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German Pages 51 Year 2014
Literatur und Entropie
Von
Hans-Christian von Herrmann
A Duncker & Humblot · Berlin
HANS-CHRISTIAN VON HERRMANN Literatur und Entropie
Lectiones Inaugurales Band 7
Literatur und Entropie
Von
Hans-Christian von Herrmann
Duncker & Humblot · Berlin
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
Alle Rechte vorbehalten © 2014 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fremddatenübernahme: Klaus-Dieter Voigt, Berlin Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 2194-3257 ISBN 978-3-428-14012-1 (Print) ISBN 978-3-428-54012-9 (E-Book) ISBN 978-3-428-84012-0 (Print & E-Book) Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706 ∞
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Vorwort Der hier vorgelegte Text ist die überarbeitete Fassung der am 1. Februar 2012 an der Technischen Universität Berlin vor der Fakultät Geisteswissenschaften gehaltenen Antrittsvorlesung für das Fachgebiet Literaturwissenschaft mit dem Schwerpunkt Literatur und Wissenschaft. Berlin, im Januar 2014 Hans-Christian von Herrmann
Inhaltsverzeichnis Literatur und Entropie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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I.
The scientific revolution (C. P. Snow) . . . . . . . . . .
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II. Grenzen der Menschheit (K. Laßwitz) . . . . . . . . .
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III. Le miracle des singes dactylographes (É. Borel, A. S. Eddington, J. Jeans) . . . . . . . . . . .
23
IV. Die totale Bibliothek (J. L. Borges, M. Butor) . . .
32
V. „. . . it was the blurst of times“ (The Simpsons) . .
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Zum Autor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Literatur und Entropie „[. . .] a similar tendency from the least to the most probable, from differentiation to sameness, from ordered individuality to a kind of chaos.“ Thomas Pynchon, Entropy (1960) „Aujourd’hui l’espace du langage n’est pas défini par la Rhétorique, mais par la Bibliothèque [. . .]“ Michel Foucault, Le langage à l’infini (1963) „Je m’apprête à une orgie de déchiffrage.“ Michel Butor, Portrait de l’artiste en jeune singe (1967)
I. The scientific revolution (C. P. Snow) Die 1991 im Suhrkamp Verlag erschienene Denkschrift Geisteswissenschaften heute ist das Ergebnis eines Forschungsprojekts, das in den Jahren 1987 bis 1990, auf Anregung des Wissenschaftsrates und der Westdeutschen Rektorenkonferenz, fachübergreifend nach der Legitimation und zukünftigen Rolle geisteswissenschaftlicher Forschung fragte. In Kapitel 1 „Die Geisteswissenschaften im System der Wissenschaft“ nehmen die Autoren Bezug auf den berühmten Vortrag, den der Physiker, Wissenschaftsorganisator und erfolgreiche Verfasser von Gesellschafts9
romanen, Charles Percy Snow, 1959 im Rahmen der traditionsreichen Rede Lecture an der Universität Cambridge hielt und in der er die bis heute virulente Formel von den ,zwei Kulturen‘ prägte: Nach Snow ist das Verhältnis beider Kulturen, der naturwissenschaftlichen und der geisteswissenschaftlichen, zueinander durch wechselseitige Ignoranz und wechselseitige Verarmung gekennzeichnet. Dabei kommen die Geisteswissenschaften bedeutend schlechter weg als die Naturwissenschaften. Nach Snow haben die Naturwissenschaften „die Zukunft im Blut“, die Geisteswissenschaften offenbar nur noch die Vergangenheit. Die Naturwissenschaften sind science, Messen und Wiegen, die Geisteswissenschaften sind ,Literatur‘, Bildung und Erinnerung.1
Für Snow stellte sich in seinem Vortrag von 1959 das Problem der ,zwei Kulturen‘ in erster Linie als ein Problem unterschiedlicher Sprachen und somit als ein Problem von literacy und illiteracy. Hinzu kam die Verwunderung darüber, daß Geisteswissenschaftler sich selbst gerne als Intellektuelle zu bezeichnen pflegen, ohne diesen Status auch den Vertretern naturwissenschaftlicher Fächer zuzugestehen. So zitiert Snow etwa seinen Mathematikerkollegen G. H. Hardy mit dem Satz: „Have you noticed how the word ,intellectual‘ is used nowadays? There seems to be a new definition which certainly doesn’t include Rutherford or Eddington or Dirac or Adrian or me. It
1 Wolfgang Frühwald, Hans Robert Jauß, Reinhart Koselleck, Jürgen Mittelstraß, Burkhart Steinwachs, Geisteswissenschaften heute. Eine Denkschrift, 2. Aufl., Suhrkamp Verlag, Frankfurt a. M., 1996, S. 23 f.
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does seem rather odd, don’t y’ know.“2 Dieser kühlironische Blick auf die Pragmatik des englischen Universitätsbetriebs gewinnt in der deutschen Rezeption 30 Jahre später deutlich andere, nämlich geschichtsphilosophische Züge. So wird aus Snows ,zwei Kulturen‘ eine „halbierte Kultur“, deren verlorene Einheit es wieder herzustellen gelte: Ihre Teile bilden eigene Welten, die ,objektive‘ Welt des Naturwissenschaftlers und die ,literarische‘ Welt des Geisteswissenschaftlers. Zugleich drückt sich in dieser halbierten Kultur die Unfähigkeit oder das Unvermögen des modernen Menschen aus, in einer gemeinsamen Welt zu leben.3
Snow hatte in seinem Vortrag, zur Veranschaulichung seiner Diagnose, berichtet, er habe in geisteswissenschaftlichen Kreisen häufig eine gegenüber Naturwissenschaftlern zur Schau getragene Arroganz feststellen können. Auf seine Nachfrage hin sei jedoch niemand in der Lage gewesen, zum Beispiel den Zweiten Hauptsatz der Thermodynamik zu erläutern, obwohl dieser doch für einen Naturwissenschaftler ungefähr so grundlegend sei wie für einen literarisch Gebildeten das Werk Shakespeares.4 Die Denkschrift Geisteswissenschaften heute stellt daher fest: 2 Charles Percy Snow, The Rede Lecture (1959), in: ders.: The Two Cultures, Cambridge University Press, 1998, S. 4. 3 Wolfgang Frühwald et al., op. cit., S. 25. 4 Vgl. Charles Percy Snow, op. cit., S. 14 f.: „A good many of times I have been present at gatherings of people who, by the standards of the traditional culture, are thought highly educated and who have with considerable gusto been expressing their incredulity at the illiteracy of scientists. Once or twice I have been provoked and have
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Es geht nicht nur darum, daß Naturwissenschaftler fortan auch Shakespeare lesen und Geisteswissenschaftler den zweiten Hauptsatz der Thermodynamik kennen, sondern darum, daß sich Naturwissenschaftler auch in der Welt Shakespeares und Geisteswissenschaftler sich auch in der Welt der Physik bewegen können. Es geht ferner darum, daß Natur- und Geisteswissenschaftler beide Welten wieder als Ausdruck einer Kultur begreifen lernen.5
Gerade diese Perspektive der notwendigen Überwindung einer die Universität der Gegenwart durchziehenden Kluft verdeckt aber den zweiten und eigentlich aktuellen Teil der Diagnose Snows: die Unterscheidung von industrial revolution und scientific revolution. Letztere setze erstere voraus, habe aber die Welt bereits auf ganz neue und bislang ganz unvorstellbare Weise verändert. Ihre Anfänge lägen in den zwanziger Jahren des 20. Jahrhunderts, und sie sei heute durch die gesellschaftliche Nutzung von Elektronik, Atomenergie und Automatisierung gekennzeichnet. I believe the industrial society of electronics, atomic energy, automation, is in cardinal respects different in kind from any that has gone before, and will change the world much more. It is this transformation that, in my view, is entitled to the name of ,scientific revolution‘.6 asked the company how many of them could describe the Second Law of Thermodynamics. The response was cold: it was also negative. Yet I was asking something which is about the scientific equivalent of: Have you read a work of Shakespeare’s?“ 5 Wolfgang Frühwald et al., op. cit., S. 25. 6 Charles Percy Snow, op. cit., S. 30. 12
Snow hatte seinem Vortrag 1959 dementsprechend auch den ausführlicheren Titel „The Two Cultures and the Scientific Revolution“7 gegeben. Über die ungeheure Tragweite dieser wissenschaftlichen Revolution heißt es darin weiter: „This is the material basis for our lives: or more exactly, the social plasma of which we are a part. And we know almost nothing about it.“8 Gegenüber der zuvor beklagten Sprachund Verständnislosigkeit zwischen den ,zwei Kulturen‘ der Naturwissenschaftler und der Geisteswissenschaftler (bei Snow heißen sie im übrigen scientists und literary intellectuals) hat sich der Schauplatz plötzlich vollständig gewandelt, denn was nun die Bühne betritt, ist etwas Drittes, demgegenüber beide gleichermaßen ignorant erscheinen: es sind die angewandten Wissenschaften der Ingenieure, kurzum das, was die Sache Technischer Hochschulen ist. Schon aus diesem Grund soll es im folgenden nicht um eine Fortschreibung der Klage über die Trennung der ,zwei Kulturen‘ gehen. Was es stattdessen in den Blick zu rücken gilt, sind Korrespondenzen oder Stellen des Übergangs, an denen die beiden Kulturen miteinander kommunizieren, ohne daß damit ihre Trennung einfach aufgehoben würde. Dabei kann direkt an eine der zitierten Passagen aus Snows Vortrag angeknüpft werden, und zwar an das Beispiel ,Shakespeare‘ und ,Zweiter thermodynamischer Hauptsatz‘, mit dem Snow seine wissenssoziologischen Beobachtungen veranschaulichen wollte. Skizziert werden soll die das ganze 20. Jahrhundert umspannende Ge7 8
op. cit., S. VII. op. cit., S. 30. 13
schichte eines Gedankenexperiments und seiner Transformationen. Da die Akteure, um die es dabei geht, Naturwissenschaftler und literarische Autoren sind, die sich auf dem Weg des verdeckten oder offenen Zitats aufeinander beziehen, verläuft sie quer zu der von Snow beschriebenen Grenzlinie. Die Geschichte beginnt im Jahr 1904 und reicht bis in die jüngste Vergangenheit, den Herbst des Jahres 2011. Es geht dabei um den Zweiten thermodynamischen Hauptsatz und die darin relevante Zustandsgröße – die Entropie –, um die Bibliothek aller Bibliotheken, um Shakespeare – und, nicht zu vergessen, um Affen an Schreibmaschinen. Am Ende wird dies, so ist zu hoffen, auch ein Beitrag zur näheren Bestimmung dessen gewesen sein, was Snow in seinem Vortrag als scientific revolution bezeichnet. Zumindest jedoch soll auf diesem Weg die Frage beantwortet werden: „Was aber ist ,Entropie‘ und vor allem: was hat sie mit Büchern zu tun?“ 9 II. Grenzen der Menschheit (K. Laßwitz) Am 18. Dezember 1904 veröffentlichte Kurd Laßwitz in der in Breslau erscheinenden Ostdeutschen Allgemeinen Zeitung einen kleinen Text mit dem Titel „Die Universalbibliothek“.10 Der 1848 in Breslau geborene und 1910 in Gotha gestorbene Kurd Laßwitz 9 David Oels, Tim Sparenberg, Editorial, in: Non Fiktion. Arsenal der anderen Gattungen 4 (2009), H. 2: Entropie, S. 7–9 (hier: 7). 10 Kurd Laßwitz, „Die Universalbibliothek“, in: ders.: Nie und Immer: Homchen, Traumkristalle, Verlag Dieter von Reeken, Lüneburg, 2009, S. 230–238.
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war als Gymnasiallehrer für Mathematik, Physik, Geographie und Philosophie tätig; daneben verfaßte er wissenschaftshistorische Schriften, so etwa zu Kants transzendentaler Lehre von Raum und Zeit (1883), zur Geschichte der Atomistik (1890) und zu Leben und Werk Gustav Theodor Fechners (1896). Seine wissenschaftlich-phantastischen Erzählungen und Romane gelten heute als Beginn der deutschsprachigen Science-Fiction. Die Kurzgeschichte, um die es hier geht, handelt von einem Professor namens Wallhausen, der es, wie man schnell erfährt, versteht, zugleich als Mathematiker und als Philosoph zu sprechen. Man sitzt im familiären Kreis in Wallhausens Privatwohnung beisammen bei Bier und Wein, und es taucht die Frage auf, wie denn die Unerschöpflichkeit des menschlichen Geistes mit der begrenzten Anzahl von Buchstaben oder Lettern zusammenpasse, in denen er sich artikuliere. Alles, „was der Menschheit jemals gegeben werden kann an geschichtlichem Erlebnis, an wissenschaftlicher Erkenntnis, an poetischer Kraft, an Lehren der Weisheit“, könne man, so Wallhausen, „in Lettern“ darstellen. Denn unsere Bücher vermitteln doch tatsächlich das Wissen der Menschheit und bewahren den Schatz, den die Arbeit des Denkens gehäuft hat. Die Zahl der möglichen Kombinationen gegebener Buchstaben ist aber begrenzt. Also muß alle überhaupt mögliche Literatur sich in einer endlichen Anzahl von Bänden niederlegen lassen.11
Und sogleich macht sich Wallhausen auch daran, den Umfang dieser wahrhaft universalen, gleichwohl 11
Kurd Laßwitz, op. cit., S. 231. 15
aber endlichen Bibliothek und damit die Mächtigkeit des menschlichen Geistes rechnerisch zu ermitteln. „Ich frage: Wenn man sich knapp einrichtet und auf besondere ästhetische Darstellung durch verschiedene Schriftgattungen verzichtet, auch mit einem Leser rechnet, der es nicht zu bequem haben will, dem es nur auf den Sinn ankommt – [. . .] Wieviel Lettern wird man für die gesamte schöne und Unterhaltungsliteratur“ sowie die „wissenschaftliche[n] Bücher“ brauchen? Man einigt sich, Großbuchstaben, Kleinbuchstaben, Interpunktionszeichen, Zahlzeichen inklusive Indizes „und – nicht zu vergessen – das Spatium –“ zusammengenommen, auf 100 verschiedene Zeichen, „um alles Denkbare durch die Schrift ausdrücken zu können“.12 Bei einem Bandumfang von fünfhundert Seiten und einer Zeichenzahl von zweitausend pro Seite, käme man so pro Band auf eine Summe von einer Million. Wenn man also unsere 100 Zeichen beliebig oft wiederholt, in irgendeiner Ordnung so oft zusammenstellt, daß sie einen Band von einer Million Buchstaben füllen, so wird man irgendein Schriftwerk bekommen. Und wenn man alle möglichen Zusammenstellungen sich denkt, die überhaupt in dieser Weise rein mechanisch gemacht werden können, so hat man genau sämtliche Werke, die jemals in der Literatur geschrieben worden sind oder in Zukunft geschrieben werden können.13
Das sei, so stellt man in der kleinen Gesellschaft amüsiert fest, „ja prachtvoll für den Verleger“, denn es ermögliche „die Ausschaltung des Autors aus dem
12 13
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op. cit., S. 231 f. op. cit., S. 232.
Geschäftsbetrieb! Ersatz des Schriftstellers durch die Kombinationsmaschine. Triumph der Technik!“ Zudem sei in dieser Bibliothek tatsächlich „[a]lles“ zu finden, nicht nur „der ganze Goethe“, die Bibel und die „Gesamtausgaben der Werke aller Philosophen, die nur je gelebt haben“, sondern diese „sogar mit sämtlichen Lesarten, auf die noch kein Mensch gekommen ist.“ Man finde darin „auch sämtliche verlorenen Schriften des Platon oder des Tacitus und die Übersetzungen dazu. Ferner sämtliche zukünftigen Werke von uns beiden, alle vergessenen und noch zu haltenden Reichstagsreden, den allgemeinen Weltfriedensvertrag, die Geschichte der darauffolgenden Zukunftskriege –“, und nicht zuletzt „das Reichskursbuch“, das, wie es heißt, „Lieblingsbuch“14 des Professors. Indem die kleine Runde das angestellte Gedankenexperiment weiter in seine Verästelungen hinein verfolgt, stößt sie schließlich auf das Problem, daß die unüberbietbare Universalität dieser Bibliothek zugleich aber auch ihre Benutzbarkeit erheblich einschränkt, wenn nicht gar unmöglich macht. Der Grund dafür ist, daß sie nicht nur abgeschlossene Werke, sondern jede denkbare, auch fehlerhafte und sinnlose Variante dieser Werke enthält. Dieses Problem verschärft sich noch dadurch, daß davon selbstverständlich auch der Bibliothekskatalog betroffen ist. „Es gibt“, so der Professor, Zigarre rauchend und zurückgelehnt im Sessel sitzend, da so einige Schwierigkeiten. Nehmen wir z. B. den ersten Band unserer Bibliothek zur Hand. Die erste Seite 14
op. cit., S. 232 f. 17
ist leer, die zweite ebenfalls, und so fort, alle 500 Seiten. Es ist nämlich der Band, worin das Zeichen des Spatiums ein Millionenmal wiederholt worden ist – [. . .] Nun der zweite Band, auch leer, alles leer, bis auf der letzten Seite, ganz unten, an der millionsten Zeichenstelle, ein schüchternes a steht. Im dritten Bande ist es wieder so, nur daß das a um eine Stelle vorgerückt ist, an letzter Stelle steht jetzt wieder das Spatium. Und so schiebt sich das a in jedem Bande um eine Stelle weiter nach vorn durch eine Million Bände, bis es im ersten Bande der zweiten Million glücklich die erste Stelle erreicht hat. Weiter steht nichts in diesem interessanten Bande. Und so geht es durch die ersten hundert Millionen unserer Bände, bis alle hundert Zeichen ihren einsamen Weg von hinten nach vorn durchlaufen haben. Ein gleiches wiederholt sich dann mit aa oder mit irgend zwei anderen Zeichen in allen möglichen Stellungen. Ein Band bringt nur Punkte, einer nur Fragezeichen.15
Auf die Bemerkung eines der Anwesenden, „diese inhaltlosen Bände würde man ja bald erkennen und ausscheiden –“, entgegnet der Professor: Hm, ja – aber das Schlimmste kommt erst, wenn man einen scheinbar vernünftigen Band gefunden hat. Du willst z. B. etwas im Faust nachsehen und triffst auch wirklich den Band mit dem richtigen Anfang. Und wenn du ein Stückchen gelesen hast, geht es auf einmal weiter: „Papperle, happerle, nichts ist da!“ oder einfach „aaaaa“ . . . Oder es beginnt eine Logarithmentafel, aber auch von der weiß man nicht, ob sie richtig ist. Denn in unserer Bibliothek steht ja nicht nur alles Richtige, sondern auch alles Falsche. Durch die Überschriften darf man sich nicht irreführen lassen. Ein Band fängt vielleicht an: „Geschichte des Dreißigjährigen Krieges“ 15
18
op. cit., S. 233 f.
und geht weiter: „Als Fürst Blücher die Königin von Dahomey bei den Thermopylen geheiratet hatte . . .“16
Es wäre also, stellt man nun in der Runde fest, in dieser fiktiven Universalbibliothek ganz und gar „unmöglich, den Sinn aus dem Unsinn, das Richtige aus dem Falschen herauszusuchen.“ Aber was solle man beispielsweise mit den Millionen von Bänden tun, „die alle behaupten, die wahre Geschichte des Deutschen Reiches im 20. Jahrhundert zu enthalten, und die sich alle vollständig widersprechen“? Er habe, verteidigt sich daraufhin der Professor, „ja nicht behauptet, daß du dir das Brauchbare heraussuchen könntest, sondern nur, daß man genau die Zahl der Bände angeben kann, die unsere Universalbibliothek enthält und worin neben allem Sinnlosen auch alle sinnvolle Literatur stehen muß, die überhaupt möglich ist.“17 Und diese Zahl lasse sich auch genau angeben, sogar mit einfachem Kopfrechnen, wie er sogleich beweisen werde. Wir überlegen uns nur, wie wir unsere Bibliothek herstellen. Wir setzen zunächst jedes unserer hundert Zeichen einmal hin. Dann fügen wir zu jedem wieder jedes der hundert Zeichen, so daß hundertmal hundert Gruppen zu je zwei Zeichen entstehen. Indem wir zum drittenmal jedes Zeichen hinzusetzen, bekommen wir 100 100 100 Gruppen von je drei Zeichen, und so fort. Und da wir eine Million Stellen im Bande zur Verfügung haben, so entstehen so viel Bände, als eine Zahl angibt, die man erhält, wenn man 100 ein Millionenmal als Faktor setzt. Da 100 gleich zehnmal zehn ist, so bekommt man dasselbe, wenn man die Zehn zweimillio16 17
op. cit., S. 234. op. cit., S. 235. 19
nenmal als Faktor schreibt. Das ist also einfach eine Eins mit zwei Millionen Nullen. Hier steht sie: Zehn hoch zwei Millionen: 102.000.000.18
Wollte man diese Zahl ausschreiben, so würde man dazu „mindestens zwei Wochen lang Tag und Nacht ohne Pause“ benötigen. „Die Zahl würde im Druck etwa eine Länge von vier Kilometern erreichen.“ Wir haben „keinen Namen“ für sie und „es gibt überhaupt gar kein Mittel, sie uns auch nur einigermaßen zu veranschaulichen, so kolossal ist diese Menge, obwohl sie angebbar ist. Was man auch sonst an gewaltigen Größen nennen mag, das verschwindet gegen dieses Zahlenmonstrum.“19 Aber auch die Universalbibliothek selbst entzieht sich hinsichtlich ihrer räumlichen Ausdehnung jeder Anschaulichkeit. Bei einer angenommenen Dicke von zwei Zentimetern pro Band wäre nämlich folgende Rechnung anzustellen: Ihr wißt, daß das Licht in einer Sekunde 300.000 Kilometer durchläuft, also in einem Jahre ungefähr zehn Billionen Kilometer, was gleich einer Trillion Zentimeter ist. Wenn also der Bibliothekar mit der Geschwindigkeit des Lichtes an unserer Bändereihe entlang saust, so würde er doch zwei Jahre brauchen, um an einer einzigen Trillion Bände vorüber zu kommen. Und um an der ganzen Bibliothek entlang zu fahren, wären demnach doppelt soviel Jahre nötig, als eine Trillion in der Bändezahl enthalten ist, das gibt [. . .] eine Eins mit 1.999.892 Nullen. Was ich damit nur verdeutlichen wollte: Man kann sich die Zahl der Jahre, die das Licht braucht, an der Bibliothek entlang zu laufen, ebensowenig vorstellen, wie die Zahl der Bände selbst. Und
18 19
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loc. cit. op. cit., S. 236.
das zeigt wohl am klarsten, daß es vergebliche Mühe ist, sich von dieser Zahl eine Anschauung zu bilden, obwohl sie endlich ist.20
Wenn man nun abschließend noch versucht, die genauen Ausmaße der Bibliothek anzugeben, kommt man zu dem Ergebnis, daß das ganze bekannte Universum dafür nicht genügen würde. Wenn wir die ganze Bibliothek zusammenpackten, so daß 1.000 Bände auf ein Kubikmeter kommen, so würde, um sie zu fassen, der ganze Weltraum bis zu den fernsten uns sichtbaren Nebelflecken so oft genommen werden müssen, daß auch diese Zahl der vollgepackten Welträume nur einige 60 Nullen weniger hätte, als die 1 mit den zwei Millionen Nullen, die unsre Bändezahl angibt.21
Das „Überraschende“ an der von Laßwitz in seiner Kurzgeschichte entworfenen, ebenso endlichen wie unvorstellbaren Universalbibliothek ist also folgendes: „Wir schreiben“, so formuliert es abschließend der Professor, mit weniger [sic!] Ziffern die Zahl der Bände hin, in denen dieses scheinbar Unendliche aller möglichen Literatur verzeichnet steht. Versuchen wir aber, diesen Inhalt nun in unsre Erfahrung aufzunehmen, im einzelnen uns vorzustellen, z. B. wirklich einen solchen Band unsrer Universalbibliothek herauszusuchen, so stehen wir jenem klaren Gebilde unsres eigenen Verstandes wie einem Unendlichen und Unfaßbaren gegenüber.22
Der knappen mathematischen Bestimmung des Umfangs der Universalbibliothek steht auf der Seite 20 21 22
op. cit., S. 236 f. op. cit., S. 237. loc. cit. 21
ihrer Leser die Erfahrung von Orientierungslosigkeit und Schwindel gegenüber, was Wallhausens Frau dazu veranlaßt, eine Strophe des Goethe-Gedichts „Grenzen der Menschheit“ zu rezitieren: Denn mit den Göttern Soll sich nicht messen Irgendein Mensch. Hebt er sich aufwärts, Und berührt Mit dem Scheitel die Sterne, Nirgends haften dann Die unsicheren Sohlen, Und mit ihm spielen Wolken und Winde.23
Ganz offensichtlich steht im Projekt der Universalbibliothek einiges auf dem Spiel. Der gelungene Versuch, die Mächtigkeit des menschlichen Geistes auf dem Wege einer exhaustiven Buchstabenkombinatorik exakt anzugeben und auf diese Weise „[m]it dem Scheitel die Sterne“ zu berühren, führt nämlich durch die dabei erzeugte ungeheure Menge an Unsinn zu einer fundamentalen Unlesbarkeit. In der Spannung von mathematischer Endlichkeit und ästhetischer Erhabenheit drohen Zeichengebrauch und Anschauung auseinanderzufallen mit der Folge, daß an die Stelle einer auf Erfahrung gegründeten Herrschaft der Vernunft eine bodenlose Lektüre tritt, die so wenig Halt bietet wie Wolken und Winde.
23 op. cit., S. 238. Vgl. Johann Wolfgang Goethe, Sämtliche Werke. Briefe, Tagebücher und Gespräche, I. Abt., Bd. 1: Gedichte 1756–1799, hrsg. v. Karl Eibl, Deutscher Klassiker Verlag, Frankfurt a. M., 1987, S. 332.
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III. Le miracle des singes dactylographes (É. Borel, A. S. Eddington, J. Jeans) 1914 und damit zehn Jahre nach dem Erscheinen des literarisch-mathematischen Gedankenexperiments der „Universalbibliothek“ veröffentlichte der französische Mathematiker Émile Borel unter dem Titel Le hasard 24 eine populärwissenschaftliche Darstellung der Rolle des Zufalls in den modernen Wissenschaften. In Kapitel VI „Les sciences physiques“ findet sich ein Abschnitt, der sich hinsichtlich des Grundmotivs ,Ersatz des Schriftstellers durch die Kombinationsmaschine‘ wie ein Laßwitz-Zitat liest, gleichwohl aber ein ganz anderes Szenario entwirft. Für Borel geht es um die Frage, inwiefern angesichts der zentralen Bedeutung der Statistik für die kinetische Gastheorie seit Clausius, Maxwell und Boltzmann überhaupt noch von exakten Naturgesetzen gesprochen werden könne. Die Antwort darauf ist eine Berechnung der Wahrscheinlichkeit, mit der in der Natur Ereignisse erwartet werden können, die von den statistisch bestimmten Gesetzmäßigkeiten abweichen. Laßwitz hatte im Zuge seiner Bestimmung der endlichen Mächtigkeit des menschlichen Geistes die Diskrepanz zwischen der knappen exponentiellen Darstellung und den unvorstellbaren Ausmaßen der Universalbibliothek erzählerisch entfaltet. Borel sieht sich – in einem ganz anderen Kontext – dem gleichen Problem gegenüber und greift daraufhin seinerseits zum Mittel der mathematisch motivierten Narra-
24 Émile Borel, Le hasard, nouvelle éd. revue et augmenté, Presses universitaires de France, Paris, 1948.
23
tion.25 Die dabei verwendeten Zahlen stimmen überraschenderweise genau überein: ein elementarer Satz von 100 Lettern erzeugt Bücher mit dem Umfang von 1.000.000 Zeichen. Die von Laßwitz berechnete Anzahl von Bänden, die die Universalbibliothek enthalten würde, beträgt 102.000.000. Borel hingegen gibt die Wahrscheinlichkeit an, mit der ein beliebiges Buch (mit einem Umfang von 1.000.000 Zeichen) aus einer beliebigen Bibliothek auf dem Weg einer rein zufälligen Zeichenauswahl exakt reproduziert werden könnte. Sie beträgt 10–2.000.000 und bildet den Kern dessen, was Borel „[le] miracle des singes dactylographes“ nennt: Denken wir uns, wir hätten eine Million Affen dressiert, zufällig die Tasten einer Schreibmaschine anzuschlagen, und daß sie, unter Aufsicht analphabetischer Vorarbeiter, unermüdlich 10 Stunden am Tag auf einer Million Schreibmaschinen verschiedener Hersteller tippen. Die analphabetischen Vorarbeiter sammelten die geschwärzten Blätter und fügten sie zu Bänden zusammen. Am Ende eines Jahres würde sich dann herausstellen, daß diese Bände die exakte Kopie von Büchern jeder Art und jeder Sprache enthielten, wie sie von den reichsten Bibliotheken der Welt verwahrt werden. Genau so groß ist die Wahrscheinlichkeit, daß für einen sehr kurzen Moment in der Zusammensetzung eines Gasgemischs in einem Behälter A eine Abweichung in der Größenordnung von einem Hundertausendstel entstünde.26 25 „De tels nombres dépassent tellement ce que notre imagination peut concevoir, qu’il n’est pas inutile de chercher, par quelque comparaison, à donner une idée de la petitesse de ces probabilités.“ (op. cit., S. 123). 26 Übersetzung des Verfassers. Im Original lautet die Stelle: „Concevons qu’on ait dressé un million de singes à
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Im Jahr nach Henry Fords Einführung des Fließbands in die Automobilproduktion greift man auf seiten der Naturwissenschaften den literarischen Traum einer vollständigen Mechanisierung des Schreibens auf und stellt ihn auf die gleiche organisatorische Basis: Verteilung des Arbeitsvorgangs auf eine große Anzahl von Arbeitern und Reduzierung der Arbeitsbewegungen auf einfachste, dumpfe Routinen. Während bei Laßwitz der literarische Geist in einer riesenhaften Bibliothek kristallisiert, deren Bauprinzip reine Kombinatorik ist, erscheint bei Borel die Natur in naturwissenschaftlicher Perspektive als ein Feld mehr oder weniger wahrscheinlicher Ereignisse, womit an die Stelle mechanischer Naturgesetze eine mathematische Technik des Vermutens tritt. Die Literatur richtet ihr Augenmerk ganz auf die Materialität der Zeichen und die Gesamtheit ihrer möglichen Verknüpfungen; die Naturwissenschaften hingegen sind an der mathematischen Modellierung mikrophysikalischer Prozesse interessiert. Im Übergang von Geist zu Natur sowie von Kombinatorik zu Statistik verwandelt sich die von Laßwitz erzählerisch entworfene Universal-
frapper au hasard sur les touches d’une machine à écrire et que, sous la surveillance de contremaîtres illettrés, ces singes dactylographes tapent avec ardeur dix heures par jour sur un million de machines à écrire de types variés. Les contremaîtres illettrés rassembleraient les feuilles noircies et les relieraient en volumes. Et au bout d’un an, ces volumes se trouveraient renfermer la copie exacte des livres de toute nature et de toutes langues conservés dans les plux riches bibliothèques du monde. Telle est la probabilité pour qu’il se produise pendant un instant très court, dans le récipient A, un écart de l’ordre du cent-millième dans la composition du mélange gazeux.“ (op. cit., S. 124). 25
bibliothek bei Borel in eine mit dressierten Affen besetzte Schreibfabrik. Beide Bilder sind aber auch in sprachpragmatischer Hinsicht nicht äquivalent. Während die Universalbibliothek zwar rechnerisch entworfen und vermessen werden kann, bleibt sie in ihrer narrativen Entfaltung am Ende doch unvorstellbar. Ganz anders dagegen die daktylographierenden Affen: über sie wird – im Sinne der rhetorischen Figur der Hypotypose – eine unvorstellbar geringe Wahrscheinlichkeit lebensweltlich vorstellbar gemacht. Was hier zwischen literarischer und naturwissenschaftlicher Kultur in Form von sprachlichen Bildern hinund hergereicht wird, ist die Frage nach dem Status des je eigenen Wissens. Während der Geist über seine kombinatorische Technisierung seine Endlichkeit erkennt, rückt die Natur über ihre statistische Erfassung in den Horizont des Zufalls. Eine Fortsetzung fand dieses die Trennung der ,zwei Kulturen‘ unterlaufende Spiel in einer Reihe populärwissenschaftlicher Vorlesungen, die der britische Astrophysiker Arthur Eddington von Januar bis März 1927 an der Universität von Edinburgh im Rahmen der Gifford Lectures hielt und die 1928 unter dem Titel The Nature of the Physical World (dt. Das Weltbild der Physik, 1931) erschienen. In Kapitel IV „Der Ablauf des Weltgeschehens“, das vom unumkehrbaren „Wesen der Zeit“ 27 handelt, zitiert Eddington Borels miracle, ohne eine Quelle zu benennen. Stattdessen 27 Arthur S. Eddington, Das Weltbild der Physik und ein Versuch seiner philosophischen Deutung (The nature of the physical world), Friedr. Vieweg & Sohn Akt.-Ges., Braunschweig, 1931, S. 72.
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ist bereits von einem „fast klassischen Beispiel“ die Rede, das in knappen Worten vorgetragen wird: Wenn ich meine Finger wahllos über die Tasten einer Schreibmaschine gleiten lasse, mag es geschehen, daß mein Geschreibsel zufällig einen vernünftigen Satz ergibt. Wenn nun eine Herde Affen auf Schreibmaschinen herumhämmert, so ist es möglich, daß sie auf diese Weise sämtliche Bücher des Britischen Museums noch einmal schreibt.28
Wie Borel so geht es auch Eddington darum, auf diese Weise zu veranschaulichen, „daß wir mit einer Gewißheit rechnen können, wie sie sonst durchaus nicht den Jüngern der wankelmütigen Göttin des Zufalls zuteil wird“, „[s]obald es sich um ganz große Zahlen handelt“. So ist etwa „die Wahrscheinlichkeit, daß alle Moleküle“ in einem luftgefüllten Behälter „sich gleichzeitig in einer Hälfte des Gefäßes befinden, [. . .] so lächerlich gering, daß es gar keinen Sinn hat, darüber nachzudenken.“ 29 Und doch, so Eddington, beschäftige sich die Wissenschaft sehr viel mit ihr. Die hier gemeinte entgegenstehende relative Wahrscheinlichkeit ist eine so enorm große Zahl, daß sie in der gewöhnlichen Schreibweise unseres Dezimalsystems alle Bücher der Welt mehrfach ausfüllen würde. Was uns an ihr interessiert, ist auch nicht die praktische 28 op. cit, S. 76. Im Original lautet diese Passage: „If I let my fingers wander idly over the keys of a typewriter it might happen that my screed made an intelligible sentence. If an army of monkeys were strumming on typewriters they might write all the books in the British Museum.“ (A. S. Eddington, The Nature of the Physical World, Cambridge University Press, 1928, S. 72) 29 loc. cit.
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Möglichkeit, die durch sie dargestellt wird, sondern nur das Faktum, daß sie eine genau bestimmte Größe hat. Dadurch wird nämlich mit einem Schlage der Begriff „Organisation“ von einem unbestimmten beschreibenden Hilfswort in die Reihe der meßbaren Größen exakter Wissenschaft erhoben. [. . .] Jeder Verlust an Organisation wird in richtiger Weise durch die relative Wahrscheinlichkeit gemessen, die ihrer Wiedergewinnung durch Häufung von Zufällen entgegensteht. [. . .] Das praktische Maß für das Zufall-Element im Universum, das immer nur zunehmen, niemals aber abnehmen kann, heißt Entropie.30
Über die bildhafte Evidenz der verschwindend geringen Wahrscheinlichkeit, daß Affen an Schreibmaschinen lesbare Bücher hervorbringen, veranschaulicht Eddington also den Zweiten Hauptsatz der Thermodynamik. „Entropie“ – diese von Rudolf Clausius ausgehend vom griechischen Verb entrépein, das „umwenden, umkehren“ bedeutet, eingeführte Zustandsgröße beschreibt die Irreversibilität der meisten physikalischen Phänomene. So löst sich ein Stück Zucker in einer Tasse Kaffee auf, aber es wird niemals mehr spontan die Form eines Würfels annehmen und auch seine weiße Farbe nicht wieder zurückerlangen. Ebenso wird der Kaffee in der Tasse immer süß bleiben. Die Entropie markiert somit eine Asymmetrie im Ablauf physikalischer Umwandlungsprozesse, insofern in ihnen die Entropie stets nur zunehmen, nie aber abnehmen kann. Ihren für den hier entfalteten Zusammenhang entscheidenden statistischen Charakter erhielt sie mit Ludwig Boltzmanns mikroskopi30
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op. cit., S. 77 f.
scher Interpretation des Zweiten thermodynamischen Hauptsatzes. Seitdem nämlich ist die Zunahme der Entropie in physikalischen Systemen als eine Zunahme des Zufallselements bzw. der Durchmischung auf molekularer Ebene beschreibbar geworden. Das Maß der Entropie, das zugleich mathematisch exakt und strukturbezogen ist, erschließt die zeitliche Dimension des physikalischen Weltgeschehens, und das heißt: sein „Werden“31. Und da mit der Entropie also „Eigenschaften der Anordnung als exakter Gegenstand der Physik zugelassen sind“, schlägt Eddington vor, sie nicht neben physikalische Begriffe wie „Entfernung, Masse, elektrische Kraft“ zu rücken, sondern neben ästhetische Begriffe wie „Schönheit, Melodie“.32 Nur zwei Jahre nach dem Erscheinen von Eddingtons Vorlesungen, nämlich 1930, konnte auch sein Kollege James Jeans nicht widerstehen, dem Bild der Schreibmaschine schreibenden Affen in seinem klei31
op. cit., S. 91. op. cit., S. 107. – In Weiterführung dieser Deutung sollte dann Claude E. Shannons Informationstheorie das Maß der Entropie in die Nachrichtentechnik übertragen und im Zuge dessen die Organisation von Alltagssprachen als Verhältnis von strukturellem Zwang und Wahlfreiheit berechnen. Vgl. Claude E. Shannon, Vorhersage und Entropie der gedruckten englischen Sprache, in: ders.: Ein / Aus. Ausgewählte Schriften zur Kommunikations- und Nachrichtentheorie, Verlag Brinkmann + Bose, Berlin, 2000, S. 237–256. Max Bense importierte wenig später Shannons Informationstheorie in die Geisteswissenschaften und begründete auf dem Maß der Entropie eine ästhetische Theorie künstlerischer Anordnungen. Vgl. Max Bense, Aesthetica. Einführung in die neue Aesthetik, 2. erw. Aufl., Agis-Verlag, Baden-Baden, 1982. 32
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nen populärwissenschaftlichen Bändchen The Mysterious Universe (dt. Der Weltenraum und seine Rätsel, 1931) einen prominenten Platz einzuräumen, wenn auch zur Stützung eines ganz anders gearteten Arguments: In ein solches [schreckenerregendes und lebensfeindliches] Weltall sind wir nun hineingestolpert, wenn nicht gerade durch ein Mißverständnis, so doch mindestens infolge eines Umstandes, den man wohl richtig als Zufall bezeichnen kann. Der Gebrauch eines solchen Wortes braucht gar keine Überraschung darüber einzuschließen, daß unsere Erde überhaupt da ist, denn es gibt eben Zufälle, und wenn das Weltall lange genug weiterexistiert, kann im Laufe der Zeit jeder erdenkliche Zufall eintreten. Huxley, glaube ich, war es, der gesagt hat, daß sechs Affen, die man in ihrem Unverstand Billionen Jahre auf Schreibmaschinen klappern läßt, im Laufe der Zeit zwangsläufig alle im Britischen Museum enthaltenen Bücher schreiben müßten. Wenn wir uns die letzte Seite, die einer von diesen Affen geschrieben hätte, ansähen und fänden, daß er in seiner blinden Klimperei zufällig ein Shakespearesches Sonett niedergeschrieben hätte, würden wir dieses Ergebnis mit Recht als einen eigenartigen Zufall betrachten, aber wenn wir alle Millionen Seiten durchsähen, die die Affen in ungezählten Millionen Jahren beiseitgegelegt hätten, könnten wir sicher unter diesem Stoß irgendwo ein Shakespearesches Sonett finden, das Ergebnis des blinden Spiels des Zufalls. Auf dieselbe Weise müssen Billionen von Sternen, die Billionen von Jahren blindlings durch den Raum wandern, allen möglichen Zufällen ausgesetzt sein und mit der Zeit eine gewisse begrenzte Zahl von Planetensystemen erzeugen.33 33 James Jeans, Der Weltenraum und seine Rätsel, Paul List Verlag, München, 1955, S. 13 f. Im Original lauten
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Der Charakter des zunächst von Kurd Laßwitz in Umlauf gebrachten und dann von Émile Borel und Arthur Eddington aufgegriffenen Gedankenexperiments hat sich hier wieder vollständig gewandelt, denn nun hat man es plötzlich mit der kosmologischen Erzählung von einem Universum zu tun, in dem der Zufall nicht wie bei Borel und Eddington in der mathematischen Form von Statistik und Entropie ein spezifisch modernes Vermutungswissens charakterisiert, sondern tatsächlich alles, was ist, regiert, sei es die Entstehung von Planetensystemen, sei es die Entstehung des Lebens. Zudem trifft man bei Jeans erstmals auf eine Quellenangabe, die aber keinen der bislang aufgeführten Autoren nennt, sondern in eine ganz andere Richtung deutet: nun ist es der britische Evolutionsbiologe Julian Huxley, der das Bild der tippenden Affen erfunden haben soll. Im Kreis der Naturwissenschaftler geht das Bild somit von Hand zu Hand und wird in unterschiedlichen Kontexten rhetorisch zum Einsatz gebracht, ohne daß eine Autorschaft daran reklamiert würde. Bei Jeans jedenfalls werden die Affen in kosmologischer Perspektive zur die hier vor allem interessierenden Sätze: „It was, I think, Huxley, who said that six monkeys, set to strum unintelligently on typewriters for millions of millions of years, would be bound in time to write all the books in the British Museum. If we examined the last page which a particular monkey had typed, and found that it had chanced, in its blind strumming, to type a Shakespeare sonnet, we should rightly regard the occurrence as a remarkable accident, but if we looked through all the millions of pages the monkeys had turned off in untold millions of years, we might be sure of finding a Shakespeare sonnet somewhere amongst them, the product of the blind play of chance.“ 31
Allegorie eines beliebigen Zufallsprozesses, der bei ausreichender Zeit zwangsläufig aus sich selbst heraus auch komplexe Ordnungen hervorbringt. Das British Museum, von dem bei Eddington die Rede war, wird kurz erwähnt, dann aber von einem beliebigen Shakespeare-Sonett als exemplarischem Textkorpus verdrängt. Auch dies wird Folgen haben. Und überhaupt wird sich zeigen, daß James Jeans’ Adaption des Bildes hinsichtlich ihrer Popularität nur von den beiden Versionen eines literarischen Autors übertroffen wird. Gemeint ist Jorge Luis Borges. IV. Die totale Bibliothek (J. L. Borges, M. Butor) „Die totale Bibliothek“ lautet der Titel eines von Borges verfaßten Essays, der 1939 in der Zeitschrift Sur erschien und der sein Thema eine „Idee“ nennt, die „verbunden [ist] mit dem Atomismus und der Kombinatorischen Analysis, der Typographie und dem Zufall.“ Ihr „erster Exponent“ 34 sei Kurd Laßwitz gewesen, der in einer seiner Erzählungen „sich die Totale Bibliothek vor[gestellt]“ 35 habe. Als Hauptquelle36 diente Borges vermutlich das von ihm auch
34 Jorge Luis Borges, Die totale Bibliothek, in: ders.: Eine neue Widerlegung der Zeit und 66 andere Essays, Eichborn Verlag, Frankfurt a. M., 2003, S. 165–169 (hier: 165). 35 op. cit., S. 167. 36 Daß Borges auch Jeans’ The Mysterious Universe gelesen haben muß, belegt seine Erwähnung des Namens (Julian) Huxley sowie des halben Dutzend Affen an Schreibmaschinen. Vgl. loc. cit.
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ausdrücklich genannte Buch des Chefredakteurs des Berliner Tageblatts, Theodor Wolff, über „Gelöste und ungelöste Probleme“. Darin wird in einem eigenen Kapitel die Möglichkeit einer „Maschine“ behandelt, „die den ,Faust‘ dichten könnte“.37 Den wichtigsten Bezugspunkt bildet auch hier Laßwitz’ Entwurf der Universalbibliothek, der von Wolff zugleich in eine durch die Ars magna des Raimundus Lullus begründete und auf die Mechanisierung des menschlichen Geistes zielende Tradition gerückt wird. Auf die ver37 Vgl. Theodor Wolff, Der Wettlauf mit der Schildkröte. Gelöste und ungelöste Probleme, August Scherl GmbH, Berlin, 1929, S. 18–32 (Kap. I.2.: „Die Kunst des Lullus oder Eine Maschine, die den ,Faust‘ dichten könnte“). Wolff behauptet auch, Laßwitz sei seinerseits durch eine Lektüre zu seiner Erzählung angeregt worden: „Bei Gustav Theodor Fechner, einem der eigenartigsten und spekulativsten Denker aus der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts, dem Entdecker des psychophysischen Grundgesetzes, der sich gern und viel in solchen vagierenden Gedankengängen bewegte, findet sich jene Wendung der Lullischen Kunst erörtert, und Fechners Schüler und Biograph Kurd Laßwitz hat jene Idee in einer hübschen Novelle mit dem Titel ,Die Universalbibliothek‘ dichterisch ausgeführt, indem er dort eine Bibliothek beschreibt, die alle überhaupt denkbaren Kombinationen unserer Laut- und Schriftzeichen in Buchform umfaßt und damit zugleich alles dem menschlichen Geist überhaupt erreichbare Wissen enthält.“ (op. cit., S. 21) Auf welchen Text Fechners sich Wolff hier bezieht, ist nicht klar. Unter Umständen handelt es sich um einen Abschnitt aus der 1851 erschienenen kosmologischen Schrift Zend-Avesta, in dem es, allerdings in einem ganz anderen Kontext, heißt: „Mit 25 toten Buchstaben auf totem Papier sind alle Werke der Dichter und Philosophen draußen geschrieben [. . .].“ (Gustav Theodor Fechner, Zend-Avesta oder über die Dinge des Himmels und des Jenseits. Vom Standpunkt der Naturbetrachtung, 3. Aufl., Verlag von Leopold Voß, Hamburg-Leipzig, 1906, Bd. 2, S. 131.
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meintlich „naive Frage“: „Was ist ein Buch?“ antwortet Wolff ganz im Sinne von Laßwitz und der mathematischen Kombinatorik: Im eigentlichen und ursprünglichen Sinne [. . .] ist ein Buch, gleichviel ob es der „Faust“, die „Kritik der reinen Vernunft“, das Bürgerliche Gesetzbuch, das Adreßbuch von Kyritz an der Knatter, ein Fachwerk über Flohdressur, der Text einer Oper oder eines Gassenhauers oder sonst ein Erzeugnis menschlicher Gehirnund Geistestätigkeit in Druckform ist, niemals etwas anderes als eine der möglichen Anordnungen der etwa hundert Schriftzeichen unseres Alphabets auf einige hunderttausend Stellen, denn so viel Letternstellen umfaßt ungefähr ein Buch.38
Aus der Tatsache, daß in diesen Anordnungen Sinn und Unsinn ineinanderfließen, erhellt zugleich: die Herstellung der Universalbibliothek folgt zwar den strengen Prinzipien der Kombinatorik; am Ende aber steht ein Ergebnis, das keiner Ordnung zu folgen scheint. Und jedes lesbare oder sinnvolle Buch tritt dann aus diesem universellen Hintergrund höchster Durchmischung oder Entropie hervor. Auch bei Borges heißt es dementsprechend:
38 op. cit., S. 22. Dreißig Jahre später sollte dann an der TH Stuttgart eine elektronische Großrechenanlage des Typs Zuse Z22 mit angeschlossenem Fernschreiber zwar nicht den „Faust“, aber „Stochastische Texte“ generieren, die auf einem Kafkas „Schloß“-Roman entnommenen Vokabular basierten und ganz dem von Wolff formulierten Buchbegriff entsprachen. Vgl. Theo Lutz, Stochastische Texte, in: Barbara Büscher, Hans-Christian von Herrmann, Christoph Hoffmann (Hrsg.), Ästhetik als Programm. Max Bense/Daten und Streuungen, Diaphanes, Berlin, 2004, S. 164–169.
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Lasswitz fordert die Menschen auf, diese unmenschliche Bibliothek mechanisch einzurichten; der Zufall würde sie organisieren – und sie würde die Intelligenz eliminieren. Alles wird in ihren blinden Bänden sein. Alles: die detaillierte Geschichte der Zukunft, Die Ägypter von Aischylos, die genaue Anzahl der Male, da die Wasser des Ganges den Flug eines Falken gespiegelt haben, der geheime, wahre Name Roms, die Enzyklopädie, die Novalis erstellt hätte, meine Träume und Halbträume im Morgengrauen des 14. August 1934, der Beweis für Pierre Fermats Theorem, die ungeschriebenen Kapitel von Edwin Drood, die gleichen Kapitel übersetzt in die Sprache, die die Garamanten verwendeten, die Paradoxa, die Berkeley hinsichtlich der Zeit erfand, aber nicht veröffentlichte, Urizens Bücher aus Eisen, die vorzeitigen Epiphanien von Stephen Dedalus, die vor Ablauf eines Zyklus von tausend Jahren bedeutungslos wären, das Gnostische Evangelium des Basilides, das Lied, das die Sirenen sangen, der vollständige Katalog der Bibliothek, der Nachweis der Fehlerhaftigkeit dieses Katalogs. Alles; aber für jede vernünftige Zeile, für jede zutreffende Tatsache gäbe es Millionen sinnloser Kakophonien, Wortmüll und Gestammel. Alles, aber alle Generationen der Menschheit könnten vergehen, ehe die schwindelerregenden Regale – Regale, die den Tag auslöschen und Chaos bergen – sie jemals mit einer erträglichen Seite belohnten.39
Die ,totale Bibliothek‘ ergießt sich als ein weltund literaturgeschichtlicher Wasserfall über ihre Leser. Räume, Zeiten und imaginäre Werke stürzen dabei ineinander. „Eine der Gepflogenheiten des Geistes“, so beschließt Borges seinen Essay, ist das Aushecken schrecklicher Vorstellungen. Der Geist hat die Hölle erfunden, die Prädestination zur 39
Jorge Luis Borges, op. cit., S. 168. 35
Hölle, er hat die platonischen Ideen erdacht, die Chimäre, die Sphinx, abnorme transfinite Zahlen (deren Teile nicht kleiner sind als das Ganze), Masken, Spiegel, Opern, die monströse Dreifaltigkeit: der Vater, der Sohn und der Geist, unlösbar vereint in einem einzigen Organismus . . . Ich habe versucht, dem Vergessen ein minderes Grauen zu entreißen: die weitläufige, widersprüchliche Bibliothek, deren vertikale Einöden aus Büchern unaufhörlich Gefahr laufen, sich in andere zu verwandeln, die alles bestätigen, leugnen und verwirren wie eine wahnsinnige Gottheit.40
Zwei Jahre später, und das heißt 1941, veröffentlichte Borges eine Sammlung von Erzählungen unter dem Titel Der Garten der Pfade, die sich verzweigen. Sie enthält auch den berühmten Text „Die Bibliothek von Babel“, der das Thema der totalen Bibliothek wiederaufgreift. Im Vorwort weist Borges darauf hin, daß nicht er „der erste Verfasser der Erzählung“ sei; überhaupt sei er viel eher daran interessiert, „ein Résumé, einen Kommentar“ 41 zu bereits geschriebenen Büchern zu formulieren. Der erste Satz der „Bibliothek von Babel“ lautet dann: „Das Universum (das andere die Bibliothek nennen) setzt sich aus einer unbestimmten, vielleicht unendlichen Zahl sechseckiger Galerien zusammen [. . .]“.42 Im Unterschied zum zu-
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op. cit., S. 169. Jorge Luis Borges, Vorwort, in: ders.: Fiktionen. Erzählungen 1939–1944: Der Garten der Pfade, die sich verzweigen, Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt a. M., 1993, S. 13. 42 Jorge Luis Borges, Die Bibliothek von Babel, in: ders.: Fiktionen. Erzählungen 1939–1944: Der Garten der Pfade, die sich verzweigen, Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt a. M., 1993, S. 67–76. 41
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vor verfaßten Essay versetzt Borges den Leser hier also mitten hinein in die Architektur und überläßt ihn den widersprüchlichen Auskünften, die die Bibliothek über sich selber gibt. Als „Problem“ erweist sich dabei vor allem „die formlose und chaotische Beschaffenheit fast aller Bücher.“ 43 Geworfen in dieses bibliotheksförmige Universum, in dem sich Sinn und Unsinn unendlich mischen, gilt alle Anstrengung ihrer Bewohner allein der Entschlüsselung ihres Bildungsprinzips. Einem „genialen Bibliothekar“ sei es, so Borges, gelungen, dieses grundlegende Gesetz der Bibliothek zu entdecken. Dieser Denker stellte fest, daß sämtliche Bücher, wie verschieden sie auch seien, aus den gleichen Elementen bestehen: dem Abstand, dem Punkt, dem Komma, den zweiundzwanzig Lettern des Alphabets. Auch führte er einen Umstand an, den alle Reisenden bestätigt haben: In der ungeheuren Bibliothek gibt es nicht zwei identische Bücher. Aus diesen unwiderleglichen Prämissen folgerte er, daß die Bibliothek total ist, und daß ihre Regale alle nur möglichen Kombinationen der zwanzig und soviel orthographischen Zeichen (deren Zahl, wenn auch außerordentlich groß, nicht unendlich ist) verzeichnen, mithin alles, was sich irgend ausdrücken läßt: in sämtlichen Sprachen.44
In ihrer stets zugleich philologisch-exakten und fiktional-phantastischen Haltung sind Borges’ Erzählungen auch selbst als Emanationen der totalen Bibliothek zu lesen. Es sind Texte, die sich auf Texte beziehen, sie wiederholen, aber zugleich auch überschreiben, transformieren und parodieren. Somit ha43 44
op. cit., S. 69. op. cit., S. 70 f. 37
ben die Affen, die bei Borel, Eddington und Jeans zur Hypotypose einer unvorstellbaren Mikrophysik geworden waren, hier implizit auch das Feld der Poetologie erobert, insofern ihr zufällig-imitierendes Geklimper auf den Schreibmaschinentasten nun exakt die Konturen des Schreibprozesses bestimmt, aus dem die moderne Literatur hervorgeht. Der Borges-Leser Foucault wird es 1963 so formulieren: Die Literatur beginnt [. . .], wenn das Buch nicht mehr der Raum ist, in dem das Sprechen zur Figur (Stilfiguren, rhetorische Figuren, Sprachfiguren) wird, sondern der Ort, an dem die Bücher allesamt wieder aufgenommen und verzehrt werden: ein ortloser Ort, da er alle vergangenen Bücher in diesem unmöglichen „Band“ unterbringt, der sein Gemurmel unter so viele andere einreiht – nach all den anderen, vor all den anderen.45 45 Michel Foucault, Die Sprache, unendlich, in: ders.: Schriften zur Literatur, Auswahl und Nachwort von Martin Stingelin, Suhrkamp Verlag, Frankfurt a. M., 2003, S. 86–99 (hier: 99). Über Borges’ ,totale Bibliothek‘ ist die Diskursanalyse Foucaults also mit der statistischen Wissensform der Thermodynamik verbunden: „In ,Die Bibliothek von Babel‘ ist alles, was gesagt werden kann, bereits gesagt worden: Man findet darin alle erdachten und vorgestellten und sogar die denk- und vorstellbaren Sprachen; alles ist gesagt worden, selbst das, was keinen Sinn hat, so dass die Entdeckung des kleinsten formalen Zusammenhangs ein höchst unwahrscheinlicher Zufall ist, dessen Gunst manche, und selbst die Beharrlichsten, niemals erfahren haben.“ (op. cit., S. 98). In diesem Sinne wären auch die Überlegungen noch einmal aufzugreifen, die Wolf Kittler unter dem Titel „Thermodynamik und Guerilla. Zur Methode von Michel Foucaults ,Archäologie des Wissens‘“ (in: Trajekte 2, 2002, Nr. 4, S. 16–21) vorgetragen hat: „Die Fülle des überlieferten Materials ist, so unübersehbar sie auch erscheinen mag, dennoch nur ein winziger Teil dessen, was gesagt, gedacht, geschrieben
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Der literarische Autor als Affe – an dieser Stelle sei kurz daran erinnert, daß in Literatur- und Kunstgeschichte das Motiv des Affen als Künstler eine lange Tradition besitzt.46 In den hier entfalteten Zusammenhang rückt es aber erst mit Michel Butor ein, der 1967 sein autobiographisch gefärbtes Capriccio Portrait de l’artiste en jeune singe veröffentlichte, das Bildnis des Künstlers als junger Affe.47 Schon der Titel ist reine Parodie, äfft er doch sowohl das Porträt des Künstlers als junger Mann von James Joyce als auch das Porträt des Künstlers als junger Hund von Dylan Thomas nach. Wie eine Singerie auf der Titelseite des New Yorker vom Dezember 2002 zeigt (Abb., S. 48), ist aus dieser Parodie mittlerweile selbst wieder ein Topos geworden. Die Entstehung von Butors „Portrait“ geht zurück auf einen Aufenthalt des Schriftstellers auf der Harburg im bayerischen Schwaben im Jahr 1950. In der mittelalterlichen Burganlage, in der sich damals noch die berühmte Oettingen-Wallersteinsche Bibliothek und aufgezeichnet werden könnte. Es sind die Lücken und Auslassungen, welche aus einem chaotischen Zustand einen signifikanten machen. Deshalb ist Häufung das Korrelat der Rarität der Diskurse. Die Archäologie untersucht beides, sowohl die Patterns und die Singularitäten, die sich in solchen Häufungen abzeichnen, als auch das Rauschen, das sie löscht.“ (op. cit., S. 19). 46 Vgl. Bertrand Marret, Portraits de l’artiste en singe. Les Singeries dans la peinture, Somogy éditions d’art, Paris, 2001; sowie Gerhard Neumann, Der Blick des Anderen. Zum Motiv des Hundes und des Affen in der Literatur, in: ders.: Kafka-Lektüren, Verlag Walter de Gruyter, Berlin-Boston, 2013, S. 287–327. 47 Michel Butor, Bildnis des Künstlers als junger Affe, Suhrkamp Verlag, Frankfurt a. M., 1986. 39
befand, träumt sich der vierundzwanzigjährige Butor hinein in die Zeit der Romantik und des Mittelalters und entwickelt dabei eine eigene alchemistische Poetik der Parodie, als deren Emblem der Affe erscheint. Der Alchemist des Mittelalters, so Butor, hätte seine Aufgabe darin gesehen, gestützt auf das schriftlich tradierte Wissen, in seinem Großen Werk die Natur wie ein Affe zu imitieren, und zwar in einer die Schöpfung wiederholenden Metamorphose der Realität.48 Dies ist der Hintergrund für die Verwandlung des studentischen Ich-Erzählers in Butors „Portrait“ in einen Affen, die sich während eines durch intensive Lektüre alchemistischer Werke ausgelösten Traumes vollzieht. Kurz darauf bewirbt er sich auf die vakante Stelle des ersten Sekretärs des Rektors seiner Heimatuniversität. Zunächst weigert man sich, einen Affen an diesem Verfahren teilnehmen zu lassen. Als jedoch deutlich wird, daß er des Schreibens sehr wohl mächtig ist, läßt man ihn gewähren. Wörtlich heißt es im Text: Als ich sah, daß sich niemand mehr meiner Absicht widersetzte, nahm ich den Griffel und legte ihn erst wieder aus der Hand, als ich Imitationen der Schriften von Basilius Valentinus, Jakob Böhme, Pater Athanasius Kircher, Jean-Paul Richter, Hegel, Marx und Enno Littmann angefertigt hatte.49
48 Vgl. Michel Butor, Curriculum vitae. Entretiens avec André Clavel, Éditions Plon, Paris, 1996, S. 45 f., 175 f. „Dans la littérature alchimique, on trouve une formule qui dit que l’artiste est le singe de la nature, celui qui l’imite. Ce thème de l’imitation est fondamental dans mon livre [. . .].“ (op. cit., S. 46). 49 Michel Butor, Bildnis, S. 103.
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Die Büchersammlung, die der Affe imitiert, rückt nicht nur Autoren der Frühen Neuzeit und der Moderne nebeneinander, sondern auch alchemistische neben philosophische, poetische und philologische Texte. Es ist, wie Butors „Porträt“ insgesamt, ein Schreiben zwischen Literatur und Wissenschaft, das in der Bibliothek sein Apriori hat. V. „. . . it was the blurst of times“ (The Simpsons) Ihr vorläufiges Ende findet die hier skizzierte Geschichte in der Populär- und Trashkultur des ausgehenden 20. und beginnenden 21. Jahrhunderts. Auf einem Heftcover der amerikanischen Comicserie Animal Man aus dem Jahr 2003 hat sich der Autor, Grant Morrison, von seinen Zeichnern porträtieren und anstelle von Borels Affen in vielfacher Kopie dicht gedrängt an Schreibmaschinen setzen lassen. Der Körper des Helden im Vordergrund besteht von den Füßen bis zum Bauch aus den Fragmenten eines Textes, der das ganze Bild noch einmal beschreibt, unter Bezugnahme auf die Shakespeare reproduzierenden Affen von James Jeans. Im Innern des Heftes sieht man einen Affen allein unter einem Baum an einer Schreibmaschine sitzen und fehlerlos die letzten Zeilen von Prosperos Epilog aus The Tempest schreiben. Einige Seiten später tippt derselbe Affe dann, ganz autoreferentiell, die Textvorlage für das Comicheft, das der Leser gerade in der Hand hält.50 Der Online50 Grant Morrison, Animal Man: Deus ex machina, DC Comics, New York, 2003 (Reprint, Erstdruck 1989/90), S. 181, 188.
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Enzyklopädie Wikipedia kann man entnehmen, daß das, worum es hier geht, heute als „Infinite-MonkeyTheorem“ bezeichnet wird. Offenkundig tritt dabei die literarische Dimension des Gedankenexperiments stark in den Hintergrund. Sowohl in der deutschen als auch in der englischen Version findet zwar Borges neben Borel und Eddington Erwähnung, Laßwitz und Wolff aber bleiben ungenannt. Und obwohl nur der englische Eintrag auf Jeans Bezug nimmt, ist es doch seine kosmologische Verwendung des Bildes, an der sich beide orientieren: Das Infinite-Monkey-Theorem (engl. infinite ,unendlich‘, monkey ,Affe‘ und theorem ,Lehrsatz‘), auch deutsch Theorem der endlos tippenden Affen, besagt, dass ein Affe, der unendlich lange zufällig auf einer Schreibmaschine herumtippt, fast sicher irgendwann alle Bücher in der Bibliothèque nationale de France, der Nationalbibliothek Frankreichs, schreiben wird. In englischsprachigen Ländern heißt es, dass so irgendwann die Werke William Shakespeares entstehen werden.51
Der Zufall als universelles Ordnungsprinzip – das ist der epistemische Kern des „Theorems“, das vom amerikanischen Wired Magazine im Mai 2007 unter der Bezeichnung „Borel’s monkeys“ in die acht Kandidaten umfassende Liste der „Best Thought Experiments“ 52 aufgenommen wurde. Allerdings lassen sich die Wikipedia-Einträge auch sehr gut als eine unbeabsichtigte Fortschreibung der „Bibliothek von Babel“ lesen, denn sie dokumentieren einen philologischen 51 URL: http://de.wikipedia.org/wiki/Infinite-MonkeyTheorem (26.11.2013). 52 URL: http://www.wired.com/science/discoveries/ma gazine/15-06/st_best (26.11.2013).
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Eifer, der sich zwischen historischem Beleg und Konjektur bewegt und dabei, wie in Borges’ Erzählung, seine eigenen Deutungen, Irrtümer und Dispute schafft. So liest man in der englischen Version: In his 1931 book The Mysterious Universe, Eddington’s rival James Jeans attributed the monkey parable to a „Huxley“, presumably meaning Thomas Henry Huxley. This attribution is incorrect. Today, it is sometimes further reported that Huxley applied the example in a now-legendary debate over Charles Darwin’s On the Origin of Species with the Anglican Bishop of Oxford, Samuel Wilberforce, held at a meeting of the British Association for the Advancement of Science at Oxford on June 30, 1860. This story suffers not only from a lack of evidence, but the fact that in 1860 the typewriter itself had yet to emerge. Despite the original mix-up, monkey-and-typewriter arguments are now common in arguments over evolution.53
Daß es sich bei dem Namen „Huxley“ keineswegs um eine falsche Zuschreibung durch Jeans handelt, sondern daß damit der Enkel des britischen DarwinAnhängers gemeint sein muß, stellt ein kurzer Kommentar richtig, der sich in einer langen Reihe von detailbesessenen Beiträgen auf der Diskussionsseite versteckt:
53 URL: http://en.wikipedia.org/wiki/Infinite_monkey_ theorem (24.11.2013). Der deutsche Wikipedia-Eintrag hält es lediglich für „umstritten, ob Huxley dieses tatsächlich gesagt hat“. Vgl. URL: http://de.wikipedia.org/wiki/ Infinite-Monkey-Theorem (25.11.2013). Auch die deutsche Übersetzung von „La biblioteca total“ identifiziert im Anmerkungsapparat Borges’ „Huxley“ fälschlicherweise als Thomas Henry Huxley (vgl. Borges, Die totale Bibliothek, S. 167).
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I think the attribution to Huxley is correct. To Julian, not Thomas Huxley. Six monkeys, infinite years . . . (one source: Universal Book of Mathematics). Eddington, Jeans, Huxley were all contemporaries (see God and the Universe) Zorgster (talk) 20:05, 16 January 2012 (UTC).54
Mit ihrem Glauben an die statistische Weisheit der Vielen kommt die Wikipedia der von Laßwitz und Borges entworfenen Universalbibliothek äußerst nahe, und das Infinite-Monkey-Theorem ist die Allegorie dieses Wissensraums, der im Internet eine aktuelle Ausprägung, nicht aber seinen Ursprung hat. Zahllose Fotos, Fotomontagen und Cartoons illustrieren es im Netz auf unterschiedlichste Weise, sei es, in Anspielung auf James Jeans, als tippender Affe in elisabethanischer Kleidung, sei es als eher an Borel erinnernde Schreibmaschinen-Fließbandproduktion, sei es als Borel und Borges zusammenführende Affenherde in einer Bibliothek. Es lag selbstverständlich nahe, das Infinite-Monkey-Theorem auch experimentell zu überprüfen. Im Mai und Juni 2002 unternahmen dies zunächst Wissenschaftler des MediaLab der Plymouth University gemeinsam mit dem Zoo in Paignton. Der Guardian berichtete darüber: The results of this trial at Paignton zoo in Devon were more Mothercare than Macbeth. The macaques – Elmo, Gum, Heather, Holly, Mistletoe and Rowan – produced just five pages of text between them, primarily filled 54 URL: http://en.wikipedia.org/wiki/Talk %3AInfinite_ monkey_theorem (24.11.2013). Die im Kommentar genannten Quellen können über Hyperlinks aufgerufen werden.
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with the letter S. There were greater signs of creativity towards the end, with the letters A, J, L and M making fleeting appearances, but they wrote nothing even close to a word of human language. [. . .] The Paignton six’s literary efforts have now been printed in a limited edition book entitled „Notes towards the Complete Works of Shakespeare“. Just £ 25.55
Ganz anders als dieser kaum ernstgemeinte Versuch mit sechs lebenden Makaken verlief im Herbst 2011 seine virtuelle Wiederholung durch einen Softwareentwickler aus Reno.56 Voraussetzung für Jesse Andersons „Million Monkey Project“ waren allerdings bestimmte Einschränkungen gegenüber der von Jeans formulierten Experimentalanordnung. Anderson verfuhr nämlich wie folgt: Gruppen von jeweils 9 Buchstaben wurden mit Hilfe des Mersenne-Twister, eines algorithmischen Pseudozufallszahlengenerators, erzeugt; die Ergebnisse wurden über einen BloomFilter mit der Online-Gesamtausgabe der Werke Shakespeares abgeglichen. Zur Bewältigung der ungeheuren Datenmengen – die virtuellen Affen produzierten 180 Milliarden Buchstabengruppen pro Tag – verwendete Anderson das für Big Data-Projekte entwickelte Dateisystem Hadoop, die notwendige Rechenkapazität erhielt er über die Amazon Elastic 55 URL: http://www.theguardian.com/uk/2003/may/09/ science.arts (24.11.2013). Vgl. Geoff Cox (Hrsg.), Notes towards the Complete Works of Shakespeare, Kahve Society, London, 2002. 56 Vgl. zum folgenden URL: http://www.jesse-ander son.com/2011/09/a-few-million-monkeys-randomly-recre ate-shakespeare/ (24.11.2013), sowie URL: http://www. jesse-anderson.com/2011/10/a-few-million-monkeys-ran domly-recreate-every-work-of-shakespeare/ (24.11.2013).
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Compute Cloud. Am 21. August 2011 begannen die virtuellen Affen mit ihrer Arbeit, 46 Tage später, am 6. Oktober, 2 Uhr morgens, Pacific Standard Time, meldeten sie Vollzug, nachdem sie insgesamt 7,5 Billionen Buchstabengruppen geschrieben und überprüft hatten: allein per Zufall waren Shakespeares sämtliche Werke vollständig reproduziert. Inspiriert worden war Anderson, nach eigenem Bekunden, nicht etwa durch die Lektüre der hier bislang erwähnten literarischen und populärwissenschaftlichen Schriften, sondern durch eine Folge der seit 1989 produzierten amerikanischen Zeichentrickserie The Simpsons, deren Affinität zu wissenschaftsbezogenen Themen bekannt ist. In der kurzen Sequenz, um die es dabei geht und die als mittlerweile selbst wieder klassisch gewordene Parodie des Infinite-MonkeyTheorems gelten kann, sieht man Mr. Burns, den skrupellosen Kapitalisten und Atomkraftwerksbetreiber von Springfield, wie er seinen Angestellten Homer Simpson, der gerade zum neuen Gewerkschaftsführer gewählt worden ist, durch sein privates Anwesen führt. In einem der Räume, die sie betreten, sitzen 1000 Affen angekettet an 1000 Schreibmaschinen, um den größten Roman der Menschheitsgeschichte zu produzieren. Burns tritt an eine der Schreibmaschinen heran, zieht das Papier heraus und liest, was dort geschrieben steht. Der getippte Satz des Affen zitiert und parodiert den Anfang des berühmten ersten Satzes aus Charles Dickens’ A Tale of Two Cities: „It was the best of times, it was the worst of times, it was the age of wisdom, it was the age of foolishness, it was the epoch of belief, it was the epoch of incredulity, it was the season of Light, it was the season of 46
Darkness, it was the spring of hope, it was the winter of despair [. . .]“.57 Und er klingt dabei, als sei er dem Wortspielwitz eines James Joyce entsprungen: „It was the best of times, it was the blurst of times . . .“ 58 „Es war die beste Zeit, es war die verschwommenste Zeit . . .“ – auch so läßt sich – zweifellos – der Sachverhalt zusammenfassen, daß eine den Zufall imitierende Mathematik heute zur mächtigsten Beschreibung unserer Welt geworden ist und sich alles Lesen und Schreiben seitdem im entropischen Raum der Universalbibliothek vollzieht.
57 Charles Dickens, A Tale of Two Cities, Oxford University Press, 1953, S. 1. 58 Jay Kogen, Wallace Wolodarsky, The Simpsons, Episode 76: Last Exit to Springfield, 20th Century Fox, 1993. Vgl. auch URL: http://www.youtube.com/watch?v=no_ elVGGgW8 (29.11.2013).
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Titelblatt des Wochenmagazins The New Yorker für die Ausgabe vom 23. und 30. Dezember 2002 (Barry Blitt: „Evolving Story“)
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Zum Autor Hans-Christian von Herrmann wurde 1963 in Freiburg i. Br. geboren. Er studierte Germanistik, Theaterwissenschaft, Kunstgeschichte und Informationswissenschaft an der Freien Universität Berlin und der Universität Konstanz. 1995 promovierte er bei Friedrich Kittler an der Ruhr-Universität Bochum mit der Dissertation „Sang der Maschinen. Brechts Medienästhetik“ (erschienen im Wilhelm Fink Verlag, München 1996). 2003 habilitierte er sich an der Universität Leipzig mit der Abhandlung „Das Archiv der Bühne. Eine Archäologie des Theaters und seiner Wissenschaft“ (erschienen im Wilhelm Fink Verlag, München 2005). Von 1996 bis 2000 war er als wissenschaftlicher Assistent am Institut für Theaterwissenschaft der Universität Leipzig am Lehrstuhl von Helmar Schramm tätig, von 2000 bis 2002 als wissenschaftlicher Mitarbeiter im DFG-Projekt „EUROPA. Aufschreibesysteme aus Codes, Medien und Künsten“ am Zentrum für Literaturforschung in Berlin sowie von 2004 bis 2011 im Bereich Medienwissenschaft der Friedrich-Schiller-Universität Jena, zuletzt als Akademischer Rat. Seit 2002 führten ihn Lehrstuhlvertretungen und Gastprofessuren an die Universität Duisburg-Essen, die Princeton University, die New York University, die Freie Universität Berlin und die Universität Konstanz. Seit April 2011 ist er Pro-
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fessor an der Technischen Universität Berlin und leitet dort das Fachgebiet Literaturwissenschaft mit dem Schwerpunkt Literatur und Wissenschaft.
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