Recht handeln. Der Verzicht sei demnach von einer „Jedermann-Befugnis“ (zB Verzicht auf die Kandidatur für ein politisches Amt) ebenso zu unterscheiden wie einerseits vom Widerruf, der nicht auf das Erlöschen des Rechts, sondern auf die Rückgängigmachung einer Gestaltungserklärung gerichtet sei, und andererseits von der Nichtinanspruchnahme und der Nichtausübung von Rechten3531. Als Beispiel für die Nichtausübung und Nichtgeltendmachung von Rechten lässt sich der „Verzicht“ auf die Erhebung von öffentlich-rechtlichen Einwendungen anführen. Die Verfügbarkeit des subjektiven Rechts ist in diesen Fällen durch das faktische Handeln der Berechtigten in der Form gekennzeichnet, dass es ihnen obliegt, die mit ihrem Recht korrelierende staatliche Pflicht in Gang zu setzen. Insoweit gesetzlich nichts anderes bestimmt wird, ist den Parteien also die Möglichkeit eingeräumt, aber keinesfalls eine Verpflichtung auferlegt, bestimmte Einwendungen zu erheben, die im weiteren Verlauf von der Behörde im Fall von deren Beachtlichkeit zu berücksichtigen sind3532. Durch die Nichtbefolgung derartiger Handlungsobliegenheiten3533 erlöscht aber das eigentliche subjektive Recht nicht3534, wenn auch an ein solches Handeln oder gerade Nichthandeln gesetzlich normierte Rechtsfolgen geknüpft sein können – so vor allem die Präklusion 3526 Adamovich/Funk, Verwaltungsrecht3 298. 3527 Siehe auch Grabenwarter, Verfahrensgarantien 508 sowie 515 f. 3528 Dabei sei – so der VwGH (ua VwGH 6.11.2001, 97/18/0160) – für die Behörde „besondere Vorsicht“ geboten. Die Annahme eines Verzichts der Partei auf eine in den Verfahrensvorschriften oder im materiellen Recht begründete Rechtsposition sei nämlich nur zulässig, wenn die gegenständliche Erklärung der Partei keinen Zweifel offen lasse. Gegebenenfalls müsse die Behörde eine Klarstellung durch die Partei herbeiführen. 3529 Allgemein Raschauer, Verwaltungsrecht3 Rz 1240; ders, Zum Verzicht auf Entschädigung wegen Rückwidmung, bbl 2008, 136. 3530 Peter Oberndorfer, Zum Verzicht im öffentlichen Recht, insbesondere im Sozialrecht, JBl 1967, 70. 3531 Raschauer, Verwaltungsrecht3 Rz 1164. Siehe jedoch auch Grabenwarter, Verfahrensgarantien 511 ff, iZm Art 6 MRK und dem Verzicht auf die öffentliche mündliche Verhandlung. 3532 Siehe Ferz, ZfV 2002, 327; Kerschner et al, Umweltmediation 92 f. 3533 Wessely, Eckpunkte 219 f. 3534 So Kucsko-Stadlmayer, in: Schäffer et al (Hg), FS Koja 579.
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als verfahrensrechtliches Hindernis zur Rechtsverfolgung3535 – die im Ergebnis einem rechtswirksamen Verzicht ieS sehr nahe kommen3536. Eine über diese auf faktisches Handeln basierenden Dispositionsmöglichkeiten hinausgehende Befugnis zum Verzicht auf das Recht selbst ist nicht anzunehmen3537. Auf dieser Grundlage gelangt etwa Kucsko-Stadlmayer zum Ergebnis, dass in einer dennoch abgegebenen „Verzichtserklärung“ insoweit lediglich eine rechtlich unverbindliche Ankündigung der Nichtgeltendmachung bzw Nichtausübung von Rechten abgeleitet werden könne3538. Freilich, rechtliche Relevanz entfaltet eine solche Erklärung jedenfalls dann, wenn sie – gedacht als „Einwendungsverzicht“ – gegenüber der Behörde bis vor Ende der mündlichen Verhandlung abgegeben wird3539. Im Hinblick auf den Verzicht ieS stellt sich vor allem die Frage nach dessen Zulässigkeit3540. Deren Beantwortung ist eine mitunter schwierig zu meisternde Herausforderung, was wiederum in erster Linie auf das Fehlen von allgemeinen Regelungen zurückführen ist. Kategorien privatrechtlicher Provenienz (Verzicht, Gutglaubensschutz etc) sind nämlich im öffentlichen Recht – schon allein mangels Kodifikation des allgemeinen Teils des Verwaltungsrechts – durchwegs nicht gesetzlich geregelt. Somit fehlt es gerade im Hinblick auf das Postulat des Legalitätsprinzips an klaren Vorgaben. Es erscheint daher auch nicht verwunderlich, dass die Antworten auf diese Frage unterschiedlich ausfallen und dann auch noch umstritten sind3541. Zieht man nun für die Beantwortung der Frage nach der Zulässigkeit die Judikatur der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts heran, dann zeigt sich folgendes Bild: Der VfGH geht – jedenfalls ausdrücklich in vermögensrechtlichen Zusammenhängen – von der Zulässigkeit des Verzichts im Bereich des öffentlichen Rechts aus, wenn er ohne weiter zu differenzieren meint, dass es „als ein der österreichischen Rechtsordnung innewohnender Rechtsgrundsatz“ angesehen werden müsse, dass – soweit sich aus den spezifischen Vorschriften nichts anderes ergebe – wirksam auf Ansprüche verzichtet werden könne, und dies sogar bereits bevor solche überhaupt entstehen3542. Dieser Rechtsansicht folgt grundsätzlich auch der VwGH. Er hält, 3535 Auch materiell-rechtliche Bestimmungen – wie sie beispielsweise in §§ 80 und 88 GewO zu finden sind – können ausdrücklich den Rechtsverlust vorsehen. 3536 Raschauer, Verwaltungsrecht3 Rz 1163. Siehe auch 3.IV.B.1.b). 3537 AA wohl Kerschner et al, Umweltmediation 92. 3538 So Kucsko-Stadlmayer, in: Schäffer et al (Hg), FS Koja 580. 3539 Siehe 3.IV.B.1.b). 3540 Zur – auch älteren – Diskussion siehe Oberndorfer, JBl 1967, 69 f und 72 ff; Kucsko-Stadlmayer, in: Schäffer et al (Hg), FS Koja 570 ff. 3541 Siehe schon Adamovich/Funk, Verwaltungsrecht3 298 f. 3542 VfSlg 5099/1965; bestätigt in VfSlg 8726/1980. Einen allgemeinen Grundsatz der Verzichtbarkeit ablehnend Öhlinger, in: VVDStRL 45, 196. Siehe aber auch
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sofern nicht ausdrücklich gesetzlich vorgesehen, etwa den Verzicht auf Ansprüche und Anwartschaften3543 für zulässig, wenn dies „in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise“3544 bzw „in einer nach jeder Richtung hin unbedenklichen Weise“ erfolge3545, keine gesetzlichen Bestimmungen ausdrücklich etwas Gegenteiliges anordnen oder öffentliche Interessen entgegenstehen, der Verzicht den zuständigen VertreterInnen des Staats zur Kenntnis gebracht werde3546 und es sich um die, ausschließlich im Privatinteresse der/des Begünstigten statuierte, freiwillige Aufgabe lediglich eines subjektiven Rechts und nicht um den Verzicht auf ganze „Rechtsverhältnisse“ handelt3547. Für die gegenständliche Arbeit sind vor allem jene Fälle von Interesse, in denen Berechtigte zum einen auf ihre subjektiven administrativen Rechte und zum anderen auf ihre verfahrensrechtlichen Berechtigungen verzichten können. Einen Verzicht im Zusammenhang mit der ersten Kategorie hält etwa Raschauer – insbesondere mit Blick auf die verfassungsgesetzlich gewährleistete Erwerbsfreiheit – für zulässig, immer vorausgesetzt, das Gesetz sehe nicht explizit anderes vor3548. In diesem Kontext kann aber gerade vielfach auf Regelungen des positiven öffentlichen Rechts hinsichtlich berufsrechtlicher, gewerberechtlicher, anlagenbezogener oder sonstiger zulasOberndorfer, JBl 1967, 75, der in seiner Replik auf das verfassungsgerichtliche Erkenntnis aus dem Jahr 1965 zum Ergebnis gelangt, dass die Verzichtbarkeit subjektiver Berechtigungen im öffentlichen Recht grundsätzlich vom Gesetz abhänge. Schweige dieses hiezu, können subjektive Rechte nur insoweit als verzichtbar angesehen werden, als die mit ihrer Gewährung verfolgten objektiven Interessen des Staats keine Minderung erfahren. Außerdem sei eine Entscheidung darüber lediglich der Behörde zumutbar, weshalb davon auszugehen sei, dass es dieser obliege, auf Grund des Verzichts durch Bescheid die Endigung des subjektiven Rechts auszusprechen oder gegebenenfalls die Annahme des Verzichts in Bescheidform abzulehnen. Auf die Interessenlage abzielend auch Grabenwarter, Verfahrensgarantien 509 f. Krit zur Heranziehung des ihrer Meinung nach unbrauchbaren Kriteriums des Interesses hingegen Kucsko-Stadlmayer, in: Schäffer et al (Hg), FS Koja 584 ff, die mit sehr gewichtigen Argumenten – nicht zuletzt aus rechtsstaatlichen Überlegungen und zum Schutz der/des Berechtigten (577, 587) – zu einem „verzichtsfeindlichen“ Ergebnis gelangt. Die Verzichtbarkeit öffentlich-rechtlicher vermögensrechtlicher Forderungen und Ansprüche prinzipiell bejahend Raschauer, Verwaltungsrecht3 Rz 1167 f. 3543 Hieraus leitet etwa Raschauer, bbl 2008, 138, die Zulässigkeit eines vorzeitigen Verzichts (auf Entschädigung wegen Rückwidmung) ab, sofern es nicht an der für eine rechtsgeschäftliche Erklärung erforderlichen Bestimmtheit mangelt. 3544 VwGH 10.12.1996, 96/04/0090. 3545 VwGH 9.4.1984, 83/12/0059; 21.12.2007, 2007/17/0078. 3546 VwGH 24.4.1953, 0430/50; 30.6.1977, 0361/76. 3547 Zusammenfassend in VwGH 17.10.2003, 99/17/0200. 3548 Raschauer, Verwaltungsrecht3 Rz 1171.
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sungsrelevanter Berechtigungen zurückgegriffen werden. Der Verzicht erfolgt dabei idR durch eine einseitige, bloß empfangsbedürftige Erklärung, die zum Erlöschen des Rechts führt3549. Demonstrativ können hiefür etwa § 86 GewO, wonach es der/dem InhaberIn eines Gewerbes freisteht, die Gewerbeberechtigung mittels entsprechend erklärten Willensakts zurückzulegen3550, sowie § 14 Abs 2 ZivMediatG3551 genannt werden. Ein solcher Verzicht auf die Gewerbeberechtigung bzw auf die Aufrechterhaltung der Eintragung in die Liste der MediatorInnen stellt eine einseitige Rechtshandlung der/des Berechtigten dar und bedarf keiner Zustimmung oder Genehmigung der Behörde. Weiters sehen § 5 Abs 7 Zif 3 Audiovisuelle Mediendienste-Gesetz3552 sowie § 3 Abs 3 Zif 6 Privatradiogesetz3553 jeweils die Möglichkeit vor, dass ZulassungsinhaberInnen auf die Veranstaltung von Fernsehen bzw Rundfunk (schriftlich) verzichten können und dadurch die Zulassung zum Erlöschen bringen. Und selbst die Auflassungserklärung gem § 83 GewO ist als Verzicht zu qualifizieren3554. Offen bleibt aber noch die Einordnung des Verzichts im Zusammenhang mit verfahrensrechtlichen Berechtigungen. Hier drängt sich zuvorderst der im Zusammenhang von Mediationsverfahren meist angedachte „Rechtsmittelverzicht“ auf und dies nicht zuletzt wegen der positivrechtlichen Normierung eines solchen Verzichts in § 63 Abs 4 AVG. Danach geht die Berufungslegitimation – genauer, in Anlehnung an Oberndorfer3555 und den VwGH3556, das prozessuale Recht zur Erhebung einer Berufung – durch den vor Erhebung der Berufung formlos, jedoch klar zum Ausdruck gebrachten 3549 Siehe schon Oberndorfer, JBl 1967, 70. 3550 Gunther Gruber/Sylvia Paliege-Barfuß, § 86, GewO. Gewerberecht. Kommentar mit Verordnungen, Nebengesetzen und EU-Recht7 (Stand 2012) Anm 1 f. 3551 Siehe Ferz/Filler, Mediation 46. 3552 BGBl I 84/2001 idF BGBl I 16/2012. 3553 BGBl I 20/2001 idF BGBl I 50/2010. 3554 Hiebei ist jedoch zu beachten, dass zur Wahrung der öffentlichen Interessen und zum Schutz fremder Rechte mit der Auflassung einer Anlage den InhaberInnen zugleich die Pflicht verbunden ist, alle notwendigen Vorkehrungen zur Vermeidung einer von der in Auflassung begriffenen oder aufgelassenen Anlage ausgehenden Gefährdung, Belästigung, Beeinträchtigung oder sonstiger nachteiliger Einwirkung (§ 74 Abs 2 GewO) zu treffen und dies auch vorher der Genehmigungsbehörde anzuzeigen. Sowohl der Auftrag zusätzlicher Vorkehrungen als auch die Feststellung, dass die von der Inhaberin bzw vom Inhaber getroffenen Vorkehrungen ausreichen, hat von der Genehmigungsbehörde in Bescheidform zu erfolgen. Allgemein Rudolf Feik, Gewerberecht, in: Susanne Bachmann et al (Hg), Besonderes Verwaltungsrecht9 (2012) 235. 3555 Peter Oberndorfer, Die österreichische Verwaltungsgerichtsbarkeit. Ein Grundriss für Studium und Praxis (1983) 91. 3556 VwGH 19.3.2001, 2001/17/0024.
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sowie zwangsfrei3557 erfolgten und somit ohne Willensmängel behafteten Verzicht unter3558. Im Ergebnis ist demnach eine Berufung dann nicht mehr zulässig, wenn die Partei nach der Verkündung oder Zustellung des Bescheids ausdrücklich auf dieses subjektive Recht verzichtet. Verzichtbar ist im gegebenen Fall aber lediglich die Rechtsmittelbefugnis im Hinblick auf den gegenüber der verzichtenden Partei bereits verkündeten oder erlassenen Bescheid; ist doch davor noch kein aktueller Anspruch auf Ergreifung eines Rechtsmittels entstanden3559. Ein vorzeitig ausgesprochener Berufungsverzicht ist demnach rechtlich unerheblich3560. Dies muss jedoch, wie das Beispiel des Abgabenverfahrens zeigt, nicht so sein. Nach Maßgabe des § 255 Abs 2 BAO kann nämlich unter bestimmten Voraussetzungen (Kenntnis des angenommenen Sachverhalts und der Höhe der darauf beruhenden Abgabenschuld) schon vor Erlassung des Bescheids ein „antizipierter“ Verzicht rechtswirksam abgegeben werden, sodass eine nach getätigtem Verzicht eingebrachte Berufung, insoweit freilich der Bescheid nicht von der in der Niederschrift enthaltenen Beurteilung abweicht, unzulässig wäre3561. Weiterhin als zulässig wird die Möglichkeit angesehen, eine bereits eingebrachte Berufung auch wieder zurückzuziehen. Dabei handelt es sich – hier mit Thienel/ Schulev-Steindl – um einen (nachträglichen) Berufungsverzicht, der die Erhebung einer neuerlichen Berufung ausschließt3562. Raschauer geht darüber hinaus aber davon aus, dass im Interesse einer beschleunigten Herbeiführung der Rechtskraft ein Rechtsmittelverzicht iSd § 63 Abs 4 AVG sowohl in anderen Zusammenhängen als auch außerhalb des Anwendungsbereichs des AVG zulässig sein müsse3563. Zumindest einen Anhaltspunkt hiefür liefert Oberndorfer im Hinblick auf den Verzicht der Beschwerdelegitimation vor dem VwGH. Zwar sehe das VwGG den Verzicht nicht ausdrücklich vor, wohl aber anerkenne § 33 Abs 1 VwGG3564 die 3557 Ein unter Druck herbeigeführter oder gar erzwungener Rechtsmittelverzicht ist unwirksam; so bereits VwGH 18.10.1988, 88/11/0213. Nicht zuletzt deshalb ist ein solcher Berufungsverzicht von der Behörde „besonders streng“ zu prüfen. Ein vorliegender Willensmangel ist, wenn er tatsächlich bestanden hat, zugunsten der/des Erklärenden zu deuten; vgl hiezu VwGH 27.4.1994, 93/01/1165. 3558 Siehe ua Hengstschläger/Leeb (Hg), AVG III § 63 Rz 75 f; Hengstschläger, Verwaltungsverfahrensrecht4 Rz 486; Thienel/Schulev-Steindl, Verwaltungsverfahrensrecht5 255. 3559 So Raschauer, Verwaltungsrecht3 Rz 1173. 3560 Hengstschläger/Leeb (Hg), AVG III § 63 Rz 73; Raschauer, bbl 2008, 137; siehe vor allem 3.IV.B.1.e).aa). 3561 Hiezu Ehrke, Konsenstechniken 144 ff; siehe auch Ritz, BAO4 § 255 Rz 17. 3562 Thienel/Schulev-Steindl, Verwaltungsverfahrensrecht5 255. 3563 Raschauer, Verwaltungsrecht3 Rz 1173. 3564 Diese Aussage behält auch nach Abänderung des VwGG (im Zuge der Novelle BGBl I 4/2008) ihre Gültigkeit.
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Möglichkeit der Zurückziehung der Beschwerde, die den Verlust des Beschwerderechts zur Folge habe. Einer derartigen Zurückziehung sei der Beschwerdeverzicht gleichzuhalten, wenn dieser nach Erlassung des Bescheids gegenüber dem VwGH abgegeben werde. Und selbst die sinngemäße Anwendung von § 63 Abs 4 AVG im Zusammenhalt mit § 62 Abs 1 VwGG führe zum Ergebnis eines gegenüber dem VwGH rechtswirksam abzugebenden Verzichts auf eine Beschwerde. Ein gegenüber jener Behörde, die den Bescheid erlassen habe, geäußerter rechtsgeschäftlicher Verzicht sei hingegen ebenso unwirksam wie ein solcher gegenüber einer mitbeteiligten Partei3565. Der VwGH selbst äußert sich hiezu nicht eindeutig. In einem Beschluss aus dem Jahr 1988 spricht sich dieser ganz allgemein gegen die prozessuale Zulässigkeit eines Verzichts auf die Erhebung einer Maßnahmenbeschwerde „vor den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts“ aus, da es hiefür an einer entsprechenden Rechtsgrundlage mangle3566. In einem weiteren Beschluss verweist er wiederum auf seine vorgenannte Entscheidung, ergänzt die darin geäußerte Rechtsansicht jedoch – mit dem Hinweis auf die Ausführungen von Oberndorfer – mit den Erwägungen, dass jedenfalls gegenüber der Verwaltungsbehörde, der die Maßnahme zuzurechnen sei, nicht rechtswirksam verzichtet werden könne3567. In verfahrensrechtlichen Zusammenhängen stellt sich – wie schon der diesbezüglich mannigfaltigen Judikatur des VwGH zu entnehmen ist – die Frage des Verzichts freilich nicht ausschließlich im Kontext der Rechtsmittel. Es lässt sich der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung beispielsweise entnehmen, dass eine Partei rechtswirksam auf die Ladung zu einer mündlichen Verhandlung, selbst wenn es in dieser zur mündlichen Verkündung einer Berufungsentscheidung kommt3568, und – ganz allgemein – auf das Recht auf Tätigwerden der Behörde verzichten könne3569, woraus der Gerichtshof wiederum ableitet, dass es der Partei – und das trotz Fehlens entsprechender gesetzlicher Bestimmungen – mittels eines Antrags auf „Ruhen des Verfahrens“ möglich sein müsse, auf die Entscheidungspflicht der Behörde zumindest temporär zu verzichten3570. Das Vorliegen eines solchen „Verzichts“3571 sei jedenfalls dann anzunehmen, wenn eine Partei ausdrück3565 Oberndorfer, Verwaltungsgerichtsbarkeit 91. 3566 VwSlg 12791 A/1988. 3567 VwGH 19.3.2001, 2001/17/0024. 3568 VwGH 6.3.2001, 99/05/0215. 3569 VwSlg 1889 A/1951. 3570 VwGH 22.7.1999, 98/12/0403. 3571 Nicht unerwähnt bleiben soll, dass es sich hiebei zweifelsohne um eine Sonderform des Verzichts handelt; dies deshalb, weil im Zuge der Qualifizierungsdiskussion im Hinblick auf den Verzicht jeweils ganz allgemein vom Erlöschen des subjektiven Rechts ausgegangen wird. Im gegenständlichen Zusammenhang
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lich erklärt habe, vorläufig auf die Fortführung eines anhängigen (Berufungs-)Verfahrens zu verzichten und die Weiterführung des Verfahrens gesondert zu beantragen3572, oder wenn eben die Partei ein „Ruhen“ des Verwaltungsverfahrens bis zu einem bestimmten Zeitpunkt begehre3573. Mit diesen Erwägungen unmittelbar verquickt ist aber auch die im Bereich der Hoheitsverwaltung den Parteien als Abhilfe gegen Rechtsverweigerung an die Hand gegebene Säumnisbeschwerde. Ist nämlich davon auszugehen, dass während des „Ruhens“ des Verfahrens die Behörde keinerlei Entscheidungspflicht trifft, muss auch angenommen werden, dass die für die Entscheidung maßgebliche Frist während der Dauer der „Verfahrensaussetzung“ nicht ablaufen kann3574 und somit in letzter Konsequenz die Erhebung einer Säumnisbeschwerde vor dem Wegfall des Verfahrenshindernisses sowie dem Ablauf der Frist unzulässig wäre3575. Die Frage der prozessualen Zulässigkeit eines Verzichts auf die Erhebung der Säumnisbeschwerde an den VwGH lässt selbiger letztlich weitgehend unbeantwortet, wenn er auch in Anknüpfung an die Überlegungen in seinem vorhin dargelegten Beschluss über den Verzicht auf eine verwaltungsgerichtliche Beschwerde festhält, dass die dort angestellten Erwägungen zum Verzicht der Beschwerdelegitimation auf die Zulässigkeit eines Verzichts auf die Erhebung der Säumnisbeschwerde zu übertragen seien3576. Der VwGH spricht auch im Zusammenhang mit der Zurückziehung eines Feststellungsantrags von einem „Verzicht“. Wenn nämlich – so der VwGH – ein solches Parteibegehren abgeändert oder eingeschränkt werde, habe dies einen Verzicht auf ein Recht zur Folge. Werde nun ein entsprechender Verzicht gegenüber der Behörde ausgesprochen, dann sei eben dieses Recht erloschen. Außerdem sei ein Widerruf der Zurückziehung nicht mehr zulässig und auch nicht wirksam, da es den AntragstellerInnen nicht frei stehe, bei Anbringen, für die Entscheidungspflicht bestehe, ihre Erklärungen jederzeit zu modifizieren, zu widerrufen3577 und einen bereits erteilten Widerruf wieder rückgängig zu machen3578. liegt jedoch ein bloß „befristeter“ Verzicht vor (vgl zB VwGH 22.7.1999, 98/12/0403; 29.3.2007, 2006/07/0108). Das Recht einer Partei auf Entscheidung der Behörde erlischt infolge eines solchen „temporären Verzichts“ auch nicht, sondern soll lediglich für die Dauer der Verfahrensaussetzung „ruhen“ und nach Wegfall des Hindernisses (Hemmungswirkung) wieder aufleben. 3572 VwGH 22.1.1991, 90/05/0180; 14.5.1991, 88/05/0106. 3573 Siehe hiezu insbesondere schon 3.IV.A.5.a). 3574 VwGH 22.7.1999, 98/12/0403. 3575 VwGH 14.5.1991, 88/05/0106. 3576 VwGH 19.3.2001, 2001/17/0024. 3577 Siehe schon VwSlg 1889 A/1951. 3578 VwGH 11.12.2002, 2002/03/0248.
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b) Exkurs: Präklusion von Einwendungen
Als eine Möglichkeit, um sowohl den einer mündlichen Verhandlung zugedachten Konzentrationszweck, nämlich die Schaffung eines begrenzten Zeitrahmens für Sachverhaltsermittlungen und Parteiengehör3579, als auch die Rechtssicherheit zu gewährleisten3580, sieht der Gesetzgeber die nun schon mehrfach ins Treffen geführte Präklusion der Parteistellung in solchen durch Antrag eingeleiteten Mehrparteienverfahren3581 vor. Demnach soll nicht weiter Verfahrensbeteiligte/r sein, wer sich bis Ende der – qualifiziert kundgemachten (§ 41 AVG)3582 – mündlichen Verhandlung verschweigt. Damit ist also gemeint, dass alle Parteien – mit Ausnahme der Antragstellerin bzw des Antragstellers3583 – ihre Stellung als Partei und somit auch ihre prozessualen Rechte wie etwa jene der Akteneinsicht, der Ablehnung von nichtamtlichen Sachverständigen oder jener der Ergreifung ordentlicher oder außerordentlicher Rechtsmittel verlieren, soweit sie, ohne daran gehindert gewesen zu sein, nicht spätestens am Tag vor Beginn der Verhandlung bei der Behörde oder während der Verhandlung Einwendungen, also Behauptungen über die Verletzung eines subjektiven Rechts durch das gegenständliche Vorhaben3584, erheben (§ 42 AVG)3585. Wesentlich für die gegenständliche Untersuchung ist ua schon die von Walter/Thienel hiezu zu Recht getroffene Feststellung, dass auch im Fall eines „kollektiven Verschweigens“ durch die Parteien die Behörde nicht ohne weiteres dem Antrag der Antragstellerin bzw des Antragstellers stattzugeben habe. Dies folgt – soweit die Behörde von Amts wegen vorzugehen hat – schon allein aus dem Offizialprinzip und aus § 37 AVG3586, wonach die Behörde angehalten ist, von sich aus den maßgebenden Sachverhalt vollständig zu ermitteln, diesen an den die Entscheidung determinierenden Bestimmungen zu messen und über den Antrag dergestalt zu entscheiden, wie das eben von Rechts wegen geboten oder zulässig ist. Die Präklusion selbst bewirkt also lediglich den Verlust des Parteianspruchs auf Wahrung nicht rechtzeitig geltend gemachter subjektiver Interessen, führt aber nicht selbstredend zum Entfall der Behördenkompetenz hinsichtlich der Wahrung des 3579 Grabenwarter, Verfahrensgarantien 561; Walter/Thienel (Hg), Verwaltungsverfahrensgesetze I2 § 42 AVG Anm 1; Wielinger, Einführung12 Rz 109. 3580 Hengstschläger, Verwaltungsverfahrensrecht4 Rz 323. 3581 Hengstschläger/Leeb (Hg), AVG II § 42 Rz 31. 3582 Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensnovellen 1998, 25 f. 3583 Walter/Thienel (Hg), Verwaltungsverfahrensgesetze I2 § 43 AVG Anm 1 und 6. 3584 Zum Einwendungsbegriff etwa VwGH 31.1.1995, 92/05/0230. 3585 Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensnovellen 1998, 26 ff; dies (Hg), Verwaltungsverfahrensgesetze17 § 42 AVG Anm 1 ff; weiters Raschauer, Verwaltungsrecht3 Rz 1104; Walter et al, Verwaltungsverfahrensrecht9 Rz 288 ff. 3586 Siehe auch 3.IV.A.4.a).
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öffentlichen Interesses. Finden die durch Präklusion „schutzlos gewordenen Privatinteressen“ Deckung in öffentlichen Interessen, sind sie also sehr wohl von der Behörde zu beachten3587. Nichtsdestotrotz ist festzuhalten, dass eine Zustimmung zum Vorhaben letztlich den „Verzicht“ auf die Geltendmachung von öffentlich-rechtlichen Einwendungen bedeutet und in diesem Fall die Präklusionsfolgen eintreten3588. Ein derartiger Verzicht ist grundsätzlich auch nicht mehr durch einen Widerruf abänderbar3589. Vielmehr kommt einem solchen irreversiblen Widerruf einer zuvor im Rahmen der mündlichen Verhandlung durch ordnungsgemäß geladene VerhandlungsteilnehmerInnen abgegebenen, als Zustimmung aufzufassenden Erklärung keine rechtliche Wirkung zu3590. Die subjektiv berechtigten Beteiligten sind folglich an diese Erklärung gebunden3591. Auch hält der VwGH ausdrücklich fest, dass aus § 42 AVG und der damit verbundenen Einschränkung, wonach von der Behörde nur jene Einwendungen berücksichtigt werden dürfen, die spätestens bei der mündlichen Verhandlung vorgebracht werden, zu schließen sei, dass sich VerhandlungsteilnehmerInnen nicht vorbehalten können, zu einem späteren Zeitpunkt Einwendungen zu erheben3592. Und schließlich kommt der VwGH zum Ergebnis, dass eine bedingt erklärte Zurückziehung von Einwendungen schon wegen der im Allgemeinen bestehenden Bedingungsfeindlichkeit von Prozesshandlungen unzulässig und damit unwirksam wäre3593. Zudem darf nicht übersehen werden, dass das unterlassene Vorbringen von Einwendungen auch hinsichtlich der zivilrechtlichen Stellung der/des sich Verschweigenden bzw dem Vorhaben Zustimmenden Wirkungen auszulösen vermag. Art XXXVII EGZPO sieht nämlich vor, dass bei Unterlassung jeglicher privatrechtlicher Einwendungen im Bewilligungsverfahren die anschließend im zivilgerichtlichen Verfahren durchzusetzende Bauverbotsklage (gegen die Bauführung gem §§ 340 bis 342 ABGB) ausgeschlossen ist. Als nicht präkludiert gelten einzig nachträglich eingetretene, der Bauführung entgegenstehende Umstände3594. 3587 Walter/Thienel (Hg), Verwaltungsverfahrensgesetze I2 § 42 AVG Anm 4. 3588 VwGH 7.11.1995, 94/05/0377; Hauer/Leukauf (Hg), Handbuch6 § 42 AVG E 17. 3589 Siehe oben 3.IV.B.1.d). 3590 VwGH 31.1.1995, 92/05/0230. 3591 Walter/Thienel (Hg), Verwaltungsverfahrensgesetze I2 § 42 AVG Anm 4; Hauer/ Leukauf (Hg), Handbuch6 § 40 AVG E 1b. 3592 So schon VwSlg 4966 A/1959. 3593 Hiezu VwGH 25.11.1997, 96/04/0238. Aus dem Schrifttum etwa Hengst schläger/Leeb (Hg), AVG I § 13 Rz 4. 3594 Siehe VwGH 29.11.1979, 2467 – 2472/79; vgl hiezu auch Karl Spielbüchler, § 340 ABGB, in: Peter Rummel (Hg), Kommentar zum Allgemeinen bürgerlichen Ge-
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Als für die mitbeteiligten Parteien entschärfend können im gegenständlichen Zusammenhang schließlich zumindest die Auswirkungen einer Antragsänderung gem § 13 Abs 8 AVG angesehen werden, wonach die Parteistellung von Personen, die bereits durch Präklusion aus dem Verfahren ausgeschieden sind, wieder auflebt oder es bei Wesens- sowie Zuständigkeitsänderungen zu einem neuen Verfahren kommt3595. c) Privatrechtliche Vereinbarungen
Die vorhin festgestellten Gestaltungs- und Handlungseinschränkungen müssen selbstredend auch Auswirkungen für einen jeden an den Schnittstellen des privaten und öffentlichen Rechts situierten Aushandlungsprozess und für deren Ergebnisse zeitigen. Insbesondere ist schon ganz grundsätzlich zu berücksichtigen, dass öffentlich-rechtliche subjektive Rechte und Pflichten nicht Gegenstand eines zivilrechtlichen Rechtsgeschäfts sein können3596. Ebenso wenig kann in aller Regel die Ausübung der Hoheitsgewalt an sich Inhalt einer zivilrechtlichen Übereinkunft sein3597. Dennoch wurden Beispiele für gestaltbare subjektive öffentlich-rechtliche Rechte und Pflichten im Rahmen dieser Arbeit schon angeführt. Es handelt sich dabei in erster Linie um die gem § 111 Abs 3 WRG in Form von gütlichen Übereinkommen durch die Parteien regelbaren wasserrechtlichen Belange wie etwa hinsichtlich der Einräumung von Zwangsrechten, Mitbenutzungsrechten oder Nutzungseinschränkungen3598. Aber auch die Vereinbarungen im Zusammenhang mit § 66 Abs 4 ForstG, § 7 Abs 4 AgrVG und § 50 Abs 2 Flurverfassungs-Grundsatzgesetz zählen zu den ganz spezifischen verwaltungsrechtlichen Verträgen zwischen Privaten, denen entscheidungsersetzende Wirkung zukommt3599. Abgesehen von diesen genuin öffentlich-rechtlichen Rechtsgestaltungsmöglichkeiten stellt sich aber weiters die Frage, ob – um ein wesentliches Beispiel zu nennen – angesichts der vorhin festgehaltenen Verfügungsbefugnisse der/des Einzelnen die Nichtausübung von subjektiven Rechten Inhalt einer privatrechtlichen Vereinbarung sein kann. Die Zulässigkeit derartiger setzbuch II3 (2002) Rz 4; Georg E. Kodek, Art XXXVII EGZPO, in: Hans W. Fasching (Hg), Kommentar zu den Zivilprozessgesetzen II/12 (2002) Rz 14 f sowie 21 ff; Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2 § 42 AVG Anm 4; Erika Wagner, Deregulierung im Baurecht und ziviler Rechtsschutz (Teil 2), bbl 1999, 175 f. 3595 Siehe 3.IV.B.2; auch Ferz, ZfV 2002, 326. 3596 Raschauer, Verwaltungsrecht3 Rz 1153, nennt als Bespiel den „Verkauf“ einer Baubewilligung. 3597 Siehe VwGH 28.4.1992, 91/05/0204; Raschauer, Verwaltungsrecht3 Rz 1155. 3598 Hiezu 3.III.B.5.d).aa). 3599 Siehe 3.III.B.5.d).bb).
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Vereinbarungen schließt etwa – wenngleich sehr vorsichtig formuliert – Raschauer nicht gänzlich aus, wenn er es für grundsätzlich zulässig erachtet, dass die Ausübung bzw Wahrnehmung der öffentlich-rechtlichen Position, nicht also das Recht bzw die Pflicht selbst, zum Gegenstand zivilrechtlicher inter-partes-Vereinbarungen gemacht wird. Dies könne dergestalt erfolgen, indem sich ein/e öffentlich-rechtlich Berechtigte/r zivilrechtlich verpflichtet, ihr/ihm zustehende öffentlich-rechtliche Gestaltungsrechte nicht oder nur in einem bestimmten Sinn auszuüben3600. So könne sich etwa die/der NachbarIn verpflichten, insoweit ihr/ihm Befugnisse zukommen, die der privaten Gestaltungsmacht zugeordnet seien, im Bauverfahren keine öffentlich-rechtlichen Einwendungen zu erheben3601. Zu beachten ist dabei aber, dass solche zivilrechtlichen Vereinbarungen als zivilrechtliche Erklärungen zwischen Privaten grundsätzlich keinerlei öffentlich-rechtliche Wirkungen entfalten, sondern – wenn überhaupt3602 – bloß privatrechtliche Konsequenzen auszulösen vermögen3603. Erhebt nämlich die/der NachbarIn, um an das vorige Beispiel anzuknüpfen, im Zuge der Bauverhandlung öffentlich-rechtliche Einwendungen, obwohl ein solches Vorgehen zuvor in einer bloß privatrechtlichen Vereinbarung mit der/ dem ProjektwerberIn ausgeschlossen wurde, dann sind diese Einwendungen aus verwaltungsrechtlicher Sicht uneingeschränkt rechtswirksam. Für die Behörde ist demnach grundsätzlich allein bedeutsam, ob solche Einwendungen tatsächlich erhoben werden oder eben nicht. Dies ergibt sich schon allein aus der Tatsache, dass es sich bei Einwendungen um öffentlich-rechtliche Erklärungen der mitbeteiligten Parteien handelt, die an die Behörde zu richten sind3604. 3600 Zum „Einwendungsverzicht“ als Bestandteil eines Mediationsergebnisses 3.IV.B.1.e). 3601 Raschauer, Verwaltungsrecht3 Rz 1153 f. 3602 Vgl Kucsko-Stadlmayer, in: Schäffer et al (Hg), FS Koja 579 FN 60; Raschauer, Verwaltungsrecht3 Rz 1154, geht hiebei davon aus, dass im Fall von Befugnissen, die privater Gestaltungsmacht – wie eben gerade bei Nachbarrechten – zugeordnet sind, Vertragsverletzungen (wenigstens) Schadenersatzansprüche bedingen können. Im Zusammenhang mit privatrechtlichen Vereinbarungen mit Fischereiberechtigten, die bereits vor dem eigentlichen wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren vertraglich auf ihre Einwendungsmöglichkeit verzichten, geht Juri, Parteistellung 107 f, jedoch gem § 879 Abs 1 2. Fall ABGB vom Vorliegen eines absolut nichtigen Vertrages aus. 3603 Siehe jedoch sogleich 3.IV.B.1.d). 3604 Zur Einwendung als öffentlich-rechtliche Erklärung Raschauer, Verwaltungsrecht3 Rz 1235 und 1239. Anderes ist jedoch dann anzunehmen, wenn sich etwa BauwerberIn und NachbarInnen über ihre einander widersprechenden Interessen im Rahmen der mündlichen Verhandlung geeinigt und einen Vergleich geschlossen haben. In diesem Fall können NachbarInnen das Projekt später (mit
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Hiezu ist aus mehrerlei Gründen das im Kontext eines Bauverfahrens stehende Judikat des VwGH interessant. Darin führt dieser ua aus, dass der (vertraglich vereinbarte) Verzicht auf Einwendungen betreffend eine den Grenzabstand unterschreitende Verbauung der verfahrensgegenständlichen Liegenschaft kein Kriterium bei der Ermessensübung hinsichtlich einer ausnahmsweisen Abstandsunterschreitung gem § 25 Abs 8 Sbg BGG3605 darstelle. Es komme dabei nicht darauf an, ob und inwieweit eine (implizierte) Zustimmung oder ein Einwendungsverzicht vorliege. Vielmehr könne die Frage einer allfälligen normativen Bedeutung einer solchen Vereinbarung allein auf dem Zivilrechtsweg geklärt werden. In diesem Verfahren würde ua auch die Frage der Zulässigkeit einer solchen Vereinbarung zu beantworten sein. „Die belangte Behörde habe daher die Rechtslage insofern verkannt, als sie bei Anwendung dieser Bestimmung davon ausging, dass die Berufungsbehörde gestützt auf das angeführte Gutachten und die vertragliche Regelung über den Verzicht von Einwendungen zu Recht angenommen hätte, dass jeweils die Voraussetzungen für die Ermessensübung iSd Gesetzes gegeben gewesen seien.“3606 Damit wird deutlich, dass die Verwaltungsbehörde einerseits immer nach Maßgabe der Rechtslage zu entscheiden hat und sich andererseits in Ermangelung einer ausdrücklichen gesetzlichen Bestimmung von einem vertraglich vereinbarten Einwendungsverzicht in ihrer Entscheidung nicht leiten lassen darf, bzw, dass eine solche Vereinbarung für die behördliche Entscheidungsgrundlage unbeachtlich bleibt. d) Wirkungen des Ausgleichs gem § 43 Abs 5 AVG
Die Wirkungen von einem im Zuge des Verfahrens erzielten Ausgleich sind in erster Linie den einschlägigen Verwaltungsvorschriften zu entnehmen3607. Als „generelles“ Exempel hiefür werden oftmals die nun schon mehrfach zitierten Übereinkommen gem § 111 Abs 3 WRG genannt, denen, sofern sie nicht den von der Wasserrechtsbehörde zu wahrenden öffentlichen Interessen zuwiderlaufen bzw gegen ausdrückliche Bestimmungen des WRG verstoßen, nicht nur eine die Parteien, sondern auch die Wasserrechtsbehörde bindende Wirkung sowie die behördliche Entscheidung vertretende Funktineuen Einwendungen) nicht mehr bekämpfen; hiezu VwGH 29.10.1987, 86/06/0292; auch Hauer/Leukauf (Hg), Handbuch6 § 42 AVG E 18b. Siehe sogleich 3.IV.B.1.d). 3605 Nunmehr Sbg LGBl 69/1968 idF Sbg LGBl 118/2009. 3606 VwGH 21.2.2007, 2005/06/0128. 3607 Walter/Thienel (Hg), Verwaltungsverfahrensgesetze I2 § 43 AVG Anm 12; Hengstschläger/Leeb (Hg), AVG II § 43 Rz 9; Hengstschläger, Verwaltungsverfahrensrecht4 Rz 342.
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on zukommen. Hiebei handelt es sich aber – und dies ist explizit hervorzuheben und wurde auch schon ausführlich dargelegt3608 – um ganz spezifische verwaltungsrechtliche Verträge zwischen Privaten3609, wozu übrigens auch die Übereinkommen gem § 66 Abs 4 ForstG oder § 7 Abs 4 AgrVG zu zählen sind3610. Fehlt es jedoch an einer spezifischen Regelung, kommt in Verfahren, in denen das AVG zur Anwendung zu bringen ist, allein § 43 Abs 5 AVG zum Tragen, dem jedoch keine den vorgenannten Bestimmungen vergleichbare Wirkung zu entnehmen ist. Überhaupt sagt § 43 Abs 5 leg cit über die Voraussetzungen und die Wirkungen eines solchen Ausgleichs nichts aus, was folglich zur immer wiederkehrenden Befassung des VwGH führen muss(te). Dieser ist es dann auch, der ua ausspricht, dass Vergleiche zwischen Parteien, einzelne Zugeständnisse, die „formelle“ Zustimmung oder ein zulässiger Verzicht auf subjektive öffentliche Rechte, die jeweils im Zuge der mündlichen Verhandlung erzielt bzw getätigt werden, für die sich erklärenden Parteien eine bindende Wirkung für das öffentlich-rechtliche Verfahren entfalten. Eine Rücknahme der Erklärungen durch die Parteien im weiteren Verlauf des Verfahrens sei folglich nicht zulässig. Dies entspreche letzten Endes – so ein Erklärungsstrang des VwGH – dem Zweck der mündlichen Verhandlung, die nicht allein dazu bestimmt sei, den objektiven Sachverhalt zu klären, sondern auch die Erörterung der in Betracht kommenden Interessen zu fördern und nach Möglichkeit einen Ausgleich zwischen konkurrierenden Interessen herbeizuführen. Dieser Zweck könnte nicht erreicht werden, wenn die Parteien an ihre bei der mündlichen Verhandlung abgegebene Erklärung nicht gebunden wären und sie ihre Zugeständnisse wieder zurücknehmen könnten3611. Während nun das Ergebnis eines solchen Ausgleichsversuchs vielfach darin gelegen ist, dass der verfahrenseinleitende Antrag von der/dem Kon-
3608 Siehe 3.III.B.5.d).aa).bbb). 3609 Mannlicher/Quell, Verwaltungsverfahren I8 § 43 AVG Anm 8, gehen auch im Zusammenhang mit dem Ausgleich gem § 43 Abs 5 AVG grundsätzlich vom Vorliegen eines verwaltungsrechtlichen Vertrags aus. Zu Recht ablehnend Walter/Mayer, Verwaltungsverfahrensrecht8 Rz 301, indem sie festhalten, dass ein Ausgleich im gegenständlichen Sinn nicht ohne weiteres als verwaltungsrechtlicher Vertrag qualifiziert werden könne. 3610 Hiezu 3.III.B.5.d).bb). 3611 VwSlg 1704 A/1950; VwGH 8.4.1997, 96/07/0195. Aus dem Schrifttum Thienel/ Schulev-Steindl, Verwaltungsverfahrensrecht5 176. Krit hiezu etwa Kerschner et al, Umweltmediation 46, welche die Bindungswirkung allein auf der dogmatischen Grundlage der Ableitung aus dem Zweck der mündlichen Verhandlung als allein nicht tragfähig erachten.
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senswerberIn modifiziert3612 oder gar zurückgezogen (§ 13 Abs 7 und 8 AVG3613) und gegebenenfalls ein neuer Antrag eingebracht wird, laufen die Ausgleichsbemühungen quasi auf der Gegenseite darauf hinaus, dass in weiterer Verfahrensfolge von den mitbeteiligten Parteien keine Einwendungen aufgrund von Ansprüchen vorgebracht werden können, die durch den Verfahrensgegenstand berührt werden und über die daher in dem das Verfahren abschließenden Bescheid abzusprechen ist. So wird dann auch vom VwGH eine zwischen KonsenswerberIn und NachbarInnen bei der Verhandlung erzielte Vereinbarung über deren einander widersprechende Interessen vom VwGH einerseits als (impliziter) Verzicht auf die Geltendmachung von Einwendungen oder andererseits als deren Zurückziehung angesehen. Haben sich die Parteien in der mündlichen Verhandlung in einem Vergleich über die einander widersprechenden Interessen geeinigt, dann könne nicht davon ausgegangen werden, dass Einwendungen zusätzlich erhoben worden seien. Der VwGH nimmt in diesen Fällen im Ergebnis jeweils Präklusion an3614. Es zeigt sich also, dass die Frage nach dem Ausgleich mitunter sehr eng mit jener des Verlusts der Parteistellung, also der Präklusion gem § 42 AVG zusammenhängen kann, sofern freilich überhaupt ein Vorhaben oder eine Maßnahme vorliegt, die Gegenstand der Präklusionsfolgen sein kann3615. Jedoch bemüht sich der VwGH in eben diesem Erkenntnis völlig zu Recht um die Klarstellung, dass die Frage, „ob der Mitbeteiligte allenfalls bei der mündlichen Verhandlung eine Zustimmung zu den vom Amtssachverständigen vorgeschlagenen und dem Mitbeteiligten später im erstinstanzlichen Bescheid vorgeschriebenen Maßnahmen erklärt hat und ob der Mitbeteiligte auch im weiteren Verlauf des Verfahrens an diese Zustimmung gebunden blieb, sodass einer von ihm gegen den erstinstanzlichen Bescheid erhobenen Berufung der Erfolg hätte versagt bleiben müssen“, von jener der Präklusion zu unterscheiden sei. Hinsichtlich der Frage nach der „Bindung“ kommt es aber mE nicht auf den Ausgleich bzw die Vereinbarung an sich, sondern vielmehr auf das Merkmal der daraus zu folgernden Erklärung und deren Widerrufbarkeit im Zusammenhalt mit dem mit einer mündlichen Verhandlung verbundenen Konzentrationszweck an. Eine solche Erklärung ist, da sie im Hinblick auf öffentlich-rechtliche Rechte oder Rechtsverhältnisse bei der mündlichen Verhandlung und gegenüber der Behörde abgegeben wird, als öffentlich3612 Walter/Thienel (Hg), Verwaltungsverfahrensgesetze I2 § 43 AVG Anm 12; Hengstschläger/Leeb (Hg), AVG II § 43 Rz 9; Hengstschläger, Verwaltungsverfahrensrecht4 Rz 342. 3613 Hiezu ausführlich 3.IV.B.2. 3614 VwGH 29.10.1987, 86/06/0292, siehe auch VwGH 26.5.1998, 97/04/0250. 3615 Hiezu VwGH 25.5.1993, 93/07/0010.
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rechtliche und dabei insbesondere als verfahrensrechtliche zu qualifizieren. Orientiert man sich an den Ausführungen von Raschauer, wonach Erklärungen, mit denen die Tätigkeit einer Behörde in Anspruch genommen wird, grundsätzlich zurückgezogen und auch noch widerrufen, demgegenüber aber Erklärungen, die zur Beendigung eines Verfahrens iwS führen, jedoch nicht mehr widerrufen werden können3616, wird erkennbar, dass der für die „Bindung“ entscheidende Aspekt jener der Behörde gegenüber abgegebenen „irreversiblen Prozesserklärung“ sein muss. In besonderem Maß deutlich wird diese Wirkung von öffentlichen Erklärungen eben bei den Einwendungen3617 und Zustimmungen in Mehrparteienverfahren3618. Aber auch im Zusammenhang mit einem – einer Antragsänderung gleichkommenden – getätigten Verzicht gilt eben Gesagtes. So hält schon der VwGH hiezu unmissverständlich fest: „Die Abänderung oder Einschränkung eines Parteienbegehrens, die einen Verzicht auf das Recht auf Tätigwerden der Behörde bedeutet, ist vom Tage der Abgabe der Erklärung gegenüber der Behörde als wirksam geworden und damit als unwiderruflich anzusehen.“3619 Aus all diesen Überlegungen ist schließlich zu folgern, dass abgesehen von der Wirkung der öffentlich-rechtlichen Erklärung erst in einem weiteren Schritt die daraus jeweils resultierenden Rechtsfolgen zu prüfen sind. Diese können nun etwa im Verlust der Parteistellung, in der Änderung oder Zurückziehung des Antrags oder schlicht in der fehlenden Beschwer begründet sein. Sichtbar werden somit aber auch die von einander zu unterscheidenden Wirkungen von Vereinbarungen, die im Zuge einer mündlichen Verhandlung oder eben außerhalb derselben geschlossen werden. Letztere sind gerade nicht als öffentlich-rechtliche Erklärungen, sondern als solche des Privatrechts zu qualifizieren und schlagen deshalb – vorbehaltlich expliziter Verwaltungsvorschriften – nicht auf das Verwaltungsverfahren durch. Zu beachten bleibt jedoch, dass der VwGH der „Bindung“ an eine Vereinbarung insofern Grenzen gesetzt sieht, als diejenigen Teile, die den gesetzlich vorgegebenen Dispositionsrahmen überschreiten, de lege lata keine diesbezügliche Wirkung entfalten können und sie daher auch bekämpfbar seien3620. Der VwGH begründet diese Rechtsansicht im Kontext mit der Erteilung von Auflagen dahingehend, dass sich ein Bescheid nur auf das Ge3616 Raschauer, Verwaltungsrecht3 Rz 1273. 3617 Hengstschläger/Leeb (Hg), AVG II § 42 Rz 44. 3618 Der mit dem Schluss einer mündlichen Verhandlung verbundene Konzentrationszweck könnte nicht erreicht werden, wenn die Parteien an ihre bei der Verhandlung abgegebenen Erklärungen nicht gebunden wären und ihre Zugeständnisse wieder zurücknehmen könnten. So Raschauer, Verwaltungsrecht3 Rz 1275. 3619 VwGH 25.11.1999, 98/07/0181. 3620 Vgl Hengstschläger/Leeb (Hg), AVG II § 43 Rz 8 f; Walter et al, Verwaltungsverfahrensrecht9 Rz 301.
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setz gründen könne und er aufgrund einer fehlenden entsprechenden gesetzlichen Deckung (hier eben einer Auflage) trotz vorheriger Zustimmung im Zuge des Verwaltungsverfahrens angreifbar werde3621. Wesentlich ist daher auch die Feststellung, dass die Behörde den zulässigen Ausgleich zwar ihrer Entscheidung zugrunde zu legen hat3622, was ohne gesetzliche Festlegung aber freilich nicht dazu führen kann, dass die Behörde selbst an die Vereinbarung der Parteien gebunden ist. Vielmehr hat sie jeweils unter Rücksichtnahme auch auf private Interessen zu konkretisieren, was das öffentliche Interesse im Einzelfall erfordert. Überhaupt verlangen es schon die Grundsätze der Offizialmaxime und der materiellen Wahrheit, dass sich die Behörde trotz gegenteiliger Erklärungen von Privaten von ihrer Verpflichtung zur Beachtung zwingender öffentlicher Interessen leiten zu lassen hat3623. Gelingt es hingegen nicht, einen Ausgleich zwischen einander widerstreitenden Ansprüchen, über die in dem das anhängige Verfahren abschließenden Bescheid abzusprechen ist, herbeizuführen, sind die zulässigen begründeten Ansprüche jedenfalls von der Behörde zu berücksichtigen; unbegründete Ansprüche, soweit die Behörde hiefür zuständig ist, sind hingegen abzuweisen3624. Wiederum als unzulässig zurückzuweisen sind diejenigen Einwendungen, mit denen nicht die Verletzung eines subjektiven Rechts behauptet wird. Wird in jenem Fall, in dem der Ausgleich Interessen betrifft, die durch den Verfahrensgegenstand bloß faktisch berührt werden, über die jedoch in einem anderen Verfahren abzusprechen ist, ein Übereinkommen erzielt, dann bleibt es der Behörde – anders als im Fall des Scheiterns eines Ausgleichsversuchs – „erspart“, die auf solche Ansprüche gegründeten Einwendungen zurückzuweisen3625. Kommt ein Ausgleich über Ansprüche, die ausschließlich im Zivilrecht wurzeln3626, zustande, stellt die getroffene Vereinbarung wohl einen, keinen 3621 VwGH 20.9.1983, 83/11/0019; 28.2.1996, 93/03/0053. Hiezu vor allem Hauer/ Leukauf (Hg), Handbuch6 § 40 AVG E 1a, die eine Bindung an Parteienerklärungen über die Bestimmungen des § 42 AVG hinaus mit den Grundsätzen des AVG (Amtswegigkeit und materielle Wahrheitserforschung) nicht in Einklang zu bringen halten. Siehe außerdem 3.IV.B.3.b) sowie 3.IV.B.3.e). 3622 Walter/Thienel (Hg), Verwaltungsverfahrensgesetze I2 § 43 AVG Anm 12. 3623 Siehe auch Kerschner et al, Umweltmediation 92. 3624 Vgl Walter/Thienel (Hg), Verwaltungsverfahrensgesetze I2 § 43 AVG Anm 12; Hengstschläger/Leeb (Hg), AVG II § 43 Rz 8. 3625 Walter/Thienel (Hg), Verwaltungsverfahrensgesetze I2 § 43 AVG Anm 12; Hengstschläger/Leeb (Hg), AVG II § 43 Rz 8; Hengstschläger, Verwaltungsverfahrensrecht4 Rz 341. 3626 Hiezu zählen beispielsweise geltend gemachte Wertminderungen, Beeinträchtigungen von Wege- und Pachtrechten oder der Bestand von dem Vorhaben ent-
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Exekutionstitel bildenden, außergerichtlichen Vergleich iSd §§ 1380 ff ABGB dar3627. Die Wirkungen einer solchen Einigung richten sich folglich nach den für außergerichtliche Vereinbarungen maßgeblichen Bestimmungen3628. Die daraus entstehenden Streitigkeiten sind ausschließlich von den Zivilgerichten zu entscheiden. Die hoheitliche Entscheidung bleibt von solchen zivilrechtlichen Fragen jedenfalls unbeeinflusst, sei es, dass nun eine Einigung erzielt wird oder nicht3629. Gelingt kein Ausgleich, ist die einwendende Partei hinsichtlich ihres privatrechtlichen Vorbringens überhaupt an die ordentlichen Gerichte zu verweisen3630. e) Mediationskonsens und Rechtsmittelverzicht iwS
Als vordergründiges Beschleunigungsargument bei Mediationsverfahren wird gegenüber ProjektwerberInnen nur zu gerne der von mitbeteiligten Parteien zu tätigende Verzicht auf die Ausübung des Rechts zur Erhebung von Einwendungen sowie jener auf die Ergreifung eines Rechtsmittels ieS ins Treffen geführt. Gleichwohl findet dabei aber oftmals der Umstand wenig Beachtung, dass es für die Verwirklichung eines diesbezüglichen (privaten) Aushandlungsergebnisses weiterer entscheidender Umsetzungsschritte bedarf, um die beiden Ebenen des Privatrechts sowie des öffentlichen Rechts auch nur annähernd in eine deckungsgleiche Position zu bringen. Zudem kommen Überlegungen über die mit einem Verzicht verbundenen Rechtsfolgen auf Seiten der mitbeteiligten Parteien zu kurz. Sichtbar wird die Schnittstellenproblematik in erster Linie im Anschluss an einen vorlaufenden Aushandlungsprozess. Wie nämlich anhand der vorstehenden Ausführungen gezeigt werden konnte, entfalten „bloß“ zivilrechtliche Vereinbarungen in aller Regel keine öffentlich-rechtlichen Wirkungen3631. Es bedarf vielmehr einer selbständigen Prozesshandlung, die freilich auch in einem Unterlassen bestehen kann, um ein diesbezügliches Verhandlungsergebnis rechtswirksam in das Verwaltungsverfahren zu hieven. Mangelt es an dieser verfahrensrechtlichen Verschränkung und hält sich gegenstehenden zivilrechtlichen Verträgen. Siehe schon 3.III.B.5.d).aa).fff). Mitunter verpflichten Verwaltungsvorschriften (so etwa § 45 AWG oder § 357 GewO) die/den VerhandlungsleiterIn ausdrücklich, auf eine Einigung über privatrechtliche Einwendungen hinzuwirken und eine so erzielte Einigung in der Verhandlungsschrift zu beurkunden. Siehe zB Gruber/Paliege-Barfuß, GewO7 § 357 Anm 1 ff. 3627 Hengstschläger, Verwaltungsverfahrensrecht4 Rz 342; Walter et al, Verwaltungsverfahrensrecht9 Rz 301. 3628 Hengstschläger/Leeb (Hg), AVG II § 43 Rz 8 f. 3629 Ebenso 3.III.B.5.d).aa).fff). 3630 Hengstschläger/Leeb (Hg), AVG II § 43 Rz 8. 3631 Siehe 3.IV.B.1.d).
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eine der Vertragsparteien nicht an den privatrechtlich vereinbarten Rechtsmittelverzicht iwS, entsteht unweigerlich ein Spannungsverhältnis zwischen der öffentlich-rechtlichen Entscheidung und dem privatrechtlichen Übereinkommen, das mitunter einen klag- bzw exekutierbaren Anspruch enthalten kann3632. aa) Öffentlich-rechtliche Ebene
Was die öffentlich-rechtliche Dimension eines Rechtsmittelverzichts gem § 63 Abs 4 AVG anbelangt, so ist insbesondere hervorzuheben, dass ein solcher von der betroffenen Partei erst nach Verkündung oder Zustellung des Bescheids gegenüber der Behörde – und nicht bloß gegenüber der/dem VertragspartnerIn – rechtswirksam erklärt werden kann und somit eine vorzeitig abgegebene Verzichtserklärung öffentlich-rechtlich unerheblich ist3633. Gegenteiliges, nämlich ein antizipativer Verzicht, wäre lediglich in jenen Fällen zulässig, in denen der Gesetzgeber dies ausdrücklich vorsieht3634. Der Grund für diese der Rechtssicherheit dienenden Regelung ist, wie schon Kerschner et al ausführen, jedenfalls darin gelegen, dass die Betroffenen erst bei Vorliegen des erstinstanzlichen Bescheids ersehen können, was sie im Detail erwarten wird und sie sich nicht bereits infolge der Unbestimmtheit des Ergebnisses dem Risiko der Fehleinschätzung und Fehlentscheidung aussetzen3635. Aus verfahrensrechtlicher Sicht ist weiters zu berücksichtigen, dass ein Widerruf eines einmal rechtswirksam erklärten Berufungsverzichts nicht zulässig ist3636. Die Erklärung stellt vielmehr eine irreversible Prozesshandlung dar, sodass eine dennoch eingebrachte Berufung folglich zurückzuweisen ist. Zudem kennt das Gesetz weder einen bedingten Berufungsverzicht noch eine bedingte Zurückziehung der Berufung, weshalb einer derartigen Parteienerklärung auch keine Rechtswirkung zukommt und die Behörde in diesen Fällen meritorisch zu entscheiden hat3637. Wie schon deutlich gemacht werden konnte, ist vom Berufungsverzicht die Nichtgeltendmachung von Einwendungen zu unterscheiden, auch wenn die rechtlichen Konsequenzen jeweils auf den Verlust des Berufungsrechts hinauslaufen. Im Zusammenhang mit den Einwendungen lassen sich die Rechtsfolgen allerdings dahingehend erklären, dass die Berufungslegitimation untrennbar mit der Parteistellung verbunden ist und somit infolge des 3632 Kerschner et al, Umweltmediation 94. 3633 Siehe bereits 3.IV.B.1.a). 3634 Vgl etwa Ehrke, Konsenstechniken 150. 3635 Kerschner et al, Umweltmediation 93 sowie 142 f. 3636 Dies gilt gleichsam für die Zurückziehung der Berufung. 3637 Hengstschläger/Leeb (Hg), AVG III § 63 Rz 73 f.
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Verlusts der Parteistellung auch das Recht zur Einbringung der Berufung verloren geht. Eine Berufung des – hier – Präkludierten ist demnach zurückzuweisen3638. Im Gegensatz zum Rechtsmittelverzicht gem § 63 Abs 4 AVG ist jedoch ein „Einwendungsverzicht“ jenem auf Rechtmittel zeitlich vorgelagert. Ein solcher erfolgt zulässigerweise noch vor der Verkündung bzw Erlassung der behördlichen Entscheidung, also zu einem Zeitpunkt, zu dem für die Verzichtenden noch nicht abschließend erkennbar ist, wie die behördliche Entscheidung ausfallen wird. Um nun den Gefahren der Unbestimmtheit, die mit der Nichterhebung von Einwendungen unweigerlich verbunden sind, zu entgehen, erscheinen auf den ersten Blick auch hier die Überlegungen hinsichtlich des Widerrufs oder eines Vorbehalts einladend. Allein, es fehlen de lege lata die diesbezüglichen rechtlichen Möglichkeiten, sodass ein „Einwendungsverzicht“ weder rechtswirksam widerrufen noch ein solcher Verzicht vorbehaltlich eines künftig eintretenden Ereignisses erklärt bzw an Bedingungen geknüpft werden kann3639. bb) Privatrechtliche Ebene
Zu den Fragen der öffentlich-rechtlichen Dimension treten im Kontext des Rechtsmittelverzichts iwS unweigerlich jene der privatrechtlichen Ebene hinzu. Diese harren einer dringlichen Beantwortung vor allem bei Mediationsvereinbarungen, die in vorlaufenden Aushandlungsprozessen erzielt werden. Die rechtliche Herausforderung stellt sich nämlich darin, dass – wie eben ausgeführt – zu diesem Zeitpunkt für die Verzichtenden nicht abschließend erkennbar ist, welche Rechte im Detail wie betroffen sind und schon gar nicht, wie die behördliche Entscheidung lauten wird. Die Risiken, welche die VertragspartnerInnen somit eingehen, sind kaum ausreichend auszumachen. Genau diese Unbestimmtheit bereitet hier aber im Hinblick auf die privatrechtliche Zulässigkeit derartiger Vereinbarungen Probleme. Insoweit greifen dann auch diejenigen Überlegungen zu kurz, wonach zivilrechtliche Vereinbarungen mit dem Inhalt, im Bauverfahren keine Einwendungen zu erheben, wirksam seien, da sie Befugnisse enthalten, welche der privaten Gestaltungsmacht zugeordnet sind3640. Der OGH3641 hat sich zumindest im Zusammenhang mit einem grundverkehrsbehördlichen Verfahren, in dem es um die Genehmigung eines zwischen den Streitteilen geschlossenen Pachtvertrags ging, dahingehend geäußert, „dass gegen die Zulässigkeit eines Klagebegehrens, mit dem vom Beklagten die Zurückziehung seines bei einer Verwaltungsbehörde einge3638 Hengstschläger/Leeb (Hg), AVG III § 63 Rz 72. 3639 Siehe bereits 3.IV.B.1.b). 3640 So Raschauer, Verwaltungsrecht3 Rz 1154. 3641 OGH 28.10.1993, 8 Ob 595/92.
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brachten Rechtsmittels begehrt wird, grundsätzlich keine Bedenken bestehen3642. Behauptet der Kläger, der Beklagte habe auf Grund der zwischen den Streitteilen bestehenden privatrechtlichen Vereinbarungen die Einbringung eines solchen Rechtsmittels zu unterlassen und sei daher zur Abgabe einer Rückziehungserklärung verpflichtet, so gilt diese Erklärung gem § 367 Abs 1 EO mit der Rechtskraft des klagestattgebenden Urteiles als abgegeben. Die Verwaltungsbehörde hat sie sodann als vom Beklagten stammende Willenserklärung zu behandeln.“ Der Gerichtshof hat mittlerweile darüber hinaus ausgesprochen, dass grundsätzlich kein Hindernis bestehe, diese Rechtsprechung auch auf andere Verwaltungsverfahren bzw auch auf Beschwerden vor dem VwGH anzuwenden, weil auch diese zurückgezogen werden können3643. Der OGH hatte jedoch in keiner dieser Entscheidungen unmittelbar auf die Frage der Zulässigkeit eines zivilrechtlich vereinbarten Rechtsmittelund/oder Einwendungsverzichts eingehen müssen, sondern vielmehr die Frage zu beurteilen, ob sich aus der vorliegenden zivilrechtlichen Vereinbarung ein Anspruch auf Rückziehung eines Rechtsmittels bzw einer Gerichtshofbeschwerde ableiten lässt. Dazu hält der OGH, indem er auf die „zutreffenden Begründungen der Vorinstanzen“ verweist, jedoch ua fest, dass dabei, soweit damit ein Verzicht auf künftige Einwendungen verbunden sein solle, aber nicht unbeachtet bleiben dürfe, dass ein unbestimmter Verzicht auf alle künftigen Einwendungen aus einem Rechtsgeschäft ungültig sei und ein Verzicht nach der Rechtsprechung überhaupt einschränkend auszulegen sei. Hingegen verstoße ein Verzicht auf die Geltendmachung von Umständen, welche die Parteien schon kannten, nicht gegen § 937 ABGB3644. Der OGH zielt also auf die dem Privatrecht zu entnehmenden Regelungen zum allgemeinen, unbestimmten Verzicht auf (künftige) Einwendungen gegen die Gültigkeit eines Vertrags ab. Dabei liegt die einschränkende Auslegung des Verzichts in erster Linie im Verdacht der Unerlaubtheit, Sittenwidrigkeit und des Verstoßes gegen zwingende Normen begründet, und dies deshalb, um letztlich die Gefahr der Schaffung abstrakter Verpflichtungen hintanzuhalten3645. Daran knüpfen im vorgegebenen Zusammenhang Kerschner et al an, indem sie einen im Vorhinein geäußerten pauschalen Verzicht auf sämtliche Einwendungen mit § 937 ABGB in Widerspruch geraten sehen, sodass dies 3642 Diese Rechtsansicht hat der OGH in weiteren Judikaten bestätigt; jüngst OGH 29.1.2008, 1 Ob 189/07m. 3643 OGH 11.2.1999, 2 Ob 384/97b. 3644 OGH 11.2.1999, 2 Ob 384/97b. 3645 Silvia Dullinger, § 1444 ABGB, in: Peter Rummel (Hg), Kommentar zum Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuch II3 (2002) Rz 4.
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die Unwirksamkeit der entsprechenden Mediationsvereinbarung zur Folge hätte. Entsprechend der Ratio des § 937 ABGB wäre nämlich ein privatrechtlicher Vorausverzicht auf (verfahrensrechtliche) Einwendungen und Rechtsmittel geeignet, zwingendes öffentliches Recht zu umgehen3646. Der Grund für diese Annahme liege darin, dass mit einem a priori privatrechtlich vereinbarten Einwendungsverzicht die aus § 63 Abs 4 AVG erfließende zwingende öffentlich-rechtliche Wertung, wonach ein Rechtsmittelverzicht erst nach Verkündung oder Zustellung des Bescheids zulässig sei, eben umgangen werde. Dabei sei – so Kerschner – die Ratio dieser Bestimmung evident, denn die Gefahr sei groß, dass die/der Verzichtende weder ihre/seine Rechte ausreichend kenne noch von vornherein wisse, wie die Genehmigungsentscheidung ausfallen werde, und sich damit völlig unüberschaubaren Risiken aussetze. Daher müsse jeder frühere, also auf einen Zeitpunkt vor Bescheiderlassung gerichtete Verzicht auch zivilrechtlich unwirksam sein3647. Nicht übersehen werden dürfe hiebei jedoch § 42 AVG, wonach es den Parteien unbenommen sei, bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung Einwendungen zu erheben oder eben – freilich eingedenk der damit verbundenen Rechtsfolgen – ihre öffentlich-rechtliche Position nicht auszuüben. Kerschner et al erkennen darin eine nachträgliche Wertungsänderung und folgern, dass in diesen Fällen der Verzicht schon ab Ende der mündlichen Verhandlung wirksam werden könnte. Für die Ausgestaltung der Mediationsvereinbarung bedeute dieses Ergebnis wiederum, dass im Hinblick auf das Austauschverhältnis von Leistung und Gegenleistung idealer Weise eine Bedingungskonstruktion zu schaffen sei. Eine solche könne dergestalt sein, dass die Nichterhebung von Einwendungen bzw Rechtsmitteln aufschiebende Bedingung für die Wirksamkeit der Verpflichtungen der Konsenswerberin bzw des Konsenswerbers sei. Folglich werde die Rechtsposition der NachbarInnen bis zum beschriebenen Zeitpunkt nicht eingeschränkt. Zu beachten bleibe allerdings, dass diese Konstruktion für ProjektwerberInnen bis zum Eintritt der Bedingung keine völlige Sicherheit biete, da damit eine durchsetzbare Verpflichtung zum Unterlassen von Einwendungen nicht verbunden sei3648. Aus alledem kann nun fürs Erste gefolgert werden, dass weder die Wirksamkeit eines zivilvertraglich vereinbarten Einwendungs- und Rechtsmittelverzichts grundsätzlich auszuschließen ist, noch gegen die Zulässigkeit 3646 Kerschner et al, Umweltmediation 156 f. 3647 Kerschner, in: Ferz/Pichler (Hg), Mediation 56. Siehe auch Kerschner et al, Umweltmediation 142 f. 3648 Kerschner et al, Umweltmediation 143 sowie Kerschner, in: Ferz/Pichler (Hg), Mediation 56 f. Im Hinblick auf die Ergebnissicherung beim Mediationsverfahren Flughafen Wien/Schwechat siehe Falk, in: ders et al (Hg), Mediationsverfahren 238 f.
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eines Klagebegehrens, das auf die Zurückziehung von verwaltungsverfahrensrechtlichen Rechtsmitteln iwS gerichtet ist, Bedenken bestehen. Wohl aber wird deutlich, dass ein genereller, weitgehend unbestimmter Vorausverzicht auf privatrechtliche Bedenken stößt. cc) Der konsentierte Verzicht
Im Zuge der Auslegung des Verzichts, die nach der Rechtsprechung ja restriktiv zu erfolgen hat, kommt es letztlich insbesondere darauf an, dass die Vertragsparteien jene Rechte, auf die verzichtet werden soll, zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses schon kannten oder für sie diese bereits offenkundig waren. Es ist demnach mit Kerschner et al anzunehmen, dass ein in einem vorlaufenden Mediationsverfahren vereinbarter genereller, unbestimmter Rechtsmittelverzicht ieS im Zusammenhalt mit § 63 Abs 4 AVG als verpöntes Umgehungsgeschäft angesehen werden kann und folglich zivilrechtlich unwirksam ist. Dass nämlich mit § 63 Abs 4 AVG eine vorzeitige Verzichtserklärung aus Gründen der Rechtssicherheit verhindert werden soll, wird nicht zuletzt am Beispiel des § 255 Abs 2 BAO sichtbar. Selbst der damit ermöglichte antizipative Verzicht ist nur unter der Voraussetzung wirksam, dass den Verzichtenden im Zeitpunkt der Abgabe der Erklärung der Inhalt des zu erwartenden Bescheids bekannt war3649. Unabhängig von der Wirksamkeit des Rechtsmittelverzichts ieS ist wiederum der vertraglich vereinbarte „Verzicht“ auf Nichtgeltendmachung von Einwendungen bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung zu prüfen. Dieser ist jedenfalls zeitlich vor dem Rechtsmittelverzicht ieS angesiedelt, wodurch das Gefahrenpotenzial für eine Fehleinschätzung der Rechtslage noch um einiges größer werden kann. Entgegen der Bestimmung des § 63 Abs 4 AVG fehlt es hiebei aber an solchen, den „Verzicht“ einschränkende Regelungen. Dennoch kann auch in diesem Fall § 937 ABGB der Wirksamkeit eines vertraglich vereinbarten „Einwendungsverzichts“ entgegenstehen. Wie der OGH in anderem Zusammenhang festhält, erklärt § 937 ABGB allgemeine unbestimmte Verzichtsleistungen auf Einwendungen gegen die Gültigkeit eines Vertrags deswegen für unwirksam, „weil eine allgemein gehaltene Ausdrucksweise der Verzichtserklärung typischerweise Zweifel daran aufkommen lassen muss, dass alle unter dem weit gefassten Erklärungsinhalt zu begreifenden künftigen Fallgestaltungen auch vom Verzichtsleistenden ernstlich bedacht und gewollt, mit anderen Worten: von seinem rechtsgeschäftlichen Willen erfasst seien“3650. Bezogen auf den gegenständlichen Sachverhalt kann dies nur bedeuten, dass eine Erklärung, pauschal und ohne noch abschätzen zu können, welche Auswirkungen das zur Debatte 3649 Hiezu 3.IV.B.1.a). 3650 Siehe OGH 26.6.1997, 2 Ob 131/97x.
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stehende Projekt auf die (subjektiv-öffentlichen) Rechtsbefugnisse der Verzichtenden haben wird, auf die Geltendmachung von Einwendungen zu verzichten, gegen § 937 ABGB verstößt. Dem kann aber insofern entgegengewirkt werden, als ein vorzeitiger Verzicht auf bereits offenkundige oder zumindest erkennbare Umstände begrenzt wird. Sind also Details der Planung und Projektierung sowie die damit verbundenen Einwirkungen auf die bzw Beeinträchtigungen der Rechte der Verzichtenden weitgehend bekannt, steht § 937 ABGB einer diesbezüglichen Vereinbarung nicht entgegen. Dies ist in erster Linie dann möglich, wenn der Verzicht im Zuge bzw nach der mündlichen Verhandlung erklärt wird. Zwar besteht auch zu diesem Zeitpunkt im Hinblick auf den Verfahrensausgang ein gewichtiges Maß an Ungewissheit, doch können die Verzichtenden hiebei ihre Willensbildung im Hinblick auf das konkrete Projekt bereits auf die Grundlage der Erkenntnisse der Sachverhaltsermittlung stützen und somit die zu erwartenden Auswirkungen im Groben abschätzen. Zudem könnte eine rechtzeitige und umfassende Aufklärung über die Rechtsfolgen3651 das Risiko einer Fehleinschätzung zusätzlich mindern und letztlich die Zulässigkeit eines solchen (Voraus-)Verzichts gewährleisten. De lega lata spricht Vieles für eine Verquickung von Verwaltungsverfahren und Mediation, wie sie schon vorhin im Hinblick auf die Durchführung einer Mediation bei der Sachverhaltsermittlung sowie im Zuge des behördlichen Ausgleichsversuchs angedacht wurde3652. Insbesondere Aushandlungsprozesse, die in diesem Setting und zu letztgenanntem Zeitpunkt angesetzt werden, führen nicht nur dazu, dass den Vertragsparteien die wesentlichen Umstände bekannt sind sowie das Ausmaß der Beeinträchtigungen bzw der Konsequenzen grundsätzlich bestimmt und überschaubar ist, sondern auch zur Aktivierung der die Parteien bindenden öffentlich-rechtlichen Wirkungen. Da im Fall eines vorlaufenden Mediationsverfahrens aber dieser Zeitpunkt dem Aushandlungsprozess jedenfalls nachgelagert ist, bietet sich hiefür in der Tat die von Kerschner et al vorgeschlagene Bedingungskonstruktion an, um nicht zuletzt die Herausforderung der synallagmatischen Verschränkung von Leistung und Gegenleistung zu bewältigen. Dass eine derartige Vertragsgestaltung den KonsenswerberInnen bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung bzw bis zur Erlassung des erstinstanzlichen Bescheids rechtlich nicht zur Gänze absichert, liegt auf der Hand, wenngleich 3651 Die in § 13a AVG normierte Manuduktionspflicht der Behörde taugt hiefür angesichts des eingeschränkten Umfangs der Verpflichtung freilich nur bedingt; hiezu allgemein nur Hengstschläger/Leeb (Hg), AVG I § 13a Rz 4 ff. 3652 Siehe 3.IV.A.4.b) sowie 3.IV.A.4.d).dd).
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nicht übersehen werden darf, dass ein unter einer aufschiebenden Bedingung geschlossener Vertrag die Vertragsparteien insoweit bindet, als die Bedingung nicht wider Treu und Glauben vereitelt werden darf3653. Vor dem Hintergrund dieser Überlegungen erscheint zur Stärkung und vor allem zur Absicherung von vor- und mitlaufenden Aushandlungsprozessen de lege ferenda ein normierter „Vorausverzicht“ auf Einwendungen zielführend. So könnte vom Gesetzgeber im AVG im Zusammenhalt mit den in § 42 AVG normierten Präklusionsfolgen ein solcher Verzicht unter Einhaltung von sachlichen Kriterien – Durchführung eines Konsensverfahrens, Vorliegen einer konkreten, das beantragte Projekt betreffenden Vereinbarung sowie Nachweis einer umfassenden Aufklärung über die materiellen und formellen Rechtsfolgen des Einwendungsverzichts –, die allesamt kumulativ vorliegen müssten, mit der Konsequenz vorgesehen werden, dass auch die Verwaltungsbehörde eine trotz vertraglichen Verzichts getätigte Einwendung zurückweisen kann3654. Kommt es jedoch im Zuge des Verwaltungsverfahrens zu (wesentlichen) Projektänderungen, so müsste, um der berechtigten Sorge einer stillschweigenden Änderung oder Ergänzung des Projekts3655 zu entsprechen, auch in diesem Fall dahingehend Vorsorge getroffen werden, dass die Parteistellung von Personen, die bereits durch Präklusion aus dem Verfahren ausgeschieden sind, wieder auflebt oder es bei Wesens- sowie Zuständigkeitsänderungen zu einem neuen Verfahren kommt3656. Gleichsam wäre die Normierung eines dem Beispiel des § 255 Abs 2 BAO folgender antizipativen Verzichts denkbar, insoweit den Verzichtenden im Zeitpunkt der Abgabe der Erklärung der Inhalt des zu erwartenden Bescheids bekannt ist. Rechtstechnisch gesehen, könnte demnach die konkrete Mediationsvereinbarung zum Tatbestandsmerkmal werden, an das die verfahrensrechtlichen Konsequenzen der Präklusion bzw des Berufungshindernisses anknüpfen. Ein möglicherweise zu befürchtender Systembruch wäre hiemit nicht verbunden. Vielmehr leitet ja die Rechtsprechung bereits aus den bestehenden Regelungen (insbesondere § 43 Abs 5 AVG) die Zulässigkeit des „Verzichts“ auf die Erhebung von Einwendungen ab3657. Zudem sieht – um ein Beispiel zu nennen – etwa das Stmk BauG für an sich bewilligungspflichtige Vorhaben bloße Anzeigeverfahren anstelle von Genehmigungsverfahren für den Fall vor, dass die betroffenen Nachbarinnen und Nachbarn die 3653 Hiezu nur OGH 14.6.2005, 2 Ob 33/05z. 3654 Vgl hiezu schon Kerschner et al, Umweltmediation 94 und 144. 3655 In diese Richtung „verfahrenspsychologische Vorbehalte“ aufzeigend Kerschner et al, Umweltmediation 83 f. 3656 Siehe 3.IV.B.1.b). 3657 Hiezu 3.IV.B.1.d).
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Baupläne unterfertigen3658. Dieses zustimmende Vorgehen entspricht letztlich einem „Einwendungsverzicht“3659 mit der Folge der Nichtberücksichtigung der NachbarInnen als Parteien, wird doch im Anzeigeverfahren lediglich der/dem BauwerberIn diese Stellung zuteil. 2. Abänderung und Zurückziehung des Antrags
Von Bedeutung gerade für die Wirkung von mitlaufenden oder verfahrensintegrierten Mediationen ist weiters, inwieweit während eines bereits anhängigen, aber noch nicht endgültig entschiedenen Verwaltungsverfahrens eine Projektänderung vorgenommen werden darf, ohne dass eine solche als neuer Antrag zu qualifizieren wäre. Dies erscheint – hier unter Bezugnahme auf Hauer/Leukauf – schon deswegen von Interesse, weil „zulässige“ Projektänderungen, um zum einen die Genehmigungsfähigkeit des Projekts herbeizuführen oder um zum anderen den Interessen von NachbarInnen oder den Forderungen von Sachverständigen zu entsprechen, die Erledigung im Gegensatz zur Einbringung eines Neuantrags beschleunigen können3660. Die diesbezüglichen Regelungen enthält jedenfalls § 13 Abs 8 AVG. Demnach ist ein Abweichen vom „verfahrenseinleitenden Antrag“, der auf die Erlassung eines Bescheids abzielt, durch die Partei selbst grundsätzlich, wenn auch nur unter zwei Voraussetzungen, in jeder Lage des Verfahrens3661 zulässig. So darf durch die Antragsänderung die Sache „ihrem Wesen nach“ nicht geändert und – als absolute Grenze – die sachliche und örtliche Zuständigkeit nicht berührt werden3662. Während das Tatbestandsmerkmal der Zuständigkeit anhand der Materiengesetze bestimmbar erscheint, gestaltet sich dies bei der begrifflichen Wendung „ihrem Wesen nach“ umso schwerer und führt geradewegs zu kasuistischen Entscheidungen3663. Zulässig sind – so der VwGH – etwa geringfügige, unwesentliche Modifizierungen, die nicht ein solches Ausmaß erreichen, infolge dessen das (Bau-)Vorhaben als 3658 Vgl etwa §§ 20 Zif 1 iVm 33 Abs 9 lit b Stmk BauG. 3659 Kerschner et al, Umweltmediation 81. 3660 Hauer/Leukauf (Hg), Handbuch6 § 13 AVG Anm 26. 3661 Antragsmodifizierungen sind demnach grundsätzlich selbst noch im Berufungsverfahren zulässig; vgl VwGH 22.11.2005, 2005/05/0135. Siehe auch Christian Onz/Herwig Kraemmer, Projektänderung im Anlagengenehmigungsverfahren, RdU 1999, 135 und 138; Hauer/Leukauf (Hg), Handbuch6 § 13 AVG Anm 26; Hengstschläger/Leeb (Hg), AVG I § 13 Rz 47 sowie AVG III § 66 Rz 77 ff. 3662 Hengstschläger, Verwaltungsverfahrensrecht4 Rz 118. 3663 Krit hiezu etwa Bernd Wieser, Gewerberechtsnovelle 1997 und ergänzendes Betriebsanlagenbewilligungsverfahren: Zum neuen § 356a GewO, ZfV 1998, 12; Walter et al, Verwaltungsverfahrensrecht9 Rz 162/1.
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ein anderes („aliud“) zu beurteilen wäre3664, oder jene Änderungen, die das Wesen (den Charakter, die ursprüngliche Zweckbestimmung3665) des Vorhabens nicht betreffen3666. Auch gelten – im anlagenbezogenen Verfahren – solche Modifikationen als bloß „unwesentliche“, die keine neuen, zusätzlichen oder größeren Gefährdungen gegenüber dem ursprünglichen Projekt bewirken3667 oder die lediglich als Einschränkung des Antrags (als „minus“ statt als „aliud“) zu werten sind3668. Werden sodann durch die zulässige Antragsänderung, die mitunter auf Initiative der Behörde erfolgt3669, weitere Ermittlungen notwendig, hat die Behörde gem § 37 Satz 2 AVG auch die erforderlichen Ergänzungen in ihrem Ermittlungsverfahren vorzunehmen3670 und die erstmalig Beteiligten sowie jene, die durch die Änderung des Verfahrensgegenstands anders als bisher in ihren Rechten betroffen sind, die Möglichkeit zur Geltendmachung ihrer Rechte – etwa auch durch eine zu wiederholende mündliche Verhandlung3671 – einzuräumen3672. Selbst die Parteistellung präkludierter Parteien lebt ex nunc wieder auf, „wenn neue subjektive Rechte der Beteiligten berührt sind oder wenn die Parteien in ihren bereits tangierten Rechten anders als nach dem ursprünglichen Antrag betroffen werden, weil sie bezüglich des geänderten Teils des Verfahrensgegenstands noch nicht die Möglichkeit hatten, sich zu verschweigen und dadurch die Parteistellung zu verlieren“3673. Kommt es hingegen während des Verfahrens zu einem Übersteigen des bisherigen Antrags, also zu einer „wesentlichen“ Antragsänderung, die den Verfahrensgegenstand dermaßen verändert, dass ein „aliud“ geschaffen wird3674, dann geht der VwGH, was übrigens nicht unstrittig ist, davon aus, 3664 VwGH 22.11.2005, 2005/05/0135; 21.2.2007, 2005/06/0128. 3665 Alois Puntigam, Gewerberecht3 (2009) 98 f. 3666 VwGH 29.3.2007, 2006/07/0108. 3667 So etwa VwGH 14.9.2005, 2003/04/0007. 3668 Ua Hauer/Leukauf (Hg), Handbuch6 § 13 AVG Anm 26, mit Hinweis auf die entsprechende Judikatur. 3669 Zur Verpflichtung der Behörde siehe 3.III.A.6. 3670 Onz/Kraemmer, RdU 1999, 138; zur (fehlenden) Notwendigkeit dieser Bestimmung Hauer/Leukauf (Hg), Handbuch6 § 37 AVG Anm 7. 3671 Onz/Kraemmer, RdU 1999, 134 f. 3672 Hengstschläger/Leeb (Hg), AVG II § 37 Rz 15. 3673 VwGH 11.10.2007, 2006/04/0250; weiters Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensnovellen 1998, 12; dies (Hg), Ergänzungsband I2 § 13 AVG Anm i sowie § 37 AVG Anm a; Hauer/Leukauf (Hg), Handbuch6 § 13 AVG Anm 26 sowie § 37 AVG Anm 7; Hengstschläger/Leeb (Hg), AVG I § 13 Rz 46; dies (Hg), AVG II § 42 Rz 15; Wessely, Eckpunkte 240. 3674 Hiezu etwa jüngst VwGH 8.5.2008, 2004/06/0227; siehe auch Heinz Mayer, Antragsänderungen im Anlagengenehmigungsverfahren, ecolex 1998, 591.
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dass die eingebrachte Projektänderung als Zurückziehung des ursprünglich gestellten Antrags unter gleichzeitiger Stellung eines neuen Antrags zu qualifizieren sei3675. Die Zurückziehung von Anbringen, also auch jene des verfahrenseinleitenden Antrags3676, durch die Partei und damit die im Mediationsverfahren ausgehandelte „Nullvariante“ ist – sofern sie ausdrücklich, wenn auch formlos3677, ausgesprochen wird – in jeder Lage des Verfahrens (§ 13 Abs 7 AVG) bis zum Eintritt der Rechtskraft3678, somit auch noch im Berufungsverfahren, zulässig. Die Zurückziehung wird mit Einlangen bei der Behörde rechtsverbindlich und kann nicht mehr widerrufen werden3679. Demgegenüber anders zu beurteilen ist die Frage, ob eine Abänderung des Antrags auch durch die Behörde erfolgen kann. Dies ist aber zu verneinen. Ein solches Vorgehen hätte nämlich zur Folge, dass die Behörde einen an sich antragsbedürftigen Verwaltungsakt ohne entsprechenden Parteiantrag erlassen und somit eine Entscheidungskompetenz in Anspruch nehmen würde, die ihr jedoch nicht zusteht. Sie würde hiedurch einerseits das einfache Gesetz und andererseits das verfassungsgesetzlich gewährleistete „Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter“ verletzen3680. Aber auch wenn sie in ihrer Entscheidung hinter dem Antrag zurückbliebe, käme sie ihrer Entscheidungspflicht nicht gehörig nach3681. In eingeschränktem Maße kann die Behörde jedoch gegebenenfalls über die Rechtsfigur der Auflage Einfluss auf die Gestaltung eines Vorhabens nehmen3682. Aus all diesen Überlegungen ergibt sich letztlich, dass spät angesetzte Aushandlungsprozesse zu frustrierten Planungskosten und beträchtlichen Verfahrensverzögerungen führen können, die nur insoweit zu vermeiden 3675 Siehe ua VwGH 8.11.1994, 93/04/0079; 10.6.1999, 95/21/1062, 18.10.1999, 96/10/0186. Zustimmend etwa Thienel/Schulev-Steindl, Verwaltungsverfahrensrecht5 122. Mayer, ecolex 1998, 593 f, hält dieser Rechtsansicht entgegen, dass die Frage, ob eine Zurückziehung vorliege, mangels ausdrücklicher gesetzlicher Bestimmungen grundsätzlich vom Willen der/des AntragstellerIn abhänge. Die Behörde habe daher im Zweifelsfall von Amts wegen den wahren Willen der Antragstellerin bzw des Antragstellers zu ermitteln. Ihm folgend Onz/ Kraemmer, RdU 1999, 134 FN 12; zumindest im Hinblick auf die Zweifelsfälle auch Hauer/Leukauf (Hg), Handbuch6 § 13 AVG Anm 26. 3676 Vgl § 13 Abs 1 AVG. Walter/Thienel (Hg), Ergänzungsband I2 § 13 AVG Anm f. 3677 VwGH 2.4.1990, 90/19/0139. 3678 VwGH 1.2.1995, 92/12/0286. Vgl hiezu auch Mayer, ecolex 1998, 593. 3679 Im Überblick Hengstschläger, Verwaltungsverfahrensrecht4 Rz 117; Thienel/ Schulev-Steindl, Verwaltungsverfahrensrecht5 121. 3680 VfSlg 11502/1987. 3681 Hengstschläger, Verwaltungsverfahrensrecht4 Rz 116. 3682 Siehe hiezu 3.IV.B.3.b).
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sind, als Aushandlungen und Absprachen bereits vor oder zumindest zeitnah zur Antragstellung initiiert werden3683. 3. Nebenbestimmungen
Eben wurde als eine Form der Nebenbestimmungen die Figur der Auflage ins Treffen geführt, deren behördliche Anordnung gerade im Zusammenhang mit einem Aushandlungsergebnis im Zuge eines Mediationsverfahrens von Interesse sein kann. Dies wäre es etwa dann, wenn eine konkrete Einigung zwischen VorhabenträgerIn und NachbarInnen darüber erzielt worden ist, mit welchen Maßnahmen Emissionen in periodischen Abständen überprüft, reduziert oder gar verhindert werden3684, und nun die Ergebnisse in die Form einer öffentlich-rechtlichen Verpflichtung zu einem Tun, Unterlassen oder Dulden gebracht werden sollen. a) Allgemeines
Vorneweg ist hiezu jedenfalls anzumerken, dass gem § 59 Abs 1 AVG die Hauptfrage, alle diese betreffenden Parteianträge sowie die allfällige Kostenfrage und nach Maßgabe von § 59 Abs 2 leg cit bei bestimmten Bescheiden eine angemessene Leistungsfrist Bestandteil des Bescheidspruchs zu sein haben. Darüber hinaus – so die hA – sind aber auch die erforderlichen Nebenbestimmungen, die selbst normative Aussprüche einer Behörde darstellen, hinreichend bestimmt in den Spruch des Bescheids aufzunehmen3685. Unter den sog Nebenbestimmungen werden ganz allgemein behördliche Willensäußerungen3686 verstanden, die in Form von Auflagen, Bedingungen, Befristungen oder Widerrufsvorbehalten3687 zum Hauptinhalt des Bescheids 3683 So bereits Ferz, in: Merli/Greimel (Hg), Optimierungspotenziale 107 f. 3684 Siehe auch 3.IV.B.2. 3685 Vgl VwGH 21.5.2007, 2006/05/0256; weiters Adamovich/Funk, Verwaltungsrecht3 273; Hengstschläger/Leeb (Hg), AVG II § 59 Rz 4 und 17; Hauer/Leukauf (Hg), Handbuch6 § 59 AVG Anm 2. 3686 Etwa VwGH 17.5.2004, 2002/06/0003. 3687 Beim – ausdrücklich gesetzlich angeordneten (Antoniolli/Koja, Verwaltungsrecht3 558; Hauer/Leukauf (Hg), Handbuch6 § 59 AVG Anm 2) – hier nicht näher auszuführenden Vorbehalt des Widerrufs handelt es sich um eine Möglichkeit der zeitlichen Begrenzung von Bescheidwirkungen (aA wohl Aichlreiter, ZfV 1994, 299, der neben der Bedingung, Befristung und Auflage lediglich die Zielvorgaben den Nebenbestimmungen zuordnet). Der Vorbehalt besteht darin, dass sich die Behörde die Zurücknahme der im Hauptinhalt des Bescheids erteilten Berechtigung (Genehmigung) auch nach Eintritt der Rechtskraft vorbehält (VwGH 25.6.1986, 86/09/0065); sie diese also mittels Verwaltungsakt (Duschanek, ÖZW 1985, 10) widerrufen kann (Walter et al, Verwaltungsverfahrensrecht9 Rz 413/1; siehe weiters Hengstschläger/Leeb (Hg), AVG II § 59 Rz 47;
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hinzutreten und diesen ergänzen3688. Es handelt sich dabei also um unselbständige Anordnungen, die nur im Zusammenhang mit der Erledigung der Hauptfrage beigesetzt werden können3689. Auch sie dürfen wie der übrige Inhalt des Bescheids nur „auf Grund der Gesetze“ ergehen, womit deutlich wird, dass sie bzw die Ermächtigung zu ihrer Erlassung – eingedenk des Legalitätsprinzips des Art 18 Abs 1 B-VG – im Gesetz Deckung zu finden haben3690. Fehlt eine ausdrückliche gesetzliche Ermächtigung, müssen die Nebenbestimmungen zumindest durch den Inhalt der anzuwendenden gesetzlichen Bestimmung gedeckt sein können3691. Dabei kommt es vor allem darauf an, dass der Behörde bei Bescheiderlassung die Wahrung bestimmter Interessen übertragen ist und die Nebenbestimmungen der Wahrung dieser Interessen tatsächlich dienen3692. Weiters ist zu beachten, dass Nebenbestimmungen regelmäßig mit dem Hauptinhalt des Bescheids eine untrennbare Einheit bilden; dies jedenfalls immer dann, wenn die Bewilligung ohne die betreffende Nebenbestimmung nicht erteilt werden dürfte3693. Rechtswidrige Nebenbestimmungen ziehen daher die Rechtswidrigkeit des gesamten Bescheids nach sich3694. Aus verfahrensrechtlicher Sicht ergibt sich hieraus wiederum, dass sie – so auch hier die hA – grundsätzlich nicht gesondert bekämpft werden können, auch wenn (im Gegensatz zum VfGH) der VwGH die bloße Beschwerdeführung gegen Nebenbestimmungen zulässt3695. Die Folge ist jedoch, dass das Vorgehen gegen eine belastende Nebenbestimmung in einem begünstigenden Bescheid immer das Risiko in sich trägt, dass der Bescheid zur Gänze aufgeho-
Hengstschläger, Verwaltungsverfahrensrecht4 Rz 435; Thienel/Schulev-Steindl, Verwaltungsverfahrensrecht5 224). 3688 VwGH 21.5.2007, 2006/05/0256. 3689 Siehe Antoniolli/Koja, Verwaltungsrecht3 551; Thienel/Schulev-Steindl, Verwaltungsverfahrensrecht5 223. 3690 Vgl etwa § 77 Abs 1 GewO. 3691 Raschauer, Verwaltungsrecht3 Rz 926; Hengstschläger/Leeb (Hg), AVG II § 59 Rz 19; Hengstschläger, Verwaltungsverfahrensrecht4 Rz 436; Walter et al, Verwaltungsverfahrensrecht9 Rz 413/2; aA wohl Rene Laurer, Behördliche Auflagen im Wirtschaftsrecht. Betrachtungen zu aktuellen Preisbescheiden, ÖJZ 1992, 4; Antoniolli/Koja, Verwaltungsrecht3 551 f, die jeweils das Vorliegen einer expliziten Ermächtigung fordern. 3692 Thienel/Schulev-Steindl, Verwaltungsverfahrensrecht5 223. 3693 Hengstschläger/Leeb (Hg), AVG II § 59 Rz 21; im Zusammenhang mit Auflagen im gewerberechtlichen Verfahren Harald Wendl, Auflagen, in: Harald Stolzlechner et al (Hg), Die gewerbliche Betriebsanlage. Ein Handbuch für die Praxis3 (2008) Rz 340, 15. 3694 VwGH 23.2.2004, 2003/10/0061. 3695 Siehe etwa VwGH 23.12.1993, 92/17/0056.
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ben wird und damit auch die Begünstigung wegfällt3696. Demgegenüber wird in solchen Fällen, in denen der Nebenbestimmung ein deklarativer Charakter zukommt oder in denen sie in keinem aus dem Gesetz nach dessen Inhalt und Zweck ableitbaren Regelungszusammenhang mit dem Hauptinhalt des Spruchs steht, sie also gesetzlos ist, eine Trennbarkeit angenommen und die Nebenbestimmung als eigenständig bekämpfbar angesehen3697. b) Auflage
Ist von einer Auflage iS einer Nebenbestimmung die Rede, dann ist damit regelmäßig eine die AntragstellerInnen – und nicht Dritte3698 – verpflichtende behördliche Anordnung zu einem Tun, Unterlassen oder Dulden gemeint3699. Ihre Aufnahme in den Spruch des Bescheids ist jedoch nur insoweit zulässig, als sie gesetzlich vorgesehen oder mit dem Sinn der zu treffenden Hauptentscheidung untrennbar verbunden ist oder dem Antrag der Partei entspricht3700. Auch kommen Auflagen nur bei primär begünstigenden rechtsgestaltenden Bescheiden in Betracht3701 und entfalten – als akzessorische Verpflichtung – ihre Wirkung bloß dann, wenn von der verliehenen Berechtigung auch tatsächlich Gebrauch gemacht wird („bedingte Polizei 3696 Antoniolli/Koja, Verwaltungsrecht3 553; Hengstschläger/Leeb (Hg), AVG II § 59 Rz 23 ff; Thienel/Schulev-Steindl, Verwaltungsverfahrensrecht5 224; Hengstschläger, Verwaltungsverfahrensrecht4 Rz 436; aA Hauer/Leukauf (Hg), Handbuch6 § 59 AVG Anm 2, die ihre Rechtsansicht auf § 66 Abs 4 AVG stützen, wonach die Berufung ein antragsbedürftiger Verwaltungsakt sei und die/der BerufungswerberIn lediglich eine Entscheidung darüber anstrebe, ob eine (gesetzwidrige) Auflage in der Rechtsordnung gedeckt sei. Zu den Besonderheiten im baurechtlichen Kontext Wolfgang Hauer/Paul Trippl (Hg), Steiermärkisches Baurecht4 (2004) § 29 BauG Anm 12. 3697 VwGH 23.2.2004, 2003/10/0061. Weiters Antoniolli/Koja, Verwaltungsrecht3 554; Hengstschläger/Leeb (Hg), AVG II § 59 Rz 21 f; Thienel/Schulev-Steindl, Verwaltungsverfahrensrecht5 224; Hermann Grabler et al, GewO3 (2011) § 77 Anm 19; Walter et al, Verwaltungsverfahrensrecht9 Rz 413/3. 3698 Hengstschläger/Leeb (Hg), AVG II § 59 Rz 34; Wendl, in: Stolzlechner et al (Hg), Betriebsanlage3 Rz 339, 14; Grabler et al, GewO3 § 77 Anm 18. 3699 Hingegen sind bloße Hinweise, Rechtsbelehrungen oder Wiederholungen von Vorschreibungen, die durch das Gesetz selbst festgelegt sind, nicht als Auflagen zu qualifizieren. Hiezu jüngst VwGH 29.1.2008, 2006/05/0187; so schon zuvor Alfred Duschanek, Nebenbestimmungen im Bescheid. Ein aktuelles Thema aus dem Wirtschaftsverwaltungsrecht, ÖZW 1985, 13; Josef Aichlreiter, Zielvorgaben als neuer Typus von Nebenbestimmungen in Bescheiden, ZfV 1994, 300 FN 4; Hengstschläger/Leeb (Hg), AVG II § 59 Rz 28. 3700 Christian Schmelz, Wie müssen Auflagen beschaffen sein?, ecolex 1990, 726; Hengstschläger/Leeb (Hg), AVG II § 59 Rz 36. 3701 VwGH 31.3.2005, 2004/05/0325.
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befehle“)3702. Im Fall der Gebrauchnahme werden die Auflagen sodann zu „unbedingten Aufträgen“ bzw „unbedingten Befehlen“3703. Wesentliche Erfordernisse für ihr Hinzufügen zum Hauptinhalt des Spruchs sind, dass sie im Hinblick auf die nach den anzuwendenden Materiengesetzen zu schützenden Interessen erforderlich3704 und zur Erreichung der an sie geknüpften Erwartungen geeignet (zB technisch machbar) sind3705. Darüber hinaus haben sie (in Form von besonderen Ge- oder Verboten) – um behördlich überprüft und vollstreckt werden zu können – hinreichend bestimmt bzw konkretisiert3706 sowie behördlich erzwingbar und damit im Verwaltungsstrafverfahren oder im Wege der Zwangsmaßnahme auch durchsetzbar zu sein3707. Aufgrund ihres Eingriffscharakters unterliegen Auflagen – wie übrigens auch Bedingungen – dem allgemeinen Verhältnis3702 Siehe hiezu bereits VwSlg 7028 A/1966; darüber hinaus VwGH 10.12.1981, 81/06/0134, wonach Auflagen eines Baubewilligungsbescheids dann nicht vollstreckt werden können, wenn von der Bewilligung nicht Gebrauch gemacht wurde. Vgl auch Antoniolli/Koja, Verwaltungsrecht3 557 f, die weiters hervor streichen, dass die Verpflichtung bei „dinglichen“ Bescheiden auf die RechtsnachfolgerInnen übergehen; siehe weiters Laurer, ÖJZ 1992, 2, mit Kritik an der Begriffswahl „Polizeibefehl“; Raschauer, Verwaltungsrecht3 Rz 921; Hengstschläger/Leeb (Hg), AVG II § 59 Rz 28 ff. 3703 VwGH 21.2.2002, 2001/07/0106. Aus dem Schrifttum im Zusammenhang mit Betriebsanlagen ua Wendl, in: Stolzlechner et al (Hg), Betriebsanlage3 Rz 328, 3; Grabler et al, GewO3 § 77 Anm 13. 3704 Siehe Wendl, in: Stolzlechner et al (Hg), Betriebsanlage3 Rz 332, 7. Unzulässig sind aber Auflagen, die nicht der Durchsetzung von den entscheidungsrelevanten Verwaltungsvorschriften geschützten Interessen oder von privatrechtlichen Ansprüchen dienen; so Heike Randl, Anlagen- und Umweltrecht, in: Roland Winkler (Hg), Öffentliches Wirtschaftsrecht (2008) 154. 3705 Siehe zB Wendl, in: Stolzlechner et al (Hg), Betriebsanlage3 Rz 331; Puntigam, Gewerberecht3 100 f; Grabler et al, GewO3 § 77 Anm 16. Das Festlegen von „geeigneten“ Auflagen (zB zur Reduktion der Immissionen auf ein zumutbares Ausmaß) erfordert zumeist besondere Fachkenntnisse, weshalb die Behörde hiefür auch regelmäßig Sachverständige beizuziehen hat; vgl hiezu Wolfgang Wessely, Emissionen aus landwirtschaftlichen Kompostieranlagen und ihre Beurteilung am Beispiel NÖ, bbl 1999, 226; Puntigam, Gewerberecht3 102; Randl, in: Winkler (Hg), Wirtschaftsrecht 154. 3706 Siehe etwa VwGH 14.9.2004, 2001/11/0315; zur Bestimmtheit ausführlich Hengstschläger/Leeb (Hg), AVG II § 59 Rz 37 ff; mit Beispielen Duschanek, ÖZW 1985, 11; Martin Attlmayr, Der Aufbau des Gutachtens, in: ders/Thomas E. Walzel von Wiesentreu (Hg), Handbuch des Sachverständigenrechts. Praxisleitfaden für das Verwaltungsverfahren (2006) Rz 6.104; Michael Potacs, Gewerbliches Betriebsanlagenrecht, in: Michael Holoubek/Michael Potacs (Hg), Handbuch des öffentlichen Wirtschaftsrechts II2 (2007) 819; Grabler et al, GewO3 § 77 Anm 15. 3707 Schmelz, ecolex 1990, 727; Antoniolli/Koja, Verwaltungsrecht3 555 f.
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mäßigkeitsgrundsatz3708, demgemäß von der Behörde das notwendige und „das geringste zum gesetzlichen Ziel führende Mittel“ gewählt werden muss3709. Auf die wirtschaftliche Zumutbarkeit bzw Tragbarkeit kommt es aber im Allgemeinen nicht an3710. Schließlich ist eine solche Verpflichtung iS einer Auflage selbständig vollstreckbar3711 und – wie schon angedeutet – bei Nichterfüllung gegebenenfalls (zB gem § 367 Zif 25 GewO3712) verwaltungsbehördlich strafbar3713; jedoch berührt die Nichtbefolgung der Auflage etwa im Gegensatz zur Bedingung weder den Bestand noch die Rechtswirkungen des Verwaltungsakts, dem sie beigefügt wird3714. Wird also gegen eine Auflage verstoßen, bedeutet dies nicht, dass auch ohne Bewilligung gehandelt wird3715. Zu berücksichtigen bleibt aber noch Folgendes: Auch wenn Auflagen (zumeist) der Herbeiführung der Bewilligungs- bzw Genehmigungsfähigkeit eines Projekts, das in der Fassung des verfahrenseinleitenden Antrags den gesetzlichen Voraussetzung nicht (voll) entsprechen würde, dienen3716, ist dabei zu beachten, dass durch die Hinzufügung von Auflagen das beantragte Vorhaben im Allgemeinen nicht derart „wesentlich“ abgeändert wer3708 Hengstschläger/Leeb (Hg), AVG II § 59 Rz 36; Hengstschläger, Verwaltungsverfahrensrecht4 Rz 436. 3709 Siehe VwGH 28.2.2006, 2002/06/0082; weiters Raschauer, Verwaltungsrecht3 Rz 921. Vgl auch die ausdrückliche Normierung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes in § 79 Abs 1 GewO iZm der nachträglichen Vorschreibung von Auflagen; hiezu ua Puntigam, Gewerberecht3 101 f. 3710 Siehe schon VwGH 18.11.1983, 82/04/0011; Wessely, bbl 1999, 227; Wendl, in: Stolzlechner et al (Hg), Betriebsanlage3 Rz 334, 9.2. Siehe jedoch auch die Ausführungen zu den „das Wesen“ eines Genehmigungsansuchens berührenden Auflagen. 3711 So in ständiger Rechtsprechung der VwGH; hiezu jüngst VwGH 23.6.2008, 2006/05/0015. 3712 Vgl VwGH 21.2.2002, 2001/07/0106. Ausführlich zur Strafbarkeit Erwin Ziermann, Das Verwaltungsstrafrecht und Verwaltungsstrafverfahren im Zusammenhang mit gewerblichen Betriebsanlagen, in: Harald Stolzlechner et al (Hg), Die gewerbliche Betriebsanlage. Ein Handbuch für die Praxis3 (2008) Rz 379, 10; auch Wendl, in: Stolzlechner et al (Hg), Betriebsanlage3 Rz 330, 5; Gruber/Paliege-Barfuß, GewO7 § 367 Anm 60 ff. 3713 Aichlreiter, ZfV 1994, 300; Hauer/Leukauf (Hg), Handbuch6 § 59 AVG Anm 2; Hengstschläger, Verwaltungsverfahrensrecht4 Rz 435; Thienel/Schulev-Steindl, Verwaltungsverfahrensrecht5 223; Walter et al, Verwaltungsverfahrensrecht9 Rz 413/1. 3714 VwGH 17.5.2004, 2002/06/0003. Auch Antoniolli/Koja, Verwaltungsrecht3 556; Hengstschläger/Leeb (Hg), AVG II § 59 Rz 30; Wielinger, Einführung12 Rz 180; Grabler et al, GewO3 § 77 Anm 13. 3715 Raschauer, Verwaltungsrecht3 Rz 921. 3716 Schmelz, ecolex 1990, 726; Hengstschläger/Leeb (Hg), AVG II § 59 Rz 31.
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den darf, sodass ein „aliud“ vorliegen würde3717. Diese Grenze ergebe sich – so der VwGH – schon aus der Antragsbedürftigkeit des betroffenen Verwaltungsakts, wonach das beantragte Vorhaben als unteilbares Ganzes anzusehen sei, das grundsätzlich nur als solches bewilligt oder abgelehnt werden könne3718. Es darf also grundsätzlich das verliehene Recht weder nach seinem Inhalt noch nach seinem Umfang eingeschränkt3719, das „Wesen“ des Projekts nicht verändert werden3720. Könnte die Bewilligungsfähigkeit lediglich mit substanz- bzw wesensverändernden Auflagen herbeigeführt werden, bleibt einzig die Antragsabweisung3721. Vor allem aber können nur solche „nicht projektändernden Auflagen“, wenn von der Bewilligung Gebrauch gemacht wurde, dann auch bei ihrer Nichterfüllung unmittelbar vollstreckt werden3722. Insbesondere aus der VwGH-Judikatur zu anlagenrechtlichen Verfahren wird aber auch ersichtlich, dass nicht eine jegliche Art der Einflussnahme der Behörde mittels Auflage unzulässig ist. Diese wird nämlich – von Rechtsprechung3723 und letztlich auch Lehre3724 – insoweit für zulässig erachtet, als, wie schon zuvor angedeutet, dadurch nicht das „Wesen“ des eingereichten Vorhabens (des Genehmigungsansuchens) verändert wird3725. Daran hält 3717 Ausdrücklich VwGH 6.7.2010, 2008/05/0119. 3718 Der VwGH hat ua eine als Auflage bezeichnete Vorschreibung der Behörde zur Kürzung der beantragten Länge eines Stegs (VwSlg 6068/1963) sowie eine Auflage, mit der Beschränkung einer Taxikonzession dergestalt, dass nur zu bestimmten Zeiten bestimmte Standplätze angefahren werden dürfen (VwSlg 6400 A/1964), nicht zugelassen. Vielmehr habe die Behörde die/den AntragstellerIn auf die mangelnde Genehmigungsfähigkeit des Antrags hinzuweisen und ihr/ ihm nahe zu legen, diesen entsprechen abzuändern, andernfalls sei sie gezwungen, den Antrag abzulehnen. 3719 Antoniolli/Koja, Verwaltungsrecht3 556; Hengstschläger/Leeb (Hg), AVG II § 59 Rz 31. 3720 Schmelz, ecolex 1990, 727. 3721 Duschanek, ÖZW 1985, 12; Randl, in: Winkler (Hg), Wirtschaftsrecht 154; Hengstschläger, Verwaltungsverfahrensrecht4 Rz 436. Dies schließt es freilich nicht aus, dass die Behörde die/den AntragstellerIn zu einer Antragsänderung anregt; so auch Wielinger, Einführung12 Rz 180. 3722 VwGH 10.12.1981, 81/06/0134. 3723 ZB VwGH 16.6.1976, 1446/75; 29.5.1990, 89/04/0225; 15.9.1992, 92/04/0113; 26.6.2002, 2000/04/0113; 21.10.2004, 2001/06/0088. 3724 Jüngst Wendl, in: Stolzlechner et al (Hg), Betriebsanlage3 Rz 334, 9.3. 3725 Dass es sich dabei aber nicht nur um Verfahren nach der GewO handelt, wird am Erkenntnis VwGH 14.9.2004/2001/11/0315 (Betreiben eines Pensionisten- und Pflegeheims) deutlich. Auch in baurechtlichen Verfahren hält der VwGH (26.11.1991, 91/05/0007) eine Modifizierung durch Auflagen für zulässig, soweit diese „am Bauvorhaben nichts wesentliches ändern, also seine Identität bestehen ließen“.
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der VwGH auch im Hinblick auf Verfahren nach §§ 79 Abs 1 und 23726 sowie 81 Abs 1 GewO fest3727. Ungeachtet der Amtswegigkeit solcher Verfahren bestehe nämlich keine Ermächtigung der Behörde, ihren Kompetenzbereich bei der nachträglichen Vorschreibung einer Auflage zu überschreiten3728. Der VwGH geht in diesem Zusammenhang dann vom Vorliegen einer „die genehmigte Betriebsanlage in ihrem Wesen“ ändernde Auflage aus, wenn diese in die Substanz des verliehenen Rechts – in die Summe der im Rahmen der Gewerbeberechtigung zu verrichtenden Tätigkeiten – eingreife3729. Die Grenzziehung gestaltet sich im Einzelfall freilich schwierig3730, hat aber jedenfalls – bei nachträglichen Vorschreibungen im gewerberechtlichen Verfahren – nach Maßgabe von § 79 Abs 3 GewO zu erfolgen3731. Für die Beantwortung der Frage nach der zulässigen Vorschreibung von Auflagen kann mitunter eine entsprechende Erklärung der BewilligungswerberInnen beachtlich sein3732, wenn auch der VwGH zu verstehen gibt, dass für die Beurteilung, ob und unter welchen Voraussetzungen die angestrebte Genehmigung zu erteilen sei, weder die Zustimmung oder die Ablehnung durch die NachbarInnen3733 noch die Erklärung der KonsenswerberInnen, mit der Vorschreibung bestimmter, in Aussicht gestellter Auflagen nicht einverstanden zu sein, maßgeblich sei3734; vor allem entbinde ein Einverständnis der Parteien die Behörde nicht von der Verpflichtung zur 3726 Hiezu etwa Gruber/Paliege-Barfuß, GewO7 § 79 Anm 52. 3727 Dies ergibt sich aber nicht zuletzt auch aus § 79 Abs 3 GewO, wonach in den Fällen, in denen zum Schutz der gem § 74 Abs 2 GewO wahrzunehmenden Interessen mit Auflagen, die keine Wesensveränderung der genehmigten Betriebsanlage bewirken, nicht das Auslangen gefunden werden kann. Diesfalls ist der/ dem InhaberIn der Anlage von der Behörde bescheidmäßig (mit Sanierungsziel) aufzutragen, ein Sanierungskonzept für die Anlage zur Genehmigung vorzulegen. Siehe VwGH 26.6.2002, 2002/04/0037; 21.12.2004, 2003/04/0094; Wendl, in: Stolzlechner et al (Hg), Betriebsanlage3 Rz 337, 12.14; Feik, in: Bachmann et al (Hg), Verwaltungsrecht9 231. 3728 VwGH 28.3.2007, 2005/04/0185. 3729 VwGH 26.6.2002, 2002/04/0037; 21.10.2004, 2001/06/0088; 21.12.2004, 2003/04/0094; 28.3.2007, 2005/04/0185; siehe auch 14.9.2004, 2001/11/0315. 3730 Siehe zur ähnlich gelagerten Problematik der „wesensändernden Antragsänderung“ durch die/den KonsenswerberIn 3.IV.B.2. 3731 VwGH 26.6.2002, 2002/04/0037. Hiezu auch Feik, in: Bachmann et al (Hg), Verwaltungsrecht9 231. 3732 Wieser, ZfV 1998, 12. 3733 Der Einwand von NachbarInnen, die vorzuschreibenden Auflagen würden nicht eingehalten werden, macht diese übrigens nicht unzulässig und führt vor allem nicht zur Versagung der Genehmigung; hiezu etwa Grabler et al, GewO3 § 77 Anm 17. 3734 Hiezu auch Attlmayr, in: ders/Walzel von Wiesentreu (Hg), Handbuch Rz 6.105.
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amtswegigen Durchführung des Ermittlungsverfahrens3735. Da ein Bescheid außerdem nur auf das Gesetz gründen könne, wäre eine gesetzlich nicht gedeckte Auflage trotz vorheriger Zustimmung der/des Betroffenen angreifbar3736. Jedoch habe die Behörde bei Prüfung der Genehmigungsfähigkeit einer Betriebsanlage Vorschläge, die im Hinblick auf die Vorschreibung „bestimmter geeigneter Auflagen“ von der/dem InhaberIn der Betriebsanlage selbst gemacht werden, ihrer Entscheidung zu Grunde zu legen, wenn deren Verwirklichung den angestrebten Schutz gewährleiste. Freilich sei sie an diese Vorschläge nicht gebunden und könne darüber hinaus Maßnahmen treffen3737. Der VwGH ist es aber auch, der weiters festhält, dass einer Erklärung der AntragstellerInnen insoweit Bedeutung zukomme, als das Vorhaben durch Auflagen nur soweit modifiziert werden dürfe, dass dieses in seinem Wesen unberührt bleibe. Würde nun eine Auflage (hier zeitliche Einschränkung des Einsatzes eines Hubstaplers) den Betrieb dermaßen einschränken, dass – wie im gegebenen Zusammenhang der Beschwerdeführer „in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise“ zum Ausdruck gebracht habe – damit der „Ruin“ des Gewerbebetriebs einhergehe, wäre die mit einer solchen Auflage versehene Genehmigung der Änderung einer Betriebsanlage für die/den ProjektwerberIn „wertlos“3738. Auch würde die Vorschreibung einer Auflage, wonach die Abfahrt von Lastkraftwagen vor 22.00 Uhr zu erfolgen habe, nachdem die/der KonsenswerberIn in der Augenscheinsverhandlung ausdrücklich präzisiert hat, dass die Abfahrt von Lastkraftwagen ab 22.00 Uhr erfolgen solle, eine Veränderung des gegenständlichen Genehmigungsantrags in seinen Grundzügen bewirken3739. Hingegen könne das Wesen des Genehmigungsantrags durch entsprechende Auflagen schon des3735 VwGH 20.10.1976, 1355/74; 18.11.1983, 82/04/0011. 3736 Etwa VwGH 28.2.1996, 93/03/0053; siehe Grabler et al, GewO3 § 77 Anm 17, die darüber hinaus festhalten, dass selbst bei Einverständnis aller Verfahrensparteien in den Bescheid keine Auflagen aufgenommen werden können, die einzig der Durchsetzung privatrechtlicher Ansprüche dienen sollen. Wohl aber bestehe die zivilrechtliche Beurkundung in der Niederschrift gem § 357 GewO. Die Aufnahme von Auflagen zur Durchsettzung privatrechtlicher Ansprüche ablehnend auch Wendl, in: Stolzlechner et al (Hg), Betriebsanlage3 Rz 328, 2 und 334, 9.4; vgl weiters Walter et al, Verwaltungsverfahrensrecht9 Rz 413/3, die davon ausgehen, dass eine Zustimmung zu Auflagen im Zuge eines Verwaltungsverfahrens deren spätere Bekämpfung nicht ausschließe. Siehe bereits 3.IV.B.1.d) betreffend Wirkungen eines Ausgleichs. 3737 Hiezu etwa VwGH 22.1.1982, 81/04/0056; 27.1.1987, 86/04/0123; 15.9.1987, 87/04/0006; 15.12.1987, 86/04/0208; siehe auch Wendl, in: Stolzlechner et al (Hg), Betriebsanlage3 Rz 334, 9.3; Grabler et al, GewO3 § 79 Anm 14. 3738 VwGH 18.11.1983, 82/04/0011. 3739 VwGH 2.10.1989, 87/04/0046.
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halb nicht berührt werden, wenn und weil die/der ProjektwerberIn während des Verwaltungsverfahrens selbst – hier – lärmverringernde Maßnahmen und eine zeitliche Beschränkung des Betriebs vorgeschlagen habe3740. Noch einmal anderes gilt im Hinblick auf baurechtliche Angelegenheiten3741 für die in diesem Zusammenhang gesetzlich vorgesehenen sog „projektändernden Auflagen“3742. Diese gestalten – so der VwGH – nämlich den Inhalt der Bewilligung (mit) bzw „stellen in untrennbarer Einheit mit den durch sie modifizierten Plänen und Beschreibungen den Gegenstand der Bewilligung“3743 dar. Demnach sind projektändernde Auflagen auch nicht als bedingte Polizeibefehle zu qualifizieren3744. Ihre Missachtung bedeutet vielmehr – bezogen auf die Bausache – eine konsenswidrige Bauausführung3745. Daraus ergibt sich nun aber weiters eine andere Rechtsfolge bei Nichterfüllung der Auflage. Diese besteht eben nicht in der unmittelbaren Vollstreckbarkeit der Auflagen, sondern in der Erlassung eines baupolizeilichen Auftrags, der – sobald rechtskräftig – dann freilich wiederum im Wege der Verwaltungsvollstreckung durchsetzbar wäre3746. Der VwGH hat aber auch – übrigens nicht erst aufgrund eindeutiger gesetzlicher Bestimmungen3747 – im baurechtlichen Kontext verallgemei3740 VwGH 16.6.1976, 1446/75; vgl auch VwGH 23.12.1993, 92/17/0056. Siehe aber hiezu („Fiktion einer Antragsänderung“) die auf Rechtsschutzgründen basierende Kritik von Duschanek, ÖZW 1985, 12 f. 3741 Vgl zB § 29 Abs 5 Stmk BauG, wonach eine Bewilligung mit Auflagen zu erteilen ist, „soweit dies erforderlich ist, damit den von der Behörde zu wahrenden öffentlichen Interessen sowie den subjektiven öffentlichen Rechten der Nachbarn entsprochen wird“. Daraus die Zulässigkeit von „projektändernden Auflagen“ annehmend VwGH 28.2.2006, 2002/06/0082; so bereits zuvor Hauer/ Trippl (Hg), Baurecht4 § 29 BauG Anm 13; weiters Sascha Ferz, Tierhaltungsbetriebe in der Steiermark – die „neuen“ raumordnungsrechtlichen und baugesetzlichen Maßnahmen, bbl 2010, 224. 3742 Wolfgang Hauer, Der Nachbar im Baurecht. Die Rechtsstellung des Nachbarn im baubehördlichen Bewilligungsverfahren und in sonstigen Bauverfahren6 (2008) 152. Antoniolli/Koja, Verwaltungsrecht3 557, plädieren in diesem Zusammenhang für die Verwendung des Begriffs „Auftrag“. 3743 Jüngst VwGH 8.5.2008, 2006/06/0321. 3744 Hauer/Trippl (Hg), Baurecht4 § 29 BauG Anm 13. Siehe hiezu auch die Auseinandersetzung von Aichlreiter, ZfV 1994, 302 f, mit der Frage nach der Genehmigungspflicht von bestimmten Auflagen (Errichtung einer Einfriedung). 3745 Vgl ua Reinhold Moritz, Die Wahrung und Durchsetzung öffentlicher Interessen im Baurecht, in: Robert Rebhahn (Hg), Rechtsfragen des Bauens in Kärnten (1997) 36. 3746 VwGH 10.12.1981, 81/06/0134; aus dem Schrifttum Hauer/Trippl (Hg), Baurecht4 § 29 BauG Anm 13; Hauer/Leukauf (Hg), Handbuch6 § 59 AVG Anm 2. 3747 Vgl § 18 Abs 1 K-BO 1996: „Entspricht das Vorhaben den Voraussetzungen des § 17 Abs 1 nicht, sind diese durch Auflagen herzustellen. Durch solche Auflagen
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nernd klargestellt, dass er – trotz Vorliegen eines antragsbedürftigen Verwaltungsakts – das Projekt ändernde Auflagen insoweit für zulässig erachtet, als dieses Projekt von den Auflagen nicht in seinem „Wesen“ verändert wird3748. Eine solche Auflage dürfe also „keinesfalls“ das eingereichte Projekt in wesentlichen Teilen oder hinsichtlich des Verwendungszwecks ändern3749. Die Beantwortung der Frage, ob nun eine bzw keine wesensverändernde Auflage vorliegt, kann wiederum bloß im Einzelfall und auf Grundlage der anzuwendenden Vorschriften erfolgen. Auch lediglich als Anhalt kann hiefür die Rechtsprechung des VwGH dienen, der etwa in einem baurechtlichen Erkenntnis zur Vorschreibung von projektändernden Auflagen annimmt, dass darunter nur solche Auflagen verstanden werden, die „an einem Bauvorhaben nichts Wesentliches ändern, also seine Identität bestehen lassen“3750. Ist es der Behörde nicht möglich, das Vorhaben ohne eine wesensverändernde, allenfalls projektändernde Auflage zu bewilligen, so ist sie angehalten, der/dem BauwerberIn eine Projektänderung nahezulegen3751. Weigert sich die/der BauwerberIn, eine diesbezügliche Änderung vorzunehmen, ist – wie schon vorhin dargelegt – der Antrag von ihr abzuweisen3752. Umgekehrt bedeutet dies aber auch, dass eine negative Entscheidung dann rechtswidrig wäre, wenn die fehlenden Voraussetzungen durch Vorschreibung von zulässigen Auflagen hergestellt bzw allfällige Genehmigungshindernisse durch deren Vorschreibung beseitigt werden können. Dies hat die Behörde von Amts wegen zu prüfen3753.
darf das Vorhaben in seinem Wesen nicht verändert werden.“ Siehe hiezu Wolfgang Hauer/Wolfgang Pallitsch, Kärntner Baurecht samt Durchführungsverordnungen und Nebengesetzen4 (2002) § 18 BO Anm 1 f; Moritz, in: R ebhahn (Hg), Rechtsfragen 35. Weniger deutlich aber dennoch die Vorschreibung projektändernder Auflagen generell vorsehend erweist sich die Bestimmung des § 29 Abs 5 Stmk BauG 3748 Hiezu zB VwSlg 8848 A/1975. Weiters Hauer, Nachbar6 152. Hingegen projektändernde Auflagen als solche, die das Wesen des Vorhabens verändern, qualifizierend Aichlreiter, ZfV 1994, 302 FN 13; so wohl auch Wessely, bbl 1999, 227. 3749 So ausdrücklich VwGH 25.3.1997, 96/05/0250. 3750 VwGH 26.4.2005, 2003/06/0186. 3751 VwGH 8.5.2008, 2004/06/0227. Die Behörde ist aber nicht dazu verhalten, die Einbringung eines gänzlich anderen Projekts – eines „aliud“ – zu ermöglichen (VwGH 20.6.2002, 2000/06/0204). Siehe auch W. Hauer/Trippl (Hrsg), Stmk Baurecht (FN 83) § 29 BauG Anm 6. 3752 So schon VwSlg 8848 A/1975; ua auch Moritz, in: Rebhahn (Hg), Rechtsfragen 36; Hengstschläger/Leeb (Hg), AVG II § 59 Rz 32. 3753 Vgl etwa VwGH 15.12.1988, 85/06/0068. Aus dem Schrifttum etwa Ferz, bbl 2010, 225; Grabler et al, GewO3 § 77 Anm 11.
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c) Bedingung
Im Gegensatz zu den Auflagen machen Bedingungen entweder den Eintritt oder das Erlöschen der Rechtswirkungen des Hauptinhalts eines Bescheids (einer Berechtigung oder Verpflichtung) vom Eintritt eines (bestimmten) künftigen ungewissen, also nicht datumsmäßig fixierten3754, Ereignisses abhängig3755. Der Bescheid „verweilt“ bis zum Eintritt des Ereignisses – wie es zB Duschanek und Antoniolli/Koja ausdrücken – in einer Art „Schwebezustand“3756. Je nachdem, ob der Eintritt der Rechtsfolge oder deren Erlöschen von diesem Ereignis abhängt, ist zwischen aufschiebenden (Suspensivbedingungen) und auflösenden (Resolutiv-)Bedingungen zu unterscheiden. Somit darf etwa zum einen von einer Bewilligung erst dann Gebrauch gemacht werden, wenn das näher bezeichnete Ereignis auch tatsächlich eintritt, oder zum anderen vom Erlöschen der Bewilligung dann ausgegangen werden, wenn das Ereignis eingetreten ist3757. Die Bedingungen bilden dabei mit dem Hauptinhalt des Bescheids ein einheitliches Ganzes. Es bedarf daher zum Eintritt oder der Beendigung der Rechtswirkungen keines weiteren Verwaltungsakts3758. Anders als bei Auflagen kann die Erfüllung einer Bedingung aber nicht mit verwaltungsbehördlichem Zwang durchgesetzt werden3759. d) Befristung
Die Befristung stellt wiederum eine Nebenbestimmung dar, mit der die im Hauptinhalt des Bescheids normierten Rechtswirkungen (einer Bewilligung) zeitlich begrenzt werden3760. Eine zeitliche Begrenzung bewirkt zwar auch die Bedingung, doch wird durch die Befristung die Begründung oder Beendigung einer Berechtigung bzw einer Verpflichtung vom Erreichen eines kalendermäßig bestimmten Zeitpunkts, vom Ablauf eines konkreten Zeitraums oder vom Eintritt eines bestimmten künftigen Ereignisses, soweit 3754 Duschanek, ÖZW 1985, 9. 3755 Von den Bedingungen ist – anders als bei Auflagen – die Wirksamkeit eines Verwaltungsakts abhängig; siehe VwGH 17.5.2004, 2002/06/0003. 3756 Duschanek, ÖZW 1985, 10; Antoniolli/Koja, Verwaltungsrecht3 555. 3757 Vgl Hauer/Leukauf (Hg), Handbuch6 § 59 AVG Anm 2; Hengstschläger, Verwaltungsverfahrensrecht4 Rz 435; Thienel/Schulev-Steindl, Verwaltungsverfahrensrecht5 223 f; Walter et al, Verwaltungsverfahrensrecht9 Rz 413/1. Mit Beispielen Hengstschläger/Leeb (Hg), AVG II § 59 Rz 43. Siehe aber auch VwGH 29.11.2005, 2002/06/0145. 3758 Siehe etwa VwGH 28.6.2001, 2001/11/0012; Antoniolli/Koja, Verwaltungsrecht3 555; Hengstschläger/Leeb (Hg), AVG II § 59 Rz 44. 3759 Aichlreiter, ZfV 1994, 299 f; Antoniolli/Koja, Verwaltungsrecht3 558. 3760 Walter et al, Verwaltungsverfahrensrecht9 Rz 413/1.
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dessen Eintritt als gewiss anzusehen ist3761, abhängig gemacht3762. Die Befristung unterscheidet sich von der Bedingung also gerade durch die Gewissheit des künftigen Ereignisses3763. Eine solche Befristung hat entweder – aufgrund einer Ermächtigung im Gesetz – im Spruch festgelegt zu werden oder tritt – wie beispielsweise gem § 80 Abs 1 GewO3764 – ex lege ein, sodass diese im Spruch auch nicht wiederholt werden muss3765. Eines weiteren Rechtsakts bedarf es nicht3766; auch eine Vollstreckung kommt nicht in Betracht3767. e) Aushandlungsprozess und Nebenbestimmung
Die gegenständlich wichtigste Nebenbestimmung stellt zweifelsohne die Auflage dar, wenn auch nicht auszuschließen ist, dass sowohl die Möglichkeit der Bedingung als auch der Befristung – etwa im Zusammenhang mit der Genehmigung eines Versuchsbetriebs – Gegenstand gemeinsamer Überlegungen in einem Mediationsverfahren sein können. Die Bedeutung dieser Gestaltungsmaßnahmen für die Mediation liegt jedenfalls darin begründet, dass einzelne Ergebnisse des Aushandlungsprozesses mit ihrer Berücksichtigung in Form der Nebenbestimmungen von einer „bloß“ privatrechtlichen Ebene auf die des Öffentlichen Rechts verschoben werden können3768. Zudem eröffnet sich darin eine Möglichkeit der Partizipation an der Entscheidungskonkretisierung nicht nur auf Seiten der AntragstellerInnen, sondern auch auf jener der Projektbetroffenen, ohne aber dadurch zugleich die Entscheidungsmacht der Behörde zu untergraben. Und zuletzt gibt ein solches Vorgehen den ProjektwerberInnen die Handhabe, für die Akzeptanz des in Frage stehenden Vorhabens zu werben 3761 Duschanek, ÖZW 1985, 9; Raschauer, Verwaltungsrecht3 Rz 924. 3762 ZB Hengstschläger/Leeb (Hg), AVG II § 59 Rz 46; Thienel/Schulev-Steindl, Verwaltungsverfahrensrecht5 224. 3763 Antoniolli/Koja, Verwaltungsrecht3 558; Hengstschläger/Leeb (Hg), AVG II § 59 Rz 46. 3764 Vgl Gruber/Paliege-Barfuß, GewO7 § 80 Anm 2. 3765 Hauer/Leukauf (Hg), Handbuch6 § 59 AVG Anm 2; Hengstschläger, Verwaltungsverfahrensrecht4 Rz 435. Siehe aber auch Raschauer, Verwaltungsrecht3 Rz 925, der bei Letzteren von „befristeten Rechten“ spricht, oder Duschanek, ÖZW 1985, 9, der diese nicht als Nebenbestimmung betrachtet. 3766 Duschanek, ÖZW 1985, 9. 3767 Aichlreiter, ZfV 1994, 299 f; Hengstschläger/Leeb (Hg), AVG II § 59 Rz 46. 3768 Völlig zu Recht weist Schwaighofer, bbl 2005, 112, jedoch darauf hin, dass den mitbeteiligten Parteien im Fall des Zuwiderhandelns des mit Maßnahmen belasteten Bewilligungsinhabers verschiedentlich kein subjektives Recht zukommt, auf die Umsetzung bzw Einhaltung der Auflagen zu dringen, sodass infolge der Verletzung von Auflagenpflichten allenfalls nur ein Einparteienverfahren von Amts wegen durchzuführen ist.
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und sodann von einer rasch eintretenden Bestandskraft der Genehmigung wirtschaftlich zu profitieren. Dass auch hiebei die Grenzen rechtsstaatlicher Gegebenheiten nicht überstiegen werden dürfen, wurde vorhin dargelegt. Insbesondere spielt das Einverständnis der Parteien für eine in Aussicht gestellte Nebenbestimmung die Behörde nicht von der Verpflichtung zur Durchführung des Ermittlungsverfahrens frei und entbindet sie nicht vom Legalitätsprinzip3769. Wohl aber ist bereits de lege lata die Berücksichtigung eines Vorschlags durch die/ den ProjektwerberIn zur Vorschreibung zB einer bestimmten geeigneten Auflage zulässig. Folgt man der diesbezüglichen verwaltungsgerichtlichen Judikatur zu Angelegenheiten des Anlagenrechts dann kann also von der Behörde ein entsprechender Vorschlag, ohne jedoch daran gebunden zu sein, durchaus in die Prüfung der Genehmigungsfähigkeit einbezogen und ihrer Entscheidung zu Grunde gelegt werden, wenn deren Verwirklichung den angestrebten Schutz gewährleistet. Letztlich muss dies wohl auch für jene Ergebnisse gelten, die im Zuge eines Mediationskonsenses erarbeitet werden. Darüber hinaus erscheint angesichts der Überlegungen zur Bindung der Behörde an Aushandlungsergebnisse bei materiell-rechtlicher Unbestimmtheit des behördlichen Verhaltens de lege ferenda denkbar, dass die Behörde durch den einfachen Gesetzgeber verpflichtet wird, zwingend bei Vorliegen einer entsprechenden sachlichen und konkreten Mediationsvereinbarung nach dieser zu entscheiden, wenn sie iS einer der gleichwertigen Alternativen ist3770. Ein Tätigwerden des einfachen Gesetzgebers sollte aber auch insoweit angedacht werden, als er angesichts der vorherrschenden Grundsätze des AVG wie der Amtswegigkeit und der materiellen Wahrheitserforschung3771 explizit regelt, dass eine als Ergebnis eines Aushandlungsprozesses getätigte ausdrückliche Zustimmung der ProjektwerberInnen zu einer Auflage, deren Wirkung über die Reichweite des gesetzlichen, für die zu schützenden Interessen erforderliche Mindestmaßes hinausreicht, zulässig und für diese in weiterer Folge auch bindend sein soll. Nur so kann wohl eine spätere Bekämpfung der Auflage aus rechtlichen Gründen verhindert werden3772. C. Kostenregelung
Eine zentrale Frage für ein jedes Mediationsverfahren stellt zweifelsohne jene der Finanzierung dar. Ohne an dieser Stelle auf die einzelnen Schwie3769 So eindringlich Schwaighofer, bbl 2005, 112. 3770 Siehe hiezu bereits 3.III.B.4. 3771 Hinsichtlich der Wahrung der Grundsätze und der Wirkung von Parteienerklärungen Hauer/Leukauf (Hg), Handbuch6 § 40 AVG E 1a. 3772 Zur Problemstellung schon 3.IV.B.1.d).
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rigkeiten wie etwa die Gefahr der Vertrauensschieflage eingehen zu müssen3773, soll hier auf die Herausforderung Bezug genommen werden, dass gerade bei Mediationen im öffentlichen Bereich die Kosten für ein solches Verfahren kaum von allen Parteien gemeinsam getragen werden (können). Zudem ist es notwendig zu unterscheiden, dass ein Mediationsverfahren entweder im privaten oder im öffentlich-rechtlichen Bereich zum Einsatz gelangen kann, wodurch wiederum divergente Regelungsregime zu beachten sind. Ein Blick auf die einschlägige Praxis zeigt jedenfalls kein einheitliches Bild, wenn auch die Grundannahme, dass die Kosten bei privaten Vorhaben von den ProjektwerberInnen – mitunter unterstützt von der öffentlichen Hand – und bei hoheitlichen Planungsverfahren in aller Regel von der Verwaltung bestritten werden, durchaus aufrechterhalten werden kann3774. Soll nun – wie hier propagiert – die Behörde bei Konflikten im Zuge der Anbahnung oder im Rahmen von Genehmigungsverfahren einen Mediationsprozess in Gang setzen, dann drängen sich hiefür unweigerlich die Kostentragungsregelungen des AVG auf. Wird im Zusammenhang mit einem Verwaltungsverfahren von den Kosten gesprochen, dann ist in jedem Fall zwischen jenen der Beteiligten und jenen der Behörde zu unterscheiden. Für Erstere enthält § 74 Abs 1 AVG den Grundsatz, dass die Beteiligten die ihnen in einem Verwaltungsverfahren erwachsenden Kosten, unabhängig von deren Art oder vom Ausgang des Verfahrens3775, regelmäßig selbst zu tragen haben3776. Lediglich infolge gesetzlich geregelter Ausnahmefälle steht ihnen ein Kostenersatzanspruch gegen einen anderen Beteiligten zu (§ 74 Abs 2 AVG)3777. Um einiges diffiziler gestalten sich dagegen die Kostentragungsregelungen des AVG für die Tätigkeit der Behörde im Verwaltungsverfahren. Die hiebei entstehenden Kosten sind, soweit die Bestimmungen der §§ 76 bis 78 AVG nichts anderes vorsehen, von Amts wegen zu tragen (§ 75 Abs 1 AVG). Eine Überwälzung der Kosten auf die Beteiligten und damit eine Durchbrechung des Grundsatzes der Selbsttragung soll daher im Allgemeinen nur 3773 Hiezu 1.II.B. 3774 Vgl etwa 1.III.E.3. 3775 Anderes gilt bei Maßnahmenbeschwerdeverfahren; in diesen Fällen hat die obsiegende Partei Anspruch auf Ersatz der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten (§ 79a Abs 1 AVG). 3776 Hengstschläger, Verwaltungsverfahrensrecht4 Rz 644. 3777 Solche Ausnahmen sieht auch das AVG selbst vor: so zB gem § 42 Abs 4 leg cit (Versäumung der mündlichen Verhandlung durch die/den AntragstellerIn) oder gem § 49 Abs 5 leg cit (Zeugen, die der Ladung keine Folge leisten oder die Aussage ohne Angabe von Gründen verweigern). Mit weiteren Beispielen Walter/ Thienel (Hg), Verwaltungsverfahrensgesetze I2 § 74 AVG Anm 2.
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insofern zulässig sein, als dies auch gesetzlich vorgesehen ist3778. Solche Bestimmungen enthalten eben insbesondere die §§ 76 bis 78 AVG, welche die Zahlung von Barauslagen, Kommissionsgebühren und Bundesverwaltungsabgaben3779 durch die Beteiligten vorsehen3780. Schon aus diesen einleitenden Ausführungen wird ersichtlich, dass hier in erster Linie zwischen zwei Kategorien von Kosten zu unterscheiden ist, nämlich denjenigen Kosten, die allein vom Staat zu bestreiten sind, sowie jenen Aufwendungen, die aus Anlass eines konkreten Verfahrens entstehen und in weiterer Folge – sofern nicht Verwaltungsvorschriften ausdrücklich anderes vorsehen3781 – auf die Beteiligten überwälzt werden können. Zur ersten Kategorie zählt jedenfalls der allgemeine Amts- und Personalaufwand, für den übrigens jener Rechtsträger die Kosten zu übernehmen hat, der für die Organisation der Behörden zuständig ist. Die zweite Kategorie umfasst wiederum die Barauslagen, die zunächst3782 von jenem Rechtsträger zu tragen sind, in dessen Namen die Behörde tätig wird3783, und sodann in aller Regel entsprechend dem Interessen- bzw Verursacherprinzip auf die Partei, die den verfahrenseinleitenden Antrag gestellt hat, zu überwälzen
3778 Thienel/Schulev-Steindl, Verwaltungsverfahrensrecht5 347. 3779 Mit den Bundesverwaltungsabgaben sind gem § 78 Abs 1 AVG Geldleistungen gemeint, welche den Parteien in den Angelegenheiten der Bundesverwaltung im funktionellen Sinn für die Verleihung von Berechtigungen oder für sonstige wesentlich in ihrem Privatinteresse liegende Amtshandlungen der Behörden auferlegt werden können. Siehe Hengstschläger, Verwaltungsverfahrensrecht4 Rz 661; Walter et al, Verwaltungsverfahrensrecht9 Rz 683 ff. 3780 Das AVG nennt – wie schon im Zusammenhang mit § 74 Abs 2 AVG dargestellt – an anderen Stellen aber noch weitere Regelungen für den Kostenersatzanspruch gegenüber den Verfahrensbeteiligten, hier der Behörde, wie beispielsweise für Kosten, welche durch eine von der/dem AntragstellerIn versäumte und auf einen anderen Termin verlegte mündliche Verhandlung entstehen (§ 42 Abs 4), oder jene, die durch die ungerechtfertigte Missachtung der Ladung zur Vernehmung durch Zeugen (§ 49 Abs 5), Beteiligte (§ 51) oder nichtamtliche Sachverständige (§ 52 Abs 4) hervorgerufen werden. Überhaupt unberührt bleiben gem § 73 Abs 3 AVG die Stempel- und Rechtsgebühren des Bundes. 3781 Eine solche Ausnahme enthält zB § 44g AVG, wonach die Kosten der Verlautbarung des Edikts im Amtsblatt zur Wiener Zeitung von Amts wegen zu tragen sind, obwohl es sich hiebei grundsätzlich um Barauslagen handelt. Siehe hiezu VwGH 27.5.2003, 2003/07/0050; weiters Hauer/Leukauf (Hg), Handbuch6 § 44g AVG Anm 1; Hengstschläger/Leeb (Hg), AVG II § 44g Rz 1. 3782 Walter et al, Verwaltungsverfahrensrecht9 Rz 678. 3783 Es handelt sich demnach um denjenigen Rechtsträger, dem das Handeln der Behörde funktionell zuzurechnen ist; so Hengstschläger, Verwaltungsverfahrensrecht4 Rz 649.
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sind (§ 76 Abs 1 AVG)3784. Dabei komme es – so der VwGH – letztlich nicht darauf an, dass die Partei jene der Behörde erwachsenen Barauslagen unmittelbar veranlasst habe. Entscheidend sei vielmehr, dass die Partei um eine Amtshandlung angesucht habe, bei welcher der Behörde Barauslagen erwachsen seien. Und selbst dann, wenn der Parteiantrag nicht auf die Durchführung einer Barauslagen verursachenden speziellen Amtshandlung gerichtet war, die Entscheidung über den Antrag aber doch eine Barauslagen verursachende Amtshandlung zur notwendigen Voraussetzung habe, liege ein Ansuchen einer Partei um Vornahme einer Amtshandlung im gegenständlichen Sinn vor3785. Darüber hinaus sind – abweichend vom Interessenbzw Verursacherprinzip – Barauslagen von jenen Beteiligten iSd § 8 AVG zu ersetzen, durch deren Verschulden3786 eine Amtshandlung provoziert wird (§ 76 Abs 2 AVG). Damit ist aber noch wenig darüber ausgesagt, welche Aufwendungen sich unter den einzelnen Kategorien einordnen lassen. Zum allgemeinen Aufwand der Behörde werden vor allem diejenigen Kosten gezählt, die für die Einrichtung des Behördenapparats und für die Aufrechterhaltung des eigentlichen Behördenbetriebs notwendig sind3787. Als hievon erfasst gelten etwa der Personal- und Amtssachaufwand, Raummieten, Heizkosten, die Kosten der laufenden Tätigkeiten wie Portospesen für Zustellungen3788 sowie für Gutachten von Amtssachverständigen3789 oder Amtsdolmetscherinnen bzw Amtsdolmetschern und schließlich auch die „eigenen“ Rechtsanwaltskosten3790. Die Zurechnung letzterer finanzieller Belastungen zum all3784 Es kommt dabei – zumindest im erstinstanzlichen Verfahren – nicht darauf an, ob die Partei die betreffende kostenverursachende Amtshandlung explizit beantragt hat. Vielmehr entsteht die Kostentragungspflicht, wenn die Partei einen Antrag stellt, dessen Entscheidung eine Barauslagen verursachende Amtshandlung, die aber selbst jedenfalls notwendig zu sein hat, voraussetzt. Vgl Walter/ Thienel (Hg), Verwaltungsverfahrensgesetze I2 § 76 AVG Anm 4; Hengst schläger, Verwaltungsverfahrensrecht4 Rz 654; Thienel/Schulev-Steindl, Verwaltungsverfahrensrecht5 348. 3785 So VwGH 30.6.1999, 98/03/0343. 3786 Das Verschulden der Partei ist nach ständiger Rechtsprechung des VwGH gem § 1294 ABGB zu beurteilen. Siehe etwa VwGH 27.6.2006, 2004/05/0099 (betreffend Barauslagen); 17.10.2007, 2006/07/0163 (betreffend Kommissionsgebühren); weiters Hengstschläger, Verwaltungsverfahrensrecht4 Rz 655; Thienel/ Schulev-Steindl, Verwaltungsverfahrensrecht5 348 FN 1613. 3787 Siehe schon Walter/Thienel (Hg), Verwaltungsverfahrensgesetze I2 § 75 AVG Anm 1. 3788 VwGH 8.10.1982, 82/02/0113; 18.11.1983, 83/02/0080. 3789 Vgl etwa VwGH 12.11.2001, 99/10/0268. Siehe auch 3.IV.A.7.a). 3790 Diesbezügliche Aufzählungen bei Hengstschläger, Verwaltungsverfahrensrecht4 Rz 649; siehe auch Thienel/Schulev-Steindl, Verwaltungsverfahrensrecht5 347 f.
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gemeinen Personal- und Amtssachaufwand begründet der VwGH übrigens damit, dass die Behörde, selbst wenn sie über keine entsprechende Infrastruktur verfüge, für eine entsprechende Rechtskunde ihrer (in Bausachen) tätigen Organe aus eigenen Mitteln zu sorgen habe. Bedient sie sich hiebei der Hilfe eines von ihr beauftragten Rechtsbeistands, habe sie daher auch aus eigenem für dessen Kosten aufzukommen und ist nicht berechtigt, diese Kosten gem § 76 AVG auf die Partei zu überwälzen3791. Demgegenüber sind unter den Barauslagen nach Maßgabe des § 76 AVG die notwendigen Aufwendungen zu verstehen, die aus Anlass eines konkreten Verfahrens entstehen und über den allgemeinen Amtsaufwand hinausgehen3792. Hiezu gehören etwa Kosten für Pläne, Zeichnungen und Verlautbarungen3793, ausdrücklich auch die Gebühren für nichtamtliche Sachverständige3794 und nichtamtliche DolmetscherInnen (§ 76 Abs 1 AVG) sowie unter bestimmten Voraussetzungen Gebühren für Maßnahmen im Zusammenhang mit der Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehlsund Zwangsgewalt3795. Als eine besondere Art von Barauslagen nennt das AVG darüber hinaus die Kommissionsgebühren, mit denen jene Kosten abgedeckt werden sollen, die der Behörde für Amtshandlungen außerhalb des Amtsgebäudes3796 (zB für Reisekosten zum Lokalaugenschein3797) erwachsen. Hinsichtlich der Verpflichtung zur Entrichtung dieser „Gebühren“ gilt § 76 AVG sinngemäß (§ 77 Abs 1 AVG)3798. Angesichts dieser Vorgaben und vor allem nachdem weder die Bestimmungen des §§ 76 bis 78 AVG noch ein sonstiges spezifisches Materiengesetz Regelungen betreffend die Verteilung der Kosten für ein Mediationsverfahren enthalten, ist schlussendlich davon auszugehen, dass die Behörde wie bei den „eigenen“ Rechtsanwaltskosten für derartige Ausgaben von 3791 VwGH 18.9.2003, 2003/06/0101. Siehe auch Walter et al, Verwaltungsverfahrensrecht9 Rz 677. 3792 Siehe Walter/Thienel (Hg), Verwaltungsverfahrensgesetze I2 § 76 AVG Anm 2; Hengstschläger, Verwaltungsverfahrensrecht4 Rz 653; Walter et al, Verwaltungsverfahrensrecht9 Rz 677. 3793 Ist hingegen eine Verlautbarung nicht gesetzlich vorgeschrieben, können die Kosten für eine dennoch verlautbarte – hier – Benutzungsbewilligung auch nicht der/dem ProjektwerberIn auferlegt werden; so VwSlg 9518 A/1978. Siehe auch VwGH 27.5.2003, 2003/07/0050. 3794 VwGH 12.11.2001, 99/10/0268. 3795 Siehe VwGH 23.2.2001, 96/02/0497. AA Walter et al, Verwaltungsverfahrensrecht9 Rz 677. 3796 Walter/Thienel (Hg), Verwaltungsverfahrensgesetze I2 § 77 AVG Anm 2. 3797 Walter/Thienel (Hg), Verwaltungsverfahrensgesetze I2 § 54 AVG Anm 6. 3798 Vgl Hengstschläger, Verwaltungsverfahrensrecht4 Rz 660; Thienel/SchulevSteindl, Verwaltungsverfahrensrecht5 350; Walter et al, Verwaltungsverfahrensrecht9 Rz 680.
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Amts wegen aufzukommen hat und nicht berechtigt ist, diese den Parteien vorzuschreiben. Ein gegenteiliges Vorgehen würde demnach vergleichbar der Beauftragung von nichtamtlichen Sachverständigen nach einer ausdrücklichen gesetzlichen Normierung verlangen. D. Befangenheitsregelungen und private MediatorInnen
Um Schieflagen im Verwaltungsverfahren, die durch die Einbeziehung von (vermeintlich) parteiischen Verwaltungsorganen entstehen können, zu vermeiden, enthält das AVG explizite Regelungen zur Befangenheit – und dies zur Wahrung der Gesetzmäßigkeit und zum Schutz der Parteien sowie der „individuellen“ Verwaltungsorgane selbst3799, also denjenigen natürlichen Personen (= OrganwalterInnen3800), die zur Ausübung der Kompetenzen eines bestimmten Organs berufen sind3801. Dass gerade für das Wirken der MediatorInnen ein jeder Anschein von mangelnder Neutralität kontraproduktiv wäre, braucht hier ebenso wenig näher ausgeführt zu werden wie der folglich notwendigerweise sensible Umgang bei der Auswahl derselben3802. Angesichts der Überlegungen, die Mediation in ein Genehmigungsverfahren zu integrieren, eröffnet sich allerdings gerade im Hinblick auf die organisationsrechtliche Einordnung der privaten MediatorInnen die Frage, ob die Befangenheitsregelungen des AVG auf diese Anwendung zu finden haben. Grundsätzlich gelten als AdressatInnen des § 7 AVG – so jedenfalls Hengstschläger/Leeb – alle mit Aufgaben der Hoheitsverwaltung betrauten Organe iSd Art 19 f B-VG, die als Teil einer monokratisch oder kollegial eingerichteten Behörde in Vollziehung des AVG3803 an einer Amtshandlung vor der erkennenden Behörde mitzuwirken haben3804. Als umfasst müssen zudem Beliehene, also Organe im funktionellen Sinn, gelten. 3799 Siehe Hengstschläger/Leeb (Hg), AVG I § 7 Rz 1; Wielinger, Einführung12 Rz 45. 3800 Zum Begriff der Organwalterin/des Organwalters etwa Adamovich/Funk, Verwaltungsrecht3 320; Antoniolli/Koja, Verwaltungsrecht3 331. 3801 Auf eine Behörde als solche kann sich ein Befangenheitsgrund nicht beziehen; so weiterhin VwGH 22.6.2005, 2004/12/0171; darüber hinaus Walter/Thienel (Hg), Verwaltungsverfahrensgesetze I2 § 7 AVG Anm 3; Hengstschläger/Leeb (Hg), AVG I § 7 Rz 3; Hengstschläger, Verwaltungsverfahrensrecht4 Rz 73 FN 142. 3802 Ausführlich in 2.IV.L.3. 3803 Siehe auch VwGH 15.2.1991, 87/18/0003. Weiters Manfred Novak, Nachnominierung und Befangenheit im Verfahren zur Berufung auf eine Professorenplanstelle (KHSchOrgG, KUOG, UOG), ZfV 2002, 178 f; Raschauer, Verwaltungsrecht3 Rz 143 sowie 846. Zu den diesbezüglichen Besonderheiten im Gemeinderecht Neuhofer, Gemeinderecht2 537 ff; Andreas Janko, Zur Befangenheit von Gemeinderatsmitgliedern, ÖGZ 12/1999, 13. 3804 Hengstschläger/Leeb (Hg), AVG I § 7 Rz 2 f.
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Auf die Einräumung hoheitlicher Entscheidungsbefugnisse an das betreffende Organ kommt es übrigens nicht an. Vielmehr reicht es aus, dass dieses an der Entscheidung mitwirkt oder sie vorbereitet3805. Folglich werden auch sog „Konzeptsbeamte“3806 bzw „Hilfsorganwalter“3807 als von § 7 AVG erfasst angesehen. Gleiches muss wohl für VerhandlungsleiterInnen (§ 43 Abs 1 AVG), die nicht zur eigentlichen Entscheidung berufen sind, sowie für zur Beweisaufnahme und Erhebungen ersuchte oder beauftragte Organe (§ 55 Abs 1 AVG) gelten. Und schließlich unterliegen auch (nichtamtliche) DolmetscherInnen bzw ÜbersetzerInnen3808 (§ 39a Abs 1 AVG) und (nichtamtliche) Sachverständige (§ 53 AVG)3809 kraft expliziter gesetzlicher Anordnung, wenn auch hinsichtlich der nichtamtlichen Akteurinnen und Akteure mit zT spezifischen Abweichungen, den Befangenheitsregelungen. Schwieriger gestaltet sich aber die Zuordnung der VerwaltungshelferInnen, gelten diese gerade nicht als Verwaltungsorgane. Außerdem konnte nachgewiesen werden, dass die von der Verfassung an die Verwaltungsorganisation und an das Verwaltungsverfahren bei der Erfüllung von Verwaltungsaufgaben gestellten Anforderungen nach einer funktionalen Privatisierung in Ansehung des privatisierten Teils nicht fortbestehen, wenngleich zwischen den Teilbeiträgen mit durchführendem und vorbereitendem Charakter zu unterscheiden ist3810. Im Zusammenhang mit den MediatorInnen kommt es jedenfalls auf die letzteren Beiträge an. Für diese wurde wiederum als Folge der Gefahr des Entgleitens der Leitungsverantwortung des Staats durch ausgelagerte Teilbeiträge vorstrukturierenden Charakters eine organisations- und verfahrensrechtliche Strukturschaffungspflicht postuliert, die quasi auf der Rechtsfolgenebene die Einhaltung eines bestimmten Niveaus formeller Gemeinwohlsicherung gewährleisten soll. Zu den von der Verwaltung zu berücksichtigen Komponenten im Zusammenhang mit dem „Amt“ der Verwaltungshelferin bzw des Verwaltungshelfers zählt insbesondere die Wahrung der Neutralität und Objektivität3811, woraus sich nun ergibt, dass die Verwaltung bei der Bestellung der – im gegenständlichen Fall relevanten – MediatorInnen angehalten ist, die Grundsätze über den Ausschluss der Befangenheit zu beachten. 3805 Hengstschläger, Verwaltungsverfahrensrecht4 Rz 73. 3806 Wielinger, Einführung12 Rz 46. 3807 Hengstschläger/Leeb (Hg), AVG I § 7 Rz 4. 3808 Hengstschläger/Leeb (Hg), AVG I § 39a Rz 15. 3809 Attlmayr, in: ders/Walzel von Wiesentreu (Hg), Handbuch Rz 5.090 ff. Siehe hiezu auch 3.IV.A.7.e). 3810 Siehe 3.II.B.11.b).bb). 3811 Vgl Burgi, Privatisierung 382.
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Diese Überlegungen widersprechen letztlich auch nicht der Judikatur des VwGH3812, der im Kontext der Bestellung von privaten Aufsichtsorganen nach dem WRG festhält, dass der beaufsichtigten Partei – aufgrund allgemeiner Verfahrensgrundsätze – im Verfahren zur Installierung eines Aufsichtsorgans insoweit Parteiengehör einzuräumen sei, als ihr damit die Möglichkeit zur Erhebung von Einwendungen dergestalt offen stehe, die mangelnde Fachkunde oder Befangenheit des „Organs“ geltend zu machen. Abgesehen davon, dass es sich hiebei um eine bescheidmäßige Erledigung der Bestellung des Aufsichtsorgans und damit auch um die Gewährung des Parteiengehörs handelt, deckt sich die Grundaussage über die Neutralität und Objektivität, welche die Behörde bei der Bestellung von VerwaltungshelferInnen insbesondere mit vorbereitendem Charakter zu beachten hat, im Ergebnis mit den vorhin angestellten Ausführungen zur Vorbereitungsprivatisierung. Die Befangenheitsgründe sind allesamt in § 7 Abs 1 Zif 1 bis 4 AVG geregelt. Dabei ist zu beachten, dass § 7 Abs 1 leg cit zwischen zwei Arten, den taxativ aufgezählten „Ausschließungsgründen“ zum einen und in Form einer subsidiären Generalklausel einem relativen Befangenheitsgrund zum anderen, differenziert3813. Konkret bedeutet dies, dass sich OrganwalterInnen nach Maßgabe von § 7 Abs 1 Zif 1, 2 und 4 AVG der Ausübung ihres Amts3814 dann zu enthalten und ihre Vertretung zu veranlassen haben, wenn sie in eigener Sache oder in Sachen ihrer Angehörigen iSd § 36a AVG3815 (Zif 1), in Sachen, in denen sie als Bevollmächtigte einer Partei iSd § 10 AVG bestellt waren oder sind (Zif 2) sowie im Berufungsverfahren, wenn sie an der Erlassung des angefochtenen Bescheids3816 oder 3812 VwGH 29.6.1995, 91/07/0095; bestätigt durch VwGH 19.11.1998, 98/07/0165. 3813 Hengstschläger/Leeb (Hg), AVG I § 7 Rz 5. 3814 Dazu zählt nicht bloß die Mitwirkung an der Willensbildung, sondern auch die Vornahme „sonstiger Amtshandlungen“; VwGH 4.4.2002, 2002/08/0062; hiezu auch Hengstschläger/Leeb (Hg), AVG I § 7 Rz 18. 3815 Eingefügt durch die AVG-Novelle 2007, BGBl I 5/2008. 3816 In diesen Fällen muss sich – nach ständiger Judikatur des VwGH 27.6.2006, 2005/06/0179 – die Ausgeschlossenheit eines behördlichen Organs immer auf die zur Entscheidung berufenen OrganwalterInnen beziehen. Unter Mitwirkung an der Erlassung eines Bescheids ist die Teilnahme an der Erzeugung des den förmlichen Verwaltungsakt darstellenden Spruchs, nicht aber die bloße Beteiligung an dem der Erlassung des Bescheids vorangegangenen Verfahren zu verstehen; so ua VwGH 16.2.1994, 92/03/0251. Dies trifft etwa auf Sachverständige insofern nicht zu, als diese auch im Berufungsverfahren in der Funktion als Sachverständige hinzugezogen werden dürfen, nachdem sie bereits am erstinstanzlichen Verfahren gutachterlich mitgewirkt haben; so der VwGH zuletzt ausdrücklich in seiner Entscheidung vom 24.5.2007, 2004/07/0027. Keinen „Ausschlussgrund“ iSd § 7 Abs 1 Zif 4 AVG bewirken darüber hinaus eine vorange-
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(neuerdings) der Berufungsvorentscheidung (§ 64a AVG) mitgewirkt haben (Zif 4; vormals Zif 53817), tätig werden sollen. Liegt einer dieser „absoluten Befangenheitsgründe“ vor, gelten die OrganwalterInnen jedenfalls als befangen, unabhängig von ihrer tatsächlichen subjektiven Einstellung3818 bzw davon, ob tatsächlich Zweifel an der Unvoreingenommenheit bestehen3819. Darüber hinaus nennt § 7 Abs 1 Zif 3 AVG auch „relative Befangenheitsgründe“, wonach sich Verwaltungsorgane der Ausübung des Amts zu enthalten haben, wenn „sonstige wichtige Gründe vorliegen, die geeignet sind, ihre volle Unbefangenheit in Zweifel zu ziehen“. In diesen Fällen liegen zwar keine absoluten „Ausschließungsgründe“ vor, aber gegebenenfalls doch solche sonstigen wichtigen Gründe, die – bei der Würdigung der konkreten Umstände – Anlass geben, an der vollen Unbefangenheit und objektiven Einstellung der Organwalterin bzw des Organwalters zu zweifeln3820. Jedoch hat das befangene Verwaltungsorgan, sofern eine Vertretung nicht sogleich bewirkt werden kann, im Fall des Gefahrenverzugs3821 die unaufschiebbaren Amtshandlungen selbst vorzunehmen (§ 7 Abs 2 AVG)3822. Wesentlich ist, dass das Vorliegen von Befangenheitsgründen von der/ dem betroffenen OrganwalterIn von Amts wegen zu prüfen ist und sich diese/r im Fall der Befangenheit der Ausübung ihres/seines Amts zu enthalten sowie selbst die Vertretung zu veranlassen hat. Hingegen besteht ein gangene Anzeige durch ein Verwaltungsorgan der Berufungsinstanz (VwGH 21.1.1986, 85/04/0111), die Handhabung des Weisungsrechts durch ein Organ der Berufungsinstanz im Hinblick auf den Inhalt der angefochtenen Entscheidung (VwGH 14.10.1991, 91/19/0050) oder die Mitteilung der rechtlichen Beurteilung des Falls durch die Berufungsbehörde an die Erstbehörde (VwGH 20.1.2005, 2004/17/0206). Aus dem Schrifttum ua Walter/Thienel (Hg), Verwaltungsverfahrensgesetze I2 § 7 AVG Anm 13; Hengstschläger, Verwaltungsverfahrensrecht4 Rz 77; Hengstschläger/Leeb (Hg), AVG I § 7 Rz 12 f; Walter et al, Verwaltungsverfahrensrecht9 Rz 111. 3817 Verschoben infolge BGBl I 5/2008. 3818 Hengstschläger, Verwaltungsverfahrensrecht4 Rz 73. 3819 Walter/Thienel (Hg), Verwaltungsverfahrensgesetze I2 § 7 AVG Anm 8. 3820 Walter/Thienel (Hg), Verwaltungsverfahrensgesetze I2 § 7 AVG Anm 12; Hengstschläger/Leeb (Hg), AVG I § 7 Rz 5 sowie 14 f; Thienel/Schulev-Steindl, Verwaltungsverfahrensrecht5 87; Walter et al, Verwaltungsverfahrensrecht9 Rz 111. Im Hinblick auf Art 6 EMRK (äußerer Anschein der Unabhängigkeit und Unparteilichkeit) insbesondere Harald Stolzlechner, Zur Befangenheit/Unbefangenheit befristet bestellter UVS-Mitglieder, ZUV 2/1998, 23 ff. 3821 Walter/Thienel (Hg), Verwaltungsverfahrensgesetze I2 § 7 AVG Anm 14; vgl auch Hengstschläger/Leeb (Hg), AVG I § 4 Rz 12. 3822 Adamovich/Funk, Verwaltungsrecht3 381; Walter et al, Verwaltungsverfahrensrecht9 Rz 112.
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entsprechendes Antragsrecht3823 der Parteien und Beteiligten auf Ausschluss des befangenen Verwaltungsorgans ebenso wenig wie ein subjektives Recht, das befangene Organ abzulehnen3824. Den Parteien verbleibt demnach lediglich die Möglichkeit, anlässlich des Parteiengehörs3825 die/den amtshandeln de/n OrganwalterIn selbst oder die/den zur Wahrnehmung der Dienstaufsicht zuständige/n Vorgesetze/n auf das Vorliegen eines Befangenheitsgrunds hinzuweisen und gegebenenfalls die Mitwirkung eines befangenen Verwaltungsorgans, das somit eine objektiv rechtswidrige Amtshandlung setzen würde3826, in der Berufung als Mangelhaftigkeit des Verfahrens3827 geltend zu machen3828.
3823 Über einen dennoch eingebrachten Ablehnungsantrag ist nach Auffassung des VwGH 31.3.1993, 93/02/0008, nicht bescheidmäßig abzusprechen. 3824 VwGH 31.3.1993, 93/02/0008; weiters Hengstschläger/Leeb (Hg), AVG I § 7 Rz 17; Hengstschläger, Verwaltungsverfahrensrecht4 Rz 80. Ausnahmen bestehen jedoch für nichtamtliche Sachverständige (§ 53 AVG) sowie für nichtamtliche DolmetscherInnen bzw ÜbersetzerInnen (§ 39a iVm §§ 52 Abs 2 und 53 AVG). 3825 Hauer/Leukauf (Hg), Handbuch6 § 7 AVG Anm 3. 3826 Hengstschläger/Leeb (Hg), AVG I § 7 Rz 22. 3827 Die Zuständigkeit der Behörde, für die das befangene Verwaltungsorgan handelt, wird durch die Verletzung der Befangenheitsvorschriften des § 7 AVG nicht berührt. Anderes gilt lediglich dann, wenn ein gesetzlich normiertes Ablehnungsrecht besteht. Dieses bewirkt nach der Rechtsprechung des VfGH, VfSlg 15846/2000, aber die Verletzung des verfassungsrechtlich gewährleisteten Rechts auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter; siehe auch Walter/Thienel (Hg), Verwaltungsverfahrensgesetze I2 § 7 AVG Anm 3; Hauer/Leukauf (Hg), Handbuch6 § 54 AVG Anm 4; Hengstschläger/Leeb (Hg), AVG I § 7 Rz 20 f; Hengstschläger, Verwaltungsverfahrensrecht4 Rz 81. 3828 Ua VwGH 10.11.1986, 83/10/0008; siehe auch Adamovich/Funk, Verwaltungsrecht3 381; Walter/Thienel (Hg), Verwaltungsverfahrensgesetze I2 § 7 AVG Anm 4; Hengstschläger/Leeb (Hg), AVG I § 7 Rz 22 f; Thienel/Schulev-Steindl, Verwaltungsverfahrensrecht5 87 f; Wielinger, Einführung12 Rz 46a.
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Resümee und administrative sowie legistische Anregungen Eine der erkenntnisleitenden Fragen dieser Untersuchung war, ob die österreichische Rechtsordnung Platz für die Mediation im öffentlichen Bereich belässt. Die Antwort kann nun deutlicher nicht ausfallen, denn sie ist schlichtweg zu bejahen. Freilich bedeutet diese Feststellung nicht, dass der subordinativ-heteronomen Form der Rechtssetzung im Rahmen von hoheitlichen Verwaltungsrechtsverhältnissen ein Modell iS einer echten Alternative entgegengehalten wird. Vielmehr ist darin ein vielversprechender Ansatz zu sehen, um den kooperativen, dialogischen und konsensual-partizipativen Bedürfnissen und Komponenten vor und in den Verfahren zur Herbeiführung von Verwaltungsentscheidungen hinreichend Rechnung zu tragen. Zielgerichtet eingesetzt und auf den Einzelfall abgestimmt, kann mittels Mediation selbst in einem der Privatautonomie vielfach entzogenem Bereich vieles (mit)gestaltet und die Leistungsfähigkeit tradierter Verfahren gesteigert werden.
I. Schlussfolgerungen aus der empirischen Untersuchung Insbesondere anhand der Ergebnisse des empirischen Teils dieser Untersuchung lässt sich nachweisen, dass die Mediation ein Interventionsinstrument darstellt, womit sowohl bei „klassischen“ Genehmigungsverfahren als auch bei Stadtplanungs- und Verordnungserlassungsverfahren multipolare Konfliktlagen aufbereitet und schließlich fruchtbringend abgearbeitet werden können. Gestützt wird diese Aussage – trotz aller Vorsicht bei der Bewertung von Zufriedenheitserhebungen – insbesondere auf die durchgängig positive Einschätzung der Mediationsverfahren durch die betroffenen Beteiligten, wozu übrigens ebenso jene BehördenvertreterInnen zu zählen sind, die nach erfolgtem Mediationsverfahren für die administrative Sachentscheidung verantwortlich waren. Außerdem konnten gewinnbringende Querflüsse zwischen den beiden Verfahrensarten sichtbar gemacht werden, die ein „Mehr“ an Ergebnissen (Wissen um Alltäglichkeiten vor Ort) und ein
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Resümee und administrative sowie legistische Anregungen
„Weniger“ an Arbeitsaufwand (beschleunigte mündliche Verhandlung, keine Rechtsmittel) ermöglichten sowie darüber hinaus „Neues“ iSd zukünftigen Umgangs miteinander (Einrichtung eines Beirats) entstehen ließen. Demgegenüber hat jedoch nicht unerwähnt zu bleiben, dass an den eigentlichen Schnittstellen Gefahrenquellen auszumachen waren, die ein reibungsloses Umsetzen der konsensual erarbeiteten Ergebnisse mitunter erschwerten (etwa bei nachträglichen Adaptierungen der Mediationsvereinbarung aufgrund der Nichtberücksichtigung von Allgemeininteressen). Damit rücken auch schon zwei der eruierten Grenzen im Zusammenhang mit den Überlegungen hinsichtlich einer Verzahnung von Hoheitsverwaltung und Mediationsverfahren ins erweiterte Blickfeld. Solche zeigen sich nämlich bei den Fragen nach der materiellen Ausgestaltung von öffentlich-rechtlichen Rechtsverhältnissen und in engem Zusammenhang hiezu auch nach der Entscheidungsverantwortung. Dazu an dieser Stelle vorerst nur so viel: Partizipation in Form einer „echten“ Mitbestimmung oder Mitentscheidung im Zuge der Vollziehung unmittelbar durch „nicht legitimierte“ einzelne BürgerInnen, Gruppierungen oder etwa durch das Bundesbzw Landesvolk ist – im Gegensatz zur bloßen Mitwirkung an der Vollziehung – nach dem verfassungsrechtlichen Konzept der Verwaltungsführung grundsätzlich unzulässig. Zudem sind die Handlungsfreiheiten schon allein wegen der Gewährleistungspflicht der Behörde im Hinblick auf den Vollzug des objektiven Rechts und selbst wegen der eingeschränkten Dispositionsfähigkeit der InhaberInnen subjektiver Rechte enden wollend. Demzufolge sind letztlich aber auch die rechtlichen Möglichkeiten, Mediationsergebnisse öffentlich-rechtlich zu fassen, de lege lata limitiert. Wenn von Mediation im öffentlichen Bereich die Rede ist, dann ist außerdem nach wie vor bei weitem kein Massenphänomen angesprochen. Beobachtbar sind vielmehr vereinzelte Initiativen, die wiederum auf das „zufällige“ Engagement einzelner Konfliktbetroffener zurückgehen. Sollen jedoch kooperative und konsensorientierte Instrumente, wie eben die Mediation im öffentlichen Bereich, in einer mittelfristigen Perspektive näher an die betroffenen Akteurinnen und Akteure herangeführt werden, wird der Gesetzgeber wohl nicht umhin kommen, fördernde Akzente zu setzen. Verpflichtungen jeglicher Art sowie die Aushebelung des Freiwilligkeitsgrundsatzes werden zwar von den Befragten als zu mechanistisch und angesichts der Unterschiedlichkeit eines jeden Verfahrens als nicht zielführend abgelehnt. Demgegenüber sind aber ein verstärktes Aufklärungs- und Informationsbedürfnis hinsichtlich Mediation sowie der Wunsch nach Verknüpfung der beiden Verfahrensarten bei den behördenunabhängigen Konfliktbetroffenen wahrzunehmen. So könnte im Hinblick auf Administrativverfahren in einzelnen Materiengesetzen (wie zB in der GewO betreffend Anlagenrecht oder im Bau-
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Schlussfolgerungen aus der empirischen Untersuchung
recht) etwa an einen Ausbau bzw eine Ergänzung eines fakultativen Vorverfahrens iSd § 4 UVP-G 2000 gedacht und/oder durch Hinzufügen eines 2. Abs in § 13a AVG eine die Mediation erfassende Hinweis- und Anleitungspflicht der Behörde iSd § 204 Abs 1 ZPO vorgesehen werden. Auch könnte es sich im Einzelfall empfehlen, bei Großverfahren den gem § 44c AVG als volksöffentlich zu gestaltenden Erörterungstermin als Vehikel für die Initiierung eines mitlaufenden, also externen, gegebenenfalls aber auch verfahrensintegrierten Mediationsprozesses zu nutzen. Letzteres verlangt, freilich abhängig vom Integrationsgrad, zumindest aus rechtspolitischer Sicht nach Öffnungsklauseln, die ein Hinzuziehen von neutralen Dritten erleichtern. Bei Verordnungserlassungsverfahren – wie zB im planungsrechtlichen oder im naturschutzrechtlichen Kontext – wären hingegen Maßnahmen sinnvoll, welche die zuständigen Behörden tatsächlich in die Lage versetzen, im Bedarfsfall von sich aus einen Interessenausgleich mithilfe konsensualer Instrumente in Gang setzen zu können. Als ein Schritt in diese Richtung sind ohne Zweifel die Bemühungen der österreichischen Bundesregierung zu qualifizieren, im Wege der als Empfehlungen und nicht als Anordnungen zu verstehenden „Standards der Öffentlichkeit“ die gesteigerten Anforderungen im Hinblick auf die Beteiligung der Öffentlichkeit nicht nur mittels der traditionellen, gesetzlich normierten Informations-, Anhörungs- oder Stellungnahmerechte zu bewältigen, sondern darüber hinaus die vielfältigen, derzeit in Einzelfällen eingesetzten Möglichkeiten zur kooperativen Beteiligung wie zB den Stakeholderdialogen, Runden Tischen, Konsensus-Konferenzen und eben der Mediation zum Einsatz zu bringen. Zweierlei ist für das Forcieren solcher Prozesse jedoch zusätzlich erforderlich: Aus- und Fortbildung der OrganwalterInnen und Ausstattung der Organe mit den erforderlichen finanziellen Mitteln. An Beidem aber mangelt es. Zumindest das „Ringen“ um Budgetmittel für ein Mediationsverfahren ließe sich – eingedenk der bestehenden naturschutzrechtlichen Regelungen betreffend den Stmk Landschaftspflege- bzw Vlbg Naturschutzfonds – schon jetzt gegebenenfalls vermeiden. Überhaupt scheint ein Fondsmodell angesichts der Sorge vor Beeinflussung der MediatorInnen Abhilfe zu schaffen. Die Einrichtung derartiger öffentlicher Fonds, die zB zu jenem die Umweltbelange zu besorgenden Ministerium oder Landesregierungsmitglied ressortieren könnten, hätte zweifellos den Charme, die Unabhängigkeit der MediatorInnen sowie der Sachverständigen zu stärken. Apropos Finanzierung: Um einiges diffiziler, im Interesse der integrierten Mediation aber umso dringender, stellt sich diese Frage bei Genehmigungsverfahren dar; dies schon allein deshalb, da es sich hiebei ja im Gegensatz zu Stadtplanungsvorhaben nicht um Projekte einer Behörde handelt. Will nun die Behörde dennoch von sich aus aktiv werden und eine/n Medi-
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atorIn bestellen, so ist es nach derzeitigem Regelungsstand nicht möglich, die Kosten hiefür abzuwälzen. Nachdem weder die Bestimmungen des §§ 76 bis 78 AVG noch ein sonstiges spezifisches Materiengesetz Regelungen betreffend die Verteilung der Kosten für ein Mediationsverfahren enthalten, ist nämlich davon auszugehen, dass die Behörde wie bei den „eigenen“ Rechtsanwaltskosten für derartige Ausgaben von Amts wegen aufzukommen hat und nicht berechtigt ist, diese den Parteien vorzuschreiben. Ein gegenteiliges Vorgehen würde demnach vergleichbar der Beauftragung von nichtamtlichen Sachverständigen (§ 52 Abs 3 AVG) oder – um ein dt Beispiel zu bemühen – der Hinzuziehung einer Projektmanagerin bzw eines Projektmanagers gem § 2 Abs 2 Zif 5 der 9. BImSchV nach einer ausdrücklichen gesetzlichen Normierung verlangen.
II. Der Einsatz von Mediation Mit dieser Untersuchung wurde zudem das Ziel verfolgt, aufbauend auf den, aus einem Rechtsvergleich mit Deutschland gewonnenen Erfahrungen und anhand eines entsprechenden Prüfrasters, der über den österreichischen Rechtsbestand zu legen war, Erkenntnisse über die Anforderungen und Voraussetzungen für einen integrativen Ansatz der Konfliktmittlung zu gewinnen. Dabei bestand die Herausforderung bereits darin, dass die österreichische Rechtsordnung – sieht man von der „Probeblase“ in §§ 16 Abs 2 und 24a Abs 1 UVP-G ab – weder für die Durchführung von Mediationsverfahren noch für den Einsatz von (privaten) MediatorInnen ausdrückliche Bestimmungen enthält. Da aber jedenfalls der Verfassungsgrundsatz zu berücksichtigen ist, wonach die Verwaltung nicht ohne gesetzlichen Auftrag handeln darf, musste zuallererst nachgewiesen werden, ob die Integration der Mediation, sei es nun aus verfassungs-, verfahrens- oder organisationsrechtlicher Sicht, unter diesen Voraussetzungen überhaupt denkbar ist. A. Abfolgemöglichkeiten
Bevor also der Blick auf Implementationschancen von Mediation freigemacht werden kann, ist die Frage der Einordnung der Mediation in die Verfahrensabfolge sowohl in zeitlicher als auch in verfahrensrechtlicher Hinsicht zu beantworten. Erforderlich ist dies deshalb, da eine diesbezügliche Entscheidung jeweils zu unterschiedlichen (rechtlichen) Herangehensweisen sowie vor allem Rechtsfolgen führt. Gemeint sind die vor-, mit- und selbstlaufenden sowie integrierten Mediationsverfahren, deren Ergebnisse im Rahmen informeller Abklärungsprozesse oder aber in förmlichen Verwaltungsverfahren erzielt werden. Darüber hinaus sind auch die Art der Verknüpfung
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der beiden Verfahrenstypen, die Zielrichtung der (Verwaltungs-)Handlung und die Frage nach der Einbindung der Behörde zu beachten. So unterliegen zumindest die vor- und selbstlaufenden Mediationsverfahren, wohl auch die mitlaufenden informellen Prozesse, die nicht von den Behörden im Zuge eines hoheitlichen Entscheidungsverfahrens getragen werden, keinen öffentlich-rechtlichen Beschränkungen. Sie stellen vor allem auch keinen Teil des Verwaltungsverfahrens dar. Diese Verfahren zwischen Privaten dienen in erster Linie der Vorbereitung des (zukünftigen) Verwaltungsverfahrens und nicht der abschließenden Entscheidung desselben. Die Auswahl der MediatorInnen und der TeilnehmerInnen, die Gestaltung des Mediationsverfahrens und letztlich auch die getroffenen Vereinbarungen erfolgen daher auf privatautonomer Ebene durch die Verfahrensbeteiligten selbst. Der „private Charakter“ eines solchen Mediationsverfahrens bleibt auch dann gewahrt, wenn VertreterInnen der betroffenen Verwaltungsorgane zu einzelnen (verfahrens-)rechtlichen Themen als Auskunftspersonen beigezogen werden bzw ihnen eine Beobachterrolle zugedacht wird. Eine solche „passive Beteiligung“ der Behörde ist nicht nur infolge des Art 20 Abs 4 B-VG und der auf Bundes- und Landesebene geregelten Auskunftspflichtgesetze rechtlich abgesichert, sondern sie ist – wie anhand der empirischen Daten gezeigt werden kann – angesichts der vielfältigen Herausforderungen, die sich im Zuge der Umsetzung von Mediationsergebnissen ergeben, außerdem höchst sinnvoll. Die Grenze des weitgehend Privaten wird aber dann überschritten, und dies unabhängig davon, ob eine gesetzliche Regelung hiefür besteht oder nicht, sollte die Verwaltung bei vor- oder selbstlaufenden Mediationen von sich aus initiierend tätig werden oder zumindest aktiv, also gestalterisch an solchen informellen Aushandlungsprozessen teilnehmen. In diesen Fällen ist ein Ebenenwechsel festzustellen, der sich in der Verschiebung zu einem öffentlich-rechtlich dirigierten Handeln manifestiert. Dabei ist hinsichtlich der Frage nach der grundsätzlichen Befugnis der Verwaltung zur aktiven Teilnahme an solchen informellen Aushandlungen sowie insbesondere zu deren Initiierung und Durchführung davon auszugehen, dass sowohl bei Kooperationsgesprächen als auch im Zusammenhalt mit den als normvollziehende, -vorbereitende bzw -vermeidende Absprachen bezeichneten Verwaltungstätigkeiten, also einerseits Absprachen im Vorfeld von Einzelfallregelungen oder zur Vermeidung derselben und andererseits im Zusammenhang mit abstrakt-generellen Normen, gefolgert werden kann, dass diese, sofern sie in einem derart engen sachlichen Konnex zu den, den jeweils zuständigen Behörden zugewiesenen Ermächtigungen zur Bewältigung der gegenständlichen Verwaltungsaufgaben stehen, bereits ausreichend gesetzlich determiniert sind. Daher bedarf es keiner weiteren besonderen Ermächtigung, um den Anforderungen des Legalitätsprinzips zu entsprechen.
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Ein Rechtsverhältnis zwischen Behörde und BürgerInnen wird dadurch aber nicht begründet. Auf solche Verständigungen und Absprachen, die einem Verwaltungsverfahren vorausgehen, sind darüber hinaus die Verwaltungsverfahrensgesetze nicht anwendbar. Das formale Verwaltungsverfahren ist vielmehr gegenüber dieser Art des vorgezogenen dialogischen Verwaltungshandelns blind. Vorwirkungen derselben insbesondere iSd Gewährung rechtlichen Gehörs wären mitunter zwar zielführend. De lege lata ist ein derartiger Anspruch jedoch rechtlich nicht ableitbar. Wohl aber kann dabei nicht davon ausgegangen werden, dass es sich um einen zur Gänze rechtsfreien Raum handelt. Informelle Verwaltungshandlungen dürfen jedenfalls weder die materiell-rechtlichen noch die verfahrensrechtlichen Bindungen des (nachfolgenden) Verwaltungsverfahrens unterlaufen, indem sich die zuständige Behörde zu Lasten Einzelner oder der Allgemeinheit in eine Ratifikationslage manövriert und dadurch das Legalitätsprinzip verletzt und das eigentliche Verfahren sinnentleert wird. Die Behörde trägt jeweils die Verantwortung dafür, einen rechtsstaatlich einwandfreien Gesetzesvollzug zu garantieren. Zu diesem gehört schon aus grundrechtlichen Überlegungen, dass Verfahrensfehler zu unterbleiben haben, die auf einer Ungleichbehandlung sowie einer unvollständigen Ermittlungstätigkeit beruhen. Daher muss im förmlichen Verfahren die behördliche Entscheidung rechtlich wie faktisch so lange offengehalten werden, bis Drittbetroffene bzw Formalparteien und andere am Verfahren zu beteiligende Behörden Gelegenheit hatten, ihre subjektiven Rechte im Entscheidungsprozess geltend zu machen. Noch einmal anders einzuordnen sind schließlich jene Aushandlungsprozesse, die während und vor allem im Zuge eines konkreten Verwaltungsverfahrens unter der Verantwortung der entscheidenden Behörde mit der Zielsetzung des Erlasses eines Verwaltungsakts angestrengt werden. In diesen Fällen bildet ein Mediationsprozess einen Teil des Verwaltungsverfahrens, sodass das AVG bzw die entsprechenden Materiengesetze, sofern diese grundsätzlich Geltung entfalten, unmittelbar Anwendung finden. Folglich sind die konsensualen Verfahren erst in das formale Regelungsregime einzupassen. B. Eingliederung in das Verwaltungsverfahren
Aber auch das im Gegensatz zum VwVfG mit dem AVG stärker formalisierte österreichische Verwaltungsverfahren enthält wesentlich größere Handlungsfreiräume für den Einsatz von Mediation als eine vordergründige Betrachtung vermuten lässt. Konkretisiert kann diese Aussage etwa an den „außerordentlichen Freiheiten der Behörde im Beweisverfahren“ werden. Der Behörde ist es nämlich nicht nur erlaubt, alles der Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts geeignete als Beweismittel in ihren Ermittlungen in
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Betracht zu ziehen, sondern sie ist darüber hinaus ermächtigt, insoweit Verwaltungsvorschriften nichts anderes vorsehen, über die Art und den Umfang der Ermittlung selbst zu bestimmen (§§ 37 iVm 39 Abs 2 AVG). Aufgrund dieses Entscheidungsspielraums erscheint es also nicht gänzlich ausgeschlossen, im Einzelfall eine konsensuale, durch MediatorInnen unterstützte Ausgestaltung der Sachverhaltsklärung durchzuführen. Dafür spricht darüber hinaus der ausgleichende Grundtenor, der dem AVG zugrunde gelegt ist. Freilich verhält sich das AVG zu den Fragen der Einschaltung von privaten MediatorInnen neutral. Insbesondere fehlt es an einer diesbezüglichen, konkretisierenden Regelung. Deshalb ist hiebei auch auf die Grundsätze der funktionalen Privatisierung zurückzugreifen. Sieht demnach der Verfahrensgang nichts anderes vor, kann die Behörde grundsätzlich vereinzelte Verfahrensschritte auf Private übertragen. Solche konkretisierenden Regelungen enthält das AVG jedoch hinsichtlich der Beweisaufnahme (§ 55 Abs 1 leg cit), sodass die Aufgabe der Durchführung von Beweisaufnahmen de lege lata auch nicht an MediatorInnen, die außerdem nicht als Amtssachverständigen iSd § 52 Abs 1 AVG zu qualifizieren sind, übertragen werden darf. Dennoch kann ein solches mediatives Vorgehen bei der Erledigung eines konfliktträchtigen Verfahrens, dessen Bewältigung zeit- und kostenaufwendige Ermittlungen erwarten lässt, sowohl im Interesse der Behörde und als auch der Beteiligten liegen. Den beigezogenen MediatorInnen würde hiebei die Funktion von „VerfahrensmittlerInnen“ zukommen. Sie leisten Aufgaben wie insbesondere die Aufarbeitung von Konfliktpotenzialen, die Strukturierung der Informationen und gegebenenfalls Übersetzungsdienste bei der Konkretisierung des Beweisthemas, um das Wissens- und Informationsniveau auszugleichen und den Diskurs in der Weise zu fördern, dass Einvernehmen etwa in zuvor strittige Punkte der Befundaufnahme hergestellt werden kann. Unter dem Einsatz der Mediation zur Sachverhaltsermittlung ist nun aber keine Auslagerung ins Private oder gar eine Privatisierung des Beweisverfahrens zu verstehen, sondern lediglich eine Ergänzung des förmlichen Verfahrens durch privatisierte (Teil-)Aufgaben vorbereitender oder durchführender Natur. Auch löst die Einbindung von MediatorInnen nicht die Verpflichtung der Behörde auf, sich hinsichtlich des der Begutachtung unterworfenen Sachverhalts und der Ergebnisse selbst eine Überzeugung zu bilden. Die Feststellungen und Schlussfolgerungen, die in der Mediation erarbeitet wurden, müssen letztlich von der Behörde eigenverantwortlich überprüft und nachvollzogen, im Bedarfsfall – also insoweit der maßgebliche Sachverhalt nicht vollständig erhoben ist – auch ergänzt werden. Es wäre demnach rechtswidrig, würden die Mediationsergebnisse ohne weiteres an die Stelle der gebotenen hoheitliche Willensbildung und Entscheidung treten. Insoweit erscheint auch die in jüngster Zeit in der dt Lit zu
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beobachtende generelle Überschreibung der Mediation im öffentlichen Bereich als „Privatverfahren“ als verfehlt. Eine zweite Andockmöglichkeit für die Mediation ist in dem nicht näher ausgestalteten Vergleichsversuch der Behörde nach Maßgabe des § 43 Abs 5 AVG zu erkennen. Zwar darf auch hiebei nicht davon ausgegangen werden, dass die MediatorInnen die Aufgaben der Verhandlungsleiterin bzw des Verhandlungsleiters übernehmen, wohl aber könnten die MediatorInnen zur Mitwirkung am Vergleichsversuch in dem von der Verhandlungsleitung vorgegebenen Rahmen ein Verfahrensmandat erhalten, ohne dabei selbst einen solchen Verhandlungsrahmen eigenständig setzen zu dürfen. Die mit § 43 AVG an die/den VerhandlungsleiterIn gegebenen Anweisungen lassen für eine solche Vorgehensweise jedenfalls genügend Raum. Dies betrifft insbesondere die terminliche Gestaltung, wonach es der/dem VerhandlungsleiterIn im Einzelfall obliegt, die Einteilung der Verhandlung in Abschnitte zu gliedern sowie jene zu vertagen. Vor allem letztere Maßnahme ist für einen Mediationsprozess wohl unumgänglich, ist es doch als unwahrscheinlich anzusehen, dass ein solcher mediativer Aushandlungsprozess im Zuge einer Sitzung zu Ergebnissen führen wird. Damit ist aber auch schon klargestellt, dass ein Vorgehen dieser Art sich nicht darin erschöpfen kann, dass MediatorInnen bloß den streitigen Teil der herkömmlichen mündlichen Verhandlung moderieren bzw die Verhandlungsführung mit mediativen Elementen angereichert wird. Selbstverständlich wäre eine derartige Initiative in jedem Fall und insbesondere bei einfach gelagerten Konflikten zu begrüßen. Strikt abzulehnen ist jedoch der Versuch, sie als eine Variante der entschlackten und kostengünstigen Mediationssequenz darzustellen. C. Zu berücksichtigende Grundsätze
Allein mit der Suche nach Freiräumen für den Einsatz von Mediation im Verwaltungsverfahren ist es freilich nicht getan. Vielmehr gilt es, eine ganze Reihe an weiteren Verfahrensregelungen bei der Einpassung von Mediationsprozessen zu beachten. Hiezu zählt etwa die Feststellung, dass in einem auf Erlassung eines Bescheids hin angelegten Verwaltungsverfahren nur einem eingeschränkten Teil an Interessierten eine weitgehende Mitwirkung an der Erzeugung der individuellen Rechtsnorm zugestanden wird. Zudem knüpft das AVG an die Stellung der Partei eine Vielzahl von prozessualen Rechten, die es den Parteien ermöglichen sollen, ihre subjektiven Rechte gegenüber der Behörde durchzusetzen. Es sind also die Verfahrensrechte und die mit einem Verwaltungsverfahren einhergehenden Pflichten der Behörde, an denen sich letztlich ein von dieser initiiertes Mediationsverfahren zu orientieren hat. Die Behörde ist also nicht nur angehalten darauf zu achten, dass das Verfahrensrecht überhaupt einen Freiraum für die Ausrichtung
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eines Mediationsverfahrens belässt, sondern vielmehr auch darauf, dass durch ein solches Verfahren keinesfalls Beteiligtenrechte unterlaufen bzw konterkariert werden. Dies muss für den Vorgang der Auswahl der TeilnehmerInnen ebenso gelten wie für den Aushandlungsprozess selbst und die nachfolgende Implementierung der Ergebnisse. In Rede stehen damit in erster Linie das Recht, an der Sachverhaltsermittlung mitzuwirken, und jenes des Parteiengehörs. Wie die Behörde im Einzelfall die Verfahrensrechte der Beteiligten gewährleistet, verbleibt weitgehend in ihrem Ermessen. Für bloß Beteiligte kann sich das Mitwirkungsrecht schon allein in der Abgabe einer Stellungnahme erschöpfen. Ein den Parteien vergleichbares Parteiengehör steht ihnen jedenfalls nicht zu. Aber auch das Parteiengehör schränkt den Gestaltungsspielraum der Behörde nicht ein. So ist den Parteien kein subjektives Recht eingeräumt, vor der Behörde mündlich gehört zu werden. Sie haben etwa weder einen Rechtsanspruch auf persönliche Anwesenheit bei der Beweisaufnahme noch auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung. Daraus lässt sich aber wiederum folgern, dass ihnen auch kein subjektives Recht auf Teilnahme an einem Mediationsverfahren zur Sachverhaltsermittlung zusteht. Insoweit kann sie eine Verfahrensanordnung, der zufolge nur einzelne Parteien zur Mediation beigezogen werden sollen, nicht in ihren Rechten verletzen. Sehr wohl muss der Ausschluss Einzelner aus dem Mediationsverfahren aus sachlichen Gründen erfolgen. Ein solcher Grund kann zB darin liegen, dass mit der Mediation ein Thema bearbeitet werden soll, das nur einzelne Parteien betrifft. Ob jedoch ein sachlicher Grund einzig in der für das Mediationsverfahren notwendigen Begrenzung der Zahl der VerhandlungsteilnehmerInnen liegen kann, erscheint zumindest fraglich. In letzterem Fall bietet sich vielmehr eine Vorgehensweise dergestalt an, Einvernehmen darüber herzustellen, wer von den Beteiligten am Mediationsverfahren teilnimmt und wer gegebenenfalls durch andere TeilnehmerInnen repräsentiert wird. Gegenüber den nichtteilnehmenden Parteien ist die Behörde aufgrund des von Amts wegen zu beachtenden Parteiengehörs jedenfalls verpflichtet, sicherzustellen, dass ihnen die im Mediationsverfahren erarbeiteten Ergebnisse zur Kenntnis gebracht werden und sie darüber hinaus Gelegenheit haben, insoweit sie von diesen Plänen in ihren subjektiven Rechten betroffen sein könnten, zu diesen Stellung zu nehmen. Davon zu unterscheiden sind jene integrierten Verfahrenskonzeptionen, wonach Teile der mündlichen Verhandlung zu einem mittlergestützen Aushandlungsverfahren oder zu einem Mediationsverfahren ausgestaltet werden sollen. Dabei ist jedenfalls zwingend vorzusehen, dass die (potentiellen) Parteien an einem solchen Verfahren teilnehmen können. Somit ist aber auch eine im Hinblick auf eine zu große TeilnehmerInnenzahl erfolgende Teilhabebeschränkung durch Verfahrensanordnung nicht zulässig, vielmehr wäre
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die Entscheidung gegenüber den so ausgeschlossenen Parteien jedenfalls mit einem Verfahrensmangel bedroht. Ähnliches muss letztlich auch für die bloß Beteiligten gelten. Um jedoch der Herausforderung des zu großen Mediationsforums zu begegnen, könnte aber der Umweg über die Bevollmächtigung gem § 10 AVG eingeschlagen werden, wonach Beteiligte, also Parteien und „bloß“ Beteiligte, sofern sie handlungsfähig sind und am Verfahren nicht teilnehmen, auch nicht teilnehmen wollen, eine/n VertreterIn bestellen können. Aus dem Grundsatz der Vertretungsfreiheit ergibt sich jedenfalls, dass die Behörde eine solche, von den Parteien gewählte Vorgehensweise weder schlechthin ausschließen noch, sofern nicht ausdrücklich anderes bestimmt ist, den Beteiligten auftragen kann. Einschränkend kommt weiters hinzu, dass gem § 40 Abs 1 AVG zur mündlichen Verhandlung andere Personen als die Parteien und Beteiligten sowie die erforderlichen ZeugInnen, Sachverständigen und gegebenenfalls gesetzliche sowie bevollmächtigte VertreterInnen (§§ 10 ff AVG) nicht beizuziehen sind. Im Ergebnis ändert an dem Grundsatz der bloßen Beteiligtenöffentlichkeit auch die Sonderbestimmung des § 44e Abs 1 AVG für durch Edikt anberaumte mündliche Verhandlungen nichts. Auch wenn diese volksöffentlich sind und allen Interessierten die Teilnahme an der Verhandlung zu ermöglichen ist, stehen den als TeilnehmerInnen an der öffentlichen mündlichen Verhandlung auftretenden Personen jedoch keine Mitwirkungsbefugnisse zu. Gesamtheitlich besehen ist in diesen Fällen somit zwar ein höheres Maß an Transparenz gegeben, wenngleich ein weiteres formales Hindernis einem freien Auswahl- und Beteiligungsprozess entgegensteht, das die Hinzuziehung zur aktiven Mitwirkung etwa von Bürgerinitiativen verhindert, soweit sie im gegenständlichen Verwaltungsverfahren über keine Beteiligtenstellung verfügen. Zudem hat die Behörde auch zeitliche Direktiven zu beachten, ist doch die Entscheidungspflicht mit der Einhaltung einer Frist (§ 73 Abs 1 AVG) verknüpft. Im Zuammenhang mit den Überlegungen einer Eingliederung der Mediation in den Ablauf eines verwaltungsbehördlichen Ermittlungsverfahrens drängt sich daher die Frage auf, wie die Behörde ihrer Pflicht zur fristgerechten Entscheidung nachkommen kann, ohne selbst säumig zu werden. Gleichermaßen ist die zeitliche Koordination auch im umgekehrten Fall von Relevanz, könnte doch eine mitlaufende Mediation Gefahr laufen, vom Verwaltungsverfahren überholt zu werden. Während der zweite Fall zumindest dann, wenn sich die zum Stellen eines Devolutionsantrags befugten Parteien auf eine „Aussetzung“ des Verwaltungsverfahrens einigen und diesen Entschluss der Behörde formlos mitteilen, aus Sicht der daraufhin zuwartenden Behörde keine Säumnisfolgen auslösen kann, bereitet die Beurteilung jener Konstellation, in der die Behörde ihr Ermittlungsverfahren mit einem Mediationsverfahren ergänzt, größere Schwierigkeiten. Mit dem Argument allein, dass es sich im konkreten Fall um einen solchen mit „gro-
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ßen Interessenkonflikten“ handelt und es deshalb notwendig wäre, ein Mediationsverfahren in die Wege zu leiten, das sich gegebenenfalls über einen längeren Zeitraum erstreckt, ist der fristgerechten Wahrnehmung der Entscheidungskompetenz in dieser Allgemeinheit jedenfalls nicht entgegenzutreten. Vor allem rechtfertigt der im § 39 Abs 2 AVG ausgesprochene Grundsatz der Amtswegigkeit allein keine Durchbrechung der durch § 73 AVG normierten Frist. Wohl aber lassen sich der verwaltungsgerichtlichen Judikatur Aussagen dergestalt entnehmen, dass das Überschreiten der sechsmonatigen Frist wegen eines umfangreichen Ermittlungsverfahrens nicht zwangsläufig der Behörde anzurechnen ist. Sofern es nämlich die Umstände des Einzelfalls notwendig machen, das Ermittlungsverfahrens mit konsensualen Verfahrenshandlungen zu ergänzen und die Behörde diese auch durchgängig zügig betreibt und nicht etwa grundlos mit der Setzung weiterer Verfahrensschritte zuwartet oder überflüssige, nicht die konkrete Verwaltungssache betreffende Verfahrenshandlungen setzt, kann hierin ein Hindernis, das ein ausschließliches Verschulden der Behörde an der Säumnis ausschließt, erkannt werden. Die Behörde hat dabei darauf zu achten, dass die einander gegenüberstehenden Parteien an einer gemeinsamen Lösung und an einem gemeinsamen Weiterkommen interessiert sind. Wird hingegen offensichtlich, dass eine Partei das Mediationsverfahren lediglich zur Blockade der Entscheidung nutzt, ist die Behörde angehalten, dagegen zu wirken und gegebenenfalls das Ermittlungsverfahren auf herkömmliche Weise voranzutreiben. Letztlich ist aber bei dieser Konstruktion jeweils zu berücksichtigen, dass nicht ausgeschlossen werden kann, dass eine durch die Untätigkeit der Behörde in ihren rechtlichen Interessen vermeintlich beeinträchtigte Partei nach Ablauf von sechs Monaten einen Devolutionsantrag gem § 73 Abs 2 AVG stellt und damit die im Instanzenzug übergeordnete Behörde in die Lage versetzt, die das Verfahren verzögernden Maßnahmen und damit auch die Sinnhaftigkeit des Mediationsverfahrens an sich im konkreten Verfahren zu überprüfen. Eine Möglichkeit, um aus Sicht der Behörde eine fristgerechte Entscheidung trotz Verzögerungen infolge eines eingeschobenen Mediationsverfahrens auch formal zu gewährleisten, könnte de lege ferenda in der Ausgestaltung einer dem § 38 AVG ähnlichen Konstellation gesehen werden. Die Behörde müsste folglich ermächtigt werden, das Ermittlungsverfahren von Amts wegen oder infolge eines Antrags zum Zweck der Durchführung einer Mediation durch verfahrensrechtlichen Bescheid zu unterbrechen. Dabei wäre zu unterscheiden, ob es sich um ein verfahrensintegriertes oder ein mitlaufendes Mediationsverfahren handeln soll. Während im ersten Fall die Behörde jedenfalls auch von Amts wegen die Aussetzung des Verfahrens veranlassen können soll, könnte dies im zweiten Fall lediglich auf Parteienantrag erfolgen.
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III. Partizipation und Teilhabe Die verwaltungswissenschaftliche Diskussion über „Governance-Konzepte“, wonach etwa zum Zweck der „Gestaltung von Lebensbereichen“ in staatliche Entscheidungsprozesse gerade solche Personen und/oder Personengruppen einbezogen werden (sollen), die den hoheitlichen Entscheidungsorganen nicht angehören, kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Bundesverfassung – im Gegensatz zur Rechtsprechung (Art 91 Abs 1 B-VG) – keine ausdrückliche Bestimmung enthält, wonach das Volk an der Verwaltung mitzuwirken habe. Ganz im Gegenteil, ist doch das „Führen der Verwaltung“ grundsätzlich den in den Art 19 und 20 B-VG aufgezählten, in einem Leitungs- und Verantwortungszusammenhang stehenden OrganwalterInnen vorbehalten. Dies hat zur Folge, dass physische (Privat-) Personen erst durch spezifische Rechtsakte in diesen Organisationszusammenhang einbezogen werden müssen, ehe sie Aufgaben der hoheitlichen und nichthoheitlichen Verwaltung besorgen dürfen. Auch ist daraus zu folgern, dass nach diesem Konzept eine entscheidungsförmige Partizipation in Form der Mitbestimmung oder Mitentscheidung im Zuge der Vollziehung unmittelbar durch „nicht legitimierte“ einzelne BürgerInnen oder Gruppierungen unzulässig ist. Wollte man hingegen ein allgemeines Modell der partizipativen (Mit-)Entscheidung, deren Betroffenenkreis nicht wie das Volk nach allgemeinen Merkmalen, sondern vielmehr durch ein Sonderinteresse bestimmt würde, als eine weitere Art der Verwaltungslegitimation schaffen, dann dürfte sie der in Art 20 Abs 1 B-VG normierten demokratischen Legitimation nicht nachstehen und müsste somit durch ranggleiche verfassungsrechtliche Grundlagen abgesichert werden. Unbedenklich sind hingegen die „bloß“ auf Mitwirkung an der Vollziehung abzielenden Partizipationsarten. Solche nichtentscheidungsförmigen Teilnahmen von außerhalb der Verwaltung stehenden Betroffenen an Sachentscheidungen stellen in erster Linie die dem Individualrechtsschutz dienenden und auf die Gesetzmäßigkeit verwaltungsbehördlicher Entscheidungen hinwirkenden Parteirechte sowie die zur Mitwirkung an der Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts ausgerichteten Beteiligtenrechte in einem mit Bescheid abschließenden Administrativverfahren dar. Eigen ist diesen Partizipationsmöglichkeiten, dass sie in erster Linie in der Phase der Entscheidungsvor- bzw aufbereitung angesiedelt sind und damit die Verwaltungshoheit bzw Entscheidungsverantwortung durch echte Mitentscheidung nicht angegriffen wird. Eine autonome Gegenkraft lässt die verfassungsrechtlich bestimmte Bindung der Verwaltung an das demokratisch erzeugte Gesetz also nicht zu. Daran ändert, wie schon eingangs angezeigt, auch ein Mediationsverfahren nichts. Die hierin generierten Ergebnisse ersetzen, sieht man von den
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zulässigen Übereinkommen zwischen Privaten im Bereich der Hoheitsverwaltung ab, in aller Regel weder die behördliche Entscheidung noch kommt diesen eine die Behörde erfassende Bindungswirkung zu. Wohl aber ist es der Behörde unbenommen, Inhalte der Vereinbarung zu übernehmen, sofern sie den gesetzlichen Vorgaben entsprechen. Zudem lässt die (Verfassungs-)Rechtsordnung, dies indiziert schon die in Art 11 Abs 6 B-VG normierte Bedarfskompetenz für die Regelung von BürgerInnenbeteiligungsverfahren, die übrigens im Hinblick auf den Einsatz von Mediation aktiviert werden könnte, die Schaffung einer Berücksichtigungspflicht von Ergebnissen durch den einfachen Gesetzgeber grundsätzlich zu. Darunter ist zumindest das verpflichtende Eingehen auf die Ergebnisse in der Bescheidbegründung zu verstehen. Denkbar erscheint de lege ferenda aber auch eine Bindung der Behörde im Zusammenhang mit Ermessenentscheidungen. Soweit nämlich gewährleistet wäre, dass die Behörde eine solche von sämtlichen Parteien getragene Vereinbarung nach allen Seiten hin zu überprüfen und diese nur in jenen Fällen, in denen nach Beachtung aller gesetzlichen Vorgaben eine tatsächlich gleichwertige Alternative iSd Gesetzes vorliegt, zu übernehmen hätte, dürfte aus rechtsstaatlichen Erwägungen nichts gegen eine Bindung an den Konsens sprechen.
IV. Vertragliche Gestaltungs- und Steuerungsmöglichkeiten A. Subordinationsrechtliche Verträge
Die Figur des verwaltungsrechtlichen Vertrags stellt an sich – sofern man das Phänomen des Vertrags als individuelle Rechtsquelle nicht überhaupt ablehnt – ein durchaus taugliches Mittel der partizipativen Gestaltung der Beziehung zwischen Verwaltung und BürgerInnen dar, mit dem infolge der systemimmanenten Transparenz des Teilhabeprozesses letztlich auch die Akzeptanz von Verwaltungsentscheidungen und damit die Effizienz des Verwaltungshandelns erhöht werden können. Auch ist nicht zu übersehen, dass der so erzielte Konsens zwischen Behörde und Privaten eine formale Entsprechung findet. Dies ist insbesondere im Hinblick darauf, dass die Verwaltungspraxis selbst in den klassisch hoheitlichen Bereichen längst von verschiedenartigen Formen des Arrangements zwischen BürgerInnen und Behörde beherrscht ist, von nicht zu unterschätzender rechtlicher Relevanz. Sowohl in verfahrensrechtlicher als auch materiell-rechtlicher Hinsicht besteht ausreichend Platz für Flexibilisierungsstrategien, die mit Hilfe des verwaltungsrechtlichen Vertrags bewerkstelligt werden können. Eine solche Vereinbarung könnte jedenfalls dann, wenn sie gesetzlich vorgesehen ist, und soweit im Bereich der Sachverhaltsermittlung sowie der Rechtsfolgen-
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bestimmung ein Beurteilungs- und Konkretisierungsfreiraum besteht, gerade im Hinblick auf das „Einfließen lassen“ von Mediationsergebnissen das Ausfüllen der Gestaltungsspielräume ermöglichen und vor allem gegenüber den MediationsteilnehmerInnen Rechtssicherheit bieten. Sofern nämlich ein solcher Vertrag den gesetzlichen Voraussetzungen entspricht, ist es der Behörde verwehrt, eine inhaltlich abweichende bescheidmäßige Erledigung vorzunehmen, selbst wenn diese ebenfalls dem Gesetz entspricht. Setzt sie sich darüber hinweg und negiert sie somit die Tatbestandswirkung, die von einer solchen Vereinbarung ausgeht, so ist der Bescheid mit Gesetzwidrigkeit bedroht, weil die Behörde die getroffene Vereinbarung und eben deren Bindungswirkung nicht beachtet hat. Freilich bleibt bei aller Flexibilitätsdiskussion die Grenze bestehen, dass anders als bei Verträgen unter Privaten die Verwaltung bei Abschluss und inhaltlicher Ausgestaltung von Verwaltungsverträgen engen normativen Rahmenbedingungen unterliegt. Insbesondere der durchgängigen Gesetzesbindung der Verwaltung, die – wie etwa auch am Beispiel der Vertragsraumordnung sichtbar – auch den Vertragsinhalt erfassen muss, ist hiebei in jedem Fall Rechnung zu tragen. B. Verträge privatrechtlichen Charakters im Zusammenhang mit Planungsakten
Eine Kombination von privatwirtschaftlichen sowie hoheitlichen Maßnahmen ist in Planungsverfahren nicht unzulässig und kann mitunter zweckmäßiger als ein rein hoheitliches Verwaltungshandeln sein. Trotz der nicht wegzuleugnenden begünstigten Stellung der Behörde sind im Gegensatz zur sonstigen Teilhabe an der Entscheidungsvorbereitung Ansätze eines tatsächlichen Aushandlungsprozesses auszumachen, die es den BürgerInnen erlauben, bei bestimmten vorhabensbezogenen (Planungs-)Akten der Behörde zumindest punktuell auf Augenhöhe zu begegnen. Die Behörde agiert an dieser Schnittstelle zwischen dem öffentlichem und dem privatem Recht als gleichrangige (Verhandlungs-)Partei. Wohl zeigt sich vor allem am Beispiel der Vertragsraumordnung, dass die Einbeziehung nichtbehördlicher Akteurinnen und Akteure in die hoheitliche Planentscheidungserlassung iSv „echten“ Aushandlungsprozessen wegen der zu beachtenden verfassungsrechtlichen Grenzen nur in Einzelfällen eröffnet werden kann. Darüber hinaus verlangt eine formelle Bindung der Hoheitsgewalt an Willenserklärungen in Form privatrechtlicher Akte nach einer ausreichend bestimmten gesetzlichen Grundlage. Die Kernaussage, dass der Mitwirkung an der Erlassung von Verordnungen ganz grundsätzlich ein informativer und/oder konsultativer, nicht jedoch bindender Charakter zugedacht ist und die strukturellen Voraussetzungen einer partizipa-
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Vertragliche Gestaltungs- und Steuerungsmöglichkeiten
tiven Willensbildung bald an (verfassungs-)rechtliche Grenzen stoßen, bleibt folglich unwidersprochen bestehen. Aus dem Fehlen eines individuellen Rechtsanspruchs auf Verfahrensteilhabe sollte aber nicht vorschnell gefolgert werden, dass eine solche gänzlich unzulässig wäre. Vielmehr kann gerade im Zuge des meist nur rudimentär durchformten Verordnungsverfahren über die gesetzlichen Verpflichtungen hinaus eine mehr oder weniger intensive Mitwirkung der Öffentlichkeit stattfinden. Dabei obliegt es in erster Linie den Behörden, die Möglichkeiten kooperativer Handlungsformen zu forcieren und mit ein wenig Esprit das Potenzial von Partizipationsprozessen – wie etwa die Erzeugung von Problembewusstsein, die Identifizierung von divergierenden privaten wie auch öffentlichen Interessenlagen und den Gewinn von zusätzlichen Vorortinformationen – auszuschöpfen. C. Verwaltungsrechtliche Vereinbarungen zwischen Privaten
Viel zu wenig Beachtung findet der Aspekt, dass es der Gesetzgeber in der Hand hat, mit dem Ausbau vertraglicher Maßnahmen die selbstverantwortete Befriedung von Interessenkonflikten unter Privaten im Kontext öffentlich-rechtlicher Aufgabenstellungen zu fördern. Rekurriert kann hier auf einen Klassiker dieser Art von koordinationsrechtlichen Verwaltungsverträgen werden, und zwar auf die „gütliche Übereinkunft“ gem § 111 Abs 3 WRG. Die Besonderheit liegt darin, dass im Unterschied zu rein privatrechtlichen Verträgen das WRG eine Ermächtigung zum Abschluss von Vereinbarungen zwischen Privaten vorsieht, deren Gegenstand wasserrechtliche Fragen berührt, die ansonsten von der Wasserrechtsbehörde durch Verwaltungsakt, also hoheitlich zu entscheiden „wären“. Daraus ist abzuleiten, dass nach dem Willen des Gesetzgebers eine behördliche Entscheidung nur ergehen soll, wenn es den Betroffenen nicht gelingt, zuvor eine gütliche Übereinkunft zu schließen. Ihr kommt demnach eine ersetzende Funktion zu. Außerdem entscheidet im Streitfall grundsätzlich die Wasserrechtsbehörde über die Auslegung und die Rechtswirkungen solcher Übereinkommen mit Bescheid – wenn auch nach Maßgabe des § 117 WRG. Derartige Verträge müssen nicht vor der Behörde geschlossen werden, sie können also beispielsweise auch aus einem Mediationsverfahren hervorgehen, an dem die Behörde nicht mitgewirkt hat. Zudem sind in der vorgenannten Konstellation zwei wesentliche Vorteile auszumachen. So ist einerseits die Behörde angehalten, die Parteienübereinkunft unter dem Gesichtspunkt der Realisierungsvorsorge zu prüfen, und gewährleistet dadurch den Schutz öffentlicher Interessen. Andererseits ist garantiert, dass im Fall des Scheiterns der Verhandlungen immer noch die Aktivierung des (kosten-
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günstigen) verwaltungsrechtlichen Entscheidungsregimes zur Verfügung steht. Entscheidend für den verstärkten Einsatz solcher Parteienvereinbarungen ist letztlich die Schaffung von disponiblen Tatbeständen, ist doch eine Verfügungsbefugnis ohne spezifischen positivrechtlichen Anhaltspunkt für die Dispositionsfähigkeit eines solchen Rechts in der Regel nicht anzunehmen. D. Mediationskonsens und Rechtsmittelverzicht iwS
Eng mit der Frage der Disponibilität von subjektiv-öffentlichen Rechten ist das bei Mediationsverfahren oft leichtfertig ins Treffen geführte Projektbeschleunigungsargument des Rechtsmittelverzichts verbunden. Konkret in Rede stehen dabei sowohl der Rechtsmittelverzicht ieS als auch der „Einwendungsverzicht“. Dabei kommt es in diesen Fällen angesichts der restriktiven Rechtsprechung insbesondere darauf an, dass die Vertragsparteien jene Rechte, auf die sie verzichten sollen, zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses schon kannten oder diese bereits offenkundig waren. Es ist demnach davon auszugehen, dass ein in einem vorlaufenden Mediationsverfahren vereinbarter genereller, unbestimmter Rechtsmittelverzicht ieS im Zusammenhalt mit § 63 Abs 4 AVG als verpöntes Umgehungsgeschäft anzusehen und folglich zivilrechtlich unwirksam ist. Ähnliches gilt aber auch für den vertraglich vereinbarten „Verzicht“ auf Nichtgeltendmachung von Einwendungen. Dieser ist zeitlich vor dem Rechtsmittelverzicht ieS angesiedelt, wodurch das Gefahrenpotenzial für eine Fehleinschätzung der Rechtslage noch um einiges größer werden kann. Auch in diesem Fall kann § 937 ABGB der Wirksamkeit eines vertraglich vereinbarten „Einwendungsverzichts“ entgegenstehen, wenn eine Erklärung, pauschal und ohne noch abschätzen zu können, welche Auswirkungen das zur Debatte stehende Projekt auf die (subjektiv-öffentlichen) Rechte der Verzichtenden haben wird, abgegeben wird. Dieser Ausgangsituation kann lediglich insofern entgegengewirkt werden, als ein vorzeitiger Verzicht auf bereits offenkundige oder zumindest erkennbare Umstände begrenzt wird. Zudem könnte eine rechtzeitige und umfassende Aufklärung über die Rechtsfolgen das Risiko einer Fehleinschätzung zusätzlich mindern und letztlich die Zulässigkeit eines solchen (Voraus-)Verzichts gewährleisten. Zu denken ist zudem an eine Bedingungskonstruktion in der privatrechtlichen Mediationsvereinbarung. Vor dem Hintergrund dieser Überlegungen spricht daher einiges für eine Verquickung von Verwaltungsverfahren und Mediation. Aushandlungsprozesse, die in diesem Setting angesetzt werden, führen nicht nur dazu, dass den Vertragsparteien die wesentlichen Umstände bekannt sind sowie das
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Ausmaß der Beeinträchtigungen bzw der Konsequenzen grundsätzlich bestimmt und überschaubar ist, sondern auch zur sofortigen Aktivierung der die Parteien bindenden öffentlich-rechtlichen Wirkungen. De lege ferenda erscheint zur Absicherung der Ergebnisse von vor allem vor- und mitlaufenden Aushandlungsprozessen ein positivrechtlich erfasster „Vorausverzicht“ auf Einwendungen zielführend. So könnte vom Gesetzgeber im AVG im Zusammenhalt mit den in § 42 AVG normierten Präklusionsfolgen ein solcher Verzicht unter Einhaltung von sachlichen Kriterien – Durchführung eines Konsensverfahrens, Vorliegen einer konkreten, das beantragte Projekt betreffenden Vereinbarung sowie Nachweis einer umfassenden Aufklärung über die materiellen und formellen Rechtsfolgen des Einwendungsverzichts –, die allesamt kumulativ vorliegen müssten, mit der Konsequenz vorgesehen werden, dass auch die Verwaltungsbehörde eine trotz vertraglichen Verzichts getätigte Einwendung zurückweisen kann. Kommt es dagegen im Zuge des Verwaltungsverfahrens zu (wesentlichen) Projektänderungen, so müsste, um der Befürchtung einer stillschweigenden Änderung oder Ergänzung des Projekts gehörig entgegenzutreten, auch in diesem Fall dahingehend Vorsorge getroffen werden, dass die Parteistellung von Personen, die bereits durch Präklusion aus dem Verfahren ausgeschieden sind, wieder auflebt oder es bei Wesens- sowie Zuständigkeitsänderungen zu einem neuen Verfahren kommt. Gleichsam überlegenswert wäre die Normierung eines antizipativen Verzichts, insoweit den verzichtenden Parteien im Zeitpunkt der Abgabe der Erklärung der Inhalt des zu erwartenden Bescheids bekannt ist. Rechtstechnisch besehen, könnte demnach die konkrete Mediationsvereinbarung zum Tatbestandsmerkmal werden, an das die verfahrensrechtliche Konsequenz der Präklusion anknüpft. Ein Systembruch wäre hiemit jedenfalls nicht verbunden.
V. Rechtsstellung der MediatorInnen Im Hinblick auf die Frage der Typisierung von MediatorInnen, die zur Erledigung einzelner Aufgaben im Rahmen der Hoheitsverwaltung herangezogen werden, muss dahingehend unterschieden werden, ob sie „lediglich“ Teilbeiträge vorbereitender oder durchführender Natur leisten (Verwaltungshilfe) oder ob ihnen hoheitliche Kompetenzen übertragen werden sollen (Beleihung). A. MediatorInnen als VerwaltungshelferInnen
Für die Tätigkeit der im Rahmen der funktionalen Privatisierung herangezogenen MediatorInnen ist wesentlich, dass mit einer solchen Maßnahme
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keine Verfahrenselemente ersetzt und hoheitliche Befugnisse nicht substituiert werden können. Einzig das vom (Verfassungs-)Gesetz dazu ermächtigte Organ darf den Organwillen bilden und für den Verwaltungsträger nach außen handeln. Eine vollständige Übertragung der Befugnis zur eigenständigen Durchführung einer mündlichen Verhandlung iSd §§ 40 ff AVG auf MediatorInnen als VerwaltungshelferInnen wäre demnach ebenso unzulässig wie beispielsweise die Einräumung der Kompetenz zur eigenverantwortlichen Auswahl der Verfahrensbeteiligten und zur selbständigen Festlegung des Verfahrensgegenstands sowie der Beweismittel. Der Verfahrensanteil der MediatorInnen mit bloß unterstützendem Charakter hat sich demnach auf die Gestaltung und Moderation eines diskursiven Konfliktbewältigungsprozesses zu beschränken. MediatorInnen leisten im Rahmen dessen ua Übersetzungshilfen, fördern den Kommunikationsfluss, strukturieren den Verlauf der Konfliktmittlung, leiten Perspektivenwechsel ein, fassen Zwischenergebnisse zusammen und unterstützen die Teilnehmenden bei den Aushandlungsvorgängen. Im gegebenen Zusammenhang reichen diese Beiträge jedenfalls nicht hin, um von einem Übergang der Verfahrensherrschaft auf die privaten KonfliktmittlerInnen auszugehen. Aus rein rechtlicher Sicht und eingedenk des älteren Begriffsverständnisses übernehmen diese MediatorInnen folglich (nur) der Verwaltungsaufgabe „dienende“ Funktionen. Die Tätigkeiten dieser Art der MediatorInnen stellen kein auf Grundlage des Art 20 Abs 1 B-VG demokratisch zu legitimierendes Handeln dar und es bedarf auch nicht der umfassenden Leitungs- und Organisationsbefugnisse, wie sie etwa für Beliehene gefordert sind. Sehr wohl aber ist die staatliche Einflussnahme dergestalt zu gewährleisten, dass die Handlungen Privater nicht in einen völlig verantwortungsfreien Bereich abgleiten. Dies gilt eben gerade für die Tätigkeiten der MediatorInnen, deren Beiträge vor allem vorbereitender Natur sind und somit die Verwaltungsentscheidungen mitunter massiv beeinflussen können. Angesichts der in dieser Arbeit vertretenen Meinung betreffend die Absicherung der Leitungsverantwortung durch die „Strukturschaffungspflicht“ ist die zuständige Behörde daher auch im Hinblick auf den Einsatz von MediatorInnen als VerwaltungshelferInnen angehalten, Vorkehrungen zu treffen, mit denen ein jeglicher Mangel an tatsächlicher behördlicher Entscheidungsbeherrschung ausgeglichen werden kann. Die von der betroffenen Behörde zu ergreifenden Maßnahmen (Auswahl, Publizität, Tätigkeitsumschreibung, Kontrollaufgaben, Abberufung) stehen grundsätzlich – vieles hängt freilich von der vertraglichen Ausgestaltung des Auftrags ab – auch nicht im Widerspruch zum Wesen der Mediation. Zu den Aufgaben der Behörde zählt letztlich auch, die Einhaltung der Geheimhaltungsverpflichtung gem Art 20 Abs 3 B-VG in jenen Fällen zu gewährleisten, in denen sie zu ihrer Unterstützung bei der Besorgung von
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hoheitlichen (Teil-)Aufgaben auf MediatorInnen, die ebenso wenig der Auskunfts- (Art 20 Abs 4 B-VG) noch der Hilfeleistungspflicht (Art 22 B-VG) unterliegen, zurückgreift. Angesichts des Umstands, dass es derzeit an spezifischen öffentlichrechtlichen Anordnungen hinsichtlich der Tätigkeit von MediatorInnen mangelt, ist ausschließlich von einer Rechtsbeziehung des privaten Rechts auszugehen, die außerdem lediglich zwischen Behörde und MediatorInnen nach innen wirkt. Die Beteiligten sind demnach von dieser Regelung bloß mittelbar betroffen. Im Rahmen eines Genehmigungsverfahrens stellt der Akt der Beiziehung gegenüber den Parteien eine Verfahrensanordnung gem § 63 Abs 2 AVG dar, sodass dagegen keine abgesonderte Berufung zulässig ist. Gleichermaßen können auch die einzelnen zu erbringenden Beiträge der MediatorInnen, insoweit sie überhaupt von Einfluss auf den in der Sache ergehenden Bescheid sind, erst mit dem Rechtsmittel gegen den das Verfahren abschließend erledigenden Bescheid bekämpft werden. Aus rein rechtlicher Sicht – nicht freilich aus jener der Mediation – ist vom Vorliegen einer Pflicht der Behörde, den Verfahrensparteien zur Frage der Bestellung der MediatorInnen das Parteiengehör einzuräumen, ohne expliziter verfahrensrechtlicher Anordnung nicht auszugehen. B. „Beliehene“ MediatorInnen
Sollen die eben gezogenen Grenzen hinsichtlich der Tätigkeit der privaten MediatorInnen jedoch ausgeweitet werden, bleibt grundsätzlich nur die Möglichkeit der Beleihung. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn den MediatorInnen, sei es auch nur punktuell, die Verfahrensherrschaft übertragen werden soll. Zu denken ist dabei etwa an die Überantwortung eines gesamten Verfahrensabschnitts an KonfliktmittlerInnen, wie beispielsweise die selbstständige Durchführung der mündlichen Verhandlung, und an die Vorstellung, ihnen die alleinige Verantwortung für die Auswahl und die Modalitäten bei der Hinzuziehung der Beteiligten in das Mediationsverfahren einzuräumen. Hiedurch würden zum einen den MediatorInnen hoheitliche Entscheidungsbefugnisse zugestanden, die über einen funktionalen vorbereitenden oder durchführenden Teilbeitrag bzw eine bloße „Hilfstätigkeit“ hinausreichen. Zum anderen handelt es sich bei der Einbeziehung der Beteiligten in die behördliche Entscheidungsfindung um ein zentrales Element des Verwaltungsverfahrens. Beides zusammengenommen macht deutlich, dass ein solches, wenn auch konfliktmittelndes Vorgehen mit dem Institut der Verfahrenshelferin und des Verfahrenshelfers nicht mehr gedeckt werden kann. Aus verfassungsrechtlicher Sicht ist die Einschaltung beliehener MediatorInnen unbedenklich. Es bräuchte einzig zwingend ein Zutun des einfa-
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chen Gesetzgebers, bei Auseinanderfallen der Kompetenzen gegebenenfalls des Landes- und des Bundesgesetzgebers. Voraussetzung für ein solches Vorgehen ist nämlich jedenfalls eine explizite gesetzliche Ermächtigung, welche die Zulässigkeit der Beauftragung von MediatorInnen mit der Wahrnehmung ausreichend bestimmter hoheitlicher Befugnisse und Aufgaben, die Bestellungs- und Abberufungsvoraussetzungen, das einzuhaltende Verfahren sowie die besonderen fachlichen Anforderungen (Ausbildung, einschlägige Kenntnisse), die an die Person der privaten KonfliktmittlerInnen zu stellen sind, normiert. Spezielle, auf die Mediation bezogene Verfahrensanordnungen können darüber hinaus Inhalt des konkretisierenden Beleihungsakts sein (Dauer des Rechtsverhältnisses, Honorar), wie überhaupt der Rechtsakt der Beleihung nicht unmittelbar durch Gesetz erfolgen muss, sondern auch administrativ auf Grund des Gesetzes durch Verwaltungsakt erfolgen kann. Mit der Übertragung von Hoheitsrechten an MediatorInnen ist keine Eingliederung in den staatlichen Organkomplex verbunden, obgleich ihnen eine funktionelle Organstellung zuteil wird. Die Ermächtigung zum hoheitlichen Handeln ist sohin als Zurechnungsregel zum Staat zu deuten, woraus sich ergibt, dass alle Handlungen von MediatorInnen, die von diesen innerhalb des Wirkungsbereichs der Ermächtigung gesetzt werden, auch Verwaltung iSd B-VG darstellen. Damit sind zugleich die spezifischen rechtsstaatlichen sowie demokratischen Bindungen und die staatliche Aufsichtspflicht grundgelegt. Die beliehenen MediatorInnen selbst sind folglich angehalten, die ihnen übertragenen hoheitlichen Kompetenzen auf Grund der einschlägigen (Verfahrens-)Gesetze auszuüben. Aber auch wenn eine solche gesetzliche Grundlage geschaffen werden würde, hieße dies noch nicht selbstredend, dass ein zielführendes Rechtsinstitut vorliegen würde. Vielmehr bedarf es zusätzlich einer Abschätzung der Beleihungsfolgen für das Mediationskonzept und die Rolle der MediatorInnen. Wenn also daran gedacht ist, MediatorInnen die Leitung eines gesamten Verfahrensabschnitts zu übertragen, darf nicht übersehen werden, dass das Konzept der Mediation möglicherweise substantiell beeinflusst oder mitunter gar konterkariert wird; dies etwa deshalb, weil MediatorInnen als Beliehene bei der Durchführung der Verhandlungsabschnitte nicht nur an die konkreten verfahrensrechtlichen Vorgaben gebunden wären, sondern sie auch zur Durchsetzung derselben mit hoheitlichen Entscheidungsbefugnissen ausgestattet wären. So müsste von ihnen zB die Akteneinsicht, die Mitwirkung an der Beweiserhebung, das Parteiengehör im Allgemeinen, das Anbringen von Einwendungen und die Vornahme eines Interessenausgleichs gleichermaßen gewährleistet werden wie die Aufrechterhaltung der Ordnung und die Wahrung des Anstands. Mit den Grundsätzen der Mediation lassen sich diese Anforderungen jedenfalls nur schwer vereinbaren.
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So ist beispielsweise der Rolle der MediatorInnen insbesondere eigen, dass sie unabhängig agieren, ihnen gerade keine Zwangsbefugnisse eingeräumt und sie nicht zur inhaltlichen Entscheidung befugt sind. Dem im dt Schrifttum geäußerten Einwand der Unvereinbarkeit der Stellung der MediatorInnen mit jener der selbständigen Leitung der mündlichen Verhandlung kann daher auch nur bedingt und nach gründlicher Abwägung der einzelnen Aufgaben, die KonfliktmittlerInnen notwendigerweise zu erfüllen haben, mit jenen des jeweiligen Verfahrensrechts begegnet werden. Reichen dabei letzten Endes die identifizierten Obliegenheiten der MediatorInnen über die bloße Verfahrens- bis hin zur Ergebnisverantwortung, dann ist gegebenenfalls sowohl der Grundsatz der Neutralität gegenüber dem Konfliktthema und den konkurrierenden Interessen als auch jener der Selbstverantwortlichkeit der Parteien in Gefahr. Überhaupt stellt für alle an einer Mediation Beteiligten die Gewährleistung der unabhängigen, neutralen Stellung der MediatorInnen, auf die ihre Kompetenz und Akzeptanz vorrangig aufbaut, ein zentrales Thema dar. Diese zu sichern, gilt als eines der obersten Gebote von Mediationsvorhaben. Nimmt die Neutralität Schaden, werden MediatorInnen einen wesentlichen Teil ihres Ansehens einbüßen, was unweigerlich negative Auswirkungen auf ihre Verfahrensleitungskompetenz provoziert. Dabei ist zu beachten, dass sich das Merkmal der Neutralität von MediatorInnen vorrangig aus zwei Komponenten zusammensetzt, und zwar einerseits, wie schon vorhin angedeutet, aus deren Neutralität im Verfahren gegenüber den Betroffenen- bzw Parteieninteressen und andererseits aus deren Neutralität als Person, wonach eine jegliche Abhängigkeit und Nahebeziehung zu einer der Parteien auszuschließen ist. Nun ist aber der Parteienbegriff in Verbindung mit einem Mediationsverfahren im öffentlichen Bereich offener zu verstehen als etwa der des Verwaltungsverfahrens. Insbesondere nehmen die BehördenvertreterInnen in einem solchen Konfliktbearbeitungsprozess eine gewichtige Rolle wahr. Sie sind dabei – im Verständnis des Mediationssettings – entweder selbst Partei oder gelten als „Stakeholder“ des gegenständlichen Konflikts. Zumindest aber werden sie von außen vielfach längst nicht als in den Maßen interessenneutral wahrgenommen, als dies die normativen Vorgaben erwarten ließen. Angesichts des hier im Vordergrund stehenden multipolaren Interessengeflechts lässt es sich folglich nur unschwer verkennen, dass auch eine jede Art der Abhängigkeit oder des Naheverhältnisses von MediatorInnen zu den eingebundenen Verwaltungsorganen Wirkungen auf die Beziehungen zu den anderen TeilnehmerInnen und damit auf das Verfahren selbst entfaltet. Gemeint sind damit in erster Linie die Leitungs- und Weisungsbefugnisse, die jedenfalls zu berücksichtigen sind. Inwieweit dies für die Konfliktmittlung schädlich sein kann, ist etwa in der dt Literatur umstritten. Zumindest wird es in jedem einzelnen Fall zu be-
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rücksichtigen und vor allem zu thematisieren sein, dass bereits allein aufgrund der notwendigen Rückkoppelung der MediatorInnen an die Behörde der Eindruck mangelnder Distanz dergestalt erweckt werden kann, dass Erstgenannte als verlängerter Arm der Verwaltung wirken und deren Interessen vertreten. Aus Sicht der Mediation erscheint es daher unerlässlich, bereits im Beleihungsakt die Aufgaben und Rollen in aller Deutlichkeit zu definieren und fest- sowie offenzulegen. Zwar kann auch auf diese Weise die unbestrittenermaßen vorhandene Nähe zur Verwaltung nicht überspielt werden, doch wird durch das Festhalten der Rollenverteilung sowie die damit zwangsläufig einhergehende Gewährung der größtmöglichen Transparenz gegenüber den Aufgabenbetroffenen – eben durch Offenlegung des Beleihungsakts innerhalb des Mediationsforums – den oftmals als Gefahren vorangestellten Weisungs- und Beeinflussungsargumenten die Durchschlagskraft genommen. Mittlerweile ist aber zu beachten, dass Art 20 Abs 2 B-VG durch die B-VGNov 2008 dahingehend eine entscheidende Änderung erfuhr, als nunmehr innerhalb „weisungsfreier Zonen“ bestimmte Kategorien von Organen – auch im funktionellen Sinn – mittels einfachgesetzlicher Regelung weisungsfrei gestellt werden können und es in diesen Fällen folglich keiner verfassungsrechtlichen Sonderregelung außerhalb des B-VG mehr bedarf. Hievon könnte der einfache Gesetzgeber auch im Hinblick auf die Einbeziehung von MediatorInnen Gebrauch machen. Einen mit der Funktion der Mediation korrespondierenden Tatbestand führt jedenfalls Art 20 Abs 2 Zif 4 B-VG explizit an, nämlich Organe, die mit Vermittlungsaufgaben befasst sind. Wenn auch Art 20 Abs 2 Satz 3 B-VG als Ausgleich zur Weisungsfreistellung wiederum die Verpflichtung zur Normierung eines der Aufgabe des Organs „angemessenen“ Aufsichtsrechts des zuständigen obersten Organs vorsieht, so wird die Grenze der Ingerenz wohl dort anzusetzen sein, wo die bloße Aufsicht in zur Führung der Verwaltung iSd Art 20 Abs 1 B-VG umschlagen würde. Eine derartige die Weisungsfreiheit absichernde Regelung könnte daher in der Tat ein für die Mediation bzw die/ den MediatorIn bestehendes Hemmnis, nämlich den mit der Weisungsbindung nach außen unbestreitbar gegenwärtigen Eindruck der fehlenden Unabhängigkeit, beseitigen helfen.
VI. Schluss Für die zukünftige Entwicklung ergibt sich aus alledem, dass die Möglichkeiten des Einsatzes von Mediation im öffentlichen Bereich noch keineswegs ausgeschöpft, aber letztlich auch nicht unbegrenzt sind. So soll einmal mehr klargelegt werden, dass Mediation kein Surrogat, keine Alternative zu
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einem Genehmigungsverfahren darstellen kann. Dagegen spricht schon allein der vorgegebene Rechtsrahmen. Wenig zielführend, da schlichtweg unzutreffend, ist es außerdem, Mediation als Gegenpol zu bestehenden gesetzlichen Problemverarbeitungswegen hochzustilisieren. Vielmehr stützt sie sich gerade auf deren Grundlage. Vor allem das bloße Vorhandensein eines (verfahrens-)rechtlichen Auffangnetzes der/dem Einzelnen vielfach erst die Tausch- und Drohmacht sowie letztlich die Sicherheit gibt, sich auf ein derartiges Streitbearbeitungsverfahren einzulassen. Das wertvolle Potenzial der Mediation liegt in erster Linie darin, in Konfliktsituationen den Möglichkeitsraum des Interessenausgleichs weiter ausschöpfen zu helfen als dies durch einseitig-hoheitliches Entscheiden oder durch bisher beschrittene Wege des informellen und selektiven Aushandelns machbar ist. Gelingt es zudem, mittels umsichtiger und zum Teil experimentierfreudiger Gesetzgebung sowie im Einzelfall im Wege einer mutigen und vorausschauenden Prozessgestaltung, zu denken ist hiebei etwa an die zulässigen Möglichkeiten zur Erstellung und Verwertung der sachverständigen Gutachten, die beiden Verfahrensarten punktuell miteinander zu verknüpfen, führt dies nicht nur zu einer zeitgerechten Sachentscheidung, sondern vielmehr auch zu deren Akzeptanz. Vor allem letztere Feststellung verdient Beachtung, da die Akzeptanz von Entscheidungen, also der für eine jede funktionierende Demokratie bedingten Bereitschaft, eine als akzeptabel angesehene Entscheidung als solche tatsächlich annehmen zu wollen, nachgewiesenermaßen zu einer beachtlichen „Vertragstreue“ der Betroffenen und damit zum Entfall langwieriger rechtlicher Auseinandersetzungen führt. Schlussendlich bleibt noch nachdrücklich festzuhalten, dass sich das Potenzial der Mediation nur dann vollends entfalten wird, wenn die Voraussetzungen für eine weitgehende Absicherung der Prinzipien (insbesondere Freiwilligkeit, Eigenverantwortlichkeit, Neutralität der MediatorInnen) geschaffen werden können. Erscheint dieser Weg nicht gangbar, kann es gleichwohl immer noch hilfreich sein, im Verwaltungsverfahren mit konsensual-partizipativen Elementen zu arbeiten. Von einem Mediationsverfahren ist in diesen Fällen jedoch nicht mehr zu sprechen.
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Stichwortverzeichnis Abklärungsprozess 41, 303, 325, 339, 373, 377, 660, 729, 858 Abschlussvereinbarung 44, 53, 82 f, 85 ff, 97, 100, 106 f, 111 ff, 184 ff, 188, 199, 204 f Akteneinsicht 307, 334, 419, 458, 597, 636, 678, 760, 779 ff, 786, 813, 874 Akzeptanz 43, 254, 309 f – Aufbau 394 – Aushandlungsergebnisse 54, 184, 311 – Bipolare Aushandlungsprozesse 642 – Beschaffung 35 – Förderung 253, 309 – Frage 7 f, 219 – für die Mediation als Verfahrensart 12, 54, 209 ff, 213 – Gemeinwohl 259 – GerichtsmediatorInnen 460 – Konsens 370 – Management 220, 429 – MediatorInnen 875 – Sachverständige 802 – Sicherung 254 – Steigerung 214, 612, 700 – UVP 393 – (Verwaltungs-)Entscheidung 9, 149, 219 ff, 317, 370 f, 398, 415, 431, 444, 451, 469 f, 697, 867, 877 Amtsgutachten 795, 797 f Amtshaftung 232, 237, 601 ff, 610 – Amtshilfe 600 – Anspruch 282, 290, 449 f, 453, 538, 612 – Durchführungsprivatisierung 608 ff – Funktionale Privatisierung 606 – Leitungsverantwortung 289 f, 448, 607 f, 614 – MediatorIn 449 f, 598, 611
– schlichthoheitliches Verwaltungshandeln 627 f – Verwaltungshilfe 287 f, 290, 450 – Vorbereitungsprivatisierung 607 f Amtshilfe 353, 593, 598 ff Amtssachverständige/r 790 AmtsträgerIn 248, 259, 268, 288 f, 294, 351, 353, 369, 424, 450, 552 f Amtsverschwiegenheit 143, 181, 572, 587, 589 ff, 598, 600 Amtswegigkeit 661, 691, 772, 821, 839, 845, 865 Anforderungsprofil 10, 175, 217 Anhörungsbehörde 343 f, 354, 369 f, 429 Anhörungsgebot 407 Annexkompetenz 515, 518 Annexprinzip 519 f Antragsänderung 436, 657, 815, 820, 830 f, 838 f, 841, 901 Aufgaben, MediatorInnen 166 f, 357, 368, 420, 452 f, 779, 638 Aufgabenbetroffene/r 280, 285, 288, 290, 358, 364 f, 454, 607 f, 624, 636, 876 Aufgabenzuständigkeit 283, 485, 529 Auflage 144, 147, 163, 182, 224, 278, 420, 437 ff, 442, 533, 655, 679, 699, 715, 718, 820 f, 832 ff Aufschließungsvertrag 702 Auftragsklärung 41, 165 Augenschein 74, 177, 181, 293, 333, 669, 747, 751, 782 ff, 840 Ausgleich 5, 11, 25 f, 44, 51, 69, 151, 172, 218, 268, 311, 320, 342, 344, 406, 410, 423, 426, 438 f, 446, 545, 660 ff, 671, 708, 726, 736, 745, 749, 752, 774, 794, 803 f, 817 ff, 821 f, 840, 876
921
Stichwortverzeichnis
Aushandlungsergebnis 54, 183 f, 204, 231, 235, 265, 331, 357, 382, 422 f, 426, 430, 445, 682, 685, 822, 833, 845 Aushandlungsprozess 6, 15, 35, 159, 177, 192, 202, 216, 220 ff, 229, 235, 239, 261, 297, 304, 307, 310, 321, 324, 339, 343, 345, 355, 360, 368, 373, 389, 425 ff, 430, 436, 444 f, 470, 576, 641 f, 654 f, 659 f, 663, 666, 672 f, 686, 697, 707, 726, 730 ff, 734, 738, 753, 765, 815, 822, 824, 828 f, 832, 844 f, 859 f, 862 f, 868, 870 f Aushandlungsverfahren 221 f, 240, 302, 329, 339, 343, 382, 422 f, 470 ff, 534, 766, 863 Auskunft, Recht auf 594, 596 f Auskunftspflicht 206 f, 212, 588, 590, 592 ff, 656, 729, 781, 859 Bagatellvorbehalt 248 Beauftragung, MediatorInnen 77 f, 107, 111 f, 114, 174 f, 297, 360, 530, 614, 874 Bedarfskompetenz 518 ff, 532, 676, 867 Bedingung 63, 216, 277, 311, 351, 373, 387, 390, 437, 489, 496, 618, 621, 714 f, 790, 824, 826, 829, 833, 836 f, 843 f, 868 Befangenheit 236, 357, 365 – MediatorInnen 850 ff – Sachverständige 631, 798 ff Befristung 833, 843 f Begründungspflicht 307 f, 728 Behördenbeteiligung 326, 330, 360, 408 f, 729 f Behördenqualität 353, 524 BehördenvertreterInnen 30, 53, 55, 66, 70, 89, 102 f, 122, 129, 141 f, 147, 151, 162 f, 165, 170, 172, 175 ff, 183 ff, 190, 192, 195, 197, 206 ff, 293 f, 323, 330, 453, 555, 614, 655, 726, 730, 855, 875 Beleihung 10, 15, 263 f, 278 ff, 292 f, 295 ff, 349, 354 ff, 362, 387, 389, 402, 418, 449, 471 f, 475 ff, 482 ff, 487 f, 496, 501, 512, 520, 522 f, 525, 527, 530, 534, 538 ff, 542, 544, 546 ff, 550, 555, 571 f, 581, 602 f, 605, 609, 617 ff, 621, 623, 628, 633, 636, 751, 871, 873 f, 876 Beleihungsphänomen 475, 547, 550 Beleihungsvertrag 280, 282, 358 Beliehene/r 219, 263 ff, 278, 280 ff, 288, 296, 349, 352 f, 356, 358 f, 361 f, 419, 448 ff, 473 ff, 484, 486, 489, 495, 497,
922
501, 506, 517 f, 524 f, 529, 531, 538 ff, 544, 546 ff, 554, 571, 586, 588, 591 ff, 599, 602 f, 605, 611, 617 f, 624 f, 632 ff, 636 f, 639, 850, 872 ff, 883 Bescheid 64, 78 f, 103, 144 f, 147, 150, 154, 159, 171, 182, 188, 190, 210, 230 f, 381, 477, 481 f, 484, 489, 491 f, 496, 499, 500, 505 f, 514, 558, 566, 579 f, 596, 617 ff, 627 ff, 635, 637, 639, 643, 645 f, 651, 658, 662, 675, 677 f, 683, 687 ff, 699, 708 ff, 715 ff, 722 f, 724 f, 727 f, 733, 737 f, 749 f, 760 f, 763 f, 768 f, 776 f, 780, 783, 787, 793, 795 f, 799 f, 801, 804 f, 808 ff, 819 ff, 823, 826 ff, 833 ff, 839 f, 843, 852, 854, 862, 865 ff, 871, 873 Beschleunigungsgesetzgebung 218 Beschwerdeverzicht 811 Bestellungsakt 281, 477 f, 536, 554, 566, 617, 630 f, 636, 668 Beteiligteninteresse 803 Beteiligungsmodell 412 Betriebsbegehung 66, 782 Betroffenenpartizipation 258 Beurkundung 493, 507 f, 654, 664, 709 ff, 715 ff, 722, 840 Bewilligungsverfahren 66, 501, 769, 814, 816, 830, 841 Bindungswirkung 29, 231, 238, 267, 277, 329, 343, 393, 429 f, 433, 503, 665, 691 ff, 700, 715 f, 818, 867 f Demokratiegebot 251, 274 Demokratieprinzip 239, 241, 243 ff, 248, 252 f, 260, 262 ff, 274, 292, 309 f, 359, 364, 370, 423, 431, 544 Devolutionsantrag 733, 769 f, 772, 774, 864 f Disziplinarmaßnahmen 580 Drittschutz 234, 297, 300, 303, 346, 645 Drohkulisse 224 Drohpotenzial 260, 276, 695 Durchführungsprivatisierung 289, 450 ff, 606, 608, 612 f Durchführungsverantwortung 485 Dynamisierungsklausel 63, 182, 186 Effekt, Mediationsverfahren 49, 117 ff, 196 ff Effizienzgebot 310, 513, 521 ff, 533, 544, 785
Stichwortverzeichnis
Effizienzprinzip 487, 522 f, 525, 737, 745, 755 Einwendung 8, 167 f, 178, 220, 257, 293 f, 301 f, 341 ff, 348, 370, 393 f, 408, 410, 418 f, 422, 429, 434, 529, 533, 631 f, 636, 720 f, 723, 748, 755 ff, 769, 792, 803, 806 f, 813 f, 816 f, 819 ff, 852, 870 f, 874 Einwendungsverzicht 807, 816 f, 824 f, 826 f, 829 f, 870 f Entscheidungsbefugnis 177, 246 ff, 258, 297, 354, 356, 360, 402 f, 413, 416, 420, 484, 530, 546, 550 f, 577 ff, 634, 851, 873 f Entscheidungsfindung 14, 18, 36, 47, 50, 52, 55, 69, 106 f, 111 ff, 145 f, 189 f, 243, 247, 257, 262, 266 f, 293, 297 f, 301, 356, 415, 527, 530, 566, 668, 682, 693, 725, 873 Entscheidungspflicht 13, 219, 760, 768 f, 771, 773, 811 f, 832, 864 Entscheidungsprozess 29, 36 f, 51, 99, 118 f, 121, 127, 132 f, 137 f, 149, 156, 182, 189, 196 f, 199, 254, 256, 258, 268, 292, 304, 311, 317, 332, 335 f, 380, 647, 669, 671, 674, 731, 744, 860, 866 Entscheidungsträger 1, 13 ff, 29 ff, 37, 45 ff, 52 ff, 61, 141 f, 166, 169, 172, 176, 180 f, 249, 257, 267, 363, 685 Entscheidungsverantwortung 222, 259, 261 f, 400, 419, 470, 672, 676, 856, 866 Entscheidungsvorbereitung 15, 29, 49 f, 262, 266 ff, 283, 366, 639, 660, 707, 786, 868 Erfolgsdruck 160, 167, 176 Erfüllungsgehilfe 288, 449 Erfüllungsverantwortung 1, 281, 284 f, 358, 485 f, 550, 588, 591, 609 Ermessensentscheidung 248, 298, 302, 416, 431, 682 f, 761 Fehlerregelung 446 f, 695 Finanzierung 71, 81 f, 107 f, 111 ff, 156, 171 ff, 263, 474, 845, 857 Finanzierungsbedarf 171, 173 Flurbereinigungsvertrag 752 Funktionsvorbehalt 279, 419, 548 Geheimhaltungspflicht 553, 587 ff, 595, 599 f, 614, 781
Gehör, rechtliches 363, 645, 736, 739, 741, 749, 874 – im Verwaltungsverfahren 234, 348, 637, 744, 791, 813, 852 Gehorsamspflicht 534, 536 f, 559, 586 Geldstrafe 484, 579 f, 582, 585, 634 Gemeindevermittlungsamt 574 ff GemeindevertreterInnen 53, 89 Gemeinwohloptimierung 430 Gemeinwohlverantwortung 430 Genehmigungsverfahren 3 f, 8 ff, 30, 57, 117, 119 f, 122, 124, 126 f, 129, 132, 135, 137, 141 ff, 148 ff, 154 ff, 158, 167 f, 177 f, 180, 182, 190, 192, 196 ff, 203 f, 206 ff, 211, 216, 219 f, 223, 234, 299, 303, 322, 337, 352, 371 ff, 375 ff, 384 ff, 389, 391 ff, 415 f, 429, 437, 531, 612 f, 637, 639, 654 f, 659 f, 664 f, 668, 676 ff, 681 ff, 708, 732, 735, 829 ff, 846, 850, 855, 857, 873, 877 Gentlemen’s Agreement 292, 697 GerichtsmediatorIn 460, 462 ff Gesetzmäßigkeit 270, 311, 329, 435, 439, 487, 498, 501, 503, 505, 508, 512 f, 537, 543, 548, 550, 558 ff, 574, 606, 643, 652, 675 f, 679, 691, 698, 707, 726, 791, 850, 866 Gleichheitsgebot 298, 705 Gleichheitsgrundsatz 300, 520 Grundrecht 216, 235, 256, 257, 270, 273 ff, 279, 281, 284, 289 f, 295, 297 ff, 301, 303, 305, 311 ff, 318, 321, 323, 331, 349, 365, 415, 434, 439, 476, 495, 502, 512, 521, 570, 572 f, 590, 600, 645, 647, 651, 653 f, 675 f, 707, 723, 781, 860 Gutachten 7, 32, 63, 69, 144, 150, 182, 325, 334, 340, 376, 418, 485, 562 ff, 570, 591, 597, 625, 655, 677, 744, 787 f, 791 ff, 802, 817, 836, 848, 877 Haftungsanspruch 237, 289 f, 329, 448, 606 f, 610 Hilfsorgan 514 f, 528, 566, 603, 605, 609, 851 Hoheitsverwaltung 475 ff, 485 f, 489 ff, 503, 512, 514, 524 f, 529, 539 f, 544, 546, 548 f, 551, 566, 579 f, 598, 601, 604, 607, 611 ff, 618 f, 623, 625, 642 f, 651, 653, 671, 686, 689, 702, 706, 708, 762, 812, 850, 856, 867, 871
923
Stichwortverzeichnis
Immissionsschutzrecht 10, 375 ff, 381 ff, 386 f, 389 ff, 394, 396, 437 f, 440, 442, 450 Implementation 39, 44 ff, 54, 56, 213, 229, 234, 413, 432, 457, 469, 858 Implementationsfähigkeit 347, 355 Informationsasymmetrie 240, 471, 533 Informationshilfe 600 Integrationsversuche 15, 370 Interessenausgleich 8, 10, 33, 211 f, 217 f, 221, 227, 252, 310, 333, 370 f, 383, 385, 395, 399, 403, 415, 419 f, 429, 470, 532, 636, 661, 773, 857, 874, 877 Interessenoptimierung 407, 415 f, 427 f InteressenvertreterInnen 52 f, 99, 188, 348 Kommunikationsmuster 37 Kompetenzübertragung 265, 357 Kompetenzverteilung 487, 514 ff, 518, 531, 595, 703 Kompromissfindung 219, 254, 310 Konflikt – Anfälligkeit VII – Bearbeitung 2 f, 19, 26, 38, 46, 203, 209 f, 218, 220, 321, 328, 349, 394, 454, 459, 469, 555, 777, 875 – Begriff 23 ff – Behandlung 3, 26 ff, 65, 163 f – Behandlungsmodell 37, 39 f – Betroffene 20, 26, 30, 169, 177, 210, 221, 292, 347, 470, 527, 638, 733, 759, 782, 856 – Bewältigung 25, 294, 350, 406, 428, 456, 529, 587, 752, 872 – Management VII, 27 f – MittlerIn 9, 222, 240 f, 263, 266 f, 277, 292, 294 ff, 310, 322, 341, 349, 351, 353 f, 356 f, 360 f, 365, 370, 374, 395, 412, 419, 430, 436, 444, 447, 452, 471, 527, 529 f, 586, 599, 613, 673, 742, 750, 872 ff – Mittlung 217, 259 ff, 294 ff, 310, 355, 359, 376, 386, 414, 429 ff, 449 f, 469, 529, 673, 758, 858, 872, 875 – Partei(en) 29 ff, 35, 38 ff, 66, 177, 179, 197, 204, 320, 411, 575, 579, 778 f – Regelungsverfahren 13, 18 – Themen 42 f, 196, 294, 357, 875 – Wahrscheinlichkeit VII Konsensbildungsinstanz 262, 673
924
KonsenswerberInnen 49, 54, 197, 636, 641, 654, 778, 828, 839 Kontrollmaßnahmen 219, 368, 445, 618, 638 Kooperationsbereitschaft 50, 108 Kooperationsgespräch 655, 659, 663, 730, 859 Kooperationsprinzip 314, 316 ff, 372 Koppelungsverbot 233, 435, 443 f Kosten 3, 27, 41, 54, 77, 79 ff, 82, 117, 119 f, 126 f, 132, 137 f, 156 f, 160, 171 ff, 196 ff, 201, 204, 225, 317, 334 f, 376, 383, 385, 390, 413, 455, 522, 579, 616, 621 f, 626, 636 f, 641, 663, 702, 727, 737, 743, 753, 755, 789, 791, 797 f, 832 f, 845 ff, 858, 861 f, 869 Kostenträger 79 f, 81, 171, 173 Kostentragungsregelungen 533, 789, 846 Legalitätsprinzip 493, 498 f, 502 f, 507 ff, 536 f, 593, 616, 644, 647 ff, 653, 667, 671, 677, 684, 689 f, 697, 699, 703 ff, 707, 725, 731, 804, 807, 834, 845, 859 f Legitimationskette 243, 253, 257, 262 f, 265, 311, 538, 551 Legitimationsniveau 244, 248 f, 255, 264, 267, 351, 364, 369 Legitimationspflicht 247, 249 ff Legitimationssubjekt 242, 250 f, 259, 668 Legitimationsverantwortung 255, 267, 363, 551 Legitimationsverständnis 256 Leitungsverantwortung 283, 286, 289 ff, 362 f, 448, 450, 452 ff, 485, 551, 554, 606 ff, 610, 612 ff, 624, 752, 851, 872 Letztendscheidung 262, 410 – Befugnis 360, 416, 484, 546, 550 – Gewalt 485 – Kompetenz 292, 411, 429 – Pflicht 219 – Recht 247, 249 – Verantwortung 222, 400, 419 Letztverantwortlichkeitsgebot 423 Letztverantwortung 242, 250, 260 ff, 267, 312, 366, 427 ff, 558 Manuduktionspflicht 162, 208, 212, 657 f, 699, 734, 828 Maßnahmenbeschwerde 811, 846 Mediation, integrierte 325 f, 333, 738
Stichwortverzeichnis
Mediation, mitlaufende 326, 336, 420, 768, 864 Mediationsergebnis 4, 14, 44, 46, 53, 57, 64, 85 f, 88, 91 f, 143, 147, 149, 153, 182, 184 ff, 189, 191 f, 204, 331 f, 334, 342, 347, 420, 422 f, 427, 440, 442, 447, 681 ff, 698 f, 744, 803, 816, 856, 859, 861, 868 Mediationsgebot 332 Mediationskonsens 682, 822, 845, 870 Mediationsprozess 38, 41, 56 f, 66, 75, 86, 102, 143, 146 f, 167, 175 f, 178, 184, 187, 267, 327, 350, 365, 434, 450, 534, 682, 684, 698, 733 f, 773, 777 f, 802, 846, 857, 860, 862 Mediationssitzung 40, 115, 345, 350, 406 MediationsteilnehmerInnen 14, 58, 61, 73, 91 f, 99, 159, 168, 171, 175 ff, 184 f, 189, 192, 196, 199, 202, 436, 442, 534, 686, 699, 798, 868 Mediationsvereinbarung 15, 39, 45, 70, 99, 144 f, 147, 161, 182 f, 188 ff, 343, 351, 375, 413, 421, 433, 436, 441, 465, 681, 683 ff, 698, 730, 744, 824, 826, 829, 845, 856, 870 f Mediationsverfahren 3 f, 6 f, 12 ff, 17 ff, 27 ff, 39 ff, 44 ff, 55 ff, 59, 65 ff, 70, 73 ff, 81 ff, 94, 96, 99, 101, 103 ff, 116 ff, 124 ff, 128 ff, 133, 135 f, 138 ff, 143, 145 ff, 149 ff, 154 ff, 164 ff, 189 ff, 206 ff, 212, 239, 250, 269, 292, 294 f, 297, 300, 303, 306, 320 f, 325 ff, 329 f, 334 ff, 339, 341, 343 ff, 355, 359 ff, 365 ff, 374, 382, 387 ff, 393 ff, 403 ff, 411 ff, 416 ff, 420, 426 f, 430, 432 f, 437, 440, 442, 444, 447, 455 ff, 460, 465 f, 468, 503, 530, 532, 555, 587, 592, 615, 638, 660, 681, 685, 698, 729 f, 740, 744, 757 ff, 765 ff, 772 ff, 777 ff, 782, 786 f, 795, 799, 804, 809, 822, 826 ff, 832 f, 844 f, 849, 855 ff, 862 ff, 869 f, 873, 875, 877 Mediationsverfahrensvertrag 351 Mediationsvertrag 41, 66, 295, 351, 441 MediatorInnen – Auswahl 39 f, 174 f, 269, 330, 360, 365, 368, 391, 729, 850, 859, 873 – Beliehene 263 ff, 292 f, 296f, 356 ff, 418, 448 ff, 530 ff, 544, 611, 636 f, 873 ff
– Bestellung 359, 530 f, 536, 636 f, 639, 873 f – Rechtsstellung 367, 401 ff, 555, 750, 871 ff – VerwaltungshelferInnen 266 ff, 293 ff, 341, 351, 359 ff, 365 ff, 401 ff, 450 ff, 528 f, 611 ff, 637, 871 ff Mehrparteienverfahren 267, 678, 749, 763, 773, 778, 781, 813, 820 Ministerialverantwortung 265 Naturschutzvertrag 706 Nebenbestimmung 280, 283, 286, 434, 437 f, 681, 715, 833 ff, 843 ff Öffentlichkeitsbeteiligung 5, 11, 216, 337, 381, 397, 407, 409, 412, 415, 470, 640, 669 f, 676, 706, 732 f, 753 Organisationsgesetzgeber 482, 515 f, 531, 587 Organisationsgewalt 274, 279, 341, 508 ff, 515, 531, 546, 556 Organisationsprivatisierung 277 f, 362, 473 f Parlamentsvorbehalt 275 Parteienbegriff 30, 177, 555, 875 Parteiengehör, siehe Gehör, rechtliches 631 f, 636 f, 639, 645 f, 660, 728, 735 ff, 739, 741, 744 f, 749, 755, 760, 765 f, 784, 786, 792, 813, 852, 854, 863, 873 f Partizipationsformen 254 Planfeststellungsbehörde 337, 343 f, 426, 438 Planfeststellungsbeschlüsse 337, 440 f Planfeststellungsverfahren 230, 232, 301, 324, 336 f, 342, 344, 369 f, 422, 425 ff, 433, 441 Plangenehmigung 337 ff Plangenehmigungsverfahren 337 Planungsentscheidung 253, 270, 338, 425, 430, 437, 440 Planungshoheit 400, 405, 413 Präklusion 216, 329, 741, 748, 756, 806, 813 ff, 819, 829, 871 Privatisierung 4, 7, 10 f, 257, 261, 264, 266, 268 f, 277 f, 280 ff, 296, 333, 352, 356, 360 ff, 367 f, 387, 389 f, 393 f, 398, 400, 403, 406, 411 ff, 433, 450 ff, 471 ff, 481, 485 f, 488, 501, 535, 546, 548, 551 ff, 567, 591, 606 ff, 612 f, 623, 673, 743, 789, 851, 861, 871
925
Stichwortverzeichnis
Privatisierungsbestrebungen 473 Privatisierungsmaßnahme 263, 280, 366, 474 Privatrechtliche Vereinbarungen 434, 725, 815 Privatsachverständige/r 792 ff Problemabschichtung 238 Projektantrag 25, 144 ff, 170, 182 f, 190, 434, 436, 685, 794 Projektentscheidung, politisch-administrative 44, 46, 57, 142, 145, 147, 150, 152, 155 f, 158 f, 163, 168, 184, 191 f, 196, 203, 209 f Projektmanager 10, 93 f, 187, 217, 296, 375 f, 382 ff, 389 f, 429, 453, 858 Projektoptimierung 35 Prüfkriterien 169 Raumordnungsvertrag 701, 703 Reaktionsmittel 220, 533, 546, 552, 554 Rechtsakzeptanz 205 Rechtsmittelverzicht 150, 190, 199, 434, 809 ff, 822 ff, 826 f, 870 Rechtsschutz 6, 184, 216, 235, 287, 301, 303 ff, 310 f, 316, 321, 323, 329, 349, 381, 399, 415, 424, 435 f, 445, 454, 458 f, 466 f, 495, 500, 511, 557, 571 ff, 585, 615, 617, 620, 626 ff, 632 ff, 636 f, 643 ff, 647, 651, 653, 675, 683 f, 688 ff, 695 ff, 704 f, 720, 723, 727 f, 734, 776, 779, 815, 841, 866 Rechtsschutzbeauftragter 484, 492, 555, 562, 570 ff, 581 Rechtsschutzfunktion 307, 467, 573 Rechtsschutzverfahren 15, 454 Rechtsstaatsprinzip 258, 262, 274, 310, 312, 323, 430, 443, 500, 573, 594, 633, 637, 653, 686, 688, 707 RepräsentantInnensystem 348 Resolutivbedingung 843 Rollenklärung 166 Rücksichtnahmepflicht 233, 301, 328 Sachlichkeitsgebot 487, 520, 525, 759 Sachverständige - Amtssachverständige 562 ff, 743, 751, 785, 789 f, 798 f - Auswahl 799 - Nichtamtliche Sachverständige 565 ff, 630 ff, 637, 760, 789 ff, 795, 797 ff, 849 f
926
– Privatgutachten 792 f, 796 ff – Privatsachverständige 792 ff – Vorrang der Amtssachverständigen 789, 802 Säumnisbeschwerde 769, 812 Schlichtung 5, 7 f, 11, 13, 36, 217, 220, 225, 310, 325, 411, 458, 576, 579, 693 Scoping 391 ff, 664 f, 732 ff Selbstbestimmungsrecht 252 Selbstregulierung 13, 18, 210, 269, 310, 423, 429, 483 Selbstverwaltungsgarantie 403 Staatsgewalt 242 ff, 257, 263, 669 Standortgemeinde 62, 220, 383, 392, 394, 421, 434, 533 Streitbeilegungsmechanismen 13 Subsidiaritätsklausel 282 Subsidiaritätsprinzip 429 f Suspensivbedingung 843 Umsetzungsphase 38, 53, 67, 168, 183, 185, 204 Unabhängige Verwaltungssenate 628 Unterrichtungsgebot 407 Verfahrensablauf 13, 33, 37, 69, 202, 323, 340, 376, 382, 385, 418, 426, 642, 663, 737 Verfahrensbeschleunigung 8, 11, 216, 218, 337, 362, 370, 372, 375 f, 380, 382 ff, 387, 389 f, 655, 790, 797 f Verfahrensbeteiligte/r 3, 10, 34, 82, 171, 174, 217, 293, 330, 371, 384, 390, 393, 395, 417, 430 ff, 446, 529, 566, 729, 741, 784, 813, 847, 859, 872 Verfahrensbevollmächtigte/r 376, 382 f, 385 f, 388 ff Verfahrensdesign 41, 71, 156, 165, 172, 174, 180, 345, 390, 405 f Verfahrenseinleitung 164, 734, 801 Verfahrensmanagement 383, 385, 389, 394, 430 VerfahrensmittlerInnen 9 f, 217, 297, 324, 334, 356, 385 f, 398 f, 403, 406, 414, 416 ff, 436, 530, 743, 861 Verfahrensprivatisierung 2, 218 f, 221, 261, 266 f, 270, 296, 389 f, 398, 411 f Verfahrensrechtsverhältnis 231, 236, 303, 617, 630, 636, 643, 663 Verfahrensregeln 32, 41, 51, 337, 351
Stichwortverzeichnis
Verfahrenstypen 19, 164, 294, 325, 471, 729, 859 Verfahrensverschleppung 35 Verfügungsberechtige/r 783 f Vergleichsvertrag 321, 440 f, 444 Verhältnismäßigkeitsgrundsatz 312, 314 ff, 318, 837 Verhältnismäßigkeitsprinzip 312, 314, 443, 521, 523, 659 Verhandlungsbereitschaft 27, 33, 208 Verhandlungsgrenzen 160 Verhandlungsphase 165, 181 Verhandlungsprozess 20, 38, 193, 260, 350, 641, 673, 726 Verhandlungsumfeld 33 Vermittlungsversuch 576, 662 Versagungsgegenklage 457 Verschuldenshaftung 448 Vertrag – öffentlich-rechtlicher 236, 438, 442, 688, 709, 711 – privatrechtlicher 182, 477, 482, 703, 710, 716 – städtebaulicher 413 – subordinationsrechtlicher 686 ff, 708, 711, 724, 867 – verwaltungsrechtlicher 261, 280, 690, 693, 695 ff, 818 – zivilrechtlicher 36, 144, 204, 413, 641, 686, 700, 719, 721, 723, 821 f Vertragsabschlusskompetenz 258 Vertrauensmann 562, 574 ff, 581 f Vertraulichkeitsgarantie 34 Verwaltungsaufgabe, Privatisierung 219, 249, 253, 264, 277 ff, 288, 310, 361, 419, 472 ff, 485 f, 497, 513, 515, 524, 529, 534, 539, 544, 548, 550 f, 554, 556, 567, 588, 591, 593, 596, 601 f, 608 f, 612 ff, 633, 669, 731, 733, 784, 851, 859, 872 Verwaltungsentscheidung 2, 7, 46, 215, 219 ff, 227, 243, 250, 252 ff, 256 f, 261, 266, 279, 294, 303, 307, 345, 349, 363, 369 f, 373, 415, 429, 431 f, 442, 445, 469, 554, 571, 645, 673 f, 683, 697, 726, 855, 867, 872 Verwaltungsführung, weisungsfreie 554 Verwaltungsführung, weisungsgebundene 559, 856
Verwaltungsgerichtsbarkeit 15, 213, 456, 458 ff, 463, 467 f, 500, 809, 811 Verwaltungsgeschäfte 540, 560, 581 Verwaltungshandeln – hoheitliches 479, 490 ff, 707, 868 – informelles 222 ff, 236 ff, 305, 325, 400, 639 ff, 651 f – schlichtes 493, 627, 643, 646 – schlichthoheitliches 481, 490, 507 f, 579, 604, 628, 641 f, 654, 665 VerwaltungshelferInnen 10, 219, 266 ff, 283 ff, 293, 295, 341, 351, 355, 358 ff, 365 f, 401, 403, 405, 448 ff, 452, 454, 474, 479 ff, 483 ff, 513, 515, 528 f, 538, 546 ff, 553 f, 567, 588, 591 f, 599, 603, 605, 607 ff, 611, 613 f, 619, 623 ff, 634 f, 637, 731, 733, 851 f, 871 f Verwaltungshilfe 10, 15, 268 f, 278, 285, 287 f, 292 f, 355 f, 361, 387, 389 f, 395, 402, 449, 471 f, 478 ff, 485 ff, 513, 527 f, 546, 553, 750, 871 Verwaltungsrechtsverhältnis 15, 230 ff, 300 f, 327 f, 352, 616, 635, 643 f, 646, 668, 855 Verwaltungsträger 231, 235, 246 f, 252, 265, 275, 278 ff, 357, 361, 368, 440, 491, 497, 514, 528, 581, 634, 724, 751, 872 Verwaltungsverfahren 6 ff, 13, 15 f, 25, 30, 102, 122, 129, 143, 146 f, 152, 154, 158, 161, 177, 191, 206, 208, 212, 214, 216 ff, 228 ff, 234 ff, 239 ff, 253 ff, 257, 260 ff, 267, 273, 275, 277 f, 280, 282, 292 f, 295 ff, 300 ff, 305 ff, 316, 320 ff, 329 ff, 345 f, 349 ff, 354 f, 362 f, 370 ff, 377 ff, 390 ff, 396, 417, 420, 422 f, 430, 432 f, 436 ff, 441, 443, 446, 449 ff, 454, 458, 469 ff, 474, 483, 499, 501, 516, 518 ff, 530, 532 f, 547, 555 f, 562 f, 565, 567, 579 f, 590, 594, 605, 612, 620 f, 630 ff, 634, 637, 639 f, 643, 645 f, 653, 656 ff, 661 ff, 666, 672, 674, 676, 679, 698, 725 ff, 731, 734 ff, 744 ff, 754 ff, 760 ff, 774 ff, 797 ff, 810, 812 ff, 817, 825, 827 ff, 840 f, 843 f, 846 ff, 853 f, 858 ff, 862, 864, 870 f, 873, 875, 877 Verwaltungsverfahrenseffizienz 310 Verwaltungsvertrag 236 ff, 272, 278, 287, 299, 313 f, 326 f, 421, 440 ff, 446 ff, 694, 700, 711, 724, 868 f
927
Stichwortverzeichnis
Verwaltungsvertragsabschluss 236, 327 Verzicht – antizipativer 823, 827, 829, 871 – konsentierter 827 ff – rechtsgeschäftlicher 811 Vielparteienkonflikt 20, 32 Volksöffentlichkeit 756, 758 Vorabbindung 180, 300, 302, 423, 426 f Vorabklärungsprozess 660, 667 Vorantragsverfahren 377, 382 Vorausverzicht 826 f, 829, 871 Vorbehalt des Gesetzes 273 f, 277, 298, 320, 499 Vorbereitungsphase 41, 142, 232
928
Vorbereitungsprivatisierung 286, 290, 453 f, 607, 612, 614, 852 Vorfrage 326, 768, 774 ff Vorphase 39, 163, 169 Vorrang des Gesetzes 270 f, 499, 652 Vorverfahren 212, 303, 392 ff, 396, 454 ff, 570 f, 642, 660, 664 f, 732 f, 857 Vorverhandeln 300, 645 Weisungshierarchie 242, 265, 354 Widerspruchsverfahren 15, 220, 222, 454 ff Zielkatalog 13 Zurechnungsregel 476, 495, 531, 538, 603, 874 Zuständigkeitsregel 717, 720