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German Pages 281 Year 1998
Tübinger Schriften zum Staats- und Verwaltungsrecht
Band 45
Landesmediengesetz Baden-Württemberg Verfassungsrechtliche Grundprinzipien und Probleme Von
Oliver Kirschnek
Duncker & Humblot · Berlin
OLIVER KIRSCHNEK
Landesmediengesetz Baden-Württemberg
Tübinger Schriften zum Staats- und Verwaltungsrecht Herausgegeben von Wolfgang Graf Vitzthum in Gemeinschaft mit Martin HeckeI, Karl-Hermann Kästner Ferdinand Kirchhof, Hans von Mangoldt Thomas Oppermann, Günter Püttner Michael Ronellenfitsch sämtlich in Tübingen
Band 45
LandesITlediengesetz Baden-WürtteITlberg Verfassungsrechtliche Grundprinzipien und Probleme
Von Oliver Kirschnek
Duncker & Humblot . Berlin
Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme
Kirschnek, Oliver:
Landesmediengesetz Baden-Württemberg : verfassungsrechtliche Grundprinzipien und Probleme I von Oliver Kirschnek. Berlin : Duncker und Humblot, 1998 (Tübinger Schriften zum Staats- und VelWaltungsrecht ; Bd. 45) Zug!.: Tübingen, Univ., Diss., 1995 ISBN 3-428-09135-3
D21 Alle Rechte vorbehalten 1998 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Satz: A. Lieventhal, Tübingen Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany
©
ISSN 0935-6061 ISBN 3-428-09135-3 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706 43
Meinen Eltern
Vorwort Diese Arbeit lag der Juristischen Fakultät der Eberhard-Karls-Universität zu Tübingen im Sommersemester 1995 als Dissertation vor. Sie wurde im Mai 1995 abgeschlossen. Gesetzgebung, Rechtsprechung und Literatur wurden im Hinblick auf die Drucklegung bis Juli 1997 berücksichtigt. Meinem Doktorvater, Herrn Prof. Dr. Dr.h.c. Thomas Oppermann, möchte ich rur die gute Betreuung herzlich danken. Er weckte mit einem medienrechtlichen Seminar im Winters ernster 1990 / 91 mein Interesse am Rundfunkrecht, gab den Anstoß zu dem Thema der Arbeit und unterstützte mich mit wertvollen Anregungen und Hinweisen für Konzeption und Ausarbeitung der Dissertation. Herrn Prof. Dr. Michael Ronellenfitsch danke ich für die zügige Erstellung des Zweitgutachtens. Dem Herausgeber der Tübinger Schriften zum Staats- und Verwaltungsrecht, Herrn Prof. Dr. Wolfgang Graf Vitzthum, sage ich meinen Dank für die Aufnahme der Arbeit in diese Reihe. Der Reinhold-und-Maria-Teufel-Stiftung, Tuttlingen, gilt mein Dank für die finanzielle Unterstützung dieser Veröffentlichung durch die Verleihung des Stiftungspreises 1996. Meiner lieben Freundin Dr. Susanne Schraishuhn danke ich sehr herzlich für Hilfe, Rückhalt und Verständnis. Mein besonderer und inniger Dank gilt meinen Eltern. Sie haben mir das Studium der Rechtswissenschaft und die Promotion durch ihre vielseitige Unterstützung erst ermöglicht. Ihnen ist diese Arbeit gewidmet. Tübingen / Stuttgart, im Frühjahr 1998
Oliver Kirschnek
Inhaltsverzeichnis Einleitung und Gang der Untersuchung ................................. 23 A. Der Rundfunk im deutschen Südwesten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 25
B.
I.
Anfänge des Rundfunks in Württemberg und Baden ................. 1. Historische Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 2. "Süddeutsche Rundfunk-AG (Sürag)" Stuttgart ................... 3. Bemühungen in Baden ................................. . ..... 4. Entwicklung zum Staatsrundfunk .............................. 5. Entwicklung im Fernsehbereich ................................
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11.
Wiederaufbau des Rundfunks ............................. . ..... 1. Westalliierte Vorgaben . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 2. Umsetzung in den damaligen Ländern. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. a) Süddeutscher Rundfunk (SDR) in Stuttgart .................... b) Südwestfunk (SWF) in Baden-Baden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..
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III.
Von SDR und SWF zum SWR .................................. 1. Kooperationsvereinbarung SDR / SWF ....... . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 2. Staatsvertrag über den Südwestrundfunk . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 3. Resümee ..................................................
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Entstehungsgeschichte und Entwicklung des Landesmediengesetzes BadenWürttemberg ................................................... 35 I.
11.
Phase 1: Anläufe zur Einführung eines Rundfunks in privater Rechtsform 1. "Stuttgarter Modell" ........................................ 2. "Kommission für den Ausbau des technischen Kommunikationssystems" (KtK) .................................................... 3. Kabelpilotprojekte ..........................................
35 37
Phase 2: Gesetzesvorbereitende Phase ............................ 1. Expertenkommission "Neue Medien" Baden-Württemberg - EKM .... a) Technisch-organisatorische Empfehlungen zur Durchführung eines eigenen Kabelversuchs ......... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. aa) Drei Entwicklungsphasen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. bb) Drei Organisationsmodelle .............................. b) Rundfunkrechtliche Empfehlungen .......................... c) Stellungnahmen zum Abschlußbericht ........................ 2. "Münchinger Beschlüsse" ....................................
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41 41 42 42 43 44
Inhaltsverzeichnis
10 III.
Phase 3: Entwurfsarbeiten für ein Landesmediengesetz ............... 1. Arbeitsgruppe Landesmediengesetz und drittes Rundfunkurteil ....... a) AufgabensteIlung der Arbeitsgruppe .......................... b) Erster Entwurf ........................................... 2. "Monrepos-Kooperation" ..................................... 3. "Echterdinger Empfehlung" und zweiter Entwurf .................. a) "Echterdinger Empfehlung" ................................ b) Zweiter Entwurf ......................................... 4. Ausarbeitung des Regierungsentwurfs ........................... a) Entwicklung in anderen Bundesländern und in Frankreich ......... b) Technische Neuerungen .................................... c) "Bremerhavener Einigung" ................................. d) Konsequenzen für den Regierungsentwurf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Verabschiedung des LMG ....................................
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IV.
Phase 4: "Vierte Lesung" in Karlsruhe ............................. 1. Das verfassungsgerichtliche Verfahren ........................... a) Erlaß einer einstweiligen Anordnung ......................... b) Verfassungsbeschwerden von SDR und SWF ................... c) Novellierung 1987 ........................................ 2. Rundfunkrechtliche Neuerungen während des VB-Verfahrens ........ a) Gründung der LfK ........................................ b) Viertes Rundfunkurteil des BVerfG ........................... c) Rundfunkstaatsvertrag 1987 ................................
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V.
Phase 5: Erkenntnisphase des Gesetzgebers ......................... 1. Bericht gern. § 8811 LMG a.F.................................. a) Bericht der LfK an die Landesregierung ....................... b) Bericht der Landesregierung an den Landtag ................... 2. Konsequenzen ............................................. a) Vorschlag der LfK ........................................ b) Konzept der Landesregierung ............................... 3. Novellierung 1991 .......................................... a) Das sechste Rundfunkurteil des BVerfG ....................... b) Novellierungsentwurf .....................................
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VI.
Phase 6: Umsetzung der Novelle und aktuelle Entwicklung ............ 1. Verfassungsbeschwerde gegen das LMG ......................... 2. Neustrukturierung der privaten Rundfunklandschaft ................ a) Neufassung der Verbreitungsgebiete für privaten Hörfunk ......... b) Übertragungskapazitäten für privates Fernsehen ................. 3. Änderungen des LMG seit 1. Januar 1992 ........................ a) Stärkung des Jugendschutzes ................................ b) "lex Beerstecher" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Erprobung neuartiger Rundfunkübertragungstechniken ...........
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Inhaltsverzeichnis aal Landesmediengesetzliche Änderung ...................... bb) Exkurs: DAB-Pilotprojekt Baden-Württemberg .............. 4. Weitere medienrechtliche Entwicklungen und Neuerungen .......... a) "Multimedia-Enquete" des Landtages von Baden-Württemberg .... b) Mediendienste-Staatsvertrag der Länder und Informations- und Kommunikationsdienstegesetz des Bundes ........................ c) Dritter Staatsvertrag der Länder zur Änderung des Rundfunkstaatsvertrages ...............................................
11 71 72 73 73 73 74
VII. Resümee und Ausblick ........................................ 75
C. Das Grundrecht der Rundfunkfreiheit des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG ....... 77 I.
Vorbemerkung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 77
11.
Verfassungsrechtliche Kompetenzen im Rundfunkbereich . . . . . . . . . . . .. 1. Gesetzgebungskompetenzen .................................. a) Grundsatz der Kompetenzverteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. b) Überschneidende Teilkompetenzen des Bundes . . . . . . . . . . . . . . . .. c) Kompetenzgerangel im "Multimedia"-Bereich ................. aal Verfassungsrechtlicher Rundfunkbegriffund "Multimedia" .... bb) Lösung zwischen Bund und Ländern ...................... 2. Verwaltungskompetenzen .................................... 3. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..
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III.
Interpretation der Rundfunkfreiheit des Art. 5 I 2 GG ................ 1. Grundrechtstatbestand der Rundfunkfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 2. Schutzzweck und Schutzwirkung der Rundfunkfreiheit ............. a) Schutzzweck der Rundfunkfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. aal Grundrechtssystematischer Zusammenhang von S. 1 und 2 . . . .. bb) Stellungnahme ....................................... (1) Medienspezifische Vermittlungsfunktion des Rundfunks ... (2) Gegenseitige Beziehungen der Normkomplexe aus S. 1 und2 ........................................... (3) Gemeinsamer Schutzzweck .......................... cc) Ergebnis ............................................ b) Schutzwirkung der Rundfunkfreiheit ......................... aal Grundrechte als subjektive Abwehrrechte .................. bb) Übertragung auf die Rundfunkfreiheit als Zwischenergebnis .... 3. Umdeutung von Schutzzweck und Schutzwirkung ................. a) Funktionaler Interpretationsansatz: Dienende Funktion ........... b) Hinzutretendes Moment der "Sondersituation" ................. c) Daraus erwachsender legislativer Ausgestaltungsauftrag . . . . . . . . . . 4. Kritik: Systemwidrige Überhöhung der objektiven Komponente ...... 5. Konsequenzen für den Rundfunk im dualen System . . . . . . . . . . . . . . ..
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Inhaltsverzeichnis
12
D. Die rundfunkorganisatorischen Grundprinzipien zur Ausgestaltung der dualen Rundfunkordnung ........................................ 102 I.
Arbeitsgrundlage: Zehn Rundfunkurteile .......................... 102
11.
Rundfunkkonzept des Bundesverfassungsgerichts. . . . . . . . . . . . . . . . . .. 1. Allgemeiner Teil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 2. Besonderer Teil bei Zulassung privater Rundfunkveranstalter . . . . . . .. a) "Vieifaltsschwächen" der Privaten .......................... b) Weitergehende Anforderungen .............................
III.
Bereich der legislativen Ausgestaltungsregeiungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 1. Ausgestaltungsauftrag und Ausgestaltungsbefugnis . . . . . . . . . . . . . . .. 109 2. "Essentials" einer verfassungsgemäßen Rundfunkordnung .......... 110
IV.
Prinzip der Staats- und Gruppenfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 1. Vorbemerkung ............................................ 2. Legislative Ausgestaltungsanforderungen aus dem Prinzip der Staatsfreiheit .................................................. a) Staatsfreie Rundfunkveranstaltung .......................... b) Staatliche Rundfunkaufsicht i.w.S ........................... aa) Staatsfreiheit und Rundfunkzugang ...................... bb) Staatsfreiheit und Rundfunkaufsicht i.e.S. ................. (1) Aufsichtsmaßstab . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. (2) Aufsichtsmittei................................... cc) Zulassungs- und Aufsichtsorgan als organisatorische Schnittstelle zwischen Rundfunkzugang und Rundfunkaufsicht i.e.S. ...... (1) Ausgestaltungsvorgabe ............................ (2) Aufsicht der Aufsicht. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 3. Legislative Ausgestaltungsanforderungen aus dem Prinzip der Gruppenfreiheit .................................................. a) Vorbemerkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Bereich des Ausgestaltungsauftrages ........................ 4. Resümee .................................................
V.
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111 111 111 112 113 114 116 116 117 118 118 119 119 119 120 120
Prinzip des Pluralismus ....................................... 1. Der Bereich des Ausgestaltungsauftrages ....................... 2. Konkretisierung der ermessenslenkenden Vorgaben ............... a) Binnenpluralistisches Ordnungsmodell ....................... b) Außenpluralistisches Ordnungsmodell ....................... c) Resümee ..............................................
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VI. Prinzip der Programmfreiheit ................................... 1. Bereich des Ausgestaltungsauftrages ........................... 2. Konsequenzen für die legislative Ausgestaltung .................. 3. Resümee ................................................. VII. Resümee der drei Grundprinzipien ...............................
126 126 127 128 128
Inhaltsverzeichnis
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E. Die Ausgestaltung der verfassungsrechtlichen Grundprinzipien im Landesmediengesetz Baden-Württemberg ................................. 130 I.
Grundlegendes zum Landesmediengesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 1. Struktur des Landesmediengesetzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 2. Rundfunk und rundfunkähnliche Kommunikation. . . . . . . . . . . . . . . .. a) Definitonen ............................................ aal Gesetzeswortlaut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. bb) Unterscheidungskriterium .............................. cc) Hinreichende Bestimmtheit der gesetzlichen Definition der rundfunkähnlichen Kommunikation? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. b) Verfassungsrechtliche Zulässigkeit der Unterscheidung von Rundfunk und rundfunkähnlicher Kommunikation .................. c) Resümee der Unterscheidung im Lichte der länderstaatsvertraglichen und bundesgesetzlichen Neuregelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 3. Bestimmungen für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk ............
130 130 132 133 133 133 134 135 136 137
11.
Privater Rundfunk im Prozeß freier Meinungsbildung ............... 137 1. Funktion des privaten Rundfunks ............................. 13 7 2. Öffentliche Aufgabe des privaten Rundfunks .................... 138
III.
§ 15 LMG: "Meinungsvielfalt" und "kulturelle Vielfalt" als zentrale und übergeordnete Leitmotive eines privaten Rundfunks ................ 139
IV.
Das Prinzip der Staatsfreiheit im Landesmediengesetz ............... 141 1. Verfassungsrechtliche Anforderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 141 2. Staatsfreie Rundfunkveranstaltung ............................ 141 a) Verbot staatlicher Programmträgerschaft ..................... 141 aal Ausschluß von Gebietskörperschaften .................... 142 bb) Ausschluß der Legislative .............................. 143 cc) Parteien als Rundfunkveranstalter? ...................... 145 (1) Parteien als Zulassungsträger ....................... 145 (2) Wahlwerbesendungen ............................. 146 dd) Kirchliches Drittsenderecht ............................ 147 b) Staatliches Finanzierungsverbot ............................ 148 c) Resümee der Vorschriften über die staatsfreie Rundfunkveranstaltung 150 3. Staatsferne Rundfunkaufsicht i.w.S. . .......................... 150 a) Die Landesanstalt für Kommunikation als organisatorisches Bindeglied zwischen Rundfunkzugang und -aufsicht i.e.S ............. 151 aal Aufgaben und Stellung ................................ 151 bb) Finanzierung ........................................ 152 cc) Organe .................. . ......................... 153 (1) Vorstand ....................................... 154 (a) Zusammensetzung ............................. 154 (aa) Zwei Inkompabilitätsstufen .................. 154 (bb) Öffnungsklausel ........................... 155 (cc) Ergebnis ................................. 156
Inhaltsverzeichnis
14
V.
(b) Wahlverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. (c) Aufgaben .................................... (d) Vorsitzender des Vorstands ...................... (2) Medienrat ....................................... (a) Zusammensetzung ............................. (b) Aufgaben .................................... dd) Resümee ........................................... b) Zugang zur Rundfunkveranstaltung ......................... aa) Konstitutives Zulassungserfordernis ...................... bb) Zulassungsverfahren .................................. (I) Nutzungsplan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. (2) Ausschreibung nach Verbreitungsgebieten ............. (3) Persönliche und sachliche Zulassungsvoraussetzungen ... , (4) Keine Auswahlentscheidung nötig ................... (5) Auswahlentscheidung wegen beschränkter Kapazität nötig (6) Zugangsausschluß wegen mehrfacher Programmveranstaltung ........................................... (7) Zulassung....................................... (8) Vereinfachtes Zulassungsverfahren ................... (9) Besonderheiten bei der rundfunkähnlichen Kommunikation (a) Anforderungen an die Zulassung .................. (b) Abschwächung der Staats- und Gruppenfreiheit ...... (10) Resümee des Zulassungsverfahrens ................... cc) Sonderfall der Weiterverbreitung ........................ dd) Resümee der Vorschriften über den Rundfunkzugang ........ c) Rundfunkkontrolle und Rundfunkaufsicht i.e.S. ................ aa) Abstrakter Aufsichtsmaßstab ........................... bb) Konkreter Aufsichtsmaßstab und Aufsichtsmittel . . . . . . . . . . .. (I) Überwachungsmittel .............................. (2) EingriffsmitteJ ................................... (a) Ordnungswidrigkeits- und Strafbestimmungen ....... (b) Widerruf der Zulassung ......................... (3) Sonderfall: Rücknahme der Zulassung ................ cc) Effektivität der Aufsicht ............................... dd) Resümee der Vorschriften über die Rundfunkaufsicht i.e.S. . . .. 4. Resümee der Vorschriften zum Prinzip der Staatsfreiheit ...........
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Das Prinzip der Gruppenfreiheit im Landesmediengesetz . . . . . . . . . . . .. 1. Verfassungsrechtliche Anforderungen .......................... 2. Grundlegende gesetzliche Normierung ......................... 3. Rundfunkrechtliche Konzentrationssperre des § 22 . . . . . . . . . . . . . . .. a) Ausschluß des Entstehens vorherrschender Meinungsmacht ...... aa) Unmittelbare Mehrfachveranstaltung ..................... bb) Mittelbare Mehrfachveranstaltung .......................
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Inhaltsverzeichnis cc) Ausnahmeregelung 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 b) Sonderregelung für den Hörfunk 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 c) Verhältnis zum Wettbewerbsrecht 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 40 Weitere Regelungen zur Sicherung der Gruppenfreiheit 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 a) Auswahlgrundsätze des § 21 III und IV 0000000000000000000000 b) Programmbeirat und ausgewogenes Programm nach § 24 00000000 c) Verhinderung eines vorherrschenden multimedialen Doppelmonopols nach § 24 IV? 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 50 Resümee der Vorschriften zum Prinzip der Gruppenfreiheit 0 0 0 0 0 0 0 0 0 VI.
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Das Prinzip des Pluralismus im Landesmediengesetz 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 187 l. VerfassungsrechtIiche Anforderungen 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 188 20 Das baden-württembergische Pluralitätsmodell 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 188 a) Grundlage: Außenpluralität nach § 23 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 189 aa) Vier "gleichartige" Programme 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 189 bb) Lösung über die Meinungsbildungsrelevanz 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 190 (1) Probleme 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 190 (a) Technische Einschränkung 0000000000000000000000 190 (b) Gleichartigkeit auch bei fremdsprachigen Programmen 191 (2) Ergebnis 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 192 cc) Interne Vielfaltsforderungen 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 192 dd) Keine Außenpluralität mangels materieller Voraussetzung trotz des VorIiegens der formellen Voraussetzungen 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 192 ee) Keine Außenpluralität durch den nachträglichen Wegfall formeller und / oder materieller Voraussetzungen 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 193 ft) Resümee der Pluralitätssicherung nach § 23 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 193 b) Subsidiäre Sicherungsebene: Binnenpluralität nach § 24 000000000 193 aa) Generalverweis des § 24 I 1 0 0 0 000 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 000 0 0 0 0 0 0 0 0 0 194 bb) Verhältnis der Absätze 1 und 2 des § 24 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 194 cc) Ausgestaltung der Rege1beispiele des § 24 11 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 195 (1) Binnenplurale Zusammensetzung des Veranstalters 000000 195 (2) Programmbeirat und ausgewogenes Programm 0 0 0 0 0 0 0 0 0 195 (3) Einfluß des Programmbeirats und dessen Aufsicht 0 0 0 0 0 0 0 196 (a) Einfluß auf die Programmgestaltung 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 196 (b) Aufsicht der Programmbeiräte 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 197 (aa) Notwendigkeit der Aufsicht 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 198 (bb) Aufsicht durch die LfK? 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 198 (cc) Konsequenz 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 199 (c) Bereich der gesetzlichen Änderungen 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 199 (d) Ergebnis 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 200 dd) Funktionskontrolle nach § 24 V 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 200 ee) Resümee der Pluralitätssicherung nach § 24 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 200 c) Die Beteiligung des Medienrates als binnenpluraler Modellbaustein im vielfaltsrelevanten Bereich 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 201 d) Weitere pluralitätsrelevante Regelungen 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 202
16
Inhaltsverzeichnis aa) Eigenständigkeit des Programms nach § 16 ................ bb) Kirchliches Drittsenderecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Kooperation privater und öffentlich-rechtlicher Rundfunkveranstalter ............................................ e) Gesamtbild ............................................ aa) Vielfalt durch "Vielheit"? .............................. bb) Spannungsverhältnis zwischendem Pluralitätsprinzip und den Auswahlregelungen des § 21 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Pluralitätsexkurs: Der offene Kanal ............................ a) Verfassungsrechtliche Vorüberlegung ........................ b) Der offene Kanal im LMG a.F. ............... . ............. c) Chancen und Gefahren eines offenen Kanals .................. d) Abgrenzung zum nichtkommerziellen Veranstalter .............. 4. Resümee der Vorschriften zum Prinzip des Pluralismus ............ VII. Das Prinzip der Programmfreiheit im Landesmediengesetz ........... I. Verfassungsrechtliche Anforderungen .......................... 2. Ausgestaltung der Programmfreiheit ........................... a) Keine grundlegende Normierung in § 15 ..................... b) Inhaltliche Eigenverantwortlichkeit des Veranstalters ............ 3. Grenzen der Programmfreiheit ................................ a) Programmgrundsätze ..................................... aa) Allgemeine Programmgrundsätze des § 54 ................. bb) Informationeller Grundstandard nach §§ 56, 57 ............. (1) Informationsrecht nach § 57 ........................ (2) Sorgfaltspflicht nach § 56 .......................... (a) Tatsachen .................................... (aa) Durchschnittlicher Sorgfaltsmaßstab ........ . . . (bb) Auffangregelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (cc) Ergebnis ................................. (b) Meinungen ................................... cc) Gesonderte inhaltliche Vielfaltsverpflichtung bei binnenpluraler Zulassung? ......................................... b) Beschränkung der Programmfreiheit durch Art. 5 11 GG ......... aa) Allgemeine Gesetze .................................. (1) Strafrechtliche Bestimmungen ....................... (a) Vorfrage ..................................... (b) Ausformungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Beschränkungen durch das LMG als allgemeines Gesetz .. (a) Gegendarstellungsanspruch ...................... (b) Verlautbarungsanspruch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (c) Auskunftspflicht .............................. (d) Aufzeichnungs- und Speicherungspflicht ........... (e) Kirchliches Drittsenderecht ...................... bb)Jugendschutz ........................................
202 202 202 203 203 204 204 205 205 206 207 208 208 208 209 209 209 210 211 211 212 212 213 214 214 214 215 216 216 217 217 218 218 219 219 219 220 221 221 222 223
Inhaltsverzeichnis (l) Kompetenzrechtliche Voriiberlegung ................. (2) Stellenwert des Jugendschutzes im LMG .............. (3) Ausformungen des Jugendschutzes ................... (a) Sendezeitbeschränkungen ....................... (aa) Darstellung .............................. (bb) Wertung ................................. a) Tatsächlich ............................ ß) Verfassungsrechtlich ..................... (b) Jugendschutzbeauftragter ....................... (4) Aufgaben des Medienrates im Jugendschutzbereich ...... (a) Entscheidungserhebliche Aufgaben und gesetzliche Lükke bei den Jugendschutzkompetenzen des Medienrates (b) Empfehlungen zur Medienpädagogik als beratende Aufgabe ........................................ (c) Mittelbar jugendschutzrelevante Aufgabe .......... (5) Resümee der Jugendschutzvorschriften ............... 4. Resümee der Vorschriften zum Prinzip der Programmfreiheit . . . . . . ..
VIII. Die Finanzierung des privaten Rundfunks als zentrale Regelung aus dem Bereich der Ausgestaltungsbefugnis ............................. I. Verfassungsrechtliche Finanzierungsvorgaben ................... 2. Prinzip der wirtschaftlichen Eigenverantwortlichkeit .............. 3. Verfassungsrechtliche Aspekte der Rundfunkfinanzierung durch Werbung .................................................... a) Werbung als Schutzgut der Rundfunkfreiheit .................. b) Rückwirkung auf Presse und öffentlich-rechtlichen Rundfunk. . . .. c) Werberegelungen als allgemein-gesetzliche Beschränkungen der Programmfreiheit ....................................... 4. Werberegelungen für den Rundfunk ........................... a) Begriff der Werbung iSd. LMG ............................ b) Inhaltliche Vorgaben ..................................... c) Werbeplazierung und Werbedauer .......................... d) Gemeinsame Werberichtlinien der Landesmedienanstalten ....... 5. Sonderfall der Rundfunkfinanzierung durch Sponsoring ............ 6. Werberegelung bei der rundfunkähnlichen Kommunikation ......... a) Vorbemerkung .......................................... b) Werberegelung des § 46 .................................. 7. Finanzierungsmöglichkeit über die Rundfunkgebühr .............. a) status quo nach § 40 RfStV ................................ b) Verfassungsrechtliche Möglichkeit der Partizipation des privaten Rundfunks an der Rundfunkgebühr ......................... aa) Ausgangsüberlegung .................................. bb) Auffassungen in Rechtsprechung und Literatur ............. cc) Eigene Auffassung ................................... dd) Ergebnis .......... . ................................ 2 Kirschnek
17 223 224 224 224 224 225 225 226 227 227 228 228 229 229 229 230 230 231 232 232 233 234 234 235 235 236 236 236 237 237 237 238 239 240 240 240 241 243
Inhaltsverzeichnis
18
8. Resümee der Finanzierungsregelungen ......................... 244 IX. Ausgewählte Probleme im Landesmediengesetz .................... 244 1. Begrenzung der Anzahl der Verbreitungsgebiete für regionalen und lokalen Hörfunk nach § 7 11 2 Nr. 2 iVm. § 20 11 2 Nr. 3, 4 .......... 244 a) Situation des regionalen und lokalen Hörfunks vor der Novellierung 245 b) Bestandsschutzgarantie für bereits lizenzierte Veranstalter aus dem Grundrecht der Rundfunkfreiheit des Art. 5 I 2 GG? ............ 247 aa) Zulässigkeit einer Neuordnung der privaten Rundfunklandschaft unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten ................... 247 (1) Die Verknüpfung von Vielfalts- und Wirtschaftlichkeitserwägungen durch das BVerfG ...................... 247 (2) Eigene Auffassung ................................ 248 (3) Zwischenergebnis ................................ 249 bb) Unzulässige Pluralitätsverkürzung durch Senderreduzierung ... 250 (1) Ausgangssituation: Außenpluralismus ................. 250 (2) Faktische Entwertung durch das LMG ................ 250 (3) Abwägung zwischen Pluralitätsprinzip und Wirtschaftlichkeitsgesichtspunkten .............................. 251 (4) Zwischenergebnis ................................ 252 cc) Subjektive Dimension der Rundfunkfreiheit als Weiterlizenzierungsanspruch? ...................................... 252 (1) Umfang der subjektiven Dimension der Rundfunkfreiheit . 252 (a) Auffassung des BVerfG und Konsequenz ........... 253 (b) Eigene Auffassung und Konsequenz ............... 253 (aa) Lösung im Lichte der Frequenzknappheit ....... 254 (bb) Lösung im Lichte der Wirkungsmöglichkeit des Rundfunks ............................... 255 (cc) Gemeinsamer Nenner ....................... 255 (2) Zwischenergebnis ................................ 256 dd) Ergebnis ........................................... 256 c) Bestandsschutzgarantie aus Art. 12 I, 14 I GG? ................ 256 aa) Art. 12 I GG ........................................ 256 bb) Art. 14 I GG ........................................ 257 d) Bestandsschutzgarantie aus dem LMG? .. . ................... 257 e) Ergebnis ............................................... 258 2. Werbezeitregelung für regionale Hörfunkveranstalter bei Hörfunkveranstaltung in einem Teilverbreitungsgebiet nach § 33 IV 2 Nr. 1 LMG ... 258 a) Regelungsinhalt und dessen Zustandekommen ................. 258 b) Verfassungsrechtliches Problem und seine vorläufige Lösung ..... 259 c) Einfachrechtliche Probleme ................................ 260 d) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 260 3. Resümee ................................................. 261
X.
Verfassungsrechtliches Resümee der Ausgestaltungsregelungen des Landesmediengesetzes ........................................... 261
Inhaltsverzeichnis
19
Zusammenfassung .......................................... . . . . . . .. 263
I.
Prinzip der Staatsfreiheit .... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 264
11.
Prinzip der Gruppenfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 264
III.
Prinzip des Pluralismus .... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 264
IV.
Prinzip der Programmfreiheit .................................. 265
V.
Finanzierung des privaten Rundfunks ................ . . . . . . . . . . .. 265
VI. Einzelfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 265 Literaturverzeichnis
267
Sachverzeichnis .................................................... 278
Abkürzungsverzeichnis AK APF
ARD
Bad.GVBI. BaWü BayLV BBC BK Btx CDU DAB ders. dies.
DN
Dok. DRADAG DRP DSF e.A. EKM E-LMG epd/KiFu Erg.Lfg. Forts. FRAG FSK FuR GBI. GjS
HR
J.O.
KEK
KtK LfK LHO
LKB
LMG LPresseG Ltd.MinRat
Alternativ-Kommentar zum Grundgesetz Archiv rur das Post- und Fernmeldewesen Arbeitsgemeinschaft der Rundfunkanstalten in Deutschland Badisches Gesetz- und Verordnungsblatt Baden-Württemberg Verfassung des Freistaats Bayern British Broadcasting Corporation Kommentar zum Bonner Grundgesetz (Bonner Kommentar) Bildschirmtext Christlich-Demokratische Union Digital Audio Broadcasting derselbe dieselbe Deutscher Journalistenverband Dokumentation Drahtloser Dienst, Aktiengesellschaft rur Buch und Presse Deutsche Reichspost Deutsches Sportfernsehen einstweilige Anordnung Expertenkommission "Neue Medien" Baden-Württemberg Erster Entwurf zum Landesmediengesetz Evangelischer Pressedienst, Kirche und Rundfunk Ergänzungslieferung Fortsetzung Freie Rundfunk-AG Freiwillige Selbstkontrolle der Filmwirtschaft Film und Recht Gesetzblatt fiir Baden-Württemberg Gesetz über die Verbreitung jugendgefährdender Schriften Hessicher Rundfunk journal official Kommission gegen Konzentration im Privatfunk Kommission fiir den Ausbau des techno Kommunikationssystems Landesanstalt rur Kommunikation Landeshaushaltsordnung Baden-Württemberg Landeskreditbank Landesmediengesetz Baden-Württemberg Landespressegesetz Baden-W ürttemberg Leitender Ministerialrat
Abkürzungsverzeichnis LT-Drs. LT-PIPr. LV LVwVfG MDHS MHz MinRat MKS MP MWK NWDR 0.J. OPD Ord.Ziff. p. RfStV RIAS RMI RMVP RPM RRG RTL RuF RV SDR SPD st. StaMi StV Sürag SWF SWR TelegraphenG TM UKW VB VPRT VSRA WDR WRV Württ.-Bad.Reg.Bl. Württ.-H.Reg.Bl. ZDF ZustG
21
Drucksache des Landtags von Baden-Württemberg Plenarprotokoll des Landtags von Baden-Württemberg Verfassung des Landes Baden-Württemberg Landesverwaltungsverfahrensgesetz Baden-Württemberg MaunzlDürigIHerzogiScholz, Kommentar zum Grundgesetz Megahertz Ministerialrat v.MangoldtIKleiniStark, Kommentar zum Grundgesetz Media Perspektiven Ministerium für Wissenschaft und Kunst Baden-W ürttemberg Nordwestdeutscher Rundfunk ohne Jahrgang Oberpostdirektion Ordnungsziffer page Rundfunkstaatsvertrag Rundfunk im amerikanischen Sektor Berlin Reichsministerium des Innern Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda Reichspostministerium Reichsrundfunkgesellschaft Radio Television Luxembourg Rundfunk und Fernsehen Verfassung des Deutschen Reiches von 1871 Süddeutscher Rundfunk Sozialdemokratische Partei Deutschlands ständig(e) Staatsministerium Baden-Württemberg Staatsvertrag Süddeutsche Rundfunk-AG Südwestfunk Südwestrundfunk Telegraphengesetz Transparenz in den Medien Ultrakurzwelle Verfassungsbeschwerde Verband Privater Rundfunk und Telekommunikation Verband Südwestdeutscher Rundfunkanbieter Westdeutscher Rundfunk Weimarer Reichsverfassung Württembergisch-Badisches Regierungsblatt Württembergisch-Hohenzollerisches Regierungsblatt Zweites Deutsches Fernsehen Zustimmungsgesetz
Die übrigen Abkürzungen folgen Hildebert Kirchner, Abkürzungsverzeichnis der Rechtssprache, 4. Auflage, Berlin, New York 1993.
Einleitung und Gang der Untersuchung Die deutsche Rundfunklandschaft hat sich in den achtziger Jahren grundlegend verändert. Während bis zur Mitte der Achtziger ausschließlich Anstalten des öffentlich-rechtlichen Rechts als Anbieter von Hörfunk und Fernsehen auftraten, und sich das bundes deutsche Rundfunksystem lediglich eindimensional entwikkelt hat, sind den öffentlich-rechtlichen Anstalten mit der Öffnung des Rundfunkmarktes durch die Zulassung von privaten Anbietern mittels gesonderter Mediengesetze in allen Bundesländern ernstzunehmende Konkurrenten im Wettbewerb um die Hörer- und Sehergunst erwachsen. In Baden-Württemberg haben sich die Landesregierung und Teile des Gesetzgebers Ende der siebziger Jahre erstmals um die Etablierung privater Rundfunkveranstalter bemüht. In dieser Anfangsphase hatte die rundfunkpolitische Auseinandersetzung im Land eher eine ideologische Dimension, da die Frage der Zulassung privater Rundfunkanbieter je nach politischer Couleur anders beurteilt wurde. Mit dem dritten Rundfunkurteil des Bundesverfassungsgerichts im Jahre 1981 waren die landesgesetzgeberischen Aktivitäten von hinreichend konkreten verfassungsrechtlichen Vorgaben getragen. Das am Ende der Bemühungen stehende Landesmediengesetz Baden-Württemberg trat zum 1. Januar 1986 in Kraft und schaffte die gesetzliche Grundlage für eine privatrechtliche Rundfunkveranstaltung im Land. Die Existenz privatrechtlich organisierter Rundfunkanbieter ist im deutschen Südwesten jedoch kein Novum, denn schon vor dem zweiten Weltkrieg verbreiteten privatwirtschaftlich organisierte Unternehmen regelmäßige Rundfunkprogramme. In ,Kapitel A' soll in einem kurzen Abriß die Geschichte des Rundfunks im deutschen Südwesten anhand der wichtigsten Entwicklungsschritte bis hin zur nunmehr bevorstehenden Gründung der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalt SWR dargestellt werden, da nur aus der Gesamtsicht dieser Entwicklung das deutsche Rundfunksystem mit seiner beinahe vierzigjährigen Dominanz der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten zu verstehen ist. Ende der siebziger und Anfang der achtziger Jahre rückten die "neuen Medien", oder besser ausgedrückt die hinter diesen stehende technische Entwicklung der Übertragungskapazitäten durch Kabel und Satellit, sowie die sich abzeichnenden kommunikationstechnischen Entwicklungen im Bereich der Individualkommunikation in den Vordergrund der politischen Diskussion. Die zentrale politische Frage der damaligen Zeit war, ob und wie diese neuen Technologien zum Nutzen der Kommunikation, insbesondere aber im massenkommunikativen
24
Einleitung
Bereich, genutzt werden können. Parallel dazu entwickelte sich eine intensive Diskussion über die rechtlichen Rahmenbedingungen dieser möglichen Nutzung. Es sollen in ,Kapitel B' die wesentlichen entstehungsgeschichtlichen Schritte auf dem Weg zum Landesmediengesetz Baden-Württemberg sowie die bewegte Entwicklung, die das Gesetz auf der verfassungs gerichtlichen und politischen Bühne genommen hat, nachvollzogen und beleuchtet werden. Diese Gesamtentwicklung läßt sich in sechs grundlegende Phasen unterteilen. Dreh- und Angelpunkt der verfassungsrechtlichen Diskussion um die Ausgestaltung der Rundfunkordnung ist die Rundfunkfreiheit des Art. 5 Abs. 1 S. 2 Grundgesetz. Der Streit in der Literatur - sekundiert durch (mittlerweile) umfangreiche bundesverfassungsgerichtliche Rechtsprechung - um die Interpretation dieser Norm ist beinahe so alt wie das Grundgesetz selbst. In dieser Interpretation liegt jedoch der Schlüssel zu der Frage, wie die Rundfunkordnung in Deutschland verfassungsgemäß organisiert werden muß. Es soll daher in ,Kapitel C' die Dimension des Grundrechts der Rundfunkfreiheit unter den bei den wesentlichen Interpretationsansätzen dargestellt und im Lichte der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bewertet werden. Auf dieser Grundlage wird in ,Kapitel D' das aus dieser Interpretation folgende Rundfunkmodell des Bundesverfassungsgerichts aufgezeigt und sodann die daraus abzuleitenden verfassungsrechtlichen Grundprinzipien für die Ausgestaltung einer Rundfunkordnung, die sich durch das Nebeneinander von öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten und privaten Anbietem auszeichnet, herausgearbeitet. Mittels des nun vorliegenden "Rasters" wird das Landesmediengesetz im zentralen ,Kapitel E' daraufhin untersucht, wie der baden-württembergische Landesgesetzgeber die verfassungsrechtlichen Grundprinzipien im Landesmediengesetz umgesetzt und ausgestaltet hat. Darüber hinaus wird geprüft, ob und inwieweit diese Ausgestaltungen geeignet sind, den verfassungsrechtlichen Anforderungen an eine duale Rundfunkordnung gerecht zu werden. Im Rahmen dieser Prüfung treten neben den verfassungsrechtlichen auch landesmediengesetzimmanente, und somit einfachrechtliche Probleme in das Blickfeld der Betrachtung. Neben den vom Bundesverfassungsgericht zwingend geforderten Grundprinzipien kann der Landesgesetzgeber auch zusätzliche, den öffentlich-rechtlichen und privaten Rundfunk betreffende Bereiche mittels des Landesmediengesetzes regeln. Hier soll der wichtige Bereich der Finanzierung des privaten Rundfunks bearbeitet werden. Am Ende dieses Kapitels werden zwei ausgesuchte, dem Landesmediengesetz innewohnende verfassungsrechtliche Probleme, die Gegenstand einer seit 1992 beim Bundesverfassungsgericht anhängigen Verfassungsbeschwerde sind, am Maßstab der Rundfunkfreiheit des Art. 5 12 GG untersucht. Die abschließende Zusammenfassung soll die Ergebnisse der Untersuchung des Landesmediengesetzes stichwortartig darstellen und auf gesetzgeberischen Handlungsbedarf hinweisen.
A. Der Rundfunk im deutschen Südwesten Seit dem Bestehen des Landes Baden-Württemberg war die Rundfunklandschaft geprägt von der Vormachtstellung der beiden öffentlich-rechtlichen Landesrundfunkanstalten, dem Süddeutschen Rundfunk (SDR) in Stuttgart und dem Südwestfunk (SWF) in Baden-Baden. Mit der Einruhrung des Landesmediengesetzes Baden-Württemberg (LMG) am 1. Januar 1986 verloren die Landesrundfunkanstalten ihr Rundfunkveranstaltungsmonopol und der Rundfunk-, insbesondere der Hörfunkmarkt, wurde rur private Anbieter geöffnet. Die Existenz privatrechtlicher Rundfunkveranstalter ist jedoch im deutschen Südwesten kein Novum, da Rundfunk bereits vor dem zweiten Weltkrieg in privatrechtlicher Organisationsform betrieben wurde. Zum Verständnis des Bestehenden bedarf es zunächst eines Blicks auf das Gewesene.
I. Anfänge des Rundfunks in Württemberg und Baden Die Entstehung des Rundfunks in den damaligen Ländern Württemberg und Baden muß im Zusammenhang mit der Rundfunkentwicklung in der Weimarer Republik betrachtet werden, da die Grundlagen rur die Veranstaltung von Rundfunksendungen im Reichsgebiet in Berlin gelegt wurden. Die Begriffe "Rundfunk" und "Hörfunk" wurden in den Entstehungsjahren des Hörfunks gleichbedeutend verwendet. Erst mit der Einruhrung des "Fernsehens" wurde eine begriffliche Differenzierung notwendig. Spätestens seit dem ersten Rundfunkurteil des BVerfG versteht man den "Rundfunk" als Obergriffrur "Hörfunk" und "Fernsehen"!, doch umgangssprachlich wird der Rundfunk heute häufig mit dem Hörfunk gleichgesetzt und das Fernsehen daneben als selbständige Vokabel verwendet. 2 1. Historische Grundlagen
Am 23.10.1923 schlug in Berlin die Geburtsstunde des deutschen Rundfunks, als die "Radio-Stunde AG" als erster Rundfunkveranstalter in Deutschland den Hörfunkprogrammbetrieb aufnahm. Die Initiative zur Einruhrung eines allgemei-
I 2
BVerfGE 12,205,226.
Oppennann, Kulturverwaltungsrecht, S. 495, Fn. 223.
26
A. Der Rundfunk im deutschen Südwesten
nen Unterhaltungsrundfunks ging von der Deutschen Reichspost (DRP) aus. 3 Da die DRP nicht über ausreichende Finanzmittel verfügte, wurden zwischen 1923 und 1924 neun regionale, privatwirtschaftlich organisierte Programmgesellschaften in von der DRP eingeteilten Sendebezirken gegründet. 4 Aufgabe dieser Gesellschaften war die Herstellung von Rundfunkprogrammen, die mittels posteigener Anlagen aufgenommen und ausgestrahlt wurden,5 wobei die DRP als Konzessionsbehörde auftrat. 1925 schlossen sich die Regionalgesellschaften in der ebenfalls privatrechtlich organisierten Reichsrundfunkgesellschaft (RRG) zusammen. 6 Die Rechtsgrundlage, auf der sich der Rundfunk entfaltete, war das "Gesetz über das Telegraphenwesen" vom 6. April 1892 7, durch das die ausschließliche Funkhoheit des Reiches festgelegt wurde. 8 Nach der Reichsverfassung war eine solche ausschließliche Zuständigkeit in Art. 4 Nr. 10 RV nur für das Post- und Telegraphenwesen gegeben, wurde dann aber auf den neu entstehenden Rundfunk ausgedehnt. 9 2. "Süddeutsche Rundfunk-AG (Sürag)" Stuttgart Im Reichspostrninisterium (RPM) in Berlin stand bereits seit dem Spätsommer 1922 fest, daß Stuttgart zu den neun Orten gehören sollte, wo ein Rundfunksender errichtet und eine Rundfunkgesellschaft gegründet werden sollte. 'o In Stuttgart regte sich im Herbst 1923 konkretes Interesse am Rundfunk. Aufgrund der Bemühungen des Stuttgarter Industriellen Theodor Wanner wurde am 3. März 1924 in Stuttgart die "Süddeutsche Rundfunk-AG" errichtet, als deren Gegenstand "die Veranstaltung und drahtlose Verbreitung von Vorträgen, Nachrichten und Darbietungen künstlerischen, belehrenden, unterhaltenden sowie sonst weitere Kreise der Bevölkerung interessierenden Inhalts in Stuttgart und weiterem
3
Hesse, Rundfunkrecht, S. I.
4 Dies waren die Funkstunde-AG in Berlin, die Mitteldeutsche Rundfunk-AG in Leipzig, die Deutsche Stunde in Bayern GmbH in München, die Südwestdeutsche RundfunkAG in Frankfurt (Main), die Norddeutsche Rundfunk-AG in Hamburg, die Süddeutsche Rundfunk-AG in Stuttgart, die Schlesische Funkstunde-AG in Breslau, die Ostmarken Rundfunk-AG in Königsberg und die Westdeutsche Rundfunk-AG in Köln. s BVerfGE 12,205,208. 6 Schuster, Meinungsvielfalt in der dualen Rundfunkordnung, S. 23. 7 RGBI. I, S. 467.
8 9
Vgl. dazu schon Stockmayer, Norm und Widerspruch, S. 24 ff. Hoffmann, Rundfunkorganisation und Rundfunkfreiheit, S. 24.
10
Grube, Rundfunkpolitik in Baden und Württemberg, S. 17.
I. Anfänge des Rundfunks in Württemberg und Baden
27
Umkreise" genannt wurde. I I Mit der Eröffnungsfeier am 11. Mai 1924 im Stuttgarter Schloß nahm die "Süddeutsche Rundfunk-AG" ihren Betrieb auf. 12 3. Bemühungen in Baden Auch in Baden regten sich Bestrebungen zur Errichtung eines eigenen Rundfunksenders. In Freiburg und Umgebung gab es einige hundert Rundfunkteilnehmer, von denen ca. 300 im "Oberrheinischen Funkverein" zusammengeschlossen waren. Im Juni 1924 beantragte die Stadt Freiburg beim RPM die Aufstellung eines Zwischensenders. Auch in Nordbaden waren zur gleichen Zeit Bestrebungen zur Errichtung eines Rundfunksenders im Gange. So forderten im März 1925 Vertreter der Stadt und der Oberpostdirektion Karlsruhe sowie der "Badischen Gesellschaft für Radiotechnik" vom RPM die Aufstellung eines Senders in Karlsruhe. 13 In Mannheim wurde ein Antrag des Verkehrsvereins zur Errichtung eines badischen Zwischensenders mit der Begründung des Wellenmangels vom RPM abgelehnt. 14 So trat man in Verhandlungen mit der Frankfurter "Südwestdeutschen Rundfunkdienst-AG" und einigte sich auf die Einrichtung eines Besprechungsraums in Mannheim, von dem aus ab April 1926 direkt Vorträge an den Frankfurter Sender übertragen wurden. Die südbadischen Bemühungen wurden im November 1926 mit der Errichtung eines Zwischensenders in Freiburg belohnt. Karlsruhe erhielt entgegen seiner Erwartungen nur einen Besprechungsraum, der mit den Sendern in Stuttgart, Freiburg und Frankfurt verbunden wurde. 15 4. Entwicklung zum Staatsrundfunk Im März 1926 wurden die Rechtsbeziehungen zwischen der DRP, der Süddeutschen Rundfunk-AG und den anderen acht Regionalgesellschaften durch die "Genehmigung zur Benutzung der Funksendeanlagen der DRP für die Zwecke des Unterhaltungsrundfunks" vereinheitlicht. 16 So mußten 17 % des Aktienkapitals der Regionalgesellschaften auf die Reichsrundfunkgesellschaft (RRG) übertragen werden; die RRG hatte ihrerseits der DRP 51 % ihres Aktienkapitals
11
Grube, Rundfunkpolitik in Baden und Württemberg, S. 19.
V gl. hierzu Süddeutscher Rundfunk, 70 Jahre Rundfunk für Baden und Württemberg 1924 bis 1994, Südfunk-Hefte 19. 13 Grube, Rundfunkpolitik in Baden und Württemberg, S. 89. 12
14
Grube, Rundfunkpolitik in Baden und Württemberg, S. 90.
Schütte, Regionalität und Föderalismus im Rundfunk, S. 62. 16 Schuster, Meinungsvielfalt in der dualen Rundfunkordnung, S. 23. 15
28
A. Der Rundfunk im deutschen Südwesten
kostenlos zur Verfügung zu stellen. 17 Damit beherrschte die DRP die einzelnen Regionalgesellschaften und die private Initiative der Gründer der regionalen Rundfunkveranstalter wurde nach der geleisteten finanziellen und organisatorischen Aufbauarbeit der ersten Jahre ausgeschlossen. Neben dieser gesellschaftsrechtlichen Einflußnahme durch die DRP sahen die Konzessionen an die regionalen Rundfunkveranstalter weiter vor, daß jede Regionalgesellschaft die zu verbreitenden Nachrichten von der "Drahtloser Dienst-AG" (DRADAG) erhält, die wiederum das politische Vertrauen des Reichsministeriums des Innern (RMI) besaß. 18 Ab Juni 1926 nahm zusätzlich ein Rundfunkkommissar die Kontrolle und die Interessen der DRP gegenüber der RRG und den Regionalgesellschaften wahr. 19 1932 wurde die staatliche Kontrolle über den Rundfunk mit der Liquidierung der regionalen Rundfunkgesellschaften 20 weiter verschärft. An deren Stelle traten Gesellschaften mit beschränkter Haftung, deren Anteile zu 51 % der DRP und zu 49 % den Ländern zugewiesen wurden. Im April 1934 gingen schließlich die Geschäftsanteile Württembergs am Stuttgarter Sender auf die RRG über. Mit diesem letzten Schritt war das ursprünglich föderal und dezentral angelegte Rundfunksystem im Deutschen Reich nun endgültig in ein zentralistisches Organisationsgefüge gepresst. 21 So wurden die Rundfunkstrukturen geschaffen, die es den Machthabern ab 1933 ermöglichten, mit der Macht im Staat auch die Macht im Rundfunk zu übernehmen22 und den Rundfunk zu einem bloßen Instrument nationalsozialistischer Propanganda23 umzuformen. Das Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda (RMVP) übernahm 1933 die politische und wirtschaftliche Kontrolle über den Rundfunk, indem die Geschäftsanteile der RRG auf das Reich, vertreten durch das RMVP, übergingen. 24 Nur die Technik und das Gebührenwesen blieben in den Händen der Post. Die damaligen Machthaber erkannten sehr schnell die Bedeutung des Rundfunks zur Beeinflussung der Bevölkerung und so wurde der Rundfunk zum Lenkrad für die Massenregie. 25
17
Pohle, Der Rundfunk als Instrument der Politik, S. 49.
18
Schuster, Meinungsvielfalt in der dualen Rundfunkordnung, S. 23.
19 Schuster, Meinungsvielfalt in der dualen Rundfunkordnung, S. 24, Fn. 21: Diese Position bekleidete von 1926-1933 Hans Bredow, der datUr sein Amt als Staatssekretär im RPM aufgab. 20 Zum Schicksal der "Sürag" vgl. Lersch, Rundfunk in Stuttgart 1934-1949, SüdfunkHefte 17, S. 11 ff. 21 Lersch, Rundfunk in Stuttgart 1934-1949, Südfunk-Hefte 17, S. 13.
23
Bausch, Zur Entwicklung des Rundfunks seit 1945, in: Glotz / Kopp, S. 12. BVerfGE 12,205,210.
24
Die Stuttgarter Rundfunkstation hieß fortan "Reichssender Stuttgart".
25
Netzer, Zur Geschichte von Rundfunk und Fernsehen in Deutschland, in: Arnold,
22
S.5.
II. Wiederaufbau des Rundfunks
29
Die Zahl der Rundfunkteilnehmer stieg von 1932 von ca. 4 Mio. bis 1939 auf ca. 10,8 Mio. an. 26
5. Entwicklung im Fernsehbereich Nach ersten Versuchen mit Bildern im Jahr 1928 wurde 1930 in Berlin das erste vollelektronische Fernsehbild der Öffentlichkeit vorgestellt. Nach Versuchssendungen im Jahre 1934 war das erste regelmäßige Fernsehprogramm die Übertragung der Olympischen Spiele 1936. Gemessen am Hörfunk war das Fernsehen für die damaligen Machthaber vergleichsweise uninteressant. So wurde zwar bis 1939 noch ein "Einheitsfernsehempfänger" entwickelt, doch der Krieg und die baldige Einstellung der Sendungen machte alle weiteren Pläne, auch aus dem Fernsehen ein Mittel zur Massenbeeinflussung zu machen, zunichte.
11. Wiederaufbau des Rundfunks 1. Westalliierte Vorgaben
Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges übernahmen die Siegermächte die Sendeanlagen und nutzten diese zunächst als Soldatensender. Den Deutschen wurde durch das Gesetz des Alliierten Kontrollrats Nr. 191 zunächst jeglicher Rundfunk verboten/ 7 wobei die Alliierten bestrebt waren, den Rundfunk schon bald wieder in deutsche Verantwortung zurückzugeben, ein übergreifendes Konzept der Siegermächte für den Wiederaufbau des Rundfunks gab es jedoch nicht. 28 Aufgrund des massiven Einsatzes des Rundfunks im Dritten Reich für Propangandazwecke war es das Ziel der Besatzungsmächte, jeglichen staatlichen Einfluß auf den Rundfunk auszuschalten. 29 Die drei westlichen Alliierten wollten demokratische, öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten auf streng foderalistischer Grundlage mit pluralistisch zusammengesetzten Aufsichtsgremien errichten. 3D Gemeinsamer Nenner der westalliierten Überlegungen war, die Kontrolle über den Rundfunk zu verteilen und von der Beherrschung durch die Regierung freizuhalten. Dieses Konzept eines staatsfreien Rundfunks sollte in den drei Westzonen strikt eingehalten werden. Ursprünglich nahmen die Westalliierten Pohle, Der Rundfunk als Instrument der Politik, S. 333. Hesse, Rundfunkrecht, S. 8 unter Hinweis auf APF 1949, 2, S. 65; Rosenkranz, Öffentlich-rechtlicher Rundfunk in Baden-Württemberg, in: Biege, S. 170. 28 Bausch, Zur Entwicklung des Rundfunks seit 1945, in: Glotz / Kopp, S. 13. 29 BVerfDE 12,205,210. 26 27
30 Steininger, Deutschlandfunk - die Vorgeschichte einer Rundfunkanstalt 1949 - 1961, S.16.
A. Der Rundfunk im deutschen Südwesten
30
ihre heimische Rundfunkstruktur zur Grundlage ihrer Überlegungen. 31 Der Übergang in die deutsche Zuständigkeit vollzog sich in den drei westlichen Besatzungszonen in der Weise, daß teils durch Verordnungen der Militärregierungen, teils durch Gesetze der inzwischen neugeschaffenen Länder Rundfunkanstalten des öffentlichen Rechts 32 mit dem Recht der Selbstverwaltung errichtet wurden. 33 Die formal gesehen größere Staatsnähe wurde durch die in den Rundfunkgesetzen niedergelegte Selbständigkeit gegenüber dem Staat kompensiert. Die Kontrolle wurde eigenen Organen, vor allem den Rundfunkräten, anvertraut, deren Vertreter sozial repräsentativer Organisationen angehörten. 34 2. Umsetzung in den damaligen Ländern Nach dem Krieg waren Baden, Württemberg-Baden und Württemberg-Hohenzollern Bestandteile der amerikanischen bzw. der französischen Besatzungszone. a) Süddeutscher Rundfunk (SDR) in Stuttgart Bereits am 3. Juni 1945 nahm das von den Amerikanern organisierte "Radio Stuttgart - Ein Sender der Militärregierung" den Sendebetrieb in der Stuttgarter Neckarstraße auf. Im September 1946 bezog die Sendestelle Heidelberg-Mannheim ihre Räume und 1948 kam ein provisorisches Studio in Karlsruhe hinzu. 35 Durch Gesetz Nr. 1039 - "Radio-Gesetz" vom 6. Apri11949 36 entstand in dem amerikanisch besetzten Teil des heutigen Baden-Württemberg der "Süddeutsche 31 Die Amerikaner verfolgten von Anfang an das Ziel eines regierungs unabhängigen, föderalistisch organisierten Rundfunksystems mit kommerziellen Sendern, was jedoch mangels Wirtschaftskraft nach dem Krieg nicht zu realisieren war. Umgesetzt werden sollte aber das Prinzip der Dezentralisierung. Die Briten erließen 1947 ein "Statut" für eine zentralistische Ordnung des Rundfunks in ihrer Zone. Als Vorbild für den Neuanfang diente die British Broadcasting Corporation (BBC). Diese ist als Public Corporation vom Staat unabhängig und zentralistisch aufgebaut. Die Franzosen verfolgten entsprechend ihrer heimatlichen Struktur ebenfalls eine zentralistische Lösung. 32 Magnus, Der Rundfunk in der Bundesrepublik und West-Berlin, S. 25, wonach die öffentlich-rechtliche Struktur des Rundfunks auf Überlegungen von Hans Bredow und Kurt Magnus zurückgeht; diese Rechtsfigur sei am besten geeignet, die gemeinwohlorientierte Zweckbestimmung des Rundfunks zu sichern, da die Anstalt juristisch niemandem gehöre. 33 BVerfGE 31, 314, 327.
Oppennann, Kulturverwaltungsrecht, S. 497. Rosenkranz, Öffentlich-rechtlicher Rundfunk in Baden-Württemberg, in: Biege, S.I72. 36 Württ.-Bad. RegBl. 1949, S. 71. 34
35
III. Von SDR und SWF zum SWR
31
Rundfunk" als Anstalt des öffentlichen Rechts in Stuttgart. Nun stand der Überführung von "Radio Stuttgart" in deutsche Hände nichts mehr im Wege. 37 Am 21. November 1950 wurde das Gesetz wieder außer Kraft gesetzt, und an seine Stelle trat das Gesetz Nr. 1096 "Rundfunkgesetz"38. Diesem war als Anlage die Satzung für den "Süddeutschen Rundfunk" angefügt. Zweck des SDR war danach die Veranstaltung von Rundfunk im Gebiet Württemberg-Baden.
b) Südwestfunk (SWF) in Baden-Baden Im französisch besetzen Teil des heutigen Baden-Württemberg startete die Militärregierung von ihrem Sitz in Baden-Baden aus am 31. März 1946 ein regelmäßiges Hörfunkprogramm. Durch die Verordnung Nr. 187 vom 30. Oktober 1948 39 errichtete die französische Militärregierung eine einheitliche Rundfunkanstalt unter der Bezeichnung "Südwestfunk", die das Land Rheinland-Pfalz und die ehemaligen Länder Baden und Württemberg-Hohenzollern sowie den Kreis Lindau versorgen sollte. 40 Ursprünglich war Mainz als Sitz der Länderanstalt vorgesehen,41 tatsächlich war jedoch Baden-Baden ab 1948 Sitz des SWF. 42 Die Verhandlungen der Länder Baden, Rheinland-Pfalz und Württemberg-Hohenzollern, die am 27. August 1951 in den Staatsvertrag über den Südwestfunk43 mündeten, sahen schließlich Baden-Baden als Sitz des SWF vor.
III. Von SDR und SWF zum SWR Baden-Württemberg ist das einzige deutsche Bundesland, in dem zwei Landesrundfunkanstalten nebeneinander bestehen. Der ehemalige Ministerpräsident Lothar Späth unternahm 1988 den Versuch, die öffentlich-rechtliche Rundfunk37 Kehm, 1949. Radio Stuttgart wird deutsch, in: Süddeutscher Rundfunk, SüdfunkHefte 16, S. 63. 38 Württ.-Bad. RegBI. 1951, S. l. 39 Journ. Offic. Nr. 215/1948. Schütte, Der deutsche Nachkriegsfunk und die Gründung der Rundfunkanstalten, in: Lerg / Steininger, S. 230. 4\ Schütte, Der deutsche Nachkriegsfunk und die Gründung der Rundfunkanstalten, in: Lerg / Steininger, S. 232. 40
42 Schütte, Der deutsche Nachkriegsfunk und die Gründung der Rundfunkanstalten, in: Lerg / Steininger, S. 230. 43 Vgl. die Zustimrnungsgesetze zum Staatsvertrag in Baden: Gesetz vorn 18.03.1952, Bad.GVBI. 1952, S. 40, und in Württemberg-Hohenzollern: Gesetz vom 8.4.1952, Württ.H.Reg.BI. 1952, S. 27.
32
A. Der Rundfunk im deutschen Südwesten
ordnung in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz neu zu organisieren. 44 Grundlage dieser Überlegung war die Idee einer Fusion von SDR und SWF, um auf diesem Wege eine große Rundfunkanstalt für Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz zu schaffen. Diese Bemühungen scheiterten am erbitterten Widerstand in beiden Anstalten und an der politischen Durchsetzbarkeit dieser Idee. 45 1. Kooperationsvereinbarung SDR / SWF Aufgrund der Änderung der rundfunkpolitischen und ökonomischen Rahmenbedingungen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks durch die Zulassung privater Veranstalter und zur Stärkung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks im Südwesten vereinbarten der SDR und der SWF mit der Kooperationsvereinbarung vom 12. Februar 199046 eine enge Zusammenarbeit, mittels derer sich die beiden Rundfunkanstalten um die Sicherung ihrer Wettbewerbsfähigkeit gegenüber privaten Anbietem bemühten. Aufgrund der bis Ende 1996 festgeschriebenen Höhe der Rundfunkgebühren sollten neben strukturellen Maßnahmen zur Erhöhung der Wirtschaftlichkeit der Anstalten auch effizienzsteigemde Synergieeffekte durch eine verstärkte Zusammenarbeit der Anstalten, insbesondere im technischen und programmlichen Bereich, erschlossen werden. 47 Im Mai 1995 wurde der Bericht der Landesrundfunkanstalten SDR und SWF über die Umsetzung ihrer Kooperationsvereinbarung vorgelegt. 48 SDR und SWF kamen hierin zu dem (wohl auch nicht anders zu erwartenden) Ergebnis, daß die in der Kooperationsvereinbarung definierten Ziele, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk im Südwesten zu stärken, das Programmangebot weiterzuentwickeln und die anstehenden Zukunftsaufgaben gemeinsam in Angriff zu nehmen, erreicht worden sind, wobei jedoch die Kooperationsmöglichkeiten in den bestehenden Programmen weitgehend ausgeschöpft seien. 49 44
LT -Drs. 10 184, S. 2.
45
Vgl. LT-PlPr. 10/41, S. 3329 ff.
46
FUNK-Korrespondenz Nr. 7/1990, Dok. Medienpolitik, S. 26 ff.
Berichte der Landesrundfunkanstalten und des ZDF über die Finanz-, Haushalts- und Personalkostenentwicklung in den Jahren 1991 bis 1994, LT -Drs. 11/2109, S. 4 f. 48 Süddeutscher Rundfunk 1 Südwestfunk, Bericht der Landesrundfunkanstalten SDR und SWF über die Umsetzung ihrer Kooperationsvereinbarung, Stuttgart 1Baden-Baden 1995; vgl. auch LT -Drs. 11/5928, 1116130. 49 Der SDR veranstaltet die Hörfunkprogramme SDR I und SDR 3, der SWF die Hörfunkprogramme SWF I und SWF 3. Gemeinsam wird der Hörfunkkanal S 2 Kultur und das Programm S 4 veranstaltet. Letzteres ist mit Kurpfalz-Radio, Baden-Radio, FrankenRadio, Schwaben-Radio, Württemberg-Radio, Radio Breisgau und Bodensee-Radio in sieben Regionalprogramme aufgespaltet. Darüber hinaus veranstalten SDR und SWF ein gemeinsames drittes Femsehprogramm. 47
1II. Von SDR und SWF zum SWR
33
2. Staatsvertrag über den Südwestrundfunk
In der Folgezeit kreiste die politische Diskussion um zwei Modelle: Fusion von SDR und SWF zu einer Zwei-Länder-Anstalt für die bisherigen Verbreitungsgebiete von SDR und SWF oder Schaffung eines baden-württembergischen Landessenders mit einhergehender Aufkündigung des Staatsvertrages über den Südwestfunk. Erst mit dem Ende der Großen Koalition in Baden-Württemberg im Frühjahr 1996 und der Bildung der neuen CDU / FDP-Regierung, die die Neuordnung der öffentlich-rechtlichen Rundfunkordnung im Südwesten in ihrer Koalitionsvereinbarung festschrieb,s° erhielt diese Diskussion wieder Schwung. Erste greifbare Vorschläge kamen hingegen nicht von der Politik, sondern von den betroffenen Rundfunkanstalten selbst. Während sich die Landtagsfraktionen im Juli 1996 nur schwerlich auf den Arbeitsauftrag einer parlamentarischen Rundfunk-Enquete-Kommission einigen konnten,51 legten im August 1996 die Intendanten von SDR und SWF ein gemeinsames Grundsatzpapier vor, in dem sie einen Vorschlag für die Neugründung einer Rundfunkanstalt für die Länder Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz unterbreiteten, in die nach Auflösung von SDR und SWF die beiden Anstalten jeweils als Ganzes eingebracht werden sollten. 52 Die nun unter politischen Zugzwang gekommenen Landesregierungen von Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz nahmen in der Folgezeit Verhandlungen über eine Neuordnung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in ihren Ländern auf, die am 15. April 1997 mit der Vorlage und Paraphierung eines "Staatsvertrages über den Südwestrundfunk" endeten. 53 Hierin nahmen die Länder die Vorschläge der Intendanten auf und kamen überein, eine neue gemeinsame Rundfunkanstalt "Südwestrundfunk" (SWR) mit einem Landessender für Baden-Württemberg und einem Landessender für Rheinland-Pfalz zu gründen. 54 Zum 1. Oktober 1998 sollen der SDR und der SWF aufgelöst werden und im 50 Vereinbarung zwischen der CDU und der FDP über die Bildung einer Koalitionsregierung fiir die 12. Legislaturperiode des Landtags von Baden-Württemberg, S. 68, Ziff. XVIII.2.
51 Vgl. LT-Drs. 12/160,12/161 sowie LT-PIPr. 12/8, S. 306 ff, 12/9, S. 380 ffsowie Staatsanzeiger Baden-Württemberg vom 29.7.1996, S. 9. Die Enquete-Kommission erhielt schließlich den Namen "Rundfunk-Neuordnung", wobei es dem Verfasser verborgen geblieben ist, welchen Sinn die Rundfunk-EnqueteKommission überhaupt hatte, da die Enquete-Kommission ihren Abschlußbericht, LT-Drs. 12/1560, erst am 18. Juni 1997 vorlegte, der Staatsvertrag über den Südwestrundfunk jedoch schon am 31. Mai 1997 unterzeichnet wurde, und die Enquete-Kommission mit dem (ni~ht anders zu erwartenden) Votum der Befürwortung des Staatsvertrages über den SWRschloß. 52 Fünfgeld / Voß, Neuordnung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz, S. 3 ff. 53
Vgl. die Textfassung in: LT-Drs. 12/1340.
Staatsministerium Baden-Württemberg / Staatskanzlei Rheinland-Pfalz, Pressemitteilung vom 15.4.1997. 54
3 Kirschnek
A. Der Rundfunk im deutschen Südwesten
34
Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf den SWR übergehen. Die Ministerpräsidenten der beteiligten Bundesländer unterzeichneten den "Staatsvertrag über den Südwestrundfunk" am 31. Mai 1997, der am 1. Januar 1998 in Kraft tritt. Der Landtag von Baden-Württemberg verabschiedete am 16. Juli 1997 55 das Zustimmungs gesetz zu dem Staatsvertrag über den Südwestrundfunk. 56
3. Resümee Der positive Ansatz der Neugründung des SWR unter Einbringung von SDR und SWF ändert jedoch nichts daran, daß die Beantwortung der Frage nach einer bundesweiten Neuordnung der öffentlich-rechtlichen Landschaft der Arbeitsgemeinschaft der Rundfunkanstalten in Deutschland (ARD) überfällig ist. Neben der Verpflichtung des Gesetzgebers, im Lichte des Art. 5 I 2 GG zur Gewährleistung der Rundfunkfreiheit für eine funktionsgerechte Finanzierung der Rundfunkanstalten zu sorgen, obliegt diesem auch eine Verantwortung gegenüber dem aus der Rundfunkgebühr verpflichteten Gebührenschuldner bei der Bemessung der Höhe der Gebühr. Diese wiederum ist untrennbar mit Struktur-, Effizienzund Wirtschaftlichkeitsfragen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks verbunden. Neben dem verfassungsrechtlichen Maßstab wird sich der neue "Südwestrundfunk" auch an Wirtschaftlichkeitskriterien messen lassen müssen. Leider kommt dieses Moment in der politischen Diskussion, die sich lieber um Fragen der Besitzstandswahrung57 kümmert, zu kurz. Das Echo auf diesen Vorstoß der Ministerpräsidenten war geteilt. Während der Staatsvertrag seitens der Regierungsfraktionen begrüßt wurde, kam aus den Reihen der Opposition Kritik. Bei den betroffenen Rundfunkanstalten regte sich deutlicher Widerstand gegen den Staatsvertrag, als dieser u.a. durch die quantitative Festschreibung der Rundfunkprogramme und dem Verbot regionaler und landesbezogener Fenster in zentralen länderübergreifenden Hörfunkprogrammen (jeweils § 3 I StV) verfassungsrechtlich bedenkliche, weil dem Prinzip der Programmfreiheit zuwiderlaufende, Regelungen beinhaltet; vgl. hierzu Staatsanzeiger tUr Baden-Württemberg vom 5. Mai 1997, S. 3 f, 7; Stuttgarter Zeitung vom 10. Mai 1997, S. 6. Unterstützung in ihrer kritischen Haltung erfuhren die Rundfunkanstalten durch ein Rechtsgutachten von Herrn Prof.Dr.Dr. Thomas Opperrnann, Tübingen, der zumindest das Verbot regionaler und landesbezogener Fenster in zentralen länderübergreifenden Hörfunkprogrammen als verfassungswidrig wertete (vgl. Oppermann, Der Staatsvertrag über den Südwestrundfunk (SWR) und die Rundfunkfreiheit des künftigen SWR, Umdruck S. 41 ff, 43). Wohl aufgeschreckt durch diese Erkenntnis änderten die Landesregierungen ihren Staatsvertragsentwurf diesbezüglich. Wenngleich dieser Änderung eine politisch eher peinliche Dimension zukommt, so ist es doch erfreulich, daß sich in der Rundfunkpolitik durch gute Argumente noch etwas bewegen läßt. 55 LT-PIPr. 12/30, S. 2224 ff. 56
LT-Drs. 12/1608,12/1669, GBI. 1997, S. 297 ff.
57 Lange Zeit konnte der interessierte Beobachter den Eindruck gewinnen, daß z.B. der Sitz der Intendanz oder die Erhaltung einzelner Programme wichtiger ist, als die SWRNeugründung selbst.
B. Entstehungsgeschichte und Entwicklung
des Landesmediengesetzes Baden-Württemberg Das Landesmediengesetz Baden-Württemberg (LMG) entstand in mehrjährigen Vorbereitungsarbeiten in den Jahren 1980 bis 1985. Ziel des Landesmediengesetzes war es, aufgrund des raschen Fortschritts im Bereich der Informationsund Kommunikationstechnologie in den siebziger Jahren einen neuen Ordnungsrahmen für den Rundfunk (Hörfunk und Fernsehen) sowie für neuartige rundfunkähnliche Kommunikationsdienste zu schaffen, der den Bestand und die Entwicklung der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten im Land gewährleistet und neuen, privaten Anbietern eine angemessene Start- und Entwicklungschance einräumt. I Der Anstoß zur Etablierung privater Rundfunkanbieter in Baden-Württemberg erfolgte jedoch schon wesentlich früher. Im folgenden soll die Entstehungsgeschichte des Landesmediengesetzes und seine spätere Entwicklung unter Berücksichtigung der wesentlichen Stationen aufgezeigt werden. Die Gesamtentwicklung des Landesmediengesetzes bis hin zur heutigen Fassung läßt sich in sechs Phasen untergliedern.
I. Phase 1: Anläufe zur Einführung eines Rundfunks in privater Rechtsform Die Bemühungen, privatrechtlich organisierten Anbietern den Zugang zu den elektronischen Medien und damit den Einstieg in den Rundfunkmarkt zu eröffnen, sind nicht viel jünger als das öffentlich-rechtliche Rundfunksystem in Deutschland. 2 Mit der Freigabe der UKW-Frequenzen erhoben bereits 1952 private Funkinitiativen3 erfolglos Anspruch auf sog. "kleine Lizenzen" zum Betrieb von Rundfunksendern.
I Zielsetzung der amtlichen Begründung des Regierungsentwurfs, vg!. LT -Drs. 9/955, S. 1,52 ff. 2 Rosenkranz, Öffentlich-rechtlicher Rundfunk in Baden-Württemberg, in: Biege, S.193. 3 Darunter der Nürnberger Verleger Heinrich Merke!.
3'
36
B. Entstehungsgeschichte und Entwicklung des Landesmediengesetzes
Bundeskanzler Adenauer gründete am 25. Juli 1960 die "Deutschland Fernsehen GmbH"4, deren Aufgabe die "Veranstaltung von Fernseh-Rundfunksendungen, die den Rundfunkteilnehmern in ganz Deutschland und im Ausland ein umfassendes Bild Deutschlands vermitteln"S sollte, war. Hierbei handelte es sich im Vergleich zu den vorstehenden Bemühungen nicht um eine private Rundfunkinitiative, sondern um einen staatlichen Versuch, abseits der öffentlich-rechtlich verfaßten Anstaltsstruktur, zwar unter "öffentlich-rechtlichem Dach", aber in privater Rechtsform, Rundfunk zu etablieren. Nachdem kein Bundesland bereit war, sich an der Gesellschaft zu beteiligen, gingen die für die Länder vorgesehenen Anteile auf den Bund über. Aufgrund von Verfassungsbeschwerden der Länder Hamburg und Hessen wurde die "Deutschland Fernsehen GmbH" Gegenstand des ersten Rundfunkurteils6 des BVerfG. 7 Dieses Urteil, das als die "Magna Charta"S des Rundfunkrechts bezeichnet wird, enthält vor allem Aussagen zu den Anforderungen des Art. 5 I GG an die rechtliche Organisation und Ausgestaltung des Rundfunks und zur Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern im Rundfunkbereich. Ohne späteren Ausführungen vorzugreifen sei aus der Entscheidung nur soviel erwähnt, wonach es von der Verfassung nicht gefordert ist, daß Veranstalter von Rundfunksendungen nur Anstalten des öffentlichen Rechts sein könnten. Auch eine rechtsfähige Gesellschaft des privaten Rechts kann Träger von Rundfunkveranstaltungen sein. 9 Die Rundfunkfreiheit des Art. 5 12 GG verlangt, daß der Rundfunk weder dem Staat noch einer gesellschaftlichen Gruppe ausgeliefert wird. Die Veranstalter von Rundfunkdarbietungen müssen also so organisiert werden, daß alle in Betracht kommenden Kräfte in ihren Organen Einfluß haben und im Gesamtprogramm zu Wort kommen können, und daß für den Inhalt des Programms Leitgrundsätze verbindlich sind, die ein Mindestmaß inhaltlicher Ausgewogenheit, Sachlichkeit und gegenseitiger Achtung gewährleisten. lo Eine Bundeskompetenz im Rundfunkveranstaltungsbereich 4 Eine Einlage in Höhe von DM 12.000 des insgesamt DM 23.000 betragenden Stammkapitals übernahm die Bundesrepublik Deutschland, weitere DM 11.000 Bundesminister Schäffer, der die Interessen der Länder bis zu deren Eintritt in die Gesellschaft wahren sollte. S BVerfGE 12,205,216.
6
BVerfGE 12,205 ff.
In der juristischen Literatur werden die zehn grundlegenden Urteile des BVerfG zur Rundfunkordnung unterschiedlich benannt. Während die beiden ersten Urteile als "Fernsehurteile" in die Geschichte eingegangen sind, wurden die folgenden als "Rundfunkurteile" benannt. Im weiteren werden sämtliche Urteile einheitlich als "Rundfunkurteile" bezeichnet. 8 Bausch, Zur Entwicklung des Rundfunks seit 1945, in: Glotz / Kopp, S. 20; Stern, Rundfunkrecht und Rundfunkpolitik, S. 27; v. Seil, Rundfunkrecht und Rundfunkfreiheit, S.15. 9 BVerfGE 12,205,262. 7
\0
BVerfGE 12,205,262 f.
I. Phase I: Anläufe zur Einruhrung eines Rundfunks in privater Rechtsform
37
lehnte das BVerfG ab und beschränkte die Bundeszuständigkeit auf organisatorische Vorschriften zur Errichtung und den technischen Betrieb von Sendeanlagen. ll Die "Deutschland Fernsehen GmbH" wurde daraufhin aufgelöst und die damals bestehende technische Infrastruktur bildete einen Teil der Grundausstattung des Zweiten Deutschen Fernsehens (ZDF).12 Nachdem die Versuche zur Einführung eines Rundfunks in privater Rechtsform im Bund scheiterten, wurden die Bemühungen auf die Landesebene verlagert. \3 Im Saarland verabschiedete der Landtag 1967 ein Gesetz, das private kommerzielle Programmveranstalter grundsätzlich zuließ, jedoch erteilte die Landesregierung der "Freie Rundfunk Aktiengesellschaft i.G. - FRAG" nie eine Sendelizenz. 14 Auch in Berlin und Bayern scheiterten 1971 entsprechende Bemühungen zur Veranstaltung privatrechtlich organisierten Rundfunks. 15 1. "Stuttgarter Modell"
Erste konkrete Pläne zur Einführung eines privaten Fernsehens in BadenWürttemberg entwickelte Martin Löffler l6 1969 mit seinem "Stuttgarter Modell". Dieser Ansatz ging zurück auf Hinweise des damaligen Bundespostministers Dollinger, der Kreise der Wirtschaft auf die Einsetzbarkeit eines 12 Giga-Hertz Fernsehens l7 für den Anfang der siebziger Jahre aufmerksam machte. 18 Daraufhin wurden Strukturmodelle entwickelt, von denen das "Stuttgarter Modell" am weitesten fortentwickelt war. 19 Dieses Modell zielte darauf ab, als Träger eines lokal verbreiteten Fernsehens die am Ort ansässigen Zeitungsverleger, Unternehmen der Wirtschaffo und die entsprechende Landesrundfunkanstalt gemeinsam zu beteiligen. Löffler verfolgte dabei das Ziel einer engen Zusammenarbeit mit 11 BVerfGE 12,205,238. 12 Rosenkranz, Öffentlich-rechtlicher Rundfunk in Baden-Württemberg, in: Biege, S.194. \3 Rosenkranz, Öffentlich-rechtlicher Rundfunk in Baden-Württemberg, in: Biege, S.194. 14 Aus dem daraus entstandenen Rechtsstreit folgte 1981 das dritte Rundfunkurteil, BVerfGE 57, 295 ff IS Rosenkranz, Öffentlich-rechtlicher Rundfunk in Baden-Württemberg, in: Biege, S.194f 16 ProfDr. Martin Löffler, Rechtsanwalt in Stuttgart und Vorsitzender der "Deutschen Studiengesellschaft rur Publizistik". 17 Dieses sollte durch extrem kurze Wellen rur reines Ortsfemsehen geeignet sein. 18 FuR 1969, S. 21, Nr. 9. 19 FuR 1969, S. 174. 20 Für den Raum Stuttgart wurde vor allem an die Beteiligung der Daimler-Benz AG, der Robert Bosch GmbH, der Stuttgarter Zeitung und der Stuttgarter Nachrichten gedacht.
38
B. Entstehungsgeschichte und Entwicklung des Landesmediengesetzes
dem SDR. Entsprechend der Entscheidung des BVerfG im ersten Rundfunkurteil, wonach auch eine rechtsfähige Gesellschaft des privaten Rechts Veranstalter von Rundfunksendungen sein könne, sofern sie nach ihrer Organisationsform dafür Gewähr bietet, daß alle gesellschaftlich relevanten Kräfte in ihr zu Wort kommen,zl wollte er zur Überwachung des Programms der privaten Rundfunkgesellschaft nicht einen vielköpfigen Beirat bilden, sondern das Programm der Aufsicht des Rundfunkrats des SDR unterstellen. 22 Zur Einhaltung programmIicher Leitgrundsätze sah Löffler die Unterordnung des privaten Veranstalters unter die Satzung des SDR vor. Aufgrund des Desinteresses aufVerlegerseite 23 scheiterte die Idee Löfflers, sollte jedoch etwas mehr als zehn Jahre später im Rahmen der "Monrepos-Kooperation", von der noch die Rede sein wird, wieder zur Sprache kommen. 2. "Kommission für den Ausbau des technischen Kommunikationssystems" (KtK) Zu Beginn der siebziger Jahre rückten die Kabel- und Satellitentechnik als neue elektronische Medien zur Informationsübertragung verstärkt in den Vordergrund, und deren fortschreitende Entwicklung entfachte in der Bundesrepublik Deutschland eine Diskussion über die Einführung und Nutzung dieser technischen Möglichkeiten zur Verbreitung von Rundfunk. 24 So beauftragte die Bundesregierung im November 1973 die "Kommission für den Ausbau des technischen Kommunikationssystems" (KtK), um erweiterte und neue Formen des Fernmeldewesens zu untersuchen. 25 Ende 1975 legte die KtK ihren Abschlußberichf6 vor und empfahl die Durchführung von "Kabelpilotprojekten" mit Breitbandkabelsystemen. 1975 war die Möglichkeit einer Übertragung von Fernsehprogrammen in Kabelverteilnetzen zwar schon bekannt, doch ergaben sich hinsichtlich der künftigen Nutzungsform und des zu erwartenden Bedarfs noch Ungewißheiten. 27 Außerdem sah die Kommission zum damaligen Zeitpunkt noch 21
BVerfDE 12,205,262.
22
Löffler, Das "Stuttgarter Modell", in: ders., S. 31.
23 Rosenkranz, Öffentlich-rechtlicher Rundfunk in Baden-Württemberg, in: Biege, S.195.
24 Becker, Existenzgrundlagen öffentlich-rechtlicher und privater Rundfunkveranstalter, S. 13. 25
Schneider, Expertenkommission Neue Medien - Baden-Württemberg, in: DÖV 1981,
S.334.
26 Bundesministerium für Post- und Fernmeldewesen, KtK - "Telekommunikationsbericht", Bonn 1976.
27
Schneider, Expertenkommission Neue Medien - Baden-Württemberg, in: DÖV 1981,
S.335.
I. Phase 1: Anläufe zur Einführung eines Rundfunks in privater Rechtsform
39
keinen ausgeprägten und drängenden Bedarf für die Errichtung eines bundesweiten Breitbandverteilnetzes. 28 In der juristischen Literatur der damaligen Zeit hat der Abschlußbericht der KtK so gut wie keine Berücksichtigung gefunden,29 da sich dieser überwiegend mit technischen Fragen und lediglich im Rahmen des siebten Anlagebandes mit der rechtlichen und finanziellen Problematik des Ausbaus des Fernmeldewesens beschäftigte. 30
3. Kabelpilotprojekte Am 11. Mai 1978 setzten die Ministerpräsidenten der Länder die Empfehlungen der KtK um und einigten sich auf die Durchführung von vier zeitlich und räumlich begrenzten Kabelpilotprojekten. 31 Als Standorte wurden neben Berlin,32 Dortmund und München auch der Raum Mannheim / Ludwigshafen 33 ins Auge gefaßt. Dieser Beschluß stellte einen rundfunkpolitischen Komprorniß dar, denn einerseits wurde bekräftigt, daß "die Länder ... die einheitliche (öffentlich-rechtliche) Grundstruktur des Rundfunkwesens in der Bundesrepublik als wertvolles Gut" betrachten, andererseits wurde zum ersten Mal in der Rundfunkgeschichte der Bundesrepublik eine Beteiligung privater Programmveranstalter am Rundfunk gebilligt.34 Die Finanzierung der Kabelpilotprojekte sollte nach dem "Kronberger Beschluß" der Ministerpräsidenten35 gemeinsam durch die Länder erfol28 Ory, Freiheit der Massenkommunikation, S. 18. 29 Ory, Freiheit der Massenkommunikation, S. 18. 30 Der juristische Teil des Berichts des Arbeitskreises "Organisation" begutachtete im
wesentlichen die verfassungsrechtliche Ausgangslage, wobei insbesondere die Konsequenzen aus der Rechtsprechung des BVerfG zu Art. 5 GG im ersten Rundfunkurteil und die Frage der Veranstaltungskompetenz für den Rundfunk behandelt wurden; vgl. KtK-Telekommunikationsbericht, Anlageband 7, S. 33,44 ff.
31 Der Beschluß der Ministerpräsidenten Länder vom 11. Mai 1978 zu Kabelfernsehen und Breitbandkommunikation findet sich bei Ring, Medienrecht, F-III 1.1. Die Durchführung der Pilotprojekte fand keine ungeteilte Zustimmung; Bausch, Rundfunkfreiheit für Jedermann, in: MP 1978, S. 326, kritisierte die Kabelpilotprojekte als überflüssig, da immer mehr vergleichbare (negative) Erfahrungen aus dem Ausland vorlägen. 32 Vgl. hierzu Benda, Das Berliner Kabelpilotproj ekt - erste Erfahrungen, Berlin 1987. 33 Eine eingehende Betrachtung zum Kabelpilotprojekt Mannheim-Ludwigshafen findet sich bei Stock, Koordinationsrundfunk im Modellversuch, S. 80 ff. 34 Kleinert / Schurig, "Was zur Entscheidung steht", in: Späth, S. 76 f. 35 Beschluß der Ministerpräsidentenkonferenz vom 14. November 1980 zur gemeinschaftlichen Finanzierung der Pilotprojekte "Kabelfernsehen" durch die Länder findet sich bei Ring, Medienrecht. F-III 1.3.
40
B. Entstehungsgeschichte und Entwicklung des Landesmediengesetzes
gen. Die baden-württembergische Landesregierung hat jedoch eine endgültige Entscheidung über Art und Umfang ihrer Beteiligung an den Kabelpilotprojekten vorsorglich unter den Vorbehalt weiterer eingehender Untersuchungen gestellt,36 denn die Durchführung der Kabelpilotprojekte wurde in Baden-Württemberg rundfunkpolitisch eher skeptisch aufgenommen. 37
11. Phase 2: Gesetzesvorbereitende Phase Als Lothar Späth im August 1978 neuer Ministerpräsident von Baden-Württemberg wurde, suchte und fand er mit der Medienpolitik schnell ein neues und zukunftsträchtiges politisches Betätigungsfeld. 1. Expertenkommission "Neue Medien" Baden-Württemberg - EKM
Nachdem die Diskussion um eine Landesbeteiligung am Kabelpilotprojekt Mannheim / Ludwigshafen im Landtag negativ verlief,38 war der damalige Ministerpräsident gezwungen, eine politisch konsensfahige Alternative aufzubieten. So kündigte er am 29. November 1979 vor dem Landtag die Einsetzung der Expertenkommission "Neue Medien" (EKM) an. 39 Diese von der Landesregierung mit Zustimmung des Landtags40 eingesetzte Kommission sollte praktische Vorschläge für eine Nutzung neuer Formen der Bild- und Tonübermittlung an jedermann unterbreiten. 41 Der Aufgabenzuschnitt war somit ähnlich umfassend wie der der KtK, so daß man die Arbeit der EKM als eine Fortschreibung des Telekommunikationsberichts von 1975 ansehen kann. 42 Nach nur einjähriger Arbeitszeit43 legte die EKM einen umfangreichen Abschlußbericht44 vor. Im
36 MP 1980, S. 522. 37 Geiger, Verfassungsrechtliche Aspekte, in: Teufel, S. 33 f. Zusammenfassung eines Hearings der CDU-Landtagsfraktion in: MP 1979, S. 53 ff; Große Anfrage der SPD-Landtagsfraktion in: MP 1979, S. 301 ff. 38 Vgl. Stock, Koordinationsrundfunk im Modellversuch, S. 30 ff. 39 LT-PIPr. 7/87,6077 ff, 6091. 40
LT -Drs. 7/6652.
41 Der Auftrag der EKM wurde von Ministerpräsident Späth auf der Eröffnungssitzung zusammengefaßt: "Es ist Stellung zu nehmen zu der Frage, was ist technisch zu verwirklichen, organisatorisch zweckmäßig, finanziell vertretbar, rechtlich zulässig, gesellschaftspolitisch erwünscht und staatspolitisch sinnvoll?" 42 Schmitt G1aeser, Neue Medien in Baden-Württemberg, in: VBlBW 1981, S. 337.
43 Die EKM tagte vom 7. Februar 1980 bis 16. Februar 1981. 44
Expertenkommission "Neue Medien" Baden-Württemberg, Bd. I: Bericht und Pro-
11. Phase 2: Gesetzesvorbereitende Phase
41
folgenden soll auf zwei Schwerpunkte dieses Abschlußberichts eingegangen werden. a) Technisch-organisatorische Empfehlungen zur Durchführung eines eigenen Kabelversuchs
In dem Abschlußbericht trat die EKM einer baden-württembergischen Beteiligung am Kabelversuch Mannheim / Ludwigshafen entgegen, da sie zu der Auffassung gelangt war, daß Baden-Württemberg eine andere Art der Erprobung neuer Medien vornehmen sollte, die jedoch nicht unter dem Gesichtspunkt der Ausweitung eines massenattraktiven Programmangebots durch die neuen Medien, für das kein ausgeprägter und dringender Bedarf gesehen wurde, erfolgen sollte. Unter Ausnutzung bereits vorhandener oder ausbaufähiger lokaler Kabelnetze sollten in einer Region des Landes stufenweise zusätzliche und neue Formen der Nachrichtenübermittlung getestet werden, wobei die EKM auf den Testcharakter großen Wert legte. 45 So schlug sie der Landesregierung die Durchführung eines landeseigenen, in drei Phasen stufenweise voranschreitenden Kabelversuchs alternativ nach drei Modellen vor. 46 aa) Drei Entwicklungsphasen In einer ersten Phase, die ab 1982 vorgesehen war, sollten bestehende Breitband-Inselnetze in einer Region des Landes zu einem regionalen Verteilnetz vereinigt werden. Neben den schon vorhandenen Rundfunkprogrammen war geplant, zusätzliche lokale und regionale Hörfunk- und Fernsehprogramme in einem lokalen Studio zu produzieren und zu verteilen. Außerdem war die Erprobung werbefreier Lokalprogramme und "Offener Kanäle" vorgesehen. In der Phase zwei, deren Realisierung für 1984 ins Auge gefaßt war, sollte lediglich eine Erweiterung der Programmpalette47 vorgenommen werden. Gedacht war an die Einspeisung von Satellitenprogrammen oder Einzelentgelt- bzw. AbonnementRundfunk (pay-TV). Für die ab 1986 geplante dritte Phase war die Eingliederung eines Lichtleiter-Breitbandnetzes für 500-1000 Teilnehmer in das Regionalnetz vorgesehen. Der Schwerpunkt sollte dabei auf neuen Formen der Individualkommunikation (z.B. Bildfernsprechen), und nicht so sehr auf einer Ausweitung der Massenkommunikation liegen. jektempfehlugen der EKM, Bd. 11: Materialien, Bd.III: Kommunikationsatlas BadenWürttemberg, Stuttgart 1981. 45 EKM-Abschlußbericht, Bd. I, S. 199. 46 EKM-Abschlußbericht, Bd. I, S. 199 ff. 47 Rosenkranz, Öffentlich-rechtlicher Rundfunk in Baden-Württemberg, in: Biege, S.196.
42
B. Entstehungsgeschichte und Entwicklung des Landesmediengesetzes
bb) Drei Organisationsmodelle Zur Durchruhrung dieses Drei-Phasen-Modells hat die EKM drei Organisationsmodelle entwickelt. Modell I sah die Gründung einer Kabelversuchs-GmbH durch die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, die Deutsche Bundespost und private Interessenten vor. In einem aufgelockerten binnenpluralen Modell sollten nach gesetzlichen Rahmenbedingungen bereits vorhandene Rundfunkprogramme in das Kabelnetz eingespeist und im übrigen Kanäle rur neue Rundfunkprogramme an die Landesrundfunkanstalten - mit der Maßgabe, Private an der Veranstaltung der Programme zu beteiligen - zugewiesen werden. Modell 11 wählte einen außenpluralen Ansatz, wonach Privaten die Möglichkeit eingeräumt werden sollte, unter eigener Verantwortung Rundfunkprogramme zu verbreiten, wobei diese Privaten durch eine unabhängige Landeskommission zugelassen, koordiniert und beaufsichtigt werden sollten. Nach Modell III sollte eine Landesrundfunkanstalt Träger des Versuchs werden, aber dazu verpflichtet sein, private Programmbeiträge aufzunehmen. Mit einem solchen Kooperationsmodell sollte ein schneller und kostengünstiger Einstieg in den Versuch möglich sein, da auf bestehende technische Infrastruktureinrichtungen der Landesrundfunkanstalt zurückgegriffen werden kann. b) Rundfunkrechtliehe Empfehlungen
Ein ausruhrlicher Teil des Berichts48 widmet sich den mit der vorgenannten Entwicklung verbundenen rechtlichen Problemen. Ausgehend von der bisherigen Rechtsprechung des BVerfG49 entwickelte die EKM zahlreiche, teilweise die Rechtsprechung des BVerfG im dritten Rundfunkurteil 50 vorwegnehmende, Vorschläge. Die EKM sah keinen Anlaß rur eine organisatorisch-rechtliche Umgestaltung des Rundfunks rur den Fall, daß private Anbieter bei reiner öffentlich-rechtlicher Programmträgerschaft, wie bei Modell III, Zugang zum Rundfunk erhalten. Hier bleibe der Rundfunk so organisiert, daß das durch Art. 5 GG geforderte Maß an Vielfalt und Ausgewogenheit der meinungsrelevanten Programmgestaltung durch die Mitwirkung aller wesentlichen gesellschaftlichen Kräfte in einem Rundfunkrat gewährleistet wird (binnenpluraler Integrationsrundfunk). Dieses System wäre auch dann nicht berührt, wenn rur die zusätzlichen Kabel- und Satellitenprogramme durch Gesetz neue Träger geschaffen werden, die nach Art der bestehenden öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten organisiert sind, unabhängig davon ob in Gestalt öffentlich-rechtlicher oder privatrechtlicher Rundfunkeinrichtungen (Modell I). Ein neues Rundfunkrecht müßte hin48 49
EKM-Abschlußbericht, Bd. I, S. 146 ff. BVerfGE 12,205 ff; 31, 314 ff.
so BVerfGE 57, 295 ff.
11. Phase 2: Gesetzesvorbereitende Phase
43
gegen entwickelt werden, wenn, wie bei Modell 11, außerhalb der binnenpluralen öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten gesellschaftlichen Kräften die Möglichkeit gegeben werden soll, Rundfunkprogramme unter voller eigener Verantwortung so auszustrahlen, daß die verschiedenen selbständigen Programme erst in ihrer Gesamtheit das in Art. 5 I GG geforderte Mindestmaß an Vielfalt und Ausgewogenheit herstellen (außenplurales Rundfunksystem). Hierfiir müßte das ausschließliche Senderecht öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten eingeschränkt und darüber hinaus festgelegt werden, nach welchen Regeln private Programmträger zugelassen, koordiniert und beaufsichtigt und ein Katalog rechtlicher Programmbindungen, insbesondere zum Schutz VOn Jugend und Familie, durch ein Gesetz aufgestellt werden. In einem solchen außenpluralen Rundfunksystem wäre es fiir eine längere Übergangszeit unumgänglich, ein Mindestmaß an Vielfalt und Ausgewogenheit nicht einfach vom freien Spiel der Kräfte zu erwarten, sondern organisatorisch abzusichern, ebenso wie die Beachtung der rechtlichen Programmregeln. Diese Aufgabe obläge nach Auffassung der EKM einem staats- und gruppenunabhängigem Kontrollträger, der, mit einem Beirat ausgestattet, darüber zu wachen hätte, daß von jedem Programmträger die Programmregeln eingehalten werden, und das Programmangebot ein Mindestmaß an Vielfalt und Ausgewogenheit aufweist. Als Rechtsform schlug die EKM seinerzeit die einer selbständigen öffentlich-rechtlichen Anstalt vor, wobei die Aufsicht über die Privaten effektiver ausgestaltet werden müßte, als die Aufsicht über die weitgehend eigenkontrollierten Landesrundfunkanstalten. Als rechtliche Möglichkeiten zur Finanzierung der privaten Programmträger sah die EKM die Finanzierung durch Werbung, Einzelentgelt, Abonnenment oder Subventionen vor. Eine Beteiligung der Privaten an der Rundfunkgebühr kam fiir die EKM nicht in Frage, da private Programmträger - anders als die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten - keine Aufgabe der öffentlichen Daseinsvorsorge versehen. c) Stellungnahmen zum Abschlußbericht
Der Abschlußbericht der EKM fand in interessierten juristischen und politischen Kreisen ein kritisches Echo. Hoffmann-Riem51 kritierte den grundsätzlichen Vorschlag der Beteiligung privater Programminteressenten als Selbstzweck, ohne daß versucht wird, diese an Funktionsprognosen über die Tauglichkeit der vorgeschlagenen Rundfunkordnung zur Sicherung der Rundfunkfreiheit und der Informationsfunktion des Rundfunks zu legitimieren,s2 und sah - wohl eher aus grundsätzlicher Ablehnung eines privatwirtschaftlichen (kommerziellen) Rundfunks 53 - das Ende der Zeit gekommen, in der Rundfunk vorrangig als Kulturfak51
Prof. Dr. Wolfgang Hoffmann-Riem war bis September 1980 Mitglied der EKM.
52
Hoffmann-Riem, Ein Anlauf zu privatem Rundfunk, in: ZRP 1981, S. 177, 185.
53 So damals Starck, Zur notwendigen Neuordnung des Rundfunks, in: NJW 1980, S. 1359, Fn. 1.
44
B. Entstehungsgeschichte und Entwicklung des Landesmediengesetzes
tor i.w.S. gesehen und ausgestaltet werde. 54 Schmitt Glaeser, der der Einführung privaten Rundfunks aufgeschlossenen gegenüberstand, gestaltete seine Bewertung wesentlich positiver. Er betrachtete die Überlegungen über die neuen Medien durch die differenzierte Aufbereitung der Probleme im Abschlußbericht ein Stück vorangebracht55 und sah in seiner Abschlußbewertung der alternativ vorgeschlagenen Rundfunkorganisationsmodelle richtig voraus, daß das später anfänglich im Rahmen der "Monrepos-Kooperation" verwirklichte und von der EKM favorisierte Modell III ein Schritt in die falsche Richtung war. 56 Auch im politischen Bereich stießen die Empfehlungen der EKM nicht auf ungeteilte Zustimmung. Seitens der Opposition im Stuttgarter Landtag wurde von Anfang an die Unabhängigkeit der EKM und die Ergebnisoffenheit ihrer Arbeit angezweifelt. 57 Insbesondere die SPD sah ihre gesellschaftspolitischen Bedenken gegen die Einführung eines privaten Rundfunks in Baden-Württemberg bestätigt58 und erneuerte ihre bereits früher deutlich gemachte Ablehnung der Zulassung eines Kabelfernsehens mit privatwirtschaftlicher Beteiligung. 59 Die Landesregierung und die CDU-Fraktion nahmen die EKM-Empfehlungen wohlwollend zur Kenntnis, wenngleich diese nur mit Einschränkungen deren Billigung fanden. 60
2. "Münchinger Beschlüsse" Einen Monat nach dem EKM-Abschlußbericht verabschiedete die badenwürttembergische CDU am 28. März 1981 in Münchingen im Rahmen einer gemeinsamen Klausurtagung von Landesregierung, Landesvorstand und Landtagsfraktion ihre "Medienpolitischen Leitsätze".61 Für den Bereich der Massenkommunikation sahen diese für den Fall der Behebung der Frequenzknappheit die Zulassung privater Rundfunkveranstalter als rechtlich und politisch unvermeidbar an, und für den Gesetzgeber aus Art. 5 GG keine Möglichkeit mehr, weitere Programme zu verhindern. Aufgabe des Gesetzgebers sei dann vielmehr die Schaffung eines ordnungspolitischen Rahmens für die Neuen Medien. Dazu sei ein Landesmediengesetz erforderlich,62 das den Grundsatz der Staats freiheit des 54 Hoffmann-Riem, Ein Anlauf zu privatem Rundfunk, in: ZRP 1981, S. 177, 185. ss Schmitt Glaeser, Neue Medien in Baden-Württemberg, in: VBIBW 1981, S. 339. S6 Schmitt Glaeser, Neue Medien in Baden-Württemberg, in: VBIBW 1981, S. 344. S7 Rosenkranz, Öffentlich-rechtlicher Rundfunk in Baden-Württemberg, in: Biege,
S.196.
58 epd 1KiFu, 21. Februar 1981, S. 5. S9 epd/KiFu, 04. Februar 1981, S. 8. 60 Bullinger 1Gödel, Landesmediengesetz, S. 87. 6\ MP 1981, S. 338 f. 62 epd/KiFu, Nr. 251261 1981, Dokumentation S. H, Nr. IV.
III. Phase 3: Entwurfsarbeiten für ein Landesmediengesetz
45
Rundfunks, die Trennung von Netzträgerschaft und -nutzung, den Grundsatz der Netzneutralität (der Netzbetreiber darf keinen Einfluß auf Auswahl und Zulassung von Netzbenutzern nehmen), konkrete Zugangsvoraussetzungen für Programmveranstalter, den Schutz der Persönlichkeit, der Familie, der Jugend und der freiheitlich-demokratischen Grundordnung, Werbevorschriften, journalistische Rechte und Pflichten sowie Sanktionen bei Verstößen gegen diese Grundsätze zu regeln habe. Weiter schloß sich die CDU der EKM-Empfehlung einer Ablehnung der baden-württembergischen Teilnahme am rheinland-pfälzischen Kabelversuch an, wich jedoch in der Konsequenz des weiteren Vorgehens von dem "Drei-Phasen-Modell" der EKM ab, indem ein vom Lande unter Einsatz öffentlicher Mittel durchzuführender Kabelversuch mit neuen allgemeinen Rundfunkprogrammen abgelehnt wurde. Präferiert wurde hingegen ein, dem EKMModell III ähnliches, Kooperationsmodell aus öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten und privaten Zeitungsverlegern für eine Veranstaltung zusätzlicher lokaler Programme in bereits vorhandenen Kabelnetzen unter öffentlich-rechtlicher Verantwortung. 63 Die von der EKM angeregte Einführung eines "Offenen Kanals" zur unmittelbaren Bürgerbeteiligung im Rundfunk wurde abgelehnt. 64 Mit den "Münchinger Beschlüssen" waren die Idee und der Name eines Gesetzes für die neuen Medien und der Nutzung derselben geboren. Diese Beschlüsse waren, wie im folgenden zu sehen, bestimmend für den weiteren organisatorischen Fortgang der Beteiligung Privater an der baden-württembergischen Rundfunklandschaft und teilweise präjudizierend für die folgenden gesetzesvorbereitenden Arbeiten. 65
III. Phase 3: Entwurfsarbeiten für ein Landesmediengesetz In der damaligen medienpolitischen Hochstimmung im Land wurde seitens der Landesregierung die zügige Umsetzung der "Münchinger Beschlüsse" betrieben. 66
63
epd / KiFu, Nr. 25 / 26 / 1981, S. 10; Dokumentation 11.
64
epd / KiFu, Nr. 25/26/1981, S. 10.
Hier spielten in erster Linie parteiideologische Gründe eine Rolle, da bei der CDU die Gefahr gesehen wurde, daß radikale linke Gruppen auf diese Weise Zugang zum Rundfunk erhalten und diese Programme auch noch vom Staat finanziert werden. 65 Am 29. April 1981 bekräftigte Ministerpräsident Späth diese Beschlüsse im Rahmen einer Grundsatzerklärung im Landtag; vgl. epd / KiFu, Nr. 35/ 1981, Dokumentation S. lXII. 66
epd / KiFu, Nr. 38/1981, S. 7.
46
B. Entstehungsgeschichte und Entwicklung des Landesmediengesetzes
1. Arbeitsgruppe Landesmediengesetz und drittes Rundfunkurteil a) Aufgabenstellung der Arbeitsgruppe Die Landesregierung setzte im Mai 1981 die "Arbeitsgruppe Landesmediengesetz" ein. 67 Sie hatte zum einen die Aufgabe, die "Medienpolitischen Leitsätze" umzusetzen und den Entwurf für ein Landesmediengesetz zu erarbeiten. 68 Zum anderen war die Arbeitsgruppe gehalten, auf dem Bericht der EKM aufzubauen. 69 Wenige Tage nach der Konstituierung wurde die Arbeitsgruppe mit dem dritten Rundfunkurteil des BVerfG70 konfrontiert, das den Rahmen für die weitere Arbeit der Arbeitsgruppe vorgab. Die sog. FRAG-Entscheidung befaßte sich mit der Frage der Zulässigkeit privaten Rundfunks im Saarländischen Rundfunkgesetz. Das BVerfG erklärte in Fortentwicklung der bisherigen Rechtsprechung 7 ! zwar die Zulassung konkurrierender privater Rundfunkveranstalter für verfassungsrechtlich zulässig. Das Gericht legte aber dem Gesetzgeber die Verantwortung dafür auf, durch hinreichend bestimmte gesetzliche Regelungen des Zugangs zum Rundfunk und durch eine staatliche Aufsicht zu gewährleisten, daß in einem außenpluralen privaten Rundfunk alle wesentlichen Meinungen tatsächlich zum Ausdruck kommen. Es sei weiter Aufgabe des Gesetzgebers, über die Grundlinien der Rundfunkordnung zu entscheiden und entsprechende gesetzliche Grundlagen zu schaffen, die im Rahmen des zugrundegelegten Organisationsmodells sicherstellen, daß das Gesamtangebot der inländischen Programme der bestehenden Meinungsvielfalt im wesentlichen entspreche. Wenn ein Land privaten Rundfunk einführen wolle, müsse der Gesetzgeber sicherstellen, daß der Rundfunk nicht einer oder einzelnen gesellschaftlichen Gruppen ausgeliefert wird, daß die in Betracht kommenden gesellschaftlichen Kräfte im Gesamtprogramm zu Wort kommen und die Freiheit der Berichterstattung unangetastet bleibt. 72 Ferner seien Leitgrundsätze verbindlich zu machen, die ein Mindestmaß an inhaltlicher Ausgewogenheit, Sachlichkeit und gegenseitiger Achtung gewährleisten. In diesem Urteil fanden sich teilweise die vorgenannten Empfehlungen der EKM wieder, insbesondere prägte es die bereits im Abschlußbericht der EKM verwendeten Begriffe des "Binnen-" und des "Außenpluralismus".
67 68
Den Vorsitz fiihrte der damalige Innenminister Prof.Dr. Roman Herzog. epd / KiFu, Nr. 38/1981, S. 7.
69 Bullinger, Vom Staatsmonopol des Rundfunks zur Bürgerfreiheit der audiovisuellen Kommunikation, in: VBIBW 1983, S. 58. 70 BVerfDE 57, 295 ff. 7! Vgl. BVerfDE 12,205 ff; 31, 314 ff.
72
BVerfDE 57, 295, 322; wie schon zuvor in BVerfGE 12,205,262; 31, 314, 325 f.
III. Phase 3: Entwurfsarbeiten für ein Landesmediengesetz
47
Das dritte Rundfunkurteil hatte wesentlichen Einfluß 73 auf die sich zum damaligen Zeitpunkt in den Bundesländern entwickelnden gesetzgeberischen Aktivitäten im Rundfunkbereich. Die baden-württembergische Arbeitsgruppe war damit vor die Aufgabe gestellt, die Rechtsfragen der neuen Medien nicht nur theoretisch herauszukristallisieren, sondern zu ihrer Lösung funktionsfähige gesetzliche Vorkehrungen zu entwickeln. 74
b) Erster Entwurf Am 17. März 1982 legte die Landesregierung den bundesweit ersten "Entwurf für ein Gesetz über die Neuen Medien - Landesmediengesetz"75 (E-LMG) der Öffentlichkeit vor. 76 Diese Gesetzesvorlage beschränkte sich im wesentlichen auf die Regelung des privaten Rundfunks; die Vorschriften über andere elektronische Kommunikationsdienste waren noch nicht ausformuliert. Neben dem öffentlichrechtlichen Rundfunk, der in seinem Bestand erhalten bleiben sollte,77 war ein staatsfreier, privater und außenpluraler Rundfunk vor allem in Form zahlreicher Sparten-, Regional- und Lokalprogramme, finanziert vorwiegend durch Abonnements, Spenden und Eigenmittel, und weniger mit werbefinanzierten Vollprogrammen, vorgesehen. 78 Die Arbeitsgruppe hatte sich für ein rein außenplurales Modell entschieden, bei dem die vom BVerfG geforderte Ausgewogenheit des Gesamtprogramms durch die Vielfalt der teilnehmenden Programmveranstalter gewährleistet werden sollte, § 12 Abs. 2 E-LMG. Zur Sicherung dieses Gebots sah der Gesetzentwurf vier Kontrollmechanismen vor. 79 Eine subsidiäre binnenplurale Sicherungsebene bei Nichterreichen außenpluraler Vielfalt gab es nicht. 73
Hartstein / Ring / Kreile, Rundfunkstaatsvertrag, S. 132.
Bullinger, Vom Staatsmonopol des Rundfunks zur Bürgerfreiheit der audiovisuellen Kommunikation, in: VBIBW 1983, S. 59. 74
75 Abgedruckt in: VBIBW 1982, Heft 6, S. III-VI; AfP 1982, Heft 2, S. I-VIII. 76
Vgl. epd / KiFu, Nr. 21 / 1981, S. 8 f.
Dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk wurde nach § 11 E-LMG die Fortgeltung der durch Gesetze und Staatsverträge getroffenen Regelungen gewährleistet. 78 Birkert, Landesmediengesetz, S. 2. 77
79 Es sollte ein technisches Kapazitätsminimum für 30 Rundfunkveranstalter mit je einem täglichen halbstündigen Programm zwischen 17 und 23 Uhr erreicht werden, § 14 E-LMG. Zwischen dem Erreichen des Kapazitätsminiumums und der Zulassung sollte eine einjährige Wartezeit liegen, § 15 Abs. 3 Nr. 1 E-LMG. Im jeweiligen Sendegebiet sollten mindestens vier Veranstalter von Hörfunk oder Fernsehen zugelassen sein, § 15 Ab. 3 Nr. 2 E-LMG, wobei ein privater Rundfunkveranstalter nur für die Verbreitung eines einzigen Programms jeder Programmart und -kategorie zugelassen werden konnte, § 17 Abs. 1 ELMG. Das Zulassungsverfahren für private Rundfunkveranstalter sollte erst dann eingeleitet werden können, wenn mindestens die Hälfte der baden-württembergischen Haushalte an ein Kabelnetz angeschlossen werden kann, § 74 Abs. 2 E-LMG.
48
B. Entstehungsgeschichte und Entwicklung des Landesmediengesetzes
Der Entwurf sah für diesen Fall nach § 24 Abs. I E-LMG nur die Nichterteilung neuer und den Widerruf bestehender Zulassungen vor. Als Zulassungs- und Kontrollinstanz normierte der Entwurf die als Anstalt des öffentlichen Rechts zu organisierende "Landesanstalt für Kommunikation", §§ 27 ff E-LMG. Diese sollte einen fünfköpfigen Vorstand und einen Geschäftsführer haben, §§ 29, 30, 35 E-LMG. Ein binnenplural besetztes Aufsichts- oder Kontrollgremium (Medienbeirat) war nicht vorgesehen. Dem Vorstand sollte lediglich ein "Wissenschaftlicher Beirat", § 63 E-LMG, zur Seite stehen. so Auch hier vertrat der ELMG eine konsequent außenplurale Linie. In der Öffentlichkeit und im juristischen Schrifttum entwickelte sich eine lebhafte Debatte über den Gesetzentwurf. 81 In der Kritik stand insbesondere die Unvollständigkeit82 und die schwere Praktikabilität83 des Gesetzentwurfs, die rein außenplurale Ausrichtung 84 und die mangelnde Gewährleistung der programmlichen Ausgewogenheit. 85 Die Arbeitsgruppe hielt an ihrem medienrechtlichen Konzept fest und unterzog den Entwurf einer eingehenden Überarbeitung.
80 Dieser Beirat sollte aus sechs Mitgliedern bestehen und in erster Linie im medienpädagogischen Bereich wirken. 81 Vgl. Bullinger, Vom Staatsmonopol des Rundfunks zur Bürgerfreiheit der audiovisuellen Kommunikation, in: VBIBW 1983, S. 57 ff; Hilf / Rüggeberg, Auf dem Weg zu einem dualen Rundfunksystem in Deutschland, in: FuR 1983, S. 141 ff; Lang/Schwarz, Das baden-württembergische Landesmediengesetz - Modellentwurf oder Muster ohne Wert?, in: RuF 1982, S. 334 ff; Lerche, Beteiligung Privater im Rundfunkbereich, in: NJW 1982, S. 1676 ff; Saier / Moser, Ansätze und Leitlinien einer medienpolitischen Position, in: FuR 1983, S. 544; Wagner, Anmerkungen zum Entwurf für ein Landesmediengesetz Baden-Württemberg, in: MP 1983, S. 1 ff; Wittig-Terhardt, Zum Entwurf für ein Gesetz über die neuen Medien: Landesmediengesetz Baden-Württemberg, in: RuF 1982, S. 284 ff; Wittig-Terhardt, Keine Garantie der Staatsfreiheit, in: epd / KiFu, Nr. 14/ 1983, Dok., S. I ff.
82 Hilf / Rüggeberg, Auf dem Weg zu einem dualen Rundfunksystem in Deutschland, in: FuR 1983, S. 147, die die alleinige Ausrichtung auf den privaten Hörfunk- und Femsehbereich und die Außerachtiassung neuartiger Kommunikationssysteme kritisierten. 83 Lerche, Beteiligung Privater im Rundfunkbereich, in: NJW 1982, S. 1680, der aufgrund der hohen Bedingungen für die tatsächliche Aufnahme privater Sendungen praktische Schwierigkeiten voraussagte. 84 Lang / Schwarz, Das baden-württembergische Landesmediengesetz - Modellentwurf oder Muster ohne Wert?, in: FuR 1982, S. 338. 85 Wittig-Terhardt, Zum Entwurf für ein Gesetz über die neuen Medien: Landesmediengesetz Baden-Württemberg, in: FuR 1982, S. 289.
III. Phase 3: Entwurfsarbeiten für ein Landesmediengesetz
49
2. "Monrepos-Kooperation,,86 Im Juni 1981 rief Ministerpräsident Späth die Verhandlungen zur Kooperation der öffentlich-rechtlich Rundfunkanstalten 87 mit den privaten Zeitungsverlegern88 ins Leben. Diese parallel zu den Gesetzesarbeiten verlaufenden Verhandlungen sollten der Umsetzung der im Rahmen der "Münchinger Beschlüsse" gemachten Vorgaben über einen Kooperationsversuch dienen. Betrachtet man jedoch den Fortschritt der Gesetzesarbeiten zum damaligen Zeitpunkt und die sich zu Verhandlungsbeginn bereits abzeichnende außenplurale Lösung des ersten Gesetzesentwurfs, so steckte hinter den Verhandlungen wohl eher medienpolitischer Aktionismus der Landesregierung, denn ernste Zukunftserwartung an eine Kooperation. Seitens des SDR sah man anfänglich keinen realistischen Weg für eine Kooperation,89 da sich dieser in die Rolle eines "Steigbügelhalters wider Willen" für die künftige Konkurrenz gedrängt fühlte. 90 Wesentlich positiver betrachtete der SWF die Kooperationsmöglichkeit und sah in der Zusammenarbeit mit Privaten einen gangbaren Weg zwischen Ausweitung des Rundfunkmonopols und Kommerzialisierung des Rundfunks. 91 Für die Verleger eröffnete sich durch die Verhandlungen die große Chance, rasch und kostengünstig in die Rundfunkveranstaltung einzusteigen. Nach fast zweijährigen Verhandlungen wurde am 22. April 1983 die Rahmenvereinbarung für eine gemeinsame Erprobung von lokalen Rundfunkprogrammen beschlossen. 92 Die "City-Welle" in Freiburg93 startete ihr Programm unter der Federführung und Verantwortung des SWF in Kooperation mit der Badischen Lokalfunk-Versuchs-GmbH 94 am 1. Oktober 1984 und wurde
86 Die Verhandlungen fanden im Schloßhotel ,Monrepos' in Ludwigsburg statt, das mit seinem Namen Pate stand. 8? Neben dem SDR und SWF war auch das ZDF an den Verhandlungen beteiligt. 88 Vertreten durch den Verband Südwestdeutscher Zeitungsverleger und die Südwestpresse. 89 epd 1KiFu, Nr. 99/100, S. 9.
90 Rosenkranz, Öffentlich-rechtlicher Rundfunk in Baden-Württemberg, in: Biege, S.198. 9\ Hilf, Zum Standort des SWF in einer sich wandelnden Medienlandschaft, in: SWFJahresbericht 1982, S. 8. 92 Vereinbarung über Versuche mit lokalem Rundfunk in Baden-Württemberg (Monrepos-Rahmenvertrag) in: MP 1983, S. 356 ff; RuF 1983~ S. 432 ff. 93 In Freiburg herrschte seit Winter 1981 eine besondere rundfunkrechtliche Situation, da mit "Radio Dreyeckland" der erste nicht öffentlich-rechtliche Hörfunkveranstalter in Baden-Württemberg einen nichtkommerziellen, jedoch unlizenzierten, und ab November 1985 sogar dauerhaften, Programmbetrieb aufnahm. V gl. Grieger / Kollert 1Barnay, Zum Beispiel Radio Dreyeckland, Freiburg 1987. Mittlerweile sendet Radio Dreyeckland in Freiburg lizenziert als nichtkommerzieller Hörfunksender. 94 An dieser Gesellschaft waren die Verlagshäuser der Badischen Zeitung (Freiburg),
4 Kirschnek
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B. Entstehungsgeschichte und Entwicklung des Landesmediengesetzes
zwei Jahre später planmäßig eingestellt. Die Gesamtkosten für dieses Projekt beliefen sich auf 1,5 Mio. DM. Das "Stadtradio Ulm" als Kooperation des SDR mit privaten Ulmer Lokalfunkveranstaltern95 nahm seinen Sendebetrieb am 4. Februar 1985 auf und wurde auf Beschluß des Rundfunkrates nach Inkraftreten des Landesmediengesetzes im September 1986 eingestellt. 96 Diese letztlich ergebnislosen Kooperationen nach einer fast vierjährigen öffentlichen Auseinandersetzung um deren Sinn97 hat die Bemühungen zur Etablierung des privaten Rundfunks nicht weitergebracht. Sie dienten eher dazu, den ungeduldigen Privatfunkinteressenten98 den politischen Handlungswillen der Landesregierung unter Beweis zu stellen,99 und gegenüber den anderen Bundesländern medienpolitische Handlungsfähigkeit zu beweisen. An der Fragwürdigkeit der "Monrepos-Kooperation" ändert dies freilich nichts. 3. "Echterdinger Empfehlung" und der zweite Entwurf
In der öffentlichen Diskussion um den ersten Gesetzentwurf schritt die rundfunkrechtliche Entwicklung in Baden-Württemberg rasch voran.
a) "Echterdinger Empfehlung" In der juristischen Auseinandersetzung um den Gesetzentwurf stand die Organisationsstruktur der "Landesanstalt für Kommunikation" als öffentlich-rechtlichem Dach über dem Privatfunk in der Diskussion. Im Rahmen eines medienrechtlichen Forums 100 wurde im April 1983 die "Echterdinger Empfehlung" zum des Badischen Tagblatts (Baden-Baden), des Schwarzwälder Boten (Oberndort) sowie des Südkurier (Konstanz) beteiligt. 95 Dies waren die "Südwestpresse", die "Schwäbische Zeitung" und die "Neu-UlmerZeitung". 96 Rosenkranz, Öffentlich-rechtlicher Rundfunk in Baden-Württemberg, in: Biege, S. 198 m.w.N. 97 Vgl. die zahlreichen Publikationen von verschiedener Seite in epd I KiFu, Nr. 52/531 1981, S. 8 f; Nr. 69 170 11981, S. 12 f; Nr. 99/100, S. 9 f; Nr. 611982, S. 7 I 8; Nr. 641 65/1982, S. 4; Nr. 71/1982, S. 5 f; Nr. 76/1982, S. 3; Nr. 94/1982, S. 10; Nr. 10/1983, S. 8; Nr. 32/1983, S. 5 f; sowie in FuR Nr. 2/1982, S. 87. 98 Rosenkranz, Öffentlich-rechtlicher Rundfunk in Baden-Württemberg, in: Biege, S. 199. Im April 1985 lagen der Landesregierung die Offerten von 40 Interessenten für den Privatfunk vor, im August 1985 waren es bereits 60 Interessenten für Regional- und Lokalfunkveranstaltung. 99 So auch Rosenkranz, Öffentlich-rechtlicher Rundfunk in Baden-Württemberg, in: Biege, S. 199. 100 Auf Einladung der Deutschen Studiengesellschaft für Publizistik tagte am 29./30.
III. Phase 3: Entwurfsarbeiten für ein Landesmediengesetz
51
Landesmediengesetz lOl verabschiedet. Die Kritik an der Entwurfsregelung richtete sich auf die Auswahl der Vorstandsmitgiieder lO2 der LfK. So mahnte die Empfehlung Unabhängigkeit und Sachkunde für die Mitgliedschaft im LfK -Vorstand sowie eine gleichzeitige Präsenz beruflicher Erfahrungen im kulturellen Bereich an:0 3 Weiter sollten im Hinblick auf die Staatsferne der LfK politische "Alleingang" -Entscheidungen der Mehrheitsfraktion bei der Vorstandsbesetzung durch eine Zweidrittelmehrheit im Landtag vermieden werden. 104 Unter diesem Gesichtspunkt erachtete es der Expertenkreis auch für sinnvoll, die vom Landtag zu treffende Auswahl an zahlenmäßig begrenzte Vorschläge zu binden, die ihm durch ein unabhängiges Gremium oder durch gesetzlich benannte gesellschaftliche Gruppen unterbreitet werden. lOS Einzig der Vorschlag der Festschreibung einer Zweidrittelmehrheit wurde in den weiteren Gesetzesberatungen umgesetzt. Die Bindung einer Wahl in den Vorstand an entsprechende berufliche Qualifikationen, wie auch die Auswahl der Vorstandsmitglieder wurde nicht aufgegriffen. Insbesondere das Merkmal der Qualifikation, das der E-LMG noch vorgesehen hatte, dann aber im Rahmen der Ausschußberatungen gestrichen wurde,l06 war und ist immer noch keine Voraussetzung für einen Vorstandssitz. Der gute Ansatz, den die "Echterdinger Empfehlung" aufzeigte, blieb unberücksichtigt.
b) Zweiter Entwurf Trotz Kritik am ersten Entwurf hielt die Arbeitsgruppe an ihrer rein außenplural ausgelegten Konzeption fest, überarbeitete den Entwurf, ergänzte ihn um die schon vorher geplanten neuartigen rundfunkähnlichen Kommunikationsdienste und um datenschutzrechtliche Regelungen und konkretisierte die Bestimmungen zum Jugendschutz. Insbesondere im Jugendschutzbereich hob sich der zweite Entwurf von seinem Vorgänger ab, da das ursprüngliche pauschale Verbot von Sendungen, "die geeignet sind, die Erziehung von Kindern und Jugendlichen zur leiblichen, seelischen oder gesellschaftlichen Tüchtigkeit zu beeinträchtigen", April 1983 in Echterdingen ein Kreis von medienerfahrenen Wissenschaftlern und Praktikern. 101
Abgedruckt in: AtP 1983, S. 333 f; FuR 1983, S. 269 f.
Nach dem Gesetzentwurf sollte der Vorstand der LtK aus fünf Mitgliedern bestehen, die vom Landtag im Wege des Höchstzahlverfahrens nach d'Hondt gewählt werden sollten, §§ 30 Abs. 1,32 Abs. 1 E-LMG, und deren Berufung an keiner Qualifikationsvoraussetzung festgemacht wurde. Lediglich der Vorsitzdende oder sein Stellvertreter mußten die Befahigung zum Richteramt besitzen, § 30 Abs. 2 E-LMG. 103 Echterdinger Empfehlung Nr. (1), in: AtP 1983, S. 334. 102
4*
104
Echterdinger Empfehlung Nr. (3), in: AtP 1983, S. 334.
105
Echterdinger Empfehlung Nr. (4), in: AtP 1983, S. 334.
106
Bullinger / Gödel, Landesmediengesetz, § 58, Rn. 5.
52
B. Entstehungsgeschichte und Entwicklung des Landesmediengesetzes
aufgehoben und stattdessen eine dreifache Abstufung vorgesehen wurde. \07 Dieser zweite Entwurf wurde von der Landesregierung am 4. Juli 1983 108 zur förmlichen Anhörung lO9 freigegeben und etwa 80 Verbänden, Organisationen und Institutionen des Landes zur Stellungnahme zugeleitet. llo 4. Ausarbeitung des Regierungsentwurfs Im Herbst 1984 wurde die Arbeit am Gesetz unter der Verantwortung einer neuen Arbeitsgruppe lll wieder aufgenommen. Deren Arbeitsstab oblag die Ausarbeitung des Regierungsentwurfs samt Begründung nach den Leitbeschlüssen der Arbeitsgruppe und unter Einbeziehung des Anhörungsergebnisses. Die Arbeitsgruppe war bereits zu Beginn ihrer Tätigkeit mit neuen rundfunkpolitischen, technischen und rechtlichen Rahmenbedingungen konfrontiert. a) Entwicklung in anderen Bundesländern und in Frankreich Die Länder Niedersachsen, Schleswig-Holstein und das Saarland hatten inzwischen nach eigenen Modellen privaten Rundfunk so geordnet, daß die wenigen freien drahtlosen Frequenzen für Hörfunk und Fernsehen unter der Kontrolle eines, nach dem Muster der Rundfunkräte besetzten Aufsichtsgremiums an wenige leistungsfähige Veranstalter vergeben werden sollten, wobei vornehmlich an Konsortien der heimischen Zeitungspresse gedacht wurde. Diese privaten Anbieter sollten sich voll aus Wirtschaftswerbung finanzieren, für die bis zu 20 % der Sendezeit vorgesehen war. ll2 Der baden-württembergische Entwurf sah fünf Prozent im Fernseh- und ca. acht Prozent im Hörfunkbereich vor. ll3 In Rheinland107 Bestimmte Sendungen sollten ganz verboten sein, andere nur nach 23 Uhr codiert, wieder andere erst ab 22 Uhr uncodiert ausgestrahlt werden dürfen.
108 Noch kurz zuvor hatte die SPD-Fraktion im Landtag eine rasche Gesetzeseinbringung angemahnt, vgl. epd / KiFu Nr. 51 / 1983, S. 10. Ziel der SPD war natürlich nicht die Verabschiedung des Gesetzes als solchem, sondern nach der Verabschiedung die schnelle höchstricherliche Klärung durch das zuständige Verfassungsgericht. Die SPD-Fraktion hatte bereits im Jahr zuvor einen eigenen Gesetzentwurf in den Landtag eingebracht (Gesetzentwurf zur Sicherung der Rundfunkfreiheit und Pressevielfalt, Drs. 8/3113), der am Konzept eines ausschließlich öffentlich-rechtlich verfaßten Rundfunks festhielt. 109 Vgl. epd / KiFu, Nr. 52/1983, S. 7; MP 1983, S. 598. 110 Bullinger / Gödel, Landesmediengesetz, S. 89. 111 Diese bestand aus den Staatssekretären der beteiligten Ministerien und Vertretern der Mehrheitsfraktion des Landtags. Ihr stand ein Arbeitsstab aus Ministerialbeamten und Rechtsgelehrten zur Seite. 112 Bullinger / Gödel, Landesmediengesetz, S. 90.
113
Vgl. § 26 Abs. 1 NT. 6 E-LMG.
III. Phase 3: Entwurfsarbeiten für ein Landesmediengesetz
53
Pfalz, Berlin und Bayern sollten durch entsprechende Versuchsgesetze neue rundfunkähnliche Kommunikationsdienste erprobt werden. Auch in Frankreich, wo bereits durch das Gesetz über die audiovisuelle Kommunikation 1l4 vom 29. Juli 1982 privater Rundfunk ermöglicht wurde, war den privaten Lokalradios eine volle Finanzierung aus Wirtschaftswerbung freigestellt worden. Baden-Württemberg sah sich plötzlich durch die schnelle Entwicklung außerhalb des Landes von der Rolle des "Vorreiters" im Bereich der neuen Medien in die eines "Nachzüglers" gedrängt. 115
b) Technische Neuerungen Im technischen Bereich ging der Ausbau eines flächendeckenden Breitbandkabelnetzes nur schleppend voran. Ende 1984 waren gerade einmal vier Prozent der baden-württembergischen Haushalte an ein Kupferkabel angeschlossen.11 6 Der Satellitenrundfunk stand unmittelbar bevor und ließ kaum noch eine Chance, privaten Rundfunk im Lande voll nach eigenen Grundsätzen zu gestalten und gegen systemfremde Einwirkungen von außen abzuschotten. 117 c) "Bremerhavener Einigung"
Aufgrund der raschen nationalen und internationalen Entwicklung der neuen Techniken zur Übertagung von Hörfunk- und Fernsehprogrammen einigten sich die Ministerpräsidenten der Bundesländer am 19. Oktober 1984 in der "Bremerhavener Einigung,,118 auf die Sicherung des Bestands und die Entwicklung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, wie der Startchance für private, in der Bundesrepublik Deutschland ansässige Veranstalter. 119 Wesentlicher Inhalt dieser Einigung waren die Anerkennung eines Nebeneinanders von öffentlich-rechtlichem und privatem Rundfunk, eine Bestands- und Entwicklungsgarantie für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk, die Finanzierung des privaten Rundfunks im wesentlichen aus Werbung, die bis zu 20 % der Sendezeit in Anspruch nehmen darf, eine Aufteilung der Direktfunksatellitenkapazität auf Länder oder Länder-
114
607.
Loi No. 82-652,29.7.1982 sur la communication audiovisuelle, J.O. 30.7.1982, p.
llS Rosenkranz, Öffentlich-rechtlicher Rundfunk in Baden-Württemberg, in: Biege, S.204. 116 Rosenkranz, Öffentlich-rechtlicher Rundfunk in Baden-Württemberg, in: Biege, S.204. 117 Bullinger / Gödel, Landesmediengesetz, S. 90 f. 118 Abgedruckt in Glotz / Kopp, Das Ringen um den Medienstaatsvertrag, S. 231 ff. 119 Hartstein / Ring / Kreile, Rundfunkstaatsvertrag, S. 95.
54
B. Entstehungsgeschichte und Entwicklung des Landesmediengesetzes
gruppen und die Pflicht zur Weiterverbreitung der mit Fernmeldesatelliten aus dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland herangeführten Rundfunkprogramme unter leicht zu erfüllenden Voraussetzungen.
d) Konsequenzen fiir den Regierungsentwurj Für den baden-württembergischen Regierungsentwurfwurde die "Bremerhavener Einigung" zur politischen Grundlage und in denselben eingearbeitet. Die Bestands- und Entwicklungsgarantie für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk sollte jedoch eine Umsetzung erfahren, die nicht im Sinne der Landesrundfunkanstalten war, denn um dem privaten regionalen und lokalen Rundfunk in BadenWürttemberg eine echte Startchance zu geben, verständigte sich die Arbeitsgruppe, den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten in der Anfangsphase keine weitere Ausdehnung mehr zu erlauben (Expansionssperre ). So sollte durch die Schaffung von Freiräumen ausschließlich für Private im lokalen und regionalen Bereich auffreien Frequenzen oder Kabelkanälen diesen, gegenüber den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, eine Marktchance eröffnet werden (Regionalisierungsverbot). Eine weitere Neuerung des Regierungsentwurfs war das Abrükken vom reinen Außenpluralismus durch den Einbau binnenpluraler Sicherungen, die dann gelten sollten, wenn außenplurale Vielfalt nicht sofort zu erreichen ist. Gedacht wurde damals an eine "Elektronische Leserbriefspalte" oder einen "Offenen Kanal", wo durch das Zuwortkommen aller gesellschaftlicher Gruppen die Ausgewogenheit des Gesamtprogramms gesichert sei. Die Organisation der LfK wurde dahingehend modifiziert, daß ein binnenpluraler Medienbeirat mit 30 Vertretern verschiedener gesellschaftlich relevanter Gruppen gebildet wird, dem gewisse Mitsprache- und Kontrollrechte eingeräumt werden sollten. Die ursprüngliche Überlegung, den Start des privaten Rundfunks an eine fiinfzigprozentige Verkabelung der baden-württembergischen Haushalte zu koppeln wurde aus realpolitischen Gründen aufgegeben, da ein Festhalten an dieser Planung aufgrund des ausgesprochen langsamen Verkabelungsfortschritts der baden-württembergischen Haushalte die gesamte Medienkonzeption in Frage gestellt hätte. Aus der Erfahrung der raschen Veränderung der Gegebenheiten sollte das Gesetz nicht mit dauerhafter Geltung ausgestattet werden, sondern nach einem angemessenen Erfahrungszeitraum, der auf fünf Jahre ausgedehnt wurde, auf seine Praktikabilität hin untersucht werden. Der Regierungsentwurf fand im Dezember 1984 die Billigung der CDU-Landtagsfraktion 120 und wurde am 21. Januar 1985 im Landtag zur Beratung eingebracht. 121
120 121
epd / KiFu, Nr. 99/ 1984, S. 11. LT-Drs. 9/955.
IV. Phase 4: "Vierte Lesung" in Karlsruhe
55
5. Verabschiedung des LMG Der Gesetzentwurf zum LMG wurde am 6. Februar 1985 in erster Lesung im Plenum debattiert,122 anschließend im Ständigen Ausschuß des Landtags intensiv beraten 123 und zur Anhörung gestellt. Im Rahmen dieser Beratungen wurde deutlich, daß die SPD-Opposition ihren erbitterten Widerstand gegen den privaten Rundfunk mittlerweile aufgegeben hatte. Eine Veränderung der von der Opposition abgelehnten Expansionssperre für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk durch das Regionalisierungsverbot scheiterten jedoch an der unnachgiebigen Haltung der CDU-Mehrheitsfraktion. Das Landesmediengesetz wurde am 12. Dezember 1985 vom Landtag verabschiedee 24 und trat am I. Januar 1986 in Kraft. 125
IV. Phase 4: "Vierte Lesung" in Karlsruhe 126 Wie bereits während der Beratungen zum LMG abzusehen war, wurden einzelne Gesetzespassagen zügig einer verfassungsgerichtlichen Überprüfung zugeführt.
1. Das verfassungsgerichtliche Verfahren a) Erlaß einer einstweiligen Anordnung Nur vier Tage nach dem Landtagsbeschluß kündigte der SDR eine Verfassungsbeschwerde gegen das LMG an 127 und stellte am 19. Dezember 1985 einen Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung gegen § 1311 2 LMG a.F. beim BVerfG. 128 Dieser Antrag richtete sich gegen das Regionalisierungsverbot, d.h. der Veranstaltung von Rundfunkprogrammen durch die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, die nach dem 31. Dezember 1984 aufgenommen wurden und nicht für den gesamten Sendebreich im Land veranstaltet und verbreitet werden. Der SDR betrieb zu diesem Zeitpunkt mit "Radio Stuttgart" ein regionales Fen-
122
LT-PIPr. 9/21, S. 1319 ff.
123 LT -Drs. 9/2298 mit diversen Änderungsvorschlägen des Ständigen Ausschusses. 124 LT-PIPr. 9/40, S. 3007 ff, 3037; Gesetzesvorlage LT-Drs. 9/2365. 125 GBI. 1985, S. 539 ff. 126 Rosenkranz, Öffentlich-rechtlicher Rundfunk in Baden-Württemberg, in: Biege,
S.209. 127 MP, Nr. 100/1985, S. 15.
128 Das Verfahren ist dokumentiert bei Wittig-Terhardt / Rüggeberg, Das Landesmediengesetz Baden-Württemberg vor dem Bundesverfassungsgericht, S. 11 ff.
56
B. Entstehungsgeschichte und Entwicklung des Landesmediengesetzes
sterprogramm l29 auf dem SDR-Programm "Südfunk 1" rur das Gebiet des Nachbarschaftsverbandes Stuttgart 130, dessen Frühmagazin, das am 7. Januar 1985 seinen Sendebetrieb aufnahm, dem Regionalisierungsverbot des § 13 11 LM G a.F. zum Opfer gefallen wäre. Das BVerfG erließ am 3. Januar 1986 eine einstweilige Anordnung gegen § 1311 2 LMG a.F. und setzte die Verpflichtung zur Einstellung des SDR-Frühmagazins bis zur Entscheidung über die Verfassungsbeschwerde aus,l3l so daß der SDR sein Frühmagazin weiterbetreiben konnte. Das BVerfG begründete den Erlaß der einstweiligen Anordnung mit irreparablen Folgen rur Hörer und Programmgestalter, wenn die einstweilige Anordnung nicht erginge und sich die angekündigte Verfassungsbeschwerde später als begründet herausstellte. Insbesondere würde sich die beanstandete gesetzliche Maßnahme des § 13 11 2 LMG a.F. nachträglich als Grundrechtsverletzung erweisen, was als schwerer Nachteil rur das gemeine Wohl anzusehen wäre. 132
b) Verfassungsbeschwerden von SDR und SWF Der SDR erhob am 5. Februar 1986 Verfassungsbeschwerde 133 gegen das Regionalisierungsverbot des § 1311 2 LMG a.F., das öffentlich-rechtliche Werbeverbot nach § 13 11 3 LMG a.F., den Gesetzes- bzw. Staatsvertragsvorbehalt der Veranstaltung öffentlich-rechtlicher Abonnement-, bzw. Einzelentgeltsendungen nach § 13 III LMG a.F., die Kooperationsbestimmung zwischen öffentlich-rechtlichen und privaten Rundfunkveranstaltern nach § 13 IV LMG a.F. und die Verteilung der Rundfunk-Übetragungskapazitäten durch einen Nutzungsplan gern. §§ 5 I 1 u. 3,11; 7; 10 I u. 11 LMG a.F .. Gerügt wurde die Verletzung des Grundrechts der Rundfunkfreiheit aus Art. 5 GG. Der SWF erhob am 30. April 1986 Verfassungsbeschwerde 134 und rügte ebenfalls die Verletzung von Art. 5 GG. Diese richtete sich im wesentlichen gegen die vom SDR angegriffenen Vorschriften und darüber hinaus gegen Einschränkungen beim Zugang der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten zu den künftigen rundfunkähnlichen Kommunikationsdiensten nach §§ 44 III; 45 11; 46 II iVm 23 11 Nr. 4 LMG a.F. 129 Die Sendungen von ,Radio Stuttgart' fanden von Montag bis Freitag jeweils von 5.30-8.00 Uhr und von 18.05-19.00 Uhr statt. Der Schwerpunkt der Berichterstattung lag im lokalen Bereich. 130 Ca. 1,3 Mio. Einwohner. 131
BVerfGE 71, 350 ff.
132
BVerfGE 71, 350, 352 funter Hinweis auf BVerfGE 34, 341, 344; 64, 67, 70.
133 Das Verfahrens ist dokumentiert bei Wittig-Terhardtl Rüggeberg, Das Landesmediengesetz Baden-Württemberg vor dem Bundesverfassungsgericht, S. 43 ff. 134 Das Verfahren ist dokumentiert bei Wittig-Terhardt / Rüggeberg, Das Landesmediengesetz Baden-Württemberg vor dem Bundesverfassungsgericht, S. 115 ff.
IV. Phase 4: "Vierte Lesung" in Karlsruhe
57
In seinem Beschluß zu den Verfassungsbeschwerden von SDR und SWF vom 24. März 1987,\35 der als das fünfte Rundfunkurteil in die Rundfunkverfassungsgeschichte einging, hat das BVerfG festgestellt, daß der Ausschluß der Landesrundfunkanstalten von der Veranstaltung lokaler und regionaler Rundfunkprogramme nach dem LMG mit Art. 5 I 2 GG ebensowenig vereinbar ist, wie die Bestimmung des Vorbehalts einer besonderen Zulassung für die Veranstaltung von Ton- und Bewegtbilddienst auf Abruf durch die Landesrundfunkanstalten. Das BVerfG begründete diese Entscheidung mit der dienenden Funktion der Rundfunkfreiheit gegenüber der in Art. 5 I GG gewährleisteten Freiheit der Meinungsbildung und dem daraus abzuleitenden Grundversorgungsauftrag der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, wenngleich dieser nicht für den lokalen und regionalen Rundfunkbereich gilt. \36 Unbeanstandet blieb hingegen das Werbeverbot im öffentlich-rechtlichen Lokal- und Regionalfunk, der Vorbehalt der besonderen gesetzlichen oder staatsvertraglichen Zulassung für Abonnementprogramme der Landesrundfunkanstalten, wie auch die Verpflichtung der Landesrundfunkanstalten, freie Videotextkapazitäten ihrer Programme privaten Anbietern zur Verfügung zu stellen. c) Novellierung J987 Seitens der Landesrundfunkanstalten war man mit der Entscheidung zufrieden. Die CDU-Landesregierung, CDU-Politiker und die privaten Rundfunkveranstalter im Land reagierten kritisch bis ablehnend. I37 Die Landesregierung, der nach dem Urteil eine deutliche rundfunkpolitische Ernüchterung anzumerken war, \38 machte sich an die Novellierung des LMG. Am 11. November 1987 wurde der Novellierungsentwurf 39 im Landtag eingebracht, 140 und das LMG am 10. Dezember 1987 durch das erste Änderungsgesetz 141 entsprechend der verfassungsgerichtlichen Vorgaben geändert. Das als verfassungswidrig eingestufte Regionalisierungsverbot gegenüber den öffentlich-rechtlichen Landesrundfunkanstalten wurde aufgehoben, wie auch der gesetzliche, bzw. staatsvertragliche Zulassungsvorbehalt der Veranstaltung von Ton- und Bewegtbilddiensten durch die Landesrundfunkanstalten. Präzisiert wurden ferner die Bestimmungen für den Übergang
135
BVerfGE 74, 297 ff.
136
BVerfGE 74, 297, 323 ff.
137
epd / KiFu, Nr. 43 / 1987, S. 7 f.
138 Rosenkranz, Öffentlich-rechtlicher Rundfunk in Baden-Württemberg, in: Biege, S.211. 139 LT -Drs. 9/5076.
140 141
LT-PIPr. 9/81, S. 6725. GBI. 1987, S. 728.
58
B. Entstehungsgeschichte und Entwicklung des Landesmediengesetzes
von einem "außenpluralen" zu einem "binnenpluralen Modell" und die Kriterien rur die Lizenzvergabe durch die LfK.
2. Rundfunkrechtliche Neuerungen während des VB-Verfahrens Die rundfunkrechtliche Entwicklung schritt Mitte der achtziger Jahre schnell voran. So hatten inzwischen alle Bundesländer privaten Rundfunk aufgrund ländereigener Gesetze eingeruhrt, bzw. stand die Einruhrung kurz bevor. Gegen das Niedersächsiche Landesrundfunkgesetz vom Mai 1984 war zwischenzeitlich eine Verfassungsbeschwerde anhängig. Trotz der durch die in Karlsruhe anhängigen Verfassungsbeschwerden von SDR und SWF noch zu erwartenden Turbulenzen um das LMG machte sich die Landesregierung nach Inkrafttreten des LMG zügig an dessen Umsetzung.
a) Gründung der LjK Am 26. Februar 1986 wählte der Landtag 142 gern. § 60 I LMG a.F. den Vorstand der LfK,143 der sich am 19. März 1986 in Stuttgart konstituierte. Der Medienbeirat der LfK nach §§ 65 ffLMG a.F., zusammengesetzt aus den Vertretern aller gesellschaftlich relevanten Gruppen des Landes, hielt am 26. Juni 1986 seine konstituierende Sitzung ab. Die LfK wurde in der Anfangsphase ausschließlich aus Haushaltsmitteln finanziert, 144 jedoch wurde bereits damals eine Finanzierung aus dem Kabelgroschen, einem Anteil aus dem Rundfunkgebührenaufkommen, geplant, die aber einer bundeseinheitlichen rundfunkstaatsvertraglichen Regelung vorbehalten bleiben sollte. Bereits am 19. Juli 1986 schrieb die LfK auf der Grundlage des ersten Nutzungsplans 145 Lizenzen rur 50 lokale und 23 regionale UKW -Frequenzen rur Hörfunksender aus. l46 461 Anträge von 144 Privatfunkbewerbern gingen bei der LfK daraufhin ein. 147 Ab Ende März 1987 wurden -
142 LT-PIPr. 9/43, S. 3425 ff. 143 Zum Vorsitzenden des Vorstandes wurde Staatssekretär a.D. Dr. Gerhard Mahler
gewählt. 144 Stang, Landesmediengesetz, Landesmedienbeirat und Landesanstalt für Kommunikation, in: "Der Bürger im Staat" 1986, S. 238. 145 Erste Verordnung der LfK über einen Nutzungsplan für Breitbandverteilnetze und drahtlose Frequenzen, GBI. 1987, S. 256 ff.
146 Die UKW-Frequenzen des Wellenbereichs 100-108 MHz wurden entsprechend der internationalen "Genfer Wellenkonferenz" ausgeschrieben. Zusätzlich wurden die Kanalbelegung in Breitbandverteilnetzen und die terrestrischen Frequenzen für den SWF und den SDR festgelegt. 147 Ströbel, Frequenz-Querelen in Baden-Württemberg, in: epd / KiFu Nr. 80/1987,
IV. Phase 4: "Vierte Lesung" in Karlsruhe
59
jeweils für fünf Jahre - erste Zulassungen für Hörfunk-, später auch für einzelne Fernsehveranstalter, erteilt. Mit "Hochrheinradio Antenne 3" ging am 4. April 1987 der erste lizenzierte private Hörfunkveranstalter in Baden-Württemberg auf Sendung. Außer bei der Zulassung für ein Satellitenprogramm l48 haben alle Veranstalter nur terrestrische Kapazitäten für einzelne, meist relativ kleine lokale oder regionale Verbreitungs gebiete erhalten. Daneben hat die LfK die Weiterverbreitung mehrerer herangeführter Programme in Kabelnetzen genehmigt. 149
b) Viertes Rundfunkurteil des BVerfG In seinem vierten Rundfunkurteil vom 4. November 1986 1sO zum Niedersächsischen Landesrundfunkgesetz,151 das den bisherigen Zehnjahresrhythmus der Rundfunkrechtsprechung beendete, begründete das BVerfG den nebulösen Begriff der "Grundversorgung", 152 die Sache der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten sei, ohne diesen Begriff zu definieren. ls3 Nach Auffassung der Verfassungsrichter geht es bei der "Grundversorgung" um die Wahrung des klassischen Auftrags des Rundfunks, der neben seiner Rolle für die Meinungs- und politische Willensbildung, neben Unterhaltung und über laufende Berichterstattung hinausgehender Information seine kulturelle Verantwortung umfaßt. 154 In diesem Grundversorgungsauftrag finden, so das Gericht weiter, der öffentlich-rechtliche Rundfunk und die ihn prägende Eigenart der Gebührenfinanzierung ihre Rechtfertigung. lss Weiter bekräftigte und entwickelte das BVerfG die in den drei Vorgängerurteilen formulierten Anforderungen an den Gesetzgeber für die Organisation des Rundfunks bei Zulassung privater Anbieter und anerkannte ausdrücklich die sich in der Bundesrepublik Deutschland zum damaligen Zeitpunkt herausbildende "duale Rundfunkordnung".ls6 S. 3; Schurig, Entwicklung des privaten Rundfunks in Baden-Württemberg, in: Biege, S.319. Das Spektrum der Antragsteller reichte von Einzelpersonen über Unternehmen und Anbietergemeinschaften bis zu Zeitungs- und Zeitschriftenverlagen sowie Verbänden und Organisationen gesellschaftlich relevanter Gruppen. 148 Diese Zulassung erfolgte nach dem "Südschienen-StV" zwischen den Ländern Baden-Württemberg, Bayern und Rheinland-Pfalz, vgl. GBI. 1986, S. 242. 149 Birkert, Landesmediengesetz, S. 3. 150 BVerfGE 73, 118 ff. 151 Das Verfahren ist dokumentiert bei Hoffmann-Riem / Starck, Das Niedersächsische Landesrundfunkgesetz vor dem Bundesverfassungsgericht, Baden-Baden 1988. 152 BVerfGE 73, 118, 157 f. 153 Hartstein / Ring / Kreile, Rundfunkstaatsvertrag, S. 133. 154 BVerfGE 73,118, 158. IS5 BVerfGE 73, 118, 158.
60
B. Entstehungsgeschichte und Entwicklung des Landesmediengesetzes
c) Rundfunkstaatsvertrag 1987
Nach mehrjährigen Verhandlungen l57 einigten sich die Ministerpräsidenten der Bundesländer am 4. April 1987 im Rahmen des Rundfunkstaatsvertrages (RfStV) der Länder l58 auf eine einheitliche Neuordnung des Rundfunkwesens. Dieser RfStV setzte für die Gesetzgebung aller Länder verbindliche Ausgestaltungsmaßstäbe, die eine größtmögliche Homogenität der Ländergesetzgebung für den öffentlich-rechtlichen und den privaten Rundfunk sicherstellen sollten. Man verständigte sich auf eine grundsätzliche Bestands- und Entwicklungsgarantie zugunsten der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten und auf die Sicherstellung der Finanzierung derselben. Im Bereich des privaten Rundfunks machte der RfStV Vorgaben in den Bereichen Werbung, Jugendschutz und Finanzierung der Länderaufsichtsanstalten aus einem zweiprozentigen Anteil der Rundfunkgebühren. Der RfStV wurde vom baden-württembergischen Landtag im November 1987 durch formellen Gesetzesbeschluß in Landesrecht umgesetzt l59 und seine Bestimmungen im Rahmen der ersten Novelle im Dezember 1987 in das LMG eingearbeitet.
v. Phase 5: Erkenntnisphase des Gesetzgebers Nach der Novellierung im Dezember 1987 wurde es in der Öffentlichkeit um das LMG still. Die mit der Umsetzung des LMG befaßte LfK sah sich zunehmender Kritik von Hörfunkveranstaltern ausgesetzt, da die langwierigen Lizenzierungsverfahren die privaten Veranstalter zu viel Geld kosteten und der private Rundfunk im Land nicht in Gang kam. 160 156 BVerfDE 73, 118. Leider verzichtete das BVerfD auf eine genaue Definition dieses Begriffs, der wohl als das Nebeneinander von öffentlich-rechtlichem und privatem Rundfunk verstanden werden soll. Betrachtet man die damals starke Position des gebührenfinanzierten öffentlich-rechtlichen Rundfunks, so muß das "Nebeneinander" auf die tatsächliche Existenz reduziert, und darf nicht einer quantitativen, bzw. qualitativen Wertung unterzogen werden.
157 Vgl. hierzu den Bericht über die Phasen der Verhandlungen in Hartstein 1 Ring 1 Kreile, Rundfunkstaatsvertrag, S. 80 ff. 158 Abgedruckt bei Hartstein 1Ring 1Kreile, Rundfunkstaatsvertrag, S. 80 ff mit ausführlicher Kommentierung. 159 GBI. 1987, S. 511. 160 V gl. Ströbel, Frequenzquerelen in Baden-Württemberg, in: epd 1KiFu Nr. 801 1987, S. 3 f, sowie epd/KiFu, Nr. 851 1987, S. 11; Nr. 961 1987, S. 9 f. Die LfK trat dieser Kritik entgegen und verwies auf den gesetzlichen Auftrag bei einer Vielzahl von Bewerbungen entsprechende Einigungsverhandlungen unter den Interessenten zu fUhren, § 18 LMG a.F .. Diese erwiesen sich z.B. im wirtschaftsstarken Stuttgarter
V. Phase 5: Erkenntnisphase des Gesetzgebers
61
Aufgrund der Neulandsituation des LMG hatte der Gesetzgeber in § 88 11 LMG a.F. von vorneherein eine grundsätzliche Überprüfung des Gesetzes aufgrund eines spätestens nach vier Jahren von der Landesregierung vorzulegenden Berichts vorgesehen, der seinerseits auf einem entsprechenden Bericht der LtK basieren sollte.
1. Bericht gern. § 88 11 LMG a.F.
§ 88 II LMG a.F. forderte von der Landesregierung einen Bericht über die Erfahrungen mit der Anwendung des Gesetzes und eine Stellungnahme zur Notwendigkeit von Gesetzesänderungen. a) Bericht der LjK an die Landesregierung In ihrem Bericht an die Landesregierung vom September 1989 161 nahm die LtK eine ausführliche Bestandsaufnahme der Situation des privaten Rundfunks in Baden-Württemberg vor,162 zeigte die Probleme mit und durch die Umsetzung des LMG auf und unterbreitete eine Vielzahl von gesetzlichen Änderungsvorschlägen. Die LtK stellte fest, daß zwar für die Mehrheit der baden-württembergisehen Bevölkerung formal (quantitativ) Außenpluralität durch den Empfang von mindestens vier privaten Hörfunkveranstaltern gegeben ist, dies jedoch keine Aussage über die inhaltliche (qualitative) Meinungsvielfalt zulasse. Die größten Probleme lagen im wirtschaftlichen Bereich der regionalen und lokalen Hörfunksender. Gründe für diese Situation waren oftmals zu kleine, sich überlappende Sendegebiete, unzureichende technische Übertragungskapazitäten bei terrestrischen Frequenzen und auf verschiedene Veranstalter aufgeteilte Frequenzen (Frequenz-Splitting) sowie hohe Programmkosten. Für die große Mehrzahl der Hörfunkveranstalter war es unmöglich, nach einer angemessenen Startphase wirtschaftlich zu arbeiten, da die Akquisition von Wirtschaftswerbung 163 als dem Raum als ausgesprochen schwierig. Hinzu kam, daß Antragsteller bzw. Veranstalter gegen die Zulassung des jeweils anderen Bewerbers Rechtsmittel einlegten; vgl. Schurig, Entwicklung des privaten Rundfunks in Baden-Württemberg, in: Biege, S. 320. 161 Landesanstalt für Kommunikation, Bericht an die Landesregierung, Hauptband und Anlageband, Stuttgart 1989. 162 Zum damaligen Zeitpunkt waren in Baden-Württemberg 26 private Regional- und 24 private Lokalhärfunkveranstalter auf Sendung. Fünf Regional- und neun Lokalsender waren lizenziert, hatten den Programmbetrieb jedoch noch nicht aufgenommen. Im Femsehbereich sendete ein in Baden-Württemberg produziertes Programm, das "RheinNeckar-Fernsehen", als regionales Fensterprogramm aufRTL. Des weiteren wurden zwölf private herangeführte Fernsehveranstalter in baden-württembergischen Kabelnetzen weiterverbreitet.
62
B. Entstehungsgeschichte und Entwicklung des Landesmediengesetzes
wesentlichen Kostenträger ausgesprochen schwierig war. Die Folge waren Konzentrationstendenzen im privaten Hörfunk und ein Trend zur Bildung von Veranstalterketten, verbunden mit der Beauftragung von Produktions gesellschaften durch die Lizenznehmer, was im lokalen Bereich teilweise dazu fuhrte, daß Veranstalter nur noch lokale Fenster innerhalb fremdproduzierter Mantelprogramme sendeten. Diese, der vom BVerfG geforderten Meinungsvielfalt, abträgliche Entwicklung ist auf eine letztlich falsche Einschätzung der Gesamtlage, insbesondere der wirtschaftlichen Möglichkeiten des privaten Hörfunks, seitens der LfK zurückzufuhren. Der Gedanke, durch publizistischen und wirtschaftlichen Wettbewerb im lokalen und regionalen Hörfunk Meinungsvielfalt herzustellen, war von vorneherein zum Scheitern verurteilt, da seitens der LfK zu schnell zu viele miteinander konkurrierende Veranstalter in teilweise viel zu kleinen Verbreitungsgebieten mit viel zu geringen Senderreichweiten zugelassen wurden. Die LfK hatte Recht, wenn sie auf der Grundlage der Reichweitenuntersuchungen 164 der privaten Hörfunksender die Meinung vertrat, daß der private Hörfunk in Baden-Württemberg zu einer Erweiterung der Meinungsvielfalt beigetragen habe,165 doch leider muß der Wert dieser Meinungsvielfalt unter dem Gesichtspunkt der zunehmenden Konzentration im Hörfunkbereich deutlich relativiert werden. b) Bericht der Landesregierung an den Landtag In ihrer, auf dem LfK-Bericht aufbauenden Betrachtung l66 vom Oktober 1990 nahm die Landesregierung eine eingehende Analyse der Situation des privaten Rundfunks im Lande 167 vor, zeigte die wirtschaftlichen Schwierigkeiten bei der praktischen Umsetzung des LMG aufund formulierte umfangreichen Änderungsbedarf zur Sicherung der Meinungsvielfalt im Lande. Für die Landesregierung war eine erneute Novellierung des LMG mit dem Ziel der Überwindung der wirtschaftlichen Schwierigkeiten der Weg aus der Krise. Im Rahmen ihres Berichts stellte die Landesregierung verschiedene Modelle der Organisation landesweiter, regionaler und lokaler Hörfunkveranstaltung zur Diskussion. Grund163 Den bisherigen Kosten von ca. DM 110 Mio. standen lediglich Werbeeinnahmen von ca. DM 40 Mio. gegenüber. 164 Alle privaten Hörfunksender erreichten damals ca. 18 % der baden-württembergischen Bevölkerung. Sie erzielten damit einen mit den reichweitenstarken Programmen der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten (SDR 1, SDR 3) vergleichbaren Wert. 165 Landesanstalt für Kommunikation, Bericht an die Landesregierung, Bd. 1, S. 5. I66LT-Drs.IO/4164. 167 Mittlerweile lag die Zahl der auf Sendung befindlichen privaten Regional- und Lokalfunkveranstalter bei je 22.
v. Phase 5: Erkenntnisphase des Gesetzgebers
63
gedanke aller Modelle war die Verringerung der Veranstalterzahl im privaten Hörfunkbereich zur Ermöglichung eines werbe finanzierten wirtschaftlichen Betriebs. 2. Konsequenzen Bereits im November 1990 bekam die Diskussion um die Neuordnung der Hörfunkstruktur in Baden-Württemberg erstmals eine konkrete Grundlage.
a) Vorschlag der LjK Mit den "Überlegungen der LfK rur eine künftige Struktur privater Hörfunkveranstalter in Baden-Württemberg" wurde erstmals ein konkreter Vorschlag zur Neustrukturierung in die Diskussion eingeruhrt. Im lokalen Bereich plante die LfK, in nahezu allen Landkreisen ein lokales, in seinem publizistischen Inhalt auf das jeweilige Verbreitungs gebiet bezogenes Programm, anzubieten. 168 Dabei ging die LfK von 16 Lokalsendern aus. In Ergänzung der räumlichen Ausweitung der Lokalsendergebiete sollte die bisherige Regionalsenderstruktur dahingehend modifiziert werden, daß bestehende Regionalsender zu größeren Einheiten, sog. Bereichssendern, zusammengefaßt werden. 169 Dabei wurden zwei Varianten mit vier, bzw. sechs Bereichssendern ins Auge gefaßt.
b) Konzept der Landesregierung Nachdem die FDP-Fraktion im baden-württembergischen Landtag im November 1990 erfolglos einen eigenen Entwurf zur Novellierung des LMG I70 vorgelegt hatte, unterbreitete Ministerpräsident Späth im Dezember 1990 die Vorstellungen der Landesregierung. 171 Kernpunkt dieses Konzepts war die Reduzierung der 22 Regionalsender auf bis zu sechs, und die der Lokalsender auf 15. Diese Verringerung sollte einhergehen mit der Schaffung in sich geschlossener, wirtschaftlich leistungsflihiger Kommunikationsräume. Die Einrichtung eines landesweiten Senders wurde abgelehnt. Die Opposition übte massive Kritik an diesen Plänen 172 und warf der Landesregierung das Scheitern ihrer Medienkonzeption vor. Landesanstalt für Kommunikation, "Überlegungen ... ", S. 5. Landesanstalt für Kommuniaktion, "Überlegungen ... ", S. 6. 170 LT -Drs. 10 / 4341.
168 169
171 Pressemitteilung Staatsministerium Baden-Württemberg Nr. 254 / 90 vom 10. Dezember 1990. 172
Stuttgarter Zeitung vom 13. Dezember 1990, S 5.
64
B. Entstehungsgeschichte und Entwicklung des Landesmediengesetzes
3. Novellierung 1991
Da sich die Vorstellungen der Landesregierung weitgehend mit denen der CDU-Mehrheitsfraktion deckten, bereite die Landesregierung 173 zügig die zweite große Novelle des LMG vor. Wie schon bei der ersten Novelle sollte auch nun wieder ein grundlegendes Urteil des BVerfG in die Änderungsphase eingreifen. a) Das sechste Rundfunkurteil des BVerfG I74 Das BVerfG verkündete am 5. Februar 1991 sein sechstes Rundfunkurteil,175 das sich mit der Verfassungsmäßigkeit des nordrhein-westfalischen Landesrundfunkgesetzes auseinandersetzte. Dieses Urteil enthält wesentliche Aussagen zur Grundversorgung und einer daraus abgeleiteten dynamischen Bestands- und Entwicklungsgarantie für die Landesrundfunkanstalten sowie zur gesetzgeberischen Gestaltungsfreiheit bei der Ausgestaltung der dualen Rundfunkordnung und der Anforderungen an private Veranstalter. 176 b) Novellierungsentwurf Unter Berücksichtigung der LMG-Berichte und der jüngsten BVerfG-Entscheidung brachte die Landesregierung am 21. Juni 1991 einen umfangreichen Änderungsentwurf zum LMG im Landtag ein. 177 Zielsetzung des Entwurfs war die Verbesserung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für die regionalen und lokalen privaten Rundfunkveranstalter und die gleichzeitige Sicherung der publizistischen Vielfalt. Die Landesregierung verfolgte dabei den Leitgrundsatz, so viel Vielfalt wie wirtschaftlich möglich, zu sichern. 178 Kernpunkt im Hörfunkbereich war die Umsetzung einer modifizierten Regional- und Lokalsenderstruktur, bei der die bisherige Senderzahl von 44 auf höchstens sechs Regionalund 15 Lokalsender reduziert wird, mit der eine Vergrößerung der Sendegebiete 173 Der Rücktritt des Ministerpräsidenten Späth im Januar 1991 änderte nichts an der Umsetzung der Novellierungsvorschläge durch die neue Landesregierung unter Ministerpräsident Teufel. 174 Das Verfahren ist dokumentiert bei Pieper / Hadamik, Das WDR-Gesetz und das Landesrundfunkgesetz Nordrhein-Westfalen vor dem Bundesverfassungsgericht, BadenBaden 1993. 175 BVerfGE 83, 238 ff. 176 Birkert, Landesmediengesetz, S. 5. 177LT-Drs.l0/5420. 178 LT-Drs. 10 /5420, S. 39.
VI. Phase 6: Umsetzung der Novelle und aktuelle Entwicklung
65
und eine Werbebeschränkung im Regionalbereich zugunsten der lokalen Veranstalter einhergeht. Planungsziel der Novelle war es, durch eine deutliche Reduzierung der privaten Veranstalter die Möglichkeit für größere, wirtschaftlich tragfähige und technisch gut versorgte Verbreitungsgebiete zu schaffen. 179 Aufgrund dieser Zielsetzung kam das bisher praktizierte Frequenzsplitting weitgehend in Wegfall. Den bisherigen Veranstaltern wurde im Hinblick auf die Zusammenfassung lediglich ein Vertrauens-, jedoch kein Bestandsschutz eingeräumt. Den Veranstaltern von Regionalprogrammen wurde die Möglichkeit eingeräumt, sich zu einem landesweiten privaten Sender zusammenzuschließen. Weiter enthielt der Entwurf eine Neustrukturierung der LfK durch Zusammenfassung der bisherigen Organe Vorstand und Geschäftsführer zu einem fünfköpfigen Vorstand mit hauptamtlichem Vorstandsvorsitzenden und vier weiteren, ehrenamtlich tätigen Vorstandsmitgliedern unter Stärkung der Kompetenzen des Medienrates. Der in der bisherigen Gesetzesfassung politisch nicht besetzte Medienrat wurde um je einen Vertreter einer Landtagsfraktion sowie um vier weitere Landtagsvertreter erweitert, wodurch sich die Politik auch Einfluß auf dieses Gremium verschafft hat. Nach der Änderung einzelner Vorschriften gegenüber dem Regierungsentwurf durch die parlamentarischen Beratungen im Ständigen Ausschuß des Landtags 180 und durch den am 31. August 1991 durch die Ministerpräsidenten der Länder beschlossen "Staatsvertag zur Neuordnung des Rundfunks im vereinten Deutschland,,181 verabschiedete der Landtag am 11. Dezember 1991 182 die zweite große Novelle zum LMG. 183 Das neue LMG trat am 1. Januar 1992 in Kraft und ist in der vollständigen Neufassung am 17. März 1992 bekanntgemacht worden. 184
VI. Phase 6: Umsetzung der Novelle und aktuelle Entwicklung Bei den bisher lizenzierten Rundfunkanbietern, insbesondere aber den Veranstaltern von regionalen Hörfunkprogrammen, stieß die Neuordnung der Hörfunklandschaft auf scharfe Kritik. 185
179LT_Drs. 10/5420, S. 38 f. 18°VgI.LT-Drs.l0/4341, 10/6296, 10/6383-1 bis-5. 181 Zustimmungsgesetz in GBI. 1991, S. 745 ff; LT-Drs. 1015930. 182 LT-PIPr. 10/81, S. 6635 ff. 183 GBI. 1991, S. 817 ff. 184 GBI. 1992, S. 189 ff. 185 Stuttgarter Zeitung vom 12. Dezember 1993, S. 5, wo sich der Verband Süddeutscher Rundfunkanbieter gegen eine "Zwangsfusion" wehrt; Tisken, Die Medienlava brodelt weiter, in: DN Blickpunkt 3/93, S. 7. 5 Kirschnek
66
B. Entstehungsgeschichte und Entwicklung des Landesmediengesetzes
1. Verfassungsbeschwerde gegen das LMG Zahlreiche regionale private Hörfunkveranstalter erhoben im Juli 1992 Verfassungsbeschwerde beim BVerfG 186 gegen die Neustrukturierung der Verbreitungsgebiete für Regional- und Lokalsender nach § 7 II 1 Nr. 2 iVm. § 20 II 1 Nr. 3 u. 4 LMG, die Werbebeschränkung für auseinandergeschaltete Regionalsendeprogramme nach § 33 IV Nr. 1 LMG und die Werberegelung für den Fall eines landesweiten Hörfunkprogrammes nach § 93 III LMG. Gerügt wird durch die Beschwerdeführer die Verletzung des Grundrechts der Rundfunkfreiheit aus Art. 5 I GG sowie die Verletzung der Grundrechte aus Artt. 3 I, 12 I und 2 I GG. Die Verfassungsbeschwerde ist seither in Karlsruhe anhängig, eine Entscheidung des BVerfG erging bis Juli 1997 nicht. 187 2. Neustrukturierung der privaten Rundfunklandschaft Unbeeindruckt von der anhängigen Verfassungsbeschwerde 188 machte sich die LfK an die Umsetzung der Neugestaltung der Verbreitungsgebiete für den privaten Hörfunk. Es galt für die LfK Verbreitungsgebiete für den lokalen und regionalen Hörfunk zu schaffen, die, ausgehend von den technischen Voraussetzungen der Frequenzversorgung, wirtschaftlich leistungsfahige private Hörfunkveranstaltung ermöglichen. Durch Art. 2, § 3 I des Gesetzes zur Änderung des LMG 1991 189 wurden sämtliche Hörfunklizenzen einheitlich bis zum 30. September 1994 verlängert, so daß die Neulizenzierung für den Hörfunkbereich zum 1. Oktober 1994 anstand. a) Neufassung der Verbreitungsgebiete jUr privaten Hörfunk Die LfK legte im Dezember 1992 einen Vorschlag zur Neustrukturierung der Hörfunklandschaft vor und schrieb im Oktober 1993 die terrestrischen Frequenzen für drei Bereichs-, 15 Lokalsender l90 und eine leistungsstarke Stuttgarter Geschäftszeichen 1 BvR 987/92. Schreiben des BVerfG - Präsidialrat - AR 2406/97 - vom 28. April 1997 an den Verf.: " ... auf Ihre Anfrage kann nur mitgeteilt werden, daß ein Entscheidungstermin derzeit nicht absehbar ist." Eine Auseinandersetzung mit den materiell-rechtlichen Problemen, die durch die Verfassungsbeschwerde aufgeworfen werden, findet sich in Kapitel E.V!. und E.VIII. 188 Birkert, Landesmediengesetz, S. 6 f.: "Ob eine ... beim BVerfG erhobene Verfassungsbeschwerde ... Erfolg haben ... wird, erscheint zweifelhaft ..... 189 GBI. 1991, S. 838. 186
187
190
Dabei handelt es sich um die Bereichssender Baden, Württemberg (Mitte) und
VI. Phase 6: Umsetzung der Novelle und aktuelle Entwicklung
67
Sonderfrequenz l91 für private Veranstalter im Staatsanzeiger aus. Zusätzlich sollten sieben Frequenzen an nichtkommerzielle Veranstalter l92 vergeben werden. 193 Bei der LfK sind nach Ablauf der Bewerbungsfrist um die privaten Hörfunkfrequenzen 171 Anträge eingegangen. 194 In Gesprächen mit den Bewerbern wurde seitens der LfK gern. § 21 I LMG zunächst versucht, eine Einigung unter konkurrierenden Bewerbern herbeizuführen. Das Lizenzierungsverfahren für die Bereichs- und Lokalsenderfrequenzen hat die LfK, teils mittels Einigung der Bewerber, teils mittels Auswahlverfahren gern. § 21 II, III LMG im April 1995 abgeschlossen.1 95 Ob diese Neukonzeption der LfK nunmehr geeignet ist, die wirtschaftliche Situation der privaten regionalen und lokalen Hörfunkveranstalter zu verbessern, ist fraglich. Mahnende Stimmen, die Zweifel an der Wirtschaftlichkeit der neuen Lösung äußerten, haben sich bereits während des Verfahrens der Neukonzeption zu Wort gemeldet,196 und waren auch anschließend zu hören. 197 Einen besonderen Problemfall stellte im Rahmen der Neulizenzierung die Stuttgarter UKW-Frequenz 105,7 MHz dar. Wegen der Ausschreibung dreier, vom SDR beanspruchter UKW-Hörfunkfrequenzen - darunter auch die Stuttgarter UKW-Frequenz 105,7 MHz - für private Veranstalter, hat der SDR am 28. Dezember 1993 ein Normenkontrollverfahren vor dem VGH Baden-Württemberg gegen die LfK-Nutzungsverordnung eingeleitet. Nach Auffassung des SDR verstieß die Zuordnung dieser Frequenzen an private Anbieter, die der SDR für seine Kooperationsprogramme "S 2 Kultur" und "S 4" beansprucht, gegen die Grundversorgungsgarantie. Der VGH Baden-Württemberg gab am 30. August Südost-Württemberg sowie die Lokalsender Mannheim / Heidelberg, Karlsruhe, Ortenau, Freiburg, Hochrhein / Bodensee, Oberer Neckar, Tübingen / Reutlingen, Ulm / Biberach, Ostwürttemberg, Esslingen / Kirchheim, Göppingen, Böblingen / Sindelfingen, Stuttgart, Rems-Murr und Heilbronn / Franken. 191 Hierbei handelte es sich um die ursprünglich vom SDR beanspruchte UKW-Frequenz 105,7 MHz. 192 Diese waren vorgesehen in Baiersbronn, Freiburg, Freudenstadt, Karlsruhe, Schwäbisch Hall, Tübingen und Ulm. 193 Staatsanzeiger für Baden-Württemberg vom 23. Oktober 1993, S. 1 f. 194 Stuttgarter Zeitung vom 8. Februar 1994, S. 5. 195 Stuttgarter Zeitung vom 12. April 1995, S. 5: "Neuordnung des privaten Hörfunks jetzt komplett". Einen Überblick über die von der LfK lizenzierten privaten kommerziellen und nichtkommerziellen Hörfunkveranstalter in Baden-Württemberg samt einer graphischen Übersicht vermittelt LT-Drs. 11 /6224, S. 5 ff. 196 Schrape, Wirtschaftlichkeitsüberlegungen zur Neustrukturierung des privaten Hörfunks in Baden-Württemberg, in: LfK "Rundfunk Dialog '91", Dok., Nr. 1. 197 Vgl. der Bericht "Nasse Füße bei Radio Seefunk" in: DJV Blickpunkt, 2/96, S. 26, der über unzureichende Wirtschaftlichkeit der Hörfunkveranstaltung im Bereich des Lokalsenders 5 Hochrhein / Bodensee (Radio Seefunk) berichtet. 5"
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B. Entstehungsgeschichte und Entwicklung des Landesmediengesetzes
1994 dem SDR Recht und erklärte die Nutzungsplanverordnung der LfK, soweit sie die streitgegenständlichen Frequenzen für private Anbieter vorsah, wegen Verstoßes gegen den vom SDR zu leistenden Grundversorgungsauftrag für nichtig. Während das BVerfG noch im fünften Rundfunkurteil ausführte, daß lokale und regionale Hörfunkveranstaltung nicht dem Grundversorgungsauftrag zuzuordnen sind,198 hat der VGH Baden-Württemberg demgegenüber die Auffassung vertreten, daß sowohl das Programm "S 2 Kultur" wie auch das Programm "S 4" der Grundversorgung zuzurechnen sind. l99 Während es sich beim Programm "S 2 Kultur" um ein landesweit verbreitetes Programm handelt, besteht "S 4" in seiner Gesamtheit aus nicht weniger als sieben Programmen, die alle regional verbreitet werden, und somit nicht dem Grundversorgungsauftrag zugerechnet werden können. Dieser Auffassung ist der VGH mit der Begründung entgegengetreten, daß es sich bei "S 4" aufgrund der Kooperationsvereinbarung von SDR und SWF um ein landesweites Programm handele, das zeitweise regional auseinandergeschaltet wird. Der VGH hat damit eine, der sachlichen Entscheidung nicht gerecht werdende, rein formale Betrachtungsweise in den Vordergrund gestellt und den Schwerpunkt der Informationsqualität von "S 4", der in der regionalen Berichterstattung liegt, verkannt. Hier wäre es sachnäher gewesen, inhaltiche Schwerpunkte in die Entscheidung einzustellen, da sich auch die Frage der Interpretation des Grundversorgungsbegriffs als solchem nur anhand der Inhalte von Rundfunkprogrammen beantworten läßt. Bei "S 4" handelt es sich aufgrund des regionalen Informationsgehalts des Programms um ein regionales Programm, das nicht dem Grundversorgungsauftrag zugerechnet werden kann. Durch diese Entscheidung des VGH war die LfK nunmehr gezwungen, in ihrem Verbreitungsgebiets- und Senderkonzept Umplanungen vorzunehmen und in Aussicht genommene Lizenzentscheidungen für die streitgegenständlichen Frequenzen zu revidieren. b) Übertragungskapazitäten fiir privates Fernsehen
Neben den herangeführten, d.h. außerhalb des Landes produzierten und lizenzierten, privaten Fernsehprogrammen, die über die Kabelnetze, bzw. terrestrisch verbreitet werden, hat die LfK Übertragungskapazitäten für die Veranstaltung von privatem Fernsehen im Land durch die Nutzungsplanverordnung bereitgestellt. 2°O Von besonderer Bedeutung ist hierbei die Lizenz für einen privaten Fernsehkanal in der Region Stuttgart (Ballungsraumfernsehen), der sowohl terrestrisch als auch
198
BVerfGE 74, 297, 326 f.
199 VGH BaWü, Az.: 10 S 3152/93, Urt. v. 30. August 1994, in: VBIBW 1995, S. 94 ff. 200 GBI. 1994, S. 504 ff.
VI. Phase 6: Umsetzung der Novelle und aktuelle Entwicklung
69
über das Kabelnetz Verbreitung finden soll. 201 Die Einigungs- und Kooperationsgespräche unter den Bewerbern zogen sich bis Ende 1996 hin, so daß die Lizenzierungsentscheidung der LfK erst im Februar 1997 zugunsten der Bewerbergruppe der TV Stuttgart GmbH i.G. fiel. 202 Die ursprünglich geplante Beteilung des SDR an dem Projekt scheiterte, nachdem sich die Lizenznehmer entgegen der ursprünglich erklärten Absicht einer GmbH-Gründung für die Errichtung einer GmbH & Co. KG entschlossen. Damit war für den SDR, der sich aufgrund seiner Satzung nicht an einer Personengesellschaft beteiligen darf, eine Beteiligung mit der Folge nicht mehr möglich, daß das Konzept einer öffentlich-privaten Partnerschaft scheiterte. 203 Die besondere Attraktivität des Ballungsraumfernsehens für die Region Stuttgart liegt in der theoretischen Erreichbarkeit von ca. 2,5 Mio. Rezipienten mit schwerpunktmäßig regionaler Berichterstattung, wobei die Ereignisdichte und die Wirtschaftkraft der Region Stuttgart gute wirtschaftliche Voraussetzungen bieten. Positiv hinzu kommt das dem neuen SWR auferlegte regionale Werbeverbot. Seit 1995 ist in Karlsruhe der regionale Fernsehsender "TV Baden" auf Sendung, in Böblingen das "RTV Regionalfersehen". Dem ersten lokalen Fernsehsender "Sole 1" wurde 1996 wegen des Wegfalls persönlicher Zulassungsvoraussetzungen die Lizenz durch die LfK entzogen.
3. Änderungen des LMG seit 1. Januar 1992 a) Stärkung des Jugendschutzes Die Landesregierung setzte im Februar 1993 die Kommission "Gewalt in den Medien" ein, die Empfehlungen für einen effektiven Schutz von Kindern und Jugendlichen vor zunehmenden Gewaltdarstellungen in den Medien, insbesondere aber im Fernseh- und Videobereich, erarbeiten sollte. Diese Kommission legte im August 1993 ihren Kommissionbericht vor. 204 Dieser umfaßt Empfehlungen für Maßnahmen im Bereich der staatlichen Verantwortung und für Maßnahmen im Bereich der Verantwortung von Wirtschaft und Verbrauchern. Er beinhaltet neben Vorschlägen für den Bereich der Verantwortung der Fernsehveranstalter und Rezipienten auch Empfehlungen zur Stärkung der Medienkompetenz, Medienpädagogik und Medienaus- und -weiterbildung. 205
201
Vgl. Süddeutscher Rundfunk, Jahres- und Geschäftsbericht 1996, S. 16 f.
202
Stuttgarter Zeitung vom 8. Februar 1997, S. 6.
203
Süddeutscher Rundfunk, Jahres- und Geschäftsbericht 1996, S. 16.
Staatsministerium Baden-Württemberg, Gewaltdarstellungen im Fernsehen, Bericht der Kommission Gewalt in den Medien, Stuttgart 1993. 204
205
Staatsministerium Baden-Württemberg, Gewaltdarstellungen im Fernsehen, S. 11.
70
B. Entstehungsgeschichte und Entwicklung des Landesmediengesetzes
Aus der Arbeit der Arbeitsgruppe I, Rechtlicher Bezugsrahmen und weitere rechtliche Möglichkeiten, gingen konkrete Vorschläge zur Verbesserung der Regelungen des Rundfunkstaatsvertrages, des Landesmediengesetzes und des ZDF-Staatsvertrages hervor. 206 Die Landesregierung griff diese Vorschläge auf und legte am 7. Juni 1994 einen Entwurf zur Änderung des LMG vor. 207 Dieser Entwurfbeinhaltete u.a. Änderungen im Bereich des Jugendschutzes, die durch eine, von der Landesregierung initiierte Änderung der Rundfunkstaatsvertrages nötig geworden sind. So wurde u.a. in § 55 ein die Menschenwürde schützendes Verbot von Sendungen, die leidende oder sterbende Menschen zur Schau stellen, eingeführt. Darüber hinaus wurde das LMG um den § 55 a ergänzt, der von Veranstaltern privater Fernsehprogramme die verpflichtende Einrichtung eines Jugendschutzbeauftragten verlangt. Der Landtag beschloß diese Änderungen am 6. Juli 1994. 208
b) "lex Beerstecher" In der 51. Sitzung des Landtags am 22. September 1994 erreichte der von der SPD-Fraktion für den zurückgetretenen stellvertretenden LfK-Vorsitzenden Klaus Haischer nominierte Hans Beerstecher nicht die gern. § 66 I LMG erforderliche 2/ 3-Mehrheit. Nachdem der amtierende Landtagspräsident die Wahl mit einfacher Mehrheit, und damit rechtswidrig, wiederholen ließ,209 wurde ein erneuter Wahlgang notwendig. Um in diesem Wahlgang dem SPD-Kandidaten Beerstecher die erforderliche Mehrheit zu sichern, brachte die Landesregierung am 1. Dezember 1994 einen Änderungsentwurf zum LMG im Landtag ein,210 der neben Änderungen in § 64 LMG vorsah, daß § 66 III um einen S. 2 erweitert wird, der im Falle der Nachwahl eines Vorstandsmitglieds für das neuzuwählende Vorstandsmitglied lediglich die Mehrheit der Mitglieder des Landtags, und nicht mehr die Mehrheit von 2/3 der Mitglieder, erfordert. Darüber hinaus stellte sich das Problem, daß Beerstecher Vorstandsmitglied der landeseigenen Landeskreditbank ist. Diese Beschäftigung war mit § 67 I Nr. I LMG a.F. nicht vereinbar, da die Landeskreditbank einer landeseigenen Behörde im gesetzlichen Sinne gleichsteht. Daher wurde im Rahmen der redaktionellen Neufassung des § 64 LMG in Abs. 4 ein S. 4 aufgenommen, der bestimmt, daß die nach § 67 I Nr. 1 LMG a.F. bestandene Inkompabilitätsregelung dann umgangen werden kann, wenn nicht mehr als ein Viertel der Vorstandsmitglieder einer solchen Behörde angehören. Die Landesregierung begründete diese Gesetzesänderungen mit der Sicherstel206 Staatsministerium Baden-Württemberg, Gewaltdarstellungen im Fernsehen, S. 23 ff. 207 LT-Drs. 11/3870, 11 14218. 208 GBI. 1994, S. 342 ff. 209 LT-PIPr. 11/51, S. 4078, 4098. 21°LT-Drs.11/5014,11/5277.
VI. Phase 6: Umsetzung der Novelle und aktuelle Entwicklung
71
lung der Ausgewogenheit des LfK -Vorstandes. 211 Diese Änderungen passierten den Landtag am 1. Februar 1995. 212 In der darauf folgenden 61. Sitzung des Landtages am 15. Februar 1995 wurde der Kandidat Hans Beerstecher mit der sodann nur noch erforderlichen Mehrheit der Mitglieder des Landtags zum stellvertretenden Vorsitzenden des Vorstands der LfK gewählt. 213 Mit diesem Verfahren hat der Landtag aus Gründen des politischen Opportunismus am Prinzip der Staatsfreiheit vorbei Einfluß auf die Zusammensetzung des LfK-Vorstandes genommen. 214 c) Erprobung neuartiger RundJunkübertragungstechniken aa) Landesmediengesetzliche Änderung Der Landtag von Baden-Württemberg hat durch Beschluß vom 1. Dezember 1994 eine Enquete-Kommission "Entwicklung, Chancen und Auswirkungen neuer Informations~ und Kommunikationstechnologien in Baden-Württemberg" (Multimedia-Enquete) eingesetzt. In ihrem Abschlußbericht kam die Enquetekommission zu der Empfehlung, das LMG im Bereich der Vergabe von Erprobungs-Sendekapazitäten zu konkretisieren. 215 Diese Empfehlung wurde aufgegriffen. Um der fortschreitenden technischen Entwicklung von Rundfunkübertragungstechniken gerecht zu werden und neue Nutzungsformen im Bereich des Rundfunks und der rundfunkähnlichen Kommunikation die der Erprobung bedürfen, gesetzlicherseits zu ermöglichen, hat der Landesgesetzgeber am 14. Dezember 1995 216 durch eine Änderung des LMG217 dieses um Vorschriften ergänzt, die einen rechtlichen Rahmen zur Erprobung neuartiger Rundfunkübertragungstechniken bilden. 218 Kernstück dieser Neuregelung ist die ergänzende Änderung des § 8 LMG sowie die Einfügung eines § 8 a LMG. Während es § 8 11 LMG n.F. nunmehr ermöglicht, freie Übertragungskapazitäten auch als Erprobungskapazitäten im Nutzungsplan der LfK auszuweisen, wenn dies für die Erprobung neuartiger Rundfunkübertragungstechniken oder neuartiger Nutzungs211
LT-Drs. 11/5014, S. 12.
212
LT-PlPr. 11/56, S. 4585 ff; GBI. 1995, S. 113 ff.
213
LT-PlPr. 11/61, S. 4968.
214
Vgl. hierzu die verfassungsrechtliche Erörterung in Kapitel E.IV.3.a)cc).
215
LT-Drs. 11/6400, S. 99.
216
L T -PlPr. 11 /78, S. 6565 ff.
217
GBI. 1995, S. 859 f.
218 Vgl. Gesetzentwurf der Landesregierung samt amtlicher Begründung in: LT-Drs. 11 /6861, S. 3 ff, 8 ff. Ferner nahm der Landesgesetzgeber im Rahmen dieser Novellierung Änderungen bei den §§ 49 11 1 sowie 52 11 LMG vor.
72
B. Entstehungsgeschichte und Entwicklung des Landesmediengesetzes
formen erforderlich erscheint, wird mit § 8 a LMG n.F. die Nutzung von Erprobungskapazitäten normiert. § 8 a LMG n.F. regelt hierzu das seitens der LfK einzuhaltende Vergabeverfahren bei der Zuweisung dieser Erprobungskapazitäten. Die LfK hat die Nutzungsplanverordnung entsprechend geändert. 219 bb) Exkurs: DAB-Pilotprojekt Baden-Württemberg220 Bereits heute stehen neue digitale Möglichkeiten zur Rundfunkübertragung zur Verrugung, die eine wesentlich größere Übertragungskapazität und ein höheres Programmangebot - auch rur den Bereich der rundfunkähnlichen Kommunikationsdienste - ermöglichen. Das an dieser Stelle zu nennende DAB-System (Digital Audio Broadcasting) eröffnet durch Quantitäts- und Qualitätssteigerungen eine neue Dimension der Rundfunkübertragung und wird eine Änderungen am bisherigen Rundfunkkonzept nötig machen, denn neben der Qualitätssteigerung durch DAB werden sich auch die technischen Möglichkeiten rur die Rundfunklandschaft verändern,221 da durch eine wesentlich höhere Zahl an verrugbaren Frequenzen das Problem der Frequenzknappheit bald der Vergangenheit angehören kann. Aufgrund dieser technischen Neuerungen hat die Landesregierung im Oktober 1994 eine Rahmenvereinbarung über ein DAB-Pilotprojekt im Land mit den Landesrundfunkanstalten und der Telekom unterzeichnef22 und hierzu die gesonderte DAB-Pilotprojekt Baden-Württemberg GmbH gegründet. 223 Bis Ende 1997 sollten sechs terrestrische Senderstrukturen errichtet werden, die der Verbreitung von DAB, einem digitalen Rundfunksystem rur den Empfang von Hörfunk in CD-Qualität, aber auch von Bildern, graphischen Darstellungen, Texten, Daten und Softwareprodukten dienen. In Baden-Württemberg nahmen bis Ende 1996 lediglich ca. 300 Testhörer an dem DAB-Pilotprojekt teil. Preisgünstige DAB-Empfänger werden von der Industrie jedoch noch nicht angeboten, so daß 219
GBI. 1996, S. 666 f.
Vgl. hierzu die Ausführungen im Abschlußbericht der "Multimedia-Enquete" in: LT-Drs.ll/6400,S.189ff. 220
221
Volz, Rekultivierung der Rundfunklandschaft, in: Mast, S. 94.
Zu den Chancen und Herausforderungen der digitalen Technik für den Rundfunkbereich vgl. Prognos AG, Digitales Fernsehen - Marktchancen und ordnungspolitischer Handlungsbedarf, München 1995; Dambacher, Digitale Technik für Hörfunk und Fernsehen, Heidelberg 1995; Ory, Digitaler Hörfunk (DAB) - Eine Herausforderung für das Rundfunkrecht, in: AfP 1994, S. 18 ffsowie ZDF, Das ZDF vor den Herausforderungen des digitalen Fernsehens, S. 8 ff, und ZDF, Digitales Fernsehen - eine neue Medienwelt?, S. 7 ff. 222
Staatsministerium Baden-Württemberg, Wochendienst NT. 42/ 1994, S. 5 f.
Das DAB-Testgebiet verläuft entlang der Autobahnen Freiburg-Mannheim, bzw. Karlsruhe-Stuttgart-Ulm, in dem mehr als drei Millionen Einwohner leben. 223
VI. Phase 6: Umsetzung der Novelle und aktuelle Entwicklung
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eine rasche Marktdurchdringung durch die DAB-Technik trotz der Verbesserung der Hörfunkqualität nicht in Sicht ist. 224 4. Weitere medienrechtliche Entwicklungen und Neuerungen
a) "Multimedia-Enquete" des Landtages von Baden-Württemberg Aufgabe und Ziel der am 1. Dezember 1994 durch den Landtag beschlossenen Enquete-Kommission "Entwicklung, Chancen und Auswirkungen neuer Informations- und Kommunikationstechnologien in Baden-Württemberg" war es, einen Überblick über die Chancen und Risiken zu verschaffen, die mit der Ausbreitung neuer Informations- und Kommunikationstechnik verbunden sind. Vor allem aber sollten die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Optionen der Multimediatechnologien und die politischen Handlungsmöglichkeiten erkundet werden. 225 Von den das LMG betreffenden Änderungsempfehlungen226 hat der Gesetzgeber lediglich die Normierung von Erprobungskapazitäten umgesetzt. 227 Wenngleich weitere Empfehlungen der Kommission nicht im LMG ihren Niederschlag fanden, so wurden sie doch anderweitig, wie im folgenden darzustellen ist, berücksichtigt. b) Mediendienste-Staatsvertrag der Länder und Informations- und Kommunikationsdienstegesetz des Bundes Der von den Ministerpräsidenten der Länder unterzeichnete Staatsvertrag über Mediendienste, der zum 1. August 1997 in Kraft traf 28 , § 23 I MediendiensteStV, beinhaltet die Schaffung einheitlicher Rahmenbedingungen für das Angebot und die Nutzung von an die Allgemeinheit gerichteten Informations- und Kommunikationsdiensten (Mediendienste) in Text, Ton oder Bild, die unter Benutzung elektromagnetsicher Schwingungen ohne Verbindungsleitung oder längs oder mittels eines Leiters verbreitet werden, §§ 1, 2 I Mediendienste-StV. Die Regelungen des Staatsvertrages haben das Ziel, Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden und Investitionshemmnisse durch bestehende Rechtsunsicherheiten zu verhindern. Der regulatorische Rahmen des StV beschränkt sich jenseits der Festlegung der Zugangsfreiheit für Mediendienste im wesentlichen auf einen medienrechtlichen Mindeststandard in den Bereichen des Jugend-, Daten- und Süddeutscher Rundfunk, Jahres- und Geschäftsbericht 1996, S. 15. LT-Drs. 11/6400, S. 5. 226 LT -Drs. 11 /6400, S. 99 f. 227 Vgl. oben Kapitel B.VI.3.c)aa). 228 GBI. 1997, S. 383. 224 225
74
B. Entstehungsgeschichte und Entwicklung des Landesmediengesetzes
Verbraucherschutzes. 229 Der Landtag von Baden-Württemberg hat das entsprechende Gesetz zum Staatsvertrag über Mediendienste230 in seiner Sitzung am 14. Mai 1997 beschlossen. 231 Parallel hierzu erarbeitete die Bundesregierung einen Entwurf für ein Informations- und Kommunikationsdienstegesetz, das mit der Freigabe der Telekommunikationsnetze232 am 1. Januar 1998 in Kraft treten, möglichst Standards für die EU-Gesetzgebung vorgeben und in seinen wesentlichen Zügen mit dem Mediendienste-StV der Länder identisch sein soll.233 Danach sollen die Länder über alle Dienste, die der Allgemeinheit zugänglich sind,234 der Bund hingegen den Bereich der Teledienste regeln, die vom Kunden einzeln abgerufen werden können. 235 Insoweit wird eine weitere Empfehlung der "Multimedia-Enquete", die Zuordnung der Dienstleistungen im Bereich des sog. Teleshoppings zu regeln/ 36 hier zugunsten der Länder, sofern es sich nicht allein um die bloße Wiedergabe eines Kaufhauskataloges handelt, sondern diese Angebote durch Unterhaltung ergänzt werden,237 berücksichtigt.
c) Dritter Staatsvertrag der Länder zur A"nderung des Rundfunkstaatsvertrages Gegenstand der neuen Bestimmungen des zum 1. Januar 1997 in Kraft getretenen238 Dritten Staatsvertrages zur Änderung rundfunkrechtlicher Staatsverträge (Dritter Rundfunkänderungsstaatsvertrag)239 sind Regelungen gegen die Konzentration im Privatfernsehbereich sowie eine Erhöhung der Rundfunkgebühren. Die Bestimmungen gegen Konzentration im privaten Fernsehen sollen künftig dem 229 Begründung zum Mediendienste-StV in: LT-Drs. 12/1302, S. 19. 230LT-Drs.12/837, 12/1147, 12/1302, 12/1432.
231 LT-PIPr. 12/26, S. 1875 ff; LT-Drs. 12/1302,12/1432; GB!. 1997, S. 181. 232 Vg!. Telekommunikationsgesetz vom 25. Juli 1996, BGB!. I, S. 1120 ff; Scherer, Das neue Telekommunikationsgesetz, in: NJW 1996, S. 2953 ff. 233 AfP 1996, S. 369 f. 234 So beispielsweise Pay-TV, Pay-per-view, elektronische Presse, Video-on-demand. 235 So beispielsweise Telebanking, Verkehrs-, Wetter-, Umwelt- und Börsendaten sowie Angebote zur Nutzung des Intemets oder weiterer Netze. Unter die Bundeszuständigkeit sollen auch Telespiele sowie Waren- und Dienstleistungen in elektronisch abrufbaren Datenbanken gehören. 236 Abschlußbericht der "Multimedia-Enquete" in: LT-Drs. 11 16400, S. 100. 237 Vg!. AfP 1996, S. 370. 238 GB!. 1997, S. 17. 239 Vg!. hierzu Kreile, Die Reform des Rundfunkstaatsvertrages - Neue Wege bei der Vielfaltssicherung im privaten Rundfunk, in: NJW 1997, S. 1329 ff.
VII. Resümee und Ausblick
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sog. Marktanteilsmodell folgen. Auch damit hat eine Empfehlung der "Multimedia-Enquete" des Landtages240 ihre Umsetzung gefunden. Dies bedeutet, daß ein Medienunternehmen mit allen Beteiligungen zusammengerechnet einen bestimmten Anteil der täglichen Zuschauer im Jahresdurchschnitt nicht überschreiten darf. Bei einem dauerhaft zu hohen Marktanteil unterstellt das Gesetz eine zu große Meinungsmacht, so daß in diesem Falle Unternehmensbeteiligungen abzugeben wären. Der höchstens zulässige Anteil von 30 % soll keine starre Obergrenze, sondern eine Vermutung vorherrschender Meinungsmacht, die jedoch widerlegt werden kann, darstellen. Die Flexibilisierung der Obergrenze hat zur Folge, daß der Ermessensspielraum der noch einzurichtenden Kommission gegen Konzentration im Privatfunk (KEK) wächst. 241 Der Landtag von Baden-Württemberg hat das entsprechende Gesetz zum Dritten Staatsvertrag zur Änderung rundfunkrechtlicher Staatsverträge (Dritter Rundfunkänderungsstaatsvertrag)242 in seiner Sitzung am 11. Dezember 1996243 beschlossen. 244 Eine gesonderte landesmediengesetzliche Umsetzung dieser Neuregelung ist aufgrund der Subsidiaritätsklausel des § 1 V LMG nicht erforderlich.
VII. Resümee und Ausblick Das LMG hat eine bewegte Geschichte hinter sich. Man wird abwarten müssen, ob der anhängigen Verfassungsbeschwerde, sollte über sie in Karlsruhe noch entschieden werden, überhaupt ein Erfolg zuteil wird und welche ggf. durch den Gesetzgeber zu ziehenden Konsequenzen auf das LMG zukommen. Zur Nagelprobe des LMG wird sicherlich die Frage, ob die durch die große Novelle 1991 beabsichtigte Änderung der Wirtschaftlichkeitsvoraussetzung mittels der Neugestaltung der Verbreitungsgebiete tatsächlich greift, oder ob privater Rundfunk - zumindest auf lokaler Ebene - ein Zuschußbetrieb bleibt. Das LMG enthält zwar nicht, wie seine Vorgänger, eine ausdrückliche Verpflichtung zur Kontrolle und Funktionsuntersuchung nach einer bestimmten Zeit, doch wird eine solche mit den Erfahrungen des neuen Hörfunkkonzepts erfolgen. Die Diskussion hierüber ist, wie eine öffentliche Anhörung lokaler Hörfunkveranstalter im Januar 1997 durch die CDU-Landtagsfraktion ergab, im Gange. Im Zuge der Neuordnung der öffentlich-rechtlichen Rundfunklandschaft plant die Landesregierung nunmehr auch eine erneute Neuordnung im privaten Be-
240 Abschlußbericht der "Multimedia-Enquete" in: LT-Drs. 11/4600, S. 100. 241 Vg!. AfP 1996, S. 263. 242LT-Drs.12/357, 12/490, 12/731. 243 LT-PIPr. 12/15, S. 924 ff. 244 GB!. 1996, S. 753 ff.
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B. Entstehungsgeschichte und Entwicklung des Landesmediengesetzes
reich. 245 Wie diese jedoch angesichts der bis ins Jahr 2002 hineinreichenden aktuellen Lizenzierungsperiode realisiert werden soll, ist fraglich. Inwieweit sich neue digitale Übertragungstechniken auf das LMG weiter als schon bislang auswirken werden, läßt sich noch nicht konkret absehen. Dem LMG steht auf jeden Fall eine interessante Zukunft bevor.
245 Stuttgarter Zeitung vom. 5. August 1997, S. 5: "Der private Hörfunk soll neu geordnet werden"; Staatsanzeiger für Baden-Württemberg Nr. 34/97 vom 1. September 1997, S. 1.
c. Das Grundrecht der Rundfunkfreiheit des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG I. Vorbemerkung Für die Beantwortung der Frage, wie die Veranstaltung von Rundfunk in der Bundesrepublik Deutschland, sei sie öffentlich- oder privatrechtlicher Natur, gesetzlich gestaltet und organisiert werden muß, kommt der kargen! Formulierung des Art. 5 I 2 GG, wonach " ... die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk ... gewährleistet" wird, zentrale Bedeutung zu. Dieser grundrechtlichen Verankerung der Rundfunkfreiheit läßt sich jedoch keine Aussage über die Rundfunkorganisation entnehmen, denn das Grundgesetz enthält dazu keine organisatorischen Vorgaben? Weitere grundrechtliche Ansatzpunkte lassen sich im Grundgesetz nicht ausmachen. Die Verfassung des Landes Baden-Württemberg beinhaltet keine rundfunkspezifische Norm/ sondern beläßt es bei der Bestimmung des Art. 2 I LV, wonach "die im Grundgesetz ... festgelegten Grundrechte ... Bestandteil dieser Verfassung" sind. 4
! Geppert, Europäischer Rundfunkraum und nationale Rundfunkaufsicht, S. 74 unter Verweis aufSchrnidt, Die Rundfunkgewährleistung, S. 90.
2 BVerfGE 57, 295, 321; Wendt, in: v.Münch/Kunig, Art. 5, Rn. 49 unter Hinweis auf Stober, Grundrechtsschutz und Wirtschaftstätigkeit, S. ISO. 3 Im Gegensatz zur Verfassung des Freistaats Bayern, die nach Art. 111 a II I BayLV Rundfunk nur in öffentlicher Verantwortung und ausschließlich in öffentlich-rechtlicher Trägerschaft zuläßt. 4 Art. 2 I LV kommt nur geringe Bedeutung zu, da nach Art. I III GG die Grundrechte in Bund und Ländern unmittelbar geltendes Recht sind. Die parallel laufenden Landesgrundrechte können nach Braun, Kommentar zur Verfassung des Landes Baden-Württemberg, Art. 2, Rn. I, nur eigenständige Bedeutung in Staatsgerichtshofverfahren erlangen, und auch hier nur in eingeschränktem Umfang, da eine Verfassungsbeschwerde zum Staatsgerichtshofnicht eingerichtet ist; vgl. auch Feuchte, Verfassung des Landes BadenWürttemberg, Art. 2, Rn. 11 f, 20; Stock, Landesmedienrecht im Wandel, S. I spricht diesen landesrechtlichen Grundrechten keine nenneswerte Eigendynamik zu, da sie inhaltlich dem Gang der Dinge auf Bundesebene folgen und den Präzisierungen der Grundrechtsinhalte durch das BVerfG unterworfen sind.
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C. Das Grundrecht der Rundfunkfreiheit des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG
Das Bundesverfassungsgericht hat in mittlerweile zehn,5 in der Literatur6 unterschiedlich bewerteten Rundfunkurteilen die Grundlinien einer Rundfunkverfassung skizziert und damit im Wege einer autorisierenden Interpretation das Rundfunkrecht einer stark richterrechtlichen Prägung unterzogen. 7 Meist war das BVerfG dabei zur jurifizierenden Lösung politischer Konflikte verpflichtet worden, denn je größer ein politischer Konflikt ist und je unterschiedlicher die verschiedenen Positionen sind, um so wahrscheinlicher ist es, daß Regierung oder Parlament (Opposition) ihn den Gerichten zuschieben. Das BVerfG wurde damit immer häufiger Schiedsrichter in eigentlich primär (medien-)politischen Streitfragen. 8 Die Probleme, die von einer solchen Entwicklung für das parlamentarische System in der Bundesrepublik Deutschland ausgehen, werden dabei durch
5 Entsprechend der Zählung in epd / KiFu, Nr. 23/ 1995, Dok. handelt es sich hierbei um das,,1. Fernsehurteil" zur "Deutschland Fernsehen GmbH" in: BVerfGE 12,205 ff, das ,,2. Fernsehurteil" zur Mehrwertbesteuerung der Rundfunkgebühr in: BVerfGE 31, 314 ff, das ,,3. Rundfunkurteil" ("FRAG-Entscheidung") zur Verfassungsmäßigkeit des saarländischen Rundfunkgesetzes in: BVerfGE 57,295 ff, das ,,4. Rundfunkurteil" zur Verfassungsmäßigkeit des niedersächsischen Rundfunkgesetzes in: BVerfGE 73, 118 ff, das ,,5. Rundfunkurteil" zur Verfassungsmäßigkeit des baden-württembergischen Landesmediengesetzes in: BVerfGE 74, 297 ff, das ,,6. Rundfunkurteil" zur Verfassungsmäßigkeit des WDR-Gesetzes und des nordrhein-westfälischen Rundfunkgesetzes in: BVerfGE 83, 238 ff, das ,,7. Rundfunkurteil", der "HR-3-Beschluß" über das Werbungsverbot für dritte (öffentlich-rechtliche) Femsehprogramme in: BVerfGE 87, 118 ff, das ,,8. Rundfunkurteil" zur Verfassungsmäßigkeit des bisherigen Verfahrens zur Bestimmung der Höhe der Rundfunkgebühr in: BVerfGE 90, 60 ff, das ,,9. Rundfunkurteil" zur Konkursunfähigkeit von öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten in: NJW 1994, S. 1466 f sowie das ,,10. Rundfunkurteil" zur EU-Fernsehrichtlinie in: BVerfGE 92, 203 ff. 6 Stellvertretend für die Vielzahl der literarischen Äußerungen seien hier genannt: Broß, Medienrecht im Umbruch?, in: VerwArch 1987, S. 475 ff; Hoffmann-Riem, Rundfunkverfassung als Richterrecht, in: Glotz/Kopp, S. 32 ff; Hartstein/Ring/Kreile, Rundfunkstaatsvertrag, S. 129 ff; Ricker, Freiheit und Ordnung des Rundfunks nach dem dritten Urteil des Bundesverfassungsgerichts, in: NJW 1981, S. 1925 ff; Pestalozza, Der Schutz vor der Rundfunkfreiheit in der Bundesrepublik Deutschland, in: NJW 1981, S. 2158 ff; Stock, Martin, Das vierte Rundfunkurteil des Bundesverfassungsgerichts: Kontinuität oder Wende?, in: NJW 1987, S. 217 ff; Kull, Realitätsferne und dogmatische Inkonsequenz, in: Atp 1987, S. 568 ff; Degenhart, Rundfunkfreiheit in gesetzgeberischer Beliebigkeit?, in: DVBI. 1991, S. 510 ff; Oppermann, Rundfunkgebühr - Rundfunkordnung - Rundfunkideologie, in: JZ 1994, S. 499 ff; Gersdorf, Die Rundfunkgebühr als politischer Preis, in: Atp 1994, S. 108 ff; Winkelmann, Die Bundesregierung als Sachwalter von Länderrechten, in: DÖV 1996, S. I ff. 7 Niepalla, Die Grundversorgung durch die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, S.6. 8 Bauer, Öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten und das Kartellrecht, S. 13, der im weiteren kritisiert, daß "das höchste deutsche Gericht bedauerlicherweise gerade hier zunehmend seinen Anspruch eines ,judical self-restraint' (vgl. BVerfGE 36, 1, 14 ff; BVerfG NJW 1973, 1540) vernachlässigt."
I. Vorbemerkung
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die politisch Handelnden leider zusehends aus den Augen verloren. 9 In keinem anderen Staat ist die rundfunkpolitische Entwicklung ähnlich stark durch die Gerichte geprägt worden wie in der Bundesrepublik Deutschland. 10 Bevor die für die verfassungemäße Ausgestaltung der Rundfunkordnung in der eigentümlichen Figur 11 des "dualen Systems" wesentlichen Grundprinzipien ermittelt werden können, bedarf es zunächst der Interpretation der Dimension des Grundrechts der Rundfunkfreiheit, da je nach Schwerpunktsetzung im subjektiven oder im objektiven Gewährleistungsbereich die Ausgestaltung des Grundrechts anders ausfällt. Die Interpretation der Rundfunkfreiheit gehört zu einem der schwierigsten grundrechtsdogmatischen Probleme im Grundgesetz. Eine endgültige Klärung aller damit in Zusammenhang stehenden Streitfragen hat noch nicht stattgefunden. 12
9 Dazu Oppermann, Rundfunkgebühr - Rundfunkordnung - Rundfunkideologie, in: JZ 1994, S. 500: "Mit zunehmendem Zeitablauf verursacht diese Jurifizierung infolge der damit verbundenen Verkürzung des politischen Spielraums für die anderen Verfassungsorgane nicht nur in der Medienpolitik verfassungspolitisches Unbehagen." Dieses Problem soll im folgenden nicht weiter vertieft werden. Es sei nur noch soviel angemerkt, daß weder das BVerfG noch die Politik von dieser Entwicklung profitieren. Während das Gericht von der Politik in die Rolle eines "Ersatzgesetzgebers" (Geppert, Europäischer Rundfunkraum und nationale Rundfunkaufsicht, S. 75) gedrängt wurde, sind die Parlamente der Gefahr, nur noch "bloßes Vollzugsorgan verfassungsrichterlicher Sprüche" (Schmitt Glaeser, Art. 5 Abs.l S.2 GG als "Ewigkeitsgarantie" des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, in: DÖV 1987, S. 839) zu werden, relativ nahe. 10 Hoffmann-Riem, Rundfunkverfassung als Richterrecht, in: Glotz / Kopp, S. 32. Wesentlich deutlicher hierzu Pelny, Die Gestaltung des privaten Rundfunks durch die Gesetzgebung im Rahmen der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, in: Hübner, S. 17: "Es gibt kaum ein anderes Feld unserer gesellschaftlichen Entwicklung, in das das Bundesverfassungsgericht so stark gestaltend, richtungsweisend, erzieherisch, ja abstrafend eingegriffen hat, wie das des privaten Rundfunks." Gegen eine nur juristische Problematisierung im Rahmen der Rechtsprechung spricht sich Rühl, Ordnungspolitische Probleme eines künftigen Rundfunks in der Bundesrepublik Deutschland, in: Fleck, S. 84 aus: "Eine dem Juristenprimat unterworfene Rundfunkordnungspolitik hat jedoch auch zur Folge, daß entscheidungsbedürftige Probleme des Rundfunks, denen primär öffentlich-kommunikative und ökonomische Interdependenzen zugrunde liegen, aus juristischer Sicht betrachtet gar nicht erst als Ordnungsprobleme des Rundfunks angesehen, bzw. überhaupt erkannt werden". 11 Bauer, Öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten und das Kartellrecht, S. 13. 12 Bauer, Öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten und das Kartellrecht, S. 30, unter Bezugnahme auf Bethge, Rundfunkfreiheit in der Perspektive von Bundes- und Landesverfassungsgerichtsbarkeit, in: ZUM 1987, S. 200: "Ein überzeugendes, konsistentes Grundrechtskonzept läßt sich nur schwer ausmachen." So auch Stern, Verhandlungen des 45. DJT 1982, Bd. 11, S. H 54.
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C. Das Grundrecht der Rundfunkfreiheit des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG
11. Verfassungsrechtliche Kompetenzen im Rundfunkbereich 1. Gesetzgebungskompetenzen Das Recht der Gesetzgebung liegt bei den Ländern, sofern es nicht durch das Grundgesetz ausdrücklich dem Bund zugewiesen ist. Dies ergibt sich aus dem Verteilungsmodus des Art. 70 GG, wo nach der Zuständigkeitsvermutung zugunsten der Länder 13 diese außerhalb der Zuständigkeitszuweisung rur den Bund gesetzgebungsbefugt sind. 14 Eine bundesgesetzliche Regelung ist nur dann zulässig, wenn sie den Gesetzgebungsmaterien der Art. 73 bis 75 GG unterfällt.
a) Grundsatz der Kompetenzverteilung Das BVerfG hat bereits im ersten Rundfunkurteil die Grundsätze der Kompetenzverteilung zwischen dem Bund und den Länder auf dem Gebiet des Rundfunks herausgearbeitet. Danach steht den Ländern über Art. 30, 70 GG die Kompetenz rur die Rundfunkgesetzgebung ZU. 15 Diese Auffassung wurde im wesentlichen nie betritten 16 und vom BVerfG im zehnten Rundfunkurteil bestätigt. 17 Raum rur Diskussion über die Gesetzgebungskompetenz besteht jedoch in den Bereichen, wo neben der unmittelbar rundfunkrechtlichen Ausgestaltung auch Bundeskompetenzen durch die Rundfunkgesetzgebung berührt werden.
b) Überschneidende Teilkompetenzen des Bundes Nach Art. 73 Nr. 7 GG obliegt dem Bund das Recht der ausschließlichen Gesetzgebung rur das Postwesen und die Telekommunikation. 18 Zur früheren Gesetzesfassung "Post- und Fernmeldewesen" hat das BVerfG schon im ersten Maunz in MDHS, Art. 70 GG, Rn. 12. 14 Erbguth, Bundesstaatliche Kompetenzverteilung im Bereich der Gesetzgebung, in: DVB11988, S. 319. 15 BVerfGE 12, 205, 225. 16 Rudolf, Über die Zulässigkeit privaten Rundfunks, S. 32 ff; Scherer, Frequenzverwaltung zwischen Bund und Ländern, S. 27 ff; Fröhler, Die Gesetzgebungszuständigkeiten des Bundes für ein Verbot des Werbefernsehens durch die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, S. 3 ff; Fuhr / Rudolf / Wasserburg, Das Recht der neuen Medien, S. 80 ff; Eberle, Rundfunkübertragung, S. 15 ff. Kreile, Kompetenz und kooperativer Föderalismus im Bereich des Kabel- und Satellitenrundfunks, S. 125 ff. Lediglich Peters, Die Zuständigkeit des Bundes im Rundfunkwesen, S. 31, sprach sich, jedoch sechs Jahre vor dem ersten Rundfunkurteil, für eine reine Bundeszuständigkeit aus. 17 BVerfGE 92, 203, 238. 18 Diese Fassung fand 1994 Eingang in das Grundgesetz; vgl. BGBI. I, S. 2245. 13
11. Verfassungsrechtliche Kompetenzen im Rundfunkbereich
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Rundfunkurteil festgestellt, daß dieses nur den sendetechnischen Bereich des Rundfunks unter Ausschluß der sog. Studiotechnik, nicht aber den Rundfunk als ganzes beinhaltet. 19 Dazu gehören die technischen Voraussetzungen, deren Regelung für einen geordneten Ablauf des Betriebs der Rundfunksender und des Empfangs ihrer Sendungen unerläßlich ist. 20 Das BVerfG beschrieb dies plastisch mit dem Gebot der Vermeidung eines "Chaos im Funkverkehr".21 Der Bund ist verpflichtet, durch die Telekom die fernmeldetechnischen Voraussetzungen für die Veranstaltung von Rundfunk zu schaffen,22 wie dies die Länder wünschen. 23 Die Auswahl des Rundfunkveranstalters hingegen, dem die bereitgestellte Frequenz zugewiesen wird, ist Ländersache. 24 Im Bereich der Auswärtigen Angelegenheiten des Art. 73 Nr. 1 GG könnte im Zusammenhang mit der grenzüberschreitenden Ausstrahlung von Satellitenprogrammen iVm. Art. 32 I GG eine Bundeskompetenz angenommen werden, weil zwischenstaatliche Probleme, die sich aus der Verbreitung der Programme auch im Ausland ergeben könnten, von den Bundesländern gar nicht gelöst werden können. Dies hieße aber, daß die Zuständigkeit des Bundes von der faktischen Reichweite der Rundfunkprogramme, d.h. von technischen und topographischen Gegebenheiten, abhinge. Eine Bundeszuständigkeit kann sich beim bundesweiten und beim grenzüberschreitenden Rundfunk,25 an Inhalt und Zweck des Programms/6 nicht hingegen an dessen technischer Ausstrahlungskapazität festmachen lassen. Das BVerfG hat auch die Bundeskompetenz des Urheberrechts nach Art. 73 Nr. 9 GG ausgeschieden, da allenfalls einzelne Rechtsfragen urheberrechtlicher Art sind, nicht hingegen der ganze Rundfunkbereich dieser Norm unterfällt. 27 Auch für den Bereich der konkurrierenden Gesetzgebung mit Art. 74 Nr. 11, Recht der Wirtschaft, und Nr. 16, Kartellrecht, gilt, daß allenfalls Teilaspekte des Rundfunks unter diesen Normen subsumiert werden können und keinesfalls eine Bundeskompetenz für den ge19 BVerfGE 12,205,225. 20 BVerfGE 12,205,227. 21 BVerfGE 12,205,230. 22 Auch der Bund ist bei Wahrnehmung dieser Kompetenz an die Rundfunkfreiheit gebunden, die unverhältnismäßige Grundrechtsbeschränkungen verbietet und deshalb die Telekom verpflichtet, die technischen und finanziellen Möglichkeiten zum Ausbau der Telekommunikation zu nutzen, um einer möglichst großen Zahl von Anbietern die technischen Zugangsmöglichkeiten zum Rundfunkmarkt zu verschaffen. Vgl. hierzu GabrielBräutigam, Rundfunkkompetenz und Rundfunkfreiheit, S. 112 ff. 23 Planung, internationale Frequenzkoordination und Errichtung von Rundfunksendern sind Sache der Telekom. 24 Bremer / Esser / Hofmann, Der Rundfunk in der Verfassungs- und Wirtschaftsordnung in Deutschland, S. 25.
25 Zu nennen ist hier das "Deutschlandradio". 26 Ricker, Rechtliche Grundlagen der Harmonisierung der Landesmediengesetze, in: ZRP 1986, S. 225. 27 BVerfGE 12,205,241.
6 Kirschnek
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C. Das Grundrecht der Rundfunkfreiheit des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG
samten Rundfunkbereich daraus abgeleitet werden kann. Der Rundfunk läßt sich auch nicht der Rahmenkompetenz des Bundes nach Art. 75 Nr. 2 GG unterordnen, der nur für Presse und Film gilt; eine definitorische Grenzverschiebung zu Lasten der Länder ist nicht möglich. 28 Eine einheitliche Bundeskompetenz kraft Natur der Sache, bzw. Sachzusammenhang läßt sich ebensowenig nachweisen 29 wie aus Art. 5 GG, da dieser keine Kompetenznorm ist, sondern denjenigen bindet, der die Veranstaltung von Rundfunksendungen zu regeln hat. 30 c) Kompetenzgerangel im "Multimedia "-Bereich Eine neue Dimension hat die Frage der Kompetenzverteilung durch neue Erscheinungsformen von Teledienstleistungen erlangt, deren Subsumtion unter den verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriff problematisch erscheint, und unter dem eher verwirrenden Begriff "Multimedia"31 zusammengefaßt werden. Hierzu gehören u.a. neue Verteil-, Zugriffs- und Abrufdienste, wie z.B. PayTV, Teleshopping, Video-on-demand oder auch Internetangebote. aa) Verfassungsrechtlicher Rundfunkbegriff 32 und "Multimedia" Der Begriff des Rundfunks wird vom Grundgesetz zwar vorausgesetzt, aber nicht weiter definiert. Er ist gekennzeichnet durch ein sendetechnisches Element, durch das inhaltliche Kriterium der Übertragung von Informationen und durch das Merkmal der Allgemeinbestimmung, d.h. der Massenkommunikation. 33 § 2 RfStV 34 formuliert dies wie folgt: "Rundfunk ist die für die Allgemeinheit bestimmte Veranstaltung und Verbreitung von Darbietungen aller Art in Wort, Ton 28 Ricker, Rechtliche Grundlagen der Harrnonisierung der Landesmediengesetze, in: ZRP 1986, S. 226.
29 V gl. hierzu Kreile, Kompetenz und kooperativer Föderalismus im Bereich des Kabelund Satellitenrundfunks, S. 198 ff. 30 BVerfGE 12, 205, 242.
31 Dörr, "Multimedia und der Rundfunkbegritr', in: Dittmann / Fechner / Sander, S. 121; vgl. hierzu auch Bullinger, Ordnung oder Freiheit fiir Multimediadienste, in: JZ 1996, S. 385 tT. 32 Grundlegend zum verfassungsrechtlichen RundfunkbegritT BK-Degenhart, Art. 5, Rn. 508 tT sowie Gersdorf, Der verfassungsrechtliche RundfunkbegritT im Lichte der Digitalisierung der Telekommunikation, S. 57 tT. 33 So im wesentlichen übereinstimmend Herzog in: MDHS, Art. 5, Rn. 195; Starck in: MKS, Art. 5, Rn. 62; Klein, Rundfunkfreiheit, S. 22 f; Berendes, Die Staatsaufsicht über den Rundfunk, S. 32 tT; Schuster, Meinungsvielfalt in der dualen Rundfunkordnung, S. 44 tT; Herrmann, Fernsehen und Hörfunk, S. 21 tT. 34 Abgedruckt bei Ring, Medienrecht, C-O StY.
11. Verfassungsrechtliche Kompetenzen im Rundfunkbereich
83
und in Bild unter Benutzung elektrischer Schwingungen ohne Verbindungsleitung oder längs oder mittels eines Leiters. Der Begriff schließt Darbietungen ein, die verschlüsselt verbreitet werden oder gegen besonderes Entgelt empfangbar sind, sowie Fernsehtext. " Nach dieser Definiton hat der Rundfunkbegriff drei wesentli che Elemente: die Verbreitung, die Allgemeinheit und die Darbietung. Insoweit hat § 2 RfStV die verfassungsrechtlichen Vorgaben aufgenommen und nochmals klargestellt. 35 Während der Begriff der Verbreitung den sendetechnischen Bereich abdeckt, der insofern unproblematisch ist, da auch die neuen Dienste mittels der bisherigen Rundfunktechnik übertragen werden, tauchen jedoch bei den Begriffen der Allgemeinheit und der Darbietung Fragen auf. So ist fraglich, ob Pay-Dienste überhaupt an die Allgemeinheit gerichtet sind, da doch ein individuelles Vertragsverhältnis zwischen Anbieter und Rezipient entsteht. Da sich das Angebot des Anbieters aber an die Allgemeinheit, zumindest an einen nicht individuell bestimmbaren Empfangerkreis, richtet, wird man hier das Merkmal der Allgemeinheit bejahen müssen. 36 Aber auch das Merkmal der Darbietung bedarf der Beachtung, da eine Darbietung dann nicht vorliegt, wenn die Veranstaltung zur öffentlichen Meinungsbildung weder bestimmt noch geeignet ist, 37 jedoch sind die neuen Dienste - von wenigen Ausnahmen abgesehen - durchaus geeignet, auf die öffentliche Meinungsbildung Einfluß zu nehmen. 38 Während die Länder für einen weiten Rundfunkbegriff, unter dem auch neue Dienste subsumtionsfahig würden, eintrat, versuchte der Bund durch Abgrenzung des verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriffs von den neuen Diensten einen Fuß in die Türe der Länderkompetenz zu bringen. bb) Lösung zwischen Bund und Ländern39 Der Bund und die Länder haben mit dem Mediendienste-Staatsvertrag der Länder40 und dem Entwurf des Bundes für ein Infonnations- und Kommunikationsdienstegesetz (luKDGt ihr Kompetenzgerangel vorläufig dahingehend 35 Dörr, "Multimedia" und der Rundfunkbegriff, in: Dittmann / Fechner / Sander, S.124. 36 Dörr, "Multimedia" und der Rundfunkbegriff, in: Dittmann / Fechner / Sander, S. 124 f. 37 Gersdorf, Der verfassungsrechtliche Rundfunkbegriff im Lichte der Digitalisierung der Telekommunikation, S. 93 unter Hinweis auf BayVerfGH in: AfP 1987,394,407. 38 Dörr, "Multimedia" und der Rundfunkbegriff, in: Dittmannn / Fechner / Sander, S.125. 39 Vgl. Engel-Flechsig, Das Informations- und Kommunikationsdienstegesetz des Bundes und der Medienstaatsvertrag der Bundesländer, in: ZUM 1997, S. 231 ff. 40 Vgl. Kuch, Der Staatsvertrag über Mediendienste, in: ZUM 1997, S. 225 ff. 41 BR-Drs. 966/96.
6'
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C. Das Grundrecht der Rundfunkfreiheit des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG
beigelegt, daß die Länder über alle Dienste, die der Allgemeinheit zugänglich sind, entscheiden, als da neben dem klassischen Rundfunk wären Pay-TV, Payper-view, elektronische Presse und Video-on-demand, der Bund hingegen über Art. 1, Teledienstegesetz (TDG), IuKDG den Bereich der Teledienste regelt, die vom Kunden einzeln abgerufen werden können, wie Telebanking, Verkehrs-, Wetter-, Umwelt- und Börsendaten, Angebote zur Nutzung des Internets und weiterer Netze sowie Telespiele und Waren- und Dienstleistungen in elektronisch abrutbaren Datenbanken. In ihrer gemeinsamen Erklärung vom 18. Dezember 1996 stimmen Bund und Länder darin überein, daß eine abschließende, alle Dienste umfassende Festlegung der jeweiligen Anwendungsbereiche zur Zeit nicht sinnvoll möglich ist. Durch die Zuordnung von einzelnen, heute bekannten Diensten im Teledienstegesetz und im Mediendienste-StV wurde eine Aufteilung nach dem gegenwärtigen Erkenntnisstand vorgenommen. 42 Bund und Länder haben damit bewußt Spielraum rur neue technische Entwicklungen gelassen.
2. Verwaltungskompetenzen Die von der Gesetzgebungskompetenz zu unterscheidende Verwaltungskompetenz der Art. 83 ffGG besteht nicht nur in der Zuständigkeit rur den Gesetzesvollzug, sondern reicht darüber hinaus in den Bereich der gesetzesfreien Verwaltung. Nach Art. 30, 83 GG obliegen die Verwaltungsaufgaben grundsätzlich den Ländern, soweit nicht das Grundgesetz selbst etwas anderes bestimmt. Eine solche Bestimmung ist nicht ersichtlich.
3. Ergebnis Im Ergebnis steht den Ländern nach Art. 30, 70 GG die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz im Rundfunkbereich zu. Teilregelungskompetenzen des Bundes, auch im neuen "Multimedia"-Bereich, können keine Gesamtregelungskompetenz bewirken. Rundfunkgestaltung ist Ländersache.
111. Interpretation der Rundfunkfreiheit des Art. 5 I 2 GG Die Interpretation der Rundfunkfreiheit ist trotz (und vielleicht auch wegen) der umfangreichen bundesverfassungsgerichtlichen Judikatur in ihren Grundli42 Engel-Flechsig, Das Informations- und Kommunikationsdienstegesetz des Bundes und der Mediendienstestaatsvertrag der Bundesländer, in: ZUM 1997, S. 231.
III. Interpretation der Rundfunkfreiheit des Art. 5 I 2 GG
85
nien stark umstritten. Insbesondere die im Wege der Grundrechtsinterpretation aufzuwerfenden Fragen nach dem Schutzzweck und der Schutzwirkung der Rundfunkfreiheit bieten Raum zu angeregter Diskussion.
1. Grundrechtstatbestand der Rundfunkfreiheit Im Gegensatz zu der in Art. 5 I 2 GG (ebenso) geschützten Pressefreiheit spricht das Grundgesetz nicht von Rundfunkfreiheit, sondern von der "Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk". Der Folgerung, daß das Grundgesetz die Verfassungsgarantie auf den Rundfunk als "Medium" bzw. aufNachrichtensendungen reduziert,43 ist das BVerfG entgegengetreten, als es den Rundfunk als unentbehrliches modernes Massenkommunikationsmittel qualifizierte, durch das Einfluß auf die öffentliche Meinung44 genommen und diese mitgebildet wird. 45 Diese Mitwirkung erfolgt durch die verschiedensten Formen von Rundfunkdarbietung. So hat jedes Rundfunkprogramm schon durch die getroffenen Auswahl und die Gestaltung der Sendung eine bestimmte meinungsbildende Wirkung. Demzufolge ist Rundfunk nicht nur Medium, sondern eminenter Faktor der öffentlichen Meinungsbildung. 46 Zieht man die Parallele zur Pressefreiheit, die
43 Schmitt Glaeser, Die Rundfunkfreiheit in der Rechtsprechung des BVerfG, in: AöR 1987, S. 223. 44 Obwohl das Grundgesetz den Begriff der "öffentlichen Meinung" nicht kennt, mißt die Rechtsprechung des BVerfG ihr entscheidende Bedeutung zu (Kloepfer, Öffentlich Meinung, Massenmedien, in: Isensee / Kirchhof, § 35, Rn. 11); wenngleich das BVerfG diesen Begriff wie schon in BVerfGE 8,104,112 undefiniert und unreflektiert in seine Ausfiihrungen zur Rundfunkfreiheit einstellt, handelt es sich doch bei der "öffentlichen Meinung" um eine diffuse Begriffskonstellation, die sich letztlich nur an der (begrifflich wesentlich greifbareren) "veröffentlichten Meinung" festmachen läßt. Nach dem von Stern, Staatsrecht Bd. 1, S. 617 vertretenen Definitionsversuch von Oncken, Politik, Geschichtsschreibung und öffentliche Meinung, in: Historisch-politische Aufsätze und Reden, Bd. 1/1914, S. 236, ist "die öffentliche Meinung ein Komplex von gleichartigen Äußerungen größerer oder geringerer Schichten eines Volkes über Gegenstände des öffentlichen Lebens, bald spontan hervorbrechend, bald künstlich gemacht, ist". Versteht man danach die "öffentliche Meinung" als das Ergebnis des Meinungsbildungsprozesses aller interessierten Bürger, fehlt es doch an einem klaren Parameter zur Ergebnisbemessung. So bleibt auch die Auseinandersetzung bei Braun, "Öffentliche Meinung" als "Öffentliches Gut", bei Mestmäcker, S. 236, die in der "öffentlichen Meinung" den "demokratisch orientierten öffentlichen Consensus" sieht, genauso abstrakt, wie bei Wolf, Medienfreiheit und Medienunternehmen, S. 17, fiir den die "politische Bedeutung der öffentlichen Meinung nichts anderes ist, als die Abhängigkeit der Regierenden von den Regierten", so daß es trotz aller Interpretationsversuche bis heute an einer allgemeingültigen (und vernünftigen) Definition fehlt. 45 BVerfGE 12,205,260; 31, 314, 325. 46 Nach BVerfGE 12,205,260 beschränkt sich diese Mitwirkung an der öffentlichen
C. Das Grundrecht der Rundfunkfreiheit des Art. 5 Abs. I Satz 2 GG
86
von der Beschaffung der Information bis zur Verbreitung der Nachrichten und Meinungen reicht,47 so schützt auch diese nicht nur die Informations-, sondern auch die Meinungsvermittlung. Daher ist es richtig, wenn man neben der Pressefreiheit - gleichsam global - von Rundfunkfreiheit spricht. Ausgehend vom Tatbestandsmerkmal der "Berichterstattung", die nicht nur Tatsachenmeldungen, sondern auch Meinungsäußerungen beinhaltet,48 umfaßt der Grundrechtstatbestand der Rundfunkfreiheit alle Tätigkeiten und Verhaltensweisen, die zur Gewinnung und rundfunkspezifischen Verbreitung von Nachrichten und Meinungen im weitesten Sinne gehören. 49 Dazu gehört auch die Freiheit der entsprechenden Personalauswahl zur Ausfüllung der in der Programmfreiheit innewohnenden Möglichkeiten vielfaltiger Programmgestaltung. 50 Das BVerfG hat diese Konzeption auf eine prägnante Formel gebracht: "Die Rundfunkfreiheit dient der freien individuellen und öffentlichen Meinungsbildung, und zwar in einem umfassenden, nicht aufbloße Berichterstattung oder auf die Vermittlung von Information und Meinung umfassenden Sinne.,,51 2. Schutzzweck und Schutzwirkung der Rundfunkfreiheit
Während über die vorgenannte Auslegung des Grundrechtstatbestandes weitgehend Einigkeit besteht, so gilt dies nicht für die Frage nach dem Schutzzweck und der Schutzwirkung der Rundfunkfreiheit. Dieses Begriffspaar beschreibt unterschiedliche Problemschichten der Grundrechtsinterpretation: Unter der Frage nach dem Schutzzweck eines Grundrechts versteht man die Entscheidung des Grundgesetzes über die Präferenz zugunsten einer selbständig, individualfreiheitsrechtlichen Grundrechtsdeutung in Abgrenzung zu einer unselbständig, demokratiestaatlich-institutionellen. Davon abzuschichten ist die Frage nach der Schutzwirkung, der Dimension52 , des Grundrechts. Diese beschreibt das Problem, wie der mit dem Grundrecht verfolgte Zweck in verfassungsgemäßer Weise umzusetzen ist. 53 Das heißt mit anderen Worten, es geht um die im Rahmen der
Meinungsbildung keineswegs auf Nachrichtensendungen, politische Kommentare u.ä., Meinungsbildung geschieht ebenso in Hörspielen, musikalischen Darbietungen etc. 47 BVerfGE 20, 162, 176.
48 BVerfGE 83, 238, 295 f; 77, 65, 74; 57,295,323. 49 Vgl. Starck in: MKS, Art. 5, Rn. 67, wonach dies die Verarbeitung von Nachrichten, die Herstellung und der Erwerb von Sendungen aller Art und deren Verbreitung mit Hilfe der zur Verfiigung stehenden Frequenzen und Kanäle sind. 50
So Starck in: MKS, Art. 5, Rn. 67 m.e.N.
51 BVerfGE 83, 238, 295. Ossenbühl, Die Interpretation der Grundrechte in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, in: NJW 1976, S. 2100 ff. 52
III. Interpretation der Rundfunkfreiheit des Art. 5 I 2 GG
87
Umsetzung des Schutzzwecks für den einzelnen abzuleitende Verfassungsgarantie entweder im Sinne eines subjektiven Abwehrrechts, das gleichzeitig einen subjektivrechtlichen Anspruch gewährt,54 oder einer lediglich objektivrechtlichen Gewährleistung, aus der sich für den einzelnen eben keine unmittelbaren Ansprüche ableiten lassen. Diese möglichen Schutzwirkungen sind im Wege der Grundrechtsinterpretation zu bestimmen. 55 Die Fragen nach Schutzzweck und Schutzwirkung können jedoch nicht unabhängig voneinander beantwortet werden, da sie in wechselseitiger Beziehung aufeinander aufbauen, und die Schutzwirkung der Entscheidung über den Schutzzweck folgt. a) Schutzzweck der Rundfunkfreiheit Der Art. 5 I GG enthält mit der Meinungsäußerungs- und -verbreitungs-, der Informations-, der Presse-, der Rundfunk- und der Filmfreiheit fünf Grundrechte. 56 Im folgenden soll zunächst eine Klärung des Schutzzwecks mittels der Betrachtung des grundrechtssystematischen Verhältnisses der Sätze 1 und 2 des Art. 5 I GG 57 zueinander unternommen werden.
aa) Grundrechtssystematischer Zusammenhang von S. 1 und 2 Im Verhältnis der Freiheiten des Abs. 1 können Grundrechtskonkurrenzen auftreten,58 denn eine Meinungsäußerung, die über den Rundfunk verbreitet wird, fällt tatbestandiich unter S. 1 und S. 2. 59 Das Verhältnis der Teilfreiheiten der Sätze 1 und 2 zueinander ist daher klärungsbedürftig. 53 Bremer / Esser / Hoffmann, Der Rundfunk in der Verfassungs- und Wirtschaftsordnung in Deutschland, S. 29.
54 Vgl. Ossenbühl, Die Interpretation der Grundrechte in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, in: NJW 1976, S. 2101: "Als Abwehrrechte sind die Grundrechte Individualpositionen, subjektiv-öffentliche Rechte, die der einzelne anspruchsweise geltend machen und durchsetzen kann." 55 BK-Degenhart, Art. 5, Rn. 78. 56 Stern, Verhandlungen des 54. DJT 1982, Bd. 11, S. H 55; Stern, Neue Medien - neue Aufgaben des Rechts?, in: DVBI. 1982, S. 1113: Art. 5 I GG hat für die Frage der Rundfunkorganisation grundlegende Bedeutung, da er als die zentrale Vorschrift der grundgesetzlichen Kommunikationsverfassung Ausgangspunkt aller rundfunkrechtlichen Überlegungen ist. 57 Vgl. grundlegend den "Bauplan des Gewährleistungsgefüges des Art. 5 I GG" bei Rossen, Freie Meinungsbildung durch den Rundfunk, S. 79 ff. 58 BK-Degenhart, Art. 5, Rn. 56. 59 Wer als Veranstalter von Rundfunkprogrammen auftreten will, wird sich auf das Grundrecht der Rundfunkfreiheit, aber auch auf das Recht, mittels des Rundfunks seine Meinung zu verbreiten, berufen.
88
C. Das Grundrecht der Rundfunkfreiheit des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG
Für die Meinungsfreiheit des S. 1 ist anerkannt, daß es sich um ein individuelles Freiheitsrecht handelt. 60 Wird nun die Rundfunkfreiheit des S. 2 als ein Anwendungsfall der Meinungsfreiheit aufgefaßt, so liegt es nahe, auch die Rundfunkfreiheit als individuelles Freiheitsrecht zu interpretieren. 61 Die Meinungsfreiheit würde damit zur "Überschrift", die Rundfunkfreiheit zu einem "Anwendungsfall" derselben. Die Freiheit der Berichterstattung durch den Rundfunk erscheint dann als verstärkende Wiederholung und Weiterbildung62 der bereits in S. 1 enthaltenen individualrechtlichen Verfassungsaussage. Der Rundfunk wäre damit ein grundrechtlich geschütztes Mittel zur Verbreitung von Meinungen. Andererseits wird aber gerade für die Rundfunkfreiheit deren Bedeutung als institutionelle Garantie 63 hervorgehoben, da der Rundfunk nach der Rechtsprechung des BVerfG "der freien individuellen und öffentlichen Meinungsbildung dient".64 Gedankliche Grundlage hierfür ist die Trennung zwischen dem "Jedermanns-Grundrecht" des S. 1 und den Freiheiten des S. 2. In Abgrenzung zur "Kommunikator- und Rezipientenfreiheit" des S. 1 wird aus S. 2 als einer Sonderregelung eine einheitliche Medienfreiheit "der publizistischen Vermittlung durch ein Massenmedium"65 abgeleitet. Aufgrund faktischer Unterschiede im Zugang sei dem Gesetzgeber für letztere ein umfassender Gewährleistungsauftrag auferlegt,66 gerichtet auf Wahrung "kommunikativer Chancengleichheit"67 im Rahmen der demokratischen sowie rechts- und sozialstaatlichen Funktion der Medien. Deshalb sei die Medienfreiheit ein "aliud" gegenüber den Freiheiten des S. 1. 68 Nach dieser Auffassung beschreibt S. 1 die Freiheit der Wahl der Ausdrucksform und S. 2 die Freiheit der Nutzung eines Massenmediums. Der individualrechtliche Charakter der Meinungsfreiheit wird somit von der Beurteilung der Rundfunkfreiheit getrennt und für diese eine umfassende staatliche Dispositionsbefugnis angenommen, so daß einem staatlichen Zugriff auf die Medienstrukturen nicht die Individualfreiheiten des S. 1 entgegenstehen. Wird nun die Rundfunkfreiheit von der Meinungsfreiheit des S. 1 abgetrennt, so führt dies in der Grundrechtsinterpretation dazu, ihr eine institutionelle Funktion zuzusprechen.
60
BK-Degenhart, Art. 5, Rn. 56.
61 So Klein, Die Rundfunkfreiheit, S. 32 ff. 62 Herrmann, Fernsehen und Hörfunk, S. 60. 63 So insb. Hoffmann-Riem, in: AK-GG, Art. 5, Rn. 135; Hoffmann-Riem, Massenme-
dien, in: Benda, S. 403 ff.
64 BVerfG 90, 60, 87 unter Bezugnahme aufBVerfGE 57, 295, 319; 83, 238, 295 f; 87, 181, 197.
65 Hoffmann-Riem, in: AK-GG, Art. 5, Rn. 17, 119. 66 Hoffmann-Riem, Massenmedien, in: Benda, S. 394 ff, 399 ff, 409 ff; sowie Hoffmann-Riem in: AK-GG, Art. 5, Rn. 118 ff, 135. 67 Hoffmann-Riem, in: AK-GG, Art. 5, Rn. 120.
68 Hoffmann-Riem in: AK-GG, Art. 5, Rn. 122.
III. Interpretation der Rundfunkfreiheit des Art. 5 I 2 GG
89
bb) Stellungnahme Eine solche Trennung der Freiheiten aus S. I und S. 2 würde eine Herauslösung der in S. 2 fundierten Grundrechte aus den allgemeinen Grundrechtsstrukturen bedeuten. Dies erscheint der allgemeinen Grundrechtssystematik zuwider, da Grundrechte in ihrem Inhalt primär individuelle Rechte sind, die den Schutz konkreter, besonders gefährdeter Bereiche menschlicher Freiheit zum Gegenstand haben. 69 Demzufolge ist es falsch, die Grundrechte des S. 2 auf eine rein institutionelle Ebene zu befOrdern, da sich Grundrechte nicht von ihrem individuellen Kern lösen und zu einem Gefüge objektiver Normen verselbständigen lassen. 7o Auch die Auffassung, die die Freiheiten des S. 2 als reinen Unterfall des S. I begreift, ist nicht sachgerecht, da dem Rundfunk im Hinblick auf die freie Meinungsbildung eine besondere Bedeutung zukommt und im Wirkungszusammenhang der Grundrechte des Art. 5 12 GG eine, über den reinen "Unteroder Anwendungsfall" hinausgehende Rolle spielt.
(1) Medienspezijische Vermittlungsfunktion des Rundfunks Meinungsäußerung, -verbreitung und Informationsbeschaffung im Rahmen des Art. 5 I 1 GG sind vom Betätigungs- und Wirkungsfeld her nicht das gleiche wie im Rahmen der publizistischen Arbeit mittels Massenmedien wie Presse und Rundfunk, deren Wesen in einem spezifischen Öffentlichkeitsbezug und einer spezifischen Öffentlichkeitswirkung liegt. 71 Presse und Rundfunk erfüllen weitergehende grundrechtliche Funktionen als die eines, dem jeweiligen Meinungsträger zugeordneten Instruments zur wirksamen Verbreitung von Meinungsäußerungen. 72 Es müssen die eigentlichen medienspezifischen und öffentlichkeitsbezogenen Vermittlungsfunktionen, d.h. die Vermittlung der Vielfalt der bestehenden Meinungen, die Vermittlung von Nachrichten, Information und Unterhaltung und deren öffentlichkeitspezifische Wirkung einbezogen werden. Diese medienspezifischen Funktionen sind mehr als nur ein Unterfall der freien Meinungsäußerung. 73 Sie sind eine spezielle, über die reine Meinungsäußerung hinausgehende, eigenständige Ausprägung mit besonderer Außenwirkung. Die Presse- und die Rundfunkfreiheit sind somit als eigengeartet, selbständige Grundrechtsgewährleistungen anzusehen. Diese Position läßt sich stützen durch den
69
BVerfGE 50, 290, 337; 7, 198,205.
70
BVerfGE 50, 290, 337.
71 Schrnitt G1aeser, Meinungsfreiheit in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, S. 57. 72
BK-Degenhart, Art. 5, Rn. 67.
73
BK-Degenhart, Art. 5, Rn. 67.
90
C. Das Grundrecht der Rundfunkfreiheit des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG
Wortlaut des S. 2, der im Textzusammenhang des Abs. I die Freiheit von Presse und Rundfunk gegenüber den Freiheiten des S. 1 abschichtet. 74
(2) Gegenseitige Beziehungen der Normkomplexe aus S. 1 und 2 Die Selbständigkeit der Freiheiten des S. 2 zu den Gewährleistungen des S. I heißt aber nicht, daß die beiden Norrnkomplexe beziehungslos nebeneinander stehen. Die Freiheit dessen, der eine Meinung äußert, einen Meinungsbeitrag über die Medien leistet, ein Rundfunkprogramm verbreitet, effektuiert damit die Freiheit des Empfängers, wie auch, quasi im Gegenzug, der "Rezipient" in seiner Stellung als potentieller "Kommunikator" auf freie Information angewiesen ist und auf diese Weise die Freiheit des Kommunikators effektuiert. Die Freiheit des "Kommunikators" und die des "Rezipienten" stehen somit in einem gegenseitigen Wirkungszusammenhang. 75 Diesem Effektuierungspostulat können die Grundrechte des S. 2 aber nur gerecht werden, wenn ihnen eine selbständige und vorrangig individualrechtliche Stellung zugesprochen wird.
(3) Gemeinsamer Schutzzweck Aus diesem Zusammenhang der Gewährleistungen wird deren gemeinsamer Schutzzweck deutlich. Die Freiheiten des S. I sind Ausdruck einer grundgesetzlichen Verfassungsentscheidung für die Freiheit der Kommunikation. Die Medien des S. 2 sind Instrument auch der Individualkommunikation, wenn sie einerseits als Medium der Verbreitung individueller Meinungsbeiträge, andererseits dem Einzelnen als Grundlage für individuelle Meinungsbildung dienen. Freiheitliche massenkommunikative Vermittlung bedarf zu ihrer Wirksamkeit auch freier individueller Kommunikation. 76 Dieser Zusammenhang steht einer grundrechtlichen Differenzierung von Individual- und Massenkommunikation entgegen. Der Verfasser geht somit von einer selbständigen Stellung der Freiheitsgewährleistungen des S. 2 gegenüber den Grundrechten des S. I aus. Den Grundrechten des S. 2 kommt aufgrund ihres Wirkungszusammenhanges eine individualrechtliche Bedeutung zu. Diese selbständige Stellung der Grundrechte in den Sätzen I und 2 läßt sich auch grammatisch durch einen Blick auf Art. 5 11 GG belegen. Dort ist im Anschluß an Abs. I ausdrücklich von "diesen Rechten" die Rede, womit der Verfassungs geber alle in Abs. I normierten Freiheitsgewährleistungen gemeint
74 BK-Degenhart, Art. 5, Rn. 67 unter Hinweis auf Schrnidt, Die Rundfunkgewährleistung, S. 83 ff; so auch Schrnitt G1aeser, Meinungsfreiheit in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, in: AöR 1988, S. 57. 75 BK-Degenhart, Art. 5, Rn. 70.
76
BK-Degenhart, Art. 5, Rn. 73.
III. Interpretation der Rundfunkfreiheit des Art. 5 I 2 GG
91
hat,77 ohne jedoch eine qualitative Abschichtung zwischen den Grundrechten vorzunehmen. cc) Ergebnis Die Rundfunkfreiheit wird somit als selbständiges Grundrecht gewährleistet. 78 Der Schutzzweck der Rundfunkfreiheit liegt in ihrer individualrechtlichen Gewährleistung.
b) Schutzwirkung der Rundfunkfreiheit Hinter der Frage nach der Schutzwirkung der Rundfunkfreiheit, d.h. nach ihrer Dimension als subjektives Abwehrrecht oder als objektive Gewährleistung,79 verbirgt sich mit der Frage nach dem Träger des Grundrechts der Rundfunkfreiheit das Kernproblem der Interpretation. In der Literatur haben sich hierzu zwei Argumentationslinien 80 herausgebildet: Einerseits die Vertreter der subjektiv-abwehrrechtlichen Interpretation;8! diesen stehen die Anhänger eines vornehmlich objektivrechtlichen Verständnisses gegenüber: 82 77
So Stern, Neue Medien - neue Aufgaben des Rechts?, in: DVB11981, S. 1115.
78 Vgl. hierzu die Nachweise bei BK-Degenhart, Art. 5, Rn. 56 ff, 70. 79 BK-Degenhart, Art. 5, Rn. 78. 80 Auf die von Lücke, Die Rundfunkfreiheit als individuelles Zugangsrecht, in: JZ 1977,
S. 41 f. vertretene Auffassung, die Rundfunkfreiheit sei ein "Gruppengrundrecht" in dem Sinne, daß die gesellschaftlich relevanten Gruppen Grundrechtsträger sind, soll hier nicht eingegangen werden.
8! So z.B. Bullinger in: Isensee / Kirchhof, § 142, Rn. 120 ff; Bullinger, Freiheit und Gleichheit in den Medien, in: JZ 1987, S. 260; Bullinger, Kommunikationsfreiheit im Strukturwandel der Telekommunikation, S. 59 ff; Geiger, Verfassungsrechtliche Grundlagen der neuen Rundfunkordnung, in: AfP 1984, S. 137 ff; Herzog in: MDHS, Art. 5, Rn. 236; Klein, Die Rundfunkfreiheit, S. 41 ff; Kloepfer, Öffentliche Meinung, Massenmedien, in: Isensee / Kirchhof, § 35, Rn. 67 f.; Krause-Ablaß, Kommunaler und privater Rundfunk im lokalen Bereich, in: DÖV 1962, S. 251 f.; Kuli, Auf dem Wege zum dualen Rundfunksystem, in: AfP 1987, S. 365 f.; Oppermann, Auf dem Wege zur gemischten Rundfunkverfassung in der Bundesrepublik Deutschland?, in: JZ 1981, S. 726 f.; Pestalozza, Der Schutz vor der Rundfunkfreiheit in der Bundesrepublik Deutschland, in: NJW 1981, 2160 f.; Rudolf, Über die Zulässigkeit privaten Rundfunks, S. 20 ff.; Scheuner, Das Grundrecht der Rundfunkfreiheit, S. 22 ff; Schmitt Glaeser, Kabelkommunikation und Verfassung, S. 140 ff; Scholz, Das dritte Fernsehurteil des Bundesverfassungsgerichts, in: JZ 1981, S. 563; Seimer, Bestands- und Entwicklungsgarantien für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in einer dualen Rundfunkordnung, S. 42 ff; Starck in: MKS, Art. 5, Rn. 68; Stern, Neue Medien-neue Aufgaben des Rechts?, in: DVBI. 1982, S. 1115 f.; Wendt, in: v.Münch / Kunig, Art. 5, Rn. 50. 82 So z.B. Bethge, Die rechtliche Ordnung des Rundfunks und sein Verhältnis zu
92
C. Das Grundrecht der Rundfunkfreiheit des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG
Nach der ersten Auffassung ist die Rundfunkfreiheit ein subjektives Grundrecht im Sinne eines klassisch-liberalen Abwehrrechts,83 das ein originäres Zugangsrecht zur Rundfunkveranstaltung enthält. Einer Freiheitsgewährleistung ist es immanent, daß auch der Zugang zu ihrer Betätigung eröffnet wird und "Jedermann" das Recht hat, von der Freiheit Gebrauch zu machen. 84 Dieses Recht findet seine Grenze in der tatsächlichen und finanziellen Machbarkeit. Solange die vom BVerfG festgestellte Sondersituation des Rundfunks, d.h. die Knappheit von Sendefrequenzen und -kanälen,85 vorherrscht, ruht dieses Recht, bzw. kann es nur eingeschränkt ausgeübt werden. Mit dem Ende der Knappheit erwache sodann der bisher schlummernde86 grundrechtlich gesicherte Anspruch aufRundfunkveranstaltung im Rahmen des technisch Möglichen. Die Rundfunkfreiheit hat zugleich eine objektivrechtliche Komponente, die neben den subjektivrechtlichen Gehalt tritt. 87 Diese begründet sich durch die Bedeutung des Rundfunks rur die öffentliche Meinungs- und Willensbildung und zielt auf die Sicherung und Förderung der freien Kommunikation mittels des Rundfunks ab. Dessenthalben obliegt dem Gesetzgeber die freiheitssichernde Aufgabe der organisatorischen Gestaltung des Rundfunkwesens, mit deren Hilfe die Meinungsvielfalt zur Geltung kommen muß. Diesem objektiven Gehalt komme aber keinesfalls ein Vorrang zu, sondern er ergänzt und sichert nur den eigentlich subjektivrechtlichen Charakter. 88 Diese Auffassung gründet auf dem klassisch-liberalen Grundrechtsverständnis und auf der systematischen Stellung der Rundfunkfreiheit im Kontext des Art. 5 I 2 GG, die rur die Annahme eines vergleichbaren Individualrechts spricht. 89
anderen Medien, in: DVBl. 1986, S. 861; Böckenförde / Wieland, Die "Rundfunkfreiheit" - ein Grundrecht?, in: AfP 1982, S. 77 ff.; Badura, Verfassungsrechtliche Bindungen der Rundfunkgesetzgebung, S. 29 f.; Fuhr, Der öffentlich-rechtliche Rundfunk im dualen Rundfunksystem, in: ZUM 1987, S. 146; Hoffmann-Riem, in: AK-GG, Art. 5, Rn. 135 ff, 143; Kübler, Medienverflechtung, S. 84 f.; Ossenbühl, Rundfunkprogramm - Leistung in treuhänderischer Freiheit, in: DÖV 1977, S. 388 f.; Schmidt, Die Rundfunkgewährleistung, S. 85 ff, 92 ff; Stock, Medienfreiheit als Funktionsgrundrecht, S. 183 ff; Wufka, Die verfassungsrechtlich-dogmatischen Grundlagen der Rundfunkfreiheit, S. 78 ff.
83 Klein, Die Rundfunkfreiheit, S. 34 f; Schmitt Glaeser, Kabelkommunikation und Verfassung, S. 141 f. 84 Krause-Ablaß, Kommunaler und privater Rundfunk im lokalen Bereich, in: DÖV 1962, S. 252.
85 Erstmals in BVerfGE 12,205,261 und seither ständige Rechtsprechung. 86 Oppermann, Auf dem Wege zur gemischten Rundfunkverfassung in der Bundesre-
publik Deutschland?, in: JZ 1981, S. 727.
87 Klein, Die rundfunkfreiheit, S. 47 ff; Scheuner, Das Grundrecht der Rundfunkfreiheit, S. 15. 88 Scheuner, Das Grundrecht der Rundfunkfreiheit, S. 15. 89 Wendt, in: v.Münch/ Kunig, Art. 5, Rn. 50.
III. Interpretation der Rundfunkfreiheit des Art. 5 I 2 GG
93
Nach der objektivrechtlichen Sicht ist der freie und offene Prozeß der Meinungs- und Willensbildung primäres Schutz- und Ordnungsziel der Rundfunkfreiheit. Mit anderen Worten bildet die "gelungene Meinungsbildung"90 den Kern der Gewährleistungen des Art. 5 I GG. Eigentlicher Schutzzweck ist daher der auf einem möglichst breit gestreuten inhaltlichen Informationsspektrum beruhende Prozeß der Meinungsbildung selbst. Dieser müsse durch gesetzliche Regelungen gegen die Gefahr der Meinungsmanipulation abgesichert werden, so daß der Zugang zum Rundfunk nur nach Maßgabe gesetzlicher Regelungen eröffnet werden darf. Da die Freiheit des Rundfunks nicht durch staatliche Abstinenz gesichert werden könne, beinhalte das Grundrecht einen Regelungs- und Ausgestaltungsauftrag an den Staat. Der Gesetzgeber trägt die Verantwortung dafür, daß eine freie Berichterstattung gesichert ist; wie er dies gewährleistet, unterliegt seiner Ausgestaltungsfreiheit, die ihre Grenzen darin finde, daß der Rundfunk weder staatlichem noch gesellschaftlichem Einfluß unterworfen wird. 91 Ein Recht des Einzelnen aufRundfunkveranstaltung besteht lediglich derivativ nach Maßgabe der Zulassung durch den Gesetzgeber und zwar nur soweit, als dadurch nicht die Freiheit des Rundfunks beeinträchtigt wird. 92 Diese Auffassung stützt sich einerseits auf die Wortwahl des Art. 5 12 GG, wonach neben der Pressefreiheit nicht die "Rundfunkfreiheit", sondern die "Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk" steht. 93 Zum anderen erfordere die Bedeutung des Rundfunks für Staat und Gesellschaft aufgrund dessen ungleich höherer Suggestivkraft im Vergleich zur Presse vielmehr, daß der Gesetzgeber die Verantwortung für ein freiheitliches Rundfunkwesen wahmehme,94 und diese aus Gründen des Selbstschutzes nicht den Gesetzmäßigkeiten des Marktes überlassen werden dürfe. Das BVerfG hat die Beantwortung der Frage nach einem subjektivrechtlichen Anspruch auf Rundfunkveranstaltung ausdrücklich offengelassen95 und hat die 90 Brugger, Rundfunkfreiheit und Verfassungsinterpretation, S. 31: "Der Mensch und Bürger soll die Chance haben, umfassend informiert zu werden, damit seine Meinungsäußerung mehr als die bloße Subjektivität der Stellungnahme widerspiegelt. Auf diese Weise sollen möglichst viele Informationen und Meinungen von möglichst vielen Personen und Institutionen im politischen und gesellschaftlichen Meinungs- und Willensbildungsprozeß thematisiert, berücksichtigt und integriert werden."
91 Böckenförde / Wieland, Die "Rundfunkfreiheit" - ein Grundrecht?, in: AfP 1982, S. 80 f; Badura, Verfassungsrechtiiche Bindungen der Rundfunkgesetzgebung, S. 29.
92 Hoffmann-Riem, in AK-GG, Art. 5, Rn. 143; Schmidt, Die Rundfunkgewährleistung, S.94. 93
Wieland, Die Freiheit des Rundfunks, S. 80 ff.
Böckenförde / Wieland, Die "Rundfunkfreiheit" - ein Grundrecht?, in: AfP 1982, S. 80 f. 95 BVerfGE 57, 295, 318: Es "bedarf ... keiner Entscheidung über die ... Frage eines grundrechtlichen Anspruchs auf die Veranstaltung privater Rundfunksendungen." Etwas mutiger zeigte sich da schon das BVerwG, das in BVerwGE 39, 159, 162 ff ein subjektives Veranstaitergrundrecht aus Art. 5 12 GG ablehnte. 94
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C. Das Grundrecht der Rundfunkfreiheit des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG
Garantie der Freiheit des Rundfunks stets in der Doppelung96 des individuellen und gleichzeitig institutionellen Charakters der Grundrechte gesehen. 97 Dennoch hat das Gericht, wie im folgenden gezeigt wird, indirekt Stellung bezogen und die Frage damit vorläufig beantwortet. Zur Verdeutlichung der bundesverfassungsgerichtlichen Konzeption wird die klassisch-liberale Interpretation der Rundfunkfreiheit vorangestellt. aa) Grundrechte als subjektive Abwehrrechte Grundrechte vor allem subjektive Abwehrrechte des Bürgers gegen Freiheitsbeschränkungen durch die staatliche Gewalt und damit individuelle Freiheitsrechte. 98 Diese Auffassung hat das BVerfG im "Mitbestimmungs-Urteil"99 ausdrücklich bestätigt, indem es ausführte, daß Grundrechte "nach ihrer Geschichte und ihrem heutigen Inhalt in erster Linie individuelle Rechte, Menschen- und Bürgerrechte" sind, "die den Schutz konkreter, besonders gefahrdeter Bereiche menschlicher Freiheit zum Gegenstand haben". Grundrechten kommt darüber hinaus jedoch auch eine objektivrechtlich-institutionelle Funktion loo zu, da in den einzelnen Grundrechten objektive Wertentscheidungen beinhaltet sind, und in der Gesamtschau der Grundrechte eine objektive Wertordnung verkörpert ist. 101 Diese objektivrechtliche Deutung führt zu einer Wechselwirkung mit dem subjektivrechtlichen Element und zu einer prinzipiellen Verstärkung der subjektiven Geltungskraft der Grundrechte. 102 bb) Übertragung auf die Rundfunkfreiheit als Zwischenergebnis Übertragen auf die Rundfunkfreiheit bedeutet dies, daß die systematische Stellung der Rundfunkfreiheit im Grundrechtskatalog eine Interpretation als staatsgerichtetes Abwehrrecht des Bürgers nahe legt. Die Rundfunkfreiheit ist nach ihrer Schutzwirkung demnach ein subjektives Abwehrrecht des Einzelnen und gewährt - jedenfalls nach dem Fortfall der Sondersituation - ein Grundrecht 96 Opperrnann, Auf dem Wege zur gemischten Rundfunkverfassung der Bundesrepublik Deutschland?, in: JZ 1981, S. 726. 97 BVerfGE 57, 295, 319 f; 74,297,323. 98 BK-Degenhart, Art. 5, Rn. 82. 99 BVerfGE 50, 290, 337. So auch bereits in BVerfGE 7, 198,204 und später noch in BVerfGE 68, 193,205.
100
Vgl. hierzu Schwabe, Probleme der Grundrechtsdogmatik, S. 286 ff.
Pieroth / Schlink, Grundrechte, Rn. 93 unter Hinweis auf die bisherige Rechtsprechung des BVerfG. 101
102 So das BVerfG im für die Grundrechtsinterpretation grundlegenden "Mitbestimmungs-Urteil" in BVerfGE 50, 290, 337.
III. Interpretation der Rundfunkfreiheit des Art. 5 I 2 GG
95
der "Rundfunkveranstaltungsfreiheit". Zusätzlich erhält die Rundfunkfreiheit im Hinblick auf ihre freiheitssichernde Funktion zugunsten der öffentlichen und individuellen Meinungsbildung eine objektivrechtliche Komponente. Diese nimmt den Staat (Gesetzgeber) freiheitssichernd in die Pflicht und wirkt im Hinblick auf die subjektivrechtliche Ausgangsüberlegung verstärkend und ergänzend. 103
3. Umdeutung von Schutzzweck und Schutzwirkung Dieser vorgenannten Übertragung seiner Rechtsprechung auf die Rundfunkfreiheit will sich das BVerfG nicht anschließen, sondern sieht im Unterschied zu anderen Freiheitsrechten in der Rundfunkfreiheit kein Grundrecht, das seinem Träger zum Zweck der Persönlichkeitsentfaltung oder Interessenverfolgung eingeräumt ist. 104 Das BVerfG stützt seine Haltung auf eine dreigliedrige, aufeinander aufbauende Argumentationskette, 105 mittels derer es den individualrechtlichen Schutzzweck in einen institutionellen und die subjektivrechtliche Schutzwirkung in eine objektive umdeutet: a) Funktionaler Interpretationsansatz: Dienende Funktion
Die Rundfunkfreiheit dient der freien individuellen und öffentlichen Meinungsbildung. I06 Sie setzt auf der einen Seite die Freiheit voraus, Meinungen zu äußern und zu verbreiten, auf der anderen Seite die Freiheit, geäußerte Meinung zur Kenntnis zu nehmen, sich zu informieren. Indem Art. 5 I GG Meinungsäußerungs-, Meinungsverbreitungs- und Informationsfreiheit als Grundrechte gewährleistet, versucht er zugleich, diesen Prozeß verfassungsrechtlich zu schützen und begründet insoweit subjektive Rechte; im Zusammenhang damit normiert er die Meinungsfreiheit als objektives Prinzip der Gesamtrechtsordnung, wobei subjektiv- und objektivrechtliche Elemente einander bedingen und stützen. 107 In diesem Prozeß hat der Rundfunk eine Vermittlungs- ("Gemeinwohl-") funktion; freie Meinungsbildung wird nur in dem Maße gelingen, in dem der Rundfunk dieser 10) Grundlegend zum Problem des Verhältnisses zwischen subjektiven und objektiven Gewährleistungen der Grundrechte vgl. Jeand'Heur, Grundrechte im Spannungsverhältnis zwischen subjektiven Freiheitsgarantien und objektiven Grundsatznormen, in: JZ 1995, S. 161 ff. 104 BVerfGE 87,181, 197. lOS Bremer I Esser I Hoffmann, Der Rundfunk in der Verfassungs- und Wirtschaftsordnung in Deutschland, S. 32 ff. 106 BVerfG so wieder in BVerfGE 90, 60, 87. 107 BVerfGE 57, 295, 319 f unter Hinweis auf die entsprechende Rechtsprechung im "Lüth-Urteil" in BVerfGE 7, 198,204 f.
96
C. Das Grundrecht der Rundfunkfreiheit des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG
Vermittlungsfunktion gerecht wird. I08 Diese funktionale Aufgabe bestimmt Eigenart und Bedeutung der Rundfunkfreiheit. 109
b) Hinzutretendes Moment der .. Sondersituation " Das BVerfG hat bereits in seinem ersten Fernsehurteil festgestellt, daß beim Rundfunk im Vergleich zur Presse eine Sondersituation bestehe. llo Zum einen erfordere die Veranstaltung von Rundfunk einen erheblich größeren finanziellen Aufwand, zum anderen bestehe in technischer Hinsicht ein Mangel an Übertragungskapazitäten. Eine dem Pressewesen entsprechende Vielfalt von miteinander konkurrierenden Darbietungen sei deshalb nicht möglich. Diese Sondersituation im Bereich des Rundfunkwesens erfordert besondere Vorkehrungen zur Verwirklichung und Aufrechterhaltung der Freiheit des Rundfunks. 111 Ausgehend von der Skepsis des Gerichts gegenüber der Zulassung von privatem Wettbewerb im Rundfunk und dessen Fähigkeit, die dem Rundfunk vom Gericht zugeordnete "Gemeinwohl funktion" zu erfüllen,112 hat das BVerfG auch für den Fall des Fortfalls der Sondersituation entschieden, daß nicht mit hinreichender Sicherheit erwartet werden könne, daß das Programmangebot privater Rundfunkveranstalter in seiner Gesamtheit kraft der Eigengesetzlichkeit des Marktes den Anforderungen der Rundfunkfreiheit entspricht. 113 c) Daraus erwachsender legislativer Ausgestaltungsauftrag Zur Gewährleistung der dienenden Funktion des Rundfunks in der ihm eigenen Sondersituation habe der Landesgesetzgeber deshalb besondere Vorkehrungen zu treffen. Es bedürfe einer "positiven Ordnung", die sicherstelle, daß die Vielfalt der bestehenden Meinungen in möglichster Breite und Vollständigkeit Ausdruck finde und daß auf diese Weise umfassende Information geboten wird. Um dies zu erreichen, sind .materielle, organisatorische und Verfahrensregeln erforderlich, die sich an der Aufgabe der Rundfunkfreiheit orientieren und deshalb geeignet seien, zu bewirken, was Art. 5 I GG gewährleisten wolle. 114 Wie der Gesetzgeber seine Aufgabe erfüllt, sei Sache seiner eigenen Entscheidung. Die Notwendigkeit BVerfGE 83, 238, 296. BVerfGE 57, 295, 320. 110 BVerfGE 12,205,261. 111 BVerfGE 12,205,261; 57,295,322. 112 Bremer / Esser / Hoffinann, Der Rundfunk in der Verfassungs- und Wirtschaftsordnung in Deutschland, S. 33. ll3 BVerfGE 57, 295, 322. 114 BVerfGE 57, 295, 320. 108 109
III. Interpretation der Rundfunkfreiheit des Art. 5 I 2 GG
97
ausgestaltender gesetzlicher Regelungen bestehe jedoch auch dann, wenn die Sondersituation des Rundfunks entfällt. 115
4. Kritik: Systemwidrige Überhöhung der objektiven Komponente Das BVerfG hat mit der oben skizzierten Interpretation der Rundfunkfreiheit von dem bewährten klassisch-liberalen Grundrechtsverständnis ohne Notwendigkeit Abschied genommen. Ausgangsüberlegung ist dabei der Gedanke, daß der Rundfunk durch seine unmittelbare Zugangsmöglichkeit zum Rezipienten eine besondere Stellung unter den Medien einnimmt, da er schnell und ohne weitere Umsetzung wahrnehmbar, Information und Meinung an den Rezipienten herantragen kann, und auf diese Weise Medium und Faktor der Meinungsbildung ist. Indem das BVerfG die Veranstaltung von Rundfunk von einer gesetzlichen Grundlage abhängig macht, und damit ausschließt, daß der Einzelne unter Berufung auf Art. 5 I 2 GG Zugang zum Rundfunk erhalten kann, 116 löst es die Rundfunkfreiheit aus dem subjektiv-abwehrrechtlichen Kontext der Grundrechte und ersetzt die abwehrrechtliche Schutzwirkung durch eine objektivrechtliche Gewährleistung. Der Ursprung der Anerkennung einer objektivrechtlichen Gewährleistung der Grundrechte liegt in dem Bestreben nach einer Verstärkung des grundrechtlichen Schutzes über die reine "Privatnützigkeit" hinaus. Es muß jedoch dabei immer berücksichtigt werden, daß die demokratiestaatliche Komponente der Grundrechte erst aus dem Individualrecht erwächst und demnach das Individualrecht als Kern der grundrechtlichen Absicherung nicht im "Nebel des Institutionellen" verschwinden darf. 117 Wenn es darum geht, divergierende Grundrechtspositionen in Einklang zu bringen, ist nach den Maßstäben der "praktischen Konkordanz" ein schonender Ausgleich zwischen ihnen zu suchen; 118 dieser kann jedoch nicht auf der Ebene des Grundrechtszugangs, sondern nur auf der Ebene der -ausübung stattfinden. Der Zugang bedarf nur dann der gesetzlichen Ausgestaltung, wenn dieser überhaupt erst durch das Gesetz eröffnet wird. Die Regelung zur Wahrnehmung eines subjektiven Rechts hingegen bedarf keiner gesetzlichen Eröffnung, sondern einer, den rechtlichen und tatsächlichen Gegebenheiten rechnungtragenden Beschränkung, andernfalls kann der Gesetzgeber den zu gewährleistenden Bereich auf Null reduzieren 119 und den Wert des Grundrechts ad absurdum führen. Daher bedarf es eines Systems, das 115
BVerfGE 57, 295, 322.
116
Hesse, Rundfunkrecht, S. 65 m.w.N ..
117
König, Die Teletexte, S. 109.
Eberle, Rundfunkübertragung, S. 36 unter Hinweis auf Hesse, Grundzüge des Verfassungsrechts der Bundesrepublik Deutschland, Rn. 3 I 7 ff, 72 m.w.N. sowie Klein, Die Rundfunkfreiheit, S. 35. 118
119 Gabriel-Bräutigam, Das Verhältnis von Rundfunkompetenz und Femmeldekompetenz in der Bundesrepublik Deutschland, in: Mestmäcker, S. 112.
7 Kirschnek
98
C. Das Grundrecht der Rundfunkfreiheit des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG
das Problem auf der Grundrechtsausübungsebene reguliert. Dies ließe sich über die Schrankendogmatik des Art. 5 11 GG schaffen, denn Art. 5 11 GG läßt die Statuierung grundrechtsbeschränkender Normen und damit auch die Erzwingung des öffentlichen Interesses dort zu, wo dies geboten ist. Der Gesetzgeber ist dabei auf den Erlaß allgemeiner und verhältnismäßiger Gesetze beschränkt: Das Ergebnis des von Art. 5 GG geschützten Meinungsbildungsprozesses steht nicht zu seiner Disposition; in einer freien Gesellschaft kann es der Gesetzgeber nicht kennen. Hier liegt das Problem, wenn das BVerfG vom Gesetzgeber fordert, er habe die Ausgewogenheit des Rundfunkprogramms sicherzustellen. Es kann nicht Aufgabe des Gesetzgebers sein, eine "Meinungsausstellung" zu organisieren. Er kann nur durch die Statuierung allgemeiner Regeln die Bedingungen für einen offenen Meinungswettbewerb herstellen. 120 Im Rahmen der Schrankensystematik des Art. 5 11 GG unterscheidet das Gericht zwei Normtypen. Zum einen gibt es Normen, die das Grundrecht der Rundfunkfreiheit beschränken, und - im klassisch-liberalen Sinne - daraufhin überprüfen, ob sie dem Gebot der Allgemeinheit entsprechen und das Grundrecht im übrigen nicht in unverhältnismäßiger Weise einschränken. Zum anderen gibt es aber auch einen Normtypus, der das Grundrecht ausgestaltet und aktualisiert, solange er dem Gebot der Gewährleistung freier individueller und öffentlicher Meinungsbildung gerecht wird; dieser hält sich solange im Ausgestaltungsrahmen, wie er - auch bei Statuierung von anfänglichen und nachträglichen Ausschlußgrunden für die Rundfunkveranstaltung - das Grundrecht nicht iSd. Art. 5 11 GG beschränkt. Diese Dogmatik ist nur verständlich, wenn die Rundfunkfreiheit als objektivrechtliche Gewährleistung betrachtet wird, da die Beschränkung der subjektiven Veranstaltungsfreiheit mit einer Ausgestaltung in diesem Sinne nichts zu tun haben kann. Es zeigt sich, wie das BVerfG die objektivrechtliche Bedeutung systemwidrig überhöht und in konsequenter Eigengesetzlichkeit der Rechtsprechung die subjektive Dimension der Rundfunkfreiheit in den Hintergrund drängt.121 Mit dieser Auffassung widerspricht das BVerfG 122 der bisherigen Rechtsprechung zu Inhalt 120 Bremer / Esser / Hoffinann, Der Rundfunk in der Verfassungs- und Wirtschaftsordnung in Deutschland, S. 31 f.
121 Esser / Bremer / Hoffinann, Der Rundfunk in der Verfassungs- und Wirtschaftsordnung in Deutschland, S. 32. Noch deutlicher drückt es Schmitt Glaeser, Die Meinungsfreiheit in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, in: AöR 1988, S. 53 f, aus, der dem BVerfG sogar vorwirft, die individuelle Dimension der Rundfunkfreiheit in die "Bedeutungslosigkeit" zurückzudrängen. Für Klein, Die grundrechtliche Schutzpflicht, in: DVBl. 1994, S. 494, stellt die bloß noch funktionale, dienende Freiheit einen Widerspruch in sich dar; diese hört, wie sich bei der Rundfunkfreiheit deutlich zeigt, mindestens teilweise auf, als subjektive Freiheit zu bestehen. Diese "Entkernung" der subjektiven grundrechtlichen Freiheit sei letztlich ein Relikt obrigkeitsstaatlichen Denkens. 122 Es war im übrigen derselbe Senat des BVerfG, der zwei Jahre vor dem dritten Rundfunkurteil die grundlegende Rechtsprechung des "Mitbestimmungsurteils" mani-
III. Interpretation der Rundfunkfreiheit des Art. 5 I 2 GG
99
und Wesen der Grundrechte 123 und weist eine fast gegensätzliche Struktur auf. Im Ergebnis besteht die Rundfunkfreiheit nicht im Interesse ihrer Träger, sondern nur im Interesse Dritter; sie wird damit zu einer Hülse. 124
5. Konsequenzen für den Rundfunk im dualen System In Anbetracht der besonderen Funktion des Rundfunks sah sich das BVerfG veranlaßt, dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk eine verfassungsrechtlich bevorzugte Position einzuräumen und die Anforderungen an den privaten Rundfunk davon abhängig zu machen, daß der öffentlich-rechtliche Rundfunk den vom Gericht entwickelten klassischen Auftrag des Rundfunks 125 im Sinne einer "Grundversorgung"126 erfüllt. 127 Die aus Art. 5 I GG abgeleiteten Anforderungen an die Funktion des Rundfunks gelten grundsätzlich für alle Bestandteile des Rundfunksystems, 128 doch genüge es, wenn dies in seiner Gesamtheit dem verfassungsrechtlich Gebotenen entspreche,129 so daß unterschiedliche Anforderungen an die einzelnen Teile des Gesamtsystems gestellt werden können, solange die Wahrnehmung des klassischen Rundfunkauftrags als solche sichergestellt ist. Entscheidet sich der Gesetzgeber für ein duales System, so komme dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk die unerläßliche Grundversorgung l3O der Bevölkerung zu, da die öffentlich-rechtlichen Anstalten dazu nach Lage der Dinge l3l besser imstande seien, weil ihre terrestrischen Programme nahezu die gesamte Bevölkerung erreichen und sie wegen ihrer teilweisen Gebührenfinanzierung nicht in gleicher Weise wie private Veranstalter auf hohe Einschaltquoten ange-
festierte. Vgl. hierzu Kuli, Rundfunkgleichheit statt Rundfunkfreiheit, in: AfP 1981, S.380. 123
Vgl. "Mitbestimmungs-Urteil" in BVerfGE 50, 290, 337.
124 Fink, Wem dient die Rundfunkfreiheit?, in: DÖV 1992, S. 813. 125 BVerfGE 73, 118, 158: Dieser klassische Auftrag des Rundfunks umfasse "neben seiner Rolle fiir die Meinungs- und politische Willensbildung, neben Unterhaltung und über laufende Berichterstattung hinausgehende Information seine kulturelle Verantwortung".
126 Grundlegend Scheble, Perspektiven der Grundversorgung, S. 24 ff, wie auch Niepalla, Die Grundversorgung durch die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, S. 112 ff, Libertus, Grundversorgungsauftrag und Funktionsgarantie, S. 34 ff. 127 Bremer / Esser / Hoffmann, Der Rundfunk in der Verfassungs- und Wirtschaftsordnung in Deutschland, S. 36. 128 BVerfGE 57, 295, 321. 129 130 131
7*
BVerfGE 73, 118, 157. BVerfGE 83, 238, 297, wie schon in BVerfGE 73, 118, 157. BVerfGE 73, 118, 158.
100
C. Das Grundrecht der Rundfunkfreiheit des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG
wiesen seien. 132 Gleichzeitig seien mit der Gewährleistung der Grundversorgung auch die technischen, organisatorischen, personellen und finanziellen Voraussetzungen für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu sichern. 133 Die Grundversorgung bedeute dabei weder eine Mindestversorgung noch beschränke sie sich auf den informierenden und bildenden Teil des Programms. Sie sei vielmehr eine Versorgung mit Programmen, die dem klassischen Rundfunkauftrag entsprechen, und die technisch für alle empfangbar sind. 134 Mit dieser Gewährleistungspflicht wäre es unvereinbar, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk auf den gegenwärtigen Entwicklungsstand in programmlicher, finanzieller und technischer Hinsicht zu beschränken. Vielmehr müsse der öffentlich-rechtliche Rundfunk zur Sicherung des Grundversorgungsauftrags auch in seiner künftigen Entwicklung gesichert werden. I35 Diese Bestands- und Entwicklungsgarantie 136 wird flankiert von einer funktionsgerechten Finanzierungsgarantie I37 im Wege der dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk gemäßen Finanzierungsart durch Rundfunkgebühren. 138 Wenngleich die Gefahr besteht, daß den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten unter dem Deckmäntelchen der Bestands- und Entwicklungsgarantie ein nahezu ungebremstes Recht zur Programmausweitung und Frequenzbesetzung (Expansionsfunk) zusteht, hat sich das BVerfG - zumindest theoretisch - eine Überprüfung dieses Konzepts in der Zukunft offengehalten, 139 so daß es - wiederum theoretisch - nicht auszuschließen ist, daß auch einmal dem privaten Rundfunk ein Grundversorgungsauftrag obliegt, sobald seine flächendeckende Verbreitung
132 lach, Programm- und Organisationsanforderungen für private Veranstalter in der dualen Rundfunkordnung, in DÖV 1992, S. 732 sieht in der alleinigen Grundversorgung durch die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten die Gefahr der Aushöhlung der kulturellen Funktionsbindung des Rundfunks durch eine schleichende Selbstkommerzialisierung im Konkurrenzverhältnis mit massenattraktiven privaten Veranstaltern, da im Orientierungspunkt nicht mehr die Programmqualität, sondern die Einschaltquote stünde. Mit dieser Argumentation müßte sich Jach für eine konsequente und ausschließliche Gebührenfinanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks einsetzen.
I33
BVerfGE 83, 238, 298; 73, 118, 158.
BVerfGE 87, 181, 199 unter Hinweis auf die Definitonsanstrengungen in BVerfGE 73, 118, 158; 74, 297, 324 ff. 135 BVerfGE 83, 238, 298; 74, 297, 350 f. 134
136 Vgl. hierzu: BVerfGE 90, 60, 91; 83,238,298 f.; 74, 297, 324 f.; 73,118,158 wie auch SeImer, Bestands- und Entwicklungsgarantien für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in einer dualen Rundfunkordnung sowie Becker, Existenzgrundlagen öffentlichrechtlicher und privater Rundfunkveranstalter nach dem Rundfunkstaatsvertrag, S. 85 ff. 137 BVerfGE 90, 60, 91: "Die Bestands- und Entwicklungsgarantie ist zugleich Finanzierungsgarantie ...
138
BVerfGE 90, 60, 90; 87,181,199; 73,118,158.
139 Bremer / Esser / Hoffmann, Der Rundfunk in der Verfassungs- und Wirtschaftsordnung in Deutschland, S. 38.
III. Interpretation der Rundfunkfreiheit des Art. 5 I 2 GG
101
gesichert ist. 140 Doch erscheint dies eher unwahrscheinlich, da das BVerfG die Stellung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks durch die inhaltliche Ausdifferenzierung der Finanzierungsgarantie im siebten und achten Rundfunkurteil mehr als ohnehin schon gestärkt hat. Die verfassungsrechtliche Stellung des privaten Rundfunks bestimmt das BVerfG in weitgehender Abhängigkeit von den Aufgaben und Funktionen, die es, innerhalb des Rundfunks insgesamt, dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk zugewiesen hat. Wie diese Regelungen im einzelnen auszusehen haben, soll im folgenden Kapitel erörtert werden.
140
In diesem Sinne auch Hesse, Rundfunkrecht, S. 74 f.
D. Die rundfunkorganisatorischen Grundprinzipien zur Ausgestaltung der dualen Rundfunkordnung I. Arbeitsgrundlage: Zehn Rundfunkurteile Die Struktur der Rundfunkfreiheit des Art. 5 I 2 GG wird in der Verfassungsrechtsprechung aus der Funktion des Grundrechts bestimmt, aus der weitreichende grundrechtliche Anforderungen an die Organisation des Rundfunks abgeleitet werden. I Mehr oder weniger überzeugt von der im vorangegangenen Kapitel aufgezeigten verfassungsgerichtlichen Interpretation der Rundfunkfreiheit versucht der Verfasser im Rahmen der folgenden Betrachtung die aus dieser Rechtsprechung abzuleitenden, verfassungsrechtlich grundlegenden Struktur- und Organisationsprinzipien rur die Ausgestaltung der Rundfunkordnung aufzuzeigen. Grundlage der Betrachtung sind die zehn 3 Grundsatzentscheidungen des BVerfG: Das erste Fernsehurteil aus dem Jahr 1961 4 zur Gründung der Deutschland-Fernsehen-GmbH, in dem die vorgefundene MonopolsteIlung der öffentlichrechtlichen Rundfunkanstalten aus einer "Sondersituation" des Rundfunks im Vergleich zur Presse gerechtfertigt wird; das zweite Fernsehurteil aus dem Jahr 1971 S zur Frage der Umsatzsteuerpflicht der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, in dem die Tätigkeit der Rundfunkanstalten dem Bereich der "öffentlichen Verwaltung" zugeordnet wird; das dritte Rundfunkurteil aus dem Jahr 1981 6 zum saarländischen Rundfunkgesetz (FRAG-Urteil), das unter Betonung gesetzgeberischer Verantwortung und Gestaltungsfreiheit Grundlinien der Rundfunkordnung gegenüber einem sich abzeichenden Wandel der Telekommunikation festlegt, unter dezidierter Absage an jede marktwirtschaftlich-wettbewerbliche Deregulation; das vierte Rundfunkurteil aus dem Jahr 19847 zum Landesrundfunkgesetz Niedersachsen, das unter vorsichtiger Lockerung der Zugangsvoraussetzungen rur privaten Rundfunk die Grundlinien einer dualen Rundfunkordnung festlegt; der Beschluß vom 24. März 1987 zum Landesmediengesetz BadenI
BK-Degenhart, Art. 5, Rn. 526.
2 So auch Oppennann, Rundfunkgebühr - Rundfunkordnung - Rundfunkideologie, in: JZ 1994, S. 501. 3
Entsprechend der Zählung in epd / KiFu, Nr. 23 / 1995, Dok.
4
BVerfGE 12,205 ff.
s BVerfGE 31, 314 ff. 6
BVerfGE 57, 295 ff.
7
BVerfGE 73, 118 ff.
I. Arbeitsgrundlage: Zehn Rundfunkurteile
103
Württemberg (fünftes Rundfunk-"Urteil")8, in dem vor allem die Position des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in einer dualen Ordnung bestimmt und über seinen herkömmlichen Funktionsberreich hinaus deutlich erweitert wird. Das sechste Rundfunkurteil vom 5. Februar 1991 9 zum WDR-Gesetz und zum Landesrundfunkgesetz Nordrhein-Westfalen festigt unter Bestätigung der bisherigen Aussagen zur dualen Rundfunkordnung die sich bereits im fünften Urteil andeutende Bestands- und Entwicklungsgarantie für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Das siebte Rundfunkurteil vom 6. Oktober 1992 10 zur Zulässigkeit von Werbung im dritten Fernsehprogramm des Hessischen Rundfunks beschäftigt sich mit der Finanzierung der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten und erweitert die Bestands- und Entwicklungsgarantie hin zu einer Finanzierungsgarantie mittels der dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk eigenen, vorrangigen Gebührenfinanzierung. Das achte Rundfunkurteil vom 22. Februar 1994 1\ das das bisherige (politische) Verfahren zur Festsetzung der Rundfunkgebühren aushebelt und stattdessen ein Verfahren fordert, das dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk die zur Erfüllung seiner Aufgabe im dualen System erforderlichen Mittel gewährleistet und ihn gleichzeitig vor Einflußnahmen auf das Programm wirksam absichert. Im neunten Rundfunkurteil vom 5. Oktober 1993 12 stellt das BVerfG klar, daß über das Vermögen öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten ein Konkursverfahren unter den gegenwärtigen Bedingungen der dualen Rundfunkordnung und des geltenden Konkursrechts nach Art. 5 I 2 GG unzulässig ist. Das zehnte Rundfunkurteil vom 22. März 1995 13 befaßt sich mit der EWG-Fernsehrichtlinie und kommt zu dem Ergebnis, daß zwar das Recht der Länder und der Grundsatz bundes freundlichen Verhaltens verletzt seien, weil der Bund bei der EU nicht nachdrücklich genug die Länderinteressen vertreten habe, im Grundsatz aber der Bund als "Sachwalter der Länderrechte" auftreten könne. Rundfunkbegriffsrechtlich betonte das BVerfG, daß der Rundfunk neben seiner essentiellen Funktion für die demokratische Ordnung auch ein kulturelles Phänomen darstellt. Mit den Entscheidungen über das Normenkontrollverfahren betreffend § 3 a WDR-Gesetz und § 3 LRG NRW, die das Recht auf unentgeltliche Kurzberichterstattung im Fernsehen über Veranstaltungen und Ereignisse, die öffentlich zugänglich und von allgemeinem Interesse sind, betreffen,14 und über die Verfas8
BVerfGE 74, 297 ff.
BVerfGE 83, 238 ff. BVerfGE 87,118 ff. 11 BVerfGE 90, 60 ff.
9
10
12 BVerfG, NJW 1994, S. 1466 f. Dieser Beschluß des BVerfG erging zwar zeitlich vor dem achten Rundfunkurteil, wurde jedoch erst nachträglich veröffentlicht, so daß es in die Zählung als neuntes Urteil eingestellt wurde. 13 BVerfGE 92, 203 ff. 14 Geschäftszeichen 1 BvF 1/91.
104
D. Die Grundprinzipien zur Ausgestaltung der dualen Rundfunkordnung
sungsbeschwerde gegen eine Entscheidung des Bayerischen Verfassungs gerichtshofs, mit der eine Eilentscheidung zur weiteren Einbringung eines lokalen Hörfunkprogramms in das von der Bayerischen Landeszentrale für Neue Medien verantwortete Gesamtprogramrn aufgehoben wurde, 15 stehen die nächsten Urteile des Bundesverfassungsgerichts zum Rundfunkrecht vor der Türe. 16
11. Rundfunkkonzept des Bundesverfassungsgerichts Das Rundfunkkonzept des BVerfG läßt sich in der Gesamtschau der bisherigen Urteile in zwei Abschnitte unterteilen: In einen allgemeinen Teil, der das grundlegende, aus Art. 5 I 2 GG zu entnehmende Konzept beschreibt, und in einen besonderen Teil, der sich bei Einführung des privaten Rundfunks neben dem öffentlich-rechtlichen mit der Ausgestaltung der sodann entstehenden dualen Rundfunkordnung zur Sicherung der dienenden Funktion der Rundfunkfreiheit befaßt.
1. Allgemeiner Teil Die Funktion der Rundfunkfreiheit als Ausgangspunkt für die Bestimmung struktureller und organisatorischer Anforderungen an die Rundfunkordnung wird vom BVerfG zunächst vergleichbar der Pressefreiheit bestimmt: Die Rundfunkfreiheit dient der Gewährleistung freier individueller und öffentlicher Meinungsbildung; dabei ist der Rundfunk "Medium" und "Faktor" des geschützten Prozesses freier Meinungsbildung als einer essentiellen Voraussetzung einer freiheitlichen Ordnung. 17 Doch wird der Rundfunk im Vergleich zur Presse aufgrund seiner medienspezifischen Wirkungsmöglichkeiten 18 vom BVerfG stärker in die Pflicht genommen. Der notwendige Prozeß der Kommunikation setzt einerseits die Freiheit voraus, Meinungen zu äußern, andererseits verlangt er, diese Meinungen zur Kenntnis zu nehmen, sich zu informieren. 19 Diese Meinungsbildungsfreiheit sieht das Gericht nur dann gewährleistet, wenn der Rundfunk die Vielfalt bestehender Themen und Meinungen aufnimmt und gleichgewichtig verbreitend Geschäftszeichen 1 BvR 661/94. 16 Die Entwicklung des öffentlichen Rechts - Wichtige Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts im laufenden Jahr, in: DVBI. 1997, S. 652 ff, Ifd.Nr. 8 und 9. 17 St. Rspr.: BVerfGE 90, 60, 87; 87, 11, 197; 83, 238, 295 f; 73, 118, 152; 57, 295, 15
319;35,202,222;31,314,326; 12,205,260. 18 BK-Degenhart, Art. 5, Rn. 527; BVerfGE 90, 60, 87: "Unter den Medien kommt dem
Rundfunk wegen seiner Breitenwirkung, Aktualität und Suggestivkraft besondere Bedeutung zu." 19 BVerfGE 57, 295, 319.
Ir. Rundfunkkonzept des Bundesverfassungsgerichts
105
wiedergibt. 20 Der Darstellung dieser Meinungsvielfalt zur Gewährleistung freier und individueller Meinungsbildung hat damit die Rundfunkfreiheit zu dienen. Aus dieser dienende Funktion bestimmt das BVerfG die Eigenart und die Bedeutung der Rundfunkfreiheit: Freie und individuelle Meinungsäußerung verlangt zunächst Freiheit des Rundfunks von staatlicher Beherrschung. 21 Zwar entfaltet die Rundfunkfreiheit ihren Schutz auch und zuerst gegenüber dem Staat/2 doch bloße Staatsfreiheit mittels negatorischer Gestaltung bedeutet noch nicht, daß freie und umfassende Meinungsbildung durch den Rundfunk möglich wird. Es bedarf vielmehr einer positiven Ordnung, die sicherstellt, daß der Rundfunk weder dem Staat noch einzelnen gesellschaftlichen Gruppen ausgeliefert wird/ 3 daß die in Betracht kommenden gesellschaftlichen Kräfte im Gesamtprogramm zu Wort kommen, und daß die Freiheit der Berichterstattung unangetastet bleibt. 24 Darüber hinaus hat der Gesetzgeber dafür zu sorgen, daß Auswahl, Inhalt und Gestaltung des Programms Sache des Rundfunks bleiben und sich an publizistischen Kriterien ausrichten können/ 5 so daß die Vielfalt der bestehenden Meinungen im Rundfunk in möglichster Breite und Vollständigkeit Ausdruck finden und auf diese Weise umfassende Information geboten wird. Um dies zu erreichen, sind materielle, organisatorische und prozedurale Regeln erforderlich, die an der Aufgabe der Rundfunkfreiheit orientiert und deshalb geeignet sind, freie individuelle und öffentliche Meinungsbildung zu gewährleisten. 26 Diese rechtliche Ausgestaltung unterliegt dem Vorbehalt des Gesetzes/ 7 denn diese notwendigen Entscheidungen sind wesentliche Entscheidungen, weil sie im grundrechtsrelevanten Bereich ergehen und wesentlich für die Verwirklichung der Grundrechte sind. 28 Wie der Gesetzgeber seine Aufgabe erfüllen will, ist Sache seiner eigenen Entscheidung. 29 Er genießt hier weitgehende Freiheit/o da das Grundgesetz ihm kein bestimmtes Modell der Rundfunkorganisation vorschreibt. Es kommt allein darauf an, daß freie, umfassende und wahrheitsgemäße Meinungsbildung gewährleistet iSt. 31 Das BVerfG begrenzt das Ausgestaltungsermessen des Gesetzgebers durch das Gebot, daß die rechtliche Ausgestaltung BVerfGE 73,118,156; 57,295,324. st. Rspr. vgl. BVerfGE 57, 295, 320. 22 BVerfGE 90, 60, 88; 83,238,296.
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BVerfGE 90, 60, 88; 87, 181, 198; 83, 238, 296; 57, 295, 320; 12, 205, 263. BVerfGE 57, 295, 322; 31, 314, 325 f; 12,205,262. BVerfGE 90, 60, 87. BVerfGE 90, 60, 88; 83,238,296; 57, 295, 320, 12,205,263. BVerfGE 57,295,320; 47, 46, 78 f; 49, 89, 126 fm.w.N. BVerfGE 57, 295, 321; 47, 46,79.
BVerfG, NJW 1994, S. 1467; BVerfGE 57, 295, 321. 30 BVerfGE 87, 181, 198. 31 BVerfGE 57, 295, 321. 29
106
D. Die Grundprinzipien zur Ausgestaltung der dualen Rundfunkordnung
nicht zu einer Beschränkung des Grundrechts, die nur nach Art. 5 11 GG zulässig ist, führen darf. 2. Besonderer Teil bei Zulassung privater Rundfunkveranstalter Diese Grundsätze werden dann ergänzt und weiterentwickelt, wenn sich der Landesgesetzgeber entschließt, neben den etablierten öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten privatrechtlich organisierte Rundfunkveranstalter zuzulassen. a) " Vielfaltsschwächen " der Privaten
Während die im allgemeinen Teil beschriebenen Grundsätze die Organisationsform des bestehenden öffentlich-rechtlichen Rundfunksystems verfassungsmäßig legitimiert haben, findet der besondere Teil seinen Ursprung in einem darüber hinausgehenden Sicherungsgedanken, der davon ausgeht, daß im dualen System zur Sicherung der dienenden Funktion der Rundfunkfreiheit zusätzliche Maßnahmen ergriffen werden müssen, da die Programme der privaten Anbieter der Aufgabe umfassender Information nicht in vollem Ausmaß gerecht zu werden vermögen. Dies gelte einmal, soweit die Programme über die neuen Medien verbreitet werden, da die Zahl der auf diesem Wege zu erreichenden Rezipienten wesentlich hinter der nahezu die Gesamtheit der Bevölkerung umfassenden Zahl der Teilnehmer zurückbleibt, welche terrestrische Rundfunkprogramme empfangen können. 32 Zum anderen geht das BVerfG davon aus, daß die Rundfunkprogramme privater Anbieter Information nicht in der vollen Breite der Meinungen und kulturellen Strömungen vermitteln können, da sie aufgrund ihrer auf Wirtschaftswerbeeinnahmen ausgelegten Finanzierung gezwungen seien, hohe Einschaltquoten durch möglichst massenattraktive Programme, unter dem Gesichtspunkt der Maximierung der Zuschauer- und -hörerzahlen zu möglichst niedrigen Kosten, zu erreichen. Damit sei die geforderte Vielfalt der bestehenden Meinungsrichtungen im Programm in erhöhtem Maße Schwankungen, wenn nicht sogar Störungen unterworfen. 33 Im achten Rundfunkurteil konkretisierte das BVerfG diese Besorgnis und stellte bei den privaten Anbietem Defizite an gegenständlicher Breite und thematischer Vielfalt fest. 34 Um diese Schwächen der privaten Veranstalter im Hinblick auf die Sicherung der dienenden Funktion der Rundfunkfreiheit aufzufangen, sind weitere organisatorische Anforderungen an das Rundfunksystem zu stellen. 35 BVerfGE 73, 118, 155. BVerfGE 73, 118, 155 f. 34 BVerfGE 90, 60, 90 f. 32
33
35
Im Sinne eines "wenn-dann-Prinzips": "Wenn" Zulassung von privaten Veranstaltern
11. Rundfunkkonzept des Bundesverfassungsgerichts
107
b) Weitergehende Anforderungen
Die Einfiihrung eines privaten Rundfunks gehört nach Ansicht des Gerichts zu den wesentlichen Entscheidungen, die der Gesetzgeber im Rahmen der Festlegung der Grundlinien der Rundfunkordnung zu treffen hat. Zu dieser Grundentscheidung bedarf es, wie im allgemeinen Teil, der Ausformung einer positiven Ordnung, die sicherstellt, daß der Rundfunk nicht dem Staat oder einer oder einzelnen gesellschaftlichen Gruppen ausgeliefert wird, daß die in Betracht kommenden Kräfte im Gesamtprogramm zu Wort kommen können 36 und daß die Vielfalt der bestehenden Meinungen im Rundfunk in möglichster Breite und Vollständigkeit Ausdruck findet. 37 Allein die Zulassung des privaten Rundfunks reicht nach Auffassung des BVerfG aber nicht aus, um die durch die Rundfunkfreiheit gebotene Meinungsvielfalt sicherzustellen, da in absehbarer Zeit nicht mit einem "echten Markt" gerechnet werden könne, der kraft seiner Eigengesetzlichkeit die gebotene gleichgewichtige Vielfalt und umfassende Information im Rundfunk gewährleistet. 38 Dem Gesetzgeber ist auch hier ein Gestaltungsspielraum eingeräumt, wie er im dualen System die dienende Funktion der Rundfunkfreiheit wirksam absichert. Ausgestaltungsermessenslenkend haben die Karlsruher Richter zwei Ordnungsmodelle der Rundfunkorganisation aufgezeigt. Ausgehend von der Organisation der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten bedarf es bei der verfassungsgemäßen "binnenpluralistischen" Rundfunkstruktur einer sachgerechten, der bestehenden Vielfalt prinzipiell Rechnung tragenden Bestimmung und Gewichtung der maßgeblichen gesellschaftlichen Kräfte und der Sicherstellung des effektiven Einflusses desjenigen Organs, in dem diese vertreten sind. 39 Der Gesetzgeber kann auch andere Gestaltungsformen wählen, sofern er durch geeignete Vorkehrungen gewährleistet, daß das Gesamtangebot der inländischen Programme der bestehenden Meinungsvielfalt auch tatsächlich im wesentlichen entspricht. Wenn er dabei Rundfunkfreiheit durch "außenpluralistische" Vielfalt herstellen und erhalten will, darf er auch bei dieser Lösung auf Regelungen im vorgenannten Sinne nicht verzichten, denn auch hier bleibt die Gewährleistung der dienenden Funktion der Rundfunkfreiheit Sache des Gesetzgebers. 40 Darüber hinaus hat der Gesetzgeber Leitgrundsätze verbindlich zu machen, die ein Mindestmaß von inhaltlicher Ausgewogenheit, Sachlichkeit und
neben den etablierten öffentlich-rechtlichen, "dann" weitergehende organisatorische Anforderungen an das Rundfunksystem zur Sicherung der dienenden Funktion der Rundfunkfreiheit. 36 BVerfGE 57, 295, 325. 37
BVerfGE 74, 297, 324 m.w.N.
38
BVerfGE 73,118, 158.
39
BVerfGE 57, 295,325.
40
BVerfGE 57, 295, 325.
108
D. Die Grundprinzipien zur Ausgestaltung der dualen Rundfunkordnung
gegenseitiger Achtung gewährleisten. 41 Während bei der binnenpluralen Struktur diese Anforderungen für jeden einzelnen Veranstalter gelten sollen, obliegt diesen beim außenpluralen Modell keine interne Ausgewogenheit, da die Programme der privaten Veranstalter nach Auffassung der Karlsruhe Richter der Aufgabe umfassender Information nicht in vollem Maße gerecht zu werden vermögen. 42 Die privaten Veranstalter bleiben lediglich zu sachgemäßer, umfassender und wahrheitsgemäßer Berichterstattung verpflichtet. 43 Diese Absenkung des Qualitätsund Vielfaltsstandards bei den privaten Veranstaltern hält das BVerfG aber nur dann für gerechtfertigt, wenn die unerläßliche Grundversorgung44 Sache der öffentlich-rechtlichen Anstalten ist, da das Gericht davon ausgeht, daß Erleichterungen ohne nachhaltige Gefährdung des Normziels von Art. 5 I 2 GG nur dann hinnehmbar sind. 45 Doch die Absenkung dieses Standards für die Privaten findet ihre Grenze dort, wo Ungleichgewichtigkeiten einen erheblichen Umfang annehmen. 46 Da dem BVerfGE dieses reine Postulat nicht ausreichend erscheint, verlangt es darüber hinaus auch die Normierung einer begrenzten Staatsaufsicht, die überwachen soll, ob die privaten Rundfunkveranstalter den dargelegten Anforderungen genüge tun. 47 Weiter müssen im Rahmen dieser begrenzten Staatsaufsicht rechtsstaatlich geordnete Zugangsregelungen für den privaten Rundfunk geschaffen werden,48 die auch Regeln über eine dem Gleichheitsgrundsatz entsprechende Auswahl bei mehreren Bewerbern vorsehen, wenn aufgrund beschränkter Verbreitungsmöglichkeiten nicht jeder Bewerber zugelassen werden kann, da die Auswahl konkurrierender Bewerber nicht dem Zufall, bzw. dem freien Spiel der Kräfte, oder der ungebundenen Entscheidung der Exekutive überlassen bleiben darf. 49 Zur Abrundung dieser Regelungsvorgaben hat das BVerfG schließlich noch festgestellt, daß die Notwendigkeit ausgestaltender gesetzlicher Regelung im Hinblick auf die Sicherung der dienenden Funktion der 41 BVerfGE 73,118,153; 57, 295, 325. 42 BVerfGE 73,118, 155. 43 BVerfGE 57, 295, 326. 44 BVerfGE 83, 238, 297 f: "Der Begriff der Grundversorgung bezeichnet dabei weder eine Mindestversorgung, auf die der öffentlich-rechtliche Rundfunk beschränkt ist ... , noch nimmt er eine Grenzziehung oder Aufgabenteilung zwischen öffentlich-rechtlichen und privaten Veranstaltern etwa in dem Sinne vor, daß jene für den informierenden und bildenden, diese für den unterhaltenden Teil des Rundfunkangebots zuständig wären. Es muß vielmehr sichergestellt sein, daß die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten für die Gesamtheit der Bevölkerung Programme anbieten, die umfassend und in der vollen Breite des klassischen Rundfunkauftrags informieren, und daß im Rahmen dieses Programrnangebots Meinungsvielfalt in der verfassungsrechtlich gebotenen Weise hergestellt wird."
45 BVerfGE 83, 238, 297. 46 BVerfGE 87,181,199. 47 BVerfGE 57, 295, 326. 48 BVerfGE 57, 295, 326. 49 BVerfGE 57, 295, 327.
III. Bereich der legislativen Ausgestaltungsregelungen
109
Rundfunkfreiheit auch dann noch besteht, wenn die Sondersituation des Rundfunks entfallt. 50
III. Bereich der legislativen Ausgestaltungsregelungen Nach dieser Skizzierung eines verfassungsgemäßen Rundfunkmodells soll im folgenden der vom Landesgesetzgeber auszufüllende Bereich der Ausgestaltungsregelungen aufgezeigt werden. 1. Ausgestaltungsauftrag und Ausgestaltungsbefugnis
Dem Landesgesetzgeber obliegt es, durch die Ausgestaltung einer positiven Ordnung, die Gewährleistung der Rundfunkfreiheit im vorgenannten Sinne zu sichern, wobei das Gericht nicht genau definiert, welche Normen zum Bereich der Ausgestaltungsregelungen gehören, sondern beschreibt in unterschiedlicher Ausdifferenzierung lediglich die Bereiche, in denen ausgestaltende Regelungen zu ergehen haben, und räumt damit dem Landesgesetzgeber im Rahmen seines Ausgestaltungsauftrages eine (weitgehende) Ausgestaltungsfreiheit ein. 51 Die zu erlassenden Ausgestaltungsregelungen müssen geeignet sein, die an der Rundfunkfreiheit als objektivem Maßstab orientierte positive Ordnung herzustellen,52 und sich allein am Maßstab der Sicherung der Rundfunkfreiheit orientieren, ohne jedoch den Anforderungen eines Schrankengesetzes im Sinne von Art. 5 II GG gerecht werden zu müssen. 53 Überschreitet der Gesetzgeber seine Ausgestaltungsprärogative, so daß im Ergebnis keine Ausgestaltungsregelung, sondern ein beschränkendes Gesetz vorliegt, wird dies vom BVerfG sodann an den Erfordernissen des Art. 5 II GG überprüft. Der Landesgesetzgeber besitzt zusätzlich eine über diesen Ausgestaltungsauftrag hinausgehende Ausgestaltungsbefugnis und ist entsprechend seiner Einschätzungsprärogative auch berechtigt, weitere, (noch) nicht in der Rechtsprechung benannte Ausgestaltungsbereiche in das ausgestaltende Gesetz aufzunehmen. Besonders anschaulich wird dies im vierten Rundfunkurteil, wo das BVerfG ausführt, daß eine Entscheidung darüber, ob auch die Finanzierung des Privatfunks gesetzlicher Regelung bedarf, offen bleiben könne, da das Rundfunkgesetz diese Materie geregelt habe. 54 Es wurde damit vom niedersächsischen Gesetzgeber ein Bereich geregelt, der nicht hätte zwin50 BVerfGE 57, 295, 322. 51 Zuletzt wieder in BVerfGE 87, 181, 198: "Bei der Ausgestaltung dieser Ordnung
genießt der Gesetzgeber weitgehende Freiheit."; vgl. auch BVerfGE 83, 238, 296. 52 Bauer, Öffentlich-rechtlicher Rundfunk und das Kartellrecht, S. 31. 53 BVerfGE 73, 118, 166.
54 BVerfGE 73, 118, 154.
110
D. Die Grundprinzipien zur Ausgestaltung der dualen Rundfunkordnung
gend nach der Rechtsprechung des BVerfG geregelt werden müssen, gleichwohl aber geregelt werden konnte. Diese weiteren ausgestaltenden Regelungen müssen ebenfalls der Erreichung des verfassungsmäßigen Zwecks der Rundfunkfreiheit dienen und unterliegen deshalb, wie auch die Regelungen des Ausgestaltungsauftrages, den Grundsätzen von Rechtsklarheit und -sicherheit. 55 Zu den zwingend durch den Landesgesetzgeber zu regelnden Bereichen gehören damit nur die im allgemeinen und besonderen Teil des Rundfunkmodells skizzierten Inhalte des Ausgestaltungsauftrages. Diese stellen die Grundprinzipien einer verfassungsgemäßen, freiheitlichen Rundfunkordnung dar.
2. "Essentials" einer verfassungsgemäßen Rundfunkordnung Diese zwingend zu regelnden Bereiche lassen sich in drei wesentlichen Grundprinzipien, den "Essentials"56 der dualen Rundfunkordnung, darstellen57 : Der Gesetzgeber hat mittels einer positiven Ordnung sicherzustellen, daß der Rundfunk wegen seiner weitreichenden medienspezifischen Wirkungsmöglichkeiten und der Gefahr des Mißbrauchs weder dem Staat noch einer oder einzelnen gesellschaftlichen Gruppen ausgeliefert wird. 58 Mit diesem "Prinzip der Staatsund Gruppenfreiheit" normiert das BVerfG das erste Grundprinzip einer freiheitlichen Rundfunkordnung. Weiter muß gewährleistet sein, daß alle gesellschaftlich relevanten Kräfte im Gesamtprogramm gleichgewichtig zu Wort kommen können 59 und so die Vielfalt der bestehenden Meinungen im Rundfunk in möglichster Breite und Vollständigkeit Ausdruck findet. 60 Mit dem "Prinzip des Pluralismus" macht das BVerfG die gesellschaftlich relevanten Gruppen nicht zu Trägern einer originären Rundfunkveranstalterfreiheit, sondern es begrenzt ihre Position auf eine pluralitätsgerechte Beteiligung am Rundfunk. Schließlich gilt als drittes wesentliches Grundprinzip das "Prinzip der Programmfreiheit"61 im Sinne einer grundsätzlichen Freiheit der Gestaltung des Programmbeitrages abseits eines staatlichen oder gruppenspezifischen Dirigismus. Diese drei Prinzipien sollen im folgenden ausdifferenziert werden, so daß ein Anforderungskatalog zur verfassungsmäßigen Überprüfung des Landesmediengesetzes entsteht. 55
BVerfGE 73, 118,164.
56 Oppermann, Auf dem Wege zur gemischten Rundfunkverfassung in der Bundesre-
publik Deutschland, in: JZ 1981, S. 727. 57 Vgl. Ricker, Privatrundfunk-Gesetze im Bundesstaat, S. 16 ff, 32 ff; v.Olenhusen, Rundfunkrecht, S. 23 ff. 58 BVerfGE 90, 60, 88; 87, 181, 198; 83, 238, 296; 57,295,320. 59 BVerfGE 73,118,153; 57, 295, 322; 31, 314, 325 f; 12,205,262. 60
BVerfGE 57, 295, 320.
61 BVerfGE 90, 60, 87; 87,181,201; 57, 295, 321 f,326.
IV. Prinzip der Staats- und Gruppenfreiheit
111
IV. Prinzip der Staats- und Gruppenfreiheit61 Dem Prinzip der Staats- und Gruppenfreiheit wird im Schrifttum als fundamentalem Strukturprinzip verfassungsrechtlicher Rang beigemessen. 63
1. Vorbemerkung Die Rundfunkfreiheit ist eine der freien individuellen und öffentlichen Meinungsbildung dienende Freiheit. In diesem Meinungsbildungsprozeß ist der Rundfunk einerseits "Medium" der Meinungsbildung, gibt also den relevanten Gruppen und Kräften der Gesellschaft Gelegenheit, dem Rezipienten in einem umfassenden Sinne Infonnation und Meinung zu übennitteIn, andererseits kommt ihm die Aufgabe eines "Faktors" dieses Prozesses zu, indem er durch Auswahl der zu sendenden Inhalte sowie durch Bestimmung der Art, des Umfangs und des Zeitpunkts der Ausstrahlung aktiv gestaltend in diesen Prozeß eingreift. 64 Dieser Doppelfunktion kann der einzelne Veranstalter aber nur gerecht werden, wenn seine Programmkompetenz von staatlicher und jeder anderen einseitigen Einflußnahme freigehalten wird: Der Rundfunk darf weder dem Staat noch einer gesellschaftlichen Gruppe ausgeliefert werden. 65 Dem Staat obliegt hier eine dichotomische Verpflichtung. Einerseits ist der Staat Garant der Freiheit des Rundfunks, indem er die Ordnung des Mediums Rundfunk gestaltet, andererseits hat er sich um der Freiheit der Meinungsbildung willen des Einflusses auf das Medium zu enthalten. Wo die Grenzlinie zwischen diesen bei den AufgabensteIlungen verläuft, soll im folgenden dargestellt werden.
2. Legislative Ausgestaltungsanforderungen aus dem Prinzip der Staats freiheit Die vorgenannte staatliche Teilverpflichtung der Enthaltung des Einflusses auf die Medien läßt sich weiter differenzieren. Wenn der Rundfunk frei von staatli62 Vgl. hierzu grundlegend aus der Literatur: Gersdorf, Staatsfreiheit des Rundfunks in der dualen Rundfunkordnung der Bundesrepublik Deutschland, S. 58 ff; Stender-Vorwachs, "Staatsfeme" und "Gruppenfeme" in einem außenpluralistisch organisierten privaten Rundfunksystem, S. 39 ff; Jarass, Die Freiheit des Rundfunks vom Staat, S. 11 ff; BK-Degenhart, Art. 5, Rn. 556 ff.
63 Vgl. die Nachweise bei Gersdorf, Staatsfreiheit des Rundfunks in der dualen Rundfunkordnung der Bundesrepublik Deutschland, S. 50 ff. 64 Stender-Vorwachs, "Staats feme" und "Gruppenfeme" in einem außenpluralistisch organisierten privaten Rundfunksystem, S. 39.
6S
SO wieder in BVerfGE 90, 60, 88.
112
D. Die Grundprinzipien zur Ausgestaltung der dualen Rundfunkordnung
cher Beherrschung und Einflußnahme66 sein soll, muß sich der Staat der Veranstaltung von Rundfunksendungen enthalten. Auf der anderen Seite muß er jedoch durch verfassungsgemäße Regelungen darur sorgen, daß der Rundfunk einer begrenzten Staatsaufsicht67 unterliegt, mittels derer die Einhaltung der zur Gewährleistung der Rundfunkfreiheit ergangenen Bestimmungen sicherzustellen ist. Danach müssen beim Prinzip der Staatsfreiheit zwei grundlegende Ausgestaltungsmerkmale unterschieden werden: das Merkmal der staatsfreien Rundfunkveranstaltung sowie das der staatlich zu organisierenden Rundfunkaufsicht. a) Staatsfreie Rundfunkveranstaltung Das BVerfG verlangt, daß der Rundfunk frei von staatlicher Einflußnahme und Beherrschung sein muß. 68 Zur Darstellung dieses staatlichen Beherrschungsverbots69 nimmt das Gericht bei den Vorgaben zur Ausgestaltung der staatsfreien Rundfunkveranstaltung eine Negativauswahl derer vor, die von der Rundfunkveranstaltung aufgrund ihrer Identität mit dem Staat, bzw. ihrer Nähe zu ihm ausgeschlossen sind. Staatsfreiheit der Rundfunkveranstaltung setzt damit grundsätzlich voraus, daß der Staat nicht unmittelbar oder mittelbar eine Anstalt oder Gesellschaft beherrschen darf, die Rundfunksendungen veranstaltet. 70 Das heißt, der Staat darf nicht Träger einer öffentlich-rechtlichen Anstalt oder einer privaten Gesellschaft sein, die Rundfunk anbietet. Gleiches gilt rur unter staatlichem Einfluß stehende juristische Personen des öffentlichen Rechts. 71 Auch rur kommunale Gebietskörperschaften ist nach der Rechtsprechung keine Ausnahme möglich; 72 wenngleich diesen das Recht der Selbstverwaltung gewährleistet ist, sind sie als Träger der öffentlichen Verwaltung selbst ein Stück "Staat".73 Ob die Angehörigen des öffentlichen Dienstes von der Rundfunkveranstaltung ausgeschlossen sein müssen, hat das BVerfG nicht entschieden. Es hat jedoch im vierten Rundfunkurteil - ebenfalls in Negativauswahl - festgelegt, daß eine Einbeziehung dieser Personengruppe unter das Rundfunkveranstaltungsverbot verfassungsgemäß ist. 74
66
67
BVerfGE 74, 297, 324; 73, 118, 152; 57, 295, 320. BVerfGE 57, 295, 326.
BVerfGE 74, 297, 324. BVerfGE 90, 60, 88. 70 BVerfGE 90, 60, 88. 71 BVerfGE 73,118,191.
68
69
BVerfGE 83, 238, 330. BVerfGE 73, 118, 191. 74 BVerfGE 73, 118, 191. 72 73
IV. Prinzip der Staats- und Gruppenfreiheit
113
Der Veranstaltungsausschluß bezieht sich jedoch nicht nur auf die Exekutive, sondern unterwirft auch die Legislative dem Adressatenkreis der Staatsfreiheit/5 denn auch der Gesetzgeber ist Teil der Staatsgewalt und unterliegt als solcher der öffentlichen Kritik und Kontrolle. Da diese wiederum wesentlich von der Freiheit der Medien abhängt, darf auch dem Parlament und seinen Unterorganen kein Einfluß auf die Programme der Rundfunkveranstalter eingeräumt werden,76 zumal das BVerfG in der Legislative selbst eine Gefahrenquelle für den Rundunk sieht, da diese abseits der unmittelbaren oder mittelbaren Beherrschung von Rundfunkveranstaltern über "subtilere Mittel" zur indirekten Einwirkung aufRundfunkveranstalter verfügt. Neben der Regierung kann auch das Parlament zur Instrumentalisierung des Rundfunks neigen kann. 77 Bei der Frage eines Ausschlusses politischer Parteien verfuhr das BVerfG wiederum nach der Negativauswahl. Es schloß die Parteien nicht verfassungsrechtlich zwingend von der Veranstaltung aus, rechtfertigte jedoch den Ausschluß von Parteien nach dem niedersächsische Rundfunkgesetz mit der gebotenen Staatsfreiheit des Rundfunks. 78 Diese Auffassung hat das BVerfG im achten Rundfunkurteil dahingehend modifiziert, daß auch die (im Parlament vertretenen) Parteien durch ihre Neigung zur Instrumentalisierung des Rundfunks eine Gefahrenquelle für die Rundfunkfreiheit darstellen 79 und jede politische Instrumentalisierung des Rundfdunks ausgeschlossen werden muß. 80 Insofern spricht sich das Gericht für einen Ausschluß der Parteien aufgrund deren Nähe zur Staatsgewalt aus. Weitergehende, konkretisierende Ausgestaltungsvorgaben hat das BVerfG nicht gemacht. Insbesondere auf die Frage, welche Position staatsnahen Institutionen wie Hochschulen und Kirchen, Gerichten oder Berufskammern im Hinblick auf das Prinzip der Staatsfreiheit zukommt, hat das BVerfG (bisher) keine Stellung genommen. b) Staatliche Rundfunkaufsicht i. w.s. Wesentlich differenzierter gestalten sich die Anforderungen an das staatliche Einflußnahmeverbot, die staatliche Rundfunkaufsicht i.w.S. Hier ist zu unterscheiden zwischen dem Zugang zur Rundfunkveranstaltung und der anschließen-
75
BVerfGE 83, 238, 323; 73, 118, 182.
76 BVerfGE 83, 238, 323 f. 77
BVerfGE 90, 60, 88 f.
78 BVerfGE 73,118, 190. 79 BVerfGE 90, 60, 89. 80 BVerfGE 90, 60,88. 8 Kirschnek
114
D. Die Grundprinzipien zur Ausgestaltung der dualen Rundfunkordnung
den Aufsicht über die Einhaltung der zur Veranstaltung von Rundfunksendungen ergangenen Vorschriften, der Rundfunkaufsicht i.e.S. aa) Staatsfreiheit und Rundfunkzugang Grundsätzlich gilt, daß die Zulassung privaten Rundfunks einem Gesetzesvorbehalt unterliegt, der Gesetzgeber die Zulassung privaten Rundfunks aber nicht von gesetzlichen Voraussetzungen abhängig machen darf, die eine Veranstaltung privater Programme in hohem Maße erschweren oder sogar ausschließen. 81 Es ist jedoch eine vorherige Überprüfung unverzichtbar, ob bei der Aufnahme privater Rundfunkveranstaltungen den durch das BVerfG formulierten Anforderungen Genüge getan ist. 82 Der Landesgesetzgeber hat im Rahmen seines Ausgestaltungsauftrages dafür zu sorgen, daß Zugangsregelungen geschaffen werden, die die Überprüfung, ggf. die Versagung, des Zugangs sicherstellen und für die Prüfung und Entscheidung ein rechtsstaatliches Verfahren vorsehen. Dabei obliegt es dem Gesetzgeber selbst, die Voraussetzungen der Erteilung oder Versagung der Erlaubnis zu bestimmen. 83 Ein solches Verfahren darf neben der Überprüfung allgemeiner Voraussetzungen, wie Geschäftsfähigkeit oder Zuverlässigkeit des Antragstellers, nur der Gewährleistung der Rundfunkfreiheit dienen, d.h. die bestimmt und geeignet sind, ein möglichst hohes Maß an gleichgewichtiger Vielfalt im privaten Rundfunk zu erreichen und zu sichern. Dieser Richtwert, verstanden als Zulassungsmaßstab, gibt dem Gesetzgeber nach Auffassung des Gerichts den für die Zulassung (und die Auswahl) privater Veranstalter zuständigen Organen eine genügend klare und verbindliche Leitlinie. 84 Ein Recht, die Entscheidung über die Veranstaltung privaten Rundfunks auf die Exekutive zu übertragen, ist dem Gesetzgeber durch den Parlamentsvorbehalt verwehrt. Dieser Vorbehalt und das Gewaltenteilungsprinzip gebieten dem Gesetzgeber vielmehr, die der staatlichen Maßnahme offenliegende Rechtssphäre selbst abzugrenzen. Das Gesetz muß die Tätigkeit des zu diesem Zwecke einzurichtenden Zulassungsorgans85 inhaltlich normieren und darf sich nicht darauf beschränken, allgemein gehaltene Grundsätze aufzustellen. 86 8\
BVerfGE 83, 238, 297; 73, 118, 157.
BVerfGE 57, 295,326. BVerfGE 57, 295, 326. 84 BVerfGE 73, 118, 159. 85 Vgl. BVerfGE 73, 118, 159. Die Frage nach den gesetzlichen Ausgestaltungsanforderungen an dieses Zulassungsorgan sollen im Rahmen der Betrachtung der organisatorischen Schnittstelle zwischen Rundfunkzugang und Rundfunkaufsicht i.e.S., im folgenden unter b)cc), dargestellt werden. 86 BVerfGE 57, 295, 326 f unter Hinweis auf BVerfGE 52, 1, 41. 82 83
IV. Prinzip der Staats- und Gruppenfreiheit
115
Sofern die zur Verfügung stehenden Verbreitungsmöglichkeiten es nicht erlauben, allen auftretenden Bewerbern den Zugang zur Veranstaltung privater Rundfunksendungen zu eröffnen, müssen in die Zugangsregelungen in verfassungsgemäßer Beachtung des Gleichheitssatzes aus Art. 3 I GG auch Regeln über die Auswahl der Bewerber aufgenommen werden. S7 Dazu hat das BVerfG weiter festgelegt, daß die Frage, wem eine der knappen Möglichkeiten zur Programmveranstaltung zugute kommen soll, nicht dem Zufall oder dem freien Spiel der Kräfte oder dem ungebundenen Ermessen der Exekutive zu überlassen. ss Vielmehr hat der Gesetzgeber selbst die Voraussetzungen zu bestimmen, unter denen der chancengleiche Zugang im Rahmen eines rechtsstaatlichen Verfahrens zu eröffnen oder zu versagen ist89 . Dem Gleichbehandlunggrundsatz wird der Gesetzgeber auf jeden Fall durch ein System gerecht, das eine Verteilung von Sendezeiten ("Partagierung"), notfalls eine anteilige Kürzung ermöglicht. Reicht das nicht aus, oder soll die Frequenz nur einem Bewerber zur alleinigen Nutzung übertragen werden, muß der Gesetzgeber Auswahlgrundsätze festlegen, welche eine gleiche Chance der Bewerber gewährleisten;90 der Realisierungsgrad der Chancen muß durch objektiv sachgerechte und individuell zumutbare Kriterien bestimmt werden. 91 Handlungs- und Wertungsspielräume, die es ermöglichen, daß sachfremde, insbesondere die Meinungsvielfalt beeinträchtigende Erwägungen Einfluß auf die Entscheidung über den Zugang zum privaten Rundfunk erhalten, muß der Gesetzgeber ausschließen. 92 Das BVerfG schreibt dem Gesetzgeber nicht explizit vor, wie diese Kriterien auszusehen haben, es gibt jedoch Ausgestaltungshinweise. So wird beispielsweise der durch das Programm zu erwartende Grad an Meinungsvielfalt der potentiellen Veranstalter als ein sachgerechtes Auswahlkriterium angesehen,93 denn je höher die zu erwartende Vielfalt im einzelnen Programm ist, desto eher unterstützt es damit die Annäherung an das Normziel gleichgewichtiger Vielfalt des Art. 5 12 GG. Die Vorgabe für die Verteilung knapper Übertragungsfrequenzen gilt auch für die vorausgehende Frage der Aufteilung der Frequenzen zwischen den öffentlichrechtlichen und den privaten Veranstaltern. Auch hier muß die Veranstaltung nach gleichen Bedingungen ermöglicht werden. 94
87
BVerfGE 57, 295, 327, 329.
88 BVerfGE 83, 238, 319; 57,295,327; 33, 303, 345 f. 89 BVerfGE 73, 118, 153 f. 90
BVerfGE 57, 295, 327; 33, 303, 345.
91 BVerfGE 57, 295, 327; 43, 291, 316 f. 92
BVerfGE 90, 60, 89; 73, 118, 183.
93 BVerfGE 83, 238, 320. 94 BVerfGE 74, 297, 341. S*
116
D. Die Grundprinzipien zur Ausgestaltung der dualen Rundfunkordnung
bb) Staatsfreiheit und Rundfunkaufsicht i.e.S. 95 Im Rahmen des legislativen Ausgestaltungsauftrags gehört zu den erforderlichen Regelungen die Normierung einer begrenzten Staatsaufsicht i.e.S., die - nur - der Aufgabe zu dienen hat, die Einhaltung der zur Gewährleistung der Rundfunkfreiheit ergangenen Bestimmungen sicherzustellen.% Dies setzt voraus, daß Kontrollmaßstäbe und, rur den Fall der Verletzung von Bestimmungen zur Sicherung der Rundfunkfreiheit, entsprechende Aufsichtsmittel normiert werden. Zu deren organisatorischer Umsetzung muß darüber hinaus im Lichte der Staatsfreiheit ein Organ geschaffen werden, das als Aufsichtsinstanz über die Einhaltung der zur Sicherung der Rundfunkfreiheit ergangenen gesetzlichen Vorschriften wacht. (1) Aufsichtsmaßstab
Aufsichtsmaßstab sind die durch den Landesgesetzgeber zu normierenden Vorschriften zur Sicherung der dienenden Funktion der Rundfunkfreiheit. Dies ergibt sich aus der bereits zitierten Formulierung des BVerfG, wonach durch die Aufsichtsinstanz die Einhaltung der zur Gewährleistung der Rundfunkfreiheit ergangenen Bestimmungen sicherzustellen ist. 97 Dies sind die Vorschriften der Landesmedien- bzw. Landesrundfunk- und der allgemeinen Gesetze. 98 Als wesentlicher Aufsichtsaspekt wird der Rundfunkveranstalter an der Errullung der Funktionsanforderung der Rundfunkfreiheit aus dem Vielfaltspostualt des BVerfG gemessen. Für eine wirksame Kontrolle erscheint dem BVerfG dieses Vielfaltspostulat jedoch nicht hinreichend bestimmt, weil es zu wenig darüber aussagt, wann die tatsächliche Entwicklung ihm im einzelnen entspricht und wo die Grenze gezogen ist, jenseits derer ein Verstoß vorliegt und Sanktionen erforderlich werden. Die Kontrolle bedarf daher eines eindeutigeren, auf erheblich und damit klar erkenn- und belegbare Mängel konzentrierten Maßstabs. 99 Ein solcher kann aber lediglich ein Grundstandard gleichgewichtiger Vielfalt bei den Privaten sein. Dieser verpflichtet nicht zur Herstellung einer arithmetischen Gleichheit von Meinungsrichtungen und verlangt bei einzelnen Ungleichgewich95 Vgl. hierzu: Schuler-Hanns, Rundfunkaufsicht im Bundesstaat, S. 107 ff; Vahrenhold, Die Stellung der Privatfunkaufsicht im System staatlicher Aufsicht, S. 41 ff; Wagner, Die Landesmedienanstalten, S. 96 ff; Geppert, Europäischer Rundfunkraum und nationale Rundfunkaufsicht, S. 71 ff; Bumke, Die öffentliche Aufgabe der Landesmedienanstalten, S. 86; Berendes, Die Staatsaufsicht über den Rundfunk, S. 74 ff. 96 BVerfGE 57, 295, 326; 12,205,262. 97
Vgl. BVerfGE 57, 295, 326; 12,205,262.
98
Vahrenhold, Die Stellung der Privatfunkaufsicht im System staatlicher Aufsicht,
99
BVerfGE 73, 118, 159.
S.I13.
IV. Prinzip der Staats- und Gruppenfreiheit
117
tigkeiten von geringer Bedeutung noch kein Einschreiten; er umfaßt aber nach wie vor die wesentlichen Voraussetzungen von Meinungsvielfalt, die gegen konkrete und ernsthafte Gefährdungen zu schützen sind: die Möglichkeit, für alle Meinungsrichtungen im privaten Rundfunk zum Ausdruck zu gelangen, und den Ausschluß einseitigen, in hohem Maße ungleichgewichtigen Einflusses einzelner Veranstalter oder Programme auf die Bildung der öffentlichen Meinung. 100 Diese Absenkung der Vielfaltsanforderung setzt jedoch voraus, daß wirksam sichergestellt ist, daß der klassischen Rundfunkauftrag im Sinne der Grundversorgung durch die öffentlich-rechtlichen Veranstalter ohne Einbußen erfüllt wird. 101 Werden diese Anforderungen nicht eingehalten, so ist in jedem Falle die Grenze des Art. 5 I 2 GG überschritten. 102 Die Aufsichtsinstanz muß daher neben der Überwachung des Grundstandards gleichgewichtiger Vielfalt bei den Privaten auch stets das Bestehen der Grundversorgung im jeweiligen Aufsichtsgebiet in die Betrachtung zwingend miteinbeziehen. (2) Aufsichtsmittel Der Gesetzgeber ist aufgefordert, den Grundstandard mittels materieller, organisatorischer und prozeduraler Regeln durchzusetzen. Insbesondere obliegt es dem Gesetzgeber mittels einer laufenden Kontrolle lO3 Tendenzen zur Konzentration so rechtzeitig und wirksam wie möglich entgegenzutreten, da Fehlentwicklungen nur schwer rückgängig zu machen sind. 104 Das Gericht legt sich nicht auf konkrete Aufsichtsmittel fest, sondern unterwirft diese fast vollständig dem Ausgestaltungsermessen der Legislative. Lediglich im dritten und vierten Rundfunkurteil wird in konkretisierender Formulierung von einem verfassungsrechtlich gebotenen Widerruf der Erlaubnis,105 bzw. von Sanktionen 106 für den Fall des Verstoßes gegen das Vielfaltsgebot gesprochen. Es obliegt damit der legislativen Ausgestaltungsprärogative, welche Mittel zur Sicherung der Rundfunkfreiheit im Sinne der Rechtsprechung im Landesmediengesetz vorzusehen sind. Nach dem aus dem Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 GG abzuleitenden Grundsatz der Verhältnismäßigkeie07 müssen jedoch bei den Sanktionsmitteln neben dem Mittel des Widerrufs der Erlaubnis auch weniger einschneidende, stufenweise aufgebaute Sanktionsmittel, d.h. Überwachungsmittel vor Eingriffsmittel, vorgesehen werBVerfGE 83, 238, 316 f; 73, 118, 159 f. BVerfGE 83, 238, 297, 316. 102 BVerfGE 73, 118, 160.
100 101
103
BVerfGE 83, 238, 316.
104
BVerfGE 73, 118, 160; 57,295,320,323.
105 BVerfGE 73, 118, 182; 57,295,327. 106
BVerfGE 73,118, 159, 163.
107
Vgl. BVerfGE 20, 45, 49 f.
118
D. Die Grundprinzipien zur Ausgestaltung der dualen Rundfunkordnung
den. 108 Die Voraussetzungen des sanktionierenden Eingriffs müssen durch den Gesetzgeber hinreichend deutlich bestimmt werden, damit sie den rechtsstaatlichen Grundsätzen der Rechtssicherheit und -klarheit entsprechen. 109 cc) Zulassungs- und Aufsichtsorgan als organisatorische Schnittstelle zwischen Rundfunkzugang und Rundfunkaufsicht i.e.S. Das BVerfG verlangt als Zulassungs- und Aufsichtsorgan die Einrichtung einer staatlichen Behörde,llo schreibt jedoch nicht vor, wie dieses Zulassungsund Aufsichtsorgan ausgestaltet werden muß. Auch hier gilt das Ausgestaltungsermessen des Gesetzgebers. Aus dem Zusammenhang der Rechtsprechung lassen sich jedoch weitere Anforderungen ableiten, da das Gericht, wie in anderen Bereichen auch, durch die verfassungsmäßige Zustimmung bzw. Ablehnung zu den in überprüften Landesmedien- und -rundfunkgesetzen formulierten Ausgestaltungsformen, indirekt ausgestaltungsermessenslenkende Vorgaben macht. (1) Ausgestaltungsvorgabe
Das BVerfG geht grundsätzlich davon aus, daß auch die Programmkontrolle dem Grundsatz der Staatsfreiheit unterliegt. 111 Im vierten Rundfunkurteil beurteilt das Gericht Regelungen des niedersächsischen Gesetzgebers als verfassungsgemäß, die die Programme privater Veranstalter nicht der Aufsicht des Staates, sondern vielmehr der Aufgabe der Kontrolle einer dem Staat gegenüber rechtlich verselbständigten, von ihm unabhängigen Organsationseinheit, unterwerfen. 112 Es wird damit als verfassungsgemäß angesehen, wenn diese Organisationseinheit weder ein Organ unmittelbarer Staatsverwaltung ist, noch es staatlichem Einfluß auf die Art der Wahrnehmung seiner Aufgaben unterliegt. I \3 In der bekannten indirekten Abgrenzung ist rur das Gericht ein Zulassungs- und Kontrollorgan, das extern, das heißt vom Staat unabhängig, und unter dem Einfluß der maßgeblichen gesellschaftlichen Kräfte und Richtungen stehend, arbeitet, verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. 114 Das heißt, daß das Aufsichtsorgan seinerseits staatsfrei organisiert werden muß.
108
Vgl. BVerfGE 73, 118, 169.
BVerfGE 73, 118, 163 f. 110 BVerfGE 90, 60, 89.
109
BVerfGE 73, 118, 165 a.E. BVerfGE 73, 118, 164 f. II3 BVerfGE 73,118,165. 114 BVerfGE 73, 118, 161.
111
112
IV. Prinzip der Staats- und Gruppenfreiheit
119
Das Gebot der Staatsfreiheit erstreckt sich jedoch nicht auf solche staatlichen Maßnahmen, die der Herstellung oder der Erhaltung der Rundfunkfreiheit dienen; diese können sogar verfassungsrechtlich geboten sein. 1l5 Versagt ist hingegen jegliche staatliche Einflußnahme auf den Rundfunk, die mit der Aufgabe der Sicherung der Rundfunkfreiheit unvereinbar iSt. 116 Es erscheint daher angebracht in diesem Zusammenhang bei dem Aufsichtsorgan von einem staatsfemen, denn völlig staatsfreien Organ zu sprechen. Weitere indirekte Vorgaben macht das BVerfG nicht, so daß auch hier die konkrete Ausgestaltung der Einschätzungsprärogative des Landesgesetzgebers obliegt.
(2) Aufsicht der Aufsicht J/7 Das BVerfG verlangt im Rahmen der Ausgestaltungsregelungen für die Aufsicht über das Aufsichtsorgan keine explizite Norm. Diese Ausgestaltung unterliegt dem Landesgesetzgeber im Rahmen seiner Ausgestaltungsbefugnis. Das Gericht beschränkt diese Ausgestaltungsbefugnis in Anwendung des Prinzips der Staatsfreiheit auf eine Rechtsaufsicht der Exekutive über das Aufsichtsorgan, 118 um dem Staat nicht durch die "Hintertüre" der Fachaufsicht die Möglichkeit einer Einflußnahme zu eröffnen. 3. Legislative Ausgestaltungsanforderungen aus dem Prinzip der Gruppenfreiheit
a) Vorbemerkung Das Prinzip der Gruppenfreiheit ist wie das Prinzip der Staatsfreiheit in Art. 5 I 2 GG verankert und findet seine Erforderlichkeit in der Sicherung der dienenden Funktion der Rundfunkfreiheit. Das BVerfG wiederholt in st. Rspr. die Notwendigkeit dieses Prinzips seit dem ersten Rundfunkurteil, wo es erstmals formulierte, daß der Rundfunk als moderens Instrument der Meinungsbildung (weder dem Staat noch) einer gesellschaftlichen Gruppe ausgeliefert werden darf. 119 Das heißt jedoch nicht, daß die gesellschaftlich relevanten Gruppen und Kräfte von der Rundfunkveranstaltung ausgeschlossen werden. Es muß vielmehr das freie Spiel 115 116
BVerfGE 73, 118, 182; 57, 295, 320 ff. BVerfGE 73, 118, 182.
ll7 Vgl. Knothe / Wanckel, Rechtsaufsicht und Staatsfreiheit des Rundfunks - ein Widerspruch?, in: DÖV 1995, S. 365 ff. IIS BVerfGE 57, 295, 333 f. Vgl. dazu auch VGH Mannheim, NJW 1990,340 fsowie Vahrenhold, Die Stellung der Privatfunkaufsicht im System staatlicher Aufsicht, S. 113. 119 BVerfGE 12,205,262; im weiteren dann in BVerfGE 90, 60, 88; 87,181,198; 83, 238, 296; 57, 295, 322; 31, 314, 325 f.
120
D. Die Grundprinzipien zur Ausgestaltung der dualen Rundfunkordnung
der Kräfte im Rundfunk ausgeschlossen sein. 120 Diesen Ausschluß hat der Gesetzgeber mittels der Schaffung einer positiven Ordnung sicherzustellen, die ihrerseits Vorkehrungen enthalten muß, daß der Rundfunk nicht einer oder einzelnen gesellschaftlichen Gruppen ausgeliefert wird. 121 b) Bereich des Ausgestaltungsauftrages So differenziert sich das Gericht zum Bereich des Ausgestaltungsauftrags beim Prinzip der Staatsfreiheit geäußert hat, so karg bleiben die Vorgaben für das Prinzip der Gruppenfreiheit. Danach ist es Aufgabe des Gesetzgebers, durch entsprechende Vorkehrungen im Rahmen des zugrundegelegten Ordnungsmodells l22 sicherzustellen, daß der Rundfunk nicht einer oder einzelnen gesellschaftlichen Gruppen ausgeliefert wird. 123 Das Gericht hält den Ausschluß staatlicher Eingriffe nicht für ausreichend zur Sicherstellung der Funktion der Rundfunkfreiheit, da sodann der Rundfunk der Gefahr ausgesetzt sein würde, dem freien Spiel der Kräfte überlassen zu sein. Die Karlsruher Richter sehen die Gefahr, daß auf Verbreitung angelegte Meinungen von der öffentlichen Meinungsbildung ausgeschlossen werden, wenn einzelne Meinungsträger, die sich im Besitz von Sendefrequenzen und Finanzmitteln befinden, an der öffentlichen Meinungsbildung vorherrschend mitwirken 124 und letztlich die Entscheidung darüber haben, welche Meinung an den Rezipienten herangetragen wird, und welche nicht. Da eingetretene Fehlentwicklungen in diesem Bereich nur bedingt und unter erheblichen Schwierigkeiten rückgängig gemacht werden können, 125 bedarf es einer entsprechenden Normierung. Wie der Gesetzgeber diese Vorgaben ausgestaltet, obliegt seiner Einschätzungsprärogative. Das BVerfG gewährt dem Gesetzgeber hier ein wesentlich weiteres Ausgestaltungsermessen als beim vorangegangenen Prinzip der Staatsfreiheit. 4. Resümee Die Prinipien der Staats- und Gruppenfreiheit verfolgen im Rahmen des Sicherungsprozesses der Rundfunkfreiheit das gleiche Ziel. Sie sollen den Rundfunk abseits eines beherrschenden staatlichen oder gruppendominanten Dirigismus in einem Vakuum der Einfluß- und Fremdbestimmungslosigkeit halten, um auf 120
BVerfGE 31, 314, 325.
122
BVerfGE 57, 295, 322; 31, 314, 325 f; 12, 205, 262. BVerfGE 57, 295, 325.
123
BVerfGE 57, 295, 322.
121
BVerfGE 57, 295, 323 unter Hinweis auf OVG Münster, DVBI. 1977, S. 210. 125 BVerfGE 57, 295, 323.
124
V. Prinzip des Pluralismus
121
diese Weise zu gewährleisten, daß allen in Betracht kommenden, auf Verbreitung angelegten Meinungen - zumindest theoretisch - die Chance eröffnet wird, über den Rundfunk Verbreitung zu finden. Wie diese Verbreitung zu organisieren ist, obliegt jedoch nicht der Ausgestaltung durch das Prinzip der Staats- und Gruppenfreiheit, sondern muß im Rahmen weiterer, verfassungsrechtlich unabdingbarer Strukturprinzipien umgesetzt werden. Diese sollen im folgenden dargestellt werden.
v. Prinzip des Pluralismus '26 Neben das Prinzip der Staats- und Gruppenfreiheit stellt das BVerfG in ständiger Rechtsprechung als zweites essentielles Grundprinzip einer freiheitlichen Rundfunkordnung das Prinzip des Pluralismus.
1. Der Bereich des Ausgestaltungsauftrages In der definitorischen Beschreibung des Prinzips des Pluralismus verlangt das BVerfG, daß die in Betracht kommenden gesellschaftlichen Kräfte im Gesamtprogramm gleichgewichtig zu Wort kommen können 127 und so die Vielfalt der bestehenden Meinungen im Rundfunk in möglichster Breite und Vollständigkeit Ausdruck findet. 128 Diese Pluralismusdefinition beschreibt eine veranstalterexterne Vielfalt, die am Gesamtprogramrn als solchem gemessen wird. Streitig ist hier, ob es ausreicht, wenn die Möglichkeit des "Zuwortkommens" besteht, oder ob dieses im Ergebnis gesichert sein muß. Letzteres erschiene problematisch, da freie Meinungsbildung sodann vom Ergebnis her definiert würde. Unterschiedlichen Meinungsrichtungen kann die Verfassung die Chance zur Verbreitung und zur Teilnahme am Prozeß öffentlichen Meinungsbildung gewährleisten, nicht aber kann sie diese Teilnahme und damit ein bestimmtes Ergebnis des Meinungsbildungsprozesses verbindlich vorgeben. Daß die innerhalb der Organisation des Rundfunks zu erzielende Vielfalt nicht arithmetisch bestimmt werden kann, sondern vielmehr nur einen Ziel- und Annäherungswert gibt, wird im vierten Rundfunkurteil zutreffend konstatiert. 129 Es kann daher das Pluralitätsprinzip nur 126 Vgl. hierzu grundlegend aus der Literatur: Piette, Meinungsvielfalt im privaten Rundfunk, S. 9 ff; Schuster, Meinungsvielfalt in der dualen Rundfunkordnung, S. 89 ff; Henn, Die Sicherung von Meinungs- und Informationsvielfalt in neueren Rundfunkordnungen, S. 66 ff; Hoffmann-Riem, Medienfreiheit und der außenplurale Rundfunk, in: AöR 1984, S. 304 ff. 127 BVerfGE 83, 238, 332; 57,295,322; 31, 314, 325; 12,205,262. 128 BVerfGE 87,181, 198 f; 83,238,315; 74, 297, 324; 73,118, 153. 129 BK-Degenhart, Art. 5, Rn. 543 unter Hinweis auf BVerfGE 73, 118, 160 ff.
122
D. Die Grundprinzipien zur Ausgestaltung der dualen Rundfunkordnung
die grundsätzliche Möglichkeit des "Zuwortkommens" der gesellschaftlichen Kräfte im Gesamtprogramm gebieten. Ausgehend von dieser Definition fonnuliert das BVerfG einen Pluralitätssicherungsauftrag an den Gesetzgeber, indem es verlangt, daß der Gefahr begegnet werden muß, die auf Verbreitung angelegten Meinungen von der öffentlichen Meinungsbildung auszuschließen. 13o Dieser Gefahr will das Gericht mittels der bekannten positiven Ordnung 131 entgegentreten, die sicherstellen soll, daß die Vielzahl der bestehenden Meinungen im Rundfunk in möglichster Breite und Vollständigkeit Ausdruck findet. 132 Die Ausgestaltung dieser speziellen Ordnung obliegt dem Landesgesetzgeber kraft eigenen legislativen Ennessens. Im Rahmen der Sicherungsumsetzung macht das BVerfG ennessenslenkende Vorgaben rur die Verwirklichung des Pluralitätssicherungsauftrags, indem es den Gesetzgeber verpflichtet, neben der grundsätzlichen Entscheidung über die Zulassung privater Rundfunkveranstalter ein pluralitätssicherendes Ordnungsmodell der Rundfunkveranstaltung zugrundezulegen. Nach der Rechtsprechung schreibt Art. 5 I 2 GG zwar keine bestimmte Fonn der Rundfunkorganisation vor, doch kann der Gesetzgeber neben der bestehenden und verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenen "binnenpluralistischen", öffentlich-rechtlichen Organisationsstruktur auch andere Gestaltungsfonnen wählen, um bei privaten Veranstaltern rur eine verfassungsgemäße Umsetzung des Pluralitätssicherungsauftrags zu sorgen, denn aus der Verfassungsmäßigkeit der binnenpluralen Struktur läßt sich nicht der Schluß ziehen, daß auch rur private Veranstalter diese Organisationsfonn geboten ist. '33 Diese anderen Gestaltungsfonnen müssen sich in ihrer Zulässigkeitjedoch stets am Pluralitätsmaßstab des BVerfG messen lassen. Als eine mögliche dieser anderen Gestaltungsfonnen nennt das Gericht die "außenpluralistische" Vielfaltssicherung. 134 Mit dieser Gegenüberstellung von Binnen- und Außenpluralismus favorisiert das Gericht eine eher schematische Betrachtungsweise und reduziert die Überlegungen des Landesgesetzgebers faktisch auf diese zwei Sicherungsmodelle. Da dem Gesetzgeber jedoch ausdrücklich auch andere, nicht benannte Gestaltungsmöglichkeiten zur Verrugung stehen, ist auch eine Kombination der beiden Modelle denkbar.
130
BVerfGE 57, 295, 323.
131
BVerfGE 74, 297, 324; 73, 118, 152; 57, 295, 320.
133
BVerfGE 74, 297, 324; 73, 118, 153; 57,295,320. BVerfGE 73, 118, 171.
134
BVerfGE 73,118, 153.
132
V. Prinzip des Pluralismus
123
2. Konkretisierung der ermessenslenkenden Vorgaben
Wie sich das Gericht die beiden benannten Sicherungsmechanismen der binnen- bzw. der außenpluralistischen Struktur vorstellt, soll im folgenden skizziert werden. a) Binnenpluralistisches Ordnungsmodell/35
Beim binnenpluralistischen Modell wird der pluralitätssichernde Einfluß der in Betracht kommenden Kräfte intern, d.h. durch Organe der jeweiligen Veranstalter, vennittelt. 136 Diese können wiederum internen Einfluß auf die Programmgestaltung nehmen und damit interne Ausgewogenheit durch den Einfluß eines Gremiums gewährleisten, dem Repräsentanten der Gesellschaft angehören. Danach ist das Prinzip der Binnenpluralität eine Medaille mit zwei Seiten. Einerseits beschreibt Binnenpluralität ein Organisationskonzept, das nur dann verwirklicht ist, wenn die Pflicht zu inhaltlicher Vielfalt durch veranstalterinterne Gremien überprüft wird. Andererseits ist Binnenpluralität aber auch als Inhaltsmaßstab zu verstehen, der die Pflicht zur Ausgewogenheit und Meinungsvielfalt in dem Programm eines Veranstalters umfaßt. Beim binnenpluralen Modell ist der Veranstalter somit aus sich heraus zur Darstellung einer ausgewogenen Vielfalt der bestehenden Meinungen verpflichtet. Die binnenplurale Organisationsfonn ist nach Auffassung des Gerichts ungeachtet der ihr anhaftenden Schwächen in höherem Maße geeignet, gleichgewichtige Meinungsvielfalt zu gewährleisten, als eine Rundfunkorganisation, in der nur die materiell-rechtliche Verpflichtung zu inhaltlicher Pluralität besteht. Diese Struktur eignet sich nach der Rechtsprechung auch für einen privaten Rundfunkveranstalter, doch legt sie nicht den Schluß nahe, daß auch für die Privaten eine entsprechende binnenplurale Struktur geboten ist. 137 Der maßgebliche Einfluß läge dann nicht bei dem Rundfunkunternehmer, sondern bei den gesellschaftlichen Kräften, die in dem binnenpluralen Gremium repräsentiert sind. Damit wäre die Fonn der Veranstaltung privater Rundfunksendungen um das Grundelement privatautonomer Gestaltung und Entscheidung und damit um ihre eigentliche Substanz gebracht. Es kann daher im Bereich des privaten Rundfunks von verfassungswegen nicht verlangt werden, daß der Einfluß der "maßgeblichen gesellschaftlichen Kräfte" von gleicher Intensität und Wirksamkeit wie innerhalb der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten. Eine schwächere Sicherung im privaten Bereich läßt sich nach Auffassung des BVerfG hinnehmen, solange eine zureichende Sicherung im 135 Vgl. Piette, Meinungsvielfalt im privaten Rundfunk, S. 25 ff; Schuster, Meinungsvielfalt in der dualen Rundfunkordnung, S. 141 ff. 136 BVerfGE 73,118, 153. 137 BVerfGE 73, 118, 171.
124
D. Die Grundprinzipien zur Ausgestaltung der dualen Rundfunkordnung
öffentlich-rechtlichen Rundfunk vorhanden ist. 138 Wer jedoch zu den gesellschaftlich relevanten Kräften gehört, will das BVerfG nicht definieren. 139 b) Außenpluralistisches OrdnungsmodellJ4O Beim außenpluralistischen Ordnungsmodell stellt sich Meinungsvielfalt extern durch die Gesamtschau der verschiedenen, im Geltungsbereich eines Mediengesetzes veranstalteten und verbreiteten (inländischen) Programme (sog. "Gesamtprogramm,,141) eines Landes ein. Wann dieses jedoch der Fall ist, vermag das Gericht nicht zu bestimmen, da es hierfür an eindeutigen, generalisierbaren Maßstäben fehlt; bei außenpluraler Vielfalt handelt es sich vielmehr um einen Zielwert, der sich stets nur annäherungsweise erreichen läßt. 142 Außerdem will das Gericht dem Landesgesetzgeber nicht zu detaillierte Vorgaben machen. Einzig bei der Beurteilung des niedersächsischen Landesrundfunkgesetzes, das dann Ausgewogenheit voraussetzte, wenn mindestens vier täglich veranstaltete und technisch gleich verbreitete Vollprogramme neben denen der Öffentlich-rechtlichen empfangbar sind, ließ sich das Gericht zu der Feststellung hinreißen, daß die Zahl der Programme kein sicheres Indiz für Ausgewogenheit darstelle, es jedoch zu einer förmlichen Feststellung ausreiche. 143 Eine weitergehende Beurteilung unterblieb. Gegenüber dem binnenpluralen Modell obliegt dem einzelnen privaten Veranstalter nach der Rechtsprechung grundsätzlich keine inhaltliche Ausgewogenheit, doch bleibt er zu sachgemäßer, umfassender und wahrheitsgemäßer Information und einem Mindestmaß an gegenseitiger Achtung verpflichtet. 144 Mit dieser Regelung senkt das Gericht die individuelle Vielfaltsschranke ab und konstituiert für die privaten Veranstalter bei Anwendung des außenpluralen Modells lediglich eine programminhaltliche, materiell-rechtliche Verpflichtung. Diese findet ihren Ursprung in folgender Überlegung. Die Programme privater Anbieter vermögen nach Auffassung des Gerichts der Aufgabe umfassender Information nicht gerecht zu werden, da sie zum einen über die neuen Medien verbreitet werden, die noch nicht überall zu empfangen sind l45 , und zum anderen aufgrund der in Ab138 BVerfGE 73,118,171. 139 BVerfGE 83, 238, 334: "Wer im einzelnen zu den gesellschaftlich relevanten Kräf-
ten gehört, läßt sich aus Art. 5 12 GG nicht entnehmen." Diese Definition überläßt das Gericht lieber dem Landesgesetzgeber. 140 Vgl. Piette, Meinungsvielfalt im privaten Rundfunk, S. 43 ff; Schuster, Meinungsvielfalt in der dualen Rundfunkordnung, S. 184 ff. 141 BVerfGE 73,118, 157.
142 BVerfGE 73, 118, 156; 57,295,324. 143
BVerfGE 73,118, 164.
144 BVerfGE 57, 295, 326. 145 Dieser gedankliche Ansatz ist wohl mittlerweile überholt, da auch die Programme privater Anbieter zwischenzeitlich terrestrisch verbreitet werden.
V. Prinzip des Pluralismus
125
hängigkeit zu den Zuschauer- und Zuhörerzahlen stehenden Werbefinanzierung wirtschaftlich gezwungen sind, möglichst massenattraktive und kostengünstige Programme zu produzieren, die Infonnation nicht in der vollen Breite der Meinungen und kulturellen Strömungen vennitteln kann. 146 Darüber hinaus erkennt das Gericht, daß mit auf gesetzlicher Grundlage weiterverbreiteten und unmittelbar über Satellit empfangbaren Programmen aus anderen Bundesländern oder dem internationalen Rundfunkmarkt gerechnet werden muß, diese eine bestehende Balance zu unterlaufen geeignet sind und damit eine Gleichgewichtigkeit nicht mehr gegeben ist. Diese Erkenntnis läßt das BVerfG zu dem Schluß kommen, daß das Rundfunksystem in seiner Gesamtheit dem verfassungsrechtlich Gebotenen im Rahmen des Möglichen entsprechen muß. 147 Dies gilt jedoch nur unter dem Vorbehalt, daß die unerläßliche Grundversorgung durch den öffentlich-rechtlichen Rundfunk (mit seinen, ihm durch das BVerfG zugesprochenen Extensionen der Bestands-, Entwicklungs-, Finanzierungs- und Frequenzgarantie, die allesamt einer dynamischen Entwicklung unterworfen sind) gewährleistet ist. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist nach Lage der Dinge und Auffassung des Gerichts einzig geeignet, der infonnativen und kulturellen Verantwortung des Rundfunks gerecht zu werden. Solange die öffentlich-rechtlichen Anstalten diese Aufgabe erfiillen, erscheint es gerechtfertigt, an die Breite des Programmangebots und die Sicherung gleichgewichtiger Vielfalt im privaten Rundfunk nicht gleich hohe Anforderungen zu stellen, wie im öffentlich-rechtlichen Rundfunk. 148 Damit reduziert das Gericht die pluralistischen Anforderungen an den privaten Rundfunk auf einen gesetzlich sicherzustellenden "Grundstandard gleichgewichtiger Vielfalt".149 Diesen begrenzt das Gericht indem es vorschreibt, daß die gesetzlichen Vorkehrungen zur Erhaltung der Meinungsvielfalt um so effektiver sein müssen, je weiter der private Rundfunk von einer Lage funktionierender Außenpluralität entfernt ist. 150 c) Resümee
Mit diesen beiden pluralitätssichernden Modellen hat das BVerfG den Rahmen der möglichen Organisationsfonnen faktisch festgelegt. Zwar hat der Gesetzgeber die Möglichkeit, sich eines ganz anderen Ordnungsmodells zu bedienen, doch ist es naheliegend, daß er sich aus Gründen der Rechtssicherheit eher in einem bereits umrissenen, denn in einem neu zu organisierenden Rahmen bewegt.
146 BVerfGE 73, 147 BVerfGE 73, 148 BVerfGE 73, 149 BVerfGE 73, 150 BVerfGE 73,
118, ISS. 118, 157. 118, 159. 118, 160. 118, 174.
126
D. Die Grundprinzipien zur Ausgestaltung der dualen Rundfunkordnung
Letztlich reduziert sich das legislative Ausgestaltungsennessen damit für die privaten Veranstalter faktisch auf die Festschreibung eines dieser beiden Modelle, bzw. eines Mischmodells.
VI. Prinzip der Programmfreiheit Als drittes Grundprinzip einer freiheitlichen Rundfunkordnung benennt das BVerfG das Prinzip der Programmfreiheit. Während das Gericht in den früheren Rundfunkurteilen den Schwerpunkt seiner Betrachtungen auf die Prinzipien der Staats- und Gruppenfreiheit und des Pluralismus legte, rückte das Prinzip der Programmfreiheit im siebten und achten Rundfunkurteil in den Mittelpunkt der Betrachtungen. 1. Bereich des Ausgestaltungsauftrages Das Prinzip der Programmfreiheit beschreibt die prinzipielle Freiheit des Rundfunkveranstalters zur inhaltlichen Gestaltung seiner Rundfunksendungen und wehrt damit sämtliche Versuche der Einflußnahme auf Auswahl, Inhalt und Ausgestaltung des Programms ab. Diese inhaltliche Gestaltung darf sich nur an publizistischen Kriterien, die der Rundfunk aufgrund seiner professionellen Maßstäbe selbst bestimmt, ausrichten. Eine Indienstnahme des Rundfunks mit außerpublizistischen Kriterien durch die Veranstalter ist mit dem Prinzip der Programmfreiheit unvereinbar. 151 Das gilt nicht nur für unmittelbare Einflußnahmen Dritter auf das Programm, sondern auch für Einflüsse, welche die Programmfreiheit mittelbar beeinträchtigen. ls2 Schutzgut ist damit die Freiheit der Meinungsäußerung derjenigen, die die Programme herstellen oder in den Sendungen zu Wort kommen. Damit stellt das Prinzip der Programmfreiheit eine notwendige Ergänzung des Prinzips der Staats- und Gruppenfreiheit dar. Während sich die Staats- und Gruppenfreiheit gegen äußere Einflüsse auf den Rundfunk richtet, sichert die Programmfreiheit die notwendige innere inhaltliche Unabhängigkeit der Veranstalter. Das Gericht nimmt jedoch in diesem Rahmen eine gewisse Tendenzierung des Programms durch die Programmproduzenten in Kauf, denn jedes Rundfunkprogramm hat durch die Auswahl und die Gestaltung der Sendungen eine gewisse Tendenz, insbesondere wenn es um die Entscheidung geht, was die Rezipienten zu interessierten braucht, bzw. wie das Gesendete gefonnt und gesagt werden soll.1S3 Doch soll diese Tendenzierung nur in den Grenzen der Aufgabe des Rundfunks zu wahrheitsgemäßer, sachlicher und umBVerfGE 90, 60, 87; 87,181,201. BVerfGE 90,60,87; 73, 118, 183. 153 BVerfGE 31, 314, 326; 12, 205, 260.
151
152
VI. Prinzip der Programmfreiheit
127
fassender Information möglich sein. 154 Das BVerfG spricht an den Gesetzgeber den Auftrag aus, mittels der bekannten positiven Ordnung rur die Gewährleistung des Prinzips der Programmfreiheit zu sorgen. 155 Das BVerfG lenkt das legislative Ausgestaltungsermessen nicht positiv hin zu einer bestimmten Form der Ausgestaltung, sondern setzt ausgehend von einer umfassenden Freiheit bei der Ausgestaltung des Programms einschränkende Maßstäbe, indem es seit dem ersten Rundfunkurteil konsequent verlangt, daß der Gesetzgeber rur den Inhalt des Gesamtprogramms Leitgrundsätze verbindlich zu machen hat, die ein Mindestmaß an inhaltlicher Ausgewogenheit, Sachlichkeit und gegenseitiger Achtung gewährleisten. 156 Es stellt sich die Frage, ob diese Programmgrundsätze nun in den Rahmen der ausgestaltenden oder in den der an Art. 5 11 GG zu messenden Regelungen gehören. Diese Frage löst sich bei der Betrachtung der Funktion der Programmfreiheit, die ebenfalls der Gewährleistung freier individueller und öffentlicher Meinungsbildung dient. Eine solche kann nur dann erfolgen, wenn Grundstandards gesellschaftlicher Kommunikation im Lichte des aus Art. 2 I iVm 1 I GG abgeleiteten allgemeinen Persönlichkeitsrechts eingehalten werden. So müssen die Programmgrundsätze den Ausgestaltungsregelungen zugerechnet werden, wie es das BVerfG im vierten Rundfunkurteil bestätigt hat. 157
2. Konsequenzen für die legislative Ausgestaltung Für die Ausgestaltung der Rundfunkordnung durch den Landesgesetzgeber haben diese, im Vergleich zu ersten beiden Grundprinzipien, knapp ausgefallenen verfassungsgerichtlichen Vorgaben folgende Konsequenz. Die Programmfreiheit ist seitens des Veranstalters nur zu verwirklichen, wenn dieser die inhaltliche Gestaltungsfreiheit in eigener Verantwortung wahrnehmen kann. 158 Die umfassende inhaltliche Gestaltungsfreiheit stößt jedoch an mehreren Punkten an verfassungsrechtliche Grenzen. So sind im Rahmen der gesetzlichen Ausgestaltung die Programmgrundsätze zu beachten, die ein Mindestmaß inhaltlicher Ausgewogenheit, Sachlichkeit und gegenseitiger Achtung gewährleisten. 159 Während bei der binnenpluralen Struktur diese Anforderung rur das Gesamtprogramm jedes einzelnen Veranstalters gilt, obliegt den einzelnen Veranstaltern beim außenpluralen Modell keine inhaltliche Ausgewogenheit, doch bleiben sie zu sachgemäßer, umfassender und wahrheitsgemäßer Information verpflichtet. Daneben sind alle Veranstalter an die Schranken des Art. 5 11 GG gebunden, wobei insBVerfGE 73, 118, 166. 155 Vgl. BVerfGE 57, 295, 322. 154
156 157
158 159
BVerfGE 73, 118, 153; 59,231,259; 57, 295, 325; 31, 314, 326; 12,205,263. BVerfGE 73, 118, 166. Ricker, Privatrundfunk-Gesetze im Bundesstaat, S. 110. BVerfGE 73, 118, 153; 57,295,325; 12,205,263.
128
D. Die Grundprinzipien zur Ausgestaltung der dualen Rundfunkordnung
besondere dem Jugendschutz bei der legislativen Ausgestaltung Sorge zu tragen ist. 160 Aber auch verfassungsimmanente Schranken, wie z.B. der Gegendarstellungsanspruch des einzelnen, den das Gericht aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht der Art. 2 I iVm 1 I GG ableitet,161 wirken beschränkend. Im Rahmen der Ausgestaltungsbefugnis wird der Gesetzgeber aber auch an faktische Grenzen stoßen. So ist es unumgänglich, im Rahmen der Ausgestaltung auch Vorschriften über die, der Finanzierung des privaten Rundfunks zugrundeliegende Werbung im Rundfunk aufzunehmen.
3. Resümee Das BVerfG gewährt dem Gesetzgeber bei der Gestaltung des Prinzips der Programmfreiheit im Vergleich zu den ersten beiden Prinzipien einen weiten Ausgestaltungsspielraum. Das Prinzip der Programmfreiheit gewährleistet in Ergänzung und im Zusammenspiel mit den bei den erstgenannten Prinzipien die Sicherstellung der funktionalen Aufgabe des Rundfunks.
VII. Resümee der drei Grundprinzipien In der Gesamtschau der drei Grundprinzipien stellen sich diese in einem gegenseitigen Bedingungs- und Wirkungszusammenhang dar, der sich am besten mit dem Modell einer Verschachtelung beschreiben läßt. Während das Prinzip der Staats- und Gruppenfreiheit den äußeren Rahmen bildet, in dem Rundfunk veranstaltet wird, beschreibt das Prinzip des Pluralismus in einem mittleren Rahmen, wie der sodann zugelassene Veranstalter am "Gesamtkonzert" Rundfunk zu beteiligen ist. Der innere Rahmen der Programmfreiheit effektuiert sodann die beiden äußeren, indem er dem Veranstalter eine möglichst große Freiheit bei der Programmgestaltung gewährt. Doch läßt sich dieses Konzept nicht immer streng durchhalten, da es immer wieder zu Überlagerungen der einzelnen Prinzipien kommt. So ist beispielsweise die Gefahr, daß einzelne (private) Meinungsträger, die sich im Besitz von Sendelizenzen und Finanzmitteln befinden, andere, auf Verbreitung angelegte Meinungen von der öffentlichen Meinungsbildung ausschließen, nicht nur unter dem Gesichtspunkt der Gruppenfreiheit, sondern auch unter dem des Pluralismus zu beurteilen. Auch ist im binnenpluralen Bereich die tatsächliche Möglichkeit eines Meinungsträgers, im Programm zu Wort zu kommen, nicht nur eine Frage der pluralitätsgerechten Beteiligung, sondern auch eine Frage der Ausübung der Programmfreiheit.
BVerfGE 57, 295, 326. 161 Vgl. BVerfGE 73, 118,200 f. 160
VII. Resümee der drei Grundprinzipien
129
Auffällig ist weiter bei allen drei Prinzipien, daß das BVerfG dem Landesgesetzgeber grundsätzlich ein Ausgestaltungsennessen zugestanden hat, dies jedoch durch die "Hintertüre" in allen Bereichen durch ennessenslenkende Vorgaben kanalisiert. Am deutlichsten treten die Vorgaben dort zu Tage, wo das Gericht die größte Gefahr für die Umsetzung seines Rundfunkkonzepts sieht, nämlich bei der Verhinderung des Einflusses von Staat und gesellschaftlich dominierenden Gruppen auf den Rundfunk. Diese Überlegung des Gerichts fügt sich in den Kontext der gesamten Rechtsprechung zur Rundfunkfreiheit ein, da das BVerfG von der, wie ein "Damokles-Schwert" über dem Rundfunk schwebenden Gefahr des Mißbrauchs des Mediums durch den Staat, ausgeht. Das BVerfG hat mit diesen drei wesentlichen Strukturprinzipien den Arbeitsrahmen für den Landesgesetzgeber festgelegt. Die nunmehr ausdifferenzierten Prinzipien der Staats- und Gruppenfreiheit, des Pluralismus und der Programmfreiheit stellen die Arbeitsgrundlage für die nun folgende Betrachtung des baden-württembergischen Landesmediengesetzes dar.
9 Kirschnek
E. Die Ausgestaltung der verfassungsrechtlichen Grundprinzipien im Landesmediengesetz Baden-Württemberg I. Grundlegendes zum Landesmediengesetz l Grundlage der folgenden Betrachtung ist das Landesmediengesetz BadenWürttemberg (LMG) in der seit l. Januar 1992 geltenden Fassung,2 bekanntgemacht in der Neufassung vom 17. März 1992/ angepaßt durch Art. 30 der Vierten Verordnung des Innenministeriums zur Anpassung des Landesrechts an die geänderten Geschäftsbereiche und Bezeichnungen der Ministerien vom 23. Juli 1993,4 geändert durch Art. 2 des Gesetzes zum Ersten Staatsvertrag zur Änderung rundfunkrechtlicher Staatsverträge, zur Änderung des Landesmediengesetzes und zur Änderung der Satzung für den "Süddeutschen Rundfunk" in Stuttgart vom 6. Juli 1994,5 geändert durch Art. 2 des Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zum Staatsvertrag über den Rundfunk im vereinten Deutschland und zum Vertrag zum Europäischen Fernsehkulturkanal und zur Änderung des Landesmediengesetzes vom 1. Februar 1995 6 und geändert durch Art. 2 des Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zu dem Staatsvertrag über den Rundfunk im vereinten Deutschland und zur Änderung des Landesmediengesetzes vom 14. Dezember 1995. 7 1. Struktur des Landesmediengesetzes
Das Landesmediengesetz gliedert sich in zwölf Abschnitte. Der erste Abschnitt des Gesetzes "Anwendungsbereich und Begriffsbestimmungen" legt in § I LMG 8
2
Textfassung bei Dürig, Gesetze des Landes Baden-Württemberg, Ord.Ziff. 178. GBI. 1991, S. 817 ff.
3
GBI. 1992, S. 189 ff.
4
GBI. 1993, S. 537.
5
GBI. 1994, S. 342 ff.
I
GBI. 1995, S. 114 f. 7 GBI. 1995, S. 859 f.
6
8 Die im folgenden nicht näher bezeichneten Paragraphen sind sämtlich solche des Landesmediengesetzes Baden-Württemberg.
I. Grundlegendes zum Landesmediengesetz
131
den Anwendungsbereich des LMG fest und nimmt die grundlegende Differenzierung des staatsvertraglichen Rundfunkbegriffs in Rundfunk und rundfunkähnliche Kommunikation vor. Danach gilt das LMG für die Veranstaltung von Rundfunk und rundfunkähnlicher Kommunikation durch private Veranstalter, für öffentlich-rechtliche Veranstalter beansprucht es Geltung nur nach Maßgabe seiner einschlägigen Vorschriften. Für bundesweit verbreitete Programme gilt das LMG nur, soweit nicht durch Länderstaatsvertrag oder Gesetz abweichende Regelungen getroffen wurden. Keine Geltung beansprucht das LMG für den sog. Einrichtungs- oder Funktionsrundfunk nach § 1 IV. § 2 enthält die Legaldefinitionen wichtiger, im LMG mehrfach genannter Begriffe. Der zweite Abschnitt "Sicherung von Übertragungskapazitäten für Rundfunk und rundfunkähnliche Kommunikation" beinhaltet in der Eingangsnorm des § 3 die medienpolitische Grundsatzentscheidung des Landes, daß zum einen vielfältige Rundfunkprogramme und rundfunkähnliche Kommunikationsdienste durch Schaffung ausreichender Übertragungskapazitäten frei empfangbar sein sollen und zum anderen selbständige Veranstalter derartige Sendungen frei verbreiten können, und stellt so gegenüber dem kompetenzberechtigten Bund klar, daß das Land einen schnellen Ausbau der technischen Übertragungskapazitäten anstrebt. 9 Wie dieses Ansinnen zu verwirklichen ist, legt § 4 fest, der die Landesregierung verpflichtet, sich beim Bund um den Ausbau der Übertragungskapazität zu bemühen. Wesentliches gesetzliches Instrument zur Sicherung der Übertragungskapazitäten ist der nach § 6 durch die Landesanstalt für Kommunikation in Form einer Rechtsverordnung zu erlassende Nutzungsplan für die drahtlosen Frequenzen und die Kabelnetze. Im dritten Abschnitt "Sicherung der Empfangsfreiheit" verankert der Gesetzgeber in § 9 eine subjektivrechtliche Empfangsfreiheit des einzelnen, die die aus Art. 5 I 1 GG folgende Informationsfreiheit zu konkretisieren sucht. \0 Der vierte Abschnitt "Öffentlich-rechtlicher Rundfunk" perpetuiert in seinem § 14 die Exklusivität und Spezialität des Gesetzes über den Süddeutschen Rundfunk Stuttgart, der staatsvertraglichen Regelung über den Südwestfunk Baden-Baden, sowie die weiteren, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk betreffenden staatsvertraglichen Vereinbarungen zu ZDF und Deutschlandradio gegenüber landesmediengesetzlichen Regelungen. Soweit diese Regelungen aber nicht eindeutig abschließend sind oder sonst nicht ausdrücklich entgegenstehen, sind die nach ihrem Wortlaut auch auf die Landesrundfunkanstalten bezogenen Vorschriften des LMG anwendbar. li Wesentliche Bedeutung im Hinblick auf dessen verfassungsrechtliche Position kommt dem fünften Abschnitt "Privater Rundfunk" zu. Die 9
Birkert, Landesmediengesetz, § 3, Rn. 1.
10 Bullinger / Gödel, Landesmediengesetz, § 9, Rn. 1. Die Paragraphenbezeichnungen bei Bullinger / Gödel stimmen nicht mehr mit der aktuellen Paragraphenreihenfolge überein. Eine Synopse der alten und der neuen Fassung des LMG findet sich bei Birkert, Landesmediengesetz, S. 10.
11 Birkert, Landesmediengesetz, § 14, Rn. 1: Dies gilt insbesondere für die Regelungen über die Übertragungskapazitäten durch den Nutzungsplan gern. §§ 5-8 LMG.
9"
132 E. Die Ausgestaltung der verfassungsrechtlichen Grundprinzipien im LMG zentrale Norm des § 15 legt die verbindlichen Leitlinien für die Sicherung der Meinungsvielfalt fest, die verfassungsrechtlich aus der Meinungs- und der ihr dienenden Rundfunkfreiheit abgeleitet werden. 12 Auch dem privaten Rundfunk kommt nach § 18 im Hinblick auf die dienende Funktion der Rundfunkfreiheit mit der Mitwirkung an der Meinungsbildung eine öffentliche Aufgabe zu. Im weiteren regelt dieser Abschnitt die Zulassung, §§ 19 ff, und die Finanzierung, §§ 32 ff, des privaten Rundfunks sowie dessen Aufsicht, §§ 37 f. Der sechste Abschnitt "Rundfunkähnliche Kommunikationsdienste" beschreibt in der Konsequenz der Trennung dieser Dienste von Hörfunk und Fernsehen die Grundsätze für ihren Betrieb. Nach § 42 erfüllen auch die rundfunkähnlichen Kommunikationsdienste eine öffentliche Aufgabe im Hinblick auf die öffentliche Meinungsbildung. Wesentliche Bedeutung erlangt auch der siebte Abschnitt "Programmgrundsätze", der neben den allgemeinen Programmgrundsätzen in § 54 insbesondere die wichtigen Jugendschutznormen der §§ 55 f enthält. Im achten Abschnitt "Informationsrechte und Verfahrenspflichten der Veranstalter" manifestiert das LMG wichtige, an presserechtliche Regelungen angelehnte Informationsrechte der privaten Veranstalter zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgabe. Der neunte Abschnitt "Landesanstalt für Kommunikation" regelt in seinen §§ 69 ffRechtsform, Zusammensetzung, Arbeitsweise und Aufgaben der LfK. Der zehnte Abschnitt "Datenschutz" enthält in den §§ 80 ff die Bestimmungen des allgemeinen Datenschutzrechts ergänzende Regelungen zum Schutz personenbezogener Daten. 13 Der elfte Abschnitt beinhaltet Straf- und Bußgeldvorschriften sowie verwaltungsgerichtliche Zuständigkeitsregelungen, der zwölfte Übergangs- und Schlußbestimmungen. 2. Rundfunk und rundfunkähnliche Kommunikation § 1 nimmt die grundlegende Unterscheidung zwischen dem Rundfunk und der rundfunkähnlichen Kommunikation vor. Mittels dieser Differenzierung sollen nach dem Willen des Gesetzgebers gesondert die neuartigen elektronischen Medien erfaßt werden, die sich zwischen dem massenkommunikativen Rundfunk (Hörfunk und Fernsehen) und der reinen Individualkommunikation (Telefon, Telefax) herausgebildet haben. 14 Der Landesgesetzgeber hat damit die bisher bestehende Regelungslücke genutzt und den Rundfunk einerseits und die rundfunkähnlichen Kommunikationsdienste andererseits jeweils unterschiedlichen Regelungen unterworfen. 15 12
Birkert, Landesmediengesetz, § 15, Rn. 1.
13
Birkert, Landesmediengesetz, vor §§ 80-88.
14
LT -Drs. 9/955, S. 68.
IS
Dittmann, Der Rundfunkbegriff im deutschen Recht, in: Dittmann / Fechner / Sander,
S.27.
I. Grundlegendes zum Landesmediengesetz
133
a) Definitionen aa) Gesetzeswortlaut Gemeinsam sind dem Rundfunk und der rundfunkähnlichen Kommunikation nach der Systematik des § I II, III die Merkmale der "Veranstaltung und Verbreitung von Darbietungen aller Art in Wort, in Ton oder in Bild", "unter Benutzung elektromagnetischer Schwingungen", "ohne Verbindungsleitung oder längs oder mittels eines Leiters". Zum Rundfunk qualifiziert sich eine solche Veranstaltung nach § I II Nr. I dann, wenn sie "verschlüsselt oder gegen Entgelt" in "planvoller und zeitlich geordneter Abfolge" zum "gleichzeitigen Empfang durch die Allgemeinheit" bestimmt ist. Nach § I II Nr. 2 wird die vorgenannte Veranstaltung dann rundfunkähnliche Kommunikation genannt, wenn sie, entsprechend ihrer bei den negativen Merkmale,16 "nicht Rundfunk" und "nicht Individualkommunikation" ist. bb) Unterscheidungskriterium Da sich Rundfunk und rundfunkähnliche Kommunikation durch die gleiche Übertragungstechnik vollziehen, ist das ausschlaggebende Differenzierungsmerkmal die Bestimmung der Darbietung zum "gleichzeitigen Empfang durch die Allgemeinheit", wobei "Allgemeinheit" eine beliebige Vielzahl von Rezipienten beschreibt. 17 § I III Nr. I bestimmt für die Sendungen auf Abruf, daß diese an jeden "Beliebigen" übermittelt werden, und § I III Nr. 2 gibt für die Sendungen auf Zugriff vor, daß diese von ,jedermann" ausgewählt werden können. Es stellt sich die Frage, ob diesen Definitionen der gleiche Allgemeinheitsbegriff wie der des Rundfunks zugrundeliegt. Bei den Sendungen auf Abruf, wie dem Bildschirmtext (Btx), kann diese Frage verneint werden, da diese einen konkreten Anwählvorgang durch den Rezipienten voraussetzen, der aus einem elektronischen Speicher Informationen gezielt abruft, die ohne diesen Abruf nicht zu ihm gelangen würden. Mit einem "Allgemeinheits"-Empfang, wie bei einer Hörfunksendung, ist dieser Abrufvorgang nicht zu vergleichen. Wesentlich schwieriger gestaltet sich die Abgrenzung bei den Sendungen auf Zugriff, die von jedermann, der über ein technisches Empfangsgerät verfügt, ausgewählt werden können, da sie vom Veranstalter permanent verbreitet werden. Auf den ersten Blick gleicht dies dem Zugriffbeim Hörfunk. Der Unterschied liegt jedoch in der Individualitätsqualität des Zugriffs, da der Begriff der "Allgemeinheit" hier nicht von der Seite des Verbreitenden, sondern von der des Zugreifenden interpretiert werden muß. Wo der Rezipient beim Hörfunk nur gezielt auf einen Hörfunksen16 BVerfGE 74, 297, 351. 17 Herrmann, Rundfunkrecht, § 17, Rn. 30, der jedoch im folgenden unter Rn. 34
fälschlicherweise die Übertragungstechnik als Abgrenzungsmerkmal zugrundelegt.
134
E. Die Ausgestaltung der verfassungsrechtlichen Grundprinzipien im LMG
der, bzw. eine Hörfunksendung, ohne konkretes vorheriges Inhaltswissen Zugriff nehmen kann, ist es ihm beim Zugriffsdienst, z.B. in Form des Videotextes, möglich, auf den jeweiligen Textseiten gezielt auf einzelne Informationen, wie bereits vorab gewünscht, Zugriff zu nehmen. Der Zugriffsdienst beinhaltet somit einen wesentlich höheren Individualitätsgrad für den Rezipienten als der klassische Rundfunk, so daß hier eine deutliche Abschwächung des bei Hörfunk und Fernsehen ausgeprägten massenkommunikativen Elements voriiegt.18 Eine Differenzierung kann somit durch das Kriterium der "Allgemeinheit" vorgenommen werden. ce) Hinreichende Bestimmtheit der gesetzlichen Definition der rundfunkähnlichen Kommunikation? Im Vergleich zum Rundfunk fällt die Definition der rundfunkähnlichen Kommunikation eher unbestimmt aus, da sie das eigentlich qualifizierende Element in der negativen Abgrenzung "nicht Rundfunk" und "nicht Individualkommunikation" sucht; es stellt sich daher die Frage der hinreichenden Bestimmtheit des Gesetzeswortlauts. Dieses Manko hat der Gesetzgeber auszugleichen versucht, indem er in § I III regelbeispielartig und, durch Verwendung des Wortes "insbesondere", nicht abschließend, Erscheinungsformen der rundfunkähnlichen Kommunikation in Form der Sendungen auf Abruf (Nr. I) und der Sendungen auf Zugriff (Nr. 2) in den Gesetzeswortlaut aufnahm. Diese bewußt offene Gestaltung der Definition der rundfunkähnlichen Kommunikation sollte Raum für weitere technische Entwicklungen und für die Entwicklung der Rechtsauffassung l9 bieten, zumal weder zum Zeitpunkt des Entstehens des LMG, noch heute die technische Entwicklung im Bereich der Kommunikationstechnologien sicher vorausgesagt werden kann. Auch durch § 39 11, der die versuchsweise Zulassung anderer Dienste vorsieht, hat das LMG die Möglichkeit für die Subsumtion zukünftiger ähnlich neuer Kommunikationsformen unter die rundfunkähnliche Kommunikation offengelassen. 20
§ I III unterscheidet für die rundfunkähnlichen Kommunikationsdienste zwischen Sendungen auf Abruf (Nr. I), die insgesamt auf einem elektronischen Speicher bereitgestellt, aber zunächst nicht verbreitet werden und beliebig vom Abnehmer über einen Rückkanal abgerufen werden können, und Sendungen auf Zugriff (Nr. 2), die zwar nach Art des Videotextes in raschem, vom Veranstalter bestimmten Wechsel verbreitet werden, aber ebenfalls nach individueller Auswahl jederzeit zugänglich sind. 21 Zu den Sendungen auf Abruf nach § I III Nr. I 18
19
Vgl. BK-Oegenhart, Art. 5, Rn. 519. LT-Ors. 9/955, S. 70.
20 Birkert, Landesmediengesetz, § 1, Rn. 5. 21 Birkert, Landesmediengesetz, § 1, Rn. 5.
I. Grundlegendes zum Landesmediengesetz
135
zählen insbesondere der Bildschirmtext nach § 44 I Nr. 1 sowie der Kabeltextabruf nach §§ 44 I Nr. 2, 48. Zu den Sendungen auf Zugriff nach § I III Nr. 2 gehören der Video- und Fernsehtext nach §§ 44 11 Nr. 1,50, der Kabeltext sowie der Vollkanaltext nach §§ 44 11 Nr. 2, 49. 22 Durch die Aufnahme der konkretisierenden Regelbeispiele erfüllt das LMG den Grundsatz der hinreichenden Bestimmtheit des Gesetzeswortlauts. b) Verfassungsrechtliche Zu lässigkeit der Unterscheidung von Rundfunk und rundfunkähnlicher Kommunikation Das BVerfG hat festgestellt, daß sich der in Art. 5 12 GG verwendete Begriff des Rundfunks nicht in einer für allemal gültigen Definition erfassen läßt. 23 Er unterliegt vielmehr den Bedingungen des raschen technologischen Wandels und in Korrelation dazu einer gewissen Eigendynamik. Der Rundfunkbegriff, wie ihn § 2 I RfStV definiert, versteht Rundfunk als " ... die für die Allgemeinheit bestimmte Veranstaltung und Verbreitung von Darbietungen aller Art in Wort, in Ton und in Bild unter Benutzung elektrischer Schwingungen ohne Verbindungsleitung oder längs oder mittels eines Leiters. Der Begriff schließt Darbietungen ein, die verschlüsselt verbreitet werden oder gegen besonderes Entgelt empfangbar sind sowie Fernsehtext." Diese Definition wird als verfassungskonform angesehen. Betrachtet man demgegenüber den wesentlich engeren Rundfunkbegriff des LMG und die davon getrennten rundfunkähnliche Kommunikation, so stellt sich die Frage, ob das LMG nicht eine staatsvertrags- und damit auch verfassungswidrige Differenzierung vorgenommen hat. Dies wäre dann der Fall, wenn der Landesgesetzgeber den verfassungsrechtlichen Schutzbereich des staatsvertraglichen Rundfunkbegriffs im LMG unzulässig verengt hätte. Der Rundfunkbegriff des LMG ist im wesentlichen an den des Staatsvertrages angelehnt, enthält jedoch nicht die Einbeziehung des Fernseh-(Video-)Textes unter den Rundfunkbegriff. Dieses Defizit gleicht das LMG jedoch durch die differenzierenden Regelungen über die rundfunkähnliche Kommunikation, die eben den Videotext explizit enthalten, wieder aus. Von einer Schutzbereichsreduktion kann somit keine Rede sein. Auch unter dem Gesichtspunkt der Grundversorgung durch die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten läßt sich kein Verfassungsverstoß erkennen, da die Textdienste nicht dem Grundversorgungsauftrag zugeordnet werden. 24 So führt die Differenzierung im LMG aufgrund ihrer spezielleren Regelung zu einer Verstärkung der Rechtssicherheit im Bereich der Abgrenzung des massenkommunikativen Rundfunks von den neuen Kommunikationstech22 Vgl. zu dieser unvollständigen Aufzählung die Einteilung bei Birkert, Landesmediengesetz, § 1, Rn. 5. 23 BVerfGE 83, 238, 302; 74, 297, 350. 24 BVerfGE 74, 297, 352.
136
E. Die Ausgestaltung der verfassungsrechtlichen Grundprinzipien im LMG
nologien, die an der Gewährleistung eines effektiven Grundrechtsschutzes im Sinne des Art. 5 I 2 GG durch das LMG nichts ändert. Auch das BVerfG hat in seinem fünften Rundfunkurteil zum Landesmediengesetz die Zulässigkeit dieser Differenzierung nicht beanstandet. 25
c) Resümee der Unterscheidung im Lichte der länderstaatsvertraglichen und bundesgesetzlichen Neuregelungen Diese, teilweise als "künstliche Unterscheidung und rechtliche Sonderbehandlung"26 bezeichnete Differenzierung eines Rundfunks (i.e.S.) von den neuartigen rundfunkähnlichen Kommunikationsdiensten ist verfassungskonform und aufgrund ihrer Formulierung eine definitorische und gesetzessystematische Differenzierung. Bei Verwendung eines weiten Rundfunkbegriffs, der sich auch auf Abruf- und Zugriffsdienste erstrecken würde, wären vielmehr abgestufte Sonderregelungen für die neuen Dienste nötig gewesen. 27 So läßt die Definition der rundfunkähnlichen Kommunikation in Abgrenzung zum landesmediengesetzlichen Rundfunkbegriff - vorausschauend - Raum für neue technische Entwicklungen. Vorstehendes gilt insbesondere im Lichte der länderstaatsvertraglichen Regelung des "Mediendienste-StV" sowie des "Informations- und Kommunikationsdienstegesetzes" des Bundes. Von einer "künstlichen Unterscheidung" kann angesichts der zwischenzeitlich vorgenommenen Normierungen überhaupt keine Rede mehr sein, denn das weite Feld der neuartigen Medien- und Teledienste macht eine Abgrenzung zum klassischen Rundfunk zwingend erforderlich. Es stellt sich für den Gesetzgeber nunmehr die Frage, inwieweit das LMG mit seiner begrifflichen Differenzierung aufgrund der benannten gesetzlichen Neuregelungen einer klarstellenden Anpassung bedarf. 28 So ist insbesondere bei den Abrufdiensten und deren Nähe zur Individualität und damit zum Teledienstegesetz des Informations- und Kommunikationsdienstegesetz des Bundes eine Präzisierung erforderlich. Auch wäre eine landesmediengesetzliche Umsetzung des Begriffs "Verteildienst" des § 2 Mediendienste-StV wünschenswert.
25 BVerfGE 74, 297, 352. 26 Rüggeberg / Radeck, Verfassungsrechtliche Fußangeln auf medienpolitischen Seitenpfaden, in: RuF 1993, S. 68 f. 27 Birkert, Landesmediengesetz, § 1, Rn. 1, wie auch Bullinger / Gödel, Landesmediengesetz, § 1, Rn. 4. 28 Vgl. Dittmann, Der Rundfunkbegriff im deutschen Recht, in: Dittmann / Fechner / Sander, S. 29.
11. Privater Rundfunk im Prozeß freier Meinungsbildung
137
3. Bestimmungen für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk
§ 14 I bestimmt, daß es für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk im Land bei den durch Gesetzen und Staatsverträgen getroffenen Regelungen bleibt. Diese Vorschrift betrifft aber lediglich den öffentlich-rechtlichen Rundfunk iSd. § 2 Nr. 1. 29 Nicht erfaßt sind deshalb die im sechsten Abschnitt geregelten rundfunkähnlichen Kommunikationdienste. Unter den in § 2 Nr. 7 definierten Begriff der Landesrundfunkanstalten fallen der Süddeutsche Rundfunk und der Südwestfunk, ab 1998 Südwestrundfunk, sowie die bundesweit verbreiteten Programme des Zweiten Deutschen Fernsehens und des Deutschlandradios. 30 Die weitere Bestimmung des § 14 11, die Werbebeschränkungen für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk enthält, wird im Zusammenhang des betreffenden Abschnitts dieses Kapitels erörtert.
11. Privater Rundfunk im Prozeß freier Meinungsbildung Den fünften Abschnitt des LMG "Privater Rundfunk" leitet der Gesetzgeber mit dem ersten Unterabschnitt "Allgemeine Grundsätze für den privaten Rundfunk" ein. Neben den in § 15 manifestierten Grundsätzen beschreibt der Gesetzgeber in diesem Unterabschnitt die Funktion und die öffentliche Aufgabe, die dem privaten Rundfunk in einem dualen baden-württembergischen Rundfunksystem zukommt. 1. Funktion des privaten Rundfunks
Nach § 15 I dient der private Rundfunk "zusätzlich" zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk der freien Meinungsbildung. Würde man den Begriff des "dualen Systems,,31 als ein gleichberechtigtes Nebeneinander zweier konkurrierender Partner betrachten, so läge eine Interpretation des Begriffs "zusätzlich" dahingehend nahe, daß der private Rundfunk im Land als zweite meinungsvielfaltsfördernde und -sichernde Säule in einem dualen System auftritt. Diesem Gedanken ist der Landesgesetzgeber nicht gefolgt 29 30
Vgl. LT-Drs. 9/955, S. 81 sowie Birkert, Landesmediengesetz, § 14, Rn. 1. Birkert, Landesmediengesetz, § 14, Rn. 1.
31 Dualismus verstanden als das koordinierte und gleichberechtigte Nebeneinander zweier Institutionen in einer Einheit. A.A. hier Geppert, Europäischer Rundfunkraum und nationale Rundfunkaufsicht, S. 99, der einer solche Interpretation aufgrund des Grundversorgungsauftrages der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten ablehnend gegenübersteht, jedoch mit dem "gemischten Rundfunksystem" lieber einen Begriff sähe, der der Eigenheit des tatsächlichen Verhältnisses zwischen öffentlich-rechtlichen und privaten Veranstaltern näher kommt.
138
E. Die Ausgestaltung der verfassungsrechtlichen Grundprinzipien im LMG
und weist dem privaten Rundfunk im Hinblick auf die freie Meinungsbildung neben dem verfassungsrechtlichen Grundversorgungsauftrag der öffentlichrechtlichen Veranstalter lediglich eine ergänzende32 Funktion zu. Diese beruht auf der Erwägung, daß es von einem privaten Rundfunk gesetzlich nicht verlangt werden könne, das gesamte Spektrum der kulturellen und meinungsmäßigen Vielfalt des Landes zum Ausdruck zu bringen. 33 So war dem privaten Rundfunk von vorneherein in meinungsbildender Hinsicht jegliche qualitative Kompetenz abgesprochen worden. Faktisch hat der Gesetzgeber den privaten Rundfunk in eine Lückenfüllerrolle gedrängt, die es ihm nur dort ermöglicht aktiv zu werden, wo die Landesrundfunkanstalten trotz ihrer dominierenden Marktposition eine Lücke gelassen haben, d.h. bedingt im regionalen und tatsächlich im lokalen Bereich. Hätte der Gesetzgeber den Begriff des Dualismus ernst genommen, so wäre dem privaten Rundfunk eine stärkere gesetzliche Position in der Rundfunklandschaft eingeräumt worden. Den rundfunkähnlichen Kommunikationsdiensten kommt im Hinblick auf die Meinungsbildung keine gesetzliche Funktion zu. Da das Gesetz diese Funktion an die des öffentlich-rechtlichen Rundfunks anlehnt, dem hinsichtlich dieser Dienste kein Grundversorgungsauftrag zukommt,34 ist es gesetzgeberisch konsequent, den rundfunkähnlichen Kommunikationsdiensten keine Meinungsbildungsfunktion zuzuweisen.
2. Öffentliche Aufgabe des privaten Rundfunks Nach § 18 erfüllt der private Rundfunk, und nach § 42 die rundfunkähnlichen Kommunikation, eine öffentliche Aufgabe, wenn er, bzw. sie, in Angelegenheiten von öffentlichem Interesse Nachrichten beschafft und verbreitet, Stellung nimmt, Kritik übt oder auf andere Weise an der Meinungsbildung mitwirkt. Diese Vorschriften sind dem § 3 Landespressegesetz (LPresseG)35 entlehnt. Nach § 25 I LPresseG gilt § 3 LPresseG ohnehin auch für den Rundfunk. 36 Der Gesetzgeber hat sich jedoch aus Gründen der Rechtsklarheit im Rundfunkbereich und der Rechtssicherheit im Bereich der rundfunkähnlichen Kommunikation für eine Übernahme des § 3 LPresseG in das LMG entschlossen. Die öffentliche Aufgabe des privaten Rundfunks und der rundfunkähnlichen Kommunikation ist inhaltlich nicht im Sinne einer staatlichen Aufgabe zu sehen. Vielmehr stellt die öffentliche Aufgabe des Rundfunks und der rundfunkähnlichen Kommunikation die Erfüllung ihrer spezifischen Funktionen im Interesse 32 Birkert, Landesmediengesetz, § 15, Rn. 2; Bullinger / Gödel, Landesmediengesetz, § 14, Rn. 3. 33 Bullinger / Gödel, Landesmediengesetz, § 14, Rn. 4. 34
BVerfGE 74, 297, 352.
35
Textfassung bei Dürig, Gesetze des Landes Baden-Württemberg, Ord.ziff. 177.
36
Bullinger / Gödel, Landesmediengesetz, § 15, Rn. 3.
III. § 15 LMG: "Meinungsvielfalt" und "kulturelle Vielfalt" als Leitmotive
139
der für den Staat notwendigen Publizitätsentfaltung dar. 37 So führen die §§ 18,42 iVm. § 57 I, der § 4 LPresseG entspricht, dazu, daß die Veranstalter privaten Rundfunks und rundfunkähnlicher Kommunikation gegenüber staatlichen Stellen die gleichen Informationsrechte wie die Presse haben. 38
IH. § 15 LMG: "Meinungsvielfalt" und "kulturelle Vielfalt" als zentrale und übergeordnete Leitmotive eines privaten Rundfunks Anhand der Leitvorschriff9 des § 15 sollen im folgenden die allgemeinen Grundsätze für den privaten Rundfunk untersucht werden: § 15 legt als die zentrale Vorschrift des LMG die verbindlichen Leitlinien für die Sicherung der Meinungsvielfalt fest, indem er in Abs. 1 S. 1 verlangt, daß die Rundfunkprogramme in ihrer Gesamtheit der Meinungsvielfalt und der kulturellen Vielfalt des Landes Ausdruck verleihen müssen. Zur Gewährleistung dieses Meinungsvielfaltspostulats finden sich in § 1511, ergänzt durch weitere Vorschriften des LMG, die wesentlichen verfassungsrechtlichen Grundprinipien benannt, die die Anforderungen, die nach der Rechtsprechung des BVerfG an die Sicherung der Meinungsvielfalt im privaten Rundfunk zu stellen sind, ausformen. 4o Bei § 15 muß jedoch beachtet werden, daß diese Norm trotz ihrer systematischen Stellung im fünften Abschnitt "Privater Rundfunk" die Grundsätze für die Meinungsvielfalt nicht nur für den privaten Rundfunk, sondern, wie aus § 15 III hervorgeht, auch auch für die Gesamtheit der im Lande zugelassenen öffentlich-rechtlichen und privaten Rundfunkprogramme regelt. 41 Im einzelnen verlangt § 15 11 2 Nr. 1 in Beschreibung des Prinzips der Staatsfreiheit, daß staatliche Rundfunkprogramme und vorherrschender staatlicher Einfluß auf Rundfunkprogramme ausgeschlossen sind. Das Prinzip der Gruppenfreiheit verwirklicht § 15 11 2 Nr. 3, wonach einzelne gesellschaftliche Kräfte keinen vorherrschenden oder sonst in hohem Maße ungleichgewichtigen Einfluß auf den Rundfunk in seiner Gesamtheit erlangen dürfen. In § 15 112 Nr. 2 findet das Prinzip des Pluralismus seinen Niederschlag; dies schreibt vor, daß die gesellschaftlichen Kräfte die Möglichkeit erhalten, ihre Auffassungen und Interessen in eigenen Rundfunkprogrammen oder selbstgestalteten Programmbeiträgen zu vertreten, oder sonst in der Gesamtheit der Rundfunkprogramme angemessen zu Wort zu kommen. Das Prinzip der Programmfreiheit ergibt sich aus dem Zu37 Löffler / Ricker, Handbuch des Presserechts, S. 18; vgl. auch Herrmann, Rundfunkrecht, § 7, Rn. 137. 38
Birkert, Landesmediengesetz, §§ 18,42.
39
Bullinger / Gödel, Landesmediengesetz, § 14, Rn. 1.
LT -Drs. 9/955, S. 82; Dannwolf, Das baden-württembergische Landesmediengesetz, in: BWVPr 1985, S. 147. 41 VGH BaWü, in: VBlBW 1993, S. 56. 40
140
E. Die Ausgestaltung der verfassungsrechtlichen Grundprinzipien im LMG
sammenhang des § 15 mit den §§ 2 Nr. 6, 16 f, die die Eigenverantwortlichkeit des Veranstalters, die Eigenständigkeit des Programms und die programmliche Verantwortung des Veranstalters regeln. Die besondere Verpflichtung zu kultureller Vielfalt will das LMG im Rundfunk zum Ausdruck bringen, indem nach § 1511 2 Nr. 4 die kulturellen Besonderheiten des Landes und seiner Teilräume, der Bundesrepublik Deutschland und anderer europäischer Länder eine angemessene Ausdruckschance erhalten müssen. Ziff. 4 ergänzt insofern Ziff. 2, als der Pluralitätsgedanke ausdrücklich auch auf den kulturellen Bereich ausgedehnt wird. Eine Verstärkung findet das kulturelle Vielfaltspostulat in § 16, der jedem Programm einen angemessenen eigenredaktionell gestalteten Anteil abverlangt. 42 Den Beurteilungsmaßstab der Meinungs- und der kulturellen Vielfalt bildet § 15 III, der nicht nur isoliert auf die in Baden-Württemberg hergestellt und verbreiteten privaten Programme abstellt, sondern auch die Programme der Landesrundfunkanstalten sowie die einstrahlenden oder herangeführten anderen Programme, gegebenenfalls sogar meinungsbildende rundfunkähnliche Kommunikationsdienste, für die Bewertung der Qualität der Vielfalt heranzieht. 43 Darüber hinaus sind die vielfaltssichernden Leitgedanken des § 15 überall dort zu beachten, wo Einzelbestimmungen Raum für eine Ermessensentscheidung oder wertende Interpretationen lassen. Auffällig ist bei den Normierungen des § 15 die sprachliche Nähe mit den Formulierungen des BVerfG in seinen Rundfunkurteilen. Es liegt der Gedanke nahe, daß sich der baden-württembergische Landesgesetzgeber in der Rolle eines verfassungsrechtlichen Vorreiters und wohl auch eines "Musterknaben" fühlte, als er das LMG 1985 verabschiedete. Wie jedes dieser in § 15 beschriebenen Grundprinzipien in den Einzelbestimmungen des LMG präzisiert wird, und ob diese Präzisierung geeignet sind, verfassungsrechtlichen Anforderungen gerecht zu werden, soll im folgenden untersucht werden. Für den weiteren Gang der Untersuchung der legislativen Umsetzung der durch das BVerfG entwickelten Grundprinzipien bieten sich zwei Wege an. Zum einen wäre es denkbar, das LMG anhand der nach Ausgestaltungsauftrag und -befugnis ergangenen Regelungen zu untersuchen; dies hätte zur Folge, daß sowohl im Bereich des Ausgestaltungsauftrages, als auch im Bereich der Ausgestaltungsbefugnis die einzelnen Prinzipien geprüft würden, was jedoch zu einer Übergewichtung dieser Unterscheidung und zu einer unnötigen Verkomplizierung des Prüfungsvorganges führen würde. Es ist daher sinnvoller, die Grundprinzipien des § 15 11 jeweils einheitlich zu prüfen und zu gegebener Zeit auf ausgestaltenden Auftrag, bzw. ausgestaltende Befugnis hinzuweisen. Bei der Betrachtung der Ausgestaltung der Grundprinzipien soll der Rundfunk iSd. LMG im Vordergrund stehen. Auf die 42
Birkert, Landesmediengesetz, § 15, Rn. 7.
43
Birkert, Landesmediengesetz, § 15, Rn. 8.
IV. Das Prinzip der Staatsfreiheit im Landesmediengesetz
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Vorschriften der rundfunkähnlichen Kommunikationsdienste wird gesondert nur an den Stellen eingegangen, wo sie sich durch besondere Regelungen vom Rundfunk unterscheiden.
IV. Das Prinzip der Staatsfreiheit im Landesmediengesetz Das Prinzip der Staatsfreiheit findet sich aufgrund der dezidierten Vorgaben des BVerfG in vielfältiger Weise im LMG ausgeformt. 1. Verfassungsrechtliche Anforderungen
Das BVerfG fordert in ständiger Rechtsprechung zur Rundfunkfreiheit die Freiheit des Rundfunks von staatlicher Beherrschung oder Einflußnahme. 44 Das Prinzip der Staatsfreiheit wird durch die beiden Säulen der staatsfreien Rundfunkveranstaltung und der staatsfemen Rundfunkaufsicht i.w.S. getragen. Dieser Unterscheidung folgt auch § 15 11 2 Nr. 1; dessen Tatbestand verlangt einerseits den Ausschluß staatlicher Rundfunkprogramme, d.h. die staatsfreie Rundfunkveranstaltung, andererseits fordert § 15 11 2 Nr. 1 den Ausschluß vorherrschenden staatlichen Einflusses, der insbesondere in dem Bereich relevant wird, wo der Staat zwingend an der Gewährleistung der Rundfunkfreiheit beteiligt ist. Dieser Bereich ist die staatsfeme Rundfunkaufsicht i.w.S .. Unter Zugrundlegung dieser Differenzierung soll im folgenden anhand des LMG verdeutlich werden, welche gesetzliche Ausformung die Verfassungsrechtsprechung gefunden hat.
2. Staats freie Rundfunkveranstaltung Die Forderung nach einer staatsfreien Rundfunkveranstaltung findet ihre Ausformung in einem, dem legislativen Ausgestaltungsauftrag zuzurechnenden Verbot staatlicher Programmträgerschaft und einem Verbot staatlicher Finanzierung des privaten Rundfunks; dieses ist wohl grundsätzlich der Ausgestaltungsbefugnis zuzurechnen, stellt sich jedoch in der Konsequenz der staatsfreien Rundfunkveranstaltung als zwingend dar. a) Verbot staatlicher Programmträgerschaft
Das Verbot staatlicher Programmträgerschaft normiert § 15 11 2 Nr. 1 abstrakt durch den Ausschluß staatlicher Rundfunkprogramme. Dieses Verbot findet seine Ausformung in § 25 11 1 Nr. 1-3, der eine exkludierende Aufzählung der In44
So wieder in BVerfGE 90, 60, 88.
142
E. Die Ausgestaltung der verfassungsrechtIichen Grundprinzipien im LMG
stitutionen und Personen enthält, an die eine Zulassung zur Veranstaltung eines privaten Rundfunkprogramms nicht erteilt werden darf. aa) Ausschluß der Gebietskörperschaften Nach § 25 11 I Nr. I darf Gebietskörperschaften keine Rundfunklizenz erteilt werden. Kommunen, Landkreise, das Land und der Bund dürfen als juristische Personen des öffentlichen Rechts und damit als Träger hoheitlicher Gewalt nicht als Rundfunkveranstalter auftreten. Damit ist impliziert, daß die Exekutive in ihrer Eigenschaft als Vertreter dieser Träger hoheitlicher Gewalt als handelndes Staatsorgan keine Zulassung erhalten kann. 45 Verdeutlicht wird dies in § 25 11 I Nr. 3 mit dem Ausschluß der Mitglieder der Bundes- oder einer Landesregierung. Dieser umfassende Ausschluß der Exekutive wird verfassungsrechtlichen Anforderungen in hohem Maße gerecht. Auch der teilweise kritisierte Ausschluß der Gemeinden46 von der Rundfunkveranstaltung entspricht verfassungsrechtlichen Anforderungen. Zwar ist den Gemeinden das Recht der Selbstverwaltung gewährleistet, doch sind diese als Träger öffentlicher Gewalt selbst ein Stück "Staat" und zählen daher zur Staatsgewalt. 47 Der Ausschluß der Gebietskörperschaften muß abgegrenzt werden vom Verlautbarungsrecht,48 das nach § 62 I den Veranstalter von Rundfunk und rundfunkähnlicher Kommunikation auf Zugriff verpflichtet, der Bundes- und Landesregierung oder den für die Gefahrenabwehr zuständigen Behörden oder Stellen in Katastrophenfällen oder bei anderen erheblichen Gefahren für die öffentliche 45
Ricker, Privatrundfunk-Gesetze im Bundesstaat, S. 37.
46 Herrmann, Rundfunkrecht, § 18, Rn. 29 unter Hinweis auf BVerfGE 83, 238, 330 ff sowie § 7, Rn. 81, § 4, Rn. 116. Bullinger / Gödel, Landesmediengesetz, § 23, Rn. 7 spricht sich dafür aus, den Gemeindeausschluß zu überdenken. Der Hinweis auf Art. 25 I 2 MEG, der Gemeinden das Recht zu eigenen Rundfunksendungen einräumte, ist mittlerweile hinfaIlig, da der BayVerfGH (NVwZ 1987, S. 213 ff) diese Bestimmung für verfassungswidrig erklärt hat. Ein lokales Rundfunkveranstaltungsrecht (..Gemeindefunk") unter dem Gesichtspunkt der Wahmehmung einer öffentlichen Aufgabe in Verbindung mit der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie des Art. 28 II GG räumt Jost, Die Beteiligung der Gemeinden an den ..Neuen Techniken" im Medienbereich, S. 33 ff. gegen alle Rechtsprechung den Gemeinden ein; vgl. zur Aufgabenstellung von Gemeinden Kirschnek, Finanzwirtschaftliche Betrachtungen, S. 50 ff. 47 BVerfGE 83, 238, 330; 73, 118, 191. Das BVerfG hielt im sechsten Rundfunkurteil die Beteiligung einer Gemeinde an einer Betriebsgesellschaft nach dem nordrhein-westfälischen ,,zwei-Säulen-Modell" für zulässig, solange die Betriebsgesellschaft von der Programmgestaltung ausgeschlossen ist (BVerfGE 83, 238, 331). 48 V gl. hierzu ausführlich: Bilstein, Rundfunksendezeiten für amtliche Verlautbarungen, S. 7 ff; 99 ffsowie Schürmann, Staatliche Mediennutzung, in: AfP 1993,438 ff.
IV. Das Prinzip der Staatsfreiheit im Landesmediengesetz
143
Sicherheit unverzüglich die erforderliche Sendezeit zur Bekanntgabe amtlicher Verlautbarungen einzuräumen. Staatliche Organe können hieraus keine Veranstalterstellung ableiten. Das Verlautbarungsrecht verpflichtet die Rundfunkveranstalter nicht zur Verbreitung sonstiger politischer oder regierungsamtlicher Aussagen 49 oder sogar staatlicher Öffentlichkeitsarbeit, und ist aufgrund seiner engen Grenzen kein Element des meinungsbildungsrelevanten Rundfunkprozesses. Um beurteilen zu können, ob es sich um eine auszustrahlende Verlautbarung oder um eine sonstige, abzuweisende Aussage einer staatlichen Stelle handelt, muß der private Veranstalter die Verlautbarung vorher kennen, um eine Inhaltsprüfung vorzunehmen. 50 Weiter sind den Gebietskörperschaften weisungsrechtlich unterliegende juristische Personen des öffentlichen Rechts sowie deren leitende Mitarbeiter oder Organmitglieder von der Rundfunkveranstaltung nach § 25 11 1 Nr. 1 ausgeschlossen. Der Ausschluß umfaßt nach § 25 11 I Nr. 2 aber auch privatrechtliche Unternehmen und Vereinigungen, an denen Gebietskörperschaften beteiligt sind, sowie deren leitende Mitarbeiter und Organe. In bei den Fällen werden natürliche Personen aufgrund ihrer leitenden beruflichen Stellung ausgeschlossen. Dies ist im Hinblick auf die Meinungsfreiheit der Einzelnen aus Art. 5 I GG problematisch. In der Abwägung der betroffenen Interessen, namentlich der Verpflichtung des Staates für staatsfreien Rundfunk Sorge zu tragen und dem Grundrecht der Meinungsfreiheit des Einzelnen, erscheint diese Regelung jedoch verfassungskonform, da bei leitenden Bediensteten die Gefahr der Identifikation zwischen dienstlichen und privaten Belangen, und damit die Gefahr eines staatlichen Rundfunks, wesentlich höher ist, als bei anderen Angehörigen des öffentlichen Dienstes, bzw. staatsabhängiger Unternehmungen. 51 Einen generellen Ausschluß von Beamten und Angestellten des öffentlichen Dienstes, der gegen die vorgenannte Abwägung verstoßen würde, kennt das LMG nicht. Der Auschluß der Gebietskörperschaften im LMG ist in seiner Ausformung sachgerecht und wird der verfassungsrechtlichen Anforderung des Ausschlusses staatlicher Programmträgerschaft gerecht. bb) Ausschluß der Legislative Der legislative Veranstaltungsausschluß des LMG umfaßt nach § 25 11 1 Nr. 3 die Mitglieder gesetzgebender Körperschaften, das heißt des Bundes- oder eines Landtages. Dies erscheint konsequent, da ein Abgeordneter im Parlament an den Entscheidungen der Ausübung staatlicher Gewalt in Form der Gesetzgebung
49
Herrmann, Rundfunkrecht, § 10, Rn. 66.
50
Herrmann, Rundfunkrecht, § 10, Rn. 69 für die Rundfunkanstalten.
51
Ricker, Privatrundfunk-Gesetze im Bundesstaat, S. 52.
144
E. Die Ausgestaltung der verfassungsrechtlichen Grundprinzipien im LMG
mitwirkt. Jedoch sind Parlamentarier nicht Inhaber der Staatsrnacht oder Repräsentanten des Staatswillens, sondern nur ihrem Gewissen unterworfen und an Aufträge und Weisungen nicht gebunden. 52 Darüber hinaus läßt der Abgeordnetenstatus die Grundrechte des Art. 5 I GG prinzipiell unberührt,s3 so daß es einem Abgeordneten auch nicht verwehrt ist, einen Presseverlag zu gründen. Bei genauerer Betrachtung dieser Argumentation gilt es zu beachten, daß das Prinzip des instruktionslosen Mandats des Art. 38 I 2 GG einen Idealzustand beschreibt, dem die Realität nicht gerecht wird, denn faktisch ist jeder Abgeordnete zugleich Exponent seiner konkreten Parteiorganisation (Fraktion). Damit steht seine Unabhängigkeit im Spannungsverhältnis mit der nach Art. 21 I GG zulässigen Fraktionsdisziplin und schließt eine dauerhafte Ungebundenheit aus. Auch kann die Argumentation, wonach Art. 5 I GG dem Abgeordneten erlaubt, einen Presseverlag zu gründen, nicht durchgreifen. Zwar sind die Rundfunkfreiheit und die Pressefreiheit in ihrem gedanklichen Grundansatz, der Meinungsvielfalt zu dienen, identisch, doch wird dem Rundfunk im Vergleich zur Presse eine Sondersituation zugesprochen, die sich nicht nur in den objektiven Faktoren der Frequenzknappheit und der hohen Kosten der Rundfunkveranstaltung erschöpft, sondern auch in der subjektiven Komponente der Wirkungsmöglichkeit des Rundfunks auf den Rezipienten deutlich wird. Der Ausschluß der einzelnen Parlamentarier - als Teil der Staatsgewalt - von der Rundfunkveranstaltung aus Gründen der Staatsfreiheit ist daher verfassungsrechtlich konsequent und vertretbar. Ausdrücklich nicht ausgeschlossen von der Rundfunkveranstaltung sind im LMG die Parlamente als solche, da § 25 11 1 Nr. 3 in singulärer Form ausdrücklich von den Mitgliedern gesetzgebender Körperschaften, nicht hingegen von der gesetzgebenden Körperschaft selbst spricht. Als juristische Personen des öffentlichen Rechts gehören diese zu den Staatsorganen, die mit der Normsetzung nach Art. 2011 GG einen Teil der staatlichen Gewalt ausüben. 54 Aus diesem Grunde bezieht sich die Staatsfreiheit nicht nur auf die Exekutive, sondern auch auf die Legislative. 55 Das BVerfG sieht im Gesetzgeber selbst eine Gefahrenquelle rur die Rundfunkfreiheit, weil die Neigung zur Instrumentalisierung des Rundfunks nicht nur bei der Regierung, sondern auch bei den im Parlament vertretenen Parteien bestehen kann. 56 Somit unterfallen die Parlamente an sich dem Legislativausschluß. Zwar ließe sich bei verfassungskonformer Auslegung dem § 25 11 1 Nr. 3 ein Veranstalterausschluß einer gesetzgebenden Körperschaft an sich entnehmen, doch erscheint es aus Gründen verfassungsrechtlicher Rechtssicher-
52
Ricker, Privatrundfunk-Gesetze im Bundesstaat, S. 43.
Ricker, Privatrundfunk-Gesetze im Bundesstaat, S. 44 mit Hinweis auf BVerfGE 10, 4,10 ff. 53
54
Ricker, Privatrundfunk-Gesetze im Bundesstaat, S. 43.
55
BVerfGE 83, 238, 323; 73, 118, 182.
56
BVerfGE 90, 60, 89.
IV. Das Prinzip der Staatsfreiheit im Landesmediengesetz
145
heit und -klarheit erforderlich, daß § 25 11 1 Nr. 3 um die Parlamente als solche erweitert wird. cc) Parteien als Rundfunkveranstalter? Ein weiterer Komplex, der im Rahmen des Staatsfreiheitsgebots zu thematisieren ist, betrifft die Beteiligung von Parteien an der Rundfunkveranstaltung.
(1) Parteien als Zulassungsträger Aus § 25 I 1 Nr. 4 folgt, daß auch Parteien, soweit sie nicht verboten sind, Rundfunk veranstalten dürfen. Dies ist insofern problematisch, als politische Parteien zwar nicht in den Bereich organisierter Staatlichkeit eingebunden sind, ihnen jedoch Art. 21 GG einen verfassungsrechtlichen Status zuerkennt. 57 Darüber hinaus besteht eine weitgehende Identität zwischen Spitzenpolitikern politischer Parteien und den Inhabern hoher Staatsämter. 58 Art. 21 I GG spricht den Parteien zwar ein Mitwirkungsrecht an der sich auch über die Medien vollziehenden politischen Meinungsbildung zu, doch besteht die Gefahr, daß die Parteien, die Wirkungsmöglichkeiten des Rundfunks erkennend, ein überproportional starkes Gewicht bis hin zur Ausschließlichkeitswirkung erlangen können. 59 Dieser Gefahr kann nur durch einen Ausschluß der Parteien von der Rundfunkveranstaltung Rechnung getragen werden. Diese Auffassung findet sich in der Rechtsprechung des BVerfG bestätigt. Im vierten Rundfunkurteil 60 erklärte das BVerfG das Verbot des niedersächsischen LRG, politischen Parteien eine Rundfunkerlaubnis zu erteilen, ausdrücklich für rechtens. Diese Verbotsmöglichkeit hat sich mittlerweile zu einem Verbotsgebot verstärkt, da das Gericht im achten Rundfunkurteil ausdrücklich die (im Parlament vertretenen) Parteien als Gefahrenquelle für die Rundfunkfreiheit bezeichnete, da diese zur Instrumentalisierung des Rundfunks neigen61 und jede politische Instrumentalisierung ausgeschlossen werden muß. 62 Wenn schon Regierungen zur Instrumentalisierung des Rundfunks neigen, dann muß dies, betrachtet man die Vielzahl der Wahlen auf Europa-, Bundes-, Landes-, Regional- und Kommunalebene, erst recht für Parteien gelten. Da jegliche politische Instrumentalisierung des Rundfunks ausgeschlossen sein
58
Katz, Staatsrecht, Rn. 278 ff, 274, 271. Herrmann, Rundfunkrecht, § 7, Rn. 84.
59
Herrmann, Rundfunkrecht, § 7, Rn. 84.
57
61
BVerfGE 73, 118, 190. BVerfGE 90, 60, 89.
62
BVerfGE 90, 60, 88.
60
10 Kirschnek
146
E. Die Ausgestaltung der verfassungsrechtlichen Grundprinzipien im LMG
muß,63 heißt Staatsfreiheit demnach auch Parteifreiheit. 64 Dieser Argumentation könnte man entgegenhalten, daß auch Parteien in der gesellschaftlichen Sphäre wirken und durch Meinungsbeiträge über den Rundfunk zur freien Meinungsbildung in der Gesellschaft beitragen. 65 Die meinungsbildende Qualität eines solchen Beitrags bliebt jedoch im Zweifel aufgrund ihrer von vorneherein feststehenden Färbung hinter den inhaltlichen Anforderungen zurück, die sach- und wahrheitsgemäße und umfassende Infonnation verlangen. Insofern bewegt sich das LMG in einer verfassungsrechtlichen Grauzone, als es einer staats- und parteifreien Meinungsbildung durch den Rundfunk nicht ausreichend entgegentritt. § 25 11 1 Nr. 4 ist in dieser Fassung nicht verfassungskonfonn. Darüber hinaus erscheint es erforderlich, auch Unternehmen oder Vereinigungen, auf deren Struktur oder Entscheidungen Parteien oder exponierte Vertreter von Parteien mehrheitlich Einfluß haben, von der Rundfunkveranstaltung auszuschließen, da diese als gesetzesumgehende "Hintertüre" für parteiveranstalteten Rundfunk dienen können.
(2) Wahlwerbesendungen Etwas anderes gilt für die Frage von Wahlwerbesendungen politischer Parteien. 66 Nach § 62 III haben die Veranstalter von Rundfunkprogrammen und von Ton- und Bewegtdiensten auf Zugriff die Möglichkeit, politischen Parteien Sendezeiten zur Vorbereitung von Wahlen zur Verfügung zu stellen. Das LMG weicht hier vom RfStV der Länder ab, als es entgegen § 42 11 RfStV (für bundesweit verbreiteten Rundfunk) den Parteien keinen generellen Anspruch auf Sendezeit für Wahlwerbung67 einräumt. Wenngleich die Verantwortung für den Werbebeitrag nach § 64 IV dem Werbenden obliegt, so steht dem privaten Veranstalter ein grundsätzliches Prüfungsrecht des Werbebeitrags zu. Wenn der Veranstalter den Parteien aber Sendezeit einräumt, gilt nach § 5 PartG bei der Bemessung ein modifizierter abgestufter Gleichbehandlungsgrundsatz. 68 Ihre Grenze findet die Wahlwerbung in § 33 VIII 1, wonach politische Werbung generell verboten ist. 63 BVerfGE 90, 60, 88. 64
So auch BK-Degenhart, Art. 5, Rn. 668.
65 Rossen, Staatsfreie Rundfunkaufsicht?, in: ZUM 1992, S. 410. 66 Vgl. hierzu Bethge, Rechtsfragen der Wahlwerbung in Hörfunk und Fernsehen, in: Becker, S. 31 ff. 67 Vgl. hierzu Libertus I Schulze-Sölde, Zur Frage der Existenz und den möglichen Grundlagen eines verfassungsrechtlich begründeten Anspruchs der Parteien aufWahlwerbung im privaten Rundfunk, in: AfP 1995, S. 363 ff. 68 Birkert, Landesmediengesetz, § 62, Rn. 7.
IV. Das Prinzip der Staatsfreiheit im Landesmediengesetz
147
Dies hat zur Folge, daß die Zeiten für die Wahlwerbung von vorneherein definiert werden müssen. Grundsätzlich kann der Veranstalter von den Parteien im Umkehrschluß aus § 62 IV 2 mehr als nur die Selbstkosten verlangen. Betrachtet man die Möglichkeit der Zulassung einer Partei zur Rundfunkveranstaltung als ein qualitatives "Mehr" im Vergleich zur Werbung einer Partei im Rundfunk und stellt dem das politische Werbeverbot gegenüber, so stellt sich die oben dargestellte und verfassungsrechtlich abgelehnte Möglichkeit der Programmträgerschaft durch Parteien als offenkundiger Widerspruch des Gesetzgebers dar. dd) Kirchliches Drittsenderecht69 Ein Veranstaltungsrecht, bzw. eine -zulassung können hingegen öffentlichrechtliche Körperschaften, wie z.B. Kirchen und Hochschulen, sowie Anstalten oder Stiftungen mit Selbstverwaltungsrecht erhalten. 7o Neben der Möglichkeit einer Vollzulassung durch die LfK sind den Kirchen 7! nach § 62 11 durch die Veranstalter von Vollprogrammen iSd. § 2 Nr. 4 auf Verlangen angemessene Sendezeiten im Rundfunkprogramm einzuräumen. Dieses subjektivrechtlich geprägte Drittsenderecht72 steht qualitativ zwischen dem Verlautbarungsrecht und einer Zulassung. Im öffentlich-rechtlichen Rundfunk73 wird das kirchliche Drittsenderecht als Programmart "sui generis"74 angesehen. Im privaten Bereich macht es die Kirchen nicht zu Trägem eines Programmveranstaltungsrechts, sondern privilegiert sie lediglich beim Zugang zu besonderen Sendezeiten. Da das LMG als öffentlich-rechtliche Norm einen privaten Veranstalter verpflichtet, stellt sich das Drittsenderecht als öffentlich-rechtliche "Bepackung" des privaten Veranstalters dar. Im Hinblick auf den Gleichbehandlungsgrundsatz und die staatliche Neutralitätspflicht ist jedoch die Versagung eines Drittsenderechts zugunsten anderer, als der in § 62 11 aufgezählten Religionsgemeinschaften problematisch. Betrachtet man jedoch die Kirchen in ihrer 69 Vgl. hierzu Lorenz, Das Drittsendungsrecht der Kirchen insbesondere im privaten Rundfunk, S. 29 ff. 70
Birkert, Landesmediengesetz, § 25, Rn. 2; Bullinger / Gödel, Landesmediengesetz,
§ 23, Rn. 7.
71 Genauer der römisch-katholischen Kirche, den evangelischen Landeskirchen sowie den israelitischen Religionsgemeinschaften. 72 Lorenz, Das Drittsendungsrecht der Kirchen insbesondere im privaten Rundfunk, S. 44 m.w.N. spricht sich aufgrund der rechtlichen Bindungen und Verbürgungen der Rundfunk-, Infonnations-, Glaubens- und Kirchenfreiheit sogar rur ein subjektives Zugansgrecht der Kirchen zur Rundfunkveranstaltung aus.
73 So z.B. in § 6 I SWF-StV oder in § 11 III ZDF-StV. 74 Hernnann, Rundfunkrecht, § 10, Rn. 57. 10*
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E. Die Ausgestaltung der verfassungsrechtlichen Grundprinzipien im LMG
juristischen Eigenschaft als Körperschaften des öffentlichen Rechts sowie die Mitgliederzahlen und gesellschaftliche Bedeutung der römisch-katholischen und der evangelischen Kirchen und die historischen Gesichtspunkte für die Bevorzugung der israelitischen Religionsgemeinschaften, so scheint diese Auswahl vertretbar, zumal ein Drittsenderecht für alle Religionsgemeinschaften eine unzumutbare Beeinträchtigung der Programmfreiheit der privaten Veranstalter darstellen würde. 7s Inhaltlich kann nur die Übertragung von Gottesdiensten oder sonstiger religiöser Sendungen verlangt werden,76 wobei darunter wohl auch solche Sendungen zu verstehen sind, in denen die Kirchen aus religiöser Sicht zu aktuellen Fragen Stellung nehmen. 77 Nach § 62 IV 2 werden die Kirchen gegenüber den Parteien im Rahmen ihres Drittsenderechts dahingehend privilegiert, als die Rundfunkveranstalter von ihnen nach § 62 IV 2 lediglich die Erstattung der Selbstkosten verlangen können. An dieser Stelle sei angemerkt, daß die Zulassung von Universitäten zur Rundfunkveranstaltung 78 kein Drittsenderecht, sondern eine eigene Zulassungssonderregelung für nichtkommerzielle Veranstalter nach § 27 11 darstellt, wenngleich die Universitäten für die Veranstaltung Sendezeit eines zugelassenen Vollprogrammveranstalters in Anspruch nehmen. 79 Eine echte Ausnahme vom Verbot staatlicher Programmträgerschaft, die im LMG keine Berücksichtigung gefunden hat, ist der Schulfunk. 80 Diese Form staatlicher Betätigung im Rundfunk ist grundsätzlich verfassungsgemäß, sofern zwischen der Staatsfreiheit und der staatlichen Schulaufsicht ein angemessener Ausgleich besteht. 81 Eine verfassungsrechtliche Pflicht zur Aufnahme einer solchen Regelung besteht hingegen nicht; es obliegt (auch) der Ausgestaltungsbefugnis des Gesetzgebers auf eine solche Vorschrift zu verzichten. b) Staatliches Finanzierungsverbot
Zum Gebot der Staats freiheit in der Ausprägung der staatsfreien Rundfunkveranstaltung gehört auch das Verbot unmittelbarer staatlicher Finanzierung des privaten Rundfunks, dem zwingend das Prinzip der wirtschaftlichen Eigenverant-
75 Birkert, Landesmediengesetz, § 62, Rn. 3, der eine Differenzierung auch unter staatskirchenrechtlichen Gesichtspunkten für zulässig hält. 76LT-Drs.1O/5930,S.77. 77
Birkert, Landesmediengesetz, § 62, Rn. 5.
78 So verbreiten die Universitäten Heidelberg, Mannheim, Karlsruhe und Freiburg mit dem "Campus-Radio-Baden", die Universität Tübingen mit der "Uni-Welle" eigene Hörfunkprogramme. 79 Vgl. dazu in diesem Kapitel unter VI.3.d).
80 Vgl. hierzu ausführlich Jarras, Die Freiheit des Rundfunks vom Staat, S. 75 ff. 8\ BVerfGE 83, 238, 340.
IV. Das Prinzip der Staatsfreiheit im Landesmediengesetz
149
wortlichkeit der privaten Veranstalter82 folgt. Dürfte der Staat privaten Rundfunk unmittelbar finanzieren, so hätte er unter Umgehung der Vorschriften über die Trägerschaft die Möglichkeit, unmittelbaren Einfluß auf die Gestaltung der Rundfunkveranstalter und deren Programme zu nehmen. Dies wäre mit dem Prinzip der Staats freiheit unvereinbar. Zwar enthält das LMG keine Vorschrift, die eine staatliche Finanzierung von privaten Rundfunkprogrammen explizit verbietet, doch ergibt sich ein solches Verbot im Urnkehrschluß aus der Aufzählung der Finanzierungsformen des § 32. Danach können private Veranstalter ihre Rundfunkprogramme durch Einnahmen aus Werbung, sonstigen Einnahmen sowie eigenen Mitteln finanzieren. Unter sonstigen Einnahmen versteht das Gesetz Entgelte für Sendungen sowie Spenden oder Mitgliedsbeiträge. Sponsoringleistungen gehören aufgrund ihrer Nähe zur Werbung und ihrer Stellung im Gesetz 83 zu den Einnahmen aus Werbung. 84 § 32 entspricht § 43, 1 RfStV und zählt - abschließend - die auch miteinander kombinierbaren Finanzierungsformen für private Rundfunkveranstalter auf; sie kann auch für die privaten rundfunkähnlichen Kommunikationsdienste herangezogen werden, deren Finanzierung das Gesetz nicht ausdrücklich regelt. 85 § 32 eröffnet ein durch den Veranstalter zu definierendes Feld an Einnahmen, wonach jeder einzelne Veranstalter für seine Finanzierung eigenverantwortlich sorgen muß. Diese Eigenverantwortlichkeit wird unterstrichen durch § 26 I Nr. 1, der als sachliche Zulassungsvoraussetzung für private Rundfunkveranstalter die Glaubhaftmachung der finanziellen Voraussetzungen für eine regelmäßige Rundfunkveranstaltung verlangt. Darüber hinaus verlangt § 25 I 1 Nr. 6 als persönliche Zulassungsvoraussetzung eine, gewerberechtlichen Vorschriften entlehnte, allgemeine Zuverlässigkeit des privaten Veranstalters. Dem Staat sind nach dem LMG keine Möglichkeiten eröffnet, an dieser Finanzierung, beispielsweise aus Haushaltsmitteln, mitzuwirken. Auch ist eine unmittelbare Finanzierung der privaten Veranstalter aus der von allen Rundfunkteilnehmern aufgrund des Rundfunkgebühren-StV erhobenen Rundfunkgebühr nach § 43, 2 RfStV unzulässig, wobei die Finanzierung besonderer Aufgaben nach § 43, 3 iVm. § 40 RfStV hiervon unberührt bleibt. 86 Zulässig sind demnach mittelbare Finanzierungshilfen staatlicherseits in Form von Fördermaßnahmen zugunsten der Infrastruktur zur terrestrischen Versorgung 82 Zu der Frage der wirtschaftlichen Eigenverantwortlichkeit und den Finanzierungsmöglichkeiten des privaten Rundfunks vgl. Kapitel E.VIII. 83
§ 36 Sponsoring schließt an die Werbevorschriften der §§ 33-35 LMG an.
A.A. Birkert, Landesmediengesetz, § 32, Rn. 1. 85 Birkert, Landesmediengesetz, § 32, Rn. 1. 84
86 Ob ein Ausschluß der Beteiligung der privaten Veranstalter von der Rundfunkgebühr verfassungsrechtlich geboten ist, soll im Rahmen der Finanzierungsmöglichkeiten des privaten Rundfunks in Kapitel E.VIII. untersucht werden.
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E. Die Ausgestaltung der verfassungsrechtlichen Grundprinzipien im LMG
des ganzen Landes87 gern. § 40 I Nr. 1 RfStV iVm. Art. 1, § 3 I ZustG. 88 Diese Fonn der mittelbaren Finanzierung stößt verfassungsrechtlich auf keine Bedenken, da sie staatlicherseits keine Möglichkeit zur Einflußnahme auf die Veranstalter selbst eröffnet und darüber hinaus staatsvertraglich vorgesehen ist.
c) Resümee der Vorschriften über die staatsJreie RundJunkveranstaltung Das LMG hat die Vorschriften über die staatsfreie Rundfunkveranstaltung dezidiert ausgestaltet. Verfassungsrechtlich problematisch sind der fehlende Ausschluß des Parlaments von der Programmträgerschaft in § 25 11 1 Nr. 3 und die grundsätzliche Möglichkeit der Zulassung politischer Parteien zum privaten Rundfunk nach § 25 I 1 Nr. 4. Zur Herstellung der notwendigen Verfassungskonfonnität erscheint es darüber hinaus erforderlich, auch Unternehmen und Vereinigungen, die unter Parteieinfluß stehen, von der Rundfunkveranstaltung auszuschließen.
3. Staatsferne Rundfunkaufsicht i.w.S. Muß sich der Staat aus Gründen der Staatsfreiheit der Veranstaltung von Rundfunk enthalten, so obliegt ihm doch die Verpflichtung, fiir die Einhaltung der zur Gewährleistung der Rundfunkfreiheit ergangenen Bestimmungen Sorge zu tragen. Diese staatsferne Rundfunkaufsicht i.w.S. läßt sich in die Elemente des Rundfunkzugangs und der Rundfunkaufsicht i.e.S. unterteilen. Organisatorisches Bindeglied dieser Differenzierung ist die als Landesanstalt fiir Kommunikation (LfK) eingerichtete Zulassungs- und Aufsichtsstelle. Aus Gründen der besseren Differenzierung zwischen dem Rundfunkzugang und der Rundfunkaufsicht i.e.S. soll die, beide Elemente verbindende, Landesanstalt fiir Kommunikation in der folgenden Darstellung vor die Klammer gezogen werden.
87 Vgl. LT-Drs. 11 /5018, S.2: "Die Landesanstalt für Kommunikation hat in den vergangenen Jahren für alle in Baden-Württemberg lizenzierten kommerziellen und nichtkommerziellen Hörfunk- sowie Fernsehveranstalter die Telekomgebühren für Sender, für Ton- bzw. Videoleitungen vom Studio zum Sender bzw. für die Zuführung zu den Einspeisestationen der Breitbandkabelnetze sowie für die Einspeisung in die Breitbandverteilnetze im Rahmen ihrer Förderung der terrestrischen Infrastruktur vollständig übernommen." So stieg diese Summe von 1,085 Mio. DM in 1990 auf 9,378 Mio. DM in 1994 an. 88 Gesetz zu dem Staatsvertrag über den Rundfunk im vereinten Deutschland, GBI. 1991, S 745 ff, geändert durch Gesetz vom 1. Februar 1995, GBI. 1995, S. 113, in der aktuellen Fassung GBI. 1995, S. 859.
IV. Das Prinzip der Staatsfreiheit im Landesmediengesetz
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a) Die Landesanstalt for Kommunikation als organisatorisches Bindeglied zwischen Rundjunkzugang und -aufsicht i.e.S. Wie die Regelungen über die LtK in den §§ 63 ff die Grundsätze des Prinzips der Staatsfreiheit ausfonnen, soll im folgenden untersucht werden. Da dem Staat im Rundfunkbereich Enthaltsamkeit auferlegt ist, kann er seine Verpflichtung, die Rundfunkfreiheit zu gewährleisten, nur erfüllen, wenn er selbst geeignete Regelungsmechanismen schafft, die ihrerseits eine größtmögliche Entfernung zur Exekutive gewährleisten. Insofern ist die Anforderung an die Stellung der LtK im staatlichen Aufbau nicht als staatsfrei, sondern als staatsfern zu bezeichnen. aa) Aufgaben und Stellung89 Um dem Grundsatz der Freiheit des Rundfunks von staatlicher Beherrschung und Einflußnahmen Rechnung zu tragen, hat das LMG die gesetzlich zugewiesen Aufgaben mit der LtK in Stuttgart einer rechtsfähigen Anstalt des öffentlichen Rechts übertragen. Zu deren wichtigsten Aufgaben zählen die Aufteilung der Übertragungsfrequenzen zwischen öffentlich-rechtlichem und privaten Rundfunk sowie die Auswahl, die Zulassung und die Aufsicht über die Veranstalter von Rundfunk und rundfunkähnlicher Kommunikation gemäß der Vorschriften des LMG. Die LtK ist nach ihrer in § 63 I 1 beschriebenen Rechtsform eine selbständige Anstalt des öffentlichen Rechts, die im Rahmen ihrer Selbstverwaltung nach S. 2 eigenverantwortlich zur Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben tätig wird. 90 Wesentliches Merkmal dieser Selbständigkeit ist die aufsichtsrechtliche Regelung des § 78, wonach die LtK, wie vom BVerfG gefordert/ 1 lediglich der Rechtsund nicht der Fachaufsicht durch das Staatsministerium92 unterliegt. Da die LtK damit von keiner staatlichen Seite einer fachbezogenen Weisung unterliegt, ist sie in ihren Entscheidungen frei und insofern unabhängig, als ihre Entscheidungen lediglich der gerichtlichen Überprüfung unterliegen.
89 Vgl. LT-Drs. 11/6123 Förderung des Medienstandortes Baden-Württemberg durch die Tätigkeit der LfK. 90 Vgl. Art. 71 13 LV. 91 BVerfGE 57, 295, 333 f. 92 Hierzu stehen dem Staatsministerium nach § 78 LMG die Aufsichtsmittel der §§ 120, 121 I, 122 GemO zur Verfügung.
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E. Die Ausgestaltung der verfassungsrechtlichen Grundprinzipien im LMG
bb) Finanzierung93 Um staatliche Einflußmöglichkeiten auf die LfK auszuschließen, bedarf es einer von Landeshaushaltsmitteln unabhängigen Finanzierung. Nach § 77 I 1. HS iVm. § 10 RfFinanzStV finanziert sich die LfK ausschließlich aus dem "Aufsichtsgroschen",94 einem zweiprozentigen Anteil der Rundfunkgebühr,95 und nach § 77 I 2. HS aus Verwaltungsgebühren. Sie erhält keine Mittel aus dem Landeshaushalt. Nach Art. 1, § 3 I ZustG zum Gesetz über den RfStV a.F. 96 waren mindestens 70 % dieses Betrages für die Förderung von landesrechtlich gebotener technischer Infrastruktur zur terrestrischen Versorgung des gesamten Landes nach § 29 I 1 Nr. 1 RfStV a.F. bereitzustellen, so daß die LfK höchstens 30 % für die eigene Zulassungs- und Aufsichtsfunktion verwenden konnte. Soweit die LfK ihren Gebührenanteil nicht verbrauchte, stand dieser nach Art. 1, § 3 11 ZustG a.F. dem SDR und dem SWF zu. 97 Da die LfK in den letzten Jahren die ihr zugewiesenen Mittel bei weitem nicht benötigte,98 änderte der Landesgesetzgeber im Rahmen der LMG-Novelle 1995 diese Finanzierungsregelungen. Nach Art. 1, § 3 I ZustG n.F. 99 steht der LfK nach wie vor der zweiprozentige Anteil am Rundfunkgebührenaufkommen für die besonderen Aufgaben nach § 40 I RfStV n.F. (29 I RfStV a.F.) zu. Gern. Art. 1, § 3 11 ZustG n.F. stehen den Landesrundfunkanstalten 25 % des Anteils nach § 40 I RfStV n.F. (§ 29 I RfStV a.F.), jedoch mindestens sechs Mio. DM zu, die von SDR und SWF im Rahmen ihrer Aufgaben für Zwecke der Film- und Mediengesellschaft Baden-Württemberg zu verwenden sind. Darüber hinaus stehen SDR und SWF nach Art. 1, § 3 III ZustG n.F. weitere 25 % des Anteils nach § 40 I RfStV n.F. (§ 29 I RfStV a.F.), jedoch mindestens sechs Mio. DM zu, die für die Verstärkung ihres Programmangebots im kulturellen Bereich, für die Förderung der Medien- und medientechnischen Forschung sowie für die Förderung von Kooperationen im Filmbereich zu verwenden sind. Soweit die LfK den ihr zustehenden Anteil an dem zusätzlichen Anteil an der einheitlichen Rundfunkgebühr nach § 40 I RfStV n.F. (§ 29 I RfStV a.F.) nicht in Anspruch nimmt, fließt dieser gern. Art. 1, § 3 IV ZustG n.F. den Landesrundfunkanstalten zur Verwendung iSd. Abs. 3 zu. Durch diese Finanzierungsregelungen kann die LfK wirtschaftlich eigenverantwortlich handeln und unterliegt 93 Vgl. hierzu grundlegend Hoffmann-Riem, Finanzierung und Finanzkontrolle der Landesmedienanstalten, S. 65 ff. Zur Höhe des der LfK zufließenden Gebührenanteils sowie dessen Verwendung vgl. LT-Drs. 11 /2026; 11 /3314. 94 Vgl. hierzu Merznicht, Der "Aufsichtsgroschen", S. 50 ff. 95 Im Jahr 1994 standen der LfK rd. 24 Mio. DM zur Verfügung. 96 GBI. 1991, S. 745. 97 In den Jahren 1993 und 1994 erhielten die Landesrundfunkanstalten jährlich ca. 9 Mio. DM aus Rückflüssen der LfK. 98 LT-Drs. 11 /5014, S. 11. 99
GBI. 1995, S. 113 f., neuerlich geändert GBI. 1995, S. 859.
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durch ihre Unabhängigkeit zum Staatshaushalt nicht der Gefahr der Einflußnahme aufhaushaltstechnischem Wege. Zu problematisieren ist jedoch die Verwirklichung des Prinzips der Staatsfreiheit im Rahmen der Finanzkontrolle der UK. Zwar ist die LfK nach § 77 II 1 in der Aufstellung ihres Haushaltsplanes autonom, doch unterliegt dieser Haushaltsplan nach S. 3 dem Genehmigungsvorbehalt durch das Staatsministerium, der der Regierung ein Einfallstor fiir staatliche Eingriffe eröffnen könnte. Da die Genehmigung jedoch nicht aus Zweckmäßigkeitserwägungen oder wegen fachlich abweichender Bewertungen, sondern nur bei einem Verstoß gegen haushaltsrechtliche Bestimmungen oder gegen § 71 IV u. V (Besserstellungsverbot der Bediensteten, Stellengliederung) versagt werden darf, und die LfK im übrigen nur der Rechtsaufsicht unterliegt, können seitens des Staatsministeriums nur haushaltsrechtliche Bindungen kontrolliert werden, so daß eine weitere staatliche, fachaufsichtsähnliche Einflußnahme nicht möglich ist. IOO Unter dem Gesichtspunkt der Staatsfreiheit ist demnach der Genehmigungsvorbehalt nicht zu beanstanden. Auch eine Bindung der LfK als landesunmittelbare juristische Person des öffentlichen Rechts an die Bestimmung der LHO ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, da die LfK im wesentlichen hoheitliche Verwaltungsaufgaben zu erfüllen hat und überwiegend aus der von allen Teilnehmern erhobenen Rundfunkgebühr finanziert wird. 101 Nach § 105 I LHO gelten die §§ 106-110 LHO unmitttelbar und die §§ 1-87 LHO entsprechend für landesunmittelbare juristische Personen des öffentlichen Rechts, wie die LfK. 102 Aus tatsächlichen Erwägungen heraus stellt sich die haushaltsrechtliche Bindung der LfK an den Rechnungshofund die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit jedoch problematisch dar, da die LfK bei der Fülle ihrer Aufgaben, so insbesondere die Aufsicht über die privaten Veranstalter, der sich die LfK nach dem nunmehr abgeschlossenen Lizenzierungsverfahren widmen kann, personell und sachlich an den staatlichen Grundstandard gebunden ist, da Effizienz und Sparsamkeit nicht immer deckungsgleich sein müssen. 103 cc) Organe Die Organe der LfK sind nach § 63 II der Vorstand und der Medienrat.
100
Birkert, Landesmediengesetz, § 77, Rn. 5.
101
Birkert, Landesmediengesetz, § 77, Rn. 3.
102
Vgl. LT-Drs. 11/4953.
103 V gl. die Kritik des Rechnungshofs BaW ü an der personellen Ausstattung der LfK in Stuttgarter Zeitung vom 2. Mai 1995, S. 6: ,,zuviel Geld für die Medienanstalt"; LT-Drs. 12/404.
154 E. Die Ausgestaltung der verfassungsrechtlichen Grundprinzipien im LMG (1) Vorstand
(a) Zusammensetzung Der Vorstand wird gern. § 66 I I nach dem Vorbild der Richter des BVerfG vom Landtag mit einer Mehrheit von 2 / 3 seiner Mitglieder gewählt. Die Amtszeit beträgt nach § 64 V sechs Jahre. Der Vorstand besteht aus einem hauptamtlichen Vorsitzenden, dessen ehrenamtlichen Stellvertreter und drei weiteren ehrenamtlichen Mitgliedern, § 64 I I. Jedes ehrenamtliche Mitglied hat einen Stellvertreter. Nach § 66 I 4 ist aus Gründen der Kontinuität der Arbeit des Vorstands die einmalige Wiederwahl sämtlicher Vorstandsmitglieder zulässig. Nach § 66 IV nimmt der Landtag mit einer Mehrheit von 2 / 3 seiner Mitglieder auch die Abberufung der Mitglieder und der stellvertretenden Mitglieder des Vorstandes vor, wenn die in Ziff. I oder 2 benannten abschließenden lO4 Abwahlgründe vorliegen. Durch die enge Fassung dieser Gründe ist eine Abwahl aus politischer Unverträglichkeit durch den Landtag so gut wie ausgeschlossen, zumal auch durch die qualifizierte 2 / 3-Mehrheit eine solche motivbedingte Abwahl nicht zu erwarten ist. (aa) Zwei Inkompabilitätsstufen
§ 64 III u. IV beschreibt umfangreiche Inkompabilitätsregelungen für die Mitglieder des Vorstands. So dürfen die Vorstandsmitglieder aus dem Grunde möglicher Befangenheit nach Abs. 3 S. I insbesondere nicht gleichzeitig dem Organ einer öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalt angehören, sie dürfen nicht Veranstalter von Rundfunkprogrammen und nicht Produzent von Sendungen für ein Rundfunkprogramm sein. Dem Gebot der Staats freiheit folgend regelt § 64 IV I, daß die Vorstandsmitglieder weisungs- und auftragsungebunden sind. Im weiteren formuliert das Gesetz eine zweistufige Inkompabilitätsregelung. Nach § 64 IV 2 sind zwingend ("dürfen nicht") die Mitglieder des Bundes- oder eines Landtags bzw. der Bundes- oder einer Landesregierung ausgeschlossen; auch darf ein Vorstandsmitglied nicht das Amt eines politischen Staatssekretärs ausüben oder Mitglied des Europäischen Parlaments oder der Kommission der Europäischen Gemeinschaften sein. Im weiteren sind grundsätzlich ("sollen nicht") nach § 64 IV 3, I. HS Beamte oder Bedienstete der Institutionen der Europäischen Gemeinschaft oder einer Bundes-, Landes- oder Kommunalbehörde ausgeschlossen, wobei dies nach dem 2. HS nicht für Richter und Professoren gilt. Diese zwei stufige Inkompabilitätsregelung wurde im Rahmen der Novelle 1995 gemeinsam mit der folgenden Öffnungsklausel im LMG verankert ("lex Beersteeher"). Die Vorgängernorm des § 67 I Nr. I LMG a.F. regelte für sämtliche 104
Birkert, Landesmediengesetz, § 66, Rn. 8.
IV. Das Prinzip der Staatsfreiheit im Landesmediengesetz
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Personengruppen einen zwingenden Ausschluß. Stellen sich die vorgenannten Ausschlußgründe bei einem amtierenden Vorstandsmitglied ein, so scheidet dieses nach § 64 III 2 aus dem Vorstand aus, wobei der Vorstand nach S. 3 das Vorliegen des Ausschlußgrundes feststellen muß. (bb) Öffnungsklausel Den grundsätzlichen Ausschluß des § 64 IV 3, I. HS relativiert § 64 IV 4, wonach nicht mehr als ein Viertel der in S. 3, I. HS genannten Personen dem Vorstand angehören dürfen. Mit dieser Regelung wäre es zu vereinbaren, daß beispielsweise der Leiter der Abteilung I des Staatsministeriums, dem das Medien-Referat, und damit auch die Rechtsaufsicht über die LfK, untersteht, Mitglied des LfK-Vorstandes sein kann, solange er der einzige aus dem staatlichen Bereich ist. Dies wirft verfassungsrechtliche Probleme auf, da das BVerfG in ständiger Rechtsprechung den Ausschluß staatlicher Beeinflussung verlangt. Es fragt sich, ob mit dieser Forderung ein strenges Staatfreiheitsprinzip beschrieben wird, oder die Staatsfreiheit nur dort greifen soll, wo aufgrund der tatsächlichen Zusammensetzung des entscheidungserheblichen Gremiums faktische Einflußnahme möglich ist. Das BVerfG führt in seinem sechsten Rundfunkurteil aus, daß eine Mitwirkung von Staatsvertretern in begrenzter Zahl in Kontrollgremien von Rundfunkanstalten, wie auch die gemeindliche, d.h. staatliche, Beteiligung an einer Betriebsgesellschaft nach dem nordrhein-westHUischen Zwei-Säulen-Modell zulässig ist. 105 Diese exemplarischen Fälle aus der Rechtsprechung lassen sich jedoch nicht auf den Fall der LfK übertragen, da die LfK wesentlich weitergehende Befugnisse als ein Rundfunk- oder Verwaltungsrat besitzt und nicht auf Betreiberebene anzusiedlen ist. Es läßt sich jedoch eine gedankliche Essenz ableiten. Staatliche Vertreter sind überall dort zulässig, wo kein entscheidungserheblicher Einfluß auf Fragen der Meinungsvielfalt genommen werden kann. Gerade aber im LfK-Vorstand fallen die wesentlichen, die Meinungsvielfalt des Landes betreffenden und bestimmenden Entscheidungen. Dies führt zu der Notwendigkeit, staatliche Vertreter aus dem Vorstand der LfK nicht quantitiv zu begrenzen, sondern auszuschließen. Diese Auffassung läßt sich mit einer weiteren Argumentation unterstützen. Würde man der Auffassung folgen, daß bezüglich eines Staatsausschlusses auf die Möglichkeit der Einflußmöglichkeit abzustellen ist, so wäre eine Prüfung vorzuschalten, ob Einflußnahme nur theoretisch, d.h. durch die reine Anwesenheit eines staatlichen Vertreters, oder auch faktisch, d.h. durch tatsächliche Beeinflussung kraft Stellung und / oder Persönlichkeit, möglich ist. Diese Frage kann aber nur im Wege einer Einzelfallprüfung beantwortet werden. Wenn nun § 64 IV 4 ein Viertelquorum festschreibt, bei dessen Unterschreiten folglich eine Einflußmöglichkeit nicht gegeben und Staatsfreiheit verwirklicht sein soll, dann nimmt das Gesetz diese lOS
BVerfGE 83, 238, 330 f.
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E. Die Ausgestaltung der verfassungsrechtlichen Grundprinzipien im LMG
Einzelfallprüfung im Wege einer generell-abstrakten Regelung vorweg und unterstellt, daß ein quantitativer Einflußausschluß zwingend einen qualitativen Ausschluß nach sich zieht. Dem ist aber nicht so. Einerseits kann das Gesetz nicht mittels einer generell-abstrakten Norm einen konkreten Sachverhalt wertend vorbestimmen, andererseits können individuelle Gründe durchaus auch bei quantitativer Minderheit eine qualitative Beeinflussung bewirken. Dieser Folge einer Rechtsunsicherheit kann nur durch eine klare Regelung entgegengewirkt werden. Eine solche liegt in einem strengen Staatsfreiheitsprinzip, wie es die Vorgängerregelung des § 67 I Nr. 1 LMG a.F. I06 vorsah. Eine Regelung, an deren Richtigkeit und Geeignetheit, Staatsfreiheit zu bewirken, der Gesetzgeber im übrigen bis zu ihrer opportunitätsbedingten Änderung keinen Zweifel hatte. I07 (cc) Ergebnis Das LMG hat mit den Regelungen über die Zusammensetzung des Vorstandes einen beinahe umfassenden Exekutiv- und Legislativausschluß, die dem Prinzip der Staatsfreiheit gerecht werden, sowie einen Ausschluß etwaiger Interessenkonflikte durch eine Nähe zu öffentlich-rechtlichen oder privaten Veranstaltern vorgenommen. Lediglich § 64 IV 4 iVm. S. 3, 1. HS ist wegen der möglichen Einflußnahme eines staatlichen Vertreters auf Entscheidungen des UK -Vorstandes staats freiheits- und damit verfassungswidrig. (b) Wahlverfahren Die Gefahr einer politischen Einflußnahme droht aus dem Wahlmodus der Vorstandsmitglieder. Grundsätzlich verlangt § 66 I 1 zur Wahl eines Vorstandsmitglieds eine qualifizierte Mehrheit der Mitglieder des Landtags, um die Vormachtstellung einer Mehrheitsfraktion abzuschwächen, einen breiten Konsens im Parlament über einzelne Parteiinteressen hinweg zu erreichen und auf diesem Wege auch dem Gebot der Staatsfreiheit und der Unabhängigkeit des Vorstandes zu dienen. Problematisch stellt sich jedoch die Nachwahl zum Vorstand nach § 66 III 2 dar, die im Rahmen der LMG-Novelle 1995 ("lex Beerstecher") Eingang in das Gesetz gefunden hat. In Abweichung von dem 2 / 3-Prinzip läßt § 66 III 2 die absolute Mehrheit rur die Wahl eines Vorstandsmitgliedes ausreichen, wenn das zu wählende Mitglied rur ein aus dem Vorstand ausgeschiedenes gewählt wird. Diese Regelung ist systemwidrig, da eine einfache Mehrheit zur Wahl nach § 66 I 2, 2. HS nur dann als ausreichend angesehen wird, wenn bis spätestens einen In der Erstfassung des LMG in § 61 I Nr. 1. In LT-Drs. 9/955, S. 118 erachtete der Gesetzgeber den zwingenden Ausschluß sämtlicher Personengruppen als notwendig und ließ während der großen LMG-Novellen 1987 und 1991 daran keinen Zweifel aufkommen. 106 107
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Monat nach Ablauf der Amtszeit des bisherigen Vorstandes die erforderliche 2/3Mehrheit nicht zustande kommt und sodann die Wahl des Vorstands im Wege der Verhältniswahl nach dem Höchstzahlverfahren (d'Hondt) durchgeführt wird. Dieser Fall ist mit dem Fall des § 66 III 2 nicht vergleichbar, da der Verzicht auf die 2/3-Mehrheit als Härtefallklausellediglich den Sinn haben soll, daß die bisherigen Vorstandsmitglieder nicht auch nach Ablauf ihrer Amtszeit die Geschäfte für einen längeren Zeitraum weiterführen müssen, § 64 V 4. Gerade aber dieser Härtefall ist dann nicht gegeben, wenn ein Vorstandsmitglied ausscheidet und durch ein anderes, neuzuwählendes ersetzt werden soll. Zwar geht es in bei den Fällen um das Ende der Amtszeit eines Vorstandsmitglieds, doch ist es ein Unterschied, ob das Ende der Amtszeit durch Zeitablauf oder durch Rücktritt eintritt. Während die Härtefallregelung des § 66 I 2, 2. HS an ein natürliches Ende der Amtszeit anknüpft, handelt es sich bei der Regelung des § 66 III 2 mit dem Rücktritt um eine künstlich herbeigeführte Beendigung der Amtszeit, für die nicht die gleichen Maßstäbe wie beim Zeitablauf gelten können. Während beim Rücktritt eines Vorstandsmitglieds ein Stellvertreter bereit steht, gibt es einen solchen beim Ende der Amtszeit nicht. Letztlich handelt es sich bei der Nachwahl systematisch um eine Erstwahl, die vom Gesetz auch so zu behandeln wäre. Im Ergebnis der Regelung des § 66 III 2 ist der LfK-Vorstand durch Mitglieder zweier Wahlmodi besetzt. Das bisherige gesetzliche Prinzip der Einheitlichkeit der Art des Wahlverfahrens aller Vorstandsmitglieder hat der Gesetzgeber damit aufgegeben. Während der Grundsatz der Staatsfreiheit durch die breite 2/3-Mehrheit gesichert erscheint, sind bei der absoluten Mehrheit erhebliche Zweifel angebracht, da dadurch die Kandidaten der jeweiligen Mehrheitsfraktion(en) gegen die, ansonsten möglicherweise fehlenden Stimmen der Opposition "durchgewählt" werden können und damit eine erhöhte Gefahr politischer Einflußnahme in den LfKVorstand getragen wird. Letztlich dient das vereinfachte Verfahren auch der politischen "Proporzsicherung" im Vorstand. Dies ergibt sich auch aus der Begründung der Landesregierung lO8 zu dieser im Rahmen der letzten Novelle geänderten Vorschrift. Danach soll gerade der Gefahr begegnet werden, daß "im Falle notwendiger Ergänzungswahlen eine Fraktion, aufgrund deren Wahlvorschlag das ausgeschiedene Vorstandsmitglied gewählt wurde, von den übrigen Fraktionen überstimmt werden kann". Hier hat der Gesetzgeber den Bogens der Staatsfreiheit über die Grenze der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit gespannt, zumal diese Vorschrift die Konsequenz des Landtages aus einer gescheiterten Vorstandswahl ist. 109 LT-Drs. 11 /5014, S. 12. In der 51. Sitzung des Landtages am 22. September 1994 erreichte der von der SPDFraktion nominierte Kandidat für den Posten des stellvertretenden Vorsitzenden des Vorstands der Landesanstalt rur Kommunikation, Hans Beerstecher, nicht die erforderliche 2/ 3-Mehrheit; vgl. PlPr. 11/51, S. 4078, 4098. Nachdem der amtierende Präsident die Wahl in rechtswidriger Form wiederholen ließ, wurde ein neuerlicher Wahlgang notwendig. Diesen sah die Tagesordnung des Landtags rur die 52. Sitzung des Landtags am 9. 108
109
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E. Die Ausgestaltung der verfassungsrechtlichen Grundprinzipien im LMG
Wenngleich die Wahl der Vorstandsmitglieder durch den Landtag als solche jedoch verfassungskonform ist, da der Grundsatz der 2 / 3-Mehrheit fortgilt, stellt sich die Regelung des § 66 III 2 wegen eines Verstoßes gegen das Prinzip der Staatsfreiheit als verfassungswidrig dar. 110 (c) Aufgaben Nach § 65 I ist der Vorstand als Hauptorgan 111 für alle der LfK obliegenden Entscheidungen im Sinne eines Exekutivorgans ll2 zuständig, soweit nicht eine andere gesetzliche Regelung besteht. Nicht in den Aufgabenbereich des Vorstandes fallen insbesondere die vom Vorstandsvorsitzenden nach §§ 70, 71 zu erledigenden Aufgaben sowie die besonderen Kompetenzen des Medienrates nach § 73 IV-VI. (d) Vorsitzender des Vorstands Dem Vorstandsvorsitzenden ("Präsident") kommt innerhalb der LfK eine starke Rolle zu. Einerseits ist er Vorsitzender des (im übrigen ehrenamtlichen) Vorstandes, bereitet die Beschlüsse des Vorstands und des Medienrats vor und November 1994 vor. Da jedoch zwischenzeitlich Bedenken gegen eine Wahl Beerstechers aufgrund dessen Vorstandsmitgliedschaft bei der zu 100 % dem Land gehörigen Landeskreditbank vorgetragen wurden, die wegen eines Verstoßes gegen § 67 I Nr. 1 LMG a.F. auch begründet waren, ließen die Regierungsfraktionen die Wahl von der Tagesordnung absetzen; vgl. PIPr. 11/52, S. 4143. Um nun jedoch in einem neuerlichen Wahlgang dem von der SPD-Fraktion nominierten Kandidaten die erforderliche Mehrheit zu sichern und Inkompabilitätsbedenken zu beseitigen, änderte der Landtag am 1. Februar 1995 das LMG dahingehend, daß nach § 66 III 2 im Falle der Nachwahl nur noch die absolute Mehrheit notwendig ist. Darüber hinaus wurde § 67 LMG a.F. in § 64 LMG n.F. integriert und nach § 64 IV 4 LMG der Ausschluß des Bediensteten einer Landesbehörde, die die LKB darstellt, so lange fiir unschädlich erklärt, wie nicht mehr als ein Viertel der Vorstandsmitglieder der in § 64 IV 3, 1. HS LMG n.F. angehören. Aufgrund dieser "lex Beerstecher" wurde der Kandidat am 15. Februar 1995 zum stellvertretenden Vorsitzenden des Vorstands der LfK gewählt; vgl. PIPr. 11/61,4968. 110 "Unwohlsein" erweckt beim Verfasser ein weiteres Problem. Während im ersten Regierungsentwurf der § 58 I 1 LMG a.F. noch eine hohe fachliche Qualifikation der Vorstandsmitglieder gefordert wurde, war diese Passage nach den Gesetzesberatungen im Landtag gestrichen und fand auch nie wieder Eingang in das Gesetz. Wäre diese Anforderung im LMG enthalten geblieben, hätte der heute bei der Vorstandsbesetzung vorherrschende Proporzgedanke in den Hintergrund gedrängt werden können. Verfassungsrechtlich beanstanden läßt sich diese Regelung jedoch nicht. 111 Birkert, Landesmediengesetz, § 65, Rn. 1. 112
Herrmann, Rundfunkrecht, § 17, Rn. 87.
IV. Das Prinzip der Staatsfreiheit im Landesmediengesetz
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vollzieht diese, andererseits leitet er die Verwaltung, vertritt er die LfK gerichtlich und außergerichtlich und ist Dienstvorgesetzter der Bediensteten der LfK. In dieser Ausgestaltung ähnelt die Stellung des Vorsitzenden der eines Bürgenneisters nach der baden-württembergischen Gemeindeordnung. l13 Diese zentrale Stellung macht unter dem Hintergrund der Staatsfreiheit die Notwendigkeit einer weisungsunabhängigen Position deutlich. Das Staatsministerium nimmt nach § 71 I die Aufgaben des Dienstvorgesetzten und der obersten Dienstbehörde des Vorstandsvorsitzenden wahr. Dies betrifft jedoch nur beamtenrechtliche Entscheidungen und hat keine sachlichen Weisungsbefugnisse zur Folge. 114 So kommt auch dem Vorstandsvorsitzenden eine staatsferne Stellung zu. Es liegt jedoch der Verdacht nahe, daß die Politik faktisch um Einfluß auf dieses zentrale Amt bemüht ist, da die bisherigen Vorstandsvorsitzenden vor ihrer Vorstandsverwendung als Kabinettsmitglieder oder zumindest in leitender politischer Funktion auf Regierungsseite tätig waren.
(2) Medienrat (a) Zusammensetzung Der gruppenplural zusammengesetzte Medienrat soll die Mitwirkung von Vertretern wesentlicher gesellschaftlicher Kräfte bei der Erledigung vor allem der die Meinungsvielfalt und den Jugendschutz betreffenden Aufgaben der LfK ennöglichen. Mangels einer verfassungsgerichtlichen Definition der wesentlichen gesellschaftlichen Kräfte konnte der Landesgesetzgeber mittels seines weiten Ennessens im Rahmen des Ausgestaltungsauftrages selbst festlegen, welche Gruppen darunter zu subsumieren sind. Das Ergebnis dieser Subsumtion findet sich in § 72 I, der einen Querschnitt sämtlicher Bereiche der Gesellschaft widerspiegelt. Die Mitglieder des Medienrates werden durch ein, den 29 Gruppen in § 72 III eingeräumtes Benennungsrecht in den Medienrat entsandt. Hierbei haben die Gruppen jedoch die persönlichen Ausschlußgründe des § 75 11 zu beachten, der gebietet, daß Mitglieder des Medienrates weder dem Bundestag, der Bundesregierung, einer Landesregierung noch einer obersten Bundes- oder Landesbehörde angehören dürfen. Auch sind solche Vertreter ausgeschlossen, die in einem Rechtsverhältnis zu einem öffentlich-rechtlichen oder privaten Rundfunkveranstalter stehen. Zwischen der Mitgliedschaft in Vorstand und Medienrat besteht im übrigen gern. § 64 I 2 Inkompabilität. § 75 I stellt klar, daß die Vetreter der benennungsberechtigten Organisationen nicht die Interessen ihrer Kirche oder ihres Verbandes, sondern die Interessen der Allgemeinheit zu vertreten haben, wenngleich dieses für einen Verbandsvertreter nicht immer einfach sein dürfte. Die Amtszeit der Mitglieder des Medienrates beträgt nach § 72 IV fünf Jahre. Birkert, Landesmediengesetz, § 70, Rn. 1. 114 Birkert, Landesmediengesetz, § 71, Rn. 1. 1\3
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E. Die Ausgestaltung der verfassungsrechtlichen Grundprinzipien im LMG
Sämtliche 29 Mitglieder des Medienrates entsprechen damit der Forderung nach staatsfreier Organisation. Verfassungsrechtlich diskussionswürdig hingegen die Regelung des § 72 11, mittels derer sich der Landtag auch im Medienrat eine Mitsprachemöglichkeit eröffnet hat; diese Norm fand erst im Rahmen der LMG-Novelle 1991 Eingang in das Gesetz. Während der Gesetzgeber die Mitgliedschaft von Landtagsfraktionsvertretern mit einer Aufgabenerweiterung des Medienrates begründet, 115 handelt es sich hier wohl eher um eine "Hintertüre", die sich die Politik geöffnet hat, um an der Staatsfreiheit vorbei, wenn schon nicht beschlußrelevanten Einfluß, aber zumindest ein Mitspracherecht zu erhalten. In der Konsequenz der beim Vorstand kritisierten Regelung der Beteiligung von Vertretern aus dem staatlichen Bereich könnte man sich auch hier auf den Standpunkt einer strengen Staatsfreiheit stellen. Dies erscheint jedoch wenig sachgerecht, da die Entscheidungserheblichkeit des Medienrates gegenüber der des Vorstandes deutlich zurückbleibt. Auch wird diese Regelung unter dem Gesichtspunkt der Staatsfreiheit nicht zu beanstanden sein, da es sich lediglich um einen Vertreter je Fraktion und darüber hinaus nochmals um vier vom Landtag zu wählende Vertreter handelt, wobei sämtliche Vertreter nach dem Wortlaut der Regelung nicht Mitglieder des Landtags sein müssen. Nach dem aktuellen Fraktionsstand des Landtags entsendet dieser demnach aufgrund des § 72 11 neun Vertreter; da der Medienrat damit insgesamt 38 Mitglieder hat, entfallen auf die Landtagsvertreter nicht einmal ein Viertel der Stimmen des Medienrates, so daß die Gefahr, daß der Medienrat durch diese Landtagsvertreter unter vorherrschendem staatlichen Einfluß steht, ausgeschlossen ist. 116 Wenngleich das BVerfG trotz des Grundsatzes der Staatsfreiheit einen angemessenen Anteil von staatlichen Vertretern in den über den Rundfunk entscheidenden Organen akzeptiert hat, 117 ist diese Regelung verfassungsrechtlich dennoch kritisch zu begleiten, da es gerade die Gefahr der politischen Instrumentalisierung im Rundfunkbereich ist, die das BVerfG in seiner achten Entscheidung kritisiert,1I8 zumal die faktische Wirkungsmöglichkeit politischer Vertreter in gruppenpluralen Gremien abseits von Abstimmungsmehrheiten nicht unterschätzt werden darf. (b) Aufgaben Die Aufgaben des Medienrates sind in § 73 abschließend geregelt, wobei Abs. 1 mit der Aufgabenbeschreibung der Vielfaltssicherung und des Jugendschutzes 115
LT-Drs. 10 / 5420, S. 71.
116
So auch im Ergebnis BVerfGE 73, 118, 165.
117 Birkert, Landesmediengesetz, § 72, Rn. 5 unter Hinweis aufBVerfGE 83, 238, 332, 336; 73, 118, 165. 118 BVerfGE 90, 60, 88.
IV. Das Prinzip der Staatsfreiheit im Landesmediengesetz
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lediglich eine zusammenfassende Beschreibung der wesentlichen Aufgaben des Mediemates enthält. 119 Da § 65 I außerdem vorsieht, daß andere Zuständigkeiten als die des Vorstands ausdrücklich bestimmt sein müssen, können aus § 73 I allein keine Kompetenzen hergeleitet werden. Bei allen nicht in den Absätzen 2-6 benannten Entscheidungen (z.B. Aufstellung des Nutzungsplans, Ablehnung von Antragstellern wegen des Fehlens der Zulassungsvoraussetzungen) entscheidet der Vorstand deshalb allein, auch wenn sie vielfaltsrelevante Aspekte oder den Jugendschutz berühren. 120 Für wesentliche Entscheidungen der LfK sieht § 73 11 einen Zustimmungsvorbehalt des Medienrates vor. So ist insbesondere nach Ziff. I die Auswahl unter Antragstellern nach § 22 lI-IV zustimmungsbedürftig. Damit räumt das Gesetz nicht nur dem Vorstand, sondern auch dem Medienrat eine Vielfaltsprognose bezüglich der Bewerber ein. Aufgrund der nur beschränkten gerichtlichen Überprüfbarkeit dieser Prognoseentscheidung stellt sich die Frage, welchen Gang das Auswahlverfahren nimmt, wenn der Medienrat nicht zur gleichen Vielfaltsprognose wie der Vorstand gelangt, seine Zustimmung daher verweigert und der Vorstand seinerseits dem Gegenvorschlag des Medienrates nach § 73 III nicht folgt. Das LMG sieht für diesen Fall keine Kollisionsnorm vor\2l und eröffnet damit der Gefahr einer Untätigkeitsklage gegen die LfK. Eine Drittentscheidung, z.B. durch den Landtag oder die Rechtsaufsichtsbehörde, scheidet wegen des Prinzips der Staatsfreiheit des Rundfunkzugangs aus. Eine Entscheidung durch eine externe und unabhängige Institution, wie z.B. den Rechnungshof oder eine gesondert zu benennende Clearing-Stelle aus Medien- und Wirtschaftsfachleuten, würde dem Selbstverwaltungsgedanken der LfK zuwiderlaufen. Es müßte vielmehr ein LfK-internes Regulativ geschaffen werden, das durch das Prinzip der Überstimmung einen Ausgleich unter den Organen schafft. Hier bietet sich eine Anleihe aus dem parlamentarischen Gesetzgebungsverfahren an. Denkbar wäre ein Vermittlungsausschuß aus Vorstand und Medienrat. Dieses Instrument wäre jedoch, da es paritätisch zu besetzen ist, kein geeignetes Regulativ, da letztendlich das gleiche zum Patt führende Abstimmungsverhalten wie bei den Organen zu erwarten wäre. Besser erscheinen Lösungen, an deren Ende eine finale Entscheidung steht, wie die Überstimmung des Medienrates durch einstimmigen Vorstandsbeschluß oder eine Überstimmung des Vorstandes durch einen einstimmigen oder zumindest qualifizierten Mehrheitsbeschluß der Mitglieder des Medienrates. Aus dem Blickwinkel der Staatsfreiheit wären beide Varianten denkbar; eine jede Variante ginge jedoch zu Lasten der gesetzlichen Kompetenz des anderen Organs. Am sinnvollsten erscheint die erste Variante, da im Zweifel auf der Seite des durch den Verwaltungsapparat der LfK unterstützten Vorstands die größere Sachentscheidungskompetenz vorhanden ist. 119 120 121
LT-Drs. 10/5420, S. 7l. Birkert, Landesmediengesetz, § 73, Rn. 1. Vgl. zu diesem Problem auch Birkert, Landesmediengesetz, § 73, Rn. 2.
11 Kirschnek
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E. Die Ausgestaltung der verfassungsrechtlichen Grundprinzipien im LMG
Eine weitere wesentliche Aufgabe des Medienrates ist der Beschluß des vom Vorstand aufgestellten Haushaltsplanes der LfK nach § 73 VI. dd) Resümee Das Prinzip der Staatsfreiheit ist durch die Vorschriften über die Zusammensetzung des Vorstandes und des Medienrates im LMG differenziert ausgeformt. Zu verfassungsrechtlicher Unvereinbarkeit führt die im Rahmen der "lex Beersteeher" eingefügte Inkompabilitätsöffnungklausel des § 64 IV 3, 1. HS iVm. S. 4 sowie das Nachwahlverfahren des § 66 III 3, das eine verfassungswidrige Ausnahme vom 2/ 3-Mehrheitsgrundsatz bei der Vorstandswahl festlegt. Wenngleich mit dem Einfallstor politischer Beeinflussung, d.h. Entsendung von Landtagsabgeordneten, bzw. -vertretern in den Medienrat, eine zu überdenkende Vorschriften normiert ist, so läßt sich diese im Ergebnis verfassungsrechtlich nicht angreifen.
b) Zugang zur Rundfunkveranstaltung122 Das LMG regelt den, dem legislativen Ausgestaltungsauftrag zuzurechenden Zugang zur Rundfunkveranstaltung in den §§ 19 ff. Dieses förmliche Zulassungsverfahren ist zum einen zur rechtsstaatlichen und chancengleichen Verteilung der knappen Übertragungskapazitäten zum anderen aber auch aus verfassungsrechtlichen Gründen erforderlich, um zu prüfen, ob die privaten Veranstalter die der Gewährleistung der Rundfunkfreiheit dienenden Anforderungen erfüllen. Im Rahmen der gesetzgeberischen Gestaltungsfreiheit ist mit den §§ 19 ff die vom BVerfG so ausdrücklich geforderte positive Ordnung geschaffen worden. 123 aa) Konstitutives Zulassungserfordernis Grundsätzlich bedarf die private Veranstaltung von Hörfunk- oder Fernsehprogrammen nach § 19 I einer Zulassung. Mit diesem konstitutiven Zulassungserfordernis unterwirft das LMG die Zulassung zum privaten Rundfunk, wie vom BVerfG gefordert, einem Gesetzesvorbehalt. 124 Das LMG nimmt damit eine entscheidende Weichenstellung in der Interpretation der Rundfunkfreiheit vor, indem es durch diesen rechtseröffnenden Gesetzesvorbehalt einen subjektiv-
122
berg.
Vgl. LT-Drs. 11/6224 Vergabe von Rundfunk-Sendelizenzen in Baden-Württem-
Birkert, Landesmediengesetz, vor § 19, Rn. 1. 124 BVerfGE 83, 238, 297; 73,118, 157. 123
IV. Das Prinzip der Staatsfreiheit im Landesmediengesetz
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rechtlichen ("verfassungskräftigen"12s) Anspruch auf Rundfunkveranstaltung ablehnt,126 für den seinerseits eine rein deklaratorische Zulassungsregelung ausgereicht hätte. Um nun doch noch eine subjektive Komponente in die Zulassung einzustellen, sieht § 19 11 1 im Rahmen eines einfachgesetzlichen Zulassungsanspruchs eine gebundene Entscheidung vor, die dem Antragsteller ohne weiteres Ermessen der Zulassungsbehörde einen Anspruch auf eine Zulassung einräumt, soweit die im LMG beschriebenen konstitutiven Zulassungsvoraussetzungen erfüllt sind. 127 Darüber hinaus kann die LfK nach § 19 11 2 iVm. § 36 I, 11 Nr. 4 LVwVfG zur Sicherstellung der gesetzlichen Voraussetzungen im Ermessenswege belastende Auflagen anordnen. 128 Wenn die LfK eine abwägende Prognoseentscheidung zu treffen hat, stehen ihr erhebliche, gerichtlich nur begrenzt überprüfbare Wertungsspielräume offen. 129 bb) Zulassungsverfahren Im Rahmen des Zulassungsverfahrens hat die für die Zulassung zuständige Stelle LfK im Rahmen einer vorherigen Überprüfung zu klären, ob den für die Sicherung der Rundfunkfreiheit gestellten Anforderungen des LMG genüge getan wird. 130 (1) Nutzungsplan Die LfK hat gern. § 5 nach den Vorgaben der §§ 6-8 per Rechtsverordnung einen Nutzungsplan 131 aufzustellen. Im Interesse der Staatsfreiheit wurde diese Aufgabe nicht der Regierung oder dem Parlament, sondern der weisungsunabhängigen LfK übertragen. 132 Der Nutzungsplan legt sowohl für die Betreiber von Sendeeinrichtungen und Kabelnetzen als auch für öffentlich-rechtliche und private Veranstalter verbindlich fest, wie die für Baden-Württemberg technisch und rechtlich zur Verfügung stehenden Übertragungskapazitäten, d.h. drahtlose terrestrische Frequenzen, Satellitenkapazitäten 133 und Kabelnetze, genutzt 125 126
Birkert, Landesmediengesetz, vor § 19, Rn. 1. Vgl. ESVGH 42, 185, 187.
127 VGH BaWü, in: VBIBW 1993, S. 336; ESVGH 42,185,189. 128
VGH BaWü, in: VBIBW 1993, S. 336.
129 Birkert, Landesmediengesetz, § 19, Rn. 1. 130
BVerfGE 57, 295, 326.
131 Nutzungsplanverordnung vom 21. September 1994, GBI. 1994, S. 504, zuletzt geändert durch Verordnung vom 13. Mai 1997, GBI. 1997, S. 206 f. 132 Birkert, Landesmediengesetz, § 5, Rn. 4. 133 Die Einbeziehung der Satellitenkapazitäten in den Nutzungsplan erfolgt nur inso-
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E. Die Ausgestaltung der verfassungsrechtlichen Grundprinzipien im LMG
werden. 134 Für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk, dessen Programme keiner weiteren Zulassung bedürfen, wird bereits durch den Nutzungsplan über die Zuweisung einer Kapazität an eine bestimmte Landesrundfunkanstalt entschieden. 135 Mit dieser Kompetenz nimmt die LfK auch Befugnisse gegenüber den Landesrundfunkanstalten wahr. 136 Diese entscheidet wiederum im Rahmen ihrer Programmautonomie, welches Programm sie über die einzelnen Kapazitäten verbreitet. Demgegenüber wird rur den privaten Bereich veranstalterunabhängig die Nutzung festgelegt; welcher private Veranstalter später welche Kapazität nutzen darf, wird erst im Zulassungsverfahren nach den §§ 19 ff entschieden. 137 Das Ziel des Nutzungsplans bemißt sich am Grundsatz der Meinungsvielfalt. Nach § 5 III 1 ist der Nutzungsplan so zu gestalten, daß vielfältige Meinungen und Informationswünsche zur Geltung kommen können. Grundsätzlich kommt der LfK bei der Aufstellung ein Planungsermessen zu. Ermessenslenkend kommen hier die §§ 6-8 zum Zuge, die sich inhaltlich am Grundsatz der Meinungsvielfalt ausrichten. Danach sollen gern. § 6 Übertragungskapazitäten für Rundfunk und rundfunkähnliche Kommunikationsdienste sowohl für die Erst- wie auch die Weiterverbreitung genutzt werden. § 7 konkretisiert die vom BVerfG geforderte prioritäre Stellung der öffentlich-rechtlichen Veranstalter. So sichert § 7 11 1 Nr. 1 die Grundversorgung durch die öffentlich-rechtlichen Landesrundfunkanstalten, wobei nach Abs. 2 S. 2 die Frequenzausweisung für die öffentlichrechtlichen Programme im Rang vor der der privaten Programmen vorgesehen werden muß. § 7 I Nr. 1 iVm.II 1 Nr. 4 sichert die Bestands- und Entwicklungsgarantie. Im ersten Moment steht die Vorrangstellung der Landesrundfunkanstalten bei der Frequenzausweisung in Widerspruch zur Rechtsprechung des BVerfG, das im fünften Rundfunkurteil verlangte, daß bei knappen Übertragungskapazitäten den öffentlich-rechtlichen und den privaten Veranstaltern die Veranstaltung nach gleichen Bedingungen ermöglicht werden muß. 138 Die Forderungen nach "gleichen Bedingungen" kann jedoch nicht auf eine rein quantitiative Frequenzvergabefrage reduziert werden, sondern muß im Lichte der durch das BVerfG weit, als über deren Zuteilung nicht bereits anderweitig durch Gesetz oder Staatsvertrag entschieden wurde, § 5 11 LMG. 134 Birkert, Landesmediengesetz, § 5, Rn. 1; BVerWG, Beschluß vom 19. Juli 1995,6 NB 1/95 (Mannheim), in: NVwZ 1997, S. 61 ff.
135 Zur Frage der Rangfolgeentscheidung der Kabelplatzbelegung unter öffentlichrechtlichen Rundfunkanstalten nach § 10 11 LMG vgl. VGH BaWü, Beschl. 25. März 1996, 10 S 544/96, in: DÖV 1996, S. 705 f; LT-Drs. 12/663 Kundenbefragung durch Kabelnetzbetreiber bzw. angeschlossene Teilnehmer nach § 1011 LMG sowie LT-Drs. 12/ 1512, S. 8. 136 Kritisch hierzu Rüggeberg / Radeck, Verfassungsrechtliche Fußangeln auf medienpolitischen Seitenpfaden, in: RuF 1993, S. 74 f. 137 Birkert, Landesmediengesetz, § 5, Rn. 2. 138 BVerfGE 74, 297, 341.
IV. Das Prinzip der Staatsfreiheit im Landesmediengesetz
165
definierten Aufgaben von öffentlich-rechtlichem und privatem Rundfunk interpretiert werden. Chancengleichheit rur private Anbieter kann im Lichte des öffentlich-rechtlichen Grundversorgungsauftrags nicht gleiche Frequenzchance bedeuten, sondern verwirklicht sich in der Chance, Rundfunk auf einer Übertragungsfrequenz zu veranstalten. Zwar gilt nach § 5 III I, daß der Nutzungsplan so zu gestalten ist, daß vielfältige Meinungen und Informationswünsche zur Geltung kommen können, doch kommt dem privaten Rundfunk hinsichtlich der Meinungsvielfalt nur eine untergeordnete Rolle im Vergleich zum öffentlichrechtlichen zu, aus der sich wiederum eine Bevorzugung der Landesrundfunkanstalten bei der Frequenzvergabe ableiten läßt. An diesem Gedanken orientiert sich auch § 7 11 2, wenn den Landesrundfunkanstalten eine vorrangige Frequenzversorgung zugesprochen wird. Dies ruhrt deutlich vor Augen, daß dem privaten Rundfunk im Land eben keine gleichberechtigte, sondern nur eine, ergänzende Rolle im Gesetz zugewiesen wird. Nach § 5 III 2 sind jedoch bereits bestehende Frequenznutzungen zu berücksichtigen. 139 Das LMG wird durch diese Regelungen bereits im Vorfeld der eigentlichen Frequenzentscheidung dem Grundversorgungsauftrag des BVerfG zugunsten der öffentlich-rechtlichen Veranstalter gerecht. Es stellt sich doch die Frage, welche Dimension dem durch das LMG zugewiesene Grundversorgungsauftrag zukommt. Nach der Rechtsprechung des BVerfG gilt der Grundversorgungsauftrag nicht rur lokale und regionale, sondern nur rur landesweit verbreitete Programme der Landesrundfunkanstalten. 14o § 7 11 3 dehnt den Grundversorgungsauftrag dann auf Rundfunkprogramme der Landesrundfunkanstalten aus, die nicht rur das gesamte Sendegebiet im Land verbreitet werden sollen, wenn ein Verbreitungsgebiet nicht durch ein oder meherere nach § 24 lizenzierte private Veranstalter versorgt wird. Ein regionales Programm kann nur ausnahmsweise der Grundversorgung zugerechnet werden. 141 Fraglich ist nun, ob ein Programm einer Rundfunkanstalt, das in regionale Programme aufgespaltet wird, als der Grundversorgung zuzurechnendes landesweites oder nur als einfaches regionales Programm anzusehen ist. Der VGH BaWü steht dabei auf dem Standpunkt, daß allein das zeitweise regionale Auseinanderschalten einer Qualifizierung als landesweites Programm nicht entgegensteht,142 so daß eine Anwendung des § 7 11 3 gar nicht in Betracht kommt. Dem ist entgegenzuhalten, daß das LMG den Fall einer regionalen Programmveranstaltung durch die Landesrundfunkanstalten geregelt hat, und zwar in § 7 11 3, und daß das gesetzliche Differenzierungskriterium nicht die Frage der zentralen Programmveranstaltung, sondern 139 Inwieweit diese Ermessenslenkung einen subjektiven Zulassungsanspruch eines die Frequenz bereits nutzenden Veranstalters vermittelt, soll in Kapitel E.VI. untersucht werden. \40 BVerfGE 74, 297, 326 f. \4\
VGH BaWü in: VBlBW 1995, S. 94.
\42 VGH Ba Wü in: VBlBW 1995, S. 95 ff mit ausführlicher Begründung unter Darlegung des konkreten Einzelfalles des Programms "S 4"; vgl. Ory, "Lückenschließung" durch Grundversorgung, in: AfP 1995, S. 383 ff.
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E. Die Ausgestaltung der verfassungsrechtlichen Grundprinzipien im LMG
die der Nichtverbreitung im gesamten Sendegebiet ist. Insofern hat der VGH ohne Not am LMG vorbei eine Differenzierung angenommen, die der landesmediengesetzlichen des § 7 11 3 widerspricht. Regionale Programmveranstaltungen durch Landesrundfunkanstalten, und sind sie quantitativ nur von untergeordneter Natur im Verhältnis zum Gesamtprogramm, bleiben regionale Veranstaltung, für die kein grundversorgungsauftrag besteht. Im Rahmen der Aufstellung des Nutzungsplans hat die LfK nach §§ 711 1 Nr. 2 iVm. 20 11 Nr. 3 auch die Entscheidung über die drahtlose Versorgung von bis zu sechs Verbreitungsgebieten für regionalen und bis zu 15 Verbreitungsgebieten für lokalen Hörfunk im Land zu treffen.
(2) Ausschreibung nach Verbreitungsgebieten Der Nutzungsplan ist als Rechtsverordnung der LfK gern. § 79 III 2 im Gesetzblatt förmlich zu verkünden. Das Zulassungsverfahren wird eröffnet, indem die im Nutzungsplan festgelegten Verbreitungsgebiete mit einer Bewerbungsfrist im Staatsanzeiger gern. § 27 I ausgeschrieben werden.
(3) Persönliche und sachliche Zulassungsvoraussetzungen Im anschließenden Verfahren prüft die LfK bei den Bewerbern das Vorliegen der unter den §§ 25,26 geforderten persönlichen und sachlichen Zulassungsvoraussetzungen. Mit der Forderung nach der Geschäftsfähigkeit und der Zuverlässigkeit der Antragsteller, § 25 I Nr. 1, 6, hat sich der Gesetzgeber eng an die Vorgaben des BVerfG l43 gehalten. Auch die übrigen Zulassungsvoraussetzungen der §§ 25, 26 sind zur Sicherung der Rundfunkfreiheit formuliert. Liegen bei den Bewerbern die Voraussetzungen der §§ 25,26 vor, so ist im folgenden zu unterscheiden. Ist nur ein Bewerber vorhanden oder haben sich mehrere Bewerber untereinander geeinigt, wird nach § 28 I 1 die Zulassung erteilt. Sind mehrere Bewerber vorhanden und kommt keine Einigung zustande, so wird anhand der Kriterien des § 21 lI-IV eine Auswahlentscheidung zugunsten eines Bewerbers vorgenommen. Für Sonderfälle sieht § 31 ein vereinfachtes Zulassungsverfahren vor.
(4) Keine Auswahlentscheidung nötig Die LfK muß keine Auswahlentscheidung treffen, wenn für ein ausgeschriebenes Verbreitungsgebiet nur ein Bewerber vorhanden ist, oder sich mehrere Be143
BVerfGE 73, 118, 159.
IV. Das Prinzip der Staatsfreiheit im Landesmediengesetz
167
werber aufgrund der nach § 21 I 1 für diesen Fall durchzuführenden Einigungsgespräche über die Nutzung der Frequenz, d.h. eine gemeinsame Programmveranstaltung oder eine Sendezeitaufteilung, die den Grundsätzen der Leitnorm des § 15 entspricht, geeinigt haben. In diesem Fall erteilt die LfK die Zulassung.
(5) Auswahlentscheidung wegen beschränkter Kapazität nötig Sind bei beschränkter Übertragungskapazität mehrere Bewerber vorhanden, so muß die LfK gern. § 21 I 1 auf eine einvernehmliche Einigung der Bewerber unter Beachtung der Grundsätze des § 15 hinwirken. Diese Einigung der Bewerber untereinander trägt dem Grundsatz der Staatsfreiheit in besonderem Maße Rechnung,l44 da die Bewerber jenseits hoheitlicher Auswahl entscheiden sollen. Da jedoch auch für die Einigung die Grundsätze des § 15 gelten, über die die LfK ihrerseits zu wachen hat, wird die den Privaten eingeräumte Freiheit im Interesse einer notwendigen staatlichen Aufsicht begrenzt. 145 Kommt eine solche Einigung innerhalb einer angemessenen Frist nicht zustande, nimmt die LfK nach § 21 I 2 unter den Bewerbern eine Auswahl vor, die sich nach den Kriterien des § 21 lI-IV vollzieht. Durch die hoheitliche Auswahl ist im Hörfunkbereich nach dem Scheitern von Einigungsbemühungen der Bewerber untereinander keine Aufteilung der Sendezeit mehr möglich. Im Fernsehbereich nur noch eingeschränkt nach § 21 IV 2 als Aufteilung zwischen Fernseh- und "Fenster"programm. So gilt für den Hörfunk eine "Vorrangregelung"146 mit drei aufeinanderfolgenden Auswahlschritten. Erster Auswahlschritt "Verbreitungsgebiet": Nach § 21 11 1 hat bei der Auswahl unter den Antragstellern für ein Hörfunkprogramm derjenige den Vorrang, der bereit ist, ein Hörfunkprogramm für das gesamte in der Ausschreibung bezeichnete Verbreitungsgebiet zu veranstalten und zu verbreiten. Zweiter Auswahlschritt "Meinungsvielfalt": Sind mehrere Antragsteller gleichrangig zur Veranstaltung im gesamten Verbreitungsgebiet bereit, so hat nach § 21 III 1 derjenige den Vorrang, der die größere Meinungsvielfalt iSd. § 15 in seinem Programm und die größeren Anteile an redaktionell selbst gestalteten Beiträgen über die Ereignisse des politischen, sozialen und kulturellen Lebens im Verbreitungsgebiet erwarten läßt, wobei nach S. 2 Erfahrung des Antragstellers über die Berichterstattung dieser Ereignisse qualifizierend wirkt. Hier kommt der LfK eine wichtige Prognoseentscheidung zu, die gerichtlich nur auf ihren äußeren Rahmen, nicht jedoch hinsichtlich ihrer materiellen Entscheidung überprüft werden kann. 147 Das BVerfG sieht in dieser Möglichkeit der LfK zur Progno144 Breunig, Konkurrenzverhältnisse im Rundfunkrecht, in: VBIBW 1993, 46. 145 VGH BaWü in: VBIBW 1989,214. 146 Breunig, Konkurrenzverhältnisse im Rundfunkrecht, in: VBIBW 1993, S. 47. 147 V gl. hierzu grundlegend Fehling, Die Konkurrentenklage bei der Zulassung privater
Rundfunkveranstalter, S. 140 ff.
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E. Die Ausgestaltung der verfassungsrechtlichen Grundprinzipien im LMG
seentscheidung ein sachgerechtes Auswahlkriterium. 148 Dritter Auswahlschritt "Bestehende Zulassung": Sind Antragsteller nun immer noch gleichrangig, so ist nach § 21 III 3 deIjenige bei der Auswahl nicht zu berücksichtigen, der bereits in einem anderen Verbreitungs gebiet zugelassen oder Inhaber von mehr als zehn Prozent der Anteile eines bereits zugelassenen Veranstalters ist. Bei der Auswahl unter mehreren Bewerbern für ein Fernsehprogramm hat nach § 21 IV derjenige den Vorrang, der die größere Meinungsvielfalt iSd. § 15 erwarten läßt. Hinzu kommen muß, daß der Bewerber Sendungen selbst veranstalten wird, die sich nach ihrem Inhalt auf das Land und bei nur regionaler Verbreitung auch auf das Teilgebiet des Landes beziehen (sog. Fensterprogramm) oder sich mit einem Antragsteller für ein Fensterprogramm über eine Aufteilung der Sendezeit iSd. § 21 I oder über entsprechende selbstgestaltete Programmbeiträge geeinigt hat. Aufgrund der zu erwartenden geringeren Zahl an Bewerbern im Fernsehbereich, wurden die Auswahlkriterien nicht so dezidiert formuliert, wie im Hörfunkbereich. Gemeinsames Normziel der Auswahlregelungen für Hörfunk und Fernsehen ist die Ermöglichung größtmöglicher Meinungsvielfalt iSd. § 15, an dem sich jede einzelne Entscheidung innerhalb der verschiedenen Auswahlschritte zu legitimieren hat. (6) Zugangsausschluß wegen mehrfacher Programm veranstaltung
Ein Bewerber ist vom Zugang in einem Verbreitungsgebiet nach § 22 ausgeschlossen, wenn in diesem Gebiet bereits ein von ihm veranstaltetes Rundfunkprogramm verbreitet oder weiterverbreitet wird, bzw. ortsüblich empfangbar ist. Dieser Zugangsausschluß ist zwingend und findet seine Wurzel im Gedanken der Gruppenfreiheit und des Pluralismus im Rundfunk und soll daher auch an dieser Stelle behandelt werden. (7) Zulassung
Die Zulassung wird nach § 28 I, III für einen Lizenzierungszeitraum von acht Jahren erteile 49 und ist nicht übertragbar. Insbesondere im Fall des Veranstalterwechsels nach § 28 IV ist die Zulassung zu widerrufen. § 20 unterscheidet mit der Zulassung für die Verbreitungsart, ein Verbreitungsgebiet, für eine bestimmte Programmart (Hörfunk oder Fernsehen), für eine Programrnkategorie und für eine bestimmte Sendezeit fünf Zulassungsarten.
148
BVerfGE 83, 238, 320.
149
Die aktuelle Lizenzierungsperiode läuft bis ins Jahr 2002.
IV. Das Prinzip der Staatsfreiheit im Landesmediengesetz
169
(8) Vereinfachtes Zulassungsverfahren
Das vereinfachte Zulassungsverfahren nach § 31 betrifft den Einrichtungs- und Funktionsrundfunk iSd. § 1 IV und schafft für diesen die Möglichkeit eines einfachen und schnellen Zulassungsverfahrens ohne öffentliche Ausschreibung. Grundsätzlich beansprucht das LMG keine Geltung, wenn es sich um Sendungen handelt, die beschränkt auf ein Gebäude oder einen Gebäudekomplex eigens veranstaltet und nur dort verbreitet werden, und die Sendungen in einem funktionalen Zusammenhang mit den in der Einrichtung zu erfüllenden Aufgaben stehen (Nr. 1); gleiches gilt für die Weiterverbreitung in derartigen Einrichtungen (Nr. 2).150 Beziehen sich diese Sendungen jedoch auf eine Mehrzahl solcher Einrichtungen, so unterstellt der Gesetzgeber, daß ihnen eine größere Verbreitung und Meinungsrelevanz zukommt, und sie deshalb im Wege eines gesondertes, aber vereinfachten Verfahrens nach § 31 I zugelassen werden. Dieses Verfahren ist verfassungsrechtlich unproblematisch, da es sich bei dem Einrichtungs- und Funktionsrundfunk mangels der Bezogenheit auf die Allgemeinheit nicht um Rundfunk im verfassungsrechtlichen Sinne handelt. Angesichts des beschränkten Empfangerkreises haben Sendungen des Einrichtungs- und Veranstaltungsrundfunks keinen wesentlichen Einfluß auf die Meinungsbildung im Rundfunk in seiner Gesamtheit. § 31 I 2 verzichtet deshalb auf die Anwendung zahlreicher, vor allem vielfaltssichernder und zulassungsverfahrenstechnischer Vorschriften. 151 (9) Besonderheiten bei der rundfunkähnlichen Kommunikation/ 52
Nach § 40 I bedarf es für die Veranstaltung rundfunkähnlicher Kommunikationsdienste keines förmlichen Zulassungsverfahrens. Vielmehr hat der Gesetzgeber in Anlehnung an § 1 II, III LPresseG im Interesse der individuellen Meinungsfreiheit den Grundsatz festgeschrieben, daß die vielfach der Presse gleichenden rundfunkähnlichen Kommunikationsdienste von jedermann frei veranstaltet werden können, auf ein Zulassungsverfahren verzichtet und abgestufte, unterschiedliche Schranken normiert, soweit ihm dies bei den einzelnen Diensten unerläßlich erschien. 153 Durch diese Regelung hat der Gesetzgeber im Bereich der rundfunkähnlichen Kommunikation im Gegensatz zum Rundfunk im gesetzlichen Sinne ein subjektives Veranstaltungsrecht verankert. Eine Ausnahme bilden die 150
Birkert, Landesmediengesetz, § 1, Rn. 6.
151
Birkert, Landesmediengesetz, § 31, Rn. 2.
Die Neuerungen, die der Mediendienste-StV der Länder, der zum 1. August 1997 in Kraft tritt, bringt, bleiben hier unberücksichtigt. Nach Art. 23 III Mediendienste-StV tritt der Btx-StV, auf den das LMG ausdrücklich Bezug nimmt, mit Inkrafttreten des Mediendienste-StV außer Kraft. 152
153
Birkert, Landesmediengesetz, § 40, Rn. 1 unter Hinweis aufLT-Drs. 9/955, S. 97 f.
170
E. Die Ausgestaltung der verfassungsrechtlichen Grundprinzipien im LMG
Ton- und Bewegtbilddienste auf Zugriff, die nach § 52 I einem Zulassungsvorbehalt, der an die Rundfunkregelungen über § 52 11 angelehnt ist, unterliegen. Hierbei sind zwei Themenkomplexe zu problematisieren. (a) Anforderungen an die Zulassung Es stellt sich die Frage, ob dieses abgeschwächte Zugangsverfahren zur Veranstaltung eines rundfunkähnlichen Kommunikationsdienstes verfassungsrechtlichen Anforderungen entspricht. Das BVerfG verlangt, daß durch den Landesgesetzgeber Zugangsregelungen geschaffen werden, die die Überprüfung des Zugangs sicherstellen und für die Prüfung und Entscheidung ein rechtsstaatliches Verfahren vorsehen. Dabei obliegt es dem Gesetzgeber selbst, die Voraussetzungen für die Erteilung oder die Versagung der Erlaubnis im Rahmen seines Ausgestaltungsspielraums zu bestimmen. 154 Diese Voraussetzungen formulierte das BVerfG für den Rundfunk im verfassungsrechtlichen Sinne, der neben Hörfunk und Fernsehen auch die Dienste auf Zugriff erfaßt, wenngleich die Differenzierung des LMG, wie oben gezeigt, verfassungsrechtlich zulässig ist. Aus diesem Grunde war es möglich, für die Veranstaltung von Abrufdiensten nach § 40 I keinen Zulassungsvorbehalt festzuschreiben. Stattdessen gelten für Kabeltextabruf eingeschränkt die Vorschriften des Btx-StV und für die Ton- und Bewegtbilddienste auf Abruf über § 51 die Anzeigepflicht nach § 49 11 sowie die persönlichen Zulassungsvorausetzungen nach § 49 I iVm. § 25 I 1 Nr. 1-4, die Möglichkeit der Untersagung nach § 47, die Regelung über die Verteilung bei begrenzter Kapazität über § 49 III iVm. § 21 und die Möglichkeit der Veranstaltung durch Gebietskörperschaften nach § 45 I. Da bei den Zugriffsdiensten ein engeres Angebot als bei Abrufdiensten und deshalb eine größere Nähe zum Rundfunk besteht,155 hat der Gesetzgeber die Ton- und Bewegtbilddienste auf Zugriff nach § 52 einem Zulassungvorbehalt durch die LfK unterworfen. Von einem solchen hat er jedoch bei den Textdiensten auf Zugriff abgesehen. Grundsätzlich gilt die Forderung nach einem Zulassungsverfahren nicht als Selbstzweck, sondern zur Sicherung der Vielfalt. So ist es möglich, auch bei den Textdiensten auf Zugriff keinen unmittelbaren Zulassungsvorbehalt festzuschreiben, sondern auf der Ausübungsebene beschränkende Normen vorzusehen, die der notwendigen Sicherung der Vielfalt dienen. So gelten für den Kabeltext / Vollkanaltext nach § 49 sämtliche Anforderungen an den Ton- und Bewegtbilddienst auf Abruf. Für den Videotext gilt die grundsätzliche Freiheit des Veranstalters eines Fernsehprogramms, Videotext zu veranstalten, er unterliegt jedoch nach § 5011 iVm. § 49 sämtlichen vorgenannten Veranstalterbindungen und nicht, wie man auf den ersten Blick dem Gesetzwortlaut 154 BVerfGE 57,295,326. 155 Birkert, Landesmediengesetz, § 49, Rn. 1 unter Hinweis aufLT-Drs. 9/955, S. 101.
IV. Das Prinzip der Staatsfreiheit im Landesmediengesetz
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entnehmen könnte, nur denen des § 49 III. Diese Vorschriften dienen sämtlich der Erfüllung der Forderung nach Sicherung ausreichender Vielfalt auch im Bereich der rundfunkähnlichen Kommunikation und sind daher verfassungskonform. (b) Abschwächung der Staats- und Gruppenfreiheit Dem Prinzip der Staats- und Gruppenfreiheit wird das LMG bei den rundfunkähnlichen Kommunikationsdiensten nach § 40 11 nur in abgeschwächter Form gerecht. Es schließt nicht den Staat als solchen von der Veranstaltung aus, sondern verlangt lediglich, daß der Staat und einzelne gesellschaftliche Kräfte keinen beherrschenden oder ungleichgewichtigen Einfluß auf die rundfunkähnlichen Kommunikationsdienste in ihrer Gesamtheit erlangen dürfen. Nach § 45 I dürfen Gebietskörperschaften und die ihnen zuzurechnenden juristischen Personen, soweit sie damit ihre Aufgaben erfüllen oder im zulässigen Rahmen über ihre Tätigkeit informieren, Textdienste, und über § 51 auch Ton- und Bewegtbilddienste auf Abruf veranstalten; sie dürfen nach § 4011 dabei lediglich keinen vorherrschenden Einfluß auf die Meinungsbildung erhalten. Begründet wird dies im wesentlichen damit, daß bei den Textdiensten, anders als beim Rundfunk, von vorneherein die Vielfaltsbedingungen der Presse herrschen. 156 Diese Regelung erscheint so lange unproblematisch, wie sich die Gebietskörperschaften im Rahmen des zugestandenen Veranstaltungsrechts bewegen und damit in meinungsbildender Hinsicht nicht die gleiche Qualität erlangen, wie der Rundfunk. Verläßt der Veranstalter die Grenzen des § 45 I iVm. § 40 11, so kommen die Aufsichtsrnaßnahmen des § 47 als Regulativ in Betracht. Insofern ist die Abschwächung des Staats- und Gruppenfreiheitsprinzips bei den Textdiensten und dem Ton- und Bewegtbilddienst auf Abruf verfassungskonform.
(10) Resümee des Zulassungsverfahrens Der Gesetzgeber hat mit den Zugangsregelungen im LMG einen Teil der vom BVerfG geforderten positiven Ordnung geschaffen und ist damit seinem Ausgestaltungsauftrag in formeller Hinsicht gerecht geworden. In materieller Hinsicht hat sich der Gesetzgeber bei der Fassung der Zugangsregelungen mittels Einigung, bzw. Auswahl eng an die Vorgaben des BVerfG gehalten. Die vom BVerfG im Rahmen des Gleichheitssatzes des Art. 3 I GG und dem Prinzip der Chancengleichheit aufgestellten Modelle des Rundfunkzugangs 157 hat der Gesetzgeber beide verwirklicht. Während im Einigungsverfahren im Hörfunk unter den Bewerbern noch die Aufteilung der Sendezeit, bzw. eine gemeinsame Programmveranstaltung möglich ist, sieht die Auswahlregelung für den Fall des Scheiterns LT -Drs. 9/955, S. 100. 157 Vgl. BVerfDE 57, 295, 327. 156
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E. Die Ausgestaltung der verfassungsrechtlichen Grundprinzipien im LMG
der Einigungsbemühungen nur noch die Auswahl unter den Bewerbern anhand der Kriterien des § 21 11 - IV vor. Diese Kriterien gewährleisten Chancengleichheit und sind sachgerecht, da sie sich an der Vielfaltsleitlinie des § 15 ausrichten. Zwar ist der LfK im Rahmen des Auswahlverfahrens ein Auswahlermessen in der Form einer Vielfaltsprognose eingeräumt, doch wird insbesondere diese Prognose vom BVerfG als sachgerechtes Auswahlkriterium angesehen. ISS Auch im Bereich der rundfunkrechtlichen Kommunikation hat sich der Gesetzgeber im verfassungskonformen Bereich bewegt. Das Auswahlverfahren des LMG entspricht den verfassungsgerichtlichen Vorgaben und ist mit dem Prinzip der Staatsfreiheit vereinbar. Aufgrund der länderstaatsvertraglichen Neuschaffung des Mediendienste-StV und des im Rahmen des Informations- und Kommunikationsdienstegesetzes des Bundes verabschiedeten Teledienstegesetzes bedarf es im vorbezeichneten Bereich des LMG normkonkretisierender und -korrigierender Novellierungen. cc) Sonderfall der Weiterverbreitung l59 Ein gesetzlicher Sonderfall des Zugangs zur Rundfunkveranstaltung im Geltungsbereich des LMG ist die, der Ausgestaltungsbefugnis zuzurechnende l60 Weiterverbreitung l61 nach den §§ 11 ff, die der Vollständigkeit halber kurz angesprochen werden soll. Nach § 11 I können Rundfunkprogramme und Zugriffsdienste aus anderen Bundesländern, Fernsehprogramme und Zugriffsdienste aus Staaten, fiir die das Europäische Übereinkommen über das grenzüberschreitende Fernsehen vom 5. Mai 1989 gilt, sowie ortsüblich empfangbare Rundfunkprogramme und Zugriffsdienste, die bereits ein Zulassungsverfahren durchlaufen haben und damit in rechtlich zulässiger Weise verbreitet werden, ohne gesondertes, d.h. nochmaliges Zulassungsverfahren in Kabelnetzen weiterverbreitet werden. § 11 privilegiert jedoch nur die zeitgleiche und unveränderte Weiterverbreitung, da zeitversetzte oder veränderte Verbreitung eine selbständige Neuveranstaltung darstellt, die dem Zulassungsvorbehalt des § 19 I unterfällt. 162 Eine völlige Freigabe ohne gesetzliche Bindungen ist nicht möglich, da der Gesetzgeber dafiir verantwortlich ist, daß auch die durch Kabel verbreiteten Programme und Dienste der Rundfunkfreiheit nicht zuwiderlaufen. Es müssen daher die programmlichen Mindestanforderungen der sachgemäßen, umfassenden und wahrheitsgemäßen Information erfiillt sowie ein Mindestmaß an gegenseitiger 158
BVerfGE 83, 238, 320.
Vgl. hierzu grundlegend v.Holtzbrinck, Definitions- und Rangfolgeprobleme bei der Einspeisung von Rundfunkprogrammen in Kabenanlagen, S. 27 ff. 160 BVerfGE 73, 118, 198. 159
161
Die Weiterverbreitung findet ihre Grundlage in § 52 RfStV.
162
Birkert, Landesmediengesetz, § 11, Rn. 2.
IV. Das Prinzip der Staatsfreiheit im Landesmediengesetz
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Achtung gewahrt sein und effektive Rechtsschutzmöglichkeiten bestehen. 163 § 12 erfaßt die nicht nach § 11 verbreiteten Programme und unterwirft deren Veranstaltung rechtlichen Bindungen zur Sicherung der Rundfunkfreiheit, ohne jedoch ein formalisiertes Zulassungsverfahren vorzuschreiben. Das LMG läßt eine Anzeigepflicht des Veranstalters gegenüber der LfK ausreichen. Stellt die LfK im Rahmen der Rundfunkaufsicht jedoch Verstöße fest, so steht ihr nach § 13 die Möglichkeit der Untersagung offen, wobei im Falle des § 13 I die Weiterverbreitung zwingend zu untersagen ist. dd) Resümee der Vorschriften über den Rundfunkzugang Das LMG hat mit den vorgenannten Vorschriften die vom BVerfG geforderte positive Ordnung, die auch den Rundfunkzugang regeln soll, formell geschaffen und wird mittels der ergangenen Regelungen auch materiell den Anforderungen des BVerfG an die Ausgestaltung der Normen über den Zugang zur Rundfunkveranstaltung gerecht. c) Rundfunkkontrolle als Rundfunkaufsicht i.e.S.
Das BVerfG verlangt im Rahmen des legislativen Ausgestaltungsauftrages die Normierung einer begrenzten Staatsaufsicht, die - nur - der Aufgabe zu dienen hat, die Einhaltung der zur Gewährleistung der Rundfunkfreiheit ergangenen Bestimmungen durch die Rundfunkveranstalter sicherzustellen. 164 Diese wird als Rundfunkaufsicht i.e.S. im Sinne einer Rechtsaufsicht verstanden. Hierzu ist es erforderlich, daß Kontroll- bzw. Aufsichtsrnaßstäbe geschaffen, und, rur den Fall der Verletzung dieser, entsprechende Aufsichtsmittel normiert werden. aa) Abstrakter Aufsichtsrnaßstab Abstrakter Aufsichtsrnaßstab ist der vom BVerfG geforderte Grundstandard gleichgewichtiger Vielfalt bei den privaten Veranstaltern, der jedoch nur so lange Geltung haben kann, wie die Grundversorgung durch die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten geWährleistet ist. 165 Die Durchsetzung dieses Grundstandards obliegt dem Gesetzgeber durch materielle, organisatorische und prozedurale
163
200 f. 164
165
Birkert, Landesmediengesetz, § 11, Rn. 1 unter Hinweis auf BVerfGE 73, 118, BVerfGE 57, 295, 326; 12,205,262. BVerfGE 83, 238, 316.
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E. Die Ausgestaltung der verfassungsrechtlichen Grundprinzipien im LMG
Regelungen mittels einer laufenden Kontrolle. l66 Im Rahmen der Durchsetzung hat der Gesetzgeber das aus dem Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 GG folgende Verhältnismäßigkeitsprinzip zu beachten. Dieses verlangt, daß Aufsichtsmittel entsprechend der Schwere der Verletzung nur stufenweise eingesetzt werden dürfen, d.h. Überwachungs- vor Eingriffsmittel. Wie nun der Grundstandard gleichgewichtiger Vielfalt und die Aufsichtsmittel konkret auszusehen haben, obliegt dem Ausgestaltungsermessen des Gesetzgebers im Rahmen seines Ausgestaltungsauftrages. bb) Konkreter Aufsichtsmaßstab und Aufsichtsmittel Konkreter Aufsichtrnaßstab sind die aus den Grundsätzen des § 15 folgenden Vorschriften, d.h. sämtliche rechtlichen Bindungen der privaten Veranstalter zur Gewährleistung des Grundstandards gleichgewichtiger Meinungsvielfalt. Neben dem Grundsatz der Staats ferne der Aufsicht muß das Gebot der Programmfreiheit beachtet werden, das die Aufsicht auf eine reine Rechtsaufsicht gegenüber den Veranstaltern beschränkt. Rechtsaufsichtsnormen können daher nach § 37 nicht nur landesmediengesetzliche Normen, sondern auch materielle Rechtsvorschriften (Nutzungsplan) oder Entscheidungen (Auflagen bei der Zulassung) sowie allgemeine Rechtsvorschriften sein. 167 Bei den Aufsichtsmitteln müssen unter dem Gesichtspunkt der Rechtsaufsicht zwei Gruppen unterschieden werden. Einerseits die Sanktionsmittel, die die Rechtrnäßigkeit der Zulassung als solche zum Zeitpunkt der Entscheidung unberührt lassen und lediglich Verstöße eines privaten Veranstalters gegen Rechtsvorschriften zum Ziel haben; bei diesen gilt es zu differenzieren in Überwachungsund Eingriffsmittel. Andererseits das Aufsichtsmittel, das, ohne konkrete Rechtsverstöße der Veranstalter zu rügen, unmittelbar an die Rechtrnäßigkeit der Zulassung als solcher im Entscheidungszeitpunkt anknüpft. Zuständiges Organ zur Überwachung der privaten Veranstalter ist die LfK nach § 37.
(I) Überwachungsmittel Nach § 38 stehen der LfK drei, in der Qualität gestaffelte Aufsichtsmittel in der Form von Überwachungsmitteln zu. Abs. 1 gewährt der LfK gegen den privaten Veranstalter einen Auskunftsanspruch zur wirksamen Erfüllung des
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BVerfGE 83, 238, 316.
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Birkert, Landesmediengesetz, § 37.
IV. Das Prinzip der Staatsfreiheit im Landesmediengesetz
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Überwachungsauftrages. Abs. 2 regelt die förmlichen Aufsichtsrnaßnahmen. 168 Zum einen kann die LfK nach S. 1 eine "Abmahnung" gegenüber dem privaten Veranstalter aussprechen, verbunden mit der Aufforderung den konkreten Verstoß nicht fortzusetzen bzw. künftig zu unterlassen. Andererseits kann aber auch bei schweren Verstößen gegen rechtliche Bindungen des LMG eine formliche Beanstandung mit dem Hinweis auf weitergehende Rechtsfolgen ausgesprochen werden. (2) Eingriffsmittel (a) Ordnungswidrigkeits- und Strafbestimmungen Bei den Eingriffsmitteln stehen als weniger schwere die Ordnungswidrigkeitsund Strafbestimmungen der §§ 89, 90. Die Festsetzung einer Geldbuße bis zu 50.000 DM gegen den verantwortlichen Redakteur, bzw. den Veranstalter kann durch die LfK vorgenommen werden, wenn sich die LfK, dem Opportunitätsprinzip folgend, nach der Ausübung pflichtgemäßen Ermessens zum Eingriff entschlossen hat (§ 47 I OWiG).169 Die Geldbuße kann auch neben einer anderen Aufsichtsmaßnahme festgesetzt werden. § 89 I enthält in Anlehnung an § 20 11 LPresseG eine strafrechtliche Sonderhaftung des verantwortlichen Redakteurs, bzw. Veranstalters. (b) Widerruf der Zulassung Das schärfste der LfK zur Verfügung stehende Mittel gegenüber einem privaten Veranstalter ist der Widerruf der Zulassung nach § 30, der lex specialis zu § 49 LVwVfG ist. Die Norm unterscheidet zwischen gebundenen und ermessensbedingten Widerrufstatbeständen. Zu den gebundenen Widerrufstatbeständen gehören § 30 I, III, IV. Diese im Verhältnis zu § 49 LVwVfG wesentlich schärfere Normierung gründet sich auf die im Tatbestand bezeichneten Widerrufsgründe, die sämtlich im Bereich des Lizenznehmers liegen und von diesem zu vertreten sind. Bei den anderen Tatbeständen des § 30 obliegt der LfK ein Ermessenspielraum. In allen ist Fällen jedoch nach § 28 L VwVfG eine vorherige Anhörung der Betroffenen durchzuführen; teilweise ist eine Frist zur Behebung des Verstoßes zu setzen, bei Abs. 1 Nr. 2 muß zuvor eine förmliche Beanstandung erlassen worden sein. Weitere Widerrufstatbestände finden sich in den §§ 23 11, 24 V 2, 28 IV, 31 I 3; ein nur zeitlich befristetes Sendeverbot ist nicht vorgesehen. Alle Widerrufsgründe betreffen nur nachträgliche Veränderungen. Stellt sich heraus, daß die Zulassungsvoraussetzungen bereits bei der Lizenzierung nicht gegeben 168 169
Birkert, Landesmediengesetz, § 38, Rn. 4. Birkert, Landesmediengesetz, § 90, Rn. 1.
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E. Die Ausgestaltung der verfassungsrechtlichen Grundprinzipien im LMG
waren, ist die Zulassung nach § 29 zurückzunehmen. 170 Dem Widerruf der Zulassung für Rundfunkveranstalter steht die Untersagung nach § 47 für die Veranstaltung von Textdiensten gleich. (3) Sonderfall: Rücknahme der Zulassung Kein Aufsichtsmittel iSd. oben angesprochenen Sanktionsmittel gegen Normverstöße ist die Rücknahme der Zulassung nach § 29, da die Zulassung von vorneherein rechtswidrig war und insofern mit der Rücknahme nur eine Korrektur der Entscheidung zur Bereinigung der Rechtslage ergeht. Nach § 1 I L VwVfG verdrängt § 29 die Regelung des § 48 LVwVfG, da § 29 zwingend die Rücknahme der von vorneherein rechtswidrigen Zulassung vorsieht. Entgegen § 48 LVwVfG steht der LfK im Rahmen des § 29, I kein Rücknahmeermessen zu. Die zwingende Rücknahme entspricht zwar dem Gesetzmäßigkeitsgebot und liegt im öffentlichen Interesse an der Verhinderung einer, mit der Medienordnung nicht zu vereinbarenden, möglicherweise auch vielfaltsgefährdenden Rundfunkveranstaltung. 171 Dieses ist jedoch unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes verfassungsrechtlich bedenklich. Grundsätzlich handelt es sich bei der Lizenz für die Veranstaltung von Rundfunk um einen begünstigenden Verwaltungsakt. Im Rahmen der Entscheidung über eine Rücknahme führt das Rechtsstaatsgebot und das aus ihm folgende Prinzip der Beachtung des Vertrauensschutzes zu einer im Einzelfall vorzunehmenden Prüfung, ob die Belange des Allgemeinwohls oder die Interessen des Einzelnen am Fortbestehen einer Rechtslage, auf die er sich eingerichtet und auf deren Fortbestand er vertraute, den Vorrang verdienen. 172 Eine solche Ermessensprüfung sieht § 29, 1 jedoch nicht vor und widerspricht für den Fall eines schutzwürdigen Interesses eines Lizenznehmers insoweit dem Rechtsstaatsprinzip. Um nun den Vorwurf der Rechtsstaatswidrigkeit zu umgehen, muß § 29, 1 dahingehend verfassungskonform ausgelegt werden, daß in den Fällen des besonderen Vertrauensschutzes zugunsten eines lizenzierten Veranstalters - unter Ergänzung durch die Grundsätze des § 48 LVwVfG - von einer zwingenden Rücknahme Abstand genommen wird. 173 Dies kann jedoch nur dann gelten, wenn die Gefährdung für die Rundfunkfreiheit durch den Fortbestand der rechtswidrigen Zulassung objektiv gering ist und keinen, die Verwaltung in ihrer Entscheidungsunabhängigkeit bindenden Präzidenzfall schafft. § 29, 2 schließt einen Vermögensausgleich iSd. § 48 III LVwVfG aus, da der Veranstalter die Rücknahme zu vertreten habe, wenn er die fehlenden gesetzli170 Birkert, Landesmediengesetz, § 30, Rn. 1; vgl. zu den Widerrufstatbeständen im einzelnen Rn. 2 ff. 17\ Birkert, Landesmediengesetz, § 29, Rn. 1.
172
BVerfGE 59, 128, 166.
173
Kopp, VwVfD, § 48, Rn. 110.
IV. Das Prinzip der Staatsfreiheit im Landesmediengesetz
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chen Voraussetzungen nicht innerhalb der ihm gesetzten Frist erfüllt. 174 Auch diese Regelung ist unter dem Gesichtspunkt eines besonderen Vertrauenstatbestandes zugunsten eines zugelassenen Veranstalters problematisch. Auch hier muß im Einzelfall, um dem verfassungsrechtlichen Prinzip des Vertrauensschutzes gerecht zu werden, im Wege der verfassungskonformen Auslegung ein Rückgriff auf § 48 III L VwVfG möglich sein. Fraglich bleibt nun noch die Anwendung der Jahresfrist des § 48 IV LVwVfG innerhalb derer die Rücknahme erfolgen kann. Aus der Systematik der gebundenen Entscheidung verzichtet § 29 auf eine solche. Im Interesse der Rechtssicherheit und eines angemessenen Vertrauensschutzes des Veranstalters dürfte die ergänzende Anwendung des § 48 LVwVfG jedoch auch diese Ausschlußfrist umfassen. 175 Insoweit lassen sich berechtigte verfassungsrechtliche Bedenken im im Wege einer verfassungskonformen Auslegung des § 29 ausräumen. § 29 ist demnach verfassungsgemäß. cc) Effektivität der Aufsicht Angesichts der großen Zahl der zu überwachenden Veranstalter drängt sich die Frage der Effektivität der Rundfunkaufsicht auf. Werden die vorgenannten Aufsichtsmaßnahmen ergriffen, so laufen diese regelmäßig den Interessen der privaten Veranstalter zuwider. Da Aufsichtshandeln der gerichtlichen Kontrolle unterliegt, ist es letztendlich ein Entscheiden unter Unsicherheit. 176 Ein weiteres Problem besteht darin, daß überregional tätige Rundfunkveranstalter in verschiedenen Bundesländern agieren, in denen teilweise unterschiedliche Aufsichstmaßstäbe gelten, so daß sie gelegentlich die Chance haben, die Aufsichtsinstanzen der Bundesländer gegeneinander auszuspielen. 177 Von großer Bedeutung ist daher eine enge Zusammenarbeit der Landesmedienanstalten untereinander und der Erlaß gemeinsamer Richtlinien auf der Grundlage des RfStV. Kontraproduktiv wirkt hierbei Konsensunfähigkeit insbesondere dann, wenn im Ergebnis eine Landesmedienanstalt die Entscheidung einer anderen im Wege der Verfassungsbeschwerde angreift. Wichtige Zukunftsaufgabe ist die Bekämpfung der zunehmender Konzentrationsprozesse auch im privaten Rundfunk. Wenngleich das Phänomen der Konzentration ein Merkmal einer marktwirtschaftlichen Ordnung ist, und diese, wie im Pressebereich, der Vielfalt des Meinungsangebots nicht geschadet hat, so stellt sich die Lage im Rundfunkbereich aufgrund der verfassungsgerichtlichen 174
LT-Drs. 9/5076, S. 17.
Birkert, Landesmediengesetz, § 29, Rn. 3. Hoffmann-Riem, Der Schutz der Meinungsbildungsfreiheit, in: BfpB, S. 99. 177 Hoffmann-Riem, Der Schutz der Meinungsbildungsfreiheit, in: BfpB, S. 99.
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E. Die Ausgestaltung der verfassungsrechtlichen Grundprinzipien im LMG
Vorgaben anders dar. Wesentliche Grundlage der Konzentrationsbekämpfung ist das Wissen um die Eigentums- und Anteilsverhältnisse der privaten Veranstalter. Hier steht die LfK vor dem Problem, daß die wahren Einflußverhältnisse über Strohmänner und komplizierte Verschachtelungen derart undurchsichtig sind, daß häufig keine hinreichenden Einblicke zu erhalten sind. 178 Dieses Problem ist von den Regierungschefs der Länder gesehen worden, was zur Normierung einer "Kommission zur Ermittlung der konzentration im Medienbereich (KEK)" in § 35 RfStV geführt hat. Die KEK besteht aus sechs Sachverständigen des Rundfunk- und des Wirtschaftsrechts, die durch die Ministerpräsidenten der Länder auf fünf Jahre berufen werden. Die KEK finanziert sich aus einem Anteil des nach § 10 RfFinanzierungsStV den Landesmedienanstalten zustehenden Anteils. Parallel dazu bildet § 35 RfStV die "Konferenz der Direktoren der Landesmedienanstalten (KDLM)", die über die bisherige Vorschrift der Zusammenarbeit der Landesmedienanstalten nach § 30 RfStV a.F. 179 hinausgeht und aus den jeweiligen gesetzlichen Vertretern der Landesmedienanstalten besteht. Gemeinsame Aufgabe ist nach § 36 I RfStV die abschließende Beurteilung von Fragestellungen der Sicherung von Meinungsvielfalt im Zusammenhang mit der bundesweiten Veranstaltung von Fernsehprogrammen. Welcher Erfolg diesen vielfaltssichernden Einrichtungen zukommt, wird die Zukunft zeigen. Angesichts des sich immer weiter internationalisierenden Rundfunkmarktes, sei es durch direkteinstrahlende Satelliten oder durch die Beteiligung internationaler Medienkonzerne an deutschen Rundfunkveranstaltern, stellt sich die Frage, inwieweit die nationalen deutschen Vorschriften überhaupt in der Lage sind, das vom BVerfG kunstvoll aufgebaute nationale Rundfunkkonzept gegen Einflüsse von außen, die unmittelbar den Prinzipien der Gruppenfreiheit oder des Pluralismus zuwiderlaufen, zu verteidigen. 18o Letztendlich unter den aktuell gegebenen Voraussetzungen wohl überhaupt nicht, da weder technisch gegen einen über Satellit einstrahlenden, noch rechtlich gegen einen im Heimatland nach nationalem Standard zugelassenen Veranstalter von Deutschland aus vorgegangen werden kann. Die Lösung kann demnach nicht auf nationaler, sonder nur auf internationaler Ebene gesucht werden. So könnte man auf europäischer Ebene an die Einrichtung einer europäischen Medienzentrale denken, die gesondert supranationale Medienunternehmen überwacht. Auch muß über europäische Rechtssetzungen eine weitgehende Harmonisierung der nationalen Rund178 Hoffmann-Riem, Der Schutz der Meinungsbildungsfreiheit, in: BfpB, S. 99 unter Hinweis auf Hoffmann-Riem, Möglichkeiten und Effektivität der Rundfunkaufsicht, in: Hellstein, Bd. III, S. 252 ff. 179 Bislang erfolgte die Zusammenarbeit unter den Landesmedienanstalten im Rahmen einer gemeinsamen Konzentrationsprüfung durch eine nach § 30 11 RfStV eingesetzte gemeinsame Stelle, vgl. Haeckel, Konzentrationskontrolle im privaten Rundfunkmarkt, in: DLM-Jahrbuch 1992, S. 21 f. 180 Zu den Problemen und Handlungsmöglichkeiten vgl. Geppert, Europäischer Rundfunkraum und nationale Rundfunkaufsicht, S. 124 ff.
v. Das Prinzip der Gruppenfreiheit im Landesmediengesetz
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funkordnungen in einem gemeinsamen europäischen Markt angestrebt werden, wenngleich auf deutscher Seite dann mit dem Traum von einer, auf hohem kommunikativen und meinungsbildenden Niveau existierenden Medienordnung Schluß sein dürfte. dd) Resümee der Vorschriften über die Rundfunkaufsicht i.e.S. Das LMG wird den vom BVerfG als abstrakter Aufsichtsrnaßstab aufgestellten Forderungen in vollem Umfang gerecht. Die Vorschriften sind mit dem Prinzip der Staatsfreiheit vereinbar, wenngleich die Effektivität dieser Normen zwar gegenüber dem lokalen oder regionalen Hörfunkveranstalter ausreicht, aber gegenüber einem bundesweiten oder multinationalen Medienkonzern sowie einem aus dem Ausland einstrahlenden Veranstalter versagt. 4. Resümee der Vorschriften zum Prinzip der Staatsfreiheit Das LMG formt die Vorschriften zum Prinzip der Staatsfreiheit sehr differenziert aus und setzt damit ein deutliches Gewicht auf die Einhaltung dieser wesentlichen verfassungsgerichtlichen Forderung. Im Widerspruch zum Prinzip der Staats freiheit steht aus den Regelungen über die staatsfreie Rundfunkveranstaltung der fehlende Auschluß des Parlaments von der Programmträgerschaft sowie die Zulässigkeit der Lizenzträgerschaft von Parteien; darüber hinaus ist es erforderlich, auch Unternehmen und Vereinigungen, die unmittelbarem Parteieinfluß unterstehen, von der Rundfunkveranstaltung auszuschliessen. Im Bereich der staatsfernen Rundfunkaufsicht bestehen gegenüber dem geteilten Wahlmodus der Vorstandsmitglieder der LfK sowie gegenüber der Öffnung des Vorstands gegenüber staatlichen Bediensten erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken. Bei der Regelung der Rücknahme der Veranstaltungs lizenz ist eine KlarsteIlung im Hinblick auf eine Rückgriffsmöglichkeit auf die verfassungskonforme Regelungen des § 48 LVwVfG notwendig.
v. Das Prinzip der Gruppenfreiheit im Landesmediengesetz Weiteres wesentliches Strukturprinzip einer verfassungsgemäßen Rundfunkordnung ist das in § 15 11 2 Nr. 3 benannte Prinzip der Gruppenfreiheit.
1. Verfassungsrechtliche Anforderungen Das BVerfG hält den Ausschluß staatlicher Eingriffe nicht für ausreichend zur Sicherung der Funktion der Rundfunkfreiheit, da sodann der Rundfunk der Ge12*
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E. Die Ausgestaltung der verfassungsrechtlichen Grundprinzipien im LMG
fahr ausgesetzt sein würde, dem freien Spiel der Kräfte überlassen zu sein. Dies birgt nach Auffassung der Karlsruher Richter wiederum die Gefahr in sich, daß auf Verbreitung angelegte Meinungen von der öffentlichen Meinungsbildung ausgeschlossen werden, wenn einzelne Meinungsträger, die sich im Besitz von Sendefrequenzen und Finanzmitteln befinden, an der öffentlichen Meinungsbildung vorherrschend mitwirken und letztlich die Entscheidung darüber haben, welche Meinung an den Rezipienten herangestragen wird, und welche nicht. Das BVerfG verlangt daher, daß der Rundfunk nicht einer oder einzelnen gesellschaftlichen Gruppen ausgeliefert wird. lsl Das heißt nicht, daß die gesellschaftlich relevanten Gruppen und Kräfte von der Rundfunkveranstaltung ausgeschlossen werden, es muß vielmehr das freie Spiel der Kräfte ausgeschlossen werden. IS2 Diesen Ausschluß hat der Gesetzgeber mittels einer positiven Ordnung sicherzustellen. Wie der Gesetzgeber im Rahmen seines Ausgestaltungsauftrages diese Sicherstellung leistet, ist Sache seines Ausgestaltungsermessens.
2. Grundlegende gesetzliche Normierung Das Prinzip der Gruppenfreiheit findet seine grundlegende Normierung in der Leitvorschrift des § 15, der in seinem Abs. 2 S. 2 Nr. 3 verlangt, daß einzelne gesellschaftliche Kräfte keinen vorherrschenden oder sonst in in hohem Maße ungleichgewichtigen Einfluß auf den Rundfunk in seiner Gesamtheit haben dürfen. Diese Formulierung zeigt, daß die gesellschaftlichen Kräfte nicht von der Rundfunkveranstaltung ausgeschlossen werden sollen; es soll vielmehr eine monopolisierende Stellung, und damit die Gefahr der Meinungsübermacht einzelner Kräfte ausgeschlossen sein. Konkrete Ausformungsnormen im LMG iSd. vom BVerfD geforderten positiven Ordnung sind daher alle diejenigen, die unmittelbar, bzw. mittelbar der Gefahr der Meinungsübermacht einzelner und damit einer Konzentration von Meinung und Meinungsmacht entgegenwirken. Dies sind insbesondere die Regelungen der §§ 21 III u. IV, 22, 24,183 wobei dem § 22 als rundfunkrechtlicher Konzentrationssperre ls4 wesentliche Bedeutung zukommt. Der Gesetzgeber hat mit diesen Normen formell eine positive Ordnung geschaffen; im folgenden sollen diese konzentrationshindernden Vorschriften einer näheren Betrachtung unterzogen werden.
BVerfGE 57, 295, 325. 182 BVerfGE 31, 314, 325. 181
183
Vgl. Birkert, Landesmediengesetz, § 15, Rn. 6.
184
Bullinger / Gödel, Landesmediengesetz, § 19, Rn. 1 u. 2.
V. Das Prinzip der Gruppenfreiheit im Landesmediengesetz
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3. Rundfunkrechtliche Konzentrationssperre des § 22 Nach § 22 I darf ein privater Rundfunkveranstalter mit einem Voll- oder Spartenprogramm nicht für ein Verbreitungsgebiet zugelassen werden, wenn in diesem bereits ein von ihm veranstaltetes Programm verbreitet oder weiterverbreitet wird, bzw. ortsüblich empfangbar ist.
a) Ausschluß des Entstehens vorherrschender Meinungsmacht Diese Konzentrationssperre soll verhindern, daß einzelne Personen und Unternehmen einen wesentlichen Einfluß auf mehr als ein Voll- bzw. Spartenprogramm erhalten und dadurch eine vorherrschende Meinungsmacht entsteht.'85 § 22 stellt bei der Betrachtung nicht auf die gesamte Rundfunklandschaft, sondern auf das jeweilige Verbreitungsgebiet ab, wobei nach § 22 IV mindestens ein Drittel der Einwohner des zu beurteilenden Verbreitungsgebiets das entsprechende Programm empfangen können müssen. Anknüpfungspunkt ist jedoch nicht das bestimmte Verbreitungsgebiet an sich, sondern die tatsächliche Empfangbarkeit des Programms in einem Verbreitungsgebiet.'86 § 22 unterscheidet zwischen Einflüssen unmittelbarer (Abs. 1) und mittelbarer (Abs. 2) Mehrfachveranstaltung sowie dem Fall der Hörfunkprogrammzulieferung (Abs. 3).'87 aa) Unmittelbare Mehrfachveranstaltung Nach § 22 I darf kein privater Bewerber in einem Verbreitungsgebiet zugelassen werden, wenn dieser dort bereits ein von ihm veranstaltetes entsprechendes Programm aufgrund landesrechtlicher Zulassung verbreitet (Ziff. 1) oder weiterverbreitet (Ziff. 2) bzw. ein solches bereits ortsüblich terrestrisch empfangbar ist (Ziff. 3). Entsprechend der in § 20 gewählten Differenzierung der Art der Zulassung unterscheidet auch § 22 I zwischen Hörfunk und Fernsehen sowie Voll- und Spartenprogramm. Der Ausschluß bezieht sich aber nur auf ein entsprechendes'88 Programm, so daß im Ergebnis der Veranstalter eines bundesweit herangeführten Hörfunkvollprogrammes nicht für ein lokales Hörfunkvollprograrnm, sondern allenfalls für ein Sparten- oder ein Fernsehprogramm zugelassen werden kann.'89 Aufgrund der Differenzierung in Hörfunk- und Fernsehpro185 Birkert, Landesmediengesetz, § 22, Rn. 1. 186 LT-Drs. 9/955, S. 86. 187 Birkert, Landesmediengesetz, § 22, Rn. 1. 188 Darunter fällt nicht das identische Programm, das nach den Grundsätzen über die
Weiterverbreitung behandelt wird. 189 Birkert, Landesmediengesetz, § 22, Rn. 3.
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E. Die Ausgestaltung der verfassungsrechtlichen Grundprinzipien im LMG
gramm einerseits sowie Voll- und Spartenprogramm andererseits und der Verknüpfung dieser Elemente tritt der Gesetzgeber der Gefahr, daß sich mehr als eine Rundfunklizenz unmittelbar in einer Hand befindet und damit Rundfunkveranstaltung von einzelnen, bzw. einzelnen Gruppen bestimmt werden kann, entgegen. bb) Mittelbare Mehrfachveranstaltung Zur Vermeidung von Gesetzesumgehungen erfaßt § 22 11 nicht nur mittelbare Veranstalter, sondern auch "doppelte" mittelbare Veranstalter, die ohne eigene Zulassung Einfluß auf mehrere zugelassene Veranstalter ausüben. l90 Mittelbare Veranstalter sind verbundene Unternehmen iSd. §§ 15 ff AktG,191 wie auch diejenigen, die in sonstiger Weise einen wesentlichen Programmeinfluß ausüben können oder unter dem entsprechenden Einfluß des Inhabers einer Zulassung stehen. Das freie Spiel der Kräfte mittels gesellschaftsrechtlicher Beteiligungen kann und will das LMG nicht unterbinden, es will jedoch verhindern, daß einzelne aufgrund von Beteiligungsverhältnissen ihre dominante wirtschaftliche Stellung auch zu einer meinungsmäßigen ausbauen. Zur Absicherung dieses weitgehenden Einflußausschlusses hängt das LMG die Grenze der Beteiligung an der Gesellschaft bzw. dem Programm mit einem Zehntel sehr niedrig auf. Zentrales Problem ist jedoch auch hier die Frage nach einer effektiven Kontrolle, da es für die Unternehmen viele Möglichkeiten gibt, die wahren Einflußverhältnisse über Strohmänner, komplizierte Verschachtelungen und Beherrschungsverträge zu verschleiern, daß die Aufsichtsinstanz häufig keine hinreichenden Einblicke erhalten kann. 192 cc) Ausnahmeregelung Nach § 22 IV 2 muß die LfK im Falle des Ausschlusses nach Abs. I oder 2 zwingend prüfen, ob nicht eine Ausnahme zu machen ist, falls der Veranstalter mittels der Bildung eines binnenpluralen Programmbeirats sicherstellt, daß er nicht einen vorherrschenden Einfluß auf die Meinungsbildung im Verbreitungs190
Birkert, Landesmediengesetz, § 22, Rn. 4.
Dies sind rechtlich selbständige Unternehmen, die im Verhältnis zueinander in Mehrheitsbesitz stehende Unternehmen und mit Mehrheit beteiligte Unternehmen (§ 16 AktG), abhängige und herrschende Unternehmen (§ 17 AktG), Konzernunternehmen (§ 18 AktG), wechselseitig beteiligte Unternehmen (§ 19 AktG) oder Vertragsteile eines Unternehmensvertrages (§§ 291, 292 AktG) sind. 191
192 Hoffmann-Riem, Der Schutz der Meinungsbildungsfreiheit im privaten Rundfunk, in: BfpB, S. 99 sowie Hoffmann-Riem, Möglichkeiten und Effektivität der Rundfunkaufsicht, in: Hellstein, Bd. III, S. 252 ff.
V. Das Prinzip der Gruppenfreiheit im Landesmediengesetz
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gebiet hat, wobei der LfKjedoch ein wertender Prognosespielraum bezüglich der Effektivität dieses Sicherungsinstruments zukommt. 193 Eine solche Ausnahmeregelung unterliegt nach Abs. 4 S. 3 der Zustimmungsbedürftigkeit des Medienrates.
b) Sonderregelungfor den Hörfunk § 22 II 2, III trifft eine umfangreiche und abschließende Sonderregelung für Programmzulieferungen im Hörfunkbereich, die die programmliche Zusammenarbeit der privaten Veranstalter erleichtern SOll194 und auf diese Weise wirtschaftlichkeitsrelevante Aspekte neben Vielfaltserwägungen stellt. Eine solche Einbeziehung von kostenminimierender programmlicher Zusammenarbeit stößt verfassungsrechtlich solange nicht an die durch das Gebot der Meinungsvielfalt gezogene Grenze, wie nur wenige Einzelbeiträge, nicht aber ganze Programmteile und Sendungen übernommen werden. Diese Sonderregelung steht letztlich auch im Kontext mit der Rechtsprechung des BVerfG, die es erlaubt, auch wirtschaftliche Aspekte in die Frage der konkreten Ausgestaltung der Rundfunkordnung einzustellen. 195
c) Verhältnis zum Wettbewerbsrecht l96 Die wettbewerbsrechtlichen Konzentrationsbeschränkungen der §§ 23 ffGWB bleiben von der medienrechtlichen Regelung des § 22 unberührt. 197 Dies ergibt sich aus § 25 IV, der aufwettbewerbsrechtliche Vorschriften verweist. Ein Rückgriff auf wettbewerbsrechtliche Normen ist verfassungsrechtlich unbedenklich; 198 nach Auffassung des Landesgesetzgebers ergänzen sich wettbewerbsrechtliche und medienrechtliche Konzentrationssperren. l99
193
Birkert, Landesmediengesetz, § 22, Rn. 7.
195
Birkert, Landesmediengesetz, § 22, Rn. 5; vgl. hier auch zu den Einzelregelungen. Vgl. BVerfGE 83, 238, 329.
196
Vgl. Bethge, Landesrundfunkordnung und Bundeskartellrecht, S. 29 ff.
194
Birkert, Landesmediengesetz, § 22, Rn. 1; Bullinger / Gödel, Landesmediengesetz, § 19, Rn. 1. 198 V gl. BVerfGE 73, 118, 173 f. 197
199
LT -Drs. 9/955, S. 59.
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E. Die Ausgestaltung der verfassungsrechtlichen Grundprinzipien im LMG
4. Weitere Regelungen zur Sicherung der Gruppenfreiheit Neben der zentralen Sicherungsnorm des § 22 kommt noch weiteren gesetzlichen Regelungen Bedeutung zu. a) Auswahlgrundsätze des § 21 III und IV Die bereits im Rahmen des Zugangs zur Rundfunkveranstaltung erläuterte Auswahlentscheidung nach § 21 III, IV erlangt auch im Rahmen der Gruppenfreiheit Bedeutung. Das Auswahlverfahren für den Hörfunkbereich schließt auf seiner zweiten Stufe gerade diejenigen aus, die aufgrund von geplanter Mehrfachveranstaltung und Programmübernahme nicht die im Ergebnis verlangte Vielfalt erwarten lassen; in Stufe drei verstärkt § 21 III 3 den Ausschluß nach § 22 noch, indem bei der Mehrfachveranstaltung nicht nur auf das Verbreitungsgebiet, sondern auf das gesamte Land ("in einem anderen Verbreitungsgebiet im Land") abgestellt wird. Auch Abs. 4 wirkt für den Fernsehbereich gegen die Meinungsvormacht einzelner, indem die Vorschrift der UR eine Prognoseentscheidung eröffnet und über Sendezeitaufteilung, die die Beteiligung eines Dritten an der Veranstaltung bewirkt, befinden kann. b) Programmbeirat und ausgewogenes Programm nach § 24 Eine Norm, der wesentliche Bedeutung im Rahmen der Ausgestaltung des Pluralitätsprinzips zukommt, ist der § 24, der in Abs. 2 S. 1 Nr. 2 unter bestimmten Voraussetzungen die Einrichtung eines Programmbeirats durch den privaten Veranstalter sowie inhaltliche Programmgrundsätze für die private Rundfunkveranstaltung regelt. Ohne späteren Ausführungen vorzugreifen, sei an dieser Stelle nur folgendes bemerkt. § 24 ist nach Abs. 1 S. 1 eine Norm mit Auffangcharakter, da sie eine Zulassung subsidiär zu den Bedingungen des § 23 I dennoch ermöglicht. Wesentliches Element ist die Beteiligung eines Programmbeirates, der durch seine binnenplurale Zusammensetzung ungleichgewichtigen und vorherrschenden Gruppeneinfluß unterbinden soll. c) Verhinderung eines vorherrschenden multimedialen Doppe/monopols nach § 24 IV?
Der Gesetzgeber hat mit der Regelung des § 24 IV eine Normierung vorgenommen, die der Verhinderung vorherrschender multimedialer Meinungsmac hf 00 durch eine Beteiligung von Presseverlagen an Rundfunkveranstaltern 200
BVerfGE 73, 118, 176.
V. Das Prinzip der Gruppenfreiheit im Landesmediengesetz
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dienen SOIl.201 Da das BVerfG keinen verfassungsrechtlichen Grundsatz der publizistischen Gewaltenteilung zwischen dem Rundfunk und der Presse kennt,202 haben grundsätzlich auch Presseunternehmen chancengleichen Zugang zum Rundfunk, wenngleich dies strenge Vorkehrungen gegen die Entstehung vorherrschender multimedialer Meinungsmacht im lokalen und regionalen Bereich fordert. 203 § 24 IV formt diesen Auftrag dahingehend aus, daß ein Zeitungsverleger mit einem Marktanteil von 50 % und mehr bei den im Verbreitungsgebiet verkauften Tageszeitungen oder einer Anbietergemeinschaft, bei der ein derartiger Verleger mehr als 50 % der Kapital- und Stimmrechtsanteile hält, nur zugelassen werden kann, wenn inhaltliche und organisatorische Binnenpluralität mittels eines Programmbeirats iSd. § 24 11 1 Nr. 2 sichergestellt ist. Wenngleich ein binnenplurales Sicherungsgremium, wie ein Programmbeirat, vom BVerfG grundsätzlich als geeignetes Sicherungsmittel angesehen wird/04 stellt sich doch die Frage, ob die Anforderungen des § 24 IV in ihrer Gesamtwirkung geeignet sind, um multimediale Meinungsmacht zu verhindern. Das Gesetz hat sich eben diese Verhinderung im regionalen und lokalen Bereich zum Ziel gesetzt. Den zur Beurteilung anzulegenden Maßstab beschreibt § 24 IV, der dann von einseitiger Meinungsmacht ausgeht, wenn ein Anbieter Zeitungsverleger mit einem Marktanteil von mehr als 50 % ist oder mehr als die Hälfte der Anteile einer Anbietergemeinschaft besitzt. Jenseits dieser Mehrheitsverhältnisse ist die Gefahr von Meinungsmacht gegeben, der entgegengewirkt werden soll. Es fragt sich nur, wogegen das LMG mit der Ausformung des § 24 IV wirken will? Indem es die Einrichtung eines Programmbeirates verlangt, wirkt das LMG nicht gegen die Entstehung eines multimedialen Monopols, sondern gegen dessen Wirkung auf die Meinungsvielfalt im Verbreitungsgebiet, denn der Programmbeirat ist allenfalls in der Lage, die meinungsmonopolisierende Wirkung auszuschließen, nicht hingegen das Monopol selbst. Das eigentliche Problem des Entstehens multimedialer Meinungsmacht, d.h. die Wirkungsverdoppelung durch den Kummulationseffekt von Pressemonopol und Rundfunkveranstaltung, wird bei dieser Lösung nicht ausreichend berücksichtigt. 205 Wenn ein Veranstalter aufgrund seiner Stellung im Pressemarkt nur mit der Auflage des § 24 IV zugelassen wird, dann bestätigt die Forderung nach der Einrichtung eines Programmbeirates geradezu das Meinungsmonopol. Im Ergebnis erscheint der Sicherungsversuch über die Schaffung eines Programmbeirats uneffektiv, so daß die Gesamtwirkung des 201 Vgl. hierzu Kübler, Medienverflechtung, S. 92 ffsowie grundlegend zum Verhältnis von Presse und Rundfunk und der Problematik der Medienverflechtung als Regelungsgegenstand der Privatrundfunkgesetzgebung: löst, Verfassungsrechtliche Aspekte des Verhältnisses von Presse und Rundfunk, S. 37 ff, 67 ff. 202 BVerfGE 83, 238, 305; 73, 118, 175. 203
204
BVerfGE 83, 238, 324; 73, 118, 172 ff, 177 f. BVerfGE 83, 238, 325; 73, 118, 175.
205 Piette, Meinungsvielfalt im privaten Rundfunk, S. 228; im Ergebnis so auch Huber, Öffentliches Medienrecht und privatrechtliche Zurechnung, S. 57.
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E. Die Ausgestaltung der verfassungsrechtlichen Grundprinzipien im LMG
§ 24 IV nicht als hinreichend zur Verhinderung eines multimedialen Meinungsmonopols angesehen werden kann. Auch der VGH BaWü sieht in der Regelung des § 24 IV iVm. 11 1 Nr. 2 keine ausreichende Kompensation zur Wahrung der Meinungsvielfalt, und will daher solche Meinungsmonopolisten im Rahmen des Auswahlverfahrens nach § 21 als nachrangig ausscheiden. 206 Dem steht jedoch der fehlende verfassungsrechtliche Grundsatz der publizistischen Gewaltenteilung entgegen. § 21 stellt in seinen Auswahlgrundsätzen auf das zu versorgende Gebiet und die zu erwartende Meinungsvielfalt im Rundfunkprogramm und nicht auf die bereits vom Antragsteller verbreitete Pressemeinung ab. Insofern sind bei § 24 IV gesetzgeberische Nachbesserungen erforderlich, um dem Prinzip der Gruppenfreiheit gerecht zu werden. Wie diese auszusehen haben, ist sehr schwierig, da der Gesetzgeber zwar grundsätzlich eine weitgehende Gestaltungsfreiheit genießt, er jedoch den privaten Rundfunk nicht von Voraussetzungen abhängig machen darf, die seine Veranstaltung erheblich erschweren oder gar ausschließen würden. 207 Konsequenterweise müßte das LMG unter Meinungsvielfaltsgesichtspunkten sämtliche in § 24 IV beschriebenen Veranstalter von der Rundfunkveranstaltung ausschließen, um ein Meinungsmonopol zu verhindern. Dies stünde jedoch in offenkundigem Widerspruch zu der vorgenannten Forderung des BVerfG, da mit einer solchen Maßnahme Rundfunkveranstaltung von vorneherein ausgeschlossen wird. Auch für den Fall, daß kein anderer Veranstalter im Verbreitungsgebiet zur Verfügung steht, würde diese Lösung zu einem vollständigen Meinungsausschluß führen, der unter Vielfaltsgedanken wiederum nicht erwünscht sein kann. Wenn jedoch unter dem Gesichtspunkt der Staatsfreiheit zur Sicherung der Meinungsvielfalt einzele Personen von der Rundfunkveranstaltung ausgeschlossen werden können, müßte dieses auch unter Vielfaltsgesichtspunkten möglich sein. Problematisch ist hierbei jedoch die Beurteilungsgrundlage. Während beim Ausschluß wegen Nähe und / oder Identität mit dem Staat eine hinreichend klare Beurteilungsgrundlage gegeben ist, kann eine solche unter Vielfaltsgesichtspunkten nur auf dem weniger sicheren Boden der Vielfaltsprognose stattfinden. Ob nun ein Pressemeinungsmonopol auch zwingend das Rundfunkmeinungsmonopol und in Kummulation ein multimediales Meinungsmonopol nach sich zieht, kann sicher ex post, jedoch nur unter erheblichen Prognoseunsicherheiten ex ante beurteilt werden, so daß der Schluß nahe liegt, daß der Meinungsvielfalt im Verbreitungsgebiet mehr Nutzen zufließt, wenn ein meinungsbildender, jedoch monopolisierender Faktor vorhanden ist, als bei einem Ausschluß desselben. Eine Lösung könnte sich auf gesellschaftsrechtlicher Ebene finden lassen, wenn für den Fall, daß ein Zeitungsverleger mit entsprechendem Monopol im Verbreitungsgebiet als Rundfunkanbieter auftreten will, dieser nur als untergeordneter Gesellschafter (weniger als 50 %-Beteiligung) an einer Anbietergemeinschaft auftreten darf. Dies würde jedoch einen massiven Eingriff in die gesellschaftsrechtliche Gestaltungsfreiheit bedeuten, und die Anbietergemeinschaft mit einer gesetzlichen 206 207
ESVGH 42,185,189. BVerfGE 83, 238, 324 f.
VI. Das Prinzip des Pluralismus im Landesmediengesetz
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Belastung belegen, die eine faktische Erschwerung der Rundfunkveranstaltung bedeutet. Auch erscheint eine Lösung auf wettbewerbsrechtlicher Ebene nicht möglich, da die Anwendbarkeit des GWB auf das private Rundfunkwesen dort an Grenzen stößt, wo medienrechtIiche Sachverhalte medienspezifisch durch medienrechtliche Bestimmungen geordnet werden. 208 Letztendlich wird dem Gesetzgeber nichts anderes übrig bleiben, als sich mit der Entstehung von derartigen Meinungsmonopolen abzufinden und stattdessen unter deutlich stärkerer Akzentuierung der Vorschriften über den Programmbeirat eine Lösung auf der Wirkungs- und nicht auf der Entstehungsebene zu suchen. 209 5. Resümee der Vorschriften zum Prinzip der Gruppenfreiheit
Der Landesgesetzgeber hat seinen Ausgestaltungsauftrag dahingehend positiv erfüllt, daß er mit den dargestellten Nonnen die geforderten fonnellen Sicherungsmechanismen geschaffen hat. An der Geeignetheit, wirtschaftlichen Konzentrationsbestrebungen entgegenzuwirken, verbleiben jedoch große Zweifel. Insbesondere die Verhinderung multimedialer Meinungsmacht kann durch die Regelung des § 24 IV nicht gelingen. Hier besteht gesetzgeberischer Handlungsbedarf, wenngleich die damit zusammenhängenden Probleme, auch im Hinblick auf das folgende Pluralitätsprinzip, nicht unterschätzt werden dürfen.
VI. Das Prinzip des Pluralismus im Landesmediengesetz Während die vorangegangenen Vorschriften der Gruppenfreiheit für einen Ausschluß derjenigen sorgen sollen, die durch eine monopolisierende Stellung Vielfalt gefährden, ist es das Ziel der Vorschriften des Pluralismus für eine vielfaltsfördernde Beteiligung der relevanten Gruppen im Rundfunk zu sorgen. Das wesentlich differenzierter zu betrachtende Prinzip des Pluralismus ist somit das spiegelbildliche Pendant zur Gruppenfreiheit.
208
Herrmann, Rundfunkreeht, § 21, Rn. 16.
209 Wie diese Verstärkungen bei den Regeln über den Programmbeirat aussehen müßten, wird im Rahmen der Betrachtung des Prinzips des Pluralismus in diesem Kapitel unter V1.2.b )ee )(2) erörtert.
188
E. Die Ausgestaltung der verfassungsrechtlichen Grundprinzipien im LMG
1. Verfassungsrechtliche Anforderungen
Das BVerfG verlangt in ständiger Rechtsprechung, daß der Gesetzgeber mittels der bekannten positiven Ordnung darur zu sorgen hat, daß die in Betracht kommenden gesellschaftlichen Kräfte im Gesamtprogramm gleichgewichtig zu Wort kommen können21O, so die Vielfalt der bestehenden Meinungen im Rundfunk in möglichster Breite und Vollständigkeit Ausdruck findet,211 und damit der Gefahr begegnet wird, daß auf Verbreitung angelegte Meinung von der öffentlichen Meinungsbildung ausgeschlossen wird. 212 Die Ausgestaltung dieser dem Ausgestaltungsauftrag zuzurechnenden Normierung obliegt dem Gesetzgeber kraft eigenen legislativen Ermessens. In der Ausübung seines Ausgestaltungsermessens ist der Gesetzgeber jedoch nicht frei, denn das BVerfG macht ermessenslenkende Vorgaben. Wenngleich Art. 5 I 2 GG zwar keine bestimmte Form der Rundfunkorganisation vorschreibt, so hält das BVerfG neben der bekannten "binnenpluralistischen" Struktur der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten auch eine "außenpluralistische" Vielfaltssicherung rur zulässig. 213 Inwieweit der Landesgesetzgeber diese ermessenslenkenden Vorgaben umgesetzt hat, und ob diese Umsetzung geeignet ist, dem Pluralitätserfordernis des BVerfG gerecht zu werden, soll die folgende Untersuchung zeigen.
2. Das baden-württembergische Pluralitätsmodell Das LMG hat sich rur keines der bei den vom BVerfG aufgezeigten "reinen" Pluralitätsmodelle entschieden, sondern einen, aus der Kombination bei der bestehenden Sonderweg beschritten, wobei das Modell der Außenpluralität den Vorzug erhält und darüber hinaus die Grundlage, auf der binnenplurale Ausformungen aufbauen, bildet. Zentrale Bedeutung kommt den §§ 23,24 zu. Diese Normen enthalten zwei Modelle zur Vielfaltssicherung. Sind nach § 23 I in einem Verbreitungsgebiet mindestens vier gleichartige private Programme empfangbar, sog. Außenpluralität, wird grundsätzlich Meinungsvielfalt unterstellt. Wenn diese Voraussetzungen nicht vorliegen, muß jeder Veranstalter selbst die besonderen binnenpluralen Anforderungen des § 24 errullen. 214 Die konzeptionelle Ausformung des baden-württembergischen Mischmodells und die daraus resultierenden Schwierigkeiten sollen im folgenden erläutert werden.
BVerfGE 83, 238, 332; 57, 295, 322; 31, 314, 325; 12,205,262. BVerfGE 87, 181, 198 f; 83,238,315; 74, 297, 324; 73, 118, 153. 212 BVerfGE 57, 295, 323. 210
211
213 BVerfGE 73, 118, 153; vgl. im einzelnen die Beschreibung der beiden Modelle in Kapitel D unter V.2.a) u. b). 214 Birkert, Landesmediengesetz, § 23, Rn. I.
VI. Das Prinzip des Pluralismus im Landesmediengesetz
189
a) Grundlage: Außenpluralität nach § 23 § 23 I 1 legt fest, daß eine Zulassung dann erteilt werden kann, wenn in dem gesamten Verbreitungsgebief 15 mindestens drei weitere gleichartige private Rundfunkprogramme außer den Programmen der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten empfangbar sind. aa) Vier "gleichartige" Programme Mit der Regelung des § 23 I 1 nimmt das LMG den schematischen Rückschluß vor, daß bei der Empfangbarkeit von vier gleichartigen privaten Rundfunkprogrammen dem Gebot der Meinungsvielfalt entsprochen ist. Bei dieser Betrachtung bleiben fremdsprachige Programme und nichtmeinungsbildende Spartenprogramme außer Betracht, da diesen nach Auffassung des Gesetzgebers wegen ihrer geringen Meinungsrelevanz keine meinungsbildende Bedeutung zukommt. 216 Es stellt sich jedoch die Frage, was der Gesetzgeber unter gleichartigen Programmen versteht. Streng genommen sind weder Hörfunk und Fernsehen gleichartig, noch ein Voll- und ein Spartenprogramm. 217 Betrachtet man diese Interpretation in Relation zu den Vorschriften über die Ausweisung von Verbreitungsgebieten im Hörfunkbereich, wo nach §§ 7 11 1 Nr. 2 iVm. 2011 1 Nr. 3 bis zu sechs regionale und bis zu 15 lokale Verbreitungsgebiete geschaffen werden sollen, drängt sich der Schluß auf, daß die formelle Außenpluralität des § 23 I 1 mangels eines quantitativen privaten Rundfunkangebots rechnerisch gar nicht erreicht werden kann, wenn der Begriff der Gleichartigkeit im strengen vorgenannten Sinne interpretiert wird. Wenngleich es nach § § 23 I 2 iV m. § 15 11 auf die Ausgewogenheit der Programme in ihrer Gesamtheit ankommt, die konkurrierenden Programme nicht zeitgleich empfangen werden müssen und Vielfalt auch durch zeitversetzte gleichartige Programme, Z.B. bei Aufteilung einer Frequenz auf mehrere Veranstalter (Außenpluralität durch Splitting218 ), hergestellt werden kann,219 hat sich im Lizenzierungsverfahren der LfK aufgrund deren strenger Auslegung des Gleichartigkeitsbegriffs die Konsequenz eingestellt, daß Außenpluralität zwar gesetzlich im LMG, aber nicht mehr tatsächlich in BadenWürttemberg verwirklicht ist. Dies ist umso bedauerlicher, als der Landesgesetzgeber der Herstellung von Meinungsvielfalt durch Außenpluralität eindeutig den
215 Birkert, Landesmediengesetz, § 23, Rn. 5, wobei kleinere Versorgungslücken oder leichte Empfangsstörungen außer Betracht bleiben können. 216 LT-Drs. 9/955, S. 88.
Birkert, Landesmediengesetz, § 23, Rn. 3. BVerfGE 57, 295, 325; ESVGH 42, 185, 188. 219 Birkert, Landesmediengesetz, § 23, Rn. 4. 217 218
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E. Die Ausgestaltung der verfassungsrechtlichen Grundprinzipien im LMG
Vorrang gegenüber der Herbeiruhrung von Meinungsvielfalt durch binnenplural verfaßte Veranstalter eingeräumt hat. 220 bb) Lösung über die Meinungsbildungsrelevanz Das LMG hat mit der gesetzessystematischen Stellung des außenpluralen § 23 vor dem binnenpluralen § 24 eine klare Präferenz zugunsten der Außenpluralität in der baden-württembergischen Rundfunklandschaft manifestiert. Durch die gesetzliche Gestaltung der Verbreitungsgebiete hat der Gesetzgeber jrdoch einen Widerspruch produziert, der Vorrangigkeit der Außenpluralität faktisch den Boden entzogen und der Rundfunklandschaft einen subsidiären, binnenpluralen Stempel aufgedrückt. Dieser Widerspruch ließe sich auflösen, indem man die Interpretation der Gleichartigkeit der Programme iSd. § 23 I an einem anderen Merkmal festmacht. Dieses kann im Hinblick auf das Norrnziel des § 23 LMG nur in der Qualität der Meinungsbildungsrelevanz des Programms bestehen. Danach wären alle die Programme als gleichartig anzusehen, die meinungsbildungsrelevante Inhalte vermitteln. So kann ein Fernsehprogramm die gleiche meinungsbildende Qualität haben, wie ein Hörfunkprogramm. Das gleiche gilt rur das Verhältnis von Sparten- und Vollprogramm. Diese dynamische Auslegung des Gleichartigkeitsbegriffs bedarf jedoch einer gesonderten Einzelfallprüfung, um die jeweilige meinungsbildende Qualität der anderen Programme festzustellen. Unterstützt wird diese Auslegung durch § 23 I 2, der eine Ausgewogenheitsüberprüfung der Programme in ihrer Gesamtheit vorsieht. Da eine solche nur durch die summarische Bewertung aller Einzelprogramme erfolgen kann, ist die Einzelprüfung eines jeden Programms erforderlich. Gleichartig sind demnach alle diejenigen Programme, denen im Hinblick auf die Meinungsbildung "gleichartige" Qualität zukommt.
(1) Probleme Bei diesem konzeptionellen Alternativvorschlag gilt es im Hinblick auf die Gleichartigkeit zwei Bereiche zu problematisieren. (a) Technische Einschränkung Einem deutschsprachigen Vollprogramm, das terrestrisch verbreitet wird, kommt die gleiche meinungsrelevante Qualität zu wie einem gleichartigen deutschsprachigen Vollprogramm, das über Kabel verbreitet wird. Da der Nutzerkreis der Kabelempfanger immer noch geringer ist, als der der terrestrischen 220
ESVGH 42, 185, 189 sowie VGH in: VBlBW 1989, S. 214.
VI. Das Prinzip des Pluralismus im Landesmediengesetz
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Rezipienten, muß bei der Beurteilung der Gleichartigkeit eine technisch-einschränkende Komponente in die Beurteilung eingestellt werden, da bei geringerer Rezipientenzahl die Bedeutung der meinungsbildenden Qualität abnimmt. Gleiche Vollprogramme, die, je eines, über Kabel und über Antenne zu empfangen sind, können daher nicht als gleichartig iSd. § 23 I 1 betrachtet werden. Dieses Ergebnis läßt sich auch durch die Rechtsprechung des BVerfG stützen, wonach bei der Übertragung durch Kabel und Funk (Antenne) nur bedingt die Rede von einer Gleichartigkeit sein kann. 221 (b) Gleichartigkeit auch bei fremdsprachigen Programmen Fraglich ist weiter, inwieweit ein genereller Ausschluß der fremdsprachigen Programme verfassungsrechtlich zu rechtfertigen ist. Betrachtet man im deutschfranzösischen Grenzgebiet den engen sprachlichen und kulturellen Austausch, so stellt sich die Frage, warum nicht auch ein französischsprachiges privates, nach Deutschland einstrahlendes Vollprogramm meinungsbildende Relevanz in Deutschland haben kann. Geht man vom Grundgedanken des Prinzips des Pluralismus aus, so sollen vielfältige Meinungen im Gesamtprogramm gleichgewichtig zu Wort kommen können. Meinungsbildungsrelevanz steht dabei im Vordergrund. Diese Relevanz wird jedoch auch einem französischsprachigen meinungsbildenden Programm zuteil, das ortsüblich (terrestrisch) empfangbar ist. Verfassungsrechtlich müßte diesem Programm die gleiche Meinungsbildungsrelevanz zukommen, wie einem deutschsprachigen. Aber auch unter einem anderen Gesichtspunkt muß die Meinungsbildungsrelevanz fremdsprachiger Programme betrachtet werden, denn die Rundfunkfreiheit dient nicht nur der freien individuellen und öffentlichen deutschen Meinungsbildung. Bedenkt man, daß in BadenWürttemberg ca. 1,3 Mio. ausländische Mitbürger leben,222 dann wären diese bei dem Ausschluß fremdsprachiger Programme vom öffentlichen Meinungsbildungsprozeß insofern ausgeschlossen, als sich dieser für ausländische Mitbürger auch über ihre heimatsprachlichen Programme vollzieht. § 23 I 1 muß daher dahingehend verfassungskonform ausgelegt werden, daß auch fremdsprachige Programme dann als gleichartig zu interpretieren sind, wenn ihnen meinungsbildende Qualität zukommt. 223 Auch dies ist im Einzelfall zu entscheiden.
221
Vgl. BVerfGE 73, 118, 162.
Statistisches Landesamt Baden-Württemberg, Statistisch-prognostischer Bericht 1994, S. XIV. 223 Vgl. dazu Birkert, Landesmediengesetz, § 23, Rn. 3 a.E. unter Hinweis auf VG Stuttgart, Beschluß v. 18.05.1992, Az: 1 K 1001 /92. 222
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E. Die Ausgestaltung der verfassungsrechtlichen Grundprinzipien im LMG
(2) Ergebnis Gleichartig sind demnach alle Rundfunkprogramme mit gleicher Übertragungstechnik, die aufgrund ihrer Qualität Einfluß auf die öffentliche Meinungsbildung haben. Ein Ausschluß fremdsprachiger Programme aus dieser Betrachtung ist nur dann zulässig, wenn er unter dem Gesichtspunkt der öffentlichen Meinungsbildung zu rechtfertigen ist. Mit diesem Konzept läßt sich der faktischgesetzliche Widerspruch zugunsten der Aussenpluralität auflösen, ohne meinungsvielfaltsrelevante Gesichtspunkte außer Acht zu lassen. Im folgenden soll daher die weitere Ausgestaltung der Außenpluralität nach dem LMG betrachtet werden. cc) Interne Vielfaltsforderung Die privaten Veranstalter sind beim außenpluralen Modell nach Auffassung des BVerfG nicht dem hohen Vielfaltsanspruch der öffentlich-rechtlichen Veranstalter verpflichtet. Das Gericht senkt für den Fall des außenpluralen Sicherungsmodells vielmehr den Pluralitätsstandard auf die Verpflichtung zu sach-, wahrheitsgemäßer und umfassender Information ab. 224 Wie dieser Grundstandard gesetzlich manifestiert wird, soll im Rahmen der Betrachtung des Prinzips der Programmfreiheit, dem dieser zuzuordnen ist, untersucht werden. 225 Diese Absenkung der internen Vielfaltsanfoderung ist verfassungsrechtlich jedoch nur solange vertretbar, wie die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten die erforderliche Grundversorgung leisten. Diese ist ihnen im Gesetz über § 7 11 I Nr. I u. 4 sowie S. 2 gewährleistet. dd) Keine Außenpluralität mangels materieller Voraussetzung trotz des Vorliegens der formellen Voraussetzungen Sollte die LfK feststellen, daß trotz des Vorliegens formeller Außenpluralität keine Ausgewogenheit in der Gesamtheit gegeben ist, findet nach § 23 I 2 der S. I keine Anwendung, da letztlich auch das Gesetz das Problem sieht, daß nicht zwangsläufig von formeller auf materielle Ausgewogenheit geschlossen werden kann. Virulent wird dieser Fall dann, wenn beispielsweise alle Veranstalter einseitig die gleiche Meinung vertreten und im Ergebnis das vom BVerfG geforderte Mindestmaß inhaltlicher Ausgewogenheit unterschritten ist. Sollte dieser Fall eintreten, bzw. die Zahl der vier konkurrierenden Programme gar nicht erst erreicht wird, greift als subsidiäre Sicherungsebene § 24 ein.
224 225
BVerfGE 57, 295, 326. Vgl. in diesem Kapitel unter VII.3.a).
VI. Das Prinzip des Pluralismus im Landesmediengesetz
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ee) Keine Außenpluralität durch den nachträglichen Wegfall formeller und / oder materieller Voraussetzungen Ergibt sich nachträglich, daß die Anforderungen des § 23 I 1 nicht mehr gegeben sind, oder stellt die LfK nachträglich fest, daß eine programmliche Ausgewogenheit in der Gesamtheit trotz des Vorliegens der formellen Voraussetzungen des Abs. 1 S. 1 nicht mehr gegeben ist, so müssen nach § 23 11 1 die Zulassungen zwingend widerrufen werden, wenn nicht binnen angemessener Frist durch den Veranstalter die Anfoderungen der subsidiären Sicherungsbene des § 24 LMG geschaffen werden. Welche Frist als angemessen anzusehen ist, muß die LfK in der Beurteilung des Einzelfalles nach pflichtgemäßem Ermessen entscheiden. Die Feststellung, daß die Anforderungen des § 24 geschaffen wurden, bedarf nach § 23 11 2 LMG der Zustimmung des Medienrates, die die Zulassung nach § 24 fingiert. ff) Resümee der Pluralitätsicherung nach § 23 Der Gesetzgeber hat nach dem außenpluralen Modell des BVerfG mit § 23 gesetzliche Pluralität hergestellt, wenngleich die Beurteilungsgrundlagen für die Bemessung, was in die Qualitätssumme der Außenpluralität miteinzubeziehen ist, zu eng gefaßt sind. Das eigene Konzept, das eine Rettung der Außenpluralität entgegen der in der Lizenzierungspraxis der LfK zutage getretenen Auffassung bewirken soll, löst den engen Außenpluralismus des LMG auf. Probleme, die nicht ausschließlich die Norm des § 23 als solche, sondern den gedanklichen Ansatz des Gesamtkonzepts berühren, sollen in diesem Abschnitt unter e) erörtert werden.
b) Subsidiäre Sicherungsebene: Binnenpluralität nach § 24 Liegt keine Außenpluralität nach § 23 vor, darf der Veranstalter nur zugelassen werden, wenn die vielfaltssichernden Anforderungen des § 24 erfüllt sind. Diese sehen eine gruppenplurale Beteilung der wesentlichen Meinungsrichtungen eines Verbreitungsgebietes vor. Die LfK hat in Baden-Württemberg im kommerziellen Hörfunkbereich sämtliche Veranstalter nach § 24 lizenziert. Nach § 24 I 2 unterliegt diese Zulassung dem Zustimmungsvorbehalt des Medienrates. Vor der Betrachtung der binnenpluralen Anforderungen des § 24 bedarf es der Klärung des Verhältnisses von § 23 zu § 24.
13 Kirschnek
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E. Die Ausgestaltung der verfassungsrechtlichen Grundprinzipien im LMG
aa) Generalverweis des § 24 I 1 Grundsätzlich kann nach § 24 I 1 eine Zulassung auch bei Nichtvorliegen der Voraussetzungen des § 23 I erteilt werden, wenn sichergestellt ist, daß diese nicht den Grundsätzen des § 15 zuwiderläuft. Zwar requiriert § 24 I 1 durch seine Formulierung lediglich auf § 15 11 Nr. 3, doch ist ein Rückgriff auf den gesamten § 15 nach dem Wortlaut nicht ausgeschlossen, zumal die Grundsätze der Leitvorschrift des § 15 nicht isoliert, sondern im Wege einer Gesamtbetrachtung gesehen werden müssen. Somit ist im Rahmen des § 24 I 1 auch ein Rückgriff auf § 15 III möglich, der bei der Beurteilung der Meinungsvielfaltsqualität nicht nur auf private deutschsprachige Voll- und Spartenprogramme abstellt, sondern neben den privaten auch die Programme der Landesrundfunkanstalten, die ortsüblich empfangbaren sowie die herangeführten und weiterverbreiteten Programme miteinbezieht. Eine solche Zulassung würde sogar zu mehr Vielfalt führen als die Zulassung von nur in sich ausgewogenen und gleichförmigen Programmen. 226 Im Vergleich zu § 23 I ist dieser Beurteilungsmaßstab ein wesentlich weiterer, der im Ergebnis die vorgeschaltete engere Prüfung des § 23 I obsolet machen würde. Wenngleich diese Form der erweiterten Außenpluralität im Hinblick auf die Meinungsvielfalt die wünschenswerte wäre, so erscheint der Rückgriff auf den ganzen § 15 als unzulässig, da er durch die Konsequenz der Überflüssigkeit des § 23 I systemwidrig wäre. Auch spricht gegen diese Auslegung, daß sie außen(§ 23) und binnenplurale (§ 24) Elemente, die der Gesetzgeber trennen wollte, vermischt. 227 Angezeigt erscheint daher eine vermittelnde Auffassung: Der Rückgriff auf den § 15 im Rahmen des § 24 I ist insoweit zulässig, als die Intensität des Rückgriffs nicht die Trennung von Außen- und Binnenpluralität der §§ 23 und 24 aufhebt. § 15 ist die zentrale Vorschrift des LMG und ist grundsätzlich dort anzuwenden, wo durch Ermessens- und Prognosespielräume Entscheidungen ergehen, deren Ergebnisse sich auf die Qualität der Meinungsvielfalt auswirken. Eine Rückgriffsreduktion auf § 15 11 Nr. 3 wäre daher genauso falsch wie eine Rückgriffsextension auf den gesamten § 15. Der § 24 I bildet somit im Verhältnis zum § 23 I die subsidiäre Sicherungsebene mit Ergänzungsfunktion iSe. Auffanglösung. 228 bb) Verhältnis der Absätze 1 und 2 des § 24 Nach § 24 I ist sicherzustellen, daß nicht in Widerspruch zu § 15 einzelne Kräfte durch den Ausschluß wesentlicher Meinungsrichtungen vorherrschenden oder in sonst hohem Maße ungleichgewichtigen Einfluß auf die öffentliche Mei-
226
Birkert, Landesmediengesetz, § 24, Rn. 1.
227
Birkert, Landesmediengesetz, § 24, Rn. 1.
228
BVerfGE 74, 297, 328; Bullinger / Gödel, Landesmediengesetz, § 22, Rn. I.
VI. Das Prinzip des Pluralismus im Landesmediengesetz
195
nungsbildung im Verbreitungsgebiet erhalten. Wie diese Sicherstellung aussehen kann, beschreiben die bei den Regelbeispiele des § 24 11. Da Abs. 2 nicht abschließend ist und damit auch andere als die genannten Sicherungsformen in Betracht kommen, wäre sodann ein Rückgriff von Abs. 2 auf Abs. 1 notwendig. Dies zeigt, daß Abs. 1 die Auffangregel zu Abs. 2 ist. 229 cc) Ausgestaltung der Regelbeispiele des § 24 II
§ 24 II 1 enthält zwei Beispiele, bei denen im Regelfall, und soweit die LfK nichts anderes feststellt, eine hinreichende Vielfaltssicherung angenommen wird. (1) Binnenplurale Zusammensetzung des Veranstalters
Nach Ziff. 1 muß der Veranstalter von Vertretern der im Verbreitungsgebiet wesentlichen Meinungsrichtungen getragen werden. Man könnte meinen, daß dies eine gesellschaftsrechtliche Beteiligung der Gruppen zu gleichgewichtigen Teilen erfordert. Damit wäre jedoch die Beteiligung am Veranstalter von finanziellen und nicht von Vielfaltsaspekten abhängig. Dies wäre im Lichte des § 15 jedoch verfassungswidrig. Vielmehr müssen bei Ziff. 1 wesentliche gesellschaftliche Kräfte im Lichte des § 15 II Nr. 2 auch mit geringfügiger oder auch gar keiner Kapitalbeteiligung die Gelegenheit erhalten, im Programm angemessen zu Wort zu kommen; dies wäre im Zweifel gesellschaftsvertraglich festzulegen. In jedem Fall muß die Form der Organisation einen pluralistischen Einfluß gewährleisten und sich nicht lediglich in kapitalmäßigen, programmneutralen Beteiligungen erschöpfen. 230 Welche gesellschaftlichen Kräfte wesentlich sind, hat die LfK im Einzelfall zu entscheiden. Hilfe bietet hierbei § 24 II 3, der die für den Programmbeirat wesentlichen Kräfte festlegt. Zwar gilt diese Festlegung ausdrücklich für den Programmbeirat, doch sind die Formulierung "der im Verbreitungsgebiet wesentlichen Meinungsrichtungen" in Ziff. 1 und 2 des Abs. 2 identisch, so daß auch in Ziff. 1 auf den S. 3 Rückgriff genommen werden kann. Durch eine Beteiligung dieser in S. 3 genannten Gruppen an der Veranstaltergesellschaft kann Binnenpluralität nach dem Gesetz hergestellt werden. (2) Programmbeirat und ausgewogenes Programm
Die vom Gesetz wesentlich bedeutsamer ausgestaltete Regelung der Ziff. 2 setzt sich aus zwei Komponenten zusammen, die im Zusammenspiel Binnenpluralität schaffen sollen. In seiner organisatorischen Komponente verlangt das 229 230
13"
Birkert, Landesmediengesetz, § 24, Rn. 1. BVerfDE 74, 297, 330.
196
E. Die Ausgestaltung der verfassungsrechtlichen Grundprinzipien im LMG
Gesetz, daß der Veranstalter nach seiner Organisation die Gewähr bieten muß, daß seine Sendungen insgesamt ein ausgewogenes Bild vennitteln. Man könnte den Eindruck haben, daß auch Ziff. 2 eine binnenplurale Zusammensetzung des Veranstalters fordert, doch stellt das Gesetz mit dem Hinweis auf die Bildung eines Programmbeirats klar, daß es sich bei dieser organisatorischen Sicherung um eine gesellschaftsexterne handelt, die keine Kapital-, sondern eine Programmbeteiligung schafft, mit der dem Programmbeirat ein effektiver Einfluß eingeräumt werden muß.23\ Für die Gewährleistung dieses effektiven Einflusses hat der Veranstalter rechtlich zu sorgen; dieses Erfordernis wird in Ziff. 2 ausdrücklich beschrieben. Das BVerfG macht keine Vorgabe, wer im Programmbeirat vertreten sein muß, es verlangt lediglich, daß die Auswahl der zu beteiligenden Kräfte sachgemäß im Sinne gleichgewichtiger Vielfalt ist. 232 Wer nach dem LMG dem Programmbeirat angehören muß, legt § 24 11 3 fest. Versteht man die Aufzählung des S. 3 aufgrund des Wortes ,jedenfalls" als nicht abschließend, so erscheint die Ausübung des gesetzgeberischen Ausgestaltungsennessens mittels der Zusammensetzung aus Kirchen, Tarifpartnern, Eltern- und kulturellen Organisationen sowie Jugend-, Sport und Naturschutzverbänden als ausgewogen und sachgerecht. Wie beim Medienrat der LfK kommt den genannten Kräften ein Entsendungsrecht zu, wobei auch hier die entsendeten Vertreter nicht gruppenspezifische Interessen, sondern die der Gewährleistung der Meinungsvielfalt wahrzunehmen haben. § 24 III beschreibt die Aufgaben des Programmbeirats. In der programmlichen Komponente verlangt § 2411 1 Nr. 2 vom Veranstalter die Festlegung von einem Programmschema und von Programmgrundsätzen. Das Programmschema, das im übrigen bereits sachliche Zulassungsvoraussetzung iSd. § 26 I ist, und die Programmgrundsätze müssen die, durch die LfK anzustellende gesicherte Prognose rechtfertigen, daß kein einseitiges, sondern ein vielfältige Meinungen berücksichtigendes Programm veranstaltet wird. 233 (3) Einfluß des Programmbeirats und dessen Aufsicht (a) Einfluß auf die Programmgestaltung Das BVerfG verlangt vom Programmbeirat einen wirksamen Einfluß auf die Programmgestaltung. Zwar hat das Gericht die baden-württembergische Regelung des § 22 11 LMG a.F. und heutigen § 24 11 für ausreichend erklärt,234 und erscheint die Regelung des § 24 11 1 Nr. 2 iVm. S. 2 und III abstrakt umfassend, so stellt sich doch die Frage nach der konkreten Einflußmöglichkeit des Pro231
BVerfGE 74, 297, 330; 57, 295, 331.
232
BVerfGE 83,238,326 f.
233
Birkert, Landesmediengesetz, § 24, Rn. 3.
234
BVerfGE 74, 297, 331; 73, 118, 175.
VI. Das Prinzip des Pluralismus im Landesmediengesetz
197
grammbeirats, die das BVerfG im fünften Rundfunkurteil zwar fordert, sodann jedoch wegen des Verweises auf eine gewisse Flexibilität des Veranstalters und die Erprobung des LMG235 nicht weiter behandelt. 236 Anknüpfungspunkt für diese Frage ist § 24 III. Danach muß sich der Programmbeirat mindestens einmal vierteljährlich treffen und hat die Aufgabe, durch Beratung des Veranstalters und Beobachtung des Programms daraufhinzuwirken, daß die Sendungen ein ausgewogenes Meinungsbild iSd. § 15 vermitteln. Es ist fraglich, ob der Programmbeirat durch turnusmäßige Treffen, und seien diese in kürzeren, als den gesetzlich vorgesehenen Abständen, in der Lage ist, eine effektive Programmberatung durchzuführen. Eine solche würde voraussetzen, daß das Programm des zu beratenden Veranstalters auch täglich, zumindest ausschnittweise, gehört und anschließend inhaltlich analysiert wird. Eine Überwachung des Programms iSe. einer 24-stündigen Kontrolle ist nach dem Gesetzeswortlaut, der eine Beobachtung ausreichen läßt, nicht nötig. Doch auch zu dieser Beobachtung bedarf es, neben ausreichender Zeit, auch medienspezifischer Kenntnis. Wenngleich beides den ehrenamtlichen Gremien nicht abgesprochen werden soll, ist es doch eher unwahrscheinlich, daß diese Notwendigkeiten durch einen Programmbeirat faktisch erfüllt werden können. Zumindest die zeitliche Komponente substituiert das LMG durch ein Auskunftsrecht des Programmbeirats gegen den Veranstalter, insbesondere durch die Einsicht in Programmaufzeichnungen. Wenn nun der Programmbeirat Beanstandungen ausmacht und diese gegenüber dem Veranstalter geltend machen will, steht ihm ein "Abmahnungsrecht" zu, das sich bei genauerem Hinsehen jedoch als "stumpfes Schwert" entlarvt, denn der Programmbeirat kann den Veranstalter lediglich auffordern, einen festgestellten Verstoß gegen die Grundsätze des § 15 nicht fortzusetzen, bzw. künftig zu unterlassen. Eingriffsrechte hat der Programmbeirat keine; diese obliegen für den Fall eines fortgesetzten Verstoßes nur der LfK als der nach § 65 II zuständigen Stelle. Über die Frage, wie der Programmbeirat in der laufenden Programmproduktion seinen Einfluß geltend machen soll, sagt das LMG nicht aus; dies ist voll und ganz Sache der internen Verfahrensvereinbarung zwischen Veranstalter und Programmbeirat. Die vorstehende Beschreibung macht deutlich, daß der Programmbeirat gegenüber dem Veranstalter faktisch nur eine schwache Stellung innehat. Darüber hinaus hat sich der Programmbeirat gegenüber keiner Person in seiner Arbeit zu verantworten. (b) Aufsicht der Programmbeiräte Da der private Veranstalter seinen Programmbeirat hinsichtlich dessen gesetzesmäßiger Aufgabenerfüllung sicherlich nicht kontrollieren wird und nach dem LMG auch gar nicht kontrollieren kann, stellt sich nun die Frage, ob eine 23S 236
LT-Drs. 9/955, S. 89 f. BVerfGE 74, 297, 329 f.
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E. Die Ausgestaltung der verfassungsrechtlichen Grundprinzipien im LMG
externe Kontrolle notwendig ist. Für den Fall der Bejahung ist fraglich wem diese Kontrolle, ob insbesondere der LfK, obliegen soll. (aa) Notwendigkeit der Aufsicht Die Frage nach der Notwendigkeit der Aufsicht läßt sich nur aus dem Wesen der Binnenpluralität heraus beantworten. Danach ist die binnenplurale Organisationsform nicht nur ein inhaltliches, sondern auch ein organisatorisches Merkmal. 237 Binnenpluralität kann ihrer funktionellen Aufgabe nur gerecht werden, wenn beide Merkmale erfüllt sind. Die organisatorische Komponente des binnenpluralen Programmbeirats würde zum Selbstzweck, wenn es nicht möglich wäre, dessen vielfaltssichernde Arbeit auch zu überprüfen, denn Binnenpluralität kann nur in dem Maße gelingen, wie der Programmbeirat auch seine Aufgaben gesetzestreu wahrnimmt. Diese gesetzmäßige Aufgabenwahrnehmung ist das notwendige Bindeglied zwischen der formellen Substitutfunktion des Programmbeirates auf der einen und dem zu verbreitenden, vielfältigen Programm auf der anderen Seite. Daraus folgt, daß die gesetzmäßige Wahrnehmung der Aufgaben des Programmbeirats nicht nur Postulat sein darf, sondern auch einer konkreten Kontrolle zugeführt werden muß. (bb) Aufsicht durch die LfK?238 Da eine unmittelbar staatliche Kontrolle wegen des Prinzips der Staatsfreiheit ausscheidet, und eine Kontrolle durch Dritte keinen Sinn macht, kommt als Kontrollinstanz nur die LfK in Betracht. Aus den §§ 24, 63 ff läßt sich eine Aufsicht der LfK über die Programmbeiräte nicht ableiten. Vielmehr spricht § 24 V, der den Aufgabenzuschnitt des Abs. 3 aus den Überwachungsaufgaben der LfK ausdrücklich exkludiert, gegen eine Aufsicht durch die LfK. Die Aufsicht der LfK bezieht sich als reine Rechtsaufsicht über die privaten Veranstalter nur auf deren Struktur und Programmergebnis, das seinerseits an den Grundsätzen des § 15 zu messen ist. Wie das Programm intern zustandegekommen ist, und welche Möglichkeiten der Mit- oder Einwirkung der Programmbeirat dabei hat, gehört zu einem internen Prozeß, den die LfK nicht überprüfen kann. 239 Eine übergeordnete Überprüfungskompetenz seitens der LfK gibt es im LMG nicht. Vielmehr ist die LfK nach § 63 I 1 ausdrücklich auf die Wahrnehmung der im LMG benannten Aufgaben beschränkt. 237 Vgl. Kapitel D V.2.a). 238 Vgl. hierzu Degenhart, Rundfunkfreiheit, Rundfunkorganisation und Rundfunkauf-
sicht in Baden-Württemberg, in: AfP 1988, s. 327 ff. 239 So Degenhart, Rundfunkfreiheit, Rundfunkorganisation und Rundfunkaufsicht in Baden-Württemberg, in: AfP 1988, S. 332.
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(ce) Konsequenz Aufgrund der vorgenannten Umstände ist eine Aufnahme von Vorschriften über die Aufsicht der Programmbeiräte im LMG zur Sicherung der Funktion der Binnenpluralität notwendig. (c) Bereich der gesetzlichen Änderungen Der LfK muß im Wege der Aufgabenergänzung in § 24 V ein Aufsichtsrecht über die Programmbeiräte eingeräumt werden. Dies läßt sich am einfachsten durch die Aufnahme des Abs. 3 in die Kontrollpflichten der LfK nach Abs. 5 erreichen. Die Ansicht, daß dies einer staatlicher Aufsicht gleichkommt, und einen Verstoß gegen das Prinzip der Staatsfreiheit darstellt,z40 geht fehl, da die LfK, bzw. hier der Vorstand, als Entscheidungsorgan, intern staatsfern organisiert ist und keiner fachaufsichtlichen Einflußnahme unterliegt. Auch ein Verstoß gegen das Prinzip der Programmfreiheit wäre mit dieser Regelung nicht gegeben, da die LfK nicht auf das Programm an sich Einfluß nehmen, sondern nur über auf die formelle Aufgabenerfüllung des Beirats iSe. Rechtsaufsicht wachen könnte. Darüber hinaus muß im organisatorischen Bereich des § 24 III sichergestellt werden, daß seitens der LfK eine einheitliche Geschäftsordnung für alle im Land nach § 24 tätigen Programmbeiräte erlassen wird. Diese Geschäftsordnung muß neben Prüfungs- und Überwachungsaufgaben und organisatorischen Bestimmungen auch eine Verpflichtung der Programmbeiräte zur turnusmäßigen Berichterstattung an die LfK über ihre Arbeit und deren Effektivität beinhalten, um wiederum der LfK eine hinreichend gesicherte Aufsichtsgrundlage zu bieten. Eine effektive Eingriffsermächtigung des Programmbeirats wäre wünscheswert, findet aber ihre Grenze in der über die Rundfunkfreiheit gewährleisteten Programmfreiheit, denn der maßgebliche Programmeinfluß muß beim Rundfunkunternehmer und nicht beim Programmbeirat liegen, da sonst der Veranstalter um das Grundelement privatautonomer Gestaltung und Entscheidung und damit um die eigentliche Substanz gebracht wäre. 241 So ist auch die weitergehende Überlegung, hoheitliche Aufgaben der LfK aus dem Aufsichtsbereich auf den Programmbeirat zu übertragen, und diesen in die Stellung eines Beliehenen zu rükken, zu weitgehend und gegen die Rechtsprechung des BVerfG, das eine rechtsstaatliche Aufsichtsinstanz fordert. Auch ist aus Gründen der Gleichbehandlung aller privaten Veranstalter ein zentrales Eingriffsrecht bei der LfK gut aufgehoben. Eine eingeschränkte Stärkung würde der Programmbeirat jedoch dann erfahren, wenn ihm per Gesetz die Stellung einer Beschwerdeinstanz gegenüber 240 Degenhart, Rundfunkfreiheit, Rundfunkorganisation und Rundfunkaufsicht, in: AfP 1988, S. 332. 241 BVerfGE 73, 118, 171.
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Dritten, wenngleich diese nur akzeptierenden Charakter fiir Rezipientenbeschwerden haben kann, zugestanden würde. Durch die Verankerung einer solchen Norm im Bereich der formellen Programmbeschwerde des § 65 würde dem Programmbeirat eine "quasi öffentliche Aufgabe" erwachsen und ihm ein zumindest deklaratorisches Aufsichtsrecht gegenüber dem privaten Veranstalter einräumen. (d) Ergebnis Im Ergebnis läßt sich festhalten, daß im Moment keine ausreichende organisatorische Sicherung durch den Programmbeirat angenommen werden kann, um eine binnenplurale Sicherung der Meinungsvielfalt, wie vom BVerfG gefordert, sicherzustellen. Der Gesetzgeber ist im Bereich des § 24 zum Handeln aufgefordert. dd) Funktionskontrolle nach § 24 V Die LfK ist bei einer Zulassung nach § 24 V zu einer regelmäßigen Kontrolle des Funktionierens der binnenpluralen Sicherung nach den Absätzen 1, 2 u. 4 verpflichtet. Liegen beim Veranstalter Mängel vor, so sind diese innerhalb einer durch die LfK zu setzenden Frist zu beheben, oder im Falle der Nichtbehebung die Zulassung zu widerrufen. Unter den aktuellen gesetzlichen Umständen kann die LfK, die letztlich aufProgrammbeiratsbeschwerden und Beschwerde Dritter, angewiesen ist, dieser ausrücklichen Funktionskontrolle nur durch eigene Programmkontrolle nachgehen. Würden die vorgenannten gesetzlichen Beziehungsmechanismen zwischen LfK und den Programmbeiräten verwirklicht, würde der LfK eine turnusmäßig aktuelle Kontrollgrundlage vorliegen. Insofern stellt sich auch die Regelung des § 24 V als schwaches Instrument dar, das der Ergänzung im vorgenannten Sinne bedarf. ee) Resümee der Pluralitätssicherung nach § 24 Das LMG ist mit den vorstehenden Regelungen dem verfassungsgerichtlichen Anspruch, der Möglichkeit des gleichgewichtigen Zuwortkommens der in Betracht kommenden gesellschaftlichen Gruppen nur in eingeschränktem Maße gerecht geworden. Die Regelungen suchen zwar einen doppelten Ansatz unmittelbar beim Veranstalter und beim veranstalteten Programm, lassen jedoch die Geeignetheit, organisatorische und inhaltliche Binnenpluralität zu gewährleisten, vermissen. Gesetzgeberisch klärungsbedürftig ist das Verhältnis zwischen den §§ 23 und 24, das mittels einer eindeutigeren Formulierung des § 24 I LMG der Konkretisierung bedarf. Dringend ergänzungs bedürftig sind die Regelungen über die Arbeit der Programmbeiräte und deren Beziehung zur LfK. Bezieht man in
VI. Das Prinzip des Pluralismus im Landesmediengesetz
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dieses Resümee die im vorstehenden Abschnitt zum Prinzip der Gruppenfreiheit ausgeführten Schwächen des § 24 IV zur Verhinderung des multimedialen Doppelmonopols mit ein, stellt sich der § 24 als wenig gelungene Vorschrift zur Pluralitätssicherung dar, die der ausfonnenden Effektuierung verfassungsrechtlicher Anforderungen nicht im gewünschen Maße gerecht wird. c) Die Beteiligung des Medienrates als binnenpluraler Model/baustein im vielfaltsrelevanten Bereich Das LMG beinhaltet noch einen weiteren wesentlichen binnenpluralen Ansatzpunkt. Dies ist der über die §§ 23, 24 hinaus an einigen Stellen im Gesetz vorgesehene Zustimmungsvorbehalt des Medienrates, der als binnenplurales Gremium Einfluß auf solche Entscheidungen der LtK nimmt, die unmittelbar vielfaltsrelevante Bedeutung haben. Diese sind in § 73 11 enumerativ aufgeführt, sind jedoch nicht mit sämtlichen vielfaltsrelevanten Entscheidungen der LtK, d.h. deren Vorstand, deckungsgleich. So obliegt dem Medienrat kein Zustimmungsvorbehalt bei der Aufstellung des Nutzungsplans nach den §§ 5 ff, bei der Auswahlentscheidung für die Kapazitätsverteilungen im Kabelnetz nach § 10 11 5 und bei der Auswahlentscheidung nichtkommerzieller Veranstalter nach § 27 11 3. Fraglich ist die Mitwirkung des Medienrats bei vielfaltsrelevanten Entscheidungen im Rahmen des Widerspruchsverfahrens, zu dessen Gestaltung sich das LMG nicht äußert. Grundsätzlich sind die Mitwirkungsbefugnisse des Medienrates auf bestimmte, in § 73 11 genannte Entscheidungselemente beschränkt; nichts anderes gilt für das Widerspruchsverfahren. 242 Über einen Widerspruch gegen eine Entscheidung der LtK entscheidet der LtK-Vorstand nach § 73 I nr. 2 VwGO iVm. § 78 LMG, § 3 LVwVfG. Der Medienrat ist damit auch beim Erlaß eines Widerspruchsbescheides nicht generell mitwirkungsbefugt. Seine Befugnis ist entweder auf eine vom Ausgangsbescheid abweichende oder auf eine neu zu treffende Auswahlentscheidung beschränkt. Bestätigt der Vorstand im Widerspruchsverfahren lediglich seine Ausgangsentscheidung, bedarf es keiner Mitwirkung des Medienrates, da eine Auswahlentscheidung nicht in Frage steht. 243 Kommt der Vorstand hingegen zu dem Ergebnis, daß im Rahmen des Widerspruchsverfahrens eine andere Entscheidung zu treffen ist, so muß erneut die Zustimmung des Medienrates eingeholt werden. 244
243
ESVGH 42,185,190. ESVGH 42,185, 191.
244
Birkert, Landesmediengesetz, § 73, Rn. 1.
242
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E. Die Ausgestaltung der verfassungsrechtlichen Grundprinzipien im LMG
d) Weitere pluralitätsrelevante Regelungen
aa) Eigenständigkeit des Programms nach § 16 Nach § 16, dem auch im Rahmen der Ausgestaltung des Prinzips der Programm freiheit Bedeutung zukommt, ist jeder Rundfunkveranstalter verpflichtet, einen angemessenen Anteil seines Programms selbst zu gestalten. Wenn die gesellschaftlich relevanten Gruppen im Gesamtprogramm angemessen zu Wort kommen sollen, dann müssen sie auch dafür Sorge tragen, daß auch ihre Meinung im Rundfunk verbreitet wird, und nicht fremdproduzierte und angekaufte Programme veranstaltet werden. Damit ist die Forderung nach einer angemessenen Eigenständigkeit der Programme geeignet, programmliche Vielfalt herzustellen und verfassungsrechtlich nicht nur unbedenklich, sondern wünschenswert. bb) Kirchliches Drittsenderecht Vielfaltsfordernd kommt das bereits unter dem Gesichtspunkt der Staatsfreiheit behandelte kirchliche Drittsenderecht nach § 62 11 zum Zuge. Damit erhalten die Kirchen Zugang zum Rundfunk und erweitern damit dessen meinungsbildendes Spektrum, indem sie unter kirchenspezifischen und religiösen Gesichtspunkten Stellung zu aktuellen gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und politischen Geschehnissen nehmen. Nicht unter den Pluralitätsgesichtspunkt kann das Verlautbarungsrecht staatlicher Stellen subsumiert werden, da dieses der Gefahrenabwehr und nicht der Meinungsbildung dient. cc) Kooperation privater und öffentlich-rechtlicher Rundfunkveranstalter45 Eine andere pluralitätsfordernde Regelung ist der LMG-Novelle 1994 zum Opfer gefallen. Nach § 14 IV LMG a.F. konnten private Rundfunkveranstalter mit öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten in der Weise zusammenarbeiten, daß sie einzelne Ton- und Bewegtbildsendungen zusammen herstellen oder öffentlich-rechtliche den privaten Veranstaltern Sendungen oder Programm teile zur Verfügung stellen oder von ihnen abnehmen. Eine solche Kooperation ist verfassungsrechtlich nicht gefordert, sondern unterliegt im Rahmen der legislativen Ausgestaltungsbefugnis der Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers. 246 Mit der 245 Zum verfassungsrechtlichen Rahmen der Kooperationsmöglichkeiten öffentlichrechtlicher und privater Veranstalter im Rundfunkbereich vgl. Engler, Kooperationen im Rundfunk, S. 103 ff. 246 BVerfGE 83, 238, 308. Von dieser Gestaltungsfreiheit hat der Gesetzgeber in diesem Fall auch reichlich Gebrauch gemacht, denn die Streichung des § 14 IV LMG a.F. war im Regierungsentwurf,
VI. Das Prinzip des Pluralismus im Landesmediengesetz
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Regelung des § 14 IV LMG a.F. war jedoch die Chance zum Austausch der privaten mit den binnenpluralen öffentlich-rechtlichen Veranstaltern und somit eine Chance zur Erhöhung der Meinungsvielfalt eröffnet. Der Gesetzgeber ordnete diese Möglichkeit jedoch der Gefahr zu weitgehender gesetzlicher Regulierungen unter. 247 e) Gesamtbild In der Gesamtschau handelt es sich beim Pluralitätsmodell des LMG um ein außenplural angelegtes Fundament, auf dem binnenplurale Elemente aufbauen. Baden-Württemberg geht damit den vom BVerfG nicht ausgeschlossenen Weg der Kombination der beiden Grundmodelle. Diese Grundkonzeption ist in ihrer Anlage verfassungskonfonn, kann jedoch nicht ohne Kritik bleiben. aa) Vielfalt durch "Vielheit"248? Es stellt sich die Frage, ob die schematische Betrachtung, wonach quantitative Vielfalt im Ergebnis qualitative Vielfalt bewirken soll, richtig ist. Das BVerfG hat hierzu im vierten Rundfunkurteil zutreffend konstatiert, daß die Zahl der in einem Verbreitungsgebiet empfangbaren Programme kein sicheres Indiz fiir ihre Ausgewogenheit enthält/ 49 hat diesen Gedanken jedoch nicht als verfassungsunkonfonn betrachtet. Verfassungsrechtlich zu beanstanden ist die Regelung wohl solange nicht, wie sie vielfaltssichernde gesetzliche Vorkehrungen vorsieht, die im Falle des Nichtfunktionierens der Außenpluralität sicherungshalber an deren Stelle treten. 250 Dies läßt den Schluß zu, daß auch das BVerfG das Problem mangelnder faktischer Funktionalität gesehen hat. So stammt der im LMG zugrundegelegte Gedanke des § 23 I aus einem Gesetz, das noch lokalen und regionalen Hörfunk mit einer wesentlich größeren Zahl an Sendern vorsah. Durch den neuen Zuschnitt der Verbreitungsgebiete im Hörfunk, der durch die LfK ausgefuhrt, die Zahl der Regionalsender auf drei und der Lokalsender auf 15 begrenzt, ist es Faktum geworden, daß unter den Bedingungen des § 23 I in einem Verbreitungsgebiet fonnelle Außenpluralität gar nicht erreicht werden kann. Zu diesem Manko fugt sich hinzu, daß die subsidiäre Sicherungsebene des § 24 nicht in der Lage ist, LT -Drs. 11 / 3870, noch nicht enthalten und fand erst im Rahmen der Beratungen des Ständigen Ausschusses des Landtags, LT-Drs. 11 /4218, statt. 247 Vgl. LT-Drs. 11/4218, S. 14 f.
248 Frank, Die administrative Substituierung des Außenpluralismus im Landesmediengesetz Baden-Württemberg, in: ZUM 1986, S. 187. 249 BVerfGE 73, 118, 164. 250
BVerfGE 73, 118, 174.
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E. Die Ausgestaltung der verfassungsrechtlichen Grundprinzipien im LMG
in ihrer derzeitigen Ausformung die Schwäche des außenpluralen Systems aufzufangen. Es wäre jedoch falsch, wenn sich der Gesetzgeber im Hinblick auf die großen Chancen der frequenzerhöhenden DAß-Übertragungstechnik vom quantitativen Vielfaltsprinzip verabschieden würde, da dieses Prinzip bei einer wesentlich größeren Zahl digitaler Übertragungskapazitäten und damit auch einer größeren Zahl an Anbietern eine echte Funktionschance hätte. Nichtsdestotrotz bedarf es zum augenblicklichen Stand der Frequenztechnik einer Nachbesserung der binnenpluralen Sicherung. bb) Spannungsverhältnis zwischen dem Pluralitätsprinzip und den Auswahlregelungen des § 21 Pluralität verstanden als die Möglichkeit für alle gesellschaftlichen Kräfte im Gesamtprogramm gleichgewichtig zu Wort zu kommen, setzt voraus, daß sich auch Auswahlregelungen an diesem Prinzip orientieren. § 21 wirft jedoch Probleme auf, da nach den Auswahlregelungen der Abs. 2-4 in der Regel nur noch eine Auswahl zugunsten eines Vollprogrammanbieters erfolgen wird, während nach der früheren Gesetzesfassung die Sendezeit grundsätzlich unter alle Veranstalter (auch Spartenprogrammanbieter) mittels des sog. Frequenzsplittings aufgeteilt werden konnte, was aber bei Veranstaltern, die nur stundenweise Sendezeit erhalten haben, zu wirtschaftlichen Schwierigkeiten sowie zu Akzeptanzproblemen ("Durchhörbarkeit") bei den Empfängern geführt hat. 251 Der Möglichkeit des Frequenzsplittings war die Vielfaltsf6rderung immanent. Die Auswahlmöglichkeiten des § 21 lI-IV haben nun jedoch das Prinzip des Pluralismus nicht entwertet, da Abs. 3 als vielfaltssichernde Auffangnorm gerade eben den Vielfaltsgrundsatz und die Anteile selbstgestalteter Beiträge aus dem politischen, sozialen und kulturellen Leben des Verbreitungsgebiets zum Auswahlkriterium erhebt. Mit dieser Regelung ist ein verfassungsrechtlich verträglicher Ausgleich zwischen dem Pluralitätsprinzip und den Auswahlgrundsätzen geschaffen worden.
3. Pluralitätsexkurs: Der offene Kanal Unter dem offenen Kanal 252 ist diejenige Einrichtung zu verstehen, die für jedermann die Möglichkeit eröffnet, selbst und zu geringen Kosten Rundfunkbeiträge zu erstellen und zu senden, ohne ein regelmäßiges Programm zu veranstalten. 253 Birkert, Landesmediengesetz, § 15, Rn. 4. Bauer, Die offenen Kanäle im Kabe1pilotprojekt Ludwigshafen und die Voraussetzungen für die künftige Organisation, in: Schwarze, S. 45 ff; Kamp, Der offene Kanal, S. 11 ff; Herrmann, Rundfunkrecht, § 17, Rn. 76 ff. 253 Ricker, Privatrundfunk-Gesetze im Bundesstaat, S. 107. 251
252 Vgl.
VI. Das Prinzip des Pluralismus im Landesmediengesetz
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a) Verfassungsrechtliche Vorüberlegung Die Chancengleichheit der gesellschaftlich relevanten Gruppen beim Zugang zum Rundfunk ist wesentliches Element des Prinzips des Pluralismus. Dabei ist aber auch die Chancengleichheit von Bewerbern mit unterschiedlichen finanziellen Handlungsspielräumen zu berücksichtigen. Insoweit stärkt der offene Kanal die Chancen auch gerade derjenigen, die zur Veranstaltung eines ständigen Programms wirtschaftlich nicht in der Lage sind. Darüber hinaus öffnet der offene Kanal den Rundfunk aber auch für einzelne Bürger und unorganisierte Interessengruppen. Wenngleich der offene Kanal als Instrument der Optimierung der Chancengleichheit des Zugangs im Rahmen des Pluralitätsprinzips verfassungsrechtlich zulässig ist, ist Art. 5 I 2 GG andererseits kein zwingender Grund zu entnehmen, den Pluralismus gerade auf diese Weise zu optimieren. Die Einrichtung eines offenen Kanals steht demnach im Ermessen des Gesetzgebers254 im Rahmen der ihm zustehenden legislativen Ausgestaltungsbefugnis.
b) Der offene Kanal im LMG a.F. Mit dem offenen Kanal ist im LMG eine - theoretisch - ausgesprochen meinungsvielfältige Form der Rundfunkveranstaltung nicht mehr enthalten. Das LMG enthielt in seiner ersten Fassung in § 22 III a.F. im Rahmen der binnenpluralen Vielfaltssicherung bei Veranstaltern ohne hinreichende Konkurrenz die Möglichkeit, daß ein Veranstalter, der weder gruppenplural getragen ist, noch einen Programmbeirat eingerichtet hat, Meinungsvielfalt dadurch herstellen kann, daß er einen angemessenen Anteil seiner Sendezeit in Form eines offenen Kanals zur Verfügung stellt. Das BVerfG erachtete diese Regelung im fünften RundfunkUrteil nicht als verfassungskonform, da sie als binnenplurale Sicherung für fehlende Außenpluralität vorgesehen war/ 55 diesen Sicherungszweck jedoch nicht erfüllen konnte. Über die verfassungsrechtliche Unzulässigkeit eines offenen Kanals als solchem hat das Gericht damit aber nichts ausgesagt. In der großen LMG-Novelle 1987 strich der Gesetzgeber entsprechend dem Karlsruher Richterspruch den offenen Kanal aus der subsidiären Pluralitätssicherungsebene, ohne ihn an anderer Stelle wieder zu berücksichtigen. Trotz der Fördermöglichkeiten nach § 40 I 1 Nr. 2 RfStV sind offene Kanäle im LMG nicht mehr vorgesehen.
254 Ricker, Privatrundfunk-Gesetze im Bundesstaat, S. 108 unter Hinweis auf Herzog in: MDHS, Art. 5, Rn. 65 a.
255
BVerfGE 74, 297, 330.
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E. Die Ausgestaltung der verfassungsrechtlichen Grundprinzipien im LMG
c) Chancen und Gefahren eines offenen Kanals 256
Der offene Kanal ist umstritten, wobei der Grund des Streits wohl nicht juristische, sondern eher ideologische Wurzeln hat. Während für die einen der offenen Kanal als Spielwiese (vornehmlich) linker politischer Gruppen gilt/ 57 sehen andere in ihm die entscheidende Möglichkeit für eine echte Bürgerbeteiligung im Rundfunk, der insbesondere auflokaler Ebene große Bedeutung für die öffentliche Meinungsbildung zukommt. Die Wahrheit liegt wahrscheinlich - wie meist - auch hier in der Mitte. Wie die Erfahrungen mit offenen Kanälen in anderen Bundesländern258 zeigen,259 haben sich Befürchtungen, wonach offene Kanäle in erster Linie zu politisch-agitatorischen Zwecken mißbraucht werden, wohl nicht bestätigt. Auf der anderen Seite kann es nicht verfassungsrechtlicher Schutzzweck des Pluralismus sein, jede noch so kleine Individualmeinung, unabhängig von ihrer Couleur, der öffentlichen Meinungsbildung gegenüber für bedeutsam zu halten. Offene Kanäle haben im lokalen Bereich dann ihren Zweck, wenn sie organisierten lokalen Veranstaltern, ob aus kirchlichem, sportlichem, politischem oder allgemeinem gesellschaftlichen Geschehen, die Möglichkeit einräumen, nicht nur Meinung, sondern auch die Bedeutung lokalen Engagements für das Gemeinwesen, näherzubringen. Es kann und darf nicht der Zweck eines offenen Kanals sein, lediglich Einzelpersonen Rundfunk zu ermöglichen, der aus dem nach § 40 I I Nr. 2 RfStV Anteil am öffentlich-rechtlichen Kabelgroschen finanziert wird. Angesichts der nach wie vor vorherrschenden Frequenzknappheit, insbesondere in Ballungsräumen, käme eine Verbreitung offener Kanäle ausschließlich im Kabelnetz in Frage, da eine Einschränkung der Frequenzversorgung der öffentlich-rechtlichen Anstalten schnell an verfassungsrechtliche Grenzen stößt und eine Beschränkung bei den Privaten nicht erwünscht sein kann. Dies hätte zur Folge, daß nur der "verkabelte" Teil der Rundfunkrezipienten die Möglichkeit hätte, den offenen Kanal für die Meinungsbildung zu nutzen. Insofern ist der baden-württembergische Weg, auf einen offenen Kanal zu verzichten und stattdessen die knappen Frequenzen sog. nichtkommerziellen Veranstaltern zur Verfügung zu stellen, in der aktuellen Situation wohl der bessere.
256 Zu praktischen Erfahrungen mit offenen Kanälen vgl. LT -Drs. 11 / 1182, S. 20 ff sowie Anstalt fiir Kabelkornmunikation Berlin, Offene Kanäle in Deutschland, S. 4 ff. 257 Vgl. TM 7/ 1994, S. 20: "Rauschen und Schweigen - Im NRW-,BÜfgerfunk' können sich Chaoten und Spinner austoben". 258 Offene Kanäle bestehen in den Ländern Berlin, Bremen, Hamburg, NordrheinWestfalen, Saarland und Schleswig-Holstein. 259 Vgl. hierzu epd / KiFu, Nr. 82, S. 16 f.
VI. Das Prinzip des Pluralismus im Landesmediengesetz
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d) Abgrenzung zum nichtkommerziellen Veranstalter
Der nichtkommerziellen Veranstalter, den das LMG in der Sonderregelung des § 27 11 erfaßt, grenzt sich vom offenen Kanal wie folgt ab. Übertragungskapazitäten, die nicht für gesetzlich privilegierte Programme nach § 711 1 Nr.1-3 benötigt werden, können vorrangig an solche Veranstalter vergeben werden, die keine erwerbswirtschaftlichen, sondern kulturelle, politische, religiöse oder ähnlich ideelle Zwecke verfolgen, und Werbung - wenn überhaupt - neben Mitgliedsbeiträgen und Spenden allenfalls zur Mitfinanzierung des Programms ohne Gewinnabsicht einsetzen. 26o Der Vorteil dieser Möglichkeit beruht auf der Tatsache, daß die Nichtkommerziellen einerseits der Erweiterung des Meinungsspektrums dienen, andererseits jedoch trotz der Inanspruchnahme von Frequenzen in der Regel keine Werbepotentiale zur Finanzierung benötigen. Eine Finanzierung über die Finanzierungsregelung der offenen Kanäle des § 40 I 1 Nr. 2 RfStV durch einen Anteil am Kabelgroschen ist bei den nichtkommerziellen Veranstaltern unmöglich. Auch zielt das Gesetz bei den nichtkommerziellen Veranstaltern darauf ab, nicht jeden Interessenten zur Rundfunkveranstaltung zuzulassen, sondern nach § 27 11 1 unterschiedlichen gesellschaftlichen Kräften Einfluß auf die Programmgestaltung zu geben. Ein Popularfunk soll ausgeschlossen werden. Wenn man, an den Ausgangspunkt des Pluralismusgedankens zurückkehrend, verlangt, daß nicht jeder, sondern die wesentlichen gesellschaftlichen Kräfte Zugang zum Rundfunk erhalten sollen, erscheint die Vergabe freier Übertragungsfrequenzen an nichtkommerzielle Veranstalter dem Norrnziel näher zu kommen, als die Einrichtung offener Kanäle. Aus diesem Grunde könnte man daran denken, die Finanzierungsform des § 40 I RfStV auch auf die nichtkommerziellen Veranstalter auszudehnen. 261 In diesem Zusammenhang stellt sich ein Problem beim Auftritt von Universitäten als nichtkommerzielle Veranstalter. Beim "Campus-Radio-Baden" der Universitäten Freiburg, Heidelberg, Karlsruhe und Mannheim senden diese Universitäten ihr Spartenprogramm einmal wöchentlich eine Stunde auf der Frequenz eines regionalen Hörfunkveranstalters. Da jedoch der regionale Hörfunkveranstalter nur Sendezeit, aber nicht Finanzmittel zur Verfügung stellt, ist es fraglich, wie das Uni-Radio finanziert werden kann. Eine Finanzierung unmittelbar aus dem Staatshaushaltsplan wirft wegen eines möglichen Verstoßes gegen das Prinzip der Staatsfreiheit verfassungsrechtliche Bedenken auf. Auf der anderen Seite steht den Universitäten als Körperschaften des öffentlichen Rechts ein Selbstverwaltungsrecht zu, das staatliche Einflüsse jenseits rechtlicher Bindungen ausschließt. In diesem Bereich bewegt sich auch das Campus-Radio, so daß eine Finanzierung über den Landeshaushalt wohl 260 Birkert, Landesmediengesetz, § 27, Rn. 6; vgl. im einzelnen zur Regelung tUr die nichtkommerziellen Veranstalter Rn. 6 ff; LT -Drs. 11 /5704 LfK-Entwicklungskonzept tUr nichtkommerziellen Rundfunk.
261 Inwieweit dies mit verfassungsrechtlichen Grundsätzen der Rundfunkfinanzierung vereinbar ist, soll in diesem Kapitel unter VIII. erörtert werden.
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E. Die Ausgestaltung der verfassungsrechtlichen Grundprinzipien im LMG
zulässig wäre. Letztlich kann diese Frage aber vorläufig dahinstehen, da § 40 I 1 Nr. 1 RfStV auch die Möglichkeit der Förderung von Infrastrukturmaßnahmen durch gesonderte Mittel der LfK eröffnet ist. Durch solche Zuwendungen wäre es den Universitäten zumindest befristet möglich, abseits unmittelbarer staatlicher Finanzierung, eine eigene Infrastruktur im Hörfunkbereich aufzubauen. Eine Dauerfinanzierung aus dieser Infrastrukturförderung ist unzulässig, da diese dem Zweck der Förderung zuwiderliefe. Diese müßte sodann aus universitätseigenen Mitteln erfolgen.
4. Resümee der Vorschriften zum Prinzip des Pluralismus Das LMG hat mit den vorstehend beschriebenen Vorschriften die vom BVerfG geforderte positive Ordnung geschaffen. Da das LMG das außenpluralistische Sicherungsmodell zugrundelegt, müssen die gesetzlichen Vorkehrungen zur Erhaltung der Meinungsvielfalt um so effektiver sein, je weiter der private Rundfunk von einer Lage funktionierender Außenpluralität entfernt ist. 262 Diesem Erfordernis versucht das LMG Rechnung zu tragen, indem es auf einer zweiten Sicherungsebene binnenpluralistische Vorkehrungen trifft. Die Vorschriften des LMG stimmen mit den Forderungen des BVerfG zur Ausgestaltung des Prinzips des Pluralismus jedoch nur formell überein, da die binnenpluralen Vorkehrungen materiell an den beschriebenen Effektivitätsmängeln leiden.
VII. Das Prinzip der Programmfreiheit im Landesmediengesetz Als weiteres tragendes Strukturprinzip benennt das BVerfG das Prinzip der Programmfreiheit, das insbesondere im siebten und achten Rundfunkfunkurteil in den Mittelpunkt der Betrachtungen gerückt wurde.
1. Verfassungsrechtliche Anforderungen Das BVerfG versteht das Prinzip der Programmfreiheit als die grundsätzliche Freiheit der Programmgestaltung, die sich an publizistischen Kriterien, die der Rundfunk aufgrund seiner Professionalität selbst bestimmt, ausrichtet. 263 Die Gewährleistung der Programmfreiheit hat der Gesetzgeber mittels der bekannten positiven Ordnung sicherzustellen. In deren Rahmen hat der Gesetzgeber aber auch Leitgrundsätze verbindlich zu machen, die ein Mindestmaß an inhaltlicher Ausgewogenheit, Sachlichkeit und gegenseitiger Achtung gewährleisten. Wäh-
262
BVerfGE 73, 118, 174.
263
BVerfGE 90, 60, 87; 87, 181,201.
VII. Das Prinzip der Programmfreiheit im Landesmediengesetz
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rend beim binnenpluralen Organisationsmodell jeder Veranstalter diesen Anforderungen unterliegt, darf der Gesetzgeber bei der Zugrundelegung eines außenpluralen Organisationsmodells die inhaltliche Vielfaltsanforderung absenken, doch bleibt der Veranstalter zu sachgemäßer, umfassender und wahrheitsgemäßer Information verpflichtet. Daneben sind alle Veranstalter an die Schranken des Art. 5 11 GG gebunden, wobei insbesondere dem Jugendschutz durch den Landesgesetzgeber besondere Rechnung getragen werden muß. Wie der Gesetzgeber hier seinem Ausgestaltungsauftrag gerecht geworden ist, soll im folgenden dargestellt werden.
2. Ausgestaltung der Programmfreiheit a) Keine grundlegende Normierung in § 15 Das Prinzip der Programmfreiheit ist im Gegensatz zu den anderen Grundprinzipien des LMG nicht explizit in der Leitvorschrift des § 15 normiert. Es bedarf vielmehr der zusammenfassenden Betrachtung mehrerer Vorschriften, in deren Gesamtschau sich das Prinzip der Programmfreiheit verwirklicht. Für die Verwirklichung der Programmfreiheit privater Veranstalter ist deren inhaltliche Eigenverantwortlichkeit für die Programmgestaltung von vorrangiger Bedeutung. Bei der Dimension dieser Eigenverantwortlichkeit gilt es jedoch das zugrundeliegende Organisationsmodell in die Betrachtung miteinzubeziehen. Da beim außenpluralen Modell die individuelle Vielfaltsanforderung abgesenkt wird und so keine Ausgewogenheitsverpflichtung für den einzelnen Veranstalter besteht, ist die inhaltliche Eigenverantwortlichkeit hier wesentlich ausgeprägter, als beim binnenpluralen Modell.
b) Inhaltliche Eigenverantwortlichkeit des Veranstalters Die inhaltliche Eigenverantwortlichkeit des Veranstalters für sein Programm normiert § 2 Nr. 6, der jedoch kein dem § 15 vergleichbarer Programmsatz ist, sondern lediglich im Rahmen des Veranstalterbegriffs dessen Dimension definiert. Um den Bereich der inhaltlichen Eigenverantwortlichkeit zu erfassen, bedarf es der verbindenden Betrachtung des § 2 Nr. 6 mit § 3 I sowie den §§ 16, 17. § 3 I normiert als Kapazitätszielbeschreibung die freie Verbreitung vielfältiger Rundfunkprogramme durch selbständige Veranstalter. Der Begriff der selbständigen Veranstaltung bedarf jedoch einer Konkretisierung, denn Selbständigkeit impliziert auch die (negative) Möglichkeit, eben nicht von der Möglichkeit der eigenen Programmgestaltung Gebrauch zu machen, sondern lediglich "fertige" Programme anzukaufen und zu senden. Diese Konkretisierung leisten die §§ 16, 17. § 16, 1 bestimmt, daß jedes Programm vom Veranstalter zu einem angemessenen Anteil redaktionell selbst gestaltet sein muß. Welcher Anteil dabei 14 Kirschnek
210
E. Die Ausgestaltung der verfassungsrechtIichen Grundprinzipien im LMG
angemessen ist, läßt sich generell nicht bestimmen;264 § 16, 2 gibt hierzu für den Hörfunkbereich im Wege einer Soll-Vorschrift einen zeitlichen Senderahmen vor, letztendlich sind aber die Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen. 265 Wichtig ist jedoch nicht die punktuelle redaktionelle Mitarbeit, sondern die fortlaufende inhaltliche Mitwirkung des Veranstalters bei der Programmherstellung. 266 Hier überlagern sich die Prinzipien der Pluralität und der Programmfreiheit, da der Vielfaltsgedanke nur dann verwirklicht werden kann, wenn die zu fördernde Meinung auch nach außen in Erscheinung tritt. Eine durchaus mögliche programmliche Zusammenarbeit der privaten Veranstalter untereinander beschreibt § 17. Diese findet ihre Grenze jedoch dort, wo die inhaltliche Verantwortung des Veranstalters oder die Eigenständigkeit des Programms iSd. § 16 beeinträchtigt werden. Die inhaltliche Eigenverantwortlichkeit räumt dem privaten Veranstalter nicht nur die Möglichkeit freier Programmgestaltung ein, sondern fordert vom Veranstalter auch ein aktives Gebrauchmachen von dieser Freiheit. Mit dieser positiven Normierung der Programmfreiheit macht das LMG aber nur Aussagen zu dem, was der Veranstalter im Rahmen seiner Programmfreiheit darf, nicht hingegen zu dem, was er nicht darf. So findet das Prinzip der Programmfreiheit seine wesentliche Ausformung in der Darstellung seiner Grenzen.
3. Grenzen der Programmfreiheit Die oben beschriebene weite Programmfreiheit stößt aufverfassungsrechtliche Grenzen. So fordert das BVerfG vom Gesetzgeber im Rahmen der Ausgestaltung der Rundfunkordnung die Normierung von Leitgrundsätzen, die ein Mindestmaß an inhaltlicher Ausgewogenheit, Sachlichkeit und gegenseitiger Achtung gewährleisten. Da das LMG jedoch das außenplurale Organisationsmodell zugrundegelegt hat, und damit dem einzelnen privaten Veranstalter keine inhaltliche Ausgewogenheitsverpflichtung mehr obliegt, reduzieren sich die Anforderung der Leitgrundsätze auf Sachlichkeit und gegenseitige Achtung, wobei der einzelne private Veranstalter jedoch zu sachgemäßer, umfassender und wahrheitsgemäßer Information verpflichtet bleibt. Darüber hinaus sind alle Veranstalter an die Grundrechtsschranken des Art. 5 11 GG gebunden, wobei insbesondere der Jugendschutz besondere Bedeutung erlangt. Wie das LMG diesen Ausgestaltungsauftrag umsetzt, soll im folgenden aufgezeigt werden.
264 VGH BaWü, in: VBIBW 1993, S. 336. 265 VGH BaWü, in: VBIBW 1993, S. 336 f. 266 Birkert, Landesmediengesetz, § 16, Rn. 3.
VII. Das Prinzip der Programmfreiheit im Landesmediengesetz
211
a) Programmgrundsätze267 Das BVerfG verlangt vom außenpluralen privaten Veranstalter ein Mindestmaß an Sachlichkeit und gegenseitiger Achtung sowie sachgemäße, umfassende und wahrheitsgemäße Information. aa) Allgemeine Programmgrundsätze des § 54 Kernpunkt der Forderung nach einen Mindestmaß an gegenseitiger Achtung ist die Menschenwürde des Art. 1 I GG als oberster Wert des grundgesetzlichen Wertesystems. Diese Forderung verwirklicht § 54. Danach haben alle Sendungen die Würde des Menschen und die Überzeugungen anderer, sowie Ehe und Familie zu achten und dürfen sich nicht gegen die Völkerverständigung und die freiheitlich demokratische Grundordnung richten. Die Achtung der Würde des Menschen bezieht sich jedoch nicht auf den Rundfunkrezipienten, sondern auf den im jeweiligen Beitrag dargestellten Menschen. So sind demütigende, bloßstellende, erniedrigende oder grob ehrverletztende Darstellungen konkreter Personen oder Personengruppen unzulässig. 268 Eine Rechtfertigung über die Kunstfreiheit des Art. 5 III GG ist nicht möglich, da diese selbst ihre Grenze in der Menschenwürde findet. Die Achtung der Überzeugung anderer ist dann verletzt, wenn diese Überzeugung völlig mißachtet oder unsachlich bzw. diffamierend herabgewürdigt wird. Gleiches gilt für die nach Art. 6 I GG besonders geschützte Ehe und Familie. 269 Das LMG beläßt es damit jedoch nicht, sondern fordert zusätzlich, daß sich die Sendungen nicht gegen die Völkerverständigung und die freiheitlich-demokratische Grundordnung richten. Es fragt sich, ob dieser Forderung noch ausgestaltender oder schon beschränkender Charakter zukommt. Versteht man die vom BVerfG geforderten Leitgrundsätze als einen (gesellschaftlichen) Mindeststandard, der erfüllt sein muß, um überhaupt zur freien Meinungsbildung wirksam beitragen zu können, dann müssen auch die Grundsätze der Völkerverständigung und der Wahrung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung, ohne deren Vorhandensein eine freie Meinungsbildung im grundgesetzlichen Sinne gar nicht möglich wäre, den Regelungen über die Ausgestaltung der Rundfunkfreiheit zugeordnet werden. Die Grenze zur beschränkenden Regelung ist mit § 54 noch nicht überschritten. Unzulässig sind danach die Programminhalte, die darauf abzielen, den Frieden und die Verständigung unter den Völkern zu stören oder zu bekämpfen. 270 Auch hat § 54 die freiheitlich-demokratische Grundordnung in 267 Vgl. Schurnacher, Freiheitsgestaltende Programmauflagen für den privaten Rundfunk, S. 97 ff.
14'
268
Birkert, Landesmediengesetz, § 54, Rn. 2.
269
Birkert, Landesmediengesetz, § 54, Rn. 3.
270
Birkert, Landesmediengesetz, § 54, Rn. 4.
212
E. Die Ausgestaltung der verfassungsrechtlichen Grundprinzipien im LMG
seinen Katalog miteinbezogen. Die freiheitlich-demokratische Grundordnung läßt sich mit dem BVerfG "als eine Ordnung bestimmen, die die unter Ausschluß jeglicher Gewalt- und Willkürherrschaft eine rechts staatliche Herrschaftsordnung auf der Grundlage der Selbstbestimmung des Volkes nach dem Willen der jeweiligen Mehrheit und der Freiheit und Gleichheit darstellt. Die Achtung vor den im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechten ist zu den grundlegenden Prinzipien dieser Ordnung zu rechnen".271 Da die Menschenwürde und auch der Schutz von Ehe und Familie bereits Bestandteile der freiheitlich-demokratischen Grundordnung darstellen, kommt der Einbeziehung dieser Grundordnung in den § 54 eine Sammel- und Auffangtatbestandfunktion zu, mittels derer der verfassungsrechtliche Anspruch besonders gut verwirklicht werden sollte. Das LMG hat mit der Normierung dieser allgemeinen Programmgrundsätze den verfassungsrechtlichen Anspruch nach einem Mindestmaß an gegenseitiger Achtung errullt und inhaltlich umfassend ausgestaltet. bb) Informationeller Grundstandard nach §§ 56, 57 Weiter verlangt das B VerfG von den privaten Veranstaltern Sachlichkeit sowie sach- und wahrheitsgemäße und umfassende Information. Dies erfordert vom Veranstalter, daß er einerseits - im Sinne eines Informationsrechts - Zugang zu den notwendigen Informationen erhält, er aber andererseits die gewonnenen Informationen vor einer Weiterverbreitung sorgfältig überprüft, aufarbeitet und reflektiert. Diese doppelte Anforderung verwirklicht das LMG in den §§ 56 und 57. (1) Informationsrecht nach § 57
§ 57 verschafft dem privaten Veranstalter die Möglichkeit, sachgemäße und umfassende Informationen zu erhalten. Diese Norm entspricht § 4 LPresseG. Das Informationsrecht verpflichtet die Behörden, den privaten Veranstaltern die der ihrer öffentlichen Aufgabe nach § 18 dienenden Auskünfte zu erteilen. Auskünfte können nur nach dem Katalog des Absatz 2 verweigert werden. Auskunftsverpflichtet sind die Behörden, d.h. nach § 1 11 LVwVfG alle staatlichen Stellen, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnehmen, auch wenn dies in privatrechtlicher Organisationsform geschieht. Gegenüber Kirchen, Parteien und Rundfunkanstalten sowie privatrechtlichen Unternehmen besteht kein Auskunftsanspruch. 272 Zwar wird dem privaten Rundfunk eine öffentliche Aufgabe zugesprochen und kann dieser aufgrund seiner eigenen professionellen Maßstäbe bestimmen, was gesendet wird, so überwiegt doch das individuelle Interesse der 271
Pieroth / Schlink, Grundrechte, Rn. 895 unter Hinweis auf BVerfGE 2, 1, 12 f.
272
Birkert, Landesmediengesetz, § 57, Rn. 2.
VII. Das Prinzip der Programmfreiheit im Landesmediengesetz
213
privaten Unternehmer, bzw. der halbstaatlichen Einrichtungen gegenüber dem Informationsinteresse der privaten Veranstalter. Die Auskunftserteilungsbeschränkungen des Abs. 2 müssen durch die Behörden nach pflichtgemäßem Ermessen im jeweiligen Einzelfall geprüft werden. Kommt eine Behörde nach pflichtgemäßer Prüfung zu dem Ergebnis, daß eine Auskunftsverweigerung nach § 57 11 geboten ist, so steht dem Anspruchsberechtigten der Verwaltungsrechtsweg gegen die Auskunftsablehung offen. 273
(2) Sorgfaltspjlichr 74 nach § 56 Wesentlich bedeutsamer im Hinblick auf die Meinungsbildung ist die aus § 6, 1 LPresseG entstammende Vorschrift des § 56, die die privaten Veranstalter zu sorgfältiger und insbesondere wahrheitsgemäßer Informationsverbreitung verpflichtet, denn nur bei zutreffender Unterrichtung kann sich die öffentliche Meinung richtig bilden. 27S § 56 unterscheidet grundlegend zwischen Tatsachenbehauptungen (Nachrichten, Berichte) und Meinungsäußerungen (Kommentare, Werturteile). Diese Unterscheidung ist rur die Anwendung des Sorgfalts- und Wahrheitsmaßstabs von großer Bedeutung, da nur Tatsachen diesem Maßstab unterfallen; deren unrichtige Wiedergabe ist kein schützenswertes Gut und könnte die freie Meinungsbildung gefährden. 276 Meinungen hingegen genießen den Schutz des Art. 5 11 GG, ohne daß es darauf ankäme, ob die Äußerung wertvoll oder wertlos, richtig oder falsch, begründet oder grundlos ist. 277
273 Hier ist jedoch fraglich, welches Rechtsmittel statthaft ist. Dies richtet sich nach der rechtlichen Qualität der Ablehnung der Auskunft. Würde man diese als schlichtes Verwaltungshandeln einstufen, so wäre die allgemeine Leistungsklage die richtige Klageart. Dagegen könnte aber der regelnde Charakter der Ablehnung gegenüber dem privaten Veranstalter sprechen, der der Ablehnung wohl eher die Qualität eines Verwaltungsaktes zukommen läßt. In diesem Fall wäre eine Verpflichtungsklage auf Auskunft die richtige Klageart, wenngleich diese ein Vorverfahren erforderlich machen würde. Ein solches wäre jedoch nach § 68 I Nr. 1 VwGO entbehrlich, wenn ein Landesministerium die Auskunft verweigern würde. Wenn der private Veranstalter diese gleiche Auskunft jedoch auch bei einem Regierungspräsidium erhalten könnte, wäre ein Vorverfahren hingegen notwendig. Dies erscheint unlogisch. Schließlich könnte man auch noch an einen Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung nach § 123 V wGO denken. Diese Lösung erscheint jedoch unstatthaft, da in der einstweiligen Verwirklichung eines Auskunftsanspruchs regelmäßig eine Vorwegnahme in der Hauptsache liegen wird. Im Ergebnis wird daher eine allgemeine Leistungsklage gegen die die Auskunft verweigernde Behörde die statthafte Klageart sein. 274
Vgl. Peters, Die publizistische Sorgfalt, in: NJW 1997, S. 1334 ff.
275
BVerfGE 85,1, 15; 12, 113, 130.
276
BVerfGE 83, 238, 296.
271
Birkert, Landesmediengesetz, § 56, Rn. 2.
214
E. Die Ausgestaltung der verfassungsrechtlichen Grundprinzipien im LMG
(a) Tatsachen (aa) Durchschnittlicher Sorgfaltsmaßstab Grundsätzlich sind alle Tatsachen nach § 56 I 1 vor ihrer Verbreitung mit der nach den Umständen gebotenen Sorgfalt auf Wahrheit und Herkunft zu prüfen. Mit dieser Fonnulierung legt die Nonn nur einen durchschnittlichen Sorgfaltsmaßstab an, da die Infonnationsbeschaffung durch die gesetzliche Fonnulierung "nach den Umständen gebotene Sorgfalt" nur eine objektive und ernstliche Bemühung um die Wahrheitsfindung verlangt, die letztendlich nur die leichtfertige Falschmeldung verhindern soll. Es stellt sich die Frage, ob dieser Wahrheits- und Sorgfaltsmaßstab im Hinblick auf die freie Meinungsbildung nicht zu niedrig angesetzt ist. Würde man einen strengeren Sorgfaltsmaßstab für die Wahrheitsaufklärung anlegen, bestünde die Gefahr, daß der einzelne Veranstalter bei unklaren und nicht auflösbaren Tatsachenlagen eventuell auf eine Berichterstattung verzichten würde, um nicht der Gefahr einer Wahrheitspflichtverletzung zu unterliegen. Dies würde im Ergebnis die Grundrechtsausübungsmöglichkeit des Veranstalters beeinträchtigen. Auf der anderen Seite haben sichjedoch sämtliche Ausfonnungen des LMG an der dienenden Funktion der Rundfunkfreiheit messen zu lassen. Freie individuelle und öffentliche Meinungsbildung kann nur dann einen kommunikativen Wert besitzen, wenn sie mit größtmöglichen Wahrheitsgehalt zustandegekommen ist. Die Vollziehung freier Meinungsbildung aufgrund unrichtiger Tatsachen kann vom Nonnzweck des Art. 5 I 2 GG nicht gedeckt sein, denn Tatsachenverbreitung im Hinblick auf die freie Meinungsbildung verkommt zum Selbstzweck, wenn auch falsche und damit für die Meinungsbildung wertlose Tatsachen an den Rezipienten herangetragen werden können, nur weil im Einzelfall eine Sachaufklärung nicht vollständig möglich war. Die Verpflichtung zu vollständiger Sachverhaltswiedergabe nach § 56 I 2 versteht sich von selbst. (bb) Auffangregelungen Das Gesetz hat den oben beschriebenen Nachteil eines durchschnittlichen Sorgfaltsmaßstabes offensichtlich erkannt und in § 56 I 3, lI-IV Auffangregelungen geschaffen. Zwar fordert § 56 I 2, daß noch nicht hinreichend geklärte Tatsachen bei der Veröffentlichung einem Wahrheitsvorbehalt unterstellt werden müssen, doch ist dieses Sicherungsinstrument im Hinblick auf eine wahrheitsgemäße freie Meinungsbildung viel zu schwach, da im Zentrum der Tatsachenmeldung nicht der Vorbehalt, sondern die noch nicht hinreichend aufgeklärte und möglicherweise falsche Tatsache steht und so auch vom Rezipienten aufgenommen wird. Auch die nachträgliche Richtigstellung falscher Meldungen nach § 56 11 ist kein taugliches Sicherungsinstrument, da bei der Richtigstellung keinesfalls gewährleistet ist, daß die Rehabilitation gegenüber allen Rezipienten erfolgt, die
VII. Das Prinzip der Programmfreiheit im Landesmediengesetz
215
die Falschmeldung aufgenommen und in ihre Meinungsbildung eingestellt haben. § 56 III konstituiert ein Anhörungsgebot der betroffenen Person oder Stelle, die durch die Tatsachenverbreitung wesentlich betroffen ist. Dieses positive Sicherungsinstrument schwächt das Gesetz wiederum dadurch ab, daß die Anhörung nur "nach Möglichkeit" erfolgen soll, d.h. sich an den Umständen des Einzelfalles orientieren kann. Auch läßt das Gesetz offen, wann eine wesentliche Betroffenheit vorliegt. Etwas konsequenter wird das LMG in § 56 IV, der auf den Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts aus Art. 2 I iVm. I I GG abzielt. Nach S. 2 ist ein Eingriff in den Intimbereich einer Person ausgeschlossen, Sendungen über den Privatbereich sind nach S. I grundsätzlich unzulässig, sofern keine Einwilligung der betreffenden Person vorliegt. Dieser Einwilligung steht jedoch im Einzelfall das Informationsinteresse der Öffentlichkeit und die Bedeutung der Sache für die Öffentlichkeit gleich, wobei das Gesetz tunlichst darauf verzichtet, öffentliches Interesse und Bedeutung, auch nur im Ansatz zu definieren. Den Versuch einer solchen Definition unternimmt die amtliche Begründung zum Regierungsentwurf, die ein öffentliches Interesse dann annimmt, wenn der Einzelne als ein in der Gemeinschaft lebender Bürger in Kommunikation mit anderen tritt, auf andere einwirkt und dadurch die persönliche Sphäre von Mitmenschen oder Belange des Gemeinschaftslebens berührt. Durch Güterabwägung ist im konkreten Fall zu ermitteln, ob das öffentliche Interesse generell und nach Gestaltung des Einzelfalles den Vorrang vor dem privaten Interesse der Person verdient, wobei der Eingriff dann stets im angemessenen Verhältnis zur Bedeutung der Sache stehen muß. 278 Dieser Definitionsversuch trägt nicht wesentlich zur Aufklärung der Frage bei, da er selbst an mangelnder Konkretisierung leidet. Auch ist höchst fraglich, ob derjenige, der eine Meldung nach außen "verkaufen" will, in der Lage ist, eine fehlerfreie Güterabwägung im Einzelfall vorzunehmen. Hier stellt sich die Gefahr, daß öffentliches Interesse und "Sensationsinteresse" miteinander verwechselt werden. Solange sämtliche Begrifflichkeiten, die mit der "Öffentlichkeit" zu tun haben, letztlich im Nebel des Unkonkreten bleiben, wird ein effektiver Persönlichkeitsschutz nicht möglich sein. Um Eingriffe in den nach Art. 2 I iVm I I GG geschützten Persönlichkeitsbereich zu rechtfertigen, bedarf es einer konkreteren Eingriffsgrundlage. (cc) Ergebnis Das LMG legt im Ergebnis in seinem § 56 für Tatsachenmeldungen einen zu geringen Sorgfalts- und damit auch Wahrheitsmaßstab an. Auch steht bei der Intensität der Sicherungsmechanismen im Ergebnis nicht das Persönlichkeitsrecht, sondern die Möglichkeit der Tatsachenverbreitung im Vordergrund. Der dienenden Funktion der Rundfunkfreiheit für eine wahrheitsgemäße und freie individuelle und öffentliche Meinungsbildung wird dieser durchschnittliche 278
LT-Drs. 9/955, S. 106 unter Hinweis auf BVerfGE 35, 202, 220 f.
216
E. Die Ausgestaltung der verfassungsrechtlichen Grundprinzipien im LMG
Sorgfaltsmaßstab des LMG ebenso wenig gerecht, wie einem effektiven Persönlichkeitsrechtsschutz. (b) Meinungen Freie Meinungsbildung vollzieht sich nicht nur durch Tatsachen-, sondern auch durch Meinungsverbreitung. Dieser Trennung wird das LMG in § 56 V gerecht, indem es eine klare Trennungs- und Kennzeichnungspflicht zwischen Berichterstattung und Kommentar festlegt. Durch diese Trennung soll der Rezipient unterscheiden können, ob es sich um eine objektive, von subjektiven Einflüssen ungefärbte Information, oder um die persönliche Meinung des Kommentators handelt. 279 Diese persönliche Meinung des Kommentators unterliegt nicht den Wahrheitsanforderungen des § 56, die Grenze der unrichtigen Meinungswiedergabe ziehen jedoch die allgemeinen Programmgrundsätze des § 54. cc) Gesonderte inhaltliche Vielfaltsverpflichtung bei binnenpluraler Zulassung? Während außenplural zugelassenen Veranstaltern keine interne Vielfaltsverpflichtung obliegt, müssen Veranstalter mit einer binnenpluralen Zulassung dieser Anforderung gerecht werden. Da das BVerfG die Vielfaltsverpflichtung im Rahmen der Normierung der Leitgrundsätze ausdrücklich verlangt, könnte man meinen, daß das LMG unter den Programmgrundsätzen der §§ 54 ff eine gesonderte diesbezügliche Norm aufnehmen muß. Betrachtet man jedoch das Wesen der binnenpluralen Zulassung, so ergibt sich aufgrund der Zusammensetzung des binnenpluralen Veranstalters bzw. der Einflußmöglichkeiten des binnenpluralen Sicherungsgremiums aus sich selbst heraus bereits programmliche Vielfalt. Diesem Grundsatz trägt der § 24 nach Auffassung des Gesetzgebers Rechnung, so daß die gesonderte Normierung einer binnenpluralen Vielfaltsverpflichtung als Programmgrundsatz obsolet ist und das LMG darauf verzichten konnten. Betrachtet man jedoch die aufgezeigten faktischen Schwächen des § 24, könnte man meinen, daß eine Sicherungsvorschrift dennoch nötig ist, doch muß bei der Beurteilung dieser Frage die abstrakt-gesetzliche Konstruktion des binnenpluralen Pluralitätssicherungsgedanken und nicht die tatsächliche Umsetzung als Grundlage herangezogen werden. Nachbesserungen sind demnach bei § 24 notwendig. Wenn der binnenplurale Programmbeirat Einfluß auf die Programmgestaltung nehmen soll, stellt sich die Frage, ob ein Programmbeirat im Rahmen des Prinzips der Programmfreiheit noch dem ausgestaltenden oder bereits dem beschränkenden Bereich zugerechnet werden muß. Diese Frage läßt sich nur aus der Funktion des Programmbeirats erklären, dem als Ausgestaltungs- und Siche279
Birkert, Landesmediengesetz, § 56, Rn. 8.
VII. Das Prinzip der Programmfreiheit im Landesmediengesetz
217
rungselement des Pluralismusprinzips wesentliche Bedeutung zukommt. In dieser Funktion dient der Programmbeirat der dienenden Funktion der Rundfunkfreiheit zur Gewährleistung der Meinungsfreiheit und stellt daher auch auf der Ebene des Prinzips der Programmfreiheit eine ausgestaltende Regelung dar, die sich aufgrund ihrer qualitativen Funktion in ihrer im LMG gefundenen Ausgestaltung nicht an den Grenzen des Art. 5 11 GG messen lassen muß. b) Beschränkung der Programmfreiheit durch Art. 5 II GG
Grundsätzlich sind alle Veranstalter an die Schranken des Art. 5 11 GG gebunden, wobei insbesondere für den Jugendschutz im Rundfunkgesetz Sorge zu tragen ist. 280 Die Rundfunkfreiheit steht nach Art. 5 11 GG unter dem Vorbehalt der allgemeinen Gesetze, der Bestimmungen zum Schutz der Ehre und des Jugendschutzes. Es ist daher zu untersuchen, ob das LMG den Schranken Rechnung trägt, die hierdurch der Freiheit der Programmgestaltung gezogen sind. Als Rechtsgüter, deren Schutz über Art. 5 11 GG Eingang in die gesetzliche Regelung finden kann, sind zunächst die durch die allgemeinen Gesetze geschützten Rechtsgüter zu untersuchen. In Betracht kommen hier die durch die Straftatbestände geschützten Rechtsgüter. Darüber hinaus fragt sich, in welchem Umfang das LMG als allgemeines Gesetz iSd. Art. 5 11 GG der Programmfreiheit wirksame Schranken ziehen kann. Besondere Bedeutung erlangen im Rahmen der Prüfung des Art. 5 11 GG die Vorschriften zum Schutze der Jugend, auf die gesondert eingegangen werden soll. aa) Allgemeine Gesetze Die in Art. 5 11 GG genannten "gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend" und das "Recht der persönlichen Ehre" werden meist als Unterfall der "allgemeinen Gesetze" aufgefaßt. 281 Aufgrund der besonderen Bedeutung des Jugenschutzes soll dieser jedoch separat von den allgemeinen Gesetzen behandelt werden. Unter dem Begriff der allgemeinen Gesetze sind alle Gesetze zu verstehen die nicht eine Meinung als solche verbieten und sich nicht gegen die Äußerung einer Meinung als solche richten, sondern vielmehr dem Schutz eines schlechthin, ohne Rücksicht auf eine bestimmte Meinung, zu schützenden Rechtsgutes dienen; dies kann auch ein Gemeinschaftswert sein, der gegenüber der Betätigung der Meinungsfreiheit den Vorrang hat. 282 Nach diesem ersten Schritt der Prüfung, ob ein Gesetz allgemein ist, muß auf einer zweiten Stufe eine 280
BVerfDE 57, 295, 326.
281
BVerfDE 60, 276, 289; 11,234,238.
Zum verfassungsgerichtlichen Nachweis vgl. die umfangreichen Quellen bei BKDegenhart, Art. 5, Rn. 103. 282
218
E. Die Ausgestaltung der verfassungsrechtlichen Grundprinzipien im LMG
Rechtsgüterabwägung im Rahmen der "Wechselwirkungslehre" des BVerfG vorgenommen werden, die ihrerseits eine Abwägung zwischen dem Grundrechtswert der Rundfunkfreiheit und dem beschränkenden Gemeinschaftswert des allgemeinen Gesetzes im Lichte des Grundrechts vornimmt. 283 Als beschränkende allgemeine Gesetze kommen in erster Linie die strafrechtlichen Bestimmungen in Betracht.
(1) Strafrechtliche Bestimmungen (a) Vorfrage Es stellt sich die Frage, ob die strafrechtlichen Bestimmungen unmittelbar in das LMG Eingang finden müssen, oder ob nicht nur ein deklaratorischer Verweis im LMG auf die strafgesetzlichen Vorschriften ausreichen würde, denn prinzipiell könnte mit den §§ 80-101a, 102-104a, 109-111, 123-140, 164, 166, 184 - 200 StGB eine Reihe von Straftatbeständen auch im Rundfunkbereich verwirklicht werden. Diese Straftatbestände treffen regelmäßig nur den Äußernden als Täter, nicht jedoch den Veranstalter, der allenfalls als Teilnehmer strafbar sein könnte. Eine eigenständige Strafbarkeit des Veranstalters käme nur dann in Betracht, wenn die Verbreitung strafbarer Äußerungen durch den Rundfunk für sich allein strafbar wäre. 284 Eine solche Strafbarkeit scheitert bereits dort an der Tatbestandsmäßigkeit, wo im Tatbestand, wie Z.B. in § 111 StGB, die Verbreitung von Schriften iSd. § 11 III StGB voraugesetzt wird, denn Rundfunksendungen sind keine Schriften und diesen gleichgestellte Übertragungsformen im strafgesetzlichen Sinne. Dies wird belegt durch einen Blick in die §§ 131 11, 184 11 StGB, die ausdrücklich eine gesetzliche Differenzierung zwischen Schriften iSd. § 11 III StGB und dem Rundfunk vornehmen. Eine Analogie im strafrechtlichen Bereich, die den Rundfunk den Schriften gleichordnen würde, ist aufgrund des Analogieverbots im Strafrecht nicht möglich. 285 Dies zeigt, daß ein rein deklaratorischer Hinweis auf anzuwendende Strafvorschriften keinen hinreichenden Rechtsgüterschutz schaffen kann. 286 Im Ergebnis bedarf es im LMG einer effektuierenden Aufnahme von Schutztatbeständen, die sich jedoch als programmfreiheitsbeschränkende Regelung an den Voraussetzungen des Art. 5 11 GG, d.h. einer Rechtsgüterabwägung, messen lassen müssen. Dabei gehen die in Art. 5 11 GG benannten Gesichtspunkte des Ehren- und des Jugendschutzes (fast) in jedem
Vgl. grundlegend BVerfGE 7, 198,208 f. Ricker, Privatrundfunk-Gesetze im Bundesstaat, S. 121. 285 Vgl. Schmidt-Aßmann in MDHS, Art. 103 11, Rn. 111. 286 Ricker, Privatrundfunk-Gesetze im Bundesstaat, S. 122. 283
284
VII. Das Prinzip der Programmfreiheit im Landesmediengesetz
219
Falle dem Grundrecht der Rundfunkfreiheit nach Art. 5 I 2 GG in seiner Ausformung der Programmfreiheit vor. 287 (b) Ausformungen So effektiuert das LMG die strafrechtlichen Bestimmungen mit § 55 I, der besonders schwer gefährdende Sendungen mittels eines absoluten Sendeverbots untersagt. Eine Ausnahmemöglichkeit ist nicht vorgesehen. Danach sind solche Sendungen verboten, die nach Nr. 1 zum Rassenhaß aufstacheln und Gewaltdarstellungen zeigen (§ 131 StGB) und nach Nr. 3 gegen das Pornographieverbot verstoßen (§ 184 StGB). Diese Normen gelten bereits im StGB über ihrejeweiligen Absätze 2 im Rundfunkbereich und überwiegen in ihrem Wert als Jugendschutzvorschriften gegenüber der Programmfreiheit. Weiter verbietet § 55 I Nr. 4 Sendungen, die geeignet sind, Kinder oder Jugendliche sittlich schwer zu gefährden sowie nach Nr. 2 kriegsverherrlichende Sendungen. Auch hier überwiegt der Jugendschutzgedanke gegenüber der Programmfreiheit. Nach der neuen Nr. 5, die im Rahmen der Novelle 1994 Eingang in das LMG gefunden hat, erstreckt sich das Verbot auch auf Sendungen, die schwerst leidende oder sterbende Menschen in einer, die Menschenwürde verletztenden Weise darstellen. Diese auf den Ehrenschutz des einzelnen abstellende Vorschrift überwiegt ebenfalls in der Rechtsgutabwägung gegenüber der Programmfreiheit. Darüber hinaus lassen die Formulierungen des § 55 I im Anwendungsfall aufgrund ihrer Allgemeinheit noch eine weitere Abwägungsmöglichkeit offen und sind daher als grundrechtsbeschränkende Normen sämtlich als verfassungskonform anzusehen.
(2) Beschränkungen durch das LMG als allgemeines Gesetz Es fragt sich, ob das LMG in seiner Funktion als positive Ordnung zur verfassungsgemäßen Ausgestaltung der Rundfunkordnung auch beschränkenden Charakter i.S.e. allgemeinen Gesetzes haben kann, indem es für den privaten Veranstalter Veranstaltungsgrundregeln festschreibt. (a) Gegendarstellungsanspruch Den Gegendarstellungsanspruch des Einzelnen leitet das BVerfG aus Art. 2 I iVm. 1 I GG als Ausfluß des allgemeinen Persönlichkeitsrechts ab. 288 Diesen normiert das LMG in § 61, wonach im Falle einer Tatsachenbehauptung in einer Sendung die betroffene Person oder Stelle die Verbreitung einer Gegendarstel287
Herzog in MDHS, Art. 5 I, 11, Rn. 268.
288
BVerfGE 73, 118,200 f.
220
E. Die Ausgestaltung der verfassungsrechtlichen Grundprinzipien im LMG
lung zu dieser Tatsachenbehauptung verlangen kann. Dieser Gegendarstellungsanspruch dient der Sicherung des Rechts der persönlichen Ehre für von Falschmeldungen betroffenen Personen. Eine Rechtsgüterabwägung im Lichte der Rundfunkfreiheit zwischen der beschränkten Rundfunk- in Ausformung der Programmfreiheit und dem Individualinteresse des einzelnen an der Wahrung der Integrität seiner persönlichen Ehre läßt das Individualinteresse gegenüber dem öffentlichen Interesse überwiegen, zumal auch die Gegendarstellung inhaltlich meinungsbildenden Charakter hat. Da sich dieser Anspruch nicht gegen eine Meinung als solche richtet, kann das LMG im Rahmen des Art. 5 11 GG als allgemeines Gesetz nicht nur ausgestaltende, sondern auch beschränkende Wirkung haben. § 61 V enthält besondere Verfahrensvorschriften für Gegendarstellungen in rundfunkähnlichen Kommunikationssendungen auf Abruf oder Zugriff. (b) Verlautbarungsanspruch Der Verlautbarungsanspruch staatlicher Stellen nach § 62 I geht über den Rahmen der vom BVerfG geforderten Leitgrundsätze hinaus und beschränkt den von der Verlautbarungspflicht betroffenen Veranstalter in seiner Programmgestaltungsfreiheit. Fraglich ist jedoch, ob es sich beim Verlautbarungsrecht um eine gesetzliche Beschränkung oder um ein außerhalb des Art. 5 I 2 GG stehendes staatliches Rundfunkzugangsrecht handelt. 289 Ein solches könnte man unmittelbar aus Art. 2 11 GG ableitenden, interpretiert man diese Norm im Hinblick auf die Rundfunkfreiheit dahingehend, daß dem Staat aus Art. 2 11 GG die Verpflichtung erwächst, für Leben und körperliche Unversehrtheit der Staatsbürger Sorge zu tragen. Mit einem solchen Zugangsrecht würde sich der Staat an der Rundfunkfreiheit in ihrer Ausformung der Staatsfreiheit vorbei ein gesondertes Rundfunkzugangsrecht verschaffen, das im Lichte der Gewährleistungen der Staatsfreiheit nicht zu vertreten wäre, zumal der Rundfunkveranstalter sodann sämtlicher inhaltlicher Überprüfungsmöglichkeiten enthoben wäre. Das LMG greift daher auch hier als allgemeines Gesetz ein, kann sich jedoch nicht auf die Tatbestände des Ehren- oder Jugendschutzes berufen, so daß es einer Rechtsgüterabwägung nach der Wechselwirkungslehre bedarf. Hinter dem Verlautbarungsrecht steht der Gedanke des Schutzes der öffentlichen Sicherheit und Ordnung. Diese Prinzipien sind Ausfluß des Rechtsstaatsprinzips des Art. 20 III GG. Es kommt somit zur Kollision zwischen dem Grundrecht der Rundfunkfreiheit in der Ausformung der Programmfreiheit und einem grundlegenden staatsorganisatorischen Strukturprinzip des Grundgesetzes. Während die Pro289 Vgl. hierzu die Nachweise bei Bullinger / Gödel, Landesmediengesetz, § 56, Rn. 2 sowie die Diskussionen in der Literatur bei Bilstein, Rundfunksendezeiten rur amtliche Verlautbarungen, S. 60 ff, der sich der Auffassung eines gesetzlichen Sonderrechts anschließt, sowie Schürmann, Staatliche Mediennutzung, in: AfP 1993, S. 439 ff, der eine Lösung über Art. 5 11 GG präferiert.
VII. Das Prinzip der Programmfreiheit im Landesmediengesetz
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grammfreiheit als Sicherungsmechanismus für die freie Meinungsbildung fungiert, stellt die öffentliche Sicherheit und Ordnung den äußeren Rahmen, der eingehalten sein muß, damit eine freie Meinungsbildung überhaupt erst möglich ist. Betrachtet man die Beschränkung durch das Verlautbarungsrecht im Lichte der Rundfunkfreiheit ergibt sich ein deutliches Übergewicht zugunsten der Beschränkung, da diese das abzusichern sucht, was die Rundfunkfreiheit erst bei effektiver äußerer Absicherung leisten kann. Eine Beschränkung der Programmfreiheit durch § 62 I als allgemeines Gesetz ist daher verfassungskonform. (c) Auskunftspflicht Nach § 59 I müssen am Ende eines täglichen Hörfunkprogramms der Name oder die Firma des Veranstalters und die Namen der für die jeweiligen Programmteile verantwortlichen Redakteure angegeben werden. Während des Hörfunkprogramms ist in regelmäßigen zeitlichen Abständen der Programmname mit Veranstaltersitz bzw. Verbreitungsgebiet anzugeben. Nach Abs. 2 gilt ähnliches für jede Fernsehsendung und für Sendungen auf Abruf oder auf Zugriff. Auch mit dieser Regelung greift das LMG als allgemeines Gesetz in die Programmfreiheit ein. Sinn des § 59 ist die Gewährleistung eines effektiven Rechtsschutz des Einzelnen gegenüber dem Veranstalter für den Fall, daß ehrverletzende oder -abschneidende Aussagen und / oder Informationen gesendet werden. In einer rechtsgutvergleichenden Betrachtung überwiegt das Individualinteresse eines effektiven Ehrenschutzes gegenüber der Rundfunkfreiheit, so daß ein Eingriff in die Programmfreiheit nach Art. 5 11 GG gerechtfertigt ist. (d) Aufzeichnungs- und Speicherungspflicht Nach § 60 obliegt dem privaten Veranstalter eine Aufzeichnungs- und Speicherungspflicht jeder Rundfunksendung, jeder Textsendung auf Zugriff sowie jeder Ton- und Bewegtbildsendung aufZugrifffür mindestens sechs Wochen. Es stellt sich die Frage, ob durch § 60 die Programmfreiheit beeinträchtigt ist. Sinn und Zweck der Regelung ist die Beweissicherung im Rahmen der Gewährleistung einer effektiven Rechtsaufsicht. Die Programmfreiheit schützt den Veranstalter bei der freien redaktionellen Gestaltung seines Programms. Im Rahmen dieser Gestaltungsfreiheit hat der Veranstalter auch die freie Entscheidung darüber, ob er Sendebeiträge für eine neuerliche Verbreitung durch Aufzeichung oder Speicherung aufbewahrt oder nicht, so daß die Programmfreiheit nicht mit der Ausstrahlung einer Sendung endet. Da nun § 60 die Durchsetzung möglicher Rechtsaufsichtssanktionen nach dem Gebrauch der redaktionellen Freiheit ermöglichen will, handelt es sich bei dieser Regelung um eine Beschränkung der Programmfreiheit und nicht nur um eine reine Verfahrensnorm. Im Rahmen der Güterabwägung kommt es nun bei Art. 5 11 GG zu einer interessanten Konstellation, da
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E. Die Ausgestaltung der verfassungsrechtlichen Grundprinzipien im LMG
sich einerseits die Rundfunkfreiheit in ihrer Ausformung der Programmfreiheit und andererseits wiederum die Rundfunkfreiheit in ihrer Ausformung der Staatsfreiheit, genauer der Rundfunkaufsicht i.e.S., gegenüberstehen. Die Kollision läßt sich nur durch einen Blick auf die dienende Funktion der Rundfunkfreiheit und einer Entscheidung, welche Ausformung im konkreten Fall der freien Meinungsbildung mehr dient, lösen. Da sich freie Meinungsbildung in korrekten Bahnen vollziehen soll, und nur ordnungsgemäß zustandegekommene individuelle und öffentliche Meinung dem verfassungsrechtlichen Anspruch genügt, überwiegt die Rechtsaufsicht i.e.S., so daß dieser Eingriff in die Programmfreiheit über Art. 5 11 GG gerechtfertigt ist. 290 (e) Kirchliches Drittsenderecht Nicht nur beim Prinzip des Pluralismus, sondern auch bei der Programmfreiheit ist das kirchliche Drittsenderecht des § 62 11 von Bedeutung. Mit der Festschreibung eines solchen Drittsenderechts greift der Gesetzgeber in die dem privaten Veranstalter obliegende Programmfreiheit ein. Ob dieser Eingriff dem Bereich der ausgestaltenden oder der beschränkenden Regelungen der Programmfreiheit zuzurechnen ist, muß aus seiner Funktion für die Meinungsbildung heraus betrachtet werden. Da sich Meinungsbildung nicht nur im informativen, sondern auch im kulturellen Bereich vollzieht, kommt einem kirchlichen Programm insoweit meinungsbildende Relevanz zu, als es über Kirchenfragen berichtet und Stellung zu aktuellem gesellschaftlichem Geschehen aus kirchlicher Sicht nimmt. Es ist aber fraglich, ob dies ausreicht, um eine ausgestaltende Regelung anzunehmen. Beurteilungsmaßstab ist hierbei der objektive Wert des kirchlichen Beitrages für die Meinungsbildung. Das BVerfG verlangt, daß freie Meinungsbildung stattfindet. Das Gericht gibt jedoch nicht vor auf welche konkreten Grundlagen sich diese stützen muß. Insofern hat die kirchliche Stellungnahme zu relevanten Themen der Gegenwart keine so wesentliche Bedeutung, als daß sie dem ausgestaltenden Bereich zugeordnet werden muß. Das kirchliche Drittsenderecht stellt demnach eine beschränkende Regelung dar, die sich nun an den Schranken des Art. 5 11 GG messen lassen muß. Im Kollision geraten hierbei die Rundfunkfreiheit einerseits in ihrer Ausgestaltung der Programmfreiheit und die Rundfunkfreiheit andererseits mit ihrem Interesse möglichst umfassende Meinungsbildung zu ermöglichen. Dabei ist auch die Auffassung der Kirchen zu aktuellen Geschehnissen nach wie vor von großer Bedeutung. Es ist daher abzuwägen welches Interesse der dienenden Funktion der Rundfunkfreiheit eher gerecht wird. Da die 290 So auch BVertD, Beschluß vom 26. Februar 1997,1 BvR 2172/96, in: NJW 1997, S. 1841 ff, das ausdrücklich feststellt, daß die Vorschrift des § 38 mit der Rundfunkfreiheit vereinbar iat und sich im Rahmen des Art. 5 11 GG hält, BVertD NJW 1997, S. 1842. Mit diesem Beschluß bestätigte das BVertD VGH BaWü, Beschluß vom 10. Oktober 1996,10 S 2187/96, in: VBIBW 1997, S. 58 f.
VII. Das Prinzip der Programmfreiheit im Landesmediengesetz
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Rundfunkfreiheit auf die Vielfalt der zu veröffentlichenden Meinungen angewiesen ist, um ihrem Normzweck gerecht zu werden, überlagert das meinungsvielfaltsfördernde kirchliche Drittsenderecht das Programmfreiheitsinteresse solange, wie sich der kirchliche Anspruch in einem angemessenen Rahmen bewegt. Demnach läßt sich das kirchliche Drittsenderecht des § 62 11 als beschränkende Norm an den Anforderungen des Art. 5 11 GG messen. bb) Jugendschutz291 Das BVerfG schreibt dem Landesgesetzgeber vor, in seinem Gesetz für einen wirksamen Jugendschutz Sorge zu tragen. Eine Verpflichtung des baden-württembergischen Landesgesetzgebers zur Berücksichtigung von Jugendschutzvorschriften ergibt sich darüber hinaus aus Art. 13 S. I LV, der das Gebot ausspricht, "die Jugend gegen ... sittliche, geistige und körperliche Gefährdung zu schützen". Die grundlegenden Vorschriften zum Schutz der Jugend normiert das LMG in seinen §§ 55 lI-VI und 55 a, wobei auch § 55 I durch seine Schutzrichtungjugendschützende Wirkung zukommt. Diese, die Programmfreiheit beschränkenden Vorschriften, müssen ihrerseits den Anforderungen des Art. 5 11 GG gerecht werden. (J) Kompetenzrechtliche Vorüberlegung
Das BVerfG hat dem Landesgesetzgeber in seiner Rechtsprechung zum Kompetenzträger für den Jugendschutz in den Landesmediengesetzen erkoren. Es fragt sich jedoch, ob nicht auch der Bund aus seiner konkurrierenden Gesetzgebungszuständigkeit über Art. 74 Nr. 7 GG, "der öffentlichen Fürsorge", materiell-rechtliche Jugendschutzregelungen im Rundfunkbereich treffen dürfte. Die Frage kann hier offenbleiben, da der Bund bisher diese Materie weder im Gesetz zum Schutze der Jugend in der Öffentlichkeit (JÖSchG, das in § 6 nur öffentliche Filmveranstaltungen regelt), noch in dem Gesetz über die Verbreitung jugendgefährdender Schriften (GjS, das für Fernsehen und Hörfunk nicht gilt) geregelt hat. 292
291 Vgl. Schraut, Jugendschutz und Medien, S. 27 ff; Brockhorst-Reetz, Repressive Maßnahmen zum Schutze der Jugend im Bereich der Medien Film, Video und Fernsehen, S. 14 ff; Oehler, Jugendschutz und Medien, München 1987; Holgersson, Fernsehen ohne Kontrolle? Zur Aufsichtspraxis der Landesmedienanstalten in den Bereichen Jugendschutz und Werbung, S. 88 ff. 292 Birkert, Landesmediengesetz, § 55, Rn. 2.
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E. Die Ausgestaltung der verfassungsrechtlichen Grundprinzipien im LMG
(2) Stellenwert des Jugendschutzes im LMG Den Regelungen des Jugendschutzes mißt das LMG große Bedeutung bei. So sind diese Regelungen im Rahmen der LMG-Novelle 1994 aufgrund der Vorschläge der Regierungskommission "Gewalt in den Medien,,293 verfeinert und effektuiert worden. Wesentliche Bedeutung erlangt im Rahmen dieser Novelle der neu eingefügte § 55 a, der die verbindliche Tätigkeit eines Beauftragten für den Jugendschutz bei Veranstaltern von Fernsehprogrammen regelt. Im übrigen sind die Jugendschutzvorschriften des LMG in Teilen wortgleich mit denen des § 3 RfStV, so daß im Jugendschutzbereich eine weitgehende Harmonisierung der Ländervorschriften Platz greift. Auch haben die Direktoren der Landesmedienanstalten gemeinsame Richtlinien zur Gewährleistung des Jugendschutzes erlassen. 294 Diese Jugendschutzrichtlinien konkretisieren die Vorschriften des LMG für die Zulassung und die Kontrolle der Veranstalter und führen zu einer bundeseinheitlichen Handhabung der Jugendschutzvorschriften. Diese Harmonisierung wird im LMG nach § 72 11 ausdrücklich als Aufgabe der LfK vorgesehen.
(3) Ausformungen des Jugendschutzes Neben den bereits benannten Vorschriften des § 55 I kommt den §§ 55 lI-VI, 55 a wesentliche Bedeutung zu. Effektiver Jugendschutz im Rundfunk bedeutet
in erster Linie Jugendschutz im Fernsehbereich, da durch die visuelle Einwirkung der intensivste Einfluß auf Kinder und Jugendliche ausgeübt werden kann. 295 (a) Sendezeitbeschränkungen (aa) Darstellung
Während § 55 I ein absolutes Sendeverbot statuiert, enthalten die Abs. 2 u. 3 relative Verbote. Diese betreffen Sendungen, die zwar keine offensichtlich schweren Gefahrdungen erwarten lassen, von denen aber eine beeinträchtigende Wirkung auf Kinder und Jugendliche ausgehen kann. Dies ist nach § 55 11 dann 293 Staatsministerium Baden-Württemberg, Gewaltdarstellungen im Fernsehen, Bericht der Kommission ,Gewalt in den Medien', S. 19 ff. 294 Diese sind abgedruckt bei Bauer / Ory, Recht in Hörfunk und Fernsehen, 4.1.1.3.; darüber hinaus hat die Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten zur Koordination und Abstimmung innerhalb der Landesmedienanstalten in Fragen des Programms und des Jugendschutzes eine "Gemeinsame Stelle Jugendschutz und Programm der Landesmedienanstalten" eingerichtet. 295 Vgl. zur Wirkung von Gewaltdarstellungen im Fernsehen der gute Abriß in: Staatsministerium Baden-Württemberg, Gewaltdarstellung im Fernsehen, S. 13 ff.
VII. Das Prinzip der Programmfreiheit im Landesmediengesetz
225
der Fall, wenn die Sendungen geeignet sind, das körperliche, geistige oder seelische Wohl von Kindern und Jugendlichen zu beeinträchtigen. Eine Ausnahme vom Sendeverbot ist dann möglich, wenn der Veranstalter diese Sendungen zwischen 23 Uhr nachts und sechs Uhr morgens ausstrahlt. Diese Sendezeitgrenze gilt auch für Filme, die nach dem JÖSchG für Jugendliche unter 18 Jahren nicht freigegeben sind. 296 Filme, die für Jugendliche unter 16 Jahren nicht freigegeben sind, dürfen nicht vor 22 Uhr abends ausgestrahlt werden. Bei Filmen, die für Jugendliche unter zwölf Jahren ungeeignet sind, ist bei der Wahl der Sendezeit dem Wohl jüngerer Kinder Rechnung zu tragen. Die Einhaltung von Sendezeitgrenzen ist dann entbehrlich, wenn der Veranstalter auf andere Weise, d.h. durch Verschlüsselung, und ohne Mithilfe der Erziehungsberechtigten, hinreichend Vorsorge trifft, daß Kinder oder Jugendliche der betreffenden Altersstufe diese Filme nicht wahrnehmen können. 297 Auch § 55 III LMG ermöglicht eine Ausstrahlung im Rahmen der Sendezeitbegrenzung von 23 bis sechs Uhr für den Fall, daß die Sendungen ganz oder im wesentlichen inhaltsgleich sind mit Schriften, die nach § I GjS in die Liste aufgenommen sind, und trotz der Ausstrahlung die mögliche sittliche Gefährdung von Kindern und Jugendlichen nicht als schwer angesehen wird, wobei die Bewertungsgründe durch die FSK der LfK auf Nachfrage mitgeteilt werden müssen. Ausnahmen von diesen Zeitgrenzen kann die LfK in Richtlinien oder im Einzelfall nach § 55 V zulassen. (bb) Wertung Sowohl in tatsächlicher als auch in verfassungsrechtlicher Hinsicht werfen die Regelungen des § 55 Fragen auf. a) Tatsächlich
Das LMG realisiert Jugendschutz entweder durch Ausschluß bestimmter Sendungen oder durch Beschränkung auf bestimmte Tageszeiten. Während die erste Lösung einen effektiven Jugendschutz zweifelsfrei gewährleistet, sind bei der Tageszeitlösung erhebliche Zweifel angebracht. So ist sicherlich die Vorstellung überholt, daß zu Nachtzeiten alle Kinder im Bett sind, denn mehrere Tausend Kinder und Jugendliche sitzen jede Nacht vor dem Fernseher und sehen sich entsprechende Spätfilme an. Auch sind geänderte familiäre Fernsehgewohnheiten und die Aufzeichnungsmöglichkeiten durch Videorecorder wesentliche Punkte, die Zweifel an der Wirksamkeit der Tageszeitlösung aufkommen lassen. Ansatzpunkt müßte, will man aus verfassungsrechtlichen Gründen, nicht ganz auf 296 Grundlage ist jeweils das Urteil der Freiwilligen Selbstkontrolle der Filmwirtschaft (FSK). 297 Birkert, Landesmediengesetz, § 55, Rn. 15.
15 Kirschnek
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E. Die Ausgestaltung der verfassungsrechtlichen Grundprinzipien im LMG
gewalt- oder sexdarstellende Filme verzichten, der private Veranstalter sein. 298 Einen ersten Schritt in die richtige Richtung ist hier bereits durch den "Verband Privater Rundfunk und Telekommunikation" (VPRT) unternommen worden, der im November 1993 die "Freiwillige Selbstkontrolle Fernsehen e.V." gegriindet hat,299 wobei sich deren Priifungskompetenz nur auf freiwillig vorgelegte Filme bezieht. Trotz aller positiven Bemühungen lassen sich langfristig die Fragen eines effektiven Jugendschutzes nur international lösen, denn aufgrund der immer größere Anzahl an direkt einstrahlenden Satellitenprogrammen, auf die seitens der deutschen Rundfunkaufsicht kein Einfluß genommen werden kann, nimmt die Bedeutung der nationalen medien- und strafrechtlichen Schutzvorschriften immer weiter ab. 3°O
ß) Verfassungsrechtlich In verfassungsrechtlicher Hinsicht können die absoluten Verbotsbestimmungen des § 55 I mit der Kunstfreiheit des Art. 5 III GG kollidieren, da das GG einen weiten und nicht abschließend definierten Kunstbegriff zugrundelegt,301 so daß auch ein pornographisches oder schwer jugendgefährdendes Werk Kunst sein kann. 302 Die Kunstfreiheit trifft nur dort an Schranken, die sich aus den Grundrechten anderer ergeben. Da der Jugendschutz verfassungsrechtlich geboten ist, muß eine Abwägung im Einzelfall stattfinden, wobei diese eine ins einzelne gehende Würdigung des Inhalts der Sendung und ihres schädigenden Einflusses voraussetzt. Bei dieser Abwägung dürfte jedoch ein gerichtlich nur begrenzt überpriifbarer Entscheidungsspielraum bestehen. 303 Obwohl das BVerfG304 unter Bezugnahme auf die Wesentlichkeitsrechtsprechung ausgeführt hat, daß der Gesetzgeber den Ausgleich von Kunstfreiheit und Jugendschutz ... selbst regeln 298 Eigentliches Aufsichtsorgan über Kinder und Jugendliche müßten die Eltern und Erziehungsberechtigten sein, in deren massenmediale Erziehungsbefugnisse unter Art. 6 II GG allenfalls mittels jugendpädagogischer Empfehlungen eingegriffen werden kann.
Vgl. Stuttgarter Zeitung vom 18.11.1993, S. 5. Die Gründungsmitglieder der "Freiwilligen Selbstkontrolle" sind die privaten Fernsehveranstalter SAT 1, Kabelkanal, DSF, ntv, Premiere, Pro 7, RTL, RTL 2 und Vox. 299
300
Vgl. v.d. Horst, Rollt die Euro-Pornowelle?, in: ZUM 1993, S. 227 ff.
Nach BVerfGE 83, 130, 138 f ist Kunst das Ergebnis freier schöpferischer Gestaltung, in der Eindrücke, Erfahrungen und Phantasien des Autors in bestimmter Form zum Ausdruck kommen; die Kunsteigenschaft darf nicht von einer staatlichen Stil-, Niveau- und Inhaltskontrolle oder von einer Beurteilung der Wirkung des Kunstwerkes abhängig gemacht werden. 302 BVerfGE 83, 130, 139. 301
303
Birkert, Landesmediengesetz, § 55, Rn. 16.
304
BVerfGE 83, 130, 143.
VII. Das Prinzip der Programmfreiheit im Landesmediengesetz
227
müsse, enthält § 55 I jedoch keinen ausdrücklichen Kunstvorbehalt. 305 Es bedarf hier einer verfassungskonformen Interpretation, um im Einzelfall eine Abschwächung des Verbots hin zu einer Sendezeitbegrenzung iSd. § 55 11 1,2. HS zu ermöglichen. 306 Mit dieser Lösung ließe sich ein vertretbarer Weg aus der Kollisionslage finden. (b) Jugendschutzbeauftragter Das LMG verlangt in § 55 a vom Veranstalter eines Fernsehprogrammes die Berufung eines Beauftragten für den Jugendschutz. Diese Regelung geht zurück auf eine Empfehlung der Regierungskommission "Gewalt in den Medien".307 Der Jugendschutzbeauftragte muß dieses Amt innerhalb der Veranstalterstruktur weisungsfrei ausüben können, jedoch räumt das LMG in den Sätzen 4 u. 5 dem Jugendschutzbeauftragten lediglich eine Beratungs- und Beteiligungsmöglichkeit bei der Programmgestaltung, nicht hingegen ein Vetorecht ein. Diese relativ schwache Position des Jugendschutzbeauftragten innerhalb des privaten Veranstalters ist sicherlich nicht wünschenswert, doch verfassungsrechtlich geboten, da es nach dem Prinzip der Programmfreiheit vorrangig Aufgabe des Veranstalters ist, die Einhaltung der gesetzlichen Jugendschutzbestimmungen durch geeignete organisatorische Maßnahmen sicherzustellen. Da als Jugendschutzbeauftragter ein Mitarbeiter aus dem Personalstamm des Veranstalters zu rekrutieren ist, kommt auch ein Eingriff in die Freiheiten der Art. 12 I, 14 I GG nicht in Betracht. Eine entsprechende Parallelregelung existiert im LMG bereits in § 88 14 iVm. §§ 36, 37 BDatSchG, die dem privaten Veranstalter die Bestellung eines Beauftragten für den Datenschutz vorschreiben, der im journalistisch-redaktionellen Bereich über die Einhaltung der Datenschutzvorschriften wacht.
(4) Aufgaben des Medienrates im Jugendschutzbereich Neben der zentralen Aufgabe der Sicherung der Meinungsvielfalt obliegt dem Medienrat nach § 73 I auch die Aufgabe der Gewährleistung des Schutzes von Kindern und Jugendlichen im Bereich des Rundfunks und der rundfunkähnlichen Kommunikation. Bei diesen Aufgaben ist zu unterscheiden zwischen entscheidungserheblichen, die außerhalb der LfK verbindlich regelnde Wirkung entfalten, 305
Birkert, Landesmediengesetz, § 55, Rn. 17.
Birkert, Landesmediengesetz, § 55, Rn. 17 hält eine solche verfassungskonforme Kunstklausel, die zu einer Abschwächung im Einzelfall führen kann unter Berücksichtigung der amtlichen Begründungen zum LMG, LT-Drs. 9/955, S. 105 f; 10/5930, S. 57, die ausdrücklich auf die Parallelbestimmungen des GjS verweisen, für die das BVerfG bei § 6 GjS diesen Weg gewählt hat, für sachgerecht. 307 Staatsministerium Baden-Württemberg, Gewaltdarstellungen im Fernsehen, S. 30 tT. 306
15"
228
E. Die Ausgestaltung der verfassungsrechtlichen Grundprinzipien im LMG
und solchen, die lediglich im beratenden Bereich ergehen. Ansatzpunkt rur die unmittelbar jugendschutzrelevanten Aufgaben des Medienrates ist § 73. (a) Entscheidungserhebliche Aufgaben und gesetzliche Lücke bei den Jugendschutzkompetenzen des Medienrates Gern. § 73 II Nr. 6 unterliegt eine Vorstandsentscheidung nach § 55 V, wonach Richtlinien oder Ausnahmen von den Sendezeitgrenzen des § 55 II 3, III I erlassen werden, dem Zustimmungsvorbehalt des Medienrates. Weiter hat der Medienrat nach § 73 V 2, 3 bindende Entscheidungsbefugnisse gegenüber dem Vorstand bezüglich der Fragen, ob eine verbreitete Sendung iSd. § 55 II geeignet war, das körperliche, seelische oder geistige Wohl von Kindern und Jugendlichen zu beinträchtigen, oder ob im Fall des § 55 III die mögliche sittliche Gefährdung von Kindern und Jugendlichen als schwer anzusehen ist. Bei der eingriffsintensivsten Jugendschutzvorschrift, dem § 55 I Nr. 4, die ein absolutes Sendeverbot bewirkt, sind dem Medienrat keine Mitspracherechte eingeräumt. Ein Mitentscheidungsrecht läßt sich nicht aus der generellen Aufgabenbeschreibung des § 73 I herleiten, da nach § 65 I andere Zuständigkeiten als die des Vorstands ausdrücklich bestimmt werden müssen. Eine solche Bestimmung ist hier nicht erfolgt. Insofern weisen die Befugnisse des Medienrates im Jugendschutzbereich eine Lücke auf. Ein Grund rur diesen Ausschluß läßt sich der amtlichen Begründung zum Regierungsentwurf nicht entnehmen; es lag wohl- mutmaßlich - der gesetzgeberische Gedanke zugrunde, daß bei einer hohen jugendgefährdenden Intensität das absolute Sendeverbot offenkundig ist und daher die Mitwirkung des Medienrates obsolet ist. (b) Empfehlungen zur Medienpädagogik als beratende Aufgabe Nach § 73 V I soll der Medienrat Empfehlungen zur Medienpädagogik herausgeben, die sich an Veranstalter von Rundfunkprogrammen und rundfunkähnlichen Kommunikationsdiensten richten. Da Medienerziehung und -pädagogik eine Aufgabe der Eltern bzw. der Schule darstellen, und die LfK auf Zulassung und Aufsicht über die privaten Veranstalter beschränkt ist, gehört es nicht zu den Aufgaben des Medienrates als handelndes Organ der LfK, medienpädagogische Empfehlungen rur die elterliche Erziehung oder den Schulunterricht zu erteilen. 308 Von diesem Vorbehalt ausgenommen ist jedoch die Möglichkeit einer medienpädagogischen Zusammenarbeit des Medienrates mit Eltern- oder Schulverbänden.
308
LT -Drs. 9/955, S. 122.
VII. Das Prinzip der Programmfreiheit im Landesmediengesetz
229
(c) Mittelbar jugendschutzrelevante Aufgabe Dem Medienrat obliegt neben den unmittelbaren auch noch eine mittelbar jugendschutzrelevante Aufgabe, denn der Medienrat ist auch Beschwerdeadressat für Verletzungen von Jugendschutzvorschriften, die durch durch Dritte bemerkt werden. Nach § 73 IV 1 kann der Medienrat solche Beschwerden nicht abschließend behandeln, sondern es obliegt ihm eine Unterrichtungspflicht des Vorstandes, die mit einer Pflicht zum Vorschlag entsprechender Maßnahmen zur Sachbehandlung gekoppelt ist. (5) Resümee der JugendschutzvorschriJten
Das LMG hat sich bei der Ausgestaltung seiner Jugendschutzvorschriften eng an die Bestimmungen des RfStV gehalten. Aufgrund der engen Zusammenarbeit der Landesmedienanstalten im Jugendschutzbereich verbleibt der LfK nur ein geringer eigener Gestaltungsspielraum. Die Jugendschutzvorschriften des LMG werden den verfassungsgerichtlichen Anforderungen gerecht, scheitern jedoch, wie alle nationalen Vorschriften an den Fakten und Problemen eines sich internationalen Programmen mittels Satelliteneinstrahlung öffnenden Rundfunkmarktes. Auch können sie binnen familiäre Defizite im Fernsehumgang nicht egalisieren. 4. Resümee der Vorschriften zum Prinzip der Programmfreiheit Entgegen der relativ dünnen verfassungsgerichtlichen Vorgaben hat das LMG das Prinzip der Programmfreiheit samt seiner Beschränkungen dezidiert ausgestaltet. Verfassungsrechtlich problematisch ist das Fehlen eines Kunstvorbehalts in § 55 1. Dieses Problem läßt sich jedoch im Wege einer verfassungskonformen Auslegung des § 55 I iSd. Abs. 2, S. 1,2. HS entschärfen. Kritikfähig im Hinblick auf die Sicherung der Rundfunkfreiheit und das Persönlichkeitsrecht ist darüber hinaus die Frage der Sorgfaltspflicht im Rahmen der Informations- und Wahrheitsprüfung von Tatsachen nach § 56. Die übrigen Vorschriften sind verfassungskonform ausgestaltet. Die im Rahmen der Programmfreiheit ebenfalls relevanten Vorschriften über die "Werbung" im privaten Rundfunk werden aufgrund des engen Sachzusammenhangs mit den Finanzierungsregelungen im folgenden Abschnitt behandelt.
230
E. Die Ausgestaltung der verfassungsrechtlichen Grundprinzipien im LMG
VIII. Die Finanzierung des privaten Rundfunks als zentrale Regelung aus dem Bereich der Ausgestaltungsbefugnis Während die vorgenannten Prinzipien sämtlich dem Bereich des Ausgestaltungsauftrages zuzuordnen sind, verfügt der Gesetzgeber über eine darüber hinausgehende Ausgestaltungsbefugnis, die ihm erlaubt, im Rahmen der Rundfunkgesetzgebung auch Bereiche zu regeln, die von verfassungsrechtlicher Seite aus nicht zwingend geregelt werden müssen. 309 Exemplarisch soll der hierzu gehörende Bereiche der Finanzierung des privaten Rundfunks mit den damit zusammenhängenden Werbevorschriften anhand des LMG erläutert werden. Ebenfalls in den Bereich der Ausgestaltungsbefugnis gehören die im zehnten Abschnitt des LMG in den §§ 80 ff normierten, die Bestimmungen des allgemeinen Datenschutzrechts ergänzenden Regelungen über den Schutz personenbezogener Daten. 3JO Diese sollen der Vollständigkeit halber an dieser Stelle benannt sein. 311 1. Verfassungsrechtliche Finanzierungsvorgaben 312
Grundsätzlich hat der Landesgesetzgeber das zur Gewährleistung der Rundfunkfreiheit Wesentliche selbst zu bestimmen. 3 I3 Ob diesem Wesentlichkeitsvorbehalt auch die Frage der Finanzierung des privaten Rundfunks unterliegt, hat das BVerfG bisher nicht entschieden und schreibt daher auch dem Landesgesetzgeber keine bestimmte Form der Finanzierung des privaten Rundfunks vor. 314 Da die Karlsruher Richter jedoch die Bedeutung der Finanzierung des privaten Rundfunks für dessen Bestand erkannt haben,315 wurden durch das Gericht in Ansätzen ausgestaltungsermessenslenkende Vorgaben für die wirtschaftliche Grundlage der Veranstaltung privaten Rundfunks gemacht. So darf grundsätzlich die Veranstal309 Vgl. hierzu die Ausführungen des BVerfG zu den Finanzierungsregelungen im niedersächsischen Rundfunkgesetz in BVerfGE 73,118, 154. 310
Vgl. Simitis, Datenschutz und "Medienprivileg", in: AfP 1990, S. 14 ff.
Vgl. eingehend zu den Datenschutzregelungen Birkert, Landesmediengesetz, S. 214 ff; Bullinger / Gödel, Landesmediengesetz, S. 412 ff. 311
312 Vgl. aus der Literatur: Kuch, Die Finanzierung des öffentlich-rechtlichen und privaten Rundfunks im Lichte der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, in: ZUM 1995, S. 161 ff; Radeck, Die Finanzierung des öffentlich-rechtlichen und privaten Rundfunks im Lichte der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, in: ZUM 1995, S. 175 ff; Ring, Die Finanzierung des öffentlich-rechtlichen und des privaten Rundfunks im Lichte der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, in: ZUM 1995, S. 173 ff. m BVerfGE 57, 295, 321. 314 BVerfGE 73,118, 154; 57, 295, 324. 315 BVerfGE 73, 118, 178.
VIII. Die Finanzierung des privaten Rundfunks
231
tung von privatem Rundfunk nicht unter gesetzlichen Voraussetzungen ermöglicht werden, die eine Veranstaltung privater Programme in hohem Maße erschweren, wenn nicht sogar ausschließen würde. 316 Etwas genauer wurde das Gericht im sechsten Rundfunkurteil, als es im Rahmen der Finanzierungsdiskussion ausführte, daß die Funktionsunfähigkeit eines Rundfunkmodells geeignet sein kann, dessen Verfassungsmäßigkeit in Frage zu stellen. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Betrieb von privatem Rundfunk allein aufgrund dessen rechtlicher Konstruktion zur Unwirtschaftlichkeit führen würde. 317 Für den Fall, daß sich wirtschaftliche Risiken für den Veranstalter derart konkretisieren, daß die Rundfunkveranstaltung wirtschaftlich nicht aufrechterhalten werden kann, wäre der Gesetzgeber sogar zu einer gesetzlichen Nachbesserung verpflichtet. 318 Im Ergebnis läßt sich aus diesen knappen Vorgaben der Schluß ziehen, daß der Gesetzgeber nicht zu einer Aufnahme von Finanzierungsregelungen verpflichtet ist; wenn er jedoch Finanzierungsregelungen vorsieht, leistet er damit einen Beitrag zur Konkretisierung der Rundfunkordnung,319 hat jedoch darauf zu achten, daß diese Regelungen der Aufgabe der Rundfunkfreiheit, freie Meinungsbildung auch durch wirtschaftlich funktionierende private Veranstalter zu gewährleisten, entsprechen. Das heißt im Klartext, daß private Rundfunkveranstaltung auf einer wirtschaftlich hinreichend gesicherten Grundlage stehen muß, die eine funktionsgerechte Finanzierung sichert. Ob dies auch durch eine Beteiligung privater Veranstalter an der Rundfunkgebühr geschehen kann, hat das BVerfG bisher bewußt ausgeklammert/ 2o obwohl es erkannt hat, daß die vornehmlich auf Werbe finanzierung basierenden privaten Veranstalter aufgrund dieser Finanzierungsweise der Gefahr vielfalts- und programmverengender Zwänge ausgesetzt sind. 321 Solange eine Gebühren(mit)finanzierung nicht erfolgt, bedeutet die Forderung nach einer wirtschaftlich hinreichend gesicherten Grundlage des privaten Rundfunks, daß der private Veranstalter seine Finanzierung am privatwirtschaftlichen Grundsatz der wirtschaftlichen Eigenverantwortlichkeit ausrichten muß. 2. Prinzip der wirtschaftlichen Eigenverantwortlichkeit
Die verschiedlichen Finanzierungsmöglichkeiten des privaten Rundfunks regelt § 32, der wortgleich dem § 43, 1 RfStV entspricht. Danach finanziert sich der private Rundfunk durch Einnahmen aus Werbung und sonstigen, aus der Rundfunkveranstaltung resultierenden Einnahmen durch Entgelte der Teilnehmer
317
BVerfGE 73,118,157,171. BVerfGE 83, 238, 329.
318
BVerfGE 83, 238, 330.
316
319
320 321
Ricker, Privatrundfunk-Gesetze im Bundesstaat, S. 59. BVerfGE 83, 238, 329. BVerfGE 87,181, 199.
232
E. Die Ausgestaltung der verfassungsrechtlichen Grundprinzipien im LMG
(Abonnements oder Einzelentgelte) sowie aus eigenen Mitteln. Diese Aufzählung der Finanzierungsvarianten ist abschließend, läßt jedoch eine Kombination der einzelnen Finanzierungsformen ZU. 322 Eine Finanzierung aus der von allen Rundfunkteilnehmern erhobenen Rundfunkgebühr ist aufgrund des § 43, 2 RfStV unzulässig. Eine mittelbare Unterstützung aus der Rundfunkgebühr ist in dem, unter dem Gesichtspunkt der Staatsfreiheit behandeltem Maße, zulässig. 323 Allen diesen privatrechtlichen Finanzierungsformen des § 32 liegt das Prinzip der wirtschaftlichen Eigenverantwortlichkeit des privaten Veranstalters zugrunde. Dieser Grundsatz stellt eine zwingende Ergänzung zu den Prinzipien der Staats-, Gruppen- und Programmfreiheit dar, da der einzelne Veranstalter nur dann frei und unabhängig arbeiten kann, wenn er weder von staatlichen, noch von den Geldern Einzelner, die nicht im Besitz einer Rundfunkzulassung sind, abhängig ist. Wesentliche Finanzierungsform des privaten Rundfunks sind die Einnahmen der Veranstalter aus der Werbung324 und dem Sponsoring, während den anderen Finanzierungsvarianten praktisch keine Bedeutung zukommt, so daß diese im folgenden außer Betracht bleiben können.
3. Verfassungsrechtliche Aspekte der Rundfunkfinanzierung durch Werbung325 Wenngleich das BVerfG die Finanzierung des Rundfunks durch Werbung nicht zu den unmittelbar durch des Landesgesetzgeber auszugestaltenden Bereichen zählt, so wirft die Einordnung dieses Finanzierungsinstruments im Hinblick auf Art. 5 I GG Fragen auf, die im folgenden kurz beleuchtet werden sollen. a) Werbung als Schutzgut der Rundfunkfreiheit
Ob auch die Werbung durch den Rundfunk in gleicher Weise durch die Rundfunkfreiheit geschützt wird, wie die Werbung im Anzeigenteil von Presseerzeugnissen durch die Pressefreiheit, hat das BVerfG bisher ausgeklammert. 326 Rundfunkwerbung vermittelt dem Rezipienten neben der Information über wirtschaftliche Produkte auch Meinungen zu aktuellen Entwicklungen, die Einblicke in 322
LT -Drs. 9/955, S. 93.
323
Vgl. dazu die Ausführungen in diesem Kapitel unter IV.2.b).
324 Selmer I Gersdorf, Rechtsprobleme einer Beteiligung privater Rundfunkveranstalter am Aufkommen der Rundfunkgebühr, in: DVBI. 1992, S. 79; Herrmann, Rundfunkrecht, § 19, Rn. 3: "Die Werbung ist der finanzieJle Lebensnerv der privaten Veranstalter." 325 Vgl. hierzu grundlegend Heidel, Verfassungsfragen der Finanzierung von Privatfunk durch Werbung, S. 63 ff; Schneider I Radeck, Verfassungsprobleme der Rundfunkfinanzierung aus Werbeeinnahmen, S. 82 ff. 326 Vgl. BVerfGE 74, 297, 341 f.
VIII. Die Finanzierung des privaten Rundfunks
233
konjunkturelle Entwicklungen, Bewegungen auf dem Geldmarkt oder auch die Situation auf dem Arbeitsmarkt ermöglichen. Mit diesen Funktionen erwächst auch der Werbung meinungsbildende Relevanz. Darüber hinaus bewirkt die Werbung neben ihrer meinungsbildenden auch eine Sicherungs funktion zugunsten der übrigen Programmbeiträge, jedoch unabhängig zu deren Meinungsbildungsrelevanz. Unter diesen Gesichtspunkten ist auch die Werbung über Art. 5 I 2 GG geschützt. 327 Dieser Schutz kann jedoch nur soweit gehen, wie die Finanzierung durch Werbung unerläßlich ist, um die Freiheit und Unabhängigkeit des jeweiligen Rundfunkunternehmers zu sichern. Auch findet Werbung ihre Grenze in der Vielfalt des Gesamtangebots im außenpluralen Rundfunk. 328 b) Rückwirkung auf Presse und öffentlich-rechtlichen Rundfunk Auf die Presse und den öffentlich-rechtlichen Rundfunk, die sich ebenfalls auf den Schutz des Art. 5 I 2 GG berufen, können sich finanzielle Rückwirkungen ergeben können, wenn der private Rundfunk am "Werbekuchen" partizipiert. Im Pressebereich329 steht das Anzeigengeschäft, das auch dem Schutzbereich der Pressefreiheit zugeordnet wird,330 im Mittelpunkt der Betrachtung, da die Presseunternehmen in erheblichem Umfang gerade von den Erträgen aus dem Anzeigengeschäft abhängen. Aber auch die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, die sich neben der ihr eigenen und gemäßen Gebührenfinanzierung331 zu Teilen aus Werbung finanzieren, sind betroffen. 332 Damit geht es bei der gesetzlichen Ausgestaltung der Werbevorschriften um die Auflösung der Kollision der Grundrechtsausübung dieser drei unter dem Schutz des Art. 5 I 2 GG stehenden Meinungsträger. Es muß daher zu einer Güterabwägung zwischen den wirtschaftlichen Belangen der bestehenden Medien einerseits und der sachgerechten Finanzierung des privaten Rundfunks andererseits kommen. Der erforderliche Ausgleich ist darin zu suchen, daß die Werbesendungen im privaten Rundfunk auf das für eine Gesamtfinanzierung seiner Tätigkeit ausreichende Maß beschränkt werden. Diese verfassungsrechtlich zu ziehende Grenze ist dann unterschritten, wenn die Werberegelungen zu offensichtlich unrealistischen Existenz-
327 So auch Stender-Vorwachs, "Staats ferne" und "Gruppenferne" in einem außenpluralistisch organisierten privaten Rundfunksystem, S. 25l. 328 Stender-Vorwachs, "Staatsferne" und "Gruppenferne" in einem außenpluralistisch organisierten privaten Rundfunksystem, S. 251 m.w.N. 329 V gl. BVerfGE 73, 118, 180 f.
331
Vgl. Ricker, Rundfunkwerbung und Rundfunkordnung, S. 20. BVerfGE 87, 181, 199.
332
Ricker, Privatrundfunk-Gesetze im Bundesstaat, S. 137 f.
330
234
E. Die Ausgestaltung der verfassungsrechtlichen Grundprinzipien im LMG
bedingen für den privaten Rundfunk oder den konkurrierenden Medien führen würden. 333 c) Werberegelungen als allgemein-gesetzliche Beschränkungen der Programmfreiheit
Auch Werbesendungen werden, wie oben gezeigt, vom Schutz des Art. 5 12 GG erfaßt. Auch für sie gilt das Prinzip der Programmgestaltungsfreiheit des privaten Veranstalters. Durch die Werberegelungen werden die privaten Veranstalter in ihrer Programmfreiheit insoweit beschränkt, als sie Werbung nicht inhalts- und zeitschrankenfrei verbreiten dürfen. Sofern die Beschränkungen der Programmwahrheit und Informationsklarheit, dem Jugend- und Verbraucherschutz sowie allgemein der Sicherung der freien Meinungsbildung und der Vielfalt im Rundfunk unter Vermeidung starker Abhängigkeiten der Veranstalter von den Werbenden dienen, sind sie im Rahmen der Güterabwägung des Art. 5 11 GG überwiegend und verhältnismäßig und daher zulässig. 334
4. Werberegelungen für den Rundfunk Das LMG regelt die Vorschriften über die Werbung in Rundfunk und rundfunkähnlicher Kommunikation in den §§ 33 ff, 46. Daneben beinhaltet das LMG in § 1411 ein Werbeverbot für die Landesrundfunkanstalten für den Fall, daß eine Programm, ein Programmteil oder einzelne Sendungen von SDR und SWF nicht für das gesamte Sendegebiet veranstaltet und ausgestrahlt werden. 335 Dies betrifft in Baden-Württemberg das gemeinsame Hörfunkprogramm "S 4" von SDR und SWF. Grund dieser Normierung ist ein Wettbewerbsvorteil für die Privaten bei der Akquisition lokaler und regionaler Werbung. Die ursprüngliche Gesetzesfassung, wonach gern. § 13 LMG a.F. den Landesrundfunkanstalten jegliche Veranstaltung im Bereich unter der einheitlichen Sendegebietsebene verboten sein sollte, wurde vom BVerfG im fünften Rundfunkurteil mit dem Hinweis auf die meinungsbildende Relevanz auch dieser Programme jenseits des Grundversorgungsauftrages für verfassungswidrig erklärt. 336 Überlebt hat le-
333 Ricker, Privatrundfunk-Gesetze im Bundesstaat, S. 138; Herzog in: MDHS, Art. 5 I, 11, Rn. 240 sieht die Grenze in der Lebensfähigkeit der anderen Medien. 334
V gl. Birkert, Landesmediengesetz, § 32, Rn. 3 sowie L T -Drs. 9/955, S. 94.
Vgl. OLG Stuttgart, Urteil vom 12. Januar 1996, 2 U 104/95, in: AfP 1996, S.174ff. 335
336 Vgl. kritisch Rüggeberg / Radeck, Verfassungsrechtliche Fußangeln auf medienpolitischen Seitenpfaden, in: RuF 1993, S. 72 f.
VIII. Die Finanzierung des privaten Rundfunks
235
diglich das Werbeverbot. Dem möglicherweise entgegenstehende Bestimmungen sind weder im RfStV noch im SWF-StV bzw. im SDR-Gesetz enthalten. a) Begriff der Werbung iSd. LMG
Unter Werbung versteht das LMG Wirtschaftswerbung. 337 Dies ergibt sich im Rückschluß aus § 33 VIII, der aus dem Gesamtbereich möglicher Werbekunden die Werbung politischer, weltanschaulicher und religiöser Art ausklammert. Unter Wirtschaftswerbung wird die hauptsächlich wirtschaftlich orientierte Anpreisung von Gütern oder Leistungen durch deren Anbieter mit dem Ziel der Absatzförderung verstanden. Gekennzeichnet ist diese Anpreisung dadurch, daß daß sie den Werbetreibenden selbst zugerechnet wird und der Rundfunkveranstalter sich darauf beschränkt, sie gekennzeichnet als die Aussage eines Dritten, nicht aber als Bestandteil des redaktionellen Programms, zu verbreiten. 338 b) Inhaltliche Vorgaben
§ 33 I beschreibt den grundsätzlichen inhaltlichen Rahmen der Werbung. Insbesondere der Verbraucher- und Jugendschutz stehen im Mittelpunkt dieser Vorschrift. Abs. 2 verbietet eine programmliche Einflußnahme durch Werbetreibende und effektuiert insoweit die Prinzipien der Gruppen- und Programmfreiheit. Ebenfalls verbraucherschützenden Charakter hat § 33 III, der eine Abgrenzung der Werbung vom redaktionellen Programm fordert. Daraus folgt auch das Verbot der Schleichwerbung nach Abs. 6. Eine der umstrittensten Regelungen des LMG beinhaltet § 33 IV, der massive Werbezeitbeschränkungen für den Fall vorsieht, daß ein regionaler Hörfungveranstalter für ein Teilgebiet seines Verbreitungsgebiets ein gesondertes Programm veranstaltet. § 33 V läßt sog. Dauerwerbesendungen zu, die sich von der klassischen Spotwerbung dadurch unterscheiden, daß sie auch vom Veranstalter redaktionell gestaltete Teile beinhalten, die den Rahmen für die Werbung bilden. 339 Schließlich verbietet Abs. 8 politische, weltanschauliche und religiöse Werbung. 340
337 V gl. Birkert, Landesmediengesetz, § 33, Rn. 1; § 46; Schwarz / Eichler, Der Werbebegriff im Rundfunkstaatsvertrag, in: AtP 1996, S. 228 ff. 338
Reidt, Rundfunkwerbung im lokalen Rundfunk, S. 36 fm.e.N.
Birkert, Landesmediengesetz, § 33, Rn. 2 unter Hinweis auf LT -Drs. 10 / 5930, S. 64 f. 340 Zur politischen Werbung gehören auch Rundfunkspots der Tarifpartner, in denen zu laufenden Tarifverhandlungen Stellung bezogen wird; vgl. Drs. 11 /3407, S. 2. Zur Problematik kostenloser Agentur- oder Kommentarbeiträge mit politischem oder weltanschaulichem Inhalt vgl. LT-Drs. 11/4007, S. 2. 339
236
E. Die Ausgestaltung der verfassungsrechtlichen Grundprinzipien im LMG c) Werbeplazierung und Werbedauer
Diese dem § 44 RfStV entsprechende Vorschrift des § 34 regelt, unter welchen Voraussetzungen und mit welchen zeitlichen Abständen Werbung in das Programm eingefügt werden darf und welche Sendungen durch Werbung unterbrochen werden dürfen. So dürfen nach Abs. 1 Sendungen für Kinder und Gottesdienste nicht unterbrochen werden. § 35, der § 45 RfStV entspricht, unterscheidet zwischen der täglichen Gesamtwerbedauer und der Spotwerbung. So darf die Gesamtwerbedauer max. 20 % der täglichen Sendezeit ausmachen und die Spotwerbedauer max. 15 %, wobei für die Spotwerbedauer eine Grenze von max. 20 % für einen Einstundenzeitraum gilt. Tatsächlich werden diese Werbezeitobergrenzen nie erreicht, da ihre Ausschöpfung zu einem hohen Akzeptanzdefizit bei den Rezipienten führen würde.
d) Gemeinsame Werberichtlinien der Landesmedienanstalten Zur Konkretisierung sämtlicher Werbevorschriften haben die Landesmedienanstalten, wie auch im Jugendschutzbereich, bei der Werbung gemeinsame Werberichtlinien erlassen (§ 79 11). Diese Richtlinien gelten für die Werbung, zur Durchführung der Trennung von Werbung und Programm sowie für das Sponsoring in Hörfunk und Fernsehen und bewirken eine bundesweite Harmonisierung der Anwendung der Werbevorschriften. 341
5. Sonderfall der Rundfunkfinanzierung durch Sponsoring Einen gesetzlich getrennten Sonderfall der Werbefinanzierung beschreibt § 36 I mit dem Sponsoring;342 diese Vorschrift entspricht § 8 RfStV. Sponsoring stellt eine eigenständige Finanzierungsform dar, auf die die übrigen Werberegelungen nicht anwendbar sind. 343 Unter Sponsoring versteht man einen direkten oder indirekten Finanzierungsbeitrag einer Person oder Personenvereinigung, die an der Rundfunktätigkeit nicht beteiligt ist, zu einer Sendung, um Namen, Marke, Erscheinungsbild, Tätigkeit oder Leistung des Sponsors zu fördern. 344 In den Abs.
341 Diese sind abgedruckt bei Bauer / üry, Recht in Hörfunk und Fernsehen, 4.1.1.6. und bei Ring, Medienrecht, C-VII 1.2; vgl. hierzu auch Herkströter, Werbebestimmungen für den privaten Rundfunk nach dem Rundfunkstaatsvertrag, in: ZUM 1992, S. 395 ff. 342 Vgl. Henning-Bodewig, Sponsoring, in: AfP 1991, S. 487 ff, 492 f. 343 Birkert, Landesmediengesetz, § 36, Rn. 1. 344 Der Finanzierungsfonn des Sponsorings bedient sich insbesondere der öffentlichrechtliche Rundfunk, der auf diese Weise Werbeverbotszeiten, d.h. werktags ab 20 Uhr und Sonn- und Feiertags, elegant umgehen kann. Hierfür finden jedoch die jeweiligen
VIII. Die Finanzierung des privaten Rundfunks
237
2 - 6 sind die einzelnen Voraussetzungen benannt, unter denen Sendungen von Dritten gesponsort werden dürfen. Neben dem Hinweis auf den Sponsor zu Beginn und Ende der Sendung darf der Sponsor, um den Prinzipien der Gruppenund Programmfreiheit gerecht zu werden, keinen Einfluß auf die redaktionelle Gestaltung des Programms nehmen. In Abgrenzung zur Wirtschaftswerbung dürfen gesponsorte Sendungen nicht zur Abnahme von Waren oder Dienstleistungen des Sponsors anregen. Sponsoring findet seine Grenze in der Meinungsvielfalt. So dürfen Sendungen mit besonderer Meinungsbildungsrelevanz, wie Nachrichtensendungen oder Sendungen zum politischen Zeitgeschehen nicht gesponsort werden. Beim Zusammentreffen von Sponsoring und Werbung gilt nach § 36 IV 2, daß gesponsorte Sendungen nicht zum Zwecke der Werbung für Produkte oder Dienstleistungen des Sponsors unterbrochen werden dürfen. Werbung Dritter ist hingegen zulässig. Sie durchbricht jedoch nicht das Werbeverbot des Sponsors. 345 Ein gesetzliches Werbeverbot zieht nach § 36 V auch ein Sponsoringverbot nach sich. Nicht geregelt hat das LMG das Sponsoring von Veranstaltungen, die im Rundfunk übertragen werden. Diese Lücke schließt § 9 VII Nr. 2 der gemeinsamen Werberichtlinien, der festelegt, wann von einer Anregung zur Abnahme von Erzeugnissen und Dienstleistungen des Sponsors ausgegangen werden kann. 6. Werberegelung bei der rundfunkähnlichen Kommunikation a) Vorbemerkung Die Regelungen über die rundfunkähnliche Kommunikation enthalten keine gesonderten Finanzierungsvorgaben, so daß auf die Grundsätze der Rundfunkfinanzierung des § 32 zurückgegriffen werden muß. 346 b) Werberegelung des § 46 Die Textdienste dürfen - wie die Presse, anders als der Rundfunk - unbeschränkt Werbung enthalten, soweit keine allgemeinen Werbebeschränkungen (z.B. Tabakerzeugnisse) bestehen; im Interesse der Informationsklarheit und eines effektiven Verbraucherschutzes muß Wirtschaftswerbung jedoch klar gekennzeichnet und von den übrigen Informationen deutlich getrennt sein. 347 Die übriWerberichtlinien von ARD und ZDF Anwendung, die in dieser Betrachtung außen vor bleiben. 345
Vgl. LT-Drs. 10/5930, S. 66.
346
Birkert, Landesmediengesetz, § 32, Rn. 1.
347
Birkert, Landesmediengesetz, § 46.
238
E. Die Ausgestaltung der verfassungsrechtlichen Grundprinzipien im LMG
gen, im Rundfunkbereich ausgeschlossenen politischen, religiösen und weltanschaulichen Werbeinhalte sind bei den rundfunkähnlichen Kommunikationsdiensten zulässig. Diese und das Sponsoring unterliegen keiner gesonderten Kennzeichnungspflicht, was die Gefahr birgt, daß beim Rezipienten Werbung mit redaktioneller Information verwechselt wird, und so kein effektiver Verbraucherschutz mehr gewährleistet ist. Um nicht die rundfunkähnlichen Kommunikationsdienste im Hinblick auf deren öffentliche Aufgabe nach § 42 zu einem Sammelbecken für im Rundfunk ausgeschlossenen Werbung zu machen, erscheint auch hier ein Werbeausschluß für die vorgenannten Werbeformen angezeigt. Ein solcher ist vom Gesetzgeber wohl auch gewollt, da die Regelungen der rundfunkähnlichen Kommunikation meist denen des Rundfunks folgen, der Gesetzgeber beim Rundfunk Werbung nur als Wirtschaftswerbung versteht, und daraus folglich auch nur die Wirtschaftswerbung in § 46 gesondert benannt hat. Aus Gründen der Rechtssicherheit wäre hier insofern gesetzgeberischer Nachbesserungsbedarf gegeben. Auch für die Werberegelungen bei den Textdiensten haben die Landesmedienanstalten gemeinsame Richtlinien erlassen. 348
7. Finanzierungsmöglichkeit über die Rundfunkgebühr Die dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk gemäße Art der Finanzierung ist die Gebührenfinanzierung. 349 Diese Rundfunkgebühren, die eher den Definitonsmerkmalen eines Beitrags3SO gleichen, werden von jedem Teilnehmer zu gleicher Höhe erhoben. Mit fortschreitender Verfestigung der privaten Rundfunkveranstalterstrukturen erlangt in der rundfunkrechtlichen Diskussion die Frage einer Beteiligung privater Veranstalter an der Rundfunkgebühr über die bisher zulässigen Fördermaßnahmen hinaus, zunehmende Bedeutung, zumal es durchaus denkbar ist, daß private Programme den Anforderungen an die Programmvielfalt (mindestens) ebenso entsprechen wie die der öffentlichlich-rechtlichen VeranstalterS! und somit die Aufgabe der Grundversorgung der Bevölkerung auch durch private Veranstalter wahrgenommen werden könnte. § 43, 2 RfStV schließt eine solche Beteiligung bisher aus. Wenngleich der baden-württembergische 348
Diese sind abgedruckt bei Birkert, Landesmediengesetz, S. 271.
349 BVerfGE 90, 60, 90; 87, 181, 199,73, 118, 158. Grundlegend Oppermann / Kilian, Rechtsgrundsätze der Finanzierung öffentlichrechtlichen Rundfunks in der dualen Rundfunkverfassung der Bundesrepublik Deutschland, S. 57 ff.
350 V gl. Oppermann, Deutsche Rundfunkgebühren und europäisches Beihilferecht, S. 16 ff, 114. 35! Ladeur, Finanzierung "nicht kommerzieller Rundfunkprogramme" aus der Rundfunkgebühr?, in: ZUM 1993,386.
VIII. Die Finanzierung des privaten Rundfunks
239
Landesgesetzgeber nicht im Alleingang mittels der Änderung des LMG die Veränderung der Verteilung des Gebührenaufkommens beschließen kann, sondern dies nur im Länderkonsens über eine Änderung des RfStV möglich ist, soll im folgenden ausgehend vom status quo der Möglichkeit der finanziellen Maßnahmen zur Unterstützung privater Veranstalter die Frage einer weitergehenden privaten Partizipation an der allgemeinen Rundfunkgebühr erörtert werden.
a) status quo nach § 40 RßtV § 40 I 1 Nr. 1 iVm. S. 2 RfStV sieht vor, daß ein zweiprozentiger Anteil an der einheitlichen Rundfunkgebühr neben der Finanzierung der Landesmedienanstalten auch für die Förderung von landesrechtlich gebotener technischer Infrastruktur zur terrestrischen Versorgung des gesamten Landes und zur Förderung von Projekten für neuartige Rundfunkübertragungstechniken verwendet werden darf. Diese Möglichkeit besteht bis einschließlich 31.12.2000 und unterliegt einem landesrechtlichen Zustimmungsvorbehalt. Von diesem Zustimmungsvorbehalt hat das Land Baden-Württemberg in Art. I, § 3 I 2 ZustG a.F. 352, mittlerweile Art. I, § 3 I ZustG n.F. 353 , Gebrauch gemacht. Aufgrund dieser gesetzlichen Ermächtigung hat die LfK in den vergangenen Jahren für alle in Baden-Württemberg lizenzierten kommerziellen und nichtkommerziellen Hörfunk- und Fernsehveranstalter die Telekomgebühren für Sender, für Ton- bzw. Videoleitungen vom Studio zum Sender bzw. für die Zuführung zu den Einspeisestationen der Breitbandkabelnetze sowie für die Einspeisung in die Breitbandverteilnetze im Rahmen ihrer Förderung für die technische Infrastruktur vollständig übernommen. 354 Diese Förderung durch die LfK ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, da sie rein technische Maßnahmen betrifft und keinen Einfluß auf die Programmgestaltung ermöglicht. Die darüber hinaus nach § 40 I I Nr. 2 RfStV erlaubte Förderung offener Kanäle ist im LMG nicht vorgesehen. 355 Nach § 40 I 3 iVm. S. I Nr. I RfStV besteht die Möglichkeit, auch sog. "nichtkommerzielle" Veranstaltung von regionalem und lokalem Rundfunk zu fOrdern.
352
OBI. 1991, S. 745.
354
OBI. 1995, S. 113, zuletzt geändert OBI. 1995, S. 859. LT-Drs. 11/5018, S. 2.
355
Vgl. dazu die Ausführungen in diesem Kapitel unter V1.3.
353
240
E. Die Ausgestaltung der verfassungsrechtlichen Grundprinzipien im LMG
b) Verfassungsrechtliche Möglichkeit der Partizipation des privaten Rundfunks an der Rundfunkgebühr
aa) Ausgangsüberlegung Der Diskussion dieser Frage liegen zwei Gedanken zugrunde. Einerseits stellt sich die finanzielle Lage privater Rundfunkveranstalter nicht ausnahmslos positiv dar. Gerade im Bereich des lokalen und regionalen Hörfunks haben die Veranstalter mit erheblichen finanziellen Schwierigkeiten zu kämpfen. Zum anderen hat das BVerfG zwar die Aufgabe der Grundversorgung der Bevölkerung mit Rundfunkprogrammen grundsätzlich den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten zugewiesen, doch läßt die Diktion des Gerichts "nach Lage der Dinge in erster Linie"356 Raum für die Folgerung, daß private Veranstalter in diese Aufgabe hineinwachsen können/ 57 und somit - koppelt man die Eigenheit der Gebührenfinanzierung an die Wahrnehmung der Grundversorgung, bzw. die pluralitätsbedingte Fähigkeit zu deren Wahrnehmung - eventuell nicht nur die Möglichkeit, sondern auch ein Anspruch privater Partizipation an der Rundfunkgebühr denkbar wäre. bb) Auffassungen in Rechtsprechung und Literatur Das BVerfG hatte bislang keinen Anlaß, zur Gebührenfinanzierung privater Rundfunkveranstalter umfassend und abschließend Stellung zu nehmen. Im achten Rundfunkurteil machte das Gericht wiederholt deutlich, daß die Gebührenfinanzierung die dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk gemäße Art der Finanzierung ist. 358 Dem läßt sich jedoch nicht entnehmen, daß das Gericht habe die Gebührenfinanzierung des Rundfunks an eine öffentlich-rechtliche Organisationsform geknüpft, so daß private Anbieter von vorneherein aus dem Kreis gebührenfinanzierungsfähigen Rundfunks auszuscheiden hätten. 359 Im sechsten Rundfunkurteil hat sich das BVerfG erstmals mit der Problematik der Beteiligung privater Veranstalter am Gebührenaufkommen beschäftigt. Danach könne eine Verpflichtung zu einer anteiligen Gebührenfinanzierung privater Rundfunktätigkeit nicht einmal dann angenommen werden, wenn der Gesetzgeber für den privaten Rundfunk eine binnenplurale Organisationsform mit dem öffentlichrechtlichen Rundfunk ähnlichen Vielfalts- und Programmanforderungen vor356 BVerfGE 73, 118, 158; vgl. dazu auch BVerfGE 83, 238, 311: " ... jedenfalls unter den gegenwärtigen Bedingungen ... ". 357 Seimer, Bestands- und Entwicklungsgarantien rur den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in einer dualen Rundfunkordnung, S. 81. 358 BVerfGE 90, 60, 90; 87, 181, 199; 73, 118, 158.
359 Selmer / Gersdorf, Rechtsprobleme einer Beteiligung privater Rundfunkveranstalter am Aufkommen der Rundfunkgebühr, in: DVBI. 1992, S. 80.
VIII. Die Finanzierung des privaten Rundfunks
241
schreibt. 360 Die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen der Gesetzgeber privat veranstalteten Rundfunk am Gebührenaufkommen beteiligen darf, hat das BVerfG ausdrücklich offen gelassen. 361 In der Literatur bietet sich ein relativ einheitlich ablehnendes Bild. Für Herzog verbietet sich ein öffentlich-rechtlich ausgestaltetes Gebührensystem bei außenpluralistischen Organisationsformen von selbst, weil diese ja gerade durch die freie Zulassung solcher Betreiber charakterisiert sind. Auch dürfte eine solche Beteiligung im dualen System wegen der ganz verschiedenen Programmformen und Einzugsgebiete nicht durchfiihrbar sein. 362 Für Degenhart stünde zwar die Garantie der Rundfunkfreiheit einer teilweise Umwidmung der Rundfunkgebühr zugunsten privater Veranstalter nicht entgegen, wohl aber die begrenzte Zulässigkeit nichtsteuerlicher öffentlicher Abgaben, die eine strenge Zweckbindung erfordert. 363 Heidellehnt die Beteiligung privater Unternehmer am Gebührenaufkommen aus Gründen der Dysfunktionalität ab. 364 Eine vermittelnde Auffassung vertritt Kübler, der eine Beteiligung am Gebührenaufkommen nur bei binnenpluralistischer Organisationsform in Betracht zieht. 365 Lediglich Geiger bejaht eine Beteiligung privater Anbieter aus dem Gedanken einer grundsätzlichen Gleichbehandlung der Rundfunkrezipienten. Solange es Rezipienten gibt, die keine öffentlich-rechtlichen Programme sehen möchten, aber dennoch zur Zahlung der Rundfunkgebühr verpflichtet seien, muß es auf der Grundlage eines nach der Dauer der Sendezeit und den Einschaltquoten zu ermittelnden Schlüssels zu einer Aufteilung der Gebühr kommen. 366 ce) Eigene Auffassung Die Lösung der Frage einer Gebührenbeteiligung der Privaten muß systemorientiert erfolgen, da dies den sichersten Beurteilungsmaßstab darstellt. Auf der einen Seite stehen die öffentlich-rechtlich verfaßten Rundfunkanstalten, denen durch das BVerfG ein umfangreicher Grundversorgungsauftrag zugewiesen ist, den das Gericht mit einer ebenfalls weitreichend gestalteten Bestands-, Entwicklungs-, Finanzierungs- und Frequenzgarantie ausgestattet hat. Die Grund-
360
BVerfGE 83, 238, 329.
361
BVerfGE 83, 238, 329.
362
Herzog, in MDHS, Art. 5 I, 11, Rn. 239 c.
363
BK-Degenhart, Art. 5, Rn. 704 m.w.N.
Heidel, Verfassungsfragen der Finanzierung von Privatfunk durch Werbung, S. 291, Erläuterung zu Fn. 220. 365 Kübler, Medienverflechtung, S. 101, Fn. 47. So auch Starck, in: MKS, Art. 5 I, 11, Rn. 94. 366 Geiger, in: Geiger / Mai / Burghart, S. 11, 42. 364
16 Kirschnek
242
E. Die Ausgestaltung der verfassungsrechtlichen Grundprinzipien im LMG
versorgungsaufgabe leitet das Gericht aus der Bedeutung der Rundfunkfreiheit fiir die freie Meinungsbildung her und macht damit die Grundversorgungsaufgabe zu einer öffentlichen Aufgabe. Die finanzielle Sicherung der Wahrnehmung dieser öffentlichen Aufgabe darf nicht den Rundfunkanstalten auferlegt werden, da diese sonst gezwungen wären, sich ihre zur Programmfinanzierung erforderlichen Gelder auf dem freien Markt, d.h. mittels Geschäftstätigkeit, zu besorgen, was wiederum die Gefahr in sich birgt, daß öffentlich-rechtlicher Rundfunk in Marktmechanismen zerrieben und an der Erfüllung seiner Aufgabe gehindert wird. Die allgemeine Rundfunkgebühr ist somit das richtige Mittel zur Sicherung der verfassungsgemäßen Funktionalität der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten. Diesen stehen im sog. dualen System privatwirtschaftlich organisierte Anbieter gegenüber. Zentrales Merkmal deren privatrechtlicher Organisationsform ist die eigenverantwortliche Wirtschaftführung. An dieser ändert sich auch dann nichts, wenn privater Rundfunk genauso (gut oder schlecht) wie der öffentlich-rechtliche Meinungsvielfalt und kulturelle Vielfalt in seinen Programmen wiederspiegelt. Privater Rundfunk ist auf Gewinn ausgerichtet und kann auch nur mit solchem dauerhaft überleben. Diese Gegenüberstellung zeigt, daß es im dualen System keinen echten Wettbewerb im Sinne zwei sich gleichberechtigt gegenüberstehender Konkurrenten geben kann, da Chancengleichheit, die echter Wettbewerb voraussetzt, im sog. dualen System nicht gegeben ist. Würde man die Verteilung der Rundfunkgebühr an der Frage festmachen, wieviel Vielfalt ein Rundfunkanbieter zu leisten in der Lage ist, klammert man das erwerbswirtschaftliche Moment aus, so daß im Ergebnis ein vielfaltsstarker Privater mit hohen Quoten und - zulässigerweise auch - Werbeeinnahmen in der Gewinnzone arbeitet und zusätzlich durch seine hohe Vielfalt auch noch an der Rundfunkgebühr partizipiert. Der Ausschluß eines solchen Veranstalters mit der Begründung, er erfülle zwar den Vielfaltsstandard, arbeite jedoch in der Gewinnzone wäre grob gleichheitswidrig. Das Ergebnis der öffentlich-rechtlichen Förderung eines privaten Veranstalters kann nicht gewollt sein und würde das Ziel der Rundfunkfreiheit konterkarieren. Privater Rundfunk muß sich im Rahmen seiner privatrechtlichen Organisationsform selbst finanzieren und darf nicht auf öffentlich-rechtliche Substitution angewiesen sein. Diese systemstrenge Auffassung zieht jedoch die Anschlußfrage nach sich, ob diese strenge Konsequenz auch für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk gilt. Wenn der private Rundfunk auf private Finanzierung beschränkt wird, muß der Gesetzgeber auch dafür Sorge tragen, daß dem privaten Rundfunk diese Finanzierung uneingeschränkt möglich ist. Wie oben festgestellt kann von echtem Wettbewerb zwischen öffentlich-rechtlichen und privaten Veranstaltern in der Programmausführung keine Rede sein; es stehen sich vielmehr zwei rechtlich unterschiedlich ausgestaltete Anbieter mit grundverschiedenen finanziellen Ausgangsbedingungen gegenüber. Wenn die Rundfunkordnung den Wettbewerb in der Ausführung nicht zuläßt, stellt sich die Frage, ob der Wettbewerb dann im Rahmen der Mittelbeschaffung erfolgen darf. Während die privaten Veranstalter faktisch auf die Werbeeinnahmen angewiesen sind, konkurrieren die Rundfunk-
VIII. Die Finanzierung des privaten Rundfunks
243
anstalten trotz ihrer Gebührenfinanzierung noch zusätzlich mit den Privaten um Werbekunden. Systemgerecht wäre es daher, die öffentlich-rechtlichen Anbieter auf die Gebühren zu beschränken und den Privaten den Werbemarkt zu überlassen. 367 Dies würde jedoch voraussetzen, daß das BVerfG von der dynamisierenden Auslegung des Grundversorgungsauftrages abrückt (was aber kaum zu erwarten ist) und klar definiert, was im Rahmen der absehbaren rundfunktechnisehen Perspektive unter der Grundversorgung der Bevölkerung zu verstehen ist. Doch gibt es nach dem LMG nicht nur rein erwerbswirtschaftliche, sondern mit den nichtkommerziellen Veranstaltern nach § 27 11 LMG auch solche, die nicht an wirtschaftlichem Geschäftsbetrieb orientiert sind. Es stellt sich daher die Frage, welchem Bereich die nichtkommerziellen Veranstalter zuzuordnen sind. Das Abgrenzungsmerkmal Binnenpluralität ist nicht scharf genug. Zwar entspricht diese Pluralitätsform dem öffentlich-rechtlichen Veranstalter, doch sieht das LMG nach § 24 auch binnenplurale, gewinnorientierte private Anbieter vor. Bleibt nur die rechtliche Organisationsform als Differenzierungskriterium. Diese ist auch beim nichtkommerziellen Veranstalter privatrechtlich, weswegen auch diese finanzierungstechnisch dem privaten Bereich zugeordnet werden müssen. Da für den privaten Bereich der Grundsatz privater, d.h. eigenverantwortlicher Finanzierung gelten muß, ist auch eine Finanzierung der Nichtkommerziellen aus der allgemeinen Rundfunkgebühr nicht möglich. 368 Diesem Ergebnis steht § 40 I 3 iVm. S. 1 Nr. 1 RfStV nicht entgegen, da hierin lediglich die Förderung, nicht aber die Finanzierung tatbestandsmäßig erfaßt ist. Mit dieser begrifflichen Differenzierung bestätigt der RfStV letztlich das vorstehende Ergebnis. dd) Ergebnis Es ist festzuhalten, daß eine Finanzierung privater Rundfunkanbieter über die Rundfunkgebühr systemwidrig und daher unzulässig ist. An diesem Ergebnis ändert sich auch dann nichts, wenn privater Rundfunk finanziell nicht gewinnorientiert arbeiten kann, weil die gesetzlichen Rahmenbedingungen nicht stimmen. In diesem Fall ist der Gesetzgeber zur Nachbesserung der Rundfunkordnung hin zu mehr Wirtschaftlichkeit verpflichtet. 369
367 So im Ergebnis auch Ladeur, Finanzierung nicht kommerzieller Rundfunkprogramme aus der Rundfunkgebühr?, in: ZUM 1993, S. 389 ff. 368 Vgl. BVerfGE 83, 238, 330. 369
16'
Geschäftszeichen 1 BvR 987/92.
244
E. Die Ausgestaltung der verfassungsrechtlichen Grundprinzipien im LMG
8. Resümee der Finanzierungsregelungen Die erörterten Finanzierungsregelungen für den privaten Rundfunk in BadenWürttemberg werden den Ansprüchen eines privatwirtschaftlich und eigenverantwortlich orientierten Systems gerecht. Die private Rundfunkfinanzierung auf den Einnahmen aus der Werbung. Diese Werberegelungen sind beschränkende Regelungen, die sich jedoch als allgemeine Gesetze im Rahmen der Anforderungen des Art. 5 II GG bewegen. Inwieweit die Werbebeschränkung des § 33 IV der Verfassung entspricht, wurde in der vorstehenden Betrachtung ausgeklammert, da diese Norm Bestandteil der folgenden Erörterungen ist. Im Rahmen der Werbevorschriftend des § 46 bedarf es einer rechtlich klarstellenden, verbraucherschützenden Ergänzung, die auch die im Rundfunk ausgeschlossenen Werbeformen im Bereich der rundfunkähnlichen Kommunikation exkludiert.
IX. Ausgewählte Probleme im Landesmediengesetz Seit Juli 1992 ist beim BVerfG in Karlsruhe die Verfassungsbeschwerde 370 zahlreicher, ehemaliger regionaler Hörfunkveranstalter anhängig. Diese Verfassungsbeschwerde richtet sich gegen drei, im Rahmen der LMG-Novelle 1991 vorgenommene Gesetzesänderungen. Es sind dies die Reduzierung der Verbreitungsgebiete für regionalen und lokalen Hörfunk nach § 7 II 1 Nr. 2 iVm. § 2011 2 Nr. 3,4, die Werbezeitbeschränkungen des § 33 IV 2 Nr. 1 für regionale Hörfunkveranstalter und die Werberegelung des § 93 III für den Fall eines landesweiten Hörfunkprogramms mittels des freiwilligen Zusammenschlusses der regionalen Hörfunkveranstalter. Die Betrachtung der verfassungsrechtlichen Probleme, die diese, mittels der Verfassungsbeschwerde angegriffenen Normen im Hinblick auf die Rundfunkfreiheit des Art. 5 I 2 GG mit sich bringen, ist Inhalt der nachfolgenden Ausführungen, wobei auf die Frage nach der Verfassungsmäßigkeit der Werberegelungen für ein landesweites Hörfunkprogramm verzichtet werden kann, da es ein solches in Baden-Württemberg nicht gibt. 1. Begrenzung der Anzahl der Verbreitungsgebiete für regionalen
und lokalen Hörfunk nach § 7 11 2 Nr. 2 iVm. § 20 11 2 Nr. 3, 4
Nach § 7 11 2 Nr. 2 iVm. § 20 11 2 Nr. 3, 4 sind die Verbreitungsgebiete für terrestrischen Hörfunk grundsätzlich so zu planen, daß im Land Baden-Württemberg bis zu sechs Verbreitungsgebiete für regionale Hörfunkprogramme und bis zu fünfzehn Verbreitungsgebiete für lokale Hörfunkprogramme entstehen, wobei 370
GBI. 1986, S. 256 ff.
IX. Ausgewählte Probleme im Landesrnediengesetz
245
die Verbreitungsgebiete fiir regionale und lokale Hörfunkprogramme das Landesgebietjeweils möglichst weitgehend erfassen müssen, soweit hierfiir die erforderliche Übetragungskapazitäten zur Verfiigung stehen. Diese Normierung hat der der LMG-Novelle 1991 Eingang in das Gesetz gefunden. a) Situation des regionalen und lokalen Hörfunks vor der Novellierung
Aufgrund der ersten Nutzungsplanverordnung der LfK vom 19. Juli 1986371 hat die LfK in Baden-Württemberg 50 Frequenzen fiir lokalen und 23 Frequenzen fiir regionalen Hörfunk ausgeschrieben. 372 Von den 144 Interessenten fiir die Hörfunkveranstaltung373 wurden im Laufe der folgenden vier Jahre 22 Regionalund 22 Lokalhörfunkveranstalter durch die LfK lizenziert. 374 Bei fast allen Hörfunkveranstaltern stellten sich nach der Aufnahme des Sendebetriebs erhebliche wirtschaftliche Schwierigkeiten ein, da die Werbeeinnhamen als wesentliche Finanzierungsquelle bei weitem nicht ausreichten, um einen wirtschaftlichen Programmbetrieb zu ermöglichen. So lagen die Gesamtverluste der Hörfunkveranstalter in Baden-Württemberg zum Ende des Jahres 1990 bei ca. 150 Mio. DM. 375 Die ursprüngliche Perspektive der LfK, daß die privaten Veranstalter im Laufe der ersten fiinfjährigen Zulassungsperiode den "break-even-point" erreichen, hat sich bei der weit überwiegenden Zahl der Veranstalter nicht erfiillt. 376 Wesentliche Gründe fiir die desolate Finanzlage der privaten Veranstalter waren neben der unzureichenden Werbeakquisition die Vielzahl sich weiträumig überdeckender Hörfunkprogramme, die hohen Fixkosten insbesondere kleiner Sender, gesplittete, d.h. unter mehreren Veranstaltern aufgeteilte Frequenzen, Defizite in der technischen Reichweite der Sender, die häufig nur unvollständig mögliche Versorgung zusammengehöriger Kultur- und Wirtschaftsräume und nicht zuletzt die mächtige öffentlich-rechtliche Programmkonkurrenz unter der Landesebene. 377 Als Konsequenz legte die Landesregierung 1991 einen Novellierungsentwurf vor, der eine drastische Reduzierung der Lokalsender auf bis zu 15 und der Regionalsender auf bis zu sechs vorsah. Planungsziel der Novelle war es, 371
epd / KiFu Nr. 57/ 1986, S. 10.
372
epd / KiFu Nr. 91 / 1986, S. 10.
Bericht der Landesregierung gern. § 88 Ir LMG a.F., LT-Drs. 10 /4164, S. 29. Weitere fünf Lokalsender und drei Regionalsender waren lizenziert, jedoch noch nicht "auf Sendung". 374 Bericht der Landesregierung gern. § 88 Ir LMG a.F., LT-Drs. 10/4164, S. 41 f: Bis zum Jahr 1990 hat es nur ein Regionalsender mit einem zu 100 % eigenproduziertem Programm über 24 Stunden geschafft, einen durch Werbeerlöse ausgeglichenen Betriebshaushalt zu erreichen. 373
375
Bericht der Landesregierung gern. § 88 Ir LMG a.F., LT-Drs. 10/4164, S. 49.
376
Bericht der Landesregierung gern. § 88 Ir LMG a.F., LTDrs. 10/4164, S. 42 f; 45.
377
LT-Drs. 10 /5420, S. 38 f.
246
E. Die Ausgestaltung der verfassungsrechtlichen Grundprinzipien im LMG
durch eine deutliche Reduzierung der privaten Veranstalter die Möglichkeit für größere, wirtschaftlich tragfahige und technisch gut versorgte Verbreitungsgebiete zu schaffen. 378 Aufgrund des nunmehr neuen § 7 II 2 Nr. 2 war die LfK berufen, nach Ablauf der Übergangszeit am 30. September 1994, ein neu zu entwickelndes Hörfunkkonzept umzusetzen. Bei dem neuen Gesetzeswortlaut handelt es sich nicht um absolut einzuhaltende Kriterien, sondern um Planungsgrundsätze, anhand derer die LfK unter Berücksichtigung der technischen Möglichkeiten terrestrischer Sender eine wertende, abwägende und teilweise prognostische Entscheidung darüber zu treffen hat, welche konkreten Verbreitungsgebiete mit welchen Frequenzen versorgt werden sollen. 379 Dieses, von einem Ausgestaltungsspielraum der LfK gekennzeichnete neue Hörfunkkonzept sieht drei Bereichssendegebiete380 und 15 Lokalsendegebiete381 vor. Dazu kam eine starke Frequenz für Stuttgart sowie mehrere Frequenzen für nichtkommerzielle Veranstalter. 382 Auf der Grundlage dieses Konzepts lizenzierte die LfK ab 1. Oktober 1994 Veranstalter für die ausgeschriebenen Verbreitungs gebiete. Das Verfahren für diesen zweiten Lizenzierungszeitraum, der bis zum 30. September 2002 reicht, wurde im April 1995 weitgehend abgeschlossen. 383 Im Rahmen dieser Lizenzierungsrunde fanden die lokalen Stuttgarter Jugendhörfunksender "Hithouse" und "Powerplay", die im Rahmen einer SplittingEntscheidung neben einem dritten Veranstalter auf der Stuttgart Lokalfrequenz UKW 107,7 MHz sendeten, trotz entsprechender Antragstellung keine Berücksichtigung mehr bei der Vergabe dieser Lizenz. Die für diese beiden Veranstalter - unter anderen - vorgesehene Stuttgarter Hörfunkfrequenz UKW 105,7 MHz wurde aufgrund eines erfolgreichen Normenkontrollantrags des Süddeutschen Rundfunks gegen die Nutzungsplanverordnung der LfK beim VGH Baden-Württemberg den beiden öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten SDR und SWF für deren gemeinsam veranstaltetes Hörfunkprogramm "S 2 Kultur" zugesprochen. 384 Mangels anderer zur Verfügung stehender Übertragungskapazitäten war eine neuerliche Lizenzvergabe durch die LfK nicht mehr möglich, so daß die vorgenannten Hörfunksender ihren Sendebetrieb mit Ablauf der Sendelizenz zum 30. September 1994 einstellen mußten. 378
Birkert, Landesmediengesetz, § 20, Rn. 2.
379
Baden, Württemberg (Mitte) und Südost-Württemberg.
380 Mannheim / Heidelberg, Karlsruhe, Ortenau, Freiburg, Hochrhein / Bodensee, Oberer Neckar, Tübingen / Reutlingen, Ulm / Biberach, Ostwürttemberg, Esslingen / Kirchheim, Göppingen, Böblingen / Sindelfingen, Stuttgart, Rems-Murr und Heilbronn / Franken. 381
Vgl. Staatsanzeiger rur Baden-Württemberg vom 23.10.1993, S. 1 f.
Stuttgarter Zeitung vom 12.04.1995, S. 5.: "Neuordnung des privaten Hörfunks jetzt komplett". 382
383 VGH BaWü, Az.: 10 S 3152/93, Urt. v. 30. August 1994, in: VBIBW 1995, S. 93 ff.
384
BVerfGE 74, 297, 334 m.w.N.
IX. Ausgewählte Probleme im Landesmediengesetz
247
Es stellt sich die verfassungsrechtliche Frage, inwieweit die bisherige Lizenzierung dieser bei den Hörfunkveranstalter über einen reinen Vertrauensschutz hinaus wirken und den Veranstaltern einen verfassungsrechtlichen Anspruch im Sinne eines Bestandsschutzes auf die Rundfunkveranstaltung gewähren könnte. Ein solcher Bestandsschutz wäre denkbar unter dem Gesichtspunkt der Schutzwirkung der subjektiven Dimension der Rundfunkfreiheit des Art. 5 12 GG, unter dem Grundrecht der Berufsfreiheit des Art. 12 I GG, der Eigentumsgarantie des Art. 14 I GG oder gar eines kumulativen Schutzes aller drei Grundrechte. b) Bestandsschutzgarantie fiir bereits lizenzierte Veranstalter aus dem Grundrecht der Rundfunkfreiheit des Art. 5 12 GG? Die Prüfung eines möglichen Bestandsschutzes muß sich in zwei Schritten vollziehen. Zunächst ist zu prüfen, ob die Neuordnung der Hörfunklandschaft aus rein wirtschaftlichen Erwägungen zulässig war und nicht zu einer verfassungswidrigen Vielfaltsverkürzung im Gesamtprogrammangebot geführt hat. Sollte dies der Fall sein, wäre sodann zu untersuchen, ob ausgehend von einer verfassungswidrigen Gesetzesgestaltung die subjektive Dimension des Art. 5 I 2 GG einen Anspruch auf Neulizenzierung bewirken könnte, und ob ein solcher im Sinne einer Frequenz-, oder einer frequenzunabhängigen Lizenzierungsgarantie besteht. aa) Zulässigkeit einer Neuordnung der privaten Rundfunklandschaft unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten Es stellt sich die Frage, ob bei der Aus- bzw. Umgestaltung der Rundfunkordnung Wirtschaftlichkeits- neben Vielfaltserwägungen zum Zuge kommen dürfen und in welchem Verhältnis diese zueinander stehen. (1) Die Verknüpfung von Vielfalts- und Wirtschaftslichkeitserwägungen durch das BVerfG Grundsätzlich hat der Landesgesetzgeber die Ausgestaltung der Rundfunkordnung an der dienenden Funktion der Rundfunkfreiheit zur Gewährleistung freier individueller und öffentlicher Meinungsbildung auszurichten. Wie der Gesetzgeber diese Pflicht erfüllt, ist Sache seiner eigenen Entscheidung. Das BVerfG hat in seinen Rundfunkurteilen den Rahmen, in dem der Landesgesetzgeber von seiner Ausgestaltungsfreiheit Gebrauch machen kann, festgelegt, wobei die Ausgestaltung allein der Sicherung der Rundfunkfreiheit dienen darf. 385 Das 385
BVerfGE 74, 297, 335.
248
E. Die Ausgestaltung der verfassungsrechtlichen Grundprinzipien im LMG
heißt, daß nicht nur die erstmalige Ausgestaltung, sondern auch alle folgenden Umgestaltungen der positiven Ordnung sich an der Funktion der Rundfunkfreiheit zu orientieren haben. Diese Funktionserfüllung stellt sich ein, wenn sämtliche Meinungen, die zu dieser freien Meinungsbildung beitragen können, auch tatsächlich die Möglichkeit erhalten, an der Meinungsbildung mitzuwirken. Ziel der Ausgestaltung der Rundfunkordnung muß es daher sein, dem Rezipienten ein größtmögliches Meinungsspektrum zu präsentieren, aus dem sich der Einzelne seine Meinung, und die Summe aller Rezipienten die "öffentliche Meinung", bildet. Im Vordergrund der Ausgestaltung steht daher die Verpflichtung des Gesetzgebers, die Voraussetzungen für ein größtmögliches und vielfältiges Meinungsangebot zu schaffen. Dieses Meinungsangebot darf sich nicht an Marktoder Wirtschaftlichkeits-, sondern nur an Vielfaltserwägungen ausrichten. Konsequenterweise hat das BVerfG in seinem fünften Rundfunkurteil daher auch ausgeführt, daß Marktchancen eine Frage wirtschaftlicher, nicht aber der Meinungsfreiheit sein können. 386 Von dieser Auffassung hat sich das Gericht im nächsten Rundfunkurteil schon wieder verabschiedet, indem es ausführte, daß durchaus ein Verstoß gegen Art. 5 I 2 GG vorliegen könne, wenn der Betrieb von privatem Rundfunk allein aufgrund der rechtlichen Konstruktion zur Unwirtschaftlichkeit verurteilt wäre, so daß die Berechtigten nur bei Hinnahme von Verlusten ihr Recht ausüben könnten. 387 Für den Fall, daß sich im Laufe der Zeit herausstellen sollte, daß lokaler Rundfunk unter den gegebenen rechtlichen Bedingungen nicht funktionieren oder wirtschaftlich nicht aufrechterhalten werden kann, wäre der Gesetzgeber insoweit zu einer Nachbesserung des Gesetzes verpflichtet. 388 Das BVerfG verknüpft damit unmittelbar Vielfalts- und Wirtschaftlichkeitserwägungen getreu dem Motto, daß das eine nicht ohne das andere sein kann. Aus dieser Rechtsprechung heraus läßt sich eine Umgestaltung der Rundfunkordnung unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten, wie oben dargestellt und geschehen, verfassungsrechtlich rechtfertigen, da der Weiterbetrieb der meist unwirtschaftlich arbeitenden Veranstalter eine Rechtsausübung nur bei Hinnahme von Verlusten ermöglicht hätte. (2) Eigene Auffassung
Diese Auffassung des BVerfG widerspricht den bisherigen Äußerungen zur Rundfunkfreiheit. Zwar hat das BVerfG ausgeführt, daß privater Rundfunk nicht von Voraussetzungen abhängig gemacht werden darf, die dessen Betrieb wesentlich erschweren oder sogar ausschließen würden/ 89 doch bezog sich diese Äußerung nicht auf Fragen der Gewinnwirtschaftlichkeit der Rundfunkveranstaltung, 386
BVerfGE 83, 238, 329.
387
BVerfGE 83, 238, 330.
388
BVerfGE 73,118,171.
389
So grundlegend in BVerfGE 57, 295, 320.
IX. Ausgewählte Probleme im Landesmediengesetz
249
sondern auf solche der Vielfaltssicherung. Allen bisherigen Ausführungen des BVerfG zur Ausgestaltung der Rundfunkordnung lagen nicht Wirtschaftlichkeits-, sondern stets Vielfaltserwägungen zugrunde, denn die dienende Funktion der Rundfunkfreiheit, mittels Vielfalt freie und umfassende Meinungsbildung zu gewährleisten, bestimmt ihre Eigenart und Bedeutung. 39o So sind die Fragen staatsfreier, bzw. staatsferner Rundfunkorganisation, außen- oder binnenpluraler Veranstalterorganisation und veranstalterinterner Programmgestaltungsfreiheit allesamt solche, die der Sicherung der Meinungsvielfalt, nicht aber der Sicherung der wirtschaftlichen Grundlagen der Veranstalter dienen. Wenn das BVerfG nun aus Art. 5 12 GG eine Pflicht zur Umgestaltung der Rundfunkordnung annimmt, geht es fehl in der Annahme, daß die Unwirtschaftlichkeit eines privaten Veranstalters zwingend dessen Verlust an Meinung auf dem Meinungsmarkt zur Folge hat. Unwirtschaftlichkeit ist in einem marktorientierten System ein Phänomen, wie es die Wirtschaftlichkeit unternehmerischen Handels auch ist; auch hat einmal eingetretene Unwirtschaftlichkeit nicht zur Folge, daß dieser Zustand für alle Zeiten zwingend fortwirkt. Wenn der Gesetzgeber die Meinungsvielfalt durch die fehlende Wirtschaftlichkeit in Gefahr sieht, so stellt sich die Frage, warum nicht mittels der bekannten Mechanismen, d.h. der Insolvenzfähigkeit der Betreiber, im Rahmen der gesetzlichen Konzentrationsschranken wirtschaftliche Veranstaltung wiederhergestellt wurde. Es wäre dem Gesetzgeber durchaus möglich gewesen, einen solchen Wiederherstellungsprozeß durch entsprechende binnenpluralistische Auflagen, wie sie in § 24, den das BVerfG für ausreichend hält, vorgesehen sind, zu begleiten. Zwar ist es richtig, wenn das BVerfG fordert, den Rundfunk nicht gänzlich dem freien Spiel der Kräfte zu überlassen/ 91 doch kann sich Vielfalt nicht von oben verordnet, sondern nur im Meinungswettbewerb der Veranstalter untereinander einstellen. Wenn die Staatsfreiheit als Grundprinzip der Rundfunkordnung Geltung haben soll, dann dürfen staatliche Reglementierungen nicht durch den Umweg der gesetzlichen Veränderung erfolgen, sondern nur auf den im Gesetz vorgesehenen Wegen; und die richten sich wiederum sämtlich an Vielfalts- und nicht an Wirtschaftlichkeitsgesichtspunkten aus. Letztlich hat der Landesgesetzgeber durch die Überbewertung der Wirtschaftlichkeitsgesichtspunkte die Meinungsvielfalt in den Hintergrund gedrängt und eine Konstellation geschaffen, die eher an Planwirtschaft, denn an - in den Grenzen der Rundfunkfreiheit durchaus mögliche - Marktwirtschaft erinnert. (3) Zwischenergebnis Da sich letztlich die verfassungsrechtliche Beurteilung nicht an der Auffassung des Verfassers, sondern an der des BVerfG ausrichtet, war der Landesgesetzgeber befugt, im Rahmen seines Ausgestaltungsermessens wirtschaftliche Gesichts390
BVerfGE 57, 295, 323.
39\
ESVGH 42,185,189; VGH BaWü in: VBIBW 1989, S. 214.
250 E. Die Ausgestaltung der verfassungsrechtlichen Grundprinzipien im LMG punkte bei der Umgestaltung der Rundfunkordnung zuvorderst in seine Überlegungen einzustellen. bb) Unzulässige Pluralitätsverkürzung durch Senderreduzierung Es stellt sich weiter die Frage, ob die Neuordnung der Rundfunkordnung unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten nicht dort an eine Grenze stößt, wo die Reduzierung der lokalen und regionalen Hörfunkveranstalter zu einer faktischen Vielfaltsverkürzung führt, die wiederum der dienenden Funktion der Rundfunkfreiheit zuwiderläuft. Ansatzpunkt für diese Frage ist das vom LMG gewählte Pluralitätsmodell. (1) Ausgangssituation: Außenpluralismus
Dem LMG liegt in § 23 das außenplurale Modell zugrunde, das von formeller Außenpluralität auf materielle Pluralität schließt. Dies ist vom BVerfG in seiner Ausformung als verfassungsgemäß angesehen worden, da das Gericht davon ausgeht, daß sich die wesentlichen Meinungen in vier inhaltlich verschiedenen, jedoch im übrigen gleichartigen Rundfunkprogrammen wiederfinden werden. Lediglich für den Fall, daß dies nicht erfolgt, normiert das LMG in § 24 eine subsidiäre pluralitätssichernde (binnenplurale) Sicherungsebene. Diese soll jedoch nur dann zum Zuge kommen, wenn das Norrnziel des § 23 nicht erreicht wird, denn der Landesgesetzgeber räumt der Herstellung von Meinungsvielfalt durch Außenpluralität den Vorrang gegenüber der Herbeiführung von Meinungsvielfalt durch binnenplural verfaßte Veranstalter den Vorrang ein. 392 (2) Faktische Entwertung durch das LMG
Im Rahmen der prioritären Stellung des § 23 kann nur eine konkrete Ausgestaltung der Hörfunkstruktur zulässig sein, die eine tatsächliche Ermöglichung des Norrnziels des § 23 auch gewährleistet, da sonst der § 23 von vorneherein sinnlos wäre, und konsequenterweise im Rahmen der Novelle 1991 hätte gestrichen werden müssen. Dies war jedoch nicht der Fall, da das LMG offensichtlich am Grundsatz der Außenpluralität festhalten will. Sämtliche in Baden-Württemberg zum 1. Oktober 1994 neulizenzierten kommerziellen Hörfunkveranstalter sind nach der neuen Hörfunkstruktur zugelassen. Quantitative Außenpluralität, wie sie § 23 vorsieht, gibt es in Baden-Württemberg nach dieser Zulassungsrunde nicht mehr, so daß alle Veranstalter mit dem Siche-
392
Vgl. den Nachweis in Kapitel E VI.2.a).
IX. Ausgewählte Probleme im Landesmediengesetz
251
rungselement eines Programmbeirates nach § 24 II 1 Nr. 2 iVm. S. 2, Abs. 3 zugelassen wurden. Das vom LMG favorisierte Modell des Außenpluralismus wurde demnach, weil faktisch in seiner prioritären Stellung entwertet, außer Kraft gesetzt. Es stellt sich nun die Frage, ob die gesetzliche Ausgestaltung des Prinzips des Pluralismus zugunsten eines Modells, das den Außenpluralismus als vorrangige Gestaltungsform ansieht,393 eine solche faktische Entwertung nicht verbietet?
(3) Abwägung zwischen Pluralitätsprinzip und Wirtschaftlichkeitsgesichtspunkten Die vorgenannte Frage läßt sich nur im Wege einer qualitativen Abwägung zwischen dem Pluralitätsprinzip und dem Wirtschaftlichkeitskriterium beantworten. Das vom BVerfG aufgestellte Pluralitätsprinzip, das den Außenpluralismus des § 23 ausdrücklich anerkennt, ist seit dem ersten Rundfunkurteil essentielles Grund- und Strukturprinzip der freiheitlichen Rundfunkordnung. Bis zum fünften Rundfunkurteil haben Wirtschaftlichkeitserwägungen mit der Frage nach der Ausgestaltung der Rundfunkordnung nichts zu tun gehabt/ 94 wohl aber Vielfaltserwägungen. Wirtschaftlichkeitsgesichtspunkte finden sich lediglich im sechsten Rundfunkurteil in der Rechtsprechung wieder,395 wobei diese Ausführungen der konkreten Ausgestaltung lokalen Hörfunks im LRG Nordrhein-Westfalen galten. Daraus ist zu schließen, daß es in der Rechtsprechung des BVerfG kein durch den Landesgesetzgeber einzuhaltendes Wirtschaftlichkeitsprinzip für den Rundfunk gibt. Dies würde auch dem vom BVerfG in den Grenzen der Rundfunkfreheit zugelassenen, marktorientierten Wettbewerb im Rundfunkmarkt widersprechen. Daß es kein verfassungsrechtlich gebotenes Wirtschaftlichkeitsprinzip für die Rundfunkordnung gibt, hat der Landesgesetzgeber konkludent anerkannt, indem er für die nichtkommerziellen Veranstalter des § 27 II keinerlei Erwägungen anstellte, wie diese einen zwar nicht erwerbswirtschaftlichen, aber dennoch wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb führen sollen. Wirtschaftlichkeit eines Rundfunkveranstalters kann wohl Rahmenbedingung, jedoch nie ein verfassungsrechtliches Grundprinzip, für das der Landesgesetzgeber einzustehen hätte, sein. Einzustehen hat der Landesgesetzgeber jedoch für die Wahrung des Pluralitätsprinzips. Dies impliziert, daß der Landesgesetzgeber zwar nicht im Sinne einer Modellkonsistenz 396 für immer an das einmal gewählte Modell gebunden wäre, doch obliegt ihm solange, wie er an seinem Modell keine Veränderung vornimmt, die Pflicht, für die Einhaltung desselben Sorge zu tragen. Diese Pflicht hat der baden-württembergische Gesetzgeber mißachtet, indem er entgegen § 23 eine Ordnung installiert hat, die von vorneherein nicht in der Lage war, dem Norm393
Vgl. BVerfGE 74, 297, 335.
394
BVerfGE 83, 238, 329 f.
395
BVerfGE 83, 238, 296, 305.
396
LT -Drs. 10 / 5420.
252
E. Die Ausgestaltung der verfassungsrechtlichen Grundprinzipien im LMG
anspruch des § 23 gerecht zu werden. Da nun aber Pluralitäts- qualitativ vor Wirtschaftlichkeits erwägungen rangieren, hat der Landesgesetzgeber mit der Novelle 1991 gegen das verfassungsrechtliche Pluralitätsprinzip verstoßen. Hätte der Landesgesetzgeber den Außenpluralismus außer Kraft setzen wollen, so hätte er den § 23 insofern ändern müssen, als dieser nur noch eine von mehreren pluralitätssichernden Normen gewesen wäre; dies hat der Gesetzgeber jedoch nicht getan, sondern den § 23 in seiner Stellung bevorzugten Stellung vor § 24 belassen. Auch bestimmt § 23 vielmehr selbst, wann seine Anwendung nicht mehr möglich ist. Diese Selbstbestimmung hat der Landesgesetzgeber ebenfalls faktisch außer Kraft gesetzt. Diese Problematik hat der Landesgesetzgeber bei der Novelle 1991 offensichtlich gar nicht gesehen, da die amtliche Begründung zum Novellierungsentwurf 397 mit keinem Wort zu der faktischen Außerkraftsetzung des Außenpluralismus Stellung nimmt. (4) Zwischenergebnis
Durch die faktische Außerkraftsetzung des vom LMG prioritär zu verwirklichenden außenpluralen Modells hat der Landesgesetzgeber Wirtschaftlichkeitserwägungen in verfassungswidriger Weise vor das Pluralitätsprinzip gestellt und dieses damit auf reine Binnenpluralität verkürzt. Diese Verkürzung verstößt gegen das Prinzip des Pluralismus in der gewählten Ausgestaltung. cc) Subjektive Dimension der Rundfunkfreiheit als Weiterlizenzierungsanspruch? Dieser objektive Verfassungsverstoß rechtfertigt jedoch noch keinen Anspruch auf Weiterlizenzierung eines bereits lizenzierten Veranstalters. Hierzu bedarf es noch einer subjektiv-rechtlichen Komponente zugunsten des Veranstalters. Diese könnte sich aus der subjektiven Dimension der Rundfunkfreiheit ergeben. (1) Umfang der subjektiven Dimension der Rundfunkfreiheit Unter Anknüpfung der in Kapitel C dargelegten grundsätzlichen Interpretationsansätze der Rundfunkfreiheit soll im folgenden die subjektive Dimension der Rundfunkfreiheit, wie sie das BVerfG und der Verfasser jeweils interpretieren, dargelegt und auf ihre Verwendbarkeit hinsichtlich des Weiterlizenzierungsbedürfnisses der nicht mehr lizenzierten Veranstalter untersucht werden. 397
BVerfGE 83, 238, 296.
IX. Ausgewählte Probleme im Landesmediengesetz
253
(a) Auffassung des BVerfG und Konsequenz Nach Auffassung des BVerfG entfaltet die Rundfunkfreiheit ihren Schutz auch und zuerst gegenüber dem Staae98 und wirkt somit als subjektives Abwehrrecht gegen staatliche Eingriffe. Diesen Ansatz relativiert das Gericht, indem es ausführt, daß Art. 5 I GG (nur) insoweit ein subjektives Recht begründet, als er Meinungsäußerungs-, -verbreitungs- und Informationsfreiheit gewährleistet. 399 Darüber hinaus bedarf es jedoch einer positiven Ordnung, die der dienenden Funktion der Rundfunkfreiheit im Hinblick auf die Gewährleistung der Meinungsbildungsfreiheit als objektivem Prinzip gerecht wird, denn bei der Rundfunkfreiheit handelt es sich nicht um ein Grundrecht, das seinem Träger zum Zweck der Persönlichkeitsentfaltung oder Interessenverfolgung eingeräumt ist. 4°O Wie in Kapitel C dargestellt, überwiegt der objektivrechtliche Gehalt des Grundrechts der Rundfunkfreiheit im Hinblick auf die dienende Funktion derart, daß die vom BVerfG zugestandene subjektive Dimension nur in dem Rahmen zur Entfaltung kommen kann, wie sie durch das als positive Ordnung zu erlassende Gesetz zugestanden wird. Damit kommt das subjektive Recht des Art. 5 I 2 GG, das sich in der Veranstaltungsfreiheit im Rahmen der gesetzlichen Grenzen erfüllt, erst durch die landesmediengesetzliche Eröffnung einer Zulassung zur Entstehung, und verschwindet durch den Entzug, bzw. den Ablauf derselben. Dementsprechend kann ein privater Veranstalter, sei er bereits im Besitz einer Zulassung gewesen oder auch nicht, keinen unmittelbaren, aus dem Grundgesetz herleitbaren Anspruch aufLizenzierung haben. Dieser kann sich nur aus den einschlägigen Regelungen des LMG ergeben. 401 Dies hat zur Konsequenz, daß mit Ablauf der Zulassung für die Hörfunkveranstaltung am 30. September 1994 auch das über Art. 5 I 2 GG geschützte Veranstaltungsrecht abgelaufen ist, und Art. 5 I 2 GG über den Ablauftag hinaus keine subjektiven Rechtswirkungen zugunsten des ehemaligen Veranstalters entfaltet. Ein nicht weiterlizenzierter privater Hörfunkveranstalter hat nach der aus der Rechtsprechung des BVerfG folgenden Dimension des Art. 5 I 2 GG keinen Anspruch auf Weiterlizenzierung. (b) Eigene Auffassung und Konsequenz Die Herauslösung der Rundfunkfreiheit aus dem grundrechtlichen Kontext der Abwehrrechte durch die systemwidrige Überhöhung der objektiven Grundrechtskomponente wurde bereits in Kapitel C kritisch hinterfragt. Auf dieser Darstellung gilt es aufzubauen. Würde man der vorgenannten bundesverfassungsgerichtlichen Interpretation folgen, so stellt sich das subjektive Recht des Art. 5 I 2 GG
399
BVerfGE 83, 238, 295 f; 74, 297, 323; 57, 295, 319. BVerfGE 87, 181, 197.
400
So VGH BaWü, in: VBIBW 1995, S. 141; ESVGH 42,185,187.
401
Hain, Rundfunkfreiheit und Rundfunkordnung, S. 57.
398
254 E. Die Ausgestaltung der verfassungsrechtlichen Grundprinzipien im LMG als Programmveranstaltungsfreiheit dar, die wie eine elektrische Lampe mittels des "Schalters" Zulassung vollständig an- und ausgeschaltet werden kann, und somit der objektive Rahmen die subjektive Dimension voll und ganz bestimmt. Diese Verurteilung des grundrechtlichen Kerns hin zur Bedeutungslosigkeit kann unter dem Gesichtspunkt der Wesentlichkeitsgarantie des Art. 19 II GG nicht akzeptiert werden. Es ist daher nach einer Lösung zu suchen, die sich mit der Rechtsprechung des BVerfG in Einklang bringen läßt, und die gleichzeitig dem subjektiven Kern der Rundfunkfreiheit gerecht wird. Dieser Lösungsansatz kann nur in einem grundsätzlichen, aus der subjektiven Dimension des Art. 5 I 2 GG abzuleitenden Rundfunkveranstaltergrundrecht liegen. Im Lichte der zehn Rundfunkurteile läßt sich diese umfassende Forderung jedoch nicht aufrechterhalten, da das BVerfG trotz fortschreitender Digitaltechnik nach wie vor eine technische Knappheit an Frequenzen, bzw. Übertragungskapazitäten, sieht, und die Rundfunkfreiheit im Konzert der Kommunikationsfreiheiten des Art. 5 I GG aufgrund ihrer ungleich stärkeren Wirkungsmöglichkeiten auf den Rezipienten eine besondere Stellung einnimmt. Während die Kapazitätsbeschränkung ein faktisches Problem darstellt, handelt es sich bei der Wirkungsmöglichkeit durch den Rundfunk auf den Rezipienten weniger um eine tatsächliche, denn um eine Wertungsfrage der "Gefährlichkeit" dieser Wirkungsmöglichkeit. Um diesen beiden zentralen Problemen gerecht zu werden, darf man, legt man das Veranstaltergrundrecht zugrunde, die Lösung nicht wie das BVerfG gänzlich auf der Grundrechtszugangsebene suchen, sondern muß hierzu ebenfalls die Grundrechtsausübungsebene bemühen.
(aa) Lösung im Lichte der Frequenzknappheit Trotz der (mittlerweile aufweichenden) Kapazitätsknappheit läßt sich das Problem nur auf der Grundrechtszugangsebene lösen, da das Veranstaltergrundrecht seine natürliche Grenze bereits im Faktum der Kapazitätsknappheit findet; es muß daher im Rahmen der Grundrechtsbeschränkung des Art. 5 II GG, und nicht im Rahmen ausgestaltender Regelungen, ein rechtsstaatlich geordneter Zugang zu den freien Übertragungskapazitäten erfolgen. Diese zugangsbeschränkenden Normierungen können nur im Rahmen des einfach-gesetzlichen LMG erfolgen, müssen sich aber an den Schranken der Rundfunkfreiheit messen lassen. Hierbei ist die Verhältnismäßigkeit der Zugangsbeschränkung im Lichte der Rundfunkfreiheit die zentrale Frage. Da die Rundfunkfreiheit ihre dienende Funktion nur dann wahrnehmen kann, wenn ihr der subjektive Kern gewährleistet ist, darf sich die Zugansgbeschränkung nur in dem Rahmen der Kompensation der natürlichen Kapazitätsgrenze mittels einer staatlicherseits geordneten Zugangsregelung halten. Dies impliziert, daß im Rahmen dieser Zugangsregelung sämtliche technisch zur Verfiigung stehenden Frequenzen auch vergeben werden, da nur damit ein größtmögliches Maß an Vielfalt erreicht werden kann. Dem
IX. Ausgewählte Probleme im Landesmediengesetz
255
widerspricht jedoch das Vergaberverfahren des LMG durch die LfK, das Übertragungskapazitäten nicht nach Vielfalt, sondern nach Wirtschaftlichkeit vergibt und somit einen unverhältnismäßigen Eingriff in das Veranstaltergrundrecht darstellt. (bb) Lösung im Lichte der Wirkungsmöglichkeit des Rundfunks Die Lösung der bis heute im übrigen nicht eindeutig falsifizierten Frage der (gefährlichen) Wirkungsmöglichkeit mittels des Rundfunks auf den Rezipienten,402 kann nicht auf der Grundrechtszugangs-, sondern nur auf der -ausübungsebene stattfinden. Ein Veranstaltungsausschluß zu Zwecken des Rezipientenschutzes aus Gründen einer generell-abstrakten "Gefahrenabwehr" wäre im Lichte der Wechselwirkungslehre des Art. 5 II GG nicht zu vertreten und darüber hinaus unverhältnismäßig. Auf der Grundrechtsausübungsebene müssten stattdessen Normen ergehen, die im Sinne der verfassungsgerichtlichen Programmgrundsätze eine ausgewogene und wahrheitsgetreue Rundfunkveranstaltung, die individueller und öffentlicher Meinungsbildung dient, gewährleisten. Mit einer solchen Lösung wäre der verfassungsgerichtlichen Forderung nach Wahrung der Programmgrundsätze, als dem Bedürfnis nach Geltung des subjektiven Veranstaltungsrechts Rechnung getragen. (cc) Gemeinsamer Nenner Im Lichte des vorgenannten Konzepts stellt sich für den lizenzierten Rundfunkveranstalter, der wiederum eine Lizenz erwerben möchte, die Lage folgendermaßen dar. Einen generellen und schrankenlosen Anspruch aus Art. 5 I 2 GG auf Rundfunkveranstaltung kann es nicht geben, da dieser unter den vorgenannten Umständen nicht für jedermann realisierbar ist. Es sind daher landesmediengesetzliche Schranken aufzustellen, die nicht den generellen Ausschluß, aber jedoch ein Veranstalterrecht im Sinne eines Anspruchs auf Weiterveranstaltung im Rahmen des bereits gewährten Lizenzumfanges angemessen regeln. Während, wie oben dargestellt, Wirtschaftlichkeitserwägungen zur Unverhältnismäßigkeit eines Generalausschlusses führen, können Vielfaltserwägungen insofern zugunsten eines Veranstalters sprechen, als dieser durch seine Nichtrnehrberücksichtigung als Meinung und Faktor auf dem Rundfunkmarkt vielfaltswidrig verloren ginge. Ein solcher Anspruch könnte sich jedoch nur auf Rundveranstaltung als solche, nicht hingegen auf Rundfunkveranstaltung über eine bestimmte Frequenz beziehen, da nur die Meinungsverbreitung im Hinblick auf die darauf zu erfolgenden Meinungsbildung, und nicht die frequenzbezogene Veranstaltung subjektives Schutzgut sein können. Diese Lösung würde sowohl subjektiv-rechtlichen Be402 Leibholz/Rinck/Hesselberger, Art. 12, Rn. 1,46 m.e.N.
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E. Die Ausgestaltung der verfassungsrechtlichen Grundprinzipien im LMG
dürfnis des Veranstalters, als auch dem verfassungs gerichtlichen Auftrag an den Landesgesetzgeber, die dienende Funktion der Rundfunkfreiheit zu gewährleisten, gerecht. (2) Zwischenergebnis
Da aber letztlich die strenge Auffassung des BVerfG, sekundiert durch den VGH Baden-Württemberg, und nicht die des Verfassers maßgeblich ist, kann aus der subjektiven Dimension der Rundfunkfreiheit kein Weiterlizenzierungsanspruch abgeleitet werden. dd) Ergebnis Obwohl der Landesgesetzgeber durch die Neustrukturierung der Hörfunkverbreitungsgebiete gegen das verfassungsrechtliche Grundprinzip des Pluralismus verstoßen hat, gewährt Art. 5 I 2 GG keine Bestandsschutzgarantie im Hinblick auf die Weiterlizenzierung eines bereits einmal zugelassenen und auf Sendung befindlichen Rundfunkveranstalters. c) Bestandsschutzgarantie aus Art. 12 I, 14 I GG?
Eine Bestandsschutzgarantie könnte sich jedoch aus dem Grundrecht der Berufsfreiheit des Art. 12 I GG oder aus dem Eigentumsgrundrecht des Art. 14 I GG ergeben. aa) Art. 12 I GG Bei dem Grundrecht der Berufsfreiheit handelt es sich um ein echtes subjektives Grundrecht, das weit auszulegen ist, und grundsätzlich jede sinnvolle und erlaubte Tätigkeit schützt. 403 Hierunter fällt auch die Veranstaltung von Rundfunksendungen. Eine Verletzung des Art. 12 I GG durch die nicht erfolgte Weiterlizenzierung könnte sich aus einem Verstoß gegen die grundrechts immanente Schranke des Abs. 1 S. 2 ergeben. Zwar wurde die unternehmerische Tätigkeit der Rundfunkveranstaltung nur auf der Grundlage des LMG möglich, und war in Übereinstimmung mit dem LMG von vorneherein befristet, doch stellt sich die Frage, ob eine ausgeblieben Weiterlizenzierung verhältnismäßig ist. Hierzu ist es erforderlich, das Normziel 403
VGH BaWü, in: VBIBW 1995, S. 141.
IX. Ausgewählte Probleme im Landesmediengesetz
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des Art. 5 I 2 GG in die Betrachtung miteinzubeziehen. Sieht man, wie der VGH Baden-Württemberg, die zukünftige Einschränkung durch eine vom LMG ermöglichte Änderung der Verbreitungs gebiete als verhältnismäßig an, so ist der zukünftige Veranstaltungsausschluß hinzunehmen. 404 Mit dieser Auffassung wird auf der Grundrechtszugangsebene ein Ausschlußstrich gezogen, der zur Wahrung der aus Art. 5 I 2 GG abzuleitenden dienenden Funktion verhältnismäßig wäre. Diese Auffassung geht konform mit dem verfassungsgerichtlichen objektivrechtlichen Verständnis der Rundfunkfreiheit. Mit einem vorrangig subjektivrechtlichen Verständnis läßt sich diese Lösung jedoch nicht vereinbaren, da ein Ausschluß aus Wirtschaftlichkeitsgründen als unverhältnismäßig anzusehen wäre. bb) Art. 14 I GG Auch unter dem Gesichtspunkt des Schutzes des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs über Art. 14 I GG läßt sich nach der, sich auf das BVerfG stützenden Rechtsprechung des VGH kein Bestandsschutz ableiten. Zwar untersteht der eingerichtete und ausgeübte Gewerbebetrieb, als solcher ein Rundfunkveranstalter anzusehen ist, dem Eigentumsschutz des Art. 14 I GG,405 doch gibt dieser dem befristet zugelassenen Rundfunkunternehmer wegen der dem Gesetzgeber zustehenden rundfunkrechtlichen Gestaltungsfreiheit, die im Rahmen des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit des Abs. 1 S. 2 auch die Bestimmung des Inhalts und der Schranken des davon betroffenen Eigentums umfaßt, auch keinen Anspruch auf Erhaltung von Verbreitungsgebieten und Erneuerung der bereits einmal erteilten Zulassung zum Rundfunk. Härten, die die Neugliederung der Hörfunkausgestaltung mit sich bringt, haben die bisherigen Veranstalter im Hinblick auf den mit der Neuordnung verfolgten Zweck, die Wirtschaftlichkeit des privaten Rundfunks zu verbessern, hinzunehmen. 406 Sieht man, wie oben ausgefiihrt, die Einstellung von Wirtschaftlichkeitserwägungen in die Neuordnung der Rundfunkordnung, wie im baden-württembergischen Fall, als verfassungswidrig an, so läßt sich auch hier zum entgegengesetzten Ergebnis kommen.
d) Bestandsschutzsgarantie aus dem LMG? Eine Bestandsschutzgarantie aus dem unmittelbar aus dem LMG läßt sich nicht ableiten. Einziger Ansatzpunkt im LMG ist § 5 III 2, der im Rahmen der Gestaltung des Nutzungsplans eine Berücksichtigung im Sinne eines Vertrauensschutzes, aber keinen Bestandsschutz bestehender Frequenznutzungen vorsieht. Leibholz / Rinck / Resselberger, Art. 14, Rn. 141. 405 VGR BaWü, in: VBIBW 1995, S. 141. 406 VGH BaWü, Leitsätze des Beschlusses v. 30.9.1994, 10 S 2725/94, in: DVB11995, S.166. 404
17 Kirschnek
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E. Die Ausgestaltung der verfassungsrechtlichen Grundprinzipien im LMG
e) Ergebnis Zwar stellt sich die Neuordnung der Verbreitungsgebiete für den Hörfunk aus rein wirtschaftlichen Erwägungen als Verstoß gegen das verfassungsrechtliche Pluralitätsprinzip dar, doch läßt sich aus dieser Tatsache und darüber hinaus aus den Grundrechten des Art. 5 I 2, 12 I, 14 I GG unter Zugrundlegeung der Rechtsprechung von BVerfG und VGH407 kein Bestandsschutz für ehemals zugelassene und nicht weiterlizenzierte Hörfunkveranstalter ableiten. 2. Werbezeitbegrenzung für regionale Hörfunkveranstalter bei Hörfunkveranstaltung in einem Teilverbreitungsgebiet nach § 33 IV 2 Nr. 1 LMG Mit der Novelle 1991 fand die Vorschrift des § 33 IV 2 Nr. 1, der für Werbeveranstaltung in regionalen Hörfunkprogrammen gilt, Eingang in das LMG. a) Regelungsinhalt und dessen Zustandekommen Da die drei regionalen Verbreitungsgebiete jeweils über mehrere Übertragungskapazitäten versorgt werden, ist es technisch möglich, über diese Kapazitäten nicht nur dasselbe, sondern auch zeitweise auseinandergeschaltete, verschiedene Programme speziell für bestimmte Verbreitungsgebietsteile, sog. Lokalfenster, zu veranstalten. 408 Wenngleich es sich hierbei um eine faktische Vermischung von lokaler und regionaler Rundfunkveranstaltung handelt, verwehrt die Rundfunkfreiheit die pauschale Untersagung bestimmter Programme, so daß ein Auseinanderschalten grundsätzlich zulässig ist. 409
§ 33 IV 1 schreibt vor, daß Werbung nur im gesamten Verbreitungsgebiet eines regionalen Veranstalters verbreitet werden darf. Abweichend davon ist Werbung nach S. 2 zum Schutz des wichtigen lokalen Werbeaufkommens der Lokalsender im Falle der regionalen Auseinanderschaltung in dem sodann entstehenden lokalen Teilverbreitungsgebiet des regionalen Veranstalters zulässig, wenn nach Nr. 1 die Werbezeit auf zwölf Minuten täglich beschränkt wird, und wenn nach Nr. 2 kein lokales Hörfunkprogramm, dessen Verbreitungsgebiet mit mindestens einem Drittel innerhalb des Teilverbeitungsgebiets liegt, zugelassen ist, oder nach Nr. 3 alle in Nr. 2 benannten Veranstalter ihr Einverständnis zur Werbeveranstaltung erklären.
407 408
Birkert, Landesmediengesetz, § 33, Rn. 4. Birkert, Landesmediengesetz, § 33, Rn. 4.
409LT-Drs.1O/6296,S. 71 ff.
IX. Ausgewählte Probleme im Landesmediengesetz
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Woher die Zwölf-Minuten-Regelung stammt, und aufweichen tatsächlichen Grundlagen diese aufbaut, ist nicht erfindlieh. Aus den Beratungen des Ständigen Ausschusses, in deren Rahmen die Zwölf-Minuten-Grenze entstand, läßt sich nicht nachvollziehen, wie es zur Annahme von zwölf Minuten kam. 4lO Die Grenzziehung bei zwölf ist offensichtlich willkürlich erfolgt, und hätte auch bei zehn, 15 oder 20 Minuten angesetzt werden können. Dafür hätte es ebenfalls keine hinreichende sachliche Grundlage gegeben. Der Hinweis aus den Beratungen des Ständigen Ausschusses, wonach diese Grenze einen politischen Komprorniß zwischen dem Schutzbedürfnis der lokalen und dem Interesse der regionalen Veranstalter an lokaler Werbefinanzierung darstellt,411 begründet nicht, warum das Ergebnis dieser Schutzabwägung zum Ergebnis der Zwölf-Minuten-Grenze kam. Die Regelung ist bereits durch diese willkürliche Festlegung fragwürdig. b) Verfassungsrechtliches Problem und seine vorläufige Lösung Wenngleich derartige Werbebeschränkungen zugunsten Dritter verfassungsrechtlich zulässig sind,412 darf sich hieraus für die betroffenen Regionalveranstalter, die sich vollständig aus Werbeeinnahmen finanzieren, keine Konsequenz ergeben, die die Rundfunkveranstaltung in hohem Maße erschweren oder ausschließen würden. 413 Inwieweit es durch den § 33 IV 2 Nr. 1 zu einer solchen verfassungswidrigen Beschränkung kommen kann, läßt sich nur in der tatsächlichen Anwendung beurteilen. Birkert sieht in der Regelung jedoch kein verfassungsrechtliches Problem, da die LfK im Rahmen ihres Regionalsenderkonzepts von vorneherein auf die Frage der Möglichkeit wirtschaftlich leistungsfahiger Veranstaltung abzustellen hatte, und die Regionalsender aufgrund ihrer wesentlich größeren Verbreitungsgebiete auch eine größere Hörerreichweite und dadurch ein erhöhtes Einnahmepotential erreichen. Hinzu kommt, daß die drei regionalen Veranstalter das gesamte Landesgebiet abdecken, was ihnen den Zugang zu überregionaler und nationaler Werbung, auch durch Vereinbarung sog. Werbekombis mit anderen Veranstaltern inner- und außerhalb Baden-Württembergs, erleichtern dürfte. 414 Eine faktische Lösung des theoretischen verfassungsrechtlichen Problems hat sich im Laufe der Neulizenzierungen durch die LfK ergeben, da die lokalen Veranstalter, zu deren Schutz die Vorschrift eigentlich gemacht wurde, auf diesen Schutz nach § 33 IV 2 Nr. 3 verzichtet haben. 410 411
LT-Drs. 10/6296, S. 72. Birkert, Landesmediengesetz, § 33, Rn. 7 unter hinweis auf BVerfGE 73, 118, 180;
74,297,336 f, 342 f; 87, 181,204 ff. 412 BVerfGE 83, 238, 317; 73, 118, 157, 171. 413 Birkert, Landesmediengesetz, § 33, Rn. 7. 414 Birkert, Landesmediengesetz, § 33, Rn. 5. 17*
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E. Die Ausgestaltung der verfassungsrechtlichen Grundprinzipien im LMG
c) Einfachrechtliche Probleme
Trotz dieser vorläufigen, norminternen Lösung beinhaltet der § 33 IV 2 Nr. 1 noch zwei einfachrechtliche Probleme. Abs. 4 S. 2 spricht von einem "Teilverbreitungsgebiet", das dann entsteht, wenn ein regionales Verbreitungsgebiet auseinandergeschaltet wird. Das Teilverbreitungsgebiet als solches wird im LMG weder in § 2, noch in § 33 gesondert definiert. Daß es einer solchen Definition bedarf, zeigt die Überlegung, daß es gesetzlich nicht klar ist, wie das restliche Verbreitungsgebiet, das durch das Auseinanderschalten faktisch auch zu einem Teilverbreitungsgebiet wird, da es nicht mehr für das gesamte Verbreitungsgebiet veranstaltet wird, zu behandeln ist. Der Gesetzgeber handelt hier insofern inkonsequent, als er den Schutz der lokalen Veranstalter nur für das abgespaltete Teilverbreitungsgebiet, für das jedoch verbleibende "Rest"-Verbreitungsgebiet keinen lokalen Veranstalterschutz vorsieht. Würde man eine solche Auslegung vornehmen, hat dies zur Konsequenz, daß das gesamte Verbreitungsgebiet zu zwei Teilverbreitungsgebieten würde, und damit Werbung im gesamten Verbreitungsgebiet nur noch im Rahmen der Zwölf-Minuten-Grenze zulässig wäre. Dieser Interpretation wird jedoch entgegengetreten. Nach Birkert sei Teilverbreitungsgebiet allein das durch das gezielte Auseinanderschalten entstehende Gebiet. 415 Hier ist eine definitorische KlarsteIlung in der Norm erforderlich, um diese Unsicherheit aufzulösen, da nicht für alle Tage gesichert ist, daß die norminterne Problemlösung des Abs. 4 S. 2 Nr. 3 Bestand hat. Auch fragt sich, ob es einen zeitlichen Zusammenhang zwischen der ZwölfMinuten-Regel und der Länge der Auseinanderschaltungszeit gibt. Hierzu nimmt das LMG keine Stellung. Für den Fall einer ganztägigen Auseinanderschaltung gilt für die Auseinanderschaltungszeit von 24 Stunden eine zwölfminütige Werbegrenze. Welche Grenze gilt jedoch, wenn das Programm nur für zwei Stunden auseinandergeschaltet wird. Sollte auch hier die Zwölf-Minuten-Grenze gelten, wäre die Beschränkung unverhältnismäßig, da sie die verschiedenen Auseinanderschaltungszeiten undifferenziert und gleichheitswidrig einstellt. Auch hier besteht gesetzgeberischer Handlungsbedarf zur Aufklärung. d) Ergebnis
Im Ergebnis läßt sich festhalten, daß eine Verfassungswidrigkeit des § 33 IV 2 Nr. I nicht gegeben ist, da seine tatsächlichen Auswirkungen in eine verfassungsrechtliche Beurteilung miteingestellt werden müssen. Da diese möglichen Auswirkungen aufgrund der Einverständniserklärung aller lokalen Veranstalter nicht zum Tragen kommen können, ist derzeit eine Verfassungswidrigkeit der Norm nicht anzunehmen. In einfachrechtlicher Hinsicht offenbart die Norm 415 Vgl. Oppermann, Zukunftsperspektiven der Finanzierung des öffentlichen Rundfunks, in: Stern, S. 60 f.
X. Verfassungsrechtliches Resümee der Ausgestaltungsregelungen des LMG 261
jedoch die aufgezeigten Schwächen, die der Gesetzgeber im Rahmen der nächsten Novelle überdenken sollte. Zum jetzigen Zeitpunkt stellt sich der § 33 IV 2 zwar nicht als verfassungswidrig, aber doch als mißglückt dar.
3. Resümee Die vorgenannten Darstellungen zeigen, daß die angesprochenden Regelungen nicht gänzlich kritikfrei sind, wenngleich die Verfassungsmäßigkeit dieser Normen unter den aktuellen verfassungsrechtlichen Gegebenheiten nicht bestritten werden kann, und so der Verfassungsbeschwerde, sollte sie zur Entscheidung kommen, keine sonderliche Aussicht auf Erfolg zukommt.
x. Verfassungsrechtliches Resümee der Ausgestaltungsregelungen des Landesmediengesetzes Der baden-württembergische Landesgesetzgeber hat sich bei der Ausgestaltung der verfassungsrechtlichen Grundprinzipien eng an die durch das BVerfG gesetzten Vorgaben gehalten. Insbesondere im Bereich der Staatsfreiheit, wo das BVerfG im Vergleich zu den anderen Grundprinzipien die differenziertesten Ausgestaltungsvorgaben gemacht hat, schlägt sich im LMG eine verstärkte Regelungsdichte nieder. Doch dürfen die dargestellten Grundprinzipien des LMG nie fiir sich alleine betrachtet werden, sondern müssen stets in ihrem, aus ihrer Verschachtelung resultierenden, gegenseitigen Wirkungs- und Bedingungszusammenhang gesehen werden. Nach der vorstehenden Beschreibung der Ausformungen der verfassungsrechtlichen Grundprinzipien im LMG stellt sich folgendes Gesamtbild: Die Prinzipien der Staats- und der Gruppenfreiheit bilden den äußeren Rahmen der Rundfunkveranstaltung und haben in erster Linie abwehrende Funktion nach außen. Innerhalb dieses abwehrenden Rahmens sorgt das Prinzip des Pluralismus dafiir, daß nicht nur vielfaltsgefährdende Einflüsse herausgehalten, sondern die Einflüsse Eingang in den Rundfunk finden, die notwendigerweise vertreten sein müssen, um dem Anspruch, freier individueller und öffentlicher Meinungsbildung zu dienen, gerecht zu werden. Schließlich sorgt das Prinzip der Programmfreiheit in diesem Rahmen dafiir, daß diese meinungsrelevanten Kräfte intern die Möglichkeit erhalten, ihre Meinung so ungehindert wie möglich zu verbreiten. In diesem verschachtelten System kommt es, wie die vorstehenden Ausfiihrungen gezeigt haben, immer wieder zu Überlagerungen der einzelnen Prinzipien. Die Ausgestaltung der verfassungsrechtlichen Grundprinzipien durch den baden-württembergischen Gesetzgeber hält sich größtenteils im verfassungsrechtlichen Rahmen. Wo dieser verlassen wurde, ist dies bei der Darstellung der Ausgestaltungen deutlich geworden. Neben den verfassungsrechtlichen wohnen der
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E. Die Ausgestaltung der verfassungsrechtlichen Grundprinzipien im LMG
Ausgestaltung der Grundprinzipien aber auch einfachrechtliche Probleme inne, auf die ebenfalls jeweils eingegangen wurde. Der in Karlsruhe anhängigen Verfassungsbeschwerde spricht der Verfasser keine Aussicht auf Erfolg zu. Ein Hauptproblem des Rundfunkbereichs im Hinblick auf seine verfassungsrechtliche Stellung ist nach wie vor die stete Einflußnahme der Politik. Es wird daher interessant sein zu beobachten, wie weitere Entwicklung des Verhältnisses zwischen Staat und Politik auf der einen und dem Rundfunk, seinen Veranstaltern und Aufsichtsinstitutionen auf der anderen Seite fortschreitet. Während der Rundfunk zwar formell staatsfrei ausgestaltet werden muß, schafft es die Politik, Hintertüren zur Mitsprache und Einflußnahme offenzuhalten.
Zusammenfassung Das Landesmediengesetz Baden-Württemberg hat eine bewegte Geschichte hinter sich. Neben politischen Entscheidungen, die meist darauf abzielten, den im LMG verwirklichten verfassungsrechtlichen Grundsatz der Staatsfreiheit unterschwellig rur politische Entscheidungsträger durchlässig zu halten, waren es die verfassungsgerichtlichen Vorgaben aus Karlsruhe, die dem LMG in seiner aktuellen Fassung gegenüber dem Ausgangsgesetz von 1986 ein teilweise neues Gesicht gaben. Sollte auch trotz des Radikalschnitts der LMG-Novelle von 1991 die private Hörfunkveranstaltung in Baden-Württemberg ein Zuschußbetrieb bleiben, muß sich der Gesetzgeber die Frage stellen, ob nicht der Weg einer Öffnung des privaten Rundfunkmarktes hin zu einem "Mehr" an Wettbewerb im Rahmen der verfassungsrechtlichen Grenzen der bessere gewesen wäre, zumal auch im Rundfunkbereich Konzentrationsbestrebungen, wie sie seit Jahrzehnten vom Pressebereich bekannt sind, gegen sämtliche landesrechtlichen Versuche, diese aufzuhalten, Platz greifen. Die Wurzeln zur Lösung der gegenwärtigen Probleme liegen jedoch in Karlsruhe. So bleibt zu hoffen, daß durch die neue digitale Rundfunkübertragungstechnik die bisherige Frequenzknappheit bald der Vergangenheit angehört, und auf diesem Wege das Grundrecht der Rundfunkfreiheit zu der Entfaltung kommen kann, die ihm gebührt. Der "Startschuß" zu einem rundfunkrechtlichen Umdenkungsprozeß muß jedoch vom Bundesverfassungsgericht kommen. Wenngleich auch dann auf gesetzliche Zugangs- und Aufsichtsregularien nicht gänzlich verzichtet werden kann, würde doch die Chance bestehen, daß sich der Rundfunk aufgrund eigener Marktgesetzlichkeiten zu dem vielfältigen und farbigen Meinungsträger entwickelt, den die Presseerzeugnisse heute in ihrer Gesamtheit darstellen. In diesem Rahmen wird auch der öffentlich-rechtliche Rundfunk, der nach wie vor eine wichtige kommunikative Funktion im Meinungsbildungsprozeß errullt, und auch rur die Zukunft errullen soll, den ihm angemessenen Platz finden. Dies setzt jedoch voraus, daß der öffentlich-rechtliche Rundfunk in seiner Gesamtheit weiterhin auf einer gesicherten finanziellen Gebührengrundlage bauen kann. Diese wiederum fordert, daß die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten auf einen Weg finden, der Personal- und Kosteneffizienz und kulturellen Anspruch sinnvoll verbindet, und darüber hinaus gegenüber dem verpflichteten Gebührenschuldner vertretbar ist.
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Zusammenfassung
Trotz der Bemühungen des Landesgesetzgebers, dem verfassungsgerichtlichen Ausgestaltungsauftrag gerecht zu werden, offenbart das LMG an einigen Stellen verfassungsrechtlich problematische Ansatzpunkte. Diese sollen im Rahmen der folgenden Zusammenfassung des Inhaltes des Kapitels E stichwortartig unter den jeweils zu subsumierenden Grundprinzipien dargestellt werden.
I. Prinzip der Staatsfreiheit 1. Es bedarf entgegen § 25 I 1 Nr. 4 des Ausschlusses der Parteien von der Rundfunkveranstaltung. Darüber hinaus sollten, um einen umfassenden Ausschluß zu gewährleisten, auch Unternehmen und Vereinigungen, die unter Parteieinfluß stehen, von der Rundfunkveranstaltung ausgeschlossen werden. Des weiteren müssen in § 25 II 1 Nr. 3 neben den Parlamentariern auch die Parlamente als solche von der Rundfunkveranstaltung ausgeschlossen werden. 2. Im Rahmen der Vorschriften über die Zusammensetzung des Vorstands der Landesanstalt rur Kommunikation verstoßen die durch die "lex Beerstecher" eingerugten Normen über die Nachwahl eines Vorstandsmitglieds nach § 66 III 2 sowie über die Verwirklichung staatsfreier Vorstandsbesetzung nach § 64 IV 4 gegen das Prinzip der Staatsfreiheit. 3. Bei der Regelung der Rücknahme der Veranstaltungslizenz nach § 29 ist eine gesetzliche KlarsteIlung im Hinblick auf eine Rückgriffsmöglichkeit auf § 48 LVwVfG notwendig.
11. Prinzip der Gruppenfreiheit Die Regelung des § 24 IV zur Verhinderung eines multimedialen Meinungsmonopols verfehlt ihre Wirkung, da sie letztlich nur das entstandene multimediale Meinungsmonopol in seiner Wirkung abschwächen, seine Entstehung jedoch nicht verhindern kann. Aufgrund der Schwierigkeit um gesetzesändernde Maßnahmen wird dem Gesetzgeber nichts anderes übrig bleiben, als sich mit der Tatsache der multimedialen Monopole abzufinden und stattdessen im Wirkungsbereich effektuierende Maßnahmen zu treffen.
111. Prinzip des Pluralismus 1. Der Gesetzgeber hat durch die Neufassung der Verbreitungsgebiete im Hörfunkbereich den Wert des Prinzips des Außenpluralismus faktisch auf Null reduziert. Abseits der verfassungsrechtlichen Bedenken gegen diese Reduktion könnte der Außenpluralismus nach § 23 gerettet werden, wenn das Merkmal der "Gleichartigkeit" der Programme nicht am Programmformalismus, sondern an der
Zusammenfassung
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Meinungsvielfaltsrelevanz festgemacht würde. In diesem Zusammenhang könnten auch fremdsprachige Programme Berücksichtigung im Rahmen der Außenpluralität finden. 2. § 24 I bedarf zur Herstellung der Rechtsklarheit einer redaktionellen Ergänzung, die seine subsidiär-gesetzliche Stellung zu § 23 deutlich macht. 3. § 2411-V gewährleistet durch seine momentane Fassung keine hinreichende organisatorische Sicherung der Funktionalität des binnenpluralen Programmbeirates. Es bedarf der Aufnahme einer, durch die LfK umzusetzenden Aufsichtsnorm sowie klarer Verfahrens- und Geschäftsordnungsregeln für die Programmbeiräte.
IV. Prinzip der Programmfreiheit 1. Die Grundsätze über die Sorgfalts- und Wahrheitspflicht im Bereich der Tatsachenverbreitung nach § 56 werden den Anforderungen an einen effektiven Persönlichkeitsschutz und an eine fehlerfreie individuelle und öffentliche Meinungsbildung nicht in vollem Maße gerecht. 2. Im Bereich des absoluten Programmveranstaltungsausschlusses nach § 55 I bedarf es der Aufnahme eines Kunstvorbehalts, der seinerseits einen angemessenen Ausgleich mit den Regeln über den Jugendschutz gewährleistet, um Art. 5 III GG gerecht zu werden.
V. Finanzierung des privaten Rundfunks 1. Die Werberegelungen für die rundfunkähnliche Kommunikation in § 46 bedürfen, wie beim Rundfunk, eines Ausschlusses von politischer, religiöser und weltanschaulicher Werbung. 2. Eine Partizipation des privaten Rundfunks an der einheitlich erhobenen Rundfunkgebühr ist verfassungsrechtlich unzulässig, wie auch die Finanzierung der nichtkommerziellen Veranstalter aus dieser Finanzquelle.
VI. Einzelfragen 1. Aufgrund der länderstaatsvertraglichen Neuregelung des MediendiensteStaatsvertrages, der den bisherigen Btx-Staatsvertrag ersetzt sowie der Verabschiedung des Informations- und Kommunikationsdienstegesetzes des Bundes mit dem darin beinhalteten Teledienstegesetz bedarf es einer Anpassung der Vorschriften über die rundfunkähnliche Kommunikation.
266
Zusammenfassung
2. Wenngleich die Neufassung der Verbreitungsgebiete für den privaten Hörfunk gegen das Prinzip des Pluralismus verstößt, besteht für einen ehemals lizenzierten und in der neuerlichen Lizenzierungsrunde nicht mehr berücksichtigten Hörfunkveranstalter kein verfassungsrechtlicher Anspruch aufNeulizenzierung. 3. § 33 IV bedarf hinsichtlich der Frage der Definition des Teilverbreitungsgebiets sowie des Zusammenhangs zwischen der Dauer der Auseinanderschaltung und der Werbezeitbegrenzung einer konkretisierenden Ergänzung.
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Sachverzeichnis Abwehrrecht 91, 94, 253 Arbeitsgruppe Landesmediengesetz 46 Aufsichtsmaßstab 116, 173, 174, 179 Aufsichtsmittel 116, 117, 151, 173, 174, 176 Aufsichtsorgan 118, 119,226 Ausgestaltungsauftrag 93, 96, 109, 140, 141, 162, 171, 187, 188, 209, 210, 264 Ausgestaltungsbefugnis 109, 119, 128, 140,141,148,172,202,205,230 Auskunftspflicht 221 Außenpluralität 61, 125, 188-190, 192194,203,205,208,250,251,265 Auswahlentscheidung 166, 167, 184,201 Auswahlgrundsätze 15, 115, 184 Bericht der Landesregierung an den Landtag 62 Bericht der LfK an die Landesregierung 61 Beschränkung der Programmfreiheit 217, 221 Bestandsschutzgarantie 247, 256, 258 Binnenpluralität 123, 185, 193-195, 198200,243,252 Bundesverfassungsgericht 24, 55, 56, 59, 64,78,79,263,271,277 DAB-Pilotprojekt Baden-Württemberg 72 Dienende Funktion der Rundfunkfreiheit 107,132,222,249,256 Drittsenderecht 147, 148,202,222,223 Duale Rundfunkordnung 24
Echterdinger Empfehlung 51 Eingriffsmittel 117, 174, 175 Expertenkommission "Neue Medien" Baden-Württemberg 40 Fernsehen 23, 25, 28, 29, 35-37, 47, 52, 68-70, 72, 74, 78, 82, 88, 102, 103, 132, 134, 146, 168, 170, 172, 181, 189, 223, 224, 226, 227, 236, 267, 268,270,271,273,274,276,277 Finanzierung des privaten Rundfunks 24, 53,128,141,148,230,233,265 Frequenzknappheit44, 72,144,206,254, 263 Gebietskörperschaften 112, 142, 143, 170,171 Gegendarstellungsanspruch 128, 219, 220 Gesetzgebungskompetenz 80, 84 Gruppenfreiheit 111, 119-121, 126, 128, 129, 139, 168, 171, 178-180, 184, 186, 187,201,262,264 Hörfunk 23, 25, 29, 35, 41, 47, 48, 52, 53, 59, 62, 66, 72, 75, 82, 88, 132134, 146, 150, 162, 166-168, 170, 171, 181, 183, 189,203,223, 224, 236, 239, 244, 245, 258, 266-268, 270,273 Inhaltliche Eigenverantwortlichkeit des Veranstalters 209 Inkompabilitätsstufen 154 Jugendschutz 51, 60, 128, 159, 161,209,
Sachverzeichnis 210, 217, 223-227, 235, 265, 271, 273,275 Jugendschutzbeauftragter 227 Kabelpilotprojekte 39, 40 Konzentrationssperre 180, 181 Kulturelle Vielfalt 242 Landesanstalt rur Kommunikation 58, 6163,131,150,151,157,264,272,276 Landesmediengesetz Baden-Württemberg 23,24,35,48,55,56,103,130,203, 263,267-269,277 Landtag von Baden-Württemberg 34,71, 74, 75 Mediendienste-Staatsvertrag 73,83 Medienpädagogik 69, 228 Medienrat 65, 153, 159-162, 196, 201, 227-229 Mehrfachveranstaltung 181, 182, 184 Meinungsbildung 57, 83, 85-90, 93, 9598,104,105,111,119-122,127,128, 132, 137, 138, 145, 146, 169, 171, 180, 182, 188, 190-192, 195, 202, 206, 211, 213-216, 221, 222, 231, 234, 242, 247-249, 255, 256, 262, 265,274 Meinungsmacht 75, 180, 181, 184, 185, 187 Meinungsmonopol185, 186,264 Meinungsvielfalt 26-28, 46, 61, 62, 82, 92, 105, 107, 108, 115, 117, 121, 123-125, 132, 139, 144, 155, 159, 164, 165, 167, 168, 174, 178, 183, 185, 186, 188-190, 194, 196, 200, 203, 205, 208, 227, 237, 242, 249, 250,274,275 Multimedia 71, 268 Nichtkommerzieller Veranstalter 201 Nutzungsplanverordnung 68, 72, 163, 245,246
279
Öffentliche Aufgabe 116, 132, 137, 138, 212,238,268 Öffentliche Meinung 85, 91, 213, 222, 272,273 Öffentlich-rechtlicher Rundfunk 29, 30, 35,37,38,41,44,49,50,53,55,57, 109,202,242,274 Parteien 113, 144-148, 150, 179, 212, 264,267,269,272 Pluralismus 121, 126, 128, 129, 139, 168, 178, 187, 191, 204-206, 208, 222, 251,252,256,262,264,266 Pluralitätsprinzip 121, 187,204, 251, 252, 258 Pluralitätssicherung 201 Pluralitätsverkürzung 250 Presse 74, 82, 84, 87, 89, 90, 93, 96, 102, 104, 139, 144, 169, 171, 185, 233, 237,268,271 Programmbeirat 184, 185, 187, 195-200, 205,216,217 Programmfreiheit 34, 86, 126-129, 139, 148, 174, 192, 199, 202, 208-210, 216, 217, 219-223, 227, 229, 232, 234,235,237,262,265 Programmgrundsätze 127, 184, 196, 211, 212,216,255 Rundfunkähnliche Kommunikation 131135,237,265,266 Rundfunkaufsicht 77, 79, 112-114, 118, 137, 141, 146, 150, 173, 179, 182, 198, 199, 222, 226, 269,271,274,275 Rundfunkbegriff 82, 83, 132, 135, 268,270
II 6, 177268, 136,
Rundfunkfinanzierung 207, 232, 236, 237,244,275 Rundfunkfreiheit 24, 26, 34, 36, 39, 43, 52,56,57,66, 77-79, 81, 82, 84-89, 91-99, 102, 104-107, 109-114, 116, 117, II 9, 120, 129, 132, 141, 144, 145, 150, 151, 162, 163, 166, 172,
280
Sachverzeichnis
173, 176, 179, 191, 198, 199, 211, 214, 215, 217-223, 229-232, 241, 242, 244, 247-250, 252-257, 259, 263, 267-277 Rundfunkgebühr 34, 43, 78, 79, 102, 149, 152, 153, 231, 232, 238-243, 265, 270,272,273,276
Südwestrundfunk 33,34, 137,273 Teilverbreitungsgebiet 258-260 Überwachungsmittel 117, 174
Rundfunkkontrolle 173 Rundfunkkonzept des BVerfD 104 Rundfunkstaatsvertrag 46, 53, 59, 60, 78, 100,235,236,267,270,276 Rundfunkurteile 102, 254 Rundfunkzugang 114,118,150,151,173
Verbreitungsgebiet 63, 165-168, 181, 183-186, 188, 189, 195, 203, 221, 259,260 Verfassungsbeschwerde 24, 55, 56, 58, 66,75,77,104,177,244,261,262 Verlautbarungsrecht 142, 143, 147, 202, 220,221
Schutzwirkung der Rundfunkfreiheit 85, 86,91 Schutzzweck der Rundfunkfreiheit 87, 91 Sondersituation 92, 95-97, 109, 144 Sponsoring 149,232,236-238,270 Staatsfreiheit 44, 48, 71, 105, 111-114, 116, 118-120, 139, 141, 144, 146, 148-151, 153-163, 167, 172, 179, 186, 198, 199, 202, 207, 220, 222, 232, 249, 261, 263, 264, 270, 272, 277
Wahlwerbesendungen 146 Weiterverbreitung 54, 59, 164, 169, 172, 173,181,212 Werbedauer 236 Werberichtlinien 236, 237 Werbung 43,53,60, 103, 128, 146, 147, 149, 207, 223, 231-238, 241, 244, 259,260,265,270,271 Westalliierte 29
Staatsrundfunk 27 Struktur des Landesmediengesetzes 130 Stuttgarter Modell 273 Süddeutsche Rundfunk-AG 26 Süddeutscher Rundfunk 27, 30-32, 69, 73,271,277 Südwestfunk 25, 31-33, 131, 137, 273, 277
Zulassung privater Rundfunkveranstalter 44,106,122,167,269 Zulassungsträger 145 Zulassungsverfahren 47, 162-164, 166, 169,170,172,173 Zulassungsvoraussetzungen 69,161,163, 166,175