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German Pages 234 Year 2023
Schriften zum Bürgerlichen Recht Band 559
Kodifizierung und Rechtsfolgen der Konfusion
Von
Jonas Schmidbauer
Duncker & Humblot · Berlin
JONAS SCHMIDBAUER
Kodifizierung und Rechtsfolgen der Konfusion
Schriften zum Bürgerlichen Recht Band 559
Kodifizierung und Rechtsfolgen der Konfusion
Von
Jonas Schmidbauer
Duncker & Humblot · Berlin
Der Fachbereich Rechtswissenschaft der Philipps-Universität Marburg hat diese Arbeit im Jahre 2022 als Dissertation angenommen.
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Meinem Großvater Manfred Altenbach
Danksagung Die vorliegende Arbeit hat der Juristischen Fakultät der Philipps Universität Marburg im Winter 2022 als Dissertation vorgelegen. Die Entstehung dieser Arbeit wäre ohne die uneingeschränkte Unterstützung vieler lieber Menschen in meinem universitären und privaten Umfeld nicht möglich gewesen. Hierfür möchte ich all diesen von Herzen danken. Mein besonderer Dank gilt meinem Doktorvater, Herrn Prof. Dr. Constantin Willems, der mir nicht nur den thematischen Einstieg, sondern durch stetige Motivation und freundliche Unterstützung den Weg durch die vorliegende Arbeit bedeutend erleichterte. Auf seine persönliche Betreuung verbunden mit hilfreichen thematischen Anregungen war stets Verlass. Nicht zuletzt führte auch die äußerst angenehme Atmosphäre an seinem Lehrstuhl, an dem ich als Wissenschaftlicher Mitarbeiter tätig sein durfte, zu dem Erfolg dieser Arbeit. Hierbei gilt mein besonderer Dank Frau Marie Penné und Herrn Jonas Sauerwald, die mir die Arbeit am Lehrstuhl mit stets guter Laune und anregenden Gesprächen so angenehm wie nur denkbar machten. Zudem möchte ich Herrn Prof. Dr. Tobias Helms für das äußerst zügige Erstellen des Zweitgutachtens danken. Schließlich möchte ich noch meiner Schwester Marie Schmidbauer danken, die mich in allen Lebenslagen stets unterstützt und meine Arbeit mit fachlichen Diskussionen gefördert hat. Für die liebevolle Unterstützung in jeder Art und Weise und den bedingungslosen Rückhalt meiner Eltern Dr. Stefan und Dr. Katja Schmidbauer, die mich mein Leben lang begleiten, gibt es nicht genügend Worte des Dankes. Besonderer Teil dieser Zeit und tiefe Dankbarkeit gilt insbesondere meiner Freundin Nora Köhler, deren Rücksicht, Verständnis und Unterstützung mir unglaublich viel bedeuten. Nicht zuletzt danke ich auch meinem Onkel und meiner Tante Dr. Andreas und Judith Masuch, die mir in juristischer und persönlicher Hinsicht stets Vorbilder waren und sind. Ihnen allen ist diese Arbeit gewidmet. Marburg an der Lahn, im Frühjahr 2023
Jonas Schmidbauer
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
13
A. Hinführung zum Thema . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 B. Rechtfertigung der Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 C. Die Konfusion als Rechtsinstitut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 D. Konsolidation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Begriffserklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Konsolidation bei beweglichen Sachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Konsolidation bei unbeweglichen Sachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Historische Entwicklung der Konsolidation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Konsolidation im Corpus Iuris Civilis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Begriffsentwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Rechtsfolgen der Konsolidation im römischen Recht . . . . . . . . . . aa) Nießbrauch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Pfandrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Dienstbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Konsolidation im allgemeinen preußischen Landrecht . . . . . . . . . 3. Die Konsolidation im sächsischen BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Kodifizierungserwägungen des § 889 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Die Konsolidation in anderen europäischen Zivilrechtskodifikationen . 1. Konsolidation im ABGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Konsolidation im ZGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Konsolidation im Code Civil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Zusammenfassung der Erkenntnisse und Zwischenergebnis . . . . . . . . . .
21 21 22 23 26 27 27 32 32 36 41 43 44 47 49 52 52 55 57 59
1. Kapitel
Rechtshistorische Entwicklung der confusio
A. Die confusio im römischen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Begriffsverwendung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Analyse der Quellen des Corpus Iuris Civilis hinsichtlich der Rechtsfolgen der confusio im Vereinigungsfall von Forderung und Schuld . . . III. Exkurs: Die „Ea quae initio“-Formel als Grundlage der confusio . . . . . IV. Die confusio als eigenständiger Erlöschensgrund . . . . . . . . . . . . . . . . . .
63 64 64 65 67 76
10 Inhaltsverzeichnis V. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 B. Historische Entwicklung des Rechtsinstituts Konfusionim Hinblick auf Rechtsfolgen und Kodifizierungen im deutschsprachigen Raum . . . . . . . . . . . I. Konfusion im allgemeinen preußischen Landrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Konfusion im SächsBGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
80 80 82 83
2. Kapitel
Kodifizierung der Konfusion im BGB
A. Konfusion im BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Motive zu § 291 E1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Abweichen von der regelmäßigen Rechtsfolge . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) § 1032 E1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) § 678 E1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) § 1866 E1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Wiederaufheben der Vereinigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) § 499 E1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) § 1833 E1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) § 2114 E1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Protokolle zu § 291 E1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
85 85 87 88 89 90 90 91 92 93 94 94
B. Beweggründe für die unterbliebene Kodifizierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 C. Kodifizierungen anderer kontinentaleuropäischer Länder . . . . . . . . . . . . . . . . I. Konfusion im ABGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Konfusion im mietrechtlichen Zusammenhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Konfusion im erbrechtlichen Zusammenhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Der § 1446 ABGB im Zusammenhang mit der Konfusion . . . . . . . . . 4. Sonstige Konstellationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Konfusion im schweizerischen Obligationenrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Konzeption des Art. 118 OR . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Voraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Erlöschensgrundsatz (Abs. 1) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Wiederaufleben (Abs. 2) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Vorbehalt bei Grundpfandrechten und Wertpapieren (Abs. 3) . . . . III. Konfusion im französischen Code Civil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Konzeption des Art. 1349 Cc . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Rechtsfolge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
98 98 100 102 104 104 104 105 106 107 107 108 109 110 110 111
D. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112
Inhaltsverzeichnis11 3. Kapitel
Die Rechtsfolgen der Konfusion im bürgerlichen Recht
115
A. Gesetzlich geregelte Fälle der Konfusion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. § 1976 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. § 1991 II BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. § 2143 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. § 2175 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. § 2377 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VII. Exkurs: Konfusion bei Mehrheit von Gläubigern und Schuldnern . . . . 1. Konfusion und Gesamtschuld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Konfusion und Gesamtgläubigerschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
115 116 117 117 118 119 120 120 120 123
B. Nicht im Gesetz geregelte Fälle der Konfusion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Das Erlöschen als regelmäßige Rechtsfolge der Konfusion . . . . . . . . . . . 1. Begriff des Schuldverhältnisses/Logik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Sinnverlust/mangelndes rechtliches Bedürfnis am Fortbestehen . . . . . 3. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Konfusion als Unterfall eines anerkannten Erlöschensgrundes . . . . . . a) Die Konfusion als Unterfall der Erfüllung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Konfusion als Fall der Zweckerreichung oder Unmöglichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Kritik an der regelmäßigen Rechtsfolge der Konfusion . . . . . . . . . . . . . 1. Die Ansicht Wackes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Kritik an der Ansicht Wackes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Erkenntnisse aus der Ansicht Wackes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Ansicht Schellens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Kritik an der Ansicht Schellens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Erkenntnisse aus der Ansicht Schellens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Exkurs: Rechtsfolgen der Konfusion in Bürgschaftskonstellationen . . . 1. Konfusion und Bürgschaft im Corpus Iuris Civilis . . . . . . . . . . . . . . . 2. Konfusion und Bürgschaft im allgemeinen preußischen Landrecht und dem SächsBGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Konfusion und Bürgschaft im BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
124 124 125 127 131 133 133 138 140 141 143 149 150 150 153 153 153 154 155 156
C. Die Behandlung der Konfusion durch die deutsche Rechtsprechung . . . . . . . 158 D. Die Behandlung der Konfusion durch die österreichische und schweizerische Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Rechtsprechung Österreichs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Rechtsprechung der Schweiz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
162 163 168 170
E. Ausnahmen von der regelmäßigen Erlöschensfolge in lege und praeter legem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170
12 Inhaltsverzeichnis I.
Anerkannte Ausnahmen von der regelmäßigen Erlöschensfolge . . . . . . 1. Getrennte Vermögensmassen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Dingliche Rechte Dritter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Dritten steht Recht an der Forderung zu . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Wertpapier/Inhaberpapier . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Umstrittene Ausnahmen von der regelmäßigen Erlöschensfolge . . . . . . 1. Besondere Interessenlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Rechtsfolge der Konfusion im Konfliktfall einer Vormerkung mit der Gesamtrechtsnachfolge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) BGH NJW 1981, 447 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Sachverhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Die Entscheidung des BGH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Die Ansicht Wackes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (4) Die Ansicht Ebels . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (5) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) BGH NJW 2000, 1033 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Sachverhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Vorinstanz OLG Schleswig NJW-RR 1999, 1528 . . . . . (3) Die Entscheidung des BGH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (4) Die Ansicht Dinstühlers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (5) Die Ansicht von Olshausens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (6) Die Ansicht Gebauer/Haubolds . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (7) Die Ansicht Wackes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (8) Die Ansicht Wielings . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (9) Die Ansicht Servatius’ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (10) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Gläubiger/Schuldner hat schuldrechtlichen Anspruch auf Erwerb der Forderung (Sicherungszession) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
170 170 173 174 174 175 175 176 176 176 176 177 179 180 185 185 185 187 188 190 192 194 197 199 200 210 210 212
F. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213
Fazit
218
Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 219 Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 232
Einleitung A. Hinführung zum Thema Das Schuldverhältnis im Sinne des § 241 BGB bezeichnet eine aus mindestens zwei Rechtssubjekten bestehende Sonderverbindung, durch die Ansprüche begründet werden.1 Es wird regelmäßig unterschieden zwischen dem Schuldverhältnis im engeren Sinne, welches die rechtliche Forderungsbeziehung zwischen dem Gläubiger eines einzelnen Anspruchs und seinem zur Leistung verpflichteten Schuldner umfasst, wie etwa in den §§ 362, 372, 397 BGB, und dem Schuldverhältnis im weiteren Sinne, welches ein komplexes schuldrechtliches Rechtsverhältnis zwischen Gläubiger und Schuldner darstellt, aus dem eine Vielzahl von einzelnen Rechtspflichten entstehen können, so etwa in den §§ 273 I, 292 I, 425 BGB.2 Das Bestehen eines solchen Schuldverhältnisses im weiteren Sinne ist eng mit dem Fortbestehen der aus dem Schuldverhältnis erwachsenen Forderungen verknüpft. Die Tatbestände des Erlöschens des Schuldverhältnisses im engeren Sinne sind zum einen in den §§ 362 ff. BGB geregelt. In diesen Vorschriften sind die Befriedigungstatbestände der Erfüllung und der Erfüllungssurrogate (§ 362 ff. BGB), der Hinterlegung (§§ 372 ff. BGB), der Aufrechnung (§§ 387 ff. BGB) und des Erlasses (§ 397 BGB) geregelt, die das Erlöschen an die Befriedigung des Leistungsinteresses des Gläubigers knüpfen.3 Eine Erfüllung der Forderung führt zu einem Erlöschen des Schuldverhältnisses im engeren Sinne. Die römischen Juristen sprachen daher treffend von solutio: Der Schuldner wird sinngemäß von seiner Verbindlichkeit gegenüber dem Gläubiger „gelöst“. Der spätklassische Jurist Ulpian definiert dies mit solvere dicimus eum, qui fecit quod facere promisit,4 was beschreibt, dass derjenige von seiner Schuld befreit wird, der das getan hat, was er zu tun versprochen hat. Neben den in den §§ 362 ff. BGB genannten Erlöschensgründen gibt es weitere, im BGB nicht normierte Gründe, aus denen ein Schuldverhältnis erlöschen kann. 1 Jauernig/Mansel,
§ 241 Rn. 1. Einleitung SchuldR Rn. 10. 3 MüKo/Fetzer, Vorbemerkung § 362 Rn. 2. 4 Ulp. 45 Sab. D 50.16.176 a. E. 2 MüKo/Ernst,
14 Einleitung
Neben dem ersatzlosen Wegfall einer Partei des Schuldverhältnisses,5 der Schuldumwandlung (novatio) und dem Wegfall des Gläubigerinteresses kommt als weiterer Erlöschensgrund die Konfusion in Betracht.6 Der deutsche Rechtsbegriff Konfusion lässt sich vom lateinischen Begriff confusio7 ableiten. Laut weit verbreiteter Meinung stellt die Konfusion in der heutigen Zivilrechtslehre die Vereinigung von Forderung und Schuld im Wege der Einzel- oder Gesamtrechtsnachfolge auf Gläubiger- oder Schuldnerseite dar.8 Zudem wird teilweise der Zusammenfall von Hauptschuld und Bürgschaftsschuld in einem Rechtssubjekt als Konfusion bezeichnet.9 Eine Konfusion ist sowohl in Bezug auf eine einzelne Forderung als auch auf das gesamte Schuldverhältnis im weiteren Sinne denkbar.10 Neben dem tatsächlichen Vorgang der Vereinigung oder des Zusammentreffens von Forderung und Schuld in einem Rechtssubjekt wird häufig auch die Rechtsfolge dieser Vereinigung als Konfusion bezeichnet.11 5 Aufgrund der Tatsache, dass ein Schuldverhältnis nur solange bestehen kann, wie auch ein Gläubiger und Schuldner vorhanden sind, führt auch dieser Fall zum Erlöschen des Schuldverhältnisses im engeren Sinne. Dies ist jedoch grundsätzlich nur bei juristischen Personen vorstellbar. Genaueres bei MüKo/Fetzer, Vorbemerkung § 362 Rn. 5. 6 Ob die Konfusion als weiterer Erlöschensgrund praeter legem anzuerkennen ist, gilt es zu klären. Eine andere Meinung vertritt etwa Wacke, in: FS Medicus, Die Konfusion: Schuldtilgungsgrund oder nur Ausschuss der Klagbarkeit?, S. 543 (587), nach dem die Konfusion lediglich zu einem Ausschluss der Klagbarkeit führt. Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt Schellen, Konfusion, S. 306. Genauere Untersuchungen zu dieser Problematik vgl. 3. Kapitel B. II. 7 Abgeleitet wird confusio von confundere, was vermischen oder vermengen bedeutet. Confusio lässt sich demnach wörtlich mit Vermischung oder Vermengung übersetzen. Ebenso kann confusio im übertragenen Sinne, ähnlich dem deutschen Sprachgebrauch, mit Verwirrung oder Unordnung übersetzt werden. Diese Übersetzung steht jedoch nicht im Zusammenhang mit dem hier zu erörternden Rechtsinstitut. 8 Beck-OK/Dennhardt, § 362 Rn. 7; MüKo/Fetzer, Vorbemerkung § 362 Rn. 4; Jauernig/Mansel, Vorbemerkung § 362 Rn. 2; Staudinger/Olzen, Einleitung zu §§ 362 ff. Rn. 26. 9 Diese Konstellation lässt sich meist unter dem Begriff „unechte“ Konfusion finden, der zurecht von vielen als zu ungenau und nicht passend empfunden wird. Bezüglich der genauen Untersuchung dieser Konstellation und der Antwort auf die Frage, ob diese Konstellation ebenfalls unter die Konfusion zu fassen ist, vgl. 3. Kapitel B. IV. 10 Kollhosser/Jansen, Konfusion, JA 1988, S. 305. 11 Diese Auffassung wird häufig von Autoren Ende des 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts, unter anderem von Kretschmar, Die Theorie der Konfusion, S. 6; Sachs, Die Wirkungen der Konfusion nach Römischem Rechte und dem Rechte des Bürgerlichen Gesetzbuches, S. 12; Thal, Die Vereinigung von Recht und Verbindlichkeit beim Pfandrecht an Forderungen, S. 85 f.; Dacke, Der Untergang des Schuldverhältnisses durch Konfusion, S. 1 vertreten.
A. Hinführung zum Thema15
Im BGB gibt es keine Vorschrift, die die Konfusion im Allgemeinen explizit regelt. Deren Bestehen wurde vom BGB-Gesetzgeber als selbstverständlich vorausgesetzt.12 Lediglich im Erbrecht finden sich vereinzelte Sonderregelungen, die das Bestehenbleiben einer Forderung trotz Konfusion mittels Fiktion anordnen. Diese Vorschriften treten im Zusammenhang mit der beschränkten Erbschaftshaftung (§§ 1976, 1991 II BGB), der Nacherbschaft (§ 2143 BGB), dem Vermächtnis (§ 2175 BGB) und dem Erbschaftskauf (§ 2377 S. 1 BGB) auf. Diese Fälle haben gemein, dass dort das Vermögen des Erben und der Nachlass gesonderte Vermögensmassen darstellen und aus diesem Grund ein Fortbestehen des Schuldverhältnisses und das Bestehenbleiben der daraus resultierenden Forderung fingiert wird.13 Abseits dieser ausdrücklich normierten Ausnahmefälle im Erbrecht stellt sich die Frage, welche regelmäßige Rechtsfolge die Konfusion nach sich zieht. Anhand der genannten Fälle im Erbrecht, die ein Bestehenbleiben der Forderung trotz des Zusammenfalls von Forderung und Verbindlichkeit zur Folge haben, wird von der herrschenden Zivilrechtslehre wie von der Rechtsprechung e contrario gefolgert, dass das Schuldverhältnis bzw. die sich daraus ergebenden Forderungen grundsätzlich erlöschen, sollten sich Gläubiger und Schuldner in einer Person vereinigen.14 Diese Aussage fußt auf der Grund annahme, dass das Bestehen eines Schuldverhältnisses denklogisch zwei unterschiedliche Rechtssubjekte voraussetze, also dass Gläubiger und Schuld ner personenverschieden sind.15 Ob diese Grundannahme und die daraus resultierende regelmäßige Rechtsfolge der Konfusion, die sich in Anbetracht der Ermangelung einer konkreten Norm innerhalb des BGB nicht auf festen Rechtsboden stellen lässt, zutrifft oder grundlegend zu überdenken ist, soll eines der Ziele der vorliegenden Arbeit sein. Dabei sollen aufbauend auf einer dogmatischen Untersuchung des Instituts der Konfusion im deutschen Zivilrecht auch Vergleiche mit konkreten Anwendungsfällen aus dem römi12 Mugdan, Die gesammten Materialien zum Bürgerlichen Gesetzbuch für das deutsche Reich II, S. 569; Jakobs/Schubert, Die Beratungen des BGB Recht der Schuldverhältnisse I, S. 737. 13 MüKo/Fetzer, Vorbemerkung § 362 Rn. 4; Staudinger/Olzen, Einleitung §§ 362 ff. Rn. 29; Bosak, Konfusion, JA 2009, S. 596 f. sehen darin den Willen des Gesetzgebers, dass die durch die Konfusion entstandene Vereinigung im Hinblick auf den Bestand des Schuldverhältnisses folgenlos bleiben soll. 14 Beck-OK/Dennhardt, § 362 Rn. 7; Staudinger/Olzen, Einleitung zu §§ 362 ff. Rn. 28; MüKo/Fetzer, Vorbemerkung § 362 Rn. 4; Jauernig/Mansel, Vorbemerkung § 362 Rn. 2; Beck-OGK/Looschelders, § 362 Rn. 11.1; Enneccerus-Lehmann, Recht der Schuldverhältnisse, S. 303 ff.; BGH NJW 1967, 2399 (2400); BGH NJW-RR 2009, 1059; BGH NJW 1982, 2381 (2382); BGH NJW-RR 2016, 784. 15 Beck-OK/Dennhardt, § 362 Rn. 7; MüKo/Fetzer, Vorbemerkung § 362 Rn. 4.; Staudinger/Olzen, Einleitung zu §§ 362 ff. Rn. 28; Erman/Buck-Heeb, Vorbemerkung § 362 Rn. 3.
16 Einleitung
schen Recht, vorwiegend überliefert durch das Corpus Iuris Civilis, den Tatbestand und die Rechtsfolgen der confusio betreffend, und mit anderen europäischen Zivilrechtskodifikationen gezogen werden. Es gilt zu untersuchen, inwieweit die dort geltenden Rechtsfolgen auch auf Anwendungsfälle im deutschen Recht übertragen werden können und ob diese Regelungen im Einzelfall zu sachgerechten Ergebnissen führen. In der Folge soll anhand einer Abwägung eine Stellungnahme abgegeben werden, ob eine konkrete Rechtsnorm, die die Rechtsfolgen der Konfusion abschließend regelt, entscheidende Vorteile gegenüber der Handhabung im deutschen Bürgerlichen Recht hat, wonach, abseits der im Erbrecht festgeschriebenen, alle Fälle aufgrund richterlichen Ermessens und richterlicher Rechtsfortbildung entschieden werden. Neben den oben genannten, im Erbrecht normierten Fällen sind solche denkbar, in denen ein Fortbestehen des Schuldverhältnisses bzw. der Forderung trotz Konfusion daraus resultieren kann, dass berechtigte Interessen Dritter einem Erlöschen entgegenstehen. Zum Schutz ihrer Rechtspositionen vertritt die wohl herrschende Meinung,16 dass in gewissen Fällen die Vereinigung von Forderung und Schuld nicht zum Erlöschen des Schuldverhältnisses bzw. der Forderung führen soll, obgleich als Rechtsfolge der Konfusion Gläubiger und Schuldner personenidentisch sind.17 Allein die Anerkennung der verschiedenen Ausnahmen vom oben genannten Erlöschensgrundsatz der herrschenden Ansicht rechtfertigen es, diesen in Frage zu stellen. Zudem lässt sich bereits anhand dieser Ausnahmefälle erkennen, dass der Fortbestand eines Schuldverhältnisses trotz Konfusion weder den Geboten der Logik noch dem Begriff des Schuldverhältnisses aus § 241 BGB als solchem entgegensteht.18 Wie bereits erwähnt, enthält das BGB keine Norm, die den Tatbestand der Vereinigung zweier Rechtssubjekte in einer Person oder die Rechtsfolge einer solchen Vereinigung explizit regelt. Der Erste Entwurf zum BGB sah jedoch in § 291 E1 unter der Überschrift „Vereinigung“ noch Folgendes vor: „Das Schuldverhältniß erlischt, wenn Forderung und Verbindlichkeit in derselben Person sich vereinigen.“ Die Regelung wurde alsdann durch die Zweite Kommission mit der Begründung gestrichen, „daß die Regel, soweit 16 BGH NJW 1981, 447 (448); JZ 1996, 632; BGH NJW 1995, 2287 (2288); BGH NJW-RR, 2009, 1059 Rn. 18; MüKo/Fetzer, Vorbemerkung § 362 Rn. 4; Soergel/ Schreiber, Vorbemerkung § 362 Rn. 2; Enneccerus/Lehmann, § 76; rechtshistorisch Wimmer, Geschichtliche Anmerkung zur Theorie der Konfusion, in: FS Mayer-Maly, Iurisprudentia universalis, S. 889 (893); Gernhuber, Die Erfüllung und ihre Surrogate, § 19 Rn. 6c; Staudinger/Olzen, Einleitung zu §§ 362 ff. Rn. 29 ff. 17 Siehe ausführlich unter 3. Kapitel E. 18 Ebenso Beck-OGK/Looschelders, § 362 Rn. 11 f.; Staudinger/Olzen, Einleitung zu §§ 362 ff. Rn. 28; Bosak, JA 2009, S. 596 f. Ausführlich dazu 3. Kapitel B. I. 1.
B. Rechtfertigung der Arbeit17
sie richtig ist, aus dem Wesen der Obligation sich von selbst ergiebt und überdies aus den Ausnahmen, welche der Entwurf enthält, sich unschwer ableiten läßt.“19 Eine Kodifizierung der Konfusion und deren Folgen im BGB unterblieb in der Folge. Anders ist dies in zahlreichen anderen europäischen Zivilrechtskodifikationen.20 In Österreich, der Schweiz, Spanien, Italien und Frankreich etwa ist der Zusammenfall von Gläubiger und Schuldner und das damit verbundene Erlöschen von Verbindlichkeiten ausdrücklich gesetzlich festgeschrieben.21 Auch der Blick in das römische Recht lässt erkennen, dass die confusio zum festen Bestandteil des Corpus Iuris Civilis gehörte.22 Demnach drängt sich die Frage auf, weshalb eine Kodifizierung des Instituts der Konfusion im deutschen BGB unterblieb, während in den meisten anderen kontinentaleuropäischen Zivilrechtskodifikationen eine Kodifizierung erfolgte. Anhand einer Gegenüberstellung der beiden Systeme (Kodifizierung/Nicht-Kodifizierung) sollen Vor- und Nachteile dargestellt werden, um in einer finalen Stellungnahme das vorzugswürdige System in Bezug auf die Konfusion herauszuarbeiten.
B. Rechtfertigung der Arbeit Neben der grundsätzlichen Bedeutung des Rechtsinstituts der Konfusion als Bestandteil des deutschen Zivilrechts rechtfertigt vor allem die rege Diskussion um eine einheitliche Behandlung der regelmäßigen Rechtsfolgen der Konfusion, aber auch der davon abweichenden Ausnahmefälle eine erneute Befassung mit dem Thema. Ein Blick auf die Rechtsprechung zum Thema Konfusion lässt erkennen, dass es in der gerichtlichen Praxis an einer einheitlichen Linie fehlt.23 Auf der einen Seite wird das nach wie vor herrschende Erlöschensdogma als regelmäßige Rechtsfolge der Konfusion allen Entscheidungen zu Grunde gelegt, jedoch wird dieses an vielen Stellen durch 19 Jakobs/Schubert, Recht der Schuldverhältnisse I, S. 737; Mugdan, Materialien II, S. 569. 20 Und ebenso über Europa hinaus. Einen sehr detaillierten Überblick über die Konfusion in anderen Zivilrechtskodifikationen bietet Schlegelberger/Fabricius, Rechtsvergleichendes Handwörterbuch für das Zivil- und Handelsrecht V, S. 66 ff., jedoch bereits aus dem Jahr 1936. 21 Österreichisches ABGB, § 1445; Schweizer OR, Art. 118; Spanischer Código civil, Artt. 1156, 1192–1194; Italienischer Codice civile, Artt. 1253–1255; Französischer Code civil, Art. 1349. 22 Etwa Pomp. 33 Sab. D. 8.2.21; Clem. 2 leg. Iul. et Pap. D. 34.3.21.1; Mod. 8 reg. D. 46.3.75. 23 Exemplarisch sind hier etwa BGHZ 48, 214 (218); BGHZ 115, 116 (122); BGH NJW-RR 2009, 1059 Rn. 19 zu nennen.
18 Einleitung
die Schaffung von stets anders gelagerten Ausnahmen von diesem Prinzip aufgeweicht.24 Dieses Verhalten gleicht einem Ausweichen vor der direkten Auseinandersetzung vor allem mit den Rechtsfolgen in Fällen, in denen eine Vereinigung von Forderung und Schuld in einem Rechtssubjekt gerade nicht ein Erlöschen des Schuldverhältnisses im engeren oder auch weiteren Sinne zur Folge haben soll.25 Eine klare Trennung oder gar Systematisierung der Rechtsfolgen der Konfusion in diversen Fallgestaltungen fehlt bisher. Dieser Umgang mit der Konfusion rührt nicht zuletzt aus Unsicherheiten, die sich aus dem Fehlen einer expliziten Rechtsgrundlage ergeben. Ein rechtsvergleichender Blick auf Zivilrechtskodifikationen anderer Länder und deren rechtliche Behandlung der Konfusion betreffend lässt erkennen, dass es sich bei der Konfusion um ein Rechtsinstitut handelt, welches in vielen anderen Rechtssystemen Anwendung findet. Gerade bei der Betrachtung der Konfusion im ausländischen Recht26 zeigt es sich, dass die Entscheidung der Väter des BGB, die Konfusion nicht zu normieren, keineswegs die Regel darstellt. Vor allem ein Blick auf andere kontinentaleuropäische Zivilrechtsordnungen offenbart, dass in den meisten Ländern27 eine Kodi fizierung der Konfusion erfolgt ist, weswegen der Umgang des deutschen Zivilrechts in Lehre und Rechtsprechung einer genauen Untersuchung und Rechtfertigung bedarf. Weiterhin ist zu konstatieren, dass juristische Untersuchungen zur Konfusion soweit ersichtlich schon lange zurückliegen28 und sich diese Werke vornehmlich mit der Konfusion in den vor der Einführung des BGB im deutschen Raum geltenden Zivilrechtskodifikationen und dem römischen Recht beschäftigen. Die größere Arbeit von Schellen29 aus dem Jahr 1985 setzt sich zwar kritisch mit der immer noch herrschenden Konfusionstheorie im BGB auseinander, zieht jedoch keine Vergleiche zu anderen europäischen Zivil24 Siehe
etwa BGH NJW 1981, 447; BGH NJW 2000, 1033. etwa BGH NJW 1981, 447, in dem der BGH annimmt, dass durch das Erlöschen eines Auflassungsanspruchs durch Konfusion in Folge eines Erbfalls auch die zur Sicherung bestehende akzessorische Auflassungsvormerkung untergehe, vgl. 3. Kapitel E. II. 1. a) aa). 26 Die vorliegende Untersuchung wird sich vornehmlich auf die Zivilrechtskodifikationen Österreichs, der Schweiz und Frankreichs beschränken. 27 Auch Länder außerhalb Kontinentaleuropas, wie Argentinien, Brasilien, China und Japan kennen explizite Regelungen bezüglich der Konfusion. Zu beachten ist jedoch, dass die meisten dieser Länder entweder dem deutschen oder französischen Rechtskreis angehören bzw. von deren Leitordnungen Code Civil bzw. BGB geprägt sind. Für eine Auflistung der Länder und deren jeweilige Normen siehe Schlegelberger/Fabricius, S. 66 ff. 28 Dacke aus dem Jahr 1933, Sachs aus dem Jahr 1898, Thal aus dem Jahr 1905 und Kretschmar aus dem Jahr 1899. 29 Schellen, Konfusion. 25 Exemplarisch
C. Die Konfusion als Rechtsinstitut19
rechtskodifikationen, die jedoch Aufschluss und Anregungen zu einer einheitlichen Lösung bezüglich der Rechtsfolgen der Konfusion und den Gründen für die ausgebliebene Kodifikation liefern können. Ausführliche Untersuchungen, die sich mit den Beweggründen für eine unterbliebene Kodifizierung des Rechtsinstitutes der Konfusion befasst haben, deren Vor- und Nachteile gegenüberstellen und die daraus gewonnen Erkenntnisse auch mit anderen europäischen Rechtssystemen vergleichen, wurden bisher nicht angestellt.
C. Die Konfusion als Rechtsinstitut Das Rechtsinstitut Konfusion, das vom BGB-Gesetzgeber aufgrund der scheinbaren Selbstverständlichkeit seiner Rechtsfolge nicht ausdrücklich normiert worden ist,30 stellt im deutschen Zivilrecht nach ganz herrschender Ansicht die Vereinigung von Forderung und Schuld in einem Rechtssubjekt dar. Bei dieser Vereinigung geht im Wege der Einzel- oder Gesamtrechtsnachfolge die Forderung auf den Schuldner oder die Schuld auf den Gläubiger über.31 Dies kann etwa aufgrund einer Beerbung des Gläubigers durch den Schuldner,32 einer Zession der Forderung an den Schuldner33 oder einer Schuldübernahme34 stattfinden.35 Vorwiegend in den älteren Arbeiten zu diesem Thema wird der Begriff Konfusion sowohl für den tatsächlichen Vorgang der Konfusion, also die Tatbestandsseite, als auch für die Rechtsfolge der Vereinigung, das Erlöschen des Schuldverhältnisses, verwendet.36 Eine klare Trennung findet dort nicht statt.37 30 Jakobs/Schubert, Recht der Schuldverhältnisse I, S. 737; Mugdan, Materialien II, S. 569. 31 MüKo/Fetzer, Vorbemerkung § 362 Rn. 4; Staudinger/Olzen, Einleitung zu §§ 362 Rn. 26. 32 Etwa BGHZ 48, 214 (218). 33 BGH WM 1980, 199; KG ZIP 1983, 593. 34 BGH, V ZB 88/13; BFH, X R 23/16. 35 Eine Konfusion kann auch im Fall der Fusionierung zweier Unternehmen eintreten, siehe Staudinger/Olzen, Einleitung zu §§ 362 Rn. 31. 36 Dacke, S. 1; Kretschmar, S. 6; Thal, S. 85 f. Anders bereits damals Friedlaender, Die Konfusion von Anfechtungsrechten, S. 12. 37 Zwar spricht für diese doppelte Verwendung des Begriffs die Tatsache, die auch Wacke, in: FS Medicus, S. 555 betont, dass sowohl die Novation als auch die Konsolidation ebenfalls Tatbestand und Rechtsfolge beschreiben. Sollte man es diesen auch im Rahmen der Konfusion gleichtun, so ist es jedoch der Klarheit halber unumgänglich jeweils von Tatbestand beziehungsweise Rechtsfolge der Konfusion zu sprechen und den Leser nicht durch alleinige Verwendung des Begriffs Konfusion im Unklaren zu lassen. Dies lässt sich durch einen Blick auf das römische Recht bekräftigen. Bereits die römischen Juristen stellten, sollten sie die Rechtsfolge der confusio ausdrü-
20 Einleitung
Als Grundfall der Konfusion kann zunächst das Zusammenfallen von Forderung und Schuld in einem Rechtssubjekt angesehen werden. Dieser Fall wird einhellig unter den Begriff der Konfusion gefasst. Anders ist dies bei den weiteren beiden Fallgestaltungen, namentlich dem Zusammenfall eines beschränkt dinglichen Rechts mit dem Eigentum in der Person des Eigentümers38 und dem Fall des Zusammentreffens von Hauptschuld und Bürgschaft, der vermehrt als „unechte“ Konfusion bezeichnet wird.39 Wie bereits ausgeführt sieht die nach wie vor herrschende Ansicht40 als regelmäßige Rechtsfolge der Vereinigung von Forderung und Schuld in einem Rechtssubjekt das Erlöschen des Schuldverhältnisses.41 Dieses Erlöschen findet, im Unterschied etwa zur Erfüllung im Sinne des § 362 BGB, ohne Leistung oder Befriedigung des Gläubigers, sondern einzig aufgrund des Zusammenfalls von Forderung und Schuld in einer Rechtspersönlichkeit statt. Diese Rechtsfolge legte bereits der Erste Entwurf zum BGB in § 291 E1 unter der Überschrift „Vereinigung“ fest: „Das Schuldverhältniß erlischt, wenn Forderung und Verbindlichkeit in derselben Person sich vereinigen.“42 Zur weiteren Begründung dieser Folge wird zumeist pauschal auf das Wesen cken wollen, neben diese noch Formen von extinguere, tollere oder perimere, vgl. 1. Kapitel A. I. 38 Dieser Fall stellt das sachenrechtliche Pendant zur obligatorischen Konfusion dar und wird meist als „Konsolidation“ bezeichnet. Im BGB dagegen findet sich der Begriff Konfusion nicht wieder. Wird dieses Institut beschrieben, wird von Vereinigung der Forderung mit der Schuld (etwa § 425 II BGB; § 1164 II BGB) gesprochen. Der Begriff Konsolidation findet sich dagegen zumindest in der Überschrift des § 889 BGB, der Gesetzeswortlaut spricht jedoch hier, ähnlich wie bei der Konfusion, von (dinglich beschränktem) Recht und Belastung (etwa §§ 1976, 1991 II, 2143, 2175, 2377 S. 1 BGB). Zu diesem Rechtsinstitut finden sich ergänzende Erläuterungen unter Einleitung D. 39 Vgl. 3. Kapitel B. IV. Die Bezeichnung dieser Konstellationen als „unechte“ Konfusion stößt jedoch bei einigen Autoren auf Unbehagen, vgl. Kollhosser/Jansen, JA 1988, S. 306; Gernhuber, § 19 Rn. 1b; Staudinger/Olzen, Einleitung zu §§ 362 ff., Rn. 26. 40 Etwa MüKo/Fetzer, Vorbemerkung § 362 Rn. 4; Gernhuber, § 19; Erman/BuckHeeb, § 362 Rn. 3; Beck-OGK/Looschelders, § 362 Rn. 13; Beck-OK/Dennhardt, § 362 Rn. 28; Grüneberg/Grüneberg, Überblick vor § 362 Rn. 4. 41 Zu beachten ist jedoch, ob die Konfusion bezüglich des Schuldverhältnisses im engeren Sinne oder bezüglich des Schuldverhältnisses im weiteren Sinne eingetreten ist. Grundsätzlich erlischt das Schuldverhältnis im engeren Sinne, also der einzelne schuldrechtliche Anspruch, durch die Befriedigung des Leistungsinteresses des Gläubigers, vgl. MüKo/Fetzer, Vorbemerkung § 362 Rn. 2. Das Schuldverhältnis im weiteren Sinne erlischt nur ausnahmsweise durch die Erfüllung eines einzelnen Anspruchs, wie etwa in BVerwG NVwZ, 2013, 209. In der Regel erlischt ein solches erst, wenn alle Leistungspflichten, davon umfasst sind auch etwaige Ersatz- und Abwicklungspflichten, erloschen oder erfüllt sind. 42 Mugdan, Materialien II, S. 64.
D. Konsolidation21
des Schuldverhältnisses verwiesen, das zwingend und denklogisch auf der Gläubiger- beziehungsweise Schuldnerseite zwei Rechtssubjekte vorausset ze,43 oder darauf, dass niemand sein eigener Schuldner sein könne und das Schuldverhältnis im Falle der Konfusion zwingend erlöschen müsse.44 Trotz zahlreicher allgemein anerkannter Ausnahmen stellt das Erlöschen des Schuldverhältnisses als Folge der Konfusion die nach wie vor überwiegende Ansicht in Literatur und Rechtsprechung dar. Es gilt ein strukturiertes System zu entwickeln, in dem klar zwischen dem Erlöschen und dem Fortbestehen des Schuldverhältnisses in Folge der Konfusion unterschieden werden kann. Die bisher zu pauschale und unstrukturierte Handhabe der Rechtsfolgen der Konfusion, vor allem durch die Rechtsprechung, gilt es im Folgenden einer kritischen Prüfung zu unterziehen.
D. Konsolidation I. Begriffserklärung Nicht zu verwechseln ist die Konfusion mit ihrem sachenrechtlichen Pendant, der Konsolidation (consolidatio). Diese beschreibt im Grundsatz ebenfalls eine Form der Vereinigung, nämlich die Vereinigung von Eigentum und beschränkt dinglichem Recht an ebenjener Sache in einem Rechtssubjekt.45 Der Untersuchung der obligatorischen Konfusion, die das Kernthema der vorliegenden Untersuchung darstellt, vorangestellt soll im Folgenden dieses, nicht zuletzt aufgrund dessen Aufnahme in das BGB weniger umstrittene, Institut der dinglichen Vereinigung untersucht werden. Eine ausführliche Beleuchtung dessen bereits an dieser Stelle ist gerechtfertigt, weil anhand der Normen im BGB, die diesen Fall der Vereinigung beschreiben, zum einen eventuell Rückschlüsse auf die Regelungswirkung der obligatorischen Konfusion gezogen werden können und zum anderen idealiter Antworten auf die Frage geliefert werden, weshalb im Unterschied zur Konsolidation eine Ko43 BGH NJW-RR 2016, 784 Rn. 18; Beck-OK/Dennhardt, Rn. 7; MüKo/Fetzer, Vorbemerkung § 362 Rn. 4. 44 Dieser Begründungansatz findet sich vor allem in älterer Literatur, etwa bei Enneccerus/Lehmann, Recht der Schuldverhältnisse, § 76, 3; ebenso von Lübtow, Erbrecht II, S. 120. Dem gegenüber kritisch Wacke, in: FS Medicus, S. 551, der es keineswegs für undenkbar hält, dass Gläubiger und Schuldner in einer Person koexistieren. Daneben jedoch auch in der noch auszuführenden Rechtsprechung des BGH etwa in BGH NJW 1981, 447, vgl. 3. Kapitel E. II. 1. a) aa). Das Erlöschen als zwingend logische Konsequenz kritisieren etwa Kollhosser/Jansen, JA 1988, S. 305 (306); Larenz, Schuldrecht AT, § 19 Fn. 10; Staudinger/Olzen, Einleitung zu §§ 362 ff. Rn. 28. 45 Staudinger/Olzen, Einleitung zu §§ 362 ff. Rn. 27; Bosak, JA 2009, S. 559.
22 Einleitung
difizierung der obligatorischen Konfusion im BGB unterblieb.46 Zudem gebietet die Tatsache, dass es sich bei der Konsolidation in gleichem Maße um eine Art der Vereinigung handelt wie bei der obligatorischen Konfusion, eben nur auf dinglicher Ebene, deren detaillierte Untersuchung im Rahmen der vorliegenden Untersuchung. Hinsichtlich der Rechtsfolgen der Konsolidation finden sich im dritten Buch des BGB, welches das Sachenrecht regelt, diverse Vorschriften. Es ist grundsätzlich zwischen den Rechtsfolgen der Konsolidation bei beweglichen und unbeweglichen Sachen zu differenzieren. 1. Konsolidation bei beweglichen Sachen Gemäß § 1256 I S. 1 BGB, der im Titel 1 des 8. Abschnitts unter der Überschrift „Pfandrechte an beweglichen Sachen“ verortet ist, führt die Vereinigung eines Pfandrechts an einer beweglichen Sache mit dem Eigentum in einer Person grundsätzlich zum Erlöschen des Pfandrechts. Ein Eigentümerpfandrecht sieht das Gesetz im Gegensatz zu der Eigentümerhypothek oder Eigentümergrundschuld nicht vor. Jedoch folgt unmittelbar in S. 2 des § 1256 I BGB eine Einschränkung dieses Grundsatzes dahingehend, dass ein Erlöschen des Pfandrechts nicht eintritt, soweit die Forderung, für die das Pfandrecht besteht, mit dem Recht eines Dritten belastet ist. Außerdem gilt das Pfandrecht gemäß § 1256 II BGB als nicht erloschen, soweit der Eigentümer ein rechtliches Interesse am Fortbestand des Pfandrechtes hat.47 Hierbei lassen sich hinsichtlich einer grundsätzlichen Regel-Ausnahme-Regel Parallelen zu den Rechtsfolgen der Konfusion ziehen. Auch dort ist zwar nicht explizit normiert, jedoch allgemein anerkannt,48 dass das Bestehen berechtigter Interessen Dritter an einem Fortbestehen des Schuldverhältnisses
46 Ausführungen
diesbezüglich unter 2. Kapitel B., D. ist zu konstatieren, dass das Pfandrecht zwar tatsächlich erloschen ist, jedoch in Angesicht berechtigter Interessen des Eigentümers als weiterhin bestehend fingiert wird. So muss der Eigentümer einen Rangverlust gegenüber einem, durch das Erlöschen des Pfandrechts, nachrückendem Pfandgläubiger nicht gegen sich gelten lassen. Dies stellt eine Ausnahme zum sachenrechtlichen Prinzip der gleitenden Rangordnung dar, nach dem im Falle des Erlöschens eines Rechts die im Rang nachstehenden Rechte aufrücken, vgl. Wieling/Finkenauer, Sachenrecht, § 15 Rn. 16. Auf § 1256 II BGB kann sich jedoch lediglich der Eigentümer berufen, vgl. BGHZ 27, 227 (233). 48 BGH NJW 1981, 447 (448); JZ 1996, 632; BGH NJW 1995, 2287 (2288); BGH NJW-RR, 2009, 1059 Rn. 20 f.; MüKo/Fetzer, Vorbemerkung § 362 Rn. 4; Soergel/ Schreiber, Vorbemerkung § 362 Rn. 2; Enneccerus/Lehmann, Schuldrecht, § 76. Rechtshistorisch etwa Wimmer, in: FS Mayer-Maly, S. 889 ff.; Gernhuber, § 19 Rn. 6c; Staudinger/Olzen, Einleitung §§ 362 ff. Rn. 29 ff. 47 Hierbei
D. Konsolidation23
ein Erlöschen verhindert, obgleich als Folge der Konfusion Gläubiger und Schuldner personenidentisch sind.49 Auch beim Nießbrauch, einem beschränkt dinglichen Recht, legt § 1063 I BGB fest, dass dieser im Falle einer Vereinigung mit dem Eigentum in derselben Person erlischt. Vergleichbar mit § 1256 II BGB regelt § 1063 II BGB, dass der Nießbrauch nicht erlischt, sollte ein berechtigtes Interesse des Eigentümers am Fortbestand des Nießbrauches bestehen. 2. Konsolidation bei unbeweglichen Sachen Davon abzugrenzen sind die Rechtsfolgen der Konsolidation bei unbeweglichen Sachen. Im Ius Commune war das Erlöschen des dinglichen Rechts aufgrund einer Vereinigung mit dem Eigentum Folge des Grundsatzes nulli res sua servit50 und der damaligen Auffassung der beschränkt dinglichen Rechte als iura in re aliena.51 Zwar erscheint das Erlöschen als Rechtsfolge dieser Vereinigung zunächst als logische und naheliegende Konsequenz, da das Eigentum als umfassendes Recht alle Vorzüge bereits in sich vereint und beschränkt dingliche Rechte regelmäßig an fremdem Eigentum bestehen, jedoch können diese Argumente keineswegs als absolut und zwingend angesehen werden.52 Zudem ließ man bereits im Ius Commune Ausnahmen im Fall sonst drohender grob unbilliger Ergebnisse zu.53 Spätestens seit der Einführung der Rechtsfigur der Eigentümergrundpfandrechte,54 wodurch die Möglichkeit des Bestandes beschränkt dinglicher Rechte an der eigenen Sache ermöglicht wurde, wurde der Grundsatz nulli res sua servit aufgegeben.55
49 Inwiefern ein berechtigtes Interesse des Forderungsinhabers für ein Fortbestehen ausreicht, siehe 3. Kapitel E. II. 1. a) bb), cc). 50 Paul. 15 Sab. D. 8.2.26. Wörtlich übersetzt mit: Niemandem dient seine eigene Sache. Sinngemäß legt dieser Grundsatz fest, dass niemand eine Dienstbarkeit für sich an seinem Eigentum bestellen kann. Ausführlich dazu etwa Kieß, Die confusio im klassischen römischen Recht, S. 36. 51 Demnach können beschränkt dingliche Rechte nur an einer fremden Sache bestehen, nicht jedoch zugunsten des Eigentümers an der eigenen Sache. 52 Beck-OGK/Assmann, § 889 Rn. 3; Mugdan, Materialien III, S. 113. 53 Staudinger/Picker, § 889 Rn. 1; Mugdan, Materialien III, S. 112. 54 Diese Einführung erfolgte nach dem Vorbild der partikularrechtlichen Hypothekengesetze des 19. Jahrhunderts. Siehe dazu ausführlich Wolff/Raiser, Sachenrecht, § 143 III; Mugdan, Materialien III, S. 111. 55 Zwar ist im BGB mit § 1196 nur für die Grundschuld ausdrücklich das Bestellen eines Rechts an der eigenen Sache zulässig, jedoch ist diese Norm entsprechend auf andere beschränkt dingliche Rechte angewandt werden, vgl. Wieling/Finkenauer, Sachenrecht, § 1 Rn. 11.
24 Einleitung
Zwar findet sich keine Norm im BGB, die die Rechtsfolgen der Konsolidation bei unbeweglichen Sachen im Allgemeinen regelt. Jedoch legt § 889 BGB, im Gegensatz zur obligatorischen Konfusion, den Ausschluss der Konsolidation bei unbeweglichen Sachen fest.56 Nach § 889 BGB erlischt ein Recht an einem fremden Grundstück nicht dadurch, dass der Eigentümer des Grundstücks das Recht oder der Berechtigte das Eigentum am Grundstück erwirbt. Das Recht besteht als Eigentümerrecht weiter fort.57 Bei dieser Regelung wird der gemeinrechtliche Grundsatz nulli res sua servit mit der Folge aufgegeben, dass der Eigentümer sein Recht rangerhaltend in eigener Zuständigkeit erhalten bzw. neu schaffen und dadurch dieses Recht ohne eine Neubestellung übertragen oder behalten kann.58 Der Eigentümer, der durch die Vereinigung von beschränkt dinglichem Recht und Eigentum in seiner Person beide Rechte innehat, kann über das beschränkt dingliche Recht zugunsten eines Dritten verfügen, es zu seinen Ungunsten belasten und vor allem im Fall einer Veräußerung der unbeweglichen Sache das beschränkt dingliche Recht weiterhin ausüben.59 Gerade die letztgenannte Befugnis wäre im Fall der fortwährenden Geltung des Grundsatzes nulli res sua servit undenkbar. Zudem ist festzustellen, dass es für die Rechtswirkung des § 889 BGB irrelevant ist, ob das beschränkt dingliche Recht im Grundbuch noch eingetragen ist oder nicht.60 Das beschränkt dingliche Recht wird in Folge des § 889 BGB im Fall einer Vereinigung zum Eigentümerrecht, bleibt grundsätzlich in seiner ursprünglichen Form bestehen und umfasst im Grundsatz alle Befugnisse des ursprünglichen Rechts.61 Besonderheiten gelten etwa auf dem Gebiet des 56 Schon seinem Wortlaut nach findet § 889 BGB keine Anwendung auf Rechte an beweglichen Sachen. Dies wird durch seine systematische Stellung im Gesetz untermauert. 57 Wieling/Finkenauer, Sachenrecht, § 20 Rn. 32. 58 MüKo/Kohler, § 889 Rn. 1; Beck-OGK/Assmann, § 889 Rn. 5. Das fehlende Erfordernis einer Neubestellung des beschränkt dinglichen Rechts ist mit nicht zu vernachlässigendem finanziellem Aufwand verbunden und deshalb vor allem aus Kostengründen für den Eigentümer von Wert. Aus diesem Grund besitzen selbst zunächst nutzlos erscheinende Grundstücksrechte einen Eigenwert vgl. Bosak, JA 2009, S. 559; OLG Schleswig 1999, 388; Staudinger/Picker, § 889 Rn. 3; Herzog, Die Eigentümerrechte an beweglichen und unbeweglichen Sachen, S. 43. 59 RGZ 142, 231 (235); Mugdan, Materialien III, S. 113. 60 Anders etwa in den Kodifikation Österreichs, der Schweiz, Frankreichs und den ehemals auf deutschem Gebiet geltenden Gesetze des PrALR und des SächsBGB, vgl. 1. Kapitel B.; 2. Kapitel C. 61 Dies entspricht der ganz herrschenden Meinung, vgl. MüKo/Kohler, § 889 Rn. 4; Knöchlein, Das Recht an der eigenen Sache, S. 68; Beck-OGK/Assmann, § 889 Rn. 1, 21; Staudinger/Picker, § 889 Rn. 5. Eine andere Ansicht vertritt Bosak, JA 2009, S. 559, der eine grundsätzliche Modifizierung des Grundstücksrechtes für die Zeit der Konsolidationslage annimmt.
D. Konsolidation25
Hypothekenrechts. Auf diesem gilt der oben genannte Grundsatz des § 889 BGB in den Fällen der §§ 1163, 1177 BGB nicht. Eine Hypothek wandelt sich im Falle ihrer Vereinigung mit dem Eigentum vielmehr in eine Eigentümergrundschuld um.62 Das beschränkt dingliche Recht wird hier modifiziert.63 Eine gänzliche Umkehrung des Grundsatzes des § 889 BGB erfolgt durch § 1178 I S. 1 BGB, der die Rückstandshypothek betrifft. Eine solche erlischt im Falle ihrer Vereinigung mit dem Eigentum in einem Rechtssubjekt. Dies resultiert aus der fehlenden Eigentümerfähigkeit der Rückstandshypothek.64 Zudem legt § 1197 I BGB fest, dass im Fall der Personalunion von Gläubiger und Eigentümer dieser nicht berechtigt ist, eine Zwangsvollstreckung zu seiner eigenen Befriedigung zu betreiben. Zinsen gebühren ihm nur unter den besonderen Voraussetzungen des § 1197 II BGB. Von zentraler Bedeutung ist § 889 BGB im Hinblick auf dessen rangerhaltende Funktion etwa im Falle der Zwangsvollstreckung.65 § 889 BGB verhindert in derartigen Fällen eine Bevorzugung der im Rang an sich nachstehenden Gläubiger, die im Falle eines Erlöschens des beschränkt dinglichen Rechts des im Rang höherstehenden Gläubigers unberechtigterweise eine höhere Rangstelle einnehmen würden.66 § 889 BGB gilt für alle dinglichen Rechte an Grundstücken, grundstücksgleichen Rechte und alle Arten ihrer Vereinigung mit dem Eigentum.67 Da runter fallen vor allem Grundpfandrechte, Erbbaurechte,68 Dienstbarkeiten,69 Reallasten, Nießbrauch,70 dingliche Vorkaufsrechte71 und Wohnungsrechte.72 62 Die Umwandlung der Hypothek in Folge der Konsolidation in eine Eigentümergrundschuld folgt daraus, dass der Eigentümer die Hypothek regelmäßig ohne die zugrunde liegende Forderung erwirbt. Die Hypothek kann aufgrund ihrer Akzessorietät nicht ohne die zugrunde liegende Forderung bestehen und wandelt sich demnach gemäß § 1177 BGB in eine Eigentümergrundschuld um. 63 Ebenso Schellen, S. 282; Beck-OGK/Assmann, § 889 Rn. 22. 64 Zu der sehr ausgiebigen Diskussion um den Normzweck des § 1178 BGB siehe ausführlich Beck-OGK/Assmann, § 1178 Rn. 11 ff. 65 Dazu im Detail Knöchlein, S. 69; Herzog, S. 43. 66 Bosak, JA 2009, S. 599; Beck-OGK/Assmann, § 889 Rn. 4.2, 22. 67 Die Art und Weise der Vereinigung ist nicht von Bedeutung. § 889 BGB findet auf alle Arten der Vereinigung unter Lebenden oder von Todes wegen Anwendung. Dazu zählen rechtsgeschäftliche Übertragungen unter Lebenden, Verfügungen von Todes wegen und auch der Erwerb kraft Gesetzes oder Hoheitsakt, siehe auch Staudinger/Picker, § 889 Rn. 7; MüKo/Kohler, § 889 Rn. 2; Beck-OGK/Assmann, § 889 Rn. 19. 68 KG OLGE 31; 332; OLG München HRR 1942 Nr. 538. 69 BGHZ 41, 209 (210); RGZ 142, 231 (234 f.). 70 OLG Colmar OLGE 15, 410; OLG Bremen ErbR 2015, 212 (214 f.). 71 OLG München DNotZ 2012, 201 (202); BayObLG BeckRS 1983, 31150736. 72 OLG München Rpfleger 2011, 153 (154).
26 Einleitung
Nicht anwendbar ist § 889 BGB, wenn Nießbrauch oder Pfandrechte an einem Grundstücksrecht mit diesem in demselben Rechtssubjekt zusammentreffen. Dann gelten diese nach § 1072 BGB i. V. m. § 1063 II BGB beziehungsweise den §§ 1291, 1273 II BGB i. V. m. § 1256 BGB nur in dem Fall als nicht erloschen, wenn der Inhaber des beschränkt dinglichen Rechts ein rechtliches Interesse am Fortbestand des Rechts hat oder die durch das Pfandrecht gesicherte Forderung mit dem Recht eines Dritten belastet ist.73 Liegen diese Ausnahmesituationen nicht vor, erlöschen Nießbrauch und Pfandrecht im Falle der Konsolidation. Ebenfalls keine Anwendung findet § 889 BGB auf Fälle der Vereinigung des Vormerkungsberechtigten mit dem Vormerkungsschuldner.74 Dies hängt mit der nach wie vor umstrittenen Rechtsnatur der Vormerkung zusammen.75 Zwar werden der Vormerkung sowohl dingliche als auch schuldrechtliche Elemente zugesprochen, jedoch stellt sie dennoch kein dingliches Recht dar, sondern sichert als akzessorischer Sicherungsvermerk sui generis lediglich die Erfüllbarkeit eines schuldrechtlichen Anspruchs.76 Aufgrund ihrer Akzessorietät hängt ihr Bestehen grundsätzlich von dem Bestand der Hauptforderung ab, die sie sichert.77 Sollten demnach Vormerkung und Eigentum in einer Person zusammenfallen, erlischt die Vormerkung aufgrund ihrer Akzessorietät, denn die der Vormerkung zu Grunde liegende Hauptforderung erlischt bei der Vereinigung von Forderung und Schuld durch Konfusion.78
II. Historische Entwicklung der Konsolidation Im Folgenden soll anhand einer Untersuchung der Quellen des Corpus Iuris Civilis und den Normen des Allgemeinen preußischen Landrechts und des sächsischen BGBs die historische Entwicklung der Konsolidation nachgezeichnet werden. Dabei sollen vor allem die sich im Laufe der Jahrhunderte entwickelten Abweichungen von den Vorstellungen der römischen Ju73 Bosak, JA 2009, S. 596 (599); Staudinger/Picker, § 889 Rn. 6; Beck-OGK/Assmann, § 889 Rn. 11; MüKo/Kohler, § 889 Rn. 11. 74 MüKo/Kohler, § 883 Rn. 5 f.; Beck-OGK/Assmann, § 889 Rn. 13; BGH NJW 1981, 447 (448); OLG Stuttgart NJW RR 2018, 1169 Rn. 13; OLG München FGPrax 2009, 259 (260). Als dingliches Recht mit der Folge, dass § 889 BGB im Konsolidationsfall Anwendung findet, sehen die Vormerkung dagegen Wieling, JR 2001, S. 148 (150); Ludwig, Die gutgläubig erworbene Vormerkung und der anschließende Erwerb des vorgemerkten Rechts, DNotZ 1987, S. 403 (426). 75 Den Streitstand sehr gut darstellend Staudinger/Kesseler, § 883 Rn. 21 ff.; Kupisch, Auflassungsvormerkung und guter Glaube, JZ 1977, S. 486 (497). 76 MüKo/Kohler, § 883 Rn. 5. 77 Ob dies in jedem Fall so ist, wird unter 3. Kapitel E. II. 1. a) genauer untersucht. 78 Wieling/Finkenauer, Sachenrecht, § 22 Rn. 32.
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risten im Hinblick auf die Konsolidation verdeutlicht werden. Anhand der gewonnenen Erkenntnisse zeigt sich alsdann ein genaues Bild der historischen Entwicklung der Rechtsfolgen der Konsolidation seit der Zeit des Corpus Iuris Civilis bis heute, woraus sich idealiter Erkenntnisse auch hinsichtlich der Rechtsfolgen und der ausgebliebenen Kodifizierung der Konfusion im BGB ziehen lassen. 1. Die Konsolidation im Corpus Iuris Civilis Bereits das im 6. Jahrhundert n. Chr. von dem oströmischen Kaiser Justinian zusammengestellte Corpus Iuris Civilis gibt Rückschlüsse auf den Umgang der römischen Rechtslehre im Falle einer Vereinigung von dinglichem Recht und Eigentum in einem Rechtssubjekt. Bereits im römischen Recht wurde zwischen der obligatorischen und der dinglichen Konfusion unterschieden. Allerdings zeichnet sich diese Unterscheidung begrifflich in den überlieferten Quellen nicht konsequent ab. a) Begriffsentwicklung Für den Vorgang der dinglichen Konfusion, die in der heutigen deutschen Zivilrechtslehre vermehrt als Konsolidation bezeichnet wird, verwendeten die römischen Juristen zunächst den Terminus confundere,79 was in seiner Grundbedeutung vermischen, vermengen oder zusammengießen bedeutet.80 Zudem ist festzustellen, dass confundere zunächst nur die dingliche Konfusion und nicht auch die obligatorische Konfusion erfasst hat.81 Iav. 2 epist. D. 8.6.15 Si, cum servitus mihi per plures fundos deberetur, medium fundum adquisivi, manere servitutem puto, quia totiens servitus confunditur, quotiens uti ea is ad quem pertineat non potest: medio autem fundo adquisito potest consistere, ut per primum et ultimum iter debeatur. Wenn mir eine Dienstbarkeit über mehrere Grundstücke geschuldet war, und ich [darauf] das mittlere Grundstück erworben habe, glaube ich, dass die Dienstbarkeit 79 Ausführlich zu der Terminologie von confundere, Schermeier, Teilvindikation oder Teilungsklage? Auf der Suche nach dem klassischen Vermischungsrecht, ZRGRA 110, S. 125 f. 80 Die Verwendung von confundere für die dingliche Konfusion wurde bis Julian (Publius Salvius Julianus), einem der bedeutendsten römischen Juristen, dessen Schriften in den Digesten Justinians, leider nur teilweise und verändert, überliefert sind, fortgeführt. Gelobt wird dieser bis heute für seine elegante, bildhafte Sprache und seine klare Überzeugungskraft bei der Niederschrift seiner Entscheidungen, vgl. Hausmaninger/Selb, Römisches Privatrecht, S. 44 f. 81 Kieß, S. 199.
28 Einleitung bestehen bleibt, weil die Dienstbarkeit immer dann durch Konfusion erlischt,82 wenn der, dem diese zustehen soll, diese nicht mehr nutzen kann. Nachdem aber das mittlere Grundstück erworben wurde, kann sie dergestalt bestehen bleiben, dass der Weg durch das erste und das letzte geschuldet wird.
In dieser Digestenstelle wird für den Vorgang der dinglichen Konfusion, in diesem Fall die Vereinigung einer Servitut (Dienstbarkeit) mit dem Eigentum an einem Grundstück, eine Form von confundere verwendet. Ein weiteres Zeugnis dieser Begriffsverwendung zeigt sich in Iul. D. 23.5.7pr.: Iul. 16 dig. D. 23.5.7pr. Si maritus fundum Titii servientem dotali praedio adquisierit, servitus confunditur et hoc casu maritus litis aestimationem praestabit: […]. Wenn der Ehemann das Grundstück des Titius erwirbt, das einer Dienstbarkeit zugunsten eines Mitgiftgrundstücks unterlag, erlischt die Dienstbarkeit durch Konfusion83 und der Ehemann wird in diesem Fall den Schätzwert des Streits84 erfüllen. […]85
Confundere bezeichnet in seiner wörtlichen Bedeutung einen rein tatsächlichen Vorgang.86 Im Rahmen der dinglichen Konfusion kommt die wörtliche Bedeutung von confundere jedoch noch immer gut zur Geltung. Das durch ein beschränkt dingliches Recht belastete, „ausgehöhlte“87 Eigentum gelangt durch die Vereinigung mit einem Nießbrauch, Pfandrecht oder einer Dienstbarkeit wieder zu voller Stärke. Bei dieser Vereinigung findet ein Zusammenfluss der beiden zunächst voneinander getrennt zu betrachtenden Rechte statt. Das Resultat der dinglichen Konfusion ist die Entstehung beziehungsweise Wiederherstellung des einheitlichen Vollrechts. Diese Entstehung des einheitlichen Vollrechts wird besonders in folgenden beiden Digestenstellen deutlich:
ist wörtlich mit „vermengt wird“ zu übersetzen. Corpus Iuris Civilis IV, S. 220 (Rohübersetzung: Hans Herrmann Seiler) übersetzen confunditur an dieser Stelle noch freier mit dem Erlöschen durch Vereinigung mit dem Eigentum. 84 Gemeint ist hier der Schätzwert der in Rede stehenden Dienstbarkeit, vgl. Heumann/Seckel, Handlexikon zu den Quellen des römischen Rechts, S. 23 und Knütel/ Kupisch/Seiler/Behrends, Corpus Iuris Civilis IV, S. 220. 85 Weitere Nachweise für diese Begriffsverwendung finden sich in Gai. D 8.6.1; Ven. D 7.9.4; Pomp. D 30.38.1. 86 Nachweise für diese Verwendung lassen sich etwa in Thesaurus Linguae Latinae/Meister, Vol. IV, S. 259 ff. finden. Auf S. 267, Z. 75 findet sich zudem ein Nachweis für die etymologische Abstammung des Begriffs confusio von confundere. 87 Kieß, S. 199. 82 Confunditur
83 Knütel/Kupisch/Seiler/Behrends,
D. Konsolidation29 Ulp. 17 ed. D. 7.6.5pr. Uti frui ius sibi esse solus potest intendere, qui habet usum fructum, dominus autem fundi non potest, quia qui habet proprietatem, utendi fruendi ius separatum non habet […]. Einzig der, der ein Nießbrauch(-srecht) innehat, kann (innerhalb des Prozesses)88 behaupten, dass er ein Recht auf Gebrauch und Nutzung hat, der Eigentümer eines Grundstücks kann dies nicht, weil der, der das Eigentum hat, nicht noch ein getrenntes Recht auf Gebrauch und Nutzung besitzt.
Ulpian verneint hier ein ius separatum, in diesem Fall ein Nießbrauchrecht, des Grundstückseigentümers, welches diesem neben dem Eigentum zustehen könnte. Ven. 12 stip. D. 7.9.4 Si fructuarius proprietatem adsecutus fuerit, desinit quidem usus fructus ad eum pertinere propter confusionem: […]. Wenn ein Nießbraucher das Eigentum erlangt hat, hört der Nießbrauch wegen Konfusion auf, diesem zuzustehen.
Venuleius spricht davon, dass der Nießbrauch beim Zusammenfall mit dem Eigentum nicht mehr besteht. Aus diesen beiden Fragmenten wird deutlich, dass nach der Vereinigung von Nießbrauch und Eigentum nur noch das Eigentum existiert.89 Der Eigentümer hat grundsätzlich unbeschränkte Befugnis über die Sache. Diese volle Befugnis umfasst neben dem vollen Nutzungs- und Gebrauchsrecht und dem Verwertungsrecht auch alle Befugnisse, die diesem aus dem beschränkt dinglichen Recht zustehen könnten. Eine Ausnahme besteht in den Fällen, in denen ein Dritter vor der Vereinigung ebenfalls ein beschränkt dingliches Recht an der gleichen Sache hat und dieses durch die Konfusion nicht untergegangen ist.
88 Intendere ist in diesem Zusammenhang i. S. d. intentio als das Begehren des Klägers, vgl. Gaius Inst. 4.41, zu verstehen. 89 Eine andere Ansicht vertritt Pampaloni, Concetto classico dell’usufrutto, Bull. 22, S. 109. ff. Seiner Ansicht nach existieren nach der Konfusion eine nuda proprietas und ein ususfructus. Dagegen jedoch Kaser, Römisches Privatrecht I, § 106 I 2 und Kieß, S. 192. Außerdem steht dieser Auffasssung der eindeutige Wortlaut von Ven. 12 stip. D 7.9.4 entgegen: Si fructuarius proprietatem adsecutus fuerit, desinit quidem usus fructus ad eum pertinere propter confusionem […]. Hieraus ergibt sich, dass wenn der Nießbraucher das Eigentum erlangt, der Nießbrauch an diesem Eigentum wegen confusio aufhört zu existieren. Ein weiterer Fortbestand des ususfructus nach einer confusio kann demnach nicht bestätigt werden.
30 Einleitung
Die Verwendung des Begriffs consolidatio findet sich in den im Corpus Iuris Civilis überlieferten Quellen erst ab der Spätklassik.90 Ableiten lässt sich der Begriff Konsolidation von consolidare, was wörtlich übersetzt sichern oder festigen bedeutet, im übertragenen Sinne ist jedoch die Wiedervereinigung des Eigentums mit dem davon getrennten Nießbrauch in derselben Person gemeint.91 Ulp. 17 Sab. D. 7.2.3.2 […] si duobus usus fructus legetur et apud alterum sit consolidatus […] […] wenn zwei Personen ein Nießbrauch vermacht ist und [sich dieser] bei dem einen mit dem Eigentum vereinigt, […] Ulp. 17 Sab. D. 7.2.6pr. […] si apud unum ex tribus fructuariis consolidatus sit usus fructus. […] wenn bei einem von drei Nießbrauchern sich der Nießbrauch mit dem Eigentum vereinigt.
Anhand dieser beiden Stellen92 lässt sich erkennen, dass für die Vereinigung eines ususfructus (Nießbrauch) mit dem Eigentum jeweils eine Form von consolidare verwendet wird. Nun könnte man geneigt sein anzunehmen, dass ein begrifflicher Wandel ab der Spätklassik stattgefunden hat und für die dingliche Konfusion ab sofort nur noch der Begriff consolidatio Verwendung fand. Dies muss jedoch im Hinblick auf folgendes Fragment kritisch untersucht werden: Ulp. 18 Sab. D. 40.4.6 Si fructuarium dominus proprietatis heredem scripserit et servo sub condicione sit libertas data: quoniam interim fit heredis, confusione facta usus fructus, si extiterit condicio, perveniet ad libertatem. Wenn der Eigentümer den Nießbraucher (eines Sklaven)93 zu seinem Erben gemacht und dem Sklaven unter einer Bedingung die Freiheit geschenkt hat, so erlangt dieser (der Sklave), da er durch die Vereinigung des Nießbrauchs mit dem
90 Die Spätklassik reicht von 180 bis 235 n. Chr. und fällt damit in die Herrschaftszeit des Kaiser Commodus sowie der severischen Kaiserdynastie. Zu den bedeutsamsten Juristen dieser Zeit gehörten Papinian, Tryphonin, Paulus, Ulpian und dessen Schüler Modestinus, wobei deren umfangreiche Arbeiten eine große Bedeutung für die Digesten des Kaisers Justinian haben. 91 Heumann/Seckel, S. 97. 92 Ebenso I. 2.4.3 und D. 23. 3.78.2. 93 Das Nießbrauchsrecht besteht an dem Sklaven selbst. Im Unterschied zum heutigen BGB diente im Corpus Iuris Civilis als Ausgangspunkt eines Nießbrauchsrecht zwar das Grundstück als naheliegendste Sache einer Fruchtziehung, dieses wurde jedoch weiter ausgedehnt, unter anderem auch auf Sklaven, vgl. Kaser/Knütel/Lohsse, § 39 Rn. 4.
D. Konsolidation31 Eigentum(-stitel) inzwischen zum Eigentum des Erben geworden ist, die Freiheit, wenn die Bedingung erfüllt ist.94
Man könnte aus diesem Fragment schlussfolgern, dass für die Vereinigung des Nießbrauchs mit dem Eigentum des Erben wieder confusio und nicht, wie man zunächst annehmen könnte, consolidatio verwendet wird. Dafür ist jedoch eine genauere Untersuchung des angeführten Fragments Ulp. 18 Sab. D. 40.4.6 bezüglich dessen Herkunft notwendig. Es handelt sich dabei um einen Auszug aus dem Kommentar des Ulpian zum Werk „ius civile“ des älteren Juristen Masurius Sabinus. Aus diesem Grunde kann aus der Verwendung des Terminus confusio nicht zwingend gefolgert werden, dass es bezüglich der dinglichen Vereinigung zu keiner konsequenten Begriffsverwendung gekommen ist.95 Vielmehr könnte die Verwendung des Begriffs confusio in besagtem Fragment auch der kommentierten Quelle geschuldet sein.96 Ulpian könnte die Terminologie von Sabinus lediglich übernommen bzw. wiedergegeben haben. Aus diesen Vergleichen ergibt sich hinsichtlich der Begriffsbildung für den Vorgang der Vereinigung eines beschränkt dinglichen Rechts mit dem Eigentum, dass dieser zunächst ausschließlich mit confusio oder confundere beschrieben wurde. Später wurde zusätzlich consolidare oder consolidatio verwendet. Ob es jedoch in der Folge zu einer einheitlichen Verwendung des Terminus consolidatio für die dingliche Vereinigung kam, lässt sich aufgrund der nicht eindeutig herleitbaren Terminierung in Ulp. 18 Sab. D. 40.4.6 nicht abschließend klären. Es lässt sich zusammenfassend festhalten, dass die römischen Juristen der verschiedenen Epochen zumindest begrifflich nicht konsequent zwischen dinglicher und obligatorischer confusio unterschieden haben. Konkret bezogen auf die dingliche Vereinigung kann jedoch nicht mit endgültiger Sicherheit gesagt werden, dass dafür nicht ausschließlich der Terminus consolidatio verwendet worden ist. 94 Durch den Eintritt der Erbschaft wurde der Nießbraucher Eigentümer des Sklaven. Durch Konfusion erlosch dabei der Nießbrauch. Beim späteren Bedingungseintritt erlangte der Sklave die Freiheit, ohne mit einem Nießbrauch belastet zu sein. Grundsätzlich steht es dem Eigentümer eines Nießbrauchssklaven nur mit dem Einverständnis des Nießbrauchers frei, den Nießbrauch erlöschen zu lassen. Von diesem Einverständnis kann aufgrund der auch vom Nießbraucher herbeigeführten Konfusion infolge dessen Erbschaftsantritts ausgegangen werden. Ein mögliches Zurückbehaltungsrecht des Erben hinsichtlich des Nießbrauchs wird im vorliegenden Fragment nicht erwogen, sondern es kommt zu einem endgültigen Erlöschen des Nießbrauchs, vgl. Kieß, S. 17 f. 95 Dies vertritt jedoch Kieß, S. 201 unter Bezugnahme auf Ulp. 18. Sab. D. 40.4.6. 96 Gleiches gilt für die beiden zuvor genannten Quellen. Auch diese stammen aus Ulpians Kommentar zum Ius Civile, nur eben aus dem 17. und nicht aus dem 18. Buch.
32 Einleitung
b) Rechtsfolgen der Konsolidation im römischen Recht Hinsichtlich der Rechtsfolgen der confusio beziehungsweise consolidatio galt im römischen Recht der Grundsatz, dass Nießbrauch, Pfandrechte und Dienstbarkeiten im Falle der Vereinigung mit dem Eigentum in einer Person erlöschen. Dieser Grundsatz scheint jedoch in diversen Fällen durchbrochen zu werden. Um eine strukturierte Darstellung der Rechtsfolgen zu ermöglichen, wird eine Aufteilung in einzelne beschränkt dingliche Rechte vorgenommen. aa) Nießbrauch Beim Nießbrauch ergibt sich bereits aus einer Quelle der Institutiones, dass der Nießbrauch grundsätzlich beim Zusammenfall mit dem Eigentum erlischt. I. 2.4.3 […] item finitur usus fructus, si domino proprietatis ab usufructuario cedatur (nam extraneo cedendo nihil agitur): vel ex contrario si fructuarius proprietatem rei adquisierit, quae res consolidatio appellatur. Ebenfalls endet der Nießbrauch, wenn er dem Eigentümer vom Nießbraucher abgetreten wird97 (denn beim Abtreten an einen Außenstehenden (gemeint ist hier der Dritte) geschieht nichts): Oder wenn im Gegensatz dazu der Nießbraucher das Eigentum an der Sache erwirbt, was „Konsolidation“ genannt wird.
Anhand dieser Quelle lässt sich erkennen, dass ein Nießbrauchsrecht erlischt, sollte es mit dem Eigentum zusammenfallen.98 Das Erlöschen wird im Falle des Nießbrauchs damit begründet, dass der Eigentümer nicht noch zusätzlich ein ius separatum in Form eines Nießbrauchsrechts innehat. In diesem Fall erstarkt das „nackte“ Eigentum, die nuda proprietas, mit dem Erlöschen des Nießbrauchs zur plena potestas, dem Vollrecht.99 Der Eigentümer kann daher kein beschränkt dingliches Recht an seiner eigenen Sache haben.100 Be97 Der Nießbrauch ist im römischen Recht jedoch höchstpersönlich und kann demnach nicht übertragen oder vererbt werden, vgl. Kaser/Knütel/Lohsse, Römisches Privatrecht, § 39 Rn. 1. Kieß, S. 13 stellt deshalb fest, dass es sich bei dieser Abtretung um einen Aufhebungsvertag handelt. 98 Durch die Vereinigung mit dem Eigentum erstarkt der Nießbrauch zur plena proprietas, vgl. Kaser, in: FS Koschaker I, Geteiltes Eigentum im älteren römischen Recht, S. 473 f. 99 Willems, Justinian als Ökonom, S. 254. 100 Ebenso Kieß, S. 14 zur Frage, ob dieser Grundsatz an mehreren Stellen durchbrochen wird, mit der Folge, dass die römischen Juristen unter gewissen Voraussetzungen doch ein Nießbrauch an der eigenen Sache anerkannt haben, siehe die sehr ausführlichen Untersuchungen von Kieß, S. 23 ff.
D. Konsolidation33
legen lässt sich dies anhand der oben bereits genannten Quelle Ulp. 17 Sab. D. 7.6.5pr.101 Abweichend von diesem Grundsatz lassen einige Quellen102 darauf schließen, dass ein Nießbrauch nach seinem Untergang im Konfusionsfall neu begründet wird. Im Ergebnis beruht die Neubestellung jedoch nicht auf der Dogmatik des Nießbrauchs, sondern auf anderen Umständen.103 Daraus kann geschlossen werden, dass die römischen Juristen auch in diesen Fällen keine Einschränkung der Rechtsfolge der confusio vornahmen, es sei denn, solche Ausnahmen ergaben sich aus der Dogmatik anderer Rechtsinstitute.104 Auch in Fällen, in denen eine Neubegründung eines Nießbrauchsrechts aus Gründen der Interessengerechtigkeit nahe liegen würde, wird diese abgelehnt. Zwei dieser Quellen betreffen den Fall, dass der Nießbraucher, der das Eigentum an der Sache erworben hat, dieses wieder verliert. Fraglich ist, ob in diesen Fällen eine Neubegründung oder ein Wiederaufleben des Nießbrauchsrechts erfolgt. Iul. 35 dig. D. 7.4.17 Si tibi fundi usus fructus pure, proprietas autem sub condicione Titio legata fuerit, pendente condicione dominium proprietatis adquisieris, deinde condicio extiterit, pleno iure fundum Titius habebit neque interest, quod detracto usu fructu proprietas legata sit: enim dum proprietatem adquiris, ius omne legati usus fructus amisisti. Wenn Dir der Nießbrauch an einem Grundstück rein (unbelastet), das Eigentum dem Titus aber unter einer Bedingung vermacht worden ist, und Du das Eigentum am Grundstück während des Schwebens der Bedingung erwirbst und dann die Bedingung eintritt, wird Titus das Grundstück von Rechts wegen erhalten und es ist irrelevant, dass (ihm) das Eigentum, mit einem Nießbrauch belastet, vermacht worden ist: Denn während Du das Eigentum erworben hast, hast Du das gesamte Recht an dem vermachten Nießbrauch verloren.
Aus dieser Digestenstelle des Julian ergibt sich, dass Titius das Eigentum im Gesamten und nicht belastet mit dem Nießbrauchsrecht des Tu erhält. Unberücksichtigt bleibt dabei, dass Titius dieses Grundstück vor Eintritt der Bedingung lediglich mit dem Nießbrauchsrecht des Tu belastet erhalten sollte. Durch den zunächst erfolgten Eigentumserwerb des Tu, der nach dessen Erwerb des Nießbrauchs aber vor Bedingungseintritt erfolgte, ist das 101 Uti frui ius sibi esse solus potest intendere, qui habet usum fructum, dominus autem fundi non potest, quia qui habet proprietatem, utendi fruendi ius separatum non habet.[…]. 102 D. 38.2.35; D 7.1.57pr; D. 7.1.34pr. 103 Kieß, S. 34. Genaue Ausführungen bezüglich möglicher Ausnahmen von diesem Grundsatz finden sich etwa bei Sachs, S. 23; Pampaloni, Bull. 22, S. 134; Kretschmar, S. 31; Kieß S. 15 ff.; Liebs, Römisches Recht, S. 150 f. 104 So auch Kieß, S. 23.
34 Einleitung
Nießbrauchsrecht durch confusio erloschen, womit Tu die plena proprietas innehatte. Verliert Tu das Eigentum jetzt wieder, in diesem Fall durch Eintritt der Bedingung,105 könnte es interessengerecht sein, dessen Nießbrauchsrecht wieder aufleben zu lassen. Dies ist laut Julian jedoch eindeutig nicht der Fall. Nach Julian steht dem Erwerb der plena proprietas durch Titius der „Vorbehalt des Nießbrauchs im Legat des Grundstücks“106 nicht entgegen. Dieses Ergebnis widerspricht auch nicht den Grundsätzen der Interessengerechtigkeit, zumal der Tu durch den Erwerb des Grundstücks das Erlöschen des Nießbrauchs selbst herbeigeführt hat.107 Eine ähnliche Situation beschreibt Ulpian in der bereits oben genannten Digestenstelle Ulp. 18. Sab. D. 40.4.6.108 Auch dort erlischt der Nießbrauch infolge von Konfusion endgültig. Mit dem Eintritt der Bedingung wird der Sklave frei und zwar unbelastet von dem Nießbrauchsrecht.109 Trotz des nur kurzen Zeitraums zwischen Erbschaftsantritt des Nießbrauchers und Eintritt der Bedingung, durch die der Sklave die Freiheit erlangte, diskutiert Ulpian keine Neubegründung eines Nießbrauchsrechts am Sklaven. Der ehemalige Nießbraucher geht auch hier im Ergebnis leer aus. Diese beiden Digestenstellen zeigen, dass im römischen Recht auch, wenn es aus Interessensicht geboten wäre, den Nießbrauch aufrecht zu erhalten oder neu zu begründen, dieser endgültig erlischt. Dies steht im Gegensatz zu den bereits oben genannten Normen des BGB, wenn etwa § 1063 II BGB anordnet, dass der Nießbrauch nicht erlischt, sollte der Eigentümer ein berechtigtes Interesse an dessen Fortbestand haben. Zusammengefasst lässt sich sagen, dass der Nießbrauch stets im Vereinigungsfall mit dem Eigentum erlischt. Dies gilt auch in den Fällen, in denen eine andere Entscheidung aus Gründen der Interessengerechtigkeit nahe liegen würde. Dies lässt vermuten, dass die römischen Juristen den Nießbrauch schnellstmöglich erlöschen lassen wollten.110 Alternativ kann diese Handhabung auch daran liegen, dass für diese denklogisch unmöglich war, einen Nießbrauch an der eigenen Sache zu haben. 105 Das Grundstück war dem Titius per vindicationem, also durch Vindikationslegat vermacht worden, womit dieser das Grundstück bei Bedingungseintritt mit absoluter Wirkung erwirbt. Siehe für die jeweiligen Formen der Bestellung eines ususfructus Kaser, RP I, I 4a; Kaser/Knütel/Lohsse, § 39 Rn. 10. Explizit zum vorliegenden Fall auch Kieß, S. 16. 106 Kieß, S. 16. 107 Dieses Ergebnis halten jedoch etwa Kretschmar, S. 32 und Sachs, S. 23 für „befremdlich“ bzw. der „alten Jurisprudenz“ zugehörig. 108 Vgl. Einleitung D. II. 1. a). 109 Er ist also kein sogenannter servus sine domino, der mit einem Nießbrauchsrecht belastet ist, sondern erlangte seine Freiheit uneingeschränkt. Zum Begriff des servus sine domino siehe Espinosa Soedert, Manumisión del servus fructuarius, Jura 37, S. 75 ff. 110 So auch Kieß, S. 35.
D. Konsolidation35
Abweichend von dem Grundsatz des Erlöschens findet sich nur eine Stelle, die die Konfusionswirkung im Falle der Vereinigung von Nießbrauch und Eigentum im Rahmen eines ius adcrescendi (Anwachsungsrechts) verneint: Ulp. 17 Sab. D. 7.2.3.2 Non solum autem si duobus do lego usus fructus legetur, erit ius adcrescendi, verum et si alteri usus fructus, alteri proprietas: nam amittente usum fructum altero, cui erat legatus, magis iure adcrescendi ad alterum pertinet quam redit ad proprietatem. Nec novum: nam et si duobus usus fructus legetur et apud alterum sit consolidatus, ius adcrescendi non perit nec ei, apud quem consolidatus est, neque ab eo, et ipse quibus modis amitteret ante consolidationem, iisdem et nunc ipso quidem iure non amittet, sed praetor sebsecutus exemplum iuris civilis utilem actionem dabit fructuario. […] Ein Anwachsungsrecht besteht nicht nur dann, wenn zweien durch Vindikationslegat ein Nießbrauch vermacht worden ist, sondern auch dann, wenn dem einen der Nießbrauch und dem anderen das Eigentum durch Vermächtnis zugesprochen wird: wenn derjenige, dem der Nießbrauch vermacht worden war, diesen wieder verliert, kommt er eher dem anderen durch Anwachsungsrecht zu, als zum Eigentum zurückzukehren. Und das ist nichts Neues: Denn auch dann, wenn zweien ein Nießbrauch vermacht ist und sich dieser bei einem mit dem Eigentum vereinigt, geht das Anwachsungsrecht weder dem verloren, bei dem die Vereinigung (mit dem Eigentum) erfolgt ist, noch verliert der andere das Recht, von diesem durch Anwachsung zu erwerben. Auf die gleiche Weise, auf die er vor der Vereinigung (mit dem Eigentum) den Nießbrauch verloren hätte, würde er ihn zwar nun nicht verlieren, jedoch wird der Praetor dem Nießbraucher eine actio utilis nach dem Vorbild des ius civile gewähren.
Ulpian stellt in dem ersten geschilderten Fall zunächst fest, dass ein Anwachsungsrecht111 nicht nur dann besteht, wenn zwei Legataren ein Nießbrauch vermacht wird, sondern auch dann, wenn dem einen Legatar ein Nießbrauch und dem anderen das volle Eigentum per vindicationem vermacht wird. Sollte derjenige, dem zuvor der Nießbrauch vermacht worden ist, diesen nun wieder verlieren, soll der Nießbrauch eher demjenigen zukommen, dem zuvor das Eigentum kraft Vermächtnisses zugesprochen wurde, als dass der Nießbrauch zum ursprünglichen Eigentum zurückkehrt, ergo Konsolidation eintritt. Mit dem durch nec novum eingeleiteten Satz erläutert Ulpian 111 Das Anwachsungsrecht (ius adcrescendi) beschreibt im römischen Recht grundsätzlich den Fall, dass sich unter gewissen Voraussetzungen der Anteil eines Rechts an einem Gegenstand bei einer Person, dem sog. Anwachsungsberechtigten, um einen gewissen Umfang vergrößert. Dies geht in den überwiegenden Fällen mit einem Verlust um den jeweiligen Anteil des Rechts einer oder mehrerer anderer Personen einher. Der Anteil an dem jeweiligen Recht wächst somit dem Anwachsungsberechtigten an. Ausführlich zum Anwachsungsrecht im römischen Recht Lohsse, ius adcrescendi. Konkret zum Anwachsungsrecht beim Nießbrauch auch Kieß, S. 23 ff., sowie explizit zu D. 7.2.3.2 Baldessarelli, La ricostruzione giuridica italiana del concetto romano di ususfructus, RIDA 38, S. 54 ff.
36 Einleitung
seine Position: In dem nun beschriebenen zweiten Fall gibt es zunächst, im Unterschied zum ersten Fall, zwei Nießbrauchslegatare. Beim Ausfall eines der beiden würde der andere Nießbrauchsberechtigte alleiniger Inhaber des gesamten Nießbrauchs.112 Bei einem dieser beiden vereinigt sich sodann der Nießbrauch mit dem Eigentum. Dadurch erlischt bei diesem der Nießbrauch aufgrund von consolidatio.113 Beiden Kollegataren soll aber weiterhin ein Anwachsungsrecht zustehen. Daraus lässt sich entnehmen, dass ein Anwachsungsberechtigter im Zeitpunkt der Anwachsung nicht mehr Nießbraucher sein muss. Trotz des Verlustes seines Nießbrauchsrechts durch consolidatio bleibt derjenige, bei dem sich der Nießbrauch mit dem Eigentum vereinigt hat, weiterhin anwachsungsberechtigt. Trotz des Verlustes des Nießbrauchsrechts des Eigentümers durch consolidatio und durch die Anerkennung des Anwachsungsrechts des Nurnießbrauchers werden die Wirkungen der Konfusion in diesem Fall verneint.114 Stellt man nun eine Verbindung zwischen den beiden in der Quelle genannten Fällen her, erkennt man, dass es für Ulpian keinen Unterschied macht, ob der wegen des Nießbrauchslegats Anwachsungsberechtigte von vorneherein das Eigentum und damit verbunden auch das Nutzungs- und Gebrauchsrecht (uti frui) erwirbt, oder ob dieser erst nachträglich das Eigentum erlangt.115 bb) Pfandrecht Die Rechtsfolge der dinglichen Konfusion im Falle der Vereinigung eines Pfandrechts116 und des Eigentums in einem Rechtssubjekt beschreibt etwa Iul. 44 dig. D. 13.7.29: Si rem alienam bona fide emeris et mihi pignori dederis ac precario rogaveris, deinde me dominus heredem instituerit, desinet pignus esse et sola precarii rogatio supererit: […]
S. 192. auch Lohsse, S. 192. Etwaige Stimmen in der Literatur, die Bedenken hinsichtlich der Verwendung des Begriffs Konsolidation äußern, können nicht überzeugen. Siehe etwa von Beseler, Studi Riccobono I, S. 311; Wolff, in: FS Schulz II, S. 156. 114 Daraus kann jedoch nicht geschlussfolgert werden, dass die römischen Juristen in diesem Fall einen Nießbrauch an der eigenen Sache anerkannt haben. So auch Kieß, S. 35. 115 So auch Solazzi, L’estinzione dell’obbligazione nel diritto romano I, S. 234; Bretone, Usufrutto, S. 154; Lohsse, S. 193; Schmitt-Ott, Pauli Quaestiones. Eigenart und Textgeschichte einer spätklassischen Juristenschrift, S. 170 f. 116 Nicht zu verwechseln ist die dingliche Vereinigung des Pfandrechts mit dem Eigentum und der Fall, in dem das Pfandrecht aufgrund seiner Akzessorietät durch die obligatorische Vereinigung von Hauptforderung und Verbindlichkeit erlischt. 112 Lohsse, 113 So
D. Konsolidation37 Wenn Du eine fremde Sache in gutem Glauben gekauft hast, mir als Pfand gegeben und sie im Wege der Bittleihe zurückerbeten hast,117 der Eigentümer mich darauf zum Erben einsetzt, erlischt das Pfandrecht und einzig die Bittleihe bleibt übrig.
In dieser Quelle beschreibt Julian, dass durch eine Vereinigung von Pfandrecht und Eigentum im Falle eines Erbfalls das Pfandrecht erlischt.118 In einer weiteren Quelle bei Ulpian wird dies ebenfalls deutlich. Zudem bietet sie einen Nachweis für den oben bereits erläuterten Grundsatz nulli res sua servit. Ulp. 30 lib. D. 50.17.45: Neque pignus neque depositum neque precarium neque emptio neque locatio rei suae consistere potest. An der eigenen Sache kann weder ein Pfandrecht noch eine Hinterlegung, noch eine Bittleihe, noch ein Kauf oder Miete bestehen.
Aus dieser Quelle ergibt sich, dass an der eigenen Sache neben dem Eigentum kein weiteres Recht bestehen kann. Ob dies jedoch ohne Einschränkung gültig ist, ist nach wie vor umstritten: Angeführt für eine solche scheinbare Einschränkung wird eine weitere Digestenstelle: Paul. 10 quaest. D. 44.2.30.1: Latinus Largus: cum de hereditate inter Maevium, ad quem pertinebat, et Titium, qui controversiam moverat, transigeretur, traditio rerum hereditariarum Maevio heredi a Titio facta est, in qua traditione etiam fundum ei suum proprium, quem ante multos annos avo eiusdem Maevii heredis obligaverat quemque alii postea in obligationem deduxerat, ex causa pacti tradidit. His gestis posterior Titii creditor ius suum persecutus est et optinuit. Post hoc iudicium Maevius heres repperit in rebus avitis chirographum eiusdem Titii ante multos annos conscriptum, per quod apparuit eum fundum, qui in causam transactionis venerat, etiam avo suo ab eodem Titio fuisse obligatum. cum ergo constet prius avo Maevii heredis in obligationem eundem fundum datum, de quo Maevius superatus est, quaero, an ius avi sui, quod tunc, cum de eodem fundo ageretur, ignorabat, nulla exceptione opposita exsequi possit. Respondi: si de proprietate fundi litigatur et secundum actorem pronuntiatum fuisset, diceremus petenti ei, qui in priore iudicio victus est, obstaturam rei iudicatae exceptionem, quoniam de eius quoque iure quaesitum videtur, cum actor petitionem implet. Quod si possessor absolutus amissa possessione eundem ab eodem, qui prius non optinuit, peteret, non obesset ei exceptio: nihil enim in suo iudicio de iure eius statutum videretur. Cum autem pigneraticia actum est 117 Precarium beschreibt ein Rechtsverhältnis, bei dem eine Sache einem anderen widerruflich zum Gebrauch überlassen wurde, vgl. Heumann/Seckel, S. 456; Kaser/ Knütel/Lohsse, § 29 Rn. 14. 118 Weitere Nachweise für diese Rechtsfolge bieten etwa D. 44.2.30.1 und D. 31.85.
38 Einleitung adversus priorem creditorem, potest fieri, ut de iure possessoris non sit quaesitum, quia non, ut in proprietatis quaestione quod meum est alterius non est, ita in obligatione utique consequens est, ut non sit alii obligatum, quod hic probabit sibi teneri. Et probabilius dicitur non obstare exceptionem, quoniam de iure possessoris quaesitum non est, sed de sola obligatione. In proposita autem quaestione magis me illud movet, numquid pignoris ius extinctum sit dominio adquisito: neque enim potest pignus perseverare domino constituto creditore. Actio tamen pigneraticia competit: verum est enim et pigneri datum et satisfactum non esse, quare puto non obstare rei iudicatae exceptionem. Latinus Largus schrieb, dass zwischen Maevius, dem die Erbschaft gehörte, und Titius, der den Streit ausgelöst hatte, ein Vergleich hinsichtlich der Erbschaft geschlossen wurde und die Übertragung der zur Erbschaft gehörenden Sachen (des Nachlasses) an den Erben Maevius durch Titius erfolgte, und in dieser Übertragung übertrug er (Titius), aufgrund der Vereinbarung, auch Land, das sich in seinem Eigentum befand und das er viele Jahre zuvor dem Großvater des besagten Erben Maevius verpfändet hatte und das er danach einem anderen als Pfand gegeben hat. Aufgrund dieser Geschäfte verfolgte der spätere Gläubiger des Titius sein Recht und hatte Erfolg. Nach diesem Urteil entdeckte der Erbe Maevius in den Sachen des Großvaters eine handschriftliche Urkunde jenes Titius, die viele Jahre zuvor geschrieben worden war und aus der hervorging, dass dieses Grundstück, das zum Gegenstand des Vergleichs geworden war, auch von jenem Titius dem Großvater als Pfand gegeben worden war. Da es also feststeht, dass das besagte Land, bezüglich dessen Maevius besiegt worden ist,119 zuerst dem Großvater des Erben Maevius verpfändet worden ist, frage ich mich, ob das Recht seines Großvaters, von dem er zum Zeitpunkt der Klageerhebung hinsichtlich des besagten Landes keine Kenntnis hatte, ohne eine diesem entgegenstehende Einrede geltend gemacht werden kann. Ich habe geantwortet: wenn über das Eigentum am Grundstück prozessiert wird und der zweite Kläger (zum Eigentümer) ausgerufen worden ist, sollten wir sagen, dass die entgegenstehende Einrede der res iudicata120 gegen den Anspruch desjenigen greifen würde, der in der vorherigen Klage besiegt worden ist, da, wenn der Kläger seinen Anspruch geltend macht, auch das Recht des Ersteren in Frage steht. Aber wenn der Besitzer, nachdem er obsiegt hat, seinen Besitz verlieren würde und das Eigentum von demjenigen, der zuvor nicht obsiegte, verlangen würde, würde diese Einrede nicht entgegenstehen. Denn es scheint, dass in seiner Klage nichts bezüglich seines Rechts entschieden worden ist. Wenn aber die Pfandklage gegen den ersten Gläubiger erhoben wurde, kann es sein, dass das Recht des Besitzers nicht streitig war, weil bei einem Pfand jedenfalls nicht folgt, dass das, was er hier beweisen wird, dass er es erhalten hat, nicht einem anderen verpfändet wurde, gleichsam bei einer Frage bezüglich des Eigentums, wo das, 119 Gemeint ist hier, dass Maevius hinsichtlich des Eigentums an besagtem Grundstück gerichtlich unterlag. 120 Die res iudicata bezeichnet ein rechtskräftig ergangenes Urteil. Im römischen Zivilprozess wird die Rechtskraft des Urteils nicht von Amts wegen festgesetzt. Aufgrund dessen hat der Kläger die Möglichkeit erneut zu klagen. Es liegt grundsätzlich am Beklagten, ob der gegen diese erneute Klage die exceptio rei iudicatae erheben möchte, vgl. Kaser/Knütel/Lohsse, § 10 Rn. 12.
D. Konsolidation39 was mir gehört, nicht einem anderen gehört. Und es ist richtiger zu sagen, dass die Einrede nicht greift, da nicht das Recht des Besitzers in Frage steht, sondern einzig die Pfandverpflichtung. Im Übrigen bewegt mich aber jene Frage mehr, ob das Pfandrecht beim Zusammentreffen mit dem Eigentum erloschen ist. Denn ein Pfandrecht kann nicht fortbestehen, wenn der Gläubiger zum Eigentümer wird. Die Pfandklage besteht dennoch. Denn es ist wahr, dass ein Pfandrecht vergeben wurde und Befriedigung nicht eingetreten ist, daher glaube ich, dass die Einrede der res iudicata nicht schadet.
Dem Großvater des Maevius wurde durch Titius ein Pfandrecht an einem Grundstück eingeräumt. Später verpfändete Titius das Grundstück erneut an einen Dritten. Die vorangegangene Verpfändung an den Großvater des Maevius war in Vergessenheit geraten. Maevius beerbt im Folgenden seinen Großvater und schließt mit Titius einen Vergleich, im Zuge dessen auch das zweifach verpfändete Grundstück von Titius an Maevius übertragen worden ist. Dasselbe Grundstück wurde dem Maevius durch den zweiten Pfandgläubiger wieder abgestritten. Im Folgenden erlangt Maevius Kenntnis von der zeitlich zuvor erfolgten Verpfändung des Grundstücks an seinen Großvater und fordert wiederum Herausgabe des Grundstücks. Paulus diskutiert im Folgenden ausführlich die Frage, ob Maevius sein Recht durchsetzen kann oder ob dem die exceptio rei iudicatae entgegensteht.121 Neben diesen Ausführungen wendet sich Paulus jedoch einer weiteren Problematik zu: der Rechtsfolge des Zusammenfalls von Pfandrecht und Eigentum. Unbestritten ist, dass das Pfandrecht des Großvaters im Zuge der Übereignung des Grundstücks an Maevius erloschen ist. Dem Maevius steht zudem weiterhin die actio pigneraticia oder actio Serviana122 zu. Dieser steht laut Paulus auch die exceptio res iudicata nicht entgegen. Diese Quelle führt innerhalb der Fachliteratur zu Uneinigkeit darüber, ob dort das Pfandrecht als Rechtsfolge der Konfusion in gewissen Fällen gerade nicht erlischt.123 Gegen diese Auffassung spricht jedoch schon der Wortlaut der Quelle, der mit neque enim potest pignus perseverare domino constituto creditore eindeutig von einem Erlöschen des Pfandrechts spricht. Daneben bleibt nach Paulus in Folge der Konfusion von Pfandrecht und Eigentum die 121 Ausführlich hierzu etwa Wieling, Subjektive Reichweite der materiellen Rechtskraft im römischen Recht, ZRG-RA 102, S. 315. 122 Die dingliche Pfandklage wurde daneben auch mit vindicatio pignoris bezeichnet, vgl. Kaser, RP I, § 111 IV 3. 123 Dieser Ansicht folgen etwa Mosler, Zur Lehre von der Konfusion nach gemeinem römischen Recht, S. 28 ff. und Kretschmar, S. 58 ff. Diese vertreten, dass ein Pfandrecht nicht durch Konfusion erlöschen könne, wenn noch ein weiteres nachrangiges Pfandrecht an dem gleichen Grundstück bestehe. Sie verlangen für ein Erlöschen durch Konfusion eine „vollständige Identität zwischen Berechtigtem und Verpflichtetem“. Zu den einzelnen Nachweisen und einer Übersicht der widerstreitenden Interessen siehe Kieß, S. 58.
40 Einleitung
Klage, die sogenannte actio Serviana,124 aus dem Pfandrecht gegen den Eigentümer des Grundstücks bestehen: Actio tamen pigneraticia125 competit. Dies ändert jedoch nichts an der Tatsache, dass das Pfandrecht als solches durch Konfusion erloschen ist. Dass die actio Serviana trotz des Erlöschens des beschränkt dinglichen Rechts bestehen bleiben kann, rechtfertigt sich daraus, dass der Wortlaut der Formel der actio Serviana das Erlöschen des dinglichen Rechts, auch durch confusio, nicht berücksichtigt.126 Diese entfällt nur dann, wenn vollständig auf die gesicherte Forderung geleistet wurde oder ein Gläubigerverzug vorliegt.127 Die Konfusion und das damit einhergehende Erlöschen des Pfandrechts hat somit keinen Einfluss auf das Fortbestehen der actio Serviana.128 Eine ähnliche Situation beschreibt Paul. quart. quaest. D. 36.1.61,129 in der das Pfandrecht ebenfalls endgültig durch Konfusion er124 Es handelt sich hierbei um eine dingliche Pfandklage, die bei ihrem Erfolg dem Verpächter neben einer erstmaligen Besitzerlangung auch eine Wiedergewinnung des verlorenen Besitzes gewährt, vgl. Kaser, RP I, § 111 IV 3; Kaser/Knütel/Lohsse, § 41 Rn. 39. 125 Actio pigneraticia stellt lediglich eine andere Bezeichnung der actio Serviana dar, vgl. Kaser, RP I, § 111 IV 3. Für eine detaillierte Erläuterung hinsichtlich der unterschiedlichen Begriffsverwendungen der Pfandrechtsklage siehe Babusiaux/Baldus/Ernst/Meissel/Platschek/Rüfner/Schanbacher, Handbuch des römischen Privatrechts I, § 48 Rn. 26. 126 Diese Formel lautet: Si paret inter Aulum Agerium et Lucium Titium convenisse, ut ea res qua de agitur Aulo Agerio pignori esset propter pecuniam debitam, eamque rem tunc, cum conveniebat, in bonis Lucii Titii fuisse eamque pecuniam neque solutam neque eo nomine satisfactum esse neque per Aulum Agerium stare quominus solvatur, nisi ea res arbitrio iudicis restituetur, quanti ea res erit, tantam pecuniam iudex Numerium Negidium Aulo Agerio condemnato; si non paret absolvito. Anhand dieser Formel können die Voraussetzungen für das Bestehen oder den Untergang von Pfandrechten abgelesen werden. Die einzelnen Voraussetzungen sehr detailliert beleuchtend, Babusiaux/Baldus/Ernst/Meissel/Platschek/Rüfner/Schanbacher, § 48 Rn. 27 ff. 127 So auch Wesenberg, Symb. Taubenschlag I, Dogmengeschichte der schuldrechtlichen confusio, S. 561; Kieß, S. 58. Anders Hinker, Rez. P. Kieß, Die confusio im klassischen römischen Recht, ZRG-RA 115, S. 561, der die Gewährung der actio serviana im vorliegenden Fall als bewussten Schritt des Paulus in Richtung der Anerkennung eines Pfandrechts an der eigenen Sache einordnet. 128 So auch Babusiaux/Baldus/Ernst/Meissel/Platschek/Rüfner/Schanbacher, § 48 Rn. 54; Ankum, Das Verhältnis zwischen Latinus Largus und Iulius Paulus in D. 44.2.30.1, in: FS Hausmaninger, S. 1 ff. 129 Debitor sub pignore creditorem heredem instituit eumque rogavit restituere hereditatem filiae suae, id est testatoris: cum nollet adire ut suspectam, coactus iussu praetoris adit et restituit: cum emptorem pignoris non inveniret, desiderabat permitti sibi iure dominii id possidere. Respondi: aditione quidem hereditatis confusa obligatio est: videamus autem, ne et pignus liberatum sit sublata naturali obligatione. Atquin sive possidet creditor actor idemque heres rem sive non possidet, videamus de effectu rei. Et si possidet, nulla actione a fideicommissario conveniri potest, neque pigneraticia, quoniam hereditaria est actio, neque fideicommissum, quasi minus res-
D. Konsolidation41
loschen ist und dennoch die actio Serviana bestehen bleibt. Paulus übergeht gewissermaßen in beiden Quellen die Wirkung der confusio und gewährt dem Pfandgläubiger zu dessen Schutz trotz Untergang des Pfandrechts durch confusio die dingliche Pfandrechtsklage.130 Auch im Rahmen der Pfandrechte lässt sich demnach feststellen, dass ein solches im Konfusionsfall endgültig erlischt. Eine mit § 1256 II BGB vergleichbare Regelung findet sich im Corpus Iuris Civilis nicht. cc) Dienstbarkeit Im Grundsatz erlischt auch eine Dienstbarkeit im Falle einer Vereinigung des Eigentums am dienenden Grundstück mit dem am herrschenden Grundstück. Dies lässt sich folgenden Digestenstellen unzweifelhaft entnehmen: Gai. 7 ed. prov. D. 8.6.1: Servitutes praediorum confunduntur, si idem utriusque praedii dominus esse coe perit. Dienstbarkeiten an Grundstücken erlöschen durch Vereinigung, sobald dieselbe Person Eigentümer beider Grundstücke wird.
tituerit, recte petetur: quod eveniret, si nullum pignus intercessisset: possidet enim eam rem quasi creditor. Sed et si fideicommissarius rem teneat, et hic serviana actio tenebit: verum est enim non esse solutam pecuniam, quemadmodum dicimus, cum amissa est actio propter exceptionem. Igitur non tantum retentio, sed etiam petitio pignoris nomine competit et solutum non repetetur. Remanet ergo propter pignus naturalis obligatio. In re autem integra non putarem compellendum adire, nisi prius de indemnitate esset ei cautum vel soluta pecunia esset: nam et cum de lucro heres scriptus a sit, quod forte legatum accepit, si heres non extitisset, responsum est non esse cogendum adire nisi legato praestito. Ubi quidem potuit dici nec cogendum esse heredem adire quodammodo contra voluntatem defuncti, qui legando heredi, si non adisset, in ipsius voluntate posuit aditionem: sed cum testator alterutrum dederit, nos utrumque ei praestamus. 130 Kieß, S. 59, 164 ff. Dagegen Wacke, in: FS Medicus, S. 573 ff., der annimmt, dass Paulus ein Erlöschen des akzessorischen Pfandrechts aufgrund von Konfusion verneinen würde und seine noch zu erörternde abweichende Ansicht hinsichtlich der Rechtsfolgen der Konfusion auch darauf aufbaut, dass in der dargelegten Digestenquelle Paulus davon ausgeht, dass in Folge der Konfusion eine unklagbare Forderung (naturalis obligatio) übrig bleibt. Den von Wacke angeführten Satz hält Kieß für nachklassich, vgl. Kieß, S. 167 mit weiteren Nachweisen. Genaueres zu der Ansicht Wackes vgl. 3. Kapitel B. II. Vielmehr führt die Konfusion jedoch unzweifelhaft zu einem endgültigen Erlöschen des Pfandrechts. Dem Erben steht jedoch weiterhin aus oben bereits genannten Gründen die actio Serviana zu. So neben den bereits Genannten ebenfalls vertreten von von Beseler, SZ, S. 51, 75; Siber, Römisches Recht in Grundzügen für die Vorlesung I, S. 70; Pringsheim, Gesammelte Abhandlungen I, S. 377 f.; Solazzi, S. 298 ff.
42 Einleitung Paul 15 Sab D. 8.2.30pr.: Si quis aedes, quae suis aedibus servirent, cum emisset traditas sibi accepit, confusa sublataque servitus est, et si rursus vendere vult, nominatim imponenda servitus est: alioquin liberae veniunt. Wenn irgendjemand ein Haus, an dem zu seinen Gunsten eine Dienstbarkeit besteht, kauft und als (ihm selbst) übereignet angenommen hat, erlischt die Dienstbarkeit durch Konfusion, und wenn er es wieder verkaufen will, ist die Dienstbarkeit ausdrücklich neu zu bestellen: ansonsten ist es frei131 verkauft.
Diesen Quellen lässt sich die grundsätzliche Rechtsfolge entnehmen, dass Dienstbarkeiten durch die Vereinigung mit dem Grundeigentum in einer Person ipso iure erlöschen. Sollte das Grundstück nach der Vereinigung weiterverkauft werden, muss die Dienstbarkeit neu bestellt werden. Sie lebt von selbst nicht wieder auf. Demnach führt die Vereinigung zu einem endgültigen Erlöschen der Dienstbarkeit. Im Gegensatz zu den bereits erörterten beschränkt dinglichen Rechten Pfand und Nießbrauch versuchten die römischen Juristen die Rechtsfolge der dinglichen Konfusion bei der Dienstbarkeit in gewissen Fallkonstellationen einzuschränken und die Dienstbarkeit aufrechtzuerhalten.132 Ebenso wurde der Eigentümer des dienenden Grundstücks in gewissen Fällen zu einer Wiederbestellung der Dienstbarkeit beim erneuten Auseinanderfallen der zuvor durch confusio vereinigten Grundstücke aus Gründen der Interessengerechtigkeit verpflichtet. Dies soll am Fall des Erbschaftskaufes durch die Digestenstelle Pomp. 10 Sab. D. 8.4.9 verdeutlicht werden:133 Si ei, cuius praedium mihi serviebat, heres exstiti et eam hereditatem tibi vendidi, restitui in pristinum statum servitus debet, quia id agitur, ut quasi tu heres videaris exstitisse. Wenn ich demjenigen, dessen Grundstück mir diente,134 beerbt habe und Dir diese Erbschaft verkauft habe, muss die Dienstbarkeit in ihrem vormaligen Zustand wiederhergestellt werden, weil es darum geht, dass Du so gestellt wirst, als ob Du ein Erbe geworden wärest.
Die Dienstbarkeit des Eigentümers und Erben (Ego) an dem dienenden Grundstück ist zunächst im Rahmen des Erbfalls durch Konfusion erloschen. Alsdann verkauft der Erbe das Grundstück an eine dritte Person, den Erbschaftskäufer (Tu). Dieser Käufer ist nun verpflichtet, die durch den Erbfall 131 „Frei“
bedeutet in diesem Zusammenhang, nicht mit der Dienstbarkeit belastet. betrifft zum einen den Fall des Bestehens einer Dienstbarkeit an mehreren Grundstücken und den Fall der Dienstbarkeit an Miteigentumsanteilen. Für genauere Ausführungen dazu siehe Kieß, S. 37 ff. und 40 ff. 133 Für die anderen Fallkonstellationen des Fideikomisses, des Damnationslegates und des Dotalrechts siehe Kieß, S. 49 ff. Jedoch haben alle Fälle gemein, dass eine Dienstbarkeit, die aufgrund Vereinigung erloschen ist, wiederbegründet werden muss. 134 Freier: […], an dessen Grundstück ich eine Dienstbarkeit hatte. 132 Dies
D. Konsolidation43
erloschene Dienstbarkeit wieder neu zu begründen, weil der Verkäufer so zu stellen ist, als ob der Käufer Erbe geworden sei. Demnach ergibt sich die Verpflichtung zur Wiederbegründung der Dienstbarkeit aufgrund der Auslegung bzw. normativen Bewertung des Erbschaftskaufvertrags und nicht aus der Rechtsnatur der Dienstbarkeit.135 Als weiteres Beispiel für die Pflicht zur Wiederbegründung einer Dienstbarkeit kann Paul. 31 Pap. D. 8.1.18136 angeführt werden: In omnibus servitutibus, quae aditione confusae sunt, responsum est doli exceptionem nocituram legatario, si non patiatur eas iterum imponi. Hinsichtlich aller Dienstbarkeiten, die durch Konfusion erloschen sind,137 ist rechtgutachterlich festgestellt worden, dass dem Vermächtnisnehmer die Arglisteinrede schaden soll,138 wenn er es nicht hinnimmt, dass diese wiederbegründet werden.
Eine Dienstbarkeit, die aufgrund eines Erbfalls erloschen ist, ist wieder neu zu begründen, damit der Vermächtnisnehmer (legatarius) keine ungerechtfertigte Privilegierung dahingehend erfährt, dass er nur aufgrund der in Folge des Erbfalls eingetretenen Konfusion unbelastetes, das heißt im konkreten Fall von der Dienstbarkeit freies, Eigentum erhält. Sollte sich der Vermächtnisnehmer dieser Neubegründung widersetzen, kann der Erbe dessen Klage die exceptio doli entgegenhalten. Auch diese Quelle zeigt, dass die römischen Juristen gar eine Pflicht zur Neubegründung einer Dienstbarkeit zum Ausgleich der widerstreitenden Interessen in den Fällen sahen, in denen sonst eine nicht gerechtfertigte Privilegierung einer Partei erfolgen würde. dd) Zwischenergebnis Bei der Untersuchung der beschränkt dinglichen Rechte Nießbrauch, Pfandrecht und Dienstbarkeit lässt sich zunächst grundsätzlich feststellen, dass diese bei ihrer Vereinigung mit dem Eigentum ipso iure erlöschen. Die römischen Juristen erkennen grundsätzlich kein Recht an der eigenen Sache an. Vor dieser Vereinigung bestehen zwei getrennt voneinander zu betrachtende Rechte, das Eigentum und das jeweilige beschränkt dingliche Recht. Den Vorgang der dinglichen Konfusion stellen sich die römischen Juristen als Verschmelzung des dinglichen Rechts mit dem Eigentum vor. Nach dieser Verschmelzung bestehen demnach nicht nuda proprietas und ein beschränkt 135 Ebenso
Kieß, S. 49. kann Flor. 11 inst. D. 30.116.4 dafür herangezogen werden, dass eine erloschene Dienstbarkeit neu zu begründen ist. 137 Behrends/Knütel/Kupisch/Seiler, Corpus Iuris Civilis II, S. 669 (Rohübersetzung Bund) übersetzen hier frei mit […], die durch Erbschaftsantritt infolge der Vereinigung von Eigentum und Dienstbarkeit untergegangen sind. 138 Nocituram ist freier mit „entgegenstehen“ zu übersetzen. 136 Ebenso
44 Einleitung
dingliches Recht, sondern lediglich das Eigentum mit der vollen Nutzungsund Verwertungsbefugnis. Hinsichtlich der drei untersuchten beschränkt dinglichen Rechte lassen sich in ihrer Behandlung im Vereinigungsfall mit dem Eigentum jedoch Unterschiede erkennen. Der Nießbrauch erlischt grundsätzlich beim Zusammenfall mit dem Eigentum. Scheinbare Ausnahmen von diesem Grundsatz basieren in der Regel nicht auf der Dogmatik des Nießbrauchs, sondern auf anderen Umständen. Lediglich in Zusammenhang mit dem ius adcrescendi wird die Wirkung der Konfusion verneint.139 Beim Pfandrecht dagegen gilt die grundsätzliche Erlöschenswirkung der dinglichen Vereinigung mit dem Eigentum uneingeschränkt. Auch bei den Dienstbarkeiten gilt dieser Grundsatz, jedoch begründeten die römischen Juristen in einigen Fällen die Pflicht zur Wiederbegründung der Dienstbarkeit in Folge der Konfusion. 2. Die Konsolidation im allgemeinen preußischen Landrecht Im Nachgang zur Betrachtung der Konsolidation im römischen Recht soll im Folgenden mittels eines in zeitlicher Hinsicht großen Zeitsprungs die Konsolidation im allgemeinen preußischen Landrecht untersucht werden. Dieser große zeitliche Sprung rechtfertigt sich daraus, dass erst das preußische allgemeine Landrecht eine Vielzahl an Normen beinhaltet, die die Konsolidation und deren Rechtsfolgen betreffen. Diese Normen sollen beispielhaft die historische Entwicklung der Konsolidation seit der Zeit des Corpus Iuris Civilis bis zum BGB nachzeichnen. Anhand dieser Normen soll außerdem der Zugang zu den Konsolidationsnormen und deren Regelungswirkung im BGB erleichtert werden. Zudem kann die Untersuchung dieser Normen Antworten auf die Frage liefern, warum eine Normierung der Konsolidation in deutschen Kodifikationen zu jeder Zeit erfolgte, wohingegen eine Normierung einer grundlegenden Konfusionsnorm im BGB unterblieb. Auch das im Jahre 1794 von Friedrich Wilhelm II. erlassene allgemeine Landrecht für die preußischen Staaten (ALR),140 das auf dem Gebiet des Zivilrechts in den von Preußen beherrschten Gebieten bis zur Einführung des BGB am 1.1.1900 fortgalt, enthielt Regelungen für den Fall der Vereinigung eines beschränkt dinglichen Rechts mit dem Eigentum in einem Rechtssub139 Vgl.
Einleitung D. II. 1. b) aa). Allgemeine Landesrecht für die preußischen Staaten versuchte als bis heute einzige Kodifikation der Neuzeit sowohl das Zivilrecht, das Strafrecht als auch das öffentliche Recht in einem umfassenden Werk zusammenzufassen. Zudem galt es als erste naturrechtliche Kodifikation, vgl. Michaels, Sachzuordnung durch Kaufvertrag, S. 141; Luig, Das Privatrecht im „Allgemeinen Landrecht für die preußischen Staaten“, AcP 1994, S. 521 (542). 140 Das
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jekt. Das Zivilrecht des PrALR war dabei noch stark vom römischen Recht geprägt.141 Bezüglich der Konsolidation finden sich an unterschiedlichen Stellen des Gesetzes Normierungen. Zunächst ist im Hinblick auf die Begriffsverwendung festzustellen, dass auch das PrALR sowohl den Begriff Consolidation als auch Confusion gebraucht. Jedoch ist vergleichbar mit den Quellen des Corpus Iuris Civilis keine strikte Trennung der Termini bei obligatorischer und dinglicher Vereinigung zu erkennen. In der Überschrift vor PrALR 1, 16, § 482 spricht der Gesetzeswortlaut von der Confusion bey Realrechten, obgleich es sich dort um eine dingliche Vereinigung handelt. An anderer Stelle, PrALR 1, 22, § 184, spricht der Gesetzgeber im Rahmen des Erlöschens des Nießbrauchs von Consolidation. Die Regelungen, die die obligatorische Vereinigung betreffen, befinden sich geschlossen in PrALR 1, 16, §§ 476 ff. Diese Normen finden sich im 16. Titel im 10. Abschnitt, der von der Aufhebung der Rechte und Verbindlichkeiten durch deren Vereinigung handelt. Anhand dessen lässt sich erkennen, dass neben den Termini Consolidation und Confusion auch schlicht der Begriff der Vereinigung für den Zusammenfall in einem Rechtssubjekt verwendet wird. Die Rechtsfolgen der dinglichen Vereinigung betrachtend normiert das PrALR zunächst in 1, 16, 482 ff. unter der Überschrift Confusion bey Realrechten142 den Fall der Vereinigung des Inhabers eines beschränkt dinglichen Rechts143 und des Eigentümers in einer Person. § 482 legt fest, dass „Rechte auf die Sache“144 dann erlöschen, wenn der Inhaber des dinglichen Rechts und der Eigentümer in einer Person zusammenfallen. Diese Erlöschenswirkung gilt jedoch nur, wenn die Vereinigung aus einem „unwiderruflichen Rechtsgrunde“ heraus geschieht. Der darauffolgende § 483 legt diese Rechtsfolge auch für subjektiv-dingliche Rechte fest.145 § 484 normiert abweichend von dieser grundsätzlichen Rechtsfolge der Confusion, dass ein subjektiv141 Auf die einzelnen Modernisierungen, die das PrALR mit sich brachte, vor allem in Hinblick auf das im römischen Recht geltende Prinzip der väterlichen Gewalt und den Regelungen im Bereich der Gefahrtragung, soll nicht genauer eingegangen werden. 142 Innerhalb der Grundstücksrechte ist zwischen Personalrechten, die einer bestimmten Person zustehen, und Realrechten, die mit einem Grundstück verbunden sind, zu unterscheiden, vgl. Creifelds, Rechtswörterbuch 25. Edition 2020. 143 Eine Legaldefinition des dinglichen Rechts findet sich in PrALR 1, 2, § 125. 144 PrALR 1, 2, § 127 enthält eine Legaldefinition der „Rechte auf die Sache“ und beschreibt diese als Rechte, die ihrem „Gegenstande nach dinglich sind“. 145 Bei subjektiv-dinglichen Rechten handelt es sich um dingliche Rechte die dem Eigentümer etwa eines Grundstücks zustehen, vgl. Creifelds, Rechtswörterbuch. Als subjektiv dingliche Rechte im PrALR zählen etwa die Grundgerechtigkeiten (PrALR 1, 22, § 12) und die Vorkaufsrechte (PrALR 1, 20, § 568 ff.).
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dingliches Recht dann erhalten bleibt, wenn der persönlich Verpflichtete gegen die Vereinigung „protestirt“. Entscheidend ist lediglich, dass dieser Wille im Hypothekenbuch vermerkt wird.146 Daneben regelt das PrALR auch die Rechtsfolgen im Falle einer Confusion von Grundgerechtigkeiten.147 § 485 desselben Titels enthält zunächst einen Verweis auf den 22. Titel, in dem § 52 festlegt, dass auch Grundgerechtigkeiten in gleicher Weise wie andere dingliche Rechte im Falle der Confusion erlöschen können. Der folgende § 53 räumt demjenigen, bei dem sich Grundgerechtigkeit und Eigentum vereinigt haben, das Recht ein, die Grundgerechtigkeiten, die auf der belasteten Sache lasten, löschen zu lassen. Solange die Grundgerechtigkeit jedoch noch im Hypothekenbuch eingetragen ist, geht diese nicht verloren.148 Eine besondere Stellung innerhalb der Rechtsfolgen der dinglichen Vereinigung nimmt PrALR 1, 18, § 677 ein. Er beschreibt die Consolidation im Lehnsrecht und legt fest, dass sich die Lehnseigenschaft149 einer Sache durch den Zusammenfall nicht ändert.150 Jedoch ist hierbei anzumerken, dass § 677 von einer Vereinigung „auf einige Zeit“ spricht. Weitere Normen bezüglich der Konsolidation im Zusammenhang mit dem Lehnsrecht enthält das PrALR nicht. Aus diesem Grund kann nicht abschließend geklärt werden, ob § 677 eine generelle Abkehr von der grundsätzlichen Erlöschensfolge im Vereinigungsfall von Lehnsherrn und Vasall darstellt, oder eine solche Abkehr leidglich für eine zeitlich bloß vorübergehende Vereinigung normiert. Zuletzt stellt PrALR 1, 21, § 184 für den Nießbrauch klar, dass für diesen die Regelungen bezüglich anderer Rechte ebenfalls anzuwenden sind. In concreto bedeutet das, dass auch der Nießbrauch im Konsolidationsfall grundsätzlich erlischt. 146 Schlegelberger/Fabricius, S. 70, liest aus dieser Norm, dass im Rang nachstehende Hypothekengläubiger im Falle eines Zusammenfalls von Hypothek und Eigentum in einer Person nicht im Rang nachrücken. 147 PrALR 1, 22, § 12 enthält eine Definition der Grundgerechtigkeiten. Diese wird dort mit der Befugnis eines Grundstückes, die Ausübung der Eigentumsrechte eines anderen Grundstücks einzuschränken, beschrieben. Es handelt sich um eine Beschränkung der Rechte des Eigentums, die nicht aufgrund gesetzlicher Regelungen, sondern aufgrund von individueller Parteivereinbarung herrührt, vgl. Förster, Theorie und Praxis des heutigen gemeinen preußischen Privatrechts auf der Grundlage des gemeinen deutschen Rechts III, S. 323 f. Vereinfacht ist sie mit der Belastung eines Grundstücks gegenüber dem Eigentümer eines anderen Grundstücks zu beschreiben und ist im heutigen BGB mit den Grunddienstbarkeiten gleichzusetzen, vgl. Jakobs/Schubert, Sachenrecht II, S. 1207; Mugdan, Materialien Bd. 3, S. 112. 148 Klein, System des preussischen Civilrechts I, § 591. 149 Die Lehnseigenschaft ist durch die persönliche Abhängigkeit zwischen Lehnsherrn und dessen Vasall gekennzeichnet. Ein Lehn ist vorhanden, wenn „das nutzbare Eigenthum unter der Bedingung der Lehnstreue besessen wird.“, vgl. Klein, System des preussischen Civilrechts I, § 499. 150 Aufgrund der fehlenden Übertragbarkeit des Lehnsrechts auf das heutige BGB wird dieser Konsolidationsfall im Folgenden nicht genauer beleuchtet.
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Mithin lässt sich die Erkenntnis ziehen, dass sich die Normen des PrALR, die die Rechtsfolgen der Konsolidation regeln, wie zu erwarten eng an den Vorstellungen der römischen Juristen orientieren. Allerdings lässt sich eine gedankliche Weiterentwicklung in Form des Abweichens vom vormals starren Erlöschensgrundsatz des beschränkt dinglichen Rechts ipso iure erkennen. Dieses Aufweichen eines starren Grundsatzes zeigt sich im weiteren Verlauf der Untersuchung auch bei der obligatorischen Konfusion und dient als Basis für die Antwort auf die Frage, welche Rechtsfolge der nicht im Gesetz geregelten Fälle der Konfusion zukommen soll. 3. Die Konsolidation im sächsischen BGB Das im Jahr 1865 in Kraft getretene Bürgerliche Gesetzbuch für das Königreich Sachen ist nicht nur die einzige Zivilrechtskodifikation eines deutschen Einzelstaates des 19. Jahrhunderts, sondern war nicht zuletzt eines der maßgebenden Vorbilder für die Schaffung des deutschen BGB aus dem Jahr 1896/1900.151 Auch in dieser Kodifikation finden sich konkrete Normen, die die dingliche Vereinigung regeln. Diese finden sich gesammelt im zweiten Teil des Gesetzes (Sachenrecht). Dieses wiederum ist in fünf Abteilungen unterteilt, wovon für die vorliegende Untersuchung vor allem die letzten drei Abteilungen relevant werden. Zunächst einen Blick auf die Begriffsverwendung für den Fall der dinglichen Vereinigung von beschränkt dinglichem Recht und Eigentum in einer Person werfend fällt auf, dass sich im Normtext des sächsischen BGB an keiner Stelle die Begriffe Konfusion oder Konsolidation finden. Es wird ausschließlich von „Vereinigung des Rechts mit dem Eigentum“ gesprochen. Lediglich in den Materialien und Motiven zum SächsBGB finden sich sowohl Confusion als auch Consolidation wieder.152
151 Buschmann, Das sächsische Bürgerliche Gesetzbuch von 1863/65, JuS 1980, S. 553 (559); von Wieacker wurde das sächsische BGB sogar als „Generalprobe des kommenden deutschen Gesetzbuches bezeichnet, vgl. Wieacker, Privatrechtsgeschichte der Neuzeit unter besonderer Berücksichtigung der deutschen Entwicklung, S. 464. 152 Etwa Hattenhauer/Schäfer, Sächsisches BGB, §§ 590–599, J Rn. 13; §§ 590– 599, N Rn. 4; §§ 127–135, N Rn. 5. Auch innerhalb dieser Literaturstellen ist festzustellen, dass keine strikte Trennung zwischen der Verwendung von Confusion und Consolidation festzustellen ist. Im Rahmen der Kommentierung von Siebenhaar, Commentar zu dem bürgerlichen Gesetzbuche für das Königreich Sachsen I zu § 594 spricht dieser auch im Vereinigungsfalle einer Grunddienstbarkeit von Confusion, wohingegen Schletter, Ueber den revidierten Entwurf eines Bürgerlichen Gesetzbuches für das Königreich Sachsen, Rn. 314 von der Consolidation im Zusammenhang mit dem Erlöschen der Grunddienstbarkeiten spricht.
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Bezüglich der Pfandrechte (3. Abteilung) findet sich § 458 SächsBGB, der im Abschnitt über Pfandrechte an unbeweglichen Sachen steht und festlegt, dass im Falle einer Vereinigung von Eigentum und Hypothek153 in einer Person die Löschung der Hypothek beantragt werden kann. Im Unterschied zu anderen Kodifikationen führt eine Vereinigung nicht zu einem Erlöschen ipso iure, sondern es tritt lediglich ein Rechtsgrund zur Löschung ein, wobei diese Löschung des Rechts aus dem Hypothekenbuch aktiv beantragt werden muss.154 Daneben regelt § 484 SächsBGB im Abschnitt über Pfandrechte an beweglichen Sachen, dass diese auf gleichem Wege, jedoch mangels Eintragungspflicht „mit dem Vorhandensein dieses Rechtsgrundes“, also von selbst, erlöschen und die Löschung nicht erst beantragt werden muss. Auch für den Fall der Vereinigung von Reallast und Eigentum in einem Rechtssubjekt enthält das SächsBGB eine konkrete Vorschrift. § 508 SächsBGB legt fest, dass eine Reallast durch Löschung im Grundbuch bei Vorliegen eines entsprechenden Rechtsgrundes erlischt. Ein solcher Rechtsgrund liegt mit der Vereinigung des Eigentums und des belasteten Grundstücks in einer Person vor. Weiterhin normiert § 594 SächsBGB für die Grunddienstbarkeiten, dass diese erlöschen, wenn sich das Eigentum des herrschenden und dienenden Grundstücks in einer Person vereinigen.155 Jedoch wird im darauffolgenden Halbsatz bestimmt, dass Grunddienstbarkeiten wiederaufleben, wenn es sich von Anfang an lediglich um eine vorübergehende Vereinigung handelt oder die Vereinigung durch Anfechtung des ihr zugrunde liegenden Rechtsgeschäfts aufgehoben wird. Ein Erlöschen der Grunddienstbarkeit durch ding liche Vereinigung erfolgt dann nicht, wenn mehrere Grundstücke dienstbar sind und sich nur im Hinblick auf eines dieser das Eigentum des herrschenden und dienenden Grundstücks in einem Rechtssubjekt vereinen.156 Hinsichtlich der persönlichen Dienstbarkeiten regelt § 651 SächsBGB, dass für diese im Vereinigungsfall dieselben Regelungen anzuwenden sind, die auch für die Grunddienstbarkeiten gelten. Demnach gilt auch hier, dass diese grundsätzlich erlöschen, jedoch mit der Möglichkeit des Wiederauflebens in den oben genannten Fällen. Vergleichbar mit der Untersuchung der Normen des PrALR ergibt auch die Beleuchtung der Konsolidationsnormen des SächsBGB, dass zwar an den grundlegenden Strukturen des Corpus Iuris Civilis hinsichtlich der Rechtsfol153 Zu beachten ist, dass das Sächsische BGB hinsichtlich aller Pfandrechte an unbeweglichen Sachen ausschließlich von Hypotheken spricht. Dies resultiert aus § 387 SächsBGB, der diese beiden gleichsetzt. 154 Hattenhauer/Schäfer, §§ 484–486; Siebenhaar I, Rn. 367. 155 Dieses in § 594 beschriebene Erlöschen erfolgt im Unterschied zu § 458 SächsBGB von selbst, vgl. Hattenhauer/Schäfer, §§ 590–599, A. 156 Siebenhaar I, Rn. 410. Gleiches galt im römischen Recht, vgl. Fn. 132.
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gen der Konsolidation festgehalten wurde, jedoch ein verstärktes Aufweichen des starren Erlöschensgrundsatzes zu verzeichnen ist. 4. Kodifizierungserwägungen des § 889 BGB Aufgrund seiner zentralen Bedeutung und der Geltung grundsätzlich für alle beschränkt dinglichen Rechte sollen im Folgenden die Erwägungen der Kodifizierung des § 899 BGB im Vorfeld des Erlassens des BGB im Jahr 1896 betrachtet werden. In diesem Zusammenhang soll gefragt werden, inwiefern sich die Gesetzesväter noch an den Regelungen der bereits untersuchten Kodifikationen orientierten bzw. von diesen abwichen. Für den Konsolidationsfall erwog die Erste Kommission zunächst, keine umfassende, für grundsätzlich jeden Fall der Vereinigung von beschränkt dinglichem Recht und Eigentum anwendbare Einzelvorschrift zu schaffen. Vielmehr sollten für gewisse beschränkt dingliche Rechte wie den Nießbrauch, die Grunddienstbarkeiten, die Reallasten und das Erbbaurecht einzelne Normen erlassen werden, die die Rechtsfolgen der Konsolidation regeln sollten.157 Exemplarisch für die Grunddienstbarkeiten lautete der § 946 der Redaktionsvorlage: „Dadurch, dass die Grunddienstbarkeit und das Eigenthum an dem dienenden Grundstück in derselben Person sich vereinigen, erlischt die Grunddienstbarkeit nicht.“158 Entsprechend lauteten die Vorschriften für die anderen genannten beschränkt dinglichen Rechte.159 Während der Beratungen für eine etwaige Norm bezüglich des Konsolidationsfalls einer Hypothek mit dem Eigentum wurde alsdann jedoch erwogen, eine Vorschrift für den allgemeinen Fall der Vereinigung eines dinglichen Rechts mit dem Eigentum in den Abschnitt über die „Allgemeinen Bestimmungen über Rechte an Grundstücken“ einzufügen. Nach ausgiebigen Verhandlungen den endgültigen Normtext betreffend160 lautete § 873 E III161 schließlich: „Das Recht an einem fremden Grundstück erlischt nicht dadurch, dass der Eigenthümer des Grundstücks das Recht oder der Berechtigte das Eigenthum an dem Grundstück erwirbt.“ Dies deckt sich mit der aktuellen Fassung des 157 Für das Erbbraurecht siehe Protokolle III, S. 4347, 4348, für den Nießbrauch Protokolle III, S. 4427, für die Grunddienstbarkeit Protokolle III, S. 4420 und für die Reallast Protokolle III, S. 4480. 158 Aufgrund fehlender entgegenstehender Hinweise ist davon auszugehen, dass die Formulierung des § 946 der Redaktionsvorlage von Johow, dem Redaktor des Sachenrechts stammt. 159 Jakobs/Schubert, Sachenrecht I, S. 358. 160 Die einzelnen Entwicklungen darstellend Jakobs/Schubert, Sachenrecht I, S. 359 f. 161 E III meint den 3. Entwurf eines Bürgerlichen Gesetzbuches für das Deutsche Reich aus dem Jahr 1896. Dieser wird auch als Reichstagsvorlage bezeichnet.
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§ 889 BGB. Die Motive zu § 835 E I rechtfertigen dessen Rechtsfolgen, indem sie zwar zunächst auf das damals herrschende Erlöschensdogma162 im Konsolidationsfall verweisen, jedoch gleichzeitig darauf hinweisen, dass von diesem Prinzip bereits im Corpus Iuris Civilis Ausnahmen dahingehend anerkannt waren, dass dem Eigentümer in gewissen Fällen in Folge der Vereinigung „pfandrechtliche Befugnisse“163 an der eigenen Sache zuerkannt wurden.164 Des Weiteren nehmen sich die Motive die partikularrechtlichen Hypothekengesetze dieser Zeit zum Vorbild, die bereits damals eine Hypothek an der eigenen Sache anerkannten.165 Gesetze, die dieser im Nachhinein äußerst modernen Auffassung bezüglich beschränkt dinglicher Rechte an der eigenen Sache entgegenstanden, erkannten laut der Motive jedoch ebenfalls die bereits im römischen Recht geltenden Ausnahmen zum Pfandrecht an der eigenen Sache an.166 Zudem wird auf die oben bereits genannten Regelungen des SächsBGB verwiesen, welches für Grunddienstbarkeiten in seinem § 594 ein Wiederaufleben in gewissen Fällen vorsieht. Die Motive gehen demnach vorwiegend auf die bereits geltenden Ausnahmen von der grundsätzlichen Erlöschensfolge im Falle einer Vereinigung des beschränkt dinglichen Rechts, in concreto Hypothek, Grundschuld und Grunddienstbarkeit, mit dem Eigentum ein und rechtfertigen anhand dessen die abweichende Rechtswirkung des § 889 BGB. Die Motive gehen sogar so weit, dass der Grundsatz des Erlöschens zwingend mit der Schädigung von Interessen einhergehe.167 Ein weiterer Grund gegen die Anwendung des Erlöschensgrundsatzes seien „unüberwindliche Schwierigkeiten“ in solchen Fällen, in denen das beschränkt dingliche Recht, bezüglich dessen sich die Konsolidation ereignet, zusätzlich 162 Siehe
BGB.
exemplarisch die oben genannten Normen des PrALR und des Sächs-
163 Unter diese pfandrechtlichen Befugnisse fällt beispielsweise die Tatsache, dass die römischen Juristen trotz endgültigen Erlöschens des Pfandrechts in Folge der Vereinigung mit dem Eigentum, dennoch die Erhebung der actio Serviana anerkannten, vgl. D. 44.2.30.1. Diese allgemeine Pfandrechtsklage setzt grundsätzlich ein bestehendes Pfandrecht voraus, vgl. Kaser, RP I, § 111 IV 3. Trotz des Erlöschens des Pfandrechts bleibt in obiger Digestenquelle die actio Serviana in Folge der Konfusion von Pfandrecht und Eigentum gegen den Eigentümer des Grundstücks bestehen. 164 Mugdan, Materialien III, S. 111. Exemplarisch zu nennen ist die bereits oben aufgeführte Digestenquelle D. 44.2.30.1. Die in den Motiven genannten Digestenquellen und der damit verbundene Hinweis auf das Anerkennen pfandrechtlicher Befugnisse an der eigenen Sache ändern nichts an der regelmäßigen Rechtsfolge der consolidatio bzw. confusio des Corpus Iuris Civilis. 165 Exemplarisch dafür können die §§ 442–444 SächsBGB genannt werden. Zudem gehen die Motive auf die Gleichstellung hinsichtlich der Rechtsfolgen von Grundschuld und Hypothek im Vereinigungsfall ein, vgl. Mugdan, Materialien III, S. 112. 166 Mugdan, Materialien III, S. 112. 167 Mugdan, Materialien III, S. 112.
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mit Rechten Dritter belastet sei. Als Hauptgrund gegen die Anwendung des „gedachten Grundsatzes“, gemeint ist hier die grundsätzliche Erlöschenswirkung im Vereinigungsfall, ist die Rücksichtnahme auf das Rechtsinstitut der Eigentümerhypothek.168 Dieses müsse der Entwurf aus Gründen der Interessengerechtigkeit zwingend beinhalten.169 Im Folgenden wird diskutiert, ob das Ziel der Interessengerechtigkeit auch durch die Offenhaltung der Rangstelle erreicht werden könne. Dies wird jedoch alsdann aufgrund der sichtlichen Nachteile gegenüber dem Institut der Eigentümerhypothek verworfen.170 Abschließend stellen die Motive klar, dass das Ziel der Aufrechterhaltung der Hypothek im Konsolidationsfall auch auf die anderen beschränkt dinglichen Rechte übertragen werden müsse. Bei diesen werde zwar das „praktische Bedürfnis weniger dringend gefordert“, es gebe jedoch ebenso wie bei der Eigentümerhypothek keine durchgreifenden Bedenken an deren Aufrecht erhaltung im Falle einer Vereinigung. Aus diesem Grunde solle bereits aus Gründen der Einfachheit und Rechtssicherheit die für die Hypothek entwickelte Aufrechterhaltung auf alle beschränkt dinglichen Rechte ausgeweitet und zudem das Rechtsinstitut der Eigentümerhypothek endgültig anerkannt werden.171 All diese Ausführungen führten schließlich zur heute geltenden Fassung des § 889 BGB und der damit verbundenen Aufrechterhaltung der beschränkt dinglichen Rechte im Konsolidationsfall.172 Die Einführung des § 889 BGB Materialien III, S. 112. die Motive gehen an dieser Stelle sehr intensiv auf das noch an anderer Stelle zu beleuchtende Argument ein, dass im Rang nachstehende Berechtigte, konkret wird auf nachstehende Hypothekengläubiger, sogenannte „Nachhypothekare“, eingegangen, aus der Vereinigung und dem daraus folgenden Erlöschen des beschränkt dinglichen Rechts keine unberechtigten Vorteile ziehen dürfen, vgl. Mugdan, Materialien III, S. 112. 170 Als entscheidender Nachteil wird der Fall genannt, in dem ein Grundstück durch Zwangsvollstreckung veräußert wird, wodurch die Verfügung über die Rangstelle dem Eigentümer und dessen Gläubigern verloren gehe und es zwangsläufig zu der unberechtigten Überbevorteilung der im Rang Nachstehenden käme. Das damals herrschende Argument gegen die Existenz einer Eigentümerhypothek aufgrund der Tatsache, dass das Eigentum bereits alle mit den beschränkt dinglichen Rechten verbundenen Vorteile beinhalte, sei aufgrund der gerade genannten Nachteile, die durch den Verlust des beschränkt dinglichen Rechts in Folge einer Veräußerung des Grundstücks entstehen würden, nicht haltbar. 171 Aus inhaltlicher Sicht wurde der in den Motiven gefasste Antrag des § 835 in den Protokollen nicht beanstandet. Vorbehalten wurde sich jedoch die Entscheidung bezüglich des Festhaltens am rechtlichen Institut der Eigentümerhypothek, vgl. Mugdan, Materialien III, S. 538. 172 Im Anbetracht dieser Kodifizierungsgründe des § 889 BGB wird die Einführung der §§ 1179a und § 1179b BGB im Jahr 1977, die zu einer partiellen Abkehr von den Kodifikationserwägungen des § 889 BGB führte, verwundern. Diese gewäh168 Mugdan, 169 Bereits
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stellt aus heutiger Perspektive keine bloße Ausnahme zu dem ehemals herrschenden Erlöschensprinzip dar, sondern vielmehr eine Umkehrung der grundsätzlichen Rechtsfolge, das Aufrechterhalten des beschränkt dinglichen Rechts im Vereinigungsfall eines beschränkt dinglichen Rechts mit dem Eigentum. Im Gegensatz zu den Normen des PrALR und des SächsBGB gelingt es erst den Gesetzesvätern des BGB, sich grundlegend von dem starren Erlöschensprinzip der römischen Juristen, welches sich nur durch eng gefasste vereinzelte Ausnahmen auszeichnete, zu lösen.
III. Die Konsolidation in anderen europäischen Zivilrechtskodifikationen Die Vereinigung von beschränkt dinglichem Recht und Eigentum in einer Person findet sich neben dem deutschen BGB auch in zahlreichen anderen europäischen Zivilrechtskodifikationen wieder. In den Fokus der Betrachtung werden in der Folge das österreichische ABGB, das schweizerische ZGB und der französische Code Civil gerückt. Diese Kodifikationen enthalten ebenfalls diverse Konsolidationsnormen, deren Beleuchtung Aufschluss über die Handhabung der Rechtsfolgen der Konsolidation geben soll. Anhand der gewonnenen Erkenntnisse kann alsdann ein Vergleich zu den Rechtfolgen der Konsolidation im deutschen BGB gezogen werden, wodurch sich even tuelle Abweichungen aufzeigen lassen. 1. Konsolidation im ABGB Die nach dem französischen Code Civil älteste auf den Gedanken des Vernunftrechts basierende Kodifikation, die noch in Kraft ist, ist das 1811 erlassene Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch des Landes Österreich ren dem Hypothekengläubiger gegenüber dem Eigentümer im Konsolidationsfall einen Anspruch auf Löschung der Hypothek. Dieser Anspruch ist gemäß § 1179a I S. 3 BGB, der gemäß § 1179b II BGB auf die Fälle des § 1179b BGB entsprechende Anwendung findet, so gesichert, als ob zu dessen Gunsten eine Vormerkung eingetragen wäre. Zweck dieser Normen ist das Entgegenwirken der Überfüllung der Grundbücher und die Entlastung der Notare und Grundbuchämter, vgl. MüKO/Lieder, § 1179a Rn. 1. Diese Überforderung resultiere aus § 1179 a. F., der es ermöglichte, dass für jeden nachrangigen Hypothekengläubiger eine Löschungsvormerkung eingetragen werden konnte, was vor allem von den aus wirtschaftlicher Sicht stärkeren Hypothekengläubigern sehr häufig ausgenutzt wurde. Um dem entgegenzuwirken, führte der Gesetzgeber die §§ 1179a und 1179b BGB ein. Diesen das grundsätzliche Abstandnehmen von den Erwägungen bezüglich der Rechtsfolge im Vereinigungsfall eines beschränkt dinglichen Rechts und des Eigentums zu entnehmen, geht jedoch zu weit.
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(ABGB).173 Es stellt, trotz der Auslagerung von Teilen des Privatrechts,174 nach wie vor die wichtigste Quelle des Zivilrechts in Österreich dar. Innerhalb des ABGB finden sich ebenfalls Normen, die die Rechtsfolgen der Konsolidation ausdrücklich festlegen. Diese Normen finden sich im zweiten Teil des ABGB, der mit „Von dem Sachenrechte“ überschrieben ist. Ähnlich dem Aufbau der bereits betrachteten Kodifikationen, namentlich dem PrALR und dem SächsBGB, sind die Rechtsfolgen der Konsolidation jeweils im Rahmen der Regelungen der einzelnen beschränkt dinglichen Rechte zu finden. Hinsichtlich des Erlöschens von Pfandrechten nach den §§ 467 ff. ABGB muss zunächst festgestellt werden, dass sich dort keine konkrete Norm findet, die ein Erlöschen des Pfandrechts aufgrund von Konsolidation festlegt. Zwar regelt § 467 ABGB, nicht abschließend, die Erlöschensgründe der Pfandrechte, jedoch enthalten die §§ 478 ff. ABGB spezielle Erlöschensgründe, unter denen sich die Konsolidation nicht befindet. Nicht zu vergessen ist jedoch, dass das Pfandrecht vom Bestand der zu sichernden Forderung abhängt, ergo akzessorisch ist, § 469 ABGB.175 Demnach erlischt das Pfandrecht grundsätzlich mit dem Erlöschen der Forderung.176 Im Liegenschaftsrecht177 wird der Grundsatz der Akzessorietät des Pfandrechts weitestgehend durchbrochen. § 469 ABGB normiert eine Ausnahme vom Akzessorietätsprinzip. Sollte die einer Hypothek178 zugrunde liegende Forderung materiell erloschen sein, müsste aufgrund der Akzessorietät des Pfandrechts auch das Pfandrecht an einer Liegenschaft, also die Hypothek, erlöschen. Gemäß § 469 ABGB bleibt die Hypothek jedoch solange als forderungslose Hypo-
173 Zwar kann das ABGB im Gegensatz etwa zum französischen Code Civil keine überragende Vorbildfunktion für nachfolgende Kodifikationen für sich in Anspruch nehmen, vgl. Dölemeyer, Einflüsse von ALR, Code Civil und ABGB auf Kodifika tionsdiskussionen und -projekte in Deutschland, ius commune 1978, S. 179 (225). Jedoch rückt es aufgrund seiner Geltung in Österreich bis heute in nahezu unveränderter Form in das Blickfeld der vorliegenden Untersuchung. 174 Zu nennen sind etwa das Mietrechtsgesetz, das Ehegesetz und das Konsumentenschutzgesetz. 175 Zu beachten ist jedoch, dass es bei Hypotheken als Grundpfandrechte zu deren Löschung aus dem Grundbuch kommen muss, vgl. Kletečka/Schauer/Oberhammer/ Domej, ABGB-ON-Kommentar zum Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch, § 469 Rn. 6 ff. 176 Koziol/Welser/Kletečka, Bürgerliches Recht I, Rn. 1294; Schwimann/Kodek/ Heidinger, Praxiskommentar ABGB VI, § 1446 Rn. 3. 177 Im ABGB werden die beweglichen Sachen „Fahrnis“ und die unbeweglichen Sachen „Liegenschaften“ genannt, vgl. Koziol/Welser/Kletečka, Rn. 770. 178 Im österreichischen Recht wird der Begriff Hypothek in zweifacher Wiese verwendet. Zum einen beschreibt Hypothek das Pfandrecht an der Liegenschaft, also dem Grundstück, und zum anderen die durch das Pfandrecht gesicherte Forderung, vgl. Koziol/Welser/Kletečka, Rn. 1199.
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thek weiterhin bestehen, bis die Löschung aus den öffentlichen Büchern erfolgt ist.179 Etwas anderes gilt jedoch für die Dienstbarkeiten oder Servituten. § 526 ABGB legt fest, dass eine Grunddienstbarkeit im Falle einer Vereinigung des Eigentums des herrschenden und dienenden Grundstücks in einer Person „von selbst aufhört“. § 526 ABGB basiert auf dem Grundsatz, dass eine Servitut nur an fremden Sachen begründet werden kann.180 Ob dies auf dem römischen Grundsatz nulli res sua servit basiert, kann hier nicht abschließend geklärt werden. Auch ältere Werke zum ABGB begründen die Erlöschenswirkung der Dienstbarkeit aufgrund von Vereinigung lediglich damit, dass „niemandem seine eigene Sache dienstbar sein kann“.181 Aus diesem Grundsatz kann gefolgert werden, dass eine Servitut nur an fremden Sachen begründet werden kann.182 Aus diesem Grund erlöschen Grunddienstbarkeiten durch die Vereinigung des herrschenden und dienenden Grundes in einem Rechtssubjekt. Gleiches gilt auch für persönliche Dienstbarkeiten, die dann erlöschen, sollte der Berechtigte Eigentum an der dienenden Sache erwerben.183 Dieser Grundsatz gilt jedoch nicht ausnahmslos. Eine Einschränkung wird bei Liegenschaften angenommen. Dort bleibt die Dienstbarkeit184 im Konsolidationsfall so lange als Recht an der eigenen Sache bestehen, bis sie im Grundbuch gelöscht wird.185 Vergleichbar mit dem Fortbestehen einer Hypothek bis zu ihrer Löschung aus dem Grundbuch, 179 Holzner, Fragen der Pfandrechtsakzessorietät im Hypothekenrecht, JBI 2010, S. 750 f.; Koziol/Welser/Kletečka, Bürgerliches Recht, Rn. 1275. 180 Schwimann/Neumayr/Reiner, ABGB Taschenkommentar, § 526 Rn. 1; 5 Ob 200/03b (Hierbei handelt es sich um die Geschäftszahl der Gerichtsentscheidung. Aus Gründen der schnelleren Auffindbarkeit werden österreichische Urteile vornehmlich in dieser Form auch im weiteren Verlauf der Untersuchung verwendet. Unter Angabe der Geschäftszahlen können diese Urteile über das Rechtsinformationssystem des Bundes (RIS) abgerufen werden). 181 Etwa von Zeiller, Commentar über das allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch für die gesamten deutschen Erbländer der österreichischen Monarchie II, § 526 1. 182 Schwimann/Neumayr/Reiner, ABGB Taschenkommentar, § 526 Rn. 1; 5 Ob 200/03b. 183 Schwimann/Neumayr/Reiner, ABGB Taschenkommentar, § 526 Rn. 1; 5 Ob 157/08m. 184 Koziol/Bydlinski/Bollenberger/Griss, Kurzkommentar zum ABGB, § 1446 Rn. 2, spricht konkret von Hypothek. 185 Koziol/Bydlinski/Bollenberger/Griss, § 526 Rn. 1. An ebenjener Stelle wird auch von einem Ruhen der Dienstbarkeit im Vereinigungsfall gesprochen. Andere sprechen von einer sogenannten ruhenden Dienstbarkeit, vgl. Koziol/Welser/Kletečka, Rn. 1341. Rummel/Petrasch, Kommentar zum Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuch I, § 526 Rn. 1 spricht davon, dass bis zur Löschung der Grunddienstbarkeit ein Recht an der eigenen Sache i. S. d. § 1446 ABGB besteht. Dies bekräftigt die Sonderstellung der Liegenschaften im Vereinigungsfall.
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§ 469 ABGB, besteht eine Dienstbarkeit formell als sogenannte Buchservitut fort, obwohl eine Vereinigung von Liegenschaftseigentümer und Servitutsberechtigtem in einem Rechtssubjekt gegeben ist.186 Im zweiten Satz desselben Paragraphen wird als Folge einer Veräußerung eines der vereinigten Grundstücke das Recht des neuen Besitzers des herrschenden Grundstücks festgehalten, die Grunddienstbarkeit weiter auszuüben, sollte diese in der Zwischenzeit nicht aus dem Grundbuch gelöscht worden sein. Dieser zweite Satz normiert demnach ein Wiederaufleben der Grunddienstbarkeit,187 womit als zwingend logische Konsequenz nicht davon ausgegangen werden kann, dass der erste Satz ein endgültiges Erlöschen nach sich zieht. Bezüglich der persönlichen Dienstbarkeiten, zu denen gemäß § 478 ABGB auch der Nießbrauch, im ABGB als Fruchtnießung bezeichnet, zählt, enthält das ABGB keine Norm, die die Rechtsfolgen im Konsolidationsfall regelt. Allerdings wird, wie oben bereits beschrieben, vertreten, dass auch eine Personalservitut erlischt, wenn der aus einer solchen Berechtigte die dienende Sache erwirbt.188 Im Zusammenhang mit den Dienstbarkeiten nimmt § 1446 ABGB eine Einschränkung dahingehend vor, dass in den öffentlichen Büchern189 eingetragene Rechte und Verbindlichkeiten im Konsolidationsfalle so lange bestehen bleiben, bis sie gelöscht werden. Explizit wird in § 1446 ABGB auf § 526 ABGB verwiesen. Es ist jedoch allgemein anerkannt, dass es sich dabei nur um einen exemplarischen Verweis handelt und sich § 1446 ABGB auch auf persönliche Dienstbarkeiten erstreckt, sollte der Berechtigte das dienende Grundstück erwerben.190 2. Konsolidation im ZGB Das rechtshistorisch betrachtet als pandektistische Kodifikation einzuordnende schweizerische Zivilgesetzbuch (ZGB) trat 1912 in Kraft. Das ZGB191 186 Koziol/Welser/Kletečka, Rn. 1341; Iro, Sachenrecht Bürgerliches Recht IV, § 15/46. 187 Iro, Sachenrecht, § 15/46. 188 Koziol/Bydlinski/Bollenberger/Griss, § 526 Rn. 1. 189 Gemeint ist hauptsächlich das Grundbuch, vgl. Schwimann/Kodek/Heidinger, § 1446 Rn. 1. 190 Koziol/Bydlinski/Bollenberger/Griss, § 1446 Rn. 1; ABGB-ON/Holly, § 1446 Rn. 2; Schwimann/Kodek/Heidinger, § 1446 Rn. 2; 3 Ob 10/71. 191 Zwar ist das OR Teil der schweizerischen Zivilgesetzgebung und dem ZGB als fünfter Teil angefügt, jedoch wurde es als formal unabhängiges Gesetzbuch mit eigenständiger Artikel- und Titelzählung neben das ZGB gestellt. Es ist demnach zwischen dem ZGB i. e. S. und dem ZGB i. w. S., das auch das OR mitumfasst zu unterscheiden. Aufgrund der gebotenen Einheitlichkeit der Privatrechtsgesetzgebung finden die Vorschriften des ZGB uneingeschränkt Eingang und Anwendung im Sach-
56 Einleitung
enthält in seinem vierten Teil zum Sachenrecht ebenfalls konkrete Normen, die den Konsolidationsfall betreffen. Zunächst regelt Art. 735 ZGB unter dem Titel „Vereinigung“ im Abschnitt zu den Grunddienstbarkeiten, dass der Eigentümer die Grunddienstbarkeit im Falle des Zusammenfalls von Eigentum und Grunddienstbarkeit in einer Person löschen lassen kann. Ein Erlöschen ipso iure normiert Art. 735 ZGB demnach nicht. Bis zum Abschluss des Löschvorgangs, der vom Eigentümer zu beantragen ist, bleibt diese jedoch weiterhin als beschränkt dingliches Recht und zwar bis zu dem erfolgreichen Löschungsantrag als Eigentümerdienstbarkeit bestehen und geht nicht unter.192 Dies stellt ein Abweichen von dem Grundsatz des Art. 118 OR dar.193 Dieser normiert ein Erlöschen ipso iure, jedoch gemäß Abs. 3 vorbehaltlich der Vorschriften über Grundpfandrechte. Erst mit der Löschung des Grundbucheintrags geht die Dienstbarkeit gemäß Art. 734 ZGB unter. Die Norm des Art. 735 ZGB ist analog ebenfalls auf persönliche Dienstbarkeiten, Grundlasten und irreguläre Personaldienstbarkeiten anwendbar.194 Aus Art. 735 ZGB lässt sich zudem e contrario schlussfolgern, dass eine Konsolidation bei nicht im Grundbuch eingetragenen Grunddienstbarkeiten195 zum unmittelbaren Erlöschen der Grunddienstbarkeit führt.196 Außerdem gilt Art. 735 ZGB auch für den Fall, dass der Eigentümer des belasteten Grundstücks das berechtigte Grundstück erwirbt.197 Daran könnte man aufgrund des Normtextes des Art. 735 ZGB in deutscher Fassung, der lediglich von bereich des OR und umgekehrt, vgl. Widmer Lüchinger/Oser/Loacker, Basler Kommentar zum Obligationenrecht I, Einleitung Vor Art. 1 ff. Rn. 21 ff. 192 Büchler/Jakob, Kurzkommentar ZGB, Art. 735 Rn. 5. 193 Art. 118 OR normiert die Rechtsfolgen der schuldrechtlichen Vereinigung. Danach erlischt eine Forderung beim Zusammenfall von Gläubiger und Schuldner in einer Person, vgl. Widmer Lüchinger/Oser/Loacker, Art. 118 Rn. 1. Ausführlich zu Art. 118 OR, vgl. 3. Kapitel D. II. 194 Steinauer, droits réels, Bd. II, Rn. 2171; Liver, Zürcher Kommentar zum Zivilgesetzbuch, Art. 735 Rn. 21; Geiser/Wolf/Petitpierre, Basler Kommentar Zivilgesetzbuch II, Art. 735 Rn. 5. 195 Nach Art. 731 ZGB erlangt die rechtsgeschäftlich errichtete Grunddienstbarkeit erst mit der verpflichteten Eintragung ins Grundbuch ihre dingliche Wirkung. Dagegen hat die Eintragung ins Grundbuch bei nicht rechtsgeschäftlich errichteten Grunddienstbarkeiten über den Verweis des Art. 731 Abs. 2 ZGB auf die Normen des Grundeigentums (Art. 656 ff.) lediglich deklaratorische Wirkung, vgl. Geiser/Wolf/ Petitpierre, Art. 731 Rn. 2 f. 196 Piotet, Traité de droit privé suisse, V/2, S. 535. Zum Teil wird vertreten, dass diese Rechtsfolge dann nicht eintreten soll, wenn Dritte ein Interesse am Fortbestand der Grunddienstbarkeit haben, vgl. Liver, Zürcher Kommentar zum Zivilgesetzbuch, Art. 735 Rn. 45 ff. Dem ist jedoch eindeutig das übergeordnete Ziel der Sicherheit des Rechtsverkehrs entgegenzuhalten, die durch eine solche Interessenregelung nicht nur unerheblich beeinträchtigt wäre, ebenso Geiser/Wolf/Petitpierre, Art. 735 Rn. 6. 197 Geiser/Wolf/Petitpierre, Art. 735 Rn. 4.
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dem Fall spricht, dass der Berechtigte Eigentümer des belasteten Grundstücks wird, zweifeln. Klarheit gibt erst die auch den umgekehrten Fall umfassende französische Fassung, die lediglich von deux fonds und deren réunion dans la même main spricht.198 Zu beachten ist, dass es sich auch nach der Vereinigung noch um zwei selbstständige Grundstücke handeln muss. Sollten das berechtigte und das belastete Grundstück zusammengelegt werden, liegt keine Vereinigung nach Art. 735 ZGB vor.199 Für den Konsolidationsfall bezüglich eines Nießbrauchs, im ZGB Nutz nießung, trifft die entsprechende Vorschrift Art. 748 ZGB zunächst explizit keine Aussage, jedoch ist anerkannt, dass zumindest hinsichtlich des Untergangs des Nießbrauchs bei Tieren und Fahrnis die Konsolidation als Erlöschensgrund anerkannt ist. Das Erlöschen tritt hier sogar ipso iure ein. Zu bemerken ist jedoch, dass im Falle der explizit in Art. 748 ZGB genannten Erlöschensgründe (Tod, Zeitablauf und Verzicht des Berechtigten) der Eigentümer lediglich dazu berechtigt ist, eine Löschung aus dem Grundbuch zu beantragen, es jedoch nicht zu einem unmittelbaren Erlöschen kommt. Weitere Normen, die den Untergang beschränkt dinglicher Rechte, insbesondere Pfandrechte, im Konsolidationsfall betreffen, oder gar eine explizite Verwendung der Termini Konfusion oder Konsolidation enthält der Normtext des ZGB nicht. Aus diesem Grunde ist auch eine Untersuchung der Begriffsverwendungen im ZGB nicht fruchtbringend. 3. Konsolidation im Code Civil Auch der Blick auf den französischen Code Civil, der im Jahre 1804 von Napoléon Bonaparte eingeführt wurde und in seiner Grundkonzeption noch heute gilt, zeigt, dass dieser ebenfalls konkrete Regelungen hinsichtlich der dinglichen Vereinigung beinhaltet. Im französischen Recht ist das Erlöschen eines beschränkt dinglichen Rechts im Falle dessen Zusammentreffens mit dem Eigentum in einem Rechtssubjekt die Regel.200 Art. 617 Abs. 4 Cc regelt die Beendigung des Nießbrauches und bestimmt, dass der Zusammenfall von Nießbraucher und Eigentümer zu einer Beendigung des Nießbrauchs führt. Dieser Zusammenfall erfolgt dem Wortlaut nach durch „Consolidation“ 198 Im Schweizer Recht ist die Mehrsprachigkeit der Rechtssetzung und die prinzipielle Gleichberechtigung und Gleichwertigkeit verfassungsrechtlich in Art. 70 Abs. 1 BV grundlegend verankert. Umfasst sind davon die drei offiziellen Amts- und Gesetzessprachen Deutsch, Französisch und Italienisch, vgl. Schweizer/Borghi, Mehrsprachige Gesetzgebung in der Schweiz, S. 391; Schorkopf/Starck Rechtsvergleichung – Sprache – Rechtsdogmatik/Reich, Auslegung mehrsprachigen Rechts unter den Bedingungen der Polyglossie in der Schweiz, S. 147. 199 Geiser/Wolf/Petitpierre, Art. 735 Rn. 7. 200 Ferid/Sonnenberger, das Französische Zivilrecht II, S. 522.
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oder „la réunion sur la même tête“, also die Wiedervereinigung in einer Person. Zudem wird vorausgesetzt, dass die Vereinigung eine nicht nur vorübergehende sein muss.201 Es fällt auf, dass der Code Civil zumindest hinsichtlich des Wortlautes zwischen der Konsolidation und einer Vereinigung in einer Rechtsperson trennt. Ein Beleg dafür ist Art. 617 Abs. 4 Cc, der klar zwischen der consolidation und der réunion sur la même tête unterscheidet.202 Anders verhält es sich bei Art. 705 Cc, der das Erlöschen der Grunddienstbarkeiten im Konsolidationsfall regelt. Für diesen Fall legt Art. 705 Cc fest, dass eine solche ebenfalls beim Zusammenfall von Berechtigtem und Verpflichteten erlischt, sollten sich diese beiden Rechte „dans la même main“ vereinen. Hier spricht der Normtext nicht von zwei durch ein „ou“ getrennten scheinbaren Varianten der Vereinigung, sondern lediglich von einer Vereinigung in einer Hand. Von Lingenthal hält den Gebrauch des Terminus consolidation in Art. 617 Abs. 4 Cc für „ungenau“, da dies nur den Fall der Vereinigung von Nießbraucher mit der nuda proprietas beschreibe und Fälle der Vereinigung des Nießbrauchs in der Person des Eigentümers nicht erfasse.203 Inwiefern dessen Kritik an der Formulierung des Art. 617 Abs. 4 Cc seine Berechtigung hat, kann allein anhand eines Vergleichs der Normen, die in Zusammenhang mit der dinglichen Konsolidation stehen, nicht abschließend geklärt werden. Jedoch spricht die Formulierung des Art. 705 Cc dafür, dass es sich bei Art. 617 Abs. 4 Cc nicht um zwei alternative Vereinigungsmöglichkeiten handelt, sondern vielmehr um die zweifache Aufzählung des gleichen Rechtsvorgangs.204 „Ou“ kommt im Kontext des Art. 617 Abs. 4 Cc demnach der Bedeutungsgehalt von „ou bien“ zu, welches die zweifache Aufzählung desselben Rechtsvorgangs besser zur Geltung bringt.
201 Zachariä von Lingenthal, Handbuch es französischen Zivilrechts I, S. 677 Anm. 3. 202 Weitere Nachweise für diese strikte Trennung etwa bei Zachariä von Lingenthal, S. 677 Anm. 3 sowie S. 639 Anm. 8. In der letzten Quelle geht dieser auf die Formulierung des Art. 617 Cc ein und unterstellt diesem eine ungenaue Formulierung dahingehend, dass zunächst nur von Consolidation gesprochen werde, die den Fall beschreibe, dass ein Nießbraucher das unbelastete Eigentum erwerbe. Erst die in Art. 617 Cc genannte „réunion“ beschreibe die Konfusion, die Vereinigung der Nutznießung beim Eigentümer. 203 Zachariä von Lingenthal, S. 639 Anm. 8. 204 Dafür spricht ebenfalls die Formulierung „L’extinction de l’usufruit par consolidation suppose la réunion sur une même tête des deux qualités d’usufruitier et de propriétaire“, die die Voraussetzungen des Art. 617 Abs. 4 Cc beschreibt, vgl. Venandet/Ancel/Henry/Tisserand-Martin/Wiederkehr, Code Civil, Art. 617. Hier wird als Voraussetzung für das Erlöschen des Nießbrauchs durch Konsolidation die Vereinigung von Nießbrauch und Eigentum unter einem Haupt festgelegt.
D. Konsolidation59
Das Erlöschen der Immobiliarsicherungsrechte, unter die auch Hypotheken und Privilegien205 fallen, ist zunächst in Art. 2488 Cc geregelt. Die ausdrückliche Nennung der Konsolidation als Erlöschensgrund findet sich darin nicht. Jedoch ist die Auflistung der selbstständigen Erlöschensgründe in Art. 2488 Cc nicht abschließend.206 Weitere Normen hinsichtlich der dinglichen Vereinigung enthält der Code Civil nicht.207 Als Termini für die Bezeichnung des Vorgangs werden sowohl consolidation, aber auch Umschreibungen wie die Vereinigung unter einem Haupt oder in der gleichen Hand gewählt.
IV. Zusammenfassung der Erkenntnisse und Zwischenergebnis Der BGB-Gesetzgeber legte im Jahr 1896 mit der Einführung des § 889 BGB fest, dass ein beschränkt dingliches Recht im Falle der Vereinigung mit dem Eigentum nicht erlischt, sondern als eigenes Recht weiter fortbesteht. Dies stellt einen Gegensatz zu der im Corpus Iuris Civilis geschilderten regelmäßigen Rechtsfolge der confusio bzw. consolidatio dar. Die römischen Quellen sprechen von einem Erlöschen ipso iure des beschränkt dinglichen Rechts im Vereinigungsfall. Demnach besteht das beschränkt dingliche Recht nicht als ius separatum nach der Vereinigung fort. Die römischen Juristen sahen das Eigentum als das umfassendste private Recht an einer Sache an. Diesem gegenüber stehen die beschränkt dinglichen Rechte, durch die das Eigentum begrenzt und etwa einem Dritten eine Teilbefugnis eingeräumt werden kann.208 In Folge einer Vereinigung ist eine Unterscheidung der beiden Rechte nicht mehr möglich. Diesen Vorgang stellen sich die römischen Juristen als Verschmelzung/Zusammenfließen vor, was der originären Wortbedeutung von confundere entspricht.209 Dies erklärt auch die zunächst nur 205 Vorzugsrechte oder Privilegien entstehen kraft Gesetzes und begründen das aus der Forderung abgeleitete Recht des Gläubigers sich aus dem Vermögen des Schuldners bevorzugt zu befriedigen. Das deutsche Zivilrecht kennt dies nicht. Im Gegensatz zu Pfandrechten umfassen die Privilegien kein Verwertungsrecht, vgl. Sonnenberger/Schweinberger, Einführung in das Französische Recht, S. 85 f. 206 Weill, Droit civil: Les sûretés, la publicité foncière, Rn. 585; Mazeaud/Chabas/ Juglart, Leçons de droit civil III, Rn. 559; Ferid/Sonnenberger, S. 764. Zu beachten ist, dass sich diese Autoren auf Art. 2180 Cc beziehen, der zwar mittlerweile gestrichen und durch Art. 2488 Cc ersetzt wurde, jedoch sowohl inhaltlich als auch hinsichtlich der Formulierung nur unwesentlich vom ehemaligen Art. 2180 Cc abweicht. 207 Weitere Artikel, die mit der Konfusion in Zusammenhang standen, wie etwa Art. 2177 Cc wurden gestrichen. 208 Kaser/Knütel/Lohsse, § 32 Rn. 1. 209 Vgl. Thesaurus Linguae Latinae/Meister, Vol. IV, S. 259, 24. Kein etymologischer Zusammenhang besteht hingegen zwischen confundere, in der hier verwendeten
60 Einleitung
für die dingliche Konfusion verwendete Begriffsverwendung.210 Ebenso kennt das römische Recht grundsätzlich kein beschränkt dingliches Recht an der eigenen Sache, was der Grundsatz nulli res sua servit deutlich macht. Der BGB-Gesetzgeber wendet sich mit der Einführung des § 889 BGB von diesem Grundsatz ab und erkennt ein vom Eigentum separates Recht an der eigenen Sache seither an. Die fortlaufende Entwicklung dieses Prozesses zeigen die beiden oben dargestellten Rechtsordnungen in den deutschen Gebieten vor der Einführung des BGB. Im PrALR, welches noch sehr stark vom römischen Recht beeinflusst war, galt ebenfalls noch der Grundsatz des Erlöschens des beschränkt dinglichen Rechts im Konsolidationsfall. Allerdings erfolgt dieses Erlöschen, zumindest bei Grunddienstbarkeiten, nicht mehr ipso iure, sondern berechtigt die Person, bei der sich Eigentum und Grunddienstbarkeit vereinigen, das beschränkt dingliche Recht löschen zu lassen. Auch im sächsischen BGB gilt weiterhin der Erlöschensgrundsatz im Falle einer Vereinigung von beschränkt dinglichen Rechten ipso iure, jedoch auch hier mit der Einschränkung bei Pfandrechten an unbeweglichen Sachen, bei denen dem Eigentümer nach erfolgter Konsolidation nur das Recht eingeräumt wird, jenes löschen zu lassen. Zudem erkennt das SächsBGB in gewissen Konstellationen ein Wiederaufleben des beschränkt dinglichen Rechts an und nimmt damit Abstand von dem endgültigen Erlöschen als Rechtsfolge der Konsolidation. In diesen Kodifikationen war demnach das Erlöschen des beschränkt dinglichen Rechts Folge des Grundsatzes nulli res sua servit. Die Motive zum deutschen BGB greifen diese Gedanken zwar auf, nehmen aber ebenfalls Abstand von diesem Erlöschensdogma und kehren den Grundsatz sogar in sein Gegenteil um. Sie beziehen sich dabei, ebenso wie die beiden zuvor genannten Rechtsordnungen, zwar auf das römische Recht, jedoch in der Weise, dass sie auf die bereits damals anerkannten Rechte an der eigenen Sache hinweisen. Dies weicht zunächst den Grundsatz nulli res sua servit auf und führt spätestens ab der Einführung des § 889 BGB zu dessen gänzlicher Aufgabe. Mit dem Anerkennen des Rechts an der eigenen Sache erscheint die Rechtfertigung des Aufrechterhaltens des beschränkt dinglichen Rechts als grundsätzliche Rechtsfolge der Konsolidation nicht mehr allzu fernliegend. Eine deutlich weniger vehemente Abkehr von den römischen Grundsätzen und damit einen „Mittelweg“ wählten das österreichische ABGB, das schweizerische ZGB und der französische Code Civil. Diese basieren allesamt auf dem römischen Recht und halten zumindest hinsichtlich der Konsolidation deutlich stärker als das deutsche BGB an dessen Vorstellungen fest. Bei allen dreien ist das Erlöschen des beschränkt dinglichen Rechts weiterhin die grundsätzliche Rechtsfolge der Vereinigung Form und fundus, das von fundare und nicht wie confundere von fundere abstammt, vgl. Thesaurus Linguae Latinae/Robbert, Vol. VI, S. 1559, 43 bzw. S. 1563, 22. 210 Siehe oben Begriffsverwendung confundere.
D. Konsolidation61
mit dem Eigentum. Aufgeweicht wird dieser Grundsatz durch das Normieren diverser Sonderregelungen hinsichtlich einzelner beschränkt dinglicher Rechte. Im Gegensatz zum deutschen BGB findet sich keine Norm, die die Rechtsfolgen der Konsolidation unabhängig vom konkreten beschränkt dinglichen Recht regelt. Aus deutscher Sicht mag man diesen Zivilgesetzbüchern vorwerfen, dass sie kaum eine Weiterentwicklung hinsichtlich Struktur und Rechtsfolge verglichen mit dem römischen Recht der Antike aufweisen und es ihnen nicht gelingt, die Konsolidation im Zusammenhang mit dem jeweiligen beschränkt dinglichen Recht explizit zu regeln. Lediglich zu einzelnen beschränkt dinglichen Rechten finden sich konkrete Vorschriften in dem jeweiligen Zivilgesetzbuch. Die nicht ausdrücklich geregelten Fälle versucht die jeweilige Rechtslehre den explizit normierten Fällen über eine entsprechende Anwendung beizuordnen. Dies erschwert eine klare, gesetzesnahe Anwendung des Rechtsinstituts der Konsolidation. Bezüglich der dinglichen Vereinigung kann das deutsche BGB durch die Einführung des § 889 BGB einen klaren Vorteil gegenüber den hier betrachteten Zivilgesetzbüchern verzeichnen. Die allgemein formulierte Vorschrift des § 899 BGB wird sodann durch einzelne, speziell auf ein dinglich beschränktes Recht zugeschnittenen Normen gewinnbringend ergänzt.211 Diese Kombination aus einer allgemein gehalten Vorschrift, die gegebenenfalls durch Spezialvorschriften ihre Ergänzung findet, erleichtert es dem Rechtsanwender merklich, die dingliche Vereinigung zu erfassen. Diese umfassende Untersuchung der Konsolidation als sachenrechtliches Pendant der schuldrechtlichen Konfusion hat nicht nur einen Überblick über dieses Rechtsinstitut und deren Rechtsfolgen gegeben, sondern soll im Folgenden Erkenntnisse bezüglich der oben gestellten Fragen liefern, warum eine Kodifizierung der Konfusion im BGB im Ergebnis ausblieb und ob es auch im Fall der Konfusion möglich ist, eine einheitliche Rechtsnorm zu formulieren, bzw. ob dies gar geboten ist. Schon an dieser Stelle und bezugnehmend auf diese Frage ergab die Untersuchung des Rechtsinstituts der Konsolidation, dass es die Gesetzesväter des BGB für möglich und gar geboten hielten mit § 889 BGB eine grundlegende Konsolidationsnorm einzuführen, die durch spezielle Normen, die auf konkrete Anwendungsfälle zugeschnitten sind, an der jeweiligen Stelle im Gesetz ergänzt wird. Den Gesetzesvätern gelang es, auf dinglicher Ebene eine Grundnorm zu formulieren, die allgemein die Rechtsfolgen der Konsolidation regelt. Auf obligatorischer Ebene könnte dieser Vorgehensweise, Einführung einer grundlegenden Konfusionsnorm ergänzt durch Spezialvor211 Eine abschließende Aufzählung dieser Normen findet sich etwa in MüKO/Kohler, § 889 Rn. 1 ff.
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schriften, neben den Bedenken der Gesetzesväter212 auch entgegenstehen, dass auf dieser eine Vielzahl an Sonderkonstellationen denkbar sind,213 die sich sowohl aus methodischen Gründen als auch aus Gründen des Ziels der höchstmöglichen Interessengerechtigkeit214 nicht unter eine Grundnorm und eine begrenzte Anzahl an Spezialvorschriften fassen lassen. Diese Bedenken werden sich letztlich bewahrheiten.215
212 Vgl.
2. Kapitel A. I., II. detaillierte Untersuchung dieser erfolgt unter 3. Kapitel E. 214 Vgl. 3. Kapitel F. 215 Vgl. Fazit. 213 Eine
1. Kapitel
Rechtshistorische Entwicklung der confusio Nach dem kurzen Überblick über die Konfusion und der umfassenden Beleuchtung der Konsolidation befasst sich die vorliegende Untersuchung in der Folge mit der detaillierten Analyse und Betrachtung der obligatorischen Konfusion. Entsprechend den obigen Ausführungen zur dinglichen Konsolidation soll zunächst die historische Entwicklung des Rechtsinstitutes der confusio seit dem Corpus Iuris Civilis des römischen Kaisers Justinian über die Kodifikationen Preußens und Sachsens des 18. und 19. Jahrhunderts bis hin zum heutigen BGB beleuchtet werden. Hauptaugenmerk soll zum einen auf der Art und Weise der Normierung der confusio in den unterschiedlichen Gesetzes- und Quellentexten liegen und zum anderen sollen die regelmäßige Rechtsfolge und die bereits damals anerkannten Ausnahmen von dieser Rechtsfolge erörtert werden. Ziel ist es, aus der rechtshistorischen Analyse Impulse für die Strukturierung der Rechtsfolgen der Konfusion im heutigen deutschen Zivilrecht zu ziehen. Ebenfalls sollen diese Quellen Aufschluss über die Möglichkeit und vor allem Sinnhaftigkeit der Kodifizierung der Konfusion im deutschen BGB geben, die bisher aus noch zu untersuchenden Gründen nicht erfolgt ist. Beim ersten Blick könnte der Rückgriff auf die Quellen des römischen Rechts zur Beleuchtung zivilrechtlicher Rechtsinstitute der heutigen Zeit oder gar zur Lösungsfindung zivilrechtlicher Probleme verwundern. Um dies zu rechtfertigen, ist jedoch darauf hinzuweisen, dass das heute geltende Zivilrecht und vor allem das Schuldrecht in seinen Grundzügen neben dem kanonischen Recht und der germanisch-deutschen Verfassungstradition auf dem römischen Recht der Antike basiert.216 Prägend war dieses vor allem für das Recht der Schuldverhältnisse, unter das auch das vorliegend zu untersuchende Rechtsinstitut der Konfusion fällt. Nach dem Untergang des oströmischen Reiches geriet auch das vom oströmischen Kaiser Justinian in den Jahren 529 bis 534 erstellte Corpus Iuris Civilis in Vergessenheit. Erst dessen Wiederentdeckung und Bearbeitung im Mittelalter, die sogenannte Rezep
216 Schlinker/Ludyga/Bergmann, Privatrechtsgeschichte, § 1 Rn. 6. Ausführlich zu den Zusammenhängen zwischen römischem Recht und dem BGB, sowie dessen konkreter Einfluss auf das Schuldrecht, HKK-BGB/Michaels, vor § 241 Rn. 24 ff.
64
1. Kap.: Rechtshistorische Entwicklung der confusio
tion,217 rückte das römische Recht wieder neben die zu dieser Zeit geltenden europäischen Rechtstraditionen. Vor allem aber lässt sich der Rückgriff auf die Quellen des römischen Rechts damit begründen, dass die Pandektistik, aus der das BGB hervorging, auf die Quellen des römischen Rechts insbesondere die Digesten des justinianischen Corpus Iuris Civilis rekurriert.
A. Die confusio im römischen Recht I. Begriffsverwendung Zunächst sollen, wie bei den obigen Ausführungen im Rahmen der Konsolidation, die Quellentexte des Corpus Iuris Civilis auf die verwendeten Begrifflichkeiten für die obligatorische Konfusion hin untersucht werden. Die lateinische confusio bezeichnete ursprünglich einen tatsächlichen Vorgang, nämlich das Vermischen etwa von Flüssigkeiten oder geschmolzenen Metallen.218 Dies zeigt sich etwa in Ulp. 6 ed. D. 6.1.5pr.: Idem Pomponius scribit: si frumentum duorum non voluntate eorum confusum sit, competit singulis in rem actio in id, in quantum paret in illo acervo suum cuiusque esse: […] Pomponius schreibt ebenfalls: Wenn das Getreide zweier Personen nicht mit deren Willen zusammengeschüttet worden ist, steht jedem Einzelnen eine dingliche Klage auf so viel219 zu, wie viel sich als Anteil eines jeden an der Gesamtmenge ergibt.
In der Quelle wird der Begriff confusio seiner Grundbedeutung nach für die untrennbare Vermischung von Gegenständen, in diesem Fall von Getreide, verwendet.220 217 Die Rezeption des römischen Rechts detailliert beleuchtend, Wieacker, Römische Rechtsgeschichte, §§ 6–11. 218 Babusiaux/Baldus/Ernst/Meissel/Platschek/Rüfner/Schanbacher, § 42 Rn. 27; Kaser/Knütel/Lohsse, § 36 Rn. 15; Kieß, S. 199. Neben der mit confusio beschriebenen Vermengung von Flüssigkeiten und Metallen beschreibt die commixtio die Vermischung von Sachen, die aus verschiedenen Partikeln bestehen und aus diesem Grunde ihre ursprüngliche Identität beibehalten, vgl. Babusiaux/Baldus/Ernst/Meissel/Platschek/Rüfner/Schanbacher, § 42 Rn. 27; Voci, Modi, S. 266. 219 Grundsätzlich entstand im römischen Recht durch eine untrennbare Vermengung von Flüssigkeiten oder Stoffen anderer Art mehrerer, ursprünglicher Eigentümer stets Miteigentum, welches anteilsmäßig zu berechnen war. Im hier vorliegenden Fall der unfreiwilligen Vermengung von Getreide legt Pomponius fest, dass das ursprüngliche Eigentum als weiterhin bestehend gilt und demjenigen, der keinen Besitz an der Sache mehr hat, gegen den Gesamtbesitzer eine vindicatio pro parte auf seinen Anteil an der Gesamtmenge zuzusprechen ist, vgl. Babusiaux/Baldus/Ernst/Meissel/Platschek/Rüfner/Schanbacher, § 42 Rn. 27; Kaser, RP I, § 102 II 5. 220 Für eine sehr detaillierte Untersuchung der Quelle siehe Cugia, La Confusione dell’Obligazione con Cenni al nuovo Codice Civile, S. 4 ff.
A. Die confusio im römischen Recht
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Die römischen Juristen gebrauchten den Begriff darüber hinaus im übertragenen Sinne in zweifacher Hinsicht: Zum einen wird damit der Tatbestand, also der konkrete Vorgang der Vereinigung von Forderung und Schuld, bzw. dinglichem Recht und Eigentum in einer Person beschrieben, etwa confusio dominii221 oder confusio usus fructus.222 Zum anderen, und zwar häufiger, verwendeten sie confusio jedoch für die Rechtsfolge des Vorgangs, das Erlöschen des Rechts. Für diese Verwendung lässt sich exemplarisch Diocl./Maxim. C. 4.16.5 (295) anführen. […] Etenim cum tibi soceri successionem quaesitam patuerit, debiti petitionem per confusionem extingui non ambigitur. Denn weil du den Nachlass deines Schwiegervaters erworben hast, wird nicht da ran gezweifelt, dass die Klage aus deiner Forderung durch confusio erloschen ist.
Sollte wie im gerade genannten Beispiel die Rechtsfolgenseite der confusio zum Ausdruck gebracht werden, wurde die confusio von Verben wie tollere (beseitigen),223 extinguere (auslöschen)224 oder perimere (zerstören)225 begleitet. Das Verbum confundere wurde, wie oben bereits erläutert, zunächst lediglich für die dingliche Konfusion verwendet. Aufgrund der Tatsache, dass auch bei der obligatorischen Konfusion zwei Gegenstände, in concreto Berechtigung und Verpflichtung, in einem Rechtssubjekt zusammenfallen, ist es nicht verwunderlich, dass die römischen Juristen die Begriffe confusio und confundere auch auf die obligatorische Konfusion ausdehnten.
II. Analyse der Quellen des Corpus Iuris Civilis hinsichtlich der Rechtsfolgen der confusio im Vereinigungsfall von Forderung und Schuld Nach der Beleuchtung der Begriffsverwendung im römischen Recht soll nun der Blick auf die Analyse der Rechtsfolgen der confusio anhand der Quellen des Corpus Iuris Civilis gerichtet werden. Das römische Recht kennt drei Erscheinungsformen der confusio. Zunächst die Vereinigung von Forderung226 und Schuld in einem Rechtssubjekt. Zu beachten ist, dass die im modernen deutschen Zivilrecht gängige Trennung von Forderung und Schuld 221 Flor.
11 inst. D. 30.116.4. Sab. D. 40.4.6. 223 Etwa Pomp. 33 Sab. D. 8.2.21. 224 Etwa Clem. 2 leg. Iul. et Pap. D. 34.3.21.1. 225 Etwa Mod. 8 reg. D. 46.3.75. 226 Nach römischem Recht beschreibt „Forderung“ die Obligation von der Gläubigerseite aus betrachtet, wohingegen Schuld die Obligation aus Sicht des Schuldners beschrieb. Beides wurde von den römischen Juristen obligatio genannt, vgl. Honsell/ Fargnoli, Römisches Recht, § 26 I 1. 222 Ulp. 18
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1. Kap.: Rechtshistorische Entwicklung der confusio
den römischen Juristen fremd war. Jeder Obligation wurde eine actio zugeordnet, die zwar lediglich der prozessualen Durchsetzung der Obligation diente, aber aufgrund der ausführlichen Gestaltung der Klageformel (formula) die Obligation individualisierte.227 Die römischen Juristen hätten demnach vielmehr das Erlöschen oder Fortbestehen einer Klage (actio) aufgrund von confusio untersucht, sog. aktionenrechtliches Denken.228 Neben der Vereinigung von Forderung und Schuld kannte man die Vereinigung von beschränkt dinglichem Recht und Eigentum229 und die Vereinigung von Hauptschuld und Bürgschaft230 in einem Rechtssubjekt. Im römischen Recht geht mit der confusio im Vereinigungsfall von Forderung und Schuld die Forderung231 ipso iure unter.232 Dieser Untergang ist zwingend „logische Folge“ und Resultat daraus, dass eine Forderung nur zwischen einem Gläubiger und seinem Schuldner bestehen kann.233 Sollte einer der beiden ersatzlos wegfallen, kann es demnach auch keine Forderung mehr geben. Diese Rechtsfolge wird somit nicht durch die Juristen festgelegt, sondern ergibt sich aus der Natur der Forderung selbst. Im Folgenden soll nicht jede einzelne Quelle, die die confusio betrifft, thematisiert werden, sondern nach einem kurzen Einstieg in Form eines Nachweises der regelmäßigen Rechtsfolge auf die Konstellationen eingegangen werden, die in der Fachliteratur zu Uneinigkeiten führen und aus diesem Grund einer Klärung bedürfen. Exemplarisch für das Erlöschen der Forderung durch confusio soll Ulp. 49 Sab. D. 18.4.18 stehen. Cum quis debitori suo heres exstitit, confusione creditor esse desinit. […] Wenn jemand Erbe seines Schuldners wird, ist er aufgrund von Konfusion nicht mehr Gläubiger.
227 Vgl.
Kaser/Knütel/Lohsse, § 43 Rn. 1. besseren Übertragbarkeit auf unser heutiges Rechtsverständnis wird im Folgenden auch für das römische Recht von Forderung und Schuld und deren Erlöschen bzw. Fortbestehen gesprochen. Ebenso Kaser, RP I, § 150 III. 229 Dieser Fall wurde unter Einleitung D bereits erörtert. 230 Diese Konstellation wird weiter unter 3. Kapitel B. IV. beleuchtet. Laut Kieß, S. 60 haben die Konstellationen der Vereinigung von Bürgschaft und Hauptschuld nichts mit der Konfusion im technischen Sinne zu tun. Inwieweit dem gefolgt werden kann, gilt es zu erörtern. 231 Kaser, RP I, § 150 III. Zu beachten ist, dass die römischen Juristen des klassischen Rechts bei der confusio nur die einzelne Forderung und nicht das Schuldverhältnis im weiteren Sinne behandeln, vgl. Kieß, S. 193 Fn. 17. 232 Solazzi, S. 290; Kaser, RP I, § 150 III. 233 So auch Cicu, Estinzione di rapporti giuridici per confusione, S. 11, 17; Solazzi, S. 283. 228 Zur
A. Die confusio im römischen Recht
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Hieraus ergibt sich, dass aufgrund des Erbfalls und der daraus resultierenden Personenvereinigung von ehemaligem Gläubiger und Schuldner die Gläubigerstellung nicht mehr besteht, ergo die Forderung erlischt.
III. Exkurs: Die „Ea quae initio“-Formel als Grundlage der confusio Aufgrund der Bezeichnung aller drei Vereinigungsformen mit dem Begriff confusio wird in der einschlägigen Literatur die Rechtsregel Ea quae initio recte constiterunt, resolvuntur, cum in eum casum reciderunt, a quo non potuissent consistere (incipere)234 häufig als grundlegendes Prinzip der confusio angesehen.235 Danach wird ein Rechtsverhältnis aufgelöst, wenn es in eine solche Lage gerät, in der es nicht hätte begründet werden können. Im Zusammenhang mit dieser Rechtsregel wird in der einschlägigen Literatur236 stets die Quelle Gai. Inst. 4.78 herangezogen: Sed si filius patri aut servus domino noxam237 commiserit, nulla actio nascitur. nulla enim omnino inter me et eum, qui in potestate mea est obligatio nasci potet. ideoque etsi in alienam potestatem pervenerit aut sui iuris esse coeperit, neque cum ipso neque cum eo cuius nunc in potestate est agi potest. unde quaeritur, si alienus servus filiusque noxam commiserit mihi et is postea in mea esse coeperit potestate, utrum intercidat actio an quiescat. nostri praeceptores intercidere putant, quia in eum casum deducta sit, in quo actio consistere non potuerit, ideoque, licet exierit de mea potestate agere me non posse. diversae scholae auctores, quamdiu in mea potestate sit, quiescere actionem putant, quia ipse mecum agere non possum, cum vero exierit de mea potestate, tunc eam resuscitari. Wenn aber ein Sohn den Vater oder ein Sklave seinen Herrn geschädigt hat, entsteht keine Klage. Denn zwischen mir und demjenigen, der in meiner Gewalt ist, kann überhaupt keine Verbindlichkeit entstehen, und daher kann auch dann, wenn er in die Gewalt eines anderen gelangt oder seine Freiheit erlangt hat, weder gegen ihn selbst noch gegen denjenigen, in dessen Gewalt er sich nun befindet, eine Klage erhoben werden. Daher fragt man sich, ob, wenn ein fremder Sklave oder 234 Diese Rechtsregel findet sich in ähnlicher Formulierung in unterschiedlichen Digestenquellen, wie etwa Marc. lib. 11 inst. D. 34.8.3.2 oder Mod. lib. 6 diff. D. 8.1.11 und in einer Quelle der Institutionen Justinians Inst. 4.8.6. 235 Kretschmar, S. 8 f.; Schellen S. 4; Thal, S. 86 f. Dacke, S. 1 f. bestreitet zwar nicht, dass diese Regel „auf ein hohes Alter hindeutet“, es mangele dessen Meinung nach zwar an ausreichenden Hinweisen, dass sich das Erlöschen als regelmäßige Rechtsfolge der Konfusion in allen drei Erscheinungsformen auf diese Regel stützen lasse, doch sei zumindest eine hohe Wahrscheinlichkeit für die Auffassung Kretschmars gegeben. 236 Kretschmar, S. 8 ff.; Dacke, S. 1; Schellen, S. 4 ff.; Kaser, RP I, § 150 II; Wacke, in: FS Medicus, S. 573. 237 Noxia stellt laut Inst. 4.8.1 das Delikt selbst dar, wohingegen noxa die schädigende Person, also den Gewaltunterworfenen, beschreibt.
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1. Kap.: Rechtshistorische Entwicklung der confusio
Sohn mich geschädigt hat, und dieser später in meine Gewalt gelangt, die Klage erlischt oder ruht. Unsere Lehrer meinen, dass sie erlischt, weil sie in eine Lage geraten ist, in der die Klage von Anfang an nicht hätte entstehen können, und daher kann ich auch dann, wenn er wieder aus meiner Gewalt herausgelangt, nicht klagen. Die Gelehrten der anderen Schule meinen, dass die Klage ruht, solange er sich in meiner Gewalt befindet, weil ich nicht gegen mich selbst klagen kann, wenn er aber wieder aus meiner Gewalt herausgelangt, dann lebt diese wieder auf.
Zunächst stellt Gaius fest, dass keine Klage entsteht, wenn ein Sklave seinen Herrn oder ein Haussohn den pater familias deliktisch schädigt. Die theoretisch in Betracht kommende Klage ist die sogenannte actio noxalis,238 die für den Fall geschaffen wurde, in dem ein Sklave oder ein anderer Gewaltunterworfener eine deliktische Schädigung gegenüber einem Dritten vorgenommen hat. Der Dritte kann dann den Eigentümer dazu auffordern, die aestimatio litis, den Schätzwert des Streites, zu leisten oder den schädigenden Sklaven selbst zu übergeben (noxae deditio).239 Begründet wird das Nichtbestehen der actio noxalis damit, dass zwischen dem dominus und dem, der in dessen potestas steht, keine Verbindlichkeit bestehen kann. Ebenso kann keine actio noxalis gegenüber einem anderen bestehen, wenn der Gewaltunterworfene in die potestas des anderen gelangt ist oder die Freiheit erhält. Im Folgenden fragt Gaius, ob in dem Fall, dass der Gewaltunterworfene des dominus den Ego schädigt, womit diesem gegenüber dem dominus zunächst eine actio noxalis zusteht, aber darauf der Geschädigte Ego den Sklaven erwirbt, die actio erlischt oder lediglich ruht. Hinsichtlich dieser Frage werden laut Gaius zwei verschiedene Ansichten vertreten. Zunächst nehmen nostri praeceptores, also wohl die Vertreter der Rechtsschule der Sabinianer, der er sich zugehörig fühlt,240 an, dass die actio endgültig erlischt, und führen als Begründung die in Rede stehende, oben genannte Rechtsregel an. Der von Gaius beschriebene Fall stellt demnach eine Situation dar, in der eine actio erlischt, weil eine Konstellation vorliegt, in der sie gar nicht hätte begründet werden dürfen. Dem gegenüber vertreten auctores diversae scholae, also die Prokulianer, dass die actio so lange lediglich ruhe,
238 Kaser/Knütel/Lohsse, § 25 Rn. 12. Sehr ausführlich Babusiaux/Baldus/Ernst/ Meissel/Platschek/Rüfner/Schanbacher, § 105; Falchi, Ricerche sulla legittimazione passiva alle azioni nossali; de Visscher, Le régime romain de la noxalité: de la vengeance collective al la responsabilité individuelle. Beschrieben wird die actio noxalis etwa in Gai. Inst. 4.75–81. 239 In I. 4.8.7 legt Justinian fest, dass diese noxae deditio zwar von den alten Juristen auch auf filii familia masculi et femini angewandt wurde, dies jedoch mit der nova conservatio, der neuen Lebensweise der Menschen, aufgrund ihrer Härte entschieden abzulehnen ist. Aus diesem Grund wir spätestens ab dem Erlass der Institutiones durch Justinian die Noxalklage nur noch auf Sklaven angewandt. 240 Heumann/Seckel, S. 227.
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wie der Gewaltunterworfene in der Gewalt des Ego steht.241 Erst bei einer Weiterveräußerung des Gewaltunterworfenen wird die actio wiedererweckt. Die actio noxalis erlischt also nicht, wie es von den Sabinianern vertreten wird, endgültig durch bloße Weiterveräußerung des Gewaltunterworfenen, sondern nur dann, wenn diese Übertragung als noxae deditio, vereinfacht gesagt als Ausgleich der Verbindlichkeit gegenüber dem Geschädigten, erfolgt. Als eine weitere Quelle, die gewissermaßen auf die gerade erörterte aufbaut, kann I. 4.8.6242 herangezogen werden. Justinian beantwortet in seinen Institutionen die in Gai. Inst. 4.78 noch ungeklärte Frage, ob die actio im Fall einer Weiterveräußerung des Gewaltunterworfenen endgültig erlischt oder lediglich ruht. Er legt fest, dass auch dann die Klage erlischt, wenn ein fremder Sklave dem Tu gegenüber ein Delikt begeht und dieser alsdann in das Eigentum des Tu übergeht. Dies wird ebenfalls mit der genannten Rechtsregel, die hier in der Formulierung intercidit actio, quia in eum casum deducta sit in quo consistere non potui auftritt, begründet.243 Zudem legt Justinian fest, dass der Geschädigte auch dann nicht klagen kann, wenn der Sklave das Eigentum des Tu wieder verlässt. Justinian folgt somit der Ansicht der Sabinianer und macht diese zum Gesetz.244 241 Sehr ausführlich zu dem grundsätzlichen Schulenstreit zwischen Sabinianern und Prokulianern Falchi, Le controversie tra Sabiniani e Prouculiani. 242 Si servus domino noxiam commiserit, actio nulla nascitur: namque inter dominum et eum qui in eius potestate est nulla obligatio nasci potest. ideoque et si in alienam potestatem servus pervenerit aut manumissus fuerit, neque cum ipso, neque cum eo cuius nunc in potestate sit, agi potest. unde si alienus servus noxiam tibi commiserit et is postea in potestate tua esse coeperit, intercidit actio, quia in eum casum deducta sit in quo consistere non potuit: ideoque licet exierit de tua potestate, agere non potes, quemadmodum si dominus in servum suum aliquid commiserit, nec si manumissus vel alienatus fuerit servus, ullam actionem contra dominum habere potest. Wenn ein Sklave seinem Herrn gegenüber ein Delikt begeht, entsteht keine Klage; denn zwischen dem Herrn und demjenigen, der sich in dessen Gewalt befindet, kann keine Verbindlichkeit entstehen. Daher kann, auch wenn der Sklave in die Gewalt eines anderen gelangt oder die Freiheit erlangt, nicht gegen ihn selbst und auch nicht gegen denjenigen, in dessen Gewalt er sich nun befindet, geklagt werden. Wenn ein anderer Sklave dir gegenüber ein Delikt begeht und dieser später in deine Gewalt gelangt, erlischt die Klage, weil sie in eine Situation gerät, in der sie nicht hätte entstehen können. Und deswegen kannst du nicht klagen, wenn er aus deiner Gewalt herausgelangt. Wenn der Herr seinem Sklaven gegenüber irgendein Delikt begeht, steht dem Sklaven gegen seinen Herrn keine Klage zu, auch wenn er die Freiheit erlangt oder an einen anderen veräußert wird. 243 Im Codex Iustinianus finden sich in 3.41, der von den noxales actiones handelt, keine weiteren Erläuterungen zu dieser Problematik. 244 Diese Tatsache scheint Wacke, in: FS Medicus, S. 573 zu verkennen. Ausführlich zu der Ansicht Wackes vgl. 3. Kapitel B. II. 1.
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1. Kap.: Rechtshistorische Entwicklung der confusio
In der Fachliteratur wird angenommen, dass der Rechtsgrund des Erlöschens der actio noxalis die confusio sei, was die oben genannte These, dass alle Erscheinungsformen der confusio auf dieser Rechtsregel aufbauen, stützen würde.245 Im Folgenden gilt es zu untersuchen, ob diese These haltbar ist. Das Ergebnis dieser Untersuchung hat vor allem Relevanz für die Begründungsversuche der Autoren, die diese Verknüpfung von diesem Spezialfall zur actio noxalis und der confusio für gegeben halten. Fraglich ist nun, ob die beschriebenen Fallgestaltungen rund um die actio noxalis als Fall der confusio anzusehen sind. Es wurde in der einschlägigen Literatur angenommen, dass die Sabinianer als Grund für das Erlöschen der actio die confusio heranzogen.246 Im Folgenden soll das im Jahr 1985 erschienene Werk von Norbert Schellen stellvertretend für diese Auffassung stehen. Dies rechtfertigt sich zum einen daraus, dass dieses das neueste Werk die Konfusion betreffend darstellt und Schellen die älteren Werke von Kretschmar, Thal und Dacke zur Untermalung seiner Auffassung heranzieht und sich deren Argumentation bedient. Nach Schellen247 basiert die römische confusio in allen drei Varianten auf der genannten Grundregel. Er führt an, dass die Formulierung solcher Grundregeln meist dafür prädestiniert sei, dass sie „mit anderen Prinzipien, Bedürfnissen des Rechtsverkehrs und den Interessen der Rechtsgenossen kollidieren, weil sie ohne Rücksicht auf diese formuliert wurden“. Folge dessen sei es, dass die römischen Juristen im Laufe der Zeit immer mehr Ausnahmen von dieser Grundregel anerkannt hätten. Exemplarisch dafür verweist er auf zwei in Kaser, RP I, § 106 I 5 Fn. 54 und § 150 III genannte Stellen, die den Vereinigungsfall von beschränkt dinglichem Recht, in concreto Nießbrauch und Pfandrecht, betreffen. Jedoch ist mit obigen Ausführungen im Rahmen der confusio beim Nießbrauch festzustellen, dass es nur einen einzigen Fall gibt, in dem die regelmäßige Rechtsfolge der confusio negiert wird.248 Bezüglich der Wirkungen der confusio beim Pfandrecht ergibt sich, dass in keinem Fall das Erlöschen des Pfandrechts durch confusio angezweifelt wird. In dem von Schellen und Kaser zitierten Fall erlischt das Pfandrecht unzweifelhaft durch confusio, lediglich die dingliche Pfandrechtsklage (actio Serviana) bleibt bestehen. Eine Ausnahme von der Konfusionswirkung kann darin gerade nicht gesehen werden. Aus diesen Erkenntnissen den Schluss zu zie245 Kretschmar, S. 8 f.; Schellen, S. 4; Thal, S. 86 f. Dacke, S. 1 f. Ähnlich auch Wacke, in: FS Medicus, S. 573, der zumindest seine Auffassung vom bloßen Ruhen der Obligation in Folge der Konfusion auch aus dieser Quelle ableitet. 246 Kaser, RP I, § 150 III; Kretschmar, S. 8 ff.; Schellen, S. 4 ff.; Schlegelberger/ Fabricius, S. 68. 247 Schellen, S. 4 ff. 248 Vgl. Einleitung D. II. 1. b) aa).
A. Die confusio im römischen Recht
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hen, dass „in Laufe der Zeit immer mehr Ausnahmen“ von dem Erlöschens prinzip anerkannt wurden, erscheint sehr gewagt. Im Folgenden verweist Schellen erneut auf Kaser, RP I § 150 II und zieht konkret das Beispiel der actio noxalis aus Gai. Inst. 4.78 als Fall des Erlöschens durch confusio heran. Er nutzt den oben ausgeführten Streit zwischen Prokulianern und Sabinianern um das Schicksal der actio noxalis, Ruhen oder endgültiges Erlöschen, für seine These, dass bereits die römischen Juristen um „Ausnahmen von der Grundregel gerungen“ haben.249 Gemeint ist, dass seiner Ansicht nach das Erlöschen als Rechtsfolge der confusio keineswegs unumstritten war und in vielen Fällen eine andere Rechtsfolge angestrebt wurde. Er entnimmt dem Streit zwischen Prokulianern und Sabinianern, dass bereits die römischen Juristen im Rahmen der confusio diskutierten, ob das Schuldverhältnis gemäß dem Grundsatz erlösche oder ob es nur ruhe und wiederaufleben könne. Daran zeigt sich deutlich, dass Schellen die Rechtsregel als Grundlage der confusio ansieht.250 All diese Annahmen greifen jedoch nur, wenn im Fall die actio noxalis tatsächlich durch confusio erlischt, genauer wenn die Sabinianer in der genannten Quelle ein Erlöschen durch confusio vertraten. Auf den ersten Blick ist die Ansicht der obengenannten Autoren durchaus nachvollziehbar. Es liegt auch in Gai. Inst. 4.78 ein Fall der Personenvereinigung vor. Der Geschädigte, dem vormals gegen den dominus eine actio noxalis zustand, erwirbt den Sklaven und ist sodann Gewaltinhaber und Geschädigter in einer Person mit der Folge, dass die actio noxalis untergeht. Zwar behandelt die Quelle vornehmlich die prozessuale Frage nach dem Bestand der actio noxalis. Allerdings ziehen besagte Autoren ebenjene Quelle heran und nehmen an, dass die confusio der Rechtsgrund für das Erlöschen der actio noxalis sei. Auffällig ist in diesem Zusammenhang zunächst, dass in der gesamten Quelle an keiner Stelle von einem Untergang durch confusio die Rede ist. Bereits diese Tatsache lässt am Zusammenhang zwischen der Quelle und vor allem der besagten Rechtsregel und der confusio zweifeln.
249 So auch Schermeier, S. 125, der als grundsätzliche Rechtsfolge der confusio entweder ein Erlöschen oder ein Ruhen von Rechten bzw. Ansprüchen annimmt. 250 Diese Ansicht vertreten ebenfalls Kretschmar, S. 8 und Thal, S. 86 f. Dacke, S. 1 f. dagegen hält zwar die Rechtsregel für äußerst alt und nimmt mit hoher Wahrscheinlichkeit an, dass die Rechtsregel im Zusammenhang mit der confusio steht, äußert jedoch aufgrund mangelnder Beweise erste Zweifel an dieser Verbindung. Nicht anzuzweifeln ist, dass die Rechtsregel auf alle Erscheinungsformen der confusio zutreffen mag, vgl. Kretschmar, S. 9. Auch Wacke, in: FS Medicus, S. 584 zieht diesen Schulenstreit zwischen Prokulianern und Sabinianern heran, um sein Abweichen vom Erlöschensdogma zu bekräftigen. Genaueres dazu vgl. 3. Kapitel B. II. 1.
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1. Kap.: Rechtshistorische Entwicklung der confusio
Allerdings lassen sich tatsächlich zwei Quellen anführen,251 in denen actio noxalis und das Erlöschen durch confusio gemeinsam behandelt werden. Zunächst Pomp. 6 Sab. D. 30.38.1: Si legatum nobis relictum constituerimus nolle ad nos pertinere, pro eo erit, quasi nec legatum quidem sit: et ideo dicimus nec confusas servitutes, si forte praedium mihi legatum praedio meo debuerit servitutes, et integra furti actio manebit, si servus legatus sit ei, cuius nomine furti agere poterit legatarius. Wenn wir entschieden haben, dass wir ein uns hinterlassenes Vermächtnis nicht erhalten wollen, dann ist das so, als ob das Vermächtnis gar nicht ausgesetzt wurde: Und deswegen sagen wir, dass Dienstbarkeiten nicht durch Konfusion erloschen sind, wenn etwa ein mir vermachtes Grundstück mit Dienstbarkeiten zugunsten meines Grundstücks belastet ist, und die Diebstahlsklage bleibt unversehrt252 bestehen, wenn ein Sklave vermacht worden ist, bezüglich dessen der Vermächtnisnehmer aufgrund des Diebstahls klagen kann.
Hier wird von einem Nichterlöschen des dinglichen Rechts aufgrund von confusio und von dem Bestehenbleiben der Diebstahlsklage, der actio furti gesprochen. Bei der actio furti handelt es sich um eine Pönalklage, die im Falle der Begehung durch einen Gewaltunterworfenen als actio noxalis gegen den dominus gegeben wird.253 Eine weitere Digestenstelle, in der actio noxalis und confusio gemeinsam behandelt werden, ist Gai. 18 ed. D. 30.70: Si servus Titii furtum mihi fecerit, deinde Titius herede me instituto servum tibi legaverit, non est iniquum talem servum tibi tradi, qualis apud Titium fuit, id est ut me indemnem praestes furti nomine, quod is fecerit apud Titium. Nam et si fundus, qui meo fundo serviebat, tibi legatus fuerit, non aliter a me tibi praestari debeat, quam ut pristinam servitutem recipiam. Nec dissimile est ei qui mandato alicuius servum emit vel ei qui servum redhibet, qui omnes non aliter restituere servum coguntur, quam ut ratio habeatur furti, quod ab eo servo factum fuerit vel antequam negotium contraheretur vel postea. Quare et si post aditam hereditatem servus legatus heredi furtum fecerit, ita praestari debebit, ut ob hoc delictum quasi litis aestimatio a legatario sufferatur heredi. Wenn der Sklave des Titius mich bestohlen hat, Titius mich darauf zum Erben eingesetzt und dir den Sklaven vermacht hat, ist es nicht ungerecht, dass dir der Sklave so übergeben wird, wie er bei Titius war, das bedeutet, dass du mich aufgrund des genannten Diebstahls, den dieser bei Titius begangen hat, schadlos hältst. Denn auch wenn dir ein Grundstück vermacht worden ist, das meinem Grundstück dient, muss es dir von mir nicht anders geleistet werden, als dass ich die frühere Dienstbarkeit wiedererlange. Es ist nicht unähnlich zu demjenigen, der im Auftrag eines anderen einen Sklaven gekauft hat, oder der einen Sklaven zurücknimmt; alle beiden werden nur dann gezwungen, den Sklaven zurückzugeben, 251 Pomp.
D. 30.38.1 und Gai. D. 30.70. wurde hier aus Klarstellungsgründen adverbial übersetzt. 253 Vgl. Kaser/Knütel/Lohsse, § 61 Rn. 12; Kieß, S. 81. 252 Integra
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wenn einem Diebstahl Rechnung getragen wird,254 der von diesem Sklaven entweder vor dem Abschluss des Geschäfts oder danach begangen worden ist. Aus diesem Grund muss, auch wenn der Sklave den Erben nach Antritt der Erbschaft bestohlen hat, nur geleistet werden, wenn dem Erben aufgrund dieses Deliktes vom Vermächtnisnehmer der Schätzwert des Streites geleistet worden ist.255
In dieser Digestenquelle vergleicht Gaius den zunächst genannten Fall, dass Ego den Tu, der einen Sklaven aufgrund eines Vermächtnisses erlangt hat, wegen des Diebstahls des Sklaven gegenüber Ego mit der actio noxalis in Anspruch nehmen kann, mit dem Fall, dass eine Dienstbarkeit bei Erbschaftsantritt aufgrund von Konfusion erlischt.256 Sodann bildet Gaius diverse Vergleichsfälle, in denen der Geschädigte auch nach dem Erlöschen der actio noxalis Ansprüche gegen den Gewaltinhaber des schädigenden Sklaven hat bzw. dem Geschädigten nie eine actio noxalis zustand. Im Kern geht es Gaius in der Quelle darum klarzustellen, dass trotz Erlöschens bzw. Nichtbestehens der actio noxalis dem Geschädigten dennoch ein Anspruch gegen den Schädiger zustehen kann. Lediglich als Vergleichsfall und zur Untermauerung dessen zieht er den Fall heran, dass sich auch der jenige, dessen an einem Grundstück bestellte Dienstbarkeit aufgrund von Konfusion erloschen ist, die Wiederbegründung dieser Dienstbarkeit bei der Grundstücksübereignung dulden muss. Konkret vergleicht Gaius hier das Erlöschen der Dienstbarkeit durch Konfusion mit dem Erlöschen der actio noxalis aufgrund des Erbfalls und die Möglichkeit der Wiederbegründung der Dienstbarkeit mit dem Fortbestehen des Anspruchs aus der actio noxalis. Ein über diesen Vergleich hinausgehender kausaler Zusammenhang zwischen dem Schicksal der actio noxalis und dem Erlöschen eines dinglichen Rechts aufgrund von confusio lässt sich dieser Quelle nicht entnehmen. In beiden Quellen wird keineswegs von einem Erlöschen der actio noxalis durch confusio gesprochen, sondern es werden lediglich Konstellationen beschrieben, in denen ein dingliches Recht durch confusio in Gai. 18 ed. D. 30.70 erlischt oder in Pomp. 6 Sab. D. 30.38.1 nicht erlischt. Das Bestehenbleiben oder der Untergang der actio noxalis resultiert nicht aus der confusio, sondern etwa in D. 30.38.1 aus der Tatsache, dass der Geschädigte den Sklaven, der ihn zuvor bestohlen hatte, nicht erwerben möchte.257 Dies Corpus Iuris Civilis V, S. 295, D. 30.70. zur aestimatio litis oben, Gai. Inst. 4.78. 256 Ausdrücklich spricht Gaius in der Quelle nicht von einem Erlöschen durch Konfusion, jedoch geht es hier um die bereits unter Einleitung D. II. 1. b) cc) untersuchte Fallkonstellation der Vereinigung einer Dienstbarkeit mit dem Eigentum in einem Rechtssubjekt, in der die Dienstbarkeit aufgrund von Konfusion erlischt. Dies impliziert auch der von Gaius in der Quelle mit pristinam servitutem recipiam formulierte Anspruch des Erben auf Wiedererlangung der erloschenen Dienstbarkeit. 257 Eine genaue Behandlung des Falles findet sich bei Kieß, S. 112 f. 254 Knütel/Kupisch/Rüfner/Seiler, 255 Vergleiche
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1. Kap.: Rechtshistorische Entwicklung der confusio
deckt sich auch mit den obigen Ausführungen hinsichtlich der Erlöschensdogmatik der actio noxalis. Aus diesem bloßen gemeinsamen Behandeln in einer Quelle ein Erlöschen der actio noxalis durch confusio abzuleiten, ist nicht nachvollziehbar.258 Somit ist der Ansicht Schellens, dass nach der sabinianischen Rechtsschule eine actio noxalis durch confusio erlischt, nicht zu folgen.259 Aus diesem Grunde kann auch die Rechtsregel „ea quae initio […]“ nicht als Grundprinzip für die confusio herangezogen werden.260 Sie beschreibt zwar durchaus den Fall, der auch auf die confusio zutrifft, jedoch kann die Rechtsregel auch auf diverse Fälle angewandt werden, in denen ein Recht erlischt, ohne dass dieses Erlöschen auf einer confusio basiert.261 Ebenfalls fällt etwa eine Dienstbarkeit weg, wenn ihre Nützlichkeit entfällt.262 Die von Kretschmar angeführten Quellen, auf denen auch die Argumentation von Schellen fußt und die die Rechtsregel enthalten, betreffen nicht das Erlöschen durch confusio, sondern sie beschreiben vielmehr Fälle, in denen ein „das Recht konstitutiv begründetes Element“ wegfällt.263 Aufgrund der Tatsache, dass die Rechtsregel nicht mit der confusio im Zusammenhang steht, kann auch die von Schellen264 angeführte Verknüpfung der Rechtsregel mit den oben bereits erörterten Ausnahmen vom Erlöschensgrundsatz im Rahmen der dinglichen confusio nicht überzeugen. Wegen des fehlenden Zusammenhangs von Gai. Inst. 4.78 und der confusio kann in Folge dessen auch nicht auf einen grundlegenden Streit der römischen Juristen hinsichtlich des Erlöschens als regelmäßige Rechtsfolge der confusio geschlossen werden.265 An einer einheitlichen Ansicht der römischen 258 Vertiefte Begründungen und Argumente für deren Auffassung, etwa in Form einer Untersuchung der einschlägigen Quellen finden sich weder bei Kaser noch bei Schellen. 259 Schellen leitet seine Auffassung von Kaser, RP I, § 150 III ab, der ebenfalls annimmt, dass die Sabinianer das Erlöschen der Noxalverbindlichkeit kausal auf die Folgen der confusio zurückführen. 260 So auch Kieß, S. 82 ff. An dem Bestehen der Rechtsregel und deren Zusammenhang mit der actio noxalis besteht dagegen kein Zweifel. 261 Kaser, SZ 56, S. 349; Solazzi, S. 279; Kieß, S. 187. 262 Kaser, RP I, § 133 IV. 263 Stellungnehmend zu den einzelnen Quellen Kretschmars und diese Ansicht teilend, Kieß, S. 187 f. 264 Schellen, S. 7. 265 Einen kausalen Zusammenhang zwischen Gai. Inst. 4.78 und der confusio erkennt auch die italienische Fachliteratur nicht, vgl. Falchi, Una poco nota controversia tra Sabianiani e Proculiani sulla legitimazione passiva all’actio noxalis furti, Studi Sanfilippo V, S. 323–341; Falchi, Studi sulla legislazione di Giustiniano, Studia et documenta historiae et iuris 1993, S. 49; Stolfi, Il modello delle scuole in Pomponio e Gaio, Studia et documenta historiae et iuris 1997, S. 67. Auch in diesen Aufsätzen wird lediglich der Streit zwischen Sabinianern und Prokulianern erörtert, ob in dem Fall, dass der Gewaltunterworfene den Ego schädigt, womit diesem gegenüber dem
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Juristen, dass ein Recht aufgrund von confusio erlischt, kann und darf daher nicht gezweifelt werden. Dies bedeutet jedoch nicht, dass es von dieser Regel keine Ausnahmen gegeben hat. Diese aber im Einzelnen auszuführen würde den Rahmen der vorliegenden Arbeit übersteigen.266 Es kann jedoch zusammenfassend gesagt werden, dass das Recht in Folge der confusio, sollte diese nicht mit dem Willen der Parteien übereinstimmen, neu begründet werden musste. Ein selbstständiges Wiederaufleben des Rechts kannten die römischen Juristen nicht.267 Es ist also festzustellen, dass im römischen Recht aller Epochen das Erlöschen die absolute Regel darstellte und nicht, wie Schellen annimmt, von dieser Regel in diversen Fällen um „Ausnahmen gerungen wurde“ und die römischen Juristen diesbezüglich nicht „mit einer Stimme gesprochen haben“, was dieser zumindest auch auf Gai. Inst. 4.78 stützt.268 Anhand dieser Ausführungen kann konstatiert werden, dass es den römischen Juristen durchaus gelang, die confusio in ein strukturiertes Regel-Ausnahme-System einzugliedern, wobei sie nicht versuchten, die confusio einheitlich unter die genannte Rechtsregel zu fassen, und sie in ihrer Gesamtheit dogmatisch durchaus in einer nachvollziehbaren Weise strukturierten. Aus diesem Grund erschließt es sich nicht, weshalb die Handhabung der confusio im römischen Recht grundsätzlich nicht zur Strukturierung der Konfusion im heutigen BGB herangezogen werden können soll.269 dominus zunächst eine actio noxalis zusteht, aber darauf der Geschädigte Ego den Sklaven erwirbt, die actio erlischt oder lediglich ruht. Die unter anderem von Schellen vertretene Ansicht, dass die Sabinianer ihre Auffassung kausal auf die Folge der confusio zurückführen, findet dort keine Erwähnung. Auch Wacke, in: FS Medicus, S. 561 sieht keinen zwingenden Zusammenhang zwischen dieser Rechtsregel und der Konfusion. Er verweist dafür pauschal auf die „antiken Quellen“, auch wenn er selbst keine Untersuchungen anstellt, ob ein solcher Zusammenhang überhaupt besteht. Diesen fraglichen Zusammenhang ausblendend, hält er die Rechtsregel für eine eher „deskriptive und normative“ Regel, die eine „doktrinäre Überhöhung“ darstellt und über deren Anwendbarkeit in jedem Einzelfall neu zu entscheiden sei. 266 Eine Untersuchung aller Fälle unternimmt etwa Kieß, S. 112 ff. 267 Zu den einzelnen Ausnahmen von der Erlöschenswirkung der confusio im römischen Recht, die jedoch ausnahmslos erbrechtlichen Sonderkonstellationen zuzuordnen sind, siehe Kieß, S. 195 ff. 268 Schellen, S. 5 f. 269 Diese Ansicht vertritt jedoch Schellen S. 8, der sich erneut auf Kretschmar stützt. Schellen lehnt es ab anhand des römischen Rechts einen Ansatz für die Rechtsfolgenproblematik der Konfusion im BGB abzuleiten. Da es den römischen Juristen nicht gelungen sei die confusio aufgrund der diversen Ausnahmefälle, die jedoch, wie bereits erörtert, in den meisten Fällen keinerlei Zusammenhang zur confusio aufweisen, unter einen einheitlichen Gesichtspunkt zusammenzufassen, gemeint ist hier die oben genannte Rechtsregel, die jedoch wie gezeigt ebenfalls in keinem Zusammenhang mit der confusio steht, lasse sich für das geltende Recht kein Ansatz finden.
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1. Kap.: Rechtshistorische Entwicklung der confusio
Diese sehr detaillierte Beleuchtung der Fallkonstellation zur actio noxalis und der in Gai. Inst. 4.78 genannten Rechtsregel mag im ersten Moment schwer nachzuvollziehen sein, zumal im Ergebnis ja gerade ein Zusammenhang beider mit der confusio abgelehnt wird. Es erscheint jedoch äußerst wichtig gerade diesen fehlenden Zusammenhang aufzuzeigen, weil die genannten Autoren, die diesen Zusammenhang annehmen, einen Großteil ihrer Argumentation auf diesen stützen oder aufgrund dessen gar den Rückgriff auf das römische Recht bezüglich der confusio ablehnen. Dies kann wie gezeigt nicht überzeugen. Ein Rückgriff auf die römische confusio erscheint als durchaus sinnvoll und, wie im Folgenden noch zu sehen sein wird, sogar äußerst hilfreich zur Strukturierung der Rechtsfolgen der Konfusion im BGB. Es ist jedoch anzumerken, dass die genannten Autoren allesamt das Ziel verfolgten, eine umfassende, einheitliche Konfusionstheorie zu entwickeln, unter die jegliche, in Betracht kommende Fallkonstellation der Konfusion subsumiert werden kann. Im Hinblick auf dieses übergeordnete Ziel kann die Handhabung der confusio des römischen Rechts nicht mit einer überzeugenden Lösung glänzen. Vielleicht sollte jedoch gerade daraus die Erkenntnis gezogen werden, dass eine Einheitslösung, wie so oft in der heutigen Rechtslandschaft, der „Lebensvielfalt nicht gerecht werden kann“,270 und dass anstelle dessen die Erarbeitung eines strukturierten Regel-Ausnahme-Systems das Ziel sein sollte.
IV. Die confusio als eigenständiger Erlöschensgrund Die bisher untersuchten Quellen des römischen Rechts haben gezeigt, dass die Folge der confusio in der Regel das Erlöschen der Forderung war. Zu untersuchen bleibt, welche Wirkung die römischen Juristen der confusio zuschrieben. In einigen Werken des 19. Jahrhunderts wurde die confusio mit den Erlöschenstatbeständen der solutio und compensatio in Verbindung gebracht. Die confusio wurde dabei einem der beiden Erlöschensgründe, quasi als Unterfall, zugeordnet und ihr dadurch der Rang als eigenständiger Erlöschensgrund abgesprochen. Gestützt wurde sich dabei auf die Annahme, dass bereits die römischen Juristen dies so vertreten hätten, und es werden diverse Quellentexte angeführt, um dies zu untermauern. Daneben entwickelten einige Autoren dieser Zeit eigene Theorien, die die confusio zwar als eigenAufgrund der zu Unrecht geschlossenen Zusammenhänge zwischen den einzelnen angeführten Quellen, meist durch Verweis auf Kretschmar und Kaser, und der confusio, kann diese Ansicht nicht überzeugen. Zu beachten ist jedoch, dass die genannten Autoren das Ziel verfolgten eine einheitliche Konfusionstheorie zu formulieren, die alle Fälle der Konfusion unter einen Grundsatz zu fassen versucht. 270 Schellen, S. 8.
A. Die confusio im römischen Recht
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ständigen Erlöschensgrund ansahen, dies jedoch losgelöst von den Quellen des Corpus Iuris Civilis zu erklären versuchten.271 Eine dieser Theorien fußt auf der Annahme, dass die einzelne Forderung gar nicht durch confusio erlösche, sondern der Gläubiger etwa durch einen Erbfall sein eigener Schuldner wird. Durch die Vereinigung wird so lediglich verhindert, dass er die eigene Forderung geltend machen kann.272 Diese Ansicht lässt sich jedoch bereits damit ablehnen, dass diese Autoren eindeutig die grundlegenden Rechtsfolgen der confusio im römischen Recht missachteten oder zumindest verkannten. Danach erlischt eine Forderung in jedem Fall endgültig durch die Vereinigung von Gläubiger und Schuldner in einer Person. Eine weitere Auffassung vertrat von Kübel,273 der sich ausdrücklich gegen die Auffassungen von Baron und Vangerow aussprach und die Konfusion als eigenständigen Erlöschensgrund ansah. Die Folge der Vereinigung sei ein Erlöschen ipso iure, sie wirke „objektiv zerstörend“.274 Leider macht von Kübel keine Aussage hinsichtlich einer eventuell bestehenden erfüllungsgleichen Wirkung der Konfusion. Auch wurde wiederholt versucht, die Wirkung der confusio anhand einer allgemein für alle Fälle der confusio anwendbaren Rechtsregel zu erklären. Dies scheitert jedoch, wie oben bereits aufgezeigt, an dem fehlenden Zusammenhang der Rechtsregel „ea quae initio […]“ mit dem Rechts institut der confusio.275 Ob der confusio im römischen Recht eine erfüllungsgleiche Wirkung zukam oder ob die confusio sich gar einem der beiden genannten Erlöschensgründe unterordnen lässt, soll anhand von Quellen des Corpus Iuris Civilis beantwortet werden, die auch von den Autoren herangezogen wurden, die diese Auffassung teilten. Zunächst soll untersucht werden, ob die confusio mit der solutio (Erfüllung) gleichzusetzen ist.276 Die zur Unterstützung dieser Ansicht herangezo271 Eine davon war die Barons, Die Gesamtrechtsverhältnisse im Römischen Recht, S. 355 ff., die jedoch bereits in ihren Grundstrukturen nicht überzeugen konnte und einhellig, später auch von ihm selbst abgelehnt wurde, vgl. Windscheid, Lehrbuch des Pandektenrechts II, § 352 Anm. 5. 272 Diese Ansicht vertrat etwa von Vangerow, Lehrbuch der Pandekten III, § 573 Lit. II 1. Zudem weist diese Ansicht eine gewisse Nähe zu der oben untersuchten Ansicht zur actio noxalis in Gai. Inst. 4.78 auf, vgl. 1. Kapitel A. III. 273 Schubert/von Kübel, Vorentwürfe der Redaktoren zum BGB, Recht der Schuldverhältnisse Teil 1, S. 1116 ff. 274 von Savigny sprach der Konfusion ihre objektiv zerstörende Wirkung ab und nimmt an, dass diese nicht den objektiven Bestand der Obligation tangiert, sondern lediglich Auswirkungen auf die subjektive Beziehung der Parteien hat, vgl. von Savigny, das Obligationenrecht als Theil des heutigen Römischen Rechts I, S. 196. 275 Vgl. 1. Kapitel A. III. 276 Diese Ansicht vertreten etwa von Mosen, Über Konfusion bei Obligationen nach römischem Rechte, S. 7 ff.; Ribbentrop, Zur Lehre von der Correal-Obligation, S. 270; Girtanner, Die Bürgschaft nach gemeinem Civilrechte II, S. 504 ff.; Kuntze,
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1. Kap.: Rechtshistorische Entwicklung der confusio
genen Quellen277 weisen zwar einen gewissen Zusammenhang zur confusio auf, zur Erklärung dieser ist es aber nicht geboten, die confusio mit der solutio gleichzusetzen, sondern es genügt festzustellen, dass die römischen Juristen der confusio in diesen Fragmenten erfüllungsgleiche Wirkung zu Teil werden ließen und die confusio und die solutio dort miteinander verglichen, nicht aber gleichsetzten.278 Anschaulich zeigt dies etwa Clem. 12 Iul. et Pap. D. 34.3.21.1: Unde Iuliano placuit et si debitori heres exstiterit creditor posteaque ipse creditor decesserit, legatum extingui: et hoc verum est, quia confusione perinde exstinguitur obligatio ac solutione. Daher vertrat Julian die Ansicht, dass, auch wenn der Gläubiger Erbe des Schuldners geworden ist und später der Gläubiger selbst stirbt, das Vermächtnis erlischt. Und das ist richtig, weil die Verbindlichkeit durch Konfusion ebenso erlischt wie durch Erfüllung.
Aus dieser Quelle ergibt sich eindeutig, dass Julian die confusio neben die solutio als eigenständigen Erlöschensgrund stellte, die im vorliegenden Fall die gleiche Wirkung wie die solutio hat; dies steht einer Gleichstellung oder Zusammenfassung der beiden Erlöschensgründe entgegen. Die römischen Juristen waren sich darüber im Klaren, dass die confusio keine Leistung im technischen Sinne darstellt.279 Bei der solutio stellt die einzelne Forderung nach deren Erlöschen noch einen Rechtsgrund für das Behaltendürfen des Geleisteten dar, wohingegen die Forderung, die in Folge der confusio erloschen ist, keine rechtliche Wirkung mehr entfaltet.280 Damit lässt sich festhalten, dass die römischen Juristen der confusio zwar in den meisten Fällen eine erfüllungsgleiche Wirkung zukommen ließen,281 sie jedoch in keinem Fall mit der Erfüllung gleichsetzten.
Die Obligation und die Singularcession des römischen und heutigen Rechtes, S. 217 ff. Dagegen etwa Laborenz, Solutio als causa, S. 91 f. 277 Paul. 35.2.1.18; Pomp. D. 17.1.11. 278 So auch Kaser, RP I, § 150 III; eine detaillierte Untersuchung der jeweiligen Quellen unternimmt Kieß, S. 177 ff. 279 So auch Kaser, RP I, § 150 III; Kieß, S. 179; Laborenz, S. 91 f. 280 So auch Wimmer, in: FS Mayer-Maly, S. 900. Vertiefte Ausführungen zur causa solutionis bei Laborenz, S. 90 ff. 281 Der confusio kam jedoch keine erfüllungsgleiche Wirkung zu, wenn ein Gläubiger im Vorfeld der Konfusion mehrere Schuldner hatte, ergo in den Fällen der Bürgschaft und der Gesamtschuld, vgl. Solazzi, S. 297 f.; Kieß, S. 62 f. Siehe auch 3. Kapitel A. VII.
A. Die confusio im römischen Recht
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Diejenigen Autoren,282 die eine confusio mit einer compensatio283 (Aufrechnung) gleichsetzten, stützten ihre Auffassung auf Afr. 7 quaest. D. 24.3.33. Dagegen spricht jedoch, dass die römischen Juristen die compensatio nicht zur Schuldtilgung heranzogen, ergo diese im Gegensatz zur confusio nicht zum Erlöschen der Forderung führt,284 sondern diese lediglich prozessual erfasste, ergo eine potentiell bestehende Gegenforderung des Gläubigers von vorneherein in Abzug gebracht werden muss bzw. der Richter diese Gegenforderung bei der Festsetzung der Urteilssumme zu berücksichtigen hat.285 Auch eine Gleichsetzung der confusio mit der acceptilatio286 (Schulderlassgeschäft) kann angesichts des fehlenden Zusammenhangs der beiden Rechtsinstitute in den zumeist herangezogenen Quellen287 nicht angenommen werden. In diesen werden zwar beide gegenübergestellt, jedoch kann darin wie schon bei der solutio keine Gleichsetzung gesehen werden. Vielmehr kann aus der in den Quellen vorgenommenen Gegenüberstellung der confusio und der acceptilatio geschlossen werden, dass es sich bei beiden um jeweils eigenständige Erlöschensgründe handelt.
V. Zwischenergebnis Somit kann zusammenfassend gesagt werden, dass es sich bei der confusio im römischen Recht um einen eigenständigen Erlöschensgrund handelt, dem in den meisten Fällen erfüllungsgleiche Wirkung zukommt. Zwar finden sich gewisse Überschneidungspunkte mit anderen Erlöschensgründen des römischen Rechts, jedoch ist die confusio mit diesen nicht gleichzusetzen. Die häufige Erwähnung der confusio mit anderen Erlöschensgründen in einer Quelle, häufig in der Form eines Vergleichs, diente lediglich der Demonstration der Wirkung der confusio.288
282 Allen voran Kretschmar, FS Wasserschleben, S. 40 ff. Dieser verkannte jedoch, dass die compensatio im Gegensatz zur confusio keine ipso iure-Wirkung hat, sondern vom Parteiwillen anhängig ist. So auch Kieß, S. 183. 283 Die compensatio erfasste im römischen Recht die Fälle, in denen der Schuldner dem Gläubiger eine Gegenforderung entgegenhalten konnte, was zur Verrechnung der beiden gegenläufigen Forderungen führt. Sollte dem Gläubiger nach dieser Verrechnung noch eine Restforderung übrigbleiben, konnte er diese gegen den Schuldner geltend machen. 284 HKK-BGB/Zimmermann, §§ 387–396, Rn. 5 ff. 285 Kaser, RP I, § 151 I; Kaser/Knütel/Lohsse, § 64 Rn. 25. 286 Diese stellt den Konträrakt zur stipulatio dar. Es wird eine Stipulationsverbindlichkeit durch acceptilatio aufgehoben, vgl. Kaser, RP I, § 150 II 2. 287 Pomp. lib. sec. ench. D. 46.3.107; Mod. lib. oct. reg. D. 46.3.75. 288 So auch Kieß, S. 189.
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1. Kap.: Rechtshistorische Entwicklung der confusio
B. Historische Entwicklung des Rechtsinstituts Konfusionim Hinblick auf Rechtsfolgen und Kodifizierungen im deutschsprachigen Raum Im Folgenden soll die Entwicklung der Konfusion in der Nachfolge des römischen Rechts beleuchtet werden. Dadurch soll der Zugang zu den im BGB normierten Konfusionsfällen erleichtert und eventuelle Unterschiede in Bezug auf die Rechtsfolgen der Konfusion im Zuge der Kodifizierung der Konfusion im BGB aufgezeigt werden. Dafür sollen analog zu obigen Ausführungen im Rahmen der Konsolidation das PrALR und das sächsische BGB stellvertretend für die vor der Einführung des BGB auf deutschen Gebieten geltenden Zivilrechtsbücher herangezogen werden. Auch zu der obligatorischen Vereinigung finden sich an unterschiedlichen Stellen dieser beiden Gesetze diverse Normierungen. Die Erkenntnisse aus dieser Untersuchung sollen später herangezogen werden, um eine Stellungnahme bezüglich der Art und Weise der Kodifizierung der Konfusion im BGB abgeben zu können.
I. Konfusion im allgemeinen preußischen Landrecht Ein Blick auf das PrALR, genauer PrALR 1, 16, §§ 476–499, lässt erkennen, dass zunächst PrALR 1, 16, § 476 unter der Überschrift „Begriff der Confusion“ eine Definition der Konfusion enthält. Nach dieser werden die Rechte des Gläubigers und Pflichten des Schuldners im Falle einer Personenvereinigung aufgehoben. Daraus lässt sich ohne Zweifel der auch im PrALR geltende Grundsatz entnehmen, dass die regelmäßige Rechtsfolge der obligatorischen Konfusion das Erlöschen des Schuldverhältnisses ist. In PrALR 1, 16, §§ 477 ff. werden „Erfordernisse desselben“, also die Voraussetzungen der Geltung dieses Grundsatzes formuliert. Dazu ist laut § 478 notwendig, dass es sich um eine unwiderrufliche Vereinigung handeln muss. Im Falle einer widerruflichen Vereinigung werden die Rechte und Verbindlichkeiten in Folge der Konfusion nach PrALR 1, 16, § 479 nicht aufgehoben, sondern ruhen lediglich. Sollte die Vereinigung wieder rückgängig gemacht werden und dadurch Recht und Verbindlichkeit wieder auf zwei Rechtssubjekte aufgeteilt werden, was laut § 480 entweder aus Vertrag oder anderem Rechtsgrund resultieren kann, leben diese wieder auf. Demnach beschreiben PrALR 1, 16, §§ 479, 480 eine Ausnahme von der in § 478 normierten regelmäßigen Rechtsfolge der Konfusion. Nach PrALR 1, 16, § 481 werden die in Folge der Vereinigung von Forderung und Schuld mit Eintritt einer Nacherbschaft erloschenen Rechte und Verbindlichkeiten des Vorerben gegen die Erbengemeinschaft wiederhergestellt.289 In Folge des Erbfalls erlöschen die
B. Historische Entwicklung des Rechtsinstituts Konfusion 81
Forderungen des Vorerben gegen den Erblasser zunächst durch Konfusion. Aufgrund der Nacherbschaft kann es sich bei diesem Erlöschen jedoch nur um ein vorübergehendes handeln, da mit dem Eintritt der Nacherbschaft der Nacherbe verpflichtet ist, dem Vorerben das zu leisten, was der Vorerbe vom ursprünglichen Erblasser verlangen konnte. Umgekehrt wird in Folge des Eintritts der Nacherbschaft der Nacherbe Gläubiger in Bezug auf die Forderungen, die zuvor der Erblasser vom Vorerben verlangen konnte. § 481 normiert dieses aus Interessensicht gebotene Wiederaufleben dieser durch die Vereinigung im Hinblick auf Erblasser und Vorerbe erloschenen Rechte und Verbindlichkeiten. In PrALR 1, 16, §§ 486–491 wird die Konfusion in Erbschaftskonstellationen erneut aufgegriffen. Nach § 486 etwa hindert ein Vorbehalt der Rechtswohltat des Inventars, eine sogenannte bedingte Erbserklärung, die Rechtsfolgen der Konfusion.290 Durch diese bedingte Erbserklärung behält der Beneficialerbe, also der Erbe, der zur Absicherung gegen die Gefahr eines verschuldeten Nachlasses von der Rechtswohltat des Inventars Gebrauch macht,291 gegen den Nachlass seines Schuldners die Rechte gleich einem anderen Erbschaftsgläubiger, § 487. § 490 legt zudem fest, dass im Falle der Beerbung des Gläubigers durch den Schuldner die Konfusion eventuellen Erbschaftsgläubigern, Miterben und Vermächtnisnehmern nicht zum Nachteil gereicht. Darin zeigt sich das bereits dort angestrebte Ziel höchstmöglicher Interessengerechtigkeit, das in § 490 sogar seine explizite Normierung gefunden hat. 289 PrALR 1, 16, § 481 spricht explizit von einem „nachgesetzten Erben“. Laut den Motiven lässt sich dieser Ausdruck mit dem Nacherbenbegriff des § 1833 E1, dessen Regelungsinhalt sich mit dem des § 481 deckt, und der sich in nur leicht abgewandelter Form in § 2143 BGB wiederfindet, und damit mit dem Nacherben im heutigen Sinne des BGB gleichsetzen, vgl. Mugdan, Materialien V, S. 64 f. 290 Beim Antritt der Erbschaft kann der Erbe entscheiden, ob er die Erbschaft mit oder ohne die Rechtswohltat des Inventars antritt, vgl. Klein, System des preussischen Civilrechts I, § 205; Dernburg, Lehrbuch des preußischen Privatrechts und der Privatrechtsnormen des Reichs III, S. 625 f. Entscheidet er sich für ersteres, haftet er gegenüber den Erbschaftsgläubigern und Vermächtnisnehmern lediglich in Höhe der Erbschaftsaktiva. Die Modalitäten der Inventarerrichtung regeln die PrALR 1, 9 §§ 422 ff., vgl. Klein, System des preussischen Civilrechts I, § 479. Im Gegensatz dazu stellt die Inventarerrichtung nach § 1993 BGB kein unmittelbares Mittel der Haftungsbeschränkung dar. Sie ist somit kein „Verteidigungsmittel des Erben“, vgl. Frank/Helms, Erbrecht, § 18 Rn. 24. Der Erbe kann sich dadurch lediglich die Möglichkeit der Haftungsbeschränkung erhalten, weil ihm abgesehen vom Sonderfall des § 2005 II BGB keine Inventarfrist mehr gesetzt werden kann, vgl. MüKO/Küpper, § 1993 Rn. 1. Gleiches galt bereits in den §§ 2092–2093 E1, vgl. Mugdan, Materialien V, S. 324. 291 Das PrALR enthält in PrALR 1, 9, §§ 422 f. diverse Regelungen bezüglich dieser Beneficialerben, nach denen unter diesen Terminus all die Erben zu fassen sind, die eine bedingte Erbserklärung abgegeben haben und diese nicht aufgrund von Entsagung oder Ungehorsam, sogenannte contumacia, verloren haben, vgl. Klein, System des preussischen Civilrechts I, § 205, 479.
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1. Kap.: Rechtshistorische Entwicklung der confusio
PrALR 1, 16, §§ 492–499 enthalten weiterführende Regelungen hinsichtlich der obligatorischen Konfusion in Konstellationen der Gesamtgläubigerund Gesamtschuldnerschaft sowie in Bürgschaftskonstellationen. Auf diese wird an gegebener Stelle der Arbeit noch genauer eingegangen.292 Es kann insgesamt gesagt werden, dass das PrALR auffällig viele Normen bezüglich der obligatorischen Konfusion enthält, die neben ihrer regelmäßigen Rechtsfolge auch Ausnahmen von dieser klar kodifizieren. Dies korreliert mit dem Anspruch des PrALR, für jede aufkommende Rechtsfrage eine klare Antwort bereitzuhalten, um eventuelle, fehlgeleitete richterliche Norm auslegung oder gar Willkür auf ein Minimum zu reduzieren.293 Zudem sind alle Normen, die Konfusion betreffend, in einem Abschnitt des PrALR geregelt, was einen Zugriff auf diese erleichtert und die Übersicht über alle Normen gewährt.
II. Konfusion im SächsBGB Das SächsBGB enthält bereits in § 132 des ersten Theils eine Regelung bezüglich der Konfusion. Danach erlöschen Rechte und Verbindlichkeiten durch deren Vereinigung in einem Rechtssubjekt. Zu beachten ist, dass der Entwurf des SächsBGB von 1852 noch den auch im PrALR geltenden Zusatz enthielt, dass diese Rechtsfolge nicht gelten solle, wenn die Rechtswohltat des Vermögensverzeichnisses, des Inventars, eine solche Rechtsfolge ausschließe.294 Dieser Zusatz wurde jedoch in der endgültigen Fassung gestrichen. In den Motiven zu dem Entwurf von 1852 wird das Erlöschen als regelmäßige Rechtsfolge zudem durch die Feststellung untermauert, dass ein Mensch zwar Moralverpflichtungen gegen sich selbst haben kann, jedoch keine Rechtsverbindlichkeiten.295 Neben der allgemeinen Regelung des § 132 enthalten die §§ 443, 458, 508, 651, 1008, 1033, 1465 und 2285 SächsBGB spezielle Regelung die Konfusion betreffend. Jedoch sind diese Normen dahingehend aufzuteilen, ob sie sich auf die dingliche oder die obligatorische Konfusion beziehen. Die §§ 443, 458, und 651 SächsBGB betreffen allesamt die dingliche Konfusion und wurden bereits oben unter D. II. 3. untersucht. Als übergeordnete, aber dennoch im Vergleich zu § 132 speziellere Norm 292 Vgl.
3. Kapitel A. VII., B. IV. kritische Positionierung gegenüber der vermeintlichen richterlichen Willkür und Korruption zugunsten des Adels und zulasten des gemeinen Volkes fand seinen Höhepunkt in den „Müller-Arnold-Prozessen“, die die friderizianische Justizreform in Preußen ermöglichte und damit grundlegend zum Erlass des PrALR im Jahr 1794 beitrug, vgl. Handwörterbuch zur deutschen Rechtsgeschichte/Eckert, Allgemeines Landrecht (Preußen), S. 155 (162). 294 Hattenauer/Schäfer, §§ 127–135, A Rn. 33. 295 Hattenauer/Schäfer, §§ 127–135, A Rn. 42. 293 Die
B. Historische Entwicklung des Rechtsinstituts Konfusion 83
ähnelt der Normtext des § 1008, der im Abschnitt über das Erlöschen von Forderungen steht, dem des § 132. Er bezieht sich jedoch konkret auf die einzelne Forderung, das Schuldverhältnis im engeren Sinne, und ordnet auch dafür ein Erlöschen der Berechtigung und Verpflichtung im Konfusionsfall an. Zudem soll im Falle einer bloßen Vereinigung in Teilen die Forderung auch nur anteilsweise erlöschen.296 Sollte es sich nicht um eine unwiderrufliche Vereinigung handeln und diese rückgängig gemacht werden, lebt die einzelne Forderung wieder auf. Das SächsBGB geht somit grundsätzlich von einem Erlöschen der Verbindlichkeit im Konfusionsfall aus. Sollte es sich um eine nicht endgültige Vereinigung handeln und diese rückgängig gemacht werden, leben die zunächst erloschenen Forderungen und Verbindlichkeiten von Rechts wegen wieder auf.297 § 2285 des fünften Theils, der das Erbrecht regelt, beschreibt den Konfusionsfall im Rahmen eines Erbantritts. Er legt fest, dass Rechte des Erben gegen den Erblasser oder umgekehrt erlöschen. Dies soll jedoch nur insoweit gelten, als dass speziellere Regelungen dem nicht entgegenstehen. Dies bedarf ausweislich der Motive keiner weiteren Rechtfertigung.298 Die §§ 1033 und 1465 SächsBGB betreffen die Konfusion im Rahmen von Gesamtschuld und Bürgschaft, die an gegebener Stelle beleuchtet werden.299
III. Zwischenergebnis Es lässt sich zusammenfassend feststellen, dass sowohl das PrALR als auch das SächsBGB als regelmäßige Rechtsfolge das Erlöschen der Forderung explizit normieren. Das SächsBGB bezieht sich dabei lediglich auf das Schuldverhältnis im engeren Sinne, das PrALR macht diesbezüglich keine genaueren Ausführungen, sondern spricht allgemeiner von „Rechten und Verbindlichkeiten“.300 Sollte der Grund der Vereinigung jedoch ein widerruflicher sein, so kann die Forderung wieder aufleben. Das PrALR spricht explizit davon, dass die Forderung bloß ruht.301 Zudem werden vor allem im 296 Dies beschreibt etwa den Fall, dass ein Mieter mehrere Objekte mietet. Wird der Mieter nun Eigentümer eines Teils der Mietobjekte, so erlischt das Mietverhältnis auch nur hinsichtlich dieser Objekte. 297 Schubert/von Kübel, Recht der Schuldverhältnisse Teil 1, S. 1118. Diesbezüglich vertreten das SächsBGB und die Entwürfe zum BGB dieselbe Auffassung. 298 Siebenhaar, Commentar zu dem bürgerlichen Gesetzbuche für das Königreich Sachsen III, Rn. 301 ff. 299 Vgl. 3. Kapitel A. VII., B. IV. 300 PrALR 1, 10, § 476. 301 Dies stellt zunächst einen Unterschied zum römischen Recht dar, in dem eine Forderung in Folge der confusio nicht von selbst weideraufleben kann, sondern in gewissen Fällen wieder neu begründet werden muss. Darüber, ob es sich dabei um
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1. Kap.: Rechtshistorische Entwicklung der confusio
PrALR genaue Ausführungen zu unterschiedlichen Fallkonstellationen gemacht, in denen die regelmäßige Wirkung der Konfusion nicht eintritt. Auch findet das im Folgenden noch zu untersuchende Ziel höchstmöglicher Inte ressengerechtigkeit mit den §§ 481, 490 PrALR explizit Eingang in den Gesetzestext. Hinsichtlich der Art der Kodifikation des Rechtsinstituts weisen beide Gesetze eine ähnliche Struktur auf. Beide enthalten neben einer allgemeinen Definition der Konfusion und deren Rechtsfolge auch Normengruppen, die sich auf einzelne, spezielle Fallkonstellationen der Konfusion, wie etwa Gesamtschuld, Bürgschaft und Erbschaft, beziehen. Das PrALR stellt alle Normen, die die Konfusion, sowohl dinglich als auch obligatorisch, betreffen, in eine Paragraphenreihe, wodurch der Zugriff auf dieses Institut erleichtert wird. Das SächsBGB arbeitet stärker themenorientiert und verortet die einzelnen Konfusionsnormen im Zusammenhang mit dem jeweiligen Anwendungsbereich. Beide Arten der Strukturierung der Normen machen es einfach, das Rechtsinstitut zu lokalisieren und auch etwaige Sonderkonstellationen zu erfassen. Hinsichtlich der Struktur gelingt es beiden Gesetzen auf ihre jeweilige Weise, das Rechtsinstitut der Konfusion nachvollziehbar darzustellen.
ein bewusstes Abweichen des PrALR vom römischen Recht handelt, lässt sich im Nachhinein nur mutmaßen. Jedoch spricht gegen ein bewusstes Abweichen, dass das PrALR stark vom römischen Recht geprägt war. Aus diesem Grund liegt der Gedanke nicht fern, dass sich die Begründer des PrALR die oben bereits diskutierte Quelle Gai. Inst. 4.78 und die darin zum Ausdruck kommende Ansicht der Prokulianer vom Ruhen und späteren Wiederaufleben der actio noxalis als Vorbild für diese Rechtsfolge der confusio nahmen. Wie jedoch bereits festgestellt, besteht kein kausaler Zusammenhang zwischen dieser Quelle und der confuio, vgl. 1. Kapitel A. III.
2. Kapitel
Kodifizierung der Konfusion im BGB Im Gegensatz zu den oben bereits untersuchten Fallkonstellationen der dinglichen Konsolidation, die Eingang ins BGB gefunden haben,302 findet sich im BGB keine Norm, die auch die Konstellationen der Konfusion, der Vereinigung von Forderung und Schuld in einem Rechtssubjekt, ausdrücklich in einer grundlegenden Vorschrift regelt. Das Ausbleiben der Kodifizierung einer solchen Norm für die Konfusion ist keineswegs selbstverständlich. Gerade der Blick auf andere europäische Zivilrechtssysteme lässt erkennen, dass diese zumeist zumindest eine Norm beinhalten, die, wenn auch nicht jeden speziellen Fall erfassend, doch zumindest die grundsätzliche Rechtsfolge der Konfusion und deren Begriffserklärung regelt. Auch die Väter des BGB dachten über diesen Schritt nach, kamen jedoch zu dem Ergebnis, dass die Normierung des Rechtsinstituts der Konfusion überflüssig sei und sich deren Rechtsfolge „aus dem Wesen der Obligation von selbst ergiebt“.303 Im Folgenden soll der gedankliche Prozess der ausgebliebenen Normierung nachgezeichnet sowie die Vor- und Nachteile der Kodifizierung dieses Rechtsinstituts auch anhand konkreter Fallvergleiche zu anderen europäischen Zivilrechtssystemen, in denen eine Kodifizierung der Konfusion erfolgt ist, ausgewertet werden. Anhand der gewon nenen Erkenntnisse soll eine Stellungnahme hinsichtlich der Sinnhaftigkeit oder gar Notwendigkeit der Einführung einer grundlegenden Konfusionsnorm ins BGB abgegeben werden.
A. Konfusion im BGB Aufgrund der politischen Lage wurde die Kodifizierung eines einheitlichen Bürgerlichen Gesetzbuches in Deutschland erst ab der Reichsgründung im Jahr 1871 möglich. Zuvor herrschte eine große Diversität an Zivilgesetzen in den einzelnen deutschen Gebieten. Der von der Ersten Kommission erarbeitete Erste Entwurf des Bürgerlichen Gesetzbuches, der bereits in die fünf heute bekannten Bücher aufgeteilt war, enthielt in § 291 des zweiten Buches 302 Vgl.
Einleitung D. Recht der Schuldverhältnisse I, S. 737; Mugdan, Materialien II, S. 569. 303 Jakobs/Schubert,
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2. Kap.: Kodifizierung der Konfusion im BGB
über „das Recht der Schuldverhältnisse“ eine Norm unter dem Titel „Vereinigung“, die den Fall des Erlöschens des Schuldverhältnisses im Vereinigungsfall von Forderung und Schuld in einer Person explizit regeln sollte: „Das Schuldverhältniß erlischt, wenn Forderung und Verbindlichkeit sich in derselben Person vereinigen.“ Diesem § 291 des Ersten Entwurfes vorangehend und einen Einblick in die Handhabung der Rechtsnatur und der Rechtsfolgen der Konfusion gebend, lassen sich die „Begründungen der Redaktorenentwürfe zum Schuldrecht“, verfasst von von Kübel, heranziehen.304 Laut diesen handelt es sich bei der Konfusion, der Vereinigung von Forderung und Verbindlichkeit in einer Person, um einen selbstständigen Erlöschensgrund. Das Erlöschen der Obligation erfolge ipso iure und wirke objektiv zerstörend.305 Grund für dieses Erlöschen sei die Tatsache, dass niemand ein Recht gegen sich selbst haben, ergo niemand sein eigener Gläubiger bzw. Schuldner sein könne.306 Zwar sei die Konfusion nicht mit der Erfüllung gleich zusetzen,307 jedoch trete auch in Folge der Konfusion die Befreiung von der Schuld ein, die Aufhebung der Obligation erfolge nicht ohne Äquivalent.308 Hauptanwendungsbereich der Konfusion sei die Vereinigung von Forderung und Verbindlichkeit durch Erbfall, die Singularzession und die Schuldübertragung. Dabei sei zu beachten, dass auch in diesen Fällen der Forderungsund Schuldübertragung Forderung und Verbindlichkeit erlöschen und nicht lediglich ruhen, um dann im Falle einer potenziellen Weiterübertragung wieder zu erstarken.309 Ausnahmen von diesem Prinzip seien lediglich im Zusammenhang mit Wechseln, Inhaberpapieren und Hypotheken zu machen. In diesen Fällen wirke sich die Konfusion lediglich auf die subjektiven Beziehungen zwischen Gläubiger und Schuldner aus. Auf den objektiven Bestand der Obligation habe die Konfusion dann keinen Einfluss. Aufgrund der Tatsache, dass der Erste Entwurf des BGB mit § 291 E1 noch eine Konfusionsnorm vorsah, werden im Folgenden die Motive begleitend zum Ersten Entwurf und die Protokolle, welche den Zweiten Entwurf des BGB begleiten, zu den Vorschriften beleuchtet, die mit dem Rechtsinstitut der Konfusion im Zusammenhang stehen, um Antworten bezüglich der 304 Schubert/von
Kübel, Recht der Schuldverhältnisse Teil 1. von Vangerow, § 573; Puchta, Pandekten, § 286; von Savigny, S. 196. 306 So auch Sintenis, Das practische gemeine Civilrecht II, § 106; Windscheid, § 352; Fitting, Die Natur der Korrealobligationen, S. 121 ff.; Wächter, Pandekten II, § 96. 307 Dies vertritt etwa Girtanner, S. 504 f. 308 Vgl. Schubert/von Kübel, Recht der Schuldverhältnisse Teil 1, S. 1116. 309 Dies gelte ebenfalls für die Fälle, in denen der Rechtsgrund der Vereinigung später wegfällt. Dies umfasst die Fälle der Nacherbschaft, des Inventarrechts und der Geltendmachung des Absonderungsrechts der Erbschaftsgläubiger. Anders PrALR 1, 16, § 479. 305 Anders
A. Konfusion im BGB 87
Beweggründe der unterbliebenen Kodifizierung der Konfusion im BGB zu finden.
I. Motive zu § 291 E1 In den Motiven zu § 291 E1 wird als Basis für das Rechtsinstitut der Vereinigung die Regel genannt, dass niemand sein eigener Gläubiger oder Schuldner sein könne.310 Daraus lasse sich die anerkannte Rechtsfolge der Vereinigung ableiten, dass ein Schuldverhältnis in diesem Fall erlöschen muss, unabhängig davon, aus welchem Grund die Vereinigung eintrete.311 Zudem wird festgelegt, dass es sich bei der Vereinigung um einen eigenständigen „aus jenem Prinzipe folgende[n]“312 Erlöschensgrund handle. Anhand dessen wird bereits in den Motiven deutlich, dass das Erlöschen des Schuldverhältnisses, entsprechend sowohl den Regelungen des Corpus Iuris Civilis als auch der in dieser Arbeit bereits untersuchten vor dem BGB geltenden Rechtsordnungen im deutschen Raum, als regelmäßige Rechtsfolge der Vereinigung einhellig anerkannt war. Zudem wird sich klar dafür ausgesprochen, dass es sich um einen selbstständigen Erlöschensgrund handelt und nicht um einen etwaigen Unterfall der Erfüllung oder gar um eine gänzlich andere Konstruktion.313 Als weitere Rechtsfolge sollen neben dem Schuldverhältnis als solchem auch etwaige Nebenrechte erlöschen. Als solche Nebenrechte werden die Bürgschaft in den §§ 668, 672 E1 die Hypothek in § 1092 E1314 und das Pfandrecht in § 1192 E1 genannt.315 Das Bestehen dieser Nebenrechte ist schließlich „vom Bestande des Schuldverhältnisses“ abhängig,316 ergo akzessorisch zur Hauptforderung. In der Ersten Kommission war zunächst eine deutlich ausführlichere Fassung des § 291 E1 erwogen worden. Diese enthielt neben der Erlöschensfolge im Vereinigungsfall noch den Zusatz, dass das frühere Schuldverhältnis wiederaufleben solle, wenn die Vereinigung in der Art und Weise rückgängig Materialien II, S. 64. Materialien II, S. 64. 312 Mugdan, Materialien II, S. 64. 313 Ausführlich dazu 3. Kapitel B. I. 4. 314 Davon ist jedoch klar der oben bereits genannte Fall der Vereinigung von Hypothek als beschränkt dinglichem Recht und dem Eigentum zu unterscheiden. § 1092 E1 beschreibt lediglich die Akzessorietät der Hypothek zur Hauptforderung. Als Folge des Erlöschens der Hauptforderung erlischt auch die akzessorische Hypothek. 315 Dies galt bereits im römischen Recht. Sollte die durch ein Pfandrecht gesicherte Forderung erlöschen, musste in Folge der Akzessorietät auch das Pfandrecht erlöschen. Dies zeigt sich etwa in Ulp. 2 reg. D. 46.3.43. 316 Mugdan, Materialien II, S. 64. 310 Mugdan, 311 Mugdan,
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2. Kap.: Kodifizierung der Konfusion im BGB
gemacht wird, dass sie als nicht eingetreten anzusehen ist.317 Dies lässt sich auf die oben genannte Rechtsregel „ea quae initio […]“ zurückführen. Bezugnehmend auf obige Ausführungen318 kann und darf nicht daran gezweifelt werden, dass diese Regel durchaus die Fälle der Konfusion erfasst, jedoch ist sie eindeutig nicht als Grundlage der Konfusion anzusehen. Nicht verwunderlich ist es deshalb, dass dieser zweite Satz im Laufe der Debatte gestrichen wurde.319 Begründet wurde die Streichung des zweiten Satzes damit, dass sich die Fälle, die ein Wiederaufleben des Schuldverhältnisses320 zur Folge haben, nur schwer einer einheitlichen Regel unterordnen ließen. Etwai ge Abweichungen oder Sonderbestimmungen sollten an die entsprechenden Stellen ausgelagert werden, an denen sie thematisch behandelt würden.321 1. Abweichen von der regelmäßigen Rechtsfolge Jedoch werden bereits in den Motiven zum Ersten Entwurf in gewissen Fällen Einschränkungen hinsichtlich der regelmäßigen Rechtsfolge einer Konfusion vorgenommen. In diesen Fällen wird der Vereinigung die Erlöschensfolge in Teilen oder gar komplett versagt. 317 Davon umfasst sind die noch zu untersuchenden Fälle der §§ 499, 1833, 2114 E1. Vgl. Mugdan, Materialien II, S. 64; Jakobs/Schubert, Recht der Schuldverhältnisse I, S. 736. 318 Vgl. 1. Kapitel A. III. 319 Jakobs/Schubert, Recht der Schuldverhältnisse I, S. 737. 320 Uneinigkeit bestand auch darüber, ob von einem Erlöschen „der Forderung und der Verbindlichkeit“ oder von einem Erlöschen „des Schuldverhältnisses“ gesprochen werden soll. Im Ergebnis entschied man sich aus Gründen der „Korrektheit“ und des „bisher befolgten Sprachgebrauchs“ für die zweite Alternative, vgl. Jakobs/Schubert, Recht der Schuldverhältnisse I, S. 737. Diese Begründung erscheint unbefriedigend. Es muss klar zwischen diesen beiden Alternativen unterschieden werden. Beide Formulierungen sind dazu fähig präzise auszudrücken, in welcher Hinsicht die Konfusion wirkt. Eine Konfusion kann einerseits Auswirkungen auf ein Schuldverhältnis im engeren Sinne haben und andererseits auch auf ein solches im weiteren Sinne. Statt lediglich von einem Schuldverhältnis zu sprechen, hätte ein Zusatz Klarheit gebracht, auf was sich die Konfusion auswirkt. Alternativ hätte man beide Alternativen nebeneinanderstellen können, um Unsicherheiten in der Anwendung zu vermeiden. In Anbetracht der Tatsache, dass § 291 E1 keinen Eingang ins BGB gefunden hat und im Ergebnis restlos gestrichen wurde, könnte man auf den ersten Blick der Auffassung sein, dass solche Diskussionen rein theoretischer Natur sind, jedoch darf nicht verkannt werden, dass es im Folgenden zu untersuchen gilt, ob die Einführung einer mit § 291 E1 vergleichbaren Vorschrift ins BGB ratsam oder gar geboten wäre. Innerhalb dieser Diskussion kann es durchaus hilfreich sein, sich die Erwägungen der Gesetzesbegründer zu Nutze zu machen und deren Intentionen, auch kritisch, zu untersuchen. 321 Jakobs/Schubert, Recht der Schuldverhältnisse I, S. 737.
A. Konfusion im BGB 89
a) § 1032 E1 Zu nennen ist etwa § 1032 E1, der den Vereinigungsfall der dem Nießbrauch zugrunde liegenden Forderung und der Verbindlichkeit in einer Person beschreibt und festlegt, dass die Vereinigung nicht gegen den Nießbraucher wirkt, also die Rechte des Nießbrauchers nicht beeinträchtigt werden.322 Die Motive zu diesem Paragraphen knüpfen an die Ausführungen der Motive zu § 291 E1 an, die diesen Fall von der regelmäßigen Erlöschensfolge im Vereinigungsfall ausnehmen, und stellen fest, dass diese Vereinigung „den Rechten des Nießbrauchers keinen Abbruch tut“,323 der Nießbrauch also trotz Vereinigung bestehen bleibt. Beachtenswert ist die dort zu findende Aussage, dass die Aufnahme einer solchen Norm (§ 1032 E1) wichtig und ratsam ist, um etwaige Zweifel an diesem Abweichen von der gewöhnlichen Rechtsfolge auszuschließen.324 Gleiches gilt für § 1223 E1, der den Vereinigungsfall beim Pfandrecht beschreibt und dieselbe Regelungswirkung enthält. Umso erstaunlicher ist es, dass von der Zweiten Kommission diese beiden Normen (§§ 1032, 1223 E1) mit der Begründung gestrichen worden sind, dass sich deren Inhalte bereits aus der Natur des Nießbrauches bzw. des Pfandrechtes von selbst ergebe und es nicht Aufgabe des Gesetzgebers sei, „solche selbstverständlichen Konsequenzen im Gesetze zum besonderen Ausdrucke zu bringen“.325 Hier zeichnet sich deutlich eine der grundlegenden Intentionen der Zweiten Kommission ab, nämlich die Verfolgung eines abstrakten und generalisierenden Gesetzesstils.326 Ziel war es eine größtmögliche Abstraktion zu erreichen. Dadurch läuft man jedoch Gefahr, dass notwendigerweise zu regelnde Vorgänge und Rechtsinstitute keinen Eingang ins BGB gefunden haben, obwohl deren Aufnahme Klarheit geschaffen hätte. Dieses Ziel der größtmöglichen Abstraktion birgt zudem die Gefahr, dass aufgrund richter licher Freiheit und Rechtsfortbildung Entscheidungen im Zusammenhang mit diesen Rechtsinstituten getroffen werden, die dem ursprünglichen Gesetzesgedanken zuwiderlaufen.
322 Zu beachten ist, dass § 1032 E1 die Konstellation beschreibt, dass sich eine Forderung, die mit einem Nießbrauchsrecht belastet ist mit einer anderweitigen Verbindlichkeit vereinigt. Hiervon ist der Fall zu unterscheiden, in dem sich Nießbrauch und Eigentum in einem Rechtssubjekt vereinigen. Zu diesem Fall unter Einleitung D. I. 323 Mugdan, Materialien III, S. 307. 324 Mugdan, Materialien III, S. 307. 325 Mugdan, Materialien III, S. 770. 326 Wieacker, Privatrechtsgeschichte, S. 475 ff. So wurden durch die Zweite Kommission etwa auch die grundlegenden Definitionen des Vertrags und des Angebots gestrichen, vgl. etwa Mugdan, Materialien I, S. 688, 694.
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2. Kap.: Kodifizierung der Konfusion im BGB
b) § 678 E1 Eine weitere Norm des ersten Entwurfes, die hinsichtlich ihrer Rechtsfolge ebenfalls von der regelmäßigen Erlöschensfolge abweicht,327 ist § 678 E1, der auch für den Fall, dass Bürgenstellung und Inhaberschaft der Hauptforderung in einer Person zusammenfallen, festlegt, dass die Bürgschaft weiterhin fortbesteht. Dies gilt jedoch lediglich mit der Einschränkung, dass das Fortbestehen der Bürgschaft für den Bürgen von Interesse ist. Die Motive erachteten auch die Einführung dieser Norm als sinnvoll, da der im Weiteren noch zu untersuchende Satz „Niemand könne sein eigener Bürge sein“328 den Gedanken nahelegen könnte, dass im Vereinigungsfall die Bürgschaft erlöschen müsse.329 Um diesem Gedanken vorzubeugen sei eine Einführung des § 678 E1 ratsam. Jedoch wurde auch dieser Normvorschlag in den Protokollen abgetan und der § 678 E1 aus Gründen der Offensichtlichkeit der Rechtsfolge der Vereinigung im Bürgschaftsfall von der Zweiten Kommission gestrichen.330 c) § 1866 E1 Zudem erklärt der Erste Entwurf in § 1866 E1, dass auch dann, wenn eine Forderung zwischen Erblasser und Erben Gegenstand eines Vermächtnisses ist, das Schuldverhältnis im Erbfall nicht als durch Vereinigung erloschen anzusehen ist. Aufgrund der Nichtanerkennung des Vindikationslegates331 im deutschen Erbrecht und des damit verbundenen Erfordernisses der schuldrechtlichen Forderungsübertragung332 an den Vermächtnisnehmer würde ohne den § 1886 E1 aufgrund des § 291 E1 ein derartiges Schuldverhältnis im Vereinigungsfall von Forderung und Verbindlichkeit stets erlöschen.333 327 Ob dieser Fall der Vereinigung von Bürgschaftsschuld und Hauptschuld in einer Person überhaupt ein Fall der Konfusion ist, gilt es zu untersuchen, vgl. 3. Kapitel B. IV. 328 Vgl. 3. Kapitel B. IV. 2. 329 Mugdan, Materialien II, S. 378. 330 Mugdan, Materialien II, S. 1028. 331 Beim Vindikationslegt erwirbt der Vermächtnisnehmer den Vermögensgegenstand unmittelbar mit dinglicher Wirkung, vgl. Frank/Helms, § 10 Rn. 5. 332 Dies meint, dass eine eventuell vom Erblasser an den Vermächtnisnehmer vermachte Forderung nicht unmittelbar kraft Gesetzes übergeht (so beim Vindikationslegat), sondern schuldrechtlich vom Erben auf den Vermächtnisnehmer übertragen werden muss (Damnationslegat). Anders in anderen europäischen Zivilrechtsordnungen, in denen aufgrund der Anerkennung des Vindikationslegates der Vermächtnisnehmer mit dem Erbfall unmittelbar Forderungsinhaber oder Eigentümer wird, vgl. etwa Art. 1014 Cc oder Art. 649 Codice civile. 333 Mugdan, Materialien V, S. 92.
A. Konfusion im BGB 91
Diese Rechtsfolge sei in Anbetracht der Tatsache, dass dieses Schuldverhältnis dann nicht Gegenstand eines Vermächtnisses sein könnte und aufgrund eventuell bestehender akzessorischer Nebenrechte, die beim Untergang der Hauptforderung ebenfalls erlöschen würden, nicht hinnehmbar.334 Vorrangiger oder nach der Ersten Kommission sogar einziger335 Zweck des § 1866 E1 sei es, diese unerwünschte Rechtsfolge zu verhindern. Akzessorische Nebenrechte würden aufgrund des Fortbestehens des Schuldverhältnisses notwendigerweise ebenfalls weiter bestehen bleiben.336 Ein etwaiger Umweg in der Form, dass nach dem Erlöschen der Forderung ein Anspruch mit dem Inhalt des Vermächtnisanspruchs neu begründet wird, sei aus gleichen Erwägungen nicht hinnehmbar. Auch dabei würden dem Vermächtnisnehmer zwangsläufig eventuelle akzessorische Nebenrechte verloren gehen. Zudem könnte dies auch dem Erben gegenüber nachteilig sein, sollte „die vermachte Forderung mit begründeten Einwendungen behaftet sein.“337 Sollte es sich bei dem Recht, welches dem Vermächtnisnehmer durch den Erblasser vermacht worden und durch Vereinigung aufgehoben ist, nicht um eine schuldrechtliche Forderung, sondern etwa um Eigentum handeln, stellen die Motive fest, dass für diesen Vereinigungsfall aufgrund der §§ 835 E1 und 1187 E1 keine gesonderte Vorschrift erforderlich sei.338 Im Unterschied zu den bisher genannten Normen des Ersten Entwurfes, die Ausnahmen von der regelmäßigen Rechtsfolge der Konfusion normieren sollten, fand § 1866 E1 nach ausgiebigen Formulierungsdiskussionen339 mit § 2175 Eingang in das BGB.340 2. Wiederaufheben der Vereinigung Neben diesen Normen des Ersten Entwurfes, die eine abweichende Rechtsfolge der Konfusion festlegen sollten, werden in den Motiven zu § 291 E1 auch die Konstellationen beleuchtet, in denen die Vereinigung von Forderung und Schuld eine nur vorübergehende und damit keine endgültige ist. Mit der Wiederaufhebung der Vereinigung soll das Schuldverhältnis wieder in Kraft Materialien V, S. 93. Erbrecht, S. 1307. 336 Diese Erwägungen gesondert festzustellen, sei aufgrund des Bestehens der §§ 835 und 1187 E1 nicht notwendig, vgl. Mugdan, Materialien V, S. 93. 337 Mugdan, Materialien V, S. 93. 338 Die Motive beschreiben hier den dinglichen Vereinigungsfall, die Konsolidation, vgl. oben unter D. 339 Mugdan, Materialien V, S. 619 f. 340 Weitere Ausführungen zu § 2175 und den Normen, die in Zusammenhang mit der Konfusion stehen und Eingang in das BGB gefunden haben, finden sich in 3. Kapitel A. 334 Mugdan,
335 Jakobs/Schubert,
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2. Kap.: Kodifizierung der Konfusion im BGB
treten.341 Eine einheitliche Vorschrift, die alle diese Fälle erfasst, findet sich im Ersten Entwurf nicht, weil sich die jeweiligen Einzelfälle nicht unter eine einheitliche Norm unterordnen ließen.342 Die einzelnen Fälle seien an den entsprechenden Stellen zu regeln. Auf diese Normen soll im Folgenden genauer eingegangen werden. a) § 499 E1 Im Zusammenhang mit dem Erbschaftskauf enthält der Erste Entwurf den § 499 E1. Dieser legt fest, dass im Erbfall ein Schuldverhältnis, das in Folge einer Vereinigung erloschen ist, im Verhältnis zwischen Käufer und Verkäufer als nicht erloschen gilt. Diese Norm basiert auf dem Grundsatz des Erbschaftskaufes, dass dem Käufer das zusteht, was er erhalten hätte, wenn er anstatt des Verkäufers Erbe geworden wäre.343 Etwaige durch obligatorische oder dingliche Vereinigung erloschene Rechtsverhältnisse werden im Verhältnis zwischen Erbschaftsverkäufer und Erbschaftskäufer als nicht erloschen fingiert. Zweck dieser Norm ist es, eine Bereicherung des Erben zum Nachteil der Erbschaft bzw. umgekehrt zu verhindern. Zusätzlich wird festgelegt, dass, sollte dies nötig sein, ein Schuldverhältnis wiederherzustellen ist. Zu beachten ist, dass diese Rechtsfolge nur inter partes, ergo zwischen den jeweiligen Vertragsparteien gilt.344 Anders ist dies im Falle der §§ 1833, 2114 E1, bei denen die Wiederherstellung des Schuldverhältnisses bzw. des dinglichen Rechts an der Sache absolute Wirkung hat. Zudem werden et waige von Dritten erworbene Rechte nicht durch die Wiederaufhebung der Konfusionswirkungen tangiert.345 Beachtenswert ist zudem, dass § 499 E1 dies nicht nur für die obligatorische Vereinigung, sondern auch für die dingliche Vereinigung festlegt.346 Dabei werden in den Motiven zu § 499 E1 eindeutig die Begriffe Konfusion und Konsolidation verwendet.347 Dies verwundert deswegen, weil bisher in jeder mit der Vereinigung, gleich ob obligatorischer oder dinglicher Art, in Zusammenhang stehenden Vorschrift nie von Konfusion oder Konsolidation, sondern stets lediglich von Vereinigung Materialien II, S. 64. Materialien II, S. 64. 343 Vgl. die Ausführungen der Motive zu § 488 E1, Mugdan, Materialien II, S. 195 ff. 344 Mugdan, Materialien II, S. 203. 345 Jakobs/Schubert, Erbrecht, S. 2179. 346 Jakobs/Schubert, Erbrecht, S. 2182. Ein im Ersten Teilentwurf zu § 55 zu findender dritter Absatz, der eine Wiederherstellung für im Grundbuch bereits gelöschte Rechte anordnete wurde aufgrund seiner Selbstverständlichkeit abgelehnt und findet sich in § 499 E1 nicht mehr, Jakobs/Schubert, Erbrecht, S. 2179 347 Mugdan, Materialien II, S. 203. 341 Mugdan, 342 Mugdan,
A. Konfusion im BGB 93
gesprochen wird. Der Zweiten Kommission lag der Antrag vor, § 499 E1 zu streichen.348 Begründet wurde dieser wiederum damit, dass die Regelungswirkung des § 499 E1 selbstverständlich und eine Normierung deswegen nicht nötig sei.349 Im Endeffekt konnte sich der Streichungsantrag jedoch nicht durchsetzen. Die Kodifizierung wurde aufgrund der „nicht unwichtigen Rechtsfolge“350 dennoch vorgenommen und findet sich im heutigen BGB in leicht abgewandelter Fassung in § 2377 BGB wieder. b) § 1833 E1 Bezüglich der Nacherbschaft verweisen die Motive zu § 291 E1 auf den § 1833 E1. Dieser weist eine § 499 E1 sehr ähnliche Struktur auf und besagt, dass eine Forderung, die durch die Vereinigung von Forderung und Schuld in einer Person erloschen ist, mit dem Eintritt der Nacherbschaft als nicht erloschen gilt. Im Unterschied zu § 499 E1, bei dem dies nur inter partes gilt, hat die Wiederherstellung des Schuldverhältnisses bzw. der Rechte an einer Sache bei § 1833 E1 absolute Wirkung.351 Auch in diesem Fall verweist die Vorschrift explizit sowohl auf die obligatorische als auch auf die dingliche Vereinigung. Zudem wird angeordnet, dass, sollte dies erforderlich sein, das Recht bzw. das Schuldverhältnis wiederherzustellen ist. Die Motive halten die ausdrückliche Anordnung dessen für unentbehrlich.352 Aus den Protokollen zu § 1833 E1 wird deutlich, dass erwogen wurde, § 1833 E1 zu streichen. Begründet wird dies interessanterweise mit einem Vergleich zu den §§ 1032 und 1223 E1, die durch die Zweite Kommission bereits im Vorfeld der Behandlung des § 1833 E1 gestrichen wurden. Bei diesen Vorschriften wurde die Streichung damit gerechtfertigt, dass sich deren Regelungswirkung bereits aus der Natur der jeweiligen beschränkt dinglichen Rechte ergebe und eine Normierung dessen daher entbehrlich sei. Die Zweite Kommission war jedoch der Ansicht, dass es sich bei § 1833 E1 um keine mit den anderen beiden Normen vergleichbare Sachlage handle und die Vorschrift deshalb nicht zu streichen sei.353 Etwas anderes sollte für S. 2 der Vorschrift gelten, der besagte, dass, sollte dies erforderlich sein, ein solches Recht wiederherzustellen sei. Dieser wurde mit der Begründung gestrichen, dass es keinen ersichtlichen Anwendungsfall für diesen geben würde.354 So fand die VorDie Beratung des BGB, Erbrecht, S. 2200. Materialien II, S. 811; Jakobs/Schubert, Erbrecht, S. 2206. Materialien II, S. 812; Jakobs/Schubert, Erbrecht, S. 2206. Materialien V, S. 64; Jakobs/Schubert, Erbrecht, S. 1160. Materialien V, S. 64. Materialien V, S. 595. Materialien V, S. 595; Jakobs/Schubert, Erbrecht, S. 1162.
348 Jakobs/Schubert, 349 Mugdan, 350 Mugdan, 351 Mugdan, 352 Mugdan, 353 Mugdan, 354 Mugdan,
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2. Kap.: Kodifizierung der Konfusion im BGB
schrift des § 1833 E1 in sprachlich leicht abgewandelter Form mit § 2143 BGB Eingang in das BGB. c) § 2114 E1 § 2114 E1 normiert, dass mit der Eröffnung eines Nachlasskonkurses im Erbfall eine durch obligatorische Vereinigung erloschene Verbindlichkeit oder ein durch dingliche Vereinigung aufgehobenes Recht an einer Sache als nicht erloschen bzw. aufgehoben gilt. In Satz 2 findet sich die bekannte Formulierung, dass ein erloschenes Recht erforderlichenfalls wiederherzustellen ist. Auch bei § 2114 E1 sei es erforderlich, dass eine Wiederherstellung nicht bloß in der Form einer obligatorischen Verpflichtung angeordnet werde, sondern eine dingliche Wiederherstellung des vorherigen Zustands geboten sei.355 Bei einer bloßen obligatorischen Verpflichtung zur Wiederherstellung würden etwaige Nebenrechte erloschen bleiben. Die Protokolle zu § 2114 E1 enthalten keine weiteren Erläuterungen, jedoch wurde von der Zweiten Kommission beschlossen, Satz 2 wiederum zu streichen.356 Auch § 2114 E1 wurde schließlich als § 1976 BGB in das heutige BGB aufgenommen.
II. Protokolle zu § 291 E1 Die Protokolle zu § 291 E1 belegen, dass zunächst ein Antrag gestellt wurde, § 291 E1 zu streichen, der schließlich auch angenommen wurde.357 Begründet wurde diese Streichung damit, dass „diese Regel“, gemeint ist der Regelungsinhalt des § 291 E1, sich „aus dem Wesen der Obligation von selbst ergebe“.358 Die Zweite Kommission war also der Ansicht, dass eine Vorschrift, die allgemein das Rechtsinstitut der Konfusion regelt, überflüssig sei und sich die Erlöschensfolge aus der Natur der Obligation von selbst ergibt. Jeder Gesetzesanwender sollte aus dem Wesensgehalt der Obligation ableiten können, dass ein Schuldverhältnis erlischt, wenn sich Forderung und Schuld in einem Rechtssubjekt vereinigen. Dass dieser Gedanke der Zweiten Kommission deutlich zu optimistisch gewesen ist, zeigt sich an den auch heute noch herrschenden Unsicherheiten in Literatur und Rechtsprechung im Umgang mit der Anwendung und den Rechtsfolgen der Konfusion, auf die im weiteren Verlauf noch einzugehen ist. Auch lässt sich den Protokollen entnehmen, dass die Zweite Kommission der Ansicht war, dass sich die reMaterialien V, S. 339. Materialien V, S. 432. 357 Beantragt wurde die Streichung von Struckmann (Nr. 1, Ziff. 56) und Jacubezky (Nr. 4, Ziff. 66), vgl. Jakobs/Schubert, Recht der Schuldverhältnisse I, S. 738. 358 Mugdan, Materialien II, S. 569. 355 Mugdan, 356 Mugdan,
B. Beweggründe für die unterbliebene Kodifizierung 95
gelmäßige Rechtsfolge, die der § 291 E1 normiert, aus den im Entwurf gefassten Ausnahmevorschriften „unschwer ableiten lasse“. Auch diese Auffassung erscheint in Anbetracht der heutigen Anwendungsschwierigkeiten der Konfusion als zu optimistisch. Wie noch zu belegen ist, können die obigen erbrechtlichen Sondervorschriften, die eine abweichende Rechtsfolge der Konfusionswirkung normieren, nicht jeden denkbaren Anwendungsfall der Konfusion erfassen. Sicherlich war dies die Intention der Gesetzesväter, jedoch muss dieser Ansatz als gescheitert angesehen werden. Es sind diverse Anwendungsfälle denkbar, die die heute geltenden Konfusionsvorschriften des BGB nicht erfassen können und in denen Rechtsprechung und Literatur in Ermangelung einer expliziten Vorschrift auf Mittel der Rechtsfortbildung durch die Anwendung eigens entwickelter Theorien zurückgreifen müssen.359 Im Ergebnis wurde § 291 E1 aus genannten Gründen schließlich komplett gestrichen. Man könnte dies mit einem Gerüst vergleichen, dessen Fundament entrissen worden ist. § 291 E1 sollte grundlegend die Rechtsfolgen der Konfusion festlegen und für alle Fälle, die von dieser Folge abweichen, sollten an den entsprechenden Stellen Spezialvorschriften eingeführt werden. Nach der Streichung des § 291 E1 im Zweiten Entwurf fehlt dem Rechtsinstitut der Konfusion seine fundamentale Basis und lediglich die Spezialvorschriften des Erbrechts finden sich noch im BGB. Ob diese Vorgehensweise ihre Berechtigung hat, gilt es im Folgenden zu untersuchen.
B. Beweggründe für die unterbliebene Kodifizierung Aufgrund der Streichung des § 291 E1 durch die Zweite Kommission findet sich keine Vorschrift im BGB, die allgemein das Rechtsinstitut der Konfusion beschreibt und deren Rechtsfolgen festlegt. Als Beweggrund für diese Streichung wird die Überflüssigkeit einer solchen Regelung für den Gesetzesanwender genannt. Es sei selbstverständlich, dass ein Schuldverhältnis erlischt, sollten sich Forderung und Schuld in einem Rechtssubjekt vereinigen. Dies würde sich bereits aus der Natur der Obligation ergeben. Dieser Gedanke ist auf den ersten Blick durchaus nachvollziehbar. Welche andere Rechtsfolge sollte es haben, wenn etwa durch einen Erbgang eine Partei des Schuldverhältnisses wegfällt und sich dadurch Forderung und Schuld in einer Person vereinigen? Die Obligation zeichnet sich ja gerade dadurch aus, dass zwei Parteien miteinander verbunden werden.360 Sollte eine dieser beiden wegfallen, erscheint es nur logisch, dass die Obligation erlischt. Auch wird angeführt, dass es nicht die Aufgabe des Gesetzgebers sei, solche Selbstver359 Vgl.
3. Kapitel B., E. Verbindung zwischen Gläubiger und Schuldner beschrieben bereits die römischen Juristen als iuris vinculum, als eine Fessel des Rechts, vgl. Inst. 3.13. 360 Diese
96
2. Kap.: Kodifizierung der Konfusion im BGB
ständlichkeiten zu normieren. Anstelle der Einführung einer allgemein gültigen Norm, die die Rechtsfolgen der Konfusion grundlegend festlegt, erwogen die Gesetzesväter, an den entsprechenden Stellen der fünf Bücher des BGB Sondervorschriften einzufügen, die Abweichungen hinsichtlich der regelmäßigen Rechtsfolge der Konfusion, dem Erlöschen, für den jeweiligen Spezialfall gesondert regeln. Diese Entscheidung führte zu einer Vielzahl an Entwürfen zu Vorschriften, von denen jedoch auch nicht alle Eingang in das BGB gefunden haben. Einige wurden aus denselben Erwägungen nicht ins BGB übernommen. Auch bei diesen, etwa den §§ 1032, 1223 E1, wurde gegen eine Kodifizierung vorgebracht, dass sich deren Regelungswirkung aus der Natur der jeweiligen Rechte ergebe und deren Rechtsfolgen selbstverständlich seien. Man sollte jedoch nicht verkennen, dass auch diese Streichungen nicht aufgrund zwingender Notwendigkeit erfolgten, sondern sich sowohl Argumente für als auch gegen eine Kodifizierung hören lassen. Bei genauerer Betrachtung der Vorschriften des Ersten Entwurfes, die schließlich Eingang in das BGB gefunden haben, wurde in den Motiven und Protokollen deren Gewichtigkeit für die Rechtsanwendung hervorgehoben. Durch deren Einführung sollten etwaige Unsicherheiten des Gesetzesanwenders vermieden werden. Zieht man exemplarisch etwa § 499 E1 heran, der die Rechtsfolgen der Konfusion und Konsolidation361 beim Erbschaftskauf regelt, fällt zunächst auf, dass auch bei dieser Vorschrift erwogen wurde, sie aufgrund ihrer Selbstverständlichkeit zu streichen. Im Ergebnis wurde dann jedoch die „nicht unwichtige Rechtsfolge“ als, doch sehr schwammiges, Argument für eine Kodifizierung herangezogen. Ebenso gut hätte man auch bei § 499 E1 die Ansicht vertreten können, dass logische Folge, und für die Wahrung der jeweiligen Parteiinteressen zwingend, die Wiederherstellung eines durch Vereinigung erloschenen Rechtsverhältnisses sein müsse. Daraus lässt sich entnehmen, dass die Entscheidung über Kodifizierung oder Nichtkodifizierung der im Zusammenhang mit der Konfusion stehenden Vorschriften stets kon trovers diskutiert und das Ergebnis stets für den jeweiligen Einzelfall gesondert getroffen wurde. Eine klare Argumentationsstruktur, anhand derer diese Entscheidungen getroffen wurden, lässt sich den Protokollen der Zweiten Kommission nicht entnehmen. Vielmehr erwecken diese den Eindruck, dass nach ausgiebigen Diskussionen eine Entscheidung getroffen werden musste. Diese Vorgehensweise läuft der eigentlichen Intention der Gesetzesväter, der Schaffung einer anwenderfreundlichen Regelung des Rechtsinstituts der Konfusion, zuwider und kehrt diese sogar in ihr Gegenteil um. Es muss bei der Anwendung stets gefragt werden, ob für diesen speziellen Fall nun eine Regelung im BGB zu finden ist oder ob eine solche gestrichen wurde, weil deren Regelungsinhalt allzu selbstverständlich sei. Die Gesetzesväter haben 361 Vgl.
2. Kapitel A. I. 2. a).
B. Beweggründe für die unterbliebene Kodifizierung 97
bei der Regelung der Konfusion mehr auf das juristische Geschick des Anwenders als auf die Klarheit des Gesetzes gebaut. Neben der Selbstverständlichkeit der Regelungswirkungen einzelner Konfusionsvorschriften führten die Gesetzesbegründer an, dass es aufgrund der Vielzahl an Sondervorschriften nicht möglich sei, eine grundlegende Norm zu fassen, die alle Fälle unter sich vereint.362 Dieses Argument erscheint zunächst durchaus nachvollziehbar. Aufgrund der Vielzahl an möglichen Fallkonstellationen, auf die im 3. Kapitel intensiv eingegangen wird, scheint es nahezu unmöglich, alle denkbaren Konstellationen unter eine einzige Norm zu fassen. Fraglich ist jedoch, ob dies überhaupt nötig und sinnhaft ist. Stellt man einen Vergleich zu den Vorläufern des BGB an, so ist festzustellen, dass diese jeweils eine im Gesetzestext meist vorangestellte, allgemeine Vorschrift beinhalten, die alsdann durch diverse Spezialregelungen ergänzt wird.363 Diese Vorgehensweise erscheint auf den ersten Blick deutlich strukturierter und leichter handhabbar. Auf der Basis einer grundlegenden Norm, die ganz allgemein die Rechtsfolgen der Konfusion regelt, bauen Spezialnormen für etwaige Sonderfälle auf, die eine von der regelmäßigen Rechtsfolge abweichende Rechtsfolge be inhalten. Zudem zeigen die Untersuchungen des PrALR und des SächsBGB, dass Ausnahmen von der Erlöschensfolge allgemein anerkannt waren. Die Notwendigkeit der Schaffung einer einzigen Norm, die alle Fälle der Kon fusion beinhaltet, erschließt sich demnach nicht. Aus den Entwürfen zu § 291 E1 lässt sich entnehmen, dass die Gesetzesväter davon ausgingen, dass die regelmäßige Rechtsfolge der Konfusion „aus den im Entwurf enthaltenen Ausnahmen sich unschwer ableiten lassen“. Dieser gedankliche Umweg, dass aus den Normen, die eine abweichende Rechtsfolge festlegen, die allgemeine Rechtsfolge abzuleiten ist, hätte leicht durch die Kodifizierung des § 291 E1 vermieden werden können. Nicht bezweifelt werden kann jedoch die Sinnhaftigkeit der Einführung spezieller Normen, die die abweichenden Rechtsfolgen der Konfusion regeln. Deren Einführung bringt eine präzise Bezugnahme auf die jeweiligen Sonderkonstellationen mit sich, die in ihrer Gesamtheit und Vielseitigkeit eindeutig nicht in einer einzigen allgemein gültigen Norm zusammengefasst werden können. Gerade im Hinblick auf die unterschiedliche Wirkungsweise der jeweiligen Normen (inter partes oder absolut) führt die Einführung diverser Spezialnormen zu erhöhter Rechtsklarheit. Bezugnehmend konkret auf die unterlassene Kodifizierung des § 291 E1 und die Entscheidung der Gesetzesväter für eine Einführung der jeweiligen speziellen Konfusionsnormen im BGB kann zusammengefasst gesagt werden, dass diese Entscheidung innerhalb der Kommission sicherlich kontroRecht der Schuldverhältnisse I, S. 737. etwa die Vorschriften im SächsBGB.
362 Jakobs/Schubert, 363 Vgl.
98
2. Kap.: Kodifizierung der Konfusion im BGB
vers diskutiert wurde und es durchaus auch zu einem anderen Ergebnis in dem Streit um die Kodifizierung des § 291 E1 hätte kommen können. Im Ergebnis wurde der Antrag von Struckmann und Jacubezky zur Streichung jedoch angenommen.364 Das Argument der Überflüssigkeit der Einführung des § 291 E1, welches gegen die Kodifizierung angeführt wurde, erscheint aus heutiger Sicht zwar äußerst schwach, jedoch korrelierte es mit dem Ziel der Zweiten Kommission das Gesetz schlank und handhabbarer zu gestalten. Wirkliche Beweggründe, die zwingend gegen eine Kodifizierung sprechen würden, lassen sich zumindest den Motiven und Protokollen nicht entnehmen. Die Streichung des § 291 E1 kann ebenfalls als Zeichen des abstrahierend-generalisierenden Gesetzesstils angesehen werden. Ob dies im konkreten Fall der unterbliebenen Kodifizierung einer Konfusionsnorm zu Lasten des Gesetzesanwenders geht, bleibt zu klären.
C. Kodifizierungen anderer kontinentaleuropäischer Länder Nach der Untersuchung der Kodifizierungserwägungen und schließlichen Streichung einer grundlegenden Konfusionsnorm im BGB sollen in der Folge die im Rahmen der Konsolidation bereits untersuchten ausländischen Kodifikationen herangezogen werden. Sowohl das ABGB als auch das OR und der Code Civil enthalten explizite Regelungen, die die Rechtsfolgen der Vereinigung von Forderung und Schuld in einer Person regeln. Nach der Beleuchtung der Ausgestaltung und Regelungswirkung der jeweiligen Konfusionsnormen sollen diese im Anschluss vergleichend herangezogen werden, um eine Antwort auf die übergeordnete Frage zu finden, ob die Einführung einer grundlegenden Konfusionsnorm ins BGB ratsam oder gar geboten ist.
I. Konfusion im ABGB Die obligatorische Konfusion, also die Vereinigung von Forderung und Schuld regelt im österreichischen ABGB explizit der § 1445 ABGB, der seit der Einführung des ABGB im Wortlaut unverändert blieb. Dieser legt in seinem Satz 1 HS. 1 fest, dass Recht und Verbindlichkeit, sollten sie sich in einer Person vereinigen, grundsätzlich erlöschen.365 Begründet wird diese Rechtsfolge mit dem bereits bekannten Argument, dass niemand gegen sich 364 Aufgrund der Tatsache, dass keine Abstimmungsergebnisse der Zweiten Kommission überliefert sind, kann davon ausgegangen werden, dass die Entscheidung für eine Streichung im Ergebnis recht eindeutig ausfiel. 365 Vgl. SZ 64/93; SZ 67/72.
C. Kodifizierungen anderer kontinentaleuropäischer Länder 99
selbst Forderungen haben und demnach niemand sein eigener Gläubiger bzw. Schuldner sein kann.366 In der österreichischen Rechtsprechung und Rechtslehre rücken vornehmlich zwei Konstellationen in den Vordergrund, die die obligatorische Konfusion betreffen: Zum einen die Vereinigung von Gläubiger- und Schuldnerstellung aufgrund eines Erbfalls, sollte der Gläubiger seinen Schuldner beerben oder umgekehrt,367 und zum anderen mietrechtliche Konstellationen,368 etwa wenn der Mieter Eigentümer der Mietsache wird.369 Ein endgültiges Erlöschen der Forderung tritt jedoch dann nicht ein, wenn die Forderung nicht endgültig oder nur bedingt erworben worden ist.370 Neben der grundsätzlichen Erlöschensfolge sind diverse Ausnahmen von dieser anerkannt, die sich zum Teil explizit aus dem Normtext des § 1445 ABGB, aber auch praeter legem ergeben. In diesen Ausnahmefällen bleibt die Forderung371 trotz Konfusion weiter bestehen. HS. 2 des § 1445 Satz 1 ABGB legt in diesem Zusammenhang fest, dass eine Forderung dann nicht erlischt, wenn es dem Gläubiger noch freisteht, eine Absonderung seiner Rechte zu verlangen.372 In § 1445 ABGB angeführt werden die §§ 802, 812 ABGB. Daneben soll die Forderung erhalten bleiben, wenn „Verhältnisse von ganz verschiedener Art eintreten“. Es überrascht wenig, dass in der Rechtslehre umstritten ist, welche Fälle hiervon erfasst werden. Teilweise wird sogar nach der Sinnhaftigkeit dieser Formulierung gefragt.373 Es wird überwiegend angenommen, dass davon Fälle erfasst werden, in denen ein Rechtssubjekt Träger verschiedener Sondervermögen ist.374 Explizit wird in Satz 2 der Fall genannt, dass sich aufgrund Nachfolge des Schuldners in die Rechtsposition des Gläubigers an den Rechten eventueller Miterben, Erbschaftsgläubiger oder Vermächtnisnehmer nichts ändert. Diesen bleibt die
366 Welser/Zöchling-Jud, Grundriss des bürgerlichen Rechts II, Rn. 496; ABGBON/Holly, § 1445 Rn. 1. 367 SZ 59/210. 368 Vgl. 2. Kapitel C. I. 1. 369 SZ 64/93; 3 Ob 11/04w; 5 Ob 119/13f; SZ 67/72. 370 Schwimann/Kodek/Heidinger, § 1445 Rn. 1; Rummel/Reischauer, Kommentar zum Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch II, § 1445 Rn. 1; Schwimann/Neumayr/ Leupold, § 1445 Rn. 3. 371 Schwimann/Kodek/Heidinger, § 1445 Rn. 2 spricht hier etwas ungenau von einem Bestehenbleiben des Rechtsverhältnisses. Dies ist jedoch erst die Folge der nicht untergegangenen Forderung. 372 Ausführlich dazu im Hinblick auf das deutsche Recht, vgl. 3. Kapitel E. I. 2. 373 Etwa Schwimann/Kodek/Heidinger, § 1445 Rn. 2. 374 Koziol/Bydlinski/Bollenberger/Griss, § 1445 Rn. 2; Schwimann/Kodek/Heidinger, § 1445 Rn. 2.
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Forderung gegenüber den Erben erhalten.375 Jedoch werden daneben auch noch andere Fälle genannt, die von Rechtsprechung und Rechtslehre unter „Verhältnisse von ganz verschiedener Art“ gefasst werden. Befindet sich ein Inhaber- oder Orderpapier in der Hand des Schuldners, kommt es lediglich zu einem Ruhen der Forderung.376 Bei der Weitergabe an einen Dritten lebt sie wieder auf.377 Aufgrund der Unvorhersehbarkeit der Vereinigung wird das Erlöschen der Forderung in Fällen abgelehnt, in denen die Forderung gegen die Haftpflichtversicherung und die Haftpflichtschuld in der Person des Versicherungsnehmers vereinigt werden. Der Haftpflichtversicherer wird durch diese zufällige Vereinigung nicht befreit.378 Auch die treuhändische Übertragung einer Forderung auf den Bürgen soll nicht zu einem Erlöschen der Forderung führen. Somit kann ein Gläubiger, der durch Konfusion sein eigener Schuldner geworden ist, weiter bei einem Bürgen des Erblassers Regress nehmen.379 1. Konfusion im mietrechtlichen Zusammenhang Ein besonderes Augenmerk liegt aufgrund der Anzahl diesbezüglicher Entscheidungen der Rechtsprechung auf Konfusionsfällen mit mietrechtlichem Bezug. Sollten sich Gläubiger- und Schuldnerstellung aus demselben Schuldverhältnis in einer Rechtspersönlichkeit vereinigen, erlischt auch das Schuldverhältnis. Im Grundsatz gilt, dass ein Mietverhältnis über ein Haus oder eine Eigentumswohnung durch Konfusion erlischt, wenn der Mieter das alleinige Eigentum380 an der gesamten Mietsache erlangt.381 Dies gilt auch 375 Koziol/Bydlinski/Bollenberger/Griss, § 1445 Rn. 2; Welser/Zöchling-Jud, Rn. 498; SZ 59/210. 376 Ehrenzweig/Mayrhofer, Das Recht der Schuldverhältnisse II/1, Rn. 623 f.; Koziol/Bydlinski/Bollenberger/Griss, § 1445 Rn. 2. Vergleiche auch 3. Kapitel E. I. 4. 377 Schwimann/Neumayr/Leupold, § 1445 Rn. 3. 378 7 Ob 104/09h. 379 Welser/Zöchling-Jud, Rn. 499; Schwimann/Kodek/Heidinger, § 1445 Rn. 2. Sich intensiv mit der Treuhand des Bürgen beschäftigend SZ 73/207; Koziol, Treuhänderischer Forderungserwerb durch den Bürgen, RdW 1987, S. 182–205. 380 Abhängig davon, ob die Bestandssache vor Kaufvertragsschluss mit einem Dritten schon an den Bestandsnehmer übergeben wurde, findet im österreichischen Mietrecht der aus dem BGB bekannte Grundsatz „Kauf bricht nicht Miete“ Anwendung. Sollte die Bestandssache noch nicht übergeben worden sein, stehen dem Bestandsnehmer keinerlei Ansprüche gegen den erwerbenden Dritten zu. Dies führt zum „Bruch“ des Mietvertrages, jedoch ohne Folgen für den Bestandsgeber und den Erwerber, vgl. Welser/Zöchling-Jud, Rn. 1069. Ist eine Übergabe jedoch bereits erfolgt und wird die Bestandssache im Anschluss an den Dritten veräußert, so gewährt § 1120 S. 2 ABGB dem Bestandsnehmer im Falle eines „Bruchs“ des Bestandsver trages durch den Dritten, etwa durch dessen vorzeitige Kündigung, Schadens -und
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umgekehrt, also wenn etwa der ursprüngliche Hauseigentümer den Hausmieter beerbt.382 Auf welchen Zeitpunkt dabei abzustellen ist, war bislang umstritten, jedoch wird nach aktueller ständiger Rechtsprechung und einem Teil der Lehre auf den Zeitpunkt der Eintragung383 ins Grundbuch abgestellt.384 Erwirbt der Mieter lediglich einen Miteigentumsanteil an der Mietsache, erlischt der Mietvertrag dagegen nicht.385 Eine Vereinigung im Sinne des § 1445 ABGB liegt nicht vor, weil sich nach wie vor zwei Parteien gegenüberstehen, nämlich die Rechtsgemeinschaft der Miteigentümer auf der einen und der einzelne Mieter auf der anderen Seite, auch wenn er der Eigentümergemeinschaft angehört.386 Eine Konfusion kann nur vorliegen, wenn die ursprünglichen Vertragsparteien sich in einer Rechtspersönlichkeit vereinigen. Dies ist hier gerade nicht der Fall. Unterschiedliche Meinungen wurden zudem zu der Frage vertreten, welchen Einfluss die Beendigung des Hauptmietverhältnisses aufgrund von Konfusion auf den Bestand etwaig bestehender Untermietverträge hat. Früher wurde vertreten, dass die Beendigung des Hauptmietverhältnisses, egal aus welchem Grund, auch den Untermietvertrag beende.387 Dem gegenüber vertritt die neuere Rechtsprechung und Rechtslehre, dass ein Untermietverhältnis, unabhängig von dem Bestand des Hauptmietverhältnisses, als eigenstän-
Nutzungsersatzansprüche, vgl. Schwimann/Neumayr/Pesek, § 1120 Rn. 10; Rummel/ Würth I, § 1120 Rn. 9. 381 So auch in SZ 67/72; SZ 64/93. Die österreichische Rechtsprechung und Lehre spricht nicht von Mietvertrag, Mieter und Eigentümer, sondern von „Bestandsrecht“, „Bestandnehmer“ und „Bestandgeber“, vgl. etwa SZ 67/72. 382 MietSlG 3715. 383 Die österreichischen Quellen sprechen an dieser Stelle von der „Einverleibung der Liegenschaft“, vgl. SZ 67/72 oder von einer „grundbücherlichen Einverleibung“, vgl. Schwimann/Kodek/Heidinger, § 1445 Rn. 8. 384 SZ 64/93; 3 Ob 11/04w; 7 Ob 205/15w; SZ 67/72; Schwimann/Kodek/Heidinger, § 1445 Rn. 8; Schwimann/Neumayr/Leupold, § 1445 Rn. 4. Eine andere Ansicht vertritt Rummel/Reischauer II, § 1445 Rn. 2, nach dem der Mietvertrag, sollte es keine abweichende Vereinbarung geben, an dem Tag erlischt, an dem dem rechtsbesitzenden Mieter der Sachbesitz zusteht. Eine ähnliche Ansicht wird in MietSlg 20.220 vertreten, wonach das Mietverhältnis erlischt, wenn der Hauptmieter die Wohnung zum Kauf erwirbt. Diese Ansicht wurde jedoch bereits vermehrt abgelehnt, vgl. 7 Ob 205/15w; SZ 67; 72; 5 Ob 119/13f. 385 SZ 44/37; MietSlG 31.166. Zusätzlich ist zu beachten, dass die Mietverträge mit den übrigen Mitmietern bestehen bleiben, sollte ein Mitmieter Alleineigentümer des Mietgegenstandes, meist des Hauses, werden, vgl. SZ 64/93. 386 SZ 44/37; MietSlg. 31.166; Schwimann/Kodek/Heidinger, § 1445 Rn. 10. 387 SZ 26/149, in dessen Begründung sich auf Klang, Der Rechtsschutz des Mieters gegen Dritte, ZBl 1926, S. 324 ff. und auf Krasnopolski, Lehrbuch des österreichischen Privatrechts III, Rn. 404 berufen wird.
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diges Schuldverhältnis bestehen bleibt.388 Der ursprüngliche Untermieter rückt dann gerade nicht in die Rechtsposition des ursprünglichen Hauptmieters auf, der durch den Eigentumserwerb des Hauses nun Eigentümer ist. Zur Begründung wird angeführt, dass es sich bei dem Untermietverhältnis um ein eigenständiges Schuldverhältnis handle, welches unabhängig vom erloschenen Hauptmietverhältnis zu betrachten sei.389 Diese zweitgenannte, vorzugswürdige Auffassung beugt auf der einen Seite einem Rechtsverlust des Untermieters vor; auf der anderen Seite wird der Untermieter auch nicht durch ein Aufrücken in die „höherwertige“ Rechtsposition und damit in die günstigere Rechtsstellung eines Hauptmieters grundlos bevorzugt. Sie trägt dem Ziel erhöhter Sach- und Interessengerechtigkeit am besten Rechnung. 2. Konfusion im erbrechtlichen Zusammenhang Neben mietrechtlichen Zusammenhängen kommt es hauptsächlich durch die Beerbung des Gläubigers durch den Schuldner oder umgekehrt zur Konfusion. In diesem Fall der Vereinigung erlischt grundsätzlich die Forderung. Im österreichischen Recht geschieht dies mit dem Zeitpunkt der Einantwortung390 und nicht bereits im Zeitpunkt der Erbserklärung.391 Abweichungen von dieser grundsätzlichen Rechtsfolge treten erst mit der Einbeziehung der Interessen Dritter auf. In zwei Fällen steht es dem Gläubiger noch frei, „eine Absonderung seiner Rechte zu verlangen“, § 1445 ABGB. Zum einen gilt dies im Fall der bedingten Erbserklärung, § 802 ABGB. Dabei erklärt der Erbe den Antritt der Erbschaft mit einer Haftungsbeschränkung. Nach der Einantwortung haftet der Erbe lediglich bis zum Wert der Erbschaft.392 Die Folge einer bedingten Erbserklärung ist die Errichtung ei388 3 Ob 554/94; 4 Ob 535/94; 5 Ob 245/97h; Schwimann/Neumayr/Leupold, § 1445 Rn. 4; Schwimann/Kodek/Heidinger, § 1445 Rn. 12. 389 SZ 67/72 unter ausdrücklicher Ablehnung des SZ 26/149. 390 Im österreichischen Recht vollzieht sich der Erbgang, also der Erwerb der Erbschaft durch den Erben, in drei Schritten. Zunächst der Erbanfall, der grundsätzlich mit dem Tod des Erblassers eintritt. Der zweite Schritt ist die sogenannte Erbantrittserklärung, durch die der Erbe in einem gerichtlichen Verfahren entscheiden muss, ob er die Erbschaft annimmt oder nicht. In dem Fall, dass der Erbe die Erbschaft annimmt, überlasst ihm das Gericht den Nachlass. Dies wird als Einantwortung bezeichnet. Die Rechtsfolge der Einantwortung ist die Verschmelzung des Vermögens des Erblassers und des Erben zu einem einheitlichen Ganzen, die sogenannte Universalsukzession, vgl. Welser/Zöchling-Jud, Rn. 1832 ff.; Bydlinski/Kneihs/Vollmaier, Einführung in das österreichische Recht, Rn. 242. 391 9 ObA 28/03p; Schwimann/Kodek/Heidinger, § 1445 Rn. 3; Rummel/Reisch‑ auer II, § 1445 Rn. 1. 392 Koziol/Bydlinski/Bollenberger/Griss, § 802 Rn. 1.
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nes Inventars, in dem das gesamte Vermögen des Erblassers bewertet wird.393 Dieses Inventar stellt ein vollständiges Verzeichnis der Vermögensaktiva und -passiva dar.394 Maßgeblich für die Berechnung des Wertes ist der Zeitpunkt der Einantwortung.395 Zum anderen gilt dies im Fall der Nachlassseparation, § 812 ABGB. Ein Erbschaftsgläubiger, Vermächtnisnehmer oder Noterbe396 ist unter bestimmten Voraussetzungen dazu berechtigt, die Absonderung des Nachlasses zu verlangen.397 Dieser Vorgang verhindert zwar die Einantwortung des Erben nicht, womit der Erbe das Eigentum an den separierten Sachen erhält, jedoch bleibt das Nachlassvermögen vom Vermögen des Erben getrennt und stellt somit ein Sondervermögen dar.398 Durch § 812 ABGB soll verhindert werden, dass ein Gläubiger, der zugleich Erbe ist, schlechter gestellt wird als die anderen Gläubiger, die sich aus dem Nachlass befriedigen können.399 Demnach bleiben auch in diesem Fall bestehende Forderungen bestehen und es kommt nicht zur regelmäßigen Erlöschensfolge des § 1445 ABGB.400 Verschiedene Auffassungen werden zur Formulierung des § 1445 Satz 2 a. E. ABGB vertreten. Heidinger401 sieht in der Formulierung den Fall, dass ein Bürge Erbe des Schuldners wird. Er legt zurecht fest, dass es sich dabei sowohl materiell als auch systematisch um keine Vereinigung im Sinne des § 1445 ABGB handelt. Der Bürge haftet in diesem Fall weiterhin aufgrund seiner Bürgschaftserklärung. Welser/Zöchling-Jud und Leupold402 verstehen unter der Formulierung den Fall, dass ein Gläubiger Erbe seines Schuldners wird. Ein Bürge, der für den Erblasser eine Sicherheit geleistet hat, haftet bei bedingter Erbserklärung und unzureichendem Nachlass weiterhin. Demnach lässt sich festhalten, dass eine Forderung trotz Vereinigung bestehen bleibt, wenn das Rechtssubjekt, auf das sich die Stellung des Gläu393 Koziol/Bydlinski/Bollenberger/Griss, § 802 Rn. 2; Schwimann/Kodek/Heidinger, § 1445 Rn. 4. 394 Vertiefte Ausführungen zu der Errichtung des Inventars siehe Rummel/Welser I, § 802; Koziol/Bydlinski/Bollenberger/Griss, § 802. 395 JBl 1903, 358; SZ 14/245. 396 Dies gilt auch für einen Miterben, der jedoch ebenfalls Nachlassgläubiger sein muss, vgl. SZ 49/149; Rummel/Welser I, § 812 Rn. 10. 397 Welser/Zöchling-Jud, Rn. 2430. 398 Welser/Zöchling-Jud, Rn. 2431. 399 Welser/Zöchling-Jud, Rn. 497. 400 Siehe dafür auch 7 Ob 675/86. 401 Schwimann/Kodek/Heidinger, § 1445 Rn. 7. 402 Schwimann/Leupold, § 1445 Rn. 2; Welser/Zöchling-Jud, Rn. 499. Schwimann/ Kodek/Heidinger, § 1445 Rn. 7 sieht in dem durch § 1445 S. 2 a. E. geregelten Fall keine Vereinigung.
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bigers und Schuldners vereinigt, Träger verschiedener Sondervermögen bleibt.403 3. Der § 1446 ABGB im Zusammenhang mit der Konfusion Im Zusammenhang mit der Konfusionsnorm des § 1445 ABGB steht der unmittelbar auf diesen folgende § 1446 ABGB. Dieser legt fest, dass verbücherte Rechte trotz Vereinigung aufrecht bleiben, bis sie aus den öffentlichen Büchern gelöscht werden. Bis zu diesem Zeitpunkt kann das verbücherte Recht noch auf einen Dritten, entweder per Zwangsvollstreckung oder vom Eigentümer selbst, übertragen werden. Der in § 1446 ABGB angeführte § 526 ABGB gilt entsprechend obiger Ausführungen404 nur exemplarisch. In diesem Sinne kann gesagt werden, dass § 1446 ABGB ebenfalls eine Ausnahme von der Erlöschensfolge der Vereinigung darstellt und zwar für verbücherte Rechte und Verbindlichkeiten. 4. Sonstige Konstellationen Neben diesen beiden Hauptanwendungsfällen der Vereinigung kommen weitere Anwendungsbeispiele in Betracht. Etwa erlöschen gegenseitige Forderungen zweier Kapitalgesellschaften im Falle ihrer Verschmelzung, § 219 ff. AktG. Auch dort findet eine Vereinigung von Gläubiger- und Schuldnerstellung in einer (juristischen) Person statt.405 Mietet eine GbR ein Objekt von einem ihrer Gesellschafter, so bleibt das Mietverhältnis bis zum Zeitpunkt der vollständigen Auseinandersetzung bestehen und erlischt nicht bereits mit der Auflösung der Gesellschaft in Folge von Konfusion.406
II. Konfusion im schweizerischen Obligationenrecht Das Schweizer Zivilrecht ist neben dem ZGB auch im Obligationenrecht geregelt. Analog obiger Ausführungen finden sich die Vorschriften bezüglich 403 So
auch Koziol, RdW 1987, S. 182. Einleitung D. III. 1. 405 Schwimann/Neumayr/Leupold, § 1445 Rn. 5. 406 4 Ob 291/99v; Schwimann/Neumayr/Leupold, § 1445 Rn. 6. Zu beachten ist, dass eine GbR im österreichischen Recht im Gegensatz zum deutschen Recht, in dem die Parteifähigkeit der GbR nach § 50 I ZPO mittlerweile allgemein anerkannt ist, nicht parteifähig ist. Trotz dessen kann eine GbR im österreichischen Recht eigenständig mit den Gesellschaftern Rechtsgeschäfte abschließen, vgl. Schwimann/Kodek/ Heidinger, § 1445 Rn. 13. 404 Vgl.
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der dinglichen Vereinigung (Konsolidation) im ZGB, wohingegen die obligatorische Vereinigung (Konfusion) im Obligationenrecht, genauer in Art. 118 OR, geregelt ist. 1. Konzeption des Art. 118 OR Art. 118 OR legt in Abs. 1 das Erlöschen der Forderung im Vereinigungsfall von Gläubiger und Schuldner fest. Abs. 2 normiert ein mögliches Wiederaufleben der Forderung, sollte die Vereinigung rückgängig gemacht werden. Abs. 3 begrenzt den Anwendungsbereich der Abs. 1 und 2 dahingehend, dass diese lediglich vorbehaltlich der Vorschriften bezüglich des Grundpfandund Wertpapierrechts gelten. Begründet wird die Wirkung der Konfusion etwa mit der durch die Vereinigung entstehenden Unmöglichkeit der Erfüllung oder mit der Zweckerledigung des Schuldverhältnisses.407 Uneinigkeit besteht hinsichtlich des normativen Charakters des Art. 118 Abs. 1 OR. Zum Teil wird vertreten, dass dieser lediglich eine deskriptive Funktion habe, ihm darüber hinaus jedoch kein normativer Regelungsinhalt zukomme und sein Inhalt demnach mangels Regelungsbedarf keinen Eingang in den Normtext hätte finden müssen.408 Berger begründet dies damit, dass eine Forderung zwangsläufig nur so lange bestehen könne, wie sie sich gegen ein anderes Rechtssubjekt richte. Subjektive Rechte gegen sich selbst gebe es nicht.409 Dagegen spricht jedoch bereits die Existenz des Abs. 3, dem es ohne eine normative Wirkung des Abs. 1 an einer Existenzberechtigung fehlen würde.410 Kritik wird auch an der grundsätzlichen Konzeptionierung des Art. 118 OR geübt. Im Angesicht von Abs. 2,411 der ein Wiederaufleben der Forderung bei einer Rückgängigmachung der Vereinigung zulässt, wird teilweise angeregt, dass Abs. 1 lediglich 407 Widmer Lüchinger/Oser/Loacker, Art. 118 Rn. 1; Oser/Schönenberger, Zürcher Kommentar zum Obligationenrecht V, Art. 118 Rn. 1; von Büren, Schweizerisches Obligationenrecht Allgemeiner Teil, S. 495. 408 Berger, Allgemeines Schuldrecht, Rn. 1355; Bucher, Schweizerisches Obliga tionenrecht, Rn. 406; Honsell/Vogt/Wiegand/Gonzenbach, Kommentar zum schweizerischen Privatrecht, Obligationenrecht I, Art. 118 Rn. 1. Ähnliche Erwägungen führten auch zur Streichung des § 291 E1 durch die Zweite Kommission, vgl. 2. Kapitel A. II. 409 Berger, Rn. 1355. 410 So auch Widmer Lüchinger/Oser/Loacker, Art. 118 Rn. 1 und mit gewissen Einschränkungen Gauch/Schluep/Schmid/Emmenegger, Schweizerisches Obligationenrecht Allgemeiner Teil, Rn. 3181. 411 Zu beachten ist, dass mit dem Wiederaufleben der Hauptforderung auch deren Nebenrechte wieder erstarken, jedoch lediglich soweit sie noch gültig sind. Rechte Dritter, die in der Zeit begründet worden sind, in der die Forderung durch Konfusion erloschen war, gehen diesen jedoch vor, vgl. Berger, Rn. 1356.
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ein Aussetzen oder Ruhen der Forderung normieren sollte, anstatt eine in Abs. 1 vermeintlich endgültig erloschene Forderung mit Abs. 2 wiederauf leben zu lassen.412 Zudem wird teils daran gezweifelt, dass es sich bei Art. 118 OR, aufgrund der Ausnahmeregelungen in den Abs. 2 und 3, überhaupt um einen allgemeinen Untergangsgrund handelt.413 Vielmehr wird vorgeschlagen anstatt von einem Untergang der Forderung besser von einer bloßen „Sistierung“, ergo einem bloßen Aussetzen zu sprechen.414 Diese Diskussion zeigt, dass auch im Schweizer Recht keine vollständige Einigkeit hinsichtlich des Charakters und der Wirkungsweise der Konfusion herrscht.415 2. Voraussetzungen Die Vereinigung von Gläubiger- und Schuldnerstellung kann hinsichtlich der einzelnen Forderung und des gesamten Schuldverhältnisses eintreten. Zu beachten ist jedoch, dass es bei einer Vereinigung bezüglich des gesamten Schuldverhältnisses einer analogen Anwendung des Art. 118 I OR bedarf.416 Keine Vereinigung im Sinne des Art. 118 OR liegt vor, wenn Forderung und Schuld auch nach der Vereinigung noch verschiedenen Vermögensmassen angehören, ergo wenn Sondervermögen besteht.417 Ebenso liegt keine Vereinigung bei einem Nießbrauch oder einem Pfandrecht an der eigenen Schuld vor, da es in diesen Konstellationen an einem vollständigen Übergang der Gläubigerrechte auf den Schuldner fehlt.418 Der Rechtsgrund der Konfusion ist nicht relevant. Demnach kann eine Konfusion aufgrund vertraglicher Vereinbarung, erbrechtlicher Rechtsnachfolge, kraft Gesetzes oder aufgrund einer Vermögens- oder Geschäftsübernahme im Sinne des Art. 181 OR eintre412 Keller/Schöbi/Gabi, Das Schweizerische Schuldrecht IV, Rn. 201; Widmer Lüchinger/Oser/Loacker, Art. 118 Rn. 1. Beachtenswert ist, dass sich diese Interpretation des Art. 118 I OR der von den Prokulianern vertretenen Auffassung in Gai Inst. 4.78 gleicht, vgl. 1. Kapitel A. III. Einen expliziten Verweis der schweizer Rechtslehre auf Gai. Inst. 4.78 lässt sich jedoch nicht finden. 413 Honsell/Vogt/Wiegand/Gonzenbach, Art. 118 Rn. 1. 414 Keller/Schöbi/Gabi, Rn. 201. 415 Wacke, in: FS Medicus, S. 568, etwa zieht diese Diskussion um Art. 118 II OR heran, um seine Auffassung hinsichtlich der Rechtsfolgen der Konfusion im deutschen Recht zu bekräftigen, vgl. 3. Kapitel B. II. 1. 416 BGE 118 II 441; Gmür/Aebi-Müller/Müller/Becker, Berner Kommentar VI, Art. 118 Rn. 3; Berger, Rn. 1357; Huguenin, Obligationenrecht, Rn. 750. 417 Etwa bei amtlicher Liquidation nach Art. 593 ff. ZGB, sowie bei verschiedenen Vermögensmassen im Ehegüter- und Erbrecht, vgl. Gauch/Schluep/Schmid/Emmenegger, Rn. 3179 und Widmer Lüchinger/Oser/Loacker, Art. 118 Rn. 5. Gleiches gilt im österreichischen ABGB, vgl. Hauptteil B III 1. 418 Gauch/Schluep/Schmid/Emmenegger, Rn. 3196; Widmer Lüchinger/Oser/Lo acker, Art. 118 Rn. 6.
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ten.419 Entscheidend ist jedoch, dass die Vereinigung von Gläubiger- und Schuldnerstellung nachträglich erfolgt.420 3. Rechtsfolgen Die Rechtsfolgen der obligatorischen Vereinigung im Schweizer Obliga tionenrecht nach Art. 118 OR lassen sich anhand der einzelnen Absätze des Art. 118 OR strukturieren. a) Erlöschensgrundsatz (Abs. 1) Abs. 1 legt die grundsätzliche Rechtsfolge der Vereinigung von Gläubigerund Schuldnerstellung in einer Person fest, das endgültige Erlöschen der Forderung. Mit der Forderung erlöschen gemäß Art. 114 Abs. 1 OR auch alle Nebenrechte.421 Das Erlöschen der Forderung als Folge der Vereinigung ergebe sich aus der Sache selbst.422 Besonders anschaulich stellt von Büren diesen Vorgang dar, indem er von der „Polarität gegenseitiger Interessen“ spricht. Sollte einer dieser „Gegenpole“ wegfallen, kann auch die Obligation nicht weiter Bestand haben.423 Bei genauerer Betrachtung des Normtextes mag die Formulierung „gilt als erloschen“ verwundern und es könnte an der Erlöschenswirkung der Vereinigung gezweifelt werden. Jedoch ist eindeutig anerkannt, dass es sich dabei um ein Erlöschen ipso iure und nicht um eine bloße Fiktion handelt.424 Deutlich wird dies auch bei der Analyse der französischen Gesetzesfassung, in der im Passiv mit „est énteinte“ eindeutig von einem Erlöschen der Obligation die Rede ist.425 Grundsätzlich kommt es durch die Vereinigung zu einem Erlöschen gegenüber jedermann, unabhängig von einem Interesse Dritter am Fortbestehen der Forderung. Dies gilt jedoch anerkanntermaßen nicht für „wohlerworbene Rechte Dritter an der For derung“.426 Auf diese Rechte, etwa das Recht des Nutznießers auf weitere Zahlung der Zinsen oder auf die aus der Pfandsache resultierenden Rechte Schweizerisches Obligationenrecht Allgemeiner Teil, 81.01. BGE 103 II 137 (139); dagegen jedoch Oser/Aepli, Art. 118 Rn. 19, 21; Widmer Lüchinger/Oser/Loacker, Art. 118 Rn. 4; Schwenzer, 81.01; Honsell/Vogt/ Wiegand/Gonzenbach, Art. 118 Rn. 3. 421 Dies stößt im Hinblick auf eventuell schützenswerte Rechte Dritter auf Unbehagen. Kritisch auch Wacke, in: FS Medicus, S. 563 Fn. 103. 422 von Büren, S. 495. 423 von Büren, S. 496. 424 von Thur/Escher, Allgemeiner Teil des Schweizerischen Obligationenrechts, Rn. 187. 425 Diese ipso iure-Wirkung gilt jedoch nur in den Grenzen der Abs. 2 und 3. 426 Widmer Lüchinger/Oser/Loacker, Art. 118 Rn. 7. 419 Schwenzer, 420 Anders
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des Pfandgläubigers, hat die Vereinigung keine Auswirkung.427 Dadurch soll ein ausreichender Schutz der Rechte Dritter trotz Konfusion gewahrt sein. b) Wiederaufleben (Abs. 2) Abweichend von dem in Abs. 1 normierten Grundsatz legt Abs. 2 fest, dass die durch Vereinigung erloschene Forderung wiederauflebt, sollte die Vereinigung rückwirkend entfallen. Der Zeitraum zwischen dem Erlöschen und dem Wiederaufleben der Forderung wird auch als „Schwebezeit“428 oder als „temporärer Untergang“429 bezeichnet. Typischerweise geschieht dies etwa bei dem Eintritt einer auflösenden Bedingung, einer Anfechtung der Abtretung wegen eines Willensmangels oder der Ausschlagung der Erbschaft.430 Umfasst werden von diesem Wiederaufleben gemäß Art. 114 Abs. 1 OR auch bestehende Nebenrechte.431 Dies gilt jedoch nur, wenn die Voraussetzungen für deren Bestehen im Zeitpunkt deren potenziellen Wiederauflebens noch vorliegen. Sollten diese Voraussetzungen nicht mehr gegeben sein, sind diese Nebenrechte neu zu begründen.432 Die zeitliche Wirkungsweise des Wiederauflebens der Forderung ex nunc oder ex tunc hängt vom jeweiligen Grund des Wiederauflebens ab: So wirkt sich ein Wiederaufleben der Forderung aufgrund eines Erbverzichts ex tunc aus, wohingegen sich ein solches aufgrund einer auflösenden Bedingung ex nunc auswirkt.433 Sollte eine Forderung, die durch Vereinigung nach Art. 118 OR erloschen ist, nach deren Erlöschen an einen Dritten abgetreten werden, kann diese nicht wiederaufleben.434 In diesem Fall beruht die erneute Trennung von Gläubiger- und Schuldnerstellung auf einer Rechtslage, die erst nach dem Eintritt der Vereinigung eingetreten ist. Ein Wiederaufleben der Forderung nach Art. 118 Abs. 2 OR kann aus den gleichen Gründen wie bei einer nach der Vereinigung in der Person des Erben erfolgenden Veräußerung des Nachlasses nicht angenommen werden.435 81.03; Gauch/Schluep/Schmid/Emmenegger, Rn. 3194. Art. 118 Rn. 37. 429 Widmer Lüchinger/Oser/Loacker, Art. 118 Rn. 11. 430 Berger, Rn. 1356. 431 Dabei ist zu beachten, dass sollten die entsprechenden Bedingungen vorliegen auch eventuelle Verzugs- und Vertragszinsen, die während der „Schwebezeit“ nicht angefallen sind, nach dem Wiederaufleben der Forderung ebenfalls wieder anfallen, vgl. Widmer Lüchinger/Oser/Loacker, Art. 118 Rn. 12. 432 Widmer Lüchinger/Oser/Loacker, Art. 118 Rn. 12. 433 Koller, Schweizerisches Obligationenrecht Allgemeiner Teil, Rn. 65.14. 434 Gauch/Schluep/Schmid/Emmenegger, Rn. 3191. 435 Gmür/Aebi-Müller/Müller/Becker, Art. 118 Rn. 10. 427 Schwenzer,
428 Oser/Aepli,
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Bei Art. 118 Abs. 2 OR handelt es sich um eine dispositive Vorschrift.436 Mithin kann diese durch Parteiwille abbedungen werden. Dieser Parteiwille muss jedoch bereits im Vorfeld der Vereinigung zum Ausdruck kommen. Eine Parteivereinbarung, die auf die rückwirkende Entstehung einer Verbindlichkeit zum Vereinigungszeitpunkt gerichtet ist, ist unzulässig.437 Außerhalb der von Abs. 2 erfassten Fälle kann eine endgültig eingetretene Vereinigung jedoch auch durch Parteiwille nicht mehr rückgängig gemacht werden.438 Dies ergibt sich schon daraus, dass Abs. 2 ansonsten keine rechtliche Bindungswirkung hätte und demnach überflüssig wäre. c) Vorbehalt bei Grundpfandrechten und Wertpapieren (Abs. 3) Art. 118 Abs. 3 OR normiert Ausnahmen von der grundsätzlichen Erlöschensfolge des Abs. 1 im Rahmen der Vereinigung von Grundpfandrechten und Wertpapieren. Bei Grundpfandrechten erlischt aufgrund des Kreditsicherungsrechts die Forderung, die durch ein Pfandrecht gesichert ist, nicht, sollte der Pfandtitel „unentkräftet an den Schuldner zurückfallen“,439 ergo Vereinigung von Gläubiger und Schuldner vorliegen. Dem Schuldner steht es frei, ob er den Grundbucheintrag löschen oder bestehen lassen möchte.440 Dagegen gilt für die Grundpfandforderung die grundsätzliche Erlöschensfolge des Art. 118 Abs. 1 OR. Bezüglich der Wertpapiere bezieht sich der Vorbehalt des Art. 118 Abs. 3 OR auf die Art. 1001 Abs. 3 und 1108 Abs. 3 OR. Nach diesen bleibt ein Wechsel oder ein diesem gleichgestelltes Papier auch auf Personen übertragbar, die bereits aus dem Wechsel verpflichtet sind und damit uneingeschränkt weiterindossieren können.441 Bis zur erneuten Trennung von Forderung und Schuld besteht ein bloßes Ruhen und kein endgültiges Erlöschen der Verbindlichkeit.442 Zudem bleiben bestellte Sicherheiten während dieser „Ruhephase“ bestehen.443
436 Honsell/Vogt/Wiegand/Gonzenbach,
Art. 118 Rn. 11. Art. 118 Rn. 35; BGE 99 II 300 ff. 438 von Thur/Escher, Rn. 189. 439 Honsell/Vogt/Wiegand/Gonzenbach, Art. 118 Rn. 9. 440 Widmer Lüchinger/Oser/Loacker, Art. 118 Rn. 16. Dies gilt ebenso für den Drittpfandsteller im Vereinigungsfall von Gläubiger und Schuldner, vgl. Honsell/ Vogt/Wiegand/Gonzenbach, Art. 118 Rn. 9. 441 Honsell/Vogt/Wiegand/Gonzenbach, Art. 118 Rn. 10. 442 von Thur/Escher, Rn. 190. 443 Honsell/Vogt/Wiegand/Gonzenbach, Art. 118 Rn. 10. 437 Oser/Schönenberger,
110
2. Kap.: Kodifizierung der Konfusion im BGB
III. Konfusion im französischen Code Civil Auch der französische Code Civil beinhaltet mit Art. 1349 und Art. 13491444 Cc Normen, die explizit die Rechtsfolgen der Konfusion (confusion) regeln. 1. Konzeption des Art. 1349 Cc Im Zuge der Reform des französischen Obligationenrechts im Jahr 2016445 wurde der ehemals geltende Art. 1300 Cc a. F. gestrichen und durch Art. 1349 Cc ersetzt. Nach Art. 1349 Cc ergibt sich die Konfusion aus der Vereinigung der Eigenschaften des Gläubigers und des Schuldners in einer Person. Die Folge dieser Vereinigung ist das Erlöschen der Forderung und deren Zubehörs,446 wovon Rechte Dritter an der Forderung und erworbene Rechte des Gläubigers bzw. Schuldners an der Forderung nicht umfasst sind. Damit behält Art. 1349 die grundsätzliche Konzeption und Regelungswirkung des ehemaligen Art. 1300 Cc a. F. jedoch unter Einschränkung der Erlöschenswirkung im Verhältnis zu Dritten bei.447 Art. 1300 Cc a. F. sprach zudem vom Erlöschen von deux créances, also von zwei Ansprüchen, obgleich im Zuge des Zusammenfalls von Gläubiger und Schuldner in einer Person nur ein Anspruch vorliegt, der alsdann erlöschen kann.448 Diese Ungenauigkeit hinsichtlich der Formulierung wurde mit der Einführung des Art. 1349 Cc behoben. 444 Dieser bezieht sich auf die Konfusion im Zusammenhang mit Gesamtschuld und Bürgschaft, auf die aufgrund der geringen Relevanz für die vorliegende Untersuchung nicht weiter eingegangen werden soll. 445 Ausführlich dazu Cauvin, Les sanctions de l’inexécution du Code civil français après la réforme du droit des contrats de 2016, S. 7 ff. 446 Der Begriff Zubehör (accessoire) im französischen Recht ist nicht mit dem deutschen Zubehör, welches in § 97 I BGB legaldefiniert ist, gleichzusetzen. Im Code Civil findet sich keine Norm, die das Zubehör allgemein definiert. Es gilt jedoch der Grundsatz l’accessoires suit le principale, also das Zubehör folgt der Hauptsache. So erwirbt etwa der Erwerber der Hauptsache auch die dazugehörigen accessoires. Zu beachten ist jedoch, dass ein accessoire seine rechtliche Selbstständigkeit nicht verliert. So bestehen beschränkt dingliche Rechte auch dann fort, wenn eine Sache zum accessoire eines anderen geworden ist, vgl. Ferid/Sonnenberger, S. 535 f. 447 Chantepie/Latina, La réforme du droit des obligations, S. 878 sprechen gar nur von „changements rédactionels“, die an den Art. 1300 und 1301 Cc vorgenommen wurden, was jedoch aufgrund der gravierenden Einschränkung der Konfusionswirkung in Bezug auf Dritte im Zuge der Privatrechtsreform fraglich erscheint. 448 Kritisch dazu François, Présentation des articles 1349 à 1349-1 de la nouvelle section 3 „La confusion“, La réforme du droit des contrats présentée par l’IEJ de Paris 1; Chantepie/Latina, S. 879.
C. Kodifizierungen anderer kontinentaleuropäischer Länder 111
2. Rechtsfolge Art. 1349 Cc postuliert nach seinem Wortlaut das Erlöschen des Schuldverhältnisses und seines Zubehörs vorbehaltlich der Rechte Dritter bzw. der durch Gläubiger oder Schuldner erworbenen Rechte an der Forderung.449 Es herrscht jedoch seit jeher Uneinigkeit, welche Rechtsfolge der Konfusion zukommt. Es wurde früher450 teils vertreten, dass die Konfusion das Schuldverhältnis nicht zwingend zum Erlöschen bringt, sondern lediglich das Recht des Gläubigers paralysiert (paralysé), also lähmt, und dieses Recht bei erneutem Auseinanderfallen der Gläubiger- und Schuldnerstellung wiederauflebt, renaît.451 Diese Auffassung basierte auf einem Urteil aus dem Jahr 1934.452 Diese Auffassung vom bloßen Ruhen der Forderung anstelle eines endgültigen Erlöschens scheint auch ein weiteres Urteil aus dem Jahr 1965453 zu unterstützen, laut dem die Konfusion ein Recht nicht zum Erlöschen bringt, sondern dem Rechtsinhaber die Möglichkeit eröffnet, sich der Inanspruchnahme Dritter zu widersetzen. Darin ist jedoch vielmehr der Wille der Rechtsprechung zu erkennen, sich über den Wortlaut des damals geltenden Art. 1300 Cc a. F. und dessen zwingende Erlöschensfolge hinwegzusetzen. Art. 1300 Cc a. F. kannte eine Einschränkung der Erlöschenswirkung im Hinblick auf Dritte nicht.454 Diese fand erst mit Art. 1349 Cc und dem Vorbehalt „sous réserve des droits acquis par ou contre des tiers“ Eingang in den Code Civil. In weiteren Urteilen aus der Zeit vor der Einführung des Art. 1349 Cc geht die Rechtsprechung grundsätzlich vom Erlöschen des Schuldverhältnisses in Folge der Konfusion aus, nimmt jedoch im Hinblick auf Dritte eine Einschränkung dieser Erlöschenswirkung vor.455 Somit erkannte die Rechtsprechung bereits vor der Einführung des Art. 1349 Cc, dass ein Erlöschen des Schuldverhältnisses nicht in jedem Fall interessengerecht wäre, und setzte sich über den Wortlaut des Art. 1300 Cc a. F., der ein zwingendes Er-
Code Civil, S. 1919. bezieht sich vornehmlich auf den Zeitraum vor der Einführung des Art. 1349 Cc. 451 Etwa Jaquemin, Obligations: traité théorique et pratique, S. 65, der die Konfusion vielmehr als „obstacle à l’exécution des obligations“, als ein Erfüllungshindernis ansieht. 452 Cass. Req., 12 déc. 1934, Gaz. Pal. 1935, 1, S. 203. Dieses Urteil im Nachhinein als Verstoß gegen Art. 1300 Cc wertend, Cass. Civ. 3e, 22. Juin 2005, nᵒ 0318.624. 453 Cass. Civ. 1 re, 8 déc. 1965, Bull. Civ. I, nᵒ 690. 454 So auch Flour/Aubert/Savaux, Droit civil, Les Obligations, t. 3, Le rapport d’obligation, 9e éd., Sirey, 2015, nᵒ 489. 455 Civ. 3e, 2. Oct. 2002, nᵒ 00-16.867; Bull. Civ. III, nᵒ 188; Civ. 3e, 24 juin 2009, nᵒ 08-16.728; Bull. Civ. III, nᵒ 157. 449 Venandet/Ancel/Henry, 450 Dies
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2. Kap.: Kodifizierung der Konfusion im BGB
löschen postulierte, aus Gründen der Interessengerechtigkeit hinweg. Mit der Einführung des Art. 1349 Cc wurde eine solche Vorgehensweise überflüssig. Die überwiegende Ansicht geht nun mit dem Wortlaut des Art. 1349 Cc von einem endgültigen Erlöschen des Schuldverhältnisses im Konfusionsfall aus.456 Als Begründung dafür wird etwa angeführt, dass durch die Verei nigung der Gläubiger- und Schuldnerstellung in einer Person der „lien d’obligation interpersonel“457 nicht weiter fortbestehen kann. Diese Begründung ähnelt stark dem auch in der deutschen Rechtslehre lange Zeit vorherrschenden Gedanken vom zwingend logischen Erlöschen des Schuldverhältnisses und dem bildlichen Vergleich des Schuldverhältnisses als iuris vinculum, das zwingend Personenverschiedenheit von Gläubiger und Schuldner voraussetzt.458
D. Zwischenergebnis Zusammenfassend sollen im Folgenden die Vor- und Nachteile einer Normierung des Rechtsinstituts der Konfusion aufgezeigt werden. Im Grundsatz stehen sich zwei Systeme gegenüber: Zum einen die Vorgehensweise der BGB-Verfasser, die es aus genannten Gründen vorzogen, keine allgemeine Norm einzuführen, die die Rechtsfolgen der Konfusion regelt, jedoch mit dem Ziel der Vollständigkeit für die scheinbar relevanten Fallgruppen Sondervorschriften ins BGB einsetzten, die von der regelmäßigen Erlöschensfolge abweichende Rechtsfolgen festlegten. Zum anderen die untersuchten Kodifikationen des ABGB, des OR und des Code Civil: Deren Verfasser entschlossen sich jeweils eine grundlegende Konfusionsnorm einzuführen und ergänzten die darin enthaltene regelmäßige Erlöschensfolge um gewisse Ausnahmefallgruppen.459 Diese Vorgehensweise kann als „Hybridmodell“ bezeichnet werden, also die Normierung der regelmäßigen Rechtsfolge, ergänzt um diverse, ebenfalls normierte Ausnahmegruppen.
456 Terré/Simler/Lequette, Droit civil. Les obligations, 11e éd., Dalloz 2013, nᵒ 1416; C. François, Présentation des articles 1349 à 1349-1 de la nouvelle section 3 „La confusion“, La réforme du droit des contrats présentée par l’IEJ de Paris 1; J. François, Les obligations. Régime général, 3e éd., Economica 2014, S. 106. Chantepie/Latina, S. 880, sehen in der im Zuge der Reform hinzugefügten Einschränkung der Erlöschenswirkung im Verhältnis zu Dritten („sous réserve des droits acquis par ou contre des tiers“) den Ausdruck der „ambivalence des effects“ der Konfusion; einerseits die Erlöschenswirkung im Verhältnis zwischen Gläubiger und Schuldner und andererseits die paralysé der Obligation im Verhältnis zu Dritten. 457 Chantepie/Latina, S. 878. 458 Vgl. 3. Kapitel B. I. 1. 459 Siehe etwa Art. 118 III OR.
D. Zwischenergebnis113
Der ersichtlichste Vorteil des Systems der Kodifikation einer grundlegenden Konfusionsnorm460 besteht darin, dass durch deren Einführung die Rechtsfolge im Regelfall explizit geklärt ist.461 Eine solche Normierung würde Ansichten wie der von Wacke oder Medicus/Lorenz,462 die bereits dem Grunde nach an der regelmäßigen Erlöschensfolge zweifeln, die Grundlage für ihre dogmatisch teils äußerst komplexe und konstruierte Auffassung entziehen. Der Gesetzesanwender könnte sich im Konfusionsfall auf diese Norm berufen. Dies würde auch bei der Rechtsprechung für Klarheit und Sicherheit in der Urteilsfindung führen und die Auffassung innerhalb der Rechtslehre hinsichtlich der Rechtsnatur der Konfusion als selbständigem Erlöschensgrund festigen. Ohne eine solche Norm ist der Anwender dazu angehalten, eigene Theorien zu entwickeln, die die Rechtsfolgen der Konfusion zu erfassen versuchen, jedoch teils immens von dem ursprünglichen Telos des gestrichenen § 291 E1 abweichen.463 Durchaus überzeugen kann die Kodifizierung der erbrechtlichen Sonderregelungen im BGB, die eine von der Erlöschensfolge abweichende Rechtsfolge festlegen.464 Diese Vorgehensweise hat die soeben genannten Vorteile einer Kodifizierung der Konfusion. Für den Rechtsanwender dogmatisch unnötig kompliziert und nur schwerlich nachvollziehbar ist im Falle des BGB jedoch die Denkweise der Verfasser, dass der Gesetzesanwender die regelmäßige Rechtsfolge der Konfusion im Umkehrschluss unschwer aus den Sonderregelungen ableiten könne. Die Normierung einer Grundnorm, die die regelmäßige Rechtsfolge der Konfusion festlegt, würde diesen Sonderreglungen ein Fundament geben und die Rechtssicherheit für den Anwender signifikant erhöhen.465 Bei der Betrachtung der untersuchten Kodifikationen des europäischen Auslands weist deren Vorgehensweise jedoch ebenfalls merkliche Schwächen auf. Deren Normen, die die Rechtsfolgen der Konfusion abschließend regeln sollen, können eindeutig nicht jede denkbare Fallgestaltung und eventuell aus Interessengesichtspunkten gebotene Anpassung der Konfusionsfolge erfassen. In der Praxis sind demnach auch hier die jeweiligen Rechtsanwender dazu angehalten, Ausnahmen von der grundsätzlichen Erlöschensfolge der Konfusion praeter legem zu bilden. Bei den Konstellationen, die die jeweili-
460 Die
Vorgehensweise wählten auch das PrALR und das SächsBGB. diese Rechtsfolge in der Rechtslehre der jeweiligen Länder vereinzelt bezweifelt wird, steht diesem Aspekt nicht entgegen. 462 Ausführlich dazu im 3. Kapitel B. II. 1. 463 Vgl. 3. Kapitel B. I., II. 464 Ausführlich zu diesen unter 3. Kapitel A. 465 Vgl. auch die Ausführungen unter 2. Kapitel A. II. 461 Dass
114
2. Kap.: Kodifizierung der Konfusion im BGB
gen Normen nicht erfassen, herrscht wie gezeigt in Rechtsprechung466 und Lehre ebenso Uneinigkeit hinsichtlich der Rechtsfolgen der Konfusion wie im BGB. Die Ergänzung der Konfusionsnorm durch Formulierungen, die eine abweichende Rechtsfolge in nicht näher bestimmten Fällen anordnen, wie etwa in § 1445 ABGB, sorgt aufgrund ihrer mangelnden Bestimmtheit für mehr Unsicherheit, als dass sie dem Rechtsanwender dienlich wäre und zu höherer Rechtsklarheit führen würde. Zuungunsten der Einzelfallgerechtigkeit setzen die Gerichte auf die Vollständigkeit und Korrektheit der jeweiligen Normen, wenden diese an, ohne eine eventuell gebotene Abweichung von der Erlöschensfolge zu erwägen und kommen so in Teilen zu sach- und interessenwidrigen Ergebnissen, etwa zulasten schützenswerter Dritter.467 Diese Problematik ergibt sich für die deutschen Gerichte nicht. Sie sind frei, in jedem Einzelfall die Rechtsfolgen der Konfusion zu adaptieren, sollte dies aus Interessengesichtspunkten geboten sein. Es lässt sich somit feststellen, dass unabhängig davon, ob sich der jeweilige Gesetzgeber zu der Einführung einer Grundnorm, die die Rechtsfolgen der Konfusion im Regelfall festlegt, entschieden hat oder nicht, Unsicherheiten bei dem Rechtsanwender, vor allem bezüglich der Konfusionskonstellationen ergeben, in denen ein Erlöschen des Schuldverhältnisses gleich aus welchen Gründen zu keinem sach- oder interessengerechten Ergebnis führt. Dies liegt vor allem an der mangelnden Systematisierung dieser von der regelmäßigen Erlöschensfolge abweichenden Ausnahmegruppen. Im BGB sind zwar, vor allem im Erbrecht, diverse Sonderregelungen normiert. Jedoch gilt es auch die weiteren Ausnahmegruppen, die die Verfasser des BGB nicht berücksichtigt haben, mit dem Ziel der Rechtsklarheit einer systematischen Ordnung zu unterziehen. Nur dadurch können die Unsicherheiten bezüglich der Konfusionsfolgen in diesen Fällen ausgeräumt werden. Diese Systematisierung der Ausnahmefälle, in denen ein Abweichen von der regelmäßigen Erlöschensfolge geboten ist, soll Gegenstand des folgenden Kapitels werden. Eine abschließende Stellungnahme, verbunden mit einer Empfehlung zur Anpassung des aktuellen Umgangs mit dem Rechtsinstitut der Konfusion erfolgt nach einer ausführlichen Untersuchung der Rechtsfolgen der Konfusion im folgenden 3. Kapitel.
466 Vgl.
auch 3. Kapitel D. könnte die strikte Anwendung der jeweiligen Normen des ABGB, des OR und des Cc einen solchen Fall, der der Entscheidung des BGH NJW 2000, 1033 (1034) zugrunde lag, keinem interessengerechten Ergebnis zuführen. Eine detaillierte Untersuchung dieses Urteils im 3. Kapitel E. II. 1. a) bb). 467 So
3. Kapitel
Die Rechtsfolgen der Konfusion im bürgerlichen Recht Die Rechtsfolgen der obligatorischen Vereinigung von Gläubiger und Schuldner (Konfusion) im deutschen Schuldrecht zu untersuchen, soll ein weiterer Schwerpunkt der vorliegenden Arbeit sein. Im Folgenden soll nach einer Untersuchung der regelmäßigen Rechtsfolge der Konfusion, dem Erlöschen des Schuldverhältnisses im engeren bzw. weiteren Sinne, als Ansicht der ganz herrschenden Meinung in Literatur und Rechtsprechung auf die anerkannten Ausnahmen von dieser Folge anhand konkreter Fallbeispiele eingegangen werden, um eine Systematisierung dieser Ausnahmefälle, die aus noch darzustellenden Gründen nicht von der regelmäßigen Rechtsfolge der Konfusion erfasst sind, idealiter anhand einer konkreten Norm oder zumindest anhand der Bildung von Ausnahmegruppen vorzunehmen.
A. Gesetzlich geregelte Fälle der Konfusion Zunächst sind jedoch zumindest kurz die Fälle der Konfusion darzustellen, die anhand konkreter Normen Eingang in das BGB gefunden haben.468 Dabei handelt es sich vornehmlich um spezielle Fälle im Erbrecht.469 Das BGB in der heutigen Fassung ermangelt an einer Norm, die die Rechtsfolgen der Konfusion grundsätzlich regelt. Vielmehr werden lediglich die Ausnahmen von der regelmäßigen Rechtsfolge in der Form einer „negativen Fiktion“470 in diversen erbrechtlichen Sonderkonstellationen normiert. Diese negative Fiktion äußert sich hinsichtlich der einschlägigen Normen dergestalt, dass Rechtsverhältnisse, die eigentlich in Folge der Konfusion erlöschen würden, dennoch als nicht erloschen gelten.471 468 Zu
der Kodifizierungsgeschichte dieser Normen vgl. 2. Kapitel A. I. weitere Konfusionsnormen im Zusammenhang mit Gesamtgläubigerschaft bzw. -schuld soll unter 3. Kapitel A. VII. eingegangen werden. 470 Gernhuber, § 19 Rn. 3. 471 Wacke sieht in den jeweiligen gesetzlichen Formulierungen einen „inneren Widerspruch“, vgl. Wacke, in: FS Medicus, S. 567. Seiner Ansicht nach müssen die erloschenen Rechte so behandelt werden, als ob sie gar nicht wirklich erloschen seien. Vielmehr würden sich diese Rechte in einem Schwebezustand befinden und lediglich ruhen. Als Bekräftigung dieser Ansicht zieht er die entsprechenden Normen des Schweizer Obligationenrecht heran, und legt dar, dass Art. 118 OR durch dessen An469 Auf
116
3. Kap.: Die Rechtsfolgen der Konfusion im bürgerlichen Recht
I. § 1976 BGB Im Erbfall vereinigt sich grundsätzlich die Erbschaft mit dem Vermögen des Erben. Sollte durch den Erbfall eine Konfusionslage entstehen, führt das zu einem Erlöschen der betroffenen Rechtsverhältnisse. Sollte Nachlassverwaltung angeordnet oder der Nachlasskonkurs eröffnet worden sein, fingiert § 1976 BGB, dass Rechtsverhältnisse, die durch obligatorische oder dingliche Vereinigung von Recht und Verbindlichkeit bzw. Belastung erloschen sind, als nicht erloschen gelten sollen. Dies führt zu einer rückwirkenden Trennung der Vermögensmassen in der Person des Erben (separatio bonorum). Diese Fiktion wirkt ex tunc, womit der Erbe seine Rechte auch gegen den Nachlassverwalter geltend machen kann.472 Die erloschenen Rechtsverhältnisse sind aufgrund dieser ex tunc-Wirkung so zu betrachten, als wären sie nie erloschen. Dies führt dazu, dass auch eventuell bestehende Sicheordnung des Wiederauflebens („renaît“ in der französischen Fassung) der Forderung in Abs. 2 ebenfalls von keinem Erlöschen der Forderung ausgeht, sondern die Forderungen allenfalls „scheintot“ seien, ergo ebenfalls ruhen würden. Genauere Ausführungen bzgl. Art. 118 OR unter 2. Kapitel C. II. Unabhängig von den Formulierungen anderer Zivilrechtskodifikationen ist Wacke dahingehend zuzustimmen, dass es sich bei den jeweiligen erbrechtlichen Sonderkonstellationen und der dort angeordneten Fiktion um eine unglückliche Formulierung handelt. Nur zum Teil zuzustimmen ist Wacke jedoch dahingehend, dass, sollte man davon ausgehen, dass in den hier behandelten erbrechtlichen Sonderkonstellationen das Schuldverhältnis durch Konfusion zunächst erlischt, auch eventuell bestehende Nebenrechte nur mit Rangverlust wiederherzustellen seien. Dies kann in seiner Absolutheit am Beispiel des § 1976 BGB widerlegt werden, da aufgrund der ex tunc Wirkung der dort angeordneten Fiktion auch eventuelle Nebenrechte als von Anfang an nicht erloschen gelten. Ein Rangverlust kann dadurch nicht eintreten. Gleiches gilt für § 2143, vgl. Staudinger/Avenarius, § 2143 Rn. 5; Erman/Schmidt, § 2143 Rn. 1. Ihre Berechtigung findet die Kritik Wackes jedoch in Bezug auf die erbrechtlichen Normen, die keine absolute Wirkung der Wiederherstellung des Schuldverhältnisses bzw. der dinglichen Rechte für sich in Anspruch nehmen, sondern lediglich relative Wirkung innerhalb der Vertragsparteien entfalten, demnach die §§ 1991 II, 2175, 2377 BGB. Sollte man in diesen Fällen annehmen, dass es aufgrund der Konfusion zu einem Erlöschen des Schuldverhältnisses kommt, würde dies im Zweifel mit Rangverlusten im Hinblick auf eventuell bestehende Sicherungsrechte Dritter einhergehen. Dass dies laut Wacke dem Willen des Gesetzgebers eindeutig entgegensteht, widerspricht der ganz herrschenden Meinung bezüglich der relativen Wirkungsweise dieser Normen, vgl. exemplarisch Staudinger/ Olshausen, § 2377 Rn. 4; MüKO/Küpper, § 1991 Rn. 5; Staudinger/Dobler, § 1991 Rn. 14; Staudinger/Otte, § 2175 Rn. 2. Im Ergebnis hängt demnach ein eventuell eintretender Rangverlust von Nebenrechten davon ab, ob die jeweilige Konfusionsnorm hinsichtlich ihrer Wiederherstellung des Schuldverhältnisses relative oder absolute Wirkung hat. Aufgrund dessen ist der Auffassung Wackes, dass diese erbrechtlichen Sonderkonstellationen zugunsten seiner These, dass die zwischenzeitlich ruhende Naturalobligation bei der Wiederaufhebung der Vereinigung wiederauflebt, entbehrlich seien, nicht zu folgen. Weiteres zu Wackes Ansicht unten unter 3. Kapitel B. II. 1. 472 BGHZ 48, 214 (218 f.).
A. Gesetzlich geregelte Fälle der Konfusion117
rungsrechte wie Bürgschaft und Pfand als nicht erloschen gelten.473 Telos der Norm ist die Wiederherstellung der Vermögenslage des Erblassers zum Zeitpunkt des Erbfalls.474 Der Erbe darf aufgrund der Konfusion gegenüber den anderen Nachlassgläubigern, die keine Erben sind, nicht schlechter gestellt werden.475 Es gilt zu beachten, dass das Gesetz keine Pflicht zur Wiederherstellung der erloschenen Rechte vorsieht, sondern die Rückgängigmachung der erloschenen Rechtsverhältnisse ipso iure eintritt.476
II. § 1991 II BGB Im Rahmen der beschränkten Erbenhaftung regelt der § 1991 I, II BGB die Berechnung des Nachlassbestandes. Nach Abs. 2 gelten Rechtsverhältnisse, die infolge von obligatorischer oder dinglicher Vereinigung im Verhältnis von Gläubiger und Erbe erloschen sind, als nicht erloschen. Im Unterschied zu § 1976 BGB hat diese Wiederherstellung jedoch keine dingliche, sondern lediglich eine relative Wirkung, ergo nur im Verhältnis Gläubiger – Erbe und nicht gegenüber Dritten.477
III. § 2143 BGB Verbindlichkeiten, die zwischen einem Erblasser und einem durch ihn eingesetzten Vorerben bestehen, erlöschen im Zeitpunkt des Erbfalls grundsätzlich durch Konfusion. Dieses Erlöschen kann aufgrund des Eintritts der Nacherbfolge lediglich zeitweilig gelten.478 Der Nacherbe hat gegenüber dem Vorerben dieselben Rechte und Verpflichtungen, wie wenn er die Erbschaft unmittelbar im Zeitpunkt der Nacherbschaft vom Erblasser erhalten hätte.479 Die Wiederherstellung der Rechtsverhältnisse erfolgt ipso iure und hat absolute Wirkung. Daneben leben auch eventuell bestehende Sicherungsrechte wieder auf.480
473 Staudinger/Dobler,
§ 1976 Rn. 4. § 1976 Rn. 1. 475 BGH NJW 1967, 2399 (2400). 476 MüKO/Küpper, § 1976 Rn. 4. 477 MüKO/Küpper, § 1991 Rn. 5; Staudinger/Dobler, § 1991 Rn. 14. 478 MüKO/Lieder, § 2143 Rn. 1. Abweichende Auffassungen hinsichtlich des Erlöschens etwa von von Lübtow, Erbrecht II, S. 783 ff., der lediglich ein Ruhen der Rechtsverhältnisse postuliert oder von Lange/Kuchinke, Erbrecht, § 28 VIII 3, die von Lähmung der Rechtsverhältnisse sprechen, haben keinerlei praktische Konsequenzen. 479 MüKO/Lieder, § 2143 Rn. 1. 480 Staudinger/Avenarius, § 2143 Rn. 5; Erman/Schmidt, § 2143 Rn. 1. 474 MüKO/Küpper,
118
3. Kap.: Die Rechtsfolgen der Konfusion im bürgerlichen Recht
IV. § 2175 BGB Aufgrund der schuldrechtlichen Ausgestaltung des Vermächtnisses481 muss eine vom Erblasser vermachte Vormerkung nach dem Erbfall noch vom beschwerten Erben an den Vermächtnisnehmer übertragen werden.482 Sollte sich eine solche Forderung gegen den Erben richten, würde diese im Vereinigungsfall von Erbe und Erblasser aufgrund von Konfusion eigentlich erlöschen. Die Erfüllung zur Übertragung des oder der Vermächtnisgegenstände wäre somit nicht mehr möglich. Dem wirkt § 2175 BGB dergestalt entgegen, dass ein Bestehenbleiben der vermachten Forderung fingiert wird.483 Gleiches gilt laut § 2175 BGB für den Fall, dass der Erblasser dem Erben ein Recht an einem Gegenstand vermacht, an dem der Erblasser ein Recht hat.484 Umstritten ist, wie die Formulierung „in Ansehung des Vermächtnisses“ zu verstehen ist. Teilweise wird vertreten, dass das Fortbestehen der Forderung bzw. des Rechts absolut, also gegenüber jedermann wirkt.485 Anders sieht dies die wohl vorzugswürdige Ansicht,486 die in der Formulierung leidglich ein relatives Fortbestehen der Forderung zwischen Erblasser und Erben sieht. Dafür spricht neben dem eindeutigen Wortlaut auch die Intention der Gesetzesväter, die in den Motiven von einem „relativen Nichterlöschen“ der Forderung sprechen.487 Gläubiger des Erben haben keine Zugriffsmöglichkeit auf die Forderung.488 Zudem bleiben auch akzessorische Sicherungsrechte wie Pfandrecht und
481 Die Begründer des BGB entschieden sich gegen das Vindikationslegat, also gegen den unmittelbaren Übergang des vermachten Rechts auf den Vermächtnisnehmer, vgl. Mugdan, Materialien V, S. 92. 482 Selbstverständlich muss es sich bei der Forderung um eine solche handeln, die überhaupt vererblich ist. Sollte dies nicht der Fall sein, ist § 2175 BGB nicht anwendbar und die Rechtsfolge der Vereinigung ist ein endgültiges Erlöschen. 483 Gleiches gilt für die dingliche Vereinigung von Recht und Belastung. Zu beachten ist, dass § 2175 aufgrund des § 889 BGB lediglich Relevanz für Rechte an Rechten und an Mobilien hat, vgl. Staudinger/Otte, § 2175 Rn. 1. 484 Davon zu unterscheiden ist der umgekehrte Fall des § 2165 BGB, in dem der Erbe, an dem ihm vom Erblasser vermachten Gegenstand ein Recht hat. 485 MüKo/Rudy, § 2175, Rn. 4; Thal, S. 134 ff.; Schwedler, Das Erlöschen der Schuldverhältnisse durch Vereinigung von Recht und Verbindlichkeit nach bürger lichem Recht, S. 169 ff.; Dacke, S. 51 f.; Schellen, S. 56 ff., 226; Gernhuber, § 19 Rn. 6c; von Lübtow, Erbrecht II, S. 785 ff. 486 Staudinger/Otte, § 2175 Rn. 2; Beck-OGK/Schellenberger, § 2175 Rn. 6; BeckOK/Müller-Christmann, § 2175 Rn. 2; Soergel/Wolf, § 2175 Rn. 2; Lange/Kuchinke, § 29 V 2e. 487 Mugdan, Materialien V, S. 93. 488 Staudinger/Otte, § 2175 Rn. 2.
A. Gesetzlich geregelte Fälle der Konfusion119
Bürgschaft weiter bestehen.489 Teilweise wird vertreten, den Rechtsgedanken des § 2175 BGB auf weitere Fallgruppen anzuwenden, in denen ein schutzwürdiges Interesse eines Dritten an dem Fortbestand eines Rechtsverhältnisses besteht. Weitere Ausführungen diesbezüglich folgen unter E. II. 1. b).490
V. § 2377 BGB Grundlage und Intention des § 2377 BGB, der im Zusammenhang mit dem Erbschaftskauf steht, ist, dass der Käufer all das erhalten soll, was ihm zustehen würde, wenn er anstatt des Verkäufers Erbe geworden wäre.491 Voraussetzung für die Anwendbarkeit des § 2377 BGB ist, dass zwischen Erblasser und dem seine Erbschaft verkaufenden Erben ein Rechtsverhältnis bestand, welches in Folge des Erbfalls durch obligatorische oder dingliche Konfusion eigentlich erlöschen würde. § 2377 BGB ordnet für diesen Fall an, dass ein solches Rechtsverhältnis im Verhältnis zwischen Erbschaftsverkäufer und Erbschaftskäufer als nicht erloschen gilt. Aus dieser Fiktion lässt sich die schuldrechtliche Verpflichtung der Parteien ableiten, sich gegenseitig das zu gewähren, was ihnen ohne den Erbfall zustehen würde. Die beiden Parteien können das gleiche verlangen bzw. sind verpflichtet, als sei der Erbfall nicht eingetreten. Sollte dem Erbschaftsverkäufer etwa gegen den Erblasser vor dem Erbfall eine Forderung zugestanden haben, so kann er diese aufgrund des § 2377 BGB auch gegen den Erbschaftskäufer geltend machen. Zu beachten ist, dass § 2377 BGB dies nur im Verhältnis zwischen Käufer und Verkäufer anordnet, die Norm also lediglich relativ und nicht gegenüber Dritten wirkt.492 Satz 2 ordnet zudem an, dass im Zweifel ein erloschenes Rechtsverhältnis mit ex tunc Wirkung wiederherzustellen ist.493
489 Beck-OK/Müller-Christmann,
§ 2175 Rn. 2. einen weiteren, umstrittenen Fall der analogen Anwendbarkeit im Gesellschaftsrecht beim Ausscheiden des vorletzten Gesellschafters siehe MüKo/Rudy, § 2175 Rn. 6 ff. 491 MüKo/Musielak, § 2377 Rn. 1. 492 So bereits die Motive zu § 499 E1, vgl. Mugdan, Materialien II, S. 203. 493 Daher ist der Erbschaftsverkäufer gegenüber dem Erbschaftskäufer etwa verpflichtet, diesem ein durch Konsolidation erloschenes Pfandrecht wiedereinzuräumen, welches ihm (dem Erbschaftsverkäufer) an einer Sache des Erblassers zugestanden hat. Sollte beispielsweise eine Forderung durch Konfusion erlöschen, die durch eine Hypothek an einem Grundstück des Erbschaftsverkäufers gesichert ist, wird die Hypothek gemäß §§ 1163, 1177 BGB zur Eigentümergrundschuld. § 2377 BGB gewährt dem Erbschaftskäufer aufgrund seiner relativen Wirkung sodann einen schuldrechtlichen Anspruch auf Wiederherstellung der ursprünglichen Eintragung, vgl. Staudinger/ Baldus, § 2377 Rn. 6; MüKo/Musialak, § 2377 Rn. 3; Beck-OK/Litzenburger, § 2377 Rn. 2. 490 Für
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3. Kap.: Die Rechtsfolgen der Konfusion im bürgerlichen Recht
VI. Zwischenergebnis Es lässt sich somit festhalten, dass der BGB-Gesetzgeber in den gesetzlich geregelten Fällen der Konfusion festgelegt hat, dass Recht und Verbindlichkeit bzw. Recht und Belastung im Vereinigungsfall gerade nicht erlöschen, sondern weiterhin fortbestehen sollen. Hinsichtlich ihrer Wirkungsweise, ob absolut oder nur relativ, unterscheiden sich diese Fälle jedoch. Es gilt zu untersuchen, wie Lehre und Rechtsprechung diese im Gesetz geregelten Fälle heranziehen, um auch die nicht gesetzlich geregelten Konstellationen einer interessengerechten Lösung zuzuführen. Unstrittig anzuerkennen ist, dass die Regelungstechnik des BGB die Rechtsfigur der Konfusion betreffend keineswegs den Umkehrschluss zulässt, dass, sollte keine der gerade untersuchten Sonderkonstellationen des Erbrechts vorliegen, das Schuldverhältnis zwingend in jedem Fall untergehen muss. Umgekehrt gesprochen ist anzuerkennen, dass die Konfusion nicht in jedem (nicht gesetzlich normierten) Fall zu einem Erlöschen des Schuldverhältnisses führt. Diese nicht gesetzlich geregelten Konfusionsfälle und deren Rechtsfolgen gilt es im Folgenden zu untersuchen.
VII. Exkurs: Konfusion bei Mehrheit von Gläubigern und Schuldnern Der Vollständigkeit halber sollen zuvor jedoch zumindest kurz die Kon stellationen dargestellt werden, die den Vereinigungsfall mehrerer Gläubiger bzw. Schuldner betreffen. Auch im Zusammenhang mit mehreren Gläubigern und Schuldnern kann es zu einer Vereinigung von Forderung und Schuld in der Person eines Gläubigers bzw. Schuldners kommen. Im Folgenden sollen diese Konstellationen, die ebenfalls Eingang ins BGB gefunden haben und somit unter die gesetzlich geregelten Konfusionsfälle zu fassen sind, in Gestalt eines Exkurses systematisch aufgeführt werden. Zu berücksichtigen ist, dass aufgrund ihrer Normierung im BGB die Untersuchung der Rechtsfolgen der Konfusion in diesen Fällen hier lediglich eine nebengeordnete Rolle einnimmt. 1. Konfusion und Gesamtschuld Bei der Vereinigung von Forderung und Schuld bei Gesamtschuldverhältnissen schreibt § 425 II BGB der Konfusion Einzelwirkung zu. Demnach wirkt die Konfusion nur im Verhältnis des Gläubigers und des Gesamtschuldners, in deren Verhältnis die Konfusion auch tatsächlich eintritt, und führt zu einem Erlöschen dieser Forderung, sollte etwa einer der Gesamtschuldner
A. Gesetzlich geregelte Fälle der Konfusion121
den Gläubiger beerben.494 Es kommt jedoch zu keinem Erlöschen der Schuldverhältnisse gegenüber den anderen Gesamtgläubigern. Derjenige, in dessen Person sich Forderung und Schuld vereinigt haben (Gläubiger-Schuld ner), kann die ursprüngliche Forderung des Gläubigers gegen die übrigen Gesamtschuldner grundsätzlich geltend machen. Jedoch ist zu berücksichtigen, dass der Gläubiger-Schuldner bei der Geltendmachung dieser Forderung den Betrag in Abzug bringen muss, zu dem er selbst als ursprünglicher Gesamtschuldner im Innenverhältnis gemäß § 426 I 1, 2 BGB ausgleichsverpflichtet ist.495 Dies galt bereits im römischen Recht496 und fand über das gemeine Recht Eingang ins BGB.497 Uneinigkeit innerhalb der Lehre besteht nun dahingehend, auf welche Weise die Gesamtschuldner, die nicht von der Konfusion betroffen sind, gegenüber dem Gläubiger-Schuldner haften. Überwiegend wird angenommen, dass die Gesamtschuldner lediglich pro rata, ihren ursprünglichen Anteilen nach, in Anspruch genommen werden können.498 Demgegenüber wird vereinzelt eine gesamtschuldnerische Haftung der übrigen Gesamtschuldner gegenüber dem Gläubiger-Schuldner angenommen.499 Für die pro rata-Lösung wird angeführt, dass der Gläubiger-Schuldner, der auch nach der Konfusion zum Ausgleich verpflichtet bleibt, auch das potenzielle Insolvenzrisiko eines in Anspruch genommenen Gesamtschuldners zu tragen habe.500 Sollte beispielsweise einer der Gesamtschuldner im Zeitpunkt der Inanspruchnahme durch den Gläubiger-Schuldner insolvent sein, so müsste sich dieser nach der pro rata-Lösung an den oder die verbliebenen Gesamtschuldner halten. Den Anteil des insolventen Gesamtschuldners würde er nicht erhalten. Die übrigen Gesamtschuldner sind, nach einer Inanspruchnahme, in einem solchen Fall nicht auf einen Regressanspruch gemäß § 426 I 2 BGB gegenüber dem
494 So schon Paul. 4 quaest. D. 46.1.71 pr. In dieser Quelle lehnt Paulus die erfüllungsgleiche Wirkung der Konfusion im Zusammenhang mit der Gesamtschuld ab. Wäre dies der Fall, müsste durch die Konfusion auch der andere Gesamtschuldner befreit werden. Dem ist jedoch nicht so, weil dem Gläubiger vor der Konfusion das Wahlrecht zustand, welchen Gesamtschuldner er in Anspruch nehmen möchte. Ausführlich zu dieser Quelle etwa Kieß, S. 67 ff. 495 MüKo/Heinemeyer, § 425 Rn. 22; Beck-OGK/Kreße, § 425 Rn. 60; Gernhuber, § 19 Rn. 7a; BGH NJW 1983, 749 (750). 496 Vgl. Paul. 4 quaest. D. 46.1.71 pr. 497 Ausführlich dazu HKK-BGB/Meier, §§ 420–432/I, Rn. 67 f. 498 MüKo/Heinemeyer, § 425 Rn. 22; Staudinger/Looschelders, § 425 Rn. 67; Grüneberg/Grüneberg, § 425 Rn. 7; Gernhuber, § 19 Rn. 7a. 499 Stolterfoht, Das Erlöschen der Gesamtschuld durch Konfusion, Gedächtnisschrift Rödig 1987, S. 240 (254); Rüßmann, Rechtskraft, Konfusion und Gesamtschuldausgleich, JuS 1988, S. 182 (187). 500 Etwa Staudinger/Looschelders, § 425 Rn. 67.
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3. Kap.: Die Rechtsfolgen der Konfusion im bürgerlichen Recht
Gläubiger-Schuldner angewiesen. Das Insolvenzrisiko der Gesamtschuldner würde damit der Gläubiger-Schuldner tragen. Dieser Ansicht wird vereinzelt entgegnet, dass der Gläubiger-Schuldner auch im Falle einer gesamtschuldnerischen Haftung das Risiko einer Insolvenz eines der Gesamtschuldner trage.501 Sollte etwa der in Anspruch genommene Gesamtschuldner bei seinem Ausgleichsversuch an einen insolventen Gesamtschuldner geraten, könne er gemäß § 426 I 2 BGB nicht nur bei den übrigen, solventen Gesamtschuldnern, sondern auch bei dem GläubigerSchuldner Ausgleich verlangen.502 Nach dieser Ansicht sei demnach auch nach dem Eintritt der Konfusion von einer gesamtschuldnerischen Haftung der übrigen Gesamtschuldner auszugehen. Es sei nicht einzusehen, warum dem Gläubiger-Schuldner im Zuge der Gesamtrechtsnachfolge nicht auch das Privileg der gesamtschuldnerischen Haftung des ursprünglichen Gläubigers zugutekommen sollte.503 Dies hätte zur Folge, dass dem GläubigerSchuldner nach Eintritt des Erlöschens seiner eigenen Schuld aufgrund von Konfusion das Wahlrecht zustünde, einen der übrigen Schuldner in Höhe der gesamten Forderung in Anspruch zu nehmen. Diesem in Anspruch genommenen Gesamtschuldner bliebe dann nur noch ein Regressanspruch im Innenverhältnis gemäß § 426 BGB gegenüber den übrigen Gesamtschuldnern. Die pro rata-Lösung kann jedoch wertungsmäßig überzeugen und ist aus folgenden Gründen vorzugswürdig: Der Gläubiger-Schuldner hatte zum Zeitpunkt des Entstehens der Schuld noch keine Kenntnis vom Eintritt der Konfusion und deren Folgen. Ohne den Konfusionseintritt könnte der in Anspruch genommene Gesamtschuldner gemäß § 426 BGB jedoch ebenfalls nur anteilsmäßig Ausgleich verlangen und die übrigen Gesamtschuldner nicht erneut gesamtschuldnerisch in Anspruch nehmen.504 Dem zufälligen Zeitpunkt des Eintritts der Konfusion würde nun jedoch eine zu große Bedeutung zufallen, sollte nur aufgrund deren Eintritts eine Veränderung der HaftungsmoJuS 1988, S. 182 (187). JuS 1988, S. 182 (187). 503 Stolterfoht, S. 246 f., 250 mit vertieften Ausführungen. 504 Einigkeit zwischen den beiden Ansichten besteht allerdings in den Fällen, in denen die Konfusion Folge einer Abtretung der Forderung des ursprünglichen Gläubigers an einen der Gesamtschuldner ist. In diesem Fall kommt der Konfusion die Wirkung der Erfüllung seitens des Gesamtschuldners zu. Bei der Erfüllung kann der erfüllende Gesamtschuldner gemäß § 426 BGB jedoch lediglich anteilig Ausgleich verlangen. Daran darf sich aus Wertungsgesichtspunkten auch dann nichts ändern, wenn er sich die Forderung, etwa aufgrund von Zahlung, abtreten lässt, vgl. Reinicke/ Tiedtke, Das Schicksal der persönlichen Forderung bei Ablösung der Grundschuld durch den Eigentümer des Grundstücks, WM 1987, S. 485 (495); BGHZ 17, 214 (222). Zur Schaffung einer klaren, einheitlichen Lösungsfindung bietet es sich an, die pro rata-Lösung für alle Anwendungsfälle anzuwenden. 501 Rüßmann, 502 Rüßmann,
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dalitäten eintreten. Weiterhin würden die übrigen Ausgleich suchenden Gesamtschuldner dem zusätzlichen Risiko einer zwischenzeitlichen Insolvenz des Gläubiger-Schuldners ausgesetzt, sollten sie zunächst gesamtschuldnerisch haften und im nächsten Schritt bei dem Gläubiger-Schuldner Ausgleich suchen. Auch diese haben keinerlei Einfluss auf den Eintritt der Konfusion und würden neben der Privilegierung des Gläubiger-Schuldners noch zusätzlich belastet werden. Dem würde die pro rata-Lösung vorbeugen.505 Daneben kann die pro rata-Lösung hinsichtlich der dogmatischen Konstruktion und Komplexität durch ihre direkte, anteilige Inanspruchnahme der übrigen Gesamtschuldner, im Vergleich zu der umständlichen gesamtschuldnerischen Haftung und der darauf folgenden Geltendmachung von Regressansprüchen unter den übrigen Gesamtschuldnern, überzeugen. Zudem würde mit der gesamtschuldnerischen Haftung der übrigen Gesamtschuldner eine zweifache Privilegierung des Gläubiger-Schuldners einhergehen:506 Zum einen das Freiwerden von der ursprünglichen Schuld aufgrund von Konfusion und zum anderen die Möglichkeit der wahlweisen Inanspruchnahme der übrigen Gesamtschuldner. Diese zweifache Privilegierung wäre allein aufgrund des zufälligen Konfusionseintritts nicht gerechtfertigt. Somit haften die übrigen Gesamtschuldner gegenüber dem Gläubiger-Schuldner in Folge der Konfusion lediglich entsprechend ihrer ursprünglichen Haftungsquoten. 2. Konfusion und Gesamtgläubigerschaft Im Unterschied zur Gesamtschuld kommt der Konfusion im Zusammenhang mit mehreren Gläubigern gemäß § 429 II BGB Gesamtwirkung zu.507 Danach erlöschen auch die Rechte der anderen Gesamtgläubiger gegenüber 505 Dem ließe sich jedoch entgegenhalten, dass die übrigen Gesamtschuldner auch ohne Konfusionseintritt stets dem Risiko der Insolvenz der übrigen Gesamtschuldner ausgesetzt wären. 506 Diese zweifache Privilegierung hält Stolterfoht hingegen für unbedenklich, vgl. Stolterfoht, S. 248 ff. 507 Beachtenswert ist, dass die römischen Quellen in diesem Zusammenhang keine Ausführungen enthalten. In den vor der Einführung des BGB geltenden Kodifikationen herrschte Uneinigkeit dahingehend, ob der Konfusion Einzel- oder Gesamtwirkung zukommen soll. Mehrheitlich wurde Einzelwirkung angenommen, siehe etwa von Savigny, S. 196; von Vangerow, § 573, Anm. 5, II 1. Auch der § 333 E1 sprach der Konfusion sowohl für die Gesamtschuld als auch für die Gesamtgläubigerschaft Einzelwirkung zu. Erst in der Vorkommission des Reichsjustizamtes wurde festgelegt, dass der Konfusion im Falle der Gesamtgläubigerschaft die Wirkung der Erfüllung zukommen solle und sprach der Konfusion in diesen Konstellationen Gesamtwirkung zu, vgl. Jakobs/Schubert, Recht der Schuldverhältnisse I, S. 487; Mugdan, Materialien II, S. 610. Schellen, S. 216 f. steht dieser Rechtsfolge aufgrund des Untergangs etwaiger akzessorischer Sicherungsrechte kritisch gegenüber.
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3. Kap.: Die Rechtsfolgen der Konfusion im bürgerlichen Recht
dem Schuldner, wobei der Gesamtgläubiger, in dessen Person die Konfusion eintritt, gemäß § 430 BGB den anderen Gesamtgläubigern zum Ausgleich verpflichtet ist.508 Die Gesamtwirkung der Konfusion in diesem Zusammenhang lässt sich damit begründen, dass der Schuldner, der einen Gesamtgläubiger beerbt, in seiner durch Konfusion entstandenen Funktion als Gesamtgläubiger auch Leistung an sich selbst gemäß § 428 I 1 BGB verlangen könnte, womit Erfüllung eintreten würde.509 Diese Option wird der Gläubiger-Schuldner im Regelfall wählen. Um der Geltendmachung dieses Anspruchs gegen sich selbst in der Rechtspraxis vorzukommen, wurde § 429 II BGB eingeführt.
B. Nicht im Gesetz geregelte Fälle der Konfusion Im Anschluss an die Untersuchung der im BGB normierten Fälle der Konfusion sind nun die teils umstrittenen Rechtsfolgen der Konfusion und deren Begründung in den gesetzlich nicht normierten Konstellationen zu untersuchen.
I. Das Erlöschen als regelmäßige Rechtsfolge der Konfusion Bereits die römischen Juristen sahen als Folge der Vereinigung von Forderung und Schuld in einer Person ein Erlöschen der Forderung ipso iure.510 Diese Rechtsfolge legte auch der BGB-Gesetzgeber der Konfusion mit § 291 E1 zugrunde.511 In der Folge hat sich die absolut herrschende Ansicht in Lehre512 und Rechtsprechung513 darauf festgelegt, dass ein Schuldverhält508 Anders Schwedler, S. 82 f. Gernhuber, § 19 Rn. 7c hält aus diesem Grunde die praktische Relevanz des § 429 II BGB für eingeschränkt. Durch die Ausgleichspflicht nach § 430 BGB wäre die zunächst für die übrigen Gesamtgläubiger nachteilige Gesamtwirkung wieder ausgeglichen. 509 So auch Beck-OGK/Kreße, § 429 Rn. 6; MüKo/Heinemeyer, § 429 Rn. 3; Staudinger/Looschelders, § 429 Rn. 4; Gernhuber, § 19 Rn. 7c. 510 Vgl. 1. Kapitel A. II. 511 Vgl. 2. Kapitel A. I. 512 MüKO/Fetzer, Vorbemerkung § 362 Rn. 4; Grüneberg/Grüneberg, Einleitung § 241 Rn. 3 und Überblick vor § 362 Rn. 4; Beck-OGK/Looschelders, § 362 Rn. 11; Brox/Walker, Schuldrecht Allgemeiner Teil, § 17 Rn. 7; Looschelders, Schuldrecht Allgemeiner Teil, § 19 Rn. 10; Soergel/Schreiber, Vorbemerkung § 362 Rn. 2; Staudinger/Olzen, Einleitung zu §§ 362 ff. Rn. 25 ff.; Jauernig/Mansel, Vorbemerkung § 362 Rn. 2; Erman/Buck-Heeb, § 362 Rn. 3; Beck-OK/Dennhardt, § 362 Rn. 7; Enneccerus-Lehmann, Recht der Schuldverhältnisse, S. 303 ff. 513 BGHZ 48, 214 (218); BGHZ 115, 116 (121); BGH NJW-RR 2016, 784; BGH WuM 2018, 352 Rn. 21; BGH NJW 1982, 2381.
B. Nicht im Gesetz geregelte Fälle der Konfusion125
nis grundsätzlich im Wege der Einzel -oder Gesamtrechtsnachfolge514 erlischt, sollten sich Forderung und Schuld in der Person des Gläubigers bzw. Schuldners vereinigen.515 Uneinigkeit besteht jedoch auch bei den Vertretern der herrschenden Lehre, wie sich diese Rechtsfolge begründen lässt.516 1. Begriff des Schuldverhältnisses/Logik Justinian beschrieb das Wesen der Obligation als iuris vinculum, das zwei Personen rechtlich aneinander „fesselt“.517 Bildlich gesprochen befindet sich an beiden Enden dieser rechtlichen Fessel jeweils ein Rechtssubjekt. Sollte eines dieser Rechtssubjekte wegfallen, ließe sich annehmen, dass dadurch dieses vinculum nicht weiter fortbestehen könne. Als Begründung für die regelmäßige Erlöschensfolge wird zumeist pauschal darauf verwiesen, dass ein Schuldverhältnis zwei Subjekte voraussetze, ergo Gläubiger- und Schuldnerseite nicht vollständig identisch sein dürften.518 Häufig hört man in diesem Zusammenhang den Satz: „Niemand kann sein eigener Schuldner bzw. Gläubiger sein.“519 Aufgrund dessen sei das Erlöschen des Schuldverhältnisses „zwingend logische Konsequenz“.520 Die Vertreter dieser Auffassung 514 Eine Vereinigung im Sinne der Gesamtrechtsnachfolge tritt nicht nur durch Erbfall, sondern auch im Zusammenhang mit dem Ausscheiden des vorletzten Gesellschafters einer Gesellschaft ein. Die Gesellschaft erlischt dann durch Fusion, vgl. BGHZ 48, 203 (206); BGHZ 71, 296 (300). 515 Zumindest als starkes Indiz für die regelmäßige Erlöschenswirkung der Konfusion lässt sich etwa § 1976 BGB heranziehen. Dieser legt fest, dass in Folge der Konfusion bereits erloschene Rechtsverhältnisse als nicht erloschen gelten sollen. Dies rechtfertigt im Umkehrschluss die Annahme, dass die Konfusion im Regelfall zu einem Erlöschen des Schuldverhältnisses führt und nur in Sonderfällen, wie etwa § 1976 BGB, der Fortbestand des Schuldverhältnisses trotz Konfusion fingiert wird. 516 Im Folgenden sollen nur die Theorien und Begründungsversuche zur Erlöschensfolge der Konfusion des modernen deutschen Rechts beleuchtet werden. Zu den vertretenen Theorien in der Pandektenwissenschaft des 19. Jahrhunderts siehe etwa Schwedler, S. 6 ff. 517 Justinian, I. 3.13. 518 Erman/Buck-Heeb, Vorbemerkung § 362 Rn. 3; NK-BGB/Fries/Schulze, Vorbemerkung zu §§ 362–397 Rn. 2; MüKo/Fetzer, Vorbemerkung § 362 Rn. 4; Grüneberg/ Grüneberg, Einleitung § 241 Rn. 3 und Überblick vor § 362 Rn. 4; Beck-OK/Dennhardt, § 362 Rn. 7. 519 Diese Aussage findet sich vor allem in der älteren Schuldrechtsliteratur und älteren Rechtsprechung. Nachweise bei Kollhosser/Jansen, JA 1988, S. 306 Fn. 9. 520 MüKo/Fetzer, Vorbemerkung § 362 Rn. 4; Weiler, Schulrecht Allgemeiner Teil, § 15 Rn. 11; Enneccerus/Lehmann, Recht der Schuldverhältnisse, § 76, 3; von Lübtow, Erbrecht II, S. 1201; BGHZ 48, 214 (218); BGHZ 115, 116 (122); BGH NJWRR 2016, 784; BGH NJW-RR 2021, 294; BGH BeckRS 2010, 12351 halten die Regel, dass niemand gegen sich selbst eine Forderung haben kann für einen „unumstößlichen Grundsatz des Schuldrechts“. Eine ähnliche Argumentation, jedoch darauf
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3. Kap.: Die Rechtsfolgen der Konfusion im bürgerlichen Recht
stützen ihre Ansicht im Wesentlichen auf zwei Grundpfeiler: Zum einen die Gesetzesbegründung des § 291 E1 und zum anderen auf ein scheinbares zwingendes Gebot der Logik. Nach obigen Ausführungen521 wird in den Motiven ebenfalls als Grund für das Erlöschen in Folge der Konfusion angeführt, dass niemand sein eigener Schuldner sein könne. Jedoch ist zu beachten, dass die Väter des BGB der Auffassung waren, dass sie mit der Normierung der Ausnahmefälle im Erbrecht alle denkbaren Fallgestaltungen der Konfusion abschließend erfasst hätten. Sie nahmen an, dass mit diesen erbrechtlichen Sonderkonstellationen alle Fälle normiert seien, in denen eine Ausnahme von der Erlöschensfolge in Form des Bestehenbleibens des Schuldverhältnisses geboten ist. Den Motiven und Protokollen lässt sich jedoch in keiner Weise entnehmen, dass die Väter des BGB eine Erweiterung dieser Ausnahmen kategorisch ausschlossen. Von der Formulierung, dass niemand sein eigener Schuldner sein könne, machten die Väter des BGB mit der Normierung der erbrechtlichen Sonderkonstellationen522 selbst diverse Ausnahmen. Somit kann der Auffassung, die pauschal aus diesem Satz der Motive einen zwingenden Rückschluss auf die Erlöschensfolge gezogen hat, nicht gefolgt werden. Man könnte sogar so weit gehen, dass der BGB-Gesetzgeber durch den Satz, dass niemand sein eigner Gläubiger bzw. Schuldner sein könne, lediglich versuchte, die Wirkungsweise der Konfusion zu veranschaulichen. Zudem sollte berücksichtigt werden, dass § 291 E1 aus oben genannten Gründen keinen Eingang in das BGB gefunden hat. Dadurch wird die Durchschlagskraft dieses Arguments weiter eingeschränkt. Die Motive zu § 291 E1 lassen jedoch keinen Zweifel daran zu, dass die Konfusion grundsätzlich zu einem Erlöschen des Schuldverhältnisses führt. Dies wird ebenfalls dadurch bekräftigt, dass es der Gesetzgeber nach der Streichung des § 291 E1, wodurch die grundsätzliche Rechtsfolge der Konfusion keine ausdrückliche Normierung erhielt, nicht für notwendig erachtete, die Systematik der erbrechtlichen Sonderkonstellationen zu modifizieren. Anhand derer lässt sich der Wille des Gesetzgebers erkennen, dass die Konfusion grundsätzlich zu einem Erlöschen des Schuldverhältnisses führen soll und nur in den speziell normierten Ausnahmefällen, die er für abschließend hielt,523 ein Bestehenbleiben des Rechtsverhältnisses trotz Konfusion angebracht sei. Dafür spricht auch die Begründung in den Motiven, dass der Regelungs
bezogen, dass niemand mit sich selbst einen Vertrag abschließen könne, BGH NJW 2000, 1033. 521 Vgl. 2. Kapitel A. I. 522 Vgl. 3. Kapitel A. 523 Vgl. Mugdan, Materialien II, S. 64.
B. Nicht im Gesetz geregelte Fälle der Konfusion127
inhalt des § 291 E1 „sich unschwer aus den im Entwurf enthaltenen Ausnahmen ableiten lasse“.524 Neben dem Rückgriff auf die Gesetzesbegründung des BGB wird als weiteres Argument der Vertreter dieser Ansicht angebracht, dass ein Erlöschen in Folge der Vereinigung von Forderung und Schuld in einer Person aus logischen Gesichtspunkten geboten sei. Dieses Argument kann mit den eigenen „Waffen“ der Vertreter dieser Ansicht entkräftet werden. Sollte das zwingende Erlöschen des Schuldverhältnisses aufgrund der der genannten Regel ein Gebot der Logik sein, so müssten sich auch die durch den BGB-Gesetzgeber anerkannten Ausnahmen von dem Erlöschensprinzip unter diese Regel subsumieren lassen. Diese oben erörterten Sonderkonstellationen im Erbrecht haben jedoch gemein, dass in allen Fällen eine Vereinigung von Forderung und Schuld in einer Person vorliegt und der BGB-Gesetzgeber gerade kein Erlöschen als Folge der Vereinigung postuliert hat. Wäre es ein zwingendes Gebot der Logik, dass im Vereinigungsfall ein Schuldverhältnis erlöschen muss, dann ließen sich diese sogar gesetzlich normierten Ausnahmefälle von dem Grundsatz des Erlöschens nur schwer rechtfertigen. Darüber hinaus sind nach heutigem Stand diverse Ausnahmefälle anerkannt, in denen die Konfusion ebenfalls kein Erlöschen zur Folge hat.525 Auch diese Fälle lassen sich der genannten angeblichen Grundregel der Konfusion nicht unterordnen. Aus diesen Gründen ist der Versuch, die Rechtsfolge der Konfusion mit der Regel zu begründen, dass niemand sein eigener Gläubiger bzw. Schuldner sein könne, und dies als zwingendes Gebot der Logik darzustellen, nicht nachvollziehbar und ein Erlöschen kann nicht ohne weiteres aus dem Wesen des Schuldverhältnisses abgeleitet werden.526 2. Sinnverlust/mangelndes rechtliches Bedürfnis am Fortbestehen Zum Zeitpunkt der letztmaligen ausgiebigeren Untersuchung des Rechts instituts der Konfusion in den 1980/90er Jahren war die soeben dargestellte Meinung in Literatur und Rechtsprechung absolut herrschend.527 Dieses Materialien II, S. 569. diesen Ausnahmefällen vgl. 3. Kapitel E. 526 Diese Auffassung teilen etwa Staudinger/Olzen, Einleitung zu §§ 362 ff. Rn. 28; Kollhosser/Jansen, JA 1988 S. 308 f.; BGH NJW 1995, 2287 (2288); Larenz, Schuldrecht AT, § 19 I b Fn. 10; Bosak, JA 2009, S. 597. Gernhuber, § 19 Rn. 3 spricht davon, dass der Grundsatz, dass niemand sein eigener Gläubiger oder Schuldner sein könnte, Evidenz in Anspruch nimmt, ohne jedoch evident zu sein. 527 Brox, Schuldrecht Allgemeiner Teil, S. 251 f. (1987); Erman/Westermann, S. 113 (1988); Wolf, Schuldrecht AT, § 8 K (1978); Schwedler, S. 60 ff.; Sachs, S. 73 ff.; Thal, S. 103; Dörstling NJW 1954, 1429 ff.; Staudinger/Kaduk, Einleitung 524 Mugdan, 525 Zu
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3. Kap.: Die Rechtsfolgen der Konfusion im bürgerlichen Recht
Verhältnis hat sich im Laufe der letzten 30 bis 40 Jahre verschoben. Sowohl in der Rechtslehre als auch in der Rechtsprechung ist man von dieser allzu pauschalen und dogmatisch nur schwer haltbaren Auffassung abgerückt, dass das Erlöschen als Rechtsfolge der Konfusion denklogisch geboten sei, da ein Schuldverhältnis zwingend zwei Personen voraussetze bzw. niemand sein eigener Schuldner sein könne. Diese noch sehr eng an die ursprüngliche Konzeption des BGB angelehnte Ansicht528 wich mit der Zeit einer anderen Auffassung. Nach der heute absolut herrschenden Ansicht der Rechtslehre erlöschen Schuldverhältnisse im engeren oder auch weiteren Sinn aufgrund von Konfusion dann, wenn sie ihren Sinn verloren haben bzw. kein schutzwürdiges Bedürfnis an deren Fortbestand besteht.529 Dem ist im Grundsatz zuzustimmen. Als Ausgangspunkt der Untersuchung und Begründung dieser Ansicht sollte zunächst klargestellt werden, dass der Eintritt der Situation, die mit der Vereinigung von Forderung und Schuldner in einem Rechtssubjekt eintritt, zunächst einmal keinen Einfluss auf den materiellen Bestand des Schuldverhältnisses hat. Das Erlöschen des Schuldverhältnisses ist nicht unmittelbare Reaktion auf die Vereinigung in einem Rechtssubjekt.530 Vielmehr gilt es sich in jedem Konfusionsfall zu fragen, ob eine rechtliche Notwendigkeit an dem Fortbestand des Schuldverhältnisses besteht.531 Sollte man in Folge dessen zu dem Entschluss gelangen, dass ein Erlöschen im konkreten Einzelfall zu „systemwidrigen“532 und nicht interessengerechten Ergebnissen führen würde, muss ein Fortbestand des Schuldverhältnisses angenommen werden.533 Einige Vertreter dieser Ansicht sprechen von der „Sinnhaftigkeit“ des Fortbestandes des Schuldverhältnisses.534 Diese Formulierung weicht jedoch den § 362 Rn. 34 (1978); MüKO/Heinrichs, Vorbemerkung § 362 Rn. 4 (1984); Ennecerus/Lehmann, Recht der Schuldverhältnisse, § 76 (1959–1960). 528 Siehe oben die Ausführungen der Motive zum BGB unter 2. Kapitel A. I. 529 Kollhosser/Jansen, JA 1988, S. 310 f.; Bosak, JA 2009, S. 597; Gernhuber, Erfüllung § 19 Rn. 3a; Larenz, Schuldrecht AT, § 19, 1b; Looschelders, Schuldrecht AT, § 19 Rn. 10; Medicus/Lorenz, Schuldrecht AT, Rn. 321; Staudinger/Kern, Eckpfeiler des Zivilrechts, J 88; Beck-OGK/Looschelders, § 362 Rn. 13; Staudinger/Olzen, Einleitung zu §§ 362 ff. Rn. 28; BGH NJW 1995, 2287 (2288). 530 So auch Bosak, JA 2009, S. 597; Wacke, in: FS Medicus, S. 552. 531 Im Regelfall wird sich eine solche Notwendigkeit des Fortbestandes nicht ergeben und das Schuldverhältnis erlischt in Folge der Konfusion. 532 Staudinger/Olzen, Einleitung zu §§ 362 ff. Rn. 29. 533 Die Beleuchtung dieser Fälle erfolgt unter 3. Kapitel E. Bei der Untersuchung derer wird im Folgenden diese Ansicht der Lösungsfindung zu Grunde gelegt und dadurch deren uneingeschränkte Anwendbarkeit auf alle Fälle der Konfusion bekräftigt. 534 Etwa Bosak, JA 2009, S. 597; Larenz, Schuldrecht AT, § 19 I; Gernhuber, § 19 Rn. 3b.
B. Nicht im Gesetz geregelte Fälle der Konfusion129
von § 291 E1 proklamierten Grundsatz der regelmäßigen Erlöschensfolge der Konfusion zu sehr auf. Die Frage nach der Sinnhaftigkeit des Fortbestandes stellt die regelmäßige Erlöschensfolge der Konfusion zu sehr zur Disposition. Es muss weiterhin erkennbar sein, dass es sich bei der Handhabung der Rechtsfolgen der Konfusion um ein klares Regel-Ausnahme-Verhältnis handelt, bei dem das Erlöschen des Schuldverhältnisses als regelmäßige Folge vorherrscht und nur in notwendigen Ausnahmefällen ein Fortbestehen angeordnet wird. Dieses Ziel wird lediglich mit der Frage nach der Notwendigkeit oder alternativ dem rechtlichen Bedürfnis erreicht und die grundsätzliche Konzeption der Rechtsfolge der Konfusion klar genug zum Ausdruck gebracht. Zudem entbehrt die Frage nach der Sinnhaftigkeit zur Behandlung juristischer Rechtsinstitute jeglicher dogmatischer, juristisch zu erfassender Ausfüllbarkeit und sollte besser philosophischen Untersuchungen vorbehalten sein. Als weitere Bekräftigung dieser Ansicht können die oben bereits untersuchten Protokolle zu § 291 E1 herangezogen werden.535 Zwar wurde in diesen vornehmlich die Streichung und Nichtaufnahme des § 291 E1 ins BGB thematisiert und begründet, jedoch lassen sich anhand der dort getroffenen Formulierungen auch Erkenntnisse für das System der Rechtsfolgen der Konfusion entnehmen. Nach den Protokollen soll es nur dann zu einem Erlöschen der Forderung kommen, „wenn dies richtig sei“.536 Aus dieser konditionalen Formulierung lässt sich entnehmen, dass der Gesetzgeber ebenfalls davon ausging, dass ein Erlöschen der Forderung nur eintreten soll, wenn dies geboten bzw. notwendig ist.537 Kritik an dieser Begründung der regelmäßigen Rechtsfolge der Konfusion übt etwa Fetzer,538 der die oben genannte Ansicht vertritt, das Erlöschen für die zwingend logische Konsequenz der Konfusion hält und dieses Erlöschen aus dem Wesen des Schuldverhältnisses ableitet.539 Seiner Ansicht nach bleibe bei der Auffassung, die das Erlöschen des Schuldverhältnisses in Abhängigkeit zur rechtlichen Notwendigkeit des Fortbestandes stellt, der Wortlaut des § 241 I BGB unberücksichtigt. Dieser postuliere als wesentliches Merkmal des Schuldverhältnisses die Personenverschiedenheit von Gläubiger und Schuldner. Der Aussage des § 241 I BGB, dass kraft des Schuldverhält535 Siehe
oben 2. Kapitel A. II. Materialien II, S. 569. 537 Ähnlich auch Bosak, JA 2009, S. 597, der jedoch die Sinnhaftigkeit als Maßstab für den Untergang der Forderung anwendet. Anders dagegen Wacke, in: FS Medicus, S. 564, der diese Aussage als Argument zur Ablehnung der grundsätzlichen Erlöschensfolge der Konfusion anführt. 538 MüKO/Fetzer, Vorbemerkung § 362 Rn. 4 Fn. 7. 539 Vgl. 3. Kapitel B. I. 1. 536 Mugdan,
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3. Kap.: Die Rechtsfolgen der Konfusion im bürgerlichen Recht
nisses ein Gläubiger berechtigt ist, von einem Schuldner eine Leistung zu fordern, lässt sich jedoch nur schwer entnehmen, dass der Gesetzgeber unabdingbar an den Fortbestand eines Schuldverhältnisses jeweils einen Gläubiger und einen Schuldner knüpft. Vielmehr lässt sich aus § 241 I BGB der gesetzlich normierte Regelfall eines Schuldverhältnisses ableiten. In diesem stehen sich typischerweise zwei personenverschiedene Parteien, Gläubiger und Schuldner, gegenüber. Dass aus dieser Regel jedoch eine Personenverschiedenheit, die für den Bestand eines Schuldverhältnisses unabdingbar ist, resultiert, erschließt sich nicht.540 Nur schwerlich würden sich auch die anerkannten Ausnahmen von dem Erlöschensgrundsatz als regelmäßige Rechtsfolge der Konfusion rechtfertigen lassen, sollte es für den Bestand eines Schuldverhältnisses zwingend eines Gläubigers und eines von diesem personenverschiedenen Schuldners bedürfen.541 Zudem nimmt Fetzer an, dass die Vertreter der obigen Ansicht die Personenverschiedenheit als wesentliches Merkmal grundsätzlich in Frage stellen würden. Dies trifft jedoch nicht zu. Auch die Vertreter der obigen Auffassung (B. I. 2.) sehen die Personenverschiedenheit von Gläubiger und Schuldner durchaus als wesentliches Merkmal eines Schuldverhältnisses. Daran sollte auch kein Zweifel bestehen. Sie ziehen dieses Merkmal jedoch nicht heran, um das Erlöschen des Schuldverhältnisses im Konfusionsfall zu rechtfertigen, sondern knüpfen den Fortbestand des Schuldverhältnisses richtigerweise an eine rechtliche Notwendigkeit bzw. ein rechtliches Bedürfnis. Insgesamt kann demnach die Kritik Fetzers somit nicht überzeugen.
540 In diesem Zusammenhang drängt sich sofort das Insichgeschäft gemäß § 181 BGB, insbesondere in Form der Mehrfachvertretung auf. Danach ist es einem Vertreter grundsätzlich nicht gestattet mit einem Dritten Rechtsgeschäfte abzuschließen, wenn er gleichzeitig als Vertreter dieses Dritten handelt. In diesem Fall wird für eine rechtmäßige Stellvertretung grundsätzlich Personenverschiedenheit von Gläubiger und Schuldner vorausgesetzt. Daraus könnte man schließen, dass für den Bestand eines Schuldverhältnisses das Merkmal der Personenverschiedenheit auch im Falle der Konfusion unabdingbar ist. Jedoch gilt dieses Verbot der Mehrfachvertretung ebenfalls nur im Grundsatz und soll dann keine Anwendung finden, wenn dem Vertreter die Mehrfachvertretung gestattet wurde oder das Rechtsgeschäft lediglich in der Erfüllung einer Verbindlichkeit besteht. Demnach kann auch aus diesem Vergleich nicht geschlossen werden, dass für den Fortbestand eines Schuldverhältnisses Personenverschiedenheit vorauszusetzen ist. 541 Im Rahmen dieser Ausnahmen nimmt Fetzer an, dass Gesetz und Rechtsprechung in diesen Fällen der nachträglichen Personenvereinigung eine Konfusion ablehnen, vgl. MüKO/Fetzer, Vorbemerkung § 362 Rn. 4 Fn. 7. Dieser Aussage ist jedoch begriffliche Ungenauigkeit vorzuwerfen. Entsprechend obiger Aussagen sollte begrifflich zwischen der Tatbestands- und der Rechtsfolgenseite der Konfusion unterschieden werden, um Unklarheiten zu vermeiden.
B. Nicht im Gesetz geregelte Fälle der Konfusion131
3. Zwischenergebnis Aus diesen Gründen lässt sich zusammenfassend sagen, dass zur Begründung des Erlöschens als regelmäßige Rechtsfolge der Konfusion in den gesetzlich nicht geregelten Fällen weder das Wesen des Schuldverhältnisses noch Gebote der Logik heranzuziehen sind. Allein anhand der Normierung der gesetzlichen Ausnahmen von der regelmäßigen Erlöschensfolge im Erbrecht macht der Gesetzgeber deutlich, dass er das Erlöschen des Schuldverhältnisses nicht in jedem Fall für ein zwingendes Gebot der Logik hielt. Vielmehr ist im Rahmen der gesetzlich nicht geregelten Fälle danach zu fragen, ob eine rechtliche Notwendigkeit bzw. ein rechtliches Bedürfnis am Fortbestand des Schuldverhältnisses besteht.542 Sollte man im Einzelfall zum Ergebnis gelangen, dass ein Erlöschen überwiegend schützenswerten Interessen widerspricht, so bleibt das Schuldverhältnis trotz Eintritt der Vereinigung weiterhin bestehen. Wie lässt sich die Begriffshülse dieser rechtlichen Notwendigkeit nun derart ausfüllen, dass der Rechtsanwender im konkreten Einzelfall entscheiden kann, ob eine solche gegeben ist oder nicht? Welche Kriterien und welcher Maßstab sind für die Bestimmung der Notwendigkeit des Fortbestehens des Schuldverhältnisses anzulegen, anders gesprochen, auf welche Art und Weise ist im Einzelfall unter den Terminus der rechtlichen Notwendigkeit zu subsumieren? Als Basis zur Lösung dieses gesetzlich nicht geregelten Problems ist das der Wertungsjurisprudenz543 zu Grunde liegende Ziel des Ausgleichs der widerstreitenden Interessen anhand einer umfassenden Interessenabwägung heranzuziehen.544 Aufgrund der Tatsache, dass eine grundlegende Rechts542 Eine ähnliche Konstruktion weisen auch die Normtexte der gesetzlich geregelten Konfusionsfälle im Sachenrecht, etwa §§ 1063, 1256 BGB, auf. 543 Diesen Ansatz wählen auch Kollhosser/Jansen, JA 1988, S. 309 ff.; Servatius, JuS 2006, S. 1061 ff. 544 Bei der Wertungsjurisprudenz handelt es sich um eine juristische Auslegungsmethode, die das Ergebnis der Zusammenführung zweier gegensätzlicher Auslegungsmethoden darstellt. Dabei vereint die Wertungsjurisprudenz den formal-logischen Ansatz der Begriffsjurisprudenz, die versucht Lebens- und Rechtsvorgänge strikt unter einen juristischen Begriff unterzuordnen, mit der rein interessenorientierten Auslegungsmethode der Interessenjurisprudenz, die auf dem Grundgedanken aufbaut, dass jedem Rechtsbegriff bzw. Rechtsvorgang bestimmte Interessen zu Grunde liegen, die in Ausgleich gebracht werden müssen, vgl. zur Interessenjurisprudenz etwa Heck, Gesetzesauslegung und Interessenjurisprudenz, AcP 112, 1 ff.; Heck, Die neue Methodenlehre Müller-Erzbachs, AcP 140, 257 ff. Das Ziel der Wertungsjurisprudenz ist es, die dem Rechtsbegriff bzw. -vorgang zugrunde liegenden Wertungen und Interessen zwar zu berücksichtigen, jedoch darf dabei der Wortlaut nicht vollständig in den Hintergrund treten. Außerdem gelten diese Maßstäbe nicht nur dann, wenn
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3. Kap.: Die Rechtsfolgen der Konfusion im bürgerlichen Recht
norm, die die Rechtsfolgen der Konfusion regelt, keinen Eingang ins BGB gefunden hat,545 lässt sich am besten mit der Auslegungsmethode der Wertungsjurisprudenz für jeden Einzelfall, der nicht unter die im BGB geregelten Konstellationen fällt,546 eine sach- und interessengerechte Rechtsfolge der Konfusion finden. Innerhalb dieser umfassenden Interessenabwägung sind zunächst alle betroffenen Interessen herauszustellen und ist deren Grad an Schutzbedürftigkeit zu ermitteln. In einem zweiten Schritt sind diese Interessen gegeneinander abzuwägen, um schließlich zu einem Ergebnis zu gelangen, welches einem Höchstmaß an Ausgleich der widerstreitenden Interessen genügt. Konkret auf die Konfusion angewendet, ist danach zu fragen, ob im Falle der Vereinigung von Gläubiger und Schuldner nach der Gegenüberstellung und Abwägung eventuell widerstreitender Interessen ein überwiegendes, zu schützendes Interesse am Fortbestand des Schuldverhältnisses besteht.547 Dieses Ziel des bestmöglichen Ausgleichs der widerstreitenden Interessen gewährt eine größtmögliche individuelle Freiheit in der Entscheidungsfindung. Gegen das schutzwürdige Interesse als allgemein formuliertes Grundprinzip zur universellen Anwendung auf jeden Einzelfall könnte angeführt werden, dass mit einer hohen Einzelfallgerechtigkeit die Gefahr einer erhöhten Rechtsunsicherheit und Rechtsunklarheit beim Gesetzesanwender einhergeht. Zudem nimmt damit die Gefahr zu, dass mit Zunahme an Fällen ähnlich gelagerte Konstellationen aufgrund der Individualität der Entscheidungsträger zu stark abweichend beurteilt werden können. Dieser Lösungsweg eröffnet jedem Träger mit Entscheidungsgewalt hinsichtlich des Ergebnisses der im Einzelfall ein konkreter Rechtsbegriff vorliegt, sondern auch dann, wenn es an einem solchen mangelt. Dann hilft die Methodik der Wertungsjurisprudenz bei der Rechtsfortbildung. Die Entwicklung der Methode der Wertungsjurisprudenz fand vor allem bei den Vertretern der sog. Freirechtsschule Anklang, nach der der Richter immer dann „freies Recht“ schaffen darf, wenn entweder keine konkrete Rechtsnorm vorliegt oder der Inhalt einer vorliegenden Rechtsnorm nach Ansicht des Richters nicht mehr den zeitgemäßen rechtlichen Standards entspricht, vgl. Kantorowicz, Der Kampf um die Rechtswissenschaft, S. 41 ff. Siehe allgemein zu den Termini der Begriffs-, Interessen- und Wertungsjurisprudenz Wank, Juristische Methodenlehre, § 2; Servatius, JuS 2006, S. 1061 ff. 545 Ausführungen dazu finden sich im 2. Kapitel. 546 Vgl. 3. Kapitel A. 547 Vergleichbar argumentieren auch Larenz, Schuldrecht AT, § 19 Ib; Gernhuber, § 19 Rn. 3 ff.; Kollhosser/Jansen, JA 1988, S. 309 ff. Kohler stellt auch den Interessen aspekt in den Vordergrund und nimmt an, dass die Ausnahmen von der regelmäßigen Erlöschensfolge durch „das anerkannte Interesse des Rechtssubjekts am Anspruch gegen sich selbst bestimmt werden“, vgl. Kohler, Die anfängliche Einheit von Gläubiger und Schuldner, JZ 1983, S. 17.
B. Nicht im Gesetz geregelte Fälle der Konfusion133
Abwägung der widerstreitenden Interessen ein Höchstmaß an individueller Freiheit. Je mehr Raum für individuelle Entscheidungsfreiheit und Einzelfallgerechtigkeit eingeräumt wird, desto größer wird die Gefahr der Rechtsunsicherheit bei Anwender und Betroffenem.548 Daher ist es Ziel der deutschen Rechtsordnung diese beiden widerstreitenden Faktoren bestmöglich in Ausgleich zu bringen und im Gleichgewicht zu halten. Trotz der Einbußen im Hinblick auf die Einzelfallgerechtigkeit kann es demnach geboten sein auch nicht normierte Rechtsinstitute und Fallkonstellationen, wie die vorliegende, einer Rechtsnorm unterzuordnen, unter die sich möglich viele Einzelfälle unter Berücksichtigung eines möglichst hohen Ausgleichs der widerstreitenden Interessen subsumieren lassen. Ob sich ein solche finden lässt, die in dieser Hinsicht der Frage nach der rechtlichen Notwendigkeit am Fortbestand des Schuldverhältnisses, die durch den Ausgleich der schutzwürdigen Interessen der widerstreitenden Parteien auszufüllen ist, überlegen ist, soll nach der Untersuchung der anerkannten und umstrittenen Ausnahmen von der regelmäßigen Rechtsfolge der Konfusion beantwortet werden.549 4. Konfusion als Unterfall eines anerkannten Erlöschensgrundes Neben den beiden soeben dargestellten Ansichten zu den Begründungsversuchen der Erlöschenswirkung der Konfusion550 finden sich weitere, die die Wirkung der Konfusion aus anerkannten Erlöschensgründen des BGB herzuleiten versuchen. Die Vertreter dieser Ansichten sprechen der Konfusion allesamt die Eigenschaft eines eigenständigen Erlöschensgrundes ab. Diese sind im Folgenden darzustellen und einer kritischen Untersuchung zu unterziehen. Zu beachten ist jedoch, dass die meisten dieser Auffassungen dem 18. bzw. 19. Jahrhundert entstammen und in der heutigen Zivilrechtslehre entweder gar nicht mehr oder nur noch als absolute Mindermeinungen vertreten werden. Aus Gründen der Vollständigkeit sollen diese dennoch zumindest kurz aufgeführt werden. a) Die Konfusion als Unterfall der Erfüllung Zunächst lassen sich Autoren finden, die die Erlöschenswirkung der Konfusion aus dem Erlöschensgrund der Erfüllung heraus zu begründen versuchen, die Vertreter der sogenannten Solutionstheorie.551 Zu nennen ist etwa 548 So
auch Kollhosser/Jansen, JA 1988, S. 309 ff. 3. Kapitel E., F. 550 Vgl. 3. Kapitel B. I. 1., 2. 551 Konkret gegen diese Solutionstheorie Sachs, S. 38, Fitting, S. 121 und Stammler, Recht der Schuldverhältnisse, S. 258, die die Konfusion richtigerweise für einen 549 Vgl.
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Kreß, der als Folge der Konfusion ein Erlöschen der Schuld annimmt, die mit einer Befriedigung des Schuldners und einer Erfüllung der Schuld einhergehe.552 Wacke beantwortet sich die Frage, welche Art Erlöschensgrund die Konfusion sei, damit, dass der Konfusion keine rechtszerstörende Wirkung zugestanden werden könne, sondern sie vielmehr ein Erfüllungssurrogat darstelle.553 Gegen diese Ansichten lassen sich zunächst die Motive zu § 291 E1 anführen: Daraus wird deutlich, dass es sich bei der Konfusion um einen eigenständigen Erlöschensgrund handelt und nicht um einen Unterfall der Erfüllung oder ein Erfüllungssurrogat. Durchaus kann gegen dieses Argument angebracht werden, dass allein die konkrete Norm bzw. das Gesetz als solches und nicht dessen Begründung bzw. der gesetzgeberische Wille ausschlaggebend sei,554 jedoch kann den Materialien, auf denen diese konkreten Gesetze basieren, zumindest eine Indizwirkung nicht abgesprochen werden. Im vorliegenden Fall der Konfusion kommt zudem hinzu, dass sich keine konkrete Norm im BGB findet, welche eindeutigen Aufschluss über die regelmäßigen Rechtsfolgen der Konfusion geben könnte. Aus diesem Grund gewinnt der Rückgriff auf den gesetzgeberischen Willen und die Entstehungsgeschichte des BGB zwangsläufig an Bedeutung, sollte man sich um eine gesetzesnahe Lösung dieses Problems bemühen. Das gleiche Ergebnis lässt sich auch bei einem Blick in die Quellen des Corpus Iuris Civilis erkenselbstständigen Erlöschensgrund halten. Eine detaillierte Beleuchtung der Solutionstheorie und deren einzelnen Facetten würde zum einen den Rahmen der vorliegenden Untersuchung überschreiten und zum anderen wurde sie bereits vielfach überzeugend abgelehnt. Die Vertreter dieser Theorie stützen diese vornehmlich auf Quellen des Corpus Iuris Civilis und versuchen diesen eine Gleichstellung von confusio und solutio zu entnehmen. Zumeist handelt es sich bei den herangezogenen Quellen jedoch lediglich um Vergleiche dieser beiden Rechtsinstitute und nicht um eine Gleichsetzung, vgl. auch 1. Kapitel A. IV. Zu dieser Ansicht und einer Ablehnung der Solu tionstheorie Dacke, S. 25 ff.; Mosler, S. 36 ff. Sehr einleuchtend gegen die Solutionstheorie auch Thal, S. 103 ff. 552 Kreß, Lehrbuch des Allgemeinen Schuldrechts, § 20 Rn. 7. Ähnlich auch Ribbentrop als ältester Vertreter der Solutionstheorie, nach dessen Ansicht die mit der Konfusion einhergehende Zahlungswirkung Erlöschensgrund sei der Konfusion sei. Das Schuldverhältnis erlösche seiner Ansicht solutionis iuris, vgl. Ribbentrop, S. 25. 553 Wacke, BGH NJW 1981, S. 1580. Beachtenswert ist jedoch, dass Wacke im Anschluss anerkennt, dass das Erlöschen der Konfusion keineswegs stets zwingendes Gebot der Logik ist, sondern im Regelfall schlicht kein rechtliches Bedürfnis zum Fortbestand des Schuldverhältnisses besteht. Zudem scheint Wacke in der Folge von seiner ursprünglichen Auffassung Abstand zu nehmen: In Wacke, in: FS Medicus, S. 552 nimmt er an, dass es sich bei Konfusion weder um eine Erfüllung noch um ein Erfüllungssurrogat handelt. 554 So Schellen, S. 93.
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nen. Wie oben bereits ausgeführt, sprachen die römischen Juristen der confusio in den einschlägigen Fragmenten zwar erfüllungsgleiche Wirkung zu und verglichen confusio und solutio miteinander, jedoch setzten sie diese beiden Erlöschensgründe in keinem Fall gleich.555 Die römischen Juristen nahmen an, dass es sich bei der confusio um einen eigenständigen Erlöschensgrund handelte. Auch der Rückgriff auf die Quellen des römischen Rechts als Argument gegen die hier vertretene Ansicht mag den gleichen Bedenken begegnen wie der Rückgriff auf die Motive des BGB, jedoch ist festzustellen, dass die deutsche Rechtslehre des 18. und 19. Jahrhunderts, auf deren Ansichten auch die neueren hier vertretenen abweichenden Begründungsversuche der Erlöschenswirkung der Konfusion basieren, zur Begründung ihrer Theorien stets die Quellen des Corpus Iuris Civilis herangezogen hat.556 Nicht zuletzt diese Tatsache sollte die Bedenken gegen einen derartigen Rückgriff ausräumen. Um eine gesetzesnahe Lösung bezüglich der Begründung der Erlöschenswirkung der Konfusion zu finden, können ebenfalls die oben genannten Normen im BGB herangezogen werden, die mit der Konfusion im Zusammenhang stehen. Dagegen können auch die soeben entkräfteten Bedenken bereits dem Grundsatz nach nicht mehr greifen, da diesbezüglich nicht nur ein gesetzgeberischer Wille anzuführen ist, sondern vielmehr der konkrete Normtext erforscht werden kann. Zu untersuchen ist nun, ob diese Normen Aufschluss über den Grund der Erlöschenswirkung der Konfusion geben. Sollte dies der Fall sein, ist im Umkehrschluss anzunehmen, dass die dort durch gesetzliche Normierung angeordnete Begründung der Erlöschensfolge durch den Gesetzgeber auch allgemein Anwendung auf die nicht gesetzlich geregelten Fälle findet. Bei der Untersuchung der mit der sowohl dinglichen als auch obligatorischen Konfusion in Zusammenhang stehenden Normen557 muss jedoch festgestellt werden, dass der Gesetzgeber dort lediglich die Rechtsfolge für den Zusammenfall von Gläubiger und Schuldner bzw. beschränkt dinglichem Recht und Eigentum verbindlich anordnet. Er verknüpft diese dagegen nicht mit einer Begründung, auf der die Rechtsfolge basiert und die entsprechende Rückschlüsse zulassen würde. Diese fehlende Verknüpfung tut jedoch dem Verständnis und der Anwendbarkeit der Normen keinen Abbruch. Auch bei der Analyse der gesetzlich verankerten Konfusionsnormen zeigt sich erneut die zu optimistische Auffassung der Gesetzesväter, dass das Rechtsinstitut der Konfusion und die damit verbundenen Rechtsfragen ein555 Vgl.
die Ausführungen 1. Kapitel A. IV. 1. Kapitel A. IV. 557 Vgl. Einleitung D. I. und 3. Kapitel A. I.–IV. 556 Vgl.
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3. Kap.: Die Rechtsfolgen der Konfusion im bürgerlichen Recht
deutig und abschließend geklärt seien.558 Somit kann auch ein Vergleich mit den gesetzlich normierten und mit der Konfusion in Zusammenhang stehenden Regelungen keinen Aufschluss in Bezug auf die Begründung der Erlöschensfolge geben. Endgültige Klarheit darüber, ob die soeben dargestellte Ansicht, dass es sich bei der Konfusion um eine Erfüllung bzw. ein Erfüllungssurrogat handelt oder diese zumindest wie eine solche wirke, bringt demnach nur ein Vergleich mit der Erfüllung nach § 362 BGB. Sollten sich diese beiden Rechtsinstitute hinsichtlich ihres Tatbestandes und auch ihrer Rechtsfolgen in jedem Einzelfall vollständig decken, ist die hier in Rede stehende Ansicht anzuerkennen. Hinsichtlich der Rechtsfolgen der beiden Rechtsinstitute bestehen, sollte man mit der absolut herrschenden Ansicht ein endgültiges Erlöschen des Schuldverhältnisses im Konfusionsfall annehmen, nur wenige Einwände, stellt doch die Erfüllung nach § 362 BGB den typischen Beendigungsgrund des Schuldverhältnisses dar.559 Auf Tatbestandsseite fordert § 362 BGB vor dieser Erlöschensfolge, dass die geschuldete Leistung bewirkt wird.560 Der Begriff der Leistung im Sinne des § 362 I BGB umfasst nicht die Leistungshandlung, sondern den Leistungserfolg.561 Eine Erfüllung liegt demnach nur vor, wenn der geschuldete Leistungserfolg auch tatsächlich eingetreten ist. Der Schuldner muss sich schuldgerecht verhalten.562 Es genügt nicht, wenn lediglich die Leistungshandlung von dem Schuldner vorgenommen wurde. Nur durch die Herbeiführung des Leistungserfolges wird das Leistungsinteresse des Gläubigers verwirklicht.563 Daneben fordert das Gesetz, dass die geschuldete Leistung durch den Schuldner auch „bewirkt“ wird.564 Dieses Bewirken legt fest, dass der geschuldete Leistungserfolg nicht auf eine andere Weise als durch Leistung herbeigeführt werden darf. Leistung setzt demnach ein zweckgerichtetes und gewolltes Verhalten des Schuldners voraus.565 So tritt etwa keine Erfüllung ein, wenn der Erfolg lediglich aufgrund eines Zufalls eintritt.566 Materialien II, S. 64, 569. § 362 Rn. 1. 560 Der Begriff des Schuldverhältnisses in § 362 I BGB bezieht sich lediglich auf den einzelnen Anspruch, das Schuldverhältnis im engeren Sinne, vgl. etwa Beuthien, Zweckerreichung und Zweckzerstörung im Schuldverhältnis, S. 7 und die auf S. 266 Fn. 6 Genannten. 561 Beck-OK BGB/Dennhardt, § 362 Rn. 12. 562 Medicus/Lorenz, Schuldrecht AT, Rn. 257. 563 Brox/Walker, Schuldrecht AT, § 14 Rn. 1. 564 Die Leistung kann jedoch nicht nur durch den Schuldner, sondern in den Fällen der §§ 267, 268 BGB auch durch einen berechtigten Dritten bewirkt werden. 565 Beuthien, S. 7. Esser, Lehrbuch des Schuldrechts, § 70, 7 nimmt an, dass Leistung ein finales Handeln voraussetze. 558 Mugdan,
559 MüKo/Fetzer,
B. Nicht im Gesetz geregelte Fälle der Konfusion137
Ob diese tatbestandlichen Voraussetzungen der Erfüllung auch der Konfusion zu eigen sind, soll anhand eines Beispiels567 veranschaulicht werden: A verpflichtet sich gegenüber B zur Übereignung eines Gegenstandes. Sollte A nun sterben, bevor es zu einer Übereignung kommt, und der B den A be erben, so tritt der B in Folge des Erbfalls in die vermögensrechtliche Position des A ein. In dessen Vermögen befand sich der Gegenstand, den der A zu Lebzeiten an den B übereignen sollte. Mit dem Erbfall wird somit das Leistungsinteresse des Gläubigers (B) verwirklicht. In diesem Fall decken sich die Wirkung der Konfusion und der Erfüllung. Die Verwirklichung des Gläubigerinteresses tritt ein. Gesetzt der Fall, dass der A jedoch den Gegenstand selbst noch nicht in seinem Vermögen hat und diesen von einer dritten Person noch zu erwerben hat, liegt das Ergebnis anders: Im Erbfall befindet sich der Gegenstand nun nicht im Vermögen des A. Auch hat der B gegen den Dritten (Eigentümer) keinerlei Ansprüche. Es kommt in diesem Fall der Konfusion nicht zur Verwirklichung des Leistungsinteresses des B. Er hat keine Möglichkeit Eigentümer des Gegenstandes zu werden. Hier tritt zwar gleich obigem Fall Konfusion ein, aber die Rechtsfolge entspricht nicht der der Erfüllung. Es kommt hier zu keiner Verwirklichung des Gläubigerinteresses. Daneben fehlt es bei der Konfusion auch an der weiteren Tatbestandsvoraussetzung der Erfüllung, dem Bewirken des geschuldeten Leistungserfolges. Im oben zunächst beschriebenen Fall erhält der B das Eigentum nicht durch ein Bewirken der Leistung, sondern vielmehr aufgrund von Universalsukzession, § 1922 BGB. Der Gegenstand geht demnach in Folge des Erbfalls und nicht mit Willen des Schuldners zum Zwecke der Befriedigung des Leistungsinteresses des Gläubigers über.568 Somit haben Erfüllung und Konfusion lediglich ihre vernichtende Wirkung gemeinsam.569 Die Konfusion kann aber nicht als Unterfall der Erfüllung angesehen werden. Das Erlöschen des Schuldverhältnisses kann im Wege der Konfusion auch ohne Erfüllungserfolg eintreten.570 Die gleichen Argumente können auch gegen die Vertreter der Ansicht gerichtet werden, die der Auffassung sind, bei der Konfusion handle es sich um ein Erfüllungssurrogat.571 Bei den Erfüllungssurrogaten tritt zwar auch dann Schuldrecht AT, Rn. 259; Beuthien, S. 8. ähnliches Beispiel wählt auch Schellen, S. 94. 568 So schon Mosler, S. 40; Baron, S. 346 ff. Auf diese bezugnehmend, Schellen, S. 96. 569 So auch Dacke, S. 32. 570 Vgl. auch Kohler, JZ 1983, S. 16. 571 Der Terminus Erfüllungssurrogat findet sich im BGB nicht. Auch innerhalb des Schrifttums wird der Begriff nicht einheitlich verwendet. Nach überwiegender An566 Medicus/Lorenz, 567 Ein
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die Erfüllungswirkung ein, wenn in verschiedener Weise von den tatbestandlichen Voraussetzungen der Erfüllung abgewichen wird, jedoch ist ihnen gemein, dass sie dem Gläubiger anstelle der geschuldeten Leistung einen adäquaten Ersatz verschaffen.572 Die Erfüllungssurrogate beinhalten demnach allesamt das Bewusstsein zur Befriedigung des Gläubigers und eine damit verbundene bewusste Beendigung des Schuldverhältnisses.573 Bei der Kon fusion hingegen tritt der Leistungserfolg rein faktisch ein, ohne dass der Schuldner diesen bewusst verschafft. Dies schließt keineswegs aus, dass der Eintritt des Leistungserfolges und Konfusion zusammenfallen, jedoch besteht darin kein ursächlicher Zusammenhang.574 b) Die Konfusion als Fall der Zweckerreichung oder Unmöglichkeit Zum Teil wurde auch vertreten, dass die Konfusion ein Sonderfall der Zweckerreichung sei.575 Diese Auffassung wird in der heutigen Rechtslehre sicht fallen darunter die Erlöschensgründe einer Schuld, die dem Schuldner statt der eigentlich geschuldeten Leistung ein Äquivalent verschaffen, vgl. Gernhuber, § 5 I Rn. 2. Dazu zählen unumstritten die Aufrechnung (§§ 387 ff. BGB) und die Hinter legung (§§ 372 ff. BGB). Teilweise werden auch die Leistung an Erfüllung statt (§ 364 II BGB) oder der Erlass (§ 397 BGB) zu den Erfüllungssurrogaten gezählt. Dies ist jedoch umstritten. Vgl. zu diesem Streit Gernhuber, § 5 I Rn. 2. 572 Gernhuber, § 5 I Rn. 2. 573 In diesem Zusammenhang gilt es jedoch auf das Erfüllungssurrogat der Aufrechnung gemäß §§ 387 ff. BGB gesondert einzugehen. Aus der Sicht des Aufrechnenden kann das Gesagte überzeugen. Dem Aufrechnenden ist aufgrund seiner Aufrechnungserklärung stets bewusst, dass er aufrechnet und damit bewusst neben der Erfüllung seiner Gegenforderung (Befriedigungsfunktion) auch eine Tilgung der gegen ihn gerichteten Forderung (in bestimmter Höhe) herbeiführt (Tilgungsfunktion), sog. Doppelfunktion der Aufrechnung. Aus der Sicht desjenigen, gegenüber dem aufgerechnet wird, stellt sich dies jedoch anders dar. Dieser Aufrechnungsgegner, der zuvor gegen den Aufrechnenden seine bestehende Hauptforderung geltend macht, rechnet nicht unbedingt damit, dass gegen diese aufgerechnet wird. Er hat lediglich die Befriedigung seiner Hauptforderung im Sinn. Aus seiner Sicht erfolgt demnach zwar eine Befriedigung seiner Hauptforderung, jedoch auf eine andere Art als zunächst vorgestellt. Mithin ist im Zusammenhang mit der Aufrechnung festzustellen, dass lediglich der Aufrechnende eine bewusste Befriedigung herbeiführt. Der Aufrechnungsgegner hat dieses Bewusstsein nicht in jedem Fall. 574 Schellen beschreibt dies als „zufällige Parallele“, vgl. Schellen, S. 97. 575 Esser, § 85 9. Ähnlich Fikentscher, jedoch unter dem Hinweis darauf, dass bei der Konfusion Gläubiger- und Schuldnerstellung in einer Person zusammenfallen, vgl. Fikentscher, Das Schuldrecht, S. 166. Auch Wacke, Gutgläubiger Vormerkungserwerb und Konfusion, NJW 1981, S. 1577 (1581) sah im Vereinigungsfall das „Leistungsprogramm der Obligation“ als erledigt und ordnete die Konfusion als Unterfall der Zweckerreichung ein. Von dieser Ansicht scheint Wacke später wieder Abstand genommen zu haben, vgl. Wacke, in: FS Medicus, S. 552.
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nicht mehr geteilt, soll jedoch dennoch kurz dargestellt und alsdann schnell verworfen werden. Bei der Zweckerreichung kann der geschuldete Leistungserfolg durch den Schuldner nicht mehr herbeigeführt werden, weil dieser Erfolg auf andere Weise als durch Leistung bereits eingetreten ist. Einigkeit besteht darüber, dass es sich bei der Zweckerreichung nicht um einen eigenständigen Erlöschensgrund handelt.576 Vielmehr sieht die herrschende Ansicht die Zweckerreichung als einen Unterfall der Unmöglichkeit.577 Zu beachten ist jedoch, dass im Unterschied zur Unmöglichkeit bei der Zweckerreichung das Gläubigerinteresse befriedigt wird.578 Diese Befriedigung des Gläubigerinteresses soll als Ausgangspunkt zur Ablehnung dieser Ansicht dienen. Wie oben bereits festgestellt ist der Eintritt der Befriedigung des Gläubigerinteresses der Konfusion nicht jedem Fall immanent. Vielmehr gilt umgekehrt, dass lediglich in gewissen Fällen im Vereinigungsfall von Gläubiger und Schuldner das Gläubigerinteresse des Schuldners verwirklicht wird. Es wird somit durch die Konfusion kein Zweck erreicht.579 Demnach kann die Wirkung der Konfusion nicht mit der Zweckerreichung begründet werden. Daneben wurde ebenfalls vertreten, dass Grund für das Erlöschen der Konfusion die Unmöglichkeit sei. Nach Wieacker,580 der als prägendes Element des Schuldverhältnisses richtigerweise die Befriedigung des Gläubigerinteresses ansieht, wäre diese Befriedigung im Fall der Konfusion unmöglich. Diese Auffassung kann schon deshalb nicht überzeugen, weil sich damit bereits die anerkannten Ausnahmen vom Erlöschensgrundsatz der Konfusion nicht erklären ließen. Heck581 sieht als Zweck des Schuldverhältnisses eine 576 Staudinger/Olzen,
Einleitung §§ 362 ff., Rn. 68. in: FS Nipperdey I, S. 807; Fikentscher/Heinemann, Schuldrecht, Rn. 393; Brox/Walker, Schuldrecht AT, § 17 Rn. 11; Staudinger/Looschelders/Olzen, § 242 Rn. 715; BGH NJW 2010, 1282 (1283). Auf die ehemals von Klein, Untergang der Obligation durch Zweckerreichung, S. 149 entwickelte Lehre zum Untergang des Schuldverhältnisses durch Zweckerreichung, nach der sich die Erfüllung der Leistungspflicht des Schuldners auf die Befriedigung des Gläubigerinteresses richtet, soll im Folgenden aufgrund der mittlerweile absolut herrschenden Meinung zur rechtlichen Einordnung der Zweckerreichung nicht näher eingegangen werden. Siehe für eine Beleuchtung dessen im Zusammenhang mit der Konfusion etwa Schellen, S. 99 f. Zu beachten ist jedoch, dass Klein in seinem Werk nicht explizit Bezug auf einen scheinbaren Zusammenhang zwischen Konfusion und Zweckerreichung nimmt. Diesen Zusammenhang stellt erst Schellen her. Explizit gegen die Lehre von Klein argumentiert überzeugend Beuthien, Zweckerreichung und Zweckzerstörung im Schuldverhältnis, S. 37. 578 Brox/Walker, Schuldrecht AT, § 17 Rn. 11. 579 So auch Gernhuber, § 19 Rn. 3; Wacke, in: FS Medicus, S. 561. 580 Wieacker, in: FS Nipperdey I, S. 783 ff., insbesondere S. 811 f. 581 Heck, Grundriß des Schuldrechts, S. 191. 577 Wieacker,
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Interessenverschiebung an.582 Eine solche Interessenverschiebung sei jedoch nur möglich, sollten sich zwei getrennte Personen gegenüberstehen. Im Fall der Konfusion sei eine solche Interessenverschiebung unmöglich. Aus dieser Unmöglichkeit der Interessenverschiebung zieht Heck den Schluss, dass das Schuldverhältnis erlöschen müsse. Zwar kann es keinen Zweifel daran geben, dass die Herbeiführung des Leistungserfolges durch eine entsprechende Leistungshandlung aufgrund der Vereinigung von Gläubiger und Schuldner nicht mehr herbeizuführen ist und damit unmöglich wird. Jedoch kann und darf daraus nicht auf die Rechtsfolge der Konfusion geschlossen werden, was sowohl von Wieacker als auch von Heck versucht wird. Das objektive Ereignis der Unmöglichkeit rechtfertigt es nicht, daraus Rückschlüsse bezüglich einer Rechtsfolge zu ziehen.583 Die Normen des BGB zur Unmöglichkeit haben gemein, dass sie einen Interessenausgleich zwischen Gläubiger und Schuldner zu schaffen versuchen, um dem Ereignis des Unmöglichwerdens der Leistung entgegen zu wirken.584 Im Falle der Konfusion besteht jedoch dieses Ziel des Ausgleichs der Interessen gerade nicht. Vielmehr tritt die Vereinigung der Parteien gewollt oder kraft Rechtsnachfolge ein.585 Mithin kann die Erlöschensfolge der Konfusion nicht mit der Unmöglichkeit begründet werden.586 Somit ist zu konstatieren, dass die von der richtigerweise anzunehmenden Auffassung, die die Erlöschenswirkung der Konfusion im Regelfall auf die mangelnde Notwendigkeit des Fortbestehens des Schuldverhältnis stützt, abweichenden Begründungversuche nicht überzeugen können.
II. Kritik an der regelmäßigen Rechtsfolge der Konfusion Bereits die Motive zu § 291 E1 lassen erkennen, dass die Gesetzesväter die Auffassung vertraten, dass die Rechtsfolge der Konfusion nicht in jedem Fall ein endgültiges Erlöschen des Schuldverhältnisses zur Folge hat, sondern dass in bestimmten Fällen der Konfusion ihre gewöhnliche Wirkung ganz oder in relativer Weise zu versagen ist.587 Seit jeher waren in der Rechtslehre diverse Ausnahmen von dem Grundsatz des Erlöschens anerkannt und es wurde sogar an der regelmäßigen Erlöschensfolge der Konfu582 Dass Heck das Interesse als Kriterium in den Mittelpunkt seiner Begründung stellt, verwundert wenig, handelt es sich bei ihm um einen der Begründer der Interessenjurisprudenz, vgl. Fn. 544. 583 Bötticher, Gestaltungsrecht und Unterwerfung im Privatrecht, S. 3 f. nimmt ebenfalls an, dass die Unmöglichkeit keine zwingende Rechtsfolge nach sich zieht. 584 So auch Schellen, S. 102. 585 Vgl. Schellen, S. 103. 586 So auch Kohler, JZ 1983, S. 16. 587 Mugdan, Materialien II, S. 64.
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sion dem Grunde nach gezweifelt. Im Folgenden soll untersucht werden, ob der Ansicht derer, die das Erlöschen des Schuldverhältnisses als regelmäßige Rechtsfolge der Konfusion anerkennen, gefolgt werden kann oder ob sich die von dieser Ansicht abweichenden Auffassungen als tragfähiger erweisen. 1. Die Ansicht Wackes Einer der entschiedenen Gegner des regelmäßigen Erlöschens des Schuldverhältnisses in Folge der Vereinigung von Gläubiger und Schuldner in einer Person ist Andreas Wacke. Dieser setzte sich aus Anlass zweier BGH-Urteile588 mit den Rechtsfolgen der Konfusion intensiv auseinander und entwickelte einen von der herrschenden Meinung abweichenden Lösungsansatz.589 Seiner Ansicht nach sei das Erlöschen des Schuldverhältnisses als regelmäßige Rechtsfolge der Konfusion interessenwidrig, würde zum unberechtigten Untergang von akzessorischen Sicherungsrechten, damit zu nicht gerechtfertigten wirtschaftlichen Benachteiligungen führen und dem Faktor Zufall einen zu großen Raum einräumen.590 Dieses „Konfusionsdogma“591 sei aus diesen Gründen aufzugeben. Er sieht die Koexistenz von Gläubiger und Schuldner in einer Person als nicht unmöglich an und hält die Personenverschiedenheit für kein von der Rechtsordnung zwingend vorgeschriebenes Prinzip. Um dies zu verdeutlichen, zieht auch Wacke den oben bereits verwendeten bildlichen Vergleich des römischen iuris vinculum und nutzt diesen als Anknüpfung seiner Kritik gegen die vermeintlich nach wie vor herrschende Auffassung hinsichtlich der Konfusionsfolgen. Es sei nicht ersichtlich, warum in Folge der Konfusion dieses iuris vinculum zerstört werden müsste. Weiterer Aspekt seiner Kritik an dem zwingenden Erlöschen als Rechtsfolge der Konfusion ist der von der herrschenden Ansicht herangezogene Zeitpunkt für das Erlöschen. Seiner Ansicht nach führe etwa der bloße Erbfall keine materiellrechtliche Veränderung des Schuldverhältnisses herbei. Vielmehr sei auf den späteren Zeitpunkt der Vermögensbereinigung, die eine Abrechnung des Erben mit sich selbst nach dem Erbfall darstelle, abzustellen.592 Daraus ergibt sich, dass Wacke es für möglich hält, dass eine Person auch nach dem Erbfall Träger zweier verschiedener Vermögensmassen sein 588 Die
Beleuchtung dieser Urteile erfolgt unter 3. Kapitel E. II. 1. in: FS Medicus, S. 543 (587). 590 Wacke, in: FS Medicus, S. 550. 591 Darunter versteht Wacke das angeblich nach wie vor geltende unumstößliche Prinzip der herrschenden Lehre und Rechtsprechung, dass mit dem Zusammenfall von Gläubiger und Schuldner in einer Person das Schuldverhältnis zwingend erlöschen müsse. Ob ein solches Prinzip in seiner Absolutheit überhaupt noch existent ist, gilt es im Folgenden zu klären. 592 Wacke, in: FS Medicus, S. 552. 589 Wacke,
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3. Kap.: Die Rechtsfolgen der Konfusion im bürgerlichen Recht
kann.593 Bis zu dieser Abrechnung bleibe das Schuldverhältnis weiterhin als naturalis obligatio594 bestehen.595 Lediglich die Klagbarkeit entfalle während dieser Phase.596 Wacke nimmt zudem an, dass der Gläubiger als Erbe eine Erfüllung mit sich selbst vornimmt. Dabei soll dieser faktisch eine Doppelrolle einnehmen: Zum einen als Gläubiger-Erbe und zum anderen als Repräsentant des verstorbenen Erblassers.597 Nicht der Erbfall als solcher führt zur Befriedigung des Gläubigers durch den Schuldner ipso iure, sondern erst in Folge des Vermögensanfalls kann sich der Gläubiger-Erbe aus dem Nachlass des Schuldner-Erblassers schadlos halten. Diese Befriedigung erfolge mittels zulässigen Insichgeschäfts, bei dem der Gläubiger-Erbe als Repräsentant des Erblassers fungiere. Aufgrund dessen leben auch akzessorische Sicherheiten unverändert weiter. Wacke fordert daher einen gedanklichen Wechsel der Bezugspunkte: Bei der Konfusion handle es sich nicht um eine Vereinigung zweier Rechtssubjekte, sondern um eine Vereinigung zweier Vermögensmassen.598 Er hält die Konfusion aus diesen Gründen für keinen eigenständigen Erlöschensgrund und, in Abkehr zu seiner früher vertretenen Ansicht,599 auch für kein Erfüllungssurrogat. Wacke äußert sich zudem kritisch gegenüber den bereits untersuchten Begründungsversuchen des Erlöschens als Rechtsfolge der herrschenden Meinung.600 Vielmehr sei die einzige Folge der Konfusion der 593 Dagegen die herrschende Meinung aufgeführt bei Wacke, Erbrechtliche Sukzession als Persönlichkeitsfortsetzung?, SZ 123 2006, S. 244. 594 Bei einer naturalis obligatio handelt es sich nach römischem Recht um Verpflichtungen, aus denen nicht geklagt werden kann bzw. die nicht vollstreckt werden können, vgl. Kaser/Knütel/Lohsse, § 43 Rn. 9. 595 Die Verknüpfung von naturalis obligatio und der Annahme Wackes, dass der Ausschluss der Klagbarkeit einzige Konfusionsfolge sei, verwundert in Anbetracht dessen nicht, dass Wacke die obengenannte Rechtsregel „ea quae initio […]“ aus Gai. Inst. 4.78 als Grundlage seiner Argumentation wählt: So nimmt Wacke mit der Rechtsschule der Prokulianer an, dass die actio noxalis in Folge der Konfusion nicht erlösche, sondern lediglich ruhe und damit das durch die confusio entstandene Gewaltverhältnis zwischen dominus und servus lediglich ein zeitweiliges Ausübungshindernis darstelle, also die der actio noxalis zugrunde liegende Verbindlichkeit eine naturalis obligatio sei. Der Rückschluss von Gai. Inst. 4.78 und dem darin genannten Schicksal der actio noxalis auf die Rechtsfolgen der confusio scheitert bereits an dem kausalen Zusammenhang der Quelle mit der confusio, vgl. 1. Kapitel A. III. 596 Ähnlich Medicus/Lorenz, Schuldrecht AT, Rn. 321, die in diesem Weg scheinbareine universelle Problemlösung zusprechen, jedoch weitere Erläuterungen vermissen lassen. 597 Wacke, in: FS Medicus, S. 576. 598 Wacke, in: FS Medicus, S. 573. 599 So noch Wacke, NJW 1981, S. 1580. 600 Die im überwiegenden Teil berechtigte Kritik an den jeweiligen Begründungsversuchen wurde oben jeweils in 3. Kapitel B. I. 1.–4. beleuchtet.
B. Nicht im Gesetz geregelte Fälle der Konfusion143
Ausschluss der Klagbarkeit. Diese Folge sei aufgrund des zivilprozessualen Zweiparteiensystems und dem Verbot von Insichprozessen zwingend. Auf diesen Erkenntnissen aufbauend beschreibt Wacke thesenartig abschließend seinen abweichenden Lösungsansatz, die Rechtsfolgen der Konfusion betreffend: In Folge der Konfusion erlösche das Schuldverhältnis nicht. Der Erbe habe die Erfüllung in Folge des Erbfalls mit sich selbst vorzunehmen.601 Bis zu diesem Zeitpunkt der Vermögensverschmelzung bestehe die Verbindlichkeit als obligatio naturalis fort, womit auch eventuell bestehende Sicherungsrechte unverändert bestehen bleiben.602 Zudem habe die Konfusion keinerlei Einfluss auf Rechte Dritter. Nach alledem nimmt Wacke an, dass bereits im römischen Recht durch die Anerkennung und Einordnung der Konfusion als materiellem Erlöschensgrund eine falsche Weichenstellung erfolgt sei, die sich über die Jahrhunderte bis ins deutsche BGB festigte. Aus diesem Grund seien die Rechtsfolgen der Konfusion von vorneherein neu einzuordnen. Im Folgenden soll die Kritik Wackes an dem herrschenden Erlöschensprinzip als Rechtsfolge der Konfusion kritisch beleuchtet werden. a) Kritik an der Ansicht Wackes Wacke äußert sich zunächst kritisch zu der These der ehemals stark vertretenen Begründung der Erlöschensfolge der Konfusion, dass ein Schuldverhältnis zwingend zwei Rechtssubjekte voraussetze und aus diesem Grund niemand sein eigener Gläubiger bzw. Schuldner sein könne. Er hält diese These für ein nach wie vor herrschendes „Konfusionsdogma“.603 Nicht zu bestreiten ist, dass diese Begründung ehemals häufig angebracht wurde, um die zwingende Erlöschensfolge der Konfusion zu rechtfertigen. Jedoch wurde bereits weiter oben604 gezeigt, dass es sich hierbei um eine zu pauschale Begründung handelt, die zudem aufgrund der bloßen Existenz der erbrechtlichen Sonderkonstellationen der Konfusion im BGB nicht überzeugen kann. In den letzten Jahrzehnten fand zudem ein merklicher Umbruch in der Zivilrechtslehre statt, wodurch mittlerweile keineswegs mehr davon gesprochen werden kann, dass das zwingende Erlöschen als Rechtsfolge der Konfusion als Dogma vorherrscht, sondern vermehrt von einem „Regel-Ausnahme“Prinzip gesprochen wird.605 Diesen Umbruch scheint auch Wacke zumindest 601 Wacke, in: FS Medicus, S. 582 spricht davon, dass der Schuldner diese Erfüllung mit sich selbst vornehmen müsse. Dies verwundert, da er zuvor stets aus Sicht des Erben als Gläubiger gesprochen hat. Freilich sind beide Konstellationen denkbar. 602 Wacke, in: FS Medicus, S. 582. 603 Wacke, in: FS Medicus, S. 550. 604 Vgl. 3. Kapitel B. I. 1. 605 Siehe dafür die Ausführungen unter 3. Kapitel B. I. 2.
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3. Kap.: Die Rechtsfolgen der Konfusion im bürgerlichen Recht
im Hinblick auf die Rechtsprechung zu erkennen. Diese rückte ebenfalls merklich von der zwingenden Erlöschensfolge der Konfusion ab.606 Aus diesen Gründen kann die Prämisse Wackes, dass nach wie vor das zwingende Erlöschen des Schuldverhältnisses als Folge der Konfusion in Lehre und Rechtsprechung herrschend ist, nicht überzeugen. Die Annahme Wackes, dass eine Koexistenz von Gläubiger und Schuldner nicht unmöglich sei, setzt sich seiner Ansicht nach auch in Folge des Erbfalls fort. Er nimmt an, dass der Erbe in Folge des Erbfalls eine Art Doppelrolle einnimmt. Neben seiner Eigenschaft als Erbe führe er die Eigenschaft des Erblassers als dessen Repräsentant auch nach dessen Ableben fort.607 Der bloße Erbfall führe materiellrechtlich noch nicht zu einer Vermögensverschmelzung, sondern nach der Ansicht Wackes kann auch ein einzelnes Rechtssubjekt in Folge einer Personenvereinigung Träger zweier getrennter Vermögensmassen sein.608 Bis zu der erst nach erfolgter Liquidation eintretenden Vermögensverschmelzung seien die beiden Vermögensmassen in der Hand des Erben so zu behandeln, als seien weiterhin zwei Rechtsträger existent.609 Ob das Fortleben des Erblassers in der von Wacke vertretenen Weise überzeugen kann, gilt es zu überprüfen.610 Als Ausgangspunkt dieser kritischen Überprüfung soll § 1922 BGB als grundlegende Norm des Erbrechts herangezogen werden. Dieser legt zunächst in Abs. 1 fest, dass unmittelbar mit dem Erbfall das Vermögen einer Person als Ganzes auf den Erben übergeht. Der Wortlaut des Abs. 1 und das darin zum Ausdruck kommende Prinzip der Gesamtrechtsnachfolge steht der Auffassung Wackes zunächst nicht entgegen. § 1922 I BGB gibt lediglich vor, dass das Vermögen des Erblassers in seiner Gesamtheit mit dem Erbfall611 ipso iure auf den Erben übergehen soll. Aussagen hinsichtlich der 606 Siehe etwa BGH NJW 1995, 2287 (2288); OLG Düsseldorf NJW-RR 1999, 1406 (1407). Auf diese und weitere Urteile soll unter 3. Kapitel C. näher eingegangen werden. 607 Wacke, in: FS Medicus, S. 553; Wacke, SZ 123 2006, S. 244. 608 Dies gelte nach Wacke zumindest bis zum Zeitpunkt der Vermögensbereinigung, vgl. oben 3. Kapitel B. II. 1. 609 Wacke, in: FS Medicus, S. 572 f. 610 Vertiefte Studien zu der Frage nach dem Fortleben der Persönlichkeit in Folge Erbfalls unternahm Wacke, SZ 123 2006, S. 197 (247). Außerdem ist festzustellen, dass sich Wacke in den genannten Untersuchungen zur Konfusion vornehmlich auf erbrechtliche Konstellationen beschränkt und seine Argumentation stark an diesen ausrichtet. Dadurch ist eine Übertragbarkeit auf andere Konstellationen und damit die Verwertbarkeit seiner Ansicht auf die generellen Rechtsfolgen der Konfusion nur bedingt möglich. 611 Umstritten, jedoch hier nicht weiter relevant ist die Frage, ob die Vermögensverschmelzung bereits mit dem Anfall des Erbfalls eintritt oder erst mit der Annahme der Erbschaft nach Ablauf der sechswöchigen Ausschlagungsfrist nach § 1944 I BGB.
B. Nicht im Gesetz geregelte Fälle der Konfusion145
Folge des Zusammentreffens der beiden Vermögensmassen in der Person des Erben werden nicht getroffen. Jedoch ist Ausdruck der Gesamtrechtnachfolge und Folge der grundsätzlichen Ablehnung der Sonderrechtsnachfolge, dass in Folge des Erbfalles das Vermögen des Erblassers kein getrenntes Sondervermögen bildet, sondern mit dem Vermögen des Erben in dessen Hand als rechtliche Einheit verschmilzt.612 Aufgrund der Verschmelzung des Vermögens des Erblassers mit dem des Erben ist davon auszugehen,613 dass der Erbe zwar vermögensrechtlich in die Position des Erblassers hinsichtlich seiner Rechte und Pflichten eintritt, eine Persönlichkeitsfortsetzung in der Form, dass der Erbe Repräsentant des Erblassers ist, ist dagegen abzulehnen.614 Dies unterstreicht auch die Gesetzesentstehung zu § 1922 BGB.615 In den Protokollen wurde gegen die Formulierung des § 1749 E1, dass das Vermögen des Erblassers als „Ganzes“ übergeht, Einwand erhoben. Man sei vielmehr in der neueren Rechtslehre dazu übergegangen, dass in Folge eines Erbfalles eine Persönlichkeitsfortsetzung des Erblassers in der Person des Erben stattfinde.616 Dem wurde jedoch, man beachte den Wortlaut des § 1922 BGB, mit Erfolg entgegengehalten, dass mit der Normierung des Erbübergangs als Ganzes der „Idee des Erbganges ein plastischer Ausdruck“ verliehen werde.617 Auch die Protokolle zu § 1922 BGB sprechen also gegen die von Wacke vertretene Auffassung der Repräsentation des Erblassers in der Person des Erben nach dem Erbfall. Daneben kritisiert Wacke auch, angelehnt an die seiner Ansicht nach wie vor herrschende Ansicht hinsichtlich der zwingenden Erlöschensfolge, dass diese Auffassung die materiellrechtlichen Konsequenzen verkenne, die die Vereinigung von Gläubiger und Schuldner in einer Person nach sich zieht. Er Aufgrund des Anfallsprinzips bzw. des Vonselbsterwerbs, welches sich aus § 1942 ff. ableiten lässt und vereinfacht den Erwerb der Erbschaft mit der Möglichkeit zur Ausschlagung der Erbschaft beschreibt, ist wohl auf den erstgenannten Zeitpunkt des Erbanfalls abzustellen, so auch Staudinger/Kunz, § 1922 Rn. 120. Anders dagegen Dauner-Lieb, Unternehmen in Sondervermögen, S. 59. 612 MüKO/Leipold, § 1922 Rn. 187; Beck-OK/Müller-Christmann, § 1922 Rn. 19; Beck-OGK/Preuß, Rn. 120. Staudinger/Kunz, § 1922 Rn. 119 leitet diese Vermögensverschmelzung mittelbar aus den §§ 1967 I, 1975 ff. BGB ab. Anders dagegen Wacke, SZ 123 2006, S. 244. 613 Dabei gilt es hinsichtlich der Begriffsverwendung darauf zu achten, das Vermögen welches durch die Verschmelzung in der Hand des Erben entsteht als „Gesamtvermögen“ zu bezeichnen. Dieses ist begrifflich vom ursprünglichen Eigenvermögen des Erben zu unterscheiden, vgl. Staudinger/Kunz, § 1922 Rn. 95. 614 Diese Auffassung vertrat bereits von Savigny, das Obligationenrecht als Theil des heutigen Römischen Rechts II, S. 384 f. Gegen diesen Puchta, § 446. 615 Mugdan, Materialien V, S. 383 f. 616 Nachweise bei Staudinger/Kunz, § 1922 Rn. 11. 617 Mugdan, Materialien V, S. 383.
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3. Kap.: Die Rechtsfolgen der Konfusion im bürgerlichen Recht
nimmt an, dass der bloße Vereinigungsfall keine materiellrechtlichen Veränderungen zur Folge habe. Mit dem Zeitpunkt eines Erbfalles etwa seien neben dem Ausschluss der Klagbarkeit keine weiteren Rechtsfolgen verbunden. Die Verknüpfung von zwingendem Erlöschen an den Zeitpunkt der Vereinigung gehe fehl.618 Vielmehr könne ein Erlöschen der Obligation erst nach einer, vom Erben selbst vorzunehmenden, Vermögensbereinigung oder Liquidation in der Form einer Erfüllung mit sich selbst eintreten. In dem Zeitraum zwischen dem Erbfall und dieser Vermögensbereinigung bestehe die Obligation in Form einer naturalis obligatio fort. Relativ eindeutig kann nach obiger Argumentation die These Wackes, dass der Erbe eine Liquidation mit sich selbst vornehme und zwar in der Weise, dass er zum einen in seiner Rolle als Gläubiger-Erbe und zum anderen als Repräsentant des Erblassers fungiere, abgelehnt werden. Wie gezeigt, findet eine derartige Form der Persönlichkeitsfortsetzung nicht statt. Diese wäre jedoch erforderlich, damit der Erbe in dieser Doppelfunktion eine Erfüllung „in Personalunion mit sich selbst“619 vornehmen könnte. Zuzustimmen ist obigen Ausführungen entsprechend der Ansicht Wackes, dass der bloße Erbfall materiellrechtlich keine Rechtsfolgen nach sich zieht.620 Zurecht kritisiert Wacke auch die Handhabung der römischen Juristen in Form des zwingenden Erlöschens als unmittelbare Folge des Vereinigungsfalles.621 Richtigerweise gilt es in jedem Einzelfall nach der Vereinigung von Gläubiger und Schuldner danach zu fragen, ob noch eine rechtliche Notwendigkeit am Fortbestand des Schuldverhältnisses besteht.622 Aufgrund dessen kommt es auch nicht auf den von Wacke als für ein Erlöschen maßgeblich angesehenen Zeitpunkt der Vermögensbereinigung an. Das Vermögen des Erblassers verschmilzt ipso iure mit dem Erbfall in der Hand des Erben und dieser muss nicht erst in Form eines Rechtsgeschäfts eine Verrechnung der beiden Vermögensposten vornehmen.623 Ebenfalls abzulehnen ist aus diesem Grund die Auffassung Wackes, dass in Folge der Konfusion bis zum Zeitpunkt der Vermögensbereinigung ein vorübergehender Ausschluss der Klagbarkeit der Forderung die einzige Rechtsfolge der Konfusion sei, also die beiden gegenseitigen Positionen sich als unklagbare Forderungen gegenüberstehen.624 Wacke leitet diese rein prozesin: FS Medicus, S. 552. in: FS Medicus, S. 576. 620 Dieser Auffassung waren noch die Vertreter der oben bereits abgelehnten Ansicht unter 3. Kapitel B. I. 1. 621 Wacke, in: FS Medicus, S. 572. 622 Siehe ausführlich oben Kapitel B. I. 2., 3. 623 So aber Wacke, in: FS Medicus, S. 583. 624 Wacke beschreibt dies auch als „Erlöschen des Prozessrechtsverhältnisses“, vgl. Wacke, in: FS Medicus, S. 573. 618 Wacke, 619 Wacke,
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suale Rechtsfolge aus Gai. Inst. 4.78 ab, indem er sich der Rechtsschule der Prokulianer anschließt. Nach deren Ansicht erlischt die actio noxalis nicht, sondern ruht lediglich. Sie lebt bei Weiterveräußerung des Sklaven wieder auf.625 Wacke sieht fälschlicherweise einen kausalen Zusammenhang zwischen der Quelle und den Rechtsfolgen der confusio.626 Er legt die Ansicht der Prokulianer bezüglich der actio noxalis auch der Antwort auf die Frage nach den Rechtsfolgen der confusio zugrunde. Das aus der Quelle von den Prokulianern vertretene bloßen Ruhen der Klage überträgt Wacke auf die Rechtsfolge der Konfusion. Dies kann obigen Ausführungen entsprechend nicht überzeugen.627 Ebenso wenig kann die Konstruktion Wackes überzeugen, dass in dem Zeitraum zwischen Erbfall und Vermögensbereinigung die Obligation als naturalis obligatio fortbestehe und dies sogar unabhängig von der Tatsache, dass der Erbe nach dem Erbfall eine solche Liquidation nicht mit sich selbst vornimmt. Wacke sieht das Fortbestehen einer naturalis obligatio als essentiell zum Schutz etwaiger Sicherungsrechte Dritter.628 Als Rechtfertigung dafür, dass in Folge der Konfusion in jedem Fall eine solche naturalis obligatio entstehe, bedient er sich Paul. quart. quaest. D. 36.1.61.629 Als Kernaussage dieser Quelle hebt Wacke den Satz remanet ergo propter pignus naturalis obligatio hervor.630 Daraus entnimmt er, dass in Folge der Konfusion grundsätzlich eine solche unklagbare Verbindlichkeit fortbestehe. Durch diesen Fortbestand sieht er den Schutz etwaiger Sicherungsrechte, in der konkreten Digestenquelle handelt es sich um ein Pfandrecht, für gewährleistet. Sollte keine solche Verbindlichkeit entstehen, wäre zwingende Folge der Konfusion der Untergang akzessorischer Sicherungsrechte. Nicht zu bestreiten ist die Tatsache, dass im Konfusionsfall durch ein Erlöschen der Verbindlichkeit zwangsläufig auch etwaige akzessorische Siche625 Ausführlich
dazu 1. Kapitel A. III. nicht bestehenden Zusammenhang knüpfen auch Kaser und Kretschmar und auf diesen aufbauend auch Schellen, vgl. 1. Kapitel A. III. Keiner dieser Autoren setzt sich jedoch tatsächlich mit der Quelle auseinander. Es scheint, dass lediglich bereits bestehende Untersuchungen herangezogen wurden und sich dieser fehlerhafte Zusammenhang auf diese Weise fortgesetzt hat. Lediglich Kieß, S. 80 ff. beschäftigt sich intensiv mit der Quelle und kommt ebenfalls zur hier vertretenen Ansicht. 627 Vgl. 1. Kapitel A. III. 628 Wacke, in: FS Medicus, S. 573. 629 Siehe hierzu bereits die Ausführungen unter Einleitung D. II. 1. b) bb). 630 Uneinigkeit besteht in der Literatur darüber, ob diese Satz überhaupt von Paulus stammt oder nachklassisch eingefügt wurde, Nachweise etwa bei Kieß, S. 167 Fn. 74 f.; Wacke, in: FS Medicus, S. 574 Fn. 156. Diesen nach Kretschmar, S. 126 doch „recht unfruchtbaren Streit“ zu Aller Zufriedenheit auflösen zu können, erscheint jedoch wenig Erfolg versprechend und soll im Folgenden ausgeklammert werden. 626 Diesen
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3. Kap.: Die Rechtsfolgen der Konfusion im bürgerlichen Recht
rungsrechte untergehen. Dass dies häufig den Interessen Dritter entgegenläuft, leuchtet ein. Jedoch stellt sich im Folgenden die Frage, ob der von Wacke konstruierte Fortbestand der Obligation als naturalis obligatio zwingend nötig ist, um diese unerwünschte Rechtsfolge zu vermeiden. In der hier in Rede stehenden Digestenquelle spricht Paulus dem Erben die actio Ser viana zu, obgleich die zugrunde liegende Forderung in Folge des Erbfalls erloschen ist und mit dieser dem Grunde nach auch das akzessorische Pfandrecht erlöschen müsste.631 Doch durch den Zuspruch der Pfandrechtsklage kann der Erbe trotz der confusio die Pfandsache herausverlangen. Sein berechtigtes Interesse ist gewahrt. Dieser Interessenschutz resultiert jedoch nicht aus einer aufgrund des Pfandrechts bestehenden naturalis obligatio, sondern daraus, dass der Wortlaut der Formel der actio Serviana das Erlöschen des dinglichen Rechts, auch durch confusio, nicht berücksichtigt.632 Aufgrund dessen ist es für einen ausreichenden Interessenschutz nicht notwendig, dass in der Folge der Konfusion eine naturalis obligatio besteht.633 Bereits Paulus erkannte, dass das Erlöschen der Sicherungsrechte in Folge der confusio nicht interessengerecht sei, und setzte sich zum Schutz und zur Herbeiführung einer interessengerechten Lösung der Parteien im Einzelfall in gewisser Weise über die damals an sich unumstößliche Rechtsfolge der confusio hinweg. Darüber hinaus lassen sich keine weiteren Quellen finden, in denen der Bestand einer naturalis obligatio als unmittelbare Folge der confusio postuliert wäre. Damit kann die Auffassung Wackes widerlegt werden, dass es für einen angemessenen Interessenschutz einer naturalis obligatio in der Folge der Konfusion bedarf, die ein Fortleben akzessorischer Sicherungsrechte rechtfertigt.634 Vielmehr gewährt auch die hier vertretene Ansicht hinsichtlich der Rechtsfolgen der Konfusion in den gesetzlich nicht geregelten Fällen einen angemessenen Interessenschutz. Sollte ein Erlöschen der Verbindlichkeit zu einem interessenwidrigen Ergebnis führen, wie etwa in 631 Vgl. Einleitung D. II. 1. b) bb). Für eine intensive Auswertung der Quelle Kieß, S. 165 ff. 632 Vgl. Einleitung D. II. 1. b) bb). 633 Auch andere Autoren, die sich intensiv mit der naturalis obligatio auseinandergesetzt haben, sehen keinen Zusammenhang dieser mit der confusio, vgl. etwa Schulze, Die Naturalobligation; Christiansen, Zur Lehre von der naturalis obligatio und condictio indebiti; Siber, Naturalis obligatio; Longo, richerche sull’ „obligatio naturalis“. 634 So im Ergebnis auch Kretschmar, S. 126 ff., der den Bestand der naturalis obligatio keinesfalls als zu verallgemeinernde Folge der Konfusion ansieht, sondern vielmehr auf die Besonderheiten der konkreten Digestenquelle zurückführt. Im Unterschied zu den anerkannten Fällen einer Naturalobligation, führt die Konfusion nicht nur zu einer „juristischen Personeneinheit der Obligationssubjekte“, sondern vielmehr auch dazu, dass die natürliche Personenmehrheit aufgehoben wird. Demnach greifen die römischen Juristen im Konfusionsfall im Regelfall nicht auf das Bestehenbleiben einer Naturalobligation zurück.
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Paul. quart. quaest. D. 36.1.61, so bleibt die Verbindlichkeit als Ergebnis der Interessenabwägung trotz Konfusion weiter bestehen und das akzessorische Sicherungsrecht erlischt gerade nicht.635 Mithin handelt es sich bei der untersuchten Digestenquelle und dem darin angeordneten Bestand einer unklagbaren Verbindlichkeit in Folge der Konfusion um eine Ausnahme und keineswegs um einen Grundsatz. Aus dieser Ausnahmeregelung des römischen Rechts nun in gewisser Weise eine Universallösung für alle Konfusionsfälle des deutschen Zivilrechts zu formulieren, erscheint nicht nachvollziehbar. Aus dogmatischer Sicht erscheint die Auffassung Wackes zudem sehr kon struiert und vor allem dem einfachen Gesetzesanwender nur schwer verständlich. Mithin ist festzuhalten, dass Folge der Konfusion nicht das Fort bestehen der Verbindlichkeit in der Form einer naturalis obligatio ist. Ein interessengerechtes Ergebnis kann für jeden Einzelfall durch die hier ver tretene Rechtsfolge erreicht werden. Vielmehr sollte aus Paul. quart. quaest. D. 36.1.61 die Erkenntnis gezogen werden, dass Paulus bereits erkannte, dass in gewissen Fällen das schlichte Erlöschen als Folge der confusio und der damit verbundene Untergang akzessorischer Sicherheiten zu interessenwidrigen Ergebnissen führen würde, und er versuchte, diese Fälle, ohne die Erlöschensfolge an sich in Frage zu stellen, durch Ergebniskorrektur einer interessengerechten Lösung zuzuführen. b) Erkenntnisse aus der Ansicht Wackes Aus der kritischen Untersuchung der Auffassung Wackes können folgende Schlüsse gezogen werden: Eindeutig und endgültig kann die ehemals häufig vertretene Auffassung, die ein zwingendes Erlöschen des Schuldverhältnisses als Folge der Konfusion vorsieht, verworfen werden. In der Folge des Erbfalls stellt das Vermögen des Erblassers kein getrenntes Sondervermögen dar, sondern verschmilzt nach den Grundsätzen der Universalsukzession unmittelbar mit dem einzig relevanten Zeitpunkt des Erbfalls ipso iure mit dem Vermögen des Erben. Aus diesem Grund ist der Erbe auch nicht dazu angehalten, eine solche Vermögensverschmelzung in einer Art Doppelrolle mit sich selbst durchzuführen. Zudem bedarf es keines konstruierten Fortbestehens einer naturalis obligatio aus Interessengesichtspunkten in Folge der Konfusion. Es ist vielmehr jeweils im konkreten Einzelfall danach zu fragen, ob ein rechtliches Bedürfnis am Fortbestand des Schuldverhältnisses besteht. Sollte dies nicht der Fall sein, erlischt das Schuldverhältnis im Vereinigungsfall von Gläubiger und Schuldner endgültig. Daher kann der These Wackes, dass Folge der Konfusion lediglich der Ausschluss der Klagbarkeit sei, nicht zugestimmt werden. 635 Ausführlich
hierzu 3. Kapitel E. I. 2.
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3. Kap.: Die Rechtsfolgen der Konfusion im bürgerlichen Recht
2. Die Ansicht Schellens Eine ebenfalls von dem regelmäßigen Erlöschen des Schuldverhältnisses als Rechtsfolge der Konfusion abweichende Ansicht vertritt Norbert Schellen.636 Dieser nimmt zunächst kritisch Stellung zu der ehemals häufig zu hörenden, aber mittlerweile überholten Auffassung, dass ein Erlöschen des Schuldverhältnisses zwingende Folge der Vereinigung von Gläubiger und Schuldner sei.637 Für dieses „Konfusionsprinzip“, gemeint ist jene überholte Auffassung, bestehe zum einen keine Rechtfertigung638 und zum anderen berge dieses Prinzip die Gefahr, dass es zu interessenwidrigen639 und den Wertungen der Rechtsordnung widersprechenden Ergebnissen führe.640 Ein Fortbestand des Schuldverhältnisses trotz Konfusion dürfe aus diesen Gründen nicht unmöglich sein.641 Das Schuldverhältnis solle grundsätzlich in Folge der Konfusion fortbestehen, um den genannten Gefahren des zwingenden Untergangs der Verbindlichkeit vorzubeugen. Jedoch erkennt auch Schellen an, dass das Schuldverhältnis im Konfusionsfall nicht unverändert fortbestehen kann. Ebenso wie Wacke vertritt er die Ansicht, dass in der Folge der Vereinigung das Schuldverhältnis nicht mehr erfüllbar und somit nicht mehr einklagbar sei.642 Er betont zudem, dass es die Aufgabe der Rechtsordnung sei, für jeden Einzelfall eine interessengerechte Lösung für alle Parteien zu entwickeln.643 In einem abschließenden Satz subsumiert Schellen seine Erkenntnisse in der Annahme, dass es nicht zweckmäßig sei, einen Erlöschensgrund Konfusion anzuerkennen.644 a) Kritik an der Ansicht Schellens Im Rahmen einer kritischen Auseinandersetzung mit der Ansicht Schellens muss zunächst erwähnt werden, dass dessen Werk aus dem Jahr 1985 und damit aus einer Zeit stammt, in der zwar nicht ausschließlich, aber dennoch 636 Schellen, Konfusion. Zu dessen Ansicht im Zusammenhang mit der „Ea quae initio“-Formel bereits unter 1. Kapitel A. III. 637 Dazu, dass diese Auffassung längst überholt ist, etwa 3. Kapitel B. II. 1. a). 638 Schellen, S. 230. 639 Schellen bezieht sich hier ebenso wie Wacke auf die scheinbar durch die Einbeziehung Dritter drohenden unbilligen Ergebnisse. 640 Schellen, S. 232. 641 Schellen, S. 173. 642 Schellen, S. 231. 643 Schellen, S. 306. 644 Schellen, S. 306.
B. Nicht im Gesetz geregelte Fälle der Konfusion151
häufig die Auffassung vertreten wurde, dass zwingende Rechtsfolge der Konfusion in jedem Fall das Erlöschen des Schuldverhältnisses sei. Diese Folge sei ein Gebot der Logik und lasse keine abweichenden Rechtsfolgen zu. Diese von Schellen als „Konfusionsprinzip“ bezeichnete Ansicht ist heute keineswegs mehr gängig und weitestgehend überholt.645 Aus diesem Grunde verliert das Werk Schellens, in dem er versucht, diese festgefahrene Rechtsauffassung aufzubrechen, an Relevanz. Jedoch erweist sich eine genaue Untersuchung seines Werkes als insofern zielführend, dass das Ergebnis Schellens zwar heute keineswegs die gängige Auffassung in Rechtsprechung und Lehre darstellt, jedoch durchaus relevante Erkenntnisse aus diesem gezogen werden können. Zunächst soll auf das „Konfusionsprinzip“ und dessen Umfang genauer eingegangen werden. Schellen versteht darunter das zwingend gebotene Erlöschen des Schuldverhältnisses als Folge der Konfusion. Dagegen spreche bereits, dass es keine Rechtsnormen im BGB gebe, die eine solche Rechtsfolge zwingend vorschreibe.646 Dem ist zwar insoweit zuzustimmen, dass etwa die erbrechtlichen Sonderkonstellationen,647 die im unmittelbaren Zusammenhang mit der Konfusion stehen, nicht explizit davon sprechen, dass Rechtsverhältnisse in jedem Fall in Folge der Konfusion untergehen müssen. Jedoch zeigt der Blick in die Motive648 eindeutig, dass diese Normen, die mittels negativer Fiktion anordnen, dass durch Konfusion eindeutig erloschene Rechtsverhältnisse als nicht erloschen gelten sollen, lediglich Ausnahmen zu dem vom Gesetzgeber angenommen Regelfall der Konfusionsfolgen darstellen. Der Gesetzgeber nimmt in diesen Fällen eine Korrektur aus Gründen der Parität der Parteiinteressen vor. Aus diesen erbrechtlichen Normen lässt sich daher eindeutig ableiten, dass der Gesetzgeber zumindest im Regelfall von einer Erlöschensfolge ausging. Ein generelles Abwenden von dieser Rechtsfolge würde dem Willen des Gesetzgebers widersprechen und damit der Konzeption dieser Normen und des Rechtsinstituts der Konfusion zuwiderlaufen. An der regelmäßigen Erlöschensfolge der Konfusion bereits dem Grunde nach zu zweifeln, ist somit nicht zielführend. Schellen erkennt sogar an, dass eine Aufgabe des „Konfusionsprinzips“ dazu führen würde, dass die im BGB explizit normierten Konfusionsnormen, „ins Leere“ liefen.649 Zu einer Abkehr von der von ihm vertretenen Lösung führt das jedoch nicht. Dass Normen ihren Regelungsinhalt durch die Um645 Vgl.
3. Kapitel B. I. 1. S. 231. 647 Er verweist konkret auf die §§ 1976, 1991 II, 2143, 2175 und 2377 BGB, vgl. Schellen, S. 231 Fn. 2. 648 2. Kapitel A. I. 649 Schellen, S. 231. 646 Schellen,
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3. Kap.: Die Rechtsfolgen der Konfusion im bürgerlichen Recht
strukturierung der Rechtsfolgen eines Rechtsinstitutes verlieren können, scheint für ihn eine zwar unerwünschte, aber hinnehmbare Nebenfolge zu sein. Bereits aufgrund dieses Konflikts zwischen der Ansicht Schellens und den Normen des BGB kann die generelle Abwendung von der Erlöschensfolge der Konfusion nicht überzeugen. Demnach sind die gesetzlich normierten Konfusionsfolgen als Anknüpfungspunkt für die Kritik an dem ehemals gängigen „Konfusionsprinzip“ nur wenig geeignet. Vielmehr ist klar zwischen den gesetzlich geregelten Konfusionsfolgen und den gesetzlich nicht explizit geregelten Fällen zu unterscheiden. Eine grundsätzliche Anpassung der gesetzlich normierten Konfusionsfälle und deren Rechtsfolgen erscheint nur wenig zweckdienlich.650 Das bedeutet im Umkehrschluss jedoch nicht, dass in den gesetzlich nicht geregelten Fällen der Konfusion keine Ausnahmen von der regelmäßigen Erlöschensfolge aus Interessen- und Wertungsgesichtspunkten gemacht werden können. Dies ist in bestimmten noch zu untersuchenden Fällen gar geboten.651 Eine grundsätzliche Abkehr von der regelmäßigen Erlöschensfolge sowohl in den gesetzlich normierten als auch nicht normierten Fällen ist jedoch keineswegs erforderlich, um auch im Einzelfall ein interessengerechtes Ergebnis zu erzielen. Nach Schellen soll das Schuldverhältnis in Folge der Konfusion zwar modifiziert, aber dem Grunde nach erhalten bleiben. Er möchte es gänzlich der Rechtsprechung überlassen, in jedem Einzelfall ein interessengerechtes Ergebnis herbeizuführen. Zumindest in den gesetzlich nicht geregelten Fällen hat es, obigen Ausführungen entsprechend,652 vor allem aus Aspekten der Einzelfallgerechtigkeit durchaus seine Vorzüge, dass es der Judikative vorbehalten sein sollte, Anpassungen der regelmäßigen Rechtsfolgen der Konfusion in der Form vorzunehmen, dass, sollte ein rechtliches Bedürfnis dafür bestehen, das Schuldverhältnis trotz Konfusion fortbestehen soll. Schellen liefert jedoch keinen Maßstab oder gar konkreten Terminus, anhand dessen die Rechtsprechung eine derartige Anpassung vornehmen könnte. Er bricht auf halber Strecke zur Findung einer interessengerechten Lösung im Einzelfall ab, lediglich mit der Erkenntnis, dass ein zwingendes Erlöschen in jedem Fall nicht zweckmäßig ist.
650 Ausnahmsweise kann eine Anpassung der Rechtsfolgen im Einzelfall und nur in Bezug auf die Normen, denen eine relative Wirkungsweise zugesprochen wird, aus Interessensicht geboten sein, vgl. hierzu Fn. 471. 651 Vgl. 3. Kapitel E. 652 3. Kapitel B. I. 3.
B. Nicht im Gesetz geregelte Fälle der Konfusion153
b) Erkenntnisse aus der Ansicht Schellens Aufgrund der im Ergebnis ähnlich gelagerten Erkenntnisse Schellens im Vergleich zu der Ansicht Wackes kann diesbezüglich weitestgehend auf obige Ausführungen verwiesen werden.653 Die Untersuchung des Werkes von Schellen hat einmal mehr gezeigt, dass ein zwingendes Erlöschen als Konfusionsfolge nicht mehr haltbar ist. Jedoch können dessen Ausführungen bezüglich der grundsätzlichen Abkehr der regelmäßigen Rechtsfolge, vor allem hinsichtlich der gesetzlich normierten Fälle der Konfusion nicht überzeugen. Eine solche würde zwangsläufig wider der Grundkonzeption dieser Normen laufen und ist allein aus diesem Grunde nicht zweckdienlich. Als wichtige Erkenntnis aus Schellens Werk lässt sich jedoch ziehen, dass es, vergleichbar mit der hier vertretenen Ansicht im Rahmen der nicht geregelten Fälle der Konfusion, jeweils einer Einzelfallentscheidung der Rechtsprechung bedarf, um im konkreten Fall eine für die Parteien interessengerechte Lösung zu finden.
III. Zwischenergebnis Mithin ist in den gesetzlich nicht normierten Fällen der Konfusion festzuhalten, dass ein Schuldverhältnis nicht zwangsläufig aufgrund von Konfusion erlöschen muss. Zwar stellt das Erlöschen den Regelfall dar, jedoch ist im konkreten Einzelfall anhand einer umfassenden Interessenabwägung danach zu fragen, ob für den Fortbestand des Schuldverhältnisses eine rechtliche Notwendigkeit bzw. ein überwiegendes rechtliches Bedürfnis besteht. Sollte dies der Fall sein, bleibt das Schuldverhältnis trotz Konfusion weiter bestehen. Abweichende Begründungsversuche für das Erlöschen als regelmäßige Erlöschensfolge konnten nicht überzeugen.
IV. Exkurs: Rechtsfolgen der Konfusion in Bürgschaftskonstellationen Ebenfalls nicht explizit im BGB normiert, sollen im Anschluss an die eigentliche Untersuchung der Rechtsfolgen der Konfusion in den gesetzlich nicht geregelten Fällen zumindest in der gebotenen Kürze die Fallkonstellationen dargestellt werden, in denen eine Vereinigung im Zusammenhang mit der Bürgschaft eintritt.654 Neben einer rechtshistorischen Betrachtung der 653 3. Kapitel
B. II. 1. b). erörtern ist lediglich der Fall der Vereinigung der Bürgschaft mit der Hauptschuld. In den beiden anderen denkbaren Konstellationen, dem Zusammenfall von Hauptschuldner und Gläubiger bzw. Gläubiger und Bürge liegt eine Vereinigung einer 654 Zu
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3. Kap.: Die Rechtsfolgen der Konfusion im bürgerlichen Recht
Quellen des Corpus Iuris Civilis hinsichtlich der Rechtsfolgen einer Vereinigung in diesen Fällen und deren Normierung im PrALR, im SächsBGB und im BGB, soll im Hinblick auf diese Fälle, die oftmals als „unechte“ Konfusion655 bezeichnet werden, eine Stellungnahme abgegeben werden, ob sie überhaupt mit den Fällen der „echten“ Konfusion, also der Vereinigung von Gläubiger und Schuldnerstellung in einer Person, zu vergleichen sind. 1. Konfusion und Bürgschaft im Corpus Iuris Civilis Bei der Untersuchung der Quellen des Corpus Iuris Civilis lassen sich drei Fragmente benennen, in denen die Vereinigung von Bürgschaft und Hauptschuld als confusio bezeichnet wird.656 Dabei ist anzumerken, dass diese Begriffsverwendung nur in hochklassischer Zeit Verwendung fand. In der spät- und nachklassischen Zeit wurde der Begriff confusio für diese Konstellation nicht mehr gebraucht.657 Im Grundsatz herrschte unter den römischen Juristen Einigkeit, dass im Falle der Vereinigung von Bürge und Hauptschuldner die Bürgschaft erlischt und die Person, in der diese Vereinigung stattgefunden hat, lediglich noch aus der Hauptforderung verpflichtet bleibt.658 Dies ergibt sich etwa aus folgender Quelle:659 Ven. 3 stip. D. 45.2.13 Si reus promittendi altero reo heres extiterit, duas obligationes eum sustinere dicen dum est. Nam ubi quidem altera differentia obligationum esse possit, ut in fide iussore et reo principali, constitit alteram ab altera perimi: cum vero eiusdem duae potestatis sint, non potest repperiri qua altera potius quam alteram consummari. Gläubiger- mit einer Schuldnerstellung vor und die Bürgschaft erlischt unstrittig, Staudinger/Stürner, § 765 Rn. 257 f.; MüKo/Habersack, § 765 Rn. 51; auf diese Fälle wurde in der Einleitung und im 3. Kapitel bereits ausführlich eingegangen. Die Ausführungen dort können problemlos auf diese Konstellationen übertragen werden. 655 So bereits einige Vertreter der Rechtslehre des 19. Jahrhunderts wie etwa Mosler, S. 7 ff.; Sachs, S. 59 ff. Anders jedoch bereits damals Kretschmar, S. 35 ff. Ebenfalls Teile der heutigen Lehre, so etwa MüKo/Habersack, § 765 Rn. 51; Staudinger/ Stürner, § 765 Rn. 259. Anders Beck-OGK/Madaus, § 765 Rn. 136; Kollhosser/Jansen, JA 1988, S. 306; Gernhuber, § 19 Rn. 1b; Staudinger/Olzen, Einleitung zu §§ 362 ff., Rn. 26. 656 Afr. 7 quaest. D. 46.1.21.4; Marc. lib. sing. resp. D. 46.1.24.; Scaev. quaest. D. 46.3.93.2, 3. 657 Ausführlich dazu Kieß, S. 107 ff. 658 Eine Ausnahme von dieser Erlöschensfolge galt nur in dem Fall, dass die Bürgschaft zur Sicherung einer naturalis obligatio bestellt wurde, vgl. Afr. 7 quaest. D. 46.1.21.2; Pap. 28 quaest. D. 46.3.95.3. Ausführlich hierzu Kieß, S. 97 ff.; Wacke, in: FS Medicus, S. 581. 659 Zudem aus Ulp. 46 ad Sab. D. 46.1.5.
B. Nicht im Gesetz geregelte Fälle der Konfusion155 Ideoque et si reus stipulandi heres exstiterit, duas species obligationis eum sustinere. Wenn ein Fideiussionsbürge Erbe eines anderen Schuldners wird, ist festzustellen, dass dieser zwei Verpflichtungen trägt. Denn wenn ein Unterschied zwischen den Verpflichtungen besteht, wie bei einem Bürgen und einem Hauptschuldner, steht fest, dass die eine durch die andere erlischt: wenn beide aber von gleicher Kraft sind,660 kann nicht angenommen werden, dass die eine eher als die andere erlischt. Genauso auch, wenn ein Stipulationsbürge Erbe wird, ist dieser an zwei Arten der Verpflichtung beteiligt.
Hier besagt Venuleius obiter, dass eine Bürgschaftsschuld dann erlischt, wenn sie mit der Hauptschuld zusammentrifft. In der Quelle geschieht dies im Falle der Beerbung des Hauptschuldners durch den Bürgen bzw. umgekehrt. Diese Rechtsfolge resultiere daraus, dass die beiden Verpflichtungen in diesem Fall einen unterschiedlichen Wert (potestas) besäßen.661 Eine noch in der Frühklassik von Proculus vertretene Ansicht, die den Fortbestand der Bürgschaft trotz confusio forderte, blieb singulär.662 Die Gegenansicht des Sabinus setzte sich spätestens mit der Konstitution Diocl. Max. C. 8.41.24 durch: Fideiussoris quidem heres exemplo rei principalis tenetur. Sed si idem utrisque succedat, intercessionis obligatione finite, velut pricipalis tantum debitoris heres conveniri potest. Der Erbe des Bürgen haftet zwar auf die gleiche Weise wie der Hauptschuldner. Aber wenn dieselbe Person beide beerbt, kann diese, aufgrund der Beendigung der Bürgschaftsverpflichtung, lediglich Erbe des Hauptschuldners werden.
Daraus lässt sich entnehmen, dass die römischen Kaiser im Falle der Vereinigung von Hauptschuld und Bürgschaft grundsätzlich von dem Erlöschen der Bürgschaftsforderung ausgingen. 2. Konfusion und Bürgschaft im allgemeinen preußischen Landrecht und dem SächsBGB Auch die Kodifikationen des allgemeinen preußischen Landrechts und des sächsischen BGB enthielten Normen bezüglich der Rechtsfolgen der Konfusion im Fall der Vereinigung von Hauptschuld und Bürgschaftsforderung. Im Gegensatz zu der Ansicht der römischen Juristen legt PrALR 1, 16, § 495 660 Watson übersetzt potetestatis hier treffend mit „Charakter“, vgl. Watson, the digest of Justinian, Vol. 4, S. 193. 661 Ausführlich zu dieser Begründung etwa Kretschmar, S. 71 ff.; Kieß, S. 102 ff. 662 Scaev. quaest. publ. tract. D. 46.3.93: Quid ergo, si fideiussor reum heredem scripserit? Confundetur obligatio secundum Sabini sententiam, licet Proculus dissentiat. Hierzu auch Wacke, in: FS Medicus, S. 581; Kieß, S. 96.
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3. Kap.: Die Rechtsfolgen der Konfusion im bürgerlichen Recht
fest, dass die Konfusion von Haupt- und Bürgschaftsschuld an den Rechten des Gläubigers nichts ändert.663 Daraus lässt sich folgern, dass eine derartige Vereinigung nicht zum Erlöschen der Bürgschaftsschuld führt. Deutlich verallgemeinernder regelt § 1465 SächsBGB, dass die Bürgschaft, sollte sie dem Gläubiger Vorteile gewähren, die ihm allein aufgrund der Hauptschuld nicht zukommen, nicht durch Konfusion erlischt. Demnach weichen beide Kodifikationen von der noch im römischen Recht herrschenden Auffassung vom Erlöschen der Bürgschaft in Folge der Konfusion ab. Dieses Ergebnis resultiert nicht zuletzt daraus, dass diese Kodifikationen im Gegensatz zum römischen Recht die Vorstellung von der streng akzessorischen Rechtsnatur der Bürgschaft zugunsten des Fortbestands der Hauptschuld zum Schutz von Gläubigerinteressen überwinden konnten.664 3. Konfusion und Bürgschaft im BGB Es lässt sich im heutigen BGB keine konkrete Norm finden, die die Rechtsfolgen der Vereinigung von Hauptschuld und Bürgschaftsschuld regelt. Dagegen enthielt der Erste Entwurf des BGB mit § 678 E1 eine derartige Regelung.665 Auch die Verfasser des BGB waren einerseits der Ansicht, dass eine Bürgschaftsschuld auch im Fall der Vereinigung mit der Hauptschuld weiter fortbestehe, sollte der Gläubiger daran ein Interesse haben. Diese Formulierung ähnelt stark der des § 1465 SächsBGB.666 Zweifel an dieser Rechtsfolge äußerten die Verfasser des BGB dahingehend, dass diese mit dem scheinbar zwingenden Grundsatz, dass niemand sein eigener Bürge sein könne, nur schwer vereinbar sei.667 Allerdings sei ein Fortbestand der Bürgschaftsforderung vor allem im Hinblick auf etwaige für die Bürgschaftsforderung bestellte Sicherungsrechte unerlässlich.668 Andererseits differenzierten die Verfasser des BGB streng zwischen der Konfusion des § 291 E1 und der Vereinigung von Hauptschuld und Bürgschaft. Letztere sahen sie nicht als Fall der Konfusion an. Die Zweite Kommission entschied sich jedoch dazu § 678 E1 zu streichen. Dessen Aufnahme ins BGB sei nicht nötig, da die Gesetzesanwendung trotz etwaiger Zweifel am Fortbestand der Bürgschaft erkennen werde, dass die Rechte des Gläubigers nicht berührt wür-
663 Eine
vergleichbare Formulierung enthält auch § 1445 ABGB. auch Kretschmar, S. 86 f. 665 Siehe dazu bereits 2. Kapitel A. I. 1. b). 666 Dies resultiert aus der Übernahme des gleich lautenden § 945 des Dresdner Entwurfs zum Obligationenrecht, vgl. Mugdan, Materialien II, S. 379. 667 Mugdan, Materialien II, S. 378. 668 Mugdan, Materialien II, S. 378. 664 Ähnlich
B. Nicht im Gesetz geregelte Fälle der Konfusion157
den.669 Zudem sei es der Rechtspraxis zu überlassen, auf welche Art und Weise diese Reglungswirkung zu konstruieren sei.670 Somit sind Rechtsprechung und Rechtslehre auch in dem Fall der Vereinigung von Bürgschaft und Hauptschuld dazu angehalten, die Rechtsfolgen dieser Vereinigung unabhängig von einer konkreten Rechtsnorm zu entwickeln. Nach heute herrschender Meinung erlischt die Bürgschaft im Falle der Vereinigung mit der Hauptschuld nicht.671 Vielmehr ist von einem unveränderten Fortbestand beider Rechtsverhältnisse auszugehen. Dies gilt auch für etwaige Sicherungsrechte.672 Vereinzelt findet sich die Ansicht, dass die Bürgschaft nur dann fortbestehen soll, wenn der Gläubiger ein Interesse am Fortbestand der Bürgschaft hat.673 Kretschmar etwa begründet dieses Ergebnis, welches sich eng an § 1465 SächsBGB orientiert, anhand der akzessorischen Rechtsnatur der Bürgschaft, sodass das „normale Resultat ihres Zusammentreffens mit der Hauptschuld ihr Untergang sein muss“.674 Dies gelte nur dann nicht, wenn der Gläubiger ein begründetes Interesse am Fortbestand der Bürgschaft habe. Kretschmar kann sich ebenso wie die untersuchten Kodifikationen des PrALR und des SächsBGB zwar von dem noch im römischen Recht geltenden scheinbaren Zwang des Untergangs der Bürgschaft aufgrund ihrer Akzessorietät entfernen, gänzlich davon lösen vermag er sich jedoch nicht. Der Fortbestand der Bürgschaftsschuld trotz Vereinigung mit der Hauptschuld lässt sich damit begründen, dass es sich bei diesen beiden um inhaltlich unterschiedliche Verbindlichkeiten handelt. Denn der Bürge, der Schuldner einer eigenen Schuld ist, verpflichtet sich gegenüber dem Gläubiger nicht dazu, die Schuld des Hauptschuldners zu übernehmen, sondern lediglich dem Gläubiger im Falle des Ausfalls des Bürgen dem Hauptschuldner eine inhaltsgleiche, der Hauptschuld entsprechende Leistung zu erbringen.675 Dies suggeriert auch die Formulierung „einstehen“ des § 765 BGB, ergo dass der Bürge dem Gläubiger ein Äquivalent der Hauptleistung verschafft, sollte der Hauptschuldner ausfallen. Materialien II, S. 1028. Materialien II, S. 1028. 671 MüKo/Habersack, § 765 Rn. 51; Staudinger/Stürner, § 765 Rn. 259; BeckOGK/Madaus, § 765 Rn. 132, 136; Schellen, S. 278; Wacke, in: FS Medicus, S. 582; Mosler, S. 115 f.; RGZ 76, 57 (58). 672 Dies legten bereits die Motive fest, vgl. Mugdan, Materialien II, S. 378. 673 Gernhuber, § 19 Rn. 1b; Kretschmar, S. 224. 674 Kretschmar, S. 224. 675 Ähnlich auch Staudinger/Stürner, Vorbemerkung zu §§ 765–778 Rn. 12; Wacke, in: FS Medicus, S. 582; Schellen, S. 278 f. Anders Beck-OGK/Madaus, § 765 Rn. 132, der zu Unrecht eine inhaltsgleiche Schuld annimmt. 669 Mugdan,
670 Mugdan,
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3. Kap.: Die Rechtsfolgen der Konfusion im bürgerlichen Recht
Bei der Vereinigung von Bürgschaftsschuld und Hauptschuld handelt es sich somit um den Zusammenfall von Schuld und akzessorischem Sicherungsrecht. Trotz der verbreiteten Ansicht, diesen Fall als „unechte“ Konfusion zu bezeichnen, muss festgestellt werden, dass dieser Fall der Vereinigung schon dem Grunde nach nichts mit der Konfusion, dem Zusammenfall von Gläubiger- und Schuldnerstellung in einer Person zu tun hat und aus Klarstellungsgründen somit auch nicht als Konfusion, nicht einmal als unechte, bezeichnet werden sollte.676
C. Die Behandlung der Konfusion durch die deutsche Rechtsprechung Anhand der bisherigen Untersuchungen der Rechtsfolgen der Konfusion in und praeter legem soll im Folgenden die generelle Handhabung des Rechtsinstituts der Konfusion in der deutschen Rechtsprechung seit der Einführung des BGB skizziert werden. Diese Untersuchung soll Aufschluss darüber geben, ob und auf welche Art und Weise sich der Umgang der deutschen Rechtsprechung mit dem Rechtsinstitut der Konfusion im Laufe der Jahre gewandelt hat. In diesem Zusammenhang gilt es auch festzustellen, ob sich eine solche Wandlung stringent in eine Richtung vollzog oder ob auch „Ausschläge“ in eine andere Richtung zu verzeichnen sind. Bereits einer Entscheidung des Reichsgerichts aus dem Jahr 1935677 lässt sich exemplarisch entnehmen, dass die Rechtsprechung zu dieser Zeit davon ausging, dass zumindest im Schuldrecht eine Vereinigung von Gläubiger und Schuldner zwingend zu einem Erlöschen des Schuldverhältnisses führt. Diese Rechtsfolge sei, anders als im Sachenrecht „selbstverständlich“.678 Trotz einer fehlenden expliziten Bezugnahme innerhalb des Urteils liegt es nahe, dass sich die Richter des Reichsgerichts eng an den Motiven und Vorentwürfen des BGB und deren Ausführungen hinsichtlich der Rechtsfolgen der Konfusion orientierten.679 Zumindest jedoch entsprach diese Auffassung der damals absolut herrschenden Ansicht.680 Auch in den Gesetzesmaterialien 676 So auch Kollhosser/Jansen, JA 1988, S. 306; Gernhuber, § 19 Rn. 1b; Stau dinger/Olzen, Einleitung zu §§ 362 ff. Rn. 26; Beck-OGK/Madaus, § 765 Rn. 136. Bereits die römischen Juristen sahen spätestens seit der hochklassischen Zeit keinen Zusammenhang zwischen der confusio und dem Zusammenfall von Bürgschaft und Hauptschuld, vgl. Kieß, S. 111. 677 RGZ, 147, 233. 678 RGZ, 147, 243. 679 Ausführlich dazu 2. Kapitel A. 680 Vgl. die ältere Schuldrechtsliteratur. Nachweise bei Kollhosser/Jansen, JA 1988, S. 306 Fn. 9.
C. Die Behandlung der Konfusion durch die deutsche Rechtsprechung 159
wird als Folge das endgültige Erlöschen des Schuldverhältnisses ipso iure, das aus der scheinbar zwingenden Logik, dass niemand sein eigener Gläubiger bzw. Schuldner sein könne, resultiert, festgelegt. Diese Auffassung schlägt sich auch in der Rechtsprechung des Reichsgerichts nieder. In einer weiteren Entscheidung, allerdings des vierten Zivilsenats des Bundesgerichtshofs aus dem Jahr 1953,681 galt es ebenfalls die Rechtsfolgen der Konfusion zu bestimmen: Den Sachverhalt vereinfacht darstellend, trat der Inhaber einer Lebensversicherung an die Versicherungsgesellschaft zur Sicherheit seinen Anspruch aus der Versicherung an diese ab, nachdem diese ihm ein Darlehen gewährt hatte.682 Durch diese Abtretung und die Vereinigung des Anspruchs in der Versicherungsgesellschaft hätte die Forderung an sich erlöschen müssen. Zu diesem Ergebnis kamen auch die Richter des vierten Senats, die ausführten, dass eine „Vereinigung von Gläubiger und Schuldner in einer Person zum Erlöschen der Forderung führen muß“.683 Unmittelbar nach diesen Ausführungen kamen die Richter jedoch zur Erkenntnis, dass dieses Ergebnis, das Erlöschen der Forderung, den beiderseitigen Parteiinteressen widerspräche, denn der Verlust auf die Aussicht des Erhalts der Versicherungssumme wäre für den Versicherungsnehmer unerwünscht. Zudem ist es durchaus üblich, dass sich eine Versicherung zur Rücksicherung den Anspruch aus der eigenen Leistung abtreten lässt. Dass dies nicht bzw. nur einhergehend mit dem Verlust der Sicherungsabrede möglich sein soll, ist nicht nachvollziehbar, zumal der Versicherungsnehmer seinen Anspruch an jeden beliebigen Dritten ohne solch folgenschwere Rechtsfolgen abtreten könnte. Außerdem war das Versicherungsunternehmen aufgrund von Nebenpflichten684 dazu verpflichtet, die Interessen des Versicherten zu wahren, und aufgrund der Sicherungsabrede zur Rückübertragung verpflichtet. Aus diesen Gründen, der Erhaltung des Anspruchs und der Sicherungsabrede, deutete der BGH die eigentliche Abtretung nach § 140 BGB in eine Verpfändung um, wodurch es dem BGH gelang, die beiderseitigen Interessen zu wahren. Jedoch lagen die Anforderungen an eine Umdeutung nach § 140 BGB nicht vor. § 140 BGB setzt die Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts voraus, welches umgedeutet werden soll.685 Die Abtretung war hier jedoch eindeutig wirksam. Lediglich die durch die Abtretung ausgelöste 681 BGH
NJW 1953, 1865. dieser Entscheidung rückten die Richter des OLG Düsseldorf im Jahr 1999 wieder ab. Ausführlich zu dieser Entscheidung vgl. 3. Kapitel E. II. 1. b). 683 BGH NJW 1953, 1865. 684 Das Bestehen und Berücksichtigten solcher Nebenpflichten war seit jeher überwiegend anerkannt, fand jedoch erst mit der Schuldrechtsreform im Jahre 2002 mit Art. 241 II BGB Eingang in das BGB. 685 MüKO/Busche, § 140 Rn. 7; Staudinger/Roth, § 140 Rn. 9; Gernhuber § 19 Rn. 6c. 682 Von
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3. Kap.: Die Rechtsfolgen der Konfusion im bürgerlichen Recht
Rechtsfolge stand im Widerspruch zum beiderseitigen Parteiinteresse und war demnach unerwünscht. Anstatt die noch als zwingend geltende Rechtsfolge der Konfusion in diesem Fall aus Interessengesichtspunkten anzupassen, erschien es den BGH-Richtern vorzugswürdig, sich über die Anforderungen des § 140 BGB hinwegzusetzen. Ein ähnliches Vorgehen des BGH zeigte sich in einer seiner späteren Entscheidungen:686 Im Unterscheid zum gerade beschriebenen Fall trat, aufgrund der Bestellung des Erbbaurechts am eigenen Grundstück, bereits ab Forderungsbegründung Konfusion ein. Anstatt sich jedoch mit den Rechtsfolgen der Konfusion ab Forderungsbeginn auseinanderzusetzen, griff der BGH auf Auslegung nach § 157 BGB und Umdeutung nach § 140 BGB zurück, um der Problematik bezüglich der Rechtsfolgen der Konfusion zu entgehen.687 Auch in dieser Entscheidung zeigt sich die Unsicherheit des BGH gegenüber dem Rechtsinstitut der Konfusion und der Versuch, einer Auseinandersetzung mit deren Rechtsfolgen zu entgehen. In den bisher besprochenen Entscheidungen zeigte sich, dass sich die Rechtsprechung sehr stark an der damals vertretenen Ansicht der Konfusionsfolgen, dem zwingenden Erlöschen des Schuldverhältnisses, orientierte. Selbst wenn eine solche Rechtsfolge gar im Widerspruch zu dem beiderseitigen Parteiinteresse stand, konnten sich die Richter nicht dazu durchringen, diese Rechtsfolge zu adaptieren. Ein erstes Abweichen von dieser starren und unzeitgemäßen Behandlung der Rechtsfolgen der Konfusion lässt sich einem viel zitierten Urteil des BGH aus dem Jahr 1967 entnehmen:688 Der Erbe als Gläubiger des Erblassers hatte aufgrund der Anordnung einer Testamentsvollstreckung keinen endgültigen Zugriff auf den Nachlass und konnte sich aus diesem Grunde nicht schadlos halten. Nach der bisherigen Rechtsprechung des BGH hätte die Vereinigung von Gläubiger und Schuldner in einer Person zu dem Erlöschen der Forderung führen müssen. Der BGH erkannte, dass diese Rechtsfolge den Erben gegenüber anderen Nachlassgläubigern benachteiligen würde. Die Interessenlage gebot es, trotz Konfusion die Forderung des Erben gegen den Nachlass aufrechtzuerhalten. Die Richter führten aus, dass die Konfusion nur „in der Regel“ zu einem Erlöschen des Schuldverhältnisses führe. Von einer aus scheinbarer Logik resultierenden zwingenden Erlöschensfolge war man abgewichen. Der BGH entschied sich nach einer Abwägung der beiderseitigen Interessen bewusst zugunsten der Interessen des Erben und passte die zuvor als zwingend geltende Rechtsfolge der Konfusion an.689 686 BGH
NJW 1982, 2381. NJW 1982, 2382. 688 BGH NJW 1967, 2399. 689 Zwar lässt sich bereits den Motiven zu § 291 E1 eine Einschränkung der zwingenden Erlöschensfolge entnehmen. Diese beschränkten sich jedoch auf solche Sachverhalte, die später Eingang in das BGB gefunden haben, vgl. 2. Kapitel A. I. 687 BGH
C. Die Behandlung der Konfusion durch die deutsche Rechtsprechung 161
Eine ähnliche Argumentation findet sich in BGH NJW 1995, 2287 (2288): In diesem Fall fordert ein Sozialhilfeträger von dem Erben und Beschenkten eines Sozialhilfeempfängers Rückgabe eines geschenkten Grundstücks. Diesen Anspruch leitet der Sozialhilfeträger aus § 528 BGB ab. Der BGH führt bezüglich eines potenziellen Erlöschens des Anspruchs aus § 528 BGB aufgrund von Konfusion aus, dass dessen Fortbestand aus Interessengesichtspunkten geboten sei. Bemerkenswert ist, dass der BGH in diesem Zusammenhang grundsätzlich zu den Rechtsfolgen der Konfusion dahingehend Stellung nimmt, dass eine solche zwar in der Regel zu einem Erlöschen des Schuldverhältnisses führe, diese Rechtsfolge jedoch weder gesetzlich vorgeschrieben noch logisch zwingend sei. Sollte es die Interessenlage gebieten, sei vielmehr von dem Fortbestand des Schuldverhältnisses auszugehen.690 Eine Entscheidung des OLG Düsseldorf691 lässt sich unmittelbar mit der bereits erörterten Entscheidung aus dem Jahr 1953692 verknüpfen: Auch in diesem Fall trat ein Versicherungsnehmer seine Rechte an eine Versicherung zur Sicherung eines durch die Versicherung gewährten Darlehens ab. Im Unterschied zu obiger Entscheidung sahen die Richter keinen Anlass, die Sicherungsabtretung nach § 140 BGB in eine Verpfändung umzudeuten, um der unerwünschten und im Widerspruch zu beiderseitigem Parteiinteresse stehenden Erlöschensfolge aufgrund von Konfusion zu entgehen. Dies resultiert nicht zuletzt daraus, dass der BGH mittlerweile, wie in beiden zuvor untersuchten Urteilen dargelegt, von dem Erlöschen als zwingend gebotener Folge der Konfusion Abstand genommen hat.693 Vielmehr sei unter Interessengesichtspunkten zu ermitteln, ob ein Fortbestand des Schuldverhältnisses,
690 Diese beiden Entscheidungen des BGH können insoweit als Präzedenzentscheidungen bezeichnet werden, als dass deren Argumentation und deren Bruch mit der starren Erlöschensfolge in diversen weiteren Entscheidungen des BGH herangezogen wird, vgl. etwa OLG Düsseldorf NJW 1999, 1406 (1408) oder BGH NJW-RR 2016, 784. 691 OLG Düsseldorf NJW-RR 1999, 1406 (1408), vgl. 3. Kapitel E. II. 1. b). Zunächst verwunderlich erscheint es an dieser Stelle auf ein Urteil eines OLG einzugehen, zumal sich dieser Abschnitt in den anderen untersuchten Fällen ausnahmslos mit Urteilen des BGH befasst. Jedoch rechtfertigt sich die Beleuchtung dieses Urteils des OLG Düsseldorf zum einen dadurch, dass es sich um ebenfalls um ein letztinstanzliches Urteil handelt. Eine Revision erfolgte nicht. Zum anderen zeigt sich an diesem Urteil besonders deutlich der Wandel, der sich in der deutschen Rechtsprechung im Hinblick auf die Rechtsfolgen der Konfusion abzeichnete, da der BGH in einer sehr ähnlich gelagerten Entscheidung gut 40 Jahre zuvor noch gänzlich anders entschieden hat. 692 BGH NJW 1953, 1865. 693 In der Urteilsentscheidung verweisen die Richter des OLG explizit auf BGH NJW 1995, 2287 (2288).
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3. Kap.: Die Rechtsfolgen der Konfusion im bürgerlichen Recht
in diesem konkreten Fall der Lebensversicherung, geboten sei.694 In dem in Rede stehenden Streit war dies nach den obigen Ausführungen unzweifelhaft der Fall. Die Richter entschieden sich hier gegen eine Umdeutung contra legem und adaptierten die Rechtsfolgen der Konfusion so, dass ein größtmöglicher Ausgleich der beiderseitigen Parteiinteressen erreicht wird. Von einer zwingend vorgegebenen Rechtsfolge der Konfusion ist keine Rede mehr. Zusammengefasst lässt sich feststellen, dass die deutschen Gerichte im Laufe der Jahre von ihrer vormaligen, noch sehr stark von den Motiven und Protokollen zu § 291 E1 geprägten, starren „Erlöschensrechtsprechung“ Abstand genommen haben und sich mittlerweile um ein einzelfallgerechtes und die Parteiinteressen in Ausgleich bringendes Ergebnis bemühen, indem im konkreten Einzelfall danach gefragt wird, ob ein berechtigtes Interesse an dem Fortbestand des Schuldverhältnisses geboten erscheint. Sollte dies der Fall sein, bestehen gegen ein solches Fortbestehen aufgrund der nicht als zwingend vorgeschriebenen Erlöschensfolge der Konfusion keine Bedenken. Vorteil dieser Anpassung der Rechtsfolgen der Konfusion ist eindeutig die Erhöhung der Einzelfallgerechtigkeit. Aus diesen Gründen sollte in der Praxis keine „Angst“ vor dem Eintritt einer Konfusionslage und einem damit vermeintlich einhergehenden Erlöschen des Schuldverhältnisses bestehen.695 Der BGH sollte an seiner mittlerweile von den althergebrachten, scheinbar zwingenden Rechtsfolgen der Konfusion losgelösten Rechtsprechung festhalten.
D. Die Behandlung der Konfusion durch die österreichische und schweizerische Rechtsprechung Nach der Untersuchung des generellen Umgangs der deutschen Rechtsprechung mit den Rechtsfolgen der Konfusion soll im Folgenden ein Vergleich zu den Entscheidungen der Rechtsprechungen Österreichs und der Schweiz gezogen werden.696 Hinsichtlich der gesetzlichen Normierung und der Ein694 Eine vergleichbare Argumentation, ebenfalls im Zusammenhang mit den Rechtsfolgen der Konfusion im Fall der Sicherungsabtretung findet sich in BGH NJW-RR 2009, 1059 (1060). 695 Ausführlich zu dieser Sorge der Praxis und den umständlichen Umwegen, die zur Vermeidung des Eintritts der Konfusionslage angewandt werden, Bosak, JA 2009, S. 597. 696 Die Heranziehung der französischen Rechtsprechung ergab nicht zuletzt aufgrund der in 2016 erfolgten Reform des französischen Privatrechtes und der damit einhergehenden Streichung des Art. 1300 Cc und der Einführung des Art. 1349 Cc keine tragfähigen Erkenntnisse.
D. Behandlung durch österreichische und schweizerische Rechtsprechung163
ordnung der Rechtsfolgen sowie spezieller Fallkonstellationen durch die Rechtslehre und Rechtsprechung kann zunächst auf obige Ausführungen verwiesen werden.697 Es soll nun schwerpunktmäßig die generelle Behandlung der Konfusion in der jeweiligen Rechtsprechung untersucht werden, sowie Unterschiede zu der Rechtsprechung der deutschen Gerichte aufgezeigt werden. Zudem soll im Anschluss an die Darstellung der jeweiligen Rechtsprechung unter Bezugnahme auf die obigen Erkenntnisse698 jeweils eine abschließende Analyse in Form einer kritischen Beurteilung der Handhabung des Rechtsinstituts der Konfusion erfolgen. Die daraus gewonnenen Erkenntnisse sollen die Stellungnahme hinsichtlich der übergeordneten Frage nach den Rechtsfolgen der Konfusion in Deutschland unterstützen.699 Zunächst ist als größter und gleichzeitig offensichtlichster Unterschied zwischen dem deutschen BGB und dem österreichischen ABGB bzw. dem schweizer OR festzustellen, dass sowohl das ABGB als auch das OR eine konkrete Norm beinhalten, die die Rechtsfolgen der Konfusion explizit regelt. Im Gegensatz dazu findet sich im BGB keine solche Norm.700 Aufgrund dessen unterscheidet sich die Herangehensweise der jeweiligen Gerichte bereits im Grundsatz: Die Gerichte Österreichs und der Schweiz können bei ihrer Entscheidungsfindung stets auf die durch das Gesetz vorgegebene Norm zurückgreifen. Die deutschen Richter dagegen haben lediglich die Möglichkeit zuvor entschiedene, vergleichbare Fälle heranzuziehen und, falls nötig, deren Ausführungen auf den konkreten Fall anzupassen.
I. Rechtsprechung Österreichs Wie bereits dargelegt, kann sich die gesamte Rechtsprechung der österreichischen Gerichte zu den Rechtsfolgen der Konfusion auf § 1445 ABGB, dessen Normtext und Regelungsinhalt bereits oben erläutert wurde, beziehen.701 Es soll nun anhand konkreter Urteile aufgezeigt werden, wie die Richter § 1445 ABGB anwenden und ob bzw. welche Problematiken dabei entstehen. In einer ersten Entscheidung des Obersten Gerichtshof aus dem Jahr 2009 begehrt der Kläger als vormaliger Träger eines Krankenhauses von dem Beklagten, dem Haftpflichtversicherer des Klägers, Bezahlung von Pflegegeld697 2. Kapitel
C. I., II. 2. Kapitel C. I., II. 699 Vgl. 3. Kapitel F. 700 Ausführlich dazu 2. Kapitel A., B. 701 Vgl. 2. Kapitel C. I. 698 Vgl.
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3. Kap.: Die Rechtsfolgen der Konfusion im bürgerlichen Recht
und Sozialhilfeleistungen, die das Land, das mittlerweile Träger des Krankenhauses ist, an einen Patienten leistete und für diese Leistungen es nun Regress fordert.702 Die Beklagte verweigert die Bezahlung dieser Leistung, da sie der Ansicht ist, dass der Kläger ab dem Zeitpunkt der Übernahme durch das Land nicht mehr aktivlegitimiert sei und durch die Übernahme des Krankenhauses durch das Land die Ansprüche durch Konfusion nach § 1445 ABGB erloschen seien. Bei bloßer Wortlautanwendung des § 1445 ABGB lässt sich die Auffassung der Beklagten zunächst hören. Man könnte auf die Idee kommen, dass durch die Übernahme durch das Land die Regressforderung des Landes gegen den Kläger aufgrund von Konfusion erloschen sein könnte und die Beklagte somit nicht mehr zur Deckung des Schadens verpflichtet wäre, da sich Gläubiger und Schuldner der Regressforderung in einer Person vereinigt hätten. Das Landgericht St. Pölten703 lehnte die Auffassung der Beklagten mit der Begründung und dem Hinweis auf den Wortlaut des § 1445 ABGB ab, dass eine Konfusion dann nicht eintrete, wenn „Verhältnisse von ganz verschiedener Art eintreten“. Ein Verzicht des Landes auf den Kläger als Schuldner sei nicht ersichtlich. Aus diesem Grunde bestünde auch nach der Übernahme das Regressverhältnis zwischen Land als Gläubiger und Kläger als Schuldner. Das Berufungsgericht bezog jedoch nicht konkret Stellung zu der Frage, ob durch die Übernahme des Krankenhauses Konfusion eingetreten ist und die Beklagte dadurch von ihrer Deckungspflicht befreit sei. Vielmehr führte es aus, dass selbst im Falle einer Konfusion die Beklagte zur Deckung der Regressforderung verpflichtet sei. Argumentativ zogen die Richter interessanterweise einen Rechtsvergleich zu deutschem Schrifttum704 und vertraten die Ansicht, dass eine zufällige Vereinigung nicht dem Versicherer zugutekommen dürfe, weil diese unvorhersehbar eintrete und durch den Eintritt auch das Deckungsbedürfnis des Versicherten nicht wegfalle. Eine Vereinigung der Rechtspositionen in der Person des Versicherten könne eine vormalige Deckungspflicht nicht erlöschen lassen. Bereits in dieser Entscheidung wird deutlich, dass trotz der Normierung des § 1445 ABGB dieser keine vollständige Rechtssicherheit bieten kann. Allein der Verweis des Erstgerichtes auf die äußerst schwammige Formulierung der abweichenden Rechtsfolge bei Eintritt von „Verhältnissen von ganz verschiedener Art“ zeigt, dass § 1445 ABGB eine abschließende Regelung der Konfusionsfälle nicht gewährleisten kann und es weiterhin einer Ausle702 7Ob104/09h. 703 GZ
2 Cg 21/08m-9. Späte/Schimikowski, Haftpflichtversicherung, S. 209; Prölls/Martin/Voit/Knappmann, Versicherungsvertragsgesetz, § 149 VVG Rn. 19; Berliner Kommentar zum Versicherungsvertragsgesetz/Baumann, § 149 VVG Rn. 116. 704 Exemplarisch
D. Behandlung durch österreichische und schweizerische Rechtsprechung165
gung durch die Rechtsprechung bedarf.705 Das Berufungsgericht ging gar einen Schritt weiter, argumentierte losgelöst von § 1445 ABGB anhand von Wertungsgesichtspunkten und erzielte dadurch ein interessengerechtes Ergebnis. Dieses wäre jedoch mit der bloßen Anwendung des § 1445 ABGB nicht möglich gewesen. Dies lässt den einfachen Rechtsanwender an der Durchschlagskraft des § 1445 ABGB zweifeln. Zur Gegenüberstellung kann eine weitere, vereinfacht dargestellte, Entscheidung des Obersten Gerichtshofs herangezogen werden, in der die Richter lediglich anhand des Normtextes des § 1445 ABGB eindeutige Rechtsklarheit schaffen konnten:706 Zum Nachlass einer Erblasserin gehört unter anderem ein 1/3 Anteil an einem Grundstück. Erbberechtigt sind eine Tochter und ein Sohn. Zudem steht eine durch einen Dritten behauptete Forderung im Raum. Dieser Dritte beantragte aufgrund dieser noch ausstehenden Zahlung Nachlasseparation. Im Vorfeld erwarb die Tochter der Erblasserin ein der Erblasserin vormals gehörendes Haus, wobei eine Kaufpreiszahlung noch nicht erfolgt ist. Der Kläger befürchtet nun, dass die Tochter die Forderung auf Kaufpreiszahlung nach dem Tod der Erblasserin und der dadurch eintretenden Konfusion nicht mehr gegen sich selbst geltend machen werde, dadurch eine Vermengung des Nachlasses mit dem Vermögen der Erblasserin erfolge und er seine eigene Forderung nicht mehr durchsetzen könne. Nach § 1445 ABGB tritt ein Erlöschen von Recht und Verbindlichkeit aufgrund von Konfusion jedoch dann nicht ein, wenn es dem Gläubiger freisteht, noch eine Absonderung seiner Rechte zu verlangen. § 1445 ABGB verweist unmittelbar auf § 812 ABGB, nach dem ein Gläubiger Nachlasseparation und die Bestellung eines Separationskurators verlangen kann, wenn seine Forderung gegen den Erblasser durch die Vermengung mit dem Vermögen des Erben gefährdet wäre. Das Erstgericht erörterte zunächst für die Rechtsfolgen der Konfusion nicht weiter relevante Aspekte hinsichtlich des ausreichenden Nachweises der Gefährdung der Forderung des Dritten. In nächster Instanz wurde dem Dritten nach dem Wortlaut der §§ 1445, 812 ABGB die Nachlassabsonderung zugesprochen. Der OGH stimmte der Entscheidung der zweiten Instanz jedoch insoweit nicht zu, als dass diese verkannt habe, dass § 1445 S. 2 ABGB anordnet, dass durch die Nachfolge des Schuldners, hier der Tochter, in das Vermögen des Gläubigers, der Erblasserin, in den Rechten der Erbschaftsgläubiger nichts geändert wird. Für die Forderung des Dritten gegen die Erblasserin bestand somit unter diesem Aspekt keinerlei Gefahr. Dem Wunsch auf Nachlasseparation sei richtigerweise daher nicht stattzuge705 Eine vergleichbare Situation, in der die Rechtsprechung ebenfalls Unsicherheiten mit der Behandlung dieser Ausnahme von dem Grundprinzip des § 1445 ABGB aufzeigte, findet sich in 8Ob325/99y. 706 7Ob675/86.
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3. Kap.: Die Rechtsfolgen der Konfusion im bürgerlichen Recht
ben. Der OGH gewährte dem Dritten jedoch unter einem anderen Aspekt die Nachlasseparation: Durch diese ist der Sohn der Erblasserin an der Durchsetzung seines als Vermächtnisnehmer bestehenden Anspruch auf Einverleibung seines Grundstücksanteils in sein Vermögen gehindert. Aus diesem Grund und unter Berücksichtigung des Normzwecks des § 812 ABGB, denjenigen, der die Nachlasseparation begehrt, vor allen durch die Verfügungsgewalt der Erben potenziell entstehenden Gefahren zu schützen, ist die Nachlasseparation ein geeignetes Sicherungsmittel für den Dritten. In dieser Entscheidung zeigt sich zunächst deutlich der Vorteil der expliziten Normierung der Konfusion: Die Rechtsprechung hat die Möglichkeit bei der Urteilsfindung auf die Ausführungen und Verweise des § 1445 ABGB zurückzugreifen. Dies schafft ohne Zweifel Rechtsklarheit beim Gesetzesanwender. Es stellt sich jedoch die Frage, ob ein sachgerechtes Ergebnis auch ohne die Normierung des § 1445 ABGB hätte erzielt werden können. Sollte dies der Fall sein, spräche die, wenn auch nur theoretische Übertragbarkeit707 von Fallkonstellationen anderer Länder für die Sinnhaftigkeit und universelle Anwendbarkeit der hier in Bezug auf das deutsche Recht vertretenen Auffassung.708 Unter Zugrundelegung der hier vertretenen Ansicht hinsichtlich der Rechtsfolgen der Konfusion, dass ein Erlöschen dann nicht eintritt, sollte ein rechtliches Bedürfnis an dem Fortbestand des Schuldverhältnisses bestehen, hätte ebenfalls ein vergleichbares Ergebnis erzielt werden können. Die in § 812 ABGB normierte potenzielle Gefahr kann ohne Weiteres durch den Oberbegriff des rechtlichen Bedürfnisses ersetzt werden. In diesem konkreten Fall bestand für den Kläger zweifelsohne ein rechtliches Bedürfnis an der Separation des Nachlasses und somit am Fortbestand des Schuldverhältnisses. Ohne eine solche Separation wäre es durchaus denkbar gewesen, dass die Tochter der Erblasserin der Kaufpreisforderung infolge des Erbfalls nicht nachkommt und dies eine Verringerung der Erbmasse nach sich ziehen würde. Der Regelungsinhalt des § 812 ABGB, auf den § 1445 ABGB explizit verweist, stellt lediglich die explizite Normierung eines konkreten Ausnahmefalles von der regelmäßigen Erlöschenswirkung der Konfusion i. S. d. § 1445 ABGB dar, in dem ein Erlöschen des Schuldverhältnisses nicht inte ressengerecht wäre. Neben dem Verweis auf § 812 ABGB beinhaltet § 1445 ABGB als Ausnahme des grundsätzlichen Erlöschensgrundsatzes die äußerst vage Formu707 Eine tatsächliche Übertragbarkeit scheitert bereits an dem Bestehen des § 1445 ABGB, da die hier vertretene Auffassung ja gerade die Konstellationen erfassen soll, in denen das BGB keine ausdrückliche Norm bereithält, die die Rechtsfolgen der Konfusion regelt. 708 3. Kapitel B. I. 3.
D. Behandlung durch österreichische und schweizerische Rechtsprechung167
lierung des Eintritts von „Verhältnissen von ganz verschiedener Art“. Auch darin kann der Versuch der Gesetzesbegründer erkannt werden, die Fälle, in denen ein Erlöschen des Schuldverhältnisses nicht interessengerecht wäre, einem sachgerechten Ergebnis zuzuführen. Dass diese Formulierung zu unterschiedlichen Auffassungen hinsichtlich ihres Anwendungsbereichs und der daraus resultierenden Ergebnisse führt, verwundert nicht.709 Vor allem diese zweite in § 1445 ABGB normierte Ausnahme von dem grundsätzlichen Erlöschensprinzip kann demnach hinsichtlich ihrer Regelungsform nicht überzeugen. Insgesamt lässt sich somit festhalten, dass es sich bei § 1445 ABGB um eine Art „Hybridnorm“ handelt: Einerseits wird die grundsätzliche Rechtsfolge der Konfusion explizit festgelegt.710 Andererseits erkannten die Gesetzesbegründer, dass dieses Ergebnis nicht in jedem Einzelfall zu einem sachgerechten Ergebnis führen würde, und fügten in § 1445 ABGB mit dem Verweis auf die §§ 802 und 812 ABGB einen konkreten Anwendungsfall ein, in dem die Konfusion nicht zu einem Erlöschen des Schuldverhältnisses führen sollte. Daneben werden in gewisser Weise als „Auffangbecken“ alle anderen Konstellationen, in denen ein Erlöschen nicht interessengerecht wäre, unter die „Verhältnisse von ganz verschiedener Art“ gefasst. Diese Vorgehensweise lässt darauf schließen, dass die Gesetzesbegründer erkannten, dass es ihnen nicht gelingen würde, jedweden Ausnahmefall explizit im Gesetz zu normieren, und sich daher dazu entschlossen, es dem Gesetzesanwender zu überlassen, in allen Ausnahmefällen, außer denen der Nachlasseparation selbst zu entscheiden, ob ein Erlöschen als Folge der Konfusion interessengerecht ist oder nicht. Dies führt unweigerlich zu einem Minus an Rechts sicherheit, jedoch zugunsten erhöhter Gerechtigkeit im Einzelfall. Offensichtlich ist jedoch, dass diese Formulierung deutlich zu ungenau ist und dem Rechtsanwender nicht einmal einen ausfüllbaren Oberbegriff vorgibt, anhand dessen eine Entscheidung getroffen werden kann. Wie gezeigt, lässt sich ein sachgerechtes Ergebnis auch in den Fällen der Nachlasseparation herbeiführen, indem diese unter den Oberbegriff des „rechtlichen Bedürfnisses am Fortbestand des Schuldverhältnisses“ subsumiert werden. Die explizite Erwähnung dieser konkreten Fallgruppe scheint aus diesem Grund entbehrlich. Insgesamt kann die Konstruktion des § 1445 ABGB als umfassende Rechtsnorm die Rechtsfolgen der Konfusion betreffend somit nicht überzeugen. Dies schließt jedoch nicht aus, dass bei einer noch durchzuführenden, 709 Vgl.
etwa 7Ob104/09h; 8Ob325/99y. selbst bei der Regelung der grundsätzlichen Rechtsfolge bestehen im konkreten Einzelfall Uneinigkeiten etwa hinsichtlich des Zeitpunktes des Eintritts des Erlöschens in Folge des Erbfalls, vgl. 9ObA28/03p; 7Ob205/15w; 5Ob119/13f. Hierzu trifft § 1445 ABGB keine eindeutige Aussage. 710 Doch
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3. Kap.: Die Rechtsfolgen der Konfusion im bürgerlichen Recht
abschließenden Stellungnahme711 nicht auf die Form einer „Hybridnorm“ zurückgegriffen werden kann.
II. Rechtsprechung der Schweiz Vergleichbar mit der österreichischen Rechtsprechung können auch die schweizer Richter im Hinblick auf die Rechtsfolgen der Konfusion auf eine explizite Norm zurückgreifen.712 Aus diesem Grund überrascht es wenig, dass die schweizerischen Gerichte sich stets auf den Regelungsinhalt des Art. 118 OR berufen. Im Unterschied zu § 1445 ABGB spricht Art. 118 OR nicht nur von einem regelmäßigen Erlöschen des Schuldverhältnisses im Konfusionsfall, sondern nimmt in Abs. 1 ein zwingendes Erlöschen als Folge der Vereinigung von Gläubiger und Schuldner an. Aus diesem Grunde bestehen für die schweizerischen Richter in den einschlägigen Entscheidungen in keinem Fall Zweifel an dieser Rechtsfolge per se.713 Trotz des zunächst eindeutigen Regelungsinhalts des Art. 118 OR bleiben jedoch Unklarheiten in dessen Anwendung nicht aus: Nach ganz herrschender Meinung714 muss die Vereinigung von Forderung und Schuld in einem Rechtssubjekt nachträglich, also etwa wenn der Gläubiger den Schuldner beerbt oder umgekehrt, erfolgen. Anders entschieden jedoch die Richter in folgendem Fall:715 Es klagte ein Gesellschafter gegen die Gesellschaft716 und seine beiden Mitgesellschafter auf Zahlung seines Honorars. Die drei Schuldner (Kläger und die beiden Beklagten) haften als Gesamtschuldner gemäß Art. 148 I OR zu je einem Drittel für die Forderung des Klägers. Das Gericht führt nun aus, dass es aufgrund der Doppeleigenschaft des Klägers als Drittgläubiger und als Gesamtschuldner zu einem vollständigen Erlöschen der Schuld durch Konfusion gemäß Art. 118 I OR kommt. Aufgrund der Tatsache, dass der Kläger für die Gesellschaft mehr als seinen eigenen Anteil bezahlt habe, habe er einen Regressanspruch gegen seine beiden Mitgesellschafter für die zwei Drittel, die er über seinen eigenen Anspruch hinaus erbracht hat.717
711 Vgl.
3. Kapitel F. zu den Rechtsfolgen der Konfusion im schweizerischen OR, 2. Kapitel C. II. 713 Etwa BGE 118 II 445; BGE 103 II 139; BGE 109 III 63. 714 Oser/Aepli, Art. 118 Rn. 19, 21; Widmer Lüchinger/Oser/Loacker, Art. 118 Rn. 4; Schwenzer, 81.01; Honsell/Vogt/Wiegand/Gonzenbach, Art. 118 Rn. 3. 715 BGE 103 II 137. 716 Laut Originalwortlaut handelt es sich um eine société simple, geregelt in Art. 530–551 OR, die weitestgehend mit der GbR des deutschen BGB gleichzusetzen ist, wobei deren Anwendungsbereich, aufgrund der Anerkennung der Teilrechtsfähigkeit und Prozessfähigkeit, deutlich weiter zu fassen ist. 712 Ausführlich
D. Behandlung durch österreichische und schweizerische Rechtsprechung169
Die Richter nehmen hier ein Erlöschen der Schuld des Klägers durch Konfusion nach Art. 118 I OR auch dann an, wenn es nicht erst zu einem nachträglichen Zusammenfall von Gläubiger- und Schuldnerstellung kommt. Dies stößt wie gezeigt auf heftige Kritik innerhalb der Lehre. Hieran lässt sich erkennen, dass trotz der Normierung des Art. 118 OR und dessen scheinbar eindeutigen Wortlaut Unklarheiten bezüglich dessen Regelungsinhalt bestehen. Die weitere Untersuchung der schweizerischen Rechtsprechung hinsichtlich des Umgangs mit Art. 118 OR ergab jedoch, dass es kaum Unstimmigkeiten oder Unsicherheiten bezüglich dessen Anwendung gab.718 In dieser Hinsicht unterscheidet sich die schweizerische Rechtsprechung von der Österreichs. Zu konstatieren ist jedoch, dass die schweizerische Rechtsprechung deutlich weniger Entscheidungen zum Rechtsinstitut der Konfusion bereithält als die Österreichs. Und auch in diesen Entscheidungen nimmt die Behandlung der Konfusion lediglich eine Nebenrolle ein. Es lässt sich kein Urteil finden, in dem es zu einer intensiven Auseinandersetzung mit der Norm des Art. 118 OR kommt. Aus diesem Grund scheint zumindest vordergründig die Formulierung des Art. 118 OR der des § 1445 ABGB voranzustehen. Aufgrund der zwingenden und von den schweizerischen Richtern in keiner Entscheidung in Frage gestellten Erlöschensfolge der Konfusion würde es jedoch in den Fällen zu unsachgerechten Ergebnissen kommen, in denen ein Fortbestehen des Schuldverhältnisses aus Interessengesichtspunkten geboten wäre.719 Daran ändern auch die in Abs. 3 normierten Ausnahmen von dem Erlöschensgrundsatz des Abs. 1 nichts. Anhand der Konzeption des Art. 118 OR lässt sich, vergleichbar mit der Konzeption des § 1445 ABGB, die Intention der schweizerischen Gesetzesbegründer erkennen, die Ausnahmen der Konfusionsfolge anhand konkreter Beispiele abschließend im Gesetz zu verankern. Im Unterschied zu § 1445 ABGB fehlt es in Art. 118 OR jedoch an einem Auffangtatbestand, unter den weitere Sachverhalte, die sich nicht unter Abs. 3 subsumieren lassen, aber bei denen ein Erlöschen zu unsachgerechten Ergebnissen führen würde, zu fassen sind. Aus diesen Gründen kann auch die Konzeption des Art. 118 OR nicht in Gänze überzeugen. Es ist nur eine 717 Bei einer rein ergebnisorientierten Betrachtung ist jedoch festzustellen, dass es auch bei der Ablehnung des Erlöschens der Schuld des Klägers aufgrund von Konfusion zu keinem anderen Ergebnis gekommen wäre: Der Kläger und seine Mitgesellschafter haften zu je einem Drittel für die Forderung gegen die Gesellschaft, Art. 148 I OR. Sollte ein Gesellschafter mehr als seinen eigenen Anteil bezahlt haben, so hat er gemäß Art. 148 II OR einen Regressanspruch gegen die übrigen Gesellschafter. 718 Ähnliches gilt auch für die Urteile innerhalb der französischen Rechtsprechung. 719 Zu verweisen ist hier etwa auf 7Ob675/86; 7Ob104/09h oder auf die obenstehenden Urteile der deutschen Rechtsprechung, vgl. 3. Kapitel C.
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3. Kap.: Die Rechtsfolgen der Konfusion im bürgerlichen Recht
Frage der Zeit, dass auch die schweizerischen Richter durch bloße Anwendung des Art. 118 OR kein interessengerechtes Ergebnis herbeiführen können.
III. Zwischenergebnis Somit ist zusammenfassend festzustellen, dass weder die Konzeption des § 1445 ABGB noch die des Art. 118 OR dem Rechtsanwender endgültige Rechtsklarheit und Rechtssicherheit bieten können. Insbesondere in den im Folgenden zu untersuchenden Fällen, in denen der Fortbestand des Schuldverhältnisses in Folge von Konfusion geboten wäre, stoßen beide Normen an ihre Grenzen.
E. Ausnahmen von der regelmäßigen Erlöschensfolge in lege und praeter legem Nach der intensiven Untersuchung der regelmäßigen Rechtsfolgen der Konfusion und deren Handhabung in den jeweiligen Zivilrechtskodifikationen sollen nun die Konstellationen herausgearbeitet und systematisiert werden, in denen eine Ausnahme von dem regelmäßigen Erlöschensgrundsatz geboten erscheint. Es soll zudem im Folgenden vorausgesetzt werden, dass die Auffassung, zwingende Rechtsfolge der Konfusion sei das Erlöschen des Schuldverhältnisses, überholt ist.
I. Anerkannte Ausnahmen von der regelmäßigen Erlöschensfolge Zunächst soll auf die in der herrschenden Lehre anerkannten Ausnahmen von der grundsätzlichen Erlöschensfolge eingegangen werden, indem diese in Konstellationen aufgeteilt werden, in denen die Konfusion im Zusammenhang mit getrennten Sondervermögen steht, ein dingliches Recht Dritter im Raum steht bzw. Dritten ein Recht an der Forderung zusteht, sowie weitere Einzelfälle, deren Ausnahmestellung von Rechtsprechung und Lehre im Laufe der Zeit ausgearbeitet und anerkannt wurden. 1. Getrennte Vermögensmassen Unter die erste und aufgrund ihrer gesetzlichen Normierung am offensichtlichsten anzuerkennende Ausnahmegruppe sind die Konstellationen zu fassen, in denen das Vermögen des Erben und der Nachlass trotz Vereinigung
E. Ausnahmen von der Erlöschensfolge in lege und praeter legem171
von Forderung und Schuld in der Person des Erben getrennten Vermögensmassen zuzuordnen sind. Hierzu zählen die oben bereits untersuchten Fälle der §§ 1976 (Nachlassverwaltung/Nachlasskonkurs), 1991 II (Dürftigkeitseinrede), 2143 (Nacherbfall), 2175 (Vermächtnis) und 2377 BGB (Erbschafts kauf).720 In diesen Fällen ordnet das Gesetz den Fortbestand des Schuldverhältnisses mittels Fiktion aus den jeweils normierten Gründen an. Jedoch sind die Fälle, in denen eine Ausnahme von der regelmäßigen Erlöschensfolge sachgerecht ist, von den Gesetzesvätern nicht abschließend gesetzlich verankert worden. Aus den Motiven zu § 291 E1 ergibt sich, dass die Gesetzesväter es in diversen Konstellationen aufgrund der Offensichtlichkeit der Rechtslage nicht für geboten hielten, diese zu normieren.721 Vielmehr wurde es Rechtsprechung und Rechtslehre überlassen, die Rechtsfolgen in den entsprechenden Situationen unabhängig von einer gesetzlichen Verankerung sachgerecht zu bestimmen. Aufgrund der nicht abschließenden Normierung der Ausnahmen sind Rechtsprechung und Rechtslehre frei in der Entwicklung weiterer Ausnahmegruppen, in denen das regelmäßige Erlöschen als Folge der Konfusion nicht sachgerecht ist. Aus den genannten erbrechtlichen Sonderkonstellationen, die allesamt den Fortbestand des Schuldverhältnisses trotz Konfusion fingieren, lässt sich die grundsätzliche Intention der Gesetzesväter entnehmen, dass in allen Fällen, in denen trotz Konfusion Forderung und Schuld zu getrennten Vermögensmassen gehören, kein Erlöschen eintreten soll.722 Aus diesem Grund ist anerkannt,723 dass ein Schuldverhältnis zwischen Erblasser und Erben trotz Konfusion bestehen bleibt, wenn Testamentsvollstreckung angeordnet ist.724 Eine ausdrückliche Normierung dieser Fallgruppe unterblieb, trotz des grundsätzlichen Ziels der Gesetzesväter alle Konstellationen, in denen es zu einer Trennung von Vermögensmassen kommt, explizit zu regeln, woraus sich die Planwidrigkeit der Regelungslücke ergibt. In diesen Fällen bleibt der Erbe trotz Eintritt des Erbfalls Schuldner bzw. Gläubiger der Forderung des Erblassers. Durch die Bestellung eines Testamentsvollstreckers zur Verwaltung des Nachlasses wird bereits mit dem Eintritt des Erbfalls und nicht erst mit Amtsantritt des Testamentsvollstreckers Sondervermögen gebildet.725 Die 720 Vgl.
3. Kapitel A. etwa 2. Kapitel A. I. 1. a). 722 So auch Bosak, JA 2009, S. 597; Kollhosser/Jansen, JA 1988, S. 306; Gern huber, § 19 Rn. 5; Heck, Schuldrecht, S. 192; Kretschmar, S. 196; BGH NJW 1967, 2399 (2400). 723 Eine Übertragbarkeit der Rechtsgedanken soll im Wege der Analogie, die eine planwidrige Regelungslücke bei vergleichbarer Interessenlage voraussetzt, vgl. Reimer, Juristische Methodenlehre, Rn. 562, erfolgen. 724 BGHZ 25, 275 (282); BGHZ 48, 214 (220). 725 So auch Gernhuber, § 19 Rn. 5; BGHZ 48, 214 (220). 721 Vgl.
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3. Kap.: Die Rechtsfolgen der Konfusion im bürgerlichen Recht
Verwaltung des Sondervermögens steht nicht dem Erben, sondern dem Testamentsvollstrecker zu. Nur dieser kann über die einzelnen Erbschaftsgegenstände nach den §§ 2205, 2211 BGB verfügen. Der Erbe hat ab Bildung des Sondervermögens keine Zugriffsmöglichkeit auf den Nachlass. Dieses Ergebnis folgt aus den gleichen Erwägungen wie die oben genannten, normierten erbrechtlichen Sonderkonstellationen, in denen eine Trennung der Vermögensmassen vorliegt: Der Erbe darf allein aufgrund der Konfusion nicht schlechter gestellt werden als die anderen Nachlassgläubiger.726 Im Unterschied zu den normierten Ausnahmefällen kommt es in den Konstellationen im Zusammenhang mit der Testamentsvollstreckung zu keinem Zeitpunkt zu einer Vereinigung von Forderung und Schuld, sondern eine Trennung der Vermögensmassen tritt bereits ab dem Eintritt des Erbfalls ein. Einer Art Rückgängigmachung in Form einer Fiktion, wie es etwa § 1976 BGB anordnet, bedarf es in den Fällen der Testamentsvollstreckung nicht. Dennoch gebietet es die weitestgehend vergleichbare Interessenlage, dass die Vereinigungsfälle, in denen Testamentsvollstreckung angeordnet ist, analog zu obigen erbrechtlichen Sonderkonstellationen zu behandeln sind.727 Ein Blick in das österreichische ABGB lässt erkennen, dass etwa § 1445 ABGB und der darin enthaltene Verweis auf § 812 ABGB explizit von der Aufrechterhaltung des Schuldverhältnisses in Folge der Konfusion in den Fällen spricht, in denen dem Gläubiger noch eine Absonderung seiner Rechte zusteht. In diesen Konstellationen wird das Nachlassvermögen vom Vermögen des Erben getrennt und stellt somit ein Sondervermögen dar.728 Zudem fallen nach verbreiteter Ansicht unter die „Verhältnisse von ganz verschiedener Art“ weitere vergleichbare Fälle, in denen ein Rechtssubjekt Träger verschiedener Sondervermögen ist.729 Diese Ausnahme von der regelmäßigen Erlöschensfolge des § 1445 ABGB resultiert aus denselben Gründen wie die 726 Vgl.
3. Kapitel A. I. fraglich erscheint die von Bosak, JA 2009, S. 596 vorgeschlagene Paragraphenkette (§§ 976, 1991 II, 2143, 2175, 2377 BGB analog). Vielmehr sollte die Überprüfung der Analogievoraussetzungen anhand eines Verweises auf die vergleichbare Interessenlage etwa mit der des § 1976 BGB bei gleichzeitig fehlender Normierung durch den Gesetzgeber, der die Aufstellung der Ausnahmegruppen in § 291 E1 für abschließend hielt, erfolgen. In anderen Werken zu diesem Thema findet sich meist nur der schlichte Hinweis, dass die Rechtsgedanken, die in den normierten Ausnahmefällen zum Tragen kommen, analog auf die Situationen, die im Zusammenhang mit der Testamentsvollstreckung stehen, anzuwenden sind. Eine Überprüfung des Vorliegens der Analogievoraussetzungen unterbleibt, vgl. Bosak, JA 2009, S. 596; Kollhosser/Jansen, JA 1988, S. 306. Wacke, in: FS Medicus, S. 565 und Gernhuber, § 19 Rn. 5 nehmen schlicht eine Übertragbarkeit der Fälle an. Ebenso die Rechtsprechung, vgl. BGHZ 25, 275 (282); BGHZ 48, 214 (220). 728 Vgl. 2. Kapitel C. I. 2. 729 Vgl. 2. Kapitel C. I. 727 Zumindest
E. Ausnahmen von der Erlöschensfolge in lege und praeter legem173
Anerkennung dieser Ausnahmegruppe im deutschen BGB: Interessen gesichtspunkte gebieten es, dass in diesen Fällen ein Schuldverhältnis nicht untergeht, da der Erbe im Vergleich zu anderen Erbschaftsgläubigern nicht schlechter gestellt werden darf. Abschließend lässt sich somit festhalten, dass es in den Fällen zu keinem Erlöschen des Schuldverhältnisses als Folge der Konfusion kommt, in denen Forderung und Schuld verschiedenen Sondervermögen ein und derselben Person zuzuordnen sind. 2. Dingliche Rechte Dritter Ein Erlöschen des Schuldverhältnisses tritt trotz Konfusion zudem nicht zuungunsten von Nießbrauchern und Pfandrechtsgläubigern ein.730 Sowohl Nießbrauch als auch Pfandrecht bleiben weiter bestehen. Dies lässt sich mit dem Ziel des effektiven Schutzes des Dritten (Inhabers des beschränkt dinglichen Rechts) begründen. Andernfalls würde dieser einen Verlust seines Rechts hinnehmen müssen, ohne dafür einen adäquaten Ausgleich zu erhalten. Vergleichbar dazu regeln die §§ 1071 und 1276 BGB, dass im Falle einer rechtsgeschäftlichen Aufhebung Pfand und Nießbrauch lediglich mit der Zustimmung des Inhabers des beschränkt dinglichen Rechts aufgehoben werden dürfen, sogenanntes „Verbot der Drittschädigung“. Eine vergleichbare Interessenlage liegt in den Fällen der potenziellen Aufhebung durch die tatsächliche Vereinigung von Forderung und Schuld vor und der Rechtsgedanke des „Verbots der Drittschädigung“ lässt sich auch auf die Fälle der Konfusion übertragen. Auch dadurch würden die Rechte des Dritten unzumutbar belastet werden. Anstelle einer Zustimmung zu dieser Aufhebung wird von vor neherein von einer Erlöschensfolge abgesehen. Normen dieses Regelungsinhalts fanden sich bereits in den §§ 1032, 1223 E1. Diese legten fest, dass die Rechte des Pfandgläubigers bzw. des Nießbrauchers durch die Konfusion nicht beeinträchtigt werden dürfen. Umstritten war, wie bereits oben ausgeführt, ob es notwendig ist, diese Regelungen im BGB zu normieren.731 Im Ergebnis entschied man sich aufgrund der Selbstverständlichkeit ihres Regelungsinhaltes gegen eine Normierung.732 Ein Schuldverhältnis erlischt jedoch in diesem Zusammenhang, sollten Pfandrecht und Nießbrauch an diesem Schuldverhältnis zuvor erlöschen. Es 730 Staudinger/Olzen, Einleitung zu §§ 362 ff. Rn. 29; MüKo/Fetzer, Vorbemerkung § 362 Rn. 4; Grüneberg/Grüneberg, Überblick vor § 362 Rn. 4; Servatius, JuS 2006, S. 1062 f. 731 Vgl. 2. Kapitel A. I. 1. a). 732 So auch Wacke, in: FS Medicus, S. 557.
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3. Kap.: Die Rechtsfolgen der Konfusion im bürgerlichen Recht
mangelt dann an einem Drittbezug, der die regelmäßige Erlöschensfolge der Konfusion verhindert.733 3. Dritten steht Recht an der Forderung zu Eine weitere Ausnahme von der regelmäßigen Erlöschensfolge der Konfusion kann in den Fällen vorzunehmen sein, in denen einem Dritten an der Forderung zwischen Gläubiger und Schuldner ein Recht zusteht und der Gläubiger den Schuldner bzw. der Schuldner den Gläubiger beerbt. Dies gilt etwa in folgender Situation:734 Ein Sozialhilfeträger fordert von dem Erben und Beschenkten eines Sozialhilfeempfängers Rückgabe eines geschenkten Grundstücks gemäß § 528 BGB. In diesem Fall geht der Rückforderungsanspruch gegen den Schenker auf den Erben über und kann später vom Sozialhilfeträger gegen diesen geltend gemacht werden.735 Durch den Erbfall wird der Erbe zugleich Gläubiger und Schuldner des Rückforderungsanspruchs aus § 528 BGB. Sollte nun dieser Anspruch aufgrund von Konfusion untergehen, würde dies den berechtigten Interessen des Sozialhilfeträgers an der Rückerstattung der gegenüber dem Schenker erbrachten Leistungen widersprechen. Aus diesen Gründen erlischt hier der Anspruch aus § 528 BGB aus Wertungsgesichtspunkten nicht aufgrund von Konfusion.736 Die beschriebene Situation lässt sich entsprechend auf alle weiteren Fälle übertragen, in denen ein Dritter ein aus Interessengesichtspunkten schützenswertes Recht an einer Forderung hat, welches aufgrund von Konfusion zu erlöschen droht.737 4. Wertpapier/Inhaberpapier Auch Forderungen, die dem Wertpapierrecht unterliegen, erlöschen nicht in Folge der Konfusion, sollte der Aussteller das Papier etwa zurück erhalten,
733 So
auch Gernhuber, § 19 Rn. 6c. NJW 1995, 2287 (2288). 735 Ausführlich zu der umstrittenen Frage nach der Vererblichkeit dieses Anspruchs und dessen Überleitung auf den Sozialhilfeträger etwa Haarmann, Die Geltendmachung von Rückforderungsansprüchen aus § 528 durch den Träger der Sozialhilfe nach dem Tode des Schenkers, FamRZ 1996, S. 522 (527); Vollkommer/Schwaiger, Zur Überleitung des Rückforderungsanspruchs nach § 528 Abs. 1 BGB auf den Sozialhilfeträger, JZ 1996, S. 632 (636). 736 So auch der BGH NJW 1995, 2287 (2288). Anders noch die Vorinstanz OLG Düsseldorf OLG-Rp 1995, 119 und OLG Celle Nds. Rpfl. 1993, 11 (12). 737 Vgl. auch BGH NJW 2009, 1059 (1060). 734 BGH
E. Ausnahmen von der Erlöschensfolge in lege und praeter legem175
sondern ruhen lediglich.738 Die Forderung lebt wieder auf, wenn das Wertpapier neu begeben wird,739 also der Aussteller das Papier wieder weitergibt. Dies ergibt sich ausdrücklich aus den Normen des Wechsel- und des Scheckgesetzes.740 Anhand dieser Normen lässt sich erkennen, dass beide Gesetze unproblematisch von dem Bestand von Forderungen aus Inhaberpapieren auch nach eingetretener Konfusion ausgehen.741 Auch die Rechtsprechung zweifelt nicht an dieser Rechtsfolge.742 Aufgrund der schwindenden Bedeutung von Wechsel und Scheck in der Praxis soll auf diese Ausnahmegruppe nicht weiter eingegangen werden.
II. Umstrittene Ausnahmen von der regelmäßigen Erlöschensfolge Neben den Fallgruppen, in denen eine Ausnahme vom Erlöschensgrundsatz weitestgehend anerkannt ist, gibt es auch Konstellationen, in denen eine solche abweichende Rechtsfolge umstritten ist. 1. Besondere Interessenlage Die Frage, ob eine Einschränkung des Erlöschensgrundsatzes statthaft ist, stellt sich vor allem in den Konstellationen, in denen ein Fortbestehen des Schuldverhältnisses generell dem Schutz berechtigter Interessen dient. Zwar gibt es eine Vielzahl konstruierbarer Fälle, die sich unter diese Fallgruppe subsumieren lassen, jedoch soll an dieser Stelle lediglich auf einzelne Entscheidungen der Rechtsprechung eingegangen werden, die in der wissenschaftlichen Diskussion für Furore gesorgt haben.
738 Erman/Buck-Heeb, Vorbemerkung § 362 Rn. 3; MüKo/Fetzer, Vorbemerkung § 362 Rn. 4; Staudinger/Olzen, Einleitung zu §§ 362 ff. Rn. 32 f. 739 MüKo/Fetzer, Vorbemerkung § 362 Rn. 4; Grüneberg/Grüneberg, Überblick vor § 362 Rn. 4; Gernhuber, § 19 Rn. 6c. 740 Etwa Art. 6 I; 14 III ScheckG und Art. 3 I, II; 11 III WG. Teils werden für dieses Ergebnis auch andere Begründungen angeführt. Etwa, dass das Papier aufgrund potenzieller Erwerbsinteressen Dritter bestehen bleiben muss, vgl. Gernhuber, § 19 Rn. 6c; Kollhosser/Jansen, JA 1988, S. 307 oder, dass das gesamte Wertpapierrecht auf sachenrechtlichen Prinzipien fuße und eine Ausnahme von der regelmäßigen Erlöschensfolge daher gerechtfertigt sei, vgl. RGZ 147, 233. 741 Beachtenswert ist, dass bereits die Vorentwürfe zum BGB die Ausnahme von der regelmäßigen Konfusionswirkung berücksichtigten, vgl. Schubert/von Kübel, Recht der Schuldverhältnisse Teil 1, S. 1117 f. 742 RGZ 18, 6 (8); RGZ 147, 233 (243 f.).
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3. Kap.: Die Rechtsfolgen der Konfusion im bürgerlichen Recht
a) Rechtsfolge der Konfusion im Konfliktfall einer Vormerkung mit der Gesamtrechtsnachfolge Der in diesem Zusammenhang umstrittenste Fall wirft die Frage auf, welche Rechtsfolge die Konfusion im Konfliktfall einer Auflassungsvormerkung mit der Gesamtrechtsnachfolge hat. aa) BGH NJW 1981, 447 Als Ausgangspunkt dieser Diskussion soll das Urteil des BGH NJW 1981, 447 (448) dienen: (1) Sachverhalt In der zu untersuchenden Entscheidung musste der BGH Stellung zu den Rechtsfolgen der Konfusion bei einem Zusammentreffen des gutgläubigen Erwerbs einer Auflassungsvormerkung und der anschließenden Beerbung des scheinbaren Grundstückseigentümers durch den Vorgemerkten beziehen. Die Beteiligten stritten um das Eigentum an einem Grundstück, welches der ursprüngliche Eigentümer A an R übertrug. Diese wiederum verstarb und deren scheinbare, durch Erbschein bestimmte Alleinerbin B wurde ins Grundbuch eingetragen. Der Kläger erwarb das Grundstück käuflich von B, die diesem zusätzlich eine Auflassungsvormerkung bewilligte, die ebenfalls eingetragen wurde. Nachdem A kurze Zeit später verstarb, wurde klar, dass er und nicht die B Alleinerbin der R gewesen ist. Der Alleinerbe des A, der Beklagte, wurde alsdann als Eigentümer in das Grundbuch eingetragen. Der Kläger stellte zunächst einen Antrag auf Umschreibung des Eigentums, den er jedoch wieder zurückzog. Nach dem Tod der B beerbte der Kläger sie als Alleinerbe. Er verlangt nun vom Beklagten gemäß § 888 BGB die Zustimmung zu einer Eintragung seiner Person als Eigentümer ins Grundbuch. (2) Die Entscheidung des BGH An dem gutgläubigen Erwerb der Vormerkung durch den Kläger wird zunächst nicht gezweifelt.743 Er könne jedoch aus dieser keine Rechte mehr ableiten, weil sie als streng akzessorisches Recht mit der zu sichernden For743 Im Folgenden soll dies vorausgesetzt werden. Zweifel hieran würden die gesamte Diskussion um die Anerkennung des gutgläubigen Vormerkungserwerbs obsolet machen. Die beiden Vorinstanzen lehnten den gutgläubigen Erwerb der Vormerkung jedoch ab. Mittlerweile fast einhellig in Rechtsprechung und Literatur ist der gutgläubige Erwerb der Vormerkung jedoch anerkannt, vgl. BGHZ 25, 16 (23);
E. Ausnahmen von der Erlöschensfolge in lege und praeter legem177
derung, hier dem Auflassungsanspruch, untergegangen sei. Aufgrund der Beerbung der Verkäuferin B durch den Käufer (Kläger) sei der Auflassungsanspruch und dadurch auch die Vormerkung wegen Konfusion unterge gangen. § 883 II BGB sei auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar. Eine Ausnahme von der grundsätzlichen Erlöschensfolge der Konfusion, der den Fortbestand des Auflassungsanspruchs rechtfertigen würde, sei zudem nicht gegeben. Mithin bestehe der Anspruch des Klägers nicht und die Klage wurde abgewiesen. (3) Die Ansicht Wackes Insbesondere Wacke übte heftige Kritik am Urteil des BGH und widmete dieser Kritik zwei Aufsätze.744 Nach der Ansicht Wackes sei dieses Urteil im Ergebnis abzulehnen. Vielmehr dürfe eine gutgläubig erworbene Auflassungsvormerkung aufgrund von Konfusion nur dann untergehen, wenn der Inhaber der Vormerkung und auch dessen Gläubiger kein rechtlich schützenswertes Interesse an dem Fortbestand der Vormerkung haben. Dafür müsse der Sicherungszweck der Vormerkung vollständig erfüllt sein. Anders formuliert, der Vormerkungsinhaber habe dann ein rechtlich schützenswertes Interesse am Fortbestand der Vormerkung, wenn ihm die spätere Universalsukzession keine bessere Stellung einräumen könne. Dies sei dann der Fall, wenn die Vormerkung gutgläubig erworben wurde oder der Schuldner vormerkungswidrig weiterverfügt habe. Im Ergebnis sollte dem Kläger im vorliegenden Fall gemäß § 888 BGB analog ein Anspruch gegen den Beklagten auf Zustimmung zur Grundbuchberichtigung zustehen.745 An der Begründetheit der Klage hätte ohne den zwischenzeitlich eintretenden Erbfall nicht gezweifelt werden können. Der Klage wäre nach den §§ 888, 883 II BGB stattzugeben gewesen. Wackes Kritik knüpft vornehmlich daran an, dass durch das Urteil des BGH das Schicksal der Auflassungsvormerkung von unkalkulierbaren Zufällen abhinge. Wäre der Erbfall etwa später eingetreten und der Kläger bereits in das Grundbuch eingetragen, wäre der Grundbuchberichtigungsanspruch aufgrund der mittlerweile eingetretenen Richtigkeit des Grundbuchs erloschen. Der Kläger dürfte das Grundstück behalten. Durch die Beerbung des Schuldners (B) durch den Gläubiger (Kläger) würde nach der Entscheidung des BGH der Sinn und Zweck der VorBGHZ 28, 182 (186); Staudinger/Picker, § 893 Rn. 39; Wilhelm, Sachenrecht, Rn. 2261; Rottenfusser, Der gutgläubige Erwerb der Auflassungsvormerkung, S. 63 ff. 744 Wacke, NJW 1981, S. 1577, 1581; Wacke, in: FS Medicus, S. 543 (587). 745 Eine vertiefte Diskussion bezüglich der Herleitung dieses Anspruchs und etwaige abweichende Ansichten soll hier nicht erfolgen.
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3. Kap.: Die Rechtsfolgen der Konfusion im bürgerlichen Recht
merkung, der Schutz des Erwerbsinteresses vor Eigentumseintragung, erheblich abgeschwächt werden. Der vorrangige Sicherungszweck der Vormerkung erfordere deshalb eine Einschränkung des Erlöschensgrundsatzes als Rechtsfolge der Konfusion.746 Das Schicksal der Auflassungsvormerkung dürfe nach Wacke nicht von dem zufälligen Zeitpunkt des Erbfalls abhängen. Aufgrund des Erbfalls dürften den Beteiligten weder Vor- noch Nachteile entstehen. Der Beklagte hätte jedoch bei einem gutgläubigen Erwerb der Vormerkung ohne den Erbfall das Eigentum am Grundstück eindeutig gemäß den §§ 888, 883 II BGB verloren. Das gegenteilig ausfallende Ergebnis des BGH stelle für den Beklagten einen nicht zu rechtfertigenden Vorteil dar. Umgekehrt sei es für den Kläger ein nicht hinnehmbarer Nachteil, dass er das Grundstück verliert, nur weil er Erbe der B wurde. Auch nimmt der BGH an, dass der Beklagte unabhängig von der Vormerkung Eigentümer des Grundstücks gemäß § 892 II BGB geworden wäre, wenn er seinen Antrag auf Eintragung nicht wieder zurückgezogen hätte. Alternativ hätte der Kläger auch eine Nachlassverwaltung anordnen bzw. den Nachlasskonkurs eröffnen können, um dann unter dem Schutz des § 1976 BGB zu stehen. Wacke bezieht im Folgenden allgemein Stellung zu den Rechtsfolgen der Konfusion, die sich jedoch weitestgehend mit den obigen Ausführungen decken.747 Er entnimmt den erbrechtlichen Sonderkonstellationen den gemeinsamen Grundgedanken, dass der Gläubiger des Erblassers aufgrund des Erbfalls und der damit verbundenen Konfusion nicht schlechter gestellt werden dürfe als andere Nachlassgläubiger.748 Gegen diesen vom BGH selbst aufgestellten Grundsatz verstoße der BGH in der vorliegenden Entscheidung. Des Weiteren geht Wacke ausführlich auf seine Auffassung hinsichtlich des Wesens der Konfusion als Fall der Zweckerreichung749 und die Konfusionsfolgen, vor allem auf die seiner Ansicht nach bestehende Möglichkeit der Trennung der Vermögensmassen in der Person des Erben, die bereits oben abgelehnt wurde, ein.750 Zusammengefasst formuliert Wacke als These gegen die Auffassung des BGH, dass eine Vormerkung in Folge von Konfusion nur erlösche, wenn der gesicherte Anspruch als vollständig erfüllt anzusehen sei, sodass weder der Inhaber der Vormerkung noch dessen Gläubiger ein Inte resse am Fortbestand der Vormerkung haben.751
in: FS Medicus, S. 545. B. II. 1. 748 Vgl. 3. Kapitel E. I. 1. 749 Von dieser Auffassung rückte Wacke später selbst wieder ab, vgl. Wacke, in: FS Medicus, S. 552. 750 Vgl. 3. Kapitel E. I. 1. 751 Wacke, NJW 1981, S. 1581. 746 Wacke,
747 3. Kapitel
E. Ausnahmen von der Erlöschensfolge in lege und praeter legem179
(4) Die Ansicht Ebels In einer Stellungnahme zu obenstehendem BGH-Urteil und als direkte Entgegnung auf die Ansicht Wackes stimmt Ebel dem BGH im Ergebnis zu.752 Zur Begründung seiner Auffassung wirft Ebel zu Beginn die Frage auf, ob der BGH die Klage des Erben auch ohne die Bezugnahme zur erbrecht lichen Konfusion hätte rechtfertigen können. Für die Beantwortung dieser Frage bedient er sich eines Vergleichsfalls: Wie wäre zu entscheiden, wenn der Beklagte, nachdem die Vormerkung des Klägers im Grundbuch eingetragen wurde, nicht im Zuge einer Grundbuchberichtigung (so im Originalfall), sondern aufgrund einer vormerkungswidrigen Verfügung von B als Eigentümer eingetragen worden wäre? Der Anspruch des Klägers aus den §§ 888, 883 II BGB setze die Unwirksamkeit der Verfügung der B voraus. Daran bestünden aufgrund der Vereitelung des Auflassungsanspruchs des Klägers keine Zweifel. Nun prüft Ebel, ob sich der Beklagte auf § 185 II 1 Fall 3 BGB berufen könne. Dies würde jedoch voraussetzen, dass der Verfügende Erbe des Berechtigten wird und unbeschränkt für alle Nachlassverbindlichkeiten haftet.753 Des Weiteren geht Ebel in einer intensiven Diskussion auf die Problematik der unbeschränkten Haftung des Erben ein und kommt schließlich zur Ansicht, dass sich der Beklagte nur dann auf § 185 II 1 Fall 3 BGB berufen könne, wenn der Erbe (Kläger) ihm gegenüber nach § 2013 BGB unbeschränkt hafte. Dies sei dann der Fall, wenn der Erbe seine Haftung nicht mehr beschränken könne. Sollte dem Kläger diese Möglichkeit noch offenstehen, könne sich der Beklagte nicht auf § 185 II 1 Fall 3 BGB berufen. Nun fragt sich Ebel weiter, ob der Beklagte dem Kläger nicht seinen obligatorischen Anspruch auf Rechtverschaffung nach den §§ 433, 434 BGB entgegenhalten könne.754 Dies bejaht Ebel und gewährt dem Beklagten auch dadurch die Möglichkeit, den Anspruch des Klägers aus § 888, 883 II BGB abzuwenden.755 Er kommt zum Schluss, dass auch im gebildeten Vergleichsfall, ergo bei unmittelbarer Anwendung der §§ 888, 883 II BGB die Klage hätte abgewiesen werden müssen.756 752 Ebel, Gutgläubiger Erwerb einer Auflassungsvormerkung vom eingetragenen Scheineigentümer und Erbfall, NJW 1982, S. 724 (728). 753 Die Anwendbarkeit des § 185 II 1 Fall 3 BGB auf Fälle lediglich relativer Unwirksamkeit anzuwenden, ergibt sich neben der Ansicht der Rechtsprechung auch aus einem Erst-Recht-Schluss. § 185 II 1 Fall 3 BGB gilt unbestritten für absolut unwirksame Verfügungen, dann muss er auch erst recht für solche Verfügungen gelten, die nur gegenüber dem Erben relativ unwirksam sind, vgl. auch Ebel, NJW 1982, S. 725. 754 Ebel, NJW 1982, S. 724. 755 Anders Wacke, NJW 1981, S. 1580. 756 Selbstverständlich hätte der Kläger die Klageabweisung in beiden Fällen schlicht durch Anordnung der Nachlassverwaltung bzw. Eröffnung des Nachlasskonkurses und die damit herbeigeführte Wirkung des § 1976 BGB vereiteln können.
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3. Kap.: Die Rechtsfolgen der Konfusion im bürgerlichen Recht
Zurückkehrend zum Ausgangsfall führt Ebel nun die These an, dass, hätte man anders entschieden als der BGH, der gutgläubige Erwerb einer Auflassungsvormerkung gegenüber dem Erwerb der Vormerkung vom Berechtigten bessergestellt würde. Dies liege daran, dass im Fall des Erwerbs vom Berechtigten der Vormerkungsinhaber und gleichzeitige Erbe zunächst die „Klippe des obligatorischen Gegenanspruchs des Dritten“757 (Beklagten) überwinden müsste, die im Fall des gutgläubigen Erwerbs nicht bestünde.758 Dies würde jedoch § 888 BGB widersprechen, der im Falle des gleichzeitigen Vorliegens von gutgläubiger Auflassungsvormerkung und Erbfall analoge Anwendung finde und vom Kläger heranzuziehen sei, um gegen den Beklagten vorzugehen. Eine analoge Anwendung einer Rechtsnorm dürfe jedoch nicht zu einer wertungsmäßigen Andersbehandlung führen, da sonst die Voraussetzungen der Analogie nicht erfüllt seien. Aus diesem Grunde setze die analoge Anwendung des § 888 BGB auf den Fall des gutgläubigen Vormerkungserwerbs bei gleichzeitigem Erbfall gerade die Beachtung der Konfusion voraus, die an die Stelle des Rechtsverschaffungsanspruchs bei unmittelbarer Anwendung des § 888 BGB trete. Gewissermaßen müsse dem Dritten (Beklagten) ein Ausgleich für den Verlust des Rechtsverschaffungsanspruchs geboten werden. Zusammenfassend stellt Ebel fest, dass es zwingend geboten sei, im Fall des gutgläubigen Vormerkungserwerbs § 883 II BGB analog anzuwenden, jedoch seien die Anforderungen an die Analogie einzuhalten. Dem Anspruch des Erben (Klägers) sei aus diesem Grunde nur dann stattzugeben, wenn dieser seine Haftung beschränke und damit die Rechtsfolge des § 1976 BGB, den Ausschluss der Erlöschenswirkung der Konfusion, herbeiführe.759 (5) Stellungnahme Im Folgenden sollen die Entscheidung des BGH und die Ansichten Wackes und Ebels einer kritischen Betrachtung unterzogen werden. Die Urteilsbegründung des BGH fußt auf zwei Hauptargumenten: Zum einen dem zwingenden Erlöschen der Auflassungsvormerkung durch die Vereinigung der Rechtspositionen der B und des Klägers in einer Person aufgrund des Erbfalls und zum anderen der scheinbaren Nichtanwendbarkeit des § 883 II BGB auf den in Rede stehenden Fall. NJW 1982, S. 728. liegt daran, dass im Fall des gutgläubigen Vormerkungserwerbes keine Verfügung an den Dritten, sondern eine Grundbuchberichtigung zur Eintragung ins Grundbuch führt. 759 Ebel, NJW 1982, S. 728. 757 Ebel, 758 Dies
E. Ausnahmen von der Erlöschensfolge in lege und praeter legem181
Mit Letzterem beginnend, ist zunächst dem BGH dahingehend zuzustimmen, dass § 883 II BGB zumindest direkt keine Anwendung auf den vorliegenden Fall finden kann. Es mangelt an einer Verfügung der B an den Beklagten. Dieser erwarb das Eigentum am Grundstück vielmehr durch Erbgang von A, der es wiederum von R geerbt hatte. Nun stellt sich jedoch die Frage, die der BGH nicht erörtert hat, ob die §§ 888, 883 II BGB analoge Anwendung finden können.760 Zur Beantwortung dieser Frage soll eine vergleichbare Fallkonstellation herangezogen werden, in der § 833 II BGB direkte Anwendung findet, ergo eine vormerkungswidrige Verfügung vor dem Tod der Erblasserin (B) an den Beklagten und dessen Eintragung als Eigentümer ins Grundbuch erfolgt.761 Gleich dem Ausgangsfall stellt sich nun die Frage nach dem Anspruch des Klägers gegen den Beklagten aus den §§ 888, 883 II BGB. Ohne Zweifel folgt nun aufgrund der vormerkungswidrigen Verfügung der B an den Beklagten, der den Anspruch des Klägers auf Eigentumseintragung vereitelt, die Unwirksamkeit dieser Verfügung aufgrund der Wirkung des § 883 II BGB. Als Entgegnung des Beklagten käme nun § 185 II 1 Fall 3 BGB in Betracht, wodurch die Verfügung der B wirksam werden würde, wenn der Kläger sie beerbet und unbeschränkt für deren Nachlassverbindlichkeiten haftet. Begründen lässt sich die Regelungswirkung des § 185 II 1 Fall 3 BGB damit, dass der unbeschränkt haftende Erbe ohnehin für die Verbindlichkeit des Erblassers gegenüber demjenigen, an den die Verfügung erfolgte, haftet.762 Umstritten in diesem Zusammenhang ist die Frage, ob § 185 II 1 Fall 3 BGB auch dann Anwendung findet, wenn der Erbe zwar grundsätzlich unbeschränkt haftet, ihm jedoch die Möglichkeit offensteht, seine Haftung etwa durch Nachlassverwaltung bzw. Nachlasskonkurs zu beschränken. Nach einer Ansicht liege das Erfordernis der unbeschränkten Haftung lediglich dann vor, wenn der Kläger keine Möglichkeit mehr hat, eine Haftungsbeschränkung gegenüber dem Beklagten durchzusetzen.763 Die Gegenansicht sieht es als unerheblich an, dass der Erbe seine Haftung für eventuelle Nachlassverbindlichkeiten noch beschränken kann.764 Nach der 760 Sowohl Wacke, NJW 1981, S. 1578 als auch Ebel, NJW 1982, S. 728 sind sich hinsichtlich der analogen Anwendung der §§ 888, 883 II BGB im umstritten BGH-Fall einig. 761 So auch Ebel, NJW 1982, S. 725. 762 Kritisch gegenüber der Regelung des § 185 II 1 Fall 3 und für eine Streichung derselben, Wacke, NJW 1981, S. 1577 (1581); Wacke, Personalunion von Gläubiger und Schuldner, Vertragsschluss mit sich selbst und die Ungerechtigkeit der Konvaleszenz durch Erbenhaftung, JZ 2001, S. 380 (386). 763 Diese Ansicht vertreten Staudinger/Klumpp, § 185 Rn. 119; Ebel, NJW 1982, S. 725; Kuhn, „Heilung kraft Haftung“ gemäß § 185 Abs. 2 S. 1 Fall 3 BGB, Rn. 16; OLG München ZErb 2018, 170 (173); OLG Stuttgart OLGZ 1994, 513. 764 So MüKO/Bayreuther, § 185 Rn. 56; Finkenauer, in: FS Picker, Konvaleszenz und Erbenhaftung in § 185 Abs. 2 S. 1 BGB, S. 201 f.; Beck-OK/Bub, § 185 Rn. 16; OLG Celle NJW-RR 1994, 646.
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3. Kap.: Die Rechtsfolgen der Konfusion im bürgerlichen Recht
ersten Ansicht kann sich der Beklagte im Vergleichsfall demnach nur auf § 185 II 1 Fall 3 BGB berufen, wenn ihm diese Möglichkeit nicht mehr offen steht. Ein Streitentscheid kann jedoch entbehrlich sein, wobei die besseren Argumente wohl für die zweite Ansicht sprechen, wenn es dem Beklagten offensteht gegen den Anspruch des Klägers aus den §§ 888, 883 II BGB seinen Anspruch auf Rechtsverschaffung entgegenzuhalten. Ein solcher steht dem Beklagten ohne Zweifel zu.765 Aus diesen Gründen kommt man im gebildeten Vergleichsfall und bei direkter Anwendung des § 883 II BGB dazu, dass der Anspruch des Klägers abzulehnen wäre. Diesem Vergleichsfall ist somit die Wertung zu entnehmen, dass der BGH zumindest im Ergebnis richtig entschieden hat: Hätte er dem Kläger den Anspruch gewährt, stünde dies im Wertungswiderspruch zu dem Fall des Erwerbs der Vormerkung durch einen Berechtigten. Dort könnte der Beklagte dem Anspruch des Klägers stets seinen Anspruch auf Rechtsverschaffung entgegensetzen. Diese Möglichkeit steht ihm im Falle des gutgläubigen Erwerbs der Vormerkung nicht zu, da dort keine Verfügung, sondern der Beklagte das Eigentum im Nachgang an erlangt hat.766 Bei einer etwaigen analogen Anwendung des § 883 II BGB auf den zu entscheidenden Fall des BGH sind diese Erkenntnisse zu berücksichtigten: Da der Anspruch des Beklagten auf Rechtsverschaffung nun nicht gegeben ist, könnte die Erlöschenswirkung der Konfusion die, auf obigen Erkenntnissen basierende, unsachgerechte Rechtsfolge abwenden.767 Nun stellt sich die konkrete Frage, welche Wirkung die Konfusion im BGH-Fall tatsächlich hat. Der BGH ging von einem zwingenden Erlöschen des Grundverhältnisses zwischen B und dem Kläger aufgrund der Konfusion und dem damit einhergehenden Erlöschen der Vormerkung aus Akzessorietätsgründen aus. Ein Ausnahmetatbestand, der den Fortbestand des Schuldverhältnisses rechtfertigen könnte, sei nicht ersichtlich. Auch Ebel kommt im Ergebnis dazu, dass die Konfusion hier aus Wertungsgesichtspunkten ein Erlöschen zur Folge haben muss. Wacke dagegen nimmt an, dass ein solches Erlöschen nur geboten sei, wenn der Sicherungszweck der Vormerkung gänzlich erfüllt ist und somit weder der Vormerkungsinhaber noch dessen Gläubiger ein berechtigtes Interesse am Fortbestand der Vormerkung haben. Eindeutig ist zunächst, dass der pauschale Hinweis des BGH, dass Folge einer Konfusion ein Untergang des Schuldverhältnisses sei und eine Aus765 Wacke, NJW 1981, S. 1580 nimmt an, dass sich dieser Anspruch des Beklagten nur gegen den Nachlass richte, in dem sich das Grundstück aufgrund der Verfügung nun jedoch nicht mehr befinde. Die Annahme dieses Anspruchs würde daher auf einen nicht zu rechtfertigenden Übergriff auf das Erbenvermögen führen. Dem ist jedoch entgegenzuhalten, dass der Erbe den Beklagten stets auf den Nachlass verweisen kann und damit einen Eingriff in sein Eigenvermögen vermeiden kann. 766 So auch Ebel, NJW 1982, S. 728. 767 Für diesen Weg Ebel, NJW 1982, S. 729.
E. Ausnahmen von der Erlöschensfolge in lege und praeter legem183
nahme von dieser Grundregel nicht vorliege, zu pauschal ist. Wie bereits oben ausgeführt768 ist im Rahmen der gesetzlich nicht geregelten Fälle der Konfusion danach zu fragen, ob eine rechtliche Notwendigkeit am Fortbestand des Schuldverhältnisses besteht. Dies ist anhand einer Abwägung der widerstreitenden Interessen dergestalt zu überprüfen, dass ein bestmöglicher Ausgleich der Interessen der Beteiligten erreicht wird. Hierfür sind die Interessen der Parteien zunächst zu ermitteln und schließlich anhand des Grades ihrer Schutzbedürftigkeit abzuwägen. Es ist konkret danach zu fragen, ob das Interesse des Klägers am Fortbestand des Grundverhältnisses und der damit einhergehende Fortbestand der Auflassungsvormerkung gegenüber dem Interesse des Berechtigten (Beklagten) an dessen Eigentümerstellung überwiegt. Wacke fordert den Fortbestand des Schuldverhältnisses und damit der Vormerkung solange, bis der Kläger und dessen Gläubiger kein schützenswertes Interesse mehr am Fortbestand haben. Die Vormerkung dürfe seiner Ansicht nach erst erlöschen, wenn ihr Sicherungszweck gänzlich erfüllt sei.769 Aus diesem Grunde sei der Erlöschensgrundsatz der Konfusion dahingehend einzuschränken.770 Diese Auffassung und die damit verbundene Privilegierung des Vormerkungsinhabers würde einseitig zu Lasten des berechtigten Eigentümers (Beklagten) gehen. Dessen Interesse am Behaltendürfen des Eigentums am Grundstück würden gänzlich in den Hintergrund treten. Sollte man den Sicherungszweck der Vormerkung als alleiniges Kriterium für den Fortbestand der Vormerkung heranziehen, würde dem Beklagten zwangsläufig die Chance auf das Eigentum am Grundstück genommen. Überzeugen kann dagegen die These Wackes, dass allein aufgrund des Erbfalls keiner Partei ungerechtfertigte Vor- bzw. Nachteile entstehen dürfen. Dem zufälligen Zeitpunkt des Eintritts des Erbfalls darf keine zu große Bedeutung beigemessen werden. Der gezogene Vergleich Wackes zu der Fallkonstellation, die bis auf den Eintritt des Erbfalls identisch ist, gelingt. Jedoch kann aus diesem Vergleich lediglich die Erkenntnis gezogen werden, dass eine Abwägung bezüglich des Erlöschens bzw. des Fortbestands des Schuldverhältnisses nicht allein davon abhängen darf, zu welchem Zeitpunkt der Erbfall eintritt. Vielmehr sind die so gewonnenen Erkenntnisse als Argumentation für die durchzuführende Abwägung der widerstreitenden Parteiinteressen heranzuziehen. Die Entscheidung Wackes, die Rechtsfolgen der Konfusion im vorliegenden Fall nur anhand des Sicherungszweckes der Vormerkung zu bestimmen, kann mithin nicht überzeugen. 768 Vgl.
3. Kapitel B. I. 3. NJW 1981, S. 1581. 770 Im Hinblick auf Wackes Ansicht in Wacke, in: FS Medicus, S. 543 (587) und der darin eingenommenen Position hinsichtlich der Rechtsfolgen der Konfusion ist es fraglich, ob er diese Ansicht auch heute noch vertreten würde, vgl. 3. Kapitel B. II. 1. 769 Wacke,
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3. Kap.: Die Rechtsfolgen der Konfusion im bürgerlichen Recht
Auch der Lösung Ebels, der ähnlich wie Wacke Vergleichsfälle zur Entscheidung der Frage nach den Rechtsfolgen der Konfusion heranzieht, kann nur bedingt gefolgt werden. Er versucht sich die Entscheidung aufgrund von Wertungen zu vereinfachen. Anhand seines gebildeten Vergleichsfalls gelingt es ihm mit Hilfe eines Erst-Recht-Schlusses ein wertungsmäßig richtiges Ergebnis herbeizuführen. Jedoch fußt dieses Ergebnis nicht auf einer vorherigen Stellungnahme hinsichtlich der Rechtsfolgen der Konfusion und dem damit verbundenen Schicksal der Vormerkung, sondern er entscheidet sich zuerst für ein wertungsmäßig einwandfreies Ergebnis und passt die Rechtsfolge der Konfusion sodann dementsprechend an. Eine klare Positionierung seinerseits, wie in vergleichbaren Fällen die Rechtsfolgen der Konfusion zu handhaben sind, lässt auch Ebel vermissen. Zudem basiert die Entscheidung des Falles beider Autoren auf dogmatisch (unnötig) komplexen Ausführungen. Im Gegensatz zu den Ansätzen Wackes und Ebels soll die Lösung des Falles ausgehend von dem Rechtsinstitut der Konfusion und den bereits oben gewonnenen Erkenntnissen hinsichtlich ihrer Rechtsfolgen getroffen werden. Dafür sind die beiderseitigen, widerstreitenden Interessen des Klägers und des Beklagten gegenüberzustellen und gegeneinander abzuwägen. Der Kläger hat aufgrund der eingetragenen Vormerkung ein rechtlich geschütztes Interesse am Erwerb des Eigentums. Ohne den Eintritt des Erbfalls hätte er dieses unstrittig erhalten. Gleiches gilt für den Eintritt des Erbfalls nach Eintragung des Eigentums aufgrund der Vormerkung ins Grundbuch. Jedoch hätte der Kläger die Möglichkeit gehabt, seine Haftung hinsichtlich der Nachlassverbindlichkeiten gegenüber dem Beklagten durch Anordnung der Nachlassverwaltung bzw. Eröffnung des Nachlasskonkurses zu beschränken. Dadurch hätte er die grundsätzliche Erlöschensfolge abwenden können. Von dieser Möglichkeit machte er jedoch keinen Gebrauch. Demgegenüber stehen die Interessen des Beklagten. Dieser ist nicht nur durch das Grundbuch ausgewiesener Eigentümer des Grundstücks, sondern aufgrund seiner Stellung als Erbe des A, der wiederum rechtmäßiger Alleinerbe der R ist, Berechtigter. Zudem kann nun auch der wertende Vergleich Ebels, der als Ergebnis aufgrund des beschriebenen Erst-Recht-Schlusses zu der Ablehnung des Anspruchs des Klägers kam, herangezogen werden. Es würde den Beklagten unzumutbar benachteiligen, wenn dieser aufgrund des zufälligen Eintritts des Erbfalls im Vergleich zu seiner Position im Falle einer Verfügung schlechter gestellt werden würde. Daher hat die Konfusion hier aufgrund von Interessengesichtspunkten das Erlöschen des Grundverhältnisses zwischen der B und des Klägers und das damit einhergehende Erlöschen der akzessorischen Vormerkung zur Folge. Der Anspruch des Klägers gegen den Beklagten ist richtigerweise abzulehnen. Aus diesen Gründen ist dem BGH im Ergebnis zuzustimmen.
E. Ausnahmen von der Erlöschensfolge in lege und praeter legem185
bb) BGH NJW 2000, 1033 In einer weiteren Entscheidung aus dem Jahr 1999 musste der BGH erneut Stellung zu dem Konfliktfall einer Auflassungsvormerkung mit der Gesamtrechtsnachfolge beziehen: (1) Sachverhalt Die Erblasserin räumte ihrem Neffen, dem Beklagten, ein obligatorisches Vorkaufsrecht ein, welches durch eine eingetragene Auflassungsvormerkung gesichert wurde. Vor ihrem Tod bot die Erblasserin den Klägern das Grundstück zum Kauf an. Nun verstarb die Erblasserin. Den Klägern wurde nach deren Tod ebenfalls eine Auflassungsvormerkung eingetragen. Als Eigentümer ins Grundbuch eingetragen ist, aufgrund seiner Stellung als Alleinerbe, der Beklagte. Dieser übte, nachdem die Kläger das Angebot der Erblasserin zum Kauf des Grundstücks annahmen, sein Vorkaufsrecht aus. Der Kaufvertrag zwischen der Erblasserin und den Klägern enthielt, entgegen verbreiteter Übung, weder Rücktrittsrecht noch auflösende Bedingung für den Fall der Vorkaufsrechtsausübung durch den Beklagten. Die Kläger nahmen den Beklagten auf Zustimmung zur Löschung der Vormerkung in Anspruch.771 Sie sind der Auffassung, dass das Vorkaufsrecht des Beklagten aufgrund des Erbfalls durch Konfusion erloschen sei, wodurch zwingend auch die akzessorische Vormerkung untergegangen sei. Widerklagend fordert der Beklagte ebenfalls die Zustimmung zur Löschung der Vormerkung zugunsten der Kläger. (2) Vorinstanz OLG Schleswig NJW-RR 1999, 1528 Das Landgericht sprach den Klägern den Anspruch aus § 886 BGB unter Abweisung der Widerklage zu. Das OLG Schleswig772 als Berufungsinstanz folgte dem nicht, sondern gab der Widerklage des Beklagten statt und bejahte dessen Anspruch auf Zustimmung zur Löschung der Vormerkung gemäß den §§ 888, 883 II BGB. Zunächst nimmt das OLG an, dass auch der eingetragene, sich aus dem Vorkaufsrecht des Beklagten ergebende Auflassungsanspruch ein tauglicher Anspruch i. S. d. § 883 I 2 BGB sein könne. Sollte eine Vormerkung zugunsten des Beklagten eingetragen sein, so seien Verfügungen, die nach der Ein771 Eventuell bestehende Schadensersatzansprüche wurden von den Klägern nicht geltend gemacht, wodurch das OLG und der BGH über diese auch nicht entschieden haben. 772 NJW-RR 1999, 1528 (1530).
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3. Kap.: Die Rechtsfolgen der Konfusion im bürgerlichen Recht
tragung getroffen wurden, nach § 883 II BGB unwirksam. Die den Klägern bewilligte Vormerkung sei einer Verfügung i. S. d. § 883 II BGB gleichzusetzen. Lägen demnach die Voraussetzungen des § 883 II BGB vor, könne der Beklagte nach § 888 BGB von den Klägern Zustimmung zur Löschung der Vormerkung verlangen, die zu deren Gunsten besteht. Sollte jedoch aufgrund des Erbfalls und des damit einhergehenden Zusammenfalls von Vorkaufsberechtigung und Vorkaufsverpflichtung der Auflassungsanspruch aufgrund von Konfusion untergegangen sein, so könne sich der Beklagte nicht mehr auf die zu seinen Gunsten eingetragene Vormerkung berufen. Das OLG entschied nun, dass trotz des Erbfalls die Vormerkung zugunsten des Beklagten nicht durch Konfusion erloschen sei. Es vertrat unter Berufung auf die mittlerweile „aufgelockerte Rechtsprechung des BGH“773 hinsichtlich der Konfusionswirkung, dass eine Vormerkung infolge von Konfusion nur dann er lösche, wenn ihr Sicherungszweck vollständig erledigt sei.774 Sollte in der Zwischenzeit vormerkungswidrig weiterverfügt worden sein, so bleibe die Vormerkung bis zur vollständigen Befriedigung des Vorgemerkten bestehen. Ein Gläubiger dürfe nicht dadurch benachteiligt werden, dass er den Schuldner beerbe.775 Dem Beklagten sollte das Eigentum am Grundstück durch die Vereinbarung des Vorkaufsrechts gesichert werden. Allein durch die (erfolgte) Eintragung des Beklagten als Eigentümer sei dieser Sicherungszweck noch nicht erfüllt, denn der Kaufvertrag mit den Klägern bestehe nach wie vor. Der Beklagte sei aus diesem zur Übertragung des Grundstücks verpflichtet gewesen. Der Kaufpreis, den der Beklagte im Gegenzug erhalten würde, stelle kein Äquivalent dar. Es dürfe nicht vom zufälligen Zeitpunkt des Eintritts des Erbfalls abhängen, ob der Beklagte sein Vorkaufsrecht geltend machen könne oder nicht. Die Interessen der Kläger seien in diesem Zusammenhang nicht zu berücksichtigen. Selbst wenn diese eine Berücksichtigung finden würden, sei bei diesen kein Rechtsverlust eingetreten. Die Kläger hätten Kenntnis von der eingetragenen Vormerkung des Beklagten gehabt und hätten mit dem bestehenden Vorkaufsrecht des Beklagten rechnen müssen. Insgesamt sei die Klage daher abzulehnen und der Widerklage stattzugeben.
773 Das OLG Schleswig nimmt hier explizit Bezug auf BGH NJW 1995, 2287 (2288). In dieser Entscheidung nahmen die Richter des BGH Abstand von der zwingenden Erlöschensfolge der Konfusion zugunsten einer Entscheidungsfindung nach Interessengesichtspunkten. Ein konkreter Zusammenhang zu dem potenziellen Erlöschen einer Auflassungsvormerkung im Falle der Konfusion bestand im BGH-Fall jedoch nicht. Näheres hierzu 3. Kapitel C., E. I. 3. 774 So auch Wacke, in: FS Medicus, S. 545. 775 So auch Wacke, NJW 1981, S. 1579.
E. Ausnahmen von der Erlöschensfolge in lege und praeter legem187
(3) Die Entscheidung des BGH Der BGH776 schloss sich den Ausführungen des OLG Schleswig nicht an. Die Richter des BGH nahmen an, dass der zu entscheidende Fall „unmittelbar nichts mit dem Problem der Konfusion“ zu tun habe.777 Nach der Ansicht des BGH sei nicht das Vorkaufsrecht des Beklagten durch die Vormerkung abgesichert, sondern erst der in Folge dessen Ausübung nach § 464 II BGB (§ 505 II BGB a. F.) entstehende Anspruch auf Eigentumsübertragung aus dem Kaufvertrag. Da dieser Anspruch im vorliegenden Fall gar nicht erst entstanden sei, könne er auch nicht durch Konfusion erloschen sein. Denn zum Zeitpunkt der Ausübung des Vorkaufsrechts durch den Beklagten sei die Erblasserin bereits verstorben gewesen. Ein Kaufvertrag mit sich selbst sei aufgrund der zwingenden Personenverschiedenheit als Voraussetzung für den Abschluss von Kaufverträgen nicht möglich. Um sein Vorkaufsrecht auszuüben, müsste der Beklagte dies gemäß § 464 I BGB (§ 505 I BGB a. F.) gegenüber dem Verpflichteten, ergo nach dem Versterben der Erblasserin mit sich selbst tun. Zudem wäre der auf Eigentumsverschaffung abzielende Vertrag auf eine objektiv unmögliche Leistung gerichtet gewesen, da der Beklagte aufgrund der Universalsukzession nach § 1922 I BGB bereits Eigentümer des Grundstücks gewesen sei. Der Fall betreffe demnach vielmehr das Problem, dass niemand mit sich selbst einen Vertrag abschließen könne. Die Ausführungen des OLG Schleswig zu den Rechtsfolgen der Konfusion gingen demnach fehl. Die Vormerkung des Beklagten sei dadurch erloschen, dass der Auflassungsanspruch nicht entstanden sei und auch nicht mehr entstehen könne. Der Anspruch des Beklagten aus § 888 I BGB sei demnach nicht gegeben. Zudem rechtfertigen auch „allgemeine Billigkeitsüberlegungen“778 kein anderes Ergebnis. Der den Vorkaufsfall auslösende Kaufvertrag käme unmittelbar zwischen dem Beklagten als Erbe und den Klägern und nicht, wie § 463 BGB es voraussetze, mit einem Dritten zustande. Auch nach dem Tod der Erblasserin sei der Beklagte aus diesem Vertrag verpflichtet, den Klägern das Grundstück aufzulassen, und zwar frei von seiner eigenen Vormerkung. Mithin sei der Klage stattzugeben.
776 BGH
NJW 2000, 1033 (1034). NJW 2000, 1033. 778 BGH NJW 2000, 1033. 777 BGH
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3. Kap.: Die Rechtsfolgen der Konfusion im bürgerlichen Recht
(4) Die Ansicht Dinstühlers Dinstühler779 wendet sich in einer kritischen Urteilsuntersuchung gegen die vom BGH vertretene Ansicht, dass den Klägern der Anspruch auf Zustimmung zur Löschung der Auflassungsvormerkung gegenüber dem Beklagten aus § 886 BGB zustehe. Seiner Ansicht nach führe die Entscheidung des BGH dazu, dass der Schutz der Vormerkung aufgeweicht und anfällig für Rechtsmissbrauch werde. Als Ausgangspunkt seiner Ausführungen kritisiert Dinstühler die Auffassung des BGH, dass das Bestehen eines Anspruchs bzw. einer Rechtsposition, die einer Vormerkung als Basis dienen könne, weder für den Fall der nachträglichen Personenvereinigung noch für den der ursprünglichen Personenvereinigung möglich sei. Im Folgenden differenziert Dinstühler zwischen vier grundlegenden Fällen und versucht die obige These des BGH zu entkräften. Diese vier Fallgruppen unterscheiden sich zum einen danach, ob die Beschränkung der Haftung des Erben für Nachlassverbindlichkeiten noch möglich ist oder nicht, und zum anderen, ob es sich um einen Fall der anfäng lichen oder nachträglichen Personenvereinigung handelt. Zumindest kurz sollen die Argumente Dinstühlers herausgearbeitet werden, die den Fall der nachträglichen Vereinigung betreffen. Unbestritten sei die regelmäßige Erlöschensfolge der Konfusion dann nicht zwingend, sollte dem Erben noch die Möglichkeit der Beschränkung der Haftung auf Nachlassverbindlichkeiten zustehen. Mache der Erbe diese geltend, käme es zu einer Trennung der Vermögensmassen in der Person des Erben (separatio bonorum) und aufgrund von § 1976 BGB zu keinem Erlöschen des Rechtsverhältnisses.780 In den Situationen, in denen dem Erben diese Möglichkeit nicht (mehr) zustehe, sei es dennoch nicht zwingend, von einem Erlöschen des Schuldverhältnisses in jedem Fall auszugehen. Aus Interessengesichtspunkten sei in gewissen Fällen der Fortbestand des Schuldverhältnisses geboten, da das Erlangen des Eigentums aufgrund von Universalsukzession dem Vormerkungsberechtigten (Beklagten) nicht dieselbe Position verschaffen könne wie die Erfüllung des durch die Vormerkung gesicherten Anspruchs auf Eigentumsübertragung.781 Dies liege daran, dass der Beklagte nur durch einen effektiven Vormerkungsschutz aufgrund von § 883 II BGB vor vormerkungswidrigen Zwischenverfügungen geschützt sei. Daneben seien auch Aspekte des Gläubigerschutzes heranzuziehen, die den Vormerkungsberechtigten (Beklagten) unabhängig von der Möglichkeit 779 Dinstühler, Die Beerbung des Vormerkungsverpflichteten durch den Vorkaufsberechtigten, MittRhNotK 2000, S. 427 (431). 780 Ausführlich zu dem Regelungsinhalt des § 1976 BGB, vgl. 3. Kapitel A. I. 781 Dinstühler, MittRhNotK 2000, S. 428.
E. Ausnahmen von der Erlöschensfolge in lege und praeter legem189
seiner Haftungsbeschränkung schützen würden: Zunächst stelle der vormerkungsgeschützte Anspruch vor Eintritt des Erbfalls eine vermögenswerte Rechtsposition dar, auf die der Gläubiger effektiven Zugriff haben müsse. Ebenso zieht Dinstühler den von der Rechtsprechung entwickelten Rechtsgedanken heran, dass der Erbe (Gläubiger) im Vergleich zu anderen Nachlassgläubigern aufgrund des Erbfalls und der damit einhergehenden Beerbung seines Schuldners nicht benachteiligt werden dürfe.782 Eine solche Benachteiligung trete im BGH-Fall jedoch ein, da der Erbe (Beklagte) sich ohne den Eintritt des Erbfalls aufgrund seiner bestehenden Vormerkung gegen die Kläger hätte durchsetzen können. Diese für die Konstellationen der nachträglichen Vereinigung geltenden Argumente versucht Dinstühler im Folgenden auch auf den vorliegenden BGH-Fall zu übertragen: Dazu führt er aus, dass die Rechtsgedanken des § 1976 BGB entsprechend auf die Fälle der anfänglichen Vereinigung anzuwenden seien, in denen eine Haftungsbeschränkung des Erben auf Nachlassverbindlichkeiten noch möglich und eine Neubegründung von Ansprüchen bzw. Rechtsbeziehungen daher zulässig sei. Demnach solle das Erfordernis eines sicherungsfähigen Anspruchs für den Bestand der Vormerkung in den Fällen der anfänglichen Vereinigung entsprechend des Regelungsinhalts des § 1976 BGB aus Interessengesichtspunkten in den Hintergrund rücken. Nur durch die Anerkennung des Neuentstehens von Rechtsbeziehungen zwischen den getrennten Vermögensmassen des Erben (in Folge der Haftungsbeschränkung und der daraus resultierenden separatio bonorum) könne diesem ein ausreichender Vormerkungsschutz gewährt werden.783 Für eine vergleichbare Handhabung sprächen die besseren Aspekte auch in den Fällen der anfänglichen Vereinigung, in denen eine Haftungsbeschränkung nicht mehr möglich sei. Dinstühler führt hier erneut den Rechtsgedanken der Rechtsprechung an, dass kein Erbe allein aufgrund des Erbfalls benachteiligt werden dürfe. Ebenso greife auch hier der bereits oben angeführte Aspekt, dass die dem Erben aufgrund der Vormerkung eingeräumte Aussicht auf Eigentumserhalt eine rechtlich schützenswerte Position sei.784 Dies führe insgesamt dazu, dass auch in den Fällen der anfänglichen Vereinigung und zwar unabhängig davon, ob dem Erben nach dem Erbfall noch die Möglichkeit zur Haftungsbeschränkung auf Nachlassverbindlichkeiten zustehe, das Entstehen von Rechtsbeziehungen, die als Grundlage für eine Vormerkung dienen können, innerhalb des einzelnen Rechtssubjekts, im vorliegenden Fall des Beklagten, anzuerkennen seien. 782 Vgl.
3. Kapitel A. I., C., E. I. 1. MittRhNotK 2000, S. 429. 784 Dinstühler, MittRhNotK 2000, S. 429. 783 Dinstühler,
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3. Kap.: Die Rechtsfolgen der Konfusion im bürgerlichen Recht
In Bezug auf die schuldrechtliche Verpflichtung des Beklagten, die sich aus dem Kaufvertrag zwischen der Erblasserin und den Klägern ergebe und die auf den Beklagten im Zuge der Universalsukzession gemäß § 1922, 1967 BGB übergegangen sei, führt Dinstühler aus, dass der Beklagte diese im Grunde zu tragen habe, ihm jedoch die Möglichkeit offenstehe, durch die Beschränkung seiner Haftung die Kläger auf Sekundäransprüche aus dem Nachlassvermögen zu verweisen. Sollte ihm diese Möglichkeit nicht mehr zustehen, so könne er sich nicht mehr gegen die Kläger und deren vormerkungsgesicherten Anspruch auf Übertragung des Eigentums am Grundstück zur Wehr setzen. Dies ändere aber nichts daran, dass die Vormerkung aus Wertungsgesichtspunkten trotz der Konfusion so lange bestehen bleiben muss, bis ihr Sicherungszweck vollständig erfüllt sei. Dies sei dann gegeben, wenn der rechtsgeschäftliche Erwerb dem Erben keine bessere Position verschaffen könne als der Erwerb aufgrund der Universalsukzession.785 (5) Die Ansicht von Olshausens Ebenso Stellung zu jenem Urteil des BGH bezog von Olshausen.786 Im Ergebnis lehnte er die Entscheidung des BGH ab, da die Richter an angeb licher zwingender Rechtsdogmatik festhielten und Interessengesichtspunkte nicht berücksichtigten. Zunächst nimmt er kritisch Stellung zu der These des BGH, dass ein Kaufvertragsschluss mit sich selbst unmöglich sei, da dieser Personenverschiedenheit voraussetze. Dagegen wendet von Olshausen ein, dass, wenn im Falle einer nachträglichen, aufgrund von Konfusion entstandenen Personen identität der Fortbestand eines Schuldverhältnisses nicht zwingend gehindert wird, eine ursprüngliche Personenidentität kein zwingendes Hindernis für das Entstehen eines Schuldverhältnisses sein könne. Ein Anspruch des Erben gegen sich selbst, der so in Folge des Erbfalls bestünde, sei deshalb für den Erben von Vorteil, weil er als Basis für eine Vormerkung dienen könne, der eine drittschützende Wirkung im Falle vormerkungswidriger Verfügung zukomme.787 Die im Hinblick auf den potenziellen Auflassungsanspruch zugunsten des Beklagten bestellte Vormerkung dürfe nicht mit dem Erbfall wegfallen. Sollte diese erlöschen, würde eine Grundstücksübertragung in das Eigenvermögen des Beklagten an der weiteren, späteren Vormerkung, die zugunsten der Kläger besteht, scheitern.
MittRhNotK 2000, S. 431. Olshausen, Die Beerbung des Vorkaufsverpflichteten durch den Vorkaufsberechtigten, NotBZ 2000, S. 205 (211). 787 Dieses Argument entlehnt von Olshausen Kohler, JZ 1983, S. 13 (17). 785 Dinstühler, 786 von
E. Ausnahmen von der Erlöschensfolge in lege und praeter legem191
Weiterhin wendet er sich gegen die Ansicht des BGH, dass ein Kaufvertrag mit sich selbst auf eine objektiv unmögliche Leistung nach § 275 I BGB (§ 306 a. F. BGB) gerichtet sei, die in der Verschaffung des Eigentums bestehe, das der Beklagte (Erbe) bereits durch die Universalsukzession § 1922 I BGB innehabe. Nach von Olshausen habe der Erbe gemäß § 1922 I BGB das Eigentum jedoch nur als Bestandteil des Nachlasses erworben. Ihm stehe es somit nicht frei die Haftung für Nachlassverbindlichkeiten etwa nach § 1975 BGB zu beschränken, was dazu führen könne, dass der Erbe sich einem Primäranspruch der Kläger auf die Übertragung des Grundstücks gegenübergestellt sähe. Anders sei dies im Falle, dass der Beklagte sein Vorkaufsrecht zu Lebzeiten der Erblasserin ausübe. Dann würde er das Eigentum am Grundstück als Eigenvermögen erwerben und ihm stünde die Möglichkeit zu, seine Haftung auf Nachlassverbindlichkeiten zu beschränken. Demnach läge mit dem Eigentumserwerb aufgrund von Universalsukzession ein „Eigentum anderer Qualität“ vor.788 von Olshausen geht in der Folge auf die Ausführungen des BGH ein, dass der Beklagte aufgrund des Erbfalls und der Annahmeerklärung des Kauf angebots durch die Kläger zur Eigentumsübertragung an die Kläger nach § 433 I 1 BGB verpflichtet sei. Er weist darauf hin, dass der Erbe sich zwar im Grunde nicht gänzlich von der ererbten Verpflichtung aus dem ursprünglich zwischen der Erblasserin und den Klägern geschlossenen Kaufvertrag lösen, der Erbe jedoch eine Beschränkung seiner Haftung etwa aus § 1975 BGB herbeiführen könne, sodass er nicht mit dem Grundstück hafte.789 Den Klägern bliebe dann nur der Rückgriff auf Sekundäransprüche. Jedoch sei auch die Durchsetzung etwaiger Sekundäransprüche der Kläger mit Zweifeln behaftet: Dies liege nach von Olshausen an der Kenntnis der Kläger von der Vormerkung des Beklagten, die der BGH in seinen Ausführungen für unerheblich hielt. Er verweist hierfür auf § 439 I BGB (a. F.), der ein Vertreten des Käufers für Rechtsmängel ausschließt, sollte der Käufer Kenntnis des Mangels haben. Seiner Ansicht nach umfasse diese Norm entgegen der Auffassung der Rechtsprechung790 nicht nur den Ausschluss von Schadensersatzansprüchen, sondern würde auch zum Ausschluss des Erfüllungsanspruchs führen.791 Wenn man diese Auffassung zu Grunde legen Olshausen, NotBZ 2000, S. 207. Olshausen geht an dieser Stelle noch intensiv darauf ein, dass es sich bei der Verpflichtung gegenüber den Klägern um eine reine Erblasserschuld handle. Eine Inanspruchnahme in das Eigenvermögen des Beklagten könne dieser durch eine Beschränkung seiner Haftung vermeiden, vgl. von Olshausen, NotBZ 2000, S. 207. 790 Etwa RGZ 88, 165 (167); BGH WM 1987, 986 (988). 791 Vertreter dieser Auffassung bei von Olshausen, NotBZ 2000, S. 205 (211) Fn. 25. 788 von 789 von
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würde, kämen auch etwaige Sekundäransprüche der Kläger nicht in Betracht. Der Beklagte könnte somit das Eigentum am Grundstück behalten. Der In haber eines obligatorischen Vorkaufsrechts, hier der Beklagte, wäre demnach vor einem späteren Verkauf an die Kläger geschützt. (6) Die Ansicht Gebauer/Haubolds In einer weiteren Untersuchung des Urteils knüpfen Gebauer/Haubold792 an die These des BGH an, dass der vorliegende Sachverhalt nichts mit dem Rechtsinstitut der Konfusion zu tun habe und ein Auflassungsanspruch des Beklagten erst mit der Ausübung seines Vorkaufsrechts entstehe. Die Vormerkung zugunsten des Beklagten sei nicht aufgrund von Konfusion erloschen, sondern weil dieser Auflassungsanspruch gar nicht erst entstanden sei.793 Dies führt Gebauer/Haubold zur Frage nach der Rechtsnatur des Vorkaufsrechts. Sie vertreten die Ansicht, dass bereits die Vereinbarung, die das Vorkaufsrecht begründe, den Abschluss des Kaufvertrages darstelle.794 Demnach stünde dem Beklagten (Erben) bereits vor dem Tod der Erblasserin ein Auflassungsanspruch zu. Mit dem Tod der Erblasserin trete dann Vereinigung der Gläubiger- (Erbe) und Schuldnerstellung (Erblasserin) ein. Nun wird der Vergleichsfall herangezogen, dass die Erblasserin als Vorkaufsverpflichtete erst nach der Ausübung des Vorkaufsrechts durch den Erben stirbt. Nach der Ansicht Gebauer/Haubolds liege dann ein Fall der nachträglichen Konfusion vor, bei dem aus Interessengesichtspunkten über eine Ausnahme vom grundsätzlichen Erlöschensprinzip nachgedacht werden müsste. Vergleichbare Überlegungen seien für den BGH-Fall anzustellen, dass die Erblasserin zufällig zwischen der Bestellung des Vorkaufsrechts und des sen Ausübung versterbe: Sollte ein Fortbestand des Schuldverhältnisses im Konfusionsfall aus Wertungsgesichtspunkten in diesem Zusammenhang denkbar sein, so müsse dies auch in Bezug auf die Fälle des Entstehens eines Anspruchs (gemeint ist der Auflassungsanspruch) möglich sein.795 Aus diesem Grund stimmen sie den Ausführungen des OLG Schleswig796 dahin gehend zu, dass eine Vormerkung erst erlöschen könne, wenn deren Sicherungszweck vollständig erfüllt sei. Nicht nur die Interessen Dritter am Fortbestand des Schuldverhältnisses, sondern auch die Eigeninteressen des vormerkungsberechtigten Anspruchsinhabers würden es rechtfertigen, den Anspruch trotz der Konfusion weiter fortbestehen zu lassen. Gleiches gelte JZ 2000, S. 679 (683). 3. Kapitel E. II. 1. a) bb) (3). 794 Eine Untersuchung der Rechtsnatur des Vorkaufsrechts erfolgt unter (10). 795 Gebauer/Haubold, JZ 2000, S. 681. 796 Vgl. 3. Kapitel E. II. 1. a) bb) (2). 792 Gebauer/Haubold, 793 Vgl.
E. Ausnahmen von der Erlöschensfolge in lege und praeter legem193
auch für die Konstellationen des Entstehens eines Anspruchs trotz Konfu sionseintritt.797 Nun wenden sich Gebauer/Haubold noch dem Schicksal der obligatorischen Verpflichtung zur Eigentumsübertragung des Grundstücks an die Kläger zu. Diese Verpflichtung sei im Zuge des Erbfalls aufgrund der Universalsukzession gemäß den §§ 1922, 1967 BGB in vollem Umfang auf den Beklagten (Erben) übergegangen. Er könne dieser Verpflichtung weder durch Rücktritt noch durch ergänzende Vertragsauslegung in der Weise entgehen, dass der Kaufvertrag zwischen den Klägern und der Erblasserin unter der auflösenden Bedingung der Ausübung des Vorkaufsrechts geschlossen worden sei, da im Vertrag explizit die Beseitigung der Vormerkung vorgesehen war. Somit könne sich der Erbe nur durch Ausschlagung der Erbschaft oder Beschränkung seiner Haftung gemäß § 1975 BGB „schützen“, was er vorliegend jedoch nicht getan habe.798 Dies werde auch durch den § 185 II 1 Fall 3 BGB zu Grunde liegenden Rechtsgedanken gestützt: Im Falle der Beerbung eines Nichtberechtigten, der zuvor einen Gegenstand an einen bösgläubigen Dritten veräußert hat, durch den Eigentümer wird im Zuge des Erbfalls die Übereignung des Nichtberechtigten wirksam. Dies resultiert daraus, dass der Eigentümer dem Dritten zur Übertragung des Eigentums verpflichtet bleibt. Gebauer/Haubold ziehen daraus den Schluss, dass wenn sich schon der Eigentümer nicht aus einer solchen Verpflichtung befreien könne, dies dem Vormerkungsberechtigten erst recht nicht zustehe, ergo eine analoge Anwendung des § 185 II 1 Fall 3 BGB auf den vorliegenden Fall geboten sei.799 In dem Umstand, dass die Vormerkung nicht durch Konfusion erlischt, der Erbe aber auf schuldrechtlicher Ebene gegenüber den Klägern verpflichtet bleibe, sei kein Wertungswiderspruch zu sehen, weil nicht zwingend jeder vormerkungsberechtigte Gläubiger, der ein Grundstück erbt, mit einem entgegenstehenden Anspruch Dritter auf Eigentumsübertragung konfrontiert sei. Somit sei dem BGH im Ergebnis dahingehend zu folgen, dass sich der Beklagte (Erbe) nicht vor der Verpflichtung zur Eigentumsübertragung an die Kläger befreien könne.
JZ 2000, S. 682 Fn. 27. JZ 2000, S. 682. 799 Eine direkte Anwendung der Norm auf den vorliegenden Fall scheitert zwangsläufig an der fehlenden Verfügung. 797 Gebauer/Haubold, 798 Gebauer/Haubold,
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(7) Die Ansicht Wackes Auch Wacke übt Kritik an der Entscheidung des BGH:800 Er hält die Entscheidung des OLG Schleswig801 für einwandfrei. Der Widerklage des Erben wäre stattzugeben gewesen. Er müsse seinen durch eine Vormerkung geschützten Anspruch auch dann gegenüber den Klägern durchsetzen können, wenn er das Grundstück im Wege der Gesamtrechtsnachfolge erworben habe.802 Der BGH dagegen mache es allein vom zufälligen Zeitpunkt des Versterbens der Erblasserin abhängig, ob der Erbe seinen rechtmäßigen Auflassungsanspruch gegenüber den Klägern durchsetzen könne oder nicht. Wacke vergleicht den BGH-Fall mit der Situation, dass der Erbe sein Vorkaufsrecht vor dem Tod der Erblasserin ausübt. Dies führe dazu, dass der Erbe sowohl das Eigentum am Grundstück als auch die Erbschaft erhalte. Sollte dem Erben jedoch das „zweifelhafte Glück“ der zu frühen Erbschaft zuteilwerden, stehe ihm dies laut BGH nicht zu.803 Dieses Ergebnis widerspreche auch der Ratio des Vorkaufsrechts. Sollte ein solches zugunsten eines Angehörigen bestellt werden, diene es dazu das Grundstück innerhalb der Familie weiterzugeben. Die Entscheidung des BGH schließe zu Unrecht eine derartige Begünstigung des Erben aus.804 Zudem äußert er sich kritisch gegenüber der Argumentation des BGH, dass der Erbe keinen Kaufvertrag mit sich selbst schließen könne, da ihm das Grundstück bereits gehöre. Dies sei nicht gerechtfertigt, da der Erwerb in Folge der Gesamtrechtsnachfolge für den Erben ein „minus“ im Vergleich zu dem Eigentumserwerb aufgrund der Durchsetzung des vormerkungsgeschützten Auflassungsanspruchs darstelle.805 Dies liege an der drittschützenden Wirkung des vorgemerkten Anspruchs gegenüber eventuellen vormerkungswidrigen Verfügungen.806 Dieser Schutz komme dem Eigentum als in der konkreten Fallkonstellation „schwächstem Recht“ nicht zu.807 Der erbrecht 800 Wacke, „Vom Pech eine gute Erbschaft zu machen“ oder die Ausschaltung des Zufalls als Maxime der Gerechtigkeit, DNotZ 2001, S. 302 (320); Wacke, JZ 2001, S. 381 (388). 801 NJW-RR 1999, 1528 (1530). 802 Wacke, JZ 2001, S. 388. 803 Wacke, DNotZ 2001, S. 307. 804 Wacke, DNotZ 2001, S. 307. 805 Wacke, DNotZ 2001, S. 307. 806 Wacke, JZ 2001, S. 388. 807 Wacke beschreibt das Eigentum als das „schwächste“ Recht. Dies rechtfertigt er damit, dass dieses Eigentum mit allen vorrangigen Rechten belastet sei, vgl. Wacke, DNotZ 2001, S. 307. Er beruft sich dabei zudem auf die Ansicht von Olshausens, NotBZ 2000, S. 206 f. Das durch Erbgang erworbene Eigentum sei eventuellen vormerkungswidrigen Verfügungen ausgesetzt. Bei der Durchsetzung seines durch Vor-
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liche Eigentumserwerb gewähre dem Erben lediglich das mit eventuellen Rechten Dritter belastete Eigentum. Eine Vormerkung erlösche im Falle des Dritterwerbs deshalb nur dann, wenn alle eventuell bestehenden, vormerkungswidrigen Rechte Dritter beseitigt seien und ihr Sicherungszweck dadurch erledigt sei.808 Ebenso wenig stimmt Wacke der Ansicht des BGH zu, dass der Fall bereits im Ansatz nichts mit der Konfusion zu tun habe. Dies versucht er mithilfe des Falles zu verdeutlichen, dass die Erblasserin erst nach der Annahmeerklärung der Kläger und Ausübung des Vorkaufsrechts durch den Erben verstorben wäre. So liege zum einen die geforderte Personenverschiedenheit zum Zeitpunkt der Ausübung des Vorkaufsrechts und zum anderen ein Fall der nachträglichen Konfusion vor,809 bei dem anerkannt sei, dass der Fortbestand des Schuldverhältnisses trotz Vereinigung nicht von vornherein ausgeschlossen werden könne. Dies müsse folglich auch für den Fall der anfäng lichen Konfusion gelten. Demnach würden sich die Fälle nur geringfügig voneinander unterscheiden und eine Untersuchung der Konfusionswirkungen im BGH-Fall sei unumgänglich. Auch würde der Erbe, sollte der Ansicht des BGH gefolgt werden, mehr erhalten, wenn er lediglich Mit- bzw. Vorerbe geworden wäre. Als Miterbe wäre es durchaus vorstellbar gewesen, dass der Erbe den Kaufvertrag mit sich selbst hätte schließen können, eine für den BGH im Falle der Alleinerbschaft aufgrund der scheinbar zwingend vorausgesetzten Personenverschiedenheit undenkbare Vorstellung.810 Aufgrund der Tatsache, dass der Erbe alleiniger Vorkaufsberechtigter sei, stünde ihm das ganze Grundstück zu. Dieses Ergebnis sei aus Wertungsgesichtspunkten nicht nachvollziehbar.811 Auch sei es nicht zu rechtfertigen, dass die Position des Erben dadurch verschlechtert werde, dass er zum einen durch das Vorkaufsrecht geschützt sei und ihm zum anderen der Status als Alleinerbe zukomme. Dies stelle laut Wacke eine „doppelte Begünstigung“ dar.812 Hätte er, entgegen aller vordergründigen Vernunft, die Erbschaft ausgeschlagen, hätte er das Grundstück problemlos aufgrund des Vorkaufsrechts erwerben können. Nur durch die zusätzliche, scheinbar vorteilhafte Annahme der Erbschaft werde ihm dieses merkung gesicherten Auflassungsanspruchs würde der Neffe unbelastetes Eigentum erwerben. Demnach stelle das durch erbrechtliche Sukzession erworbene Eigentum ein „minus“ im Vergleich zu dem dar, das der Neffe im vorliegenden Fall kraft seiner Vormerkung erlangen könnte, vgl. Wacke, DNotZ 2001, S. 308. 808 Wacke, DNotZ 2001, S. 308, 320. 809 So in BGH NJW, 1981, 447. 810 BGH NJW 2000, 1033. 811 Wacke, DNotZ 2001, S. 314; Wacke, JZ 2001, S. 387. 812 Wacke, DNotZ 2001, S. 314.
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Glück nicht zuteil. Ein Ausschlagen der Erbschaft käme jedoch in den Fällen der finanziell aussichtsreichen Erbschaft einem wirtschaftlich denkenden Alleinerben nicht in den Sinn. Wacke thematisiert zudem die dogmatische Konstruktion des vorliegenden Vertragsschlusses zwischen der Erblasserin und den Klägern. Dieser Kaufvertrag sei gemäß der §§ 130 II, 153 BGB durch Annahmeerklärung der Kläger nach dem Tod der Erblasserin zustande gekommen. Die Ratio der §§ 130 II, 153 BGB liege in dem postmortalen Schutz des Annehmenden. Zu dessen Vorteil komme ein Vertrag trotz des Todes des Antragenden zustande. Der BGH habe im vorliegenden Fall zu Unrecht nicht in Erwägung gezogen, dass dieser Schutz auch Erben zugutekommen müsse.813 Dies stelle eine „willkürliche Diskriminierung“ des Erben dar.814 Nach Wacke müsse der Erbe auch nach dem Tod der Erblasserin im Sinne des § 153 BGB sein Vorkaufsrecht so ausüben können, als ob die Erblasserin nicht verstorben sei. Somit habe der Erbe den zwischen der Erblasserin und den Klägern geschlossenen Vertrag auf sich übergeleitet. Außerdem sei auch § 153 BGB a. E. zu berücksichtigen. Dieser stellt das Zustandekommen eines Vertrages über den Tod des oder der Antragenden hinaus unter die Bedingung, dass kein abweichender Wille des Antragenden ersichtlich ist. Nach Wacke hätte die Erblasserin, wäre ihr bewusst gewesen, dass ihr Erbe nach ihrem Versterben sein Vorkaufsrecht nicht effektiv hätte ausüben können, keiner Gültigkeit ihrer Angebotserklärung gegenüber den Klägern über ihren Tod hinaus zugestimmt. Vielmehr hätte sie ihr Angebot bis zu ihrem Versterben auflösend befristet. So würde das Eigentum am Grundstück dem Erben erhalten bleiben. Schließlich nimmt Wacke noch kritisch Stellung zu der scheinbar bestehenden obligatorischen Verpflichtung des Erben auf Übertragung des Eigentums an die Kläger, die der Erbe in Folge der Universalsukzession in vollem Umfang geerbt habe.815 Laut BGH stehen aufgrund der Bestellung der Vormerkung zugunsten der Kläger zwei Übereignungsansprüche gleichberechtigt gegenüber. Nach Wacke stehe dem Erben unter der Prämisse, dass dessen Vormerkung weiterhin bestehe, die Entscheidung zu, ob er das Grundstück behalten wolle und alsdann den Klägern auf der Sekundärebene eventuell zu Schadensersatz verpflichtet bleibe, oder ob er den Klägern das Grundstück übereigne. Der Erblasserin als Schuldnerin zweier Gläubiger hätte es freigestanden, an den einen Gläubiger zu leisten und dem anderen Schadensersatz zu leisten. Diese Freiheit müsse auch dem Erben zustehen. Eine VerpflichJZ 2001, S. 387. DNotZ 2001, S. 316. 815 Dazu bereits Gebauer/Haubold mit abweichender Ansicht, vgl. 3. Kapitel E. II. 1. a) bb) (6). 813 Wacke, 814 Wacke,
E. Ausnahmen von der Erlöschensfolge in lege und praeter legem197
tung des Erben zur Übertragung des Grundstücks bestehe demnach nicht.816 Darüber hinaus zweifelt Wacke an der Durchsetzungsmöglichkeit eventueller Schadensersatzansprüche der Kläger in Folge einer potenziellen Nichtübereignung des Grundstücks durch den Erben. Einen solchen Anspruch hätten die Kläger geltend machen müssen, dies sei jedoch nicht geschehen.817 Explizit gegen Gebauer/Haubold wendet sich Wacke bezüglich der Anwendbarkeit des § 185 II 1 Fall 3 BGB über dessen eigentlichen Wortlaut hinaus. Wacke hält diese Regelung bereits dem Grunde nach für ungerecht und streichenswert.818 Vereinfacht begründet Wacke dies damit, dass durch § 185 II 1 Fall 3 BGB aufgrund einer zufälligen Beerbung eines nichtberechtigten Veräußerers durch den Berechtigten die rechtliche Position eines Dritten Erwerbers nicht verbessert werden dürfe. Dazu würde jedoch die Anwendung der Norm führen. Besonders fatale Wirkung hätte die Anwendung des § 185 II 1 Fall 3 BGB, sollte der Berechtigte (Erbe) bei seiner Entscheidung über Annahme oder Ausschlagung der Erbschaft von der Verfügung des Nichtberechtigen keine Kenntnis haben. Aus diesen Gründen sei in jedem Fall zumindest von einer analogen Anwendung der Norm abzusehen.819 (8) Die Ansicht Wielings Daneben nimmt auch Wieling Stellung zu der obigen Entscheidung des BGH.820 Im Ergebnis lehnt auch er die Ansicht des BGH ab und spricht sich dem Grunde nach für die Auffassung der Vorinstanz des OLG Schleswig aus. Seiner Ansicht nach sei entgegen der BGH-Ansicht der (bedingte) Auflassungsanspruch des vormerkungsberechtigten Erben entstanden. Ob nun in Folge des Erbfalls dieser Anspruch aufgrund von Konfusion untergegangen sei, sei aus Interessenaspekten heraus zu entscheiden. Zudem dürfe es wertungsmäßig keinen Unterscheid machen, ob ein Fall der anfänglichen oder nachträglichen Vereinigung vorliege.821 In beiden Fällen sei es keineswegs undenkbar einen Fortbestand des Schuldverhältnisses trotz Konfusion anzunehmen. Im Zuge einer Abwägung der Interessen der Parteien, die entgegen dem BGH Berücksichtigung finden müssten, stellt er zunächst klar, dass der JZ 2001, S. 385. JZ 2001, S. 385. 818 Ausführlich dazu, Wacke, Die Konvaleszenz der Verfügung eines Nichtberechtigten, SZ 114, S. 197 (232). Gegen dessen Ansicht Hagen, Zur Rechtsgrundunabhängigkeit der Konvaleszenz, AcP 167, S. 481, 499 ff., insbesondere S. 583 ff., S. 491 f.; Zimmermann/Knütel/Meinecke/Harder, Zur Konvaleszenz von Verfügungen eines Nichtberechtigten bei Beerbung durch den Berechtigten, S. 637 (654). 819 Wacke, JZ 2001, S. 386. 820 Wieling, JR 2001, S. 147 (151). 821 Wieling, JR 2001, S. 149. 816 Wacke, 817 Wacke,
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3. Kap.: Die Rechtsfolgen der Konfusion im bürgerlichen Recht
Erbe nicht aufgrund des Erbfalls benachteiligt werden dürfe. Wäre der Erbfall nicht eingetreten, stünde dem Eigentumserwerb aufgrund der zugunsten des Erben bestellten Auflassungsvormerkung nichts mehr im Wege. An diesem Ergebnis dürfe sich allein aufgrund des Erbfalls nichts ändern.822 Vielmehr habe der Beklagte ein berechtigtes Interesse am weiteren Fortbestand der Vormerkung und seines damit verbundenen Auflassungsanspruchs. Zudem sei der Beklagte nicht zur Verschaffung des Eigentums an die Kläger aufgrund der ererbten obligatorischen Verschaffungspflicht aus § 433 I BGB verpflichtet. Die erstrangige Vormerkung sichere ihm den Erhalt des Eigentums. Dies resultiere aus dem Vergleichsfall, dass der Erbfall nicht eingetreten wäre. Auch dann würde die erstrangige Vormerkung dem Beklagten das Eigentum gegenüber den Klägern sichern. Daran dürfe sich im Falle eines reinen „Hinzuerwerbs weiterer Rechte“ nichts ändern.823 Die Kläger hätten gegen den Beklagten aufgrund des weiteren Fortbestands der erstrangigen Vormerkung trotz Konfusion weder einen Anspruch auf Eigentumsübertragung noch auf Zustimmung zur Löschung der zu dessen Gunsten bestellten Vormerkung. Wieling bezieht konkret Stellung zu der Auffassung Gebauers/Haubolds,824 dass im Ergebnis dem BGH doch zuzustimmen sei und dies der Regelungsinhalt des § 185 II 1 Fall 3 BGB rechtfertige: Gebauer/Haubold zögen aus ihrem Erst-recht-Schluss aus § 185 II 1 Fall 3 BGB den falschen Schluss. Nach Wieling sei nicht das Eigentum das stärkste Recht, sondern die Vormerkung bzw. jedes andere dingliche Recht setze sich gegenüber diesem durch.825 Demnach ließe sich aus einem Umkehrschluss aus § 185 II 1 Fall 3 BGB vielmehr entnehmen, dass, auch wenn sich der Eigentümer nicht von der ererbten Verpflichtung befreien könne, dies dem Vormerkungsberechtigten nicht von vornherein verwehrt sein dürfe. Vielmehr gehe die Vormerkung des Beklagten den anderen Rechten vor. Demnach sei der Beklagte nicht zur Auflassung an die Kläger verpflichtet.826 Die Kläger seien somit auf einen Schadensersatzanspruch gegen den Beklagten beschränkt.
JR 2001, S. 149. JR 2001, S. 150. 824 3. Kapitel E. II. 1. a) bb) (6). 825 So auch Wacke, DNotZ 2001, S. 307. 826 Wieling, JR 2001, S. 151. 822 Wieling, 823 Wieling,
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(9) Die Ansicht Servatius’ Servatius untersucht anhand des obigen BGH-Falls den Konflikt zwischen Vormerkung, Vorkaufsrecht und Gesamtrechtsnachfolge.827 Seiner Ansicht nach könne die Behauptung, dass das Sicherungsinteresse des Beklagten hinsichtlich des Bestands der Vormerkung aufgrund seiner Alleinerbenstellung gewahrt werden müsse, und die Auffassung bezüglich des vermeint lichen Telos der Erbschaft, den Erben zu begünstigen, nicht überzeugen. Dem bereits erwähnten Argument, dass dem Zufall keine zu große Bedeutung zukommen dürfe, stimmt Servatius dagegen zu.828 Jedoch erkennt er, dass durch das Berücksichtigen des Sicherungsinteresses des Beklagten im Umkehrschluss eine Benachteiligung der Kläger folgt. Diesen Konflikt versucht Servatius durch Heranziehung der juristischen Auslegungsmethode der Wertungsjurisprudenz zu begegnen.829 Unter deren Berücksichtigung sei ein Erlöschen der Vormerkung in Folge der Konfusion, hervorgerufen durch den Erbfall, zumindest nicht zwingend. Im Zuge der folgenden Abwägung der beiderseitigen Interessen kommt er zu dem Schluss, dass es keinen Anlass gebe, das Vorkaufsrecht des Beklagten auch in Folge der Konfusion weiterhin fortbestehen zu lassen.830 Fraglich bleibe jedoch, ob die Vormerkung aufgrund des Erlöschens des Vorkaufsrecht lediglich „forderungsentkleidet“831 zugunsten des Beklagten auch nach dem Erbfall und der eingetretenen Personenidentität fortbestehen könne: Aufgrund der Tatsache, dass diese im BGB nicht vorgesehen ist, prüft Servatius im Folgenden, ob eine analoge Anwendung in Betracht kommt. Gegen eine solche analoge Anwendung spreche, dass es bereits an einer vergleichbaren Interessenlage fehle. Der Vergleich zu den sachenrechtlichen Normen (§§ 889 1063 II, 1256 II BGB), in denen die Konsolidation unter gewissen Umständen nicht zu einem Erlöschen des dinglichen Rechts führt,832 scheitere daran, dass sich diese auf das beschränkt dingliche Recht beziehen und nicht auf das Eigentum als solches. Diese sachenrechtlichen Ausnahmefälle haben gemein, dass sie das Eigentum voraussetzen und dieses alsdann durch den Fortbestand des beschränkt dinglichen Rechts beschränkt werde. Im vorlie-
827 Servatius, Vormerkung und Erbgang – Ein Lehrstück juristischer Methodenlehre, JuS 2006, S. 1060 (1065). 828 Dazu bereits Wacke, DNotZ 2001, S. 302 (320) und Wacke, JZ 2001, S. 381 (388). 829 Servatius, JuS 2006, S. 1062. 830 Für dessen Fortbestand bestehe auch kein Interesse seitens des Beklagten, ausführlich dazu Servatius, JuS 2006, S. 1063. 831 Servatius, JuS 2006, S. 1064. 832 Ausführlich zu diesen Normen, Einleitung D. I. 1., 2.
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3. Kap.: Die Rechtsfolgen der Konfusion im bürgerlichen Recht
genden Fall stehe jedoch die Eigentumserlangung als solche in Rede. Eine Vergleichbarkeit sei aus diesem Grunde nicht gegeben.833 Laut Servatius würde der Fortbestand der Vormerkung jedoch nicht dazu führen, dass der Beklagte sich auch dem ererbten Verschaffungsanspruch, der durch den zwischen der Erblasserin und den Klägern geschlossenen Kaufvertrag begründet wurde, entziehen könne. Lediglich die Beschränkung seiner Haftung auf Nachlassverbindlichkeiten durch Bestellung der Nachlassverwaltung i. S. d. § 1975 BGB und der damit verbundenen Einverleibung des Grundstücks in das Eigenvermögen des Erben würde diesem nützen. Der Anspruch der Kläger auf Eigentumsverschaffung nach § 433 I 1 BGB würde wegen Unmöglichkeit erlöschen und ihnen würde lediglich Schadensersatz zustehen.834 Im zu entscheidenden BGH-Fall nahm der Beklagte jedoch keine Haftungsbeschränkung vor. Mithin erlösche die Vormerkung zugunsten des Beklagten in Folge der Konfusion auch unter den Gesichtspunkten der Wertungsjurisprudenz. (10) Stellungnahme Im Folgenden soll eine kritische Stellungnahme bezüglich der obigen Entscheidung des BGH unter Berücksichtigung der Ansichten der Literatur abgegeben werden. Dazu ist klar zwischen der dinglichen Ebene (dem Schicksal der Vormerkung des Beklagten) und der obligatorischen Ebene (der Verschaffungspflicht des Eigentums am Grundstück des Beklagten an die Kläger) zu trennen. Die Untersuchung auf dinglicher Ebene kann dicht am zeitlichen Ablauf der Geschehnisse erfolgen: Die Erblasserin bestellte dem Beklagten ein Vorkaufsrecht gemäß § 463 BGB, welches durch eine Auflassungsvormerkung nach § 883 I BGB abgesichert wurde. Es lässt sich vertreten, dass bereits dadurch der Kaufvertrag und der daraus resultierende Auflassungsanspruch entstanden ist.835 Anders sieht dies der BGH. Er nimmt an, dass der Auflassungsanspruch des Beklagten gar nicht erst entstanden sei, da der Erbe das Vorkaufsrecht noch nicht nach § 464 BGB ausgeübt habe. Voranzustellen ist die Frage, ob der bedingte Auflassungsanspruch überhaupt unter den „bedingten Anspruch“ i. S. d. § 883 I 2 BGB zu fassen und damit vormerkbar ist. Dies ist dann der Fall, wenn dessen Entstehen nicht mehr einseitig von der freien Entscheidung des Vormerkungsverpflichteten JuS 2006, S. 1064. JuS 2006, S. 1065. 835 Ausführungen dazu erfolgen sogleich. 833 Servatius, 834 Servatius,
E. Ausnahmen von der Erlöschensfolge in lege und praeter legem201
abhängt.836 Im vorliegenden Fall hat es die Erblasserin nach der Bestellung des Vorkaufsrechts nicht mehr in der Hand den Beklagten an dessen Ausübung zu hindern. Aus diesem Grund ist auch der bedingte Auflassungsanspruch des Beklagten, der aus der Bestellung des Vorkaufsrechts resultiert, vormerkbar.837 Fraglich ist nun, ob der Auflassungsanspruch des Beklagten überhaupt entstanden ist. Der BGH verneint dies mit der Begründung, dass der Beklagte aufgrund des zuvor eingetretenen Erbfalls sein Vorkaufsrecht nicht ausgeübt hatte. Hieraus ergibt sich die Frage, zu welchem Zeitpunkt der Auflassungsanspruch entstanden ist. Beantworten lässt sich dies erst in Folge einer Untersuchung der Rechtsnatur des Vorkaufsrechts: In diesem Zusammenhang stehen sich zum einen die Lehre des doppelt bedingten Kaufs,838 nach der bereits die Einräumung des Vorkaufsrechts als Abschluss eines Kaufvertrages zu werten ist, und die Theorie des Gestaltungsrechts,839 nach der dem Vorkaufsberechtigten die Befugnis erteilt wird durch einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung (Ausübung des Vorkaufsrechts) einen Kaufvertrag zwischen ihm und dem Vorkaufsverpflichteten herbeizuführen, gegenüber.840 Spräche man sich für erstgenannte Ansicht aus, so käme bereits vor dem Tod der Erblasserin mit der Bestellung des Vorkaufsrechts der Kaufvertrag und der damit verbundene Auflassungsanspruch des Beklagten gegenüber der Erblasserin zustande.841 Folgte man der Gegenansicht, so wäre der Auflassungsanspruch aufgrund der unterbliebenen Ausübung des Vorkaufsrechts nicht zustande gekommen.842
836 Assmann, Die Vormerkung, 1998, S. 50 ff.; Stadler, Die Vormerkungsfähigkeit bedingter und künftiger Rückübertragungsansprüche, Jura 1998, S. 189 ff.; Preuß, Die Vormerkbarkeit künftiger und bedingter Ansprüche, AcP 201, S. 580 ff.; BGH NJW 1997, 861. 837 So auch das OLG Schleswig NJW-RR 1999, 1528 (1530). 838 RGZ (VZS) 72, 385; RGZ 137, 29 (33); BGHZ 32, 375 (377); BGHZ 29, 107 (109); Soergel/Wertenbruch, § 463 Rn. 12 ff. 839 Larenz, Schuldrecht BT I, § 44 III; Medicus/Lorenz, Schuldrecht BT, § 15 Rn. 23. 840 Daneben wird vereinzelt auch die sog. Offertentheorie vertreten, die in der Einräumung des Vorkaufsrechts ein unwiderrufliches Vertragsangebot sieht, vgl. etwa Schurig, Das Vorkaufsrecht im Privatrecht, S. 61 ff. Auch nach dieser käme im vorliegenden Fall mit der bloßen Einräumung des Vorkaufsrechts noch kein Kaufvertrag und damit kein Anspruch auf Auflassung zustande. 841 Gebauer/Haubold, JZ 2000, S. 681; Wieling, JR 2001, S. 149. 842 Eine Entscheidung dieses Streits soll nicht zuletzt aufgrund des drohenden Abschweifens vom Kerngehalt der Untersuchung nicht erfolgen. Für eine detaillierte Streitführung siehe etwa Beck-OGK/Daum, § 463 Rn. 20 ff.; Larenz, Schuldrecht BT I, § 44 III.
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3. Kap.: Die Rechtsfolgen der Konfusion im bürgerlichen Recht
Unabhängig davon, welcher Ansicht man hinsichtlich der Rechtsnatur des Vorkaufsrechts folgt und ob man damit entweder von der Entstehung eines Auflassungsanspruchs ausgeht oder nicht, ist jedoch eine Auseinandersetzung mit den Rechtsfolgen der Konfusion im Konfliktfall der Vormerkung mit der Gesamtrechtsnachfolge unumgänglich: Der BGH geht davon aus, dass der Auflassungsanspruch des Beklagten gar nicht erst entstanden sei und daher auch nicht durch Konfusion erloschen sein könne. Der Fall habe daher unmittelbar nichts mit der Konfusion zu tun.843 Der BGH nahm dementsprechend auch nicht Stellung zu den Rechtsfolgen der Konfusion im Konfliktfall der Vormerkung mit der Gesamtrechtsnachfolge. Zur Entkräftung dieser These soll der sich im Grunde kaum vom Originalfall unterscheidende Vergleichsfall angeführt werden, dass die Erblasserin kurze Zeit später, also erst nach der Ausübung des Vorkaufsrechts durch den Beklagten verstarb. In dieser Situation wäre zunächst unabhängig von den genannten Theorien bezüglich der Rechtsnatur des Vorkaufsrechts durch dessen Ausübung ohne Zweifel ein wirksamer Kaufvertrag zwischen der Erblasserin und dem Beklagten und damit auch ein (bedingter) Auflassungsanspruch des Beklagten gegenüber der Erblasserin entstanden. Zudem läge dann eindeutig ein Fall der nachträglichen Konfusion durch den Zusammenfall von Gläubiger (Beklagter) und Schuldner (Erblasserin) vor. Nur aufgrund des geringfügigen Verschiebens des zufälligen Eintritts des Erbfalls im Vergleich zum BGH-Fall grundsätzlich an einem Zusammenhang mit der Konfusion zu zweifeln, erschließt sich nicht.844 Aus diesem Grund kann nicht, wie der BGH es tut, davon gesprochen werden, dass der Fall grundsätzlich nichts mit der Konfusion zu tun habe, sondern eine Auseinandersetzung mit den Rechtsfolgen der Konfusion auch im BGH-Fall ist in jedem Fall erforderlich.845 Der Tod der Erblasserin und deren Beerbung durch den Beklagten führt, auch wenn man der Ansicht des BGH bezüglich des Ent stehens des Auflassungsanspruchs folgt, zwangsläufig zu der Frage, welche Rechtsfolge die Konfusion hinsichtlich der Vormerkung herbeiführt. Sollte man der Lehre vom doppelt bedingten Kaufvertrag folgen, dass bereits durch die Bestellung des Vorkaufsrechts ein Kaufvertrag mit dem Beklagten und daraus resultierend ein Auflassungsanspruch entstanden sei, ergibt sich erst recht die Frage nach den Rechtsfolgen der Konfusion in Folge des Versterbens der Erblasserin und des Beerbens durch den Beklagten. Im weiteren Ablauf der zeitlichen Geschehnisse bot die Erblasserin vor ihrem Tod den Klägern das Grundstück zum Kauf an. Unmittelbar nach de843 BGH
NJW 2000, 1033. die Überhöhung des Zufallsparameters auch Wacke, JZ 2001, S. 384 f.; Wacke, DNotZ 2001, S. 316 f. 845 So auch Staudinger/Kesseler, § 886 Rn. 37. 844 Gegen
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ren Tod wurde auch den Klägern eine Vormerkung eingetragen. Fraglich ist nun, ob die Eintragung der Vormerkung zugunsten der Kläger eine Verfügung i. S. d. § 883 II BGB darstellt. Sollte dies der Fall sein, käme die Unwirksamkeit dieser Vormerkung aufgrund von § 883 II BGB in Betracht. Diese Unwirksamkeit hängt jedoch weiterhin von dem Fortbestand der Vormerkung zugunsten des Beklagten auch nach dem Tod der Erblasserin ab. Aus diesem Grund gilt es im Folgenden zunächst zu untersuchen, ob § 883 II BGB überhaupt analog auf die Bestellung einer Vormerkung angewendet werden kann, und des Weiteren, ob die Vormerkung zugunsten des Beklagten trotz Konfusion fortbestehen kann. Direkt kann § 883 II BGB aufgrund der eindeutig nichtvorliegenden „Verfügung“ seitens der Erblasserin nicht zur Anwendung kommen. Vielmehr bestellte sie auch den Klägern eine Vormerkung. Jedoch ist es anerkannt, dass unter den Verfügungsbegriff des § 883 II BGB jede Belastung, Änderung des Inhalts oder Aufhebung des Grundeigentums zu fassen ist,846 ergo auch die Bestellung einer weiteren Vormerkung an einen Dritten, hier die Kläger. Somit wäre die zugunsten der Kläger bestellte Vormerkung gegenüber dem Beklagten relativ unwirksam gemäß § 883 II BGB, wenn dessen Vorkaufsrecht und damit die akzessorische Vormerkung nicht in Folge der Konfusion erloschen ist. Ob dies der Fall ist, soll nun untersucht werden. Zur Verdeutlichung des Problems soll erneut der Vergleichsfall herangezogen werden, dass der Erbfall erst nach Ausübung des Vorkaufsrechts durch den Beklagten oder gar überhaupt nicht eingetreten wäre: Nach der Annahme des Kaufangebots durch die Kläger und die darauffolgende Ausübung des Vorkaufsrechts durch den Beklagten hätte der Beklagte unzweifelhaft das Eigentum am Grundstück und zusätzlich auch die restliche Erbschaft behalten dürfen.847 Aufgrund der Eintragung seiner eigenen Vormerkung wären die später zugunsten der Kläger bestellte Vormerkung sowie alle weiteren etwaigen vormerkungswidrigen Verfügungen der Erblasserin gemäß § 883 II BGB unwirksam. Der Beklagte stünde, würde man der Ansicht des BGH bezüglich des Erlöschens der Vormerkung des Beklagten folgen, besser, wenn er neben dem Vorkaufsrecht nicht auch noch Alleinerbe der Erblasserin geworden wäre. Dieses Ergebnis führt berechtigterweise zu Verwunderung: Soll der Erbe durch die scheinbare zweifache Zuwendung848 in Form der Alleinerbenstel846 Helms/Zeppernick, Sachenrecht II, Rn. 128; Assmann, Die Vormerkung, S. 84 ff.; Espenhain, Die kollidierenden Vormerkungen, JuS 1981, S. 438 (444); OLG Schleswig NJW-RR 1999, 1529. 847 So auch Dinstühler, MittRhNotK 2000, S. 428 f., Wacke, DNotZ 2001, S. 307 ff. 848 Wacke, DNotZ 2001, S. 314 spricht hier gleichbedeutend von einer „doppelten Begünstigung“.
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3. Kap.: Die Rechtsfolgen der Konfusion im bürgerlichen Recht
lung und des Vorkaufsrechts im Endeffekt benachteiligt werden? Folgte man der Ansicht des BGH, wäre es für den Erben wirtschaftlich sinnvoller gewesen die Erbschaft auszuschlagen. Hätte er dies getan, wäre ihm das Eigentum am Grundstück sicher gewesen. Doch welcher vernünftige Mensch kommt auf die Idee eine finanziell vielversprechende Erbschaft auszuschlagen? Welcher Erbe rechnet damit, dass eine doppelte Absicherung seiner Eigentumsstellung durch Gesamtrechtsnachfolge und zusätzliches Vorkaufsrecht im Endeffekt zum Verlust des Eigentums führen könnte? Die Beantwortung dieser Frage hängt vom Schicksal der Vormerkung des Beklagten in Folge des Erbfalles und der damit verbundenen Beerbung der Erblasserin durch den Beklagten ab. Anders formuliert: Kann der Erbe seine durch Vormerkung gesicherte Stellung auch über den Tod der Erblasserin hinaus gegenüber den Klägern behaupten? Aufgrund der Akzessorietät der Vormerkung hängt deren Bestand von dem zugrunde liegenden gesicherten Anspruch ab. In Folge der Konfusion erlischt grundsätzlich durch den Zusammenfall von Gläubiger- und Schuldnerstellung in der Person des Erben der zwischen dem Erblasser und Erben bestehende Anspruch. Dies führt grundsätzlich auch zu dem Erlöschen der Vormerkung. So der BGH, nach dessen Ansicht auch „allgemeine Billigkeitsüberlegungen“ ein abweichendes Ergebnis nicht rechtfertigen könnten.849 Der BGH hält in seiner Entscheidung somit im Ergebnis streng an der starren, ehemals herrschenden Auffassung des zwingenden Erlöschens des Schuldverhältnisses in Folge der Konfusion fest. Wie oben bereits gezeigt, gilt es in gewissen Ausnahmesituationen von dieser Rechtsfolge abzurücken und einen Fortbestand des Schuldverhältnisses trotz Konfusion anzunehmen. Fraglich ist, ob in dem vorliegenden Zusammenhang eine Ausnahme von diesem Grundsatz dergestalt vorzunehmen ist, dass auch Eigeninteressen des Beklagten den Fortbestand des Schuldverhältnisses rechtfertigen können.850 849 BGH
NJW 2000, 1033. Eigeninteressen der Person, in der sich Gläubiger und Schuldnerstellung vereinigen, grundsätzlich den Fortbestand eines Schuldverhältnisses in Folge der Konfusion rechtfertigen können, ist überwiegend anerkannt. Zudem suggerieren dies auch die Regelungsinhalte der §§ 889, 1063 II, 1163 und 1256 II BGB. Auch dort unterbleibt das Erlöschen als Rechtsfolge der Konfusion aufgrund entgegenstehender Interessen des Rechtsinhabers. Vgl. BGH NJW 1995, 2287 (2288); OLG Schleswig NJW-RR 1999, 1529; Beck-OGK/Assmann, § 886 Rn. 42; Wacke, DNotZ 2001, S. 312; MüKo/Kohler, § 886 Rn. 8 f.; Gebauer/Haubold, JZ 2000, S. 681; Wieling, JR 2001, S. 150. A. A. etwa Staudinger/Kesseler, § 886 Rn. 36; BGH NJW 2000, 1033, wobei die Richter des BGH grundsätzlich von einer Berücksichtigung jedweder Interessengesichtspunkte Abstand nahmen und an stark von der Begriffsjurisprudenz geprägter Argumentation festhielten. Kritisch dazu etwa Wacke, DNotZ 2001, S. 302; Servatius, JuS 2006, S. 1061 f.; Wieling, JR 2001, S. 149. 850 Dass
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Wie bereits weiter oben erörtert, ist in den gesetzlich nicht geregelten Fällen ein Fortbestand des Schuldverhältnisses851 (hier des Auflassungsanspruchs) dann anzunehmen, wenn eine rechtliche Notwendigkeit daran besteht. Ob dies der Fall ist, ist im Sinne der juristischen Auslegungsmethode der Wertungsjurisprudenz anhand einer umfassenden Interessenabwägung der widerstreitenden Parteiinteressen und dem bestmöglichen in Ausgleich Bringen dieser zu entscheiden.852 Sollten dem Erlöschen des Auflassungsanspruchs des Erben überwiegende, schützenswerte Interessen entgegenstehen, so ist von dem Fortbestand dessen und damit auch dem Fortbestand der Vormerkung auszugehen. Der Erbe hat im vorliegenden Fall ein Interesse am Erhalt und auch am Behaltendürfen des Grundstücks. Dieses sollte ihm nach dem eindeutigen Erblasserwillen zukommen. An der Redlichkeit dieses Interesses bestehen keine Zweifel. Dem entgegen steht das Interesse der Kläger, ebenfalls das ihnen angebotene Grundstück zu erwerben. Herbeigeführt hat diesen Interessenkonflikt eindeutig die Erblasserin.853 Für die Interessen des Erben (Beklagten) streitet zunächst die Ratio der Vormerkung. Diese dient grundsätzlich der Sicherung der Verwirklichung des ihr zugrundeliegenden Anspruchs. Sollte der Auflassungsanspruch und damit die Vormerkung aufgrund von Konfusion erlöschen, kann dieser Zweck der Vormerkung nicht mehr erfüllt werden. Der Erbe würde das Eigentum am Grundstück aufgrund der bestehenden Vormerkung zugunsten der Kläger verlieren. Dies würde auch dem letzten Willen der Erblasserin widersprechen, die das Grundstück im Familienbesitz zu behalten gedachte und ihrem Alleinerben das Eigentum am Grundstück sichern wollte. Der Vormerkungsschutz des Erben würde dadurch stark abgeschwächt werden.854 Die bloße Grundbucheintragung des Beklagten als Eigentümer genügt demnach nicht, um diesem Sicherungszweck zu genügen. Erst mit der vollständigen Erfüllung des Sicherungszwecks der Vormerkung wäre ein vollständiger Schutz
851 Es gilt zu beachten, dass zunächst die Lehre vom „doppelt bedingten Kaufvertrag“ zu Grunde gelegt und damit von dem Bestehen des Auflassungsanspruchs ausgegangen wird. Die Beantwortung der Frage, ob die nun folgende Argumentation auch auf die Fälle der „anfänglichen Konfusion“, also unter Zugrundelegung der These des BGH, dass kein Auflassungsanspruch entstanden ist, übertragbar ist, erfolgt weiter unten. 852 Einen ähnlichen Ansatz wählen auch Dinstühler, MittRhNotK 2000, S. 428 f.; Servatius, JuS 2006, S. 1061 f.; Wieling, JR 2001, S. 147 (151). 853 Auf welche Weise die Erblasserin diesen Konflikt hätte vermeiden können, siehe sogleich. 854 OLG-Schleswig NJW-RR 1999, 1529 f.; Beck-OGK/Assmann, § 886 Rn. 43; Dinstühler, MittRhNotK 2000, S. 430.
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des Vormerkungsberechtigten gewährleistet.855 Entsprechend obiger Ausführungen856 würde jedoch das alleinige Abstellen auf die Erfüllung des Sicherungszwecks der Vormerkung eine gerechte, beiderseitige Interessen berücksichtigende Abwägung unmöglich machen. Eine einseitige Belastung der Kläger wäre die Folge. Deren Interesse, welches sich aus dem ihnen gemachten Kaufangebot und der bestellten Vormerkung ableiten lässt, würde keine Berücksichtigung finden. Demnach kann der Sicherungszweck der Vormerkung lediglich als für den Beklagten streitendes Argument herangezogen werden.857 Ein weiteres für den Beklagten anzuführendes Argument ist die Tatsache, dass dem zufälligen Zeitpunkt des Eintritts der Erbschaft keine überhöhte Bedeutung zukommen darf. Der Erbe darf allein aufgrund des Erhalts der Erbschaft nicht benachteiligt werden.858 Diesem von der Rechtsprechung859 eigens entwickelten und den erbrechtlichen Sonderkonstellationen (§§ 1976, 1991 II, 2143, 2145 II BGB) der Konfusion zugrunde liegenden Rechts gedanken wäre, sollte die Vormerkung im vorliegenden Konfusionsfall erlöschen, nicht ausreichend Genüge getan. Denn wenn die Erblasserin zu einem späteren Zeitpunkt gestorben wäre, etwa nach der Ausübung des Vorkaufsrechts des Beklagten, wäre dem Erben das Eigentum am Grundstück sicher gewesen. Diese beiden von bloßen Zufällen (wie dem Tod der Erblasserin bzw. dem Zeitpunkt der Ausübung des Vorkaufsrechts durch den Beklagten) abhängigen Geschehensabläufe, die sich ansonsten nur unwesentlich von einander unterscheiden, dürfen nicht zu solch unterschiedlichen und für die einzelnen Beteiligten folgenschweren Ergebnissen führen. Wäre der Erbe zudem lediglich Miterbe und nicht Alleinerbe geworden, stünde ihm aufgrund seiner Stellung als Vorkaufsberechtigtem das gesamte Grundstück zu. Ein „Weniger“ an Erbschaft kann jedoch aus Wertungsgesichtspunkten kaum ein „Mehr“ an Eigentum rechtfertigen.860 Übertragbar ist diese Wertung im 855 Für die vollständige Erledigung des Sicherungszwecks als Voraussetzung für das Erlöschen der Vormerkung in Folge der Konfusion auch OLG-Schleswig NJWRR 1999, 1528 f.; Wacke, in: FS Medicus, S. 545; Wacke, DNotZ 2001, S. 308, 320; Gernhuber, § 19 Rn. 6; Dinstühler, MittRhNotK 2000, S. 430; Assmann, S. 380 ff.; MüKO/Kohler, § 886 Rn. 8 f.; Gebauer/Haubold, JZ 13/2000, 681 f. 856 Vgl. 3. Kapitel E. II. 1. a) aa) (2). 857 Anders OLG-Schleswig NJW-RR 1999, 1529 f.; Wacke, in: FS Medicus, S. 545; Wacke, DNotZ 2001, S. 308, 320; Dinstühler, MittRhNotK 2000, S. 430; Gebauer/Haubold, JZ 2000, S. 681, die den Sicherungszweck der Vormerkung als alleiniges oder zumindest wesentlichstes Kriterium für den Fortbestand der Vormerkung anführen. 858 So auch MüKo/Kohler, § 886 Rn. 8 f.; Wieling, JR 2001, S. 149; Wacke, NJW 1981, S. 1579. 859 BGHZ 48 214 (218). 860 Ähnlich auch Wacke, DNotZ 2001, S. 313.
E. Ausnahmen von der Erlöschensfolge in lege und praeter legem207
Hinblick auf die Zuwendungen der Erblasserin an den Beklagten. Die zweifache Absicherung zum Erhalt des Eigentums am Grundstück darf dem Erben nicht zum Nachteil gereichen: Die Intention der Erblasserin war es dem Beklagten durch die Bestellung der Vormerkung und der Einräumung des Vorkaufsrechts ein „Mehr“ an Erwerbssicherheit zu gewähren. Sollte Folge der Konfusion das Erlöschen der Vormerkung sein, wäre dieses Ziel vereitelt. Ebenso könnte für die Durchsetzung der Interessen des Beklagten gegenüber denen der Kläger die unstrittige Kenntnis der Kläger von der Vormerkung des Beklagten im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses mit der Erblasserin sprechen. Zudem hätten die Kläger zumindest durch Einsichtnahme in das Grundbuch von dem bestehenden Vorkaufsrecht des Beklagten Kenntnis erlangen können. Ihnen musste klar sein, dass ihnen bei der Ausübung des Vorkaufsrechts des Beklagten lediglich ein Anspruch auf Schadensersatz gegen die Erblasserin, bzw. nach deren Tod eventualiter gegen den Beklagten,861 zustünde. Diese Tatsache mindert deren Grad an Schutzbedürftigkeit immens. Ihnen das Eigentum am Grundstück nur aufgrund des zufälligen Zeitpunkts des Erbfalles zuzusprechen, wäre nicht gerechtfertigt und von den Klägern aufgrund deren Kenntnis auch nicht zu erwarten gewesen. Ihnen muss bewusst gewesen sein, dass sie mit großer Wahrscheinlichkeit lediglich auf Sekundäransprüche gegen die Erblasserin bzw. den Beklagten verwiesen werden würden. Aus diesem Grund muss deren Kenntnis bzw. deren Kennenmüssen bei der Interessenabwägung Berücksichtigung finden.862 Ein weiterer Aspekt, der für die Interessen des Beklagten spricht und vom BGH bewusst keine Berücksichtigung fand,863 resultiert aus der dogmatischen Untersuchung des Kaufvertragsschlusses der Erblasserin mit den Klägern. Das Angebot der Erblasserin nahmen die Kläger erst nach deren Tod an, womit der Kaufvertrag nach den §§ 130 II, 153 BGB zustande gekommen sein könnte. § 130 II BGB legt fest, dass das Versterben des Erklärenden der Wirksamkeit der Willenserklärung keinen Abbruch tut. § 153 BGB, der an diese Norm anknüpft, normiert, dass das Angebot auch dann wirksam angenommen werden kann, sollte der Antragende zuvor versterben. Würde man der Ansicht des BGH folgen, dass in Folge der Konfusion der Auflassungsanspruch erlischt, aber der Kaufvertrag zwischen Erblasserin und Klägern über den Tod hinaus Bestand hat, könnte der Beklagte sein Vorkaufsrecht nicht ausüben. Die Erlangung des Eigentums bliebe ihm verwehrt. Es erschließt sich jedoch nicht, warum die §§ 130 II, 153 BGB nur einseitig zu861 Ausführlich zu der Verpflichtung des Beklagten zur Eigentumsübertragung an die Kläger nach dem Tod der Erblasserin aufgrund des bestehenden Kaufvertrags sogleich. 862 Anders der BGH NJW 2000, 1033. 863 BGH NJW 2000, 1033.
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3. Kap.: Die Rechtsfolgen der Konfusion im bürgerlichen Recht
gunsten der Kläger Anwendung finden sollen. Auch dem Beklagten muss die Möglichkeit offenstehen, sein Vorkaufsrecht effektiv auszuüben.864 Dies würde ihm nach der Lösung des BGH verwehrt bleiben und der Erbe würde zu Unrecht benachteiligt. Dies gilt auch unabhängig von § 153 S. 2 BGB, nach dem § 153 BGB dann keine Anwendung findet, wenn ein entgegenstehender Wille des Antragenden festzustellen ist. Es liegt im vorliegenden Fall nahe, dass die Erblasserin, wäre ihr bewusst gewesen, dass der Beklagte sein Vorkaufsrecht nach ihrem Tod nicht mehr effektiv würde ausüben können, nicht damit einverstanden gewesen wäre, dass ihr Angebot gegenüber den Klägern gemäß § 153 BGB auch über ihren Tod hinaus Bestand hat.865 Den Interessen des Beklagten stehen die Interessen der Kläger am Erhalt des Grundstücks gegenüber. Fraglich ist, ob diese überhaupt Berücksichtigung finden. Weder das OLG noch der BGH ziehen die Interessen der Kläger heran. Dem sind jedoch die Grundprinzipien der Wertungsjurisprudenz entgegenzuhalten. Kerngehalt dieser juristischen Auslegungsmethode ist gerade die Abwägung der beiderseitigen, widerstreitenden Interessen. Eine nur einseitige Berücksichtigung der Interessen des Beklagten würde dem widersprechen. Gegen den Fortbestand des Auflassungsanspruchs des Beklagten und damit für den Erhalt des Eigentums der Kläger spricht die, auch vom BGH angeführte These, dass der Erbe aufgrund der Konfusion bereits Eigentümer des Grundstücks geworden, ein Vertrag auf Eigentumsüberlassung somit auf eine objektiv unmögliche Leistung gerichtet sei und für den weiteren Fortbestand des Auflassungsanspruchs daher kein Interesse mehr bestünde.866 Dem ist jedoch entgegenzuhalten, dass der Erwerb des Eigentums aufgrund der Gesamtrechtsnachfolge dem Beklagten nicht dieselbe Position verschaffen würde wie der rechtsgeschäftliche Erwerb. Die Unwirksamkeit der weiteren Verfügung der Erblasserin an die Kläger gemäß § 883 II BGB und damit ei864 In eine ähnliche Richtung argumentiert Dinstühler, MittRhNotK 2000, S. 429, der in dem vormerkungsgesicherten Vorkaufsrecht bereits vor dem Tod der Erblasserin eine vermögenswerte Rechtsposition sieht, zu deren Durchsetzung der Beklagte in der Lage sein muss. 865 Uneinigkeit besteht dahingehend, nach welchen Kriterien der entgegenstehende Wille des Antragenden zu beurteilen ist. Die wohl vorzugswürdige Ansicht stellt auf den hypothetischen Willen des Antragenden ab, vgl. Staudinger/Bork, § 153 Rn. 5; Beck-OGK/Möslein, § 153 Rn. 7. Die Gegenansicht stellt auf den objektiven Sinn des Angebots ab, vgl. MüKo/Busche, § 153 Rn. 4; Medicus/Petersen AT, Rn. 377. Auch aus der Sicht eines objektiven Dritten ist es erkennbar, dass die Erblasserin die Annahme des Kaufangebots durch die Kläger unter die Bedingung der Möglichkeit des Beklagten zur Ausübung des Vorkaufsrechtes stellte. Ein Streitentscheid ist demnach entbehrlich. 866 BGH NJW 2000, 1033.
E. Ausnahmen von der Erlöschensfolge in lege und praeter legem209
nen effektiven Drittschutz kann der Beklagte nur durch Erfüllung des vormerkungsgeschützen Auflassungsanspruchs erreichen.867 Durch den Eigentumserwerb aufgrund der Gesamtrechtsnachfolge erwarb der Beklagte das Eigentum lediglich belastet mit der Vormerkung und dem Auflassungs anspruch zugunsten der Kläger. Die beiden unterschiedlichen Erwerbsarten gewähren dem Beklagten somit qualitativ unterschiedliche Eigentumspositionen. Somit kann die These des BGH nicht überzeugen. Mithin überwiegen eindeutig die Interessen des Beklagten am Fortbestand des Auflassungsanspruchs und der Vormerkung. Ein Erlöschen dieser würde den Beklagten unzumutbar belasten. Dem BGH ist im Ergebnis somit nicht zuzustimmen.868 Schließlich gilt es noch auf schuldrechtlicher Ebene den eventuellen Anspruch der Kläger gegenüber dem Beklagten auf Eigentumsübertragung zu prüfen. Die obligatorische Verpflichtung zur Eigentumsübertragung gemäß § 433 I 1 BGB aus dem geschlossenen Kaufvertrag zwischen der Erblasserin und den Klägern ist zunächst im Zuge der Gesamtrechtsnachfolge gemäß den §§ 1922, 1967 BGB im Ganzen auf den Beklagten übergegangen. Dieser Verpflichtung kann sich der Beklagte im vorliegenden Fall auch nicht ent ziehen. Eine Beschränkung seiner Haftung auf Nachlassverbindlichkeiten gemäß § 1975 BGB unterließ er. Die Ausschlagung seiner zunächst ver heißungsvoll scheinenden Erbschaft kam für ihn nachvollziehbarer Weise ebenfalls nicht in Betracht. Im Kaufvertrag zwischen der Erblasserin und den Klägern war zudem weder ein Rücktrittsrecht noch eine Befristung des Verkaufsangebots vorgesehen, etwa in der Weise, dass dieses lediglich bis zum Tod der Erblasserin Geltung haben oder das Angebot lediglich bis zur Ausübung des Vorkaufsrechts durch den Beklagten aufrechterhalten werden sollte. Im konkreten Fall hat der Erbe somit keine Möglichkeit mehr sich der 867 So
auch Dinstühler, MittRhNotK 2000, S. 428; Wacke, DNotZ 2001, S. 308. gilt auch dann, wenn man mit dem BGH annimmt, dass der Auflassungsanspruch gar nicht erst entstanden sei. Aus genannten Interessengesichtspunkten muss auch in diesen Fällen, in denen es um die Entstehung eines der Vormerkung zugrunde liegenden Anspruchs geht, vom Fortbestand der Vormerkung zum effektiven Schutz des Beklagten ausgegangen werden. Ausführlich zu der „anfänglichen“ Konfusion und deren wertungsmäßigen Gleichstellung mit der nachträglichen Konfusion, Kohler, JZ 1983, S. 13 (18). Die Entstehung des Auflassungsanspruchs als Grundlage für den Fortbestand der akzessorischen Vormerkung wird in diesem Fall fingiert. Es macht demnach keinen Unterscheid, ob ein Fall der nachträglichen oder anfänglichen Vereinigung von Gläubiger und Schuldner in einer Person vorliegt. So auch Wieling, JR 2001, S. 149; Gebauer/Haubold, JZ 2000, S. 681; Beck-OGK/Assmann, § 886 Rn. 43; Wacke, DNotZ 2001, S. 309; Kohler, JZ 1983, S. 18; Dinstühler, MittRhNotK 2000, S. 429. Anders der BGH NJW 2000, 1033; Staudinger/Kesseler, § 886 Rn. 37. 868 Gleiches
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3. Kap.: Die Rechtsfolgen der Konfusion im bürgerlichen Recht
Verpflichtung zur Eigentumsübertragung an die Kläger zu entziehen.869 Mithin bleibt dem Beklagten zwar die Vormerkung trotz Konfusion erhalten, aber er ist auf schuldrechtlicher Ebene zur Eigentumsübertragung an die Kläger verpflichtet. Diesem im Endeffekt zu seinem Nachteil ausfallenden Ergebnis hätte der Beklagte dadurch vorbeugen können, indem er seine Haftung gemäß § 1975 BGB auf Nachlassverbindlichkeiten beschränkt hätte. c) Zwischenergebnis Nach der kritischen Untersuchung der beiden BGH-Urteile, die jeweils die Rechtsfolgen der Konfusion im Konfliktfall der Vormerkung mit der Gesamtrechtsnachfolge betreffen, lässt sich abschließend sagen, dass auch in diesem Fall eine Ausnahme von der regelmäßigen Erlöschensfolge der Konfusion und dem damit verbundenen Fortbestand der Vormerkung nicht undenkbar ist. Vielmehr gilt es im Rahmen einer umfassenden Interessenabwägung im Einzelfall zu entscheiden, ob berechtigte Interessen am Fortbestand der Vormerkung bestehen und ob diese gegenüber den entgegenstehenden Interessen am Erlöschen der Vormerkung überwiegen. Sollten die Interessen am Fortbestand überwiegend schützenswert sein, so darf die Vormerkung auch in Folge der Konfusion aus Wertungsgesichtspunkten nicht untergehen. b) Gläubiger/Schuldner hat schuldrechtlichen Anspruch auf Erwerb der Forderung (Sicherungszession) Zuletzt könnte aus Wertungsgesichtspunkten auch dann eine Ausnahme von der regelmäßigen Erlöschensfolge der Konfusion zu machen sein, sollte der Gläubiger oder Schuldner einen schuldrechtlichen Anspruch auf den Erwerb der Forderung bzw. ein Dritter ein Erwerbsinteresse an der Forderung haben. Zur Veranschaulichung dieser potenziellen Ausnahmegruppe kann ein vom OLG Düsseldorf entschiedener Fall aus dem Jahr 1999 angeführt werden:870 Hier trat eine Versicherungsnehmerin zur Sicherung eines Darlehens, welches ihr durch die Versicherungsgesellschaft gewährt wurde, ihre Rechte aus einer Lebensversicherung an die Versicherungsgesellschaft ab. Durch die wirksame Abtretung entstand bei der Versicherungsgesellschaft 869 Eine Beurteilung der Auswirkungen des § 185 II 1 Fall 3 BGB auf den vorliegenden Fall soll aufgrund der geringen Relevanz für die Rechtsfolgen der Konfusion im Zusammenhang mit der Vormerkung nicht erfolgen. Detailliert dazu Gebauer/ Haubold, JZ 2000, S. 683; dagegen Wieling, JR 2001, S. 150 f.; Wacke, JZ 2001, S. 385; Wacke, Die Konvaleszenz der Verfügung eines Nichtberechtigten, SZ 114, S. 197 (232). Gegen die Ansicht Wackes, Hagen, AcP 167, S. 583 ff., 491 f.; Zimmermann/Knütel/Meinecke/Harder, S. 637 (654). 870 OLG Düsseldorf NJW-RR 1999, 1406 (1408).
E. Ausnahmen von der Erlöschensfolge in lege und praeter legem211
eine Konfusionslage. Zudem hat der Versicherungsnehmer aufgrund der Sicherungsabrede jedoch potenziell einen Anspruch auf (Rück-)Erwerb der Forderung. Die Richter des OLG mussten nun entscheiden, ob in Folge der Konfusion der Lebensversicherungsvertrag und somit auch die daraus resultierenden Rechte untergehen, oder ob ein Fortbestand der Lebensversicherung in Frage kommt. Abweichend von einer älteren Entscheidung des BGH zur selben Thematik871 entschieden die OLG-Richter gegen ein Erlöschen. Zu diesem Ergebnis kam der Senat aufgrund einer Abwägung der beiderseitigen Parteiinteressen. Es würde beiderseitigen Interessen zuwiderlaufen, sollten aus diesem Grund die Lebensversicherung und die daraus resultierenden Rechte untergehen. Die Versicherungsnehmerin (Sicherungsgeber) würde die Aussicht auf den Erhalt der Versicherungssumme nach einer etwaigen Ablösung des Darlehens verlieren. Der Sicherungsnehmer hat ein Interesse daran, seine Verpflichtungen aus dem Sicherungsvertrag zu wahren. Sollte der Lebensversicherungsvertrag untergehen, würde dies einer vorzeitigen Verwertung des Sicherungsgegenstandes gleichkommen. Der Sicherungsnehmer könnte dem Sicherungsgeber bei Ablösung des Darlehens die geleistete Sicherheit nicht mehr zurückübertragen (Rückzession),872 obwohl er dazu aufgrund der Sicherungsabrede verpflichtet ist.873 Dem OLG ist in dieser Entscheidung zuzustimmen. Zugunsten der beiderseitigen Parteiinteressen, deren Übereinstimmung eine Abwägung hinsichtlich des Grades der Schutzwürdigkeit entbehrlich macht und ein abweichendes Ergebnis eindeutig nicht zulässt, wendeten sich die Richter von der ehemals als zwingend angesehenen Erlöschensfolge der Konfusion ab und führten den vorliegenden Fall einem sachgerechten Ergebnis zu.874 Es zeigt sich auch hier, dass im Einzelfall eine Gegenüberstellung der Parteiinteressen einem starren Erlöschenszwang als Rechtsfolge der Konfusion vorzuziehen ist.875 871 BGH
NJW 1953, 469 (470). Ausführlich dazu, vgl. 3. Kapitel C. § 19 Rn. 6c. 873 Ein ähnlicher Sachverhalt lag BGH NJW-RR 2009, 1059 (1060) zugrunde, bei dem kein Erlöschen der sicherungsabgetretenen Forderung bei Kenntnis des Drittschuldners von der Gläubigerinsolvenz angenommen wurde. 874 Aufgrund der übereinstimmenden Interessen kann die auf Basis der Wertungsjurisprudenz durchzuführende umfassende Interessenabwägung deutlich kürzer ausfallen, als wenn die Parteiinteressen divergieren würden. In einem solchen Fall sind lediglich alle bestehenden Interessen herauszuarbeiten und zusammengefasst einem entsprechenden Ergebnis zuzuführen. 875 An dieser Stelle soll lediglich verdeutlicht werden, dass eine Einzelfallentscheidung auf Basis einer Interessenabwägung gegenüber eines starren, am ehemals herrschenden Erlöschensdogma orientierten standardisierten Entscheidungsverfahrens vorzugswürdig ist. Im konkreten Fall macht es, gesetzt der Sicherungsfall tritt nicht ein, jedoch materiell rechtlich aufgrund der fehlenden Akzessorietät der Sicherungs872 Gernhuber,
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3. Kap.: Die Rechtsfolgen der Konfusion im bürgerlichen Recht
In der Lehre wird vermehrt vertreten, dass der Rechtsgedanke des § 2175 BGB analog auf weitere Fallkonstellation anzuwenden ist, in denen der Gläubiger zur Abtretung der Forderung verpflichtet ist.876 § 2175 BGB fingiert den Fortbestand der Forderung des Erblassers gegen den Erben dahingehend, dass der Vermächtnisnehmer (als Dritter) einen schuldrechtlichen Anspruch auf Erwerb dieser Forderung hat bzw. dass der Erbe zu deren Zession verpflichtet ist. Diese Regelungswirkung könnte nun auf alle derartigen Fälle übertragen werden, in denen der Gläubiger zu einer Zession der Forderung an einen Dritten verpflichtet ist. Die Regelungswirkung des § 2175 BGB bezieht sich ausdrücklich nur auf Vermächtnisse. Jedoch ist den Stimmen in der Lehre zuzustimmen, die eine Eingrenzung des Regelungsinhalts auf Vermächtnisse und deren daraus resultierende Privilegierung als nicht haltbar erachten. Wie gezeigt kann die Interessenlage auch in den Fällen, in denen kein Vermächtnis gegenständlich ist, den Fortbestand der Forderung bzw. des Schuldverhältnisses trotz Konfusion gebieten. Ein zwingendes Erlöschen würde zu unsachgemäßen Ergebnissen führen und zuweilen gar beiderseitigen Parteiinteressen widersprechen. Demnach rechtfertigt allein das Bestehen einer Forderung, zu deren Abtretung der Gläubiger verpflichtet ist, das Fortbestehen der Forderung trotz Konfusion – unabhängig davon, aus welchem Rechtsgrund (Vermächtnis oder Versicherungsverhältnis) dies der Fall ist. 2. Zwischenergebnis Zusammenfassend kann es auch in den beiden untersuchten umstrittenen Fallkonstellationen, zum einen dem Konfliktfall von Vormerkung und Gesamtrechtsnachfolge und zum anderen dem Fall der Sicherungszession, geboten sein, eine Ausnahme von der regelmäßigen Erlöschensfolge der Konfusion anzunehmen. Jedoch muss betont werden, dass diese Entscheidung das Ergebnis einer umfassenden Interessenabwägung ist und je nach Einzelfall auch gegenteilig ausfallen kann.
zession keinen Unterschied, ob die aus dem Lebensversicherungsvertrag entstandene Forderung in Folge der Konfusion erlischt, nach Ablöse des Darlehens wieder neubegründet und alsdann zurückübertragen wird oder ob die ursprüngliche Forderung trotz Konfusion fortbesteht und diese später wieder zurückübertragen wird. 876 Wacke, in: FS Medicus, S. 566; Kollhosser/Jansen, JA 1988, S. 307; Staudinger/Olzen, Einleitung zu §§ 362 ff., Rn. 230; Gernhuber, § 19 Rn. 6c.
F. Ergebnis213
F. Ergebnis Zusammenfassend gilt es nun eine Stellungnahme unter Berücksichtigung der bisher gewonnenen Erkenntnisse hinsichtlich der Sinnhaftigkeit einer konkreten Rechtsnorm, die die Rechtsfolgen der Konfusion grundlegend regelt (Zwischenergebnis 2. Kapitel), abzugeben und, sollten der Einführung einer solchen überwiegende Bedenken entgegenstehen, eine Systematisierung der Fallgruppen vorzunehmen, in denen eine Adaption der regelmäßigen Konfusionsfolge geboten ist. Dem voranzustellen ist die Erkenntnis, dass das Ziel der Gesetzesbegründer des BGB, das Schaffen von Rechtsklarheit, durch die Streichung des § 291 E1, auf den ersten Blick verfehlt wurde.877 Für die Einführung einer Konfusionsnorm ins BGB, die die regelmäßigen Rechtsfolgen im Konfusionsfall beschreibt, spricht daher zunächst klar der Gedanke der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit. Der Gesetzesanwender könnte sich auf eine derartige Norm stützen. Dies würde ebenfalls dazu führen, dass den Gerichten die Entscheidungsfindung merklich erleichtert wird. Kritische Stimmen in der Lehre, die bereits an der regelmäßigen Erlöschensfolge der Konfusion zweifeln, würden bereits im Keim erstickt.878 Dieses Argument hätte vor circa 40 Jahren, als die absolut herrschende Ansicht noch von einem zwingenden Untergang des Schuldverhältnisses in Folge der Konfusion als Gebot der Logik ausgingen, eine weit stärkere Durchschlagskraft gehabt als heute. Wie diese Untersuchung gezeigt hat, haben sich sowohl Rechtsprechung und Rechtslehre merklich weiterentwickelt.879 Die mittlerweile herrschende Ansicht weist nun eine deutlich erhöhte Sensibilität bezüglich der Rechtsfolgen der Konfusion auf. Statt der Proklamation eines zwingenden Erlöschens als Konfusionsfolge sind nun im Wege einer Interessenabwägung auf Basis der Wertungsjurisprudenz die Schutzwürdigkeit der widerstreitenden Interessen gegeneinander abzuwägen, um ein sach- und interessengerechtes Ergebnis herbeizuführen. Zudem muss betont werden, dass es sich bei den Vertretern, die bereits an der regelmäßigen Erlöschensfolge der Konfusion zweifeln, um vereinzelte Stimmen handelt, deren Ansicht mit den bereits aufgeführten Argumenten zu entkräften ist.880 Ebenfalls für die Einführung einer solchen Konfusionsnorm im BGB könnte angeführt werden, dass dadurch den anerkannten Ausnahmegruppen 877 Vgl.
878 Etwa
B. II.
879 Vgl. 880 Vgl.
2. Kapitel A. I., II. die Ansichten von Wacke, Medicus/Lorenz und Schellen, vgl. 3. Kapitel 3. Kapitel B. I. 2., 3. 3. Kapitel B. II. 1. a), 2. a).
214
3. Kap.: Die Rechtsfolgen der Konfusion im bürgerlichen Recht
eine Basis gegeben würde. Nicht zuletzt würde der von den Gesetzesbe gründern gewünschte Regel-Ausnahme-Charakter der Konfusion sichtbar.881 Auch dieses Argument lässt sich zunächst hören. Jedoch verliert auch dieses seit der Einführung des BGB im Jahr 1900 stetig an Schlagkraft. Seit jeher führte die Bestimmung der Rechtsfolgen der Konfusion, nicht zuletzt aufgrund der ausgebliebenen Normierung im BGB, zu Diskussion in Rechtsprechung und Lehre. Es lässt sich allerdings feststellen, dass sich diese Diskussion mittlerweile recht einseitig in eine Richtung verlagert hat: Trotz fehlender Normierung festigt sich der Regel-Ausnahme-Charakter der Konfusion in Rechtsprechung und Lehre zusehends. Dem zunächst fehlgeschlagenen Ziel der Gesetzesbegründer, die von der Selbstverständlichkeit und Offenkundigkeit der Konfusionsfolgen ausgingen,882 konnte sich über die Jahrzehnte schließlich doch noch angenähert werden. Somit ist festzustellen, dass die Einführung einer Norm, die die grundsätzliche Rechtsfolge der Konfusion regelt, möglich, jedoch nicht zwingend nötig ist. Gegen die Einführung einer Konfusionsnorm ins BGB, die neben der regelmäßigen Rechtsfolge auch die Ausnahmegruppen bzw. Teile dieser aufführt, sprechen zunächst die Erkenntnisse aus dem Vergleich mit den untersuchten Kodifikationen des ABGB, des OR und des Cc. Keine der Normen kann jeden denkbaren Anwendungsfall der Konfusion erfassen und somit in jedem Einzelfall ein sachgerechtes Ergebnis herbeiführen. Sogar das Gegenteil ist der Fall. Durch die Einbindung der äußerst umfangreichen und vielschichten Rechtsfigur der Konfusion in ein enges Normenkorsett sind die jeweiligen Gesetzesanwender zwingend an dieses gebunden. Trotz der Berücksichtigung einzelner Ausnahmefälle in den Normtexten bleibt dennoch zu wenig Raum für Einzelfallentscheidungen, die eventuell eine Anpassung der regelmäßigen Erlöschensfolge gebieten. Das zu erreichende Ziel hoher Rechtssicherheit können diese Normen nicht gewährleisten. Man könnte annehmen, dass sich dies auf die Schwachstellen der jeweiligen Normen zurückführen lässt, jedoch ist nach der Untersuchung der Vielzahl an Anwendungsfällen der Konfusion zu konstatieren, dass eine einzelne Konfusionsnorm diese Ziele nicht erreichen kann. Eine Norm kann zwar die regelmäßige Rechtsfolge der Konfusion festlegen, jedoch unmöglich die Gesamtheit der Fallvariationen befriedigend darstellen.883 Aus diesem Grund ist auch die 881 Vgl.
2. Kapitel A. I., II. Recht der Schuldverhältnisse I, S. 737; Mugdan, Materialien II, S. 569. 883 Die darüberhinausgehende Einführung weiterer Konfusionsnormen, die eine grundlegende Konfusionsnorm ergänzen würden und die Ausnahmekonstellationen zu regeln versuchten, steht außer Betracht. Neben dem enormen gesetzgeberischen Aufwand zur Einführung dieser Normen spricht gegen dieses Vorgehen, welches dem System des PrALR im Hinblick auf eine möglichst detaillierte Normierung spezifi882 Jakobs/Schubert,
F. Ergebnis215
Einführung einer Norm, die neben der regelmäßigen Rechtsfolge der Konfusion lediglich ausführt, dass es Konstellationen gibt, in denen ein Erlöschen aus Interessengesichtspunkten nicht geboten erscheint, wenig ratsam. Auch eine solche Norm würde nicht zu mehr Rechtsklarheit führen. Es bleibt mithin nur der Rückgriff auf systematisierte Ausnahmegruppen praeter legem, die die regelmäßige Erlöschensfolge der Konfusion unter Berücksichtigung der widerstreitenden Parteiinteressen ergänzen. Dies gilt unabhängig vom Bestehen oder Nichtbestehen einer grundlegenden Konfusionsnorm, die die regelmäßigen Rechtsfolgen der Konfusion festlegt. Je mehr Ausnahmegruppen allgemein anerkannt sind,884 desto leichter ist die Entscheidungsfindung der Rechtsanwender und desto höher die Rechtssicherheit. Bezugnehmend auf die oben in B. I. 3. aufgeworfene Frage, ob sich nach der Untersuchung der Ausnahmen von der regelmäßigen Rechtsfolge der Konfusion eine Rechtsnorm finden lässt, unter die sich die untersuchten Fallkonstellationen einheitlich und unter Berücksichtigung der widerstreitenden Parteiinteressen finden lässt, muss nun festgestellt werden, dass es eine solche wohl nicht gibt. Zu unterschiedlich sind die verschiedenen Fallgruppen, zu vielseitig und facettenreich die Einzelfälle. Dieses Ergebnis deckt sich mit der obigen Erkenntnis aus der Untersuchung der Behandlung der Konfusion durch die römischen Juristen.885 Bereits diese hielten die Eingliederung der confusio in ein strukturiertes Regel-Ausnahme-System für tragfähiger als den Versuch der Schaffung einer einheitlichen Regelung, die die Rechtsfolgen der confusio für alle denkbaren Anwendungsfälle festlegt. Somit erscheint die Einführung einer Konfusionsnorm in BGB, die deren Rechtsfolgen einheitlich regelt, nicht ratsam. Vielmehr sollten die bestehenden und anerkannten Ausnahmegruppen einer klaren Systematik untergeordnet werden. Dies ist dem Ziel einer hohen Rechtssicherheit am dienlichsten. Damit im unmittelbaren Zusammenhang und ebenfalls gegen die Kodifizierung einer grundlegenden Konfusionsnorm sprechend steht im Ergebnis der Gedanke, der auch schon die Zweite Kommission bei ihren Ausführungen leitete und schließlich zu der Streichung des § 291 E1 führte: Die Verschlankung und Übersichtlichkeit des Gesetzes.886 Unter rechtsökonomischen scher Einzelfälle ähnelt, dass es kaum möglich erscheint jeden denkbaren Einzelfall zu erfassen. 884 Davon umfasst sind auch die bereits untersuchten, normierten erbrechtlichen Sonderkonstellationen, vgl. 3. Kapitel A. 885 Vgl. 1. Kapitel A. III. 886 Die Vollständigkeit des Gesetzes jedoch mit dem Ziel der Einfachheit, Widerspruchsfreiheit und Übersichtlichkeit ist Kernidee einer jeden Kodifikation, vgl. Kroppenberg, Kodifikation, Handwörterbuch zur deutschen Rechtsgeschichte, S. 1918 f. Im Umkehrschluss bedeutet dies jedoch ebenso Rechtserscheinungen, welche diesem Ziel nicht dienlich sind gerade nicht zu kodifizieren.
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3. Kap.: Die Rechtsfolgen der Konfusion im bürgerlichen Recht
Gesichtspunkten könnte man zunächst geneigt sein anzunehmen, dass die Einführung einer Konfusionsnorm aufgrund der geringeren Belastung der Gerichte hinsichtlich Kosten, aber auch Arbeitsaufwand dem übergeordneten Ziel der Rechtsökonomie – der Effizienz – am besten Rechnung tragen würde.887 Einzelfallentscheidungen auf Basis einer aufwendigen und umfassenden Interessenabwägung anstatt schlichter Anwendung einer Rechtsnorm führen zwangsläufig zu einer deutlich höheren Arbeitsbelastung der Gerichte. Eine deutlich höhere Belastung der Gerichte führt in der Folge zu einer höheren Kostenbelastung für den Staat und im Ergebnis auch für den Steuerzahler. Jedoch gilt es auch dieses Ziel höchstmöglicher Effizienz gegen das Ziel der möglichst effektiven und praxisnahen Handhabe einer Rechtsnorm bzw. im vorliegenden Fall eines nicht explizit normierten Rechtsinstituts, abzuwägen. Im konkreten Fall bezogen auf die Frage nach der Sinnhaftigkeit der Einführung einer grundlegenden Konfusionsnorm ist wie bereits gezeigt festzustellen, dass es nur schwerlich möglich ist alle denkbaren Fallkonstellationen unter eine Rechtsnorm zu fassen. Dem Ziel der effektiven und praxisorientierten Anwendbarkeit des Rechtsinstituts der Konfusion in der Form von anerkannten und systematisierten Fallgruppen anstelle einer übergeordneten expliziten Grundnorm ist der Vorteil einzuräumen. Zudem stellt sich in diesem Zusammenhang die Frage, was tatsächlich mit der Einführung einer grundlegenden Konfusionsnorm gewonnen wäre. Selbst wenn eine solche Norm in das BGB eingeführt werden sollte, wären es doch die Ausnahmekonstellationen, die einen erhöhten Arbeitsaufwand der Gerichte erfordern würden. Diese wären auch bei der Einführung einer grundlegenden Konfusionsnorm nicht normiert und bedürften eines erhöhten Arbeitsaufwands. In eindeutigen und einfach gelagerten Fällen würde unabhängig davon, ob eine Norm bestünde oder nicht, kaum Argumentationsaufwand und lediglich eine geringe Arbeitsbelastung der Gerichte bestehen. Die Einführung einer grundlegenden Konfusionsnorm hätte demnach auch unter diesem Aspekt keinen Mehrwert. Somit sprechen die besseren Argumente gegen die Einführung einer grundlegenden Konfusionsnorm in das BGB. Abschließend sollen daher nun, die normierten erbrechtlichen Sonderkonstellationen ergänzend, die Fallkonstellationen systematisch aufgelistet werden, die eine Anpassung der regelmäßigen Rechtsfolge bedürfen und bei denen trotz Vereinigung von Forderung und Schuld in einem Rechtssubjekt das Schuldverhältnis bestehen bleibt.
887 Ausführlich zu diesem Kriterium vgl. Schäfer/Ott, Lehrbuch der ökonomischen Analyse des Zivilrechts, S. 14 ff.
F. Ergebnis217
Dabei ist zunächst darauf hinzuweisen, dass diese Fallgruppen zwar weit über die von den Gesetzesbegründern ursprünglich gebildeten und für abschließend gehaltenen Fallgruppen hinausreichen, aber dennoch keinen Anspruch auf endgültige Vollständigkeit beanspruchen.888 Jedoch decken sie ein nach aktuellem Kenntnisstand äußerst weites Feld der tatsächlich entschiedenen oder auch nur konstruierbaren Konfusionsfälle ab, in denen ein Abweichen von der regelmäßigen Erlöschensfolge geboten ist oder zumindest geboten sein kann. Zu nennen sind Konstellationen, in denen Forderung und Schuld getrennten Vermögensmassen zuzuordnen sind, in denen ein schutzwürdiges dingliches Recht Dritter besteht, in denen einem Dritten ein Recht an der Forderung zusteht und in denen eine besondere Interessenlage einen Fortbestand des Schuldverhältnisses gebietet, wie die genannten Fälle des Konfliktfalles der Vormerkung mit der Gesamtrechtsnachfolge und die der Sicherungszession. Gemein ist allen Konstellationen, dass ein möglicher Fortbestand des Schuldverhältnisses trotz Konfusion auf Wertungsgesichtspunkten basiert.889 Zu beachten ist jedoch, dass in all diesen Fällen stets die Durchführung einer umfassenden Interessenabwägung Grundlage der Entscheidung sein muss, ob trotz Konfusion das Schuldverhältnis bestehen bleibt oder nicht. Ziel dieser Interessenabwägung ist der der Wertungsjurisprudenz zu Grunde liegende Gedanke des bestmöglichen Ausgleichs der widerstreitenden Interessen und des Schutzes der überwiegend schützenswerten Rechtsposition. Insgesamt lässt sich feststellen, dass die Einführung einer Konfusionsnorm, gleich wie geartet, zwar möglich, jedoch nicht ratsam ist und stattdessen die systematisierten Ausnahmegruppen anzuerkennen sind.
888 Weder aus der Systematik des BGB noch aus den Materialien zu dessen Entstehung lässt sich ableiten, dass die Bildung weiterer Ausnahmegruppen neben den in den Motiven zu § 291 E1 bereits genannten unzulässig ist. So auch Kollhosser/Jansen, JA 1988, S. 308; Haarmann, FamRZ 1996, S. 526. 889 Stützen lässt sich diese Systematisierung der Ausnahmegruppen nach Wertungsgesichtspunkten mit einem Vergleich zu den untersuchten Normen des BGB, die die Ausnahmen von der regelmäßigen Rechtsfolge der sachenrechtlichen Konsolidation regeln. Auch diese fußen allesamt auf einer Interessenabwägung, vgl. Einleitung D. I.
Fazit 1. Die Einführung einer grundlegenden Konfusionsnorm in das BGB ist weder sinnvoll noch geboten.890 2. In der Rechtsfolge erlischt ein Schuldverhältnis grundsätzlich durch Konfusion, es sei denn, es besteht ein überwiegendes, rechtlich schützenswertes Interesse an dessen Fortbestand. Ob ein solches besteht, gilt es in den in der vorliegenden Arbeit erstmals umfassend systematisierten Ausnahmegruppen891 für jeden Einzelfall nach der Auslegungsmethode der Wertungsjurisprudenz zu ermitteln.892 Einzig diese Vorgehensweise führt nach der hier vertretenen Ansicht zu einem Höchstmaß an Interessengerechtigkeit in Verbindung mit größtmöglicher individueller Entscheidungsfreiheit im Einzelfall.893
890 Vgl.
3. Kapitel 3. Kapitel 892 Vgl. 3. Kapitel 893 Vgl. 3. Kapitel 891 Vgl.
F. E. I., II. 2., F. B. I. 3. B. I. 3.
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Stichwortverzeichnis acceptilatio 79 actio noxalis 68–77, 84, 142, 147 actio serviana 39–41, 50, 70, 148 aestimatio litis 68, 73 Auflassungsanspruch 18, 177, 179, 185–187, 190, 192, 194 f., 197 f., 200–202, 205, 207–209 Auflassungsvormerkung 18, 26, 176–180, 183, 185 f., 188, 198, 200 Begriffsjurisprudenz 131, 204 Bürgschaft 14, 20, 66, 77 f., 82–84, 87, 90, 103, 110, 117, 119, 153–158 commixtio 64 compensatio 76, 79 confusio 14, 16 f., 19, 23, 28–34, 40–42, 45–47, 50, 59, 63–80, 82–84, 110, 112, 134 f., 142, 147–149, 154 f., 158, 215 Damnationslegat 42, 90 Dienstbarkeit 23, 25, 27 f., 32, 41–44, 46–50, 54–56, 58, 60, 72–74 ea quae initio 67, 74, 77, 88, 142, 150 Effizienz 216 Erbschaftshaftung 15 Erbschaftskauf 15, 42 f., 92, 96, 119, 171 Erfüllung 13, 16, 20, 52, 77–79, 86 f., 105, 111, 118, 121–124, 128, 130, 133–139, 142 f., 146, 188, 191, 205 f., 209 Erfüllungssurrogat 13, 134, 136–138, 142 Gesamtgläubiger 82, 115, 121, 123 f. Gesamtrechtsnachfolge 14, 19, 122, 125, 144, 176, 185, 194, 199, 202
Gesamtschuld 78, 82–84, 110, 120–123, 168 Gläubigerinteresse 14, 137, 139, 156 Grunddienstbarkeit 46–50, 54–56, 58, 60 Haftungsbeschränkung 102, 181, 189, 200 Interessenjurisprudenz 131, 140 Inventar 81, 82, 86, 103 iuris vinculum 112, 125, 141 Konfusionsprinzip 150–152 Leistungsinteresse 13, 20, 136 f. Liquidation 106, 144, 146 f. Nacherbschaft 15, 80 f., 86, 93, 117 Nachlasskonkurs 94, 116, 171, 178 f., 181, 184 Nachlassseparation 103 Nachlassverbindlichkeit 179, 181, 184, 188 f., 191, 200, 209 f. Nachlassverwaltung 116, 171, 178 f., 181, 184, 200 naturalis obligatio 41, 142, 146–149, 154 Nießbrauch 23, 25 f., 28–36, 42–46, 49, 55, 57 f., 70, 89, 106, 173 novatio 14, 19 noxae deditio 68 f. noxia 67, 69 Pfandrecht 14, 22 f., 25, 26, 28, 32, 36 f., 39–41, 43 f., 48, 50, 53 f., 56 f., 59 f., 70, 87, 89, 106, 109, 118 f., 147 f., 173
Stichwortverzeichnis233 pro rata–Lösung 121–123
Unmöglichkeit 105, 138–140, 200
separatio bonorum 116, 188 f. Sicherungszession 210, 212, 217 solutio 13, 76–79, 133–135 Solutionstheorie 133 f. Sondervermögen 99, 103 f., 106, 145, 149, 170–173
Vermächtnis 15, 35, 43, 72 f., 78, 81, 90 f., 99, 103, 118, 166, 171, 212 vindicatio pro parte 64 Vindikationslegat 34 f., 90, 118 Vorkaufsrecht 25, 45, 185–187, 191–196, 199–204, 206–209 Vormerkung 18, 26, 52, 118, 138, 176–210, 212, 217
Testamentsvollstreckung 160, 171 f. unechte Konfusion 14, 20, 154, 158, 160 Universalsukzession 102, 137, 149, 177, 187 f., 190 f., 193, 196
Wertungsjurisprudenz 131 f., 199 f., 205, 208, 211, 213, 217 f. Zweckerreichung 136, 138 f., 178