Lucius Cornelius Sulla. Versuch einer Biographie


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Wolfram Letzner

LUCIUS CORNELIUS SULLA Versuch einer Biographie

Schriften zur Geschichte des Altertums Bd. 1

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Umschlagbild: L. Cornelius Sulla. Darstellung auf einer Münze des Q. Pompeius Rufus, geprägt um 54 v. Chr. (nach Meier, Caesar 107 Abb. 16)

Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme

Letzner, Wolfram Lucius Cornelius Sulla : Versuch einer Biographie / Wolfram Letzner. M ünster: LtT. 20(X) (Schriften zur Geschichte des Altertums ; 1.) ISBN 3-8258-5041-2

NH: GT

© L lT VERLAG Münster - Hamburg - London GrevenerStr. 179 48159M ünster T el.0251-235091

F a x 0251-23 1972

M a teria l ch ra rtö n y au

In h a l t s v e r z e i c h n i s

I.

II.

Abkürzungsverzeichnis

XI

Ouellen zur Geschichte Sullas 1. Die literarischen Quellen 2. Die epigraphischen Quellen 3. Die numismatischen Quellen 4. Die archäologischen Quellen

1 2 18 19 20

Sulla von der Kindheit bis zum Eintritt in die politische Laufbahn

22

1, DieFamlie_________________________ 22

III.

2. Die Kindheit und Jugend 3. Der junge Erwachsene

26 34

Sulla und der Jugurthinische Krieg 1. Voraussetzungen und Ursachen des Jugurthinischen Krieges 2. Das Eingreifen Roms

39 39

in Afrika L· Der Erieden mit Bocchus IV.

V.

43 rinen_____48 _________53

Sulla im Germanenkrieg 1. Ursachen und Anfangsphase des Germanenkrieges 2. Die Heeresreform des Marius_____________________ 3. Die innenpolitische Situation in Rom 4. Der Germanenkrieg

62 63 68 70 72

Die Ämterlaufbahn - Praetur und Propraetur 1. Sullas persönliche Situation, die römische InnenPolitik und die Praetur 2. Die Propraetur

81 82

V

94

VI.

Sulla im Bundesgenossenkrieg und sein erstes Kon105 sulat 1. Voraussetzungen für den Bundesgenossenkrieg______ 105 2. Sullas Verhältnis zur Innenpolitik vor Beginn des 108 Bundesgenossenkrieges 3. Sullas militärisches Kommando im Bundesgenos112 senkrieg 4. Sullas erstes Konsulat und der erste Marsch auf_____ 127

VII.

Der Mithridatische Krieg 149 1. Das Heraufziehen und die Anfangsphase des Mith149 ridatischen Krieges 2. Der Krieg in Griechenland_______________________ 156 3. Der Krieg in Kleinasien und der Friede von Darda199 nos 4. Die Auseinandersetzung mit Fimbria und die Neu208 Ordnung Kleinasiens

VIII.

IX.

Der Bürgerkrieg 1. Die Situation in Italien und der Beginn des Bürgerkriegs

218 218

3. Der Krieg in Italien

229

Triumph und Rache - Der Beginn der Diktatur und die Beseitigung des politischen Gegners 1. Der Beginn der Diktatur und die Beseitigung des politischen Gegners in Italien 2. Die Vernichtung des politischen Gegners außerhalb Italiens 3. Sullas Triumph

246

VI

246

260 262

X.

XI.

Die Neuordnung des Staates - Die Leges Corneliae und weitere Maßnahmen zur Konsolidierung des Staates 1. Die Magistraturen 2. Die Senatsreform 3. Die Provinzverwaltung 4. Die Rechtsprechung 5. Die religiösen Angelegenheiten 6. Die Luxus- und Moralgesetzgebung 7. Die Versorgung der Veteranen 8. Sullas Wirtschaftspolitik

271

Das zweite Konsulat und der Rückzug ins Privatleben 1. Das zweite Konsulat 2. Sullas Bautätigkeit 3. Das Privatleben zwischen Politik und persönlichem Glück 4. Sullas Tod und Begäbnis

295

272 279 281 282 287 288 289 292

297 306 311 316

Resümee________________________________________321 Indices Index A: Literarische Quellen Index B: Epigraphische Quellen

326

Index f!· O rte Index D: Antike Personen

33S 337

Index E: Moderne Autoren

VII

326 334

____________ 341

Vorwort

Die vorliegende Publikation ist der Versuch, das Leben des Lucius Corneli­ us Sulla darzustellen. Warum gerade Sulla? Die Persönlichkeit Sullas birgt zahlreiche Facetten, die den Anreiz bieten, sich mit ihr auseinanderzusetzen. Daneben agierte Sulla in einer Zeit eines gesellschaftlichen und politischen Wandels, der die Geschichte der Alten Welt nachhaltig verändern sollte und an dem er maßgeblich beteiligt war. Natürlich handelt es sich nicht um die erste Sulla-Biographie. Sie muß vielmehr im Rahmen der historischen Forschung eingeordnet werden, ln der Methodik werden historiographische, numismatische und archäologische Quellen herangezogen, da nur so ein einigermaßen verläßliches Bild ent­ stehen kann. Bei der Aufgabe stellten sich mehrere Probleme. Zunächst ist festzuhalten, daß man das Leben Sullas nur in einem sehr umfassenden Kontext darstellen kann und es zwangsweise zu größeren Exkursen kommt, die mit Sulla unmittelbar nichts zu tun haben. Daneben ist zu konstatieren, daß die Quel­ len teilweise keine Auskunft über Sulla geben. Auf diese Gründe ist jeweils einzugehen. Ein anderes Problem besteht darin, daß die Forschung - besonders aber jene des 19. und frühen 20. Jhs. - das Bild über Sulla aus der moralisierenden Sicht ihrer Zeit heraus behandelt hat. Die vorliegende Publikation wird sich auch nicht davor freisprechen können, die Sichtweise der Gegenwart ein­ fließen zu lassen, wenngleich auch versucht wurde, dieses zu vermeiden. Dabei sind die Handlungen aller Beteiligten vor dem zeitlichen Hintergrund zu sehen. Ein Aspekt in der Betrachtung ist, daß punktuelle Ereignisse, die im Text berücksichtigt werden, häufig Resultate eines längeren Entwick­ lungsprozesses sind. Um Ereignisse richtig zu würdigen, bedarf es in der Darstellung häufiger des schon erwähnten zeitlichen Rückgriffes. Im Rahmen einer Biographie ist es sinnvoll, das Leben des zu Porträtieren­ den in sinnvollen Abschnitten zu zeigen. Doch erlaubt es die Quellenlage gerade auch bei Sulla - nicht immer, jeden dieser Abschnitte in der gleichen Ausführlichkeit zu behandeln wie andere. Zur Bewahrung der einmal einge­ schlagenen Systematik wurde es daher in Kauf genommen, daß einige Abschnitte etwas kürzer ausfallen - selbst auf die Gefahr hin, daß die

Eie

eur

Darstellung zergliedert wirken könnte. Teilweise wurden die Geschehnisse da eingeordnet, wo sie sinnvoll waren, auch wenn sie zeitlich in einen ande­ ren Kontext gehören. Selbstverständlich kann eine Biographie nicht alle Aspekte im gleichen Umfang berücksichtigen. Wollte man diesem Anspruch gerecht werden, so würde eine Arbeit entstehen, die jeden vernünftigen Rahmen sprengt. So konnten auch nicht alle Themen im gleichen Maße in der vorliegenden Publikation berücksichtigt werden. Antike Personen werden nur dort, wo es sonst zu Verwechslungen kommen kann, mit dem vollständigen Namen genannt. Um jedoch Eindeutigkeit zu gewährleisten, wurde im Index D (Antike Personen) die Angabe eines Amtes mit Jahreszahl eingefugt. Dabei wurde zumeist das höchste Amt gewählt, das die Person innehatte. Sonst werden die allgemein gebräuchlichen Namen genutzt. Für L. Cornelius Sulla, dem Subjekt dieser Biographie, wird grund­ sätzlich nur der Name »Sulla« verwendet, um Verwechslungen mit anderen Angehörigen der Familie zu vermeiden. Außerdem kommt dieses Verfahren der Lesbarkeit des Textes entgegen. Im kritischen Apparat finden sich auch Hinweise zur Landeskunde, die gelegentlich knapp ausfallen und oft nur verdeutlichen sollen, warum diese oder jene Stadt für die Ereignisse von Bedeutung war. Im Falle einer unge­ nauen Lokalisation diese Hinweise dazu, die unterschiedlichen Möglich­ keiten aufzuzeigen. Auf die Wiedergabe der Quellen im Wortlaut wurde weitestgehend verzich­ tet, da sie in diversen Textausgaben oder Quellensammlungen erschlossen sind. Die Zitierweise erfolgt nach den üblichen Methoden. Abgekürzt wer­ den die Quellen nach dem Abkürzungsverzeichnis des DNP. Im Rahmen der Indices wurde auf einen eigenen Index für numismatische Quellen verzichtet. Diese sind problemlos über den Index E (Moderne Autoren s. v. Crawford, Babeion und Sydenham) zu erschließen.

Hamm, im Frühjahr 2000

Wolfram Letzner

É lém ents

A bkürzungsverzeichnis

Antike Autoren werden mit den Abkürzungen des DNP I (1996) XXXIX ff. zitiert. Ergänzend zu den Sigeln des Deutschen Archäologischen Instituts (Archäologischer Anzeiger 1997, Archäologische Bibliographie 1992 sowie G. Bruns u. a. [Hrsg ], Deutsches Archäologisches Institut, Zeitschriften­ verzeichnis [1964]) werden folgende Abkürzungen verwendet: Badian, Foreign Clientelae = E. Badian, Foreign Clientelae (264 - 70 BC) (1958) Ders., Cilician Command = Ders., Athenaeum N.S. 37, 1959, 279 ff. Ders., Sulla = Ders., L. Cornelius Sulla: The Deadly Reformer. Todd Memorial Lecture (1970) Ders., Imperialismus = Ders., Römischer Imperialismus (1980) Ders., Consules = Ders., Chiron 20, 1990, 371 ff. Ders., Zöllner - Ders., Zöllner und Sünder. Unternehmer im Dienst der römi­ schen Republik (1997) Balsdon, Romans and Aliens = J. P. D. V. Balsdon, Romans and Aliens (1979) Behr, Selbstdarstellung = H. Behr, Die Selbstdarstellung Sullas. Ein aristokrati­ scher Politiker zwischen persönlichem Führungsanspruch und Standes­ solidarität, Europäische Hochschulschriften III 539 (1993) Bellen, Grundzüge = H. Bellen, Grundzüge der römischen Geschichte I. Von der Königszeit bis zum Übergang in den Prinzipat (1994) Bengtson, GG = H. Bengtson, Griechische Geschichte von den Anfängen bis in die römische Kaiserzeit. H A W III4 5(1970) Ders., RG = Ders., Grundriß der römischen Geschichte mit Quellenkunde I. Republik und Kaiserzeit bis 284 n. Chr. HAW III 5,1 2(1970) Ders., Herrschergestalten = Herrschergestalten des Hellenismus (1975) Bernhardt, Imperium = R. Bernhardt, Imperium und Eleutheria. Die römische Politik gegenüber den freien Städten des griechischen Ostens. Diss. Hamburg (1971) Ders., Polis = Polis und römische Herrschaft in der späten Republik (1 9 9 -3 1 v. Chr.) (1985) Berve, Gestaltende Kräfte = H. Berve in: E. Buchner - P. R. Franke (Hrsg.), Gestaltende Kräfte der Antike 2(1966) 375 ff Brunt, Manpower = P. A. Brunt, Italian Manpower 225 BC - 14 AD (1971) Ders., Publicans = Ders., Roman Imperial Themes (1990) Iff. (= Latomus 19, 1956, 17ff.) Cagniart, Life = P. F. Cagniart, The Life and Career of Lucius Cornelius Sulla

Élé

roits d'auteur

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XII Eie

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XIII Élém ent:

droits d'auteur

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XIV Υλικό με προστασία πνευματικώ ν δικαιω μάτω ν

I. Quellen zur Geschichte Sullas

Eine Zusammenstellung der Quellen zur Geschichte Sullas liegt als ge­ schlossene Darstellung neueren Datums nicht vor. Die einschlägigen lexikographischen Beiträge sind teilweise bald einhundert Jahre1 oder aber doch einige Jahrzehnte alt2. Gleiches gilt auch für die monumentalen Darstellun­ gen zur römischen Geschichte und Handbücher3. Auch die vorliegenden Biographien über Sulla weisen hinsichtlich einer Quellenübersicht Defizite auf4. Das hohe Alter bei diesen Übersichten wirkt sich vor allem auf das epigraphische Material negativ aus. Daher schien es sinnvoll, einleitend eine Übersicht zu den literarischen und epigraphischen Quellen zu geben, doch kann es nicht das Ziel der Übersicht sein, sich in größerem Umfang mit Fragen von Lebensläufen antiker Historiographen und Stilkritik

') Fröhlich, Sulla 1522 ff. - Zur Quellenlage im Zeitalter der Römischen Revolution vgl. Christ, RG 106 f.; Heuss, RG 539 f.; Bengtson, RG 153 f. 171 f. 178 f. 2) Volkmann, Sulla 416 ff ; Meier, Sulla. - Hinsichtlich des Alters stellt der Beitrag im DNP (vgl. Eder, Sulla 186 ff.) eine Ausnahme dar, ist aber mit der Angabe der Quellen sehr zurückhaltend und kann daher in diesem Bereich die älteren Beiträge (vgl. etwa Fröhlich a. O.) nicht ersetzen. 3) Vgl. etwa Mommsen, RG П (1853), САН IX (1932) 882 ff; A. Piganiol, Histoire de Rome *(1962); Bengtson, GG 505 Г; ders., RG 178 f., Christ, RG 126 f. - Die Aus­ führungen zu den Quellen in САН IX (1932) sind keinem Autor zuzuordnen. - Aufschluß­ reich ist nach wie vor die Quellensammlung von Greenidge - Clay, Sources 105 ff, die die literarischen und epigraphischen Quellen zusammengefaßt haben, ln der zweiten Auflage wurde eine sparsame Kommentierung auf dem Stand der 50er Jahre dieses Jhs. eingefügt, die heute bei einer Neuauflage sicher zu erweitern wäre, sowohl was den Umfang der einzelnen Erläuterungen betnffl als auch deren Häufigkeit. Berücksichtigt wurde dort ebenfalls das numismatische Material. Jedoch fehlen leider entsprechende Abbildungen. Als weitere Quellensammlung muß die von Sherk, Roman Documents genannt werden. Vgl. dazu Christ, RG 126. - Einen hervorragenden Überblick zu den Quellen gibt auch Reinach, Mithradates 413 ff, wobei allerdings zu beachten ist, daß er einen zeitlichen und thematischen Rahmen gewählt hat, der weit über das hier zu Interessierende hin­ ausgeht. In Einzelfragen allerdings muß das Werk als veraltet angesehen werden. Unverzichtbar ist auch noch die erstmals 1873 erschienene Zusammenstellung von Peter, HRR, in der Peter versuchte, verlorene Werke antiker Historiographen (im weitesten Sinne) aus überlieferten Werken zu rekonstruieren oder zumindest schlüssig zuzuweisen. 4) Vgl. etwa G. P. Baker, Sulla the Fortunate: the Great Dictator being an Essay on Politics in the Form of a Historical Biography, Carcopino, Sylla

1

auseinanderzusetzen und einen entsprechenden kritischen Apparat anzufugen. Einige Historiographen werden in der Übersicht nicht erwähnt, da sie nur sporadisch in Erscheinung treten und ihre Intentionen im Zusammenhang besser dargestellt werden können5. Ergänzend war es geraten, kurz auf numismatische und archäologische Quellen einzugehen. Jedoch gebot es die Systematik, auch hier die gebotene Kürze beizubehalten, da diese Quellen - wie die epigraphischen - erst im Sachzusammenhang aussagekräftig sind. 9#

1. Die literarischen Quellen Für die Geschichte Sullas fehlen uns weitgehend primäre literarische bzw. historiographische Quellen, die ein zusammenhängendes Bild der Ereignisse zeichnen. Bedauerlich ist dies umsomehr, als die spätere Geschichtsschrei­ bung fast vollständig ein negatives Bild von Sullas Leben und Werk tradier­ te. Für die Forschung wäre es wünschenswert, wenn einige größere Bruch­ stücke jener von Sulla bis zwei Tage vor seinem Tod verfaßten Biographie vorhanden wären, selbst wenn hier eine reine Rechtfertigungschrift vorläge6. Die Bedeutung der Memoiren liegt unzweifelhaft darin, daß hier eine Selbstdarsteliung letzter Hand exisistiert hat7. Über die Existenz jener Memoiren oder Biographie haben wir Kenntnis durch Sueton und Plutarch8. Diese berichten auch, daß Sulla das 22. Buch bei seinem Tode in Puetoli noch nicht abgeschlossen hatte und von seinem

5) bi diesem Sinne auch R. G. Lewis, Athenaeum 79, 1991, 509. 6) Zur Existenz von Fragmenten vgl. J. P. V. D. Balsdon, JRS 41, 1951, 2 Anm. 4, dort verwiesen auf Peter, HRR 195 ff.; Reinach, Mithradates 417; F. Leo, Hermes 49, 1914, 164 ff., Keaveney, Sulla 204; G. Pascucci in: S. Boldrini - C. Questa - R. RafTaelli (Hrsg ), Gli storiografi latini tramendati in frammenti. Atti del Convegno, Urbino, 9 - 1 2 Maggio 1974, StudUrb 49,1, 1975, 283 ff.; Lewis a. O. 509 ff.; Cagniart, Life 6; Behr, Selbstdarstellung 18 f.; DNP II (1997) 350 s. v. Autobiographie (Görgemanns). - Zur Problematik bei der antiken Geschichtsschreibung und besonders zum Mangel zusammen­ hängender Darstellungen Für den hier zu bearbeitenden Zeitraum vgl. G. Wirth, BJb 183, 1983, 1 f. - Balsdon a. O. 2 geht von der Vermutung aus, daß Sullas Memoiren das Produkt seiner Phantasie gewesen seien, doch wird ihm entschieden widersprochen von H. Erkell, Augustus, Felicitas, Fortuna (1952) 79. 7) Vgl Behr a. O. 7 f. 8) Suet. gramm. 12; Plut. Sulla 37,1 - 2. - Vgl. Keaveney, Sulla 204; Lewis a. O. 509; T. C. Brennan, Chiron 22, 1992, 107; Behr a. O. 9.

2 Copyrighted material

Freigelassenen Cornelius Epicadius9 vollendet wurde10. Die Sprache der Memoiren war zweifelsfrei die lateinische11, was aus den Zitaten bei Gellius und Priscian hervorgeht12, die nur nach sprachlichgrammatikalischen Grundsätzen ausgewählt waren13. Um den Charakter der Schrift richtig zu erfassen, wäre die Kenntnis des genauen Titels hilfreich, doch lassen die antiken Belege den Schluß zu, daß der Begriff res gestae in diesem vorkam14. Diese Tatsache wird in der Forschung weitgehend als gesi­ chert angesehen15. Jedoch existiert mindestens ein Beleg, der einen anderen Titel andeutet. Plutarch verweist in seiner Vita des Lucullus auf Sullas ύπόμνηατα16 Der Begriff ύπόμνήματα soll als Lehnswort für commentarius verstanden werden. In der Forschung geht man davon aus, daß mit com­ mentarius von einem gewissen Zeitpunkt ab allgemein historiographische Werke und Memoiren bezeichnet wurden. Dies würde auch für das Werk

9) Reinach, Mithradatcs 417; Fröhlich a. O. 1562; J. P V. D. Balsdon, JRS 41, 1951, 1; ders., Romans and Aliens 55. 125; B. Wosnik, Untersuchungen zur Geschichte Sullas. Diss. Würzburg (1963) VIII; J. Vogt, AW 9,3, 1978,41; Keaveney, Sulla 204; Behr a. O. 9; D N PΙΠ (1997) 173 s. v. Cornelius Epicadius Nr. I 30 (Elvers). ,0) Suet. gramm. 12; Plut. Sulla 37,1 - 2. - Vgl. zu der Problemstellung Fröhlich a. O. 1562; J. P. V. D. Balsdon, JRS 41, 1951,2; Valgiglio, Vita 27 ff., ders., Atti 275 f. Anm. 66. 68; M. Geizer, Kleine Schriften Π (1963) 308; H. Bellen, Historia 24, 1975, 568; D. Timpe, AuA 25, 1979, 109, Pascucci a. O. 292 Γ, Keaveney, Sulla 204; Lewis a. O. 515; E. S. Ramage, Klio 73, 1991,95 f., Behr a. O. 9; Hurlet, Dictature 111. ") RE XXI (1951) 911. 927 s. v. Plutarch (Ziegler) spricht davon, daß die Memoiren in griechischer Sprache abgefaßt seien, was von Wosnik a. Ο. VIII abgelehnt wird. Damit steht er nicht allein. Vgl. etwa Berve, Gestaltende Kräfte 140; Lewis a. O. 510; Valgiglio, Atti 256 ff; Pascucci a. O. 291 f ; B. Scardigli, Die Römerbiographien Plutarchs (1979) 89 f.; Keaveney, Sulla 204; Cagniart, Life 6. - Behr a. O. 9 spricht hingegen von einer anhaltenden Diskussion in der Forschung. ,2)Gell. 1,12,16. 20,6,3; Prise, (ed. Keil) 9 p. 476. - Lewis a. O. 509; Brennan a. O. 106 Anm. 6. ,3) Vgl. Wosnik a. O. Vffl. M)Gell. 1,12,16. 20,6,3; Suet. gramm. 12; Prise. 9 p. 476 (ed. Keil). - Plutarch bezeichnet die Memoiren zweimal als a i αυτού πράξεις und in der griechischen Version des Monumentum Ancyranum wird res gestae mit πράξεις übersetzt. Vgl. Res Gestae Divi Augusti (ed. E. Weber) 10. Vgl. dazu Wosnik a. O. VHI Anm. 4; J. P. V. D. Balsdon, JRS 41, 1951,2; Brennan a. O. 106 Anm. 6; Ramage a. O. 95 f.; Behr a. O. 9. ,5) Wosnik a.O Vm. “ ) Plut. Lucullus 1,4. - Keaveney, Lucullus 9; LAW (1965) 655 s. v. Commentarius (Till); KP 1(1979) 1258 f. s. v. Commcntarii (Lippold), zur Verbindung von commentarius mit ύπόμνημα; M. Geizer, Kleine Schriften Π (1963) 309 310, mit Belegen bei Cicero.

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Sullas gelten17. Beachtenswert ist aber auch, daß sich mit dem Begriff eine eigenständige literarische Gattung verbindet, die objektiv-sachliche Ge­ schichte darstellt und sich dabei einer einfachen Sprache bedient18. Mit dem Begriff der res gestae verbindet sich nun aber eine bestimmte literarische Gattung und inhaltliche Intention: Nicht das ganze Leben sollte dargestellt werden, sondern durch Auswahl einzelner Episoden wollte der Verfasser ein bestimmtes, auf Außenwirkung konzipiertes Bild von sich zeichnen19. Unter dieser Voraussetzung wird man wohl zurecht davon ausgehen können, daß Sullas Memoiren erst mit seinem Eintritt in den cursus honorum begonnen haben20. B. Wosnik glaubt, daß dieser Umstand

,7) LAW (1965) 655 s. v. Commentarius (Till); Lippold a. O. 1259; H. Bengtson, Ein­ führung in die Alte Geschichte ?(1975) 80; K. Christ in: Propyläen Geschichte der Litera­ tur I. Die Welt der Antike 1200 v. Chr. - 600 n. Chr. (1981) 422; F. Pina Polo, Gerion 12, 1994,74; DNP ID (1997) 99 f. s. v. Commentarii (Rüpke). - Eine Verbindung des Begriffs res gestae mit commentarius wird hingegen von R. G. Lewis, Athenaeum 79, 1991, 510 abgelehnt. '*) LAW (1965) 655 s. v. Commentarius (Till); Lippold a. O. 1259. - Zum Wesen des commentarius vgl. sonst Reinach, Mithradates 417; U. Knoche, Gymnasium 58, 1951, 140 ff; H. Bengtson, Einführung in die Alte Geschichte 7(1975) 72. ,9) Reinach, Mithradates 417; B. Wosnik, Untersuchungen zur Geschichte Sullas. Diss. Würzburg (1963) EX; U. Laffi, Athenaeum 45, 1967, 274 f.; Cagniart, Life 9, Bellen, Grundzüge 116; T. C. Brennan, Chiron 22, 1992, 10; Ramage a. O. 95; V. Werner, Quantum bello optimus, tantum pace pessimus. Studien zum Mariusbild in der antiken Geschichtsschreibung (1995) 5. 7; Behr, Selbstdarstellung 172 ff. - Der Begriff der res gestae wird teilweise sehr einschränkend verstanden, so von Knoche a. O. 144, der diesen im Zusammenhang mit Caesars literarischer Hinterlassenschaft erörtert. Dort wird das Thema der res gestae einzig auf den Bereich des Militärischen beschränkt, was aber für das sullanische Werk kaum anzunehmen ist, da Sulla den Wert seiner innenpolitischen Taten hoch eingeschätzt hat. Ein wenig schmeichelhaftes Urteil über Sullas res gestae füllt Syme, Sallust 150, wenn er schreibt: -Dieses wunderliche Dokument, in seiner kühnen Verlogenheit bisweilen zynisch, verlangte viel von Menschen und einer ganzen Klasse, die keineswegs zur Selbstkritik bereit war«. Diese Aussage dürfte aber dem Werk nur bedingt gerecht werden. - Ramage a. O. 93 ff. setzt sich gründlich mit Sullas res gestae ausein­ ander und versucht, aus dem wenigen Erhaltenen die Tendenzen zu ermitteln. Kernpunkte, so Ramage, seien neben den militärischen Taten die Cognomina gewesen Diese Proble­ matik wird weiter unten diskutiert. 20) Wosnik a. O. IX; Keaveney, Sulla 204; Cagniart, Life 6 f. - Lewis a. O. 513 geht jedoch davon aus, daß zumindest einige Ereignisse aus der Jugend in den res gestae angesprochen worden sind, die in ein ideologisches Gesamtkonzept passen. Behr a. O. 11 f. vertritt die Ansicht, daß die Schilderung in den res gestae parallel mit der wachsenden politischen und militärischen Bedeutung breiter und ausführlicher geworden sei.

4 Copyriqhteö material

besonders für das Negativbild verantwortlich ist, das die Nachwelt von den Jugendjahren Sullas gezeichnet hat21. In der Diskussion zum Titel der sullanischen Memoiren blieb eine Stelle weitgehend unbeachtet. Cicero, der vielfach großen Wert auf begriffliche Eindeutigkeit legt, bezeichnet das Werk als Sullae historia22. Der Begriff historia würde wohl die Annahme stützen, daß eine enge Verbindung zum commentarius im Sinne eines objektiven, sachlichen Berichtes besteht. Das würde den Verlust der Memoiren noch bedauerlicher machen als es ohnehin schon ist23. Gesichert erscheint jedenfalls, daß die res gestae die Ereignisse in einer chronologischen Abfolge behandelten24. Welche Zeiträume die einzelnen Bücher jedoch abdeckten, ist nicht ganz sicher. Es sprechen gute Argumente dafür, daß die Bücher I und II die Jugend und den Beginn der politischen Laufbahn behandelten25. Die Bücher III bis X umfaßten den Zeitraum von 88 v. Chr. (oder wohl besser vom Spätjahr 89 v. Chr. bis 86/5 v. Chr.)26. Für den Beginn des Buches III im Spätjahr 89 v. Chr. spricht wohl auch der Umstand, daß Sulla zu diesem Zeitpunkt zum Konsul gewählt und damit eine neue Stufe im cursus honorum beschritten wurde. Die Bücher XI bis XXII umfassen wohl den Zeitraum von 86/5 v. Chr. bis Anfang des Jahres 81 v. Chr., wobei in der Forschung allerdings nicht ausgeschlossen wurde,

2l) Wosnik a. O. IX. ^JCic. div. 1,33,72. - Vgl. M. Geizer, Kleine Schriften Q (1963) 308; Brennan a. O. 106 mit Anm. 6, dort Kritik am Gebrauch des Begriffes historia bei Cicero. - Badian, Zöllner 69 geht von einer sorgfältigen Quellenrecherche bei Cicero aus. °) Lewis a. O. 510 unterstellt Cicero bei der Verwendung des Begriffs historia entweder Ironie oder den Mangel eines entsprechenden Begriffs in der lateinischen Sprache. w) Lewis a. O. 510. ö) Lewis a. O. 512, dort weitere Literatur; Behr a. O. 10 13, dort die Vermutung, daß das Buch II mit dem Kimbemkrieg begann. Er stützt sich dabei auf Gell. 20,6,3. Dagegen wurde dieses Fragment auch in einem anderen Zusammenhang gesehen, etwa dem Kilikienaufenthalt Sullas im Jahre 96 v. Chr. oder mit Ereignissen im Bundesgenossen­ krieg. Vgl. dazu etwa Keaveney, Marser 294 ff., G. Pascucci in: S. Boldrini - C. Questa -R . Raffaelli (Hrsg ), Gli storiografia latini tramendati in frammenti. Atti dell Convegno, Urbino, 9 - 1 2 Maggio 1974, StudUrb 49,1, 1975, 285 ft'. Ä) Lewis a. O. 512; Behr a O. 10. - Im Gegensatz zu den Ansichten von Lewis und Behr hat Peter, HRR 195 ff. eine andere zeitliche Gliederung vorgeschlagen. Danach umfassen die Bücher HI bis X den Zeitraum vom Kimbemkrieg bis zum Frieden von Dardanos, die Bücher XI bis XXI den Bürgerkrieg und das Buch XXII die Ereignisse des Jahres 82 v. Chr. Diese Ansichten Peters sind aber durch die neuere Forschung zurecht verworfen worden.

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daß Buch XXII bis in das Jahr 78 v. Chr. reichte27. Wahrscheinlicher dürften aber durch den historischen Kontext die Daten 85 und 81 v. Chr. sein, da hier jeweils neue Abschnitte im Leben Sullas beginnen. Probleme bereitet dagegen eine Stelle, die nach Priscian dem einundzwanzigsten Buch der res gestae zugeordnet werden muß, jedoch nicht zwangsläufig mit den Ereignissen vor der Diktatur zu verknüpfen ist28. Zu den Selbstzeugnissen Sullas zählen auch drei Schreiben, die im Zu* sammenhang mit dem ersten Mithridatischen Krieg zu sehen sind. Es handelt sich dabei um einen Brief an Kos, einen an die Dionysischen Techniten und schließlich ein Schreiben an Thasos29. Den primären literarischen Quellen kann man auch jene Darstellungen zurechnen, die von Autoren verfaßt wurden, die Sulla zeitlich nahestanden. Recht informativ dürfte das um 67 v. Chr. erschienene, mindestens 23 Bücher umfassende Werk des L. Cornelius Sisenna gewesen sein, der die Ereignisse aus eigener Anschauung und Erfahrung darstellen konnte30. Sallust billigt ihm große Genauigkeit zu, wenngleich er ihn auch für partei­ isch hält31. Gegenstand dieses Werkes war das bellum civile Sullanumque*23, das leider nur noch in Fragmenten vorliegt . Die mangelhafte Überlieferung der Darstellung des Sisenna mag daran liegen, daß diese in der Folgezeit bis in das 1. Jh. n. Chr. weitgehend eine negative Beurteilung erfuhr34. Die Beurteilung dieser Quellen ist sehr unterschiedlich. Wosnik glaubt, die Darstellungen seien parteiisch und würden die Gefahr der Verzerrung in sich bergen35. Eine ganz andere Auffassung vertritt Schmidt36 im Hinblick auf

z7) Lewis a. O. 512. 28) Prise. 9 p. 476 (ed. Keil). - Behr a. O. 10. ®) Vgl. Bengtson, RG 178. - Zu den einzelnen Dokumenten wird im Zusammenhang mit dem Krieg emzugehen sein. 30) KP V (1979) 213 f. s. v. Sisenna (Schmidt); Syme, Sallust 48 u. ö.; E. Badian, Athenaeum 42, 1964,422 ff.; E. Candiloro, StClO 12, 1963, 212 ff ; G. Barabino in: Studi Nonniani I. Universita di Genova. Istituto di Filologia Class, e Medievale (1967) 67 ff ; Gruen, Last Generation 45; Christ, RG 110; H. Diehl, Sulla und seine Zeit im Urteil Ciceros, Beiträge zur Altertumswissenschaft 7 (1990) 211; Bellen, Grundzüge 116; Eder, Sulla 189. 3') Sali. lug 95,2. 32) Veil. 2,9,1. 33) Peter, HRR S. 267 ff *) Vgl. Reinach, Mithradates 420; E. Fantham, AHistBul 1, 1987, 89. ” ) B. Wosnik, Untersuchungen zur Geschichte Sullas. Diss. Würzburg (1963) IX. w) KP V (1979) 213 s. v. Sisenna (Schmidt).

das Werk des Sisenna, welches trotz der sullanischen Standpunkte keineswegs zu einer parteiischen Verzerrung entartet sei. Eine Beurteilung könnte wohl zurecht mit dem Terminus »konservativ« erfolgen37. Auch dürften sich nicht alle Autoren, die dem Umfeld Sullas zugerechnet werden, auf die Memoiren gestützt haben. Zu den wichtigen primären Quellen zählt die Universalgeschichte des in den 30er Jahren des 2. vorchristlichen Jhs. geborenen Poseidonius von Apamea38, wenngleich es auch nur sehr fragmentarisch erhalten ist. Poseidonius kann man intime Kenntnisse der römischen Verhältnisse unterstellen, da er nicht nur als offizieller Vertreter von Rhodos sondern auch auf persönlicher Ebene mit Rom in Verbindung stand. Seine Geschichte in 52 Büchern umfaßte den Zeitraum von 146 v. Chr. bis in sullanische Zeit, ohne das Ende näher bestimmen zu können. Die Grundhaltung seines Werkes wird als kritisch konservativ bezeichnet. Eine vollkommen negative Beurteilung erfahrt dagegen eine Gruppe von Autoren, die unter der Bezeichnung »sullanische Annalisten« zusammen­ gefaßt ist39. Bei diesen Autoren handelt es sich um Q. Claudius Quadrigarius, Valerius Antias und C. Licinius Macer40 Diese Beurteilung bedarf einer Überprüfung im Einzelfall. Die in Fragmenten erhaltenen Annalen des Q. Claudius Quadrigarius’ umfaßten mindestens 23 Bücher, die vielleicht mit dem Kelteneinfall im Jahre 387 v. Chr. begannen. Ausführlicher wurde seine Darstellung nach dem zweiten Punischen Krieg, um schließlich die Zeitge­ schichte umfassend darzustellen. Zweifelsfrei schrieb er von einem prosullanischen Standpunkt aus41, doch bemühte er sich, äußerlich objektiv zu er­

^C A H IX (1932) 883. - In ähnlicher Hinsicht auch V. Werner, Quantum bello optimus, tantum pace pessimus Studien zum Mariusbild in der antiken Geschichtsschreibung (1995)9. 3i) Reinach, Mihtradatcs 423 f.; LAW (1965) 2420 f. s. v. Poseidonius (Gigon); KP IV (1979) 1080 ff. s. v. Poseidonios Nr. 2 (Dörrie); H. Bengtson, Einführung in die Alte Geschichte^ 1975)91. 105 (Literatur); Christ, RG 114; ders. in: Propyläen Geschichte der Literatur I. Die Welt der Antike 1200 v. Chr. - 600 n. Chr. (1981) 426. ” ) Die genannten Autoren werden auch als »jüngere Annalisten« bezeichnet. D. Timpe, AuA 25,1979, 97 ergänzt die Gruppe um Aelius Tubero, die er als die letzte Schicht der verlorenen republikanischen Historiographie bezeichnet. Vgl. auch Hcuss, RG 537 f.; Wemer a. O. 8 f. - DNPI (1996) 709 f. s. v. Annalistik (Kierdorf) 40) Reinach, Mithradates 419 f.; Cagniart, Life 9 f. 41) Vgl. dazu D. Timpe, AuA 25, 1979, 113; Christ, RG 110; D. Gutberiet, Die erste Dekade des Livius als Quelle zur gracchischen und sullanischen Zeit, Beiträge zur Altertumswissenschaft 4 (1985) 7 f. mit Aiun. 1.

7 yrightod

scheinen. Immerhin scheint ihm dies gelungen zu sein, da Quadrigarius für die Jahre ab 187 v. Chr. bei Livius zur Hauptquelle wird42. Valerius Antias43 verfaßte ein Geschichtswerk von mindestens 75 Büchern, deren Titel sowohl mit Armales als auch Historiae bezeugt ist. Das Werk umfaßte die Zeit von der Gründung Roms bis zum Tode Sullas44. Aus den erhaltenen Fragmenten läßt sich ermitteln, daß die ältere römische Ge­ schichte nur relativ knapp dargestellt wurde. Erst mit Beginn des Revolu­ tionszeitalters wurde die Darstellung umfangreicher. Bereits Livius kritisierte das Geschichtswerk des Valerius bezüglich seiner Glaubwürdig­ keit hinsichtlich von Zahlenangaben45. Daneben wurde anhand der Frag­ mente festgestellt, daß Valerius’ Darstellung der römischen Geschichte reich an Mythen, Sagen und Klatschgeschichten war und im Grundtenor wohl die gens Valeria glorifizierte46. Valerius ist aber anzufiihren, da er als Quelle von einer Reihe antiker Autoren genutzt wurde, so von Dionysos Halikarnassos, Valerius Maximus, dem älteren Plinius, Appian, Plutarch und Cassius Dio47. C. Licinius Macer schließlich ist wohl etwas jünger gewesen als Sisenna, mit dem er befreundet war48. Jedoch dürfte er kaum mit dessen politischer Linie konform gewesen sein, da er in seiner politischen Laufbahn mehrfach Reden mit populärer Tendenz hielt49, die sich auch in den Fragmenten seiner

° ) LAW (1965) 644 s. v. Claudius Quadriagarius, C . Nr. 2 (Till); KP 1(1979) 1209 s. v. Claudius Nr. I 34 (Gundel), D. Timpc, AuA 25, 1979, 97 ff.; Gutberiet a. O. 7; DNP Eü (1997) 11 f. s. v. Claudius Quadrigarius, Q. Nr. 1 30 (Kierdorf). 43) RE VH A 2 (1948) 2313 ff. s. v. Valerius Antias (Volkmann); KP V (1979) 1115 s. v. Valerius Nr. 2 (Schmidt); LAW (1965) 3178 s. v. Valerius Antias (Till); Christ, RG 110. “ ) Für den Zeitraum der Darstellung einschließlich Sullas Tod vgl. KP V (1979) 1115 s. v. Valerius Nr. 2 (Schmidt); Christ, RG 110. - LAW (1965) 3178 s. v. Valerius Antias (Till) geht nur von der Möglichkeit aus, daß die sullanische Epoche sich in diesem Werk findet. 45) Liv. 30,19,11: impudenterßcta. - Vgl. KP V (1979) 1115 s. v. Valerius Nr. 2 (Till). *) Vgl. KP V (1979) 1115s v. Valenus Nr. 2 (Schmidt), LAW (1965) 3178 s. v. Valerius Antias (Till); Christ, RG 110. 47) Vgl. KP V (1979) 1115 s. v. Valerius Nr. 2 (Schmidt), dort auch Verweise auf die einzelnen Abschnitte, in denen Valerius mit Sicherheit als Quelle nachgewiesen ist. 48) Cic. leg. 1,7. - LAW (1965) 1730 s. v. Licinius Nr. 4 (Till); KP IU (1979) 849 s. v. Macer Nr. 1 (Schmidt). 49) Sali. hist. 3 fr. 48 M; Cic. Rab. perd. 7; Cic. Tusc. - Vgl. LAW (1965) 1730 s. v. Licinius Nr. 4 (Till), KP IU (1979) 850 s. v. Macer Nr. 1 (Schmidt).

8 CoDvriohted material

Armales, die mindestens 16 Bücher umfaßten, findet50. Die Fragmente bezeugen auch ein besonderes Interesse an antiquarischen Details. Cicero, der gegen Macer eine ausgeprägte Abneigung hegte, kritisierte besonders die mangelnde Berücksichtigung von griechischen Quellen in dem Geschichtswerk51. Macers politische Einstellung dürfte eine Vielzahl von Ereignissen aus anderer Sicht beleuchtet haben. Als Quelle wurden seine Armales von Tubero, Dionysos von Halikamassos und Livius genutzt52. Sicherlich wird man auch die Schriften Ciceros zu den Primärquellen rechnen können, auch wenn einige der Schriften erst Jahre oder Jahrzehnte nach den Ereignissen entstanden53. Cicero muß einen Großteil der Ereignisse aus dem persönlichen Erleben heraus gekannt haben, teils aus Wahrneh­ mung dessen, was um ihn herum geschah, teils aus der persönlichen Aktion heraus. Auch ist davon auszugehen, daß er Sulla persönlich kannte und seine Kenntnisse sich nicht nur auf die politische Seite beschränkten. Im­ merhin war er unter Sulla Soldat54. In den Schriften Ciceros finden wir allerdings keine, die uns ausdrücklich und ausschließlich über die sullanische Epoche informieren. Vielmehr handelt es sich um Informationen, die in Briefen an die Freunde und die Familie standen, in Gerichtsreden und philo­ sophischen Schriften - Dokumenten also, die naturgemäß sehr persönliche, wenig objektive Meinungen widergeben oder mit denen bestimmte Inten-

**) KP III (1979) 850 s. v. Macer (Schmidt). 51) Cic. leg. 1,7. - KP ΙΠ (1979) 850 s. v. Macer Nr. 1 (Schmidt). 52) KP ffl (1979) 850 s. v. Macer Nr. 1 (Schmidt). 5J) Plut. Cicero 41,1 erwähnt, Cicero habe selbst eine römische Geschichte schreiben wollen, doch wäre diese sicher kaum aussagekräftiger gewesen als die Reden, da er seine Geschichtsdarstellung mit λόγοι και μύθοι anreichem wollte und sich - wie D. Timpe, AuA 25, 1979, 118 meint - nicht von der Gegenwart hätte lösen können. Damit sei die Darstellung immer einer aktuellen Sichtweise unterworfen. Aus der Zeit der sullanischen Diktatur sollen nur zwei Reden stammen, und zwar die Reden ftir P. Quincitus und ftir Sex. Roscius aus Amerina. Vgl. T. S. Kinsey, Mnemosyne IV 20, 1967,61 ff.; H. Diehl, Sulla und seine Zeit im Urteil Ciceros, Beiträge zur Altertumswissenschaft 7 (1988) 39; B. Kytzler, Reclams Lexikon der griechischen und lateinischen Autoren (1997) 93 ff. Damit ist aber keineswegs sichergestellt, daß die uns überlieferten Reden nicht die Produkte einer sorgfältigen Überarbeitung sind und den damals ftir Cicero gültigen Vor­ stellungen entsprechen. Reinach, Mithradates 422 bezeichnet Cicero »zwar (als) keine eigentliche historische Quelle«, doch billigt er ihm einen hohen Aussagewert zu. Vgl. auch Cagniart, Life 4. M) Plut. Cicero 3,1. - Vgl Diehl a. O 2. 125.

Urheberrechtlich geschlitztes

tionen verfolgt wurden55*.Es wurde auch beobachtet, daß Cicero mit histori­ schen Tatsachen sehr frei umging, wenn es seinen Intentionen entgegen kam . Ciceros Äußerungen hängen jedenfalls nicht von den Memoiren Sullas ab, auch wenn er diese gekannt hat57. In der Forschung war es in der Vergangenheit heftig umstritten, wie Ciceros Verhältnis zu Sulla war. Eine Gruppe sah ihn als Parteigänger des Diktators58, die andere als Gegner oder neutralen Beobachter59. Aus der zeitlichen Distanz heraus läßt sich die Frage nur sehr unbefriedigend be­ antworten, da Cicero selbst ein Mensch voller Widersprüche war, der seine Vorstellungen dem Zeitgeist (des Siegers) anzupassen pflegte60. Zu den wichtigen Historiographen der späten Republik zählt Q. Sallustius Crispus61, der eine Reihe von Werken teils monographischen, teils um­ fassenderen Charakters verfaßte. Von besonderem Interesse wäre es, wenn seine Historiae, die in fünf Büchern angelegt waren, in größerem Umfang

55) Vgl. Christ, RG 111; D. Gutberiet, Die erste Dekade des Livius als Quelle zur gracchischen und sullanischen Zeit, Beitrage zur Altertumswissenschaft 4 (1985) 21. 22, Diehl a. O. 4. 10; Eder, Sulla 189. *) K. E. Petzold, Chiron 22, 1992,253 ff.; Diehl a. O. 12. 57) Diehl a. O. 13 bezieht Cic. div. 1,33,72 auf die Kenntnis. Vgl. auch Behr, Selbstdar­ stellung 17. i8) R. Heinze in: Vom Geist des Römertums 3( 1960) 102; W. Schur, Das Zeitalter des Marius und Sulla, Klio Beih. 46 (1942) 214 ff.; Volkmann, Sullas Marsch 65; G. Kennedey, The Art of Rhetoric in the Roman World (1972) 172; M. Geizer, Cicero. Ein biogra­ phischer Versuch (1969) 21 f.; K. Büchner, Cicero - Bestand und Wandel seiner geistigen Welt (1964) 95. 59) V. Buchheit, Historia 24, 1975, 570 ff.; ders., Chiron 5, 1975, 199 ff ; Meier, Res publica 250. 60) Das beste Beispiel für Ciceros Opportunismus findet sich in seinem Verhältnis zu Caesar. Stand er jenem am Beginn seiner Laufbahn mehr als kritisch gegenüber, so wandelte sich sein Verhältnis im Jahre 55 v. Chr. ginndlegend. Später erfolgte eine erneute Wendung. Vgl. Christ, RG 132. 61) Vgl. dazu in diesem Sinne Reinach, Mithradates 420 ff.; KP IV (1979) 1513 ff. s. v. Sallustius Nr. 4 (Schmidt), LAW (1965) 2690 f. s. v. Sallust Nr. 1 (Büchner); Kytzler a O. 312 ff. - Bengtson, RG 178, rechnet die Historiae des Sallust zu den primären Quellen, doch kann Sallust, der 86 v. Chr. geboren wurde, nur einen verschwindend geringen Teil der zu behandelnden Epoche als Kleinkind erlebt haben und wird somit die Ereignisse nur auf der Basis der für ihn greifbaren Dokumente, historiographischen Werke und Augenzeugenberichten dargestellt haben können. Damit sind seine Historiae zu den sekundären Quellen zu rechnen. Vgl. auch Christ, RG 111.

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überliefert wären62. Sie schlossen zeitlich unmittelbar an die Darstellung des Sisenna an und wurden von Sallust bis zu seinem Tode bearbeitet. Es ist bei dieser Darstellung relevant, daß er vor der eigentlichen Darstellung eine Zu­ sammenfassung der Ereignisse schrieb, die zwischen 133 - 78 v. Chr. geschahen63. Über den Charakter und den Umfang dieser Zusammenstellung liegen keine Aussagen vor64. Syme übergeht diese Problematik65. Erhalten haben sich nach Maurenbrecher für diesen Abschnitt acht Fragmente66. Als Quelle ist auch die Darstellung des Jugurthinischen Krieges durch Sallust von Bedeutung, die etwa um 40 v. Chr. entstand67. Geht man davon aus, daß der Bellum lugurthinum in drei Abschnitte zu gliedern ist, von denen der letzte die Kommandogewalt des Marius und Sullas Aktivitäten in Afrika umfaßt, muß die Frage nach den Quellen für diesen gestellt werden68. Es wurde durch die Forschung festgestellt, daß besonders der hier wichtige Abschnitt insgesamt nicht sonderlich detailreich ist und nur dort Leben

62) Gutberiet a. O. 21 nennt die Historiae nicht in ihrer Auflistung der Quellen zur Ge­ schichte der ersten Hälfte der römischen Revolutionszeit. Nach Auflassung von Syme, Sallust 175 enthielten die Historien eine umfassendere Darstellung der Persönlichkeit und Tätigkeit Sullas als im bellum lugurthinum. - Möglicherweise war Sallusts Darstellung der Persönlichkeit Sullas in den Historiae entschieden kritischer als im bellum lugurthi­ num. Vgl. dazu A. La Penna, Atheacum 41, 1963, 210 IT., wenngleich T. C. Brennan, Chiron 22, 1992, 112 die Ansichten La Pcnnas als sehr spekulativ bezeichnet. Nach K. Christ in: Propyläen Geschichte der Literatur I. Die Welt der Antike 1200 v. Chr. - 600 n. Chr. (1981)418 f. haben sich von den Historiae insgesamt vier Reden, zwei Briefe und ca. 500 meist kleinere Fragmente erhalten. Für den Zeitraum von 1 3 3 -7 8 v. Chr. existieren 45 Fragmente. Vgl. dazu KP V (1979) 1515 s. v. Sallustius (Schmidt). ö ) Vgl. dazu Syme, Sallust 182, B. R Katz, RhM 124, 1981, 332 ff.; E. Fantham, AHistBul 1, 1987, 89; KP V (1979) 1516 s. v. Sallustius (Schmidt), dort der Beginn der Zu­ sammenfassung mit 146 v. Chr. angegeben. 44) CAH IX (1932) 883 geht davon aus, daß die Reste der Historiae ausreichen, um die generellen Strukturen zu klären. 45) Vgl. Syme, Sallust 182. M) Q. Sallustii Crispi Historiae I (1891 - 1893) fr. 24 - 31. - Vgl dazu auch W. Eisenhut in: Sallust. Werke, lat.-dt. hrsg. von W. Eisenhut - J. Lindaucr (1985) 384 f. ^ KP IV (1979) 1515 s. v. Sallustius Nr. 4 (Schmidt); K. Vretska in. V. Pöschel (Hrsg ), Sallust, Wege der Forschung 94 (1970) 274 f. “ ) Für die frühen Abschnitte wurden bei Sallust die Histohae des Pindarius, das Werk des P. Sempronius Asellio und das des P. Rutilius Rufus vorausgesetzt. Vgl. H. Last in: CAH IX (1932) 115. Auch die drei Bücher der Biographie De vita sua des M. Aemilius Scaurus mögen als Quelle herangezogen worden sein, da Cicero (Brut. 112) über sie als sane utiles, quos nemo legit urteilt. Vgl. Last a. O. 115.

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aufweist, wo von Sulla und seinen Taten berichtet wird. Es wurde daher vermutet, Sallust habe als Quelle die Memoiren Sullas genutzt69, was in krassem Gegensatz zu den Intentionen seiner Schrift steht. Auch Sallusts Ausführungen zur Verschwörung des Catilina, die etwa 42/41 v. Chr. entstanden sind, bergen eine Reihe von Informationen zur Geschichte Sullas, die in das übergeordnete Thema dieser Schrift eingeflos­ sen sind70. Grundlegend für den Wert der sallustianischen Geschichtsschreibung ist, ob Sallust ein parteiischer Historiograph war. Aufgrund seiner persönlichen Lebensgeschichte - der Herkunft aus der Provinz und damit verbunden die Problematik des römischen Bürgerrechts, gegen das vor allem die Optimaten Roms, als dessen Repräsentant sich Sulla möglicherweise verstand, und seine enge Bindung an Caesar, dessen familiäre Bindung an Marius und sein persönlicher Konflikt mit Sulla - könnte man davon ausgehen, daß er Sulla und seine Werke eher negativ und parteiisch sah. Besonders die ältere For­ schung ging von diesem Standpunkt aus71. Die neuere Forschung hingegen beurteilt überwiegend das Werk Sallusts hinsichtlich seiner Objektivität zwi­ schen »nicht gerade parteiisch«72 und »objektiv«73. Diese Haltung kann sich durchaus auf Aussagen Sallusts stützen, der in der Laufbahn Sullas ein positives Bild bis zum Bürgerkrieg hin zeichnet74. Noch der Zeit der späten Republik muß das Werk des Diodorus Sicylos zugerechnet werden, das sich als Universalgeschichte verstand. Uber den Quellenwert ist jeweils im Einzelfalle zu entscheiden, doch neigt die For­ schung heute wohl dazu, sein Werk positiver zu bewerten75. ··

69) Last a. O. 115. 116; Behr, Selbstdarstellung 17. ’“JZu den Intentionen des bellum Iugurthitium vgl. K. Christ in: Propyläen Geschichte der Literatur I. Die Welt der Antike 1200 v. Chr. - 600 n. Chr. (1981) 419; D. S. Levene, JRS 83, 1992, 53 ff. 7|) Vgl. K. Latte, Sallust (1935); H. Oppermann, Neue Jalirbücher 1935, 37 IT.; K. v. Fritz, TAPhA 1943, 144; H. Last in: САН IX (1932) 114. - Auch die jüngere Forschung hat durchaus eine negative Bewertung Sullas durch Sallust zu erkennen geglaubt. Vgl. etwa Cagniart, Life 4. 72) Vgl. etwa Bengtson, RG 166 Anm. 1. 73) KP IV (1979) 1516 s. v. Sallustius Nr. 4 (Schmidt), mit geringfügigen Einschrän­ kungen. In der neueren Forschung bezeichnet etwa H. Diehl, Sulla und seine Zeit, Beiträ­ ge zur Altertumswissenschaft 7 (1988) 211, die Schriften Sallusts als antisullanisch. 74) Sali. lug. 95,4; Sali. Cat. 11,4. - Vgl. dazu auch T. C Brennan, Chiron 22, 1992, 112. 75) KP П (1979) 41 f. s. v. Diodoros Nr. 12 (v. Albrecht); Christ, RG 48 f.; Cagniart, Life 4, B. Kytzler, Reclams Lexikon der griechischen und römischen Autoren (1997) 115.

12 Bahan dertgan hak cipta

Zu Beginn der Kaiserzeit entstand das Geschichtswerk des Livius, das in 142 Büchern die römische Geschichte von den Anfängen bis zu seiner Gegenwart umfaßte. Etwa die Hälfte des Werkes befaßte sich mit dem Zeitalter der römischen Revolution, doch sind die hier wichtigen Bücher nur in den Epitome, also in Form von Inhaltsangaben, überliefert. Kritik am Werk des Livius hat sich vor allem daran entzündet, daß er kommentarlos Quellen verwertete und aufgrund von Quellenwechsel gleiche Ereignisse zweimal berichtete76. Relativ nahe am Zeitgeschehen entstand die Darstellung des Velleius Paterculus, die um 30 n. Chr. angesetzt wird77. Obwohl Velleius seine römische Geschichte in großer Eile verfaßt hat78, scheint seine Darstellung insgesamt doch recht zuverlässig zu sein79. Negativ wirkt sich aus, daß er die Zeit der Republik bis zum Bürgerkrieg nur sehr knapp darstellen wollte, also der hier interessierende Abschnitt nur skizzenhaft erscheint. Außerdem existiert im zweiten Buch, welches hier relevant ist, eine Reihe von kleinen Lücken. Für die republikanische Zeit hat er wohl die Werke des Cornelius Nepos, Sallust und Livius herangezogen80. Zeitgenosse des Velleius Paterculus war Valerius Maximus, der wie andere Autoren nicht Geschichte schreiben wollte, sondern historische Beispiele für eine politische, rhetorische oder moralische Argumentation zusammenstellen wollte81. Die ursprünglichen in zehn Büchern angelegten facta et dicta memorabilia entstanden zwischen 27 und 31 n. Chr. Als Quellen benutzte er Pomponius Rufus, Cicero, Varro, Cornelius Nepos und Hyginus82.

76) KP HI (1979) 695 ff. s. v. Livius Nr. B 2 (Fuhrmann); Christ, RG 46 f. I I 3; ders. in: Propyläen Geschichte der Literatur I. Die Welt der Antike 1200 v. Chr. - 600 n. Chr. (1981) 423 ff; Cagniart, Life 4 f.; Behr a. O. 17; Kytzler a. O. 199 ff. ^ K P V (1979) 1161 s. v. Velleius Nr. 2 (Fuhrmann); K. Christ in: Propyläen Geschichte der Literatur I. Die Welt der Antike 1200 v. Chr. - 600 n. Chr. (1981) 433. n ) Veil. 1,16,1. *) KP V (1979) 1161 s. v. Velleius Nr. 2 (Fuhrmann); Kytzler a. O. 378 f . - In der älteren Forschung (vgl. etwa Reinach, Mithradates 435) wird ein anderes Urteil gefällt. Als Vorteil wird allerdings angesehen, daß Velleius relativ unabhängig von der augusteischen Historiographie gearbeitet hat. Auch Brennan a. O 113 sieht in der Darstellung des Velleius keine gute, unabhängige Quelle zur Geschichte Sullas. *°) KP V (1979) 1161 s.v. Velleius (Fuhrmann). *') Vgl. T. F. Camey, RhM 1962, 289 ff.; KP V (1979) 1117 s. v. Valerius Maximus (Schmidt), K. Christ in: Propyläen Geschichte der Literatur I. Die Welt der Antike 1200 v. Chr. - 600 n. Chr. (1981) 433; Cagniart, Life 5; Kytzler a. O. 373. n ) KP V (1979) 1117 s. v. Valerius Maximus (Schmidt).

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Als Quelle zur Geschichte der Späten Republik und damit auch zu Sulla kann das erhaltene historische Epos - die Pharsalia - des 39 n. Chr. gebore­ nen Lucan herangezogen werden83. Jedoch bleibt die Benutzung der Phar­ salia problematisch84, was in der Arbeitsweise Lucans begründet ist. Er nutzte für sein Werk erstklassige Quellen, wohl in erster Linie die livianischen Annalen, und entnahm diesen konkrete Fakten, die er mit zahlreichen Ausschmückungen versah85. Diese Arbeitsweise beeinträchtigte die Wert­ schätzung des Werkes in der Antike bis hin in die Neuzeit keineswegs, wie dies u. a. die Scholien zu diesem Werk belegen86. Im Laufe des 19. Jhs kam es unter dem Einfluß des deutschen Klassizismus zu einer negativen Beur­ teilung87. Erst die letzten Jahrzehnte haben eine Neubewertung Lucans ge­ bracht und ihm - unter gewissen Vorbehalten - einen Quellenwert zu­ gebilligt88. Zu Beginn des 2. Jhs. n. Chr. entstand das Geschichtswerk des Florus89, dessen Titel mit epitome de Tito Livio überliefert ist. Dieses Werk verstand sich als Preis der Größe Roms und versuchte, die Geschichte zu strukturie­ ren, indem sie den unterschiedlichen Lebensstufen des Menschen angepaßt wurde. Besonders interessant ist im Zusammenhang mit der vorliegenden Untersuchung jener Abschnitt, den Florus als iuventus bezeichnet und der die Zeit vom ersten Punischen Krieg bis Augustus umfaßt. Florus sah in dieser Zeit die Bildung des Staatswesens, wie er es kannte. Als besonderen Einbruch verstand er die Krisenzeit der Republik von den Gracchen an, in der sich ein grundsätzlicher Wertewandel vollzog. Nicht virtus war maß­ geblich, sondern fortuna, was sich auch deutlich bei Sulla manifestierte90.

°) Vgl. allgemein dazu KP Lü (1979) 745 IT. s. v. Lucan, M. Aennaeus (Fuhrmann), LAW (1965) 1775 f. s. v Lukan (Burck); Kytzler a. O. 210 ff 84) Vgl. R. Felirle, Cato Uticensis, Impulse der Forschung 43 (1983) 42, E. Fantham, AHistBul 1, 1987, 89. 85) Vgl. etwa Fehrle a. O. 42. “ ) KP lü (1979) 748 s. v. Lucan (Fuhrmann). 87) Vgl. z. B. M. Schanz - C. Hosius, Geschichte der römischen Literatur bis zum Gesetz­ gebungswerk des Kaisers Iustinian, HAW VID 2 ’(1901) 88. " ) KP III (1979) 748 s. v. Lucan (Fuhrmann); Fehrle a. O. 42, Fantham a. O 89. w) Zur Person vgl. KP II (1979) 582 s. v. Florus Nr. 2 (Schmidt); DNP IV (1998) 566 f. s. v. Florus Nr. 1 (Schmidt); M. Wegner, Zeiten - Lebensalter - Zeitalter. Ein archäologi­ scher und kulturgeschichtlicher Überblick, Charybdis. Schriften zur Klassischen Ar­ chäologie 1 (1992) 366 f. w) KP II (1979) 582 s. v. Florus Nr. 2 (Schmidt).

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Die ausführlichsten Darstellungen zur Geschichte Sullas finden wir bei Plutarch und Appian91, die aber als parteiisch anzusehen sind92 und zudem durch eine große zeitliche Distanz vom Geschehen getrennt waren. Unter den Schriften Appians sind das erste die Jahre 133 - 70 v. Chr. umfassende Buch des bellum civilis und die Darstellung zu Mithridates zu nennen93. Appian bietet wohl als einziger eine zusammenhängende Darstel­ lung dieses Abschnitts der römischen Geschichte, doch hat auch er in seiner Darstellung Fehler, die nachweisbar sind. Gleichwohl ist der Wert der historischen Aussage hoch anzusetzen94. Bei Plutarch sind die Lebensbeschreibungen des Sulla, Caesars, Pompeius’, Crassus’, Lucullus’ und Sertorius’ von Bedeutung. Teils geben sie Auskunft über Sulla selbst, teils informieren sie über die Hintergründe. Bei der Beurteilung der Schriften Plutarchs als Quelle hängt alles davon ab, welche Methode er für seine Biographien verwendete. Eine Grundfrage in der Forschung seit dem vorigen Jahrhundert ist die, ob er für seine Par­ allelbiographien nur eine Quelle nutzte oder umfangreiche Studien betrieb. Daneben stellt sich auch die Frage, ob Mittelquellen genutzt wurden, ln der Forschung sind für alle Ansichten durchaus gute Argumente angeführt worden95, doch am wahrscheinlichsten dürfte die Position K. Zieglers sein, der für die Biographien sowohl Mittelquellen wie auch umfangreiches Quellenstudium nicht ausschließt96. Gelten diese Überlegungen für alle Bio­ graphien Plutarchs, ist es nun notwendig, die Frage nach den Quellen zur

91) B. Wosnik, Untersuchungen zur Geschichte Sullas. Diss. Würzburg (1963) VI; Bengtson, RG 178 f.; ders., GG 505 f ; Cagniart, Life 5. 92) САН IX (1932) 886 zu Appian, Behr, Selbstdarstellung 17. 93) Das erste Buch des bellum cilivis entspricht dem 13. Buch der 'Ρω μαϊκά des Appian. Vgl. auch Christ, RG 114 f.; Cagniart, Life 5. 346. 94) Vgl. Ed. Meyer, Kleine Schriften P (1924) 379 f.; Wosnik а. О. VII; K. Christ in: Propyläen Geschichte der Literatur I. Die Welt der Antike 1200 v. Chr. - 600 n. Chr. (1981) 434; D Gutberiet, Die erste Dekade des Livius als Quelle zur gracchischen und sullanischen Zeit, Beiträge zur Altertumswissenschaft 4 (1985) 21; DNPI (1996) 903 ff. s. v. Appianos (Magnino); B. Kytzler, Reclams Lexikon der griechischen und römischen Autoren (1997) 42. w) Eine gute Übersicht zu diesem Themenkomplex findet sich bei J. Seibert, Das Zeitalter der Diadochen, Erträge der Forschung 185 (1983) 38 ff; R. Fehrle, Cato Uticensis, Impulse der Forschung 43 (1983) 2 ff *) RE XXI 1 (1951) 636 ff. s. v. Plutarchos Nr. 2 (Ziegler). - Für eine gute Kenntnis der lateinischen Quellen s. D. R. Pelling, JHS 99, 1979, 74 ff. - Zu Plutarchs Arbeiten vgl. auch С. P. Jones, Plutarch and Rome (1971) 71.

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Vita des Sulla zu stellen. Allgemein herrscht die Ansicht vor, daß die Quellen, die Plutarch für die Lebensbeschreibung Sullas nutzte, nicht einwandfrei geklärt sind. Naheliegend wäre eine Nutzung der res gestae des Sulla, doch wird dies beispielsweise von Wosnik entschieden abgestritten. Er glaubt, eine griechische Mittelquelle annehmen zu können, wobei er sich auf die gleichen Entlehnungen bei Appian und in der Liviustradition stützt. Allerdings hat E. Valgiglio nachgewiesen, daß die res gestae eine wesentli­ che Quelle für Plutarch waren97. Nach der Schlacht an der Porta Collina gab Plutarch die res gestae als Quelle auf98. Aber für Plutarch gilt die Einschränkung, daß er nie Geschichte, sondern Biographien99 schreiben wollte. Dabei kam es ihm darauf an, in den Biographien das rjöo