Gemeinnützige Rechtsträger in Japan und Deutschland: Eine rechtsvergleichende Studie gemeinnütziger Vereine und Stiftungen 9783161531972, 9783161530210

Der japanische Gesetzgeber hat die gesetzlichen Vorschriften für gemeinnützige Rechtsträger über hundert Jahre unverände

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German Pages 299 [301] Year 2014

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Vorwort
Inhaltsübersicht
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Verzeichnis japanischer Fachausdrücke
Verzeichnis japanischer Gesetze und anderer Rechtsvorschriften
Einleitung
I. Gegenstand der Untersuchung
II. Aufbau
III. Stand der Forschung
IV. Terminologie
Kapitel 1: Dogmatik privatrechtlicher gemeinnütziger Rechtsträger
I. Rechtsträger
1. Juristische Personen
2. Die gemeinnützige Treuhand
3. Nicht rechtsfähige gemeinnützig aktive Rechtsformen
a. Nicht rechtsfähige Rechtsformen
b. Bestandsaufnahme nicht rechtsfähiger gemeinnützig aktiver Vereinigungen
II. Gemeinnützige Rechtsträger
1. Bisherige Rechtslage
2. Reform der gemeinnützigen Rechtsträger des Zivilgesetzes
a. Kritik an der bisherigen Rechtslage
b. Reformverlauf
c. Zusammenhang mit anderen Reformen
3. Neue Rechtslage
a. Abgrenzungsmerkmal Gewinnerzielungsabsicht
b. Auf Gewinnerzielung gerichtete juristische Personen
c. Nicht auf Gewinnerzielung gerichtete juristische Personen
i.) Sonstige juristische Personen
1.) Gewöhnliche Vereine und Stiftungen
2.) Frühere juristische Person in der Mitte
ii.) Gemeinnützige juristische Personen
1.) Gemeinnützige Vereine und Stiftungen
2.) Non-Profit-Organisationen
a.) Rechtliche Grundlagen
b.) Beurteilung
III. Privatrechtliche und öffentlich-rechtliche Rechtsträger
1. Sonderrechtspersonen und Sondergesellschaften
2. Selbstständige verwaltungsbezogene juristische Personen
3. Beleihung privatrechtlicher gemeinnütziger Rechtsträger
IV. Rechtsvergleich
1. Rechtsträger des Bürgerlichen Gesetzbuchs
a. Abgrenzungsmerkmal der Wirtschaftlichkeit
b. Eingetragener Verein
c. Rechtsfähige Stiftung
2. Gemeinnützige Rechtsträger der Abgabenordnung
3. Vergleich
Kapitel 2: Rechtliche Grundlagen Gewöhnlicher Vereine und Stiftungen
I. Gründung
1. Gründungssystematik juristischer Personen
2. Gründung gemeinnütziger Vereine und Stiftungen a.F.
a. Erstellung der Satzung bzw. des Stiftungsgeschäfts
b. Begriff der Gemeinnützigkeit
c. Keine Gewinnerzielungsabsicht
d. Genehmigungserteilung
i.) Behördliche Ermessensgrundlage
ii.) Zuständige Behörde
iii.) Registereintragung
3. Gründung Gewöhnlicher Vereine und Stiftungen
a. Gewöhnliche Vereine
i.) Erstellung einer Satzung
ii.) Bestellung der Funktionsträger u.a.
iii.) Registereintragung
b. Gewöhnliche Stiftungen
i.) Erstellung einer Satzung
ii.) Einbringung des Vermögens
iii.) Bestellung der Evaluierer und der Funktionsträger u.a.
iv.) Registereintragung
4. Rechtsvergleich
a. Eintragungsverfahren in Japan und Deutschland
b. Anerkennungsverfahren der rechtsfähigen Stiftung in Deutschland
i.) Stiftungsgeschäft
ii.) Stiftungsrechtliche Anerkennung
iii.) Stiftungsbehörde
c. Zusammenfassung
II. Organisation
1. Gewöhnliche Vereine
a. Organisationsstruktur
b. Mitglieder
i.) Aufgaben
ii.) Mitgliedschaft
c. Mitgliederversammlung
i.) Alte Gesetzeslage
ii.) Unabdingbare Beschlussfassungsrechte
iii.) Einberufung
d. Geschäftsführungsorgan
i.) Alte Gesetzeslage
ii.) Gewöhnliche Vereine ohne Vorstand
iii.) Gewöhnliche Vereine mit Vorstand
1.) Aufgaben des Vorstands
2.) Risiken hinsichtlich der Kontrollfunktion
iv.) Vorsitzender
1.) Bestellung
2.) Amtszeit
3.) Vergütung
4.) Pflichten
a.) Sorgfalts- und Treuepflicht
b.) Offenlegungs- und zustimmungspflichtige Tätigkeiten
c.) Aufsichts- und Anzeigepflicht
d.) Auskunfts- und Rechenschaftspflicht
e. Revisor
i.) Alte Gesetzeslage
ii.) Bestellung und Amtszeit
f. Rechnungsprüfer
2. Gewöhnliche Stiftungen
a. Organisationsstruktur
b. Alte Gesetzeslage
c. Evaluierer
d. Versammlung der Evaluierer
i.) Aufgabe
ii.) Einberufung
e. Geschäftsführung
f. Revisor und Rechnungsprüfer
3. Rechtsvergleich
a. Gewöhnliche und eingetragene Vereine
i.) Organisationsstruktur
ii.) Mitgliederversammlung
1.) Satzungsautonomie
2.) Personalkompetenz
3.) Einberufung
b. Gewöhnliche und rechtsfähige Stiftungen
i.) Organisationsstruktur
ii.) Versammlung der Evaluierer
iii.) Kuratorium und Beirat
c. Geschäftsführungsorgan
i.) Organisation der Geschäftsführung
ii.) Pflichten eines Vorsitzenden bzw. eines Vorstandsmitglieds
1.) Bindung an die Satzung und die Beschlüsse der Mitgliederversammlung
2.) Treuepflicht
3.) Sorgfaltspflicht und Haftungsmaßstab
4.) Anzeige- und Aufsichtspflicht
5.) Auskunftspflicht
6.) Rechenschaftspflicht
d. Zusammenfassung
III. Auflösung
1. Auflösung gemeinnütziger Vereine und Stiftungen a.F.
2. Auflösung Gewöhnlicher Vereine und Stiftungen
a. Auflösungsgründe
b. Liquidationsverfahren
3. Rechtsvergleich
a. Auflösungsgründe
b. Auflösung durch einen staatlichen Hoheitsakt
c. Liquidationsverfahren
d. Zusammenfassung
IV. Anerkennung der Gemeinnützigkeit
1. Begriff der Gemeinnützigkeit
2. Materielle Voraussetzungen der Anerkennung
a. Gesetzliche Anforderungen
i.) Inhaltliche Anforderungen an das gemeinnützige Geschäft
ii.) Finanzielle Anforderungen an das gemeinnützige Geschäft
iii.) Anforderungen an die Organisationsstruktur
iv.) Anforderungen an das Vermögen des Rechtsträgers
b. Gründe für eine Disqualifizierung
3. Formelle Voraussetzungen der Anerkennung
a. Zuständige Behörde
b. Änderung der Bezeichnung
c. Rechtsmittel
4. Anerkennungskommission
a. Struktur der Kommission
b. Aufgaben
5. Kritische Anmerkung
6. Rechtsvergleich
a. Begriff der Gemeinnützigkeit
i.) Gemeinnützige Zwecke
1.) Adressatenkreis
2.) Katalog gemeinnütziger Tätigkeitsfelder
3.) Kritik am weiten Gemeinnützigkeitsbegriff in Deutschland
ii.) Mildtätige und kirchliche Zwecke
iii.) Selbstlosigkeit
b. Materielle Gemeinnützigkeitsvoraussetzungen
i.) Gewinnausschüttungsverbot
ii.) Wirtschaftliche Tätigkeit
iii.) Gemeinnützige Mittelverwendung
iv.) Anforderungen an die Organisationsstruktur
v.) Anforderungen an das Vermögen des Rechtsträgers
c. Formelle Gemeinnützigkeitsvoraussetzungen
d. Zusammenfassung
V. Steuerrechtliche Behandlung
1. Bisherige Rechtslage
a. Steuerbegünstigungen gemeinnütziger Vereine und Stiftungen a.F.
b. Steuerbegünstigungen von Spendern
2. Steuerrechtliche Behandlung der neuen Rechtsträger
a. Steuerrechtliche Qualifizierung
b. Steuerbegünstigungen
i.) Steuerbegünstigungen gemeinnützig tätiger Rechtsträger
ii.) Steuerbegünstigungen von Spendern
c. Formelles Besteuerungsverfahren
3. Rechtsvergleich
a. Steuerbegünstigung der gemeinnützigen Rechtsträger beider Länder
b. Steuerbegünstigung von Spendern
c. Zusammenfassung
Kapitel 3: Aufsichts- und Kontrollstruktur Gewöhnlicher Vereine und Stiftungen
I. Bisherige Rechtslage
1. Privatrechtliche Sanktionen
a. Haftung der gemeinnützigen Rechtsträger a.F.
b. Haftung der Vorsitzenden
c. Haftung des Revisors
2. Behördliches Aufsichtssystem
a. Anordnung und Untersuchung
b. Berichterstattung und Genehmigungsvorbehalt
c. Rücknahme der Gründungsgenehmigung
II. Organisationsinterne Kontrollstruktur
1. Kontrolle durch die Mitglieder bzw. Evaluierer
a. Gewöhnlicher Verein
i.) Mitgliederversammlung
1.) Einflussrechte
a.) Beschlussfassung
b.) Personalkompetenz
2.) Aufsichtsrechte
ii.) Minderheiten- und Individualrechte
1.) Einflussrechte
a.) Antragsrecht
b.) Handlungsverbot eines Vorsitzenden
2.) Aufsichtsrechte
a.) Einsetzung eines Prüfers
b.) Rechtsbehelfe gegen fehlerhafte Beschlüsse der Mitgliederversammlung
3.) Informationsrechte
b. Gewöhnliche Stiftung
i.) Evaluiererversammlung
ii.) Individualrechte
2. Kontrolle des Revisors
a. Einflussrechte
i.) Aktive Teilnahme an Vorstandssitzungen und deren Einberufung
ii.) Einfluss auf Personalentscheidungen
iii.) Handlungsverbot
b. Aufsichtspflichten
c. Informationspflichten
III. Privatrechtliche Sanktionen gegenüber Gewöhnlichen Vereinen und Stiftungen
1. Sanktionen gegenüber dem Rechtsträger
2. Sanktionen gegenüber den Funktionsträgern und den Evaluierern
a. Haftung der Vorsitzenden
i.) Innenhaftung gegenüber dem Rechtsträger
ii.) Außenhaftung gegenüber Dritten
iii.) Haftungsbefreiung gegenüber dem Rechtsträger
1.) Vollständige Haftungsbefreiung
2.) Haftungsteilbefreiung durch Mitglieder- bzw. Evaluiererversammlung
3.) Haftungsteilbefreiung durch die anderen Vorsitzenden
4.) Haftungsbeschränkungsvertrag für außenstehende Vorsitzende
b. Haftung der Revisoren
c. Haftung der Evaluierer bei Gewöhnlichen Stiftungen
d. Abberufung
3. Prozessuale Durchsetzung der Sanktionen
a. Klage gegenüber dem Rechtsträger und Funktionsträgern (Außenhaftung)
b. Mitgliederklage (Innenhaftung)
i.) Klagevoraussetzungen
ii.) Relevanz der Mitgliederklage
c. Klage durch den Rechtsträger (Innenhaftung)
d. Abberufungsklage
IV. Behördliche Aufsichtsmaßnahmen gegenüber gemeinnützigen Vereinen und Stiftungen
1. Verwaltungsbehörde
a. Berichterstattung, Untersuchung, Ratschlag und Anordnung
b. Rücknahme der Gemeinnützigkeitsanerkennung
2. Aufsicht der Steuerbehörden
V. Rechtsvergleich
1. Organisationsinterne Kontrollstruktur
a. Rechte der Mitglieder- und Evaluiererversammlung
b. Minderheiten- und Individualrechte
i.) Rechtsbehelfe der Mitglieder und Evaluierer
1.) Klagen gegen fehlerhafte Beschlüsse der Mitglieder- bzw. Evaluiererversammlung
2.) Mitgliederklage bzw. actio pro socio
ii.) Informationsrechte
2. Privatrechtliche Sanktionen
a. Haftung des Rechtsträgers
b. Haftung eines Vorsitzenden bzw. eines Vorstandsmitglieds
i.) Innen- und Außenhaftung
ii.) Haftungsbefreiungen gegenüber dem Rechtsträger
3. Behördliche Aufsicht
a. Deutsche Stiftungsaufsicht
i.) Aufsichtsmittel gegenüber der Geschäftsführung
ii.) Eingriffe in die Organisationsstruktur
iii.) Informationsrechte
b. Aufsicht der japanischen Verwaltungsbehörde und der deutschen Finanzbehörde
4. Zusammenfassung
Schlussfolgerung
Anhang
I. Bestandsaufnahme gemeinnütziger Rechtsträger anhand von Statistiken
1. Japan
2. Deutschland
3. Vergleich
II. Angaben bei der Registereintragung in Japan und Deutschland
1. Angaben bei der Registereintragung Gewöhnlicher Vereine, Art. 301 Abs. 2 VSG
2. Angaben bei der Registereintragung Gewöhnlicher Stiftungen, Art. 302 Abs. 2 VSG
3. Satzungserfordernisse eines eingetragenen Vereins in Deutschland
III. Gemeinnützigkeitserfordernis in Japan und Deutschland
1. Beigefügte Tabelle bzgl. gemeinnütziger Geschäfte i.S.d. Art. 2 Abs. 4 AnerkennG
2. Tätigkeitsbereiche der Kontrollpunkte der Anerkennungsrichtlinie, S. 37 der Anerkennungsrichtlinie
3. Katalog von Tätigkeiten, die die Allgemeinheit fördern, § 52 Abs. 2 AO
Literaturverzeichnis
Verzeichnis der Grafiken
Sachregister
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Gemeinnützige Rechtsträger in Japan und Deutschland: Eine rechtsvergleichende Studie gemeinnütziger Vereine und Stiftungen
 9783161531972, 9783161530210

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Studien zum ausländischen und internationalen Privatrecht 318 Herausgegeben vom

Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Privatrecht Direktoren:

Jürgen Basedow, Holger Fleischer und Reinhard Zimmermann

Sandra Schuh

Gemeinnützige Rechtsträger in Japan und Deutschland Eine rechtsvergleichende Studie gemeinnütziger Vereine und Stiftungen

Mohr Siebeck

Sandra Schuh, geboren 1980; Studium der Rechtswissenschaften in Trier, Marburg und Tokio; Rechtsreferendariat am Oberlandesgericht Frankfurt a. M.; 2013 Promotion.

e-ISBN 978-3-16-153197-2 ISBN 978-3-16-153021-0 ISSN 0720-1141 (Studien zum ausländischen und internationalen Privatrecht) Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen National­bibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet über http://dnb. dnb.de abrufbar. © 2014  Mohr Siebeck Tübingen. www.mohr.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwer­ tung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elek­ tronischen Systemen. Das Buch wurde von Gulde Druck in Tübingen auf alterungsbeständiges Werkdruck­ papier gedruckt und von der Buchbinderei Nädele in Nehren gebunden.

Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde vom Fachbereich Rechtswissenschaft der Philipps-Universität Marburg im Sommersemester 2013 als Dissertation angenommen. Die mündliche Prüfung fand am 12. Juli 2013 statt. Mein aufrichtiger Dank gilt meinem Doktorvater Prof. Dr. Heinrich Menkhaus für seine Betreuung und Unterstützung bei der Ausarbeitung sowie der Suche nach finanziellen Förderhilfen. Für die zügige Erstellung der Promotionsgutachten möchte ich mich außerdem bei Prof. Dr. Michael Kling und Prof. Dr. Makoto Arai sehr herzlich bedanken. Schließlich gilt mein Dank auch Prof. Dr. Moritz Bälz und Prof. Dr. Harald Baum für die Vermittlung und die Fürsprache zur Aufnahme dieser Arbeit in die Schriftenreihe des Max-Planck-Instituts. Die vorliegende Arbeit entstand hauptsächlich in den Jahren 2007–2010, die ich dank eines großzügigen Stipendiums der Japanischen Regierung an der Chuo Universität in Tokio verbringen durfte. Für die vielen wissenschaftlichen Anregungen und die Unterstützung bei der Recherche während dieser Zeit möchte ich mich bei den Professoren und Kollegen der Chuo Universität sehr herzlich bedanken, insbesondere bei Prof. Dr. Koresuke Yamauchi für seine umsichtige Betreuung während meines Studiums in Japan. Danken möchte ich außerdem allen anderen, die auf die eine oder andere Weise zum Gelingen dieser Arbeit beigetragen haben, insbesondere meiner Familie sowie den Familien Tohara und Matsubara aus Tokio. Frankfurt am Main, im August 2014

Sandra Schuh

Inhaltsübersicht Vorwort ............................................................................................................. V Inhaltsverzeichnis ............................................................................................. IX Abkürzungsverzeichnis ................................................................................. XIX Verzeichnis japanischer Fachausdrücke ........................................................ XXI Verzeichnis japanischer Gesetze und anderer Rechtsvorschriften ............. XXIII

Einleitung........................................................................................................ 1 I.

Gegenstand der Untersuchung................................................................... 3

II.

Aufbau ....................................................................................................... 5

III. Stand der Forschung .................................................................................. 6 IV. Terminologie ............................................................................................. 8

Kapitel 1: Dogmatik privatrechtlicher gemeinnütziger Rechtsträger .............................................................................. 11 I.

Rechtsträger............................................................................................. 11

II.

Gemeinnützige Rechtsträger ................................................................... 20

III. Privatrechtliche und öffentlich-rechtliche Rechtsträger .......................... 48 IV. Rechtsvergleich........................................................................................ 53

Kapitel 2: Rechtliche Grundlagen Gewöhnlicher Vereine und Stiftungen.......................................................................... 60

VIII

Inhaltsübersicht

I.

Gründung................................................................................................. 60

II.

Organisation ............................................................................................ 83

III. Auflösung .............................................................................................. 123 IV. Anerkennung der Gemeinnützigkeit...................................................... 136 V.

Steuerrechtliche Behandlung ................................................................. 169

Kapitel 3: Aufsichts- und Kontrollstruktur Gewöhnlicher Vereine und Stiftungen ....................................................... 183 I.

Bisherige Rechtslage ............................................................................. 184

II.

Organisationsinterne Kontrollstruktur ................................................... 191

III. Privatrechtliche Sanktionen gegenüber Gewöhnlichen Vereinen und Stiftungen........................................................................ 203 IV. Behördliche Aufsichtsmaßnahmen gegenüber gemeinnützigen Vereinen und Stiftungen........................................................................ 216 V.

Rechtsvergleich ..................................................................................... 219

Schlussfolgerung ...................................................................................... 239 Anhang ........................................................................................................ 243 Literaturverzeichnis........................................................................................ 253 Verzeichnis der Grafiken ............................................................................... 269 Sachregister .................................................................................................... 271

Inhaltsverzeichnis Vorwort ............................................................................................................. V Inhaltsübersicht ...............................................................................................VII Abkürzungsverzeichnis ................................................................................. XIX Verzeichnis japanischer Fachausdrücke ........................................................ XXI Verzeichnis japanischer Gesetze und anderer Rechtsvorschriften ............. XXIII

Einleitung........................................................................................................ 1 I.

Gegenstand der Untersuchung................................................................... 3

II.

Aufbau ....................................................................................................... 5

III. Stand der Forschung .................................................................................. 6 IV. Terminologie ............................................................................................. 8

Kapitel 1: Dogmatik privatrechtlicher gemeinnütziger Rechtsträger .............................................................................. 11 I.

Rechtsträger............................................................................................. 11 1. Juristische Personen ................................................................................. 12 2. Die gemeinnützige Treuhand ................................................................... 14 3. Nicht rechtsfähige gemeinnützig aktive Rechtsformen ........................... 16 a. Nicht rechtsfähige Rechtsformen ....................................................... 16 b. Bestandsaufnahme nicht rechtsfähiger gemeinnützig aktiver Vereinigungen ........................................................................ 18

II.

Gemeinnützige Rechtsträger ................................................................... 20

1. Bisherige Rechtslage ............................................................................... 21 2. Reform der gemeinnützigen Rechtsträger des Zivilgesetzes ................... 24 a. Kritik an der bisherigen Rechtslage ................................................... 24

X

Inhaltsverzeichnis

b. Reformverlauf .................................................................................... 25 c. Zusammenhang mit anderen Reformen ............................................. 31 3. Neue Rechtslage ...................................................................................... 31 a. Abgrenzungsmerkmal Gewinnerzielungsabsicht ............................... 33 b. Auf Gewinnerzielung gerichtete juristische Personen ....................... 38 c. Nicht auf Gewinnerzielung gerichtete juristische Personen ............... 39 i.) Sonstige juristische Personen..................................................... 40 1.) Gewöhnliche Vereine und Stiftungen .................................. 41 2.) Frühere juristische Person in der Mitte ................................ 42 ii.) Gemeinnützige juristische Personen .......................................... 42 1.) Gemeinnützige Vereine und Stiftungen ............................... 43 2.) Non-Profit-Organisationen ................................................... 44 a.) Rechtliche Grundlagen ................................................... 44 b.) Beurteilung ..................................................................... 46 III. Privatrechtliche und öffentlich-rechtliche Rechtsträger .......................... 48 1. Sonderrechtspersonen und Sondergesellschaften .................................... 49 2. Selbstständige verwaltungsbezogene juristische Personen ...................... 49 3. Beleihung privatrechtlicher gemeinnütziger Rechtsträger ....................... 51 IV. Rechtsvergleich ....................................................................................... 53 1. Rechtsträger des Bürgerlichen Gesetzbuchs ............................................ 54 a. Abgrenzungsmerkmal der Wirtschaftlichkeit..................................... 54 b. Eingetragener Verein ......................................................................... 55 c. Rechtsfähige Stiftung ......................................................................... 56 2. Gemeinnützige Rechtsträger der Abgabenordnung ................................. 57 3. Vergleich ................................................................................................. 58

Kapitel 2: Rechtliche Grundlagen Gewöhnlicher Vereine und Stiftungen.......................................................................... 60 I.

Gründung................................................................................................. 60 1. Gründungssystematik juristischer Personen ............................................ 61 2. Gründung gemeinnütziger Vereine und Stiftungen a.F. .......................... 63 a. Erstellung der Satzung bzw. des Stiftungsgeschäfts .......................... 63 b. Begriff der Gemeinnützigkeit............................................................. 64 c. Keine Gewinnerzielungsabsicht ......................................................... 67 d. Genehmigungserteilung ..................................................................... 67 i.) Behördliche Ermessensgrundlage .............................................. 67 ii.) Zuständige Behörde ................................................................... 70 iii.) Registereintragung ..................................................................... 71 3. Gründung Gewöhnlicher Vereine und Stiftungen ................................... 71

Inhaltsverzeichnis

XI

a. Gewöhnliche Vereine ......................................................................... 71 i.) Erstellung einer Satzung ............................................................ 71 ii.) Bestellung der Funktionsträger u.a. ........................................... 73 iii.) Registereintragung ..................................................................... 74 b. Gewöhnliche Stiftungen ..................................................................... 75 i.) Erstellung einer Satzung ............................................................ 75 ii.) Einbringung des Vermögens ...................................................... 76 iii.) Bestellung der Evaluierer und der Funktionsträger u.a. ............. 77 iv.) Registereintragung ..................................................................... 77 4. Rechtsvergleich ....................................................................................... 77 a. Eintragungsverfahren in Japan und Deutschland ............................... 78 b. Anerkennungsverfahren der rechtsfähigen Stiftung in Deutschland.................................................................................... 79 i.) Stiftungsgeschäft ....................................................................... 79 ii.) Stiftungsrechtliche Anerkennung .............................................. 80 iii.) Stiftungsbehörde ........................................................................ 81 c. Zusammenfassung .............................................................................. 82 II.

Organisation ............................................................................................ 83

1. Gewöhnliche Vereine .............................................................................. 84 a. Organisationsstruktur ......................................................................... 84 b. Mitglieder ........................................................................................... 86 i.) Aufgaben ................................................................................... 86 ii.) Mitgliedschaft ............................................................................ 87 c. Mitgliederversammlung ..................................................................... 87 i.) Alte Gesetzeslage....................................................................... 88 ii.) Unabdingbare Beschlussfassungsrechte .................................... 88 iii.) Einberufung ............................................................................... 89 d. Geschäftsführungsorgan ..................................................................... 90 i.) Alte Gesetzeslage....................................................................... 91 ii.) Gewöhnliche Vereine ohne Vorstand ........................................ 95 iii.) Gewöhnliche Vereine mit Vorstand........................................... 95 1.) Aufgaben des Vorstands ...................................................... 95 2.) Risiken hinsichtlich der Kontrollfunktion ............................ 96 iv.) Vorsitzender............................................................................... 97 1.) Bestellung ............................................................................ 97 2.) Amtszeit ............................................................................... 97 3.) Vergütung ............................................................................ 98 4.) Pflichten ............................................................................... 98 a.) Sorgfalts- und Treuepflicht............................................. 99 b.) Offenlegungs- und zustimmungspflichtige Tätigkeiten .................................................................... 100 c.) Aufsichts- und Anzeigepflicht ...................................... 101

XII

Inhaltsverzeichnis

d.) Auskunfts- und Rechenschaftspflicht ........................... 101 e. Revisor ............................................................................................. 101 i.) Alte Gesetzeslage..................................................................... 102 ii.) Bestellung und Amtszeit .......................................................... 102 f. Rechnungsprüfer .............................................................................. 104 2. Gewöhnliche Stiftungen ........................................................................ 104 a. Organisationsstruktur ....................................................................... 104 b. Alte Gesetzeslage ............................................................................. 106 c. Evaluierer ......................................................................................... 106 d. Versammlung der Evaluierer ........................................................... 107 i.) Aufgabe ................................................................................... 107 ii.) Einberufung ............................................................................. 108 e. Geschäftsführung ............................................................................. 109 f. Revisor und Rechnungsprüfer .......................................................... 109 3. Rechtsvergleich ..................................................................................... 109 a. Gewöhnliche und eingetragene Vereine........................................... 110 i.) Organisationsstruktur ............................................................... 110 ii.) Mitgliederversammlung ........................................................... 111 1.) Satzungsautonomie ............................................................ 111 2.) Personalkompetenz ............................................................ 112 3.) Einberufung........................................................................ 112 b. Gewöhnliche und rechtsfähige Stiftungen ....................................... 113 i.) Organisationsstruktur ............................................................... 113 ii.) Versammlung der Evaluierer ................................................... 114 iii.) Kuratorium und Beirat ............................................................. 114 c. Geschäftsführungsorgan ................................................................... 115 i.) Organisation der Geschäftsführung ......................................... 116 ii.) Pflichten eines Vorsitzenden bzw. eines Vorstandsmitglieds .. 117 1.) Bindung an die Satzung und die Beschlüsse der Mitgliederversammlung ..................................................... 118 2.) Treuepflicht ........................................................................ 118 3.) Sorgfaltspflicht und Haftungsmaßstab ............................... 120 4.) Anzeige- und Aufsichtspflicht ........................................... 120 5.) Auskunftspflicht ................................................................. 121 6.) Rechenschaftspflicht .......................................................... 122 d. Zusammenfassung ............................................................................ 122 III. Auflösung .............................................................................................. 123 1. Auflösung gemeinnütziger Vereine und Stiftungen a.F. ........................ 124 2. Auflösung Gewöhnlicher Vereine und Stiftungen ................................. 125 a. Auflösungsgründe ............................................................................ 126 b. Liquidationsverfahren ...................................................................... 128 3. Rechtsvergleich ..................................................................................... 130

Inhaltsverzeichnis

a. b. c. d.

XIII

Auflösungsgründe ............................................................................ 130 Auflösung durch einen staatlichen Hoheitsakt ................................. 132 Liquidationsverfahren ...................................................................... 134 Zusammenfassung ............................................................................ 135

IV. Anerkennung der Gemeinnützigkeit...................................................... 136 1. Begriff der Gemeinnützigkeit ................................................................ 137 2. Materielle Voraussetzungen der Anerkennung ...................................... 139 a. Gesetzliche Anforderungen .............................................................. 139 i.) Inhaltliche Anforderungen an das gemeinnützige Geschäft .... 139 ii.) Finanzielle Anforderungen an das gemeinnützige Geschäft .... 142 iii.) Anforderungen an die Organisationsstruktur ........................... 143 iv.) Anforderungen an das Vermögen des Rechtsträgers ............... 145 b. Gründe für eine Disqualifizierung.................................................... 146 3. Formelle Voraussetzungen der Anerkennung ........................................ 147 a. Zuständige Behörde ......................................................................... 148 b. Änderung der Bezeichnung .............................................................. 149 c. Rechtsmittel ..................................................................................... 149 4. Anerkennungskommission .................................................................... 150 a. Struktur der Kommission ................................................................. 150 b. Aufgaben .......................................................................................... 151 5. Kritische Anmerkung............................................................................. 152 6. Rechtsvergleich ..................................................................................... 155 a. Begriff der Gemeinnützigkeit........................................................... 156 i.) Gemeinnützige Zwecke ........................................................... 157 1.) Adressatenkreis .................................................................. 157 2.) Katalog gemeinnütziger Tätigkeitsfelder ........................... 158 3.) Kritik am weiten Gemeinnützigkeitsbegriff in Deutschland ................................................................... 160 ii.) Mildtätige und kirchliche Zwecke ........................................... 161 iii.) Selbstlosigkeit .......................................................................... 162 b. Materielle Gemeinnützigkeitsvoraussetzungen ................................ 162 i.) Gewinnausschüttungsverbot .................................................... 163 ii.) Wirtschaftliche Tätigkeit ......................................................... 164 iii.) Gemeinnützige Mittelverwendung .......................................... 165 iv.) Anforderungen an die Organisationsstruktur ........................... 166 v.) Anforderungen an das Vermögen des Rechtsträgers ............... 166 c. Formelle Gemeinnützigkeitsvoraussetzungen .................................. 167 d. Zusammenfassung ............................................................................ 168 V.

Steuerrechtliche Behandlung ................................................................. 169

1. Bisherige Rechtslage ............................................................................. 170

XIV

Inhaltsverzeichnis

a. Steuerbegünstigungen gemeinnütziger Vereine und Stiftungen a.F. .................................................................................. 170 b. Steuerbegünstigungen von Spendern ............................................... 171 2. Steuerrechtliche Behandlung der neuen Rechtsträger............................ 173 a. Steuerrechtliche Qualifizierung........................................................ 173 b. Steuerbegünstigungen ...................................................................... 174 i.) Steuerbegünstigungen gemeinnützig tätiger Rechtsträger ....... 174 ii.) Steuerbegünstigungen von Spendern ....................................... 176 c. Formelles Besteuerungsverfahren .................................................... 178 3. Rechtsvergleich ..................................................................................... 178 a. Steuerbegünstigung der gemeinnützigen Rechtsträger beider Länder .................................................................................... 179 b. Steuerbegünstigung von Spendern ................................................... 180 c. Zusammenfassung ............................................................................ 181

Kapitel 3: Aufsichts- und Kontrollstruktur Gewöhnlicher Vereine und Stiftungen .............................................. 183 I.

Bisherige Rechtslage ............................................................................. 184 1. Privatrechtliche Sanktionen ................................................................... 185 a. Haftung der gemeinnützigen Rechtsträger a.F. ................................ 185 b. Haftung der Vorsitzenden ................................................................ 187 c. Haftung des Revisors ....................................................................... 188 2. Behördliches Aufsichtssystem ............................................................... 188 a. Anordnung und Untersuchung ......................................................... 189 b. Berichterstattung und Genehmigungsvorbehalt ............................... 190 c. Rücknahme der Gründungsgenehmigung ........................................ 191

II.

Organisationsinterne Kontrollstruktur ................................................... 191

1. Kontrolle durch die Mitglieder bzw. Evaluierer .................................... 192 a. Gewöhnlicher Verein ....................................................................... 192 i.) Mitgliederversammlung ........................................................... 192 1.) Einflussrechte ..................................................................... 192 a.) Beschlussfassung .......................................................... 192 b.) Personalkompetenz ....................................................... 194 2.) Aufsichtsrechte .................................................................. 194 ii.) Minderheiten- und Individualrechte ........................................ 194 1.) Einflussrechte ..................................................................... 195 a.) Antragsrecht ................................................................. 195 b.) Handlungsverbot eines Vorsitzenden ........................... 195 2.) Aufsichtsrechte .................................................................. 196

Inhaltsverzeichnis

XV

a.) Einsetzung eines Prüfers............................................... 196 b.) Rechtsbehelfe gegen fehlerhafte Beschlüsse der Mitgliederversammlung ............................................... 197 3.) Informationsrechte ............................................................. 198 b. Gewöhnliche Stiftung....................................................................... 199 i.) Evaluiererversammlung ........................................................... 199 ii.) Individualrechte ....................................................................... 199 2. Kontrolle des Revisors ........................................................................... 200 a. Einflussrechte ................................................................................... 200 i.) Aktive Teilnahme an Vorstandssitzungen und deren Einberufung ................................................................... 200 ii.) Einfluss auf Personalentscheidungen ....................................... 201 iii.) Handlungsverbot ...................................................................... 201 b. Aufsichtspflichten ............................................................................ 202 c. Informationspflichten ....................................................................... 203 III. Privatrechtliche Sanktionen gegenüber Gewöhnlichen Vereinen und Stiftungen........................................................................ 203 1. Sanktionen gegenüber dem Rechtsträger ............................................... 203 2. Sanktionen gegenüber den Funktionsträgern und den Evaluierern ........ 204 a. Haftung der Vorsitzenden ................................................................ 204 i.) Innenhaftung gegenüber dem Rechtsträger.............................. 204 ii.) Außenhaftung gegenüber Dritten............................................. 205 iii.) Haftungsbefreiung gegenüber dem Rechtsträger ..................... 207 1.) Vollständige Haftungsbefreiung ........................................ 207 2.) Haftungsteilbefreiung durch Mitglieder- bzw. Evaluiererversammlung ..................................................... 207 3.) Haftungsteilbefreiung durch die anderen Vorsitzenden ..... 208 4.) Haftungsbeschränkungsvertrag für außenstehende Vorsitzende ........................................................................ 209 b. Haftung der Revisoren ..................................................................... 209 c. Haftung der Evaluierer bei Gewöhnlichen Stiftungen ..................... 210 d. Abberufung ...................................................................................... 210 3. Prozessuale Durchsetzung der Sanktionen ............................................ 211 a. Klage gegenüber dem Rechtsträger und Funktionsträgern (Außenhaftung) ................................................................................ 211 b. Mitgliederklage (Innenhaftung) ....................................................... 211 i.) Klagevoraussetzungen ............................................................. 212 ii.) Relevanz der Mitgliederklage .................................................. 213 c. Klage durch den Rechtsträger (Innenhaftung) ................................. 215 d. Abberufungsklage ............................................................................ 216

XVI

Inhaltsverzeichnis

IV. Behördliche Aufsichtsmaßnahmen gegenüber gemeinnützigen Vereinen und Stiftungen........................................................................ 216 1. Verwaltungsbehörde .............................................................................. 216 a. Berichterstattung, Untersuchung, Ratschlag und Anordnung .......... 217 b. Rücknahme der Gemeinnützigkeitsanerkennung ............................. 218 2. Aufsicht der Steuerbehörden ................................................................. 219 V.

Rechtsvergleich ..................................................................................... 219

1. Organisationsinterne Kontrollstruktur ................................................... 220 a. Rechte der Mitglieder- und Evaluiererversammlung ....................... 220 b. Minderheiten- und Individualrechte ................................................. 222 i.) Rechtsbehelfe der Mitglieder und Evaluierer .......................... 222 1.) Klagen gegen fehlerhafte Beschlüsse der Mitgliederbzw. Evaluiererversammlung ............................................ 222 2.) Mitgliederklage bzw. actio pro socio ................................. 223 ii.) Informationsrechte ................................................................... 225 2. Privatrechtliche Sanktionen ................................................................... 226 a. Haftung des Rechtsträgers ................................................................ 226 b. Haftung eines Vorsitzenden bzw. eines Vorstandsmitglieds............ 228 i.) Innen- und Außenhaftung ........................................................ 228 ii.) Haftungsbefreiungen gegenüber dem Rechtsträger ................. 229 3. Behördliche Aufsicht ............................................................................. 232 a. Deutsche Stiftungsaufsicht ............................................................... 232 i.) Aufsichtsmittel gegenüber der Geschäftsführung .................... 233 ii.) Eingriffe in die Organisationsstruktur ..................................... 235 iii.) Informationsrechte ................................................................... 235 b. Aufsicht der japanischen Verwaltungsbehörde und der deutschen Finanzbehörde ................................................................. 236 4. Zusammenfassung ................................................................................. 237

Schlussfolgerung ...................................................................................... 239

Inhaltsverzeichnis

XVII

Anhang ........................................................................................................ 243 I.

Bestandsaufnahme gemeinnütziger Rechtsträger anhand von Statistiken ....................................................................................... 243 1. Japan ...................................................................................................... 244 2. Deutschland ........................................................................................... 245 3. Vergleich ............................................................................................... 246

II.

Angaben bei der Registereintragung in Japan und Deutschland ...................................................................................... 247

1. Angaben bei der Registereintragung Gewöhnlicher Vereine, Art. 301 Abs. 2 VSG.............................................................................. 247 2. Angaben bei der Registereintragung Gewöhnlicher Stiftungen, Art. 302 Abs. 2 VSG.............................................................................. 248 3. Satzungserfordernisse eines eingetragenen Vereins in Deutschland ..... 249 III. Gemeinnützigkeitserfordernis in Japan und Deutschland ..................... 249 1. Beigefügte Tabelle bzgl. gemeinnütziger Geschäfte i.S.d. Art. 2 Abs. 4 AnerkennG .............................................................. 249 2. Tätigkeitsbereiche der Kontrollpunkte der Anerkennungsrichtlinie, S. 37 der Anerkennungsrichtlinie .......................................................... 250 3. Katalog von Tätigkeiten, die die Allgemeinheit fördern, § 52 Abs. 2 AO ...................................................................................... 251 Literaturverzeichnis........................................................................................ 253 Verzeichnis der Grafiken ............................................................................... 269 Sachregister .................................................................................................... 271

Abkürzungsverzeichnis Abs. AcP AEAO a.F. AG AO Art. BFH BGB BGH BVerfG BVerwG bzgl. bzw. ca. ders. dies. d.h. DG DÖV DVBl. etc. f. ff. Fn. FR ggf. GmbH GmbHR HGB i.d.F. i.V.m. IJNL JuS JZ KStG LG m. Anm. Mio. m.w.N.

Absatz Archiv für die civilistische Praxis Anwendungserlass zur Abgabenordnung alte Fassung Amtsgericht Abgabenordnung Artikel Bundesfinanzhof Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgerichtshof Bundesverfassungsgericht Bundesverwaltungsgericht bezüglich beziehungsweise circa derselbe/n dieselbe/n das heißt Distriktgericht (Japan) Die Öffentliche Verwaltung Deutsches Verwaltungsblatt et cetera folgend fortfolgende Fußnote Finanzrundschau gegebenenfalls Gesellschaft mit beschränkter Haftung GmbH-Rundschau Handelsgesetzbuch in der Fassung in Verbindung mit International Journal of Not-For-Profit Law Juristische Schulung JuristenZeitung Körperschaftssteuergesetz Landgericht mit Anmerkung Million(en) mit weiteren Nachweisen

XX Nr. NVwZ NZG OFD OGH OLG OVG Rn. S. sog. StiftG StuW u.a. UmwG usw. v.a. vgl. z.B. ZGR ZHR Ziff. zit.n. ZJapanR ZRP

Abkürzungsverzeichnis Nummer Neue Zeitschrift für Verwaltungsblatt Neue Zeitschrift für Gesellschaftsrecht Oberste Finanzdirektion Oberster Gerichtshof (Japan) Oberlandesgericht Oberverwaltungsgericht Randnummer Seite (bei Gesetzesvorschriften: Satz) sogenannt (Landes-) Stiftungsgesetz Steuer und Wirtschaft unter anderem / und andere Umwandlungsgesetz und so weiter vor allem vergleiche zum Beispiel Zeitschrift für Unternehmens- und Gesellschaftsrecht Zeitschrift für das gesamte Handelsrecht und Wirtschaftsrecht Ziffer zitiert nach Zeitschrift für Japanisches Recht Zeitschrift für Rechtspolitik

Verzeichnis japanischer Fachausdrücke Anerkannte Non-Profit-Organisation Anerkennungskommission Beglaubigung Beratungsgremium Erlaubnis Ertragsgeschäft Evaluierer Genehmigung Gemeinnütziger Verein und Stiftung a.F. Gemeinnützige Stiftung Gemeinnützige Treuhand Gemeinnütziger Verein Gerichtlich bestellter Prüfer Gewöhnliche Stiftung Gewöhnlicher Verein Große Gewöhnliche Stiftung Großer Gewöhnlicher Verein Interner Prüfer Juristische Person in der Mitte Kleine Gewöhnliche Stiftung Kleiner Gewöhnlicher Verein Nicht auf Gewinnerzielung gerichtete juristische Person Non-Profit-Organisation Prüferrat Rechnungsprüfer Revisor Staatsbedienstete Tochterorganisation Versammlung der Evaluierer Versammlung der Mitglieder Vertretungsberechtigter Vorsitzender Verwaltungsrat Verwaltungsnahe gemeinnützige juristische Person Vorsitzender Vorstand Zuständige Behörde Zustimmung

Nintei tokutei hi-eiri katsudō sokushin hōjin Kōeki nintei-tō i’in-kai Ninshō Gyōsei no kikan Ninka Shūeki jigyō Hyōgi’in Kyoka Tokurei minpō hōjin (früher: Kōeki shadan zaidan hōjin) Kōeki zaidan hōjin Kōeki shintaku Kōeki shadan hōjin Kensa-yaku Ippan zaidan hōjin Ippan shadan hōjin Dai-kibo ippan zaidan hōjin Dai-kibo ippan shadan hōjin Kansa-yaku Chūkan hōjin Shō-kibo ippan zaidan hōjin Shō-kibo ippan shadan hōjin Hi-eiri hōjin Tokutei hi-eiri katsudō sokushin hōjin (NPO-hōjin) Kansa yaku-kai Kaikei kansa-nin Kanji Kōmu-in Ko-hōjin Hyōgi’in-kai Shain sōkai Daihyō riji Torishimari yaku-kai Gyōsei itaku-gata kōeki hōjin Riji Riji-kai Shumu kanchō Shōnin

Verzeichnis japanischer Gesetze und anderer Rechtsvorschriften Mit einem Asterisk (*) markierte Gesetze sind in englischer Übersetzung auf der Homepage des Justizministeriums abrufbar: . AnerkennG

Gesetz über die Anerkennung der gemeinnützigen juristischen Person Verein und der gemeinnützigen juristischen Person Stiftung* Kurz: Anerkennungsgesetz Gesetz Nr. 49 / 2006

Kōeki shadan hōjin oyobi kōeki zaidan hōjin no nintei ni kansuru hōritsu

AnerkennGB

Durchführungsbestimmung des Gesetzes über die Anerkennung der gemeinnützigen juristischen Person Verein und der gemeinnützigen juristischen Person Stiftung Kabinettsamtsverordnung Nr. 68 / 2007

Kōeki shadan hōjin oyobi kōeki zaidan hōjin no nintei ni kansuru hōritsu sekō kisoku

AnerkennGV

Durchführungsverordnung des Gesetzes über die Anerkennung der gemeinnützigen juristischen Person Verein und der gemeinnützigen juristischen Person Stiftung Regierungsverordnung Nr. 276 / 2007

Kōeki shadan hōjin oyobi kōeki zaidan hōjin no nintei ni kansuru hōritsu sekōrei

Anerkennungsrichtlinie

Zur Verwaltung für die Anerkennung der Gemeinnützigkeit (Ausführungsrichtlinie zur Gemeinnützigkeitsanerkennung) Ausführungsrichtlinie der Anerkennungskommission v. 11.04.2008

Kōeki nintei-tō ni kansuru unyō ni tsuite (Kōeki nintei-tō gaidorain)

Durchführungsgesetz

Gesetz zur Ordnung der Gesetze im Zusammenhang mit der Durchführung des Vereinsund Stiftungsgesetzes und des Anerkennungsgesetzes Gesetz Nr. 50 / 2006

Ippan shadan hōjin oyobi ippan zaidan hōjin ni kansuru hōritsu oyobi kōeki shadan hōjin oyobi kōeki zaidan hōjin no nintei-tō ni kansuru hōritsu no sekō ni tomonau kankei hōritsu no seibi-tō ni kansuru hōritsu

XXIV

Verzeichnis japanischer Gesetze etc. Shotoku-zei hō

EKStG

Einkommenssteuergesetz Gesetz Nr. 33 / 1965 i.d.F. des Gesetzes Nr. 6 / 2010

EKStG a.F.

Einkommenssteuergesetz a.F. Gesetz Nr. 33 / 1965 i.d.F. des Gesetzes Nr. 64 / 2007

EKStGDB

Durchführungsbestimmungen zum Einkommenssteuergesetz Ministerialverordnung des Finanzministeriums Nr. 11 / 1965 i.d.F. der Ministerialverordnung Nr. 61 / 2010

EKStGDV

Durchführungsverordnung zum Einkommens- Shotoku-zei hō sekōsteuergesetz rei Regierungsverordnung Nr. 96 / 1965 i.d.F. der Regierungsverordnung Nr. 214 / 2010

EKStGDV a.F.

Durchführungsverordnung zum Einkommenssteuergesetz a.F. Regierungsverordnung Nr. 96 / 1965 i.d.F. der Regierungsverordnung Nr. 235 / 2007

GemTreuhandG

Gesetz über die gemeinnützige Treuhand Gesetz Nr. 22 / 1922 i.d.F. des Gesetzes Nr. 109 / 2006

Kōeki shintaku ni kansuru hōritsu

GesG

Gesellschaftsgesetz* Gesetz Nr. 86 / 2005 i.d.F. des Gesetzes Nr. 74 / 2009

Kaisha-hō

Shotoku-zei hō sekō kisoku

KabinettsStandards zur Aufsichtsführung und Grünentscheidung vom dung der gemeinnützigen juristischen Person 20.09.1996 Kabinettsentscheidung (kakugi kettei) vom 20.09.1996

Kōeki hōjin no setsuritsu oyobi shidō kantoku kijun

KabinettsVereinbarung über Prüfungsstandards für die entscheidung vom Errichtung der Gründungsgenehmigung der 23.03.1972 gemeinnützigen juristischen Person Kabinettsentscheidung (kakugi kettei) vom 23.03.1972

Kōeki hōjin setsuritsu kyoka shinsa kijun-tō ni kansuru mōshiawase

KöStG

Hōjin-zei hō

Körperschaftssteuergesetz* Gesetz Nr. 34 / 1965 i.d.F. des Gesetzes Nr. 6 / 2010

XXV

Verzeichnis japanischer Gesetze etc. KöStG a.F.

Körperschaftssteuergesetz a.F. Gesetz Nr. 34 / 1965 i.d.F. des Gesetzes Nr. 64 / 2007

KöStGDB

Durchführungsbestimmung zum Körperschaftssteuergesetz Ministerialverordnung des Finanzministeriums Nr. 12 / 1965 i.d.F. der Ministerialverordnung Nr. 53 / 2010

KöStGDV

Durchführungsverordnung zum KörperHōjin-zei hō sekō-rei schaftssteuergesetz Regierungsverordnung Nr. 97 / 1965 i.d.F. der Regierungsverordnung Nr. 196 / 2010

KöStGDV a.F.

Durchführungsverordnung zum Körperschaftssteuergesetz a.F. Regierungsverordnung Nr. 97 / 1965 i.d.F. der Regierungsverordnung Nr. 235 / 2007

NPOG

Gesetz zur Förderung bestimmter nicht auf Gewinn gerichteter Tätigkeiten Kurz: NPO-Gesetz , Gesetz Nr. 7 / 1998 i.d.F. des Gesetzes Nr. 28 / 2008 Englische Übersetzung des japanischen Zentrums für internationalen Austausch (nihon kokusai kōryū sentā), (Stand: 2003)

Person in der MitteG

Gesetz über die juristische Person in der Mitte Chūkan hōjin-hō Gesetz Nr. 49 / 2001

PrivatschulG

Gesetz über private Schulen Gesetz Nr. 270 / 1949 i.d.F. des Gesetzes Nr. 96 / 2007

Shiritsu gakkō hōjinhō

ReligionskörperschaftsG

Gesetz über die juristische Person für Religionen Gesetz Nr. 26 / 1951 i.d.F. des Gesetzes Nr. 50 / 2006

Shūkyō hōjin-hō

StGEintragung

Steuergesetz für die Eintragungskonzessionen Tōroku menkyo-zei Gesetz Nr. 35 / 1967 i.d.F. des Gesetzes hō Nr. 32 / 2010

Hōjin-zei hō sekō kisoku

Tokutei hieiri katsudō sokushin-hō

XXVI

Verzeichnis japanischer Gesetze etc. Gesetz für steuerliche Sondermaßnahmen* Kurz: Steuermaßnahmengesetz Gesetz Nr. 26 / 1957 i.d.F. des Gesetzes Nr. 34/2010 Durchführungsverordnung zum Gesetz für steuerliche Sondermaßnahmen Regierungsverordnung Nr. 43 / 1957 i.d.F. der Regierungsverordnung Nr. 320 / 2006

Sozei tokubetsu sotchi-hō

SVJPG

Allgemeines Gesetz über selbstständige verwaltungsbezogene juristische Personen Gesetz Nr. 103 / 1999

Dokuritsu gyōsei hōjin tsūsoku hō

TreuhandG

Treuhandgesetz* Gesetz Nr. 108 / 2006

Shintaku-hō

TreuhandG a.F.

Treuhandgesetz a.F. Gesetz Nr. 62 / 1922 Englische Übersetzung in EHS Law Bulletin Series, Bd. VI, CD, Tokyo 1972

VSG

Gesetz über die gewöhnliche juristische Person Verein und die gewöhnliche juristische Person Stiftung Kurz: Vereins- und Stiftungsgesetz Gesetz Nr. 48 / 2006

Ippan shadan hōjin oyobi ippan zaidan hōjin ni kansuru hōritsu

VSGDV

Durchführungsverordnung des Gesetzes über die gewöhnliche juristische Person Verein und die gewöhnliche juristische Person Stiftung Kurz: Durchführungsverordnung des Vereinsund Stiftungsgesetzes Regierungsverordnung Nr. 38 / 2007

Ippan shadan hōjin oyobi ippan zaidan hōjin ni kansuru hōritsu sekō-rei

VwPG

Verwaltungsprozessgesetz* Gesetz Nr. 139 / 1962 i.d.F. des Gesetzes Nr. 76 / 2009

Gyōsei jiken soshōhō

VwVfG

Gesetz über das Verwaltungsverfahren* Gesetz Nr. 88 / 1993 i.d.F. des Gesetzes Nr. 66 / 2006 Deutsche Übersetzung von S. Yoshiaki / T. Bölicke, ZJapanR 5 (1998), S. 169 ff.

Gyōsei tetsuzuki-hō

WohlfahrtsG

Gesetz über die soziale Wohlfahrt Gesetz Nr. 45 / 1951 i.d.F. des Gesetzes Nr. 85 / 2008

Shakai fukushi-hō

StMG

StMGDV

Sozei tokubetsu sotchi-hō sekō-rei

XXVII

Verzeichnis japanischer Gesetze etc. ZG

Zivilgesetz* Gesetz Nr. 89 / 1896 i.d.F. des Gesetzes Nr. 50 / 2006 (In Kraft getreten am 01.12.2008) Deutsche Übersetzung von A. Kaiser, Das japanische Zivilgesetzbuch in deutscher Sprache, Köln 2008

ZG a.F.

Zivilgesetz a.F. Gesetz Nr. 89 / 1896 und Gesetz Nr. 9 / 1898 i.d.F. des Gesetzes Nr. 87 / 2005 Deutsche Übersetzung von I. Akira / I. Leetsch, Das japanische BGB in deutscher Sprache, Köln 1985

Minpō

Einleitung In Japan wurde bislang die Sorge um das Gemeinwohl vorrangig als Angelegenheit des Staates angesehen. Dem privaten Engagement von Bürgern1 zum Wohle der Allgemeinheit begegnet der Staat dagegen traditionell mit Misstrauen. Seit einiger Zeit ist in Japan aber ein politisches Umdenken zu erkennen, das mit den Schlagworten „von der Regierung zum Volk“ (kan kara min he) mehr Selbstverantwortung und ein größeres Engagement der Bürger befürwortet.2 Der neue politische Ansatz wird maßgeblich von den Zielen der Entlastung und Verschlankung des japanischen Staates beeinflusst. Die wirtschaftliche Rezession Japans in den 1990er Jahren und der damit einhergehende Rückgang staatlicher Finanzierungsspielräume machten ein politisches Umdenken erforderlich, das auch den Bereich gemeinnützigen Handelns nachhaltig beeinflusst hat. 3 Seither hat die Staatsverschuldung weiter zugenommen. Der japanische Staat ist mit gegenwärtig 192 % seiner jährlichen Wirtschaftsleistung mehr als doppelt so hoch verschuldet wie Deutschland oder die USA. 4 Eine staatliche Förderung privaten Engagements ist daher notwendiger denn je zuvor. Die Idee der Gemeinwohlförderung durch privates Engagement hat ihren gedanklichen Ursprung jedoch nicht in der Politik. Seit längerem ist bereits ein Wachstum verschiedener bürgerschaftlicher 1 Der japanische Begriff für Bürger (shimin) erhält – anders als in Deutschland – erst nach dem Zweiten Weltkrieg eine politische Dimension. Zuvor wurde der Begriff in einem neutralen Sinn für Stadtbewohner verwendet. Die vergleichsweise späte politische Dimension des Begriffs ist darauf zurückzuführen, dass in Japan dem Bürger historisch nicht die gleiche gesellschaftspolitische Rolle zukam wie beispielsweise in Deutschland. In der Meiji-Zeit (1868–1912) entwickelte sich keine städtische Bevölkerungsschicht von „Besitz und Bildung“, die sich politisch engagierte. Vielmehr ist für die Meiji-Zeit die Formel „Besitz oder Bildung“ zutreffender. Die politisch einflussreiche besitzende Gesellschaftsschicht, das sog. „Wirtschaftsbürgertum“, bestand in Japan vor allem aus ehemaligen Samurai, d.h. einer zuvor privilegierten Gesellschaftsschicht. Sie war es auch, die entscheidenden Einfluss auf die staatspolitische Entwicklung Japans nahm. Grundlegend zum frühen japanischen Bürgertum MURAKAMI, Besitz und Bildung (1990). 2 ATODA / AMENOMORI / OTHA, Japanese Nonprofit Sector (1998), S. 99; SHIN-KŌEKI HŌJIN SEIDO KENKYŪ-KAI, Ichimon ittō (2006), S. 3; NAKATA, Jurisuto 1328 (2007), S. 4. 3 YAMAUCHI / KITORA, Policy Initiatives Towards New Legal Framework (2010), S. 87. 4 Stand: Ende 2009, World Fact Book: Country Comparison: Public Debt; (11.06.2010).

2

1. Kapitel: Dogmatik

Gruppierungen in der japanischen Gesellschaft zu beobachten, die sich seit Anfang der 1990er Jahre verstärkt für eine staatliche Förderung ihrer Aktivitäten einsetzen.5 Der gesellschaftliche Nutzen solcher Gruppierungen erfuhr landesweit mediale Aufmerksamkeit durch ihre Soforthilfemaßnahmen und die spätere Unterstützung beim Wiederaufbau nach dem Kobe-Erdbeben im Jahr 1995. Der Staat wurde dagegen von den Medien kritisiert, da einerseits die staatlichen Strukturen zur Hilfe der Menschen in dem betroffenen Gebiet versagten, andererseits die gesetzlichen Rahmenbedingungen nicht dazu geeignet waren, das Engagement der vielen Freiwilligen effizient zu nutzen. Auch nach dem Tohoku-Erdbeben vom 11. März 2011 hat sich wieder gezeigt, dass der Staat allein die notwendige Hilfe nicht umfassend leisten kann. „Als besonders effektiv erweist sich ein Netz privater Hilfsgruppen, das nach dem KobeErdbeben 1995 entstand. Drei Mitarbeiter des Zentrums für Erdbebenhilfe in Kobe trafen schon am Tag nach dem Beben in Natori in der am schwersten verwüsteten Präfektur (Miyagi) ein und verteilten Nahrungsmittel an Überlebende. Zwei Tage später schlugen sie ihre Basis in einer Turnhalle in Minami-Sanrikucho auf und versorgten Evakuierte aus der Gefahrenzone des Nuklearkomplexes Fukushima.“6

Die Erfahrungen des Kobe-Erdbebens werden oftmals als politischer Wendepunkt im staatlichen Umgang mit privatem Engagement angesehen. Seither sind in diesem Bereich einige Reformen von Seiten des Gesetzgebers erfolgt. Sie konzentrieren sich auf die Bereitstellung neuer Rechtsträger und auf grundlegende Gesetzesänderungen im Hinblick auf die bestehenden gemeinnützigen Rechtsträger. Angefangen hat der Reformprozess mit dem im Jahr 1998 als Sofortmaßnahme erlassenen Gesetz zur Förderung von bestimmtem, nicht auf Gewinn gerichtetem Engagement. Hierdurch wurden neue Rechtsträger mit vereinfachten Gründungsvoraussetzungen ermöglicht. Da diese Rechtsträger gedanklich mit dem US-amerikanischen Vorbild der nonprofit organization verknüpft waren, wurde das Gesetz in den Medien bald als NPO-hō (NPO-Gesetz) und die Rechtsträger als NPO hōjin (Non-ProfitOrganisation) 7 bezeichnet. Die jüngste Reform im Jahr 2006 betraf die gemeinnützigen Vereine und Stiftungen des Zivilgesetzes. Infolge der Reform wurden die bisherigen Vorschriften des Zivilgesetzes gestrichen und neue Rechtsträger mit ähnlicher Bezeichnung in einem Spezialgesetz außerhalb des Zivilgesetzes geregelt. Als neue Rechtsträger können nunmehr sog. Gewöhn-

5 KAWATO / PEKKANEN, Civil Society (2008), S. 195 f.; YAMAOKA, Japan (1999), S. 173; DEGUCHI, Institutionalized and Noninstitutionalized NPOs (2001), S. 154 f. 6 FRITZ, MARTIN, Die Tageszeitung (TAZ) vom 21.03.2011, (04.04.2011). 7 Die direkte Übersetzung würde hierbei juristische Person NPO lauten, jedoch hat sich als deutsche Übersetzung der Ausdruck Non-Profit-Organisation etabliert.

I. Gegenstand der Untersuchung

3

liche Vereine und Gewöhnliche Stiftungen nach den Vorschriften des Vereins- und Stiftungsgesetzes gegründet werden.

I. Gegenstand der Untersuchung

I. Gegenstand der Untersuchung

Gegenstand der vorliegenden Arbeit sind die gesetzlichen Rahmenbedingungen gemeinnütziger Rechtsträger in Japan. Es stellt sich dabei zunächst die Frage nach ihren dogmatischen Grundlagen. Bislang konnten nur bestimmte juristische Personen, die von Anfang an als gemeinnützig anerkannt waren, gegründet werden. Dieser Grundsatz wird durch die jüngsten Gesetzesreformen teilweise durchbrochen. Es ist daher zu untersuchen, ob und gegebenenfalls welche Rechtsträger nunmehr in Japan gemeinnützig aktiv werden können. Die Untersuchung zeigt, dass die meisten gemeinnützigen Rechtsträger weiterhin nur für bestimmte gemeinnützige Zwecke gegründet werden können. Allerdings können die neuen Rechtsträger NonProfit-Organisation sowie Gewöhnlicher Verein und Gewöhnliche Stiftung jetzt auch ohne steuerrechtliche Gemeinnützigkeitsanerkennung zu den unterschiedlichsten Zwecken ohne Gewinnerzielungsabsicht genutzt werden. Für den Bereich privatrechtlichen Handelns ohne Gewinnerzielungsabsicht sind daher diese drei Rechtsträger maßgeblich. Während die Non-ProfitOrganisation bereits in einigen Abhandlungen in englischer und deutscher Sprache besprochen wird, gibt es bislang keine umfassenden Untersuchungen zu japanischen Vereinen und Stiftungen, weder hinsichtlich der alten noch der neuen Rechtslage. Nachdem zunächst die dogmatischen Grundlagen gemeinnütziger Rechtsträger insgesamt untersucht werden, konzentriert sich die Darstellung im Weiteren auf Gewöhnliche Vereine und Gewöhnliche Stiftungen. Hierdurch soll erstmals ein umfassender Beitrag zum Recht der japanischen Vereine und Stiftungen in westlicher Sprache erfolgen. Ein Schwerpunkt der Untersuchung liegt auf der Beziehung zwischen dem Staat und Gewöhnlichen Vereinen und Stiftungen. Aufgrund der staatlichen Monopolstellung für gemeinnütziges Handeln und des Misstrauens gegenüber unabhängigen Bürgerbewegungen bestand in Japan bislang eine starke Anbindung der gemeinnützigen Vereine und Stiftungen des Zivilgesetzes an den Staat. Die staatliche Verflechtung der Rechtsträger zeigte sich auf verschiedenen Ebenen. Die bisherigen Rechtsträger standen von der Gründung bis zu ihrer Auflösung unter der Aufsicht einer Behörde. Sie waren daher verpflichtet, maßgebliche Entscheidungen hinsichtlich ihrer Organisation und Tätigkeiten von den Behörden genehmigen zu lassen. Infolge der hierdurch geschaffenen Abhängigkeiten hatten die Behörden nicht selten erheblichen Einfluss auf die Rechtsträger. Zudem hat auch die Praxis von amakudari, d.h. die Versetzung höherer Staatsbediensteter (kōmu-in) nach ihrem aktiven Dienst in Führungspositionen von gemeinnützigen Rechtsträgern, dazu beige-

4

1. Kapitel: Dogmatik

tragen, dass in vielen gemeinnützigen Rechtsträgern frühere Staatsbedienstete tätig sind. Einer Regierungsstudie aus dem Jahr 2007 zufolge wurden 44 % der gemeinnützigen Rechtsträger von ehemaligen Staatsbediensteten als Vorsitzende geleitet. 8 Schließlich waren viele Rechtsträger auch in finanzieller Hinsicht von der Finanzierung und Subventionierung staatlicher Stellen abhängig. Ein wesentlicher Grund für die Reform lag daher in der Abkopplung der Rechtsträger vom Staat. Es wird im Folgenden untersucht, durch welche Maßnahmen der Gesetzgeber die staatliche Unabhängigkeit Gewöhnlicher Vereine und Gewöhnlicher Stiftungen gestärkt hat. Die Kehrseite einer größeren Selbstständigkeit der Rechtsträger ist der Verlust staatlicher Kontrolle. Für die neuen Rechtsträger mussten daher neue interne Aufsichts- und Kontrollstrukturen (gabanansu) geschaffen werden, die ein ordnungsgemäßes Handeln der Rechtsträger ohne staatliche Aufsicht gewährleisten. Der japanische Gesetzgeber hat sich hierzu maßgeblich an der internen Kontrollstruktur des Gesellschaftsrechts orientiert. Dabei stellen sich jedoch die Fragen, inwieweit die rechtlichen Strukturen für Gesellschaften im Hinblick auf Vereine und Stiftungen herangezogen werden können und welche Modifizierungen vorgenommen werden müssen. Für Aktiengesellschaften wird für die interne Kontrolle des Geschäftsführungsorgans vor allem auf die Aktionäre abgestellt und es werden ihnen entsprechende Kontrollrechte übertragen. Aufgrund der ähnlichen Organisationsstrukturen von Aktiengesellschaften und Vereinen ist eine Übertragung vergleichbarer Kontrollrechte auf die Mitglieder eines Vereins denkbar. Das gesellschaftsrechtliche Kontrollmodell stößt jedoch bei Gewöhnlichen Stiftungen insoweit an seine Grenzen, als eine Stiftung nicht körperschaftlich organisiert ist und daher grundsätzlich keine interne Kontrollinstanz gegenüber dem Geschäftsführungsorgan besteht. Es wird deshalb in einem zweiten Schritt untersucht, welche internen und externen Kontrollstrukturen nach der neuen Gesetzeslage für Gewöhnliche Vereine und Gewöhnliche Stiftungen bestehen. In Deutschland sind in den letzten Jahren ebenfalls einige Gesetzesänderungen zur Verbesserung der rechtlichen Rahmenbedingungen gemeinnütziger Rechtsträger verabschiedet worden.9 Die Gesetzesänderungen zeigen, dass auch in Deutschland die gesellschaftliche Bedeutung gemeinnützigen Handelns erkannt und gefördert wird. „Bürgerschaftliches Engagement ist ein 8

YAMAUCHI / KITORA, Policy Initiatives Towards New Legal Framework (2010), S. 90 m.w.N. 9 „Gesetz zur weiteren steuerlichen Förderung von Stiftungen“, vom 14.07.2000, BGBl. I S. 1034 ff.; „Gesetz zur Modernisierung des Stiftungsrechts“, vom 15.07.2002, BGBl. I S. 2634 ff.; „Gesetz zur Stärkung des bürgerschaftlichen Engagements“, vom 10.10.2007, BGBl. I S. 2332 ff.; „Gesetz zur Erleichterung elektronischer Anmeldungen zum Vereinsregister und anderer vereinsrechtlicher Änderungen“, vom 24.09.2009, BGBl. I S. 3145 ff.; „Gesetz zur Begrenzung der Haftung von ehrenamtlich tätigen Vereinsvorständen“, vom 2.10.2009, BGBl. I S. 3161 ff.

II. Aufbau

5

tragender Pfeiler unserer Gesellschaft“ betonte die frühere Bundesjustizministerin Brigitte Zypries im Zusammenhang mit der letzten Gesetzesänderung für Vereine im Jahr 2009.10 Da sich sowohl der deutsche als auch der japanische Staat die Förderung privaten Engagements für das Gemeinwohl zur Aufgabe gemacht haben, bietet sich, neben den Fragestellungen zur neuen Rechtslage in Japan, ein Rechtsvergleich beider Länder an. Die Regelungen gemeinnütziger Vereine und Stiftungen in Japan wiesen bislang noch große Ähnlichkeit mit den historischen Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf. Bereits die grundlegende Einteilung der gemeinnützigen Rechtsträger in Vereine (shadan)11 und Stiftungen (zaidan) macht den Bezug zur deutschen Rechtsordnung offensichtlich. Gerade wegen des historischen Bezugs zu Deutschland ist der Rechtsvergleich mit Japan für deutsche Juristen immer wieder von Interesse. Im Gegensatz zu den Vereins- und Stiftungsvorschriften in Deutschland wurden die zivilgesetzlichen Regelungen für gemeinnützige Vereine und Stiftungen in Japan seit ihrem Inkrafttreten jedoch nicht geändert. Dadurch wurde eine umfassende Reform notwendig, die sich mit grundlegenden dogmatischen Fragen des Gemeinnützigkeitsrechts auseinanderzusetzen hatte. In der aktuellen Reform werden deshalb mitunter Problematiken diskutiert und neue Rechtsansätze gefunden, die auch für deutsche Vereine und Stiftungen von Interesse sind. Genannt werden können an dieser Stelle bereits die immer wieder aufflammende Diskussion über eine Notwendigkeit der zivilrechtlichen Stiftungsaufsicht sowie die bereits seit Jahren kritisierten Beurteilungskriterien für die wirtschaftliche Betätigung gemeinnütziger Körperschaften in Deutschland. Die vorliegende Arbeit stellt daher die grundlegenden Rahmenbedingungen von Vereinen und Stiftungen beider Länder gegenüber. Die hierbei hervortretenden Unterschiede dienen dann dazu, die gegenwärtige Rechtslage in Deutschland zu hinterfragen.

II. Aufbau

II. Aufbau

Die Arbeit gliedert sich entsprechend der Fragestellungen zur neuen Rechtslage in Japan in drei Kapitel. Jedem Themengebiet wird zunächst eine kurze Übersicht der alten Rechtslage vorangestellt, ohne deren Darstellung sich die neuen Regelungen und die Änderungen der alten Rechtslage nicht hinreichend erklären lassen. Den Abschluss bildet ein Rechtsvergleich mit den entsprechenden Regelungen in Deutschland. Da die Arbeit hauptsächlich das

10

„Vereinsrecht wird geändert“, Zeit Online vom 27.06.2009, (09.09.2010). 11 Zum Begriff shadan siehe MURAKAMI, Rechtspersönlichkeit der Handelsgesellschaften (2006), S. 212 ff.

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1. Kapitel: Dogmatik

japanische Recht behandelt, wird bei der Darstellung des deutschen Rechts vor allem auf die wesentlichen Unterschiede zu Japan hingewiesen. Das erste Kapitel untersucht die dogmatischen Grundlagen gemeinnütziger Rechtsträger in Japan. Es wird die Frage geklärt, welche Rechtsträger in Japan als privatrechtliche gemeinnützige Rechtsträger in Frage kommen. In diesem Zusammenhang ist zudem die Bedeutung des neuen Vereins- und Stiftungsrechts für gemeinnützige Rechtsträger insgesamt zu klären. Ein Gesamtbild gemeinnütziger Rechtsträger kann für Japan jedoch nicht vermittelt werden, ohne einen kurzen Blick auf die nicht rechtsfähigen Rechtsformen zu werfen. Sie haben vor allem in der Praxis vor Inkrafttreten des NPOGesetzes eine bedeutende Rolle für gemeinnütziges Handeln gespielt. Zudem sind gemeinnützige Rechtsträger auch von öffentlich-rechtlichen Rechtsträgern und Kooperationsformen zwischen staatlichen Stellen und gemeinnützigen Rechtsträgern abzugrenzen. Im zweiten Kapitel werden die rechtlichen Grundlagen Gewöhnlicher Vereine und Gewöhnlicher Stiftungen im Vereins- und Stiftungsgesetz untersucht. Hierbei soll das Augenmerk insbesondere auf die Frage der staatlichen Anbindung der neuen Rechtsträger gerichtet werden. Neben der Übersicht zu den Regelungen der Gründung, der Auflösung und der Organisationsstruktur werden anschließend auch die Voraussetzungen der Gemeinnützigkeit des neuen Anerkennungsgesetzes und die damit verbundenen steuerrechtlichen Vorteile aufgezeigt. Schließlich wird im dritten Kapitel auf die Kontrollstrukturen für die neuen Rechtsträger eingegangen. Für gemeinnützige Vereine und Stiftungen erfolgt auch nach der neuen Rechtslage weiterhin eine externe Staatsaufsicht. Dagegen spielen interne Kontrollstrukturen vor allem für Gewöhnliche Vereine und Gewöhnliche Stiftungen, die noch keine Gemeinnützigkeitsanerkennung erlangt haben, eine bedeutende Rolle. Der Abschnitt untersucht die Kontrollrechte der verschiedenen Organe und einzelner Mitglieder gegenüber dem Vorsitzenden und dem Rechtsträger.

III. Stand der Forschung

III. Stand der Forschung

Bislang wurde in Deutschland das Vereins- und Stiftungsrecht überwiegend jeweils getrennt behandelt. In den letzten Jahren gewinnen dagegen einheitliche Untersuchungen zu gemeinnützigen Rechtsträgern in der deutschen Rechtswissenschaft zunehmend an Bedeutung. In deutscher Sprache sind hierzu auch bereits einige rechtsvergleichende Arbeiten mit anderen europäischen Rechtsordnungen oder dem US-amerikanischen Rechtskreis entstan-

III. Stand der Forschung

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den.12 Dagegen lassen sich bislang nur vereinzelt Publikationen zu Teilaspekten des japanischen Rechts in deutscher Sprache finden. 13 Im Bereich der Sozial- und Politikwissenschaften erfolgt dagegen eine lebhafte Auseinandersetzung in englischer und deutscher Sprache mit dem neuen japanischen Rechtsträger der Non-Profit-Organisation. Dabei geht es vor allem um die Frage der Bürgergesellschaft 14 Japans. 15 Die gesetzlichen Regelungen Gewöhnlicher Vereine und Gewöhnlicher Stiftungen wurden bisher auch hier noch nicht eingehender behandelt. Ein Grund dafür ist sicherlich, dass mittlerweile zwar eine Übersetzung des Anerkennungsgesetzes der Gemeinnützigkeit in englischer Sprache vorliegt,16 eine Übersetzung des ungleich umfangreicheren Vereins- und Stiftungsgesetzes bislang jedoch noch aussteht. In Japan verweisen die meisten Lehrbücher zur neuen Gesetzeslage für gemeinnützige juristische Personen auf eine Publikation des Sekretariats zur Förderung der Verwaltungsreform im Kabinettsamt (gyōsei kaikaku suishin honbu jimu-kyoku). 17 Die Autoren sind Staatsbedienstete dieser Abteilung, die an den Reformgesetzen für gemeinnützige Vereine und Stiftungen beteiligt waren. Da es sich sowohl bei dem Vereins- und Stiftungsgesetz als auch bei dem Anerkennungsgesetz um gänzlich neue Gesetze handelt, kann bislang noch nicht auf eine Auslegungspraxis oder auf Gerichtsentscheidungen zurückgegriffen werden. Teilweise wird in der japanischen Literatur daher auf die Auslegung von gleichlautenden Vorschriften des Gesellschaftsgesetzes verwiesen. Die vorliegende Arbeit berücksichtigt Literatur und den Gesetzesstand bis zum Ende des Jahres 2010. Einzelne Webseiten wurden zur Auswertung neuester statistischer Daten noch bis Mai 2011 aufgenommen.

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Vgl. HARTNICK, Kontrollprobleme bei Spendenorganisationen (2007); v. HIPPEL, Grundprobleme von Nonprofit-Organisationen (2007); WALZ / V. HIPPEL, Rechtsvergleichender Generalbericht (2007). 13 GOTO, Gesellschafts- und Vereinssystem (2008), S. 31 ff.; MENKHAUS, Allgemeines Gesellschaftsrecht (2006), S. 229 ff.; STIFTUNGSZENTRUM, Stiftungen in Japan (1975). 14 Zum Begriff shimin shakai, der sowohl mit „Bürgergesellschaft“ als zunehmend auch mit „Zivilgesellschaft“ übersetzt wird, siehe SEIFERT, Notiz zum Begriffsverständnis von shimin shakai, S. 19 ff. 15 Z.B. YAMAUCHI / KITORA, Policy Initiatives Towards New Legal Framework (2010), S. 87 ff.; SIMON, ZJapanR 28 (2009), S. 5 ff.; BACKHOUSE / HOFFMANN / SCHREIER, Zivilgesellschaftspolitik in Japan (2009); KRUTH, Strategien der Zivilgesellschaft (2008); SCHMIDTPOTT, Nachbarschaftskulturen in Tokyo zwischen 1890 und 1970 (2005); PEKKANEN / HEINEKEN, IJNL 7 (2004), S. 42 ff.; AMEMIYA, Japan (1999), S. 131 ff.; AMENOMORI, Japan (1997), S. 188 ff. 16 NAIKAKU KANBŌ (Regierungssekretariat), (28.11.2010). 17 SHIN-KŌEKI HŌJIN SEIDO KENKYŪ -KAI, Ichimon ittō (2006) Vorwort S. iii.

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1. Kapitel: Dogmatik

IV. Terminologie

IV. Terminologie

Die Besprechung einer anderen Rechtsordnung in deutscher Sprache bringt stets terminologische Schwierigkeiten mit sich. Die Darstellung des japanischen Vereins- und Stiftungsrechts birgt gleich zwei Probleme, einerseits können ursprünglich der deutschen Rechtsordnung entlehnte Begriffe im japanischen Kontext eine andere Bedeutung haben, andererseits stützt sich das neue japanische Vereins- und Stiftungsrecht in hohem Maße auf das japanische Gesellschaftsgesetz (kaisha-hō).18 Die in die deutsche Sprache übersetzten Begriffe dieses Gesetzes sind zur Beschreibung von Vereinen und Stiftungen jedoch missverständlich. Aus diesem Grund sind vorab einige Begriffsbestimmungen erforderlich. In den bisherigen deutschsprachigen Übersetzungen der zivilgesetzlichen Vereins- und Stiftungsvorschriften wurde das japanische Wort riji sowohl für den Vorstand als Organ der Geschäftsführung, als auch für die einzelnen Mitglieder des Vorstands verwendet.19 Im neuen Vereins- und Stiftungsgesetz gibt es nunmehr auch eine riji-kai, d.h. eine Versammlung der einzelnen Mitglieder des Vorstands. Das Gesetz unterscheidet zwischen juristischen Personen mit und ohne riji-kai. Ein vergleichbares Problem stellt sich auch für die Aktiengesellschaft im Gesellschaftsgesetz. Ihre Organisationsstruktur ähnelt in dieser Hinsicht den Rechtsträgern des Vereins- und Stiftungsgesetzes. Im Gesellschaftsgesetz können nach der neuesten Reform aus dem Jahr 2005 Aktiengesellschaften mit und ohne torishimari yaku-kai gegründet werden. 20 Im Gesellschaftsrecht hat sich in der deutschsprachigen Literatur für den Begriff torishimari yaku-kai nicht die Übersetzung „Vorstand“, sondern „Verwaltungsrat“ eingebürgert. Die Bezeichnung soll den strukturellen Unterschied zum deutschen Recht verdeutlichen und vor einer übereilten Gleichsetzung schützen. Der Begriff wird hingegen immer wieder kritisiert, weil „Verwaltungsrat“ nach deutschem Verständnis ein kontrollierendes Organ bezeichnet, in Japan dagegen der torishimari yaku-kai auch die Geschäfte führt.21 18

Gesetz Nr. 86 /2005 i.d.F. des Gesetzes Nr. 86 / 2005. Die Übersetzung des kaisha-hō mit „Gesellschaftsgesetz“ greift eigentlich zu kurz, da die Vorschriften nur einen Teil der als kaisha bezeichneten Rechtsträger behandeln. Trotz dieser Ungenauigkeit hat sich als deutsche Übersetzung der Begriff „Gesellschaftsgesetz“ eingebürgert und wird daher im Folgenden verwendet. Vgl. zur Übersetzung des Begriffs MENKHAUS, Allgemeines Gesellschaftsrecht (2006), S. 229 ff. 19 ISHIKAWA, Das japanische BGB in deutscher Sprache (1985); KAISER, Das japanische Zivilgesetzbuch in deutscher Sprache (2008). 20 Für Vorschläge zur neuen Terminologie im Gesellschaftsrecht siehe DERNAUER, ZJapanR 20 (2005), S. 142; WESTHOFF, ZJapanR 21 (2006), S. 214. 21 Vgl. etwa MARUTSCHKE, Vorwort des Übersetzers, in: KAWAMOTO u.a., Gesellschaftsrecht in Japan (2004), S. 8 f.; RODATZ, ZJapanR 15 (2003).

IV. Terminologie

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In der vorliegenden Arbeit wird für den riji-kai die deutsche Bezeichnung „Vorstand“ weiter verwendet. Eine für das Vereins- und Stiftungsgesetz befriedigende sprachliche Lösung zu finden ist hier ähnlich schwierig wie im Gesellschaftsrecht, da auch der riji-kai im Vereins- und Stiftungsgesetz einerseits kontrollierende, andererseits geschäftsführende Aufgaben wahrnimmt. Die anhaltende Diskussion im Gesellschaftsrecht hat jedoch gezeigt, dass auch die Anlehnung an eine andere, bereits im deutschen Sprachgebrauch verwendete Terminologie zu falschen Rückschlüssen auf das beschriebene Recht führen kann. Aus den genannten Gründen wird für die Versammlung der riji der Begriff „Vorstand“ beibehalten. Daraus folgt, dass die einzelnen riji Vorstandsmitglieder sein können. Für Rechtsträger, die jedoch keinen Vorstand (riji-kai) eingerichtet haben, wäre es hingegen verwirrend, wenn sie trotzdem Vorstandsmitglieder hätten. Deshalb wird für riji die Bezeichnung „Vorsitzende“ verwendet. Die Vorsitzenden können Mitglieder eines Gremiums „Vorstand“ sein, es kann aber auch Rechtsträger mit einem Vorsitzenden oder mehreren Vorsitzenden und ohne Vorstand geben. Im deutschen Recht wird der Vorstand darüber hinaus mit dem Geschäftsführungsorgan eines Vereins oder einer Stiftung gleichgesetzt. Bei einem flüchtigen Blick auf das japanische Recht könnte daher der Eindruck entstehen, dass nach der neuen Rechtslage im Vereins- und Stiftungsgesetz auch Rechtsträger ohne ein solches Organ gegründet werden können. Hingegen gilt auch für das japanische Recht, dass eine juristische Person nicht selbst in der Lage ist, ihre Geschäfte zu führen, sondern dazu ein entsprechendes Organ einzurichten ist.22 Folglich bilden auch ein oder mehrere Vorsitzende ein Geschäftsführungsorgan im rechtstechnischen Sinne. Die Organstellung des einen Vorsitzenden oder der Vorsitzenden ergibt sich dabei bereits aus den Überschriften des 3. Kapitels des Vereins- und Stiftungsgesetzes, das jedem Organ einen eigenen Abschnitt widmet. In Japan gibt es daher entweder nur einen oder mehrere Vorsitzende, die zur Geschäftsführung bestellt werden, oder einen Vorstand, der jedoch gesetzlich eine bestimmte Organisationsstruktur aufweisen muss. Im Übrigen folgt die Arbeit weitgehend der Transkription und den Gesetzesabkürzungen der Zeitschrift für Japanisches Recht (ZJapanR). Einige wichtige Begriffe werden bei ihrer ersten Benennung mit dem japanischen Terminus angegeben.

22 ŌMI, Minpō kōgi I (2008), S. 126; SHINOMIYA / NOMI, Minpō sōsoku (2005), S. 109; ITŌ, Hōjin no kanri (2005), S. 119.

Kapitel 1

Dogmatik privatrechtlicher gemeinnütziger Rechtsträger Der japanische Gesetzgeber stellt zur Verwirklichung gemeinnützigen Handelns bestimmte Rechtsträger zur Verfügung. Sie sind zu unterscheiden von den auf Förderung des Gemeinwohls gerichteten Rechtsträgern des Staates. In der nachfolgenden Untersuchung privatrechtlicher gemeinnütziger Rechtsträger wird deutlich, dass der japanische Gesetzgeber bislang von dem dogmatischen Grundsatz ausging, dass bestimmte Rechtsträger ausschließlich für gemeinnütziges Handeln zu verwenden sind und die Verwendung anderer Rechtsträger dafür untersagt ist. Dieser Grundsatz wird in jüngster Zeit an verschiedenen Stellen der Rechtsordnung durchbrochen.

I. Rechtsträger

I. Rechtsträger

Der Begriff „Rechtsträger“ wird in der vorliegenden Arbeit in Anlehnung an die neutrale Bezeichnung des deutschen Umwandlungsgesetzes 1 für beide Rechtsordnungen als Oberbegriff verwendet. Anders als bei der Begriffsverwendung des Umwandlungsgesetzes werden als Rechtsträger jedoch nur rechtsfähige Rechtsformen erfasst. Der Begriff ist daher weitgehend mit dem der „juristischen Person“ identisch. Dennoch wird der Begriff „juristische Person“ vermieden, um voreilige, falsche Schlussfolgerungen über die japanische Rechtsordnung durch Begriffskonnotation zu vermeiden. Wie nachfolgend zu zeigen ist, hat das Rechtsinstitut der juristischen Person in Japan teilweise eine andere Bedeutung als in Deutschland. Soweit auch nicht rechtsfähige Rechtsformen behandelt werden, sind diese durch allgemeine Begriffe, z.B. als „Vereinigung“, „Organisation“ oder „nicht rechtsfähige Rechtsform“ kenntlich gemacht. Im Schwerpunkt behandelt die Arbeit rechtsfähige gemeinnützige Rechtsträger, da der Gesetzgeber in Japan gemeinnütziges Handeln nur bei rechtsfä-

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§§ 190 I, 191 UmwG. Zur rechtstechnischen Bedeutung des Begriffs „Rechtsträger“ im Umwandlungsgesetz siehe BT-Drucks. 12 / 6699, S. 71 Ziff. II; DECHER, in: UmwG, § 191 Rn. 1.

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1. Kapitel: Dogmatik

higen Organisationen steuerrechtlich begünstigt. 2 Allerdings ist die Anzahl der nicht rechtsfähigen Vereinigungen, die sich gemeinnützig engagieren, nach wie vor hoch. Ihr fehlender rechtsfähiger Status war ein wesentlicher Anstoß zur Reform der gemeinnützigen Vereine und Stiftungen a.F. Aufgrund der bedeutenden Rolle der nicht rechtsfähigen Vereinigungen innerhalb des gemeinnützigen Sektors wird nachfolgend auch auf diese Rechtsformen und ihre Tätigkeitsschwerpunkte kurz hingewiesen. Innerhalb der japanischen Rechtsordnung können daher gemeinnützige Organisationen in Form von juristischen Personen und weitere nicht rechtsfähige Rechtsformen unterschieden werden. Zur letzteren Gruppe zählen vor allem die gemeinnützige Treuhand, die Gesellschaft des Zivilgesetzes sowie nicht rechtsfähige Vereine und Stiftungen. 1. Juristische Personen Der Gesetzgeber hat für gemeinnütziges Handeln zunächst einmal Rechtsträger in Form von juristischen Personen (hōjin) vorgesehen. Welche Rechtsträger dies im Einzelnen sind, wird an anderer Stelle der Arbeit ausführlich dargestellt. 3 Aufgrund der ähnlichen Begriffsbezeichnung „juristische Person“ erscheint es aber notwendig, einige rechtsvergleichende Aspekte dieses Instituts in Japan und Deutschland anzusprechen. Dem Rechtsinstitut der juristischen Person kommt für den Rechtsverkehr in Japan eine ebenso bedeutende Rolle zu wie in Deutschland. Im Folgenden wird hierzu nur auf einige aktuelle Entwicklungen hingewiesen. Die Ausführungen verdeutlichen jedoch, dass dem Rechtsinstitut der juristischen Person in beiden Ländern zunehmend eine unterschiedliche Bedeutung innerhalb der Organisationsformen der Rechtsordnung zukommt. In beiden Rechtsordnungen sind juristische Personen zweckgebundene Rechtsträger, denen die Rechtsfähigkeit verliehen wurde, d.h. die selbstständige Träger von Rechten und Pflichten sind.4 Der Begriff der juristischen Person beschreibt bestimmte gleichartige Eigenschaften der als solche bezeichneten Rechtsträger. Charakteristisch sind die Trennung zwischen den Mitgliedern und Organen einerseits und das selbstständige Bestehen des Rechtsträgers andererseits. Diese Trennung zeigt sich insbesondere in drei Eigenschaften. Zum einen ist das Vermögen einer juristischen Person allein dem Rechtsträger zuzuordnen. Die Vermögensfähigkeit bietet ein hohes Maß 2 Eine Ausnahme besteht für die gemeinnützige Treuhand, die jedoch hinsichtlich der Vermögensregelungen einer juristischen Person ähnlicher ist als andere nicht rechtsfähige Rechtsformen. 3 Siehe für die Darstellung gemeinnütziger Rechtsträger ab S. 20 ff. 4 Für das deutsche Recht siehe BGHZ 25, S. 134 ff. (144); HADDING, in: Soergel, Vor § 21 Rn. 6; REUTER, in: MüKo, Vor § 21 Rn. 2; für das japanische Recht siehe WAGATSUMA / ARIIZUMI, Komentāru minpō (2008), S. 115.

I. Rechtsträger

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an Selbstständigkeit. Daraus folgt als weitere Eigenschaft ein Haftungsschutz der Mitglieder und der verwaltenden Organe. Für Verbindlichkeiten aus eingegangenen Rechtsgeschäften haftet grundsätzlich nur der Rechtsträger, nicht auch die Mitglieder mit ihrem persönlichen Vermögen. Des Weiteren ist der Rechtsträger in seiner Existenz unabhängig vom Wechsel der Mitglieder oder Organe. Soweit keine Vorschriften entgegenstehen, können juristische Personen zeitlich unbegrenzt existieren. Obgleich diese dogmatischen Grundlagen juristischer Personen in beiden Rechtsordnungen nach wie vor formal übereinstimmen, haben jüngste Rechtsentwicklungen in beiden Länder zu erheblichen Unterschieden hinsichtlich der Rechtsfähigkeit der Rechtsträger und der Haftung der Mitglieder geführt. Diese Entwicklungen lassen bezweifeln, ob die dogmatische Unterscheidung zwischen juristischen Personen oder nicht rechtsfähigen Rechtsformen weiterhin relevant ist. Zumindest haben sich die Rechtsinstitute beider Länder dadurch weiter voneinander entfernt. In Japan sind juristische Personen nach wie vor die einzigen Rechtsformen neben natürlichen Personen, die Rechtsfähigkeit erlangen können. Der Begriff Rechtsfähigkeit (kenri nōryoku) wird gleichbedeutend mit dem Begriff hōjin kaku, d.h. die Eigenschaften einer juristischen Person zu besitzen, verwendet. Nach deutschem Recht haben juristische Personen dagegen einen engeren Anwendungsbereich, da mittlerweile auch die Rechtsfähigkeit mancher Gesamthandsgemeinschaften anerkannt ist, ohne dass sie dadurch zu juristischen Personen werden. Die Rechtsfähigkeit der OHG ist gesetzlich in § 124 Abs. 1 HGB geregelt und auch der BGB-Gesellschaft wird diese Eigenschaft seit einer Grundsatzentscheidung des BGH zugestanden.5 In Abgrenzung zu Rechtsträgern, die rechtsfähig sind, ohne zugleich juristische Person zu sein, können aber nur juristische Personen umfassend selbstständige Rechtssubjekte werden. Als selbstständige Rechtssubjekte handeln sie nicht durch ihre Mitglieder (Selbstorganschaft), sondern sie verfügen über eine eigene Handlungsorganisation (Fremdorganschaft). Zudem begründen sie Verbindlichkeiten nicht zu Lasten ihrer Mitglieder, sondern nur im Hinblick auf ihr eigenes Vermögen. 6 Vergleicht man die Rechtslage in Japan, so sind die mit den Gesamthandsgemeinschaften vergleichbaren Rechtsformen nur dann rechtsfähig, wenn sie auch als juristische Personen anerkannt sind. Einzelne Aspekte des Instituts der juristischen Person wie die Rechtsfähigkeit werden hier nicht ausgegliedert. Die mit der deutschen OHG vergleichbare gōmei kaisha ist gesetzlich als juristische Person anerkannt. Dagegen ist die

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BGH vom 29.01.2001, JZ 2001, S. 655 ff. (656); zur Problematik der Unterscheidung von Personengesellschaften und Körperschaften siehe BEUTHIEN, JZ (2003), S. 715. 6 REUTER, in: MüKo, Vor § 21 Rn. 7.

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1. Kapitel: Dogmatik

mit der BGB-Gesellschaft vergleichbare Gesellschaft des Zivilgesetzes (minpō no kumiai) keine juristische Person und somit nicht rechtsfähig.7 Ein weiterer Unterschied zwischen den Rechtsinstituten in beiden Ländern wird in den Regelungen für Haftungsbeschränkungen von Mitgliedern deutlich. In Japan gibt es im Fall der mit der englischen limited liability partnership vergleichbaren yūgen sekinin jigyō kumiai die Möglichkeit einer vollständigen Haftungsbeschränkung aller Mitglieder, obwohl diese Rechtsform formal keine juristische Person ist. Die Haftung ist in diesem Fall auf das Vermögen der Organisation beschränkt. Im deutschen Recht ist die Möglichkeit der Haftungsbeschränkung bislang eine Eigenschaft, die nur juristische Personen kennzeichnet. 2. Die gemeinnützige Treuhand Neben der kontinentaleuropäischen Unterscheidung zwischen natürlichen und juristischen Personen als Rechtsträgern wurde in Japan auch das Rechtsinstitut des englischen trust eingeführt. Das im Japanischen als shintaku (Treuhand) bezeichnete Institut ist in Spezialgesetzen neben dem Zivilgesetz geregelt. Es wird beispielsweise für bestimmte Geld- und Vermögensanlagen, aber auch für andere Geschäftsformen verwendet. 8 Nach der gesetzlichen Legaldefinition wird mit der Treuhand eine Rechtsform bezeichnet, bei der ein Treuhänder ein bestimmten Zwecken dienendes Vermögen verwaltet und weitere Handlungen für die Erzielung der Zwecke vornimmt.9 Eine Treuhand ist keine juristische Person, da das Treuhandvermögen Teil des Vermögens des Treuhänders ist. Allerdings kann der Treuhänder nicht frei über das Vermögen verfügen. Aufgrund der eigenen Vermögensrechte genießt die Treuhand einen nahezu umfassenden Vermögensschutz und ähnelt darin einer juristischen Person. Die Treuhand wird grundsätzlich nicht für gemeinnütziges Handeln verwendet, jedoch besteht eine Ausnahme in der Rechtsform der gemeinnützigen Treuhand (kōeki shintaku). Es handelt sich hierbei um eine Treuhand, die ausschließlich zur Verfolgung gemeinnützig anerkannter Zwecke gegründet wird. Als solche wird sie auch steuerrechtlich begünstigt behandelt. Obwohl die gesetzlichen Grundlagen für diesen Rechtsträger bereits mit Erlass des Treuhandgesetzes im Jahr 1922 vorhanden waren, wurden die ersten gemein-

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MENKHAUS, Allgemeines Gesellschaftsrecht (2006), S. 243. Z.B. Geldanlagefonds (tōshi shintaku), Rentenfonds (nenkin shintaku), Immobilienfonds (tochi shintaku) und Wertpapierfonds (yūka shōken shintaku); siehe für eine Übersicht der Treuhandarten auch die Homepage der Shintaku kyōkai (Gesellschaft für die Treuhand), (13.10.2010); ARAI, Japan (2006), S. 205 ff. 9 Art. 2 Abs. 1 Treuhandgesetz. 8

I. Rechtsträger

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nützigen Treuhandeinrichtungen erst 1977 gegründet.10 Die Rechtsform dient seitdem vor allem zur Vergabe von Stipendien und der Förderung von Bildungsprogrammen. 11 Ihr Tätigkeitsbereich ist zumeist auf das Gebiet einer Präfektur beschränkt. Im Jahr 2007 gab es 564 gemeinnützige Treuhandeinrichtungen.12 Ihre Anzahl blieb über die letzten Jahre konstant. Das Recht der gemeinnützigen Treuhand war bislang im Treuhandgesetz geregelt. 13 Nach dessen umfassender Reform wurden die Vorschriften der gemeinnützigen Treuhand im Jahr 2006 unverändert in ein eigenes Gesetz ausgegliedert. 14 Eine inhaltliche Reform der Vorschriften hat bislang nicht stattgefunden. Zwar war im Rahmen der Treuhandreform auch über eine Umgestaltung der gemeinnützigen Treuhand diskutiert worden, ein Entschluss hierzu wurde jedoch im Hinblick auf die Reform der gemeinnützigen Rechtsträger a.F. noch nicht getroffen.15 Aufgrund der strukturellen Ähnlichkeit dieser Rechtsträger wollte man wohl zunächst deren erfolgreiche Implementierung abwarten. Die gemeinnützige Treuhand unterscheidet sich in vielerlei Hinsicht grundlegend von den anderen Organisationsformen der Treuhand. Beispielsweise werden nur Treuhandbanken (shintaku ginkō) oder Treuhandgesellschaften (shintaku kaisha) als Treuhänder akzeptiert. Begründet wird diese behördliche Einschränkung mit Blick auf die Zielsetzung der Gemeinwohlförderung. Diese erfordere eine höhere Absicherung als bei anderen Treuhandformen. Treuhandbanken hätten im Vergleich zu Privatpersonen das notwendige Wissen und die Erfahrung mit der Ausführung der Treuhandgeschäfte. Zudem seien sie aufgrund ihrer strengen Regulierungen durch das Treuhandgewerbegesetz16 und das Bankgesetz17 vertrauenswürdiger und weniger insolvenzgefährdet. 18 Die Gründung der gemeinnützigen Treuhand erfolgt zudem erst mit behördlicher Genehmigung. 19 Für die Dauer ihres Bestehens ist sie dann der behördlichen Aufsicht unterworfen. Aufgrund ihrer Gemeinnützigkeit genießt sie einige steuerliche Vorteile. Sie kann sich als bestimmte gemeinnützige Treuhand (tokutei kōeki shintaku) oder als aner10

AMENOMORI, Japan (1997), S. 204. SŌMU-SHŌ, Heisei 20 nen han kōeki hōjin hakusho (2008), S. 99. 12 KŌEKI HŌJIN JITSUMU KENKYŪ-KAI, Kōeki hōjin no riron to jitsumu (1973), S. 97. 13 Art. 66 ff. Treuhandgesetz a.F. 14 Kōeki shintaku ni kansuru hōritsu (Gesetz über die gemeinnützige Treuhand), Gesetz Nr. 22 / 1922 i.d.F. des Gesetzes Nr. 109 / 2006. 15 HŌMUSHO (Justizministerium), Shintaku-hō kaisei yōkō shian (Entwurf einer Reform des Treuhandgesetzes), S. 188 f. 16 Shintaku-gyō hō (Treuhandgewerbegesetz), Gesetz Nr. 154 / 2004 i.d.F. des Gesetzes Nr. 32 / 2010. 17 Ginkō-hō (Bankgesetz), Gesetz Nr. 59 / 1981 i.d.F. des Gesetzes Nr. 59 / 2009. 18 IWATA, Kōeki shintaku (1991), S. 85. 19 Art. 2 Abs. 1 des Gesetzes über die gemeinnützige Treuhand. 11

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1. Kapitel: Dogmatik

kannte gemeinnützige Treuhand (nintei kōeki shintaku) qualifizieren, um spendenrechtliche Steuervorteile zu erlangen.20 Die behördlichen Gründungs- und Aufsichtsregelungen der Treuhand ähneln strukturell denen der gemeinnützigen Vereine und Stiftungen a.F. Da die Hauptaufgabe der Treuhand in der Vermögensverwaltung zu gemeinnützigen Zwecken liegt, wurde sie in der Vergangenheit insbesondere mit der gemeinnützigen Stiftung a.F. verglichen. Die gemeinnützige Stiftung ist jedoch eine juristische Person und deshalb ein vermögensrechtlich selbstständiges Rechtssubjekt. Das Vermögen der Treuhand wird zwar auch gesetzlich weitgehend geschützt, letztlich kann es dennoch zu Situationen kommen, in denen die Gläubiger des Treuhänders Zugriff auf das Treuhandvermögen erlangen.21 Ein umfassender Vermögensschutz vergleichbar der gemeinnützigen Stiftung besteht daher nicht. In praktischer Hinsicht bedarf es zur Errichtung der gemeinnützigen Treuhand keines eigenständigen Verwaltungsapparats, d.h. keiner Räumlichkeiten und keines Personals etc., da der Treuhänder die Verwaltungsaufgaben für sie übernimmt. Eine gemeinnützige Stiftung hingegen muss ihre Verwaltung selbst organisieren.22 Durch die Reform der gemeinnützigen Rechtsträger a.F. haben sich die Rechtsformen noch weiter voneinander entfernt.23 3. Nicht rechtsfähige gemeinnützig aktive Rechtsformen Neben der Treuhand können noch drei weitere nicht rechtsfähige Rechtsformen unterschieden werden: die Gesellschaft des Zivilgesetzes, nicht rechtsfähige Vereine und nicht rechtsfähige Stiftungen. a. Nicht rechtsfähige Rechtsformen In den Vorschriften des Zivilgesetzes ist als nicht rechtsfähige Rechtsform nur die Gesellschaft des Zivilgesetzes (minpō no kumiai) geregelt.24 Es handelt sich dabei um eine personalistisch strukturierte Gesellschaft, deren Gesellschafter sich durch Vertrag zur Durchführung eines gemeinsamen Zwecks verpflichtet haben.25 Zur Erfüllung des Zwecks tragen die Mitglieder durch eigene Beiträge oder auch durch eine Dienstleistung bei.26 Im Gegensatz zu den körperschaftlich strukturierten Vereinen steht das Gesellschaftsvermögen 20

Art. 78 Abs. 3 EKStG, Art. 37 Abs. 4, 6 KöStG. Art. 23 Abs. 2, 4 Treuhandgesetz. 22 NAGASAWA, Shadan hōjin zaidan hōjin no unei jitsumu (2000), S. 28. 23 Weiterführend zum Recht der gemeinnützigen Treuhand siehe SCHUH, Gemeinnützige Treuhand. 24 Art. 667 ff. ZG. 25 KAWAKAMI, Minpō sōsoku kōgi (2007), S. 142 f.; BÄLZ / KANSAKU, Gesellschaftsrecht (2011), S. 135. 26 Art. 667 ZG. 21

I. Rechtsträger

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im Miteigentum der Gesellschafter (kyōyū shoyū-ken). 27 Die Geschäftsführung erfolgt grundsätzlich durch einen Mehrheitsbeschluss der Mitglieder, jedoch kann im Gesellschaftsvertrag auch ein Einzelner als Geschäftsführer bestimmt werden.28 Daneben ist im Wege der richterlichen Rechtsfortbildung die Rechtsform des nicht rechtsfähigen Vereins (kenri nōryoku naki shadan) anerkannt.29 An das Bestehen eines nicht rechtsfähigen Vereins werden in der Rechtsprechung drei Voraussetzungen gerichtet: Erstens die Vereinigung muss eine körperschaftliche Struktur besitzen, zweitens Beschlüsse müssen durch Mehrheitsentscheidung erfolgen und drittens der Fortbestand der Vereinigung muss von den Mitgliedern unabhängig sein. Zudem wird teilweise als weitere Voraussetzung verlangt, dass für die Vereinigung ein Vertreter bestellt und Regelungen über die Geschäftsführung und die Vermögensverwaltung getroffen werden.30 Die Beurteilung, ob eine Organisation eher körperschaftlich oder personalistisch strukturiert ist, kann in der Praxis oft schwierig sein. Erfüllt eine Organisation die genannten Merkmale eines nicht rechtsfähigen Vereins, ist umstritten, ob auf den Verein das Recht der juristischen Personen, d.h. des Gewöhnlichen Vereins, oder das der Gesellschaft des Zivilgesetzes angewendet wird. In der Rechtsprechung und Literatur besteht die Tendenz, den nicht rechtsfähigen Verein aus Gründen der Verkehrssicherheit ähnlich der Gesellschaft des Zivilgesetzes zu behandeln.31 Für die Frage der Vermögensfähigkeit wird er deshalb nicht als selbstständiges Vermögenssubjekt behandelt, sondern sein Vermögen steht im Gesamteigentum (sōyū shoyū-ken) der Mitglieder.32 Daraus ergibt sich auch, dass Immobilien nicht im Namen der Vereinigung eingetragen werden können, sondern zumeist der Name des bestellten Vertreters für den Verein im Grundbuch eingetragen wird. Demgegenüber ist mittlerweile anerkannt, dass nicht rechtsfähige Vereine in einem Gerichtsverfahren parteifähig sind und in steuerrechtlicher Hinsicht gleich einer juristischen Person als eigenes Steuersubjekt behandelt werden. 33 Die weiteren Rechtsfolgen sind im Einzelnen äußerst umstritten.

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Art. 668 ZG. Art. 670 ZG. 29 Statt vieler KAWAKAMI, Minpō sōsoku kōgi (2007), S. 191 f. m.w.N. 30 OGH vom 15.10.1964, Minshū 18 (1964), S. 1671 ff. (1673); OGH vom 19.10.1967, Minshū 21 (1967), S. 2078 ff. (2078). 31 NAGASAWA, Shadan hōjin zaidan hōjin no unei jitsumu (2000), S. 24. 32 OGH vom 2.06.1972, Minshū 26, S. 957 ff. (963); OGH vom 31.05.1994, Minshū 48 (1994), S. 1065 ff. (1069 f.); KAWAKAMI, Minpō sōsoku kōgi (2007), S. 192; UCHIDA, Minpō I (2008), S. 227 ff. 33 Art. 46 Minji soshō-hō (Zivilprozessgesetz), Gesetz Nr. 109 / 1996 i.d.F. des Gesetzes Nr. 95 / 2007; Art. 3 KöStG; NAGASAWA, Shadan hōjin zaidan hōjin no unei jitsumu (2000), S. 25; KAWAKAMI, Minpō sōsoku kōgi (2007), S. 192. 28

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1. Kapitel: Dogmatik

Die Rechtsform des nicht rechtsfähigen Vereins wurde bislang bei Vereinigungen anerkannt, die sich im Gründungsstadium des gemeinnützigen Vereins a.F. befanden. Zudem wurde die Rechtsform vor der Gemeinnützigkeitsreform von vielen Vereinigungen genutzt, die nicht die strengen Genehmigungsanforderungen für gemeinnützige Vereine und Stiftungen a.F. erfüllen konnten. 34 Infolge der Reform gibt es nunmehr neue Rechtsträger, die zu vielen Zwecken genutzt werden können und keine Gründungsgenehmigung mehr erfordern. Aufgrund dieser Entwicklung wird davon ausgegangen, dass die Rechtsform des nicht rechtsfähigen Vereins künftig an praktischer Bedeutung verlieren wird.35 Schließlich finden sich in der Rechtsprechung auch vereinzelt Hinweise auf die Anerkennung einer nicht rechtsfähigen Stiftung. Es handelt sich hierbei um ein nicht rechtsfähiges Zweckvermögen, das von dem Vermögen des Stifters oder anderer Privatpersonen getrennt werden kann, eine eigene Verwaltungsstruktur hat und im gesellschaftlichen Leben als unabhängiges Subjekt besteht. 36 Sie wurde bislang bei einer Stiftung, die sich im Gründungsstadium der gemeinnützigen Stiftung a.F. befindet, 37 oder für historische Shintoschreine und Tempel, 38 bei denen die Eigentumsverhältnisse umstritten waren, anerkannt.39 In den wenigen bisher hierzu ergangenen Urteilen lässt sich für ihre rechtliche Behandlung eine klare dogmatische Linie nur schwer erkennen. Sie wird überwiegend ähnlich einem nicht rechtsfähigen Verein behandelt, teilweise wird auch auf das Recht der Treuhand zurückgegriffen. In praktischer Hinsicht spielt sie nur eine untergeordnete Rolle. b. Bestandsaufnahme nicht rechtsfähiger gemeinnützig aktiver Vereinigungen Die genannten Rechtsformen werden für gemeinnützige Tätigkeiten von den unterschiedlichsten Gruppierungen genutzt. Nachfolgend werden nur zwei der bekannteren Gruppierungen eingehender dargestellt: Nachbarschaftsvereinigungen und Bürgervereinigungen. Eine lange Tradition haben in Japan Nachbarschaftsvereinigungen, z.B. Stadtteilvereinigungen (chōnai-kai) oder Selbstverwaltungsvereinigungen

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ŌMI, Minpō kōgi I (2008), S. 117 f.; KAWAKAMI, Minpō sōsoku kōgi (2007), S. 191. KAWAKAMI, Minpō sōsoku kōgi (2007), S. 191. 36 OGH vom 04.11.1969, Minshū 23 (1969), S. 1951 ff (1953). 37 OGH vom 26.06.1969, Minshū 23 (1969), S. 1175 ff (1175). 38 DG Miyazaki vom 25.01.1962, Hanrei Taimuzu 658 (1962), S. 5 ff. 39 Für eine Zusammenstellung und Kommentierung der wichtigsten Rechtsprechung siehe KŌCHI, Kenri nōryoku naki shadan zaidan no hanrei sōkai kaisetsu (2004), S. 149 ff. 35

I. Rechtsträger

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(jichi-kai). Sie entwickelten sich bereits in der Edo-Zeit40 aufgrund der Notwendigkeit gegenseitiger nachbarschaftlicher Hilfe.41 Nachbarschaftsvereinigungen sind kleinere, gebietsbezogene Gruppierungen, deren Mitglieder sich meist aus Freiwilligen zusammensetzen.42 Sie sind von der Stadtverwaltung zwar formal unabhängig, pflegen zu dieser jedoch eine enge Beziehung. Die Stadtverwaltung nutzt sie teilweise zur Kontaktaufnahme mit der Bevölkerung. Sie verteilen Informationsmaterial, Rundlaufklemmbretter, die von Haushalt zu Haushalt weitergereicht werden, oder organisieren Anschlagtafeln. Darüber hinaus veranstalten sie Stadtteilfeste, engagieren sich für die öffentliche Sicherheit und kümmern sich um die Müllsammlung. 43 Da sie überwiegend öffentliche Aufgaben wahrnehmen, ist fraglich, inwieweit sie tatsächlich als privatrechtliche Vereinigungen einzuordnen sind. Der Gesetzgeber ermöglichte es einigen Vereinigungen bereits früh, den Status der Rechtsfähigkeit zu erlangen. Im Jahre 1991 hat die japanische Regierung eine entsprechende Gesetzesänderung veranlasst.44 Hierbei wurden vor allem Tätigkeiten im Rahmen der lokalen Selbstverwaltung unterstützt. Der Großteil der Nachbarschaftsvereinigungen blieb von der Gesetzesänderung jedoch unberührt. Eine Studie aus dem Jahr 2002 zeigt, dass von insgesamt 296.770 Nachbarschaftsvereinigungen nur 22.050 rechtsfähig waren.45 Die Bedeutung der Nachbarschaftsvereinigungen hat im Vergleich zur Vor- und Nachkriegszeit jedoch abgenommen. Der Grund wird darin gesehen, dass durch den gesellschaftlichen Wandel Vereinigungen heutzutage verstärkt nach gemeinsamen Interessen, Hobbys oder in Bürgergruppen organisiert werden. Der Wohnort spielt dabei zunehmend eine untergeordnete Rolle.46 Es lassen sich jedoch auch gegenläufige neue Bewegungen erkennen, die zur Stärkung und Wiederbelebung der Stadtteile führen sollen, z.B. Gemeindeunternehmen (komyunitī bijinesu) oder Gemeindewährungen (chi‘iki tsūka).47

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Die Edo-Zeit oder auch Tokugawa-Zeit (1603 – 1868) bezeichnet eine Geschichtsperiode Japans, die mit der Verlegung des Regierungssitzes nach Edo, an den Ort der heutigen Stadt Tokyo begann. 41 YAMAOKA, History of the Nonprofit Sector in Japan (1998), S. 34 ff. 42 PEKKANEN / TSUJINAKA, Neighbourhood Associations (2008), S. 708. 43 PEKKANEN / TSUJINAKA, Neighbourhood Associations (2008), S. 709 f.; AMENOMORI, Japan (1997), S. 206. 44 Art. 260 Chihō jichi-hō (Gesetz über die lokale Selbstverwaltung), Gesetz Nr. 67 / 1947 i.d.F. des Gesetzes Nr. 71 / 2010. 45 Chien ni yoru dantai no ninka jimu no jōkyō-tō ni kansuru chōsa (Untersuchung zur Lage gebietsbezogener Vereinigungen hinsichtlich ihrer Erlaubniserteilung), zitiert nach PEKKANEN / TSUJINAKA, Neighbourhood Associations (2008) Fn. 2. 46 RUDOLF, Komyuniti zukuri in Tokyo (2008), S. 98. 47 RUDOLF, Komyuniti zukuri in Tokyo (2008), S. 105 ff. m.w.N.

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1. Kapitel: Dogmatik

Eine weitere große Gruppe sind die sog. Bürgervereinigungen (shimin dantai). Sie entwickelten sich Anfang der 1970er Jahr aus den Bürgerinitiativen zum Verbraucher- und Umweltschutz.48 Ihre Anzahl genau zu erfassen ist schwierig, da sie als nicht rechtsfähige Vereinigungen keiner Registrierung bedürfen. Aus einer Regierungsstudie des Jahres 2008 kann jedoch eine Gesamtzahl von ca. 93.036 nicht rechtsfähigen Bürgervereinigungen errechnet werden.49 In der Studie werden Bürgervereinigungen als Vereinigungen definiert, die nachhaltig und auf freiwilliger Basis der Gesellschaftsförderung dienen und die nicht auf Gewinnerzielung gerichtet sind.50 Es werden sowohl Non-Profit-Organisationen als auch sonstige nicht rechtsfähige Vereinigungen von dieser Definition erfasst.51 Die Tätigkeiten der Bürgervereinigungen sind vielfältig, jedoch liegen Tätigkeitsschwerpunkte in den Bereichen der Alten- und Behindertenbetreuung, der lokalen Stadtentwicklung (machi zukuri) und der Kulturförderung. 52

II. Gemeinnützige Rechtsträger

II. Gemeinnützige Rechtsträger Gemeinnützige Rechtsträger waren bislang im Zivilgesetz und in weiteren Spezialgesetzen geregelt. Infolge der Reformen seit Mitte der 1990er Jahre 48

YAMAOKA, History of the Nonprofit Sector in Japan (1998), S. 47 ff. Stand 2008. Die Anzahl wurde anhand einer Untersuchung der Regierung zu Bürgervereinigungen errechnet. NAIKAKU KOKUMIN SEIKATSU- KYOKU (Amt zum Bürgerleben des Kabinettsamts), Heisei nijūnendo shimin seikatsu dantai-tō kihon chōsa (Untersuchung zu Bürgervereinigungen im Jahre 2008). In der Untersuchung wird die Gesamtanzahl der Bürgervereinigungen nicht genannt. Das Verhältnis der nicht rechtsfähigen Bürgervereinigungen zu den Non-Profit-Organisationen wird aber mit 27,4 % zu 72,6 % angegeben. Geht man von einem Durchschnittswert von 35.113 Non-Profit-Organisationen für das Jahr 2008 aus (Durchschnittszahl der zwischen dem 31.01.2008 und dem 31.01.2009 insgesamt beglaubigten Non-Profit-Organisationen), so ergibt sich daraus die genannte Gesamtanzahl von 93.036 nicht rechtsfähigen Bürgervereinigungen. In einer Regierungsuntersuchung aus dem Jahr 1995 ging man von einer Gesamtanzahl von 85.000 Bürgervereinigungen aus, KEIZAI KIKAKU-CHŌ (Wirtschaftsplanungsamt), Heisei nananendo shimin kōeki dantai no jittai haaku chōsa (Untersuchung zur Erfassung der gemeinnützigen Bürgergruppen im Jahr 1995). 50 NAIKAKU KOKUMIN SEIKATSU-KYOKU (Amt zum Bürgerleben des Kabinettsamts), Heisei nijūnendo shimin seikatsu dantai-tō kihon chōsa (Untersuchung zu den Bürgergruppen im Jahre 2008), S. 2. 51 Von dem Begriff „Bürgergruppe“ nicht erfasst sind gebietsbezogene Gruppierungen, z.B. chōnai-kai (Stadtteilvereinigungen), jichi-kai (Selbtverwaltungsvereinigungen) usw., Gemeinschaftsgruppen, z.B. dosō-kai (Alumnivereinigungen), dokō-kai (Freizeitvereinigungen) usw., sowie religiöse oder politische Vereinigungen. 52 NAIKAKU KOKUMIN SEIKATSU-KYOKU (Amt zum Bürgerleben des Kabinettsamts), Heisei nijūnendo shimin seikatsu dantai-tō kihon chōsa (Untersuchung zu den Bürgergruppen im Jahre 2008), S. 8. 49

II. Gemeinnützige Rechtsträger

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sind die gemeinnützigen Rechtsträger a.F. des Zivilgesetzes abgeschafft und neue gemeinnützige Rechtsträger in Spezialgesetzen außerhalb des Zivilgesetzes eingeführt worden. 1. Bisherige Rechtslage In den zivilgesetzlichen Vorschriften wurden bislang zwei Grundtypen juristischer Personen zugelassen. Es durften auf Gewinn gerichtete juristische Personen (eiri wo mokuteki to suru hōjin) und gemeinnützige juristische Personen (kōeki hōjin) gegründet werden. Gemeinnützige juristische Personen waren zunächst nur die gemeinnützigen Vereine a.F. (kōeki shadan hōjin) und die gemeinnützigen Stiftungen a.F. (kōeki zaidan hōjin). Art. 33 ZG a.F. (Gesetzliche Grundlagen der Gründung juristischer Personen) „Juristische Personen können nur nach den Vorschriften dieses Gesetzes oder anderer Gesetze entstehen.“ Art. 34 ZG a.F. (Gründung gemeinnütziger juristischer Personen) „Wissenschaftliche, künstlerische, wohltätige, Shinto-Zeremonien dienende, religiöse oder sonstige gemeinnützige und nicht auf Gewinn gerichtete Vereine oder Stiftungen können mit Genehmigung der zuständigen Behörde juristische Personen werden.“

Die bisherige zivilgesetzliche Ausgangsbestimmung für gemeinnützige juristische Personen lässt drei Tatbestandsvoraussetzungen erkennen. Sie mussten gemeinnützig, nicht auf Gewinnerzielung gerichtet und behördlich genehmigt sein. Entscheidenden Einfluss auf die Beurteilung der Rechtsträger hatten dabei die sog. zuständigen Behörden (shumu kanchō), die sowohl für die Erteilung der Genehmigung als auch für die spätere Aufsicht über die laufenden Tätigkeiten zuständig waren.53 In Japan unterlagen bislang gemeinnützige Vereine und Stiftungen a.F. einer staatlichen Aufsicht. Für die Notwendigkeit einer staatlichen Aufsicht werden in der Literatur unterschiedliche Erklärungsansätze genannt. Überwiegend wurde wohl angenommen, dass sie aufgrund ihrer Zweckverfolgung, der Förderung des Allgemeinwohls, besonders schutz- und aufsichtsbedürftig seien.54 Bei der Entstehung des Art. 34 ZG a.F. haben sich die japanischen Gesetzesverfasser an der Vorlage des zweiten Entwurfs des Bürgerlichen Gesetzbuchs in Deutschland orientiert. Die deutsche Vorlage sah in ähnlicher Weise eine Differenzierung zwischen wirtschaftlichen und nicht wirtschaftlichen Vereinen vor. Jedoch unterschied sich die Entwurfsvorlage von der Endfassung des Bürgerlichen Gesetzbuchs insoweit, als ursprünglich noch eine positive Regelung des deutschen eingetragenen Vereins vorgesehen war. In 53 54

Art. 67 ZG a.F. NAGASAWA, Shadan hōjin zaidan hōjin no unei jitsumu (2000), S. 5.

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1. Kapitel: Dogmatik

§ 21 BGB in der Fassung des zweiten Entwurfs wird der rechtsfähige Verein noch anhand einzelner Gemeinnützigkeitsbereiche umschrieben: „Vereine zu gemeinnützigen, wohltätigen, geselligen, wissenschaftlichen, künstlerischen oder anderen nicht auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichteten Zwecken“. 55 In der Endfassung des § 21 BGB sah man hingegen von der Benennung einzelner Gemeinnützigkeitsbereiche ab und beließ es bei der Unterscheidung von wirtschaftlichen und nicht wirtschaftlichen eingetragenen Vereinen. Ungeachtet der unterschiedlichen Gesetzestexte des Bürgerlichen Gesetzbuchs und des Zivilgesetzes hatten die japanischen Gesetzesverfasser anfangs ebenfalls überlegt, ob die Bezeichnung „gemeinnützige juristische Personen“ auch alle nicht auf Gewinnerzielung gerichteten Rechtsträger umfassen sollte. Die exemplarische Aufzählung gemeinnütziger Tätigkeitsfelder im Gesetz hätte dann nur zur Verdeutlichung des Unterschieds zwischen auf Gewinnerzielung und nicht auf Gewinnerzielung gerichteten Rechtsträgern gedient. In Japan folgte man hingehen nicht dieser deutschen Unterteilung, sondern die gemeinnützigen Tätigkeitsfelder erhielten eine eigenständige Bedeutung als zusätzliche Gemeinnützigkeitsvoraussetzung.56 Gemeinnützige Rechtsträger mussten deshalb zum einen nicht auf Gewinnerzielung gerichtet und zum anderen gemeinnützig sein. Die Gründe für eine derartige Eingrenzung gemeinnütziger Rechtsträger sind bislang nicht abschließend geklärt. Teilweise wird angenommen, dass der historische Gesetzgeber neben Handelsgesellschaften einen weiteren Rechtsträger zulassen wollte, aber die Konkurrenzsituation solcher Rechtsträger zur öffentlichen Verwaltung mit gewissen Gefahren verbunden sah und deshalb die Tätigkeitsbereiche beschränkte.57 Das Ergebnis dieser Auslegung war jedoch, dass Rechtsträger entweder wirtschaftliche oder gemeinnützige Ziele verfolgen mussten, wenn sie den Status einer juristischen Person erlangen wollten. Für die Verfolgung anderer Interessen waren lange Zeit keine weiteren Rechtsträger vorgesehen. Es konnten deshalb nach den zivilrechtlichen Vorschriften keine Vereine und Stiftungen gegründet werden, die weder wirtschaftliche noch gemeinnützige Zwecke verfolgten. In Spezialgesetzen außerhalb des Zivilgesetzes wurden nach dem Zweiten Weltkrieg weitere gemeinnützige juristische Personen zugelassen. 58 Es handelte sich hierbei jeweils um einzelne Rechtsträger für die in Art. 34 ZG a.F. vorgesehenen Gemeinnützigkeitsbereiche, d.h. Schulkörperschaften (gakkō hōjin) 59 , Soziale Wohlfahrtskörperschaften (shakai fukushi hōjin) 60 55

BÄR, IN: HKK-BGB, § 20 Rn. 36. HOSHINO, Minpō ronshū 1 kan (1970), S. 127; NAKATA, Jurisuto 1126 (1998), S. 53. 57 MENKHAUS, Allgemeines Gesellschaftsrecht (2006), S. 238. 58 Art. 33 ZG a.F. 59 Shiritsu gakkō hōjin-hō (Gesetz über private Schulen), Gesetz Nr. 270 / 1949. 56

II. Gemeinnützige Rechtsträger

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und Religionskörperschaften (shūkyō hōjin) 61 . Ihre Ausgliederung wurde aufgrund der Änderung der Verfassung nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges notwendig. 62 Es wurde verfassungsrechtlich untersagt, öffentliche Gelder für wohltätige, religiöse oder die Bildung unterstützende Organisationen zu verwenden, wenn sie nicht öffentlich kontrolliert werden.63 Hintergrund der Einführung dieser Vorschrift war das Bestreben nach einer Trennung von privater und staatlicher Handlungssphäre. Es sollte verhindert werden, dass private Organisationen behördlichen Anweisungen folgten um öffentliche Gelder zu erhalten. 64 Indem die betreffenden privaten Rechtsträger in den Einzelgesetzen einer ministeriellen Aufsicht unterstellt wurden, konnten sie jedoch weiterhin öffentliche Gelder erhalten.65 Es wurden daher gemeinnützige Stiftungen, die Privatschulen führten, der staatlichen Aufsicht des Erziehungsministeriums (monsu-shō) unterstellt und die Wohlfahrtskörperschaften dem Ministerium für öffentliche Wohlfahrt (kōsei-shō). Im Fall der Religionskörperschaften spielten auch Gründe der Säkularisierung eine wesentliche Rolle für den Erlass des Einzelgesetzes. 66 Neben den genannten Rechtsträgern wurden im Laufe der Jahre noch weitere gemeinnützige Rechtsträger in Spezialgesetzen zugelassen.67 Erst im Jahr 1998 wurde wieder ein allgemeiner gemeinnütziger Rechtsträger eingeführt, die sog. Non-Profit-Organisation (NPO hōjin). Anders als die zuvor in Spezialgesetzen geregelten gemeinnützigen Rechtsträger ist die Non-Profit-Organisation nicht auf einen gemeinnützigen Tätigkeitsbereich beschränkt, sondern kann wie gemeinnützige Vereine und Stiftungen für ein weites Spektrum gemeinnütziger Tätigkeiten genutzt werden. Die Einführung der Non-Profit-Organisation verdeutlicht ein Umdenken der gesellschaftlichen Rolle gemeinnütziger Rechtsträger in der japanischen Politik, 68 welches letztlich auch zur Reform der gemeinnützigen Rechtsträger des Zivilgesetzes führte.

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Shakai fukushi-hō (Gesetz über die soziale Wohlfahrt), Gesetz Nr. 45 / 1951. Shūkyō hōjin-hō (Gesetz über die juristische Person für Religionen), Gesetz Nr. 26 / 1951. 62 NAGASAWA, Shadan hōjin zaidan hōjin no unei jitsumu (2000), S. 8. Nagasawa erklärt die Sondergesetzgebung für Schulkörperschaften mit der wichtigen Bedeutung der Bildung für die Bevölkerung. 63 Art. 89 Kenpō (Verfassung). 64 YAMAOKA, History of the Nonprofit Sector in Japan (1998), S. 37. 65 YAMAOKA, History of the Nonprofit Sector in Japan (1998), S. 38. 66 NAGASAWA, Shadan hōjin zaidan hōjin no unei jitsumu (2000), S. 8; YAMAOKA, History of the Nonprofit Sector in Japan (1998), S. 39. 67 Siehe für eine Auflistung spezialgesetzlich geregelter gemeinnütziger Rechtsträger WAGATSUMA / ARIIZUMI, Komentāru minpō (2008), S. 129. 68 YAMAMOTO, State and the Nonprofit Sector (1998), S. 119. 61

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1. Kapitel: Dogmatik

2. Reform der gemeinnützigen Rechtsträger des Zivilgesetzes Die gemeinnützigen Rechtsträger des Zivilgesetzes a.F. waren bereits seit längerem vielseitiger Kritik ausgesetzt gewesen. 69 Diese Kritik führte letztlich zu ihrer umfassenden Reform. a. Kritik an der bisherigen Rechtslage Ein Hauptkritikpunkt betraf das Genehmigungsverfahren zur Gründung gemeinnütziger Vereine und Stiftungen a.F. Es bestanden keine einheitlichen Gründungsvoraussetzungen zur Beurteilung der Organisationen durch die zuständigen Behörden.70 Dadurch wurden teilweise erhebliche finanzielle und organisatorische Absicherungen von den Organisationen verlangt, die es vor allem kleineren Gruppierungen unmöglich machten, Rechtsfähigkeit zu erlangen. Es wird berichtet, dass bei der Gründung bereits ein Grundstockvermögen von 300 Mio. Yen vorausgesetzt wurde,71 das kleinere gemeinnützige Gruppierungen nicht aufbringen konnten. Als Begründung für die finanziellen Anforderungen wird von Behördenseite teilweise die Ansicht vertreten, dass sich gemeinnützige Rechtsträger grundsätzlich nicht durch ihre Aktivitäten finanzieren sollten. Sie sollten daher eine ausreichende finanzielle Grundlage zumindest zur Deckung der allgemeinen Betriebs- und Verwaltungskosten mitbringen. 72 Im Hinblick auf organisatorische Anforderungen wurde teilweise eine umfangreiche Mitgliederanzahl vorausgesetzt, die bei der Gründung einer Organisation zunächst ebenfalls schwierig zu erfüllen war. Die Gründungsvoraussetzungen wurden zudem aufgrund strengerer Aufsichtsregelungen für gemeinnützige juristische Personen infolge des AumSekten-Vorfalls im Jahre 1995 erschwert. 73 Die Aum-Sekte war legal als Religionskörperschaft gegründet worden und war Urheber einiger Giftgasanschläge, bei denen Menschen zu Tode kamen. Nach dem Vorfall wurde nicht nur das Gesetz über Religionskörperschaften geändert, sondern durch eine Kabinettsentscheidung 74 wurde die behördliche Aufsicht gemeinnütziger 69 Zu den Anfängen der Reformbewegung im gemeinnützigen Sektor siehe DEGUCHI, Institutionalized and Noninstitutionalized NPOs (2001), S. 154 ff. 70 KAWASHIMA, The Nonprofit Review 1 (2001), S. 8. 71 YAMAMOTO, State and the Nonprofit Sector (1998), S. 120 f.; KAWASHIMA, The Nonprofit Review 1 (2001), S. 8; PEKKANEN / SIMON, Legal Framework for Voluntary Activity (2003), S. 80 ff. 72 KAWASHIMA, The Nonprofit Review 1 (2001), S. 8; KAWASHIMA, UCLA Basin Law Journal 24 (2006), S. 90. 73 DEGUCHI, Institutionalized and Noninstitutionalized NPOs (2001), S. 161; NAKATA, Jurisuto 1328 (2007), S. 3. 74 Kōeki hōjin no setsuritsu oyobi shidō kantoku kijun (Standards zur Kontrollführung und Gründung der gemeinnützigen juristischen Person), kakugi kettei (Kabinettsentscheidung) vom 20.09.1996.

II. Gemeinnützige Rechtsträger

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juristischer Personen insgesamt gestärkt. Schließlich bestanden auch Schwierigkeiten bei der Frage, welche Behörde für die Genehmigung im konkreten Fall zuständig war.75 Ein weiterer Hauptkritikpunkt bezog sich auf die Einflussnahme der zuständigen Behörden auf die gemeinnützigen Vereine und Stiftungen a.F. und daraus resultierende Bindungen. Im Gründungsverfahren konnten die zuständigen Behörden in freiem Ermessen über die Erteilung oder Nichterteilung der Genehmigung entscheiden. Eine wirkliche Kontrolle durch die Gerichte erfolgte nicht.76 Die Position der zuständigen Behörden war gegenüber den antragstellenden Organisationen unverhältnismäßig stark. Sie konnten in erheblichem Maße in die Tätigkeiten der Organisationen eingreifen, diese lenken und beeinflussen. Die negativen Folgen der Einflussnahme spiegelten sich in verschiedenen Skandalfällen um Bestechung und Vetternwirtschaft zwischen gemeinnützigen Rechtsträgern und den zuständigen Behörden wider. In einem bekannten Skandal hatte die Wohlfahrtsorganisation der AyaFukushi-Gruppe hohe Bestechungsgelder an Staatsbedienstete gezahlt, um Subventionen und Bauaufträge zugesprochen zu bekommen.77 Zum anderen war auch die Praxis von amakudari, d.h. dass hohe Staatsbedienstete nach ihrer Pensionierung in den Vorstand von gemeinnützigen Rechtsträgern wechselten, keine Seltenheit.78 Teilweise wurde in der Literatur darin sogar die Daseinsberechtigung gemeinnütziger Rechtsträger gesehen.79 b. Reformverlauf Anstoß für die Reform der gemeinnützigen Rechtsträger a.F. war die Entwicklung des NPO-Gesetzes. Für dessen Gesetzesinitiative waren insbesondere zwei Entwicklungen förderlich. Aufgrund der vielseitigen Kritik an den gemeinnützigen Vereinen und Stiftungen a.F. 80 hatten sich in den frühen 1990er Jahren Interessenvereinigungen zur Verabschiedung eines neuen Gesetzes für gemeinnützige Rechtsträger innerhalb des gemeinnützigen Sektors gebildet, vor allem innerhalb der Bürgerbewegungen (shimin dantai). 81 Es sollten dadurch insbesondere die Gründungsvoraussetzungen für kleinere Vereinigungen erleichtert und ihnen die Erlangung der Rechtsfähigkeit er75

Zur Zuständigkeit siehe S. 70. Zum Problem des freien Ermessens siehe S. 67. 77 Hojo-kin minaoshi no ugoki Ayafukushi gurūpu no tokyō hōmu saitama yamagata (Bestrebungen zur Überprüfung der Subventionsgelder an die Aya-Fukushi-Gruppe für Pflegeheime in Saitama und Yamagata), Asahi shinbun vom 04.12.1996, S. 11. 78 NAKATA, Jurisuto 1328 (2007), S. 3. 79 KAWASHIMA, The Nonprofit Review 1 (2001), S. 8. 80 Zur Kritik am System der gemeinnützigen Rechtsträger a.F. siehe S. 20. 81 KAWATO / PEKKANEN, Civil Society (2008), S. 195 f.; YAMAOKA, Japan (1999), S. 173; DEGUCHI, Institutionalized and Noninstitutionalized NPOs (2001), S. 154 f. 76

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1. Kapitel: Dogmatik

möglicht werden.82 Erst als infolge des Erdbebens von Kobe im Januar 1995 die Medien auf dieses Thema aufmerksam wurden, setzte sich auch in der Politik die Überzeugung durch, dass das alte System der gemeinnützigen Rechtsträger reformbedürftig war.83 Bemerkenswert an dem Gesetzgebungsprozess des NPO-Gesetzes waren zwei Umstände. Zunächst einmal wurde das NPO-Gesetz nicht wie bei Gesetzentwürfen des Kabinetts üblich durch die Verwaltung ausgearbeitet, sondern durch eine parlamentarische Gesetzesinitiative der Parteien (giin rippō) unter Rücksprache mit verschiedenen Interessengruppen für gemeinnützige Vereinigungen eingeführt. Bereits im Februar 1995 war zwar seitens der Regierung ein ministerienübergreifender Ausschuss84 zur Erörterung der Lage bürgerschaftlicher Vereinigungen eingesetzt worden, dessen späterer Zwischenbericht jedoch nicht veröffentlicht wurde, da die führenden Parteien die Thematik durch ein Parlamentsgesetz regeln wollten. 85 Die drei führenden Regierungsparteien, d.h. die Liberal Demokratische Partei, die Sozialdemokratische Partei Japans und die Sakigake, hatten dazu ebenfalls bereits im Februar 1995 einen eigenen Ausschuss für die Erarbeitung eines konkreten Gesetzentwurfs eingerichtet.86 Dieser Gesetzentwurf wurde zur maßgeblichen Grundlage für das spätere NPO-Gesetz. Daneben erarbeiteten aber auch viele Oppositionsparteien eigene Gesetzentwürfe, die jedoch keine parlamentarische Mehrheit fanden.87 Einfluss auf die Ausarbeitung des NPO-Gesetzes hatten auch Interessengruppen der Bürgervereinigungen. Im April 1995 bildeten drei der Interessengruppen eine Allianz namens „Vereinigung für bürgerschaftliche Aktivitäten“88. Die Vereinigung wehrte sich u.a. gegen die Arbeit des eingesetzten Regierungsausschusses, da sie befürchtete, dieser würde auch bei der Erarbeitung eines neuen gemeinnützigen Rechtsträgers eine enge Anbindung an die Verwaltung weiterhin unterstützen. 89 Im Gesetzgebungs-

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KAWATO / PEKKANEN, Civil Society (2008), S. 195. DEGUCHI, Institutionalized and Noninstitutionalized NPOs (2001), S. 158 ff.; AMEMIYA, NPO Komentāru (1998), S. 4, 9; YAMAOKA, Japan (1999), S. 171. 84 Borantia mondai ni kansuru renraku kaigi (Ausschuss bezüglich der Thematik ehrenamtlich tätiger Personen). 85 AMEMIYA, NPO Komentāru (1998), S. 9; YAMAOKA, Japan (1999), S. 172. 86 NPO purojekutochīmu (NPO Projekt-Team). 87 AMEMIYA, NPO Komentāru (1998), S. 9; YAMAOKA, Japan (1999), S. 172. 88 Die Shimin katsudō no seido ni kansuru renraku-kai (Vereinigung für bürgerschaftliche Aktivitäten) wurde gebildet aus der Shinmin katsudō wo sasaeru seido wo tsukuru-kai (Vereinigung zur Unterstützung eines Systems für bürgerschaftliche Tätigkeiten), die abgekürzt als shīzu (C’s) bezeichnet wird, dem NPO kenkyū fōramu (NPO Studienforum) und dem NPO suishin fōramu (Forum zur Förderung der NPO). 89 YAMAOKA, Japan (1999), S. 173. 83

II. Gemeinnützige Rechtsträger

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prozess kommentierten die Interessengruppen aktiv die einzelnen Gesetzesvorhaben und trafen sich zu Gesprächen mit den Parteien.90 Ein weiterer bemerkenswerter Aspekt ist die Entscheidung, den neuen Rechtsträger der Non-Profit-Organisation durch ein Sondergesetz nach Art. 33 ZG a.F. einzuführen. Insbesondere vor dem Hintergrund der jüngsten Reform der gemeinnützigen Rechtsträger a.F. ist zu fragen, weshalb nicht bereits zum Zeitpunkt der Gesetzesinitiative für das NPO-Gesetz statt dessen eine Reform der gemeinnützigen Vereine und Stiftungen a.F. angestrebt wurde. Die Entscheidung ist letztlich zugunsten einer schnellen Änderung der Rechtslage getroffen worden. Bei einer Reform der gemeinnützigen Rechtsträger des ZG hätten die Rechtsfolgen für das gesamte System der gemeinnützigen Rechtsträger beachtet werden müssen, so dass die Entscheidung, zunächst einen neuen gemeinnützigen Rechtsträger durch ein Sondergesetz einzuführen, leichter durchzusetzen war.91 Einige Probleme gemeinnützig tätiger Vereinigungen waren durch die Einführung des neuen Rechtsträgers der Non-Profit-Organisation entschärft worden. Im Laufe des Jahres 2001 setzte sich vor dem Hintergrund weiterführender Gesetzesänderungen in diesem Bereich politisch die Einsicht durch, dass eine umfassende Reform der gemeinnützigen Vereine und Stiftungen a.F. unumgänglich sei.92 In dieser Zeit erfolgten die gesetzliche Überarbeitung des NPO-Gesetzes, Gesetzesänderungen der steuerlichen Behandlung von NonProfit-Organisationen und die Einführung eines neuen Rechtsträgers, der juristischen Person in der Mitte (chūkan hōjin). Durch die Einführung des letztgenannten Rechtsträgers wurde die zivilgesetzliche Lücke zwischen den auf Gewinnerzielung gerichteten Rechtsträgern und den gemeinnützigen Rechtsträgern geschlossen. Zudem übten auch die Interessengruppen der Bürgervereinigungen weiterhin Druck auf die Politik aus, gemeinnützig tätige Vereinigungen zu fördern. 93 Der seit Mitte der 1990er Jahre angestoßene Reformprozess war von Beginn an erheblich von der Teilnahme der Interessengruppen und der Öffentlichkeit geprägt worden, deren Einfluss sich auch bei der Bearbeitung der Reformgesetze der gemeinnützigen Rechtsträger a.F. fortsetzte.94 Hier wurden die Interessengruppen verstärkt als Experten in die einzelnen Arbeitsschritte mit einbezogen. Im späteren Gesetzgebungsverfah-

90

DEGUCHI, Institutionalized and Noninstitutionalized NPOs (2001), S. 162; YAMAOKA, Japan (1999), S. 173. 91 DEGUCHI, Institutionalized and Noninstitutionalized NPOs (2001), S. 162; YAMAOKA, Japan (1999), S. 173 f. 92 NAKATA, Jurisuto 1328 (2007), S. 4; OHTA, International Journal of Civil Society Law 4 (2006), S. 84; SIMON, ZJapanR 28 (2009), S. 9, 24. 93 SIMON, ZJapanR 28 (2009), S. 9, 27. 94 SIMON, ZJapanR 28 (2009), S. 27.

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1. Kapitel: Dogmatik

ren wurden einige ihrer Vertreter vor Verabschiedung der Gesetze von den parlamentarischen Ausschüssen um Stellungnahme gebeten.95 Schließlich wurde in einer Kabinettsentscheidung vom 14.03.2003 eine tiefgreifende Reform des Systems der gemeinnützigen Rechtsträger beschlossen. 96 Die Reform umfasste zu diesem Zeitpunkt die Rechtsträger der gemeinnützigen Vereine und Stiftungen a.F., der Non-Profit-Organisationen und der juristischen Personen in der Mitte sowie deren steuerliche Behandlung. Das Sekretariat zur Förderung der Verwaltungsreform (gyōsei kaikaku suishin honbu jimu-kyoku) setzte im April des gleichen Jahres eine Reformgruppe ein, die nach Anhörung eines Expertenteams zwei alternative Reformansätze erarbeitete und in einem Bericht veröffentlichte. In dem Bericht wurde zum einen vorgeschlagen, einen Rechtsträger für alle nicht auf Gewinnerzielung gerichteten Rechtsträger zu schaffen. Die Alternative dazu bestand zum anderen in der Einführung von zwei Rechtsträgern, einem auf gemeinnützige Zwecke gerichteten und einem auf sonstige Zwecke gerichteten Rechtsträger. Nach vielseitigen Anhörungen wurde im weiteren Reformverlauf der erstgenannte Reformansatz weiterverfolgt. Zur weiteren Konkretisierung der Reform wurde im November 2002 eine erste Kommission unter dem Vorsitzenden Akira Iriyama, einem der Vorsitzenden der Sasakawa Friedensstiftung (sasakawa heiwa zaidan) eingesetzt. Die Kommission traf sich bis zum Januar 2003 sieben Mal, wurde letztendlich jedoch ohne einen Ergebnisbericht aufgelöst, da die Reformvorstellungen der Mitglieder zu weit auseinanderlagen. 97 Vorangetrieben wurde die Reform des Weiteren durch eine Kabinettsentscheidung vom 27.06.2003. Darin war u.a. vorgesehen, dass die neuen allgemeinen Rechtsträger zukünftig ohne Berücksichtigung gemeinnütziger Zwecke und ohne Genehmigung gegründet werden sollten. Im November desselben Jahres wurde eine zweite Kommission unter dem Vorsitzenden Yoshiharu Fukuhara, einem Ehrenvorsitzenden der Shiseido Aktiengesellschaft, eingesetzt. Die Kommission bestand sowohl aus wissenschaftlichen Experten und Praktikern des gemeinnützigen Sektors als auch aus Staatsbediensteten der Regierung. Nach insgesamt 26 Sitzungen wurde ein Abschlussbericht veröffentlicht, der im Wesentlichen als Grundlage für die späteren Reformgesetze diente.98 Die 95

OHTA, International Journal of Civil Society Law 4 (2006), S. 87. Zum Ablauf der Reform, den Kabinettsentscheidungen und weiteren Dokumenten siehe die offizielle Informationshomepage zur Verwaltungsreform (15.12.2010), eine allgemeine Zeitleiste der Reform in englischer Sprache befindet sich auch auf der Homepage der Vereinigung gemeinnütziger juristischer Personen (JACO) (15.12.2010). 97 OHTA, International Journal of Civil Society Law 4 (2006), S. 85. Ohta selbst war Kommissionsmitglied. 98 OHTA, International Journal of Civil Society Law 4 (2006), S. 86; SIMON, ZJapanR 28 (2009), S. 9, 28. 96

II. Gemeinnützige Rechtsträger

29

auf dem Abschlussbericht aufbauenden Eckpunkte der Reform wurden in einer am 24.12.2004 verabschiedeten Kabinettsentscheidung veröffentlicht. Danach sollte die weitere Reform auf den nachfolgenden Aspekten aufbauen. −

„Es ist künftig zwischen der Erlangung der Rechtsfähigkeit und der staatlichen Gemeinnützigkeitsanerkennung zu differenzieren. Für die Gründung als juristische Person ist zukünftig die Registereintragung ausreichend.“



„Die bisherige Genehmigungserteilung unter freier Ermessensentscheidung der Behörde wird abgeschafft. Die gemeinnützigen Geschäfte sollen stattdessen von einer unabhängigen Expertenkommission auf der Grundlage der Zwecksetzung und der Geschäfte der allgemeinen nicht auf Gewinnerzielung gerichteten Rechtsträger beurteilt werden.“

Die Kabinettsentscheidung wurde zur Grundlage für die nachfolgenden Diskussionen um die zukünftige Besteuerung der neuen Rechtsträger. Eine Steuerkommission wurde eingesetzt, die im Juni 2005 einige Grundüberlegungen zur zukünftigen Besteuerung formulierte. Darin war vorgesehen, dass zumindest die als gemeinnützig anerkannten Rechtsträger grundsätzlich von der Körperschaftssteuer befreit sein sollten, während neue allgemeine Rechtsträger wie üblich besteuert werden sollten. In der letzten Kabinettsentscheidung am 24.12.2005 wurde die Öffentlichkeit über das konkrete Gesetzesvorhaben hinsichtlich der Reform des Systems der gemeinnützigen Rechtsträger a.F. informiert und die Möglichkeit zur Stellungnahme eröffnet. Schließlich wurde das Reformvorhaben am 10.03.2006 mit drei Gesetzesvorlagen in das Parlament eingebracht. Die Reform sah vor, zwei allgemeine Rechtsträger einzuführen, einen für Organisationen, die gemeinnützig tätig sind, und einen weiteren für Organisationen, die weder auf gemeinnützige Zwecke noch auf Gewinnerzielung gerichtet sind. Es handelt sich dabei um die Rechtsträger Gewöhnlicher Verein (sog. gewöhnliche juristische Person Verein, ippan shadan hōjin) und Gewöhnliche Stiftung (sog. gewöhnliche juristische Person Stiftung, ippan zaidan hōjin). Sie wurden mit dem ersten Reformgesetz, dem Vereins- und Stiftungsgesetz (VSG), eingeführt. Diese Rechtsträger können sich später als gemeinnützige Vereine und gemeinnützige Stiftungen nach Beantragung einer behördlichen Anerkennung qualifizieren. Die Regelungen für gemeinnützige Vereine und Stiftungen wurden im zweiten Reformgesetz, dem Anerkennungsgesetz (AnerkennG), festgelegt. Da die zivilrechtlichen Vorschriften zu den bisherigen gemeinnützigen Vereinen und Stiftungen a.F. nunmehr durch die beiden Reformgesetze spezialgesetzlich geregelt waren, mussten in einem dritten Gesetz, dem Durchführungsgesetz, die alten Bestimmungen des Zivilgesetzes aufgehoben und Übergangsregelungen für die alten Rechtsträger getroffen werden.

30 Grafik 1

1. Kapitel: Dogmatik

Verlauf der Reform gemeinnütziger Rechtsträger des ZG a.F.

1998

Inkrafttreten des NPO-Gesetzes am 25.03.1998

2001

Verkündung des Gesetzes über die juristische Person in der Mitte am 15.06.2001 (Inkrafttreten des Gesetzes am 01.04.2002)

2002

Kabinettsentscheidung vom 14.03.2002 Kōeki hōjin seido no bapponteki kaikaku ni muketa torikumi ni tsuite (Durchgreifende Reform des Systems der gemeinnützigen juristischen Personen) Bericht des Sekretariats der Verwaltungsreform vom 02.08.2002 Kōeki hōjin seido no bapponteki kaikaku ni muketa torikumi ni tsuite ronten seiri (Einordnung der Reformansätze für die durchgreifende Reform des Systems der gemeinnützigen juristischen Personen) Einsetzung der 1. Kommission, November 2002 Kōeki hōjin seido no bapponteki kaikaku ni kansuru kondan-kai (Kommission bezüglich der durchgreifenden Reform des Systems der gemeinnützigen juristischen Personen) Vorsitzender: Akira Iriyama

2003

Kabinettsentscheidung vom 27.06.2003 Kōeki hōjin seido no bapponteki kaikaku ni kansuru kihon hōshin (Grundlagenrichtlinie bezüglich der durchgreifenden Reform des Systems der gemeinnützigen juristischen Personen) Einsetzung der 2. Kommission, November 2003 Kōeki hōjin seido no bapponteki kaikaku ni kansuru yūshiki-sha (Expertenkommission bezüglich der durchgreifenden Reform des Systems der gemeinnützigen juristischen Personen) Vorsitzender: Yoshiharu Fukuhara

2004

Abschlussbericht der 2. Kommission am 19.11.2004 Kōeki hōjin seido no bapponteki kaikaku ni kansuru yūshiki-sha hōkoku-sho (Bericht der Expertenkommission bezüglich der durchgreifenden Reform des Systems der gemeinnützigen juristischen Personen) Kabinettsentscheidung vom 24.12.2004 Kongo no gyōsei kaikaku no hōshin (Richtlinie der kommenden Verwaltungsreform)

2005

Bericht der Steuerkommission vom 17.06.2005 Arata na hi-eiri hōjin ni kansuru kazei oyobi kifu-kin zeisei ni tsuite no kihonteki kangaekata (Grundgedanken hinsichtlich der Besteuerung und Spendengelder an die neuen, nicht auf Gewinnerzielung gerichteten Rechtsträger) Kabinettsentscheidung vom 17.12.2005 Kongo no gyōsei kaikaku no jūyō hōshin (Bedeutende Richtlinie der kommenden Verwaltungsreform)

2006

Vorlage von 3 Reformgesetzen im Parlament am 10.03.2006 Verkündung der 3 Reformgesetze am 02.06.2006

2008

Inkrafttreten der 3 Reformgesetze am 01.12.2008

II. Gemeinnützige Rechtsträger

31

c. Zusammenhang mit anderen Reformen Die Reform der gemeinnützigen Rechtsträger a.F. des Zivilgesetzes kann nur bedingt isoliert betrachtet werden. Sie ist ein Teil der bereits länger andauernden Restrukturierung der japanischen Verwaltung. 99 Für diese Aufgabe wurde im Kabinettsamt ein eigenes Sekretariat zur Förderung einer Verwaltungsreform eingerichtet. Im Hinblick auf die gemeinnützigen Rechtsträger wurde hier die Ansicht formuliert, dass es für das übergeordnete Reformziel einer effizienteren Verwaltung nicht ausreiche, ersatzlos Bürokratie abzubauen. Im Hinblick auf das leitende Reformkonzept „von der Regierung zum Volk“ müsse das Volk nunmehr auch die Förderung des Gemeinwohls mittragen. 100 Im Kontext der Verwaltungsreform war der Gesetzgeber daher bestrebt, gemeinnütziges Handeln durch die Bürger zukünftig ohne Anleitung der Verwaltung zu ermöglichen und zu fördern.101 Hierfür sollten durch die Reform der gemeinnützigen Rechtsträger a.F. grundlegende Strukturen geschaffen werden. Im Zusammenhang mit der Reform der gemeinnützigen Rechtsträger a.F. des Zivilgesetzes muss des Weiteren auf die teilweise parallel stattfindende Gesellschaftsrechtsreform hingewiesen werden. Das neue Gesellschaftsgesetz wurde bereits im Juni 2005 verabschiedet, d.h. ein Jahr vor der Verkündung der Reformgesetze für die gemeinnützigen Vereine und Stiftungen a.F. Die grundlegenden Reformgedanken des Gesellschaftsrechts waren eine flexiblere Handhabung der Rechtsträger des Gesellschaftsrechts und ein Ausbau der Kontrollstruktur japanischer Unternehmen.102 Wie sich bei der nachfolgenden Analyse der Organisations- und Kontrollstruktur der neuen Rechtsträger des Vereins- und Stiftungsgesetzes zeigen wird, hat sich der Gesetzgeber in weiten Teilen an den gesellschaftsrechtlichen Regelungen orientiert, die daher auch von den Reformgedanken im Gesellschaftsrecht beeinflusst wurden. Berücksichtigt man, dass auch das Treuhandgesetz im Jahre 2005 auf eine neue Grundlage gestellt wurde, hat der japanische Gesetzgeber in dieser Zeit grundlegende Reformen für das gesamte System der Rechtsträger getroffen. 3. Neue Rechtslage Nach der neuen Rechtslage in Japan hat sich die Ausgangsbestimmung für juristische Personen wie folgt geändert:

99

Grundlegend zur Verwaltungsreform in Japan TAKADA, DÖV 2002, S. 265 ff.; zu neueren Entwicklungen siehe USHIJIMA, Administrative Law, S. 82 ff. 100 NAKATA, Jurisuto 1328 (2007), S. 4. 101 SIMON, ZJapanR 28 (2009), S. 10 m.w.N. 102 TAKAHASHI / SHIMIZU, ZJapanR 19 (2005), S. 40 ff.; DERNAUER, ZJapanR 20 (2005), S. 126; MARUTSCHKE, Einführung in das japanische Recht (2009), S. 253 ff.

32

1. Kapitel: Dogmatik

Art. 33 ZG (Gründung juristischer Personen) Abs. 1 „Juristische Personen können nur nach den Vorschriften dieses Gesetzes oder anderer Gesetze entstehen.“ Abs. 2 „Die Gründung, Organisation, Leitung und Kontrolle von juristischen Personen, die auf wissenschaftliche, künstlerische, wohltätige, Shintozeremonien dienende, religiöse oder sonstige gemeinnützige Zwecke gerichtet sind, juristischer Personen, deren Zweck auf die Durchführung gewinnerzielender Geschäfte gerichtet ist, und anderer juristischer Personen, unterliegt diesem und anderen Gesetzen.“

Die Neuregelung des Zivilgesetzes lässt drei Gruppen juristischer Personen erkennen. Gruppe 1: Auf Gewinnerzielung gerichtete juristische Personen (eiri hōjin) Gruppe 2: Gemeinnützige juristische Personen (kōeki hōjin) Gruppe 3: Sonstige juristische Personen (sono ta no hōjin) Die drei Gruppen juristischer Personen können weiter unterteilt werden in solche, die auf die Durchführung gewinnerzielender Geschäfte gerichtet sind (eiri hōjin), und solche, die nicht auf gewinnerzielende Geschäfte gerichtet sind (hi-eiri hōjin). Als nicht auf Gewinnerzielung gerichtete Rechtsträger sind die gemeinnützigen und sonstigen juristischen Personen einzuordnen. Grafik 2

Einteilung juristischer Personen nach Art. 33 Abs. 2 ZG

Dogmatische Abgrenzung

Juristische Personen, Art. 33 Abs. 2 ZG

Beispiele für Rechtsträger

Auf Gewinnerzielung gerichtet (eiri-sei)

Auf Gewinnerzielung gerichtete juristische Personen (eiri hōjin)

Nicht auf Gewinnerzielung gerichtet (hi-eiri-sei)

Gemeinnützige juristische Personen (kōeki hōjin)

Gesellschaften des Gesellschaftsgesetzes − Aktiengesellschaft (kabushiki kaisha) − Offene Handelsgesellschaft (gōmei kaisha) − Kommanditgesellschaft (kabushiki gōshi kaisha) − Japanische Limited Liability Company (gōdō kaisha) Gemeinnützige Rechtsträger des Anerkennungsgesetzes − Gemeinnütziger Verein (kōeki shadan hōjin) − Gemeinnützige Stiftung (kōeki zaidan hōjin)

II. Gemeinnützige Rechtsträger

33

Weitere gemeinnützige Rechtsträger in Spezialgesetzen, z.B. − Non-Profit-Organisation (NPO hōjin) − Schulkörperschaft (gakkō hōjin) − Soziale Wohlfahrtskörperschaft (shakai fukushi hōjin) − Religionskörperschaft (shūkyō hōjin) Sonstige juristische Personen (sono ta no hōjin)

Rechtsträger des Vereins- und Stiftungsgesetzes − Gewöhnlicher Verein (ippan shadan hōjin) − Gewöhnliche Stiftung (ippan zaidan hōjin) Genossenschaften, z.B. − Landwirtschaftsgenossenschaft (nōgyō kyōdō kumiai) − Kleine und mittelgroße Unternehmensgenossenschaft (chūshō jigyō kyōdō kumiai) − Verbrauchergenossenschaft (shōhi-sha seikatsu kyōdō kumiai) Vereinigungen für Berufe, z.B. − Arbeitergewerkschaft (rodō kumiai) − Juristische Person für Rechtsanwälte (bengo-shi hōjin) − Juristische Person für Steuerberater (zeiri-shi hōjin)

a. Abgrenzungsmerkmal Gewinnerzielungsabsicht Das japanische Zivilgesetz unterscheidet juristische Personen danach, ob ihr Zweck in der Durchführung gewinnerzielender Geschäfte liegt oder nicht (eiri jigyō wo itonamu koto wo mokuteki to suru). Die Abgrenzung erfolgt somit anhand des Merkmals der Gewinnerzielungsabsicht eines Rechtsträgers. Nach herrschender Ansicht ist für die Erfüllung der Gewinnerzielungsabsicht jedoch nicht allein die Ausrichtung auf gewinnerzielende Geschäfte (eiri jigyō) ausschlaggebend, sondern daneben muss zudem beabsichtigt sein, die

34

1. Kapitel: Dogmatik

Gewinne an die Mitglieder der juristischen Person auszuschütten. 103 Eine Gewinnausschüttung kann auch durch die Verteilung von Rest- oder Überschussvermögen erfolgen. Die Betonung der mitgliederbezogenen Gewinnausschüttung ist zurückzuführen auf den Handelsrechtler Jōji Matsumoto.104 Er sah die Gewinnausschüttung als notwendige Abgrenzungsvoraussetzung an, da ohne eine zusätzliche Eingrenzung der Gewinnerzielungsabsicht die auf Gewinnerzielung gerichteten juristischen Personen als gemeinnützige Rechtsträger missbraucht werden könnten. Im Gegensatz zu den gemeinnützigen Rechtsträgern a.F. sind sie nicht konzessioniert, sondern konnten anhand normativer Kriterien durch Eintragung in ein Register gegründet werden.105 Matsumoto wies auf die Gefahr hin, dass gemeinnützige Rechtsträger, wenn die Gewinnerzielungsabsicht allein auf den Zweck der Durchführung eines gewinnerzielenden Geschäfts beschränkt bliebe, gewinnerzielende Geschäfte betreiben könnten, deren Gewinne später für gemeinnützige Zwecke verwendet würden, und dadurch ohne eine staatliche Aufsicht als juristische Personen tätig seien könnten. Erst durch das Merkmal der Gewinnausschüttung an die Mitglieder konnte daher eindeutig zwischen beiden Rechtsträgern unterschieden werden. Der Rechtsauffassung Matsumotos liegt noch das für diese Zeit typische Misstrauen gegenüber privatrechtlichen gemeinnützigen Rechtsträgern zugrunde.106 Auch wenn diesen Bedenken heute nicht mehr in gleicher Weise zugestimmt wird, ist die Eingrenzung der Gewinnerzielungsabsicht durch das Merkmal der mitgliederbezogenen Gewinnausschüttung allgemein anerkannt. Allerdings ist es durch die Gesetzesreformen der letzten Jahre immer schwieriger geworden, das Merkmal der Gewinnerzielungsabsicht und damit die Zuordnung eines Rechtsträgers zu einer der beiden Gruppen anhand des Gesetzestextes nachzuvollziehen. Bis zu der sprachlichen Bereinigung des Zivilgesetzes im Jahre 2004107 bestand eine gesetzliche Verweisung der auf Gewinnerzielung gerichteten juristischen Personen vom Zivilgesetz in das Handelsgesetz.

103 EGASHIRA, Kaisha-hō no konmentāru (2008), S. 85; GOTO, Gesellschafts- und Vereinssystem (2008), S. 35; UCHIDA, Minpō I (2008), S. 213; ŌMI, Minpō kōgi I (2008), S. 98; KAWAMOTO u.a., Gesellschaftsrecht in Japan (2004), S. 35. 104 Jōji Matsumoto, 1910; für eine Zusammenfassung seiner Rechtsauffassung siehe KURONUMA / FUJITA, Kigyō-hō no riron, S. 6 ff. 105 KURONUMA / FUJITA, Kigyō-hō no riron, S. 7; GOTO, Gesellschafts- und Vereinssystem (2008), S. 36. 106 GOTO, Gesellschafts- und Vereinssystem (2008), S. 36. 107 Minpō no ichibu wo kaisei suru hōritsu (Gesetz über die Reformierung eines Teils des Zivilgesetzes), Gesetz Nr. 147 / 2004.

II. Gemeinnützige Rechtsträger

35

Art. 35 ZG a.F. (Gründung einer auf Gewinnerzielung gerichteten juristischen Person) Abs. 1 „Ein Verein, dessen Zweck auf Gewinnerzielung gerichtet ist, kann unter den Voraussetzungen, die für die Gründung von Handelsgesellschaften Anwendung finden, juristische Person werden.“ Abs. 2 „Für Vereine im Sinne des Abs. 1 gelten die Vorschriften über Handelsgesellschaften im Ganzen entsprechend.“

Nach dieser Regelung sind auf Gewinnerzielung gerichtete juristische Personen als Handelsgesellschaften (shōji kaisha) des Handelsgesetzes zu behandeln. 108 Anhand der Vorschrift war eine eindeutige Zuordnung der Gesellschaftsformen des Handelsgesetzes zur Gruppe der auf Gewinnerzielung gerichteten juristischen Personen möglich. Durch die Abschaffung des Art. 35 ZG a.F. ist die Verweisung des Zivilgesetzes zum Handelsgesetz weggefallen. Es wurde jedoch bei der Bereinigung des Zivilgesetzes angemerkt, dass diese Vorschrift überflüssig sei, da eine entsprechende Verweisung in Art. 52 HG a.F. bestehe.109 Ob Art. 52 HG a.F. tatsächlich den gleichen Regelungsgehalt hatte, ist zwar fraglich, aber zumindest bestand damit weiterhin eine Verbindung zum Zivilgesetz, die eine eindeutige Zuordnung der Gesellschaften des Handelsgesetzes als auf Gewinnerzielung gerichtete juristische Personen zuließ. Art. 52 HG a.F. (Definition der Gesellschaft) Abs. 1 „Gesellschaft im Sinne dieses Gesetzes ist ein Verein, der zu dem Zweck gegründet worden ist, gewerbsmäßig Handelsgeschäfte zu betreiben.“ Abs.2 „Ein Verein, dessen Zweck auf Gewinn gerichtet ist und der nach den Vorschriften dieses Gesetzes gegründet worden ist, gilt auch dann als Gesellschaft, wenn er nicht gewerbsmäßig Handelsgeschäfte betreibt.“ 108 Die terminologische Bezeichnung Handelsgesellschaft ist noch ein Relikt des alten Zivilgesetzes von 1890 (kyū-minpō). Dort wurde zwischen Gesellschaften des Handelsgesetzes (shōji kaisha), die auf das Betreiben von Handelsgewerben gerichtet waren, und Gesellschaften des Zivilgesetzes (minji kaisha), die ein Gewerbe betrieben, unterschieden. Die Bezeichnung Handelsgesellschaft hat das Handelsgesetz von 1899 (shōhō) jedoch nicht aufgegriffen, sondern verwendet statt dessen die allgemeine Bezeichnung Gesellschaft (kaisha) in den Vorschriften über die dort geregelten Gesellschaftsformen. Siehe zum Begriff der Handelsgesellschaft weiter MENKHAUS, Allgemeines Gesellschaftsrecht (2006), S. 233. 109 HŌMUSHŌ MINJI KYOKU SANJIKAN SHITSU (Abteilung für Zivilsachen im Justizministerium), Minpō gendai gokān hosoku setsumei (Erklärung zum Entwurf der Überarbeitung des Zivilgesetzes in die japanische Gegenwartssprache) vom 04.08.2004, S. 3, zitiert nach MENKHAUS, Allgemeines Gesellschaftsrecht (2006), S. 249 Fn. 44.

36

1. Kapitel: Dogmatik

Eine ähnliche Regelung bestand auch in Art. 2 GGmbH für die Gesellschaft mit beschränkter Haftung110 (yūgen kaisha), so dass auch diese Gesellschaft eine auf Gewinnerzielung gerichtete juristische Person war. 111 Beide Vorschriften sind jedoch infolge der Reform des Gesellschaftsrechts im Jahr 2006 gestrichen worden. Durch die Gesellschaftsrechtsreform ist es deshalb nicht länger möglich, anhand des ersten Teils des Merkmals Gewinnerzielungsabsicht, d.h. der Ausrichtung auf Gewinnerzielung, die betreffenden Rechtsträger des Gesellschaftsrechts zu ermitteln. Nach den zivilgesetzlichen Vorschriften werden juristische Personen jedoch weiterhin aufgrund des ersten Teils des Merkmals unterschieden. In der Ausgangsbestimmung des Art. 33 Abs. 2 ZG steht nur der erste Teil des Merkmals (eiri jigyō wo itonamu koto wo mokuteki to suru). Mangels gesetzlicher Verweisung ist nunmehr eine eindeutige Zuordnung der Rechtsträger nicht mehr ohne weiteres möglich. In Gesetzeskommentaren zum Zivilgesetz werden zwar die Gesellschaften des Gesellschaftsgesetzes als auf Gewinnerzielung gerichtete Rechtsträger genannt, 112 jedoch befindet sich in den entsprechenden gesellschaftsrechtlichen Neuregelungen der alten Vorschriften nicht einmal mehr das Wort Gewinn (eiri). Art. 2 Nr. 1 GesG (Definition) „Als Gesellschaft (kaisha) werden die Offene Handelsgesellschaft, die Kommanditgesellschaft, die Aktiengesellschaft und die Limited Liability Company bezeichnet.“ Art. 5 GesG (Handelsgeschäft) „Die Handlungen der Gesellschaft (dies schließt die ausländische Gesellschaft mit ein; Gleiches gilt für den Abs. 1 des folgenden Artikels, sowie Art. 8 und Art. 9.) als Betrieb und für ihren Betrieb werden als Handelsgeschäft bezeichnet.“

Im Schrifttum verbreitet ist mittlerweile die Ansicht, dass die Gewinnerzielungsabsicht nunmehr durch Gesetzesbestimmungen bezüglich des zweiten Teils des Merkmals, d.h. der Gewinnausschüttung an die Mitglieder, geregelt wird.113 Anhaltspunkte dafür lassen sich zwar nicht im Zivilgesetz, jedoch in den Gesetzesbestimmungen des Gesellschafts- sowie des Vereinsund Stiftungsgesetzes finden. Beide Gesetze wurden kurz nacheinander erlassen und weisen sowohl systematische also auch sprachliche Gemeinsamkeiten auf. Im Gesellschaftsgesetz ist für Aktiengesellschaften in Art. 105 Abs. 2 GesG geregelt, dass Satzungsbestimmungen unwirksam sind, 110 Yūgen kaisha-hō (Gesetz über die Gesellschaft mit beschränkter Haftung), abgekürzt: GGmbH, Gesetz Nr. 47 / 1938; aufgehoben durch das kaisha-hō no sekō ni tomonau kankei hōritsu noseibitō ni kansuru hōritsu (Gesetz zur Ordnung der Gesetze im Zusammenhang mit der Durchführung des Gesellschaftsgesetzes), Gesetz Nr. 87 / 2005. 111 Zur Abschaffung der Gesellschaft mit beschränkter Haftung siehe MENKHAUS, Japan (2006). 112 WAGATSUMA / ARIIZUMI, Komentāru minpō (2008), S. 135. 113 KANSAKU, Jurisuto 1328 (2007), S. 38 f.

II. Gemeinnützige Rechtsträger

37

die die Rechte der Aktionäre auf Verteilung von Überschussgeldern und Restvermögen untersagen. Eine solche Regelung kann nur auf Gesellschaften angewendet werden, die auf Gewinnerzielung gerichtet sind. Demgegenüber ist im Vereins- und Stiftungsgesetz geregelt, dass für Gewöhnliche Vereine nach Art. 11 Abs 2 VSG Satzungsbestimmungen, die eine Verteilung von Überschussgeldern und Restvermögen an die Mitglieder vorsehen, unwirksam sind. Zudem können weder die Mitgliederversammlung noch die Vorsitzenden über die Verteilung von Restvermögen durch Versammlungsbeschluss nach Art. 35 Abs. 3, 4 VSG entscheiden. Für Gewöhnliche Stiftungen besteht ein entsprechendes Ausschüttungsverbot gegenüber ihrem Gründer nach Art. 153 Abs. 3 VSG. Ein Beschlussfassungsverbot ähnlich Art. 35 VSG ist hier gesetzlich zwar nicht vorgesehen, es wird aber trotzdem mit entsprechendem Inhalt für die Gewöhnliche Stiftung angenommen. 114 Im Ergebnis wurde in beiden Gesetzen nicht die Gewinnerzielungsabsicht, jedoch ausdrücklich die Gewinnausschüttung als entscheidendes Abgrenzungskriterium zwischen Rechtsträgern des Vereins- und Stiftungsgesetzes und des Gesellschaftsgesetzes geregelt. Im Rahmen der Reform wurde seitens der gemeinnützigen Rechtsträger allerdings kritisiert, dass das Ausschüttungsverbot für Gewöhnliche Vereine und Stiftungen nicht weit genug gefasst worden sei.115 Nach dem Vereins- und Stiftungsgesetz ist es für diese Rechtsträger möglich, im Rahmen der Auflösung des Rechtsträgers durch Versammlungsbeschluss Überschussgelder an Mitglieder und Gründer zu verteilen.116 Bei gemeinnützigen Rechtsträgern ist dies hingegen wegen der Vorschriften des Anerkennungsgesetzes nicht möglich. 117 Kritiker forderten daher eine gleichlautende Vorschrift auch für die Rechtsträger des Vereinsund Stiftungsgesetzes. Eine Zuordnung der Rechtsträger des Vereins- und Stiftungsgesetzes als nicht auf Gewinnerzielung gerichtete juristische Personen ergibt sich aber auch aus dem Gesetzgebungsprozess zum Vereins- und Stiftungsgesetz. Im Zuge der Kommissionsberatungen wurde anfänglich noch lange die Terminologie hi-eiri hōjin als Bezeichnung für die neuen Rechtsträger verwendet.118 Der Begriff hi-eiri hat im allgemeinen Sprachgebrauch jedoch nicht die Bedeutung „nicht auf Gewinnausschüttung gerichtet“, sondern wird vielmehr so verstanden, dass ein Rechtsträger nicht wirtschaftlich tätig oder nicht auf Gewinnerzielung gerichtet ist. 119 Die neuen Rechtsträger sollten aber auch Gewinngeschäfte zur Verfolgung ihrer Zwecke betreiben können. Um Miss114

KŌEKI HŌJIN KYŌKAI, Shin-kōeki hōjin (2007), S. 25. KŌEKI HŌJIN KYŌKAI, Shin-kōeki hōjin (2007), S. 27. 116 Art. 239 Abs. 1, 2 VSG. 117 Art. 5 Nr. 18 AnerkennG. 118 SHIN-KŌEKI HŌJIN SEIDO KENKYŪ -KAI, Ichimon ittō (2006), S. 14. 119 Shūeki jigyō wo okonawanai (keine Durchführung eines auf Ertrag gerichteten Geschäfts); rieki wo tsuikyū shinai (keine Verfolgung von Gewinnen). 115

38

1. Kapitel: Dogmatik

verständnissen vorzubeugen, entschied sich der Gesetzgeber deshalb gegen die Bezeichnung hi-eiri hōjin.120 Stattdessen wurde für die nach dem Vereinsund Stiftungsgesetz errichteten Rechtsträger die Bezeichnung „gewöhnliche juristische Personen“ (ippan hōjin) eingeführt. Der Begriff ippan soll klarstellen, dass die Erlangung der Rechtsfähigkeit nicht an eine bestimmte Zweckausrichtung des Rechtsträgers anknüpft, sondern grundsätzlich allen Organisationen offensteht. Die neue zweckneutrale Ausrichtung der Rechtsträger sollte sich auch begrifflich im Namen der Rechtsträger widerspiegeln. 121 Schließlich wollte der Gesetzgeber für die neuen Rechtsträger eine möglichst unvorbelastete Bezeichnung wählen, die auch von den früheren Rechtsträgern Verein und Stiftung, die nach Inkrafttreten des Vereins- und Stiftungsgesetzes noch für eine kurze Übergangsperiode bestanden, leichter zu unterscheiden sind.122 b. Auf Gewinnerzielung gerichtete juristische Personen Folgt man der Abgrenzung juristischer Personen anhand des Merkmals der Gewinnausschüttung, sind zumindest die Rechtsträger des Gesellschaftsgesetzes alle auf Gewinnerzielung gerichtete juristische Personen (eiri hōjin). Die Notwendigkeit zur Gewinnausschüttung erfolgt für die Aktiengesellschaft wie oben gesehen aus Art. 105 Abs. 2 GesG. Für die offene Handelsgesellschaft, die Kommanditgesellschaft und die japanische Limited Liability Company besteht eine gleichlautende Vorschrift nicht. Die Gesellschaften werden jedoch aufgrund ihrer Vermögensregelung auch als Teilhabergesellschaften (tokubun kaisha) bezeichnet 123 und deren Mitglieder haben einen Anspruch auf Verteilung der Gewinne nach Art. 621 GesG. Es wird deshalb oft kein Unterschied zwischen den auf Gewinnerzielung gerichteten juristischen Personen vor und nach den Reformen des Gesellschafts- und Zivilgesetzes gesehen. 124 Problematisch ist jedoch, dass durch diese Reformen der Rückschluss auf den Zweck der gesellschaftsrechtlichen Rechtsträger, nämlich Gewinne zu erzielen, nicht mehr eindeutig gegeben ist. 125 Bislang war allgemein anerkannt, dass der Zweck der Gewinnerzielung zumindest eine Voraussetzung 120

SHIN-KŌEKI HŌJIN SEIDO KENKYŪ -KAI, Ichimon ittō (2006), S. 14. NAKATA, Jurisuto 1328 (2007), S. 6, der jedoch kritisiert, dass durch diese Wortwahl die maßgebende Rolle dieser Rechtsträger für die Bürgergesellschaft (shimin shakai) verloren gehe. Seiner Ansicht nach sind aber genau diese Rechtsträger der eigentliche Gegenstand des Gesetzes. 122 SHIN-KŌEKI HŌJIN SEIDO KENKYŪ -KAI, Ichimon ittō (2006), S. 14. 123 Art. 575 Abs. 1 GesG. 124 EGASHIRA, Kaisha-hō no konmentāru (2008), S. 85. 125 MENKHAUS, Allgemeines Gesellschaftsrecht (2006), S. 251; KURONUMA / FUJITA, Kigyō-hō no riron, S. 20 ff. 121

II. Gemeinnützige Rechtsträger

39

für das Tatbestandsmerkmal des Handelsgeschäfts (shō-kōi) nach Art. 52 Abs. 1 HG a.F. war. Als solche unterlagen alle Gesellschaften des Handelsgesetzes a.F. der Notwendigkeit, die Gewinnerzielung zu bezwecken. 126 Im Gesellschaftsgesetz kann unter Hinweis auf Art. 105 Abs. 2 GesG die Notwendigkeit zur Ausschüttung der Gewinne bejaht werden, eine zwingende Schlussfolgerung, ob die Aktiengesellschaft die Gewinnerzielung bezwecken muss, lässt sie hingegen nicht zu.127 Es ist zwar richtig, dass eine solche Regelung vor allem bei Rechtsträgern sinnvoll erscheint, die auf Gewinnerzielung gerichtet sind, jedoch könnte das Gesetz als solches durchaus auch auf Gesellschaften angewendet werden, die andere Zwecke verfolgen. Konkret geht es um die Frage, ob die Rechtsträger des Gesellschaftsgesetzes nunmehr auch für andere Zwecke als zur Gewinnerzielung genutzt werden können. Die Auslegung des Gesellschaftsgesetzes hierzu ist in der Lehre höchst umstritten.128 Stellt man allein auf den Gesetzeswortlaut ab, so sind nunmehr auch andere Zwecke zulässig. Gesellschaften können daher beispielsweise auch zu gemeinnützigen Zwecken gegründet werden.129 Bereits unter der alten Regelung wurden Gesellschaften, die eine Schule, ein Krankenhaus und eine Vorbereitungsschule (yobi-kō) betreiben, anerkannt. 130 Entscheidend ist daher nicht länger die Zweckausrichtung, sondern dass zumindest an einen Teil der Gesellschafter Gewinne ausgeschüttet werden. Obwohl die Gesellschaften des Gesellschaftsgesetzes nach der neuen Rechtslage gemeinnützige Ziele verfolgen können, sind sie dadurch aber keine gemeinnützigen Rechtsträger. Nach wie vor können sie sich nicht als gemeinnützige Rechtsträger im Sinne des Anerkennungsgesetzes qualifizieren.131 c. Nicht auf Gewinnerzielung gerichtete juristische Personen Durch die Neuregelung des Art. 33 Abs. 2 ZG lassen sich die nicht auf Gewinnerzielung gerichteten juristischen Personen nunmehr in zwei Gruppen aufteilen. Wie bisher können gemeinnützige Rechtsträger gegründet werden. Daneben wird aber auch auf solche Rechtsträger hingewiesen, die weder auf Gewinnerzielung noch auf gemeinnützige Ziele gerichtet sind (sonstige juristische Personen). Zu der Gruppe der sonstigen Rechtsträger gehören u.a. die zwei Rechtsträger des Vereins- und Stiftungsgesetzes: Gewöhnliche Vereine (ippan 126

KURONUMA / FUJITA, Kigyō-hō no riron, S. 20. MENKHAUS, Allgemeines Gesellschaftsrecht (2006), S. 251. 128 Für eine Übersicht verschiedener Auslegungsansichten zum Gesellschaftsgesetz siehe KURONUMA / FUJITA, Kigyō-hō no riron, S. 20 ff. 129 EGASHIRA, Kaisha-hō no konmentāru (2008), S. 86; BÄLZ / KANSAKU, Gesellschaftsrecht (2011), S. 68. 130 EGASHIRA, Kaisha-hō no konmentāru (2008), S. 86. 131 UEDA, Ippan shadan ippan zaidan hōjin (2009), S. 223. 127

40

1. Kapitel: Dogmatik

shadan hōjin) und Gewöhnliche Stiftungen (ippan shadan hōjin). Im Gegensatz zur alten Rechtslage ermöglicht es das Vereins- und Stiftungsgesetz erstmals Vereine und Stiftungen unabhängig davon zu gründen, ob sie gemeinnützige Ziele verfolgen oder nicht. Wenn Rechtsträger des Vereins- und Stiftungsgesetzes auf gemeinnützige Ziele gerichtet sind, besteht für sie die Besonderheit, dass sie sich in einem zweiten Schritt als gemeinnützige Rechtsträger, d.h. als gemeinnützige Vereine (kōeki shadan hōjin) oder gemeinnützige Stiftungen (kōeki zaidan hōjin), staatlich anerkennen lassen können. Dieses Stufenverhältnis von allgemein nicht auf Gewinnerzielung gerichtetem Rechtsträger und gemeinnützigem Rechtsträger besteht bislang jedoch nur für Vereine und Stiftungen. Für andere Rechtsträger bleibt es dabei, dass sie sich bereits bei der Gründung als gemeinnützige Rechtsträger qualifizieren müssen oder niemals als gemeinnützig anerkannt werden können. Aufgrund des Stufenverhältnisses werden nachfolgend zunächst die sonstigen juristischen Personen vorgestellt. i.) Sonstige juristische Personen Sonstige juristische Personen sind Rechtsträger, die vor allem auf die Förderung der Mitgliederinteressen gerichtet sind. Das Interesse kann den Beruf oder Wohnort betreffen und somit eine breite Schicht der Bevölkerung umfassen. Mittlerweile können aber auch Rechtsträger für einfache Freizeitklubs und sonstige auf das gemeinsame Interesse (kyōeki) bezogene Vereinigungen gegründet werden.132 Nach der bisherigen Rechtslage bestand aufgrund von Art. 34 ZG a.F. das Problem, dass sonstige juristische Personen nicht nach den zivilgesetzlichen Bestimmungen gegründet werden konnten. Die Gründung sonstiger Rechtsträger wurde daher bereits früh durch Sondergesetzgebung ermöglicht. Beispiele für spezialgesetzlich geregelte juristische Personen sind Gewerkschaften (rōdō kumiai),133 Genossenschaften z.B. Landwirtschaftsgenossenschaften (nōgyō kyōdō kumiai), 134 und Vereinigungen spezieller Berufsgruppen z.B. juristische Personen für Rechtsanwälte (bengo-shi hōjin) 135 oder juristische Personen für Steuerberater (zeiri-shi hōjin).136

132

Siehe für eine detaillierte Auflistung der juristischen Personen, die auf das gemeinsame Interesse gerichtet sind (kyōeki hōjin) WAGATSUMA / ARIIZUMI, Komentāru minpō (2008), S. 129 f., hier werden verwaltungsbezogene juristische Personen (gyōsei hōjin) als sonstige juristische Personen des Art. 33 ZG angesehen. 133 Rōdō kumiai-hō (Gesetz über Gewerkschaften), Gesetz Nr. 174 / 1949. 134 Nōgyō kumiai-hō (Gesetz über Landwirtschaftsgenossenschaften), Gesetz Nr. 132 / 147. 135 Bengo-shi hō (Gesetz für Rechtsanwälte), Gesetz Nr. 205 / 1949. 136 Zeiri-shi hō (Gesetz für Steuerberater), Gesetz Nr. 237 / 1951.

II. Gemeinnützige Rechtsträger

41

Obwohl sonstige Rechtsträger in Spezialgesetzen gegründet werden konnten, wurde kritisiert, dass die genannten Rechtsträger jeweils nur speziellen Interessenverbänden dienten und es wegen der engen Auslegung des Art. 33 Abs. 2 ZG a.F. an einem allgemeinen Rechtsträger zur Förderung unterschiedlicher und kleiner Interessengruppen fehle. 137 Hinzu kamen gesellschaftliche Probleme, z.B. die Überalterung der japanischen Gesellschaft, die zu einem verstärkten Gründungsbestreben solcher Gruppen führten.138 Es wurde daher im Jahr 2001 noch vor der Zivilrechtsreform in einem Einzelgesetz die „juristische Person in der Mitte“ (chūkan hōjin) zugelassen. Durch die neuen Rechtsträger des Vereins- und Stiftungsgesetzes ist es nunmehr möglich auch Gewöhnliche Vereine und Stiftungen als sonstige juristische Personen zu nutzen. Die juristische Person in der Mitte wurde deshalb überflüssig und mit Inkrafttreten des Vereins- und Stiftungsgesetzes abgeschafft. 1.) Gewöhnliche Vereine und Stiftungen Die Gewöhnlichen Vereine und Stiftungen können als allgemeine Rechtsträger für alle nicht auf Gewinnerzielung gerichteten Zwecke gegründet werden. Ein Gewöhnlicher Verein ist ein Zusammenschluss mehrerer Personen, deren Tätigkeit auf einen bestimmten Zweck gerichtet ist, und dem Rechtsfähigkeit verliehen wurde. 139 Es handelt sich deshalb um einen mitgliederschaftlich organisierten Rechtsträger. Im Gegensatz zur Rechtsform der Gesellschaft des Zivilgesetzes (minpō no kumiai) ist der Verein aber unabhängig von den einzelnen Mitgliedern. Er kann mit mindestens zwei Personen gegründet werden140 und bedarf einer Mitgliederversammlung (shain sōkai) als oberstem Entscheidungsgremium141, das die Geschäftsführung kontrolliert. Für die Ausführung der laufenden Geschäfte sind der oder die Vorsitzenden (riji) zuständig.142. Demgegenüber wird die Gewöhnliche Stiftung als eine mit Rechtsfähigkeit ausgestattete Vermögensmasse definiert, die ein durch den Gründer vorgegebenes Ziel verfolgt.143 Sie muss mit einem Grundstockvermögen von mindestens 3 Mio. Yen ausgestattet sein. Da sie keine Mitglieder hat, muss als Kontrolle des Vorstands eine Versammlung der Evaluierer (hyōgi‘in-kai) mit

137

OHTA, International Journal of Civil Society Law 4 (2006), S. 76. NAKATA, Jurisuto 1328 (2007), S. 3. 139 Vgl. SHIN-KŌEKI HŌJIN SEIDO KENKYŪ- KAI, Ichimon ittō (2006), S. 15; UCHIDA, Minpō I (2008), S. 208. 140 Art. 16 Abs. 1 VSG. 141 Art. 63 ZG a.F. 142 Art. 60 Abs. 1 VSG. 143 Vgl. ŌMI, Minpō kōgi I (2008), S. 96. 138

42

1. Kapitel: Dogmatik

mindestens drei Evaluierern (hyōgi-in) bestellt werden.144 Die Geschäftsführung erfolgt wie beim Gewöhnlichen Verein durch die Vorsitzenden. 2.) Frühere juristische Person in der Mitte Die juristische Person in der Mitte ist mittlerweile abgeschafft worden,145 da ihr Anwendungsbereich von den Rechtsträgern des Vereins- und Stiftungsgesetzes umfasst wird.146 Sie stellt jedoch einen wesentlichen Schritt auf dem Weg zur Verabschiedung des Vereins- und Stiftungsgesetzes dar und zeigt zudem den weiten Anwendungsbereich des neuen Gesetzes. Der Gesetzgeber sah als Adressaten der früheren juristischen Person in der Mitte (chūkan hōjin) vor allem Alumni-Vereinigungen (dōsō-kai), Freundschaftsvereinigungen (shiboku dantai), Freizeitklubs (kurabu), Interessengruppen (dōkō-kai) und sonstige auf gegenseitige Unterstützung gerichtete Vereinigungen (goshokai).147 Im Gesetz wurde die juristische Person in der Mitte als eine Vereinigung bezeichnet, die „den Zweck hat, gemeinschaftliche Vorteile für die Mitglieder anzustreben und darüber hinaus die Überschussgelder nicht an die Mitglieder zu verteilen“.148 Mindestvoraussetzungen für die Gründung waren zwei Mitglieder, ein Grundkapital von 3 Mio. Yen und der Erlass einer Satzung. 149 Die weiteren Gründungsvoraussetzungen unterschieden sich je nach Typ des Rechtsträgers. Gegründet ist der Rechtsträger nach seiner Eintragung in ein Register. 150 Die genannten Grundbestimmungen erinnern bereits an die Rechtsträger des Vereins- und Stiftungsgesetzes. Ein bemerkenswerter Unterschied zwischen den Rechtsträgern bestand hinsichtlich der Haftung. Anders als die Rechtsträger des Vereins- und Stiftungsgesetzes konnten die früheren juristischen Personen in der Mitte als solche mit beschränkter Haftung (yūgen sekinin chūkan hōjin) und solche mit unbeschränkter Haftung (mugen sekinin hōjin) gegründet werden. ii.) Gemeinnützige juristische Personen Nach der neuen Gesetzeslage können Organisationen mittels der Rechtsträger des Gewöhnlichen Vereins, der Gewöhnlichen Stiftung sowie der Non-Profit144

Art. 170, 173 Abs. 3 VSG. Art. 1 DurchführungsG. 146 SHIN-KŌEKI HŌJIN SEIDO KENKYŪ -KAI, Ichimon ittō (2006), S. 231. 147 HŌMUSHŌ MINJI KYOKU (Abteilung für Zivilsachen im Justizministerium), chūkan hōjin seido Q&A (Fragen und Antworten zum System der juristischen Person in der Mitte), (10.05.2009), Frage 1; ŌMI, Minpō kōgi I (2008), S. 98 f.; allgemein zum früheren Rechtsträger der juristischen Person in der Mitte siehe PEKKANEN / HEINEKEN, IJNL 7 (2004) S. 42–48. 148 Art. 2 Nr. 1 Person in der MitteG a.F. 149 Art. 10, 12, 81, 108 Person in der MitteG a.F. 150 Art. 19, 94 Person in der MitteG a.F. 145

II. Gemeinnützige Rechtsträger

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Organisation in den unterschiedlichsten gemeinnützigen Bereichen tätig sein. Während letztere bereits als gemeinnützige Rechtsträger gelten und damit gewisse Steuervorteile genießen, müssen die ersten beiden Rechtsträger sich erst als gemeinnützige Rechtsträger qualifizieren. Daneben bestehen auch die früheren gemeinnützigen Rechtsträger auf spezialgesetzlicher Rechtsgrundlage fort, z.B. Schulkörperschaften, Soziale Wohlfahrtskörperschaften und Religionskörperschaften. Ihre Gründung ist jedoch auf den jeweiligen Tätigkeitsbereich beschränkt. 1.) Gemeinnützige Vereine und Stiftungen Gewöhnliche Vereine und Stiftungen können sich aus steuerrechtlichen Erwägungen durch eine staatliche Anerkennung als gemeinnützige Rechtsträger qualifizieren. Die gesetzlichen Bestimmungen für gemeinnützige Vereine und Stiftungen befinden sich im Anerkennungsgesetz. Als gemeinnützig im Sinne des Anerkennungsgesetzes gelten Gewöhnliche Vereine und Stiftungen, die eines der gesetzlichen gemeinnützigen Geschäfte verfolgen und dadurch die Interessen einer „unbestimmten Anzahl von Personen“ fördern. 151 Für die Gemeinnützigkeitsanerkennung werden strenge Voraussetzungen an die gemeinnützigen Geschäfte, die Organisationsstruktur und die Nebentätigkeiten, d.h. die sog. Ertragsgeschäfte, der Rechtsträger gestellt. Ein wesentlicher Unterschied zum alten System der gemeinnützigen Rechtsträger besteht in der Neuregelung des Anerkennungsverfahrens. Der Antrag auf Anerkennung der Gemeinnützigkeit wird zwar weiterhin an eine Verwaltungsbehörde gestellt, jedoch erfolgt die Beurteilung nunmehr anhand normativer Gesetzeskriterien und im Wesentlichen aufgrund einer Begutachtung durch ein unabhängiges Beratungsgremiums. Das Gremium setzt sich aus Experten der Wissenschaft und Praxis im Bereich gemeinnützigen Handelns zusammen.152 Auf nationaler Ebene ist als Beratungsgremium die sog. Anerkennungskommission (kōeki nintei i’in-kai) vorgesehen, 153 weitere Beratungsgremien bestehen unter anderer Bezeichnung auch auf Ebene der Präfekturen. Neben dem Anerkennungsverfahren ist die behördliche Aufsicht der laufenden Geschäfte der Rechtsträger auf eine klarere gesetzliche Grundlage gestellt worden. 154 Während eine Aufsicht in Form von anfänglichen Untersuchungen bei Verdacht auf rechtswidriges Handeln ebenfalls durch das unabhängige Beratungsgremium erfolgen kann, fallen verwaltungsrechtliche Aufsichts-

151

Art. 2 Abs. 4, Art. 4 sowie die Art. 2 AnerkennG beigefügte Liste. Eine aktuelle Besetzung der Kommission in englischer Sprache steht auf der gemeinsamen Informationsseite von Regierung und den Präfekturen zur gemeinnützigen juristischen Person, (13.05.2010). 153 Art. 43 AnerkennG. 154 Art. 26–28 AnerkennG. 152

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1. Kapitel: Dogmatik

maßnahmen in den alleinigen Zuständigkeitsbereich der Verwaltungsbehörden. 2.) Non-Profit-Organisationen Als Non-Profit-Organisation werden gemeinnützige Rechtsträger bezeichnet, die unter den Voraussetzungen des „Gesetzes zur Förderung von bestimmten, nicht auf Gewinnerzielung gerichteten Tätigkeiten“ gegründet werden. Das verkürzt als „NPO-Gesetz“ bezeichnete Gesetz war am 19. März 1998 verabschiedet und in den Medien als Meilenstein für die Anerkennung bürgerschaftlichen Engagements durch die Politik gefeiert worden.155 Im Jahr 2003 erfolgte eine vollständige Überarbeitung des Gesetzes. Es dient seitdem überwiegend lokalen Bürgervereinigungen (shimin dantai) als Rechtsträger, die geringe finanzielle Mittel und wenig Personal haben.156 Im Vorfeld der Reform gemeinnütziger Vereine und Stiftungen a.F. war ursprünglich geplant, die Non-Profit-Organisationen in diese Rechtsträger einzugliedern. Dieses Vorhaben wurde jedoch wegen des massiven Widerstandes der Non-ProfitOrganisationen aufgegeben. 157 Sie befürchteten, durch die Eingliederung wieder verstärkt unter die Aufsicht staatlicher Behörden zu gelangen. Zudem seien die Maßstäbe für die Gemeinnützigkeitsanerkennung des Anerkennungsgesetzes schwieriger zu erfüllen als die Gründung einer Non-ProfitOrganisation nach dem NPO-Gesetz. 158 Obwohl Non-Profit-Organisationen nicht in die Reformgesetze der gemeinnützigen Vereine und Stiftungen a.F. integriert wurden, kommt ihnen eine Vorreiterrolle zu. Das NPO-Gesetz hatte deshalb nicht unerheblichen Einfluss auf die Ausgestaltung der späteren Reformgesetze. a.) Rechtliche Grundlagen Eine Non-Profit-Organisation muss bei ihrer Gründung mindestens zehn Mitglieder vorweisen sowie drei Vorsitzende und einen Revisor bestellen.159 Ihr Zweck muss auf die Durchführung einer der im NPO-Gesetz aufgelisteten

155

KAWASHIMA, UCLA Basin Law Journal 24 (2006), S. 81. KAWASHIMA, UCLA Basin Law Journal 24 (2006), S. 95; KAWATO / PEKKANEN, Civil Society (2008), S. 194. Für aktuelle Daten zu Non-Profit-Organisationen siehe NAIKAKU- FU (Kabinettsamt), Heisei 21 nendo shimin katsudō dantai- tō kihon chōsa hōkoku-sho (Bericht der Untersuchung bürgerschaftlicher Gruppierungen 2009). 157 Interview mit der stellvertretenden Vorsitzenden der Anerkennungskommission Prof. Takako Amemiya vom 18.03.2010; United States International Grantmaking, Country Information Japan, (22.03.2011). 158 GOTO, Gesellschafts- und Vereinssystem (2008), S. 38. 159 Art. 10 Abs. 1, 3, Art. 15 NPOG. 156

II. Gemeinnützige Rechtsträger

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gemeinnützigen Tätigkeiten gerichtet sein.160 Obwohl die genannten Tätigkeiten ein weites Spektrum umfassen, wurden politische oder religiöse Zwecke von vornherein nicht zugelassen. 161 Mit dem Antrag auf Gründung müssen die Satzung und weitere Dokumente bei der zuständigen Behörde eingereicht werden. Erfüllt eine Vereinigung die gesetzlichen Gründungsvoraussetzungen, ist die Behörde verpflichtet, ihr innerhalb von vier Monaten nach Antragstellung eine Beglaubigung (ninshō) auszustellen.162 Das Gründungsverfahren als juristische Person ist mit der Beglaubigung abgeschlossen.163 Entscheidender Unterschied im Vergleich zu den gemeinnützigen Vereinen und Stiftungen a.F. ist bei der Gründung die Beurteilung der Vereinigungen nach normativen Gesetzeskriterien. Beispielsweise ist für die Gründung zwar weiterhin eine staatliche Beurteilung der Vereinigung erforderlich, diese erfolgt jedoch weitgehend ohne Ermessensentscheidungen. 164 Die Behörde hat vor allem kein freies Ermessen über die Gründungsfrage wie bei der Genehmigungserteilung gemeinnütziger Vereine und Stiftungen a.F. Als ein weiterer bedeutender Unterschied werden an die Gründung einer Non-Profit-Organisation keine finanziellen Anforderungen gestellt. Dass die finanzielle Grundlage im Gründungsverfahren keine Rolle spielt, ermöglicht vor allem kleineren Vereinigungen die Erlangung der Rechtsfähigkeit.165 In ihrer Organisationsstruktur sind Non-Proft-Organisationen ähnlich körperschaftlich organisiert wie Gewöhnliche Vereine. Sie haben Mitglieder, die in einer Mitgliederversammlung (shain sōkai) mindestens einmal im Jahr zusammenkommen. Die Rolle der Mitglieder und ihrer Versammlung ist aus den Vorschriften des NPO-Gesetzes jedoch nicht klar ersichtlich. Der Gesetzgeber hat sie weder als maßgebliches Entscheidungs- noch als Kontrollorgan des oder der Vorsitzenden konzipiert. Die Versammlung hat zwar ein unabdingbares Beschlussrecht bei Satzungsänderungen und der Verschmelzung des Rechtsträgers,166 das NPO-Gesetz sieht jedoch nicht vor, dass ihr die Personalkompetenz zur Bestellung und Abberufung der Vorsitzenden zukommt. Es ist daher weitgehend den jeweiligen Non-Profit-Organisationen selbst überlassen, die Fragen der Geschäftsführung und Kompetenzverteilung in der Satzung zu regeln. In der Praxis wird den Vereinigungen geraten, aus Gründen der Effizienz und praktischen Umsetzung die Geschäftsführung vorwiegend den Vorsitzenden zu überlassen. 167 Zumindest nach den Vor160

In der Art. 2 NPOG beigefügten Liste wurden zunächst 12 Bereiche genannt, die später auf insgesamt 17 Tätigkeitsfelder erweitert wurden. 161 Art. 2 Abs. 2 b. Nr. 1 NPOG. 162 Art. 10 Abs. 2, Art. 12 Abs. 2 NPOG. 163 Art. 13 Abs. 1 NPOG. 164 GOTO, Gesellschafts- und Vereinssystem (2008), S. 38. 165 KAWATO / PEKKANEN, Civil Society (2008), S. 198. 166 Art. 25, 34 NPOG. 167 KAWASHIMA, UCLA Basin Law Journal 24 (2006), S. 97.

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1. Kapitel: Dogmatik

schriften des NPO-Gesetzes kommt den Mitgliedern innerhalb der Organisationsstruktur eine eher passive Rolle zu.168 Nachdem Non-Profit-Organisationen zunächst keine steuerlichen Vorteile aufgrund ihrer gemeinnützigen Aktivitäten geltend machen konnten, wurden sie in einer Gesetzesänderung des Jahres 2001 den gemeinnützigen Rechtsträgern a.F. weitgehend gleichgestellt.169 Sie müssen Körperschaftssteuer auf Erträge zahlen, wenn diese aus einem von 33 gesetzlich festgelegten Ertragsgeschäften erzielt wurden. Die ersten 8 Mio. Yen werden dabei mit 22 %, darüber hinaus erzielte Erträge mit 30% versteuert.170 Von den Steuererleichterungen der Körperschaftssteuer für die Rechtsträger zu unterscheiden sind Steuervorteile für Spenden an Non-Profit-Organisationen. Spender können sich ihre Spenden an Non-Profit-Organisationen nur anrechnen lassen, wenn der Rechtsträger zuvor durch die Steuerbehörde als sog. anerkannte NonProfit-Organisation (nintei tokutei hi-eiri katsudō sokushin hōjin) anerkannt wurde. 171 Trotz weiterer Gesetzesänderungen zur Deregulierung der Anerkennungsvoraussetzungen in den Jahren 2003 und 2005 sind bislang nur 127 der 41.154 Non-Profit-Organisationen anerkannt worden.172 Die geringe Anzahl der Anerkennungen wird auf die erheblichen Anforderungen u.a. an das Einkommen und die gemeinnützigen Tätigkeiten durch die Steuerbehörde zurückgeführt. 173 Spenden an anerkannte Non-Profit-Organisationen können ein privater Spender bis zu einer Grenze von 25 % des jährlichen Einkommens und juristische Personen bis zu einer Grenze von 1,25 % der Jahreseinkünfte zuzüglich 0,125 % des Grundkapitals geltend machen. b.) Beurteilung Die Einführung des Rechtsträgers Non-Profit-Organisation ist insgesamt als Fortschritt für den Bereich bürgerschaftlicher Vereinigungen zu werten. 174 Die weitreichende Akzeptanz und Nutzung des neuen Rechtsträgers lässt sich anschaulich an der Anzahl der Neugründungen erkennen. Seit Inkrafttreten des NPO-Gesetzes am 01.12.1998 sind 41.864 Non-Profit-Organisationen 168

KAWASHIMA, UCLA Basin Law Journal 24 (2006), S. 99. Sozei tokubetsu sochi-hō tō no ichibu wo keisei suru hōritsu (Gesetz über die Reform eines Teils des Steuermaßnahmengesetzes), Gesetz Nr. 7 / 2001. 170 Art. 46 (2) NPOG, Art. 4, 7 KöStG. 171 Art. 66 (11) Abs. 2 S. 3 StMG. 172 Stand: April 2010, siehe für eine Auflistung aller anerkannten Non-Profit-Organisationen (22.08.2010). 173 KAWASHIMA, UCLA Basin Law Journal (2006), S. 93 f.; PEKKANEN / SIMON, Legal Framework for Voluntary Activity (2003), S. 94 f.; KRUTH, Strategien der Zivilgesellschaft (2008), S. 134 f. 174 KAWATO / PEKKANEN, Civil Society (2008), S. 195; KAWASHIMA, UCLA Basin Law Journal 24 (2006), S. 120; PEKKANEN / SIMON, Legal Framework for Voluntary Activity (2003), S. 94 f. 169

II. Gemeinnützige Rechtsträger

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beglaubigt worden. Von den eingegangenen Anträgen auf Beglaubigung wurden insgesamt 705 Anträge abgelehnt. 175 Nur wenige Rechtsträger sind bislang wieder aufgelöst worden. Inhaltlich fördert das NPO-Gesetz Vereinigungen, die sich in den typischen Tätigkeitsbereichen bürgerschaftlicher Gruppierungen engagieren, indem es ihnen die Gründung einer juristischen Person ermöglicht. Kritische Stimmen in der Literatur sehen im Zugang zur Rechtsfähigkeit allein jedoch noch keine Förderung der gemeinnützigen Vereinigung.176 Allerdings ist für Geschäftspartner bereits der Status einer rechtsfähigen Vereinigung im Rechtsverkehr oftmals vertrauenswürdiger. Ihnen wird im Schadensfall ein Rückgriff nicht nur auf das Privatvermögen des fehlerhaft handelnden Vorsitzenden, sondern auch auf das des Rechtsträgers eröffnet. Hinzu kommt ihre gesellschaftliche Aufwertung in der öffentlichen Wahrnehmung durch eine staatliche Legitimation. 177 Zudem hat der japanische Gesetzgeber 2001 die Non-Profit-Organisationen auch steuerrechtlich mit gemeinnützigen Rechtsträgern gleichgestellt. Sie sind dadurch gegenüber nicht rechtsfähigen Vereinigungen finanziell bessergestellt, da sie einen geringeren Steuersatz auf Einnahmen aus ihren Ertragsgeschäften zahlen und ihre Spender ebenso Steuervorteile genießen. Allerdings zeigt die Anzahl der anerkannten NonProfit-Organisationen, dass nur wenige der Rechtsträger die spendenbegünstigende Anerkennung beantragen. Eine Lockerung der Anerkennungsvoraussetzungen würde auch die finanzielle Lage der Non-Profit-Organisationen verbessern. Die Finanzierung von Non-Profit-Organisationen gilt bislang allgemein als problematisch.178 Kritisch zu bewerten sind die Vorgaben für die organisationsinterne Struktur der Rechtsträger. Insgesamt ist das NPO-Gesetz durch offene Regelungen hinsichtlich der Organisationsverfassung und Geschäftsführung gekennzeichnet.179 Es bestehen keine gesetzlichen Richtlinien hinsichtlich der Bestellung der oder des Vorsitzenden, seiner oder ihrer Pflichten oder der Rolle und dem Ablauf der Mitgliederversammlung.180 Die flexible Handhabung des Rechtsträgers ist jedoch einerseits den Gesetzgebungsumständen geschuldet. Das NPO-Gesetz sollte schnellstmöglich in Kraft treten, so dass nur wenig Zeit für die Ausarbeitung der Rechtsvorschriften blieb. 181 Andererseits zielt das Gesetz auf bürgerschaftliche Vereinigungen, d.h. zumeist kleinere Gruppie175

Stand: 31.01.2011, Statistik der NPO Homepage der japanischen Regierung, siehe (22.03.2011). 176 DEGUCHI, Institutionalized and Noninstitutionalized NPOs (2001), S. 163. 177 AMENOMORI, Japan (1997), S. 207 f. 178 KRUTH, Strategien der Zivilgesellschaft (2008), S. 74; KAWATO / PEKKANEN, Civil Society (2008), S. 194. 179 KAWASHIMA, UCLA Basin Law Journal 24 (2006), S. 101. 180 KAWASHIMA, UCLA Basin Law Journal 24 (2006), S. 100. 181 DEGUCHI, Institutionalized and Noninstitutionalized NPOs (2001), S. 162.

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1. Kapitel: Dogmatik

rungen. Sie wären mit einem komplizierten Regelwerk oftmals überfordert. Ihre Tätigkeiten würden durch formale Anforderungen und Verfahren eher behindert oder solche Bestimmungen blieben von vornherein unbeachtet. Schließlich erscheint die Missbrauchsgefahr des Rechtsträgers angesichts der ehrenamtlich tätigen Mitglieder geringer als beispielsweise bei Aktiengesellschaften. Im NPO-Gesetz wird explizit geregelt, dass die Posten der Vorsitzenden zu einem Drittel von ehrenamtlich tätigen Personen besetzt werden müssen.182

III. Privatrechtliche und öffentlich-rechtliche Rechtsträger

III. Privatrechtliche und öffentlich-rechtliche Rechtsträger

Von den gemeinnützigen Rechtsträgern, die aufgrund privater Initiative gegründet und geführt werden, sind öffentlich-rechtliche Rechtsträger zu unterscheiden, die ebenso auf Förderung des Gemeinwohls zielen. Die japanische Rechtsordnung unterscheidet traditionell zwischen privatrechtlichen (shihōjin) und öffentlich-rechtlichen juristischen Personen (kō-hōjin). Noch zur Zeit der alten Verfassung bis zum Zweiten Weltkrieg183 wurde lebhaft über die Abgrenzung von öffentlich-rechtlichen juristischen Personen und privatrechtlichen juristischen Personen diskutiert. Die Abgrenzung hatte insofern große Bedeutung, als davon abhing, ob bei Streitigkeiten die Verwaltungsgerichte zuständig waren oder nicht. Nachdem in der späteren Verfassung getrennte Gerichtswege abgeschafft worden waren,184 verlor die Unterscheidung zunehmend an Bedeutung.185 Öffentlich-rechtliche juristische Personen werden in der Literatur u.a. als Rechtsträger beschrieben, deren Anteilseigner ein öffentliches Organ ist (z.B. der Staat, eine Präfektur oder eine Stadt), die hauptsächlich zum öffentlichen Wohl (kyōeki) betrieben werden und deren Geschäfte die Leistungsverwaltung (z.B. den Straßenbau, die Kanalisation, Museen etc.) betreffen. 186 Als öffentlich-rechtliche Rechtsträger werden die Sonderrechtspersonen (tokushu hōjin) und die Sondergesellschaften (tokushu kaisha) angesehen. Neben diesen Rechtsträgern wurde im Rahmen der Verwaltungsreform im Jahre 2001 ein neuer Verwaltungsrechtsträger eingeführt, die sog. selbstständige verwaltungsbezogene juristische Person. Dieser Rechtsträger erfüllt zwar Aufgaben der Verwaltung, wird üblicherweise jedoch nicht als kō-hōjin bezeichnet.

182

Art. 2 Abs. 1 Nr. 1 NPOG. Kyū-kenpō (alte Verfassung) vom 11.02.1889. 184 Art. 76 Nihon-koku kenpō (Verfassung) vom 3.11.1946. 185 WAGATSUMA / ARIIZUMI, Komentāru minpō (2008), S. 131. 186 YAMAUCHI, Staatsunternehmen in Japan (1995), S. 134. 183

III. Privatrechtliche und öffentlich-rechtliche Rechtsträger

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Abschließend soll an dieser Stelle auch auf privatrechtliche gemeinnützige Rechtsträger eingegangen werden, die mit staatlichen Aufgaben beliehen werden. Letztere sind zwar keine öffentlich-rechtlichen Rechtsträger, jedoch wurden sie in der Vergangenheit aufgrund ihrer Abhängigkeit von staatlichen Behörden oftmals eher als Teil der staatlichen Verwaltung und nicht als selbstständige privatrechtliche Rechtsträger angesehen. 1. Sonderrechtspersonen und Sondergesellschaften Aufgaben der Leistungsverwaltung werden traditionell von Sonderrechtspersonen und Sondergesellschafen erfüllt. 187 Sonderrechtspersonen werden bei Bedarf auf der Grundlage eines Spezialgesetzes gegründet.188 Sie umfassen öffentliche Rechtsträger mit unterschiedlichem Grad staatlicher Beteiligung, z.B. die Geschäftsvereinigung (jigyō-dan)189 oder die öffentlichen Kassen (kōko)190. Demgegenüber werden Sondergesellschaften als privatrechtliche Gesellschaften gegründet. Aber auch bei ihnen hält der Staat alle oder zumindest die Mehrheit der Anteile an der Gesellschaft. Seit den 1980er Jahren ist es infolge der zunehmenden Privatisierung zu einer verstärkten Umwandlung der Sonderrechtspersonen in Sondergesellschaften gekommen. Prominente Fälle sind die Umstrukturierung von staatseigenen Unternehmen, z.B. der Staatsbahn191 und der Telekommunikationsunternehmen,192 vor allem in Aktiengesellschaften. 2. Selbstständige verwaltungsbezogene juristische Personen Aufgaben der Verwaltung werden in jüngerer Zeit zunehmend durch selbstständige verwaltungsbezogene juristische Personen (dokuritsu gyōsei hōjin) übernommen. Als eine von vier Reformsäulen sah die von Premierminister Hashimoto im Jahr 1996 eingeleitete Verwaltungsreform vor, Verwaltungs187 Zu den verschiedenen öffentlich-rechtlichen Rechtsträgern siehe ausführlich YAMAUCHI, Staatsunternehmen in Japan (1995), S. 133 ff. 188 Art. 4 Nr. 15 Sōmu-shō setchi-hō (Gesetz über die Errichtung des Ministeriums für öffentliche Verwaltung, Inneres, Post und Telekommunikation), Gesetz Nr. 91 / 1999 i.d.F. des Gesetzes Nr. 65 / 2010. 189 Z.B. die Nihon shiritsu gakkō shinkō kyosai jigyōdan-hō (Gesetz über die Geschäftsvereinigung Japan zur Unterstützung und Förderung der Privatschulen), Gesetz Nr. 48 / 1997. 190 Z.B. die Okinawa shinkō kaihatsu kinkyū kōko-hō (Gesetz über die Förderungs- und Erschliessungsfinanzierungskasse für Okinawa) Gesetz Nr. 131 / 1972. 191 Ryōkyaku tetsudō kabushiki kaisha oyobi nihon kamotsu tetsudō kabushiki kaisha ni kansuru hōritsu (Gesetz über die Personentransport Eisenbahn AG und die Gütertransport AG), Gesetz Nr. 88 / 1986. 192 Nihon denshin denwa kabushiki kaisha hō (Gesetz über die japanische Telegraphie und Telefon Aktiengesellschaft Japan), Gesetz Nr. 85 / 1984.

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1. Kapitel: Dogmatik

aufgaben künftig auf neue Verwaltungsrechtsträger auszulagern.193 Der größte Teil der öffentlichen Einrichtungen des Staates, z.B. Forschungsinstitute, Museen oder Krankenhäuser, die bisher Teil der Gesamtverwaltung waren, wurden dadurch auf eigenständige Rechtsträger aufgeteilt. Im Zuge der Umstrukturierung wurden auch die Sonderrechtspersonen reformiert.194 Sie wurden teilweise zu selbstständigen verwaltungsbezogenen juristischen Personen umgewandelt, teilweise bestehen sie aber auch weiter als Sonderrechtspersonen fort. Ziel der Neustrukturierung war es einerseits, die zuvor in Einzelgesetzen geregelten Einrichtungen übersichtlicher zu gestalten, andererseits sollten dadurch Verwaltungsaufgaben effizienter und kostengünstiger erfüllt werden.195 Nach der Legaldefinition des Art. 2 SVJPG werden selbstständige verwaltungsbezogene juristische Personen in drei Gruppen eingeteilt. Gruppe 1: Selbstständige verwaltungsbezogene juristische Personen, deren Aufgaben nicht unmittelbar durch den Staat ausgeführt werden müssen Gruppe 2: Selbstständige verwaltungsbezogene juristische Personen, bei denen die Befürchtung besteht, dass sie nicht durch Private erledigt werden und deshalb notwendigerweise durch den Staat ausgeführt werden müssen Gruppe 3: Selbstständige verwaltungsbezogene juristische Personen, deren Aufgaben durch einen Rechtsträger monopolistisch ausgeführt werden Selbstständige verwaltungsbezogene juristische Personen erfüllen Aufgaben des Ministeriums, dem sie zugeordnet sind. Der zuständige Minister entscheidet über die mittelfristigen Ziele der Rechtsträger, d.h. Ziele in einem Zeitraum von drei bis fünf Jahren. Auf diesen Zielvorgaben aufbauend entwerfen die Rechtsträger selbst einen konkreteren mittelfristigen Plan, den sie dann vom Minister genehmigen lassen müssen. 196 Die weitere Aufgabenausführung erfolgt weitgehend selbstständig unter dem Vorbehalt der Rechts193 Dokuritsu gyōsei hōjin tsūsoku-hō (Allgemeines Gesetz über selbstständige verwaltungsbezogene juristische Personen), abgekürzt: SVJPG, Gesetz Nr. 103 / 1999 und darauf aufbauende Einzelgesetze. Davon zu unterscheiden sind Sondergesetze, die eine Umwandlung einzelner Einrichtungen betrafen, v.a. das Kokuritsu daigaku hōjin-hō (Gesetz über staatliche Universitäten in Form einer juristischen Person), Gesetz Nr. 112 / 2003 (siehe dazu auch YAMAMOTO, Abbau von Staatlichkeit (2001), S. 261 ff.) oder das Chihō dokuritsu gyōsei hōjin-hō (Gesetz über kommunale selbstständige verwaltungsbezogene juristische Personen), Gesetz Nr. 118 / 2003. 194 Tokushu hōjin-tō kaikaku kihon-hō (Grundlegendes Gesetz über die Reform der Sonderkörperschaften des öffentlichen Rechts), Gesetz Nr. 58 / 2001. 195 KANEKO, Public Organizaion Review 6 (2006), S. 334; NAKAHARA, Erfüllung der Verwaltungsaufgaben (2006), S. 278. 196 Art. 29 f. SVJPG.

III. Privatrechtliche und öffentlich-rechtliche Rechtsträger

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aufsicht durch das Ministerium. Am Ende der Mittelfrist erfolgt eine Evaluierung der Leistung durch das Ministerium. Zudem überprüft das Ministerium die Organisation und den Geschäftsbereich sowie die Möglichkeit zur Auflösung der selbstständigen verwaltungsbezogenen juristischen Personen.197 Die anfänglich 57 Rechtsträger wurden durch ständige Umstrukturierung zu mittlerweile 99 Rechtsträgern erweitert.198 Auch im Hinblick auf das Personal gibt das Ministerium einen Rahmen vor. Der jeweilige Minister ernennt die Direktoren der Rechtsträger und kann sie auch abberufen. 199 Grundsätzlich muss das Personal zwar nicht dem öffentlichen Dienst angehören, in der Praxis stehen viele Angestelle der selbstständigen verwaltungsbezogenen juristischen Personen aber in einem öffentlichen Dienstverhältnis.200 Die Finanzierung erfolgt weitgehend durch Unterstützung der Ministerien. Die Rechtsträger können jedoch auch Spendengelder von privater Seite erhalten.201 3. Beleihung privatrechtlicher gemeinnütziger Rechtsträger Die Beleihung privatrechtlicher gemeinnütziger Rechtsträger mit staatlichen Aufgaben ist sowohl auf nationaler als auch auf lokaler Ebene weit verbreitet. Eine Möglichkeit besteht in der Aufgabenverteilung an verwaltungsnahe gemeinnützige Rechtsträger. Sie werden als gemeinnützige Rechtsträger, die treuhänderisch von der Verwaltung betraut sind (gyōsei itaku-gata kōeki hōjin), bezeichnet. 202 Es handelt sich hierbei um Rechtsträger, denen von Ministerien auf einer bestimmten Rechtsgrundlage Aufgaben und Geschäfte übertragen werden. 203 Sie führen anstelle einer Behörde Prüfungs- oder Anerkennungsverfahren durch, 204 sprechen Empfehlungen aus 205 oder ver197

Art. 34 f. SVJPG. (Stand April 2009), für eine Übersicht aller bestehenden selbstständigen verwaltungsbezogenen juristischen Personen siehe Sōmu-shō gyōsei hyōka-kyoku (Abteilung des Ministeriums für öffentliche Verwaltung, Inneres, Post und Telekommunikation zur Evaluierung der Verwaltung), (18.05.2009). 199 Art. 20, 23 SVJPG. 200 YAMAMOTO, Abbau von Staatlichkeit (2001), S. 264. 201 KANEKO, Public Organizaion Review 6 (2006), S. 337 f. 202 Teilweise ist auch die Bezeichnung gyōsei hokan-gata kōeki hōjin (verwaltungsergänzende gemeinnützige juristische Person) gebräuchlich MORIIZUMI, Shin-hōjin-hō nyūmon (2004), S. 17 f. 203 SŌMU-SHŌ, Heisei 20 nen han kōeki hōjin hakusho (2008), S. 74. 204 Z.B. Sangyō kankyō kanri-kyō (Vereinigung der Industrie für Umweltmanagement), die ein Staatsexamen für Manager zum Umweltschutz im Auftrag des Ministeriums für Wirtschaft, Handel und Industrie durchführt. 205 Z.B. Kokusai kenshū kyōryoku kikō (Organisation zur Vermittlung ausländischer Auszubildender und Praktikanten an japanische Betriebe), die Empfehlungen für die ausländischen Auszubildenden im Auftrag des Justizministeriums ausspricht. 198

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1. Kapitel: Dogmatik

teilen Beihilfe- und Subventionsgelder. Die Beziehung zwischen den öffentlichen Stellen und den verwaltungsnahen gemeinnützigen Rechtsträgern ist durch ein Über-Unterordnungsverhältnis gekennzeichnet, in dem letzere einerseits finanziell gefördert werden, andererseits unter der strengen Aufsicht der staatlichen Stellen stehen.206 Für den Hintergrund dieser Praxis werden unterschiedliche Gründe angeführt. Zum einen verfügen Behörden über beschränkte Personalressourcen, so dass die Aufgabenverteilung an außenstehende Rechtsträger eine Möglichkeit ist, die Aufgaben dennoch zu erfüllen. 207 Zum anderen werden auch finanzielle Gründe angegeben. Da Behörden keine Spenden erhalten, können die beauftragten gemeinnützigen Rechtsträger für ihre Aufgaben um Spenden werben.208 Kritisiert wurde diese Praxis vor allem wegen der zwischen den staatlichen Stellen und den gemeinnützigen Rechtsträgern häufig auftretenden Fälle von amakudari und der Veruntreuung öffentlicher Subventionsgelder. 209 Infolge der fortdauernden Verwaltungsreform wird das System der verwaltungsnahen gemeinnützigen Rechtsträger grundlegend reformiert. Alle Rechtsträger werden einer eingehenden Überprüfung unterzogen.210 Sie sollen überwiegend abgeschafft und ihre Aufgaben u.a. an selbstständige verwaltungsbezogene juristische Personen übertragen werden, teilweise werden sie auch nur neu strukturiert. Nach aktuellen Angaben bestehen auf nationaler Ebene noch 410 Rechtsträger und auf Präfekturebene 1.342 Rechtsträger dieser Kategorie.211 Des Weiteren wird die Kooperation zwischen staatlichen Behörden und gemeinnützigen Rechtsträgern auf lokaler Ebene durch das im Jahre 1999 erlassene Gesetz über private Finanzierung 212 gefördert. Das Gesetz über private Finanzierung ermöglicht es, die Geschäfte, die Planung und die Finanzierung einer öffentlichen Einrichtung umfassend einem privaten Rechtsträger auf einer vertraglichen Grundlage zu überlassen. Sie können den 206

MORIIZUMI, Shin-hōjin-hō nyūmon (2004), S. 18; YAMAMOTO, State and the Nonprofit Sector (1998), S. 120 ff. 207 NAGASAWA, Shadan hōjin zaidan hōjin no unei jitsumu (2000), S. 16 f.; AMENOMORI, Japan (1997), S. 208; YAMAMOTO, State and the Nonprofit Sector (1998), S. 121. 208 AMENOMORI, Japan (1997), S. 209; YAMAMOTO, State and the Nonprofit Sector (1998), S. 121, der darauf hinweist, dass ca. 90 % der spendenberechtigten gemeinnützigen Rechtsträger entweder durch die Regierung finanziert oder errichtet wurden. 209 AMENOMORI, Japan (1997), S. 209; YAMAMOTO, State and the Nonprofit Sector (1998), S. 138; UCHIDA, Minpō I (2008), S. 212. 210 Kōeki hōjin ni taisuru gyōsei no kanyo no arikata no kaikaku jisshi keikaku (Aktionsplan zur Reform der gemeinnützigen juristischen Personen mit Verwaltungsbeteiligung), kakugi kettei (Kabinettsentscheidung) vom 29.03.2002. 211 Stand: 2008; SŌMU-SHŌ, Heisei 20 nen han kōeki hōjin hakusho (2008), S. 75, 79. 212 Minkan shikin-tō no katsuyō ni yoru kōkyō shisetsu-tō no seibi-tō no sokushin ni kansuru-hō (Gesetz zur Förderung der Unterhaltung öffentlicher Einrichtungen durch private Finanzierung), Gesetz Nr. 117 / 1999.

IV. Rechtsvergleich

53

Betrieb dann auf eigene Rechnung und weitgehend in Eigenregie führen. In den Verträgen ist jedoch auch eine sachgemäße Kontrolle der staatlichen Behörden sicherzustellen.213 Noch bis zum Jahr 2003 bestand die gesetzliche Vorgabe, dass Gemeinden oder Präfekturen die öffentlichen Betriebe nur an Rechtsträger übertragen konnten, an denen sie sich auch finanziell beteiligten. 214 Eine Regierungstudie aus dem Jahr 2006 ergab, dass von 61.565 übertragenen öffentlichen Betrieben 36,2 % an gemeinnützige Rechtsträger a.F. und 1,7 % an Non-Profit-Organisationen abgetreten wurden. 215 Gerade für die oftmals unterfinanzierten Non-Profit-Organisationen scheint die Übertragung einer öffentlichen Einrichtung lukrativ. Sie müssen meist über die Hälfte ihrer Ausgaben selbst erwirtschaften. 216 Infolge der Auftragsvergabe durch öffentliche Stellen entwickeln sich so neue Kooperationsformen privater und öffentlicher Zusammenarbeit. Nicht selten begeben sich Non-Profit-Organisationen jedoch durch die Aufträge in ein finanzielles Abhängigkeitsverhältnis zu den öffentlichen Stellen.217

IV. Rechtsvergleich

IV. Rechtsvergleich

In Japan werden gemeinnützige Rechtsträger im Zivilgesetz als eine von drei Gruppen juristischer Personen aufgeführt. 218 Bis zur Reform waren die Vorschriften über gemeinnützige Vereine und Stiftungen a.F. noch zivilgesetzlich geregelt. Seit ihrer grundlegenden Reform im Jahr 2006 sind ihre Nachfolgerechtsträger jedoch in Spezialgesetzen außerhalb des Zivilgesetzes geregelt worden. In Deutschland sind gemeinnützige Rechtsträger im Bürgerlichen Gesetzbuch nicht explizit aufgeführt. Im Bürgerlichen Gesetzbuch geregelt sind jedoch die Rechtsträger des eingetragenen Vereins 219 und der rechtsfähigen Stiftung,220 die auch für gemeinnützige Zwecke genutzt werden. Neben diesen Rechtsträgern werden gemeinnützige Zwecke auch in den Rechtsformen des nicht eingetragenen Vereins und der nicht rechtsfähigen Stiftung verfolgt. Es ist jedoch nur erstere Rechtsform gesetzlich geregelt. In den Vorschriften über Vereine wird in § 54 BGB ausdrücklich der „nicht rechtsfähige Verein“ angesprochen. Aufgrund dieser Vorschrift wurde in Deutschland lange Zeit zwischen dem rechtsfähigen Verein und dem nicht 213

NAKAHARA, Erfüllung der Verwaltungsaufgaben (2006), S. 280. NAKAHARA, Erfüllung der Verwaltungsaufgaben (2006), S. 277. 215 TSUKAMOTO, The Bulletin of Institute of Social Sciences Meiji University 31 (2009), S. 7. 216 TSUKAMOTO, The Bulletin of Institute of Social Sciences Meiji University 31 (2009), S. 6. 217 TSUKAMOTO, The Bulletin of Institute of Social Sciences Meiji University 31 (2009), S. 10 ff., der positive und negative Folgen dieser Entwicklung aufzeigt. 218 Art. 33 ZG. 219 §§ 21-79 BGB. 220 §§ 80-89 BGB. 214

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1. Kapitel: Dogmatik

rechtsfähigen Verein unterschieden. Da mittlerweile auch die Teilrechtsfähigkeit der nicht rechtsfähigen Vereine anerkannt ist, ist es zur Abgrenzung üblich, zwischen eingetragenen Vereinen und nicht eingetragenen Vereinen zu unterscheiden.221 Im Gegensatz zu letzteren sind nur eingetragene Vereine als juristische Personen rechtsfähig. Der Rechtsvergleich mit Deutschland konzentriert sich im Nachfolgenden auf den Vergleich der gemeinnützigen juristischen Personen. Es stellt sich die Frage, ob eingetragene Vereine und rechtsfähige Stiftungen gerade auf eine gemeinnützige Zweckverfolgung abzielen und deshalb als gemeinnützige Rechtsträger des Bürgerlichen Gesetzbuchs anzusehen sind. Im Ergebnis wird dies jedoch abzulehnen sein, da beide Rechtsträger auch zu weiteren Zwecken genutzt werden können. 1. Rechtsträger des Bürgerlichen Gesetzbuchs In Deutschland wird nicht wie in Japan nach dem Merkmal der Gewinnerzielungsabsicht unterschieden. Die zivilrechtlichen Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs unterscheiden jedoch zwischen wirtschaftlichen und nicht wirtschaftlichen Vereinen.222 a. Abgrenzungsmerkmal der Wirtschaftlichkeit Die Frage der Wirtschaftlichkeit eines eingetragenen Vereins beurteilt sich danach, ob es sich um einen wirtschaftlichen Verein gem. § 22 BGB handelt oder nicht. Ist ein eingetragener Verein nicht auch wirtschaftlicher Verein im Sinne dieser Vorschrift, handelt es sich stets um einen nicht wirtschaftlichen Verein. 223 Wirtschaftliche Vereine sind ihrem Zweck nach auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet. Ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb liegt in der Regel vor, wenn es sich um eine selbstständige und nachhaltige Tätigkeit handelt, durch die Einnahmen oder andere Vermögensvorteile erzielt werden und die über den Rahmen der Vermögensverwaltung hinausgeht.224 Ein wirtschaftlicher Verein muss nicht notwendigerweise tatsächlich Gewinne erwirtschaften. Ausreichend ist es, dass die Tätigkeit auf die Erwirtschaftung von Vermögensvorteilen gerichtet ist. Unerheblich ist auch, ob die Vorteile dem Verein oder den Mitgliedern zufließen. Hintergrund der Unterscheidung ist, dass die Rechtsform des Vereins grundsätzlich nicht für unternehmerische Tätigkeiten genutzt werden soll, da ansonsten die strengeren gesellschaftsrechtlichen Vorschriften umgangen 221

HADDING, ZGR 2006, S. 145 m.w.N. §§ 21, 22 BGB. 223 BVerwG, NJW 1979, S. 2261 f. (2261); OLG Düsseldorf, Rpfleger 1979, S. 259 f. (260); HADDING, in: Soergel, §§ 21, 22 Rn. 44. 224 BÄHRLE, Vereinsrecht (2010), S. 23. 222

IV. Rechtsvergleich

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werden. Eine Ausnahme wird nur für solche Vereinigungen gemacht, denen es nicht möglich oder unzumutbar ist, ihre wirtschaftlichen Interessen in Form eines anderen handelsrechtlichen Rechtsträgers auszuüben.225 Aus diesem Grund sind wirtschaftliche Vereine im Gegensatz zu nicht wirtschaftlichen Vereinen genehmigungsbedürftig. Beispiele wirtschaftlicher Vereine sind die freien Sparkassen oder Postspar- und Darlehensvereine. Für rechtsfähige Stiftungen ist eine ausdrückliche Unterscheidung in wirtschaftliche und nicht wirtschaftliche Stiftungen im Gesetz zwar nicht vorgesehen, jedoch erfolgt eine Begrenzung ihrer wirtschaftlichen Tätigkeiten aus dem Verbot der Selbstzweckstiftung. Das Verbot besagt, dass eine Stiftung, deren Zweck sich allein in der Verwaltung und Mehrung ihres Vermögens erschöpft, unzulässig ist.226 Das Verbot bleibt jedoch von einer sog. Unternehmensstiftung unberührt. Darunter wird eine Stiftung verstanden, zu deren Vermögen ein Unternehmen bzw. eine Unternehmensbeteiligung gehört. Der Stiftungszweck kann hierbei auf zwei Wegen erfüllt werden: einerseits kann die Unterhaltung eines sog. Zweckverwirklichungsbetriebes, z.B. eines Krankenhauses, direkt den Stiftungszweck erfüllen; andererseits kann der Stiftungszweck auch durch die Erträge des Unternehmens erfüllt werden.227 b. Eingetragener Verein Für den Verein ist im Bürgerlichen Gesetzbuch keine gesetzliche Begriffsdefinition vorgesehen. Nach dem Verständnis in Rechtsprechung und Rechtswissenschaft wird der Verein aber als ein auf Dauer angelegter, körperschaftlich organisierter Zusammenschluss von Personen, die einen gemeinsamen Zweck verfolgen, bestimmt.228 Gegenüber dieser gemeinnützigkeitsneutralen Gesetzesformulierung wurde im zweiten Entwurf des Bürgerlichen Gesetzbuchs noch eine teilweise positive Bestimmung des nicht wirtschaftlichen Vereins vorgeschlagen, die auch die Gemeinnützigkeit berücksichtigte. Es sollten danach „Vereine zu gemeinnützigen, wohltätigen, geselligen, wissenschaftlichen, künstlerischen und anderen nicht auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichteten Zwecken …“ 229 bestehen. Mit Blick auf diese rechtshistorischen Überlegungen wird der nicht wirtschaftliche Verein heute noch als „Idealverein“ bezeichnet. Aus den Ursprüngen ist ersichtlich, dass der Gesetzgeber gemeinnützige Tätigkeiten von Privatpersonen in der Rechtsform des nicht wirtschaftlichen Vereins ermöglichen wollte. Daraus ergibt sich aber die Frage, ob der nicht wirtschaftliche Verein de facto ausschließli225

BÄHRLE, Vereinsrecht (2010), S. 23. REUTER, in: MüKo, Vor § 80 Rn. 44, 52; PÖLLATH / RICHTER, Unternehmensstiftung (2009), S. 437. 227 PUES / SCHEERBARTH, Gemeinnützige Stiftungen (2008), S. 6. 228 RG vom 11.03.1911, RGZ 76, S. 25 ff. (27); REUTER, in: MüKo, § 21 Rn. 1. 229 BÄR, IN: HKK-BGB, S. 259; WEICK, in: Staudinger, § 21 Rn. 3. 226

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1. Kapitel: Dogmatik

cher Rechtsträger für gemeinnützige Tätigkeiten und damit ein gemeinnütziger Rechtsträger ist. Jedoch hat der Gesetzgeber sich ausdrücklich gegen eine Einschränkung auf ideelle Zwecke entschieden.230 Es sollte vielmehr bewusst die Privatautonomie im Bürgerlichen Gesetzbuch durch eine zweckneutrale Ausrichtung des Vereins unterstützt und gestärkt werden. c. Rechtsfähige Stiftung Der Rechtsträger Stiftung ist ebenso wie der Verein nicht gesetzlich definiert. Nach der Rechtsprechung werden als Stiftungen rechtsfähige Organisationen bezeichnet, die bestimmte, in dem Stiftungsakt festgelegte Zwecke mit einem dazu auf Dauer gewidmeten Vermögen verfolgen.231 In den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs findet sich keine Hinweis auf gemeinnützige Stiftungen. Anders als das Vereinsrecht ist das Stiftungsrecht jedoch zum größten Teil in den einzelnen Stiftungsgesetzen der Bundesländer geregelt. Einige Stiftungsgesetze unterscheiden zwischen privaten und öffentlichen Stiftungen. Die Unterscheidung erfolgt nach dem Stiftungszweck, d.h. ob es sich um eine privatnützige oder eine gemeinnützige Stiftung handelt. Hauptunterscheidungsmerkmal ist der Kreis der Begünstigten. Um eine öffentliche Stiftung handelt es sich dann, wenn die Begünstigten einem offenen, prinzipiell jedermann zugänglichen Personenkreis angehören, so dass sie die Allgemeinheit begünstigt. 232 Eine Unterscheidung von privaten und öffentlichen Stiftungen erfolgt beispielsweise im Stiftungsgesetz von Rheinland-Pfalz233 oder in Abgrenzung zu privaten Familienstiftungen beispielsweise in den Ländern Berlin, Bremen und Niedersachsen 234 . Die terminologische Gleichsetzung von öffentlichen und gemeinnützigen Stiftungen ist jedoch im Hinblick auf die steuerrechtliche Verwendung des Begriffs verwirrend und daher nicht allgemein anerkannt.235 Öffentliche Stiftungen sind zudem nicht zu verwechseln mit öffentlich-rechtlichen Stiftungen. Während sich öffentliche Stiftungen von privaten Stiftungen nur durch ihre Zwecksetzung unterscheiden, haben öffentlich-rechtliche Stiftungen einen anderen Entstehungstatbestand. Letztere entstehen entweder durch Gesetz oder Verwaltungsakt.236 Die Unterscheidung der beiden Stiftungstypen ist vor allem für private Stiftungen von Bedeutung, da ihnen gegenüber die Vorschriften der Staatsaufsicht gelockert 230

WEICK, in: Staudinger, § 21 Rn. 4. BayObLG, NJW 1973, S. 249 ff. (249). 232 v. CAMPENHAUSEN, Erscheinungsformen (2009), S. 8; DEWALD, Die privatrechtliche Stiftung als Instrument zur Wahrnehmung öffentlicher Zwecke (1990), S. 41 ff. 233 § 2 Abs. 2, 3 StiftGRP. 234 § 10 Abs. 1 StiftGBerl, § 17 StiftGBrem, § 10 NdsStiftG. 235 HOF, Typologie der Stiftung (2003), S. 775; PUES / SCHEERBARTH, Gemeinnützige Stiftungen (2008), S. 4; v. CAMPENHAUSEN, Erscheinungsformen (2009), S. 11. 236 v. CAMPENHAUSEN, Erscheinungsformen (2009), S. 11. 231

IV. Rechtsvergleich

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werden.237 Im Ergebnis kann eine bundeseinheitliche Beschreibung gemeinnütziger Stiftungen nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs oder der Landesgesetze nicht festgestellt werden. 2. Gemeinnützige Rechtsträger der Abgabenordnung In Deutschland befindet sich der Anknüpfungspunkt für eine Beschreibung gemeinnütziger Rechtsträger in der Abgabenordnung. Gemeinnützige Rechtsträger sind danach alle Körperschaften im Sinne von § 1 KStG.238 Es können sich deshalb alle im Körperschaftsgesetz genannten Rechtsformen als gemeinnützige Rechtsträger im Sinne des Steuerrechts qualifizieren. − Kapitalgesellschaften (insbesondere Europäische Gesellschaften, Aktiengesellschaften, Kommanditgesellschaften auf Aktien, Gesellschaften mit beschränkter Haftung) − Genossenschaften einschließlich der Europäischen Genossenschaften − Versicherungs- und Pensionsfondsvereine auf Gegenseitigkeit − sonstige juristische Personen des privaten Rechts − nicht eingetragene Vereine, Anstalten, Stiftungen und andere Zweckvermögen des privaten Rechts − Betriebe gewerblicher Art von juristischen Personen des öffentlichen Rechts Aufgrund des weiten Körperschaftsbegriffs wird allgemein auch von der Rechtsformneutralität des Gemeinnützigkeitsrechts gesprochen. Das Bundesverfassungsgericht hat zudem bestimmt, dass Steuervergünstigungen wegen gemeinnützigen Handelns grundsätzlich rechtsformneutral zu gewähren sind, da sie ihren sachlichen Grund in der Tätigkeit der Organisationen und nicht in einem sachlichen Bezug zur Rechtsform haben.239 Der Gesetzgeber geht allerdings trotz der genannten Rechtsformneutralität von einem organisationsgebundenen Konzept für gemeinnützige Rechtsträger aus. Durch die organisatorische und vermögensrechtliche Trennung der Organisation und der Mitglieder soll gewährleistet werden, dass das Steuerprivileg den gemeinnützigen Zwecken dient und nicht durch eigennütziges Handeln der Mitglieder unterlaufen wird.240 Am stärksten ausgeprägt ist die Trennung der Organisations- und Mitgliederebene im Fall der Kapitalgesellschaft und des eingetragenen Vereins. Für andere Körperschaftssteuersubjekte reicht jedoch auch ein Minimum an Verselbstständigung aus. Hierzu zählen die nicht rechtsfähi-

237

Z.B. § 9 Abs. 1 StiftGRP. § 51 Abs. 1 S. 1 AO. 239 BVerfG, 2 BvR 2861/93 vom 10.11.1999, Absatz Nr. 18 (Schwarzwald-KlinikEntscheidung). 240 HÜTTEMANN, Grundprinzipien Gemeinnützigkeitsrecht (2003), S. 49; grundsätzlich auch BUCHNA, Gemeinnützigkeit im Steuerrecht (2008), S. 13. 238

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1. Kapitel: Dogmatik

ge Stiftung und sonstige Zweckvermögen, z.B. ein gemeinnütziger Betrieb als unselbstständiger Teil einer Körperschaft des öffentlichen Rechts.241 Eine Folge der Anknüpfung an das Körperschaftssteuerrecht ist, dass Personengesellschaften nicht gemeinnützig sein können. Vereinzelt wird dies kritisiert, weil auch bei ihnen eine vergleichbare organisatorische und vermögensrechtliche Verselbstständigung gegenüber ihren Mitgliedern gegeben sei.242 Hingegen zeigt der Vergleich mit Japan und anderen Staaten in Europa, dass Personengesellschaften auch hier nicht als gemeinnützige Rechtsträger gesetzlich berücksichtigt werden.243 3. Vergleich Aus den Ausführungen wird für Deutschland deutlich, dass im Bürgerlichen Gesetzbuch keine Rechtsträger ausschließlich für gemeinnütziges Handeln vorgesehen sind. Die Frage der Gemeinnützigkeit ist Regelungsgegenstand der steuerrechtlichen Abgabenordnung. Beide Rechtsordnungen haben deshalb zwar Vorschriften zu gemeinnützigen Rechtsträgern, jedoch ist der dogmatische Ausgangspunkt für ihre Regelung unterschiedlich. In Japan war lange Zeit für die Gründung einer juristischen Person die Zweckausrichtung entscheidend. Sollte die zu gründende juristische Person zur Gewinnerzielung genutzt werden, kamen dafür vor allem die Rechtsformen des Gesellschaftsrechts in Betracht. Sollte sie gemeinnützigem Handeln dienen, konnten hierfür entweder die gemeinnützigen Rechtsträger des Zivilgesetzes oder der Spezialgesetze genutzt werden. Es bestand daher eine Verknüpfung zwischen der Rechtsfähigkeit und der gemeinnützigen Zweckverfolgung einer Organisation. Nach den Reformen der letzten Jahre hat sich die Rechtslage dahingehend geändert, dass zum einen mit den Rechtsträgern Gewöhnlicher Verein und Gewöhnliche Stiftung erstmals Rechtsträger geschaffen wurden, die zu allen nicht auf Gewinnerzielung gerichteten Zwecken genutzt werden können. Zum anderen wird teilweise auch die Nutzung der gesellschaftsrechtlichen Rechtsträger zu gemeinnützigen Zwecken bejaht. Trotz der Reformen bleibt es für die japanische Rechtsordnung charakteristisch, dass weiterhin viele von vornherein auf gemeinnützige Ziele gerichtete Rechtsträger bestehen und dass nur bestimmte Rechtsträger steuerrechtlich als gemeinnützig anerkannt werden. Beispielsweise kann sich eine Aktiengesellschaft auch weiterhin nicht als gemeinnützige Aktiengesellschaft anerkennen lassen. Im Ergebnis bleibt es dabei, dass nach der japanischen

241 Für die nicht rechtsfähige Stiftung siehe HOF, Unselbstständige Stiftung (2009), S. 620; für die Gemeinnützigkeit von Betrieben siehe HEY, StuW (2000), S. 467. 242 HÜTTEMANN, Grundprinzipien Gemeinnützigkeitsrecht (2003), S. 53; a.A. BUCHNA, Gemeinnützigkeit im Steuerrecht (2008), S. 13. 243 WALZ / V. HIPPEL, Rechtsvergleichender Generalbericht (2007), S. 110.

IV. Rechtsvergleich

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Rechtsordnung nur bestimmte gemeinnützige Rechtsträger für gemeinnütziges Handeln vorgesehen sind. Demgegenüber bestimmt die Abgabenordnung in Deutschland, dass sich die allermeisten Rechtsformen in Deutschland als gemeinnützige Rechtsträger qualifizieren können. Es ergeben sich zwischen beiden Rechtsordnungen zwei wesentliche Unterschiede. Es können in Deutschland auch alle Gesellschaftsformen als gemeinnützige Rechtsträger anerkannt werden. Besonders die GmbH erfreut sich in diesem Zusammenhang in jüngster Zeit immer größerer Beliebtheit. 244 Des Weiteren erfolgt die Qualifikation als gemeinnütziger Rechtsträger nach deutschem Recht auch unabhängig von der Rechtsfähigkeit der Organisation, d.h. es gibt auch nicht rechtsfähige gemeinnützige Vereine und Stiftungen. In Japan besteht eine Ausnahme nur für die gemeinnützige Treuhand. Sie ähnelt jedoch aufgrund ihres Vermögensschutzes stärker einer juristischen Person als die genannten nicht rechtsfähigen gemeinnützigen Rechtsformen des deutschen Rechts.

244

PRIESTER, GmbHR 3 (1999), S. 87.

Kapitel 2

Rechtliche Grundlagen Gewöhnlicher Vereine und Stiftungen Juristische Personen bedürfen zu ihrer Gründung in Japan stets einer gesetzlichen Regelung. 1 Der Typenzwang für juristische Personen beschränkt sich jedoch nicht allein auf die Gründung, sondern auf ihr gesamtes Organisationsrecht. Es unterliegen daher ihre Gründung, ihre Organisation, ihre Leitung und ihre Aufsicht gesetzlichen Bestimmungen. 2 Begründet wird der Typenzwang mit dem Schutz des Rechtsverkehrs.3 Im folgenden Abschnitt werden deshalb zunächst die rechtlichen Grundlagen Gewöhnlicher Vereine und Stiftungen anhand der gesetzlichen Regelungen ihrer Gründung, ihrer Organisation und ihrer Auflösung erläutert. Schließlich werden auch die Voraussetzungen zur staatlichen Anerkennung als gemeinnützige Vereine und Stiftungen sowie ihre steuerrechtliche Behandlung untersucht.

I. Gründung

I. Gründung

In Japan ist die Gründung eines Vereins oder einer Stiftung aufgrund der verfassungsrechtlich verankerten Versammlungs- und der Eigentumsfreiheit4 grundsätzlich jedermann freigestellt. Erst wenn eine Organisation als juristische Person die Rechtsfähigkeit erlangen soll, bedarf es eines staatlichen Mitwirkungsaktes. Zwar wird in der japanischen Literatur auch eine Gründung rechtsfähiger Organisationen ohne staatliche Mitwirkung erwähnt, 5 diese Errichtungsform ist jedoch aufgrund des genannten gesetzlichen Typenzwangs nicht möglich. Nach der alten Rechtslage konnten gemeinnützig tätige Organisationen lange Zeit lediglich gemeinnützige Vereine und Stiftungen a.F. als Rechtsträ1

Art. 33 Abs. 1 ZG. Art. 33 Abs. 2 ZG. 3 UEDA, Ippan shadan ippan zaidan hōjin (2009), S. 4; SHINOMIYA / NOMI, Minpō sōsoku (2005), S. 90. 4 Versammlungsfreiheit, Art. 21 Kenpō (Verfassung), Eigentumsfreiheit, Art. 29 Kenpō (Verfassung). 5 Sog. Prinzip der freien Gründung (jiyū setsuritsu shugi); vgl. UEDA, Ippan shadan ippan zaidan hōjin (2009), S. 4. 2

I. Gründung

61

ger wählen. Die zivilgesetzliche Gründung war sowohl für den rechtsfähigen Status als juristische Person als auch für die steuerrechtliche Frage der Gemeinnützigkeit von Bedeutung. Nach der Gemeinnützigkeitsreform wird die Frage der Rechtsfähigkeit nunmehr getrennt von der Frage der Gemeinnützigkeit der Rechtsträger behandelt. 1. Gründungssystematik juristischer Personen Für die Gründung juristischer Personen haben sich im Laufe der Zeit verschiedene staatliche Mitwirkungsformen herausgebildet. Erst ein Überblick über die für gemeinnützige Rechtsträger bedeutendsten Gründungsprinzipien kann die Spannweite der Gesetzesänderungen im Bereich der Gründung durch die jüngste Gemeinnützigkeitsreform in das richtige Licht rücken. Nach Art des staatlichen Mitwirkungsaktes lassen sich nachfolgend vier Gründungsprinzipien unterscheiden.6 Nach dem Genehmigungsprinzip (kyoka shugi) werden Rechtsträger mit Erteilung einer Gründungsgenehmigung durch die Behörde gegründet. Eine anschließende Registereintragung ist für die Erlangung der Rechtsfähigkeit keine notwendige Voraussetzung mehr. 7 Die Behörde erteilt die Genehmigung zwar unter Berücksichtigung der gesetzlichen Mindeststandards (z.B. Satzung, gemeinnützige Tätigkeit, Anzahl der Gründungsmitglieder). Ob dann letztendlich eine Genehmigung erteilt wird, liegt jedoch in ihrem sog. freien Ermessen (jiyū sairyō). 8 Eine gerichtliche Überprüfung bei behördlicher Genehmigungsversagung ist nur begrenzt möglich. Nach dem Genehmigungsprinzip wurden gemeinnützige Vereine und Stiftungen a.F. errichtet.9 Nach dem Erlaubnisprinzip (ninka shugi) erlangen Organisationen erst mit Eintragung in ein Register an ihrem Hauptsitz Rechtsfähigkeit.10 Für die Registereintragung muss jedoch eine Erlaubnis der zuständigen Behörde erteilt werden. Die staatliche Mitwirkung ist bei diesem Grundsatz stärker begrenzt und beschränkt sich auf die Überprüfung der gesetzlichen Voraussetzungen der Beglaubigung ohne Ermessensspielräume. Die Erlaubniserteilung kann

6 Allgemein zu den genannten und weiteren Gründungsprinzipien siehe MORIIZUMI, Shin-hōjin-hō nyūmon (2004), S. 36 ff.; TAKIZAWA, Minpō ga wakaru minpō sōsoku (2008), S. 49 f.; NAGASAWA, Shadan hōjin zaidan hōjin no unei jitsumu (2000), S. 30 f. 7 SHINOMIYA / NOMI, Minpō sōsoku (2005), S. 94; AMEMIYA, The Nonprofit Sector (1998), S. 69; NAGASAWA, Shadan hōjin zaidan hōjin no unei jitsumu (2000), S. 111. 8 ŌMI, Minpō kōgi I (2008), S. 106; SHINOMIYA / NOMI, Minpō sōsoku (2005), S. 90; siehe auch AMEMIYA, The Nonprofit Sector (1998), S. 69; AMENOMORI, Japan (1997), S. 197. 9 Art. 34 ZG a.F. 10 Art. 34 WohlfahrtsG.

62

2. Kapitel: Rechtliche Grundlagen

durch die Gerichte umfassend überprüft werden. 11 Nach diesem Grundsatz können soziale Wohlfahrts- und Schulkörperschaften12 gegründet werden. Des Weiteren kann eine Organisation auch durch ein Verfahren nach dem Beglaubigungsprinzip (ninshō shugi) gegründet werden. Ähnlich dem Erlaubnisprinzip erlangt die Organisation erst durch Registereintragung ihre Rechtsfähigkeit. 13 Für die Registereintragung ist jedoch zuvor eine behördliche Beglaubigung zu beantragen, die nach Prüfung der Gründungsvoraussetzungen ausgestellt wird. Nach diesem Grundsatz werden Religionskörperschaften und Non-Profit-Organisationen gegründet.14 Eine Abgrenzung der Beglaubigung zur Erlaubnis ist anhand der gesetzlichen Voraussetzungen nicht eindeutig möglich. In der Literatur wird die Abgrenzung uneinheitlich behandelt. Teilweise wird die Beglaubigung als eine Unterart der Erlaubnis gesehen, die sich jedoch von dieser dadurch unterscheidet, dass die Behörde ein Ermessen haben soll.15 Im Gegensatz dazu sehen andere in dem Beglaubigungsverfahren ein weniger staatlich geprägtes Gründungsverfahren. Es wird für Religionskörperschaften auf den Zusammenhang zur Religionsfreiheit 16 bzw. den Grundsatz der Säkularisierung 17 hingewiesen, der Zurückhaltung bei staatlicher Mitwirkung gebietet. Die staatliche Zurückhaltung bei der Gründung von Non-Profit-Organisationen lässt sich anhand der politischen Erwägungen ihres Gesetzgebungsprozesses begründen.18 Betrachtet man die unterschiedlichen historischen Hintergründe und Gründungsverfahren beider Rechtsträger, spricht vieles dafür, dass der Gesetzgeber diese Rechtsträger aus unterschiedlichen politischen Erwägungen heraus gegenüber dem Erlaubnisverfahren neutraler behandeln wollte und dies durch ein anderes Gründungsprinzip ausgedrückt hat. Schließlich erfolgt die Gründung nach dem Prinzip der Normativbestimmung (junsoku shugi) ebenfalls durch Registereintragung. Im Gegensatz zu letzteren beiden Grundsätzen ist hierbei jedoch ein vorgelagerter staatlicher Mitwirkungsakt nicht mehr erforderlich. 19 Bei dem Eintragungsverfahren wird lediglich das Bestehen der gesetzlichen Gründungsvoraussetzungen durch die Registerbehörde überprüft. Für behördliches Ermessen soll hierbei kein Spielraum sein.20 Nach diesem Verfahren können innerhalb der gemeinnützigen Rechtsträger bislang nur die Grundformen des Gewöhnlichen 11

SHINOMIYA / NOMI, Minpō sōsoku (2005), S. 90. Art. 31 WohlfahrtsG bzw. Art. 30, 31 PrivatschulG. 13 Art. 15 ReligionskörperschaftsG; Art. 13 NPOG. 14 Art. 12 ff. ReligionskörperschaftsG bzw. Art. 10, 12 NPOG. 15 ŌMI, Minpō kōgi I (2008), S. 106. 16 SHINOMIYA / NOMI, Minpō sōsoku (2005), S. 90. 17 MORIIZUMI, Shin-hōjin-hō nyūmon (2004), S. 38. 18 SHINOMIYA / NOMI, Minpō sōsoku (2005), S. 91. 19 SHINOMIYA / NOMI, Minpō sōsoku (2005), S. 90. 20 ŌMI, Minpō kōgi I (2008), S. 105. 12

63

I. Gründung

Vereins und der Gewöhnlichen Stiftung gegründet werden.21 Eine Gründung nach dem Prinzip der Normativbestimmung findet jedoch bereits seit langem auf andere Rechtsträger Anwendung, z.B. auf die Gesellschaftsformen des Gesellschaftsgesetzes und die Gewerkschaften. Grafik 3 Übersicht zu den Gründungsprinzipien gemeinnütziger Rechtsträger Genehmigungsprinzip (kyoka shugi)

Erlaubnisprinzip (ninka shugi)

Beglaubigungsprinzip (ninshō shugi)

Normativbestimmungsprinzip (junsoku shugi)

− Gemeinnütziger Verein a.F. (kōeki shadan) − Gemeinnützige Stiftung a.F. (kōeki zaidan)

− Soziale Wohlfahrtskörperschaft (shakai fukushi hōjin) − Schulkörperschaft (gakkō hōjin)

− Religionskörperschaft (shūkyō hōjin) − Non-ProfitOrganisation (NPO hōjin)

− Gewöhnlicher Verein (ippan shadan hōjin) − Gewöhnliche Stiftung (ippan zaidan hōjin)

2. Gründung gemeinnütziger Vereine und Stiftungen a.F. Nach der alten Rechtslage erfolgte die Gründung gemeinnütziger Vereine und Stiftungen a.F. aufgrund der Vorschriften des Zivilgesetzes. In Art. 34 ZG a.F. waren drei gesetzliche Voraussetzungen vorgesehen. − Gemeinnützigkeit − Keine Gewinnerzielungsabsicht − Genehmigungserteilung Obwohl die gesetzlichen Voraussetzungen nicht auf einen Mitwirkungsakt der Gründungsmitglieder hinwiesen, war des Weiteren noch ein Gründungsakt (setsuritsu kōi) erforderlich. Entscheidend für den Gründungsprozess war die behördliche Genehmigungserteilung, deren Gewährung mangels eindeutiger Gesetzesvorschriften und des weiten behördlichen Ermessens für gemeinnützige Organisationen erschwert wurde. a. Erstellung der Satzung bzw. des Stiftungsgeschäfts Der Gründungsakt beider Rechtsträger unterschied sich einmal dadurch, dass für gemeinnützige Vereine a.F. von der Erstellung der Satzung gesprochen wurde, während bei gemeinnützigen Stiftungen a.F. der Gründungsakt, das sog. Stiftungsgeschäft (kifu kōi), eine Vermögensverfügung als zusätzliche Bedingung voraussetzte. 21

UEDA, Ippan shadan ippan zaidan hōjin (2009), S. 15.

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2. Kapitel: Rechtliche Grundlagen

In einem gemeinnützigen Verein a.F. mussten für den Gründungsakt mindestens zwei Gründungsmitglieder die Satzung erlassen und dadurch den Willen bekunden, eine rechtsfähige Organisation zu gründen.22 Die Satzung musste folgende Mindestangaben enthalten: − Zweck, − Bezeichnung des Rechtsträgers, − Sitz der Geschäftsstelle, − Bestimmungen über das Vermögen, − Bestimmungen über die Ernennung und Abberufung des Vorsitzenden, − Bestimmungen über den Erwerb und den Verlust der Mitgliedschaft.23 Bei gemeinnützigen Stiftungen a.F. waren für das Stiftungsgeschäft neben der Vermögensverfügung die gleichen Mindestangaben erforderlich wie im Fall der Vereinssatzung. 24 Das Stiftungsgeschäft konnte sowohl unter Lebenden als auch von Todes wegen erfolgen.25 b. Begriff der Gemeinnützigkeit Das japanische Wort kōeki (gemeinnützig) ist eine Zusammensetzung aus zwei Wörtern, kōkyō (no) rieki und bedeutet das öffentliche Interesse. Es wird an verschiedenen Stellen der japanischen Rechtsordnung ohne konkrete Legaldefinition verwendet und ist jeweils nach Sinn und Zweck des entsprechenden Gesetzes anders auszulegen.26 Für gemeinnützige Rechtsträger war die zivilgesetzliche Verwendung des Begriffs entscheidend, die sich zunächst einmal anhand einiger Gesetzesbeispiele konkretisierte. Rechtsträger zu religiösen, Shintozeremonien dienenden 27, wohltätigen, wissenschaftlichen und künstlerischen Zwecken verfolgten danach eindeutig gemeinnützige Ziele.28 Der Begriff beschränkte sich aber nicht darauf, sondern ließ noch weitere gemeinnützige Zwecke zu. Die genaue Bestimmung der weiteren gemeinnützigen Zwecke war mangels gesetzlicher Beurteilungskriterien bis zur Reform

22

SHINOMIYA / NOMI, Minpō sōsoku (2005), S. 92. Art. 37 ZG a.F. 24 Art. 39 ZG a.F. 25 Art. 42 ZG a.F. 26 Der Begriff kōeki wird mit anderer Bedeutung z.B. im Arbeitsrecht in Art. 8 Rōdō kankei chōsa-hō (Gesetz zur Regelung des Arbeitsverhältnisses), Gesetz Nr. 25 / 1946 i.d.F. des Gesetzes Nr. 26 / 2008 oder im Strafrecht in Art. 230/2 Keihō (Strafgesetz), Gesetz Nr. 45 / 1907 i.d.F. des Gesetzes Nr. 26 / 2010 verwendet. Siehe hierzu auch HŌREI YŌGO KENKYŪ- KAI, Hōritsu yōgo jiten (2000), S. 402; MORIIZUMI, Kōeki hōjin no genjō to riron (1982), S. 30. 27 Der Begriff saishi wird nachfolgend mit „Shintozeremonien dienend“ übersetzt, da bei anderer Übersetzung, z.B. mit „zeremoniell“ oder mit „Festrituale“, die Verbindung zum shintō nicht deutlich wird, siehe hierzu MENKHAUS, Besprechung, S. 347. 28 Art. 34 ZG a.F. 23

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immer wieder Gegenstand wissenschaftlicher und politischer Auseinandersetzung. Nach einer frühen Auslegung durch den bedeutenden Zivilrechtler Sakae Wagatsuma waren gemeinnützige Zwecke zunächst solche, die „der Gesellschaft als Ganzes“ dienen.29 Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde zusätzlich „das Interesse einer unbestimmten Anzahl von Personen“ für die Anerkennung der gemeinnützigen Zielsetzung betont.30 Die Auffassung geht von den zivilgesetzlichen fünf Regelbeispielen aus und erfasst als weitere gemeinnützige Ziele nur solche, von deren Verwirklichung die Gesellschaft in gleicher Weise ganzheitlich profitiert.31 Diese strenge Ansicht wurde aber auch vielseitig kritisiert. Es wurde angemerkt, dass selbst die Zivilgesetzverfasser den Schwerpunkt für die Kategorie der gemeinnützigen juristischen Personen zunächst nicht auf die Gemeinnützigkeit legten, sondern darauf, dass die juristischen Personen nicht auf Gewinnerzielung gerichtet waren. 32 Zudem können juristische Personen auch dem Interesse der Gesellschaft dienen, wenn sie nur auf bestimmte Personen begrenzt sind. Beispielsweise können wissenschaftliche Vereinigungen sowohl der Förderung der Wissenschaftlichkeit ihrer Mitglieder und deren „Kameradschaftlichkeit“ untereinander dienen und zugleich dem wissenschaftlichen Fortschritt sowie der Gesellschaft als Ganzes dienen.33 In der Praxis wurde die Auslegung der gemeinnützigen Zwecke von den Behörden lange Zeit uneinheitlich gehandhabt. Die uneinheitliche Handhabung wurde während des Zweiten Weltkriegs durch die Ausweitung der Genehmigungszuständigkeit auf die Präfekturen durch Kriegsgesetze34 unterstützt. 35 Die bis zum Jahr 1991 gültigen Kriegsgesetze ermöglichten zwar eine Genehmigungserteilung durch die Präfekturen, nicht jedoch deren Rücknahme. Von den Kriegsgesetzen profitierten vor allem lokale und nachbarschaftlich organisierte Gruppierungen. Rückschlüsse auf die Auslegung des Gemeinnützigkeitsbegriffs für diese frühe Zeit können aufgrund der unterschiedlichen Auslegungspraxis kaum erfolgen. Zur Präzisierung der Genehmigungsvoraussetzungen wurden erstmals 1972 in einer Kabinettsentscheidung 36 Mindeststandards für die Gemeinnützigkeitsbeurteilung zwi29

Shakai zenpan no rieki, TOMINAGA, Kōeki hōjin 36 (2007), S. 16. Fu-tokutei tasū no mono no rieki, TOMINAGA, Kōeki hōjin 36 (2007), S. 16; MORIIZUMI, Kōeki hōjin no genjō to riron (1982), S. 28. 31 MORIIZUMI, Kōeki hōjin no genjō to riron (1982), S. 28. 32 HOSHINO, Minpō ronshū 1 kan (1970), S. 128. 33 MORIIZUMI, Kōeki hōjin no genjō to riron (1982), S. 29. 34 Ninka ninsho-tō rinji sotchi-hō (Gesetz über Aushilfsmaßnahmen u.a. für Genehmigungen und Erlaubnis) Gesetz Nr. 76 / 1943. 35 NAGASAWA, Shadan hōjin zaidan hōjin no unei jitsumu (2000), S. 6; YAMAOKA, History of the Nonprofit Sector in Japan (1998), S. 36 f. 36 Kabinettsentscheidung vom 23.03.1972. 30

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2. Kapitel: Rechtliche Grundlagen

schen den nationalen Ministerien vereinbart, die später auch auf die Präfekturen erweitert wurden.37 In der Kabinettsentscheidung wurde dem Gemeinnützigkeitsbegriff das „Interesse einer unbestimmten Anzahl von Personen“ zugrunde gelegt und diese Auslegung anhand von Fallgruppen weiter negativ definiert. Nicht gemeinnützig waren danach die nachfolgenden Organisationen: − Alumnivereine, Freizeitvereine usw., die hauptsächlich die Kameradschaft, den Kontakt und den Meinungsaustausch der Mitglieder untereinander zum Zweck haben, − Vereinigungen, die die soziale Fürsorge und gegenseitige Unterstützung bestimmter Mitglieder oder Personen eines Arbeitsfeldes bezwecken, sowie − Fördervereine, die auf die psychische und wirtschaftliche Unterstützung von Mitgliedern gerichtet sind. Es wurde jedoch lediglich bei der letzten Gruppe ein kategorischer Ausschluss der Gemeinnützigkeit angenommen. Demgegenüber konnte die zweite Gruppe eine Genehmigung erhalten, wenn der Kreis der bestimmten Personen nur weit genug gefasst wurde, so dass praktisch deren Dienste der Öffentlichkeit zugänglich waren.38 In der Kabinettsentscheidung wurde versucht, den Gemeinnützigkeitsbegriff anhand des Adressatenkreises einzugrenzen. Die so lautende Begriffsbestimmung hat gemeinnützige Zwecke in einem weiten Sinne verstanden.39 Es wurden alle Zwecke erfasst, solange das Angebot der gemeinnützigen Leistung der ganzen Gesellschaft öffentlich zugänglich gemacht wurde. Der Gegenstand der Gemeinnützigkeit durfte sich nur nicht auf bestimmte Personen beziehen. 40 Die Frage der gemeinnützigen Tätigkeiten wurde hingegen nicht weiter konkretisiert. 41 Bis zur Gemeinnützigkeitsreform wurde diese Begriffsbestimmung der Gemeinnützigkeit von den Behörden beibehalten. Die Kabinettsentscheidung von 1972 wurde später durch eine weitere Kabinettsentscheidung von 1996 ersetzt, die den Gemeinnützigkeitsbegriff von 1972 jedoch wörtlich übernommen hat. 42

37 MORIIZUMI, Kōeki hōjin no genjō to riron (1982), S. 29; NAGASAWA, Shadan hōjin zaidan hōjin no unei jitsumu (2000), S. 7. 38 NAKACHI, Tekisutobukku gyōsei-hō (2005), S. 5. 39 MORIIZUMI, Kōeki hōjin no genjō to riron (1982), S. 30; anders aber YAMAOKA, History of the Nonprofit Sector in Japan (1998), S. 48, der den Zugang zur Rechtsfähigkeit für Bürgerbewegungen durch die Kabinettsentscheidung als schwer zu erlangen beurteilt. 40 NAKACHI, Tekisutobukku gyōsei-hō (2005), S. 5. 41 TOMINAGA, Kōeki hōjin 36 (2007), S. 16. 42 Kabinettsentscheidung vom 23.03.1972, ersetzt durch die Kabinettsentscheidung vom 20.09.1996.

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c. Keine Gewinnerzielungsabsicht Als gemeinnützige Rechtsträger a.F. konnten nur solche Organisationen eine Genehmigung erhalten, die nicht auf Gewinnerzielung gerichtet waren. Sie durften nicht darauf abzielen, die erwirtschafteten Gewinne an ihre Mitglieder zu verteilen. 43 Allerdings konnten auch gemeinnützige Vereine und Stiftungen a.F. bereits zusätzlich zu ihren gemeinnützigen Tätigkeiten weitere gewinnbringende Geschäfte (shūeki jigyō) tätigen. Ihre gewinnbringenden Geschäfte sollten dabei gegenüber ihren gemeinnützigen Geschäften nur eine untergeordnete Rolle spielen. Sie unterlagen deshalb hinsichtlich ihrer Ausgaben, der Geschäftswahl und ihrer Gewinnverwendung den nachfolgenden Regelungen.44 − Die Ausgaben für die gewinnbringenden Geschäfte mussten im Verhältnis zu den gemeinnützigen Geschäften angemessen sein und durften nicht mehr als die Hälfte der Gesamtausgaben des Rechtsträgers ausmachen. − Die gewinnbringenden Geschäfte mussten so gewählt werden, dass das gesellschaftliche Vertrauen in den gemeinnützigen Rechtsträger keinen Schaden nahm. − Die Gewinne mussten zur Finanzierung der gemeinnützigen Geschäfte verwendet werden. d. Genehmigungserteilung Für eine Genehmigungserteilung waren ein Gründungsantrag und weitere Dokumente bei der zuständigen Behörde einzureichen. Der Begriff Genehmigung (kyoka) im alten Zivilgesetz ist terminologisch unsauber, da sich dieser im japanischen Verwaltungsrecht stets auf den Erlaubnisvorbehalt einer generell verbotenen Tätigkeit bezieht.45 Im Hinblick auf die verfassungsrechtliche Vereinigungs- und Vermögensfreiheit sind die Rechtsformen Verein und Stiftung aber nicht grundsätzlich verboten. Legt man die verwaltungsrechtliche Terminologie zugrunde, handelt es sich bei der Genehmigung deshalb genau genommen um eine Sondererlaubnis (tokkyo), da hierdurch die Rechtsfähigkeit als ein zuvor nicht bestehendes Recht verliehen wird.46 i.) Behördliche Ermessensgrundlage Der zuständigen Behörde wird bei der Entscheidung, ob eine Genehmigung erteilt wird, ein Ermessensspielraum eingeräumt. Rechtsprechung und Literatur gehen hierbei nicht von einem gebundenen Ermessen (kisoku sairyō) aus, 43

Siehe zum Kriterium der Gewinnerzielungsabsicht auch S. 33. Art. 2 Nr. 6 Kabinettsentscheidung vom 20.09.1996. 45 SHINOMIYA / NOMI, Minpō sōsoku (2005), S. 93; SAKURADA / BÖLICKE, ZJapanR 5 (1998), S. 171 Fn. 12. 46 SHINOMIYA / NOMI, Minpō sōsoku (2005), S. 93. 44

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2. Kapitel: Rechtliche Grundlagen

das die Behörde zur Erteilung der Genehmigung zwingen würde, wenn die gesetzlichen Mindestvoraussetzungen vorliegen. Die Behörde hat vielmehr ein sog. freies Ermessen (jiyū sairyō).47 Sie ist auch nicht an eine Informationspflicht oder an zeitliche Entscheidungsfristen gegenüber dem Antragsteller gebunden.48 Im japanischen Verwaltungsrecht wird zwischen einem gebundenen und dem freien Ermessen unterschieden.49 Das gebundene Ermessen wird hierbei ähnlich wie im deutschen Verwaltungsrecht so umschrieben, dass der Behörde bei Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen kein Entscheidungsspielraum bleibt und sie die im Gesetzestext als Rechtsfolge vorgesehene Verwaltungsverfügung 50 vornehmen muss. 51 Demgegenüber steht das freie Ermessen, welches sich sowohl auf die Auslegung unbestimmter Rechtsbegriffe auf Tatbestandsseite als auch das Handlungsermessen auf Rechtsfolgenseite bezieht. 52 Anders als in Deutschland ist die Auslegung unbestimmter Rechtsbegriffe daher Teil der Ermessensausübung der Verwaltung.53 Das Auslegungsermessen ist jedoch nur eingeschränkt vor dem Hintergrund anzuerkennen, dass unbestimmte Rechtsbegriffe nicht bereits durch gerichtliche Entscheidungen konkretisiert wurden.54 In diesem Fall wandelt sich das freie zu einem gebundenen Ermessen, so dass die Verwaltung im Ergebnis gezwungen ist, den Tatbestand entsprechend der Rechtsprechung auszulegen. Nach einer frühen Rechtsauffassung wurde eine richterliche Überprüfung von Verwaltungsverfügungen bei freiem Ermessen abgelehnt. Jedoch ist mittlerweile auch gesetzlich anerkannt, dass die Verwaltung bei Ausübung 47 OGH vom 12.07.1988, Hanrei Jihō 1297 (1988), S. 29 ff.; ŌMI, Minpō kōgi I (2008), S. 106; AMEMIYA, The Nonprofit Sector (1998), S. 69; AMENOMORI, Japan (1997), S. 197; Es wird in der Literatur aber angemerkt, dass nach dem Wortlaut des Art. 34 ZG a.F. auch ein gebundenes Ermessen möglich wäre, siehe SHINOMIYA / NOMI, Minpō sōsoku (2005), S. 93. 48 Teilweise wird von einem über Jahre andauernden Genehmigungsverfahren berichtet, siehe AMEMIYA, Japan (1999), S. 135. 49 ŌHAMA, Gyōsei-hō sōron (2006), S. 173 ff.; MINAMIGAWA, Gyōsei-hō kiso-ron (2009), S. 81. 50 Die Verwaltungsverfügung (gyōsei shobun) umschreibt eine verwaltungsrechtliche Handlungsform nach Art. 2 Nr. 2 VwVfG, die den aus dem deutschen Recht bekannten Verwaltungsakt (gyōsei kōi) umfasst; WALKING, Informelles Verwaltungshandeln (2005), S. 69 m.w.N. 51 MINAMIGAWA, Gyōsei-hō kiso-ron (2009), S. 81; ŌHAMA, Gyōsei-hō sōron (2006), S. 173. 52 MINAMIGAWA, Gyōsei-hō kiso-ron (2009), S. 82;ŌHAMA, Gyōsei-hō sōron (2006), S. 174. 53 Siehe zur praktischen Relevanz des Ermessensbegriffs bei der Unterscheidung von Ermessens- und Auslegungsrichtlinie KÖDDERITZSCH, Die Rolle der Verwaltungsvorschriften im japanischen Verwaltungsrecht (1994), S. 54. 54 MINAMIGAWA, Gyōsei-hō kiso-ron (2009), S. 82; ähnlich auch KÖDDERITZSCH, Die Rolle der Verwaltungsvorschriften im japanischen Verwaltungsrecht (1994), S. 55; MARUTSCHKE, Einführung in das japanische Recht (2009), S. 82.

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ihres Ermessens durch die Rechtsprechung umfassend auf fehlerhafte Ermessensentscheidungen wegen Ermessensüberschreitung oder -missbrauch überprüft werden kann.55 Zudem hat das Problem der Berechenbarkeit bei Erlass des Verwaltungsverfahrensgesetzes dazu geführt, dass bei Entscheidungen über Anträge und vor dem Erlass einer belastenden Verfügung die entsprechende Ermessensrichtlinie bestimmt und bekanntgegeben werden muss.56 Im Ergebnis sind die Gerichte in Japan jedoch in ihrer Ermessenskontrolle gegenüber der Verwaltung zurückhaltender und tendieren zur Einzelfallrechtsprechung.57 Ob sich die gerichtliche Ermessenskontrolle in jüngerer Zeit verschärft hat, soll hier nicht weiter vertieft werden. Für den Bereich der früheren gemeinnützigen Vereine a.F. und gemeinnützigen Stiftungen a.F. kann jedenfalls die zurückhaltende gerichtliche Ermessenskontrolle bestätigt werden. In diesem Bereich gab es nur selten Gerichtsurteile und der Oberste Gerichtshof hat nur in einem Urteil aus dem Jahr 198858 über die Rechtmäßigkeit einer Genehmigungsverweigerung entschieden. In dem Fall hatte die zuständige Behörde dem Antragssteller eine Genehmigung zur Gründung einer Ärztevereinigung namens Adachi kōhoku ishi-kai (Ärztevereinigung im nördlichen Teil von Adachi) verweigert. Die Behörde hat die Ablehnung damit begründet, dass es in dem gleichen Stadtbezirk von Tokyo bereits eine Ärztevereinigung gäbe und durch Gründung einer weiteren Vereinigung zu befürchten sei, dass die medizinische Versorgung in dem Bezirk unter der Konkurrenzsituation leiden könnte. Die Klage gegen die Genehmigungsablehnung wurde vom Obersten Gerichtshof abgewiesen. Zur Begründung hat der Oberste Gerichtshof angeführt, dass der zuständigen Behörde ein weites Ermessen hinsichtlich der Genehmigungserteilung bei gemeinnützigen Rechtsträgern zukomme, da dem Gesetzestext keine konkreten Beurteilungskriterien zu entnehmen seien. 59 Eine ablehnende Verfügung sei deshalb bereits rechtmäßig, wenn die Ermessensabwägung mit einem gewissen Maß an Vernunft (ichiō no gōrisei ga aru) getroffen wurde. Ist das Ermessen vernünftig ausgeübt worden, liege weder eine Ermessensüberschreitung noch ein Ermessensmissbrauch vor, die eine Rechtswidrigkeit der Genehmigungsablehnung begründen könnten. 60 Die Befürchtungen um Nachteile für die medizinische Versorgung durch eine

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Art. 30 VwPG; MINAMIGAWA, Gyōsei-hō kiso-ron (2009), S. 82. Art. 5, 12 VwVfG; KÖDDERITZSCH, Die Rolle der Verwaltungsvorschriften im japanischen Verwaltungsrecht (1994), S. 57. 57 KÖDDERITZSCH, Die Rolle der Verwaltungsvorschriften im japanischen Verwaltungsrecht (1994), S. 54. 58 OGH vom 12.07.1988, Hanrei Jihō 1297 (1988), S. 29 ff.; für eine Urteilsbesprechung siehe TANAKA, Hōgaku Kyōshitsu 97 (1988), S. 80 ff. 59 OGH vom 12.07.1988, Hanrei Jihō 1297 (1988), S. 29 ff. (30). 60 OGH vom 12.07.1988, Hanrei Jihō 1297 (1988), S. 29 ff. (30). 56

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2. Kapitel: Rechtliche Grundlagen

zweite Ärztevereinigung wurden vom Obersten Gerichtshof für vernünftig und die Genehmigungsablehnung daher als rechtmäßig beurteilt. Aus der Praxis wird berichtet, dass umgehende Genehmigungsablehnungen eher selten vorkamen. Oftmals wurden den Antragstellern durch die Behörden weitere Bedingungen auferlegt. 61 Beispielsweise wurde es für eine stabile und dauerhafte Tätigkeitsausübung durch die Rechtsträger gewöhnlich für notwendig erachtet, dass sie ein hohes Grundkapital bei Gründung mitbringen sollten. Diese finanziellen Bedingungen sowohl für gemeinnützige Vereine als auch für gemeinnützige Stiftungen erschwerten die Gründung kleinerer Rechtsträger. Allerdings tendierten die Behörden insgesamt dazu, kleinere Rechtsträger nicht zu genehmigen, da sie einen großen Rechtsträger als Ansprechpartner für einen bestimmten Gemeinnützigkeitsbereich bevorzugten.62 Diese Verwaltungspraxis wird auch im OGH-Urteil hinsichtlich der Adachi-Ärztevereinigung deutlich. ii.) Zuständige Behörde Die Genehmigungserteilung wurde bei der zuständigen Behörde (shumu kanchō) beantragt. Zuständig war grundsätzlich das Ministerium, in dessen Zuständigkeitsbereich die gemeinnützigen Tätigkeiten der Organisation liegen. Sollte die Organisation in verschiedenen Bereichen tätig sein, die jeweils in den Zuständigkeitsbereich eines anderen Ministeriums fallen, musste ein Antrag bei allen zuständigen Ministerien gestellt werden.63 Allerdings war die Antragstellung bei mehreren Behörden mit einem erheblichen zeitlichen und bürokratischen Aufwand verbunden.64 Alternativ konnte der Genehmigungsantrag auch an die zuständige Stelle auf lokaler Ebene gestellt werden. Das hatte den Vorteil, dass hier der Präfekt für die meisten gemeinnützigen Bereiche zuständig war. 65 Die Genehmigungserteilung auf lokaler Ebene hatte allerdings den Nachteil, dass die Tätigkeiten des Rechtsträgers dann auf das Gebiet einer Präfektur begrenzt bleiben mussten. An welche Behörde eine Organisation am besten den Genehmigungsantrag richten sollte, konnte von Laien nur schwer erfasst werden. Es wird berichtet, dass Antragsteller für diese Frage teilweise bei der Vereinigung der gemeinnützigen Organisationen oder einem Vertreter des juristischen Berufsstands um Hilfe bitten mussten. 66

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SHINOMIYA / NOMI, Minpō sōsoku (2005), S. 94; AMEMIYA, Japan (1999), S. 135. Interview mit der stellvertretenden Vorsitzenden der Anerkennungskommission Prof. Takako Amemiya vom 18.03.2010. 63 AMEMIYA, Japan (1999), S. 134. 64 KAWASHIMA, The Nonprofit Review 1 (2001), S. 89. 65 Art. 84 ZG a.F. 66 AMEMIYA, Japan (1999), S. 136. 62

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iii.) Registereintragung Nach der Genehmigungserteilung war der neu gegründete Rechtsträger in das Register am Ort seiner Geschäftsstelle einzutragen.67 Der Eintragungsakt war für die Gründung zwar nicht mehr konstituierend, jedoch war hiervon die haftungsbegründende Außenwirkung des Rechtsträgers gegenüber Dritten abhängig.68 Die Eintragung erfolgte bei einer Behörde des nationalen Justizministeriums (hōmu-kyoku).69 3. Gründung Gewöhnlicher Vereine und Stiftungen Nach der Gemeinnützigkeitsreform können Organisationen in der Rechtsform Gewöhnlicher Verein und Gewöhnliche Stiftung Rechtsfähigkeit erlangen. Anders als unter der bisherigen Rechtslage wird die Gründung der beiden Rechtsträger nicht länger an die Verfolgung gemeinnütziger Zwecke gebunden. Zudem bedürfen sie auch nicht länger einer behördlichen Genehmigung, sondern können wie andere Gesellschaftsformen durch Eintragung in ein Register gegründet werden. Der Gründungvorgang Gewöhnlicher Vereine und Stiftungen ähnelt nunmehr dem Gründungsverfahren im Gesellschaftsgesetz. a. Gewöhnliche Vereine Zur Gründung eines Gewöhnlichen Vereins müssen die Gründungsmitglieder drei Schritte vollziehen: − die Erstellung einer Satzung, − die Bestellung der Funktionsträger u.a. und − die Registereintragung. i.) Erstellung einer Satzung Der erste Schritt auf dem Weg zur Gründung ist die Erstellung einer Satzung. Die Satzung muss dazu den gesetzlichen Anforderungen des Art. 11 VSG entsprechen und von den Gründungsmitgliedern unterschrieben und mit ihren Namenssiegeln versehen werden.70 Die Erstellung der Satzung kann auch auf elektronischem Wege erfolgen. 71 Für die Gründung sind zwei Mitglieder ausreichend. Diese Anzahl steht zwar nicht im Gesetz, das Erfordernis von mindestens zwei Mitgliedern ergibt sich jedoch im Wege der Gesetzes-

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Art. 45 Abs.1 ZG a.F. Art. 45 Abs. 2 ZG a.F. 69 NAGASAWA, Shadan hōjin zaidan hōjin no unei jitsumu (2000), S. 111. 70 Art. 10 Abs. 1 VSG. 71 Art. 10 Abs. 2 VSG. 68

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2. Kapitel: Rechtliche Grundlagen

auslegung aus dem Wort „gemeinsam“ nach Art. 10 Abs. 1 VSG.72 Als Gründer gilt, wer in der Satzung mit Name und Adresse als Gründungsmitglied verzeichnet ist. Auch juristische Personen können Gründungsmitglied werden.73 In Art. 11 VSG werden die nachfolgenden Mindestangaben für den Inhalt der Satzung aufgelistet.74 Wenn die Satzung nicht alle erforderlichen Angaben enthält, ist sie unwirksam und der Gewöhnliche Verein wird nicht eingetragen. Zu den Mindesangaben zählen: − Zweck, − Bezeichnung des Gewöhnlichen Vereins, − Sitz der Hauptgeschäftsstelle, − Name oder Bezeichnung und Adresse der Gründungsmitglieder, − Bestimmungen über den Erwerb und den Verlust der Mitgliedschaft, − Verfahren der Bekanntmachung und − Geschäftsjahr. Als zentrales Abgrenzungsmerkmal des Gewöhnlichen Vereins gegenüber auf Gewinnerzielung gerichteten juristischen Personen wird an dieser Stelle bereits das Ausschüttungsverbot konstituiert. Es wird ausdrücklich geregelt, dass die Gründungsmitglieder in der Satzung sich selbst keine Ausschüttungsrechte zusprechen können. Des Weiteren ist die Satzung noch notariell zu beurkunden.75 Durch die notarielle Beurkundung werden die Authentizität der tatsächlichen Satzungserstellung und die Übereinstimmung des Satzungsinhalts mit den diesbezüglichen Gesetzen und Vorschriften geprüft. Die Gewährleistung dieser Genauigkeit soll späteren Konflikten und dem Missbrauch vorbeugen.76 Anschließend ist die Satzung am Sitz der Haupt- oder Nebengeschäftsstelle aufzubewahren.77 Die Satzungserstellung ist der Gründungsakt durch die Mitglieder. Es handelt sich dogmatisch um einen sog. Gesamtakt (gōdō kōi).78 Der Gesamtakt ist ein Rechtsgeschäft von zwei oder mehreren Willenserklärungen. Die Willenserklärungen stehen aber nicht wie bei einem Vertrag im Synallagma. Sie sind daher nicht auf die gegenseitige Begründung von Rechten und Pflichten gerichtet, sondern verfolgen vielmehr das gleichgerichtete Ziel der Erstellung einer Satzung.79 Die Unterscheidung zwischen einem Vertrag und dem Gesamtakt gewinnt beispielsweise bei der Anfechtung der zugrunde liegenden 72

SHIN-KŌEKI HŌJIN SEIDO KENKYŪ -KAI, Ichimon ittō (2006), S. 28. SHIN-KŌEKI HŌJIN SEIDO KENKYŪ -KAI, Ichimon ittō (2006), S. 30. 74 Art. 11 VSG. 75 Art. 13 VSG. 76 SHIN-KŌEKI HŌJIN SEIDO KENKYŪ -KAI, Ichimon ittō (2006), S. 23. 77 Art. 14 Abs. 1 VSG. 78 UEDA, Ippan shadan ippan zaidan hōjin (2009), S. 8. 79 ŌMI, Minpō kōgi I (2008), S. 170 f. 73

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Willenserklärung an Bedeutung. Während die vertragliche Willenserklärung angefochten werden kann, ist dies bei der Willenserklärung des Gesamtakts mit Rücksicht auf die anderen Willenserklärungen nicht möglich. ii.) Bestellung der Funktionsträger u.a. In einem weiteren Schritt müssen die sog. Funktionsträger u.a. (yaku‘nin-tō) bestellt werden. Die Gruppe der Funktionsträger u.a. enthält verschiedene Personenkreise. Die Bezeichnung Funktionsträger (yaku‘nin) umfasst dabei nur den Vorsitzenden (riji) und den Revisor (kanji). Ein Rechnungsprüfer zählt daher zwar zu den Funktionsträgern u.a., ist jedoch nach der Terminologie des Vereins- und Stiftungsgesetzes kein Funktionsträger des Gewöhnlichen Vereins im engeren Sinne. Grafik 4

Übersicht der Funktionsträger u.a. im Vereins- und Stiftungsgesetz

Zum Zeitpunkt der Gründung werden die Funktionsträger jeweils als Gründungsrechnungsprüfer (setsuritsu-ji kaikei kansa-nin), Gründungsvorsitzender (setsuritsu-ji riji) und Gründungsrevisor (setsuritsu-ji kanji) bezeichnet.80 Nach der Gründung behalten die betreffenden Personen ihre Ämter bei.81 Sie können bereits in der Satzung benannt werden, dann entfällt der Schritt der Bestellung. Ist dies nicht geschehen, müssen sie spätestens nach der Beurkundung der Satzung bestellt werden. Die Bestellung erfolgt durch Beschluss mit der Mehrheit der Beschlussrechte der Gründungsmitglieder.82 80

Art. 16 Abs. 2 VSG. Art. 15 Abs. 1, 2 VSG. 82 Art. 17 Abs.1 VSG. 81

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2. Kapitel: Rechtliche Grundlagen

Für welche Ämter Personen bestellt werden müssen, ist von der gewählten Organisationsstruktur des jeweiligen Gewöhnlichen Vereins abhängig. An dieser Stelle sei nur beispielhaft darauf hingewiesen, dass im Fall eines Gewöhnlichen Vereins mit Vorstand mindestens drei Vorsitzende bestellt werden müssen.83 Anschließend sind die Vorsitzenden verpflichtet zu überprüfen, ob im bisherigen Gründungsverfahren die gesetzlichen Vorschriften eingehalten wurden.84 Dabei können sie gegebenenfalls durch den Revisor unterstützt werden. Schließlich muss bei einem Gewöhnlichen Verein mit Vorstand auch ein vertretungsberechtigter Vorsitzender bereits durch die Gründungsmitglieder bestellt werden.85 iii.) Registereintragung Die Eintragung des Gewöhnlichen Vereins erfolgt in das Register am Sitz der Hauptgeschäftsstelle durch einen Vorsitzenden. 86 Zuständig für die Eintragung ist eine Behörde des nationalen Justizministeriums (hōmu-kyoku).87 Durch die Eintragung wird der Gewöhnliche Verein zur juristischen Person. Die Eintragung hat zeitnah zu erfolgen und es ist eine Gebühr von 60.000 Yen zu bezahlen.88 Für die Eintragung am Hauptsitz sollte dies entweder am Tag nach der Überprüfung des Errichtungsverfahrens durch einen Vorsitzenden oder an einem von den Gründungsmitgliedern bestimmten Eintragungsdatum erfolgen, spätestens aber innerhalb von zwei Wochen nach diesem Tag.89 Bei der Eintragung müssen neben Zweck und Name des Gewöhnlichen Vereins noch weitere gesetzlich bestimmte Angaben gemacht werden.90 Im Vergleich zur alten Rechtslage wesentlich erleichtert wurden die Bedingungen für die Eintragung am Nebensitz einer Geschäftsstelle. Früher mussten auch an allen Nebensitzen dieselben Angaben und Dokumente wie am Hauptsitz eingereicht werden. Nunmehr reicht es aus, dass die Bezeichnung des Rechtsträgers sowie die Adresse des Hauptsitzes eingetragen und 83

Art. 16 Abs. 1 VSG. Art. 20 Abs. 1 VSG. 85 Art. 21 Abs. 1 VSG. 86 Art. 22, 306 VSG. 87 KIDAI / SUGIURA, Ippan shadan ippan zaidan hōjin no tōki jitsumu (2010), S. 1; weiterführend die Homepage des Büros des Justizministeriums (30.10.2010). 88 Beigefügte Tabelle 1 Nr. 24 Ziff. 1 b Tōroku menkyo-zei hō (Steuergesetz für die Eintragungskonzessionen), Gesetz Nr. 35 / 67 i.d.F. des Gesetzes Nr. 32 / 2010. 89 Art. 301 Abs. 1 VSG. 90 Art. 301 Abs. 2 VSG; für eine Auflistung der notwendigen Angaben siehe die Übersetzung im Anhang. 84

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eine Eintragungsbescheinigung des Hauptsitzes vorgelegt wird. 91 Hinter der Neuregelung steht die Überlegung, dass es im Zeitalter des modernen Datenverkehrs für jede Behörde problemlos möglich ist, sich bei Bedarf die notwendigen Informationen von einer anderen Behörde zu beschaffen. 92 Eine ausführliche Dokumentationspflicht sei daher entbehrlich. Die Eintragung am Sitz einer Nebengeschäftsstelle muss innerhalb von zwei Wochen nach der Eintragung am Hauptsitz vorgenommen werden und kostet 9.000 Yen.93 b. Gewöhnliche Stiftungen Die Gründung Gewöhnlicher Stiftungen folgt weitgehend dem Gründungsverfahren von Gewöhnlichen Vereinen. Im Folgenden werden daher vor allem die wesentlichen Abweichungen erläutert und im Übrigen auf die vorangegangenen Ausführungen verwiesen. Im Vergleich zum Gewöhnlichen Verein ist die Gründung einer Gewöhnlichen Stiftung aufwendiger und es werden auch gesetzlich höhere Anforderungen an diese gestellt. Die Gründung vollzieht sich in vier Schritten: − Erstellung einer Satzung, − Einbringung des Vermögens, − Bestellung der Evaluierer und der Funktionsträger u.a. und − Registereintragung. i.) Erstellung einer Satzung In einem ersten Schritt der Gründung ist auch für die Gewöhnliche Stiftung eine Satzung zu erstellen. Die Satzung kann hierbei entweder vom Gründer selbst oder dessen Testamentsvollstrecker erstellt werden. Im Gegensatz zum Gewöhnlichen Verein ist daher sowohl eine Gründung unter Lebenden wie auch von Todes wegen möglich. Eine Gewöhnliche Stiftung kann auch von mehreren Gründern gemeinsam errichtet werden.94 Bei einer Gründung von Todes wegen übernimmt der Testamentsvollstrecker alle Aufgaben des Gründers, d.h. er unterzeichnet beispielsweise die Satzung und versieht sie mit seinem Namenssiegel.95 Ein terminologischer Unterschied zur alten Gesetzeslage besteht darin, dass das Vereins- und Stiftungsgesetz nunmehr von der Erstellung einer Satzung und nicht mehr vom Stiftungsgeschäft (kifu kōi) oder Gründungsgeschäft (setsuritsu kōi) spricht. Die einheitliche Benutzung des Begriffs 91

Art. 312 Abs. 2, 329 VSG. UEDA, Ippan shadan ippan zaidan hōjin (2009), S. 17. 93 Art. 312 Abs. 1 Nr. 1 VSG; Beigefügte Tabelle 1 Nr. 24 Ziff. 2 a Tōroku menkyo-zei hō (Steuergesetz für die Eintragungskonzessionen), Gesetz Nr. 35 / 67 i.d.F. des Gesetzes Nr. 32 / 2010. 94 Art. 152 Abs. 1 VSG. 95 Art. 152 Abs. 2 VSG. 92

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„Satzung“ für beide juristischen Personen soll zur allgemeinen Verständlichkeit für juristische Laien beitragen. Hinsichtlich der früheren Begrifflichkeiten bestand die Kritik, dass diese von Laien nicht unmissverständlich mit einem Dokument, welches die grundlegende Organisationsstruktur enthalte, in Verbindung gebracht wurden. Die Begriffe „Stiften“ und „Geschäft“ seien unklar und nur schwer verständlich.96 Inhaltlich hat sich durch die Verwendung des neuen Begriffs „Satzung“ jedoch nichts geändert, und es wird damit weiterhin der bisherige Gründungsakt bezeichnet. Das führt dazu, dass trotz einheitlicher Bezeichnung die Rechtsnatur der Satzung bei der Gewöhnlichen Stiftung eine andere ist als die des Gewöhnlichen Vereins. Sie ist kein Gesamtakt, sondern weiterhin ein Einzelakt (tandoku kōi). Daran ändert sich auch nichts, wenn es mehr als nur einen Gründer gibt.97 Praktische Auswirkungen hat diese Unterscheidung jedoch nicht. Die Satzung der Gewöhnlichen Stiftung muss die nachfolgenden Mindestangaben enthalten.98 Sie ist abschließend notariell zu beurkunden und am Sitz der Haupt- oder Nebengeschäftsstelle aufzubewahren.99 − Zweck − Bezeichnung der Gewöhnlichen Stiftung − Sitz der Hauptgeschäftsstelle − Name oder Bezeichnung und Adresse des Gründers, − Vermögen und den Wert, den der Gründer bei Gründung einbringt − Bestimmungen über die Ernennung der Gründungsevaluierer, des Gründungsvorsitzenden und des Gründungsrevisors, evtl. des Gründungsrechnungslegers − Verfahren der Ernennung und Abberufung der Evaluierer − Verfahren der Bekanntmachung − Geschäftsjahr ii.) Einbringung des Vermögens Für die Gründung muss ein Grundstockvermögen von 3 Mio. Yen eingebracht werden. 100 Das Erfordernis eines Mindestvermögens kann mit der Verringerung der Missbrauchsgefahr des Rechtsträgers begründet werden.101 Die Vermögenseinlage ist spätestens nach Beglaubigung der Satzung zu erbringen und erfolgt nach den allgemeinen Vorschriften des Schenkungs- bzw. Erbrechts.102 96

SHIN-KŌEKI HŌJIN SEIDO KENKYŪ -KAI, Ichimon ittō (2006), S. 108. UEDA, Ippan shadan ippan zaidan hōjin (2009), S. 23. 98 Art. 153 VSG. 99 Art. 155, 156 Abs. 1 VSG. 100 Art. 153 Abs. 2 VSG. 101 UEDA, Ippan shadan ippan zaidan hōjin (2009), S. 24. 102 Art. 157 Abs. 1, 158 VSG. 97

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iii.) Bestellung der Evaluierer und der Funktionsträger u.a. Da die Gewöhnliche Stiftung stets eine erweiterte Organisationsstruktur aufweisen muss, ist neben den drei Evaluierern (hyōgi’in) und den drei Vorsitzenden auch ein Revisor spätestens nach der Vermögenseinbringung zu bestellen. Das Verfahren der Bestellung wird in der Satzung durch den Gründer festgelegt.103 Die Vorsitzenden müssen anschließend aus ihrer Mitte mit einfacher Mehrheit einen vertretungsberechtigten Vorsitzenden auswählen. 104 Gegebenenfalls muss auch ein Rechnungsprüfer bestellt werden.105 Die Vorsitzenden und der Revisor haben nach ihrer Ernennung die Rechtmäßigkeit des Gründungsvorgangs und die tatsächliche Vermögenseinbringung zu überprüfen. 106 Diese vor der Gründung bestellten Personen führen ihre Ämter nach der Gründung der Gewöhnlichen Stiftung weiter fort. iv.) Registereintragung Die Gewöhnliche Stiftung wird durch Eintragung in das Register am Sitz der Hauptgeschäftsstelle errichtet und damit auch rechtsfähig. 107 Hierbei sind neben Namen und Zweck noch weitere Angaben zu machen und Dokumente vorzulegen. 108 Eine vereinfachte Eintragungspflicht besteht für den Nebensitz.109 Für Eintragungsfrist und -kosten kann im Wesentlichen auf die Ausführungen zum Gewöhnlichen Verein verwiesen werden. 4. Rechtsvergleich In Japan konnten bislang gemeinnützige Vereine und Stiftungen a.F. nur nach den zivilgesetzlichen Vorschriften gegründet werden. Nach der Gemeinnützigkeitsreform in Japan haben sich die Rechtsordnungen beider Länder insofern angenähert, als nunmehr sowohl in Japan als auch in Deutschland Organisationen zunächst als Rechtsträger ohne Zweckeinschränkung gegründet werden können. Erst in einem weiteren Schritt können gemeinnützig tätige Rechtsträger sich als gemeinnützige Rechtsträger anerkennen lassen. Nachdem in Japan mit der Gemeinnützigkeitsreform das Genehmigungsverfahren für gemeinnützige Vereine und Stiftungen a.F. abgeschafft wurde, können Rechtsträger ohne Zweckeinschränkung nunmehr durch Eintragung in ein Register gegründet werden. Das neue Eintragungsverfahren für den Ge103

Art. 159 Abs. 1 VSG. Art. 162 Abs. 2VSG. 105 Art. 160 VSG. 106 Art. 161 Abs. 1 VSG. 107 Art. 163 VSG. 108 Art. 302 Abs. 2, 319 Abs. 2 VSG; Für eine Auflistung der notwendigen Angaben nach Art. 302 Abs. 2 VSG siehe die Übersetzung im Anhang. 109 Art. 312 Abs. 2 VSG. 104

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2. Kapitel: Rechtliche Grundlagen

wöhnlichen Verein und die Gewöhnliche Stiftung folgt den Vorschriften des Vereins- und Stiftungsgesetzes. In Deutschland dagegen wird für die zivilgesetzliche Gründung nach Art des Rechtsträgers unterschieden. Der rechtsfähige Verein kann mittlerweile durch Registereintragung gegründet werden. Allerdings bestand bis zu einer Gesetzesänderung im Jahr 1998110 noch ein Einspruchsrecht der Verwaltungsbehörde, die einen Verstoß gegen öffentliches Vereinsrecht prüfen konnte. Diese Prüfung erfolgt nunmehr auch durch die Registerbehörde.111 Im Gegensatz zum eingetragenen Verein bedarf die rechtsfähige Stiftung weiterhin einer staatlichen Anerkennung zu ihrer Gründung. a. Eintragungsverfahren in Japan und Deutschland Die Gründung Gewöhnlicher Vereine und Stiftungen in Japan und des eingetragenen Vereins in Deutschland verläuft mit kleineren Abweichungen auf ähnliche Weise. Es ist jeweils eine Satzung zu erstellen, das Geschäftsführungsorgan ist zu bestellen und die Eintragung muss erfolgen. Die Registerbehörde überprüft hierbei lediglich die Erfüllung der gesetzlichen Anforderungen, ohne eigene Bedingungen an die Eintragung zu stellen. In der Satzung sind in Deutschland vergleichsweise mehr Angaben einzutragen, während in Japan einige der gleichen Angaben zwar nicht in die Satzung, aber später in das Register einzutragen sind.112 Der Unterschied besteht darin, dass eine Registeränderung im Ergebnis leichter vorgenommen werden kann als die durch eine bestimmte Mindestanzahl von Mitgliederstimmen besonders gesicherte Änderung der Satzungsinhalte. In beiden Ländern sind in der Satzung vor allem der Zweck, der Name und der Sitz des Rechtsträgers anzugeben. 113 Während für den Gewöhnlichen Verein in Japan zwei Gründungsmitglieder ausreichen, muss in Deutschland für den eingetragenen Verein die Satzung von sieben Gründungsmitgliedern unterschrieben werden.114 Zudem sind in Deutschland noch Angaben über die Mitgliederversammlung in der Satzung anzugeben, die in Japan bereits durch die Bestimmungen des Vereins- und Stiftungsgesetzes einheitlich geregelt werden. 115 Für die Gewöhnliche Stiftung müssen zusätzlich noch Angaben zum Vermögen gemacht werden. Es sind mindestens 3 Mio. Yen einzubringen. Anschließend ist die

110

Aufhebung der §§61-63 BGB durch Art. 11 Justizmitteilungsgesetz, BGBl. 1997 I 1430 (1436). 111 STÖBER, Handbuch zum Vereinsrecht (2000), S. 515. 112 Für eine Auflistung der notwendigen Satzungsangaben eines eingetragenen Vereins in Deutschland siehe die Übersicht im Anhang, S. 249. 113 Japan: Art. 11, 153 VSG; Deutschland: § 57 Abs. 1 BGB. 114 Japan: Art. 10 Abs. 1 VSG; Deutschland: § 56 BGB. 115 Japan: Art. 35-39 VSG; Deutschland: §§ 36, 37, 40, 58 Nr. 4 BGB.

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Satzung in Japan noch notariell zu beurkunden, während in Deutschland die Unterschriften bei der Anmeldung beglaubigt werden.116 Die Registereintragung hat in Japan bei einer Behörde des nationalen Justizministeriums zu erfolgen, während in Deutschland das Amtsgericht am Sitz des Vereins das eintragende Registergericht ist.117 In beiden Ländern ist mittlerweile auch eine elektronische Eintragung möglich.118 In Deutschland muss bei der Eintragung nur der Antrag, die Satzung und eine Kopie des Gründungsprotokolls zum Nachweis der Vorstandsbestellung eingereicht werden. 119 Demgegenüber gibt es in Japan neben dem Antrag noch zahlreiche weitere Einzeldokumente. Die Dokumentenvielfalt ist jedoch – wie beschrieben – teilweise darauf zurückzuführen, dass viele der Dokumentenangaben in Deutschland bereits in der Satzung einzutragen sind. Hinzu kommt, dass der Gewöhnliche Verein und die Gewöhnliche Stiftung gegenüber dem deutschen eingetragenen Verein eine umfangreichere gesetzliche Organisationsstruktur aufweisen, so dass auch die Daten der einzelnen Funktionsträger im Register zu verzeichnen sind, z.B. Bezeichnung und Adresse des Rechnungsprüfers. Schließlich erfordert in Japan auch das Siegelsystem als Ersatz der Unterschrift einer Person einen Mehraufwand an Dokumenten. b. Anerkennungsverfahren der rechtsfähigen Stiftung in Deutschland In Deutschland bedarf es für die Gründung einer rechtsfähigen Stiftung eines privatrechtlichen Rechtsgeschäft des Stifters, das sog. Stiftungsgeschäft, sowie der staatlichen Anerkennung.120 i.) Stiftungsgeschäft Das Stiftungsgeschäft bezeichnet die Erklärung des Stifters eine Stiftung zu errichten und hierfür ein bestimmtes Stiftungsvermögen zu widmen. 121 Das lebzeitige Stiftungsgeschäft wird von der Errichtung einer Stiftung von Todes wegen unterschieden.122 Bei letzterem ist das Stiftungsgeschäft regelmäßig in einem Testament oder einem Erbvertrag enthalten. Das Stiftungsgeschäft zu Lebzeiten ist eine einseitige und nicht empfangsbedürftige Willenserklärung 116

Japan: Art 13, 155 VSG; Deutschland: § 77, 129 BGB. Japan: KIDAI / SUGIURA, Ippan shadan ippan zaidan hōjin no tōki jitsumu (2010), S. 1; Deutschland: § 55 BGB. 118 Japan: KIDAI / SUGIURA, Ippan shadan ippan zaidan hōjin no tōki jitsumu (2010), S. 2; Deutschland: § 55a BGB durch das Gesetz zur Erleichterung elektronischer Anmeldungen zum Vereinsregister und anderer vereinsrechtlicher Änderungen vom 29.09.2009, BGBl. I 2009, S. 3145 f. 119 BÄHRLE, Vereinsrecht (2010), S. 26. 120 § 81 Abs. 1 BGB. 121 WIGAND / HAASE-THEOBALD / HEUEL, Stiftungen in der Praxis (2009), S. 44. 122 § 81, 83 BGB. 117

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des Stifters,123 in der der Stifter erklärt, einen Teil seines Vermögens dauerhaft einem bestimmten Zweck zu widmen. Es hat schriftlich zu erfolgen.124 Im Stiftungsgeschäft verpflichtet sich der Stifter, einen bestimmten Teil seines Vermögens auf die Stiftung zu übertragen. Weder im Bürgerlichen Gesetzbuch noch in den Stiftungsgesetzen der Länder finden sich Vorgaben zur Höhe der Vermögensausstattung einer Stiftung. Die Stiftungsaufsicht ermittelt das notwendige Stiftungsvermögen auf der Grundlage einer MittelZweck-Relation. Die Vermögensanforderungen sind dann erfüllt, wenn der Stiftungszweck mit dem Stiftungsvermögen nachhaltig und dauerhaft erfüllt werden kann. 125 In der Praxis wird von den Aufsichtsbehörden häufig ein Grundstockvermögen von 50.000 Euro empfohlen.126 Durch das Stiftungsgeschäft erhält die Stiftung auch eine Satzung, soweit sie nicht auf Bundes- oder Landesrecht beruht. 127 Nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch sind hierbei – ähnlich wie bei einem eingetragenen Verein – nur die Mindestbestimmungen zum Zweck, Namen, Sitz und Bildung des Stiftungsvorstands einzutragen. Darüber hinaus werden in den Landesgesetzen noch weitere Bestimmungen für die Satzung angeregt, die jedoch für die Anerkennung nicht entscheidend sind, z.B. Vorschriften über die Amtsdauer und Beschlussfassung der Organe. Aus der Praxis wird jedoch berichtet, dass die Aufsichtsbehörden die Stifter in ihrem eigenen Interesse überzeugen, zumindest die landesrechtlichen Soll-Vorschriften in die Satzung aufzunehmen.128 Die landesrechtlichen Soll-Vorschriften sind dabei zumeist umfangreicher als die Satzungsanforderung für eingetragene Vereine.129 ii.) Stiftungsrechtliche Anerkennung Die staatliche Anerkennung ist neben dem Stiftungsgeschäft eine weitere konstitutive Gründungsvoraussetzung.130 Die Anerkennung erfolgt durch die Stiftungsaufsichtsbehörden der Länder, in denen die Stiftung ihren Sitz hat. Hiernach beurteilt sich auch die Anwendung des Landesstiftungsrechts. Die Anerkennung ist ein sog. privatrechtsgestaltender Verwaltungsakt, 131 durch 123

WIGAND / HAASE-THEOBALD / HEUEL, Stiftungen in der Praxis (2009), S. 44. § 81 Abs. 1 BGB. 125 WIGAND / HAASE-THEOBALD / HEUEL, Stiftungen in der Praxis (2009), S. 50. 126 WERNER, Stiftungsgründung (2008), S. 180; WIGAND / HAASE-THEOBALD / HEUEL, Stiftungen in der Praxis (2009), S. 50. 127 § 81 Abs. 1, 85 BGB. 128 WEGER / WEGER, Errichtungen von Stiftungen (2003), S. 808. 129 Siehe für eine Übersicht der erforderlichen landesrechtlichen Satzungsbestimmungen WEGER / WEGER, Errichtungen von Stiftungen (2003). 130 § 80 Abs. 1 BGB. 131 REUTER, in: MüKo, §§ 80, 81 Rn. 59; PUES / SCHEERBARTH, Gemeinnützige Stiftungen (2008), S. 27. 124

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den die Stiftung Rechtsfähigkeit erlangt. Wird die Anerkennung versagt, kann der Stifter dagegen gerichtlich Verpflichtungsklage erheben.132 Im Rahmen der Stiftungsreform 133 im Jahr 2002 hatte man sich für die Beibehaltung des Konzessionssystems ausgesprochen.134 Es wurde lediglich eine begriffskosmetische Änderung dergestalt vorgenommen, dass die bislang erforderliche Genehmigung durch den Begriff Anerkennung ausgetauscht wurde. Eine inhaltliche Änderung ist damit nicht einhergegangen. 135 Durch die Reform wurde jedoch ein Anspruch auf Anerkennung gesetzlich geregelt, 136 der dem Stifter bei Erfüllung der Gründungsvoraussetzungen zusteht.137 Die Anerkennung einer Stiftung kann nur noch versagt werden, wenn die dauernde und nachhaltige Erfüllung des Stiftungszwecks nicht gesichert erscheint oder die mit ihr verfolgten Stiftungszwecke das Gemeinwohl gefährden.138 Der unbestimmte Rechtsbegriff der Gemeinwohlgefährdung setzt voraus, dass mit hinreichender Wahrscheinlichkeit die Anerkennung der Stiftung und damit die Verfolgung des Stiftungszwecks zur Beeinträchtigung von Verfassungsgütern führt.139 In der Praxis erkennen die Stiftungsaufsichtsbehörden die Errichtung einer gemeinnützigen Stiftung aber nur an, wenn die zuständige Finanzverwaltung zuvor bescheinigt hat, dass die Stiftungssatzung den Gemeinnützigkeitserfordernissen entspricht.140 iii.) Stiftungsbehörde In den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs wird die Stiftungsbehörde als zuständige Behörde für die Anerkennungserteilung ausgewiesen. 141 Genaueres wird in den jeweiligen Landesgesetzen geregelt. 142 Das Erfordernis der staatlichen Mitwirkung bei Errichtung einer rechtsfähigen Stiftung entspricht historisch der Rechtsvorstellung des Gesetzgebers am Ende des 19. Jahrhunderts. Es wurde mit dem Hinweis begründet, dass die Stiftungserrichtung über die Privatautonomie des Bürgerlichen Gesetzbuchs hinaus132

§ 42 Abs. 1 S. 2 VwGO, REUTER, in: MüKo, §§ 80, 81 Rn. 61. Gesetz zur Modernisierung des Stiftungsrechts vom 23.07.2002, BGBGl. I 2002, S. 2634 ff. 134 Zur anhaltenden Diskussion um das Konzessionssystem bei Stiftungen siehe auch SCHMIDT, Konzessionssystem und Stiftungsrecht (1998), S. 230 f m.w.N. 135 Zur Begriffsänderung siehe BT-Drucks. 14 / 8277, S. 5. 136 § 80 Abs. 2 BGB. 137 WIGAND / HAASE-THEOBALD / HEUEL, Stiftungen in der Praxis (2009), S. 52. 138 § 80 Abs. 2 BGB. 139 BVerwG vom 12.02.1998, BVerwGE 106, 177 ff. (180) („Republikaner-Stiftung“); OLG Münster, NVwZ (1996), S. 913 ff. (914) („Franz-Schönhuber-Stiftung“). 140 WIGAND / HAASE-THEOBALD / HEUEL, Stiftungen in der Praxis (2009), S. 52. 141 § 80 Abs. 1 BGB. 142 Für eine Übersicht der Landesstiftungsbehörden siehe RICHTER, Stiftungsaufsicht (2009), S. 1544 ff. 133

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2. Kapitel: Rechtliche Grundlagen

gehe.143 Im Gegensatz zu den Mitgliedern eines körperschaftlich organisierten Vereins verliert der Stifter mit der Verselbstständigung der Stiftung seinen Einfluss auf die Stiftung. Aus diesem Grund sei es notwendig, dass der Staat die fortdauernde Bindung an den Stiftungszweck sicherstelle.144 Die Frage, ob eine staatliche Stiftungsaufsicht gegenwärtig noch erforderlich ist, wurde auch in jüngerer Zeit im Vorfeld der Bemühungen zur Modernisierung des Stiftungsrechts wieder aktuell. An dieser Stelle wurde von dem Bundesverband Deutscher Stiftungen und der Bund-Länder-Arbeitsgruppe Stiftungsrecht eine Notwendigkeit der Stiftungsaufsicht weiterhin deutlich gemacht.145 Grund für die befürwortende Einstellung gegenüber der Stiftungsaufsicht ist in Deutschland ihre Garantiefunktion. Sie gewährleistet eine Verwirklichung des Stifterwillens auch nach dessen Tod und kontrolliert, dass die Stiftungsorgane ihre Stellung nicht zum Nachteil der Stiftung missbrauchen.146 c. Zusammenfassung In Japan konnten gemeinnützig tätige Organisationen nach den zivilgesetzlichen Vorschriften bisher lediglich in Form der gemeinnützigen Vereine oder Stiftungen a.F. Rechtsfähigkeit erlangen. Sie waren damit zugleich auch steuerrechtlich begünstigt. Die Gründung erforderte jedoch eine staatliche Genehmigung, deren Erteilung weitgehend in das Ermessen der jeweiligen Behörde gestellt war. Eine gerichtliche Ermessenskontrolle hatte kaum Aussicht auf Erfolg. Nach der neuen Rechtslage können Gewöhnliche Vereine und Stiftungen aufgrund der normativen Gesetzeskriterien des Vereins- und Stiftungsgesetzes ohne staatliche Genehmigung gegründet werden. Sie sind in ihrer Zwecksetzung nicht auf gemeinnützige Ziele begrenzt und können zu allen nicht auf Gewinnerzielung gerichteten Zwecken genutzt werden. Das Gründungsverfahren des Vereins- und Stiftungsgesetzes ähnelt dem Verfahren für eingetragene Vereine in Deutschland. Sie können für alle nicht auf Gewinnerzielung gerichteten Zwecke durch Registereintragung gegründet werden. Dagegen ist für rechtsfähige Stiftungen in Deutschland weiterhin eine staatliche Anerkennung zur Gründung erforderlich. Zudem spielen in der Praxis die unterschiedlichen Regelungen der einzelnen Bundesländer eine große Rolle. Die staatliche Gründungsanerkennung wird in Deutschland bislang noch weitgehend befürwortet, da sie eine Kontrolle der Stiftungsorgane 143

BÜERMANN, Stiftungsautonomie (2003), S. 844. BVerwG vom 22.09.1972, DVBl. (1973), S.795 ff. (796); BACKERT, Stiftungsaufsicht (2008), S. 810. 145 BÜERMANN, Stiftungsautonomie (2003), S. 844; v. CAMPENHAUSEN / SEIFART, Stiftungsrechts-Handbuch (2009) m.w.N. 146 Siehe zur Funktion der Stiftungsaufsicht BVerwG vom 22.09.1972, DVBl. (1973), S.795 ff. (796); OLG Münster, NVwZ (1996), S. 913 ff (914) („Franz-SchönhuberStiftung“). 144

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und die fortwährende Verwirklichung des Stifterwillens garantiert. Anders als unter der alten Rechtslage in Japan besteht in Deutschland jedoch ein Anspruch auf Anerkennungserteilung gegenüber den Stiftungsbehörden. Sie müssen eine Stiftung anerkennen, wenn die gesetzlichen Vorgaben erfüllt werden.

II. Organisation

II. Organisation

Die Vorschriften der internen Organisation des Gewöhnlichen Vereins und der Gewöhnlichen Stiftung sind überwiegend in der Satzung und dem Vereins- und Stiftungsgesetz geregelt. Das Organisationsrecht bestimmt die Rechtsbeziehung zu den Organen und Dritten. Für beide Rechtsträger einheitlich geregelt sind die Geschäftsführung, die von dem Vorsitzenden und dem Vorstand wahrgenommen wird, und der Revisor, der als Aufsichtsorgan der Geschäftsführung eingerichtet werden kann. Der Gewöhnliche Verein hat zudem als grundlegendes Entscheidungsorgan eine Mitgliederversammlung als Organ einzurichten. Ein entsprechendes Entscheidungsorgan ist für Gewöhnliche Stiftungen nicht vorgesehen. Wesentliche Entscheidungen über die Art und Weise der Tätigkeiten sind bereits in der Satzung festgelegt. Allerdings ist als weiteres Organ stets die sog. Versammlung der Evaluierer einzurichten, die teilweise ähnliche Kompetenzen hat wie die Mitgliederversammlung eines Gewöhnlichen Vereins. Im Vergleich zur alten Gesetzeslage sind die Vorschriften für die Organisationsstruktur erheblich erweitert und präzisiert worden. Das Vereins- und Stiftungsgesetz unterscheidet nunmehr zwischen großen und kleinen Gewöhnlichen Vereinen und Stiftungen, für die jeweils eine andere Organisationsstruktur einzurichten ist. Beispielsweise ist bei großen Gewöhnlichen Vereinen und Stiftungen nunmehr ein Revisor zur besseren Überwachung der Geschäftsführung zwingend einzurichten. Zudem ist die Rolle der Organe und der einzelnen Personen innerhalb der Rechtsträger gesetzlich klarer benannt und ihr Aufgabenbereich oft erweitert worden. Nach der Gesetzeslage des Zivilgesetzes a.F. wurde die Organisationsstruktur weniger differenziert geregelt. Die Regelungen beschränkten sich auf Minimalanforderungen gegenüber den Organen und Dritten. In der Reform wurden viele Vorschriften für die Organisationsstruktur weitgehend wortlautgetreu, entsprechend den Vorschriften zu Aktiengesellschaften, aus dem Gesellschaftsgesetz übernommen. Beide Gesetze regeln Rechtsträger, die sich vor allem in ihrer Zwecksetzung unterscheiden. Während das Vereins- und Stiftungsgesetz nicht auf Gewinnerzielung gerichtete juristische Personen regelt, sind im Gesellschaftsgesetz Vorschriften für die verschiedenen auf Gewinnerzielung gerichteten juristischen Personen

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festgelegt.147 Der japanische Gesetzgeber scheint davon ausgegangen zu sein, dass, trotz unterschiedlicher Zwecksetzung, Gewöhnliche Vereine und Stiftungen von einer ähnlichen Organisationsstruktur wie die gewinnorientierten juristischen Personen des Gesellschaftsgesetzes profitieren würden. In Japan ist die Aktiengesellschaft die maßgebende Gesellschaftsform im Gesellschaftsrecht,148 so dass es durchaus sinnvoll erscheint, sich an deren Rechtsform als Modell für die Organisationsstruktur der Gewöhnlichen Vereine und Stiftungen zu orientieren. Zudem spricht für die Aktiengesellschaft ihre flexible Verwendungsmöglichkeit. In Japan wird der Rechtsträger Aktiengesellschaft nicht nur von großen, sondern auch kleineren Unternehmen verwendet.149 Gerade die letzte Gesellschaftsrechtsreform hat diesen Umstand durch flexible Anpassungsmöglichkeiten der Organisationsvorschriften besonders berücksichtigt.150 Im Gegensatz zum Vereins- und Stiftungsgesetz kann für die Auslegung des Gesellschaftsgesetzes in weiten Teilen auf Praxiserfahrung, Präzedenzurteile sowie auf eine lebhafte Diskussion in der Literatur zurückgegriffen werden. Für die Auslegung der neuen Vorschriften des Vereins- und Stiftungsgesetzes wird daher in der Literatur auf den Meinungsstand im Gesellschaftsrecht verwiesen. Obwohl die Vorschriften des Vereins- und Stiftungsgesetzes und des Gesellschaftsgesetzes nicht zwingend dogmatisch gleich auszulegen sind, ist es doch sinnvoll, zu prüfen, ob nicht zukünftig eine ähnliche Auslegung und Beurteilung der neuen Vorschriften des Vereins- und Stiftungsgesetzes zweckmäßig wäre. Im Folgenden sind deshalb für die Darstellung des Organisationsrechts von Gewöhnlichen Vereinen und Stiftungen häufig auch die gesellschaftsrechtlichen Vorschriften in Betracht zu ziehen und auf vergleichbare Gefahrenlagen hinzuweisen. Inwieweit die Rechtsprechung zum Vereins- und Stiftungsgesetz dessen Vorschriften zukünftig anders auslegt, bleibt abzuwarten. 1. Gewöhnliche Vereine a. Organisationsstruktur Nach der alten Gesetzeslage wurden als organisatorische Minimalanforderungen lediglich die Einsetzung einer Mitgliederversammlung (shain 147

HAMADA, Sōsoku (2009), S. 42. In Japan gab es im November 2009 1.459.000 AGs. (kabushiki kaisha), 1.788.000 GmbH a.F. (tokurei yūgen kaisha), 84.000 KGs (gōshi kaisha), 27.422 OHGs (gōmei kaisha), KANDA, Kaisha-hō (2010), S. 8; zur Bedeutung der Aktiengesellschaft in Japan siehe auch KIRCHWEHM, Reformen der Corporate Governance in Japan und Deutschland (2010), S. 153 ff.; BAUM, Vorwort Handelsgesetz (2002), S. 22. 149 MARUTSCHKE, Einführung in das japanische Recht (2009), S. 273. 150 KIRCHWEHM, Reformen der Corporate Governance in Japan und Deutschland (2010), S. 153. 148

II. Organisation

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sōkai) und eines Vorsitzenden (riji) verlangt.151 Im Vereins- und Stiftungsgesetz ist die Organisationsstruktur eines Gewöhnlichen Vereins dagegen differenzierter geregelt. Sie besteht zunächst einmal aus mindestens zwei Mitgliedern (shain), der Mitgliederversammlung und einem Vorsitzenden. Es können aber noch ein Vorstand (riji-kai), ein oder mehrere Revisoren (kanji) oder Rechnungsprüfer (kaikei kansa-nin) als weitere Organe eingerichtet werden. In der Gesetzesreform wurde gerade auf die Anpassungsfähigkeit der Organisationsstruktur durch Einsetzung weiterer Organe besonderer Wert gelegt.152 Ob gegebenenfalls ein oder mehrere weitere Organe eingesetzt werden müssen, beurteilt sich zunächst einmal nach den Verbindlichkeiten in der Geschäftsbilanz. Das Vereins- und Stiftungsgesetz unterscheidet dabei zwischen dem großen und dem kleinen Gewöhnlichen Verein153. Wenn die Bilanz des letzten Geschäftsjahres einen Betrag von insgesamt 20 Mrd. Yen überschreitet, handelt es sich um einen großen, anderenfalls um einen kleinen Gewöhnlichen Verein.154 Für einen großen Gewöhnlichen Verein muss als weiteres Organ ein Rechnungsprüfer bestellt werden.155 Begründet werden kann diese Regelung mit der erhöhten Insolvenzgefahr für die Gläubiger. Üblicherweise unterhalten große Gewöhnliche Vereine Geschäftsbeziehungen mit einer Vielzahl von Außenstehenden, so dass auch ihre Rechnungslegung von besonderem Interesse erscheint und die Überprüfung durch einen Rechnungsprüfer als zwingend notwendig erachtet wird.156 Es wird zudem auf die gleich lautende Regelung des Gesellschaftsgesetzes verwiesen. 157 Dort ist für große Aktiengesellschaften ebenfalls zwingend ein Rechnungsprüfer einzusetzen.158 Des Weiteren erfordert die Bestellung bestimmter Organe stets auch die Bestellung eines weiteren Organs. Wenn für den Gewöhnlichen Verein ein Vorstand bestellt wurde, besteht die Pflicht, auch einen Revisor zu berufen.159 Das lässt sich damit erklären, dass die Rechte der Mitgliederversammlung durch Einsetzung eines Vorstandes eingeschränkt werden und es deshalb erforderlich erscheint, zu dessen Kontrolle einen Revisor zu bestimmen. 160 Außerdem ist ein Revisor immer zu bestellen, wenn ein Rechnungsprüfer 151

ITŌ, Hōjin no kanri (2005), S. 119; SHINOMIYA / NOMI, Minpō sōsoku (2005), S. 106. SHIN-KŌEKI HŌJIN SEIDO KENKYŪ -KAI, Ichimon ittō (2006), S. 52. 153 Gewöhnlicher Verein großen Umfangs (dai-kibo ippan shadan hōjin) und Gewöhnlicher Verein kleinen Umfangs (shō-kibo ippan shadan hōjin) 154 Art. 2 Nr. 2 VSG. 155 Art. 62 VSG. 156 SHIN-KŌEKI HŌJIN SEIDO KENKYŪ -KAI, Ichimon ittō (2006), S. 20. 157 SHIN-KŌEKI HŌJIN SEIDO KENKYŪ -KAI, Ichimon ittō (2006), S. 20. 158 Art. 2 Nr. 6 b GesG. 159 Art. 61 VSG. 160 UEDA, Ippan shadan ippan zaidan hōjin (2009), S. 42. 152

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2. Kapitel: Rechtliche Grundlagen

bestellt wurde. Der Grund liegt in der beabsichtigten Unabhängigkeit der Position des Rechnungsprüfers von der Mitgliederversammlung und dem Vorsitzenden.161 Um diese Unabhängigkeit zu gewährleisten, muss ein Revisor bestellt werden, dessen Zustimmung bei der Ernennung und Abberufung des Rechnungsprüfers erforderlich ist.162 Grafik 5

Kombinationsmöglichkeiten der Organstruktur Gewöhnlicher Vereine Umfang

Organe 1. 2. 3. 4. 5.

Mitgliederversammlung und mind. 1 Vorsitzender Mitgliederversammlung, mind. 1 Vorsitzender und mind. 1 Revisor Mitgliederversammlung, Vorstand mit mind. 3 Vorsitzenden und mind. 1 Revisor Mitgliederversammlung, mind. 1 Vorsitzender, mind. 1 Revisor und mind. 1 Rechnungsprüfer Mitgliederversammlung, Vorstand mit mind. 3 Vorsitzenden und mind. 1 Revisor, mind. 1 Rechnungsprüfer

Kleiner Gewöhnlicher Verein (shō-kibo ippan shadan hōjin)

Großer Gewöhnlicher Verein (dai-kibo ippan shadan hōjin)

Ja

Nein

Ja

Nein

Ja

Nein

Ja

Ja

Ja

Ja

b. Mitglieder Nach der alten Gesetzeslage waren Mitglieder zwar ein wesentlicher Bestandteil eines gemeinnützigen Vereins a.F. Detaillierte Vorschriften über ihre Rechte und Pflichten waren im Zivilgesetz a.F. jedoch nicht geregelt. Im Vereins- und Stiftungsgesetz dagegen werden Mindestanforderungen an ihre Rechte (vgl. 3. Kapitel) und Pflichten sowie andere Details der Mitgliedschaft gesetzlich berücksichtigt und erweitert. i.) Aufgaben Hauptaufgabe eines Mitglieds ist die Teilnahme an der Mitgliederversammlung, insbesondere an der Beschlussfassung über wichtige Angelegenheiten des Gewöhnlichen Vereins. Daneben ist zumeist in der Satzung die Bezahlung des Mitgliedsbeitrags als wesentliche Pflicht eines Mitglieds verein161 162

UEDA, Ippan shadan ippan zaidan hōjin (2009), S. 42. Art. 73 VSG.

II. Organisation

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bart.163 Der Beitragszahlungspflicht kommt insofern besondere Bedeutung zu, als ein Gewöhnlicher Verein grundsätzlich nicht auf Gewinnerzielung gerichtet ist. Der Grundidee nach dienen die Mitgliedsbeiträge der Finanzierung der laufenden Kosten und der Tätigkeiten des Gewöhnlichen Vereins.164 Gewöhnliche Vereine müssen von ihren Mitgliedern jedoch keine Beiträge verlangen. ii.) Mitgliedschaft Die Mitgliedschaft in einem Gewöhnlichen Verein richtet sich nach dessen Satzungsbestimmungen. Hinsichtlich der Beendigung der Mitgliedschaft sind im Vereins- und Stiftungsgesetz neben den Satzungsgründen noch vier gesetzliche Beendigungsgründe geregelt: Beendigung durch einen einheitlichen Mitgliederbeschluss, den Tod des Mitglieds, die Auflösung des Gewöhnlichen Vereins und den Ausschluss des Mitglieds. 165 Im Gegensatz zum einheitlichen Mitgliederbeschluss kann ein Ausschluss nur wegen eines gerechtfertigten Grundes durch Beschluss der Mitgliederversammlung erfolgen. 166 Alle Mitglieder müssen in ein Mitgliederverzeichnis eingetragen werden, das am Ort der Hauptgeschäftsstelle des Gewöhnlichen Vereins aufzubewahren ist.167 c. Mitgliederversammlung Die Mitgliederversammlung ist das oberste Willensbildungs- und Entscheidungsorgan des Gewöhnlichen Vereins. 168 Sie besteht mindestens aus den zwei Gründungsmitgliedern.169 Ihre Entscheidungen werden durch Beschlussfassung der Mitglieder getroffen. Durch die Beschlüsse können die Mitglieder direkt an der Geschäftsführung des Vereins teilnehmen. Grundsätzlich kann die Mitgliederversammlung über alle Angelegenheiten des Gewöhnlichen Vereins Beschlüsse fassen. Ihr gesetzliches Beschlussrecht ist jedoch eingeschränkt, wenn ein Vorstand eingerichtet wurde. Dann kann sie lediglich über Angelegenheiten entscheiden, die in der Satzung oder in den unabdingbaren Kompetenzbestimmungen des Vereins- und Stiftungsgesetzes festgelegt wurden. 170 Die Kompetenzeinschränkung für Gewöhnliche Vereine wurde aus praktischen Überlegungen eingeführt. Bei hohen Mitgliederzahlen kann eine Beschlussfassung über alle Angelegenheiten in der Mitgliederversammlung hinderlich sein. In diesem Fall ist es praktikabler und effizienter, die Be163

Art. 27 VSG. SHIN-KŌEKI HŌJIN SEIDO KENKYŪ -KAI, Ichimon ittō (2006), S. 37. 165 Art. 29 VSG. 166 Art. 30 Abs. 1 VSG. 167 Art. 32 Abs. 1 VSG. 168 UEDA, Ippan shadan ippan zaidan hōjin (2009), S. 43. 169 SHIN-KŌEKI HŌJIN SEIDO KENKYŪ -KAI, Ichimon ittō (2006), S. 28. 170 Art. 35 Abs. 2 VSG. 164

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schlüsse der Mitgliederversammlung zu begrenzen. Es wird dann als vernünftiger erachtet, die Entscheidungskompetenz vorwiegend dem Vorstand zu überlassen.171 Unabhängig von der Einrichtung eines Vorstandes hat die Mitgliederversammlung keine Beschlusskompetenz über die Verteilung von Überschussgeldern an die Mitglieder. 172 Mit dieser Beschränkung wird sichergestellt, dass der Gewöhnliche Verein seinen Charakter als nicht auf Gewinnerzielung gerichtete juristische Person beibehält.173 i.) Alte Gesetzeslage Bereits unter der alten Gesetzeslage kam der Mitgliederversammlung als Willensbildungsorgan eine zentrale Bedeutung innerhalb des gemeinnützigen Vereins a.F. zu. Dessen Beschlusskompetenz konnte jedoch durch die Satzung an den Vorsitzenden oder ein anderes Organ übertragen werden. 174 Grundsätzlich lag auch dem Gesetzgeber des Zivilgesetzes a.F. an einem aktiven Vereinsleben durch eine lebhafte Mitgliederversammlung, die selbst über die Organisation und die Tätigkeiten des Vereins entscheiden kann.175 De facto konnte die Mitgliederversammlung aber weitgehend entmachtet werden. Ihr blieben als unabdingbare Rechte nur die Entscheidung über Satzungsänderungen und die Vereinsauflösung. Diese Rechte konnten nicht an ein anderes Organ übertragen werden. Allerdings entschied die Mitgliederversammlung über eine Satzungsänderung nicht allein, sondern sie musste die Änderungen immer auch von der zuständigen Behörde genehmigen lassen. 176 Als alleiniges unabdingbares Recht hatte die Mitgliederversammlung schließlich nur die Kompetenz zur Vereinsauflösung. Das Auflösungsrecht konnte der Mitgliederversammlung gegenüber zwar eingeschränkt werden, 177 die Beschränkung bezog sich jedoch nur auf eine Änderung des notwendigen Stimmenverhältnisses von drei Vierteln aller Mitgliederstimmen. Das Recht konnte aber nicht vollständig ausgeschlossen werden. Eine solche Regelung hätte der Stellung der Mitgliederversammlung als oberstes Willensbildungsorgan widersprochen.178 ii.) Unabdingbare Beschlussfassungsrechte Die Beschlusskompetenz der Mitgliederversammlung kann zwar auch nach den neuen Vorschriften des Vereins- und Stiftungsgesetzes eingeschränkt 171

SHIN-KŌEKI HŌJIN SEIDO KENKYŪ -KAI, Ichimon ittō (2006), S. 41. Art. 35 Abs. 3 VSG. 173 SHIN-KŌEKI HŌJIN SEIDO KENKYŪ -KAI, Ichimon ittō (2006), S. 42. 174 Art. 63 ZG a.F. 175 MORIIZUMI, Shin-hōjin-hō nyūmon (2004), S. 75. 176 Art. 38 Abs. 2 ZG a.F. 177 Art. 69 ZG a.F. 178 ITŌ, Hōjin no kaisan (2005), S. 130. 172

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werden, jedoch verbleiben ihr eine Reihe unabdingbarer Beschlussrechte, die ihr nicht entzogen werden können. Verglichen mit der alten Gesetzeslage, wurde die Stellung der Mitgliederversammlung daher erheblich aufgewertet. Zu den unabdingbaren Beschlussrechten zählen beispielsweise: − die Ernennung und Abberufung der Funktionsträger u.a.,179 − die Entscheidung über die Vergütung der Vorsitzenden und der Revisoren,180 − die Zustimmung zu einer Verschmelzung mit einem anderen Rechtsträger 181 und − die Entscheidung über eine Satzungsänderung182 und die Auflösung des Gewöhnlichen Vereins.183 iii.) Einberufung Die ordentliche Versammlung der Mitglieder ist mindestens einmal nach Abschluss des Geschäftsjahres zu einem bestimmten Zeitpunkt einzuberufen. 184 Daneben kann auch jederzeit eine außerordentliche Mitgliederversammlung einberufen werden. Grundsätzlich obliegt diese Aufgabe dem Vorsitzenden, der dazu jederzeit das Recht hat. Ausnahmsweise können auch Mitglieder, die mehr als zehn Prozent der Beschlussrechte innehaben, vom Vorsitzenden die Einberufung verlangen.185 Diese Regelung dient dem Schutz der Mitglieder und soll gewährleisten, dass der Vorsitzende nicht wichtige Beschlüsse durch Nichteinberufung der Versammlung blockieren kann. Vergleicht man die Regelungen für die Einberufung einer außerordentlichen Mitgliederversammlung mit denen der alten Rechtslage, so sind die gesetzlichen Voraussetzungen für die Mitglieder erleichtert worden. Nach der alten Rechtslage konnten die Mitglieder eine außerordentliche Mitgliederversammlung einberufen, 186 jedoch wurde der Anspruch an die Mitgliederzahl selbst geknüpft. Das notwendige Quorum bestand bei mindestens einem Fünftel der Mitglieder. Geht man von dem Normalfall aus, dass jedes Mitglied eine Stimme hat, so lag das gesetzliche Quorum über dem des heutigen Zehntels der Mitgliederstimmen. Allerdings konnte nach der alten Gesetzeslage sowohl das Stimmrecht der Mitglieder verändert werden als auch durch die Satzung ein höheres oder niedrigeres Quorum bestimmt werden. Nach der heutigen Gesetzeslage können abweichende Satzungsbestimmungen das Quo179

Art. 63 Abs. 1, 70 Abs. 1 VSG. Art. 89, 105. 181 Art. 247, 251 Abs. 1 VSG. 182 Art. 146 VSG. 183 Art. 148 Nr. 3 VSG. 184 Art. 36 Abs. 1 VSG. 185 Art. 37 Abs. 1 VSG. 186 Art. 61 Abs. 2 ZG a.F. 180

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rum nur bis zu einem Fünftel der Stimmen hochsetzen. Im Ergebnis konnte es daher Mitgliedern früher erheblich erschwert werden, selbstständig die Einberufung einer außerordentlichen Mitgliederversammlung zu fordern. Allerdings war es wohl auch nach der alten Gesetzeslage nicht zulässig, das notwendige Stimmenverhältnis so weit hochzusetzen, dass der Anspruch praktisch ins Leere gelaufen wäre.187 Das Vereins- und Stiftungsgesetz verlangt als weitere Voraussetzung, dass die Mitglieder dem Vorsitzenden gegenüber den Zweck der Versammlung nennen und die Einberufung begründen. Sollte dieser darauf nicht reagieren, können sie auch selbst, mit gerichtlicher Zustimmung, die Einberufung der Versammlung vornehmen.188 d. Geschäftsführungsorgan Die Geschäfte eines Gewöhnlichen Vereins werden durch mindestens einen Vorsitzenden ausgeführt. Sein Aufgaben- und Pflichtenbereich gestaltet sich unterschiedlich, je nachdem, ob es nur einen Vorsitzenden bzw. mehrere Vorsitzende gibt oder ob ein Vorstand eingerichtet wurde. Im Vereins- und Stiftungsgesetz wird deshalb grundlegend zwischen Gewöhnlichen Vereinen mit und ohne Vorstand unterschieden. Der Unterschied beider Strukturen mag aus deutscher Sicht nicht auf den ersten Blick verständlich sein, da ein Gewöhnlicher Verein auch mehrere Vorsitzende haben kann, ohne gleichzeitig als Verein mit Vorstand bezeichnet zu werden. Das Geschäftsführungsorgan kann daher entweder ein einzelner Vorsitzender, mehrere Vorsitzende oder mehrere Vorsitzende in einem gesetzlich geregelten Gremium namens Vorstand sein. Eine Pflicht zur Einrichtung eines solchen Vorstandsgremiums besteht nicht. Es empfiehlt sich aber, eines einzurichten, wenn beispielsweise der Gewöhnliche Verein aus vielen Mitgliedern besteht oder seine Struktur und seine Tätigkeitsfelder komplex sind.189 Der Unterschied zwischen einem Gewöhnlichen Verein mit mehreren Vorsitzenden und einem mit einem Vorstand liegt von der Grundidee darin, dass ohne Vorstand jeder Vorsitzende für sich die Geschäfte des Vereins praktisch ausführt und auch nach außen vertretungsberechtigt ist. Dagegen übernehmen die Vorsitzenden in einem Vorstand nur noch die Geschäftsleitung und übertragen die konkrete Geschäftsführung einem sog. geschäftsführenden Vorsitzenden. In diesem Fall ist die Entscheidungskompetenz der einzelnen Vorsitzenden im Vorstand zumeist auf das Stimmrecht über Richtlinienbeschlüsse hinsichtlich der Geschäftsführung beschränkt. Zusätzlich haben sie aber im Vorstand die Aufgabe, den geschäftsführenden Vorsitzenden zu überwachen. In einem Gewöhnlichen Verein mit Vorstand sind die meisten Vorsitzenden 187

ITŌ, Hōjin no kanri (2005), S. 125. Art. 37 Abs. 2 VSG. 189 YAMADA, Jurisuto 1328 (2007), S. 22. 188

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deshalb nicht mehr an der alltäglichen Geschäftsausführung beteiligt. Die Vorsitzenden eines Vorstandes handeln daher als echtes Kollektivorgan, d.h. der einzelne Vorsitzende hat keine Befugnisse gegenüber der Gesellschaft, er kann allein weder Anordnungen treffen noch den Vorstand nach außen vertreten, außer er wird dazu berechtigt. Grafik 6

Strukturvergleich eines Gewöhnlichen Vereins mit und ohne Vorstand

In einer Gegenüberstellung von alter und neuer Gesetzeslage wird deutlich, dass die Vorsitzenden bei der Geschäftsführung früher wenig gesetzlich geregelte Pflichten hatten. Es wurde vor allem die Sorgfalts- und Treuepflicht betont. Allerdings bestand bislang auch keine Möglichkeit, das Haftungsrisiko durch Haftungsbeschränkungen zu reduzieren. Im Vergleich dazu sieht die neue Gesetzeslage einen differenzierten gesetzlichen Pflichtenkatalog vor, der allerdings durch gesetzliche Regelungen zur Reduzierung der Haftung ergänzt wird. i.) Alte Gesetzeslage Die Vorschriften des Zivilgesetzes a.F. sahen noch keine gemeinnützigen Vereine a.F. mit Vorstand vor. Es musste aber mindestens ein Vorsitzender

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als Organ für die Geschäftsführung bestellt werden.190 Wurden mehrere Vorsitzende bestellt, so entschieden sie über die Geschäftsführung mit einfacher Stimmenmehrheit, bzw. der Stimmenmehrheit, die in der Satzung vorgesehen wurde. Obwohl im Zivilgesetz a.F. keine Regelungen über die Einsetzung eines Vorstandes vorgesehen waren, wurde ein ähnliches Gremium mit gleicher Bezeichnung bereits früher in vielen gemeinnützigen Vereinen a.F. durch Satzungsbestimmung eingerichtet.191 Der Vorsitzende hatte die Geschäfte des gemeinnützigen Vereins a.F. zu führen. Im Zivilgesetz a.F. wurden seine Pflichten nicht näher ausgeführt. Sie ergaben sich vor allem aus dem zugrunde liegenden Rechtsverhältnis zwischen dem Vorsitzenden und dem gemeinnützigen Verein a.F. Das Rechtsverhältnis wurde jedoch bislang nicht gesetzlich geregelt, so dass die Rechtslage diesbezüglich umstritten blieb. Die herrschende Lehre sah das Rechtsverhältnis als eine auftragsähnliche Rechtsbeziehung und wendete die zivilrechtlichen Auftragsvorschriften analog an.192 Geht man mit der herrschenden Lehre von einer Analogie der Auftragsvorschriften aus, so wurde der Vorsitzende von dem Verein zur Geschäftsführung beauftragt. Für eine Konkretisierung der Pflichten sind danach die allgemeinen Auftragsvorschriften heranzuziehen. 1.) Sorgfalts- und Treuepflicht Aus den Auftragsvorschriften ergibt sich die Pflicht bei Durchführung der Geschäfte, die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsführers zu beachten. 193 Diese sog. Sorgfaltspflicht (chūi gimu) ist jedoch nicht bereits dann erfüllt, wenn die Vereinsgeschäfte mit der gleichen Sorgfalt geführt werden, mit der man auch den eigenen Angelegenheiten nachkommt.194 Es gilt ein objektiver Sorgfaltsbegriff, der sich nach der Sorgfalt richtet, die man üblicherweise von einer mit diesen Aufgaben und der Position betrauten durchschnittlichen Person erwarten kann.195 Es ist daher der Sorgfaltsmaßstab der üblichen Geschäftspraxis in dem betreffenden Tätigkeitsumfeld anzulegen. Des Weiteren wurde auch eine Treuepflicht (chūjitsu gimu) angenommen. 196 Die Treuepflicht entstammt ursprünglich dem angloamerikanischen Treuhandrecht, das den Treuhänder verpflichtet, die Geschäfte des trust aus190

Art. 52 ZG a.F. SHINOMIYA / NOMI, Minpō sōsoku (2005), S. 108. 192 ITŌ, Hōjin no kanri (2005), S. 119 m.w.N.; auch SHINOMIYA / NOMI, Minpō sōsoku (2005), S. 109, der die Auftragsvorschriften aber ohne Analogie anwendet. 193 Art. 644 ZG a.F. analog; SHINOMIYA / NOMI, Minpō sōsoku (2005), S. 110. 194 SHINOMIYA / NOMI, Minpō sōsoku (2005), S. 110. 195 ENDŌ, I‘nin (2004), S. 202; KAWAMOTO u.a., Gesellschaftsrecht in Japan (2004), S. 190. 196 MORIIZUMI, Shin-hōjin-hō nyūmon (2004), S. 64; SHINOMIYA / NOMI, Minpō sōsoku (2005), S. 111. 191

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schließlich im Interesse des Treugebers zu führen.197 Da auch der Vorsitzende die Geschäfte für eine andere Person, den gemeinnützigen Verein a.F., ausführt, war es naheliegend, eine Treuepflicht für den Vorsitzenden zu diskutieren. Eine Treuepflicht ergab sich aber aus den Vorschriften des Zivilgesetzes a.F. nicht direkt, sondern wurde aus Art. 57 ZG. a.F. abgeleitet.198 Diese Vorschrift besagt, dass dem Vorsitzenden bei Interessenskollision die Vertretungsbefugnis abgesprochen wird. Es wurde daher argumentiert, dass sich im Umkehrschluss aus der Vorschrift die Pflicht ergäbe, stets im Interesse des Rechtsträgers zu handeln. Ob es sich bei der Sorgfaltspflicht und der Treuepflicht um zwei getrennte Pflichten handelte oder die Treuepflicht lediglich als eine Ausprägung der Sorgfaltspflicht verstanden wurde, war jedoch umstritten. Für eine einheitliche Auslegung der Sorgfalts- und der Treuepflicht wurde auf den Streitstand im Gesellschaftsrecht verwiesen. Dort ist das Verhältnis der Sorgfalts- und der Treuepflicht für die Mitglieder des Verwaltungsrats ebenso umstritten. 199 Die herrschende Lehre und Rechtsprechung im Gesellschaftsrecht sieht die Treuepflicht als Ergänzung der Sorgfaltspflicht. In einer Präzedenzentscheidung des Obersten Gerichtshofs wurde entschieden, dass in Art. 254 Abs. 3 HG a.F. 200 keine Treuepflicht festgelegt ist, sondern die Sorgfaltspflicht lediglich um die Treuepflicht erweitert wird.201 Die Gegenansicht sieht in der Vorschrift über die Sorgfaltspflicht lediglich die Festlegung eines Sorgfaltsmaßstabs, den die Verwaltungsratsmitglieder bei ihren Amtstätigkeiten beachten müssen. Die Treuepflicht hingegen untersagt einem Verwaltungsratsmitglied seine Stellung zu nutzen und eigene Interessen über die der Gesellschaft zu stellen. 202 In der Literatur zum gemeinnützigen Verein a.F. wurde vereinzelt auch eine Pflichtentrennung für den Vorsitzenden befürwortet. Zur Begründung wurde auf die unterschiedlichen Rechtsfolgen bei Pflichtverletzung verwiesen. Eine Treuepflichtverletzung sollte nicht nur Schadensersatz, sondern auch die Nichtigkeit der Handlung zur Rechtsfolge haben können.203 Im Ergebnis war die praktische Bedeutung des Streits aber gering, da Einigkeit darüber herrschte, dass der Vorsitzende beide Pflichten zu beachten hatte. Im Weiteren wird deshalb einheitlich von einer Sorgfaltsund Treuepflicht des Vorsitzenden ausgegangen. 197

KLIESOW, Aktionärsrechte und Aktionärsklage (2001), S. 28 Fn. 134 m.w.N. ŌISHI, Kōeki hōjin 2 (1970), S. 52; SHINOMIYA / NOMI, Minpō sōsoku (2005), S. 111. 199 Sorgfaltspflicht aus Art. 254 Abs. 1 HG a.F. bzw. heute Art. 330 GesG; Treuepflicht aus Art. 254 Abs. 3 HG a.F. bzw. heute Art. 355 GesG; zum Streitstand im Gesellschaftsrecht m.w.N. KLIESOW, Aktionärsrechte und Aktionärsklage (2001), S. 28 ff. 200 Jetzt: Art. 355 GesG. 201 OGH vom 24.06.1970, Minshū 24 (1970), S. 625 ff. (632); ebenso MORIMOTO, Minshō-hō Zasshi 81 (1980), S. 473. 202 KITAZAWA, Kaisha-hō, S. 400. 203 SHINOMIYA / NOMI, Minpō sōsoku (2005), S. 111. 198

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2.) Geschäfte mit Interessenkonflikt Bei der Ausführung der Vereinsgeschäfte hatte der Vorsitzende Geschäfte mit Interessenkonflikt (rieki sōhan) an einen vom Gericht ernannten besonderen Vertreter abzugeben. 204 Der betreffende Vorsitzende selbst hatte für diese Geschäfte keine Vertretungsbefugnis, so dass ein dennoch getätigtes Geschäft dem Verein nicht als eigenes zugerechnet, sondern als Rechtsgeschäft des Vorsitzenden selbst angesehen wurde.205 Jedoch konnten bei einem gemeinnützigen Verein a.F. mit mehreren Vorsitzenden auch andere Vorsitzende, die sich nicht in einem Interessenkonflikt befanden, die entsprechenden Handlungen allein vornehmen. 206 Hintergrund dieser Regelung war die Befürchtung, dass ein Vorsitzender bei solchen Geschäften nicht im Interesse des Rechtsträgers, sondern vor allem im eigenen Interesse handeln könnte. 207 Nach der alten Gesetzeslage problematisch war die Auslegung des Wortes Interessenkonflikt. Zu einem Interessenkonflikt führten Insichgeschäfte in der Form des sog. Selbstkontrahierens (jiko keiyaku), d.h. ein Rechtsgeschäft, das eine Person mit sich selbst vornimmt. Ein solches Insichgeschäft war beispielsweise die Veräußerung eines Grundstücks des Vorsitzenden an den Verein durch sich selbst als Geschäftsführer des Vereins. Der Oberste Gerichtshof hat jedoch entschieden, dass der Begriff des Interessenkonflikts weit auszulegen sei und alle tatsächlichen Interessen beider Parteien mit umfasse. 208 Des Weiteren wurden auch Geschäfte der Mehrfachvertretung (sōhō dairi) darunter verstanden,209 d.h. dass der Vorsitzende den gemeinnützigen Verein a.F. nicht bei Geschäften vertreten sollte, wenn er dadurch einerseits den Verein und andererseits einen Dritten vertreten würde. Für die Auslegung der Regelung zu Geschäften mit Interessenkonflikt wurde auch auf die allgemeinen Regeln der Stellvertretung verwiesen. 210 Danach ist die Vertretungsmacht bei Insichgeschäften nach Art. 108 ZG beschränkt. Die japanische Rechtsordnung verbietet Insichgeschäfte eines Vertreters durch Selbstkontrahieren und Mehrfachvertretung.211 Von dem Verbot sind jedoch auch Ausnahmen anerkannt, beispielsweise für die Erfüllung einer Verbindlichkeit212 oder bei nachträglicher Genehmigung213 des Vertretenen.214 204

Art. 57 ZG a.F. SHINOMIYA / NOMI, Minpō sōsoku (2005), S. 117. 206 ITŌ, Hōjin no kanri (2005), S. 123. 207 ITŌ, Hōjin no kanri (2005), S. 123. 208 OGH vom 5.10.1920, Hanketsu Senshū 11 (1920), S. 3 ff. 209 SHINOMIYA, Minpō sōsoku (6. Auflage), S. 116. 210 Art. 108 ZG, SHINOMIYA, Minpō sōsoku (6. Auflage), S. 117. 211 ŌMI, Minpō kōgi I (2008), S. 255. 212 Art. 108 ZG. 213 Art. 113 Abs. 1 ZG. 214 ŌMI, Minpō kōgi I (2008), S. 256. 205

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ii.) Gewöhnliche Vereine ohne Vorstand Nach der neuen Rechtslage werden die Geschäfte eines Gewöhnlichen Vereins ohne Vorstand wie bisher durch einen oder durch mehrere Vorsitzende geführt. Soweit in der Satzung nichts anderes geregelt ist, bedarf eine Beschlussfassung über die Geschäftsführung einer Zustimmung von mehr als der Hälfte der Vorsitzenden.215 Da bei mehreren Vorsitzenden jeden die gleichen Rechte und Pflichten treffen, unterscheidet der Gesetzeswortlaut des Vereins- und Stiftungsgesetzes sprachlich nicht zwischen einem Vorsitzenden und mehreren Vorsitzenden. Alle Vorschriften für den Vorsitzenden sind deshalb auch auf alle anderen Vorsitzenden anzuwenden, außer wenn explizit auf die genaue Anzahl der Vorsitzenden hingewiesen wird. In den nachfolgenden Ausführungen wird deshalb stets einheitlich nur auf einen Vorsitzenden verwiesen. In einem Gewöhnlichen Verein ohne Vorstand ist grundsätzlich jeder Vorsitzende einzeln zur Vertretung des Gewöhnlichen Vereins befugt. Es kann jedoch auch in der Satzung geregelt sein, dass ein Vorsitzender allein als vertretungsberechtigter Vorsitzender (daihyō riji) zu ernennen ist. 216 Die Vertretungsbefugnis umfasst alle gerichtlichen und außergerichtlichen Handlungen im Rahmen der Geschäftsführung. iii.) Gewöhnliche Vereine mit Vorstand Ist für einen Gewöhnlichen Verein ein Vorstand eingerichtet worden, so besteht dieser aus mindestens drei Vorsitzenden. 217 Alle Vorsitzenden des Rechtsträgers sind auch gleichzeitig Mitglied des Vorstands.218 1.) Aufgaben des Vorstands Der Vorstand hat eine Doppelfunktion. Einerseits bestimmt er die grundlegenden Richtlinien für die Geschäftsführung und andererseits kontrolliert er den geschäftsführenden Vorsitzenden.219 Da der Vorstand als Kollektivorgan nur schwer die laufenden Entscheidungen treffen kann, muss ein geschäftsführender Vorsitzender berufen werden. Seine Geschäftsführung wird seitens des Vorstands auf Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit überwacht. Der geschäftsführende Vorsitzende hat den Vorstand spätestens alle drei Monate über die Geschäftsführung zu informieren.220

215

Art. 76 Abs. 2 VSG. Art. 77 Abs. 3 VSG. 217 Art. 16 Abs. 1 VSG. 218 Art. 60 Abs. 2, 90 Abs. 1 VSG. 219 Art. 90 Abs. 2 Ziff. 1, 2 VSG. 220 Art. 91 Abs. 2 VSG. 216

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Es gibt aber auch Aufgaben, deren Erfüllung der Vorstand nicht an den geschäftsführenden Vorsitzenden übertragen darf. Eine dieser wichtigen Angelegenheiten ist z.B. die Ernennung und Abberufung des vertretungsberechtigten Vorsitzenden.221 Er ist aus der Reihe der Vorsitzenden zu wählen und kann zugleich auch die Aufgabe des geschäftsführenden Vorsitzenden übernehmen. Beide Personalposten können aber auch verschiedenen Vorsitzenden übertragen werden. Des Weiteren dürfen auch die folgenden Entscheidungen nicht delegiert werden: erstens die Übertragung von wichtigen Vermögensgegenständen, zweitens die Aufnahme eines hohen Kredits, drittens die Bestellung und Abberufung wichtiger Personen des Personals, viertens Veränderungen hinsichtlich einer Nebengeschäftsstelle oder anderer wichtiger Organisationsstrukturen, fünftens die Errichtung eines internen Kontrollsystems und sechstens Entscheidungen über Haftungsbefreiungen.222 2.) Risiken hinsichtlich der Kontrollfunktion Die Vorschriften über den Vorstand stimmen weitgehend mit denen einer Aktiengesellschaft mit Verwaltungsrat überein. 223 Die vom Verwaltungsrat der Aktiengesellschaft abgeleitete Doppelfunktion des Vorstands wurde im Gesellschaftsrecht durch die Nachkriegsreformen im Jahre 1950 in Anlehnung an das US-amerikanische Modell des board of directors eingeführt.224 Es stellt sich allerdings die Frage, ob mit der Übernahme des gesellschaftsrechtlichen Verwaltungsratsmodells auch dessen strukturelle Probleme übernommen wurden. Die Kritik am Verwaltungsratsmodell betrifft vor allem die personelle Besetzung und das Ausschusssystem, die den Verwaltungsrat an einer effektiven Kontrolle der Geschäftsführung hindern können. Anders als das USamerikanische board of directors sind in Japan von der Gesellschaft unabhängige Verwaltungsratsmitglieder selten und gesetzlich nicht vorgeschrieben. Die Verwaltungsratsmitglieder werden meist aus der Belegschaft der Gesellschaft ernannt, so dass die Gefahr bestehen kann, dass sie aus persönlichen und beruflichen Gründen ein höherrangiges, vertretungsberechtigtes Mitglied, z.B. den Präsidenten, nicht effektiv kontrollieren. Andererseits wird auch darauf hingewiesen, dass das System unternehmensinterner Rekrutierung den Vorteil einer schnelleren Entscheidungsfindung im Verwaltungsrat hat und die Aussicht auf Beförderung die Mitglieder zusätzlich motiviert.225 Der zweite Kritikpunkt, das Ausschusssystem, hat sich aus dem Problem entwickelt, dass in Japan Verwaltungsräte teilweise aus über zwanzig Mit221

Art. 90 Abs. 2 VSG. Art. 90 Abs. 4 VSG. 223 Zur Gesellschaft mir Verwaltungsrat vgl. Art. 362 ff. GesG. 224 MECKEL, Corporate Governance (2010), S. 19 f. 225 MARUTSCHKE, Einführung in das japanische Recht (2009), S. 278. 222

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gliedern bestehen. In diesen Verwaltungsräten gestaltet sich die Entscheidungsfindung durch Diskussion der Mitglieder untereinander schwierig. In der Vergangenheit wurden in den Gesellschaften deshalb oft Ausschüsse (jōmu-kai), die sich nur aus wenigen Verwaltungsratsmitgliedern zusammensetzen, mit den konkreten Problemen der Geschäftsführung betraut. Diese Gremien waren aber nicht vom Gesetz vorgesehen und strukturell problematisch. Durch die Gremien erübrigte sich eine eingehende Diskussion im Verwaltungsrat, so dass dieser von seiner eigentlichen Aufgabe entbunden wurde. Ihm kam nur noch die formale Funktion zu, die Entscheidungen der Ausschüsse „abzusegnen“.226 Mit der Gesellschaftsrechtsreform im Jahre 2002 hat der Gesetzgeber zur Lösung des letzteren Problems Gesellschaften mit Ausschussstruktur gesetzlich zugelassen. 227 Der fehlenden Kontrolle des Verwaltungsrats durch die Ausschüsse wurde durch ergänzende gesetzliche Vorschriften entgegengewirkt, z.B. durch die Pflicht einen internen Prüfer zu ernennen. Die Kritik an der personellen Besetzung des Verwaltungsrats bleibt hingegen aktuell. Vergleicht man die Gesetzeslage mit der des Gewöhnlichen Vereins, könnte auch hier die personelle Besetzung der internen Kontrolle entgegenwirken. Zudem wurden keine Vorschriften für eine Organisationsstruktur mit Ausschüssen im Vereins- und Stiftungsgesetz eingeführt, so dass zumindest bei großen Gewöhnlichen Vereinen das Risiko der formellen Degradierung des Vorstands bestehen könnte. iv.) Vorsitzender 1.) Bestellung Vorsitzende werden auf der Mitgliederversammlung durch einen einfachen Beschluss der Mitglieder bestellt. 228 Nicht als Vorsitzender ernannt werden können juristische Personen, entmündigte oder beschränkt geschäftsfähige Personen und Personen, die gegen bestimmte Gesetzesvorschriften, z.B. des Konkursgesetzes229, verstoßen haben.230 2.) Amtszeit Die Amtszeit des Vorsitzenden beträgt grundsätzlich zwei Jahre vom Zeitpunkt seiner Ernennung bis zum Ende des darauf folgenden Geschäfts226

MECKEL, Corporate Governance (2010), S. 42. Art. 2 Nr. 12 GesG; zur Gesellschaft mit Ausschussstruktur siehe auch WESTHOFF, ZJapanR Sonderheft 2 (2010), der durch die Ausschussstruktur eine höhere Transparenz und Selbstkontrolle im Verwaltungsrat gewährleistet sieht. 228 Art. 63 Abs. 1VSG. 229 Hasan-hō (Konkursgesetz), Gesetz Nr. 75/ 2004. 230 Art. 65 Nr. 1-4 VSG. 227

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jahres.231 Eine Verkürzung der gesetzlichen Amtszeit, nicht jedoch eine Verlängerung, ist durch Satzungsbestimmung möglich. Vergleicht man die Regelung mit der auf bis zu zehn Jahre verlängerbaren Amtszeit der Verwaltungsratsmitglieder einer geschlossenen Aktiengesellschaft, so verwundert die strenge Regelung des Vereins- und Stiftungsgesetzes. Bei der Neuregelung des Gesellschaftsgesetzes wurde die Verlängerung der Amtszeit gerade ermöglicht, um die bei der Neubestellung des Vorsitzenden anfallenden Kosten für die Eintragung ins Handelsregister zu senken.232 Da für die Neubestellung des Vorsitzenden eines Gewöhnlichen Vereins auch Neueintragungskosten anfallen, wäre eine ähnliche Regelung hier auch sinnvoll gewesen. Die Tätigkeit des Vorsitzenden endet automatisch nach Ablauf der gesetzlichen oder satzungsgemäß bestimmten Amtszeit. Darüber hinaus ist es ein unabdingbares Beschlussrecht der Mitgliederversammlung, einen Vorsitzenden jederzeit abberufen zu können.233 Im Fall der Abberufung vor Ende der Amtszeit kann der betreffende Vorsitzende jedoch Schadensersatzansprüche geltend machen, soweit nicht ein rechtfertigender Grund für die Abberufung bestand.234 3.) Vergütung Die Vorsitzenden können für ihre Tätigkeit für den Gewöhnlichen Verein eine Vergütung erhalten. Die Vergütung wird entweder in der Satzung oder durch einen Beschluss der Mitgliederversammlung festgelegt. 235 Vergütung ist dabei jedes Honorar (hōshū), jede Prämie (shōyo) oder jeder sonstige vermögenswerte Vorteil, den ein Vorsitzender als Gegenleistung für die Geschäftsführung aus dem Vereinsvermögen erhält. 4.) Pflichten Die Pflichten des Vorsitzenden ergeben sich zunächst einmal aus dem Gesetz, v.a. dem Vereins- und Stiftungsgesetz, der Satzung und den Beschlüssen der Mitgliederversammlung. Zudem ergeben sich weitere Pflichten aus dem vertraglichen Rechtsverhältnis zum Gewöhnlichen Verein, für das nach der neuen Gesetzeslage eine gesetzliche Verweisung auf die zivilgesetzlichen Auftragsvorschriften besteht.236

231

Art. 66 VSG. DERNAUER, ZJapanR 20 (2005), S. 151. 233 Art. 70 Abs. 1 VSG. 234 Art. 70 Abs. 2 VSG. 235 Art. 89 VSG. 236 Art. 64 VSG i.V.m. Art. 643 ff. ZG. 232

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a.) Sorgfalts- und Treuepflicht Aus dem Auftragsverhältnis obliegt dem Vorsitzenden, wie bereits unter der alten Gesetzeslage, die Sorgfaltspflicht (chūi gimu) zur ordnungsgemäßen und sorgfältigen Geschäftsführung.237 Entgegen der bisherigen Rechtslage ist im Vereins- und Stiftungsgesetz nunmehr aber die Treuepflicht (chūjitsu gimu) in Anlehnung an die Vorschrift des Gesellschaftsrechts gesetzlich geregelt worden.238 Danach hat ein Vorsitzender die Gesetze, die Satzung und die Beschlüsse der Mitgliederversammlung zu beachten und seine Amtspflichten im Interesse des Gewöhnlichen Vereins zu erfüllen. Die Treuepflicht ist darauf gerichtet, dass der Vorsitzende seine Stellung nicht benutzt, um seine eigenen Interessen über die des Gewöhnlichen Vereins zu stellen.239 Je nach Auslegung der beiden Pflichten ist es deshalb wie bisher schwierig zu beurteilen, ob es sich hierbei um zwei getrennte Pflichten oder eine einheitliche Pflicht handelt. Da die neue Treuepflichtvorschrift an die entsprechende gesellschaftsrechtliche Vorschrift angelehnt wurde, spricht einiges dafür, mit der im Gesellschaftsrecht vertretenen herrschenden Lehre und Rechtsprechung von einer einheitlichen Sorgfalts- und Treuepflicht des Vorsitzenden auszugehen.240 Im Gesellschaftsrecht wird zudem den Verwaltungsratsmitgliedern ein gewisser Ermessenspielraum hinsichtlich der Geschäftsführung zugestanden, damit die Sorge um eine mögliche Pflichtverletzung ihre Handlungsbereitschaft nicht lähmt. Eine Pflichtverletzung wird von den Gerichten abgelehnt, wenn die Entscheidung innerhalb dieses Ermessensspielraums getroffen wurde. Für die Beurteilung des Ermessensspielraums hat die Rechtsprechung die im US-amerikanischen case law entwickelte business judgement rule aufgegriffen.241 Die Anwendung dieser Regel bietet sich vor allem für die Beurteilung von Handlungen an, bei denen eine schnelle Entscheidung mit nur begrenzten Informationen zu treffen war. Das American Law Institute formuliert die Regel wie folgt: Es muss eine unternehmerische Entscheidung vorliegen. Der Entscheidende muss hinsichtlich dieser Entscheidung unparteiisch gewesen sein. Er muss die Entscheidung aufgrund einer angemessenen Informationsgrundlage getroffen und dabei das Interesse der Gesellschaft vor Augen gehabt haben.242 Die japanischen Gerichte legen die Regelung jedoch 237

Art. 64 VSG i.V.m. Art. 644 ZG. Art. 83 VSG; vgl. Art. 355 GesG. 239 SHIN-KŌEKI HŌJIN SEIDO KENKYŪ -KAI, Ichimon ittō (2006), S. 54 f. 240 Siehe hierzu auch die Erläuterungen zum Streitstand der alten Rechtslage S. 92. 241 OGH vom 15.07.2010 (Apamanshop Case), Hanrei Taimuzu (2010), S. 50 ff.; BÄLZ / KANSAKU, Gesellschaftsrecht, S. 110; KLIESOW, Aktionärsrechte und Aktionärsklage (2001), S. 33; grundlegend siehe BEYER, Bond Law Review 5 (1993), S. 1 ff. 242 AMERICAN LAW INSTITUTE, Principles of Corporate Governance (1985), S. 6 f.; KLIESOW, Aktionärsrechte und Aktionärsklage (2001), S. 33. 238

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teilweise anders aus als Gerichte in den USA. Beispielsweise wird in Japan die vernünftige Beurteilung des Sachverhalts durch den Entscheidenden stärker gewichtet. 243 Es wird sich erst in zukünftigen Entscheidungen zeigen, inwieweit dem Vorsitzenden eines Gewöhnlichen Vereins ein Ermessensspielraum zugestanden wird und ob dieser nach ähnlichen Grundsätzen zu beurteilen ist. b.) Offenlegungs- und zustimmungspflichtige Tätigkeiten Eine gesetzliche Ausgestaltung der Sorgfalts- und Treuepflicht ist die Pflicht, bestimmte Geschäftstätigkeiten der Mitgliederversammlung gegenüber offenzulegen und ihre Zustimmung einzuholen. 244 Offenzulegen sind dabei z.B. der Geschäftsablauf, das Geschäftsobjekt, der Tätigkeitsumfang, der Geschäftszeitraum und die Gewinnspanne.245 Offenlegungs- und zustimmungspflichtig sind (1.) konkurrierende Geschäftstätigkeiten (kyōgyō torihiki), d.h. wenn ein Vorsitzender für sich selbst oder für einen Dritten einen Handel tätigt, der im gleichen Geschäftsbereich wie die Geschäfte des Gewöhnlichen Vereins liegen. Bei der im Gesellschaftsrecht ähnlich gestalteten Vorschrift ist es beispielsweise auch untersagt, eine Geschäftschance der Gesellschaft selbst zu nutzen, Kunden der Gesellschaft abzuwerben oder die in der Gesellschaft erlangten Informationen für eigene Interessen zu nutzen.246 In der Konkurrenzlage wird die Gefahr gesehen, dass dadurch Interessen des Gewöhnlichen Vereins geschädigt werden könnten.247 Sollte der Vorsitzende in diesem Fall eine Zustimmung des Gewöhnlichen Vereins nicht eingeholt haben, so ist er dem Verein gegenüber in Höhe des erwirtschafteten Gewinns schadensersatzpflichtig.248 Des Weiteren trifft ihn (2.) eine Pflicht zur Offenlegung und Einholung der Zustimmung bei Geschäften mit Interessenkonflikt (rieki sōhan torihiki), d.h. wenn er für sich oder einen Dritten einen Handel mit dem Gewöhnlichen Verein eingehen möchte. Durch diese Regelung sind die bereits nach alter Gesetzeslage erfassten Geschäfte des Selbstkontrahierens und der Mehrfachvertretung im Vereins- und Stiftungsgesetz gesetzlich zustimmungspflichtig geworden. Die Gesetzeslage hat sich dadurch insoweit verschärft, als dass solche Rechtsgeschäfte zuvor mangels Vertretungsbefugnis des Vorsitzenden gegenüber dem Rechtsträger unwirksam gewesen sind, 249 während diese Rechtsgeschäfte nunmehr ohne Zustimmung Schadensersatzansprüche seitens 243

MECKEL, Corporate Governance (2010), S. 46. Art. 84 VSG. 245 SHIN-KŌEKI HŌJIN SEIDO KENKYŪ -KAI, Ichimon ittō (2006), S. 66. 246 Art. 356 Abs. 1 Nr. 1 GesG, KLIESOW, Aktionärsrechte und Aktionärsklage (2001), S. 34 f. 247 SHIN-KŌEKI HŌJIN SEIDO KENKYŪ -KAI, Ichimon ittō (2006), S. 66. 248 Art. 111 Abs. 2 VSG, SHIN-KŌEKI HŌJIN SEIDO KENKYŪ-KAI, Ichimon ittō (2006), S. 81. 249 Art. 108, 57 ZG a.F. 244

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des Rechtsträgers zur Folge haben können. Das zivilgesetzliche Verbot für Insichgeschäfte findet daher bei Zustimmung keine Anwendung auf diese Rechtsgeschäfte.250 Schließlich unterliegt (3.) auch eine Verbürgung seitens des Gewöhnlichen Vereins für Schulden des Vorsitzenden, sowie alle Interessenkonflikte zwischen dem Vorsitzenden und dem Gewöhnlichen Verein, die bei einem Geschäft des Vorsitzenden mit Dritten auftreten, der Offenlegungs- und Zustimmungspflicht. In den letzten beiden Fällen (2.) und (3.) trifft die Vorsitzenden ein strengerer Haftungsmaßstab durch Beweislastumkehr.251 c.) Aufsichts- und Anzeigepflicht Der Vorsitzende hat eine Anzeigepflicht gegenüber den Mitgliedern oder, falls ein Revisor bestellt wurde, diesem gegenüber. Er hat Umstände anzuzeigen, die einen Schaden für den Gewöhnlichen Verein bedeuten könnten.252 Eine Folge dieser Pflicht ist, dass bei mehreren Vorsitzenden diese dazu ermutigt werden, sich gegenseitig zu überwachen und die Gefahr einer möglichen Schädigung durch einen anderen Vorsitzenden mitzuteilen. Die Mitglieder oder der Revisor können dann den Vorsitzenden auffordern, die potentiell schädigende Handlung zu unterlassen.253 Im Fall eines Gewöhnlichen Vereins mit Vorstand haben die Vorsitzenden sogar eine gesetzliche Aufsichtspflicht. Sie müssen im Vorstand die Ausführung der Amtspflichten des geschäftsführenden Vorsitzenden beaufsichtigen.254 d.) Auskunfts- und Rechenschaftspflicht Der Vorsitzende hat verschiedene Auskunfts- und Rechenschaftspflichten. Er muss beispielsweise auf Anfrage eines Mitglieds in der Mitgliederversammlung bestimmte Angelegenheiten erklären. 255 Des Weiteren hat er die Abrechnungsdokumente und den Geschäftsbericht in der ordentlichen Mitgliederversammlung vorzulegen oder zumindest zur Verfügung zu stellen.256 e. Revisor Ein Revisor ist ein weiteres Organ des Gewöhnlichen Vereins. Seine Hauptaufgabe besteht in der Überwachung des Vorsitzenden bei seinen Amtshand-

250

Art. 84 Abs. 2 VSG, SHIN-KŌEKI HŌJIN SEIDO KENKYŪ-KAI, Ichimon ittō (2006), S. 65. Art. 111 Abs. 3 VSG. 252 Art. 85 VSG. 253 Art. 88 Abs. 1 bzw. 103 Abs. 1 VSG. 254 Art. 90 Abs. 2 Nr. 2 VSG. 255 Art. 53 S. 1 VSG. 256 Art. 126 Abs. 2 VSG. 251

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lungen und bei der Rechnungsprüfung.257 Es handelt sich bei einem Revisor um ein organisationsinternes Kontrollorgan, weshalb auf seine Pflichten und Kompetenzen ausführlich erst im 3. Kapitel eingegangen wird. Die Vorschriften über den Revisor im Vereins- und Stiftungsgesetz weisen große Übereinstimmung mit den Vorschriften über den internen Prüfer (kansa yaku) einer Aktiengesellschaft im Gesellschaftsgesetz auf.258 Zudem bestehen ähnliche Anforderungen für die Bestellung des Revisors wie für den Vorsitzenden eines Gewöhnlichen Vereins. i.) Alte Gesetzeslage Bereits unter der alten Rechtslage konnte für gemeinnützige Vereine a.F. ein Revisor bestellt werden. Lange Zeit handelte es sich hierbei lediglich um ein fakultatives Organ, dessen Bestellung jedoch durch eine Kabinettsverordnung von 1996 verbindlich geregelt wurde.259 Im Zivilgesetz a.F. wurden für seinen Aufgabenbereich insbesondere vier Pflichten genannt, die jedoch keine abschließende Bedeutung hatten.260 Es bestanden folgende Pflichten: − die Überwachung der Vermögenslage des Rechtsträgers, − die Überwachung der Geschäftsführung der Vorsitzenden, − die Mitteilung an die Mitgliederversammlung oder die zuständige Behörde, wenn Unregelmäßigkeiten bei der Vermögenslage oder der Geschäftsführung bestanden, und − die Einberufung der Mitgliederversammlung, wenn eine Mitteilung in den oben genannten Fällen zu erfolgen hatte. Die Bestellung des Revisors erfolgte nach der alten Rechtslage entweder gemäß den Satzungsbestimmungen oder auch durch Beschluss der Mitgliederversammlung.261 Es bestand jedoch die Bedingung, dass er nicht durch den Vorsitzenden ernannt oder abberufen wurde. Eine solche Regelung hätte seiner Pflicht, den Vorsitzenden zu überwachen, widersprochen.262 ii.) Bestellung und Amtszeit Nach der neuen Rechtslage können grundsätzlich jederzeit ein oder mehrere Revisoren freiwillig bestellt werden. Die Pflicht einen Revisor zu bestellen besteht nur, wenn auch ein Vorstand oder ein Rechnungsprüfer bestellt wurde. 263 Die Bestellung erfolgt – wie beim Vorsitzenden – durch einfachen 257

Art. 99, 124 Abs. 1 VSG; SHIN-KŌEKI HŌJIN SEIDO KENKYŪ-KAI, Ichimon ittō (2006), S. 74. 258 Art. 381-388 GesG. 259 Art. 4 Abs. 2 Kabinettsentscheidung vom 20.09.1996. 260 Art. 59 ZG a.F.; ITŌ, Hōjin no kanri (2005), S. 124. 261 Art. 58 ZG a.F. 262 MORIIZUMI, Shin-hōjin-hō nyūmon (2004), S. 78 f. 263 Art. 61 VSG.

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Beschluss der Mitgliederversammlung. Es müssen auch die gleichen Qualifikationsvoraussetzungen erfüllt sein wie für die Bestellung der Vorsitzenden, allerdings für den Revisor verschärft durch das sog. Verbot der Doppelbesetzung (kennin kinshi).264 Diese Regelung besagt, dass ein Revisor nicht gleichzeitig auch als Vorsitzender oder Angestellter desselben Gewöhnlichen Vereins tätig sein darf und dient einer angemessen Führung der Vereinsgeschäfte.265 Die Tätigkeit des Revisors endet regelmäßig mit Ablauf der gesetzlichen oder satzungsgemäß bestimmten Amtszeit. Er kann jedoch auch durch die Mitgliederversammlung jederzeit abberufen werden. 266 Anders als für einen Vorsitzenden bedarf es für die Abberufung eines Revisors einer qualifizierten Beschlussfassung der Mitgliederversammlung.267 Diese Regelung wurde mit Rücksicht auf die Betonung seiner stabilen Stellung für die Organisationsstruktur des Gewöhnlichen Vereins eingeführt.268 Vergleicht man die Regelungen des Vereins- und Stiftungsgesetzes mit denen des Gesellschaftsgesetzes, so ist auffällig, dass Letztere mit mehr Sorgfalt hinsichtlich der unabhängigen Stellung des internen Prüfers reformiert wurden. Vor der Reform des Gesellschaftsrechts wurde das frühere interne Prüfersystem in der Praxis als ineffektiv kritisiert.269 Als ein Problem wurde – wie bereits für den Verwaltungsrat beschrieben – das unternehmensinterne Rekrutierungsverfahren angesehen. 270 Der interne Prüfer wurde zwar durch die Aktionärsversammlung berufen, diese folgte aber fast immer dem Vorschlag des Verwaltungsrats. Der Verwaltungsrat konnte sich daher den internen Prüfer aus ihm wohlgesonnenen Beschäftigten der Gesellschaft auswählen. Das interne Ernennungsverfahren beeinträchtigte deshalb die spätere effektive Überwachung der Geschäftsführung. In der Gesellschaftsrechtsreform wurde diesem Umstand dadurch Rechnung getragen, dass zum einen die Amtszeit der internen Prüfer auf vier Jahre verlängert wurde und zum anderen die Hälfte der Prüfer nunmehr aus externen Prüfern bestehen muss. Externe Prüfer dürfen vor ihrer Ernennung weder in der Gesellschaft selbst noch bei einer Tochterorganisation die Stellung eines Verwaltungsratsmitgliedes, eines Prokuristen oder eines sonstigen Angestellten eingenommen haben.271 264

Art. 65 Abs. 2 VSG. SHIN-KŌEKI HŌJIN SEIDO KENKYŪ -KAI, Ichimon ittō (2006), S. 21. 266 Art. 70 Abs. 1 VSG. 267 Art. 49 Abs. 2 Nr. 2 VSG. 268 SHIN-KŌEKI HŌJIN SEIDO KENKYŪ -KAI, Ichimon ittō (2006), S. 58. 269 KAWAMOTO u.a., Gesellschaftsrecht in Japan (2004), S. 199; KLIESOW, Aktionärsrechte und Aktionärsklage (2001), S. 52. 270 KAWAMOTO u.a., Gesellschaftsrecht in Japan (2004), S. 199; MARUTSCHKE, Einführung in das japanische Recht (2009), S. 284. 271 Art. 2 Nr. 16, 335 Abs. 3 GesG. 265

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Im Vereins- und Stiftungsgesetz beträgt die Amtszeit des Revisors zwar regulär ebenfalls vier Jahre, jedoch wurde keine Regelung für eine Bestellung externer Revisoren verpflichtend aufgenommen. Das Verbot der Doppelbesetzung verbietet keine frühere oder spätere vereinsinterne Beschäftigung des Revisors. Im Ergebnis garantieren die Regelungen des Vereins- und Stiftungsgesetzes daher nicht die gleiche unabhängige Stellung des Revisors wie sie für interne Prüfer im Gesellschaftsgesetz vorgesehen ist. Des Weiteren wurde im Vereins- und Stiftungsgesetz auch auf die Einführung eines Prüferrates (kansa yaku-kai) verzichtet. 272 Die verpflichtende Einrichtung eines Prüferrates für manche Arten von Gesellschaften wurde eingeführt, damit die Prüfer ihren Aufgaben durch personelle Verstärkung besser nachkommen können.273 Dieses Problem stellte sich vor allem bei großen Gesellschaften, so dass eine ähnliche Problemlage wohl auch nur bei großen Gewöhnlichen Vereinen auftreten könnte. f. Rechnungsprüfer Für große Gewöhnliche Vereine muss als weiteres Organ ein Rechnungsprüfer durch die Mitgliederversammlung mit Zustimmung des Revisors bestellt werden. 274 Für das Amt des Rechnungsprüfers können nur Wirtschaftsprüfer oder eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft ausgewählt werden. Er wird immer auf ein Jahr bestellt, allerdings verlängert sich seine Amtszeit automatisch, wenn nicht etwas anderes beschlossen oder er vorher abberufen wird.275 Seine Aufgabe ist es, die Rechnungslegung und die dazugehörigen Dokumente des Gewöhnlichen Vereins zu überprüfen. 276 Entdeckt er Unregelmäßigkeiten hinsichtlich der Übereinstimmung mit der Satzung oder Rechtssätzen, so hat er dies dem Revisor zu berichten. Er kann auch an der Mitgliederversammlung teilnehmen und seine Meinung zur Rechnungslegung äußern. 2. Gewöhnliche Stiftungen a. Organisationsstruktur Im Vergleich zum Gewöhnlichen Verein hat die Gewöhnliche Stiftung stets eine erweiterte Organisationsstruktur. Sie besteht mindestens aus den Evaluierern (hyōgi’in), der Versammlung der Evaluierer (hyōgi’in-kai), den Vorsitzenden, einem Vorstand sowie einem Revisor. 277 Da sie keine Mit272

Art. 390 ff. GesG. MARUTSCHKE, Einführung in das japanische Recht (2009), S. 284. 274 Art. 62 f. VSG. 275 Art. 69 Abs. 2, 70 VSG. 276 Art. 107 Abs. 1 VSG. 277 Art. 170 Abs. 1 VSG. 273

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glieder hat, wird deren Aufgabe weitgehend von den Evaluierern übernommen. Es müssen mindestens drei Evaluierer ernannt werden, die zusammen die Versammlung der Evaluierer bilden. Durch die Satzung kann zudem die Einsetzung eines Rechnungsprüfers bestimmt werden.278 Grafik 7

Organisationsstruktur einer Gewöhnlichen Stiftung

Wie bereits bei dem Gewöhnlichen Verein wird zwischen einer kleinen und einer großen Gewöhnlichen Stiftung 279 unterschieden. Maßgeblich für eine große Gewöhnliche Stiftung ist, ob die Bilanz des letzten Geschäftsjahres einen Betrag von insgesamt 20 Mrd. Yen überschreitet. 280 Für eine große Gewöhnliche Stiftung ist stets ein Rechnungsprüfer zu bestellen. 278

Art. 170 Abs. 2 VSG. Gewöhnliche Stiftung großen Umfangs (dai-kibo ippan zaidan hōjin) und Gewöhnliche Stiftung kleinen Umfangs (shō-kibo ippan zaidan hōjin). 280 Art. 2 Ziff. 3 VSG. 279

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2. Kapitel: Rechtliche Grundlagen

Grafik 8

Kombinationsmöglichkeiten der Organstruktur einer Gewöhnlichen Stiftung Umfang

Organe

Kleine Gewöhnliche Stiftung (shō-kibo ippan zaidan hōjin)

Große Gewöhnliche Stiftung (dai-kibo ippan zaidan hōjin)

1.

Evaluiererversammlung mit mind. 3 Evaluierern, Vorstand mit mind. 3 Vorsitzenden und mind. 1 Revisor

Ja

Nein

2.

Evaluiererversammlung mit mind. 3 Evaluierern, Vorstand mit mind. 3 Vorsitzenden, mind. 1 Revisor und mind. 1 Rechnungsprüfer

Ja

Ja

b. Alte Gesetzeslage Nach der alten Rechtslage war für die Organisation einer gemeinnützigen Stiftung a.F. nur die Bestellung eines Vorsitzenden als Mindestanforderung im Zivilgesetz a.F. vorgesehen. 281 Die Organisationsstruktur war deshalb weitgehend dem Gründer überlassen. Allerdings wurde dieser von der zuständigen Behörde oftmals aufgefordert, noch eine Versammlung der Evaluierer einzurichten, 282 so dass die meisten gemeinnützigen Stiftungen a.F. bereits ein gleichnamiges Organ aufwiesen. 283 Die frühere Evaluiererversammlung hatte zumeist die Aufgabe, die Vorsitzenden zu berufen sowie abzubestellen oder diente als Beratungsorgan des Vorsitzenden in wichtigen Angelegenheiten. Die Kompetenzen der Evaluiererversammlung im Vereins- und Stiftungsgesetz sind dagegen nunmehr gesetzlich festgelegt und erweitert worden. Hinsichtlich des Vorsitzenden und gegebenenfalls des Revisors galten früher die gleichen gesetzlichen Grundbestimmungen wie für den gemeinnützigen Verein a.F., so dass auf die entsprechenden Ausführungen verwiesen werden kann. c. Evaluierer Den Evaluierern wird im Vereins- und Stiftungsgesetz eine ähnliche Aufgabe wie den Mitgliedern eines Gewöhnlichen Vereins zugewiesen. Jeder Evaluierer hat ein Stimmrecht, durch das er an Beschlüssen der Evaluiererversammlung mitwirkt. Im Gegensatz zu den Mitgliedern eines Gewöhn281

Art. 39 i.V.m. 37 Nr. 5 ZG a.F. Art. 4 Abs. 4 Kabinettsentscheidung vom 20.09.1996. 283 UEDA, Ippan shadan ippan zaidan hōjin (2009), S. 131; SHINOMIYA / NOMI, Minpō sōsoku (2005), S. 106. 282

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lichen Vereins besteht zwischen den Evaluierern und dem Rechtsträger ein Auftragsverhältnis. 284 Für das zugrunde liegende Rechtsverhältnis sind die Vorschriften des Vereins- und Stiftungsgesetzes und des zivilrechtlichen Auftragsrechts maßgeblich. Die Beschlussfassung über die in der Satzung und den Gesetzen geregelten Angelegenheiten gehört daher zu ihren vertraglichen Pflichten. Die Ernennung und Abberufung der Evaluierer erfolgt nach dem in der Satzung festgelegten Verfahren. 285 Beispielsweise kann diese Aufgabe bestimmten Außenstehenden übertragen werden. Eine Übertragung an den Vorsitzenden oder den Revisor ist jedoch nicht zulässig. Eine solche Regelung stünde im Widerspruch zu einer effektiven Ausübung der Aufsichtsfunktion gegenüber diesen Personen.286 An einen Evaluierer werden dieselben Qualifikationsanforderungen gestellt wie an den Revisor. Auch bei der Bestellung eines Evaluierers ist das für den Revisor geltende Verbot der Doppelbesetzung zu beachten. Er darf nicht gleichzeitig als Vorsitzender, Revisor oder Angestellter der Gewöhnlichen Stiftung oder deren Tochterorganisation (kohōjin) tätig sein. 287 Die Amtszeit eines Evaluierers beträgt höchstens vier Jahre.288 Sie kann aber auf bis zu sechs Jahren verlängert werden. Eine Verkürzung ist ebenso möglich. d. Versammlung der Evaluierer i.) Aufgabe Die Versammlung der Evaluierer ähnelt in ihrer Aufgabenstellung der Mitgliederversammlung eines Gewöhnlichen Vereins. Sie entscheidet über die grundlegenden Angelegenheiten der Gewöhnlichen Stiftung und überwacht die Geschäftsführung der Vorsitzenden, bzw. des Vorstands. Im Gegensatz zur Mitgliederversammlung kann die Evaluiererversammlung nicht über alle Angelegenheiten entscheiden. Vielmehr hat sie stets nur eine eingeschränkte Beschlusskompetenz über die ihr in der Satzung und den Bestimmungen des Vereins- und Stiftungsgesetzes übertragenen Angelegenheiten.289 Eine Übertragung ihrer Beschlusskompetenz an andere Organe ist nicht zulässig. Die Evaluiererversammlung ist auch nicht das Willensbildungsorgan der Gewöhnlichen Stiftung, da dessen Zwecke auch für die Zukunft bereits in der Satzung festgelegt wurden und eine uneingeschränkte Beschlusskompetenz den Stiftungszweck überschreiten würde. 290 Darüber 284

UEDA, Ippan shadan ippan zaidan hōjin (2009), S. 131. Art. 153 Abs. 1 Ziff. 8 VSG. 286 SHIN-KŌEKI HŌJIN SEIDO KENKYŪ -KAI, Ichimon ittō (2006), S. 118. 287 Art. 173 Abs. 1 iVm Art. 65 Abs. 2, Abs. 2 VSG. 288 Art. 174 Abs. 1 VSG. 289 Art. 178 Abs. 2 VSG. 290 SHIN-KŌEKI HŌJIN SEIDO KENKYŪ -KAI, Ichimon ittō (2006), S. 124 f. 285

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2. Kapitel: Rechtliche Grundlagen

hinaus unterliegt sie auch nicht dem gesetzlichen Ausschüttungsverbot an die Evaluierer. Für die Evaluiererversammlung ist ein gesetzliches Verbot bereits deshalb nicht notwendig, weil das Vereins- und Stiftungsgesetz ihr keine Beschlusskompetenz über die Verteilung des Überschussgeldes zuerkennt und es dem Gründer untersagt ist, eine entsprechende Bestimmung in die Satzung aufzunehmen.291 Es gibt aber Angelegenheiten, die der Evaluiererversammlung unabdingbar durch die gesetzlichen Vorschriften des Vereins- und Stiftungsgesetzes übertragen werden. Die Beschlussrechte stimmen mit denen der Mitgliederversammlung weitgehend überein. Dazu zählen beispielsweise: − die Ernennung und Abberufung der anderen Funktionsträger,292 − die Entscheidung über die Vergütung der Vorsitzenden und des Revisors293 und − die Verschmelzung der Gewöhnlichen Stiftung mit einem anderen Rechtsträger.294 Im Vergleich zur Mitgliederversammlung steht ihr kein Beschlussrecht über die Auflösung des Rechtsträgers zu und nur ein eingeschränktes Beschlussrecht über Satzungsänderungen. Das Beschlussrecht über eine Satzungsänderung besteht nicht, wenn die Änderung den Stiftungszweck oder ihr eigenes Bestellungs- bzw. Abberufungsverfahren betrifft. 295 Diese Kompetenzeinschränkung kann damit begründet werden, dass sie nicht oberstes Willensbildungsorgan der Gewöhnlichen Stiftung ist, sondern der Stiftungszweck bei Gründung durch den Stifter festgelegt wird. Es ist daher eine Zweckänderung nur ausnahmsweise möglich, wenn der Stifter der Evaluiererversammlung eine solche Kompetenz in der Satzung ausdrücklich zugestanden hat. Ist dies nicht der Fall, kann der Satzungszweck nur mit gerichtlicher Genehmigung geändert werden, wenn andernfalls eine Fortführung der Stiftungsgeschäfte unmöglich wird oder schwierig zu erreichen wäre.296 ii.) Einberufung Die ordentliche Versammlung der Evaluierer ist jeweils nach Ende des Geschäftsjahres einzuberufen. 297 Eine außerordentliche Versammlung kann zusätzlich jederzeit einberufen werden. Die Aufgabe der Einberufung obliegt dem Vorsitzenden. Darüber hinaus kann aber die Einberufung der Versammlung – unter Angabe des Zwecks für die Evaluiererversammlung und des 291

UEDA, Ippan shadan ippan zaidan hōjin (2009), S. 141. Art. 176 VSG. 293 Art. 197 i.V.m. Art. 89, 105 VSG. 294 Art. 189 Abs. 2 i.V.m. 247 VSG. 295 Art. 200 Abs. 1 VSG. 296 Art. 200 Abs. 2, 3 VSG. 297 Art. 179 Abs. 1 VSG. 292

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Grundes der Einberufung – von jedem Evaluierer gerichtlich eingeklagt werden.298 Die Rechte der Evaluierer sind in dieser Hinsicht stärker als die der Mitglieder eines Gewöhnlichen Vereins, die dazu ein Zehntel der Stimmen der Mitglieder gewinnen müssen. Die unterschiedliche Regelung erklärt sich aber, wenn man bedenkt, dass die Evaluiererversammlung meist nur aus wenigen Evaluierern besteht. Für die praktische Tätigkeit des Gewöhnlichen Vereins wäre es hingegen hinderlich, wenn jedes Mitglied eine Mitgliederversammlung einberufen könnte. e. Geschäftsführung Eine Gewöhnliche Stiftung kann nur mit einem Vorstand als Organ gegründet werden. Der Vorstand entscheidet über die Geschäftsführung und überträgt die konkrete Ausführung an einen geschäftsführenden Vorsitzenden. Für die Regelungen über den oder die Vorsitzenden sowie den Vorstand wird auf die Vorschriften des Gewöhnlichen Vereins verwiesen.299 f. Revisor und Rechnungsprüfer Für eine Gewöhnliche Stiftung muss immer ein Revisor ernannt werden. Seine Hauptaufgabe ist die Überwachung der Geschäftsführung der Vorsitzenden. Er kann durch die Versammlung der Evaluierer nur aus den gesetzlichen Gründen abberufen werden. Die Vorschriften des Gewöhnlichen Vereins finden auf den Revisor und den Rechnungsprüfer entsprechend Anwendung.300 3. Rechtsvergleich In dem nachfolgenden Vergleich der organisationsinternen Rechtsträgerstrukturen beider Länder kann lediglich die Darstellung der Geschäftsführung für alle Rechtsträger gemeinsam erfolgen. Der Vergleich zeigt, dass nach der neuen Rechtslage in Japan die Organisationsstruktur sowie die Rechte und Pflichten der Organe in den Vorschriften des Vereins- und Stiftungsgesetzes konkretisiert sind. Bei offenen Fragen verweisen die einschlägigen Lehrbücher oftmals auf die nahezu identischen Vorschriften des Gesellschaftsgesetzes und deren Auslegungsdiskurs. In Deutschland bleibt es hingegen bei minimalen gesetzlichen Anforderungen an die Organisation eines eingetragenen Vereins oder einer rechtsfähigen Stiftung im Bürgerlichen Gesetzbuch. Für die Rechte und Pflichten eines Vorstandsvorsitzenden wird beispielsweise nur auf die allgemeinen Auftragsvorschriften verwiesen, die jedoch für die rechtsfähige Stiftung nur teilweise angewendet 298

Art. 180 Abs. 2 VSG. Art. 197 f. VSG. 300 Art. 197 f. VSG. 299

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2. Kapitel: Rechtliche Grundlagen

werden können. Aktuelle Organisationsfragen werden in Anlehnung an das Gesellschaftsrecht vor allem für das Vereinsrecht diskutiert. Eine Anpassung der zivilrechtlichen Vorschriften erfolgt teilweise durch entsprechende Auslegung. a. Gewöhnliche und eingetragene Vereine i.) Organisationsstruktur In Japan werden mittlerweile im Vereins- und Stiftungsgesetz Organisationsstrukturen für verschiedene Vereinsgrößen gesetzlich geregelt. Große Gewöhnliche Vereine müssen einen Revisor als zusätzliches Kontrollorgan des Vorstands und einen Rechnungsprüfer bestellen, während kleinere Gewöhnliche Vereine weiterhin als Mindestanforderung nur einen Vorsitzenden als Geschäftsführungsorgan bestellen müssen. Im Vereins- und Stiftungsgesetz sind nunmehr auch gesetzliche Regelungen für die Einsetzung eines Vorstands als Geschäftsführungsorgan vorgesehen. Der Aufgaben- und Pflichtenbereich eines Vorstands ist teilweise gesetzlich vorgeschrieben. Es ist ein geschäftsführender Vorsitzender zu ernennen, der vom Vorstand zu beaufsichtigen ist. Allerdings können nicht alle Aufgaben an den geschäftsführenden Vorsitzenden übertragen werden. Im Vereins- und Stiftungsgesetz wurde eine Reihe von Grundlagenentscheidungen aufgelistet, die nur durch Beschluss des Vorstands entschieden werden können. Im Deutschland sieht das Bürgerliche Gesetzbuch als Minimalanforderungen für die Organisation eines eingetragenen Vereins nur die Einsetzung einer Mitgliederversammlung und eines Vorstandsmitglieds vor. 301 Die Einsetzung weiterer Organe kann aber in den Satzungsbestimmungen geregelt werden, z.B. die Einsetzung eines Geschäftsführers, eines Beirats. Bei der Schaffung der Vorschriften wollte der historische Gesetzgeber nur einen allgemeinen Rahmen für körperschaftliches Zusammenwirken vorgeben. 302 Eine differenziertere Organisationsstruktur ist für die außerhalb des Bürgerlichen Gesetzbuchs in Spezialgesetzen geregelten Rechtsträger vorgesehen. Beispielsweise müssen Aktiengesellschaften im Gesellschaftsrecht neben einem Vorstand noch einen Aufsichtsrat als Kontrollorgan einrichten. Ob die minimalen gesetzlichen Anforderungen an die Organisationsstruktur des eingetragenen Vereins für die heute bestehenden Großvereine noch ausreichen, kann kritisch gesehen werden. Großvereine sind beispielsweise die Automobilclubs (ADAC, AvD etc.), die Vereine der freien Wohlfahrt (DRK, Arbeiterwohlfahrt etc.), die technischen Vereine (TÜV, DEKRA etc.) und die Vereine der 1. und 2. Fußball-Bundesliga. In der Literatur wird bereits seit längerem darauf hingewiesen, dass in Großvereinen wegen der begrenzten 301 302

HADDING, in: Soergel, Vor § 21 Rn. 44; BÄHRLE, Vereinsrecht (2010), S. 59. HADDING, in: Soergel, Vor § 21 Rn. 44.

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Vorschriften im Bürgerlichen Gesetzbuch die Gefahr zur Verselbstständigung des Vorstands ohne wirksame Kontrolle durch die Mitglieder besteht. 303 Durch gesetzliche Vorgaben an eine erweiterte Organisationsstruktur – ähnlich wie in Japan – könnte auch in Deutschland die Kontrolle des Vorstands verbessert werden. ii.) Mitgliederversammlung Die Mitgliederversammlung ist das oberste Willensbildungsorgan sowohl des Gewöhnlichen Vereins in Japan als auch des eingetragenen Vereins in Deutschland.304 In beiden Ländern soll durch die Mitgliederversammlung den Vereinsmitgliedern die Möglichkeit gegeben werden, auf die Leitung und die zukünftige Ausrichtung des Vereins Einfluss zu nehmen. In Japan waren die gesetzlichen Rechte der Mitgliederversammlung jedoch bislang sehr begrenzt und fast ausschließlich dispositiver Natur. Im Vereins- und Stiftungsgesetz werden nunmehr bedeutende Rechte der Mitgliederversammlung unabdingbar übertragen. Ihre Stellung ist dadurch oftmals stärker als die der Mitgliederversammlung in einem eingetragenen Verein in Deutschland. Besonders deutlich wird die Stärkung ihrer Rolle innerhalb der Vereinsorganisation hinsichtlich des Rechts auf Satzungsautonomie und ihrer Personalkompetenz. 1.) Satzungsautonomie In Japan spielte die Mitgliederversammlung in gemeinnützigen Vereinen a.F. nur eine untergeordnete Rolle. Dies zeigte sich insbesondere auch an ihrer eingeschränkten Satzungsautonomie. Sie konnte nicht allein über eine Satzungsänderung entscheiden, sondern es bedurfte immer auch einer Genehmigung der zuständigen Behörde. Nach der neuen Rechtsordnung ist ihre Stellung deutlich aufgewertet worden. In den Vorschriften des Vereins- und Stiftungsgesetzes hat jetzt sie allein die Beschlusskompetenz für eine Satzungsänderung.305 Es bedarf dafür stets einer qualifizierten Mehrheit an Mitgliederstimmen.306 Vergleicht man dazu die Rechtslage in Deutschland, ist das Recht zur Änderung der Satzung zwar der Mitgliederversammlung zugeteilt, 307 wobei es sich aber lediglich um dispositives Recht handelt.308 Für die Satzungsänderung können daher in der Satzung sowohl abweichende Mehrheiten festgelegt 303

SEGNA, NZG (2002), S. 1048; ADAMS / MASSMANN, ZRP (2002), S. 128. Japan: UEDA, Ippan shadan ippan zaidan hōjin (2009), S. 43; Deutschland: BÄHRLE, Vereinsrecht (2010), S. 60; MÄRKLE / ALBER, Der Verein im Zivil- und Steuerrecht (2004), S. 60. 305 Art. 146 VSG. 306 Art. 49 Abs. 2 Nr. 4 VSG. 307 § 33 Abs. 1 BGB. 308 § 40 BGB. 304

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2. Kapitel: Rechtliche Grundlagen

werden als auch die Satzungsänderung auf ein anderes Vereinsorgan übertragen werden. Allerdings bestehen für die Übertragung des Beschlussrechts zur Satzungsänderung insoweit Grenzen, als in der Satzung nicht die Mitgliederversammlung abgeschafft oder ein Verbot zur Abänderung der Satzungsbestimmungen festgelegt werden kann. Solche Satzungsbestimmungen sind mit Rücksicht auf die Vereinsautonomie nicht zulässig.309 2.) Personalkompetenz Bislang wurde in Japan die Personalkompetenz für die Bestellung und Abberufung der Geschäftsführung zumeist der Mitgliederversammlung zugesprochen. In der Satzung konnte die Personalkompetenz zwar auch auf ein anderes Organ übertragen werden,310 die zuständigen Behörden berieten die Vereine jedoch dahingehend, die Personalkompetenz der Mitgliederversammlung zu übertragen.311 Durch die Gesetzesreform ist die Personalkompetenz nunmehr ein unabdingbares gesetzliches Recht der Mitgliederversammlung.312 In Deutschland entspricht die Gesetzeslage weitgehend der früheren Gesetzeslage in Japan. Zwar wird zumindest die Bestellung nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs grundsätzlich der Mitgliederversammlung zugesprochen,313 es handelt sich hierbei jedoch um dispositives Recht.314 Der Bestellungsakt kann z.B. auf einen Beirat übertragen werden, 315 oder der Vorstand kann sogar ermächtigt werden, sich selbst zu ergänzen316. Letztlich ist nur die Auflösung des Rechtsträgers in beiden Ländern eindeutig der Mitgliederversammlung als unabdingbare und nicht übertragbare Beschlusskompetenz zugesprochen.317 3.) Einberufung Die Regelungen über die Einberufung sind im neuen Vereins- und Stiftungsgesetz im Gegensatz zur bisherigen Rechtslage und den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs besonders ausführlich beschrieben. In den Grundzügen besteht in beiden Ländern jedoch kaum ein Unterschied. Es gibt die 309

BVerfG, NJW 1991, S. 2623 ff. (2623); REUTER, in: MüKo, § 33 Rn. 17, § 40 Rn. 3; MÄRKLE / ALBER, Der Verein im Zivil- und Steuerrecht (2004), S. 40; HADDING, in: Soergel, § 33 Rn. 7. 310 Art. 37 Abs. 5 ZG a.F.; SHINOMIYA / NOMI, Minpō sōsoku (2005), S. 108; ITŌ, Hōjin no kanri (2005), S. 119. 311 Art. 4 Abs. 1 Nr. 2 Kabinettsentscheidung vom 20.09.1996. 312 Japan: Art. 63 Abs. 1, Art. 70 Abs. 1 VSG. 313 § 27 Abs. 1 BGB. 314 § 40 BGB. 315 OLG Bayern, DNotZ 1984, S. 485 (485). 316 OLG Frankfurt, OLGZ 1981, S. 391 ff (391). 317 Japan: Art. 148 Abs. 3 VSG; Deutschland: § 41 BGB.

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ordentliche Mitgliederversammlung, die in Japan einmal im Jahr zu einem bestimmten Zeitpunkt einzuberufen ist. Die deutschen Regelungen überlassen es den Vereinssatzungen, einen bestimmten Turnus für die Mitgliederversammlungen zu bestimmen.318 In beiden Ländern wird die Mitgliederversammlung grundsätzlich durch das Organ der Geschäftsführung einberufen. Eine Minderheit von Mitgliedern hat aber die Möglichkeit, darüber hinaus auch eine außerordentliche Mitgliederversammlung einberufen zu lassen.319 b. Gewöhnliche und rechtsfähige Stiftungen i.) Organisationsstruktur In den Vorschriften des japanischen Vereins- und Stiftungsgesetzes wurde die Organisationsstruktur der Gewöhnlichen Stiftung im Vergleich zur früheren gemeinnützigen Stiftung a.F. erheblich erweitert. Während früher nur ein Vorsitzender für die Geschäftsführung einzusetzen war, sehen die gesetzlichen Vorschriften nunmehr die Einsetzung mindestens einer Versammlung der Evaluierer, eines Vorstands und eines Revisors vor. Für große Gewöhnliche Stiftungen ist zudem ein Rechnungsprüfer einzusetzen. In Deutschland muss die rechtsfähige Stiftung nur einen Vorstand, bestehend aus einem Vorstandsmitglied, einrichten. 320 Die Einrichtung des Vorstands als Mindestanforderung an die Organisation ist notwendig, damit die Stiftung im Rechtsverkehr handlungsfähig ist und den Stifterwillen ausführen kann. 321 Für rechtsfähige Stiftungen kann es aber je nach Zweck und Umfang des Stiftungsvermögens ratsam sein, weitere Stiftungsorgane einzurichten. 322 Dadurch kann beispielsweise eine effektive Kontrolle des Stiftungsvorstands, eine bessere Vorbereitung seiner Entscheidungen und eine bessere Einbindung anderer Wissensträger in die Stiftungsarbeit erreicht werden. Die Bezeichnungen sowie die Aufgaben der weiteren Stiftungsorgane sind jedoch nicht zwingend, sondern können vom Stifter in der Satzung festgelegt werden. Am gebräuchlichsten sind die Bezeichnungen Kuratorium, Beirat oder Aufsichts- bzw. Stiftungsrat. Die mit den Bezeichnungen verbundenen Befugnisse werden in der Literatur jedoch nicht einheitlich verwendet. Die Befugnisse der Gremien reichen von einer bloßen Beratungsfunktion bis hin zu echten Entscheidungsbefugnissen und Weisungsrechten gegenüber dem Vorstand. Hierbei wird auch darauf 318

§ 36 BGB. Japan: Art. 37 Abs. 1 VSG; Deutschland: § 37 Abs. 1 BGB. 320 § 86 S. 1 i.V.m. § 26 Abs. 1 S. 1 BGB. 321 PUES / SCHEERBARTH, Gemeinnützige Stiftungen (2008), S. 39. 322 WIGAND / HAASE-THEOBALD / HEUEL, Stiftungen in der Praxis (2009), S. 61; PUES / SCHEERBARTH, Gemeinnützige Stiftungen (2008), S. 40. 319

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hingewiesen, dass der Stifter sich an den Regelungen des Aktiengesetzes orientieren kann. 323 Im Folgenden soll für ein Aufsichtsgremium die Bezeichnung „Kuratorium“ und für ein den Vorstand beratendes Gremium die Bezeichnung „Beirat“ verwendet werden. ii.) Versammlung der Evaluierer In Japan wird im Vereins- und Stiftungsgesetz die Einrichtung einer Evaluiererversammlung für jede Gewöhnliche Stiftung als zwingend erforderlich angesehen. Ihr Aufgaben- und Kompetenzbereich entspricht weitgehend dem der Mitgliederversammlung des Gewöhnlichen Vereins. Der entscheidende Unterschied besteht jedoch darin, dass ihr nicht die Satzungsautonomie zugesprochen wird. Die Evaluierer haben nicht den Status von Mitgliedern und sind daher nicht an der Willensbildung der juristischen Person beteiligt. Der Unterschied wird auch in ihrer Rechtsbeziehung zum Rechtsträger deutlich. Die Rechtsbeziehung der Evaluierer richtet sich nach den Grundregeln des Auftrags, so dass ihr Aufgaben- und Kompetenzbereich durch den in der Satzung bestimmten Auftrag begrenzt wird. Die Rechtsbeziehung zum Rechtsträger ist daher mit derjenigen des Vorsitzenden zum Rechtsträger vergleichbar, weshalb auf sie im Wesentlichen auch die gleichen Regelungen hinsichtlich Ernennung, Abberufung sowie für die Haftung angewandt werden. iii.) Kuratorium und Beirat In Deutschland ist gesetzlich keine Einsetzung eines weiteren Organs für die rechtsfähige Stiftung vorgesehen. Dennoch wird insbesondere für Stiftungen mit komplexem Stiftungszweck die Einrichtung eines weiteren Organs mit Aufsichtsfunktion (Kuratorium) bzw. mit den Vorstand beratender Funktion (Beirat) empfohlen.324 Der Handlungsspielraum des Vorstands in der rechtsfähigen Stiftung ist gesetzlich nicht eingeschränkt und wird nur durch die staatliche Stiftungsaufsicht überprüft. Diese besteht jedoch lediglich aus einer Rechtsaufsicht, 325 welche die Zweckmäßigkeit des Vorstandshandelns nicht überwachen kann.326 Für die rechtsfähige Stiftung bietet es sich daher an, durch Satzungsbestimmungen ein Kuratorium einzurichten, das die Handlungen des Vorstands in wirtschaftlicher und finanzieller Hinsicht überwacht. Dazu kann 323

WIGAND / HAASE-THEOBALD / HEUEL, Stiftungen in der Praxis (2009), S. 62. PUES / SCHEERBARTH, Gemeinnützige Stiftungen (2008), S. 45; WIGAND / HAASETHEOBALD / HEUEL, Stiftungen in der Praxis (2009), S. 62. 325 BVerwG, DVBl. 1973, S. 795 ff (796). 326 BVerwGE 40, S. 347 ff.; HOF, Stiftungsaufsicht (2009), S. 331; PUES / SCHEERBARTH, Gemeinnützige Stiftungen (2008), S. 44. 324

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dem Kuratorium beispielsweise die Beschlussfassung und Prüfung des Haushaltsplans und der Jahresabschlüsse vorbehalten sein oder bestimmte Geschäfte von dessen Zustimmung abhängig gemacht werden. 327 Zudem wird dem Kuratorium auch oftmals die Personalkompetenz für die Vorstandsmitglieder übertragen. Im Ergebnis wird für eine wirksame Aufsicht des Vorstands im deutschen Recht die Übertragung ähnlicher Kompetenzen auf ein Kuratorium diskutiert, wie bei der Evaluiererversammlung im Vereins- und Stiftungsgesetz. Dort gehören die jährliche Beschlussfassung über die Rechnungslegung, die Zustimmung der Evaluiererversammlung, beispielsweise bei Verschmelzung, und die Personalkompetenz über die Vorsitzenden zu ihren unabdingbaren Rechten. Neben einem zusätzlichen Aufsichtsorgan kann es sich anbieten, einen Beirat als beratendes Gremium einzurichten. Dies erscheint dann zweckmäßig, wenn die Erfüllung des Stiftungszwecks das Verständnis von komplexen fachlichen Zusammenhängen erfordert. 328 Dann bietet es sich an, die Stiftung durch ausgewiesene Fachleute aus dem betreffenden Spezialgebiet zu bereichern. Ein Beirat kann beispielsweise Richtlinien für die Mittelverwendung erarbeiten und dem Vorstand wichtige Hilfestellungen bei der Verteilung der Stiftungsmittel geben, z.B. bei der Auslobung von Stipendien. c. Geschäftsführungsorgan Ein Rechtsvergleich der Geschäftsführung von Gewöhnlichem Verein und Gewöhnlicher Stiftung mit Deutschland kann für beide Rechtsträger einheitlich erfolgen. In beiden Ländern verweisen die Vorschriften des Stiftungsrechtsträgers dafür auf die Vorschriften des Vereinsrechtsträgers.329 In Japan besteht ein Unterschied beider Rechtsträger nur insoweit, als eine Gewöhnliche Stiftung stets einen Vorstand einzurichten hat, während bei einem Gewöhnlichen Verein die Geschäfte auch ohne ein solches Gremium, z.B. lediglich durch einen Vorsitzenden, ausgeführt werden können. Entsprechend finden die Vorschriften des Vereins- und Stiftungsgesetzes für einen Rechtsträger ohne Vorstand nur auf den Gewöhnlichen Verein Anwendung. In Deutschland besteht ein solcher Unterschied nicht. Dort gelten einheitliche Regelungen für die Geschäftsführung durch den Vorstand. Der Vorstand nach deutschem Recht ist dabei nicht zu verwechseln mit dem japanischen Gremium Vorstand (riji-kai), einer gesetzlich geregelten Organisationsvariante des Geschäftsführungsorgans. 330 Im deutschen Recht wird das Geschäftsführungsorgan stets als „Vorstand“ bezeichnet. 327

PUES / SCHEERBARTH, Gemeinnützige Stiftungen (2008), S. 44. PUES / SCHEERBARTH, Gemeinnützige Stiftungen (2008), S. 45. 329 Japan: Art. 197 f. VSG; Deutschland: § 86 BGB. 330 Siehe hierzu auch die Erläuterungen zur Terminologie S. 8. 328

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2. Kapitel: Rechtliche Grundlagen

Im nachfolgenden Rechtsvergleich werden sechs der wichtigsten Pflichten eines Vorsitzenden bzw. eines Vorstandsmitglieds untersucht. Obwohl formal ähnliche Pflichten in beiden Ländern bestehen, zeigt sich, dass der konkrete Inhalt und Umfang unterschiedlich geregelt ist. In Japan wird in vielen Vorschriften des Vereins- und Stiftungsgesetzes mittlerweile ein strengerer Maßstab angelegt als in Deutschland. i.) Organisation der Geschäftsführung In Japan ist für einen Rechtsträger mit Vorstand als Geschäftsführungsorgan dieses mit mindestens drei Vorsitzenden zu besetzen. Innerhalb des Vorstands werden dann die Aufgaben der konkreten Geschäftsführung und der Vertretungsberechtigung auf einzelne Vorsitzende übertragen. Für die konkrete Geschäftsführung wird ein geschäftsführender Vorsitzender bestellt, der vom Vorstand kontrolliert wird. Jedoch verbleibt die Entscheidungskompetenz in einigen gesetzlich geregelten Grundlagenentscheidungen beim Vorstand als Organ. Zusätzlich dazu ist noch ein vertretungsberechtigter Vorsitzender zu bestellen, der den Rechtsträger gerichtlich und außergerichtlich vertritt. Es ist daher immer ein geschäftsführender und ein vertretungsberechtigter Vorsitzender zu bestellen, die aber auch personenidentisch sein können. Im Fall eines Gewöhnlichen Vereins ohne Vorstand kann die Besetzung und die Aufgabenverteilung für die Geschäftsführung flexibler gestaltet werden. Die Geschäfte können beispielsweise auch lediglich durch einen einzigen Vorsitzenden geführt werden. Gibt es mehrere Vorsitzende, so führen sie die Geschäfte gemeinsam durch Mehrheitsbeschluss. Jeder Vorsitzende für sich ist grundsätzlich allein vertretungsberechtigt. Allerdings kann durch Satzungsänderung, wie im Fall der Einrichtung des gesetzlichen Vorstands, die konkrete Aufgabenausführung auch auf andere Personen übertragen werden, sowie auch die Vertretungsberechtigung auf bestimmte Vorsitzende begrenzt werden kann. In der deutschen Rechtsordnung wird die Organisation innerhalb des Vorstands nicht gesetzlich geregelt. Die Geschäftsführung wird dem Vorstand durch die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs gesetzlich übertragen331 und kann in den Satzungsbestimmungen des jeweiligen Rechtsträgers näher ausgestaltet werden. Als gesetzliche Richtlinie des Bürgerlichen Gesetzbuchs ist vorgesehen, dass bei mehreren Vorstandsmitgliedern die Entscheidungen über die Geschäftsführung mit Mehrheitsbeschluss getroffen werden. 332 Im Unterschied zu Japan ist der Mehrheitsgrundsatz auch für die Vertretung durch mehrere Vorstandsmitglieder vorgesehen. 333 Jedoch kann auch in Deutschland durch die Satzung einem Vorstandsmitglied eine Einzelvertre331

§ 27 Abs. 3 (i.V.m § 86) BGB. § 28 i.V.m. § 32 (i.V.m. § 86) BGB. 333 § 26 Abs. 2 (i.V.m. § 86) BGB. 332

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tungsbefugnis zugesprochen oder die Alltagsgeschäfte einem Geschäftsführer, der nicht dem Vorstand angehört, übertragen werden. ii.) Pflichten eines Vorsitzenden bzw. eines Vorstandsmitglieds Die Pflichten eines Vorsitzenden bzw. eines Vorstandsmitglieds bei der Geschäftsführung ergeben sich in beiden Ländern aus der Satzung, den Beschlüssen der Mitgliederversammlung und dem zugrunde liegenden Rechtsverhältnis zum Rechtsträger. In beiden Ländern wird für das Rechtsverhältnis auf die allgemeinen Auftragsvorschriften des Zivilgesetzes bzw. des Bürgerlichen Gesetzbuchs verwiesen.334 In Deutschland bedeutet diese Verweisung ins Auftragsrecht, dass ein Vorstandsmitglied grundsätzlich ehrenamtlich tätig ist, da die Auftragsvorschriften nur Ersatz für geleistete Aufwendungen durch das Vorstandsmitglied gewähren. Von diesem Modell des ehrenamtlichen, nach Auftragsregeln tätigen Vorstands kann die Satzung jedoch abweichen. 335 In der Satzung kann daher auch geregelt sein, dass der Vorstand eine Vergütung für seine Tätigkeit erhält. Die Vorstandsmitglieder stehen dann in einem Anstellungsverhältnis, bei dem es sich üblicherweise um einen Dienstvertrag in Form eines Geschäftsbesorgungsvertrags handelt.336 Im Ergebnis ist es für die Pflichtenkonkretisierung unerheblich, ob es sich um ein ehrenamtliches oder um ein entgeltlich tätiges Vorstandsmitglied handelt. In jedem Fall ist für die Pflichten auf die Grundregeln des Auftragsrechts zurückzugreifen, wenn in der Satzung keine anderen Bestimmungen getroffen worden sind.337 Den Auftragsvorschriften in Japan liegt grundsätzlich auch ein unentgeltliches Rechtsverhältnis zugrunde. Die Parteien können aber auch eine Vergütung durch Sondervertrag vereinbaren. 338 Da das Auftragsrecht oftmals auf Arbeitsverträge Anwendung findet, sind die meisten Aufträge heutzutage – entgegen der Absicht des historischen Gesetzgebers – entgeltlicher Natur.339

334 Japan: Art. 64 VSG i.V.m. Art. 643 ff. ZG; Deutschland: § 27 Abs. 3 (i.V.m. § 86) BGB. 335 § 27 Abs.3, 40 (i.V.m. § 86) BGB. 336 Vereinsrecht: WALDNER, Organe (2009), S. 484; Stiftungsrecht: LÜKE, Organe (2009), S. 1336; WIGAND / HAASE-THEOBALD / HEUEL, Stiftungen in der Praxis (2009), S. 61, 65. 337 SAUTER / WALDNER / SCHWEYER, Der eingetragene Verein (2010), S. 162; REUTER, in: MüKo, § 27 Rn. 39. 338 Art. 648 Abs. 1 ZG. 339 ENDŌ, I‘nin (2004), S. 204.

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1.) Bindung an die Satzung und die Beschlüsse der Mitgliederversammlung In beiden Rechtsordnungen sind der Vorsitzende bzw. die Vorstandsmitglieder verpflichtet, die Bestimmungen der Satzung zu beachten. 340 Dadurch werden vor allem diejenigen geschützt, die die Satzung erlassen haben, d.h. die Vereinsgründer bzw. der Stifter. Unterschiede bestehen insoweit, als dass die Vorsitzenden eines Gewöhnlichen Vereins und die Vorstandsmitglieder eines eingetragenen Vereins darüber hinaus auch noch an die Beschlüsse der Mitgliederversammlung gebunden sind.341 Für die stiftungsartigen Rechtsträger besteht in beiden Ländern grundsätzlich kein solches Weisungsrecht gegenüber dem Geschäftsführungsorgan. In Japan werden zwar viele der Rechte der Mitgliederversammlung durch die Evaluiererversammlung wahrgenommen, die aber weder Willensbildungsorgan der Gewöhnlichen Stiftung ist, noch eine uneingeschränkte Satzungskompetenz hat. Sie steht damit organisatorisch nicht über dem Vorstand, so dass ihr auch kein Weisungsrecht eingeräumt ist. In der rechtsfähigen Stiftung in Deutschland gibt es ein der Mitgliederversammlung oder der Evaluiererversammlung vergleichbares Organ nicht. Zwar besteht im Stiftungsrecht eine Verweisung auf das Auftragsrecht, jedoch werden die Auftragsvorschriften nur angewendet, wenn nach den Satzungsvorschriften ein weiteres Organ geschaffen wurde. Die Kompetenzen der Stiftungsbehörde sind jedenfalls auf eine Rechtsaufsicht beschränkt und enthalten keine Weisungsbefugnis gegenüber dem Vorstand.342 2.) Treuepflicht Ein Vorsitzender bzw. ein Vorstandsmitglied hat in beiden Ländern eine Treuepflicht gegenüber dem Rechtsträger zu beachten. 343 Die allgemeine Treuepflicht besagt, dass ein Vorsitzender bzw. ein Vorstandsmitglied nicht auf Kosten des Rechtsträgers eigene Interessen oder Interessen Dritter verfolgen darf.

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Japan: Art. 83 VSG; Deutschland: Die Satzungsbindung folgt bereits daraus, dass Satzungsbestimmungen das allgemeine Auftragsrecht der Geschäftsführung gem. §§ 27 Abs. 3, 644 ff. (i.V.m. § 86 S. 1) BGB jederzeit abändern können, vgl. SEGNA, Vorstandskontrolle in Großvereinen (2002), S. 122 ff. 341 Japan: Art. 83 VSG; Deutschland: § 27 Abs. 3 i.V.m. § 665 BGB. 342 REUTER, in: MüKo, § 86 Rn. 15. 343 Japan: Art. 83 (i.V.m. Art. 197) VSG; Deutschland: Die Treuepflicht wird in der deutschen Rechtsprechung bislang v.a. im Aktienrecht anerkannt, BGHZ 13, S. 188 ff. (192); 20, S. 239 ff. (246). Sie findet aber auch für den Vorstand von eingetragenen Vereinen und rechtsfähigen Stiftungen Beachtung, HARTNICK, Kontrollprobleme bei Spendenorganisationen (2007), S. 337; V. HIPPEL, Grundprobleme von Nonprofit-Organisationen (2007), S. 149, 159 ff.; REUTER, in: MüKo, § 27 Rn. 42; § 86 Rn. 16.

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In Japan besteht eine gesetzliche Ausgestaltung der Pflicht darin, dass ein Vorsitzender verpflichtet ist, bestimmte Geschäftstätigkeiten der Mitgliederversammlung gegenüber offenzulegen und dafür ihre Zustimmung einzuholen. 344 Die Pflicht erfasst (1.) konkurrierende Geschäftstätigkeiten des Vorsitzenden, (2.) Insichgeschäfte und (3.) Bürgschaften für den Vorsitzenden sowie Geschäfte zwischen ihm und einem Dritten, die ihn in einen Interessenkonflikt zum Rechtsträger setzen. Für die Vermeidung von Interessenkonflikten zwischen den Interessen des Vorstandsmitglieds einerseits und einem eingetragenen Verein oder einer rechtsfähigen Stiftung andererseits, ist in der deutschen Rechtsordnung das allgemeine Verbot des Insichgeschäfts gem. § 181 BGB geregelt.345 Danach wird – wie in Art. 108 ZG der japanischen Rechtsordnung – einem Vertreter die Vertretungsbefugnis für die Fälle des Selbstkontrahierens und der Mehrfachvertretung abgesprochen. Regelungen über konkurrierende Geschäftstätigkeiten und die Übernahme einer Bürgschaft für ein Vorstandsmitglied wurden bislang nur im Gesellschaftsrecht getroffen, beispielsweise im Recht der Aktiengesellschaften durch das Wettbewerbsverbot oder für die Kreditgewährung an Vorstandsmitglieder.346 Die Vorschrift des § 181 BGB über Insichgeschäfte wird in Deutschland zum Schutz des Rechtsverkehrs formal eng ausgelegt. 347 Eine Analogie wird durch die Rechtsprechung nur für den Fall zugelassen, dass der am Geschäft beteiligte Vertreter einen Untervertreter einschaltet oder für sich selbst einen Vertreter bestellt. 348 Diese enge Auslegung des § 181 BGB wird für Vorstandsmitglieder von eingetragenen Vereinen oder rechtsfähigen Stiftungen teilweise kritisiert, da es die Umgehung eines Insichgeschäfts durch Gunstzuweisungen anderer Vorstandsmitglieder nicht verhindert. Beispielsweise könnte das wegen § 181 BGB verhinderte Vorstandsmitglied ein anderes Vorstandsmitglied zum Abschluss eines für ihn selber günstigen Geschäfts bitten. Das verhinderte Vorstandsmitglied wäre dann nicht direkt an dem ihn begünstigenden Geschäft beteiligt, so dass § 181 BGB nicht einschlägig wäre.349 Vergleicht man die Gesetzeslage mit Japan, so werden hier unter (3.) auch Geschäfte erfasst, die ein Vorsitzender mit einem Dritten schließt und die im Interessenkonflikt zum vertretenen Rechtsträger stehen. Die Regelungen zur Wahrung der Treuepflicht erfassen im japanischen Recht daher insgesamt vielschichtigere Fälle von Interessenkonflikten zwischen Vorsitzendem und dem durch ihn vertretenen Rechtsträger. 344

Art. 84 (i.V.m. 197) VSG. Vereinsrecht: WALDNER, Organe (2009), S. 500; Stiftungsrecht: WIGAND / HAASETHEOBALD / HEUEL, Stiftungen in der Praxis (2009), S. 59. 346 §§ 88, 89 AktG. 347 HARTNICK, Kontrollprobleme bei Spendenorganisationen (2007), S. 362. 348 BGHZ 64, S. 72 ff. (74). 349 HARTNICK, Kontrollprobleme bei Spendenorganisationen (2007), S. 363 ff. 345

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2. Kapitel: Rechtliche Grundlagen

3.) Sorgfaltspflicht und Haftungsmaßstab Bei der Geschäftsführung haben in beiden Ländern der Vorsitzende bzw. das Vorstandsmitglied die erforderliche Sorgfalt zu beachten. 350 In Japan wird hierfür von einem objektiven Sorgfaltsbegriff ausgegangen, der sich nach der Sorgfalt richtet, die von einer Person in der Position eines Vorsitzenden erwartet wird, ohne dass individuell vorhandene Fähigkeiten berücksichtigt werden.351 Hingegen geht das deutsche Recht von einer objektivierten Sorgfalt der konkreten Person aus, die auch die individuellen Kenntnisse und Fähigkeiten berücksichtigt. 352 In Deutschland ist die Sorgfaltspflichtverletzung zudem nicht nur auf Tatbestandsebene als Maßstab der Pflichtwidrigkeit bei der Geschäftsführung relevant, sondern zugleich auch der Haftungsmaßstab für die Frage des Verschuldens im Rahmen der Haftung (Doppelfunktion).353 4.) Anzeige- und Aufsichtspflicht Der Vorsitzende bzw. das Vorstandsmitglied ist in beiden Ländern verpflichtet, Gefahren gegenüber dem Rechtsträger anzuzeigen und sich gegenseitig zu beaufsichtigen. In Japan sind diese Pflichten im Vereins- und Stiftungsgesetz gesetzlich geregelt. Der Vorsitzende hat gegenüber den Mitgliedern oder dem Revisor Umstände anzuzeigen, die dem Gewöhnlichen Verein schaden können.354 Eine Folge dieser Pflicht ist, dass bei einem Rechtsträger mit mehreren Vorsitzenden diese dazu ermutigt werden, sich gegenseitig zu überwachen und die Gefahr einer möglichen Schädigung durch einen anderen Vorsitzenden mitzuteilen. Im Fall eines Gewöhnlichen Vereins mit Vorstand haben die Vorsitzenden sogar eine gesetzliche Aufsichtspflicht. Sie müssen im Vorstand die Ausführung der Amtspflichten der Vorsitzenden beaufsichtigen.355 In Deutschland ist eine gegenseitige Anzeige- und Aufsichtspflicht der Vorstandsmitglieder nicht gesetzlich geregelt. Es wird jedoch eine Aufsichtspflicht bei eingetragenen Vereinen und rechtsfähigen Stiftungen diskutiert, in denen die Geschäftsführung in verschiedene Vorstandsressorts aufgeteilt wird. Ob den Vorstandsmitgliedern in diesem Fall eine gegenseitige Aufsichtspflicht für die Tätigkeiten außerhalb ihres eigenen Ressorts obliegt, ist jedoch umstritten. Würde eine solche Aufsichtspflicht nicht bestehen, könnten die Vorstandsmitglieder für die Pflichtverletzung bei der Geschäftsführung in 350

Japan: Art. 644 ZG; Deutschland: § 276 Abs. 2 BGB. KAWAMOTO u.a., Gesellschaftsrecht in Japan (2004), S. 190. 352 HEINRICHS, in: Palandt, § 276 Rn. 15; HARTNICK, Kontrollprobleme bei Spendenorganisationen (2007), S. 396. 353 HARTNICK, Kontrollprobleme bei Spendenorganisationen (2007), S. 395. 354 Art. 85 VSG. 355 Art. 90 Abs. 2 Nr. 2 VSG. 351

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einem anderen Ressort nicht zur Verantwortung gezogen werden. Der BGH hat für die Geschäftsführer einer GmbH eine Verantwortlichkeit für sämtliche Angelegenheiten der Gesellschaft angenommen und lehnt eine Begrenzung auf das eigene Ressort ab. 356 Die strukturelle Vergleichbarkeit der GmbH zum Verein spricht hierbei für eine Übertragung der Rechtsprechung zumindest auf den eingetragenen Verein. Des Weiteren wird der Gesetzeswortlaut des § 27 Abs. 3 BGB teilweise dahingehend ausgelegt, dass die Geschäftsführung dem Vorstand grundsätzlich als Ganzes übertragen wird. Die einzelnen Geschäftstätigkeiten sollen zwar aufgeteilt werden können, jedoch haben weiterhin alle Vorstandsmitglieder für eine ordnungsgemäße Geschäftsführung einzustehen.357 Sie sind daher verpflichtet, sich über die Angelegenheiten in anderen Ressorts zu informieren und potentielle Schäden für den Rechtsträger anzuzeigen.358 5.) Auskunftspflicht In beiden Ländern hat der Vorsitzende bzw. das Vorstandsmitglied in der Mitgliederversammlung Auskunft zu erteilen. In Japan muss er auf Anfrage eines Mitglieds in der Mitgliederversammlung Angelegenheiten erläutern, die Gegenstand der Tagesordnung sind.359 In Deutschland wird aus den allgemeinen Auftragsvorschriften bzw. dem Aktiengesetz eine ähnliche Auskunftspflicht abgeleitet. 360 Die Pflicht wird im deutschen Recht jedoch insofern weiter ausgelegt, als dass sie sich grundsätzlich auf alle Vereinsangelegenheiten bezieht, über die die Mitgliederversammlung durch Beschluss Auskunft verlangt, unabhängig davon, ob sie auf der Tagesordnung stehen.361 Im Vergleich von Gewöhnlicher Stiftung und rechtsfähiger Stiftung ist der Unterschied zwischen den beiden Rechtsordnungen noch größer. Während in Japan die Vorsitzenden der Evaluiererversammlung gegenüber Auskunft zu erteilen haben,362 sind die Vorschriften des Auftragsrechts nur bedingt auf die Stiftungsbehörde übertragbar. Obwohl die meisten Landesstiftungsgesetze den Stiftungsbehörden die Befugnis einräumen, sich über alle Angelegenheiten der Stiftung jederzeit zu unterrichten, dürfen sie die Stiftung nicht ausforschen, sondern müssen ihre Auskunftsbegehren auf konkrete Sachverhalte 356

BGHZ 133, S. 370 ff. (376 f.) = NJW 1997, S. 130 ff. Zum Vereinsrecht: REICHERT, Vereins- und Verbandsrecht (2007), S. 449 f.; REUTER, in: MüKo, § 27 Rn. 42; a.A. SAUTER / WALDNER / SCHWEYER, Der eingetragene Verein (2010), S. 163, der eine Aufsichtspflicht zumindest bei Ressortaufteilung durch die Satzung ablehnt. 358 REICHERT, Vereins- und Verbandsrecht (2007), S. 449 f. 359 Art. 53 S. 1 VSG. 360 §§ 27, 666 BGB bzw. § 131 Abs. 1 AktG analog. 361 REUTER, in: MüKo, § 27 Rn. 40; SEGNA, Vorstandskontrolle in Großvereinen (2002), S. 206; Siehe auch die Ausführungen zum Informationsrecht der Mitglieder, S 198. 362 Art. 190 VSG. 357

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2. Kapitel: Rechtliche Grundlagen

stützen (sog. Anlassaufsicht). 363 Es besteht daher für ein Vorstandsmitglied einer rechtsfähigen Stiftung nur eine beschränkte Auskunftspflicht gegenüber der Stiftungsbehörde. 6.) Rechenschaftspflicht Beide Rechtsordnungen verpflichten das Geschäftsführungsorgan zur Rechenschaft. In Japan sind dabei die Abrechnungsdokumente und der Geschäftsbericht in der ordentlichen Mitgliederversammlung vorzulegen oder dieser zumindest zur Verfügung zu stellen.364 In Deutschland ist je nach Rechtsform zu unterscheiden. Ein Vorstandsmitglied eines eingetragenen Vereins hat gesetzlich nur eine einfache Rechenschaftspflicht, die sich in einer Zusammenstellung der Einnahmen und Ausgaben in einer bestimmten Periode erschöpft. 365 Lediglich für eingetragene Vereine mit umfangreicher wirtschaftlicher Betätigung kann auch eine Rechnungslegungspflicht nach kaufmännischen Grundsätzen366 erforderlich sein. Ein schriftlicher Geschäftsbericht wie in Japan ist hier nicht nötig. d. Zusammenfassung Nach der bisherigen Gesetzeslage war die Organisationsstruktur gemeinnütziger Vereine und Stiftungen a.F. nur in ihren Grundzügen gesetzlich geregelt. In ähnlicher Weise waren auch die Rechte und Pflichten der Organe bislang nur ansatzweise zivilgesetzlich bestimmt worden. Demgegenüber zeichnen die Vorschriften des Vereins- und Stiftungsgesetzes ein differenziertes Bild der Organisationsstruktur. Die neuen Vorschriften sind größtenteils in Anlehnung an Vorschriften des Gesellschaftsgesetzes entstanden, die entsprechend zur Auslegung des Vereins- und Stiftungsgesetzes herangezogen werden. Für die Organisationsstruktur wird nach dem Umfang der Rechtsträger differenziert. Grundsätzlich sind bei Gewöhnlichen Vereinen eine Mitgliederversammlung und ein Vorsitzender einzurichten. Daneben müssen große Gewöhnliche Vereine und Stiftungen als weitere Organe einen Revisor und einen Rechnungsprüfer bestellen. Gewöhnliche Stiftungen haben jedoch grundsätzlich eine erweiterte Organisationsstruktur. Neben einem Vorsitzenden und mindestens drei Evaluierern muss stets auch ein Revisor bestellt werden. Des Weiteren werden auch die Rechte und Pflichten der einzelnen Organe umfangreich in den Vorschriften des Vereins- und Stiftungsgesetzes geregelt. Für die Mitgliederversammlung bei Gewöhnlichen Vereinen beste363

REUTER, in: MüKo, § 86 Rn. 15. Art. 126 Abs. 2 VSG. 365 § 666 i.V.m. § 259 Abs. 1 BGB, REUTER, in: MüKo, § 27 Rn. 40; SEGNA, Rechnungslegung Vereine (2005), S. 10. 366 § 238 ff. HGB. 364

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hen Vorgaben zum Ablauf, zu den Mitgliedern sowie zu deren Kompetenzen. Nach der alten Rechtslage konnte die Mitgliederversammlung weitgehend entmachtet werden. Lediglich die Möglichkeiten der Satzungsänderung und der Vereinsauflösung verblieben ihr als einzige unabdingbare Rechte. Nunmehr ist der Gesetzeskatalog unabdingbarer Rechte erheblich erweitert und dadurch die Stellung des Organs gestärkt worden. Bei Gewöhnlichen Stiftungen haben die Evaluierer in ihrer Versammlung ähnliche Kompetenzen wie die Mitgliederversammlung. Da sie jedoch nicht an der grundlegenden Willensbildung des Rechtsträgers beteiligt sein sollen, werden ihnen gesetzlich in einem wesentlich begrenzterem Umfang Kompetenzen übertragen. Sie haben beispielsweise nicht das Recht, den Rechtsträger aufzulösen oder die Satzung zu ändern. Schließlich wurden für beide Rechtsträger, zusätzlich zu den Grundbestimmungen über die Vorsitzenden, Vorschriften über die Einsetzung eines Vorstands eingeführt. Hierbei handelt es sich um ein gesetzlich geregeltes Geschäftsführungsgremium, das die Alltagsgeschäfte einem geschäftsführenden Vorsitzenden überträgt. Die Aufgaben des Gremiums bestehen im Wesentlichen darin, die Tätigkeiten des geschäftsführenden Vorsitzenden zu überwachen. Die Einsetzung eines solchen Gremiums ist für kleinere Rechtsträger jedoch nicht verpflichtend. Im Rechtsvergleich zu Japan sind die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs in Deutschland hinsichtlich der Organisationsstruktur von eingetragenen Vereinen und Stiftungen offener und weniger detailliert formuliert. Für eingetragene Vereine werden die Mitgliederversammlung und ein Vorstand vorausgesetzt. Die Kompetenzen der Mitgliederversammlung sind weitgehend einschränkbar und können an ein anderes Organ übertragen werden. Für die Aufgabenverteilung der Vorstandsmitglieder ist gesetzlich kein komplexeres Vorstandsmodell geregelt. Da für rechtsfähige Stiftungen eine zivilrechtliche Aufsicht durch die Stiftungsbehörden erfolgt, muss als Organ lediglich ein Vorstand bestellt werden. In der Praxis werden bei eingetragenen Vereinen und rechtsfähigen Stiftungen neben den gesetzlichen Organen oftmals noch ein Kuratorium oder ein Beirat als weitere Organe eingerichtet.

III. Auflösung

III. Auflösung

Die Gemeinnützigkeitsreform hat auch das bisherige Auflösungsverfahren für gemeinnützige Vereine und Stiftungen a.F. verändert. Im neuen Vereins- und Stiftungsgesetz bleiben die Grundstrukturen der Auflösung zwar bestehen, jedoch bringt vor allem die Abschaffung der behördlichen Genehmigung einige Änderungen mit sich. Gewöhnliche Vereine und Stiftungen werden aufgelöst, wenn einer der gesetzlich geregelten Gründe vorliegt. An die Auflösung schließt sich meist das Liquidationsverfahren an, in dem die bestehenden Rechts- und Vermögensverhältnisse des Rechtsträgers abgewickelt wer-

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2. Kapitel: Rechtliche Grundlagen

den. Der Rechtsträger ist mit dem Abschluss des Liquidationsverfahrens erloschen. 1. Auflösung gemeinnütziger Vereine und Stiftungen a.F. Bislang waren die Auflösungsgründe für gemeinnützige Vereine und Stiftungen einheitlich in den Vorschriften des Zivilgesetzes geregelt.367 Die Rechtsträger wurden aufgelöst, wenn einer der folgenden Auflösungsgründe eintrat: − Eintritt eines in der Satzung oder dem Stiftungsgeschäft vorgesehenen Auflösungsgrundes, − Erreichung oder Unmöglichkeit der Zweckerfüllung der juristischen Person, − Beschluss über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens, − Rücknahme der Gründungsgenehmigung, − Beschluss der Versammlung der Mitglieder (nur für gemeinnützige Vereine a.F.) oder − Wegfall der Mitglieder (nur für gemeinnützige Vereine a.F.). Bereits unter der bisherigen Rechtslage konnten die Mitglieder eines gemeinnützigen Vereins a.F. ohne Mitsprache der zuständigen Behörde einen Auflösungsbeschluss anstreben. Dafür war die Zustimmung von drei Vierteln der Mitglieder erforderlich.368 Für die gemeinnützige Stiftung a.F. bestand aufgrund der strukturellen Unterschiede keine vergleichbare Gesetzesvorschrift. Seitens des Staates konnte die Auflösung für beide gemeinnützigen Rechtsträger a.F. einheitlich durch Rücknahme der Gründungsgenehmigung durch die zuständige Behörde erfolgen. 369 Allerdings oblag die Aufsicht über die ordnungsgemäße Abwicklung der Rechtsträger insgesamt nicht der zuständigen Behörde, sondern den Gerichten.370 Sie konnten dafür jederzeit von Amts wegen die zur Aufsicht erforderlichen Dokumente einfordern. Die Auflösung der gemeinnützigen Rechtsträger a.F. musste, außer in den Fällen des Insolvenzverfahrens und der Genehmigungsrücknahme, innerhalb von zwei Wochen am Sitz der Hauptgeschäftsstelle eingetragen und der zuständigen Behörde angezeigt werden.371 Nach Auflösung der Rechtsträger wurde mit Ausnahme der Insolvenzfälle das zivilgesetzliche Liquidationsverfahren eingeleitet. 372 Der aufgelöste Rechtsträger bestand bis zum Abschluss des Liquidationsverfahrens noch fort. 373 Während des Verfahrens wurden die Vermögensverhältnisse der 367

Art. 68 ZG a.F. Art. 67 ZG a.F. 369 Zur Rücknahme der Genehmigung siehe S. 166. 370 Art. 82 ZG a.F. 371 Art. 77 Abs. 1 ZG a.F. 372 SHINOMIYA / NOMI, Minpō sōsoku (2005), S. 99. 373 Art. 73 ZG a.F. 368

III. Auflösung

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Rechtsträger von Liquidatoren geordnet. 374 Als Liquidatoren wurden regelmäßig die bisherigen Vorsitzenden bestellt. Sie mussten unter anderem die Verteilung des Restvermögens vornehmen. 375 Hierfür konnte zuvor in der Satzung oder dem Stiftungsgeschäft ein Anfallsberechtigter bestimmt werden. Waren entsprechende Regelungen nicht vorgesehen, konnten die Vorsitzenden das Restvermögen an einen Anfallsberechtigten, der ähnliche Ziele wie der aufgelöste gemeinnützige Rechtsträger verfolgte, mit vorheriger Genehmigung der zuständigen Behörde übertragen.376 Falls kein Anfallsberechtigter bestimmt wurde, fiel das Restvermögen an den Staat. Obwohl nach dem Wortlaut des Zivilgesetzes auch Privatpersonen als Anfallsberechtigte zugelassen waren, wurden in der Praxis nur gemeinnützige Rechtsträger mit ähnlicher Zwecksetzung oder der Fiskus als Anfallsberechtige des Restvermögens anerkannt. 377 Wurde in den Satzungsbestimmungen eine Privatperson als Adressat des Restvermögens benannt, lehnte die zuständige Behörde bereits den Antrag auf Erteilung der Gründungsgenehmigung ab.378 Der Abschluss des Liquidationsverfahrens musste dann der zuständigen Behörde angezeigt werden.379 2. Auflösung Gewöhnlicher Vereine und Stiftungen Nach der neuen Rechtslage erfolgt die Auflösung nach den für Gewöhnliche Vereine und Stiftungen geregelten Auflösungsgründen des Vereins- und Stiftungsgesetzes. Das Auflösungsverfahren ist gesetzlich detaillierter geregelt und durch weitere Gründe ergänzt. Anders als die bisherigen Regelungen, ist eine staatliche Auflösung nicht länger durch eine Behörde, sondern nur durch die Gerichte möglich. Nach der Auflösung des Rechtsträgers wird, wie bisher auch, meist ein Liquidationsverfahren eingeleitet. 380 Etwas anderes gilt nur für die Auflösung infolge von Verschmelzung, die im Vereins- und Stiftungsgesetz in einem eigenen Abschnitt geregelt ist.381 Zudem wird für das Liquidationsverfahren wegen Insolvenz eines Rechtsträgers weiterhin auf die allgemeinen Vorschriften des Konkursgesetzes verwiesen.382

374

Art. 73 ZG a.F. Art. 78 Abs. 1 Nr. 3 ZG a.F. 376 Art. 72 Abs. 2 ZG a.F. 377 SHINOMIYA / NOMI, Minpō sōsoku (2005), S. 100 f.; AMEMIYA, Japan (1999), S. 155. 378 SHINOMIYA / NOMI, Minpō sōsoku (2005), S. 101. 379 Art. 83 ZG a.F. 380 Art. 206 – 241 VSG; zur Auflösung nach neuer Gesetzeslage siehe auch UEDA, Ippan shadan ippan zaidan hōjin (2009), S. 161. 381 Art. 242 – 260 VSG. 382 Art. 34, 35 Hasan-hō (Konkursgesetz), Gesetz Nr. 75 / 2004. 375

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2. Kapitel: Rechtliche Grundlagen

a. Auflösungsgründe Die Auflösung eines Gewöhnlichen Vereins oder einer Gewöhnlichen Stiftung erfolgt aus einem der nachfolgenden Gründe:383 − Ende der in der Satzung vorgesehenen Bestehensdauer, − Eintritt eines in der Satzung vorgesehenen Auflösungsgrundes − Verschmelzung, − Beschluss über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens, − Gerichtliche Auflösungsentscheidung, − Beschluss der Versammlung der Mitglieder (nur für Gewöhnliche Vereine), − Wegfall der Mitglieder (nur für Gewöhnliche Vereine), − Unmöglichkeit der Zweckerfüllung wegen des Verlusts des Grundstockvermögens oder aus einem anderen Grund (nur für Gewöhnliche Stiftungen) oder − wenn in zwei aufeinanderfolgenden Geschäftsjahren am Ende der im letzten Jahr stattfindenden regulären Versammlung der Evaluierer das Reinvermögen in der Bilanz weniger als 3 Mio. Yen beträgt (nur für Gewöhnliche Stiftungen). Zudem gelten sog. ruhende Rechtsträger (kyūmin hōjin) als aufgelöst, wenn sie sich nicht innerhalb von zwei Monaten nach einer Rückmeldeaufforderung bei ihrer Registerbehörde melden. 384 Als ruhende Rechtsträger werden allgemein solche Rechtsträger bezeichnet, die über einen längeren Zeitraum keine Aktivitäten verzeichnen. Die Auflösung durch einen Beschluss der Mitgliederversammlung ist nur bei Gewöhnlichen Vereinen ausdrücklich im Gesetz vorgesehen.385 Dagegen ist bei Gewöhnlichen Stiftungen ein gesetzliches Auflösungsrecht der Evaluiererversammlung nicht geregelt worden. Die Evaluierer sollen nur dem Stiftungszweck gemäß handeln, nicht jedoch selbst Einfluss auf die Zwecksetzung nehmen.386 Die Gesetzesverfasser scheinen damit auch eine Satzungsbestimmung, die ein Auflösungsrecht unter bestimmten Umständen an die Evaluiererversammlung überträgt, ausschließen zu wollen. Jedoch ist der Gesetzeswortlaut in Art. 202 Abs. 1 Nr. 2 VSG so weit gefasst, dass auch die Übertragung eines Auflösungsrechts durch die Satzung möglich wäre. Ob letztlich die Evaluiererversammlung auch zur Auflösung durch die Satzung ermächtigt werden kann, ist bislang noch eine offene Auslegungsfrage des Vereins- und Stiftungsgesetzes. Beim Gewöhnlichen Verein erfordert ein Auflösungsbeschluss der Mitgliederversammlung eine qualifizierte Be383

Art. 148 Nr. 1 – 7; Art. 202 Abs. 1 Nr. 1 - 6, Abs. 2 VSG. Art. 149 Abs. 1; Art. 203 Abs. 1 VSG. 385 Art. 148 Nr. 3 VSG. 386 SHIN-KŌEKI HŌJIN SEIDO KENKYŪ-KAI, Ichimon ittō (2006), S. 148; UEDA, Ippan shadan ippan zaidan hōjin (2009), S. 165. 384

III. Auflösung

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schlussfassung, d.h. mindestens eine Stimmenmehrheit von zwei Dritteln der Stimmrechte. 387 An der Beschlussfassung müssen über die Hälfte der Mitglieder teilnehmen. Im Gegensatz zur bisherigen Rechtslage wurde eine unmögliche Zweckerfüllung für Gewöhnliche Vereine nicht mehr in den Katalog der Auflösungsgründe aufgenommen. Die Mitglieder sollen in diesem Fall selbst bestimmen, ob sie dem Rechtsträger in der Satzung einen neuen Zweck geben oder ihn auflösen.388 Da die Gewöhnliche Stiftung keine Mitglieder hat, ist für sie, wie bislang auch, die Unmöglichkeit der Zweckerfüllung als Auflösungsgrund geregelt.389 Eine staatliche Auflösung kann bei beiden Rechtsträgern im Wege einer gerichtlichen Entscheidung erfolgen. 390 Hierbei sind zwei Wege zu unterscheiden: die Auflösungsverfügung (kaisan meirei) und das Auflösungsurteil (kaisan no uttae). Die gerichtliche Auflösungsverfügung erfolgt auf Antrag des Justizministers, eines Mitglieds, eines Evaluierers, eines Gläubigers oder sonstiger Interessenten, wenn der Rechtsträger dem öffentlichen Interesse schadet und er deshalb nicht mehr weiterbestehen sollte.391 Konkret liegt eine solche Situation vor, wenn die Gründung des Rechtsträgers zu rechtswidrigen Zwecken erfolgte, wenn der Rechtsträger innerhalb eines Jahres nach seiner Gründung ohne berechtigten Grund seine Tätigkeiten nicht aufgenommen hat oder einer der an den laufenden Geschäften beteiligten Vorsitzenden trotz Warnung des Justizministers fortlaufend oder wiederholt seine Befugnisse oder bestehende Rechts- oder Satzungsvorschriften missachtet. Demgegenüber kommt ein Auflösungsurteil zustande, indem Mitglieder, die zusammen über ein Zehntel der Stimmrechte verfügen, oder einer der Evaluierer eine Auflösungsklage erheben.392 Eine Auflösungsklage kann angestrebt werden, wenn der Rechtsträger infolge seiner Geschäftsführung in eine schwierige Lage geraten ist und einen Schaden erleidet bzw. zu erleiden droht, von dem er sich nicht mehr erholen wird können. Des Weiteren kann die Klage angestrebt werden, wenn die Verwaltung oder die Verfügung über das Vermögen des Rechtsträgers in auffallend unlauterer Weise erfolgt, so dass der Rechtsträger in seinem Fortbestand bedroht ist. Die beiden Fälle der gerichtlichen Entscheidung unterscheiden sich in den jeweils geschützten Interessen. Während bei einer Auflösungsverfügung der Schutz des öffentlichen Interesses im Vordergrund steht, umfasst der Schutzzweck des Auflösungsurteils auch die Interessen der Mitglieder, zumindest wenn es sich gegen einen Gewöhnlichen Verein richtet. 387

Art. 49 Abs. 2 Nr. 3 VSG. UEDA, Ippan shadan ippan zaidan hōjin (2009), S. 162. 389 UEDA, Ippan shadan ippan zaidan hōjin (2009), S. 165. 390 Art. 148 Nr. 7; Art. 202 Nr. 6 VSG. 391 Art. 261 Abs. 1 VSG. 392 Art. 268 VSG. 388

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2. Kapitel: Rechtliche Grundlagen

Da beide Fälle der staatlichen Auflösung für Gewöhnliche Vereine und Stiftungen erstmals in den Vorschriften des Vereins- und Stiftungsgesetzes geregelt wurden, bestehen bislang noch keine Erfahrungswerte über die praktische Anwendung der Vorschriften. Vergleicht man hierzu die praktische Anwendung der fast identischen Vorschriften des Gesellschaftsgesetzes393, so hat die gerichtliche Auflösungsverfügung wegen Gefährdung öffentlicher Interessen bislang kaum Bedeutung.394 Dagegen ist es in der Praxis bereits zu gerichtlichen Auflösungsklagen gegen Gesellschaften gekommen. Als Beispielsfälle werden Auflösungsklagen wegen grundsätzlicher Meinungsverschiedenheiten zwischen Verwaltungsratsmitgliedern und Aktionären genannt, die eine künftige Beschlussfassung über die Geschäfte des Rechtsträgers verhindern395 oder auch Auflösungsklagen wegen Streitigkeiten zwischen den Aktionären, die einen selbstständigen Auflösungsbeschluss verhindern.396 Im Gesellschaftsrecht erfolgt daher eine gerichtliche Auflösung nicht auf Veranlassung einer staatlichen Aufsichtsstelle, sondern primär aus Anlass interner Vorfälle durch die Aktionäre. Die Auflösung eines Rechtsträgers muss innerhalb von zwei Wochen in das Register am Sitz der Hauptgeschäftsstelle eingetragen werden.397 Bei der Auflösung durch gerichtliche Verfügung oder bei einem ruhenden Rechtsträger erfolgt die Eintragung durch die entsprechenden staatlichen Stellen.398 b. Liquidationsverfahren Im Liquidationsverfahren bestehen die aufgelösten Rechtsträger bis zum Ende der Liquidation als sog. in Liquidation befindliche juristische Personen (seisan hōjin) weiter fort.399 Nach Beendigung des Liquidationsverfahrens ist die juristische Person erloschen.400 Die Liquidation der Rechtsträger wird von Liquidatoren durchgeführt. Es ist mindestens ein Liquidator zu bestellen.401 Daneben kann fakultativ auch eine Versammlung der Liquidatoren (seisan-jin-kai) aus mindestens drei Personen eingesetzt werden. Für die Liquidatoren finden die Vorschriften über den oder die Vorsitzenden sowie den Vorstand weitgehend entsprechende Anwendung. 402 Als Liquidatoren kommen Vorsitzende, andere satzungs393

Art. 471 Nr. 6 i.V.m. Art. 824 Abs. 1, Art. 833 Abs. 1 GesG. KANDA, Kaisha-hō (2010), S. 277 f. 395 DG Tokyo vom 18.07.1989, Hanrei Taimuzu 1349 (1989), S. 148 f. 396 KANDA, Kaisha-hō (2010), S. 278 m.w.N. 397 Art. 308 VSG. 398 Art. 315 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 3 Nr. 2; Art. 330 VSG. 399 Art. 207 VSG. 400 UEDA, Ippan shadan ippan zaidan hōjin (2009), S. 173. 401 Art. 208 Abs. 1 VSG. 402 Art. 224 Abs. 1 VSG. 394

III. Auflösung

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gemäß bestimmte Personen sowie durch Beschluss der Mitglieder- oder der Evaluiererversammlung oder auch durch Gericht bestellte Personen in Betracht.403 Mit der Einleitung des Liquidationsverfahrens verlieren die bisherigen Vorsitzenden ihre Position. Sie werden jedoch oftmals als Liquidatoren eingesetzt.404 Die übrigen Organe bleiben für die Dauer des Liquidationsverfahrens bestehen. Insbesondere sind die Regelungen über das Ende der Amtszeit für die Revisoren und die Evaluiererversammlung nicht anwendbar,405 da die Bemessung der Amtszeit nicht mehr nach Geschäftsjahren erfolgen kann. 406 Es kann jedoch auch noch im Liquidationsverfahren ein Revisor bestellt werden. Für Gewöhnliche Vereine und Stiftungen großen Umfangs ist dessen Bestellung sogar gesetzlich vorgesehen.407 Aufgrund der hohen finanziellen Verpflichtungen dieser Rechtsträger ist es erforderlich, die Interessen der möglichen Schuldner durch einen Revisor besonders zu schützen.408 Aufgabe der Liquidatoren ist es, die gegenwärtigen Geschäfte zu Ende zu führen, die Forderungen des Rechtsträgers einzutreiben und die ausstehenden Schulden zu begleichen sowie die Verteilung des Restvermögens vorzunehmen.409 Das Restvermögen muss an die satzungsgemäß bestimmten Personen ausgezahlt werden. 410 Soweit in der Satzung keine Anfallsberechtigten bestimmt wurden, kann dies durch einen Beschluss der Mitglieder- bzw. Evaluiererversammlung nachgeholt werden. Andernfalls wird das Restvermögen an den Fiskus überwiesen.411 Da Gewöhnliche Vereine und Stiftungen nicht auf Gewinnerzielung gerichtet sind, ist es grundsätzlich verboten, in der Satzung eine Vermögensausschüttung beispielsweise an die Mitglieder festzulegen. 412 Allerdings verhindern die Vorschriften des Vereins- und Stiftungsgesetzes keine Ausschüttung des Restvermögens an die Mitglieder durch Beschluss der Mitgliederversammlung während des Liquidationsverfahrens. 413 Der Grund für die Lockerung des Ausschüttungsverbots liegt darin, dass die Rechtsträger des Vereins- und Stiftungsgesetzes nicht nur für gemeinnützige Zwecke genutzt werden, sondern auch von solchen Organisationen, deren Zweck in der Förderung der Mitgliederinteressen besteht. Für

403

Art. 209 Abs. 1, 2, 3 VSG. UEDA, Ippan shadan ippan zaidan hōjin (2009), S. 174. 405 Art. 211 Abs. 2 VSG. 406 UEDA, Ippan shadan ippan zaidan hōjin (2009), S. 179 f. 407 Art. 208 Abs. 2, 3 VSG. 408 SHIN-KŌEKI HŌJIN SEIDO KENKYŪ -KAI, Ichimon ittō (2006), S. 154. 409 Art. 212 VSG. 410 Art. 239 Abs. 1 VSG. 411 Art. 239 Abs. 3 VSG. 412 Art. 11 Abs. 2, 153 Abs. 3 Nr. 2 VSG. 413 UEDA, Ippan shadan ippan zaidan hōjin (2009), S. 195. 404

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2. Kapitel: Rechtliche Grundlagen

letztere Organisationen ist es angemessen, dass sie das Rechtsträgervermögen beim Erlöschen an ihre Mitglieder auszahlen können.414 Am Ende des Liquidationsverfahrens ist ein Rechnungsabschlussbericht (kessan hōkoku) zu erstellen. Der Rechnungsabschlussbericht bedarf bei einem Rechtsträger mit einer Versammlung von Liquidatoren deren Anerkennung,415 andernfalls der Anerkennung durch die Versammlung der Mitglieder bzw. der Evaluierer. Mit der Anerkennung des Rechnungsabschlussberichts ist das Liquidationsverfahren beendet und muss innerhalb von zwei Wochen am Sitz der Hauptgeschäftsstelle in das Register eingetragen werden.416 3. Rechtsvergleich Die Auflösung Gewöhnlicher Vereine und Stiftungen in Japan und eingetragener Vereine und Stiftungen in Deutschland folgt grundsätzlich einer ähnlichen Regelungsstruktur. Jedoch wird der Rechtsvergleich im Hinblick auf die Auflösungsgründe in Deutschland dadurch erschwert, dass diese nur zum Teil gesetzlich normiert sind. Vor allem die Auflösung rechtsfähiger Stiftungen ist in einigen Fragen höchst umstritten und noch nicht einmal die Gesetzgebungskompetenz zwischen Bund und Ländern hierzu abschließend geklärt. a. Auflösungsgründe Eine Auflösung der Gewöhnlichen Vereine und Stiftungen in Japan und der eingetragenen Vereine und rechtsfähigen Stiftungen in Deutschland kann in beiden Rechtsordnungen zum Teil aus den gleichen Gründen erfolgen:417 − Beschluss der Mitgliederversammlung (bei Vereinen), − Wegfall der Mitglieder (bei Vereinen), − Ablauf einer in der Satzung bestimmten Zeitdauer oder durch Eintritt eines sonstigen Umstandes, − Eröffnung des Insolvenzverfahrens, − Verschmelzung oder − Auflösung durch staatlichen Hoheitsakt. Gewöhnliche Vereine in Japan und eingetragene Vereine in Deutschland können in beiden Rechtsordnungen durch einen Beschluss der Mitgliederversammlung aufgelöst werden. Dieser setzt eine qualifizierte Mehrheit an 414

KAWAKAMI, Minpō sōsoku kōgi (2007), S. 188 f. Art. 240 Abs. 2, 3 VSG. 416 Art. 311 VSG. 417 Japan: Art. 148 Nr. 1 – 7; Art. 202 Abs. 1 Nr. 1 – 6, Abs. 2 VSG; Deutschland: §§ 41, 42, 87 BGB; für eine Auflistung der Auflösungsgründe bei eingetragenen Vereinen siehe auch SAUTER / WALDNER / SCHWEYER, Der eingetragene Verein (2010), S. 227; für eine Auflistung der Auflösungsgründe bei rechtsfähigen Stiftungen siehe auch HOF, Beendigung der Stiftung (2009), S. 395. 415

III. Auflösung

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Mitgliederstimmen voraus. In Japan ist mindestens eine Stimmenmehrheit von zwei Dritteln der Stimmrechte erforderlich,418 während es in Deutschland einer Mehrheit von drei Vierteln der abgegebenen Stimmen bedarf.419 In beiden Rechtsordnungen kann die notwendige Stimmenmehrheit durch die Satzung geändert werden. In Japan besteht jedoch insoweit ein größerer Schutz der Mitglieder, da die Stimmenmehrheit nur erhöht, nicht jedoch gesenkt werden kann.420 In Deutschland kann die erforderliche Mehrheit auch gesenkt werden.421 Da Stiftungen in beiden Ländern keine Mitglieder haben, finden auf sie die Regelungen für einen Auflösungsbeschluss der Mitglieder keine Anwendung. Allerdings kann die Frage aufgeworfen werden, ob ein Auflösungsrecht bei Stiftungen durch die Satzung einem anderen Organ übertragen werden kann. In Japan ist diese Frage im Hinblick auf eine Ermächtigung der Evaluiererversammlung noch nicht abschließend geklärt. Dagegen kann in Deutschland beispielsweise dem Vorstand oder Dritten ein Auflösungsrecht durch das Stiftungsgeschäft eingeräumt werden.422 Zudem regeln einige Bundesländer die Fälle der Auflösung durch Stiftungsorgane auch ausdrücklich in ihren Stiftungsgesetzen. 423 Eine Übertragung der Auflösungskompetenz auf Stiftungsorgane erscheint in Deutschland jedoch auch deshalb unproblematischer, weil der intern gefasste Auflösungsbeschluss in jedem Fall durch die Stiftungsbehörde genehmigt werden muss.424 Des Weiteren können die Rechtsträger in beiden Ländern aufgelöst werden, wenn wesentliche konstitutive Merkmale fehlen. Da Vereine nicht ohne Mitglieder bestehen können, werden sie aufgelöst, wenn sie keine Mitglieder mehr haben. 425 Für Gewöhnliche Stiftungen in Japan ist zur Gründung ein Grundstockvermögen von 3 Mio. Yen erforderlich, das auch während des Bestehens der Stiftung weiter verfügbar sein soll.426 Liegt daher das Grundstockvermögen in zwei aufeinanderfolgenden Jahren unterhalb dieses Betrags, wird der Rechtsträger aufgelöst.427 418

Art. 49 Abs. 2 Nr. 3 VSG. § 41 S. 2 BGB. 420 Art. 49 Abs. 2 VSG; SHIN-KŌEKI HŌJIN SEIDO KENKYŪ- KAI, Ichimon ittō (2006), S. 48. 421 SAUTER / WALDNER / SCHWEYER, Der eingetragene Verein (2010), S. 227. 422 HOF, Beendigung der Stiftung (2009), S. 401 ff.; SCHWINTEK, Beendigung der Stiftung (2008), S. 453 ff.; a.A. REUTER, in: MüKo, § 87 Rn. 3. 423 Vgl. § 8 Abs. 3 StiftGRP; § 10 Abs. 1 StiftGBbg; § 5 StiftGNRW; § 5 Abs. 1 S. 1 StiftGSH. 424 HOF, Beendigung der Stiftung (2009), S. 395; BACKERT, Beendigung der Stiftung (2008), S. 447. 425 Japan: Art. 148 Nr. 4 VSG; Deutschland: BGHZ 19, S. 51 ff. (61); SAUTER / WALDNER / SCHWEYER, Der eingetragene Verein (2010), S. 232. 426 UEDA, Ippan shadan ippan zaidan hōjin (2009), S. 165. 427 Art. 202 Abs. 2 VSG. 419

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2. Kapitel: Rechtliche Grundlagen

In beiden Ländern ist schließlich auch die Verschmelzung ein Grund zur Auflösung der Rechtsträger. Während die Verschmelzung in Japan im Katalog der Auflösungsgründe ausdrücklich genannt wird, war sie in Deutschland lange Zeit nicht ausdrücklich geregelt. Für eingetragene Vereine wurde die Möglichkeit einer Verschmelzung mehrerer Vereine aber bereits seit langem aus der grundrechtlich geregelten Vereinsfreiheit abgeleitet und wird nunmehr auch von den Vorschriften des Umwandlungsgesetzes erfasst. 428 Für rechtsfähige Stiftungen sind in den meisten Landesstiftungsgesetzen Regelungen über eine Zusammenlegung oder Zulegung von Stiftungen enthalten.429 Während bei der Zusammenlegung mehrere Stiftungen aufgelöst werden und aus ihrem Vermögen eine neue Stiftung errichtet werden kann, wird bei der Zulegung eine Stiftung aufgelöst und ihr Vermögen auf eine andere, bereits bestehende Stiftung übertragen. 430 Die Zusammenlegung oder Zulegung erfolgt durch die Stiftungsbehörden, die diese Maßnahmen in Fällen anwenden, in denen sie ansonsten die Aufhebung der Stiftung verfügen müssten. b. Auflösung durch einen staatlichen Hoheitsakt Beide Rechtsordnungen sehen zudem Möglichkeiten zur Auflösung der Rechtsträger durch den Staat vor. In Japan erfolgt die staatliche Auflösung durch die Gerichte. Sie können eine Auflösung der Rechtsträger entweder auf Antrag oder infolge einer Auflösungsklage anordnen. 431 Die Gründe dafür können zum einen im Schutz der Öffentlichkeit vor rechtswidrigen Handlungen oder der Untätigkeit des Rechtsträgers sowie rechts- oder satzungswidrigem Verhalten ihrer Geschäftsführung liegen. 432 Zum anderen können einzelne Mitglieder oder betroffene Dritte auch eine Auflösungsklage in eigenem Interesse anstreben.433 In Deutschland erfolgt die staatliche Auflösung von eingetragenen Vereinen durch ein behördliches Vereinsverbot. Dieses kann einen eingetragenen Verein jedoch nur bei Verstoß gegen das öffentliche Vereinsrecht verbieten.434 Die Voraussetzungen sind erfüllt, wenn der Zweck oder die Tätigkeiten des eingetragenen Vereins den Strafgesetzen zuwiderlaufen, oder wenn 428 Art. 9 Abs. 1 GG; SAUTER / WALDNER / SCHWEYER, Der eingetragene Verein (2010), S. 230. 429 Vgl. § 14 Abs. 3 StiftG BW; Art. 16 BayStiftG; § 5 StiftG Bln; § 9 StiftG Hess; § 13 StiftG NW. 430 VAN BERK, Stiftung (2009), S. 1519. 431 Art. 148 Nr. 7 VSG. 432 Art. 261 Abs. 1 VSG. 433 Art. 268 VSG. 434 SAUTER / WALDNER / SCHWEYER, Der eingetragene Verein (2010), S. 230; KORTE, Auflösung (2009), S. 947.

III. Auflösung

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er sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder den Gedanken der Völkerverständigung richtet.435 Ersteres ist dann der Fall, wenn der Vereinszweck als solcher strafbar ist oder notwendig die Begehung von Straftaten mit sich bringt. 436 Eine Verletzung der verfassungsmäßigen Ordnung liegt vor bei einem Verstoß gegen die Verfassungsprinzipien, d.h. das Sozialstaatsprinzip, das Bundesstaatsprinzip, das Rechtsstaatsprinzip oder das Demokratieprinzip. 437 Anders als in Japan kann ein eingetragener Verein daher nicht bei einem einfachen Verstoß gegen die Rechtsordnung oder Satzungsbestimmungen verboten werden. Zudem führt auch eine jahrelange Untätigkeit eines eingetragenen Vereins nicht zur automatischen Auflösung des Rechtsträgers.438 Eine rechtsfähige Stiftung kann dagegen nicht verboten, sondern nur durch die Stiftungsbehörde aufgehoben werden. Voraussetzung für eine Aufhebung ist, dass die Erfüllung des Stiftungszwecks dauerhaft unmöglich geworden ist oder das Gemeinwohl gefährdet.439 Unmöglichkeit kann sowohl aus rechtlichen als auch aus tatsächlichen Gründen eintreten. Anders als bei eingetragenen Vereinen liegt eine rechtliche Unmöglichkeit auch vor, wenn der Stiftungszweck gegen einfache Rechtsvorschriften verstößt. Eine Verletzung von Verfassungsgütern ist hierbei nicht notwendig. Für die Gemeinwohlgefährdung kann auf die Voraussetzungen der Anerkennung bei der Stiftungsgründung verwiesen werden. 440 Die Stiftungsaufhebung ist die ultima ratio der behördlichen Aufsichtsmaßnahmen und kann daher nur verfügt werden, wenn andere mildere Maßnahmen ausscheiden.441 Umstritten ist hingegen, ob neben der Aufhebung einer Stiftung auch eine Auflösung durch Rücknahme der Gründungsanerkennung erfolgen kann. Da es sich bei der Anerkennung um einen privatrechtsgestaltenden Verwaltungsakt handelt, wird teilweise eine Rücknahme nach den allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzen zugelassen. 442 Überwiegend werden eine Rücknahme und auch der Widerruf der Anerkennung abgelehnt und für die Auflösung einer rechtsfähigen Stiftung 435

Art. 9 Abs. 2 GG, § 3 Abs. 1 S. 1 VereinsG. BVerwG NJW 1989, S. 993 ff. („Hells Angels“); KORTE, Auflösung (2009), S. 947. 437 Seit 1990 hat das Bundesinnenministerium allein 10 rechtsextreme Vereine verboten, (11.11.2010); BVerwG vom 01.09.2010 („Heimattreue Deutsche Jugend“); BVerwG NJW 1995, S. 2505 ff. („Wiking Jugend“); KORTE, Auflösung (2009), S. 948. 438 SAUTER / WALDNER / SCHWEYER, Der eingetragene Verein (2010), S. 229; KORTE, Auflösung (2009), S. 954. 439 § 87 Abs. 1 BGB. 440 VAN BERK, Stiftung (2009), S. 1520, zum Begriff der Gemeinwohlgefährdung im Anerkennungsverfahren siehe auch S. 81. 441 VAN BERK, Stiftung (2009), S. 1519. 442 §§ 48 VwVfG; BayVGH, BeckRS 2006, Nr. 20426; EBERSBACH, Handbuch des deutschen Stiftungsrechts (1972), S. 143; HEINRICHS / ELLENBERGER, in: Palandt, Rn. 2. 436

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2. Kapitel: Rechtliche Grundlagen

der Aufhebungstatbestand gem. § 87 BGB als lex specialis zu den allgemeinen Verwaltungsverfahrensvorschriften angesehen. 443 Der Streit betrifft im Kern die Frage, ob es sich bei § 87 BGB um eine abschließende bundesrechtliche Vorschrift zur behördlichen Auflösung einer Stiftung handelt. Für eine abschließende Regelung kann überzeugend auf den Grundrechtsschutz der Stiftung verwiesen werden, der bei uneingeschränkter Anwendung der allgemeinen Rücknahmevorschriften unterlaufen würde.444 Zudem entspricht diese Auffassung auch dem Willen des historischen Gesetzgebers. Die Reichstagskommission wollte im Bürgerlichen Gesetzbuch nicht nur einen Sonderfall der behördlichen Auflösung der rechtsfähigen Stiftung regeln, sondern den gesamten Bereich des Erlöschens.445 Folgt man der Auffassung für eine abschließende Regelung der Stiftungsaufhebung durch die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs, ist davon abweichendes Landesrecht unwirksam, beispielsweise wenn es ein behördliches Widerrufsrecht der Anerkennung vorsieht.446 Vergleicht man die staatlichen Auflösungsmöglichkeiten beider Länder, so scheinen in Japan die Auflösungsregelungen zunächst weiter gefasst zu sein. Im Unterschied dazu sind in Deutschland die Fälle einer staatlichen Auflösung bei eingetragenen Vereinen auf gravierende Verfassungsverstöße beschränkt. Bei rechtsfähigen Stiftungen kann dagegen auch die Unmöglichkeit des Stiftungszwecks zur Auflösung führen. Weitergehend eingeschränkt wird die Möglichkeit einer staatlichen Auflösung in Deutschland durch den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, der die Behörden zur Anwendung des mildesten Mittels verpflichtet. Jedoch kamen in der Praxis in Japan die vergleichbaren Vorschriften des Gesellschaftsrechts über eine staatliche Auflösung wegen Gefährdung der öffentlichen Interessen bislang kaum zur Anwendung. Es ist daher fraglich, ob die neuen Vorschriften des Vereins- und Stiftungsgesetzes tatsächlich praktisch relevant werden. Dagegen wurden in der Vergangenheit bereits japanische Gesellschaften durch Auflösungsurteile aufgelöst. Die Fälle betreffen jedoch vor allem Auflösungsurteile wegen interner Funktionsunfähigkeit der Organe. c. Liquidationsverfahren Das Liquidationsverfahren ist in beiden Ländern für Vereine und Stiftungen weitgehend einheitlich geregelt. Während in Japan das Liquidationsverfahren für Gewöhnliche Vereine und Stiftungen einheitlich in einem eigenen Ab443

BACKERT, Beendigung der Stiftung (2008), S. 442; MEYN / GOTTSCHALD, Stiftungsaufsicht (2009), S. 1560. 444 HOF, Beendigung der Stiftung (2009), S. 409. 445 BACKERT, Beendigung der Stiftung (2008), S. 442 f.; PENNITZ, in: HKK-BGB, S. 300. 446 BACKERT, Beendigung der Stiftung (2008), S. 446 f.; MEYN / GOTTSCHALD, Stiftungsaufsicht (2009), S. 1560.

III. Auflösung

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schnitt geregelt ist, verweisen in Deutschland die stiftungsrechtlichen Vorschriften auf das Vereinsrecht. Das Verfahren wird von Liquidatoren durchgeführt, die zumeist aus den Vorsitzenden bzw. den Vorstandsmitgliedern bestellt werden. Die Rechtsfähigkeit der Rechtsträger bleibt für die Dauer des Verfahrens bestehen. Das Verfahren findet in beiden Rechtsordnungen nicht statt, wenn die Auflösung wegen Insolvenz oder durch Verschmelzung erfolgt. Darüber hinaus wird es in Deutschland auch dann nicht eingeleitet, wenn das Rechtsträgervermögen an den Fiskus fällt.447 In diesem Fall geht das Vermögen durch Gesamtrechtsnachfolge an den Staat über.448 Die Frage, wer nach Auflösung des Rechtsträgers das Restvermögen erhält, kann entweder in der Satzung oder zu einem späteren Zeitpunkt durch die Mitglieder- bzw. Evaluiererversammlung oder die Geschäftsführung bestimmt werden. Besteht keine Regelung über einen Anfallsberechtigten, geht das Restvermögen in beiden Ländern an den Fiskus. Anders als in Deutschland kann in Japan jedoch das Restvermögen nicht bereits mit der Gründung durch die Satzung einer Privatperson zugesprochen werden. Dies widerspräche dem Grundgedanken des Vereins- und Stiftungsgesetzes, dass Gewöhnliche Vereine und Stiftungen in Japan nicht auf Gewinnerzielung gerichtet sind. Jedoch bestehen keine rechtlichen Bedenken gegen die Benennung eines privaten Anfallsberechtigten durch die Mitgliederversammlung während der Liquidation. d. Zusammenfassung Die Grundstruktur der Auflösung ist für Gewöhnliche Vereine und Stiftungen im Vergleich zu den bisherigen gemeinnützigen Vereinen und Stiftungen a.F. unverändert geblieben. In den Vorschriften des Vereins- und Stiftungsgesetzes sind jedoch im Katalog der Auflösungsgründe im Vergleich zu den bisherigen zivilgesetzlichen Vorschriften einige Gründe weggefallen und andere ergänzt worden. Infolge der Abschaffung der Gründungsgenehmigung ist eine Auflösung nur noch nach Antrag durch ein Gericht möglich. Nach der neuen Rechtslage ist es daher nicht möglich, dass eine Behörde die neuen Rechtsträger durch Rückabwicklung der Registereintragung auflöst. Ergänzt wurden die gesetzlichen Auflösungsgründe vor allem um die Auflösung wegen Verschmelzung des Rechtsträgers. Im Vergleich zu Japan sind in Deutschland die Auflösungsgründe nur teilweise gesetzlich geregelt. Insbesondere die Rechtslage für rechtsfähige Stiftungen ist höchst umstritten. In Deutschland ist darüber hinaus bei beiden Rechtsträgern die Selbstauflösung durch Rechtsträgerorgane flexibler geregelt. Für eingetragene Vereine kann die erforderliche Mehrheit an Mitglieder447

SAUTER / WALDNER/ SCHWEYER, Der eingetragene Verein (2010), S. 237; HOF, Beendigung der Stiftung (2009), S. 399. 448 § 46 Abs. 1 (i.V.m. § 88 Abs. 2 S. 2) BGB.

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2. Kapitel: Rechtliche Grundlagen

stimmen für einen Auflösungsbeschluss auch herabgesetzt werden. Dagegen kann in Japan die erforderliche Stimmenmehrheit für Gewöhnliche Vereine nur erhöht werden. In Deutschland ist es zudem auch möglich, dass bei rechtsfähigen Stiftungen die Auflösungskompetenz dem Vorstand oder Dritten übertragen wird. Hierbei ist jedoch ein Genehmigungsvorbehalt der Stiftungsbehörde zu berücksichtigen. In Japan ist eine Übertragung der Auflösungskompetenz gesetzlich nicht möglich. Im Hinblick auf eine staatliche Auflösung erfolgt diese in Deutschland durch eine Behörde vor allem in den Fällen der Gefährdung verfassungsrechtlich geschützter Interessen. In Japan besteht zwar auch die Möglichkeit einer gerichtlichen Auflösungsverfügung wegen Gefährdung öffentlicher Interessen, diese Fallgruppe ist jedoch in den vergleichbaren Vorschriften des Gesellschaftsrechts bislang kaum zum Tragen gekommen. Ob sie im Vereins- und Stiftungsrecht zukünftig Anwendung findet, ist daher zumindest fraglich. Demgegenüber scheint in Japan eine gerichtliche Auflösung im Gesellschaftsrecht vor allem in den Fällen praktische Anwendung zu finden, in denen interne Streitigkeiten zu einer unlösbaren internen Lage der Rechtsträger führen. Vergleichbare Problemsituationen sind für Gewöhnliche Vereine auch denkbar.

IV. Anerkennung der Gemeinnützigkeit

IV. Anerkennung der Gemeinnützigkeit Nach der Gemeinnützigkeitsreform ist die Frage der Gemeinnützigkeit Gewöhnlicher Vereine und Stiftungen nunmehr getrennt von der Frage der Rechtsfähigkeit im Anerkennungsgesetz geregelt. Während für die Gründung der juristischen Person die Eintragung ausreicht, bedarf die Frage der Anerkennung der Gemeinnützigkeit weiterhin eines staatlichen Mitwirkungsakts. Die Anerkennung erfolgt durch eine Verwaltungsbehörde, jedoch unter maßgeblicher Beteiligung eines neutralen Beratungsgremiums. Für die Anerkennung wird zunächst die Gemeinnützigkeit des Rechtsträgers festgestellt. Die Beurteilung erfolgt einerseits anhand eines umfangreichen Katalogs gemeinnütziger Geschäfte, andererseits anhand des Adressatenkreises durch einen konkreten Tätigkeitskatalog. Neben der Gemeinnützigkeit sind noch weitere inhaltliche Anforderungen zu erfüllen, beispielsweise an die wirtschaftlichen Tätigkeiten oder die Organisationsstruktur des Rechtsträgers. Das nationale Beratungsgremium, die Anerkennungskommission (kōeki nintei i’in-kai), hat für eine einheitliche Beurteilung der gesetzlichen Anforderungen eine konkretisierende Anerkennungsrichtlinie 449 erarbeitet, die auch den Beratungsgremien der Präfekturen als Entscheidungsleitfaden dienen soll. 449 Kōeki nintei-tō gaidorain (Ausführungsrichtlinie zur Gemeinnützigkeitsanerkennung), kurz: Richtlinie der Anerkennungskommission vom 11.04.2008.

IV. Anerkennung der Gemeinnützigkeit

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Der Status als gemeinnütziger Verein oder gemeinnützige Stiftung bleibt für die Rechtsträger weiterhin aus steuerlichen Gründen interessant.450 Nach der Anerkennung werden sie selbst und ihre Spender steuerrechtlich bevorzugt behandelt, und sie dürfen den rechtlich geschützten Zusatz „gemeinnützig“ in ihrem Namen tragen.451 1. Begriff der Gemeinnützigkeit Für gemeinnützige Vereine und Stiftungen gelten zunächst einmal weiterhin die nunmehr in Art. 33 Abs. 2 ZG geregelten Gemeinnützigkeitsbeispiele der wissenschaftlichen, künstlerischen, wohltätigen, Shinto-Zeremonien dienenden und religiösen Zwecke. Der Gemeinnützigkeitsbegriff wird aber zudem im Anerkennungsgesetz weiter ausgeführt und ergänzt. Bereits seit dem 1998 erlassenen NPO-Gesetz hat der Gesetzgeber für die Bestimmung gemeinnütziger Zwecke einen regelungstechnisch neuen Weg eingeschlagen, dem im Anerkennungsgesetz weiter gefolgt wird. 452 Die Konkretisierung des Gemeinnützigkeitsbegriffs beschränkt sich nicht länger auf eine Negativabgrenzung des Adressatenkreises. Zusätzlich werden auch die gemeinnützigen Tätigkeitsfelder anhand von Regelbeispielen genauer bestimmt. Der Grundgedanke der Gemeinnützigkeit aus Art. 34 ZG a.F. hat sich dadurch aber nicht geändert. 453 Nach der Legaldefinition des Art. 2 Abs. 4 AnerkennG verfolgen Rechtsträger gemeinnützige Zwecke, wenn − ein Geschäft (jigyō), das einem der in der beigefügten Tabelle aufgelisteten Geschäfte zu wissenschaftlichen, künstlerischen, wohltätigen oder sonstigen gemeinnützigen Zwecken dient, verfolgt wird und − dadurch die Interessen einer unbestimmten Anzahl von Personen gefördert werden454. Die erste Voraussetzung erfordert die Verfolgung eines gemeinnützigen Geschäfts. Mit Geschäft wird der Gegenstand bezeichnet, auf den sich die Tätigkeit eines gemeinnützigen Rechtsträgers richtet. 455 Neben den zivilgesetzlichen Regelbeispielen werden hierfür weitere 22 gemeinnützige Geschäfte durch eine ausführliche Auflistung im Anhang des Anerkennungsgesetzes konkretisiert, z.B. die Lehre und Wissenschaft fördernde Geschäfte,

450

UEDA, Ippan shadan ippan zaidan hōjin (2009), S. 223. Art. 9 Abs. 3AnerkennG. 452 Vgl. Art. 2 Abs. 1, Beigefügte Liste zu Art. 2 NPOG; TOMINAGA, Kōeki hōjin 36 (2007), S. 17. 453 SHIN-KŌEKI HŌJIN SEIDO KENKYŪ -KAI, Ichimon ittō (2006), S. 193 f. 454 Fu-tokutei katsu tasū no mono no rieki. 455 Nach der deutschen Rechtsordnung ist es dagegen üblicher von „Tätigkeiten“, gerichtet auf gemeinnützige Zwecke zu sprechen, § 51 Abs. 1 S. 1 AO. 451

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2. Kapitel: Rechtliche Grundlagen

das Gesundheitswesen fördernde Geschäfte etc.456 Die aufgelisteten Geschäfte sind aus verschiedenen Gesetzen zusammengestellt worden457 und stimmen weitgehend mit der Liste der Tätigkeitsgebiete des NPO-Gesetzes überein. Es besteht zudem die Möglichkeit, weitere Geschäfte durch Kabinettsverordnung aufzunehmen. In der zweiten Voraussetzung wird der Adressatenkreis der geförderten Personen bestimmt. Gegenüber den früheren Kabinettsentscheidungen 458 wurde im Anerkennungsgesetz das Wort „und“ (katsu) zwischen „unbestimmter Anzahl“ und „Personen“ eingefügt. Die direkte Übersetzung lautet daher „die Interessen einer unbestimmten Anzahl und mehrerer Personen fördern“. Diese Änderung bedeutet aber keine inhaltliche Trennung in zwei unterschiedliche Voraussetzungen mit eigener Bedeutung.459 Die Grundidee, dass die Leistungen und Vermögensverfügungen nicht einen bestimmten Adressaten gerichtet sein sollen, sondern auf verschiedene begünstigte Empfänger, ist gleich geblieben. Allerdings wird die Voraussetzung im Anerkennungsgesetz nicht näher ausgeführt. Die Voraussetzung soll beispielsweise auch dann erfüllt sein, wenn die Förderung nur Personen aus einem bestimmten Bereich dient oder es nur wenige Begünstigte gibt, aber im Ergebnis dadurch die Gesellschaft als Ganzes oder in weiten Teilen davon profitiert.460 Zur Konkretisierung des Adressatenkreises werden in der Anerkennungsrichtlinie Kontrollpunkte (chekkupointo) für eine Tatsachenüberprüfung der gemeinnützigen Geschäfte aufgestellt. Diese Kontrollpunkte beziehen sich jeweils auf konkrete Tätigkeiten461, die von den Rechtsträgern zur Verwirklichung ihrer gemeinnützigen Geschäfte vollzogen werden.462 Die Tätigkeiten sind in 17 Tätigkeitsbereiche eingeteilt, z.B. Prüfungen und Untersuchungen, die Austellung von Qualifikationsbescheinigungen, der Betrieb von Museen.463 Werden für das gemeinnützige Geschäft Tätigkeiten aus verschiedenen Bereichen ausgeführt, müssen die Kontrollpunkte aller betroffenen Bereiche beachtet werden. Die Kontrollpunkte beinhalten zumeist Hinweise für die 456

Siehe im Anhang eine Übersetzung der beigefügten Tabelle zu den gemeinnützigen Geschäften des Art. 2 Abs. 4 AnerkennG. 457 SHIN-KŌEKI HŌJIN SEIDO KENKYŪ -KAI, Ichimon ittō (2006), S. 192. 458 Kabinettsentscheidung vom 20.09.1996. 459 TOMINAGA, Kōeki hōjin 36 (2007) S. 17 f., 20, der dies für den in Art. 2 Abs. 1 NPOG erstmalig verwendeten Gesetzeswortlaut „einer unbestimmten Anzahl von Personen“ feststellt. 460 SHIN-KŌEKI HŌJIN SEIDO KENKYŪ -KAI, Ichimon ittō (2006), S. 194. 461 Die Tätigkeiten werden in der Ausführungsrichtlinie mit jigyō bezeichnet. Für eine sprachliche Unterscheidung zum gemeinnützigen Geschäft (kōeki jigyō), wurde nachfolgend ausnahmsweise der Begriff „Tätigkeit“ verwendet. 462 Anerkennungsrichtlinie S. 37 ff. 463 Siehe im Anhang eine Übersetzung der aufgelisteten Tätigkeiten der Anerkennungsrichtlinie.

IV. Anerkennung der Gemeinnützigkeit

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Einhaltung der Gemeinnützigkeitsvoraussetzung bezüglich der Interessensförderung einer unbestimmten Anzahl von Personen sowie weitere im Interesse der Allgemeinheit zu beachtende Punkte. Beispielsweise müssen bei einem Rechtsträger, der ein Museum eröffnen möchte, als Kontrollpunkte beachtet werden, dass − das Museum hauptsächlich die Interessen einer unbestimmten Anzahl von Personen fördert und dieses Ziel auch klar erkennbar ist, − ein Fachmann an der Zusammenstellung des Materials und an der Ausstellung beteiligt ist und − das Museum möglichst stets geöffnet ist.464 2. Materielle Voraussetzungen der Anerkennung Für die Anerkennungserteilung von Bedeutung ist jedoch nicht allein die gemeinnützige Zweckverfolgung der Rechtsträger. Es wird im Anerkennungsgesetz einerseits eine Liste weiterer Anforderungen in Art. 5 AnerkennG genannt, und andererseits darf nach Art. 6 AnerkennG auch kein Grund für eine Disqualifizierung vorliegen. 465 a. Gesetzliche Anforderungen Die Anforderungen nach Art. 5 AnerkennG können ihrem Sinn und Zweck entsprechend in vier Bereiche aufgeteilt werden: − Inhaltliche Anforderungen an das gemeinnützige Geschäft, − Finanzielle Anforderungen an das gemeinnützige Geschäft, − Anforderungen an die Organisationsstruktur und − Anforderungen an das Vermögen des Rechtsträgers. i.) Inhaltliche Anforderungen an das gemeinnützige Geschäft Zunächt einmal muss der Tätigkeitsschwerpunkt des Rechtsträgers auf der Verfolgung eines gemeinnützigen Geschäfts liegen (Nr. 1). Dafür müssen zum einen die tatsächlichen Grundlagen des Rechtsträgers die Verfolgung des satzungsgemäß angegebenen gemeinnützigen Geschäfts erlauben. Zum anderen richtet sich der Nachweis für den Schwerpunkt nach dem in Nr. 8 geforderten Ausgabenverhältnis des gemeinnützigen Geschäfts. 466 Die Anforderung soll sicherstellen, dass steuerbegünstigte gemeinnützige Vereine und Stiftungen auch möglichst beständig und dauerhaft gemeinnützig tätig sind. 464

Anerkennungsrichtlinie S. 44. Zu den materiellen Anerkennungsvoraussetzungen siehe v.a. SHIN-KŌEKI HŌJIN SEIDO KENKYŪ-KAI, Ichimon ittō (2006), S. 199; die Ausführungen der Anerkennungsrichtlinie zu Art. 5 AnerkennG; sowie für eine Übersicht auch SATŌ, Kōeki nintei (2009), S. 62 ff.; YOKOTA, Kōeki no nintei (2008), S. 189 ff. 466 Anerkennungsrichtlinie, S. 1. 465

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2. Kapitel: Rechtliche Grundlagen

Die gemeinnützige Zweckverfolgung wird betont, da Gewöhnliche Vereine und Stiftungen nach den Bestimmungen des Vereins- und Stiftungsgesetzes in ihrer Zweckverfolgung grundsätzlich nicht beschränkt werden.467 Zudem müssen als weitere Anforderung (Nr. 2) eine hinreichende Bewirtschaftungsgrundlage und die notwendigen technischen Kapazitäten für das gemeinnützige Geschäft sichergestellt sein. Dies dient einer beständigen und dauerhaften Gemeinnützigkeitsarbeit.468 Die Bewirtschaftungsgrundlage umfasst den Nachweis ausreichender finanzieller Versorgung, Vermögenskontrolle und Informationsveröffentlichung. 469 Im Detail ist eine gesicherte Finanzlage beispielsweise durch die Bilanz (taishaku taisho-hyō) oder ähnliche Dokumente zu erklären. Die Vermögenskontrolle basiert vor allem auf dem für die Verwaltungsbehörde anzulegenden Rechnungslegungsbuch (kaikei chōbo), das bestimmte Daten zu enthalten hat. Schließlich ist die Veröffentlichung von Informationen beispielsweise durch unabhängige Rechnungsprüfer sicherzustellen. 470 Die technischen Kapazitäten sind ebenfalls weit gefasst und umfassen das zur Durchführung des gemeinnützigen Geschäfts notwendige technische Wissen, die menschlichen Ressourcen und die Ausstattung.471 Des Weiteren ist darauf zu achten, dass keine besonderen Vorteile (tokubetsu no rieki) beispielsweise an die eigenen Funktionsträger oder Angestellten anderer Rechtsträger verteilt werden (Nr. 3, 4). Gemeinnützige Vereine und Stiftungen sollen zweckgemäß die Interessen einer unbestimmten Anzahl von Personen fördern. Wenn jedoch besondere Vorteile an die eigenen Funktionsträger oder Angestellte anderer Rechtsträger verteilt werden, widerspricht dies dem Gedanken der Gemeinnützigkeit. Es wird daher die Verteilung solcher besonderen Vorteile an Personen, die mit dem gemeinnützigen Rechtsträger assoziiert sind, verboten (Nr. 3).472 Es ist gemeinnützigen Vereinen und Stiftungen auch untersagt, besondere Vorteile an Angestellte von Aktiengesellschaften oder andere gewinnorientierte juristische Personen zu verteilen.473 Eine Verteilung besagter besonderer Vorteile an andere gemeinnützige Rechtsträger ist hingegen erlaubt (Nr. 4). Besondere Vorteile sind beispielsweise Vermögensübertragungen oder Gehaltszahlungen infolge der Bestellung und der Geschäftsführung, die sich aus allgemeiner Sicht als nicht nachvollziehbare und unangebrachte Vorzugsbehandlungen darstellen. 467

SHIN-KŌEKI HŌJIN SEIDO KENKYŪ -KAI, Ichimon ittō (2006), S. 200 f. SHIN-KŌEKI HŌJIN SEIDO KENKYŪ -KAI, Ichimon ittō (2006), S. 201. 469 Anerkennungsrichtlinie, S. 1 ff. 470 Anerkennungsrichtlinie, S. 2. 471 Anerkennungsrichtlinie, S. 2 f. 472 SHIN-KŌEKI HŌJIN SEIDO KENKYŪ-KAI, Ichimon ittō (2006), S. 201; Eine Auflistung der assoziierten Personen befindet sich in Art. 1AnerkennGDV, Art. 1 AnerkennGDB. 473 Eine Auflistung der Personen, an die eine Verteilung untersagt ist, befindet sich in Art. 2AnerkennGDV, Art. 2 AnerkennGDB. 468

IV. Anerkennung der Gemeinnützigkeit

141

Ob es sich im Einzelfall um einen besonderen Vorteil handelt, wird auf der Grundlage des konkreten Geschäfts des betreffenden Rechtsträgers beurteilt.474 Eine weitere Anforderung besteht darin, dass gemeinnützige Vereine und Stiftungen keine Geschäfte betreiben sollen, die das öffentliche Vertrauen, die öffentliche Ordnung oder die guten Sitten verletzen (Nr. 5). Das Anerkennungsgesetz unterscheidet grundlegend zwischen Geschäften, die das öffentliche Vertrauen verletzen und Geschäften, die gegen die öffentliche Ordnung und die guten Sitten verstoßen. Das öffentliche Vertrauen verletzende Geschäfte werden abschließend in der Durchführungsverordnung zum Anerkennungsgesetz aufgezählt. Trotz ihrer Gesetzmäßigkeit werden diese Geschäfte von der Allgemeinheit jedoch als nicht geeignet für einen gemeinnützigen Rechtsträger erachtet.475 Bislang zählen zu diesen Tätigkeiten spekulative Geschäfte, Investitionen durch Darlehen mit hohen Zinssätzen und Geschäfte des Rotlichtmilieus. 476 Dagegen verstoßen Geschäfte gegen die öffentliche Ordnung und die guten Sitten, wenn befürchtet werden muss, dass sie allgemeine Interessen oder gesellschaftliche Moralanschauungen verletzen und damit zu einem Gesetzesverstoß führen. Die Beurteilung einer Verletzung der letztgenannten Geschäfte obliegt dem Beratungsgremium und wird unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Geschäfts im Einzelfall festgestellt.477 Weiterhin darf durch die gemeinnützigen Geschäfte kein übermäßiger Gewinn erzielt werden (Nr. 6). Der Gesetzgeber hat vorgesehen, dass gemeinnützige Vereine und Stiftungen den Großteil ihrer finanziellen Mittel in ihre gemeinnützigen Tätigkeiten investieren sollen. Aus diesem Grund sollen potentielle Gewinne aus dem gemeinnützigen Geschäft einen notwendigen und angemessenen Kompensationsbetrag für die laufenden Ausgaben nicht überschreiten. Damit die laufenden Ausgaben möglichst gering gehalten werden, sollen gemeinnützige Vereine und Stiftungen vor allem ehrenamtliche Mitarbeiter einstellen oder eine niedrige Bezahlung vereinbaren.478 Schließlich dürfen die Ertragsgeschäfte (shūeki jigyō) des Rechtsträgers die gemeinnützigen Geschäfte nicht behindern (Nr. 7). Rechtsträger dürfen grundsätzlich neben dem gemeinnützigen Geschäft noch ein gewinnbringendes Geschäft, das sog. Ertragsgeschäft, betreiben, solange das gemeinnützige Geschäft dadurch nicht behindert wird. Ob eine Behinderung vorliegt, wird einzelfallabhängig unter Berücksichtigung des Gegenstands des Ertragsgeschäfts, der Mittelverwendung und den Umständen des gemeinnützigen Ge474

SHIN-KŌEKI HŌJIN SEIDO KENKYŪ -KAI, Ichimon ittō (2006), S. 202. SHIN-KŌEKI HŌJIN SEIDO KENKYŪ -KAI, Ichimon ittō (2006), S. 203 f. 476 Art. 5 Nr. 5 AnerkennG, Art. 3 AnerkennGDV. 477 SHIN-KŌEKI HŌJIN SEIDO KENKYŪ -KAI, Ichimon ittō (2006), S. 204. 478 SHIN-KŌEKI HŌJIN SEIDO KENKYŪ -KAI, Ichimon ittō (2006), S. 204. 475

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2. Kapitel: Rechtliche Grundlagen

schäfts beurteilt. Eine Behinderung liegt beispielsweise bei einem Rechtsträger vor, der seinen Tätigkeitsschwerpunkt auf das Ertragsgeschäft verlagert und dadurch dem gemeinnützigen Geschäft Geldmittel, notwendiges Personal oder Einrichtungen entzogen werden.479 ii.) Finanzielle Anforderungen an das gemeinnützige Geschäft Eine finanzielle Anforderung liegt darin, dass die Ausgaben für die Rechtsträgergeschäfte insgesamt im Verhältnis zum gemeinnützigen Geschäft begrenzt werden (Nr. 8). Im Hinblick auf den Gemeinnützigkeitsstatus und die Spendensammeltätigkeiten gemeinnütziger Vereine und Stiftungen ist es notwendig, dass die gemeinnützigen Tätigkeiten im Verhältnis zu anderen Tätigkeiten mindestens die Hälfte einnehmen. 480 Dies wird anhand eines bestimmten Ausgabenverhältnisses der Tätigkeiten sichergestellt. Die Ausgaben für das gemeinnützige Geschäft sind dabei durch die Ausgaben des gemeinnützigen Geschäfts, des Ertragsgeschäfts und der laufenden Kosten des Rechtsträgers zu dividieren.481 Das Verhältnis der Kosten des gemeinnützigen Geschäfts nach Art. 15 AnerkennG muss mindestens 50/100 betragen. Im Ergebnis müssen daher mindestens 50 % der Ausgaben für das gemeinnützige Geschäft verwendet werden. Es findet hierbei der nachfolgende Rechnungsschlüssel Anwendung. Ausgaben des gemeinnützigen Geschäfts (Ausgaben des gemeinnützigen Geschäfts + Ausgaben des Ertragsgeschäfts + Ausgaben der laufenden Kosten des gemeinnützigen Rechtsträgers)

Des Weiteren wird das ungenutzte Rechtsträgervermögen durch die Vorschriften des Anerkennungsgesetzes begrenzt (Nr. 9). Bei dem Vermögen gemeinnütziger Vereine und Stiftungen handelt es sich größtenteils um Spendengelder, so dass sie auch dem Spenderwillen gemäß für die gemeinnützigen Tätigkeiten verwendet und nicht gehortet werden sollen. Um die umgehende Verwendung der Spendengelder sicherzustellen, soll der Betrag des ungenutzten Vermögens am Ende des Geschäftsjahres nicht den für die Durchführung des gemeinnützigen Geschäfts nötigen Betrag des nächsten Geschäftsjahres übersteigen. 482 Der „Betrag des ungenutzten Vermögens“ wird in Art. 16 Abs. 2 AnerkennG beschrieben und setzt sich aus der Gesamtsumme der in den Durchführungsbestimmungen zum Anerkennungsgesetz483 benannten Vermögenswerten zusammen. Es handelt sich dabei um Vermögenswerte 479

SHIN-KŌEKI HŌJIN SEIDO KENKYŪ -KAI, Ichimon ittō (2006), S. 205. SHIN-KŌEKI HŌJIN SEIDO KENKYŪ -KAI, Ichimon ittō (2006), S. 205. 481 Die Festlegung der einzelnen Ausgabenposten erfolgt in Art. 13-19 AnerkennGDB. 482 SHIN-KŌEKI HŌJIN SEIDO KENKYŪ -KAI, Ichimon ittō (2006), S. 206. 483 Art. 22 AnerkennGDB. 480

IV. Anerkennung der Gemeinnützigkeit

143

des Rechtsträgers, die nicht verwendet werden für das gemeinnützige Geschäft, das Ertragsgeschäft oder andere Tätigkeiten, die zur Ausführung des gemeinnützigen Geschäfts notwendig sind. Es wird die nachfolgende Kurzformel angewendet. Betrag des ungenutzten Vermögens

< Betrag, der für die Durchführung des gemeinnützigen Geschäfts nötig ist

iii.) Anforderungen an die Organisationsstruktur Im Hinblick auf die Organisationsstruktur ist zunächt einmal die Anzahl der miteinander verwandten Vorsitzenden gesetzlich begrenzt (Nr. 10). Bei gemeinnützigen Vereinen und Stiftungen darf die Anzahl der miteinander verwandten Vorsitzenden ein Drittel der Gesamtanzahl aller Vorsitzenden nicht überschreiten. Für die Verwandtschaftsbeziehungen werden Verwandte bis zum dritten Grad beachtet, d.h. bis zu solchen Verwandtschaften, die nur noch durch die Großeltern vermittelt werden. In den Durchführungsbestimmungen zum Anerkennungsgesetz werden weitere Personen mit ähnlich engem Verhältnis aufgelistet, die ebenfalls zu berücksichtigen sind, z.B. Ehepartner oder Lebensgefährten.484 Weitere Beschränkungen bestehen für die Anzahl der Vorsitzenden, die bereits als Vorsitzender oder Angestellter bei einem vergleichbaren gemeinnützigen Rechtsträger tätig sind (Nr. 11). 485 Die Anzahl dieser Personen in gemeinnützigen Vereinen und Stiftungen darf ein Drittel der Gesamtanzahl an Vorsitzenden nicht überschreiten. Die gleichen Beschränkungen gelten auch für einen Revisor. Zudem besteht für gemeinnützige Vereine und Stiftungen die Pflicht, einen Rechnungsprüfer für eine ordnungsgemäße Rechnungslegung zu bestellen (Nr. 12). 486 Im Anerkennungsgesetz sind für gemeinnützige Vereine und Stiftungen erweiterte Rechnungslegungspflichten bestimmt. Da es sich bei dem Vermögen auch um Spendengelder handelt, sollen diese z.B. ausschließlich für die gemeinnützigen Geschäfte verwendet werden.487 Zudem hat die Abrechnung für das gemeinnützige Geschäft getrennt von der des Ertragsgeschäfts zu erfolgen.488 Einige Ausnahmen von der Bestellungspflicht bestehen jedoch für Rechtsträger, deren Gewinne, Ausgaben und Kosten bestimmte Mindestbeträge nicht überschreiten.489 Des Weiteren müssen für die Vorsitzenden, die Revisoren und die Evaluierer bestimmte Vergütungsrichtlinien bestehen (Nr. 13). Die Vergütung der 484

Art. 4 AnerkennGDV. Weitere Personenbeschränkungen werden in Art. 5 AnerkennGDV aufgeführt. 486 SHIN-KŌEKI HŌJIN SEIDO KENKYŪ -KAI, Ichimon ittō (2006), S. 207. 487 Art. 18 AnerkennG. 488 Art. 19 AnerkennG. 489 Für die Mindestbeträge siehe Art. 6 AnerkennGDV. 485

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2. Kapitel: Rechtliche Grundlagen

Vorsitzenden soll mit Rücksicht darauf, dass gemeinnützige Vereine und Stiftungen nicht auf Gewinnerzielung gerichtet sind, im Verhältnis zur Vergütung von Funktionsträgern des privaten Sektors nicht unverhältnismäßig hoch ausfallen. Es sind daher Vergütungsrichtlinien von den Rechtsträgern festzulegen. 490 Die Vergütung umfasst hierbei alle Honorar-, Bonus- oder sonstigen Zahlungen, die für ihre Tätigkeit ausgezahlt werden. In den Richtlinien sind die Berechnungsgrundlagen für die verschiedenen Tätigkeiten und die Höhe der Vergütung sowie die Art und Weise der Vergütung festzulegen.491 Schließlich bestehen für gemeinnützige Vereine und Stiftungen erweiterte Bestimmungen zu Mitgliedschaft und Stimmrechten sowie zur Einsetzung eines Vorstands bei gemeinnützigen Vereinen (Nr. 14). Bei einem gemeinnützigen Verein ist für Vorschriften über die Mitgliedschaft darauf zu achten, dass Beitritt und Austritt eines Mitglieds nicht an diskriminierende oder andere ungerechte Bedingungen geknüpft werden. Die Vorschrift ist bereits betroffen, wenn die Mitgliedschaft in nicht nachvollziehbarer Weise eingeschränkt wird. Würde die Mitgliedschaft willkürlich eingeschränkt werden können, so würde eine möglichst große Vielfalt der Mitglieder in der Mitgliederversammlung verhindert werden. Dabei wäre zu befürchten, dass die Rechtsform zu bestimmten Zwecken außerhalb der zulässigen gemeinnützigen Zwecke genutzt und somit rechtswidrig missbraucht würde.492 Des Weiteren ist für Vorschriften über die Anzahl der Stimmrechte und alle weiteren die Stimmrechte betreffenden Vorschriften darauf zu achten, dass Mitglieder nicht hinsichtlich ihrer Stimmrechte diskriminiert oder anderweitig ungerecht behandelt werden. Gleiches gilt für eine unterschiedliche Behandlung je nach Höhe des Mitgliedsbeitrags oder zusätzlicher anderer Vermögensverfügungen durch die Mitglieder. Da eine Ungleichbehandlung der Stimmrechte der Mitglieder im Ergebnis ebenso zu der oben beschriebenen missbräuchlichen Verwendung des Rechtsträgers führen kann, soll auch diese verhindert werden. Obwohl die Rechtsvorschriften des Vereins- und Stiftungsgesetzes eine unterschiedliche Behandlung der Stimmrechte zulassen,493 soll diese nicht unnötigerweise erfolgen.494 Außerdem muss für einen gemeinnützigen Verein ein Vorstand als Geschäftsführungsorgan eingesetzt werden. Im Gegensatz zum gemeinnützigen Verein ist für eine gemeinnützige Stiftung die Anforderung Nr. 14 nicht not-

490

SHIN-KŌEKI HŌJIN SEIDO KENKYŪ -KAI, Ichimon ittō (2006), S. 208. Art. 3 a), b) AnerkennGDB. 492 SHIN-KŌEKI HŌJIN SEIDO KENKYŪ -KAI, Ichimon ittō (2006), S. 208. 493 Art. 48 Abs. 1 VSG. 494 SHIN-KŌEKI HŌJIN SEIDO KENKYŪ -KAI, Ichimon ittō (2006), S. 209. 491

IV. Anerkennung der Gemeinnützigkeit

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wendig, da diese keine Mitglieder hat und stets mit einem Vorstand gegründet werden muss.495 iv.) Anforderungen an das Vermögen des Rechtsträgers Das Anerkennungsgesetz bestimmt im Hinblick auf das Rechtsträgervermögen, dass diese keine Aktien oder andere Vermögensgegenstände besitzen dürfen, die eine Einflussnahme auf die Entscheidungen eines anderen Rechtsträgers ermöglichen (Nr. 15). Die Notwendigkeit dieser Anforderung ist im Zusammenhang mit den Beschränkungsvorschriften über Ertragsgeschäfte für gemeinnützige Vereine und Stiftungen zu sehen. Die Beschränkung wird durch ein bestimmtes Ausgabenverhältnis u.a. von gemeinnützigem Geschäft und Ertragsgeschäft sichergestellt (Nr. 8). Würde man jedoch die Einflussnahme auf einen wirtschaftlichen Rechtsträger beispielsweise durch Aktienbesitz zulassen, so käme dies einer Umgehung der Beschränkungsvorschriften für Ertragsgeschäfte gleich. 496 Die Ausgaben der beeinflussten wirtschaftlichen Rechtsträger haben keine Auswirkungen auf das Ausgabenverhältnis der gemeinnützigen Vereine und Stiftungen, da sie nicht als deren Ertragsgeschäfte gelten. Tatsächlich wären die beeinflussten wirtschaftlichen Rechtsträger aber nichts anderes. Gemeinnützige Vereine und Stiftungen könnten ohne Beschränkung auf bestimmte Vermögensgegenstände unbemerkt als wirtschaftliche Rechtsträger tätig sein. Weiterhin müssen die Satzungen gemeinnütziger Vereine und Stiftungen Bestimmungen über die Instandhaltung und Verfügungsbeschränkungen hinsichtlich notwendiger Vermögensgegenstände enthalten (Nr. 16). Die Durchführung der gemeinnützigen Geschäfte könnte gefährdet sein, wenn keine Verfügungsbeschränkungen oder Instandhaltungsbestimmungen für die dazu notwendigen Vermögensgegenstände vorgesehen wären. Beispielsweise wäre es für ein Kunstmuseum schwierig, einem gemeinnützigen Geschäft nachzugehen, wenn es seine Kunstgegenstände uneingeschränkt veräußern könnte.497 Andererseits sollten die Vorschriften auch flexibel genug sein und die Umsetzung gemeinnütziger Projekte des Rechtsträgers nicht behindern. 498 Aus diesen Gründen müssen gemeinnützige Vereine und Stiftungen entsprechende Vorschriften über die Instandhaltung und Verfügungsverbote in seiner Satzung aufnehmen. Schließlich müssen in die Satzungen gemeinnütziger Vereine und Stiftungen auch Bestimmungen über das Restvermögen bei Rücknahme der Gemeinnützigkeitsanerkennung oder Verschmelzung (Nr. 17) sowie der Auflösung (Nr. 18) aufgenommen werden. In der Satzung muss bestimmt werden, an 495

Art. 170 Abs. 1 VSG. SHIN-KŌEKI HŌJIN SEIDO KENKYŪ -KAI, Ichimon ittō (2006), S. 209. 497 Anerkennungsrichtlinie, S. 21. 498 SHIN-KŌEKI HŌJIN SEIDO KENKYŪ -KAI, Ichimon ittō (2006), S. 210. 496

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2. Kapitel: Rechtliche Grundlagen

welche Art von Rechtsträger das Restvermögen des gemeinnützigen Rechtsträgers übertragen wird. Die Arten von Rechtsträgern, die für den Empfang des Vermögens in Betracht kommen, sind im Gesetz abschließend aufgelistet. Dazu zählen vor allem gemeinnützige juristische Personen mit einer ähnlichen Zwecksetzung und weitere Rechtsträger, die in Nr. 17 aufgelistet sind499 sowie nationale und lokale 500 Gebietskörperschaften. Gleiches gilt für den Fall der Auflösung. Als „Restvermögen“ wird in Nr. 17 das Vermögen bezeichnet, das zu gemeinnützigen Zwecken erhalten, jedoch nicht verwendet wurde. Es gilt hierfür die Berechnungsgrundlage des Art. 30 Abs. 2 AnerkennG. Danach zählt beispielsweise Vermögen des Rechtsträgers aus der Zeit vor der Gemeinnützigkeitsanerkennung nicht zum Restvermögen i.S.v. Nr. 17. Sollte das Restvermögen nicht innerhalb eines Monats nach der Anerkennungsrücknahme oder dem Tag der Verschmelzung an einen der oben genannten Rechtsträger übertragen werden, wird eine schriftliche Vereinbarung angenommen, in der das Restvermögen dem Staat oder den Präfekturen zu spenden ist.501 b. Gründe für eine Disqualifizierung Die Anerkennung der Gemeinnützigkeit wird dem Rechtsträger trotz Vorliegens der oben genannten Voraussetzungen versagt, wenn einer der Gründe für eine Disqualifizierung nach Art. 6 AnerkennG vorliegt. Die Anerkennung kann danach zunächst verweigert werden, wenn ein Vorsitzender, ein Revisor oder ein Evaluierer innerhalb der letzten Jahre beispielsweise verantwortlich war für die Rücknahme der Gemeinnützigkeitsanerkennung eines gemeinnützigen Vereins oder einer gemeinnützigen Stiftung, eines der Vergehen nach Art. 6 Nr. 1 b) AnerkennG begangen hat, eine Gefängnisstrafe verbüßt hat oder Mitglied einer kriminellen Vereinigung war.

499

Dazu gehören: Schulkörperschaften nach Art. 3 Abs. 1 PrivatschulG; Soziale Wohlfahrtskörperschaften nach Art. 22 WohlfahrtsG, Juristische Personen für die Gefangenenfürsorge nach Art. 2 Abs. 2 Nr. 6 Kōsei hogo jigyō hōjin-hō (Gesetz über Tätigkeiten der Gefangenenfürsorge), Gesetz Nr. 86 / 1995 i.d.F. des Gesetzes Nr. 88 / 2009; Selbstständige verwaltungsbezogene juristische Personen nach Art. 2 Abs. 1 SVJPG; Staatliche Universitäten nach Art. 2 Abs. 1 Kokuritsu daigaku hōjin-hō (Gesetz über staatliche Universitäten in Form einer juristischen Person), Gesetz Nr. 112 / 2003 i.d.F. des Gesetzes Nr. 37 / 2010; Kommunale selbstständige verwaltungsbezogene juristische Personen nach Art. 2 Abs. 1 Chihō dokuritsu gyōsei hōjin-hō (Gesetz über kommunale selbstständige verwaltungsbezogene juristische Personen), Gesetz Nr. 11 / 2003 i.d.F. des Gesetzes Nr. 61 / 2010 sowie weitere in Art. 8 AnerkennGDV aufgelistete juristische Personen. 500 Art. 1/2 Chihō jichi-hō (Gesetz über die lokale Selbstverwaltung), Gesetz Nr. 67 / 1947 i.d.F. des Gesetzes Nr. 71 / 2010. 501 Art. 30 Abs. 1 AnerkennG.

IV. Anerkennung der Gemeinnützigkeit

147

Des Weiteren wird die Anerkennung unter Umständen bei einer früheren Anerkennungsrücknahme verweigert. Ist dem Rechtsträger bereits in der Vergangenheit die Anerkennung der Gemeinnützigkeit erteilt und später wieder zurückgenommen worden, so kann der Rechtsträger erst 5 Jahre nach der Rücknahme wieder als gemeinnützig anerkannt werden. Ein Disqualizierungsgrund besteht weiterhin dann, wenn die Satzung oder der Geschäftsplan gegen Rechtssätze oder gegen eine auf diesen basierende Anordnung eines Verwaltungsorgans verstoßen. Da manche Gewöhnliche Vereine und Stiftungen zur Ausführung ihrer gemeinnützigen Tätigkeit einer Erlaubnis oder Genehmigung 502 bedürfen, können sie erst nach deren Erteilung als gemeinnützig anerkannt werden. Die Anerkennung wird auch verweigert, wenn der Rechtsträger nationale oder kommunale Steuern nicht bezahlt hat und gegen ihn Maßnahmen der Zwangsbeitreibung eingeleitet wurden. Es wird befürchtet, dass solche Rechtsträger auch nach Anerkennung der Gemeinnützigkeit ihre Steuern nicht bezahlen.503 Eine Anerkennung kann erst wieder drei Jahre nach Beendigung des Verfahrens erteilt werden. Schließlich sind von der Anerkennung Rechtsträger mit Verbindungen zu kriminellen Vereinigungen ausgeschlossen. Es soll verhindert werden, dass kriminelle Vereinigungen sich gemeinnütziger Rechtsträger bedienen, um ihren Geschäften nachzugehen. 504 Daher wird die Anerkennung nicht nur verweigert, wenn einem Funktionsträger eine direkte Verbindung zu einer kriminellen Vereinigung nachgewiesen werden kann, sondern auch dann, wenn die gemeinnützigen Geschäfte u.a. von einem Mitglied einer solchen Vereinigung kontrolliert werden. 3. Formelle Voraussetzungen der Anerkennung Für die Anerkennung sind in formeller Hinsicht der Antrag und bestimmte weitere Dokumente505 bei der zuständigen Verwaltungsbehörde einzureichen. Im Gegensatz zur alten Rechtslage besteht bei der Beurteilung über die Gewährung des Antrags kein freies Ermessen mehr, sondern sie erfolgt auf der Grundlage der oben genannten gesetzlichen Voraussetzungen und Disqualifikationsgründe. Wurde die Anerkennung erteilt, ist sie durch die Verwaltungsbehörde öffentlich bekannt zu geben.506 Bislang sind seit Inkrafttreten des Anerkennungsgesetzes von 23.982 gemeinnützigen Vereinen und Stiftungen a.F., 507 auf nationaler Ebene 128 502

Erlaubnis oder Genehmigung nach Art. 2 Nr. 3 VwVfG. SHIN-KŌEKI HŌJIN SEIDO KENKYŪ -KAI, Ichimon ittō (2006), S. 214. 504 SHIN-KŌEKI HŌJIN SEIDO KENKYŪ -KAI, Ichimon ittō (2006), S. 214. 505 Art. 7 Abs. 2 AnerkennG, AnerkennGDB Formular Nr. 1. 506 Art. 10 AnerkennG; Art. 52 AnerkennGDB. 507 Stand:01.12.2009, SŌMU-SHŌ, Heisei 20 nen han kōeki hōjin hakusho (2008), S. 51. 503

148

2. Kapitel: Rechtliche Grundlagen

Rechtsträger von 327 Antragstellern und auf Präfekturebene 149 Rechtsträger von 335 Antragstellern als gemeinnützig anerkannt worden. Die Anerkennungskommission hat nur in einem Fall den Gemeinnützigkeitsstatus verweigert. 508 Die restlichen gemeinnützigen Vereine und Stiftungen a.F. müssen sich bis 2013 entscheiden, ob sie ihren Gemeinnützigkeitsstatus neu beantragen wollen. Es wird davon ausgegangen, dass viele ihren Gemeinnützigkeitsstatus behalten möchten,509 so dass die steigende Zahl der Anerkennungsanträge in den nächsten Jahren zu einer erhöhten Arbeitsbelastung für die Beratungsgremien führen wird. a. Zuständige Behörde Anträge auf Anerkennung werden bei einer Verwaltungsbehörde (gyōsei-chō) eingereicht. Die Verwaltungsbehörde ist entweder der Ministerpräsident oder der Präfekt einer Präfektur. In den Zuständigkeitsbereich des Ministerpräsidenten fallen Rechtsträger, deren Geschäftsbüros oder gemeinnützige Aktivitäten in mehr als einer Präfektur liegen, oder deren Tätigkeiten Aufgabenbereiche des Staates berühren. 510 Für alle anderen Rechtsträger ist der Präfekt der Präfektur zuständig, in der die Geschäftsstelle des Rechtsträgers liegt. In bestimmten Fällen haben die Verwaltungsbehörden die Meinung weiterer Behörden über die Erfüllung einzelner Anerkennungsvoraussetzungen oder Disqualifizierungsgründe einzuholen.511 Beispielsweise ist bei der Anerkennung eines Gewöhnlichen Vereins oder einer Gewöhnlichen Stiftung mit genehmigungsbedürftiger gemeinnütziger Tätigkeit 512 die genehmigungsberechtigte Behörde mit einzubeziehen. Diese Behörden können daher einen nicht unwesentlichen Einfluss auf die Beurteilung der Gemeinnützigkeit eines Rechtsträgers ausüben. Bei der Entscheidung über die Erteilung der Anerkennung werden die Verwaltungsbehörden von unabhängigen Beratungsgremien unterstützt. Ist der Ministerpräsident zuständig, hat er mit der Anerkennungskommission (kōeki nintei-tō i’in-kai) Rücksprache zu nehmen. 513 In der Praxis wird die Frage, ob ein Rechtsträger gemeinnützig tätig ist, von der Anerkennungskommission beurteilt, die ihre Bewertung anschließend an den Ministerpräsidenten weiterleitet.514 Den Empfehlungen der Anerkennungskommission bezüglich der Anerkennung eines Rechtsträgers wurde bislang durch die 508

Stand: März 2010, OHTA, Guidestar International Newsletter 14 (2010), S. 5. OHTA, Guidestar International Newsletter 14 (2010), S. 5. 510 Art. 3 Abs. 1 AnerkennG. 511 Art. 8 AnerkennG. 512 Art. 6 Nr. 4 AnerkennG. 513 Art. 43 AnerkennG. 514 SHIN-KŌEKI HŌJIN SEIDO KENKYŪ -KAI, Ichimon ittō (2006), S. 192. 509

IV. Anerkennung der Gemeinnützigkeit

149

Verwaltungsbehörden stets entsprochen.515 In den Präfekturen besteht ebenfalls, zur Beratung des Präfekten, jeweils ein Beratungsgremium (gōgisei no kikan), 516 dessen Struktur und Kompetenzen ähnlich denen der Anerkennungskommission geregelt sind.517 b. Änderung der Bezeichnung Mit Erhalt der Anerkennung wird der Rechtsträger als gemeinnütziger Verein oder gemeinnützige Stiftung angesehen.518 Im Rechtsverkehr ist deshalb die neue Bezeichnung zu verwenden. Abschließend ist aufgrund der neuen Bezeichnung eine Registeränderung zu beantragen und dabei die Gewährung der Gemeinnützigkeitsanerkennung nachzuweisen. 519 Eine Gebühr für die Umtragung wird in diesem Fall nicht erhoben.520 c. Rechtsmittel Ob ein Anerkennungsantrag Erfolg hat oder nicht, soll für einen Gewöhnlichen Verein oder eine Gewöhnliche Stiftung bereits im Vorfeld der Antragseinreichung aus Gesprächen mit dem Beratungsgremium ersichtlich werden.521 Sollte der Antrag jedoch abgelehnt werden, steht es dem Rechtsträger offen, erneut einen Antrag einzureichen. Zudem ist die Anerkennung oder Ablehnung des beantragten Gemeinnützigkeitsstatus rechtlich ein Verwaltungshandeln der ausstellenden Behörde, gegen das Rechtsmittel erhoben werden kann. Der Rechtsträger kann gegen die Antragsablehnung einen Widerspruch (igi mōshitate) einlegen.522 Im Widerspruchsverfahren hat die betreffende Behörde sich vor einem Beschluss über den Widerspruch mit dem

515

Interview mit der stellvertretenden Vorsitzenden der Anerkennungskommission Prof. Takako Amemiya vom 18.03.2010. 516 Art. 50 AnerkennG. 517 Vgl. Kōeki shadan hōjin oyobi kōeki zaidan hōjin no nintei ni kansuru hōritsu daigojūjō daiikkō ni kitei suru gōgi-sei no kikan no soshiki oyōbi unei no kijun wo kimeru seirei (Regierungsverordnung über Organisation und Leitung des Beratungsgremiums nach Art. 50 Abs. 1 des Gesetzes über die Anerkennung des gemeinnützigen Vereins und der gemeinnützigen Stiftung), Regierungsverordnung Nr. 303 vom 20.09.2006. 518 Art. 9 Abs. 1 AnerkennG. 519 Art. 9 Abs. 2 AnerkennG. 520 Art. 5 Nr. 14 Tōroku menkyo-zei hō (Steuergesetz für die Eintragungskonzessionen), Gesetz Nr. 35 / 67 i.d.F. des Gesetzes Nr. 32 / 2010. 521 SATŌ, Kōeki nintei (2009), S. 112. 522 Art. 6 Gyōsei fufuku shinsa-hō (Gesetz über die Untersuchung von Widersprüchen in Verwaltungsverfahren), Gesetz Nr. 160 / 1962 i.d.F. des Gesetzes Nr. 58 / 2006; SHINKŌEKI HŌJIN SEIDO KENKYŪ-KAI, Ichimon ittō (2006), S. 215 f.

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2. Kapitel: Rechtliche Grundlagen

beratenden Gremium auszutauschen.523 Bei Zurückweisung des Widerspruchs kann der Antragssteller die Verpflichtungsklage (torikeshi soshō) erheben.524 4. Anerkennungskommission Der Gemeinnützigkeitsstatus einer Organisation wurde bislang durch staatliche Behörden beurteilt. In der Reform war es ein Anliegen des Gesetzgebers, zukünftig die gesellschaftliche Sichtweise bei der Gemeinnützigkeitsanerkennung stärker zu berücksichtigen.525 Dafür sollte, inspiriert durch die englische Charity Commission, ein bürgernahes Gremium geschaffen werden.526 In der Anerkennungskommission wird erstmals unter Beteiligung von Zivilpersonen, d.h. nicht Staatsbediensteten, die Gemeinnützigkeit eines Rechtsträgers beurteilt. Dieser strukturelle Unterschied wird als einer der wesentlichen Unterschiede gegenüber der alten Rechtslage gesehen. 527 Die Kommission soll als ein beratendes Gremium aus unabhängigen Spezialisten fungieren. Damit sie gegenüber den staatlichen Verwaltungsbehörden und den antragstellenden Rechtsträgern neutral handeln kann, wurde besonderer Wert auf die Unabhängigkeit der einzelnen Kommissionsmitglieder gelegt.528 Die Fachkenntnisse der Kommissionsmitglieder sollen dem Ministerpräsidenten zudem helfen, die Sachlage der Rechtsträger richtig einzuschätzen und ohne behördlichen Einfluss eine angemessene Entscheidung zu treffen. Die Kommission dient deshalb auch der Gewährleistung des objektiven und transparenten Verwaltungshandelns und stärkt somit das gesellschaftliche Vertrauen in das Anerkennungssystem.529 a. Struktur der Kommission Die Anerkennungskommission besteht aus insgesamt sieben Kommissionsmitgliedern. 530 Diese werden nach Zustimmung von Unter- und Oberhaus durch den Ministerpräsidenten ernannt und sind Experten im Bereich des Rechts, der Rechnungslegung oder des Gemeinnützigkeitssektors. 531 Die Kommissionsmitglieder werden zunächst nur für drei Jahre ernannt. 532 Je523

Art. 43 Abs. 3, 51 AnerkennG. Art. 3 Abs. 2 VwVfG; SHIN-KŌEKI HŌJIN SEIDO KENKYŪ-KAI, Ichimon ittō (2006), S. 216 525 SHIN-KŌEKI HŌJIN SEIDO KENKYŪ -KAI, Ichimon ittō (2006), S. 195 f. 526 YAMAUCHI / KITORA, Policy Initiatives Towards New Legal Framework (2010), S. 102; JAPAN CENTER FOR INTERNATIONAL EXCHANGE, Civil Society Monitor 12 (2007), S. 5. 527 AMEMIYA, Jurisuto 1328 (2007), S. 15. 528 Art. 33 AnerkennG; AMEMIYA, Jurisuto 1328 (2007), S. 14. 529 SHIN-KŌEKI HŌJIN SEIDO KENKYŪ -KAI, Ichimon ittō (2006), S. 225. 530 Art. 34 Abs. 1 AnerkennG; Für eine Liste der aktuellen Kommissionsmitglieder siehe (20.10.2010). 531 Art. 35 Abs. 1 AnerkennG. 532 Art. 34 Abs. 2. 524

IV. Anerkennung der Gemeinnützigkeit

151

weils vier von ihnen sind hauptberuflich für die Kommission tätig. 533 Die erste Kommission wurde am 01.04.2007 eingesetzt, so dass zum 01.04.2010 eine Evaluierung und Neubesetzung der Kommission stattgefunden hat. Dabei wurden drei der bisherigen Kommissionsmitglieder in ihrem Amt bestätigt und vier neue Mitglieder sind hinzugekommen. Unterstützt wird die Kommission von einem Sekretariat aus Staatsbediensteten verschiedener Ministerien.534 Dessen Aufgabe ist es, die Geschäfte der Kommission zu führen, die Anweisungen der Kommissionsmitglieder umzusetzen und der Regierung zu berichten. Aufgrund des ministeriellen Hintergrunds der Sekretariatsbediensteten bestehen jedoch strukturelle Bedenken.535 b. Aufgaben Die Kommission erfüllt nur die ihr im Anerkennungsgesetz übertragenen Aufgaben. Sie hat zwei Aufgaben: zum einen berät sie den Ministerpräsidenten und zum anderen überwacht sie die Tätigkeiten der gemeinnützigen Vereine und Stiftungen.536 Sie ist zwar örtlich im Kabinett angesiedelt und das Sekretariat besteht aus Staatsbediensteten, die Kommission selbst kann aber keine direkten Verwaltungsmaßnahmen durchführen. Sie hat nur die Stellung eines Beratungsgremiums (shingi-kai).537 Während der Reformdiskussion ist auch diskutiert worden, die Kommission gleich einem verwaltungsrechtlichen Ausschuss (i’in-kai)538 zu behandeln. Damit wäre die Kommission aber stärker in die Staatsverwaltung eingegliedert worden. Letztlich ist dieser Gedanke zugunsten einer höheren Unabhängigkeit der Kommission verworfen worden.539 Der Ministerpräsident hat in den nachfolgenden Angelegenheiten mit der Kommission Rücksprache zu halten: − bei Erteilung einer Gemeinnützigkeitsanerkennung, Anerkennung zur wesentlichen Änderung des Rechtsträgers oder Erlaubnis zur Verschmelzung mit einem anderen Rechtsträger (Art. 43 Abs. 1 Nr. 1 AnerkennG), − bei einem Rat oder einer Anordnung an einen gemeinnützigen Rechtsträger, wenn Tatsachen vorliegen, die seinen Gemeinnützigkeitsstaus ge-

533

Art. 36 Abs. 1 AnerkennG. Art. 42 AnerkennG. 535 JAPAN CENTER FOR INTERNATIONAL EXCHANGE, Civil Society Monitor 12 (2007), S. 5. 536 Art. 43, 59 AnerkennG. 537 Art. 8 Kokka gyōsei soshiki-hō (Gesetz über die Organisation der nationalen Staatsorgane), Gesetz Nr. 120 / 1948 i.d.F. des Gesetzes Nr. 49 / 2009. 538 Art. 3 Kokka gyōsei soshiki-hō (Gesetz über die Organisation der nationalen Staatsorgane), Gesetz Nr. 120 / 1948 i.d.F. des Gesetzes Nr. 49 / 2009. 539 AMEMIYA, Jurisuto 1328 (2007), S. 14. 534

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2. Kapitel: Rechtliche Grundlagen

fährden könnten, 540 sowie der Rücknahme der Gemeinnützigkeitsanerkennung,541 (Art. 43 Abs. 1 Nr. 2 AnerkennG), − bei dem Erlass, der Änderung oder der Aufhebung einer im Anerkennungsgesetz genannten Kabinetts- oder Kabinettsamtsverordnung (Art. 43 Abs. 2 AnerkennG) oder − bei dem Beschluss hinsichtlich eines durch den Rechtsträger eingelegten Widerspruchs gegen eine Verfügung, eine Anordnung oder die Rücknahme der Gemeinnützigkeitsanerkennung des Ministerpräsidenten (Art. 43 Abs. 3 AnerkennG). Über die Rücksprache des Ministerpräsidenten mit der Kommission sind Berichte zu erstellen, die von Gesetzes wegen zu veröffentlichen sind. 542 Hierdurch sollen die Bürger Gelegenheit erhalten, sich über die Tätigkeiten der Kommission eigenhändig und direkt zu informieren.543 Zudem muss die Kommission jährlich einen Tätigkeitsbericht veröffentlichen.544 Ein weiterer Aufgabenbereich ist die Überwachung der laufenden Geschäfte der gemeinnützigen Vereine und Stiftungen. Die Kommission ist dazu ermächtigt, die Geschäftsberichte eines gemeinnützigen Rechtsträgers einzufordern und weitere Untersuchungen anzustellen. 545 Für die Erfüllung ihrer Aufgaben hat die Kommission die Möglichkeit der Zusammenarbeit mit anderen Behörden. Sie kann die Aushändigung von Unterlagen, eine Meinungsäußerung, Erklärungen und weitere Maßnahmen der Zusammenarbeit gegenüber staatlichen und kommunalen Verwaltungsrechtsträgern einfordern.546 5. Kritische Anmerkung Nachdem über 100 Jahre die zivilgesetzlichen Bestimmungen für gemeinnützige Vereine und Stiftungen nicht geändert wurden, wird ihre Reform allgemein sehr begrüßt. Insbesondere die Trennung zwischen Gründung einer juristischen Person und ihrer Gemeinnützigkeitsanerkennung sowie der Einsetzung eines unabhängigen Anerkennungsgremiums unter Beteiligung von Fachleuten aus dem Gemeinnützigkeitssektor, wird positiv beurteilt. Dennoch sind einige Punkte der Gesetzesreform kritisch zu bewerten.

540

Art. 28 Abs. 1 , 3AnerkennG. Art. 29 Abs. 1 AnerkennG. 542 Art. 44 Abs. 1 AnerkennG. Die Veröffentlichung erfolgt u.a. auf einem gemeinsamen Internetportal aller Verwaltungsbehörden: (30.07.2010). 543 AMEMIYA, Jurisuto 1328 (2007), S. 14. 544 Art. 48 AnerkennG. 545 Art. 59 Abs. 1 i.V.m. 27 Abs. 1 AnerkennG; Zur Überwachung gemeinnütziger Vereine und Stiftungen durch die Verwaltungsbehörde siehe auch Kapitel 3. 546 Art. 47 AnerkennG. 541

IV. Anerkennung der Gemeinnützigkeit

153

Zunächst einmal ist es teilweise auf Unverständnis gestoßen, dass die Gesetzesreform im Ergebnis auf die gemeinnützigen Vereine und Stiftungen a.F. beschränkt blieb. 547 Vor allem diese Rechtsträger können nunmehr als Gewöhnlicher Verein und Gewöhnliche Stiftung die Gemeinnützigkeitsanerkennung beantragen. Auf die Gesetzesbestimmungen der übrigen gemeinnützigen Rechtsträger, deren Gesamtanzahl weitaus größer ist,548 hat die Gemeinnützigkeitsreform keine Auswirkungen. Mit der Gesetzesreform verbundene Vorteile, z.B. die klaren Gesetzes- und Verfahrensbestimmungen sowie die Beurteilung durch das staatlich unabhängige Beratungsgremium, können von ihnen nicht in Anspruch genommen werden. Daneben sind die mit dem Gemeinnützigkeitsstatus des Anerkennungsgesetzes einhergehenden Steuervorteile weitaus umfangreicher als die Steuervorteile für andere gemeinnützige Rechtsformen. 549 Eine Erklärung, weshalb nicht für alle gemeinnützigen Rechtsträger einheitliche Gesetze erlassen wurden, soll in der Wahrung der Einzelinteressen verschiedener Interessenverbände liegen. Beispielsweise machte sich einerseits die Shin-Kōmeitō-Partei im Gesetzgebungsprozess dafür stark, dass Religionskörperschaften nicht von der Anerkennungskommission beurteilt werden; andererseits misstrauten die Gründer der erst in jüngster Zeit errichteten Non-Profit-Organisationen den neuen Gesetzen, da sie befürchteten, wieder stärker unter staatlichen Einfluss zu gelangen.550 Ein weiterer Kritikpunkt ist die zeitliche Dauer des Anerkennungsverfahrens. Nach den gesetzlichen Bestimmungen sind im Anerkennungsgesetz keine Zeitvorgaben für die Bearbeitung der Anträge vorgesehen. Die Gesetzgebungskommission hat auf die Festlegung von Bearbeitungsfristen bewusst verzichtet. Sie hat dies damit begründet, dass sich die Bearbeitungszeit der Anträge im Einzelfall wesentlich verlängern kann, wenn beispielsweise umfangreiche Angaben zu den Ertragsgeschäften zu prüfen und weitere Meinungen einzuholen sind.551 Diese Problematik wird noch verschärft, wenn man bedenkt, dass die Anerkennungskommission bis zum Jahr 2013 über die Umtragung der meisten gemeinnützigen Vereine und Stiftungen a.F. inner-

547

AMEMIYA, Jurisuto 1328 (2007), S. 14. Siehe eine statistische Auswertung der gemeinnützigen Rechtsträger im Anhang. 549 Siehe für eine Begründung zu der unterschiedlichen steuerlichen Handhabung Tatsuo Ohta, Präsident der Vereinigung gemeinnütziger juristischer Personen, SASAKAWA PEACE FOUNDATION, Newsletter 56 (2007), S. 2; OHTA, Guidestar International Newsletter 14 (2010), S. 5. 550 Interview mit Prof. Hiroyasu Nakata vom 24.03.2010; Interview mit Tsutomu Hotta, Präsident der Sawayaka Wohlfahrtsstiftung, SASAKAWA PEACE FOUNDATION, Newsletter 56 (2007), S. 2. 551 SHIN-KŌEKI HŌJIN SEIDO KENKYŪ -KAI, Ichimon ittō (2006), S. 215. 548

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2. Kapitel: Rechtliche Grundlagen

halb kurzer Zeit entscheiden muss.552 Angesichts der langen Anerkennungsverfahren ist die Bewältigung der zukünftigen Arbeitsbelastung zumindest fragwürdig. Vertreter des Gemeinnützigkeitssektors haben einige Anwendungsprobleme bezüglich einzelner Gesetzesanforderungen bemängelt. Ein zentrales Problem sei dabei die Finanzierung gemeinnütziger Vereine und Stiftungen. Im Anerkennungsgesetz wird vorausgesetzt, dass sie keine übermäßigen Gewinne erzielen,553 d.h. die Gewinne dürfen die Ausgaben nicht übermäßig überschreiten. Hierdurch sei praktisch ein Verbot der Gewinnerzielung konstituiert, das jedoch bei einigen Tätigkeiten, z.B. bei der Betreibung wohltätiger Einrichtungen oder Konzertveranstaltungen, schwer umzusetzen sei, da diese regelmäßig ein Minimum an Gewinn erzielen würden. Würde das Verbot streng eingehalten werden, so müssten diese Leistungen zukünftig nahezu unentgeltlich angeboten werden. Dies sei jedoch nicht sinnvoll, da aus gesellschaftlicher Sicht betrachtet gerade ein Bedarf an günstigen sozialen Leistungen bestünde, die jedoch nicht notwendigerweise unentgeltlich angeboten werden müssten. Wichtiger sei es, die zukünftige gemeinnützige Reinvestierung der Gewinne sicherzustellen. 554 Durch Reinvestierung der Gewinne könnte beispielsweise das Angebot einer sozialen Einrichtung erweitert werden. Von dem Problem des Gewinnverbots auch betroffen sei die Einordnung von Spenden als Gewinne des Rechtsträgers. Diese Einordnung führe beispielsweise zu Problemen, wenn der Rechtsträger zwar fleißig Spenden eingesammelt habe, in dem gleichen Geschäftsjahr jedoch nicht den gleichen Betrag an Ausgaben für das gemeinnützige Geschäft verzeichnen könne. In diesem Fall würde er sich der Anschuldigung übermäßiger Gewinnerzielung aussetzen.555 Ein ähnliches Problem bereite auch die Anforderung eines bestimmten Ausgabenverhältnisses zwischen dem gemeinnützigen Geschäft und dem Ertragsgeschäft. 556 Rechtsträger, die sehr hohe Ausgaben für ihr Ertragsgeschäft verzeichneten, um damit die gemeinnützigen Geschäfte zu finanzieren, könnten leicht unter die Fünfzigprozentmarke für die Ausgaben ihres gemeinnützigen Geschäfts fallen.557 Ein weiterer Problemkreis beträfe die Anforderung, dass der Betrag des ungenutzten Vermögens am Ende des Geschäftsjahres nicht den für die 552

OHTA, Guidestar International Newsletter 14 (2010), S. 5; Interview mit der stellvertretenden Vorsitzenden der Anerkennungskommission Prof. Takako Amemiya vom 18.03.2010. 553 Art. 5 Nr. 6 AnerkennG. 554 Interview mit Tatsuo Ohta und Tsutomu Hotta, SASAKAWA PEACE FOUNDATION, Newsletter 56 (2007), S. 3. 555 Interview mit Tatsuo Ohta, SASAKAWA PEACE FOUNDATION, Newsletter 56 (2007), S. 3. 556 Art. 5 Nr. 8 AnerkennG. 557 Interview mit Tatsuo Ohta, SASAKAWA PEACE FOUNDATION, Newsletter 56 (2007), S. 3.

IV. Anerkennung der Gemeinnützigkeit

155

Durchführung des gemeinnützigen Geschäfts nötigen Betrag des nächsten Geschäftsjahres übersteigen dürfe.558 Gerade für den im japanischen Gemeinnützigkeitssektor traditionell bedeutenden Bereich der gemeinnützigen Stipendienförderung sei diese Anforderung problematisch. In Japan ist es verbreitet, dass Stipendien in Form von günstigen Darlehen vergeben werden, die am Ende der Ausbildung jedoch zurückzuzahlen sind. Problematisch sei nun, dass die Stipendien nach dem Anerkennungsgesetz nicht als Ausgaben, sondern als Vermögen angerechnet werden, so dass der Betrag des ungenutzten Vermögens dieser Rechtsträger die gesetzlichen Grenzen überschreite.559 Schließlich wird das Anerkennungsverfahren insgesamt für Laien als zu komplex 560 und der Dokumentationsvorgang als zu arbeitsaufwändig und teilweise als widersinnig bewertet. Für den Antrag auf Anerkennung seien zwanzig verschiedene Dokumente einzureichen, zuzüglich solcher Dokumente, die im Einzelfall für notwendig erachtet würden. Darunter befindet sich beispielsweise auch ein Dokument, in dem die Rechtsträger erklären müssen, dass ihre Funktionsträger nicht an kriminellen Vereinigungen beteiligt sind. Hierbei stelle sich die Frage nach Sinn und Zweck der schriftlichen Erklärung, da beispielsweise ein einfaches Ankreuzen von „keine Mitglieder krimineller Vereinigungen“ auf dem Antrag das zusätzliche Dokument überflüssig machen könne.561 6. Rechtsvergleich Sowohl in Japan als auch in Deutschland unterstützt der Staat Organisationen, die gemeinnützigen Tätigkeiten nachgehen, durch eine vorteilhafte steuerliche Behandlung. Grundüberlegung ist, dass Steuern vor allem zur Erfüllung der erforderlichen Aufgaben des Gemeinwesens dienen. Werden Mittel von dritter Seite zum Wohle der Allgemeinheit aufgewendet, so wird der Staat dadurch entlastet. 562 Es wäre deshalb nicht sinnvoll, gemeinnützig tätige Rechtsträger und Rechtsträger, die eigennützigen Interessen dienen, steuerlich gleich zu behandeln. In Japan sind die Voraussetzungen für die Gemeinnützigkeitsanerkennung für gemeinnützige Vereine und Stiftungen in den Bestimmungen des Anerkennungsgesetzes geregelt. Dagegen gelten in Deutschland für eingetragene Vereine und rechtsfähige Stiftungen die allgemeinen Gemeinnützigkeitsanforderungen der Abgabenordnung. Die Gesetzessystematik beider Länder ähnelt sich insofern, als für die staatliche Anerkennung nachzuweisen ist, dass die Rechtsträger gemeinnützig im Sinne der 558

Art. 5 Nr. 9 AnerkennG. Interview mit Tatsuo Ohta, SASAKAWA PEACE FOUNDATION, Newsletter 56 (2007), S. 4. 560 OHTA, Guidestar international newsletter 13 (2009). 561 Interview mit Tatsuo Ohta, SASAKAWA PEACE FOUNDATION, Newsletter 56 (2007), S. 4. 562 HEY, StuW (2000), S. 468; BUCHNA, Gemeinnützigkeit im Steuerrecht (2008), S. 13; KIRCHHOF, Gemeinnützigkeit (2003), S. 5. 559

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2. Kapitel: Rechtliche Grundlagen

jeweiligen Rechtsordnung tätig sind. Daneben müssen sie noch weitere materielle Gemeinnützigkeitsvoraussetzungen erfüllen. Für den Rechtsvergleich beider Länder ist jedoch auch zu beachten, dass es sich bei dem Anerkennungsgesetz um ein neues Gesetz handelt, zu dem es weder Rechtsprechung, noch Verwaltungspraxis bezüglich der einzelnen Gesetzesbestimmungen gibt. Der Mangel an Auslegungspraxis wird teilweise durch die ausführlichen Gesetzesbestimmungen sowie konkretisierende Durchführungsregelungen kompensiert. In Deutschland können die Gemeinnützigkeitsbestimmungen der Abgabenordnung auf eine lange Anwendungspraxis und Einzelrechtsprechung zurückblicken, die die vergleichsweise wenigen unbestimmten Gesetzesbestimmungen und Gemeinnützigkeitsgrundsätze ergänzen. Der gesetzliche Gemeinnützigkeitsbegriff ist in beiden Rechtsordnungen größtenteils geprägt von zwei Komponenten: den gemeinnützigen Tätigkeitsfeldern und dem Adressatenkreis der Tätigkeit. Die Rechtsordnungen haben jeweils einen gesetzlichen Katalog von Tätigkeiten festgelegt, die als gemeinnützig gelten und dem gesamtgesellschaftlichen Interesse dienen sollen. Der Adressatenkreis ist dabei so offen wie möglich zu halten. Allerdings wurde auch erkannt, dass es der Gesellschaft dienen kann, wenn nur wenige Personen gefördert werden. In Japan wird nunmehr anhand zusätzlicher Kontrollpunkte versucht, es zukünftigen Antragstellern einer Gemeinnützigkeitsanerkennung zu erleichtern, die Allgmeinheit als Adressat ihrer gemeinnützigen Tätigkeiten zu berücksichtigen. In Deutschland wird der Adressatenkreis im Gesetz nicht weiter ausgeführt. Es kann außerdem kritisiert werden, dass der Gemeinnützigkeitsbegriff so weit ausgestaltet wurde, dass in manchen Fällen nicht mehr die Allgemeinheit, sondern das Mitgliederinteresse im Vordergrund stehe. Die materiellen Gemeinnützigkeitsvoraussetzungen beider Länder orientieren sich weitgehend an ähnlichen Gemeinnützigkeitsüberlegungen, die jedoch nicht immer mittels derselben Gesetzesregelung verwirklicht werden. Beispielsweise kennt auch das japanische Anerkennungsgesetz ein Gewinnausschüttungsverbot für gemeinnützige Vereine und Stiftungen und setzt dieses im Ergebnis konsequenter um als die deutsche Rechtsordnung. In formeller Hinsicht unterscheiden sich beide Länder dadurch, dass die Gemeinnützigkeit in Japan in einem speziellen Anerkennungsverfahren beurteilt wird, während es ein solches Verfahren in Deutschland nicht gibt. a. Begriff der Gemeinnützigkeit In Japan ist für die staatliche Gemeinnützigkeitsanerkennung der Gemeinnützigkeitsbegriff des Anerkennungsgesetzes maßgeblich. Für die Anerkennung müssen Gewöhnliche Vereine und Stiftungen ein gemeinnütziges Geschäft verfolgen, d.h.

IV. Anerkennung der Gemeinnützigkeit

157

ein Geschäft, das einem der in der beigefügten Tabelle aufgelisteten Geschäfte zu wissenschaftlichen, künstlerischen, wohltätigen oder sonstigen gemeinnützigen Zwecken dient und − die Interessen einer unbestimmten Anzahl von Personen fördern.563 Der deutsche Gesetzgeber hat einen weiten Gemeinnützigkeitsbegriff festgelegt, der sowohl gemeinnützige Zwecke im engeren Sinn als auch mildtätige und kirchliche Zwecke steuerlich begünstigt.564 Gemeinnützigkeit im engeren Sinn bezieht sich im Folgenden daher nur auf die in Art. 52 AO konkretisierten gemeinnützigen Zwecke. Eine Tätigkeit ist demgegenüber gemeinnützig im weiteren Sinn, wenn − einer der drei Gemeinnützigkeitszwecke (d.h. gemeinnützige (§ 52 AO), mildtätige (§53 AO) und kirchliche (§ 54 AO) Zwecke) verfolgt und − die Tätigkeit selbstlos ausgeführt wird. −

i.) Gemeinnützige Zwecke Ein Vergleich des Gemeinnützigkeitsbegriffs der japanischen Rechtsordnung bietet sich für Deutschland vor allem für den Bereich der gemeinnützigen Zwecke im engeren Sinn an. Beide Länder verwenden hier eine ähnliche Regelungstechnik für die Beurteilung der gemeinnützigen Tätigkeiten. Diese werden einerseits anhand des Adressatenkreises und andererseits anhand eines Katalogs gemeinnütziger Tätigkeitsfelder beurteilt. 1.) Adressatenkreis In Deutschland verfolgt eine Körperschaft gemeinnützige Zwecke im engeren Sinn, wenn ihre „Tätigkeit darauf gerichtet ist, die Allgemeinheit auf materiellem, geistigem oder sittlichem Gebiet selbstlos zu fördern“. 565 Es besteht daher die gesetzliche Voraussetzung, dass der Adressat der gemeinnützigen Tätigkeit die Allgemeinheit sein muss. In Japan wurde der Personenkreis früher in ähnlicher Weise mit der Förderung gesamtgesellschaftlicher Interessen umschrieben. 566 Heute spricht das Gesetz etwas eingeschränkter von dem Interesse einer unbestimmten Anzahl von Personen. Während der Adressatenkreis in Japan bislang anhand einer Negativabgrenzung von drei Fallgruppen ermittelt wurde, ist er im Anerkennungsgesetz durch die Anerkennungsrichtlinie der Kommission erheblich differenzierter geregelt worden. Für die Verwirklichung der gemeinnützigen Geschäfte wurde ein konkreter Tätigkeitskatalog zusammengestellt. Es ist nunmehr nach der Richtlinie jede dieser Tätigkeiten auf die Vereinbarkeit mit 563

Art. 4, 2 Abs. 4 AnerkennG. § 51 Abs. 1 S. 1 AO. 565 § 52 Abs. 1 S. 1 AO. 566 Vgl. die Ausführungen auf S. 53.

564

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2. Kapitel: Rechtliche Grundlagen

dem Adressatenkreis anhand einzelner Kontrollpunkte zu überprüfen.567 In Deutschland dagegen wird der Adressatenkreis weiterhin anhand gesetzlicher Negativbeispiele und gerichtlicher Entscheidungen zum Begriff der Allgemeinheit beurteilt. 568 Danach ist die Förderung fest abgeschlossener Personenkreise, beispielsweise begrenzt auf die Familie oder die Belegschaft eines Unternehmens, nicht von dem Allgemeinheitsbegriff erfasst. Die Tätigkeiten müssen jedoch auch nicht notwendigerweise auf die Gesamtheit der Bundesbürger oder deren Mehrheit abzielen. Ein Nutzen für die Allgemeinheit liegt deshalb auch dann vor, wenn nur einzelne oder wenige Personen gefördert werden.569 2.) Katalog gemeinnütziger Tätigkeitsfelder In beiden Ländern besteht ein abschließender gesetzlicher Beispielkatalog für konkrete gemeinnützige Tätigkeitsfelder.570 In Japan spricht man hierbei von „gemeinnützigen Geschäften“.571 Am Ende des Katalogs befindet sich jeweils eine Klausel, die es dem Gesetzgeber ermöglicht, weitere Tätigkeiten als gemeinnützig anzuerkennen. Während in Japan hierzu jedoch eine Kabinettsverordnung erforderlich ist, verweist in Deutschland die sog. Öffnungsklausel lediglich auf die allgemeinen Voraussetzungen der „Förderung auf materiellem, geistigem oder sittlichem Gebiet“.572 Die Regelungstechnik des einheitlichen, weitreichenden Katalogs ist in beiden Ländern erst in jüngster Zeit eingeführt worden, um Klarheit zu schaffen und die Zwecke gemeinnützigen Handelns zu vereinheitlichen.573 Es ist aber zu berücksichtigen, dass der rechtliche Ausgangspunkt beider Länder ein anderer war. In Deutschland handelte es sich hierbei um eine einfache Gesetzesänderung, die unter anderem auf eine systematische Vereinheitlichung des steuerrechtlichen Gemeinnützigkeits- und Spendenrechts abzielte. Inhaltlich 567

Vgl. die Ausführungen auf S. 118. § 52 Abs. 1 S. 2 AO. 569 BUCHNA, Gemeinnützigkeit im Steuerrecht (2008), S. 49; PUES / SCHEERBARTH, Gemeinnützige Stiftungen (2008), S. 117. 570 Deutschland: § 52 Abs. 2 AO, siehe Anhang, S. 223. 571 Im Folgenden wird für den Rechtsvergleich einheitlich der Begriff „gemeinnützige Tätigkeiten“ verwendet. Für den gemeinnützigen Tätigkeitskatalog in Japan siehe die beigefügte Tabelle bzgl. der gemeinnützigen Geschäfte i.S.d. Art. 2 Abs. 4 AnerkennG im Anhang. 572 Deutschland: § 52 Abs. 1 S. 1 AO; für die Auslegung der Öffnungsklausel vgl. PUES / SCHEERBARTH, Gemeinnützige Stiftungen (2008), S. 115 ff.; BUCHNA, Gemeinnützigkeit im Steuerrecht (2008), S. 42. 573 Japan: vgl. zur Zielsetzung SHIN-KŌEKI HŌJIN SEIDO KENKYŪ- KAI, Ichimon ittō (2006), S. 193 f.; Deutschland: Gesetz zur weiteren Stärkung des bürgerschaftlichen Engagements vom 10.10.2007, BGBl. I 2007, S. 2332 ff.; vgl. zur Zielsetzung BT Drucks. 16 / 5200, 16/5985; BUCHNA, Gemeinnützigkeit im Steuerrecht (2008), S. 18. 568

IV. Anerkennung der Gemeinnützigkeit

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hat zwar eine präzisere Begriffsbestimmung stattgefunden, die jedoch im Vergleich mit der erstmaligen Erarbeitung eines Beispielkatalogs gemeinnütziger Zwecke durch das Anerkennungsgesetz in Japan keine grundlegende Neuregelung bedeutet. Aber auch die japanische Rechtsordnung knüpft an einen bereits zuvor bestimmten Gemeinnützigkeitsbegriff an, der bis dahin jedoch vor allem den Adressatenkreis begrenzte und die Bestimmung der einzelnen Tätigkeiten dem Ermessen der Behörden überließ.574 Damit ist der japanische Gesetzgeber schon lange bestehenden Forderungen um eine Präzisierung der Gemeinnützigkeit nachgekommen. Vergleicht man beide Kataloge gesetzlicher Regelbeispiele, so kommt man zu einer weitgehenden Übereinstimmung hinsichtlich Inhalt und Umfang. Es sind lediglich zwei Abweichungen in den Katalogen auffällig. Zunächst einmal werden in Japan auf religiöse Zwecke gerichtete Tätigkeiten im Anerkennungsgesetz nicht als gemeinnützige Geschäfte genannt. In der beigefügten Tabelle wird in Nr. 13 zwar von Geschäften gesprochen, die auf Respektierung und Schutz von Religionsfreiheit gerichtet sind, davon sind jedoch begrifflich keine religiösen Organisationen erfasst. Vielmehr ist davon auszugehen, dass diese Organisationen zukünftig ausschließlich durch die dafür vorgesehenen Spezialgesetze geregelt werden. 575 In Deutschland dagegen sind auch religiöse Zwecke im allgemeinen Katalog der gemeinnützigen Zwecke genannt.576 Des Weiteren werden in Japan auch Geschäfte, die die nationale Politik fördern, als gemeinnützige Tätigkeiten anerkannt (Nr. 18). Dies ist insbesondere deshalb auffällig, da politische Aktivitäten in dem als Vorbild dienenden Gemeinnützigkeitskatalog des NPO-Gesetzes noch ausdrücklich untersagt waren. 577 Im Vergleich dazu sind in Deutschland politische Aktivitäten nur soweit als gemeinnützige Tätigkeiten anerkannt, als sie der politischen Bildung dienen, d.h. wenn sie über die allgemeinen Grundlagen des Staates informieren. Davon abzugrenzen sind parteipolitische Aktivitäten, die nicht als gemeinnützig anerkannt werden.578 Begründet wird diese Ablehnung mit dem Hinweis, dass Organisationen, die in den übrigen Gemeinnützigkeitsfeldern tätig sind, staatliche Aufgaben bewältigen und daher als gemeinnützige Körperschaften steuerbegünstigt werden. Im Gegensatz dazu erbringen politische Organisationen selbst keine Leistung zur Erfüllung staatlicher Aufgaben, sondern wirken vielmehr selbst auf staatlicher Seite mit.579 574

Kabinettsentscheidung vom 20.09.1996. Im NPO-Gesetz waren religiöse Organisationen ausdrücklich ausgeschlossen, Art. 2 Abs. 2 Nr. 2 a) NPOG. 576 § 52 Abs. 2 Nr. 2 AO. 577 Art. 2 Abs. 2 Nr. 2 b) NPOG. 578 BUCHNA, Gemeinnützigkeit im Steuerrecht (2008), S. 60. 579 In Deutschland sind jedoch einseitig politische Interessen als gemeinnützig anerkannt. Vgl. dazu und mit kritischer Anmerkung zu dem vom BVerfG aufgestellten 575

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2. Kapitel: Rechtliche Grundlagen

3.) Kritik am weiten Gemeinnützigkeitsbegriff in Deutschland Der weitreichende Gemeinnützigkeitsbegriff in Deutschland wird von vielen kritisiert. 580 Innerhalb der Katalogbeispiele konzentriert sich die Kritik vor allem auf die Förderung des Sports und anderer Freizeitbeschäftigungen, wie z.B. des Modellflugs oder des Hundesports581. Die Diskussion um die Grenzen der Gemeinnützigkeit wird verstärkt geführt seit dem Vereinsförderungsgesetz582 aus dem Jahr 1989. In dem Gesetz ist der Katalog um Aktivitäten erweitert worden, die in erster Linie der persönlichen Freizeitgestaltung des Einzelnen dienen.583 Der Sport ist zwar seit langem als gemeinnützig anerkannt, jedoch wurden darunter zunächst nur solche Aktivitäten verstanden, die der „körperlichen Ertüchtigung“ dienten. 584 Mittlerweile ist der Begriff wesentlich erweitert worden und Betätigungen, die als reine Freizeitbeschäftigungen betrieben werden, z.B. Minigolf, Kegeln, Billard, sind auch als Sportarten anerkannt, wenn sie in einem sportähnlichen Rahmen durch einen festen Trainingsplan oder durch Teilnahme an Wettkämpfen betrieben werden.585 Die Schwierigkeit der genauen Abgrenzung zeigt sich in den Grenzbereichen. So wird beispielsweise Schach als Sportart anerkannt, nicht jedoch andere Karten- und Gesellschaftsspiele. Daneben werden auch weitere Freizeitaktivitäten als gemeinnützig anerkannt, wenn die Aktivitäten hinsichtlich der Merkmale, die ihre steuerrechtliche Förderung rechtfertigen, mit den in § 52 Abs. 2 Nr. 23 AO genannten Fallgruppen identisch sind.586 Im Unterschied zu den anderen gemeinnützigen Tätigkeiten der Abgabenordnung dienen sportliche und sonstige Freizeitaktivitäten vor allem der privaten Selbstverwirklichung. Das Leitbild der Gemeinnützigkeit beruht jedoch auf der selbstlosen, d.h. altruistischen Förderung der Allgemeinheit, die von solchen Freizeitaktivitäten gerade nicht geleistet wird.587 Die private Selbstverwirklichung dient nicht dem Wohl der Allgemeinheit, sondern dem Wohl der Privatperson. Rechtsträger, die auf diese Zwecke abzielen, sind deshalb Gleichheitsgrundsatz für die staatliche Parteienfinanzierung ISENSEE, Gemeinwohl und Bürgersinn (1990), S. 49 f. 580 TIPKE, StuW (1989), S. 167; ISENSEE, Gemeinwohl und Bürgersinn (1990), S. 35. 581 § 52 Nr. 21, 23 AO. 582 Vereinsförderungsgesetz vom 18.11.1989, BGBl. I 1989, S. 2212 ff. 583 Siehe hierzu das Gutachten der Kommission zur Prüfung des Gemeinnützigkeitsund Spendenrechts, die u.a. vorgeschlagen hatte; den Sport aus dem Gemeinnützigkeitskatalog zu streichen, BMF-Schriftenreihe Heft 40, S. 126 ff., 355. 584 Sächs. OVG vom 01.03.1926, Pr. Verw. Bl. Bd. 49, S. 929, zit.n. SELBIG, Förderung und Finanzkontrolle (2006), S. 268. 585 BUCHNA, Gemeinnützigkeit im Steuerrecht (2008), S. 68. 586 BUCHNA, Gemeinnützigkeit im Steuerrecht (2008), S. 74. 587 ISENSEE, Gemeinwohl und Bürgersinn (1990), S. 51 f.; GMACH, FR (1996), S. 309; KIRCHHOF, Gemeinnützigkeit (2003).

IV. Anerkennung der Gemeinnützigkeit

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nicht gemeinnützig, sondern nützen primär den Mitgliedern. Daran anschließend wird auch die verfassungsrechtliche Legitimation der Steuerprivilegien für diese Rechtsträger in Frage gestellt. Steuerbefreiungen stellen grundsätzlich eine Durchbrechung der allgemeinen Steuerpflicht der Rechtsträger dar, die verfassungsrechtlich legitimiert werden muss.588 Sieht man diese Legitimation in der selbstlosen Verfolgung von gemeinnützigen Zwecken, bestehen verfassungsrechtliche Bedenken, wenn Rechtsträger, die nicht altruistisch für andere tätig sind, sondern in erster Linie der Selbstverwirklichung der Mitglieder dienen, steuerliche Privilegien erhalten.589 Der deutsche Gesetzgeber hält bislang trotz der genannten Kritik an der weiten Auffassung der Gemeinnützigkeit fest. Im Vergleich dazu hat der japanische Gesetzgeber sich bemüht, durch eine verschärfte Kontrolle des Adressatenkreises den Zugang der Allgemeinheit zu den gemeinnützigen Tätigkeitsfeldern sicherzustellen. Es bleibt jedoch abzuwarten, ob die Gesetzesreform in Japan tatsächlich das gewünschte Ergebnis erzielt. Präzisere Angaben für den Adressatenkreis könnten auch in Deutschland einen weiteren Zugang der Allgemeinheit sichern. Beispielsweise könnte hierdurch die kritisierte exklusive Förderung der eigenen Mitglieder zumindest gemindert werden. Für das Abgrenzungsproblem zwischen den steuerbegünstigten Sportarten und sonstigen Freizeitaktivitäten bietet die Komponente des Adressatenkreises hingegen keine Hilfestellung. ii.) Mildtätige und kirchliche Zwecke In Deutschland sind des Weiteren mildtätige und kirchliche Zwecke als gemeinnützig im weiteren Sinn aufgeführt. Mildtätiges Handeln zielt auf die Hilfe und Unterstützung von Personen, die sich in einer Notlage befinden.590 Es wird gesetzlich zwischen Hilfsbedürftigkeit wegen eines körperlichen, geistigen oder seelischen Zustandes und der Hilfsbedürftigkeit hinsichtlich der wirtschaftlichen Lage unterschieden. Kirchliche Zwecke sind nur insoweit gemeinnützig, als die Tätigkeit darauf gerichtet ist, eine Religionsgemeinschaft, die Körperschaft des öffentlichen Rechts ist, selbstlos zu fördern. 591 In Deutschland ist daher zwischen der Förderung kirchlicher und religiöser Zwecke im oben angesprochenen allgemeinen Katalog gemeinnütziger Zwecke zu unterscheiden. 592 Religionsgemeinschaften, die nicht Körperschaften des öffentlichen Rechts sind, können daher nur wegen Förderung der Religion als gemeinnützig anerkannt werden. 588

SCHAUHOFF, Handbuch der Gemeinnützigkeit (2005), S. 17; ISENSEE, Gemeinwohl und Bürgersinn (1990), S. 42 f. 589 SCHAUHOFF, Handbuch der Gemeinnützigkeit (2005), S. 18. 590 § 53 AO. 591 § 54 Nr. 1 AO. 592 § 52 Abs. 2 Nr. 1 AO.

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2. Kapitel: Rechtliche Grundlagen

Im Unterschied zu den gemeinnützigen Zwecken nach § 52 AO müssen mildtätige und kirchliche Zwecke nicht die Allgemeinheit fördern. Damit unterscheiden sie sich auch von dem Gemeinnützigkeitsbegriff des Anerkennungsgesetzes in Japan. Der japanische Katalog führt ausdrücklich auch die Unterstützung von Hilfsbedürftigen, Geschädigten und älterer Menschen als gemeinnützige Geschäfte auf. Zudem werden wohltätige Geschäfte auch durch die spezialgesetzlich geregelten Wohlfahrtskörperschaften gefördert. Kirchliche Zwecke werden in Japan nicht als gemeinnützige Zwecke des Anerkennungsgesetzes anerkannt. iii.) Selbstlosigkeit Anders als in Japan gilt in Deutschland die Selbstlosigkeit dogmatisch als eine zusätzliche Grundvoraussetzung für die Anerkennung der drei gemeinnützigen Zwecke. Selbstlos tätig ist eine Körperschaft, die nicht in erster Linie eigenwirtschaftliche Zwecke verfolgt. Das Selbstlosigkeitserfordernis wird gesetzlich anhand von Grundsätzen zur Mittelverwendung und Vermögensbindung konkretisiert, die aus systematischen Gründen erst im nachfolgenden Abschnitt der materiellen Gemeinnützigkeitsvoraussetzungen besprochen werden. b. Materielle Gemeinnützigkeitsvoraussetzungen In beiden Ländern ist es für die Steuerbegünstigung nicht allein ausreichend, dass gemeinnützige Vereine und Stiftungen gemeinnützige Zwecke verfolgen. Neben der Frage der gemeinnützigen Zweckverfolgung sind zudem weitere Voraussetzungen an die Art und Weise der gemeinnützigen Tätigkeit zu erfüllen. In Japan können die weiteren Anforderungen des Anerkennungsgesetzes in vier Bereiche aufgeteilt werden: Inhaltliche und finanzielle Anforderungen an das gemeinnützige Geschäft sowie Anforderungen an die Organisationsstruktur und das Vermögen des Rechtsträgers.593 Hinzu kommen noch weitere Disqualifizierungsgründe. 594 In Deutschland müssen die gemeinnützigen Zwecke der AO selbstlos (§ 55 AO), ausschließlich (§ 56 AO) und unmittelbar (§ 57 AO) verfolgt werden. Aufgrund der unterschiedlichen dogmatischen Herangehensweise erfolgt hier keine Gesamtdarstellung der deutschen Steuervoraussetzungen. Es werden vielmehr die wesentlichen Bestimmungen beider Länder verglichen.

593 594

Art. 5 AnerkennG. Art. 6 AnerkennG.

IV. Anerkennung der Gemeinnützigkeit

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i.) Gewinnausschüttungsverbot In beiden Rechtsordnungen besteht ein Gewinnausschüttungsverbot für gemeinnützige Vereine und Stiftungen, d.h. es dürfen Vermögenswerte seitens der Rechtsträger nur nach den gesetzlichen Bestimmungen an die Mitarbeiter oder Dritte vergeben werden. Das Verbot bezieht sich dabei nicht nur auf Gewinne; sondern umfasst auch weitere unangemessene Zuwendungen an Mitarbeiter oder Dritte. In Japan umfasst das Gewinnausschüttungsverbot Zuwendungen an die eigenen Funktionsträger sowie Angestellte wirtschaftlicher Rechtsträger. 595 Es handelt sich hierbei um eine Erweiterung des allgemeinen Ausschüttungsverbots des Vereins- und Stiftungsgesetzes, das sich jedoch nur auf die Mitglieder des Gewöhnlichen Vereins bezieht. 596 In engem Zusammenhang damit steht das Erfordernis, Vergütungsrichtlinien für die Vorsitzenden, den Revisor und die Evaluierer der Rechtsträger zu erlassen. 597 In den Richtlinien müssen für deren Vergütungen die Berechnungsgrundlage, die Höhe und die Vergütungsmodalitäten angegeben werden. Das Gewinnausschüttungsverbot ergibt sich in Deutschland aus dem Gebot der satzungsmäßigen Mittelverwendung. Mittel sind dabei sämtliche Vermögenswerte der Körperschaft. 598 Eine gemeinnützige Körperschaft darf daher keine Gewinne oder sonstige vermögenswerten Zuwendungen an ihre Mitglieder weiterleiten.599 Sie darf ihre Mitglieder nur hinsichtlich ideeller, nicht aber wirtschaftlicher Interessen fördern. Des Weiteren dürfen auch keine unangemessenen Zuwendungen an Dritte erfolgen (sog. Begünstigungsverbot). Das Begünstigungsverbot umfasst auch die Vergütung der Angestellten und der Geschäftsführung der Rechtsträger. Es dürfen beispielsweise keine unverhältnismäßig hohen Aufwandsentschädigungen, Sitzungsgelder oder Reisekosten für Vorstands- oder Aufsichtsratsmitglieder gezahlt werden. Welche Vergütungen im Einzelnen als angemessen anzusehen sind, wird in der Abgabenordnung nicht durch bestimmte Beträge festgesetzt. Es wird aber der Betrag als angemessen angesehen, der für eine vergleichbare Tätigkeit oder Leistung üblicherweise von nicht steuerbegünstigten Einrichtungen gezahlt wird.600 In beiden Ländern orientiert sich eine angemessene Vergütungshöhe an der vergleichbaren Vergütung im privaten Sektor. Ein einschneidender Unterschied zu Japan besteht jedoch in einigen Sonderregelungen für rechtsfähige Stiftungen. Grundsätzlich dürfen aus dem 595

Art. 5 Nr. 3, 4 AnerkennG. Art. 11 Abs. 2 VSG. 597 Art. 5 Nr. 13 AnerkennG. 598 BFH, BStBl. II 1992, S. 62 ff. (64). 599 Art. 55 Abs. 1 Nr. 1, 2 AO. 600 PUES / SCHEERBARTH, Gemeinnützige Stiftungen (2008), S. 138 596

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2. Kapitel: Rechtliche Grundlagen

Rechtsträgervermögen keine Zuwendungen an den Gründer oder dessen Erben erfolgen, da die Mittel vor allem den steuerbegünstigten Zwecken dienen sollen. Gerade für Stiftungen besteht jedoch eine gesetzliche Ausnahme, die es erlaubt, dass bis zu einem Drittel des Einkommens für die Versorgung des Stifters und seiner nächsten Angehörigen verwendet werden darf.601 Die Ausnahmeregelung ist vor dem Hintergrund zu verstehen, dass der Gesetzgeber ein besonderes Interesse an der Gründung von steuerbegünstigten Stiftungen hat.602 ii.) Wirtschaftliche Tätigkeit In beiden Rechtsordnungen muss der Haupttätigkeitsschwerpunkt gemeinnütziger Vereine und Stiftungen auf der gemeinnützigen Zweckverfolgung liegen. Dennoch können neben den gemeinnützigen auch auf Gewinn gerichtete wirtschaftliche Tätigkeiten erfolgen. In Japan spricht man hierbei von Ertragsgeschäften, während in Deutschland die Bezeichnung wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb gebräuchlicher ist.603 In Japan ist für die Beurteilung des gemeinnützigen Tätigkeitsschwerpunktes neben dem gemeinnützigen Geschäft und dem Ertragsgeschäft auch die rechtsträgerinterne Verwaltung zu berücksichtigen. Der Gemeinnützigkeitsschwerpunkt ist erfüllt, wenn ein bestimmtes Ausgabenverhältnis zwischen den drei Geschäftsfeldern gewahrt wurde. Es müssen mindestens die Hälfte aller Ausgaben für das gemeinnützige Geschäft getätigt werden.604 In Deutschland ergeben sich die Grenzen einer wirtschaftlichen Betätigung aus dem abgabenrechtlichen Grundsatz der Selbstlosigkeit.605 Klare Kriterien für die Beurteilung des Verhältnisses von gemeinnütziger und wirtschaftlicher Tätigkeit lassen sich aus dem Grundsatz jedoch schwer ableiten.606 Ein Rechtsträger handelt danach nicht mehr selbstlos, wenn er in erster Linie die Vermehrung seiner Einnahmen anstrebt. 607 Die ideellen, steuerbegünstigten Zwecke müssen daher das Handeln des Rechtsträgers bestimmen, und die wirtschaftliche Tätigkeit darf den Umfang einer Nebentätigkeit nicht überschreiten.608 Der Anwendungserlass zur Abgabenordnung stellt für die Beurteilung einer Körperschaft klar, dass sie nicht mehr steuerbegünstigt handelt, 601

§ 58 Nr. 5 AO BUCHNA, Gemeinnützigkeit im Steuerrecht (2008), S. 189. 603 Japan: Art. 5 Nr. 7 AnerkennG; Deutschland: § 14 AO. 604 Art. 5 Nr. 8 AnerkennG. 605 § 55 Abs. 1 AO; HÜTTEMANN, Gemeinnützigkeits- und Spendenrecht (2008), S. 214. 606 SCHICK, Gemeinnützigkeits- und Steuerrecht (2005), S. 36; BUCHNA, Gemeinnützigkeit im Steuerrecht (2003), S. 93, 143. 607 BFH, BStBl. II 1989, S. 670 ff. (671 f.); BUCHNA, Gemeinnützigkeit im Steuerrecht (2008), S. 109. 608 MEYN / GOTTSCHALD, Stiftungsaufsicht (2009), S. 1553; BUCHNA, Gemeinnützigkeit im Steuerrecht (2003), S. 93. 602

IV. Anerkennung der Gemeinnützigkeit

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wenn ihr „die wirtschaftliche Tätigkeit bei einer Gesamtbetrachtung das Gepräge gibt“ (sog. Geprägetheorie).609 Im Ergebnis sind für die Beurteilung der wirtschaftlichen Tätigkeit eines bestimmten Rechtsträgers verschiedene Faktoren entscheidend. Für die Beurteilung werden die Einnahmen aus den verschiedenen Tätigkeitsbereichen verglichen und die Gesamtaktivitäten des Rechtsträgers, seiner Organe und Mitglieder sowie deren zeitliche Gewichtung mit einbezogen.610 Gerade die Geprägetheorie wurde in den letzten Jahren immer wieder kritisiert. Sie führe zu einer Ungleichbehandlung von verschiedenen Mittelbeschaffungsaktivitäten. Die Orientierung anhand der Einnahmen würde insbesondere kleinere gemeinnützige Vereine und Stiftungen benachteiligen, die sich nicht allein durch Spenden finanzieren könnten, sondern zusätzlicher Einnahmequellen durch wirtschaftliche Aktivitäten bedürften.611 Die Ausgaben der laufenden Verwaltungstätigkeit richten sich in Deutschland nach dem Erfordernis der satzungsmäßigen Mittelverwendung, z.B. Verwaltungsausgaben oder Werbekosten. Sie müssen in einem angemessenen Verhältnis zu der tatsächlichen gemeinnützigen Mittelverwendung stehen. Das heißt, dass alle getätigten Ausgaben wirtschaftlich sinnvoll sein müssen und effektiv den steuerbegünstigten Zwecken zugutekommen sollen.612 iii.) Gemeinnützige Mittelverwendung In beiden Ländern widerspricht es grundsätzlich dem Gedanken der Gemeinnützigkeit, das Rechtsträgervermögen nur anzusammeln, ohne dass es für die gemeinnützigen Zwecke verwendet wird. Es wurden daher gesetzliche Bestimmungen erlassen, die eine gemeinnützige Mittelverwendung sicherstellen sollen. In Japan ist es dafür erforderlich, dass der ungenutzte Vermögensbetrag nicht den für die Durchführung des gemeinnützigen Geschäfts nötigen Betrag übersteigen soll. Die Berechnung des ungenutzten Vermögens erfolgt jeweils am Ende des Geschäftsjahres. In Deutschland besteht das Gebot einer zeitnahen Mittelverwendung. 613 Danach müssen Mittel zeitnah, d.h. im Jahr des Zuflusses oder spätestens im Folgejahr ausgegeben werden.614 Allerdings ist 609

AEAO 2008 Nr. 2 zu § 55 AO. OFD Koblenz, DB 2002, S. 1585 ff.; HÜTTEMANN, Gemeinnützigkeits- und Spendenrecht (2008), S. 216; BUCHNA, Gemeinnützigkeit im Steuerrecht (2003), S. 93; SCHICK, Gemeinnützigkeits- und Steuerrecht (2005), S. 36, der überwiegend auf den Personaleinsatz abstellt. 611 Vgl. HÜTTEMANN, Gemeinnützigkeits- und Spendenrecht (2008), S. 218 m.w.N. zu einer kritischen Auseinandersetzung mit der Geprägetheorie. 612 BFH, DStRE 1999, S. 624 f. (624). 613 § 55 Abs. 1 Nr. 5 AO. 614 SCHICK, Gemeinnützigkeits- und Steuerrecht (2005), S. 86. 610

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2. Kapitel: Rechtliche Grundlagen

gesetzlich eine Reihe von Ausnahmen von diesem Gebot vorgesehen. Beispielsweise fallen bestimmte Mittel von vornherein nicht unter dieses Gebot, z.B. Zuwendungen von Todes wegen oder Sachzuwendungen zum Vermögen.615 Des Weiteren können auch freie Rücklagen und Rücklagen zur Erhaltung der prozentualen Beteiligungsquote gebildet werden. Die Höhe der freien Rücklagen ist auf 1/3 des Überschusses aus der Vermögensverwaltung und 10 % der übrigen zeitnah zu verwendenden Mittel begrenzt.616 iv.) Anforderungen an die Organisationsstruktur In Japan bestehen unterschiedliche Regelungen für die Organisationsstruktur gemeinnütziger Vereine und Stiftungen. Dazu zählen Anforderungen an eine Beschränkung der untereinander verwandten Funktionsträger, die Bestellung eines Rechnungsprüfers und die Einsetzung eines Vorstandes.617 Vergleichbare Regelungen bestehen in Deutschland nicht. v.) Anforderungen an das Vermögen des Rechtsträgers Gemeinnützige Vereine und Stiftungen werden in Japan bezüglich des Eigentums und der Verwendung bestimmter Vermögensgegenstände beschränkt. Gemeinnützigen Vereinen und Stiftungen ist es beispielsweise nicht erlaubt, Aktien eines wirtschaftlichen Rechtsträgers zu besitzen, da dies indirekt zu einer Erhöhung der wirtschaftlichen Tätigkeiten führen würde.618 In Deutschland bestehen keine vergleichbaren gesetzlichen Vermögensbeschränkungen für gemeinnützige Körperschaften.619 Schließlich bestehen in beiden Ländern Regelungen über das Vermögen bei Auflösung der gemeinnützigen Vereine und Stiftungen. In Japan muss das Restvermögen des Rechtsträgers im Fall der Auflösung oder der Rücknahme der Anerkennung an andere gemeinnützige Rechtsträger oder staatliche Körperschaften übertragen werden.620 Zum Restvermögen gehört jedoch nicht das Vermögen, das bereits vor der Gemeinnützigkeitsanerkennung bestand. 621 Dagegen beziehen sich in Deutschland die Restvermögensbestimmungen nur auf die Auflösung und den Zweckwegfall. Die Gemeinnützigkeit kann hier nicht zurückgenommen werden. Ein Zweckwegfall würde in Japan jedoch im Ergebis zu einer Rücknahme der Anerkennung führen. In Deutschland wird 615

§ 58 11a, d AO. § 58 Nr. 7 AO. 617 Art. 5 Nr. 10, 11, 12, 14 AnerkennG. 618 Art. 5 Nr. 15 AnerkennG. 619 Siehe SCHICK, Gemeinnützigkeits- und Steuerrecht (2005), S. 81 mit einem Fallbeispiel zur Beteiligung einer gemeinnützigen Körperschaft an einer nicht steuerbegünstigten GmbH. 620 Art. 5 Nr. 17, 18 AnerkennG. 621 Art. 30 Abs. 2 AO. 616

IV. Anerkennung der Gemeinnützigkeit

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durch den Grundsatz der Vermögensbindung622 sichergestellt, dass das Vermögen entweder zeitnah zu steuerbegünstigten Zwecken verwendet wird, oder auf eine steuerbegünstigte Körperschaft oder eine Körperschaft des öffentlichen Rechts übertragen wird. Es ist deshalb regelmäßig ein steuerbegünstigter Anfallsberechtigter bereits in der Satzung zu benennen. Von diesem Grundsatz bestehen jedoch Ausnahmen. Es verstößt beispielsweise nicht gegen den Grundsatz, wenn eingebrachte Kapitaleinlagen satzungsgemäß von der Vermögensbindung ausgenommen werden und die eingebrachten Werte im Fall des Erlöschens des Rechtsträgers an die Mitglieder, den Stifter oder dessen Erben zurückfallen.623 c. Formelle Gemeinnützigkeitsvoraussetzungen Steuerbegünstigungen werden Vereinen und Stiftungen in beiden Rechtsordnungen erst nach einer formellen Überprüfung aller Gemeinnützigkeitsvoraussetzungen gewährt. Sie unterscheiden sich in formeller Hinsicht dadurch, dass Gewöhnliche Vereine und Stiftungen in Japan erst mit Abschluss eines Anerkennungsverfahrens als gemeinnützig gelten, während ein solches Verfahren in Deutschland nicht erforderlich ist. Für die Erteilung der Anerkennung ist in Japan eine Verwaltungsbehörde zuständig. Die Behörde ist entweder der Ministerpräsident oder der Präfekt einer Präfektur. Bei der Entscheidung über die Anerkennungserteilung werden die Verwaltungsbehörden seit der Reform von unabhängigen Beratungsgremien unterstützt, die die Erfüllung der Gemeinnützigkeitsvoraussetzungen beurteilen. Ist die Gemeinnützigkeit eines Gewöhnlichen Vereins oder einer Gewöhnlichen Stiftung anerkannt worden, kann sie nur durch Rücknahme wieder entzogen werden.624 In Deutschland werden dagegen Körperschaften als gemeinnützig behandelt, sobald die abgabenrechtlichen Gemeinnützigkeitsvoraussetzungen erfüllt sind.625 Es wird für jede Steuerart erst im jeweiligen Verfahren zur Ermittlung der Steuerschuld (sog. Veranlagungsverfahren) durch das Finanzamt entschieden, ob die Körperschaft steuerbegünstigt ist. Das Ergebnis wird dann durch Steuerbescheid bzw. Freistellungsbescheid beschieden. 626 Bei Neugründung kann aber aus praktischen Gesichtspunkten eine vorläufige Anerkennung als Dokumentation der Steuerbegünstigung ausgestellt werden. Damit kann die Körperschaft um Spendenmittel werben und dafür rechtswirksame Zuwendungsbescheinigungen ausstellen. Die vorläufige Bescheinigung

622

§ 55 Abs. 1 AO. § 55 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 AO. 624 Art. 29 Abs. 1 AnerkennG. 625 HÜTTEMANN, Gemeinnützigkeits- und Spendenrecht (2008), S. 449. 626 AEAO 2008 Nr. 3 zu § 59; BMF-Schreiben vom 2. Januar 2008, BStBl I S. 26. 623

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2. Kapitel: Rechtliche Grundlagen

wird durch den Freistellungsbescheid ersetzt, der spätestens alle drei Jahre überprüft werden soll.627 Die Feststellung der Gemeinnützigkeit im Veranlagungsverfahren nach der deutschen Rechtsordnung hat zunächst einmal den Vorteil, dass ein langwieriges Anerkennungsverfahren für die gemeinnützigen Körperschaften vermieden wird. Jedoch geht damit einher, dass die steuerbegünstigende Gemeinnützigkeit erst im Nachhinein festgestellt werden kann. 628 Für viele Rechtsträger ist es jedoch bereits eine der existenziellen Gründungsfragen, ob sie später für ihre Tätigkeiten steuerrechtlich begünstigt werden. Für diese Gewöhnlichen Vereine und Stiftungen bietet die japanische Rechtsordnung insoweit einen Vorteil, da die Anerkennung der Gemeinnützigkeit die Chancen der späteren Steuerbegünstigung erhöht. Allerdings unterliegen auch die gemeinnützigen Rechtsträger in Japan der anhaltenden Kontrolle hinsichtlich der gesetzlichen Gemeinnützigkeitsanforderungen. d. Zusammenfassung Nach der neuen Rechtslage in Japan können sich Gewöhnliche Vereine und Stiftungen durch eine Verwaltungsbehörde als gemeinnützig anerkennen lassen. Im Gegensatz zur alten Gesetzeslage ist das Beurteilungsermessen der Behörden weitgehend durch konkrete Gesetzesvorgaben und weitere Ausführungsbestimmungen beschränkt worden. Zudem erfolgt die Beurteilung in der Praxis durch ein unabhängiges Beratungsgremium aus Experten und Wissenschaftlern. Sie leiten das Ergebnis ihrer Beurteilung an die Verwaltungsbehörde weiter, die bislang stets ihrem Rat gefolgt ist. Bei Ablehnung des Anerkennungsantrags können die Rechtsträger Widerspruch einlegen und gerichtlich gegen die Behörde vorgehen. Die Rechtssicherheit und Rechtsklarheit haben sich dadurch insgesamt erheblich erhöht. Kritisiert wird jedoch, dass das Anerkennungsverfahren bislang nur auf Gewöhnliche Vereine und Stiftungen angewandt wird. Zudem muss es sich erst noch zeigen, ob die neuen Voraussetzungen des Anerkennungsgesetzes praxistauglich sind. Der Rechtsvergleich beider Länder zeigt für die dogmatische Beurteilung der Gemeinnützigkeit teilweise eine überraschend ähnliche Herangehensweise. Der Gemeinnützigkeitsbegriff ist in beiden Fällen durch zwei Komponenten geprägt, zum einen die gemeinnützigen Tätigkeitsfelder und zum anderen der Adressatenkreis. Während die Tätigkeitsfelder weitgehend übereinstimmen, wird der Adressatenkreis in Japan durch die Anerkennungsrichtlinie weiter konkretisiert. Da in Deutschland der weite Gemeinnützigkeitsbegriff oftmals kritisiert wird, ist der zukünftige Erfolg der japanischen Regelung auch für das deutsche Recht von Interesse. Durch eine entsprechende 627 628

AEAO 2008 Nr. 7 zu § 59. HÜTTEMANN, Gemeinnützigkeits- und Spendenrecht (2008), S. 450 f.

V. Steuerrechtliche Behandlung

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Konkretisierung könnte beispielsweise die steuerbegünstigte Anerkennung mitgliedernütziger Vereine begrenzt werden. Im Hinblick auf die weiteren materiellen Voraussetzungen der Anerkennung setzten beide Rechtsordnungen teilweise unterschiedliche Schwerpunkte. Während beispielsweise in Japan das Gewinnausschüttungsverbot bei gemeinnützigen Vereinen und Stiftungen streng durchgehalten wird, sind hier in Deutschland für rechtsfähige Stiftungen gesetzliche Lockerungen vorgesehen. Als Begründung wird auf die dadurch geschaffenen Anreize zum Stiften verwiesen, die im Hinblick auf den Stiftungsboom der letzten Jahre erfolgreich zu sein scheinen.629 Weitere Anforderungen werden in beiden Ländern an die wirtschaftliche Tätigkeit gemeinnütziger Vereine und Stiftungen gestellt. Hierzu sind den gemeinnützigen Rechtsträgern in Japan klare Gewinngrenzen durch das Anerkennungsgesetz gesetzt. In Deutschland wird hierzu die sog. Geprägetheorie herangezogen, deren schwammige Ausgestaltung in der Praxis kritisiert wird. Auch hier könnte sich ein abwartender Blick auf die praktische Implementierung der japanischen Regelungen lohnen.

V. Steuerrechtliche Behandlung

V. Steuerrechtliche Behandlung

Bereits vor der Reform der gemeinnützigen Rechtsträger des Zivilrechts lag dem japanischen Steuersystem gedanklich zugrunde, dass gemeinnützige Rechtsträger und diese unterstützende Personen im Gegenzug für ihr Engagement zugunsten der Allgemeinheit finanziell entlastet werden sollten. Die Entlastung erfolgt durch Steuerbegünstigungen, die einerseits gemeinnütziges Engagement unterstützen, andererseits weitere Anreize dafür schaffen sollen.630 Mit der Reform der gemeinnützigen Rechtsträger des Zivilrechts ging auch eine grundlegende Neuordnung der betreffenden Steuerrechtsvorschriften einher. Dabei wurden die Vorschriften nicht lediglich der geänderten Rechtslage angepasst, sondern der Gesetzgeber wollte die neuen Rechtsträger und ihre gemeinnützigen Ziele auch durch steuerrechtliche Anreize weiter fördern. In den von der Liberal-Demokratischen Partei ausgearbeiteten Richtlinien der grundlegenden Steuerreform des Jahres 2008 heißt es „man werde gemeinnützige Tätigkeiten der Bürger unterstützen, indem man gemeinnützige Vereine und Stiftungen sowie Gewöhnliche Vereine und Stiftungen in den reformierten Steuervorschriften angemessen und gerecht besteuern werde“.631 Die grundlegendsten Neuregelungen betreffen das Spendenrecht für gemeinnützig tätige Gewöhnliche Vereine und Stiftungen und die rechtliche Behand629

Siehe zur Neugründung von rechtsfähigen Stiftungen die Bestandsaufnahme im Anhang. AMEMIYA, The Nonprofit Sector (1998), S. 81. 631 Liberal-Demokratische Partei, Heisei nijūnendo zeisei kaisei taikō (Grundlegende Steuerreform 2008) vom 13.12.2007, S. 7. 630

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2. Kapitel: Rechtliche Grundlagen

lung privater Spenden. Im Folgenden beschränkt sich die Darstellung auf die steuerliche Behandlung der wichtigsten nationalen Steuern.632 1. Bisherige Rechtslage Gemeinnützige Vereine und Stiftungen a.F. wurden bisher vor allem durch eigene Steuervorteile begünstigt. Die steuerrechtlichen Anreize für Spender beschränkten sich auf einige wenige besonders qualifizierte Rechtsträger. Nur wenn Privatpersonen an einen dieser Rechtsträger spendeten, waren ihre Spenden abzugsfähig. Für Spenden von juristischen Personen galt diese Einschränkung jedoch nicht. a. Steuerbegünstigungen gemeinnütziger Vereine und Stiftungen a.F. Nach der bisherigen Rechtslage waren gemeinnützige Vereine und Stiftungen a.F. nur für ihre Ertragsgeschäfte körperschaftssteuerpflichtig. 633 Für ihre gemeinnützigen Geschäfte mussten sie keine Körperschaftssteuer zahlen. Die steuerpflichtigen Ertragsgeschäfte waren gesetzlich auf 33 Geschäftsfelder festgelegt.634 Wenn ein Rechtsträger in einem der Geschäftsfelder tätig war, musste er 22 % der Einnahmen aus dem Geschäft als Körperschaftssteuer abführen. Damit war der Steuersatz für die Ertragsgeschäfte jedoch immer noch günstiger als der Steuersatz für andere juristische Personen, die 30 % ihrer Einnahmen als Steuern abführen mussten. Die Ertragsgeschäfte wurden stets besteuert, auch wenn sie in direktem Zusammenhang mit den gemeinnützigen Geschäften standen oder ein Teil dessen waren. 635 Gemeinnützige Vereine und Stiftungen a.F. wurden jedoch noch weiter begünstigt. Wenn sie die Einnahmen aus den Ertragsgeschäften für das gemeinnützige Geschäft verwendeten, wurden diese als Spenden behandelt (minashi kifu-kin). Sie konnten bis zu einer Höchstgrenze von 20 % der Jahreseinnahmen auf das Ertragsgeschäft anrechnen.636 Daneben bestanden für gemeinnützige Vereine und Stiftungen a.F. weitere Steuervorteile. Sie mussten keine Quellensteuer auf Einnahmen aus Zinsen oder Dividenden zahlen637 und die Registereintragung wurde nicht besteuert638.

632 Für eine umfassende Darstellung der neuen Steuersystematik siehe auch Kokuzei-chō (Nationale Steuerbehörde), Arata na kōeki hōjin kankei zeisei no tebiki (Anleitung für das Steuersystem der neuen gemeinnützigen juristischen Personen) vom November 2010, (20.12.2010); SAKATA u.a., Ippan shadan zaidan hōjin zeimu (2008), S. 214 ff. 633 Art. 4, 7 KöStG a.F. 634 Art. 5 Abs. 1 KöStGDV a.F. 635 AMEMIYA, Japan (1999), S. 142. 636 Art. 37 Abs. 4 KöStG a.F. 637 Art. 11 EKStG a.F.

V. Steuerrechtliche Behandlung

Grafik 9

171

Steuerbegünstigungen gemeinnütziger Vereine und Stiftungen a.F.

Steuersubjekt Steuerart Körperschaftssteuer

RegistrierungsSteuer

Gemeinnützige Vereine und Stiftungen a.F. (kōeki shadan hōjin; kōeki zaidan hōjin) – Einkommen aus dem Ertragsgeschäft wurde mit 22 % besteuert – Einkommen aus dem gemeinnützigen Geschäft wurde nicht besteuert – Einkommen aus dem Ertragsgeschäft, das für das gemeinnützige Geschäft verwendet wurde, war als Spende zu behandeln (minashi kifu-kin); es konnte ein Spendenabzug von bis zu 20 % der Einnahmen des Ertragsgeschäfts geltend gemacht werden – Einkommen aus Zinsen und Dividenden unterlag nicht der Quellensteuer Steuerbefreit

b. Steuerbegünstigungen von Spendern Für die spendenrechtliche Behandlung juristischer Personen wurden bislang verschiedene Spendenqualifikationen der gemeinnützigen Vereine und Stiftungen a.F. unterschieden. Spenden an gemeinnützige Vereine und Stiftungen a.F. ohne weitere staatliche Qualifizierung waren nur für körperschaftssteuerpflichtige juristische Personen abzugsfähig. Sie konnten sich diese Spenden bis zu einem Höchstbetrag von der Hälfte von 2,5 % des steuerpflichtigen Einkommens und 0,25 % des Grundkapitals zuzüglich der Rücklagen anrechnen lassen. Spenden von Privatpersonen waren hingegen nicht abzugsfähig. Gemeinnützige Vereine und Stiftungen a.F. konnten sich bei Erfüllung bestimmter Anforderungen als sog. bestimmte gemeinnützigkeitsfördernde juristische Personen (tokutei kōeki zōshin hōjin) qualifizieren.639 Spenden an diese Rechtsträger waren sowohl für juristische Personen als auch für Privatpersonen abzugsfähig. Für juristische Personen blieb die Spendenabzugsgrenze unverändert, für Privatpersonen waren Spenden bis zu 40 % des Einkommens abzüglich 10.000 Yen anrechenbar. 640 Die Abzugsgrenze war erst in jüngster Zeit geändert worden. Bis zum Jahr 2007 lag die Grenze für Privatpersonen noch bei 25 % des Einkommens. 641 Um sich als bestimmte gemeinnützigkeitsfördernde juristische Person zu qualifizieren, bedurfte es einer ministeriellen Zustimmung (shōnin), die alle zwei Jahre erneuert wer638 Art. 5 Nr. 14 Tōroku menkyo-zei hō (Steuergesetz für die Eintragungskonzessionen), Gesetz Nr. 35 / 67 i.d.F. des Gesetzes Nr. 32 / 2010. 639 Art. 77 KöStGDV a.F.; Art. 215 EKStGDV a.F. 640 Art. 78 Abs. 1 Nr. 1 EKStG a.F. 641 Art. 78 Abs. 1 Nr. 1 EKStG i.d.F. des Gesetzes Nr. 21 / 2005.

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2. Kapitel: Rechtliche Grundlagen

den musste. 642 Eine Zustimmung wurde nur für Rechtsträger erteilt, die in bestimmten gemeinnützigen Bereichen tätig waren, und es mussten weitere Anforderungen an die Rechnungslegung sowie ihre Organe erfüllt werden.643 Es wurde jedoch kritisiert, dass die Gesetzesanforderungen für die antragstellenden gemeinnützigen Rechtsträger unklar und die staatliche Beurteilung unvorhersehbar war. 644 Wie schwierig es für die Rechtsträger in der Praxis war, die Zustimmungsanforderungen zu erfüllen, lässt sich auch an der Anzahl der anerkannten Rechtsträger erkennen. Vor der Reform waren nur 862 der insgesamt 24.648 gemeinnützigen Vereine und Stiftungen a.F. als bestimmte gemeinnützigkeitsfördernde juristische Personen staatlich anerkannt.645 Daneben bestanden für bestimmte Spendensammelprojekte des Finanzministeriums noch designierte Spenden (shitei kifu-kin). Sie waren für Privatpersonen ebenfalls mit bis zu 40 % des Einkommens abzüglich 10.000 Yen anrechenbar. Für juristische Personen bestand hierbei keine Spendenabzugsgrenze. Designierte Spenden betrafen jedoch nur öffentliche Spendenaktionen und mussten beim Finanzministerium beantragt werden. Bei designierten Spenden wurde geprüft, ob sie öffentlich gesammelt worden waren. Zudem wurden sie nur für dringende gemeinnützige Bedürfnisse zugelassen, beispielsweise zur Förderung der Bildung, der Kultur oder der Wohlfahrt.646 Schließlich waren Privatpersonen für Sachspenden teilweise von der Übertragungssteuer befreit, wenn sie an gemeinnützige Vereine oder Stiftungen a.F. spendeten.647 Hierzu bedurften die betreffenden gemeinnützigen Rechtsträger jedoch der Zustimmung (shōnin) der nationalen Steuerbehörde. Für eine Zustimmung musste die Sachspende eine nachhaltige Spende zur Förderung eines gemeinnützigen Zwecks sein, sie musste voraussichtlich innerhalb von zwei Jahren nach ihrer Übertragung zur Verwirklichung des angegebenen gemeinnützigen Zwecks beitragen, und sie durfte die Steuerlast ihres Spenders oder eines seiner Verwandten nicht unverhältnismäßig erleichtern. Bei der Beurteilung der Spende lag der behördliche Prüfungsschwerpunkt vor allem auf dem direkten Nutzen für die gemeinnützige Zweckverfolgung.648

642

Art. 78 Abs. 2 Nr. 3 EKStG a.F.; Art. 37 Abs. 4 KöStG a.F. Siehe AMEMIYA, The Nonprofit Sector (1998), S. 85 für eine Auflistung der Gesetzesanforderungen. 644 AMEMIYA, Japan (1999), S. 145. 645 Stand: 01.04.2008; SŌMU-SHŌ, Heisei 20 nen han kōeki hōjin hakusho (2008), S. 71. 646 Art. 78 Abs. 2 Nr. 2 EKStG a.F.; Art. 37 Abs. 3 Nr. 2 KöStG a.F. 647 Art. 40 Abs. 1 StMG. 648 AMEMIYA, The Nonprofit Sector (1998), S. 87. 643

V. Steuerrechtliche Behandlung

Grafik 10

173

Spendenrecht nach der alten Rechtslage Gemeinnützige Vereine und Stiftungen a.F. (kōeki shadan hōjin; kōeki zaidan hōjin)

Bestimmte gemeinnützigkeitsfördernde juristische Personen (tokutei kōeki zōshin hōjin)

Einkommenssteuer (Spenden von Privatpersonen)

Kein Spendenabzug

Spendenabzug bis zu 40 % des Einkommens abzüglich 10.000 Yen

Körperschaftssteuer (Spenden juristischer Personen)

Spendenabzug bis zu einer Höchstgrenze von: (2,5 % des Einkommens + 0,25 % des Grundkapitals zzgl. der Rücklagen) x 0,5

Steuerart

Designierte Spenden (shitei kifukin)

Unbegrenzter Spendenabzug

2. Steuerrechtliche Behandlung der neuen Rechtsträger Gleichzeitig mit Inkrafttreten der Reformgesetze wurden auch Steuerrechtsänderungen für die neuen Rechtsträger wirksam. Die Gesetzesänderungen betreffen vor allem die Behandlung der neuen Rechtsträger nach dem Körperschaftssteuerrecht. Daneben wurde aber auch das Spendenrecht grundlegend reformiert. Hier hat man das formelle Qualifizierungsverfahren für bestimmte gemeinnützigkeitsfördernde juristische Personen abgeschafft, so dass zukünftig alle gemeinnützigen Rechtsträger weitgehend spendenbegünstigt sind. Da insbesonders bürgerliches Engagement unterstützt werden sollte, sind nunmehr auch alle Spenden von Privatpersonen an gemeinnützige Rechtsträger abzugsfähig. a. Steuerrechtliche Qualifizierung Nach der Reform werden nicht alle Gewöhnlichen Vereine und Stiftungen steuerrechtlich begünstigt. Steuervorteile erhalten vor allem gemeinnützige Vereine und Stiftungen des Anerkennungsgesetzes. Sie sind zugleich alle als bestimmte gemeinnützigkeitsfördernde juristische Personen (tokutei kōeki zōshin hōjin) anerkannt, die in besonderem Maße spendenrechtlich begünstigt werden.649 Daneben können aber auch Gewöhnliche Vereine und Stiftungen Steuervorteile geltend machen, wenn sie sich als sog. nicht auf Gewinnerzielung gerichtete juristische Personen (hi-eiri-gata hōjin) qualifizieren. Innerhalb 649 Art. 37 Abs. 4 KöStG; Art. 77 Nr. 3 KöStGDV; Art. 78 Abs. 2 Nr. 3 EKStG; Art. 217 Nr. 3 EKStGDV.

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2. Kapitel: Rechtliche Grundlagen

dieser steuerbegünstigten Kategorie wird weiter unterschieden zwischen solchen, die vollständig nicht auf Gewinnerzielung gerichtet sind (hi-eiri-sei ga tettei sareta hōjin) und solchen, die auf das gemeinsame Interesse der Mitglieder gerichtet sind (kyōekiteki gatsudo wo mokuteki to suru hōjin).650 Erstere Unterkategorie ist insbesondere für gemeinnützig tätige Gewöhnliche Vereine und Stiftungen interessant, die noch keine Gemeinnützigkeitsanerkennung beantragt haben. Die Voraussetzungen für eine vollständig nicht auf Gewinnerzielung gerichtete juristische Person sind: − es bestehen Satzungsvorschriften bzgl. des Verbots der Auszahlung von Überschussgeldern, − es bestehen Satzungsvorschriften bzgl. der Schenkung des Rechtsträgervermögens bei dessen Auflösung an eine Gebietskörperschaft oder eine bestimmte gemeinnützige Vereinigung, − es bestehen Regelungen zu konkreten Verletzungshandlungen von 1. und 2., und − die Anzahl der miteinander verwandten Vorsitzenden liegt unter einem Drittel der Gesamtanzahl aller Vorsitzenden.651 b. Steuerbegünstigungen Als Steuersubjekte der steuerrechtlichen Begünstigungen kommen zum einen die gemeinnützig tätigen Rechtsträger selbst (im Folgenden gemeinnützige Vereine und Stiftungen sowie die sog. vollständig nicht auf Gewinnerzielung gerichteten juristischen Personen) als auch an sie spendende Privatpersonen oder andere juristische Personen in Betracht. i.) Steuerbegünstigungen gemeinnützig tätiger Rechtsträger Gemeinnützig tätige Rechtsträger werden nur für ihre Ertragsgeschäfte besteuert, d.h. für Tätigkeiten, die nicht gemeinnützige Zwecke verfolgen.652 Die Ertragsgeschäfte sind nicht mit denen des Anerkennungsgesetzes identisch, sondern beziehen sich auf 33 gesetzlich aufgelistete Geschäftsfelder. 653 Die Rechtsträger müssen dafür Körperschaftssteuer in Höhe von 30 % ihres Einkommens aus den Ertragsgeschäften entrichten. Damit ist der Steuersatz für die Ertragsgeschäfte dem der körperschaftssteuerpflichtigen juristischen Personen angepasst worden. Für Einkommen bis zu einer Grenze von 8 Mio. Yen gilt jedoch ein vergünstigter Steuersatz von 22 % des Einkommens. Infolge der alleinigen Besteuerung von Ertragsgeschäften sind für beide Gruppen gemeinnützig tätiger Rechtsträger beispielsweise Spenden650

Art. 2 Nr. 9/2 a.), b.) KöStG. Art. 3 Abs. 1 KöStGDV. 652 Art. 4, 7 KöStG. 653 Art. 2 Nr. 13 KöStG; Art. 5 Abs. 1 KöStGDV. 651

V. Steuerrechtliche Behandlung

175

einnahmen steuerfrei, da sie nicht als Einnahmen aus einem Ertragsgeschäft gelten. Daneben werden jedoch nur gemeinnützige Vereine und Stiftungen hinsichtlich ihrer gemeinnützigen Geschäfte steuerbegünstigt. 654 Die gemeinnützigen Geschäfte sind hierbei mit den im Anerkennungsgesetz geregelten Geschäften gleichzusetzen.655 Sie müssen ihre Einkünfte aus dem gemeinnützigen Geschäft nicht versteuern656 und können wie bisher auch Einkünfte aus dem Ertragsgeschäft, die für das gemeinnützige Geschäft verwendet werden, als Spenden behandeln (minashi kifu-kin).657 Für die als Spenden zu behandelnden Ausgaben kann ein Spendenabzug geltend gemacht werden, dessen Höchstbetrag von 20 % auf 50 % der Einnahmen aus dem Ertragsgeschäft erhöht wurde. Weiterhin sind gemeinnützige Vereine und Stiftungen auch hinsichtlich der Registrierungssteuer 658 und der Quellensteuer auf bestimmte Einkünfte aus Zinsen oder Subventionen steuerbefreit.659

654

Art. 66 Abs. 3, 4 KöStG. Art. 77/3 KöStGDV. 656 Art. 4 KöStG, Art. 5 Abs.2 Nr. 1 KöStGDV. 657 Art. 2 Nr. 4 AnerkennG; Art. 73 Abs. 1 Nr. 3 a.); Art. 73/2 Abs. 1 KöStGDV. 658 Art. 5 Nr. 14 Tōroku menkyo-zei hō (Steuergesetz für die Eintragungskonzessionen), Gesetz Nr. 35 / 67 i.d.F. des Gesetzes Nr. 32 / 2010. 659 Art. 11 Abs. 1 EKStG. 655

176

2. Kapitel: Rechtliche Grundlagen

Grafik 11

Steuerbegünstigungen gemeinnützig tätiger Rechtsträger

Steuersubjekt

Gemeinnützige Vereine und Stiftungen (kōeki shadan hōjin; kōeki zaidan hōjin)

Vollständig nicht auf Gewinnerzielung gerichtete juristische Personen (Gewöhnliche Vereine und Stiftungen) (hi-eirisei ga tettei sareta hōjin)

Körperschaftssteuer

– Einkommen aus dem Ertragsgeschäft wird mit 30 % besteuert (Einkommen bis 8 Mio Yen wird nur mit 22 % besteuert) – Einkommen aus dem gemeinnützigen Geschäft wird nicht besteuert – Einkommen aus dem Ertragsgeschäft, das für das gemeinnützige Geschäft verwendet wird, ist als Spende zu behandeln (minashi kifu-kin); es kann ein Spendenabzug von bis zu 50 % der Einnahmen des Ertragsgeschäfts geltend gemacht werden – Einkommen aus Zinsen und Dividenden unterliegt nicht der Quellensteuer

– Einkommen aus dem Ertragsgeschäft wird mit 30 % besteuert (Einkommen bis 8 Mio Yen wird nur mit 22 % besteuert)

Registrierungssteuer

Steuerbefreit

Besteuert

Steuerart

ii.) Steuerbegünstigungen von Spendern Spenden an gemeinnützige Vereine und Stiftungen sind für die Spender nur bis zu einem bestimmten Höchstbetrag abzugsfähig. Infolge der Reform wurden die Höchstbeträge jeweils erheblich erhöht. Für den Spendenwert gilt bei Geldspenden der jeweilige Geldbetrag, während Sachspenden nach ihrem Buch- bzw. Anschaffungswert beurteilt werden. 660 Privatpersonen können Spenden von der nationalen Einkommenssteuer abziehen, soweit die Spende mehr als 2.000 Yen und weniger als 40 % des zu versteuernden Einkommens beträgt.661 Zudem sind Sachspenden unter bestimmten Voraussetzungen wie bisher auch von den Steuern, die bei Übertragung der Sachen anfallen, be660 661

Art. 37 Abs. 7 KöStG. Art. 78 Abs. 1 EKStG.

177

V. Steuerrechtliche Behandlung

freit.662 Privatpersonen machen den Spendenabzug mit ihrer Steuererklärung geltend. Hierbei müssen sie einen Spendennachweis einreichen, den ihnen die jeweiligen gemeinnützigen Vereine und Stiftungen ausstellen.663 Erfolgt eine Spende durch eine juristische Person, so können diese sie nur bis zu einem Grenzbetrag von der Hälfte von 5 % des Einkommens und 0,25 % des Grundkapitals zuzüglich der Rücklagen auf die Körperschaftssteuer geltend machen. 664 Die Spende ist hierbei im Rahmen der Steuererklärung als Betriebsausgabe zu behandeln. Eine Spendenbescheinigung muss nicht eingereicht werden, sie ist jedoch gegebenenfalls zum Nachweis aufzubewahren. Daneben sind wie bisher auch sog. designierte Spenden (shitei kifu-kin) abzugsfähig. Hierbei handelt es sich um Spendensammelprojekte, die jedoch nur unter engen Voraussetzungen und der Zustimmung des Finanzministeriums zugelassen werden. 665 Für Privatpersonen gelten die gleichen Abzugshöchstgrenzen wie für Spenden an gemeinnützige Vereine und Stiftungen. Dagegen sind für juristische Personen keine Abzugsgrenzen bestimmt. Grafik 12

Spendenrecht nach der neuen Rechtslage Steuerbegünstigte Gewöhnliche Vereine und Stiftungen (hi-eiri-sei ga tettei sareta hōjin)

Gemeinnützige Vereine und Stiftungen (kōeki shadan hōjin; kōeki zaidan hōjin)

Einkommenssteuer (Spenden von Privatpersonen)

Kein Spendenabzug

Spendenabzug bis zu 40 % des Einkommens abzüglich 2.000 Yen

Körperschaftssteuer (Spenden juristischer Personen)

Kein Spendenabzug

Spendenabzug bis zu einer Höchstgrenze von: (5 % des Einkommens + 0,25 % des Grundkapitals zzgl. der Rücklagen) x 0,5

Steuerart

662

Designierte Spenden (shitei kifukin)

Unbegrenzter Spendenabzug

Art. 40 StMG, siehe dazu auch die Ausführungen auf S. 172. Art. 37 Abs. 9 KöStG; Art. 24 KöStGDB; Art. 262 EKStGDV; Art. 47/2 Abs. 3 EKStGDB. 664 Art. 77/2 Abs. 1 KöStGDV. 665 Art. 78 Abs. 2 Nr. 2, 3 EKStG; Art. 37 Abs. 3 Nr. 2 KöStG. 663

178

2. Kapitel: Rechtliche Grundlagen

c. Formelles Besteuerungsverfahren Die Gründung Gewöhnlicher Vereine oder Stiftungen muss der Finanzbehörde am Sitz der jeweiligen Hauptgeschäftsstelle des Rechtsträgers angezeigt werden. 666 Mit der Anzeige müssen sie ihre finanziellen Grundlagen offenlegen, d.h. eine Bilanz und weitere Dokumente einreichen. Ein besonderes steuerrechtliches Anerkennungsverfahren ist für gemeinnützige Vereine oder Stiftungen bzw. die steuerbegünstigten Gewöhnlichen Vereine oder Stiftungen nicht erforderlich. Durch die einzureichenden Unterlagen bei ihrer Gründung kann die Finanzbehörde sie der jeweiligen Steuergruppe zuordnen. Sobald Gewöhnliche Vereine oder Stiftungen die Kriterien der jeweiligen Steuergruppe zu ihrem Nachteil nicht mehr erfüllen, müssen sie dies der Finanzbehörde anzeigen, z.B. wenn sie ein Ertragsgeschäft beginnen oder ihre Gemeinnützigkeitsanerkennung verlieren. 667 In den Fällen, in denen sie die Kriterien einer für sie günstigeren Steuergruppe erfüllen, ist es in ihrem eigenen Interesse, die Änderungen anzuzeigen. Für das Besteuerungsverfahren gilt in Japan das Selbstveranlagungsprinzip. 668 Steuerpflichtige Rechtsträger müssen daher ihre Steuerschuld in der von ihnen selbst errechneten Höhe entrichten. Zum Abschluss des Geschäftsjahres müssen juristische Personen grundsätzlich innerhalb von zwei Monaten eine Steuererklärung an die örtlich zuständige Finanzbehörde abgeben.669 Der Steuererklärung beigefügt werden noch weitere Dokumente, z.B. eine Bilanz, sowie eine Einnahmen- und Ausgabenaufstellung.670 Gemeinnützige Vereine und Stiftungen, die kein steuerrechtliches Ertragsgeschäft betreiben, müssen zwar keine Steuererklärung einreichen; allerdings müssen auch sie eine Gewinn- und Verlustrechnung sowie eine Einnahmen- und Ausgabenaufstellung innerhalb von vier Monaten nach Abschluss des Geschäftsjahres bei der örtlichen Steuerbehörde am Sitz ihrer Hauptgeschäftsstelle einreichen.671 3. Rechtsvergleich In beiden Ländern werden gemeinnützige Rechtsträger steuerrechtlich begünstigt. In Japan betrifft dies die gemeinnützigen Vereine und Stiftungen des Anerkennungsgesetzes. Daneben werden auch bestimmte Gewöhnliche Vereine und Stiftungen in begrenztem Umfang steuerbegünstigt. In Deutschland werden gemeinnützige Vereine und Stiftungen im Sinne der Abgabenordnung 666

Art. 148 Abs. 1 KöStG. Art. 150 Abs. 1, 2 KöStG. 668 MUSAHL, Steuerrecht (2011), S. 1088. 669 Art. 74 Abs. 1 KöStG. 670 Art. 74 Abs. 3 KöStG. 671 Art. 68/6 StMG; Art. 39/37 StMGDV. 667

V. Steuerrechtliche Behandlung

179

privilegiert.672 Ein verfahrensrechtlicher Unterschied in beiden Länder besteht insoweit, als dass in Japan die umfassend steuerbegünstigten gemeinnützigen Vereine und Stiftungen sich erst durch das formelle Verfahren zur Gemeinnützigkeitsanerkennung qualifizieren. In Deutschland dagegen besteht für gemeinnützige Vereine und Stiftungen kein eigenes Anerkennungsverfahren. Körperschaften werden als gemeinnützig eingestuft, sobald die abgabenrechtlichen Voraussetzungen vorliegen.673 Es wird für jede Steuerart erst im jeweiligen Verfahren zur Ermittlung der Steuerschuld (sog. Veranlagungsverfahren) entschieden, ob die Körperschaft steuerbegünstigt ist, und das Ergebnis durch Steuerbescheid bzw. Freistellungsbescheid bescheinigt.674 a. Steuerbegünstigung der gemeinnützigen Rechtsträger beider Länder Gemeinnützige Rechtsträger sind in beiden Ländern selbst Steuersubjekt der Körperschaftssteuer. Grundsätzlich müssten sie daher ihre Einnahmen versteuern, z.B. Einnahmen aus ihren Geschäften und weitere Einkünfte durch Spenden. Als gemeinnützig tätige Rechtsträger sind sie jedoch in gewissem Umfang von der Zahlung der Körperschaftssteuer befreit.675 In Japan müssen gemeinnützige Rechtsträger keine Körperschaftssteuer auf ihre Einnahmen aus den gemeinnützigen Geschäften zahlen. Allerdings sind sie hinsichtlich der Einnahmen aus ihren Ertragsgeschäften körperschaftssteuerpflichtig. Für gemeinnützige Vereine und Stiftungen gilt darüber hinaus, dass wenn sie diese Einnahmen für ihre gemeinnützigen Geschäfte verwenden, die Ausgaben als Spenden behandelt werden. Für diese Ausgaben kann ein Spendenabzug bis zu einer Höchstgrenze von 50 % der Gesamteinnahmen des Ertragsgeschäfts geltend gemacht werden. 676 In Deutschland bestehen vergleichbare Regelungen für wirtschaftliche Einnahmen der körperschaftssteuerpflichtigen gemeinnützigen Rechtsträger. Wirtschaftliche Einnahmen müssen grundsätzlich versteuert werden. Zum einen müssen alle Einnahmen aus dem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb der Rechtsträger abgeführt werden. 677 Ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb ist eine außerhalb des Stiftungszwecks liegende, nachhaltige und selbstständige Tätigkeit, die auf eigenwirtschaftliche Vorteile gerichtet ist und Einnahmen erzielt.678 Die Einnahmen aus dem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb sind erst

672

§ 1 Abs. 1 Nr. 4 KStG. § 52 ff. AO. 674 AEAO 2008 Nr. 3 zu § 59; Siehe zu den formellen Voraussetzungen der Gemeinnützigkeit bereits S. 167. 675 Japan: Art. 4, 7 KöStG; Deutschland: § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG. 676 Art. 73 Abs. 1 Nr. 3 a.); Art. 73/2 Abs. 1 KöStGDV. 677 § 5 Abs.1 Nr. 9 S. 2 KStG. 678 § 14 S. 1, 2 AO. 673

180

2. Kapitel: Rechtliche Grundlagen

ab einem Jahreseinkommen über 35.000 Euro steuerpflichtig.679 Zum anderen sind die Rechtsträger jedoch hinsichtlich der Einnahmen aus einem Zweckbetrieb nicht steuerpflichtig.680 Um einen Zweckbetrieb handelt es sich, wenn nur damit die gemeinnützigen Ziele verfolgt werden können. Zweckbetriebe sind z.B. Einrichtungen der Wohlfahrt und Krankenhäuser, aber auch Alten-, Wohn- und Pflegeheime, Kindergärten und schließlich kulturelle Einrichtungen wie Museen, Theater oder Kunstausstellungen.681 b. Steuerbegünstigung von Spendern In beiden Ländern können Steuervorteile nicht nur von gemeinnützigen Steuersubjekten, sondern auch von diesen sie finanziell durch Spenden unterstützenden natürlichen oder juristischen Personen geltend gemacht werden. Eine Spende ist nach deutschem Verständnis eine freiwillige und unentgeltliche Geld- oder Sachzuwendung, die das Vermögen des Spenders mindert.682 Für ihre Steuerbegünstigung ist es irrelevant, ob Spenden zum Zeitpunkt der Gründung oder zu einem späteren Zeitpunkt an die Rechtsträger erfolgt sind.683 In Japan wird der Begriff in ähnlicher Weise für die Schenkung eines geld- oder vermögenswerten sowie wirtschaftlichen Vorteils verwendet.684 In beiden Rechtsordnungen werden gleichermaßen Werbe- sowie Veranstaltungskosten nicht vom Spendenbegriff erfasst. 685 Im Vergleich zur deutschen Rechtsordnung ist der japanische Spendenbegriff jedoch insofern etwas weiter gefasst, als dass die wirtschaftlichen Vorteile auch durch Schuldenerlass oder unentgeltliche Belieferungen erfolgen können.686 Diese Art wirtschaftlicher Leistungen wird in Deutschland grundsätzlich nicht als Spende angesehen.687 Spenden in Form von Geld- oder Sachspenden können in beiden Ländern nur bis zu einer bestimmten Höchstgrenze geltend gemacht werden. In Japan sind Spenden an Gewöhnliche Vereine und Stiftungen nur abzugsfähig, wenn sie als gemeinnützige Vereine und Stiftungen anerkannt wurden. Privatpersonen können dann Spenden von über 2.000 Yen bis zu einer Höchstgrenze von 40 % ihres steuerpflichtigen Einkommens geltend machen. Demgegenüber gilt für juristische Personen eine Spendenabzugsgrenze von der Hälfte von 679

§ 64 Abs. 3 AO. § 64 Abs. 1 AO 681 § 66-68 AO. 682 BFH vom 23.05.1989, BStBl. 1989 II, S. 879 ff.; BUCHNA, Gemeinnützigkeit im Steuerrecht (2008), S. 380; OTTO, Handbuch der Stiftungspraxis (2007), S. 216. 683 HEUER / HABIGHORST, Besteuerung (2003), S. 935. 684 Art. 37 Abs. 7 KöStG. 685 Art. 37 Abs. 7 KöStG. 686 WATANABE, Hōjin-zei hō (2008), S. 511. 687 BUCHNA, Gemeinnützigkeit im Steuerrecht (2008), S. 381. 680

V. Steuerrechtliche Behandlung

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5 % ihres steuerpflichtigen Einkommens und 0,25 % des Grundkapitals zuzüglich der Kapitalrücklagen. 688 Im Vergleich dazu sind in Deutschland Spenden an alle gemeinnützigen Körperschaften abzugsfähig. Der Grenzbetrag für den Spendenabzug beträgt für natürliche und juristische Personen einheitlich bis zu 20 % des Gesamtbetrags der Einünfte oder alternativ bis zu 4 ‰ der Summe der gesamten Umsätze und der im Kalenderjahr aufgewendeten Löhne und Gehälter.689 Durch die Bezugnahme auf Löhne und Gehälter soll es einem Unternehmen auch in Verlustjahren möglich sein, Spenden zu leisten.690 Dieser Bereich des Spendenrechts ist erst im Jahr 2007 umfassend durch das Gesetz zur weiteren Stärkung des bürgerschaftlichen Engagements reformiert worden.691 Dabei wurden auch die Voraussetzungen des Spendenabzugs stark vereinfacht. Der Rechtsvergleich ergibt, dass Privatpersonen Spenden in Japan bis zu einer doppelt so hohen Abzugsgrenze wie in Deutschland geltend machen können. Demgegenüber ist die Spendenabzugsregelung für juristische Personen in Deutschland im Regelfall günstiger als in Japan. In Gewinnjahren ist in Deutschland die Abzugsgrenze, gemessen am Einkommen der juristischen Personen, wesentlich höher. Das liegt daran, dass in Japan die Abzugsgrenze auch nach dem Grundkapital berechnet wird. Je mehr Grundkapital eine juristische Person hat, desto eher findet eine Angleichung an die deutsche Regelung statt. In Verlustjahren ist ebenfalls der deutsche Spendenabzug regelmäßig höher. In Japan ist die Abzugsgrenze dann auf 0,125 % des Grundkapitals beschränkt. In Deutschland kann dagegen die Abzugsgrenze alternativ auch in Höhe von 4 ‰ der Summe der Umsätze, Löhne und Gehälter berechnet werden. Da in der Regel die Summe der Umsätze, Löhne und Gehälter in Unternehmen höher ist als ihr Grundkapital, ist letztlich die deutsche Abzugsgrenze für juristische Personen günstiger. c. Zusammenfassung Durch die Reform hat der japanische Gesetzgeber die Steuervorteile für gemeinnützig tätige Rechtsträger sowie spendenrechtliche Anreize für Privatpersonen erheblich verbessert. Die neuen Rechtsträger Gewöhnlicher Verein und Gewöhnliche Stiftung sind vor allem dann steuerbegünstigt, wenn sie als gemeinnützige Rechtsträger staatlich anerkannt wurden. Daneben sind unter bestimmten Voraussetzungen auch Gewöhnliche Vereine und Stiftungen ohne formelles Verfahren steuerbegünstigt. Sie müssen dann nur für ihre Ertragsgeschäfte Körperschaftssteuer entrichten. Diese Regelungen erleichtern gerade auch die Finanzierung von Rechtsträgern, die nach ihrer Gründung noch 688

Art. 77/2 KöStGDV. § 10 b Abs. 1 EStG; § 9 Abs. 1 Nr. 2 KStG. 690 HEUER / HABIGHORST, Besteuerung (2003), S. 935. 691 BGBl. I Nr. 50 vom 15.10.2007. 689

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2. Kapitel: Rechtliche Grundlagen

nicht gleich die Gemeinnützigkeitsvoraussetzungen des Anerkennungsgesetzes erfüllen können. Des Weiteren wurde durch die Reform das Spendenrecht vereinfacht und neue Spendenanreize geschaffen. Zum einen wurde der Kreis der spendenabzugsberechtigten gemeinnützigen Rechtsträger durch die Abschaffung des zusätzlichen Anerkennungsverfahrens für bestimmte gemeinnützigkeitsfördernde Vereine und Stiftungen erheblich erweitert. Zum anderen wurden die Spenden von Privatpersonen weitgehend den Spenden von juristischen Personen gleichgestellt und für beide die Höchstgrenzen des Spendenabzugs erhöht. Vergleicht man die steuerliche Behandlung in Japan mit der Rechtslage in Deutschland, so haben sich die Rechtsordnungen beider Länder durch die Reform weiter angenähert. Für den Bereich der steuerlichen Behandlung der gemeinnützigen Rechtsträger unterscheiden beide Länder zwischen der gemeinnützigen Tätigkeit der Rechtsträger, die grundsätzlich steuerfrei ist, und der wirtschaftlichen Tätigkeit, die stets körperschaftssteuerpflichtig bleibt. Im Spendenrecht sind in beiden Ländern sowohl Privatpersonen als auch juristische Personen spendenbegünstigt. Hierbei ist der Spendenabzug für Privatpersonen in Japan doppelt so hoch wie in Deutschland. Dagegen ist in Deutschland für juristische Personen nicht nur eine höhere einkommensbezogene Spendenabzugsgrenze möglich, sondern in Verlustjahren kann eine juristische Person alternativ die Abzugsgrenze nach der Summe des Umsatzes sowie der Löhne und Gehälter angegeben, die regelmäßig höher ist als die in Japan nach dem Grundkapital berechnete Abzugsgrenze.

Kapitel 3

Aufsichts- und Kontrollstruktur Gewöhnlicher Vereine und Stiftungen Das folgende Kapitel behandelt die Frage der Aufsichts- und Kontrollstruktur Gewöhnlicher Vereine und Stiftungen. Im Kontext der Reform wurde unter dem Begriff gabanansu die Frage des zukünftigen Aufsichts- und Kontrollsystems der neuen Rechtsträger diskutiert.1 Eine theoretisch geführte Debatte vergleichbar der corporate-governance-Diskussion hat hierbei aber nicht stattgefunden.2 Es wurde vielmehr erörtert, wie man die Aufsicht der neuen Rechtsträger ohne staatliche Kontrolle gewährleisten könne. Es mussten dazu die Kontrollstrukturen der gemeinnützigen Vereine und Stiftungen a.F. grundlegend überdacht werden. Letztendlich ist nach neuer Rechtslage vorgesehen, dass Gewöhnliche Vereine und Stiftungen einer organisationsinternen und einer privatrechtlichen Kontrolle unterliegen, während als gemeinnützig anerkannte Vereine und Stiftungen zusätzlich durch staatliche Behörden beaufsichtigt werden.3 Eine Kontrolle des Rechtsträgers findet nach der neuen Rechtslage zunächst intern gegenüber den Rechsträgerorganen statt. Aus diesem Grund sehen die organisationsinternen Kontrollmechanismen des Vereins- und Stiftungsgesetzes vor allem Regelungen zur Beaufsichtigung des Geschäftsführungsorgans vor. Hierzu ist den Mitgliedern des Gewöhnlichen Vereins und den Evaluierern der Gewöhnlichen Stiftung ein weitreichendes Instrumentarium an präventiven und repressiven Eingriffs- und Aufsichtsrechten gesetzlich eingeräumt worden. Hinzu kommen Informationsrechte, die den erforderlichen Wissensstand für eine wirksame Kontrolle gewährleisten. Als eigenständiges Kontrollorgan der Geschäftsführung sind die Rechtsträger teilweise verpflichtet, einen Revisor zu bestellen, der für seine 1

KŌEKI HŌJIN KYŌKAI, 21 seki no kōeki hōjin to seido no arikata wo sagasu (2002), S. 14 ff., 36 ff.; YANAGA, MASAO , Kōeki hōjin 31 (2002), S. 10 f.; Kōeki hōjin seido no bapponteki kaikaku ni kansuru yūshiki-sha hōkoku-sho (Bericht der Expertenkommission bezüglich der durchgreifenden Reform des Systems der gemeinnützigen juristischen Personen) vom 19.11.2004, (10.11.2010), S. 7, 9; KAWASHIMA, UCLA Basin Law Journal 24 (2006), S. 83 f. 2 KAWASHIMA, UCLA Basin Law Journal 24 (2006), S. 83 f. 3 YAMADA, Jurisuto 1328 (2007), S. 21; TORIKAI, Atarashii kōeki hōjin seido (2009), S. 31.

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3. Kapitel: Aufsichts- und Kontrollstruktur

Aufgaben mit entsprechenden Kompetenzen ausgestattet ist. Eine organisationsexterne Kontrolle wurde bei der Reform vor allem in Form von Publizitätspflichten berücksichtigt, auf die im Folgenden an geeigneter Stelle hingewiesen wird. Haben die internen Kontrollmechanismen versagt, kann in einem nächsten Schritt eine privatrechtliche Kontrolle durch die staatlichen Gerichte erfolgen. Diese greifen vor allem ein, wenn der Rechtsträger oder die für ihn handelnden Personen der Geschäftsführung ihre Pflichten verletzt haben. Im Schwerpunkt geht es dabei um die Frage der Haftung. Werden gegen den Rechtsträger Schadensersatzansprüche geltend gemacht, dient die prozessuale Verfolgung der Pflichtverletzung der Schadenskompensation des Geschädigten. Zugleich liegt darin aber auch eine präventive Wirkung, die den Rechtsträger und seine Vertreter dazu anhält, sich rechtskonform zu verhalten und mit der gebotenen Sorgfalt zu handeln. Die Schutzwirkungen greifen sowohl im Außenverhältnis zu Dritten als auch im Innenverhältnis des Geschäftsführungsorgans zum Rechtsträger. Subjekte der privatrechtlichen Kontrolle sind der Rechtsträger und seine Vorsitzenden. Darüber hinaus unterliegen die Evaluierer bei der Gewöhnlichen Stiftung und die Revisoren aufgrund ihres Auftragsverhältnisses zum Rechtsträger einer haftungsrechtlichen Kontrolle der Gerichte. Neben der Verfolgung von Schadensersatzansprüchen können die Vorsitzenden und die Evaluierer auch durch die Abberufung von ihrem Amt diszipliniert werden. Sowohl die Schadensersatzansprüche als auch die Abberufung können prozessual verfolgt werden. Neu eingeführt wurde hierbei eine Mitgliederklage nach dem Vorbild der Aktionärsklage des Gesellschaftsgesetzes. Neben der privatrechtlichen Kontrolle kommen auch strafrechtliche Sanktionen gegen die betreffenden Personen in Betracht. Sie können hier im Hinblick auf den Umfang der Arbeit jedoch nicht berücksichtigt werden.4 Gegenüber den als gemeinnützig anerkannten Vereinen und Stiftungen bleibt eine staatliche Kontrolle durch Behörden bestehen. Die Kontrolle dient der Aufsicht der laufenden Tätigkeiten des Rechtsträgers und dessen anhaltender Erfüllung der Gemeinnützigkeitsqualifikationen. Sie wird vor allem durch die Verwaltungsbehörden in Zusammenarbeit mit den Beratungsgremien gewährleistet.

I. Bisherige Rechtslage

I. Bisherige Rechtslage

Die Aufteilung in eine organisationsinterne Kontrolle einerseits und der staatlichen Kontrolle andererseits wurde erst infolge der Gemeinnützigkeitsreform 4 Allgemein zur strafrechtlichen Verfolgung juristischer Personen in Japan siehe IDA, Wirtschaftsstrafrecht (2011), S. 1465 ff.

I. Bisherige Rechtslage

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eingeführt. Eine nennenswerte organisationsinternen Kontrolle der gemeinnützigen Vereine und Stiftungen a.F. war in den Vorschriften des Zivilgesetzes a.F. noch nicht geregelt, so dass nach der alten Rechtslage vor allem eine staatliche Kontrolle der Rechtsträger bestand. 1. Privatrechtliche Sanktionen Nach der bisherigen Rechtslage bestand zunächt eine selbstständige Haftung des gemeinnützigen Rechtsträger a.F. Daneben hafteten auch die Vorsitzenden und der Revisor der Rechtsträger, die auch zur Zahlung von Schadensersatz verpflichtet werden konnten. Das Zivilgesetz a.F. sah keine unterschiedlichen Vorschriften für die Haftung des gemeinnützigen Vereins a.F. und der gemeinnützigen Stiftung a.F. vor. a. Haftung der gemeinnützigen Rechtsträger a.F. Gemeinnützige Rechtsträger a.F. hafteten Dritten gegenüber zunächst einmal aus eigenem Verschulden. 5 Beispielsweise waren sie als Eigentümer eines Bauwerks für Schäden haftbar, die aufgrund fehlerhafter Errichtung des Bauwerks entstanden.6 Zudem konnten sie verpflichtet werden, in bestimmtem Umfang Schäden, die durch für sie handelnde Personen entstanden, zu ersetzen. Nach den zivilgesetzlichen Vorschriften waren sie für unerlaubte Handlungen ihrer Vorsitzenden und Vertreter nach Art. 44 ZG a.F. und für ihre Verrichtungsgehilfen nach Art. 715 ZG schadensersatzpflichtig. Der jeweilige Schadensverursacher und der Rechtsträger hafteten zusammen als Gesamtschuldner. Im Rahmen der Haftung für Vorsitzende nach Art. 44 ZG a.F. blieb es rechtsdogmatisch umstritten, ob die Vorschrift eine Haftung des Rechtsträgers für zugerechnete Handlungen Dritter oder wegen eigenen Verschuldens bestimmte. Die vorherrschende Lehre der realen juristischen Person (hōjin jitsuzai-setsu) sah hierin eine originäre Haftung des Rechtsträgers begründet, der sich die Handlungen seiner Vorsitzenden als eigene zurechnen lassen musste.7 Praktische Auswirkungen hatte der Streit letztlich keine. Für eine Haftung des Rechtsträgers mussten drei Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt sein. Der Schaden musste zunächst durch die Handlung eines Vorsitzenden oder eines anderen Vertreters verursacht worden sein. Als Vertreter galten unstreitig ein einstweiliger Vorsitzender (kari-riji) und ein 5

DG Fukuoka vom 5.10.1977, Hanrei Taimuzu 866 (1977), S. 21 ff.; DG Tokyo vom 1.2.1982, Hanrei Taimuzu 1044 (1982), S. 19 ff.; ausführlich dazu KAWAKAMI, Minpō sōsoku kōgi (2007), S. 174 f. 6 Art. 717 ZG. 7 Siehe für eine Darstellung des Streitstands SHINOMIYA / NOMI, Minpō sōsoku (2005), S. 121 f.; MORIIZUMI, hōjin no setsuritsu (2005), S. 111.

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3. Kapitel: Aufsichts- und Kontrollstruktur

Liquidator (seisan-sha). Es wurden auch andere Personen als Vertreter anerkannt, die sowohl Vertretungsmacht für den Rechtsträger hatten als auch eines seiner Organe waren. 8 Eine Person, der lediglich für eine bestimmte Aufgabe Vertretungsmacht erteilt worden war, konnte deshalb nur als Verrichtungsgehilfe (shiyō-sha), nicht jedoch als Vertreter des Rechtsträgers haften. Die Voraussetzungen für die Erteilung der Vertretungsmacht blieben in der Literatur jedoch umstritten. Es wurde u.a. darauf hingewiesen, dass es für die Haftung wegen unerlaubter Handlung nicht auf die Frage der Vertretungsmacht ankommen könne, da diese nur für das Vertragsrecht relevant sei.9 Als zweite Voraussetzung musste der allgemeine Tatbestand der unerlaubten Handlung nach Art. 709 ZG erfüllt sein. Die betreffende Person musste daher vorsätzlich oder fahrlässig ein Recht oder ein geschütztes Interesse eines Dritten verletzt haben und die Rechts- bzw. Interessenverletzung musste kausal für den Schadenseintritt gewesen sein.10 Zudem wurde als dritte Haftungsvoraussetzung verlangt, dass der Schaden bei Ausführung einer Amtspflicht verursacht wurde. Die Schaden verursachende Handlung musste deshalb eine gewisse Beziehung zu dem Aufgabenbereich des Vorsitzenden aufweisen. Andernfalls haftete der Vorsitzende dem Dritten gegenüber allein. Welche Tätigkeiten noch die „Ausführung einer Amtspflicht“ betrafen, wurde weit ausgelegt. 11 Die Rechtsprechung führte in zwei Präzedenzentscheidungen aus, dass die Frage der Amtspflichten nach einer objektiven äußerlichen Betrachtungsweise zu beurteilen sei (Lehre der äußerlichen Kriterien, gaikei hyōjun-setsu). Wenn die Handlung des betreffenden Vorsitzenden von außen betrachtet auf die Verwirklichung des Satzungszwecks des Rechtsträgers gerichtet sei oder in enger Beziehung mit einer Amtspflicht stehe, sollte eine Haftung des Rechtsträgers bestehen. Nicht erforderlich sei es, dass es sich um eine rechtswirksame oder gesetzesgemäße Handlung des Rechtsträgers handele. 12 Habe der Dritte jedoch Kenntnis oder grob fahrlässig keine Kenntnis davon, dass die Handlung nicht zu den Amtspflichten des betreffenden Vorsitzenden zählte, sei der Rechtsträger dem Dritten gegenüber nicht schadensersatzpflichtig. 13 Eine gesetzliche Einschränkung der Haftung des Rechtsträgers bestand zudem, wenn die Schaden verursachende Handlung des betreffenden Vorsitzenden oder Vertreters außerhalb des Satzungszweckes des Rechtsträgers lag.14 8

MORIIZUMI, hōjin no setsuritsu (2005), S. 111; SHINOMIYA / NOMI, Minpō sōsoku (2005), S. 122. 9 SHINOMIYA / NOMI, Minpō sōsoku (2005), S. 122. 10 UCHIDA, Minpō I (2008), S. 256. 11 ŌMI, Minpō kōgi I (2008), S. 133; KAWAKAMI, Minpō sōsoku kōgi (2007), S. 176. 12 OGH vom 7.09.1962, Minshū 16 (1962), S. 1888 ff (1889). 13 OGH vom 14.07.1975, Minshū 29 (1975), S. 1012 ff (1016). 14 Art. 44 Abs. 2 ZG a.F.

I. Bisherige Rechtslage

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Neben der Haftung für die Vorsitzenden war ein gemeinnütziger Rechtsträger a.F. auch für seine Verrichtungsgehilfen nach Art. 715 ZG schadensersatzpflichtig. Als Verrichtungsgehilfe wird eine Person bezeichnet, die der Rechtsträger zu einer Verrichtung bestellt hat, d.h. Angestellte, Revisoren oder mit bestimmten Aufgaben betraute Mitglieder. Vorausgesetzt wurde hierfür, dass der Verrichtungsgehilfe selbst den Tatbestand der unerlaubten Handlung nach Art. 709 ZG erfüllte und der Schaden bei der betreffenden Verrichtung für den Rechtsträger auftrat. Es bestanden daher weitgehend ähnliche Voraussetzungen wie für die Haftung der Vorsitzenden. Der Unterschied lag jedoch darin, dass sich der Rechtsträger für die Haftung seiner Angestellten exkulpieren konnte, wenn sich nachweisen ließ, dass er bei Auswahl und Aufsicht der Angestellten die gebotene Sorgfalt beachtet hatte. 15 Eine Exkulpationsmöglichkeit für vertretungsberechtigte Vorsitzende war nicht vorgesehen, da deren Handlungen als solche des Rechtsträgers galten. Unter Berücksichtigung der Rechtssicherheit wurde es als nicht angemessen erachtet, dass sich Rechtsträger für ihre eigenen Handlungen exkulpieren konnten.16 Jedoch konnte der notwendige Sorgfaltsnachweis zur Exkulpation für einen Angestellten durch die Rechtsträger kaum erbracht werden.17 In der Praxis machte es für den Rechtsträger daher kaum einen Unterschied, ob er wegen Art. 44 ZG a.F. oder Art. 715 ZG a.F. haftete.18 b. Haftung der Vorsitzenden Eine Schadensersatzhaftung bestand für Vorsitzende eines gemeinnützigen Rechtsträgers a.F. sowohl im Innenverhältnis gegenüber dem Rechtsträger als auch im Außenverhältnis gegenüber Dritten. Im Innenverhältnis haftete ein Vorsitzender wegen Nichterfüllung seiner Auftragspflicht sowie bei Verletzung seiner Sorgfalts- und Treuepflicht mit Schadensersatz aus Art. 415 ZG. 19 Im Außenverhältnis war er einem Dritten gegenüber aus unerlaubter Handlung nach Art. 709 ZG schadensersatzpflichtig.20 Nach dem Zivilgesetz a.F. bestanden keine gesetzlichen Regelungen für Haftungsbeschränkungen. Darüber hinaus wurden vertraglich vereinbarte Haftungsbeschränkungen, die eine Schadensersatzpflicht des Vorsitzenden ausschlossen, in der Literatur teilweise für unzulässig angesehen. Es wurde darauf verwiesen, dass solche Vereinbarungen in einem Interessenkonflikt zum Rechtsträger stünden. 21 15

Art. 715 S. 2 ZG. UCHIDA, Minpō I (2008), S. 257; SHINOMIYA / NOMI, Minpō sōsoku (2005), S. 124. 17 SCHÜSSLER-LANGEHEINE, Beweislasterleichterung (2004), Fn. 682; zur älteren Rechtsprechung siehe EUBEL, Die Haftung des Geschäftsherrn (1981), S. 64 ff. 18 KAWAKAMI, Minpō sōsoku kōgi (2007), S. 175; UCHIDA, Minpō I (2008), S. 257. 19 SHINOMIYA / NOMI, Minpō sōsoku (2005), S. 126; ŌISHI, Kōeki hōjin 2 (1970), S. 52. 20 SHINOMIYA / NOMI, Minpō sōsoku (2005), S. 125; ŌISHI, Kōeki hōjin 2 (1970), S. 52. 21 SHINOMIYA / NOMI, Minpō sōsoku (2005), S. 126. 16

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3. Kapitel: Aufsichts- und Kontrollstruktur

Ähnliche Bedenken bestanden auch gegenüber Haftungsbeschränkungen durch Satzungsbestimmungen oder durch einen Beschluss der Mitgliederversammlung für das Innenverhältnis. Es wurde darauf hingewiesen, dass eine Haftungsbeschränkung für Vorsitzende die finanzielle Grundlage des Rechtsträgers zu sehr schwächen würde.22 c. Haftung des Revisors Der Revisor haftete ebenfalls sowohl im Innen- als auch im Außenverhältnis. Die Haftung des Revisors ergab sich für das Innenverhältnis aus dem zwischen ihm und dem Rechtsträger bestehenden Rechtsverhältnis. Das Rechtsverhältnis war gesetzlich nicht geregelt worden, jedoch war allgemein anerkannt, dass dieses auf einem zivilrechtlichen Auftragsverhältnis beruhte. 23 Folglich konnte der Gemeinnützige Verein a.F. den Revisor bei Pflichtverletzung auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung nach Art. 415 ZG in Anspruch nehmen. Er hatte zudem bei seinen Pflichten die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsführers anzuwenden, 24 so dass er auch für die Verletzung dieser Sorgfaltspflicht schadensersatzpflichtig werden konnte. Allerdings bestand nicht wie bei einem Vorsitzenden eine Haftung bei Missachtung der Treuepflicht. Die für diesen aus Art. 57 ZG a.F. abgeleitete Erweiterung seines Pflichtenbereichs um eine Treuepflicht bezog sich ausdrücklich nur auf Vorsitzende. Schließlich haftete er Dritten gegenüber im Außenverhältnis wegen unerlaubter Handlung nach Art. 709 ZG. 2. Behördliches Aufsichtssystem Gemeinnützige Rechtsträger a.F. wurden bislang von zwei staatlichen Stellen beaufsichtigt. Die Bereiche der Gründung sowie die Aufsicht über die laufenden Tätigkeiten wurden der zuständigen Behörde übertragen.25 Für den Bereich der Auflösung waren dagegen die Gerichte zuständig. 26 Die Unterscheidung war vorgesehen, da die Auflösung eines gemeinnützigen Rechtsträgers a.F. zumeist (Vermögens-) Interessen Dritter betraf. Die Gerichte sollten deshalb bei Auflösung eine gerechte Abwicklung des Rechtsträgers sicherstellen.27 Die zuständige Behörde hatte bei Gründung eines gemeinnützigen Rechtsträgers a.F. den bereits beschriebenen Genehmigungsvorbehalt.28 Dieser ge22

SHINOMIYA / NOMI, Minpō sōsoku (2005), S. 126. ITŌ, Hōjin no kanri (2005), S. 124; MORIIZUMI, Shin-hōjin-hō nyūmon (2004), S. 79. 24 Art. 644 ZG. 25 Art. 67 ZG a.F. 26 Art. 82 ZG a.F. 27 NAGASAWA, Shadan hōjin zaidan hōjin no unei jitsumu (2000), S. 122; ITŌ, Hōjin no kaisan (2005), S. 135. 28 Siehe zum Genehmigungsvorbehalt S. 37. 23

I. Bisherige Rechtslage

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währleistet jedoch nur eine sog. Eingangskontrolle bezüglich der Frage, welche Organisationen als gemeinnützige Rechtsträger a.F. zugelassen wurden. Die Behörde hatte daneben auch die Aufgabe, die laufenden Geschäfte der Gemeinnützigen Rechtsträger a.F. zu beaufsichtigen, die sog. Verhaltenskontrolle. Eine Verhaltenskontrolle wurde als notwendig erachtet, da die gemeinnützigen Rechtsträger a.F. kein ausreichendes organisationsinternes Kontrollsystem der Organe untereinander aufwiesen. Für sie wurde zwar grundsätzlich eine Aufsichtsstruktur mit gegenseitiger Kontrolle der Organe angeregt. Der Revisor sollte danach den Vorsitzenden beaufsichtigen und beide sollten, zumindest bei gemeinnützigen Vereinen a.F., durch die Mitgliederversammlung kontrolliert werden.29 Allerdings war die Bestellung der Revisoren erst durch eine Kabinettsentscheidung im Jahre 199630 verbindlich geregelt worden. Für die vorher gegründeten Rechtsträger bestand keine Pflicht, einen Revisor als internes Kontrollorgan einzusetzen. Bei Rechtsträgern, die einen Revisor bestellt hatten, wurde in der Praxis bemängelt, dass diese ihrer Aufsichtsfunktion nicht nachkamen und lediglich die vorgelegten Dokumente durchsahen und abzeichneten.31 Die interne Kontrollstruktur gemeinnütziger Stiftungen a.F. war noch mangelhafter ausgestattet. Die Einsetzung einer Evaluiererversammlung war gesetzlich nicht verpflichtend und auch den Evaluierern wurde allgemein mangelndes Bewusstsein für ihre Aufsichtsfunktion gegenüber dem Vorstand und unzureichende Überprüfung der Stiftungsverwaltung sowie der Geschäfte vorgeworfen.32 Zusätzlich zu den strukturellen Mängeln wurden auch die persönlichen Beziehungen der Vorsitzenden und Revisoren untereinander kritisch betrachtet. Hinzu kam, dass die Tätigkeiten der gemeinnützigen Rechtsträger im Interesse der Allgemeinheit liegen, so dass Aufsichtsprobleme Schäden für die Allgemeinheit zur Folge haben können. Es wurde deshalb eine Aufsicht der laufenden Tätigkeiten der gemeinnützigen Rechtsträger a.F. für notwendig erachtet, die unter der bisherigen Rechtslage nur durch ein öffentliches Aufsichtsorgan, der zuständigen Behörde, erfolgen konnte. a. Anordnung und Untersuchung Der zuständigen Behörde standen für ihre Aufsichtsfunktion vor allem die Mittel der Anordnung (meirei) und der Untersuchung (kensa) zur Verfügung.33 Eine Untersuchung der Geschäfte und Vermögenslage durch die Behörde konnte jederzeit von Amts wegen erfolgen. Hierdurch konnte die Be29

ITŌ, Hōjin no kanri (2005), S. 127. Kabinettsentscheidung 20.09.1996. 31 AMEMIYA, Japan (1999), S. 151. 32 AMEMIYA, Japan (1999), S. 151. 33 Art. 67 Abs. 2, 3 ZG a.F. 30

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3. Kapitel: Aufsichts- und Kontrollstruktur

hörde sich selbstständig über die konkrete Lage der gemeinnützigen Rechtsträger a.F. einen Überblick verschaffen, ohne auf die mittelbare Weiterleitung von Informationen angewiesen zu sein. Die Anordnungsbefugnis war zur Stärkung der Aufsichtsfunktion im Jahr 1979 gesetzlich eingeführt worden.34 Für die Fälle, in denen ein Rechtsträger seinen gemeinnützigen Tätigkeiten nicht mehr nachkam oder diesen Tätigkeiten nicht entsprechend der Satzung bzw. dem Stiftungsgeschäft nachging, sollte die Behörde den Rechtsträger zur Wiederherstellung seiner ordnungsgemäßen gemeinnützigen Geschäfte und Verwaltung anleiten.35 Entsprechend bestanden die nach dem Gesetzeswortlaut geforderten „notwendigen Anordnungen“ darin, dass gegenüber der Behörde über die Geschäfts- und Vermögenslage berichtet werden musste, dass für die Handhabung der Schulden oder der Rechnungslegung nach einem bestimmten Standard verfahren werden sollte oder dass zugunsten einer effizienteren Verfolgung der gemeinnützigen Tätigkeiten der Geschäftsplan nach den Vorstellungen der Behörde geändert werden sollte. Das Aufsichtsmittel der Anordnung wurde jedoch kritisch betrachtet, da es für den Rechtsträger schwierig war, sich gegen eine Anordnung der Behörde gerichtlich zu wehren. Nach dem Willen des Gesetzgebers entsprach die Anordnung der zuständigen Behörde nicht den Voraussetzungen einer Verwaltungsverfügung (gyōsei shobun), gegen die eine Verwaltungsklage (gyōsei soshō) hätte eingeleitet werden können.36 Dadurch konnten behördliche Anordnung erstmalig überprüft werden, wenn beispielsweise ein Bußgeld gegen einen Vorsitzenden wegen Missachtung einer Anordnung erlassen wurde und dieser sich gegen das Bußgeld gerichtlich wehrte. Die effektive Durchführung der Anordnungen wurde nach alter Rechtslage durch Bußgeldvorschriften sichergestellt.37 Es konnten Bußgelder bis zu 500.000 Yen auferlegt werden. In der Literatur wurde deshalb teilweise dafür plädiert, auch gegen ihre Anordnung eine Verwaltungsklage zuzulassen.38 b. Berichterstattung und Genehmigungsvorbehalt Ein weiteres Aufsichtsmittel der zuständigen Behörde bestand in der regelmäßigen Berichterstattung der Rechtsträger. Nachdem zunächst nur eine freiwillige Berichterstattung vorgesehen war, kann spätestens seit dem Jahr 1998 von einer jährlichen Pflicht zur Berichterstattung ausgegangen wer34 Minpō oyobi minpō shikkō-hō no ichibu kaisei hōritsu (Änderungsgesetz über einen Teil des Zivilgesetzes und des Durchführungsgesetzes zum Zivilgesetz), Gesetz Nr. 68 / 1979. 35 ITŌ, Hōjin no kanri (2005), S. 128. 36 ITŌ, Hōjin no kanri (2005), S. 128. 37 Art. 84 Nr. 1-6 ZG a.F. 38 NOMURA, Jurisuto 696 (1979), S. 45.

II. Organisationsinterne Kontrollstruktur

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den. 39 Die gemeinnützigen Rechtsträger a.F. hatten seitdem für jedes Geschäftsjahr Tätigkeitsberichte, einen Abschlussbericht und zukünftige Pläne etc. bei der zuständigen Behörde einzureichen. 40 Zudem hatte die Behörde weitere Genehmigungsvorbehalte, zum einen bei Satzungsänderungen und zum anderen bei größeren finanziellen Zuwendungen seitens des Rechtsträgers.41 c. Rücknahme der Gründungsgenehmigung Die schärfste Aufsichtsmaßnahme der zuständigen Behörde gegenüber den gemeinnützigen Rechtsträgern a.F. bestand in der Rücknahme der Gründungsgenehmigung (setsuritsu kyoka no torikeshi). 42 Eine Rücknahme der Genehmigung konnte neben der Missachtung behördlicher Anordnungen außerdem auch drohen, wenn die Genehmigungsvoraussetzungen nicht mehr erfüllt wurden, der Rechtsträger Tätigkeiten nachging, die außerhalb seines Gründungszwecks lagen oder das öffentliche Interesse in anderer Weise geschädigt wurde. Wegen der praktischen Bedeutung der Gründungsgenehmigung hinsichtlich Rechtsfähigkeit und steuerrechtlicher Vorteile der Rechtsträger war eine Rücknahme erst nach vielseitiger Prüfung möglich. Die zuständige Behörde war zuvor verpflichtet, eine Untersuchung durchzuführen.43 Sie musste bei ihrer Untersuchung dem betreffenden Rechtsträger gegenüber die Gründe für eine Rücknahme offenlegen und ihm Gelegenheit zur Stellungnahme geben.44 Gegen die Genehmigungsrücknahme stand dem Rechtsträger der Rechtsweg durch Widerspruch und Klageerhebung offen.

II. Organisationsinterne Kontrollstruktur

II. Organisationsinterne Kontrollstruktur Nach der neuen Rechtslage kann eine wirksame organisationsinterne Kontrollfunktion zum einen durch die Mitglieder bzw. die Evaluierer, zum anderen durch einen Revisor wahrgenommen werden. Sie können dazu in den Vorschriften des Vereins- und Stiftungsgesetzes oder der Satzung bestimmte Kontrollmaßnahmen ergreifen. Zu diesen Maßnahmen zählen nicht nur direkte Aufsichtsrechte gegenüber den Vorsitzenden, sondern auch alle direkten Einflussmöglichkeiten auf die Entscheidungen oder die Entscheidungsfindung der Geschäftsführung des Rechtsträgers (Einflussrechte). Zudem ist es für die wirksame Ausübung der Kontrollfunktion notwendig, dass die Vorsit39

Art. 7 Kabinettsentscheidung vom 20.09.1996. AMEMIYA, Japan (1999), S. 152. 41 Art. 38 Abs. 2 ZG a.F. 42 Art. 71 ZG a.F. 43 Art. 25 Minji shikkō-hō (Durchführungsgesetz zum Zivilgesetz), Gesetz Nr. 4 / 1979. 44 AMEMIYA, Japan (1999), S. 154. 40

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3. Kapitel: Aufsichts- und Kontrollstruktur

zenden über die Tätigkeiten der Geschäftsführung informieren. Ohne dieses Wissen können die verantwortlichen Vorsitzenden nicht überprüft und beaufsichtigt werden. Es sind daher im Vereins- und Stiftungsgesetz auch eine Reihe gesetzlicher Informationsrechte als weitere Kontrollmaßnahmen geregelt. 1. Kontrolle durch die Mitglieder bzw. Evaluierer Die Kontrolle der Vorsitzenden kann in einem Gewöhnlichen Verein von Seiten der Mitglieder durch das Organ der Mitgliederversammlung erfolgen. Für die Gewöhnliche Stiftung können die Evaluierer Kontrollmaßnahmen in der Evaluiererversammlung ergreifen. Neben der Ausübung von Kontrolle durch das jeweilige Kollektivorgan kann eine Kontrolle auch durch die einzelnen Mitglieder oder Evaluierer (Individualrechte) oder bestimmten Minderheiten von ihnen (Minderheitenrechte) erfolgen. a. Gewöhnlicher Verein i.) Mitgliederversammlung 1.) Einflussrechte Die Mitgliederversammlung kann durch Beschlüsse Einfluss auf die Geschäftsführung des Rechtsträgers nehmen. Über welche Themen sie Beschluss fassen kann, ist Gegenstand der Beschlusskompetenz, die in den Satzungsbestimmungen und den Bestimmungen des Vereins- und Stiftungsgesetzes näher geregelt ist. Während die Beschlusskompetenz bei Gewöhnlichen Vereinen ohne Vorstand sehr weit gefasst sein kann, ist sie bei Gewöhnlichen Vereinen mit Vorstand nach den Vorschriften des Vereins- und Stiftungsgesetzes begrenzt.45 Für Gewöhnliche Vereine mit Vorstand kommt es deshalb auf die konkrete Ausgestaltung in ihren Satzungsbestimmungen an. Daneben werden im Vereins- und Stiftungsgesetz auch einige unabdingbare Entscheidungskompetenzen festgelegt, die der Mitgliederversammlung für bestimmte Bereiche stets eine Einflussnahme ermöglichen. Eins der wichtigsten Einflussrechte ist ihre Personalkompetenz. a.) Beschlussfassung In einem Gewöhnlichen Verein hat jedes Mitglied grundsätzlich ein Stimmrecht.46 Dieser Grundsatz trägt dem Umstand Rechnung, dass die Mitglieder die Träger des Gewöhnlichen Vereins sind. Da jedoch der Rechtsträger möglichst flexibel zu handhaben sein soll, können von diesem Grundsatz abwei45 46

Art. 35 Abs. 2 VSG. Art. 48 Abs. 1 VSG.

II. Organisationsinterne Kontrollstruktur

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chende Stimmrechtsverteilungen geregelt werden.47 Es können dadurch einzelnen Mitgliedern mehr oder weniger Stimmrechte zugesprochen werden. Allerdings kann eine Satzung mit Rücksicht auf den besagten Grundsatz nicht regeln, dass einem Mitglied gänzlich untersagt wird von seinem Stimmrecht in der Mitgliederversammlung Gebrauch zu machen.48 Überwiegend können Fragen in der Mitgliederversammlung mit einem einfachen Beschluss (futsu kettei) entschieden werden. Dieser kommt zustande, wenn die an der Versammlung teilnehmenden Mitglieder zusammen mehr als die Hälfte der Stimmrechte haben und wenn dem Beschluss mehr als die Hälfte der Stimmrechte der anwesenden Mitglieder zustimmen. 49 Wenn Mitglieder auf schriftlichem oder elektronischem Weg ihre Stimme abgeben, so werden diese Stimmen den Stimmen der anwesenden Mitglieder hinzugezählt.50 Sollten aber alle Mitglieder nur auf schriftlichem oder elektronischem Weg abstimmen, so käme kein Beschluss zustande. Es ist auch eine stellvertretende Stimmabgabe für ein nicht anwesendes Mitglied nach Vorlage eines entsprechenden Nachweises möglich. 51 Eine stellvertretende Stimmabgabe soll insbesondere die Beteiligung vieler Mitglieder an der Beschlussfassung ermöglichen und erleichtern.52 Fraglich bleibt allerdings, ob eine stellvertretende Stimmabgabe für die Beschlussfassung – wie die Stimmabgabe eines anwesenden Mitglieds zählt oder nur wie bei der schriftlichen oder elektronischen Stimmabgabe – nach der Abstimmung den anwesenden Stimmen hinzugezählt wird. Da sich im Vereins- und Stiftungsgesetz keine entsprechende Vorschrift findet, spricht dies für eine Zählweise wie für die Stimmabgabe eines anwesenden Mitglieds. Für bestimmte Angelegenheiten ist eine qualifizierte Beschlussfassung (tokubetsu kettei) notwendig. Die an einem solchen Beschluss teilnehmenden Mitglieder müssen zusammen ebenfalls mehr als die Hälfte der Stimmrechte aller Mitglieder auf sich vereinigen. Es müssen dann von den anwesenden Mitgliedern mehr als zwei Drittel der Stimmrechte dem Beschluss zustimmen. 53 In der Satzung kann davon abweichend ein höheres Quorum bestimmt werden. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass das gesetzliche Quorum nicht herabgesetzt werden kann. Eine qualifizierte Beschlussfassung ist beispielsweise vorgesehen für den Beschluss über den Ausschluss eines Mitglieds, eine Satzungsänderung oder die Abberufung eines Revisors.54 47

SHIN-KŌEKI HŌJIN SEIDO KENKYŪ -KAI, Ichimon ittō (2006), S. 47. Art. 48 Abs. 2 VSG; SHIN-KŌEKI HŌJIN SEIDO KENKYŪ-KAI, Ichimon ittō (2006), S. 47. 49 Art. 49 Abs. 1 VSG. 50 Art. 51 Abs. 2, Art. 52 Abs. 3 VSG. 51 Art. 50 Abs. 1 VSG. 52 SHIN-KŌEKI HŌJIN SEIDO KENKYŪ -KAI, Ichimon ittō (2006), S. 48. 53 Art. 49 Abs. 2 VSG. 54 Vgl. Art. 49 Abs. 2 Nr. 1 bis 7 VSG. 48

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3. Kapitel: Aufsichts- und Kontrollstruktur

b.) Personalkompetenz Um ihrer Kontrollfunktion gegenüber den Vorsitzenden nachkommen zu können, liegt die Personalkompetenz stets bei der Mitgliederversammlung. Sie kann neben den Vorsitzenden auch den Revisor und den Rechnungsprüfer ernennen und abberufen.55 Vor der Reform konnte diese Kompetenz auch an andere Personen, z.B. den Vorsitzenden übertragen werden. Da die Kontrolle aber nicht länger durch die zuständige Behörde erfolgt, wird es als zwingend notwendig erachtet, dass diese Kompetenz als Kontrollmittel gegenüber den Funktionsträgern bei der Mitgliederversammlung verbleibt.56 Hinsichtlich der Ernennung eines Revisors und eines Rechnungsprüfers hat der Vorsitzende allerdings ein Vorschlagsrecht. Bevor der Personalvorschlag an die Mitgliederversammlung weitergeleitet wird, muss ihm gegebenenfalls noch ein bereits ernannter Revisor zustimmen.57 Diese beiden Organe können daher durch die Mitgliederversammlung nicht allein ernannt werden. Die Mitgliederversammlung kann die Funktionsträger oder den Revisor jederzeit ohne besonderen Grund abberufen. Für die Funktionsträger ist dabei ein einfacher Beschluss ausreichend, während die Abberufung eines Revisors aus personellen Stabilitätsüberlegungen nur durch qualifizierte Beschlussfassung erfolgen kann.58 Ist die Abberufung allerdings ohne rechtfertigenden Grund erfolgt, stehen der betreffenden Person Schadensersatzansprüche gegenüber dem Gewöhnlichen Verein zu.59 2.) Aufsichtsrechte Die Mitgliederversammlung hat zudem gewisse Aufsichtsrechte bezüglich der jährlichen Abrechnung. Der Vorsitzende hat ihr die Abrechnungsdokumente und den Geschäftsbericht in der ordentlichen Mitgliederversammlung vorzulegen oder zumindest zur Verfügung zu stellen. Darüber hinaus bedürfen die Rechnungslegungsdokumente ihrer Zustimmung (shōnin).60 ii.) Minderheiten- und Individualrechte Das gesetzliche Leitbild geht davon aus, dass die einzelnen Mitglieder vor allem das Recht haben, an der Mitgliederversammlung teilzunehmen und dort ihre Meinung zu äußern. Die effektive Ausübung dieser Rechte wird durch Vorschriften über die Einberufung, den Ablauf und die Beschlussfassung in der Mitgliederversammlung sichergestellt. Eine Möglichkeit zur direkten 55

Art. 63 Abs. 1, 70 Abs. 1 VSG. UEDA, Ippan shadan ippan zaidan hōjin (2009), S. 64. 57 Art. 72 Abs. 1, 73 Abs. 1 VSG. 58 Art. 49 Abs. 2 VSG. 59 Art. 80 Abs. 2 VSG. 60 Art. 126 Abs. 2 VSG. 56

II. Organisationsinterne Kontrollstruktur

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Einflussnahme oder Aufsicht durch einzelne Mitglieder besteht nur ausnahmsweise. Daneben gibt es jedoch eine Reihe von Bestimmungen, in denen eine bestimmte Anzahl an Mitgliederstimmen (Quorum) besondere Rechte geltend machen kann. Im Vereins- und Stiftungsgesetz ist dazu oftmals ein Quorum von mehr als 1/10 der Beschlussrechte der Mitglieder erforderlich. Das Quorum kann durch die Satzung zwar geändert werden, es darf dadurch jedoch nicht unverhältnismäßig erschwert werden, die notwendigen Stimmen zusammenzubekommen. 1.) Einflussrechte a.) Antragsrecht Eine Möglichkeit zur direkten Einflussnahme auf die Willensbildung der Mitgliederversammlung hat besagtes Quorum von 1/10 der Beschlussrechte der Mitglieder, wenn es ein bestimmtes Thema oder eine Frage auf die Tagesordnung der Mitgliederversammlung setzen lassen will. Die Zusammenstellung der Tagesordnung ist Aufgabe eines Vorsitzenden. Besteht ein Ersuchen durch ein entsprechendes Quorum an Mitgliedern, muss er diese Angelegenheit zum Gegenstand der Mitgliederversammlung machen.61 b.) Handlungsverbot eines Vorsitzenden Im Vereins- und Stiftungsgesetz ist als spezielle Präventivmaßnahme die Erteilung eines Handlungsverbots gegenüber einem Vorsitzenden geregelt.62 Bei Gewöhnlichen Vereinen kann das Verbot von jedem einzelnen Mitglied ausgesprochen werden. Es handelt sich hierbei präziser um einen Unterlassungsanspruch gegenüber dem Vorsitzenden, d.h. den Anspruch, dass ein Vorsitzender eine bestimmte Handlung künftig unterlässt. Der Anspruch auf Unterlassen besteht jedoch nur in wenigen Ausnahmefällen. Ziel des Anspruchs ist es vor allem, zukünftige Schäden gegenüber dem Rechtsträger durch ein Handeln des Vorsitzenden abzuwenden. Es handelt sich deshalb weniger um eine Disziplinierungsmaßnahme als um ein Mittel präventiver Schadensbegrenzung. Gleichwohl kann ein Handlungsverbot auch als Disziplinierungsmaßnahme gegenüber dem betreffenden Vorsitzenden und mit abschreckender Wirkung für die übrigen Vorsitzenden angewendet werden. Die Anspruchsvoraussetzungen sind erfüllt, wenn die Handlung außerhalb des Vereinszwecks liegt und wenn gegen Rechtssätze oder gegen die Satzung verstoßen wird. Ein Unterlassungsanspruch besteht auch zu einem früheren Zeitpunkt, wenn die Vornahme einer solchen Handlung zu befürchten ist, bzw. dem Rechtsträger dadurch ein bedeutender Schaden entstehen würde. 61 62

Art. 43 Abs. 1 VSG. Art. 88; Art. 197 VSG.

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3. Kapitel: Aufsichts- und Kontrollstruktur

Handelt es sich jedoch um einen Gewöhnlichen Verein mit einem Revisor, so verlangt der Gesetzeswortlaut einen „irreparablen Schaden“ anstelle des „bedeutenden Schadens“. Allerdings hat dann auch der Revisor einen Unterlassungsanspruch gegen den Vorsitzenden. Für ihn ist dazu ein „bedeutender Schaden“ ausreichend.63 2.) Aufsichtsrechte a.) Einsetzung eines Prüfers Mitglieder eines Gewöhnlichen Vereins können bei Gericht die Einsetzung eines Prüfers (kensa-yaku) zur Überprüfung der ordnungsgemäßen Beschlussfassung in der Mitgliederversammlung sowie der Geschäftsführung beantragen. Die Beantragung eines Prüfers für die Beschlussfassung der Mitgliederversammlung bedarf eines Drittels der Stimmrechte aller Mitglieder.64 Das Gericht kann danach einen Prüfer einsetzen, der über die fragliche Angelegenheit einen Bericht erarbeitet und diesen dem Gericht und dem Gewöhnlichen Verein vorlegt. Der Prüfer untersucht vor allem den ordnungsgemäßen Ablauf des Einberufungsverfahrens und der Beschlussfassung. Auf der Grundlage des Berichts kann das Gericht den Vorsitzenden zur Einberufung einer Mitgliederversammlung auffordern, in der er den Mitgliedern gegenüber das Ergebnis der Untersuchung mitteilt. Die Einsetzung eines Prüfers soll die Abläufe in der Mitgliederversammlung objektiv schützen und einer späteren gerichtlichen Klage zuvorkommen.65 Mitglieder mit einem Quorum von über 1/10 der Beschlussrechte aller Mitglieder können bei Gericht die Einsetzung eines Prüfers der Geschäftsführung beantragen. 66 Anlass dazu muss die Vermutung sein, dass zu missbilligende Handlungen ausgeführt wurden, oder wichtige Umstände auf einen Verstoß gegen Rechtssätze oder die Satzung hindeuten. Kommt das Gericht zu dem Schluss, dass der Antrag rechtmäßig ist, so kann es einen Prüfer einsetzten. Der Prüfer führt die notwendigen Untersuchungen durch und kann auch die Geschäfts- und Finanzlage einer Tochterorganisation (ko-hōjin) einsehen. Der Ergebnisbericht ist dem Gericht, dem Gewöhnlichen Verein und den beantragenden Mitgliedern mitzuteilen. Darüber hinaus kann seitens des Gerichts angeordnet werden, dass der Vorsitzende eine Mitgliederversammlung einberuft und das Ergebnis des Untersuchungsberichts bekannt

63

Art. 103 Abs. 1 VSG. Art. 46 Abs. 1 VSG. 65 SHIN-KŌEKI HŌJIN SEIDO KENKYŪ -KAI, Ichimon ittō (2006), S. 46. 66 Art. 86 Abs. 1 VSG. 64

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gibt. 67 Für Gewöhnliche Vereine mit einem Revisor übernimmt dieser die Aufgabe der Mitteilung. b.) Rechtsbehelfe gegen fehlerhafte Beschlüsse der Mitgliederversammlung Im Vereins- und Stiftungsgesetz ist nach der neuen Rechtslage vorgesehen, dass jedes einzelne Mitglied gegen fehlerhafte Beschlüsse der Mitgliederversammlung vorgehen kann. In Anlehnung an die Aktionärsvorschriften des Gesellschaftsgesetzes 68 sind drei Rechtsbehelfe gegen die Versammlungsbeschlüsse vorgesehen: erstens die Anfechtungsklage (ketsugi no torikeshi no uttae), zweitens die Klage auf Feststellung der Nichtigkeit (ketsugi no mukō kakunin no uttae) und drittens die Klage auf Feststellung des Nichtbestehens (ketsugi no fu-sonzai kakunin no uttae).69 Die Anfechtungsklage kann erhoben werden, wenn ein Mitglied geltend macht, dass ein Beschluss der Mitgliederversammlung Rechts- oder Satzungsvorschriften des Einberufungs- oder Beschlussverfahrens in grob ungerechter Weise verletzt hat.70 Dies ist beispielsweise der Fall, wenn die Einberufung der Mitgliederversammlung fehlerhaft erfolgte, da nicht alle Mitglieder eingeladen wurden. Eine grob ungerechte Art und Weise liegt beispielsweise auch vor, wenn die Beschlussteilnahme durch unübliche Uhrzeit oder Versammlungsort erschwert oder die Stimmabgabe gewaltsam behindert wird.71 Wird über die Anfechtung eines solchen Beschlusses vor Gericht entschieden, ist zu beachten, dass dem Richter ein Ablehnungsermessen zusteht.72 Ein Ablehnungsermessen des Gerichts besteht, wenn es sich bei dem rechtswidrigen Beschluss nicht um einen bedeutenden Rechtsverstoß handelt und eine rechtmäßige Beschlussfassung nicht zu einem anderen Beschlussergebnis geführt hätte. Des Weiteren kann als Anfechtungsgrund geltend gemacht werden, dass ein Beschluss inhaltlich gegen Satzungsvorschriften verstoßen hat oder dass ein Mitglied mit besonderem Interesse am Beschluss von seinem Stimmrecht Gebrauch gemacht hat und dadurch ein grob ungerechter Beschluss zustande gekommen ist. 73 In diesen Fällen besteht jedoch kein gerichtliches Ablehnungsermessen. Die Klage wird gegenüber dem Rechtsträger als Beklagtem bei dem Distriktgericht erhoben, in dessen Bezirk sich der Sitz der Hauptgeschäftsstelle befindet. 74 Um die Rechtssi67

Art. 87 Abs. 1 Nr. 1, 2 VSG. Art. 830, 831 GesG; zu den Gesellschaftsrechtsvorschriften a.F. siehe KLIESOW, Aktionärsrechte und Aktionärsklage (2001), S. 120 ff. 69 Art. 256, 266 VSG. 70 Art. 266 Abs. 1 Nr. 1 VSG. 71 UEDA, Ippan shadan ippan zaidan hōjin (2009), S. 59. 72 Art. 266 Abs. 2; UEDA, Ippan shadan ippan zaidan hōjin (2009), S. 60 f. 73 Art. 266 Abs. 1 Nr. 2, 3 VSG. 74 Art. 269 Nr. 5, 270 VSG. 68

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3. Kapitel: Aufsichts- und Kontrollstruktur

cherheit von Versammlungsbeschlüssen zu gewährleisten, kann die Anfechtungsklage nur innerhalb von drei Monaten nach Beschlussfassung erhoben werden. Ist sie erfolgreich, wird der Versammlungsbeschluss ex tunc gegenüber jedermann unwirksam. 75 Die Nichtigkeit des Beschlusses ist aus Rechtssicherheitsgründen umgehend am Registerort der Hauptgeschäftsstelle einzutragen.76 Wird von dem Mitglied geltend gemacht, dass der betreffende Versammlungsbeschluss inhaltlich gegen die Rechtsordnung verstößt, kann es eine Nichtigkeitsfeststellungsklage gegen den Rechtsträger erheben.77 Ein gesetzwidriger Versammlungsbeschluss ist grundsätzlich nichtig. Anders als bei einer Anfechtungsklage wirkt das Feststellungurteil daher nur deklaratorisch. Anwendungsfälle aus dem Gesellschaftsrecht sind beispielsweise Versammlungsbeschlüsse, die gegen das Gleichbehandlungsgebot der Stimmrechte oder ein Gewinnausschüttungsverbot verstoßen.78 Es bestehen für die Nichtigkeitsfeststellungsklage auch keine Beschränkungen der Klageerhebung, so dass sie von jedermann ohne zeitliche Begrenzung erhoben werden kann.79 Schließlich kann ein Mitglied auch eine Feststellungsklage auf Nichtbestehen eines Hauptversammlungsbeschlusses erheben.80 Anwendungsfälle sind beispielsweise die Beschlussfassung ohne eine ordnungsmäße Einberufung der Versammlung oder ohne die erforderliche Mehrheit.81 Tatsächlich ist in den genannten Fällen formal kein wirksamer Beschluss zustande gekommen. Im Übrigen kann für die Klagevoraussetzungen der Feststellungsklagen auf die Anfechtungsklage verwiesen werden. 3.) Informationsrechte Für das einzelne Mitglied besteht die Möglichkeit, sich durch Teilnahme an der Mitgliederversammlung zu informieren. Dabei hat es ein Recht, dass der Vorsitzende auf Anfrage bestimmte Angelegenheiten erläutert. 82 Allerdings besteht eine Erklärungspflicht des Vorsitzenden nur für Angelegenheiten, die Gegenstand der Mitgliederversammlung sind. Durch die Erklärung darf auch kein Schaden für den gegenseitigen Nutzen der Mitglieder entstehen oder ein anderer in der Durchführungsverordnung zum Vereins- und Stiftungsgesetz geregelter Grund gegen eine Erklärungspflicht sprechen.

75

UEDA, Ippan shadan ippan zaidan hōjin (2009), S. 61. Art. 315 Abs. 1 Nr. 1 VSG. 77 Art. 265 VSG. 78 KLIESOW, Aktionärsrechte und Aktionärsklage (2001), S. 123. 79 UEDA, Ippan shadan ippan zaidan hōjin (2009), S. 62. 80 Art. 265 Abs. 1 VSG. 81 UEDA, Ippan shadan ippan zaidan hōjin (2009), S. 63. 82 Art. 53 VSG. 76

II. Organisationsinterne Kontrollstruktur

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b. Gewöhnliche Stiftung i.) Evaluiererversammlung Die Evaluierer können in der Versammlung der Evaluierer im Rahmen ihrer eingeschränkten Beschlusskompetenz Einfluss auf die Geschäftsführung nehmen. Anders als die Mitglieder eines Gewöhnlichen Vereins hat jeder Evaluierer stets ein Stimmrecht. Eine andere Stimmenverteilung kann auch in der Satzung nicht geregelt werden. 83 Das Stimmrecht kann jedoch bei Evaluierern, die ein besonderes eigenes Interesse an einem Beschluss haben, eingeschränkt werden. 84 Hinsichtlich der notwendigen Mehrheit für eine Beschlussfassung in der Evaluiererversammlung kann weitgehend auf die Ausführungen über einfache und qualifizierte Beschlüsse der Mitgliederversammlung verwiesen werden.85 Ein wesentlicher Unterschied zum Gewöhnlichen Verein besteht jedoch hinsichtlich der Personalkompetenz. Während die Mitgliederversammlung einen Funktionsträger oder den Rechnungsprüfer jederzeit abberufen kann, hat die Evaluiererversammlung dieses Recht nur für zwei gesetzliche Abberufungsgründe.86 Dies betrifft zum einen den Fall, dass ein Funktionsträger oder ein Rechnungsprüfer seine Amtspflicht verletzt oder vernachlässigt hat, zum anderen den Fall, dass der Amtspflicht wegen körperlicher oder seelischer Schäden nicht mehr nachgekommen werden kann oder eine Ausübung künftig unzumutbar ist. Die unterschiedlichen Kompetenzregelungen der Rechtsträger werden damit begründet, dass die Evaluiererversammlung zwar ihrer Aufsichtsfunktion nachkommen soll, jedoch auch sichergestellt sein muss, dass die Stellung des Organs nicht zu stark ausgestaltet wird.87 Ihre Abberufungsbefugnis ist deshalb auf die genannten Gründe begrenzt. ii.) Individualrechte Die Regelungen über Antragsrechte, die Einsetzung eines Prüfers zur Überprüfung des Einberufungsverfahrens und der Geschäftsführung, der Erteilung eines Handlungsverbots sowie die Rechtsbehelfe gegen fehlerhafte Beschlüsse der Evaluiererversammlung sind für die Evaluierer mit der Maßgabe anwendbar, dass jedem Evaluierer das entsprechende Recht einzeln zusteht. 88 Eine Quorenregelung ist hierbei nicht vorgesehen. Dies lässt sich zum einen 83

SHIN-KŌEKI HŌJIN SEIDO KENKYŪ-KAI, Ichimon ittō (2006), S. 130; UEDA, Ippan shadan ippan zaidan hōjin (2009), S. 145. 84 Art. 189 Abs. 3 VSG. 85 Art. 189 VSG. 86 Art. 176 Abs. 1 VSG. 87 SHIN-KŌEKI HŌJIN SEIDO KENKYŪ -KAI, Ichimon ittō (2006), S. 123 f. 88 Verweisung in Art. 197 VSG auf die entsprechenden Bestimmungen des Gewöhnlichen Vereins.

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3. Kapitel: Aufsichts- und Kontrollstruktur

mit der zumeist geringen Anzahl an Evaluierern einer Gewöhnlichen Stiftung begründen. Eine Störung der Stiftungstätigkeit durch häufige, unbegründete Geltendmachung dieser Rechte ist daher eher unwahrscheinlich. Zum anderen kann durch vereinfachte Geltendmachung von Kontrollrechten seitens der Evaluierer ihr Mangel an Eigeninteresse an einer ordnungsgemäßen Stiftungstätigkeit kompensiert werden.89 2. Kontrolle des Revisors Nach der neuen Rechtslage ist für Gewöhnliche Vereine, zumindest bei solchen von großem Umfang, und für Gewöhnliche Stiftungen stets ein Revisor zu bestellen. Sein Aufgabenbereich erstreckt sich auf die Aufsicht der Vorsitzenden und die Kontrolle der Rechnungslegung (Aufsichtspflichten). Zur Erfüllung seiner Kontrollaufgaben kann er über die passive Aufsichtsfunktion hinaus in begrenztem Umfang auch aktiv Einfluss auf den Entscheidungsprozess der Geschäftsführung nehmen (Einflussrechte). Des Weiteren hat er die Vorsitzenden und die Mitglieder- bzw. die Evaluiererversammlung zu informieren, wenn er Kenntnis über rechtsmissbräuchliches Verhalten, z.B. eines Vorsitzenden, erlangt hat (Informationsweiterleitungspflicht). a. Einflussrechte i.) Aktive Teilnahme an Vorstandssitzungen und deren Einberufung Ein Revisor ist verpflichtet, an den Sitzungen des Vorstands teilzunehmen. Seine Anwesenheit ermöglicht es ihm, stets über die Beschlüsse des Vorstandes informiert zu sein. Er kann aber auch selbst gestaltend an den Sitzungen teilnehmen, indem er seine Meinung zu aktuellen Themen äußert90 und dadurch theoretisch bereits im Vorfeld eines Beschlusses auf die Meinungsbildung der Vorsitzenden einwirkt. Eine Einflussnahme setzt allerdings voraus, dass es sich bei den Vorstandssitzungen um ein tatsächliches Diskussionsgremium handelt, welches nicht bloß die Entscheidungen kleinerer Ausschüsse absegnet. Des Weiteren kann ein Revisor im Falle einer zu missbilligenden Handlung oder eines Gesetzes- bzw. Satzungsverstoßes eines Vorsitzenden auch die Einberufung des Vorstands verlangen. Wird daraufhin innerhalb von fünf Tagen keine Sitzung einberufen, kann er dies auch selbst vornehmen.91

89

SHIN-KŌEKI HŌJIN SEIDO KENKYŪ -KAI, Ichimon ittō (2006), S. 130. Art. 101 Abs. 1, 197 VSG. 91 Art. 101 Abs. 2, 3 i.V.m. Art. 100, 197 VSG. 90

II. Organisationsinterne Kontrollstruktur

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ii.) Einfluss auf Personalentscheidungen Ein Revisor kann erheblich auf die personellen Entscheidungen betreffend das Amt des Rechnungsprüfers und auf die Bestellung weiterer Revisoren Einfluss nehmen. Er hat einem Ernennungsvorschlag des Vorsitzenden hinsichtlich der personellen Besetzung beider Ämter zuzustimmen, bevor dieser den Vorschlag an die Mitgliederversammlung bzw. die Versammlung der Evaluierer weiterleiten kann.92 Er hat auch Einfluss darauf, inwieweit Personalfragen bezüglich dieser Ämter in der Mitgliederversammlung bzw. der Versammlung der Evaluierer diskutiert werden. Ein Vorsitzender kann beispielsweise nicht ohne seine Zustimmung die Abberufung oder Wiederbestellung eines Rechnungsprüfers zum Gegenstand der Tagesordnung einer Mitgliederversammlung machen.93 Zudem kann der Revisor vom Vorsitzenden verlangen, dass die Bestellung oder Wiederbestellung eines Rechnungsprüfers sowie die Bestellung eines weiteren Revisors auf die Tagesordnung gesetzt wird.94 Schließlich kann er seine Meinung zu Bestellung, Abberufung oder Rücktritt des Revisors auch in der Mitgliederversammlung bzw. Evaluiererversammlung äußern.95 In Personalfragen bezüglich des Rechnungsprüfers geht die Aufsichtspflicht des Revisors in Ausnahmefällen so weit, dass er allein über dessen Abberufung entscheiden kann. Eine Abberufungsbefugnis kommt ihm zu, wenn dieser seine Amtspflichten verletzt oder vernachlässigt hat, ein ungebührliches Vergehen begangen hat oder seiner Amtspflichten wegen körperlicher Defizite nicht mehr nachkommen kann.96 iii.) Handlungsverbot Der Revisor hat – wie die Mitglieder und Evaluierer – gegenüber den Vorsitzenden die Befugnis, ein Handlungsverbot auszusprechen. 97 Der Unterlassungsanspruch ist eine Präventivmaßnahme, die den Rechtsträger vor rechtswidrigen oder schädigenden Handlungen eines Vorsitzenden schützen soll. Die Erteilung eines Handlungsverbots besteht, wenn die Handlung des betreffenden Vorsitzenden außerhalb des Vereinszwecks liegt oder gegen Rechtssätze oder die Satzung verstößt. Ein Unterlassungsanspruch besteht auch zu einem früheren Zeitpunkt, wenn die Vornahme einer solchen Handlung zu befürchten ist bzw. dem Rechtsträger dadurch ein bedeutender Schaden entstehen würde. 92

Art. 72 Abs. 1, 73 Abs. 1 Nr. 1, Art. 197 VSG. Art. 73 Abs. 1 Nr. 2, 3, Art. 197 VSG. 94 Art. 72 Abs. 2, Art. 73 Abs. 2, Art. 197 VSG. 95 Art. 74 Abs. 1, Art. 197 VSG. 96 Art. 71, 197 VSG. 97 Art. 103, Abs. 1, Art. 197 VSG. 93

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3. Kapitel: Aufsichts- und Kontrollstruktur

b. Aufsichtspflichten Für die Überwachung der Geschäftsführung hat der Revisor verschiedene Einsichtnahme- und Untersuchungsrechte. 98 Der Umfang seiner Prüfungskompetenz ist gesetzlich nicht festgelegt worden. Mit Blick auf die gleichlautende Vorschrift des internen Prüfers im Gesellschaftsrecht wird man jedoch auch für den Revisor des Vereins- und Stiftungsgesetzes von einer Beschränkung auf eine Rechtmäßigkeitskontrolle ausgehen können. 99 Zur Durchführung seiner Aufsichtsfunktion kann er jederzeit einen Geschäftsbericht von dem Vorsitzenden und den Angestellten verlangen und die Geschäftsund Vermögenslage des Gewöhnlichen Vereins bzw. der Gewöhnlichen Stiftung untersuchen.100 Bei Bedarf kann er einen solchen Bericht auch von einer Tochterorganisation (ko-hōjin) einfordern. Die Interessen einer Tochterorganisation werden dadurch geschützt, dass die Herausgabe solcher Informationen mit Hinweis auf einen berechtigten Grund von dieser abgelehnt werden können.101 Des Weiteren hat der Revisor die Beschlussvorschläge und weitere Dokumente, die der Vorsitzende der Mitgliederversammlung bzw. der Evaluiererversammlung vorlegen möchte, zu untersuchen.102 Der Revisor ist schließlich verpflichtet einen Prüfungsbericht zu erstellen, dessen Vorgaben in der Durchführungsverordnung zum Vereins- und Stiftungsgesetz näher bestimmt sind. Dem Revisor obliegt es auch, die Rechnungsprüfung des Rechtsträgers durchzuführen.103 Er hat dazu die Abrechnungsdokumente, den Geschäftsbericht sowie weitere in der Durchführungsverordnung zum Vereins- und Stiftungsgesetz bestimmte Angaben zu prüfen. Die Prüfung erfolgt unabhängig davon, ob der Rechtsträger auch einen Rechnungsprüfer bestellt hat. Im Übrigen kann der Revisor auch die Mitglieder- oder Evaluiererversammlung in begrenztem Maße beaufsichtigen. Er kann die gleichen Rechtsbehelfe gegen fehlerhafte Versammlungsbeschlüsse vor Gericht geltend machen wie die Mitglieder und Evaluierer.104 Schließlich kann er auch auf Nichtigkeitserklärung der Gründung bzw. Verschmelzung des Rechtsträgers klagen.105

98

Art. 99, Art. 197 VSG. Vgl. für den internen Prüfer Art. 381 GesG; WESTHOFF, ZJapanR Sonderheft 2 (2010), S. 35; MECKEL, Corporate Governance (2010), S. 101; MARUTSCHKE, Einführung in das japanische Recht (2009), S. 284 ff. 100 Art. 99 Abs. 2, Art. 197 VSG. 101 Art. 99 Abs. 3, 4, Art. 197 VSG. 102 Art. 102, 197 VSG. 103 Art. 124 VSG. 104 Vgl. zu den Klagevoraussetzungen die Ausführungen zu den Mitgliedern S. 197. 105 Art. 264 VSG. 99

III. Privatrechtliche Sanktionen gegenüber Vereinen und Stiftungen

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c. Informationspflichten Ein Revisor hat eine Informationspflicht gegenüber den Vorsitzenden, wenn er Kenntnis darüber erlangt, dass ein Vorsitzender sich in missbilligender Weise verhalten hat oder dies zu befürchten ist. Gleiches gilt, wenn Tatsachen auf eine Verletzung eines Rechtssatzes bzw. der Satzung hindeuten oder andere zu missbilligende Umstände vorliegen.106 Der Revisor ist zudem verpflichtet, die Mitglieder- bzw. Evaluiererversammlung zu informieren, wenn er nach Prüfung der Beschlussvorschläge und sonstiger Dokumente für die Versammlung diesbezügliche Rechts- oder Satzungsverstöße festgestellt hat.107

III. Privatrechtliche Sanktionen gegenüber Gewöhnlichen Vereinen und Stiftungen

III. Privatrechtliche Sanktionen gegenüber Vereinen und Stiftungen

Nach der neuen Rechtslage sind privatrechtliche Sanktionen in Form von Haftungsansprüchen nunmehr überwiegend im Vereins- und Stiftungsgesetz geregelt. Es besteht die Möglichkeit, Haftungsansprüche zum einen gegenüber den Rechtsträgern Gewöhnlicher Verein und Gewöhnliche Stiftung geltend zu machen, zum anderen auch gegenüber den einzelnen Funktionsträgern und bei einer Gewöhnlichen Stiftung gegenüber den Evaluierern. Neben einer Sanktionierung durch Schadensersatz droht den Funktionsträgern und den Evaluierern nunmehr bei rechtswidrigem Verhalten auch eine gerichtlich durchsetzbare Abberufung. Der folgende Abschnitt analysiert die Voraussetzungen der genannten Sanktionsmaßnahmen und erläutert ihre prozessualen Durchsetzungsmöglichkeiten. Im Vereins- und Stiftungsgesetz ist die Schadensersatzhaftung der Vorsitzenden für Gewöhnliche Vereine und Gewöhnliche Stiftungen einheitlich geregelt. Die Vorschriften der Gewöhnlichen Stiftung verweisen nach Art. 197, 198 VSG jeweils auf die entsprechenden Vorschriften des Rechts der Gewöhnlichen Vereine. 1. Sanktionen gegenüber dem Rechtsträger Gewöhnliche Vereine oder Stiftungen sind Dritten gegenüber für eigenes Verschulden und durch Zurechnung für Schäden, die durch für sie handelnde Personen entstanden sind, schadensersatzpflichtig. Für die Haftungszurechnung bestehen zwei Tatbestände: im Zivilgesetz und im Vereins- und Stiftungsgesetz. Ein Rechtsträger haftet für Handlungen seiner Verrichtungsgehilfen wie bisher unverändert aus Art. 715 ZG.108 Daneben ist die Haftung 106

Art. 100, 197 VSG. Art. 102, 197 VSG. 108 Siehe dazu die Ausführungen zum Verrichtungsgehilfen unter der alten Rechtslage S. 185 f. 107

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3. Kapitel: Aufsichts- und Kontrollstruktur

für vertretungsberechtigte Vorsitzende oder andere vertretungsberechtigte Personen in Art. 78 VSG geregelt worden. Diese Vorschrift ist weitgehend mit dem Haftungstatbestand des Art. 44 ZG a.F. identisch. Sie beschränkt den Personenkreis der Haftung wie bislang vor allem auf solche mit Vertretungsmacht und Organstellung. Es werden unstreitig erfasst: Vorsitzende mit Vertretungsmacht, vorläufig oder einstweilig vertretungsberechtigte Vorsitzende109 sowie Liquidatoren110. Vorausgesetzt wird zudem, dass die betreffende Person den Tatbestand der unerlaubten Handlung nach Art. 709 ZG in Ausführung ihrer Amtspflichten verwirklicht hat. 111 Im Vergleich zur alten Gesetzeslage ist die gesetzliche Beschränkung der Rechtsträgerhaftung für Handlungen von Vorsitzenden außerhalb des Satzungszwecks weggefallen. Trotzdem wird bislang in der Literatur noch an dieser Beschränkung festgehalten.112 2. Sanktionen gegenüber den Funktionsträgern und den Evaluierern a. Haftung der Vorsitzenden Für die Haftung der Vorsitzenden kann zwischen seiner Haftung im Innenverhältnis gegenüber dem Rechtsträger (Innenhaftung) und seiner Haftung im Außenverhältnis gegenüber Dritten (Außenhaftung) unterschieden werden. Mehrere Vorsitzende haften für den entstandenen Schaden gesamtschuldnerisch.113 i.) Innenhaftung gegenüber dem Rechtsträger Entsteht dem Rechtsträger ein Schaden wegen Pflichtverletzung des Vorsitzenden, so muss dieser den Schaden nach Art. 111 ersetzen. Die Pflichtverletzung wird in dem Fall weit ausgelegt und umfasst sowohl einen Verstoß gegen die Pflichten des Auftrags als auch Verstöße gegen die Satzung und sonstige Gesetzesvorschriften (v.a. des Vereins- und Stiftungsgesetzes). 114 Weitere Voraussetzungen des Schadensersatzanspruchs sind das Vorliegen

109

Art. 79 Abs. 2; Art. 80 VSG. Art. 214 VSG. 111 YAMADA, Jurisuto 1328 (2007), S. 45; UCHIDA, Minpō I (2008), S. 256; ŌMI, Minpō kōgi I (2008), S. 133; vgl. für die Auslegung des Art. 78 VSG die Ausführungen zu Art. 44 ZG a.F. S. 160 f. 112 KAWAKAMI, Minpō sōsoku kōgi (2007), S. 179; ŌMI, Minpō kōgi I (2008), S. 136. 113 Art. 118 VSG. 114 SHIN-KŌEKI HŌJIN SEIDO KENKYŪ-KAI, Ichimon ittō (2006), S. 78; KAWAKAMI, Minpō sōsoku kōgi (2007), S. 180. 110

III. Privatrechtliche Sanktionen gegenüber Vereinen und Stiftungen

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von Vorsatz oder Fahrlässigkeit sowie ein hinsichtlich der Pflichtverletzung kausal adäquater Schaden.115 Die Schadensersatzpflicht wird in bestimmten Fällen zudem auch auf Vorsitzende erweitert, die den Schaden nicht selbst direkt herbeigeführt haben. Wenn ein Geschäft mit Interessenkollision bzw. eine Darlehensübernahme durch den Rechtsträger nicht offengelegt und genehmigt wurde, trifft auch die einem solchen Geschäft zustimmenden Vorsitzenden eine Schadensersatzpflicht.116 In diesen Fällen wird das Verschulden der betreffenden Vorsitzenden gesetzlich vermutet. ii.) Außenhaftung gegenüber Dritten Im Vereins- und Stiftungsgesetz ist für die Haftung des Vorsitzenden gegenüber Dritten ein eigener Haftungstatbestand in Art. 117 VSG geregelt. Der Vorsitzende ist daraus für Schäden wegen böswilliger oder grob fahrlässiger Ausübung seiner Amtshandlungen ersatzpflichtig. 117 Bislang konnten Dritte nur Schadensersatz wegen unerlaubter Handlung nach der allgemeinen Zivilgesetzvorschrift des Art. 709 ZG geltend machen. Durch den Haftungstatbestand des Vereins- und Stiftungsgesetzes sollen Dritte nunmehr ausdrücklich gegen Pflichtverletzungen von Vorsitzenden geschützt werden. 118 Der Haftungstatbestand des Vereins- und Stiftungsgesetzes ist insofern vorteilhafter, da der Geschädigte nicht zu beweisen hat, dass die Schädigung ihm gegenüber vorhersehbar gewesen ist.119 Zudem unterliegt er nicht der dreijährigen Verjährungsfrist für unerlaubte Handlungen, sondern einer zehnjährigen Verjährung.120 Allerdings ist teilweise auch ein Schadensersatzanspruch aus unerlaubter Handlung nach Art. 709 vorteilhafter. Dessen Tatbestandsvoraussetzungen fordern nur eine vorsätzliche oder fahrlässige Schadensverursachung. Es ist deshalb entscheidend, wie zukünftig das Verhältnis der beiden Vorschriften zueinander gehandhabt wird. Im Gesellschaftsrecht, das einen gleich lautenden Haftungstatbestand in Art. 429 Abs. 1 GesG aufweist, ist das Verhältnis dieser Vorschrift zur allge-

115

Vgl. MECKEL, Corporate Governance (2010), S. 58 für die Voraussetzungen des ähnlichen Haftungstatbestands des Art. 423 Abs. 1 GesG; Vgl. für den früheren Art. 266 Abs. 1 Nr. 5 HG ebenso KLIESOW, Aktionärsrechte und Aktionärsklage (2001), S. 41. 116 Art. 111 Abs. 3 Nr. 2, 3 VSG. 117 Art. 117 Abs. 1 VSG. 118 SHIN-KŌEKI HŌJIN SEIDO KENKYŪ -KAI, Ichimon ittō (2006), S. 82. 119 KAWAKAMI, Minpō sōsoku kōgi (2007), S. 179; zur gleichlautenden Vorschrift des Art. 429 Abs. 1 GesG siehe KLIESOW, Aktionärsrechte und Aktionärsklage (2001), S. 43. 120 Art. 709, 724 ZG bzw. Art. 167 Abs. 1 ZG.

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3. Kapitel: Aufsichts- und Kontrollstruktur

meinen Haftungsvorschrift des Art. 709 ZG ebenso umstritten.121 Nach einer Ansicht ist ausschließlich die Anwendung des spezialgesetzlichen Haftungstatbestands des Gesellschaftsrechts vorgesehen. Zur Begründung wird dabei auf die Realität der Geschäftsführung verwiesen, die manchmal schnelle Entscheidungen erfordert. Es wäre dafür nicht förderlich, wenn man dem Verwaltungsratsmitglied noch eine zusätzliche Haftung aus Art. 709 ZG aufbürden würde. Die andere Ansicht lässt hingegen die Haftung beider Haftungstatbestände nebeneinander zu und begründet dies mit dem Schutz des Geschädigten. Dies führt im Ergebnis gegenüber der ersten Ansicht zu einer verschärften Haftung des Verwaltungsratsmitglieds. Eine verschärfte Haftung wurde auch von Seiten der Rechtsprechung angenommen.122 Hinsichtlich Gewöhnlicher Vereine und Stiftungen wird in der Literatur ebenfalls der Schutz des Geschädigten in den Vordergrund gestellt und mit dieser Begründung die Anwendung der Art. 117 VSG und Art. 709 ZG nebeneinander bejaht. 123 Dieses Ergebnis wird auch von der Überlegung gestützt, dass die Vorschrift des Art. 117 VSG gerade eingeführt wurde, um die Stellung des Gläubigers zu schützen. Würde man aber eine Haftung aus unerlaubter Handlung ausschließen, so wäre der Geschädigte gegenüber der alten Gesetzeslage im Ergebnis sogar schlechter gestellt. Es sprechen daher die überzeugenderen Gründe für eine Anwendung beider Haftungstatbestände nebeneinander. Eine verschärfte Schadensersatzpflicht gegenüber Dritten besteht im Übrigen auch bei Schädigung im Zusammenhang mit der Offenlegung bestimmter Rechtsträgerinformationen. In diesen Fällen besteht eine gesetzliche Beweislastumkehr zugunsten des Dritten. Dadurch soll dem Schutz der Bekanntgabe von Informationen und der Gefahr von Falschinformationen vorgebeugt werden. 124 Dies gilt, wenn der Vorsitzende wichtige Dokumente, z.B. Abrechnungsdokumente oder den Geschäftsbericht, falsch registriert oder veröffentlicht, oder falsche Angaben bei der Werbung um Einlagen den betreffenden Personen gegenüber gemacht hat.125

121

Siehe zum Streitstand MARUTSCHKE, Einführung in das japanische Recht (2009), S. 281 f.; KAWAMOTO, U.A., Gesellschaftsrecht in Japan (2004), S. 195 f.; KLIESOW, Aktionärsrechte und Aktionärsklage (2001), S. 42 ff. m.w.N. 122 OLG vom 26.11.1969, Minshū 23 (1969), S. 2150 ff. (2154). 123 Für Gewöhnliche Vereine siehe KAWAKAMI, Minpō sōsoku kōgi (2007), S. 179; ŌMI, Minpō kōgi I (2008), S. 136. Gleiches muss aufgrund der gesetzlichen Verweisung auch für den Gläubigerschutz gegen Vorsitzende einer Gewöhnlichen Stiftung gelten. 124 SHIN-KŌEKI HŌJIN SEIDO KENKYŪ -KAI, Ichimon ittō (2006), S. 82. 125 Art. 117 Abs. 2 VSG.

III. Privatrechtliche Sanktionen gegenüber Vereinen und Stiftungen

207

iii.) Haftungsbefreiung gegenüber dem Rechtsträger 1.) Vollständige Haftungsbefreiung Der Vorsitzende kann von seiner Haftung wegen Pflichtverletzung nach Art. 111 VSG gegenüber dem Rechtsträger durch Zustimmung aller Mitglieder bzw. Evaluierer vollständig befreit werden.126 Im Fall des Gewöhnlichen Vereins ist die Zustimmung aller Mitglieder insbesondere notwendig, da sie hiermit gleichzeitig auf ihr Individualrecht, eine Mitgliederklage zu erheben, verzichten.127 2.) Haftungsteilbefreiung durch Mitglieder- bzw. Evaluiererversammlung Im Vereins- und Stiftungsgesetz ist auch die Möglichkeit einer Teilbefreiung von der Haftung wegen Pflichtverletzung nach Art. 111 VSG vorgesehen. Nach Art. 113 VSG kann die Mitglieder- bzw. Evaluiererversammlung beschließen, dass ein Vorsitzender bis zu einem bestimmten Betrag von der Haftung befreit wird. Würde diese Möglichkeit nicht bestehen, so wäre zu befürchten, dass der Vorsitzende seiner Tätigkeit aus Sorge um hohe Schadensersatzforderungen gegen seine eigene Person nur bedingt nachkommt. Die Haftungsbefreiung unterstützt daher eine funktionierende Geschäftsführung durch den Vorsitzenden.128 Diese Möglichkeit besteht jedoch nur, wenn ein Schaden gutgläubig, nicht grob fahrlässig und nicht durch ein Geschäft mit Interessenkonflikt entstanden ist.129 Für die Haftungsbefreiung ist im Vereins- und Stiftungsgesetz ein Grenzbetrag gesetzlich geregelt. Die Befreiungsgrenze berechnet sich nach der Vergütung der Amtstätigkeit und unterscheidet sich je nach Stellung und Aufgabenfeld des Vorsitzenden innerhalb des Rechtsträgers.130 Sie ergibt sich durch Abzug der mit einem festgelegten Faktor multiplizierten Vergütung vom Schadensbetrag. Je nach Stellung und Aufgabenfeld des Vorsitzenden verändert sich der zu multiplizierende Faktor. Es werden folgende Gruppen und Faktoren unterschieden: − Faktor 6 für einen vertretungsberechtigten Vorsitzenden, − Faktor 4 für einen nicht vertretungsberechtigten und nicht außenstehenden Vorsitzenden eines Gewöhnlichen Vereins (bzw. einer Gewöhnlichen Stiftung) oder einer Tochterorganisation (kohōjin), der eine solche Stellung oder die eines Mitarbeiters in der Vergangenheit nicht innehatte, und − Faktor 2 für einen außenstehenden Vorsitzenden. 126

Art. 112 i.V.m. Art. 111 (i.V.m. Art. 198) VSG. SHIN-KŌEKI HŌJIN SEIDO KENKYŪ -KAI, Ichimon ittō (2006), S. 79. 128 SHIN-KŌEKI HŌJIN SEIDO KENKYŪ -KAI, Ichimon ittō (2006), S. 79. 129 Art. 113 Abs. 1, Art. 116 Abs. 2 VSG. 130 Art. 113 Abs. 1 Nr. 2 VSG i.V.m. Art. 19 VSGDV. 127

208

3. Kapitel: Aufsichts- und Kontrollstruktur

Grafik 13

Berechnungsbeispiele für Befreiungsgrenzen bei verschiedenen Arten von Vorsitzenden Vertretungsberechtigter Vorsitzender

Außenstehender, nicht vertretungsberechtigter Vorsitzender

(Ehrenamtlich tätiger) vertretungsberechtigter Vorsitzender

Schadensbetrag

200.000 Euro

200.000 Euro

200.000 Euro

Vergütung (jährlich) Faktor

10.000 Euro

10.000 Euro



6

2

6

Befreiungsgrenze Haftungshöchstbetrag

140.000 Euro

180.000 Euro

200.000 Euro

60.000 Euro

20.000 Euro

0 Euro

Im Ergebnis ist die Befreiungsgrenze eines vertretungsberechtigten Vorsitzenden, der viel Verantwortung trägt und enger mit dem Rechtsträger verbunden ist, niedriger gegenüber beispielsweise einem außenstehenden Vorsitzenden. Die gesetzliche Regelung schützt damit insbesondere Führungspersonal von außerhalb des Rechtsträgers und ehrenamtlich tätige Vorsitzende durch besonders hohe Befreiungsgrenzen.131 3.) Haftungsteilbefreiung durch die anderen Vorsitzenden Zusätzlich zu der Möglichkeit einer Haftungsbefreiung durch die Mitglieder oder die Evaluierer kann ein Vorsitzender wegen Pflichtverletzung nach Art. 111 VSG auch mit Zustimmung der Mehrheit der Vorsitzenden teilweise haftungsbefreit werden. 132 Dazu muss den Vorsitzenden jedoch in der Satzung eine entsprechende Kompetenz zugesprochen worden sein. Die Teilbefreiung unterliegt den in Art. 113 VSG bestimmten Befreiungsgrenzen, und der Vorsitzende muss gutgläubig und nicht grob fahrlässig gehandelt haben. Die Möglichkeit einer Haftungsbefreiung durch die anderen Vorsitzenden besteht jedoch für Gewöhnliche Vereine nur, soweit sie mindestens einen Revisor und zwei Vorsitzende bestellt haben. Damit die Rechte der Mitglieder und die Kontrolle der Evaluierer gewahrt bleiben, muss ihnen später die Entscheidung, einen Vorsitzenden von seiner Haftung teilweise zu befreien, mitgeteilt werden. Bei Gewöhnlichen Vereinen besteht dann die Möglichkeit, durch ein Quorum von Mitgliedern, die mindestens ein Zehntel aller Stimmrechte auf sich vereinen, die Teilbefreiung zu 131 132

SHIN-KŌEKI HŌJIN SEIDO KENKYŪ -KAI, Ichimon ittō (2006), S. 79. Art. 114 Abs. 1 (i.V.m. Art. 198) VSG.

III. Privatrechtliche Sanktionen gegenüber Vereinen und Stiftungen

209

verhindern. 133 Die Evaluierer einer Gewöhnlichen Stiftung haben ebenfalls die Möglichkeit, die Teilbefreiung zu verhindern, wenn sie zusammen mindestens ein Zehntel aller Stimmrechte auf sich vereinen.134 4.) Haftungsbeschränkungsvertrag für außenstehende Vorsitzende Für einen außenstehenden Vorsitzenden besteht zudem die Möglichkeit, dass eine Haftungsteilbefreiung bei Pflichtverletzung wegen Art. 111 VSG bereits vor Schadenseintritt vertraglich geregelt wird. Ein solcher Haftungsbeschränkungsvertrag kann die Haftung aber nur bei gutgläubiger und nicht grob fahrlässiger Verursachung des Schadens begrenzen. 135 Die vereinbarte Teilbefreiung kann dabei die Befreiungsgrenze des Art. 113 VSG nicht überschreiten. Zudem wird die Vereinbarung unwirksam, sobald der Vorsitzende seine Stellung wechselt und geschäftsführender Vorsitzender oder Mitarbeiter wird.136 b. Haftung der Revisoren Für die Haftung des Revisors gegenüber einem Gewöhnlichen Verein kann weitgehend auf die Ausführungen über den Vorsitzenden verwiesen werden.137 Gleiches gilt für den Revisor einer Gewöhnlichen Stiftung, für den auf die jeweiligen Vorschriften des Gewöhnlichen Vereins verwiesen wird. 138 Das Vereins- und Stiftungsgesetz wendet auf das Rechtsverhältnis zum jeweiligen Rechtsträger die zivilgesetzlichen Auftragsvorschriften an.139 Der Revisor ist daher verpflichtet, bei der Ausführung seiner Pflichten die ordnungsgemäße Sorgfalt zu beachten und bei Pflichtverletzung, den entstandenen Schaden zu ersetzen. 140 Im Gegensatz zum Vorsitzenden ist für ihn keine gesetzliche Treuepflicht im Vereins- und Stiftungsgesetz geregelt worden. Einem Dritten gegenüber haftet der Revisor entweder auf Schadensersatz nach Art. 117 VSG oder aus der allgemeinen Zivilgesetzvorschrift über die unerlaubte Handlung nach Art. 709 ZG. Besonderer Beachtung bedarf hierbei eine Beweislastumkehr für Handlungen, die den Wahrheitsgehalt des Revisionsberichts beeinträchtigen.141 Für den Revisor sind die gleichen Haftungsbefreiungen maßgeblich, die auch einen Vorsitzenden begünstigen. Für die Teilbefreiung wird der Höchstbetrag der Befreiung für den Revisor mit dem 133

Art. 114 Abs. 4 VSG. Art. 114 Abs. 4 i.V.m. Art. 198 VSG. 135 Art. 115 Abs. 1 VSG. 136 Art. 115 Abs. 2 VSG. 137 Art. 111-118 VSG. 138 Art. 197 VSG. 139 Art. 64 VSG. 140 Art. 111, 64 Abs. 1 VSG i.V.m. Art. 644 ZG. 141 Art. 117 Abs. 2 Nr. 2 VSG. 134

210

3. Kapitel: Aufsichts- und Kontrollstruktur

Faktor 2 berechnet.142 Damit wird ein Revisor einem außenstehenden Vorsitzenden gleichgestellt. c. Haftung der Evaluierer bei Gewöhnlichen Stiftungen Verletzt ein Evaluierer seine Pflicht aus dem Auftragsverhältnis, der Satzung oder anderen Gesetzen gegenüber der Gewöhnlichen Stiftung, finden auf ihn die gleichen Haftungsvorschriften des Vereins- und Stiftungsgesetzes wie für einen Vorsitzenden Anwendung.143 Sein Pflichtenkreis ist jedoch gegenüber dem eines für die Geschäftsführung verantwortlichen Vorsitzenden kleiner, so dass eine Pflichtverletzung nur selten einen direkten Schaden für die Gewöhnliche Stiftung verursachen wird. Nichtsdestotrotz hat er bei der Ausführung seiner Tätigkeit die gebotene Sorgfalt zu beachten (chūi gimu). Sollte er seine Sorgfaltspflicht verletzten, ist auch er zu Schadensersatz verpflichtet. 144 Im Gegensatz zu dem Vorsitzenden kann für einen Evaluierer aber keine Haftungsbefreiung in der Satzung geregelt werden. Dies wird damit begründet, dass Evaluierer nicht an der Geschäftsführung beteiligt sind und deshalb Schadensersatzforderungen nur selten vorkommen werden, so dass eine Beschränkung der Haftung nicht notwendig sei.145 Schließlich ist der Evaluierer auch gegenüber Dritten für Schäden, die bei Erfüllung seiner Amtspflichten entstehen, zum Schadensersatz verpflichtet.146 Für ihn gelten die gleichen allgemeinen Haftungsvoraussetzungen wie für den Vorsitzenden und den Revisor. d. Abberufung Eine weitere Sanktionsmöglichkeit besteht in der Abberufung der Funktionsträger und der Evaluierer. 147 Bei Pflichtverletzung oder widerrechtlichem Handeln ist daher auch ohne konkretes Schadensereignis mit einer Sanktionierung durch Abberufung zu rechnen. Bei gemeinnützigen Rechtsträgern ist jedoch zu berücksichtigen, dass es sich hier oft um ehrenamtlich tätige Funktionsträger handelt, 148 so dass mit der Amtsniederlegung nicht immer auch finanzielle Einbußen verbunden sind. Eine Abberufung hat in diesen Fällen nicht die gleiche abschreckende Wirkung wie beispielsweise bei Vorstandsmitgliedern wirtschaftlicher Gesellschaften. Die Wirkung der Abberufung 142

Art. 113 Abs. 1 c) VSG. Art. 198 Abs. 1 i.V.m. 111 VSG. 144 UEDA, Ippan shadan ippan zaidan hōjin (2009), S. 149. 145 SHIN-KŌEKI HŌJIN SEIDO KENKYŪ -KAI, Ichimon ittō (2006), S. 140. 146 Art. 198 i.V.m. 117 Abs. 1 VSG; Art. 709 ZG. 147 Zu den Voraussetzungen der Abberufung eines Vorsitzenden, siehe S. 99, eines Revisors, siehe S. 104 oder eines Evaluierers, siehe S. 108. 148 Siehe zum Problem der strengen Sanktionen für ehrenamtlich tätige Funktionsträger TAKEUCHI, Yakuin no sekinin tsuikyū (2009), S. 171 f. 143

III. Privatrechtliche Sanktionen gegenüber Vereinen und Stiftungen

211

von einem Ehrenamt beschränkt sich dann auf den Verlust des gesellschaftlichen Ansehens. 3. Prozessuale Durchsetzung der Sanktionen a. Klage gegenüber dem Rechtsträger und Funktionsträgern (Außenhaftung) Klagen gegen den Rechtsträger und seine Funktionsträger durch Dritte (Außenhaftung) erfolgen nach den allgemeinen zivilverfahrensrechtlichen Vorschriften. Die zulässigen Klagearten des Zivilverfahrensgesetzes entsprechen denen der deutschen Rechtsordnung.149 Ein Dritter kann daher auch in Japan beispielsweise mittels Leistungsklage seinen Schadensersatzanspruch gegenüber dem Rechtsträger oder einem Vorsitzenden geltend machen. Für die Klageerhebung ist das Gericht am allgemeinen Gerichtsstand des Klägers örtlich zuständig. Für eine natürliche Person ist das Gericht an dessen Wohnsitz zuständig, während bei Gewöhnlichen Vereinen und Stiftungen der allgemeine Gerichtsstand am Sitz der Hauptgeschäftsstelle des Rechtsträgers liegt.150 Die Parteifähigkeit des Rechtsträgers richtet sich nach dessen Rechtsfähigkeit.151 Für den Rechtsträger handelt vor Gericht der allgemein vertretungsberechtigte Vorsitzende (Prozessführungsbefugnis). 152 Tritt der vertretungsberechtigte Vorsitzende selbst als Kläger gegen den Rechtsträger auf, ist ausnahmsweise der Revisor prozessführungsbefugt, soweit ein solcher eingerichtet wurde.153 b. Mitgliederklage (Innenhaftung) Die Mitgliederklage (shain daihyō soshō) ist ein eigener Rechtsbehelf des Vereins- und Stiftungsgesetzes. 154 Sie ermöglicht es einem Mitglied, Haftungsansprüche des Gewöhnlichen Vereins gegen Funktionsträger geltend zu machen. Gegenstand der Klage sind insbesondere Schadensersatzansprüche gegenüber einem Funktionsträger bei Verletzung seiner Sorgfalts- und Treuepflicht.155 Grundsätzlich obliegt es dem Rechtsträger selbst, diese geltend zu machen. Da jedoch die Beziehung des vertretungsberechtigen Vorsitzenden zu den potentiell beklagten Funktionsträgern sehr eng sein kann, besteht die

149

HEATH / PETERSEN, Das japanische Zivilprozessrecht (2002), S. 12. Art. 4 Abs. 1, 2, 4 ZPG. 151 HEATH / PETERSEN, Das japanische Zivilprozessrecht (2002), S. 28. 152 Art. 77 Abs. 4 VSG. 153 Art. 104 Abs. 1, 197 VSG. 154 Art. 278VSG. 155 Art. 64, 83 VSG i.V.m. 644 ZG; TAKEUCHI, Yakuin no sekinin tsuikyū (2009), S. 178 f. 150

212

3. Kapitel: Aufsichts- und Kontrollstruktur

Gefahr, dass Haftungsansprüche nicht verfolgt werden.156 Aus diesem Grund wird es bereits einem einzelnen Mitglied gestattet, im Wege einer gesetzlichen Prozessstandschaft anstelle des Gewöhnlichen Vereins dessen Haftungsansprüche gegenüber den Funktionsträgern zu verfolgen. Wird der Klage stattgegeben, so wird der Schadensersatz dem Rechtsträger zugesprochen. Die Mitgliederklage kann nicht nur gegenüber Vorsitzenden und Revisoren erhoben werden. Weitere potentielle Beklagte können auch Gründungsmitglieder und -vorsitzende sowie Rechnungsprüfer sein. Große Ähnlichkeit hat die Mitgliederklage mit der Aktionärsklage (kabunushi daihyō soshō) des Gesellschaftsrechts,157 die dem US-amerikanischen derivative suit nachempfunden wurde.158 Für die Gewöhnliche Stiftung ist eine vergleichbare Klageart nicht vorgesehen. Allerdings wird eine solche auch nicht als notwendig erachtet. Um eine gegenseitige Kontrolle der Funktionsträger zu garantieren, wird die Ernennungs- und Abberufungsbefugnis der Evaluiererversammlung als hinreichend wirksames Druckmittel angesehen, das notfalls auch die Durchsetzung von Haftungsansprüchen sicherstellen können soll.159 Zudem wäre nicht garantiert, dass eine ähnlich strukturierte Evaluiererklage von den Evaluierern genutzt würde. Anders als die Mitglieder beruht ihre Beziehung zum Rechtsträger auf einem vertraglichen Verhältnis, so dass sie nicht das gleiche Eigeninteresse an einer Haftungsverfolgung haben wie die Mitglieder eines Gewöhnlichen Vereins.160 i.) Klagevoraussetzungen Klagebefugt sind alle Mitglieder des Gewöhnlichen Vereins. Da ein Mitglied keine eigenen Haftungsansprüche geltend macht, ist es unerheblich, ob es zum Zeitpunkt der haftbaren Handlung bereits dem Gewöhnlichen Verein beigetreten war oder nicht. Allerdings wird eine Klage unzulässig, wenn es seine Mitgliedseigenschaft während des Prozesses verlieren sollte.161 Um zu verhindern, dass die Klage von den Mitgliedern missbraucht wird, ist eine Mitgliederklage auch unzulässig, wenn dadurch dem betreffenden Mitglied oder Dritten ein ungerechtfertigter Vorteil verschafft werden soll oder eine mutwillige Schädigung des Gewöhnlichen Vereins beabsichtigt ist.162 156

UEDA, Ippan shadan ippan zaidan hōjin (2009), S. 104; YAMADA, Jurisuto 1328 (2007), S. 26; TAKEUCHI, Yakuin no sekinin tsuikyū (2009), S. 173. 157 YAMADA, Jurisuto 1328 (2007), S. 26; TAKEUCHI, Yakuin no sekinin tsuikyū (2009), S. 173. 158 Zur Aktionärsklage nach Art. 847 GesG siehe KLIESOW, Aktionärsrechte und Aktionärsklage (2001), S. 127 ff. 159 SHIN-KŌEKI HŌJIN SEIDO KENKYŪ -KAI, Ichimon ittō (2006), S. 174. 160 SHIN-KŌEKI HŌJIN SEIDO KENKYŪ -KAI, Ichimon ittō (2006), S. 174. 161 TAKEUCHI, Yakuin no sekinin tsuikyū (2009), S. 189. 162 Art. 278 Abs. 1 S. 2 VSG.

III. Privatrechtliche Sanktionen gegenüber Vereinen und Stiftungen

213

Erforderlich für eine zulässige Klageerhebung der Mitgliederklage ist die erfolglose Aufforderung zur Haftungsverfolgung an den betreffenden Funktionsträger. 163 Es muss deshalb vor Klageerhebung eine schriftliche oder elektronische Aufforderung gegenüber der Geschäftsführung des Gewöhnlichen Vereins erfolgen, die auf eine Durchsetzung des Haftungsanspruchs durch den vertretungsberechtigten Vorsitzenden abzielt. Die Aufforderung muss folgende Angaben enthalten: − eine Aufforderung zur Haftungsverfolgung des betreffenden Funktionsträgers, − den Namen des betreffenden Funktionsträgers, − den Gegenstand des Haftungsanspruchs, − eine konkrete Tatsachenbeschreibung der haftungsbegründenden Umstände und − den zur Klageerhebung befugten Adressaten. Im Hinblick auf die notwendigen Angaben könnte vor allem die konkrete Tatsachenbeschreibung der haftungsbegründenden Umstände für Mitglieder problematisch sein. Es wird hierbei jedoch eine ungefähre Beschreibung der Umstände als ausreichend angesehen, da sie nur begrenzt über die Geschäftstätigkeiten der Funktionsträger Kenntnis erlangen können.164 Als Adressat der Klageerhebung ist grundsätzlich der vertretungsberechtigte Vorsitzende anzugeben. Etwas anderes gilt jedoch, wenn dieser selbst Adressat der zukünftigen Mitgliederklage werden könnte. In diesem Fall ist der Revisor als befugter Adressat der Klageerhebung anzugeben.165 Wird nach der Aufforderung innerhalb von sechzig Tagen nicht Klage gegenüber dem betreffenden Funktionsträger erhoben, so kann die Mitgliederklage eingereicht werden. Die Mitgliederklage ist durch das Mitglied beim Distriktgericht, in dessen Bezirk sich die Hauptgeschäftsstelle des Gewöhnlichen Vereins befindet, zu erheben.166 Ist zu befürchten, dass dem Gewöhnlichen Verein nach Ablauf der Frist ein nicht wieder gutzumachender Schaden entsteht, kann das Mitglied die Klage auch unverzüglich einreichen.167 ii.) Relevanz der Mitgliederklage Die Mitgliederklage ist für Gewöhnliche Vereine erst mit Erlass des Vereinsund Stiftungsgesetzes eingeführt worden. Durch den Wegfall der Aufsicht durch die zuständige Behörde nach alter Rechtslage wurde die Klage zur Stärkung der organisationsinternen Kontrolle insbesondere für Gewöhnliche

163

Art. 278 Abs. 1 VSG. TAKEUCHI, Yakuin no sekinin tsuikyū (2009), S. 191. 165 Art. 104 Abs. 2 Nr. 1 VSG. 166 Art. 278 Abs. 2, 279 VSG. 167 Art. 278 Abs. 4 VSG. 164

214

3. Kapitel: Aufsichts- und Kontrollstruktur

Vereine ohne Gemeinnützigkeitsanerkennung eingeführt. 168 Während gemeinnützige Vereine weiterhin unter der staatlichen Aufsicht durch die Verwaltungsbehörden stehen, besteht eine vergleichbare Kontrolle für Gewöhnliche Vereine ohne Gemeinnützigkeitsanerkennung nicht. Die behördliche Kontrolle soll daher durch die Kontrolle der Mitglieder ersetzt werden. Für gemeinnützige Vereine soll die Mitgliederklage als ein zusätzliches Kontrollinstrument dienen und deren Organisationsstruktur stärken.169 Aufgrund der erstmaligen Einführung der Mitgliederklage im Vereins- und Stiftungsgesetz bestehen bislang noch keine statistischen Angaben zur ihrer praktischen Relevanz. Die mit dieser Klageart vergleichbare Aktionärsklage gibt es im Gesellschaftsrecht aber bereits länger, so dass ein Blick auf deren praktische Anwendung lohnenswert erscheint. Nachdem die Aktionärsklage lange Zeit kaum eingereicht wurde, haben insbesondere zwei neue Gesellschaftsrechtsbestimmungen 1993 zu einer Wende geführt. Zum einen wurde geregelt, dass die im Prozess obsiegenden Aktionäre die Rechtsanwaltskosten gegenüber der Gesellschaft geltend machen können.170 Zum anderen wurde bestimmt, dass die Aktionärsklage keine Klage ist, mit der ein Vermögensanspruch geltend gemacht wird, so dass der Streitwert stets pauschal 1,6 Mio. Yen beträgt.171 Unabhängig vom geltend gemachten Betrag sind deshalb vom Aktionär als Kläger nur 13.000 Yen Prozesskosten zu zahlen. Durch diese Gesetzesänderung hat die Aktionärsklage erheblich an Attraktivität gewonnen. Sie wird zunehmend als Instrument der Haftungsverfolgung von Verwaltungsratsmitgliedern eingesetzt.172 Die genannten Vorschriften sind auch für den Gewöhnlichen Verein in das Vereins- und Stiftungsgesetz übernommen worden. Der Gesetzgeber erleichtert den Mitgliedern die Erhebung der Mitgliederklage indem er auch die Mitgliederklage nicht als eine Klage, mit der ein Vermögensanspruch geltend gemacht wird, ansieht.173 Die Prozesskosten betragen für die klagenden Mitglieder daher pauschal nur 13.000 Yen.174 Zudem wurde den Mitgliedern ein gesetzlicher Anspruch auf Zahlung bzw. Erstattung de Rechtsanwaltskosten und weiterer Prozessaufwendungen bei Zulässigkeit der Klage gegenüber dem Gewöhnlichen Verein eingeräumt.175 Nicht davon erfasst sind die Prozesskosten, die bei Zulässigkeit jedoch von dem Beklagten getragen wer168

TAKEUCHI, Yakuin no sekinin tsuikyū (2009), S. 174. TAKEUCHI, Yakuin no sekinin tsuikyū (2009), S. 175. 170 Art. 852 GesG. 171 Art. 847 Abs. 6 GesG i.V.m. Art. 4 Abs. 2 Minji soshō hiyō-tō ni kansuru hōritsu (Zivilprozesskostengesetz), Gesetz Nr. 40 / 1971 i.d.F. des Gesetzes Nr. 113 / 2007. 172 MARUTSCHKE, Einführung in das japanische Recht (2009), S. 283; MECKEL, Corporate Governance (2010), S. 134. 173 Art. 278 Abs. 5 VSG. 174 UEDA, Ippan shadan ippan zaidan hōjin (2009), S. 106. 175 Art. 282 Abs. 1 VSG. 169

III. Privatrechtliche Sanktionen gegenüber Vereinen und Stiftungen

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den.176 Mit Blick auf die Entwicklung der Aktionärsklage im Gesellschaftsrecht könnte sich wegen der gesetzlichen Erleichterungen bei Klageerhebung für die Mitglieder auch die Mitgliederklage zukünftig zu einem beliebten Kontrollinstrument entwickeln. Dafür spricht auch die in der Vergangenheit hohe Anzahl eingereichter Klagen durch Bürgerorganisationen.177 c. Klage durch den Rechtsträger (Innenhaftung) Gewöhnliche Vereine oder Stiftungen können auch selbst gegenüber einem ihrer Funktionsträger, den Evaluierern oder Rechnungsprüfern Klage auf Pflichterfüllung oder Schadensersatz erheben. Während die Klage durch Gewöhnliche Vereine wegen der beschriebenen Schwierigkeiten v.a. im Verhältnis der Vorsitzenden untereinander voraussichtlich selten erhoben wird, ist die Klageerhebung vor allem für Gewöhnliche Stiftungen relevant. Die Klage folgt den allgemeinen Vorschriften des Zivilprozessrechts. Zu beachten ist, dass sich die örtliche Zuständigkeit in diesem Fall nicht nach dem allgemeinen Gerichtstand des beklagten Funktionsträgers richtet. Für vermögensrechtliche Streitigkeiten ist in dieser Fallkonstellation der allgemeine Gerichtsstand des klagenden Rechtsträgers maßgeblich, d.h. der Sitz der Hauptgeschäftsstelle.178 Wird gegenüber dem vertretungsberechtigten Vorsitzenden selbst Klage erhoben, ist ausnahmsweise der Revisor prozessführungsbefugt. 179 Für die Klagefrist kann auf die Vorschriften des Gesellschaftsrechts verwiesen werden, wonach der Anspruch wegen Nichterfüllung einer Pflicht nach zehn Jahren verjährt. Entsprechend ist davon auszugehen, dass auch eine Klage auf Schadensersatz bei Pflichtverletzung im Fall der Rechtsträger des Vereins- und Stiftungsgesetzes noch bis zu zehn Jahre danach geltend gemacht werden kann.180 Ein wesentlicher Unterschied gegenüber der Mitgliederklage besteht darin, dass die Prozesskosten nicht pauschal auf 13.000 Yen beschränkt werden. Der Rechtsträger verfolgt hier seinen eigenen Haftungsanspruch, so dass bei einem hohen Streitwert auch die Prozesskosten entsprechend hoch sein können.181

176

Art. 61 Minji soshō-hō (Zivilprozessgesetz) Gesetz Nr. 109 / 1996 i.d.F. des Gesetzes Nr. 95 / 2007. 177 TAKEUCHI, Yakuin no sekinin tsuikyū (2009), S. 175. 178 Art. 5 Nr. 8 a), b), Art. 4 Abs. 1, 4 Minji soshō-hō (Zivilprozessgesetz) Gesetz Nr. 109 / 1996 i.d.F. des Gesetzes Nr. 95 / 2007. 179 Art. 104 Abs. 1, 197 VSG. 180 TAKEUCHI, Yakuin no sekinin tsuikyū (2009), S. 203. 181 TAKEUCHI, Yakuin no sekinin tsuikyū (2009), S. 202.

216

3. Kapitel: Aufsichts- und Kontrollstruktur

d. Abberufungsklage Die Abberufung von Funktionsträgern oder Evaluierern ist vor allem ein organisationsinternes Kontrollmittel der Versammlung der Mitglieder bzw. Evaluierer. Sie erfolgt durch Versammlungsbeschluss. Ausnahmsweise kann eine Abberufung auch auf prozessualem Wege durch ein gerichtliches Urteil nach Erhebung einer sog. Abberufungsklage erfolgen.182 Durch die Abberufungsklage wird auch einer Minderheit an Mitgliedern und Evaluierern die Möglichkeit eingeräumt, ohne die Zustimmung der Versammlung ein Fehlverhalten von Vorsitzenden zu sanktionieren. Klagebefugt ist bei einem Gewöhnlichen Verein ein Quorum von Mitgliedern, deren Beschlussrechte zusammen mehr als 1/10 der Beschlussrechte aller Mitglieder ausmachen.183 Für die Gewöhnliche Stiftung ist jeder Evaluierer einzeln klagebefugt. 184 Klagegegenstand kann jede unredliche oder rechts- bzw. satzungswidrige Handlung eines Funktionsträgers oder Evaluierers sein.185 Es kommt hierbei insbesondere eine Verletzung der Sorgfalts- und Treuepflicht in Betracht. Bevor eine Abberufungsklage eingereicht werden kann, muss die Abberufung durch die Versammlung der Mitglieder bzw. der Evaluierer abgelehnt worden sein. Die Klage kann danach innerhalb von 30 Tagen nach der Ablehnung in der Versammlung bei dem Distriktgericht, in dessen Bezirk sich die Hauptgeschäftsstelle des Rechtsträgers befindet, erhoben werden.186

IV. Behördliche Aufsichtsmaßnahmen gegenüber gemeinnützigen Vereinen und Stiftungen

IV. Behördliche Aufsichtsmaßnahmen

Eine behördliche Aufsicht gegenüber gemeinnützigen Vereinen und Stiftungen erfolgt vor allem durch die Verwaltungsbehörden. Sie überwachen die fortlaufende Erfüllung der Gemeinnützigkeitsvoraussetzungen durch die Rechtsträger. Eine zusätzliche Aufsicht erfolgt in begrenztem Umfang auch durch die Steuerbehörden. 1. Verwaltungsbehörde Für die Durchführung der staatlichen Aufsicht bestehen gegenüber den Verwaltungsbehörden bestimmte Genehmigungs- und Anzeigepflichten seitens der gemeinnützigen Vereine und Stiftungen. Genehmigungspflichtig ist die Fusion mit einem anderen Rechtsträger durch eine Erlaubnis (ninka) sowie 182

Art. 284 Abs. 1 VSG. Art. 284 Abs. 1 Nr. 1 VSG. 184 Art. 284 Abs. 1 Nr. 2 VSG. 185 Art. 284 Abs. 1 VSG. 186 Art. 286 VSG. 183

IV. Behördliche Aufsichtsmaßnahmen

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die Änderung des Tätigkeitsorts, des Inhalts ihrer gemeinnützigen Geschäfte oder des Ertragsgeschäfts durch Anerkennung (nintei).187 Des Weiteren muss den Behörden gegenüber angezeigt werden, wenn sich die personelle Besetzung der Funktionsträger oder die Satzung ändern, oder die Auflösung sowie die Geschäftsübertragungen des gemeinnützigen Rechtsträgers. 188 Gemeinnützige Vereine und Stiftungen haben zudem den Verwaltungsbehörden gegenüber jährliche Rechnungslegungspflichten. Sie müssen u.a. den Geschäftsplan, einen Bericht der Einnahmen und Ausgaben (shūsho yosan-sho) sowie eine Vermögensaufstellung (zaisan mokuroku) einreichen.189 Die Unterlagen der Rechnungslegung sind spätestens drei Monate nach dem Ende jedes Geschäftsjahres vorzulegen. Es handelt sich hierbei um dieselben Dokumente, die gemeinnützige Vereine und Stiftungen auch in ihren Geschäftsstellen aufbewahren müssen.190 a. Berichterstattung, Untersuchung, Ratschlag und Anordnung Abgesehen von den allgemeinen Anzeige- und Genehmigungspflichten kann zur Aufsicht gemeinnütziger Vereine und Stiftungen auch eine weitergehende Überprüfung erforderlich sein. Hierzu besteht die Möglichkeit zur Anforderung von Berichten und Untersuchungen vor Ort. Die Kompetenz dafür hat die Verwaltungsbehörde den unabhängigen Beratungsgremien, d.h. z.B. der Anerkennungskommission, übertragen.191 Sie können jederzeit Berichte über die Verwaltungsorganisation und die Geschäftstätigkeiten der Rechtsträger anfordern.192 Zudem kann durch Ortsbesuche eine konkrete Untersuchung des Rechtsträgers und Befragung der Angestellten erfolgen. Sollten die gemeinnützigen Rechtsträger die Gemeinnützigkeitsvoraussetzungen des Anerkennungsgesetzes nicht erfüllen, stehen den Verwaltungsbehörden verschiedene Disziplinierungsmaßnahmen gegenüber gemeinnützigen Vereinen und Stiftungen zur Verfügung. 193Sie können zunächst einmal den betreffenden Rechtsträgen Ratschläge (kankoku) erteilen. Die Ratschläge sind durchaus ernst zu nehmende Hinweise, da das Vorliegen des hierfür erforderlichen Anlassgrundes der Behörde gleichsam gestattet, die Anerkennung zurückzunehmen.194 Durch die Erteilung eines Ratschlags ermöglichen 187

Art. 25 und Art. 11 Abs. 1 AnerkennG. Art. 13 Abs. 1, 24 Abs. 1, 26 Abs. 1 AnerkennG. 189 Art. 22 AnerkennG, Art. 37, 38 AnerkennGDB. 190 Art. 21 AnerkennG. 191 Art. 59 AnerkennG. 192 Art. 27 Abs. 1 AnerkennG; Art. 45 AnerkennGDB. 193 Siehe für einen Überblick über die Aufsichtsmittel der Verwaltungsbehörde auch SHIN- KŌEKI HŌJIN SEIDO KENKYŪ-KAI, Ichimon ittō (2006), S. 220 ff.; YOKOTA, Kōeki no nintei (2008), S. 209 f. 194 Art. 29 Abs. 2 AnerkennG. 188

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3. Kapitel: Aufsichts- und Kontrollstruktur

die Behörden den gemeinnützigen Rechtsträgern den Anlassgrund selbst zu beseitigen und damit weiter tätig zu sein. Wird dem Ratschlag nicht Folge geleistet, kann die Behörde auch eine rechtliche Anordnung (meirei) erteilen.195 Die Möglichkeit zu einer Ratschlagserteilung bzw. einer Anordnung besteht: − wenn der Rechtsträger die Gemeinnützigkeitsanforderungen nach Art. 5 AnerkennG nicht mehr erfüllt, − wenn den Aufsichtsbestimmungen im 5. Abschnitt des Anerkennungsgesetzes nicht entsprochen wird oder − wenn gegen Rechtssätze oder die Anordnung eines Organs der Verwaltung verstoßen wird. Bevor die Verwaltungsbehörde sich zum Handeln entscheidet, kann sie darüber mit dem zuständigen Beratungsgremium oder anderen in Betracht kommenden Behörden Rücksprache halten. 196 Jede der Disziplinierungsmaßnahmen durch die Verwaltungsbehörde muss anschließend unter Bezugnahme auf ihren Inhalt veröffentlicht werden.197 b. Rücknahme der Gemeinnützigkeitsanerkennung Stärkstes Mittel der Disziplinierung seitens der Verwaltungsbehörden ist die Rücknahme der Anerkennung der Gemeinnützigkeit. Eine Rücknahme der Anerkennung muss von Amts wegen stets erfolgen, soweit ein zwingender Rücknahmegrund besteht.198 Ein zwingender Rücknahmegrund liegt vor: − wenn ein Disqualifizierungsgrund nach Art. 6 AnerkennG eintritt, − wenn die Gemeinnützigkeitsanerkennung, eine Anerkennungsänderung oder die Erlaubnis zur Fortführung des Gemeinnützigkeitsstatus’ bei Verschmelzung 199 durch betrügerische oder sonstige unredliche Mittel erlangt wurde, − wenn eine behördliche Anordnung nach Art. 28 Abs. 3 AnerkennG nicht befolgt wird oder − wenn die Rücknahme beantragt wurde. Daneben gibt es noch weitere Rücknahmegründe, bei denen den Verwaltungsbehörden jedoch ein eigenes Ermessen zukommt. 200 Diese Rücknahmegründe entsprechen den genannten Gründen, unter denen zunächst auch ein Ratschlag erteilt werden kann. Vor einer Rücknahme der

195

Art. 28 Abs. 3 AnerkennG. Art. 28 Abs. 5 AnerkennG. 197 Art. 28 Abs. 2, 4 AnerkennG. 198 Art. 29 Abs. 1 AnerkennG. 199 Art. 25 Abs. 1 AnerkennG. 200 Art. 29 Abs. 2 AnerkennG; SATŌ, Kōeki nintei (2009), S. 110 f. 196

V. Rechtsvergleich

219

Anerkennung besteht auch hier die Möglichkeit der Anhörung anderer Behörden. Nach einer erfolgten Rücknahme muss diese Tatsache veröffentlicht werden. 201 Mit der Rücknahme der Anerkennung ist der Rechtsträger wieder als Gewöhnlicher Verein oder Gewöhnliche Stiftung zu bezeichnen und muss die Änderung sobald wie möglich im Register nachtragen. 202 Der Rechtsträger hat gegen die Rücknahme die Rechtsmittel des Widerspruchs (igi mōshitate) und der Anfechtungsklage (torikeshi shoshō).203 2. Aufsicht der Steuerbehörden Eine Aufsicht der Steuerbehörden wurde im Anerkennungsgesetz nicht geregelt. Jedoch können sie eigene Nachforschungen anstellen, soweit dies erforderlich ist.204 Eine Außenprüfung erfolgt dann zumeist auf freiwilliger Basis der Steuerpflichtigen, ohne dass es eine explizite gesetzliche Ermächtigung zu Durchsuchungen, Vernehmungen oder der Einsichtnahme in Geschäftsbücher gibt. Sie endet oftmals mit einer Empfehlung der Steuerbehörde, die Steuererklärung auf bestimmte Weise zu ändern. Gegen diese Empfehlung ist jedoch der Rechtsweg ausgeschlossen.205

V. Rechtsvergleich

V. Rechtsvergleich

In beiden Rechtsordnungen bestehen sowohl organisationsinterne als auch staatliche Kontrollmechanismen für gemeinnützige Vereine und Stiftungen. In Deutschland sind organisationsinterne Kontrollstrukturen jedoch nur ansatzweise in den Vorschriften zum Vereinsrecht geregelt. Im Rahmen der staatlichen Aufsicht unterscheiden beide Rechtsordnungen zwischen den privatrechtlichen Rechtsträgern und den gemeinnützigen Rechtsträgern. Eine Kontrolle der privatrechtlichen Rechtsträger erfolgt durch die Haftung der Rechtsträger und der für sie handelnden Personen durch die Gerichte. In Deutschland besteht für rechtsfähige Stiftungen eine weitere privatrechtliche Aufsicht durch die Stiftungsbehörden. In beiden Ländern unterliegen gemeinnützige Vereine und Stiftungen einer zusätzlichen behördlichen Kon-

201

Art. 29 Abs. 4 AnerkennG. Art. 29 Abs. 5, 6 AnerkennG. 203 Art. 6 Gyōsei fufuku shinsa-hō (Gesetz über die Untersuchung von Widersprüchen in Verwaltungsverfahren), Gesetz Nr. 160 / 1962 i.d.F. des Gesetzes Nr. 58 / 2006; Art. 3 Abs. 2 VwVfG; SHIN-KŌEKI HŌJIN SEIDO KENKYŪ-KAI, Ichimon ittō (2006), S. 215 f.; TAKEUCHI, Yakuin no sekinin tsuikyū (2009), S. 112 f. 204 Ar. 234 EKStG. 205 MUSAHL, Steuerrecht (2011), S. 1092. 202

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3. Kapitel: Aufsichts- und Kontrollstruktur

trolle. Sie erfolgt in Japan durch die allgemeinen Verwaltungsbehörden und in Deutschland durch die Steuerbehörden. 1. Organisationsinterne Kontrollstruktur Eine organisationsinterne Kontrolle kommt in Japan vor allem durch die Mitglieder und Evaluierer sowie den Revisor in Betracht. In Deutschland ist eine gesetzliche organisationsinterne Kontrolle nur für eingetragene Vereine durch ihre Mitglieder vorgesehen. Bei rechtsfähigen Stiftungen übernehmen die Stiftungsbehörden weitgehend die Aufsicht der laufenden Geschäfte. Es besteht jedoch die Möglichkeit, bei rechtsfähigen Stiftungen ein Kuratorium als Aufsichtsorgan einzurichten und dieses mit ähnlichen Kontrollrechten auszustatten wie die Mitgliederversammlung eines Vereins. Ein gesetzliches Kontrollorgan ähnlich dem Revisor in Japan ist in den deutschen Zivilrechtsvorschriften nicht vorgesehen. Es können jedoch auf freiwilliger Basis entsprechende Organe eingerichtet werden. Im Ländervergleich auffällig ist zudem die ausführliche Regelung der Rechte der Mitgliederversammlung und der Mitglieder im Vereins- und Stiftungsgesetz, während sich die Vorschriften in Deutschland auf ein Minimum beschränken und teilweise durch Rechtsfortbildung weiter entwickelt wurden. Der nachfolgende Rechtsvergleich unterscheidet zwischen Kontrollrechten der Mitglieder- und der Evaluiererversammlung als Kollegialorgane und zwischen Individual- bzw. Minderheitenrechten der Mitglieder und Evaluierer. a. Rechte der Mitglieder- und Evaluiererversammlung In beiden Ländern können Mitglieder und Evaluierer ihren Einfluss durch Beschlussfassung in den Versammlungen geltend machen. Für Gewöhnliche und eingetragene Vereine ist grundsätzlich nur ein Stimmrecht pro Mitglied vorgesehen. Diese Regelung kann durch entsprechende Satzungsbestimmungen jedoch eingeschränkt oder erweitert werden.206 In Japan sind gesetzlich eine einfache und eine qualifizierte Beschlussfassung durch eine bestimmte Anzahl an Mitgliederstimmen (Quorum) vorgesehen. Die Beschlussfassungsregelungen können durch Satzungsbestimmungen mit Rücksicht auf den Schutz der Mitgliederstimmen nur eingeschränkt verändert werden. Eine qualifizierte Beschlussfassung ist für bestimmte Entscheidungen zwingend erforderlich, z.B. Ausschluss eines Mitglieds, Satzungsänderungen usw. Diese Quorenregelung kann durch die Satzung zwar erhöht, nicht jedoch herabgesetzt werden. In Deutschland dagegen wird es eingetragenen Vereinen uneingeschränkt ermöglicht, die Beschlussfassung selbst zu bestimmen.207 Es ist sogar gestat206 207

Japan: Art. 48 S. 2 VSG; Deutschland: §§ 32 Abs. 1, 40 BGB. Zur Willensbildung im eingetragenen Verein siehe WALDNER, Organe (2009), S. 501 ff.

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tet, bestimmten Mitgliedern oder Mitgliedergruppen das Stimmrecht ganz zu versagen. Davon wird insbesondere bei sog. Fördermitgliedern Gebrauch gemacht.208 Lediglich für die Auflösung wird unabdingbar eine ¾-Mehrheit der erschienenen Mitglieder vorausgesetzt.209 Jedoch sind nach der deutschen Rechtsordnung unabdingbare gesetzliche Stimmrechtsverbote vorgesehen. Das Bürgerliche Gesetzbuch bestimmt, dass ein Mitglied nicht stimmberechtigt ist, wenn der zu fassende Beschluss die Vornahme eines Rechtsgeschäfts mit diesem Mitglied oder die Einleitung eines Gerichtsverfahrens zwischen ihm und dem Verein betrifft.210 In Literatur und Rechtsprechung werden darüber hinaus weitere Stimmrechtsverbote bei Interessenkollision vom Beschluss und den Privatinteressen des Mitglieds angenommen.211 Diese gesetzliche Regelung ist notwendig, da es sich bei der Beschlussfassung eines eingetragenen Vereins nicht um ein Rechtsgeschäft handelt und es damit nicht in den Anwendungsbereich des gesetzlichen Insichgeschäftsverbots nach § 181 BGB fällt.212 Es handelt sich vielmehr um einen Akt der körperschaftlichen Willensbildung. Das japanische Vereins- und Stiftungsgesetz sieht dagegen keine Stimmrechtsverbote für Mitglieder vor. Dies ist vor allem vor dem Hintergrund der anderweitig ausführlichen Gesetzesvorschriften über die Mitgliederversammlung bemerkenswert. Beispielsweise sind in Japan ausführliche Regelungen zur schriftlichen und elektronischen Ausübung der Stimmrechte, den Protokollierungspflichten sowie zur stellvertretenden Stimmabgabe vorgesehen,213 die in Deutschland gesetzlich nicht geregelt sind. Da für Gewöhnliche Stiftungen ein Stimmrechtsverbot für Evaluierer bei einem besonderen Interesse eines Evaluierers an einem Beschluss vorgesehen ist, 214 lässt dies nur den Rückschluss zu, dass die Gefahr einer Interessenkollision beim Beschluss eines Mitglieds als unerheblich angesehen wurde. Für die Evaluiererversammlung einer Gewöhnlichen Stiftung in Japan wird weitgehend auf die bestehenden Regelungen der Mitgliederversammlung verwiesen. 215 Ein wesentlicher Unterschied liegt jedoch darin, dass jeder Evaluierer nur ein Stimmrecht hat. Zudem kann die Evaluiererversammlung nur eingeschränkt über die Abberufung von Funktionsträgern entscheiden.216

208

SEGNA, Vorstandskontrolle in Großvereinen (2002), S. 225, 281 f. § 41 S. 2 BGB. 210 § 34 BGB. 211 BGHZ 56, S. 47 ff. (53); RGZ 49, S. 142 ff. (146); WALDNER, Organe (2009), S. 503 f. 212 WALDNER, Organe (2009), S. 505. 213 Art. 50, 51, 52, 57 VSG. 214 Art. 189 Abs. 3 VSG. 215 Art. 198 VSG. 216 Art. 176 VSG. 209

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3. Kapitel: Aufsichts- und Kontrollstruktur

b. Minderheiten- und Individualrechte Durch die Reform in Japan sind Kontrollrechte von Mitgliedern und Evaluierern in Anlehnung an die gesellschaftsrechtlichen Vorschriften erstmals ausführlich gesetzlich verankert worden. Einige Rechte, darunter die Erteilung eines Handlungsverbots gegenüber den Vorsitzenden oder die Beantragung eines Prüfers zur Untersuchung des Beschlussverfahrens und der Geschäftsführung, finden in der deutschen Rechtsordnung keine vergleichbaren Vorschriften. Für einen direkten Rechtsvergleich geeignet sind insbesondere die Rechtsbehelfe der Mitglieder und Evaluierer. In Japan sind sie nunmehr in den gesetzlichen Regelungen des Vereins- und Stiftungsgesetzes explizit geregelt worden, während sie in Deutschland im Einzelnen höchst umstritten bleiben. i.) Rechtsbehelfe der Mitglieder und Evaluierer In beiden Ländern stehen den Mitgliedern eines Vereins verschiedene Rechtsmittel zur prozessualen Verfolgung von Rechtsverstößen zur Verfügung. Die Rechtsmittel lassen sich in zwei Bereiche aufteilen. Zunächst einmal besteht die Möglichkeit, dass Mitglieder eigene Rechtsverletzungen geltend machen, die vor allem in Verfahrensverstößen bei Beschlussfassung der Mitgliederversammlung auftreten. Hierfür kommen in Japan sowohl eine Anfechtungs- als auch eine Nichtigkeitsfeststellungsklage hinsichtlich des fehlerhaften Beschlusses in Betracht. Diese Rechtsbehelfe können auch von den Evaluierern einer Gewöhnlichen Stiftung erhoben werden. In Deutschland können Mitglieder ebenso unstreitig eine Feststellungsklage erheben. Davon zu unterscheiden ist die Möglichkeit, dass die Mitglieder Ansprüche des Rechtsträgers für diesen geltend machen. In Japan ist die sog. Mitgliederklage nur für Gewöhnliche Vereine geregelt worden, wohingegen in Deutschland die sog. actio pro socio für Mitglieder eingetragener Vereine umstritten ist. 1.) Klagen gegen fehlerhafte Beschlüsse der Mitglieder- bzw. Evaluiererversammlung Fehlerhafte Beschlüsse der Mitglieder- und Evaluiererversammlung können in beiden Ländern gerichtlich verfolgt werden. Die Regelungen sind jeweils von dem Bestreben getragen, durch eine Rücknahme der Beschlüsse die Sicherheit im Rechtsverkehr nicht zu stark zu belasten. Wäre jeder Beschluss bei den kleinsten Verfahrensfehlern nichtig, würde dies in der Praxis zu einer erheblichen Verunsicherung der Gläubiger führen. In Japan differenziert das Gesetz zwischen zwei prozessualen Möglichkeiten, Beschlüsse anzufechten oder ihre Nichtigkeit bzw. ihr Nichtbestehen feststellen zu lassen. Die Feststellungsklage betrifft Fälle, in denen der Be-

V. Rechtsvergleich

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schluss an sich nichtig ist oder gar nicht zustande gekommen ist. Aufgrund des eindeutig rechtswidrigen Zustandekommens solcher Beschlüsse sind die Anforderungen an die Klageerhebung niedrig. Sie können von jedermann ohne zeitliche Fristbindung erhoben werden. Dagegen müssen andere Beschlüsse, bei denen beispielsweise nur gegen formelle Verfahrensvorgaben bei Beschlussfassung verstoßen wurde, gerichtlich angefochten und nachträglich für nichtig erklärt werden. Es bestehen hierbei Einschränkungen hinsichtlich des klagebefugten Personenkreises und eine dreimonatige Frist zur Klageerhebung. In Deutschland besteht eine gesetzliche Differenzierung nach anfechtbaren und nichtigen Beschlüssen nur im Gesellschaftsrecht.217 Im Vereinsrecht sind nach ständiger Rechtsprechung fehlerhafte Beschlüsse grundsätzlich nichtig. 218 Die Nichtigkeit kann gerichtlich durch die allgemeine Feststellungsklage überprüft werden. Allerdings würde die strikte Anwendung dieser Auffassung dazu führen, dass auch jeder nur geringe Verstoß gegen Beschlussvorschriften zur Nichtigkeit des Beschlusses führt. Es wird deshalb für verschiedene Fallgestaltungen die Nichtigkeit des Beschlusses eingeschränkt. In der Rechtsprechung sollen formelle Verstöße, d.h. z.B. Einberufungsfehler, nur dann zur Nichtigkeit des Beschlusses führen, wenn sie kausal für das Beschlussergebnis waren. 219 Daneben differenziert das Schrifttum weiter zwischen der Verletzung von Vorschriften, die dem Schutz der Mitglieder dienen, z.B. Bekanntgabe von Ort und Zeit, Ladungsfristen und solchen, die dem Interesse an einer rechts- und ordnungsgemäßen Willensbildung dienen, z.B. Einberufung durch eine zuständige Person oder die Nichtladung von Mitgliedern. Für den letzteren Fall wird im Schrifttum die Nichtigkeit des Beschlusses angenommen, während im ersteren Fall die Mängel als geheilt gelten, wenn sie nicht zeitnah gerügt werden.220 2.) Mitgliederklage bzw. actio pro socio Die Mitgliederklage bzw. die actio pro socio bezeichnet in beiden Ländern die Prozessstandschaft eines einzelnen Mitglieds für den Verein gegen Rechtsverstöße durch dessen Organmitglieder. Sie werden lediglich subsidiär zugelassen, wenn eine anderweitige Rechtsverfolgung durch den Rechtsträger selbst nicht erfolgt. In beiden Rechtsordnungen sollen diese Rechtsinstitute den Rechtsträger vor allem davor schützen, dass Vorsitzende bzw. Mitglieder 217

§ 243 Abs. 1 AktG. BGHZ 59, S. 369 ff. (372); OLG Hamm, NJW-RR 1997, S. 989 f. (989); OLG Karlsruhe, NJW-RR 1998, S. 684 f. (684); LG Frankfurt a.M., NJW-RR 1998, S. 396 f. (396). 219 BGHZ 49, S. 209 ff. (211); BGHZ 59, S. 369 ff. (375). 220 HEINRICHS/ELLENBERGER, in: Palandt, § 31 Rn. 10; SAUTER / WALDNER / SCHWEYER, Der eingetragene Verein (2010), S. 124 f.; REICHERT, Vereins- und Verbandsrecht (2007), S. 343. 218

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3. Kapitel: Aufsichts- und Kontrollstruktur

des Vorstands wegen persönlicher Beziehung zum potentiellen Beklagten dessen Rechtsverfolgung verhindern. In Japan ist die Mitgliederklage durch die Reform im Vereins- und Stiftungsgesetz gesetzlich geregelt. 221 Sie kann gegenüber allen Funktionsträgern, den Gründungsmitgliedern und -vorsitzenden sowie Rechnungsprüfern bei Schadensersatzansprüchen wegen Pflichtverletzungen erhoben werden. Voraussetzung für eine Klageerhebung ist jedoch, dass zuvor eine Aufforderung an den Rechtsträger ergeht, selbst Klage gegen den betreffenden Funktionsträger zu erheben. Bemerkenswert ist zudem, dass die Gerichtskosten für Mitgliederklagen einheitlich auf 13.000 Yen festgelegt wurden. Durch den geringen Kostenaufwand ist ein besonderer Anreiz für Mitglieder geschaffen worden, die Klage als Kontrollinstrument der Geschäftsführung tatsächlich zu nutzen. Die actio pro socio wird in Deutschland mittlerweile im Gesellschaftsrecht für die Gesellschafter überwiegend anerkannt.222 Ob sie auch ins Vereinsrecht übertragen werden kann, ist hingegen umstritten. 223 Gerichtliche Entscheidungen gibt es hierzu keine. Gegen eine Übertragung besteht der Einwand, dass es, anders als im Gesellschaftsrecht, den Mitgliedern eines Vereins offenstünde, bei organisationsinternen Rechtsverstößen aus dem Verein auszutreten. Die Aussicht auf vermehrte Mitgliederaustritte bei Nichtverfolgung von Rechtsverstößen soll dabei auch ausreichend selbstdisziplinierende Wirkung entfalten. 224 Zudem wird das Bedürfnis einer Einzelklagebefugnis verneint, da die Rechtsverstöße durch den Vorstand verfolgt werden können und für den Fall, dass dieser nicht tätig wird, ihn die Mitgliederversammlung zur Klageerhebung anweisen könne.225 Soweit die actio pro socio in Deutschland anerkannt wird, begrenzt sich die derzeitige Diskussion ihrer Anwendung auf Fälle von Schadensersatzklagen gegen Organmitglieder. 226 Ähnlich wie in Japan wird vorausgesetzt, dass es sich hierbei nur um eine Hilfs- oder Notzuständigkeit der Mitglieder handelt.227 Zuvor müssten daher alle anderen ver-

221

Art. 278 VSG. Zur Gesellschafterklage siehe BECKER, Verwaltungskontrolle durch Gesellschafterrechte (1997), S. 573; BINGE, Gesellschafterklagen (1994); WIEDEMANN, Organverantwortung und Gesellschafterklagen in der Aktiengesellschaft (1989); grundlegend HADDING, Actio pro socio (1966). 223 Zustimmend LUTTER, AcP 180 (1980), S. 135 ff.; SEGNA, Vorstandskontrolle in Großvereinen (2002), S. 225, 256 ff.; SCHÖPFLIN, Der nichtrechtsfähige Verein (2003), S. 303. 224 REUTER, in: MüKo, § 38 Rn. 38. 225 SEGNA, Vorstandskontrolle in Großvereinen (2002), S. 258 f. 226 SEGNA, Vorstandskontrolle in Großvereinen (2002), S. 259; LUTTER, AcP 180 (1980), S. 136. 227 LUTTER, AcP 180 (1980), S. 136; SCHÖPFLIN, Mitgliedschaft (2009), S. 557; SEGNA, Vorstandskontrolle in Großvereinen (2002), S. 225, 264 ff. 222

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einsinternen Lösungsmöglichkeiten, z.B. Anweisung zur Klageerhebung durch Beschluss der Mitgliederversammlung, ausgeschöpft sein. Die praktische Bedeutung der actio pro socio wird im Vergleich zur Mitgliederklage in Japan jedoch als gering eingeschätzt. Eine Begründung für die unterschiedliche Bewertung beider Rechtsordnungen findet sich in der unterschiedlichen Ausgestaltung des Weisungsrechts der Mitgliederversammlung. In Japan ist dieses nach der neuen Rechtslage für Gewöhnliche Vereine mit Vorstand auf die satzungsgemäß zuerkannten Beschlusskompetenzen beschränkt. Soweit der Mitgliederversammlung das Recht, den Vorstand zur Klageerhebung anzuweisen, nicht durch die Satzung zuerkannt wurde, gewährleistet die Mitgliederklage die Rechtsverfolgung durch einzelne Mitglieder. In Deutschland hat die Mitgliederversammlung nach den zivilrechtlichen Vorschriften grundsätzlich ein Weisungsrecht und kann dadurch die Rechtsverfolgung des Vorstandes sicherstellen. Problematisch ist die Rechtslage in Deutschland jedoch für Vereine, die das Weisungsrecht der Mitgliederversammlung umfassend eingeschränkt haben oder wenn die Mehrheitsverhältnisse in der Mitgliederversammlung missbräuchlich einen Weisungsbeschluss verhindern. ii.) Informationsrechte In beiden Ländern können die Mitglieder in der Mitgliederversammlung ein individuelles Auskunfts- und Informationsrecht gegenüber dem Vorstand geltend machen.228 Das Informationsrecht kann unstreitig in der Mitgliederversammlung ausgeübt und nicht durch Satzungsbestimmungen eingeschränkt werden. Es bezieht sich auf die Verhältnisse des Vereins, deren Kenntnis für das Mitglied erforderlich ist, um seine Mitgliedschaftsrechte ausüben zu können.229 Würde die Bekanntgabe der Information dem Verein schaden, können die Vorsitzenden bzw. der Vorstand in beiden Ländern eine Auskunft verweigern. 230 In Deutschland ist darüber hinaus umstritten, ob Mitgliedern auch außerhalb der Versammlung ein individuelles Informationsrecht zusteht.231 Mit Hinblick auf die Belastung solcher Anfragen durch Mitglieder bei größeren Vereinen ist dies jedoch abzulehnen, zumal es jedem Verein offensteht, etwas anderes in der Satzung zu regeln.232

228 Japan: Art. 53 VSG; Deutschland: Rechtsgrundlage kann sein §§ 27 Abs. 2, 666 BGB oder § 131 Abs. 1 AktG analog, SCHÖPFLIN, Mitgliedschaft (2009), S. 555. 229 BGHZ 152, S. 339 ff. (344); LG Stuttgart NJW-RR 2001, S. 1478 ff. (1478). 230 Japan: Art. 53 VSG; Deutschland: SCHÖPFLIN, Mitgliedschaft (2009), S. 557. 231 Zum Streitstand siehe SEGNA, Vorstandskontrolle in Großvereinen (2002), S. 225, 264 ff.; REUTER, in: MüKo, § 38 Rn. 37. 232 SCHÖPFLIN, Mitgliedschaft (2009), S. 555.

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3. Kapitel: Aufsichts- und Kontrollstruktur

2. Privatrechtliche Sanktionen a. Haftung des Rechtsträgers In beiden Ländern haften Rechtsträger mittels Haftungstatbeständen oder durch Zurechnung der Handlung von Personen, die für sie tätig sind. In letzterem Fall wird zwischen der Haftung von Vorsitzenden bzw. Vorstandsmitgliedern des Rechtsträgers (Art. 78 [i.V.m. Art. 197] VSG; § 31 [i.V.m. § 86] BGB) und der Haftung von Verrichtungsgehilfen (Art. 715 ZG; § 831 BGB) unterschieden. Trotz der rechtsdogmatisch ähnlichen Struktur beider Länder ist vor allem die Haftung des Rechtsträgers für seine Vertreter in Deutschland durch die Rechtsprechung erheblich erweitert worden. Eine ähnliche Entwicklung ist in Japan nicht zu verzeichnen. Eine Haftungserweiterung ist auch durch die Reform nicht erfolgt. Die Zurechnung der Haftung von Vorsitzenden in Japan beschränkt den Personenkreis, für deren Handlungen der Rechtsträger haftet, im Wesentlichen auf die vertretungsberechtigten Vorsitzenden und ähnlich vertretungsberechtigte Organe. Zudem wird als Anknüpfungstatbestand des Schadensersatzes lediglich auf die unerlaubte Handlung verwiesen. In Deutschland dagegen ist der Tatbestand durch die Rechtsprechung wesentlich ausgeweitet worden. Nach dem Gesetzeswortlaut haftet ein Rechtsträger für Handlungen des Vorstands, eines Mitglieds des Vorstands oder eines anderen verfassungsgemäß berufenen Vertreters. Als verfassungsgemäß berufene Vertreter werden auch Personen angesehen, denen durch die allgemeinen Betriebsregelungen und Handhabungen bedeutsame Funktionen des Rechtsträgers zur selbstständigen, eigenverantwortlichen Erfüllung zugewiesen sind. 233 Die Haftung erstreckt sich beispielsweise auch auf Tätigkeiten von leitenden Angestellten in selbstständiger Stellung mit begrenzter Außenwirkung. Die sog. Organhaftung erfasst damit längst nicht mehr nur diejenigen Personen, die rechtlich als Organe des Rechtsträgers angesehen werden. Die Rechtsträgerhaftung erstreckt sich zudem anders als in Japan nicht bloß auf Schadensersatz aus unerlaubter Handlung. Als haftungsbegründende Normen kommen sowohl Ansprüche aus unerlaubter Handlung als auch alle anderen gesetzlichen oder vertraglichen Schadensersatzansprüche in Betracht.234 Der weiten Auslegung liegt das Bestreben der Rechtsprechung zugrunde, dass die Anwendung des Haftungstatbestands für Verrichtungsgehilfen wegen der Exkulpationsmöglichkeit weitgehend vermieden werden soll.235 Wie in Japan muss als Haftungsvoraussetzung ein innerer Zusammenhang der Verletzungshandlung zur Tätigkeit des Vertreters für den Rechts233

BGHZ 49, S. 19 ff. (21); BGH, NJW 1977, S. 2259 ff. (2260); NJW 1998, S. 1854 ff. (1856); zum Personenkreis des § 31 BGB siehe auch WALDNER, Organhaftung (2009), S. 676 f. 234 LÜKE, Organe (2009), S. 1348. 235 BGHZ 49, S. 19 ff. (21); BGH, NJW 1998, S. 1854 ff. (1856).

V. Rechtsvergleich

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träger bestehen. Der Schaden muss in Ausführung der zugewiesenen Tätigkeit entstanden sein. Nicht erforderlich ist es, dass die schadensverursachende Handlung von der Vertretungsmacht des Vertreters gedeckt war.236 Allerdings scheidet die Zurechnung wie in Japan dann aus, wenn für einen Außenstehenden erkennbar war, dass der Betreffende nicht mehr im Rahmen der ihm übertragenen Aufgaben handelte.237 In Deutschland liegt dem Bestreben um eine Erweiterung der Haftung für juristische Personen auch der Grundsatz der von der Rechtsprechung entwickelten Organisationspflicht zugrunde. 238 Danach ist ein Rechtsträger verpflichtet, seine Tätigkeit so zu organisieren, dass für alle wichtigen Aufgabengebiete ein Vorstandsmitglied oder ein verfassungsmäßiger Vertreter zuständig ist.239 Unterlässt es der Rechtsträger, einen entsprechenden Vertreter zu bestellen, kann ein Organisationsmangel vorliegen. Dafür muss sich der Rechtsträger dann verantworten, wenn wichtige Tätigkeitsbereiche an Personen ohne leitende Stellung übertragen wurden und eine dieser Personen einen Dritten schädigt. Der Rechtsträger kann sich dann nicht durch Hinweis auf Beachtung der erforderlichen Sorgfalt bei Auswahl der Person berufen. Voraussetzung für die Haftung wegen Vernachlässigung der Organisationspflicht ist jedoch, dass der Schadenseintritt hätte verhindert werden können, wenn ein entsprechender Vertreter berufen worden wäre.240 Für Verrichtungsgehilfen besteht in beiden Ländern eine Haftung des Rechtsträgers nur aus unerlaubter Handlung. Als Verrichtungsgehilfe wird in Deutschland derjenige bezeichnet, dem eine Tätigkeit von dem Rechtsträger übertragen wurde und der diesbezüglich den Weisungen des Rechtsträgers unterliegt.241 In beiden Ländern wird zudem vorausgesetzt, dass der Verrichtungsgehilfe den Schaden durch eine unerlaubte Handlung (Art. 709 ZG; § 823 BGB) herbeiführt. Allerdings besteht ein Unterschied darin, dass in Deutschland ein Verschulden des Verrichtungsgehilfen nicht notwendig ist, da ein Verschulden des Rechtsträgers selbst bei Auswahl und Aufsicht des Verrichtungsgehilfen vermutet wird.242 In Japan muss der Verrichtungsgehilfe selbst alle Voraussetzungen der unerlaubten Handlung erfüllen. Die Exkulpation des Rechtsträgers wird in beiden Ländern als schwierig angesehen.

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BGH, NJW 1980, S. 115 ff. (115); HEINRICHS/ELLENBERGER, in: Palandt, § 31 Rn. 10. BGH, NJW 1986, S. 2941 ff. (2941); BGH, NJW 1987, S. 1193 ff (1194). 238 BGH, NJW 1963, S. 902 ff. (902); NJW 1985, S. 1158 ff. (1158); siehe zur Organisationspflicht juristischer Personen auch HASSOLD, JuS (1982), S. 583 ff. 239 WALDNER, Organhaftung (2009), S. 677 f.;LÜKE, Organe (2009), S. 1350 f. 240 WALDNER, Organhaftung (2009), S. 677. 241 HEINRICHS/ELLENBERGER, in: Palandt,§ 831 Rn. 5. 242 LÜKE, Organe (2009), S. 1352. 237

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3. Kapitel: Aufsichts- und Kontrollstruktur

b. Haftung eines Vorsitzenden bzw. eines Vorstandsmitglieds In beiden Ländern wird für die Haftung des Vorsitzenden bzw. eines Vorstandsmitglieds zwischen dem Innenverhältnis zum Rechtsträger (Innenhaftung) und dem Außenverhältnis zu geschädigten Dritten (Außenhaftung) unterschieden. Auffällige Unterschiede zwischen den Rechtsordnungen ergeben sich vor allem im Hinblick auf Haftungsbefreiungen. Hierdurch kann das Schadensersatzrisiko ganz oder teilweise erheblich verringert werden. Während durch das Vereins- und Stiftungsgesetz ein differenziertes Regelungsmodell eingeführt wurde, überlassen es die deutschen Vorschriften überwiegend den Rechtsträgern selbst, ob und wie sie das Haftungsrisiko ihrer Vorstandsmitglieder reduzieren wollen. i.) Innen- und Außenhaftung In Japan ist ein Vorsitzender im Innenverhältnis dem Rechtsträger gegenüber schadensersatzpflichtig nach Art. 111 (i.V.m. Art. 198) VSG, wenn er gegen eine Pflicht aus dem Auftragsverhältnis, der Satzung und weiteren Gesetzesvorschriften, z.B. des Vereins- und Stiftungsgesetzes, verstößt bzw. diese nicht erfüllt hat. Der Vorsitzende hat bei der Pflichtverletzung Vorsatz und Fahrlässigkeit zu vertreten. 243 Zudem kommt es in einigen Fällen auch zu einer Beweislastumkehr durch vermutetes Verschulden der Vorsitzenden, die nicht direkt den Schaden herbeigeführt haben.244 Eine der allgemeinen Innenhaftung nach Art. 111 Abs. 1 VSG vergleichbare Haftung wegen Pflichtverletzung besteht auch in Deutschland. Hier haftet ein Vorstandsmitglied im Innenverhältnis wegen Pflichtverletzung bei der Geschäftsführung gem. § 280 Abs. 1 BGB.245 Es haftet grundsätzlich gem. § 276 BGB für jede Art von Verschulden, d.h. auch leicht fahrlässiges Verhalten ist ausreichend. Es muss seine Handlungen und Unterlassungen an der Sorgfalt messen lassen, die eine gewissenhafte und erwachsene Person anzuwenden pflegt.246 Dabei sind die Umstände des Einzelfalls, insbesondere Art und Größe der Organisation, ihr Zweck sowie auch ein wirtschaftlicher Nebenbetrieb zu berücksichtigen. Eine gesetzliche Verschuldensvermutung für nicht direkt an der Schädigung beteiligte Vorstandsmitglieder wie in Japan gibt es in Deutschland nicht. Sind mehrere Vorstandsmitglieder wegen des243

Siehe MECKEL, Corporate Governance (2010), S. 58 für die Voraussetzungen des ähnlichen Haftungstatbestands des Art. 423 Abs. 1 GesG; ebenso KLIESOW, Aktionärsrechte und Aktionärsklage (2001), S. 41 für den früheren Art. 266 Abs. 1 Nr. 5 HG. 244 Art. 111 Abs. 3 VSG. 245 Vereinsrecht: REUTER, in: MüKo, § 27 Rn. 43. 246 Vereinsrecht: REICHERT, Vereins- und Verbandsrecht (2007), S. 641; WALDNER, Organe (2009), S. 513; Stiftungsrecht: WIGAND / HAASE-THEOBALD / HEUEL, Stiftungen in der Praxis (2009), S. 65.

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selben Schadens verantwortlich, haften sie in beiden Ländern gesamtschuldnerisch.247 Bei der Außenhaftung hat in Japan ein geschädigter Dritter einen Anspruch auf Schadensersatz sowohl aus Art. 117 VSG als auch aus den allgemeinen Vorschriften der unerlaubten Handlung nach Art. 709 ZG. Dagegen ist die Haftung in Deutschland erheblich eingeschränkt und kommt in der Regel nur bei deliktischem Vorstandshandeln gem. § 823 ff. BGB in Betracht, insbesondere bei der schuldhaften Verletzung geschützter Rechtsgüter Dritter, wie z.B. Eigentum oder Gesundheit. 248 Für ein Verschulden wegen unerlaubter Handlung ist ein leicht fahrlässiges Verhalten ausreichend. Gegenüber dem deutschen Haftungstatbestand privilegiert in Japan der zusätzliche Haftungstatbestand des Art. 117 VSG den Dritten im Vergleich zum Anspruch wegen unerlaubter Handlung durch erleichterte Tatbestandsvoraussetzungen bezüglich der Vorhersehbarkeit und einer verlängerten Verjährungsfrist. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass hierfür ein böswilliges oder grob fahrlässiges Verhalten des Vorsitzenden notwendig ist. ii.) Haftungsbefreiungen gegenüber dem Rechtsträger Beide Rechtsordnungen haben Regelungen für die Haftungsbefreiung der Vorsitzenden bzw. der Vorstandsmitglieder anerkannt, damit die mit der Geschäftsführung verbundenen Risiken nicht zu einer für den Rechtsträger nachteiligen Handlungsuntätigkeit der Verantwortlichen führen. Die Haftungsbefreiungen gelten jedoch nur im Innenverhältnis gegenüber dem Rechtsträger. Bei Schäden Dritter können sie das Haftungsrisiko der Geschäftsführung nicht reduzieren. Die gesetzlichen Regelungen für Haftungsbefreiungen haben in beiden Ländern unterschiedliche Ansätze. In Japan ist im Vereins- und Stiftungsgesetz gesetzlich vorgesehen, dass Haftungsbefreiungen durch die Mitgliederversammlung bzw. die Evaluiererversammlung beschlossen werden können. Es kann entweder eine vollständige Haftungsbefreiung oder eine Teilbefreiung durch Beschränkung der Haftung bis zu einer gesetzlichen Befreiungsgrenze erfolgen.249 Die Teilbefreiung kann bei mehreren Vorsitzenden auch von den nicht betroffenen anderen Vorsitzenden beschlossen werden, wenn ihnen durch die Satzung eine entsprechende Kompetenz zugesprochen wurde. In Deutschland bestand lange Zeit keine entsprechende Regelung über Haftungsbefreiungen in den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs. 247

Japan: Art. 118 VSG; Deutschland: § 241 BGB, REICHERT, Vereins- und Verbandsrecht (2007), S. 646. 248 Vereinsrecht: BGH, NJW 1990, S. 976 ff. (977); REICHERT, Vereins- und Verbandsrecht (2007), S. 648; Stiftungsrecht: WIGAND / HAASE-THEOBALD / HEUEL, Stiftungen in der Praxis (2009), S. 66. 249 Art. 112, 113, 114 VSG.

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3. Kapitel: Aufsichts- und Kontrollstruktur

Haftungsbefreiungen können jedoch in der Satzung des Rechtsträgers festgelegt oder Jahre später noch eingeführt werden. Eine nachträgliche Satzungsänderung ist z.B. für den eingetragenen Verein nicht schwieriger zu erreichen als die im Vereins- und Stiftungsgesetz vorgesehene Beschlussfassung der Mitgliederversammlung bzw. der Evaluiererversammlung über eine Haftungsbefreiung. Für eine Satzungsänderung zur Einführung von Haftungsbefreiungen ist in Deutschland beim eingetragenen Verein eine absolute Stimmenmehrheit erforderlich.250 In Japan sind für die Beschlussfassung über eine Teilbefreiung zwei Drittel der Beschlussrechte der abgegebenen Stimmen notwendig, 251 so dass die gesetzlichen Voraussetzungen diesbezüglich ähnlich sind. Für Vorstandsmitglieder des eingetragenen Vereins in Deutschland besteht zusätzlich die Möglichkeit, dass sie keine Haftung trifft, wenn zuvor die Maßnahme, die zu dem Schaden geführt hat, auf Weisung oder Zustimmung der Mitgliederversammlung erfolgt ist. Die Haftungserleichterung wird in Anlehnung an entsprechende gesetzliche Regelungen der § 93 Abs. 4 AktG und § 34 Abs. 4 GesG angenommen. 252 Ein Vorstand ist daher gut beraten, wenn er vor schadensträchtigen Maßnahmen die Entscheidung der Mitgliederversammlung einholt. Der Haftungsausschluss kann am ehesten mit der Möglichkeit der vollständigen Haftungsbefreiung in Japan verglichen werden. Allerdings kann diese auch nachträglich erfolgen und bedarf der Zustimmung aller Mitglieder, wohingegen eine Weisung oder Zustimmung zu einer Maßnahme in Deutschland grundsätzlich vorher erfolgen muss und nur einen einfachen Beschluss der Mitgliederversammlung erfordert. Hinzu kommt, dass in Deutschland ein satzungswidriges Verhalten des Vorstands auch durch Einverständnis der Mitgliederversammlung nicht entschuldigt werden kann.253 Vor kurzem wurde in Deutschland eine gesetzliche Haftungsfreistellung durch den am 3.10.2009 in Kraft getretenen § 31 a BGB für ehrenamtlich tätige Vorstandsmitglieder ins Bürgerliche Gesetzbuch eingeführt. Nach dieser Vorschrift haftet ein unentgeltlicher oder gegen eine Vergütung von höchstens 500 Euro jährlich tätiger Vorstand dem Verein für Schäden, die aus der Verletzung seiner Verpflichtungen entstehen, nur bei Vorsatz und grober Fahrlässigkeit. 254 Ist er einem Dritten gegenüber zum Schadensersatz verpflichtet, kann er vom Verein Freistellung von dieser Verpflichtung verlan250

§ 33 Abs. 1 BGB, der jedoch gem. § 40 S. 1 BGB abgeändert werden kann. Art. 113 Abs. 1 i.V.m. Art. 49 Abs. 2 Nr. 3 VSG. 252 WALDNER, Organe (2009), S. 513 f.; SAUTER / WALDNER / SCHWEYER, Der eingetragene Verein (2010), S. 165; REICHERT, Vereins- und Verbandsrecht (2007), S. 645; GRUNEWALD, ZHR (1993), S. 462. 253 SAUTER / WALDNER / SCHWEYER, Der eingetragene Verein (2010), S. 165. 254 § 31 Abs. 1 (i.V.m. § 86) BGB. 251

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gen. 255 Ziel des Gesetzes war es, die Haftung für ehrenamtliche Vorstandsmitglieder zu begrenzen, um die ehrenamtliche Übernahme von Leitungsfunktionen in Vereinen zu fördern und das bürgerschaftliche Engagement weiter zu stärken.256 Bislang waren Haftungsbefreiungen für ehrenamtlich tätige Vorstandmitglieder nur in einigen Stiftungsgesetzen vorgesehen.257 Für Vorstandsmitglieder mit einer Vergütung über 500 Euro kann das Haftungsrisiko nur reduziert werden, indem sie in der Satzung oder im Anstellungsvertrag von der Haftung für einfache Fahrlässigkeit freigestellt werden.258 Vergleicht man die im Vereins- und Stiftungsgesetz und im Bürgerlichen Gesetzbuch geregelten Haftungsbefreiungen, so ist eine Aufteilung der Vorsitzenden bzw. der Vorstandsmitglieder in verschiedene Gruppen auffällig. Sie werden bezüglich des Schadensersatzbetrags je nach Gruppenzugehörigkeit unterschiedlich behandelt. Die Vorschrift des § 31a BGB privilegiert ehrenamtliche Vorstandsmitglieder durch gesetzliche Haftungsfreistellung nur bei fahrlässigem Schädigungsverhalten. Dagegen unterscheidet die japanische Rechtsordnung in Art. 113 Abs. 1 VSG verschiedene Befreiungsgrenzen für den Schadensersatz, wenn die schädigende Handlung gutgläubig und nicht grob fahrlässig erfolgte. Für die Befreiungsgrenzen sind drei Kriterien maßgeblich: die Vertretungsmacht, die Beziehung zum Rechtsträger und die Vergütung. Die größte Verantwortung innerhalb einer Organisation trägt ein vertretungsberechtigter Vorsitzender, der damit die niedrigste Befreiungsgrenze hat. Des Weiteren hat ein von außen kommender Vorsitzender weniger Kenntnis über die Organisation als ein Vorsitzender, der beispielsweise vor seiner Bestellung bereits Mitglied war. Ein sog. außenstehender Vorsitzender hat daher eine höhere Befreiungsgrenze. Schließlich privilegiert das Vereins- und Stiftungsgesetz auch ehrenamtlich tätige Vorsitzende, die keine Vergütung für ihre Tätigkeit erhalten. Sie können unabhängig von der Vertretungsbefugnis oder ihrer Beziehung zum Verein de facto vollständig von der Haftung befreit werden. Für ehrenamtliche Vorsitzende wird daher in beiden Ländern eine vollständige Haftungsfreistellung ermöglicht, die jedoch in Japan abhängig vom Beschluss der Mitgliederversammlung bzw. der Evaluiererversammlung ist, während sie in Deutschland gesetzlich geregelt ist. Insgesamt lässt sich für Japan feststellen, dass im Vereins- und Stiftungsgesetz ein differenzierteres gesetzliches Regelungsmodell für Haftungsbefreiungen vorgegeben ist. Haftungsbestimmungen werden meist von der Mitgliederversammlung oder der Evaluiererversammlung beschlossen. Von den 255

§ 31a Abs. 2 (i.V.m. § 86) BGB. Zum Gesetzentwurf und der Stellungnahme der Bundesregierung siehe BT Drucks. 16/10120. 257 WIGAND / HAASE-THEOBALD / HEUEL, Stiftungen in der Praxis (2009), S. 65. 258 SAUTER / WALDNER / SCHWEYER, Der eingetragene Verein (2010), S. 164. 256

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3. Kapitel: Aufsichts- und Kontrollstruktur

gesetzlichen Vorschriften können Satzungsbestimmungen nur bedingt abweichen. Die deutsche Rechtsordnung hingegen überlässt es überwiegend dem einzelnen Rechtsträger, Haftungsbefreiungen durch Satzungsbestimmungen oder im Anstellungsvertrag zu regeln. Im Bürgerlichen Gesetzbuch wurde erst in jüngerer Zeit eine auf ehrenamtliche Vorstandsmitglieder begrenzte gesetzliche Haftungsbefreiung eingeführt. 3. Behördliche Aufsicht Die staatliche Aufsicht der privatrechtlichen Rechtsträger durch Behörden ist in beiden Ländern weitgehend zurückgedrängt worden. In Japan wurde die Aufsicht der zuständigen Behörden für die neuen Rechtsträger Gewöhnlicher Verein und Gewöhnliche Stiftung infolge der Gemeinnützigkeitsreform kürzlich abgeschafft. In Deutschland besteht eine Aufsicht nach wie vor für rechtsfähige Stiftungen durch die Stiftungsbehörden der Länder. Allerdings werden ihre Kompetenzen vor allem im Bereich der präventiven Aufsichtsmittel, z.B. durch Genehmigungsvorbehalte, zunehmend beschränkt. Ein eingetragener Verein unterliegt gegenwärtig noch einer polizeilichen Kontrolle. Die Funktion der Aufsicht ist hier auf den Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung reduziert.259 Demgegenüber werden in beiden Rechtsordnungen gemeinnützige Vereine und Stiftungen weiterhin von behördlicher Seite beaufsichtigt. In Japan werden sie maßgeblich durch die Verwaltungsbehörden beaufsichtigt, die vor allem die Einhaltung der Standards des Anerkennungsgesetzes regelmäßig überprüfen. Unterstützt werden sie hierbei durch die Beratungsgremien, z.B. durch die nationale Anerkennungskommission. In Deutschland erfolgt eine regelmäßige Aufsicht durch die Steuerbehörden. a. Deutsche Stiftungsaufsicht In Deutschland unterliegen rechtsfähige Stiftungen einer laufenden Aufsicht durch die Stiftungsbehörden.260 Die Aufsicht dient nach traditioneller Rechtsauffassung dem Schutz der Allgemeinheit (Stiftungspolizei) und der Stiftung (Stiftungsfürsorge). Die stiftungspolizeiliche Funktion der Stiftungsbehörden wird nach der gegenwärtigen Rechtslage vor allem in zwei Fällen deutlich. Im Anerkennungsverfahren überprüfen sie, ob der Stiftungszweck gegen die öffentliche Sicherheit und Ordnung verstößt.261 Es wird der Stiftungsbehörde 259

§ 43 BGB sowie die Vorschriften des öffentlichen Vereinsrechts. Die Stiftungsaufsichtsbehörden können von den Anerkennungsbehörden abweichen. Für eine Übersicht der einzelnen Landesstiftungsbehörden siehe RICHTER, Stiftungsaufsicht (2009), S. 1544 ff. 261 REUTER, in: MüKo, Vor § 80 Rn. 69; HARTNICK, Kontrollprobleme bei Spendenorganisationen (2007), S. 591; BACKERT, Beendigung der Stiftung (2008), S. 813. 260

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aber auch später jederzeit die Möglichkeit eingeräumt, bei Gefährdung des Gemeinwohls die Stiftung umzuwandeln oder aufzuheben. 262 Der Gedanke des Schutzes der Stiftung wird durch die laufende Aufsicht der Stiftungen gewährleistet. Sie stellt die Verwirklichung des Stifterwillens in der Satzung durch die Kontrolle der Organe und der Stiftungstätigkeit sicher.263 Die hierfür möglichen Aufsichtsmittel sind in den einzelnen Landesstiftungsgesetzen geregelt, die sich teilweise nicht unerheblich unterscheiden. Die Aufsicht der Stiftungsbehörden folgt überwiegend dem Opportunitätsprinzip, d.h. es liegt in ihrem Ermessen, ob sie ein Aufsichtsmittel anwendet und welches sie dafür auswählt. 264 Begrenzt wird ihr Ermessen durch die allgemeinen Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und der Subsidiarität der Aufsichtsmittel.265 Zudem ist ihre Aufsicht eine reine Rechtsaufsicht. Sie darf das Handeln der Stiftung und ihrer Organe nicht beeinflussen, wenn sich diese an die Grenzen des Rechts hält. Ebenso darf sie die Entscheidungen der Stiftungsorgane nicht durch eigene Wertung oder Zweckmäßigkeitserwägungen ersetzen. 266 Die Aufsicht der Stiftungsbehörden erfolgt durch privatrechtsgestaltende Verwaltungsakte, gegen die den Stiftungen der Verwaltungsrechtsweg offensteht.267 i.) Aufsichtsmittel gegenüber der Geschäftsführung Alle Maßnahmen der Geschäftsführung unterliegen der Stiftungsaufsicht. Verstößt die Geschäftsführung gegen Vorschriften der Satzung oder der Rechtsordnung, stehen der Stiftungsbehörde unterschiedliche repressive Aufsichtsmittel zur Verfügung: Beanstandung, Aufhebung, Ersatzvornahme sowie Anordnung. In sämtlichen Landesgesetzen ist als repressives Aufsichtsmittel die Beanstandung geregelt.268 Ihr Zweck liegt vor allem darin, der Stiftung Gelegenheit zur internen Selbstkontrolle zu geben, indem sie die beanstandeten Maßnahmen selbst rückgängig macht. 269 Lassen sich rechtmäßige Zustände durch eine Beanstandung nicht erreichen, ist die Stiftungs-

262

Art. 87 Abs. 1 BGB; BACKERT, Stiftungsaufsicht (2008), S. 811. BACKERT, Stiftungsaufsicht (2008), S. 809; REUTER, in: MüKo, Vor § 80 Rn. 70; HARTNICK, Kontrollprobleme bei Spendenorganisationen (2007), S. 591. 264 BACKERT, Stiftungsaufsicht (2008), S. 819 f. 265 HOF, Stiftungsaufsicht (2009), S. 318. 266 MEYN / GOTTSCHALD, Stiftungsaufsicht (2009), S. 1551; BACKERT, Stiftungsaufsicht (2008), S. 818. 267 RICHTER, Stiftungsaufsicht (2009), S. 1541. 268 Beispiele einer gesetzlichen Beanstandung: Art. 20 Abs. 4 StiftGBay; § 8 Abs. 1 StiftGNRW; § 9 Abs. 4 StiftGRP. 269 HOF, Stiftungsaufsicht (2009), S. 354; MEYN / GOTTSCHALD, Stiftungsaufsicht (2009), S. 1554. 263

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3. Kapitel: Aufsichts- und Kontrollstruktur

behörde berechtigt, Maßnahmen der Stiftungsorgane aufzuheben.270 Teilweise ist in Landesgesetzen statt der Aufhebung auch eine direkte Ersatzvornahme durch die Behörde selbst geregelt. Zudem kann die Stiftungsbehörde auch weitere Maßnahmen anordnen.271 Eine Anordnung kommt primär in Betracht, wenn Stiftungsorgane ihren Pflichten aus der Satzung oder anderen Rechtsvorschriften nicht nachkommen, oder es wird bereits mit der Beanstandung angeordnet, den rechtswidrigen Zustand zu beseitigen.272 Für den wirksamen Schutz der Stiftung reichen die repressiven Aufsichtsmittel allein jedoch nicht aus. In den Landesgesetzen sind daher in sehr unterschiedlichem Ausmaß Anzeige- und Genehmigungserfordernisse als weitere präventive Aufsichtsmittel vorgesehen. Sie sollen rechtswidriges Handeln der Stiftungsorgane bereits im Vorfeld verhindern. Alle Landesgesetze sehen einen Genehmigungsvorbehalt der Stiftungsbehörde für grundlegende Veränderungen der Stiftungsstruktur vor, d.h. für die Satzungsänderung, die Aufhebung oder die Zusammenlegung.273 Zusätzlich besteht in einigen Bundesländern eine präventive Aufsicht für bestimmte Rechtsgeschäfte. Eine Anzeigepflicht besteht beispielsweise bei Rechtsgeschäften mit einem hohen Geschäftswert274 oder bei solchen, die als gefährlich für die Stiftung eingestuft werden. 275 Vereinzelt sind auch weitere Genehmigungsvorbehalte vorgesehen.276 Der Unterschied beider Aufsichtsmittel liegt in der Wirksamkeit des Rechtsgeschäfts ohne Beteiligung der Behörde. Während nach den verwaltungsrechtlichen Grundsätzen ein genehmigungsbedürftiges Rechtsgeschäft bis zur Genehmigung schwebend unwirksam bleibt, ist das anzeigepflichtige Rechtsgeschäft von vornherein wirksam. Die präventive Aufsicht über bestimmte Rechtsgeschäfte wird in der Praxis zunehmend kritisch bewertet. In den Bundesländern Bayern, SchleswigHolstein und Rheinland-Pfalz wurden die vormaligen Genehmigungsvorbehalte (teilweise) gänzlich in Anzeigepflichten umgewandelt oder ersatzlos aufgehoben. Begründet wurden diese Gesetzesänderungen damit, dass der 270 Beispiele einer gesetzlichen Aufhebung: § 8 Abs. 2 StiftGNRW; § 9 Abs. 4 StiftGRP; § 6 Abs. 2 StiftGHam; § 13 Abs. 2 StiftGHess. 271 Beispiele einer gesetzlichen Anordnung: § 10 Abs. 1 StiftGBW; Art. 20 Abs. 4 StiftGBay; § 13 Abs. 2 StiftGHess; § 8 Abs. 2 StiftGNRW. 272 MEYN / GOTTSCHALD, Stiftungsaufsicht (2009), S. 1555; BACKERT, Stiftungsaufsicht (2008), S. 847. 273 MEYN / GOTTSCHALD, Stiftungsaufsicht (2009), S. 1553; HARTNICK, Kontrollprobleme bei Spendenorganisationen (2007), S. 603. 274 Siehe für eine Anzeigepflicht bei Veräußerung von Grundstücken mit einem Wert von über 100.000 Euro, § 7 Abs. 2 StiftGNRW. 275 Siehe für eine Anzeigepflicht bei Darlehensaufnahme, Bürgschaftsübernahme sowie bei Zuwendungen, wenn sie mit hohen Belastungen für das Stiftungsvermögen verbunden sind, § 13 Abs. 1 StiftGBW. 276 Genehmigungsvorbehalt u.a. bei der Annahme von belastenden Zuwendungen sowie dem Abschluss von Bürgschaftsverträgen, § 27 Abs. 1 StiftGBay.

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Genehmigungsvorbehalt als unnötige Gängelung der Stiftungen angesehen wurde. 277 Er habe außerdem wegen der schwebenden Unwirksamkeit der noch nicht genehmigten Rechtsgeschäfte zu Unsicherheiten im Rechtsverkehr geführt. 278 Weitere Bundesländer 279 verzichten mittlerweile ganz auf eine Anzeige- oder Genehmigungspflicht, was in der Literatur vielseitig begrüßt wird.280 Es besteht teilweise aber auch berechtigte Kritik an dieser Entwicklung. Mit dem Hinweis, dass die repressiven Rechtsmittel mangels Kenntnis der Stiftungsbehörden von Maßnahmen der Geschäftsführung oftmals ins Leere laufen, wird zumindest die Anzeigepflicht als notwendiges Mittel der wirksamen Stiftungsaufsicht befürwortet.281 Wenn Anzeigepflichten für Stiftungen nicht geregelt seien, bestehe die Gefahr, dass die Stiftungsbehörden von rechtswidrigen Beschlüssen erst nach deren Vollzug erfahren. Die repressiven Aufsichtsmittel würden bereits gegenwärtig oftmals keine Schutzwirkungen gegenüber den Stiftungen entfalten können. Die weitere Argumentation, dass Handelsgesellschaften einer solchen Anzeigepflicht auch nicht unterlägen,282 ist nicht überzeugend, da sie wegen ihrer Organisationsstruktur und ihres wirtschaftlichen Zwecks nur bedingt mit rechtsfähigen Stiftungen vergleichbar sind. ii.) Eingriffe in die Organisationsstruktur In allen Landesgesetzen besteht in Ausnahmefällen die Möglichkeit, dass einzelne Mitglieder von Stiftungsorganen durch die Stiftungsbehörden abberufen werden.283 Da die Abberufung tief in die Autonomie der Stiftung eingreift, ist dieses Aufsichtsmittel nur als ultima ratio vorgesehen. Es kommt beispielsweise in Betracht, wenn ein Mitglied des Stiftungsvorstands grob pflichtwidrig gehandelt hat oder zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung nicht mehr fähig ist.284 Als milderes Mittel kann die Stiftungsbehörde einem Mitglied auch die Amtsausübung zeitweilig untersagen. iii.) Informationsrechte Die Stiftungsbehörden prüfen nach allen Landesstiftungsgesetzen periodisch – meist jährlich – den Jahresbericht, die Vermögensübersicht und den Bericht

277

HARTNICK, Kontrollprobleme bei Spendenorganisationen (2007), S. 607. RICHTER, Stiftungsaufsicht (2009), S. 1531. 279 Vgl. Brandenburg, Niedersachen, Hamburg, Berlin, Hessen, Rheinland-Pfalz, Saarland. 280 HOF, Stiftungsaufsicht (2009), S. 371; RICHTER, Stiftungsaufsicht (2009), S. 1531 f. 281 BACKERT, Stiftungsaufsicht (2008), S. 835 ff. 282 HARTNICK, Kontrollprobleme bei Spendenorganisationen (2007), S. 607. 283 Vgl. § 12 Abs. 1 StiftGBW, § 15 Abs. 1 StiftGHess, § 7 Abs. 4 StiftGMV, § 9 Abs. 1 StiftGNRW. 284 Art. 21 Abs. 1 StiftGBay. 278

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3. Kapitel: Aufsichts- und Kontrollstruktur

über die Erfüllung des Stiftungszwecks.285 Aus diesen Dokumenten ergeben sich grundlegende Informationen für ein Gesamtbild der jeweiligen Stiftung und ihrer Aktivitäten. Bedarf die Behörde darüber hinaus weiterer Informationen, räumen die Landesstiftungsgesetze ihr ein eigenes Unterrichtungs-, Auskunfts- bzw. Vorlagerecht ein. Es bestehen jedoch erhebliche Unterschiede, unter welchen Voraussetzungen diese Informationsbeschaffungsrechte in Anspruch genommen werden dürfen. Während manche Bundesländer der Behörde jederzeit ein eigenständiges Unterrichtungsrecht einräumen,286 sind in anderen Ländern Anhaltspukte für einen Satzungs- oder Gesetzesverstoß der Stiftung erforderlich 287 . Zur weiteren Informationsbeschaffung können beispielsweise die Geschäfts- und Kassenbücher durchgesehen sowie Einsicht in Akten oder sonstige Unterlagen genommen werden. b. Aufsicht der japanischen Verwaltungsbehörde und der deutschen Finanzbehörde In Deutschland kann zwischen der Aufsicht im Veranlagungsverfahren und einer Außenprüfung der Finanzbehörden unterschieden werden. Bei der Aufsicht im Veranlagungsverfahren wird lediglich die Einhaltung der Gemeinnützigkeitskriterien überprüft. Die Steuerbefreiung soll nach dem Anwendungserlass alle drei Jahre erneut geprüft werden.288 Wird ein Verstoß gegen Vorschriften der Abgabenordnung festgestellt, hat der Rechtsträger die Differenz zu den unberechtigterweise in Anspruch genommenen Steuerbegünstigungen nachzuzahlen. Zu unterscheiden ist hierbei zwischen Verstößen, die zur Normalbesteuerung führen und solchen, die eine Nachbesteuerung 289 erforderlich machen. 290 Die einzelnen Verstöße sind durch die Finanzbehörden jedoch unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zu beurteilen. Zudem enthält das deutsche Steuerrecht Vorschriften über eine Außenprüfung der Finanzbehörde.291 In Japan wird die Einhaltung der Gemeinnützigkeitskriterien durch die Verwaltungsbehörden überprüft. Hierfür haben die Beratungsgremien die Kompetenz, Berichte der Rechtsträger einzufordern und eine Ortsbesichtigung zu vereinbaren. Wird ein Verstoß gegen Vorschriften des Anerkennungsgesetzes festgestellt, stehen den Finanzbehörden unterschiedliche Dis-

285

Vgl. § 7 Nr. 2 StiftGHess, § 7 Abs. 1 StiftGNRW, § 6 Abs. 2 StiftGbay, § 9 Abs. 2 Nr. 3 StiftGBW. 286 Vgl. § 9 Abs. 2 StiftGBW, Art. 20 Abs. 3 StiftGBay, § 11 Abs. 1 StiftGNds. 287 Vgl. § 7 Abs. 3 StiftGNRW, § 9 Abs. 3 StiftGRP. 288 AEAO 2008 Nr. 7 zu § 59. 289 §§ 61 Abs. 3, 62 Abs. 2 AO. 290 HARTNICK, Kontrollprobleme bei Spendenorganisationen (2007), S. 697. 291 § 193 Abs. 1 AO.

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ziplinierungsmaßnahmen zur Verfügung. Die strengste Maßnahme ist hierbei die Rücknahme der Gemeinnützigkeitsanerkennung. 4. Zusammenfassung Im Vergleich zur alten Rechtslage weisen Gewöhnliche Vereine und Stiftungen eine gänzlich neue Aufsichts- und Kontrollstruktur auf. Während gemeinnützige Vereine und Stiftungen a.F. bislang von ihrer Gründung an unter der staatlichen Aufsicht der zuständigen Behörden standen, sind Gewöhnliche Vereine und Stiftungen auf eine interne Kontrollstruktur und die gerichtliche Aufsicht angewiesen. Zu einer besseren internen Kontrollstruktur trägt bereits die geänderte Organisationsstruktur einen wesentlichen Teil bei. Gegenüber der alten Rechtslage wurden bei Gewöhnlichen Vereinen die Rechte der Mitgliederversammlung vielfältig gestärkt. Zudem bestehen auch Vorschriften zu Aufsichts- und Informationsrechten einzelner Mitglieder. Des Weiteren können die Mitglieder ihre Aufsicht auch vor Gericht mithilfe der Mitgliederund der Abberufungsklage durchsetzen. Die neuen Klagen wurden nach dem Vorbild des Gesellschaftsgesetzes eingeführt. Bei Gewöhnlichen Stiftungen können die meisten Aufsichtskompetenzen der Mitglieder auch von den Evaluierern wahrgenommen werden. Allerdings wurde keine Klage ähnlich der Mitgliederklage eingeführt. Der Gesetzgeber geht davon aus, dass seitens der Evaluierer bereits eine ausreichende Kontrolle gegenüber der Geschäftsführung erfolgt. Zudem muss bei Gewöhnlichen Stiftungen stets ein Revisor als zusätzliches Kontrollorgan gegenüber den Vorsitzenden bestellt werden. Bei Gewöhnlichen Vereinen ist die Bestellung dagegen bei kleinen Rechtsträgern freiwillig. Der Rechtsvergleich zeigt, dass eine interne Kontrollstruktur in Deutschland für das Vereinsrecht nur in Ansätzen besteht. Eine Aufsicht kann für eingetragene Vereine nur durch die Mitglieder erfolgen. Ihre gesetzlichen Aufsichtsrechte sind jedoch nicht so stark ausgestaltet wie im japanischen Vereinsrecht. Eine der Mitgliederklage vergleichbare Klage, die sog. actio pro socio, wird von der vorherrschenden Meinung bislang überwiegend abgelehnt. Demgegenüber erfolgt bei rechtsfähigen Stiftungen weiterhin eine staatliche Aufsicht durch die Stiftungsbehörden. Hierfür stehen ihnen unterschiedliche verwaltungsrechtliche Maßnahmen zur Verfügung, die jedoch nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprechend auszuwählen sind. Es zeichnet sich jedoch zunehmend die Tendenz ab, auf präventive Aufsichtsmittel in Form von Anzeige- und Genehmigungserfordernissen zu verzichten. In beiden Ländern unterliegen gemeinnützige Vereine und Stiftungen einer zusätzlichen behördlichen Kontrolle. Sie erfolgt in Japan durch die allgemeinen Verwaltungsbehörden und in Deutschland durch die Finanzbehörden. Es wird jeweils geprüft, ob die Rechtsträger noch die materiellen Gemein-

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3. Kapitel: Aufsichts- und Kontrollstruktur

nützigkeitserfordernisse erfüllen. Wird ein Verstoß festgestellt, so stehen den Verwaltungsbehörden in Japan verschiedene Disziplinierungsmaßnahmen zur Verfügung. Im äußersten Fall kann dem Rechtsträger die Gemeinnützigkeit aberkannt werden. In Deutschland kann lediglich je nach Ausmaß des Verstoßes eine Steuernachzahlung erforderlich werden.

Schlussfolgerung Die Reform der Vereine und Stiftungen des Zivilgesetzes a.F. aus dem Jahr 2006 beschränkt sich nicht auf rein kosmetische Gesetzesänderungen. Vielmehr wurden durch das Vereins- und Stiftungsgesetz zwei gänzlich neue Rechtsträger geschaffen, deren Organisationsstrukturen und detaillierte Vorschriften den Rechtsträgern des Gesellschaftsgesetzes ähneln. Anders als die Rechtsträger des Gesellschaftsgesetzes, dürfen Gewöhnliche Vereine und Stiftungen nicht auf Gewinnerzielung gerichtet sein. Daneben können sie aber nunmehr zu allen rechtmäßigen Zwecken gegründet werden. Damit hat der japanische Gesetzgeber sich von seiner bisherigen Dogmatik, dass nur bestimmte Rechtsträger ausschließlich für gemeinnützige Zwecke gegründet werden können, verabschiedet. Die Reform hat daher grundlegende Bedeutung für das gesamte System der Rechtsträger in Japan. Die alte Rechtslage wurde vor allem wegen der starken Anbindung der Rechtsträger an den Staat kritisiert. Ein direktes staatliches Eingreifen in die Struktur der Rechtsträger ist nach den Vorschriften des Vereins- und Stiftungsgesetzes nur noch bedingt möglich. Gewöhnliche Vereine und Stiftungen können nunmehr ohne staatliche Genehmigung gegründet werden. Sie erlangen die Rechtsfähigkeit durch Registereintragung am Sitz ihrer Hauptgeschäftsstelle. Die Registerbehörde prüft nur die Erfüllung der Gründungsvoraussetzungen und die Vollständigkeit der einzureichenden Unterlagen. Das Verfahren ist umfassend gesetzlich geregelt und teilweise vereinfacht worden. Beispielsweise kann nunmehr auch eine Gründung auf elektronischem Wege erfolgen und die am Nebensitz einzureichenden Dokumente sind auf ein Minimum beschränkt worden. Daneben ist ein staatliches Eingreifen auch bei Auflösung der Rechtsträger kaum noch möglich. Mangels Gründungsgenehmigung kann eine Behörde die Rechtsträger nicht mehr durch Widerruf der Genehmigung auflösen. Eine staatliche Auflösung ist nur noch durch die Gerichte auf Antrag oder durch Klageeinreichung nach einem förmlichen Verfahren zulässig. Für die Anerkennung als gemeinnütziger Verein oder gemeinnützige Stiftung ist dagegen weiterhin eine staatliche Genehmigung erforderlich, deren Voraussetzungen im Anerkennungsgesetz detailliert und konkret geregelt sind. Zudem werden die zuständigen Verwaltungsbehörden bei der Beurteilung der Gemeinnützigkeit durch Beratungsgremien unterstützt. Die Gremien setzen sich aus Praktikern und Wissenschaftlern des

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Schlussfolgerung

Gemeinnützigkeitssektors zusammen. Anders als unter der alten Rechtslage steht den Rechtsträgern gegen eine Ablehnung ihres Antrags auf Anerkennung der Rechtsweg offen. Ein weiterer Kritikpunkt an der alten Rechtslage betraf die Praxis von amakudari. Vorschriften, die eine Versetzung von Staatsbediensteten in den Vorstand Gewöhnlicher Vereine und Stiftungen unterbinden, finden sich weder im Vereins- und Stiftungsgesetz noch im Anerkennungsgesetz. Das liegt jedoch daran, dass es sich hierbei nicht speziell um ein Problem der gemeinnützigen Rechtsträger handelt,1 sondern allgemein des Staatsbedienstetensystems in Japans. Die Praxis von amakudari ist auch bei anderen Rechtsträgern der Privatwirtschaft üblich.2 In der Politik setzt man sich in den letzten Jahren eingehend mit der Thematik auseinander. Der Gesetzgebungsprozess zur Reform des Staatsbedienstetengesetzes 3 ist hierbei noch längst nicht abgeschlossen.4 Die Weitläufigkeit des Problems wurde in jüngster Zeit auch im Zusammenhang mit der Katastrophe des Atomkraftwerks in Fukushima deutlich. Führende Posten im Unternehmen des Kraftwerkbetreibers Tepco wurden in der Vergangenheit mit ehemaligen Staatsbediensteten aus dem Ministerium für Wirtschaft und Industrie besetzt. Das gleiche Ministerium beaufsichtigt auch die Atomsicherheitsbehörde. Es ist daher nicht auszuschließen, dass die Arbeit der Kontrolleure der Atomsicherheitsbehörde auch von den früheren Beziehungen der Tepco-Funktionäre zum Ministerium beeinflusst wird.5 Schließlich wurde auch die finanzielle Abhängigkeit der früheren Rechtsträger durch staatliche Spenden und Subventionen kritisiert. Infolge einer Steuerreform sind die Steuerbedingungen zugunsten der neuen Rechtsträger vielfältig verbessert worden. Der größte Unterschied zur alten Rechtslage besteht in der Neuregelung des privaten Spendenrechts. Während für Privatpersonen bislang nur Spenden an bestimmte gemeinnützige Rechtsträger anerkannt wurden, sind nunmehr die Spenden an alle gemeinnützigen Vereine und Stiftungen abzugsfähig. Zudem wurden die Spenden von Privatpersonen weitgehend den Spenden juristischer Personen gleichgestellt und die Abzugshöchstgrenze wurde für beide erhöht. Unter bestimmten Voraussetzungen sind schließlich auch Gewöhnliche Vereine und Stiftungen ohne Gemeinnüt1

Interview mit Tasuo Ohta, SASAKAWA PEACE FOUNDATION, Newsletter 56 (2007), S. 2. DERICHS / LUKNER, Japan (2008), S. 264. 3 Kokka kōmu-in hō (Staatsbedienstetengesetz), Gesetz Nr. 120 / 1947 i.d.F. des Gesetzes Nr. 108 / 2007. 4 Zum aktuellen Stand der Reform siehe Kokka kōmu-in seido kaikaku suishin honbu jimu-kyoku (Hauptbüro zum Vorantreiben der Staatsbedienstetenreform), (11.11.2010); sowie ITŌ, Issue Brief 671 (2010); IMANAKA, Civil Service Reform (2010) m.w.N. 5 TERNIEDEN, HENDRIK, „Japans Atomgigant Tepco“, (29.04.11). 2

Schlussfolgerung

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zigkeitsanerkennung steuerbegünstigt. Im Ergebnis sind die neuen Rechtsträger durch die genannten Regelungen finanziell wesentlich besser gestellt als die alten zivilgesetzlichen Rechtsträger. Es sind vielfältig Spendenanreize geschaffen worden, so dass sie nicht mehr ausschließlich auf staatliche Finanzierungshilfen angewiesen sind. Zudem werden infolge der Verwaltungsreform auch die beliehenen verwaltungsnahen gemeinnützigen Rechtsträger (gyōsei itaku-gata kōeki hōjin) grundlegend reformiert und überwiegend abgeschafft. Schließlich treten auch neue Formen der Kooperation zwischen dem Staat und den Rechtsträgern auf, beispielsweise durch private finance initiatives. Je nach Ausgestaltung der vertraglichen Beziehung können hierdurch aber neue Abhängigkeiten geschaffen werden. Infolge der Reform ist für Gewöhnliche Vereine und Stiftungen eine neue gesetzliche Aufsichts- und Kontrollstruktur eingeführt worden. Während gemeinnützig anerkannte Vereine und Stiftungen weiterhin unter der laufenden Aufsicht der Verwaltungsbehörden stehen, ist eine behördliche Aufsicht Gewöhnlicher Vereine und Stiftungen nach dem Vereins- und Stiftungsgesetz nicht mehr vorgesehen. Eine Aufsicht erfolgt nunmehr für letztere Rechtsträger vor allem durch die neue interne Organisationsstruktur und die Gerichte. Anders als im Zivilgesetz a.F. bestehen im Vereins- und Stiftungsgesetz differenzierte Vorschriften zur Organisationsstruktur sowie zu den einzelnen Rechten und Pflichten der Organe. Für Gewöhnliche Vereine sind mindestens zwei Mitglieder vorgeschrieben, die die Vositzenden bestellen. Diese Grundstruktur kann jedoch um einen Revisor und einen Rechnungsprüfer erweitert werden. Das Gesetz sieht zudem bei Gewöhnlichen Vereinen bestimmten Umfangs die Pflicht zur Bestellung weiterer Organe vor. Da die Gewöhnliche Stiftung keine Mitglieder hat, die die Vorsitzenden beaufsichtigen könnten, besteht für den Gründer die Pflicht Evaluierer zu bestellen. Sie haben weitgehend ähnliche Kompetenzen wie die Mitgliederversammlung, jedoch können sie nicht an der grundlegenden Willensbildung des Rechtsträgers teilnehmen. Entsprechend fehlt ihnen die Kompetenz zur Auflösung des Rechtsträgers und sie können nur in Aunahmefällen eine Satzungsänderung oder die Abberufung der Vorsitzenden bewirken. Zudem muss für eine Gewöhnliche Stiftung stets ein Revisor bestellt werden, da anders als bei Gewöhnlichen Vereinen stets ein nicht unerhebliches Grundvermögen zu verwalten ist. Im Hinblick auf die interne Aufsichtsstruktur bei Gewöhnlichen Vereinen ist die Stellung der Mitgliederversammlung und der Mitglieder gegenüber den Vorsitzenden erheblich gestärkt worden. Im Gegensatz zur alten Rechtslage wurden die unabdingbaren Rechte der Mitgliederversammlung erweitert. Für bestimmte grundlegende Entscheidungen bedarf es nunmehr einer qualifizierten Stimmenmehrheit, die nicht zu Lasten der Mitglieder gesenkt werden kann. Daneben wurden auch Minderheitenrechte und die Rechte des einzelnen Mitglieds gestärkt. Aussagekräftige Beispiele sind die Einführung einer Mitglieder- und einer Abberufungsklage nach gesellschaftsrechtlichem Vor-

242

Schlussfolgerung

bild. Beide Klagearten ermöglichen erstmals eine gerichtlich durchsetzbare Aufsicht der Geschäftsführung durch die Mitglieder. Für Gewöhnliche Stiftungen wurden zur Aufsicht der Geschäftsführung die Einzelkompetenzen der Evaluierer stark ausgestaltet, weshalb hierbei auch auf eine direkte Klageart gegenüber der Geschäftsführung verzichtet wurde. Daneben wurden dem Revisor als Kontrollorgan der Geschäftsführung entsprechende gesetzliche Kompetenzen übertragen. Er ist beispielsweise verpflichtet, an den Sitzungen eines Vorstands teilzunehmen und hat ein Mitspracherecht bei personellen Entscheidungen. Zudem hat er zur Erfüllung seiner Aufsichtsfunktion umfassende Untersuchungs- und Einsichtnahmerechte in die rechtsträgerinternen Geschäfte. Für gemeinnützige Vereine und Stiftungen besteht weiterhin eine staatliche Aufsicht durch die Verwaltungsbehörden. Für die Aufsicht der laufenden Verwaltung haben die Rechtsträger ihnen jährlich die Rechnungslegungsdokumente einzureichen. Die Verwaltungsbehörde prüft hierbei, ob weiterhin die Voraussetzungen der Gemeinnützigkeit erfüllt werden. Zudem haben die Behörden im Fall einer Verschmelzung und einer Änderung des Tätigkeitsortes einen Genehmigungsvorbehalt. Daneben stehen den Behörden im Anerkennungsgesetz verschiedene Disziplinierungsmaßnahmen gegenüber den Rechtsträgern zur Verfügung. Sie werden bei den Aufsichts- und Untersuchungsmaßnahmen durch das Beratungsgremium unterstützt. Im äußersten Fall können sie die Gemeinnützigkeitsanerkennung widerrufen. Auffällig hierbei ist, dass die Behörden verpflichtet sind, alle rechtlichen Maßnahmen öffentlich bekannt zu geben. Die Öffentlichkeit kann sich daher leicht ein Bild von der Praxis der jeweiligen Behörde machen. Die tiefgreifenden Veränderungen im Recht der japanischen Vereine und Stiftungen können aus deutscher Sicht nur erstaunen. Hierzulande wird die Einführung einzelner neuer Paragraphen im Vereins- und Stiftungsrecht bereits als grundlegende Reform gefeiert. Es bleibt nunmehr abzuwarten, wie in Japan die neuen Regelungen in der Praxis aufgenommen werden. Die Anzahl der Neugründungen Gewöhnlicher Vereine und Stiftungen in Höhe etwa der Hälfte alter Rechtsträger,6 lässt bislang auf eine positive Resonanz schließen. Die Tatsache, dass bisher nur ein Antrag auf Anerkennung der Gemeinnützigkeit abgelehnt wurde, verdeutlicht bereits jetzt einen grundlegenden Wandel im staatlichen Umgang mit gemeinnützigen Vereinen und Stiftungen.

6 Siehe dazu die statistische Bestandsaufnahme der alten und neuen Rechtsträger im Anhang.

Anhang I. Bestandsaufnahme gemeinnütziger Rechtsträger anhand von Statistiken

I. Bestandsaufnahme gemeinnütziger Rechtsträger anhand von Statistiken Der nachfolgende Abschnitt gibt einen kurzen Überblick über gemeinnützige Rechtsträger in beiden Ländern. Der Vergleich beschränkt sich auf die jeweilige Anzahl der Rechtsträger sowie die Anzahl der Neugründungen in den letzten Jahren. Eine Bestandsaufnahme der gemeinnützigen Rechtsträger stößt in beiden Ländern auf unterschiedliche Schwierigkeiten der Datenerfassung. In Japan ist der Staat bemüht, in einem Weißbuch jährlich die aktuellen Zahlen und geänderten Statistiken zu gemeinnützigen Rechtsträgern zu veröffentlichen.1 Zudem hat die Gesellschaft für gemeinnützige juristische Personen eine eigene Internetseite zur Datenerfassung eingerichtet, die stets die aktuellen Zahlen der gemeinnützigen Rechtsträger anzeigt.2 Es bestehen daher landesweite Vergleichsdaten der Rechtsträger vor und nach der Reform des Zivilgesetzes vom Jahr 2008. Bei den aktuellen Statistiken muss jedoch beachtet werden, dass die Übergangszeit für gemeinnützige Vereine und Stiftungen a.F. erst im Dezember 2013 abläuft. Mit dem Ablauf der Übergangszeit müssen die Rechtsträger eine neue Rechtsform gewählt haben. Es ist jedoch nicht sicher, dass sich alle bisherigen gemeinnützigen Rechtsträger a.F. auch als gemeinnützige Rechtsträger im Sinne des Anerkennungsgesetzes qualifizieren werden. Landesweite Vergleichsstatistiken wie in Japan lassen sich für gemeinnützige Rechtsträger in Deutschland bislang nicht finden. Erst in den letzten Jahren sind verschiedene Projekte zur einheitlichen Datenerfassung gemeinnützigen Handelns angeregt worden.3 Ein wesentliches Problem besteht darin, dass eingetragene Vereine und rechtsfähige Stiftungen zwar durch die Register der Amtsgerichte und Stiftungsbehörden erfasst werden, diese die Daten 1

Zuletzt veröffentlicht im Jahr 2008, SŌMU-SHŌ, Heisei 20 nen han kōeki hōjin hakusho (2008). 2 Kōeki hōjin kyōkai (Gesellschaft gemeinnütziger juristischer Personen), . 3 Siehe SPENGLER, Informationssystems Zivilgesellschaft (2009), S. 8 f. für eine Übersicht verschiedener Projekte zur Datenerhebung in Deutschland.

244

Anhang

jedoch nicht an ein zentrales Register weiterleiten. Auch ein Zentralregister für steuerbegünstigte gemeinnützige Körperschaften besteht bislang nicht. 1. Japan In Japan waren gemeinnützige Vereine und Stiftungen a.F. bislang nur zwei von mehreren verbreitet genutzten gemeinnützigen Rechtsträgern. Sie waren jedoch lange Zeit hinter den Religionskörperschaften die größte Gruppe gemeinnütziger Rechtsträger und zudem die einzigen, die für verschiedene Zwecke errichtet werden konnten. Mit dem Rechtsträger Non-Profit-Organisation ist ein weiterer Rechtsträger hinzugekommen. Die Anzahl der Gründungen von Non-Profi-Organisationen ist in den letzten Jahren rasant angestiegen. Mittlerweile übersteigen sie die Anzahl der Gründungen von gemeinnützigen Vereine und Stiftungen a.F., deren Anzahl in den letzten Jahren weitgehend konstant geblieben ist. Ausschlaggebend für den Zuwachs an Neugründungen bei Non-Profit-Organisationen waren die bisher schwierigen Gesetzesbedingungen zur Gründung gemeinnütziger Vereine und Stiftungen a.F. Grafik 14

Stand der gemeinnützigen Rechtsträger vor der Reform4

Rechtsträger Religionskörperschaften Soziale Wohlfahrtskörperschaften Non-Profit-Organisationen Gemeinnützige Vereine und Stiftungen des ZG a.F. Schulkörperschaften

Grafik 15

Gesamtzahl

Stand

182.868 18.634 31.116 24.648 7.884

31.12.2006 31.03.2007 31.03.2007 1.10.2007 1.04.2007

Non-Profit-Organisationen und gemeinnützige Vereine und Stiftungen a.F.

40000 30000 20000 10000 0

1 2 3 4 5 6 7 8 9 Jan. 99 Jan. 00 Jan. 01 Jan. 02 Jan. 03 Jan. 04 Jan. 05 Jan. 06 Jan.07 Gemeinnützige Vereine und Stiftungen a.F.

4

Non-Profit Organisationen

Quelle: SŌMU-SHŌ, Heisei 20 nen han kōeki hōjin hakusho (2008), S. 51.

I. Bestandsaufnahme gemeinnütziger Rechtsträger anhand von Statistiken

245

Im Vergleich zur alten Rechtslage haben sich die Gründungsvoraussetzungen für die neuen Rechtsträger, d.h. die Gewöhnlichen Vereine und Stiftungen, erheblich vereinfacht. Ob es aufgrund der geänderten Gesetzeslage nunmehr zu einem Anstieg von Neugründungen bei Gewöhnlichen Vereinen und Stiftungen auf Kosten der Non-Profit-Organisationen kommt, ist anhand der bisherigen Statistiken noch nicht ersichtlich. Für Non-Profit-Organisationen ist jedoch weiterhin die geringe Anzahl der spendenrechtlich begünstigten Non-Profit-Organisationen von 190 im Verhältnis zu 41.411 insgesamt registrierten Non-Profit-Organisationen auffällig. Grafik 16

Aktueller Stand der neuen gemeinnützigen Rechtsträger5

Rechtsträger Gemeinnützige Vereine und Stiftungen des ZG a.F. Gewöhnliche Vereine und Stiftungen Gemeinnützige Vereine und Stiftungen Non-Profit-Organisationen Anerkannte Non-Profit-Organisationen

Gesamtzahl

Stand

23.982

1.12.2009

9.484 629 41.411 190

31.08.2010 31.12.2010 31.11.2010 16.01.2011

2. Deutschland In Deutschland dominieren nach wie vor eingetragene Vereine und mit einigem Abstand rechtsfähige Stiftungen die Landschaft der gemeinnützigen Rechtsträger. 6 Es wurde für das Jahr 2008 eine Gesamtanzahl von 554.401 eingetragenen Vereinen ermittelt, von denen Schätzungen zufolge ca. 80 % als gemeinnützig anerkannt sind.7 Demgegenüber bestanden im Jahr 2010 nur 18.162 rechtsfähige Stiftungen. 8 Für rechtsfähige Stiftungen wird davon ausgegangen, dass über 90 % als gemeinnützig anerkannt sind.9 Beide Rechtsträger verzeichnen seit Jahren einen ständigen Zuwachs an Neugründungen. 10 Besonders hoch ist die Zahl der jährlichen Neugründungen rechtsfähiger Stiftungen. Während im Jahr 1990 nur 181 rechtsfähige Stiftungen neu gegründet wurden, waren es im Jahr 2009 schon 914.11 Seit einigen Jahren spricht man daher im deutschen Stiftungssektor auch von einem 5 Quelle: Kōeki hōjin kyōkai (Gesellschaft für gemeinnützige juristische Personen), (20.02.2011). 6 STOCK, NZG (2001), S. 440. 7 FRANZEN / BOTZEN, Vereinsstruktur (2009), S. 53. 8 Bundesverband Deutscher Stiftungen, Stiftungen in Zahlen 2010, (04.04.2011). 9 WALZ, JZ (2002), S. 270. 10 SPENGLER, Informationssystems Zivilgesellschaft (2009), S. 7. 11 Bundesverband Deutscher Stiftungen, Stiftungen in Zahlen 2010, (04.04.2011).

246

Anhang

„Stiftungsboom“. In jüngerer Zeit wird auch vermehrt die Rechtsform der GmbH für gemeinnütziges Handeln verwendet. 12 Allerdings ist die Rechtsform für kleinere Organisationen gegenüber dem Verein unattraktiver, da eine GmbH zur Gründung ein Stammkapital von 25.000 Euro voraussetzt. 13 Zudem sind auch die umfangreicheren Gesetzespflichten der GmbH abschreckend, beispielsweise die Erstellung eines Jahresabschlusses nach allgemein anerkannten kaufmännischen Grundsätzen.14 3. Vergleich Der statistische Vergleich beider Länder ergibt, dass in Deutschland eingetragene Vereine als gemeinnützige Rechtsträger dominieren, während in Japan die Landschaft der gemeinnützigen Rechtsträger heterogener gestaltet ist. Jedoch reduziert sich die Zahl der allgemein zu verschiedenen Zwecken genutzten Rechtsträger auf drei Rechtsträger: die Non-Profit-Organisationen sowie Gewöhnliche Vereine und Stiftungen. Anders als in Deutschland waren unter der alten Rechtsordnung gemeinnützige Vereine und Stiftungen a.F. zahlenmäßig ungefähr gleichstark vertreten. Demgegenüber ist die Zahl der Non-Profit-Organisationen mittlerweile doppelt so hoch ist wie die Anzahl der gemeinnützigen Vereine und Stiftungen a.F. zusammen. Wie sich die neuen Rechtsträger der Gewöhnlichen Vereine und Stiftungen statistisch auswirken, ist noch nicht absehbar. Im Ländervergleich weiterhin auffällig ist die Anzahl der spendenbegünstigten Rechtsträger. Während in Deutschland über 80 % der Vereine und 90 % der Stiftungen als gemeinnützig anerkannt und damit spendenbegünstigt werden, sind bislang nur ca. 0,5 % der Non-ProfitOrganisationen spendenbegünstigt. Eine ähnliche Entwicklung zeichnet sich für das Verhältnis der gemeinnützigen Vereine und Stiftungen ab. Bislang sind lediglich 10 % der Gewöhnlichen Vereine und Stiftungen als gemeinnützig anerkannt und damit spendenbegünstigt. 15

12

Siehe zur gemeinnützigen GmbH PRIESTER, GmbHR 3 (1999), S. 149 ff. § 5 Abs. 1 GmbHG. 14 STOCK, NZG (2001), S. 446. 15 (6.04.2011). 13

II. Angaben bei der Registereintragung in Japan und Deutschalnd

Grafik 17

247

Vergleich der Anzahl gemeinnütziger Vereine und Stiftungen (vor der Reform in Japan) Japan

Deutschland Gemeinnützige Stiftungen

Gemeinnützige Stiftungen a.F.

Gemeinnützige Vereine 16.345 (2010)

Gemeinnützige Vereine a.F.

435.520 (2008)

12.530 (2007)

12.118 (2007)

II. Angaben bei der Registereintragung in Japan und Deutschland

II. Angaben bei der Registereintragung in Japan und Deutschalnd

1. Angaben bei der Registereintragung Gewöhnlicher Vereine, Art. 301 Abs. 2 VSG − − − − − − − − − − − − − −

Zweck Bezeichnung Sitz und Adresse der Haupt- und Nebengeschäftsstelle Bestandsdauer des Gewöhnlichen Vereins und gegebenenfalls Bestimmungen zu Auflösungsgründen in der Satzung Namen der Vorsitzenden Name und Adresse des vertretungsberechtigten Vorsitzenden Angaben dazu, ob ein Vorstand eingerichtet wurde Angaben dazu, ob ein Revisor bestellt wurde, und gegebenenfalls dessen Namen Angaben dazu, ob ein Rechnungsprüfer bestellt wurde, und gegebenenfalls dessen Namen Angaben dazu, ob eine Person nach Art. 75 Abs. 4 VSG bestellt wurde, die vorläufig die Geschäfte eines Rechnungsprüfers wahrnimmt, und gegebenenfalls dessen Namen und Bezeichnung Gegebenenfalls eine Satzungsbestimmung über eine Haftungsbefreiung für einen Funktionsträger nach Art. 114 Abs. 1 VSG Gegebenenfalls eine Satzungsbestimmung über einen Haftungsbeschränkungsvertrag mit einem außenstehenden Funktionsträger nach Art. 115 Abs. 1 VSG Angaben darüber, ob es sich bei dem außenstehenden Funktionsträger nach Nr. 12 um einen außenstehenden Vorsitzenden handelt Angaben darüb, ob es sich bei dem außenstehenden Funktionsträger nach Nr. 12 um

248 −

− −

Anhang einen außenstehenden Revisor handelt Werden Maßnahmen nach Art. 128 Abs. 3 VSG ergriffen, richten sich die notwendigen Angaben, die es einer unbestimmten Anzahl von Personen ermöglichen, die Informationen der Bilanz des gleichen Artikels Abs. 1 auf elektronischem Weg zu erhalten, nach den Vorschriften der entsprechenden Regierungsverordnung. Art und Weise der Veröffentlichung Wird für die Art und Weise der Veröffentlichung der vorangegangenen Angaben der elektronische Weg gewählt, gelten die nachfolgenden Vorgaben - Die notwendigen Angaben, die es einer unbestimmten Anzahl von Personen ermöglichen, den veröffentlichten Inhalt auf dem elektronischen Weg zu erhalten, richten sich nach den Vorschriften der entsprechenden Regierungsverordnung. - Gegebenenfalls eine Satzungsbestimmung nach Art. 331 Abs. 2 VSG

2. Angaben bei der Registereintragung Gewöhnlicher Stiftungen, Art. 302 Abs. 2 VSG − − − − − − − − − − − − −

− −

Zweck Bezeichnung Sitz und Adresse der Haupt- und Nebengeschäftsstelle Bestandsdauer der Gewöhnlichen Stiftung und gegebenenfalls Bestimmungen zu Auflösungsgründen in der Satzung Namen der Evaluierer, der Vorsitzenden und des Revisors Name und Adresse des vertretungsberechtigten Vorsitzenden Angaben dazu, ob ein Rechnungsprüfer bestellt wurde, und gegebenenfalls der Name des Rechnungsprüfers Angaben dazu, ob eine Person nach Art. 177 i.V.m. Art. 75 Abs. 4 VSG bestellt wurde, die vorläufig die Geschäfte eines Rechnungsprüfers wahrnimmt, und gegebenenfalls dessen Namen und Bezeichnung Gegebenenfalls eine Satzungsbestimmung über eine Haftungsbefreiung für einen Funktionsträger nach Art. 198 i.V.m. Art. 114 Abs. 1 VSG Gegebenenfalls eine Satzungsbestimmung über einen Haftungsbeschränkungsvertrag mit einem außenstehenden Funktionsträger nach Art. 198 i.V.m. Art. 115 Abs. 1 VSG Angaben darüber, ob es sich bei dem außenstehenden Funktionsträger nach Nr. 10 um einen außenstehenden Vorsitzenden handelt Angaben darüber, ob es sich bei dem außenstehenden Funktionsträger nach Nr. 10 um einen außenstehenden Revisor handelt Werden Maßnahmen nach Art. 199 i.V.m.Art. 128 Abs. 3 VSG ergriffen, richten sich die notwendigen Angaben, die es einer unbestimmten Anzahl von Personen ermöglichen, die Informationen der Bilanz des gleichen Artikels Abs. 1 auf elektronischem Weg zu erhalten, nach den Vorschriften der entsprechenden Regierungsverordnung. Art und Weise der Veröffentlichung Wird für die Art und Weise der Veröffentlichung der vorangegangenen Nummer der elektronische Weg gewählt, gelten die nachfolgenden Vorgaben. - Die notwendigen Angaben, die es einer unbestimmten Anzahl von Personen ermöglichen den veröffentlichten Inhalt auf dem elektronischen Weg zu erhalten, richten sich nach den Vorschriten der entsprechenden Regierungsverordnung. - Gegebenenfalls eine Satzungsbestimmung nach Art. 331 Abs. 2 VSG

III. Gemeinnützigkeitserfordernis in Japan und Deutschland

249

3. Satzungserfordernisse eines eingetragenen Vereins in Deutschland16 Die Satzung ist von mindestens sieben Mitgliedern zu unterschreiben und hat die Angabe des Tages der Errichtung (Tag der Annahme in der Gründungsversammlung) zu enthalten. Nachfolgend sind die Mindestangaben der Satzung eines eingetragenen Vereins aufgelistet. Name (muss sich von den Namen anderer Vereine am Ort unterscheiden), §§ 57, 65 BGB Sitz, §§ 57, 24 BGB Nicht wirtschaftlicher Zweck, §§ 57, 21 BGB Eintragungsabsicht (ausdrückliche Nennung empfiehlt sich, da der Zusatz „e.V.“ im Namen die Eintragungsabsicht möglicherweise nicht ausreichend signalisiert), § 57 BGB Eintritt (Personenkreis, Form und Adressat der Beitrittserklärung, Aufnahmeverfahren), § 58 Nr. 1BGB Austritt (freiwilliger Austritt muss möglich sein; Form, Zeitpunkt, Ausschluss, Ausschlussgründe), § 58 Nr. 1BGB Beiträge (ob und welche; Angabe der Höhe nicht erforderlich), § 58 Nr. 2 BGB Vorstand (Zahl der Vorstandsmitglieder, Wahl, evtl. Amtsdauer und Vertretungsregelung, §§ 58 Nr. 3, 26 BGB Voraussetzung der Berufung der Mitgliederversammlung, § 58 Nr. 4 BGB - In den durch Satzung bestimmten Fällen, §§ 36, 37, 40 BGB - Wenn das Interesse des Vereins es erfordert (zwingendes Recht), §§ 36, 40 BGB - Wenn der in der Satzung bestimmte Teil von Mitgliedern dies verlangt (dieser Anteil muss weniger als 50 % bzw. 1/2 betragen, die zahlenmäßige Angabe – z.B. 10 Mitglieder – ist unzulässig) oder – falls in der Satzung nicht geregelt – 1/10 der Mitglieder dies verlangt (zwingendes Recht), §§ 37 Abs. 1, 40 BGB Form der Berufung der Mitgliederversammlung (z.B. schriftlich oder durch Aushang oder in einer bestimmten Zeitung; mit Tagesordnung; Leitung der Mitgliederversammlung, evtl. Einladungsfrist), § 58 Nr. 4 BGB Beurkundung der Beschlüsse der Mitgliederversammlung (Protokollbuch, Niederschrift, von wem zu unterschreiben), § 58 Nr. 4 BGB

− − − − − − − − −

− −

III. Gemeinnützigkeitserfordernis in Japan und Deutschland

III. Gemeinnützigkeitserfordernis in Japan und Deutschland

1. Beigefügte Tabelle bzgl. gemeinnütziger Geschäfte i.S.d. Art. 2 Abs. 4 AnerkennG Geschäft, das auf die Förderung von Lehre und Wissenschaft gerichtet ist Geschäft, das auf die Förderung von Kultur und Kunst gerichtet ist Geschäft, das auf die Unterstützung von Behinderten oder Hilfsbedürftigen und Geschädigte von Unfällen, Katastrophen und Verbrechen gerichtet ist

− − −

16

Amtsgericht Frankfurt am Main, Merkblatt für Vereine – Neugründung und Ersteintragung, (3.11.2010).

250 − − − − − − − − − − − − − − − − − − − −

Anhang Geschäft, das auf die Förderung der Wohlfahrt älterer Personen gerichtet ist Geschäft, das auf die Unterstützung bei der Arbeitssuche von Personen, die den Willen zu arbeiten haben, gerichtet ist Geschäft, das auf die Besserung des Gesundheitswesens gerichtet ist Geschäft, das auf ein gesundes Aufziehen von Kindern und Jugendlichen gerichtet ist Geschäft, das auf die Besserung der Wohlfahrt von Arbeitern gerichtet ist Geschäft, das durch Erziehung, Sport, etc. sich der gesunden Entwicklung von Körper und Geist der Bürger widmet und auf die Pflege einer vielseitigen menschlichen Natur gerichtet ist Geschäft, das auf die Verhinderung von Verbrechen und die Bewahrung der Sicherheit gerichtet ist Geschäft, das auf die Prävention von Unfällen und Katastrophen gerichtet ist Geschäft, das auf die Verhinderung sowie die Überwindung von ungerechtfertigter Diskriminierung und Vorurteilen wegen der Rasse, des Geschlechts und aus anderen Gründen gerichtet ist Geschäft, das auf die Achtung und den Schutz der Gedanken- sowie der Gewissensfreiheit, der Religionsfreiheit und der Äußerungsfreiheit gerichtet ist Geschäft, das auf die Förderung der Errichtung einer für Männer und Frauen gleichermaßen geeigneten Gesellschaft oder einer anderen besseren Gesellschaft gerichtet ist Geschäft, das auf die Förderung internationalen, gegenseitigen Verständnisses sowie wirtschaftlicher Zusammenarbeit mit sich entwickelnden Regionen im Ausland gerichtet ist Geschäft, das auf den Erhalt der globalen Umwelt und den Schutz sowie die Wiederherstellung der natürlichen Umwelt gerichtet ist Geschäft, das auf die Nutzung, die Wiederherstellung und den Erhalt des eigenen Staatsgebiets gerichtet ist Geschäft, das zur Gewährleistung einer gesunden Führung der nationalen Politik beiträgt Geschäft, das auf die gesunde Entwicklung des Gemeinwesens gerichtet ist Geschäft, das auf die Gewährleistung sowie die Förderung der Gelegenheit zu fairer und freier wirtschaftlicher Betätigung und das auf die weitere Stabilisierung bürgerlichen Lebens durch wirtschaftliche Betätigung gerichtet ist Geschäft, das auf die Gewährleistung der beständigen Versorgung mit Gütern, Energie etc., die für das bürgerliche Leben unerlässlich sind, gerichtet ist Geschäft, das auf den Schutz und die Förderung der Interessen des allgemeinen Verbrauchers gerichtet ist Weitere zu den in den vorangehenden Nummern genannte, im öffentlichen Interesse liegende Geschäfte, die als solche in einer Kabinettsverordnung bestimmt sind

2. Tätigkeitsbereiche der Kontrollpunkte der Anerkennungsrichtlinie, S. 37 der Anerkennungsrichtlinie − − − − − −

Prüfung und Genehmigung Qualifikationsbescheinigung Vorlesung, Seminar oder Ausbildung Erlebnisaktivität Beratung und Ratschlag Untersuchung und Materialsammlung

III. Gemeinnützigkeitserfordernis in Japan und Deutschland − − − − − − − − − − −

251

Technologische Entwicklung, Forschung und Entwicklung Kampagne etc. Ausstellung oder Show Museumsbetrieb Einrichtungsvermietung Kapitalverleihung oder Schuldbürgschaft Unterstützung (bei Bewerbungen) Wettbewerb etc. Sportveranstaltung Eigene öffentliche Aufführung Geförderte öffentliche Aufführung

3. Katalog von Tätigkeiten, die die Allgemeinheit fördern, § 52 Abs. 2 AO Unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 [von § 52 AO] sind als Förderung der Allgemeinheit anzuerkennen: − Förderung von Wissenschaft und Forschung − Förderung der Religion − Förderung des öffentlichen Gesundheitswesens und der öffentlichen Gesundheitspflege, insbesondere die Verhütung und Bekämpfung von übertragbaren Krankheiten, auch durch Krankenhäuser im Sinne des § 67, und von Tierseuchen − Förderung der Jugend- und Altenhilfe − Förderung von Kunst und Kultur − Förderung des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege − Förderung der Erziehung, Volks- und Berufsbildung einschließlich der Studentenhilfe − Förderung des Naturschutzes und der Landschaftspflege im Sinne des Bundesnaturschutzgesetzes und der Naturschutzgesetze der Länder, des Umweltschutzes, des Küstenschutzes und des Hochwasserschutzes − Förderung des Wohlfahrtswesens, insbesondere der Zwecke der amtlich anerkannten Verbände der freien Wohlfahrtspflege (§ 23 der Durchführungsverordnung zur Umsatzsteuer), ihrer Unterverbände und ihrer angeschlossenen Einrichtungen und Anstalten − Förderung der Hilfe für politisch, rassisch oder religiös Verfolgte, für Flüchtlinge, Vertriebene, Aussiedler, Spätaussiedler, Kriegsopfer, Kriegshinterbliebene, Kriegsbeschädigte und Kriegsgefangene, Zivilbeschädigte und Behinderte sowie Hilfe für Opfer von Straftaten; Förderung des Andenkens an Verfolgte, Kriegs- und Katastrophenopfer; Förderung des Suchdienstes für Vermisste − Förderung der Rettung aus Lebensgefahr − Förderung des Feuer-, Arbeits-, Katastrophen- und Zivilschutzes sowie der Unfallverhütung − Förderung internationaler Gesinnung, der Toleranz auf allen Gebieten der Kultur und des Völkerverständigungsgedankens − Förderung des Tierschutzes − Förderung der Entwicklungszusammenarbeit − Förderung von Verbraucherberatung und Verbraucherschutz − Förderung der Fürsorge für Strafgefangene und ehemalige Strafgefangene − Förderung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern − Förderung des Schutzes von Ehe und Familie − Förderung der Kriminalprävention

252 − − −



− −

Anhang Förderung des Sports (Schach gilt als Sport) Förderung der Heimatpflege und Heimatkunde Förderung der Tierzucht, der Pflanzenzucht, der Kleingärtnerei, des traditionellen Brauchtums einschließlich des Karnevals, der Fastnacht und des Faschings, der Soldaten- und Reservistenbetreuung, des Amateurfunkens, des Modellflugs und des Hundesports Allgemeine Förderung des demokratischen Staatswesens im Geltungsbereich dieses Gesetzes; hierzu gehören nicht Bestrebungen, die nur bestimmte Einzelinteressen staatsbürgerlicher Art verfolgen oder die auf den kommunalpolitischen Bereich beschränkt sind Förderung des bürgerschaftlichen Engagements zugunsten gemeinnütziger, mildtätiger und kirchlicher Zwecke Sofern der von der Körperschaft verfolgte Zweck nicht unter Satz 1 fällt, aber die Allgemeinheit auf materiellem, geistigem oder sittlichem Gebiet entsprechend selbstlos gefördert wird, kann dieser Zweck für gemeinnützig erklärt werden.

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Verzeichnis der Grafiken Grafik 1 Verlauf der Reform gemeinnütziger Rechtsträger des ZG a.F. .... 30 Grafik 2 Einteilung juristischer Personen nach Art. 33 Abs. 2 ZG ............. 32 Grafik 3 Übersicht zu den Gründungsprinzipien gemeinnütziger Rechtsträger ......................................................... 63 Grafik 4 Übersicht der Funktionsträger u.a. im Vereins- und Stiftungs gesetz ............................................................................................. 73 Grafik 5 Kombinationsmöglichkeiten der Organstruktur Gewöhnlicher Vereine ................................................................... 86 Grafik 6 Strukturvergleich eines Gewöhnlichen Vereins mit und ohne Vorstand ................................................................................ 91 Grafik 7 Organisationsstruktur einer Gewöhnlichen Stiftung .................... 105 Grafik 8 Kombinationsmöglichkeiten der Organstruktur Gewöhnlicher Stiftungen ............................................................. 106 Grafik 9 Steuerbegünstigungen gemeinnütziger Vereine und Stiftungen a.F. .............................................................................. 171 Grafik 10 Spendenrecht nach der alten Rechtslage ..................................... 173 Grafik 11 Steuerbegünstigungen gemeinnützig tätiger Rechtsträger .......... 176 Grafik 12 Spendenrecht nach der neuen Rechtslage ................................... 177 Grafik 13 Berechnungsbeispiele für Befreiungsgrenzen bei unterschiedlichen Arten von Vorsitzenden ..................................................... 208 Grafik 14 Stand der gemeinnützigen Rechtsträger vor der Reform ............ 244 Grafik 15 Non-Profit-Organisationen und gemeinnützige Vereine und Stiftungen a.F........................................................... 244 Grafik 16 Aktueller Stand der neuen gemeinnützigen Rechtsträger ........... 245 Grafik 17 Vergleich der Anzahl gemeinnütziger Vereine und Stiftungen .. 247

Sachregister Actio pro socio 223 Amakudari 3, 25 f., 52, 240 Anerkennungskommission 43, 148 f., 150 ff. Auflösung − Gründe 126, 128, 133, Aufsicht − Anordnung 193 f., 221 − Behördliches Aufsichtssystem 192 − Rücknahme der Genehmigung 195 − Untersuchung 193 Beglaubigung 21, 45, 62 f. Beigefügte Tabelle zu Art. 2 AnerkennG 249 f. Beratungsgremium 43, 136, 148, 151 Bürgervereinigungen 20, 44, 25 f. Corporate Governance 183 Eingetragener Verein 55 Erlaubnis XXI, 61 ff., 216 Ermessen 25, 61, 67 ff., 99 f. Ertragsgeschäft XXI, 46 f., 141 ff., 164, 170 ff. Evaluierer − Bestellung 78 Funktionsträger u.a. 74 f. Gemeinnützige Treuhand XXI, 14 ff. Gemeinnützigkeit − Anerkennung 43 f., 139 ff. − Begriff 137 ff. − Gemeinnützige Rechtsträger 20 ff., 32 − Zuständige Behörde XXI, 70 f., 148 f.

Genehmigung XXI, 61, 67 ff. Gesellschaftsgesetz 8 Gewinnerzielung − Abgrenzung der Rechtsträger 33, 38 ff. − Begriff 33 Gewöhnliche Stiftung − Begriff XXI, 29, 33 − Große Gewöhnliche Stiftung XXI, 105 − Kleine Gewöhnliche Stiftung XXI, 106 Gewöhnlicher Verein − Begriff XXI, 29, 33 − Großer Gewöhnlicher Verein XXI, 86 − Kleiner Gewöhnlicher Verein XXI, 86 Gründung − Prinzipien 61 ff. − Voraussetzungen Gewöhnliche Stiftung 75 ff. − Voraussetzungen Gewöhnlicher Verein 71 ff. Haftung − Außenhaftung 205 − Haftungsbefreiung 207 ff. − Innenhaftung 204 Juristische Person − Abgrenzung Privatrecht und öffentliches Recht 48 − Begriff 12 ff. Juristische Person in der Mitte XXI, 42 Kontrollpunkte 138 f.

272

Sachregister

Liquidationsverfahren 131 ff., 217, 137 f. Mitglieder − Mitgliederklage 211 ff. − Mitgliederversammlung 87 ff., 192 ff. Nicht rechtsfähige Rechtsträger − Gesellschaft des Zivilgesetzes 16 f. − Nachbarschaftsvereinigungen 18 ff. − Stiftung 18 − Verein 18 Non-Profit-Organisation − Anerkannte Non-ProfitOrganisation 46, 245 − Reform 25 ff. Rechtsfähige Stiftung 56 Rechtsträger − Begriff 11 ff. Reform − Gesellschaftsgesetz 31 − Non-Profit-Organisation 25 ff. − Treuhandgesetz 15 − Verwaltung 31 − Zivilgesetz 28 ff. Revisor − Aufgaben 102 − Bestellung 102 f. − Pflichten 202 f. Staatsbedienstete XXI, 3 f., 240 f. Steuerbegünstigung − Gemeinnützig tätige Rechtsträger 174

− Steuerrechtliche Qualifizierung 173 − Spenden 176 Stiftungsaufsicht 232 ff. Stiftungsbehörde 81 Terminologie 8 Versammlung der Evaluierer − Aufgaben 107 − Bestellung 77 Verwaltungsnahe gemeinnützige juristische Person 51 Verwaltungsrat XXI, 8 f. Vorsitzender − Bestellung 97 − Pflichten 98 ff. − Vergütung 98 − Vertretungsberechtigter Vorsitzender 95 Vorstand 8 f. Wirtschaftlichkeit 54 Zuständige Behörde XXI, 70, 148 f.