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German Pages [30] Year 1997
Kongreß-Reader
Lob der Dialektik Das Unrecht geht heute einher mit sicherem Schritt Die Unterdrücker richten sich ein auf zehntausend Jahre. Die Gewalt versichtert: So, wie es ist, bleibt es. Keine Stimme ertönt außer der Stimme der Herrschenden Und auf den Märkten sagt die Ausbeutung laut: Jetzt beginne ich erst Aber von den Unterdrückten sagen viele jetzt: Was wir wollen, geht niemals. Wer noch lebt, sage nicht: niemals! Das Sichere ist nicht sicher. So, wie es ist, bleibt es Eicht. Wenn die Herrschenden gesprochen haben Werden die Beherrschten sprechen. Wer wagt zu sägen: niemals? An wem liegt es, wenn die Unterdrückung bleibt? An uns. An wem Hegt es, wenn sie zerbrochen wird? Ebenfalls an uns. Wer niedergeschlagen wird, der erhebe sich! Wer verloren ist, kämpfe! Wer seine Lage erkannt hat, wie soll der aufzuhalten sein? Denn die Besiegten von heute sind die Sieger von morgen Und aus Niemals wird: Heute noch!
Bertolt Brecht
Inhaltsverzeichnis
Lob der Dialektik......
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Aktuelle Informationen zum Programm und organisatorische Mitteilungen.....
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Das Programm in der Übersicht............^
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Das Programm mit Abstracts der Referentinnen..........
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Donnerstag..
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Freitag................
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Plenum I. . .
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Plenum IL....
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Plenum m Samstag....
...:.....
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Plenum.........
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Arbeitsgruppen, 11.30 -13.30
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Arbeitsgruppen, 15.00 - 17.00.....
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Plenum
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Fest
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Sonntag............. Anhang Lageplan Kongreßbericht: Angebot zur Subskription Forum Kritische Psychologie 37
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Aktuelle Informationen zum Programm Alle hier aufgeführten Änderungen sind in das aktualisierte Programm bereits eingetragen, dem Sie zusätzliche einzelne personelle Veränderungen und die Räume fur die Arbeitsgruppen entnehmen können 1. Wolfgang Fritz Haug mußte seine Teilnahme am Plenum vom Freitag, 14.00, absagen. Statt dessen ist das Programm ist um einen Plenums-Vortrag von Wolfgang Fritz Haug erweitert worden: JCarlMarx und Perspektiven marxistischen DenkensSonntag, 13.30 -15.00 (Juridicum, HS 2) 2. Die Arbeitsgruppe Subjektivität und Technik schlägt vor, eine Stunde länger, also am Samstag von 17.00 bis 18.00 zu tagen. 3. Das Kongreßfest am Samstag, 21.00, „Wir bringen die Verhältnisse zum Tanzen", findet im Lateinamerika-Institut, Rüdesheimer 54-56, U-Bahnhof Breitenbachplatz, statt. 4. 2Die Sonntagsveranstaltungen beginnen statt um 11.00 um 10.00 Uhr (Juridicum, HS ) Die (Reihenfolge der) Plenumsdiskussionen am Sonntag wurde(n) verändert: 10.00 - 11.15: Hochschulpolitik zwischen „Humboldt und Standort Deutschland" 11.45 - 13.00: Zur Dialektik sexualpolitischer Kampagnen. 13.30 - 15.00: Karl Marx und Perspektiven marxistischen Denkens (s. Punkt 1 der Änderungen) 5. Die Podiumsdiskussion Kritische Psychologie / außerakademische Organisation / Scientific Community entfällt.
Organisatorische Mitteilungen Das Kongreßbüro befindet sich am Freitag im Institut für Biochemie und ist dort von 9.00 an geöffnet. Die Kongreßorganisation kann vor den Tagungsräumen Kaffee, andere Getränke und Schokoriegel o.ä. anbieten. Preiswerte Möglichkeiten zu essen sind: Freitag, mittags: Mensa der FU in der Silberlaube (vgl. Lageplan) Freitag, nachmittags bis 18.30: FU-Cafeteria in der Silberlaube (gegenüber der Mensa) Samstag, mittags: Zwei Sorten Pizza, Silberlaube, K-Gang, vor dem HS la Samstag, abends: Kubanische Küche beim Kongreßfest (Eintritt für Kongreßteilnehmerinnen frei) Sonntag: Laugenbrezel vor dem HS 2 des Juridicums
Bitte beachten Sie die Informationen zum Kongreßbericht
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Kongreß-Programm (Übersicht) Donnerstag, 6. Februar, 19 Uhr (Juridicum, HS 2) ERÖFFNUNGSVERANSTALTUNG
Eröffnung durch den Dekan des Fachbereichs Erziehungswissenschaft, Psychologie und Sportwissenschaft, Prof. Heinrich Kemper - Funktion kritischer Wissenschaft fur das Studium (Andrea Güttner, AStA FU Berlin) - Marxismus) als Bezugspunkt kritischer Wissenschaft (Hans Heinz Holz) - Kritische Psychologie als marxistische Subjektwissenschaft (Morus Markard)
Freitag, 7. Februar (Institut für Biochemie & Rost- / Silberlaube) SUBJEKTWISSENSCHAFT ZWISCHEN KAPITALISTISCHER RATIONALITÄT UND DER VERNUNFT DER UTOPIE
10.00 -13.00, Plenum (Institut fur Biochemie, HS A) Ökonomie und Psychologie I: Der von Systemkonkurrenz weitgehend befreite Kapitalismus als individuelle Lebenswelt: Marxistische Gesellschaftsanalysen (und ihre Erwartungen an eine marxistische Psychologie) - Nationalstaat und Globalisierung (Elmar Altvater) - Geschlechtsspezifische Dimensionen kapitalistischer Globalisierung (Ariane Brenssell) - Relevanz des Klassenbegriffs fur die Gesellschaftsanalyse (Sebastian Herkommer) Moderation: Barbara Fried Mittagspause 14.30 - 17.30. Plenum (Institut für Biochemie, HS A) Ökonomie und Psychologie II (Denkformen) : Risikogesellschaft, Wertegemeinschaft und Postmoderne - Weltgesellschaft und Nationalismus {Reinhard Kühnl) - Antikapitalismus in der Risikogesellschaft (Hansgeorg Conert) - Liberalismus als politische Erschöpfung? (Wolf-Dieter Narr) Moderation: Christina Kaindl Pause
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19 00 - 21.00. Plenum (Podiumsdiskussion. Rost- / Silberlaube, HS lb) Kritische Psychologie, psychoanalytische und postmoderne Ansätze als Varianten der Kritik des psychologischen mainstream: Gemeinsamkeiten und Differenzen Podium: Oliver Decker, Ole Dreier, Arnd Hofmeister, Wolfgang Maiers, Jutta Meyer-Siebert (angefragt), Dieter Sandner Moderation: Monis Maikard
Samstag, 8. Februar (Juridicum und Rost- / Silberlaube GESELLSCHAFTUCHE UND INIDIVIDUELLE EMANZIPATION: GROSSE ERZÄHLUNG ODER PRAKTISCHE EINGRIFFE?
9.15 - 10.30. Plenum zum Rahmenthema der AG's (Juridicum. HS 2) - Zum Problem der Subjektbeziehungen in der Arbeit Klaus Hölzkamp (Ute Osterkamp) - Handlungsfähigkeit und psychologische Praxis (Morus Markard) 11.30 - 13.30. Arbeitsgruppen (Alle Räume in der Rost- / SilberlaubeV - Nationalismus /Rassismus (JK 27 / 106) Gerlinde Aumann, Reinhard Kühnl, Petra Wagner, Corinna Wiesner Moderation: N.N. - Gesundheitspolitik undpsychologisches Handeln (JK 24 / 22) Ole Dreier, Hysse Forchhammer, Morton Nissen Moderation: Arnd Wünnenberg - Theräpiewidersprüche (KL 25 / 134) Jochen Kaipein, Gunter Rexilius, Erich Wulff Moderation: Nadja Katsch Mittagspause 15.00 - 17.00. Arbeitsgruppen (Alle Räume in der Rost- / Silberlaube) - Verschulung der Hochschule (JK 27 / 106) Kurt Bader, Uwe Barten, Hans Heimsen, Gisela Ulmann Moderation: Imke Dierks - Schul-Praxis: Handeln im Widerspruch (JK 25 / 10) Markus Althoft Thilo Busse, Rosemarie Straub, Wolfgang Podiesch Moderation: Friederike Bliss - Subjektivität und Technik (JK 25 / 134; vorgesehen von 15.00 bis 18.00) Peter Döge, Stefan Meretz, Ernst Schraube, Rainer Seidel, Bettina Töipel Moderation: Ernst Schraube Pause
9. Febmar (Juridicum) GEGEN ÖKONOMISCHEN RUIN UND POLITISCHE REGLEMENTIERUNG WISSENSCHAFTUCHE PERSPEKTIVEN INNERHALB UNDAUSSERHALB DES AKADEMISCHEN BETRIEBS
ZUR DIALEKTIK SEXUALPOLITISCHER KAMPAGNEN
KARL MARX UND PERSPEKTIVEN MARXISTISCHEN DENKENS 13.30 -15.00 Plenum (Juridicum, HS 2)
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Das Programm mit Abstracts der Referentinnen Donnerstag, 6. Februar, 19 Uhr (Juridicum, HS 2) ERÖFFNUNGSVERANSTALTUNG
Eröffnung durch den Dekan des Fachbereichs Erziehungswissenschaft, Psychologie und Sportwissenschaft, Prof. Heinrich Kemper - Funktion kritischer Wissenschaft fur das Studium (Andrea Güttner, AStA FU Berlin) - Marxismus) als Bezugspunkt kritischer Wissenschaft (Hans Heinz Holz) - Kritische Psychologie als marxistische Subjektwissenschaft (Morus Markard) Morus Markard Kritische Psychologie als marxistische Subjektwissenschaft Vor 20 Jahren hat Klaus Holzkamp, dem dieser Kongreß gewidmet ist, auf dem ersten Kongreß Kritische Psychologie die Frage gestellt „Kann es innerhalb des Rahmens der marxistischen Theorie eine Kritische Psychologie geben?4' und sie mit „Ja" beantwortet. Heute, nach 20 Jahre institutionellen Normalisierungsdrucks auf Theorie und Praxis Kritischer Psychologie, nach dem Ausbrennen des realen Sozialismus* vor dem Hintergrund der postmodernen Empfehlung eines Lebens ohne Alternative, also des richtigen Lebens im falschen, in dem Immerheutige ihre Häutungen auch damit legiti- , mieren, daß sie Marxistinnen als Ewiggestrige abtun, ist die Frage wohl so zu stellen: „Kann es außerhalb des Rahmens marxistischer Theorie eine Kritische Psychologie geben?4' Die Bezüge Kritischer Psychologie auf das von Marx begründete Denken sind mindestens dreifach: Nutzung des logisch-historischen Verfahrens, Bezug auf Resultate gesellschaftstheoretischer Analysen und psychologische Konkretisierung von Gedankenformen. Die - marxistische - Rekonstruktion der Einheit von Natur-, Gesellschafts- und Individualgeschichte ist die Grundlage für die subjektwissenschaftliche Aufschlüsselung des widersprüchlichen Zusammenhangs von gesellschaftlicher und individueller Reproduktion und fur den inhaltlichen Konnex von Psychologie- und Gesellschaftskritik. Die Entwicklung der Kritischen Psychologie zä einer Psychologie vom Standpunkt des Subjekts bedeutet kein Aufgeben dieser Grundlage, sondern ihre systematische Entfaltung, die sich allerdings - mehr als bisher - mit der Entwicklung marxistischer Gesellschaftsanalysen befassen muß. Subjektwissenschaftliche Erkenntnis ist insofern parteilich, als sie menschliche Potenzen auf den Begriff bringt, die im gesellschaftlichen status quo systematisch negiert und nur durch die Negation dieser Negation überwindbar werden - gegen den Schein der Möglichkeit eines „Standpunktes außerhalb" dieses Gegensatzes. Mit ihrem Anspruch, daß der Standpunkt der unmittelbaren Lebenswelt, obschon er zwar nicht real verlassen werden kann, gleichwohl (zur Vorbereitung ihrer Veränderung) gedanklich zu transzendieren ist, verwickelt sich Kritische
Psychologie als Wisseiischaft unvermeidlich, mit Hermlin formuliert, in die Kämpfe dieser Zeit. "Lose your dreams and you will lose your mind' („Ruby Tuesday", The Rolling Stones): Die Vernunft der Utopie bedeutet, historisch entstandene Fragen auch dann offenzuhalten, wenn historisch entstandene Lösungen nicht erfolgreich waren. Die Kritische Psychologie ist marxistisch oder sie ist nicht
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Freitag, 7. Februar (Institut für Biochemie & Rost- / Silberlaube) SUBJEKTWISSENSCHAFT ZWISCHEN KAPITALISTISCHER RATIONALITÄT UND DER VERNUNFT DER UTOPIE
10.00 - 13.00, Plenum (Institut für Biochemie, HS A) Ökonomie und Psychologie I: Der von Systemkonkurrenz weitgehend befreite Kapitalismus als individuelle Lebenswelt: Marxistische Gesellschaftsanalysen (und ihre Erwartungen cm eine marxistische Psychologie) - Nationalstaat und Globalisierung (Elmar Altvater) - Geschlechtsspezifische Dimensionen kapitalistischer Globalisierung (Ariane Brenssell) - Relevanz des Klassenbegriffs für die Gesellschaftsanalyse (Sebastian Herkommer) Moderation: Barbara Fried Ariane Brennseil Die aktuellen Transformationsprozesse (kapitalistische Globalisierung/neoliberale Wende)findenweite Beachtung in sozial- und politikwissenschaftlichen und politischen Diskussionen, zwei entscheidende Aspekte bleiben hier jedoch weitgehend ausgeblendet: die Subjektdimension und die Geschlechterverhältnisse. Diese beiden Dimensionen halte ich für notwendig, um die tatsächliche Durchsetzung von kapitalistischer Globalisierung und neoliberaler Hegemonie, d.h. der 'neuen' politischen und ökonomischen Heirschaftsformation zu begreifen und in emanzipatorischer Perspektive zu konzeptualisieren. In meinem Beitrag sollen daher diese beiden Dimensionen herausgestellt und der Frage nachgegangen werden, was theoretisch und politisch zu gewinnen ist, wenn eine subjektwissenschaftliche und geschlechtsspezifische Betrachtung der Prozesse zum Ausgangspunkt theoretischer Analysen gemacht würde. Weitergehender noch soll die These aufgestellt werden, daß die 'neuen Widersprüche', die durch die aktuellen Transformationsprozesse hervorgetrieben werden, mit herkömmlichen Konzeptualisierungen, die eben diese Dimensionen außer acht lassen, nicht mehr adäquat faßbar sind, sondern daß ein radikaler Perspektivwechsel erforderlich wird. Am Beispiel der vielfältigen Analysen der Globalisierung von einem vermeintlich geschlechtsneutralen Standpunkt wird besonders deutlich, daß bestimmte Dimensionen hier als nicht relevant außen vor bleiben: Die Prozesse werden in den politiktheoretischen oder politischen Analysen fast ausschließlich in den Zusammenhang ökonomischer Institutionen gestellt, besonders wenn es um multinationale Unternehmen und internationale Märkte geht. Dabei wird aber nie „die Tatsache zur Kenntnis genommen, daß das Weltkapital geschlechtlich geprägt ist. Internationale Unternehmen werden in ganz überwiegendem Maße von Männern kontrolliert, sind in der gleichen Weise institutionell vergeschlechtlicht wie der Staat und hängen in ihren Handlungsstrate-
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gien von geschlechtlicher Arbeitsteilung ab." (Connell 1995, 72)1 Damit bleiben m.E. nicht nur die Dimensionen der geschlechtsspezifischen Arbeitsteilung als zentrales Vergesellschaftungs- und Strukturmoment gesellschaftlicher Praxen und damit die geschlechtsspezifischen Dimensionen der Transformationsprozesse außen vor, sondern darüber hinaus werden auch Fragen naph 'scheinbar' subjektiven Dimensionen (Begehren, Lebensentwürfen usw.) verstellt, die aber als wesentliche, weil voraussetzungsvolle Momente fur eine neoliberale Hegemonie angenommen werden müssen. Eine wesentliche Grundlage fur einen entsprechenden Perspektivwechsel ist dabei die Überwindung einer männlichen Sichtweise, die von! „den körperlichen Befindlichkeiten, den Gefühlen und Zeiten der Reproduktion abstrahiert/*2 Die Konzeptualisierung von Körper und Geschlecht etwa — so eine weitere These — steht einer verkürzenden Abstraktion entgegen, die zu den Grundlagen männlicher Kultur und Macht gehört. Dabei handelt es sich bei dem Aufgreifen dieser Dimensionen eben nicht — wie oft angenommen wird — um sogenannte Frauenfragen oder -belange. Es geht um mehr als den „verkürzenden Blick auf die Vorrangstellung eines Geschlechts, denn dahinter steht die verarmende Reduktion des Daseins auf das Ökonomische ..., eine Reduktion, die in brutaler Weise die Komplexität und Mannigfaltigkeit der individuellen wie der gesellschaftlichen Existenz beschneidet." (vgl. Fn 2, ebd., 429) Damit gehe ich davon aus, daß die Aufnahme von feministischen Standpunkten, Konzeptualisierungen und Forderungen Voraussetzung fur eine Hörizontverschiebung in kritischer Gesellschaftstheorie und diese wiederum Voraussetzung für eine adäquate Analyse der 'neuen Widersprüche' und entsprechend auch für die Erneuerung politischer Handlungsfähigkeit ist. Sebastian Herkommer Relevanz des Klassenbegriffs für die Gesellschaftsanalyse 1. Den sozialwissenschaftlichen Zeitdiagnosen, die in den 80er Jahren von einer ,,Entstrukturierung der Klassengesellschaft" oder einem „Kapitalismus ohne Klassen" ausgingen, wird in jüngster Zeit, wenn auch noch zaghaft, wegen der offenkundigen Phänomene neuer Polarisierungen und sozialer Exklusion die These einer „Wiederkehr der Klassengesellschaft" entgegengestellt Bedeutet das eine Wiederbelebung der marxistischen Klassentheorie? 2. Die erheblichen Strukturveränderungen in den modernen kapitalistischen Gesellschaften, die unter den Stichworten der funktionalen Differenzierung, der Individualisierung und der Pluralisierung von Lebensstilen diskutiert werden, sind im wesentlichen aus der Dynamik des Kapitalverhältnisses selbst zu erklären. Sie haben auch in ihrem Resultat den Klassencharakter der Gesellschaft nicht aufgehoben und also auch den Klassenbegriff für die sowohl deskriptiv wie erklärend angelegte Gesellschaftsanalyse nicht obsolet gemacht Dieser Klassenbegriff ist allerdings für die gegebenen Verhältnisse genau zu bestimmen. 1 Connell, Robert W: 1995: 'The big picture': Formen der Männlichkeit in der neueren Weltgeschichte. In: Widersprüche 56/57, 1995 2
Ingrao/Rossanda (1995): Die neuen Widersprüche. In: PROKLA 100,409-430,428f.
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3. Bereits für Marx ist von großer Bedeutung, daß die begriffliche Unterscheidung eines abstrakten Klassenverhältnisses von Kapital und Arbeit (auf der Ebene der ökonomischen Anatomie der bürgerlichen Gesellschaft) von der Untersuchung konkreter sozialer Klassen in einem gegebenen Land eingehalten wird. In den sozialen Ungleichheiten unserer Gesellschaft, die nicht nur als differenzierte Beschäftigungsund Einkommensverhältnisse sowie als qualitativ verschiedene Arbeitsbedingungen, sondern auch als Milieus oder sog. Lebensstilgruppen jenseits des Erwerbslebens zum Ausdruck kommen, ist kein unmittelbarer Determinationszusammenhang zu sehen, vielmehr sind sie vermittelt über staatliche Umverteilung und über Verteilungskämpfe einerseits, individuelle Wahlhandlungen andererseits. Vom unterliegenden Klassenverhältnis völlig abgekoppelt sind sie jedoch nicht 4. Der Klassenbegriff ist weder in seiner abstrakten, noch in seiner konkreten Fassung bloßer Strukturbegriff. Er schließt die spezifischen Formen des (mystifizierten, widersprüchlich bestimmten) Bewußtseins ebenso ein wie das Handeln der Individuen. Klassenbewußtsein, Klassenhandeln, Klassenhabitus sind jeweils an den Subjekten der Klassengesellschaft festgemachte Kategorien, die ftir kritische Gesellschaftsanalyse zentral sind, insofern diese ihre Aufgabe sieht in der Enträtselung des Umstands, daß in der bürgerlichen Gesellschaft die Menschen, indem sie bewußt handeln und praktisch (ökonomisch) ihre Ziele verfolgen, unbewußt die Verhältnisse produzieren und reproduzieren, von denen sie beherrscht werden. 5. Sowohl marxistisch orientierte Soziologie als auch Psychologie befassen sich mit den einzelnen Individuen in ihrem alltäglichen Lebenszusammenhang auf der Grundlage der Erkenntnis, daß sie doppelt bestimmt sind: als Klassenindividuum (Charaktermasken) und als persönliches Individuum. 14.30 - 17.30, Plenum (Institut für Biochemie, HS A) Ökonomie und Psychologie II (Denkformen): Risikogesellschaft, Wertegemeinschaft und Postmoderne - Weltgesellschaft und Nationalismus (Reinhard Kühnl) - Antikapitalismus in der Risikogesellschaft (Hansgeorg Conert) - Liberalismus als politische Erschöpfung? (Wolf-Dieter Narr) Moderation: Christina Kaindl Reinhard Kfihnl Nationalismus (Thesen) 1. Jede Klassengesellschaft ist gezwungen, die fehlende soziale Homogenität ideologisch wirksam zu kompensieren, um den Zusammenhalt der Gesellschaft zu gewährleisten. 2. Die Leistung des Nationalismus für die bürgerliche Gesellschaft liegt darin, daß er die auseinanderstrebenden Kräfte des privaten Egoismus, den Konkurrenzkampf der Eigentümer, wie auch den Interessenantagonismus zwischen Eigentümern und abhängig Arbeitenden, zu bändigen unternimmt
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3. Die Vorstellung von der Nation erhält — nach dem Zerfall religiöser Legitimationsmuster— ihre Begründung in „modernen" Bewußtsemsfonnen: Sie ist erstens säkular und sie ist zweitens; auf das Volk als politisches Subjekt bezogen. Ihre Evidenz beruht auf Alltagserfahrungen: gemeinsame Sprache, gemeinsamer Staat und (trotz aller sozialen Zerklüftungen nicht gänzlichfiktive)Gemeinsamkeit der Kultur und der Geschichte. Die Vorstellung von Nation als Schicksals- und Kampfgemeinschaft erhält ihre Glaubwürdigkeit durch die Erfahrung des realen Konkurrenzkampfes zwischen den Nationalstaaten und die Betätigung der sozialdarwinistischen These im alltäglichen Kapitalismus: der Stärkere setzt sich durch. 4. Die Notwendigkeit solcher Integration wird durch „Globalisierung" (mit ihren noch tieferen sozialen Zerklüftungen) nicht geringer, sondern größer. Als fiktive Gemeinschaft einer massenwirksamen Integrationsideologie ist aber gegenwärtig keine Alternative zur „Nation" zu erkennen — selbst wenn der Funktionsverlust des Nationalstaates sich als sehrtiefgreifenderweisen sollte. Es ist kein Zufall, daß auch unter den Bedingungen der „Globalisierung" die ideologische Mobilisierung unter der Parole „Standort Deutschland" sich vollzieht. 5. Umso wichtiger ist es auch fur die Linke, den Nationalismus noch genauer zu analysieren und vor allem zwischen einem ethnisch fundierten, zum Rassismus offenen, und einem (bürgerlich-)demokratisch fundierten Begriff von Nation, zwischen ethnos und demos zu unterscheiden. Die Differenzen zwischen beiden sind außerordentlich folgenschwer. Hansgeorg Conert Antikapitalismus in der Risikogesellschaft 1. Weshalb eigentlich Antikapitalismus heute? Mögliche Antworten, deren Relevanz zu diskutieren ist: Massenarbeitslosigkeit; Zweidrittel-Gesellschaft; Hypertrophie von Wirtschaftswachstum, Innovationssucht, Standortkonkurrenz; einseitiges Wohlstandsverständnis, exzessesive Konsumorientierung; Zunahme der sozioökonomischen Ungleichheit innerhalb der und zwischen den Gesellschaften; ökologische Bedrohungen; Hegemonialpolitik der G-7 und ihre konfliktorischen Folgen; krudes Gesellschaftsund Menschenbild des Neoliberalismus; Vernunft- und Sinndefizite; Gefährdung des gesellschaftlichen Zusammenhalts, u.a. als Folge extrem individualistischer, utilitaristischer, hedonistischer Leitbilder; Demokratiedefizite. 2. Weshalb gibt es heute kaum manifeste Artikulation von Antikapitalismus? Erosion der sozialstrukturellen Voraussetzungen? Scheitern des sozialistischen Projekts in Ost und West? Ideologische und politische Desorientierung? Resignation und privatistische Regression? Faszination der westlich-kapitalistischen Lebensweise? Charme des Neoliberalismus? Attraktion des menschenrechtlich-zivilgesellschaftlichen Projekts, des Besitzindividualismus, oder des Wohlstandsfetischismus? Haben die oberen zwei Drittel zu viel zu verlieren? Fehlt die überzeugende, sinnlich faßbare Alternative? 3. In welchem Verhältnis stehen Antikapitalismus und Opposition gegen neoliberalmonetaris-tische Politik? These: Beide Positionen sind nicht identisch; Antikapitalismus schließt evidenterweise Kritik und Widerstand gegen neoliberale Politiken ein, letzterer aber nicht notwendig Antikapitalismus. Praktisch-politisch müssen heute jedoch die Protagonisten beider Orientierungen ihre Gemeinsamkeiten in den Vorder-
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grund stellen und zum Ausgangspunkt gemeinsamer Aktionen machen. Die Erfahrungen dieses Handelns werden überzeugender als abstrakte Argumente zu präziserer Identifizierung von Übereinstimmungen und Differenzen fuhren, wechselseitiges Verstehen und Lernen ermöglichen, aber u.U. auch Grenzen des politischen Zusammenwirkens verdeutlichen. 4. Wer sind heute aktuell und potentiell Protagonisten antikapitalistischen Denkens und Handelns? These: Die traditionelle marxistische Auffassung von der Arbeiterklasse als 'geborenem' Träger eines revolutionären Antikapitalismus' (die schon bei Marx problematisch war) muß als obsolet gelten. In den Gesellschaften des entwickelten Kapitalismus der Gegenwart existieren weder gegen den Kapitalismus gerichtete (Groß-)Organisationen noch Bewegungen. Gleichwohl gibt es neben kleineren gesellschaftlich-politischen Gruppierungen kapitalismuskritischer Ausrichtung Vereinigungen, Organisationen und auch Parteien, in denen sich sozialistisch orientierte Individuen und Gruppen engagieren. Unverkennbar ist auch die jüngere Erscheinung kapitalismuskritischer Einstellungen, Haltungen und Aktivitäten von Individuen und Gruppen, die nicht an marxistisch-sozialistisch-kommunistischen Traditionen anknüpfen (und die sich z.T. ihrer antikapitalistischen Tendenz nicht einmal bewußt sind). 5. Welche Formen kapitalismuskritischen Handelns sind heute möglich und notwendig? These: Wenig aussichtsreich und auch in der Sache verfehlt sind Bestrebungen zur Gründung von Organisationen antikapitalistischer Tendenz. Die Aktivitäten sollten (zunächst) in zwei Richtungen weisen: Erstens Initiierung von auf theoretische, konzeptionelle und politische Selbstverständigung gerichteten Diskursen zwischen konsequent sozialistisch orientierten Personen und Gruppen unabhängig davon, in welchen Organisationen und Formen sie praktisch engagiert sind. Zweitens permanente und nachhaltige Aktionen dazu, den in (den Medien) der Öffentlichkeit dominanten neoliberalen Positionen argumentativ entgegenzutreten, u.a., um der verbreiteten Einschätzung der Altemativlosigkeit der herrschenden Politiken zu begegnen.
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19.00 - 21.00, Plenum (Podiumsdiskussion, Rost- / Silberlaube, HS lb) Kritische Psychologie, psychoanalytische und postmoderne Ansätze als Varianten der Kritik des psychologischen mainstream: Gemeinsamkeiten und Differenzen Podium: Oliver Decker, Ole Dreier, Arnd Hofmeister, Wolfgang Maiers, Jutta Meyer-Siebert, Dieter Sandner Moderation: Morus Markard Oliver Decker Dem Unbehagen in der Kultur auf der Spur: Psychoanalyse als Bestandteil einer kritischen Theorie Im Titel ist sowohl die Frage nach, als auch die Antwort zum kritischen Gehalt der Psychoanalyse formuliert: Die Frage nach dem kritischen Gehalt der psychoanalytischen Kulturtheorie (unter anderem in „Das Unbehagen in der Kultur" von Freud) ist verbunden mit einer Spurensuche, die Antwort nicht eo ipso möglich. Andererseits ist die gesellschaftliche Repression - das Unbehagen in der Kultur - und ihre Wirkung nicht unvermittelt zu verstehen. Der Beitrag, den die Psychoanalyse zu einer kritischen Theorie der Gesellschaft leisten kann, ist der Vermittlung von Herrschaft auf die Spur zu kommen. Es bedarf eingangs der Klärung, was Voraussetzungen einer kritischen Theorie der Gesellschaft sind. Horkheimer hat als Voraussetzung einer kritischen Theorie ausgemacht, daß die Wahrnehmung in doppelter Weise gesellschaftlich bestimmt ist: Durch den geschichtlichen Charakter des wahrgenommenen Gegenstands und den geschichtlichen Charakter des wahrnehmenden Subjekts. Die Psychoanalyse widerspricht - in ihrer Rekonstruktion des Subjekts - der ideologischeTrennung des Individuums von der Gesellschaft. Sie weist damit die Gesellschaftlichkeit des Menschen nach. Gleichzeitig widerspricht die Psychoanalyse der akademischen Psychologie, die die wahrnehmbare Welt als Inbegriff von Faktizität begreift. Die von ihr gelieferten Kategorien rekonstruieren die durch Sozialisation vollzogene Vermitdung von Herrschaft und zeigen, daß sich Subjektivität nicht widerstandslos den gesellschaftlichen Verhältnissen unterordnet. Arnd Hofmeister Postmoderne Psychologie-Kritik Postmoderne soll in diesem Beitrag als Reflexionsform begriffen werden, die es sowohl erlaubt, die Wissenschaftskonzeption des mainstream zu kritisieren, als auch Überbestimmtheiten alternativer psychologischer Ansätze zu reflektieren. Zunächst geht es um die wissenschaftstheoretische Kritik, die Lyotard an den „Großen Erzählungen des Wissens" der Moderne übt. Ihr Versuch, alles Wissen in einen übergeordneten Ordnungszusammenhang zu bringen, wird der Spezifik einzelner Theorien nicht gerecht Diese Kritik trifft möglicherweise auch die Kritische Psychologie in ihrem Versuch, psychologische Theorien durch Reinterpretation in ihre Theorie zu integrie-
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ren. Ein anderer Strang „postmoderner* Kritikrichtetsich gegen die Konzeptionen von Subjektivität in der Moderne. Allen voran Foucault als Historiker der Humanwissenschaften entdeckt unter dem liandelnden Subjekt gerade auch psychologische Anordnungen von Wissen und Macht, die dieses als unterworfenes konstitutieren. Für eine kritische Psychologie, die diese Reflexionen ernstnimmt, kann es nur heißen, denkend unterwegs zu sein und sich am praktischen Eingriff zu üben. Wolfgang Maiers Kritisch-psychologische Subjektwissenschaft - Anmerkungen zu einem unerledigten Projekt begreifenden Denkens Die spezifische Differenz der Kritischen Psychologie gegenüber anderen psychölogiekritischen Positionen bzw. historisch orientierten psychologischen Subjektkonzeptionen läßt sich weder aus ihren (aktualempirischen) Theoriebildungen noch aus einzelnen methodischen Orientierungen hinläglich ermessen. Auch die Identifizierung als „subjektwissenschaftlich Forschungsweise auf der Diskursebene subjektiver Handlungsgründe" trägt nur dann, wenn deren konstitutive Voraussetzungen Berücksichtigungfinden.Zu diesen Erkenntnisgrundlagen gehören wesentlich der systematische Ausgang von einer Natur und Gesellschaft übergreifenden Auffassung materialistischer Geschichtstheorie und die dialektische Methode. Man mag der Kritischen Psychologie vorhalten, ihrem Programm, den dialektischen Geschichtsmaterialismus auf die Rekonstruktion der natur- und gesellschaftlich-historischen Entwicklung des Psychischen hin einzelwissenschaftlich zu spezialisieren, nicht konsistent gefolgt zu sein; man mag das Modell selbst hinterfragen - man kann indessen die kategoriale und methodologische Bindung kritisch-psychologischer Subjektwissenschaft an marxistisches Denken weder relativieren noch revidieren. Dieter Sandner Psychoanalyse als subjektwissenschaftlicher und sozialwissenschaftlicher Ansatz in der Psychologie Die Psychoanalyse war von Anfang an ein subjektwissenschaftlicher Ansatz: FREUD hat seine Konzepte in und aus der therapeutischen Arbeit mit Patienten gewonnen, Gleichzeitig ist die Psychoanalyse Sozialpsychologie bzw. eine sozialwissenschaftliche Konzeption der Beziehungsdynamik zwischen den konkreten Individuen und der gesellschaftlichen Realität, wie FREUD in seinen Schriften zur Kulturtheorie dargelegt hat (Totem und Tabu, Massenpsychologie und Ich-Analyse, Die Zukunft einer Illusion, Das Unbehagen in der Kultur, Der Mann Moses). Obwohl FREUD in seiner Kulturtheorie anthropologische und sozialpsychologische Konstanten vertreten hat, die aus heutiger Sicht relativiert werden müssen, enthalten seine sozialpsychologischen Modellvorstellungen (z.B. Ur-Horde, Vatermord, gedeihliches menschliches Zusammenleben nur möglich durch die Identifikation der Gruppenmitglieder in ihrem Ich-Ideal mit dem Ich-Ideal des Gruppenleiters) wichtige, unsere heutige gesellschaftliche, beziehungsmäßige und individuell-psychologische Dynamik bestimmende Strukturen und Dynamismen. Die FREUDsche Kulturtheorie — ein patriarchates Unter- und Ober-
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ordnungsmodell — muß heute konfrontiert werden mit den psychoanalytisch* kulturtheoretischen Überlegungen von Herbert MARCUSE, in denen versucht wird, real heute mögliche, aber nicht oder nur wenig realisierte Weisen der Gestaltung zwischenmenschlicher Beziehungen vom Blickwinkel guten Lebens fur alle Menschen zu antizipieren. Darüber hinaus ist eine Auseinandersetzung mit dem psychoanalytischkulturiheoretischen Modell von Jessica BENJAMIN erforderlich, in dem es anstatt patriarchaler Ober- und Unterordnung um das Prinzip wechselseitiger Anerkennung geht.
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Samstag, 8. Februar (Juridicum und Rost- / Silberlaube GESELLSCHAFTUCHE UND INIDIVIDUELLE EMANZIPATION: GROSSE ERZÄHLUNG ODER PRAKTISCHE EINGRIFFE?
9.15 - 10.30, Plenum zum Rahmenthema der AG's (Juridicum, HS 2) - Zum Problem der Subjektbeziehungen in der Arbeit Klaus Holzkamps (Ute Osteikamp) - Handlungsfähigkeit und psychologische Praxis (Morus Markard) Morus Markard Handlungsfähigkeit und psychologische Praxis Im kritisch-psychologischen Begriff der allgemein verwendeten Vokabel „Handlungsfähigkeit" wird die Aufmerksamkeit darauf gelenkt, wie Menschen, also auch Psychologinnen, deren Arbeit hier im Vordergrund steht, das Verhältnis von unmittelbarer Lebenswelt (Kontexten) und kapitalistischen Strukturen erfahren und verarbeiten, unter der Voraussetzung, daß die gesellschaftliche Strukturiertheit personaler Probleme diesen nicht auf die Stirn geschrieben ist. Erst mit der Unterscheidung von Struktur und Kontext ergibt sich die subjektwissenschaftlich spezifische Ambivalenz von Handlungsbegründungen: für ein - bewußtloses? - Arrangement in beschränkenden Bedingungen bzw. ein - selbstschädigendes?- Fortkommen auf Kosten anderer oder für einen -riskanten?- Versuch der - kollektiven? - Bedingungsveränderung. Das Begriffspaar „restriktive" vs. „verallgemeinerte" Handlungsfähigkeit beharrt auf der Frage nach dieser Alternative, die nicht Menschen, sondern Situationen charakterisiert, mit der Behauptung, daß die Begründung restriktiver Handlungsfähigkeit widersprüchlich ist, weil sie den Verhältnissen den Rücken kehrt, die dann Probleme eben hinterrücks strukturieren. Diese Fragestellung aufrechtzuerhalten ist für Psychologinnen erschwert, insoweit sie erstens mit der üblichen Anforderung konfrontiert werden, psychisches Leiden kurieren zu sollen ohne Rekurs auf die (geschweige denn die Veränderungen der) Lebensumstände der Menschen, aus denen es verständlich wird, insoweit zweitens vorherrschende psychologische Denkformen in Wissenschaft und Alltag eben diesen Zusammenhang konzeptionell ausblenden und insoweit drittens emanzipatorische Projekte sich haben kaum durchhalten und real verallgemeinern lassen. „Anpassung an die Autorität der Ökonomie ist die Gestalt der Vernunft in der bürgerlichen Wirklichkeit" (Horkheimer). Dagegen gerichtete, emanzipatorisch intendierte psychologische Praxis kann ohne permanente Psychologie- und Gesellschaftskritik nicht auskommen. Wohin sie damit kommen kann, sollte zu den Diskussiemen in den AG's gehören. Psychologische Praxis zwischen Sisyphos und Oblomov; mit Neil Young und Kurt Cobain formuliert: „It's better to burn out than to fade away." Gibt es zu dieser Alternative ein Drittes?
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11.30 -13.30, Arbeitsgruppen (Alle Räume in der Rost- / Silberlaube) Nationalismus / Rassismus (JK 27 / 106) Gerlinde Aumann, Reinhard Kühnl, Petra Wagner, Corinna Wiesner Moderation: N.N. Gerlinde Aumann, Petra Wagner, Corinna Wiesner-Rau (Projekt Rassimus/Diskriminierung) Rassismus als Selbstentmächtigung3 Wesentlicher Ausgangspunkt ist für uns die Überwindung der in der psychologischen Theoriebildung und im Alltagsdenken gängigen Trennung zwischen dem Rassismus in den politisch-institutionellen Verhältnissen und dem angeblich aufgrund seiner Persönlichkeit oder Sozialisation rassistischen Subjekts. Rassismus ist für uns nicht auf extreme Äußerungen beschränkt: die Einengung des Blickwinkels auf extreme Äußerungen schreibt vom Außenstandpunkt fest, was Rassismus ist und verstellt den Blick auf alltägliche Ausgrenzungspraxen. An Beispielen aus unserer Forschungsarbeit in Flüchtlingswohnheimen wollen wir darstellen, wie bestimmte Strukturen rassistisches bzw. ausgrenzendes Verhalten unabhängig von der persönlichen Meinung oder der politischen Gesinnung der jeweils einzelnen Menschen nahelegen. An den konkreten Erfahrungen der in Flüchtlingswohnheimen Lebenden und Arbeitenden ansetzend, versuchen wir mit diesen gemeinsam herauszufinden was als ausgrenzend erlebt wird, unter welchen konkreten Bedingungen sich welche Probleme und Konflikte ergeben und welche Umgangsweisen der Mitarbeiter, Heimleiter aber auch der Flüchtlinge selbst diese eher verschärfen als beheben. Die Verantwortung für die Flüchtlingspolitik endet nicht an den Toren der Flüchtlingswohnheime, sondern trifft - wie die Verantwortung für andere Ausgrenzungsdiskurse und -praxen alle. Rassismus /Ausgrenzung ist nicht als Problem nur bestimmter Sondeigruppen zu begreifen. Nicht das Aufspüren von Rassisten als Vollzug einer Ausgrenzung im Namen der Überwindung von Ausgrenzung, sondern die gemeinsame Dekonstruktion institutionell-rassistischer Diskurse und damit die Überwindung selbstschädigender Verhaftetheiten des eigenen Denkenund Handelns steht für uns im Mittelpunkt. Unsere tJntersuchungen lenken den Blick auf „normale"Ausgrenzungs- und Disziplinierungspraxen auch jenseits des Kontextes „Flüchtlingswohnheim" und des Umgangs mit Nichteinheimischen. Wir thematisieren die vielfältigen Formen der alltäglichen Involviertheit in die Unterdrückung anderer und Perspektiven ihrer Überwindung.
3 In Anlehnung an den Buchtitel von Ute Osterkamp: Rassismus als Selbstentmächtigung, BerJn-Hamburg 1996
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Gesundheitspolitik und psychologisches Handeln (JK 24 / 22) Ole Dreier, Hysse Forchhammer, Morton Nissen Moderation: Arnd Wünnenberg Ole Prefer Seit 1990 sind die Referenten dieser AG Mitglieder eiiaer interdisziplinären Forschungsgruppe „Gesundheit, Mensch, Kultur" in Dänemark. Ich umreiße zunächst kurz die Grundlagen und Perspektiven dieser Arbeit, die sich zur Zeit gerade in einem Forschungs- und Ausbildungszentrum neu formiert. Dann stelle ich Schwerpunkte meiner theoretischen und empirischen Forschungstätigkeiten zur gegenwärtigen Praxis im Gesundheitsbereich und ihren möglichen Entwicklungsrichtungen vor. Widersprüchliche Erweiterungen von Gesundheitspraxen verweisen auf wichtige Fragestellungen dieser Forschung — auf Schwerpunkte möglicher Praxisveränderungen sowie auf notwendige theoretische Neubestimmungen psychologischen Handelns. Ich stelle einige dieser Fragestellungen und Neubestimmungen vor. Ich stelle einige Überlegungen vor, die dazu dienen, den Zugang der kritischpsychologischen Subjektwissenschaft zur gesellschaftlichen Lebenspraxis von Subjekten zu erweitern, im Kampf gegen die Weltlosigkeit des psychologischen mainstreams. Es geht darum, individuelle Erfahrung und Handlung enger mit den Strukturen persönlicher gesellschaftlicher Praxis zu verknüpfen. Erstens verweise ich auf die Qualität individueller gesellschaftlicher Praxis als Teilnahme an gesellschaftlichen Handlungszusammenhängen und auf die damit verbundene notwendige Partialität individueller Erfahrung und individuellen Handelns. Zweitens kritisiere ich herkömmliche Konzepte zur Lebensgeschichte und Narration, weil sie einseitig eine Zeitdimension zur Grundlage nehmen und die Verortetheit und die Bewegung der Subjekte durch Räume gesellschaftlicher Praxis hindurch vernachlässigen, ohne welche die Verankerung der Biographie und Narration in Strukturen gesellschaftlicher Praxis beiläufig bleiben muß. Schließlich umreiße ich eine Konzeption persönlicher „trajectories" in und durch gesellschaftliche Handlungszusammenhänge hindurch und Konsequenzen dieser Konzeption fur die Erfassung von Persönlichkeit und Lebensläufen persönlicher gesellschaftlicher Praxis. Morten Nissen Ideologies and developments in practical dealings with addiction In the conceptualization and handling of drug abuse, some of the central issues in current developments of the welfare state are at stake. Addiction, an object construed at the intersection of health and social work practices, mediates opposite discursive movements: Social problems increasingly conceived as patterns of individual behavior to be addressed in terms of (medical) treatment, but also the gradual taking over of psychiatric objects by social work agents and discourse, in the framework of the emerging politics of the socially excluded. Discursive organizations of universalism as well as exclusion shiftfromnormative discipline to the autonomy of the individual subject, and theory is de-thronedfromparadigmatic truth to pragmatic tools for standardization or reflection on local practice. Hence, changes in the ideological or critical potentials
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of psychology can be studied in die context of social work development projects which approach addiction "on the terms of the excludedMy paper will present theoretical reflections on these issues, developed in the course of my evaluation research cooperation with two such projects. Critical psychology, with its praxis approach to theory and methodology, points a way to understanding how subjects in practice mobilize discourse in ideological selfreproduction (in terms of "restricted action potence"), without losing sight of how ideology may be included in its transformation (Aufhebung, in terms of "generalized action potence"). I will attempt to link these theoretical concepts to our recent efforts to develop theories on the social constitution of practice in action contexts, and show how this may illuminate what went on in the projects I have studied.
Therapiewidersprüche (KL 25 / 134) Jochen Kaipein, Günter Rexilius, Erich Wulff Moderation: Nadja Katsch ,
15.00 - 17.00, Arbeitsgruppen (Alle Räume in der Rost- / Silberlaube) - Verschulung der Hochschule (JK 27 / 106) Kurt Bader, Uwe Barten, Hans Hermsen, Gisela Ulmann Moderation: Imke Dierks Hans Hermsen Thesenpapier zu der AG Verschulung der Unis Der empirischen Untersuchung zum Umgang mit Heterogenität von Lernenden bei Lehrenden der Reformeinrichtung Oberstufen-Kolleg (Verbindung von Sekundarstufe II und Grundstudium an der Uni), die im Zeitraum von 1992 bis 1995 am OberstufenKolleg durchgeführt wurde, liegt eine umfangreiche Interviewstudie zugrunde. Ihr Ziel war es, bei Lehrenden des Oberstufen-Kollegs herauszufinden, welche Heterogenitätsmerkmale sie bei Kollegiatlnnen wahrnehmen und wie sie damit umgehen. Bezüglich dieser Frage wurden 39 Lehrende in halbstündigen Interviews befragt. Aufbauend auf den Erfahrungen dieser ersten Interviews wurden 33 Lehrende intensiver befragt. Dabei sollten auch ihre bildungs- und gesellschaftspolitischen Ansichten mit in den Blick genommen werden. Es hatte sich nämlich bereits in der ersten Serie der Interviews angedeutet, daß bei vielen Lehrenden das Engagement fur Kollegiatlnnen mit schlechterer Vorbildung und geringerem sozialen Status und mithin auch ihre Haltung gegenüber sehr heterogen zusammengesetzten Lerngruppen vermutlich nur auf dem Hintergrund ihrer bildungspolitischen Oberzeugungen verstehbar war. Diese haben aber in den vergangenen 20 Jahren - angesichts gesellschaftlicher Veränderungen Wandlungen durchlaufen. Die Zusammenhänge zwischen den angesprochenen weltan-
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schaulichen Orientierungen, biographischen Erfahrungen, pädagogischen Grundhaltungen und dem jeweiligen Umgang mit Problemen heterogener Lerngruppen erwiesen sich als jeweils sehr individuell und komplex. Schon eine Kategorisierung oder Typisierung der Lehrenden würde dem Sachverhalt nicht gerecht werden. Anhand von Lehrendenportraits und Konflikterlebniswerten ihrer pädagogischen Tätigkeit kann aufgezeigt werden, wie der pädagogische Einflußprozeß als "Verschulung" aufgefaßt, begründet und umgesetzt wird. Verschulung der Hochschule anhand von Lehrendenentwicklung These 1: Wir haben festgestellt, daß Lehrende, die in ihren Ausfuhrungen zum Gesellschaftsbild und Bildungszielen ausdrücklich auf die gesellschaftlichen Veränderungen kritisch eingehen und sie problematisieren, im Unterricht eher Ziele beanspruchen, die Kollegiatlnnen als ganzheitliche Persönlichkeiten zu fördern. Damit sollen diese in die Lage versetzt werden auf die verunsichernde und verunsicherte Gesellschaft angemessen vorbereitet zu werden. Andere Lehrende setzen in ihren kritischen Stellungnahmen zur Gesellschaft weniger Akzente, beschränken sich auf Leistungsgesichtspunkte und möchten gerne eher Leistungsnormen und Standards verwirklicht wissen, um die Lernenden auf diese Gesellschaft angemessen vorzubereiten. Siefördernund wünschen sich leistungsorientierte Persönlichkeiten, die sie dann unterstützen können. Sie neigen dazu, selektiv Kollegiatlnnen wahrzunehmen. These 2: Der individuelle Leidensdruck von Lehrenden steigt mit der Nichtdurchsetzung von ihnen festgesetzten und erwarteten Leistungsstandards (hängt also direkt von der individuellen Bedeutung der Leistungsnorm ab). Werden persönliche Erwartungen hier nicht erfüllt und die Unterrichtssituation als unbefriedigend empfunden, verstärkt sich die Kritik an den Verfahrensweisen des Oberstufen-Kollegs ( es sei zu wenig wissenschaftsorientiert, habe eine falsche Klientel, sei ein einziges institutionelles Chaos etc.). Die Bewältigungsstrategien dieser Lehrenden setzen sich dann auch stärker in Forderungen nach direkten Maßnahmen der Selektion von Kollegiatlnnen, z.B. Veränderung der Aufnahmebedingungen, um. These 3: Die Trennung von Persönlichkeits- und wissenschaftsorientierten Lehrenden, die gerne als Etikettierung der einen oder andere Seitein der Vergangenheit an unseren Schulprojekten vorgenommen wurde, gibt es nach unseren Ergebnissen nicht. Es gibt aber eine Trennung von an Leistung orientierten Lehrenden, die die leistungsstarken Persönlichkeiten fördern wollen. Und es gibt Lehrende, die die Kollegiatlnnen eher ganzheitlich fördern woUen (alle Seiten der Persönlichkeit, Eingehen auf biographische und soziale Besonderheiten und Bedingungen und night nur den Aspekt von Leistung sehen). Alle Lehrende sind wissenschaftsorientiert, wobei die individuelle Gewichtung bzw. die inhaltliche Umsetzung des Wissenschaftsbegriffes durchaus unterschiedlich sein kann. These 4: Die Entwicklung aller Seiten einer Kollegiatlnnenpersönlichkeit wird von den Lehrenden erwünscht, die noch sehr stark von dem Konzept der Chancengleichheit ausgehen. Hier werden bereits vorhandene Ansätze und Fertigkeiten des Kollegiaten/ der Kollegiatin gefördert, sein/ ihr individuelles Selbstgefühl gestärkt und die wechselseitige Wahrnehmung der K. untereinander gestützt. (Ressourcenorientierung anstelle der Defizitorientierung; schwierige Lebensumstände und individuell vorliegende Kri-
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sen werden in einem starken Maße bei der Bewertung der Person berücksichtigt). Demgegenüber berücksichtigen die stärker an einem Leistungsstandard ausgerichteten Lehrenden bzw. die das Oberstufen-Kolleg im wesentlichen als Studienorientierung begreifen, schwierige Lebensumstände und Krisen kaum oder gar nicht. Für sie bedeutet der/ die leistungsorientierte Kollegiat/in Sicherheit und vermittelt auch das Gefühl, daß sich der eigene Unterrichtseinsatz lohnt. Noch nicht an dem Leistungsstand orientierte K. werden als Mühsal und als Bedrohung der eigenen Befindlichkeit erlebt. Landerechnungshof, ministerielle Kürzungen oder Schließungen der Schulprojekte werden im Rahmen derfiskalischenProbleme des Landes NW als Folge der unsicheren Klientel antizipiert. these 5. Ursprüngliche Idealvorstellungen in bezug auf die schnelle Veränderbarkeit von Gesellschaft sind enttäuscht worden und haben dazu geführt, daß eigene Utopien nur noch vage formuliert werden können. Die eigene Arbeit wird verstärkt auf die zwischenmenschliche Ebene verlagert. Dies fuhrt zu einem verstärkten individuellen "Kontroll-Blick" in der dann das eigene Verhalten bzw. das der anderen Kolleginnen, aber auch das der Kollegiatlnnen eher beachtet und differenzierter wahrgenommen wird. Die Heterogenität der beiden Statusgruppen wird dadurch stärker erlebt und als Problem benannt. Die Folgen sind mehr negative Zuschreibungen und Bewertungen in beiden Statusgruppen, geringere Hoflhung auf Veränderung von Umständen/Verhalten, mehr Grenzen ziehen, mehr Kontrollmechanismen einfuhren, weniger Spielräume ermöglichen, hierarchisierender wirkend. Positiv ist, daß die Motivation für den Lehrerberuf bei allen Interviewten gestiegen ist. Negativ ist, daß ein zunehmender "Prometheus-Komplex" entstanden ist, mit einhergehender Erhöhung der eigenen Verantwortlichkeit für den Prozeß und Reduzierung der Verantwortlichkeiten des/ der Kollegiatln. Dieses führt dann quasi zu dem spiralförmigen Kurzschluß die Leistungen, die Persönlichkeiten der K. würden immer problematischer und müßten durch noch mehr pädagogische Maßnahmen seitens des OberstufenKolleg aufgefangen werden. Dadurch wird die Selbstverantwortlichkeit der K. weiter eingeschränkt, tritt eine Verschulung ein, aber auch mit möglicherweise neuen Widerstandsformen.
- Schul-Praxis: Handeln im Widerspruch (JK 25 / 10) Markus Althofif, Thilo Busse, Rosemarie Straub, Wolfgang Podiesch Moderation: Friederike Bliss AG Schulpraxis Schulpraxis r - Handeln im Widerspruch Mit dem Workshop wollen wir Zugänge zu einer „Schul-Praxis" erörtern, wie sie sich für uns in unserem alltäglichen Handeln als Lehrer, Schulpsychologin und als Begleiter eines integrations-pädagogischen Schulversuchs stellt. Wir gehen davon aus, daß whin dieser Praxis nicht blind Bedingungen gehorchen müssen, denen wir in unmittelbarer Weise ausgeliefert wären oder unter denen wir nur „not-gedrungen" handeln könnten. Vielmehr sind diese Bedingungen für uns als vorgefundene Handlungsmöglich-
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keiten bedeutsam. Was uns interessiert, sind Widersprüche und Fragen, aber auch neue Handlungsmöglichkeiten, die sich in diesem Rahmen ergeben. Im Anschluß an das noch von Klaus Holzkamp initiierte „Projekt Subjektwissenschaftliche Lernforschung" (PSL) haben wir begonnen, diese Widersprüche und Fragen bezögen auf unsere eigene Praxis zu entfalten und sie als Ansatzpunkte für eine sich verändernde Praxis zu begreifen. Im Rahmen des Workshops wollen wir Aspekte einer so verstandenen Schulpraxis anhand von vier Beispielen aufgreifen und beleuchten. - Gedanken beim Entwerfen einer Mätheklausur, oder: Die Konstruktion tragbarer Ergebnisse (Thilo Busse) - Schulpsychologie: Alltag und Paradoxie am Beispiel von Schullaufbahnberatung (Rosemarie Straub) - Nichtaussonderung „geistig Behinderter" zwischen „sonderpädagogischer Förderung" und dem Recht auf „Selbstbestimmung" (Wolfgang Podiesch) - „Das kann doch nicht alles gewesen sein" —^ Lehrwidersprüche und Erweiterung institutioneller Handlungsmöglichkeiten (Markus AlthofÖ - Subjektivität und Technik (JK 25 / 134; vorgesehen von 15.00 bis 18.00) Peter Döge, Stefan Meretz, Ernst Schraube, Rainer Seidel, Bettina Törpel Moderation: Ernst Schraube ___ Feter Doge Von der guten Technik „an sich64 zur Kritik der Produktivkräfte Spätestens seit Beginn der 70er Jahre wird die Denkfigur von der guten Technik „an sich" und der nur aus ihrem schlechten gesellschaftlichen Gebrauch resultierenden negativen sozialen sowie ökologischen Effekte in Frage gestellt. Die Produktivkräfte selbst werden in ihrer Materialität zunehmend als politisch begriffen - Technik wird politisiert und vergeschlechtlicht. Der Beitrag gibt einen Oberblick der unterschiedlichen Ansätze der Technikkritik undfragtnach ihrem Beitrag zu einer kritischen Gesellschaftstheorie. Stefan Meretz Informatisierung der Psychologie - Psychologisierung der Informatik Psychologie wie auch Informatik besitzen in ihrem Mainstream keine ausgewiesenen begrifflichen Grundlagen, sondern operieren in Wissenschaft und Praxis mit einem Strauß von "Methoden". Dabei steht die Informatik auf der Sonnenseite, denn ihre gesellschaftliche Relevanz ist hoch, während die Psychologie eher randständig ist. Gerne adaptiert die Psychologie informatische Konzepte, um am Ansehen der Informatik teilhaben und ihre wissenschaftliche Reputation erhöhen zu können. Die Informatik hat es ("hinderlicherweise") in der Praxis immer wieder mit Menschen zu tun, den diffusen "Usern". Bei der Psychologie um Hilfe nachgeschaut, findet sie wunderbar computerkompatible und "methodisierbare" Konzepte, mit denen sie die User und ihre Welt in
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den Griff nehmen will. Der "experimentellen Standardanordnung" in der Psychologie entspricht das "methodische Toolset" in der Informatik. Die zugrundeliegende Begriffsverwirrung wird am Beispiel der Kategorie "Bedeutung" untersucht. Ernst Schraube Welcome to the Machine. Thesen zu einer kritischen Psychologie der Technik Durch Maschinen und Maschinennetze hat sich unsere Welt verändert. So werden in der Psychologie und den Sozialwissensckaften die Beziehungen zwischen Menschen und Technik mehr und mehr Thema der Analyse. Ein Knackpunkt psychologischer Untersuchungen technologischer Praxis ist die Konzeptionalisienmg des Verhältnisses von Subjekt und Technik und dabei vor allem auch die Frage nach der Eigenart der Technik. Ist Technik nur Mittel oder auch Struktur, und inwieweit kommt ihr ein politischer Charakter zu? Unter Bezug auf Grundbegriffe der Kritischen Psychologie und deren Konzept der Vermittlung von Mensch und Welt beleuchte ich Theorien einer politischen Technologie undfragenach möglichen Konsequenzen fur eine subjektwissenschaftliche Psychologie. Rainer Seidel Reduktion des Fortschrittsbegriffs auf wissenschaftlich-technischen Fortschritt Der Fortschrittsgedanke entstand im Übergang vom Mittelalter zur Neuzeit und beinhaltete wesentlich die Verbesserung des Lebens, insbesondere Frieden und Glück. Unter einer instrumentalistischen Auffassung der Technik entwickelte sich die Fortschrittsidee als verselbständigtes Wachstum von Wissenschaft und Technik. Diese Verkürzung zeigte sich auch im realen Sozialismus sowie in gewissen postmodernen Theorien (Lyotard). Bettina Tgrpel Subjektbedarf bei der Arbeit mit modernen Informationssystemen - eine Herausforderung an die (Kritische) Psychologie Computer wurden bei der Arbeit stets als Instrumente der Rationalisierung eingesetzt. Lange Zeit konnte ihre Wirkungsweise wesentlich unter den Schlagworten "Automatisierung" und "Organisationstechnologie" zusammengefaßt werden. Neuerdings kommen zwei zentrale Arten des Einsatzes von Informationssystemen hinzu: als werkzeugähnliches Arbeitsmittel und als Möglichkeit der Unterstützung von (Meta-) Kommunikation. Von vielen Seiten wird in diesem Zusammenhang eine qualitative Veränderung der Arbeit diagnostiziert; in der Industriesoziologie wird für wesentliche Bereiche der Produktion ein "Subjektbedarf1 postuliert: bestimmte Arbeiten könnten nicht mehr erfolgreich ausgeführt werden, ohne daß die arbeitende Person ihre Sub-
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jektivität einbringe. Gleichzeitig wird festgestellt, daß bislang keine befriedigenden Konzepte vorlägen, mit denen sich dieser "Subjektbedarf' fassen lasse. Damit ist eine Aufgabenstellung an die Psychologie formuliert. Mein Vortrag wird sich in drei Teile gliedern. Zunächst ist auszuführen, was eigentlich unter "Subjektbedarf' beschrieben wird. Dies möchte ich in einem nächsten Schritt mittels Kategorien der Kritischen Psychologie fassen bzw. zuspitzen. Abschließend gilt es, andere Konzepte der Psychologie, die zur Fassung des Subjektbedarfs in Frage kämen, auf Angemessenheit und Erklärungswert hin zu prüfen.
INDIVIDUUM UND ORGANISATION
18.00 - 20.00, Plenum (Rost- / Silberlaube, HS ib) Intellektuelle, individuelles Handeln und politischeOrganisation:Brauchen wir neue Organisationsformen? Ellen Brombacher, Wolf Dieter Narr, Justus Wertmüller, Vertreterin der Antifa (M), Manfred Zieran (Ökologische Linke) Moderation: Gerhard Wolf Oscar Wilde Nur infreiwilligenVereinigungen ist der Mensch schön.
21.00 Kongreß-Fest »Wir bringen die Verhältnisse zum Tanzen" Karl Marx ... allein auch die Theorie wird zur materiellen Gewalt, sobald sie die Massen ergreift. Die Theorie ist fähig die Massen zu ergreifen, sobald sie ad hominem demonstrirt, und sie demonstrirt ad kontinent, sobald sie radikal wird... man muß diese versteinerten Verhältnisse dadurch zum Tanzen zwingen, dass man ihnen ihre eigne Melodie vorsingt.... Thomas Bernhard Musik (ist) eine Existenzmöglichkeit.
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Sonntag, 9. Februar (Juridicum) GEGEN ÖKONOMISCHEN RUIN UND POLITISCHE REGLEMENTIERUNG WISSENSCHAFTLICHE PERSPEKTIVEN INNERHALB UND AUSSERHALB DES AKADEMISCHEN BETRIEBS
10.00 -11.15, Plenum (Juridicum, HS 2) Hochschulpolitik zwischen ,;Humboldt und Standort Deutschland" Helga Adler, Torsten Bultmann Moderation: Barbara Fried
ZUR DIALEKTIK SEXUALPOLITISCHER KAMPAGNEN
11.45 -13.00 Plenum (Juridicum, HS 2): Vortrag: Frigga Haug Moderation: Morus Markard Frigga Haue Zur Dialektik sozialpolitischer Kämpfe Das letzte Jahrzehnt war eine Dekade bemerkenswerter sexualpolitischer Kämpfe. Gewalt gegen Frauen—auch in der Ehe —, sexueller Mißbrauch, sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz—immer handelt es sich um heftige Kampagnen, die sowohl von Feministinnen aufgenommen und im Namen von Selbstbestimmung bis hin zur Anrufung des Staates geführt werden; sie werden zumeist ebenso in konservative Strategien der Wiederherstellung und Bewahrung von alter Ordnung gestützt Solch eine widersprüchliche Anordnung macht es zur dringlichen Aufgabe, die jeweiligen Ziele und Mittel sorgfältig zu analysieren und in den breiteren Kontext ökonomischer und gesellschaftlicher Entwicklungen zu stellen. Am Beispiel der Politik um sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz soll die Analyse vorangetrieben werden zu ersten Thesen über die Produktion von Begehren im Neoliberalismus. KARL MARX UND PERSPEKTIVEN MARXISTISCHEN DENKENS
13.30 - 15.00 Plenum (Juridicum, HS 2) Vortrag: Wolfgang Fritz Haug Moderation: Morus Markard
FORUM KRITISCHE PSYCHOLOGIE 37 Herausgegeben von Klaus Holzkamp (t) Redaktion: Ole Dreier, Frigga Haug, Wolfgang Maiers, Morus Markard, Christoph Ohm, Ute Osterkamp, Gisela Ulmann
Themenschwerpunkt: Sexueller Mißbrauch (II) Inhalt
Editorial Frigga Haug Neoliberalismus und sexuelle Deregulierung - Was ist eigentlich sexueller Mißbrauch? Margret Hauch „ Täterpersönlichkeit" - verzweifelt gesucht. Überlegungen zur gesellschafts- und geschle tischen Funktion der Frage nach der „Täterpersönlichkeit" Frigga Haug Sexualität und Macht: Nützliche Lehren von Michel Foucaultfür die Debatte um sexuellen brauch Hannelore Drummer Eine Soziologie für Frauen - Methodische Exkurse zu Dorothy Smith Diskussion
MorusMarkard Sexueller Mißbrauch: Erfahrung, Parteilichkeit und intersubjektive Verständigung - Krit handlung des Themas im „Forum Kritische Psychologie " 33 Gisela Ulmann Mißhandlung als Tatbestand oder subjektive Erfahrung? - Die neuen Rechte der Machtlos genüber den Mächtigeren Christina Kaindl Zur Kritik persönlichkeitstheoretischer und diagnostischer Konzepte von Wildwasser Erich Wulff Sind wir alle Kinderschänder? Ulrike Diedrich Schwierigkeiten von Standpunktfindung Ute Osterkamp .Mißbrauch" ohm Ende? Thesen zur laufenden Diskussion
Nadja Katsch (Hg): Skandal und Alltag: Sexueller Mißbrauch und Gegenstrategien. (Rez Gitti Hentschel Erscheint im April 1997
Normalpreis: 22DM Abbonement: zwei Heft jährlich 34 p M Sonderangebot zum Kongreß: Heft 37: 19 DM (jeweils plus Versand) Heftbestellung und Abonnements am Argument-Büchertisch
Subskriptionsangebot
06.02. - 09.02. 1997 in Berlin
ca. 340 Seiten (mit Kongreß-Photos) Berlin/Hamburg/Argument-Verlag; AS-Sonderband Subskriptionspreis bis zum 30, April 1997: 22,00 DM (voraus.) Ladenpreis: ca. 30,00 DM Der Band enthält die Beiträge der Referentftuien aus den Plena und AG's sowie ZusammenThemenblöcke: - Subjektwissenschaft zwischen kapitalistischer Rationalität und der Vernunft der Utopie - Gesellschaftliche und individuelle Emanzipation; Große Erzählung oder praktische Eingriffe? - Individuum und Organisation - Zur Dialektik sexualpolitischer Kampagnen - Gegen ökonomischen Ruin und politische Reglementierung: Wissenschaftliche Perspektiven innerhalb und außerhalb des akademischen Betriebs - Marxismus) als Bezugspunkt kritische Wissenschaft / Karl Marx und Perspektiven marxistischen Denkens / Kritische Psychologie als marxistische Subjektwissenschaft - AG's: Nationalismus / Rassismus, Gesundheitspolitik und politisches Handeln, Therapiewidersprüche, Subjektivität und Technik, Verschulung der Hochschule, Schul-Praxis. Handeln im Widerspruch, Utopie und Praxis, subjektive Widerspruchsverarbeitung Mit Beiträgen von: Helga Adler, Markus Althofif, Elmar Altvater, Gerlinde Aumann, Kurt Bader, Uwe Barten, Friederike Bliss, Ariane BrensseH Ellen Brombacher, T o r ^ Bultmann, Thilo Busse, Hansgeorg Conert, Imke Dierks, Peter Döge, Ole Dreier, Hysse Forchhammer, Barbara Fried, Andrea Güttner, Frigga Haug, Wolf Fritz Haug, Hans Hermsen, Hans-Heinz Holz, Sebastian Herkommer, Arnd Hofmeister, Christina Kaindl, Jochen Kaipein, Nadja Katsch, Reinhard Kuhnl, WolfgangMaiers, Morus Markard; Stefan Meretz, Jutta Meyer-Siebert, Wolf Dieter Narr, Morton Nissen, Ute Osterkamp, Gunter Rexitius, Dieter Sandner, Ernst Schraube, Rainer Seidel, Rosemarie Straub, Bettina Törpel, Gisela Ulmann; Petra Wagner, Justus Wertmüller, Corinna Wiesner, Gerhard Wolf, Erich Wulfl£ Amd Wünnenberg, Manned Zieran. Hiermit bestelle zum Subskriptionspreis vqn (vorquss.) 22. 00 DM den Bericht übe* den Kongreß Kritische Psychologie „Erkenntnis und Parteilichkeit: Kritische Psychologie als marxistische Subjektwissenschaft" 06:0?. - 09.02. 1997 in Berlin ca. 340 Seiten (mit Photos): Berlin / Hamburg. Argument-Verlag. Name Vorname: Adresse:,........ i.... Telefon: ... Datum Unterschrift • Ich bitte um Zusendung mit Rechnung. • Ich erteile eine Einzugsermächtigung: Kontonr.:... BLZ:.... ....
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