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German Pages 92 Year 2013
Nikolaus Henkel Lesen in Bild und Text
Wolfgang Stammler Gastprofessur für Germanische Philologie - Vorträge herausgegeben vom Mediävistischen Institut der Universität Freiburg Schweiz Heft 17
De Gruyter
Nikolaus Henkel
Lesen in Bild und Text Die ehem. Berliner Bilderhandschrift von Priester Wernhers ‚Maria‘
De Gruyter
Veröffentlicht mit Unterstützung des Hochschulrates Freiburg Schweiz
ISBN 978-3-11-033502-6 e-ISBN 978-3-11-033508-8 ISSN 1420-4681 Library of Congress Cataloging-in-Publication Data A CIP catalog record for this book has been applied for at the Library of Congress. Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar. 쑔
2014 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston
Satz: Martin Rohde, Mediävistisches Institut Universität Freiburg Schweiz Druck und buchbinderische Verarbeitung: Hubert & Co. GmbH und Co. KG, Göttingen 앝 Gedruckt auf säurefreiem Papier 앪 Printed in Germany www.degruyter.com
Inhalt Martina Backes – Begrüßung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 Nikolaus Henkel – Lesen in Bild und Text. Die ehem. Berliner Bilderhandschrift von Priester Wernhers ,Maria‘ . . . . . . . . .
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Abbildungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 Curriculum vitae Nikolaus Henkel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Veröffentlichungen von Nikolaus Henkel 1976–2013 . . . . . . . .
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Begrüßung Meine Damen und Herren, im Namen des Mediävistischen Instituts und seines Direktors, Herrn Professor Hugo O. Bizzarri, möchte ich Sie heute Abend alle sehr herzlich zur Eröffnung der 17. Wolfgang Stammler-Gastprofessur willkommen heißen. Ein besonders herzliches Willkommen gilt dabei unserem Gast, der in diesem Semester bei uns lesen und uns an seinen Forschungen teilhaben lassen wird: Es ist Herr Professor Dr. Nikolaus Henkel, Ordinarius für Deutsche Philologie, Ältere Deutsche Sprache und Literatur an der Universität Hamburg, der den weiten Weg aus dem hohen Norden zu uns nach Freiburg auf sich genommen hat. Seien Sie, lieber Herr Henkel, in unser aller Namen sehr herzlich begrüßt. Dass die Vorlesungen der Wolfgang Stammler-Gastprofessur keine kurzlebigen Ereignisse sind, die am Ende des Semesters abgehakt und rasch vergessen in irgendeinem akademischen Archiv verschwinden, sondern dass im Gegenteil aus den Begegnungen eines kurzen Semesters stets, wenn auch in unterschiedlicher Intensität, nachhaltige, fruchtbare und lebendige Verbindungen zwischen Freiburgs Mediävistik und den jeweiligen Gästen erwachsen sind, belegt nicht zuletzt die Anwesenheit so vieler früherer Inhaber der Gastprofessur am heutigen Abend. Die Impulse, mit denen Sie in den vergangenen Jahren in Ihren Gastvorlesungen und Seminaren die interdisziplinäre wissenschaftliche Diskussion hier bereichert haben, wirken in verschiedenster Weise in Lehre und Forschung fort, wir freuen uns über Ihre fachliche wie auch in besonderem Maße über Ihre persönliche Verbundenheit mit Freiburg und heißen auch Sie ganz herzlich willkommen. Der Gast des nächsten Jahres kann zwar heute Abend nicht bei uns sein, doch sei, gewissermaßen als ein Versprechen für die Kontinuität des erfolgreichen wissenschaftlichen Austausches in der Zukunft, sein Name schon genannt: Herr Johannes Janota aus Augsburg wird im kommenden Jahr im Rahmen seiner Gastprofessur Fragen der Literatursystematik des 14. Jahrhunderts erörtern. Aber damit sind wir bereits weit vorausgeeilt, deshalb zurück zur diesjährigen Gastprofessur, zurück zum heutigen Abend. Der Titel des Vortrags, mit dem Sie, lieber Herr Henkel, uns heute auf das Thema Ihres folgenden Blockseminars einstimmen werden, lautet: „Lesen in Bild und Text: Die Berliner Bilderhandschrift von Priester
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Wernhers ‚Maria‘“. Wer ein wenig mit Ihrem wissenschaftlichen Werdegang und Ihren Schriften vertraut ist, erkennt sogleich, dass in Thema und Gegenstand Ihres Vortrags wichtige Aspekte Ihrer breit angelegten Forschungsinteressen beinahe wie in einem Brennspiegel gebündelt erscheinen. Da ist zum einen der für Ihre Forschungsarbeit typische methodische Ausgang von den Handschriften, den materiellen Textzeugen der mittelalterlichen Literatur. Heute Abend wird es die im ersten Viertel des 13. Jahrhunderts entstandene Berliner Bilderhandschrift des Marienlebens sein, die zu den schönsten illuminierten Handschriften des deutschen Mittelalters gehört. Die intensive Beschäftigung mit den Handschriften hat Ihre wissenschaftlichen Untersuchungen von Anfang an in entscheidender Weise geprägt, lange bevor das moderne Schlagwort von der Manuskriptkultur des Mittelalters in aller Munde war. Bereits Ihre Dissertation, mit der Sie 1974 Ihr Studium an der Ludwig-MaximiliansUniversität München abgeschlossen haben und die zwei Jahre später unter dem Titel ,Studien zum Physiologus im Mittelalter‘ erschien, näherte sich ihrem Gegenstand von der Überlieferungs- und Textgeschichte her, und schon damals reichte das untersuchte Spektrum zeitlich von den frühmittelalterlichen Handschriften bis zu den Drucken der frühen Neuzeit. Mittlerweile gehören Sie auf dem Gebiet der Paläographie, der Text- und Überlieferungsgeschichte, die auch die Bibliotheksgeschichte mit einbezieht, zweifellos zu den hervorragenden Kennern und gefragten Experten, deren Urteil man allenthalben schätzt. Dies zeigen sowohl Ihre zahlreichen Veröffentlichungen zu neuen Handschriftenfunden, Ihre Texteditionen und Ihre Mitarbeit bei wichtigen Faksimile-Ausgaben wie etwa dem Vollfaksimile der Berliner Bilderhandschrift des Eneasromans Heinrichs von Veldeke als auch Ihre Berufungen in unterschiedliche Kommissionen der DFG und eine vielfältige Gutachtertätigkeit für die verschiedensten Bibliotheken und Institutionen. Doch verweist nicht nur der methodische Zugriff auf die mittelalterliche Literatur von der Handschrift her, wie Sie ihn uns heute Abend konkret vorführen werden, auf Spezifika Ihrer Forschungen. Auch der Gegenstand selbst, die Berliner Handschrift des Marienlebens, verlockt dazu, in mehrfacher Hinsicht Fäden zu spinnen, die zu verschiedenen Stationen Ihres wissenschaftlichen Werdegangs führen. Zum einen ist das Werk wissenschaftsgeschichtlich eng mit dem Namen Hans Fromms verbunden, der ihm in den fünfziger Jahren wichtige Untersuchungen widmete und der später in München Ihre bereits erwähnte Dissertation zum Physiologus anregte und betreute. Zum anderen verweist die heute in Krakau aufbewahrte Handschrift, die sich bis zum Krieg im Be-
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sitz der Preußischen Staatsbibliothek befand, nach Berlin, der zweiten wichtigen Station Ihrer akademischen Karriere. Dort in Berlin haben Sie nach Promotion und Referendarzeit an der Freien Universität als Assistent gearbeitet, dort haben Sie sich im Wintersemester 1983/84 mit einer wichtigen Arbeit über die ,Deutschen Übersetzungen lateinischer Schultexte im Mittelalter und in der frühen Neuzeit‘ habilitiert, die 1988 im Druck erschien und unverzichtbare Grundlagen für die lange Zeit vernachlässigte Erforschung der mittelalterlichen Bildungsgeschichte in der Volkssprache bereitgestellt hat. Spätestens mit der Habilitationsschrift war neben der Handschriftenkunde und der Bildungsgeschichte ein weiterer wichtiger Schwerpunkt Ihrer Forschungsinteressen fest umrissen: das Verhältnis von Latein und Volkssprache im deutschen Mittelalter, ein Forschungsgebiet, für das Sie mit dem Studium der Klassischen und Mittellateinischen Philologie, das Sie neben der Germanistik verfolgt haben, bestens vorbereitet waren und das Sie heute wie kaum ein anderer interdisziplinär kompetent vertreten. Bereits kurz nach Ihrer Habilitation wurden Sie auf eine Professur an der Universität Regensburg berufen, ebenfalls ein Ort, der auf fast schon magische Weise mit dem heutigen Untersuchungsgegenstand Ihres Vortrags in Beziehung steht, wenn man bedenkt, dass die kostbaren Malereien der Berliner Handschrift der Regensburg-Prüfeninger Malschule zugewiesen werden, mithin in einen Kontext gehören, der nicht nur für die Kunstgeschichte, sondern auch für die frühen ambitionierten Handschriften deutscher Literatur in der Volkssprache von großer Bedeutung ist. Obwohl Sie sich während Ihrer Regensburger Zeit in vielfacher Hinsicht mit der ganzen Breite der im Regensburger Raum lokalisierten oder heute noch dort aufbewahrten mittelalterlichen Literatur beschäftigt haben, Ihre Arbeiten aus jener Zeit also von einer fruchtbaren lokalen Zugewandtheit zeugen, sind Sie nicht in Regensburg geblieben, sondern 1996 einem Ruf der Universität Hamburg gefolgt, wo Sie die Nachfolge Jan-Dirk Müllers antraten. Allerdings sind Sie auch im hohen Norden dem Süden verbunden geblieben, nicht nur der dort entstandenen Literatur, sondern vor allem auch der Bayerischen Akademie der Wissenschaften in München, deren Kommission für deutsche Literatur des Mittelalters Sie seit 2001 angehören. In diesem Jahr erhielten Sie außerdem die ehrenvolle Berufung als Ordentliches Mitglied der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen, und angesichts Ihrer vielfältigen Verantwortungen und Pflichten auch außerhalb Ihrer Hamburger Lehrtätigkeit scheint es ein ausgesprochenes Glück für uns zu sein, dass Sie sich dieses Semester Zeit nehmen konnten, unser Gast zu sein.
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Lassen Sie mich zum Schluss meiner Einführung noch einmal auf die Berliner Handschrift des Marienlebens zurückkommen. Nicht zufällig haben Sie eine Bilderhandschrift (und dazu noch eine der schönsten und interessantesten des frühen 13. Jahrhunderts überhaupt) als Ausgangspunkt Ihres heutigen Vortrags gewählt. Sie gewähren uns damit Einblick in einen Forschungsbereich, der vor allem in den letzten Jahren zunehmend stärker Ihr Interesse gefunden hat: die historische Intermedialität. Dabei haben Sie in verschiedenen Arbeiten, sei es zur Berliner Bilderhandschrift des Eneasromans oder zum Bamberger Psalmenkommentar, die Verschränkung der beiden Medien Schrift und Bild vor allem anhand der Tituli untersucht, jener Mikroelemente in der Gestaltung mittelalterlicher Handschriftenseiten, die sowohl von den auf den fortlaufenden ‚eigentlichen‘ Text des Werks fixierten Literaturwissenschaftlern als auch von den primär an den Miniaturen und ihren Stilmerkmalen interessierten Kunsthistorikern gern und häufig außer acht gelassen werden, obwohl gerade diese kleinen Textelemente für Produktion und Rezeption eines mittelalterlichen Textes, d.h. für die Organisation einer Handschrift und den Vorgang des Lesens von großer Bedeutung sind. Solche Leseprozesse präzise zu analysieren, wird Thema Ihres Blockseminars in diesem Semester sein, das Sie unter dem Titel ,Lesen und Erkennen – Kognitive Potentiale in Texten und Bildern des deutschen Mittelalters‘ angekündigt haben und zu dem Ihr Vortrag heute Abend den Auftakt bildet. Um diesen komplexen Vorgängen auf die Spur zu kommen, braucht es ein breit gefächertes, fundiertes Wissen und den interdisziplinären Zugriff auf die Gegenstände, wie er Ihre Forschungen seit langem auszeichnet. Dabei knüpft Ihre im fernen Hamburg gefundene Formulierung ,Lesen in Bild und Text‘ für die heutigen Ausführungen, vermutlich ohne dass Ihnen dies bewusst war, aufs Schönste an die lebhaften Diskussionen während der letzten Gastprofessuren von Herrn Heinzer, Herrn Harms und Herrn Ott an. Darüber hinaus jedoch verspricht Ihr Vortragstitel in der Ausgestaltung dieses umfassenden Forschungsgebietes grundsätzlich jene Integration mediävistischer Themen und Disziplinen, wie sie in der Fortführung von Anregungen Wolfgang Stammlers Aufgabe, Verpflichtung und Praxis des hiesigen Instituts ist. Doch genug der langen Vorrede. Lieber Herr Henkel, wir sind neugierig und gespannt auf Ihre Lesart der Berliner Bilderhandschrift und freuen uns auf Ihren Vortrag.
Martina Backes
Lesen in Bild und Text Die ehem. Berliner Bilderhandschrift von Priester Wernhers ‚Maria‘ Wo im frühen und hohen Mittelalter Zeugnisse deutscher Sprache schriftlich werden, geschieht dies unter den Bedingungen eines von lateinischer Schriftlichkeit seit langem modellhaft geprägten Umfelds. Otfrids von Weißenburg ‚Evangelienbuch‘ nutzt die von der lateinischen Hymnik geprägte Form der Aufzeichnung in langen Zeilen, von denen jede zwei1 te mit einer Lombarde einsetzt. Die Aufzeichnung der Evangelienharmonie des Tatian in zwei Spalten mit zeilenweise genauer Entsprechung von lateinischem und deutschem Text dürfte am ehesten dem Modell der Psalterhandschriften des frühen Mittelalters folgen, die den griechischen Text (in lateinischer Umschrift) parallel zu den lateinischen Fassungen 2 des Psalterium Gallicanum, Romanum und Hebraicum boten. Und Willirams von Ebersberg Anlage seiner den lateinischen Canticumtext seitlich begleitenden lateinischen und deutschen kommentierenden Pa3 raphrase des Hohenlieds nimmt in seiner dreispaltigen Anordnung das Modell der den Text begleitenden, schon karolingisch etablierten latei-
1 Siehe dazu Rainer Patzlaff, Otfrid von Weißenburg und die mittelalterliche versus-Tradition. Untersuchungen zur formgeschichtlichen Stellung der Otfrid-Strophe (Hermaea 35), Tübingen 1975. 2 Siehe dazu die von dem Münchener Mittellateiner Paul Lehmann angeregte Dissertation von Albert Siegmund, Die Überlieferung der griechischen christlichen Literatur in der lateinischen Kirche bis zum 12. Jahrhundert (Abhandlungen der Bayerischen Benediktiner-Akademie 5), München 1949, bes. S. 24–32 mit zahlreichen einschlägigen Beispielen. Zur neueren Forschung vgl. Nikolaus Henkel, Synoptische Kopräsenz zweisprachiger Textensembles im deutschen Mittelalter. Überlegungen zu Funktion und Gebrauch, in: Volkssprachig-lateinische Mischtexte und Textensembles in der althochdeutschen und altsächsischen und altenglischen Überlieferung, hg. von Rolf Bergmann, Heidelberg 2003, S. 1–36. 3 Diese Anordnung ist nur in der Frühüberlieferung präsent, so in dem wohl noch unter Willirams Augen geschriebenen Cgm 10 der BSB München. Digitalisat: http://daten.digitale-sammlungen.de/~db/0005/bsb00059252/ images/ (29. 6. 2013).
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nischen Psalterkommentierung auf, vielleicht sogar das aktuelle Modell der ,Glossa ordinaria‘, des großen Bibelkommentars der Theolo5 genschule von Laon aus der Mitte bzw. 2. Hälfte des 11. Jahrhunderts. Die Einbindung in eine vorgängige und begleitende lateinische Schrifttradition, die Form und Regel vorgibt, gilt insbesondere für die volkssprachliche Glossierung, sei es in der Form des Glossars, sei es in 6 der Funktion der interlinearen oder marginal notierten Textglossierung. Auch unter einer vergleichenden literaturgeschichtlichen Perspektive kommt dem Schriftgebrauch in der Volkssprache eine besondere Stellung zu. Die frühesten Zeugnisse stammen aus der Zeit um 800. Bis gegen 1150, also über dreieinhalb Jahrhunderte lang, gibt es immer wieder neue Anläufe, doch stellt sich eine kohärente Abfolge der Zeugnisse innerhalb der volkssprachigen Buchkultur nicht ein. Im 9. Jahrhundert sind es nur drei Werke, jeweils Leben-Jesu-Texte, die überhaupt den Status eines eigenständigen Buchs erreichen: Das ‚Evangelienbuch‘ Otfrids von Weißenburg, der in Fulda niedergeschriebene ‚Heliand‘ sowie die ebenfalls in Fulda entstandene Übersetzung der Evangelienharmonie des Tatian. Um 1000 tritt hinzu das umfangreiche lateinisch-deutsche Übersetzungswerk Notkers III., dessen Wirkung aber kaum über St. Gallen und die Reichenau hinausreicht. All diese Werke sind innerhalb eines guten Jahrhunderts der Vergessenheit anheimgefallen. Was wir sonst noch an volkssprachigen Schriftzeugnissen dieser Zeit haben, das ‚Hildebrandslied‘ etwa, das ‚Wessobrunner Schöpfungsgedicht‘ und zahlreiche andere von uns Germanisten hochgeschätzte Zeugnisse, ist in seiner materialen Existenzform marginal im Buchstabensinne, steht auf Blatträndern oder Vor- und Nachsatzblättern lateinischer Handschriften. Und keiner dieser Texte, ausgenommen Willirams lateinische und deutsche Kommentierung des Hohenliedes aus dem 11. Jahrhundert, hat weitere Nachfolge 4 Siehe Margaret Gibson, Carolingian Glossed Psalters, in: The Early Medieval Bible. Its production, decoration and use, ed. by Richard Gameson, Cambridge 1994, S. 78–100. 5 Vgl. etwa Glossa ordinaria. Pars 22: In Canticum Canticorum, hg. von Mary Dove (Corpus Christianorum, Continuatio Mediaevalis 170), Turnhout 1997 mit Abbildungen zweier typischer Textzeugen der Frühüberlieferung (ungezählte Seiten nach dem Titel). 6 Den aktuellen Stand der Forschung repräsentiert: Die althochdeutsche und altsächsische Glossographie. Ein Handbuch, hg. von Rolf Bergmann und Stefanie Stricker, 2 Bde., Berlin/New York 2009. Sämtliche Glossare und die bedeutendsten volkssprachlich glossierten Autoren/Werke behandelt jetzt auf aktuellem Forschungsstand das Handbuch Althochdeutsche und altsächsische Literatur, hg. von Rolf Bergmann, Berlin/Boston 2013.
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gefunden oder gar die Reihenbildung einer literarischen Gattung erreichen können. Schon um 1100 ist das, was wir als althochdeutsche Literatur bezeichnen, aus dem Bewusstsein der Zeitgenossen entschwunden. So gesehen sind die Anfänge volkssprachiger Schriftkultur Zeugnisse eines durchaus gebrochenen, ja abgebrochenen kulturellen Lernversuchs, orientiert an Vorbild und Modell der lateinischen Tradition von Schrift und Buch. Aus dieser Perspektive soll der Blick ins ausgehende 12. Jahrhundert gelenkt werden, von wo aus sich erstmals Kontinuitäten erkennen lassen, zum einen hinsichtlich literarischer Reihenbildung, zum andern in Bezug auf den Umgang mit Schriftlichkeit in der Volkssprache. Als geeigneter und vielleicht exemplarischer Fall soll nicht die vielfach traktierte höfische Epik gewählt werden, sondern ein Werk der geistlichen Erzählliteratur dieser Zeit, die ‚Maria‘ des Priesters Wernher, weil für die Anfänge dieser Kontinuitäten die Materialität der Überlieferung ein entscheidender Indikator ist. Sie ist es auch, die zu Erkenntnissen zur Genese von Formen und Möglichkeiten der Illustration deutschsprachiger Texte um 1200 führen kann. Es sollen zunächst einige Überlegungen zu den Rahmenbedingungen von Schriftlichkeit, Textillustration und Literatur als Zeugnissen der spezifischen historischen Situation um 1200 vorgetragen werden (I.). Sodann vergewissern wir uns einiger Realien zum Autor und zur Entstehung der ‚Maria‘ (II.), zur Quellensituation (III.) und zur Charakteristik der Handschrift (IV.) und ihrer Miniaturen (V.). Daraus ergibt sich die Frage, inwieweit hinter der auf den ersten Blick konzeptionslos erscheinenden Abfolge von Text und Bildern ein Verfahren planender Gestaltung erkannt werden kann (VI.) und welchen Beitrag in diesem Zusammenhang die in die Miniaturen eingelagerten Spruchbänder und ihre Texte geben (VII.). Abschließend wird eine Übersicht über den Bestand an Miniaturen mit einer Edition der Spruchbandtexte geboten (VIII.).
I. Diese Einbindung der Schriftlichkeit in deutscher Sprache in die eingeübten Verfahren der Handhabung lateinischer Schriftlichkeit bleibt auch in der Folgezeit bis weit ins 12. Jahrhundert erhalten, was nicht weiter erstaunlich ist, wenn man berücksichtigt, dass das Erlernen der Kulturtechniken des Lesens und Schreibens bis ins 14. Jahrhundert ausschließlich über die Beschäftigung mit der lateinischen Sprache und
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ihrer Schrift möglich war. Das Schriftniveau deutscher Handschriften erreicht erst spät die Höhe der lateinischen Schrift, und vielfach lässt sich beobachten, dass selbst bei geübten Schreibern die Schriftquali7 tät nachlässt wenn sie deutsch schreiben. Es erstaunt daher nicht, dass bis gegen 1250/1300 Bücher in der Volkssprache nicht den Status äußerer Repräsentativität erreichen, wie er die lateinische Buchkultur seit der Karolingerzeit auszeichnet. Insofern wird man durchaus von einer ,Doppelgesichtigkeit‘ der mittelalterlichen Buchkultur sprechen dürfen, je nachdem, ob es um deutsche oder lateinische Schriftlichkeit geht. Vor diesem Hintergrund gewinnt auch die Beschäftigung mit Zeugnissen der Buchmalerei in deutschsprachigen Handschriften ein neues Profil. Buchmalerei in lateinischen Handschriften ist seit der Karolingerzeit gut bezeugt und gewinnt einen bedeutenden Höhepunkt in der Zeit der Ottonen. In deutschsprachigen Handschriften setzt sie erst wesentlich später, um 1200, zögerlich ein mit der Heidelberger Handschrift des ‚Rolandslieds‘ (und ihrer verlorenen zeitnahen Vorlage). Zwar sind Verluste anzunehmen, und die 1870 beim Brand der Straßburger Bibliothek zugrunde gegangene ‚Rolandslied‘-Handschrift belegt das beispielhaft, doch dürfte das am Gesamtbild kaum etwas ändern. Kennzeichen der Buchmalerei in deutschsprachigen Handschriften ist, neben dem späten, ja gewissermaßen ,verspäteten‘ Einsatz auch die relativ niedrige Stufe des materiellen Aufwands und künstlerischen Anspruchs. Bevor wir uns der Bilderhandschrift von Priester Wernhers ‚Maria‘ zuwenden, lohnt es sich, die wenigen Zeugnisse der Buchmalerei in deutschsprachigen Handschriften aus der zeitlichen Umgebung von Wernhers ‚Maria‘ (D) aufzulisten. 8 Es sind dies: — Das ‚Rolandslied‘ des Pfaffen Konrad im cpg 112 der UB Heidelberg, 9 datiert um 1200; dazu kommt noch eine verlorene illustrierte Handschrift 7 Ein frühes Beispiel bietet der oben genannte Williram-Codex Cgm 10, wo der in der rechten Spalte stehende deutsche Text hinsichtlich seiner Schriftqualität deutlich abfällt gegenüber der in der linken Spalte stehenden und von der gleichen Hand ausgeführten lateinischen HexameterParaphrase. 8 Zu den genannten Handschriften finden sich stetig aktualisierte Angaben unter www.handschriftencensus.de. 9 Siehe zur Datierung der Handschrift Karin Schneider, Gotische Schriften in deutscher Sprache. I. Vom späten 12. Jahrhundert bis um 1300, 2 Bde., Wiesbaden 1987, S. 79–81 und Abb. 33; zur kunsthistorischen Einordnung vgl. Ellen J. Beer, Die Bilderzyklen mittelhochdeutscher Handschriften aus Regensburg und seinem Umkreis, in: Regensburger Buchmalerei. Von früh-
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wohl der gleichen Zeit sowie eine weitere mit ausgesparten Bildräumen, 10 die demnach zur Illustration vorgesehen war; — Die Klagenfurt-Millstätter Hs. 16/9 des Geschichtsvereins für Kärnten mit Federzeichnungen zu ‚Genesis‘ und ‚Physiologus‘, datiert um 1200 11 oder eher im frühen 13. Jahrhundert geschrieben; — Priester Wernher, ‚Maria‘, ehem. Berlin, Preußische Staatsbibliothek, Ms. germ. oct. 109 (derzeit als Depositum in der Biblioteka Jagiellońska, 12 Kraków), um 1220/1225; — Heinrich von Veldeke, ‚Eneasroman‘, Berlin, Staatsbibliothek zu 13 Berlin SPK, Ms. germ. fol. 282, um 1220/1230; — Gottfried von Straßburg, ‚Tristan‘, München, BSB, Cgm 51, Mitte 13. 14 Jahrhundert;
karolingischer Zeit bis zum Ausgang des Mittelalters, München 1987, S. 69– 78. Digitalisat: http://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/cpg112 (29. 6. 2013). 10 Siehe dazu Jürgen Wolf, Buch und Text. Literatur- und kulturhistorische Untersuchungen zur volkssprachigen Schriftlichkeit im 12. und 13. Jahrhundert (Hermaea 115), Tübingen 2008, hier S. 212–216. 11 Siehe Schneider, Gotische Schriften (Anm. 9), S. 85–88 und Abb. 37. Faksimile: Millstätter Genesis und Physiologus Handschrift. Vollständige Facsimileausgabe der Sammelhandschrift 6/19 des Geschichtsvereines für Kärnten im Kärntner Landesarchiv, Klagenfurt (Codices Selecti 10), dazu Einführung und kodikologische Beschreibung von Alfred Kracher, Graz 1967. Siehe zu dieser Handschrift auch Hella Voss, Studien zur illustrierten Millstätter Genesis (MTU 4), München 1962; Barbara Gutfleisch-Zieche, Die illustrierten Handschriften der Altdeutschen Genesis und des Leben Jesu der Frau Ava (Europäische Hochschulschriften I, 1596), Frankfurt a. M. 1997. 12 Siehe Schneider, Gotische Schriften (Anm. 9), S. 81–84 und 98f., weiterhin Wolf, Buch und Text (Anm. 10), S. 93f. und passim (s. Reg.). 13 Siehe zur Datierung Schneider, Gotische Schriften (Anm. 9), S. 96–99 und Abb. 43; weiterhin Wolf, Buch und Text (Anm. 10), S. 86, 91 und passim (s. Reg.). Faksimile: Heinrich von Veldeke, Eneas-Roman. Vollfaksimile des Ms. germ. fol. 282 der Staatsbibliothek zu Berlin Preußischer Kulturbesitz. Einführung und kodikologische Beschreibung von Nikolaus Henkel. Kunsthistorischer Kommentar von Andreas Fingernagel, Wiesbaden 1992. 14 Siehe Schneider, Gotische Schriften (Anm. 9), S. 150–154 und Abb. 83; Faksimile: Gottfried von Straßburg. Tristan und Isolde. Mit der Fortsetzung Ulrichs von Türheim. Faksimile-Ausgabe des Cgm 51 der Bayerischen Staatsbibliothek München (I: Faksimile, II: Textband mit Beiträgen von Ulrich Montag und Paul Gichtel), Stuttgart 1979.
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— Wolfram von Eschenbach, ‚Parzival‘, München, BSB, Cgm 19, Mitte 15 13. Jahrhundert. Alle genannten Handschriften entstammen dem süddeutschen Kulturraum; die nähere Eingrenzung der Entstehungsräume ist für den Federzeichnungsstil des Heidelberger ‚Rolandslieds‘ (später Nachklang der Regensburg-Prüfeninger Malschule) und die Klagenfurt-Millstätter Handschrift (Salzburger Herkunft, evtl. Regensburg Prüfeninger Einfluss) nur annäherungsweise möglich. Verglichen mit den sonstigen Erzeugnissen der Buchmalerei aus Salzburg wie auch aus RegensburgPrüfening, die sich in lateinischen Handschriften finden, fallen die Federzeichnungen in den genannten deutschsprachigen Kodizes hinsichtlich technischem Aufwand und künstlerischer Sorgfalt deutlich ab, was sowohl die genauere Datierung wie auch Herkunftsbestimmung erschwert. In der ‚Rolandslied‘-Handschrift sind die 39 Federzeichnungen ungerahmt in vom Textschreiber freigelassene Stellen, teils innerhalb des Textblocks, teils im unteren oder oberen Blattdrittel eingebracht. Dabei fehlt vielfach der Platz, was dazu führt, dass nicht selten die Fußpartien von Personen oder Pferden ,abgeschnitten‘ sind oder die Beine der Pferde aus Raumnot gestaucht werden, Phänomene, die auf eine größer di16 mensionierte Vorlage zurückgeführt wurden. Eine dem Schreibvorgang vorangehende koordinierende Planung der Verteilung von Bild- und Texträumen fehlt ganz offensichtlich. Gleiches trifft auf die meist mit roter und brauner, selten blauer Tinte ausgeführten 119 Federzeichnungen der Millstätter-Klagenfurter Genesis- und Physiologusillustrationen zu, die ungerahmt und ohne klare Zuweisung eines Bildformats in Freiräume im Schriftspiegel gesetzt wurden. Die ehem. Berliner Handschrift von Priester Wernhers ‚Maria‘ (Sigle D), nur wenig später entstanden, zeigt hingegen ein deutlich anspruchsvolleres Niveau in der Bildgestaltung einschließlich der Rahmung wie auch im gesamten Erscheinungsbild; gleichwohl ist auch hier ein deutliches Experimentieren mit der Verteilung von Bild und Text zu beobachten, ein Phänomen, dem der folgenden Beitrag gilt. Ein ganz anderes Bild als die ‚Maria‘ (D) bietet die ungefähr gleichzeitig und im gleichen Kunstraum zu verortende Berliner Handschrift des 15 Siehe Schneider, Gotische Schriften (Anm. 9), S. 150–154 und Abb. 81– 82. Digitalisat (s/w): http://daten.digitale-sammlungen.de/~db/0007/ bsb00071690/images/index.html?id=00071690&fip=193.174.98.30&no=&s eite=16 (29. 6. 2013). 16 So Beer, Die Bilderzyklen (Anm. 9), S. 75.
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‚Eneasromans‘, bei der zwischen die einzelnen Textblätter jeweils komplette doppelseitig illustrierte Bildblätter eingeschaltet sind, eine Zusammensetzung des Kodex, die möglicherweise erst nachträglich, nach Abschluss der kompletten Textabschrift hergestellt wurde und nicht ursprünglich geplant war, bei der aber die Illustrationen eine Bildnarration entfalten, die eng, ja synchron dem Erzählgang des jeweils gegenüberstehenden Textes folgt. Das bedeutet auch, dass der Bildzyklus eigens für 17 diese Abschrift entworfen wurde. Auch dieses Phänomen deutet auf ein Experimentieren mit den Komponenten von Bild und Text hin. Die späteren, um die Jahrhundertmitte entstandenen Handschriften des ‚Tristan‘ und des ‚Parzival‘, die einem wohl auf deutschsprachige Handschriften spezialisierten Scriptorium entstammen, wären eigens zu untersuchen. Auch sie zeigen etwa bei der Zuordnung von Bild und Text oder bei der Integration von Spruchbändern oder Beischriften zu den Bildern einen deutlich experimentellen Charakter.
II. Die Literatur um 1200 ist in vielen Fällen in mehreren Fassungen erhalten: Das ‚Werk‘ ist oft nur in der Summe seiner Werk z u s t ä n d e greifbar. Für die Lyrik ist das vielfach zu beobachten, in der erzählenden Dichtung sind solche Mehrfachfassungen der Zeit um 1200 bekannt etwa vom ‚Herzog Ernst‘ A/B, von Eilharts ‚Tristrant‘, Hartmanns ‚Erec‘ und ‚Iwein‘, von Gottfrieds ‚Tristan‘ oder vom ‚Nibelungenlied‘ und der ‚Klage‘. Auch Wernhers Werk, wie er es auf seinem Schreibpult entworfen hat, wird kaum greifbar hinter den erhaltenen Fragmenten und zeitnahen Bearbeitungen, von denen die in den Handschriften A und D überlieferten 18 Fassungen ein ganz eigenständiges Profil aufweisen. Gleichwohl bietet 17 Siehe Heinrich von Veldeke, Eneas-Roman (Anm. 13), Kommentarband, S. 24–26 und 97–99. 18 Der Text wird zitiert nach: Priester Wernher, Maria. Bruchstücke und Umarbeitungen, hg. von Carl Wesle, 2. Aufl. bes. durch Hans Fromm (ATB 26), Tübingen 1969. Für die Beschreibung der bis dahin bekannten Überlieferung ist immer noch die ‚große‘ Ausgabe unentbehrlich: Priester Wernhers Maria. Bruchstücke und Umarbeitungen, hg. von Carl Wesle, Halle a. d. S. 1927. Wesles Ausgabe suggeriert in der Darbietung der FragmentÜberlieferung die Existenz eines autornahen Textes, was aber wohl nicht beabsichtigt war. Der Versuch Werner Schröders, für die Passage v. 479–693 von Wesles Ausgabe aufgrund einer synthetischen Textherstellung aus allen
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die erhaltene Überlieferung Angaben zu den Entstehungsumständen der ‚Maria‘ in einer für die Literatur des Hochmittelalters ganz ungewöhnlichen Detailliertheit. Der in den Fassungen A und C überlieferte Epilog (A v. 4809–4832) bietet eine genaue Angabe zum Zeitpunkt der Entstehung des Werks im Jahr 1172 (C v. 5799–5801/A v. 4809–4811), bezeichnet den Autor Wernher als Priester, also Weltgeistlichen, der mit seinem Werk: ,mit drei Liedern‘ (mit drin lieden, C v. 5806/A v. 4816; vgl. auch D v. 19 5125) Maria die Ehre erweise. Zusätzlich wird noch Wernhers Gönner, ein Priester Manegolt, genannt, der ihm gewogen gewesen sei. Manegolt habe ihn auf den Stoff hingewiesen wie ein guter Steuermann, der dem 20 Schiff die Richtung weist, bis es ans Land gelangt. Manegolt habe ihn, Wernher, auch in sein Haus aufgenommen und ihn nicht eher entlassen, als bis das Werk vollendet gewesen sei, freilich: da wart niht vil gelachet verfügbaren Überlieferungszeugen Wernhers Autortext zu rekonstruieren, halte ich für im Ansatz bereits verfehlt (Werner Schröder, Schwierigkeiten im Umgang mit Wernhers ‚Driu liet von der maget‘, in: Magister et amicus. Festschrift für Kurt Gärtner zum 65. Geburtstag, hg. von Václav Bok und Frank Shaw, (o.O.) 2003, S. 43–73). – Den neueren Forschungsstand markiert am umfassendsten und führt ihn weiter Kurt Gärtner, Priester Wernher, in: VL 10, 1999, Sp. 903–915; vgl. ergänzend auch Nikolaus Henkel, Priester Wernher, in: Killy, Literaturlexikon. Autoren und Werke des deutschsprachigen Kulturraums. 2., vollst. überarb. Aufl., 12, 2011, S. 326–328. – Eine neuhochdeutsche Reimübersetzung der Textfassung der Handschrift ist geboten in: Des Priesters Wernher drei Lieder von der Magd. Nach der Fassung der Handschrift der Preußischen Staatsbibliothek metrisch übersetzt und mit ihren Bildern hg. von Hermann Degering, Berlin 1925. 19 Die mittelhochdeutsche Werk- bzw. Abschnittsbezeichnung liet weist nicht auf gesungenen Vortrag des Textes hin, sondern ist auf jeden erzählenden Text – gesungen oder gesprochen – beziehbar, wie zahlreiche Beispiele zeigen, so in der deutschen ‚Kaiserchronik‘ (v. 2), in Ulrichs von Zatzikhoven ‚Lanzelet‘ (v. 23; 9423), in Hartmanns ,Erec‘ (v. 10135). Dass das Mittelalter mit Bezeichnungen wie dieser keinerlei terminologisch-gattungsbezogene Begrifflichkeit ausbildet, hat Klaus Düwel grundlegend und in der notwendigen Breite erwiesen: Werkbezeichnungen der mittelhochdeutschen Erzählliteratur. 1050–1250 (Palaestra 277), Göttingen 1983. Zu prüfen wäre, inwieweit Düwels Ergebnisse auf die lateinischen Werkbezeichnungen des Mittelalters übertragbar sind, denn ähnlich untauglich wie liet als Gattungsbegriff ist beispielsweise auch die in unbestimmter Breite verwandte Werkbezeichnung carmen. 20 Im was ein priester holt / geheizen was er Manegolt:/ der wîste die materje / als ein guot verje / daz ruoder wîset mit der hant, / unz er chumet an daz lant. (C v. 5812–5816/A v. 4821–4826).
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(A v. 4832), was vielleicht auf die Strenge des Auftraggebers zu beziehen ist. Die Namen Wernher und Manegolt sind beide in zeitnahen Augsburger Quellen belegt, Manegolt als Prior und später Abt (1182–1184) des Benediktinerklosters St. Ulrich und Afra, und auch andere, z. B. schreib21 sprachliche Indizien stützen eine Herkunft der ‚Maria‘ aus Augsburg. Bemerkenswert ist eine besondere, dem Werk zugewiesene Verwendung: wo eine Frau bei ihrer Niederkunft die drei Bücher der Mariendichtung in ihrer rechten Hand hält, werden ihre Geburtsschmerzen verkürzt, und mit Marias Hilfe werde das Kind weder verkrüppelt noch blind zur Welt kommen und bis an sein Lebensende unter dem Schutz 22 der Gottesmutter stehen. Deshalb seien alle Frauen aufgefordert, das 23 Werk abschreiben zu lassen und weiterzugeben. Solch magischer Gebrauch heiliger Texte oder eines heiligen Buchs ist im Mittelalter kein Sonderfall. An zahlreichen vergleichbaren Beispielen haben Klaus Schreiner und Klaus Düwel solchen Umgang aufgezeigt und kulturhis24 torisch eingeordnet.
21 Siehe zu Datierung und Personenangaben: Gärtner, Priester Wernher (Anm. 18), Sp. 903–905; zur Bezeugung Manegolds im Zusammenhang weiterer Gönnerzeugnisse der Zeit siehe Joachim Bumke, Mäzene im Mittelalter. Gönner und Auftraggeber der höfischen Literatur in Deutschland 1150– 1300, München 1979, S. 134f. und passim (s. Reg.). 22 So A v. 2505–2520 und v. 2539–2550/D v. 2853–2865 und v. 2867–2876. Die einzelnen Fassungen weichen in Details voneinander ab, vgl. die Übersicht und Interpretation bei Michael Curschmann, Das Buch am Anfang und am Ende des Lebens. Wernhers Maria und das Credo Jeans de Joinville, Trier 2008, bes. S. 10–20. 23 C v. 3049–3058/A v. 2557–2566; dazu Curschmann (Anm. 22), S. 14f. 24 Klaus Schreiner, Buchstabensymbolik, Bibelorakel, Schriftmagie. Religiöse Bedeutung und lebensweltliche Funktion heiliger Schriften im Mittelalter und in der Frühen Neuzeit, in: Die Verschriftlichung der Welt. Bild, Text und Zahl in der Kultur des Mittelalters und der Frühen Neuzeit, hg. von Horst Wenzel (Schriften des Kunsthistorischen Museums 5), Wien/Mailand 2000, S. 58–103; Klaus Düwel, Ein Buch als christlich-magisches Mittel zur Geburtshilfe, in: Kontinuitäten und Brüche in der Religionsgeschichte. Festschrift für Anders Hultgård, hg. von Michael Strausberg (Ergänzungsbände zum RGA 31), Berlin/New York 2001, S.170–193 mit ausführlichen Quellennachweisen zur mittelalterlichen geburtshilflichen Frömmigkeitspraxis.
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III. Die Hauptquelle der ‚Maria‘ ist das lateinische, der Gruppe der späten apokryphen Texte zugehörende Ps.-Matthäus-Evangelium, 25 wohl aus der Zeit um 600, die Wernher „aus den einschlägigen Lektionen der Evangelien und den liturgischen Teilen der Marien26 und Herrenfeste als seinen wichtigsten Nebenquellen ergänzte“. Vom Ps.-Matthäus-Evangelium ist uns die unmittelbare Vorlage Wernhers nicht erhalten. Die ‚Maria‘ bietet Material aus beiden in Gijsels Ausgabe parallel edierten Fassungen, der für ursprünglich angesehenen 27 Fassung A und ihrer noch vorkarolingischen Bearbeitung P. Aus der Fassung A kennt Wernher den dort den Text einleitenden, die Werkentstehung fingierenden Briefwechsel zwischen den beiden Bischöfen Chromatius und Heliodorus und dem Kirchenvater Hieronymus, den sie bitten, ein kürzlich aufgefundenes Evangelium in hebräischer Sprache über die Herkunft und Geburt der Maria und die Kindheit ihres Sohnes, das der Evangelist Matthäus eigenhändig geschrieben habe, ins Lateinische zu übersetzen, damit es im Kampf gegen Glaubensfeinde genutzt 28 werden könne. Wernher übernimmt diese Angaben: er nennt die „hebräische“ Vorlage des „Matthäus“ (A v. 83–88, D v. 83–88), dazu die Übersetzung durch Hieronymus (A v. 89–93, D v. 89–93), er kennt die beiden
25 Siehe Jan Gijsel, Die Quelle von Priester Wernhers Driu liet von der maget, in: Archiv für das Studium der neueren Sprachen und Literaturen 130 (1978), S. 250–255. – Von Gijsel stammen auch die einlässliche Untersuchung zur Textgeschichte dieses Ps.-Evangeliums und dessen kritische Ausgabe: Ders., Die unmittelbare Textüberlieferung des sog. Pseudo-Matthäus (Verhandelingen van de Koninklijke Academie voor Wetenschappen, Letteren en Schone Kunsten van Belgie. Klasse der Letteren 43, No. 96), Bruxelles 1981. – Textedition: Libri de nativitate Mariae. PseudoMatthaei Evangelium. Textus et commentarius a cura Jan Gijsel (Corpus Christianorum, Series Apocryphorum 9), Turnhout 1997, Edition (mit französischer Übersetzung) hier S. 276–481. Eine Übersicht über die aus dem deutschen Sprachraum erhaltene Überlieferung des Ps.-MatthäusEvangeliums findet sich hier S. 508–513. Bis gegen 1200 sind hier rund 25 Handschriften des lateinischen Textes nachgewiesen. 26 So Gärtner, Priester Wernher (Anm. 18), Sp. 909, der sich auch, ebd. Sp. 910f., zu methodischen Problemen und zukünftigen Aufgaben der Quellenforschung zur ‚Maria‘ äußert. 27 Libri de nativitate (Anm. 25). 28 Ebd., S. 279–281.
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Bischöfe Chromatius und Eliodorus mit Namen, dazu die mit diesem Werk beabsichtigte Abwehr der Glaubensfeinde. Neben diesen auf die Fassung A als Quelle verweisenden Merkmalen gibt es in Wernhers Dichtung jedoch auch solche, die, wie Gijsel zeigt, 29 eindeutig auf einen Text der Fassung P als Vorlage deuten. Unklar ist, wie Gijsel betont, ob Wernher selbst zwei unterschiedliche Fassungen des Ps.-Matthäus-Evangeliums herangezogen hat oder ob ihm bereits eine Kompilation bzw. Kontamination beider Fassungen vorlag. Das würde man zunächst annehmen. Doch fällt ein kaum beachtetes Detail auf. Zu Beginn der Erzählung wird Joachim, der Vater Marias genannt; und dann heißt es bei Wernher als Erklärung dieses Namens: Joachim chîvt ze dêvte preparatio domini, so wâne ich da gescriben si: daz kivt unsers herren garewnge.
(D v. 272–275; ähnlich A v. 240–243) Die sinnstiftende Erklärung des Namens kommt weder in einer der beiden lateinischen Fassungen vor noch in deren Varianten. Dabei ist die Herkunft solcher bedeutungserschließenden Namenerklärung – hier wie an zahlreichen anderen Stellen im Text – klar: des Hieronymus ‚Liber de interpretatione nominum hebraicorum‘. Dieses im Mittelalter viel benutzte Werk bietet zweimal die Erklärung des Namens Joachim als 30 praeparatio domini. Möglich immerhin, dass dies – hier wie auch sonst bei zahlreichen Namen in Wernhers Werk – auf eine selbständige Quellenbenutzung hindeutet, die über den Status einer lediglich volkssprachlichen Bearbeitung des Ps.-Matthäus-Evangeliums hinausführen würde. In der Tat ist Wernhers Dichtung von einer großen Anzahl selbständiger Akzentuierungen, Ausweitungen und Zusätze gekennzeichnet, die
29 Gijsel, Die Quelle (Anm. 25), S. 263f. 30 S. Hieronymi Presbyteri Opera I,1: Liber interpretationis hebraicorum nominum, hg. von Paul de Lagarde (Corpus Christianorum Series latina 72), Turnholti MCMLIX, S. 57–161, hier S. 129,11 zum Namen im Buch Daniel: Ioachim cuius est praeparatio uel domini praeparatio und zur Verwendung bei Matthäus, hier S. 136, 2f.: Ioachim ubi est praeparatio domini uel domini praeparatio.
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stellenweise weit über die Vorlage des Ps.-Matthäus-Evangeliums hin31 ausgehen und sich zum Teil erkennbaren anderen Quellen verdanken. Orientiert an der Hauptquelle des Ps.-Matthäus-Evangeliums erzählt Wernher die Geschichte der Jungfrau und Gottesmutter Maria und ihres Sohnes in drei jeweils durch Prologe eingeleiteten Büchern (liet). Das erste (v. 1–1284/A v. 1–1124/D v. 1–1230) handelt, nach Prolog und Darlegungen zur Quelle, von Marias Eltern Joachim und Anna, von ihrer Kinderlosigkeit und der darüber empfundenen Scham, der Trennung des Paares und der Verkündigung der Geburt eines Kindes, weiterhin von Marias Geburt und der Darbringung der Dreijährigen im Tempel. Das zweite Buch (v. 1285–3106/A v. 1125–2578/D v. 1231–2926) gilt dem Leben Marias als Tempeljungfrau und ihrer Weigerung, dem Geheiß des Oberpriesters zu folgen und sich einen Mann zu nehmen. Ein Gottesurteil soll schließlich den Mann bestimmen, dem sie folgen soll. Jeder der Kandidaten bringt eine trockene Gerte, nur die des greisen Joseph ist es, die am nächsten Tage blüht und aus der sich obendrein noch eine Taube erhebt, die zum Himmel fliegt. Der Alte nimmt Maria mit fünf Tempeljungfrauen in sein Haus auf. Dann muss Joseph, der Schiffszimmermann, auf Reisen gehen, die Verkündigungsszene schließt sich an sowie der Besuch der Maria bei Elisabeth. Das dritte Buch schließlich (v. 3107–5840/A v. 2579–4912/D v. 2927– 5110) erzählt von Josephs Rückkehr, seinem Vorwurf der Unzucht und der Rechtfertigung Marias, schließlich von der Reise nach Bethlehem, der Geburt des Gottessohnes und den sieben Wundern, die sich bei diesem Anlass ereignen. Es folgen der Besuch der drei Könige, die Darstellung im Tempel, die Flucht nach Ägypten, der Kindermord, der Tod des Herodes, schließlich die Rückkehr der heiligen Familie. Hier endet mit 32 v. 5110 die Fassung der Handschrift D, die sich auf das Marienleben konzentriert und die damit auf einen weiterführenden heilsgeschichtli33 chen Aspekt verzichtet. Die Fassungen A und C geben dem Werk noch einen vielleicht nachträglich zugefügten Abschluss, der lediglich gerüsthaft vom Wirken und den Wundertaten Christi, seinem Tod und seiner Himmelfahrt und vom Jüngsten Gericht handelt. 31 Siehe dazu Hans Fromm, Untersuchungen zum Marienleben des Priesters Wernher (Annales Universitatis Turkuensis B, Bd. 52), Turku 1955, S. 41–65; ders., Quellenkritische Bemerkungen zum Marienleben des Priesters Wernher, in: Annales Academiae Scientiarum Fennicae, Series B, Tom. 84, Helsinki 1954, S. 315–334; dazu mit weiteren Nachweisen Gärtner, Priester Wernher (Anm. 18), Sp. 909–911. 32 Es folgt in D nur noch der am Schluss unvollständige Epilog, v. 5111–5137. 33 Siehe Fromm, Untersuchungen (Anm. 31), S. 186f.
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Priester Wernher eröffnet mit seiner ,Maria‘ eine Reihe bibelepischer 34 Dichtungen des deutschen Hochmittelalters um 1200, die nach apokryphen lateinischen Vorlagen Geschichten von Maria und Jesus erzählen, mehrfach in der handschriftlichen Überlieferung miteinander zu werkübergreifenden Erzählkomplexen verbunden wurden und offenbar Zeugen eines bereits um 1200 erfolgenden zyklushaften Ausbaus der Erzähl35 36 materie sind, wie das in dieser Zeit mehrfach zu beobachten ist. Dazu gehören die ‚Kindheit Jesu‘ (um 1200) Konrads von Fußesbrunnen, die mit der Vermählung Marias und Josephs beginnt, die Geburt Christi, die Flucht nach Ägypten und die Wundertaten des Jesuskindes erzählt; weiterhin die ‚Urstende‘ Konrads von Heimesfurt, die, wohl bald nach 1200 entstanden, die Ereignisse von Jesu Einzug in Jerusalem, seinen Prozess, Kreuzigung, Auferstehung und Pfingstgeschehen darstellt; schließlich gehört dazu die ‚Hinvart‘ des gleichen Verfassers, vor der ‚Urstende‘ entstanden, die vom Leben der Maria nach dem Tod ihres Sohnes, von ihrem eigenen Tod und ihrer Aufnahme in den Himmel erzählt. In den Kreis dieser Texte gehört noch ein verschollenes Marienleben eines nicht näher bekannten Meisters Heinrich, den Konrad von Fußesbrunnen in 37 seinem Prolog erwähnt. Überliefert ist Wernhers ‚Maria‘ in gegenwärtig acht der Forschung bekannten, bis auf zwei aber nur noch fragmentarisch erhaltenen Handschriften vom Beginn des 13. bis zum 14. Jahrhundert, die die fortdau-
34 Zu ergänzen sind die Dichtungen der Frau Ava, die, obwohl zu Anfang des 12. Jahrhunderts entstanden, durch ihre Überlieferung in der Vorauer Handschrift (Stiftsbibliothek, Cod. 276) im letzten Viertel des 12. Jahrhunderts im bairisch-österreichischen Raum präsent war, wenngleich keine erkennbare Wirkung gehabt hat. Zur Datierung der Handschrift siehe Schneider, Gotische Schriften (Anm. 9), S. 37–41. 35 Siehe dazu Nikolaus Henkel, Religiöses Erzählen um 1200 im Kontext höfischer Literatur. Priester Wernher, Konrad von Fußesbrunnen, Konrad von Heimesfurt, in: Die Vermittlung geistlicher Inhalte im deutschen Mittelalter. Internationales Symposium, Roscrea 1994, hg. von Timothy R. Jackson, Nigel F. Palmer und Almut Suerbaum, Tübingen 1996, S. 1–21. 36 Um 1200 zeigt das das ‚Nibelungenbuch‘ mit der integralen Verknüpfung von ‚Lied‘ und ‚Klage‘, wenig später sind die in den Handschriften gut zu beobachtenden Verknüpfungen von Gottfrieds ‚Tristan‘ mit der Fortsetzung Ulrichs von Türheim oder die drei Teile ‚Willehalm‘-Trilogie anzusetzen. 37 Eine Zusammenstellung gibt Fromm in seiner Ausgabe (Anm. 18), S. XIXf.; eine ständig aktualisierte unter Einschluss seither zu Tage getretenen Funde und der einschlägigen Forschung zur Überlieferung bietet http://www. handschriftencensus.de/werke/421.
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ernde Attraktivität des Werks erweisen. Durchgängiges Merkmal ist jedoch bei nahezu allen Überlieferungszeugen das kleine Format von etwa 14–18 cm Höhe und 9–11 cm Breite, dazu die um 1240 bereits veraltende 39 einspaltige Notierung in durchgeschriebenen Versen. Soweit wir sehen, ist die ehemals Berliner Handschrift der ‚Maria‘ (D) die einzige illustrierte. Auf ein bislang unbekanntes, aber bemerkenswertes Zeugnis zu einer Bilderhandschrift einer deutschsprachigen gereimten Mariendichtung hat 40 kürzlich Klaus Graf aufmerksam gemacht. Sie befand sich im 18. Jahrhundert im Besitz des gelehrten Ulmer Bürgermeisters Raymund Krafft von Delmensingen. Die Beschreibung seiner Bibliothek weist eine Reihe 41 zum Teil verschollener deutschsprachiger Handschriften auf. Unter den Handschriften in Oktavformat dieser Sammlung wird auch eine Handschrift eines Tractatus nachgewiesen ,De parentibus b. Mariae virginis, eivs desponsatione cum Josepho ac nativitate Christi‘, und zwar antiquis versibus Germanicis scriptus cum figuris. Neben der Angabe der Quellen – es sind eben die, die auch der Priester Wernher für seine Dichtung nutzt – werden noch Verse von der letzten Seite (ultima pagina) der Handschrift zitiert, die den Inhalt der drei Teile der Dichtung Wernhers angeben. Grafs auf dieses Zeugnis gegründete Annahme, es handele sich um eine weitere Bilderhandschrift der ‚Maria‘, ist jedoch nicht überzeugend. Es werden nämlich genau die Verse der ,letzten Seite‘ zitiert, mit denen in Handschrift D der ‚Maria‘ der Text genau in der letzten Zeile der Versoseite des letzten Blattes kurz vor dem Schluss, mitten im Vers, abbricht (D v. 5125–5137). Dass ein zweiter Textzeuge an genau der gleichen Stelle mit dem gleichen Wort abbricht wie D ist ganz unwahrscheinlich. Mit 38 Zur Überlieferung und zu den spezifischen Wirkungsumständen der ,Maria‘ siehe Gärtner, Priester Wernher (Anm. 18), Sp. 905f.; außerdem Henkel, Religiöses Erzählen (Anm. 35), S. 5–8 und 14–16. Zur Überlieferung vgl. die Angaben in: http://www.handschriftencensus.de/werke/421. Hier werden nur sieben Handschriften angegeben, weil die beiden Münchener Fragmente Cgm 5249/2a und 2c als Teile derselben Handschrift ausgewiesen werden, was aber, da es sich um zwei verschiedene Schreiber handelt, nicht zweifelsfrei erwiesen werden kann. 39 Lediglich die Augsburger Fragmente (Sigle F) mit den Maßen 23 x 14,6 cm weichen davon ab. 40 Verfügbar unter: http://digital.staatsbibliothek-berlin.de/dms/werkansicht/ ?PPN=PPN667602488&PHYSID=PHYS_0005 (29. 6. 2013). 41 Franciscus Dominicus Haeberlin, Notitia Codicvm Manvscriptorum Splendidiss. Bibliothecae Raymvndo-Krafftianae Luci Pvblicae Expositae, Ulm 1739, S. 25.
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einiger Sicherheit ist also die Handschrift der ‚Maria‘ aus dem Besitz des Raymund Krafft identisch mit dem heute unter der Sigle D geführten Textzeugen von Wernhers Dichtung. Grafs Entdeckung macht es aber notwendig, die Provenienzgeschichte von Handschrift D neu zu schreiben.
IV. Gegenstand der Untersuchung ist das Ms. germ. oct. 109 der ehem. Preußischen Staatsbibliothek zu Berlin, das aus dem Besitz des Generalpostmeisters von Nagler an die Berliner Bibliothek gelangt ist und heute mit dieser Signatur als Depositum in der Biblioteka Jagiellońska, Kraków, aufbewahrt wird. Sie war mit einem großen Teil der Berliner Manuskripte, darunter Autographen von Bach und Beethoven, im zweiten Weltkrieg nach Schlesien ausgelagert worden und galt lange als Kriegsverlust, bis dieser Teil der ausgelagerten Handschriften in der Biblioteka Jagiellońska wiederentdeckt wurde. Die Handschrift besitzt gegenwärtig einen Einband wohl aus der Zeit um 1900, ausgeführt in Leder auf Pappe in den Abmessungen 17,3 42 x 12,7 cm. Der Buchblock hat heute die Maße von etwa 16,5 x 11,7 cm und ist am Schnitt vergoldet. Diese Vergoldung stammt ausweislich des nichtflächigen Schnitts aus der voraufgehenden Bindung, die wohl im 18. oder 19. Jahrhundert vorgenommen wurde. Der Codex umfasst heute 91 Pergamentblätter; Schäden sind teils durch Wurmfraß oder Feuchtigkeit und durch stellenweisen Farbabrieb, teils durch früheres Beschneiden der Blätter eingetreten. Das Pergament ist, im Gegensatz zur Ausführung der Miniaturen, von mäßiger Qualität, rauh, von unter-
42 Die folgenden Ausführungen beruhen auf einer Autopsie der Handschrift im Jahr 1993; den Bibliothekarinnen der Biblioteka Jagiellońska danke ich für ihr freundliches Entgegenkommen ebenso wie für die Bereitstellung eines Digitalisats der Handschrift. Eine ausführlichere Beschreibung der Handschrift als sie hier geboten werden kann, gibt Elisabeth Radaj, Wernher, Driu liet von der maget. Farbmikrofiche-Edition der Handschrift Berlin, Ehem. Preußische Staatsbibliothek, Ms. germ. oct 109 (z. Zt. Kraków, Biblioteka Jagiellońska, Depositum). Beschreibung der Handschrift und kommentierender Bildkatalog von Elisabeth Radaj (Codices illuminati medii aevi 62), München 2001, S. 11–19. Beschreibung und Bildkatalog sind auch digital verfügbar: http://www.manuscripta-mediaevalia.de/hs/CIMA/CIMA%20 62.pdf (29. 6. 2013).
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schiedlicher Dicke und mehrfach löcherig. Solche Minderware des Beschreibstoffs ist auch bei der nur wenig später entstandenen Bilderhandschrift des ‚Eneasroman‘ zu beobachten. Auf breiterer Basis gilt das für 44 deutschsprachige Handschriften des 12. und 13. Jahrhunderts weithin. Die Blätter sind gebunden in elf regelmäßigen Quaternionen und einem Binio, dem – ohne Textverlust – das letzte Blatt fehlt. Das ursprüngliche Blattformat und damit das Verhältnis von Blattgröße zum Schriftspiegel hat durch Beschneiden nicht unerheblich gelitten. Wie die beschnittenen Miniaturen und Spruchbänder schließen lassen, dürften in der Höhe 2–3 45 cm, in der Breite 1–1,5 cm der ursprünglichen Blattgröße verloren sein. Der Schriftspiegel misst etwa 12,4 x 7,8 cm; eine Buchseite bietet Raum für 23 Textzeilen. Die Verse sind durchgeschrieben und durch Reimpunkte voneinander getrennt. Die frühgotische Buchschrift des Textes – es ist nur ein Schreiber am Werk – steht nach Karin Schneider „auf hohem kalligraphischem Niveau“ und ist „sicher nicht vor 1200 entstanden, doch muss für den spätest möglichen Entstehungszeitpunkt ein weiterer Spiel46 raum bis zum Ende des ersten Jahrhundertviertels gegeben werden.“ Die Schrift der Spruchbänder hat einen anderen, wesentlich einfacheren, an der Urkundenschrift orientierten Charakter. „Es ist hier eine Schriftart verwendet worden, die rein äußerlich die Zweitrangigkeit der Beischriften gegenüber dem in kalligraphischer Buchschrift aufgezeichneten Text 47 zum Ausdruck bringen will.“ Fraglich ist, ob vom Schreiber des Textes auch die Spruchbänder stammen. Denkbar wäre immerhin auch, dass der Miniator oder eine weitere Person an der Ausführung beteiligt war. Neben dem Hauptschreiber des Texte und dem der Spruchbänder sind hier noch weitere spätere Hände aus dem zweiten Drittel des 14. Jahrhunderts tätig, u. a. in den zunächst leergebliebenen Spruchbändern f. 83r und 85r. Innerhalb des durch die paläographische Datierung gewonnenen Zeitraums der Textniederschrift, etwa 1200–1225, setzt die kunsthistorische Datierung aufgrund der Miniaturen in der Regel eine Entstehung
43 Genähte Risse: f. 61 und 78; Löcher: f. 46, 58, 65, 67. 44 Wolf, Buch und Texte (Anm. 10), S. 124–134. 45 So sind etwa beschnitten: f. 33r die Flügel des Engels, f. 34r die Taube am oberen Bildrand, Architekturteile auf f. 39v, 42v, 47r, 76v, besonders aber auf f. 66r, wo oben etwa 2–3 cm fehlen. 46 Schneider, Gotische Schriften (Anm. 9), Textband S. 81–84. Damit ist die in der früheren Forschung vielfach vertretene Frühdatierung der Handschrift („vor/um 1200“) hinfällig. 47 Schneider, Gotische Schriften (Anm. 9), S. 84.
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in „Regensburg oder Umkreis, um 1220“ an. Das Vergleichsmaterial ist indes dünn, der für unsere Handschrift vorbildgebende Federzeichnungsstil der Regensburg-Prüfeninger ‚Schule‘ hört bereits gegen 1200 auf und findet einen nur schwachen Nachklang in einzelnen Zeugen aus 49 dem Wittelsbacher Hauskloster Scheyern. In diesen Zusammenhang werden auch die Federzeichnungen der Miniaturen der ‚Maria‘ im Ms. germ. oct. 109 gestellt. Bemerkenswert ist der Buchschmuck. Die Anfänge der drei Bücher (liet) werden durch kunstvoll ausgeführte mehrfarbige und sechs Zeilen 50 hohe Initialen markiert, die Elisabeth Klemm zur kunsthistorischen Einordnung der Handschrift herangezogen hat: „Die Verbindung der Marienlieder mit der älteren Regensburger Tradition zeigt sich besonders in der Konstanz des Initialstils, der bei absolut gleichem Blatt- und Rankenwerk nur in den spitz ausgezogenen Hintergründen die späte 51 Zeitstellung [d.h. um 1220] verrät.“ Zum Buchschmuck tragen weiter bei die Abschnittsinitialen, die einfarbig rot ausgeführt sind und eine Höhe von meist zwei, seltener drei bis vier Zeilen haben. Selten treten zudem einzeilige rote Lombarden auf.
48 Elisabeth Klemm, Die Zeit der Romanik: Die Regensburger Buchmalerei des 12. Jahrhunderts, in: Regensburger Buchmalerei (Anm. 9), S. 44, 57f. und Abb. 3. 49 Vgl. dazu die Ausführungen von Renate Kroos, Die Bilderhandschriften des Klosters Scheyern aus dem 13. Jahrhundert, in: Wittelsbach und Bayern. Die Zeit der frühen Herzöge: Von Otto I. zu Ludwig dem Bayern, hg. von Hubert Glaser, München/Zürich 1980, S. 477–499 und Abb. 164–174; Ellen Beer, Das 13. Jahrhundert: Regensburger liturgische Handschriften zwischen 1220 und 1260; Die Bilderzyklen mittelhochdeutscher Handschriften aus Regensburg und seinem Umkreis, in: Die Regensburger Buchmalerei (Anm. 9), S. 59–68 und 69–78. 50 Im Text von D leiten sie die Verse 1 (f. 2v), 1231 (f. 23v), 2927 (f. 50r) ein; farbige Reproduktionen finden sich bei Degering, Des Priesters Wernher (Anm. 18), S. 4, 55, 123. 51 Klemm, Die Zeit der Romanik (Anm. 48), S. 44f. mit Abb. 3.
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V. Die Handschrift ist mit 85 in den Text eingelagerten Miniaturen ausge52 stattet. Ihre Ausführung steht auf einem künstlerisch ungewöhnlich hohen Niveau, verglichen mit der sonstigen voraufgängigen Illustrationspraxis bei volkssprachigen Texten. Die Miniaturen sind in den durchlaufenden Text eingelagert. Sie füllen die gesamte Breite des Schriftspie53 gels aus und sind in aller Regel annähernd quadratisch, selten und nur 54 am Anfang der Handschrift haben sie hochrechteckiges Format. Die Figuren, ebenso Architekturen und sonstige Bildelemente sind in Federzeichnung in roter und brauner Tinte ausgeführt. Sie stehen vor einem zweifarbigen, flächigen Bildgrund. Er wird in der Regel gebildet von einem blauen, annähernd quadratischen Mittelfeld und einem breiten, das 55 Mittelfeld umgebenden grünen, teilweise marmoriert erscheinenden 56 Rahmenfeld. Rahmenfeld und Mittelfeld sind durch ein umlaufendes 52 Eine knapp beschreibende Auflistung aller Miniaturen gibt Hans Wegener, in: Beschreibendes Verzeichnis der Miniaturen-Handschriften der Preußischen Staatsbibliothek zu Berlin, Bd. 5: Die deutschen Handschriften bis 1500, Leipzig 1928, S. 2–4. Zur Datierung der Handschrift resümiert Wegener: „Nach Stil und Tracht ist die Zeit der Entstehung um 1220–1230 anzunehmen.“ (ebd. S. 4). Eine emphatische Deutung der Miniaturen auf der Grundlage von Degerings, Des Priesters Wernher (Anm. 18) Abbildungen bietet Wilhelm Messerer, Illustrationen zu Wernhers ,Drei Liedern von der Magd‘, in: Deutsche Literatur im Mittelalter. Kontakte und Perspektiven, hg. von Christoph Cormeau, Stuttgart 1979, S. 447–472. 53 Die Breite der Miniaturen variiert etwa zwischen 7,5 und 7,9 cm (Schriftspiegel: 7,8 cm), die Höhe, abgesehen von den ganzseitigen Miniaturen auf f. 1v und 2r, zwischen etwa 6,5 cm (f. 89v) und 7,7 cm (f. 29v), was etwa einem Raum von 12–15 Zeilen entspricht. 54 Das trifft zunächst auf die ganzseitigen Illustrationen auf f. 1v und 2r zu, sodann auf f. 6r wo die Miniatur 9,8 cm hoch ist, was 17 Textzeilen entspricht, f. 6v mit 8,2 cm, entsprechend 15 Zeilen und f. 7v mit 9,2 cm, entsprechend 16 Zeilen. 55 Ursache für diese ,Marmorierung‘ dürfte zum einen ungleichmäßige Haftung der Farbe, zum andern späterer Farbabrieb sein, wie er auch bei den ähnlich ausgeführten Miniaturen des ‚Eneasromans‘ vorliegt. Sie entspricht in keinem Fall gestalterischer Absicht des Miniators. 56 Einige Abweichungen seien notiert: Bei der Miniatur auf f. 12v ist das äußere Rahmenfeld rot, das Innenfeld blau; grün wird für einen hinter der Figur der Anna stehenden Busch verwendet; vergleichbar ist die Farbenwahl auf f. 6r. – Auf f. 24v ist der Bildgrund grün; blau und rot treten in den Architekturteilen auf. – Auf f. 53r ist das innere Feld rot ,marmoriert‘. – Bei den beiden auf
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schmales Band voneinander abgesetzt, das durch dünne Federstriche konturiert ist und durch das der Pergamentgrund durchscheint. Das äußere, zumeist grüne Rahmenfeld wird durch den äußeren Bildrahmen begrenzt, der durch umlaufende Balken in Gold und (heute schwarz oxydiertem) Silber gebildet wird. Gold und Silber sind in der Regel im Rahmen jeder Miniatur etwa zu gleichen Anteilen vertreten, entweder so, dass sie die jeweils gegenüberliegenden Balken bilden oder, über Eck gehend, komplementäre Partien des Rahmens füllen. Um die in Gold und Silber ausgeführten Rahmen läuft in der Regel noch eine dünne, mit der Feder gezogene rote Konturlinie. In mehreren Fällen wird der Goldanteil im Rahmen auch zur wertenden Hervorhebung benutzt: die beiden Eingangsminiaturen (f. 1r, 2v) sind nur golden gerahmt, ebenso etwa die Verkündigung (f. 43v) oder die Heimsuchung (f. 47r). Silber wird außer im Rahmen vereinzelt für Bildelemente verwandt, etwa für das Suppedaneum von Salomos Thron (f. 2r), für Schwerter (f. 61v; 87r, Abb. 1) oder (selten) für Architekturteile (f. 14r; 42v; 43v); Gold außerdem für Kronen, Nimben, Bordüren an der Kleidung (f. 51v; 79r, Abb. 2 u. ö.), für die Gaben der drei Könige (f. 82r) oder für das Weihrauchgefäß des Priesters Abiathar (f. 33r, Abb. 3), selten für Architekturteile (z. B. f. 29 v, 66r). Die Miniaturen nehmen zwar die gesamte Breite des Schriftspiegels von knapp 8 cm ein, doch der ausführende Künstler muss den verfügbaren Bildraum als ausgesprochen beengend empfunden haben. Bemerkenswert ist die Vielfalt der Möglichkeiten, die er sich schafft, um etwa personenreichen oder bewegten Szenen die nötigen Freiräume zu schaffen oder um Architekturen einzubauen. Nahezu durchgängig beobachten wir, dass die Bildrahmen zwar das Zentrum der Handlung begrenzen, nicht jedoch den Bewegungsspielraum der Figuren oder die Ausdehnung baulicher oder sonstiger Bildelemente einschränken. Nur so war es dem Künstler möglich, die Figuren trotz des kleinen Formats in relativ freier Bewegtheit zu gestalten oder Ausstattung bzw. Architektur über das von der vorgesehenen Rahmung vorgegebene Format hinausgehend auszuführen. Prägnante Beispiele dafür sind die ins Bild schreitenden oder hereinschwebenden Engel auf f. 16r (Abb. 4), f. 33r (Abb. 3), f. 41v (Abb. einander gegenüberstehenden Seiten befindlichen Miniaturen f. 63v und 64r weist die linke einen grünen, die rechte einen blauen Bildgrund auf. – Auf f. 69v und 72r sind die Farben getauscht: das Rahmenfeld ist blau, das Mittelfeld grün. – Die Miniatur auf f. 73v weist einen roten Bildgrund auf; offenbar soll der besondere Bildinhalt herausgehoben werden, denn dargestellt ist das erste der sieben Wunder bei Christi Geburt, als sich die Sonne in einem goldenen Ring zeigt (D v. 4200ff.).
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5), f. 53r und 85v oder der Schmiedeknecht auf f. 61v oder die bethlehemitischen Kindsmörder auf f. 87r (Abb. 1). Bei den Architekturen zeigen die bewusste Überschreitung des Rahmens etwa die Miniaturen auf f. 29v (Abb. 6), 39v (Abb. 7), 42v, 47r, 55r, 66r, 76v oder sonstige Bildelemente wie die aus Josephs Stab sich emporhebende Taube auf f. 34r. Aber auch die Spruchbänder greifen in der Regel über die Bildrahmen hinaus, vielfach 57 sogar weit und ausladend. Dass hier keine Unfähigkeit des Miniators vorliegt, mit dem vorgegebenen Raum auszukommen, zeigen einige Bilder, in die er eine gedrängte Vielzahl von Figuren einzubringen versteht, so die gestenreiche Darstellung von sieben über ihre ermordeten Kinder klagenden Müttern (f. 88r) oder Maria vor dem Gericht der Priester mit insgesamt acht Personen (f. 56r); ebenso viele Figuren finden sich in den Miniaturen auf f. 64r und 75v. Schließlich findet sich auf f. 63v eine Schar von trauernden Gefangenen mit sogar zwölf Figuren dargestellt (Abb. 8). Die Möglichkeit zur bewusst geplanten und gestalteten Überschreitung des vom Rahmen vorgegebenen Bildraums erklärt sich aus der Abfolge der Arbeitsgänge. In die vom Textschreiber freigelassenen Bildräume sind zuerst die Federzeichnungen mit den Bildinhalten eingefügt worden und sodann die den Figuren zugeordneten und zum Teil hinter den Personenzeichnungen verlaufenden Spruchbänder. Dann erst folgten die Bildgründe und die Rahmung, die selbstverständlich auf die bereits vorhandenen Zeichnungen Rücksicht zu nehmen hatten. Die Länge der Spruchbänder ist offenbar mit dem einzuschreibenden Text gut abgestimmt worden, denn nie kommt es zu Platzmangel, selten ist das 58 Spruchband geringfügig länger als das eingetragene Reimpaar. Die Texte der Spruchbänder sind wahrscheinlich erst zum Schluss eingetragen worden. Nach Blatt 80 sind zwar noch Spruchbänder auf f. 81r (Abb. 10), 83r, 85r, 85v und 89v eingezeichnet, jedoch ursprünglich nicht mehr beschriftet worden. Erst eine wohl um einiges vor 1400 tätige Nachtragshand schreibt noch auf f. 83r und 85r Texte in die Bänder ein (unten Nr. 75 und 77).
57 So etwa f. 18r, 42v, 73v, 74r, 85r, 85v sowie bei der Doppelseite f. 69v /70r (Abb. 9). 58 Länger als der eingetragene Text ist das Spruchband etwa auf f. 29v, 51v, 60r, 60v, 64v, 71r.
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VI. Das Problem, wie Text und Bild zu einer funktionierenden und synästhetischen Einheit verbunden werden können, ist in einer bemerkenswerten experimentierenden Prozesshaftigkeit gelöst worden, die ein ungemein enges und abgestimmtes Zusammenarbeiten der an der Erstellung der Handschrift beteiligten Kräfte zeigt. Mustert man den gesamten Miniaturenzyklus durch, dann lässt sich beobachten, in welchem Ausmaß die Text-Bild-Kombination durch ein fortgesetztes Erproben verschiedener Möglichkeiten experimentierend gewonnen worden ist. Fast könnte man bei der Durchsicht des Kodex meinen, an dem konzeptionellen Gespräch im Atelier/Skriptorium teilzuhaben. Das ist im Folgenden darzulegen. Das Experimentieren beginnt schon bei der Suche nach dem angemessenen Bildformat. Die beiden einander gegenüberstehenden Eingangsminiaturen f. 1v und 2r, die Wurzel Jesse, in deren Mittelpunkt Maria als Hodogetria mit dem Kind thront, und das Salomonische Urteil, sind ganzseitig angelegt. Hier ist der gesamte Rahmen golden gehalten und hier sind die Ecken des Rahmens durch rote Spitzen eigens herausgehoben. Die Miniaturen auf f. 6r (Jakobsleiter), 7v (Jakob kämpft mit dem Engel) sowie 8v, 9v, 10v sind unterschiedlich hochrechteckig; erst ab f. 12v wird offenbar der Plan gefasst, für den Fortgang der Bilderzählung ein annähernd quadratisches Format zu wählen, bei dem auf der Buchseite außer dem Bild noch Platz für insgesamt etwa 8–11, meistens jedoch 9 Textzeilen bleibt. Auch der Verteilung von Bild und Text scheint im Fortschreiten der Arbeit bei aller Abwechslung doch eine bewusste, wenngleich experimentierende Planung zugrunde zu liegen, die freilich weder schematisch gehandhabt wird, noch sich durch die gesamte Handschrift zieht. So fällt auf, dass mehrfach Gruppen von aufeinander folgenden Bildern jeweils auf den verso-Seiten, im aufgeschlagenen Buch also links stehen, die dann mit Bildgruppen wechseln, die auf recto-Seiten, also rechts placiert 59 sind. Experimentierend gewonnen ist offenbar auch die Positionierung der Miniaturen auf dem Blatt. Selten und nur gegen Anfang der Handschrift 59 Miniaturen zunächst auf verso-Seiten: f. 6v, 7v, 8v, 9v, 10v, 12v; im Folgenden dann auf recto-Seiten: f. 14r, 15r, 16r, 17r, 18r; wiederum auf verso-Seiten: f. 19v, 20v, 21v, 24v, 25v; dann wieder auf recto-Seiten: 27r, 28r. Sodann: Wechsel der Bilder von verso und recto: 29v, 31r, 31v, 33r. Dann wieder recto-Seiten: 33r, 34r, 36r; verso-Seiten: 37v, 38v, 39v; 40v, 41v, 42v, 43v; recto-Seiten: 53r, 54r, 55r, 56r, 57r, 58r, 59r, 60r.
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reicht eine Miniatur an den oberen oder unteren Rand des Schriftspiegels 60 (siehe etwa Abb. 4) oder steht in der Mitte der Seite. Ab f. 19v lässt sich öfter ein Gliederungstyp beobachten, bei dem eine einzelne Textzeile am oberen Rand des Schriftspiegels über der Miniatur oder am unteren Rand unter der Miniatur steht (siehe etwa Abb. 3), nur ausnahmsweise stehen im Fortgang der Handschrift noch Miniaturen direkt am oberen 61 Rand des Schriftraums. Offenbar sollte mit der ‚Einbettung‘ der Miniaturen die Verknüpfung der Bilderzählung mit der Texterzählung visualisiert werden. Dieser Typ wird zunächst auf f. 41v (Abb. 5), dann ab f. 63v (Abb. 8) nahezu regelmäßig durch einen anderen abgelöst, der dieses Ziel noch stärker zum Ausdruck bringt, indem nun zwei Textzeilen über bzw. unter der Miniatur stehen (siehe etwa Abb. 7–10). Dadurch wird schon vom Layout der Buchseite die Bedeutung des Text-Bild-Bezugs augenfällig betont. Ergänzen wir diese Beobachtung durch die bereits oben festgestellte, dass das Format der Miniaturen von der ganzseitigen Füllung auf den ersten Blättern über die hochrechteckige schließlich zur (annähernd) quadratischen Form übergeht, dann wird deutlich, dass die Anlage der Handschrift nicht einer (verlorenen) Vorlage entspricht, sondern experimentierend im Verlauf ihrer Herstellung in Schrift und Bild gewonnen wurde. Das wird durch eine weitere Beobachtung unterstrichen. Nachdem bis f. 62 die Verteilung der Illustrationen innerhalb der Handschrift zwar erkennbaren Tendenzen, aber keiner strengeren Systematik folgt, kommt es im letzten Drittel der Handschrift mehrfach zu einem Layout, das hinsichtlich der Kopräsenz von Text- und Bildnarration ein neues Verfahren anwendet, das bewusst auf ästhetische und repräsentative Ausgewogenheit zielt. Dabei stehen sich auf zwei gegenüberliegenden Seiten des aufgeschlagenen Buchs zwei Miniaturen gegenüber. Dieses Verfahren war schon zuvor in der Handschrift einmal angewandt, dann aber offenbar nicht weiter verfolgt worden, und zwar auf f. 39v/40r (Abb. 7). Die auf diesen Blättern notierte Textpartie D v. 2221–2253 handelt vom Abschied Josephs von Maria; er wird nach Capharnaum gerufen, um dort ein Schiff wieder herzustellen. Die Priester des Tempels (templi pontifices, v. 2243) kommen daraufhin zu Maria und ihren Jungfrauen, 60 Glatt oben am Rand des Schriftraums stehen Miniaturen auf f. 6v, 8v, 15r, 25v, 42 v. Glatt unten am Rand: f. 6r, 9v, 10v, 12v, 14r, 16r, 17r, 18r. 61 Direkt am oberen Rand des Schriftraums: f. 25v, 31r (wo aber die über den Bildrand nach oben gereckten Gerten der jüdischen Jünglinge keine darüber liegende Textzeile zulassen); 42v (hier gilt Vergleichbares).
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um ihnen Materialien für Handarbeiten, purpuram unde siden,/ coccum vnd bisse (v. 2248f.), zu bringen. In der im aufgeschlagenen Buch linken Miniatur (unten Nr. 30) nimmt der greise Joseph an der Tür des Hauses Abschied von der ihm angetrauten Maria, rechts daneben steht ein gesatteltes Pferd, das von einer Assistenzfigur am Zügel gehalten wird. Das Spruchband, das sich aus Josephs linker Hand emporschwingt, enthält Abschied und Segenswunsch: Frowe ich muz von hinne varn. got muze din ere bewarn. Diese Miniatur ist, nach einer Textzeile, im oberen Schriftraum placiert, die gegenüberliegende, komplementär, im unteren Schriftraum, und so, dass ihr noch eine Textzeile folgt: ein Typ der ,Einbettung‘, wie wir ihn schon oben beobachtet haben. Die rechts gegenüber stehende Miniatur (unten Nr. 31) zeigt zwei junge Männer, stehend, die Maria und den Jungfrauen einen Ballen Tuch bringen; einer der beiden hält das Spruchband: Frowe diz sidin gewant. Habent iv templi pontifices gesant. Die aufgeschlagenen Buchseiten bieten eine Abfolge unmittelbar aufeinander bezogener, ,konsekutiver‘ Szenen, man könnte von Mikronarrativen sprechen, die in den Medien von Schrift und Bild aufeinander zu beziehen sind. So entsteht eine Erzählsequenz, die in Wort und Bild synoptisch wahrgenommen werden kann. Dieses Verfahren der engen Verflechtung von Bild und Text wird auf den unmittelbar folgenden Blättern nicht weiter verfolgt. Erst ab f. 63v/64r wird es wieder aufgenommen, jetzt allerding in verstärkter Frequenz. Es handelt sich dabei um die folgenden Fälle: a) f. 63v/64r (Abb. 8. Text: D v. 3672–3708): Auf der Reise nach Bethlehem sieht Maria ein von Gott gesandtes Wunderzeichen: auf der einen Seite des Wegs eine Schar von mit Ketten Gefesselten, die trauern und klagen (Miniatur auf der linken Seite). – Gegenüber: eine freudige Schar, herrschaftlich gekleidet (siehe unten Nr. 50–51, ohne Spruchbänder). b) f. 68v/69r (Text: D v. 3933–3968): In einer Höhle: Maria mit dem Kind, denen sich die beiden Ammen Rachel und Salome nähern. – Gegenüber: die beiden Ammen baden im Beisein Josephs das Kind 62 (unten Nr. 56–57, ohne Spruchbänder). v r c) f. 69 /70 (Abb. 9. Text: D v. 3969–4000). Die beiden Ammen knien mit erhobenen Händen vor Maria und preisen das Wunder der Jungfrauengeburt. – Gegenüber: Ochse und Esel knien vor dem Kind 62 Möglicherweise wird diese Sequenz schon auf der vorangehenden Seite, f. 68r, eröffnet. Joseph ruft in die Geburtshöhle hinein (Spruchband: Frowe gebivte den wiben die in vart. So wirt die [lies: din] ere wol bewart.) und
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(unten Nr. 58–59, mit je einem Spruchband in symmetrischer, nach oben ausschwingender Anlage, die zum Himmel gerichtetes Gebet oder Lobpreis ausdrücken soll). d) f. 73v/74r (Text: D v. 4196–4231): Zwei der sieben Wunder bei Christi Geburt: die Hirten auf dem Feld sehen, wie die Sonne einen rotgoldenen Ring bekommt. – Gegenüber: in Rom fließt ein Bach von Öl aus einem Felsen (unten Nr. 62–63, mit je einem Spruchband). e) f. 76v/77r (Text: D v. 4351–4385): Das fünfte und sechste Wunder: Kaiser Augustus entlässt Gefangene in die Freiheit. – Gegenüber: Hinrichtung von Frevlern (unten Nr. 66–67; Spruchband nur bei Nr. 66). f) f. 80v/81r (Abb. 10. Text: D v. 4559–4594): Herodes befragt die Schriftgelehrten. – Gegenüber: er bittet die drei Könige, zu ihm zurückzukommen (unten Nr. 71–72; Spruchband bei Nr. 71 textiert, bei Nr. 72 eingezeichnet, aber ohne Texteintrag). g) f. 82v/83r (Text: D v. 4652–4684) Traum der heiligen drei Könige und Engelsbotschaft. – Gegenüber: Die drei Könige nehmen Abschied von Maria und dem Kind (unten Nr. 74–75; Nr. 75 mit nachträglich beschriftetem Spruchband). h) f. 85v/86r (Text: D v. 4801–4835): Traum des Joseph und Engelsbotschaft. – Gegenüber: Flucht der heiligen Familie nach Ägypten (unten Nr. 78–79; bei Nr. 78 ist ein Spruchband eingezeichnet, aber ohne Texteintrag). i) f. 88v/89r (Text: D v. 4951–4986): Herodes auf dem Krankenlager, zwei ratlose Ärzte vor ihm. – Gegenüber: Er stürzt sich aus seinem Palast in die Tiefe (unten Nr. 82–83; ohne Spruchbänder). k) f. 89v/90r (Text: D v. 4987–5023): Traum des Joseph mit Engelsbotschaft. – Gegenüber: Heimkehr der heiligen Familie aus Ägypten (unten Nr. 84–85; bei Nr. 84 Spruchband eingezeichnet, aber nicht beschriftet). Mit dieser Sequenz endet die Mariengeschichte und ebenso der Illustrationszyklus. Es kann kein Zweifel bestehen, dass diese im letzten Drittel der Handschrift vorfindliche Anordnung planender Überlegung entsprungen und Ergebnis eines längeren, an der Handschrift ablesbaren experimentellen Prozesses ist, der einerseits die enge Verbindung von Text und Bild
kündigt Maria die Ankunft der beiden Hebammen an. Mit dem Eintritt der beiden Frauen in die Höhle (f. 63v, Abb. 8) wird diese Szene fortgesetzt.
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mit den Möglichkeiten des Layouts unterstreicht, andererseits auch der potentiellen Eigenständigkeit der Bilderzählung Rechnung trägt. Die Wirkung dieser zuletzt gefundenen Anordnung geht in zweierlei Richtung: Zum einen steigert es den ästhetischen Reiz der Handschrift, wenn im aufgeschlagenen Buch zwei auf gleicher Höhe angeordnete Miniaturen stehen, zum anderen bilden die synoptisch wahrgenommenen Bilder jeweils eine eigene kleinformatige Erzählsequenz aus, die sich ne63 ben der durchlaufenden Erzählebene des Textes präsentiert. Betrachtet man diese kleinformatigen Sequenzen, dann weisen sie vielfach trotz ihres begrenzten Rahmens eine stringente logische Verknüpfung auf. Diese kann parataktisch-additiv sein, so etwa bei den Beispielen a) – e). Sie kann auch temporal sein, so bei Beispiel f): Nachdem Herodes durch die Befragung der Schriftgelehrten Kenntnis von der Eigenart des neugeborenen Kindes bekommen hat (links), bittet er die Könige, zu ihm zurückzukommen (rechts). Die Verbindung innerhalb der Erzählsequenz kann aber auch kausal sein, so etwa im Beispiel h): Weil der Engel Joseph im Traum warnt (links), flieht er mit der Familie nach Ägypten (rechts), usw. Man könnte in diesen Fällen also durchaus von der Herausbildung narrativer Mikrostrukturen sprechen, in denen das Layout des Buchs, die eingebauten Bilder und die vom Text vorgegebene Erzählsequenz zusammenwirken. Gegenüber dieser planvollen Anordnung der Miniaturen im letzten Drittel der Handschrift fallen diejenigen Fälle besonders auf, bei denen im aufgeschlagenen Buch zwei bildlose Doppelseiten einander gegenüberstehen. Sie treten bis auf zwei Ausnahmen nur vor f. 50 auf, d.h. in der Phase der Herstellung, die noch deutlich vom Experimentieren mit 64 den Möglichkeiten einer Bild-Text-Kombination bestimmt ist. Betrachtet man die Abfolge der Miniaturen insgesamt, dann erweist sich die auf den ersten Blick planlos erscheinende Einfügung der Bilder in den fortlaufenden Text als ein mangels einschlägiger Vorbilder tastendes, ja experimentierendes Suchen nach Möglichkeiten der funktionalen Zuordnung von Bild und Text. Die gegen Ende der Handschrift zu beobachtende synoptische Präsentation zweier Bilder mit den ihnen zugehörigen Textpartien im aufgeschlagenen Buch scheint für die eng zusammenarbeitenden Kräfte, Schreiber, Miniaturist, Spruchbandver63 Hierher gehört auch die oben erwähnte vergleichbare Sequenz auf f. 39v/40r. 64 Bildlose Doppelseiten: f. 2v/3r, 3v/4r, 4v/5r, 11v/12r, 18v/19r, 22v/23r, 23v/24r, 28v/29r, 34v/35r , 36v/37r, 44v/45r, 45v/46r, 47v/48r, 48v/49r, 49v/50r. Im weiteren Verlauf nur noch f. 72v/73r und bei dem nicht mehr zur Mariengeschichte gehörenden Epilog f. 90v/91r.
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fasser, vielleicht noch ein leitender und ordnender Redaktor, eine ihnen vorteilhaft erscheinende Lösung gewesen zu sein. Dass an dieser Lösung auch die Spruchbänder ihren Anteil haben, werden die folgenden Ausführungen zeigen.
VII. Die Einlagerung von textierten Spruchbändern in Miniaturen ist in la65 teinischen Handschriften seit dem 11. Jahrhundert gut belegt. In deutschsprachigen Handschriften erscheint sie erst in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts. Die um 1220 entstandene Handschrift D von Wernhers ‚Maria‘ stellt hierfür das früheste bekannte Beispiel dar: 66 rund die Hälfte der 85 Miniaturen weist Spruchbänder auf. Im unmittelbaren entstehungsgeschichtlichen Kontext dieser Handschrift dürfte der gleichfalls mit Spruchbändern ausgestattete, um 1220/30 anzusetzende Berliner Bildercodex von Heinrichs von Veldeke ,Eneas67 roman‘ stehen. In beiden Fällen sind die Verfasser der Spruchband65 Zu der schon früher einsetzenden Praxis von Spruchbändern auch in lateinischen Handschriften siehe die grundlegende Untersuchung von Susanne Wittekind, Vom Schriftband zum Spruchband. Zum Funktionswandel von Spruchbändern in Illustrationen biblischer Stoffe in: Frühmittelalterliche Studien 30 (1996), S. 343–367 und Tf. XVIII–XXIII. 66 Siehe Nikolaus Henkel, Bild und Text. Die Spruchbänder der ehem. Berliner Handschrift von Priester Wernhers ‚Maria‘, in: Scrinium Berolinense. Tilo Brandis zum 65. Geburtstag, hg. von Peter Jörg Becker u.a., Berlin 2000, S. 246–275. 67 Siehe zu den Spruchbandtexten in dieser Handschrift: Nikolaus Henkel, Bildtexte. Die Spruchbänder in der Berliner Handschrift von Heinrichs von Veldeke Eneasroman, in: Poesis et Pictura. Festschrift für Dieter Wuttke zum 60. Geburtstag, hg. von Stephan Füssel und Joachim Knape, BadenBaden 1989, S. 1–47; siehe weiterhin: Heinrich von Veldeke, Eneas-Roman. Vollfaksimile des Ms. germ. fol. 282 (Anm. 13), Kommentarband S. 36–49 und passim. Siehe außerdem: Karl Clausberg, Spruchbandaussagen zum Stilcharakter. Malende und gemalte Gebärden, direkte und indirekte Rede in den Bildern der Veldeke-Aeneide sowie Wernhers Marienliedern, in: Städel-Jahrbuch 13 (1991), S. 81–110, bes. S. 81–84 und 94–96. – Zu einem anders angelegten und wesentlich späteren Beispiel, der im Jahr 1372 vollendeten Leidener Handschrift von Wirnts von Grafenberg ‚Wigalois‘, ihren Miniaturen und den eingelagerten Spruchbändern, liegt eine genaue Analyse vor von Anja Becker, Dialogszenen in Text und Bild. Beobachtungen
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texte anonym; sie dürften dem ausführenden Atelierbetrieb angehört haben, der für die Miniaturen zuständig war. In beiden Fällen zeigen die Spruchbänder eine ausgesprochen gute Vertrautheit nicht nur mit dem inhaltlichen Verlauf der zu illustrierenden Texte, sondern auch mit seinem Wortlaut im Detail, auf den sich die Spruchbandautoren an nicht wenigen Stellen direkt und mit wörtlichen Anklängen stützen. Literaturgeschichtlich gesehen sind die Spruchbandtexte eine bisher unbeachtete und zudem – neben den etwa gleichzeitigen Freidanksprüchen und kleineren Sprichwortsammlungen – die wohl früheste Gat68 tung aus dem Bereich literarischer Kleinstformen. Die Anonymität der Spruchbanddichter muss nicht verwundern: Verfasser solcher Texte gehen in ihrer dem Illustrationsvorhaben dienenden Funktion auf und bilden keine namentliche Beglaubigung ihrer Autorschaft aus. Damit komme ich zu den Spruchbändern und ihren Texten in Handschrift D der ‚Maria‘. Sie sind in der Form eines an den Enden eingerollten Rotulus angelegt und einzeilig ausgeführt. Jedes Band enthält ein Reimpaar; jeder der beiden Verse ist in der Regel durch einen Reimpunkt abgeschlossen. Sämtliche Texte sind Personenrede. Das Spruchband beginnt in der Regel bei dem jeweiligen Sprecher, der den Rotulus an einem Ende in der Hand hält, zieht sich zu dem oder den Angesprochenen hin und verläuft in der Regel über deren Köpfen. Das hat zur Folge, dass die Schrift mehrfach auf dem Kopf steht, wenn der Sprecher im rechten Bildteil positioniert ist. Um den Spruchbandtext lesen zu können, muss das Buch um 90° bis 180° gedreht werden Doch ist eine solche Drehung des Buchs nicht mehr als eine Option, in unserem Fall begünstigt durch 69 die Handlichkeit des kleinen Formats. Das führt zur Frage, wie man die Handschrift benutzt habe und in welchem Benutzungszusammenhang die Spruchbandtexte gestanden haben. Da jede Bezeugung fehlt, können hier nur mehr oder weniger plausible zur Leidener Wigalois-Handschrift, in: Formen und Funktionen von Redeszenen in der mittelhochdeutschen Großepik, hg. von Nine Miedema und Franz Hundsnurscher, Tübingen 2007, S. 19 –41. 68 Vgl. hierzu den Sammelband Kleinstformen der Literatur, hg. von Walter Haug und Burghart Wachinger (Fortuna vitrea 14), Tübingen 1994, sowie hierin den einleitenden Beitrag von Burghart Wachinger, Kleinstformen der Literatur. Sprachgestalt – Gebrauch – Literaturgeschichte, ebd. 1–37. Die Spruchbandtexte als eigener Gebrauchstyp liegen hier noch außerhalb der Betrachtung. 69 Wo verschlungene Spruchbänder in großformatigen Handschriften vorkommen, die für die Lektüre auf einem Pult bestimmt waren, dürfte der ornamentale Charakter der Spruchbänder im Vordergrund stehen.
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Annahmen formuliert werden. In jedem Fall war die Handschrift zum Vorlesen geeignet. In diesem Zusammenhang ist ein bemerkenswertes Detail zu erwähnen: Auf f. 71v, wo von dem Gesang der Engel anlässlich der Christgeburt die Rede ist, nimmt der Text ihn in seiner lateinischen Version auf: vnd mit liebe sungen sie do: Gloria in excelsis Deo (D v. 4094f.). Dieser Vers ist neumiert, und zwar mit einer in Deutschland da70 mals üblichen Gloria-Melodie aus dem Ordinarium Missae. Das könnte darauf hindeuten, dass an dieser Stelle ein Stück gesungenen Vortrags nach der aus der Liturgie bekannten Choralmelodie vorgesehen war oder doch ermöglicht werden sollte. Dabei ist eine einschlägige Kenntnis der Notation und der musikalischen Praxis vorauszusetzen. Ein Vorweisen der Bilder ist sicher auch in solch einem Zusammenhang vorstellbar. Das Buch mit Wernhers ‚Maria‘ war aber ebenso zur privaten Lektüre geeignet. Dabei machte es dann keinerlei Schwierigkeiten, das Buch auch so zu drehen, dass alle Spruchbandtexte gelesen werden konnten. Am ehesten wird man solche Lektüre im Zusammenhang der Frauenkultur des deutschen Laienadels ansetzen dürfen, wo Lesefähigkeit wesentlich ausgeprägter belegt ist als beim männlichen Adel. Als dritte Möglichkeit wird man auch das anschauende ‚Lesen‘ der Bilderreihe allein annehmen dürfen. Wolfgang Kemp hat solches ‚Lesen‘ von und in Bildern anhand zyklisch-narrativer Folgen in der Glasmalerei 71 plausibel gemacht. Und Michael Curschmann ist in zahlreichen Arbei72 ten dem Erzählen in Bildern nachgegangen. Das Lesen in den Bildern der Handschrift der ‚Maria‘ macht freilich nur dann Sinn, wenn Inhalt und Erzählgang der ‚Maria‘ bereits bekannt waren, sei es durch Vorlesen, sei es durch eigene Lektüre. In diesem Fall konnten anhand der Bilder die einzelnen Stationen des – bekannten – Erzählablaufs ins Gedächtnis zurückgerufen, memoriert und meditiert werden. Die eingelagerten
70 Siehe dazu Martin J. Schubert, ‚Vnd mit liebe sungen sie do‘. Neumennotation in Priester Wernher D, in: Magister et amicus. Festschrift für Kurt Gärtner zum 65. Geburtstag, hg. von Václav Bok und Frank Shaw, Wien 2003, S. 569–577. 71 Wolfgang Kemp, Sermo corporeus. Die Erzählung der mittelalterlichen Glasfenster, München 1987. 72 Siehe die Sammlung seiner Arbeiten: Michael Curschmann, Wort – Bild – Text. Studien zur Medialität des Literarischen in Hochmittelalter und früher Neuzeit (Saecula spiritalia 43/44), Baden-Baden 2007; vgl. besonders seinen Beitrag: Pictura – laicorum litteratura? Überlegungen zum Verhältnis von Bild und volkssprachlicher Schriftlichkeit im Hoch- und Spätmittelalter bis zum Codex Manesse, in: ders., Wort – Bild – Text, Bd. 1, S. 253–281.
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Spruchbandtexte konnten solch erinnerndes Beschauen stützen und lei73 ten. Welches könnte nun die Funktion der Spruchbänder gewesen sein? Welche Motivation seitens des oder der ausführenden Künstler steht dahinter? Es scheint offenkundig, dass die Spruchbänder – jedenfalls aus unserer heutigen Sicht – den künstlerischen Bildaufbau beeinträchtigen, ja stören. Bei näherem Hinsehen wird indes deutlich, dass sie einerseits kompositionelle Elemente der Bildgestaltung sind, andererseits aber auch auf das jeweilige Bild bezogene Aussagen im Medium der Sprache transportieren. Dass sie bereits zur ursprünglichen Konzeption der Miniaturen gehört haben, belegt eindeutig der oben skizzierte technische Arbeitsablauf der Bildherstellung. Drei funktionale Aspekte der Spruchbänder will ich in diesem Zusammenhang hervorheben: a) den ornamentalen Charakter der Spruchbänder innerhalb der Tektonik der Bilder; b) die Leistung der Bänder bei der inhalts- und kontextbezogenen ‚Lektüre‘ der Bilder sowie c) die auf den jeweiligen Kontext bezogene Unterscheidung mehrfach vorkommender Bildtypen mittels der Spruchbänder. Zum ersten Aspekt: Der ornamentale Charakter der Spruchbänder ist vielfach zu beobachten. Als Abiathar im Tempel betet, Gott möge kundtun, mit wem Maria vermählt werden solle, verkündet ein Engel die Botschaft, Gott wolle selbst die Entscheidung herbeiführen (f. 33r, Abb. 3; unten Nr. 25). Das Spruchband mit der Engelsrede bildet exakt über dem Altar ein zweijochiges Gewölbe nach, wie es beispielsweise f. 24v (unten Nr. 18) auch innerhalb der gemalten Architektur vorkommt. Ähnlich ist das Spruchband als Architekturimitat auf f. 8v (unten Nr. 6) eingesetzt, wo es anlässlich der Vermählung von Joachim und Anna die nicht näher gekennzeichnete Bildfläche zum gewölbten Sakralraum gestaltet. Vergleichbar hinsichtlich seiner ornamentalen Wirkung ist das Spruchband beim Abschied Josephs von den übrigen Schiffszimmerleuten gestaltet. Es ist hier in Art einer wehenden Fahne geformt und imitiert, wie Mes73 Einen vergleichbaren Fall memorierender Vergegenwärtigung des bereits Gewussten untersucht anhand von Bestiarienillustrationen Beryl Rowland, The Art of Memory and the Bestiary, in: Beasts and Birds of the Middle Ages. The Bestiary and Its Legacy, ed. by Willene B. Clark and Meradith T. McMunn, Philadelphia 1990, S. 12–25. – Siehe zum Memorieren umfassender Sachverhalte anhand von Bildern auch Nikolaus Henkel, Schauen und Erinnern. Überlegungen zu Intentionalität und Appellstruktur illustrierter Einblattdrucke, in: Einblattdrucke des 15. und frühen 16. Jahrhunderts. Probleme – Perspektiven – Fallstudien, hg. von Volker Honemann, Sabine Griese, Falk Eisermann und Marcus Ostermann, Tübingen 1999, S. 209–244.
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serer bereits gesehen hat, die Wellen des unter dem Schiff sichtbaren Meeres (Abb. 11). Wir haben es in Fällen wie diesen also mit Spruchbändern zu tun, die gewissermaßen ,malende‘, den Bildraum mitgestaltende Elemente der künstlerischen Komposition sind. Nun zum inhalts- und kontextbezogenen Aspekt. Neben solch ornamentaler Verwendung beobachten wir mehrfach, wie die Spruchbänder die inhaltliche Aussage der Bilder verstärken, also eine formale Semantik besitzen, indem sie an der Aussage der Bildinhalte beteiligt sind. Das wird nahezu ausnahmslos sichtbar durch die Richtungsgebung der Spruchbänder, die sich in der Regel vom Sprecher zum Angesprochenen schwingen. Besonders sinnfällig wird die semantische Qualität der Spruchbandführung bei Gebetsszenen, wo sich die Bänder zum Himmel richten, etwa wenn der Oberpriester Abiathar betet: Herre got uns daz bescheine. / wem werden sul div maget reine. (f. 31v, Abb. 12; unten Nr. 24). Ähnlich liegt der Fall auf f. 69v und 70r (Abb. 9) hier noch verstärkt durch die symmetrische Anlage der beiden auf gegenüberliegenden Seiten placierten Miniaturen; hier wird das Wunder der Menschwerdung Gottes durch die sich aufschwingenden Spruchbänder (unten Nr. 58–59) ,bezeichnet‘. Die semantische Qualität der Spruchbänder in bezug auf die Bildaussage wird vielfach deutlich in Fällen, in denen dialogisches Sprechen ab75 gebildet wird. Mehrfach wird eine auf Konsens beruhende Gesprächsführung durch sich überkreuzende Spruchbänder angedeutet, so etwa f. 15r (unten Nr. 11) im Gespräch Joachims mit dem Engel. Doch bereits in der folgenden Miniatur, f. 16r (Abb. 4; unten Nr. 12), in der der Engel Joachim seine Bitte abschlägt, mit ihm zu essen, werden die Spruchbänder getrennt voneinander geführt. Energischen Dissens signalisiert auch die Spruchbandführung in der Szene, in der der heimkehrende Joseph seine Schmach beklagt, da Maria schwanger ist, die Gefährtinnen der Jungfrau ihm aber erklären, dies sei Gottes Wille (f. 51v, unten Nr. 38). Schließlich sind Spruchbänder auch beteiligt an der auf den jeweiligen Kontext bezogenen Unterscheidung mehrfach vorkommender Bildtypen. Sie sind offenbar für einen speziellen Benutzungsmodus wichtig, bei dem der erzählende Inhalt des Textes zwar bekannt, aber nicht mehr gelesen wird, sondern nur noch die Miniaturen ‚erinnernd‘ betrachtet werden. Bei solch einer Verwendung der illuminierten Texthandschrift 74 Messerer, Illustrationen (Anm. 52), S. 449. Siehe hierzu auch Clausberg, Spruchbandaussagen (Anm. 67), S. 102–104. 75 Siehe hierzu auch Wittekind, Vom Schriftband zum Spruchband (Anm. 65), S. 350f.
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als ‚Bilderbuch‘ sind Szenenmuster wie die Verkündigung an Maria, die Anbetung der Hirten oder der drei Könige aufgrund ihrer Einmaligkeit sofort zu erkennen. Andere Bildtypen hingegen nicht, weil sie nicht auf eine einmalige Situation fixiert sind, sondern entsprechend dem Erzählgang des Textes mehrfach auftauchen: Engelsbotschaften an (schlafende) Menschen, Ankunft und Abschied, Herrscher mit Gefolge bzw. in der Unterredung etc. Für solche Szenen standen Standardmuster zur Verfügung, deren jeweilige narrativ individuelle Verortung vom Betrachter zu leisten war. Wo der jeweilige Text mitgelesen wurde, war das unproblematisch. Und das Heidelberger ‚Rolandslied‘ mit seinen unbezeichnet in den Text gestellten Federzeichnungen setzt diesen Benutzungsmodus voraus, bei dem die Bilder nur aufgrund der jeweiligen Textumgebung verständlich waren. Wo der Text nicht mitgelesen wurde, mussten sie dann vielfach auch unverständlich bleiben. Die Einführung von Spruchbändern scheint denn auch ein erster Versuch gewesen zu sein, Miniaturen mit solch standardisierten Bildtypen zu ‚individualisieren‘ und inhaltlich an der speziellen Stelle des Erzählablaufs zu verorten. Einen Schritt weiter geht die Berliner Handschrift des ‚Eneasromans‘, bei deren Miniaturen durch Namenbeischriften im Bildrand die dargestellten Figuren bezeichnet werden. Spätere Handschriften führen dann Bildbei- bzw. -unterschriften ein, die mehr oder weniger detaillierte Szenenresümees bieten, die ein Bildverständnis gewährleisteten, für das die kontinuierliche Lektüre des erzählenden Textes nicht mehr unbedingt notwendig war. In der Berliner Handschrift der ,Maria‘ sind es bei den erwähnten Standardtypen der Szenengestaltung vielfach die Spruchbänder, die den individuellen Szenenbezug darstellen, so etwa bei den Engelsbotschaften an wache Personen wie an Anna (f. 12v, unten Nr. 9), an Joachim (f. 15r, unten Nr. 11), an die Hirten (f. 71r, unten Nr. 60); oder bei den Traumbotschaften an Schlafende, etwa an Joachim (f. 18r, unten Nr. 14), an Joseph (f. 85v, unten Nr. 78 und 89v, unten Nr. 84). Hierher gehören auch Szenen des Abschieds bzw. der Ankunft, so der Abschied Josephs von Maria (f. 39v, Abb. 7; unten Nr. 30), beider Abschied beim Aufbruch nach Bethlehem (f. 63r, unten Nr. 49) oder ihre Rückkunft aus Ägypten (f. 90r, unten Nr. 85). Zum gleich Typ gehören außerdem die Szene auf f. 29v (Abb. 6; unten Nr. 22), wo allerdings kein Abschied gemeint ist, sondern wo Abiathar sich, in die Tür des Tempels gelehnt, an die Juden wendet, sowie f. 76v (unten Nr. 66), die Befreiung der Gefangenen. Ein mehrfach auftretender und der jeweiligen Kontextualisierung bedürftiger Bildtyp ist schließlich die Herrscherszene, so etwa Augustus vor den Römern (f. 60r, unten Nr. 46), Cyrinus (f. 60v, unten Nr. 47), wie-
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derum Augustus, der den Frieden verkündet (f. 75v, unten Nr. 65), oder 76 Herodes und die Schriftgelehrten (f. 80v, Abb. 10; unten Nr. 71) usw. Gerade bei solchen mehrfach auftretenden Standardtypen der Szenengestaltung ist eine inhaltlich präzisierende, den Erzählkontext aufrufende Verständnishilfe offenbar erwünscht gewesen und als notwendig erachtet worden. Die Spruchbänder sind hierfür ein geeignetes Instrument. Über die künstlerische Motivation, die hinter dem Einbau von Spruchbändern in Miniaturen steht, schweigen die Quellen. Nur vermutungsweise lassen sich Aussagen formulieren, die auf die Kommunikation zwischen Text, Bild und Betrachter gerichtet sind. Es scheint so, dass die in das jeweilige Einzelbild eingelagerten Textelemente im Wesentlichen darauf abzielen, die Bildaussage inhaltlich zu kontextualisieren. Das ereignet sich, wenn die von Bildfolge und Textablauf gebildeten narrativen Ketten sukzessive lesend und schauend verfolgt werden. Das kann sich aber, wenn der Erzählgang bekannt ist, ebenso ereignen, wenn nur die Bilder betrachtet werden, zu deren Kontextualisierung in unserer Handschrift die Spruchbänder, in späteren Zeugnissen die deiktischen Bildunter- bzw. Beischriften verhelfen. Betrachten wir abschließend die besondere Leistung der Berliner Handschrift der ‚Maria‘ mit ihren Miniaturen und den darin eingelagerten Spruchbändern, so wird der kognitive Mehrwert gegenüber den sonstigen, lediglich den Text bietenden Handschriften deutlich. Lesen und Verstehen der Botschaft der Dichtung läuft nicht mehr ausschließlich über das Medium der Schrift. Als potentiell eigenständiges narratives Medium tritt die Reihe der Illustrationen hinzu. Sie setzt dort aus, wo der Text längere reflektierende bzw. raisonnierende Passagen besitzt: im Prolog und in der langen Überleitung vom ersten zum zweiten Kapitel oder beim Epilog. Dort aber, wo im Text Handlung erzählt wird, wird diese begleitet von einem zweiten narrativen Pfad, dem der Bilder. Die Spruchbänder bilden innerhalb der Gesamtkonzeption ein bimediales Funktionselement aus: einerseits sind sie integraler und von Anfang an zur künstlerischen Planung gehöriger Bestandteil der Bildkomposition und besitzen darin eine stellenweise eigenständig entwickelte Formsemantik, die sich auch beim Lesen der Bilder allein erschließt. Andererseits sind sie skripturale Elemente, die auf Textlektüre angelegt sind und die Versdichtung der ‚Maria‘ mit der Bilderzählung verknüpfen. Zum ersten Mal in der Überlieferungsgeschichte deutschsprachiger Bilder76 Hierher gehören auch Szenentypen wie Verhör/Gericht (ein Einzelner steht vor einer Gruppe): etwa f. 36r, 56r, 57r, 58r, 59r; oder Eheschließung, in unserer Handschrift f. 8v (Anna – Joachim); f. 37v (Maria – Joseph).
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handschriften lässt sich in der Bilderhandschrift von Wernhers ‚Maria‘ dieses Zusammenwirken von erzählendem Text, Bilderzählung und Spruchbändern beobachten.
VIII. Im Folgenden biete ich eine vollständige Aufstellung aller Miniaturen mit einer Edition der Spruchbandtexte. Ziel ist dabei, die Situierung der Miniaturen und ihre Textbezogenheit präzise fassbar zu machen. Sämtliche Miniaturen wurden zu diesem Zweck in der Abfolge ihres Erscheinens durchnumeriert. Jeder Artikel enthält in der jeweils ersten Zeile folgende Angaben: a) die Seite der Handschrift, auf der sich die Miniatur befindet, dazu b) die Zählung der der Miniatur unmittelbar vorausgehenden Verse der Fassung unserer Handschrift D, wodurch der Ort der Illustration im fortlaufenden Text eindeutig bezeichnet ist. Hier wird deutlich, wie dicht die Illustrationen auf den Textverlauf bezogen sind; c) eine fallweise Angabe über eine unmittelbar vor oder nach der Miniatur liegende Abschnittsgrenze (in der Handschrift durch zweizeilige Initialen gekennzeichnet); d) den Nachweis der Abbildung der betreffenden Miniatur in der Aus77 gabe von Degering (Deg.); e) die Angabe der Textpassage aus D, auf die sich die Miniatur inhaltlich bezieht, fallweise ergänzt durch einen Verweis auf inhaltlich besonders relevante Verse; 78 f) in der zweiten Zeile: eine knappe Charakteristik des Bildinhalts, g) Spruchbandtext(e) mit Übersetzung; fallweise nahestehende Verse aus dem Text der ‚Maria‘ (D). Die Edition der Spruchbandtexte erfolgt diplomatisch; auf eine Interpunktion konnte verzichtet werden, doch wurden an einigen nicht weiter 77 Sämtliche Miniaturen sind, in eine neuhochdeutsche Reimübersetzung der ‚Maria‘ eingebettet, farbig wiedergegeben in der Ausgabe von Degering (Anm. 18). Bis die wünschenswerte Faksimileausgabe oder ein frei verfügbares Digitalisat vorliegen, kann diese Ausgabe als Notbehelf zum Studium der Bilder dienen; sie ist freilich in der Genauigkeit der Abbildung der Mikrofiche-Ausgabe von Radaj, Wernher (Anm. 42), unterlegen. 78 Ausführliche Bildbeschreibungen mit Ausführungen zu Darstellungsweise, Technik und Textbezügen bietet Radaj, Wernher (Anm. 42), S. 23–83.
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vermerkten Stellen die sonst üblichen Reimpunkte ergänzt. Der einzelne Spruchbandtext wird begleitet von der Angabe des jeweiligen ‘Sprechers‘ in eckigen Klammern. Wo die Spruchbandtexte einen erkennbaren (und auch wohl intendierten) Bezug zum Wortlaut der ‘Maria‘ aufweisen, wird dieser nach der Fassung D entsprechend der Ausgabe von Wesle/Fromm (Anm. 18) nachgewiesen. Den Texten gebe ich regelmäßig Übersetzungen bei, um die Benutzung über die Fachgrenzen hinaus zu erleichtern. 1. f. 1v (Deg. S. 1), vor Einsatz des Textes und ohne direkten Textbezug 79 zur ,Maria‘. Virga Jesse; in der Mitte oberhalb des Jesse, in einer mandorlaförmigen Umrahmung durch die Äste des Baumes, die gekrönte Maria mit dem Kind, beide nimbiert. Über der Miniatur steht, von einer Hand wohl des ausgehenden 14. Jahrhunderts: Hoc [!] est virga 80 Jesse. 2. f. 2r (Deg. S. 2), vor Einsatz des Textes und ohne direkten Textbezug 81 zur ,Maria‘. Das Salomonische Urteil. [Die betrügerische Frau] Man sol ez teilen als er giht. daz mirs noh dir werde niht. (‚Man soll es teilen, wie er sagt, damit es weder mir noch dir zuteil wird.‘) Erstes Buch (liet) 3. f. 6r (Deg. S. 12), am Abschnittsende nach v. 260, zu v. 237–241. Jacobs Traum von der Himmelsleiter (Gn 28,11–15).
79 Der Zusammenhang mit dem folgenden Marienleben ergibt sich aus dem Geschlechterregister am Eingang des (kanonischen) Matthäusevangeliums (Mt 1,1–17) sowie aus der Prophezeiung egredietur virga de radice Iesse / et flos de radice eius ascendet (Is 11,1). 80 Die unsichere Lateinkenntnis des Schreibers zeigt sich darin, dass er über das zweite e von Jesse einen Nasalstrich setzt. 81 Der Bezug Salomos zur Marienthematik dürfte über das Geschlechterregister Mt 1,1–18 gehen, vielleicht auch über Salomos Rolle als sponsus im ‚Canticum canticorum‘.
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4. f. 6v (Deg. S. 13), nach v. 260, zu v. 242–251. Jacob ringt mit dem Engel (Gn 32,23–30). Bildbeischrift über dem oberen Bildrahmen von der Hand der Spruchbänder: Hie ringet der engel vnd iacob. (‚Hier kämpfen der Engel und Jacob.‘) 5. f. 7v (Deg. S. 16), nach v. 320, zu v. 310–319. Joachim teilt seinen Besitz in drei Teile: einen für die Armen, einen für die Tempeldiener und einen für sich. 6. f. 8v (Deg. S. 18), nach v. 360, zu v. 337–357, vgl. bes. v. 347f. (f. 8r). Ein Priester vermählt Joachim und Anna. [Priester] Ze diner ê enpfahe diz wip. daz ir iemer beidiv sit ein lip. (‚Empfange diese Frau zur Ehe, auf dass ihr beide auf immer ein Leib seid.‘) 7. f. 9v (Deg. S. 21), nach v. 422, zu v. 403–438. Zwei Priester bei der Opferung im Tempel; sie weisen Joachims Opfer zurück. 82 [Priester] Strich vz dv bist verflůchet. dines opfers got nîene ruchet. (,Mach dich davon, denn du bist verflucht. Gott will dein Opfer nicht.‘) nach D v. 431–433 got hat dih so uerfluchet. daz er nien geruochet deheines wchers uon dir. (,Gott hat dich so verflucht, dass er keinerlei Gabe von dir annehmen will.‘) 8. f. 10v (Deg. S. 23), nach v. 472, am Abschnittsende, zu v. 446–452. Nachdem Joachim vom Opferdienst ausgeschlossen wurde, reitet er in die Wüste; drei Männer, ebenfalls zu Pferde, weisen auf ihn und blicken ihm nach. Über der Miniatur von späterer Hand (Mitte/Ende 14. Jh.): Do ritet der iochahim in di wstnus (,Hier reitet Joachim in die Wüste.‘) 82 Zum Lesen des Spruchbands muss das Buch um mindestens 90° gedreht werden.
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9. f. 12v (Deg. S. 28), nach v. 602, zu v. 589–636, vgl. bes. v. 631–633. Ein Engel verkündet Anna die Geburt ihrer Tochter Maria. [Engel] Gehabe dih wol dv gebirst ein kint. 83 von dem di engel gefr∆wet sint. (,Sei gegrüßt, du wirst ein Kind gebären, durch das die Engel erfreut sein werden.‘) 10. f. 14r (Deg. S. 32), nach v. 693, zu v. 679–710. Anna wirft ihrer Magd vor, sie kümmere sich nicht genügend um sie. Die Magd kündigt daraufhin ihren Dienst auf. a) [Anna] Sunde dv an mir begast. daz dv mih also eine last. 84 b) [Magd] Ich sol dih billiche lan. dih versmahet ioh din selbes man. (,Sünde begehst du an mir, dass du mich so alleine lässt.‘ – ,Ich werde dich zu Recht verlassen, denn dich verschmäht sogar dein eigener Mann.‘) zu a): nach D v. 699–701 din man der hat dich uerlan. nu wil ovh ich min straze gan, anderhalben min dinch wenden: (,Dein Mann hat dich verlassen, nun will auch ich meines Weges gehen und meine Angelegenheiten anderwärts ausrichten.‘) 85
11. f. 15r (Deg. S. 34), nach v. 731, zu v. 711–776. Ein Engel fragt den in der Wüste sitzenden Joachim, warum er nicht heimkehre. 86 a) [Engel] Joachin wie chvmt diz so. daz dv sitzest sus vnfro. b) [Joachim] Herre da bin ih ein suntlich man. dem deheiner fr∆de gan. (‚Joachim, wie kommt es, dass du so betrübt dasitzt?‘ – ‚Herr, ich bin ein sündiger Mensch, dem niemand Freude gewährt.‘)
83 v. 2: di ist vom Schreiber nachträglich übergeschrieben. 84 v. 2 ist nur bei Drehung des Buches um 180° zu lesen. 85 Radaj, Wernher (Anm. 42), S. 31, weist darauf hin, dass hier auch die Füllung des äußeren Rahmens bedeutungstragend sei: die Seite des Engels ist golden, die Joachims silbern ausgefüllt. 86 Zum Lesen von a) muss man das Buch um 180° drehen.
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12. f. 16r (Abb. 4; Deg. S. 36), nach v. 793, zu v. 777–820. Joachim kniet bittend vor dem Engel, der ihn zum Opfer auffordert. 87 a) [Joachim] Ze dinen fuzen ih mih bivte. daz dv mit mir enbizest hivte. b) [Engel] Nein des enmac niht sin. brinc got daz opfer din. (‚Ich werfe mich dir zu Füßen und bitte dich, heute mit mir zu essen.‘ – ‚Nein, das kann nicht geschehen; bringe Gott dein Opfer dar.‘) 13. f. 17r (Deg. S. 38), nach v. 845, zu v. 847–854. Nachdem Joachim ein Lamm aus seiner Herde geopfert hat, schwebt der Engel mitsamt dem Opferrauch zum Himmel. 14. f. 18r (Deg. S. 41), am Abschnittsende, nach v. 900, zu v. 887–900. 88 Der Engel mahnt Joachim im Traum an die Heimkehr. [Engel] Ander stunt ih dirz gebvte. var heim zv diner br£te. 89 (‚Zum zweiten Mal befehle ich dir: kehre heim zu deiner Braut!‘) nach D v. 889–891 wes sumest du dich ioachim anderstunt ih bot ze dir bin daz du heim mûzest varn. (‚Warum vertust du die Zeit, Joachim? Zum zweiten Male komme ich als Bote zu dir: du musst heimfahren.‘) 15. f. 19v (Deg. S. 44), am Abschnittsende, nach v. 982, zu v. 965–982. Anna empfängt im Kreise mehrerer Frauen den zu Pferde zurückkehrenden Joachim. [Anna] Willichomen miner fr∆de ein trost. din chvnft mih sorgen hat belost. (‚Willkommen, Trost meiner Freude, deine Rückkehr hat mich von Sorgen erlöst.‘) 16. f. 20v (Deg. S. 47), nach v. 1034, zu v. 1025–1044. Geburt der Maria: Anna, im Wochenbett liegend, mit einer Amme, die die neugeborene Maria (nimbiert) hält. 87 Zum Lesen beider Spruchbänder muss man das Buch um 180° drehen. 88 Gleicher Bildtyp wie Nr. 39, f. 53r; Nr. 74, f. 82v; Nr. 78, f. 85v. 89 Die erste Aufforderung des Engels ist innerhalb der Rede v. 758–776, bes. v. 771 ausgesprochen.
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17. f. 21v (Deg. S. 49), nach v. 1084, zu v. 1071–1101. Mariä Tempelgang: Maria (nimbiert) wird von ihren Eltern zum Dienst im Tempel übergeben. Zweites Buch (liet) v
18. f. 24 (Deg. S. 58), nach v. 1311, zu v. 1304–1313. Maria (nimbiert) sitzt mit anderen Jungfrauen bei Handarbeiten für die Tempelherren. 19. f. 25v (Deg. S. 60), nach v. 1356, am Kapitelanfang, zu v. 1374f. Ein Engel bringt Maria und zwei Gefährtinnen himmlisches Brot. 20. f. 27r (Deg. S. 64), nach v. 1458, zu v. 1414–1430. Maria grüßt die Menschen (Kranke) mit einem Segenswunsch. [Maria] Gesegent sit ir von got. vnt mvze iv helfen mit sinem gebot. (‚Seid von Gott gesegnet: er möge euch mit seiner Macht helfen.‘) 21. f. 28r (Deg. S. 66), nach v. 1516, am Abschnittsbeginn, zu v. 1511– 1598. Zwei Priester versuchen Maria zur Ehe mit dem Sohn des Oberpriesters (mhd. bischof) Abiathar zu überreden. a) [ein Priester] Chere an disen man dinen mvt. daz raten wir dir alle fr∆we gůt. 90 b) [Maria] Wan ih mih got entheizen han. dvrh daz so wil ih iemer maget bestan. (‚Wende diesem Mann deine Empfindung zu, das raten wir dir, edle und vollkommene Frau.‘ – ‚Weil ich mich Gott versprochen habe, will ich auf immer Jungfrau bleiben.‘) zu b): nach D v. 1524f.: ia han ich got entheizzen min sele unbewollen. (‚Fürwahr habe ich Gott meine jungfräuliche Seele versprochen.‘) 22. f. 29v (Abb. 6; Deg. S. 70), nach v. 1614, zu v. 1613–1660. Am Tor des Tempels wendet sich Abiathar an die Menge: [‚Bischof‘ Abiathar] Ratet vnt sprechet alle. wie iv marien strit geualle. (‚Ratet und sagt alle, wie euch Marias Widerstreben gefällt.‘) 90 Zum Lesen von b) muss das Buch um 180° gedreht werden.
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23. f. 31r (Deg. S. 74), nach v. 1712, zu v. 1702–1722. Der greise Joseph und sechs junge Männer bringen, nach dem Vorbild Aarons, Gerten zum ‚Bischof‘ der Juden, Abiathar. Unmittelbar unter dem Bild steht der zugehörige Text D v. 1713ff.: er braht ein chleinez gertelin [...] (‚Eine kleine Gerte brachte er [...]‘) 24. f. 31v (Abb. 12; Deg. S. 75), nach v. 1744, zu v. 1731–1762. Gemeinsam mit dem Volk bittet ‚Bischof‘ Abiathar Gott um ein Zeichen. [Abiathar] Herre got uns daz bescheine. wem werden sul div maget reîne. (‚Herr Gott, erweise uns, wem diese reine Jungfrau gegeben werden soll.‘) 25. f. 33r (Abb. 3; Deg. S. 79), nach v. 1838, zu v. 1853–1862. Ein Engel verkündet Abiathar, der den Altar beräuchert, den Ratschluss Gottes. 91 [Engel] Tv den livten daz schin. got wil selbe der scheider sin. (‚Verkünde den Leuten, dass Gott selbst die Entscheidung herbeiführen will.‘) 26. f. 34r (Deg. S. 81), nach v. 1883, zu v. 1863–1892. Der greise Joseph empfängt von Abiathar seine Gerte, von deren Spitze sich eine Taube zum Himmel hebt und ihn als den Erwählten ausweist. [Abiathar] Seht diz vrchunde an. waz got welle mit disem man. (‚Seht an diesem Beweis, was Gott mit diesem Mann vorhat.‘) 27. f. 36r (Deg. S. 86), nach v. 2031, zu v. 2041–2102. Zwei Priester (einer davon Abiathar), hinter ihnen zwei weitere Männer, raten Maria, Joseph zum Mann zu nehmen. [Abiathar] Nim io[se]ben daz ist vnser rat. sit in got dir erscheinet hat. (‚Nimm Joseph, das ist unser Rat, da Gott ihn dir gewiesen hat.‘)
91 Zum Lesen des Spruchbandes muss man das Buch um 180° drehen.
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28. f. 37v (Deg. S. 90), nach v. 2109, zu v. 2103–2111. Abiathar gibt, assistiert von zwei weiteren Männern, Maria und Jo92 seph zur Ehe zusammen. [Abiathar] Joseph enpfahe die maget. wan ez got vnd allen livten wol behaget. (‚Joseph, empfange diese Jungfrau, denn es gefällt Gott und allen Leuten gut.‘) 29. f. 38v (Deg. S. 93), nach v. 2176, zu v. 2141–2177. Maria werden zu ihrer Gesellschaft fünf Jungfrauen zugesellt: Rachel, Rebecca, Sophora, Abigea und Susanne. Mit ihnen verbindet sich Maria durch einen Kuss. Drei Zeilen über der Miniatur geht der Text auf diese Szene ein: die frowen chuste sie uberal / daz insigel rehter gvte (D v. 2172f.: ‚Jede der Jungfrauen küsste sie [Maria], der Inbegriff wahrer Güte.‘) 30. f. 39v (Abb. 7; Deg. S. 95), nach v. 2222, zu v. 2231–2242. Joseph, auf den bereits ein gesatteltes Pferd wartet, nimmt an der Tür des Hauses Abschied von Maria. 93 [Joseph] Frowe ih mvz von hinne varn. got mvze din ere bewarn. (‚Edle Frau, ich muss davon ziehen; möge Gott dein Ansehen bewahren.‘) 31. f. 40r (Abb. 7; Deg. S. 97), nach v. 2251, kurz nach Abschnittsbeginn, zu v. 2243–2270. Zwei Boten bringen Maria und ihren Gefährtinnen ein Bündel Stoff zu Handarbeiten für den Tempel. [Bote] Frowe diz sidin gewant. habent iv templi pontifices gesant. 92 Angedeutet ist hier die mittelalterlicher Praxis entsprechende und im Text ausgeführte Vermählung im Kreis der Zeugen (‚Umstand‘ bzw. ‚Ring‘): [...] ein guldin vingerlin: / daz enpfie sie von der hant sin / enmitten inme ringe. (D v. 2109–2111; ‚[...], ein goldenes Ringlein empfing sie von seiner Hand inmitten des ‚Ringes‘). 93 Der Wortlaut dieses Spruchbandes klingt an an eine etwas frühere Passage des Textes: die herren die nu hier sint / die sehent wol daz ich ditze kint / selbe niht mak bewarn: / ia muoz ich riten unde varn / durh mine sache witen. (D v. 2121–2125; ‚Die edlen Herren, die hier stehen, erkennen sehr wohl, dass ich dies junge Mädchen nicht selbst behüten kann: denn ich muss in meinem Gewerbe weit herumziehen.‘).
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(‚Herrin, diesen Seidenstoff haben euch die Priester des Tempels gesandt.‘) 32. f. 40v (Deg. S. 98), nach v. 2270, zu v. 2271–2287. Beim Losentscheid zwischen Maria und ihren fünf Gefährtinnen, wer den schweren Flachs und wer Seide und Purpur verarbeiten solle, fällt Maria die rote und grüne Seide zu. [Maria] Ir frowen sult mir gunnen. der siden die ih mit spile han gewunnen. (‚Ihr Frauen sollt mir die Seide gönnen, die ich im Spiel gewonnen habe.‘) 33. f. 41v (Abb. 5; Deg. S. 100), nach v. 2315, zu v. 2297–2318. Die Gefährtinnen werden neidisch, doch ein Engel erscheint, setzt sie in Schrecken und verkündet ihnen, dass Maria Kaiserin über die ganze Welt sein wird. 94 [Maria] Frowen stet vf vnt lat den nit. 95 der engel hat gescheiden den strit. (‚Ihr Frauen, steht auf und lasst euer neidisches Verhalten sein; der Engel hat dem Streit ein Ende gesetzt.‘) 34. f. 42v (Deg. S. 102), nach v. 2368, am Abschnittsende, zu v. 2319– 2368. Verkündigung (I): Der Engel verkündigt Maria das Geheimnis der Gottesgeburt und verbirgt dabei, wie man mit einem Kind spielt, sein Gesicht vor Maria (vgl. D v. 2350–2356). Doch Maria versteht nur unvollkommen, was der Gottesbote meint. [Maria] Wi wol mih des gezæme daz ih din rede furbaz vernæme. (‚Wie lieb wäre es mir, wenn ich deine Worte weiter hören könnte.‘) nach D v. 2365–2368: des wolte sie in gerne biten, so er nah sinen siten anderstunt zu ir kame, daz sie sin ein ende uernæme. (‚Darum wollte sie ihn [den Engel] gerne bitten, wenn er nach seiner Gewohnheit zum zweiten Male zu ihr käme, dass sie davon vollständig erführe.‘) 94 Von dieser die Szene abschließenden Wendung der Maria an ihre Gefährtinnen berichtet der Text nicht. 95 Die Handschrift hat dem.
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35. f. 43v (Deg. S. 105), nach v. 2426, zu v. 2397–2480. Verkündigung (II): die eigentliche Verkündigung; Maria vernimmt den Gruß des Engels (‚Aue, got gruzzet dih Marie, [...]‘, v. 2417); nach dem Wort des Engels schlägt sie ihre Augen nieder (v. 2432). 36. f. 47r (Deg. S. 114), nach v. 2690, zu v. 2691–2786. Heimsuchung: Maria besucht Elisabeth; beide Frauen umarmen sich vor der Tür des Hauses. Drittes Buch (liet) 37. f. 50v (Abb. 11; Deg. S. 124), nach v. 2953, zu v. 2959–2970. Joseph nimmt Abschied von den an einem Schiff bauenden Zimmerleuten. [Joseph] Ih m£z heim des ist cit. got ir iemer bevolhen sit. (‚Ich muss heimwärts reisen, es ist höchste Zeit; seid allzeit Gott befohlen.‘) 38. f. 51v (Deg. S. 126), nach v. 2998, zu v. 3009–3084 (der Textabschnitt beginnt unten auf dieser Seite). Joseph beklagt sich bei seiner Rückkunft bei den fünf Gefährtinnen der Maria. a) [Joseph] Owe der sorgen die ih funden han. ir habt vil vbel an mir getan. b) [Die fünf Gefährtinnen] Swes hie got verhenget hat. daz ist des engeles rat. (‚Weh über die Sorgen, die ich hier vorgefunden habe; ihr habt sehr böse an mir gehandelt.‘ – ‚Was Gott hier verhängt hat, ist der Rat des Engels.‘) zu b) vgl. D v. 3073f.: daz chumet uon des engels rat, der sie ie besorget hat. (‚Das kommt durch den Rat des Engels, der immer für sie gesorgt hat.‘) 39. f. 53r, nach v. 3102 (Deg. S. 129), zu v. 3108–3156. Ein Engel unterrichtet den nächtens schlafenden Joseph im Traum 96 von der Gotteserwähltheit Marias. 96 Gleicher Bildtyp wie Nr. 14, f. 18r; Nr. 74, f. 82v; Nr. 78, f. 85v.
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40. f. 54r (Deg. S. 133), nach v. 3159, kurz nach dem Abschnittsanfang, zu v. 3157–3186. Unmittelbar nach der Engelsbotschaft bittet Joseph knieend vor Maria um Vergebung für sein Misstrauen. [Joseph] Gnade frowe vnt reiniv maget. min wan hat mir misse saget. (‚Verzeiht mir, Herrin und reine Jungfrau; meine Vermutung hat mich fehlgeleitet.‘) 41. f. 55r (Deg. S. 135), nach v. 3214, zu v. 3199–3211. Drei Juden, vor dem Hause Josephs und Marias stehend, erheben 97 Klage. Der älteste (Abiathar?) wendet sich an Maria. [Der älteste Jude] Frowe ir muzet die missetat. garnen die ir be gangen hat. (‚Edle Frau, ihr müsst die Missetat büßen, die ihr begangen habt.‘) 42. f. 56r (Deg. S. 137), nach v. 3260, kurz vor Abschnittsende, zu v. 3212–3266. Maria und Joseph werden von den Juden vor zwei Priester geführt. [Der ältere Priester] Sage frowe wer der man si. der dir ist gelegen bi. (‚Sag Frau, wer der Mann ist, der dir beigelegen hat!‘) 43. f. 57r (Deg. S. 140), nach v. 3330, zu v. 3321–3356. Auf Mose und Abraham geht (nach D v. 3270f.) die Form des Gottesurteils zurück, bei dem reines Wasser einem Schuldigen zum 98 Gifttrank wird. Joseph soll als erster trinken. 99 [Der jüngere Richter] Din vnschulde dv hie rihte. vnt trinch daz trinchen ze vnser gesihte. (‚Erweise du hier deine Unschuld und trink den Trank vor unseren Augen.‘) 44. f. 58r (Deg. S. 142), nach v. 3373, zu v. 3357–3411. Bei der Strafe der Steinigung soll Maria offenbaren, wer sie geschwän100 gert hat. Neben ihr steht das Wasser, von dem sie trinken soll. 97 Die Szene setzt offenbar das sog. Gerüfte ins Bild, also das öffentliche Kundtun einer handhaften Tat, das Voraussetzung für eine Klageerhebung ist. 98 Bildtyp wie Nr. 44, f. 58r. 99 Hier hält die jüngere Figur das Spruchband. 100 Bildtyp wie Nr. 43, f. 57r.
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[Der ältere Richter Wir wellen bîten niht langer. 101 = Abiathar] dvne rihtest bi wem dv sist swanger. (‚Wir wollen nicht länger warten, wenn du nicht beweist, von wem du schwanger bist.‘) 45. f. 59r (Deg. S. 145), nach v. 3432, zu v. 3414–3444. Nachdem Maria den Trank ohne Schaden getrunken hat, sind die Juden ratlos. 46. f. 60r (Deg. S. 148), nach v. 3489, unmittelbar nach Abschnittsbeginn, zu v. 3489–3504. Augustus, thronend, hinter ihm eine Assistenzfigur mit dem herr102 scherlichen Schwert, wendet sich an drei vor ihm stehende Römer. [Kaiser Augustus] Ich wil von allen landen nemen. den cins daz lat iv wol gezemen. (‚Ich will von allen Landen den Zins einfordern; das lasst euch gefallen.‘) 47. f. 60v (Deg. S. 149), nach v. 3517, zu v. 3513–3528. Cyrinus, sein Richtschwert auf den Knien (vgl. D v. 3520), lässt von 103 einem vor ihm sitzenden Schreiber die fälligen Abgaben notieren. [Cyrinus] Die wirten soltv an scriben. wir suln si alle z£ dem cinse triben. (‚Die Hausbesitzer sollst du aufschreiben; wir wollen sie alle zu ihrer Zinsleistung antreiben.‘) dazu D v. 3517–3519: vnd schuf die wirte an scriben vnd di livte dazu triben daz sie an die chrone daehten [...] (‚[...] und ließ die Hauswirte aufschreiben und die Leute dazu antreiben, an die [kaiserliche] Krone zu denken [...]‘) 48. f. 61v (Deg. S. 151), nach v. 3558, zu v. 3549–3554. In der Zeit des Augustus kehrt dauerhafter Friede (chreftiger fride, v. 3549) ein; Schwerter, Spieße und Speere werden umgeschmiedet.
101 Das Spruchband wird hier von der älteren Person gehalten, die der Text als bisgof bezeichnet (D v. 3367), womit Abiathar gemeint sein dürfte. – Vers 2 des Spruchbands ist nur bei einer Drehung des Buchs um 180° lesbar. 102 Bildtyp wie Nr. 65, f. 75v; Nr. 72, f. 81r. 103 Bildtyp wie Nr. 71, f. 80v; verwandt ist der Bildtyp von Nr. 65 und 72.
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49. f. 63r (Deg. S. 155), nach v. 3656, zu v. 3599–3656. Maria und Joseph nehmen Abschied und brechen zu Fuß auf nach Bethlehem. [Joseph] Nv gesegen ivh al geliche. vnser herre got der riche. (‚Nun segne euch allesamt unser Herr, Gott, der Allmächtige.‘) 50. f. 63v (Abb. 8; Deg. S. 156), nach v. 3674, zu v. 3658–3677. Maria erscheint unterwegs ein Wunderzeichen. Beiderseits des Weges sieht sie zwei Scharen von Gestalten: auf der einen Seite (hier f. 63v) sind sie mit eisernen Ketten gefesselt, von Trauer erfüllt und klagen tränenübergossen. Auf der gegenüberliegenden Seite des Wegs (hier f. 64r) findet sich in gleicher Höhe positioniert das Komplementärstück der freudevollen Schar (Nr. 51). 51. f. 64r (Abb. 8; Deg. S. 157), nach v. 3693 , zu v. 3678–3686. Auf der anderen Seite des Weges steht in Marias Vision eine Schar, die in Glück, königlichem Ansehen und Freude verharrt. Zur Ausdeutung des Wunderzeichens siehe Nr. 52. 52. f. 64v (Deg. S. 159), nach v. 3711, kurz vor Beginn eines Abschnitts, zu v. 3695–3778, bes. v. 3721f. Maria erzählt Joseph von dieser Vision, doch der glaubt ihr nicht. Ein knabenhafter Gottesbote gesellt sich zu ihnen. Er legt das Wunderzeichen aus: Die trauernde Schar hat den Weingarten Gottes nicht bebaut; es sind die Juden. Die Glückseligen aber sind die Bekehrten, die den Gottessohn bei sich aufnehmen. [Engel, Joseph anredend] swaz dir gesage maria. daz soltv wol gelovben sa. (‚Alles, was dir Maria sagt, sollst du uneingeschränkt glauben.‘) 53. f. 66r (Deg. S. 162), nach v. 3804, zu v. 3779–3816. Maria und Joseph vor dem Tor der Stadt Bethlehem. 54. f. 67r (Deg. S. 165), nach v. 3871, zu v. 3817–3848 und 3869–3874. Geburt Christi in einer Höhle auf dem Felde; zwei Engel schweben über dem Lager, auf dem Maria ihren Sohn in den Armen hält. 55. f. 68r (Deg. S. 168), nach v. 3928, zu v. 3907–3946. Maria hatte vor der Geburt Joseph nach Ammen geschickt. Ihre Namen: Rachel und Salome (v. 3855ff.). Er bringt sie zum Eingang
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der Höhle und meldet Maria ihre Ankunft. 104 [Joseph] Frowe gebivte den wiben die in vart. so wirt din ere wol bewart. (‚Edle Frau, befiehl den Frauen hineinzukommen, dann wird deine Ehre sicher gewahrt.‘) dazu D v. 3943f.: erlovbestv in die inuart, so ist din ere wol bewart. (‚Erlaubst du ihnen den Eintritt, dann wird deine Ehre sicher gewahrt.‘) 56. f. 68v (Deg. S. 169), nach v. 3946, zu v. 3947–3953. Die beiden Ammen begrüßen Maria, die im Wochenbett liegt und den Jesusknaben im Arm hält. 57. f. 69r (Deg. S. 170), nach v. 3964, zu v. 3954–3970. Die Ammen baden im Beisein Josephs den Jesusknaben in einem Gefäß, das die Form eines romanischen Taufbeckens hat. Die Amme links hält das im Text erwähnte Badetuch (v. 3957–3961). 58. f. 69v (Abb. 9; Deg. S. 171), nach v. 3981, kurz nach Abschnittsbeginn, zu v. 3971–4000. Die beiden Hebammen knien vor der im Wochenbett liegenden Maria und preisen das Wunder der jungfräulichen Geburt. 105 [Eine der Hebammen] Gnade muter vnde meit. iwer ere ist lange gewîsseit. (‚Erbarmt euch, [göttliche] Mutter und Jungfrau, eure Untadeligkeit ist schon vor langer Zeit geweissagt worden.‘) 59. f. 70r (Abb. 9; Deg. S. 172), nach v. 3998, zu v. 4001–4041. Die Hebammen haben das Kind in die Krippe gelegt, vor der Ochse und Esel knien (D v. 4021–4026). Die Verwunderung über dieses 106 Ereignis tauschen die Ammen mit Joseph aus. 104 Der Text des Spruchbandes zielt mit dem Hinweis auf die Sicherung von Marias Ansehen (mhd. êre) auf die Bestätigung der jungfräulichen Geburt durch die Hebammen, auf die die Erzählung erst später, v. 3984f., eingeht; vgl. auch Nr. 58. 105 Die Hs. hat in v. 1 vn (mit Nasalstrich); die Auflösung zu vnde folgt der sonst zu beobachtenden Praxis der ausgeschriebenen Formen und dem weitgehend eingehaltenen alternierenden Prinzip. 106 Vgl. hierzu den Text: des wnderot verre / die ammen vnd ovh den grisen. (v. 4027f.; ‚Das erstaunte überaus die Ammen und den Alten.‘). – Gegenüber
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[Eine der Hebammen] Seht wa der esil vnt daz rint. knie vallent fvr daz kint. (‚Seht, wo der Esel und das Rind vor dem Kind auf die Knie fallen.‘) 60. f. 71r (Deg. S. 175), nach v. 4053; Abschnittsbeginn am Anfang der Seite, zu v. 4042–4079. Arme Hirten wachen in der Nähe. Ihnen erscheint ein Engel, der ihnen eine Botschaft bringt, die sie in Erstaunen setzt. 107 [Engel] Ich chunde iv niwen starchiv mære. geborn ist vnser schepfære. (‚Ich verkünde euch eine bedeutsame Botschaft: unser Schöpfer ist geboren.‘) 61. f. 72r (Deg. S. 177), nach v. 4113, zu v. 4096–4127, bes. v. 4117–4124. Vor dem Jesuskind in der Krippe, hinter der Ochs und Esel ihre Häupter erheben, knien anbetend die drei Hirten; einer von ihnen 108 trägt eine Keule, die schon zuvor im Text erwähnt worden war. 62. f. 73v (Deg. S. 181), nach v. 4210, zu v. 4192–4225. Anlässlich der Geburt ereignen sich sieben Wunderzeichen; das erste ist ein goldener und roter Ring um die Sonne. Das Gold verweist auf den König, der der Welt geboren wurde und den Erdkreis zu lenken und behüten weiß. Drei Männer im unteren Bilddrittel blicken zu dem Wunderzeichen empor, in dessen Mitte Christus eingezeichnet ist, ein vierter, alt und mit langem Bart, kommentiert das Ereignis. 109 110 [Ein Alter] Als grise so mir min bart ist. Nr. 58 ist diese Miniatur spiegelbildlich angelegt sowohl hinsichtlich der Anordnung der Figuren als auch in der Führung der Spruchbänder. 107 Auffällig ist, dass Christus hier als Schöpfer bezeichnet ist. Das ist sicher kein Versehen des Spruchbanddichters, denn in Wernhers Text ist das an anderer Stelle gut belegt. Die drei Könige im Morgenland erkennen an dem ihnen erscheinenden Stern, daz in der schepfaere damit gekundet waere (v. 4479f.). 108 Siehe v. 4046 über die Hirten: sie trugen kolben vnde bogen (‚Sie trugen Keulen und Bogen.‘). 109 Hier weist der Spruchbandtext nicht die sonst übliche Reimpaarform auf, sicher aufgrund eines Versehens. Die Vorlage lässt sich rekonstruieren, und zwar entweder a) Als grise so mir min bart were. [...] oder b) im zweiten Vers: [...] vernam ich ditze wnder zu keiner frist. 110 Handschrift sst (offenbar verschrieben).
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so vernam ich ditze wunder nie mere. (‚So grau mir auch mein Bart ist, solch ein Wunder sah ich noch nie.‘) 63. f. 74r (Deg. S. 182), nach v. 4227; kurz nach Abschnittsbeginn, zu v. 4226–4245. Das zweite Wunder ereignet sich in Rom. Ein Ölbach fließt aus einem Kieselstein. Das Öl bedeutet Gottes Erbarmen, das alle Wundfäulnis vertreibt. Fünf Männer, einer durch sein Schwert als Ritter kenntlich, betrachten das Wunder. Ein Alter, wohl ein Priester, hält das Spruchband. [Ein Alter] Diz wnder geschach nie me. 111 bi vns[ern zit]en noch vor des ê. (‚Solch ein Wunder geschah noch nie, weder zu unseren Zeite noch je zuvor.‘) 64. f. 75r (Deg. S. 184), nach v. 4278, zu v. 4246–4296. Das dritte Wunderzeichen: Es erfüllt sich die Weissagung, dass in Rom die Statue des Mars umstürzen würde, wenn eine Jungfrau einen Knaben (mhd. degenkint, v. 4260) gebäre, der ohne Vater sei. 65. f. 75v (Deg. S. 186), nach v. 4305, kurz nach Abschnittsbeginn, zu v. 4297–4320. Das vierte Wunderzeichen ist ein lang andauernder Friede. Der thronende Augustus ordnet vor drei ihm untertanen Königen und 112 drei weiteren Männern Frieden an. [Augustus] Ich gebîvte den fride sweren. des gebotes sult ir ivh niht weren. (‚Ich gebiete Euch, Friede zu schwören. Gegen diesen Befehl sollt ihr euch nicht wehren.‘) 66. f. 76v (Deg. S. 188), nach v. 4353, kurz vor Abschnittsende, zu v. 4321–4360. Diese Miniatur gehört noch zum fünften Wunderzeichen: In der Christnacht gedenkt Augustus, was seiner Macht anstünde, und entlässt die, die in Kerkern gefangen und gebunden sind. Darin soll Christus erkannt werden, der den Menschen die Bande des Höllen111 Textverlust durch nachträgliches Beschneiden des Blattes. Die von mir angebotene Rekonstruktion ist unproblematisch. 112 Zum Bildtyp vgl. f. 60r.
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kerkers abnahm. – Aus einem turmartig überhöhten Verlies werden sechs Männer, z. T. noch mit Hand- oder Fußfesseln, freigelassen. [Ein Gefängnisdiener] Des keisers wille sol ergan. er heizet ivh alle ledic lan. (‚Des Kaisers Wille soll erfüllt werden. Er befiehlt, euch alle freizulassen.‘) 67. f. 77r (Deg. S. 189), nach v. 4371, zu v. 4361–4394. Mit der Herrschaft des Augustus ist auch das sechste Wunderzeichen verbunden: Die Abtrünnigen werden durch Enthauptung gerichtet. So ergeht es auch denen, die sich gegen Gott auflehnen. 68. f. 78r (Deg. S. 192), nach v. 4439, kurz nach Abschnittsbeginn, zu v. 4437–4462. Beschneidung des Jesusknaben am achten Tag nach seiner Geburt. Von den drei Tempeldienern reicht einer dem Oberpriester, der den Knaben auf dem Schoß hält, das Messer. 69. f. 79r (Abb. 2; Deg. S. 194), nach v. 4498, zu v. 4463–4483. In Chaldäa erblicken die drei im Alter abgestuft gestalteten Könige den Stern, der die Geburt des Gottessohnes bezeichnet. [Ältester König] Dirre sterne bed£tet christ. 113 der durh vns mennisch worden ist. (‚Dieser Stern zeigt Christus an, der um unsertwillen Mensch geworden ist.‘) 70. f. 79v (Deg. S. 196), nach v. 4516, zu v. 4499–4566. Die drei Könige vor Herodes, der sie stehend empfängt. [Herodes] Willichomen ir herren alle dri. sagt an war iwer wille si. (‚Willkommen, ihr drei hohen Herren. Sagt an, wohin euch eure Absicht führt.‘)
113 In v. 2 steht über worden noch: geborn. Offenbar hatte die Vorlage zwei verschiedene Möglichkeiten angeboten: a) der durh vns mennisch worden ist und b) der durch vns mennisch geborn ist. Inhaltlich stützt sich der Spruchbandtext auf v. 4478–4480, wo es heißt: ir weisheit sih vereinte, / daz in der schepfaere / damit gekundet waere. (‚In ihrer Weisheit waren sie sich einig, dass ihnen damit der Schöpfer verkündet worden sei.‘).
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71. f. 80v (Abb. 10; Deg. S. 199), nach v. 4573; kurz nach Abschnittsbeginn, zu v. 4567–4586. Herodes, auf seinem Thron sitzend, ein Schwert auf seinen Knien, 114 befragt die Schriftgelehrten. [Herodes] Saget den vnverholn list. wâ geborn sul werden crist. (‚Nennt offen das Geheimnis, wo Christus geboren werden soll.‘) 72. f. 81r (Abb. 10; Deg. S. 200), nach v. 4590, zu v. 4587–4602. Herodes bittet die drei Könige, ihm Nachricht von dem Kind zu geben. (Spruchband für Herodes eingezeichnet, aber nicht 115 beschriftet). 73. f. 82r (Deg. S. 202), nach v. 4637, zu v. 4603–4658. Die drei Könige bringen dem göttlichen Kind ihre Gaben dar. 74. f. 82v (Deg. S. 203), nach v. 4664; kurz nach Abschnittsbeginn, zu v. 4659–4672. Den drei Königen erscheint ein Engel im Schlaf und befiehlt ihnen, 116 nicht mehr zu Herodes zurückzukehren. 75. f. 83r (Deg. S. 204), nach v. 4681, zu v. 4673–4681. Die drei Könige nehmen Abschied von Maria und dem Kind. [Ältester König] Vrlob wel wir han. wir wellen nu von hin gan. 117 (‚Wir bitten um Abschied und wollen nun davonziehen.‘). 76. f. 83v (Deg. S. 206), nach v. 4700; kurz nach Abschnittsbeginn, zu v. 4693–4734. Darstellung im Tempel: Mit einer Begleiterin und zwei Tauben als Opfer (vgl. v. 4707–4711) tritt Maria vor den Altar, der mit einer brennenden Kerze geschmückt ist (vgl. v. 4703). Hinter dem Altar steht der greise Simeon, den Christusknaben auf dem Arm.
114 Gleicher Bildtyp wie Nr. 47, f. 60v. 115 Gleicher Bildtyp wie Nr. 46, f. 60r. 116 Gleicher Bildtyp wie Nr. 14, f. 18r; Nr. 39, f. 53r; Nr. 78, f. 85v. 117 Spruchbandtext von einer Nachtragshand in einer Kursive der Zeit um 1400 geschrieben.
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77. f. 85r (Deg. S. 209), nach v. 4797, zu v. 4793–4800. Herodes berät mit sinen mortgelichen, wie man Christus verderben könne. [Herodes] Ir heren nu vns di entwichen sin so vart zu betle[hem] in di stat vnd lant. (‚Ihr Herren, nachdem uns diese [die drei Könige] entwichen sind, 118 zieht in die Stadt und Gegend von Bethlehem.‘) 78. f. 85 v (Deg. S. 211), nach v. 4815, zu v. 4810–4824. Ein Engel erscheint dem schlafenden Joseph und fordert ihn zur Flucht nach Ägypten auf. Ein Spruchband für den Engel ist einge119 zeichnet, aber nicht beschriftet. 79. f. 86r (Deg. S. 212), nach v. 4831, zu v. 4829–4850. Maria mit dem Kind auf einem Esel reitend und Joseph auf der Flucht nach Ägypten. Unmittelbar über der Miniatur bezeichnen die Eingangsverse des neuen Abschnitts den Inhalt der Illustration, die einen allbekannten Bildtyp aufnimmt: Do Josep gewarnet wart. er hub sih sa an die uart. uil snelle vnd unbedrozzen. (v. 4829–4831; ‚Nachdem Joseph gewarnt worden war, machte er sich schnell und unverdrossen auf die Reise.‘). 80. f. 87r (Abb. 1; Deg. S. 214), nach v. 4887, zu v. 4871–4932. Der bethlehemitische Kindermord. Die Textzeile über der Miniatur lautet: owi wes mahte sie gelusten. die sogetanen mort taten. (v. 4886f.; ‚O weh, weshalb konnten sie Lust empfinden an solchen Mordtaten?‘). 81. f. 88r (Deg. S. 216), nach v. 4946, zu v. 4933–4950. Die Frauen beklagen das Morden. Über der Miniatur stehen die Verse die stete lagen frovdelose, die muter sinnelos, wan si trostes
118 Von der gleichen Nachtragshand der Zeit um 1400 geschrieben wie das Spruchband von Nr. 75. Der Text reimt sich nicht und ist offenbar improvisiert. Er bezieht sich nur teilweise auf den Erzähltext von Wernhers ‚Maria‘; hinter der abschließenden Wendung in di stat vnd lant steht die einschlägige Stelle im Matthäus-Evangelium: tunc Herodes videns quoniam inlusus esset a magis iratus est valde / et mittens occidit omnes pueros qui erant in Bethleem et in omnibus finibus eius / a bimatu et infra secundum tempus quod exquisierat a magis (Mt 2,16), die auch die spätere Bildtradition der Szene leitet. 119 Gleicher Bildtyp wie Nr. 14, f. 18r; Nr. 39, f. 53r; Nr. 74, f. 82v.
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nîen haten. (v. 4941–4943; ‚Die Städte lagen freudlos da, die Mütter besinnungslos, denn sie hatten keinerlei Trost.‘). 82. f. 88v (Deg. S. 218), nach v. 4965, zu v. 4951–4985. Gott straft Herodes mit Siechtum und Fäulnis des Leibes; mit seinen Nägeln hat er seine Haut zerfleischt (Mit den nageln zart er die hut, v. 4981). Ratlos stehen zwei Ärzte an seinem Krankenlager, auf dem er mit seiner Krone, aber mit entblößtem Oberkörper liegt. 83. f. 89r (Deg. S. 219), nach v. 4984, zu v. 4989–4994. Herodes stürzt sich vor Verzweiflung aus einem Fenster seines Palastes in die Tiefe. 84. f. 89v (Deg. S. 220), nach v. 5000; kurz nach Abschnittsbeginn, zu v. 4995–5010. Ein Engel erscheint dem schlafenden Joseph und fordert ihn auf, wieder heimzukehren. Ein Spruchband ist für den Engel eingezeichnet, aber nicht beschriftet. Aus der wörtlichen Engelrede könnten etwa die über der Miniatur stehenden Verse 4997f. dafür in Frage kommen: wider ze lande scholt du varn des kindes viande sint ueruarn. (‚Du sollst wieder in dein Heimatland ziehen. Die Feinde des Kindes sind zugrunde gegangen.‘) 85. f. 90r (Deg. S. 221), nach v. 5019, zu v. 5011–5014. An der geöffneten Tür eines Hauses empfangen zwei Frauen Joseph, Maria und das Kind. Wenige Zeilen über der Miniatur finden sich die Verse Josep cherte do hêin, als im der morgen erschêin, mit sinem iuncherren vnd der magede uil heren. (D v. 5011–5014; ‚Da kehrte Joseph heim, sobald ihm der Morgen anbrach, mit seinem Knaben und der hohen Jungfrau.‘).
Abbildungen
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Verzeichnis der Abbildungen 1. Der bethlehemitische Kindermord. Nr. 80 (Priester Wernher, ‚Maria‘, Kraków, Biblioteka Jagiellońska, Ms. germ. oct. 109, f. 87r). 2. Die drei Könige erblicken den die Christgeburt anzeigenden Stern. Nr. 69 (Priester Wernher, ‚Maria‘, Kraków, Biblioteka Jagiellońska, Ms. germ. oct. 109, f. 79r) 3. Engelsbotschaft an den Priester Abiathar. Nr. 25 (Priester Wernher, ‚Maria‘, Kraków, Biblioteca Jagiellońska, Ms. germ. oct. 109, f. 33r). 4. Joachim kniet bittend vor dem Engel. Nr. 12 (Priester Wernher, ‚Maria‘, Kraków, Biblioteka Jagiellońska, Ms. germ. oct. 109, f. 16r). 5. Maria ermahnt, unterstützt von einem Engel, ihre Gefährtinnen. Nr. 33 (Priester Wernher, ‚Maria‘, Kraków, Biblioteka Jagiellońska, Ms. germ. oct. 109, f. 41v). 6. Abiathar am Tor des Tempels. Nr. 22 (Priester Wernher, ‚Maria‘, Kraków, Biblioteka Jagiellońska, Ms. germ. oct. 109, f. 29v). 7. Mikronarrativ: Abschied Josephs – Boten der Tempelpriester bei Maria. Nr. 30/31 (Priester Wernher, ‚Maria‘, Kraków, Biblioteka Jagiellońska, Ms. germ. oct. 109, f. 39v/40r). 8. Mikronarrativ: Marias Vision einer trauernden und einer freudigen Schar. Nr. 50/51 (Priester Wernher, ‚Maria‘, Kraków, Biblioteka Jagiellońska, Ms. germ. oct. 109, f. 63v/64r). 9. Mikronarrativ: Die Hebammen preisen das Wunder der Jungfrauengeburt – sogar Ochs und Esel knien vor dem Kind. Nr. 58/59 (Priester Wernher, ‚Maria‘, Kraków, Biblioteka Jagiellońska, Ms. germ. oct. 109, f. 69v/70r). 10. Mikronarrativ: Herodes und die Schriftgelehrten – Herodes und die drei Könige. Nr. 71/72 (Priester Wernher, ‚Maria‘, Kraków, Biblioteka Jagiellońska, Ms. germ. oct. 109, f. 80v/81r).
–65–
11. Joseph nimmt Abschied von den Schiffszimmerern in Capharnaum. Nr. 37 (Priester Wernher, ‚Maria‘, Kraków, Biblioteka Jagiellońska, Ms. germ. oct. 109, f. 50v). 12. Gebet Abiathars und des Volks. Nr. 24 (Priester Wernher, ‚Maria‘, Kraków, Biblioteka Jagiellońska, Ms. germ. oct. 109, f. 31v).
–66–
Abb. 1 – Der bethlehemitische Kindermord. Nr. 80 (Priester Wernher, ‚Maria‘, Kraków, Biblioteka Jagiellońska, Ms. germ. oct. 109, f. 87r).
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Abb. 2 – Die drei Könige erblicken den die Christgeburt anzeigenden Stern. Nr. 69 (Priester Wernher, ‚Maria‘, Kraków, Biblioteka Jagiellońska, Ms. germ. oct. 109, f. 79r).
–68–
Abb. 3 – Engelsbotschaft an den Priester Abiathar. Nr. 25 (Priester Wernher, ‚Maria‘, Kraków, Biblioteca Jagiellońska, Ms. germ. oct. 109, f. 33r).
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Abb. 4 – Joachim kniet bittend vor dem Engel. Nr. 12 (Priester Wernher, ‚Maria‘, Kraków, Biblioteka Jagiellońska, Ms. germ. oct. 109, f. 16r).
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Abb. 5 – Maria ermahnt, unterstützt von einem Engel, ihre Gefährtinnen. Nr. 33 (Priester Wernher, ‚Maria‘, Kraków, Biblioteka Jagiellońska, Ms. germ. oct. 109, f. 41v).
–71–
Abb. 6 – Abiathar am Tor des Tempels. Nr. 22 (Priester Wernher, ‚Maria‘, Kraków, Biblioteka Jagiellońska, Ms. germ. oct. 109, f. 29v).
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Abb. 7 – Mikronarrativ: Abschied Josephs – Boten der Tempelpriester bei Maria. Nr. 30/31 (Priester Wernher, ‚Maria‘, Kraków, Biblioteka Jagiellońska, Ms. germ. oct. 109, f. 39v/40r).
–73–
Abb. 8 – Mikronarrativ: Marias Vision einer trauernden und einer freudigen Schar. Nr. 50/51 (Priester Wernher, ‚Maria‘, Kraków, Biblioteka Jagiellońska, Ms. germ. oct. 109, f. 63v/64r).
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Abb. 9 – Mikronarrativ: Die Hebammen preisen das Wunder der Jungfrauengeburt – sogar Ochs und Esel knien vor dem Kind. Nr. 58/59 (Priester Wernher, ‚Maria‘, Kraków, Biblioteka Jagiellońska, Ms. germ. oct. 109, f. 69v/70r).
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Abb. 10 – Mikronarrativ: Herodes und die Schriftgelehrten – Herodes und die drei Könige. Nr. 71/72 (Priester Wernher, ‚Maria‘, Kraków, Biblioteka Jagiellońska, Ms. germ. oct. 109, f. 80v/81r).
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Abb. 11 – Joseph nimmt Abschied von den Schiffszimmerern in Capharnaum. Nr. 37 (Priester Wernher, ‚Maria‘, Kraków, Biblioteka Jagiellońska, Ms. germ. oct. 109, f. 50v).
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Abb. 12 – Gebet Abiathars und des Volks. Nr. 24 (Priester Wernher, ‚Maria‘, Kraków, Biblioteka Jagiellońska, Ms. germ. oct. 109, f. 31v)
Curriculum vitae Nikolaus Henkel wurde am 28. April 1945 in Zella-Mehlis in Thüringen geboren. Das Abitur erhielt er am Ratsgymnasium zu Osnabrück. Nach dem Wehrdienst (Hauptmann d. R.) nahm er 1967 das Studium der Germanistik sowie der Klassischen und der Mittellateinischen Philologie an der Universität München auf. 1972 erwarb er das Staatsexamen, 1973 den Magister Artium, und ein Jahr später wurde er aufgrund seiner ,Studien zum Physiologus im Mittelalter‘ zum Dr. phil. promoviert. 1974–1975 war er als Studienreferendar in München tätig. Als Assistent an der Freien Universität Berlin arbeitete er seine Habilitationsschrift ‚Deutsche Übersetzungen lateinischer Schultexte im Mittelalter und in der frühen Neuzeit‘ aus und erwarb damit im WS 1983/84 die Venia legendi für Deutsche Philologie. Kurz darauf wurde er an die Universität Regensburg berufen, bevor er 1996 den Hamburger Lehrstuhl übernahm, den er bis 2010 innehatte. Als überragender Kenner der mittelalterlichen lateinischen und deutschen Text- und Handschriftenkultur wurde Nikolaus Henkel in die wichtigsten Kommissionen auf diesem Gebiet berufen, darunter in diejenige für Deutsche Literatur des Mittelalters bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, für das Althochdeutsche Wörterbuch wie für die Herausgabe der Deutschen Inschriften, beide an der Göttinger Akademie der Wissenschaften, sowie in den Bibliotheksausschuss (2000– 2006) und das Fachkollegium Literaturwissenschaften (2008–2012) der Deutschen Forschungsgemeinschaft. Seit 2006 ist Nikolaus Henkel ordentliches Mitglied der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen. Von 2010–2013 war er Fellow am Freiburger Institute for Advanced Studies (FRIAS) in Freiburg/Br. und wurde 2011 zum Honorarprofessor an der Universität Freiburg/Br. bestellt. Als Wolfgang Stammler-Gastprofessor des Jahres 2006/07 hielt er ein Seminar zum Thema: ,Lesen und Erkennen. Kognitive Potentiale in Texten und Bildern des Mittelalters‘.
Veröffentlichungen von Nikolaus Henkel 1976–2013
Monographien Studien zum Physiologus im Mittelalter (Hermaea 38), Tübingen 1976 [Druck der Dissertation München, 19. Dez. 1974]. Deutsche Übersetzungen lateinischer Schultexte. Ihre Verbreitung und Funktion im Mittelalter und in der frühen Neuzeit. Mit einem Verzeichnis der Texte (Münchner Texte und Untersuchungen 90), München/Zürich 1988 [Druck der Habilitationsschrift Berlin, Freie Universität, 1983]. Heinrich von Veldeke, Eneas-Roman. Vollfaksimile des Ms. germ. fol. 282 der Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz. Einführung und kodikologische Beschreibung von Nikolaus Henkel. Kunsthistorischer Kommentar von A. Fingernagel, Wiesbaden 1992. Heinrich von Veldeke, Eneas-Roman. Vollfaksimile des Ms. germ. fol. 282 der Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz. Dokumentation, Wiesbaden 1993.
Herausgeberschaften Deutsche Bibelübersetzungen des Mittelalters. Beiträge eines Kolloquiums im Deutschen Bibel-Archiv unter Mitarbeit von Nikolaus Henkel hg. von Heimo Reinitzer (Vestigia Bibliae Bd. 9/10, 1987/88), Bern/Berlin/Frankfurt a. M. 1991. Latein und Volkssprache im deutschen Mittelalter. 1100–1500. Regensburger Colloquium 21.–24. September 1988, hg. von Nikolaus Henkel und Nigel F. Palmer, Tübingen 1992. Nemški viteški liriki s slovenskih tal: Žovneški, Gornjegrajski, Ostrovrški. Deutscher Minnesang in Slowenien, hg. von Anton Janko und Nikolaus Henkel. Dichterische Übersetzung der Texte ins Slowenische von Anton Janko und Tone Pretnar, Ljubljana 1997 (mehrere Neuauflagen). Bücherschätze in Regensburg. Frühe Drucke aus den Beständen der Staatlichen Bibliothek. Bearbeitet von M. Bauer, Chr. Freund, S. Griese, N. Henkel, R. Saller, Chr. Silvester, S. Wolf, hg. v. Nikolaus Henkel, Regensburg 1996 [Gemeinsam mit Studentinnen und Studenten erarbeitete Inkunabelausstellung mit Katalog].
–82– Ausgewählte Inkunabeln der Staatlichen Bibliothek Regensburg, beschrieben von Michael B. Bauer und Nikolaus Henkel, hg. von Nikolaus Henkel, Regensburg 1996. Dialoge. Sprachliche Kommunikation in und zwischen Texten im deutschen Mittelalter. XVI. Anglo-German Colloquium, hg. von Nikolaus Henkel, Nigel F. Palmer und Martin H. Jones, unter Mitwirkung von Christine Putzo, Tübingen 2003. Wechselseitige Wahrnehmung der Religionen im Spätmittelalter und in der Frühen Neuzeit, hg. von Ludger Grenzmann, Thomas Haye, Nikolaus Henkel und Thomas Kaufmann. 2 Bde. (Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen, N.F. 4), Berlin/New York 2009/2012. Klöster und Inschriften. Glaubenszeugnisse gestickt, gemalt, gehauen, graviert, hg. von Christine Wulf, Sabine Wehking und Nikolaus Henkel, Wiesbaden 2010. Inschriften als Zeugnisse des Kulturellen Gedächtnisses. 40 Jahre Deutsche Inschriften in Göttingen, hg. von Nikolaus Henkel, Wiesbaden 2012. Giovanni Boccaccio in Deutschland. Katalog zur Ausstellung im Goethe-Museum, Düsseldorf 9. Mai –14. August 2013, hg. von Achim Aurnhammer, Nikolaus Henkel und Mario Zanucchi, Heidelberg 2013.
Reihenherausgeberschaften Hamburger Beiträge zur Germanistik (1998–2009). Studien zum Althochdeutschen, hg. von der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen (1998–2006). Nova Mediaevalia (gemeinsam mit Jürgen Sarnowsky, ab 2006).
Aufsätze und Handbuchartikel Beiträge zu Überlieferung der ‚Disticha Catonis‘ in deutscher Übersetzung (I), in: Zeitschrift für deutsches Altertum 107 (1978), S. 298–318. Mittelalterliche Übersetzungen lateinischer Schultexte ins Deutsche. Beobachtungen zu Formtyp und Leistung, in: Poesie und Gebrauchsliteratur im deutschen Mittelalter. Würzburger Colloquium 1978, hg. von Volker Honemann, Kurt Ruh u.a. Tübingen 1979, S. 164–179. Die Satiren des Persius in einer deutschen Reimpaarübertragung um 1500, in: Beiträge zur Geschichte der deutschen Sprache und Literatur (Tüb.) 101 (1979), S. 66–85. Anmerkungen zur Rezeption der römischen Satiriker in Deutschland um 1500. in: Befund und Deutung (Festschrift für H. Fromm z. 60. Geburtstag), hg. von Klaus Grubmüller u.a. Tübingen 1979, S. 451–469.
–83– Die Begleitverse als Tituli in der ‚Physiologus‘-Überlieferung, in: Mittellateinisches Jahrbuch 14 (1979), S. 256–258. Beiträge zur Überlieferung der ‚Disticha Catonis‘ in deutscher Übersetzung (II), in: Zeitschrift für deutsches Altertum 109 (1980,) S. 152–179. Weiteres zu ,Verbleib unbekannt‘. Die Kuppitsch-Handschrift von ‚Buch der Rügen‘ und ‚Von dem Anticriste‘, in: Zeitschrift für deutsches Altertum 110 (1981), S. 23–27. Eine verschollene Handschrift aus St. Paul (Kärnten). Zur Geschichte der ehemaligen Kuppitsch-Handschrift des ‚Buchs der Rügen‘, in: Die mittelalterliche Literatur in Kärnten: Vorträge des Symposions in St. Georgen/Längsee vom 8. – 13. 9. 1980, unter Mitarb. von Alexander Cella hg. von Peter Krämer (Wiener Arbeiten zur germanischen Altertumskunde und Philologie 16), Wien 1981, S. 67–86. ‚Sermones nulli parcentes‘ und ‚Buch der Rügen‘. Überlegungen zum Gattungscharakter und zur Datierung, in: Zur deutschen Literatur und Sprache des 14. Jahrhundert. Dubliner Colloquium 1981, hg. von Walter Haug u.a., Heidelberg 1983, S. 115–140. Leipzig als Übersetzungszentrum am Ende des 15. und Anfang des 16. Jahrhunderts, in: Literatur und Laienbildung im Spätmittelalter und in der Reformationszeit. Symposion Wolfenbüttel 1981, hg. von Ludger Grenzmann und Karl Stackmann, Stuttgart 1984, S. 559–576. Die zwölf Alten Meister. Beobachtungen zur Entstehung des Katalogs. In: Beiträge zur Geschichte der deutschen Sprache und Literatur 10 (1987), S. 375–389. Beiträge zum wiss. Katalogwerk ‚Ratisbona Sacra. 1250 Jahre Bistum Regensburg‘. Regensburg 1989: Artikel ‚Muspilli‘, S. 188f.; ‚Daz himelrîche‘, S. 217f.; ‚Windberger Psalter‘, S. 248f.; ‚Carmina Ratisponensia‘, S. 161–163; Reinmar von Brennenberg, S. 172f. Bildtexte. Die Spruchbänder der Berliner Handschrift von Heinrichs von Veldeke Eneasroman, in: Poesis et pictura. Festschrift für Dieter Wuttke, hg. von Stephan Füssel und Joachim Knape, Baden-Baden 1989, S. 1–54. Die ‚Ecloga Theodoli‘ und ihre literarischen Gegenkonzeptionen, in: Lateinische Kultur im X. Jahrhundert. Akten des I. Internationalen Mittellateinerkongresses Heidelberg 1988, hg. von Walter Berschin (Mittellateinisches Jahrbuch 24/25 [1989/90]), S. 151–162. Ein neues Fragment des Liedes vom ‚Herzog Ernst‘, in: Aspekte der Germanistik. Festschrift für Hans-Friedrich Rosenfeld zum 90. Geburtstag, hg. von Walter Tauber (Göppinger Arbeiten zur Germanistik 521), Göppingen 1989, S. 247–260. Die Geschichte von Tristan und Isolde im deutschen Mittelalter, in: Hauptwerke der Literatur (Schriftenreihe der Universität Regensburg 17), Regensburg 1990, S. 71–96. Bibelübersetzung und mittelalterlicher Schulbetrieb. Eine Evangelien-Übersetzung aus St. Zeno/Reichenhall (15. Jh.), in: Deutsche Bibelübersetzungen des Mittelalters. Beiträge eines Kolloquiums im Deutschen Bibel-Archiv unter
–84– Mitarbeit von Nikolaus Henkel hg. von Heimo Reinitzer (Vestigia Bibliae 9/10, 1987/88), Bern/Berlin/Frankfurt a. M. 1991, S. 325–335. Eine deutsche Apokalypse des 15. Jahrhunderts. Ein Fundbericht, in: Deutsche Bibelübersetzungen des Mittelalters. Beiträge eines Kolloquiums im Deutschen Bibel-Archiv unter Mitarbeit von Nikolaus Henkel hg. von Heimo Reinitzer (Vestigia Bibliae 9/10, 1987/88), Bern/Berlin/Frankfurt a. M. 1991, S. 172–180. Der ‚Promptus‘ des Dietrich Engelhus und seine Stellung in der spätmittelalterlichen Enzyklopädik, in: Dietrich Engelhus. Beiträge zu Leben und Werk, hg. von Volker Honemann, Köln/Weimar/Wien 1991, S. 179–202. Litteratus – illitteratus. Bildungsgeschichtliche Grundvoraussetzungen bei der Entstehung der höfischen Epik in Deutschland, in: Akten des VIII. Internationalen Germanisten-Kongresses Tokyo 1990. Begegnung mit dem ‚Fremden‘. Grenzen – Traditionen – Vergleiche, Bd. 9, München 1991, S. 334–345. (zusammen mit Nigel F. Palmer): Latein und Volkssprache im deutschen Mittelalter. 1100–1500. Zum Rahmenthema des Regensburger Colloquiums: Ein Forschungsbericht, in: Latein und Volkssprache im deutschen Mittelalter. 1100–1500. Regensburger Colloquium 21.–24. September 1988, hg. von Nikolaus Henkel und Nigel F. Palmer, Tübingen 1992, S. 1–18. Die Stellung der Inschriften des deutschen Sprachraums in der Entwicklung volkssprachiger Schriftlichkeit, in: Vom Quellenwert der Inschriften. Vorträge und Berichte der Interakademischen Fachtagung ‚Deutsche Inschriften‘, Esslingen 1990 (Supplement zu den Sitzungsberichten der Heidelberger Akademie der Wissenschaften 7, 1992), Heidelberg 1992, S. 161–187. Kurzfassungen höfischer Erzähltexte als editorische Herausforderung (Referat auf dem Bamberger Colloquium ‚Methoden und Probleme der Edition mittelalterlicher Texte‘. 26.–29.7.91), in: editio 6 (1992), S. 1–11. Kurzfassungen höfischer Erzähltexte im 13./14. Jahrhundert. Überlegungen zum Verhältnis von Textgeschichte und literarischer Interessenbildung, in: Literarische Interessenbildung im Mittelalter: DFG-Colloquium 1991, hg. von Joachim Heinzle, Stuttgart 1993, S. 39–59. Heinrich Steinhöwel, in: Deutsche Dichter der frühen Neuzeit (1450–1600) – Ihr Leben und Werk, hg. von Stephan Füssel, Berlin 1993, S. 51–70. Lehre in Bild und Text. Der ‚Rat der Vögel‘ des Ulrich von Lilienfeld (mit Textedition), in: Zwischen den Wissenschaften. Beiträge zur deutschen Literaturgeschichte. Festschrift für Bernhard Gajek, hg. von Gerhard Hahn und Ernst Weber, Regensburg 1994, S. 160–170. Ein Zeugnis zum ‚Schatzbehalter‘ des Stephan Fridolin in der deutschen Weltchronik Hartmann Schedels, in: Pirckheimer-Jahrbuch 9 (1994), S. 165–170. Vergils ,Aeneis‘ und die mittelalterlichen Eneas-Romane, in: The Classical Tradition in the Middle Ages and the Renaissance. Proceedings of the First European Science Foundation Workshop on „The Reception of Classical Texts.“, ed. by Claudio Leonardi and Birger Munk Olsen, Spoleto 1995, S. 123–141. Anmerkungen zum ,Polethicon‘ und seiner Überlieferung, in: Mittellateinisches Jahrbuch 30 (1995), S. 39–46.
–85– Printed School Texts: Types of Bilingual Presentation in Incunabula, in: Incunabula: Books, Texts, and Owners (Colloquium Oxford, Bodleian Library 1994), ed. by Kristian Jensen (Renaissance Studies 9), Oxford 1995, S. 212–227. Zu Text und Melodie von Sebastian Brants ,Rosarium‘. Überlieferung und Textgebrauch, in: Sébastien Brant, son époque et ,La Nef des Fols‘. Actes du Colloque international, Strasbourg 10./11. 3. 1994, éd. par Gonthier-L. Fink (Collection Recherches Germaniques 5), Strasbourg 1995, S. 173–187. Literatur im mittelalterlichen Regensburg, in: Regensburg im Mittelalter. Beiträge zur Stadtgeschichte vom frühen Mittelalter bis zum Beginn der Neuzeit, hg. von Martin Angerer und Heinrich Wanderwitz, Regensburg 1995, S. 301–310. Buchbesitz und Wissensorganisation in St. Emmeram; Klosterkultur und Universitätsstudium, in: Gelehrtes Regensburg. Stadt der Wissenschaften: Stätten der Forschung im Wandel der Zeit (Begleitbuch zur Ausstellung der Universität Regensburg 1995 in der Städtischen Galerie ,Leerer Beutel‘, Regensburg), hg. von der Universität Regensburg, Regensburg 1995, S. 28–32; S. 45–48. Religiöses Erzählen um 1200 im Kontext höfischer Literatur: Priester Wernher, Konrad von Fußesbrunnen, Konrad von Heimesfurt, in: Die Vermittlung geistlicher Inhalte im deutschen Mittelalter. Internationales Symposium Roscrea 1994, hg. von Timothy R. Jackson, Nigel F. Palmer und Almut Suerbaum, Tübingen 1996, S. 1–23. Ein Augsburger Hausbuch des 15. Jahrhunderts. Der Wolfenbütteler Codex des Bürgermeisters Ulrich Schwarz (†1476), in: Literarisches Leben in Augsburg während des 15. Jahrhunderts, hg. von Johannes Janota und Werner Williams, Tübingen 1996, S. 27–46. Die althochdeutschen Interlinearversionen. Zum sprach- und literarhistorischen Zeugniswert einer Quellengruppe, in: Übersetzen im Mittelalter, hg. von Joachim Heinzle (Wolfram Studien 1996), Berlin 1996, S. 46–72. Bücher des Konrad Celtis, in: Bibliotheken und Bücher im Zeitalter der Renaissance, hg. von Werner Arnold (Wolfenbütteler Abhandlungen zur Renaissanceforschung 16), Wiesbaden 1997, S. 129–166. Disticha Catonis. Gattungsfelder und Erscheinungsformen des gnomischen Diskurses zwischen Latein und Volkssprache, in: Gattungen mittelalterlicher Schriftlichkeit (Colloquium SFB Freiburg 4.–6. 9.1995), hg. von Barbara Frank, Thomas Haye und Doris Tophinke (ScriptOralia 99), Tübingen 1998, S. 261–284. Wer verfaßte Hartmanns von Aue Lied Nr. XII? Überlegungen zu Autorschaft und Werkbegriff in der höfischen Liebeslyrik, in: Autor und Autorschaft im Mittelalter, Kolloquium Meißen 1995, hg. von Elizabeth Andersen u.a., Tübingen 1998, S. 101–114. ,Nibelungenlied‘ und ,Klage‘. Überlegungen zum Nibelungenverständnis um 1200, in: Deutsche Literatur im Spannungsfeld von Kloster und Hof, hg. v. Nigel F. Palmer und Hans-Jochen Schiewer, Tübingen 1999, S. 73–98. Titulus und Bildkomposition. Beobachtungen zur Medialität in der Buchmalerei des 12. Jahrhunderts anhand des Verhältnisses von Bild und Text im ,Bam-
–86– berger Psalmenkommentar‘, in: Zeitschrift für Kunstgeschichte 62 (1999), S. 449–464. Schauen und Erinnern. Überlegungen zu Intentionalität und Appellstruktur illustrierter Einblattdrucke des 15. Jahrhunderts, in: Einblattdrucke des 15. und frühen 16. Jahrhunderts. Probleme, Perspektiven, Fallstudien, hg. von Volker Honemann u.a., Tübingen 2000, S. 209–244. Deutsche Glossen. Zum Stellenwert der Volkssprache bei der Erschließung lateinischer Klassiker, in: Theodisca. Beiträge zur althochdeutschen und altniederdeutschen Sprache und Literatur in der Kultur des frühen Mittelalters, hg. von Wolfgang Haubrichs, Ernst Hellgardt u.a. (Ergänzungsbände zum Reallexikon für Germanische Altertumskunde 22), Berlin 2000, S. 387–413. Kommunikative Leistungen einer literarischen Kleinstform. Die Spruchbänder in der ehem. Berliner Handschrift von Priester Wernhers ,Maria‘, in: Scrinium Berolinense. Festschrift für Tilo Brandis, hg. von Peter Jörg Becker u.a., Berlin 2000, Bd. 1, S. 246–275. Literatur in Regensburg im 12.–14. Jahrhundert, in: Regensburg. Geschichte der Stadt, hg. von Peter Schmid, Bd. 2, Regensburg 2000, S. 875–906. Ein Neidharttanz des 14. Jahrhunderts in einem Regensburger Bürgerhaus, in: Neidhartrezeption in Wort und Bild, hg. von Gertrud Blaschitz, Krems 2000, S. 53–70. Verkürzte Glossen. Technik und Funktion innerhalb der lateinischen und deutschsprachigen Glossierungspraxis des frühen und hohen Mittelalters, in: Mittelalterliche volkssprachige Glossen. Internationale Fachkonferenz Bamberg 1.–4. August 1999, hg. von Rolf Bergmann, Elvira Glaser und Claudine Moulin-Fankhänel (Germanistische Bibliothek 13), Heidelberg 2001, S. 429–452. Vagierende Einzelstrophen in der Minnesangüberlieferung. Zum Problem von Autorschaft und Werkbegriff um 1200, in: Fragen der Liedinterpretation, hg. von Hedda Ragotzky, Gerhard Wolf und Gisela Vollmann-Profe, Stuttgart 2001, S. 13–39. Übersetzen im Mittelalter. Konstituenten sprachlichen Transfers: Adressaten – Ziele – Gattungsgebundenheit, in: Geschichte der Übersetzung. Beiträge zur neuzeitlichen, mittelalterlichen und antiken Übersetzungsgeschichte, hg. von Bogdan Kovtyk, Hans-Joachim Solms und Gerhard Meiser, Berlin 2002, S. 191–214. Beiträge zum wiss. Katalogwerk: Von Rittern, Bürgern und von Gottes Wort. Volkssprachige Literatur in Handschriften und Drucken aus dem Besitz der Staats- und Universitätsbibliothek Hamburg, Kiel 2002, S. 100 (Ein frühes Bilderbuch aus der Frühdruckzeit: Boners Fabelsammlung); S. 118 (Fastnachtstreiben in der freien Reichsstadt Nürnberg: ein Schembartbuch der Zeit um 1600); S. 120 (Kleine Formen mittelalterlicher Literatur); S. 122f. (Mären, Priameln und Einkehrspiele zur Fastnacht in Nürnberg); S. 124–127 (Nürnberger Reimreden und Schwänke; ‚Der Pfarrer vom Kalenberg‘). Der Zeitgenosse als Narr. Literarische Personencharakteristik in Sebastian Brants ‚Narrenschiff‘ und Jacob Lochers ‚Stultifera navis‘, in: Personen(selbst)dar-
–87– stellung in Spätmittelalter und Früher Neuzeit, hg. von Rudolf Suntrup und Jan R. Veenstra (Medieval to Early Modern Culture /Kultureller Wandel vom Mittelalter zur frühen Neuzeit 3), Frankfurt a. M. 2003, S. 53–78. Mediale Wirkungsstrategien des mittelalterlichen „Dramas“. Ein Beitrag zur Konstruktion historischer Intermedialität, in: Medien der Kommunikation im Mittelalter, hg. von Karl-Heinz Spieß (Beiträge zur Kommunikationsgeschichte 15), Stuttgart 2003, S. 237–263. Synoptische Kopräsenz zweisprachiger Textensembles, in: Volkssprachig-lateinische Mischtexte und Textensembles in der althochdeutschen, altsächsischen und altenglischen Überlieferung, hg. von Rolf Bergmann, Heidelberg 2003, S. 1–36. Was wurde hier eigentlich gefunden? Zu den angeblichen „Nibelungen“-Fragmenten aus der Stiftsbibliothek Zwettl, in: Süddeutsche Zeitung Nr. 80, Sa./ So. 5./6. April 2003, S. 14. Nibelungen-Wandmalereien in Worms, in: Literatur – Geschichte – Literaturgeschichte. Beiträge zur mediävistischen Literaturwissenschaft. Festschrift für Volker Honemann zum 60. Geburtstag, hg. von Nine Miedema und Rudolf Suntrup, Frankfurt a. M. 2003, S. 137–148. Die Nibelungen-Klage und die Fassung *C des Nibelungenlieds, in: Die Nibelungen. Sage – Epos – Mythos, hg. von Joachim Heinzle und Ute Obhof, Wiesbaden 2003, S. 113–134. Textüberlieferung und Performanz. Überlegungen zum Zeugniswert geistlicher Feiern und Spiele des frühen und hohen Mittelalters, in: Das Theater des Mittelalters und der frühen Neuzeit als Ort und Medium sozialer und symbolischer Kommunikation, hg. von Christel Meier, Heinz Meyer und Claudia Spanily (Symbolische Kommunikation und gesellschaftliche Wertesysteme. Schriftenreihe des Sonderforschungsbereichs 496, 4), Münster 2004, S. 23–44. Tischzucht und Kinderlehre um 1500. Eine unbekannte deutsche Übersetzung von ‚De facetia mensae‘ des Giovanni Sulpizio Verolano (Johannes Sulpitius Verulanus), in: Zivilisationsprozesse. Zu Erziehungsschriften in der Vormoderne, hg. von Rüdiger Schnell, Köln/Weimar/Wien 2004, S. 153–168. Liturgie und Lateinschule im Spätmittelalter. Eine deutsche Übersetzung des Canon Missae durch den Franziskaner Michael Pfollinger, in: Archiv für Liturgiewissenschaft 46 (2004), S. 57–79. ,Nibelungenlied‘ und ,Klage‘. Überlegungen zum Nibelungenverständnis um 1200, in: Nibelungenlied und Nibelungenklage. Neue Wege der Forschung, hg. von Christoph Fasbender, Darmstadt 2005, S. 210–237 (aktualisierte Fassung des Aufsatzes von 1999). Wann werden die Klassiker klassisch? Überlegungen zur Wirkungsweise und zum Geltungsbereich literarisch-ästhetischer Innovation im deutschen Hochmittelalter, in: Tradition, Innovation, Invention. Fortschrittsverweigerung und Fortschrittsbewusstsein im Mittelalter, hg. von Hans-Joachim Schmidt (Scrinium Friburgense 18), Berlin/New York 2005, S. 441–467. Was soll der Mensch tun? Literarische Vermittlung von Lebensnormen zwischen Latein und Volkssprache und die ‚Disticha Catonis‘, in: Literatur und Wand-
–88– malerei II. Konventionalität und Konversation, hg. von Eckart Conrad Lutz, Johanna Thali und René Wetzel, Tübingen 2005, S. 23–46. „Fortschritt“ in der Poetik des höfischen Romans. Das Verfahren der Descriptio im ‚Roman d’Eneas‘ und in Heinrichs von Veldeke ‚Eneasroman‘, in: Retextualisierung in der mittelalterlichen Literatur, hg. von Joachim Bumke und Ursula Peters (Zeitschrift für deutsche Philologie 124, Sonderheft), Berlin 2005, S. 96–116. Inszenierte Höllenfahrt. Der Descensus ad inferos im geistlichen „Drama“ des Mittelalters, in: Höllen-Fahrten. Geschichte und Aktualität eines Mythos (Irseer Dialoge. Kultur und Wissen 12), Stuttgart, 2006, S. 87–108. Althochdeutsches im 15. Jahrhundert. Die ‚Glossae Salomonis‘ der Augsburger Inkunabel HC 14134, in: Gutenberg Jahrbuch 81 (2006), S. 156–167. Schriften zum Grammatik-Unterricht in der Handschrift Erfurt, UB Dep. Erf. CA 12° 3. Beitrag zum wiss. Katalog bescheidenheit. Deutsche Literatur des Mittelalters in Eisenach und Erfurt, hg. von Christoph Fasbender, Gotha 2006, S. 42f. ,Nibelungenlied‘ und ,Nibelungenklage‘. Die Materialität der mittelalterlichen Überlieferung, in: Jahrbuch der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen 2006, Göttingen 2007, S. 302–307. Neues zum Mönch von Salzburg. Der Johannes-Hymnus ‚Ut queant laxis‘ deutsch (G 47) im Clm 3686, in: Zeitschrift für deutsches Altertum 137 (2008), S. 377–386. Gesellschaftssatire im Spätmittelalter. Formen und Verfahren satirischer Schreibweise in den ,Sermones nulli parcentes‘ (Walther 6881), im ,Carmen satiricum‘ des Nicolaus von Bibra, in der Ständekritik von ,Viri fratres servi Dei‘ (Walther 20575) und im ,Buch der Rügen‘, in: Epochen der Satire. Traditionslinien einer literarischen Gattung in Antike, Mittelalter und Renaissance, hg. von Thomas Haye und Fransziska Schnoor (Spolia Berolinensia), Hildesheim 2008, S. 95–117. Sebastian Brant im Stasiland, in: Von lon der wisheit. Gedenkschrift für Manfred Lemmer, hg. von Kurt Gärtner und Hans-Joachim Solms, Sandersdorf 2009, S. 29–38. Glossierung und Texterschließung. Zur Funktion lateinischer und volkssprachiger Glossen im Schulunterricht, in: Die althochdeutsche und altsächsische Glossographie. Ein Handbuch, hg. von Rolf Bergmann und Stefanie Stricker, Berlin/New York 2009, Bd. 1, S. 468–496. Die ‚Carmina Priapea‘ in Sebastian Brants Vergil-Ausgabe (1502). Strategien einer angeleiteten Kommunikation. Mit einem Anhang: Die Sammlung der Vergil-Epitaphien der Straßburger Ausgabe, in: Sebastian Brant und die Kommunikationskultur um 1500, hg. von Klaus Bergdolt, Joachim Knape u.a., Wolfenbüttel 2010, S. 127–169 (wieder abgedruckt, ohne den Anhang, in: Von lon der wisheit. Gedenkschrift für Manfred Lemmer, hg. von Kurt Gärtner und Hans-Joachim Solms, Sandersdorf 2009, S. 107–139). Die Sinnerschließung des Mythos. Der Schultext der ,Ecloga Theodoli‘ (10./11. Jh.) und ihre Kommentare, in: Mythos im Alltag – Alltag im Mythos. Die Ba-
–89– nalität des Alltags in unterschiedlichen literarischen Verwendungskontexten, hg. von Christine Schmitz, München 2010, S. 175–194. Text – Glosse – Kommentar. Die Lektüre römischer Klassiker im frühen und hohen Mittelalter, in: Lesevorgänge. Prozesse des Erkennens in mittelalterlichen Texten, Bildern und Handschriften. Freiburger Colloquium 2007, hg. von Eckart Conrad Lutz, Martina Backes und Stefan Matter (Medienwandel, Medienwechsel, Medienwissen 11), Zürich 2010, S. 237–262. Dialoggestaltung in deutschen und französischen Romanen des 12. Jahrhunderts. Das Modell der Dramen des Terenz und Seneca, in: Redeszenen in der mittelalterlichen Großepik. Komparatistische Perspektiven, hg. von Nine Miedema, Monika Unzeitig und Franz Hundsnurscher (Historische Dialogforschung 1), Berlin 2011, S. 139–164. Richard Wagners Vorstellungen von den Nibelungen. Einblick in das MittelalterGedächtnis des 19. Jahrhunderts, in: Wagners Siegfried und die (post-)heroische Moderne, hg. von Tobias Janz (Wagner in der Diskussion 5), Würzburg 2011, S. 135–156. Wertevermittlung in der Hand des Gelehrten. Sebastian Brant und sein Werk, in: Text und Normativität im deutschen Mittelalter. XX. Anglo-German Colloquium, hg. von Elke Brüggen u.a., Berlin/Boston 2012, S. 13–48. Das Bild als Wissenssumme. Die Holzschnitte in Sebastian Brants Vergil-Ausgabe, Straßburg 1502, in: Literatur und Kultur am Oberrhein um 1500. Kolloquium Manchester 2011, hg von Stephen Mossman, Nigel F. Palmer und Felix Heinzer, Berlin/Boston 2012, S. 379–409. Beiträge zu: Althochdeutsche und altsächsische Literatur, hg. von Rolf Bergmann, Berlin/Boston 2013: Horaz (Althochdeutsche Glossierung), S. 185–189. Juvenal (Althochdeutsche Glossierung), S. 219–222. Lucan (Althochdeutsche Glossierung), S. 239–241. Persius (Althochdeutsche Glossierung), S. 357–361. Sallust (Althochdeutsche Glossierung), S. 423–426. Vergil (Althochdeutsche Glossierung), S. 472–480. Der Dichter spricht. Autorschaft im frühen Buchdruck und Sebastian Brants Verzeichnis der Errata im Druck der Varia carmina (GW 5068), in: Festgabe für Rudolf Suntrup, hg. von Volker Honemann und Nine Miedema, Frankfurt a. M. 2013, S. 155–168. Das Osterspiel von Muri und die Gattung des Geistlichen Spiels, in: Gedenkschrift für Christoph Gerhardt (im Druck, erscheint 2013). Boccaccio, Decamerone IV,1 in der lateinischen Versfassung des Filippo Beroaldo. Mit einer Edition des Texts, in: Giovanni Boccaccio. Werk und Wirkung in der europäischen Renaissance, hg. von Achim Aurnhammer und Rainer Stillers (im Druck, erscheint 2013). Giovanni Boccaccio und Hans Sachs. Gattungen als Wirkungsräume städtischer Literatur im 16. Jahrhundert, in: Giovanni Boccaccio. Werk und Wirkung in der europäischen Renaissance, hg. von Achim Aurnhammer und Rainer Stillers (im Druck, erscheint 2013).
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Handbuch- und Lexikonartikel In: Lexikon des Mittelalters: ‚Bestiarium‘ (Begriffliches; Mittellat. Lit.; Deutsche Lit.), Bd. 1, 1980, Sp. 2072– 2074; 2076f. (mehrfache Nachdrucke und digitale Ausgaben). Otto von Lüneburg, Bd. 6, 1993, Sp. 1584 (mehrfache Nachdrucke und digitale Ausgaben). ,Ovid im Mittelalter‘ (Deutsche Literatur), ebd., Sp. 1597f. ‚Physiologus‘ (Mittellat. Lit.; Deutsche Lit.; Mittelniederländ. Lit.), ebd., Sp. 2118–2120. ,Übersetzung‘ (VII. Deutsche Literatur), Bd. 8, 1997, Sp.1160–1162 (mehrfache Nachdrucke und digitale Ausgaben). In: Enzyklopädie des Märchens. Handwörterbuch zur historischen und vergleichenden Erzählforschung, begr. von Kurt Ranke, hg. von Rolf Wilhelm Brednich u.a., Göttingen 1977–: ‚Eidechse‘, Bd. 3, 1981, Sp. 1150–1154. ‚Eule‘, Bd. 4, 1984, Sp. 531–538. Friedrich von Schwaben, Bd. 5, 1987, Sp. 358–361. ‚Gawein‘, ebd., Sp. 780–782. ‚Iwein‘, Bd. 7, 1993, Sp. 374–378. ,Roland‘, Bd. 11, 2004, Sp. 772–778. In: Die deutsche Literatur des Mittelalters. Verfasserlexikon, begründet von Wolfgang Stammler, fortgeführt von Karl Langosch, Berlin/New York, 2., völlig neu bearb. Aufl.: Kraus, Johannes, Bd. 5, 1985, Sp. 343f. ‚Liber Floretus‘, ebd., Sp. 755–759. ‚Liber Moralis‘, ebd., Sp. 763–765. ‚Moralischer Physiologus‘, Bd. 6, 1987, Sp. 685f. Mulich, Bartholomäus, ebd., Sp. 736–738. ‚Neusohler Cato‘, ebd., Sp. 924f. Persius Flaccus, Aulus, Bd. 7, 1989, Sp. 408–411. Peter van Zirn, ebd., Sp. 464–466. ‚Pistilegus‘, ebd., Sp. 710f. ‚Rat der Vögel‘, ebd., Sp. 1007–1012. ,Regensburger Liebesbriefe‘, ebd., Sp. 1096–1098. ‚Scolaris‘, Bd. 8, 1992, Sp. 954f. Seneca, L. Annaeus d. Ä., ebd., Sp. 1078–1080. Seneca, L. Annaeus d. J., ebd., Sp. 1080–1099. ‚Spruch von den Tafelrundern‘, Bd. 9, 1995, Sp.188–190. Terenz, ebd., Sp. 698–709. ,Theodolus‘, ebd., Sp. 760–764. ,Breslauer Aesop‘, Nachtragsbd. 11, 2004, Sp. 285–287. ,Es tu scolaris?‘, ebd., Sp. 424f.
–91– ,Polethicon‘, ebd., Sp. 1249–1251. ‚Quid suum virtutis‘, ebd., Sp. 1285–1288. In: Literaturlexikon. Autoren und Werke deutscher Sprache, 15 Bde., hg. von Walter Killy, München/Gütersloh 1988–1993: Konrad von Mure, Bd. 6, 1990, S. 485f. (mehrfache Nachdrucke und digitale Ausgaben). ‚Physiologus‘, Bd. 9, 1991, S. 154–156 (mehrfache Nachdrucke und digitale Ausgaben). ,Freidank‘, Bd. 3 der Neuausgabe, 2008, S. 562–565. Hiltalingen, Johannes (Meister des Lehrgesprächs), Bd. 5 der Neuausgabe, 2009, S. 436f. Konrad von Mure, Bd. 6 der Neuausgabe, 2009, S. 631f. ,Physiologus‘, Bd. 9 der Neuausgabe, 2010, S. 213–215. Wernher, Priester, Bd. 12 der Neuausgabe, 2011, S.327f. In: Reallexikon der deutschen Literaturwissenschaft, hg. von Klaus Weimar u.a., Berlin/New York 1997–2003: ,Descriptio‘, Bd. 1, 1997, S. 337–339. ,Glosse‘ (Mittelalter), ebd., S. 727–728. ‚Quelle’, Bd. 3, 2003, S. 202f. In: Literaturwissenschaftliches Lexikon. Grundbegriffe der Germanistik, hg. von Horst Brunner und Rainer Moritz, Berlin 1997, 2., überarb. und erw. Aufl. 2006: Mittellateinische Literatur, 1997, S. 232f., 2006, S. 275–277. In: Handbuch Sprachliche Kommunikation (HSK) 2. Sprachgeschichte. Ein Handbuch zur Geschichte der deutschen Sprache und ihrer Erforschung. Bd. 4, hg. von Werner Besch und Oskar Reichmann, Berlin/New York 2004: Lateinisch/Deutsch, S. 3171–3182. In: Internationales Germanistenlexikon 1800–1950, hg. und eingel. von Christoph König, Berlin/New York 2004, (+ Datenanhang auf CD-Rom): Ingeborg Schröbler, S. 1637–1639. In: Encyclopedia of the Medieval Chronicle, ed. by. R. Graeme Dunphy, Leiden/ Boston 2010: Hartmann Schedel, The Nuremberg Chronicle, S. 1334–1337. In: Deutscher Humanismus 1480–1520: Verfasserlexikon, hg. von Franz Josef Worstbrock, Bd. 3 (im Druck): Tunnicius, Antonius.
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Rezensionen und Anzeigen Rund 75 größere Rezensionen in in- und ausländischen Fachzeitschriften, u.a. Arbitrium, Archiv für das Studium der neueren Sprachen und Literaturen, Beiträge zur Geschichte der deutschen Sprache und Literatur, Deutsches Archiv für Erforschung des Mittelalters, Cahiers de civilisation médiévale, Fabula, Germanisch-romanische Monatsschrift, Jahrbuch für Internationale Germanistik, Medium Aevum (Oxford), Mittellateinisches Jahrbuch, Scriptorium, Zeitschrift für deutsches Altertum, Zeitschrift für deutsche Philologie. Über 95 Anzeigen in: Germanistik, Internat. Referatenorgan, 1976–2012.