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German Pages 273 [284] Year 2011
Spätmittelalter, Humanismus, Reformation Studies in the Late Middle Ages, Humanism and the Reformation herausgegeben von Berndt Hamm (Erlangen) in Verbindung mit Amy Nelson Burnett (Lincoln, NE), Johannes Helmrath (Berlin) Volker Leppin (Tübingen), Heinz Schilling (Berlin)
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Martin Bucer zwischen den Reichstagen von Augsburg (1530) und Regensburg (1532) Beiträge zu einer Geographie, Theologie und Prosopographie der Reformation
Herausgegeben von
Wolfgang Simon
Mohr Siebeck
Wolfgang Simon, geboren 1967 in Kronach/Ofr. Von 1989–1996 Studium Theologie, Latein und Geschichte. 2001 Promotion. Seit 2004 Wisschaftl. Mitarbeiter am Lehrstuhl für Neuere Kirchengeschichte in Erlangen. 2010 Habilitation.
Gedruckt mit Unterstützung der Fritz Thyssen Stiftung für Wissenschaftsförderung. ISBN 978-3-16-150599-7 / eISBN 978-3-16-158593-7 unveränderte eBook-Ausgabe 2019 ISSN 1865-2840 (Spätmittelalter, Humanismus, Reformation) Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet über http:// dnb.d-nb.de abrufbar. © 2011 Mohr Siebeck Tübingen. Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Das Buch wurde von Gulde-Druck in Tübingen aus der Garamond-Antiqua gesetzt, auf alterungsbeständiges Werkdruckpapier gedruckt und von der Buchbinderei Spinner in Ottersweier gebunden.
Vorwort Sämtliche in diesem Band versammelten Aufsätze sind Beiträge zur Internationalen Bucer-Tagung, die vom 11. bis 13. März 2010 in Erlangen stattfand. Deren Ziel war es, von den jüngst edierten Bucer-Quellen insbesondere die in den letzten Jahren erschienenen Briefbände für die Reformationsforschung fruchtbar zu machen. Sehr verschiedene Menschen unterschiedlicher Disziplinen haben hier Quellen aus demselben Corpus interpretiert. Damit ihre Beiträge aufeinander aufbauen konnten und dabei jeder jedem auch das Seine ließ, mussten die Autoren sich diszipliniert auf die Gesamtkonzeption mit ihren eng vorformulierten Themenstellungen einlassen und sich manchen verlockenden Ausflug im Interesse des Ganzen versagen. Für diese Selbstbeschränkung bin ich ihnen als Herausgeber sehr dankbar, wäre ohne sie das zeitnahe Erscheinen des Bandes doch nicht möglich gewesen. Große Verdienste haben sich dabei auch unsere beiden Hilfskräfte, Herr cand. theol. Michael Maul und Frau cand. theol. Bettina Fritsch erworben, denen ich an dieser Stelle für ihre engagierte und vorzügliche Arbeit ebenso herzlich danken möchte wie Berndt Hamm, Johannes Helmrath, Heinz Schilling, Amy Nelson Burnett und Volker Leppin für die Aufnahme des Buches in ihre Reihe und dem Verlag Mohr Siebeck, namentlich Herrn Dr. Henning Ziebritzki, für die zuverlässige und freundliche Betreuung der Drucklegung. Wenn ich den Band jetzt aus der Hand gebe, dann denke ich unweigerlich und gerne noch einmal zurück an die Tage im März. Die reichen Anregungen, die lebendige Diskussion um die Sache und die Gespräche am Abend haben zumindest für mich gemeinsame wissenschaftliche Arbeit zur persönlichen Begegnung gemacht. Dass ich dies auch täglich an der Erlanger Bucer – Forschungsstelle erfahren darf, ist das Verdienst von Berndt Hamm und Reinhold Friedrich, deren Anteil an diesem Band weit über ihre eigenen Beiträge hinausgeht. Erlangen, am 9. Juli 2010, dem 480. Jahrestag der Übergabe der Confessio Tetrapolitana Wolfgang Simon
Inhalt Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
V
Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1
Einführung Christoph Strohm Das Reich: Politische Konstellationen und Fragestellungen in den Jahren zwischen dem Augsburger und dem Regensburger Reichstag (1530–1532) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
13
Thomas A. Brady Jr. Die Stadt: Straßburg im Kontext von Reich und Reformation im ersten Drittel des 16. Jahrhunderts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
27
Bucers Beitrag zu einer Geographie der Reformation Thomas Wilhelmi Die staatskirchlich geprägte Reformation in Basel . . . . . . . . . . . . .
39
Helmut Meyer Die militärische Auseinandersetzung um die Reformation in der Schweiz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
48
Sabine Arend Martin Bucer und die Ordnung der Reformation in Ulm 1531 . . . . . .
63
VIII
Inhalt
Bucers Beitrag zu einer Theologie der Reformation Daniel Timmerman Bucers Verständnis von Schrift und Schriftauslegung. Ein Vergleich mit Heinrich Bullinger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
83
Stephen E. Buckwalter Die Entwicklung einer eigenen Position: Bucer und die innerprotestantische Abendmahlskontroverse bis zum Tod Zwinglis und Oekolampads . . . . . . . . . . . . . . . . . .
98
Wolfgang Simon Die Überschreitung der Grenze: Bucers Annahme der Confessio Augustana und deren Apologie . . . . . . . . . . . . . . . . .
108
Berndt Hamm Martin Bucers zwei Gesichter: ausgrenzende Unduldsamkeit und integrative Toleranz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
125
Ian Hazlett Fixing the Boundary between the Old and New Faiths: Bucer and Erasmus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
137
Bucers Beitrag zu einer Prosopographie der Reformation Reinhold Friedrich Die Beziehung Bucers zu den Augsburger Predigern . . . . . . . . . . .
157
Wolfgang Schöllkopf Von Freundschaft und Gegnerschaft. Bucer und Blarer in ihren Briefen des Jahres 1531 und die Gegen-Artikel des Geislinger Pfarrers Dr. Georg Oßwald . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
170
Milton Kooistra Bucer’s Relationship with Wolfgang Capito . . . . . . . . . . . . . . . .
187
Christine Mundhenk Die Beziehung Bucers zu Luther und Melanchthon . . . . . . . . . . . .
205
Inhalt
IX
Anhang Reinhold Friedrich und Milton Kooistra Einige Briefe zum Wirken der Straßburger Prediger in Augsburg aus den Jahren 1530 bis 1532 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
217
Gesamtbibliographie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
227
Personenregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ortsregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sachregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Einleitung Martin Bucer war ein Europäer von Rang, der als Theologe, Humanist und Religionspolitiker große Autorität genoss. Nicht zuletzt wegen seiner kaum lesbaren Handschrift war Bucers Briefwechsel mit den Führungsgestalten seiner Zeit aber über Jahrhunderte nicht zugänglich. Die Edition seiner Briefe durch die Erlanger Bucer-Forschungsstelle zeigt nun, dass Bucers Korrespondenz, in der oft ungeschützt die Hintergründe zentraler Entwicklungen und Ereignisse zur Sprache kommen, wichtige Sachzusammenhänge seiner Zeit neu erschließt. Dies gilt in besonderem Maße für die Jahre 1530 bis 1532, auf welche dieser Band sich konzentriert, denn in diesen Zeitraum fallen Entscheidungen und Weichenstellungen, welche die Geschichte der Frühen Neuzeit dauerhaft bestimmen werden.
1. Fragestellungen und Entwicklungen 1530 formulieren die Parteien auf dem Reichstag in Augsburg erstmals ihr konfessionelles Programm. Diese normative Zentrierung der religionspolitischen Positionen ist einerseits ein Gewinn an Bestimmtheit; andererseits verschärfen sich dadurch die Antagonismen zwischen Reformation und altem Glauben, aber auch zwischen den reformatorischen Parteien. Insofern ist dieser Prozess von höchstem Interesse für die Frage nach Einheit und Vielfalt konfessioneller Identitäten, nicht nur in der Frühen Neuzeit. Der Ökumeniker Bucer steht als Verfasser der oberdeutschen Bekenntnisschrift (Confessio Tetrapolitana) im Zentrum dieser Entwicklung. Was bewirkte sein Beitrag, der auf Vermittlung zwischen den Fronten ausgerichtet war? Und als wie tragfähig erwies sich sein Versuch, die eigene Konzeption mit konsensfähigen Formulierungen zu profilieren? 1531 stoppt der Zweite Kappeler Landfrieden die Ausbreitung der Reformation in der Schweiz und stellt die eidgenössische Religionspolitik auf eine neue, für die nächsten Jahrhunderte gültige Rechtsgrundlage. Der schweizerische Protestantismus gerät damit in eine Krise, zumal er seiner Führungsgestalten Huldrych Zwingli und Johannes Oekolampad beraubt wird. Im Reich hingegen folgt auf die Ausdifferenzierung in Augsburg eine Konsolidierung nach innen
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in Gestalt eines protestantischen Bündnisses; auch nach außen ist der Protestantismus erfolgreich, sichtbar in der Einführung der Reformation in einigen Städten und Herrschaften. In Straßburg wird exemplarisch ein künftig zentrales Problem deutlich: Wie soll angesichts der zerbrochenen Einheit von Bekenntnisstand und städtischer Lebensgemeinschaft das Verhältnis von politischer und kirchlicher Gemeinde neu bestimmt werden? Dabei steht insbesondere die Legitimität religiös devianter Theorie- und Lebensentwürfe in Frage. Zu welchem Ergebnis kommt hier Bucers durch die Niederlage der Schweizer inspirierte Analyse des Zusammenhanges von Religion und militärischer Gewalt? Welche Schlüsse zieht er aus der Krise des schweizerischen Protestantismus und welche Perspektiven kann er eröffnen? Wie geht Bucer selbst vor, wenn er, wie im Falle Geislingens, Memmingens, Biberachs und Ulms, die Reformation einführt? Und wie begründet er die Grenzen der Toleranz, etwa in der Auseinandersetzung mit den Dissenters Michael Servet und Pilgram Marbeck in Straßburg? 1532 versuchen die Protestanten sich im Vorfeld des Regensburger Reichstages eine gemeinsame Ausgangsposition zu erarbeiten. Bucer nimmt an den Verhandlungen in Schweinfurt teil. Mit welchen Argumenten bewegt er die Oberdeutschen zur Annahme der sächsischen Bekenntnisschriften? Ist dies eine logische Folge seiner Position oder nur ein taktisch motivierter Schachzug, der den politischen Frieden sichern soll, nachdem die Reformierten mit der Kappeler Niederlage und dem Ausscheiden ihrer Führungsgestalten einen Bedeutungsverlust erlitten haben?
2. Aufbau und Konzeption der Beiträge Den hier vereinten Aufsätzen liegt ein Gesamtkonzept zugrunde, welches den inneren Zusammenhang der Beiträge gewährleisten und eine bloße Aneinanderreihung inhaltlich unabhängiger Vorträge vermeiden will. Die Einführung soll den reichs- und stadtpolitischen Rahmen für die vornehmlich den Jahren 1530–32 gewidmeten Beiträge setzen. In einer ersten Perspektive soll dann Bucers Beziehung zur Reformation in den einzelnen Städten – für die fraglichen Jahre vor allem in Süddeutschland und in der Schweiz – erhellt werden. Zur Sprache kommen Bucer und die Reformation in Basel, seine Haltung zum Zweiten Kappeler Krieg und sein Wirken in Ulm. In einer zweiten Perspektive fragen wir dann nach Bucers Theologie in dieser Zeit. Hier geht es um deren hermeneutische Grundlage in Gestalt von Bucers Schriftverständnis, um die Entwicklung einer eigenen Position am Beispiel seiner Abendmahlstheologie und um Bucers integratives, Grenzen überschreitendes Wahrheitsverständnis. Dass dieses nicht zu theologischer Beliebigkeit führt, zeigen dann die durchaus auch
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in Bucers Theologie begründeten Grenzziehungen gegenüber den Dissenters und Altgläubigen. Eine dritte Perspektive bündelt schließlich geographische und theologische Erkenntnisse und nimmt Bucers Beziehung zu den Persönlichkeiten in den Blick, die in den Jahren 1530–32 für sein Wirken bedeutsam sind. 2.1 Der Rahmen: Die Situation im Reich und in Straßburg Zu Beginn skizziert Christoph Strohm in seinem dichten Beitrag die politischen Konstellationen und Fragestellungen im Reich der Jahre 1530 bis 1532. Deutlich wird der dramatische Wandel der Lage: Brandmarkte der Abschied des Augsburger Reichstages die Protestanten noch als Ketzer und Rechtsbrecher, welche Verfolgung durch Kaiser und Reichskammergericht zu gewärtigen hatten, so bot ihnen bereits zwei Jahre später der Nürnberger Anstand eine – freilich begrenzte – rechtliche Grundlage, auf der eine weitere Ausbreitung der Reformation möglich war. Begünstigt hatte diese Veränderung die am 25. April 1532 gestartete Offensive Sultan Suleymans, welche noch vor dem Reich das habsburgische Ungarn unter dem Kaiserbruder Ferdinand I. bedrohte. Wollte Karl V. gegen diese Streitmacht bestehen, brauchte er die militärische Hilfe der evangelischen »Ketzer«, welche deshalb auf die Gewährung religionspolitischer Freiheiten pochen konnten. Innenpolitisch hatte zudem die auf dem Kur fürstentag von Köln vom Kaiser am 24. Dezember 1530 erhobene Forderung, Ferdinand vivente Imperatore zum Römischen König und damit zu seinem Nachfolger zu wählen, die Solidarität unter den Ständen gegen den Kaiser mindestens gefestigt; und innerhalb des evangelischen Lagers hatte die Gründung des Schmalkaldischen Bundes gegen den anfänglichem Widerstand Luthers die protestantische Position gestärkt. Die spezifische Perspektive Straßburgs bringt dann Thomas A. Brady Jr. ein. Er beschreibt zunächst die innenpolitische Situation der Stadt am Beispiel der Zünfte. Deren Rolle verstand die Forschung lange Zeit im Kontext einer Pyramide (Haus – Zünfte – Rat). Unter Berücksichtigung neuester Forschungsergebnisse kann Brady dieses Bild nun als zu statisch und zu monolithisch korrigieren: Gerade in Straßburg ist die Rolle der Zünfte viel flexibler zu bestimmen, sie umfassten fast alle Lebensbereiche und erlaubten eine weitaus höhere Mobilität als sie das Bild von der lebenslangen Produktion einer bestimmten Ware nahelegt. So schlossen die Zünfte neben dem Gewerbe auch Bruderschaften, politische und militärische Gruppierungen ein. Die Straßburger Außenpolitik kennzeichnet zu Beginn des 15. Jahrhunderts ein Perspektivenwechsel weg von der Fixierung auf die eigene Region hin zur Konzentration auf Kaiser und Reich. Dieser vor allem von Jakob Sturm erfolgreich verfolgte Kurs stößt in den 1540er Jahren freilich auf den Widerstand Nicolaus Kniebs’, der die alte Ausrichtung an der Eidgenossenschaft präferiert.
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2.2 Bucers Beitrag zu einer Geographie der Reformation Die Reformation in einer der wichtigsten Städte der Schweiz, Basel, thematisiert Thomas Wilhelmi. Auch in Basel besitzen die Zünfte großen Einfluss, etwa auf den Beitritt der Stadt zur Eidgenossenschaft oder auf die Einführung der Reformation. Wie unterschiedlich die Ereignisse im Januar und Februar 1529 von Altgläubigen und Protestanten beurteilt werden, zeigt dann die Korrespondenz zwischen Bucer, der im April dieses Jahres einen Ruf nach Basel abgelehnt hat, und Desiderius Erasmus. Während Bucer betont, dass die Neuerungen in Basel geordnet eingeführt worden seien und sie rechtfertigt, weiß Erasmus von einem tumultuösen Charakter der Geschehnisse zu berichten und beklagt die Anwendung von Gewalt. Im weiteren Verlauf nimmt Bucer dann Distanz zu Johannes Oekolampads strenger Kirchenzucht und mahnt zu paulinischer Milde. Schon die Freundschaft mit Zwingli und die alte Verbundenheit Straßburgs mit der Eidgenossenschaft machen Bucer zu einem aufmerksamen Beobachter und Kommentator des innerschweizerischen Religionskonflikts. Helmut Meyer, der wohl beste Kenner des Zweiten Kappeler Krieges, beschreibt konzentriert dessen Voraussetzungen und Verlauf sowie den daraus resultierenden Landfrieden (den ersten Religionsfrieden der Reformationszeit!), der das Mitund Gegeneinander der Konfessionen in der Schweiz über lange Zeit bestimmen sollte. Der Zweite Kappeler Landfrieden ließ die vier evangelischen Orte zwar ungefährdet, begünstigte aber durch die Privilegierung der Altgläubigen eine Rekatholisierung, vor allem in den Gemeinen Herrschaften. Bucer, der Zwingli schon vor dem Krieg zu einer milderen Politik geraten hat, erkennt die Veränderung, welche die Niederlage der Reformierten in Kappel für seine Vermittlungstätigkeit bedeutet. Dabei wahrt er gegenüber den Wittenbergern seine Loyalität zu Zwingli, etwa wenn er im Brief an Melanchthon den Zürcher würdigt und ihn gegen mögliche Vorwürfe in Schutz nimmt. In der Korrespondenz mit Zwinglis Freunden Leo Jud und Heinrich Bullinger allerdings übt Bucer offene, ja scharfe Kritik an der Zürcher Machtpolitik und verurteilt den Abschluss des Landfriedens als Verrat. Tritt Bucer in der Diskussion mit den Schweizern als klar profilierter Religionspolitiker hervor, so zeigt seine Beziehung zu den süddeutschen Städten vor allem den Reformator. Sabine Arend untersucht Bucers Wirken in der Reichsstadt Ulm, die ihn im Sommer 1531 zur Einführung der Reformation an die Donau rief. Dort hatte man nach der Unterzeichnung der Protestation von Speyer (1529) lange gezögert und sich erst nach einer proreformatorisch verlaufenen Abstimmung unter den Zünften im November 1530 zu diesem Schritt entschlossen. Da die Ulmer Straßburg, das bereits 1529 den altgläubigen Messritus abgeschafft hatte, in Fragen, die die Reformation betrafen, schon häufiger konsultiert hatten, lag die Berufung Bucers (neben ihm kamen auch Ambrosius
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Blarer und Johannes Oekolampad) nahe. Unter Bucers Federführung entstand dort eine Denkschrift mit achtzehn Artikeln, die auf der Confessio Tetrapolita na beruhte und in Bucers Gemain Ausschreiben, mit dem die Ulmer die Einführung der Reformation rechtfertigten, integriert wurde. Die ebenfalls maßgeblich von Bucer verfasste Ulmer Kirchenordnung strukturiert mit ihren drei Themenkomplexen Lehre und kirchliche Ämter, Liturgien sowie Kirchen- und Sittenzucht den Alltag der Ulmer neu. Besonders stark ist der Straßburger Einfluss auf die Regelungen zu den Sakramenten, Bildern, Feiertagen, Liedern und Gebeten erkennbar. 2.3 Bucers Beitrag zu einer Theologie der Reformation Neben Bucers religionspolitischem und reformatorischem Wirken in den Jahren 1530–32 verdient auch seine theologische Arbeit Beachtung. Einschlägig sind hier Bucers Hermeutik der Schrift, die Grundmomente seiner Abendmahlstheologie, sein Wahrheitsverständnis sowie die Grenzen dessen, was er, der stets die Einheit hinter den Gegensätzen sah, als theologisch tolerabel betrachtete. Daniel Timmerman erhebt in seinem Beitrag das hermeneutische Konzept Bucers, so wie er es in einem Brieftraktat an Fortunatus Andronicus (1531) und in seinen maßgeblichen exegetischen Kommentaren entworfen hat. Als Bucers Leitprinzip macht Timmerman die Dualität von Glaube und Liebe aus. Sie gelten dem Straßburger als Skopus der Schrift, den nach Bucers Urteil das Neue freilich klarer als das Alte Testament zu erkennen gibt. Näherhin ruht der Glaube auf der Lehre, deren Kern die Rettung durch Christus und die Nachfolge in Nächstenliebe sind. Folglich sind Glaube und Liebe auch das hermeneutische Kriterium der Auslegung; die allegorische Exegese zielt für Bucer nicht auf ein Wachstum von Glaube oder Liebe und wird deshalb verabschiedet. Verstehen der Schrift weckt der Geist Christi, der sich dabei freilich der Vernunft des Predigers bedient, die er dazu wiederherstellt und vervollkommnet. Dieses Zusammenspiel von Geist und Vernunft erkennt Bucer auch beim Hörer. Dessen intellektuelles Fassungsvermögen muss ein Prediger beachten, auch wenn die Botschaft von Glaube und Liebe nur die ohnehin Erwählten erreicht. Ein Vergleich mit Bullinger ergibt dabei, dass dessen Bundestheologie Bucers Dual übergreift und das Alte Testament stärker zu integrieren vermag. In seinem Beitrag zu Bucers abendmahlstheologischer Position kann Stephen Buckwalter die Untersuchungen Ian Hazletts, Reinhold Friedrichs und Thomas Kaufmanns auf der Grundlage neu edierter Quellen, insbesondere durch den Vergleich mit Bucers Haltung zu den Täufern, weiterführen. Buckwalter zeigt eine Entwicklung auf: In seinen frühen Abendmahlsschriften spricht Bucer mit Luther von einer durch die Einsetzungsworte verbürgten leiblichen Realpräsenz Christi im Mahl, unterscheidet zugleich aber signum
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und res deutlich von einander. Im Hintergrund steht sein Verständnis des Glaubens als Analogie zur =( בריתBund) Gottes in der Beschneidung, bei der ebenfalls ein äußeres Zeichen die Verheißung Gottes bestätigt. Den entscheidenden Bezug beider Glieder sieht Bucer in Joh 6, 63 beschrieben. Danach ist zwar eine fleischliche Gegenwart Christi ausgeschlossen, seine wahrhafte und geistliche Präsenz aber behauptet. Unter Berufung auf Joh 6, 51–58 und im Unterschied zu Zwingli ordnet Bucer später dem Empfang von Brot und Wein die Speisung der Seele parallel zu, wodurch er Innen und Außen im Vorgang des Essens verbindet und damit eine Annäherung an Luther erreicht. Bucer weiß sich damit in Übereinstimmung mit der Schrift (spätestens ab 1527 beruft er sich auf I Kor 3, 5–9), mit den Kirchenvätern, die von einem nicht sinnlichen Essen Christi im Mahl sprechen, und mit Luthers Rede von einer unio sacramentalis. Da auch die lutherischen Bekenntnisschriften die leibliche Gegenwart Christi im Mahl nicht als fleischlich oder sinnlich greifbar definieren und weder eine manducatio ora lis noch eine manducatio impiorum zu glauben fordern, sieht Bucer sich berechtigt, seinen Oberdeutschen die Annahme der Confessio Augustana und ihrer Apologie zu empfehlen. Die Umstände und den theologischen Hintergrund dieses folgenreichen Schrittes stellt Wolfgang Simon in seinem Beitrag dar. Er rekonstruiert zunächst die Voraussetzungen und dann das Geschehen in Schweinfurt: Bei der Annahme der CA konnten die Straßburger einmal davon ausgehen dass die Lutheraner die Confessio Tetrapolitana akzeptierten, denn wie hätten sie sonst die Unterzeichnung des Vier-Städte-Bekenntnisses zum Kriterium für eine Aufnahme der Schweizer in den Schmalkaldischen Bund machen können? Die Straßburger ordneten ihr Bekenntnis der CA auch nicht unter, sondern kamen erst nachdem sie letztere an der eigenen Lehre gemessen hatten, zu dem Urteil, sie sei mit ihrem Bekenntnis vereinbar. Dass die Oberdeutschen nicht die lutherische Position übernahmen, zeigt auch die distanzierte Formulierung ihrer Verpflichtung, nichts zu lehren, was der CA widerspricht. Und schließlich bekannten sich die Oberdeutschen nur zur Lehre, und lehnten eine Übernahme der lutherischen Sakramentspraxis ab. Trotz alledem trägt die Schweinfurter Unterschrift Bucer den Vorwurf ein, im Abendmahlsstreit die Seiten gewechselt zu haben. Dies führt zu einer intensiven theologischen Auseinandersetzung Bucers mit seinem schärfsten Kritiker Heinrich Bullinger, in der deutlich wird, dass beide die Auseinandersetzung um das Abendmahl auf der Basis unterschiedlicher Wahrheitskonzepte führen. Bullingers Argumentation, Christi Leib könne nicht gleichzeitig im Himmel und im Mahl sein, weshalb die Zürcher und Wittenberger Abendmahlslehren einander alternativ gegenüberstünden, beruht auf einem strikten Kohärenzmodell und setzt »idealsprachlich« an. Demgegenüber unterscheidet Bucer zunächst einmal zwischen Wahrheit und persönlicher Glaubensüberzeugung und gewinnt damit den Gedanken, beide Parteien könnten irren. Dies führt ihn allerdings nicht zu einem relativistischen
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oder diskursoffenen Wahrheitsmodell, sieht er Wahrheit doch durch regulative Sätze bestimmt, die freilich nicht »idealsprachlich« misszuverstehen sind, sondern unterschiedliche Interpretationen erlauben und damit die Tendenz zu einer integrativen Duldsamkeit zeigen. Deren Grund aber auch Grenze ist dann der Aufsatz Berndt Hamms gewidmet. Wie entscheidet Bucer, als ihn die Basler um Rat fragen, ob diejenigen Christen, die dem reformiert gefeierten Abendmahl aus Gewissensgründen fernbleiben, zu bannen seien? Bucer stärkt die Gewissensentscheidung einzelner und will das Christentum nicht an eine äußere Sakramentsgemeinschaft binden. Zum Christen macht nicht die Übereinstimmung in allen Lehren, sondern das Bekenntnis zu Christus als dem alleinigen Retter. Es kommt nicht auf eine dogmatistische Stringenz an, vielmehr ist die eigene Haltung und Erkenntnis stets auch zu relativieren. Dabei soll ein Christ auf den Geist Christi vertrauen, der zu der Hoffnung berechtigt, die Schwächen der anderen würden sich im Lauf der Zeit bessern. Den Boykotteuren sollen die Basler daher mit pastoraler Fürsorge und nicht mit dem Bann begegnen. In manchen Fällen rät Bucer aber auch zum Ausschluss, nämlich dann, wenn Menschen hartnäckig eine grobe Häresie vertreten, Brüder lieblos zu Ketzern machen oder beratungsresistent in schweren Lastern verharren. So versteht Bucer die Fundamentalkritik Michael Servets an der Trinitätslehre als Teufelswirken und hintertreibt die Veröffentlichung von Servets Buch. Und wenn die Täufer die Straßburger Prediger lieblos als »Schrift- und Seelenmörder« verunglimpfen, dann verweigern sie nach Bucer die Bruderhand und wähnen sich allein im Besitz der Wahrheit. Die Pointe liegt nun in der Einsicht, dass hinter beiden Gesichtern Bucers, dem duldsamen wie dem undulsamen, seine Anschauung von der pneumatischen Präsenz Christi in der Gemeinde steht; dabei handelt es sich um den Geist der Wahrheit, der duldsamen Liebe und der bestimmten Lebenszucht. Bucer ist duldsam, weil sein Glaube durch die Liebe geleitet ist, und er ist unduldsam, weil er seine Liebe durch den Glauben bestimmt sein lässt. Dieses von Hamm herausgearbeitete Wechselverhältnis zeigt sich auch in Bucers Auseinandersetzung mit dem alten Glauben, konkret mit dessen Vertreter Desiderius Erasmus. Ian Hazlett verweist zunächst auf die Gemeinsamkeiten zwischen Bucer und dem nicht-reformatorischen Humanismus: Beide streben eine »Reinigung« vom »Aberglauben« an und betrachten ein frommes, durch Glaube und Liebe bestimmtes christusförmigen Leben als das Wesentliche des Christentums. Bei der Näherbestimmung dieses Wesentlichen treten dann freilich die Differenzen zutage, denn Erasmus zählt auch die traditionellen Dogmen dazu, die für ihn dem Ad fontes – Prinzip eine Grenze setzen. So kommt er zur Einschätzung, die Reformation sei reines Menschenwerk und eine revolutio näre Sekte. Erasmus will – wohl auch angesichts des Häresievorwurfes gegen ihn – die Auseinandersetzung nicht auf dem Feld der Dogmatik führen. So weist er Bucers Auffassung, Erasmus’ von einer Geist – Fleisch – Dualität ge-
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prägte Abendmahlslehre finde auf reformatorischer Seite Akzeptanz, strikt zurück. 2.4 Bucers Beitrag zu einer Prosopographie der Reformation Der intensive, persönlich gehaltene Briefwechsel Bucers mit seinen ehemaligen Straßburger Mitarbeitern und Kollegen, gewährt wertvolle Einblicke in diesen Personenkreis. Bucers Beziehungen zu Bonifatius Wolfhart, Wolfgang Musculus oder Sebastian Maier, ehemaligen Straßburger Kollegen, die jetzt in Augsburg wirken, zeichnet Reinhold Friedrich nach. Dabei zeigt sich, dass die Straßburger Prediger die Spannungen zwischen den lutherischen und den zwinglianischen Predigern in Augsburg keineswegs wie vom Rat gewünscht mildern, sondern sogar noch verschärfen. Bereits kurz nach Bonifatius Wolfharts Ankunft lösen dessen Predigten, in denen er behauptet, das Taufsakrament sei soteriologisch gesehen wertlos, einen heftigen Disput mit dem Lutheraner Stephan Agricola aus. Auch Bucers wohl in der Augsburger Barfüßerkirche gehaltene Friedenspredigt kann die Wogen nicht glätten. Überdies geraten auch die Straßburger untereinander in Streit, als Theobald Nigri gegen Wolfharts Willen den Druck von Kaspar Schwenckfelds Katechismus verhindert. Bucer will daraufhin vermitteln, heizt den Streit aber unfreiwillig an, weil seine Mahnbriefe Informationen enthalten, die auf Indiskretionen unter den Augsburger Kollegen schließen lassen. So zeigt Friedrich, wie lang der Weg bis zur Augsburger Kirchenordnung (1537) für den hier keineswegs immer glücklich agierenden Vermittler Bucer gewesen ist. Auch in Geislingen, wo Bucer im Sommer 1531 im Auftrag des Ulmer Rates die Reformation einführen soll, hat Bucer nicht uneingeschränkt Erfolg, führt seine Reformationspredigt doch zu einer spontanen Gegenrede des altgläubigen Ortspfarrers Dr. Georg Oßwald. Wolfgang Schöllkopf skizziert den Fortgang dieser Auseinandersetzung. Neben Bucers Korrespondenz mit dem in Geißlingen zurückgebliebenen Ambrosius Blarer wertet Schöllkopf auch die von Bucer glossierten achtzehn Gegenartikel aus, die der Geislinger Ortspfarrer für die Disputation mit Bucer (27. Juni 1531) verfasste. Oßwald bestreitet darin das Recht des Ulmer Rates, religiöse Angelegenheiten zu beurteilen und vertritt auf der Basis einer Gleichberechtigung von Tradition und Schrift den freien Willen auch des Sünders; Bucers Lehre von der Taufe stimmt er aber zu. Durchgängig, besonders aber bei seiner Verteidigung der altgläubigen Messe und des Priesteramtes, zeigt Oßwald sich der Confutatio verpflichtet, die er möglicherweise von Augustinus Marius erhalten hat. Im weiteren Verlauf wird deutlich, welch großen Einfluss Oßwald auch nach seinem vom Rat initiierten Abzug (Sommer 1531) auf seine ehemalige Gemeinde ausübte. Ambrosius Blarer beklagt sich darüber bitter bei seinem Straßburger Freund, dessen tröstende Ermunterungen zu einem Dokument brüderlicher Seelsorge werden.
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Ähnlich persönliche Einblicke gewährt auch Milton Kooistras Beitrag, der das Verhältnis Bucers zu seinem Ortskollegen Capito untersucht. Kooistra zeichnet diese durch Höhen und Tiefen gehende Beziehung vom ersten schriftlichen Kontakt bis ins Jahr 1533 nach. Enge Berührungspunkte wie Capitos Hilfe bei der Auflösung von Bucers Klostergelübde oder Bucers Unterstützung Capitos bei dessen Depression, bis hin zur eigenmächtigen Suche nach einer neuen Ehefrau für den Freund, kommen ebenso zur Sprache wie Bucers Kritik an Capitos Haltung gegenüber den Täufern und Spiritualisten und die sich gegenläufig entwickelnde Reputation beider. Das in mehrerlei Hinsicht anders gelagerte Verhältnis Bucers zu Luther und Melanchthon, insbesondere zwischen 1530 und 1532, stellt dann Christine Mundhenk dar. Sie beschreibt den mühsamen Weg Bucers zu einem Gespräch mit Melanchthon in Augsburg und die Irritation, welche Bucer bei diesem auslöste, als er die gemeinsam gefundenen Formulierungen noch einmal eigenmächtig veränderte um sie – seiner Meinung nach sachidentisch – an das Fassungsvermögen der reformierten Adressaten anzupassen. Deutlich wird hier, mit welch strategischer Energie Bucer sein Bemühen um eine Einigung der Protestanten vorantreibt, und wie misstrauisch dieses Vorgehen die Hauptprotagonisten der Auseinandersetzung macht. Am Ende lehnen Luther und Zwingli Bucers Konkordienschrift ab. Melanchthon hingegen wünscht, dass der Abendmahlsstreit verstumme und bittet hinter Luthers Rücken Thomas Blarer, Luther um eine Klärung des Verhältnisses von Realpräsenz und Ubiquität zu ersuchen. In einem Anhang werden dann neun Briefe publiziert, die Milton Kooistra im Straßburger Thomasarchiv gefunden und gemeinsam mit Reinhold Friedrich ediert hat. So steht am Ende dieses Bandes eine transatlantische, interdisziplinäre und überkonfessionelle Gemeinschaftsarbeit. Bucer hätte dies gewiss mit Freude erfüllt.
Einführung
Das Reich: Politische Konstellationen und Fragestellungen in den Jahren zwischen dem Augsburger und dem Regensburger Reichstag (1530–1532) Christoph Strohm Im Jahre 1530 veränderte sich die reichspolitische Situation für die Protestanten grundlegend. In den zwanziger Jahren konnten sie sich – maßgeblich auch aufgrund günstiger politischer Umstände – fast ungebremst ausbreiten. Noch Anfang des Jahres 1530 hatte man die Hoffnungen auf den Kaiser als einen unparteiischen Schiedsrichter gesetzt. Karl V. selbst hingegen verstand sich, jetzt auch symbolisch herausgestellt durch die am 24. Februar 1530 erfolgte Kaiserkrönung, als »der kaiserliche Universalherrscher, der mit dem Papst in trauter Eintracht stand, [. . .] die Christenheit nach außen gegen die muslimischen Feinde verteidigen, [und] nach innen gegen die Ketzerei einen und einer Reform an Haupt und Gliedern zuführen« müsse. Und entsprechend handelte er auch. Im Jahre 1530 konnte der Kaiser sich endlich der Lösung der Religionsstreitigkeiten im Reich zuwenden. Er wollte das seit 1522 sistierte Wormser Edikt gegen Luther und dessen Anhänger durchsetzen. Im Verlauf des Jahres 1529 hatten sich nämlich die politischen Rahmenbedingungen für den Kaiser zum Positiven verändert: Der französische König und der mit diesem verbündete Papst waren besiegt, und am 14. Oktober 1529 hatte der osmanische Sultan Suleyman II. die Belagerung Wiens beendet . So berief der Kaiser einen Reichstag nach Augsburg ein, um dessentwillen er 1530 zum ersten Mal seit dem Reichstag von Worms (1521) wieder deutschen Boden betrat . In Augsburg wurde den evangelischen Ständen schnell klar, dass sich ihre Hoffnungen auf den Kaiser nicht erfüllen würden. Der erste Entwurf des Kaufmann, Reformation, S. 577. Genannt der Prächtige (reg. 1520–1566). Suleyman war gleich nach seiner Inthronisation im Jahr 1520 zu einem Feldzug gegen Ungarn aufgebrochen und hatte 1521 Belgrad erobert. Im Jahr 1522 folgte die Einnahme der Insel Rhodos. Am 29. August 1526 schlug er die Ungarn in der Schlacht bei Mohács und im September 1529 stand er vor Wien. Neben der Religionsfrage wurde die Türkenabwehr in der Ausschreibung als der wichtigste Gegenstand der Verhandlungen des Reichstags genannt. Zu den Beschlüssen des Augsburger Reichsabschieds betreffend die Türkenhilfe vgl. RTA J 10/1, S. 96–99.
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Reichsabschieds (vom 22. September 1530) sah ein entschiedenes Vorgehen gegen die Evangelischen vor. Dies führte zur Abreise der meisten evangelischen Stände. Der endgültige Reichsabschied (vom 19. November) visierte dann ein noch schärferes Vorgehen gegen die evangelischen Stände an . Im einzelnen forderte er die Durchführung des nicht nur gegen Luther, sondern auch gegen dessen Anhänger gerichteten Wormser Achtedikts. Die Reichsstände wurden auf den »alten wahren lange herbrachten Christlichen Glauben und Religion« und zur Einhaltung der traditionellen Zeremonien verpflichtet. Ein Konzil sollte innerhalb von sechs Monaten nach Ende des Reichstags durch den Papst ausgeschrieben werden und spätestens nach einem Jahr beginnen. Bis dahin wurden alle Änderungen verboten. In einem ersten Katalog zählte der Reichsabschied die Irrtümer der »Ketzer« in Lehre und Zeremonien auf: »Alle Christliche Ehr, Zucht, Tugend, Gebot, Gottsfurcht, Erbarkeit, und guter ehrlicher Wandel und Leben, auch die wahre Lieb des Nächsten« seien bei ihnen »gäntzlich in Abfall kommen«. Ein zweiter Katalog listete auf, wie man als guter Christ zu glauben und welche Zeremonien man zu praktizieren habe. Unter den weiteren Regelungen war die Maßgabe, eingezogenes Kirchengut zurückzuerstatten, außerordentlich folgenreich. Besonders bedrohlich musste es für die evangelischen Stände sein, dass der Reichsabschied für Verstöße gegen die genannten Regelungen ausdrücklich eine Anklage vor dem Reichskammergericht vorsah . Das bedeutete im Ergebnis, wie Rechtsbrecher behandelt und mit den entsprechenden reichsrechtlichen Sanktionen belegt zu werden. So schnell sich die Situation zu Ungunsten der Protestanten verändert hatte, so rasch besserte sie sich wieder. Die entscheidenden Entwicklungen erfolgten in den zwei Jahren zwischen dem Augsburger und dem Regensburger Reichstag 1530 bis 1532. Verantwortlich für den erneuten raschen und fundamentalen Umschwung war der Sachverhalt, dass die beiden entscheidenden Ziele des Kaisers im Widerspruch zueinander standen: Der Kampf gegen die äußere Bedrohung der Christenheit durch die Osmanen konnte nicht zugleich mit dem Kampf gegen die innere Bedrohung durch die »Ketzerei« geführt werden. Im Gegenteil, der Kaiser musste vielmehr um Unterstützung der »Ketzer« werben, um sich und das Reich gegen den Ansturm des osmanischen Reiches zu schützen.
Vgl. Kohnle, Reichstag und Reformation, S. 389–394. Zit. nach Kastner, Quellen 1517–1555, Nr. 158, S. 507. Ebd., S. 510. Vgl. ebd., S. 505.
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1. Das Reich 1530 bis 1532: eine Straßburger Perspektive Martin Bucers primären Aktionsradius und den Horizont seiner Wahrnehmung in den Jahren 1530 bis 1532 zeigen die zuletzt erschienenen Bände seines Briefwechsels, welche die Erlanger Bucer-Forschungsstelle erarbeitet hat. Bucers Korrespondenzpartner wirken ganz überwiegend in Südwestdeutschland und der Schweiz. Entsprechend waren auch Probleme der Reformation in den südwestdeutschen Reichsstädten und in der Schweiz besonders präsent. 25 Jahre später hat der in Straßburg lebende Jurist und Diplomat Johannes Sleidan eine Darstellung der politischen und religiösen Auseinandersetzungen im Reich Karls V. verfasst10 . Das in mehrere Sprachen übersetzte und vielfach nachgedruckte Werk De statu religionis et reipublicae, Carolo Quinto, Caesare, Com mentarij bietet gleichsam eine Straßburger Perspektive auf die Reichsgeschichte der Jahre 1530 bis 1532. Den größten Raum in Sleidans Schilderungen nehmen die Auseinandersetzungen um die Wahl Ferdinands zum römischen König11, die Gründung des Schmalkaldischen Bundes und insbesondere dessen Bündnisverhandlungen mit den Königen von Frankreich und England12 , die Verhandlungen über eine Außerkraftsetzung des Augsburger Reichsabschieds, die im Nürnberger Anstand einen Abschluss fanden13 , sowie die sich Anfang der dreißiger Jahre wieder zuspitzende Türkengefahr ein14 . Berichtet werden ferner – und hier ist die Straßburger Perspektive besonders offensichtlich – die Niederlage der Schweizer Protestanten und der Tod Zwinglis sowie Oekolampads15 , Bucers innerprotestantische Einigungsbemühungen im Anschluss an den Augsburger Reichstag, sein Bemühen um die Reformation in Ulm und Landgraf Philipps Bündnis mit den Städten Zürich, Basel und Bern16 . Eben diese von Sleidan schwerpunktmäßig geschilderten Entwicklungen entschärften in eineinhalb Jahren die bedrohliche Lage der Protestanten und ermöglichten eine neue Phase fast ungebremster Ausbreitung der Reformation.
Vgl. BCor 5–7. Sleidan, De statu religionis et reipublicae. Eine Auflistung der Ausgaben und übrigen Werke Sleidans bietet van der Vekene, Johann Sleidan. Vgl. auch Kess, Johann Sleidan. 11 Vgl. Sleidan, De statu religionis, fol. 120r–122r, 126r–127v, 131v–133r. 12 Vgl. ebd., fol. 120r, 122r–124v, 125v–126v. 13 Vgl. ebd., fol. 127v–130r, 133v–134v. 14 Vgl. ebd., fol. 135r. 15 Vgl. ebd., fol. 130r–131r. 16 Vgl. ebd., fol. 119v–120r, 125r–125v.
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2. Die Auseinandersetzungen um die Wahl Ferdinands zum römischen König Weil der Kaiser ständig abwesend und mit dem ständischen Reichsregiment unzufrieden war, betrieb er bereits Ende der zwanziger Jahre die Wahl seines Bruders Ferdinand17 zum römischen König18 . Ein möglicher Hinderungsgrund war mit Karls Krönung zum Kaiser (24. Februar 1530) entfallen. So nutzte Karl V. den Augsburger Reichstag, um in dieser Sache zum Ziel zu kommen. Die Auseinandersetzungen um den Reichsabschied verzögerten jedoch auch die geplante Königswahl. Am 28. November 1530 erhielt der sächsische Kurfürst Johann, vermittelt durch den Kurfürsten von Mainz als Erzkanzler des Reichs, einen Brief des Kaisers, in dem er nach Köln zitiert wurde, um dort die Wahl Ferdinands zum römischen König vorzunehmen19. Der sächsische Kurfürst sah die Zitation wegen zu kurzer Fristen aber als ungültig an und sandte seinen Sohn Johann Friedrich nach Köln. Vor allem aber wehrte er sich grundsätzlich gegen diese Wahl Ferdinands zum römischen König sowie die damit verbundenen Verstöße gegen das Reichsrecht. Johann sah durch die Wahl die althergebrachte Freiheit bedroht und erinnerte Karl V. an dessen Schwur auf die Goldene Bulle Kaiser Karls IV. An ihr, so Friedrich, hänge maßgeblich die Freiheit des römischen Reiches, die zu wahren er gelobt habe. Eine Änderung an der durch die Goldene Bulle aufgerichteten Ordnung könnten nur die Stände insgesamt vornehmen. Wenn aber zu Lebzeiten des Kaisers dessen leiblicher Bruder zum römischen König gewählt würde, sei klar, dass damit die in der Goldenen Bulle vorgesehene freie Wahl des nächsten Kaisers durch die Kurfürsten beeinträchtigt werden würde. Der Kaiser sehe wohl selbst, dass ein solches Vorgehen ganz und gar wider das Gesetz, das Recht und die Freiheit des römischen Reichs wäre20 . Ganz abgesehen davon sei es für die Reichsstände schwierig, zwei unterschiedlichen Herren gehorsam zu sein 21. Der Kaiser selbst wiederum begründete ausführlich, warum die Königswahl sinnvoll und notwendig sei: Zum einen habe er selbst verschiedene Reiche und Völker zu regieren und könne nicht beständig in Deutschland sein. Zum anderen sei der Zustand der Christenheit, besonders der deutschen Nation, sehr unruhig und gefährlich; nicht nur wegen der Uneinigkeit in der Religion, sondern auch wegen der Bauernaufstände der jüngsten Zeit und der Türkenbedrohung. Zum dritten werde im Reich vieles »gar unordentlich und mit Widerwillen« behandelt, obwohl vor einigen Jahren ein Reichsregiment aufgerichtet wurde. Karls Bruder, dessen Länder und Reiche Ungarn und Böhmen gleichsam eine Er war Erzherzog von Österreich und König von Ungarn und Böhmen. Vgl. zum Ganzen Kohler, Politik. 19 Vgl. Winckelmann, Bund, S. 18 f.; Kohler, Politik, S. 172 f. 20 Vgl. Sleidan, De statu religionis, fol. 121r. 21 Vgl. Wolgast, Theologie, S. 201–203; Kohler, Politik, S. 174–181. 17 18
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Mauer wider die Tyrannei der Türken abgäben, sei als Liebhaber des Friedens und der Einigkeit bekannt, wohl erfahren in den Dingen des Reiches und könne zum Schutz der Wohlfahrt ganz Deutschlands beitragen. Die Kurfürsten wählten Ferdinand am 5. Januar 1531 zum römischen König, und trotz des öffentlichen Protestes, den der sächsische Kurfürst durch seinen Sohn zum Ausdruck bringen ließ, erfolgte am 11. Januar 1531 die Krönung in Aachen. Die reichspolitische Bedeutung der Königswahl lag nicht nur darin, dass sie weitere Anstöße zur Gründung und Intensivierung des protestantischen Verteidigungsbündnisses gab. Sie führte darüber hinaus auch zu einer über die konfessionellen Grenzen reichenden ständischen Verbrüderung gegen den Kaiser, der sich nun des vereinten Widerstands des sächsischen Kurfürsten und des bayerischen Herzogs erwehren musste. Schon die Nichtbelehnung Johanns von Sachsen mit der Kurwürde durch den Kaiser und die Verweigerung des JülichKleve’schen Erbes hatten die innerständische Solidarität gefördert. Selbst bei scharfen Gegnern der »neuen Lehre« wie den bayerischen Herzögen gab es ein klares Bewusstsein dafür, dass »mit der Beseitigung der protestantischen Opposition der letzte Damm durchbrochen sein würde, welcher die ständische Unabhängigkeit noch vor der kaiserlichen Uebermacht und Willkür schützte«22 .
3. Die Gründung des Schmalkaldischen Bundes Es gab somit drei wesentliche Gründe, welche die Protestanten zur Gründung eines Verteidigungsbündnisses veranlassten 23 : Neben der Wahl Ferdinands zum römischen König waren das vor allem die drohende Exekution des Wormser Edikts und die zu erwartenden kammergerichtlichen Prozesse gegen die evangelischen Stände24 . Mit dem Verweis auf Letzteres drängte insbesondere Philipp von Hessen zur Eile25 . Nachdem sich die sächsische Hoffnung, durch eine strikte Abgrenzung gegen zwinglianische Abendmahlslehren leichter die kaiserliche Winckelmann, Bund, S. 5 ; Kohler, Politik, S. 82–97, 203–244. Zur Entstehung und Ausgestaltung des Schmalkaldischen Bundes vgl. Fabian, Schmalkaldischer Bund; Schlütter-Schindler, Schmalkaldischer Bund; Brady, Phases and Strategies; ders., Gott und Mammon; Haug-Moritz, Kursachsen; dies./Schmidt, Schmalkaldischer Bund TRE; vgl. ferner bereits Hortleder, Der Römischen Keyser- Vnd Königlichen Maiestete[n]. 24 Gabriele Haug-Moritz (dies., Schmalkaldischer Bund) hat gezeigt, dass der Schmalkaldische Bund bis zu der im Dezember 1535 verabschiedeten neuen Verfassung primär als ein litis consortium, d. h. eine rechtliche Streitgenossenschaft zur Abwehr der nach dem Augsburger Reichsabschied zu erwartenden reichskammergerichtlichen Aktivitäten gehandelt hat. Erst ab 1536 trat der Aufbau einer bündischen Militärorganisation in den Vordergrund. Kurfürst Johann Friedrich und Landgraf Philipp übernahmen die Rolle als Hauptleute der Einung. 25 Vgl. Fabian, Schmalkaldischer Bund, S. 64–67. 22 23
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Anerkennung zu erlangen, zerschlagen hatte, nahm hier auch wieder die Offenheit gegenüber möglichen Bündnispartnern unter den oberdeutschen Städten zu. Eine wichtige Rolle spielte dabei der Straßburger Politiker Jakob Sturm, der als eine Art Sprecher der oberdeutschen Städte fungierte. Er signalisierte dem sächsischen Kurfürsten bereits auf dem entscheidenden Treffen, zu dem dieser auf den 22. Dezember 1530 nach Schmalkalden eingeladen hatte, dass man im vertraulichen Gespräch das sächsische Bekenntnis als mit der Confessio Tetra politana im Einklang stehend betrachte, dies jedoch nicht öffentlich bekunden werde, da man nicht in Widerspruch zur eigenen Bekenntnistradition geraten wolle. Wegen seines Einsatzes für die Beilegung der bündnishemmenden Bekenntnisunterschiede ließ der Kurfürst Sturm sogar ein ausdrückliches Dankesschreiben zukommen 26 . Ein entscheidendes Hemmnis auf dem Weg zur Bundesgründung wurde dadurch ausgeräumt, dass die kursächsischen Theologen ihre Ablehnung eines gegen den Kaiser gerichteten Bündnisses revidierten 27. Am 6. März 1530 hatte Luther in einem mit Justus Jonas, Johannes Bugenhagen und Philipp Melanchthon verfassten Gutachten noch ein Widerstandsrecht gegen den Kaiser als die übergeordnete Obrigkeit ausgeschlossen 28 . Nach der Heiligen Schrift dürfe der Christ der Obrigkeit nicht widerstehen, sondern habe gegebenenfalls Unrecht leidend zu erdulden. Ferner sei der naturrechtliche Grundsatz vim vi repellere nicht auf das Verhältnis zur Obrigkeit anwendbar. Zudem gelte, dass sich niemand zum Richter in eigener Sache machen dürfe29. Angesichts der dramatisch verschärften Bedrohungslage infolge des Augsburger Reichsabschieds ließen Luther und die anderen kursächsischen Theologen sich dann aber von der weitergehenden Argumentation der Juristen und Politiker überzeugen. Er habe – so Luther – immer betont, dass das Evangelium weltliches Recht nicht aufhebe30 , und so konnte er einer Begründung des Widerstands mit Argumenten »Haben wir doch nit unterlaszen wollen, euch als dem, der uns nun fur andern bekant ist, die ding auch zu furdern weis und von den gnaden des almechtigen vor andern verstehet, zu schreiben [. . .].« Kurfürst Johann von Sachsen an Jakob Sturm, wohl von Februar 1531 (PC 2, S. 16). 27 Vgl. die Überblicksdarstellungen der Debatte bei Wolgast, Theologie, S. 154–188, und Böttcher, Ungehorsam oder Widerstand. 28 WA Bw. 5, S. 258–262. Vgl. dazu Scheible, Widerstandsrecht, S. 60–63; Melanchthon Bw. T 4/1, Nr. 872, S. 66–71. 29 Vgl. WA Bw. 5, S. 259; Scheible, Widerstandsrecht, S. 61. 30 »Wo nu das also bey den selbigen rechts Doctoren odder verstendigen gegrundet ist, Vnd wir gewislich jnn solchen fellen stehen, jnn welchen (wie sie anzeigen) man müge der oberkeit widderstehen, Vnd wir allzeit gelert haben, das man welltliche recht solle lassen gehen, gelten vnd halten, was sie vermugen, weil das Euangelion nicht widder die welltliche recht leret. So konnen wirs mit der schrifft nicht anfechten, wo man sich des falls wehren musste, es sey gleich der keiser ynn eigener person oder wer es thut vnter seinem namen [. . .].« Erklärung Luthers im Zusammenhang der Verhandlungen in Torgau vom 26. bis 28. Oktober 1530, in: WA Bw. 5, S. 661, Z. 3 –10. Vgl. Scheible, Widerstandsrecht, S. 67. 26
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des positiven Rechts zustimmen 31. Danach sei der Kaiser auf die Mitregierung der Stände angewiesen und dürfe nur in bestimmten Angelegenheiten von diesen Gehorsam fordern, denn – wie in einem anonymen juristischen Gutachten formuliert wurde – »die churfursten welen einen kayser, so regirn die stendte mit dem kayser, und ist der kayser kein monarcha [. . .].«32 Nach dem im Reich gültigen Recht habe der Kaiser keine Jurisdiktion in Glaubenssachen. Ist der Schaden, der durch den Gehorsam gegenüber einer gegen das Wort Gottes gerichteten Religionspolitik entsteht, irreparabel, müsse in der Sache des Glaubens Gott mehr als den Menschen gehorcht werden. Schließlich sei durch eine anhängige Appellation der Stände an den Kaiser und ein Konzil die Jurisdiktion sowieso vorläufig suspendiert 33 . Mit der Erklärung Luthers und der anderen kursächsischen Theologen war das entscheidende Hindernis gefallen, und Ende Dezember 1530 konnte das als »cristlich und freuntlich vorstand« bezeichnete Bündnis zur Verteidigung des eigenen Glaubens gegründet werden. Über religiöse Angelegenheiten im engeren Sinne (»das es vornemlich umb dieses gots wort willen beschee«) hinaus wollte man sich auch dann helfen, wenn »ayn ander sach gegen aynem aus uns zu einem schein furgewant« werde. So hieß es im Bundesvertrag vom 27. Februar 1531 angesichts der realistischen Einschätzung, dass die Gegenseite Vorwände jedweder Art suchen würde, um gegen die Protestanten vorzugehen 34 . Der Schmalkaldische Bund beanspruchte aber ausdrücklich kein allgemeines politisches Mandat, sondern beschränkte sich auf die Verteidigung der Reformation, ohne hier eine spezifische Bekenntnisgestalt zu nennen. Es ging allein darum, dass alle Mitglieder zur Hilfe mit ihrem »hoechsten vermögen«35 verpflichtet waren, wenn ein Mitglied »mit gewalt und der tat« am »cristlichen fürhaben«36 , das »unvormackelet wort Gottes«37 verkünden zu lassen, gehindert würde38 . Die Eingrenzung auf religionspolitische Angelegenheiten im engeren Sinne war allein schon darum nicht möglich, weil es bei den Konflikten, in denen der »Ego non consulo ut theologus. Sed si iuriste possent docere legibus suis id licere, Ego permitterem eos legibus suis vti. [. . .] ego non consulam aut iudicem de ista ipsa lege, sed maneam in theologia mea [. . .].« Luther an Wenzeslaus Link, 1531, WA Bw. 6, S. 16, Z. 14 – S. 17, Z. 8. 32 Anonymes juristisches Gutachten [nach 19. November 1530], abgedruckt in: Scheible, Widerstandsrecht, S. 76. 33 Vgl. das Gutachten der kursächsischen Juristen, kurz vor dem 26. Oktober 1530, ebd., S. 65. 34 Bundesvertrag vom 27. Februar 1531, abgedruckt in: Fabian, Schmalkaldischer Bund, S. 351, Z. 13–16. 35 Ebd., S. 352, Z. 3. 36 Ebd., S. 350, Z. 13 f. 37 Ebd., S. 350, Z. 10 f. 38 Die Mitglieder waren verpflichtet, im Konfliktfall zuerst rechtliche Lösungen zu suchen. Hilfeleistungen waren für den Fall tatsächlicher und erwarteter Notwehr vorgesehen. Umfang und Art der Hilfe blieb weitgehend dem Ermessen der Bundesmitglieder überlassen. Vgl. Haug-Moritz/Schmidt, Schmalkaldischer Bund TRE, S. 221. 31
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Bund Schutz bieten sollte, wesentlich um die Kammergerichtsprozesse wegen der Säkularisation von Kirchen- bzw. Klostergut ging. Faktisch handelte es sich hierbei um ein wesentliches Mittel, die Territorialstaatsbildung voranzubringen. Mit dieser Funktion hing die eigentliche reichspolitische Bedeutung des Schmalkaldischen Bundes eng zusammen: Er gewährleistete das Kräftegleichgewicht im Reich. »Der Bund sorgte dafür, dass sich das System komplementärer Staatlichkeit im Reich verstetigte und trotz der Niederlage im Schmalkaldischen Krieg nicht mehr in Richtung auf eine zentrale (Erb-) Monarchie verschoben werden konnte.«39 Einer der beiden regionalen Schwerpunkte des Schmalkaldischen Bundes war der Südwesten. Neben fünf mitteldeutschen Fürsten (Kursachsen, Hessen, Braunschweig-Lüneburg, Braunschweig-Grubenhagen und Anhalt-Bernburg) sowie zwei Grafen von Mansfeld unterzeichneten elf Städte, von denen sich allein acht im Bereich des schwäbischen Reichskreises befanden (Straßburg, Ulm, Memmingen, Reutlingen, Konstanz, Biberach, Lindau, Isny), den Bundesvertrag vom 27. Februar 153140 . In den folgenden eineinhalb Jahren traten weitere Mitglieder hinzu. Angesichts der akuten Bedrohung infolge des Augsburger Reichsabschieds hielten sich die aus verschiedenen Interessen resultierenden Konflikte anfangs in Grenzen41. Neben der durchaus unterschiedlich starken Bereitschaft zum Konflikt mit den Habsburgern war das insbesondere der Gegensatz zwischen Territorien und Reichsstädten. Als sich das Reichskammergericht Mitte der dreißiger Jahre über die Zusage Karls V. hinwegsetzte, die Religionsprozesse würden befristet eingestellt, rekusierte nur ein Teil der Mitglieder42 . Denn die schwächeren Mitglieder und hier insbesondere die Städte waren unter Umständen auf den Schutz des Reichskammergerichts gegen die expansiven Bestrebungen der größeren Territorien angewiesen. So wurde die Reichsstadt Esslingen, die seit Anfang der dreißiger Jahre Mitglied des Schmalkaldischen Bundes war, über Jahre hinweg vom Herzog von Württemberg bedrängt. Aus der Perspektive Straßburgs und der anderen oberdeutschen Städte waren zwei Entwicklungen am Beginn der dreißiger Jahre besonders relevant. Einmal erlitten die Züricher Protestanten, zu denen enge Beziehungen bestanden, am 11. Oktober 1531 eine vernichtende Niederlage im sog. Zweiten Kappeler Krieg gegen die katholischen Kantone Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug. In der Schlacht bei Kappel am Albis fiel zugleich der Führer der Reformation in der Schweiz, Ulrich Zwingli. Kurze Zeit später, am 24. November 1531, starb auch der führende Reformator Basels, Johannes Oekolampad. Dies bedeutete Ebd. Vgl. Schmidt, Schmalkaldischer Bund; Schmidt, Freie und Reichsstädte. 41 Zu den komplizierten Entscheidungsfindungsprozessen sowie der Rolle der beiden Bundeshauptleute vgl. Haug-Moritz, Schmalkaldischer Bund, S. 207–355. 42 Vgl. Schlütter-Schindler, Schmalkaldischer Bund, S. 41–73. 39
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einen tiefen Einschnitt für Straßburg, Konstanz und die übrigen evangelischen Städte im Südwesten des Reiches, die Basel und Bern verbunden waren43 . Zugleich führte es zu einer verstärkten Ausrichtung auf den Schmalkaldischen Bund mit der hier dominierenden lutherischen Reformation. Die zweite für die oberdeutschen Städte in hohem Maße relevante Entwicklung war die Wiedereinsetzung Herzog Ulrichs in Württemberg im Jahre 1534. Infolge seines Überfalls auf die Reichsstadt Reutlingen im Jahre 1519 war der Herzog vom Schwäbischen Bund abgesetzt worden und – auch mit dem Zwecke der Entschädigung – durch Erzherzog Ferdinand ersetzt worden44 . Dadurch konnten die Habsburger ihre Machtansprüche im Südwesten des Reiches erheblich steigern, und Ferdinand selbst nutzte das Herzogtum Württemberg als eigene Machtbasis im Reich. Dies war mit der gewaltsamen Rückführung Herzog Ulrichs durch Landgraf Philipp zu Ende. Die Habsburger erkannten die Wiedereinsetzung Ulrichs nur an, weil die Protestanten ihrerseits ihren Widerstand gegen die Anerkennung der Wahl Ferdinands zum römischen König aufgegeben hatten45 . Für die evangelischen Reichsstädte und die gesamte Reformation im Südwesten bedeutete der Sachverhalt, dass seit 1534 ein durchgängiges evangelisches Territorium entstand, eine erhebliche Stärkung.
4. Die Schweinfurter und Nürnberger Friedensverhandlungen Schon während des Augsburger Reichstages trafen Nachrichten über neue Rüstungen der Türken ein46 . Im November 1530 musste Ferdinand seinem »Gegenkönig« in Ungarn, dem von Suleyman unterstützten, antihabsburgisch gesinnten siebenbürgischen Fürsten Johann Zápolya einen einjährigen Waffenstillstand zugestehen. Im Jahre 1531 wuchs die Bedrohung weiter und verschärfte das Problem des Kaisers, auf die Hilfe der evangelisch gesinnten Stände angewiesen zu sein47. Insofern hatte er ein elementares Interesse daran, trotz des Augsburger Reichsabschieds eine Einigung mit den evangelischen Ständen zu erzielen. Unter den Kurfürsten waren insbesondere Albrecht von Mainz und Ludwig von der Pfalz von den Aktivitäten der führenden Mächte des Schmalkaldischen Bundes, Hessen und Sachsen, tangiert und fürchteten den militärischen Konflikt. Entsprechend suchten sie in den Monaten nach dem Augsbur Vgl. auch Sleidan, De statu religionis, fol. 130r–131r. Zum Schwäbischen Bund und seinem Verhältnis zum Reich vgl. Carl, Schwäbischer Bund. 45 Vgl. Kohler, Politik, S. 321–373. 46 Vgl. PC 1, Nr. 814, S. 521 f.; Winckelmann, Schmalkaldischer Bund, S. 4. 47 Vgl. Ranke, Geschichte, S. 645–653; Fischer-Galati, Ottoman Imperialism. Zur Wahrnehmung in Straßburg vgl. den Brief Jakob Sturms an Georg Besserer vom 8. Mai 1531 (PC 2, Nr. 46, S. 41 f.); Bucer an Huldrych Zwingli vom 9. Mai (BCor 5, Nr. 425, S. 373, Z. 14– 17). 43
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ger Reichstag zu vermitteln und übernahmen die entscheidende Rolle bei der Vorbereitung des Nürnberger Anstands vom 24. Juli 153248 . Allen Beteiligten war klar, dass man durch die Diskussion von Lehrfragen nicht vorankommen würde und auch die Einigungsverhandlungen von den sonstigen Reichstagsverhandlungen getrennt werden müssten49. Schon die Wahl des Tagungsortes war umstritten. Schließlich einigte man sich auf die Reichsstadt Schweinfurt, die nicht allzu weit von dem von Philipp gewünschten Frankfurt am Main entfernt lag, zugleich aber auch von dem Tagungsort des geplanten Reichstags in Regensburg aus zu erreichen war50 . Auf der für den 30. März 1532 nach Schweinfurt ausgeschriebenen Tagung agierten die Kurfürsten von Mainz und der Pfalz als Unterhändler des Kaisers51. Ziel war es, einen Vertrag auszuarbeiten, der das Verhältnis von Altgläubigen und Protestanten bis zu dem von den Reichsständen geforderten Konzil regelte. Nach ersten Verhandlungen legten letztere am 9. April 1532 weitgehende, für die Unterhändler des Kaisers unannehmbare Forderungen vor52 . Entscheidend und noch die Verhandlungen im Vorfeld des Passauer Vertrages und des Augsburger Religionsfriedens bestimmend war das Anliegen der Protestanten, nicht nur rechtliche Gleichheit, sondern auch das Recht zur weiteren Ausbreitung der Reformation zu erlangen. Wie nicht anders zu erwarten, endeten die Verhandlungen erst einmal ergebnislos53 . Erst als in letzter Minute, in der Nacht vom 3. auf den 4. Mai, eine kaiserliche Instruktion eintraf, erschien eine Fortführung der Verhand48 Beide altgläubigen Kurfürsten befürworteten, dass in ganz Deutschland die Freiheit, das Abendmahl unter beiderlei Gestalt auszuteilen, gewährt würde. Sie begründeten das dem Kaiser gegenüber mit der großen Unruhe beim »gemeinen Mann«. Insbesondere wegen der erneuten Verzögerung des Konzils herrsche große Mißstimmung und bestehe die Gefahr weiteren Aufruhrs (vgl. Winckelmann, Schmalkaldischer Bund, S. 179). Zur Vermittlungstätigkeit der beiden Kurfürsten vgl. auch RTA J 10/1, S. 91–94; Aulinger, Vermittlungsvorschläge; dies., Verhandlungen; dies., Verhandlungen der Kurfürsten Albrecht von Mainz und Ludwig von der Pfalz; Luttenberger, Glaubenseinheit und Reichsfriede; Kohnle, Reichstag, S. 398–401. Zu den Verhandlungen in Schweinfurt und Nürnberg vgl. Wolgast, Theologie, S. 203–224; Schlütter-Schindler, Schmalkaldischer Bund, S. 31–36. 49 Ausgenommen sind hier die päpstlichen Legaten Hieronymus Aleander und Lorenzo Campeggio, denen durch die räumliche Trennung die Möglichkeit einer direkten Intervention genommen wurde. Ihr wichtigster Auftrag aus Rom war, Zugeständnisse an die Lutheraner zu verhindern und die »Ketzer« auf den rechten Weg zurückzuführen oder auszulöschen. Vgl. Kohnle, Reichstag, S. 398. Zur Stellung des Papstes gegenüber den Friedensverhandlungen vgl. Müller, Kurie. 50 Vgl. RTA J 10/3, Nr. 315 f., S. 1179–1183. 51 Eine Liste der Teilnehmer bietet RTA J 10/1, S. 134 f. 52 Vgl. Winckelmann, Schmalkaldischer Bund, S. 192–194; Aulinger, Verhandlungen, S. 220 f. Die wichtigen Dokumente sind abgedruckt in: RTA J 10/3, Nr. 314–561, S. 1173– 1529. 53 Die Maximalforderungen der kaiserlichen Vermittler finden sich in ihrem ersten Vorschlag zu den Verhandlungen (PC 2, Nr. 140/I, S. 120 f.). Zu den protestantischen Forderungen vgl. die Antwort der Protestanten vom 9. April 1532 (RTA J 10/3, Nr. 345, S. 1269– 1278).
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lungen sinnvoll. Auf Wunsch des Kaisers wurden sie in die näher bei Regensburg gelegene Reichsstadt Nürnberg verlegt und dort Anfang Juni fortgesetzt. Die Standfestigkeit der Protestanten zahlte sich insofern aus, als der Kaiser ganz gegen seine ursprünglichen Absichten erhebliche Zugeständnisse machen musste. Er konnte weder die Anerkennung der Königswahl Ferdinands noch die scharfe Abgrenzung gegen die sog. »Zwinglianer« noch den Ausschluss jeder weiteren Ausbreitung der evangelischen Lehre durchsetzen. Bemerkenswert ist das, weil Luther, dem die Schweinfurter Akten zur Begutachtung vorgelegt worden waren, Mitte Mai in allen diesen Punkten zu einem Kompromiss geraten hatte, um den Frieden nicht zu gefährden 54 . Nach den erneuten Verhandlungen im Juni konzentrierte man sich auf die für die Protestanten wichtigste Forderung: die Einstellung der am Kammergericht und anderen Gerichten anhängigen Prozesse in Religionssachen bis zu einem Konzil55 . Dies wie auch das Verbot, »den andern des glaubens noch sonst keiner andern ursach halben« zu bekämpfen, bekamen die Protestanten bis zu einem bald einzuberufenden Konzil zugesagt. Sie selbst wiederum verpflichteten sich im Nürnberger Anstand vom 24. Juli 1532 zur Türkenhilfe56 . Der Anstand war insofern ein fragiles Ergebnis, als er »nur kraft kaiserlicher Machtvollkommenheit«, ohne Beteiligung der altgläubigen Stände, publiziert wurde 57. Die Suspension der Religionsprozesse erfolgte in der Form einer persönlichen Erklärung des Kaisers, die den Kurfürsten von Mainz und der Pfalz zugestellt wurde58 . Angesichts des Sachverhalts, dass die reichsrechtliche Verbindlichkeit der Vereinbarung nicht wirklich geklärt war, fungierten die beiden Kurfürsten im Grunde als Garanten des Friedens. Das Mandat 59, das der Kaiser am 6. November 1532 in Mantua an den Kammerrichter und die Beisitzer des Reichskammergerichts erließ, blieb vage. Was unter den »sachen, die religion belangendt« zu verstehen sei, war nicht ein54 Luther an Kurfürst Johann von Sachsen vor dem 16. Mai 1532 (WA Bw. 6, S. 308–311); Luther und Johannes Bugenhagen an Kurfürst Johann von Sachsen nach dem 21. Mai (ebd., S. 313–315). Auch in der Streitfrage, wie das Konzil, das eine endgültige Regelung zu finden hatte, aussehen solle, wollte Luther sich mit einer allgemeinen Formulierung zufrieden geben. Vgl. Winckelmann, Schmalkaldischer Bund, S. 232. 55 Bereits am 8. Juli 1531 hatte der Kaiser den kaiserlichen Kammerprokuratorfiskal angewiesen, bis zum nächsten Reichstag die nach dem Augsburger Reichsabschied eigentlich vorgesehenen Prozesse in Religionssachen auszusetzen. Vgl. den Abdruck bei Fabian, Urkunden 1, S. 37. 56 Nürnberger Abschied der beiden Kurfürsten von Mainz und Pfalz über einen Anstand in Religionssachen vom 23. Juli 1532, abgedruckt bei Fabian, Urkunden, S. 60 f. Der Wortlaut in: RTA J 10/3, Nr. 549, S. 1511–1517, bes. S. 1514, Z. 75–80. 57 Vgl. Aulinger, Nürnberger Anstand TRE, S. 707 f. Im Abschied der beiden Kurfürsten heißt es: »Wilchen itzgemelten gemeinen friden die key Mt. allen stenden im heiligen reich ußschreiben und verkunden und bei einer nemlichen schweren ansehenlichen peen zu halten gepitten« Fabian, Urkunden, S. 61. 58 Versicherung Kaiser Karls V. über den Nürnberger Anstand der Reformationsprozesse vom 2. August 1532 bei Fabian, Urkunden, S. 76–79. 59 Bei Fabian, Urkunden, S. 105 f.
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gehender erläutert. Auch hieß es nicht, dass die Prozesse bis zu einem Konzil, sondern »biß uff unsern witern bevelh« abzustellen und zu suspendieren seien60 . Für die Bucer-Forschung sind die Schweinfurter und Nürnberger Verhandlungen von besonderer Bedeutung, weil sie den politischen Kontext sichtbar machen, von dem her Bucers Ringen um eine innerprotestantische Verständigung in der Abendmahlslehre zu erklären ist. Die Wittenberger Konkordie von 1536 (und die ihr vorausgehende Stuttgarter und Kasseler Konkordie von 1534) hat ihren Urprung nicht nur in einer vermittlungstheologischen Ausrichtung Bucers, sondern ebenso in der spezifischen politischen Konstellation der Jahre 1530 bis 1532. Der Kaiser versuchte unaufhörlich, einen Keil zwischen Sachsen und die oberdeutschen Städte zu treiben, indem er die strikte Ablehnung jedes Zusammenwirkens mit den Zwinglianern einforderte. Entsprechend war es die dauernde Sorge der Straßburger, dass der sächsische Kurfürst bzw. die Fürsten insgesamt auf Kosten der oberdeutschen Städte einen Kompromiss mit dem Kaiser schließen würden61. Noch vor der Abreise der beiden Gesandten Jakob Sturm und Jakob Meyer im März 1532 verfasste ersterer den Entwurf einer Instruktion, die vorsah, dass die Gesandten notfalls »des churfursten bekantnüs«, d. h. die Confessio Augustana, in dem strittigen Abendmahlsartikel – trotz der Differenzen zu der von Straßburg eingebrachten Confessio Tetrapolitana – annehmen sollten62 . Es war – ähnlich wie schon bei den Verhandlungen zur Gründung des Schmalkaldischen Bundes – wesentlich das Verdienst Sturms, dass die sächsischen Verhandlungsführer einen Kompromiss akzeptierten, der die oberdeutschen Städte nicht in Gefahr brachte. Ein Verbot, mit den Zwinglianern zusammenzuarbeiten, solle sich nur darauf beziehen, »in der Lehre nicht ›anhängig oder beiständig‹ zu sein«, nicht jedoch auf die Möglichkeit, mit ihnen in äußeren Dingen Bündnisse zu unterhalten63 .
60 Als das Reichskammergericht trotz des Nürnberger Anstands Prozesse gegen evangelische Stände führte, appellierte man folgerichtig an den Kaiser und die Vermittlungsfürsten. Vgl. Schlütter-Schindler, Schmalkaldischer Bund, S. 36–40. 61 Zu dieser Sorge vgl. das Schreiben eines Unbekannten an einige Straßburger Ratsherren vom 26. Januar 1532 (PC 2, Nr. 124, S. 101 f.), den Brief des Ulmer an den Straßburger Rat vom 13. März (ebd., Nr. 132, S. 104 f.) sowie den Instruktionsentwurf Jakob Sturms für den Regensburger Reichstag von März 1532 (ebd., Nr. 134, S. 105). 62 Vgl. PC 2, Nr. 134, S. 106; vgl. auch Winckelmann, Schmalkaldischer Bund, S. 184 f. Vgl. den Beitrag Wolfgang Simons in diesem Band, unten S. 108–124. 63 Vgl. PC 2, S. 202 f.
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5. Der Regensburger Reichstag (1532) Bereits im Sommer 1531 berief der Kaiser wegen des drängenden Türkenpro blems einen »kurtzen Reichstag« auf den 14. September 1531 nach Speyer ein64 . Angesichts der vorerst erfolglosen Vermittlungsbemühungen wurde er auf den 6. Januar 1532 nach Regensburg verschoben bzw. verlegt 65 . Der Beginn verzögerte sich noch einmal, weil die Schweinfurter Verhandlungen erst Ende März begannen. Der Kaiser war in Begleitung Ferdinands und der Legaten Hieronymus Aleander und Lorenzo Campeggio bereits am 28. Februar 1532 in Regensburg eingetroffen. Mit der Eröffnung der Verhandlungen musste er bis zum 17. April warten, weil erst jetzt Fürsten und Delegationen in größerer Zahl nach Regensburg gekommen waren66 . Schon in der Proposition wurde die Türkenhilfe in den Vordergrund gestellt 67. Die Protestanten opponierten sogleich dagegen und machten eine Gewährung davon abhängig, dass ein Friede aufgerichtet und der Fiskal zur Beendigung aller Religionsprozesse angehalten würde 68 . Um die Verhandlungen in Schweinfurt und Nürnberg nicht zu gefährden, suchte der Kaiser die Reichstagsteilnehmer möglichst lange darüber im Unklaren zu lassen. Erst Ende Juni informierte er die Stände über die Verhandlungen in Schweinfurt und Nürnberg69 und erfuhr, wie erwartet, nicht nur von den päpstlichen Legaten, sondern auch von den altgläubigen Ständen scharfen Gegenwind. Trotz des Hinweises, dass die Verhandlungen für die Sicherung des Friedens im Reich und die Türkenhilfe notwendig seien, forderten die altgläubigen Stände deren Abbruch70 . Auch der scharfe Widerspruch Karls V. konnte sie nicht zum Umdenken bewegen. Dies hinderte den Kaiser aber nicht daran, die Verhandlungen in Nürnberg um der Türkenhilfe willen zum Abschluss zu bringen. Für die Rechts- und Kriminalgeschichte hat der Regensburger Reichstag insofern eine besondere Bedeutung, als hier die 1530 in Augsburg beschlossene Constitutio Criminalis Carolina, die Peinliche Halsgerichtsordnung Karls V., die das erste allgemeine deutsche Strafgesetzbuch darstellt, ratifiziert wurde71. Für die Reformationsgeschichte im engeren Sinne ist weniger der Regensburger 64 Vgl. RTA J 10/1, Nr. 1, S. 213 f. vom 1. Juli 1531. Im juristischen Sinne handelt es sich um einen Hoftag, nicht um einen Reichstag. 65 Vgl. ebd., Nr. 12 vom 8. Oktober 1531, S. 242–244. 66 Zu den anwesenden Fürsten und Delegationen vgl. Kohnle, Reichstag, S. 401 f., Anm. 263; zusammenfassend zu den Verhandlungen ebd., S. 401–406. 67 Vgl. die Proposition vom 17. April 1532 (RTA J 10/1, Nr. 30, S. 293–297). 68 Stellungnahme der evangelischen Fürsten und Städte zur Türkenhilfe vom 20. April 1532 (ebd., Nr. 38, S. 398–400); Protestation der evangelischen Fürsten gegen die Türkenhilfe vom 16. Mai (ebd., Nr. 58 f., S. 463 f.). 69 Bericht Karls V. an die katholischen Reichsstände vom 20. Juni 1532 (RTA J 10/2, Nr. 107, S. 604–607). 70 Vgl. Kohnle, Reichstag, S. 403. 71 Sie ist abgedruckt bei Schroeder, Peinliche Gerichtsordnung. Vgl. auch Malblank,
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Reichstag als der Nürnberger Anstand bedeutsam geworden. Er war zwar nicht, wie immer wieder behauptet wird, der erste Religionsfriede der Reformationszeit – diese Ehre kommt dem Zweiten Kappeler Landfrieden vom 20. November 1531 zu72 –, aber er war Vorläufer und wohl auch Vorbild des Passauer Vertrages und des Augsburger Religionsfriedens. Vor allem ist der Nürnberger Anstand mit seiner Gewährung einer beschränkten Rechtssicherheit eine wesentliche Voraussetzung für die rasche Ausbreitung des Protestantismus in den folgenden Jahren geworden. So schnell sich die Lage 1529/30 für die Protestanten zum Negativen wendete, so schnell veränderte sie sich 1531/32 zum Positiven. In weniger als zwei Jahren hatten die evangelisch gesinnten Stände die Bedrohung des Augsburger Reichsabschieds überwinden können. Noch einmal zwei Jahre später wurde mit dem Übergang des Herzogtums Württemberg zur Reformation der Südwesten zum geschlossenen protestantischen Raum. Ebenfalls 1534 wurde in Norddeutschland im Herzogtum Pommern die Reformation eingeführt. Im Jahre 1539 gingen dann die beiden Territorien zur Reformation über, die lange Zeit als Bollwerke der alten Kirche im norddeutschen Raum gegolten hatten: Der Tod des strenggläubigen Herzogs Georg von Sachsen, Luthers erbittertstem deutschen Gegner seit der Leipziger Disputation, öffnete das albertinische Sachsen der lutherischen Lehre. Und im selben Jahr bekannte sich der Kurfürst von Brandenburg, Joachim II., der schon lange der Reformation zuneigte, öffentlich zur Augsburger Konfession. Weitere norddeutsche Gebiete folgten, so dass bis 1543 fast der gesamte norddeutsche Raum von der polnischen Grenze bis zur Weser evangelisch geworden war. Natürlich ist all das nicht einfach auf den Nürnberger Anstand zurückzuführen, aber trotz seiner Unklarheiten gab er in einer ausgesprochen bedrohlichen Situation ein gewisses Maß an Rechtssicherheit – jedenfalls zusammen mit der Bedrohung durch das Osmanische Reich. Insofern ist es nicht richtig, in ihm, wie Otto Winckelmann das getan hat, »eher ein[en] Hemmschuh als ein[en] wirk same[n] Schutz«73 zu sehen.
Geschichte; Schroeder, Sachsenspiegel, S. 39–62; Maihold, Constitutio Criminalis Carolina, S. 76–86. 72 Hier ist zum ersten Mal das Prinzip »cuius regio eius religio« auf die Kantone angewandt worden. 73 Winckelmann, Schmalkaldischer Bund, S. 263.
Die Stadt: Straßburg im Kontext von Reich und Reformation im ersten Drittel des 16. Jahrhunderts Thomas A. Brady Jr.* Dieser Beitrag fasst einige Erkenntnisse der beiden wichtigsten Publikationen zusammen, die in den letzten Jahren unser Wissen über die Geschichte der Stadt Straßburg vom Ende des 15. bis zur Mitte des 16. Jahrhunderts maßgeblich erweitert haben. Er gliedert sich in drei Themenbereiche: Erstens die Rolle der Zünfte im wirtschaftlichen, sozialen, politischen und militärischen Leben dieser spätmittelalterlichen Stadt, zweitens Straßburgs um 1500 einsetzenden Perspektivenwechsel, weg von der regionalen Politik und Krieg hin zu einer Erneuerung der Präsenz Straßburgs im Reich Kaiser Maximilians I. und drittens das Schicksal der neuen, am Reich orientierten Außenpolitik im Reformationszeitalter.
1. Haushalt – Zünfte – Gemeinde Über lange Zeit waren die Historiker der Ansicht, dass das deutsche Bürgertum am Vorabend der Reformation in einer dreistufigen Hierarchie von Haus, Zunft und Gemeinde organisiert gewesen sei. Mit der jeweils entsprechenden Autorität hätten sich Hausvater, Zunftmeister und Stadtrat um das Allgemeinwohl und um Gottes Ehre gekümmert. Der Erfolg der deutschen Stadtreformation habe auf dieser städtischen Sozialstruktur beruht. Wir übernahmen diese Darstellung von den deutschen Stadthistorikern und wendeten sie an, inspiriert von einem kurzen, hervorragend geschriebenen Buch. Sein Titel: »Reichsstadt und Reformation«, sein Verfasser: Bernd Moeller. Die neuere Forschung hat dieses Bild zwar nicht ausradiert, aber sie verschaffte uns einige neue, wichtige Einsichten in die Zünfte, ihre Arbeitsweisen und das Verhältnis der Bürger zu ihnen. Im Mittelpunkt dieser neuen Forschung steht nun Sabine von Heusingers 2009 veröffentlichtes Buch »Die Zunft im Mittelalter. Zur Verflechtung von Politik, Wirtschaft und Gesellschaft in Straß Aus dem Amerikanischen von Kirsten Harjes. Zur Erinnerung an Jean Rott (1910–1998).
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burg«. Ziel dieser Studie war es, »eine exemplarische Analyse der Zünfte zu bieten, in der historische Personenforschung und Netzwerkanalysen in Bezug auf Politik, Wirtschaft und Gesellschaft zusammengeführt wurden.« Ihre erschöpfende Recherche in Straßburgs gut erhaltenem Archivbestand ergab eine Datenbank mit Namen und anderen Informationen von über viertausend Personen, die zwischen 1250 und 1482 den Straßburger Zünften angehörten. Sie setzt diese Daten in Bezug zu den Städten Zürich, Nürnberg, Ulm und Frankfurt am Main, deren jeweiliges Grundmodell der Zünfte bis auf kleinere Abweichungen zu dem passt, was aus den Straßburger Daten hervorgeht. Heusinger fasst ihre Erkenntnisse in drei Kategorien zusammen: Umfang, Mobilität, und Struktur . Erstens waren Zünfte umfangreiche soziale Gruppen in fast allen Lebensbereichen – den wirtschaftlichen, religiösen, politischen und militärischen . Zweitens war Mobilität ein Hauptmerkmal des Bürgerlebens, denn die Mitgliedschaft in einer bestimmten Zunft beschränkte sich nicht auf ein lebenslanges Mitwirken an der Produktion einer bestimmten Ware. Und drittens fielen die Zünfte was die Struktur betrifft in vier analytisch getrennte Bereiche: gewerbliche Zünfte, Bruderschaften, politische Zünfte und militärische Einheiten. Auf diesen Grundlagen beruht Heusingers wichtige Korrektur der klassischen Ansicht, nach der die Zünfte sich vom reinen Handwerk zu politisierten Unternehmen herausbildet haben . Sie hingegen stellt fest, dass das Handwerk – einschließlich der sogenannten Sammelzünfte – innerhalb der politischen Zünfte intakt blieb. Ferner entwickelten sich die Führungsschichten der Zünfte nicht zu statischen Oligarchien, die über lange Zeit von einigen wenigen wichtigen Familien dominiert wurden. Tatsächlich verhielt es sich so, dass die gut dokumentierten patrizischen Familien oder Constofler »eine aussterbende soziale Gruppe [bildeten], die einen Zuwachs bitter nötig gehabt hätte.« Straßburgs patrizische Stadträte der Reformationszeit, Männer wie Jakob Sturm und sein Schwiegervater Hans Bock waren demnach nicht der Kern eines mächtigen Patriziats, sondern Überbleibsel einer einst herrschenden, aber nun verschwindenden Elite. Heusinger liefert den ersten handfesten Beweis einer Zunftmitgliedschaft von Frauen, die innerhalb des Handwerks in vielen Handels- und Produktionszweigen dieselben Rechte wie die Männer hatten und große horizontale Mobilität genossen. Nur eines blieb ihnen verschlossen: der Aufstieg in die Stadtregierung. Häufig übten Familienmitglieder verschiedene Handwerke aus und traten verschiedenen Zünften bei. Sie konnten leicht die Zunft wechseln oder Heusinger, Zunft im Mittelalter, S. 335. Ebd., S. 336. Ebd. Dollinger, L’évolution politique, S. 127–135; Ders., La ville libre. Heusinger, Zunft im Mittelalter, S. 342.
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einer Zunft beitreten und in einer anderen ein Handwerk ausüben. Mehr als zwei Drittel der Söhne (68%) blieben dem Handwerk des Vaters treu, aber nur 44% der Töchter heirateten innerhalb der Zunft des Vaters, während die anderen 56% Männer aus anderen Zünften heirateten. Die Netzwerke miteinander verwandter Frauen erstreckten sich über ganze Gruppen von Zünften und Handwerksberufen. Heusingers Schlussfolgerung dient uns zur Warnung: »Die Zünfte wurden bisher in der Forschung viel zu monolithisch und statisch dargestellt. Die soziale Praxis war sehr viel vielfältiger, als normative Zunftordnungen vermuten lassen.« Dieser allgemeine Befund gilt weit über ihren terminus ad quem hinaus bis hinein in das Reformationszeitalter. In allen Darstellungen der evangelischen Reformation in Straßburg erscheinen Zünfte und Gemeinden als feste, stabile unternehmerische Körperschaften, die von den Reformatoren und ihren politischen Verbündeten für die Sache der religiösen Reform mobilisiert wurden. Heusingers Forschung können wir entnehmen, dass die Pfarrgemeinden im religiösen Stadtleben bis hin zur Reformation möglicherweise nicht so wichtig wie die religiösen Bruderschaften waren, die häufig als virtuelle Pfarreien fungierten. Bruderschaften, so folgert Heusinger, dienten also als eine Schnittstelle zwischen Kirche und Stadt . Heusingers Buch beschreibt die Straßburger Bürger am Vorabend der Reformation als ein sehr viel stärker integriertes Netzwerk der Geschlechter, der sozialen Vertrautheiten und des Handwerks, als wir es uns vorgestellt hatten. In diesem Licht wird uns klar, dass wir unsere ganze Aufmerksamkeit auf Institutionen gerichtet und darüber den dichten Verkehr im Netz der Ideen, Einstellungen und Werte unterschätzt haben. Sie vermittelt uns ein neues Gefühl für das Leben der Bürger in einer fließenden sozialen Welt irgendwo zwischen den statischen Institutionen Zunft und Gemeinde. Auf dieser Ebene gab es keine Abstimmungen, keine Mehrheiten und keine festgelegten Orte öffentlicher Meinungsbildung und -äußerung. Hieraus erklärt sich auch die Sensibilität des Magistrats gegenüber jeglichen Anzeichen möglicher Auseinandersetzungen, Streitereien und Splittergruppen. Und schließlich erhellen Heusingers Ergebnisse zwei Fragen zu den Ereignissen der Reformation: Erstens, warum Straßburgs Magistrat die harmlos erscheinenden Täufer 1533–34 so hart behandelt hat; und zweitens, warum er die tiefen Spaltungen nicht voraussah, die 1548–49 während der Auseinandersetzungen um das Interim zu Tage traten.
Ebd., S. 341. Heusinger, Topography, S. 68.
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2. Stadt und Reich Wenn wir jetzt die Außenpolitik in den Blick nehmen, dann wenden wir uns von Strukturen hin zur Ereignisgeschichte. Zwei Stimmen beherrschen unseren Eindruck vom öffentlichen Leben Straßburgs in den ersten zwei Jahrzehnten des 16. Jahrhunderts. Die eine gehört dem 1510 gestorbenen Domprediger Johann Geiler von Kaysersberg; die andere dem Stadtadvokaten Sebastian Brant, ein gebürtiger Straßburger, der 1500 in die Stadt zurückkehrte und dort 1521 starb. Diese Männer und ihre Freunde erlebten die Wende der Straßburger Politik zum Heiligen Römischen Reich. Über weite Strecken des 15. Jahrhunderts galt Straßburgs Aufmerksamkeit ganz den Mächten und Bewegungen innerhalb der eigenen Region. Mit der Invasion der »Armen Gecken« 1439–44, die vom Westen ins Elsass drangen, begann eine Generation der Bedrohungen; sie kulminierte in den 1470ern im Angriff des Herzogs Karl des Kühnen von Burgund. Seine Expansionspolitik veranlasste Straßburg, dem Dreierbund der Elsässer Niederen Vereinigung, der Schweizer Eidgenossenschaft und dem Erzherzog Sigismund beizutreten. Nachdem Karl jedoch vom Bund besiegt worden war, folgte Straßburg Basel und Schaffhausen nicht in ein dauerhafteres Bündnis mit der Eidgenossenschaft. Der Baseler Historiker Claudius Sieber-Lehmann legt überzeugend dar, dass die Elsässisch-Schweizerische Zusammenarbeit weniger auf einem Regionalempfinden beruhte als auf einem starken, unspezifischen »deutschen« Gemeinsamkeitsgefühl. Dieses Gefühl hatte sich nur deshalb herausgebildet, weil die gemeinsamen Feinde, nämlich die »Armen Gecken« und der Herzog von Burgund, französisch sprachen. Sieber-Lehmann ist sich hier mit Ernst Schubert und anderen darin einig, dass frühe Manifestationen eines Gefühls des »Deutsch-Seins« sich aus der Wahrnehmung sprachlicher Unterschiede nährten10 . In den 1490ern richtete Straßburg seine Aufmerksamkeit zunehmend auf Kaiser und Reich und setzte damit den außenpolitischen und -wirtschaftlichen Rahmen für das nächste halbe Jahrhundert. König Maximilian übte das Kaiseramt mit viel Elan und Durchsetzungskraft aus, und zwar besonders in den südlichen Regionen des Reichs. Als Drehscheibe königlicher Energie förderte er 1488 den Schwäbischen Bund, eine weitreichende Allianz, welche die Expansion der bayrischen Herzöge und der Schweizer in Schach halten sollte. Außerdem leitete der König – wenn auch zögerlich – den Beginn einer Reform kaiserlicher Regierungsführung ein. Sebastian Brant war beeindruckt von den 1495 in
Sieber-Lehmann, Spätmittelalterlicher Nationalismus, S. 95–97. Schubert, Einführung, S. 21 f.
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Worms begonnenen Reformen und schrieb, dass der Reichstag »söllich krefftig einung [. . .] so man im Reich vor nie hat gesehen« hervorgebracht habe11. Maximilian plante außerdem seinen Einflussbereich auf den gesamten Südwesten auszudehnen. Im Jahr 1499 rief er das Reich und den Schwäbischen Bund zum Krieg gegen die ungehorsamen Schweizer auf, und diesmal folgte Straßburg dem Ruf. Fünf Jahre darauf schickte Maximilian eine Armee zum Rhein, wo er die Macht des pfälzischen Kurfürsten, des mächtigsten oberrheinischen Fürsten, zerschlug. Sein Sprecher erzählte den Städten der Landvogtei Hagenau, der König werde sie beschützen und »um sie einen Rosengarten machen mit gnädigen Händen und mit beiden Flügeln des Adlers sie bedecken.«12 Am 9. August zog der triumphierende König in Straßburg ein, erklärte den Kurfürsten zum Geächteten, entzog ihm seine Lehen und belohnte die treuen Städte mit Privilegien. Maximilian besuchte Straßburg in diesen Jahren häufig. Er war dort ein gern gesehener Gast, und sowohl Geiler als auch Brant hatten eine hohe Meinung von ihm. Laut dem Chronisten Matern Berler sagte Geiler über den König: »Maximilianus hat ein gutt conscientz und ist ein liebhaber der gerechtikeit, desz fryden, und der kunst.«13 Straßburg besiegelte die neue Beziehung sogar mit seinem Beitritt zum Schwäbischen Bund. Der Umschwung in der Straßburger Politik wirkte sich auch auf die Beziehungen zum Bischof aus. Im Jahr 1506 endete die sechsundsechzig Jahre währende Besetzung des Straßburger Bistums durch zwei aufeinanderfolgende pfälzische Fürsten. Nun, da die Pfälzer Kurse kräftig gesunken waren, fiel die Wahl des Domstifts auf einen Außenseiter. Wilhelm Graf von Honstein war Klient seines thüringischen Landsmanns, des Mainzer Kurfürsten Berthold von Henneberg aus Mainz. Zunächst schien er ein Prälat ganz nach Pfälzer Art zu sein, jedenfalls laut Brant, der über Wilhelm sagte: »die alt hur, ich wolt sagen clar, des von Hennenbergks alter, sündiger balck [d. h. Bock].«14 Wir können uns deshalb gut die Überraschung von Brant und anderen vorstellen, als 1507 am Sonntag Lätare der neue Bischof, dessen Sitz in Zabern am Fuß der Vogesen war, in Straßburg auftauchte und vorhatte, in seinem eigenen Dom geweiht zu werden. Ein kurzer Blick ins Gedächtnis und in die Chroniken ergab, dass kein Bischof von Straßburg so etwas seit 1353 (möglicherweise sogar seit 1261) getan hatte. Im Herbst darauf betrat Bischof Wilhelm feierlich seine Domstadt. Nach der Messe ließ er seinen Gästen ein Abendessen servieren. Es war eine kulinarische Katastrophe, jeder Gang schlechter als der vorangegangene. »Wenigk guter cost«, murrte Brant, »es were vil schauweszen, aber wenig dauweszen, noch minder frouwenweszen [. . .] und warlich, wann man an eim fürstenmal hett es Vgl. Wiesflecker, Kaiser Maximilian 2, S. 241. Wiesflecker, Kaiser Maximilian 3, S. 183. 13 Berler, Chronik, S. 115. 14 Brant, Wilhelms von Hoensteins waal und einrit, S. 248. 11
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mit vleisz gewöllt, eim ubell hieten, oder schandtlich zu eszen geben, so möchte man es kum mitt beszerer geschichte gethon haben.«15 War das Askese, Geiz, oder einfach Geschmacklosigkeit? Brant hegte einen Verdacht: »Und wie wol er mher dan einest mit wort sich mercken lesz, er wolt ein guter nochbur sein, [. . .] so geturst man doch seiner geschwinden art als eim Türinger nit sonnders vertrewen.«16 Eine neue Art von König und eine neue Art von Bischof. Das waren spürbare Zeichen der Veränderung. Die Situation verlangte von den Männern, die Straßburg in diesen Jahren regierten, eine neue Zukunftsvision. Einige der Ratsherren hatten in den Burgunderkriegen an der Seite der Schweizer gekämpft. Einer von ihnen war der Stettmeister Ott Sturm, der sich seine Sporen bei Nancy verdient hatte, als die Schweizer Herzog Karls Schatzkammer geplündert und seinen nackten Körper erfroren auf dem Feld zurückgelassen hatten. Während Ott und der Rest des Magistrats Bischof Wilhelm relativ lustlos empfingen, studierte einer von Otts Neffen gerade an der Universität Freiburg. Er wollte Priester werden, und er hieß Jakob Sturm.
3. Reformation Niemand symbolisiert und repräsentiert die Straßburger Wende zum Reich besser als der Stettmeister Jakob Sturm. Ein Priester wurde er nie, aber 1523 nahm er den neuen Glauben an, und drei Jahre später, gleich nach dem Bauernkrieg, begann er eine lange Karriere als Vertreter Straßburgs bei Reichs-, Städte- und Bundestagen des protestantischen Bündnisses von Schmalkalden. Angesichts der Karriere Sturms, die ihren Höhepunkt um 1540 erreichte, ist es schwer begreiflich, wie wenig Einfluss die Städte vorher außerhalb ihrer eigenen Regionen gehabt hatten. Im Jahr 1489 beschwerte sich Hans von Seckingen, Straßburger Gesandter beim Frankfurter Reichstag, dass die Kurfürsten und Fürsten in ihren Kammern hockten und Steuern erhöben, während die Städtegesandten vor der Tür säßen: »Es get groß undruge hie. Die stette sytzen yetz vor der dier und eaten als fegel hunde.«17 Acht Jahre später in Frankfurt wiederholten die freien Reichsstädte gemeinsam diesen Refrain: »Dann es were zu besorgen, das es die meynung hett, einen ewigen zinß und hohe stuewer uf die stede zu setzen.«18 Danach verringerte sich der Abstand zwischen den Reichstagstreffen unter Maximilian und Karl V. und ihre Zahl stieg auf sieben Treffen Ebd., S. 291 f. Ebd., S. 295. 17 Deutsche Reichstagsakten 3/2, Nr. 286, S. 1110 (15. Juli 1489), zitiert nach Isenmann, Reichsstadt und Reich, S. 117 f.; Brady, Ruling Class, S. 59 f. 18 Deutsche Reichstagsakten 3/2, Nr. 274a, S. 1058, zitiert nach Isenmann, Reichsfinanzen und Reichssteuern, S. 135 Anm. 349. 15 16
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pro Jahrzehnt in den 1520ern und 1540ern an. Dabei nahm das Prestige der Städte rasch zu. Zwischen diesen beiden Höhepunkten kaiserlicher Betriebsamkeit bildeten die protestantischen Stände ihren eigenen Bund, den Schmalkaldischen Bund, dem einige der Reichstagsfunktionen übertragen wurden. Gabriele Haug-Moritz’ Buch »Der Schmalkaldische Bund« aus dem Jahr 200219 hat uns einen viel besseren Einblick in die Struktur, die Abläufe und die Finanzen dieses Bundes verschafft. Zwei ihrer Ergebnisse sind besonders relevant für unsere Themenstellung. Erstens baute der Schmalkaldische Bund in den 1530ern militärische und finanzielle Institutionen auf, die denen des Reichs ähnlich, aber viel weiter entwickelt waren 20 . Die Städte im Süden genossen in jedem Fall mehr Ansehen und eine sehr viel besser verteilte Besteuerung unter dem Bund als unter dem Reichstag. Ihnen diente der Schmalkaldische Bundestag als Ersatzreichstag in den Jahren 1532 bis 1540, als der Reichstag nicht zusammentrat. Haug-Moritz charakterisiert die Beziehung der Städte zum Fürsten des Bundes so: »Während die Städte mit dem im Wort- wie im übertragenen Sinn größeren Vermögen der Fürsten argumentierten, machten die Fürsten auf den größeren Nutzen, den die Städte aus christlicher Einung und römischem Reich zögen, aufmerksam.«21 Jakob Sturm wurde zum Meister dieser politischen Lage. Treffend beschreibt Berndt Hamm Sturms Politik: »Die religiöse Irenik der Stadtpolitiker [. . .] bleibt immer noch in den Grenzen eines konfessionell geschlossenen Religionsverständnisses und einer entsprechend monolithischen obrigkeitlichen Religionspolitik mit den Mitteln der Disziplinierung, des Zwangs und der Ausweisung.«22 Sturms Kollegen jedoch unterstützten seine Politik nicht einhellig. Sein prominentester Opponent war wohl der Ammeister Claus Kniebs. Er hatte Jura in Freiburg studiert, war 1521 als Vertreter der Schmiedezunft in den Rat eingetreten und wurde 1519 zum ersten Mal regierender Ammeister. Kniebs gehörte zu derselben Gruppe führender Zunftfamilien, aus denen auch Mathis Pfarrer und Martin Herlin hervorgingen. Alle drei Politiker zählten zu den frühen und starken Anhängern des neuen Glaubens in Straßburgs Rat und dem XXI. Kniebs bekannte 1529 Farbe, als er für die Unterbindung der katholischen Messe plädierte, was Sturm nicht guthieß: »Sind also zu beiden theilen Christen, des Gott erbarm.«23
Haug-Moritz, Schmalkaldischer Bund. Von 1530 bis 1542 fanden 25 Bundestage statt, dazu 40 Tagungen der zwei Bundeskreise (sächsisch bzw. oberdeutsch). Vgl. Haug-Moritz, Schmalkaldischer Bund, S. 600–608. 21 Ebd., S. 491. Die heftigen Auseinandersetzungen über das Recht der Protestanten, die Kirchengüter zu konfiszieren, beschreibt Ocker, Church Robbers. 22 Hamm, Krise, S. 106. 23 Brady, Le mémoire, S. 76, Z. 98 f. 19
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In den 1540ern beschloss Claus Kniebs, Straßburg solle Sturms politischen Kurs Richtung Reich und Schmalkaldischen Bund verlassen und zur vorreformatorischen Politik des »Schweizer Werdens« zurückkehren, womit er, nota bene, nicht nur die protestantischen Schweizer meinte24 . Gabriele Haug-Moritz hat die Hintergründe der Kniebsschen Oppositionspolitik enthüllt. Im Jahr 1542, nachdem die Schmalkaldischen Fürsten das Herzogtum BraunschweigWolfenbüttel erobert hatten, geriet der Bund in eine ernste Krise. Jakob Sturms Bericht vom Reichstag in Speyer, wo die Fürsten sich in alter Manier gegen eine volle Anerkennung der Städte als Partner im Reichstag gestellt hatten, war der Auslöser für Kniebs’ Widerstand. Er teilte sich seinem guten Freund, dem Basler Bürgermeister Bernhard Meyer mit, und schlug vor, »die alte gute nachburschafft, so vor vil joren Strassburg mit ewern frynden, die Eigenossen, gehabt«25 , wiederzubeleben. Im August veranlassten neueste Berichte Kniebs zu einem panischen Brief an Meyer: »Wir sind vorhin betrogen und umb unser gelt komen. [Die Fürsten] wollen mehr haben und uns weder billichs noch recht thun. Der almechtig wolle uns einmol helfen, dass wir von den wutenden wolfen mochten erleidget werden [. . .].« Diese seien schlimmere Tyrannen als die Türken. Daher, fügt Kniebs hinzu, sei es dringend geboten, »das ewere eidgenossen, sie weren welcher religion sie weren, uf das sehen, was grosser geferd vorhanden were, und in rechter warheit bedächten, was in erlich und nutzlich sin mocht, und hilfen bedenken, wie dem wutenden volk mochte geweret werden.«26 Meyer leitete diesen Vorschlag an seine Kollegen in Basel, Bern und Zürich weiter. Die Antwort war Schweigen. Während Kniebs von den guten alten Tagen von Grandson, Murten und Nancy träumte, blieben die hartgesottenen Schweizer Realisten. Was immer die deutschen Fürsten vorhatten, sie stellten keine Bedrohung für die Schweizer Eidgenossenschaft dar. Claus Kniebs’ Opposition zu Jakob Sturm verlief also im Sande. Aber sie war nicht töricht, und auch nicht kurzsichtig. In den späteren 1540ern geriet die Stadt in eine gefährlich isolierte Lage. Im Jahr 1546 führte der Schmalkaldische Bund einen katastrophalen Krieg gegen den Kaiser, der die Auflösung des Bundes zur Folge hatte und ein isoliertes und gedemütigtes Straßburg dazu zwang, bei Karl um Frieden zu bitten. Darauf folgten das Interim und die Konflikte, welche Straßburgs politische Ordnung erschüttern und einen Großteil der städtischen Eliten in ein kluges, wenn auch vorläufiges Exil treiben sollten. Ohne ihre ehemaligen Verbündeten musste die Stadt dann in direkten Verhand Vgl. Brady, Faith and Politics, S. 411–422. Claus Kniebs an Bernhard Meyer vom 13. August 1542, in Staatsarchiv Basel, KirchenAkten A 8, fol. 38r. Was Meyer an Kniebs von »regensburg« geschrieben hatte, bezieht sich eigentlich auf den Reichstag von Speyer (Februar–April 1542). Vgl. Brady, Protestant Politics, S. 228–230; Haug-Moritz, Schmalkaldischer Bund, S. 38–40. 26 Claus Kniebs an Bernhard Meyer vom 13. August 1542 (PC 3, Nr. 290, S. 302 f.). 24
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lungen mit dem Bischof die Bedingungen aushandeln, unter denen Straßburg für ein kurzes Jahrzehnt zu einer bikonfessionellen Stadt wurde. Das Ende kam 1552, als der französische König seine Armee an den Rhein brachte, und die Straßburger hinter ihren Mauern kauern und den Franzosen das Feld überlassen mussten. Ein Jahr davor war Martin Bucer im bitteren englischen Exil gestorben. Sein melancholisches Ende spiegelte das Schicksal der Stadt wider; die Geschichte eines reformatorischen Straßburg von einem Bollwerk des Südwestens gegen den Westen zu einer Säule protestantischer Politik bis zur Isolation an der Reichsperipherie. Wäre die Stadt mit den Schweizern besser bedient gewesen? Das werden wir nie wissen können.
Bucers Beitrag zu einer Geographie der Reformation
Die staatskirchlich geprägte Reformation in Basel Thomas Wilhelmi In den ersten Jahrzehnten des 16. Jahrhunderts, am Vorabend der Reformation, war Basel eine wohlhabende Stadt mit rund 12.000 Einwohnern. Damit war sie in jener Zeit zwar größer als etwa Bern oder Zürich, aber doch kleiner als Straßburg und Lübeck mit jeweils gut 20.000 Einwohnern und viel kleiner als Augsburg mit rund 30.000 oder gar Köln mit rund 50.000 Einwohnern. Am 13. Juli 1501 trat die Freie Reichsstadt Basel in den Bund der Schweizerischen Eidgenossenschaft ein . In Anbetracht der immer wieder recht bedrohlichen Spannungen mit der vorderösterreichischen Nachbarschaft gab sie somit ihren alten politischen Status zugunsten einer Absicherung und Rückendeckung durch den wehrhaften Bund der Eidgenossen bewusst auf. Dieser ganz und gar freiwillige Beitritt Basels zur Schweizerischen Eidgenossenschaft zeichnete sich schon gegen Ende des Schwabenkrieges im Spätsommer 1499 ab und wurde insbesondere von den Zünften betrieben. An der Universität, bei den Domherren und dem allmählich marginalisierten Stadtadel hingegen hielt sich die Begeisterung über den geplanten Beitritt in gewissen Grenzen. So verließ der reichstreu gesinnte Jurist und Dichter Sebastian Brant gegen Ende des Jahres 1500 in Anbetracht der sich unausweichlich anbahnenden politischen Entwicklungen die Stadt. Die aufstrebenden Zünfte befürworteten den Beitritt Basels zum Bund der Eidgenossen fast einmütig. Sie übten zunehmend ihre Macht aus und beherrschten die Stadt immer mehr. Die Oligarchie des Patriziats der Ritter und Achtburger wandelte sich in jenen Jahren, insbesondere im Jahr 1515, zu einer Oligarchie der gesamten fünfzehn Zünfte. Dies waren zunächst die drei sogenannten Herrenzünfte, in denen die Handels- und Kaufleute organisiert waren und denen auch die Achtburger angehörten; bald waren es aber auch die zwölf Handwerkerzünfte, deren Vertreter im Rat die Stadt regierten. Im Jahre 1516 wurde mit Jakob Meyer (»zum Hasen«) erstmals ein Bürgermeister aus den Zünften gewählt. Die Zunftreform im Jahre 1526 verhalf den Handwerkerzünf Zur Stadtgeschichte vgl. Wackernagel, Geschichte Basel; Berner/Sieber-Lehmann/ Wichers, Kleine Geschichte Basel. Vgl. dazu außer der in Anm. 1 angegebenen Literatur auch Meyer, Beziehungen.
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ten zu weiterem Einfluss und beschränkte dafür die Handelsbefugnisse der Herrenzünfte. Basel, seit 1501 nun Grenzstadt, war zwar kulturell und ökonomisch weiterhin eng mit dem Oberrhein verbunden; die Handelsverbindungen mit den Schweizer Bündnispartnern wurden aber doch merklich intensiviert. Die Stadt war und blieb wohlhabend. Dies verdankte sie dem blühenden Handel, der durch die überaus günstige Lage (mit dem Rhein als wichtigster, nach Norden führenden Verkehrsstraße und den in alle übrigen Himmelsrichtungen gehenden Handelswegen) gefördert wurde, und dem vielseitigen und leistungsfähigen Handwerk, zu dem seit dem 14. Jahrhundert auch einige Papiermühlen und seit 1469 Buchdruckereien gehörten. Nicht zuletzt gründete der Wohlstand Basels aber auch auf dem ungewöhnlichen Umstand, dass die Stadt jahrhundertelang von Kriegen und Bränden verschont geblieben war. Die massiven Schäden und die daraus resultierenden Rückschläge, die 1356 ein heftiges Erdbeben am Oberrhein insbesondere dieser Stadt zugefügt hatte, waren im frühen 16. Jahrhundert längst behoben. Von großen Seuchen blieb die Basel in jenen Jahrzehnten allerdings nicht ganz verschont. So wütete in den Jahren 1502/03 auch in Basel wieder die Pest. In den ersten zwei Jahrzehnten des 16. Jahrhunderts war die politische Lage einigermaßen ruhig, wenn man von einem Bauernaufstand im Jahr 1513 im Baselbiet, dem Herrschaftsgebiet der Stadt, und der Beteiligung an den nicht immer erfolgreichen Feldzügen der Eidgenossen in die Lombardei in den Jahren 1511 bis 1515 einmal absieht. Die Stadt, unter einem gefestigten Zunftregiment stehend, konnte ihre Position konsolidieren und ihren Territorialstaat ausbauen. Wenn man wie Bernd Moeller Basel mit Lübeck im frühen 16. Jahrhundert vergleicht , lassen sich Parallelen, aber auch markante Unterschiede feststellen: Beide Städte spielten als Handelszentren eine große Rolle; Lübeck gehörte dem Bund der Hanse aber seit Jahrhunderten an, während Basel erst vor wenigen Jahren der Eidgenossenschaft beigetreten war. Beide Städte waren Bischofs städte, in Basel gab es aber keine personellen oder familiären Verbindungen zwischen den die Stadt regierenden Kreisen und dem Domkapitel wie in Lübeck. Basel war, wie zum Beispiel auch Straßburg, im Gegensatz zu Lübeck in den Jahrzehnten vor der Reformation eifrig darum bemüht, die eigene Macht sphäre gegenüber derjenigen des Bischofs auszuweiten. Der Sitz des Basler Bischofs befand sich seit etwa 400 auf dem in Großbasel gelegenen Münsterhügel, vom 13. Jahrhundert an dann in dem direkt neben dem Münster liegenden Bischofshof, in dem auch das Basler Konzil tagte. Bereits in den Jahrzehnten vor der Einführung der Reformation schwand der Einfluss des Bischofs auf die Stadt dahin. So nahm die episkopale Beteiligung an der Wahl Moeller, Basler Reformation.
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des Stadtregiments 1521 ihr Ende; die Wahlhohheit oblag von diesem Zeitpunkt an allein dem Kleinen Rat der Stadt. Im Jahr 1527 verlegte Bischof Philipp von Gundelsheim seinen Hauptsitz in die fürstbischöfliche Residenz im rund 50 km entfernten Städtchen Pruntrut im Jura; nach der Einführung der Reformation im Februar 1529 wurde dieser Wegzug dann endgültig. Das Domkapitel verließ Basel nach der Einführung der Reformation und zog nach Freiburg im Breisgau, um von dort aus seine umfangreichen Besitzungen am Oberrhein verwalten zu können. Kleinbasel, der auf der rechten Seite des Rheins gelegene und damals etwa ein Viertel der Stadt ausmachende Stadtteil, wurde im 13. Jahrhundert gegründet und erlangte durch den Bau der (überhaupt) ersten Rheinbrücke 1225 Bedeutung. Im Jahr 1392 wurde Kleinbasel vom Bistum Konstanz durch den Straßburger Bischof Friedrich von Blankenstein, dem temporären Pfleger, für beachtliche 29.800 Gulden an die Reichsstadt (Groß-)Basel verkauft. Die kirchliche Hoheit über Kleinbasel verblieb hingegen bis zur Einführung der Reformation 1529 beim Bischof von Konstanz. Für 137 Jahre oblag somit die kirchliche Hoheit in der Stadt Basel gleichzeitig zwei Bischöfen, und beide waren zum Zeitpunkt der Einführung der Reformation im Februar 1529 in der Stadt nicht präsent: eine recht außergewöhnliche und vielleicht noch zu wenig beachtete Gegebenheit. Geprägt wurde die Stadt in den Jahrzehnten vor der Reformation auch durch die ungewöhnlich große Zahl begüterter Stifte und Klöster und durch die Universität . Gegründet wurde diese 1460 auf die Initiative des Rates, gestiftet von Papst Pius II., der in den Jahren 1431 bis 1439 als Enea Silvio Piccolomini am Basler Konzil teilgenommen hatte. In den ersten Jahrzehnten des 16. Jahrhunderts war die Universität zwar eher klein, aber doch konsolidiert. Durch sie, aber auch durch die leistungsfähigen Offizinen von Amerbach, Froben, Petri und anderen wurden Gelehrte angezogen. Dieser Zuzug kam sowohl den Druckereien und Verlagen als auch der Universität sehr zustatten. Wie in Straßburg und manch anderen Städten schlugen auch in Basel die evangelischen Gedanken von Wittenberg her rasch und nachhaltig ein. In den leistungsfähigen Offizinen der Stadt wurden von 1518 an reformatorische Schriften in großer Zahl gedruckt. Zu nennen ist hier insbesondere die Offizin von Adam Petri, in der Konrad Pellikan, der Vorsteher des Barfüsserklosters, mitwirkte, und die Offizinen von Johann Froben und Andreas Cratander. Wie in Straßburg traten auch in Basel die Zensurbehörden in jenen Jahren so gut wie nicht in Erscheinung und unterbanden die lukrative Tätigkeit der Drucker nicht, sei es aus Sympathie für das neue Gedankengut oder aus ökonomischen, den Stadthaushalt berührenden Erwägungen. Zur Geschichte der Universität vgl. die in Anm. 1 angegebene Literatur sowie Bonjour, Universität Basel.
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Wolfgang Capito, der humanistisch gebildete Münsterpfarrer, begann bereits zur Fastenzeit 1520 mit einem fortlaufenden Predigtzyklus über das Matthäus evangelium. Nach dem Weggang Capitos nach Mainz setzte Kaspar Hedio diese Predigtreihe fort. Als dann auch er nach Mainz übersiedelte, brachte Johann Lüthard, der Prediger des Barfüsserklosters, im Frühjahr 1522 den Zyklus zum Abschluss. Im selben Jahr und im Wesentlichen zeitgleich mit den Geschehnissen in Straßburg kam es zu bewussten Kundgebungen gegen die altgläubigen Sitten und Gebräuche und zu Bekenntnissen zum neuen Glauben. So brachen am Palmsonntag des Jahres 1522 ein Kaplan, ein Spitalpfarrer, ein Zunftgenosse und der Gelehrte Hermann von dem Busche in provokanter Weise das Fastengebot, indem sie auf einem Landgut vor den Toren Kleinbasels ein Spanferkel verzehrten und dies nicht verheimlichten. Nicht lange hernach, an der Fronleichnamsprozession, trug der Pfarrer von St. Alban, Wilhelm Reublin (Röublin), statt der Reliquien die Bibel voran und verkündete: »Das ist das rechte Heiligtum, das andere sind Totenbeine!« Daraufhin wurde Reublin vom Rat, der Neuerungen nun mehrheitlich doch noch nicht vornehmen und den Entscheid eines künftigen Konzils abwarten wollte, wegen Ungehorsams aus der Stadt verwiesen. Insgesamt aber war die evangelische Bewegung im Jahr 1522 in Basel recht weit fortgeschritten. In dieser Situation traf Johannes Oekolampad , der schon früher einige Zeit in Basel verbracht hatte, in Basel ein. Er wurde rasch zum theologischen Führer der Reformationsgesinnten . Nach seiner Ankunft in Basel am 17. November 1522 war er in der Offizin von Andreas Cratander tätig und konnte dort seine zum Teil schon auf der Ebernburg vorbereitete lateinische Übersetzung der Zu Johannes Oekolampad vgl. Staehelin, Lebenswerk; Herzog, Johannes Oekolampad; Teuteberg, Johannes Oekolampad; Gäbler, Oekolampad TRE. Im Jahr 1482 in Weinsberg als Johannes Husschin (auch Huszgen) geboren, besuchte Oekolampad zunächst die Schulen in Weinsberg und Heilbronn und dann die Universität in Heidelberg. Beim Studium der Artes Liberales wurde er dann in der Person Jakob Wimpfelings mit einer der spätmittelalterlichen Reformbewegungen konfrontiert, die zwar die Kirche nicht umstürzen und deren Dogmen nicht in Frage stellen, aber die gravierenden Missstände beheben, die Frömmigkeit verinnerlichen und ein ernstes Christusleben in den Christen hervorrufen wollten. Bereits 1515–1518 war Oekolampad, der über exzellente Sprachkenntnisse (Latein, Griechisch, Hebräisch) verfügte, dreimal jeweils für mehrere Monate in Basel und stand hier, wie zuvor schon in Tübingen, »im Bannkreis des christlichen Humanismus« (Staehelin, Lebenswerk, S. 55, Überschrift zum dritten Kapitel). Als Mitarbeiter des Erasmus war er maßgeblich an dessen Edition des griechischen Neuen Testaments beteiligt und veröffentlichte im September 1518 bei Andreas Cratander und Servas Kruffer in Basel eine größere, in den darauffolgenden Jahren an vielen Orten benutzte und deshalb mehrfach nachgedruckte Griechischgrammatik unter dem Titel Dragmata graecae literaturae (VD 16 O 310). Im Dezember 1518 wurde er auf Empfehlung Willibald Pirckheimers Prediger am Augsburger Dom und blieb bis zum April 1520 dort. Er trat ins Kloster Altomünster, verließ dieses aber wegen großer Spannungen im Januar 1522 und begab sich für einige Monate in den geistlichen Dienst des Ritters Franz von Sickingen auf der Ebernburg, wo sich im Jahr zuvor Martin Bucer in derselben Funktion aufgehalten hatte.
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Werke des Johannes Chrysostomus und bald danach eine lateinische Übersetzung des Evangelienkommentars Theopylakts im Druck erscheinen lassen. Im April 1523 begann er an der Universität Vorlesungen zu halten, die zum Ärger der altgläubig gesinnten Professoren gut besucht waren. Zudem übernahm Oekolampad ein Vikariat an der Martinskirche und wurde dort 1525 ordentlicher Pfarrer. Huldrych Zwingli traf Oekolampad im Spätherbst 1524 zum ersten Mal persönlich. Mit Wolfgang Capito und Kaspar Hedio war er schon aus früheren Basler Jahren gut bekannt. Seit März 1523 war Capito Propst von St. Thomas und ab dem Herbst 1523 Hedio Münsterprediger in Straßburg. Am 16. Juni 1523 empfiehlt Oekolampad Zwingli den seit April 1523 ebenfalls in Straßburg weilenden, ihm persönlich aber noch nicht bekannten Martin Bucer, dessen Gaben großen Nutzen für das Evangelium versprächen. An den Auseinandersetzungen mit den altgläubig orientierten Kräften in der Stadt – Domkapitel und Universität vor allem –, die im Jahr 1525 einsetzten und heftig zu werden begannen, war Oekolampad natürlich beteiligt10 . Die Ereignisse im Januar und Februar 1529 waren turbulent: Kundgebungen, Ausschreitungen, Bildersturm, dann offizielle Einführung der Reformation11. Sehr ausführlich nahm Erasmus von Rotterdam in seinem Brief an Bucer vom 2. März 1532 Stellung zu den damaligen gewaltsamen Umwälzungen und den in der Folge eingetretenen Neuerungen12 . Der zum Teil neubestellte Rat trachtete die politische Macht und auch die Aufsicht über die neu entstandene »Staatskirche« an sich zu nehmen und hatte sie auch bald fest im Griff. Zur Verstärkung und weiteren Festigung der Kirche wollte er zumindest für einige wenige Wochen Martin Bucer aus Straßburg kommen lassen. So wandte sich der Basler Rat am 3. März 1529 an den Rat der Stadt Straßburg. Im dortigen Ratsprotokoll steht zu lesen: »Die von Basel schriben und bitten, ihnen zu erbawung und verkündigung des gots worts h. Martin Butzer bisz ostern lyhen, wiewol sie in lieber gar haben wollten.«13 Dazu kam es aber nicht. »Butzer erclärt sich by seiner pfarr und lectur zu bliben.«14 Johannes Chrysostomus, Opera (1521/22 bei Andreas Cratander in Basel, VD 16 J 397). Eine erweiterte Edition erschien ebenda 1525 (VD 16 J 398). Theophylacti archiepiscopi Bulgariae in quattuor evangelia enarrationes (März 1524 bei Andreas Cratander in Basel, VD 16 B 4599). »Ingenio, eruditione, ardore, constantia multisque aliis nominibus evangelio prodesse potest.« Zwingli Bw. 2, Nr. 306, S. 91, Z. 12 f. 10 Auf die Geschehnisse in der Zeit bis zum Beginn des Jahres 1529 will ich hier umständehalber nicht eingehen. 11 Vgl. dazu die in Anm. 1 und 4 angegebene Literatur. 12 BCor 7, Nr. 564, S. 303–341. 13 Der Rat der Stadt Straßburg an die Straßburger Prediger vom 3. März 1529 (BCor 3, Nr. 218bis, S. 249 f., Z. 1–3) Dürr/Roth, Basler Reformation 3, Nr. 425, S. 344. 14 Dieser Zusatz in Jakob Wenckers Protokoll wird nur in BCor 3, Nr. 218bis, S. 250, Z. 17 wiedergegeben.
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Am 1. April 1529 wurde von dem für die Reformation sehr hilfreichen Bürgermeister Jakob Meyer (»zum Hirzen«) 15 , dem Rat und der Kirche eine große Reformationsordnung erlassen16 . Auf deren Titelblatt wird Röm 1,16 zitiert: »Ich scheme mich des euangelii von christo nit, denn es ist en krafft gotes, die da selig macht alle, die dran glaubenn.« Die neue christliche Obrigkeit der Stadt legte in dieser Ordnung nicht nur die Gottesdienstform verbindlich fest und schrieb die Teilnahme an Predigt und Abendmahl als obligatorische Bürgerpflicht vor, sondern regelte zugleich auch energisch das ganze Leben der Bevölkerung und drohte im Falle von Übertretungen kirchlicher und sittlicher Gebote harte Strafe an. Nicht etwa Oekolampad, die Pfarrerschaft oder die Gemeindeältesten hatten die erwähnte, für Stadt und Landschaft geltende Reformationsordnung mit ihren vielen Strafbestimmungen am 1. April 1529 erlassen, sondern das weltliche Regiment der Stadt, welches die Ordnung in der darauffolgenden Zeit rigoros und mit großer Konsequenz durchsetzte, um das eben erst entstandene evangelisch geprägte Staatswesen zu festigen und abzusichern. Wer sich vom alten Glauben nicht ohne weiteres abbringen lassen wollte oder von der verordneten Lehre abwich, wurde unterdrückt und zum Verlassen der Stadt und ihres Herrschaftsgebietes genötigt. Die weltliche Stadtregierung war es auch, die in diesen ersten Jahren die Täufer, die sich vom Staat und der »Staatskirche« absonderten und sich diesen Obrigkeiten verweigerten, hart unterdrückte. In der Stadt selbst gab es zwar nur kleine, eher unbedeutende Gruppen von Anabaptisten, dafür aber im Baselbiet zahlreiche und keineswegs nur kleine Gemeinden, die von ihren Glaubensgenossen aus dem Kanton Zürich, aus St. Gallen und auch aus Graubünden inspiriert wurden. Die Obrigkeit inhaftierte zahlreiche Täufer, zwang sie zum Widerruf und verbannte manche von ihnen aus dem Herrschaftsgebiet der Stadt. Zum Teil kehrten sie aber nach kurzer Zeit unter Berufung auf Psalm 24,1 (»Die Erde ist des Herrn«) gegen ihr Versprechen aus ihrer Verbannung zurück und wurden dann als Ungehorsame und Eidbrecher erneut bestraft. Im Vergleich zu den Obrigkeiten in Bern und Zürich war diejenige in Basel grundsätzlich kaum duldsamer. Allerdings wurde die Todesstrafe in Basel nur in den bewegten Monaten des Konfessionskrieges im Jahr 1531 vollstreckt, in den darauffolgenden Jahren verfuhr man mit den Anabaptisten milder. Wenn sie sich still verhielten, ließ man sie in ihren Gemeinden im Baselbiet in Ruhe. Nach 1531 wurden in Basel keine Todesurteile wegen Ketzerei mehr gefällt oder vollstreckt. Eine etwas kuriose Ausnahme bildete da nur der Fall von David Joris. Dieser aus Flandern stammende Refugiant, der in Basel zu Reichtum 15 Zu Jakob Meyer (»zum Hirzen«) vgl. außer der in Anm. 1 und 5 genannten Literatur: Teuteberg, Jakob Meyer. 16 Dürr/Roth, Basler Reformation 3, Nr. 473, S. 383–410; Die Reformationsordnung in: Staehelin, Buch der Basler Reformation, Nr. 61, S. 192–213.
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und Ansehen gelangt war, wurde 1559, drei Jahre nach seinem Tode, der anabaptistischen Ketzerei überführt. Daraufhin exhumierte man seinen Leichnam und verbrannte ihn mitsamt Joris’ Schriften. Diese Aktion trug Basel den Spott der altgläubigen Eidgenossen ein: Man verbrenne hier nur die toten Ketzer, nicht aber die lebendigen. Bereits 1526 setzte Oekolampad in den Basler Kirchengemeinden, welche dem reformatorischen Glauben anhingen, die Einführung eines gottesdienstlichen Bannes durch17. Dabei ging es um den Ausschluss vom Abendmahl, der darauf zielte, die Reinheit der kommunizierenden Gemeinschaft zu bewahren. Im Jahr 1529 wollte Oekolampad, der in diesem Frühjahr Pfarrer am Münster geworden war, dann eine Neuordnung des Bannes durchsetzen und das Amt eines Laienältesten (Presbyter) einrichten, der zusammen mit dem Pfarrer für Fragen der Kirchenzucht und auch des Bannes zuständig sein sollte. Die weltliche Obrigkeit hingegen wollte die Kirchenzucht parochial ordnen und setzte ein anderes Modell durch, nämlich eine dreiköpfige Bannbehörde, die aus zwei Delegierten des Rates und einem Mitglied der Gemeinde bestand; der Pfarrer der Gemeinde war nur als Berater und exekutiv beteiligt. Aber auch so hatte Oekolampad in seinem Bestreben, in Basel das Reich Christi zu verwirklichen, als besondere Form evangelischer Kirchenzucht in dieser Stadt und deren Herrschaftsgebiet den Bann, den Bern und Zürich in dieser Ausprägung 1530 ablehnten, durchgesetzt. Am 14./15. Oktober 1530 konferierten Bucer und Oekolampad in Basel über die Vor- und Nachteile einer strengen Kirchenzucht. Bucer äußerte seine Bedenken und Vorbehalte gegenüber Oekolampads »austeritas« in dieser Frage, warnte einer allzu starken Befolgung der »patrum severitas« und erinnerte vielmehr an »Pauli lenitas«18 . In jenen Tagen scheint Bucer in Basel den antitrinitarisch gesinnten Glaubensflüchtling Michael Servet und dessen Auffassungen kennengelernt zu haben. Oekolampads Haltung Servet gegenüber hielt Bucer, wie aus einer brieflichen Reaktion Oekolampads vom 25. Oktober 1530 zu schließen ist, für zu streng. Oekolampad aber bekräftigte in seinem Brief seine harte Haltung in Sachen Exkommunikation19. Bereits am 28. Oktober 1530 wandte Oekolampad sich erneut an Bucer und regte eine von den Räten der Stadt veranlasste, neuerliche Zusammenkunft von Gesandtschaften an 20 . Vgl. dazu Kuhr, Kirchenzucht. Staehelin, Lebenswerk, S. 517 f. 19 »In causa uero excommunicationis ministris ecclesiae, id est ecclesiae, suum ius saluum et claues concessas relinqui postulo, id quod apud nullum christianum uideri indignum arbitror. Iam dogmata noua nulli praescribo; facilis tamen sum ad recipienda ea, quae fidei non contradicunt, officijque nostri esse censeo, ijs, qui sanae doctrinae repugnant, contradicere. Quare audirem eum, qui negat Filium uel coetaneum uel consubstantialem Patri, nosque interim ut blasphemos [vor allem wohl Michael Servet, Th.W.] reijcientem?« BCor 5, Nr. 353, S. 78, Z. 17 – S. 79, Z. 4. 20 BCor 5, Nr. 354, S. 8 0 f. 17 18
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Am 22./23. November 1531, nur einen Monat nach Zwinglis Tod auf dem Schlachtfeld bei Kappel, verstarb Oekolampad. Sein Nachfolger wurde 1532 der aus Luzern stammende Oswald Myconius21, der von 1522 an Mitarbeiter Zwinglis in Zürich war und nach dessen Tod nach Basel zog, um eine Predigerstelle zu übernehmen. Als Münsterpfarrer (und de facto Antistes) sowie Theologieprofessor wirkte Myconius hier bis zu seinem Tod im Jahre 1552. Er befand sich theologisch im wesentlichen auf der Linie Martin Bucers. Das erste Basler Bekenntnis von 153422 ist hauptsächlich sein Werk. Als der junge Calvin noch als unbekannter Flüchtling in Basel weilte, beeindruckte es ihn stark, dass die gesamte Bürgerschaft auf dieses besondere Bekenntnis vereidigt worden war. In der Tat war Basel die einzige Schweizerstadt, die ein eigenes Bekenntnis hatte und neben der 1536 von allen evangelischen Ständen aufgestellten ersten helvetischen Konfession beibehielt. Das Basler Bekenntnis wurde bis 1826 jeweils in der Karwoche von den Kanzeln verlesen, und die Pfarrer wurden bis 1872 darauf verpflichtet. In den Dreißigerjahren nahm der Rat der Stadt die Entscheidungen immer mehr in seine Hand. Die Basler Kirche entwickelte sich zu einer reinen Staatskirche. In Basel war eine Machtausübung durch den Antistes und die übrigen Pfarrer, wie durch Zwingli oder später Antistes Breitinger in Zürich oder vollends wie Calvin in Genf, ganz und gar undenkbar. In Basel waren es Laien, die in den Jahrzehnten nach der Reformation das kirchliche Leben überwachten und lenkten. Wichtige Fragen legte der Rat, der den Predigern ein Wächteramt zubilligte, zwar den Pfarrern zur Begutachtung vor, entschied aber immer selbst. Auch im Ehegericht saßen die Herren des Rates in überwiegender Mehrheit. Immerhin brachten die Pfarrer trotz Mahnungen der Gnädigen Herren ihre Klagen über öffentliche Zustände oder auch politische Tagesfragen immer wieder auf die Kanzel. Kirchliche Angelegenheiten wurden zur Hauptsache von der weltlichen Obrigkeit geregelt. Oswald Myconius musste dies 1542 resig niert feststellen und schrieb Bullinger nach Zürich: »Vernimm, was man untereinander sagt: ›Die Kirche‹, sagt man, ›ist auf dem Rathaus‹.«23 Abschließend sei eine Bemerkung zum Forschungsstand gestattet. Die Basler Reformation ist in ihrer Entstehung und ihren Anfängen bis in die früheren Dreißigerjahre gut dokumentiert und erforscht 24 . Für die Basler Kirchengeschichte der darauffolgenden Jahrzehnte und erst recht dem späten 16. und dem 21 Zu Oswald Myconius vgl. Rudolf, Myconius; Kirchhofer, Myconius; Lohmann, Myconius BBKL; Rüsch, Myconius. 22 Vgl. dazu Stauffer, Basler Bekenntnis; Hagenbach, Kritische Geschichte, Das Basler Bekenntnis, in: Staehelin, Buch der Basler Reformation, Nr. 70, S. 241–251; Dürr/Roth, Basler Reformation 6, Nr. 400, S. 403–410. 23 »Audi, quid dicant inter se: ›Kilchen‹, inquiunt, ›ist uff dem radthus‹.« Oswald Myconius an Heinrich Bullinger vom 15. Februar 1542 (Bullinger Bw. 12, Nr. 1602, S. 39, Z. 15 f.). 24 Am umfassendsten Staehelins Oekolampad-Biographie (Staehelin, Lebenswerk). Eine fundierte, ausführliche Darstellung bietet aber auch der dritte Band von Wackernagel,
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17. Jahrhundert trifft dies allerdings nicht zu. Das Material ist zwar in reichem Ausmaße und ohne größere Verluste vorhanden und recht gut erschlossen im Staatsarchiv des Kantons Basel-Stadt greifbar, aber in größerem Ausmaß noch nicht ausgewertet. Das Werk des Basler Reformators Oekolampad erschließt eine umfassende Bibliographie25 , auch der Briefwechsel liegt sorgsam ediert vor26 . Was hingegen noch weitgehend fehlt und als gravierende Lücke angesehen werden muss, sind kommentierte Editionen der zahlreichen und zum Teil umfänglichen theologischen Schriften Oekolampads.
Geschichte Basel. Eine wertvolle, solide Grundlage stellt die umfangreiche Edition der die Reformation betreffenden Akten dar: Dürr/Roth, Basler Reformation. 25 Staehelin, Oekolampad-Bibliographie; Köhler, Flugschriften 3, S. 174–200. 26 Oekolampad Bw.
Die militärische Auseinandersetzung um die Reformation in der Schweiz Helmut Meyer 1. Die Voraussetzungen Der »Zweite Kappeler Krieg« 1531, den Martin Bucer interessiert und indirekt betroffen beobachtete, war ein früher militärischer Konflikt im Rahmen der europäischen Kirchenspaltung. Dass es ein isoliertes Ereignis mit begrenztem Widerhall blieb, ist keineswegs selbstverständlich. Einmal waren alle eidgenössischen Orte Glieder des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation. Zweitens hatten beide Glaubensparteien Beziehungen über die Grenzen der Eidgenossenschaft hinaus. Die altgläubigen »Fünf Orte« hofften auf habsburgische Hilfe und unterhielten Kontakte zu österreichischen Amtleuten in Vorarlberg und Innsbruck. Noch deutlicher sah die reformierte Seite ihre Sache in einem größeren kirchlichen und politischen Kontext. Bei aller Vielfalt im Einzelnen bestand doch ein oberdeutsch-schweizerisches Muster der Reformation, das sich vom kursächsischen wesentlich unterschied. Manche »schweizerische« Reformatoren wie Oekolampad oder Berchtold Haller stammten aus Süddeutschland; umgekehrt war der theologische Einfluss Zwinglis im oberdeutsch-elsässischen Raum groß . Politisch sah der Zürcher Reformator die Hauptgefahr für das wieder entdeckte Evangelium in Kaiser Karl V., dessen Bruder Ferdinand I. und dem Papst; dementsprechend schwebte ihm eine Abwehrkoalition aller evangelischer Kräfte vor. Die altgläubigen »Fünf Orte« in der Eidgenossenschaft bekämpfte er nicht nur wegen ihrer religiösen Unbelehrbarkeit, sondern auch in ihrer angeblichen Rolle als »fünfte Kolonne« des Kaisers. Die relativ bescheidenen praktischen Folgen dieses Konzepts waren das »Christliche Burgrecht« der reformierten Schweizer Orte mit Straßburg und der eher unverbindliche »Christliche Verstand« mit Hessen. Im Jahr 1531 kam es jedoch zu einer wachsenden Distanz zwischen den schweizerischen und den Die folgenden Ausführungen basieren, sofern nichts anderes vermerkt ist, auf Meyer, Krieg. Kartenskizzen zum militärischen Ablauf enthält Meyer, Gedenkschrift. – Für die altphilologische Beratung danke ich meinem Kollegen Hans Jakob Urech. Vgl. Friess, Zwinglianismus S. 5 –27; Locher, Reformation, S. 452–499.
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süddeutschen Protestanten. Theologische Ursache war der Abendmahlsstreit zwischen Zwingli und Luther. Im Februar 1531 lehnte Zwingli die von Bucer ausgearbeitete Konkordienschrift schroff ab . Der Briefwechsel zwischen den beiden brach deswegen nicht ab, doch beschränkte man sich nun auf den Nachrichtenaustausch und mied das Thema »Abendmahl« tunlichst. Da die schweizerischen reformierten Orte gleichzeitig die Unterzeichnung der von Bucer und Capito verfassten Confessio Tetrapolitana ablehnten, kam ihr Beitritt zum Schmalkaldischen Bund nicht mehr in Frage. Vor allem Bern, dessen politische Ambitionen primär auf die heutige Westschweiz ausgerichtet waren, hatte an einem solchen von Anfang an wenig Interesse gezeigt . Im Sommer 1531 wurde zudem deutlich, dass mit dem »großen Schlag« des Kaisers einstweilen nicht zu rechnen war . Zwingli betrachtete dies als günstige Gelegenheit, nun mit den isolierten »Fünf Orten« abzurechnen. Die süddeutschen Städte dagegen wollten vor allem die Abendmahlsfrage klären und die Annäherung an Hessen und Kursachsen vollenden, aber nicht irgendwo selbst einen Brand entfachen. Nicht grundlos mahnte Bucer in seinen letzten Briefen Zwingli daher zu einem vorsichtigeren Vorgehen. Die damalige Eidgenossenschaft bestand aus dreizehn »vollberechtigten« sowie zahlreichen »zugewandten« Orten, die je einen ganz spezifischen Status hatten und an der gemeinsamen eidgenössischen Willensbildung kaum mitwirkten. Fast jeder »vollberechtigte« Ort hatte ein eigenes Untertanengebiet, dessen Größe allerdings sehr unterschiedlich war. Außerdem gab es die »gemeinen Herrschaften«, die von mehreren Orten gemeinsam beherrscht wurden. Auf Grund des Friedensschlusses nach dem unblutig verlaufenen »Ersten Kap-
Zwingli an Bucer und Capito vom 12. Februar 1531 (BCor 5, Nr. 389, S. 261–266). Zwingli sagt sehr deutlich: »Perstamus perpetuo, neque aliter credas umquam sensurum, etiam si orbis diversum sentiat, quam et nunc et antea sensimus.« Ebd., S. 266, Z. 6 f. In seiner Antwort vom 18. Februar 1531 (BCor 5, Nr. 392, S. 275–277) beklagt Bucer sich über »graves suspiciones in me« (Ebd., S. 275, Z. 4) und gelobt, Zwingli nicht mehr mit seiner Konkordienschrift zu belästigen (Ebd., S. 277). Aus den folgenden Monaten sind sechs Briefe Bucers an Zwingli erhalten (BCor 5, Nr. 409, S. 328–330; ebd., Nr. 419, S. 359 f.; ebd., Nr. 423, S. 367 f.; ebd., Nr. 425, S. 370–374; BCor 6, Nr. 463, S. 116–121; ebd., Nr. 469, S. 137–140). Von Zwingli ist nur ein Brief an Konrad Sam überliefert, der auch Bucer in Ulm erreicht haben dürfte (BCor 6, Nr. 429, S. 8 –10), jedoch erwähnt Bucer zwei von Zwingli empfangene Briefe (BCor 5, Nr. 409, S. 328–330; ebd., Nr. 425, S. 370–374). Zu Bucers Beziehung zu Zwingli vgl. Gre schat, Bucer, S. 79, 95 und 116 sowie Locher, Reformation, S. 626, der allerdings die Bedeutung der Absage Zwinglis an Bucers Unionsbemühungen etwas unterschätzt und Bucers Reaktion vom 18. Februar 1531 »freundlich« findet (ebd., S. 458, Anm. 23). Vgl. ferner Neuser, Konkordie und Bündnis, S. 38–43. – Zur Überlieferungsgeschichte des Briefwechsels zwischen Bucer und den Zürchern vgl. Rott, Bullinger, S. 235–240. – Aus den Jahren 1524 bis 1531 sind 56 Briefe Bucers an Zwingli, aber nur neun Schreiben Zwinglis an Bucer erhalten. Vgl. Muralt, Westpolitik, S. 472–476. Zum Informationsstand Zwinglis vgl. den an ihn gerichteten Brief Wolfgang Capitos vom 16. August 1531 (Zwingli Bw 5, Nr. 1261, S. 575).
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peler Krieg« 1529 war die Reformation eindeutig auf dem Vormarsch. Vier Orte – Zürich, Bern, Basel, Schaffhausen – waren evangelisch, drei weitere – Solothurn, Appenzell, Glarus – auf dem Weg dazu. Das Gleiche galt für die meisten Gemeinen Herrschaften. Die »zugewandte« Fürstabtei St. Gallen befand sich völlig unter zürcherischer Kontrolle. Altgläubig waren noch das geographisch isolierte Freiburg sowie die zentralschweizerischen Fünf Orte Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug. Da ein militärischer Konflikt drohte, stellte sich die Frage nach dem militärischen Kräfteverhältnis. Entscheidend war dabei, dass die Untertanen der einzelnen Orte wehrpflichtig waren. Je mehr Untertanen ein Ort hatte, desto stärker war er, allerdings nur so lange die Untertanen ihrer Wehrpflicht auch nachkamen. Bern konnte ein Maximum von 12.000 Mann aufbieten, Zürich etwa 6.000 bis 7.000, Basel und Schaffhausen sehr viel weniger. Darüber hinaus durften die reformierten Orte auf militärische Unterstützung aus evangelisch gewordenen Gemeinen Herrschaften, etwa dem Thurgau, und aus der annektierten Fürstabtei St. Gallen zählen. Demgegenüber konnten die Fünf Orte höchstens 10.000 Mann mobilisieren und allenfalls noch auf Zuzug aus dem »zugewandten« Wallis hoffen. Angesichts dieser zumindest quantitativen Überlegenheit rechnete eigentlich kaum jemand mit einer möglichen Niederlage des reformierten Lagers. Beeinträchtigt wurde diese Überlegenheit allerdings durch die unterschiedlichen Konzepte der im Christlichen Burgrecht vereinigten reformierten Orte, besonders Zürichs und Berns. Zürich forderte die Zulassung der evangelischen Predigt in den Fünf Orten, die dort einen Durchbruch der Reformation und einen Regimewechsel zur Folge haben würde, und suchte passende Anlässe, dieses Ziel militärisch zu erreichen. Bern stimmte der grundsätzlichen Forderung zu, lehnte aber ein militärisches Vorgehen ab und strebte eine Verhandlungslösung an, wobei es die Gunst der Vermittler – Freiburg, Solothurn, Glarus, Appenzell, aber auch Konstanz, die französischen Gesandten und zeitweise Straßburg – nicht verlieren wollte. Als Kompromissformel – kein Krieg, aber doch eine Maßnahme – einigten sich Zürich und Bern, eher widerwillig auch die übrigen Verbündeten, im Mai 1531, gegen die Fünf Orte eine Wirtschaftsblockade, die »Proviantsperre«, zu errichten. In den folgenden Verhandlungen zwischen dem reformierten und dem altgläubigen Lager erwies sich diese Maßnahme jedoch als Hindernis, weil das letztere zu keinem Zugeständnis bereit war, so lange die Blockade andauerte. Infolgedessen war Bern anfangs Oktober bereit, die Sperre wieder fallen zu lassen. Das wiederum löste in Zürich Bestürzung aus. Hier hatte man zeitweise an einen militärischen Alleingang gedacht, diesen dann aber doch nicht riskiert. Auch innerhalb der zürcherischen politischen Gremien nahmen anscheinend die Stimmen zu, die sich fragten, ob man nicht in eine Sackgasse geraten sei. Der politische Einfluss Zwinglis hatte offenbar seinen Zenith überschritten. In diese Lage, die von Unsicherheit und zür-
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cherisch-bernischen Spannungen gekennzeichnet war, platzte der Überraschungsangriff der Fünf Orte, welcher den Zweiten Kappeler Krieg eröffnete.
2. Der Zweite Kappeler Krieg Die Fünf Orte entschlossen sich Ende September 1531 zum Angriff. Ursache dafür war, dass die Proviantsperre Wirkung zeitigte. Die Preise stiegen; vor allem an Getreide und Salz mangelte es. Das fiel besonders im Herbst ins Gewicht, weil man sich in dieser Jahreszeit mit den notwendigen Gütern für den Winter einzudecken pflegte. Der Kriegsplan der Fünf Orte sah vor, Zürich militärisch zu schlagen, bevor ihm Bern und die anderen Verbündeten zu Hilfe kommen könnten. In Kenntnis der zürcherisch-bernischen Spannungen hoffte man, dass Bern in diesem Fall auf eine Intervention verzichten würde. Am 10. Oktober sammelte sich die fünförtische Hauptmacht von etwa 7.000 Mann bei Baar an der zürcherischzugerischen Grenze. Gleichzeitig fiel eine kleinere Truppe in die zwischen dem zürcherischen und dem bernischen Gebiet gelegenen »Freien Ämter« – eine Gemeine Herrschaft – ein, um eine allfällige Hilfeleistung Berns an Zürich zu erschweren. In Zürich erkannte man erst am Morgen des 10. Oktobers, dass der Angriff der Fünf Orte Tatsache geworden war, und erst am Abend, wo sich die fünförtische Hauptmacht befand. Im Verlauf des Vormittags wurde ein »Fähnlein«, eine kleinere militärische Einheit, die schließlich auf 1.500 bis 1.800 Mann kam, nach Kappel an die zugerische Grenze geschickt, gegen Abend das »Banner«, die 4.000 Mann starke Hauptmacht, mobilisiert. Dabei hatte es in den letzten Tagen nicht an Nachrichten über die fünförtischen Pläne gefehlt. Die allzu späte Mobilmachung, die sich katastrophal auswirken sollte, lässt sich auf drei Ursachen zurückführen: Einmal hatte es auch in den vorangegangenen Wochen immer wieder Meldungen über einen bevorstehenden Angriff der Fünf Orte gegeben, die sich dann aber nicht erfüllten. Zweitens führten die internen Differenzen in Zürich dazu, dass unklar war, wer eigentlich den Mobilmachungsbefehl erteilen durfte und sollte. Schließlich war die zürcherische Führung zu diesem Zeitpunkt völlig darauf fixiert, Bern von der Aufgabe der Proviantsperre abzuhalten. Als die Hauptmacht der Fünf Orte am Mittag des 11. Oktober über die zürcherische Grenze nach Kappel zog, stand ihr dort nur das vierfach unterlegene Fähnlein gegenüber. Die Fünf Orte griffen aber nicht sofort an, sondern lagerten zunächst hinter einem Wäldchen. Die aus allen möglichen Teilen des zürcherischen Untertanengebiets aufgebotenen Soldaten des Banners trafen am Morgen und im Verlauf des Vormittags in Zürich ein. Da nun Eile geboten war, schickte man die Führung des Banners, der sich auch Zwingli anschloss, mit
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einem kleinen Teil der Truppe nach Kappel voraus und schob den Rest paketweise nach. Zum Zeitpunkt der Schlacht war höchstens die Hälfte des Banners bis nach Kappel gelangt. Viele Soldaten waren allerdings vom Marsch so ermüdet, dass sie nicht mehr kampffähig waren. Während die zürcherischen Führer nun diskutierten, ob man einen Teil der Truppen in einen rückwärtigen Raum führen sollte, eröffneten die Fünf Orte um 16 Uhr den Angriff. Die Schlacht dauerte etwa eine Stunde und endete mit der regellosen Flucht der Zürcher. Etwa 500 von ihnen blieben tot zurück, darunter Zwingli. Von den Feldzeichen konnte nur das große Banner mit knapper Not gerettet werden. Die Niederlage bei Kappel bedeutete allerdings nicht das Ende des Krieges. Ein großer Teil der Zürcher Truppen hatte das Schlachtfeld noch gar nicht erreicht. Vor allem aber kamen die Verbündeten, besonders Bern, Zürich zu Hilfe. So sammelte sich schließlich bei Bremgarten eine reformierte Heeresmacht von über 20.000 Mann, die von dort aus dem fünförtischen Heer entgegen zog. Angesichts der feindlichen Übermacht musste sich dieses zurückziehen und nahe bei Zug, am Hange des Zugerbergs, ein Lager schlagen. Die Reformierten lagerten nun ebenfalls auf zugerischem Territorium, etwa zwei Kilometer von den Fünförtischen entfernt. Da keine Seite einen entscheidenden Angriff wagte, schalteten sich die vermittelnden Orte in der Hoffnung auf eine Verhandlungslösung wieder ein. Bei Zürich, das unbedingt Rache für Kappel nehmen wollte, stießen sie auf taube Ohren, nicht aber bei Bern. Um nun Bern bei der Stange zu halten, drängte Zürich auf eine rasche militärische Entscheidung, dies auch, um der zunehmenden Kriegsverdrossenheit der Soldaten entgegen zu wirken. Eine hauptsächlich aus Zürchern, Ostschweizern und Baslern bestehende Truppe von etwa 5.000 bis 6.000 Mann sollte am 23. Oktober durch ein weit angelegtes Umfassungsmanöver den Zugerberg besetzen und von dort das fünförtische Lager angreifen, worauf dann der große Rest der reformierten Hauptmacht ebenfalls eingreifen sollte. Da die erstgenannte Truppe indessen mit Plünderungen viel Zeit verlor, erreichte sie bis zum Abend den Zugerberg nicht, sondern nur den von diesem durch ein tiefes Tobel getrennten Hügel Gubel, wo sie ein Lager schlug. In der Nacht wurde sie von einer etwa 600 Mann starken fünförtischen Truppe im Schlaf überfallen und in die Flucht geschlagen; etwa 600 Tote blieben zurück. Auf das Debakel am Gubel folgten Wochen, in welchen Friedensverhandlungen und militärische Aktionen parallel liefen. Zwischen den beiden Heerlagern pendelte eine geradezu internationale Vermittlermission; den vier vermittelnden Orten hatten sich Gesandte aus zahlreichen süddeutschen Städten, Frankreich, Savoyen, Neuenburg und Mailand angeschlossen, was deutlich machte, dass niemand außerhalb der Schweiz an der Fortsetzung des Krieges interessiert war. Neben Bern war nun auch Zürich verhandlungsbereit. Die Fünf Orte waren es auch, aber sie stellten nun die Bedingungen. Durch ihre militärischen Erfolge und die Tatsache, dass die Reformierten kaum mehr einen
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neuen Vorstoß unternehmen konnten, hatte sich das Blatt definitiv gewendet. Militärisch ging es in der Folge nicht mehr darum, Schlachten zu gewinnen, sondern die Truppen zusammen zu halten. Beide Seiten hatten mit der »Feldflucht« zu kämpfen; viele Soldaten hatten genug vom Krieg und zogen nach Hause. Auf der reformierten Seite wirkte sich dieser Trend indessen stärker aus. Anfang November begannen ihre Krieger ohne Befehl das Lager zu räumen und nach Norden abzuziehen. Nur mit Mühe gelang es den Kommandanten, daraus einen einigermaßen geordneten Rückzug zu machen, der bis nach Bremgarten führte. Die »Feldflucht« ging auch von da aus weiter. Der Rückzug nach Bremgarten führte dazu, dass nun der Süden des zürcherischen Herrschaftsgebietes ungeschützt war. Das löste einen politischen Mechanismus aus, der für das dualistische Verhältnis zwischen städtischem Regiment und Landschaft bezeichnend war: Die Landleute unterstellten sich der städtischen Führung, so lange diese Sicherheit gewähren konnte. Konnte diese das nicht mehr, so kündigten sie den Gehorsam auf. Diese Entwicklung sollte den Ausgang des Krieges entscheiden. Es war zunächst der Führer eines nun völlig isolierten Fähnleins im Grenzgebiet, der am 5. November die Forderung erhob, Vertreter der Landschaft seien an den Friedensverhandlungen zu beteiligen, künftig müsse die Landschaft Bündnissen und Kriegserklärungen zustimmen und zudem habe sich von nun an die Geistlichkeit aus der Politik herauszuhalten. Im Übrigen könne die Landschaft ja auch allein mit den Feinden Frieden schließen. Kaum waren diese Forderungen ausgesprochen, erfolgte auch ein fünförtischer Plünderungszug bis an den Zürichsee, dem militärisch nichts entgegen gesetzt werden konnte. Zwar rief Zürich das bis auf wenige hundert Mann geschrumpfte Banner aus Bremgarten zu Hilfe – Bern leistete dem Hilferuf keine Folge mehr. Die Fünf Orte waren mittlerweile wieder vom Zürichsee abgezogen, teilten aber gleichzeitig mit, dass sie zu einem Separatfrieden mit der Landschaft durchaus bereit wären. Unter diesen Umständen blieb Zürich nichts anderes übrig, als eine Verhandlungsdelegation zu bilden, die aus Vertretern der – mittlerweile ausgewechselten – Heeresführung, des Zürcher Rates und der Landschaft bestand. Diese akzeptierte am 16. November die fünförtischen Friedensbedingungen im Weiler Deinikon; ausgefertigt wurde der »Zweite Kappeler Landfriede« vier Tage später in Zug. Bern, dessen Truppen nie geschlagen worden waren, sich nun aber ebenfalls verliefen, sah keinen Sinn mehr darin, den Krieg, den es nie gewollt hatte, allein fortzusetzen. Es schloss praktisch zu den gleichen Bedingungen wie Zürich am 24. November mit den Fünf Orten Frieden – ein Vertrag, dem sich in der Folge auch Basel und Schaffhausen anschlossen. Grundsätzlich nahm der Zweite Kappeler Landfriede das später im Augsburger Religionsfrieden angewendete Prinzip des »cuius regio – eius et religio« vorweg. Jeder eidgenössische Ort konnte die Konfession seiner Bürger und Un-
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tertanen selbst bestimmen. In den Gemeinen Herrschaften konnten reformierte Kirchgemeinden bestehen bleiben oder zum alten Glauben zurückkehren, neue Übertritte auf die reformierte Seite waren aber nicht möglich. Ferner konnten altgläubige Minderheiten die Teilung der Gemeinde verlangen. Das Christliche Burgrecht unter den vier evangelischen Orten, Konstanz und Straßburg sowie der Christliche Verstand mit Hessen mussten gekündigt werden. Damit war die konfessionelle Spaltung der Schweiz auf Dauer Tatsache geworden. In den vier evangelischen Orten blieb die Reformation ungefährdet. Solothurn kehrte zum alten Glauben zurück, in Glarus und Appenzell entwickelte sich ein paritätischer Zustand. Dasselbe galt für die meisten Gemeinen Herrschaften. Die Fürstabtei St. Gallen wurden restituiert. Die Niederlage bewirkte in den politischen Gremien Zürichs keinen völligen Umsturz, aber doch eine Gewichtsverschiebung. Die ausgesprochenen Exponenten der bisherigen Politik wurden in den Hintergrund gedrängt. Zum Zug kamen teils Kritiker des bisherigen Kurses, zum Teil unverbrauchte neue Kräfte, welche die Lücken füllten, die der Krieg auch in den Räten gerissen hatte. Rekatholisierende Tendenzen gab es in einzelnen Familien, die aber in der Öffentlichkeit keine Chance auf Realisierung hatten. Geregelt werden musste nun das Verhältnis zwischen Stadt und Landschaft sowie jenes zwischen den politischen und den kirchlichen Gremien. Im »Kappeler Brief« (10. Februar 1532) wurden die überlieferten Rechte der Landschaft garantiert und zugesichert, die Obrigkeit würde in Zukunft ohne Wissen und Willen der letzteren keinen Krieg beginnen. Rekatholisierende Tendenzen gab es auf der Landschaft nicht, wohl aber den Wunsch, dass keine Geistlichen gegen den Willen der Gemeinden eingesetzt werden sollten und dass von der Kanzel nicht zu weltlichen Angelegenheiten Stellung genommen werden sollte. Auch diese Begehren wurden zumindest auf dem Papier erfüllt . Die Frage nach der Stellung der Geistlichkeit im politischen Betrieb musste ohnehin geregelt werden, nachdem diese bisher kaum institutionalisiert, sondern ganz auf die Person Zwinglis zugeschnitten war. Es war ein Glücksgriff, dass das Großmünsterstift und der Rat den jungen Heinrich Bullinger, der durch die gescheiterte Vorkriegspolitik nicht belastet war, zum Nachfolger Zwinglis beriefen. Bullinger gelang es sehr rasch, zum anerkannten Sprecher der Zürcher Kirche gegenüber dem Rat zu werden, ohne aber direkt aktive Politik zu treiben, wie sein Vorgänger dies getan hatte. Am Anspruch der Geistlichkeit auf die freie Predigt, die »Weltliches« nicht ausschloss, hielt er fest, sorgte aber gleichzeitig dafür, dass die Prediger davon nicht allzu extensiv Gebrauch machten. Vgl. Meyer, Stadt und Landschaft, S. 251 und 261–267.; ders., Krisenmanagement, S. 356–358 und 363 f.; Maeder, Unruhe, S. 127–137. Vgl. Bächtold, Bullinger S. 37–45; Mühling, Bullinger , S. 241–243.; Büsser, Bullinger 1, S. 98–105.
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An eine Wiederaufnahme der Vorkriegspolitik, an eine »Revanche für Kappel«, war nicht zu denken – nicht nur wegen der bitteren Erfahrungen, sondern auch aus Rücksicht auf die Landschaft und das zunächst ziemlich getrübte Verhältnis zu Bern. Die Fünf Orte wachten intensiv über die Einhaltung der Friedensbedingungen und sorgten dafür, dass diese in strittigen Einzelfällen zu ihren Gunsten ausgelegt wurden. Das bedeutete auch, dass eine politische Wiederannäherung an die süddeutschen Protestanten nicht in Frage kam. Das war noch kein Entscheid, aber doch ein Vorentscheid über den künftigen Einfluss der Zwinglianismus und den Ausgang des Abendmahlsstreites im süddeutschen Raum . Davon war nun auch Martin Bucer direkt betroffen.
3. Martin Bucer und die Entwicklung in der Eidgenossenschaft Wie wurde Martin Bucer über das Geschehen in der Schweiz informiert? Direkte Briefe darüber erhielt er während des Krieges offenbar nicht. Er war wohl auf die beim Straßburger Rat eintreffenden Nachrichten und auf umlaufende Gerüchte angewiesen. Während ein direkter Brief aus Zürich in vier bis fünf Tagen in Straßburg war10 , dauerte es nun mindestens eine Woche, bis Bucer einigermaßen im Bild war11. Erst nach dem Friedensschluss kamen wieder Briefe aus Zürich, zunächst von Leo Jud, der sich über die Zukunft des Evangeliums in Zürich Sorgen machte12 . Am 29. November wusste Bucer aus unbekannter Quelle von Bullingers Berufung zum Nachfolger Zwinglis in Zürich, als diese
Zu den fortdauernden zwinglianischen Einflüssen im süddeutschen Raum vgl. Friess, Zwinglianismus, S. 11 f. und 22–27. Eine Ausnahme bilden die Briefe von Oekolampad und Simon Grynaeus, die freilich wenige Informationen bieten. Oekolampad an Bucer vom 27. Oktober 1531 (BCor 6, Nr. 498, S. 257–260); Simon Grynaeus an Bucer vom 21. Oktober (BCor 6, Nr. 492, S. 220–228), nach dem 25. Oktober (Ebd., Nr. 496, S. 251 f.), vom 9. November (BCor 7, Nr. 503, S. 18–21), vom 12. November (Ebd., Nr. 504, S. 21–23) und nach Mitte November (Ebd., Nr. 516, S. 74–80). 10 So schrieb Zwingli etwa am 17. Juni 1528 einen Brief an Bucer (BCor 3, Nr. 195, S. 162– 164), den Bucer am 24. Juni (BCor 3, Nr. 198, S. 167 f.) beantwortete. Selbst Bucers Brief vom 25. August 1530 (BCor 4, Nr. 329, S. 220–228) aus dem von Zürich weiter als Straßburg entfernten Augsburg erreichte Zwingli spätestens nach sechs Tagen, datiert die Antwort Zwinglis (BCor 4, Nr. 334, S. 250–256) doch bereits vom 31. August. 11 Am 18. Oktober 1531 hatte Bucer von der Schlacht bei Kappel und Zwinglis Tod offenbar noch nichts vernommen, denn er erwähnte in dem an diesem Tag an Blarer gerichteten Brief nichts davon (BCor 6, Nr. 490, S. 216–218) Unmittelbar danach dürfte er davon erfahren haben, denn am 17. Oktober hatte der Straßburger Rat entsprechende Informationen erhalten (BCor 6, Nr. 493, S. 230, Anm. 7). 12 Das nicht ermittelte Schreiben Juds vom 18. November 1531 erwähnt Bucer in seinem Brief an Ambrosius Blarer vom 29. November 1531 (BCor 7, Nr. 515, S. 72).
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noch gar nicht beschlossen war13 . Darauf setzte ein ziemlich regelmäßiger Briefwechsel zwischen Bucer einerseits, Bullinger und Leo Jud anderseits ein14 . Wie präzis waren die Nachrichten, die Bucer erhielt? Nicht zu Unrecht beklagte sich dieser, dass die schweizerischen Verbündeten schlecht informierten und ihre Niederlagen verschleierten; man sei weniger gut im Bild als im vergangenen Jahr über den Krieg in Ungarn15 . Über den Verlauf der Schlacht bei Kappel gab er einen detaillierten Bericht weiter, in welchem allerdings Richtiges und Falsches fast unentwirrbar gemischt war. So weiß Bucer, dass der entscheidende Angriff der Fünf Orte aus einem Wäldchen erfolgte, dass Zwingli tapfer kämpfend fiel, dass unter den Zürchern Panik ausbrach, die zur allgemeinen Flucht führte, dass das Banner von einem jungen Mann gerettet wurde und dass Geschütze und Tross verloren gingen. Bekannt sind ihm auch die zahlenmäßige Unterlegenheit der Zürcher und die ungefähre Zahl der zürcherischen Toten. Das Ganze ist indessen eingebettet in eine krause Verratsgeschichte, welche an die Stelle der Hauptursache, nämlich der verspäteten Mobilmachung, tritt. Auch dass sich die Zürcher und ihre Gegner im Nahkampf mit Messerchen, Beißen und Kratzen bekämpft hätten, ist sonst nicht belegt. Was die Fortsetzung des Krieges anbetrifft, so ist Bucer zunächst optimistisch, schätzt er doch die vereinigten Heere der reformierten Verbündeten auf 30.000 bis 40.000 Mann ein – wesentlich zu hoch! 16 In der Folge sickern immer weniger Informationen durch; Bucer erfährt von der Niederlage am Gubel und vom Einfall der Fünf Orte an den Zürichsee, offenbar aber ohne nähere Details17. Mitte November 13 Bucer an Ambrosius Blarer vom 29. November 1531 (BCor 7, Nr. 515, S. 72.). Bullinger war am 20. November als Flüchtling aus Bremgarten in Zürich eingetroffen und hatte am 23. November erstmals im Großmünster gepredigt; offenbar war darauf seine Berufung so gut wie sicher. 14 Übersicht bei Rott, Bullinger S. 244–264. 15 Bucer an Ambrosius Blarer vom 14. November 1531 (BCor 7, Nr. 506, S. 33 f.). 16 Bucer schildert den Schlachtverlauf weitgehend übereinstimmend in seinen Briefen an Ambrosius Blarer (BCor 6, Nr. 493, S. 228–234) und an Philipp Melanchthon (BCor 6, Nr. 494, S. 235–248). Der junge Mann, der das Banner rettete, war vermutlich Ulrich Denzler (Bullinger, Reformationsgeschichte 3, S. 130–134). Das Feldzeichen wurde allerdings nicht, wie Bucer meint, nach Zürich gebracht, sondern zur Hauptmacht, die sich auf dem Albis wieder sammelte. – Nach Bucer kam ein Verbannter, Gnade erbittend, nach Zürich, meldete den Vorstoß der Fünf Orte und führte die Zürcher Truppen – Bucer unterscheidet nicht zwischen dem vorausziehenden Fähnlein und der später folgenden Hauptmacht – nach Kappel, worauf er zu den Fünf Orten überlief und diesen die Stellung der zürcherischen Truppen mitteilte. Hintergrund dieser Geschichte ist wohl die Tat Hans Andresens, der im zürcherischen Grenzgebiet lebte und den Fünf Orten verriet, dass – am Morgen des 11. Oktobers – bei Kappel nur das zahlenmäßig geringe Zürcher Fähnlein lag. Auf den Schlachtverlauf hatte dies wohl kaum einen Einfluss, da diese Tatsache den Heerführern der Fünf Orte auch sonst kaum entgangen wäre und sie wegen der Mitteilung Andresens ihr Vorrücken nicht beschleunigten. – Zur Größe der vereinigten reformierten Heeresmacht vgl. BCor 6, Nr. 493, S. 234, Z. 3 –9 und Nr. 494, S. 244, Z. 22–25. 17 Über die Schlacht am Gubel orientierten ihn Simon Grynaeus nach dem 25. Oktober 1531 (BCor 6, Nr. 496, S. 252) und Oekolampad am 27. Oktober 1531 (BCor 6, Nr. 498, S. 258),
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wird ihm klar, dass unter ungünstigen Vorzeichen verhandelt wird und dass die militärische Lage ziemlich aussichtslos ist; einem zürcherischen Gesandten, der in Straßburg versichert, Zürich sei – im Unterschied zu seinen Verbündeten – immer noch kampfesmutig, glaubt er zu Recht nicht18 . Am 24. November kennt er den Inhalt des von Zürich abgeschlossenen Friedensvertrages in den Grundzügen19. Über die Details des Friedensschlusses und die weitere Entwicklung in Zürich wurde Bucer durch Heinrich Bullinger und Leo Jud informiert, allerdings ziemlich einseitig. Dass der Friede für die Sache der Reformation ungünstig war und zudem den Bruch der Verträge mit Konstanz, Straßburg und Hessen bedeutete, konnten sie nicht in Abrede stellen, führten es aber auf Anhänger des alten Glaubens in den eigenen Reihen zurück. Diese hätten in der zürcherischen Verhandlungsdelegation dominiert, den genauen Inhalt der Friedensbedingungen verschwiegen und dem Heer weisgemacht, es sei genug Blut geflossen und die Alternative sei die Verwüstung des Landes durch die Feinde. Der einzige Vorwurf, den man den Anhängern des Evangeliums machen könne, sei, dass sie sich nicht entschieden genug gegen die Annahme des Friedensvertrages gewehrt hätten. Immerhin sei nun bereits wieder ein Umschwung eingetreten; in den Grossen und Kleinen Rat für 1532 seien keine Gegner des Evangeliums gewählt worden 20 . Bullinger und Jud unterschlugen in ihrer Darstellung die Haltung der Landbevölkerung und die durch allgemeine Desertion gekennzeichnete aussichtslose militärische Lage; sie scheuten auch die nahe liegende Frage, welche realistische Alternative zum Zeitpunkt des Friedensschlusses überhaupt bestanden hätte21. Wie weit sich Bucer die Darstellung seiner Zürjedoch ohne konkretere Angaben. Bucer leitete die Meldung in einem nicht erhaltenen Brief an Ambrosius Blarer weiter, wie aus dessen Antwort (BCor 7, Nr. 501, S. 10) hervorgeht. Ob sich Blarer in seinem Schreiben vom 26. Oktober 1531 (BCor 6, Nr. 497, S. 256) mit »opinio hic est altero congressu pugnatum esse« auf die Schlacht auf dem Gubel bezieht, erscheint zweifelhaft, denn die Nachricht müsste dann innerhalb von zwei Tagen vom Kampfgebiet nach Esslingen gelangt sein. Vielleicht bezieht er sich auch auf ein Gerücht. – Den Vorstoß der Fünf Orte an den Zürichsee erwähnt Bucer erstmals am 14. November in einem Brief an Ambrosius Blarer als »tertia clades« (BCor 7, Nr. 506, S. 35, Z. 5). 18 Bucer an Ambrosius Blarer vom 14. November 1531 (BCor 7, Nr. 506, S. 36 f.) und vom 18. November (BCor 7, Nr. 507, S. 38–41). Der Zürcher Gesandte Hans Edlibach hatte Straßburg um ein Darlehen ersucht. 19 Bucer an Ambrosius Blarer vom 24. November 1531 (BCor 7, Nr. 510, S. 48–54). 20 Bucer zitiert in seinem Brief an Ambrosius Blarer vom 19. Januar 1532 (BCor 7, Nr. 544, S. 215 f.) aus einem nicht überlieferten Schreiben von Leo Jud und Heinrich Bullinger. Vermutlich Ende Januar/Anfang Februar 1532 verfasste Bullinger in Reaktion auf ein nicht ermitteltes Schreiben Bucers, in welchem dieser sich offenbar über den Inhalt des Friedensvertrags und den Ausstieg Zürichs aus dem Bündnis beklagt hatte, eine detaillierte Darstellung, wie es zu diesem Vertrag gekommen sei (BCor 7, Nr. 550, S. 245–251). Von Bullingers Brief konnte allerdings nur eine zürcherische Kopie ermittelt werden; ob Bucer das Original überhaupt erhalten hat, ist also nicht sicher. Eine unmittelbare Reaktion Bucers auf das Schreiben ist nicht bekannt, ebenso wenig eine Erwähnung in Briefen an andere Empfänger. 21 Tatsächlich war der Zürcher Rat über die fünförtischen Friedensbedingungen durchaus
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cher Kollegen zu eigen gemacht hat, muss offen bleiben; sie hat ihn jedenfalls nicht daran gehindert, auf den »Zürcher Verrat« zurückzukommen. Wie beurteilte Bucer das Geschehene und welche Konsequenzen zog er daraus für die Zukunft? Bei der Beurteilung hatte Bucer nicht nur den Krieg und den für die reformierte Seite unglücklichen Ausgang, sondern auch die Vorgeschichte, besonders die von Zwingli inspirierte Politik gegenüber den Fünf Orten, im Blickfeld 22 . Gegen die Tatsache, dass Zürich ins Feld gezogen war, als es von diesen angegriffen wurde, ließ sich wenig einwenden, wohl aber durfte man fragen, warum es überhaupt so weit gekommen war. Zu einem Urteil darüber konnte sich Bucer durchaus berechtigt fühlen, hatte er doch wenige Wochen vor Kriegsausbruch Zwingli zu einer zurückhaltenderen Politik geraten 23 . Nach dem Empfang der Nachricht über den Ausgang der Schlacht bei Kappel und Zwinglis Tod fürchtete Bucer zunächst weniger eine Niederlage der reformierten Seite als vielmehr die Reaktion Luthers und die Auswirkungen auf seine Vermittlungstätigkeit im Abendmahlsstreit. Nicht zu Unrecht mutmaßte er, die lutherische Seite würde triumphieren und Zwinglis Ende als Gottesurteil auslegen 24 . Dem versuchte er durch einen Brief an Melanchthon zuvorzukommen, in welchem er Zwingli im Ganzen positiv würdigte, die Fünf Orte dagegen in einem umso schlechteren Licht darstellte. Zwingli habe zwar einen herben und hitzigen Charakter gehabt, sei freiheitsliebend und wild wie sein Volk gewesen, habe auch nicht immer die richtigen Ratschläge erteilt – Fehler, für die er nun mit seinem Blut gesühnt habe –, aber es sei ihm immer nur um Christus und das Vaterland gegangen. Auch dass er bewaffnet in die Schlacht gezogen sei, sei nichts Besonderes, sondern alteidgenössischer Brauch 25 . Bei Melanchthon erzielte Bucer einen gewissen Erfolg, der sich aber nicht auf Luther übertrug26 . im Bild und in ständigem Kontakt mit der Verhandlungsdelegation. Von den Vertretern der Landschaft, deren Meinung nun ins Gewicht fiel, ist keine negative Einstellung gegenüber der Reformation bekannt. Generell betrieben Bullinger und Jud Schwarz-Weiss-Malerei, indem sie nur zwischen bedingungslosen Anhängern von Zwinglis politischem Kurs und »Gegnern des Evangeliums« unterschieden. In Wirklichkeit war das Spektrum der Meinungen in Zürich aber wesentlich differenzierter. Auch die Zusammensetzung der politischen Gremien war nuancierter; zwar gab es keinen politischen oder gar religiösen Umsturz, wohl aber eine Gewichtsverlagerung. In erster Linie wurde der Kurs der Zürcher Politik nun durch die – ungünstigen – politischen Realitäten bestimmt. 22 Vgl. etwa die Formulierung, dass Zwingli »bellum non suasit tantum [. . .], sed improbe extorsit invitis« (BCor 7, Nr. 506, S. 33, Z. 5 f.), die sich nicht auf den Kriegsausbruch selbst, der ja von Seiten der Fünf Orte erfolgte, sondern nur auf die vorangegangene Politik beziehen kann. 23 »Non est facile caedere Helvetios per Helvetios.« BCor 6, Nr. 463, S. 120, Z. 14 f. Vgl. auch ebd., Nr. 469, S. 137–140. 24 Bucer an Ambrosius Blarer vom 23. Oktober 1531 (BCor 6, Nr. 493, S. 229, Z. 2–3). Die gleiche Befürchtung hegte auch Ambrosius Blarer. Vgl. BCor 6, Nr. 497, S. 255, Z. 14–18 und BCor 7, Nr. 501, S. 11, Z. 1–4. 25 Bucer an Melanchthon vom 24. Oktober 1531 (BCor 6, Nr. 494, S. 246 f., Z. 4 –8 und 17– 2). Bucer schildert Melanchthon die politische Entwicklung seit 1529 im Überblick. Gegen
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Die sich abzeichnende Niederlage und der Friedensschluss führten Bucer zu einem schärferen Urteil. Natürlich war das alles eine Prüfung Gottes, aber Prüfungen wurden nicht ohne Grund verhängt. Der Grund aber war die von Zürich und Zwingli betriebene Vorkriegspolitik. Der Zürcher Reformator habe gewissermaßen die »äußere Erlösung Israels«, d. h. den Triumph über die altgläubigen Fünf Orte auf der Basis einer aggressiven Machtpolitik, mit der »inneren Erlösung« durch den Glauben, der nur über das Kreuz erfolgen könne – »Evangelium cruce vincit !« – verwechselt. Zwar könne es Situationen geben, in denen man mit Gottes Willen als ultima ratio zu den Waffen greifen müsse, aber diese Voraussetzung sei hier nicht gegeben gewesen. So habe sich das Wort erfüllt, dass durch das Schwert umkomme, wer zum Schwert greife27. Die Abgrenzung Bucers gegenüber Zwingli kam auch darin zum Ausdruck, dass er dessen Witwe aufforderte, seine Briefe zu verbrennen, was diese allerdings nicht tat 28 . Hinzu kam der Ärger über das Resultat: Erst hätten die reformierten Eidgenossen mit ihrem tollkühnen Verhalten das Projekt eines theologisch und politisch geeinten protestantischen Lagers von der Elbe bis zur Aare verpfuscht, dann sei die Tollkühnheit in Ermattung und Mutlosigkeit umgeschlagen mit dem Resultat, dass die Bündnistreue gebrochen worden sei, obwohl die süddeutsche Seite durchaus zur Hilfeleistung bereit gewesen wäre: »O dedecus, o scandalum, o perfidiam, o Helvetios!«29 Die Frage nach der Zukunft war für Bucer primär die Frage, wie die Einheit unter den Evangelischen hergestellt und die Abendmahlsfrage geregelt werden könne. Die Einheit ging Bucer über alles, wie etwa sein Briefwechsel mit Am 26
den möglichen Vorwurf, Zwingli sei der Urheber des Krieges, führt er Gräueltaten der Fünf Orte an (Ebd., S. 247, Z. 9 –20). Die Charakterisierung Zwinglis – »acri et satis calido ingenio« (Ebd., S. 246, Z. 6 f.) oder »animo semper praecalido« (Ebd., S. 244, Z. 12) hat Parallelen in Äußerungen Ambrosius Blarers in seinen Briefen an Bucer, etwa in seinem Schreiben vom 26. Oktober 1531 (BCor 6, Nr. 497, S. 255, Z. 7: »ingenio [. . .] satis feroculo«) oder seinem Brief vom 1. März 1531 (BCor 5, Nr. 398, S. 301, Z. 17 f.: »Pro gentis suae natura ferox nonnihil et irritabile ingenium«).- Tatsächlich fielen bei Kappel 25 Geistliche (Egli, Cappel, S. 42, gestützt auf Stumpf, Reformationschronik 2, S. 175–184 und Bullinger, Reformationsgeschichte 3, S. 142–157). Bucer selbst wollte Geistliche nicht in die Schlacht ziehen lassen (Brief an Melanchthon vom 26. Oktober 1531, BCor 6, Nr. 494, S. 246 f.). Auch Ambrosius Blarer (im Brief an Bucer vom 26. Oktober 1531, BCor 6, Nr. 497, S. 255), Wolfgang Capito (im Schreiben an Heinrich Bullinger vom 5. März 1532, Bullinger Bw 2, Nr. 72, S. 66 f.) und der Augsburger Gereon Sailer (im Brief an Bucer vom 31. Oktober 1531, BCor 6, Nr. 499, S. 262 f.) äußerten sich dazu kritisch. Gegenüber Martin Frecht und Konrad Sam in Ulm hielt Oekolampad dagegen fest, Zwingli sei nicht als Führer, sondern als »bonus civis et optimus pastor« in die Schlacht gezogen (Brief vom 8. November 1531, Oekolampad Bw 2, Nr. 953, S. 709). 26 In seiner Antwort vom 8. November 1531 bedauert Melanchthon den Tod Zwinglis »publice et privato nomine« (BCor 7, Nr. 502, S. 17, Z. 1). Zu Luthers Interpretation des Todes Zwinglis vgl. die in BCor 7, Nr. 501, S. 11, Anm. 10 erwähnten Quellen. 27 Bucer an Ambrosius Blarer vom 14. November 1531 (BCor 7, Nr. 506, S. 32–33). 28 Martin Bucer an Anna Zwingli vom 28. November 1531 (BCor 7, Nr. 514, S. 69 f.). 29 Bucer an Ambrosius Blarer vom 29. November 1531 (BCor 7, Nr. 515, S. 72–74); Bucer an Margarethe Blarer vom 8. Dezember (BCor 7, Nr. 519, S. 87).
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brosius Blarer sehr deutlich zeigt. Dabei empfahlen die politischen und theologischen Gegebenheiten nun einen Schwenker zur lutherischen Seite. Politisch fielen die reformierten eidgenössischen Orte als Bundesgenossen weg, der theo logische Antipode Luthers war tot. Der Straßburger Rat erteilte seinen Theo logen den Auftrag, eine Annäherung an Luther zu prüfen, was Bucer denn auch tat. Er konnte denn auch die oberdeutschen Städte überzeugen, an den Verhandlungen in Schweinfurt 1532 neben der Confessio Tetrapolitana auch die lutherische Confessio Augustana anzuerkennen, wofür sie den Schutz des Schmalkaldischen Bundes erhielten und in den Geltungsbereich des kaiserlichen Waffenstillstandes einbezogen wurden 30 . »Iam mihi Lutherus in orbe est, quod Zwinglius Helvetiae!«, schrieb Bucer an Bullinger Ende August 153231. Das bedeutete nicht, dass Bucer die Schweizer in seinen Einigungsbemühungen links liegen lassen wollte. Es ist denkbar, dass er von dort nun weniger Widerstand erwartete als zu Zwinglis Zeiten. Das war ein Irrtum, auch wenn Bullingers Abendmahlsverständnis von jenem Luthers etwas weniger entfernt war als jenes seines Vorgängers32 . Politisch musste Zürich alles vermeiden, was als eine Wiederannäherung an die süddeutschen Protestanten interpretiert werden konnte, um nicht von den Fünf Orten des Bruchs des Kappeler Landfriedens bezichtigt zu werden. Im kirchenpolitischen Bereich ging es Bullinger darum, zwischen der kaum mehr erreichbaren Position Zwinglis und der augenblicklichen, durch die Niederlage geschwächten, Position der Geistlichkeit ein neues, stabiles Gleichgewicht zwischen Obrigkeit und Kirche zu finden. Dabei setzte er auf Kontinuität und präsentierte sich ganz bewusst als Nachfolger Zwinglis und nicht etwa als Vertreter eines »neuen Kurses«. Gegen die verbreitete Kritik an den »kriegshetzenden Pfaffen«, die alles Unglück verursacht hätten, die natürlich auch dem toten Reformator galt, baute er systematisch den »Mythos Zwingli« auf: Die von Zürich betriebene Vorkriegspolitik sei richtig und gegenüber den Fünf Orten ausgesprochen langmütig gewesen, die Niederlage im Krieg nicht etwa eine göttliche Strafe, sondern eine göttliche Prüfung, mit welcher die Standhaftigkeit der Gläubigen getestet worden sei. Vor allem aber war Zwingli ein Märtyrer, der sich würdig in die antiken Vorbilder einreihte33 . Von der Lehre eines Märtyrers aber konnte man nicht abweichen, ein Greschat, Bucer, S. 117 f.; Köhler, Zwingli und Luther 2, S. 288–292. Bullinger Bw 2, Nr. 128, S. 203, Z. 456. 32 Vgl. Friedrich, Bullinger, S. 61–64. Zu Bullingers frühen Schriften über das Abendmahl vgl. Büsser, Bullinger 1, S. 32–37. 33 Heinrich Bullinger an Bucer Ende Januar/Anfang Februar 1532 (BCor 7, Nr. 550, S. 250 f.). Ausführlicher in der am 28. Januar gehaltenen, im März publizierten Rede De pro phetae officio, die am Schluss zu einer eigentlichen Apotheose Zwinglis wird, der sich mit seinem Tod bei Sokrates, Judas Makkabäus, Johannes dem Täufer und Stephanus einreiht (Bullinger, Schriften 1, S. 42–48; Wiedergabe des lateinischen Originaltexts betr. Zwingli bei Büsser, De prophetae, S. 254–257). Hierher gehört auch die Legendenbildung über Zwinglis Tod. Vgl. Meyer, Krieg, S. 393–395, Anm. 62, sowie ders., Katastrophe, S. 623 f. 30 31
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mal aus Treue, dann, weil man keine Unsicherheit über die weitere kirchliche Entwicklung heraufbeschwören wollte und schließlich, weil sich der Antipode Luther alles andere als einigungsbereit erwies, sondern den schweizerischen Reformator noch und noch diffamierte34 . Wenn die Schweizer Bucer vorwarfen, wankelmütig und eine Windfahne zu sein, so konnte der Straßburger allerdings mit der Gegenfrage kontern, wer denn eigentlich am Ende des Zweiten Kappeler Krieges wankelmütig geworden sei. Die Diskussion über das Abendmahl zwischen Bucer und den Zürchern, die im Mai 1532 wieder einsetzte, war durch eine Instrumentalisierung der jüngsten Vergangenheit zu Argumenten, vor allem zum Vorwurf mangelnder Beständigkeit, gekennzeichnet und stand dementsprechend unter keinem besonders guten Stern. Bucer beklagte erneut die zürcherische Untreue, verteidigte Luther gegen zürcherische Vorwürfe und unterbreitete neue Einigungsvorschläge; seine Anerkennung der Confessio Augustana bedeutete für ihn kein Abgehen von seiner früheren Auffassung35 . Demgegenüber bedauerte Bullinger zwar nach wie vor den Friedensvertrag mit den Fünf Orten, den er allerdings nun nicht mehr auf die Tücke der Altgläubigen in den eigenen Reihen, sondern auf die Gewalt der Feinde und die Unzuverlässigkeit der Verbündeten – gemeint war Bern – zurückführte. Er empörte sich aber über Luthers Verunglimpfungen und beschuldigte Bucer, zum Lutheraner geworden zu sein. Dieser wiederum warf den Zürchern Verständnislosigkeit gegenüber seinen Einigungsbestrebungen vor und verfasste einen ausführlichen fiktiven Dialog zwischen Bullinger und ihm über die Abendmahlsfrage, in welchem er erneut Zwingli und den Zürchern ihre Unterlassungen und Fehler vorwarf: Sie hätten den Beitritt zur Con fessio Tetrapolitana abgelehnt, sie hätten die Bündnisse gekündigt und sie hätten vor allem im Friedensvertrag den Glauben der Altgläubigen als den »wahren« anerkannt – etwas, was man Bucer bei all seiner Wendigkeit nun doch nicht vorwerfen konnte36 . Besonders fruchtbar war diese Diskussion nicht, und In einem Schreiben an Herzog Albrecht von Preußen Anfang 1532 bedauerte Luther beispielsweise, dass die Fünf Orte im Zweiten Kappeler Landfrieden die Lehre Zwinglis nicht in der ganzen Eidgenossenschaft unterdrückt hätten. Vgl. BCor 7, S. 394, Anm. 8 ; Köhler, Zwingli und Luther 2, S. 292 f. und 298 f. Zum negativen Einfluss, den derartige Äußerungen Luthers auf die Gespräche zwischen Bucer und den Zürchern ausübten vgl. Friedrich, Bullinger, S. 65. 35 Vor dem 4. Mai 1532 schrieb Leo Jud einen nicht ermittelten Brief an Bucer, in welchem er die Zürcher Treulosigkeit beklagte. Dabei ist zu berücksichtigen, dass Jud sich damals im Gegensatz zur Zürcher Regierung befand. Bucer antwortete darauf nach dem 4. Mai, (BCor 8, Nr. 581, S. 21–28) was wiederum zu einer Replik Bullingers führte (Bullinger, Bw 2, Nr. 96, S. 120 f. Bullinger, Bw. 2 , Nr. 96, S. 120f.; BCor 8, Nr. 585, S. 54–58). Bucer reagierte am 23. Juni mit einem Brief an Leo Jud (BCor 8, Nr. 598, S. 150–165), auf den wiederum Bullinger in seiner Antwort vom 12. Juli Bezug nahm (Bullinger, Bw 2, Nr. 110, S. 153–159). Eine Übersicht über die Abfolge der Briefe findet sich bei Rott, Bullinger, S. 244–246, sowie Bullinger Bw 2, S. 120, Anm. 1 und 2. Zum Inhalt der einzelnen Briefe vgl. Friedrich, Fanatiker, S. 89– 93; zur Entwicklung insgesamt vgl. Köhler, Zwingli und Luther 2, S. 302–320. 36 Bullinger, Bw 2, Nr. 121, S. 176 f. und Nr. 128, S. 191–232. Die zitierten Vorwürfe ebd., 34
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Bullinger hielt später knapp fest, Bucer habe geschrieben, Luthers Lehre sei akzeptabel und weiche von jener Zwinglis kaum ab, er und Jud hätten aber den Straßburger gemahnt, von der Wahrheit nicht abzuweichen 37. Auch wenn die Kontakte zwischen Bucer und den Zürchern bestehen blieben – 1533 reiste er nach Zürich –, so war der Ausgang des Zweiten Kappeler Krieges doch ein negativer Markstein für Bucers Einigungsbemühungen: Die politischen Voraussetzungen hatten sich verschlechtert, die theologischen nicht verbessert. So war der Zweite Kappeler Krieg letzten Endes auch eine Etappe des Ausscheidens der eidgenössischen Orte aus der Reichspolitik und aus dem Reichsverband.
S. 228 f. Tatsächlich hieß es im Friedensvertrag, Zürich lasse den Fünf Orten ihren »wahren, unbezweifelbaren, christlichen Glauben«, die Gegenseite Zürich und dessen Untertanen »ihren Glauben«. 37 »Mox ab accepta clade ad Capellas anno 1532 scribit Bucerus ad Leonem et Bullingerum de sententia Lutheri tollerabili et nihil fere a Zwingliana discrepante etc. Leo et Bullingerus diversum sentientes monent Bucerum, ne a veritate deficiat ad Lutherum« In: Summa negotii tentatae concordiae ac reparati rursus dissidii, 1544/45, wiedergegeben bei Henrich, Anfänge, S. 48–51.
Martin Bucer und die Ordnung der Reformation in Ulm 1531 Sabine Arend Am 25. April 1531 sandte Martin Bucer in Straßburg einen Brief an die Reichsstadt Ulm. Er bestätigte, die Anfrage der Ratsherren erhalten zu haben und schrieb, er wolle sich »zu ynen schicken lossen, dozu beratig vnd behulflich zu seyn, das die cerimonien vnd kirchengepreuch by ynen nach dem göttlichen gefallen vnd wort angericht werden [. . .].« Worum ging es in diesem Briefwechsel zwischen Martin Bucer und dem Ulmer Rat? In der oberschwäbischen Reichsstadt Ulm hatte man sich im Frühling 1531 dazu durchgerungen, die Reformation einzuführen. Der Ulmer Rat schrieb am 19. April an Martin Bucer, dass man hierfür »frummer, gelarter vnd sachverstendiger leut« benötige, und als eine solche Person sei Bucer »zum hochsten beruchtigt«. Die Ulmer fuhren fort: »So haben wir vnnsern besonndern lieben vnd guten freunden, ainem erbarn rat der stat [. . .] Straßburg hirueber geschriben vnd gepetten, vnns euch ain zeit lanng zu solchem vnsern christenlichen furnemen zu leihen vnd zu schicken, vff den sontag Exaudj schierst zu nacht jn vnser stat zu sein vnd anzukomen vnnd vnns ewern rat vnd hilff zu geben vnd mitzuteylen [. . .].« Die Straßburger Ratsherren hatten auf die Ulmer Anfrage schon am 24. April 1531 äußerst knapp geantwortet, sie seien »willig, uch zu sondern eeren und gefallen und insonders zu furderung gots lob und sins herligen worts den Martin Bucer auf Exaudi nach Ulm zu schicken [. . .].« Auch Bucer selbst erklärte sich bereit, bei der Einführung der Reformation in Ulm behilflich zu sein . Martin Bucer hatte also den Ruf eines Sachverständigen, wenn es darum ging, die Liturgien und kirchlichen Gebräuche gemäß der neuen Lehre zu verändern. Er gehörte damit zu einer Riege von Theologen, die sich mit praktischen Fragen der Reformationseinführung auseinandersetzten. Dazu zählten auch Johannes Bugenhagen und Johannes Brenz. Alle drei schufen im Namen der Obrigkeiten umfangreiche Kirchenordnungen, in denen sie festhielten, was verändert werden sollte oder bereits verändert worden war. Während Bugenhagen vornehm BCor 5, Nr. 422, S. 365, Z. 10 – S. 366, Z. 2. Ebd., Nr. 418, S. 358, Z. 2–9. PC 2, Nr. 40, S. 38; BCor 5, S. 366, Anm. 5. Vgl. Anm. 1.
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lich in Norddeutschland und Brenz im Südwesten agierte, verfasste Martin Bucer Reformationsordnungen für die Landgrafschaft Hessen (1539) sowie für verschiedene Reichsstädte, darunter Augsburg (1537) und Köln (1543) . Im Jahr 1531 war er sowohl in Memmingen und Biberach als auch in der Reichsstadt Ulm aktiv. Im folgenden soll zunächst (1.) ein Blick auf die reformatorische Bewegung in Ulm und die Beziehungen der Reichsstadt zu Martin Bucer in der Zeit um 1530 geworfen werden. Dann (2.) Bucers Wirken während seines Aufenthalts in Ulm im Mai/Juni 1531 und seine ordnenden Maßnahmen für das reichsstädtische Kirchenwesen untersucht. Anschließend (3.) wird das zentrale Werk der Ulmer Reformation, die Kirchenordnung von 1531, vorgestellt und schließlich soll in einem Fazit (4.) die Rolle der Ulmer Reformation innerhalb von Bucers Ordnungsschaffen herausgestellt werden.
1. Die Reformation in Ulm und die Beziehungen der Reichsstadt zu Martin Bucer In Ulm lassen sich schon früh Einflüsse der evangelischen Lehre erkennen. Der Rat stand der Reformation jedoch zunächst ablehnend gegenüber, nicht zuletzt deshalb, weil die Reichsstadt mit ihrem großen Landgebiet im Osten an das katholische Herzogtum Bayern und im Westen an das seit 1520 habsburgisch verwaltete Württemberg grenzte10 . Der Ulmer Bürgermeister Bernhard Besserer (1471–1542) 11, der das politische Geschehen der Reichsstadt in den 1520er Jahren maßgeblich prägte, lavierte hinsichtlich der evangelischen Bewegung: Außenpolitisch bemühte er sich um Anlehnung an den Kaiser als Stadtherrn, persönlich stand er der reformatorischen Strömung jedoch aufgeschlossen gegenüber. Die evangelische Predigt wurde daher zwar in einzelnen Fällen gedul-
Johannes Bugenhagen verfasste Kirchenordnungen für Braunschweig (1528), Hamburg (1529), Lübeck (1531), Pommern (1534/35), Dänemark (1537), Schleswig-Holstein (1542), Braunschweig-Wolfenbüttel (1543) und Hildesheim (1542/44). Vgl. Sprengler-Ruppenthal, Kirchenordnungen TRE, S. 679 f. Johannes Brenz war vornehmlich in Schwäbisch Hall und im Herzogtum Württemberg aktiv. Sein prominentestes Ordnungswerk wurde die württembergische Kirchenordnung von 1553, die von zahlreichen Landesherren und städtischen Magistraten übernommen wurde. Zu ihrer Verbreitung vgl. die Karte bei Kittel/Schöllkopf, Württemberg, S. 72–75. Vgl. unten S. 79, Anm. 103. Vgl. unten S. 79, Anm. 102. Vgl. unten S. 79, Anm. 104. 10 Vgl. Greschat, Bucer, S. 127 f.; Endriss, Reformationsjahr, S. 11–18. 11 Zu ihm vgl. Walther, Besserer, S. 1–69; Ernst, Besserer, S. 88–133; Specker, Gewissen, S. 41; ders., Ulm, S. 111–115.
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det, der Magistrat unternahm jedoch keinerlei Initiative, die Reformation in der Reichsstadt einzuführen12 . Auf anhaltendes Drängen der Bürgerschaft13 stellte der Ulmer Magistrat Ende Juni 1524 Konrad Sam (1483–1533) als Münsterprediger an14 . Sam war mit Zwingli befreundet15 und hing dessen Lehre an, die er bis zu seinem Tod 1533 in Ulm verkündigte16 . Aber auch mit Martin Bucer tauschte sich Konrad Sam seit Ende 1529 brieflich aus17. Auf dem Speyrer Reichstag (1529) setzte die Reichsstadt Ulm schließlich ihre Unterschrift unter die Protestation und markierte damit die Bereitschaft zur Einführung der Reformation. In diese Zeit fällt auch der erste intensive Kontakt des Ulmer Magistrats mit Martin Bucer. Am 21. August 1529 erkundigte sich der Ulmer Rat in Straßburg, welche Maßnahmen man dort zur Neugestaltung des Kirchenwesens unternommen habe18 . Als Antwort übersandten die Straßburger Prädikanten die Schrift Der Prediger Be richt ihrer lehr halb19. Hierin legten sie in dreizehn Punkten dar, wie sie es mit Predigt, Taufe, Abendmahl, Beichte, Kirchenzucht, Psalmensingen, Bildschmuck, Schulunterricht, Feiertagen und dem Almosen hielten. Zur vielschichtigen politischen Situation in der Reichsstadt zu dieser Zeit vgl. Brecht, Ulm, S. 13. 13 Am 25. Mai 1524 richteten vier Bürger ein Gesuch an den Rat, StadtA Ulm A 3530, Ratsprotokolle Bd. 8 , fol. 2v–7r; Abschrift StadtA Ulm A [9006]; vgl. Specker/Weig, Einführung, S. 114; Brecht, Ulm und die deutsche Reformation, S. 100. 14 StadtA Ulm A 3530, Ratsprotokolle Bd. 8 , fol. 16r, Eintrag vom 17. Juni und fol. 18v, Eintrag vom 27. Juni, vgl. Specker/Weig, Einführung, S. 115 f.; Specker, Ulm, S. 108; ders., Entstehung, S. 71; Breitenbruch, Münsterprediger, S. 409 f.; Bossert, Otter, S. 28 f.; Litz, Bekenntnis, S. 89 f. Zu Konrad Sam siehe Hoffmann, Sam, S. 233–268; ders., Konrad Sam, S. 93–109; Appenzeller, Münsterprediger, Nr. 11, S. 28–30. 15 Vgl. Huldrych Zwingli an Sam vom 29. Juni 1529 (Zwingli Bw. 4, Nr. 866, S. 180 f.); Sam an Zwingli vom 22. Februar 1530 (ebd., Nr. 983, S. 464–467). Zwingli an Sam vom 26. März (ebd., Nr. 1002, S. 523–525). Vgl. Zwingli an Sam vom 18. August 1530 (Zwingli Bw. 5, Nr. 1077, S. 68–70). Zwingli an Sam vom 26. September (ebd., Nr. 1105, S. 156 f.). Zwingli an Johannes Oekolampad, Sam und andere vom 4. Juni 1531 (ebd., Nr. 1217, S. 460–462). Zwingli an Sam vom 16. August (ebd., Nr. 1260, S. 570–572). 16 Specker/Weig, Einführung, S. 115; Friess, Einfluss, S. 5 –27. 17 Sam an Bucer vom 22. Dezember 1529 (BCor 3, Nr. 263, S. 345–347). Sam an Bucer vom 4. April 1530 (BCor 4, Nr. 282, S. 71 f.). Sam an Bucer vom 3. Januar 1531 (BCor 5, Nr. 371, S. 165–167). Bucer an Ambrosius Blaurer u. a. vom 20. Februar 1531 (ebd., Nr. 393, S. 277– 289). Zwingli an Oekolampad, Sam, u. a. vom 4. Juni (BCor 6, Nr. 429, S. 8 –10). Ambrosius Blaurer, Bucer u. a. an Joachim Vadian vom 23. Juni (ebd., Nr. 430, S. 10–12). Bucer und Oekolampad an Blaurer und Sam vom 1. Juli (ebd., Nr. 431, S. 13 f.). Bucer an Ambrosius Blaurer und Sam vom 29. Juli (ebd., Nr. 4 40, S. 38 f.). Sam an Bucer vom 17. August (ebd., Nr. 4 46, S. 54 f.). Simon Grynaeus an Bucer vom 17./19. August (ebd., Nr. 477, S. 165–167). Sam an Bucer vom 25. Oktober (ebd., Nr. 495, S. 248–250). 18 Neben Straßburg fragte der Ulmer Rat auch in Konstanz, Zürich, Basel, Hessen und Kursachsen um Rat. Vgl. Sehling, Kirchenordnungen 17/2, S. 65 f. 19 Unter der Überschrift Vorbericht der Straßburger Prediger nach Ulm von August/Sep tember 1529 ediert in BDS 4, S. 365–373; Abdruck des Abschnitts zur Schule in BDS 7, S. 507– 509; das französische Regest hierzu in BCor 3, Nr. 252, S. 327 f. Vgl. Köhler, Zürcher Ehegericht 2, S. 12; Greschat, Bucer, S. 126 f.; Gäumann, Reich Christi, S. 426, Anm. 3. 12
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Obwohl sich der Ulmer Rat seit 1529 gegenüber der reformatorischen Bewegung leicht öffnete, markierte erst der Reichstag von 1530 den Beginn einer Wende in der Ulmer Religionspolitik 20 . Die Abgesandten der Reichsstadt vertraten zwar in Augsburg zunächst noch »Bernhard Besserers Zauderpolitik«, wie es Ernst Wilhelm Kohls genannt hat 21. Sie unterzeichneten weder die Con fessio Augustana22 noch die Tetrapolitana und waren uneins, ob der Reichstagsabschied angenommen oder abgelehnt werden sollte. Die Klärung der Reli gionsfrage wurde schließlich in einer Abstimmung unter den Ulmer Zunftherren im November 1530 herbeigeführt, bei der sich die überwiegende Mehrheit für die Einführung der »neuen Lehre« aussprach 23 . Diese Weichenstellung in Richtung Reformation unterstrich der Magistrat schließlich auch nach außen, indem er Anfang 1531 dem Schmalkaldischen Bund beitrat 24 . Etwa zur gleichen Zeit schrieb Konrad Sam an Martin Bucer, dass er den Ulmer Rat dränge, dem Bekenntnis zum neuen Glauben nun auch Taten folgen zu lassen und Messen sowie Bilderverehrung abzuschaffen 25 . Eine Anwort Bucers konnte nicht ermittelt werden. Einen Monat später wandte sich auch der Ulmer Rat an Straßburg: Da man plane, »die grewlich, widerchristlich gotslesterung des verdamblichen messierns abzustellen«, erbitte man Auskunft darüber, wie in Straßburg in dieser Sache vorgegangen worden sei 26 . Die Dreizehn in Straßburg übersandten daraufhin am 11. Februar einen Bericht über die Straßburger Reformationseinführung nach Ulm 27. In der oberschwäbischen Reichsstadt rief man im April 1531 einen Neuner ausschuss der »in evangelischen Sachen Verordneten des Rats« zusammen, dem neben dem Bürgermeister vier Patrizier und vier Zunftmitglieder angehörten. Das Gremium war personell aufs Engste mit dem reichsstädtischen Magistrat 20 Zur Ulmer Position auf dem Reichstag vgl. Gussmann, Quellen 1/1, S. 177–201, 320– 325; ders., Quellen 1/2, S. 289–321; Tüchle, Städte, S. 279–285. 21 Einleitung zur Ulmer Kirchenordnung, BDS 4, S. 192. 22 Für Ulm war eine eigene Abschrift des Reutlinger Exemplars der Confessio Augustana angefertigt worden. Abdruck bei Tschackert, Handschrift, S. 48–70; vgl. Specker/Weig, Einführung S. 148 f.; Sehling, Kirchenordnungen 17/2, S. 30, Anm. 38. 23 Zur Chronologie der Ereignisse und zu den Details der Abstimmung siehe Specker/ Weig, Einführung, S. 150, 154, 157, 164 f.; Specker, Ulm, S. 115–118; ders., Gewissen, S. 4 4– 46; Brecht, Ulm, S. 14; Endriss, Abstimmung, S. 3 –49; Filtzinger, Ulm, S. 145–148; Ernst, Reformationsjubiläum, S. V; Naujoks, Obrigkeitsgedanke, S. 73 f.; Reuter, Schwörbrief, S. 145–150. Die Abstimmungslisten (StadtA Ulm A [8993/I]) sind abgedruckt bei En driss/Schwaiger, Abstimmungslisten, S. 5 –27; Nebinger, Abstimmungslisten, S. 33–68, und zuletzt Specker/Weig, Einführung, S. 345–374. 24 Gäumann, Reich Christi, S. 425; Specker, Ulm, S. 118. 25 Sam an Bucer vom 3. Januar 1531 (BCor 5, Nr. 371, S. 165, Z. 14 f.). 26 Specker/Weig, Einführung, S. 183; Endriss, Reformationsjahr, S. 62, 67 f.; PC 2, Nr. 9, S. 6 f. 27 StadtA Straßburg, AST 95, Nr. 60. Laut Köhler, Zürcher Ehegericht 2, S. 42 trägt der Bericht den Titel Bedencken, wie zu Ulm eine christliche Reformation im Kirchenwesen vor zunehmen.
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verknüpft – Geistliche waren nicht beteiligt 28 . Dieser Ausschuss für Religionsfragen kam in den folgenden Tagen zu der Überzeugung, dass die Reformation in Ulm nur mit Hilfe erfahrener Theologen erfolgreich eingeführt werden könne. Er schlug vor, drei auswärtige Spezialisten nach Ulm zu holen, die sich in Fragen der Neuordnung des Kirchenwesens bereits einen Namen gemacht hatten. Die Wahl fiel auf Martin Bucer – zu Straßburg bestand ja seit einiger Zeit intensiver Kontakt –, auf Johannes Oekolampad29 in Basel und auf Ambrosius Blarer in Konstanz30 . Dieses »auswärtige Fachpersonal« sollte den Ulmer Prediger Konrad Sam bei der Einführung der Reformation unterstützen.
2. Bucers Aufenthalt in Ulm und die Ordnung des reichsstädtischen Kirchenwesens Die Berufung ausgerechnet dieser drei Theologen stand vor dem Hintergrund, dass man in Ulm einen Mittelweg zwischen Luthers und Zwinglis Lehre beschreiten wollte: Die Mehrheit der Bevölkerung war durch die Predigten Konrad Sams von Zwinglis Theologie geprägt. Ein öffentliches Bekenntnis zu Zwingli fürchtete der Ulmer Magistrat jedoch, da sich die Mehrheit der evangelischen Stände zu Luthers Lehre bekannte31. Mit der Berufung von Bucer, Blarer und Oekolampad, die allesamt Vertreter der oberdeutschen Richtung der Reformation waren, konnte man der Entscheidung »Luther oder Zwingli« aus dem Weg gehen. Auf die Anfrage, die Mitte April aus Ulm kam, entsandten Straßburg, Basel und Konstanz die genannten Theologen nach Oberschwaben. Die drei trafen am 21. Mai zu einem mehrere Wochen dauernden Aufenthalt 32 in der Reichs28 StadtA Ulm A 3530, Ratsprotokolle Bd. 11, fol. 63v–64r, Abdruck bei Endriss, Reformationsjahr, S. 11–14. Vgl. Specker/Weig, Einführung, S. 171; Specker, Ulm, S. 119, S. 122, Anm. 87; Naujoks, Obrigkeitsgedanke, S. 81–86; Filtzinger, Ulm, S. 150 f.; Litz, Bilderfrage, S. 109, Anm. 51. 29 Konrad Sam stand mit ihm in intensivem Austausch. Vgl. seine Briefe an Sam vom 10. Februar 1527 (Oekolampad Bw. 2, Nr. 463, S. 17 f.), 11. März 1528 (ebd., Nr. 552, S. 143), 21. Dezember (ebd., Nr. 624, S. 271 f.), 18. August 1530 (ebd., Nr. 764, S. 472) und 29. März 1531 (ebd., Nr. 836, S. 577 f.) 30 Endriss, Reformationsjahr, S. 14–18. Das Schreiben des Ulmer Rats an die drei Prädikanten vom 19. April 1531 wurde zuletzt ediert in BCor 5, Nr. 418, S. 357 f. Bucers Antwort vom 25. April ebd., Nr. 422, S. 365–367. Vgl. auch das Schreiben des Ulmer Rates an die Straßburger Dreizehn vom 18. April 1531 (PC 2, Nr. 38, S. 37 f.) und deren Antwort vom 24. April (ebd., Nr. 40, S. 38). Der Briefwechsel zwischen dem Ulmer und dem Basler Rat sowie mit Oekolampad in dieser Sache ist abgedruckt bei Oekolampad Bw. 2, Nr. 843, S. 585 f; Nr. 847– 850, S. 589–592; Nr. 870, S. 607 f.; Nr. 881, S. 614 f. Auch Johannes Brenz schien in Ulm als Reformator im Gespräch gewesen zu sein, vgl. BCor 5, S. 358, Anm. 6; Hoffmann, Konrad Sam, S. 103; Roth, Reformationsgeschichte 2, S. 450. 31 Vgl. Greschat, Bucer, S. 128. 32 Bucer und Oekolampad blieben bis 31. Juni 1531. Blarer war bis 20. Juli in Ulm und hielt
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stadt zusammen. Sie waren untereinander sowie mit Konrad Sam befreundet33 ; gemeinsam machten sie bald nach ihrer Ankunft erste Vorschläge zur Neugestaltung des Ulmer Kirchenwesens. Ihre Vorstellungen vom Charakter der Reformation in Ulm fassten sie in einer grundlegenden Denkschrift zusammen, die den Titel Christlich Leern, Ceremonien und Leben sampt meiner herrn, der verordneten, Ratschläg dabey trägt 34 . Die Schrift wurde den Ulmer Religionsverordneten am 2. Juni 1531 vorgelegt, von diesen in einigen Punkten korrigiert und schließlich vom Rat gebilligt. Der theologische Kern der Denkschrift waren die 18 Artikel 35 . Die ersten sechs Artikel umschreiben die Lehre, die auf das Thema der Rechtfertigung des Sünders allein durch die Liebe Gottes zum Menschen konzentriert ist. Die folgenden acht Artikel behandeln die Irrtümer der altgläubigen Theologie und gottesdienstlichen Praxis wie lateinische Messen, Bilderverehrung, Fasten, Klosterleben, Wallfahrten u. a. In den letzten vier Artikeln wird schließlich das Recht der Obrigkeit zur Durchsetzung einer christlichen Gesellschaftsordnung betont. Die 18 Artikel gehen inhaltlich und formal auf die Confessio Tetrapolitana36 (1530) zurück, die von Martin Bucer und Wolfgang Capito verfasst worden war, und weisen daher – obwohl auch Blarer und Oekolampad an der Ausarbeitung beteiligt waren – Bucer als maßgeblichen Initiator und eigentlichen Verfasser der 18 Artikel aus. Die drei auswärtigen Theologen waren gemeinsam bis Ende Juni 1531 – also gut fünf Wochen – in Ulm. Durch ihren »Anschub« hatte der Ulmer Rat bis Mitte des Jahres zahlreiche Maßnahmen zur Umgestaltung des Kirchenwesens ergriffen. Wichtige Schritte waren die Abschaffung der Messe am 16. Juni 1531
sich anschließend bis 15. September in Geislingen auf. Vgl. BCor 6, Nr. 428, S. 5 –7; BDS 4, S. 194, Anm. 50; Specker/Weig, Einführung, S. 176; Endriss, Reformationsjahr, S. 108–114; Greschat, Bucer, S. 130. 33 Greschat, Bucer, S. 128; Kohls, Blarer und Bucer, S. 172–192. 34 Die Denkschrift ist in zwei Exemplaren überliefert, die unabhängig voneinander ediert wurden: Original von der Hand Konrad Huberts in StadtA Ulm A [8983/I], fol. 192r–214r und fol. 223–230r (vgl. Specker/Weig, Einführung, S. 177–179), Abdruck in BDS 4, S. 374– 398. Gleichzeitige Abschrift im Stadtarchiv Straßburg, AST Nr. 168, V.e. III, fol. 349–371, Abdruck bei Kohls, Abschnitt, S. 177–213. Beide Handschriften unterscheiden sich lediglich in einigen Sätzen im Abschnitt Vom christlichen Bann voneinander, vgl. ebd., S. 182. Dass beide Fassungen in BDS 4 nicht kollationiert worden sind, hat bereits Martin Brecht (ders., Rezension BDS 4) kritisiert, vgl. auch Brecht, Kirchenordnung, S. 154 f.; Dobras, Ratsregiment, S. 334 f., Anm. 1064 und Gäumann, Reich Christi, S. 430, Anm. 15. Zur Ulmer Denkschrift vgl. ausführlich Endriss, Reformationsjahr, S. 4 4–61, 80, 88–100; Kohls, Abschnitt, S. 181–186; ders., Hubert, S. 81–88; Hubert, Reformationsakten, S. 207–211; Köhler, Zürcher Ehegericht 2, S. 42 f.; Specker/Weig, Einführung, S. 179. 35 Abdruck in Endriss, Reformationsjahr, S. 115–118. Vgl. BDS 4, S. 195; Anrich, Bedacht, S. 61, Anm. 3 ; Bellardi, Geschichte, S. 16. 36 BDS 3, S. 35–185. Vgl. Köhler, Zürcher Ehegericht 2, S. 42, Anm. 202 unter Verweis auf Endriss, Reformationsjahr, S. 94.
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sowie die erste evangelische Abendmahlsfeier im Münster einen Monat später37. In dieser Zeit plante man auch eine umfangreiche Kirchenordnung, in der die bisherigen Einzelmaßnahmen gebündelt werden sollten und mit der die Reformation auf der Grundlage solider Regelungen fortgeführt werden konnte. Der Magistrat fürchtete jedoch die Kritik der Reichsstände38 und ließ zunächst eine Erklärung ausarbeiten, die den Titel trägt Gemain außschreiben unnd entschul digung ayns Erbarn Raths der Statt Ulm, was ine in gütlichen sachen zu Chris tenlichem seinem fürnemen verursacht hab39. Den handschriftlichen Entwurf40 des Ausschreibens sandte man Martin Bucer nach Straßburg. Er überarbeitete den Text komplett, strich ganze Passagen und ersetzte sie durch neue Formulierungen41. Mit dem Gemeinen Ausschreiben wollte der Ulmer Rat die reformatorischen Neuerungen gegenüber Kritikern rechfertigen. Das Ausschreiben wurde zusammen mit einem ebenfalls gedruckten Begleitbrief an insgesamt 107 Adressaten42 verschickt, darunter sämtliche Kurfürsten und Fürsten, alle freien und StadtA Ulm A 3530, Ratsprotokolle Bd. 11, fol. 95r und StadtA Ulm A [8985], fol. 72. Blarer, Bucer und Oekolampad berichteten Joachim Vadian am 23. Juni 1531 von den reformatorischen Veränderungen in Ulm. Dabei erwähnten sie, dass Bucer am gemeinen Aus schreiben und an der Kirchenordnung arbeite: »Scribitur nunc apologia cum constitutionibus quibus absolutis et a senatu approbatis domum nos dimittendos rogabimus.« BCor 6, Nr. 430, S. 12, Z. 3 –5; Blaurer Bw. 1, Nr. 191, S. 250. 38 Diese Sorge geht auch aus einem Brief an den Straßburger Rat vom 16. August 1531 (PC 2, Nr. 65, S. 58) hervor, in dem die Ulmer Ratsherren zum Ausdruck brachten, dass sie auf dem bevorstehenden Speyrer Reichstag wegen ihrer Einführung der Reformation starke Anfeindungen erwarteten. Sie baten den Straßburger Rat um einen Hinweis, wie sie sich gegen mögliche Kritiker verteidigen könnten. Das Gutachten der Straßburger Prediger stammt vom 2. September 1531, ebd., Nr. 70, S. 60. 39 Abdruck in BDS 4, S. 273–304. Vgl. Oekolampad Bw. 2, Nr. 868, S. 606. Drei Exemplare des Ausschreibens werden in der Stadtbibliothek Ulm aufbewahrt (Signaturen: 27487; 27487,1 und 27487,2). 40 StadtA Ulm A [8983/I], fol. 270r–292r. 41 Vgl. Greschat, Bucer, S. 130; Köhler, Zürcher Ehegericht 2, S. 56; Gäumann, Reich Christi, S. 430; Brecht, Kirchenordnung, S. 536. Die 34-seitige Handschrift weicht in einigen Punkten vom Druck ab. So fehlen ihr die ersten Seiten des Textes, der erst auf fol. A5r des Druckes einsetzt, sowie die 18 Artikel; vgl. BDS 4, S. 279; Endriss, Reformationsjahr, S. 72, S. 123, Anm. 52. Auch der Bericht über die theologische Disputation der Prädikanten mit dem Geislinger Pfarrer Dr. Georg Oßwald vom Juni 1531 ist in der Handschrift wesentlich kürzer abgefasst als im Druck, vgl. Specker/Weig, Einführung, S. 182; BDS 4, S. 194. Vgl. zu dieser Auseinandersetzung den Beitrag von Wolfgang Schöllkopf in diesem Band, unten S. 170–186. In das Manuskript sind Zählungen der Druckbogen eingetragen: Da der Anfang des Textes darin fehlt, beginnen die Markierungen auf fol. 271r mit B1. Jeweils zwölf Seiten darauf folgen (fol. 277r) C1 und (fol. 283r) D1. Obwohl die Zählung den Schluss nahelegt, dass die Handschrift als Druckvorlage gedacht war, stimmen die Bogenzählungen nicht mit dem endgültigen Drucktext überein. 42 Abdruck des Begleitbriefs vom 1. August 1531 in BDS 4, S. 305. Vgl. Specker/Weig, Einführung, S. 194. Die Empfängerliste ist überliefert in StadtA Ulm A [8985], fol. 88. Vgl. Specker/Weig, Einführung, S. 177. Zu dem nach Konstanz gesandten Exemplar vgl. Thomas 37
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Reichsstädte sowie die wichtigsten eidgenössischen Städte. Im Begleitschreiben führte der Rat aus, dass Ulm wegen der Einführung der Reformation steten Verunglimpfungen ausgesetzt sei und dass die Empfänger sich nun mithilfe des Gemeinen Ausschreibens unvoreingenommen über die Veränderungen informieren könnten43 . Das Ausschreiben stellt die Apologie zur Ulmer Reformation im Allgemeinen und zur Kirchenordnung im Besonderen dar. Die 18 Artikel, in denen Bucer, Blarer und Oekolampad wenige Monate zuvor die zentralen Inhalte der Ulmer Reformation festgehalten hatten, sind dem Text inseriert. Aufgrund der zahlreichen tiefen Eingriffe, die Bucer am Entwurf des Ausschreibens vornahm und die größtenteils in den Druck übernommen wurden, gilt er auch für diese Schrift als Verfasser. In Aufbau und Argumentation legte Bucer das Ausschreiben ähnlich an wie seine Straßburger Erklärung Grund und Ursach von 1524, mit der er die reformatorischen Maßnahmen in Straßburg begründet hatte44 . Solche Erklärungsschreiben zur Einführung der Reformation sind neben Ulm (1531) auch aus den Reichsstädten Straßburg (1524) und Augsburg (1537) 45 bekannt. Nachdem die Reichsstände also mit dem Gemeinen Ausschreiben über die kirchlichen Veränderungen in Ulm detailliert informiert worden waren, veröffentlichte der Ulmer Magistrat die Kirchenordnung. Dieses Regelwerk umfasst Artikel zu Lehre, Liturgien, Kirchen- und Sittenzucht, auf die unten näher eingegangen wird. Die Ulmer Kirchenordnung wurde Anfang August 1531 erlassen; sie markiert hinsichtlich der Ulmer Reformationsordnungen dieses Jahres einen Schlusspunkt. Als Zwischenbilanz für die Ulmer Reformation und das Wirken der auswärtigen Theologen in der Reichsstadt im Jahre 1531 kann festgehalten werden, dass Bucer unter den drei Reformatoren den größten Einfluss auf die religiöse Umorientierung der Reichsstadt nahm. Er hatte die 18 Artikel, die Denkschrift, das Gemeine Ausschreiben und schließlich die Kirchenordnung maßgeblich verfasst. Während Oekolampad an der Entstehung der 18 Artikel beteiligt war und seine Basler Kirchenordnung von 1529 bei der Erarbeitung der Ulmer Kiran Ambrosius Blarer vom 25. August 1531 (Blaurer Bw. 1, Nr. 202, S. 256 f.). Zwingli und die Zürcher Geistlichen antworten dem Ulmer Rat am 28. August (Zwingli Bw. 5, Nr. 1266, S. 585–592). 43 Zum Inhalt des Ausschreibens vgl. ausführlich Endriss, Reformationsjahr, S. 72–76. 44 Abdruck in BDS 1, S. 185–278. Vgl. ebd., S. 188 f., 191–193; Gäumann, Reich Christi, S. 431. Auch der Augsburger Rat veröffentlichte zur Einführung der Reformation ein entsprechendes Erklärungsschreiben an Kaiser und Reichsstände: Außschreiben [. . . ] von Abthuung der Päpstischen Mess vnnd anderer ergerlichen Ceremonien vnd Mißbreüch belanngend (1537 bei Silvanus Ottmar in Augsburg, VD 16 A 4097). 45 Am 17. Januar 1537 veröffentlichte der Augsburger Rat ein Ausschreiben an Kaiser und Reichstände, Roth, Reformationsgeschichte 2, S. 341, Anm. 16; Seebass, Kirchenordnung, S. 35.
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chenordnung einbrachte, wirkte Ambrosius Blarer vor allem bei dem von Konrad Sam angefertigten so genannten Handbüchlein 46 , der Ulmer Agende, mit. Im August 1531 hatten die auswärtigen Theologen die Reichsstadt verlassen, nachdem sie die wesentlichen Schritte zur Einführung der Reformation eingeleitet und mit der Kirchenordnung sowie der Agende auf eine solide Verfassungsgrundlage gestellt hatten. Bucer stand jedoch auch in den folgenden Jahren in Kontakt zu Ulm und griff noch einmal in die Neuordnung des Ulmer Kirchenwesens ein. Im Zuge der Reformation wurde auch das Eherecht neu geregelt, da das kanonische Recht und die römische Amtskirche nicht mehr als Autoritäten anerkannt wurden. An deren Stelle besetzten die weltlichen Obrigkeiten diesen Rechtsbereich47. Bucer hatte sich bereits bei seinem Besuch in Ulm Gedanken über die Neuregelung der Ehegesetze gemacht: In den 18 Artikeln war proklamiert worden, das päpstliche Eherecht künftig nicht mehr zu akzeptieren48 . Auch in die Kirchenordnung und die Agende (Handbüchlein) waren Maßgaben zur Eheschließung aufgenommen worden. Der Ulmer Rat plante jedoch eine Neufassung eherechtlicher Bestimmungen und forderte von Martin Bucer zwei Gutachten49 zum Thema an, die dieser dem Rat noch während seines Aufenthalts in der Reichsstadt vorlegte50 . Im Januar 1532 schickte Bucer eine dritte51 und Anfang Dezember 1533 eine vierte Stellungnahme52 nach Ulm. Bucers Gutachten flossen schließlich in die Ulmer Ehegerichtsordnung ein, die 1534 erlassen wurde. Diese regelte sämtliche Schritte bei Eheprozessen53 . Die Eherichter hatten ihre Entscheidungen nach den Maßgaben der Ulmer Kirchenordnung zu treffen, außergewöhnliche Fälle sollten nach der Straßburger Ordnung – d. h. nach Bucers umfangreichem Gutachten Von der Ehe und Ehescheidung aus dem Jahr 1533 – 46 Abdruck in Sehling, Kirchenordnungen 17/2, S. 163–183, vgl. die Einleitung ebd., S. 71 f.; Greschat, Bucer, S. 130. Nach Köhler, Zürcher Ehegericht 2, S. 4 4 und S. 47, Anm. 219 verfassten die drei auswärtigen Geistlichen während ihres Aufenthalts in Ulm auch einen Ratschlag Vom christlichen Bann. Der Ulmer Rat antwortete darauf in einem Urteil meiner Herren über die von den Prädikanten gestellten Artikel christlicher Zucht und Bann betr. 47 Vgl. Hesse, Ehescheidungsrecht, S. 29–40. 48 Im 18. Artikel, Sehling, Kirchenordnungen 17/2, S. 131 f. Vgl. die Einleitung Stephen Buckwalters zu Bucers Ehegutachten Der heilige Ehestand ist die Pflanzung (BDS 10, S. 70). 49 Erstes Gutachten: StadtA Ulm A [8983/I], fol. 246r–259v und gleichzeitige Abschrift Stadtarchiv Straßburg, AST 167 (Varia ecclesiastica II), fol. 106r–119r, ediert in BDS 10, Nr. 6, S. 77–94. Zu Vorgeschichte und Überlieferung ebd., S. 69–76. Zweites Gutachten: StadtA Ulm A [8983/I], fol. 242r–245r und gleichzeitige Abschrift Stadtarchiv Straßburg, AST 167 (Varia ecclesiastica II), fol. 100r–102v, ediert in BDS 10, Nr. 7, S. 98–102. Zu Vorgeschichte und Überlieferung ebd., S. 95–97. 50 Spätestens am 22. Juni, vgl. BDS 10, S. 70 f.; Köhler, Zürcher Ehegericht 2, S. 52. 51 BDS 10, S. 120–128. 52 Von der Ehe und Ehescheidung aus göttlichen und kaiserlichen Rechten (BDS 10, S. 174– 404). 53 Zum Inhalt vgl. ausführlich Köhler, Zürcher Ehegericht 2, S. 66–71.
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entschieden werden 54 . Obwohl Martin Bucer mehrere Gutachten in Eherechtsfragen für den Ulmer Rat verfasste, war die Ehegerichtsordnung von 1534 schließlich nicht sein Werk, sondern das eines Juristen, wie die nüchtern-juristische Darstellung des Prozessablaufs nahelegt55 . Mit den für die Reichsstadt verfassten Stellungnahmen zum Eherecht aus den Jahren 1531 bis 1533 endete Bucers konkrete Unterstützung der Ulmer Reformation.
3. Das zentrale Werk der Ulmer Reformation: Die Kirchenordnung vom 6. August 1531 Die Ulmer Kirchenordnung wurde mit Datum des 6. August 1531 in Ulm gedruckt56 ; das unspektakuläre Titelblatt wird neben dem Wappen der Reichsstadt lediglich von dem Titel57 geziert. Auf 66 Seiten führt die Ordnung Anweisungen zu den drei Themenkomplexen Lehre und kirchliche Ämterstruktur, gottesdienstliche Liturgien sowie schließlich Kirchen- und Sittenzucht aus. Der Abschnitt zur Lehre, der wiederum die 18 Artikel beinhaltet, regelt die Anstellung von Predigern und Pfarrern ebenso wie die Einberufung von Synoden und die Durchführung von Visitationen. Der zweite Teil beschäftigt sich mit den Liturgien und Gebräuchen. Hierzu gehören die Festsetzung der gültigen Feiertage sowie Anweisungen zu Gesang und Gebet in den Gottesdiensten, zur Bilderfrage, zu Taufe und Abendmahl, Eheschließung, Krankenbesuch und Begräbnissen. Der dritte Abschnitt trifft Regelungen für den Bereich der Kirchenund Sittenzucht. Hier wird beschrieben, wie die Laster bekanntgemacht werden sollen, welche Strafen für bestimmte Vergehen angewendet werden und unter welchen Umständen der Bann verhängt wird58 . Die Ulmer Kirchenordnung weist damit die ganze Bandbreite reformatorischer Inhalte auf, die auch in anderen Regelwerken dieser Zeit erscheinen und die sie gewissermaßen zur »Vollordnung« machen – im Gegensatz zu einzelnen Gottesdienst-, Visitations-, Zucht- oder Eheordnungen. Die Ulmer Ordnung 54 Sehling, Kirchenordnungen 17/2, S. 187; vgl. Köhler, Ehegericht 2, S. 69; BDS 10, S. 168. Der Verweis auf das Straßburger Eherecht findet sich auch in der Neuauflage der Ehegerichtsordnung von 1565. Bucers Vorstellungen wirkten in Ulm also bis in die zweite Hälfte des 16. Jahrhunderts hinein. 55 Köhler, Zürcher Ehegericht 2, S. 66. Stephen Buckwalter in BDS 10, S. 168, Anm. 23 schließt die Verfasserschaft Bucers angesichts der wenigen theologischen Inhalte aus. 56 BDS 4, S. 210 f. 57 Ordnung, die ain Ersamer Rath der Statt Ulm in abstellung hergeprachter etlicher miß preuch in irer Stat und gepieten zuhalten fürgenommen, wie alle sündtliche, widerchristliche laster (Gott dem allmechtigen zu lob, auch zu braiterung der liebe des nechsten) abgewendt, vermitten Und wie die ubertretter derselben gestrafft und gepüßt werden söllen. 58 Zu Aufbau und Inhalt der Kirchenordnung vgl. ausführlich Endriss, Reformationsjahr, S. 76–100; Anrich, Kirchenordnung, S. 97; Brecht, Ulm, S. 21 f., 25 f.; Pabst, Visitationen, S. 5 –12.
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steht als umfassendes Regelwerk aus der Zeit um 1530 in einer Reihe mit der Braunschweigischen Kirchenordnung von 152859, der Kirchenordnung für die Grafschaft Ostfriesland von 152960 sowie derjenigen für die Stadt Göttingen von 153161. In Süddeutschland war sie eine der frühesten ihrer Art, hier wird sie lediglich von der Basler Kirchenordnung von 152962 und der Reutlinger Kirchenordnung von 1531 flankiert63 . Die umfangreiche und schulebildende brandenburg-nürnbergische Kirchenordnung entstand 153364 , die erste Straßburger 153465 und die früheste Kirchenordnung im Herzogtum Württemberg wurde erst 1536 66 veröffentlicht. Für die Erarbeitung der Ulmer Kirchenordnung stützten sich Bucer, Blarer und Oekolampad auf verschiedene Ordnungen und Schriften, die sie selbst für andere Städte entworfen hatten. Großen Einfluss hatte die von Oekolampad verfasste Basler Kirchenordnung von 1529, von der man das Grundgerüst für Umfang und Inhalt übernahm67. Daneben flossen die maßgeblich von Blarer konzipierten Memminger Artikel68 vom 26. Februar 1531 in die Ulmer Kirchenordnung ein. Auch die ebenfalls von ihm entworfene Konstanzer Zuchtordnung von 153169, die stark an die Memminger Artikel angelehnt ist, wirkte auf die Ulmer Kirchenordnung ein. Hieraus wurden Passagen zur Kirchen- und Sittenzucht70 übernommen. Diese drei Regelwerke stehen hinsichtlich der Artikel zur Sitten- und Kirchenzucht in enger Beziehung zueinander 71. Neben den genannten Vorlagen griff man auf Ulmer Rechtstexte aus vorreformatorischer Zeit zurück. So ist der Abschnitt zum Schwören und Fluchen sowie zur Gotteslästerung an seit langem gültige lokale Regelungen angelehnt. Ein Beispiel: Das
Sehling, Kirchenordnungen 6/1, S. 348–455. Ebd., 7/1, S. 360–372. 61 Ebd., 6/2, S. 9 06–918. 62 Roth, Aktensammlung, Nr. 473 S. 383–410. 63 Sehling, Kirchenordnungen 17/2, S. 38–46. Vgl. die Einleitung ebd., S. 30–33. 64 Sehling, Kirchenordnungen 11, S. 140–205. 65 BDS 5, S. 17–41; demnächst auch in Sehling, Kirchenordnungen 20 (2011). 66 Sehling, Kirchenordnungen 16, S. 103–128. 67 Im Abschnitt zur Kirchen- und Sittenzucht übernahm man auch die Regelungen zum Bann (in der Basler Ordnung innerhalb des Abschnitts zum Abendmahl), Roth, Aktensammlung, Nr. 473, S. 394 f. Vgl. Gäumann, Reich Christi, S. 426 unter Verweis auf Oekolampad Bw. 2, S. 543–546. Zum Artikel Von Christlichem außschliessen innerhalb der Ulmer Kirchenordnung siehe Gäumann, Reich Christi, S. 427–429. Vgl. die ausführliche Gegen überstellung von Ulmer und Basler Kirchenordnung bei Endriss, Reformationsjahr, S. 88– 92. Vgl. ferner BDS 4, S. 197; Brecht, Kirchenordnung, S. 154–163. 68 Abdruck bei Jäger, Artikel, S. 436–488. Vgl. Anrich, Kirchenordnung, S. 98; BDS 4, S. 197; Dobras, Ratsregiment, S. 324–331; Köhler, Zürcher Ehegericht 2, S. 14–41. 69 Sehling, Kirchenordnungen 17/1, S. 384–409. 70 Die Kapitel von Von Christlichem außschliessen« bis »Wer und wie man die laster ange ben soll. 71 Vgl. Endriss, Reformationsjahr, S. 92–94. 59
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1456 erlassene Mandat Von wucher und ungötlichen keuffen wurde gleichlautend in die Kirchenordnung inseriert72 . Der besondere Einfluss Straßburgs auf die Ulmer Kirchenordnung zeigt sich in den 18 Artikeln sowie den Abschnitten zu Gesängen, Abendmahl und Bildern, die der von Bucer und Capito verfassten Confessio Tetrapolitana73 entlehnt sind. Auch Bucers Schrift Grund und Ursach von 152474 , die dieser ja bereits für das Gemeine Ausschreiben herangezogen hatte, prägte in der Ulmer Kirchenordnung die Passagen zu Abendmahl, Taufe, Feiertagen, Bildern, Gesängen und Gebeten. Schließlich flossen auch die Inhalte der maßgeblich von Bucer konzipierten Denkschrift75 in die Ulmer Kirchenordnung ein. Über die Fertigstellung der Ulmer Kirchenordnung gibt der Briefwechsel der drei Theologen Auskunft. In einem Schreiben vom 1. Juli 1531, das Bucer und Oekolampad aus Memmingen an Ambrosisus Blarer und Konrad Sam in Ulm schickten, unterbreiteten sie Verbesserungsvorschläge für den Umgang mit den Bildwerken in den Kirchen76 . Am 6. Juli 1531 bat Johannes Oekolampad Am brosius Blarer, er solle für den Druck der Ulmer Kirchenordnung sorgen77, und tags darauf schrieb der Basler an Bucer und Blarer und gab Hinweise zur Druckgestaltung des Ausschreibens und der Kirchenordnung78 . Neben der gedruckten Kirchenordnung ist auch die handschriftliche Druckvorlage79 überliefert, in welche der Setzer Markierungen eingetragen hat. Ebenso wie beim Gemeinen Ausschreiben 80 wurden die geplanten Druckbögen von A1 bis E1 an den unteren Seitenrändern markiert. Die tatsächlichen Seitenumbrüche sowie Absatzmarkierungen zeichnete man schließlich direkt in den Text der Vorlage ein81. Die Handschrift weicht inhaltlich lediglich in einigen Punkten vom Druck ab: Sie hat noch keinen Titel, führt die 18 Artikel nicht aus, sondern markiert sie nur, und ihr fehlt der Schluss mit einigen Kapiteln zur Kirchen- und Sittenzucht82 . Die Druckvorlage wurde vermutlich vom Ulmer Stadtschreiber Kon Brecht, Kirchenordnung, S. 160, 162. Vgl. auch das gedruckte Mandat gegen Gotteslästerung, Zutrinken und Ehebruch vom 26. Februar 1526 (StadtA Ulm A 3688, Nr. 5). Zur mitunter bis ins Mittelalter zurückreichenden Tradition der in den Kirchenordnungen getroffenen Bestimmungen vgl. Arend, Kirchenordnung. 73 BDS 3, S. 35–185. Vgl. Endriss, Reformationsjahr, S. 94–96. 74 Vgl. oben S. 70, Anm. 4 4. 75 Vgl. oben S. 68 f. 76 BCor 6, Nr. 431, S. 14, Z. 7–10. Vgl. hierzu Litz, Bilderfrage, S. 45 f., S. 111, Anm. 65. 77 Blaurer Bw. 1, Nr. 194, S. 252 f. Vgl. BCor 6, Nr. 4 45, S. 48–51. 78 BCor 6, Nr. 434, S. 20–22; Blaurer Bw. 1, Nr. 195, S. 253 f. 79 StadtA Ulm A [8983/I], fol. 294–330. 80 Siehe oben S. 69, Anm. 39. 81 Die Überlieferung der handschriftlichen Vorlage eines Druckes ist relativ selten. Das Ulmer Beispiel der Kirchenordnung ist druckgeschichtlich bislang nicht näher untersucht worden. 82 In der Handschrift fehlen die Kapitel von Von straff der Laster bis zum Schluss, vgl. Sehling, Kirchenordnungen 17/2, S. 151, Anm. z. 72
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rad Aitinger83 angefertigt und anschließend dem Bürgermeister Bernhard Besserer und einem Ratsausschuss84 zur kritischen Durchsicht vorgelegt. An der darauffolgenden Überarbeitung war auch Martin Bucer beteiligt. Die handschriftliche Druckvorlage weist mehr als 300 Sachkorrekturen auf85 , von denen einige wohl von Bernhard Besserer und dem Ratsausschuss angebracht wurden. Die überwiegende Mehrzahl stammt jedoch von der Hand Bucers. Zahlreiche Anmerkungen schärfen den Text sprachlich, indem ein »auch, doch« oder »dann« ergänzt wird86 , andere Korrekturen greifen hingegen stärker in die inhaltlichen Aussagen ein. Besonders auffällig sind die Veränderungen im Abschnitt zur Kirchenzucht. Die Überschrift dieses Kapitels lautete ursprünglich Von christlichem bann. Sie wurde zunächst in Von christlicher zucht korrigiert, am Ende formulierte man Von christlichem außschliessen. Im gesamten Text dieses Kapitels wurde der Begriff bann durchgehend in außschließen geändert. Diese Korrekturen stammen jedoch nicht von Bucer, sondern von einem Schreiber, der im Auftrag des Ulmer Rats agierte 87. Dieser wollte damit betonen, dass es nicht den Geistlichen, sondern allein der weltlichen Obrigkeit zustehe, über den Ausschluss von Gemeindemitgliedern zu entscheiden88 . Die Ergänzungen, die Bucer am Text der Kirchenordnung vornahm, haben oft den Charakter, den Inhalt zu konkretisieren, wie es etwa im Abschnitt Von der Lehre der Fall ist. Hier wird die Bedeutung des Heiligen Geistes hervorgehoben, »durch wölchen alle erwölten in aine religion versamelt und als der leib Christi zusammen gfügt werden«. Bucer schärfte ein, dass alle Erwählten nicht nur in eine, sondern in eine »und die ware« Religion versammelt seien89. An anderer Stelle heißt es, dass alle Dinge denen, die Gott lieben, zur Seligkeit dienen müssten, da Christus alles untertan sei, wie es bei den vier Evangelisten sowie in den Paulusbriefen heißt. Bucer setzte hier noch die Episteln »Petri und Johannis«, sowie die Apostelgeschichte hinzu90 . Auch längere Passagen fügte Bucer ein. Im Abschnitt Von den dienern des worts, wie manß mit inen und auch sy sich halten sollen, sah die Ordnung vor, dass die Geistlichen eines Orts alle 14 Tage zusammenkommen sollten, um einander zu berichten, »was yeder maynet zu bössern oder in den predigen bson Brecht, Kirchenordnung, S. 155. Zu Konrad Aitinger vgl. Burger, Stadtschreiber, S. 114, 179, 339; Weyermann, Nachrichten 1, S. 22–24. 84 Diesem gehörten Weiprecht Ehinger, Erasmus Rauchschnabel und Melchior Kuenlin an. Vgl. Endriss, Reformationsjahr, S. 79. 85 Brecht, Kirchenordnung, S. 155, Anm. 5 ; Endriss, Reformationsjahr, S. 77–80. 86 Sehling, Kirchenordnungen 17/2, z. B. S. 126, Anm. t , S. 127, Anm. g, S. 132, Anm. b. 87 Vgl. Sehling, Kirchenordnungen 17/2, S. 128, 149–151. Auf weitere Veränderungen zwischen Druckvorlage und Druck geht Brecht, Kirchenordnung, S. 155 f. ein. Vgl. auch Köhler, Zürcher Ehegericht 2, S. 59. 88 Endriss, Reformationsjahr, S. 77 f. 89 Sehling, Kirchenordnungen 17/2, S. 126, Anm. s. 90 Ebd., S. 133, Anm. y. 83
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ders zutreiben oder sust irem ampt nach fürzunemen sei [. . .].« Bucer ergänzte, dass die Prediger »auch sich selb mit allem ernst zu eyffer im dienst der kirchen unnd zu hayligem, recht besserlichem leben, damit ir ampt nyerget ynn verlästert unnd menglich durch sy gebessert werd, trewlich vermanen, Dann an irem wandel und guten exempeln nit das geringst tayl christlicher pollicey ston will. Von solcher zusammen komung und samlung soll kainer, es hindere in dann notwendig geschäfft, außbleyben [. . .].«91 Hinsichtlich der Synoden, die der Ulmer Rat zweimal im Jahr einzuberufen gedachte, verdeutlichte Bucer den Sachverhalt mit folgender Ergänzung: »Und so das der bösserung mag dienstlich erkant werden, sollen auch von yedem flecken zwen beschriben, die von irem pfarrer, wie er sich haltet, zeugen mögen; wo nicht, sollen die flecken allweg ir schrifftlich zeugnus uff die Synoden schicken [. . .].«92 Neben inhaltlichen Erweiterungen und Schärfungen finden sich in der handschriftlichen Druckvorlage der Ulmer Kirchenordnung auch zahlreiche orthographische Verbesserungen, die bestimmten Prinzipien folgen und im gesamten Text bei den gleichen oder typähnlichen Wörtern angestrichen wurden93 . Diese Korrekturen stammen von der Hand Martin Bucers, der auch in anderen Schriften um bestimmte orthographische Formen bemüht war94 . Folgende Korrekturen finden sich in der handschriftlichen Druckvorlage der Ulmer Kirchenordnung von 1531: – Hinzufügung von Buchstaben (lere korrigiert in lehre / beharlicher in beharrlicher / herlich in herrlich / meniglich in menigklich) – f/v (fleyssig korrigiert in vleyssig / fierzehen in vierzehen / folck in volck / befolhen in bevolhen) – le/el (gehandlet korrigiert in gehandelt / handlen in handeln / versamleten in versamelten / zweyflen in zweyfeln) – ei/ai (gemein korrigiert in gemain / nachteil in nachtail / warheit in warhait / gereiche in geraiche / anleitung in anlaitung / stein in stain) Ebd., S. 136, Anm. i. Ebd., S. 137, Anm. q. 93 Eine Untersuchung der Korrekturen aus germanistischer Sicht, wie sie bereits Brecht, Kirchenordnung S. 155, Anm. 5 angeregt hat, steht noch aus. 94 So im Gutachten der Straßburger Theologen zur Rekusation des Trienter Konzils vom 30. Mai 1545, Stadtarchiv Straßburg AA 526, fol. 63r–71r und im Gutachten Bucers zum zweiten Regensburger Religionsgespräch vom 10./11. Juli 1545, Stadtarchiv Straßburg AA 540, fol. 140r-146r, freundlicher Hinweis von Susanne Haaf. Beide Texte werden ediert in BDS 15: Schriften zur Reichsreligionspolitik 1545/46, bearb. von Susanne Haaf unter Mitarbeit von Albert de Lange, Gütersloh (voraussichtlich 2010). 91
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– e/a (gotseligkeit in gotsaligkeit) – e/ä (geschefft korrigiert in geschäfft / stetten in stätten / hinlessigkeit in hinlässigkeit / erkleren in erklären) – ff/f (eyffer in eyfer) – Streichung von e (entsetzet korrigiert in entsetzt / oberen in obern / ires in irs / seye in sey / anderen in andern / beschaid in bschaid / möge in mög) – Großschreibung mitten im Satz in Kleinschreibung korrigiert Unter den Schriftstücken und Ordnungen, die Bucer für die Ulmer Reformation überarbeitete, stellt die Kirchenordnung den einzigen Text dar, in dem er durchgehend Korrekturen der Orthographie vornahm. In der ebenfalls erhaltenen handschriftlichen Druckvorlage des Gemeinen Ausschreibens finden sich zwar zahlreiche von Bucer überarbeitete Stellen, hier nahm er jedoch keine Rechtschreibkorrekturen vor, obwohl die Druckvorlage des Ausschreibens von der gleichen Hand stammt und die gleichen Schreibgewohnheiten aufweist wie die Kirchenordnung. Im Druck des Gemeinen Ausschreibens finden sich die Wörter dann jedoch so geschrieben wie sie in der Druckvorlage der Kirchenordnung durch Martin Bucer gemäß den oben aufgelisteten Beispielen korrigiert wurden. Werner Besch hat in anderem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass Bucer sich in seinen Schriften um eine »später überregional gültige Form«95 der Orthographie bemühte. Bei der Ulmer Kirchenordnung könnte allerdings auch der reichsstädtische Rat als Obrigkeit auf eine Normierung der Schrift gedrungen haben. Die Ulmer Kirchenordnung wurde 1975 in Bucers Deutschen Schriften Band 4 von Ernst-Wilhelm Kohls erstmals wissenschaftlich ediert. Dennoch wurde sie 2009 auch in die Edition der Evangelischen Kirchenordnungen des 16. Jahrhunderts aufgenommen, weil es sich hier um den zentralen Text der Ulmer Reformation handelt. Dies gab Gelegenheit, die gedruckte Fassung der Kirchenordnung, welche dem Editionstext zugrundeliegt, mit der von Bucer überarbeiteten handschriftlichen Druckvorlage zu kollationieren96 , um so Rückschlüsse auf die Entstehung des Ulmer Regelwerks zu ermöglichen97. Es wurde versucht, Bucers Hand von derjenigen anderer Schreiber zu unterscheiden, was aufgrund der zahlreichen mitunter minutiösen Korrekturen natürlich 95 Besch, Sprache, S. 19–35, bes. S. 26 f. Vgl. auch Kettmann, Konstanz, S. 131–138, bes. S. 136; Junghans, Interpunktion, S. 158–169. 96 Diesen Vergleich hatte Kohls 1975 nicht durchgeführt, wie mehrfach moniert wurde. Vgl. oben S. 68, Anm. 34. 97 Vgl. Brecht, Kirchenordnung, S. 155.
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nicht immer zweifelsfrei möglich ist, zumal nicht selten mehrere Veränderungen an derselben Textstelle vorgenommen wurden.
4. Fazit: Wechselseitige Einflussnahme Welche Rolle spielte Martin Bucer nun für die Einführung der Reformation in Ulm und die Entstehung einer Ordnung des Ulmer Kirchenwesens und welchen Stellenwert hatten die Ulmer Ordnungen in Bucers Schaffen? Nach dem langen Zögern des Rates, die Reformation in der Reichsstadt einzuführen, war klar geworden, dass man die Umgestaltung des Kirchenwesens nur mit erfahrenen Theologen bewerkstelligen konnte; deshalb holte man Bucer, Blarer und Oekolampad nach Ulm. Hierin ist wohl kein grundsätzliches Misstrauen gegenüber Konrad Sam, dem ortsansässigen Reformator zu sehen, dem man vielleicht mangelndes Organisationsgeschick unterstellt haben könnte. Der in Sachen Reformation lange unsichere Ulmer Rat wollte vielmehr an bewährte Vorbilder anknüpfen und seine Entscheidung für die neue Lehre durch bedeutende Persönlichkeiten absichern. Konrad Sam schien sich durch diese Vorgehensweise auch nicht in seiner Autorität beeinträchtigt gefühlt zu haben, im Gegenteil: Er war mit allen drei Reformatoren befreundet, sie wohnten während ihres Aufenthalts in seinem Haus, und Sam arbeitete in den folgenden Wochen mit ihnen zusammen98 . Unter den drei Auswärtigen war Martin Bucer für die Ulmer Reformation die wirkungsvollste Persönlichkeit. Bucer hatte bei den wesentlichen Schriftstücken zur Neuordnung der kirchlichen Belange die Endredaktion übernommen, und seine Ergänzungen und Korrekturen fanden größtenteils Eingang in die endgültigen Fassungen der Texte, sei es bei den 18 Artikeln, der Denkschrift, dem Gemeinen Ausschreiben oder schließlich bei der Kirchenordnung99. In Fragen des Eherechts war Bucer der maßgebliche Berater des Ulmer Rats, für den er insgesamt vier Ehegutachten verfasste – darunter seine umfangreichste Stellungnahme zur Ehe überhaupt100 . Allein im Blick auf die Anzahl der Schriften zur Einführung der Reformation in Ulm, für die Bucer die Verfasserschaft beanspruchen kann, sticht er unter seinen beiden Kollegen Blarer und Oekolampad hervor. Man kann also den Schluss ziehen, dass Bucer in Ulm die entscheidende Persönlichkeit für die Formulierung von Ordnungen des evangelischen Kirchenwesens war. Für Bucer stand der Aufenthalt in Ulm und die Mitwirkung an der Ordnung des reichsstädtischen Kirchenwesens im Jahr 1531 am Anfang seiner auswärti Vgl. Hoffmann, Konrad Sam, S. 103; Greschat, Bucer, S. 128. So auch Ernst-Wilhelm Kohls in BDS 4, S. 209. 100 Von der Ehe und Ehescheidung aus göttlichem und kaiserlichem Recht (BDS 10, S. 163– 404). 98
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gen Tätigkeit. Die Berufung nach Ulm war für ihn die erste Gelegenheit, eine umfangreiche, vollständige Kirchenordnung auszuarbeiten101. So stellt die Ulmer Kirchenordnung gewissermaßen die Initialzündung für ihn dar, sich mit kirchlichen Regelungsfragen zu beschäftigen, denen er sich in den folgenden Jahrzehnten dann ausführlicher widmete. Zu den von Martin Bucer verfassten Kirchenordnungen zählen neben der Ulmer Ordnung die Straßburger Kirchenordnung von 1534102 , die Augsburger Kirchenordnung von 1537103 , zwei Ordnungen für die hessische Kirche von 1539104 und schließlich das 1543 für die Kölner Reformation verfasste umfangreiche Einfeltige Bedencken105 . In Ulm nahm Bucers kirchenordnendes Schaffen 1531 also seinen Ausgangspunkt; die für die Ulmer Kirchenordnung getroffenen Bestimmungen finden sich auch in Bucers späteren Ordnungen wieder106 . Bucer ist neben Johannes Bugenhagen, Johannes Brenz und Andreas Osiander somit eine wichtige Persönlichkeit im Blick auf die Ordnungen der im Entstehen begriffenen evangelischen Landeskirchen.
Vgl. Martin Brecht, Rezension BDS 4, S. 392. Vgl. oben S. 73, Anm. 65. 103 Sehling, Kirchenordnungen 12, S. 50–66. Vgl. Gäumann, Reich Christi, S. 438–440. Auch die älteste Augsburger Kirchenordnung von 1534 geht auf Bucer als geistigen Vater zurück. Vgl. Arend, Auffindung, S. 17–19. 104 Die Kasseler Kirchenordnung 1539 (Sehling, Kirchenordnungen 8, S. 113–130; BDS 7, S. 279–297) und die Ziegenhainer Zuchtordnung 1539 (Sehling, Kirchenordnungen 8, S. 101–112; BDS 7, S. 247–278). Beide Editionen in Bucers Deutschen Schriften (1964) und den Evangelischen Kirchenordnungen (1965) stammen von derselben Bearbeiterin, nämlich Hannelore Jahr. 105 BDS 11/1, S. 147–432. 106 Vgl. BDS 4, S. 185 f. 101
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Bucers Beitrag zu einer Theologie der Reformation
Bucers Verständnis von Schrift und Schriftauslegung. Ein Vergleich mit Heinrich Bullinger Daniel Timmerman 1. Einführendes Die kirchliche Lage Straßburgs in den dreißiger Jahren des 16. Jahrhunderts kennzeichnen Auseinandersetzungen mit Täufern und Spiritualisten. Dabei spielte das Thema von Schrift und Schriftauslegung eine wichtige Rolle. Wie war das Verhältnis von Altem und Neuem Testament genau zu bestimmen? Wie ließen sich die konkreten Gebote der Bergpredigt Jesu mit den herkömmlichen Ordnungen der christlichen Gesellschaft vereinbaren? Und brauchte man noch ein kirchliches Amt für die Auslegung der Schrift? Diese Fragen warteten damals dringend auf eine Antwort. Martin Bucer war am Anfang der dreißiger Jahre noch nicht der führende Prediger der Reichstadt, aber ein wichtiger Aufsteiger unter den Theologen . Im Mittelpunkt dieses Beitrags stehen seine Äußerungen zum Thema Schrift und Schriftverständnis zu Beginn der dreißiger Jahre. Ich konzentriere mich dabei auf den Traktat, den Bucer in Form eines Briefes an Fortunatus Andronicus gerichtet hat . Er ist in die erste Hälfte des Jahres 1531 datiert und beschreibt die Aufgaben eines Predigers. Als weitere Quellen ziehe ich auch Bucers exegetische Kommentare heran. Eine zweite Zielvorgabe dieses Aufsatzes ist die Erhellung von Bucers theologischem Profil. Dem dient ein Vergleich von Bucers Positionen mit denen seines dreizehn Jahre jüngeren Zürcher Kollegen Heinrich Bullinger. In der bisherigen Forschung wurden die Beziehungen zwischen den beiden Reformatoren nicht ausreichend wahrgenommen. Wohl sind einige Beiträge der Korrespondenz zwischen den beiden gewidmet . Inhaltlich wurden aber vor allem ihre Auseinandersetzungen über das Abendmahl und über die Wiederherstellung der kirchlichen Einheit untersucht . Ein Vergleich mit ihrer Vgl. Greschat, Bucer, S. 129–131; Stayer, Anabaptism, S. 99–107. Vgl. Brady, Earth, S. 129–133. BCor 5, Nr. 369, S. 146–158. Vgl. ebd., S. S. 146, Anm. 1. Rüetschi, Beziehungen; Rott, Überlieferung. Insbesondere in einem Aufsatz von Willem van ’t Spijker über die negative Taxierung
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jeweiligen Schriftauslegung wurde nach meinem Wissen jedenfalls noch nicht unternommen. Am Ende dieses Beitrags werden einige Ansätze dazu gegeben.
2. Ein Brieftraktat Bucers über die Aufgaben der Prediger Der hier interessierende Brieftraktat Bucers wurde von den Editoren seiner Korrespondenz auf die erste Hälfte des Jahres 1531 datiert. Der Straßburger Reformator sandte ihn an Fortunatus Andronicus, einen ehemaligen Mönch und evangelischen Prediger, der sich von 1528 bis 1530 als Flüchtling in Straßburg aufgehalten hatte und nun als Pfarrer in der Schweiz arbeitete . Während der ersten Jahre seiner pfarramtlichen Tätigkeit unterhielt Andronicus brieflichen Kontakt mit seinem ehemaligen Ortsgenossen Bucer. Die vorliegende Abhandlung über die evangelische Predigt ist im Rahmen dieser Korrespondenz zu lokalisieren. Am 22. November 1531 dankt Andronicus, jetzt Pfarrer in Bevaix, in einem Brief seinem praeceptor für den Erhalt eines Schreibens. Die Editoren der Bucer-Korrespondenz weisen darauf hin, dass es sich hier wahrscheinlich um eine Danksagung für die Predigtanleitung, die Bucer Andronicus gewidmet hat, handelt10 . Damit stimmt überein, dass Konrad Hubert, Bucers Sekretär, die Handschrift auf 1531 datiert hat. Wahrscheinlich kam Andronicus Ende 1530 oder Anfang 1531 als Prediger nach Bevaix11. Es liegt also sehr nahe, diesen undatierten Traktat in die erste Hälfte des Jahres 1531 zu setzen12 . Weil dem Text bis auf Grüße zu Beginn und am Ende wesentliche Merkmale der Gattung Brief fehlen, wäre es inhaltlich sehr gut möglich gewesen, ihn als selbständigen Traktat zu editieren13 . Beim heutigen Stand der Edition der lateiBullingers im Rahmen der Abendmahlkontroverse (›Bucerisare‹). Vgl. auch Friedrich, Fanatiker, S. 91–93; Burnett, Concord. In dem wichtigen Tagungsband ›Bucer zwischen Luther und Zwingli‹ aus dem Jahr 2003 wird Bullinger hingegen nur einmal erwähnt. Vgl. Arnold/Hamm, Bucer, S. 152. Zur Begründung vgl. BCor 5, S. 146, Anm. 1. Fortunatus Andronicus (Eustache André), gest. nach 1544. Er war auch in Bullingers Umfeld bekannt. Andronicus wurde 1538 in einem Brief an den Zürcher Antistes bezeichnet als »homo pius nec sectator Lutheri« (Bullinger Bw. 8, S. 202 f.). Vgl. BCor 7, S. 419; Bullinger Bw. 8, S. 202, Anm. 42. BCor 7, Nr. 509, S. 46, Z. 3 f. 10 »Mart[inus] Bucerus Fortunato Andronico, fratri in Christo, incrementum spiritus euangelicj.« BCor 5, Nr. 369, S. 149, Z. 1 f. 11 Ebd., S. 146, Anm. 2. 12 Eine explizite Referenz Andronicus’ auf Bucers Traktat finden wir aber erst in einem Brief vom 29. April 1533. Der Franzose sendet Bucers Arbeit Über die Verhandlung der Schriften mit der dringenden Bitte zurück, dass der Straßburger sie ausarbeiten und veröffentlichen möge. Vgl. Herminjard, Correspondance 3, S. 43. 13 Das haben Pierre Scherding und François Wendel 1946 getan. Sie edierten den Traktat unter dem von Huber hinzugesetzten Titel Quomodo S. Literae pro Concionibus tractandae sint Instructio (Scherding/Wendel, Traité, S. 32–75). Auf S. 48–75 findet man den latei-
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nischen Werke Bucers ist es aber eine sehr glückliche Entwicklung, dass die Bearbeiter der Korrespondenz nicht gezögert haben, den Text trotzdem im Rahmen des Briefwechsels zu edieren, denn obwohl Bucers Schrift inhaltlich eher als ein Traktat über die Schriftauslegung zu charakterisieren ist, ist er historisch im Rahmen seiner Korrespondenz fest verankert. Der Aufbau dieses Textes ist nicht gleichgewichtig. In den ersten Absätzen gibt Bucer eine im Ansatz sehr gründliche Darlegung wichtiger hermeneutischer und homiletischer Prinzipien. Danach folgt eine praxisorientierte Besprechung des Stellenwerts der verschiedenen biblischen Bücher für die Predigtarbeit. Eindeutig stellt Bucer die Evangelien und die Paulinen an die erste Stelle innerhalb des Kanons. Der umfangreiche Hauptteil ist dann auch der Auslegung der Evangelien und den dabei zutage tretenden Schwierigkeiten gewidmet. In diesem Rahmen bespricht Bucer sowohl die allegorische Auslegungsmethode als auch die Bedeutung der biblischen Wundergeschichten. Danach listet er die paulinischen Bücher auf und gibt eine kurze Paraphrase ihres Inhalts. Zum Schluss folgt ein beiläufiger Hinweis auf das Studium der Dialektik Rudolphus Agricolas. Trotz seines unausgewogenen und fragmentarischen Charakters bietet der Brieftraktat immerhin eine umfassende und einleuchtende Zusammenfassung der hermeneutischen und homiletischen Gedanken des Straßburgers. Nach Scherding gewährt der Text Einblick in das, was Bucer aus seiner eigenen Tätigkeit als das Wichtigste und das Nützlichste erkannt hat14 . Auch Müller hat auf den Zusammenhang zwischen Theorie und Praxis in dieser Schrift verwiesen. Er apostrophiert sie als ein »Kompendium der Bucerschen Hermeneutik«15 . Es wird sich also lohnen, im Folgenden einige inhaltliche Schwerpunkte aus Bucers Predigtanleitung zu erhellen.
3. Glaube und Liebe als Leitprinzip bei der Verkündigung Im ersten Absatz des Brieftraktats gibt Bucer eine Umschreibung des Inhalts evangelischer Predigt: »Eine evangelische Predigt, die mit Recht evangelisch genannt wird, ist eine Predigt, in der die durch Christus erwirkte Gnade ausgestellt wird, mit der Ermahnung, dass die Menschen sie im Glauben aufnehmen und, wenn sie es aufgenommen haben, ein Leben führen das dieser Gnade würdig sei.«16 Die Verkündigung der Gnade Gottes zielt also auf den Glauben der nischen Text des Traktats mit einer französischen Übersetzung. Vgl. Herminjard, Correspondance 3, S. 43, Anm. 12: »Cette pièce était assez longue purement théologique, nous n’avons pas cru devoir la reproduire.« 14 Scherding/Wendel, Traité, S. 45. 15 Müller, Hermeneutik, S. 227–234. 16 »Euangelica oratio, quae vere hoc dicitur, est qua gratia facta per Christum exponitur,
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Hörer und auf einen entsprechenden Lebenswandel. Bucer fasst dieses doppelte Ziel häufig zusammen unter dem im frühen Reformationszeitalter geläufigen Stichwort »Glaube und Liebe«17. Die Liebe gehört unauflösbar zum Glauben, wie Früchte zu einem guten Baum18 . In den Auseinandersetzungen mit den Täufern und Spiritualisten funktioniert dieser Dual auf zweifache Weise. Positiv bejaht er den Wunsch nach einer sozial-ethischen Konkretisierung der Reformation des Glaubens, negativ stellt er die rückhaltlose Kritik und die separatistischen Tendenzen der Befürworter der radikalen Reformation unter den Vorwurf der Lieblosigkeit19. Im Folgenden gehen wir der Frage nach, wie Bucer den Doppelbegriff »Glaube und Liebe« fasst, sowohl im Blick auf den zentralen Inhalt der Schrift, als auch hinsichtlich der Aktivitäten von Prediger und Hörer bei der Weitergabe und Aufnahme der evangelischen Predigt.
4. Glaube und Liebe als Skopus der Schrift Für Bucer ist die Feststellung des Skopus ein wichtiges Instrument bei der Auslegung der Schrift 20 . Der Skopus ist nicht nur eine Umschreibung der Intention des menschlichen Autors, sondern vor allem Ausdruck der in der Schrift enthaltenen Botschaft Gottes. Im Skopus eines Textes »hat der Heilige Geist alles zusammengefasst.«21 Obwohl Bucer die Terminologie variiert, kann er den Skopus der ganzen Bibel mit dem Doppelbegriff von »Glaube und Liebe« umschreiben. Das zeigt sich, wenn man der Frage nachgeht, wie Bucer den Inhalt der beiden Hauptteile des neutestamentlichen Kanons – der historischen Bücher und des corpus pauli num – bestimmt. Jede Schriftstelle in den Evangelien bezieht sich nach dem Straßburger Reformator auf Jesu Geburt, Leben, Sterben und Lehre. So zeigt sich, dass wir ihm glauben und ihn nachahmen müssen, und dass wir seinem Bild gleich sein sollen 22 . Und alles, was die Evangelisten aufgeschrieben haben, unterrichtet »entweder was wir durch Christus von Gott erwarten dürfen, oder cum exhortatione, ut hanc fide homines excipiant, dignamque ea, cum exceperint, vitam degant.« BCor 5, Nr. 369, S. 149, Z. 3 –5. 17 Vgl. Hamm, Einheit, S. 88; Moeller, Frühzeit, S. 187–188; Moeller/Stackmann, Predigt, S. 324–326. 18 Leijssen, Bucer en Thomas, S. 234–237, beobachtet in dieser Verknüpfung von Glaube und Liebe einen wichtigen Unterschied im Glaubensbegriff zwischen Bucer und der Scholastik. Vgl. auch den Beitrag von Berndt Hamm in diesem Band über den inneren Zusammenhang von Glaube und Liebe bei Bucer, unten S. 125–136. 19 Vgl. Greschat, Bucer, S. 131. 20 Vgl. Müller, Hermeneutik, S. 232; Roussel, Exégète, S. 47. 21 »[. . .] quo Spritus S[anctus] omnia retulerit [. . .].« BCor 5, Nr. 369, S. 152, Z. 35 f. 22 Vgl. BCor 5, Nr. 369, S. 153, Z. 2–9.
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was wir durch die Führung und Wirkung seines Geistes leisten müssen.«23 Die Erwartung bezieht sich auf die Vergebung der Sünden und die erneuernde Kraft des Heiligen Geistes, die Leistung besteht aus der Befolgung des göttlichen Willens. Ebenso liegt der Skopus der paulinischen Briefe nach Bucer darin, »dass diejenigen, die zum Glauben gekommen sind, befestigt werden im Glauben an Christus« und dass sie »ermuntert werden zu einem Leben das Christus würdig ist, und zum Kreuztragen.«24 Gabe und Aufgabe, Glaube und tätige Liebe sind für Bucer also der Hauptinhalt des Neuen Testaments. Aber wie verhält es sich mit dem Alten Testament? In seiner Predigtanleitung legt Bucer den Schwerpunkt auf das Neue Testament. Er empfiehlt Andronicus, er solle zuerst die Worten und Taten des Herrn erklären, und sich danach den Schriften der Apostel, insbesondere des Paulus, widmen 25 . Im Bezug auf die Bücher des Alten Testaments plädiert er durchaus für Zurückhaltung, »weil das Gesetz und die Propheten wegen der Dunkelheit sowohl des Inhalts als auch der Formulierung von wenigen ausreichend verstanden werden, und, wenn sie verstanden werden, das Volk trotzdem aus ihnen weder die Wohltat Christi noch seine Pflicht so ersehen kann wie aus den evangelischen und apostolischen Schriften.«26 Die diesem Urteil zugrundeliegende Analyse der Hörer wird uns später noch beschäftigen 27. Jetzt ist festzuhalten, dass das Alte Testament für Bucer obwohl nicht zweitrangig, so doch auf jeden Fall gerade im Blick auf die Christuserkenntnis und die Pflicht der Christen, also auf Glaube und Liebe, weniger verständlich ist 28 . Bei Bucer firmiert die Vorstellung, Glaube und Liebe seien der Skopus der Schrift, also nicht nur als eine Kurzfassung von deren Botschaft, sondern auch als ein hermeneutisches Kriterium für deren Auslegung. Das geht nicht nur aus 23 »[. . .] a[ut] quae per Christum nobis a Deo expectanda, aut quae a nobis ductu actuque Spiritus eius praestanda sunt.« BCor 5, Nr. 369, S. 153, Z. 11 f. 24 »[. . .] confirmare in fide Christi qui crediderant, [. . .] exhortari ad vitam Christo dignam et crucis tolerantiam.« BCor 5, Nr. 369, S. 156, Z. 7–10. 25 BCor 5, S. 149, Z. 21–26. 26 »Lex siquidem et prophetae et paucis satis intelliguntur, tam ob rerum quam orationis obscuritatem, et si intelligantur, haud poterit tamen plebs tam aperte tum beneficium Christi, tum suum officium ex his percipere, vt ex scriptis euangelicis atque apostolicis.« BCor 5, Nr. 369, S. 149, Z. 26 – S. 150, Z. 1. Der Satzteil »tum beneficium Christi, tum suum officium ex his percipere« kann auf zweierlei Weise verstanden werden. Müller, Hermeneutik, S. 229 übersetzt »Christi Gnade und sein [Christi] Amt«. Die Interpretation von Scherding/Wendel, Traité, S. 51 ist aber vorzuziehen: »les bienfaits du Christ (et) son [du peuple] propre devoir«. 27 Vgl. unten, S. 96 f. 28 Vgl. Van ’t Spijker, Eenheid. Er analysiert, wie Bucer in Diskussion mit den Täufern sich in den dreißiger Jahren des 16. Jahrhunderts allmählich weiterentwickelte von einer spiritualisierenden Unterscheidung der beiden Testamenten zu einer Betonung der Einheit der Schrift. So kann Bucer zu Beginn der dreißiger Jahren gegenüber Pilgram Marbeck betonen, dass Glaube und Liebe der Zusammenhalt der Frömmigkeit seien, sowohl des Alten als auch des Neuen Testaments.
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Bucers Bevorzugung des Neuen Testaments gegenüber der hebräischen Bibel hervor, sondern auch aus seiner Aufforderung zur Zurückhaltung bei der allegorischen Auslegung der Schrift und der Exegese von Wundergeschichten. Bekanntlich plädierte Bucer, wie viele Zeitgenossen, dafür, eine geistliche Auslegung der Bibel an den Literalsinn des Textes zurückzubinden 29. Auch in der Predigtanleitung für Andronicus finden wir eine deutliche Ablehnung der allegorischen Methode. Der Straßburger weist das Verfahren derjenigen zurück, die durch Allegorien nach Belieben alles Mögliche aus dem Text herauslesen und dabei »die Geschichte der gewissen und deutlichen Lehre« vernachlässigen 30 . Gerade die biblisch-historische Grundlage der Predigt ermöglicht nach Bucers Vorstellung die Hoffnung auf Wachstum von Glaube, Liebe und Eifer für das Wort Gottes31. Die Evangelien bezeugen die Taten Christi und haben dabei vor allem seine Menschlichkeit im Blick. Aber eben dadurch erlernt man »den Glauben an Christus und die Nächstenliebe«32 . Die Allegorie hingegen ist eine schwere Kränkung des Geistes und ein Betrug Satans, der wegruft von den wahren und wirksamen Mahnungen und Vorbildern Christi33 . Der Prediger soll sich darum zuerst vergewissern, dass die Evangelien für das gemeine Volk geschrieben sind und darauf zielen, dieses durch das Wachstum von Glaube und Liebe zu bessern. Darum muss die Auslegung so einfach wie möglich sein34 . Bucer weist die allegorische Exegese also auch deshalb zurück, weil er davon überzeugt ist, dass die Schrift und deren Auslegung ein Wachstum von Glaube und Liebe beabsichtigen. Dabei begrüßt es Bucer durchaus, wenn der Prediger dialektische Topoi zuhilfe nimmt. So schließt seine Predigtanleitung mit dem kurzen Ratschlag, dass ein Prediger in seiner Freizeit die Dialektik des Rudolphus Agricola lesen solle35 . Konkret empfiehlt er seinem jüngeren Kollegen, dass er seine Exegese der Evangelien mit einer Betrachtung der loci, also der allgemeinen Aspekte der theologischen Erkenntnislehre im Sinne des Humanismus, beginnen solle36 . Zuerst sei der Autor zu betrachten und, wenn es ein Wort Jesu betrifft, sei zu bedenken »dass der Herr immer den Wunsch hat zu lehren an ihn als Retter zu glauben und ihm nachzufolgen durch Nächstenliebe.«37 Auch wenn Bucer auf die Taten des Herrn zu sprechen kommt, rät er zu
29 Bucer, Enarrationum in evangelia libri duo, Teil 1, fol. 5r–6v. Vgl. Müller, Hermeneutik, S. 100–114; Timmerman, Interpreter, S. 32–36. 30 BCor 5, Nr. 369, S. 151, Z. 30–32. 31 Ebd., S. 152, Z. 1–5. 32 Ebd., S. 154, Z. 32–37. Vgl. Ebd., S. 152, Z. 1. 33 Ebd., S. 152, Z. 25–27. 34 Ebd., Z. 30–32. 35 Ebd., S. 158, Z. 1. 36 Primavesi/Kann/Goldmann, Topik/Topos HPW, Sp. 1263–1288. 37 »[. . .] Dominum vbique voluisse docere sibi credere vt seruatori et se aemulari dilectione in proximos.« BCor 5, Nr. 369, S. 153, Z. 27 f.
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bedenken »wer er sei, mit wem er zu tun habe, was er getan habe, das wo und wann, und was es bewirkt hat.«38 Dieses Verfahren illustriert Bucer am Beispiel des Weinwunders zu Kaana (Joh 2, 1–11). Zunächst betont er, dass Wunder immer die Lehre bestätigen. Wenn wir glauben, dass sie Lehre Gottes sind, brauchen wir keine Wunder mehr39. Der Glaube ruht also auf der Lehre. In seiner Auslegung der wunderbaren Wandlung des Wassers in Wein geht der Straßburger dann auf die äußeren Umstände ein, etwa auf die Lebhaftigkeit der Gäste und auf den Weinmangel. In der Regel gibt Bucer eine eher praktisch-erbauliche Erklärung dieser Gegebenheiten. So weisen Braut und Bräutigam für ihn auf Christi Hochschätzung der Ehe, und in dem Umstand, dass Jesus Marias Bitte erhört, sieht Bucer die geistliche Gemeinschaft der Gläubigen mit Gott erwiesen40 . Die verborgene Weise des Wundervollzugs (miraculi ratio) zeigt die Herrlichkeit Christi und fördert den Glauben an ihn. Wiederum urteilt Bucer, dass der Herr mit seinen Wohltaten bei den Menschen vor allem Glaube und Liebe bewirken wollte41.
5. Die Prediger und die Weitergabe der Botschaft von Glaube und Liebe In seinem Brieftraktat erörtert Bucer auch die Verstehensbedingungen für die Botschaft von Glaube und Liebe. Pointiert weist er dabei auf die Bedeutung der Vernunft und der Erleuchtung durch den Geist Christi hin. Es mutet scholastisch an, wenn der ehemalige Dominikaner einsetzt: Gott stellt die menschliche Vernunft so wieder her, dass er ihre Funktion nicht aufhebt, sondern vervollkommnet42 . Die Ermahnungen und Vorschriften der Schrift vertrauen alles was heilsam ist unserer Vernunft an, sie soll es anerkennen. Nach Bucer können wir jedoch ohne die Erleuchtung des Geistes Christi nichts wahrhaftig Gutes erkennen. Der Tröster muss uns in alle Wahrheit leiten, sonst wäre jede Lehre und Ermahnung vergeblich43 . Hinsichtlich der göttlichen Offenbarung besteht also eine gewisse Spannung zwischen der in der Schöpfung begründeten Rezeptivität der menschlichen Vernunft und der Notwendigkeit einer geistlichen Erleuchtung, die Bucer aber nicht als anstößig empfindet. Der Straßburger Prediger kann betonen, dass die 38 »[. . .] quis ipse sit, quibuscum egerit, quid egerit, vbi, quando, quid denique illud effecerit, [. . .].« Ebd., S. 154, Z. 26–28. 39 Ebd., S. 154, Z. 29–32. 40 Ebd., S. 155, Z. 10–11; Z. 17–21. 41 Ebd., S. 155, Z. 25–37. 42 »Cum enim Deus hominem ratione praeditum condiderit, sic eum quoque instaurat, ut rationis officium non aboleatur, sed perficiatur.« BCor 5, Nr. 369, S. 149, Z. 7–9. Vgl. Leijssen, Bucer en Thomas, S. 223 f. 43 BCor 5, Nr. 369, S. 149, Z. 12–15.
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Gläubigen in alle Dingen der Führung und dem Ziehen des Geistes folgen sollen, und im selben Atemzug hervorheben, dass Gott es ist, der uns beim Gebrauch der Vernunft leitet44 . Die enge Verknüpfung zwischen Wirken des Geistes und menschlicher Vernunft beim Empfang der Offenbarung ist charakteristisch für Bucers eigenes theologisches Profil, in dem eine scholastische Hochschätzung der Vernunft und humanistischer Intellektualismus zusammentreten45 . Andererseits kommen in Bucers Betonung der Rationalität des Glaubens und nicht des Geisteswirkens allein auch die Auseinandersetzungen zum Ausdruck, die Bucer mit den Vertretern der radikalen Reformation in Straßburg in den dreißiger Jahren des 16. Jahrhunderts führte. Sie ließen ihn die Bedeutung des Wortes stärker betonen als früher46 . Wenn das Spannungsfeld zwischen Erleuchtung und Rationalität für Bucer überhaupt einer Klärung bedürftig ist, dann findet er diese auf dem Weg des Gebets, also im Bereich der Spiritualität. Wiederholt lesen wir in dem Brief an Andronicus eine Aufforderung zur Anrufung des Geistes. Gerade im Rahmen seiner Erörterungen über Vernunft und Erleuchtung am Anfang des Traktats ruft Bucer die Prediger auf, sie sollten vor allem zu Gott beten, dass er sowohl ihnen selbst als auch ihren Hörern seine himmlische Kraft schenken möge47. Auch bei der Predigtvorbereitung, der lectio und der inventio, soll der Prediger den Geist Gottes anrufen48 . Am Ende seiner Auslegung des Wunders zu Kaana schreibt Bucer, ein Prediger könne Glauben und Liebe lernen und lehren, wenn er sich zuerst nach Gottes Ehre sehne, sich mit heiligen Gebet nähere und dann auch die Taten Christi gründlich erforsche und die Umstände prüfe49. Gebet und Exegese, also Erleuchtung und Vernunft, sind für Bucer die wichtigsten Verstehensbedingungen für den Skopus der Schrift. Dass die Menschen diese Botschaft von Glaube und Liebe verstehen, hängt nach Bucers Überzeugung auch von der persönlichen Spiritualität des Predigers ab. »Niemals hat jemand das Wesen des Glaubens und der Liebe, wie schön und klar es auch überall in den Schriften beschrieben sei, richtig erklärt, der es nicht selbst, wenigstens zum Teil, erfahren hat.«50 Dabei denkt Bucer vor allem an die Verkündigung der Glaubensgerechtigkeit51 und das Bestreben gut zu leben und zu lehren 52 . Ebd., S. 153, Z. 16–20. Vgl. Leijssen, Bucer en Thomas, S. 310–325; Müller, Hermeneutik, S. 16–40. 46 Zu Bucers theologischer Entwicklung in den dreißiger Jahren vgl. Van ’t Spijker, Offices, S. 125. 47 BCor 5, Nr. 369, S. 149, Z. 17–20. 48 Ebd., S. 152, Z. 32–34. 49 Ebd., S. 155, Z. 38 – S. 156, Z. 2. 50 »Naturam vero fidei et dilectionis, quamuis passim in scriptures pulchre et luculenter describatur, nemo dextere explicauerit, qui eam non sit vel in parte expertus.« Ebd., S. 154, Z. 6–8. 51 »Huius, qui nihil apud se senserit, nihil item probe de ea praedicabit.« Ebd., S. 154, Z. 20. 44 45
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6. Die Hörer und die Aufnahme der Botschaft von Glaube und Liebe 52
Bucer unterscheidet beim Hörer drei Aspekte. Zuerst nimmt er deren Begriffsvermögen in den Blick. Für die Ungebildeten (rudiores) unter dem gemeinen Volk soll der Prediger keine Themen erörtern, die ihren Intellekt übersteigen. Es gibt aber auch Fortgeschrittene (provectiores) 53 , die intellektuell mehr bewältigen können. Dann betrachtet er die Hörer nach ihrer geistlichen Haltung. Neben frommen Leuten gibt es nach Bucer auch Menschen, die nur den Gottesdienst besuchen um Spektakel oder Neuheiten zu erleben 54 . Der entscheidende Unterscheid liegt nun beim Wirken des Heiligen Geistes in den Hörern. Bucer betont, dass sie nur durch die Erleuchtung des Geistes auf rechte Weise zuhören können 55 . Damit sind wir bei einer alten Diskussion in der Bucer-Forschung angelangt. Hat der Straßburger eine vorhergehende Inspiration der Auserwählten vor dem äußerlichen Verstehen des gepredigten Wortes gelehrt? 56 Und wo auf dem Spektrum zwischen Luther und den Spiritualisten ist seine Position anzusiedeln? In unserem Brieftraktat orientiert Bucer sich an Jesu Umgang mit seinen Zuhörern. Wie der Herr selbst wird ein Prediger bemerken, dass es Leute gibt die »durchaus gottlos und verworfen sind und welchen die Wahrheit nur mit dem Zweck verkündigt werden soll, dass ihnen jede Entschuldigung genommen wird«57. Diese Menschen hat der Herr angesprochen als Hunde und Schweine58 . Die Auserwählten aber hat er den Glauben an ihn selbst und die Nächstenliebe gelehrt59. Also gibt es nach Bucer auf jeden Fall eine enge Verknüpfung von Erwählung und Predigt. Die Botschaft von Glaube und Liebe erreicht nur die Erkorenen. Bucer gibt in seinem Brief an Andronicus aber keine durchreflektierte prädestinatianische Theologie. Seine Absicht war eher die Betonung des gnadenhaften Charakters der Liebe, also der effektiven Gerechtigkeit der Gläubigen. Obwohl sie tatsächlich aufgerufen werden zu einem der Gnade würdigen Lebenswandel60 , ist die Erneuerung der Christen letztlich doch das Werk Gottes. Immer wieder verwendet Bucer das Motiv einer Gestaltung der Gläubigen nach dem Bild Christi durch Gott. Er ist es also, der selber ihre Erneuerung
Ebd., S. 157, Z. 34–36. Ebd., S. 150, Z. 1–3. 54 Ebd., S. 151, Z. 4 –11. 55 Ebd., S. 149, Z. 12–15. 56 Vgl. Müller, Hermeneutik, S. 184–199 über die »prädestinatianische Bezogenheit der Exegese« und Stephens, Holy Spirit, S. 196–212. 57 »Statim videbit quosdam impios et reprobos esse, quibus in hoc tantum veritas praedicari debet, vt omnj excusatione nudentur.« BCor 5, Nr. 369, S. 153, Z. 30 f. Vgl. Röm 1, 20. 58 Ebd., S. 153, Z. 33 f. 59 Ebd., S. 154, Z. 2 f. 60 Ebd., S. 149, Z. 3 –5. 52 53
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bewirkt 61. Und auch wenn die Gläubigen durch ihre Vernunft aus eigener Bewegung zum Guten geführt werden, so ist es doch Gott, der die Vernunft geschaffen hat und den Menschen leitet 62 . Und Christus selber, der von uns eine Liebe erwartet, welche die Menschen zur Vollkommenheit führt und das Gesetz erfüllt, bringt in uns Mäßigung, Würde und Tugend hervor (gignit) 63 . Die Erneuerung des Lebens ist also letztlich dem gnädigen Wirken Gottes in Christus Jesus zuzuschreiben. Diese Sachlage enthebt einen Prediger freilich nicht der Aufgabe, die Botschaft des Glaubens und der Liebe seinen Hörern klar und verständlich zu erklären. Bucer schließt sich selber ein, wenn er die Prediger aufruft, alle unsere Kräfte zur Förderung von Glauben und Liebe bei den Menschen einzusetzen, mit denen wir zutun haben64 . Dabei soll er sich nicht nur vom Skopus der Schrift leiten lassen, sondern auch vom Begriffsvermögen der Menschen. In der Forschung wird daher zurecht auf ein pastoral-pädagogisches Motiv in der Exegese Bucers hingewiesen65 . Wie oben skizziert, zieht der Straßburger gerade wegen des begrenzten Intellekts der Menschen das Neue Testament dem Alten vor. »Das gemeine Volk vermag aus [dem Gesetz und den Propheten] nicht so klar die Wohltat Christi und seine Pflicht wahrzunehmen wie aus den evangelischen und apostolischen Schriften.«66 Bucer mahnt deshalb zur Zurückhaltung bei der Auslegung der kultischen Gesetze des Pentateuchs und der Exegese des Hohenliedes, des Propheten Hesekiel oder Sacharja. Diese Stellen sollen, »wie hochstehend sie auch seien«, nicht unbesonnen in Gegenwart der Gemeinde berührt werden67. Am besten wird ein Prediger diejenige Stellen erklären, aus welchen gerade die Ungebildeten »ohne Schwierigkeit erlernen wer Christus, und was ein ihm würdiges Leben sei.«68 Glaube und Liebe bilden für Bucer also nicht nur den Skopus der Schrift, sondern auch ein pastoral-pädagogisches Kriterium bei der Auswahl von Predigttexten. Ebd., S. 153, Z. 7–9. Vgl. S. 154, Z. 18 f. Ebd., S. 153, Z. 19 f. 63 Ebd., S. 154, Z. 12–17. 64 Ebd., S. 155, Z. 34–36. 65 Vgl. Scherding / Wendel, Traité, S. 38; Müller, Hermeneutik, S. 229. 66 »[. . .] haud poterit tamen plebs tam aperte tum beneficium Christi, tum suum officium ex his percipere, vt ex scriptis euangelicis atque apostolicis.« BCor 5, Nr. 369, S. 149, Z. 28 – S. 150, Z. 1. 67 »Quae autem in Exodo, Leuitico et Numeris sunt [. . .] non temere coram plebe attingantur, quamlibet profeta [. . .].« Ebd., S. 150, Z. 25–27. Der adjektivische Nebensatz wurde von Müller, Hermeneutik, S. 229 auf die hypothetische Vollkommenheit der Gemeinde bezogen. Die Übersetzung von Scherding und Wendel ist aber vorzuziehen: »on n’y touchera, quelle qu’en soit la perfection, qu’avec prudence devant la foule des auditeurs [. . .].« Dies., Traité, S. 53. 68 »[. . .] ex quibus rudioribus quoque liceat Christum dignamque hoc vitam citra negotium discere [. . .].« BCor 5, Nr. 369, S. 150, Z. 31 f. 61
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7. Ein Vergleich mit Bullingers De prophetae officio (1532) Am 28. Januar 1532 – einige Monate nach der verheerenden Schlacht bei Kappel, in der Zwingli gefallen war – hielt Bucers jüngerer Zeitgenosse Heinrich Bullinger eine Ansprache für den gesamten Zürcher Klerus. Der 27-jährige Antistes sprach anlässlich der jährlichen Karlstagsfeier über die Aufgaben der Prediger, also das Amt des Propheten69. Das war ein aktuelles und brisantes Thema, weil viele die militärische und politische Niederlage Zürichs gerade den Predigern vorwarfen. Für den gerade erst ernannten Antistes war dieser Themenkreis aber nicht neu. Bereits 1525 hatte er ein viel umfangreicheres Werk über die Aufgabe der Verkündigung geschrieben, das aber niemals publiziert wurde70 . Im Nachfolgenden wird keine vollständige Analyse dieser Schrift geboten71. Ich skizziere nur einige auffällige Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen Bucer und Bullinger. 7.1 Bullinger und Bucer über den zentralen Inhalt der Schrift Was Bucer den Skopus der Schrift nennt, heißt bei Bullinger der Status oder die Grundfrage. Schon 1532 ist es dem Zürcher ganz klar, dass nur der Bund Gottes die zentrale Botschaft der Schrift sein kann. Sich bewusst distanzierend von dem Begriffspaar Gesetz und Evangelium, weist Bullinger dezidiert auf das testamentum als die Grundfrage der Heilsgeschichte hin72 . Der Inhalt des Bundes sind die Verheißung der Gnade Gottes und die Verpflichtung der Menschen zu einem unschuldigen Lebenswandel. Sowohl die Bücher des Alten als auch die des Neuen Testaments weisen eindeutig auf diesen Bund Gottes, der aus Glaube und Unschuld, fides et innocentia, besteht. In der Sache sind Bucer und Bullinger sich also durchaus einig. Die Rechtfertigung des Gottlosen aus dem Glauben kommt für beide als Zentrum der Schrift nicht in den Blick, die Rechtfertigungsterminologie wird von ihnen selbst nicht oder nur beiläufig erwähnt. Der Hauptinhalt der Offenbarung lässt sich für beide mit Glaube und Liebe bzw. Unschuld charakterisieren. Es gibt aber auch Unterschiede zwischen den beiden Theologen. Während Bullinger den Ausdruck »Glaube und Unschuld« unter den übergreifenden Begriff des Bundes subsumiert, fehlt eine solche biblisch-theologische Systemati69 Heinrich Bullinger, De prophetae officio, et quomodo digne administrari possit ora tio. Neuere Übersetzung in Bullinger, Schriften 1, S. 1–48. 70 Bulllinger, De propheta libri duo, Zentralbibliothek Zürich Ms. A. 82, fol. 1–42. Vgl. Staedtke, Theologie, S. 275 f. 71 Vgl. Bolliger, Authority; Büsser, Gedenkrede; Opitz, Existenz. 72 Bullinger, De prophetae officio, fol. 4v; Bullinger, Schriften 1, S. 13 f. Vgl. Van ’t Spijker, Bundestheologe, S. 575–581. Zu Bullingers Rede vom Bund Gottes als Skopus der Schrift vgl. ders., Studiorum ratio, S. 74–77.
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sierung in Bucers Brieftraktat von 153173 . Eine weitere Differenz liegt in der Auswertung des Alten Testaments. Wie erwähnt funktionierten »Glaube und Liebe« bei Bucer als ein hermeneutischer Schlüssel bei der Auslegung der Schrift, wodurch das Alte Testament in einem gewissen Maße hintangesetzt wurde. Bullinger aber, der die Einheit des Bundes gegen die Täufer betont, ist weniger an einem Relief innerhalb des christlichen Kanons interessiert. Für ihn lehren auch »die Bücher Mose gerade in den Gesetzen, ja sogar in den Zeremonien, teils den Glauben, teils die Unschuld.«74 In Bezug auf die Auslegung der Schrift sind der Straßburger und der Zürcher sich wiederum weitgehend einig. Mit noch mehr Nachdruck als Bucer betont Bullinger, dass ein Prediger den Bibeltext mithilfe des Instrumentariums der Rhetorik und der Dialektik erklären solle. Im Unterschied zu den Täufern die alles »weltliche Studium« ablehnen, ordnet der Zürcher Antistes diese artes unter die natürlichen und also völlig erlaubten Hilfsmittel für die Auslegung der Schrift ein75 . Obwohl bei Bullinger eine grundlegende Darlegung des Verhältnisses von Vernunft und Erleuchtung fehlt, stimmt seine Auffassung in der Sache mit derjenigen Bucers überein: Eine evangelische Predigt sollte Frucht einer philologischen und rhetorischen Auswertung des Bibeltextes in dem ursprünglichen Wortlaut sein. Darüber hinaus geht aber noch, was Bullinger die regula des Propheten nennt, an welcher er seine Auslegung der Schrift prüfen kann. Diese Regel ist die Gabe des Glaubens und der Liebe76 . Auf diese Weise verbindet er die beiden paulinischen Voraussetzungen für das charisma prophetikon: das Maß des Glaubens77 und die Liebe, die aufbaut und im Gegensatz zur prophetischen Rede, niemals aufhört78 . 7.2 Bullinger und Bucer über die Aufgabe der Prediger Charakteristisch für Bullingers Verständnis des Pfarramts ist seine Verknüpfung der Predigtaufgabe mit dem Prophetenbegriff. Wie vor und neben ihm
73 Das bedeutet nicht, dass es für Bucer keine übergreifenden theologischen Begriffe gäbe. De Kroon, Bucer en Calvijn, S. 92–98, verweist etwa auf die pietas als Überbegriff zu Glaube und Liebe in Bucers Epheserkommentar von 1527. Und Van ’t Spijker, Bundestheologe, S. 585–588 macht auf die Parallelität von Bucers und Bullingers Bundesbegriff aufmerksam. 74 »Nam libri Mosaici ipsis quoque legibus, imo et ceremonijs fidem docent, partim innocentiam.« Bullinger, De prophetae officio, fol. 5v (Bullinger, Schriften 1, S. 15). 75 Bullinger, De prophetae officio, fol. 13v (Bullinger, Schriften 1, S. 22 f.). 76 »Ea est fidei et charitatis donum« Bullinger, De prophetae officio, fol. 9r; Bullinger, Schriften 1, S. 18. Vgl. Tökés, Hermeneutische Lehre, S. 184 : »Die genuine Schriftauslegung Bullingers hat vier Kriterien: die Regel des Glaubens, die Regel der Liebe, die Ehre Gottes und das Heil der Menschen.« 77 Vgl. Röm 12, 3 und 7. 78 Vgl. I Kor 8, 1; 13, 8.
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Zwingli79 gibt Bullinger eine zweifache Interpretation des biblischen Prophetismus: Einerseits ist der Prophet ein Seher, der durch divinatorische Schau Verborgenes und Zukünftiges vorhersagen kann. Andererseits heißt Prophetie nach Zwinglis Verständnis von I Kor 14 auch das Auslegen der Schrift im ursprünglichen hebräischen oder griechischen Wortlaut, also Prophetie als evangelische Predigt. In einem weiteren Schritt beziehen die Zürcher die Aufgaben der bib lischen Propheten auf das Bischofsamt. Zuerst wird der alttestamentliche Prophet als »Wächter« über Israel mit dem neutestamentlichen »Aufseher« der Gemeinde (episkopos, Bischof) identifiziert, dann die alttestamentliche prophetische Aufgabe vom »Ausreißen und Einreißen, Zerstören und Verderben, Bauen und Pflanzen«80 (Jer 1, 10) gleichgestellt mit dem Verständnis neutestamentlicher Prophetie als Schriftauslegung. Das Verkündigungsamt umfasst bei Zwingli und Bullinger also ganz eindeutig sowohl die sozial- als auch die re ligionskritische Aufgabe der alttestamentlichen Propheten als auch die kirchlich leitende Rolle der christlichen Bischöfe, und die hermeneutische Funktion der Schriftausleger. Von dieser Identifikation der Prediger mit den Propheten findet man bei Bucer hingegen nichts. Überhaupt reflektiert er in seinem Brieftraktat nicht auf das Amt als solches sondern nur auf dessen Aufgaben. Wir wissen jedoch, dass Bucer um 1530 ein anderes Verständnis der Prophetie vertrat. Bereits in der ersten Auflage seines Kommentars über die Synoptiker (1527) hat er die Gabe der Prophetie vom Lehramt der Kirche unterschieden. Im Bezug auf die für das »reformierte« Amtsverständnis zentrale Stelle Eph 4, 11 unterscheidet Bucer die Propheten von den doctores aufgrund einer besonderen Offenbarung, die ihrer prophetischen Botschaft zugrunde liegt. Die prophetische Gabe ist nach der Zeit der alten Kirche wohl nicht ganz verschwunden, aber doch sehr außergewöhnlich geworden81. In der letzten Auflage des Evangelienkommentars (1536) hat Bucer diese Interpretation der prophetischen Gabe noch eingehender behandelt. Er bezieht sich jetzt auf die Autorität des Chrysostomos und »anderer heiliger Väter« und stellt fest, dass die neutestamentlichen Geistesgaben nach dem Zeitalter der Apostel obsolet geworden seien. Obwohl er es noch immer Zwingli, Von dem Predigtamt (Z 4, S. 393–398); ders., Fidei Ratio (Z 6/2, S. 813–816); ders., Kommentar zum 1. Korintherbrief (Kapitel 14, S 6/2, S. 177). 80 Jer 1, 10. 81 »Ubique Prophetas eos dicit, qui per instinctum et afflatum Dei docentur quae doceant, quaeque ad aeficationem Ecclesiae loquantur. Doctores vero qui eruditi sunt per homines, et humano more ex sanctis libris, licet id non absque dono et facultate spiritus, sine quo nulla omnino ratione sacra percipi possunt. Atque hinc iam liquet, praesentem Ecclesiam, ut de doctoribus per spiritum Dei formatis gloriari possit, de Prophetis certe non posse, quos si non omnino nullos, certe perpaucos, eosque nimis obscuros habet.« Bucer, Enarrationum in evangelia libri duo, Teil 3, fol. 108r–109v. Vgl. Bucer, Ad Ephesios, fol. 85r. Über Bucers Auslegung von Eph 4, 11 im Rahmen seiner Theorie von einem mehrgliedrigen Amt vgl. McKee, Plural office, S. 133–170. 79
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für möglich hält, dass Prophetie vereinzelt noch vorkommen kann, steht für Bucer jetzt fest, dass der Herr, nachdem das Evangelium in der Welt angenommen wurde, seine Kirche nur noch mittels Unterricht und Überzeugung aufbauen will82 . Diese cessationistische Auffassung der biblischen Charismata, die durch Calvin eine große Wirkungsgeschichte erreichte, reflektiert Bucers definitive Absage an die hochgestellten prophetischen Erwartungen der Täufer. So weist er noch in seinem Römerbriefkommentar von 1536 deren Identifizierung der Prophetie mit der gewöhnlichen Verkündigung explizit zurück83 . Es gibt also einen auffälligen Unterschied zwischen Bucer und Bullinger im Blick auf den prophetischen Aspekt der Schriftauslegung. Diese Differenz kann auf zwei Weisen erklärt werden: Einmal war die Ausklammerung oder die Benützung des Prophetenbegriffs für beide eine strategische Angelegenheit. Gegenüber dem Anspruch auf ein prophetisches Verstehen der Schrift seitens der radikalen Reformation und deren Anziehungskraft in den eigenen Reihen sah Bucer sich genötigt, den Prophetenbegriff beinahe vollständig auszuklammern84 . Bullinger hingegen operationalisierte diesen Begriff bei seiner Bekämpfung der Zürcher Täufer. Für ihn war es von strategischer Wichtigkeit zu betonen, dass gerade der reformierte Prediger der legitime Erbe des biblischen Propheten sei. Zum anderen treten hier die stadtpolitischen Unterschiede zwischen Straßburg und Zürich zutage. Bullinger konzipierte seine Auffassung vom Prophetenamt nicht nur gegenüber den Täufern, sondern vor allem im Blick auf den Rat. Die Prediger sollten auch nach der Schlacht von Kappel das Recht behalten, den konfessionspolitischen Kurs des Rates zu thematisieren, freilich nur, wie Bullinger immer wieder betont, maßvoll85 . Für den Straßburger aber kam eine solche politische Rolle der Prediger kaum in Frage, erschien ihm doch das alttestamentliche Model einer sozialkritischen Prophetie in seinem Kontext als kaum brauchbar. 7.3 Bullinger und Bucer über die Hörer Bei Bullinger finden wir 1532 noch keine Reflexion auf die Hörer und deren geistliche Lage. Er warnt die Prediger nur davor, dem Wunsch des Volkes nachzukommen, das die Missstände der Papstkirche auf der Kanzel detailliert an82 »Cum enim tam receptum in orbe Evangelium fuit, voluit Deus solita docendi persuandique ratione Ecclesiam suam aedificare.« Bucer, In Sacra quatuor evangelia, S. 291. 83 »Videntur igitur qui prophetiam et simplicem enarrationem scripturae verbique Dei praedicationem studio hominum paratam, utcumque et illa nemini contingere possit absque certa vi spiritus, nec etiam rite administrari, eandem faciunt, haudquaquam sequi Apostolum, et dona quoque primae Ecclesiae confundere.« Bucer, Metaphrases, S. 463. 84 Vgl. Van ’t Spijker, Offices, S. 46, der auf ein anti-täuferisches Motiv für die Ausklammerung des Prophetenbegriffes aus Bucers Ämterlehre hinweist. Ähnliches gilt für Calvin vgl. Balke, Calvijn, S. 244–252. 85 Bullinger, De prophetae officio (fol. 24r–25v; Bullinger, Schriften 1, S. 33–35).
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geprangert hören wollte. Nach Bullinger hat »das törichte Volk« gerne Prediger, die das Papsttum auf der Kanzel beschimpfen und verhöhnen. Obwohl er die meisten solcher Anklagen durchaus für zutreffend hält, plädiert Bullinger aber für Zurückhaltung gerade im Blick auf die Schwachen in der Gemeinde. Damit berühren wir ein Leitmotiv in Bullingers Wertschätzung der Hörer: die Sorge um die Erbauung der Schwachen in der Gemeinde 86 : »Zuallererst aber ist danach zu suchen, was am wichtigsten und nützlichsten erscheint und den Herzen der einfachen Zuhörer am kräftigsten einzuprägen ist, aber so, dass alles seinen Platz und seine Form hat und in höchstem Maße dem Glauben und der Liebe gemäß ist.«87 Sowohl der Nutzen der Hörer als auch die Norm von Glaube und Liebe sind wegweisend bei der Predigt. Um dieses Ziel zu erreichen, plädiert Bullinger gerade im Blick auf unkundige Menschen und in bewusster Abweichung der damaligen Zürcher Predigtpraxis für Themenpredigten88 . In seinem Musterbeispiel solcher thematischer Predigten, den Decades sermonum quin que, bilden Glaube und Liebe den Zusammenhalt der ersten zehn Lehrreden89. Die Vermutung liegt also nahe, dass auch Bullinger, wie Bucer, vor allem diese Botschaft von Glaube und Liebe seinen Hörern einprägen wollte.
8. Fazit Das Thema »Glaube und Liebe« war im Reformationszeitalter eine geläufige Zusammenfassung der Botschaft der Schrift. Anfang der dreißiger Jahre benutzten sowohl Martin Bucer als auch Heinrich Bullinger das Begriffspaar zur Bezeichnung des zentralen Inhalts von Schrift und Verkündigung. Beide setzen jedoch auch eigene Akzente. Bucer versteht das Begriffspaar fast ausschließlich in seiner religiös-ethischen Bedeutung. Glaube und Liebe führen zur Vergebung von Sünden und zu einem erneuerten Lebenswandel in der Nachfolge Christi und der Erneuerung durch den Geist. Nach Bullinger hat die Verkündigung der Botschaft von Glaube und Liebe auch eine sozialkritische oder prophetische Dimension. Dem Prediger wird zugemutet, alles, was diesen Kern des Bundes verletzt, zu verwerfen, so als ob er ein alttestamentlicher Prophet wäre. Dabei soll er freilich das richtige Maß halten und sich durch die Regel des Glaubens und der Liebe führen lassen.
Bullinger, De prophetae officio, fol. 14v–15v (Bullinger, Schriften 1, S. 24 f.). Ebd., fol. 12r; Bulinger, Schriften 1, S. 21. 88 Bullinger, De prophetae officio, fol. 12rv; Bullinger, Schriften 1, S. 21. 89 Bullinger, Theologische Schriften 3/1. 86 87
Die Entwicklung einer eigenen Position: Bucer und die innerprotestantische Abendmahlskontroverse bis zum Tod Zwinglis und Oekolampads Stephen E. Buckwalter Die Entwicklung der theologischen Position Bucers im Rahmen der innerprotestantischen Abendmahlskontroverse bis zum Tod Zwinglis und Oekolampads ist schon der Gegenstand mehrerer gewichtiger Untersuchungen gewesen. Unter ihnen sind vor allem die grundlegende Münsteraner Arbeit Ian Hazletts von 1975, die Bucers abendmahlstheologisches Denken im Zeitraum 1523 bis 1534 behandelt, sodann die Neuenburger Dissertation Reinhold Friedrichs von 1990 , die neben dem Abendmahlsverständnis auch das Kirchenverständnis Bucers zwischen 1524 und 1541 unter die Lupe nimmt, und schließlich die Göttinger Dissertation Thomas Kaufmanns von 1992 , welche die Abendmahls theologie aller Straßburger Reformatoren zum Gegenstand ihrer Betrachtung macht, – allerdings nur bis zum Jahre 1528 – zu nennen. Im folgenden möchte ich nicht das, was Hazlett, Friedrich und Kaufmann bereits vor Jahren erarbeitet haben, einfach wiederholen, sondern einen frischen Blick auf unseren Gegenstand werfen, um Einsichten, die sich aus der editorischen Beschäftigung des Verfassers mit Bucers Werken ergeben, zur Diskus sion anzubieten. Dabei will ich ein Experiment wagen und anstatt mich auf Bucers Position in der Abendmahlskontroverse strikt zu beschränken, den Versuch machen, diese Haltung in Beziehung zu Bucers gleichzeitiger Haltung gegenüber den Täufern zu setzen – eine Perspektive, die durch meine derzeitige Editionstätigkeit bedingt ist. Kann die Betrachtung Bucers von diesen zwei verschiedenen Blickwinkeln aus uns möglicherweise eine präzisere Identifizierung seiner sich wandelnden theologischen Position ermöglichen? Dabei geht es freilich nicht darum, jede einzelne der Schriften Bucers zwischen Sommer 1523 bis Herbst 1531 unter diesen Gesichtspunkten zu referieren, sondern nur darum, seine theologische Entwicklung in großen Linien nachzuzeichnen.
Hazlett, Development. Friedrich, Fanatiker. Kaufmann, Abendmahlstheologie.
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Die Forschung ist sich einig, dass Bucers abendmahlstheologische Position in seiner frühesten gedruckten Schrift, dem an Rat und Gemeinde der Stadt Weißenburg gerichteten Summary seiner Predig vom August 1523, weitgehend mit derjenigen Luthers übereinstimmt . Bucer beschreibt dort das Abendmahl als nichts anderes »dann entpfahung des leibs und bluts unsers herren Jhesu Christi« . Kurz danach schreibt er etwas genauer: Um den Glauben an die durch den Tod Christi am Kreuz vollzogene Sündenvergebung zu bestätigten und zu bekräftigen, habe Christus »uns das brot, das sein eigner worer leib ist, geben zu nyessen«. Wenige Zeilen später wiederholt Bucer unmissverständlich, dass es Christi »leib« sei, »den wir im brot nyessen« . Diese klare Anerkennung der leiblichen Realpräsenz wird dann noch deutlicher in seiner gegen den Franziskaner Thomas Murner gerichteten, umfangreichen Abhandlung De caena do minica vom Juni 1524 sowie in seiner im Oktober desselben Jahres erschienenen Schrift Das Luthers und seiner nachfolger Lehre christlich und gerecht ist10 . So bekräftigt Bucer etwa in letzterem Werk, dass man kraft der Einsetzungsworte glauben dürfe, »das [. . .] der leib vnd das blut Jesu Christi im brot vnd wein« seien11. Wir können also feststellen: Bis Herbst 1524 befindet Bucer sich trotz der einen oder anderen Nuance letztlich in grundsätzlicher Übereinstimmung mit Luthers Abendmahlsverständnis12 . Die entscheidenden Divergenzen – darin sind sich alle Forscher einig – entstehen erst ab diesem Zeitpunkt. Bevor wir aber auf die grundsätzlich neue Situation eingehen, die der Straßburg-Aufenthalt Andreas Karlstadts im Oktober 1524 auslöste, lohnt es sich, kurz einen erneuten Blick auf Bucers Werk De caena dominica13 vom Juni 1524 zu werfen. Denn über die schon festgestellte weitgehende Übereinstimmung mit Luther hinaus gibt es in diesem Werk einige eigentümliche Akzente, die Beachtung verdienen. So finden wir hier eine überraschend deutliche Unterscheidung zwischen den äußeren Zeichen und dem von diesen bezeichneten Martin Butzers an ein christlichen Rath und Gemeyn der statt Weissenburg Summary seiner Predigt daselbst gethon (BDS 1, S. 69–147). Vgl. Hazlett, Development, S. 41–45 und 67; Friedrich, Fanatiker, S. 14 f.; Kaufmann, Abendmahlstheologie, S. 83 und 90–95. BDS 1, S. 117, Z. 7 f. Ebd., S. 117, Z. 30 – S. 118, Z. 2 ; vgl. auch Hazlett, Development, S. 42–45; Friedrich, Fanatiker, S. 14 f.; Kaufmann, Abendmahlstheologie, S. 86–95. BDS 1, S. 118, Z. 6. BOL 1, S. 17–58. Vgl. hierzu Hazlett, Development, S. 51–63; Friedrich, Fanatiker, S. 15; Kaufmann, Abendmahlstheologie, S. 152–171. 10 BDS 1, S. 310–344. Vgl. hierzu Friedrich, Fanatiker, S. 15; Kaufmann, Abendmahlstheologie, S. 174–176. 11 BDS 1, S. 330, Z. 3 f. 12 So auch Hazlett, Development, S. 67–69; Friedrich, Fanatiker, S. 17 f.; Kaufmann, Abendmahlstheologie, S. 163–171. 13 Vgl. oben Anm. 9.
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geistlichen Sachverhalt. Dies führt zu keiner Infragestellung der leiblichen Realpräsenz, denn Brot und Wein sind für Bucer »gerade als Leib und Blut Christi das signum«, das Zeichen, das den Heilstod Christi in Erinnerung ruft14 . Als Beispiel eines solchen sakramentalen Zeichens nennt Bucer aber auch die Wassertaufe, eine res externa, durch welche Gott die von ihm verheißene innere Geisttaufe bestätigt15 . In diesem Kontext gewinnen die Begriffe promissio und testamentum neben signum zentrale Bedeutung. Bucer deutet den christlichen Glauben nämlich als Entsprechung zur alttestamentlichen Bundesverheißung, als Erfüllung der von Gott gestifteten ברית, seines Bundes16 . Bucer stellt sogar unter Berufung auf Gen 17,11 eine Parallele zwischen dem Abendmahl und der Beschneidung her17. In beiden Fällen dient ein durch Menschen zu vollziehendes äußeres Zeichen dazu, eine verheißene Gabe Gottes zu bestätigen. Die Heilszusage Gottes, die ihre Erfüllung im Abendmahl erfahre, setzt Bucer mit dem in Jer 31 verheißenen neuen Bund gleich18 . Mit Bucers Rede von der Kirche als einer Erwählungsgemeinschaft, die in direkter Kontinuität mit dem Alten Bund steht, begegnet hier erstmals das Argumentationsgerüst, welches in seiner späteren Auseinandersetzung mit dem Täufertum entscheidende Bedeutung gewinnen wird19. Karlstadts Besuch in Straßburg Anfang Oktober 1524 wirkte, wie bekannt, beunruhigend und verunsichernd auf die Straßburger Prediger20 , nicht zuletzt deshalb, weil er jeglichen Kontakt mit ihnen mied und seinen klandestinen Aufenthalt nutzte, um seine in Basel frisch gedruckten Flugschriften in Umlauf zu bringen 21. Aller persönlichen Antipathie zum Trotz, welche die Straßburger Prädikanten Karlstadt gegenüber hegten, fanden seine theologischen Ansichten, vor allem in Bezug auf das Abendmahl, bei ihnen einen gewissen Anklang22 . Für unsere Fragestellung ist auch der Umstand interessant, dass Karlstadt als jemand wahrgenommen wurde, der nicht nur die leibliche Realpräsenz im Abendmahl, sondern auch die Legitimität der Säuglingstaufe in Frage stellte 23 . Möglicherweise von noch größerem Einfluss auf das Denken Bucers und seiner Kollegen in der Abendmahlsfrage war aber der Besuch Hinne Rodes in Straß BOL 1, S. 36, Z. 2–5; vgl. Kaufmann, Abendmahlstheologie, S. 154. Kaufmann, Abendmahlstheologie, S. 155; vgl. auch Deppermann, Hoffman, S. 152. 16 BOL 1, S. 23, Z. 10 – S. 32, Z. 4. 17 BOL 1, S. 24, Z. 10–21 und S. 25, Z. 2–7. 18 BOL 1, S. 25, Z. 16–28. 19 Bucer verwendet diese Argumentation etwa in seiner Auseinandersetzung mit Pilgram Marbeck; vgl. QGT 7, S. 395, Z. 30–398, Z. 13 sowie S. 416, Z. 29–35 und S. 417, Z. 19–35. 20 Vgl. Barge, Karlstadt 2, S. 207–214; Zorzin, Karlstadt, S. 100–109. 21 Hierbei handelt es sich wohl um die von Zorzin, Karlstadt, S. 105 als Nr. 65 bis 71 bezeichneten Flugschriften. 22 Vgl. hierzu Deppermann, Hoffman, S. 153; Hazlett, Development, S. 70–73; Friedrich, Fanatiker, S. 19 f.; Kaufmann, Abendmahlstheologie, S. 181–190; Müsing, Karlstadt, S. 169–195. 23 Vgl. Buckwalter, Stellung, S. 53. 14
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burg im November 1524, der den Abendmahlstraktat des Cornelisz Hoen mitbrachte24 . War die leibliche Realpräsenz im Abendmahl bisher in Straßburg nicht hinterfragt worden, so wird sie im Zuge dieser beiden Besuche nun nicht nur in Frage gestellt, sondern endgültig aufgegeben. Ich überspringe an dieser Stelle die eifrige Korrespondenz, welche die Straßburger Ende 1524 mit den Predigern in Basel, Zürich, Nördlingen, Nürnberg und Wittenberg führten 25 , um gleich auf die zusammenfassende Präsentation der Straßburger Theologie überzugehen, die im Januar 1525 in Gestalt von Grund und Ursach26 veröffentlicht wurde. Auffällig an dieser Schrift ist ein besonders ausgeprägter Gegensatz von Geist und Fleisch. Bucer beruft sich erstmals ausdrücklich auf Joh 6,63 (»das Fleisch ist nichts nütze«), um seine Leser »vom fleisch, von leiplichen elementen auff den geist und geistliche übungen zu füren [. . .].«27 Gott ist Geist, und deshalb soll man ihn »im geist mit worem glauben allein dienen [. . .] und mit keinen usserlichen cerimonien [. . .].«28 Christus hat nur zwei leibliche Zeremonien verordnet, Taufe und Abendmahl. Es ist wichtiger zu fragen, »warumb er uns solche eingesetzt habe, dann was sye in inen selber seyen«29. Das Abendmahl hat Gedächtnischarakter30 . Sein Ziel ist die geistliche Nießung des Fleisches und Blutes Christi durch den Glauben 31 : »dasselbig brot und denselbigen kelch [. . .] lassen 32 ein figur, gedenckzeichen und bedeütung sein des woren einigen leybs und bluts Christi, wölche dann leyplicher gestalt nit me bey uns sein sollen.«33 Von einer Realpräsenz des menschlichen Leibes Christi in den Abendmahlselementen ist also nicht mehr die Rede. Was die Taufe betrifft, so unterscheidet Bucer zwischen Wassertaufe und Geisttaufe noch ausdrücklicher als in De caena domini: »Der Tauff Christi, der mit dem heilgen geist und fewer teüfft, tilcket die sünd und machet kinder gottes; der wasser tauff ist desselbigen ein eüsserlich zeichen [. . .].«34 Heilsbedeu24 Vgl. hierzu Hazlett, Development, S. 91 und 93–95; Friedrich, Fanatiker, S. 20; Kaufmann, Abendmahlstheologie, S. 205. 25 Diese wird in Hazlett, Development, S. 70 f. und 75–85; Friedrich, Fanatiker, S. 19– 21; Kaufmann, Abendmahlstheologie, S. 217–237 ausführlich besprochen. Die Briefe selbst sind in BCor 1, Nr. 81–83, S. 281–297 ediert. 26 Grund und ursach auß gotlicher schrifft der neüwerungen an dem nachtmal des herren, so man die Mess nennet, Tauff, Feyrtagen, bildern und gesang in der gemein Christi, wann die zusammenkompt, durch und auff das wort gottes zu Straßburg fürgenommen (Januar 1525, BDS 1, S. 194–278). 27 Ebd., S. 229, Z. 36 – S. 230, Z. 1 und 248, Z. 10 f.; Friedrich, Fanatiker, S. 22; Kaufmann, Abendmahlstheologie, S. 244 f. 28 BDS 1, S. 225, Z. 32 f.; Kaufmann, Abendmahlstheologie, S. 241. 29 BDS 1, S. 248, Z. 18–20. 30 Vgl. Friedrich, Fanatiker, S. 22. 31 Kaufmann, Abendmahlstheologie, S. 250. 32 Imperativ Plural. 33 BDS 1, S. 251, Z. 22–24; vgl. auch Hazlett, Development, S. 87. 34 BDS 1, S. 254, Z. 36 – S. 255, Z. 2 ; vgl. auch Kaufmann, Abendmahlstheologie, S. 242; Stephens, Holy Spirit, S. 221.
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tung kommt natürlich nur der Geisttaufe zu, denn »es bindt gott sein gnad nit an wasser [. . .].«35 Ungefähr zum selben Zeitpunkt, als diese Zeilen Bucers gedruckt wurden, brachen in Zürich die Zwingli-Schüler Konrad Grebel und Felix Mantz endgültig mit ihrem Meister und erteilten sich gegenseitig die Taufe36 . Bucers Grund und Ursach steht also in engem zeitlichen Kontext mit dem aufkommendem Abendmahlsstreit und der entstehenden Täuferbewegung und bildet die theologische Ausgangsposition, von der aus Bucer sich diesen beiden Herausforderungen stellen sollte. Man ist zunächst versucht anzunehmen, dass Bucers Reaktion auf beide Phänomene, nur dieselbe sein konnte: Seine krasse Unterscheidung zwischen äußerem, von Menschen vermitteltem Zeichen und innerem, vom Heiligen Geist bewirktem Vorgang konnte – so meint man auf dem ersten Blick – zu keinem anderen Ergebnis führen, als dass er die täuferische Behauptung, die Erwachsenentaufe sei heilsnotwendig, mit genau denselben Argumenten verwarf, die ihn dazu führten, Luthers Annahme der leiblichen Gegenwart Christi in den Abendmahlselementen abzulehnen. Der Eindruck, Bucer habe auf beide Konflikte mit einer homogenen, in sich kohärenten Position reagieren können, täuscht jedoch. Denn die Täufer, die sich ab Frühjahr 1526 in wachsender Zahl in Straßburg bemerkbar machten und bei Prädikanten und Ratsherren für Unruhe sorgten, waren alles andere als theologisch einheitlich. Und die inhaltliche Auseinandersetzung mit ihnen erwies sich als keineswegs vorhersehbar. Zum einen, weil diese Täufer gerade das geringe Gewicht, das Bucer auf die äußeren Zeichen legte, auch gegen Bucer einsetzen konnten. Wenn der Straßburger Reformator in Grund und Ursach schrieb, »du wendest dich wohin du wilt, so mustu mir den tauff als ein eüsserlich ding frey lassen, das gott an kein zeit bunden hat«37, so konnten die Täufer fragen, weshalb denn die städtischen Prädikanten auf eine Taufe ausgerechnet im Säuglingsalter Wert legten. Wenn Bucer sogar behauptete, es sei »ein schmach Christi [. . .] sagen oder meinen [. . .], das [. . .] ein kindt nit möchte selig werden«, wenn es keine »eüsserliche wasserteüffe« empfange38 , dann konnten die Täufer zu Recht fragen: Warum denn Kinder überhaupt noch taufen? 39 Der Konflikt zwischen Bucer und den Täufern ist auch deshalb schwer kategorisierbar, weil er nicht nur die wahre Lehre betraf, sondern auch die richtige Kirchenpraxis. Das Hauptargument aller täu BDS 1, S. 257, Z. 31. Fast, Flügel, S. 6 f.; Goertz, Täufer, S. 20 und 76. 37 BDS 1, S. 260, Z. 12 f. 38 Ebd., S. 257, Z. 25–28. 39 Die eigentümlichen Schwierigkeiten Bucers, sich vom Spiritualismus der Täufer zu distanzieren, kommt in vielen Abschnitten seiner Getrewen Warnung der Prediger des Evangelii zu Straßburg uber die Artickel, so Jacob Kautz, Prediger zu Wormbs kürtzlich hat lassen auß gohn vom Juli 1527 (BDS 2, S. 225–258) zum Ausdruck; vgl. dazu Buckwalter, Stellung, S. 63. 35
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ferischen Gruppierungen war das Ausbleiben sichtbarer ethischer Früchte der Reformation und das Fehlen einer kollektiven moralischen Erneuerung. Eben dies blieb auch für Bucer zeit seines Lebens ein Hauptanliegen. Ein Theologe, der Theologie »stets zugleich als Ethik« begriff und entfaltete, wie Martin Greschat schreibt40 , musste Schwierigkeiten haben, sich von einer Gruppierung zu distanzieren, die genau dasselbe tat41. Wie sah nun Bucers Position im Sommer des Jahres 1526 aus, mitten im Abendmahlsstreit und nach ersten Auseinandersetzungen mit Täufern wie Wilhelm Reublin42 und Hans Wolff43 ? Eine Antwort lässt sich aus dem Vorwort gewinnen, das Bucer im Juli dem vierten Band seiner lateinischen Übersetzung der Postille Luthers voranstellte und den Evangelischen in Italien widmete44 . Darin nimmt er nicht nur zu dem derzeit heftig wütenden Sakramentsstreit Stellung, sondern geht auch auf die Täufer ausführlich ein. Dem strengen Biblizismus und dem ethischen Rigorismus der Täufer begegnet er, indem er unter Hinweis auf I Tim 1,5 (»Die Hauptsumme des Gebotes ist die Liebe«) die dilec tio als summa legis zum Ausgangs- und Orientierungspunkt aller Einzelgebote macht. Gerade diese Hauptregel verlören die Täufer durch ihre wörtliche Anwendung der Bergpredigt aus den Augen, so Bucer, denn die Nächstenliebe verpflichte dazu, das Gemeinwesen gegen Angreifer zu schützen45 . Der Vorwurf mangelnder Liebe ist bei Bucer vielschichtig und taucht in seinen weiteren Äußerungen zu den Täufern immer wieder auf46 . Gerade in dieser mangelnden Liebe und weniger in ihrer abweichenden Lehre wird er die Ketzerei der Täufer begründet sehen47. Bucer stellt in diesem Vorwort erneut eine Analogie zwischen der alttestamentlichen Beschneidung und der christlichen Taufe her und beschreibt letztere als äußeres Zeichen der Aufnahme in die Gemeinschaft der
Ders., Bucer, S. 43. Vgl. hierzu besonders Goertz, Täufer, S. 67–75. 42 Zur Anwesenheit Reublins in Straßburg vgl. den Beschluss des Straßburger Rates vom 23. März 1526 (QGT 1, Nr. 45, S. 51 f.) sowie den Brief Wolfgang Capitos an Zwingli vom 4. April 1526 (Zwingli Bw. 2, Nr. 465, S. 557 f.). 43 Bucer beschreibt ihn im Brief an Zwingli vom 17. Mai 1526 (BCor 2, Nr. 125, S. 112, Z. 20–28). 44 Bucer an die Brüder in Italien vom 27. Juli 1526 (BCor 2, Nr. 135, S. 146–165). 45 Ebd., S. 156, Z. 334–344. 46 Vgl. etwa seine Briefe an Margarethe Blarer vom 19. August (BCor 6, Nr. 4 48, S. 63, Z. 6–18), vom 31. August (ebd., Nr. 455, S. 92,Z. 8 – S. 93, Z. 2) und vom 19. September 1531 (BCor 6, Nr. 465, S. 125, Z. 4 –11). 47 Wie Hamm, Toleranz und Häresie, S. 85–106 zeigt, wird der Begriff der Liebe für Bucer später entscheidend für die Bestimmung von Häresie. Der Straßburger Reformator gelangt zu der Überzeugung, dass Häresie letztlich nicht in einem dogmatischen Irrtum, sondern in der Preisgabe von Liebe bestehe. Vgl. dort bes. S. 100 f.: »Das entscheidende Problem bei den Täufern ist daher in Bucers Augen ihre verletzende Lieblosigkeit und Unduldsamkeit, mit der sie den Andersdenkenden die brüderliche Gemeinschaft verweigern, sie verachten und verdammen [. . .].« 40 41
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Erwählten48 . In seinen Äußerungen zum Abendmahl schließt Bucer weiterhin eine presentia carnalis aus, kann aber von einer »wahrhaften geistlichen Gegenwart«49 kraft des Glaubens sprechen. Bucers Synoptikerkommentar vom März 152750 , seine Getrewe Warnung gegen den in Worms wirkenden Täufer Jacob Kautz vom Juli desselben Jahres51 und sein Epheserkommentar vom September 152752 erlauben uns dann eine Bestandsaufnahme seiner theologischen Entwicklung ein Jahr später. Im Synoptikerkommentar misst Bucer den äußeren Zeichen eine auffallend größere Bedeutung als früher zu. Wie bereits im Vorwort an die Evangelischen in Italien erhält die Wassertaufe als äußeres Zeichen des Eintritts in die Kirche zentrale ekklesio logische Bedeutung53 . Gleichwohl hütet Bucer sich davor, sie als heilsnotwendig zu bezeichnen, sonst wäre sie ein Werk. Die Geisttaufe bleibt somit von der Wassertaufe getrennt. Ein Jahr später sollte Bucer im Johanneskommentar präzisieren: »Durch die Wassertaufe werden wir in die äußere, durch die Geisttaufe in die innere Kirche Gottes aufgenommen [. . .].«54 Er spricht gar von der Kirche als einer »externa societas«55 , die durch die äußeren Zeichen von Taufe und Abendmahl erhalten werde, aber mit der Gemeinschaft der Erwählten nicht deckungsgleich sei. Fragt man nach der Zuordnung von Äußerem und Innerem, so erkennt man eine eigentümliche Spannung zwischen zwei Schriften Bucers, die beide aus der zweiten Hälfte des Jahres 1527 stammen. Während seine Schrift Getrewe Warnung56 gegen diejenigen polemisiert, die das äußere Wort und die Sakramente schmähen, greift der nur zwei Monate danach veröffentlichte Epheserkommentar diejenigen an, die dem äußeren Wort und den Sakramenten zuviel zuschreiben57. In weiteren Schriften, die im Laufe des Jahres 1527 erschienen, bekennt sich Bucer – im Unterschied zu Luther, aber ähnlich wie Zwingli – zu Joh 6 als einem für das Abendmahl unmittelbar relevanten Text 58 . Doch Bucer setzt andere Akzente als Zwingli. Vers 63 (»das Fleisch ist nichts nütze«), war für Zwingli zen Bucer an die Brüder in Italien vom 27. Juli 1526 (BCor 2, Nr. 135, S. 154, Z. 238–254). Ebd., S. 154, Z. 247 f. und S. 148, Z. 384 – S. 160, Z. 450. Vgl. dazu Friedrich, Fanatiker, S. 39. 50 Enarrationvm in Evangelia Matthaei, Marci & Lucae libri duo (1527 bei Johann Herwagen in Straßburg, VD 16 B 8871; Bucer Bibliographie, Nr. 22, S. 46 f.). 51 Vgl. oben S. 102, Anm. 39. 52 Epistola D. Pavli ad ephesios, qva rationem Christianismi breuiter iuxta & locuplete [. . . ] exlicat [. . . ] (1527 bei Johann Herwagen in Straßburg, VD 16 B 5105; Bucer Bibliographie, Nr. 25, S. 48 f.). 53 Hammann, Bucer, S. 169. 54 »Baptismo aquae in externam Dei Ecclesiam, Baptismo spiritus in internam recipimur [. . .].« (BOL 2, S. 73); vgl. auch Hammann, Bucer, S. 170. 55 BOL 2, S. 388. 56 Vgl. oben S. 102, Anm. 39. 57 Vgl. hierzu Hazlett, Development, S. 201. 58 Zum folgenden vgl. bes. Hazlett, Auslegung . 48 49
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tral, weil er darin einen metaphysischen Dualismus bestätigt fand, der Geist und Materie einander radikal entgegensetzt und es unmöglich macht, die Heils taten Christi leiblich zu empfangen. Ian Hazlett hat gezeigt, dass für Bucer inzwischen die Verse 51 bis 58 viel wichtiger geworden waren. Er interpretierte sie vor dem Hintergrund der Einsetzungsworte59. Gerade Vers 51 (»dieses Brot ist mein Fleisch, das ich geben werde für das Leben der Welt«) verstand Bucer als Auslegung von »Nehmet, esset, das ist mein Leib, der für euch gegeben wird«. Die geistliche Nießung, die für Bucer so entscheidend war, fand er in Johannes 6,55 begründet: »mein Fleisch ist die wahre Speise«. D.h. nach Bucers Verständnis: Wenn Christus an uns handelt mit den sichtbaren, äußerlichen Zeichen Brot und Wein, dann schenkt er sich in einem parallelen Vorgang unserer Seele als cibus animae, als wahre Seelenspeise. Eine leibliche, äußerliche Nießung dieser Seelenspeise kann es nicht geben. So ist für Bucer das entscheidende metaphorische Bindeglied nicht wie bei Zwingli das est im Sinne von significat in »hoc est corpus meum«, sondern viel eher das Verb »essen«, wie es in Johannes 6,51–58 benutzt wird60 . Dies betont er ausdrücklich in einem Brief an Zwingli am 18. Februar 1531: »Metaphoram [. . .] agnosco in verbo manducandi.«61 Wir stellen also für den von uns in Blick genommenen Zeitraum fest, dass Bucer seine Abendmahlsposition mit neuen exegetischen Einsichten und theologischen Sprachbildern zunehmend präzisiert und dabei Brücken baut, die ihn allmählich näher an Luther bringen. Er ist hierbei stets bestrebt, die für ihn typische strikte Unterscheidung zwischen dem äußeren Zeichen und der inneren, gottgewirkten Gabe aufrechtzuerhalten, aber zugleich auf eine im Wort Gottes begründete Korrelation oder Verknüpfung zwischen beiden Ebenen hinzuweisen. Diese Korrelation findet er spätestens ab 1527 durch die Bibelstelle I Kor 3,5–9 bezeugt: Die Verwalter der Sakramente sind, wie Apollos und Paulus, lediglich Gottes Mitarbeiter, sie pflanzen und gießen durch ihre äußere Handlung, das Gedeihen aber gibt Gott. Nur er schenkt das Heil62 . Im Jahr Ebd., S. 82 f. und 85–87. Ebd., S. 83. 61 BCor 5, Nr. 393, S. 276, Z. 17 – S. 277, Z. 1. 62 Zur Verwendung von I Kor 3,5–9 in diesem Sinne vgl. etwa Bucers Getrewe Warnung (Juli 1527, BDS 3, S. 240, Z. 21 f.), seine Predigt bei der Berner Disputation (Januar 1528, BDS 2, S. 290, Z. 13–17), sein Gutachten über die Schwabacher Artikel (November 1529, BDS 3, S. 458, Z. 3 –13), sein Widmungsschreiben an die Marburger Universität (März 1530, BCor 4, Nr. 279, S. 60, Z. 4 –16) sowie die ursprüngliche Fassung (›Handschrift B‹), die überarbeiteten Fassungen und die Apologie der Confessio Tetrapolitana (Juli/August 1530, BDS 3, S. 98 f. und S. 231, Z. 5 –15). Vgl. auch Hazlett, Development, S. 199, 212 f., 304 und 309. Zu den augustinischen Wurzeln dieser Unterscheidung Bucers zwischen unmittelbarem Gnadenwirken Gottes und kirchlicher Vermittlung vgl. Hamm, Unmittelbarkeit, bes. S. 4 40, Anm. 157: »Die genannten Vertreter eines gemäßigten Spiritualismus (besonders Bucer) kommen mit ihrer Verbindung von Prädestinationstheologie, Geisttheologie und Schriftprinzip unter den reformatorischen Theologen der Intention Augustins am nächsten«. 59
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1528 kommt dann der von Luther übernommene Begriff der unio sacramentalis hinzu. Nach Bucers Interpretation63 garantiert diese sogenannte »sakramentliche Einigkeit«, dass Brot und Wein keine leeren Zeichen sind, sondern dass uns im Abendmahl mit Brot und Wein tatsächlich Christi wahrer Leib und sein wahres Blut dargereicht werden, und zwar »zu warer speiß vnd warem tranck des ewigenn lebens«64 . Durch Oekolampads Vermittlung entdeckt Bucer schließlich in den griechischen Kirchenvätern die Kronzeugen für eine Haltung, welche Christi Gegenwart im Abendmahl auf eine fast materiale Weise umschreiben kann, ohne deren letztlich geistlichen Charakter in Frage zu stellen65 . So schreibt etwa Johannes Chrysostomus, Christus gebe sich uns im Abendmahl regelrecht »zu sehen, zu fassen, und zu essen«, aber zugleich fasse man den Leib Christi niemals mit den leiblichen Sinnen, sondern empfange ihn nur mit dem Geist 66 . Ganz ähnlich setzt Bucer sich mit den Täufern auseinander. Auch hier ist er bestrebt, zwischen dem äußeren Zeichen der Wassertaufe und der gottgewirkten Gabe der Geisttaufe streng zu unterscheiden. Wie aber ist die Kindertaufe zur Abwehr der täuferischen Erwachsenentaufe aufzuwerten, ohne die Heilsgewissheit an ein äußeres Zeichen zu binden? Dies gelingt Bucer mithilfe des Theologumenons der Erwählung, das ja spätestens seit 1524 eine zentrale Rolle in seinem Denken spielt67 : Das Heil des Menschen geht einzig und allein auf Gottes Erwählung zurück, nicht auf irgendeine äußere menschliche Handlung. Aber die »Tatsache der Erwählung«, um Gottfried Hammann zu zitieren, erfordert »eine sichtbare [. . .] Gemeinschaft«68 . Oder anders ausgedruckt: »Die Auserwählten haben einen institutionellen Rahmen für ihre Gemeinschaft nötig [. . .].«69 Eintritt in diese institutionelle, äußere Kirche erlangt man durch die Wassertaufe. Sie ist die öffentliche Beglaubigung des Eintritts in die Kirche. Ein wahrer Zugang zur Gemeinschaft der Auserwählten, eine wahre Integration in den Leib Christi, also eine ›Geisttaufe‹ bedeutet dieses Wasserbad aber nur für die Auserwählten. Und da wir Menschen nicht in der Lage sind, zwischen Erwählten und nicht Erwählten zu unterscheiden, muss »allen der Zugang zur Herde Christi offen« gehalten werden70 . Die Kindertaufe ist also eine ekklesiologische Notwendigkeit. Die äußere Kirche war für Bucer niemals mit der Gemeinschaft der von Gott Vgl. Hazlett, Development, S. 240–249; Friedrich, Fanatiker, S. 49–52; Kaufmann, Abendmahlstheologie, S. 431–437. 64 Gutachten für den Kemptener Rat vom 31. Dezember 1532(BDS 8, S. 92, Z. 19 f.). 65 Vgl. Greschat, Bucer, S. 120 f. 66 Vgl. etwa Bucers Bekenntnis für den Schweinfurter Tag vom 1. April 1532 (BDS 8, S. 51 f.) sowie sein Abendmahlsgutachten für den Kemptener Rat vom 31. Dezember 1532 (BDS 8, S. 83, 86 und 88–90). 67 Vgl. hierzu Stephens, Holy Spirit, S. 23–41 sowie die Ausführungen Marc Lienhards in BOL 1, S. 14 und 31 mit Anm. 58. 68 Hammann, Bucer, S. 139. 69 Ebd., S. 137. 70 Ebd., S. 171. 63
Die Entwicklung einer eigenen Position
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Erwählten identisch. Einzug in die Erwählungsgemeinschaft erhält man nur durch die Geisttaufe. Diese Geisttaufe ist jedoch »an das ›äußere Bad‹ gebunden, weil Christus es so gewollt hat«71, ebenso wie er gewollt hat, dass die gläubigen Seelen mit der Darreichung der Abendmahlselemente Brot und Wein den Leib und das Blut Christi empfangen72 . Obwohl die Geisttaufe und die geistliche Nießung des cibum animae mit der Wassertaufe und der Darreichung des Brotes und des Kelches niemals identisch sind, bekommen die Erwählten mit dem einen auch das andere. Zuletzt soll auf einer ganz anderen Ebene auf eine unerwartete Gemeinsamkeit zwischen Bucers Konflikt mit den Täufern und seiner Auseinandersetzung mit Luthers Abendmahlslehre hingewiesen werden73 . Die Präsenz einer abweichenden täuferischen Gruppe innerhalb der Stadtmauern wurde in Straßburg als innenpolitische Bedrohung empfunden, denn sie stellte die Einheit der städti schen Kirche in Frage – derjenigen städtischen Kirche, die man kurz vorher mühsam aus der Vormundschaft des altgläubigen Klerus befreit hatte. Darüber hinaus bedrohte die dauerhafte Präsenz von Täufern die außenpolitische Handlungsfähigkeit der Stadt, denn Straßburg konnte kaum ein politisches Bündnis mit den Lutheranern anstreben, solange es als Zufluchtsstätte von Häretikern galt. Nur so ist es zu erklären, dass ein Mann wie Jakob Sturm, der jeglicher Verfolgung von Andersglaubenden abhold war, zu einem, wie Thomas A. Brady es ausgedrückt hat, »Architekten der Verfolgung«74 geworden ist. Aber auch die Überwindung des Abendmahlsstreits war dringend notwendig, um die außenpolitische Isolation Straßburgs und der oberdeutschen Reichsstädte zu beenden und den Anschluss an den Schmalkaldischen Bund zu erreichen75 . Am Ende des Jahres 1531 war Bucer von diesen Zielen noch weit entfernt: Die Auseinandersetzungen mit Pilgram Marbeck, Melchior Hoffman und Kaspar von Schwenckfeld standen noch bevor. Seine Bemühungen um eine Einigung waren nicht nur bei Luther auf kein nennbares Echo gestoßen, sie hatten bei Zwingli sogar die berühmte epistola irata vom 12. Februar 1531 hervorgerufen, in welcher der Zürcher Bucer bittet, ihn fortan mit seinen Konkordienbemühungen zu verschonen76 . Lediglich Melanchthon hatte Bucer einen Ansatz zur Hoffnung gegeben und ihm in einem Brief vom Mai 1531 gestanden, dass er den Streit zwischen Luther und Zwingli immer missbilligt habe77. Ebd., S. 170. Vgl. Hazlett, Development, S. 344. 73 Zum Folgenden vgl. Brady, Architect, S. 129–148, bes. S. 146–148. 74 Vgl. oben Anm. 73. 75 Vgl. hierzu Hazlett, Development, S. 228–232. 76 BCor 5, Nr. 389, S. 261–266. »Summa summarum: perstamos perpetuo, neque aliter credas me unquam sensurum, etiam si orbis diuersum sentiat, quam et nunc et antea sensimus! Parce hac in re labori et chartae!« Ebd., S. 266, Z. 5 –8. 77 »Nunquam enim placuit mihi haec violenta et hostilis digladatio inter Lutherum et Cinglium« BCor 6, Nr. 426, S. 1, Z. 8 f. 71
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Die Überschreitung der Grenze: Bucers Annahme der Confessio Augustana und deren Apologie Wolfgang Simon »Uß dem schlüß ich nun offenbar, so es die ordnung Gottes also haltet, das Christus Jesus nach syner uffart nit so(e)lle lyplich by uns syn, das er noch vil weniger mag lyplich im Brot gegessen werden.« Diese Sätze diktierte Bucer noch 1528 dem Protokollanten der Berner Disputation in die Feder. Nicht einmal vier Jahre später veranlasst er die Unterzeichnung der sächsischen Bekenntnisschriften, deren Apologie behauptet: »Christum [. . .] corporaliter nobis exhiberi in coena« . Während auf lutherischer Seite diese Unterschrift als Triumph und Widerruf Bucers wahrgenommen und im Siegestaumel theologisch weitgehend unhinterfragt blieb, äußerte sich das oberdeutsch-zwinglianische Lager erwartungsgemäß kritisch. So fragt Bonifatius Wolfhart, der mittlerweile in Augsburg wirkende ehemalige Assistent Bucers: »Ist, weil die Bündnisse zusammenbrachen, weil der unbesiegbare Zürcher Held fiel, weil der fromme Oekolampad seinem Schicksal erlag, ist deswegen auch die Wahrheit, die ihr zusammen mit jenen offen bekannt habt, untergegangen? Wenn sie nicht die Wahrheit ist, warum habt ihr sie dann nicht schon früher bekämpft? Wenn sie es aber ist [. . .], was lasst ihr euch dann so schnell von ihr abbringen?« Für besondere Verärgerung musste die Schweinfurter Unterschrift aber bei den schweizerischen Protestanten sorgen, hatte Bucer doch gerade erst vor wenigen Wochen die von den Altgläubigen geschlagenen Zürcher heftig kritisiert BDS 4, S. 133, Z. 9 –12. BSLK, S. 248, Z. 23 f. »An quia foedera collapsa sunt, cecidit inuictus Tigurinus heros, fato concessit pientiss[imus] Oecolampadius, ueritas quoque, quam vna cum illis professi estis, simul occubuit? Si ueritas non est, cur eam non pridem impugnastis? Sin est, id quod sane praeter spiritus oracula analogia fidei euincit, cur ab ea tam cito dimouemini?« Bonifatius Wolfhart an die Straßburger Brüder vom 12. Mai 1532 (BCor 8, Nr. 584, S. 46, Z. 5 –9). Wolfhart wirft Bucer vor, aus (religions)politischem Opportunismus widerrufen zu haben, verweist auf unüberbrückbare theologische Differenzen zwischen zwinglianischer und lutherischer Abendmahlslehre und attestiert Bucer die Abkehr von Oekolampad und Zwingli. Bucer beantwortet die Vorwürfe einzeln und ausführlich in seiner Antwort an Wolfhart und die Augsburger Brüder von Ende Mai 1532 (BCor 8, Nr. 591, S. 73–123).
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und ihre gewiss nicht begeisterte Annahme des Zweiten Kappeler Landfriedens als treulosen Verrat an Gott und den Verbündeten gebrandmarkt . Am 12. Juli 1532 reagiert dann der Nachfolger Zwinglis, Heinrich Bullinger. Er unterstellt Bucer, auf nicht weniger als einen Anschluss der Zwinglianer an Luther zu zielen . Der Wittenberger aber könne in puncto Bildung oder theologische Urteilskraft weder Oekolampad noch Zwingli den Nachttopf reichen . Und höflicher, aber spürbar verbittert fährt Bullinger fort, die Zürcher wollten die Schweinfurter Unterschrift »weder gutheißen noch missbilligen, da eine Tat [. . .] nicht ungeschehen zu machen ist. Gewiss hätten wir so etwas nie und nimmer getan, ohne euch zu Rate zu ziehen. Aber vielleicht hat Gott es ja so beschlossen, dass wir einmal von aller menschlichen Unterstützung und Gemeinschaft verlassen werden sollen. Doch frisch auf, Gottes Wille geschehe!« Beide Kritiken münden also in den Vorwurf, Bucer habe in Schweinfurt schlicht die Seiten gewechselt, seine frühere Position aus Opportunismus verraten und die eigene Bekenntnisschrift der lutherischen Lehre untergeordnet. Dies nötigt zu einem Blick auf die dortigen Ereignisse.
1. Was geschah in Schweinfurt? 1.1 Die Anerkennung der Confessio Tetrapolitana seitens der Lutheraner Die Oberdeutschen befanden sich vor den Verhandlungen in einer schwierigen Lage: Kaiser Karl V. suchte den Protestantismus zu spalten. Deshalb hatte er sein Waffenstillstandsangebot nur an die Unterzeichner der Confessio Augusta na gerichtet. Die vier der Tetrapolitana verpflichteten Städte drohten damit zum Kollateralschaden eines Abkommens zwischen Lutheranern und Kaiser zu
Das geht aus Bullingers Schreiben an Bucer von Anfang Februar 1532 (BCor 7, Nr. 550, S. 247, Z. 4 –6) hervor. Zu dieser Debatte vgl. ferner Bucer an Leo Jud nach 4. Mai 1532 (BCor 8, Nr. 581, S. 21–28); Bullinger an Bucer nach dem 15. Mai (ebd., Nr. 585, S. 54–58). »Tota autem epistola tua in hoc uersatur potiss[imum], ut nobis persuadeas Luthero uel subscribamus uel cedamus in eucharistiae negotio [. . .].« Bucer an Bullinger vom 12. Mai 1532 (BCor 8, Nr. 610, S. 207, Z. 5 –7). »Si uero quis pietatis restitutionem, eruditionem piam et iuditium in sacris acerr[imum], laborem indefessum et constantiam prudentiamue exercitatissimam puro contempletur animo, iam Lutherus neque Capnioni neque Erasmo neque Pellicano neque Oecolampadio neque Zuinglio, primarijs in uera religione uiris, uel matulam poterit porrigere.« BCor 8, Nr. 610, S. 211, Z. 21 – S. 212, Z. 2. »Iam uero, quod rebus publicis uestris non modo permisistis, uerum etiam authores fuistis subscribendi Confessioni Saxonic?, nec probare nec improbare uolumus, quum factum, ut fertur prouerbio, infectum esse nequit. Sane nos tale quippiam inconsultis uobis minime fecissemus. Verum ita fortassis a Deo statutum, ut semel omni destituamur humano auxilio et sodalitio. Sed age, ›fiat uoluntas Domini‹.« Bullinger an Bucer vom 12. Juli 1532 (BCor 8, Nr. 610, S. 214, Z. 14–19).
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werden, wenn sie nicht einen Weg fänden, die beiden Bekenntnisschriften zu kompatibilisieren. Nun machte Bucer schon lange keinen Hehl daraus, dass er die Lehre der sächsischen Bekenntnisschriften annehmbar fand . Und in der Tat hatte sich seit dem Marburger Religionsgespräch ja auch eine Entwicklung ergeben, die in der zentralen Frage nach der leiblichen Gegenwart Christi im Mahl einen Korridor der Hoffnung zwischen den fest möblierten Zimmern Luthers und Zwinglis erkennen ließ. So hatte Luther sich von der Vorstellung einer räumlich-sinnlichen Leiblichkeit Christi im Mahl abgegrenzt und Zwingli sogar in der Fidei Ratio einen Weg gefunden, die Rede von der leiblichen Gegenwart Christi positiv aufzunehmen. Bucer war dabei durchaus klar, dass identische Terme keineswegs denselben Sachgehalt bezeichneten, aus Nachbarschaft der Positionen also keine Wohngemeinschaft werden musste. Aber die Unterschrift von Schweinfurt musste ja nur eine Vereinbarkeit und keine Identität der Bekenntnisse zum Ausdruck bringen. Zudem hatten führende Lutheraner den Oberdeutschen diesen Weg auch ausdrücklich eröffnet. Schon auf dem Augsburger Reichstag wollten die säch Bereits kurz nach der Übergabe der Confessio Augustana schreibt Bucer am 5./6. Juli 1530 an Zwingli: »Horum confessio perquam lenis est, etsi adhuc magis mascula, quam ferant pontificij.« BCor 4, Nr. 306, S. 120, Z. 4 f. Vgl. auch Bucers Rekurs auf die Confessio Augusta na in seinem Brief an Zwingli vom 25. August 1531 (BCor 4, Nr. 329, S. 226, Z. 25 – S. 227, Z. 2) hatte Melanchthon schon bei der Abfassung seiner Apologie eine mögliche Beendigung des innerprotestantischen Abendmahlsstreites im Blick; denn im Mai 1531 schreibt er an Bucer: »Apologia mea edita est, in qua locos de iustificatione, de poenitencia et quosdam alios videor mihi ita tractasse, ut aduersarij praegrauari se intellecturi sint. Περὶ εὐχαριστίας pauca dixi, profecto non vt exulcerem hoc negocium, quod vtrinque malo consilescere, quia non volunt ἡγούμενοι nostri conuenire. Sed dabit Deus aliquando et in hac re ecclesiae suae pacem.« BCor 6, Nr. 426, S. 2 , Z. 1–6. Bucer urteilte entsprechend: »In Apologia Philippus rem sic tractauit, vt equidem bona conscientia ausim eis subscribere. Nam carnalem Christi nobiscum vnionem eam intelligit, de qua loquitur Cyrillus, cuius verba adducit. Vulgarium [=Theophylact] mallem non adductum, cum transsubstantiationi faveat.« Bucer an Ambrosius Blarer vom 21. September 1531 (ebd., Nr. 466, S. 128, Z. 8 – S. 129, 3). »Octavo credo, quod in sacra eucharistiae (hoc est: gratiarum actionis) coena verum Christi corpus adsit fidei contemplatione, hoc est: quod ii, qui gratias agunt domino pro beneficio nobis in filio suo collato, agnoscunt illum veram carnem adsumpsisse, ver in illa passum esse, vere nostra peccata sanguine suo abluisse et sic omnem rem per Christum gestam illis fidei contemplatione velut praesentem fieri.« Z 6/2, S. 8 06, Z. 6–12. Vgl. bereits Zwingli an Thomas Wyttenbach vom 15. Juni 1523, Z 8, S. 87, Z. 3 –35. In seiner wohl »katholischsten« Schrift De convitiis Eckii lehrt Zwingli sogar eine gleichsam sinnliche Gegenwart des ganzen Christus: »Cum vero panis et vinum, quae ipsis domini verbis consecrata sunt, simul fratribus distribuuntur, an non iam totus Christus velut sensibiliter (ut etiam, si verba requirantur, plus dicam, quam vulgo solet) sensibus etiam offertur?« Z 6/3, Nr. 167, S. 260, Z. 3 –7. Er beteuert, er habe nie bestritten, dass Christi Leib sakramental und im Mysterium im Mahl gegenwärtig sei: »Et nos nunquam negavimus corpus Christi sacramentaliter ac in mysterio esse in coena, tum propter fidei contemplationem, tum propter symboli, ut diximus, totam actionem.« Z 6/3, Nr. 167, S. 264, Z. 23 – S. 265, Z. 3. Zwingli beruft sich dabei auf die von Bucer so oft bemühte patristische Formulierung, dass der Leib Christi wahrhaft im Mahl sei: »Quo factum est, ut veteres dixerint corpus Christi vere esse in coena [. . .].« Z 6/3, Nr. 167, S. 263, Z. 3 f.
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sischen Räte sich die Position ihrer Straßburger Kollegen »wohl gefallen lassen« und hoben zumindest nach dem Eindruck des Straßburger Vertreters Jakob Sturm hervor, dass Lutheraner und Oberdeutsche in der Sache ja einig seien10 . Auch der erste Schmalkaldische Bundestag 1530 hatte ausdrücklich eine Einhelligkeit11 zwischen Augustana und Tetrapolitana festgestellt. Es gab sogar sächsische Vertreter, welche die Straßburger Bekenntnisschrift zur Brücke für die Aufnahme der Schweitzer machen wollten. Nach dem Bericht der Ulmer Gesandten vom 2. April 1531 teilte Johann Friedrich von Sachsen den Straßburgern nämlich mit: »Wo aber die aidtgenossen allain sacraments halben mit irer [sc. der Straßburger] confeßion zustimpten, so wollen sy sich mit in verpinden, ungeacht, ob schon der Luther und Zwinglin nit ainig werden, dann man verbend sich mit der oberkait und nit mit den pfaffen.«12 Die Straßburger konnten also davon ausgehen, dass die Lutheraner die Confessio Tetrapolitana zumindest insoweit anerkannten, als die Bündnisfähigkeit berührt war. Damit bestand eine gemeinsame theologische Grundlage, welche einen Dissens in Grundwahrheiten ausschloss. Wie stand es aber nun mit der Anerkennung der Confessio Augustana seitens der Oberdeutschen?
10 Vgl. Sturm und Pfarrer an die Straßburger Dreizehn vom 31. Oktober 1530 (PC 1, Nr. 829, S. 535). 11 Vgl. Jakob Sturm an Nicolaus Kniebs vom April 1532 (PC 2, Nr. 139, S. 113). Auf dem ersten Schmalkaldischen Bundestag hatte Jakob Sturm am 30./31. Dezember 1530 die Abendmahlslehre der Confessio Tetrapolitana mit den Vertretern der lutherischen Position, insbesondere mit Kursachsen, Brandenburg-Ansbach und Nürnberg, diskutiert. Man einigte sich darauf, die schweizerischen Städte dann in den Bund aufzunehmen, wenn sie den Abendmahlsartikel der Confessio Tetrapolitana akzeptierten. Vgl. Sturms Relation über die Verhandlungen vom 17. bis 31. Dezember (PC 1, Nr. 861, S. 569); Bucer an Berchthold Haller von Anfang Januar 1531 (BCor 5, Nr. 370, S. 162, Z. 12–17). Vgl. dazu Köhler, Zwingli und Luther 2, S. 251 f.; Winckelmann, Bund, S. 55 f., 190. Auf dem zweiten Schmalkaldener Bundestag (29. März – 3. April 1531) forderten die Sachsen am 2. April dann allerdings den gleichen Bekenntnisstand als Bedingung für einen Beitritt. Vgl. die Relation Jakob Sturms und Jakob Meyers über die Verhandlungen (PC 2, Nr. 33, S. 32). Vgl. dazu Köhler, Zwingli und Luther 2, S. 274; Winckelmann, Bund, S. 106. Die Straßburger nehmen hier also auf den ersten und nicht auf den zweiten Tag von Schmalkalden Bezug (gegen RTA J 10/3, Nr. 325, S. 1251, Anm. 9). 12 Zitiert nach Fabian, Entstehung 1524, S. 182, Anm. 9 01. Die Straßburger konnten die Akzeptanz ihrer Abendmahlslehre insofern voraussetzen, als bereits auf dem ersten Schmalkaldischen Bundestag (22.–31. Dezember 1530) die sächsischen Räte Albrecht von Mansfeld und Hans von der Planitz im Auftrag der Fürsten am 31. Dezember 1530 die Straßburger baten, mit den Schweizern Beitrittsverhandlungen zu führen, »sover si unsern [sc. der Straßburger] artikel der confession auch bekennen wollten« (PC 1, Nr. 861, S. 569). Wenn auf den anschließenden Treffen auch keine konkreten Konkordienverhandlungen geführt wurden, so diskutierten die Gesandten doch durchaus auch die Differenzen in Sakramentstheologie und Bekenntnisstand. Der sächsische Gesandte Hans von Mickwitz wies nach der Relation Jakob Sturms und Jakob Meyers (PC 2, S. 30) auch ein Jahr später, auf dem zweiten Bundestag, noch darauf hin, dass »Luther und Bucer sich des Sacraments wegen verglichen« hätten und dies in alle Welt zu verbreiten sei.
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1.2 Die Anerkennung der Confessio Augustana seitens der Oberdeutschen Bucer, Kaspar Hedio und Matthias Zell13 hatten für die Verhandlungen ein Gutachten zur Confessio Augustana erstellt14 . Dieses verhehlt seine Abhängigkeit von der Tagespolitik nicht. Schon die konditional formulierte Einleitung lässt keinen Zweifel an der politischen Vorbedingung der theologischen Expertise: »Wo allein vff der Fürsten Confession handlung des fridlichen anstands wolte fürgenomen werden, möchte man vnsers verstands vnnd glaubens sich mit Gott vnnd gu(o)tem gewissen der maß inn die sachen schicken.«15 Demnach sind die dann folgenden Ausführungen als eine Strategie aufzufassen, wie die Unterzeichner der Tetrapolitana die sächsischen Bekenntnisschriften guten Gewissens akzeptieren können. In Frage steht also eine Straßburger Interpretation des sächsischen Bekenntnisses und nicht etwa die Übernahme der lutherischen Position, wie Bullinger argwöhnte. Dass letzteres in Schweinfurt geschehen sei, bestreitet Bucer später vehement, etwa in seinen Rechtfertigungsschreiben an Bonifatius Wolfhart16 und Bullinger17. Er habe vielmehr versucht, dem Wortlaut der Bekenntnisschriften einen Sinn abzugewinnen, der einer oberdeutschen oder schweizerischen Position nicht widerspricht. Eine Zuspitzung auf die Streitfragen der manducatio oralis oder der manducatio impiorum sei unter diesen Vorzeichen schon deshalb unsinnig, weil zwar manche Lutheraner, aber nicht die Confessio Augustana oder deren Apologie die Gegenwart Christi im Mahl mithilfe dieser Vorstellungen beschreiben18 . Eine zweite Einschränkung machen die Straßburger Prediger dann mit ihrer Konzentration auf die Lehre der Confessio Augustana. Ausdrücklich wollen sie keine Verpflichtung auf die Sakramentspraxis oder auf die Liturgien der Lutheraner. Und auch die Lehre machen die Straßburger sich nicht zu eigen, sie befinden an ihr nur »nichs, ann dem vorstendige christen scheuehen soltenn«19. Diese Vgl. Bucer an Wolfhart vom 12. Mai 1532 (BCor 8, Nr. 591, S. 87, Z. 1–4). Gutachten über die Confessio Augustana (BDS 4, S. 416–427). Die Edition besorgte Gerhard Müller, ein Teilabdruck findet sich PC 2, S. 107–109. 15 BDS 4, S. 418, Z. 4 –7. 16 »Nec illud in meis literis est, quod subijcit: Vultis, inquit, vt doceamus corpus Christi edi corporaliter et essentialiter. Tam saeue obiurgaturum oportebat certius consyderare, quae hunc in modum velit exagitare. Hoc ego consului, vt faceretis quod nos fecimus, h[oc] e[st] reciperetis vos nihil Confessioni et Apologiae Saxo[nicae] pugnans aut diuersum docturos, idque tum, cum a Caesare esset vestris pax, quae forsan dabitur vobis, recipienda.« Bucer an Wolfhart gegen Ende Mai 1532 (BCor 8, Nr. 592, S. 100, Z. 1–7). 17 »Hoc agebam in illis litteris, concordiam cum Luthero vobis non temere esse reijciendam eoque illum absque vrgente causa haudquaquam irritandum; deinde, si istuc non liberet, quae ille scribit, dare vos operam, vt rite intelligeritis.« Bucer an Bullinger von Ende August 1532 (BCor 8, Nr. 626, S. 305, Z. 11–14). 18 Vgl. Bucers ausführliche Explikation dieses Sachverhalts für die Situation in Augsburg in seinem Brief an Wolfhart von Ende Mai 1532 (BCor 8, Nr. 592, S. 112, Z. 4 – S. 114, Z. 2 und S. 116, Z. 15 – S. 118, Z. 11). 19 BDS 4, S. 418, Z. 13. 13 14
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nicht affirmative und distanzierte Formulierung attestiert also nur die mögliche Unanstößigkeit einer fremden Lehre, die Identität der Positionen behaupten die Prediger gerade nicht. Entsprechend verhielten sich auch die oberdeutschen Gesandten. So berichtet der Vertreter Straßburgs bei den Schweinfurter Verhandlungen, Jakob Sturm, seinem Pendant auf dem Regensburger Reichstag, Nicolaus Kniebs, die Straßburger Delegation habe Folgendem zugestimmt: »Wer dan anders leret, dan die confession [sc. die Confessio Augustana] inhielt, von beiden sacramenten des taufs und nachtmols, dem wollten wir in solicher leer weder bistendig noch anhengig sein [. . .]; und nochdem ir confession mit der unsern einhellig, so weren wir willig, ir confession neben der unsern auch anzunämen und zu bekennen [. . .].«20 Die Straßburger gaben in Schweinfurt also zu keiner Zeit ihre Bekenntnisschrift preis. Als die Nürnberger Gesandten am 3. April eine entsprechende Forderung erhoben, wies Jakob Sturm diese explizit und entrüstet zurück: Die Tetrapolitana habe den Lutheranern vorher genügt, und jetzt hätten die Oberdeutschen die Confessio Augustana rezipiert, freilich »vtpote cum qua nostra conveniat«21. Ausdrücklich wurde also keine Unterordnung der Tetrapolitana vereinbart. Die Straßburger verpflichteten sich darauf, die Gegenlehre zur Confessio Augustana zu verwerfen 22 , ohne freilich festzulegen, wann oder durch wessen Urteil eine Lehre Gegenlehre zur Confessio Au gustana sei. Solange niemand die Formulierungen des sächsischen Bekenntnisses explizit negierte, blieb damit jede Durchsetzung dieser Verpflichtung umstritten. Wir werden unten sehen, dass der Unterschied zwischen expliziter und impliziter Leugnung einer Lehraussage eine wichtige Unterscheidung für Bucers Wahrheitsmodell darstellt. Hier berechtigt sie ihn zu seiner später häufig wiederholten Behauptung, er habe sich in Schweinfurt nur darauf verpflichtet, nichts zu lehren, was der Confessio Augustana widerstreitet, und sich nicht an deren Formulierungen anketten lassen 23 . Jakob Sturm an Nikolaus Kniebs von April 1532 (PC 2, S. 112 f.). Vgl. Bucers Bericht: »Rogati nostri hac de re moleste id ferre – vt par erat – prae se tul erunt, cum nostra illis antehac Confessio satisfecerit et insuper nunc ipsorum quoque Con fessionem recipiamus, vtpote cum qua nostra conueniat.« Bucer an Ambrosius Blarer vom 18. April 1532 (BCor 8, Nr. 578, S. 7, Z. 3 –5). Dass dies nicht nur die Straßburger Wahrnehmung ist, zeigt der Bericht der Ulmer Gesandten. Danach erklärte Jakob Sturm, die Straßburger wüssten »von derselben irer confession in kainen weg zu weichen, dann es ine bey menigk lich verweißlich und etwas spottlich sein wurd, wern aber (wie in dem bedencken auch angeregt) unbeschwert, deß churfürsten neben irer confession (dieweil sie ainander der leer halben gancz änlich) auch zu bekennen, derhalben sie achten, man wer billich mit ine zufrieden«. RTA J 10/3, Nr. 325, S. 1251, Z. 8 0–87. Dem Straßburger Rat berichtete Bucer, »daß die unsern im ausschuß die Sächsische Confession bekannt, doch der lehr halb der unsern unbegeben, und bei den ceremonien zu bleiben [. . .].« Brant, Annales Nr. 4971, S. 1532 vom 6. Mai 1532. 22 Vgl. PC 2, Nr. 140, Beilage III, S. 122; RTA J 10/3, Nr. 332, S. 1265 [Regest]. 23 »Ad haec aliud est, nihil pugnans Confessioni et Apologiae docere, aliud, his ipsis verbis de eucharistia disserere. Nos neque hic neque alibi verbis Confessionis et Apologiae alligari 20 21
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Die Oberdeutschen akzeptierten also nicht schlechthin die Confessio Augus tana. Ihrer Unterschrift in Schweinfurt geht eine grundsätzliche Anerkennung der Confessio Tetrapolitana durch lutherische Vertreter voraus. Zweitens bezog sich ihre Zustimmung nur auf die Lehre, aber nicht auf die Riten und drittens begründeten sie ihre Annahme aus der Vereinbarkeit mit der eigenen Lehrgrundlage, wodurch die Confessio Tetrapolitana eine kriterielle Geltung gegenüber der Confessio Augustana behielt und ihr insofern sogar sachlich übergeordnet blieb. Es ist daher irreführend, wenn etwa Walther Köhler als Ergebnis der Schweinfurter Verhandlungen formuliert: »Die Gleichberechtigung der beiden Konfessionen hatte einer Überordnung der Augustana Platz gemacht.«24 Und Rosemarie Aulinger, die Herausgeberin der einschlägigen Reichstagsakten, meint sogar, Bucer selbst habe mehrfach von einer Unterordnung unter die Confessio Augus tana gesprochen 25 . Ändert die geschickte Straßburger Taktik und Formulierungskunst aber etwas an der schlichten Wahrheit, dass Bucer eine leibliche Gegenwart Christi in Bern ablehnte, in Schweinfurt aber anerkannte? Eben darum geht es in der ausführlichsten Auseinandersetzung um die Ereignisse in Schweinfurt, die Bucer mit Heinrich Bullinger führt 26 . Die auch theologisch weit ausgreifenden Argumentationen beider möchte ich dabei unter dem Aspekt der Wahrheitsfrage betrachten. Da der historische Zusammenhang bereits mehrfach thematisiert wurde27, konzentriere ich mich auf die reine Argumentation.
2. Fünf Kriterien im Streit um die Wahrheit Klassisch unterscheidet man fünf Wahrheitsmomente, manchmal auch als Modelle bezeichnet. Deren nachfolgend gebotene Skizze ist freilich heuristisch gemeint und beansprucht keinesfalls eine Elementarisierung der im einzelnen oft sehr komplexen Theorien zu sein 28 . nos passi sumus, ita vt arbitri conabantur; nec minus id Saxones quam nos ipsi detrectarunt.« Bucer an Wolfhart von Ende Mai 1532 (BCor 8, Nr. 592, S. 121, Z. 3 –7). 24 Köhler, Zwingli und Luther 2, S. 290. 25 Vgl. RTA J 10/3, S. 1297, Anm. 5. In den von ihr für diese Behauptung in Anspruch genommenen Briefen spricht Bucer aber nur von einer Rezeption. 26 Die Diskussion beginnt mit Bucers Brief an Bullingers Ortskollegen Leo Jud vom 23. Juni 1532 (BCor 8, Nr. 598, S. 150–165), auf den Heinrich Bullinger (ebd., Nr. 610, S. 202–218) und Leo Jud (ebd., Nr, 611, S. 219–231) in Absprache am 12. Juli antworten. Wegen einer Erkrankung seiner Frau und seiner jüngsten Tochter kann Bucer darauf erst Ende August antworten. Er tut dies, indem er einzelne Abschnitte aus Bullingers Brief zitiert und sie minutiös zu widerlegen sucht (ebd., Nr. 626, S. 281–369). 27 Vgl. dazu die Beiträge von Christoph Strohm (oben S. 13–26) und Thomas Brady (oben S. 27–35). 28 Vgl. dazu Gloy, Wahrheitstheorien; Großhans, Kirche; Puntel, Wahrheitstheorien.
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Wahrheit wird einmal als Korrespondenz gedacht. Wahr, so sagt etwa Thomas von Aquin, ist eine Aussage dann, wenn sie dem von ihr bezeichneten Sachverhalt auch entspricht. Diese adaequatio rei et intellectus29 lässt nun offen, wer diese Übereinstimmung denn feststellten darf und wann Sache und Behauptung denn übereinstimmen. Darauf antwortet das zweite Kriterium, die Kohärenz. Danach hängt die Wahrheit eines Satzes davon ab, ob er mit anderen Sätzen vereinbar ist und ihnen nicht widerspricht. Widersprechen zwei Sätze einander, dann soll der Satz gelten, dessen Aussage unaufgebbar ist und der sich mit der größeren Zahl anderer wichtiger Sätze vereinbaren lässt. Offen bleibt hier freilich, wie die Grundlagen einer Theorie begründet werden sollen, aus denen die anderen Sätze allererst folgen. Darauf antwortet zumindest teilweise der Konsens als das dritte Moment, welcher eine Aussage dann als wahr qualifiziert, wenn sie nicht nur von einem, sondern allen oder möglichst vielen Beteiligten anerkannt wird. Dabei muss freilich die Wahrhaftigkeit der Diskursteilnehmer, die Geltung des reinen Arguments ohne sekundäre Machtansprüche und eine freie, vernunftgeleitete Zustimmung vorausgesetzt werden. Ob diese Faktoren je gegeben waren, darf füglich bezweifelt werden. Deshalb verfährt der vierte Ansatz nicht ideal, sondern pragmatisch und will Wahrheit nur als das Resultat einer für den Umgang mit Wirklichkeit hilfreichen Meinungsbildung verstehen. Betrachten wir jetzt einmal die Auseinandersetzung Bullingers mit Bucer und versuchen wir, diese hier skizzierten Momente in ihren Argumentationen zu identifizieren.
3. Heinrich Bullinger: Die logische Kohärenz der Wahrheit Der Zürcher formuliert seine materiale Kritik an Bucers Akzeptanz einer leiblichen Gegenwart Christi im Mahl mithilfe zweier klassischer Dreischritte nach Aristoteles. Erstens: Jeder Körper ist begrenzt. Christi Leib ist ein Körper, folglich ist Christi Leib begrenzt. Zweitens: Ein begrenzter Körper ist an einen Ort gebunden. Christi Leib sitzt nach der Schrift zur Rechten des Vaters. Folglich kann er nicht gleichzeitig im Mahl sein 30 . Nicht ausgeführt, aber impliziert ist ein dritter Dreischritt: Jeder Mensch hat einen begrenzten Körper. Hat Christi Leib einen unbegrenzten Körper, um auch im Mahl gegenwärtig zu Vgl. Thomas, De veritate 1, 1c. »Si Christi corpus ad dexteram Dei corporaliter est, certe in coena corporaliter non est. Nec interim ignoramus, quid et quomodo locuti sint ueteres. Porro, si in dextera Patris et in coena simul et semel corporaliter est, corpus Christi infinitum est. Quod autem infinitum est, corpus non est. Ergo Christi corpus corpus non est.« Bullinger an Bucer vom 12. Juli 1532 (BCor 8, Nr. 610, S. 213, Z. 8 –13). Vgl. dazu Bucers weiterführende Unterscheidungen in seiner Antwort von Ende August (ebd., S. 341, Z. 21 – S. 343, Z. 19). 29
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sein, dann ist Christus nicht wahrhaft Mensch. Die Behauptung einer leiblichen Gegenwart Christi im Mahl gefährdet also die wahre Menschheit Christi und droht die Naturen zu vermischen 31. Auf der Grundlage dieser beiden Dreischritte ergibt sich für Bullinger dann nur die Wahl zwischen der Wittenberger und der Zürcher Abendmahlstheologie. Dies begründet Bullinger auch mit Paulus: Nach dem Apostel kommt der Glaube aus dem Wort. Dieses wird dem einen offenbart, dem anderen nicht, dieser soll nach Paulus dann schweigen 32 . Diese Differenz zwischen Vollkommenem und Schwachem will Paulus unter dem Aspekt der Wahrheit aber nun gerade nicht nivellieren, auch nicht im Interesse der Einheit. Keinesfalls soll der Stärkere das Schlechte annehmen, sondern der Schwache soll zur Vollkommenheit geführt werden 33 . Daher widersteht Paulus auch dem judaisierenden Petrus34 . Auf die Abendmahlskontroverse übertragen, formuliert Bullinger deshalb alternativ: »Sag uns daher frei heraus, hochgelehrter Bucer, welche denn diese Art der Lehre ist [. . .], in der wir übereinstimmen [. . .], Luthers oder die unsere? [. . .] Wenn die Lehren beider Parteien identisch sind, wozu plagst Du dich dann um eine Konkordie, die ja durch die [beiderseitige] Zustimmung zur Wahrheit zustande gekommen wäre? Sind die Lehrfestlegungen aber verschieden und unsere Lehre volkommener, jene aber schwächer: warum rufst Du uns dann zu einer Konkordie auf, zu der Paulus nicht aufrief?«35 Für Bullinger steht fest: Luthers Lehre von der leiblichen Gegenwart stützt sich nicht auf die Schrift und ist widersprüchlich. Deshalb trägt Luther alle Schuld an diesem Streit, denn auf Zürcher Seite steht ja die beständige Wahrheit 36 . Dabei sekundiert ihm sein 31 Vgl. Zwinglis Schrift Amica exegesis [. . . ] ad Martinum Lutherum, Februar 1527 (Z 5, Nr. 104, S. 564, Z. 11 f.; S. 685, Z. 33 – S. 687, Z. 19). 32 »Scimus enim ›fidem ex auditu esse, auditum autem per uerbum Dei‹. Scimus item ab apostolo scriptum esse: ›Si quis loquitur, loquatur ut eloquia Dei‹; ›quodsi alij fuerit reuelatum assidenti, prior taceat‹ [. . .].« Bullinger an Bucer vom 12. Juli 1532 (BCor 8, Nr. 610, S. 207, Z. 10 f.). 33 »Equidem Paulus non uult concordi gratia suscipi imbecillius, sed infirmiores dicit ita a Deo duci, ut id amplectantur, quod sit perfectius.« Bullinger an Bucer vom 12. Juli 1532 (Ebd., S. 208, Z. 3 f.). 34 »Atqui tu hic uideris, Bucere, quid tulerit Paulus, quur tulerit et quamdiu tulerit. Ego sane longe alia inuenio in Actis ca. 15 et in Galatis, maxime cap. 2 , ubi et Petro nonnihil iudaizanti palam resistit in fatiem [. . .].« Ebd., S. 210, Z. 26–29. 35 »Edissere itaque nobis, doctissime Bucere, quodnam illud doctrine¸ genus sit, quod a Deo in eucharistia assequuti sumus, in quo nos consentimus eademque regula procedimus, Lutherine an nostrum? Certe Lutheri dogma infirmius est, id quod uel tui conuincunt libri, perfectius itaque nostrum. Si enim idem est utrorumque placitum, quid tu pro concordia laboras, que¸ alias per ueritatis coijt assensum? Si uero diuersum est et nostrum perfectius, illud infirmius, cur ad eam nos uocas concordiam, ad quam Paulus non uocauit?« Ebd., S. 208, Z. 5 –12. 36 »Hic autem perpetuo omittis, charissime Bucere, quorum culpa fiat, quo minus unum simus. Sane non nostra. A nostra enim parte stat constans ueritas et christiana simplicitas, que¸ a nobis tuto et sana consciencia deseri non possunt. Lutheri itaque culpa fit, quo minus congruamus.« Ebd., S. 211, Z. 10–14.
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Kollege Leo Jud: »Wir halten die Eintracht in Ehren, aber ohne Schaden für die Wahrheit«37 ; und weiter: »Wenn wir im Glauben und in der Sache verschiedener Ansicht sind, dann soll der, der irrt, nachgeben und die Eintracht ist wiederhergestellt.«38 Die alternative Zuordnung der Zürcher basiert also auf der strengen Geltung des Kohärenzkriteriums. Schon Aristoteles versah seine Begründung des Satzes vom Widerspruch 39 freilich mit dem Zusatz, dass zwei als unvereinbar behauptete Sätze in derselben Beziehung (näherhin der Sache und dem Wortlaut nach) und zwar gemäß demselben (in derselben Hinsicht, in gleicher Weise und zu derselben Zeit) gelten müssten. Erst wenn Luther und Zwingli wirklich dasselbe mit praesentia corporalis meinen, besteht ein ausschließender Widerspruch. Soll dieser behauptet werden, muss aber die Anzahl der Bedingungen, unter denen die Aussage »Christi Leib ist im Mahl gegenwärtig« oder »Christi Leib ist im Mahl nicht gegenwärtig« gelten soll, als geschlossen gedacht sein. Ist nämlich eine Perspektive anzugeben, unter der die in anderen Relationen widersprüchlich erscheinenden Zuordnungen von Subjekt und Prädikat vereinbar sind, dann fällt auch die Behauptung einer alternativen Geltung. Von den Aussagen »Die Sonne scheint« oder »Die Sonne scheint nicht« kann nur eine wahr sein. Diese Alternative besteht aber nur, solange der zweite Satz nicht aus der Perspektive eines Blinden gewählt wird, aus der beide Aussagen weil unterschiedlichen Perspektiven und Voraussetzungen zuzuordnen, dann wieder miteinander vereinbar sind. Damit muss Bullingers Abweis der lutherischen Lehre eine gemeinsame Perspektive auf das Abendmahl voraussetzen, die er aber nicht aufgewiesen hat. Das Kohärenzmodell hat aber noch weitere Schwächen: Wer bestimmt, nach welchen Kriterien was als kohärent gelten soll? Bullingers unbedingte Geltung logischer Kohärenz unterscheidet nicht zwischen Theologie und theologischer Rationalität, und sie droht zu verkennen, dass auch die plausibelste Abendmahlstheologie ein Werk bleibt, das dem Geschehen nachgeordnet und auf eine pneumatische Außenperspektive angewiesen ist40 . Und führt eine allein auf lo37 »Concordiam colemus, sed absque dispendio veritatis, absque fidej iactura.« Jud an Bucer vom 12. Juli 1532 (BCor 8, Nr. 611, S. 211, Z. 15 f.). 38 »Si fide et re dissentimus, cedat qui erret et resartietur concordia.« Ebd., S. 226, Z. 17 f. 39 »Dass nämlich dasselbe [Prädikat] demselben [Subjekt] und in derselben Beziehung (und dazu mögen noch die anderen näheren Bestimmungen hinzugefügt sein, mit denen wir logischen Entwürfen ausweichen) unmöglich zugleich zukommen und nicht zukommen kann.« Aristoteles, Metaphysik 3, 3 (1005b). 40 Vgl. das Votum Friedrich Daniel Ernst Schleiermachers: »Die Systemsucht stößt freilich das Fremde ab, sei es auch noch so denkbar und wahr, weil es die wohlgeschloßnen Reihen des Eigenen verderben, und den schönen Zusammenhang stören könnte, indem es seinen Platz forderte; in ihr ist der Sitz der Widersprüche, sie muß streiten und verfolgen; denn in so fern des Einzelne wieder auf etwas Einzelnes und Endliches bezogen wird, kann freilich Eins das Andere zerstören durch sein Dasein.« Schleiermacher, Über die Religion, Zweite Rede, S. 85, Z. 20–25.
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gische Kohärenz gegründete Argumentation nicht zu einem infiniten Regress, weil die Kohärenz der Kohärenz stets unaufgewiesen bleibt? Bullinger muss zudem mit einer idealsprachlich verfasst gedachten Wirklichkeit41 und einer für alle fixierbaren Bedeutung von Begriffsinhalten rechnen, etwa wenn er von Eigenschaften des Körpers auf die Rede vom Leib schließt42 und die exegetisch wie systematisch gerade interessanten Differenzen zwischen beiden Begriffen nur als Unschärfe in den Blick bekommt. So muss dieses Modell mit einem flächig explizierbaren Gesamtzusammenhang rechnen, Wahrheit wird zur Wohlordnung des Ganzen. Wie reagiert Bucer nun auf diesen im Namen theologischer Kohärenz präsentierten Wahlzwang Bullingers?
4. Martin Bucer: Korrespondenz, Kohärenz und Pragmatik der Wahrheit 4.1 Die Unterscheidung zwischen innerer Glaubensüberzeugung und Wahrheit Bucer leugnet nicht, dass Kohärenz ein Wahrheitskriterium sei. Aber gerade dann, wenn man die Anwendung des Kohärenzkriteriums auf die Spitze treibt, erkennt man nach Bucer auch dessen Grenze. Das demonstriert er an Bullinger selbst. So ist offensichtlich, dass Bullinger irrt, wenn er meint, Luther bekämpfe nur aus Böswilligkeit die Zürcher Abendmahlslehre. So etwas ist ein falsches Zeugnis gegen den Bruder. Dieses widerspricht Gottes achtem Gebot. Wer aber Gottes Gebote verachtet, der verachtet Gott selbst. Wer aber Gott verachtet, der ist ein gottloser Diener des Teufels43 . Aus jedem Irrtum, sagt Bucer scharfsin41 Vgl. dagegen das Beispiel Ludwig Wittgensteins (Philosophische Untersuchungen 1, S. 66 f.): »Betrachte z. B. einmal die Vorgänge, die wir Spiele nennen. Ich meine Brettspiele, Kartenspiele, Ballspiele, Kampfspiele, usw. Was ist allen diesen gemeinsam? – Sag nicht: ›Es muß ihnen allen etwas gemeinsam sein, sonst hießen sie nicht ›Spiele‹ – sondern schau, ob ihnen allen etwas gemeinsam ist. – Denn wenn du sie anschaust, wirst du zwar nicht etwas sehen, was allen gemeinsam wäre, aber du wirst Ähnlichkeiten, Verwandtschaften, sehen, und zwar eine ganze Reihe. Wie gesagt: denk nicht, sondern schau!« 42 Bereits Ockham sah das Wesen eines Fehlschlusses darin, dass er in seinen Prämissen dasselbe auf Verschiedenes bezieht und vorgibt, dasselbe werde von demselben zugleich bejaht und verneint. Vgl. Rieger, Contradictio, S. 114. 43 »Tu plane erras, quod putas lutherum scientem veritati circa eucharistiam repugnare. Iam si ego tibi velim ea impingere, quae iste error secum trahit, vide, qualem te facturus sim. Primum, quicumque falsum testimonium de fratre dicit, contemnit praeceptum Dei, qui id vetuit. Qui contemnit, non credit. Qui vnum in scriptura locum non credit, nullum credit, sed nec Deum. Nam quisquis Deum esse agnoscit, is supra omnia metuendum et obseruandum eiusque scripturae et praeceptis morem gerendum dubitare non potest. Dicam ergo te prorsus nihil credere, omni scripturae fidem derogare, nullum Deum credere, totum esse impium et atheum eoque mancipium Satane, instrumentum ad omne scelus paratum.« Bucer an Bullinger von Ende August 1532 (BCor 8, Nr. 626, S. 324, Z. 8 –18).
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nig, kann der Sturz von Himmel und Erde abgeleitet werden44 . Wo aber lässt sich eine Sicherung für solch ein Dogmatik-Domino einbauen? Bucer antwortet mit einer Unterscheidung. Anscheinend modern differenziert er zwischen einer persönlichen Glaubensüberzeugung und der Wahrheit, wenn er fortfährt: »Wer aber wollte so grausam sein, dass er gegen den Bruder dieses Fehlers wegen, selbst wenn er gewaltig irrte, Anklage erhöbe, wenn der sich weder irgendeines Fehlers bewusst ist, noch dessen, was in diesem Irrtum enthalten ist?«45 Bucer schützt durch diese Unterscheidung einmal die innere Glaubenserkenntnis vor einer Logikkaskade, die unversehens aus Brüdern Ketzer macht. Die Entzogenheit der inneren Glaubenserkenntnis anderer hält fest, dass nur Gott, aber nicht Bullinger über das urteilen kann, was Luther vom Glauben wirklich erkannt hat. Die Türen an den Wohnungen in Bucers Abendmahlshaus haben also keine Fenster. Zum anderen kann Bucer mit dieser Unterscheidung aber auch die Wahrheit vor einer exklusiven Inanspruchnahme durch Personen schützen. Als bleibendes Gegenüber zu möglicherweise privatistischen Kohärenzmodellen hält seine Unterscheidung die Anzahl der Perspektiven, unter denen eine Aussage gelten soll, offen und schützt vor einem buchstabengläubigen propositionalen Wahrheitsverständnis, welches die unterschiedlichen Abendmahlstheologien vorschnell alternativ in Stellung bringt. Zudem etabliert diese Gegenüber-Perspektive der Wahrheit die Möglichkeit des persönlichen Irrtums: »Ihr täuscht euch gewaltig«, mahnt Bucer Bullinger, »wie sehr auch Heilige irren können, und ihr nehmt zu wenig wahr, welche Kraft ein Irrtum haben kann.«46 Deshalb, sagt Bucer, kann Bullinger selbst nicht weniger irren als Luther47. Bei der Möblierung der Zimmer droht der persönliche theologische Geschmack also das Leben zu verfehlen. Es ist damit Bucer, der zumindest in diesem Kontext als erster die Frage stellt: Wohnst Du noch oder lebst Du schon? Bucers Gegenüber von Wahrheit und Glaubensüberzeugung nötigt also dazu, Lehrdifferenzen nicht zu zementieren, sondern immer wieder zu relativieren, das heißt: zu einander in Beziehung zu setzen und für eine einvernehmliche Verständigung offen zu halten. Gleichwohl drängt eine Glaubenserkenntnis nach außen und darauf, dass alle Welt sie annehme. Das gesteht Bucer jeder Abendmahlslehre, selbstverständlich auch der Bullingers, zu. 44 »Non inficior tamen, quando error quilibet veritati pugnat, si velis excutere, quid parere ex se eciam hic error possit, ostendes facile eum ce¸ lum et terram evertere ipsumque Deum profligare.« Ebd., S. 325, Z. 12–14. 45 »Quis autem tam se¸ vus, qui huius fratrem eciam enormius errantem reum faciat, cum is nec erroris alicuius sibi nec eorum, que¸ in errore eo continentur, conscius est?« Ebd., S. 324, Z. 5 –8. 46 »Multum hallucinamini, quod quantus possit etiam sanctos tenere error quidque error valeat, parum animadvertitis.« Ebd., S. 325, Z. 27–29. 47 »Et fieri potest, ut non minus alicubi vos quam ille erretis.« Ebd. S. 307, Z. 15 f.
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4.2 Wahrheit in regulierenden Sätzen Aber verliert Bucer mit dieser Unterscheidung nicht jede innere Bestimmtheit seiner Rede von Wahrheit? Funktionalisiert er Wahrheit nicht zum bloßen Grenzposten maßloser subjektiver Ansprüche? Eben dies ist nicht der Fall. Bucer behauptet nämlich nicht nur die Entzogenheit der Wahrheit gegen übersteigerte Kohärenzvorstellungen. Im Unterschied zu einem relativistischen oder diskursoffenen Wahrheitsmodell bestimmt Bucer Wahrheit von vornherein inhaltlich. Dies leisten regulative Sätze. Deren Wirkung ist einmal exklusiv: Wer den Satz »Christus ist im Mahl gegenwärtig« oder den Satz »Der Mensch wird allein im Glauben gerechtfertigt« ablehnt, steht außerhalb der Orthodoxie. Aber es ist eben erst die offene Ablehnung, die ausschließt. Deshalb konnten die Straßburger sich ja auch verpflichten, nichts offen zu lehren, was der Confessio Augustana widerspricht. Zum anderen wirken diese regulativen Sätze auch nach innen. So setzen sie ein Gegenüber zu den jeweiligen Glaubensüberzeugungen und können, weil sie selbst nicht quantifizierbar sind, die jeweiligen Wahrheitsansprüche je nach Nähe zum regulativen Satz oder zur Summe der Sätze quantifizieren48 . Dadurch verbindet Bucer die durchaus plausible Forderung nach Binnenkohärenz mit der durch den Korrespondenzgedanken verbürgten Außenperspektive und überbietet so Bullingers logisches Kohärenzmodell. Aber welche Sätze sollen für Bucer diese regulative Funktion nun erfüllen und die Grenzen der Einheit und damit auch deren Bestimmtheit gewährleisten? Bucers erste Antwort überrascht nicht: Formal soll jede wahre Rede der Schrift und den Vätern entsprechen, und beide sind insofern ungleich zu verehren, als die Väter irren können, die Schrift aber nicht49. Im Blick auf die Abendmahlslehren tastet Bucer sich dann e negativo an eine Bestimmung der Wahrheit mithilfe von vier von ihm immer wieder bemühten Sätzen 50 heran: Der Leib Christi ist nicht Speise für den Bauch, die Elemente werden nicht verwandelt, der Leib wird nicht ins Brot eingeschlossen und das Abendmahl wirkt nicht Ex opere operato. Damit hat Bucer auch eine Grenze zur romtreuen Position markiert. 48 »Omne dogma simpliciter aut verum aut falsum est. Fides autem alia alia perfectior esse potest, quia alius alio de pluribus veritatibus et de eisdem certius persuaderi potest.« Ebd., S. 308, Z. 23–26. Darin unterscheidet Bucer sich etwa von einem Kohärenzmodell, welches bei Konkurrenz zweier Wahrheitsansprüche dem Anspruch Wahrheit zuerkennt, der sich mit den unaufgebbaren under größeren Zahl wichtiger Teile einer Theorie vereinen lässt. Vgl. Müller, Philosophische Grundfragen, S. 43. 49 Vgl. dagegen die Abgrenzung Leo Juds im Brief an Bucer (BCor 8, Nr. 611, S. 227, Z. 9 – 20). Die Väter werden hier mit Respekt und Frömmigkeit betrachtet, ihrer Redeweise, die gebildeten Adressaten voraussetzen konnte, aber die Redeweise der heutigen Zürcher gegenübergestellt, welche die ungeschminkte Wahrheit Ungebildeten predigen. Zur Berufung auf die Väter im Abendmahlsstreit vgl. Hoffmann, Sententiae patrum. 50 Vgl. etwa Bucer an Wolfhart von Ende Mai 1532 (BCor 8, Nr. 592, S. 120, Z. 25 – S. 121, Z. 11).
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Dann folgt eine positive inhaltliche Bestimmung der Wahrheit: Für die Christologie etwa die Rede von Christus als wahrem Menschen und wahrem Gott, dessen Naturen nicht vermischt werden dürfen 51 ; für die Soteriologie, dass der Mensch durch den Glauben an das Evangelium, aber nicht durch Werke gerechtfertigt werde 52 ; und für die Abendmahlslehre, dass der wahre Leib Christi53 wahrhaftig im Mahl anwesend sei, mit sichtbaren Dingen der Seele dargereicht werde und dass wir durch diese Gegenwart in Christus und er in uns korporiert würden 54 . Fokussiert werden diese Formulierungen in der Rede von der unio sacramentalis55 . Mit diesen positiv gefassten regulativen Sätzen erreicht Bucer nun eine höhere Bestimmtheit als die bloß negativ formulierten Ausschlussregulative etwa der α-privativa in der klassischen Christologie. Bucer bietet mehr als sie, nämlich übergeordnete Projektionsflächen, die zugleich trennscharf gegen Extrempositionen wirken. Sein Vergleich dieser Sätze mit den Gleichnissen Jesu und sein Hinweis auf deren Deutungsbedürftigkeit 56 zeigt dabei, dass Bucer sie von vornherein auf einer anderen Wahrheitsebene ansiedelt als die viel konkreteren aber abgeleiteten Wendungen, welche die Konfliktparteien selbst zur Kennzeichnung ihrer Positionen verwenden. Bucer setzt damit aussichtsreicher an als etwa Leo Jud, der zur Beendigung des Abendmahlstreits eine für alle verbindliche Definition der strittigen Begriffe »körperlich«, »real« oder »örtlich« vorschlägt57. Das Problem eines solchermaßen »idealsprachlich« verfassten Zugangs wird deutlich, wenn man auf Juds zuvor formulierte Selbstwahrnehmung blickt: »Wir aber werden dem schlichten Sinn Christi und der Schrift folgen [. . .] und werden niemals sophistische und zweideutige Formulierungen unterschreiben.«58 Die für die eigene Position reklamierte Eindeutigkeit verhindert hier jede übergreifende Perspektive der Verständigung. Kann denn Jud ernsthaft erwarten, dass man mit Zwingli, der die Parallelität von Gott und Welt zum Bauprinzip seiner Theologie gemacht hat, zu derselben Bestimmung von »Leib Christi« kommt, wie mit Luther, dessen Theologie die Grundfigur einer Simultaneität kommunizierender Totalperspektiven kennzeichnet? 51 Bucer an Bullinger von Ende August 1532 (BCor 8, Nr. 626, S. 315, Z. 15 f., S. 325, Z. 2 f., S. 354, Z. 14 f.). 52 Ebd., S. 315, Z. 14–16, S. 316, Z. 26–28, S. 321, Z. 28 f. 53 Die Differenz zu Luthers Bestimmung erhellt sehr schön aus Leo Juds Bestimmung des »wahren Leibes«. Er stellt ihn nicht einem nur bildlichen Leib gegenüber, sondern bestimmt als Antonym einen »falschen Leib«. Vgl. Jud an Bucer vom 12. Juli 1532 (BCor 8, Nr. 611, S. 228, Z. 1–5). 54 Bucer an Wolfhart von Ende Mai 1532 (BCor 8, Nr. 592, S. 118, Z. 15–18). 55 Bucer an Bullinger von Ende August 1532 (BCor 8, Nr. 626, S. 353, Z.12). 56 Bucer an Wolfhart gegen Ende Mai 1532 (BCor 8, Nr. 591, S. 102, Z. 21–24). 57 Leo Jud an Bucer vom 12. Juli 1532 (BCor 8, Nr. 611, S. 227, Z. 16–20). 58 »Nos vero simplicem sensum christj et scripturae sequemur manebimu[sque in eo], quod hactenus docuimus constantissime, nec subscribemus vnquam captiosis et ambiguis uerbis.« Ebd., S. 228, Z. 8 –10. Vgl. dazu das Zitat Ludwig Wittgensteins, oben S. 18, Anm. 41.
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Demgegenüber ist es eine Stärke von Bucers Konzept, die Differenzen nicht auf einer Ebene ausgleichen zu wollen. Bucer skizziert vielmehr den Grundriss eines gemeinsamen Hauses, dessen Zimmer Luther und Zwingli sehr eigenwillig möbliert haben. Freilich wird ein Besucher von Bucers eigener Wohnung in diesem Haus dann unweigerlich stärker an Zwinglis als an Luthers Einrichtungsstil erinnert werden, wenn er etwa die parallele Grundanordnung der Möbel oder das Fehlen von Bildern bemerken wird. 4.3 Wahrheit in der Praxis: Der Rückgriff auf Paulus Eine Hausgemeinschaft funktioniert aber nicht allein durch den Verweis auf Gemeinsamkeiten im Grundsätzlichen, entscheidend ist der konkrete Umgang miteinander. Welche Pragmatik ergibt sich nun aus den Konzepten Bullingers und Bucers? Bullinger berief sich hier auf Paulus und bemühte den antiochenischen Zwischenfall als biblisches Grundmodell für den Umgang mit konkurrierenden Wahrheitsansprüchen. Angesichts der Wahrheitsfrage gab es für Paulus nur den Widerstand ins Angesicht, und zu Gal 5,2 meint Bullinger anerkennend: »Sieh, was konnte deutlicher gesagt werden, was feuriger als das, was [Paulus] den Judenchristen schrieb?«59. Auch Bucer benennt die damaligen Differenzen klar: Die Berufung auf das Werk der Beschneidung stand im Widerspruch zum Leitsatz, dass der Mensch aus Glauben gerecht werde und war insofern ein Irrtum, der faktisch nicht weniger bedeutete als Christus zunichte zu machen60 . Paulus ertrug diese Irrenden aber dennoch als Brüder, weil er zwischen den erklärten Gegnern eines wahrheitsregulierenden Satzes und denjenigen, die aus Gewissensgründen irren, unterschied. »Es macht einen großen Unterschied, ob etwas aus irgendeinem Dogma oder einem Lehrsatz an sich folgt, oder aus der Weise, wie es das Gewissen dessen auffasst, der dieses Dogma [. . .] angenommen hat.«61 Dort, wo die Durchsetzung der Wahrheit das Gewissen beschwert, ist Duldsamkeit gefragt. Diese gilt selbst dann, wenn das Grundregulativ solus Christus nach dem Kohärenzkritierium verletzt wird, endet aber dort, wo die Schwachen »Ecce, quid dici poterat planius, quid uiuidius, quam quod ad He¸ breos scripsit?« Heinrich Bullinger an Bucer vom 12. Juli 1532 (BCor 8, Nr. 610, S. 211, Z. 1 f.). 60 »Veruntamen illud tu recte ex hoc istorum errore, quo putabant ad salutem necessariam observacionem ceremoniarum colligis, Christum eos evacuasse, quam qui non solum ad salutem sufficere credit, servatorem esse negat. Atqui hoc isti non agnoscebant, in Christum videbantur sibi pulchre credere et simul tamen, quia in lege quidam cibi prohibiti erant, putabant se non posse non offendere eorum usu Deum ac ita suam ipsorum salutem contempto Deo intercipere.« Bucer an Bullinger von Ende August 1532 (BCor 8, Nr. 626, S. 323, Z. 27 – S. 324, Z. 2). 61 »Proinde multum interest, an quid ex dogmate vel sentencia aliqua in se vel ut habet in eius consciencia, qui id dogmatis vel sentencie amplexus est, consequatur.« Ebd., S. 324, Z. 2–4. 59
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das solus Christus explizit leugnen. Auf die Abendmahlskontroverse übertragen heißt das für Bucer: Wenn der Apostel selbst diejenigen als Brüder gelten ließ, deren irrige Forderung nach Gesetzesobservanz den regulativen Satz, dass alles Heil von Christus zu erwarten sei, verletzte, um wieviel mehr gilt dies dann für die Lutheraner, die als Schwächere im Glauben nicht mehr fordern könnten, als dass Christus durch ein Wunder in einer Weise gegenwärtig werde, die auf Basis der Schrift nicht heilswirksam ist62 ! In der Konsequenz dieser Duldsamkeit liegt es für Bucer freilich auch, dass Paulus den Juden ein Jude und den Griechen ein Grieche wurde. Deshalb, so räumt Bucer offen ein, habe auch er in Schweinfurt nicht die ganze Wahrheit gesagt63 . Will man sein Vorgehen dort auf den Punkt bringen, so könnte man formulieren: Bucer hat nicht allen alles, aber niemandem etwas Falsches gesagt. Dieser akkomodative, pragmatische Umgang mit der Wahrheit ist gewiss taktisch motiviert, aber eben nicht nur. Denn Bucer kann auf der Basis der oben skizzierten Wahrheitskriterien zwischen einer Wahrheit und deren adressenabhängiger Akkomodation unterscheiden. Und gegenüber streitsüchtigen oder verstockten Altgläubigen, seien sie Lutheraner oder Reformierte, ist die Wahrheit nur zu verteidigen, aber nicht zu entfalten64 . Bucer will ihnen keinen Vorwand zu einer Verleumdung geben, etwa dass die oberdeutschen Gemeinden jede Gegenwart Christi als Speise im Mahl bestritten. Und auch hier beruft er sich auf Paulus. Dieser habe ja auch nicht die Differenz des Evangeliums zur Theologie der jüdischen Pharisäer benannt, als er in Lebensgefahr die Auferstehung der Toten beschwor, um pharisäische Unterstützung zu erhalten. Und selbst Christus entfaltete seinen exklusiven Anspruch auf Gottessohnschaft nicht, als die Juden sich deshalb erregten, sondern er verhüllte ihn durch einen allgemeinen Hinweis auf Söhne Gottes65 . 62 »Multo magis ergo amplectandi sunt, qui in eucharistia pie sentiunt, putant autem ita loquendum veramque sentenciam efferendam iis verbis, que nos credimus non satis perspicua et vulgo occasioni fore errandi. Et esto, quod plane sensu quoque errent credantque Christum in coena corpus suum miraculo quodam cum pane presens statuere preter eam presencie rationem, quam nos salvificam ex scripturis eoque solis credentibus concessam affirmamus: Si quos adhuc tenebat supersticio ciborum eoque nondum omnem iusticiam a Christo petebant, adeo tamen fratrum loco habendi fovendique fuerunt, ut perfectiores christiani cedere eis suam libertatem in loco debuerunt dicereque de his Paulus ausus fuit eos Domino non edere atque ideo Domino suo permittendos, quanto magis convenit, ut habeamus fratrum loco Lutheranos eisque nostram in tempore libertatem cedamus, ut qui illud fictum miraculum Domino credant eoque Domino et ipsi relinquendi sint.« Bucer an Bullinger von Ende August 1532 (BCor 8, Nr. 626, S. 309, Z. 5 –19). 63 Vgl. Bucer an Wolfhart von (BCor 8, Nr. 591, S. 93, Z. 1 – S. 94, Z. 10). 64 Am Ende seines langen Rechtfertigungsbriefes an Bullinger beschreibt Bucer sieben mögliche Haltungen im Abendmahlsstreit und führt aus, wie man ihnen gegenüber jeweils mit der Wahrheit umgehen soll. Vgl. Bucer an Bullinger von Ende August (BCor 8, Nr. 626, S. 367, Z. 6 – S. 369, Z. 15). 65 Bucer an Wolfhart von Ende Mai 1532 (BCor 8, Nr. 592, S. 93, Z. 3 –16) unter Berufung auf Joh 10,34 f. und Joh 14,6.
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Wolfgang Simon
Wenn Bucer in Schweinfurt die lutherischen Bekenntnisschriften unterzeichnen lässt, dann steht im Hintergrund gewiss auch ein politisches Motiv. Theologisch bedeutsam scheint mir aber, dass Bucer diese Überschreitung der konfessionellen Grenze durch eine zweifache Grenzsetzung begründet: Einmal werden die abendmahlstheologisch ausgearbeiteten Wahrheitsansprüche durch das Kriterium ihrer Korrespondenz mit übergeordneten regulativen Sätzen begrenzt. Aber auch diese sind wiederum limitiert, und zwar durch das Gewissen der glaubenden Christenmenschen, welches auch im Irrtum die Duldsamkeit der Mitchristen beanspruchen darf. Mit diesen beiden dialektisch aufeinander zu beziehenden Grenzen schließt Bucer eine absolute Geltung der Wahrheitsansprüche aus und ermöglicht die Konvivenz unterschiedlicher Positionen. Angesichts dieses Befundes scheint es mir nicht sachdienlich, wenn Walther Köhler die Differenzen im Abendmahlsstreit auf das Gegenüber von subjektiver Gegenwart Christi in Zürich und objektiver Gegenwart Christi in Wittenberg fokussiert und Bucers Konzept am Maßstab dieser ja schon philosophisch hochproblematischen Unterscheidung66 nur als unklar und verschleiernd beurteilen kann67. Hingegen darf der bis in die neueste Literatur zum Abendmahlsstreit immer wieder begegnende Verweis auf die trotz aller Anstrengungen Bucers bleibend bedeutsamen konfessionellen Differenzen, welche es nicht erlauben, die Positionen aufeinander abzubilden, zumindest argumentative Geschlossenheit beanspruchen. Will man Bucer aber gerecht werden, dann darf man nicht übersehen, dass er auf der Grundlage seines Wahrheitsverständnisses diese abendmahlstheologischen Differenzen als vorletztes und eben nicht letztes Wort versteht. Deshalb muss man nach den Bedingungen und damit nach den Grenzen ihrer Geltung fragen. Bucer selbst gibt uns dafür folgenden Rat: »Wie wünschenswert wäre es, dass wir die Schriften der anderen so sorgfältig bedächten, wie wir unsere bedacht haben wollen. Wie viel weniger Kämpfe gäbe es und wie viel mehr Eintracht und Wahrheit!«68
Vgl. etwa die Beiträge im Tagungsband Dalferth/Stoellger, Krisen der Subjektivi-
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tät.
Köhler, Zwingli und Luther 2, S. 289. »Quam optandum, vt ita aliorum scripta expenderemus, sicut expendi nostra volumus. Quanto minus esset pugnarum et plus in veritate concordiae.« Bucer an Heinrich Bullinger von Ende August 1532 (BCor 8, Nr. 626, S. 308, Z. 19–21). 67
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Martin Bucers zwei Gesichter: ausgrenzende Unduldsamkeit und integrative Toleranz Berndt Hamm Deutlicher als frühere Editionsbände der Bucer-Korrespondenz zeigt der zuletzt publizierte Briefband BCor 7 die Zweiseitigkeit in Bucers Verhalten Andersdenkenden und Andersglaubenden gegenüber: einerseits Strenge, Unduldsamkeit und den Willen zur Homogenisierung der Religion im politischen Gemeinwesen; andererseits Milde, Duldsamkeit und die Bereitschaft, eine gewisse Lehr- und Verhaltenspluralität in der Gemeinde Jesu Christi zuzulassen. Vor allem aber zeigt dieser Band, der die Monate von Oktober 1531 bis März 1532 umfasst, dass die beiden Seiten Bucers engstens zusammengehören, ja theologisch von größter Stimmigkeit sind. Dies zu zeigen, ist im Folgenden meine Hauptabsicht.
1. Bucers Duldsamkeit Einen besonders guten Zugang zu Bucers Einstellung gewinnt man durch einen langen Brief, den er am 7. März 1532 an den Basler Gräzisten Simon Grynaeus schrieb. Er stand in einem vertrauten und vertrauensvollen Verhältnis zu Bucer, konnte dessen Geduld aber auch mit seinen Fragen ziemlich strapazieren. In diesem Falle aber nahm Bucer die Sorgen seines Freundes und die des Basler Pfarrers von St. Peter Paul Phrygio sehr ernst. Die Lage in Basel war schwierig, und unter der reformierten Mehrheit war umstritten, wie weiter vorzugehen sei. Es ging um die heikle Frage von Kirchenzucht und Kirchenbann. Die Einführung des oberdeutsch-zwinglischen Abendmahlstypus hatte in Basel dazu geführt, dass Altgläubige und Lutheraner der Mahlfeier fernblieben. Die Diskussion unter den Basler Theologen drehte sich nun um die Frage, ob dagegen mit dem Institut des Kirchenbannes vorzugehen sei. Während namentlich Markus Bertschi in Weiterführung der Haltung Oekolampads dies bejahte, lehnten Simon Grynaeus und Paul Phrygio jeden Zwang in der Abendmahlsfrage ab und baten Bucer in Briefen um seine BCor 7, Nr. 569, S. 361–375.
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Meinung. Dieser antwortet nun Grynaeus und fügt die Bitte an, das Schreiben auch Phrygio und allen Basler Brüdern bekannt zu machen. Bucers Antwort ist vor allem dadurch gekennzeichnet, dass er die reformierte Abendmahlsauffassung und die Bereitschaft zur Teilnahme an einer derartigen Abendmahlsfeier nicht zum Kriterium für die Zugehörigkeit zur Kirchengemeinschaft macht. Man kann und soll auch die als christliche Brüder umarmen (amplecti), die aus Gewissensgründen der Feier fernbleiben. »Seht zu«, mahnt er daher die Basler, »dass ihr das Christentum nicht in der äußeren Sakramentsgemeinschaft seht und nach dem Beifall für eure Lehre messt!« Die Art und Weise, wie hier Bucer die Communio sacramentorum externa relativiert, ist bezeichnend für seine generelle Haltung zu den res externae. Sie können nie den Glauben begründen und stärken; dies vermag allein die Kraft des Christusgeistes, solus spiritus sanc tus. Er fährt fort: »Das Reich Gottes besteht in Kraft: dort, wo mehr Unschuld, Glaube und Bescheidenheit ist, dort ist auch mehr Christus.« Zwar wird die Kirche durch den consensus dogmatum konstituiert , aber nicht durch die Übereinstimmung in allen möglichen Lehren, sondern durch das gemeinsame Bekenntnis zum grundlegenden Christusevangelium: dass »Christus allein der Erretter des Menschengeschlechts ist, wahrer Gott und wahrer Mensch, von dem alles zu erwarten ist« . Toleranz verbindet sich also hier in typisch Bucerscher Manier mit der Reduktion auf das Wesentliche und Zentrale des christusbestimmten Glaubens – eine zentrierende Verdichtung, die bei ihm weiter geht als bei den anderen Reformatoren der ersten Generation und nach ihm und unter seinem Einfluss am ehesten bei Calvin zu finden ist. Die Reduktion auf das Elementare ermöglicht es Bucer, den kirchlichen Binnenraum der Toleranzbereitschaft, der duldsamen Liebe und Seelsorge auszuweiten. Den Baslern gibt er daher als summa seines Rates kund: »Wir halten es für verderblich, nur diejenigen als die Unsrigen anzuerkennen, die alle unsere Lehren annehmen; denn sehr viele unter denen, die wahrhaft Christus gehören, würden wir so außer Acht lassen. Es ist tyrannisch, alle zum Abendmahl zu zwingen; es ist aber christlich, die pastorale Fürsorge allen angedeihen zu lassen, die als Christen gelten wollen und diese [Seelsorge] zulassen, gleichwohl aber nicht zum Tisch des Herrn gehen wollen.« »Que¸ rite, ne aestimetis christianismum communione sacramentorum externa, non ad plausum doctrinae uestrae!« Ebd., S. 371, Z. 23–25. »Regnum Dei in uirtute est; ubi plus innocentiae, plus fidei, plus modestiae, ibi plus Christi.« Ebd., S. 371, Z. 25 f. Ebd., S. 367, Z. 10. »Christus unus est humani generis seruator, verus Deus, verus homo, a quo sunt expectanda omnia.« Ebd., S. 367, Z. 7 f. »Pernitiosum putamus eos tantum nostros agnoscere, qui omnia nostra dogmata recipiunt; plurimos enim, qui uere Christi sunt, negligeremus. Tyrannicum est compellere ad cae nam uniuersos, christianum uero, curam exhibere pastoralem omnibus, qui uolunt christiani haberi et illam admittunt et non adire mensam Domini [. . .].« Ebd., S. 372, Z. 16–21.
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Der Gesichtspunkt der Seelsorge, der hier als Aufgabe der Pastoren angesprochen ist, spielt in diesem Brief eine wichtige Rolle. Es geht Bucer darum, dass man diejenigen, die sich der Basler Abendmahlsdoktrin und Abendmahlsgemeinschaft verweigern und die man mit Rücksicht auf ihr Gewissen nicht exkommunizieren soll, nicht links liegen lässt, sondern ihnen nachgeht und sie freundlich korrigierend ermahnt. Diese geduldige und duldsame pastorale Fürsorge, nicht die Exkommunikation bildet für Bucer den Hauptbestandteil einer Kirchenzucht, die ganz und gar vom Motiv der geschwisterlichen Liebe getragen sein soll. Umgekehrt erweist sich die Zugehörigkeit zur Gemeinde Christi aber auch darin, dass diejenigen, die dem Abendmahl fernbleiben, eine derartige freundschaftliche Ermahnung zulassen und vor allem nicht ihrerseits den Predigern die Zugehörigkeit zum Reich Christi absprechen, also sich selbst zu einer exkommunizierenden Haltung versteigen. Wo das seelsorgerliche Hirtenamt auf eine so notorische Gemeinschaftsfeindlichkeit stößt, ist für Bucer die Grenze der Duldsamkeit erreicht. Zur Exkommunikation aus der Abendmahlsgemeinschaft rät er den Baslern, wenn jemand offen und blasphemisch die Kirche, Christus und sein Wort verachtet, d. h. sich bewusst und hartnäckig gegen den einheitsstiftenden Geist Christi versündigt. Diese Bucersche Schmerzgrenze ist genauer gesagt in drei Fällen oder Bereichen erreicht: erstens, wenn jemand sich auf unbelehrbare Weise einer gravierenden dogmatischen Häresie schuldig macht, indem er vom grundlegenden Christusbekenntnis abweicht und z. B. hartnäckig eine antitrinitarische Position vertritt; zweitens, wenn jemand die elementare brüderliche Duldsamkeit verweigert und im Zuge einer solchen ethischen Häresie der Lieblosigkeit und eifernden Absolutsetzung des eigenen Standpunktes seine evangelischen Brüder z. B. wegen einer anderen Abendmahls- oder Tauflehre verteufelt; drittens, wenn jemand ohne Anzeichen einer Bußbereitschaft »beratungsresistent« in schwersten Lastern verharrt und »wie die Hunde und Schweine« lebt . Diese drei Gründe für den Abbruch der Kirchengemeinschaft, diese drei Grenzen der christlichen, geschwisterlichen Duldsamkeit deutet Bucer in seinem Brief an die Basler nur knapp an, weil der Haupttenor des Briefes darauf zielt, die Vertreter des obrigkeitlich gestützten Reformationskurses in Basel vor einem tyrannischen Geist des Umgangs mit religiösen Minderheiten zu warnen und ihnen mahnend vor Augen zu halten, dass der Kirchenbann wirklich nur das allerletzte Mittel gegen notorisch Verstockte sein darf, vor allem nie als Drohinstrument Menschen in ernste Gewissensnöte stürzen darf. »Amica admonitio«; ebd., S. 368, Z. 17. »Hos tamen etiam exclusos non oportet habere hostes, nisi euadant blasphemi merosque se canes et porcos esse probent.« Ebd., S. 372, Z. 3 –5. Zur Reformation in Basel vgl. neben dem Aufsatz Thomas Wilhelmis (oben S. 39–47) auch Burnett, Ministers; Kuhr, Kirchenzucht; Staehelin, Lebenswerk.
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Damit blieb Bucer auch im Frühjahr 1532 seinen ekklesiologischen, ethischen und seelsorgerlichen Maximen treu, die auch in den vorausgegangenen Briefbänden deutlich hervortreten10 – im Kontrast zu einer zelotisch eifernden, rigoristischen und dogmatisch engere Grenzen ziehenden Haltung, wie sie ihm im oberdeutsch-schweizerischen Bereich besonders bei seinem Freund Ambrosius Blarer oder bei den Parteigängern Zwinglis Konrad Sam in Ulm, Michael Keller und Bonifatius Wolfhart in Augsburg oder Markus Bertschi in Basel begegnete, einmal ganz abgesehen von der unduldsamen Linie auf der lutherischen Seite, der Bucers kompromissbereite Biegsamkeit prinzipiell verdächtig war. Was Bucer – wie der Briefwechsel auf Schritt und Tritt zeigt – von diesen verbissen eifernden und stets zu grober oder spitzer Polemik neigenden Kollegen generell unterschied und fast so etwas wie sein Markenzeichen unter den reformatorischen Prädikanten war (sein »Alleinstellungsmerkmal«), war seine besondere Art der Selbstrelativierung, eine vergleichsweise geduldigere, weitherzigere, gelassenere und beweglichere, auch menschlich mitfühlendere Haltung in der Relativierung des eigenen religiösen Standpunkts, vielleicht unter anderem eine Mitgift des milden oberrheinischen Humanismus, die auch Wolfgang Capito prägte11. Bezeichnend und ganz typisch für Bucer ist daher, wie er in unserem Brief an Grynaeus davor warnt, nur die in der Gemeinde anzuerkennen, die uns Beifall spenden und auf unserer Lehrlinie liegen: »So sind wir ja alle«, diagnostiziert er die condicio humana, »dass wir uns sehr nachgiebig denen gegenüber zeigen, die unserer eigenen Meinung sind und das Unsere gutheißen, mehr als streng aber denen gegenüber sind, die nicht mit unserer Haltung übereinstimmen.«12 Wer Christus und die Einheit in Christus liebt, betont Bucer, der nimmt sich selbst mit seinem Eifern zurück. Vor allem kann er auch auf Seiten derer, die nicht seinen eigenen Lehrstandpunkt teilen, echten Christusglauben und ein aufrichtiges Streben nach Christus wahrnehmen. In diesem Sinne will Bucer in Basel sogar die als »Papisten« Verrufenen zur Gemeinde Christi zählen: »Glaubt mir, Brüder«, ruft er den Baslern zu, »oft ist bei weitem mehr von Christus bei denen zu spüren, die man noch für Papisten hält, als bei vielen, die das Evangelium auf ihre Fahnen geschrieben haben«13 . Dies ist eine typisch Bucersche Mahnung und eine Art von Selbstrelativierung, die er Blarer gegenüber auch auf die Beurteilung der Lutheraner anwendet. Man muss bekennen, schreibt er ihm am 18. April 1532, dass bei ihnen das Vgl. dazu Hamm, Toleranz und Häresie; Liebenberg, Einheit. Vgl. dazu Hamm, Grenzüberschreitender Glaube, S. 366–370. 12 »Sic omnes sumus, ut in consentientes nobis nostraque adprobantes admodum lenes nos exhibeamus, plus autem quam seueros in dissentientes et nostra nondum recipientes.« BCor 7, Nr. 569, S. 372, Z. 13–15. 13 »Credite, fratres, se¸ pe longe plus Christi est apud eos, qui habentur adhuc papistae, quam apud multos, quibus nihil viden magis euangelium!« Ebd., S. 369, Z. 15–17. 10 11
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Reich Christi kraftvoller gedeiht als in vielen Gemeinden unserer Richtung, weil bei den Lutheranern die Autorität des Gotteswortes und die Feier der Sakramente in höherer Geltung stehen. Zwar gibt es bei ihnen gravierende Defizite in Sittenzucht und Bußernst, wo aber die Verehrung Gottes so gepflegt wird, kann man hoffen, dass die Bußerneuerung des Lebens folgen wird14 . Wie so oft operiert Bucer hier mit dem Zeitfaktor der Hoffnung auf Veränderung des Sta tus quo, auf wachsende Vereinheitlichung und zunehmende Einmütigkeit. Er relativiert also nicht nur den eigenen Standort, indem er die Stärken der anderen und die eigenen Defizite bewusst macht, sondern er relativiert auch den Standort der anderen, indem er ihre Schwächen in eine Hoffnungsperspektive der Besserung stellt. In diesem Sinne äußert er sich Ende 1531 zuversichtlich über die Entwicklung des Evangeliums bei den Reutlingern, obwohl ihr lutherischer Vorkämpfer und Prädikant Matthäus Alber gerade noch übel über ihn gelästert habe. »Gewiss«, schreibt Bucer an Blarer, »ich bin schon oft von diesen Menschen [den Reutlingern] enttäuscht worden, aber dennoch bin ich doch von einem unglaublichen Bemühen beseelt, mit denen überein zu kommen, die, wie ich glaube, Christus gehören [. . .], und ich sage mir immer, dass die Zeit selbst bei der Beseitigung dieses Übels etwas ausrichten wird.«15 Das ist das eine Gesicht, die eine Seite Bucers: Duldsamkeit und Geduld, Relativierung des eigenen konfessionellen Standpunkts und Relativierung der Vorwürfe, die ihm von den Eiferern aller Seiten gemacht werden – das Vertrauen auf den Geist Christi, der mit der Zeit Frieden und Einmütigkeit stiften wird unter denen, deren Geist von Christi Geist geheiligt wird. Aus Bucers pneumatologischer und christologischer Perspektive ergibt sich so eine Grundhaltung, die bereit ist, die Einheit der Gemeinde prinzipiell plural zu denken, d. h. den christlichen Fundamentalkonsens vor dem zerstörerischen Sprengsatz einer dogmatischen Überdeterminierung und rigoristischen Härte zu bewahren.
2. Bucers Unduldsamkeit Allerdings lässt der Brief Bucers an Grynaeus, wie ich zeigte, auch deutlich erkennen, wo die Grenzen der Bucerschen Duldsamkeit, die Grenzen seiner 14 »Infirma apud istos multa sunt, sed cum verbi et sacramentorum authoritas et verior vsus nusquam tantum obtinuerit, regnum Christi vigere apud eos potentius quam in multis nostris ecclesijs fateri oportet. Video quidem, dum isti fidem in Christum plenis buccis semper praedicant et pe¸ nitentiam non ita vrgent, multos audire quidem sedulo, at non ita viuere emendatius. Interim tamen reuerentia Dei sic teneri apparet, ut resipiscentia illorum certo sperari possit.« BCor 8, Nr. 578, S. 13, Z. 4 –11. 15 »Ego quamlibet multocies iam frustratus ab his hominibus sum, incredibili tamen quodam studio conueniendi cum ijs, quos credo Christi esse, spem concordiae totam ponere non possum semperque persuadeo mihi tempus etiam in absumendo hoc malo aliquid valiturum.« Bucer an Blarer vom 29. Dezember 1531 (BCor 7, Nr. 528, S. 140, Z. 4 –8).
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Selbstrelativierung und seines Pluralitätsverständnisses liegen und wo er – vor allem in Straßburg, vor der eigenen Haustüre – absolut nicht bereit ist, abweichendes Verhalten hinzunehmen. Gerade der Briefwechsel des Zeitraums Oktober 1531 bis März 1532 lässt schärfer noch als die früheren Briefe den Reformator ausgrenzender Unduldsamkeit hervortreten. 2.1 Unduldsamkeit gegenüber dogmatischen Häresien Sie trifft vor allem den Antitrinitarier Michael Servet, den ebenfalls von der Trinitätslehre abweichenden Johannes Campanus und den Täuferführer Pilgram Marbeck. In den Wintermonaten 1531/32 ist in Straßburg eine deutliche Eskalation im Vorgehen des Rates gegen heterodoxe Geister zu beobachten. Am 11. Dezember beschloss der Rat, Servet der Stadt zu verweisen und den apokalyptischen Täuferführer Melchior Hoffmann gefangen zu setzen. Am 18. Dezember wurde der Spiritualist Sebastian Franck verhaftet und ausgewiesen, und im Januar 1532 musste auch Pilgram Marbeck die Stadt verlassen. Bucer hat diese Ratspolitik zunehmender Ausgrenzung theologisch-argumentativ gestützt – literarisch, durch Vorträge und durch Gespräche. Als Campanus für sein Werk Gegen die ganze Welt seit den Aposteln16 einen elsässischen Drucker finden wollte, wusste Bucer das erfolgreich zu verhindern: Am 3. Januar 1532 wandte er sich brieflich an Georg Schenk Freiherr von Erbach, den für Hagenau zuständigen elsässischen Unterlandvogt, mit der dringlichen Bitte, den Druck dieser Schrift zu verhindern, um die Gemüter vor Verwirrung und Spaltung zu bewahren17. Bucer entfaltete (zusammen mit den anderen Straßburger Predigern) in diesen Monaten große Energie, um an verschiedenen religiösen Fronten einer zu großen Duldung abweichenden Verhaltens energisch Grenzen zu setzen und eine klare, auf Einheit der Gemeinde dringende Normierung zu erreichen. Wo für ihn die Schmerzgrenze erreicht ist und er sein Gesicht strenger Unduldsamkeit zeigt – mit großer Konsequenz –, habe ich bereits kurz angesprochen, indem ich zwischen drei Fallbereichen unterschied: Der erste Bereich betrifft alle Abweichungen vom elementaren Basisbekenntnis zu Jesus Christus, dem Gottmenschen, als alleinigem Seligmacher. Von dieser Grundlage aus wandte sich Bucer vor allem gegen Michael Servet und sein brisantes, im Juli 1531 im elsässischen Hagenau erschienenes Erstlingswerk De
16 Die Schrift Contra totum post apostolos mundum existiert noch als Fragment in einer Abschrift Johannes Bugenhagens sowie in einer von Franz von Streitten angefertigten Übersetzung unter dem Titel Göttlicher und heiliger Schrift, vor vilen jaren verdunckelt [. . . ] Re stitution (gedruckt 1532 bei Jakob Cammerlander in Straßburg, VD 16 C 633). Vgl. BCor 7, S. 145, Anm. 63. 17 BCor 7, Nr. 534, S. 156–159, insbesondere S. 157, Z. 3 – S. 158, Z. 12.
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trinitate erroribus18 . Im Dezember 1531 berichtet er seinem Freunde Blarer über seine öffentlichen Vorträge gegen diesen »pestilentissimus liber« und fordert Blarer zur angespanntesten Wachsamkeit gegen diese typisch häretische »impia curiositas«, diese gottlose Neuerungssucht, auf19. Man muss sich auf die gesicherten Grundlagen der Lehre konzentrieren, schreibt er ihm, »zumal in diesem Zeitalter, in dem der Satan kein Dogma unserer Religion unerschüttert lässt«20 . Bucers religiöse Antennen registrieren ein modernes Säkulum, in dem nicht einmal solche grundlegenden Glaubenswahrheiten, die auch unter dem Papsttum der letzten Jahrzehnte unangefochten waren, vor den Attacken des Satans sicher sind. Der Ton, den Bucer hier anschlägt, ist typisch für diese Monate: Der Satan hat zum Generalangriff auf die wahre Religion geblasen. Nichts ist vor ihm sicher. Darum müssen die Prediger mit höchster Alarmbereitschaft und Wachsamkeit auf dem Posten sein 21. »Es ist ganz evident eine Zeit, in der überhaut nichts an höchster und angespanntester Sorge nachgelassen werden kann.«22 Der Zeitfaktor gewinnt hier also bei Bucer eine ganz andere Bedeutung als die von mir bereits erwähnte: nicht als gedehnte Zeit hoffnungsvoller Entwicklungen, die zu Geduld und Duldung motivieren, sondern als die Zeit eines kulminierenden satanischen Wütens, das kein Zuwarten erlaubt, sondern wachsamste Unduldsamkeit verlangt. Ganz in diesem Sinne formulierte Bucer gegen Ende des Jahres 1531 eine Eingabe der Straßburger Prediger an den Rat, in der sie feststellen: Wir können nicht mehr guten Gewissens zusehen und tolerieren, wie die Wahrheit Christi gelästert wird. Die Obrigkeit trägt mit den Predigern zusammen die Verant18 Es erschien im Juli 1531 bei Johann Setzer in Hagenau ohne Angabe von Ort und Drucker (VD 16 S 6064). 19 »Pestilentissimum illum de trinitate librum nouj, proh dolor, et hic in publicis praelect[ionibus] nostris confutaui; verum ita infecit quosdam hic impia curiositas, cui Capito nimium occasionis dedit imprudens, ut in publica mihi lectione fuerit a symmysta quodam reclamatum idque applaudentibus nonullis alijs.« Bucer an Blarer vom 29. Dezember 1531 (BCor 7, Nr. 528, S. 141, Z. 11 – S. 142, Z. 3). Der Mann (symmista), der Bucer öffentlich widersprach, war Wolfgang Schultheiß, Pfarrer von Schiltigheim (zu ihm vgl. BCor 7, S. 470); er wird weiter unten als Vertreter der spiritualistischen Richtung in Straßburg und Umgebung erwähnt. 20 »In negotio trinitatis admodum gaudeo tibi nostram probari sententiam. Circa hanc sunt pleraeque quaestiones a patribus agitatae infinitae, a quibus, ne non certa in ecclesia doceamus, malim abstinere, praesertim hoc se¸ culo, vbi Satan nullum religionis nostrae dogma relinquit inconcussum et apud minime paucos longe plus est argutiarum quam fidei.« Bucer an Blarer vom 19. Januar 1532 (BCor 7, Nr. 544, S. 215, Z. 9 –14). 21 »Hac in re nisi tu et Tigurinae reliquiae vigilantiss[ime] attenderitis, quid expectandum ab ijs, quos tu melius quam ego nosti? Vigilabis hic ergo et tu.« Bucer an Blarer vom 11. Dezember 1531 (BCor 7, Nr. 523, S. 103, Z. 8 –10). »Aduigilemus, meum cor, vigilantiss[ime] contra impiam curiositatem et hereses.« Ders. an dens. vom 29. Dezember (ebd., Nr. 528 S. 144, Z. 11 f.). 22 »Est plane tempus, in quo nihil penitus de summa et sollicitissima cura remitti potest.« Bucer an Ambrosius Blarer vom 11. Dezember 1531 (ebd., Nr. 523 S. 103, Z. 12 f.).
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wortung vor Gott, gegen das schlimme Gift der verführerischen Sektiererei vorzugehen. Drei Häresien nennt Bucer, die den notwendigen städtischen Grundlagenkonsens über die Substanz des christlichen Glaubens zutiefst erschüttern: Die erste Häresie richtet sich gegen die Heilsbedingung des christlichen Glaubens, indem sie behauptet: Egal, ob jemand Jude, Türke, Päpstler oder Evangelischer ist, und auch dann, wenn er nichts von Christus weiß, kann er selig werden, wenn er nur ehrbar lebt und seinem Nächsten Gutes tut. Die zweite Häresie vertritt eine Art Allerlösungslehre, indem sie den Teufel und die Verdammnis der Gottlosen leugnet. Die dritte Häresie attackiert die christologische Zwei-Naturen-Lehre, indem sie die wahre menschliche Natur Christi leugnet. Diese drei Positionen gehören offensichtlich in den vielstimmigen Bereich des Straßburger Spiritualismus23 . Ich nenne als Vertreter dieses heterodoxen Spektrums nur Wolfgang Schultheiß, Sebastian Franck und Clemens Ziegler, bei denen sich Ende 1531 solche Auffassungen finden. Der Täufer und Spiritualist Hans Denck, der mit seiner Allversöhnungslehre ebenfalls diesem Spektrum zuzurechnen ist, war bereits Ende 1526 ausgewiesen worden, und der Spiritualist Kaspar Schwenckfeld, der damals auch in Straßburg weilte, war mit seinen Lehren so vorsichtig, dass er zwar Bucers Spürsinn für Häretisches auf sich zog, aber gerade noch von ihm geduldet wurde. Freilich hält er Schwenckfeld für einen Mann »mit eingezogenen Krallen, die er später zeigen wird«24 . Auch hier sieht er also höchste Wachsamkeit geboten. Denn das spürt Bucer: Dieser Schwenckfeld »ist völlig verschieden von uns auch dort, wo er mit uns übereinstimmt«25 . Bucers angespannte Wachsamkeit und Unduldsamkeit in der Verteidigung der christlichen Glaubensgrundlagen, in dem für ihn Zentralen und Wesentlichen des Heilsverständnisses, richtete sich auch vehement gegen die altgläubige Messe. So wie er die Reinheit der Religion durch den Kult religiöser Bilder fundamental bedroht sah 26 , so fand es Bucer auch im Winter 1531/32 unerträglich, dass trotz eines ausdrücklichen Verbotes durch den Rat und trotz wiederholter Mahnungen der Prediger immer noch Straßburger Bürger ihr Verlangen nach der traditionellen Messfeier außerhalb der Stadt, in den Ortschaften des Landgebiets stillten. Man sieht hier deutlich: Am unduldsamsten ist Bucer seiner eigenen Stadt gegenüber. Hier will er den erreichten Status der Reinigung von gottlosen Riten, die das Vertrauen des Menschen an Menschenwerk binden, bewahren und weitere Fortschritte zu einem noch reineren Christentum realisieren. Je größer aber die räumliche Entfernung von Straßburg wird, desto nachsichtiger und weitherziger geht er mit anderen Religionsformen um. Vgl. dazu Lienhard, Toleranz, insbesondere S. 11 f., 14 f., 25, 42. »contentis unguibus, quos posthac exseret«; Bucer an Blarer vom 29. Dezember 1531 (BCor 7, Nr. 528, S. 142, Z. 9 f.). 25 »Diuersus totus a nobis est, ita, vt etiam, vbi reuera nobis consentit, non agnoscat id tamen.« Ebd., S. 142, Z. 11 f. 26 Vgl. dazu Litz, Bilderfrage, S. 33–40. 23 24
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Ich unterschied zwischen drei Problemebenen, auf denen Bucer sein Gesicht der Unduldsamkeit und Strenge zeigte, und bin nun ziemlich ausführlich auf den ersten Problembereich, den Bereich des christlichen Basisbekenntnisses und der Glaubensreinheit, eingegangen. Nur noch mit wenigen Sätzen will ich die beiden anderen Bereiche skizzieren, um mich dann den abschließenden Überlegungen zur Stimmigkeit von Bucers Haltung zuzuwenden. 2.2 Unduldsamkeit gegenüber lieblosem Wahrheitsmonopolismus Die zweite Problemebene artikuliert Bucer besonders im Blick auf die Täufer und ihren damaligen Hauptsprecher in Straßburg, Pilgram Marbeck. Das Problem der Täufer ist für Bucer nicht ihr Plädoyer für die Erwachsenentaufe an sich. Wörtlich schreibt er im Dezember 1531: »Selbst wenn es besser wäre, die Kindertaufe abzuschaffen, besteht kein Grund, weshalb sie sich von uns trennen.«27 Für Bucer liegt das eigentlich Häretische bei den Täufern in ihrer notorischen Lieblosigkeit, mit der sie eine andere Auffassung in der Tauffrage als unchristlich verdammen und die Straßburger Prediger daher als »Schrift- und Seelmörder« bezeichnen – prinzipiell mit der gleichen Unduldsamkeit, die im Abendmahlsstreit für Luther und die Lutheraner charakteristisch sei, wenn sie den anders lehrenden Oberdeutschen und Schweizern die christliche Bruderschaft verweigern. In dieser unduldsamen Lieblosigkeit und Arroganz sieht Bucer seit dem Marburger Religionsgespräch 28 das wurzelhaft Häretische, den eigentlichen Spaltpilz der Christenheit: Es ist der Wahn, man sei allein im Besitz der Wahrheit und diese Wahrheit sei das Kriterium dafür, wer zu Christus gehört und wer nicht. Das zutiefst Wahnhafte und Lieblose dieser Art von Unduldsamkeit ist es, dass sie sich – wie Bucer meint – gerade in Fragen verbeißt, die gar nicht zum Wesentlichen des christlichen Glaubens gehören, und damit das Zentrale, den einheitsstiftenden Christusgeist der Liebe, aus dem Blick und aus dem Herzen verliert. Gegen diese Form der Intoleranz, diese ethische Häresie des mangelnden Bemühens um communio, entwickelt Bucer eine ganz spezifische Sensibilität, Unduldsamkeit und Hartnäckigkeit. 2.3 Unduldsamkeit gegenüber öffentlichen Lastern Der dritte Fallbereich, in dem sich Bucer als Reformator der Strenge und Unduldsamkeit zeigt, ist sein beharrlicher Kampf gegen die großen, öffentlichen Laster und für ein Programm der reinigenden Sittenzucht. Als er von Blarer 27 »[. . .] etiamsi paedobaptismum aboleri praestaret, nullam tamen caussam esse, cur secedant.« Bucer an Blarer vom 11. Dezember 1531 (BCor 7, Nr. 523, S. 104, Z. 5 f.). 28 Vgl. etwa Bucers Widmungsschreiben zur zweiten Ausgabe seines Evangelienkommentars vom 20. März 1530 (BCor 4, Nr. 279, S. 37–67). Vgl. dazu Hamm, Toleranz und Häresie, S. 87–104.
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Anfang 1532 hört, dass die Esslinger unter dem Eindruck seiner Predigten ihr städtisches Bordell geschlossen haben, bekundet er ihm seine Freude und dankt Gott für das glückliche Wirken des Heiligen Geistes unter den Esslingern, um dann im Blick auf die Situation in Straßburg hinzuzufügen: »Mich ergreift Jammer über unseren Zustand, sooft ich daran denke, dass andernorts eine so christliche Strenge regiert. Wir sind Babylonier, aber deshalb, weil wir Jerusalems unwürdig sind.«29 Die himmlische Stadt auf Erden, das heilige Jerusalem, bleibt die Zielperspektive Bucers – eine Vision, in der Liebe und Strenge vereint sind.
3. Die Korrelation von Duldsamkeit und Unduldsamkeit Bucers Ich wende mich nun der abschließenden Frage zu, wie sich die beiden Gesichter Bucers, das der duldsamen Milde und das der strengen Unduldsamkeit, zueinander verhalten. Meine These, die ich eingangs angedeutet habe, geht in die Richtung, dass beide Seiten in einem engen Zusammenhang stehen. Mir scheint, dass Bucer nicht unduldsam ist, obwohl er auch duldsam ist, und umgekehrt, sondern dass die Unduldsamkeit die Rückseite seiner Duldsamkeit bildet: Der Grund für seine Duldsamkeit begründet auch seine Unduldsamkeit und umgekehrt. Fragt man nach diesem gemeinsamen Grund, dann stößt man in allen Argumentationszusammenhängen bei Bucer auf den Heiligen Geist, und zwar auf den Geist Christi, auf die pneumatische Präsenz Christi in seiner Gemeinde. Der Geist Christi ist für Bucer – wie wir sahen – der Geist der Wahrheit (die der Maßstab des Glaubens ist), der Geist der duldsamen Liebe und der Geist der durch Glaube und Liebe bestimmten Lebenszucht. In dieser Weise stiftet derselbe Geist Christi sowohl Duldsamkeit, die eine Pluralität der Glaubens- und Lebensformen aushält, als auch Verbindlichkeit, die der Duldsamkeit klare Grenzen setzt. Wie beide Seiten zusammengehören, wird am ehesten deutlich, wenn man darauf achtet, wie Bucer Glaube und Liebe zueinander in Beziehung setzt: Der Glaube ist immer Glaube an die allein rettende Liebe Gottes, an den Christus mediator, der sich uns in Liebe schenkt und selig macht. Daher sind Menschen, die von diesem Christusglauben erfüllt sind, immer Christen, die anderen Menschen gegenüber von dieser rettenden Liebe und Duldsamkeit Gottes Zeugnis ablegen, indem sie selbst erweisen, was Toleranz bedeutet: einander ertragen und annehmen – accipere, tolerare, sustinere. Der Glaube ist also immer von der Liebe geleitet. 29 »Miseret me nostri, quoties cogito tam christianam alibi seueritatem regnare. Babyloni sumus, sed ideo, quia vt Hierosolymis sumus indigni.« Bucer an Blarer vom 19. Januar 1532 (BCor 7, Nr. 544, S. 219, Z. 21–23).
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Umgekehrt ist diese duldsame Liebe immer geleitet vom Glauben, das heißt von jenem zentralen Grundbekenntnis, dass Christus, der in sich selbst Gottheit und Menschheit vereint hat, der alleinige Mittler ist, der in der Versöhnungskraft seiner Liebe den sündigen Menschen mit Gott versöhnt. Weil die Liebe in dieser Weise von Christus bestimmt ist30 , muss sie sich unduldsam gegen alles wenden, was diesem Grundbekenntnis entgegensteht: erstens gegen die Leugnung der altkirchlichen Dogmen von der Trinität Gottes und von den zwei Naturen Christi sowie gegen alles »papistische Vertrauen« auf Werke, auf Heilige, Reliquien, Bilder, auf die Opfermesse und äußere Rituale ex opere operato; zweitens gegen einen parteiischen und lieblos eifernden Geist der Streitsucht, Spaltung und Exkommunikation und drittens gegen einen Lebensstil ethisch ungebundener Hemmungslosigkeit, der mit dem Christusgeist der Liebe unvereinbar ist. Ich fasse zusammen: Wo Christi Geist in seiner Gemeinde, in seinem Leib, zur Wirkung kommt, entsteht – aus Bucers Sicht – eine innige Wechselbeziehung von Glaube und Liebe. Diese Korrelation ist für ihn das alleinige Kriterium für Duldsamkeit und Unduldsamkeit. Von diesem Maßstab her sieht er die Einmütigkeit der Gemeinde, die Einheit des pneumatischen Leibes Christi, auf zweifache Weise häretisch bedroht: zum einen durch eine dogmatische, rituelle oder ethische Überdeterminierung der Kirche, die durch forcierte Regularisierung Spaltungen provoziert und so das Band der Liebe zerreißt; zum andern durch eine gravierende Unterbestimmung der Kirche, die missachtet, in welch hohem Maße der durch die Christusliebe bestimmte Glaube der wahren Christen Verbindlichkeit stiftet und Grenzen gegenüber Unglaube und Lieblosigkeit zieht. So gelangt Bucer zu einem Modell größtmöglicher Kircheneinheit, die dann entsteht, wenn in Christus dogmatisch-ethische Bestimmtheit und offene Pluralität zu einer Balance gelangen – einer durchaus variablen, flexiblen Balance, durch die Enge aufgebrochen und Weite begrenzt wird, in der Kirche-Sein nicht in die Konturenlosigkeit verfließt, aber auch nicht auf nur einen gültigen Typus der Lehre, des Gottesdienstes und der Frömmigkeit festgelegt wird. Aus 30 Zur Christologie Bucers vgl. den programmatischen Beginn seines Briefes an Bartholomeo Fonzio vom 17. Dezember 1531: »Discordia quauis in re opus Sathanae est, nam qui Christi sunt, unum sunt, ut ipse cum Patre unum est.« (»Zwietracht, worin auch immer, ist das Werk Satans; denn die Christus angehören sind eins, so wie er selbst mit dem Vater eins ist«). BCor 7, Nr. 526, S. 127, Z. 2–4. Die Art der christologischen Argumentation ist aufschlussreich: Bucers stark vergeistigende, die menschliche Natur Christi in ihrer physischen Körperlichkeit eher unterbestimmende Christologie betont innerhalb der Trinität besonders – mit johanneischer Diktion – das pneumatische Einheitsband zwischen Vater und Sohn. Und dieses ebenso christologisch wie pneumatologisch bestimmte Einheitsverständnis dient ihm zur begründenden Basis eines kirchlichen Einheitsstrebens, das einerseits Gräben der Zwietracht, die durch lieblose Rechthaberei aufgerissen werden, mit großer Verständigungsbereitschaft und Duldsamkeit überbrücken will, andererseits aber mit abweisender Unduldsamkeit und dem Pathos prophetischer Wachsamkeit reagiert, wenn die elementare Reinheit des Evangeliums zerstört zu werden droht.
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Bucers Perspektive liegt in diesem Zweiseitigkeitsmodell Stimmigkeit und Konsequenz: Ist es doch der gleiche Geist Christi, der gleiche Glaube und die gleiche Liebe, die sowohl eine Gemeinschaft der Duldsamkeit begründen als auch eine Gemeinschaft, die nichts tolerieren kann, was dem Geiste Christi grundsätzlich widerstrebt. In diesem Sinne ist die Unduldsamkeit Bucers die Kehrseite seiner Duldsamkeit und die Duldsamkeit die Kehrseite seiner Unduldsamkeit.
Fixing the Boundary between the Old and New Faiths: Bucer and Erasmus Ian Hazlett ne transgrediaris terminos antiquos quos poserunt patres tui. Pro 22,28
1. Introduction The high-profile controversy in 1524–25 between Luther and Erasmus over grace and free will has been traditionally (if simplistically) depicted as that which marked the irretrievable breakdown of the superficial marriage between Christian Humanism and the Reformation. An eventual consequence of this was the erection of a fateful barrier between on the one hand, broad reform Catholicism of Humanist proclivity, and on the other hand, reformation concepts associated with Luther and other reformers of a Humanist stamp who expressed fundamental doctrinal solidarity with him. In terms of public debate, however, what occurred in 1524–25 was only round one of the confrontation. For in 1530 a second significant episode occurred. It involved Erasmus and Martin Bucer (or Strasbourg rather, since it was not in Bucer’s own name). This was the climax of deteriorating relations between Erasmus and the city’s reformers originating in 1524 in the wake of the Luther-Erasmus dispute . This second altercation of 1530 and its background have not made the headlines so much in either general, Reformation era historiography or biographies . It was also the prelude to the private and confidential exchange of views on contested issues which both Erasmus and Bucer resorted to in 1531–1532 – the chief focus of this essay. See allusion in Bucer, Refutatio Locorum Eckii (BOL 1, p. 241, ll. 8–12). Cf. Matheson, Bucer, p. 5. For recent convenient epitomes of the religious thinking and approaches of Erasmus and Bucer respectively along with further literature references see Walter, Erasmus von Rotterdam; Rummel, Theology of Erasmus; Id., Erasmus; Strohm, Martin Bucer; Hazlett, Bucer. For comparative outlines see Kohls, Lebensaufgabe, pp. 36–40; Stephens, Holy Spirit, pp. 11–13; Krüger, Bucer und Erasmus; Carrington, Parallel Lives. Cf. Augustijn, Érasme et Strasbourg; Peremans, Érasme et Bucer, pp. 49–57. However, for a number of specialist studies or incidental treatments see p. 144, n. 18 below.
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As intimated, the Christian Humanism-Reformation interface, in which there was common cause on abuses, spiritual renewal and reorientation towards the sources of Christian antiquity, had become disturbed by mutually alienating doctrinal fissures. The Protestant Reformation movement did continue to avail itself of Humanist methods in the spheres of education, textual analysis of Scripture and in the increasing use of patristic writings edited or translated by Humanists like Ambrogio Traversari, George of Trebizond, Erasmus von Rotterdam, Veit Amerbach, Beatus Rhenanus, Willibald Pirckheimer, etc. The Reformation’s Humanist inheritance is conventionally limited in this manner. In reality, most Protestant reformers beyond Luther retained more of a specifically Erasmian Humanist propensity than is often conceded and sometimes contested . None the less, the fundamental concepts of Christianity, of Church reform strategy and of religious renewal as understood by Humanists and Reformers seemed more and more incompatible, leading to a cooling if not necessarily a termination of relationships . Symptomatic of this were soteriological, ecclesiological and sacramental obstacles: the exclusiveness of strongly evangelical axioms such as faith alone, grace alone, Scripture alone, and Christ alone had controversial implications for the life of faith, doctrinal confession, Church authority and her mediatorial function. Many reform-minded Humanists including Erasmus were reluctant to subscribe to such apparent mutations and metamorphoses, since traditional Catholic identity, unity and consensus, axiomatic for them, was jeopardized. However, the alignments were not simple. The strong repudiation of Erasmian Christian Humanism on the theological niveau that had come from Wittenberg related not just to the theology of grace and merit, but also to the very manner of theologizing. The dispassionate, rational and discursive style of Erasmus, within the parameters of faith and orientated to agreement , was countered by the emphatically affirmative conviction theology of Luther and his adherents that engendered polarisation. Paradoxically, the relatively moderate attitude of Lutherans (and later, Anglicans) to certain church customs, ceremonies and liturgy was consistent, up to a point, with Erasmian conservative in See especially Kohls, Erasmus. He argues strongly for extensive Erasmian impact on the Reformation as a whole, not just restricted to literary methods. Cf. p. 144, n. 38 below. See, for example, Rott, Rhenanus et Bucer, p. 174. Cf. Beumer, Erasmus von Rotterdam; Rummel, Confessionalization of Humanism, pp. 9 –101; Pabel, Peaceful People, p. 73. On Erasmus’ notions of collatio and accommodatio in disputed matters with a view to finding middle ground between apparently contradictory positions – a method that Bucer also often employed – see Hoffmann, Reformation, pp. 11–15. Cf. De Kroon, Studien, pp. 38–40. ›Desidero in Lutheri scriptis modestiam et mansuetudinem euangelicam. Noto peruicaciam asseuerandi.‹ Erasmus, Spongia, p. 163, ll. 987–988. This was something that Erasmus found more akin to the strongly propositional and adversarial style of late-medieval scholasticism. Cf. Kohls, Theologie 1, pp. 59–62.
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stincts. By way of contrast, in Reformation domains where Erasmus’ general influence was particularly pervasive, namely in the South German and Swiss regions (where he operated), less strident rejection of his theological moderatism or perceived dogmatic indifferentism and scepticism10 was combined with rejection of his gradualism in the area of ›externals‹. Instead, radical purging and restructuring on the level of praxis was the policy. In those regions, the Reformation objective was the elimination of all oxygen by which any residual ›superstition‹ might persist in popular piety and folk religion. This was to enable not just doctrine, but also worship and devotion to be wholly ›pure‹ without any concession whatsoever to most traditional rites and practices. Accompanying this, however, was commitment strongly echoing the Erasmian concern for effective righteousness, godly and Christ-like comportment. This was understood as evidential amelioration of ethical and altruistic living seeking to ›vitam vivere deiformem‹11, and reflecting ›illa nostri ad imaginem Christj et Dei conformatio solidaque [. . .] iustitia‹12 . It is a constant theme in Bucer’s writings, but with his quasi-Thomist understanding that in ›piety‹ or ›true theology‹, faith and active love co-inhere inseparably like two sides of the one coin13 . Some emphases in Bucer and Erasmus clearly converged, but others diverged. Strict adherence to putative biblical and early Christian norms and paradigms produced different results. Accordingly, the Humanist ad fontes principle could restrict profitable doctrine to basics and essentials14 in a manner that Erasmus advocated (Christian culture and ›philosophy‹ as a way of life) 15 and to which some Reformers, if from a different perspective, approximated. Yet Erasmus’s assessment of what was essential was not arbitrary, as he included in it canonical dogmas, while excluding alleged nova dogmata of the Reformation. And yet as mentioned, the ad fontes principle could encourage in some Reformation circles an uncompromising minimalism in ritual externals and devotional practice. For Humanist Catholic loyalists like Erasmus this was an unintended consequence to which they objected. Cf. De Vogel, Erasmus. Bucer to Fortunatus Andronicus [Eustache André], 1531 (BCor 5, no. 369, p. 154, ll. 19–20). 12 Bucer, Enarratio (BOL 2, p. 433, ll. 3–4). 13 Starting with his first publication: Das ym selbs niemant, sonder anderen leben soll (1523, BDS 1, pp. 4 4–67). Cf. Koch, Studium pietatis, pp. 43–110; De Kroon, Studien, pp. 114–22. 14 Walther Köhler considered that Bucer and other Strasbourg colleagues shared such a ›Begriff des Wesentlichen in der Religion‹, typified in their emerging eucharistic theology. See Köhler, Zwingli und Luther 1, p. 829. Another perspective holds that since authentic membership of Christ’s ecclesial body in Bucer’s thought is determined solely by election and the operation of the Spirit, this ›relativiert die Notwendigkeit klarer Abgrenzungen in Bekenntnis [. . .].‹ Strohm, Bucer, p. 121. 15 ›Proueho bonas literas ac synceriorem et simpliciorem illam theologiam pro viribus instauro.‹ Erasmus, Spongia, p. 170, ll. 109–11. 10 11
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2. Erasmus’ letter to Bucer: background, context and nature Recapitulation of these general and specific discordant developments is embedded in the epistolary exchange between Bucer and Erasmus in 1531–1532. This was initiated by Bucer with what seems to have been more of a memorandum than a conventional letter. Unfortunately this is not extant. However, we have Erasmus’ lengthy reply of 2nd March, 1532, written from Freiburg, and re-edited recently16 . In acknowledgment of Bucer’s presumed olive-branch, Erasmus’s response is calm, still argumentative, but devoid of polemical rhetoric. There has been some variable discussion of the letter in the literature17. As the letter is indeed very long (about 6000 words), rich in detail and with a complicated background, this essay will consider chiefly some fundamental issues arising out of it that illustrate contrasting understandings of limits and boundaries – if predominantly through the lens of Erasmus due to Bucer’s missing letter. Turning to the immediate background and context of this letter18 : Between 1528 and 1531, a number of controversial works involving or relating to Erasmus and Strasbourg appeared that caused bad feeling. This impelled him to repudiate the Reformation (or as he qualified it, Reformation manifestations – stilum19 ) more explicitly than before. He felt obliged to abandon his studied, relative, soft-Catholic neutrality20 . The rumpus was instigated by a Dutch proReformation Humanist and teacher in Strasbourg, Gerard Geldenhouwer21. In 1528 he published a couple of tracts indiscreetly claiming that Erasmus believed that heretics should be tolerated, a perilous ascription at a time when the Imperial authorities were passing legislation on the severe punishment of heretics. Erasmus suspected (wrongly) that Bucer was behind Geldenhouwer’s mischievous faux pas. After that, editions of Erasmus letters that appeared in 1529 (and 16 BCor 7, no. 564, pp. 302–41. This splendidly executed edition supersedes an earlier one in Erasmus Bw. 9, no. 2615, pp. 4 45–57. See also Erasmus correspondance 9, no. 2615, pp. 594–611. For a partial English translation (to be used with some caution) see Himelick, Erasmus, pp. 205–9; this translation is restricted to those sections of the letter in BCor 7, no. 564, p. 328, l. 1 – p. 330, l. 18, and p. 336, l. 15 – p. 338, l. 14, or in Erasmus Bw. 9, p. 451, l. 227 – p. 452, l. 300, and p. 455, l. 405 – p. 456, l. 460. 17 For example, Beumer, Erasmus von Rotterdam, pp. 177–8; Peremans, Érasme et Bucer, pp. 144–51; Krüger, Untersuchung, pp. 65–8; Dickens/Jones, Erasmus, pp. 165–66; De Kroon, Studien, pp. 41–2. 18 For accounts along with some of the bizarre details of the letter’s prehistory, see Beumer, Erasmus von Rotterdam, pp. 176–7; Peremans, Érasme et Bucer, pp. 67–134; Krüger, Untersuchung, pp. 51–64. Erasmus, Contra psevdevangelicos (Einleitung); Bucer, Epistola apologetica (Einleitung) (BOL 1, pp. 61–72); Erasmus, Epistola ad fratres (Einleitung); Dickens/Jones, Erasmus, p. 162–165; Carrington, Parallel Lives, pp. 810–1. 19 BCor 7, no. 564, p. 312, l. 7. 20 In 1524 he had written: ›clamo me neutri factioni elle inuolui [. . .] Nulli factioni seruire nec volo nec possum‹. Erasmus, Spongia, p. 162, ll. 953–68. Cf. De Vogel, Erasmus, pp. 108– 11. 21 On him, see Augustin’s introduction to Erasmus, Contra psevdevangelicos, pp. 267–74.
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in 1531) – the Epistolae floridae – offended many of the Upper Rhine and Swiss Reformers, since some of these letters contained anything but complimentary remarks about them 22 . Further, in reaction to Geldenhouwer’s activity came Erasmus’ widely read Epistola contra psevdevangelicos (1529/30). In this critique of the Reformation he also addresses the defective strategy of the Upper Rhine Reformation whereby the early Church is seen naively as the model that should determine contemporary reform. However, when Geldenhouwer republished this Epistola in Strasbourg with his own critical glosses, Erasmus was outraged. This led to a serious and very restrained 23 reply composed by Bucer, but published in the collective name of the Strasbourg ministers – the Epistola apologetica (1530). Pointing out that for all his admiration of Erasmus, who was as vulnerable, fallible and liable to self-deception as any other man 24 , Bucer rebuts Erasmus’ argumentation. It was a calm, coherently argued defence of the Reformation as being neither sectarian, sacramentarian, nor revolutionary. Rather it was part of a process that ought to embrace the entire Church in a common enterprise. Differences of opinion among the Reformers is no more disqualifying than arguments among the Apostles. Erasmus’s aggrieved retort in 1530 was his hastily written and abusive Epistola ad fratres inferioris Germa niae 25 . In this furious diatribe (without mentioning Bucer’s name explicitly) he characterizes the Epistola apologetica as a mixture of ›honey and poison‹, and the Strasbourg Reformation as the work of men, not God. He mocks the Strasbourg mediating position in the eucharistic controversy and the dogmatic reductionism underlying it 26 . Anyone who thinks that Erasmus was always a paragon of moderation and reasonableness should read this work 27. He was digging trenches and throwing missiles. Few people could now think that he was a crypto-Protestant. He was congratulated by John Eck at least, who urged him ›to continue to trap the foxcubs which are wrecking the vineyard of the Lord,‹ and promised solidarity28 . See Peremans, Érasme et Bucer, p. 144; Augustijn, Érasme et Strasbourg, p. 64. Bucer wrote to Ambrose Blarer on 4th March 1530 saying that in responding to Erasmus, he will hold in his claws (›continebo ungues‹). BCor 4, no. 275, p. 23, l. 6. 24 ›Erasmum etiam multis nominibus admiramur. Ut tamen ter maximus sit, simul tamen homo est, atque ideo ex se nihil nisi vanitas, mendacium et nihilue moque nullis morbis, nullis erroribus non obnoxius.‹ Bucer, Epistola apologetica (1530, BOL 1, p. 8 0, ll. 17–20). 25 For discussion of the contents of the three writings, see especially Carrington, Point and Counter-Point. 26 Erasmus, Epistola ad fratres, p. 364, l. 806 – p. 366, l. 815. 27 ›Die Episode bildet wahrlich kein Ruhmesblatt im Leben des Humanisten.‹ De Kroon, Studien, p. 41. ›Quam virulentia bestiola est, quam impudenter fingit et refingit quiduis!‹ Capito to Bucer, 13 September 1531 (BCor 4, no. 340, p. 284, ll. 9–10). 28 ›Familiaris tuus Apologeticam adversus Capharnaitas Argentoratenses exhibuit, mihi crede gratissimum donum. Quod si pergeres capere vulpeculas quae vineam Domini demoliuntur, filium me habiturus es et discipulum tui obseruantissimum.‹ Eck to Erasmus, 18 August 1530 (Erasmus Bw. 9, no. 2387, p. 54, ll. 23–27). 22 23
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Lastly, in 1531 the publication of Sebastian Franck’s controversial Chronica, Zeitbuch und Geschichtsbibel caused offence to Erasmus on various grounds as well as embarrassment in Strasbourg where it was published 29. It seemed to incorporate Anabaptist ideas on rejection of civil authority. In addition, Franck listed Erasmus among the heretics persecuted by the Church. Erasmus again suspected (wrongly) that Bucer had somehow encouraged Franck. One should recall that from mid-1531 to 1532, Bucer was increasingly preoccupied with first, Anabaptist problems in Strasbourg, and secondly, reflecting on how to kick-start serious discussions on sacramental concord that were becalmed at that point 30 . Yet even if the Emperor was disinclined to send in the troops against cities with ›Zwinglian‹ associations, it cannot have been far from Bucer’s mind to keep thinking about the wider issue of what was now going to happen. After all, the Catholics at the Diet of Augsburg had delivered cogent refutations of Reformation confessions, to which Melanchthon and Bucer had responded with Apologies. The letter of Bucer to Erasmus seems to emerge from just after that, late 1531, one may guess, in view of Erasmus’s apology for having taken so long to reply. As far as it can be reconstructed from Erasmus’ reply, Bucer’s letter was a genuine and reasonably successful attempt to defuse the atmosphere31. He not only invites Erasmus to a confidential, frank, man to man exchange of opinions in which grievances, misconceptions and beliefs can be aired in trust – he also invites him to come and live in Strasbourg. While appreciative of the offer, Erasmus declines it. Bucer must have reviewed both the unfortunate relations with Erasmus in the recent past and the general religious crisis as he sees it. Initially Erasmus was hesitant about replying (as he says), in part due to puzzlement that Bucer asks him about his views on things that are already obvious32 . In the form essentially of a point by point commentary on the letter33 , Erasmus reciprocates fully none the less – stressing that he is baring his soul to Bucer, speaking from the heart, as he says at the end34 . And as Bucer and Erasmus had accused each other of lack of synceritas, that is, integrity and transparency, some of the discussion in the letter revolves around that35 . Therefore, this exchange was a sort Cf. Seguenney, Historia magistra vitae, p. 108, 109, 112, 117 n. 4, 5; Deppermann, Straßburger Aufenthalt, pp. 111–15. 30 Cf. Hazlett, Development, pp. 365–72. 31 Early in the letter Erasmus regains his brand-mark, ambiguous equilibrium: ›Vestram causam nusquam tracto hostiliter [!], sed ita tempero stilum, vt eam ad moderationem aliquam ecclesie salutarem redactam malim quam prorsus oppressam.‹ BCor 7, no. 564, p. 312, ll. 7–9. 32 ›quod hactenus demiror, si vobis non liquet.‹ BCor 7, no. 564, p. 312, l. 6. 33 ›epistolae tuae sequor ordinem.‹ Ibid. p. 314, l. 7. 34 ›Effudi in sinum tuum totum pectus meum.‹ Ibid. p. 341, ll. 4–5. 35 See ibid. p. 312, l. 13 – p. 313, l. 7; p. 314, ll. 11–8; p. 317, ll. 7–8; p. 326, ll. 16–17; p. 327, ll. 5–6; p. 336, ll. 8–11. 29
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of therapeutic exercise for both – even if neither evidently yields any ground on the substantive questions as articulated in their tracts of 1530. Accordingly Erasmus’ letter, going over old ground, brings nothing new in this respect – other than a reversion to his self-proclaimed moderation and a subdued acknowledgement of Bucer’s attempt to build bridges with him. In fact, the episode was Bucer’s second attempt to bring about a rapprochement with Erasmus. The first had been in 1527 when Bucer wrote to Erasmus asking why he had not joined the Reformation Church – this letter too is lost, but Erasmus’ reply survived36 . While paying tribute to Bucer’s exemplary personal and public qualities, he cited a number of reasons for staying aloof from the Reformation. These were: doubts of ›conscience‹ that the movement has divine legitimation, the moral slackness and impiety of many Reformation supporters, the discord of the eucharistic controversy and the deplorable manner in which its disputants have conducted themselves, the association with sedition, and the profane manner of disposing of traditional religious customs and obligations lock, stock and barrel, where a progressive approach is more advisable. Erasmus’ 1532 letter repeats these themes, which represent his standard objections.
3. Frontier issues in the Erasmus’ 1532 letter The perspective to be taken into account is the significance of the document for illuminating the frontiers between the new Reformation faith and that of the old Catholic faith, but here confined to the discernments of Bucer and Erasmus in the 1531–32 period. Due to increasing politicisation of the religious question, socio-economic pressures and military build-ups, this was a time of general high stress. As Erasmus had remarked in his 1527 letter to Bucer, the outcome will be bad if not only reactionary Catholics but also the pro-Reformation princes ›overstretch their cordons.‹37 The Diet of Augsburg demonstrated that the frictions were still nowhere near resolution. This raises various problems of perception. Neither the Catholic nor the Evangelical identities were wholly homogenous, whether in terms of parties or individuals. That there was diversity within the Reformation side is well known. Yet if there is little doubt that Luther was the prophetic catalyst, it is arguably better to speak of the ›Reformation faith‹ as a horizontal spectrum of various related positions. The alternative concept is historically speaking less apt, that 11 November 1527 (BCor 3, no. 170, pp. 92–6). English in Huizinga, Erasmus, pp. 243–
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37 ›Illi nimium tendebant funiculum, qui nunc rumpitur [. . .] metuo ne idem eueniat olim principibus, si pergeant et ipsi suum funiculum plus aequo tendere.‹ Ambrosius Blarer to Bucer 8 December 1531 (BCor 7, no. 521, p. 94, l. 65; p. 95, ll. 70–71).
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is: a hierarchy or pyramid of beliefs and attitudes assessed by how far they conform to or deviate from Wittenberg at the top, perceived as the canonical criterion or Pole Star of the Reformation 38 . This is especially important for the interpretation of Bucer, among others. It is generally accepted currently that Bucer as a gestalt had, apart from Scripture and the Church Fathers, a triple paternity, namely Thomas Aquinas, Erasmus39, and Luther – with Zwingli as a kind of uncle. Therefore, the whole question of borders and boundaries relates not just to the external panorama of different parties and tendencies, but also to genetic diversity within an individual. Ignoring that can lead to distorted judgements. The faces of Catholicism were also relatively diverse in content and form. Who held the reins of reform and progress? – the papacy, Church councils, diocesan councils (as in France), national councils, or the Catholic rulers? Which brand of reform would predominate? – doctrinal, institutional, liturgical and devotional, educational and spiritual, ascetic reaffirmation, exclusivist or inclusivist? Moreover, precipitated by the Reformation challenge, the old Catholic tradition of doctrinal pluralism (conceived as a hierarchy of immutable articles of faith coexisting with theological ›opinions‹ or hypotheses) was now in danger of evaporating40 . The increasing paramountcy of Church unity was to require redefinition of anything pertaining to the ›unity of Catholic faith‹ or orthodox doctrine that was not completely clear cut in the new context of public controversial theology. This came to be the eventual sine qua non of all Catholic reform. Yet in 1531–32, things had not yet gone quite so far, so that there was still room for some flexibility and debate, even if the curtains began to fall with the Diet of Augsburg. Accordingly, at this point the matter of general Old Church-Reformation demarcation begs the question: which religious frontier-posts are in mind? Are they ones that relate to dogma? Or to Church authority? Or to customs and ceremonies and so forms of piety? Or to them all? It is true that in this pre-Tridentine era, there was a number of dogmatic questions still undefined in an official way, and therefore possibly negotiable. For example, justification in regard to faith and works or grace and free will, the relative authority of Scripture, tradition and traditions41, the intercession of the saints, prayers for the dead, the canonical text of Scripture, the Mass, the relationship between Word and sacrament, and so on. Hence these items were at the top of the agenda. On these heads, then, there was prima facie potential flexibility – witness the countless 38 Cf. the assessment of Ernst-Wilhelm Kohls: ›Die Reformation hat sich [. . .] nicht selbständig behauptet. Die Reformation ist vielmehr in einigen ihrer namhaftesten Vertreter eine Synthese mit der erasmischen Reformtheologie eingegangen.‹ Kohls, Erasmus, p. 219. 39 Cf. Krüger, Untersuchung; Kohls, Erasmus, pp. 215–18; Strohl, Bucer. 40 Cf. Pelikan, Christian Tradition 4, pp. 59–68. ›[D]octrinal pluralism came [. . .] to tragedy in the sixteenth century – when [the] presupposition of catholic unity itself lost its credibility.‹ Id., p. 68. 41 ›Das Traditionsproblem war höchst verwickelt.‹ Jedin, Geschichte Trient 2, p. 48.
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number of books and tracts on these topics published from 1520 onwards. Accordingly, there were reasonable grounds for believing that the frontiers between orthodoxy and heterodoxy on certain issues might be redrawn, and that maybe some of the goalposts could be moved, if only slightly.
4. Reformation doctrines ›I have read with utter amazement the fact that you think I agree with you people on everything to do with religion.‹ 42 This was Erasmus’ reaction to some such sweeping statement made by Bucer in his own letter, and determines the nature of his response. His remark introduces the two particular sections in the letter outlining his criticism of Reformation doctrines and practices43 . Overall, Erasmus actually says comparatively little on doctrinal issues beyond simple affirmation or rejection – the exception being some attention he devotes to the sacramental real presence of Christ’s body. Three factors may have determined this general reticence. First, he generally preferred to leave doctrines to the ›theologians‹, among whom he did not particularly count himself, despite his (questionable) doctorate in theology from Turin. Secondly, in the immediate years after the Diet of Augsburg, there was a de facto moratorium on the Church conflict, an interim theological freeze. It is also notable that throughout his entire letter, Erasmus barely mentions the Diet of Augsburg, although he had exercised some remote influence on aspects of its format and its immediate aftermath44 . Thirdly, since Erasmus’ reply is shaped according to the contents and their order in Bucer’s letter, he is following Bucer’s agenda in which dogmatic questions may not have been given much space either (other than the Eucharist). About halfway through his letter, Erasmus does announce: ›Veniamus ad dogmata.‹ 45 Yet all he resorts to is a brief discussion, albeit significant, of the corporal presence of Christ in the eucharistic elements. Erasmus quotes Bucer in order to illustrate a misconception: ›You say: »We teach nothing other on the sacraments than what you teach, for we too do not hold that there is nothing but bread in the Supper. Indeed, the only mode of presence that we deny is the one that long ago you have written ought not to be mandatory transsubstantiation, since you do not acknowledge it to have been defined by the Church.«‹46 42 ›Illud summa cum admiratione legi, me de tota religione vobiscum sentire.‹ Erasmus to Bucer, 2 March 1532 (BCor 7, no. 564, p. 328, ll. 1–2). 43 Ibid. p. 328, l. 1 – p. 330, l. 18, and p. 336, l. 15 – p. 338, l. 14. 44 Cf. Honée, Religionsverhandlungen, pp. 65–6, p. 75. 45 Erasmus to Bucer, 2 March 1532 (BCor 7, no. 564, p. 329, l. 10). 46 ›Ais: »De sacramentis nihil aliud quam que tu doces dogmatizamus, nec enim nihil nisi panem in cena esse volumus. Iam eum praesentiae Christi modum, quem solum negamus, tu a nemine exigendum pridem scripsisti, vt nec agnoscis eum ab ecclesia definitum.«‹ Ibid.
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The Lord’s Supper was one area where Bucer had written in a manner seemingly compatible with Erasmus’ deceptively spiritualizing utterances47. Erasmus’ predominant keynotes were the familiar Neoplatonist distinctions between flesh and spirit and the visible and the invisible, subjective faith, the ineffable mode and mystery of Christ’s presence, spiritual manducation, and communion along with the religious and ethical benefits of this. These traits are at least paralleled in Bucer (and became a permanent part of his own sacramental vocabulary). Yet this was in a sense that was to go well beyond Erasmus, so that after 1524 he denied altogether a substantial corporal presence of Christ in the sacrament according to the traditional, commonly understood sense48 . Analogous to this was the development of Cornelius Hoen49, who along with Hinne Rode and Andrew Carlstadt had exercised more immediate impact on Bucer’s change of direction that took him beyond the boundary of Catholic orthodoxy50 . In his letter of about 525 lines in length, Erasmus devotes just twenty-five lines to the subject. This is all the far he goes in the general dogmatic domain – granted that elsewhere in the letter he occasionally makes it clear that he has no time for Reformation theology – ›abhorre[o] a vestris dogmatibus‹, namely, ›nova dogmata‹51 and just lists some of them. ›New doctrines‹? – that’s the familiar language of the Catholic defence mechanism. In it hides an immoveable frontier post that was embedded within Erasmus too. In his letter he only explicitly specifies this uncrossable line once, and in connection with his acceptance of the traditional real presence: ›I do have hesitations about the Church’s definition, but [. . .] following the authority of Scripture and the Church, I believe that.‹52 There are two connected issues here. First, there is Erasmus’ subscription to received doctrine. It is true that in his writings before the 1520s this was assumption rather than something explicitly asserted – as was the case for most people. Therefore, those (like Bucer) who had enthusiastically read Erasmus’ early writings including the Paraphrases, in which he had touched on the sacrament, could imagine that the real corporal presence was maybe not a matter of p. 329, ll. 11–14. ›Tum hortamur [. . .] panem et vinum sumant, sed non sola [. . .] ut iam re ipsa testantur se longe alia quam solum panem vinumque sumpsisse‹. Bucer, Epistola apologetica (BOL 1, p. 95, l. 15 – p. 96, l. 7). 47 See the chapter: ›Erasmische Elemente im Abendmahlsverständnis Martin Bucers‹, in Krüger, Untersuchung, pp. 183–224. Cf. Kittelson, Martin Bucer, p. 183; Hazlett, Development, pp. 54–6, 118–9, 123. 48 Cf. Kohls, Erasmus, pp. 214–5. 49 Cf. Spruyt, Cornelius Henrici Hoen, p. 105. 50 Cf. Hazlett, Development, pp. 94–5. 51 Erasmus to Bucer, 2 March 1532 (BCor 7, no. 564, p. 332, ll. 1, 4). 52 ›Addubito de definitio ecclesiae, sed [. . .] hoc credo sequutus scriptuarum ecclesieque autoritatem.‹ Ibid. p. 330, ll. 2–5.
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great importance to him. However, from the mid-1520s onwards in response to Reformation theological developments, Erasmus made explicit what before had been implicit and assumed53 . This is the source of some confusion about his belief on the matter, at the time and for subsequent historians. In 1526, however, he did make it clear that when he had written, for example, the Enchiridion (1501 et seq.) 54 , he had not entertained any thought of questioning the corporal real presence in the sacrament55 . Furthermore, he insisted that while in his advanced years he had more grounds to be sceptical due to recent debates on the matter, it would still no more enter his mind to go against Church authority now than in the past56 . Vis-à-vis Bucer, he did have to dig deep in his writings to find something demonstrating that this actually meant implicit acceptance of the notion of transubstantiation or conversion and so a local presence. He produces a quotation from a letter (January 1530) to the Bishop of Durham, Cuthbert Tunstall, and which had been published in the Epistolae floridae57. The mention of Church authority, the second issue, highlights the decisive element determining Erasmus’ irrevocable stance. That is to say, due to his submission to consensus-based tradition alongside Scripture, and to the corroborating ecclesiastical authority, he has no doubts whatsoever about what must be believed (or assented to) as an essential article of faith. He had earlier (1526) indicated to Pirckheimer, for example, that he had actually much sympathy with the pseudo-Zwinglian views of Oecolampadius on the Lord’s Supper as expressed in the latter’s De genuina verborum Domini [. . . ] expositione liber (1525) 58 . In the last analysis, however, he took refuge in the consensus and authority of the Church on the matter59. And his position on that principle re Cf. Wendebourg, Essen, pp. 34–9; Carrington, Parallel Lives, p. 810. Cf. Augustijn, Erasmus: Life, p. 50. 55 And in the Epistola contra psevdevangelicos he had characterized ideas denying the real presence as ›absurda‹, since spiritual manducation presupposes it. Cf. Erasmus, Contra psevdevangelicos, p. 350, l. 518. 56 ›Nec mutaui senex sententiam quam habui iuuenis, nisi quod nunc variis argumentiis in vtranque partem vacillare possem nisi me confirmaret autoritas ecclesiae. Quum scriberem Enchiridium adeo non dubitabam de veritate corporis et sanguinis, vt diuersa opinio ne per somnium quidem vnquam tetigerit animum meum.‹ Erasmus, Detectio prestigiarum, p. 243, l. 241 – p. 244, l. 245. 57 ›Fortasse ne nunc quidem euidenter definiuit [Ecclesia], quomodo sit ibi corpus: sub accidentibus an sub vero pane,‹ then saying to Bucer: ›Quis autem nescit ab ecclesia definitum in pane consecrato esse verum Domini corpus [. . .]?‹ Erasmus to Bucer, 2 March 1532 (BCor 7, no. 564, p. 329, ll. 24–5; p. 330, ll. 5–7). See also p. 148, n. 61 below where the accent is on this as mirroring widespread belief or consensus, especially for the laity. See also Bucer, Epistola apologetica (BOL 1, p. 95, ll. 4–5). 58 Erasmus to Willibald Pirckheimer, 6 June 1526 (Erasmus Bw. 6, no. 1717, p. 351, ll. 52– 3), going on to point out that he cannot depart from Church consensus on this, nor has he ever done so: ›Et tamen ab Ecclesiae consensum possum discedere, nec vnquam discessi.‹ Ibid. p. 352, ll. 1–2. 59 Erasmus to Willibald Pirckheimer, 30 July 1526 (Erasmus Bw. 6, no. 1729, p. 371, ll. 25–7), qualifying the ›Church‹ as the abstract, prior, universal consensus: ›Ecclesiam autem 53
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mained consistent with what he had articulated in his tract on free will against Luther in 1524: ›And, in fact, so far am I from delighting in »assertions« that I would readily take refuge in the opinion of the Sceptics, wherever this is allowed by the inviolable authority of Holy Scripture and by the decrees of the Church, to which I everywhere submit my personal feelings, whether I grasp what it prescribes or not.‹ 60 And as if to reinforce his position on the sacrament, in 1530 he published an edition of the anti-Berengarian tract by the twelfth-century writer, Alger of Liège – De veritate corporis et sanguinis Dominico in eucharistia. This included supportive preface by Erasmus. Moreover, soon after his 1532 letter to Bucer, he wrote to Amerbach expressing his subscription to traditional doctrine, even if there is some latitude on the precise mode of the presence 61. In this context it has been suggested, however, by Augustijn that Erasmus’s idea for general conflict resolution (namely an independent commission of theological arbiters from both sides, or the amicable religious colloquy as distinct from the failed method of disputation and refutation), are somewhat subversive of Church authority in the traditional Roman Catholic sense, and so of the Church herself. It diminishes the executive power of the magisterium. This interpretation echoed a similar view expressed earlier by the Catholic historian, Joseph Lortz62 . Nevertheless, it still has to be said that if Erasmus was inconsis tent, ambiguous, and evasive on many things, he always held the line on the crucial point of ›authority‹. Ultimately – and quite apart from procedures – the ›Church‹ on the basis of ›consensus‹ does have the authority to regulate, as by a Church Council. This, among other things, lies behind his several comments in the letter to Bucer that he could never join the Reformation camp, which embodies dissensus – although he does say tantalizingly, ›not yet‹ (nondum) 63 . Moreover, he divulges a personal soteriological concern for not siding with the Reformation party64 . This was an angst he had expressed several times before 65 . voco consensum populi Christiani per universum orbem.‹ Ibid. p. 372, ll. 1–2. Cf. Payne, Erasmus, pp. 145–7. Augustijn, Erasmus: Life, p. 152. 60 ›Ad adeo non delector assertionibus, ut facile in Scepticorum sententiam pedibus discessurus sim, ubicumque per divinarum scriptuarum inviolabilem auctoritatem et ecclesiae decreta liceat, quibus meum sensum ubique libens submitto, sive assequor, quod praescribit, sive non assequor.‹ Translation from Erasmus, Freedom, p. 37. 61 ›De veritate Corporis Dominici nihil ambigendum est. De modo praesentiae licet aliquo pacto dubitare, quoniam de hoc Ecclesia disputat verius quam pronunciat, aut certe in genere credere quod credit Ecclesia, praesertim homini laico.‹ Erasmus to Amerbach, 25 March 1532 (Erasmus Bw. 9, no. 2631, p. 472, ll. 3–5). 62 Augustijn, Ecclesiology, pp. 135, 143. 63 Erasmus to Bucer, 2 March 1532 (BCor 7, no. 564, p. 318, l. 10). 64 ›Adigit huc me timor Gehennae.‹ ›The fear of hell drives me from this.‹ Ibid. p. 332, l. 18. 65 For example, in a letter to the Swiss Confederacy (15 May 1526) saying that on the eucharistic question he was bound to what the Church prescribes, due not to any human fear, but to religio and fear of divine wrath. See Erasmus Bw. 6, no. 1708, p. 340, l. 38 – p. 341, l. 45.
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The same anxiety comes out at the end of the letter, where he mentions that his respect for Bucer and Capito is not so high that he would commit his poor soul to them66 . Thereby, Erasmus invokes the other kind of borders, existential and spiritual, that is, the frontiers between heaven, earth, and hell. Apart from the eucharistic presence issue, there is no discussion of other doctrines – although at one point he does briefly allude to what Bucer may have cited: ›Where do my writings reduce the number of the sacraments; where do they denounce the Mass? Where do they dismantle purgatory? Where do they teach that it is not permissible to invoke the saints; where do they teach that man has no free will – not to mention the other things?‹ 67 All this does is to underline his formal distance from the Reformation, even if largely out of prudence.
5. Reformation style and practices However, Erasmus does point out that he has never been hostile to the Reformation causa 68 per se – it’s more the gauche methods and tactics, the lack of sensitivity, civility and pietas among so many of it followers that he objects to, especially when this involves internal doctrinal divisions, social disorder, violence and schism. In fact, most of Erasmus’ critique focuses on these problems. ›It is no small fault in taking up a good cause to make it repugnant‹ 69, he writes. These are things that endanger the sacrosanct unity and peace of the Church, which is paramount. Necessary reform and purgation, perestroika as it were, should only be made gradually, without coercion and revolution70 . Hence he accuses Bucer and his allies of being sectarian – the phrase ›ista secta‹71 occurs several times in the letter. While Erasmus’s tone is civil and restrained, he remains critical and gives no ground on either doctrine or the savoir faire of Church reform – a position reflecting the substance of his recent tracts critical of the Reformation. This means that there is far more on his objections to the actual manifestations of the Reformation, such as its abrasive style; its disruptive manner; its militant tendency; And in Epistola ad Fratres Inferioris Germaniae he commented that awareness, against his conscience, of any belief of his as impious would make him fear hell: ›Metuo gehennam si reclamante conscientia profitear quod reor impium esse [. . .].‹ Erasmus, Epistola ad Fratres, p. 334, ll. 162–3. 66 ›in vestram fidem [. . .].‹ ›into your care‹. Erasmus to Bucer, 2 March 1532 (BCor 7, no. 564, p. 341, l. 2). 67 Ibid. p. 328, ll. 5–9. Cf. Bucer, Epistola apologetica (BOL 1, p. 91; p. 93, ll. 1–11; p. 146, l. 27 – p. 147, l. 6; pp. 152–4). 68 See p. 142, n. 31 above. 69 ›non leve peccatum est bonam causam agendo reddere inuidiosam.‹ Erasmus to Bucer, 2 March 1532 (BCor 7, no. 564, p. 328, ll. 22–4). 70 ›paulatim, et persuasione magis quam vi.‹ Ibid. p. 339, l. 19. 71 E.g., ibid. p. 315, l. 3; p. 339, l. 14. Cf. p. 337, ll. 8–9, 13.
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its caricature, as he hears it, of ›Evangelium, Evangelium, fides, fides‹72 – shibboleths that undermine pietas or religious devotion; its intolerance; its clean-sweep approach to externals, and therefore going for the whole (totum) rather than the half (dimidium) 73 . Moderation should be the principle when dealing with devotional practices such as invocation of the saints and the use of images74 . Hence he complains about iconoclasm and the abolition of useful devotional custom ceremonies. On the style and ethical fronts, he also expresses distaste for what he sees as hypocrisy in people like Bucer who sometimes resort to pseudonymous dissimulations and other deceits on behalf of the gospel in their publications. He protests about the harassment of Catholics in Reformation cities, referring to Basel in particular; sectarianism or ecclesiastical particularism; the alleged licentious and unholy lives of so many Reformation followers, and (in his mind) the phi listinism and barbarism associated with the Reformation that threaten education, learning and culture – opening the way to a new paganismus 75 , he fears. This last point, linked to sedition, had already reportedly been made by Beatus Rhenanus in respect to the early Strasbourg Reform76 . All in all then, Erasmus sees his pre-Raphaelite world of ordered Neoplatonist Christianity and wholesomeness, wrapped in polite letters or godly knowledge, as being jeopardized by those in a rash quest of new frontiers. The regular use throughout the letter by Erasmus of the second person plural pronominal forms of vos and vester means it is not always clear whether he is referring to the global Reformation, or that identified with the Upper German and Swiss domains, or even more specifically, that of Strasbourg and Bucer. This is not completely Erasmus’ fault. For at one point he expresses frustration with Bucer’s repeated use of nos and nos ipsos. Erasmus complains: ›I constantly hear »we, we«, [as] if you were speaking on behalf of everyone.‹77 Your ›we‹, he continues, hardly includes Ulrich von Hutten78 , Otto Brunfels79, Gerard Ibid. p. 337, ll. 19–20. Ibid. p. 329, ll. 3–5. Later in the letter he refers to what was presumably an argument by Bucer for thoroughgoing reform: ›Expediebat dirui templum Hierosolymitanum.‹ Ibid. p. 338, ll. 25–6. 74 Cf. Bucer, Epistola apologetica, pp. 111–2, 149–51. He had expanded on the topic in Das einigerlei Bild (1530, BDS 4, pp. 161–81), with a Latin version too. 75 In the sense of universal rustic ignorance. Erasmus to Bucer, 2 March 1532 (BCor 7, no. 564, p. 338, l. 1). 76 For Bucer’s earlier repudiation of such a notion, see his letter to Beatus Rhenanus of August 1525 (BCor 2, no. 100, pp. 31–4). Cf. Rott, Beatus Rhenanus et Bucer, pp. 172–3. 77 ›Interim sine fine audio »nos, nos«. Si omnium ore loqueris [. . .].‹ Erasmus to Bucer, 2 March 1532 (BCor 7, no. 564, p. 330, l. 21 – p. 332, l. 1). 78 With his Cum Erasmo Roterodamo presbytero theologo expostulatio (published in Strasbourg 1523) Hutten initiated the school of thought in the Protestant tradition that is dismissive of Erasmus on account of his perceived timidity and fence-sitting on the religious question. Erasmus’ robust defence of his neutrality was his Spongia (1524). 79 Principal of the grammar school in Strasbourg from 1524–1532, he had helped defend 72
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Geldenhouwer, or Luther – that is, Reformation figures who either publicly denounced Erasmus or did damage to him, if out of different motives80 . Thereby Erasmus also touched on a Strasbourg nerve, since all of the four names except Luther had published their Erasmus-related tracts in Strasbourg. That aside, let us assume that Bucer has in mind, even if unconsciously, the relatively distinctive, religio-ethical approach of Reformers in the Upper Rhine and Swiss areas to dysfunctional Christianity and Church abuses. This was a coalescence of common revolutionary doctrine with Christian Humanist, specifically Erasmian, concepts orientated to the mystical and moral spheres of the soul and the Spirit. In this orientation, the visible institutional Church tends to recede in favour of amorphous Christianity81 (Christianismus) 82 , spiritual community and holy living rooted in moral endeavour. On that basis, one might understand why people like Bucer could say that fundamentally he and Erasmus are on the same side. Erasmus’s letter makes it clear, however, that he does not agree once that notion is translated into various doctrinal and practical issues. Therefore a statement by Ernst-Wilhelm Kohls could be modified. He writes that ›im Untergrund und auch Unterbewusstsein hat Erasmus gerade bei den oberdeutschen evangelischen Theologen wesentlich deren Theologie mitbestimmt.‹ 83 How far does ›wesentlich‹ go? ›Erheblich‹ or ›weitgehend‹ may be safer in view of limits declared by Erasmus. Moreover, while there is no doubt that Erasmus keeps ostensibly remote from the Reformers, there is evidence that his own vision of their enterprise was also a bit blurred, and thus not one that he recognized as reflecting his own aspirations. In this letter he states: ›I wish for nothing more than that this business – of whatever kind it is – may chance upon a happy outcome.‹ 84 ›Of whatever kind it is‹ (qualecunque) – what’s it all about anyway? Perhaps the majority view of people at the time. In sum, Erasmus’ critique is driven not so much by any priority of dogmatic issues, rather by ones related to form, morality, culture, and pietas, that is, the Christian spirit and way. The subversion of these, even if unintended, is the great calamity. In such domains, which were of particular concern to Christian Humanists, he alleges that the Reformation has overstepped the mark – even if Bucer had been quick to point out in the Epistola apologetica that this sort of problem was not unique to those of the evangelical persuasion85 . Irrespective of Hutten against Erasmus by republishing (1524) in Strasbourg the late Hutten’s anti-Erasmus tract as well as a reponse to Erasmus’ Spongia. 80 It should be noted that neither Luther nor Melanchthon approved of this activity in Hutten and Brunfels. See Rott, Beatus Rhenanus et Bucer, p. 169. Cf. Bucer to Wilhelm Nesen, May 1524 (BCor 1, no. 66, p. 252). 81 Cf. Augustijn, Ecclesiology, pp. 140, 143, 148, 152, 154. Id., Erasmus: Life, 182. 82 Cf. Erasmus to Bucer 2 March 1532 (BCor 7, no. 564, p. 337, l. 22, variant mm). 83 Kohls, Lebensaufgabe, p. 27. See also p. 144, n. 38. 84 Erasmus to Bucer, 2 March 1532 (BCor 7, no. 564, p. 337, ll. 20–1). 85 See, for example, Bucer, Epistola apologetica (BOL 1, p. 148, l. 25 – p. 149, l. 2).
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charge and counter-charge, claim or counter-claim, one could argue that while Erasmus was perplexed by the apparent deficit of ontological change for the better in confessing Christians by whatever means, Bucer was equally frustrated by the paucity of sanctification in the sinner wrought by the operation of the Spirit. In this sense, both indeed shared common ground, if for different reasons. Yet when one asks about frontiers and limits (as they were perceived at the time), one has to include these domains, and not just doctrine and ecclesiology, the usual way of approaching it. Erasmus’s sense of demarcation is accordingly particularly sensitive to the natural margins between the following: concord and discord, peace and strife, unity and schism, love and selfishness, moral constraint and liberty, true religious devotion and irreverent freedom, culture and philistinism, persuasion and coercion, patience and intolerance, sincerity and deceit, and so on. Briefly, it helped determine his position of: Yes to reformation – No to the Reformation.
6. Concluding remarks First: If Erasmus can be depicted as a relatively sympathetic opponent of the Reformation as it unfolded – after all, he does not use words like ›heresy‹ or ›anathema‹ in this connection – the majority of Catholic defenders were more devoted to repudiation and polarisation, especially on the systematic-theological front. For them, delineating the borders was the top priority. Frontier-definition in 1530–1531 in relation to them was a more urgent issue for Bucer and his allies. Indicative of it was the Tetrapolitan Confession (1530), the official Catho lic Confutation (1531) of it by Eck, Fabri, Cochlaeus and others, and Bucer’s Apology responding to that86 . Erasmus agrees that Bucer should pay more serious attention to this front. For in his letter, being almost certainly unfamiliar with Bucer’s published German Apology, he asks: why are you so hot under the collar about mild criticism from me? Why don’t you address those who are working for your destruction, like Eck, Fabri, Clichthove, etc.? – your real enemies, as it were 87. Secondly: Erasmus’ ideas since the early 1520s about the feasibility of Church peace and concord oscillated88 . Subjectively he was sometimes optimistic, some86 Cf. Bucer, Confessio Tetrapolitana (BDS 3, pp. 37–185; Reformierte Bekenntnisschriften 1/1, pp. 458–94), Tetrapolitan Confession in both. Paetzold, Konfutation; Bucer, Apologia (BDS 3, pp. 194–318). 87 ›Quum tam multi sint, qui pessime de vobis et loquantur et sentiant, qui libris editis proscindant, qui palam moliantur exitium, quamobrem adeo commoueamini, si meis scriptis vel leuiter attingamini? Eccijs, Fabrjis, Clithoueis, Pio alijsque compluribus estis muti‹. Erasmus to Bucer 2 March 1532 (BCor 7, no. 564, p. 335, ll. 9–13). 88 Cf. Augustijn, Ecclesiology; Honée, Religionsverhandlungen; Stupperich, De sarcienda ecclesiae concordia (Einleitung); Carrington, Point and Counter-Point, pp. 59–63.
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times pessimistic. Objectively, he sometimes envisaged multilateral negotiations in a spirit of mutual accommodation and compromise that would at least produce a provisional settlement, so that the more intractable issues could deferred. Alternatively, he envisaged a top-down solution imposed jointly by the Church leadership and the secular authorities. In the letter to Bucer, Erasmus mentions virtually nothing about the matter, but the undertones are pessimistic – certainly in respect of any further contribution by him. In fact, he remarks that in view of criticisms of him as well as the recent renewal of attacks on him by the Sorbonne (which in 1531 published its 1526 censures of him), he is now fed up and will no longer write on religious matters89. However, it is striking that it was to be from both him and Bucer that the impetus for a serious resumption of Church reunion negotiations were to come, in the same year, 1533. These were Bucer’s Furbereytung zum Concilio 90 , and Erasmus’s De sarcienda eccle siae concordia91. This may have been largely coincidental, but there was a symmetrical appropriateness about it anyway. It is not known if Bucer actually received Erasmus’s 1532 letter, bearing in mind that Bucer was sworn to silence about it92 . Absence of evidence of further communications does not necessarily mean a termination of all relationship. The letter was one impulse among many. For in the subsequent twelve years or so – and as one of the key figures at the religious Colloquies – Bucer, the Reformation theologian wearing a Humanist cap in the interest of Church concord, certainly shared and helped apply Erasmian views on ways and means, procedures, dialogue, discussion, and germane epistemological techniques – that is, dispassionate, mediating analysis rather than sterile, affirmative conviction theology enhancing mutual alienation. Thirdly and lastly: one of the early manifestations of Bucer’s emerging alternative and irenical way of approaching the Catholic (and Lutheran) frontiers – that is, negotiating and marking out common ground on perceived essentials and identifying adiaphora with a view to a viable consensus, was partly in his reply93 to the anti-Reformation tract of Robert Ceneau, the reforming Bishop of Avranches, in 1534. There, Bucer seeks a degree of critical accommodation to Catholic thinking. In 1536, the senescent Erasmus commented on this when writing to Melanchthon. He said that while some of Bucer’s arguments are dubious, the approach holds out some promise, even if over-optimistically94 . This 89 ›vt [. . .] posthac nihil scripturus sim [. . .].‹ Erasmus to Bucer, 2 March 1532 (BCor 7, no. 564, p. 340, ll. 2–3). 90 Bucer, Furbereytung (BDS 5, pp. 259–362). 91 Erasmus, De sarcienda, pp. 258–313. 92 Erasmus justifies his response by stating: ›Sed quoniam me credere vis te bonum esse virum ac silentij fidem polliceris [. . .].‹ Erasmus to Bucer, 2 March 1532 (BCor 7, no. 564, p. 312, ll. 4–5). 93 Bucer, Defensio, especially Cap. 13: De Synodo, pp. 83–8. 94 ›Bucerus in praefatione aduersus Albrincensem (sic!) multa praeclara pollicetur, quae certe cuperem omnia esse vera, verum in opere non perinde apparent promissa. Testatur se a
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related to Bucer’s explicit consideration of the consensus of tradition, the Church Fathers and mediaeval writers, including Aquinas. This was to be the way in the interim, joint exploration of older and newer theologies along with reunion feasibility by Catholic and Protestant theologians of a Christian Humanist stamp, until the real Interim (1548) plus the Council of Trent aborted it.
nullis Ecclesiae doctoribus dissentire, ne a recentioribus quidem, paulo sanioribus, in quibus ponit Thom. Aquinatem.‹ Erasmus Bw. 11, no. 3127, p. 333, ll. 21–5. Cf. BOL 5, pp. 18–20, also xxxiii.
Bucers Beitrag zu einer Prosopographie der Reformation
Die Beziehung Bucers zu den Augsburger Predigern Reinhold Friedrich Die Themenstellung führt uns unmittelbar zu Bucers erstem längeren Besuch in der Stadt am Lech anlässlich des Augsburger Reichstages von 1530. Als er am 23. Juni 1530 in Augsburg einreitet, liegt vor ihm eine große freie Reichsstadt, eine der modernsten Städte Deutschlands mit etwa 50.000 Einwohnern. Augsburg ist ein Zentrum von Wissenschaft und Kunst, eine Finanz- und Handelsmetropole, von der aus das Geld die Welt regiert, das »deutsche Korinth«, wie es genannt wird, eine selbstbewusste Zukunftsstadt, dem Kaiser wegen ihres Dranges nach Reformation und Selbstbestimmung ein Dorn im Auge.
1. Das Umfeld Auf dem Reichstag gab Bucer mit der Confessio Tetrapolitana bekanntlich ein eigenes Bekenntnis der Städte Straßburg, Lindau, Memmingen und Konstanz ab, das neben der Confessio Augustana von Wittenberger Seite und Zwinglis Fidei Ratio steht. Die Unterschiedlichkeit der Bekenntnisse war Folge der Streitigkeiten um das rechte Verständnis des Abendmahls und zeigte die Zerrissenheit der Protestanten. Gerade diese Auseinandersetzung um das Altarsakrament führte auch Augsburg und Bucer zunächst und in erster Linie zusammen. Die Auseinandersetzungen um das Abendmahl hatten in Augsburg sowohl die Prediger als auch die Gemeindeglieder so entzweit, dass der Rat aus außenwie innenpolitischen Motiven an der Beilegung dieses Streits höchst interessiert sein musste. Dies galt besonders für die Jahre nach dem Augsburger Reichstag, denn die Stadt hatte dessen Abschied verweigert und musste sich deshalb andere Bündnispartner unter den großen evangelischen Städten – vor allem Nürnberg, Ulm und Straßburg – suchen, auch wenn der Kaiser Augsburg zugesichert hatte, an den herkömmlichen Gottesdienstformen nicht rütteln zu wollen. Nach der Rückberufung der evangelischen Prediger, die teils Zwinglianer, teils
Vgl. Dellsperger, Wolfgang Musculus, S. 95.
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Lutheraner waren, brach der Abendmahlsstreit erneut auf . Es war daher verständlich, dass man sich mit der Bitte, geeignete Prediger zur Lösung des Konflikts zu entsenden, vor allem nach Straßburg und an Bucer persönlich wandte, da dieser sich ja bereits seit Jahren um eine Aussöhnung zwischen Lutheranern und Zwinglianern bemühte. In besonderer Weise setzte sich Gereon Sailer , der religionspolitisch einflussreiche Augsburger Stadtarzt, für eine enge Verbindung mit Straßburg ein. Der Briefwechsel Bucers mit Sailer und den übrigen Straßburger Predigern, die nach Augsburg entsandt worden waren, ergibt eine »kleine Chronik« der Augsburger Reformationsgeschichte zwischen 1530 und 1540: Die dichteste Korrespondenz ist uns zwischen Sailer und Bucer überliefert, auch wenn es sich dabei fast um eine Einbahnstraße handelt: Von den zahlreichen Briefen des Straßburgers an Sailer sind nur zwei erhalten, von Sailers Schreiben hingegen konnten immerhin 42 ermittelt werden. Auch bei den übrigen von Straßburg nach Augsburg entsandten Predigern verhält es sich ähnlich: Von Wolfgang Musculus sind zwölf Briefe an Bucer erhalten, aber nur ein Schreiben Bucers an ihn; von Bonifatius Wolfhart existieren vier Briefe an Bucer, aber nur eine von dessen Antworten konnte ermittelt werden; von der Korrespondenz mit Theo bald Nigri sind nur vier Briefe an Bucer erhalten; Sebastian Maier hat lediglich einen Brief an Bucer verfasst.
2. Die anfängliche Spannungslage Bereits 1527 klagte Martin Luther in Anspielung auf die sechs Kirchen der Stadt: »Augsburg ist in sechs Gruppierungen geteilt!« Diese Differenzen versuchte der Rat durch eine Politik der Vereinheitlichung aufzuheben. So verbot er den lutherischen Geistlichen, die ihre Anhängerschaft um das ehemalige Karmeliterkloster St. Anna scharten, in ihren Predigten auf die Besonderheiten der lutherischen Abendmahlslehre einzugehen. Stephan Agricola und Johannes Frosch, die Häupter der Lutheraner, reichten daraufhin ihre Demission ein und verließen Augsburg noch im Frühjahr 1531 . Damit waren die Spannungen aber keineswegs gelöst. Die lutherische Gemeinde um die ehemaligen Mönche an St. Anna stand gegen die Zwinglianer an Vgl. Seebass, Augsburg, S. 480 f. Vgl. sein Biogramm in BCor 7, S. 466. Vgl. de Kroon, Augsburger Reformation, S. 63, 73; Pollet, Bucer 2, S. 246. »Augusta in sex divisa est sectas!« Luther an Georg Spalatin vom 11. März 1527 (WA Bw. 4, Nr. 1087, S. 175, Z. 19). Zu seiner Biographie vgl. BCor 7, S. 417 f. Zu ihm vgl. BCor 7, S. 438. Vgl. Sailer an Bucer vom 5. Januar 1532 (BCor 7, Nr. 537, S. 175, Anm. 12).
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der Barfüßerkirche mit ihrem Hauptprotagonisten Michael Keller. Er verstand es, vor allem die Zünfte für sich zu gewinnen und verschaffte sich großen Einfluss beim Rat. Überliefert ist der Satz: »Bet den Abgott bei den Barfüßern an, So wirst Du gut Platz in Augsburg han.«10 Daneben existierte natürlich die Gruppe der Altgläubigen unter ihrem mächtigen Bischof Christoph von Stadion. Ihnen rechneten sich vor allem, wenn nicht ausschließlich, die alten Augsburger Patriziergeschlechter zu, etwa die Fugger oder die Welser. Daher verfügte diese Gruppe über eine nicht unbeträchtliche Finanzkraft11. Schließlich sind die keineswegs einheitlich denkenden und organisierten Täufergruppen zu nennen. Sie genossen keine Gleichberechtigung und waren seit dem Täufermandat vom 11. Oktober 1527 Taufzwang und Verfolgung ausgesetzt12 . Diese extreme Konfliktsituation zwang den Augsburger Rat zu diplomatischem Handeln und zu einem vorsichtigen Kurs. Mithilfe zweier Maßnahmen versuchten die Ratsherren Stabilität und innere Einheit zu erreichen: Einmal durch die Berufung friedliebender Prediger, zum andern durch die Einsetzung eines leitenden Geistlichen, der die ihm unterstellten, einander bekämpfenden Prediger und hitzigen Theologen bändigen sollte. Letzteres scheiterte allerdings daran, dass die geeigneten Kandidaten intelligent genug waren, eine solche Aufgabe nicht anzunehmen.
3. Die Berufung der vier Straßburger Prediger13 Bei der Besetzung der Predigerstellen hatte der Rat zunächst größeren Erfolg. Mit Bucers Hilfe und auf Vermittlung des bereits erwähnten Augsburger Stadtarztes Gereon Sailer gewann man vier Prediger aus Straßburg. Am 4. März 1531 begann Wolfgang Musculus14 , bislang Diakon am Straßburger Münster, seinen Dienst als Prediger an Heilig Kreuz15 . Am gleichen Tage wurde auch Bucers Zu ihm vgl. BCor 7, S. 4 49. Roth, Reformationsgeschichte 2, S. 67. 11 Vgl. de Kroon, Augsburger Reformation, S. 66. 12 Vgl. Guderian, Täufer, S. 38 f. 13 Dr. Milton Kooistra hat die für die Berufung der Straßburger Prediger einschlägige Korrespondenz Nigris, Wolfharts und des Augsburger Rates mit dem Straßburger Rat in den Archives de la Ville et de la Communauté de Strasbourg gehoben. Prof. Reinhold Friedrich und Dr. Milton Kooistra haben diese neu entdeckten Briefe transskribiert. Vgl. ihre Edition unten S. 217–230. 14 Zu ihm vgl. BCor 7, S. 457 f. 15 Vgl. den Brief des Augsburger Rates an Capito und Bucer vom 27. Dezember 1530 (BCor 5, Nr. 365, S. 118, Anm. 18); Bodenmann, Musculus, S. 154; Dellsperger, Musculus, S. 29; Roth, Reformationsgeschichte 2, S. 28, Anm. 59. Vgl. zu seiner Berufung Anhang Nr. 1–3, S. 217–230.
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bisheriger Helfer Bonifatius Wolfhart16 in Augsburg in sein Amt eingeführt17. Er sollte an St. Anna und an St. Moritz wirken. Die Vorboten künftiger Auseinandersetzungen waren bereits die bissigen Äußerungen der Lutheraner zur Ankunft der beiden Straßburger: »Also ritt der Teufel wieder auf ein neues zu Augsburg ein auf zwei Kameltieren von Straßburg mit Namen Bonifazius und Meißlein [. . .].«18 . Wolfhart und Musculus folgten die Straßburger Sebastian Maier19, der seit dem 4. April seinen Predigtauftrag an St. Georg wahrnahm 20 , und Theobald Nigri 21, der am 24. Juli in Augsburg eintraf und fortan an St. Ulrich predigte22 . Neben dem Rat verband auch Bucer mit der Gründung dieser Straßburger Filiale in Augsburg die Hoffnung auf eine Versöhnung im Abendmahlsstreit, besaß die Reichsstadt am Lech doch nicht geringe reichspolitische wie symbolpolitische Bedeutung und konnte als gelungener Modellfall eine Einigung in der Abendmahlskontroverse befördern.
4. Die Entstehung des Konflikte (Februar bis September 1531) 4.1 Der Streit des Straßburger Predigers Wolfhart mit dem Lutheraner Stephan Agricola Bereits kurz nach der Ankunft von Wolfhart und Musculus schien diese Hoffnung aber zu platzen. Wolfhart hatte nämlich durch seine alles andere als versöhnlichen Predigten über die soteriologische Wertlosigkeit des Taufsakraments den heftigen Widerspruch der Augsburger Lutheraner erregt. Insbesondere Stephan Agricola setzte sich mit Wolfhart auseinander, sogar als er Augsburg längst verlassen hatte und im oberfränkischen Hof wirkte23 . So bemühte sich Bucer selbst nach Augsburg und hielt am 17. Juni 1531 eine Versöhnungspredigt über Joh 17, 17–21 (»Heilige sie in der Wahrheit [. . .] auf dass sie alle eins seien«). Zu ihm vgl. BCor 7, S. 476 f. Vgl. Oekolampads Brief an Bucer vom 28. Oktober 1530 (BCor 5, Nr. 354, S. 82, Anm. 15); Roth, Reformationsgeschichte 2, S. 28, Anm. 59. Vgl. zu seiner Berufung unten Nr. 3 –5, S. 217–230. 18 Ebd., S. 11; Pollet, Bucer 2, S. 226, Anm. 6. 19 Zu ihm vgl. BCor 7, S. 453. 20 Vgl. Sailer an Bucer vom 25. Januar 1531 (BCor 5, Nr. 383, S. 230, Anm. 26) und vom 5. Januar 1532 (BCor 7, Nr. 537, S. 175, Anm. 12). 21 Zu ihm vgl. BCor 7, S. 459. 22 Vgl. Nigri an Bucer kurz nach dem 24. Juli (BCor 6, Nr. 439, Z. 2 ; S. 38, Z. 2 f.); Roth, Reformationsgeschichte 2, S. 17, 49. Zu Nigris Berufung, seinem Wunsch nach Straßburg zurückzukehren und seiner Wahrnehmung der Lebensumstände in Augsburg vgl. unten Nr. 6– 9, S. 217–230. 23 Vgl. Bucer an Ambrosius Blarer vom 2. Juli 1531 (BCor 6, Nr. 432, S. 15 f., Anm. 7); BCor 7, S. xv; Pollet, Bucer 2, S. 227 f., Anm. 5 ; Roth, Reformationsgeschichte 2, S. 56–58, 94– 96. 16
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Mit ihr wollte er den widerstreitenden Parteien einen gemeinsam gangbaren Weg in der Sakramentstheologie weisen 24 . Die Predigt war ein leidenschaftlicher Appell an die zerstrittenen Parteien, leider hatte sie keinen durchschlagenden Erfolg. Am 11. Oktober 1531 musste Sailer Bucer melden, Musculus werde die Stadt verlassen, wenn die Stadtoberhäupter nicht besser kooperierten 25 . 4.2 Der Streit unter den Straßburger Predigern Die Mission der Straßburger war auch deshalb zum Scheitern verurteilt, weil die Gruppe der vermeintlichen Versöhner selbst uneins war, ja in heftigen Streit geriet. Noch am 24. Juli 1531 wurde Theobald Nigri bei seiner Ankunft in Augs burg von Sailer und den Kollegen nach seiner Wahrnehmung freudig empfangen 26 . Doch nur zwei Wochen später kommt es zu einem ersten schwerwiegenden Konflikt. Nigri hatte zwar den Eindruck gewonnen, mit den Zwinglianern sei zurechtzukommen 27, war aber bereits mit Bonifatius Wolfhart aneinander geraten. Den Anlass gab der Katechismus Kaspar von Schwenckfelds. Diesen hatte Alexander Berner am 4. August mit dem Auftrag nach Augs burg gebracht, ihn dort drucken zu lassen 28 . Während Wolfhart sich sehr dafür einsetzte, verhinderte Nigri den Druck: »Das Buch war mir zwar unbekannt, aber durch den Namen des Verfassers und den Titel verdächtig. Ich befürchtete, daraus werde ein weiteres Problem entstehen.«29 Offensichtlich war Nigri in seinem Eifer zunächst nicht klar, dass er sich Bonifatius Wolfhart, dessen Nähe zu Schwenckfeld er wohl unterschätzt hatte, mit seiner Agitation zum Feind machte. Denn unmittelbar nach der Schilderung dieses Konflikts äußert Nigri zum ersten Mal seine bald vehementer, ja vorwurfsvoll vorgetragene Bitte, »möglichst schnell von Augsburg befreit zu werden«30 , und nach Straßburg zurückkehren zu dürfen 31, denn es sei »besser in Straßburg zu sterben als in Augsburg zu leben.«32 So boten die Augsburger Prediger ein Bild der Zerrissenheit. Gereon Sailer, selbst ja maßgeblich an der Berufung der Straßburger beteiligt, schreibt an Bu24 Vgl. Bartholomeo Fonzios Brief an Bucer vom 31. Oktober 1531 (BCor 7, Nr. 500, S. 7 f., Anm. 39, mit Lit.); de Kroon, Augsburger Reformation, S. 75. 25 Vgl. BCor 6, Nr. 486, S. 203, Z. 12–15; de Kroon, Augsburger Reformation, S. 75. 26 BCor 6, Nr. 439, S. 38, Z. 1 f. 27 Nigri an Bucer vom 10. August (BCor 6, Nr. 4 44, S. 47, Z. 1–3). 28 Vgl. ebd., S. 47, Z. 7 f. 29 »Libellus quidem mihi incognitus, sed auctoris et tituli nomine suspectus. Timuj nouum orirj negotium etc.« Ebd., S. 47, Z. 11–13. 30 »Cura me quantocius absoluj Auguste.« Ebd., Z. 15. 31 Vgl. Nigris Briefe an Bucer vom 22. September (ebd., Nr. 468, S. 136, Z. 16 f.), vom 4. Oktober (ebd., Nr. 481, S. 178, Z. 19–23) und vom 13. Oktober (ebd., Nr. 487, S. 207, Z. 19 – S. 208, Z. 3). 32 »Malo enim Argentine mori, quam Auguste viuere.« Nigri an Bucer vom 4. Oktober, BCor 6, Nr. 481, S. 178, Z. 27 f.
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cer am 10. September 1531 mit einem deutlichen Seitenhieb auf die Prediger: »Unsere Gemeinde ist nicht im Abschwung, wenn sie nur klug mit geistlicher Speise genährt würde! [. . .] So wie die Dinge bei uns stehen, müssen wir uns vor allem jemanden wünschen – und ihn auch bekommen! – den unsere Mitstreiter als eine Autorität akzeptieren, dem sie Respekt entgegenbringen und den sie vor Augen haben.«33 Und der Neuankömmling Theobald Nigri sah sich mittlerweile nicht nur dem Groll Wolfharts und den Anfeindungen der Täufergruppen ausgesetzt, sondern war wohl doch noch mit den Zwinglianern in Streit geraten, denn Wolfgang Haug, sein Kollege an St. Ulrich, wechselte nun als Helfer zu deren Haupt Michael Keller an die Barfüßerkirche34 . Aus Angst, der Brief könne in falsche Hände geraten, belässt es Sailer in diesem Schreiben leider bei vagen Andeutungen und verweist auf den mündlichen Bericht des Briefboten35 . Wir wissen allerdings, wie Bucer auf diese Nachrichten reagierte.
5. Bucers Vermittlungsversuch Bucer fasste daraufhin den folgenreichen Entschluss, die Kontrahenten persönlich zu ermahnen. Wohl in der letzten Septemberwoche des Jahres 1531 schrieb er an Wolfgang Musculus, Theobald Nigri, Michael Keller, Bonifatius Wolfhart und an Gereon Sailer. Die Briefe sind leider verloren 36 , einige Themen und Äußerungen Bucers sind aber aus den Antworten der Beteiligten zu erheben: Den Prediger Musculus ermunterte Bucer, trotz aller Anfechtung Christus in Augsburg zu predigen 37. Seinen Schützling Nigri tröstete Bucer und bat ihn, bis zum bevorstehenden Regensburger Reichstag in Augsburg zu bleiben 38 . Kritischer äußerte Bucer sich gegenüber den beiden anderen Predigern Keller und Wolfhart. Den Zwinglianer Keller ermahnte Bucer vehement, sich im Umgang mit den Kollegen freundlicher und kollegialer zu verhalten 39. Am heftigsten kritisierte Bucer aber Wolfhart. Ihm warf er Charakterschwächen vor und ließ wohl durchblicken, dass Wolfharts Kompetenz nicht ausrei »Ecclesia nostra non decrescit, modo prudenter spiritalibus cibis nutriretur. [. . .] Nam ut res apud nos habent, jnprimis nobis exoptandus et indipiscendus est, qui apud symmistas autoritate polleat, quem reuereantur et quem pre oculis habeant.« Ebd., Nr. 462, S. 111, Z. 6 f.; S. 112, Z.1–4. 34 Vgl. ebd., S. 115, Anm. 43. 35 Vgl. ebd., S. 115, Z. 10 f. 36 Zur Quellenlage vgl. Musculus an Bucer vom 3. Oktober 1531 (BCor 6, Nr. 476, S. 160, Anm. 1). 37 Vgl. ebd., S. 161, Z. 2 f. 38 Nigri an Bucer vom 4. Oktober (BCor 6, Nr. 481, S. 179, Z. 1). 39 Keller an Bucer vom 3. Oktober (ebd., Nr. 475, S. 159, Z. 8 –10) und Nigri an Bucer vom 4. Oktober (ebd., Nr. 481, S. 179, Z. 14–16). 33
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che, das didaktische Konzept für den Sprachenunterricht an der neu gegründeten St. Anna-Schule zu entwickeln, geschweige denn die Griechischlektur selbst zu übernehmen. Überdies mahnte er ihn, größere Distanz zu Schwenckfeld zu halten und verwies darauf, dass Wolfharts Kollege Nigri doch die größeren Geistesgaben besitze als der von Wolfhart umworbene Keller40 . Gereon Sailer, der Bucer immer wieder um eine starke Führungspersönlichkeit gebeten hatte, welche die zerstrittenen Augsburger Predigern als leitender Geistlicher einen sollte, unterbreitete Bucer in Ermangelung einer solchen Persönlichkeit den Vorschlag, die Prediger doch dazu anzuhalten, sich besser um ihre Gemeinden zu kümmern. Damit es nicht bei kraftlosen Appellen bliebe, solle der Augsburger Rat eine Strafordnung beschließen, die Sanktionen gegen die Prediger erlaubte41. Wie reagierten nun die Prediger auf Bucers Briefe? Mit diplomatischer Zurückhaltung antwortete am 3. Oktober Michael Keller. In Wahrheit hatte er sich über Bucers Ermahnung sehr geärgert. Auch von Bucers für ihn wenig schmeichelhaftem Vergleich mit Nigri wusste Keller. Dennoch schreibt er an den »besten Martin«42 , er sehe, dass es diesem ernsthaft um sein Gewissen zu tun sei. Er könne sich aber beim besten Willen nicht vorstellen, wie ihm Bucer eine Mitschuld an der Uneinigkeit und an den Spannungen zwischen den Predigern zuschreiben könne. Was Bucers Informant da aus Kellers Worten, seiner Mimik oder seiner Gestik herausgelesen habe, das sei bloße Täuschung. Die Ankunft der Straßburger Kollegen habe Keller vielmehr mit Freude erfüllt. Und in Anspielung auf Bucers Vergleich der Intellekte fügt er hinzu: Es seien ja Brüder mit keineswegs gewöhnlicher Bildung. So müsse wohl ein böser Dämon die Sinne von Bucers Informanten vernebelt haben, dass er die Einstimmigkeit der Augsburger in der Lehre nicht wahrnahm. Er, Keller, habe gewiss einen Verdacht, wer ihn da bei Bucer angeschwärzt habe, doch kenne seine Liebe keinen Argwohn. So wolle er Bucer mit seiner schlichten Wahrheit antworten und göttliche Liebe gegen jedermann üben, möge Kellers eigenes Ansehen auch beschmutzt werden. Und auch Bucer solle ihn wie bisher mit Liebe begleiten43 . Ungleich heftiger auf Bucers Ermahnung reagierte Bonifatius Wolfhart. Da eine Antwort von ihm nicht zu ermitteln war, bezieht sich meine Rekonstruktion vor allem auf den Antwortbrief Musculus’ an Bucer vom 3. Oktober44 . Er beginnt mit einer Ermahnung: Bucers wegen sei Wolfhart nun am Boden zerstört, Bucer sei über das Ziel hinausgeschossen und habe Wolfhart Unrecht getan. Jetzt müsse er den Inkriminierten wieder aufrichten. Seine Charakterfehler bedauere Wolfhart selbst am meisten. Auch im Blick auf das Verhältnis der Musculus an Bucer vom 3. Oktober (ebd., Nr. 476, S. 162, Z. 1 – S. 163, Z. 20). Sailer an Bucer vom 4. Oktober (ebd., Nr. 479, S. 170, Z. 2–7). 42 Keller an Bucer vom 3. Oktober (ebd., Nr. 475, S. 158, Z. 1). 43 Ebd., S. 158, Z. 5 – S. 159, Z. 8. 44 Ebd., Nr. 476, S. 160–164. 40 41
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Augsburger zu Schwenckfeld mahnt Musculus Bucer zu größerer Liebe. Solange dieser die brüderliche Eintracht nicht breche, behandelten die Augsburger ihn wie einen Bruder45 .
6. Die Kulmination des Streits auf dem Konvent der Augsburger Prediger Als Konsequenz aus Bucers Brief berief Wolfhart am 2. Oktober einen Konvent der Augsburger Prediger ein, an dem nicht nur die Straßburger, sondern auch Keller und der Lutheraner am Heilig-Geist-Spital, Michael Weinmaier, der bereits 1524 aus Straßburg gekommen war, teilnahmen. Als Hauptquelle dieser Zusammenkunft dient uns Nigris Brief an Bucer vom 4. Oktober46 . Nachdem alle versammelt waren, las Wolfhart Auszüge aus dem Brief vor, den Bucer an ihn persönlich gerichtet hatte. Als er zu dem für Keller ungünstigen Vergleich mit Nigris Geistesgaben kam, versicherte Nigri, er sehe dies ganz und gar nicht wie Bucer. Keller hingegen beteuerte zwar, er verüble Nigri in keiner Weise Bucers Vergleich, doch Nigri nahm eine deutliche Trübung von Kellers Stimmung wahr. So habe Keller anschließend bemerkt, diese Sache sei nur von größeren Geistern zu verstehen47. Als Wolfhart den Brief vorgelesen hatte, beschuldigte er die Kollegen, sie schwärzten ihn mit Märchen bei Bucer an. Die Versammelten beeilten sich daraufhin, sich von diesem Verdacht rein zu waschen und stellten Spekulationen an, wer wohl Bucers Informant sei. Der Verdacht fiel zunächst auf Nigri, dann auf Musculus und schließlich auf Sebastian Maier. Wolfhart forderte daraufhin die Kollegen zu einem Eid auf. Wenn sie das, was Bucer da geschrieben hatte, bei Wolfhart wirklich wahrnähmen, dann sollten sie ihm sein Fehlverhalten offen ins Gesicht sagen und ihn brüderlich ermahnen. Als persönliche Konsequenz aus Bucers Brief kündigte Wolfhart an, seine Predigt- und Lehrtätigkeit fortan ruhen zu lassen – was er zumindest eine Zeitlang auch getan hat. Als nächster trat nun Keller auf, berichtete, ihm habe Bucer Ähnliches geschrieben und verlas Bucers Brief an ihn. Wie Nigri berichtet, ließ er die für ihn unvorteilhaften Passagen dabei allerdings aus. Weil Bucer, so Keller, ihn zu anderer Mimik aufgefordert habe, müsse der Verräter aus dem engsten Umfeld kommen. Dabei verwies Keller insbesondere auf den abwesenden Gereon Sailer. Dies, so Nigri, entspreche Kellers kluger Zurückhaltung, da er damit keinem der anwesenden Prediger zu nahe treten musste48 . Ebd., S. 161, Z. 4 –11; S. 163, Z. 21–28. Ebd., Nr. 481, S. 176–180. 47 Ebd., S. 178, Z. 1–9. 48 Ebd., S. 177, Z. 2–7, 14–17; S. 178, Z. 13 f.; S. 179, Z. 13–20. 45
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Richtet man den Blick auf das Beziehungsgeflecht zwischen den Predigern, so fällt auf, dass Nigri sich allein mehreren Fronten gegenüber sieht. Nach eigenem Bekunden ist er den Anfeindungen der Täufer ausgesetzt, hat es sich mit dem Zwinglianer Keller verdorben und zog sich zudem Wolfharts Feindschaft zu. Bitter schreibt er: »Jener Mensch [Wolfhart] ist einfach geistig unfähig, so dass er sich mit keinerlei Argumenten ermahnen lässt. Das setzt mir so zu, dass ich ganz und gar den Mut verloren habe, in Augsburg zu bleiben.«49 Allein zu Gereon Sailer besteht von Anfang an eine Vertrauensbeziehung. Musculus hingegen genießt offensichtlich das Vertrauen Kellers, denn dieser schreibt in seinem Brief, er wolle sich nicht bei Bucer rechtfertigen, das werde Musculus in seinem Namen tun. Auch Wolfhart vertraut Musculus, denn er gibt ihm Bucers Brief ganz zu lesen. Musculus dankt den beiden ihr Vertrauen allerdings nicht mit Loyalität. Denn in seinem Brief an Bucer steht entgegen der Absprache mit Keller kein Wort zu dessen Verteidigung, und an Blarer schreibt Musculus sogar, es wäre besser gewesen, Keller nach dem Reichstag nicht noch einmal anzustellen 50 . Auch gegenüber Wolfhart handelt Musculus nicht unbedingt vorbildlich. Zwar verteidigt er ihn bei Bucer vehement, er gibt aber, gewiss gegen Wolfharts Willen, diejenigen Passagen des Bucer-Briefes, die Wolfhart im Predigerkonvent nicht vortrug, dessen Widersacher Nigri zur Kenntnis. Und Nigri attestiert Musculus einen Eifer, der weder auf Urteilskraft noch auf Erfahrung gegründet sei. So war also das Verhältnis der von Straßburg nach Augsburg entsandten Prediger geprägt von gegenseitiger Missgunst, intrigantem Verhalten, Frustration und dem Fehlen von Kooperationsbereitschaft: Keiner traute dem anderen aufrichtig. Diese Situation war alles andere als fruchtbar für den gemeinsamen reformatorischen Auftrag. Als erster kehrte – zermürbt von den Auseinandersetzungen – Theobald Nigri im Sommer 1532 nach Straßburg in seine Pfarrei AltSt. Peter zurück 51. Er wurde umgehend durch den Straßburger Prediger Johann Heinrich Held52 ersetzt.
7. Weitere Irritationen für die Augsburger Prediger im Jahr 1532 Anfang des Jahres 1532 schien es zunächst neue Hoffnung für eine Aussöhnung der Augsburger Prediger zu geben. Wolfgang Capito entsprach nämlich einer »Jmpotentis animi homo ille, vt nullis argumentis passus sit admoneri. Hec sic me irruerunt, vt prorsus animum remiserim diutius Auguste manendj.« Ebd., S. 178, Z. 18–20. 50 Musculus an Ambrosius Blarer vom 16. Januar 1532 (Blaurer Bw. 1, Nr. 257, S. 313). 51 Sailer an Bucer vom 9. Juni 1532 (BCor 8, Nr. 593, S. 129, Anm. 23); Roth, Reforma tionsgeschichte 2, S. 46. 52 Vgl. de Kroon, Augsburger Reformation, S. 67 f., Anm 35. Zu Held vgl. Sailers Brief an Bucer vom 9. Juni 1532 (BCor 8, Nr. 593, S. 128, Anm. 14). 49
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Bitte Gereon Sailers und machte auf seiner Reise durch Süddeutschland und die Schweiz zwischen 11. Februar und 7. März 1532 auch in Augsburg Station, um die lähmenden Gegensätze zu überwinden. Doch nach Sailers Schilderung ärgerte Capito sich über den Lebenswandel der Augsburger Geistlichen sehr und konnte in der wichtigen Frage, wie die Augsburger Gottesdienste liturgisch gestaltet werden sollten, keine Einigung unter den Gruppierungen erzielen. So blieb auch Capitos Mission letztlich erfolglos53 . Einen weiteren Rückschlag versetzte Martin Luther den Augsburger Einigungshoffnungen mit einem Brief an seinen Augsburger Vertrauten Kaspar Huber vom 3. Januar 153254 . Das Schreiben kursierte bald in der Stadt und ließ die Streitigkeiten aufs neue entbrennen55 , denn Luther empfiehlt darin seinen Augsburger Anhängern, die Taufe lieber von altgläubigen Priestern als von den nach Straßburg gekommenen oberdeutschen Geistlichen zu begehren. Als Begründung gibt er an: »die Schwärmer haben kein Tauf noch Sakrament«56 . Als zudem Luthers Sendbrief an den Herzog Albrecht von Preußen vom Februar 153257 mit seiner bissigen Kritik an Zwingli und Oekolampad in Augsburg bekannt wird, bringt Wolfhart dessen Inhalt mit den Kopfschmerzen des Autors bei der Abfassung in Zusammenhang58 . Auch Sailer ist erbost, da Luther mit seinen Äußerungen neues Öl ins bereits flammende Feuer unter den Augsburger Predigern gießt: »Luther hat unsere Leute suspekt gemacht«59, »keiner ist imstande, dir zu schreiben, wieviele und welche Tragödien Luther uns bereitet«60 , der Wittenberger sei auf dem besten Weg, ins Papsttum zurückzufallen61. Nur wenige Monate später erregte Bucer selbst die Augsburger Gemüter durch die Anerkennung der Confessio Augustana bei den Schweinfurter Verhandlungen im April 153262 . Die Augsburger Prediger fühlten sich verraten, und im Namen seiner Kollegen verfasste Wolfhart ein geharnischtes Protestschreiben63 . Vgl. De Kroon, Augsburger Reformation, S. 75, Anm. 77; Sailer an Bucer vom 19. Februar 1532 (BCor 7, Nr. 556, S. 271, Z. 3 –8) und vom 18. März (Nr. 574, S. 394, Z. 3 –6); Roth, Reformationsgeschichte 2, S. 323–325. 54 WA Bw. 6, Nr. 1894, S. 244 f. 55 Vgl. de Kroon, Augsburger Reformation, S. 75. 56 WA Bw. 6, Nr. 1894, S. 245, Z. 19 f. 57 WA 30/3, S. 541–553. 58 Wolfhart an Bucer vom 25. März 1532 (BCor 7, Nr. 575, S. 399, Z. 10 f.). 59 »Lutheranj abutentes nostrorum ministrorum modestia et senatus jnerudita prudentia reddunt etiam doctrinam ipsam pijs vbilibet existentibus suspectam, vt que non possit cum dignitate orbis subire judicium.« Sailer an Bucer vom 19. Februar 1532 (BCor 7, Nr. 556, S. 272, Z. 2–5). 60 »Quot et quantas nobis pariat Lutherus tragedias, nemo facile tibj scribere poterit.« Sailer an Bucer vom 29. März 1532 (ebd., Nr. 577, S. 407, Z. 2 f.). 61 Ebd., S. 411, Z. 1–3. 62 Vgl. dazu den Beitrag Wolfgang Simons, oben S. 108–124. 63 Wolfhart an Bucer vom 12. Mai 1532 (BCor 8, Nr. 584, S. 41–54). Bucer antwortet Ende 53
Die Beziehung Bucers zu den Augsburger Predigern
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Im Jahr 1533 kam es zu einem ähnlichen Eklat. Bucer wurde von seinen Augs burger Kollegen um ein Gutachten zu Luthers Schrift Vorrede Luthers zu dem Büchlein der Böhmischen Brüder, Rechenschaft des Glaubens aufgefordert, da der Wittenberger in diesem Werk die Einigkeit mit den Böhmischen Brüdern hervorhob. Wolfhart folgerte aus Luthers Äußerungen, dass aus der Einigkeit des Wittenbergers mit den Böhmischen Brüdern auch dessen Übereinstimmung mit den Augsburger Brüdern abzuleiten sei. Bucer antwortete mit zweideutigen Formulierungen, was erneut vor allem die zwinglisch orientierten Prediger wie Keller und Wolfhart heftig kritisierten. Sie verwarfen Bucers Schreiben und verfassten ein eigenes Gutachten64 . Statt der ersehnten Ruhe brachte also auch dieses Ereignis weitere Störungen in die Reihen der Augsburger Prediger.
8. Ein Blick über das Jahr 1532 hinaus Das Predigerproblem in Augsburg wurde zum Gegenstand einer Dauerklage und Dauerkritik, insbesondere in Sailers Briefen an Bucer. In der Zerstrittenheit der Prediger, in ihrer Unfähigkeit, ja ihrer ungeistlichen Führung sah Sailer den eigentlichen Grund des kirchlichen Elends bei der Durchführung der Reformation. Was der Augsburger Kirche fehle, so betont Sailer immer wieder, sei eine starke, führungsfähige Persönlichkeit, die imstande ist, das Predigerkollegium zu leiten und zu lenken: »Du kannst wohl ahnen, so glaube ich, mein bester und geliebter Bucer, dass keiner der Prediger imstande ist, nur einen Bruchteil deiner Vorschläge zum Unterricht, zur Durchführung der Prediger-Konvente, zur Feier des Abendmahls – und all dies in richtiger Art und Weise und mit offizieller Unterstützung des Rates – auszuführen [. . .]. Du sollst dich darauf einstellen, dass du zu uns kommen musst, und zwar schleunigst, sonst werden alle deine Initiativen, die du bei uns so klug und fromm entfaltet hast, kraftlos und ohne Wirkung bleiben.«65 Bucer selbst zeigt sich in den Jahren nach 1532 oft erbost über die Zerstrittenheit der Prediger. Er ist sich der fatalen Machtstellung eines Michael Keller bewusst, und er sorgt sich wegen Wolfharts Theologisieren und dessen Freund-
Mai darauf ausführlich, vgl. ders. an Bonifatius Wolfhart und die Augsburger Brüder (ebd., Nr. 591, S. 73–123). 64 Vgl. de Kroon, Augsburger Reformation, S. 78 f. 65 »Neminem esse ex fratribus, qui quicquam eorum, quae instituisti vel de praelectionibus vel de congregandis fratribus vel de coenis suo ordine et senatus auctoritate habendis exequatur [. . .]; nisi enim tuum ad nos adventum matures, immo acceleres, irrita et perdita erunt omnia, quae apud nos non tam prudenter quam pie instituenda proposuisti.« Sailer an Bucer vom 16. Januar 1535, in: Archives du Chapitre de Saint-Thomas Strasbourg, jetzt in: Archives de la ville et Communauté Urbaine de Strasbourg (im Folgenden: AST) 157, Nr. 191, S. 4 43 f.
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schaft zu Schwenckfeld. Die Emotionalität eines Musculus tadelt er ebenso wie die theologischen Schwächen eines Johannes Held66 . In einem höchst interessanten Brief an Bucer vom 11. Oktober 1533 entwirft Sailer dann folgendes Portrait der in Augsburg tätigen Prediger, vor allem der aus Straßburg gekommenen. Auch wenn Sailer gewiss subjektive Eindrücke berichtet, so zeigt seine Wahrnehmung doch die Zerrissenheit unter den Augsburger Predigern. Sailer schreibt: »Die Lage hier ist sehr schlecht. Von den beiden Michaels [Keller und Dr. Weinmair] geht nichts aus. Johannes Heinricus [Held] schreit vieles von der Kanzel herunter, sagt aber nichts; er liest nämlich auch nichts. Bei Bonfacius [Wolfhart] fehlt es am ernsthaften Einsatz. Sebastianus [Maier] predigt geschickt und gelehrt, hat aber sehr wenig Zuhörer. Musculus macht seine Sache erstaunlicherweise immer besser. An den beiden Letztgenannten habe ich lediglich auszusetzen, dass sie sich zu viel an öffentlichen und privaten Gelagen beteiligen. Ein bisschen mehr Zurückhaltung wäre besser. Die beiden anderen, Johannes Heinricus [Held] und Bonifacius [Wolfhart] sind ewige Lebemänner. Jeder hat unter den Leuten seinen eigenen Anhang. Selbst streiten sie sich und bringen unter die beiderseitigen Sympathisanten Uneinigkeit.«67 Deshalb bleibt Gereon Sailer auch in den Folgejahren ruhelos auf der Suche nach einer Leitungspersönlichkeit für die Stadt Augsburg. Immer wieder hat er dabei Ambrosius Blarer aus Konstanz im Visier. Als dieser nach zehnmonatigem Wirken im Juli 1532 aus Esslingen abreist, hinterlässt er eine im reformatorischen Sinne neu organisierte und geordnete Gemeinde. Umso größer ist die Enttäuschung, als es selbst Blarer nach immerhin neunmonatigem Wirken in Augsburg am Ende nicht gelungen ist, die erhoffte Einheit unter den Predigern herzustellen68 .
9. Resümee Bucer agierte im Streit der Augsburger Prediger mit seinen ab Herbst 1531 geschriebenen Briefen keineswegs immer glücklich. Dabei ist ihm gewiss zuzubilligen, dass auch die Prediger selbst durch ihr indiskretes Verhalten, ihre gegenseitige Missgunst und ihr einseitiges Machtstreben eine Mitschuld am Predigerstreit trugen. Es muss Bucer aber klar gewesen sein, dass seine oft höchst indiskrete Konfrontation einzelner seiner Kollegen mit Informationen, die der Straßburger nur von den anderen ortsansässigen Predigern haben konnte, ein aufgeheiztes Klima noch verschlimmern würde. Aufgrund einer einseitigen Vgl. de Kroon, Augsburger Reformation, S. 71; Pollett, Bucer 2, S. 254–266. de Kroon, Augsburger Reformation, S. 70; AST 157, Nr. 177, S. 395. 68 Vgl. de Kroon, Augsburger Reformation, S. 69; Roth, Reformationsgeschichte 2, S. 4 40–449. 66 67
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subjektiven Informationspolitik, letztlich einer auch nicht exakten Kenntnis der Charaktere seiner Straßburger Kollegen und durch undiplomatische und zweideutige Äußerungen in seinen Briefen und Gutachten trug Bucer nicht zur Beruhigung der Streitigkeiten bei. Theobald Nigri hat das Bucer gegenüber in wohltuender Offenheit einmal so formuliert: »Du sitzt in deinem Heizgewölbe, das für alle offen steht und lässt das, was die Freunde dir schreiben, dann immer wieder weit hinausströmen und wirfst es wieder zurück [in die Diskussion]. Ich will, dass das besser wird. Halte dich zurück Bucer, halte dich zurück!«69 Bucer konnte auch in der Folgezeit trotz mehrmaliger Besuche in Augsburg, trotz moralischer Appelle an die Kollegen und trotz beschwörender Aussöhnungsversuche die unerquickliche Situation nicht verbessern, da auch er nicht in der Lage war, einen durchsetzungsfähigen Reformator für die Stadt am Lech zu gewinnen. So blieb die Einheit der evangelische Kirche in Augsburg ein Wunschtraum. Was Bucer letztendlich aber gelang, das war mehr als nur ein Teilerfolg. Zum einen war er im Streit um das Abendmahl am Ende doch erfolgreich: Von Februar bis April 1535 hielt Bucer sich zum vierten Mal in Augsburg auf und erreichte nach langwierigen Verhandlungen eine Einigung aller Prediger in der Abendmahlsfrage in Gestalt eines von allen getragenen Glaubensbekenntnisses von zehn Artikeln. Auf dieser Grundlage unterzeichnet er im Mai 1536 (vom 6. bis 27. April 1536 war er zum fünften Mal in Augsburg) zusammen mit den sich gewiss nicht immer wohl gesonnenen Kollegen Wolfhart und Musculus die Wittenberger Konkordie. Ebenso einig war Bucer sich von jeher mit den Augsburger Predigern, wenn es darum ging, die Reformation in der Stadt voranzutreiben. Mit allen Geistlichen gemeinsam gelang es ihm nach harten Auseinandersetzungen und gewaltigen Schwierigkeiten, der Reformation 1537 endgültig zum Durchbruch zu verhelfen und eine Kirchenordnung einzuführen70 .
69 »Soles enim in hypocausto tuo, quod omnibus patet, hinc inde sparse permittere iacere, que amici tibi scribunt. Id desiderarem emendatum. Parce, parce tibi!« Nigri an Bucer vom 4. Oktober 1531 (BCor 6, Nr. 481, S. 179, Z. 27–29). 70 Vgl. de Kroon, Augsburger Reformation, S. 86 f.
Von Freundschaft und Gegnerschaft. Bucer und Blarer in ihren Briefen des Jahres 1531 und die Gegen-Artikel des Geislinger Pfarrers Dr. Georg Oßwald Wolfgang Schöllkopf Die Themenstellung nimmt die in der Reformationsgeschichtsschreibung gängige und doch fragwürdige Nomenklatur »Von Freundschaft und Gegnerschaft« auf und benennt ein wichtiges Ereignis der Ulmer Reformation. Quellengrundlage der folgenden Ausführungen zur wachsenden Freundschaft zwischen Martin Bucer und Ambrosius Blarer ist der inzwischen in vorbildlicher Edition vorliegende Briefwechsel zwischen beiden. Für die theologische Gegnerschaft mit dem Geislinger Pfarrer Dr. Georg Oßwald gilt es, eine bisher zwar schon bekannte, aber noch kaum im Detail betrachtete Quelle zum Sprechen zu bringen. Beide historischen Arbeitsschritte werden dann schließlich wiederum Folgen für die angesprochene Nomenklatur reformationsgeschichtlicher Darstellungsweisen haben.
1. Bucer und Blarer Das Jahr 1531 war nicht nur für den Fortgang der reformatorischen Bewegungen, sondern auch für die Freundschaft zwischen Martin Bucer (1491–1551) und Ambrosius Blarer (1492–1564) von entscheidender Bedeutung. Nach dem Reichstag zu Augsburg unter Kaiser Karl V. mit der Vorlage des reformatorischen Hauptbekenntnisses und seinem rigorosen politischen Abschied waren, nach aller Polarisierung, wieder Vermittler zwischen den Lagern gefragt. Neben Philipp Melanchthon übernahm auch Martin Bucer zunehmend diese schwierige, oft undankbare Position. Der seit 1524 in Straßburg wirkende Prädikant war 1531 gerade als Pfarrer an der Hauptkirche St. Thomas zum Leiter des Straßburger Kirchenkonvents berufen worden. Die mit der Abschaffung der Messe seit 1529 verbundenen Auseinandersetzungen um das Abendmahlsverständnis wollte er mit seiner Confessio Tetrapolitana von 1530 schlichten. Insbesondere der sechste Band der Korrespondenz Martin Bucers, BCor 6. Zu Blarer vgl. Moeller, Ambrosius Blarer; ders., Blarer TRE.
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Allerdings schlossen sich nur Konstanz, Lindau und Memmingen dem Bekenntnisbund an. Auf dem Weg dahin aber wuchs eine zunehmend engere Verbindung zwischen Bucer und dem Konstanzer Reformator Ambrosius Blarer. Beide waren Ordensgeistliche gewesen, Bucer aus Schlettstadt als dortiger Dominikaner, Blarer aus Konstanz als Benediktiner in Alpirsbach. Diese Prägung verband sie miteinander sowie mit ihrem reformatorischen Vorbild Martin Luther. Von ihrer familiären Herkunft her waren sie jedoch unterschiedlich sozialisiert. Bucer stammte aus einem Handwerker-Haus, und die Schlettstädter Lateinschule eröffnete ihm die Geisteswelt des Humanismus. Blarer dagegen war Teil einer traditionsreichen Konstanzer Patrizierfamilie, zu der auch sein Bruder Thomas Blarer (um 1501–1567) zählte, der als Jurist und Politiker für den Fortgang der Reformation bedeutsam werden sollte. Und auch seine Schwester Margarethe Blarer (1493–1541) nahm als Vertraute Bucers in diesem Kreis eine wichtige Rolle ein, zu dem auch noch als Vettern die Konstanzer Reformatoren Johannes (um 1496–1542) und Konrad Zwick (nach 1496–1557) zu zählen sind. Blarer erlebte während seines Studiums in Tübingen die humanistische Studienreform, kehrte danach aber noch einmal in sein Kloster zurück, als Bucer sich bereits von seinen Ordensgelübden hatte entbinden lassen. Im Jahr 1522 vollzog auch Blarer diesen Schritt und rechtfertigte ihn ein Jahr später gegenüber dem Konstanzer Rat noch einmal schriftlich. Nun wurden beide Prädikanten. Bucer war es bereits in Straßburg, Blarer folgte in seiner Heimatstadt Konstanz. Dabei prägten sich bei ihnen unterschiedliche inhaltliche Schwerpunkte aus, die auch von ihren Begabungen und Charaktereigenschaften bestimmt waren. Blarer wirkte vor allem auf dem Feld der Praktischen Theologie und erwies sich als Wortkünstler in seinen Auslegungen. Dazu verdankt ihm die Reformation bedeutsame Lieder . Bucer dagegen war vor allem als systematischer Theologe und Kirchendiplomat tätig, wobei auch sein Interesse vermehrt der Pastoraltheologie, etwa der Poimenik, galt. Erstmals begegneten sich beide bei der Berner Disputation 152810 , zwei Jahre später besuchte Vgl. das Biogramm in BCor 6, S. 272 f. Zu ihrem Lebenslauf vgl. BCor 6, S. 272; vgl. auch Moeller, Geschwister Blarer. Zu ihm vgl. BCor 6, S. 305 f.; Moeller, Johannes Zwick RGG, Sp. 1942; ders., Zwick. Zu seinen biographischen Daten vgl. BCor 6, S. 306; Moeller, Johannes Zwick RGG, Sp. 1943. »Wahrhafft verantwortung Ambrosij Blaurer an aynen ersamen Rat zu(o) Costentz anzaygend waru(m)b er auß dem Kloster gewichen [. . .]« (1523, gedruckt bei Sigmund Grimm in Augsburg, VD 16 B 5700). Dem Titelblatt dieser Ausgabe ist der Vers beigegeben: »Erger dich nicht ob meiner that, Die christlich grund und ursach hat.« Heute sind im Evangelischen Gesangbuch noch enthalten das Pfingstlied Jauchz Erd und Himmel juble hell (EG 127) und das Lied Wach auf, wach auf s ist hohe Zeit (EG 244). Vgl. dazu Hennig, Bucer. 10 Zu dieser Disputation wurden übrigens auch der Geislinger Pfarrer Dr. Georg Oßwald und Dr. Johannes Eck aus Ingolstadt erwartet, die jedoch beide nicht teilnahmen. Vgl. Schuhholz, Oßwald, S. 214.
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Bucer Blarer in Konstanz. In den folgenden Jahren vertiefte sich diese Beziehung, zumal beide auch Kontakte zu Huldrych Zwingli in Zürich, Martin Luther in Wittenberg oder Johannes Oekolampad in Basel pflegten. Das wichtigste Medium für diese Korrespondenzen war der Brief. 1.1 Bucer und Blarer in ihren Briefen von 153111 Wie das Genre des Einblattdrucks oder Flugblatts, so hatte auch das vom Humanismus beförderte Medium des Briefes für den auf intensive Kommunikation angewiesenen Prozess der reformatorischen Bewegungen eine kaum zu überschätzende Bedeutung. Zwischen Bucer und Blarer wuchs gar eine Brieffreundschaft12 , die »zu den fruchtbarsten Freundschaften der Reformationszeit gezählt werden darf«13 . Schon der Blarer von Bucer verliehene Ehrentitel »Apostel Schwabens« steht für die gegenseitige Achtung, aber auch für die Weite der Aufgabe, an die Bucer den Freund erinnert: »Denk doch: So weit die Konstanzer Diözese reicht, hat Gott Schwaben deinem Apostolat anvertraut.«14 Freilich führte die Auseinandersetzung um das Verständnis des Abendmahls diese Freundschaft auch in eine tiefe Krise15 . Insgesamt bilden die Briefe an und von Blarer innerhalb des Bucer-Briefwechsels mit 280 Exemplaren das größte Kontingent16 . Die Themen dieser Korrespondenz sind vielfältig und reichen von aktuellen theologischen Auseinandersetzungen über praktische Umsetzungsfragen reformatorischer Kirchen- und Schulordnungen bis hin zu familiären und persönlichen Ratschlägen. Zuweilen verbindet sich das Inhaltliche und Persönliche auch miteinander, besonders in den Briefen Bucers an Blarers Schwester Margarethe in Konstanz, die er bei seinem Besuch 1530 kennen und schätzen gelernt hatte. Leider ist kein einziger Brief Margarethes an Bucer erhalten geblieben. Sie gründete als »diaconissa ecclesiae Constantiensis«17 einen weiblichen Armenverein. Im Jahr 1531 erörterten die beiden in ihren Briefen vor allem die sich anbahnende Heirat von Bucers Helfer Konrad Hubert18 mit einer 11 Als Quellengrundlage der folgenden Ausführungen dienen die Bände 6 und 7 der Korrespondenz Bucers, die um einige Briefe Blarers aus seinem Briefwechsel ergänzt wurden. Vgl. auch Kohls, Blarer und Bucer, S. 172–192 und Moeller, Geschwister Blarer. 12 Vgl. Moeller, Geschwister Blarer, S. 4 41. 13 Kohls, Blarer und Bucer, S. 173. 14 »Cogita, quam late pateat diocesis Constantiensis, Sveviam tuo deus apostolatui addixit.« Bucer an Blarer vom 5. September 1531, (BCor 6, Nr. 459, S. 103, Z. 4 f.). Zum Titel des »Apostel Schwabens«, vgl. Kohls, Blarer und Bucer, S. 173; Moeller, Geschwister Blarer, S. 4 48; ders., Blarer TRE, S. 713. Mit freundschaftlichem Dank an Studiendirektor i. R. Albrecht Breun für alle Übersetzungshilfe! 15 Dann spricht Bucer von den »vulnera amicorum«. Bucer an Ambrosius Blarer vom 17. März 1535 (Blaurer Bw. 1, Nr. 555, S. 673) 16 Moeller, Geschwister Blarer, S. 4 42. 17 Vgl. oben S. 171, Anm. 4. 18 Zu seiner Person vgl. BCor 7, S. 285.
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Bekannten Margarethes gleichen Vornamens. Der sehr vertrauliche Ton verrät tiefe Zuneigung, der zuweilen gar »das Moment des Erotischen nicht ganz fehlte«19. So kam es auch zu humorigen Andeutungen in der Korrespondenz zwischen den Freunden 20 . Allerdings hatte Bucer von vorne herein seine Frau Elisabeth mit in diese Freundschaft einbezogen 21. Schließlich lernte Margarethe auch Latein und wurde deshalb ab 1534 von Bucer durch lateinische Briefe geadelt 22 . In unserem Zusammenhang hat ein theologisches Thema besondere Bedeutung, das Bucer sozusagen modellhaft an und mit seiner vertrauten Freundin Margarethe Blarer erörtert, nämlich die Frage nach dem rechten Verständnis von Kirche. Anlass dafür ist die Sympathie, welche Margarethe ausgerechnet für den Straßburger Täuferführer Pilgram Marbeck hegte23 . Sie steht damit exemplarisch für den Stand gebildeter Frauen, denen das geistbetonte, emotional geprägte Verständnis von Glauben und Kirchengemeinschaft zusagte. Mehrfach warnte Bucer die Beeindruckte vor den Täufern, gestand jedoch zugleich zu, dass sie mit ihrem Eifer durchaus zum Vorbild für die oft laue christliche Gemeinde werden könnten 24 . In dieser Auseinandersetzung gewährt Bucer auch Einblick in sein Kirchenverständnis, das schließlich auch für das Verhältnis der aus der Reformation entstandenen christlichen Konfessionen bedeutsam werden sollte. So schreibt er an Margarethe: »Haeresis ist gar nit die oder jene fantasy oder meynung, sondern eyn sucht des fleysches, auß deren sich eins ym scheyn an ler oder leben etwas bessers, dann der gemeynen kirchen gottlicher brauch ist, furzunemen anmosset vnd deshalb von der kirchen söndert vnd yn eyn besondere rott vnd sect begibet [. . .]. 25 Wöllen fromer syn denn andere, vnd der liebe doch, welche alleyn, wie Gott selbs, allßo alle frombkeyt ist, so groblichen verfehlen; das ists gifft. [. . .] myr keyn zweyfel ist, das liebe kinder Gottes vnder denen leuten sind.«26 Ein elitäres und daraus folgendes separatistisches Kirchenverständnis entspringt nach Bucer also der menschlichen Sünde, die eklatant die von Gott gebotene Liebe verletzt. Bevor er allerdings diese ekklesiologische Erkenntnis auch ganz auf die eigene neu entstehende Konfession der Kirche Jesu Christi anwenden konnte, sollte noch mancher Streit vergehen.
Moeller, Geschwister Blarer, S. 4 46. Vgl. Ambrosius Blarer an Bucer vom 8. Oktober 1531 (BCor 6, Nr. 484, S. 191); Bucer an Ambrosius Blarer vom 18. Oktober 1531 (BCor 6, Nr. 490, S. 218). 21 Vgl. Moeller, Geschwister Blarer, S. 446. 22 Ebd., S. 447. 23 Zur Biographie Pilgram Marbecks vgl. BCor 6, S. 289. Zu Margarethes Sympathien vgl. Kohls, Blarer und Bucer, S. 176. 24 Bucer an Margarethe Blarer vom 31. August 1531 (BCor 6, Nr. 455, S. 92 u. ö.). 25 Hier folgt ein Verweis auf Art. 1 der Apologie der Tetrapolitana. 26 Bucer an Margarethe Blarer vom 19. September 1531 (BCor 6, Nr. 465, S. 125, Z. 4 –16). Vgl. auch Greschat, Bucer, S. 141. 19
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1.2 Bucer und Blarer in Ulm »Um 1500 gehörte Ulm mit seinen circa 17.000 Einwohnern zu den politisch, wirtschaftlich und kulturell führenden Städten des Alten Reichs.«27 Die Stadt wies 35 Kirchen, Kapellen und Klöster und insgesamt 89 Altarpfründe auf. In deren Zentrum befand sich das kurz vor seiner gotischen Fertigstellung stehende Münster, das bedeutende Kunstwerke der Ulmer Schule beherbergte. Rechtlich besaß dieser prächtige Bau allerdings nur den Rang einer einfachen städtischen Pfarrkirche, deren Errichtung 1377 weder von einem Bischof, noch von einem Kloster, sondern von den Patriziern und Zünften der Stadt beschlossen und finanziert worden war28 . Religionspolitisch hatte Ulm sich nach Jahren des Lavierens zwischen kaiserlicher Loyalität und reformatorischem Aufbruch im November 1530 durch einen Bürgerentscheid gegen den Reichstagsabschied von Augsburg und damit für die Einführung der Reformation entschieden. Der Rat besetzte jetzt im Zuge der städtischen Emanzipationspolitik die Pfarrstellen und löste alte Klosterrechte ab, und das Kirchengut wurde vom Stadtkirchenbaupflegamt verwaltet. Am 14. April 1531 berief der für die Umsetzung der Reformation berufene »Neuner-Ausschuss« dann die Reformatoren Bucer und Blarer, sowie Johannes Oekolampad (1482–1531) 29 nach Ulm. Auch Johannes Brenz aus Schwäbisch Hall war im Gespräch gewesen. Schon die Dichte reformatorischer Kompetenz zeugt vom Selbstbewusstsein der Ulmer. Die drei trafen am 21. Mai 1531 in Ulm ein und wohnten in der Pfauengasse 13, beim Prädikanten Konrad Sam (1483– 1533) 30 . Er stammte aus Rottenacker und war bereits 1524 nach Ulm berufen worden. Sam stand Zwingli nahe und galt als »derber und volkstümlicher Prediger«31. Für Bucer und Blarer war das der erste gemeinsame Einsatz außerhalb ihres Territoriums, dem weitere folgen sollten. Ulm wurde somit zum Erprobungsfeld für das reformatorische Ordnungswerk. Nicht zufällig begann die Wirksamkeit der drei Reformatoren gleich nach ihrem Aufzug mit Predigten in verschiedenen Kirchen des Ulmer Territoriums zum Pfingstfest! Die zur Verfügung stehende Zeit war denkbar knapp bemessen. Bucer zog bereits am 30. Juni 1531 weiter nach Memmingen und Biberach, und kehrte im Juli wieder nach Straßburg zurück. Blarer blieb etwas länger und setzte sich in der Ulmer Landstadt Geislingen ab 20. Juli 1531 für die Reformation ein, bevor er ab 15. September 1531 in der Reichsstadt Esslingen wirkte. In diesen wenigen Wochen ihres Aufenthalts in Ulm hatten die Reformatoren tiefgreifende Veränderungen erreicht: Auf der Grundlage von Bucers 18 Artikeln war eine Kir Litz, Mauch, S. 28. Vgl. Haas / Schöllkopf, Ulmer Münster. 29 Zu seinem Biogramm vgl. BCor 6, S. 293. 30 Zu ihm vgl. BCor 6, S. 297 f. 31 Greschat, Bucer, S. 128. 27
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chen- und Schulordnung entstanden, die Klöster waren geschlossen, die Altäre und Bilder entfernt, und der Beitritt der Stadt zum Schmalkaldischen Bund vorbereitet. Visitationen überprüften den Wissensstand und die Einstellung der Pfarrer und Schulmeister. Im Juni 1531 hatte der Rat den Lutheraner Martin Frecht (1494–1556) 32 zur Übernahme einer Lektur nach Ulm berufen und am Sonntag, dem 6. August 1531, war die von Bucer verfasste Ulmer Kirchenordnung feierlich von den Kanzeln verlesen worden 33 . Diese eiligen Reformen stellen allerdings nicht nur eine Erfolgsgeschichte, sondern auch ein Problem dar, bedenkt man die komplizierten Umsetzungsprozesse. So deutete Bucer in einem Brief vom Juli 1531 an Margarethe Blarer an, dass das reformatorische Werk noch nicht an sein Ziel gekommen sei: »Das wyr ewern vnd vnsern lieben bruder dohynden lossen, hat die höchste nöt deren von Vlm, do der baw Gottes noch nit gar seyne letste hand hat, auch vnserer kirchen, die mit besonderen geschefften beladen sind, dazu sy vnser bedörffen, erfördert, wie ers selbs hat erkennen mögen.«34 Auf dem Weg über Biberach und Memmingen hatten auch die Städte Isny und Lindau Bucers Besuch und Rat begehrt, der die Aufgabe jedoch seinem Freund zuwies, überdies mit einem allzu schlanken Zeitmaß: »Dieweyl vnser lieber bruder Ambrosi denselbigen weg ziehen wurdt, er solle ieder kirchen eyn tag oder zwen dienen. Das wöllt helffen billichen und fürderen!«35 Der kurzen Umsetzungszeit wegen, die keine Reifung zuließ, summierte Blarer zum Schluss in Ulm nicht unkritisch: »Wellt etwas liden, das wir lenger zu Ulm och gewesen weren, byß all ding in ain gang und in das werck kommen weren! So seind wir, nachdem es alles mit der feder vergriffen und fürgeschriben worden, davon gewuscht, und yetz ist kein nachtruck. Schribt und klegt mir der frumm Som 36 all tag, wie es mit der straff und zucht nun gar nichts sölle [. . .].«37 Und noch aus Esslingen erinnerte Blarer die Ulmer an ihre Verantwortung: »Ulm ist seinem Rufe schuldig, die zeitlichen Gaben durch Förderung von Kunst und Frömmigkeit zu zieren.«38
Vgl. das Biogramm in BCor 6, S. 278. Im Blick auf die Auseinandersetzungen in Geislingen ist die Datierung sprechend: »offentlich verlesen uff Sontag nach Sant Oßwalds tag«! BDS 4, S. 272, Z. 40 f. 34 Bucer an Margarethe Blarer vom 9. Juli 1531 (BCor 6, Nr. 435, S. 25, Z. 7–10). 35 Ebd., Nr. 435, S. 25, Z. 15–17. 36 Gemeint ist Konrad Sam. 37 Ambrosius Blarer an den Konstanzer Stadtschreiber Georg Vögeli vom 2. Dezember 1531 (Blaurer Bw. 1, Nr. 242, S. 295). Vgl. auch Kohls Einleitung in die Ulmer Kirchenordnung (BDS 4, S. 203); Kohls, Bucer, S. 179. 38 Ambrosius Blarer an Bernhard Besserer vom 19. April 1532 (Blaurer Bw. 1, Nr. 279, S. 339 f. 32 33
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2. In Geislingen an der Steige Mit dem Beschluss des Ulmer Rates, in Ulm die Reformation einzuführen, war auch über Geislingen entschieden. Das kleine Landstädtchen am Albaufstieg war 1396 mit der hochverschuldeten Grafschaft Helfenstein an Ulm gefallen, ein Jahr bevor in der Reichsstadt der Große Schwörbrief von 1397 als städtische Verfassung etabliert wurde. Ein ulmischer Vogt zog damit ins ehemalige Helfensteiner Stadtschloss zu Geislingen ein. Einerseits profitierten die Geislinger vom Einfluss Ulms, wirkte die Kunst der Ulmer Schule doch in das Geislinger Territorium hinein und schuf in der 1424–28 neu erbauten Stadtkirche unter anderem ein Chorgestühl von Jörg Syrlin dem Jüngeren (1512) und einen bedeutenden Sebastians- und Marienaltar von Daniel Mauch 39 (1529). Andererseits waren die Geislinger eher gezwungenermaßen denn aus Überzeugung Untertanen in der »unteren Herrschaft« des großen Reichsstadt-Territoriums geworden. Noch 1514/15 brach in dem ländlich geprägten Ort ein Aufstand gegen Ulm aus, zugleich eine Vorahnung der Bauernkriege, da die Geislinger »lieber helfensteinisch dann ulmisch«40 gewesen wären. Die in Geislingen auf die Ulmer Stadtwappen-Farben Schwarz und Weiß aufgebrachte Rose hatte mehr Dornen als Blüten! Das erfuhren auch die Reformatoren, die in Geislingen auf erheblichen Widerstand der oft als halsstarrig beschriebenen Bevölkerung stießen41, unter der es allerdings auch Anhänger der Reformation gab. So hatte der Ulmer Rat auf Antrag einer reformatorisch gesinnten Gruppe42 bereits im Jahr 1527 einen Prädikanten für Geislingen berufen: Paulus Beck aus Munderkingen an der Donau, der in Heidelberg studiert hatte43 . Der Widerstand gegen alle reformatorischen Neuerungen, welche die erste Generation der Prädikanten scharf und radikal forderten, personifizierte sich in Becks Gegenüber, dem Geislinger Pfarrer Dr. Georg Oßwald44 . Er, der bereits den Aufstand seiner Gemeindeglieder gegen Ulm 1513/14 miterlebte, kämpfte von Anfang an gegen die Maßnahmen zur Vgl. Leistenschneider/Reinhardt, Mauch. Haug-Moritz, Geislinger Aufstand, S. 144. 41 Vgl. Gruber, Einführung, S. 199. Die Geislinger Reformationsakten im Stadtarchiv Ulm (A [8984/I+II]) versprechen noch manche Entdeckung! 42 Bittgesuch von 46 Geislinger und Kuchener Bürgern (StadtA Ulm A [8990], fol. 88, undatiert). 43 Zu ihm vgl. BCor 6, S. 270 f.; Gruber, Einführung, S. 181–185. 44 Um 1474 in Ulm geboren, besuchte er dort die Lateinschule, bevor er zum Studium 1492 nach Heidelberg, dann 1495 nach Tübingen und schließlich nach Ingolstadt zog. Von der Universität Padua zum Doktor des Kanonischen Rechts promoviert, kehrte Oßwald schon 1509 ins Ulmische Gebiet zurück und wurde 1512 als Pfarrer von Geislingen installiert. Vgl. die Inschrift im Chorgestühl der Stadtkirche: »Als Phöbus 1512-mal die Jahre beschrieben hatte seit die zarte Jungfrau Maria Gott geboren hat, hat der damals in Geislingen tätige Georg Oßwald, Dr. beider Rechte, die dortige Herde Gottes geweidet.« Zitiert nach Schuhholz, Oßwald, S. 206. Vgl. auch Gruber, Einführung, S. 192 mit Abb.; BCor 6, S. 293 f. 39
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Reformation und deren Vertreter. Zunächst wandte er sich an den Rat mit der Begründung, dass aus der reformatorischen Bewegung »mer Widerwertigkait dan Frucht, Frid und Ainigkait«45 erwachsen werde, bevor er selbst einen erklecklichen Beitrag zu dieser Entwicklung leistete! Schon in dieser ersten bekannten Stellungnahme wies Oßwald die Kompetenz zur Klärung von Religionsfragen einem Konzil zu und sprach sie dem Ulmer Rat ab. Dieses Argument sollte sich durch alle seine Äußerungen ziehen. Als diese Eingabe keine Wirkung zeigte, wandte sich Oßwald an den Schwäbischen Bund, als dieser am Dreikönigstag 1527 in Ulm tagte, und erbat kaiserlichen Schutz. Die Prädikanten Konrad Sam in Ulm und Paulus Beck in Geislingen schlugen eine Disputation mit Oßwald und Dr. Johannes Eck aus Ingolstadt vor, was der Rat jedoch wegen der möglichen Erregung öffentlichen Ärgernisses ablehnte. Überhaupt war den Ulmer Räten die Situation in Geislingen durch den großen Einfluss, den Oßwald auf die Mehrheit seiner Gemeinde hatte, viel zu aufrührerisch geworden. Und auch die Trennung der beiden Prediger auf zwei Kanzeln, nämlich die der Spitalkirche für Beck und die der Stadtkirche für Oßwald, brachte keinen Frieden. Als Oßwald seinen Geislingern mitteilte, die Reformation in Ulm habe dazu geführt, dass »man zu Ulm türkisch, viehisch und teufflisch leb«46 und einigen Sympathisanten das Altarsakrament verweigere, handelte er sich eine schwere Rüge des Rates ein. Zum Eklat kam es anlässlich der Pfingstpredigt Martin Bucers in Geislingen, die dieser am 29. Mai 1531 zur programmatischen Eröffnung der reformatorischen Maßnahmen hielt. Mitten im Gottesdienst in der Geislinger Stadtkirche trat Oßwald dem Reformator entgegen und inszenierte einen Eklat, den auch der im Gottesdienst anwesende Vertreter der Ulmer Obrigkeit, Bürgermeister Bernhard Besserer (1471–1542) 47, nicht verhindern konnte. Die zeitgenössische Chronik des Reformationsgegners Nicolaus Thomann, eines Geistlichen an der Leonhardtskapelle zu Weißenhorn, berichtet: »Dem Butzer, Prediger zu Geißlingen, stunde der Doctor und Pfarrer daselbst under augen, alß er von dem predig stul gieng, da gieng der Doctor hinauf, wider sprach Ihm alle seine Ketzerische lehren, so er gesagt hätt. Als er herab kam, sprach er zu dem Butzer, da und da habt ihr nit recht gesagt, wan ihr nit gelehrter seint, wert ihr dahaim bliben.«48 45 Schreiben vom 8. Januar 1527 (StAU A [8990] S. 94), Wiedergabe bei Schuhholz, Oßwald, S. 212, Nr. 3. 46 StAU: Ratsprotokoll vom 20. April 1526, A 3530/8, p. 309. Wiedergabe bei Schuhholz, Oßwald, S. 211, Nr. 1 und Gruber, Einführung, S. 178. 47 Zu seinem Biogramm vgl. BCor 6, S. 271. 48 StAU: G 1/1936: Weissenhornische Chronik, zusammengetragen von R. D. Nicolao Thomanno, 1536, S. 427; ähnlich auch in: Baumann, Geschichte des Bauernkriegs, S. 176; Gruber, Einführung, S. 185 f. In den Zeilen zuvor beschreibt Thomann die Reformatoren Bucer und Blarer: »Der Butzer, ein Brediger und Vorganger zu Straßburg, der ein Brediger Minch gewesen ist, denselben orden vom Ihm geschütt, war Ihm zu schwer, und die ringe leichte bürde der Ketzerey auf sich genommen. Der Pfarrer, Brediger und Verfüerer deren zu
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Auf den 7. Juni 1531 ordnete der Rat eine Examinierung der Landgeistlichen an49. Als Grundlage für die Befragung dienten Bucers 18 Artikel der Ulmer Kirchenordnung50 , die sogenannte »Denkschrift« mit den praktischen Konsequenzen für das gottesdienstliche Leben und Blarers »Handbüchlein«51. Von insgesamt 69 befragten Personen stimmten 22 den Vorlagen zu, die meisten verhielten sich indifferent und einige meldeten Bedenken wegen des neuen Verständnisses der Messe an 52 . Dieser Befund zeugt nicht nur davon, dass das Hauptthema die stark emotional besetzte Messe war, sondern dokumentiert auch den insgesamt schwachen Bildungsstand der Geistlichkeit. Deshalb rieten die drei Ulmer Reformatoren dem Bürgermeister von St. Gallen, der in seiner Stadt ebenfalls die Reformation einführte, er möge überlegen, wie er die barbarische Unbildung unter den Geistlichen beheben wolle53 . Eine interessante Ausnahme bildete auch hier der Geislinger Stadtpfarrer Dr. Georg Oßwald. 2.1 Die Auseinandersetzung in Geislingen in den Briefen von Bucers und Blarers Anlässlich der Verlängerung seines Mandats für Geislingen und Ulm berichtete Ambrosius Blarer an Bürgermeister und Rat zu Konstanz von der Gegnerschaft des Geislinger Pfarrers: »Dann auch die von Ulm letstlich mit hochem flyß und ernst erbetten haben, ir burger zu Geislingen durch minen dienst in dem gotteswort zu erbuwen, welchs ich dann (angesechen die grossen not der armen seelen, so durch den iren vorigen pfarrer erschrockelich und mitt sonder subtiler gschwindikait verfürt sind) nitt hab mögen noch söllen abschlachen.«54 Zuvor äußerte er sich schon besorgt über den Fortgang der Reformation, sollte Oßwald noch einmal nach Geislingen zurückkehren: »Sonst besorg ich warConstantz, der ein Benedictiner Minch zu Alberspach im Schwartzwaldt gewesen, dem war der orden und Kutt auch zu schwer, hat yetz ein ringen orden, bedarff nit betten, nit gen Metten aupfstaun, nit fasten, allein gut leben haben.« Ebd., S. 423. 49 Das Protokoll dieser Befragung ist veröffentlicht bei Endriss, Examen. Vgl. auch Gruber, Einführung, S. 188. 50 BDS 4, S. 212–272. Eine Zusammenfassung der 18 Artikel findet sich im Anschluss an das Gemain außschreiben vom 31. Juli 1531, ebd., S. 273–304, Zusammenfassung der 18 Artikel, vgl. S. 301–304. Vgl. die Neuedition bei Sehling, Kirchenordnungen 17/2, S. 124–162, Zusammenfassung der 18 Artikel vgl. S. 129–132. Vgl. dazu den Beitrag von Sabine Arend, oben S. 63–79. 51 »Christenlich Leern, Ceremonien und Leben, Durch die praedicanten gestöllt, sampt meiner Herrn der Verordneten Ratschlägen dabey« (Mai 1531, bei Endriss, Examen, S. 4 4– 55). Vgl. insbesondere die interessanten Ratschläge der Religionsverordneten des Rates, ebd., S. 55–61. 52 Vgl. Endriss, Examen, S. 12–16; Gruber, Einführung, S. 188. 53 »Meditatur autem, vt et barbariem cleri emendet.« Blarer, Bucer und Oekolampad an Joachim Vadian vom 23. Juni 1531 (BCor 6, Nr. 430, S. 11, Z. 11). 54 Blarer an Bürgermeister und Rat zu Konstanz vom 20. August 1531 (Blaurer Bw. 1, Nr. 200, S. 256)
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lich, das all müh und arbait ohn frucht und gantz vergeblich sin werde.«55 In einem Bericht an den Ulmer Bürgermeister und Rat wird deutlich, dass es nicht nur im Städtlein Geislingen selbst, sondern auch in seinem Umland Probleme bei der Umsetzung der Reformation gab. So waren einige Pfarrer nicht bereit, nun ihre »metzen«, »kellnerin« und Haushälterin zu heiraten56 . Im Badekurort Überkingen sollte der auswärtigen Gäste wegen, zu denen auch der Ulmer Bürgermeister Bernhard Besserer gehörte, auf einen begabten Prediger geachtet und deshalb der derzeitige Stelleninhaber versetzt werden: »Wegen des bads, dahin dann allerlay leut kommend, die all sachen weyt tragend, vor denen es gar ain schympfflich ansechen hat, wann sy da hören predigen der sach alls gar ungeleych. So seind die leut gar guthertzig und hytzig zu der sach, were vil guts bey inen zu hoffen.«57 Zwischen dem vor Ort streitenden Blarer und seinem inzwischen weiter gezogenen Freund Bucer entwickelte sich ob der Geislinger Schwierigkeiten ein seelsorgerlicher Briefwechsel, in dem Blarer seine Not schilderte und Bucer ihm Mut zusprach. Über Oßwald fallen harte Vokabeln: »Schon hänge ich hier einen ganzen Monat, und sicher nicht wegen zu großer Arbeit, wobei andere über die Frucht urteilen mögen. Jener überaus nichtsnutzige Taugenichts und Betrüger hat mit seinem Blendwerk die arme Gemeinde verführt, so dass es kaum einen Entzauberer geben wird, der klug genug ist, diesen Geist auszutreiben.«58 Über den Fortgang reformatorischer Veränderungen berichtet Blarer: »Die Scheußlichkeiten der Messen und Bilder, auch alle Würden und Ränge sind schon abgeschafft. Mehr als man sagen kann, brach die früher geschlagene Wunde des ersten Streits wieder auf. Ich heile diesen Schaden, soweit ich dies mit Gottes Hilfe kann, und so wird wohl der eine oder andere wieder zur Vernunft kommen.«59 Immer wieder begegnen Stoßseufzer Blarers und seine Bitte um die Hilfe des Freundes60 . Auch nach Oßwalds Abzug beruhigte sich die Lage in Geislingen noch nicht, da seine am Ort verbliebene Schwester Oßwalds Briefe verbreitete. So klagte Blarer gegenüber Bürgermeister Bernhard Besserer mehrfach über »vyl hals55 Blarer an Georg Besserer vom 22. Juli 1531 (Moeller, Nachträge, Nr. 11, S. 19 f.); Georg Besserer ist der Sohn von Bernhard Besserer, vgl. das Biogramm in BCor 6, S. 271. 56 Blarer an Bürgermeister und Rat zu Ulm vom 27. August 1531 (Moeller, Nachträge, Nr. 13, S. 22 f.); Blaurer Bw. 1, Nr. 203, S. 257 f. 57 Ebd. 58 »Totum iam mensem hic hereo, quo fructu ceteri iudicent, profecto non absque magno labore. Dementauit suis praestigijs nequissimus iste nebulo et impostor miseram plebeculam et ita, ut vix quisquam futurus sit tam prudens incantator, qui mentem hanc excantare ualeat.« Blarer an Bucer vom 30. August 1531 (BCor 6, Nr. 454, S. 87, Z. 3 -S. 88, Z. 2) 59 »Sublatae iam sunt missarum et idolorum abominationes, etiam excelsa omnia, vnde supra quam dici potest recruduit prius inflictum vulnus. Medeor huic malo, quantum Domini beneficio possum et resipuit forte unus atque alter.« Ebd., S. 88, Z. 3 f. 60 »Tu meos conatus, mi frater, precibus juua.« Ebd., S. 88, Z. 7.
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starrikait«61 bei den Geislingern. Aber für Blarer tat sich eine hoffnungsvolle Perspektive auf, da ihn die Reichsstadt Esslingen als Reformator berufen hatte. Die Esslinger mussten allerdings noch warten: »Wie wol ich och on das [die Berufung nach Esslingen] noch ain zeitle hie zu beleiben willens gewessen. Dann es warlich wol dörfft, das mit mitt disem hartneckigen volck, das alls gantz jemerlich verfürt ist, nicht onversuocht liess, ob sy den kopff ain wenig uff die ander seyten scheiben wellten, das doch gott der Herr gwaltiklich würcken muß.«62 Besonderen Widerstand leisteten auch die Geislinger Beginen, die »nitt mehr wellen predigt hören«63 . Allerdings kam Bewegung unter die Frauen, denn kurz vor Blarers Aufbruch nach Esslingen hieß es: »Mich fröwt von hertzen, das gott ir ettlich erlucht hat.«64 Für die anderen Geislinger sprach der Scheidende seine Hoffnung aus: »Hoff, das volck werde sich nach und nach ergeben.«65 Schließlich nahm er den gerade frisch verheirateten Bürgermeister vor allzu vielen dienstlichen Ansprüchen in Schutz. 66 Bucer tröstete den ›Apostel Schwabens‹ in seinen Geislinger Nöten mehrfach, wie schon in dem Brief, in dem er ihm den gehaltvollen Titel verliehen hatte: »Dir immer wieder Wohl und Heil, was auch immer in Geislingen unter Brüdern und Freunden geschieht!«67 Als Blarer eine anonyme Hetzschrift auf der Geislinger Kanzel deponiert fand, in der er und Bucer geschmäht wurden, empfahl Bucer seinem geplagten Freund mit Humor: »Die Mühe verdrieße dich nicht. Du wirst immer eine dank der Mühe größere Frucht hervorgehen sehen. Das vielbesprochene eigenartige Schriftstück hat mich wunderlich erheitert. Wie sollte es denn nicht Vergnügen bereiten, dass ich als Unfähiger hier zu dir gezählt werde, als ob auch ich dem Satan schadete?«68 Und schließlich freute sich Bucer mit Blarer über die neue Perspektive in Esslingen: »Weil ich nichts anderes lange schon will, erhoffe, erwarte, als dass du die Kirche in Esslingen pflanzst, so will ich mir einreden, dass du bereits dort bist und mich freuen.«69 Blarer an Bernhard Besserer vom 31. August 1531 (Blaurer Bw. 1, Nr. 206, S. 260 f.; Moeller, Nachträge, S. 24). 62 Ebd., S. 26. 63 Ebd., S. 27. 64 Blarer an Bernhard Besserer vom 6. September 1531 (Moeller, Nachträge, S. 30; zusätzl. Blaurer Bw. 1, Nr. 212, S. 265). 65 Moeller, Nachträge, S. 30. 66 »E.w. darff mir nitt widerum schreiben, waiß ewer vyl müh und arbait vast wol, zu dem, das ira in newer brütgam seind.« Ebd. Bernhard Besserer war mit der Heirat der Patriziertochter Margarete Gienger im Juli 1531 seine vierte Ehe eingegangen. Gegen Keidel und Schieß z. St. ist deshalb er der Adressat! Vgl. ebd., S. 30, Anm. 11. 67 »Iterum et iterum vale et saluta, quicquid est Gyslingae fratrum et amicorum!« Bucer an Ambrosius Blarer vom 5. September 1531 (BCor 6, Nr. 459, S. 103, Z. 4 –6). 68 »Ne pigeat te laboris. Fructum labore maiore[m] semper videbis prouenire. Mire me exhilarauit libellus ille famosus. Quid enim non recrearet hic connummerari me ineptum tibi, quasi et ego Satanae noceam?« Ebd., S. 101, Z. 2–4. 69 »Quia nihil aliud diu iam volo, opto, expeto, quam vt Eßlingiacam plantes ecclesiam, ita 61
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2.2 Die Auseinandersetzung in Geislingen in den 18 Gegen-Artikeln von Pfarrer Dr. Georg Oßwald 2.2.1 Entstehung und Beurteilung Oßwald erbat sich in seiner ersten Befragung die Artikel Bucers schriftlich und dazu vierzehn Tage Bedenkzeit. In dieser Spanne entstanden seine achtzehn Gegen-Artikel. Sie verteidigte ihr Verfasser in einer zweiten, vom Rat angeordneten Disputation mit Bucer am 27. Juni 1531 in Ulm vor zahlreichen Zeugen aus Stadt, Territorium und Kirche. Davon existiert ein Protokoll der Religionsverordneten des Rates70 . Beide Schriftstücke, vor allem aber die Fassung der Gegen-Artikel, enthalten zahlreiche Glossen von Martin Bucer, was die bisherige Forschung nur teilweise zur Kenntnis genommen und noch nicht vollständig ausgewertet hat. In der Beurteilung der gehaltvollen Artikel Oßwalds waren sich die Ulmer Reformationshistoriker jedoch schon früh einig und fassten sie kritisch, aber anerkennend zusammen. So summiert Julius Endriß: »Eine Arbeit, die Achtung erzwingt. Sie verrät ausgebreitete Gelehrsamkeit, scharfsinnigen, mitunter sophistischen Geist, gute Kenntnis der Kirchengeschichte und Kirchenlehre, besonders auch der Konfutatio des Augsburger Reichstags, die stark benützt wird, auch gute Bibelkenntnis bei Mangel an innerem Verständnis, dabei ein leidenschaftliches Temperament, das ausfällig wird gegen die neuen Prädikanten, denen weniger zu glauben sei als den alten Doktoribus und die weder in Kunst noch Heiligkeit des Lebens sich mit ihnen vergleichen können, von Butzer nach seinem ebenso leidenschaftlichen Temperament in der Weise zurückgegeben, dass er bei besonders starken Stellen am Rand notiert: Blasphemie und pfy dich tüffel!«71 Und bei Karlfriedrich Gruber heißt es: »Man darf sie getrost als die bedeutendste literarische Leistung auf katholischer Seite im Zuge der Ulmer Reformation bezeichnen.«72 2.2.2 Überlieferung Der Text der Gegen-Artikel Oßwalds ist als zeitgenössische Abschrift eines Ratsschreibers im Ulmer Stadtarchiv erhalten73 ; ein Original ist bisher unbevolo mihi persuadere te iam illic esse gaudeoque.« Bucer an Ambrosius Blarer vom 2. Oktober 1531 (Ebd., Nr. 473, S. 151, Z. 2 f.). 70 StAU A [8984/I], fol. 2–27. 71 Endriß, Reformationsjahr, S. 33. Er nennt zwei der eindrücklichsten und am besten lesbaren, aber eben nicht einzigen Glossen. Vgl. auch Keim, Reformation, S. 238–241. 72 Gruber, Einführung, S. 190. Allerdings wollte er sich nicht näher damit befassen und wählte einen anderen Betrachtungsschwerpunkt: »Dieser Glaubensstreit soll deshalb an dieser Stelle nicht in seiner theologischen Dimension als vielmehr in seinem politischen Kontext veranschaulicht werden.« Ebd., S. 174. 73 StAU A [8984/I], fol. 28r–64v: »Doctor Jorgen Osthwalds pfarrers zu Geyslingen vermainte ablainung der achtzzehen articul so meine herren die predicanten gestelt haben« (=
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kannt. Insbesondere wegen der Glossen in Bucers charakteristischer Handschrift und ihres Lateins stellt die Textfassung vor nicht geringe paläographische und philologische Probleme, so dass eine wünschenswerte Edition wohl länger dauern dürfte als die Einführung der Reformation in Ulm. Die Stellungnahme Bucers zu Oßwalds Gegen-Artikeln floss in die Ulmer Kirchenordnung ein, vor allem aber in das von Bucer entworfene Schreiben des Rates zur Einführung der Reformation, das sogenannte Gemain Außschreiben vom 31. Juli 1531, das mit einer Kurzfassung der grundlegenden 18 Artikel von Bucer schließt74 . Da dieser umfangreiche Text allen Reichsständen zugeleitet wurde, bekam die Disputation zwischen Bucer und Oßwald eine reichsweite exemplarische Bedeutung, was dem theologischen Niveau beider argumentierender Seiten entspricht und die Erforschung der Quellen noch einmal lohnender macht. 2.2.3 Inhalt Oßwald orientierte seine Stellungnahme an der Systematik der Bucerschen Artikel, beginnend mit den theologischen Hauptstreitpunkten (Art. 1–3), gefolgt von den Konsequenzen für das kirchliche (Art. 4 –14; u. a. Messe, Klöster, Gelübde, Wallfahrt, Fasten) und das weltliche Leben (Art. 15–18; u. a. Gehorsam, Eid, Ehe). Bevor Oßwald im Einzelnen Stellung nimmt, erörtert er wieder die Grundsatzfrage, ob eine weltliche Instanz wie der Kaiser oder der Rat überhaupt berechtigt seien, in religiösen Angelegenheiten zu urteilen. Dies verneint Oßwald unter Berufung auf altes Reichsrecht. Oßwald spricht deshalb auch dem Rat der Stadt Ulm das Recht ab, in Religionsangelegenheiten zu urteilen. Dabei hatte die städtische Obrigkeit dieses Recht doch im Zuge ihrer Emanzipation von Kaiser und Kirche gerade erst in die Hand genommen, wie sie es formulierte: »Uns stehe zu, alle lehr, so unchristlich, by den unsern nit zudulden, die aber christlich, zu pflantzen [. . .].«75 Oßwald dagegen wollte seine Thesen allein von einem kirchlichen und dem damit verbundenen universitären Lehramt beurteilen lassen: »das meyn schrifften aynen oder meer hohen schulln zugeschickht werde, das darumb erkunth wird, ob ich recht oder unrecht hab; dann one des ist es ayn vergebne arbaytt [. . .].«76
Oßwald, Ablainung). Vgl. Keim, Reformation, S. 238–241(eine erste treffende Paraphrasierung), Endriß, Reformationsjahr, S. 33 f., Schuhholz, Oßwald, S. 208 mit Anm. 23, Specker / Weig, Einführung, S. 182. 74 BDS 4, S. 273–304. Zum Fall Oßwald vgl. ebd., S. 281–292, zur Summa der 18 Artikel Bucers ebd., S. 301–304. 75 Gemain Außschreiben, ebd., S. 283, Z. 10 f. 76 StAU A [8984/I],29v.
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In den ersten drei theologischen Grundsatzartikeln geht es um die Themen Erbsünde, freier Wille, Gnadenwahl und Anthropologie. Während Bucer hier ganz beim reformatorischen simul iustus et peccator bleibt und dem natürlichen Menschen jeglichen eigenen Zugang zur Gnade abspricht, vertritt Oßwald eine Sicht, nach der die Sünde den Menschen zwar schwächt und ihn der Gnade Gottes beraubt, ihm aber nicht seinen freien Willen nimmt, der ihn dazu befähigt, Gutes zu tun: »Anfänngklich unnd auff den ersten artickel sag ich allso, mich verwundert, das die predicanten im ersten eingang der artickell den hayligen Paulum annderß furtragen weder er geschriben hatt darauss zu vernemen ist, das sy dergleichn in nachgeenden artickln auch mögen gethan haben zu be stettigen ir fürnemen dann ye clar ist, das Paulus an dem bestimpten ortt nit sagt, wir syen khinder des zorn Gottes von den natur, sagt woll, wir warend ›eramus‹ von der natur khinder des zorns Gottes, aber durch den tauff syend wir geraynigt worden 1. Chor. 6. Unnd allso auß der empfangne gnad im tauff mugen wir khinder Gottes unnd nit des zorns genant werden. Hindert daran nit, das die böß naygung noch da beleibt, dann diese naygung und die gnad Gottes beston beyainander 77. Es wirt auch durch die erbsündt die natur und der frey will verwundet und geschwecht, auch der gnad Gottes beraubt, wirdt darumb nit gar hingenommen, mag man nehmen aus Cornelio und anndern hayden, so sy almusen geben oder gerechtigkaytt dem nebenmenschen beweisen wiewoll sy im unglauben syend und one die gnad Gottes wircken sy doch auß freyem willen, guotte sittliche werckh die sy beraytten zu der gnad Gotts wie [30r:] dann Cornelio geschehen ist Actum 10.«78 Hier wird eindrücklich der unterschiedliche Umgang der beiden Kontrahenten mit dem Zeugnis der Heiligen Schrift deutlich. Durchaus will auch Oßwald die biblischen Grundlagen einzelner Themen ergründen, er verwendet aber die Vulgata-Fassung von 1 Kor 6 und bringt die paulinische Anthropologie in ein zeitliches »Vor und nach der Taufe«. Die Deutung des Hauptmanns Cornelius79 als eines zu guten Werken fähigen Heiden entspringt einer allegorischen Sicht, enthält jedoch zugleich systematischen Sprengstoff, nicht nur im 16. Jahrhundert. Oßwald kann so argumentieren, weil für seine altgläubige Position die Tradition der auslegenden Kirche das gleiche Gewicht hat wie die Interpretation der biblischen Quellen selbst. Durch die kontroverstheologische Sicht der reformationsgeschichtlichen Darstellung sind die konsenstheologischen Elemente dieser exemplarischen Auseinandersetzung ganz aus dem Blick geraten. Dabei stimmt Oßwald in der zentralen Lehre von der Taufe (Art. 5) Bucer einfach zu! Was für eine dialogische Chance hätte sich hier aus heutiger Sicht aufgetan! Glosse am Rand von Bucers Hand: Blasph[emie]. Fol. 29v + 30r. 79 Act 10, 1–48. 77 78
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Der Text Oßwalds hat starke, manchmal sogar wortgleiche Anklänge an die Confutatio. 80 Dies soll beispielhaft an der maßgeblichen Kontroverse zum Verständnis der Messe und ihrer Sprachform gezeigt werden. Während Bucer dafür eintritt, dass wesentliche, wenn auch nicht alle Teile der Messe ins Deutsche übertragen werden, argumentiert Oßwald aus der Sicht der Weltkirche. Im Allegorischen haften bleibt sein Hinweis auf den Titulus am Kreuz Jesu in lateinischer, griechischer und hebräischer Sprache als Muster für die liturgische Sprache 81, dann aber wird es wieder grundsätzlich: »Der priester82 ist auch ain gemayne person der gantzen christenlichen kirchen, nit allain dero die hierumb stand, darumb sich nit zu verwundern ist, das er sy im latein list83 . Dardurch84 aber wirdet dem layen nichts genomen, dan er wirdet gnugsam underricht durch die christenliche prediger, was ime nott ist von der mess zu wissen85 und die ewangelia und epistell geprediget und nach rechtem verstand der kirchen alle gebannen tag86 außlegendt. So man auch die ding göttlicher haimlichait will den layen so gar verteutschen, geburt und macht es mer verachtung und entstat mer übels dann guts daraus, wie man yetzundt layder täglichs erfert.«87 Hier kommt Oßwalds Text der Confutatio am nähesten88 , entsprechend glossiert Bucer diese Passage auch am ausführlichsten und schärfsten. Dabei kann Oßwalds weiter ekklesiologischer Horizont durchaus beeindrucken, sieht er den einzelnen Priester doch als Repräsentanten einer weltweit verbundenen »katholischen« Kirche. Freilich sind auch Bucers Überlegungen zur Verständlichkeit liturgischer Texte mit der allein philologischen Übertragung in die jeweilige Heimatsprache noch nicht am Ziel. So hat Luther in seinem Sendbrief vom Dolmetschen das Übersetzen zu einer permanenten Aufgabe erklärt, und Damit gerät in einer Prosopographie der Reformationsgeschichte noch ein Ulmer Gesicht in den Blick: Augustinus Marius (1485–1543), der aus Ulm stammende Mitverfasser der Confutatio, damals Weihbischof in Würzburg und Hauptgegner Ökolampads in Basel. Zu ihm vgl. Birkner, Marius; Bücking, Weihbischöfe, S. 73–78. 81 Oßwald, Ablainung, fol. 52v. 82 In seiner Glosse verweist Bucer auf das reformatorische Amtsverständnis, nach dem allein der Heilige Geist Reden und Verstehen wirkt: »Aut in his quae spiritu aut quae ore, si spiritu nullis, si ore, sermone intelligibili.« 83 Bucer verweist darauf, dass nicht die ganze Messe lateinisch gesprochen wird: »Sed non toties.« 84 Bucer: »Cur non alia si bona.« 85 Bucer: »Ergo in missa nihil p[rae]teria.« 86 Gemeint sind die kalendarisch festgelegten Tage. Bucer fragt nach den anderen Tagen: »Cur non est in aliis diebus?« 87 Fol. 53r. 88 »Aber dweil der prister nit allain den umbstenden sondern der gantzen christlichen kirchen ain gemaine person [. . .].« Vgl. Immenkötter, Confutatio, S. 158. Ebd., S. 158 f.: »Ist dem hörer gnung und hailsam, so derselbig die meeß in dem glauben der christlichen kirchen horet; erfindet sich auch in der erfarung, das der christgleubigen andacht in horen der meeß hievor bey der lateinischen meeß grosser und einprunstiger dann bey der theutschen meeß gewest und noch ist. So auch des heiligen appostel wort recht und wol erwegen werden, so ist gnung, das einer der unverstendigen stat erfulle und von inen wegen sag ›amen‹ » 80
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liturgische Vollzüge wirken jenseits ihrer bloßen verstandesmäßigen Erfassung im Sinne einer emotionalen Beheimatung. Oßwald gibt den sogenannten Laien, für welche die Übersetzung der Lesung und zuweilen eine kurze Auslegung genügen muss, einen niedrigeren Stand als dem Klerus. Dies musste den Protest des Reformators hervorrufen: »Und so die epistell wol verlösen wirt, hat S. Paulus gnug, wan fur die unverstendigen ayner do ist, der amen spricht.«89 Mit dem Amen freilich will Bucer sich nicht begnügen. Er weist den Bezug auf die Paulus-Stelle in 1 Korinther 16, 4, wo es um die Verständlichkeit der Zungenrede und die Rücksicht auf den ιδιώτης geht, entschieden zurück, zumal zuvor noch die Anweisung zur Verhüllung der liturgischen Geräte nach Numeri 4 für einen entmündigenden Umgang mit den Laien herhalten musste. Dennoch gibt Oßwalds Schlussbemerkung, dass durch die Kritik des Lehramts auch Verwirrung entstanden sei, zu denken. Weitere Streitpunkte sind die Einzigartigkeit Christi als Heilsvermittler90 sowie die Begründung der Klostergelübde und der kirchlichen Fastengebote, die Bucer für unbiblisch hält. Schließlich betont Oßwald noch einmal, dass weltliche Obrigkeit keine Macht über Kirche und Religionsangelegenheiten habe. Bucer dagegen appelliert an die christliche Verantwortung des Ulmer Rates. Durch diese und die anderen verhandelten Themen, zu denen noch die Bilderfrage, das Papstamt, die Zeremonien und die Eidesleistung gehören, zieht sich eine unversöhnlich unterschiedliche Bewertung der christlichen Autoritäten. Für die von Bucer vertretene reformatorische Position war dies allein die Heilige Schrift, die auszulegen als eine gemeinsame, prozessual angelegte Aufgabe betrachtet wurde. Dagegen stellt Oßwald ein gleichberechtigtes Nebeneinander von biblischem Zeugnis und der in den Entscheidungen von Päpsten und Konzilien greifbaren Tradition. Der Streit endete damit, dass am 18. Juli 1531 der Ulmer Herrschaftspfleger im Auftrag des Ulmer Rats Oßwald zur Resignation aufforderte. Am 31. Juli 1531 nahm der Rat diese an und gestand Oßwald noch ein Übergangsgeld zu91. Der Ausgewiesene ging als Pfarrer nach Überlingen, das im Gegensatz zu Konstanz altgläubig blieb, wo er anerkannt wirkte und am 25. August 1541 an der Pest verstarb, wie sein Epitaph in der dortigen Stadtpfarrkirche berichtet92 . Gegenüber dem Ulmer Rat hatte er sein Amtsverständnis, an dem er festhielt bis zuletzt, schon am Anfang der Auseinandersetzungen deutlich gemacht: »[. . .] alleß das, so ich gepredigt hab, hab ich gethon alß ain pfarrer, der by seiner sel seligkait schuldig ist, seine underthonen leren den weg ebiger seligkait.«93 Fol. 53v. Hier stellt Oßwald Christus noch die Heiligen als Helfer zur Seite. 91 Vgl. Schuhholz, Oßwald, S. 216. 92 »1541 seyen allhier zu Überlingen an der Pestilenz [. . .] ungevärlich bis in die 1800 Menschen, desgleichen unser Pfarrer Dr. Georg Oschwald [. . .] mit Todt abgangen«. Ebd., S. 210. 93 Oßwald an den Ulmer Rat vom 25. Juli 1527: StAU, A [8990], fol. 224, ediert bei: Schuhholz, Oßwald, S. 213 f., hier: S. 214. 89
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In der Auseinandersetzung Bucers mit dem Geislinger Pfarrer Dr. Georg Oßwald stellen sich mithin hochqualifizierte, keineswegs nur »konservative« theologische Positionen dar. Wenn die Reformation von ihrem Anspruch her der einen Kirche Jesu Christi gilt, die es sichtbar nur in den unterschiedlichen Gestalten ihrer konfessionellen Ausprägungen mit ihren jeweiligen Stärken und Schwächen gibt, sollte man dann nicht im Sinne Bucers auskommen »ohne Schmähung der anderen«? 94
94 »Ego uero, si utrinque porro se cohibeant, utilissimum judicaverim, rem ipsam in ecclesijs alteri absque conuicijs in alteros tractantes« Bucer an Ambrosius Blarer vom 8. Dezember 1531 (BCor 7, Nr. 521, S. 93, Z. 7–9).
Bucer’s Relationship with Wolfgang Capito Milton Kooistra On 19 September 1520, Bucer, then a young Dominican monk in Heidelberg, wrote a letter to Georg Spalatin, describing Capito, counsellor to Albrecht von Brandenburg, archbishop of Mainz, as ›the most consummate theologian, my singular patron‹, adding, moreover, that ›when he lectures, he always does [so] as the least insincere and timid expounder and champion of the Truth, which is becoming of a sincere theologian.‹ Bucer’s high praise for Capito likely stems from the summer of 1519, when he visited the city of Basel, where Capito was then serving as cathedral preacher and professor of theology until his departure for Mainz in 1520 . The first known written exchange between the two men, however, is a letter of 11 November 1520, in which Bucer approached Capito, anxiously explaining that Jacob van Hoogstraten, the grand inquisitor of the archdioceses of Cologne, Mainz, and Trier, had taken offence with a remark Bucer had made and was denouncing him as a partisan of Luther. As a result, Hoogstraten was threatening to prosecute him. Bucer therefore implored the help of Ulrich von Hutten and Capito in his quest to be released from his monastic vows . Hutten complied with a (recently discovered) letter, written on 13 November 1520 from Franz von Sickingen’s principal castle of Ebernburg, in which he asked Capito to help Bucer obtain his desired absolution: ›There is one more thing left to ask for the sake of our friendship: help the monk Bucer get rid of his cowl, which is his dearest wish. He is a very upright man. [. . .] Help this innocent man, [. . .] for he is sick of this hateful garb of superstition, but also because he is in danger from false brethren on our account, for they have long given him a bad name for going over to our party. [. . .] Shake up Albrecht. He will not deny you. If he is willing, it will be done.‹ ›[. . .] Capito, consummatissimus sane theologus, singularis meus patronus. [. . .] ubi legit, agit iam, ut semper, quod syncerum theologum decet, veritatis minime fucatus minimeque timidus interpres atque propugnator.‹ BCor 1, no. 17, p. 118, ll. 15–18. BCor 1, no. 6, p. 82, ll. 56–57. BCor 1, no. 18, pp. 119–20, ll. 1–24. Capito Bw. 2, no. 62a, p. xxiv–xxv. The manuscript of the letter, which is at the Uppsala University Library (Waller ms. de-02506), is damaged: ›Restat aliud [. . .] per nostram amicitiam oro te, Bucero monacho author ut fias ex[uendi] quod mire cupit cuculli. Eximie probus est. [. . .] Iuva innocentem [. . .]um quia nauseat odibilem superstitionis vestitum, sed et quia
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Bucer’s fascination for Desiderius Erasmus, which may have already begun in 1516, and then also for Martin Luther, which began after having met the reformer at the famous Disputation of Heidelberg in April 1518, placed him in an increasingly precarious situation as opponents of humanism sought to make a direct link with it and the burgeoning evangelical reform movement, led by Luther. His association and friendship with the militant knights, Hutten and Sickingen, did little to appease his opponents. Despite Bucer’s advancement within the Dominican order in 1520, he came to realize that ›it would be a losing battle to stand up within the Order of Preachers for everything that had become important to him.‹ The first hint of his desire to leave the monastery and to find a patron to effect this departure comes from a letter he wrote to Georg Spalatin on 23 January 1520 . In order to facilitate the absolution from his monastic vows, he sought the help not only of several influential humanists but also some sympathizers of Luther, such as Beatus Rhenanus, Georg Spalatin, Jacob Wimpheling, Jacob Spiegel, Maternus Hatten, Ulrich von Hutten, Franz von Sickingen, and Capito. It seems, however, that Bucer waited until September of that same year before deciding definitively to leave the monastery, which likely took place some time in January or February 1521 . Hutten wrote to Bucer on 2 December 1520, informing him that he had written a second letter (now lost) to Capito regarding Bucer’s situation. Towards the end of the month, Bucer wrote to Capito again, explaining that matters had reached a crisis point: that he would either be ruined if the Dominicans gained the upper hand or that he would celebrate the victory of the Truth with his humanistic friends. He therefore begged Capito to write letters of recommendation for him, should the need arise, adding that he had been advised that Anton Engelbrecht, suffragan bishop of Speyer, would be willing to obtain a release from his monastic vows10 . At the beginning of 1521, Bucer wrote five more letters to Capito, updating him on his efforts to be absolved from his monastic vows and repeating his pleas for Capito’s help in that endeavour11. Finally in April, the bishop of Speyer commissioned Engelbrecht to carry out the act of
periculum est illi, a falsis fratribus, p[rop]ter nos in quorum partes transiisse ipsum, iamdudum calumniantur isti. [. . .] Convelle Albertum. Non negabit, quod si volet, perfectum erit.‹ ›Gleichwohl wuchs dann bei Bucer die Überzeugung, daß er mit allem, was ihm wesentlich war, im Predigerorden auf verlorenem Posten stand.‹ Greschat, Bucer, p. 46. BCor 1, no. 9, p. 100, n. 22. Greschat, Bucer, p. 46. Ibid., p. 46. Cf. Martin Bucer to Wolfgang Capito, 11 November 1520 (BCor 1, no. 18, p. 120, n. 8 ) and Martin Bucer to Wolfgang Capito, 30 January 1521 (BCor 1, no. 24, p. 136, n.1). BCor 1, no. 22, p. 131. 10 BCor 1, no. 23, p. 134. 11 BCor 1, no. 24–6, 28–9, pp. 136–140, 142–144.
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annulment. On 29 April, Engelbrecht solemnly released Bucer from his monastic vows, reassigning him to the status of a secular priest12 . For the next two years, Bucer travelled extensively throughout the Holy Roman Empire, moving from one position to another. In May 1523, Bucer arrived in Strasbourg a penniless priest, excommunicated and persecuted because of his marriage and his agitational preaching. There he initially found employment at the cathedral as an unofficial aid to Matthew Zell, the main preacher, before assuming a position as parish priest of St Aurelia in 152413 . Capito, by contrast, continued to hold his position as counsellor to Albrecht von Brandenburg, but found his role as a courtier increasingly untenable as Luther’s affairs reached a crisis point in the early 1520s. His Catholic loyalties and personal affinity for Luther resulted in a ›diplomatic dance‹ that forced him to exercise a degree of dissimulation, ›aimed simultaneously at promoting Luther’s cause and promoting his own career in the Church‹14 , until an unauthorized edition of correspondence between the two men effectively revealed him as a secret supporter of the reformer, thus exposing Capito’s duplicity. He therefore resigned his position at Albrecht’s court and moved to Strasbourg, where, on 14 March 1523, he became the new provost of the chapter of St Thomas, despite a protracted legal dispute with a rival claimant, Jacob Abel15 . Thus in the same year of 1523, both men embarked on a new chapter in their lives in the free imperial city of Strasbourg, where they soon became involved in the Reformation of the city and developed a close relationship as colleagues and fellow reformers that would last until Capito’s death in 1541. As Thomas Brady notes, however, an interesting phenomenon occurred within the first decade of the arrival of both men in the city: ›As Bucer’s star rose, Capito’s fell,‹16 with the result that Bucer overtook Capito as Strasbourg’s leading evangelical clergyman. The change in circumstances is noteworthy. Whereas Capito arrived in the city as one of the foremost humanist theologians of the Empire17, to become BCor 1, no. 33, pp. 153–162. For a timeline of Bucer’s whereabouts and employment these years, see Greschat, Bucer, pp. 48–58; BCor 1, pp. 19–21. 14 Rummel, Capito, p. 47. 15 See Rummel, Capito. For the official statement of Capito’s assuming the provostship, see Capito Bw. 2, Appendix 1b, p. 494. 16 Brady, Reformers and Magistrates, pp. 72–3. 17 Cf. the comments about him made by Hieronymus Aleander, papal legate to Germany, in his dispatch of [15/16 March] 1521: ›Questui è uno de’ grandi capitanei de li academici nostri nemici. [. . .] Ipse multa potest per haver già cos infenochiato Moguntino et per essere predicatore ordinario de la chiesa Moguntina et preceptore de quasi tutti de’ questi theologopoeti predicatori che regnano al presente in le principali chiese di Germania‹ (›This man is one of the great leaders of the universities of our enemy. [. . .] He himself has much influence for having already hoodwinked Mainz and for being a preacher ordinarius of the church of Mainz and teacher of almost all the humanist preachers who currently hold sway in the major churches of Germany‹ (Qtd. in BCor 1, no. 18, p. 119, n. 1). 12 13
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the provost of St Thomas, thereby joining ›the highest stratum of local churchmen [. . .] to which only titled nobles were admitted as canons;‹ Bucer, by contrast, arrived as ›an unknown (and married) fugitive friar.‹18 Brady ascribes this change to Capito’s public support for the Anabaptists, Spiritualists and other religious dissenters or heretics, who streamed into Strasbourg in the later 1520s, many of whom sought refuge at Capito’s home19. During these years, Capito also demonstrated a ›surprising lack of diplomatic skill and committed a number of gaffes‹20 that led to distrust in his leadership. Capito’s endorsement by way of complimentary prefaces to the works of men regarded as heterodox, for example, his introductions to Martin Cellarius’ De operibus Dei in 1527 and Caspar Schwenckfeld’s Apologia in 1529, also contributed to making him persona non grata21. The ultimate blow came in 1529, when Bucer and Caspar Hedio, rather than Capito, represented the Strasbourgers at the Marburg Colloquy. This paper will first trace the issues that put Capito at odds with Bucer and his fellow reformers, causing dissension among them as well as distrust in his leadership; in the second section, it will examine the efforts Bucer made in the early 1530s to steer Capito away from heterodox doctrines and back to doctrinal views more in keeping with the other Strasbourg reformers in an effort to present a united front in the pursuit of evangelical concord. From the outset of his official assumption of the provostship of St Thomas in Strasbourg in March 1523, Capito was forced, as he himself put it, ›to preside over tragedies coming in quick succession,‹22 culminating with the death of his wife, Agnes Roettel, on 17 October 1531. These ›tragedies‹ took a toll on his physical and mental health. Summarizing the first decade of Capito’s period in Strasbourg, Erika Rummel writes: ›He weathered a number of difficulties, some of his own making, others endemic to the process of establishing new confessional boundaries and thus shared by all reformers. Among the latter were strenuous efforts to enlist the support of the secular government, to vanquish Catholic opponents in polemics and public disputations, and to settle internal disputes over the interpretation of the Eucharist.‹23 Initially, however, Capito and his fellow reformers presented a united front over certain key issues, for example, in their defence of clerical marriage and citizenship24 and in their combined efforts to petition the city council to pass Brady, Reformers and Magistrates, pp. 74–5. Ibid., p. 75. 20 Capito Bw. 2, p. x. 21 For his preface to Cellarius, see Capito Bw. 2, no. 335, pp. 294–302; cf. his defence (Wolfgang Capito to Ulrich Zwingli, 18 August 1537, Capito Bw. 2, no. 338, pp. 342–3) For his preface to Schwenckfeld, see Wolfgang Capito to the Reader, June 1529 (Capito Bw. 2, no. 393, pp. 387–92). 22 Capito Bw. 2, no. 238, p. 110. 23 Capito Bw. 2, p. vii. 24 For the issue of clerical marriage, see Wilhelm von Honstein to the Dean and Chapter of 18 19
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legislation in support of the Reformation, especially regarding the abolition of the Mass, an issue that involved lengthy negotiations, begun in April 1525 and brought to a successful conclusion in January 152925 ; the establishment of schools in the city26 , as well as the allocation of benefices and the stipends associated with them 27. Gerald Hobbs argues that one of the significant factors that introduced division among the Strasbourg reformers and alienated Capito profoundly from Bucer was ›the question of the place of the contemporary Jewish people in the divine economy of salvation; and related to this, therefore, the reliability of Jewish commentators who pointed their readers to an as-yet-to-dawn Messianic future in a restored Jewish nation in Palestine.‹28 It was notably Martin Cellarius who, in his De operibus Dei of 1527, advocated the view that many of the prophetic promises for a restored Israel would only be fulfilled in the end times. Hobbs argues that Capito’s defence of Cellarius in his personal correspon dence29 as well as his preface to Cellarius’ work demonstrate that ›he was eviSt Thomas, 21 October 1523 (Capito Bw. 2, no. 171a, pp. xxvi-xxvii) and 189, pp. 7–17; for citizenship, see BCor 1, no. 73, pp. 266–7 and Capito Bw. 2, no. 230, pp. 8 0–8. 25 See Wolfgang Capito to Nicolaus Kniebs, after 10 April 1525 (Capito Bw. 2, no. 241, pp. 117–8); The Strasbourg Preachers to the City Council of Strasbourg, between 6 and 8 May 1525 (Capito Bw. 2, no. 244b, p. 122); The Strasbourg Preachers to the City Council of Strasbourg, between 6 and 12 May 1525 (Capito Bw. 2, no. 244c, pp. 122–3); The Strasbourg Preachers to the City Council of Strasbourg, 10 August 1525 (Capito Bw. 2, no. 246b, p. 153); The Strasbourg Preachers to the City Council of Strasbourg, 18–19 May 1526 (Capito Bw. 2, no. 285a, p. 201); The Chapter of St Thomas to the City Council of Strasbourg, c. 29 May 1528 (Capito Bw. 2, no. 358, pp. 330–33); Wolfgang Capito to the City Council of Strasbourg, 1 June 1528 (Capito Bw. 2, no. 359, p. 334); The Strasbourg Preachers to the City Council of Strasbourg, Summer of 1528 (Capito Bw. 2, no. 364a, p. 347); Wolfgang Capito to Ulrich Zwingli, 31 July 1528 (Capito Bw. 2, no. 366, p. 348); Wolfgang Capito to Ulrich Zwingli, 1 November 1528 (Capito Bw. 2, no. 371, p. 363); Wolfgang Capito to the City Council of Strasbourg, 27 December 1528 (Capito Bw. 2, no. 375, pp. 364–68); Wolfgang Capito to Nicolaus Kniebs, 3 January 1529 (Capito Bw. 2, no. 377, p. 368); and Wolfgang Capito to Am brosius Blarer, 21 February 1529 (Capito Bw. 2, no. 379, p. 371). 26 See The Strasbourg Preachers to the City Council of Strasbourg, c. 8 February 1525 (Capito Bw. 2, no. 236a, p. 101); The Strasbourg Preachers to the City Council of Strasbourg, between 6 and 8 May 1525 (Capito Bw. 2, no. 244b, p. 122); The Strasbourg Preachers to the City Council of Strasbourg, 10 August 1525 (Capito Bw. 2, no. 246b, p. 153); and The Chapter of St Thomas to the City Council of Strasbourg, c. 29 May 1528 (Capito Bw. 2, no. 358, pp. 330–33). 27 See Caspar Hedio, Wolfgang Capito, and Martin Bucer to the City Council of Strasbourg, September 1528 (Capito Bw. 2, no. 366a, pp. 348–50); Wolfgang Capito to Nicolaus Kniebs, between 15 March and 9 April 1529 (Capito Bw. 2, no. 383, pp. 373–4); Wolfgang Capito to Ulrich Zwingli, 6 August 1529 (Capito Bw. 2, no. 396, p. 394); The Chapter of St Thomas to the City Council of Strasbourg, November 1529 (Capito Bw. 2, no. 396b, pp. 395– 8); and The City Council of Strasbourg to Wolfgang Capito and Caspar Hedio, before 6 March 1530 (Capito Bw. 2, no. 403a, pp. 405–7). 28 Hobbs, Pluriformity, p. 474. 29 Wolfgang Capito to Ulrich Zwingli, 14 November 1526 (Capito Bw. 2, no. 310, pp. 259– 60); Wolfgang Capito to Ulrich Zwingli, ca. 20 June 1530 (Capito Bw. 2, no. 413, p. 424).
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dently fully won over to Cellarius’ position, and this interpretation,‹ a position that also ›became a central leitmotif in [Capito’s] reading of the prophet [Hosea].‹30 Furthermore, Hobbs writes: ›Despite a theology of election common to [Capito’s] colleagues, and his employment of a typological hermeneutic for relating the Old and New Testaments,‹ it was this interpretation – that the Jews must be restored to their homeland in Palestine before the fulfillment of God’s kingdom – that placed Capito in ›serious disagreement‹ with Bucer, who discredited the two men in his own commentary on Zephaniah 31. On 15 April 1528, Bucer suggested to Ulrich Zwingli that Cellarius was having a negative influence on Capito and urged both Johannes Oecolampadius and Zwingli to intervene and draw Capito away from him 32 . On 17 June, Zwingli reported to Capito and Bucer that he had been informed by Sebastian Hofmeister, a preacher at Zofingen, that Cellarius was causing dissent between Capito and Bucer, and exhorted them to remain united in their endeavours33 . A week later, Bucer wrote to Zwingli that his letter had achieved the desired effect of drawing Capi to away from Cellarius’ influence34 . As Brady has pointed out, it was Capito’s manifest sympathies for the Anabaptists that led to Bucer’s overtaking of Capito as Strasbourg’s leading reformer. Throughout the 1520s, Capito and Bucer disagreed over the issue of how the authorities ought to punish the Anabaptists – the one advocated tolerance while the other called for punishment of nonconformist practices35 . Capito expressed sympathy with Anabaptists who suffered persecution, and insisted on making a distinction between misguided, but godly Anabaptists, who could be won over with leniency, and those drawn to political disorder36 . Moreover, Capito’s willingness to entertain at his house a number of men suspected of heterodoxy, 30 Ibid., pp. 474–5; for Capito’s preface to his commentary on Hosea (Strasbourg, 1528), see Capito Bw. 2, Epp. 350–1. 31 Ibid., pp. 476–81; cf. Martin Bucer to Ulrich Zwingli, 26 September 1528 (BCor 3, no. 206, p. 204, ll. 7–16) about his disagreement with Capito and Cellarius over this interpretation. 32 BCor 3, no. 186, pp. 122–4. 33 BCor 3, no. 195, pp. 162–4. 34 BCor 3, no. 198, pp. 167–8. 35 Wolfgang Capito to Ulrich Zwingli, 20 November 1525 (Capito Bw. 2, no. 258, p. 168); Wolfgang Capito to Ulrich Zwingli, 27 December 1525 (Capito Bw. 2, no. 267, p. 175); Wolfgang Capito to Ulrich Zwingli, 22 January 1527 (Capito Bw. 2, no. 320, pp. 268–9); Wolfgang Capito to Ulrich Zwingli, 8 April 1527 (Capito Bw. 2, no. 329, p. 276); Wolfgang Capito to the City Council of Horb am Neckar, 31 May 1527 (Capito Bw. 2, no. 330, pp. 280–6); Wolfgang Capito to the Prisoners at Horb am Neckar, 31 May 1527 (Capito Bw. 2, no. 331, pp. 286–9); Wolfgang Capito to Ulrich Zwingli, 7 July 1527 (Capito Bw. 2, no. 333, pp. 293– 4); Wolfgang Capito to Ulrich Zwingli, 9 July 1527, 9 July 1527 (Capito Bw. 2, no. 334, p. 294); Wolfgang Capito to N, 1530/1 (Capito Bw. 2, no. 431, pp. 4 40–4); Wolfgang Capito to Wolfgang Musculus, 17 April 1531 (Capito Bw. 2, no. 438, pp. 455–6); and Wolfgang Capito to Leonhard von Liechtenstein, before 25 December 1531 (Capito Bw. 2, no. 457, pp. 469–90). 36 Capito Bw. 2, no. 367, pp. 350–1.
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for example Wilhelm Exel and Ludwig Hätzer, not only failed to allay suspicions but also exacerbated the rift between Capito and his colleagues37. Bucer repeatedly expressed his concern that Capito’s attitude towards the Anabaptists was very harmful towards evangelical unity in the city and was threatening to plunge Strasbourg into a serious crisis, which came to a head in 153138 . Further trouble for Capito came with the arrival of Michael Servetus, the famous antitrinitarian, in Strasbourg in May 1531, just as his De erroribus Trini tatis was being published anonymously in the nearby town of Haguenau. Servetus may have been Capito’s guest, and others began to suspect that Capito shared his beliefs39. On 18 July, Oecolampadius wrote to Bucer that he had first learned of the publication of Servetus’ book from Capito40 . A month later, he informed Bucer that Servetus was boasting that his book had found partisans in Strasbourg. Oecolampadius stated that he would write to Capito to help rid the reformers immediately in Strasbourg of this blight41. He wrote to Capito on 17 September, warning him that his reputation was at risk and that he was worried about the people Capito was receiving into his home. Capito needed to decide: if he approves of the teachings of the reformers, he must not consort with ›enemies of the church.‹ Capito’s tolerance may turn out to be the cause of dissension rather than peace, which he desires42 . News of Capito’s involvement with Servetus spread quickly. On 9 December, Thomas Blarer in Constance wrote to his brother, Ambrosius, ›There is a rumour, but I hardly know whether to believe it of such a great man, that Capito agrees with some Jews concerning the divinity of Christ.‹43 Blarer repeated the story to Bucer on 23 December, urging Bucer to draw Capito back onto the right path, ›lest he be led astray any longer by those Jewish triflings.‹ 44 Bucer responded on 29 December, explaining that he had refuted Servetus’ book in his lectures, dismissing the rumours of Capito’s alleged heresy to his impious curiosity and imprudence in matters of importance45 . Blarer, in turn, responded on 5 January 1532 by expressing his grief at Capito’s lack of prudence with regards to Servetus46 . On 2 March, Erasmus wrote to Bucer: ›They say that a book has been published there [in Stras37 See Wolfgang Capito to Ulrich Zwingli, 4 April 1526 (Capito Bw. 2, no. 282, pp. 198–9); Johannes Oecolampadius to Wolfgang Capito, 29 January 1527 (Capito Bw. 2, no. 321, p. 269); and Ludwig Hätzer to Wolfgang Capito, beginning of 1527 (Capito Bw. 2, no. 322, pp. 270–1). 38 See BCor 7, no. 523, pp. 100–106 and no. 528, pp. 135–146. 39 See Kittelson, Capito, pp. 189–190. 40 BCor 6, no. 437, pp. 33–35. 41 BCor 6, no. 4 49, pp. 64–65. 42 Capito Bw., no. 450, p. 464. 43 ›Capitonem fama est, sed haud scio an credi debeat tale quid de viro tanto, astipulari Iudeis quibusdam de Christi divinitate.‹ Blaurer Bw. 1, no. 245, p. 298. 44 ›Ne longius rapiatur Iudaicis istis nugamentis.‹ BCor 7, no. 527, p. 134, ll. 1–2. 45 BCor 7, no. 528, pp. 135–146. 46 BCor 7, no. 535, pp. 159–169.
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bourg] about three persons, with the wholehearted approval of Capito. They add that Oecolampadius was going to permit it to be reprinted in Basel, with a few minor corrections.‹ 47 A few weeks later, Berchthold Haller wrote to Capito: ›Michael of Spain has reportedly written an apologia for the book he published earlier, which is full of thousands of monstrous errors. If you, who have drawn the same mysteries of the Trinity from the sources, do not write against them, he will not only disturb the churches but also cause you to become suspect of either agreeing or conniving with him. The brethren therefore want you to be warned. They even beseech you to help those who are not yet endowed with the great light of the Truth. The brethren fear not only that these people will be burdened by fraudulent claims, but they also fear for the people when they see that you, who have until now filled the world with books, are silent now, turn a deaf ear, and remain idle in the face of such serious matters.‹48 Ultimately, however, Capito heeded the warnings of his friends. As James Kittelson writes: ›Capito did just as Haller requested. He was frightened by the prospect of antitrinitarianism. When the Strasbourg pastors petitioned the senate in November for a synod to define the city’s teachings, Capito added a note in which he warned of the dangers of antitrinitarianism.‹49 The first major step towards the rehabilitation of Capito’s career and the removal of the general distrust and negative estimation of him by his peers came about thanks to his key involvement at the successful Synod of Bern, which ran from 9–14 January 153250 . Although he was not invited until days before the synod began, Capito ended up playing a significant role as its chairman, mediating between the various parties51. The synod was the highlight of a three-month trip to Switzerland and southwest Germany that he made in the winter of 1531/2 ›in order to visit and encourage the brethren‹52 , who needed consultation on the various problems that gripped the reformed churches after the defeat of the evangelicals at the second Battle of Kappel in 1531. The recent deaths of Zwing ›Nuper libellus de tribus personis dicitur isthic excusus, idque per omnia approbante Capitone. Addunt Oecolampadium permissurum fuisse ut denuo Basileae excuderetur, si pauca quedam corrigere voluisset.‹ BCor 7, no. 564, p. 332, ll. 10–13. 48 ›Michaelem Hispanum ferunt apologiam priori libello dedisse, plenam monstrorum et errorum chiliadibus. Quibus ubi tu, qui triadis mysteria ex fontibus hausisti, non occurreres, non solum incommodabit ecclesiis, sed te quoque suspectum reddet, quasi vel consentias vel conniveas. Admonitum itaque volunt fratres. Obsecrant etiam ut succurras iis quibus tanta veritatis lux nondum accessit, ne graventur non solum imposturis sed et plebe quae, cum audierit vos tacentes, qui hactenus mundum libris replevistis et in re tam seria surdis auribus delitesceretis.‹ The manuscript of this letter is in Strasbourg AST 158, no. 7; Capito Bw. 3, no. 469 (forthcoming). 49 Kittelson, Capito, p. 190. 50 See BCor 7, p. 204, n. 53. Regarding the Synod of Bern, see Lavater, Verbesserung der Reformation; see also Bucer to Haller 16 January 1532 summarizing the events of the synod (BCor 7, no. 543, pp. 196–207). 51 See Saxer, Capito. 52 ›invisurus et fratres confirmaturus [. . .].‹ BCor 7, no. 528, p. 143, l. 18. 47
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li and Oecolampadius had provoked a crisis in leadership and direction for the remaining evangelicals. Even though Capito undertook the journey without the knowledge of the city council of Strasbourg53 , he did have the blessing of Bucer, who felt that the opportunity for Capito to be away from Strasbourg and meet with Swiss and south German reformers would be doubly beneficial: first, to draw him away from the influence of Servetus and from his sympathy for the Anabaptists54 ; and second, to help him get over the depression from which he was suffering due to the recent death of his wife, Agnes Roettel, on 17 October 1531. In a letter to Leonhard von Liechtenstein, Capito shared with him the news of his wife’s death and his own depression: ›She died peacefully, quietly and in full devotion to God, but her death did not fail to elicit great disquiet and grief from me. For I recognized it as God’s punishment and I repented of my sins. God thus used this situation in order to encourage me to take stock of myself. [. . .] Nonetheless, for several days, I and others were able to contemplate nothing else but that God would want to put an end to my existence and take me from this earth as well.‹55 Ulrich Rehlinger, mayor of Augsburg, wrote to Capito on 10 December, inviting Capito to come to his city and stay at his house, adding: ›You must consider that you should look for comfort in your grief now and become cheerful again.‹56 On 29 December, Bucer wrote to Blarer: ›[Capito] is suffering from insomnia, the mother of melancholy; this often upsets the man beyond mea sure, and now that his most pleasant and certainly holy wife has died, it all but wears him out; but I hope he will be better. [. . .] I hope that this journey will help him recover both in body and mind.‹57 The following month, Bucer again wrote to Blarer that Valerius Anselm, the city physician of Bern, had counselled Capito to get married soon in order to 53 ›Nam inscio magistratui superiorem profectionem et institui et absolui, quo fit, ut ab eundi facultatem iam aegrans concedendam credam.‹ Capito Bw. 3, no. 476 (forthcoming). The manuscript of this letter is in Cracow, Biblioteka Jagiellon´ ska, Radowitz/Berlinka fol. 91. 54 See BCor 7, p. 201, n. 23. 55 Capito to Leonhard von Liechtenstein, before 25 December 1531 (QGT 7, no. 290a, pp. 363–4): Sie ›starbe [. . .] mit grosser stille, rug vnd an gott ergebong, aber nit on myn grosse vnrug vnd anfechtong. Dann jch die straf gotts zugegen wol erkannte vnd ließ mir myn sund fast leyt syn, dadurch gott disen fall durch solliche mittel mir zur beschwerong furderte. [. . .] Zudem so habe jch vnd andere etlich tag nit anders wyssen mogen, dann das er es auch wölle mit mir gar auß machen vnd mich von hynnen nemen‹. Capito Bw. 2, no. 457, p. 470. 56 The manuscript of this letter is in Strasbourg AST 160, no. 234: ›Ir miesend gedenckenn daß ir iez inn Ewrem lod gleych ain ergenlichhaytt suchenn wolte‹. Capito Bw. 2, no. 456, p. 467. 57 ›Insomnium patitur, matrem melancholiae. Haec virum supra modum sepe turbat, nunc mortua uxore commodissima certe et sancta tantum non enecauit; sed spero habebit melius. [. . .] qua spero peregrinatione recipient se et corpore et animo.‹ BCor 7, no. 528, p. 143, ll. 14– 19.
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get over his depression 58 . Though Capito had his heart set on marrying Sabina Bader, the widow of Augustin Bader, the so-called ›king of the Anabaptists‹, Bucer, playing the role of matchmaker, had earmarked for him Wibrandis Rosenblatt, the widow of Oecolampadius59. Blarer, too, felt that a marriage between Capito and Rosenblatt would be a good idea 60 . Bucer had initially considered Margaretha Blarer an option, but decided against her, since Capito’s character was not compatible 61. In his letter of 26 January to Blarer, Bucer urged him to convince Capito to marry Rosenblatt, when the two of them would meet either in Esslingen or Memmingen. On 14 March, Berchthold Haller in Bern also advised Capito to find a suitable wife as a remedy for his depression: ›There is nothing else to report except to caution you to seek a suitable wife from the Lord, unless you want to ruin yourself with melancholy and continuous bad health. We wish you a wife who has no children at all and bears you children with the blessing of the Lord, whether you marry a widow or a virgin. Once you have considered the love parents have for their children, you will easily recognize why we do this. For if you want to be burdened with a morose woman who has children, you can guess yourself what trouble and misery she would cause for you. In sum, when you return home, have more regard for your health lest you want to leave your church desolate through your premature death.‹ 62 Capito ended up marrying Rosenblatt on 11 April 1532. She already had three children from her marriage to Oecolampadius: Eusebius, Irene and Aletheia 63 . By all indications, the marriage proved to be the right antidote to Capito’s depression and a good match, as he wrote to Simon Grynaeus on 11 May: ›Thank you for wishing me well with my marriage. I myself have no unhappy premonitions, for the character of the widow is wonderfully virginal and she appears to be responsive to the correcting hand of her husband even now.‹ 64 Martin Bucer to Ambrosius Blarer, 26 January 1532 (BCor 7, no. 548, pp. 237–240). Martin Bucer to Ambrosius Blarer, 19 January 1532 (BCor 7, no. 544, pp. 207–222). 60 Ambrosius Blarer to Martin Bucer, 8 December 1531 (BCor 7, no. 521, pp. 91–95). 61 Martin Bucer to Ambrosius Blarer, 19 Januay 1532 (BCor 7, no. 544, pp. 207–222) and Ambrosius Blarer to Martin Bucer, between 24 and 29 January 1532 (BCor 7, no. 547, pp. 229– 236). 62 The manuscript of this letter is in Strasbourg AST 158, no. 7: ›Nulla alia apud nos sunt nova quam ut te monemus quatenus uxorem tibi commodam a domino impetres, nisi te velis mala diutinaque valetudine per melancholiam tua perdere sponte. Eam tamen tibi optamus quae liberis careat penitus et tibi pariat domini benedictione, sive viduam sive virginem ducas. Quare hoc fiat facile agnosces, quando parentum in liberis affectus perpenderis. Nam si morosula aliqua et liberos habente gravari deberes, ipse coniectare poteris quantum negocii et miseriae tibi facesseret. Summa, tue valitudinis amplius ad tuos rediens rationem habeas, nec malis prematura morte ecclesias deserere.‹ Capito Bw. 3, no. 469 (forthcoming). 63 For Rosenblatt, see Burghartz, Wibrandis Rosenblatt. 64 ›Quod mihi auspicatum fore esse hoc meum coniugium precaris habeo gratiam. Neque animus infelicia ominatur, postquam viduae mores mirifice puellares atque adeo sequaces ad manum fingentis mariti etiamnum videntur.‹ The manuscript of this letter is in Cracow, Biblioteka Jagielloñska, Radowitz/Berlink1 fol. 91; Capito Bw. 3, no. 476 (forthcoming). 58 59
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Capito began his tour on 21 December, visiting first Basel, then Bern, Zurich, Constance, Lindau, Memmingen, Ulm, Augsburg, Kempten, before returning to Strasbourg some time before 3 April 153265 . Capito arrived in Bern by horse on Friday, 29 December 1531 and stayed at the home of Berchthold Haller, who briefed him on the crisis that had gripped the city. One of the evangelical preachers, Caspar Megander, was delivering incendiary sermons, attacking the city authorities for insufficient zeal and attempting to incite the citizens to renewed war against the Catholic cantons. Haller feared that the city magistrates would soon turn against them all66 . On 30 December, Bernhard Tillmann, a city councillor and treasurer (Seckelmeister), invited Capito to his home along with other representatives of the city – four standard bearers (Venner), Nikolaus von Graffenried, Anton Spielmann, Peter Imhag and Peter Stürler; two quaestores, Tillmann and the Altseckelmeister, Lienhard Hübschi; and other members of the Privy Council67. At the request of Haller, the city council begged Capito to remain until the upcoming Synod of Bern68 . Capito managed to get Megander’s case treated by the Grand Council and not by the synod. On Wednesday, 3 January 1532, Capito met for the first time with the council to resolve the conflict with Megander, and again on 8 January69. On 9 January 1532, Capito got both sides to agree on the procedures and agenda for the synod70 . Kittelson writes, ›the chief issue at stake at Bern was the relationship between the pastors and the city authorities.‹71 On 11 January, the second day of the synod, Capito addressed that very issue in a sermon about church discipline and the need for mutual respect between the preachers and the city authorities. By the time the synod concluded, Capito was successful in mediating between the disputing parties and convincing both sides that the reformers depend upon the assistance and support of the magistracy for the maintenance and benefit of the churches. He was immediately commended for his role in the synod by those in attendance. The city council of Bern, for instance, wrote a letter to the council of Strasbourg reporting to them of Capito’s successful work during the synod: ›No doubt it came about by an act of God that the very learned Dr Wolfgang Fabricius Capito came here around eight days before the synod. We approached him with the most urgent request to remain [here] with us and to help conduct the synod. He obliged us in this regard and chaired the synod with such great 65 See Hans Rudolf Lavater’s timeline of the itinerary of Capito’s journey in Lavater, Verbesserung der Reformation, pp. 363–7. 66 Berchthold Haller to Martin Bucer, 16 January 1532 (BCor 7, no. 543, pp. 196–207). 67 Ibid., p. 201, notes 27–29. 68 Steck/Tobler, Berner Reformation 2, no. 3274, p. 1491. Cf. Farel to Christophe Fabri, 7 January 1532: ›Capitonem hic inveni ad finem synodi mansurum [. . .].‹ Herminjard, Correspondance 2, no. 367, p. 395. 69 Steck/Tobler, Berner Reformation 2, no. 3276, p. 1493. 70 See Berchthold Haller to Martin Bucer 16 January 1532 (BCor 7, no. 543, p. 202, n. 38). 71 Kittelson, Capito, p. 192.
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earnestness and fervour for God’s glory and the reformation of the entire priesthood that we have good hope in God that much fruit will come from this.‹72 Capito too reported to the city council of Strasbourg about the success of the recent synod: ›I left on God’s urging, to lay a better foundation in the churches that have heard something of the gospel, and that the broken hearts be firmly guided to God through Christ. For this time is the most suitable of all times, when the flesh has very little hope. God has shown much grace here in Basel and in Bern, which has resulted in a great improvement, as I found, surpassing even my hopes.‹73 The success of the synod helped redeem Capito’s reputation in the eyes of his fellow reformers, who had been suspecting him of espousing Anabaptist beliefs. On 16 January 1532, for instance, Haller wrote to Heinrich Bullinger: ›Capito himself will report in person to you, dearest brother, and in a few days you will see published how blessedly and felicitously he conducted the matters both of the synod and Megander. [. . .] But in the meantime, words would fail, if I were to depict to you how excellently everything turned out. We have never known Capito until now.‹74 That same day, Haller summarized for Bucer the events of each day of the synod and informed him of Capito’s positive role at the synod, concluding his letter with these words: ›[Capito] has reconciled the churches, brethren and city council so that anyone, even atheists, will say: »God sent us this man.«‹75 Ten days later, Bucer forwarded Haller’s letter to Blarer, adding: ›It was useful for Capito to have seen that the Lord has people everywhere, who earnestly search for him and that Christ was using him as well; for while he attributed more than was appropriate to the authors of sects and the teachings of foreign72 Er ›hat sich an zwyfel uss sonderer schickung gottes gefügt, dass der hochgelert doctor Wolffgangus Fabricius Capito, ungevärlich 8 tag vor dem synodo, allhar komen. Den wir mit höchstgeflissner pitt ankert haben, by uns ze verharren und den synodum helfen ze vollfüren, in wellichem er uns gewillfaret, und mit so grossem ernst und ifer göttlicher eeren und reformation gemeiner priesterschaft den synodum volstreckt, das wir guter hoffnung zu gott, vyl fruchts daruss volgen werde [. . .].‹ Steck/Tobler, Berner Reformation 2, no. 3281, p. 1495. 73 The manuscript of the letter is in Strasbourg AST 40, no. 45. The text is published by Lavater, Verbesserung der Reformation, p. 354: ›[. . .] mich gott ußgetriben hatt, uff das bi den kirchen, da etwas euangelij gehort ist, ein besser grund gelegt und die zerbrochen hertzen durch Christum an gott bestendig gewisen würden. Dann zu sollichem dise zeit am aller gelegesten ist, darin dem fleisch noch allerwenigst hofnong erschynet. Gott hat zu(o) Basel und hie zu(o) Bern vil gnad erzeiget; was grosser volge zur besserung, befunde ich, uber myns selbs hofnong.‹ Capito Bw. 3, no. 461 (forthcoming). 74 ›Quam sancte et foeliciter apus nos per dominum Capitonem sint acta, charissime frater, tam sinodi quam Megandri negocia, ipse referet coram et paucis diebus excusa videbis [. . .]. Sed interim verba deficerent, si tibi depingere deberem, quam optime omnia cesserint. Capitonem nunquam novimus nisi nunc.‹ Bullinger Bw. 2, no. 56, pp. 30–31, ll. 1–3, 9–10. 75 ›Reconciliavit ecclesias, fratres et senatum, ut quique, etiam athei, dicant: »Gott hat den man har gschickt.«‹ Berchthold Haller to Martin Bucer, 16 January 1532 (BCor 7, no. 543, p. 207, l. 3).
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ers, which he would do, than to us, progress was made in our efforts, for we cannot make concessions to them with respect to the truth of Christ; thus he began to be very displeased with himself and lamented that he had been rejected by God. The church had no use for him and such things.‹76 Finally, on 4 March, Bucer wrote to Johannes Schwebel, preacher in Zweibrücken, that the evangelical cause ›has been excellently restored and strengthened by us and our Capito.‹77 A day later, Bucer sent a copy of the proceedings to Blarer, asking him to read them through and give his opinion78 . In Bucer’s mind, the acts of the synod seemed to demonstrate that Capito was finally in line theologically with him and Blarer: ›He has learned from my forwardness to listen meekly to anyone. Now most of all it is time for him to be entirely restored to us, because his return seems to show so much in his demeanour.‹79 By 1533, the rift between Bucer and Capito had been mended. It should come as no surprise that both men published works that year that attempted to bridge positions and stimulate dialogue and concord not only among the various evangelical factions, but also between Catholics and Protestants. In September of that year Bucer published his Furbereytung zum Concilio 80 , a dialogue between a Protestant and a Catholic that proposed a national council in Germany to reach a common position and unity between the supporters and opponents of the Reformation81. It constituted a response in its own right to Erasmus’ own plea for unity, Liber de sarcienda ecclesiae concordia 82 , a commentary on Psalm 83. Capito, in turn, produced a German translation of Erasmus’ work, entitled Von der kirchen lieblichen vereinigung und von hinlegung diser zeit haltender spaltung in der glauben leer 83 . He dedicated the translation to his former boss, ›Capitoni profuerit vidisse dominum ubique habere, qui illum querunt serio, tum se quoque Christum uti; dum enim authoribus sectarum et peregrinorum dogmatum authoribus plus aequo tribueret nec succederet, quod conaretur, nobis veritatem Christi illis cedere non potentibus, sibi supra modum displicere ceperat identidem ingeminans se a Domino re iectum, nullum esse sui in ecclesia usum et huiusmodi.‹ BCor 7, no. 548, p. 238, ll. 4–10. 77 ›Apud Helveticos res evangelicae apud Bernates per nos et Capitonem nostrum pulchre instauratae et firmatae.‹ Martin Bucer to Johannes Schwebel 4 March 1532 (BCor 7, no. 565, p. 344, ll. 1–2). 78 For Capito’s authorship of the proceedings, see Lavater, Verbesserung der Reformation, pp. 78–82. 79 ›Vel ex mea procacitate didicit hic vir quemlibet modeste audire. Est nunc maxime tempus, ut restituatur nobis totus, quia redditus videtur tantum, ut satis id prae se ferat.‹ Martin Bucer to Ambrosius Blarer, 5 March 1532 (BCor 7, no. 567, p. 355, ll. 9–11). 80 Bucer, Furbereytung zum Concilio (1533 printed by Matthias Apiarius in Straßburg, VD 16 B 8945). 81 Greschat, Bucer, p. 114. 82 Erasmus, Liber de sarcienda ecclesiae concordia (1533 printed by Hieronymus Froben in Basel, VD 16 E 3623). ›On repairing the Unity of the church‹. 83 Erasmus, Von der kirchen lieblichen vereinigung und von hinlegung diser zeit haltender spaltung in der glauben leer (translated by Wolfgang Capito, printed 1533 by Matthias Apiarius in Straßburg, VD 16 E 3631). ›On the amiable concord of the church and the healing of the doctrinal schism prevailing in our time‹. 76
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Albrecht von Brandenburg84 . Julius Pflug, to whom Erasmus had dedicated the Latin edition85 , recommended the book to Melanchthon as a model for concord86 . In general, on account of the hardening of dogmatic fronts, neither Bucer’s work nor Capito’s translation produced the desired concord that both yearned for. The reaction from the Augsburg reformers, who were bitterly divided into various confessional factions, was particularly negative. On 9 November 1533, Gereon Sailer, the Augsburg physician, wrote to Capito: ›Some people say Erasmus’ book has not only been translated, which could not be done without giving offence to many, but has even been commended by you, which would be quite intolerable. Some people say that the book was recently read in the office of the pharmacist [Christoph] Wirsung before a large audience, and some people were almost moved to fury because of the inconstancy shown by the preachers. Such things make many people exclaim: »By God and by the faith of men! The theologians barter with our souls, and play an atrocious tragedy, and when they grow old without having any enemy, it will come to pass that they gradually relapse into the old errors.« Dearest brethren, I see with certainty that the affair is rife with danger, for if the German version (which I have not yet seen) is commended in this manner, it would be better if it had not been translated. Nor do I recommend that it be sent to our people, especially not to the magistrate, for otherwise they will have enough of the matter and will say: »Look what we are undertaking at our peril in such an atmosphere of inconstancy,« etc.‹ 87 A day later, Wolfgang Musculus, too, expressed to Bucer how little he appreciated the decision to have Erasmus’ work translated into German: ›I have sampled a bit of the book on the concord of the church, which you translated there [in Strasbourg] from the Latin and published, with the help of Gereon [Sailer]. This enterprise of yours altogether displeases me. Who would support concord Capito Bw. 3, no. 516 (forthcoming). Erasmus to Julius Pflug, 31 July 1533 (Erasmus Bw. 10, no. 2852, p. 281). 86 Julius Pflug to Philip Melanchthon, 28 October 1533 (Melanchthon Bw. 5, no. 1372, pp. 505–6). 87 ›Dicunt aliqui libellum hunc non tantum versum, quod tamen non posset esse absque multarum offendiculo, sed etiam a vobis commendatum, quod penitus esset intollerabile. Ferunt aliqui in officina pharmacopolae Wircungi libellum nuper pluribus prestentibus Germanice lectum, et fere rabiem plerosque esse concitatos ob inconstantes praedicatorum animos. Talia faciunt plerosque in hec prorumpere verba: »Proh Deum atque hominum fidem. Theo logi animas negociantur nostras, postquam satis atroci luserunt tragoedia et quando iam nullo habito adversario lentius consenescant, futurum est, ut pedetentim ad pristinos relabantur errores.« Optimi fratres, ego certe video rem esse periculo plenam. Quodsi libellus germanicus, nondum tamen a me visus, ita esset commendatus, praestaret eum non versum; neque consulo ut ad nostros mittatur, praesertim consules quando alioqui harum rerum saturi, dicerent: »En quid nos nostro tentaremus periculo in tanta rerum inconstantia,« etc.‹ The manuscript of this letter is in Strasbourg AST 157, pp. 397–9; Capito Bw. 3, no. 522 (forthcoming). 84 85
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of this sort without getting the idea that one is returning to his vomit? [. . .] I am very afraid that with this excessive concern for concord you will slip and not have enough regard for the Truth – which has been known, preached, taught and inculcated. May God prevent this from happening! [. . .] See to it that you are not a source of scandal for God’s elect. [. . .] Let us consider, my dear Bucer, who are these people with whom concord is being reached [. . .]. Tell me, what do you hope to achieve? [. . .] Cursed be that concord, which cannot be established without prejudice and harm for the truth and kingdom of Christ [. . .] Who would not want concord? But at the same time, who does not see that still today it is conceived according to conditions stipulated by the pontiffs, that it would be impossible to reach an agreement with them all in an effort to safeguard the Truth. [. . .] I would like finally to see an end to books of this sort!‹ 88 Given Sailer’s own criticism of the publication of Capito’s translation, it seems that Musculus was mistaken about Sailer’s involvement in the enterprise. The Augsburg reformers even accused Capito of printing the work for the sake of profit, as Blarer reported to Bucer on 23 December 1533: ›Many people in Augsburg are miserably upbraiding our most famous and excellent Capito on account of his translation of Erasmus’ commentary, etc., affirming that he, since he has now become a printer, cares for only one thing: that his press may continuously prosper and make some profit; for so they write in their letters sent to us here.‹ 89 Bucer seems to have taken Musculus’ criticisms to heart, for in January 1534, he wrote to Blarer: ›Capito promises that he will show more restraint in choosing titles [to print]; [. . .] Augsburgers are Augsburgers, that is, the progeny of Athenians90 . Erasmus seems to have given us many things; I wish Germans
88 ›Libellum concordiae ecclesiasticae, quem isthic ex latino vertistis et in publicum emisistis, opera Geryonis, paululum gustavi. Displicet omnino institum hoc vestrum. Quis ferret huiusmodi concordiam, nisi visum sit ad vomitum revertendum? [. . .] Anxie timeo ne nimia concordiae meditatione prolabamini, ut veritati agnitae, praedicatae, publicatae, inculcatae non admodum probe sitis consulturi: id quod Dominus avertat. [. . .] Videtis ne quid detis scandali electis Dei. [. . .] Videmus, mi Bucere, qui sint cum quibus sit ineunda concordia, neque enim adeo illos perditae simul doctrinae et vitae poenituit, ut vel latum unguem a proposito sint deflexi. Quid, quaeso, sperabis? [. . .] Maledicta sit ea concordia quae non nisi veritatis et regni Christi praeiudicio damnoque statui potest [. . .] Quis non vellet concordiam? Sed rursus quis non videt eam esse adhuc hodie pontificorum conditionem, ut salva veritate conspirare cum illis non liceret? [. . .] Vellem tandem huiusmodi libellis finem fieri.‹ Printed in Bodenmann, Musculus, p. 331, n. 47. 89 ›Clarissimum et optimum Capitonem nostrum misere proscindunt plaerique Augustani ob versam Erasmi enarrationem etc, affirmantes ipsum posteaquam nunc typographus sit factus, hoc unum curare, ut prelum perpetuo ferveat et aliquid accedat lucri; sic enim scribunt in literis in literis huc ad nostros missis.‹ Blaurer Bw. 1, no. 385, p. 452. 90 Possibly a reference to the proverbial thoughtless and headstrong Athenians, cf. Erasmus, Adagia 1,8,44.
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knew that. We expect certain ruin for them, if they do not seriously decide once and for all about religion.‹ 91 Bucer’s remark that Capito promised to show more restraint in choosing titles to print may have been a diplomatic gesture on his own part, given that he, like Capito, also published a work that aimed at concord. Combined with the abovementioned criticism that Capito only published the translation of Erasmus’ book for the sake of Apiarius’ printing press suggests that there may have been yet another reason why Bucer overtook Capito as the undisputed leader of the Reformation in Strasbourg: his mounting debts seem to have forced him to work part-time at Apiarius’ print-shop. The fact that Capito was sidelining as a printer must have been a source of irritation for his colleague Bucer, who was forced to pick up the slack. This is clearly evident in a letter that Bucer wrote to Blarer some time in October 1534: ›You are busy, but I want to give you my thoughts, even though I myself am also very busy. I do this for other reasons, but mainly for Capito, whom Apiarius tries hard to involve in certain things – I don’t know what to call them – for which he is unsuited. Capito has been ruined by debts before, and those who know it say there is no hope if he continues his relations with that man. The whole thing will collapse soon.‹ 92 Capito, however, should never have had financial problems, since, according to a letter from Hedio to Blarer, dated 20 March 1543, his salary was quite substantial – at least 317 gulden a year: 100 gulden as parish priest of Young St Peter; 200 as a canon of St Thomas; 17 as lecturer in theology; plus an undisclosed amount for his lectures in Hebrew93 . Capito’s financial problems began with his on-going litigation with Jacob Abel, a rival claimant to the provostship of St Thomas. His authority as provost was further jeopardized when the dean of the chapter, Nikolaus Wurmser, along with the other Catholic canons, stole the goods and official seal in 1524, and set up a rival chapter. That schism was resolved only in 1529 when the unrepentant 91 ›Capito modestiorem se futurum pollicetur in titulis; [. . .] Augustani sunt Augustani, hoc est Athenien(sium) soboles. Visus est nobis Erasmus permulta dedisse; id et ego optabam notum esse Germanis, quibus certum exit(i)um expectamus, si non constituant serio semel de religione.‹ Blaurer Bw 1, no. 390, pp. 460–1. 92 ›Ut autem occupatus es, volo tibi meas cogitationes suggerere, etsi ipse quoque occupatissimus sim cum propter alia tum propter Capitonem, quem nunc Apiarius conatur prorsus, nescio quid dicam; non est isti rei idoneus, et cum antea perditus sit aere alieno Capito, qui intelligunt, dicunt nihil esse sperandum, si pergat cum illo, quam ut mox concidat totus.‹ Blaurer Bw. 1, no. 471, p. 568. 93 ›Parrochus Petri Iunioris, cui nuper canonicales redditus ordinati sunt, habebit singulis annis CC florenos, mehr oder minder iuxta frumenti aestimationem; de lectura Hebraica nihil scio illi constitutum. Capito, Bucerus, ego aliquot annis lectionem theologicam habuimus; sed de hac tribus nobis non sunt dati nisi floreni 50; ita singuli 17 florenos accepimus, non ultra. Capito ex parrochia non habuit ultra florenos 100; sed canonicatus divi Thomae illi ultro 200 dedit, quare novo parrocho Petri Iunioris constituerunt canonicatum.‹ Blaurer Bw. 2, no. 999, p. 177.
Bucer’s Relationship with Wolfgang Capito
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canons were pensioned off and Capito resigned as provost94 . His involvement in the unauthorized publication of the proceedings of the Disputation of Baden by his relative Wolfgang Koepfel in 1526 only made matters worse for Capito. Koepfel was fined and Capito’s reputation in Switzerland was significantly damaged by the fall-out95 . On 19 July 1526, the Catholic cantons assembled at Lucerne wrote a letter to the city council of Strabourg urging them to punish Capito for his involvement96 . The fine may very well have nearly bankrupted Koepfel’s press, and Capito by extension, for very few works were printed by Koepfel after 1526; furthermore, after that date, all of Capito’s subsequent works were printed either by Apiarius or Wendelin Rihel. In conclusion, in 1520 Capito used his influence as counsellor to Albrecht von Brandenburg to help Bucer get released from his monastic vows; by the 1530s, the tables had turned. It was Bucer who used his own influence to help steer Capito away from Anabaptist and dissenting beliefs. Capito, who arrived in Strasbourg in 1523 as a renowned Hebrew scholar, soon demonstrated a lack of both political savvy and administrative skills required to be an effective leader of the Reformation. Bucer, on the other hand, who arrived in Strasbourg in the early 1520s as an unknown fugitive friar, possessed the skills and temperament that Capito seems to have lacked. Despite his short stature97, he was far more politic than Capito, able to steer the Reformation much more carefully through the religious turmoil that characterized the political and theological scene in the 1520s and 1530s. Thanks to Bucer’s influence, Capito was eventually lured back 94 For the details of this schism, see Kooistra, Strasbourg Priests, pp. 201–6; for his resignation, see Gervasius Sopher to Wolfgang Capito, before 13 October 1525 (Capito Bw. 2, no. 248a, pp. 157–60); Wolfgang Capito to Gervasius Sopher, before 13 October 1525 (Capito Bw. 2, no. 248b, pp. 160–1); Wolfgang Capito to Gervasius Sopher, c. 13 October 1525 (Capito Bw. 2, no. 248c, pp. 161–2); The Chapter of St Thomas to Wilhelm von Honstein, after 15 October 1525 (Capito Bw. 2, no. 248d, pp. 162–3); Lorenz Schenckbecher to Wolfgang Capito, 1 October 1528 (Capito Bw. 2, no. 367b, pp. 351–3); Wolfgang Capito to Lorenz Schenckbecher, shortly after 1 October 1528 (Capito Bw. 2, no. 367c, pp. 353–9); and Capito Bw. 2, Appendix 1c, pp. 494–6. 95 See Capito Bw. 2, no. 288a, pp. 204–210. 96 The manuscript of this letter is in the municipal archives of Strasbourg (AA 407a); cf. Capito Bw. 2, no. 297. 97 In a letter to Capito, written on 16 September 1524, Urbanus Rhegius likened Bucer to Zaccheus and the young David fighting Goliath. The manuscript of the letter is in Strasbourg AST 40, no. 59: ›Bucerum magni spiritus hominem, alioque, ut audio, Zacheum, quod ad corpusculum attinet, multa item salute ex me adobrue; parvus est statura sed Philisteum Murnarrrrrum et Dreckerium quendam, hoc nomine dignissimum, lapillis et funda scripturarum egregie prostravit.‹ (›Give abundant greetings also to Bucer, a man of strong spirit, although, I hear, a Zaccheus, as far as his small body is concerned. He is a man of short stature, but he has overcome with his stones and with the slingshot of scripture that Philistine Murnarr and a certain Dreckerius, a man most worthy of that name.‹ Capito Bw. 2, no. 215, p. 47, with some modifications here). Rhegius is using a play on words in reference to Thomas Murner, here spelled ›Murnarrrrrum‹, to evoke the German word ›Narr‹ (fool), and to Conrad Treger, here spelled ›Dreckerium‹, to evoke the German word ›Dreck‹ (dirt).
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to the orthodox views of his colleagues and repented of his Anabaptist leanings98 . By 16 November 1533, Bucer could boast to Ambrosius Blarer, ›Capito is entirely ours now; if only he had always been!‹99
Brady, Reformers and Magistrates, p. 79. Blaurer Bw. 1, no. 377, p. 4 41; see also Ambrosius Blarer to Martin Bucer, 23 December 1533 (ibid., no. 386, p. 453); Martin Bucer to Oswald Myconius, shortly after 23 November 1533 (QGT 8, no. 458, p. 210, ll. 4–5) and Martin Bucer to Ambrosius Blarer, 3 February 1534 (QGT 8, no. 501, p. 270, l. 12). 98
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Die Beziehung Bucers zu Luther und Melanchthon Christine Mundhenk Da Heinz Scheible und Martin Brecht bereits untersucht haben, wie Bucers Verhältnis zu den beiden führenden Wittenberger Reformatoren sich seit seiner Studienzeit in Heidelberg entwickelte, richte ich den Fokus an dieser Stelle auf das Jahr 1531, also den Zeitraum zwischen dem Augsburger Reichstag von 1530 und dem Regensburger Reichstag von 1532. Die in den letzten Jahren erschienenen Bände der Korrespondenz Bucers gewähren interessante Einblicke in die Strategie, welche Bucer in seinen Verhandlungen mit den Wittenbergern verfolgte, und ermöglichen eine detaillierte Analyse und Auswertung der Quellen. Um den Einstieg zu erleichtern und die Ausgangsposition zu verdeutlichen, sollen zuerst Bucers Beziehungen zu Luther und Melanchthon bis zum Augsburger Reichstag skizziert werden.
1. Von Anziehung und Gegensätzen – die Entwicklung der Beziehungen bis 1530 1.1. Bucers Verhältnis zu Luther Zum ersten Kontakt zwischen Bucer und dem acht Jahre älteren Luther kam es im April 1518 in Heidelberg, als Bucer der Heidelberger Disputation zuhörte und am folgenden Tag die Gelegenheit zu einem Gespräch mit Luther bekam. Bucer war sowohl von Luthers Thesen als auch von dessen Person tief beeindruckt und trug in den 20er-Jahren zur Verbreitung von Luthers Kommentaren über den Galaterbrief und andere biblische Bücher bei, indem er sie ins Lateinische übersetzte und diese Übersetzungen publizierte. Bis in den aufkeimenden Abendmahlsstreit hinein blieb Luther für Bucer eine »respektierte Autorität« , und Bucers Theologie war weitgehend von Luther abhängig. Trotz unterschiedlicher Auffassungen bemühte sich Bucer lange, Differenzen zu überbrücken und die Einigkeit der Evangelischen in den Vordergrund zu stellen. Dabei gelang es ihm, zwischen Luthers Person einerseits und Luthers Lehre andererseits Scheible, Melanchthon und Bucer; Brecht, Bucer und Luther; Brecht, Beziehungen. Brecht, Bucer und Luther, S. 354.
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zu unterscheiden; trotz heftiger polemischer Angriffe Luthers auf Bucer, die Bucer teilweise ebenso scharf beantwortete, wurde der Straßburger nicht müde, die Gemeinsamkeiten zu betonen. Seine in Dialogform verfasste Vergleichung D. Luthers und seins gegentheyls vom Abentmal Christi aus dem Sommer 1528 stellte als Antwort auf Luthers im Frühjahr erschienenes Bekenntnis Vom Abendmahl Christi »den ernsthaften Versuch [. . .] dar, die sich verfestigenden Fronten aufzubrechen.« Auf Bucers Initiative hin lud der hessische Landgraf Philipp 1529 zum Religionsgespräch nach Marburg ein. Obwohl Luther dort die Vertreter der Gegenseite wegen der unterschiedlichen Abendmahlsauffassung nicht als Brüder anerkennen wollte, gab Bucer nicht auf. Vom Augsburger Reichstag aus stellte er den brieflichen Kontakt zu Luther wieder her und besuchte ihn im September 1530 auf der Veste Coburg, um im direkten Gespräch nach Möglichkeiten zu suchen, den Abendmahlsstreit beizulegen. Dabei ließ sich Bucer auch von den politischen Interessen der Stadt Straßburg leiten, die eine Annäherung an die Lutheraner anstrebte. Seine Hartnäckigkeit wurde belohnt. Hatte Luther noch kurz vor dem Treffen an Melanchthon geschrieben: »Dem Martin Bucer antworte ich nicht; du weißt, dass ich ihre Betrügereien und Tricks hasse, diese [Leute] gefallen mir nicht«, so hat das persönliche Gespräch Luther doch dazu veranlasst, seine Meinung über Bucer zu korrigieren und sich auf Verhandlungen mit ihm einzulassen, wenn auch nicht vorbehaltlos. Am 7. November 1530 verlieh er seiner Hoffnung Ausdruck, die Straßburger könnten zur lutherischen Lehre zurückkehren: »Bucer ist geschickt worden, um mit mir auf der Coburg in einem vertraulichen Gespräch über diese Sache zu verhandeln; und wenn das, was er sagt, nicht täuscht – ich habe ihn nämlich ermahnt, sich nicht zu verstellen –, ist die Hoffnung nicht klein.« 1.2. Das Verhältnis zwischen Bucer und Melanchthon Bucer und Melanchthon lernten sich ebenfalls in Heidelberg kennen, und zwar bereits sechs Jahre vor Bucers erster Begegnung mit Luther, also schon 1512. Als junger Baccalaureus, der aufgrund seines jugendlichen Alters und Aussehens nicht zur Magisterprüfung zugelassen wurde, muss der 15-jährige Melanchthon BDS 2, S. 295–383; Bucer Bibliographie, Nr. 33 f. WA 26, S. 241 ff. Kaufmann, Reformation, S. 538. Der letzte ermittelt Brief dieser Korrespondenz liegt fünf Jahre zurück! »Martino Bucero nihil respondeo, nosti ὅτι ἐγὼ. μισῶ τὰς κυβείας και. �ανουργίας αὐτῶν, οὐκ ἀρέσκουσί μοι αὐτοί.« Luther an Melanchthon vom 11. September 1530 (WA Bw. 5, Nr. 1717, S. 617 f., hier S. 617; Melanchthon Bw.T 4/2, Nr. 1075, S. 686, Z. 16 f.). »Sacramentarios, saltem Strassburgenses, nobiscum in gratiam redire spes est. Nam Bucerus mecum familiari colloquio Coburgi de hac re ut ageret, missus fuit, et si non fallit, quod dicit (admonui enim, ne simularet), spes est non parva.« Luther an Johannes Briesmann vom 7. November 1530 (WA Bw. 5, Nr. 1747, S. 677 f., hier S. 678, Z. 32–35).
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dem gut fünf Jahre älteren Bucer aufgefallen sein. Persönlicher Kontakt zwischen dem Dominikanermönch und dem »Paradiesvogel« lässt sich in dieser Zeit noch nicht nachweisen; erst nachdem Bucer in einem Brief an Luther im Jahr 1520 Grüße an Melanchthon bestellt hatte10 , antwortete Melanchthon mit einem Brief11. Seine Einstellung zu Bucer, die man aus gelegentlichen Äußerungen in seinen Briefen herauslesen kann, war durch andere beeinflusst, und diese anderen hatten eine ablehnende Haltung gegenüber Bucer: vor allem natürlich Luther, aber auch der in Straßburg tätige Nikolaus Gerbel, den Melanchthon schon seit seiner Pforzheimer Schulzeit kannte. Melanchthon und Bucer trafen sich wohl erst beim Marburger Religionsgespräch 1529 wieder. In der dort herrschenden frostigen Atmosphäre konnte es zu keiner persönlichen Annäherung kommen – dazu hat neben Luthers Anwesenheit sicher auch die Tatsache beigetragen, dass Bucer nicht in der ersten Reihe der Gesprächsteilnehmer stand. Auch in der Folgezeit bestimmte der Streit um die Abendmahlsauffassung die Beziehung zwischen Bucer und dem Wittenberger Melanchthon. Auf dem Augsburger Reichstag 1530 versuchten Bucer und Wolfgang Capito, den Kontakt zu Melanchthon herzustellen und baten ihn um eine Unterredung12 ; schließlich war Melanchthon dort der wichtigste Vertreter der lutherischen Theologie und konnte den Weg zu Luther ebnen. Melanchthon lehnte jedoch zunächst ab13 . Er hielt Bucer noch für einen Zwinglianer und bezichtigte ihn der absichtlichen Verschleierung14 . Am 24. August kam es dann doch noch zu einem Treffen. Danach schrieb Melanchthon an Luther, dass Bucer »sich unserer Meinung anschließen will«15 . Weil Bucer Melanchthons Aufzeichnungen16 aber mit Rücksicht auf Oekolampad wieder umformulierte, gelang es ihm nicht, den Eindruck der Unaufrichtigkeit auszuräumen; außerdem fühlte sich Melanchthon von Bucer verleumdet, weil Bucer in Briefen an Dritte Melanchthons Kompromissbereitschaft in den Verhandlungen des Augsburger Reichstags kritisiert hatte. Scheible, Melanchthon und Bucer, S. 369. Bucer an Luther vom 5. August 1520 (BCor 1, Nr. 15, S. 115 f.; WA Bw. 2, Nr. 322, S. 159– 162). 11 Dieses Schreiben konnte nicht ermittelt werden. 12 Bucer und Wolfgang Capito an Melanchthon vom 18. Juli 1530 (BCor 4, Nr. 317, S. 152– 157; Melanchthon Bw.T 4/1, Nr. 980, S. 394–399). 13 Melanchthon an Bucer und Wolfgang Capito vom [15.] Juli 1530 (Melanchthon Bw.T 4/1, Nr. 972, S. 378–381; BCor 4, Nr. 313, S. 142–144). 14 Vgl. Melanchthons Gutachten für Gregor Brück ca. 25. Juli 1530 (Melanchthon Bw.T 4/1, Nr. 987, S. 4 41–444). 15 »Bucerus [. . .] vult accedere ad nostram sentenciam.« Melanchthon an Luther vom 25. August 1530 (Melanchthon Bw.T 4/2, Nr. 1040, S. 589, Z. 11 f.; WA Bw. 5, Nr. 1695, S. 562, Z. 11 f.). 16 Melanchthons Aufzeichnung für Martin Bucer vor dem 25. August 1530 (Melanchthon Bw.T 4/2, Nr. 1039, S. 585–587; BCor 4, Nr. 328, S. 217 f. Anm. 25. Die umformulierten Artikel schickte Bucer am 25. August 1530 an Luther (BCor 4, Nr. 328, S. 212–219, bes. S. 217–219; WA Bw. 5, Nr. 1695, S. 566–572, bes. S. 570–572).
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Bis zum Ende des Jahres 1530 war es Bucer also gelungen, den Kontakt zu den Wittenbergern zu festigen. Der anfänglichen Begeisterung für Luther und seine Lehre waren in der zweiten Hälfte der 20-er Jahre scharfe und polemische Auseinandersetzungen um das Abendmahlsverständnis gefolgt. Nachdem Bucer aber die politische Notwendigkeit einer theologischen Annäherung an die Lutheraner klar geworden war, setzte er sich mit aller Kraft für eine Konkordie ein. Dadurch, dass es ihm gelang, erst den wesentlich umgänglicheren und kompromissbereiteren Melanchthon, dann aber auch Luther persönlich zu treffen, konnte er die bestehenden Vorurteile zumindest teilweise ausräumen und eine Basis für weitere Verhandlungen schaffen. Immer wieder wird jedoch deutlich, dass Luther derjenige ist, der die Bedingungen diktiert und selbstbewusst die Beziehung dominiert.
2. Die Konkordienprobleme von 1531 im Spiegel der Korrespondenzen Um nun zu verfolgen, wie sich die Beziehungen im Jahr 1531 gestalteten, sollen die Korrespondenzen Bucers und der beiden Wittenberger ausgewertet werden. Mit dem Erscheinen der Bände 5 bis 7 von Martin Bucers Briefwechsel (BCor) liegen nun – neben Luthers Briefwechsel in der Weimarana und Melanchthons Briefwechsel – die Korrespondenzen aller drei Reformatoren ediert vor. Dies ermöglicht es einerseits, die direkten Briefkontakte zu rekonstruieren, andererseits können auch Äußerungen gegenüber Vierten in die Auswertung einbezogen werden. Darüber hinaus lassen sich aus Beurteilungen anderer Korrespondenzpartner Informationen gewinnen; so sind in Briefen innerhalb des eigenen Lagers Einschätzungen und Urteile zu finden, die aus diplomatischer Rücksicht der anderen Seite gegenüber nie geäußert worden wären. Anhand der Korrespondenzen lassen sich auch Kommunikationsstrukturen aufzeigen und die Kontakte zwischen Straßburg und Wittenberg sichtbar machen. Aus dem Jahr 1531 ist von der Korrespondenz Bucers mit Luther je ein Brief erhalten. Bucer und Melanchthon wechselten je drei Briefe. Für das Jahr 1532 konnte kein direkter Briefkontakt zwischen Bucer und den Wittenbergern ermittelt werden. Die beiden wichtigsten Themen der Korrespondenz sind die Abendmahlskonkordie und die Ehegutachten, welche Simon Grynaeus für den englischen König Heinrich VIII. anfertigen ließ. Da die Diskussion um die Abendmahlskonkordie in der Korrespondenz wesentlich intensiver geführt wird, soll sie hier ausführlich betrachtet werden. Dabei wird soll der Inhalt der Auseinandersetzung um das Abendmahlsverständnis nur am Rande tangiert werden17.
Zu Bucers Position im Abendmahlsstreit vgl. Friedrich, Fanatiker; ders., Streit.
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Bei seinem Treffen mit Luther auf der Coburg hatte Bucer sich bereit erklärt, auf eigene Verantwortung eine Konkordienschrift zu verfassen. Luther war mit diesem Vorschlag einverstanden: »Admisit conditionem«18 , berichtete Bucer später an Urbanus Rhegius. Bereits im November 1530 wurde die fertige Schrift an Zwingli, Oekolampad und Landgraf Philipp von Hessen verschickt. Während Oekolampad der Konkordie zustimmte, meldete Zwingli schwere Bedenken an19. Anfang Januar 1531 schickte Bucer seine Schrift an Luther und informierte Melanchthon. Beide Schreiben konnten nicht ermittelt werden, lassen sich aber aus Erwähnungen in anderen Briefen rekonstruieren. Gleichzeitig warb Bucer um Unterstützung seiner Sache, indem er an Urbanus Rhegius schrieb: »Wirke bei allen möglichen Leuten darauf hin, dass Luther die Schrift anerkennt und seine Anhänger dazu veranlasst, freundlicher mit uns umzugehen.«20 Gegenüber Ambrosius Blarer spricht Bucer selbstbewusst davon, dass seine Schrift die Finsternis, von der die Lutheraner noch umgeben sind, beseitigen könne, und schildert seine Strategie: »Bei einigen sind nur noch feine Nebel übrig, die wir als Freunde auflösen könnten, als Nicht-Freunde auf keinen Fall. Deshalb glaube ich, wir müssen jene heilige oeconomia anwenden, die aber nur den verständigsten Brüdern bekannt werden sollte.«21 Mit dem griechischen Begriff oeconomia bezieht sich Bucer auf 1 Tim 1, 4 – in der Vulgata steht dort aedificatio – und meint, mit der Einführung des Terminus cibus animae den offenen Fragen der leiblichen Gegenwart und der manducatio indignorum Genüge getan zu haben. Während Bucer auf eine Reaktion Luthers wartet und um dessen Zustimmung fürchtet, bemüht er sich auf der anderen Seite, Zwinglis Vorwurf zu entkräften, man nähere sich den Lutheranern zu sehr an. Er schreibt: »In schwierigeren Zeiten haben wir es ertragen, die Lutheraner zu Feinden [zu haben]; und auch heute wollen wir sie nicht als Freunde, wenn sie nicht auch Freunde der Wahrheit sind.«22 In diesem Schreiben verdeutlicht Bucer, was er mit der sancta oeconomia meint, denn er führt aus: »Wenn man dem Beispiel des Paulus folgen darf, werden wir uns bemühen, jeden auf dem Weg zur Wahrheit zu führen, auf dem das mit Hilfe einer sancta oeconomia leichter möglich sein Bucer an Urbanus Rhegius vom 3. Januar 1531 (BCor 5, Nr. 373, S. 174, Z. 6). Vgl. Zwinglis mit Heinrich Engelhardt und Leo Jud verfasstes Schreiben an Diethelm Röist und Werner Biggel vom 20. November 1530 (Zwingli Bw. 5, Nr. 1136, S. 250–253). Vgl. Köhler, Zwingli und Luther 2, S. 247 f. 20 »Da igitur operam, apud quoscunque poteris, ut Luterus scriptum admittat et suos in nos humaniores reddat!« Bucer an Urbanus Rhegius vom 3. Januar 1531 (BCor 5, Nr. 373, S. 175, Z. 23–25). 21 »[. . .] tantum praetenues in quibusdam nebulae adhuc supersunt, quas amicj dispellere poterimus, non amicj minime. Sancta itaque οἰκονομίᾳ|| vtendum nobis puto, quam praestat nulli nisi cordatissimis fratribus notam fieri.« Bucer an Ambrosius Blarer vom 12. Januar 1531 (BCor 5, Nr. 375, S. 182, Z. 3 –6). 22 »Difficiliore tempore Lutheranos tulimus aduersarios, nec hodie uolumus amicos, nisi et veritatis amici sint.« Bucer an Zwingli vom [14. Januar] 1531 (BCor 5, Nr. 377, S. 192, Z. 4 – 6). 18 19
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wird, auch indem wir einiges verheimlichen [oder: verschweigen, übergehen].«23 Später beschreibt er die Details: »Ich habe die Schrift, die du gesehen hast, folgendermaßen verändert: Das Bekenntnis, das du darin gelesen hast und das dir reichlich lutherisch erschien, schreibe ich nur uns, die wir hier [in Straßburg] predigen, zu und füge hinzu, dass euer beider Meinungen, so weit ich eure und die Lutherische begreifen kann, mit dieser übereinstimmen. Dieses Schreiben haben wir an Luther geschickt.«24 Konnte Luther einem solchen Vermittler vertrauen, der eine Einigung erreichen wollte, indem er die Parteien unterschiedliche Bekenntnisse unterschreiben ließ? Und konnte Bucer Luther auf diese Weisen von seiner Meinung überzeugen, dass die Unterschiede in der Lehre nur in den Formulierungen und nicht in der Sache bestanden? Der Vorwurf, Bucer sei unaufrichtig, liegt jedenfalls nahe. Doch muss Bucers Strategie bis zu einem gewissen Grad erfolgreich gewesen sein, denn Luther teilt am 21. Januar Nikolaus Hausmann in Bezug auf Bucers Konkordie mit: »Die Sakramentierer werben kräftig um unsere Gemeinschaft, weichen teilweise von ihrer Meinung ab und reden weniger scharf. Wir wollen beten, dass es eine vollkommene und reine Konkordie gibt.«25 Tags darauf wendet Luther sich auch direkt an Bucer und schreibt ihm, was er von dem Konkordienentwurf hält 26 . Zuerst drückt er seine Freude darüber aus, »dass wir wenigstens so weit übereinstimmen, wie du schreibst, dass wir beide [sc. Luther und Zwingli, Ch. M.] bekennen, dass Leib und Blut Christi wahrhaftig im Abendmahl anwesend sind und mit den Worten zur Speisung der Seele gereicht werden.« Der Einschub »wie du schreibst« (uti scribis), lässt aber erkennen, dass Luther seine Skepsis gegenüber Bucer und seinen Vermittlungsstrategien nicht abgelegt hat. Dementsprechend fährt er fort: »Ich wundere mich, dass du Zwingli und Oekolampad auch zu Teilhabern dieser Meinung machst; aber ich rede mit dir.«27 Im folgenden legt er dann dar, warum er der Konkordie nicht zustimmen kann – er könne nicht von der man ducatio impiorum abgehen –, und bittet Bucer, diese Absage nicht seiner Hals »Et si Pauli exemplum sequi libet, ea vnumquemque via adducere veritati dabimus operam, qua id licebit facilius per sanctam quandam οἰκονομίυ, quaedam etiam dissimulantes.« BCor 5, Nr. 377, S. 192, Z. 10 – S. 193, Z. 2. 24 »Mutaui scriptum, quod vidisti, in hunc modum: Confessionem, quam in eo legisti, quae plus satis Lutherana tibi videtur, totam nobis tantum, qui hic praedicamus, tribuo et subijcio, quantum equidem vestra et Lutherana ego consequi possum, cum ea et vestram vtrorumque sententiam conuenire. Hoc scriptum misimus Luthero [. . .].« Ebd., S. 196, Z. 20– 25. 25 »Sacramentarii ambiunt strenue nostram sotietatem, & cedunt de sua sententia partim, mitiusque loquuntur. Oremus, vt perfecta et pura fiat concordia.« Luther an Nikolaus Hausmann vom 21. Januar 1531 (WA Bw. 6, Nr. 1775, S. 23, Z. 7–9). 26 Luther an Bucer vom 22. Januar 1531 (BCor 5, Nr. 379, S. 206–208; WA Bw. 6, Nr. 1776, S. 24–26). 27 »[. . .] quod saltem eatenus concordes simus, uti scribis, quod vtrique confitemur corpus et sanguinem Christj vere in caena adesse et cum uerbis porrigi in cibum animae. Miror autem, quod Zuinglium et Oecolampadium quoque huic opinioni aut sententiae participes facis; sed tecum loquor.« BCor 5, S. 207, Z. 3 –7; WA Bw. 6, Nr. 1776, S. 25, Z. 4 –8. 23
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starrigkeit, sondern seinem Gewissen und seinem Glauben zuzuschreiben; seine große Hoffnung, die er nach dem Gespräch auf der Coburg gehegt habe, sei noch nicht gefestigt. An Herzog Ernst von Braunschweig-Lüneburg meldet Luther wenige Tage später, er habe »schon längst dem M. Bucer geantwortet auf das allerfreundlichste; [. . .] Daß aber M[artinus] Bucerus fürgibt, es stehe der Hader in Worten allein, da wollt ich gern umb sterben, wenn es so wäre.«28 Am gleichen Tag wie Luther schreibt auch Melanchthon an Bucer, um nicht den Eindruck zu erwecken, aus Feindseligkeit zu schweigen 29 : Er freue sich über das Zugeständnis, dass der Leib Christi für die Seele gegenwärtig sei. Und er ermuntert Bucer, die übrigen Gegensätze auch noch auszuräumen. Luther würde einer Konkordie leichter zustimmen, »wenn er Zwinglis und Oekolampads Haltung ganz kennen würde und den Eindruck habe, sie lehrten in ihren Kirchen über die wahre Gegenwart das, was du schreibst.«30 Auch hier wieder: »was du schreibst«. Beide Wittenberger wenden sich also in freundlichem, entgegenkommendem Ton an Bucer, trotzdem formulieren beide auch ihre Zweifel an Bucers Glaubwürdigkeit in seiner Darstellung der Schweizerischen Lehre. Anderen gegenüber äußert Melanchthon ebenfalls seine Vorbehalte gegenüber Bucers Konkordie: Anfang Februar informiert er Wenzeslaus Linck in Nürnberg über Luthers Ablehnung des Konkordienentwurfs und beauftragt ihn, auch die Augsburger Prediger Johannes Frosch und Stefan Kastenbauer von einer Zustimmung abzuhalten. Trotz der Zugeständnisse sei die Sache gefährlich, »weil diese Korrektur oder Auslegung der Zwinglischen Lehre anscheinend nur eine Zeitlang vorgetäuscht wird.«31 Gegenüber Joachim Camerarius spricht Melanchthon sogar von »Bucers verfälschtem und erlogenem Synkretismus«32 . Während der Bote mit den Briefen aus Wittenberg noch unterwegs ist, erreicht Bucer ein Schreiben des hessischen Landgrafen, der über die Antwort des Kurfürsten Johann von Sachsen informiert: Um völlige Sicherheit über die Einstimmigkeit in der Abendmahlsfrage zu erlangen, sollten Zwingli und Oekolampad selbst an Luther schreiben, oder Bucer solle schriftliche Äußerungen der beiden an Luther schicken. Bucer gerät dadurch unter enormen Druck und wendet sich
Luther an Herzog Ernst von Braunschweig-Lüneburg vom 1. Februar 1531 (WA Bw. 6, Nr. 1778, S. 27–29). 29 Melanchthon an Bucer vom 22. Januar 1531 (BCor 5, Nr. 380, S. 209 f.; Melanchthon Bw.T 5, Nr. 1118, S. 38 f.). 30 »Lutherus minus gravaretur pacisci de concordia, si Cinglii et Oecolampadii mentem prorsus nosset et existimaret illos in suis ecclesiis haec de vera praesentia docere, quae scribis.« BCor 5, Nr. 380, S. 210, Z. 4 –6; Melanchthon Bw.T 5, Nr. 1118, S. 39, Z. 11–14. 31 Melanchthon an Wenzeslaus Linck vom [5. Februar 1531] (Melanchthon Bw.T 5, Nr. 1121, S. 45, bes. Z. 13–17). 32 »illum fucatum et ementitum συγκρητισμὸν Buceri scias nos non accepisse.« Melanchthon an Joachim Camerarius vom 7. März [1531] (Melanchthon Bw.T 5, Nr. 1134, S. 82, bes. Z. 10 f.). 28
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am 6. Februar an Zwingli33 . Er schickt ihm eine vorformulierte Stellungnahme und bittet den Zürcher, er möge ihm ein entsprechendes Schreiben zukommen lassen; Zwingli möge ihm nicht übelnehmen, dass er ihm vorschreibe, »auf welche Weise du die Speise der Wahrheit dem Kranken [Luther] anpasst, dessen stomachus [wörtlich: Magen; übertragen: Empfindlichkeit, Reizbarkeit, Ch. M.] ich besser kenne!« Mit allen Mitteln will er verhindern, dass Zwingli direkt an Luther schreibt: »[. . .] ich sehe keinen Nutzen darin, dass du an Luther selbst schreibst.« Bucer schreibt weiter: »Ich werde so tun, als ob ich dir Luthers Bitte, durch einen Brief von dir über deine Ansicht Gewissheit zu bekommen, verheimlicht hätte, und zwar deswegen, weil ich fürchtete, du würdest darüber empört sein, dass mir in dieser Sache nicht geglaubt wurde.«34 »Ego simulabo me dissimulasse« – für Melanchthon wird solche Taktiererei unter der Bezeichnung sophistice bei den späteren Religionsgesprächen zum verhassten Feind, gegen den er mit aller Kraft, aber aussichtslos kämpft. Unmittelbar danach müssen die Briefe aus Wittenberg eingetroffen sein, denn etwas später schickt Bucer Antwortschreiben sowohl an Luther als auch an Melanchthon. Schon dass er Luther in der Adresse als »großen Retter des reinen Christentums« und als »höchsten Theologen«35 tituliert, lässt die Strategie des Straßburgers erkennen. In gewinnendem Ton sucht Bucer Luthers Wohlwollen und Anerkennung zu erlangen. Er knüpft an dessen Brief an und bekräftigt die Übereinstimmung mit Zwingli, besonders aber mit Oekolampad, um dann schnell auf seine eigenen Positionen überzuleiten: »Aber du willst mit mir reden.«36 Damit nimmt er Luthers Satz »Sed tecum loquor«37 auf und braucht nicht weiter auf Zwingli einzugehen. In seinen folgenden Ausführungen bekennt Bucer die Gegenwart Christi mit den Zeichen, »cum symbolis«, und bekräftigt seine Hoffnung auf eine Konkordie38 . Auch im Brief an Melanchthon bekennt Bucer, »das mytt den symbolis oder zcaichen Christus gegenwartig sey«39, und verweist für seine Abendmahlsauffassung auf den Brief an Luther. Er drückt seinen Wunsch nach Verständigung für alle Evangelischen aus und 33 Bucer an Zwingli vom 6. Februar [1531] (BCor 5, Nr. 386, S. 244–250; Zwingli Bw. 5, Nr. 1166, S. 329–336). 34 »Ego simulabo me dissimulasse apud te, quod Lutherus petierit tuis ipsius literis de tua sententia certior fieri, idque, quod veritus sim te indigne laturum mihi non esse hac de re fidem habitam [. . .].« BCor 5, Nr. 386, S. 248, Z. 16–18. 35 »Magno purioris christianismi vindici, d[octori] Martino Luthero, theologo summo, obseruando cum primis praeceptori.« Bucer an Luther vom 9. Februar 1531 (BCor 5, Nr. 387, S. 257, Z. 22 f.; WA Bw. 6, Nr. 1779, S. 30, Z. 1 f.). 36 »Sed mecum vis loqui.« BCor 5, Nr. 387, S. 253, Z. 7; WA Bw. 6, Nr. 1779, S. 30, Z. 9. 37 Luther an Bucer vom 22. Januar 1531 (BCor 5, S. 207, Z. 6 f.; WA Bw. 6, Nr. 1776, S. 25, Z. 8 ). 38 Bucer an Luther vom 9. Februar 1531 (BCor 5, Nr. 387, S. 251–257; WA Bw. 6, Nr. 1779, S. 29–33). 39 Bucer an Melanchthon vom 9. Februar 1531 (BCor 5, Nr. 388, S. 259, Z. 3 f.; Melan chthon Bw. T 5, Nr. 1122, S. 47, Z. 3 f.).
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unterstützt Luthers Bestreben, die bestehenden Irrtümer allmählich abzubauen. Inzwischen wolle man so tun, »als wehr schon alles vnter vns offenlich vereynigt, vertragen vnd myt einem eyde bestetigt. Vnser kyrchen, als viel durch mych vnd meyne myttverwanten jmer muglig zcuvorhuten, soll niemantts furtt hyn von ewer kyrchen abereyssen.«40 Ist das alles nur Verstellung? Bucer setzt seine Bemühungen fort, indem er am 21. Februar 1531 Ambrosius Blarer bittet, Luthers und Melanchthons Briefe nicht an Zwingli gelangen zu lassen; weiter heißt es dort: »Täglich erfahre ich, dass nicht weniger Umsicht vonnöten ist, wenn man mit Dank Wohltaten vollbringen will, als wenn man ungestraft verletzen will, und das ausgerechnet bei den hervorragenden Professoren des Evangeliums; mit List muss man diejenigen fangen, denen man wahrhaft Gutes tun will. Während anders nicht mehr erreicht werden konnte, wird das, was wir [jetzt] treiben, vielleicht nicht unnütz sein.«41 Überspannte Bucer nun den Bogen? Zwingli, dem die Annäherung der Straßburgers an Luther zu weit ging – und vor allem politisch begründet zu sein schien –, bat Bucer am 12. Februar 1531, ihn nicht mehr mit Abendmahlsangelegenheiten zu behelligen42 . Das war der Bruch mit Bucer. Offenbar setzte dieser um, was er im Brief an Melanchthon angekündigt hatte: Er tat so, als ob es zu einer Einigung gekommen sei. Dem widersprach Melanchthon in einem Schreiben an Joachim Camerarius scharf: »Glaube den Märchen über ein Abkommen zwischen Luther und Bucer in der Abendmahlsangelegenheit nicht. Bucer verbreitet nämlich erstaunliche Lügen.«43 Luther scheint Bucers Brief zumindest im Hinblick auf sein persönliches Bekenntnis geglaubt zu haben. An Justus Menius schrieb er im März 1531: »Es ist wahr, was du gehört hast, dass Bucer begonnen hat, unsere Meinung zum Abendmahl zu teilen, wenn die Briefe an mich und Philipp nicht täuschen (was ich kaum glaube).«44 Und an Johannes Frosch: »Martin Bucer beabsichtigt, ziemlich genau und, wie die Worte klingen, rein mit uns zu denken und zu leh-
BCor 5, Nr. 388, S. 260, Z. 8 –12; Melanchthon Bw. T 5, Nr. 1122, S. 48, Z. 26–30. »Experior cottidie non minore circumspectione opus esse, si uelis cum gratia benefacere, quam si impune ledere, idque etiam apud euangelij eximios professores; dolo capere necesse esse, quibus velis solide benefacere. Dum aliter plura obtineri non potuerunt, non inutile forsan erit, quod agimus.« Bucer an Ambrosius Blarer vom 21. Februar 1531 (BCor 5, Nr. 394, S. 294, Z. 4 –8). 42 Zwingli an Bucer vom 12. Februar 1531 (BCor 5, Nr. 389, S. 261–266; Zwingli Bw. 5, Nr. 1168, S. 339–343). 43 »Fabulis illis de transactione negocii coenae domini inter Lutherum et Bucerum nihil credas. Mira enim mendacia spargit Bucerus.« Melanchthon an Joachim Camerarius vom 17. März 1531 (Melanchthon Bw.T 5, Nr. 1135, S. 84, Z. 24f.). 44 »Est verum, mi Iuste, quod audisti, Bucerum quidem nobiscum coepisse sentire de sacramento, nisi literae ad me et Philippum datae fallant (quod non facile credo).« Luther an Justus Menius von der zweiten Märzhälfte 1531 (WA Bw. 6, Nr. 1800, S. 61, Z. 1–3). 40 41
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ren. Deshalb habe ich, was seine Person betrifft, gute Hoffnung, wenigstens er werde auf den Weg zurückkehren.«45 Doch zu weiteren Verhandlungen kam es offenbar nicht. Im April 1531 wandte Bucer sich in einem langen Brief an Herzog Ernst von Braunschweig-Lüneburg. Er beklagte sich bitter über die Missachtung, die seinen Bemühungen durch die Wittenberger, vor allem Melanchthon, widerfuhr: »Außerdem sehe ich jetzt nicht, was wir machen können, solange nicht nur unsere [Vertreter] Zwingli und Oekolampad, sondern wir selbst bei Philipp und den Seinen keinerlei Vertrauen haben. Von Doktor Luther verspreche ich mir mehr Freundlichkeit, aber trotzdem glaubt er dem Philipp alles eher als mir, weil er meint, mit dessen Glauben besser vertraut zu sein als mit meinem. Gewiss, ich, der die Parteien vereinen wollte, darf mich keiner Seite anschließen.«46 Melanchthon erfüllt im Mai einem Studenten aus Straßburg die Bitte um einen Brief an Bucer. Darin spricht er auch die Konkordie an, die er »später einmal« erhofft, und hält es für ratsam, »die tragischen Streitigkeiten allmählich verstummen zu lassen«.47 Einen geeigneten Zeitpunkt, die Verhandlungen wieder aufzunehmen, sah Melanchthon anscheinend bereits im Sommer 1531. Sein an Augustinus anknüpfendes und den Schweizern etwas näher stehendes Verständnis der Realpräsenz schien ihm eine Möglichkeit zu bieten, das Gespräch mit den Oberdeutschen wieder aufzunehmen. Doch er wandte sich nicht an Bucer, sondern an Thomas Blarer und regte an, er oder sein Bruder Ambrosius sollten – ohne Melanchthon zu erwähnen – an Luther schreiben und nach der Verbindung zwischen Realpräsenz und Ubiquität Christi fragen. Der Grund, warum Melanchthon Thomas Blarer als Korrespondenzpartner auswählte, dürfte derselbe sein, aus dem auch Ambrosius Blarer seinen Bruder den Brief an Luther schreiben ließ: Er war derjenige von den Oberdeutschen, der Luther am 45 »Sed ita res habet: Martinus Bucerus satis diligenter et, ut verba sonant, syncere nobiscum cogitat sentire et docere. Ideoque, quantum ad personem eius attinet, bona spe ducor, vel ipsum saltem rediturum esse in viam. De ceteris nihil certi habeo [. . .].« Luther an Johannes Frosch vom 28. März 1531 (WA Bw. 6, Nr. 1799, S. 60). 46 »Praeter haec iam nihil video, quid facere possumus, dum nullam adeo non illi nostri modo Zvinglius et Oecolampadius, sed nos ipsi fidem apud Philippum et suos habere nos videamus. De d[octore] Luthero humaniora mihi polliceor, sed credet tamen omnia Philippo citius quam mihi, quod huius fidem perspectiorem quam meam habere se arbitratur. Certe, qui partes conciliare volebam, neutri me parti addicere possum.« Bucer an Herzog Ernst von Braunschweig-Lüneburg von Mitte April 1531 (BCor 5, Nr. 415, S. 352, Z. 12–17). Obwohl Bucer als Vermittler auftritt, nennt er Zwingli und Oekolampad »nostri«; im Brief an Am brosius Blarer vom 12. Dezember 1531 (BCor 7, Nr. 524, S. 108–118) bezeichnet er die zwei Parteien mit »nos« und »illi«; er bezieht also eindeutig Stellung. Außerdem handelt der größere Teil des Briefwechsels mit Luther von Bucers, nicht von Zwinglis Positionen. Auch Luther unterscheidet klar zwischen Bucer und den Zwinglianern. 47 »De nostris negociis nihil habeo quod scribam, nisi quod sperem aliquando inter nos veram et solidam concordiam coituram esse; [. . .] Melius illi toti causae consultum fuerit, si sinamus paulatim consilescere has tragicas contentiones.« Melanchthon an Bucer vom Mai 1531 (BCor 6, Nr. 426, S. 1; Melanchthon Bw.T 5, Nr. 1154, S. 118 f.).
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wenigsten verdächtig war48 . Natürlich wurde Bucer durch Ambrosius Blarer über diese Initiative Melanchthons informiert, und er freute sich darüber,49 hatte er die Abendmahlstheologie der sächsischen Apologie doch für akzeptabel gehalten 50 , auch wenn ihm Melanchthons Behandlung Zwinglis und Capitos nicht gefiel51. Auch dem Basler Simon Grynaeus schildert Bucer Melanchthons Sinneswandel: Der Warnung an die Augsburger Prediger, Bucers »Gedicht« nicht zu unterschreiben, folgten nun in dem Brief an Thomas Blarer Zugeständnisse, die sogar Zwingli ausreichen würden! 52 Direkten brieflichen Kontakt zwischen Bucer und Melanchthon gab es erst im Oktober 1531 wieder, als Bucer einen ausführlichen Bericht über die Niederlage von Kappel mit der Nachricht von Zwinglis Tod an Melanchthon schickte53 . In seiner Antwort drückt Melanchthon Bucer sein Wohlwollen aus54 . Im Dezember rekapituliert und resümiert Bucer in einem Brief an Ambrosius Blarer seinen Vermittlungsversuch und den Stand der Dinge, um für die bevorstehende Tagung des Schmalkaldischen Bundes in Frankfurt (19. bis 27. Dezember 1531) gerüstet zu sein. Hier beschreibt er nochmals seine Strategie: Weil weder direkte Verhandlungen mit Luther zu einem Kompromiss geführt noch der Vorschlag, einander gegenseitig zu tolerieren, Annahme gefunden hatte, versuchte Bucer als dritte Möglichkeit, nach und nach mit kleinen Zugeständnissen (ineptiae), Luther das Gefühl zu geben, Bucer sei auf den rechten Weg zurückgekehrt. Diese Strategie ging auf: »Durch diesen freiwilligen Irrtum besänftigt, wurden sie milder.«55 Sein Resümee der ganzen Angelegenheit ist: »Die Sache wird von allzu dünnem Leim zusammengehalten. Wir dürfen sie nicht erschüttern; bei der kleinsten Schwierigkeit wird sie zerspringen. Bei Luther »Porro, frater meus, qui caeteris omnibus, qui a nobis stant, minus suspectus est Luthero, hoc ad illum scribendi munus suscepit idque quod omnino spero felicissime.« Ambrosius Blarer an Bucer vom 30. August 1531 (BCor 6, Nr. 454, S. 9 0, Z. 12–14). Luther reagierte auf diese Initiative allerdings nicht, noch im Oktober wartete Ambrosius Blarer auf Antwort. Vgl. ders. an Bucer vom 8. Oktober 1531 (BCor 6, Nr. 484, S. 185–191). 49 Bucer an Ambrosius Blarer vom 5. September 1531 (BCor 6, Nr. 459, S. 100–103). 50 »In Apologia Phillippus rem sic tractauit, vt equidem bona conscientia ausim eis subscribere.« Bucer an Ambrosius Blarer vom 21. September 1531 (BCor 6, Nr. 466, S. 128, Z. 9 – S. 129, Z. 1). Blarer dagegen stößt sich an Melanchthons Verwendung des Begriffes corpora liter; vgl. Ambrosius Blarer an Bucer vom 8. Oktober 1531 (BCor 6, Nr. 484, S. 190). 51 Bucer an Herzog Ernst von Braunschweig-Lüneburg von Mitte April 1531 (BCor 5, Nr. 415, S. 348, Z. 11 – S. 350, Z. 6). 52 Bucer an Simon Grynaeus vom 9. Oktober 1531 (BCor 6, Nr. 485, S. 192–200, bes. S. 199, Z. 9 – S. 200, Z. 10). 53 Bucer an Melanchthon vom 24. Oktober 1531 (BCor 6, Nr. 494, S. 235–248; Melan chthon Bw.T 5, Nr. 1196, S. 213–218). – Davor gab es einen weiteren Brief Bucers an Melanchthon, der das Ehegutachten für Heinrich VIII. betraf; dieser Brief konnte nicht ermittelt werden. 54 »Bene vale meque tibi ex animo bene velle statuas.« Melanchthon an Bucer vom 8. November 1531 (Melanchthon Bw.T 5, Nr. 1202, S. 225, Z. 16 f.; BCor 7, Nr. 502, S. 17, Z. 3 f.). 55 »Hoc autem errore voluntario deliniti mitiores interea fuere.« Bucer an Ambrosius Blarer vom 12. Dezember 1531 (BCor 7, Nr. 524, S. 113, Z. 5 f.). 48
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und Philipp habe ich jetzt gute Hoffnung, sie suchen ernstlich die Einheit der Kirchen. Luther ist gewiss unerschütterlich fromm und sucht die Ehre Gottes. Obwohl Philipp die Unsrigen bisher mit allzu großem Hass belasten wollte, ist auch er jetzt [. . .] milder uns gegenüber, und ich zweifle nicht, dass auch er sich ernstlich den Frieden der Kirchen wünscht.«56 Es ist schwierig, Bucers Verhältnis zu Luther und Melanchthon zu beschreiben. Da er Luthers schwieriges Naturell kannte, wandte er mancherlei Listen an, um sein Ziel, die Vermittlung zwischen den Schweizern und den Wittenbergern, zu erreichen. Bucers Gratwanderung zwischen den Wittenbergern und den Schweizern führte letztendlich zum Bruch mit Zwingli; es gelang ihm jedoch, die ihm von Luther entgegengebrachte Ablehnung aufzuweichen und das nach den polemischen Auseinandersetzungen der 20er-Jahre sehr angespannte Verhältnis zu verbessern. Trotzdem war Luther weiterhin nicht zu Zugeständnissen bereit. Auch Melanchthons Vorbehalte gegenüber Bucers Vermittlungsstrategie konnte dieser nicht auszuräumen. Dennoch ging Melanchthon auf Bucers Vermittlungsbemühungen ein und begann selbst, vermittelnd tätig zu werden. Der Wunsch nach einer Konkordie führte Melanchthon und Bucer auf den Weg, der über ihr Treffen in Kassel 1534 zur Wittenberger Konkordie von 1536 führen sollte.
56 »Summa: Tenuj nimis glutino res coheret; ne igitur concutiamus eam, minimo negocio dissiliet. De Luthero et Philippo caepit mihi bona spes esse, eos serio ecclesiarum concordiam quaerere. Lutherus certe solide pius est et Dei gloriam querit. Philippus et si hactenus nostros nimis inuidia grauare uoluerit, nunc tamen [. . .] et ipse erga nos mitior est, quem et ipsum non dubito serio pacem ecclesiarum optare.« Ebd., S. 116, Z. 4 –10.
Anhang: Einige Briefe zum Wirken der Straßburger Prediger in Augsburg aus den Jahren 1530 bis 1532 Reinhold Friedrich und Milton Kooistra* Nr. 1 Der Augsburger Rat an den Straßburger Rat [Augsburg], 27. Dezember 1530 In Augsburg sind die Predigerstellen neu zu besetzen. Auf der Suche nach gelehrten, des Hebräischen kundigen und friedliebenden Kandidaten wurde der dortige Rat auf Wolfgang Musculus verwiesen und bittet, ihn mit dem Boten Balthasar Langnauer nach Augs burg ziehen zu lassen, damit er dort zunächst probeweise als Prediger wirken kann.
Den fursichtigen, ersamen vnnd weysen maister vnnd rate der stat Straspurg, vnnsern besonndern lieben vnnd guten fründen, embieten wir, die ratgeben der stat Augspurg, vnnser fruntlich willig dienst vnnd was wir eeren, liebs vnnd guets vermögen, alltzeit beuor. Fursichtigen, ersamen vnnd weisen, besonndern lieben vnnd guten frunde! Nachdem wir vorhaben, die ämpter der predicaturen, die bey vnns ain zeit lanng vnd noch bißher vaciert, widerumb alhie zu besetzen vnnd aber ettlich vnnser vorigen prediger annderswo dienst angenomen haben möchten, also das wir aus der vnnd anndern vrsachen ettlicher annderer predicanten notturfftig sein, deßhalben wir nach gelerten, auch sonnderlich der hebraischen sprach verstendigen, frommen, getrewen vnd fridsamen predigern trachten, darfur vnns ewrer fursichtigkeit predicanten ainer, nemlich Wolfgangus Musculus, angetzaigt vnd zum hochsten berumbt wirdet, vnnd wir dann gleich wol gedenncken kunnen, das ewer fursichtigkait vileicht desselbigen selbs bedurfftig sein, * Für wertvolle Hilfe bei der Transskription danken wir Herrn Andreas Zecherle, Erlangen. Der Brief ist wohl aufgrund eines am Jahresende nicht selten begegnenden Schreibfehlers auf das Jahr 1531 datiert. Da es sich um eine erste Anfrage des Augsburger Rates an den Straßburger Rat handelt, Musculus als Prediger für Augsburg zur Verfügung zu stellen, die nachfolgenden Briefe (Nr. 2 und Nr. 3) im Januar 1531 verfasst sind und Musculus bereits am 4. März 1531 seinen Dienst in Augsburg antritt, weist der Gesamtkontext eindeutig in das Jahr 1530.
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jedoch, diwil wir ewer fursichtigkait fur sonnder furderer des gotlichen worts erkennen vnnd auch wissen, das ir sonnst ausserhalb dessen mit anndern mer gelerten vnd gegrundten lerern der heyligen geschrifft versehen sind, darum ir des Musculi (als wir erachten) entraten mögen, so bitten wir ewer fursichtigkait mit sonnderm fleis fruntlich, die wellen zur furderung vnnd lob des heyligen euangeliums auch vnns vnnd vnnseren gemaind, die nit weniger dann wir selbs nach täglicher verkundung der gotlichen warhait hertzlich verlangenn hat, zu gutem dem obgenanten Musculo, zu dem wir vnnsern diener doctor Balthasarn Lanngnawer, zaigern ditz brieues mit beuelh abgefertigt haben, gunstlich erlauben vnnd vergonnen, das er mit demselbigen vnnserm diener, vnuerlenngt alhie bey vnns erscheinen, das euangelium predigen, vnnd so alßdan vnns zu baiden tailen gelegen vnnd gefellig sein wurde, bey vnns in versehung des ampts der predicatur verharren moge. Das vmb ewer fursichtigkait zu uerdienen, wollen wir alltzeit willig vnnd berait befunden werden. Datum auff xxvii. tag decembris, anno etc. xxxi. Adresse [fol. v]: Den fursichtigenn, ersamen vnnd weysen maister vnd rate der stat Straßburg, vnnsern besonndern lieben vnnd guten frunden. AMS, AA 2007, Nr. 2, fol. r/v.
Nr. 2 Der Augsburger Rat an den Straßburger Rat [Augsburg], 22. Januar 1531 Der Augsburger Rat dankt, dass die Straßburger ihnen Wolfgang Musculus als Prediger überließen.
Den fursichtigen, ersamen vnnd weisen maister vnnd rate der stat Straßburg, vnsern besunder liebenn vnd guetenn freunden, embieten wir, die ratgeben der stat Augspurg, vnser freuntlich vnnd willig dienst alle zeit zuuor. Fursichtigen, ersamen vnnd weisen, besunder liebenn vnd guet freunt! Dieweil euer f[ursichtigkai]t Got dem allmechtigen zu eer vnnd lob vnnd vns zu freuntschaft bewilliget, das sich Wolfgangus Musculus alher zu vnns verfuegenn vnd das gotswort predigen solle, haben wir mit frewd vernomen vnnd euer f[ursichtigkai]t deßhalbenn mit fleis freuntlichen danck sagenn, vns daneben erbietend, wa wir solichs vmb euer f[ursichtigkai]t inn der gleichen vnd mererm konden vnnd wißten zu erwiderenn vnnd freuntlich zu uerdienen, das wir deßhalbenn allzeit willig vnnd berait erfundenn zu werden begeren. Datum uff xxi. tag januarii, anno etc. xxxi. Adresse [fol. v]: Den fursichtigenn, ersamenn vnnd weisenn maister vnnd rate der stat Straßburg, vnserenn besonnder liebenn vnnd gueten freunden. AMS, AA 2007, Nr. 7, fol. r/v.
Anhang: Briefe zum Wirken der Straßburger Prediger in Augsburg
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Nr. 3 Der Augsburger Rat an den Straßburger Rat [Augsburg], 26. Januar 1531 Angesichts der Größe der Augsburger Gemeinde und des Reichtums Straßburgs an gelehrten Predigern bittet der Augsburger Rat, nach Wolfgang Musculus nun auch Bonifatius Wolfhart für Augsburg freizustellen. Er soll zunächst zur Probe und bei Gefallen dauerhaft angestellt werden.
Den fursichtigen, ersamen vnnd weysen maister vnnd rate der stat Straspurg, vnnsern lieben vnnd guten frunden, embieten wir, die ratgeben der stat Augs purg, vnnser fruntlich willig dienst vnnd was wir eeren, liebs vnnd guts vermögen, allzeit beuor. Fursichtigen, ersamen vnnd weysen, besonndern lieben vnnd guten frundt! Wiewol wir euer fursichtigkait, die vnns aus sonnderm mitleiden des mangels gnugsamer gelerter predicanten alhie hieuor ain berumbtenn man, benantlich Wolffgangen Musculum, an dem wir vnnd vnnser gemainde ain sonnder wolgefallen haben, auff vnnser bitlich anlanngen zugeschickt, noch vmb ainen gegrundten lerer der schrifft nit wol ansynnen dörffen, jedoch, diweil wir bericht werden, das ewer fursichtigkait fur annder mit der menige gelerter predicanten von gnaden Gottes rey[ch]lich versehen, vnnd wir dann nit zweyfeln, das ewer fursichtigkait vnns in zymblichen vnnd christlichen sachen zu wilfaren vnnd zum hochsten zu furdern genaigt, sonnder wir zu vnnser grossen commun, die des worts von hertzen begirig ist, noch mer guthertziger prediger notturfftig sein, so bitten wir dieselbigen ewer f[ursichtigkai]t gantz fruntlich, die welle dem herrn Bonifacio Wolffhardi vergunnen, das der sich auch zum furderlichsten alher verfuegenn, in seinen predigen hören lassen vnnd – souern wir vnns mit ime, wie wir verhoffen, vergleichen wurden – des predigampts beharlich alhie vnderfahen moge, vnnd vnns solhs vnnserer notturfft nach nit verzeyhen, inmassen zu ewer fursichtigkait vnser hoch vertrawen steet, des wellen wir vnns von ewer f[ursichtigkai]t loblich berumen, darzu wo es zu schulden kumpt, williglich vnnd gern verdienen. Datum auff xxvi. tag ianuarii, anno etc. xxxi. Adresse [fol. v]: Den fursichtigen, ersamen vnnd weysenn maister vnnd rate der stat Straspurg, vnnsern besonndern lieben vnnd guten frunden. AMS, AA 2007, Nr. 6, fol. r/v.
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Nr. 4 Der Augsburger Rat an den Straßburger Rat [Augsburg], 4. März 1531 Dank für die Sendung Bonifacius Wolfharts, der in Augsburg als Prediger angenommen wurde.
Den fursichtigenn, ersamen vnnd weisenn maister vnd rat der stat Straßburg, vnsern besunder liebenn vnnd guetenn freundenn, embieten wir, die ratgeben der stat Augspurg, vnser freuntlich willig dienst vnnd was wir eeren, liebs vnd guets vermogen, alle zeit beuor. Fursichtigen, ersamen vnnd weisen, besunder liebenn vnd guet freund! Euer f[ursichtigkai]t wir fruntlichenn danck sagenn, dass vnns die Boni facium Wolfhart zugeschickt, dann wir ine zu einem verkunder vnnd predicanten des heiligenn goteswort aufgenomen haben, mit so freuntlichem erbie ttenn, wa wir solichs inn dergleichen vnd mererm vmb euer f[ursichtigkai]t kondenn erwidern vnnd verdienen, das wir des alle zeit berait vnnd willig erfunden zu werdenn begerenn. Datum auff den vierden tag marcii, anno etc. xxi. Adresse [fol. r]: Den fursichtigenn, ersamen vnd weisenn maister vnnd rat der stat Strasburg, vnser besunder liebenn vnd guetenn freundenn. AMS, AA 2007, Nr. 5, fol. r/v.
Nr. 5 Bonifatius Wolfhart an den Straßburger Rat Augsburg, 6. März 1531 Wolfhart wurde in Augsburg als Prediger angenommen, wäre aber lieber in Straßburg geblieben. Er bittet, die Hebräischlektur aufs Beste zu versehen. Da Augsburg gegenwärtig die Gewährung des Bürgerrechtes aussetzte, bittet Wolfhart darum, Straßburger Bürger bleiben zu dürfen. Die dafür jährlich anfallende Steuer will er entrichten.
Myn willig, gevlissen dienst zuuor, streng, edel, vest, fursichtig, ersam, weyß, gnedig herrnn. Nachdem mich e[uer] G[naden] gen Augspurg geschikt, binn ich von inen zum predigampt vffgenomen, wie wol ich lieber bey e[uer] G[naden] wolt pliben syn, wo es also der wil Gottes gewesen. So es aber ye Gott also verfügt, bedanck ich mich vffs höchst aller guttheyt, so mir von e[uer] G[naden] bewisen, wo ich auch solhs vmb euch, myn g[nädige] H[erren], wiste zu uerdienen, wolt ich gantz willig vnd geflissen seyn. Die hebreysch lectur mögen e[uer] G[naden] vffs best versehen sampt dem helferstandt, vnd wo ich bey e[uer]
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G[naden] daß burgrecht behalten möchte, diweyl ich keym andernn herrn geschworen binn, dann die von Augspurg noch zur zeit weder mich noch ander zu burgern wollen vffnemen, wölt ich fur ein bsondere gnad vnd fruntschafft erkennen vnnd gern jarlich myn steur vnd noch auch waß sich vff den stab geburt, wie ein ander inwonender burger vberantwurten. Wil mich hiemit eym ersamen rhatt alß mynen gnedigen herrnn in aller vndertenigkeit beuolhen haben. Geben Augspurg am sechsten tag marcii, anno etc. 31. E[uer] G[naden] vnderteniger vnd gehorsamer Bonifacius Wolfhart, burger zu Straßburg. Adresse [fol. v]: Den strengen, edlen vnd vesten, fursichtigen, ersamen vnd weysen meister vnd rhatt der statt Straßburg, meinen gnedigen herrnn. AMS, AA 2007, Nr. 4, fol. r/v.
Nr. 6 Der Augsburger Rat an den Straßburger Rat [Augsburg], 18. Oktober 1531 Der Augsburger Rat bedankt sich für die vermittelten Straßburger Prediger, unter anderem für Theobald Nigri, der sein Amt an St. Ulrich versieht, bis Caspar Glaser, der Lehrer des jungen Markgrafen Philipp von Baden, zur Verfügung steht. Die Augsburger bitten den Straßburger Rat, Nigri, der ein beliebter Prediger ist, auch über den kommenden Winter an St. Ulrich zu belassen, da Glaser noch nicht zurückkehren wird.
Den fursichtigenn, ersamenn vnnd weisenn maister vnnd rat der stat Straßburg, vnsern besunder liebenn vnnd gueten freunden, embieten wir, die ratgeben der stat Augspurg, vnser freuntlich willig dienst, auch was wir eeren, liebs vnnd guets vermögen, alle zeit zuuor. Fursichtigen, ersamen vnnd weisen, besunder liebenn vnd guet freundt! Euer f[ursichtigkai]t von wegen der predicanten, die vnns die hieuor zugeschickt haben, wir freuntlichen danck sagenn mit freuntlicher erbietung, wa wir das vmb euer f[ursichtigkei]t inn dergleichenn vnnd mererm konden vnd wißten zu verdienen vnd zu uergleichenn, weren wir deß alle zeit bereit vnd willig. Vnd ferrer, als e[uer] f[ursichtigkai]t vnns auf betlich anruffen vnserer mitburger Sant Vlrichs pfarre nach den ersten zukomen predicanten meister Diepoldenn, pfarrer zum Alten Sant Peter, ob vnsers gn[ädigen] H[erren], des jungen marggrafen zu Baden etc. praeceptor, meister Caspar, ledig werden vnnd herkomen, das gotswort alhie zu predigen, ein zeit lanng geliehenn, welhe zeit villeicht nun malen aus sein möchte, habenn vns aber jeczo widerumb dieselben vnser mitburger, dieweil sie den genanten meister Diepoldenn auch gebeten, mit fleis angesuocht, vnnd innsonder, so der genant meister Caspar noch nit ledig ist, damit gedachtem maister Diepolden noch disenn winter, vnbenomen seiner
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obgemelten pfarre einkomenn, alhie zu predigenn, guetlich vergennt vnnd erlaubt wurde, bey e[uer] f[ursichtigkai]t fruntlich zu furderen, das wir mit fueg nit waigern mögenn, denselben meister Diepolden an sein predigen gern hören. Ist demnach vnser freuntlich bete, e[uer] f[ursichtigkai]t wollen ime egerurtermassen nochmalen freuntlich vergennen vnnd erlaubenn, vnd euch inn dem so freuntlich beweisenn. Damit gedacht vnser burger dieser vnnser furschrift genossen [zu] haben, befinden. Das vmbe[uer] f[ursichtigkai]t freuntlich zu gedienen wir alle zeit berait vnnd willig sein. Datum auf xviiiten tag octobris, anno etc. xxxi. Adresse [fol. v]: Den fursichtigenn, ersamenn vnnd weisenn maister vnd rat der stat Straßburg, vnseren besunnder liebenn vnd guetenn freundenn. AMS, AA 2007, Nr. 3, fol. r/v.
Nr. 7 Theobald Nigri an den Straßburger Rat Augsburg, 11. Dezember 1531 Obwohl Nigri meint, nicht mehr lange in Augsburg bleiben zu müssen, da er längst gerne wieder in seiner alten Wirkungsstätte Alt-St. Peter in Straßburg wäre, soll seine Frau mit den Kindern zu ihm nach Augsburg kommen.
Edeln, gestrenng, ernuest, fursichtig, ersam, weis, gnedig vnnd gunstig herrn! Eur gnaden sein mein vnnderthenig gehorsam ganntz willig diennst meins hochsten vermugens alzeit zuuor. Eur gnad tregt vnzweifel noch gut wissenn, wie ich mich verschinen sunners vff gestrenng unnd vleissig ansuchen e[uer] G[naden] predicanten zu Straßburg, auch e[uer] G[naden] beuelch, wiewol meinthalben beschwerlich vnnd vngelegen, alls der gehorsam bewilligt hab, alher gon Augspurg etlich wuchen das hailig euangelium zu predigen mich zu thun, des ich nun mit getrewem vleiss, souil ich gnad von Got gehabt, gethon vnnd noch; Aber des gemuets gewesen, verschinen herbst mich widerumb zu e[uer] G[naden] vnnd meinen lieben pfarrkhinden daselbs zu thun, von denen ich nie zu stellen vnd noch nit, so lanng ich e[uer] G[naden] vnnd inen gefellig, willenns, sonder bey inen mein vbrigen zeit vnnd tag alls in meinem vatterlannd zu uerzeren fur anndere ort begirig bin. So hat doch e[uer] G[naden] vnnd gunst auf ansuchen aines erbarn raths alhie zu Augspurg inen vff ir gethonn begern widerumb geschriben, das ich disen gegennwurtigen winter noch hie pleiben unnd verharren mug vnnd solle, wie e[uer] G[naden] waißt, des ich allso demselben beuelch nach, wiewol mit vnstaten, thun muß. Derhalbenn ich aber so von vil frumben, erbarn unnd theuren leuten hie taglichs angesucht wurd, mein eeliche haußfraw zu mir alher – doch on mein erssten – zu berueffen vnnd komen zu lassen, des ich inen, nicht vmb frewd oder kurtzweil wegen, diser
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clainen zeit so ich noch, wie obsteet, hie pleibe, vnnd ir dieweil wol geratenn mocht, sonnder mer von wegen meins haußhabens, darzu versaumnus meiner khindern, die, alls ich sorg, nit so wol vnnd Got forchtsam, als so sie bey mir wern erzogenn vnnd gelert werden, zu thun nachgeben vnnd bewegen hab lassenn, allso hiemit nach ir zu schicken. Das hab e[uer] G[naden] ich alls mein gnedigen vnnd gunstigen liebsten herrn nit vnangezaigt oder verhalten lassen wollen, mit hochstem vnnd diemuetigstem vleissigem pit, die wöllen mir solhs nit vngnediger oder annderer maynung dann wie obsteet annemen oder alls ob ich on e[uer] G[naden] wissen solhs hanndlen oder darmit vonn derselben stellen wöllt, des ich doch gar nit gedennckh zu thun, sonnder wie obangezaigt mein lebenn bey e[uer] G[naden] vnnd gunst alls in meinem [S. 482] vaterlannd vnnd meinem pfarrvolckh zu dem alten Sannt Petern, so lanng ich inen gefellig vnnd tauglich, fur alle menschen mitt höchstem vleiss zu diennen von hertzen genaigt vnnd begirig bin vnnd alßdann mit gnaden vnnd hilff des almechtigen Gottes die versaumbte zeit yetzo hie bey inen mit grossem vleiss widerumb zu erstatten. Darum thu e[uer] G[naden] ich mich in vnnderthenigkait also gnedigclich zu bedenncken beuelhen, die Gott vnnser aller gnedigster vater von himel durch seinen geliebten sun Christum Jesum in statem vffnemen gemainer statt nutz, eer unnd wolfart vnnd zu beharlichen ewigen friden, auch e[uer] G[naden] sonndere personen alle an sele, leib, eher vnnd gut furdern vnnd erhalten wölle. Datum Augspurg, den ailfften decembris anno 1531. E[uer] G[naden] vndertheniger, ganntz williger burger Diebolt Schwarz Adresse [S. 483]: Den gestrenngen, edeln, ernuesten, ersamen, weisen N. N., mayster vnnd rhat der loblichen freystat Straßburg, meinen gepietennden, gunstigen vnnd gnedigen herrn. Her Diebolt Schwartz zeygt an, das er syn wyb hab beuolhen zu im zu bringen. Empfangen vff Montag, den 18 decembris, anno etc. 31. AST 43, Nr. 161, S. 481–483.
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Nr. 8 Theobald Nigri an den Straßburger Rat Augsburg, 18. April 1532 Der Augsburger Rat will Nigri, der längst gerne nach Straßburg in seine Pfarrei Alt-St. Peter zurückgekehrt wäre, noch bis Pfingsten in Augsburg behalten, bis ein Nachfolger für ihn gefunden ist.
Strenngen, edeln, ernuesten, fursichtigen, weisen, gnedigen herrn, e[uer] G[naden] seien mein ganntz willig pflichtige diennst alle zeit zuuor etc. Nachdem vff pitlich annsuchen aines ersamen raths von Augspurg e[uer] G[naden] meinethalbenn bewilliget, den verganngen winter da zu predigenn, habe ich vff necht verruckhte osteren wollen vffprechenn vnnd mich widerumb zu e[uer] G[naden] haym gen Straßburg zu meinen lieben pfarkhinndern zum allten S. Petter verfuegen. Deßhalben mit ernnst trunglichen angehalten bei der oberkhait vmb ain abschaide. Dagegenn haben mich die ersamen, fursichtigen burgermaister vnnd zechpfleger von der gemain wegen mit hohem vleiss gepe ttenn, weiters noch, wo nit gar, das sie vil lieber gesehenn, bis pfingsten zu beharren, vff welhe zeit sie aigenntlich ain anndern an mein stat zu bekhomen verhoffen. So habe ich aber sunder e[uer] G[naden] vorwissen, willenn vnnd ausgetruckhtem gunst nit wollen bewilligen, dann ich auch vast lanng vnnd vber das verhofft zill mit meiner vnstatlich[k]ait auspliben vnnd nu gar vil lieber zu Straßburg bey meiner kirchen were. Seittenmale aber die obrigkhait zu Augspurg sich aus hoher zuuersicht solhs bey e[uer] G[naden] zu erlanngen vngezweiuelet verhoffet, darauff ain aigen pottenn hie mit brieuen abgefertiget vnnd auch die zeit nit lanng ist, habe ich solher anntwurt wollenn erwarten, gleicher hoffnung, e[uer] G[naden] werde mir solhs nit verarigen, hiemit pittennde, e[uer] G[naden] wolle noch vols dise zeit ain gedult mit mir tragen; will ich, ob Got will, mit nachgeenndem vleiss erstatten vnnd verdiennen. Hiemit will ich mich e[uer] G[naden] inn aller vnnderthenigkhait befolhenn haben. Datum Augspurg, den 18 tag aprilis, Anno etc. xxxij. E[uer] G[naden] vnndertheniger, gehorsamer burger Diepolt Schwartz Adresse [S. 486]: Den edlen, strenngen, ernuesten, ersamen, fursichtigen weisen herrn, maister unnd rhatt der loblichen freystatt Straßburg, meinen gnedigenn herrn. AST 43, Nr. 162, S. 485 f.
Anhang: Briefe zum Wirken der Straßburger Prediger in Augsburg
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Nr. 9 Theobald Nigri an den [Straßburger Rat] [Straßburg, Sommer 1532] Trotz guter Bezahlung in Augsburg hatte Nigri für sich und seine Familie hohe Unterhaltskosten und fordert deshalb die Pfarrbesoldung, die der Rat für seine Stelle Alt-St. Peter zurückbehalten hat, wieder ein, um seinen Verpflichtungen nachkommen zu können.
Strengen, edlenn, erenuesten, fursichtigen, ersamen, weysen, gnedigen herren! Nachdem euwer gnad beuolhen, von der pfarrbesoldung zum Alten Sanct Peter, souil daran ich als ein pfarherr wüchlichen pflegt hab zu entpfahen, yn zu behalten die zeit, als ich mein hußfraw vnnd etlich meiner kinder vff vilfeltiges anhalten der pfleger zu Sanct V[l]rich zu Augspurg, welcher pfarr ich vff e[uer] G[naden] bewilligung vnnd eins ersamen raths von Augspurg beger gedienet habe, füge ich e[uer] G[naden] vndertheniger meynung zu wyssen, das mich die pfarpfleger gedachter pfarr zu Sanct U[l]rich zu Augspurg gehalten haben in gemeiner pfarrbesoldung doselbet, die des iares ist hundertfunfftzig gulden; auch zur zerung wider her sechs gulden, zu welchem mir ein ersamer rath daselbst noch sechs gulden gethan, vnnd das pfertlin, so ich geritten, geben hatt. Ist mir doch, als ich mein haußfraw zu mir berüffet, vnnd in dem widerker, do ich den gantzen kosten hab geben müssen, zu dem das ich zu Augspurg, angesehen, das es des orts alles so theur gewesen, verthan, so vil auffgangen, das ich in der warheyt nur ein rock in dem dienst erübriget. In dem hab ich noch ein kind hie verlassen, des costen ich nun betzalen muß; so haben mir etliche bruder gedienet in versehung der pfarr, deren etlich auch wol bedörfften, das ichs gegen inen erkennet, welches ich zu thun, wo ich dasselbig schuld vnnd anderer notturfft halb vermöcht, wol geneigt were. Bitt deßhalb g[nädige] H[erren] auffs demüttigest, e[uer] G[naden] wölle ansehen mein unnd meiner kinde notturfft vonn dem, das auß e[uer] G[naden] beuelch von der pfarrbesoldung wie gemelt ynbehalten ist, mich gnedigklichen bedencken. Beger ich in getruwen diensten der pfarr vnd sunst, warin mir möglich, in aller vnderthenigkeit zu beschulden. Lasset mich e[uer] G[naden] beuolhen sein. E[uer] G[naden] vndertheniger burger Diebolt Schwartz [Adresse fehlt] AST 43, Nr. 163, S. 487.
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Kohls, Erasmus = Ernst-Wilhelm Kohls, Erasmus und die werdende evangelische Bewegung des 16. Jahrhunderts, in: Joseph Coppens (Hrg.), Scrinium Erasmianum 1, Leiden 1969, S. 203–219. Kohls, Hubert = Ernst-Wilhelm Kohls, Konrad Hubert (1507–1577) als Schreiber der von Martin Bucer verfaßten Gutachten für die Ulmer Kirchenordnung von 1531, in: Ulm und Oberschwaben 39 (1970), S. 81–88. Kohls, Lebensaufgabe = Ernst-Wilhelm Kohls, Die theologische Lebensaufgabe des Erasmus und die oberrheinischen Reformatoren. Zur Durchdringung von Humanismus und Reformation, Stuttgart 1969 (= Arbeiten zur Theologie, 1. Reihe, Heft 39). Kohls, Theologie = Ernst-Wilhelm Kohls, Die Theologie des Erasmus, Bd. 1–2, Basel 1966 (= Theologische Zeitschrift, Sonderband I, 1–2). Kohnle, Reichstag und Reformation = Armin Kohnle, Reichstag und Reformation. Kaiserliche und ständische Religionspolitik von den Anfängen der Causa Lutheri bis zum Nürnberger Religionsfrieden, Gütersloh 2001 (= Quellen und Forschungen zur Reformationsgeschichte 72). Kooistra, Strasbourg Priests = Milton Kooistra, Capito’s Concerning Three Strasbourg Priests and the Removal of the Goods from the Church (1525), in: Erika Rummel und Milton Kooistra (Hrgg.), Reformation Sources. The Letters of Wolfgang Capito and his Fellow Reformers in Alsace and Switzerland, Toronto 2007, S. 201– 241. Krüger, Bucer und Erasmus = Friedhelm Krüger, Bucer und Erasmus, in: Christian Krieger und Marc Lienhard (Hrgg.), Martin Bucer and Sixteenth Century Europe, Actes du colloque de Strasbourg (28–31 âout 1991), Bd. 2 , Leiden 1993, S. 583–594 (= Studies in Medieval and Reformation Thought 53). Krüger, Untersuchung = Friedhelm Krüger, Bucer und Erasmus: Eine Untersuchung zum Einfluss des Erasmus auf die Theologie Martin Bucers (bis zum EvangelienKommentar von 1530), Wiesbaden 1970 (= Veröffentlichungen des Instituts für Europäische Geschichte Mainz 57). Kuhr, Kirchenzucht = Olaf Kuhr, »Die Macht des Bannes und der Busse«. Kirchenzucht und Erneuerung der Kirche bei Johannes Oekolampad (1482–1531), Bern u. a. 1999 (= Basler Studien zur historischen und systematischen Theologie 68). Lavater, Verbesserung der Reformation = Hans Rudolf Lavater, Die »Verbesserung der Reformation« zu Bern, in: Gottfried Wilhelm Locher (Hrg.), Der Berner Synodus von 1532. Edition und Abhandlungen zum Jubiläumsjahr 1982. Bd. 2 : Studien und Abhandlungen, Neukirchen-Vluyn 1988, S. 35–117, 354–367 (Beilagen). Leijssen, Bucer en Thomas = Lambert Leijssen, Martin Bucer en Thomas van Aquino. De invloed van Thomas op het denkpatroon van Bucer in de commentaar op de Ro meinenbrief (1536), Diss. masch. Leuven 1978. Liebenberg, Ehre Christi = Roland Liebenberg, Die Ehre Christi und der Kampf um die Einheit. Martin Bucers theologische Überlegungen zur Einheit der reformatorischen Bewegung nach dem Marburger Religionsgespräch, in: Martin Bucer zwischen Luther und Zwingli, hrg. v. Matthieu Arnold und Berndt Hamm, Tübingen 2003 (= Spätmittelalter und Reformation Neue Reihe 23), S. 30–48. Lienhard, Toleranz = Marc Lienhard, Religiöse Toleranz in Straßburg im 16. Jahrhundert, Stuttgart 1991 (= Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften und der Literatur in Mainz. Geistes- und Sozialwissenschaftliche Klasse 1).
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Personenregister Abel, Jacob 189, 202 Agricola, Rudolph 85, 88 Agricola, Stephan 8, 158, 160, 211 Aitinger, Konrad 74 Alber, Matthäus 129 Albrecht I. von Brandenburg-Ansbach, Herzog von Preußen 61, 166 Albrecht II. von Brandenburg, Erzbischof und Kurfürst von Mainz 16, 21– 23, 187, 189, 200, 203 Albrecht III. bzw. VII. von Mansfeld 111 Aleander, Hieronymus 22, 25, 189 Alger von Lüttich 148 Amerbach, Veit 41, 138, 148 Andronicus, Fortunatus 5, 83 f., 87 f., 90 f., 139 Anselm, Valerius 195 Apiarius, Matthias 199, 202 f. Apollos Missionar in Korinth 105 Aquin, Thomas von 115, 144, 154 Aristoteles 115, 117 Augustinus, Aurelius 105, 214 Bader, Augustin 196 Bader, Sabina 196 Beck, Paulus 176 f. Berler, Matern 31 Berner, Alexander 161 Bertschi, Markus 125, 128 Besserer, Bernhard 64, 66, 74 f., 175, 177, 179 f. Besserer, Georg 21, 179 Biggel, Werner 209 Blankenstein, Friedrich von 41 Blarer, Ambrosius 5, 8, 55–60, 65, 67–70, 73 f., 78, 110, 113, 128 f., 131–134, 141, 143, 160, 165, 168, 170–175, 177–181, 186, 191, 193, 195 f., 198 f., 201 f., 204, 209, 213–215
Blarer, Margarethe 59, 103, 171–173, 175, 196 Blarer, Thomas 9, 69, 171, 193, 214 f. Bock, Hans 28 Bodenstein, Andreas 99 f., 146 Brant, Sebastian 30–32, 39, 113 Brenz, Johannes 63 f., 67, 79, 174 Briesmann, Johannes 206 Brück, Gregor 207 Brunfels, Otto 150 f. Bucer, Elisabeth 173 Bugenhagen, Johannes 18, 23, 63 f., 79, 130 Bullinger, Heinrich 4–6, 46, 54–62, 83 f., 93–97, 109, 112, 114–124, 198 Busche, Hermann von dem 42 Calvin, Johannes 46, 96, 126 Camerarius, Joachim 211, 213 Cammerlander, Jakob 130 Campanus, Johannes 130 Campeggio, Lorenzo 22, 25 Capito, Agnes → Röttel, Agnes Capito, Wolfgang 9, 42 f., 49, 59, 68, 74, 103, 128, 131, 141, 149, 159, 165 f., 187– 204, 207, 215 Cellarius, Martin 190–192 Ceneau, Robert 153 Chrysostomus, Johannes 43, 95, 106 Clichthove, Josse 152 Cochlaeus, Johannes 152 Cornelius (Hauptmann) 183 Cratander, Andreas 41–43 Denck, Hans 132 Denzler, Ulrich 56 Eck, Johannes 141, 152, 171, 177 Edlibach, Hans 57
250
Personenregister
Ehinger, Weiprecht 74 Engelbrecht, Anton 188 f. Engelhardt, Heinrich 209 Erasmus von Rotterdam, Desiderius 4, 7 f., 43, 137–153, 188, 193, 199–202 – Mitarbeiter 42 Ernst I. Herzog von BraunschweigLüneburg-Celle 211, 214 f. Exel, Wilhelm 193
Hoen, Cornelisz 101, 146 Hoffman, Melchior 107, 130 Hofmeister, Sebastian 192 Hoogstraten, Jacob van 187 Huber, Kaspar 166 Hubert, Konrad 68, 84, 172 Hübschi, Lienhard 197 Hutten, Ulrich von 150 f., 187 f. Imhag, Peter 197
Fabri, Christoph 152 Ferdinand I. Römischer König 3, 15–17, 21, 23, 25, 48 Fonzio, Bartholomeo 135, 161 Franck, Sebastian 130, 132, 142 Frecht, Martin 59, 175 Froben, Johann 41, 199 Frosch, Johannes 158, 211, 213 f. Fugger 159 Geiler, Johann von Kaysersberg 30 f. Geldenhouwer, Gerard 140 f., 150 Georg Herzog von Sachsen 26 Gerbel, Nikolaus 207 Gienger, Margarete 180 Glaser, Caspar 224 Graf von Honstein, Wilhelm 31 f., 190, 203 Graffenried, Nikolaus von 197 Grebel, Konrad 102 Grimm, Sigmund 171 Grynaeus, Simon 55 f., 65, 125 f., 128 f., 196, 208, 215 Gundelsheim, Philipp 41 Haller, Berchthold 48, 111, 194, 196–198 Hatten, Maternus 188 Hätzer, Luwig 193 Haug, Wolfgang 16 Hausmann, Nikolaus 210 Hedio, Kaspar 42 f., 112, 190 f., 202 Heinrich VIII. König von England 208, 215 Held, Johann Heinrich 165, 168 Henneberg, Berthold von 31 Herlin, Martin 33 Herwagen, Johann 104 Hesekiel Prophet 92
Joachim II. Hector Kurfürst von Brandenburg 26 Johann Friedrich von Sachsen 16 f., 111 Johann I. Kurfürst von Sachsen 16–18, 23, 211 Johannes der Täufer 60 Jonas, Justus 18 Joris, David 44 f. Jud, Leo 4, 55–58, 61 f., 109, 114, 117, 120 f., 209 Judas Makkabäus 60 Karl IV. Kaiser 16 Karl V. Kaiser 3, 13–25, 32–34, 48 f., 60, 64, 70, 109, 157, 170 Karl von Burgund 30, 32 Karlstadt, Andreas → Bodenstein, Andreas Kastenbauer, Stefan → Agricola, Stephan Kautz, Jacob 102, 104 Keller, Michael 128, 159, 162–165, 167 f. Kniebs, Nicolaus 4, 33 f., 111, 113, 191 Köpfel, Wolfgang 203 Kruffer, Servas 42 Kuenlin, Melchior 74 Langnauer, Balthasar 218 f. Liechtenstein, Leonhard von 192, 195 Link, Wenzeslaus 19, 211 Ludwig V. Kurfürst von der Pfalz 21–23, 31 Lüthard, Johann 42 Luther, Martin 3, 6, 9, 13 f., 18 f., 23, 26, 49, 58–62, 67, 84, 91, 99, 102–107, 109– 111, 116–119, 121 f., 133, 137 f., 143, 148, 151, 158, 166 f., 171 f., 184, 187–189, 205–208, 210–216
Personenregister
– Lutheraner 6, 8, 22, 58, 61, 107–114, 123, 125, 128 f., 133, 138, 153, 158, 160, 164, 175, 206–210 Maier, Sebastian 158, 160, 164, 168 Mantz, Felix 102 Marbeck, Pilgram 2, 87, 100, 107, 130, 133, 173 Maria Mutter Jesu 89, 176 Marius, Augustin 8, 184 Mauch, Daniel 176 Maximilian I. Kaiser 27, 30–32 Megander, Caspar 197 f. Melanchthon, Philipp 4, 9, 18, 56, 58 f., 107, 110, 142, 151, 153, 170, 200, 205– 209, 211–216 Menius, Justus 213 Meyer, Jakob (Gesandter Straßburgs) 24, 111 Meyer (zum »Hasen«), Jakob 39 Meyer (zum »Hirzen«), Jakob 44 Meyer, Bernhard 34 Mickwitz, Hans von 111 Murner, Thomas 99, 203 Musculus, Wolfgang 158–165, 168 f., 192, 200 f., 218, 220 f. Myconius, Oswald 46, 204 Nesen, Wilhelm 151 Nigri [Schwarz], Theobald 8, 158–165, 169, 224, 226–228, 230 Ockham, Wilhelm von 118 Oekolampad [Husschin, Huszgen], Johannes 1, 4 f., 42–48, 55 f., 59, 65, 67– 70, 73 f., 78, 106, 108 f., 125, 160, 166, 172, 174, 178, 184, 207, 209–212, 214 – Tod 15, 20, 46, 98 Oekolampad, Aletheia 196 Oekolampad, Eusebius 196 Oekolampad, Irene 196 Oekolampad, Wibrandis → Rosenblatt, Wibrandis Osiander, Andreas 79 Oßwald, Georg 8, 69, 170 f., 175–179, 181–186 Ottmar, Silvanus 70
251
Paulus (Apostel) 105, 116, 122 f., 183, 209 Pellikan, Konrad 41 Petri, Adam 41 Petrus (Jünger Jesu) 116 Pfarrer, Mathis 33 Pflug, Johannes 200 Philipp I. Landgraf von Hessen 15, 17, 21 f., 206, 209, 211 Philipp I. Markgraf von Baden 224 Phrygio, Paul 125 f. Piccolomini, Enea Silvio 41 Pirckheimer, Willibald 42, 138, 147 Pius II. Papst 41 Planitz, Hans von der 111 Rauchschnabel, Erasmus 74 Rehlinger, Ulrich 195 Reublin, Wilhelm 42, 103 Rhegius, Urbanus 203, 209 Rhenanus, Beatus 138, 150, 188 Rihel, Wendelin 203 Rode, Hinne 100, 146 Röist, Diethelm 209 Rosenblatt, Wibrandis 196 Röttel, Agnes 190, 195 Sacharja (Prophet) 92 Sailer, Gereon 59, 158–168, 200 f. Sam, Konrad 49, 59, 65–68, 70, 74, 78, 128, 174 f., 177 Schenck Freiherr von Erbach, Georg 130 Schenckbecher, Lorenz 203 Schultheiß, Wolfgang 131 f. Schwarz, Theobald → Nigri, Theobald Schwebel, Johannes 199 Schwenckfeld, Kaspar von 8, 107, 132, 161, 163 f., 168, 190 Seckingen, Hans von 32 Servet, Michael 2, 7, 45, 130, 193–195 Setzer, Johann 131 Sickingen, Franz von 42, 187 f. Sigismund Erzherzog von Österreich 30 Sleidan, Johannes 15 f., 21 Sokrates 60 Sopher, Gervasius 203 Spalatin, Georg 158, 187 f. Spiegel, Jacob 188 Spielmann, Anton 197
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Personenregister
Stadion, Christoph von 159 Stephanus (urchristlicher Märtyrer) 60 Streitten, Franz von 130 Stürler, Peter 197 Sturm, Jakob 3, 18, 21, 24, 28, 32–34, 107, 111, 113 Sturm, Ott 32 Suleyman II. Sultan 3, 13, 21 Syrlin, Jörg 176 Theopylakt von Achrida 43 Thomann, Nicolaus 177 Tillmann, Bernhard 197 Trapezunt, Georg von 138 Traversari, Ambrosius 138 Treger, Conrad 203 Tunstall, Cuthbert (Bischof von Durham) 147 Ulrich Herzog von Württemberg 20 f. Vadian, Joachim 65, 69, 178 Vögeli, Georg 175 Weinmaier, Michael 164, 168 Welser 159
Wencker, Jakob 43 Wimpfeling, Jakob 42, 188 Wirsung, Christoph 200 Wolff, Hans 103 Wolfhart, Bonifatius 8, 108, 112 f., 120 f., 123 f., 128, 158–169, 221–223 Wurmser, Nikolaus 202 Wyttenbach, Thomas 110 Zapolya, Johann 21 Zell, Matthias 112, 189 Ziegler, Clemens 132 Zwick, Johannes 171 Zwick, Konrad 171 Zwingli, Anna 59 Zwingli, Huldrych 1, 4, 6, 9, 15, 20 f., 43, 46, 48–52, 54–56, 58–62, 65, 67, 69, 93, 95, 98, 103–105, 107–111, 116 f., 121 f., 128, 144, 157, 166, 172, 174, 190–193, 195, 209–216 – Tod in der Schlacht von Kappel 15, 46, 55, 58–60, 98, 195, 215 – Zwinglianer 8, 23 f., 108 f., 142, 147, 157 f., 161 f., 165, 207, 214
Ortsregister Aachen 17 Aare 59 Albis 20, 56 Alpirsbach 171, 178 Altomünster 42 Anhalt-Bernburg 20 Appenzell 50, 54 Augsburg 8 f., 13, 39, 55, 70, 112, 157 f., 160 f., 166 f., 169, 201, 218, 223 – Brüder 108, 167 – Drucker 70, 171 → Silvanus Ottmar, Sigmund Grimm – Innen- und Religionspolitik – Reichstag (1530) 1, 3, 13–16, 21 f., 66, 110, 142–145, 157, 170, 181, 205– 207 – Kirchenordnung (1534) 79 – Kirchenordnung (1537) 8, 64, 79 – Reichsabschied und Religionsfrieden (1555) 13, 15, 17 f., 20–23, 26, 53, 174 – Constitutio Criminalis Carolina (1532) 25 – Prediger 157 f., 161–169, 200 f., 211, 215, 217 – aus Straßburg gekommene Prediger 159–161, 165 – Kirchen und Klöster – Gemeinde 221 – Heilig Kreuz 159 → Wolfgang Musculus – Barfüßerkirche 159, 162 → Michael Keller, Wolfgang Haug – Friedenspredigt Bucers (Juni 1531) 8 – Dom 42 – St. Anna 158, 160 – Gymnasium 163 → Bonifatius Wolfhart – St. Georg 160 → Sebastian Maier
– St. Moritz 160 → Bonifatius Wolfhart – St. Ulrich 160, 162, 224, 230 → Theobald Nigri – Heilig-Geist-Spital 164 → Michael Weinmaier – Wirkung des Luther-Briefes vom 3. Januar1532 166 – Suche nach Führungspersönlichkeit 168 – Städtische Institutionen – Rat 70, 159, 163, 218, 220–222, 224, 228 – Bürgermeister 195 → Ulrich Rehlinger – Patrizier 159 → Fugger, Welser – Stadtarzt 158 f. → Gereon Sailer – Vorübergehende Aufenthalte Einzelner – Bucer 160, 169 – Wolfgang Capito 166, 197 – Ambrosius Blarer 168 – Theobald Nigri 226, 228, 230 Avranches 153 Baar 51 Baden 224 → Philipp I. von Baden – Disputation (1526) 203 Basel 2, 4, 21, 34, 39–42, 44–47, 50, 67, 100, 125, 127 f., 150, 184, 194 – Drucker 43, 199 → Andreas Cratander, Hieronymus Froben – Städtische Institutionen – Rat 43, 65, 67 – Bürgermeister 34 → Bernhard Meyer – Zünfte 4 – Innen- und Religionspolitik – Geistliche 46, 101 → Oswald Myconius
254
Ortsregister
– Kirchen/Gemeinden 45 f. – Münster 45 → Johannes Oekolampad – St. Martin 43 → Johannes Oekolampad – St. Peter 125 → Paul Phrygio – St. Alban 42 → Wilhelm Reublin – Reformatoren 20, 42, 47, 67, 74, 172 → Johannes Oekolampad – Konzil (1431–1449) 40 f. – Fastenbrechen (1522) 42 – Kirchenordnung (1529) 70, 73 – Außen- und Bündnispolitik 15, 30, 34, 39 – Friedensschluss mit Fünf Orten 53 – Vorübergehender Aufenthalt Einzelner – Johannes Calvin 46 – Martin Bucer 187 – Wolfgang Capito 197 f. Baselbiet 40, 44 Bayern 64 Belgrad 13 → Suleyman II. Bern 21, 34, 39, 45, 49–51, 55, 61, 114, 195–198 – Innen- und Religionspolitik – Obrigkeit 44 – Disputation (1528) 105, 108, 171, 194, 197 f. – Außen- und Bündnispolitik – und die Schlacht von Kappel 51–53 – Bündnis mit Philipp I. von Hessen 15 – Vorübergehender Aufenthalt Einzelner – Wolfgang Capito 197 Bevaix 84 Biberach 2, 20, 64, 174 f. Böhmen 16 Brandenburg – Kurfürst 26 → Joachim II. – Brandenburg-Ansbach 111 – Brandenburg-nürnbergische Kirchenordnung 73 Braunschweig – Kirchenordnung 64, 72 – Braunschweig-Lüneburg 20 – Herzog 211, 214 f. → Ernst I. – Braunschweig-Grubenhagen 20 – Braunschweig-Wolfenbüttel 34
– Kirchenordnung (1543) 64 Bremgarten 52 f., 56 Coburg – Veste 206, 209, 211 Dänemark – Kirchenordnung (1537) 64 Deinikon 53 Durham 147 Ebernburg 42, 187 → Ulrich von Hutten Elbe 59 Elsass 30, 48, 130 Esslingen 20, 57, 134, 168, 174 f., 180, 196 → Ambrosius Blarer Flandern 44 Frankfurt a. M. 22, 28, 32, 215 Frankreich 52 Freiburg i. Br. 32 f., 41, 50, 140 Geislingen 2, 8, 67, 174–181, 186 – Spitalkirche 177 → Paulus Beck – Stadtkirche 177 → Georg Oßwald – Aufstand gegen Ulm 176 Glarus 50, 54 Göttingen – Kirchenordnung (1531) 72 Grandson 34 Graubünden 44 Gubel 52, 56 Hagenau 31, 130 f., 193 Hamburg – Kirchenordnung (1529) 64 Heidelberg 42, 176, 187 f., 205 f. Heilbronn 42 Helfenstein 176 Hessen 20 f., 48 f., 54, 57, 65 – Landgraf 17, 209 → Philipp I. – Reformationsordnung (1539) 64, 79 Hildesheim – Kirchenordnung (1542/44) 64 Hof a. d. S. 160 Horb a. Neckar 192 Ingolstadt 171, 176
Ortsregister
Innsbruck 48 Isny 20, 175 Italien 103 f. Jerusalem 134 Kaana 89 f. Kappel – Erster Kappeler Krieg (1529) 48 f. – Zweiter Kappeler Krieg (1531) 2, 4, 20, 44, 48–62 – Niederlage der Protestanten 2, 4, 20, 51 f., 55 f., 58 f., 93, 96, 195, 215 – Tod Zwinglis 46, 55, 58, 93, 195, 215 – »Kappeler Brief« (10. Februar 1532) 54 – Landfrieden 1, 4, 26, 53, 57, 60–62, 109 – Rache für Kappel 52, 55 Kassel 216 – Konkordie (1534) 24 – Kirchenordnung (1539) 79 Kempten 106, 197 Köln 39, 187 – Kurfürstentag (24. Dezember 1530) 3, 16 – Reformationsordnung (1543) 64, 79 Konstanz 20 f., 41, 50, 54, 57, 65, 69, 73, 157, 175, 178, 185, 193, 197 – Herkunftsort Ambrosius Blarers 67, 168, 171 f. – Zuchtordnung (1531) 73 Krakau 195 f. Kuchen 176 Kursachsen 20, 49, 65, 111 → Johann I., Johann Friedrich Leipzig – Disputation (Juni/Juli 1519) 26 Liège 148 → Alger von Lüttich Lindau 20, 157, 171, 175, 197 Lombardei 40 Lübeck 39 f. – Kirchenordnung (1531) 64 Luzern 20, 46, 50, 203 Mailand 52 Mainz 42, 187, 189
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Mansfeld 20, 111 → Albrecht III. bzw. VII. Mantua 23 Marburg 105 – Religionsgespräch (1.-4. Oktober 1529) 110, 133, 190, 206 f. Memmingen 2, 20, 64, 74, 157, 171, 174 f., 196 f. – Artikel (26. Februar 1531) 73 Mohács – Schlacht (29. August 1526) 13 Munderkingen a. d. Donau 176 Murten 34 Nancy 32, 34 Neuchâtel → Neuenburg Neuenburg 52 Nördlingen 101 Nürnberg 28, 101, 111, 113, 157, 211 → Wenzeslaus Link – Friedensverhandlungen 21 f., 24 f. – Anstand (24. Juli 1532) 3, 15, 22–24, 26 – Brandenburg-nürnbergische Kirchenordnung (1533) 73 Oberdeutschland/Oberdeutsche 33, 125, 128, 214 – als Gruppe 2, 6, 109–114, 133, 214 – Theologen 151, 166 – Gemeinden 123 – Städte 18, 20 f., 24, 60, 107 – Muster der Reformation 48, 67, 108 Oberschwaben 67 Ostfriesland – Kirchenordnung (1529) 72 Padua – Universität 176 Paris – Sorbonne 153 Passau – Vertrag (2. August 1552) 22, 26 Pfalz 31 – Herzog 21–23 → Ludwig V. Pforzheim – Lateinschule 207 → Nikolaus Gerbel, Philipp Melanchthon
256
Ortsregister
Pommern 26 – Kirchenordnung (1534/35) 64 Pruntrut 41 Regensburg 34 – Reichstag (1532) 2, 13 f., 22–25, 113, 162, 205 – Religionsgespräch (10./11. Juli 1545) 76 Reutlingen 20 f., 66 – Kirchenordnung (1531) 73 Rhein/Oberrhein 31, 35, 40 f., 128, 141, 151 Rhodos 13 Rottenacker – Herkunftsort Konrad Sams 174 Sachsen 21, 24, 26, 111 – Kurfürst 17 f., 23 → Johann I. – Herzog 26 → Georg Savoyen 52 Schaffhausen 30, 50, 53 Schiltigheim 131 Schleswig-Holstein – Kirchenordnung (1542) 64 Schlettstadt 171 Schmalkalden – Bund 6, 17–21, 32–34, 49, 60, 107 – Gründung 3, 15, 17, 24 – Beitritt Ulms (1531) 66, 175 – Tagung des Bundes in Frankfurt (Dezember 1531) 215 – Bundestag 33, 215 – Erster Bundestag (Dezember 1530) 18, 111 – Zweiter Bundestag (März-April 1531) 111 – Krieg 20, 34 – Fürsten 34 Schwabach – Artikel (November 1529) 105 Schwaben/Oberschwaben 39, 67, 172, 180 Schwäbisch Hall 64, 174 Schweinfurt – Verhandlungen (1532) 2, 21 f., 24 f., 60, 106, 112–114, 123, 166
– Unterzeichnung der lutherischen Bekenntnisschriften 6, 108–110, 114, 124 Schweiz 2, 4, 15, 30, 34 f., 39 f., 46, 55 f., 60 f., 84, 111 f., 128, 133, 139, 148, 166, 203, 211, 214, 216 → Abendmahlsverständnis, Eidgenossenschaft, Basel, Fortunatus Andronicus – Westschweiz 49 – Ostschweiz 52 – Innen- und Religionspolitik – Religionskonflikt 1 f., 4, 15, 31, 48, 52, 54 – Reformation 15, 20, 48, 150 – Reformatoren 48, 61, 151, 194 → Johannes Oekolampad, Berchthold Haller, Huldrych Zwingli – Protestanten 48 f., 108 – Außen- und Bündnispolitik – und der Schmalkaldische Bund 6, 111 – Burgunderkriege 32 Schwyz 20, 50 Solothurn 50, 54 Speyer – Bischof 188 → Anton Engelbrecht – Reichstag (1529) 4, 25, 34, 65, 69 St. Gallen 44, 50, 54, 178 Straßburg 2 f., 5 f., 9, 15, 20 f., 24, 27–35, 39–43, 50, 55, 57, 63, 66–69, 71, 76, 83, 96, 111–113, 130, 132, 134, 137, 140– 142, 151, 157 f., 170, 174, 189–191, 193 f., 197, 200, 202 f., 206, 208, 214 – Drucker 104, 130, 199 → Johann Herwagen, Jakob Cammerlander, Matthias Apiarius – Städtische Institutionen – Rat 24, 28 f., 33, 43, 55, 60, 63, 66 f., 69, 103, 111, 113, 159, 195, 197 f., 203, 218–230 – Stettmeister 18, 32, 111, 113 → Jakob Sturm – Zünfte 28 – Stadtadvokat 30 → Sebastian Brant – Gesandter 32 → Hans von Seckingen – Außen- und Bündnispolitik 3, 24, 30– 32, 34, 48, 107
Ortsregister
– und der Schmalkaldische Bund 20 – Verbundenheit mit Eidgenossenschaft 4 – Christliches Burgrecht 54 – Innen- und Religionspolitik – Abendmahlstheologie 98, 101, 114, 213 – Reformation in Straßburg 29, 66, 70, 150 – Prediger 7–9, 43, 61 f., 65, 69 f., 76, 100–102, 112, 120, 130 f., 133, 160 f., 169, 171, 177, 207, 210, 217, 223 → Martin Bucer, Bonifatius Wolfhart, Nikolaus Gerbel – nach Augsburg entsandte Prediger 158–161, 163–166, 168, 224 – Spiritualisten 90, 102, 107, 131–133, 173 – Kirchenordnung (1534) 73, 79 – Straßburger Ordnung/Eherecht 71 – Besetzung des Bistums 31 – Bischöfe 31, 41 → Wilhelm Graf von Honstein, Friedrich von Blankenstein – Kirchen – Münster 159 → Wolfgang Musculus – St. Aurelien 189 → Matthias Zell – St. Thomas 43, 170, 189–191, 202 f. → Wolfgang Capito, Martin Bucer – Alt-St. Peter 226–228, 230 → Theobald Nigri – Jung-St. Peter 202 → Wolfgang Capito – Aufenthalte einzelner Personen – Eintreffen Bucers (Mai 1523) 189 – Eintreffen Capitos (1523) 203 – Fortunatus Andronicus 84 – Andreas Karlstadt 99 f. – Wilhelm Reublin 103 – Kaspar Schwenckfeld 132 Stuttgart – Konkordie (1534) 24 Süddeutschland 2, 4, 52, 59, 72 – Protestanten 49, 55, 60, 139
257
– Herkunft Johannes Oekolampads und Berchthold Hallers 48 – Reise Gereon Sailers 166 Thurgau 50 Torgau 18 Trient – Konzil (1545–1563) 76, 154 Trier 187 Tübingen 42, 171, 176 Turin 145 Türkei, Türken 34, 132, 177 – Türkenabwehr 13, 23, 25 – Offensive Suleymans II. 13–17, 21, 25 f. Überkingen 179 Überlingen 185 Ulm 5, 63 f., 66, 157, 174, 176, 184 → Geislingen, Augustinus Marius – Außen- und Bündnispolitik 157 – und der Schmalkaldische Bund 20 – Tagung des Schwäbischen Bundes (6. Januar 1527) 177 – Innen- und Religionspolitik 66, 174 – Einführung und Ordnung der Reformation 2, 5, 15, 24, 63–65, 67– 72, 77 f., 170, 174, 176 f., 182 – Prediger 59, 65, 67, 128, 174 f., 177 → Martin Frecht, Konrad Sam – Zweite Disputation Bucers und Oßwalds (27. Juni 1531) 181 – Gemain Ausschreiben (31. Juli 1531) 5, 69 f., 74, 77 f., 178, 182 – Kirchenordnung (6. August 1531) 70–79, 175, 178, 182 – Agende (Handbüchlein) 71 – Ehegerichtsordnung (1534) 71 f. – Kirchen 174 – Münster 68, 174 – Städtische Institutionen – Rat 8, 63, 65–72, 75 f., 78, 176 f., 179, 182, 185 – Religionsverordnete 68 – (Alt)Bürgermeister 64, 177, 179 → Bernhard Besserer – Zünfte/Zunftherren 28, 66
258
Ortsregister
– Stadtschreiber 74 → Konrad Aitinger – Gesandte (2. April 1531) 111, 113 – Schule 174, 176 – Wohnhaus Konrad Sams (Pfauen gasse 13) 174 – Archiv 65 f., 68, 71, 73 f., 176, 181 – Vorübergehender Aufenthalt einzelner Personen – Bucer, Ambrosius Blarer und Johannes Oekolampad (21. Mai – 30. Juni 1531) 4, 49, 63 f., 67 f., 70 f., 78, 174 f., 178 – Wolfgang Capito 197 Ungarn 3, 13, 21, 56 Unterwalden 20, 50 Uppsala 187 Uri 20, 50 Vogesen 31 Vorarlberg 48 Wallis 50 Weinsberg – Geburtsort Johannes Oekolampads 42 Weißenburg 99 Weißenhorn – Leonhardtskapelle 177 Weser 26 Wien 13 → Suleyman II. Wittenberg 41, 101, 138, 144, 157, 172, 211 f. – Abendmahlslehre 6, 116, 124 – Konkordie (1536) 24, 169, 216 – Theologen 4, 109, 166 f., 205, 207 f., 211, 214, 216 → Martin Luther, Philipp Melanchthon
Worms 31, 102, 104 – Reichstag (1521) 13 – Edikt (8. Mai 1521) 13 f., 17 Württemberg 26, 64 – Herzog 20 f. → Ulrich von Württemberg – Kirchenordnung (1553) 64, 73 Würzburg 184 Zabern 31 Ziegenhain – Zuchtordnung (25. November 1539) 79 Zofingen 192 Zug 20, 50, 52 f. – Zugerberg 52 Zürich 34, 39, 44–46, 50, 57, 60, 62, 65, 96, 101 f., 172 – Außen- und Bündnispolitik – Christliches Burgrecht 15, 50 → Phillip I., Landgraf von Hessen – und die Schlacht von Kappel 51–59, 93 – Innen- und Religionspolitik – Protestanten 20 – im Abendmahlsstreit 6, 116, 118, 124 – Städtische Institutionen – Zünfte 28 – Vorübergehender Aufenthalt einzelner Personen – Martin Bucer (1533) 62 – Wolfgang Capito (zwischen dem 21. Dezember 1531 und dem 3. April 1532) 197 Zürichsee 53, 56 f. → Kappel Zweibrücken 199
Sachregister Abendmahl 2, 49, 61, 72, 74, 104, 113 → Gegenwart Christi im Abendmahl, Lehre – Einsetzung 101 – Einsetzungsworte 5, 99, 105 – Beiderlei Gestalt 22 – Lehren 17, 117, 119–121, 124, 127, 157 – Basler Position 73, 127, 147 – Erasmus’ Position 8, 145 f. – Straßburger Position 2, 5, 65, 69, 74, 83, 98–107, 111, 119, 125, 167, 212 – Ulmer Position 69, 72, 74, 177 – Wittenberger Position 6, 67, 99, 102, 107 f., 116 f., 124, 158, 213 → Martin Luther, Philipp Melanchthon – Zürcher Position 6, 17, 60, 67, 83, 108, 116–118, 124–126, 213 → Heinrich Bullinger, Leo Jud, Huldrych Zwingli – Joh 6 Interpretation 6, 101, 104 f. – Verweigerung 177 → Bann – Zwang zur Teilnahme 44, 125 f. – Sanktionen bei Fernbleiben 7, 127 – Ausschluss 45, 127 Abendmahlsgemeinschaft 126 f. Abendmahlsgutachten 106 Abendmahlskontroverse – innerprotestantische 6, 9, 49, 55, 61, 83 f., 98–107, 116, 120, 123 f., 133, 157 f., 169 f., 172, 205–208, 211 → Abendmahl, Gegenwart Christi im Abendmahl, Vermittlung, Verständigung Aberglaube 7, 139 Abstimmung 29 – über die Einführung der Reformation in Ulm 4, 66 Achtzehn Artikel Bucers 5, 68–72, 74, 78, 174, 178, 182 → Ulm
– Gegenartikel Georg Oßwalds 8, 181– 185 Ad fontes 7, 139 Agenda → Tagesordnung Agende – liturgische in Ulm 71 Allegorie 183 f. – als exegetische Methode 5, 85, 88 Alleinstellungsmerkmal 128 Allerlösung oder -versöhnung 132 Almosen 65 Alt 3 f., 7, 14, 31, 34, 39, 44, 54, 57, 91, 100, 116, 159, 174, 181, 221–223, 225 → altgläubig – Altes Testament → Testament – Kirche → Kirche – »die Alten« 110, 115 Altar 174–176 Alte Kirche → Kirche Altgläubig, Altgläubige 3 f., 8, 22 f., 25, 42, 107, 123, 137–154, 159, 166, 183, 185 → Georg Oswald → Alt – Messe und Riten → Gottesdienst – Theologie 68, 144, 147 f., 185 – in der Schweiz 43, 45, 48, 50, 54, 59, 61, 108, 125 Amt 5, 48, 71 f., 83, 95 f., 174, 184 f., 221 → Hirte, Papst, Propheten – Lehramt → Lehramt – Pfarrer als Amtsträger 45 f., 72, 76, 84, 94–96 → Heinrich Bullinger → Basel, Bern, Ulm – Besoldung 224 f. – Einführung 160 → Bonifatius Wolfhart – Christi 87 – Priester 8, 32, 166, 184, 189, 198, 202, 206 – Presbyter 45
260
Sachregister
– Wächter 46 Analogie 6, 103, 108, 146 Andersgläubige → Dissenters Angriff der Türken → Türkenbedrohung Anonym 19, 180, 193 Anstand → Waffenstillstand Apokalyptisch 130 Apologie der Confessio Augustana → Confessio Augustana Apologie der Confessio Tetrapolitana → Confessio Tetrapolitana Apotheose 60 → Huldrych Zwingli Arme Gecken 30 → Straßburg Auferstehung – der Toten 123 Aufstand 16, 22, 40, 143, 150, 176 → Bauern Autorität 27 – von Einzelpersonen 1, 78, 95, 162, 202, 205 → Wolfgang Capito, Johannes Chrysostomus, Martin Luther, Konrad Sam – weltliche 140, 142, 144, 153, 167, 192, 197 → Obrigkeit – der Kirche 71, 138, 146–148, 185 – der Bibel und des Wortes Gottes 129, 144, 146, 148, 185 – der Sakramente 129 Bann 7, 42, 44 f., 56, 68, 71–73, 75, 125, 127, 135, 189 → Johannes Oekolampad → Basel, Ulm – Ausschließen 73, 75 Bauch – und Abendmahl 120 Bauern → Krieg – Aufstand 16, 40 Beginen 180 → Geislingen → Widerstand Begräbnis 72 → Ulm Beichte 65 Beißen 56 Bergpredigt 83, 103 Beschneidung 6, 100, 103, 122 Bibel 18, 42, 144, 146, 218 f. – Verständnis Bucers 83–97, 118 → Hermeneutik – »Altes« und »Neues« Testament → Testament
– Auslegung 85, 88, 138 – – geistliche 94 – Schrift und Tradition → Tradition Biblizismus 103, 118 Bilder 3, 5, 65, 72, 74, 101, 122, 132, 135, 150, 185 – Bild Christi → Vorbild – und Leib Christi 121 → Leo Jud – Verehrung 66, 68 – Entfernung 43, 101, 179 Bildung 42 f., 95, 109, 120, 138, 144, 150, 163, 173, 178 – Unbildung 91 f., 120, 166, 178 Bischof 40, 95, 174 – einzelne 31 f., 35, 41, 43, 147, 153, 159, 184, 187 f. → Friedrich von Blankenstein, Albrecht von Brandenburg, Robert Ceneau, Anton Engelbrecht, Philipp von Gundelsheim, Wilhelm Graf von Honstein, Augustinus Marius, Christoph von Stadion, Theophylakt, Cuthbert Turnstall Blut 57 f. – Christi → Christus – unblutig 49 – und Abendmahl 99–101, 106 f., 147 f., 210 Bordell 134 → Esslingen Brauch, Bräuche 42, 58, 63, 72, 138, 143 f., 150 – göttlich 173 Brot – im Abendmahl 107, 110, 123, 145–147 – Einschluss des Leibes 120 Bruder, Bruderschaft 7, 9, 17, 103 f., 108, 118 f., 122 f., 126–128, 163 f., 167, 175, 180, 209, 225 → Duldsamkeit – leiblicher → Ambrosius Blarer, Thomas Blarer, Ferdinand I., Karl V – böhmische 167 – Verweigerung 7, 103, 119, 133, 206 → Marburg – Bruderschaft als Gruppe 3, 28 f. Bund – Gottes mit den Menschen 5 f., 93 f., 97, 100 → Heinrich Bullinger → Beschneidung, Testament – neuer 100
Sachregister
– Schmalkaldischer → Schmalkalden Bündnisbruch – der Schweizer 57–59, 61, 108 f. Bündnisse 19, 53, 60, 107, 111, 157 → Augsburg → Confessio Augustana, Confessio Tetrapolitana – Schmalkaldischer Bund → Schmalkalden – Verhandlungen mit Frankreich und England 15 – Aufnahme der Schweizer 6, 111 – Hanse 40 → Lübeck – Eidgenossenschaft → Eidgenossenschaft – Straßburgs mit den Eidgenossen 30, 57, 108 – Schwäbischer Bund 21, 30 f., 177 – der Protestanten 18, 29 → Schmalkalden – Franz I. von Frankreich und Papst Clemens VII. 13 → Christliches Burgrecht, Christliches Verständnis Bürgerrecht 220 f. → Bonifatius Wolfhart → Augsburg, Straßburg Buße 110, 127, 129 Charismen 94–96, 163 f. Christ, christlich 7, 14, 18, 33, 42, 44 f., 62 f., 66, 68 f., 71, 73, 75 f., 83, 87, 91, 94 f., 99 f., 103, 112, 116, 124, 126 f., 129, 132–134, 137–139, 148, 151 f., 154, 171, 173, 178, 182, 184 f., 219 → Bann, Bruder – unchristlich 66, 72, 182 – frühe Christen 139 Christentum 7, 13 f., 16, 104, 126, 132 f., 138, 150 f., 212 Christlicher Verstand 48, 54 Christliches Burgrecht 48, 50, 54 Christologie 121 – Bucers 129, 135 – α-privativa 121 – Zwei-Naturen-Lehre 116, 132, 135 Christus 7, 42, 44, 58, 75, 84, 87–89, 92, 99, 102, 105, 108, 121–123, 126–129, 131, 134 f., 162, 185, 198 f., 212 →
261
Konfession, Evangelium, Heilige, Ubiquität, Wahrheit – und Gott Vater 92, 198, 223 – sitzend zur Rechten 115 – Geist 5, 7, 89, 126 f., 129, 133–136 – Reich 45, 127, 129, 201 – Werk 86–88, 90, 92, 105, 110 – und Heil 5, 85 f., 105, 122 f., 126, 130, 138, 185 – Menschheit Christi 116, 121, 126, 130, 132, 135 → Zwei-Naturen-Lehre – Gottheit Christi 121, 126, 130, 135, 193 – Geburt 86 – setzt Sakramente ein 101, 107 – und Taufe 101 → Taufe – und Abendmahl → Gegenwart Christi im Mahl – Leib oder Blut 6, 99–101, 106–108, 110, 115, 117, 120 f., 135, 145, 210 f. → Gegenwart Christi im Mahl, Himmel, Rechte – Fleisch 101, 110 → Geist – Leib als Körper 115, 118, 121, 135 – Leib als Gemeinde 75, 106, 139 – Inkorporation in Christus 121 – Tod 86, 99 f. – Himmelfahrt 108 – Herrlichkeit 89 – und Gemeinde 7, 75, 101, 106, 125– 128, 134, 139, 173, 186 – Erkenntnis 87 – Nachfolge 97, 139 – als Vorbild 86, 88, 91, 123, 139 Confessio Augustana 26, 66, 112, 157 – Apologie 142 – Abendmahlslehre 215 – Abendmahlsartikel 24 – Akzeptanz seitens der Oberdeutschen 2, 6, 18, 60, 112–114 – in Schweinfurt 6, 24, 60 f., 108–124, 166 → Schweinfurt Confessio Tetrapolitana 1, 5, 24, 60, 66, 68, 74, 152, 157, 170 – Apologie 105, 142 – Akzeptanz seitens der Lutheraner 6, 109–111
262
Sachregister
– Ablehnung seitens der Reformierten 49, 61, 111 – Abendmahlslehre 111 Confutatio 8, 142, 152, 181, 184 Constitutio Criminalis Carolina 25 Depression – Wolfgang Capitos 9, 195 f. Diakon 159 Diakonisse 172 → Margarethe Blarer Dialektik 85, 88, 94, 124 Disputation, Diskussion 143, 148, 190 – Heidelberg (1518) 188, 205 – Leipzig (1519) 26 – Baden (1526) 203 → Wolfgang Capito – Bern (1528) 105, 108, 171 – zwischen Bucer, Eck und Oßwald in Ulm (ausgefallen) 177 – zwischen Bucer und Oßwald in Ulm (27. Juni 1531) 8, 69, 181 f. Dissenters, Andersgläubige 2 f., 107, 125, 130, 132, 145, 190, 192, 203 → Pilgram Marbeck, Michael Servet Dogma → Lehre Dominikaner 89, 171, 187 f., 207 Drucker 40–42, 130 f., 201 f. → Basel, Elsass, Hagenau → Wolfgang Capito, Johann Setzer Dualismus 5, 7, 53, 86, 105 → Fleisch, Geist Duldsamkeit 18, 44, 103, 116, 140, 150, 182 → Erasmus → Unrecht – bei Bucer 5, 7, 122–136 Ehe 78, 89, 190, 195 – Schließung 9, 71 – Bernhard Besserer und Margarete Gienger 180 – Martin Bucer und Elisabeth Silbereisen 189 f. – Wolfgang Capito und Wibrandis Oekolampad 9, 195 f. – Bruch 74 – im übertragenen Sinne 137 – Recht 46, 71 f., 78 – Gutachten und Stellungnahmen 71 f., 78, 182, 208, 215
Eid 16, 73, 164, 182, 185, 221 → Karl V., Theobald Nigri, Bonifatius Wolfhart Eidgenossenschaft 2, 34, 39 f., 45, 48–62, 70 → Schweiz – und Straßburg 4, 30, 34, 55–62, 111 – Eintritt Basels 39 f. – Feldzüge 40 Einigungsbemühungen Bucers → Verständigung Einladung – zum Ersten Schmalkaldischen Tag (Dezember 1530) 18 – Bucers nach Ulm (Frühling 1531) 63 – Erasmus’ nach Straßburg 142 Einsetzungsworte → Abendmahl Elemente → Brot, Wein Erdbeben 40 → Basel Erkenntnis 3, 7, 27 f., 173 → Lehre – Christi 87 – innere 119 Eros 173 Erwählung 5, 75, 91, 100, 104, 106 f., 183, 192 Essen, Empfang / manducatio – manducatio impiorum 6, 112, 210 – manducatio indignorum 209 – manducatio oralis 6, 112 – manducatio spiritualis 146 f. → Desiderius Erasmus Evangelisch, Evangelische 21, 24–26, 29, 42, 46, 48, 50, 54, 57, 64, 66 f., 69, 77 f., 84–86, 103 f., 127, 132, 138, 143, 151, 157, 169, 171, 188 f., 194 f., 197, 199 → Kirchenzucht, Lehre, Predigt, Prozess, Stände – Einheit 59, 83, 190, 193, 205, 212 – Landeskirche 79 – Pseudevangelisch 140 f., 147 → Erasmus Evangelisten 75, 86 Evangelium 43 f., 48, 55, 57–59, 85 f., 96, 102, 121, 123, 126, 128 f., 198, 213, 218, 222 → Kommentar – als Buch 85–88, 92, 150, 184 – und Gesetz 93 – Reinheit 135 – und weltliches Recht 18, 44 → Martin Luther
Sachregister
Examen – der Geistlichen 178 Exklusivpartikel – Exklusivität zwischenmenschlicher Setzungen 7, 53, 101, 112, 117, 133, 165, 178 – allein Christus 7, 122, 126, 138 – allein die Schrift 138, 144, 147 f., 185 – allein die Liebe Gottes 68, 134 – allein der Glaube 120, 138 – allein die Gnade 138 – allein die Erwählung Gottes 106, 139 → Erwählung – allein der Heilige Geist 90, 139, 184 – allein das Lehramt 148, 182 → Georg Oßwald – allein die weltliche Obrigkeit 75 Fasten 68, 182, 185 – Bruch 42, 178 → Basel Fegefeuer 149 Feiertage 5, 65, 72, 74 Feldzeichen – der Zürcher in der Schlacht von Kappel 56 Fidei ratio 157 → Huldrych Zwingli Fleisch 173 – und Christus 110 – und Geist 7, 101, 104, 146 → Dualismus – und Abendmahl 6, 104 f. → Gegenwart Christi im Abendmahl Fluchen 73 → Ulm Flucht – der Zürcher in Kappel 52, 56 Flüchtling 46, 56, 84, 190 → Heinrich Bullinger, Johannes Calvin, Fortunatus Andronicus Freie Ämter 51 Freiheit 16, 58, 102, 152, 183 → Huldrych Zwingli → Wille – der Starken 123 – für Protestantismus 3 – der Kurfürsten bei Königswahl 16 – zur Austeilung in beiderlei Gestalt 22 Frieden 17, 31, 34, 110, 129, 149, 152, 177, 193, 211, 216
263
– zwischen Protestanten und Kaiser im Reich 2, 23, 25, 112 – Zweiter Kappeler Landfriede → Kappel – Religionsfriede 4, 22, 26, 53 → Augsburg, Kappel Friedenspredigt Bucers in Augsburg → Predigt Friedensschluss → Deinikon, Kappel, Zug Friedensverhandlungen → Nürnberg, Schweinfurt – im innerschweizerischen Religionskonflikt 52 f. Frömmigkeit / pietas 42, 87, 94, 108 f., 120, 135, 139, 143 f., 149–151, 173, 175 Fronleichnamsprozession 42 Frucht, fruchtbar 61, 86, 94, 103, 165, 172, 177, 179 f., 198 Fünf Orte 48–53, 55–62 → Luzern, Schwyz, Unterwalden, Uri, Zug Fürsorge 7, 126 f. Gebet 5, 72, 74, 90 – für die Toten 144 Gebot 14, 42, 44, 83, 103, 118, 173, 185 → Gesetz Gedächtnis – und Abendmahl 101 Gegenwart Christi im Mahl 106, 123 f., 145 f., 206 → Johannes Chrysostomus → Seele – contemplatione fidei 110 – praesentia carnalis 6, 104 – praesentia corporalis 5 f., 99–102, 105 f., 108, 110, 112–117, 145–147, 209, 215 → Leib – praesentia essentialis 112 – praesentia localis 110, 121, 147 – praesentia materialis 106 – praesentia realis 5, 9, 99–101, 121, 145– 147, 214 – praesentia sacramentalis 110, 145 – praesentia sensualis 6, 106, 110 – praesentia spiritualis 6 – praesentia substantialis 146 – praesentia vera → Wahr
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Sachregister
Geheimnis – und Trinität 194 – und Abendmahl 110, 146 Geist 5, 79, 84, 88, 90, 95–97, 101, 105 f., 108, 127, 129, 135, 144, 149, 151, 153, 165, 173, 179, 181, 203 – Christi → Christus – Heiliger 75, 86 f., 91, 102, 126, 134, 139, 151 f., 184 – geistlich 6, 42, 89, 91, 96, 100 f., 104– 106, 138, 151, 162 – Exegese 88 – und Wahrheit 7, 134 – und Fleisch 7, 101, 146 – und Materie 105 Geistesgaben → Charismen Geistliche 53 f., 59 f., 67, 70 f., 75, 107, 158 f., 163, 166, 169, 171, 177 f. Geisttaufe 100–102, 104, 106 f. → Taufe Gelehrt 41 f., 116, 168, 177, 217, 219 Gemain außschreiben des Ulmer Rates 5, 69 f., 74, 77 f., 178, 182 Gemeine Herrschaften 4, 49–51, 54 → Rekatholisierung Gerechtigkeit 31, 90 f., 123, 139, 183 → Rechtfertigung Gerücht – und der Zweite Kappeler Krieg 55, 57 Gesetz 16, 103 → Beschneidung, Constitutio Criminalis Carolina, Ehe, Gebot – und Propheten 87, 92 – mosaisches 94 – erfüllt von Christus 92 – kultisches 92 – und Evangelium 93 – Observanz 123 Getreide 51 Gewalt 2, 4, 18 f., 21, 43, 61 → Obrigkeit, Widerstand Gewissen 7, 31, 110, 112, 116, 122, 124, 126 f., 131, 143, 149, 163, 211, 215 Glaube 5 f., 14, 19, 23, 44, 48, 86, 93 f., 99–101, 112, 117, 120, 123 f., 126, 128, 132 f., 136, 144, 146 f., 167, 173, 181, 184, 199 f., 211, 214 → Konfession – alter 7, 14, 44, 54, 57, 61, 137–154 – neuer 32 f., 42, 45, 66, 137–154
– Regel des 94, 97 – und Abendmahl 99, 101, 104, 107 – und Bund 6, 93, 100 – und Heil 59, 93, 99, 101, 120–122 – und Liebe 5, 7, 85–94, 97, 134–136, 139 – und Wahrheit 61 f., 101, 118–120, 131, 134 → Kappel → Wahrheit – und Wort 116 Glaubensflüchtling 45 → Michael Servet Glied 48 – einer Gemeinde 75, 157, 176 – einer Zunft 28, 66 – Reform an Haupt und Gliedern 13 Gnade 56, 137 f., 144, 183 – in Anrede 222 – Gottes oder Christi 18, 85, 87, 93, 105, 183, 198, 219, 223 – und Liebe 91 – und Lebenswandel 86, 91 Gnadenwahl → Erwählung Goldene Bulle 16 Gottesdienst 45, 91, 131, 177 f. → Bann – altgläubige Messe und Riten 4, 8, 14, 31, 66, 68, 74, 132, 139, 143, 170, 178, 182, 184 → Altgläubig – lateinisch 68, 184 – als Opfermesse 135 – Kritik und Abschaffung 33, 66, 68, 70, 101, 132, 170, 179, 191 → Straßburg, Ulm – Verteidigung 8, 182, 184 f. – reformatorischer 44, 72, 157, 166, 178, 182 → Augsburg, Ulm Gotteslästerung 45, 73 f., 127, 131, 181, 183 Gottlos 91, 93, 118, 131 f. → Essen, Rechtfertigung Gradualismus 139 Griechische Sprache 42, 95, 106, 184, 209 → Bibel, Kirchenväter – Sprachkenntnis 42 → Johannes Oekolampad – Grammatik 42 → Johannes Oekolampad – Lektur 163 → Augsburg Halsgerichtsordnung Karls V. 25
Sachregister
Handbüchlein – Konrad Sams 71 – Ambrosius Blarers 178 Handel 40, 157 Handschrift, Manuskript 68 f., 74–77, 84, 105, 187, 194–196, 200, 203 – Bucers 1, 182, 227 Häresie, Häretiker 7, 13 f., 22, 44 f., 103, 107, 119, 127, 130–133, 135, 140, 142, 152, 190, 193 → Wolfgang Capito, Desiderius Erasmus – Protestanten zugeschrieben 3, 7, 14, 22, 177 – Täufern zugeschrieben 45, 103, 173 Hebräische Sprache 88, 95, 184 – Lektur 202, 220 f. → Straßburg → Bonifatius Wolfhart – Vorlesungen 202 → Wolfgang Capito – Sprachkenntnis 42, 203, 217 → Wolfgang Capito, Johannes Oekolampad Heil 94, 100–102, 105 f., 123, 142, 180, 203 → Christus – Bedingungen und Notwendigkeit 102, 104, 122, 132 → Taufe – Vermittlung 100, 185 – in Gruß 180 Heilig, heiligen 71, 90, 129, 160, 209 – Geist → Geist – Schrift und Wort 18, 130, 183, 185, 220 – Lebensführung 76, 181 – Apostel 183 f. → Paulus – Väter 95 – Kritik 135, 149 – Reich 23, 30, 48 – Kreuz 159 – Jerusalem 134 Heilige 119, 185 Heiligtum 42 Heilsgeschichte 93 Heilsgewissheit 106 Helvetische Konfession – erste 46 Hermeneutik 2, 5, 83–97, 121, 192 Heuchelei 150 Himmel 6, 90, 119, 134, 149, 171, 223 – und Christi Leib 6 – Himmelsrichtung 40
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Hirte, Pastor 7, 59, 126 f., 171, 194, 197 → Huldrych Zwingli Hölle 149 Humanismus 7, 88, 90, 128, 137–141, 153, 171 f., 188 f. → Desiderius Erasmus – Bildung 42 – christlicher 42, 137–140, 151, 153 f., 189 Identität – als Gleichheit 107, 110, 113, 116 – als Selbstverständnis 1, 138, 143 Inspiration 2, 27, 44, 58 – der Erwählten 91 Irritation 9, 59, 112, 165–167, 202 Irrtum 14, 68, 103, 114, 122 f., 131, 141, 193 f., 200 → Michael Servet – in der Abendmahlskontroverse 6, 60, 117–120, 122–124, 213, 215 Isolation 48 f., 53 → Freiburg, Zürich → Fünf Orte – Straßburgs 34 f., 107 Juden, jüdisch 123, 132, 191–193 – »judaisieren« 116 Judenchristen 122 Jurisdiktion – des Kaisers in Glaubenssachen 19 Kaiser 3, 8, 13–16, 21–25, 30–34, 157, 170, 174, 177, 182 → Karl V., Maximilian I. → Augsburg – Krönung 13, 16 – und Protestanten 3, 13 f., 17–19, 23 f., 48 f., 60, 64, 70, 109, 142, 174 → Widerstand → Straßburg, Ulm – und Stände 3, 16 f., 19 → Goldene Bulle – Nachfolge → Römischer König Kanon – heiliger Schriften 85 f., 94, 144 Kanoniker 190, 202 f. → Wolfgang Capito Kanonische Dogmen 139, 144 Kanonisches Recht 71, 176, 185 Kappeler Krieg → Kappel Kappeler Landfrieden → Kappel Katechismus – Kaspar Schwenckfelds 8, 161
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Sachregister
Katholisch, Katholiken 20, 25, 33, 64, 110, 137–140, 142–144, 146, 148, 150, 152–155, 181, 184, 189 f., 197, 199, 202 → Altgläubig, Gottesdienst, Reka tholisierung, Stände Kelch 101, 107 Ketzer → Häresie Kirche 2, 29, 48, 54, 61, 63–65, 67–72, 76, 78 f., 83, 96, 98, 104 f., 126 f., 135, 138, 141–149, 151, 158, 167, 173, 175, 180– 183, 185, 189 f., 193 f., 196–198, 211, 224 → Amt, Kirchenväter, Konzil, Lehre, Rekatholisierung – und weltliche Ordnung 29, 39–47, 54, 60, 182, 185 – und Praxis 102 – frühe und alte 26, 95, 135, 141 – innere und äußere 104, 106 f. – Einheit 83, 107, 128, 135, 144, 149, 153, 169, 186, 198–200, 216 → Kirchengemeinschaft – Leitung 95, 153 – römische 71 – Missstände 96 – als Erwählungsgemeinschaft 100 – Weltkirche 184 Kirchengemeinschaft 126 f., 173, 199 → Bann Kirchengeschichte 46, 181 Kirchengut 14, 20, 33, 174 Kirchenordnung → Augsburg, Basel, Brandenburg, Braunschweig, Göttingen, Hessen, Köln, Nürnberg, Ostfriesland, Reutlingen, Straßburg, Ulm, Württemberg → Johannes Bugenhagen, Johannes Brenz Kirchenspaltung 29, 48, 54, 130, 133, 135, 199 Kirchenväter 45, 95, 110, 120, 131, 137 f., 144, 154 Kirchenzucht 4 f., 45, 65, 70, 72–75, 125, 127, 197 → Basel, Ulm → Bann, Zucht Kloster 41 f., 68, 158, 171, 174 f., 182, 188 → Augsburg, Altomünster, Basel, Ulm – Gelübde 9, 171, 182, 185, 187–189, 203 – Gut 20 – Rechte 174 Kohärenz 102
– der Wahrheit 6, 115–124 Kommentar 5, 15, 83, 142 → Erasmus – Theophylakts zu den Evangelien 43 – Bucers zu Zephaniah 192 – Bucers zu den Synoptikern (1527) 95, 104 – Bucers zu den Synoptikern (1530) 133 – Bucers zu den Synoptikern (1536) 95 – Bucers zum Johannesevangelium 104 – Bucers zum Römerbrief (1536) 96 – Bucers zum Epheserbrief 94, 104 – Capitos zu Hosea 192 – Erasmus’ zu Ps 83 (De sarcienda ecclesiae concordia) 199, 201 – Luthers zum Galaterbrief 205 – Zwinglis zum 1. Korintherbrief 95 Konfession, Konfessionalität 1, 9, 17, 114, 124, 129, 138, 142, 169, 173, 186, 190, 200, 210 → Confessio Augustana, Confessio Tetrapolitana – in der Schweiz 4, 53 f., 96 → Zürich – in Straßburg 33, 35 Konfessionskrieg 44 Konkordie, Eintracht / concordia 107, 111 f., 116 f., 124, 129, 142, 152 f., 190, 199–202, 208–216 → Vermittlung, Verständigung – Kasseler Konkordie 24 – Wittenberger Konkordie 24, 169 Konkordienschrift Bucers 9, 49, 209 Konsens 129, 132, 153, 183, 194 – als Wahrheitskriterium 115, 126, 128, 138, 147 f., 154 – in der Abendmahlskontroverse → Verständigung Konzil 144, 148, 177, 185 – avisiertes 14, 19, 22–24, 42, 199 – von Basel 40 f. – von Trient 76, 154 Korrelation 105, 134–136 Krallen 132, 141 → Kaspar Schwenckfeld Krankenbesuch 72 Krankheit, Erkrankung – Elisabeth und Anastasia Bucer 114 – im übertragenen Sinne 212 → Martin Luther Kränkung 88
Sachregister
Kreuz – Christi 59, 99 – Titulus 184 – Nachfolge 87 Krieg 27, 40, 56, 197 → Ungarn – Bauernkrieg 32, 176 – Burgunderkriege 32 – Kappeler Krieg → Kappel – Schmalkaldischer Krieg 20, 34 – Schweizer- bzw. Schwabenkrieg 31, 39 → Straßburg Krönung – Karls V. zum Kaiser 13, 16 – Ferdinands I. zum Römischen König 17 Lästern 76, 129 Latein 60, 182, 184 – Erlernen 173 → Margarethe Blarer – Übersetzung 42 f., 103, 205 → Johannes Chrysostomus, Martin Luther, Theophylakt → Übersetzung Lateinschule 171, 176 → Ulm Lehramt 95, 145, 182, 185 Lehre 5, 7, 45, 60, 68, 70, 72, 75 f., 88–90, 94, 116, 126, 131, 135, 138 f., 144, 151 f., 163, 177, 181 f., 190, 199, 201, 210 → Abendmahl, Amt, Erkenntnis, Häresie, Zwei-Naturen-Lehre – Jesu bzw. Gottes 86, 88 f. – der Protestanten 14, 17, 23, 41, 63 f., 66, 70, 78, 131, 139, 145–149 – Ausbreitung 23 – Luthers und seiner Anhänger 26, 62, 67, 99, 109, 116 f., 137, 205 f., 208 – der Sächsischen Bekenntnisschriften 6, 110, 112–114, 120 – der Straßburger und Oberdeutschen 6, 63, 126, 133, 166 – Zwinglis und seiner Anhänger 24, 61, 65, 67, 116, 133, 166, 211 – der Basler 44, 126 – der Täufer und Dissenters 102 f., 132 – von der Trinität 7 – von der Taufe → Taufe – vom Abendmahl → Abendmahl, Confessio Augustana, Confessio Tetrapolitana
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– von der Allerlösung → Allerlösung Leib – Christi → Christus, Gegenwart Christi im Mahl Liebe 7, 88, 92, 103, 126 f., 134 f., 139, 163 f., 173, 196, 221 → Duldsamkeit – Gottes oder Christi 68, 134–136, 163 – zu Gott oder Christus 75, 135 – und Glaube → Glaube – und Häresie 103 – des Nächsten 5, 14, 72, 88, 91, 103, 134 f., 152, 163 Liebhaber 17, 31 Lieblosigkeit 7, 86, 103, 127, 133, 135, 173 → Häresie Lied 5, 171 → Ambrosius Blarer List 213, 216 Liturgien 5, 63, 68, 70, 72, 94, 112 f., 122, 138, 144, 150, 166, 178, 184 f. → Zeremonien – Geräte 185 Macht 17, 21, 23, 28, 30 f., 39 f., 43, 46, 115, 167 f., 185 Machtpolitik – Zürichs 4, 59 Magen 212 → Bauch Manducatio → Essen Märtyrer – Zwingli 60 Metapher, metaphorisch 105 Metaphysik 105, 117 Militanz 149 → Desiderius Erasmus Militär 2 f., 17, 27 f., 33, 49, 142 f., 188 → Zweiter Kappeler Krieg, Straßburg – Offensive Suleymans II. → Türkenbedrohung – Furcht vor Angriff der Protestanten 21 → Albrecht von Mainz, Ludwig von der Pfalz – und innerschweizerischer Religionskonflikt 48–62, 93 Mittelweg 67 Mobilität 3, 28 Mobilmachung – im Zweiten Kappeler Krieg 50 f., 56 Mönch 84, 158, 207 → Augsburg Muslime 13
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Sachregister
Mystik, mystisch 151 Nächstenliebe → Liebe Naturrecht 18 Netzwerk 28 f. Niederlage – der schweizerischen Protestanten → Kappel – der Protestanten im Schmalkaldischen Krieg 20 Notwehr 19 Obrigkeit 18, 33, 44–46, 54, 60, 63, 68, 71, 75, 77, 111, 127, 131, 177, 182, 185, 192, 224 Offensive Suleymans II. → Türkei Opere operato 120, 135 Papst, Papsttum 13 f., 22, 41, 48, 96 f., 131, 144, 185 → Pius II. – Legaten 22, 25 → Hieronymus Aleander, Lorenzo Campeggio – Rückfall ins 166 → Gereon Sailer Päpstlich, papistisch 70 f., 96, 128, 132, 135, 185 → Ehe, Gottesdienst → altgläubig Pastor → Hirte Patrizier 28, 39, 66, 159, 171, 174, 180 → Augsburg, Konstanz, Straßburg, Ulm Patron 187 f. Paulusbriefe 85–87 Pest, Pestilenz 40, 185 Pferd 225 Pharisäer 123 Philosophie 118, 120, 124, 139 Phöbus 176 Plünderung 32, 52 f. Pluralität 125, 129 f., 134 f., 144, 150 Prädestination 91, 105 Predigt – Lehre und Anleitung 84–97 → Fortunatus Andronicus → Erwählung, Prophet – Teilnahme als Pflicht 44 → Basel – altgläubige 185 → Georg Oßwald – evangelische 65, 67, 85 f., 94 f., 134, 158, 160, 168, 174, 180, 189, 201 → Stephan Agricola, Ambrosius Blarer, Johannes
Frosch, Sebastian Maier, Theobald Nigri, Konrad Sam → Augsburg, Esslingen, Geislingen, Ulm – Zulassung in altgläubigen Gebieten 50, 64 – Freiheit der Prediger 54 → Bullinger → Zürich – Themenpredigt 97 – der Basler Geistlichen über das Matthäusevangelium 42 → Wolfgang Capito, Kaspar Hedio, Johann Lüthard – Bucers bei der Berner Disputation 105 – Bucers in Geislingen 8, 177 – Bucers in Augsburg 8, 160 f. – Bucers in Weißenburg 99 – Heinrich Bullinger erstmals in Zürich 56 – Bonifatius Wolfharts über die Sakramente 8, 160, 164 Prophet, Prophetie 60, 87, 92–97, 135, 143, 191 f. Proviantsperre 50 f. Prozess, juristischer – Ehe 71 f. – gegen die Protestanten 17, 20, 23–25 → Reichskammergericht Prozession – an Fronleichnam 42 Radikale Reformation → Reformation Recht, Rechte 1, 3, 8, 16–19, 22, 25 f., 28, 33 f., 54, 68, 71, 73, 96, 174, 182 → Widerstand Rechte des Vaters 115 Rechtfertigung – vor Gott 68, 93, 110, 120–122, 144 – vor Menschen 4 f., 112, 123, 153, 165, 171 Rechtsbrecher 3, 14 Rechtssicherheit 26 Reform 13, 29–31, 63, 138, 141, 144, 149 f., 175, 188 → Reformkatholizismus Reformation 4–9, 15, 19–21, 26–35, 40– 42, 46 f., 64–67, 69–79, 86, 97, 103, 127, 137–141, 143–152, 169–171, 173 f., 176 f., 181, 186, 189, 191, 198 f., 202 f. – Einführung und Ausbreitung 1–5, 8, 13, 15, 22 f., 26, 40–44, 50, 54, 63, 65–
Sachregister
67, 69–71, 78, 167, 174, 178 f., 182 → Augsburg, Basel, St. Gallen, Geislingen, Schweiz, Ulm, Württemberg – oberdeutsche 67, 141 → Oberdeutschland – lutherische 21, 188 – schweizerische 48, 50, 54, 57 f., 141 – Reformationsordnung 44, 64, 70 → Augsburg, Basel, Hessen, Köln – radikale 86, 90, 96 Reformationsgeschichte 25 Reformatorisch 45, 64, 66, 69 f., 72, 105, 128, 143, 153, 165, 168, 170–172, 174– 177, 179, 183 f. Reformatorische Exklusivpartikel → Exklusivpartikel Reformiert 95 f., 123, 125 f. Reformkatholizismus 137, 144, 149, 153 Regulative Sätze 7, 120–124, 148 Reich Christi → Christus Reichskammergericht – und Protestanten 3, 14, 17, 20, 23 f. Reichsrecht 14, 16–19, 23, 182 Reichsregiment 16 Reichstag → Augsburg, Regensburg, Speyer, Worms Reinheit, Reinigung 7, 45, 109, 132 f., 135, 139, 149, 210, 212 f. Rekatholisierung – in der Schweiz 4, 54 Reliquien 42, 135 Römische Kirche – als Autorität 71 Römischer König – Wahl Ferdinands I. 3, 15–17, 21 Römisches Reich 16, 30, 33, 48 Sakramente, Sakramentstheologie 5, 111–113, 129, 138, 141, 145–147 f. → Erasmus → Abendmahl, Gegenwart Christi im Mahl, Taufe, Zeichen – und Wort 104, 129, 144 – unio sacramentalis 6, 106, 110, 121 → Gegenwart Christi im Mahl – Anzahl 149 – äußere Gemeinschaft 7, 126 → Kirchengemeinschaft – Praxis 6, 112
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– Schmähung 104 – Verwalter 105 → Amt – Fehlen bei »Schwärmern« 166 – Einigung 111, 113, 142, 145, 161, 213 → Schmalkalden, Schweinfurt Sakramentierer 141, 210 Säkularisation 20 Salz 51 Satan, Teufel 7, 88, 118, 127, 131 f., 135, 160, 180 Schlaflosigkeit 195 → Wolfgang Capito Schlicht 114, 116, 120, 138 f., 145, 163 – Sinn der Schrift 96, 121 Schmalkaldischer Bund → Schmalkalden Schmied 33 Scholastik 86, 89 f., 138 Schrift- und Seelenmörder 7 Schrift, heilige → Bibel Schuld 127 – im Abendmahlstreit 116 – im Streit der Augsburger Prediger 163 f., 168 → Michael Keller – finanzielle 176, 219, 225 – moralische Schuldigkeit 175, 185 Schule 65, 163, 171 f., 175 f., 207 → Augsburg, Pforzheim, Schlettstadt, Ulm – hohe 182 – von Künstlern 174, 176 → Ulm Schwäbischer Bund → Bündnisse Schwach, Schwäche 7, 20, 60, 117, 162, 168, 178, 183, 186 – Schwache und Starke 97, 116, 122 f., 129 → Heinrich Bullinger Schwein 91, 127 Schwert 59 Seele 178, 200 – Abendmahl als Speise der Seele 6, 105, 107, 121, 209–211 – Seelenmörder 7 → Täufer – Bucer anvertrauen 149 → Erasmus Seelsorge V, 9, 126–128, 171, 179 Seitenwechsel – Bucers in Schweinfurt 6, 61, 109 Sekte, Sektieren 7, 84, 132, 141, 149 f., 158, 173, 198 f. → Desiderius Erasmus → Augsburg
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Sachregister
Seligkeit 44, 75, 77, 102, 130, 132, 134, 185, 211 Siegel 202 Simul iustus et peccator 183 Singen 72, 74, 101 → Straßburg, Ulm – von Psalmen 65 – Gesangbuch 171 Skopus – der Schrift 5, 86–90, 92 f. Sohn – leiblicher 16 f., 29, 179 – Gottes 123 – Christus als 123, 135 Solus / sola → Exklusivpartikel Sophistisch 121, 181, 212 Speise → Seele – wahre 105 Spiritualisten 9, 83, 86 f., 91, 102, 105, 130–132, 146, 190 → Hans Denck, Sebastian Franck, Wolfgang Schultheiß, Kaspar Schwenckfeld, Clemens Ziegler Spiritualität 90 Stadt und Reformation 27–29 Stand – gebildeter Frauen 173 – von Laien und Klerus 185 Stände 14, 16, 22, 25, 69 f., 182 → Goldene Bulle – als Gegenüber zum Kaiser 3, 17, 19, 25 – protestantische 13 f., 19, 21, 26, 33, 46 → Schmalkalden – Vorgehen gegen 14, 17 – altgläubige 23, 25 – ständisches Reichsregiment 16 Starke und Schwache → Schwach Strafe 25, 44, 72, 74, 175, 203, 213 – Gottes 60, 195 Strafordnung 163 → Augsburg Substanz → Gegenwart Christi im Abendmahl, Transsubstantiation Sünde 31, 127, 135, 149, 195 → Rechtfertigung – und freier Wille 8, 183 → Wille – Erbsünde 183 – Vergebung 87, 97, 99, 101, 110 – und Heiligung 152 – und Kirchenverständnis 173
Symbol 13, 32, 160 – und Abendmahl 110, 212 → Zeichen Synkretismus 211 Synode 72, 76, 194, 197–199 → Bern, Straßburg, Ulm Tagesordnung 144 f., 197 Taktik 2, 114, 123, 149, 212 Taufe 101, 113, 127, 183 → Sünde – Geisttaufe 100–102, 104, 106 f. – Wassertaufe 100 f., 104, 106 f. – heilsnotwendig 104 – soteriologische Bedeutung 160, 183 → Stephan Agricola, Bonifatius Wolfhart – Lehre Bucers 8, 101 f., 104, 183 – Kinder- und Säuglingstaufe 100, 102, 106, 133 – Erwachsenentaufe 106, 133 – heilsnotwendig 102 – und Beschneidung 103 – Besser von Altgläubigen als Oberdeutschen 166 → Martin Luther Täufer 5, 7, 9, 44 f., 83, 86 f., 94, 102–104, 130, 132 f., 142, 159, 162, 165, 173, 190, 192, 195 f., 198, 203 f. → Augustin Bader, Heinrich Bullinger, Wolfgang Capito, Wilhelm Exel, Ludwig Hätzer, Melchior Hoffmann, Jacob Kautz, Pilgram Marbeck – Erneute Taufe 102 → Konrad Grebel, Felix Mantz – Erwartungen 96 – Bucers Haltung 86 f., 96, 98, 100, 102 f., 107, 133 f., 173, 192 f. – Vorgehen gegen 29, 44, 96, 192 → Basel, Straßburg, Zürich – Inhaftierung 44 → Basel – Ausweisung 44 → Basel Täufermandat (11. Oktober 1527) 159 Territorialstaat – Ausbildung 20 f., 40 Testament → Bund, Kanon – »Altes« 5, 83, 87 f., 93–97, 100, 103 → Beschneidung, Bund, Prophet – »Neues« 83, 86 f., 93, 95 → Charismen – Edition 42 → Desiderius Erasmus – Verhältnis beider 5, 83, 87 f., 92, 192 – als Bund → Bund
Sachregister
Teufel → Satan Thomismus 139 Todesstrafe 44 Toleranz → Duldsamkeit Tradition 14, 18, 74, 132, 137 f., 144, 146– 148, 150, 154, 171 → Desiderius Erasmus, Ulrich von Hutten → Altgläubig, Gegenwart Christi im Abendmahl, Konfession – und Schrift 8, 144, 183, 185 Transsubstantiation 110, 145 Trinitätslehre 7, 45, 127, 130 f., 135, 193 f. → Michael Servet Trost 9, 162, 180 – und Gottes Geist 89 Türkenbedrohung 13–17, 21, 25 f., 34 Türkenhilfe 13, 23, 25 Tyrannei, tyrannisch 17, 34, 126 f. Übersetzung 85, 87, 92 f., 172, 184 f., 205 – der Postille Luthers ins Lateinische (Bucer) 103, 205 – des Liber de sarcienda ecclesiae concordia des Desiderius Erasmus (Wolfgang Capito) 199 f. – der Schrift Contra totum post apostolos mundum des Johannes Campanus (Franz von Streitten) 130 – der Werke Johannes Chrysostomus’ ins Lateinische (Johannes Oekolampad) 43 – des Evangelienkommentars Theophylakts (Johannes Oekolampad) 43 – der Schrift De statu religionis des Johannes Sleidan 15 Ubiquität Christi 9, 214 Unglaube 135, 183 Unio – carnalis 110 – sacramentalis 6, 106, 110, 121 Unrecht 18, 163, 182 → Duldsamkeit, Gewalt, Recht Unschuld 93 f., 126, 187 Unterordnung – der Confessio Tetrapolitana (vermeintlich) 6, 109, 113 f. Unterzeichnung 210
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– der Protestation auf dem Speyrer Reichstag (1529) 65 → Ulm – des Schmalkaldischen Bundesvertrages 20 – der Confessio Augustana und ihrer Apologie → Confessio Augustana – der Confessio Tetrapolitana → Confessio Tetrapolitana – der Wittenberger Konkordie 169 Väter → Kirchenväter Vater 79 – Gott 45, 135, 223 – zur Rechten 115 Verbrennen – von Menschen 45 → Basel – von Briefen Bucers 59 → Anna Zwingli Verdacht 32, 161, 193 f., 215 → Gerücht – unter den Augsburger Predigern 163 f. – gegen Bucer 49, 128, 142 Verdienst 24 – soteriologisch 138 Verheißung Gottes 6, 93, 100, 191 Vermischung – der Naturen Christi 116, 121 → Christologie Vermittlung 25, 106, 170 (kirchen)politisch – von Straßburger Predigern nach Augsburg 159 f., 221 → Gereon Sailer – vor dem Zweiten Kappeler Krieg 50, 52 – Bucers im Abendmahlsstreit 4, 24, 58, 141, 170, 210, 214–216 → Verständigung – Bucers unter den Augsburger Predigern 8, 162–164 – Albrechts von Mainz und Ludwigs von der Pfalz im Namen des Kaisers mit den Protestanten 21 f., 24 → Albrecht II., Ludwig V. theologisch – des Heils durch Christus 185 – von Geist und Zeichen 102 – von Gott und Gnade 105 → Kirche Vernunft 5, 89 f., 92, 94, 115, 179 Versöhnung 135, 158, 160 f., 165, 169
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Sachregister
– Allversöhnung oder -erlösung 132 Verständigung – Bucers mit Erasmus 142 f. – im Abendmahlsstreit 1, 9, 15, 24, 49, 59 f., 62, 107, 110, 121, 158, 160, 169 f., 190, 206, 208, 211, 213, 216 Verwerfung – von Personen 91 – einer Lehre 97, 113 Visitation 72, 175 → Ulm Volk 16, 34, 44, 57 f., 67, 87, 148, 176, 194 – und Predigt 88, 91 f., 96 f., 174 → Konrad Sam Vollendet, Vollkommen 5, 23, 89, 92, 116, 120, 123, 188, 210 → Heinrich Bullinger → Vernunft Vorbild 26, 60, 78, 165, 170 f., 173 – Christus 86, 88, 91, 139 Vorreformatorisch 73 Waffenstillstand – zwischen Ferdinand I. und Johann Zapolya 21 – zwischen Kaiser und Protestanten 22–24, 26, 60, 109, 112 → Nürnberg, Schweinfurt Wahl – Ferdinands I. zum Römischen König → Römischer König Wahr 14, 61 f., 75, 88, 102, 106, 135, 213 → Geist, Glaube, Lehre – praesentia vera 6, 99, 104, 106, 110, 121, 210 f. Wahrheit 2, 6 f., 62, 89, 91, 108, 111, 114, 131, 133 f., 160, 163, 187 f., 194, 201, 209, 212 – Kriterien 114 f. – Verständnisse 6 f., 114 – nach Bucers Verständnis 2, 5, 113, 118–124 – nach Bullingers Verständnis 6, 62, 115–118 → Leo Jud – täuferisches Verständnis 7 – Wahre Menschheit Christi 116, 121, 126, 132 → Christologie Wallfahrt 68, 182 Wappen 72, 176 → Ulm Wein
– Wandlung aus Wasser 89 → Kaana – im Abendmahl 6, 99 f., 105–107, 110, 146 Weinberg 141 Werk, Werke – von Menschen (nicht literarisch) 7, 26, 35, 46, 72, 74, 104, 117, 121 f., 132, 135, 153, 175, 179, 183 → Altgläubig, Beschneidung, Opere operato – Gottes 91, 190 f. – Christi → Christus – des Heiligen Geistes 139, 152 – des Satans 135 – ex opere operato → Opere operato Widerruf – von Täufern 44 – Bucers und der Oberdeutschen in Schweinfurt 108 f. Widerstand 3, 34, 60 → Obrigkeit – des Paulus gegen Petrus 116, 122 – gegen den Kaiser 17–19 → Martin Luther – gegen die Wahl Ferdinands I. zum Römischen König 21 → Römischer König – gegen die Einführung der Reformation 176–180 → Geislingen Widerstandsrecht 18 Wille 49, 54, 125, 165, 180, 187 f., 192, 224 – Gottes oder Christi 59, 87, 107, 109 – freier 8, 137, 144, 148 f., 183 → Desiderius Erasmus, Georg Oßwald Wucher 74 Wunder 85, 88–90, 123 Zeichen – und Sakrament 6, 99–106, 212 → Symbol Zeit → Fasten – bei Bucer 7, 129–131 – Bedenkzeit 181 – Schulzeit 207 Zensur 41, 153 Zentrierung 1 f., 68, 93, 97, 126, 131–133, 135, 183 → Skopus Zeremonien 14, 63, 68, 70, 94, 101, 113, 122, 138, 144, 150, 178, 185 → Liturgien
Sachregister
Zucht 7, 14, 72–75, 79, 129, 133 f., 175 → Bann, Kirchenzucht Zünfte 3 f., 27–29, 33, 39 f., 42, 66, 159, 174 → Augsburg, Basel, Straßburg, Ulm – Schmiede 33
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– Mitgliedschaft von Frauen 28 Zwang 33 f., 118 – zur Teilnahme am Abendmahl 4, 125 f. – gegenüber Täufern 44, 159 Zweiter Kappeler Krieg → Kappel